»Deutscher Wald« in Afrika: Koloniale Konflikte um regenerative Ressourcen, Tansania 1892–1916 [1 ed.] 9783666317286, 9783525317280


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German Pages [537] Year 2021

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»Deutscher Wald« in Afrika: Koloniale Konflikte um regenerative Ressourcen, Tansania 1892–1916 [1 ed.]
 9783666317286, 9783525317280

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Lars Kreye

»Deutscher Wald« in Afrika Koloniale Konflikte um regenerative Ressourcen, Tansania 1892–1916

Umwelt und Gesellschaft

Herausgegeben von Christof Mauch und Helmuth Trischler

Band 23

Lars Kreye

»Deutscher Wald« in Afrika Koloniale Konflikte um regenerative Ressourcen, Tansania 1892–1916

Mit 56 Abbildungen und 14 Tabellen

Vandenhoeck & Ruprecht

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Rachel Carson Center for Environment and Society, LMU München.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2021, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Abendstimmung in den Tropen. Aus: Thomsen, Hermann, Deutsches Land in Afrika. Mit Bildern von Ernst Vollbehr. Verlag der Deutschen Alpenzeitung, München 1911. Korrektorat: Philipp Rissel, Wien Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de Umschlaggestaltung: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2197-1536 ISBN 978-3-666-31728-6

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2. Zeit und Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4. Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5. Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 6. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen . . . . . . . . . . . . . 41 1. Bewaldung im nordöstlichen Tansania . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Klima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Pflanzenwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Waldbegriffe und Waldformationen . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 »Urwald« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Regenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Nebel- und Höhenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.4 Hochweide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 42 43 45 46 48 54 57 59

2. Lokale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte . . . . . . . . . 2.1 Bevölkerungsentwicklung und lokaler Ressourcenschutz . . 2.2 Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Subsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Rückwirkungen auf den Wald . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Baumpflanzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Landvergabesysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 »Wildnis« als spiritueller Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Heilige Wälder und Bäume . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Geister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Tabus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Religiöse Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 61 66 66 67 75 79 83 87 88 91 93 97

6

Inhalt

3. Imperiale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte . . . . . . . 3.1 Entstehung und Transfer kolonialforstlichen Wissens . . . 3.1.1 Institutionen und Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Geschichts- und Wirtschaftsverständnis . . . . . . . 3.2 Koloniale Walddiskurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Ökonomischer Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Konservatorischer Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Präservatorischer Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . .

99 101 106 111 115 115 126 151

III. Entwicklung des kolonialen Forstwesens in Tansania . . . . . . . . 173 4. Indirekte Kolonialherrschaft (1885–1891) . . . . . . . . . . . . . . 176 4.1 Landnahme in Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 4.2 »Küstenaufstand« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 5. Anfänge der direkten Forstherrschaft (1891–1898) . . . . . . . . 5.1 Forstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Forstrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Holzschlaggebührenverordnung . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Kronlandverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen . . . . . . . . . . . . . 5.3 Nebenamtlicher Forstschutzdienst . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Frühe Probleme kolonialer Forstherrschaft . . . . . . . . . 5.4.1 Verordnungsdschungel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Holzschlaggebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Brandverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.4 Kontrollsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186 187 188 188 191

6. Hauptamtliche Forstwirtschaft (1902/03–1906/07) . . . . . . . . 6.1 Forstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Forstrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Waldschutzverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Waldreservatsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Maji-Maji-Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 238 249 250 254 261

7. Kolonialreform (1906/07–1908/09) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Wirtschaftliche Bedeutung deutsch-ostafrikanischer Nutzhölzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Koloniale Reformpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Von der »europäischen« zur »afrikanischen« Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Reform der Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

197 208 210 212 214 220 225

278 282 292 293

7

Inhalt

7.3.2 Reform der waldbaulichen Praxis . . . . . . . . . . . 295 7.3.3 Reform der Forstorganisation . . . . . . . . . . . . . . 300 7.3.4 Reform des Forstrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 8. Forstwirtschaftliche Praxis in der Reformzeit . . . . . . . . . . . 8.1 Schauplätze kolonialer Waldkonflikte . . . . . . . . . . . . 8.1.1 »Raubbau« durch Missionsgesellschaften . . . . . . . 8.1.2 »Raubbau« durch europäische Siedler . . . . . . . . . 8.1.3 Baumschutzverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Reservierung der letzten Waldressourcen . . . . . . . 8.1.5 Konflikte um die Uluguru-Höhenwälder . . . . . . . 8.1.6 Einführung einer allgemeinen »Holztaxe« . . . . . . 8.1.7 Bambustransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.8 Gemeindewald oder Waldreservat – eine Gerechtigkeitsfrage? . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Vertrauenskrise zwischen Metropole und Kolonie . . . . .

323 324 326 335 348 351 360 373 382 387 401

IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 V. Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe? . . 441 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Begriffe Suaheli-Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519

Vorwort

Nicht die Welt, sondern die Geschichtsschreibung zu verbessern, sei die Aufgabe des Historikers, hieß es vor einigen Monaten in einer Rezension auf dem Fachportal H-Soz-Kult. Dieser Leitsatz bildet den Hintergrund, vor dem die vorliegende Monografie als gekürzte Version meiner Dissertation zu lesen ist. Zwar fiel es mir an der ein oder anderen Stelle schwer, die Forderung einzulösen. Umwelt und Kolonisation bieten als Gegenstände geschichtlicher Betrachtung genügend Gelegenheit, normativ zu argumentieren. Doch hoffe ich, durch meine Arbeit Denkanstöße zu liefern, ohne die Grenze zwischen wissenschaftlicher Betrachtung und politischer Empfehlung zu überschreiten. Umwelt und Kolonialismus im Spannungsfeld von angewandter Wissenschaft und lokalen Interessen zu untersuchen war eine Wertentscheidung, die im Anschluss an meine Examensarbeit über Umweltprobleme im mittelalterlichen Bergbau fiel. Dass sich meine Dissertation um den Wald, nicht aber um den Bergbau drehte, war dem Zufall geschuldet. Den Anstoß gab Richard Hölzl. Er war bei seinen Forschungen zu historischen Waldkonflikten in Bayern auf deutsche Förster aufmerksam geworden, die in kolonialen Gebieten ihren Dienst versahen. Hölzls Idee einer transnationalen Waldgeschichte floss in die Ausschreibung für seine Nachfolgestelle am DFG Graduiertenkolleg 1024 Interdisziplinäre Umweltgeschichte ein. Ich bewarb mich auf die Stelle, weil mir Erkenntnisse über die Formen der Auseinandersetzung von Mensch und Natur am Herzen liegen. Sie erscheinen mir wichtig zur individuellen und kollektiven Selbstverortung in einer sich stetig wandelnden Welt. Doch blieb das Verhältnis von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt während meiner Arbeit schwierig. Schließlich leitet sich die Möglichkeit, eine Dissertation über koloniale Waldkonflikte in Tansania zu verfassen, aus der Tatsache ab, dass deutsche Kolonisten dieses Gebiet vor knapp 130 Jahren annektierte. Ob dies Recht oder Unrecht war, müssen die Zeitgenossen beantworten. Erst dann kommen Historikerinnen und Historiker mit ihren Einordnungen zu Wort. Politische Schlussfolgerungen aus den wissenschaftlichen Ergebnisse sollen wiederum andere ziehen. Nach 13 Jahren gelangt meine Dissertation zur Veröffentlichung, von denen ich 3 Jahre als Stipendiat am DFG -Graduiertenkolleg 1024 Interdisziplinäre Umweltgeschichte verbracht habe und ein weiteres halbes Jahr ein Stipendium der Graduiertenschule Geisteswissenschaften Göttingen (GSGG) erhielt. Während dieser Zeit befand ich mich in einer privilegierten Position ohne finanzielle Nöte, was mir zwei Forschungsaufenthalte in Tansania ermöglichte. Dort habe ich den Hauptteil der Archivarbeit geleistet.

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Vorwort

Dass meine Dissertation nach 3 ½ Jahren Stipendienzeit nicht fertig war, lag vor allem daran, dass ich mit der Bearbeitung des Gegenstands ohne Vorlauf begonnen hatte. Nicht zu verschweigen ist meine seinerzeit noch sehr ausgeprägte Neigung zur Vollständigkeit, die einer raschen Bearbeitung nicht förderlich war. Eine Unterbrechung der Dissertation musste während meines Vorbereitungsdienstes für das Lehramt erfolgen. Nach Beendigung dieser Ausbildung habe ich mein Promotionsprojekt neben der Lehrtätigkeit am Gymnasium fortgeführt. Die Verteidigung erfolgte im Juni 2018. Die Umarbeitung des 1.000 Seiten umfassenden Manuskripts erforderte noch einmal 2 Jahre, weshalb ich hoffe, dass die publizierten Ergebnisse nicht überholt sind. Ob es sich bei meiner Arbeit nun tatsächlich um eine Verbesserung der Geschichtsschreibung im Sinne des eingangs erwähnten Zitats handelt, mögen geneigte Leserinnen und Leser entscheiden. Mir verbleibt an dieser Stelle all jenen zu danken, die mich während der Promotions- und Publikationsphase unterstützt und begleitet haben, zuvorderst meiner Erstbetreuerin Rebekka Habermas, die meine Arbeit stets wohlwollend kritisch begleitet und mich ausschließlich positiv bestärkt hat. Mein Dank gilt meinen Zweitbetreuer Manfred Jakubowski-Tiessen, dem es ein persönliches Anliegen war, dass ich meine Dissertation zum Abschluss brachte. Meinem Drittbetreuer Roman Loimeier bin ich dankbar für seine Geduld bei meinem Dilettieren im ethnologischen Feld. Für anregende Diskussionen danke ich der Leitung, den Professor*innen, den Post-Docs und den StipendiatInnen des GK 1024, insbesondere KarlHeinz Pörtge für die Bereitstellung schwer zugänglichen Kartenmaterials sowie Manuela (Manou) Armenat, Markus Schwarzer und Richard Hölzl für die Klärung konzeptueller Fragen, Carsten Stühring und Tanja Zwingelberg für die pu­blizistische Zusammenarbeit sowie Patrick Masius für die gemeinsame Lehrtätigkeit. Ferner danke ich für kritische Anmerkungen zu meiner Arbeit den Doktorand*innen am Lehrstuhl von Rebekka Habermas, insbesondere Alexandra Ortmann für einen Einblick in das Verteidigungsverfahren. Für inhaltliche Anregungen, die Besprechung konzeptueller Fragen sowie für Material bedanke ich mich bei Joachim Radkau und Thaddeus Sunseri. Rudolf Rössler danke ich für Material und Unterstützung bei forsthistorischen Fragen. Konrad Schuberth und Anika Kollarz halfen mir mit Information und Material über den Maler Ernst Vollbehr. Samuel Mhajida und Nathaniel Chimhete verdanke ich gewinnbringende Einsichten in die Deutung von Umweltpraktiken afrikanischer Gesellschaften. Wertvolle Tipps zur historischen Forschungspraxis in Tansania erhielt ich von Mathew (Matt) Bender, Jan-Georg Deutsch, Bernhard Gißbl und Hubertus Büschel. Pauline von Hellermann danke ich für Hilfe beim Lesen von Quellen auf Suaheli.

Vorwort

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Die Arbeit vor Ort in Daressalam erfuhr insbesondere die Unterstützung durch den damaligen Dekan der historischen Fakultät von Daressalam Bertram B. B. Mapunda und durch meinen lokalen Betreuer Yusufu Q. Lawi. Für Hilfe bei meiner Forschung auf Sansibar danke ich Erich Mefferts. Des Weiteren danke ich den Archivaren Grayson Nyenga, Rüdiger Kröger, Heinz Peter Brogiato und Bruno Schelhaas für ihre außerordentlich kooperative Hilfe. Nicht zuletzt habe ich hilfsbereite Unterstützung durch die MitarbeiterInnen der East Africana Library in Daressalam und der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen erfahren. Bedanken möchte ich mich auch bei den MitarbeiterInnen des Blumenbachinstituts und des Lehrstuhls von Rebekka Habermas, insbesondere bei Katharina Boufaden, Christa Walter und Sandra Kirchner. Mein Dank gilt ferner der Förderung meiner Dissertation durch die DFG und die GSGG . Danken möchte ich auch den Herausgebern Christof Mauch und Helmuth Trischler für die freundliche Aufnahme meiner Arbeit in ihre Reihe Umwelt und Gesellschaft sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Vandenhoeck & Ruprecht, insbesondere Daniel Sander, für die reibungslose verlegerische Tätigkeit. Einladungen zu Vorträgen haben neue Impulse für meine Dissertation erzeugt, hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Anregungen von Chris Conte im Anschluss an meinen Vortrag auf der ASEH (2010). Unersetzlich waren die beiden Forschungsreisen nach Tansania, die meine Perspektive verändert haben. Dort lernte ich erstmals von Süden nach Norden auf Europa zu blickten. Eine der größten Schwierigkeiten bei diesen Reisen war, eine Forschungsgenehmigung zu erhalten. Horrorgeschichten machten die Runde, dass Historiker*innen vier Wochen darauf gewartet hätten und frustriert abreisen mussten, bevor sie im tansanischen Nationalarchiv die erste Akte zu Gesicht bekommen hatten. Bei mir ging es schneller und dauerte nur eine Woche, da ich vor meiner ersten Reise Kontakt zu meinem lokalen Betreuer und dem zuständigen Beamten bei der tansanischen Wissenschaftsbehörde COSTECH aufgenommen hatte. Zwar waren diese Fäden äußerst dünn gesponnen, doch hielt das Netz. Dennoch konnten einige Schwierigkeiten nicht aus dem Weg geräumt werden, auf die man als »Greenhorn« in Tansania vielfach stößt. So blieb mir der Zugang zu den Zanzibar National Archives verwehrt, weshalb ich einige Akten aus der frühen deutschen Kolonialzeit nicht einsehen konnte. Außerdem stellte sich das Problem, einige inhaltliche Zusammenhänge erst im Laufe eingehender Auswertung des in Tansania gesammelten Materials in Deutschland zu erkennen. Diesen Zusammenhängen konnte ich nach meiner zweiten Reise nicht durch erneutes Aktenstudium nachgehen. Dennoch möchte ich eine positive Bilanz meiner Forschungstätigkeit ziehen, zumal es mir neben der Arbeit im Nationalarchiv möglich war, einige Exkursionen in Tansania durchzuführen, um Relikte kolonialforstlicher Tätigkeit in der Landschaft zu entdecken.

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Vorwort

Zum Abschluss meines Vorworts möchte ich mich noch bei einigen persönlichen Weggefährten bedanken, bei Mary Webel, Magnus, Jen O’Connor und Dominique Kunz für die gute Zeit in Daressalam. Für die schöne Zeit in Göttingen gilt mein Dank Dominik Hüninger, Somera, Julia Hauser, Kai Drewes, Axel Bader, Miriam A. Bader-Gassner, Jana Sprenger, Ina Alber, Giulia Frontoni, Jürgen Schallmann und Ole Sparenberg. Manuela Bauche danke ich für ihre Gastfreundschaft in Leipzig. Ulrike Anders und Esther Eisentraut für die gute Stimmung auf der USA-Vortragsreise – »I like the flowers …«. Letztendlich danke ich meinen Freunden und meiner Familie, die viel Geduld mit mir hatten, vor allem meiner Mutter Liane Kreye für unermüdliches Korrekturlesen, meinem Schwiegervater Ulrich Pohl für Hilfe bei der Entzifferung schwer lesbarer Handschriften, meiner Frau Gudrun Kreye für kritische Anmerkungen zu meinen Vorträgen sowie meinen Töchtern Lillemor und Rejka für die Hinnahme mancher Entbehrung und ihre motivierende Unterstützung.

I. Einleitung

Die Usambara-Berge liegen im Nordosten Tansanias. Sie zählen neben anderen ostafrikanischen Mittelgebirgen zu den Eastern Arc Mountains und waren während der deutschen Kolonialzeit eines der Hauptsiedlungsgebiete europäischer Kolonisten. Wenn man heute durch die Bergwelt wandert, kann man noch einige Hinterlassenschaften deutscher Kolonisten, wie Gebäude, Straßen und eine Drahtseilbahn, aber auch die Grenzsteine von Waldreservaten oder seinerzeit angepflanzte Bäume, finden. Außerdem haben die deutschen Kolonisten in der lokalen Erinnerungskultur ihre Spuren hinterlassen. Eine Informationstafel weist an dem beliebten Ausflugsziel Irente-Farm in West-Usambara, einer ehemaligen Missionsstation, auf die frühere deutsche Präsenz und deren Auswirkungen auf die Umwelt hin. Dort ist zu lesen: Bantu-Speaking Communities have occupied the Usambara Mountains for the past 2000 years. […] In spite of this settlement, extensive tracks of original forest survived into the 20th century. The Germans started logging these in 1886, and also cleared out forests for plantations of coffee. They mistakenly believed that the soil must be excellent in order to support such fine forests. Little did they know that the fertility was in the trees themselves, and that by removal of the forest cover the nutrients were lost. After about 6–10 years any remaining nutrients were leached away by heavy rain. The coffee yields were miserable and estates often gave up coffee farming, turning rather to such crops as quinine, cardamom, rubber and tea.1

Die Informationstafel unterstellt, dass die deutschen Kolonisten nichts über die lokale Umwelt wussten. Sie hätten begonnen, Nutzhölzer zu schlagen und den Wald zu roden. Die bantusprechende Bevölkerung habe Usambara hingegen seit 2000 Jahren besiedelt, ohne dem Wald einen nennenswerten Schaden zuzufügen. Unmissverständlich wird auf der Informationstafel klar, wie die Rollen von Schurken und Helden in der Waldgeschichte Tansanias verteilt sind. Doch war die historische Realität nicht komplexer als die populäre Darstellung suggeriert? Auf der Tafel ist zwar richtig beschrieben, dass die nachlassende Fruchtbarkeit des Bodens als Hauptgrund des Scheiterns von Kaffeeplantagen in Usambara anzusehen war. Jedoch wird auf der Tafel vergessen zu erwähnen, dass auch einheimische Waldnutzungspraktiken zur Degradierung von Ressourcen führen konnten und großflächige Rodungen durch Plantagengesellschaften 1 P. Murless, A Short History of the Usambara Mountains and Irente Farm. Irente 2008 (vgl. Anhang I).

14

Einleitung

bereits während der deutschen Kolonialzeit Empörung und Kritik hervorriefen. Daher ist eine Zuordnung von Kolonisten = Umweltzerstörer und afrikanische Bevölkerung = Umwelterhalter zu einfach. Sie beruht auf der Merry-AfricaHypothese, die besagt, dass die afrikanische Bevölkerung vor der Kolonialzeit in einem nahezu harmonischen Verhältnis mit der Natur gelebt habe, während die Kolonisten die heimische Pflanzenwelt zerstört oder verdrängt hätten. Die historische Wahrheit ist komplexer, wobei es ebenso falsch wäre, die Kolonisten entsprechend der Primitive-Africa-Hypothese allein in der Rolle derjenigen zu verorten, die den Fortschritt nach Afrika gebracht haben, wo die Menschen zuvor auf einer einfachen Entwicklungsstufe lebten und wenig Kontrolle über die natürliche Umwelt ausübten.2

1. Fragestellung In Abgrenzung zu einfachen Deutungsmustern des Prozesses der Kolonisation liegt das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit darin, die Komplexität der Beziehungen von Akteuren zu ihrer natürlichen und sozialen Umwelt in der kolonialen Situation zu beleuchten. Bei der Kolonisation von tropischen Wäldern in Tansania während der Zeit des Hochimperialismus handelt es sich um einen historischen Fall, der erlaubt, die Verstaatlichung von nachwachsenden Ressourcen exemplarisch zu untersuchen. Am Beispiel Deutsch-Ostafrikas soll multiperspektivisch und kontrovers gezeigt werden, wie die Kolonisation3 von Waldressourcen4 in zeitgenössischen Sichtweisen erschien, wie sie heute gedeutet wird und welche Bedeutung sie noch gegenwärtig für Tansania hat. Hauptgegenstand der Untersuchung sind ökologische und soziale Konflikte, die im Prozess der Kolonisation von Waldressourcen auftraten. Diese Konflikte werden auf ihre Ursachen, Auslöser, Akteure, Verläufen und Folgen hin analysiert. Ein 2 Vgl. D. M. Anderson, D. H, Johnson, Introduction: Ecology and Society in Northeast African History, in: M. A. David, D. H. Johnson (Hrsg.), The Ecology of Survival. Case Studies from Northeast African History. London 1988, 2; Juhani Koponen, People and Production in Late Precolonial Tanzania. History and Structure. Helsinki 1988, 21–23. 3 Der von Marina Fischer-Kowalski gebrauchte Begriff von Kolonisierung ist um eine politische Dimension nach der Begriffsdefinition von Osterhammel zu erweitern; vgl. Marina Fischer-Kowalski, Gesellschaftlicher Stoffwechsel und Kolonisierung von Natur. Ein Versuch in Sozialer Ökologie. Amsterdam 1997, 10; Jürgen Osterhammel, Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. München 21997, 16, 21. 4 In umweltgeschichtlicher Perspektive ist generell davon auszugehen, dass es sich bei Ressourcen nicht um objektive Tatbestände handelt. Der Begriff Ressource lässt sich nicht objektiv erfassen, sondern wird definiert als jener Teil der menschlichen »Umgebung«, der subjektiv als nützlich empfunden wird oder materielle Veränderungen erfährt; vgl. Verena Winiwarter, Martin Knoll, Umweltgeschichte. Eine Einführung. Köln 2007, 132; Bernd Herrmann, Umweltgeschichte. Eine Einführung in Grundbegriffe. Berlin 2013, 37.

15

Zeit und Raum

weiteres Ziel dieser Arbeit ist, am Beispiel des forstwirtschaftlichen Sektors zu erforschen, inwieweit die koloniale Staatsbildung in Deutsch-Ostafrika durch bio-physische Faktoren gestaltet und begrenzt wurde.5 In diesem Zusammenhang wird besonderes Augenmerk auf die Untersuchung von ökologischen und sozialen Entwicklungschancen bzw. -hemmnissen gelegt. Folgende Fragen sind für die Untersuchung leitend: – Welche Bedeutungen hatten Bäume und Wälder für lokale tansanische Bevölkerungsgruppen vor und während der deutschen Kolonialzeit? – Welche Bedeutungen hatten Bäume und Wälder aus den Perspektiven unterschiedlicher kolonialer Akteure und woher stammten die kolonialen Konzepte zum Umgang mit tropischen Wäldern? – Welche ökologischen und sozialen Folgen zog die Kolonisation von Waldressourcen nach sich? – Warum kam es bei der Implementierung kolonialer Forstpraktiken zu Konflikten? – Welche Bedeutung hat die Kolonialzeit für das Verständnis gegenwärtiger Waldkonflikte in Tansania ?

2. Zeit und Raum Die Untersuchungszeit erstreckt sich im Kern auf die Jahre 1892 bis 1916. Diese zeitliche Eingrenzung ergibt sich, da im Jahr 1892 der erste hauptamtliche Förster in die Kolonie Deutsch-Ostafrika kam und im Frühjahr 1916 die forstwirtschaftlichen Aktivitäten aufgrund von Kriegseinwirkungen eingestellt wurden. Der räumliche Schwerpunkt der Untersuchung liegt im Nordosten Tansanias, auf den Bezirken Tanga und Morogoro. Beide Bezirke bildeten Zentren kolonialforstlicher Tätigkeit, weshalb es dort verstärkt zu kolonialen Waldkonflikten kam. Doch geht die Studie partiell über die skizzierten zeitlichen und räumlichen Grenzen hinaus, sonst könnten weder vorkoloniale afrikanische Waldnutzungspraktiken noch langfristige Folgen der Kolonisation beleuchtet werden.6 Auch zwingt die dünne Quellenlage, die frühen Jahre forstlicher Kolonisation über die räumlichen Grenzen der o. g. Bezirke hinaus zu betrachten. Ferner ist es wichtig, die forstwirtschaftliche Einbettung Deutsch-Ostafrikas in globale Zusammenhänge zu verdeutlichen. Dazu erscheint es zeitlich und räumlich notwendig, über den Rahmen Deutsch-Ostafrikas als Kolonie im deutschen Kolonialreich hinauszugehen. Somit werden nicht allein formelle Beziehungen innerhalb des deutschen Kolonialreichs untersucht, sondern auch informelle Verflechtungen 5 Vgl. Winiwarter, Knoll, Umweltgeschichte, 135. 6 Vgl. James L. Giblin, Gregory Maddox, Introduction, in: dies., Isaria Kimambo (Hrsg.), Custodians of the Land. Ecology & Culture in the History of Tanzania. London 1996, 7. 

16

Einleitung

zwischen Deutsch-Ostafrika und den Kolonien anderer Imperien.7 Hierdurch geraten Kommunikationen und Wege der Zirkulation von Wissen, Pflanzen und Saatgut jenseits der Achse Kolonie-Metropole in den Blick.8 Denn die koloniale Forstwirtschaft griff als angewandte Wissenschaft über die Grenzen einzelner Kolonialreiche hinaus.9 Diesbezüglich gehen die postcolonial studies schon seit längerer Zeit davon aus, dass sich die Kolonialmächte ganze Korpora an administrativen Strategien und wissenschaftlichen Klassifikationen teilten, die sich in Folge ihrer Anwendung zu transimperialen Wissensbeständen verdichteten.10 Deshalb erfolgt der Zugriff auf den Gegenstandsbereich der kolonialen Forstwirtschaft in dieser Arbeit in Form einer globalen Verflechtungsgeschichte.11 Schließlich ist anzunehmen, dass die Welt unter umwelt- und ressourcenpolitischen Aspekten im letzten Drittel des 19. Jh. verstärkt zu einem Referenzrahmen des Handelns und Sprechens wurde. Folglich kann eine Erzählung über die Kolonisation tropischer Wälder in Tansania nur als eine Weltwaldgeschichte konzipiert werden, in der die Zirkulation von Wissen, aber auch von Materie angemessen berücksichtigt wird.12

3. Forschungsstand Die Forschungsliteratur über die koloniale Forstwirtschaft und ihre Folgen lässt sich grob in zwei Richtungen einteilen. Zum einen gibt es modernisierungsapologetische Ansätze, die in der Perspektive nachholender Entwicklung vor allem die konservatorischen Erfolge beim kolonialen Waldschutz betonen. Zum anderen existieren historisch-materialistische oder revisionistische Ansätze, die die Konflikthaftigkeit des Prozesses der Kolonisierung tropischer Wälder in den 7 Vgl. Hartmut Kaelble, Die Debatte über Vergleich und Transfer und was jetzt?, in: ­H-Soz-u-Kult. H-Net Forum: Was ist transnationale Geschichte? 2005 http://hsozkult. geschichte.huberlin.de/ forum/2005-03-004; Sebastian Conrad, Deutsche Kolonialgeschichte. München 2008, 14–16. 8 Vgl. Frederick Cooper, Ann Laura Stoler, Between Metropole and Colony. Rethinking a Research Agenda, in: dies (Hrsg.), Tensions of Empire. Colonial Cultures in  a Bourgeois World, Berkeley 1997, 28. 9 Vgl. Ulrike Kirchberger, German Scientists in the Indian Forest Service: A German Contribution to the Raj?, in: Journal of Imperial and Commonwealth History 29, 2001, 2, 19. 10 Vgl. Cooper, Stoler, Metropole, 28–29; Richard Hölzl, Dominik Hüninger, Global denken – lokal forschen. Auf der Suche nach dem ›kulturellen Dreh‹ in der Umweltgeschichte. Ein Literaturbericht, in: Werkstatt / Geschichte, 48, 2008, 10. 11 Vgl. Sebastian Conrad, Andreas Eckert, Globalgeschichte, Globalisierung, multiple Modernen. Zur Geschichtsschreibung der modernen Welt, in: dies., Ulrike Freytag (Hrsg.), Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen. Frankfurt a. M. 2007, 18, 20. 12 Vgl. Jürgen Osterhammel, Niels P. Petersson, Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen. München 2003, 64; Michael Williams, Deforesting the Earth. From Prehistory to Global Crisis. Chicago 2003, 384–385.

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Mittelpunkt ihrer Analysen stellen. Paradigmatisch für die modernisierungstheoretische Interpretation der kolonialen Forstwirtschaft ist deren Deutung durch den Historiker Gregory Allen Barton. Er schreibt, dass der imperiale Zugriff des kolonialen Staates auf tropische Wälder die einzige Möglichkeit gewesen sei, nachwachsende Ressourcen langfristig zum Wohl der Menschen zu schützen. Even so, modern European civilization – including imperialism – must be credited with not only an industrial revolution that dramatically ended the malthusian cycle in most of the world, but also gave birth to an environmental revolution which is still in the process of saving humans from themselves.13

Die Bevölkerung außereuropäischer Länder erscheint in dieser Perspektive als rückständig und nicht in der Lage für sich selbst zu sorgen, da sie keinen schonenden Umgang mit nachwachsenden Waldressourcen praktiziert. Allein die modernen Europäer waren laut Barton aufgrund ihrer vermeintlich höheren kulturellen Praktiken dazu in der Lage. Letztendlich glaubt er, dass die Effektivität von Umweltschutzmaßnahmen in der Zukunft davon abhängen wird, ob westliche Werte weltweit akzeptiert werden. The impact of environmentalism in the future may depend on the willingness of societies in every part of the globe to enforce a western view of property, private and state, and to enforce environmental law with effective police power.14

Zu diesem einseitigen Schluss gelangt Barton, weil er die koloniale Perspektive unkritisch aus den Quellen übernimmt. Seine Ergebnisse lassen sich als unreflektierter Universalismus charakterisieren, wobei es umgekehrt sicherlich ebenso falsch ist, die Folgen der Kolonisation tropischer Wälder rein negativ in Form eines Degradierungsnarrativs zu beschreiben.15 Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass sich die Kolonisation zu einer reinen Geschichte ungemilderter Umweltentwertung verdichten lässt, da sich Entwaldung nicht immer und überall so lange fortsetzte, bis der letzte Baum gefällt worden war. Vielmehr ist laut Jürgen Osterhammel davon auszugehen, dass mit der kolonialen Expansion in tropische Gebiete kein Prozess stetiger Entwaldung einsetzte, sondern dass die Kolonisation auch zu Formen von Wiederbewaldung und Waldneubegründung 13 Gregory Allen Barton, Empire Forestry and the Origins of Environmentalism. Cambridge 2002, 166. 14 Ebd. 15 Michael Williams konzeptualisiert die Geschichte der Kolonisation in Form eines chronologisch angelegten Degradierungsnarrativs tropischer Entwaldung. Seinem Werk ist eine gewisse teleologische oder auch apokalyptische Sichtweise eigen; vgl. Williams, Earth, XXII. Diese Perspektive wird in dieser Arbeit nicht geteilt, weshalb im Anschluss an Langston wertfrei von forest change und nicht von forest degradation gesprochen wird; vgl. Nancy Langston, Reflections: On Teaching World Forest History, in: Environmental History, 10, 2005, 20–21.

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führte.16 Der Historiker Ravi Rajan schreibt, durch den Erlass von Forstschutzbestimmungen und den Aufbau von Forstverwaltungen hätten koloniale Staaten dem laissez faire ungeregelter Waldnutzung ein Ende bereitet. Deshalb sei die koloniale Forstwirtschaft als ein emanzipatorisches Projekt zu verstehen.17 Koponen hingegen geht davon aus, dass es sich bei forstwirtschaftlicher Entwicklung in kolonialen Kontexten grundsätzlich um eine Form von Ausbeutung gehandelt hat. Er schreibt, man dürfe deren vermeintliche Verdienste, wie die Etablierung von Waldschutzmaßnahmen oder exotische Nutzholzplantagen, nicht einfach gegen die negativen Faktoren der Kolonisation, wie Gewalt, Rassismus oder die Verdinglichung der Natur und menschlicher Beziehungen, aufrechnen. Schließlich habe es sich bei den positiven und negativen Aspekten der kolonialen Forstwirtschaft um zwei Seiten derselben Medaille gehandelt. Laut Koponen ist jedwede Entwicklungsvorstellung – ob kolonial oder aktuell – generell als ausbeuterisch und schädlich zu begreifen und politisch abzuschaffen. Ihm erscheint Entwicklungspolitik als eine Form der Fortführung kolonialer Zivilisationsbestrebungen – als eine transnationale Ideologie, in deren Namen sich westliche, kapitalistische Mächte in Kooperation mit einheimischen Eliten erlauben, weiterhin in die internen Angelegenheiten von vormals kolonisierten Bevölkerungsgruppen einzugreifen. Dabei würden die »kleinen« Leute marginalisiert, da man gegenwärtig mit entwicklungspolitischen Maßnahmen immer noch deren Subsistenzbasis untergrabe.18 Der theoretische Ausgangspunkt zu solch kritischen Einschätzungen der kolonialen Forstwirtschaft war ein programmatischer Aufsatz des amerikanischen Umwelthistorikers Donald Worster aus dem Jahr 1985. Darin nimmt Worster grenzübergreifende Verflechtungen zwischen der europäischen und der außereuropäischen Welt in den Blick und macht auf die kulturellen Folgen der Kolonisation von tropischen Wäldern aufmerksam. Laut Worster waren die global geteilten Praktiken kolonialer Umweltexperten in vielen Fällen ein mächtiges Werkzeug von Imperien. Deshalb schlägt er vor, die Herausbildung von global agierenden Expertennetzwerken und deren Konflikte mit einheimischen Bevölkerungsgruppen zum Gegenstand der umwelthistorischen Forschung zu machen.19 In den Konflikten sei es nicht allein um wirtschaftliche, sondern auch 16 Vgl. Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München 22009, 550. 17 Vgl. Ravi S. Rajan, Modernizing Nature. Forestry and Imperial Eco-Development 1800–1950. Oxford 2006, 92 Fn. 169. 18 Vgl. Juhani Koponen, Development for Exploitation. German Colonial Policies in Mainland Tanzania, 1884–1914. Helsinki 1995, 672. 19 Vgl. Donald Worster, World without Borders. The Internationalizing of Environmental History, in: Kendall Bailes (Hrsg.), Environmental History. Critical Issues in Comparative Perspective. Lanham 1985, 665–666. In gleicher Richtung argumentieren auch deutsche Historiker; vgl. Margrit Pernau, Transnationale Geschichte. Göttingen 2011, 60; Eckhardt Fuchs, Welt- und Globalgeschichte. Blick über den Atlantik, in: H-Soz-u-Kult. H-Net Forum: Was ist

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um kulturelle Fragen gegangen. Laut Worster wurden die Nutzungsformen tropischer Wälder vor der Kolonisation zumeist von weitgehend autonom lebenden lokalen Bevölkerungsgruppen bestimmt. Diese hätten versucht, ihrer unmittelbaren Umgebung einen Sinn zu geben. So hätten sie die Natur mit spiritueller und ästhetischer Bedeutung aufgeladen und diese nicht allein unter wirtschaftlichen Maßgaben zur Sicherung ihrer Subsistenz gesehen. Mit der Einführung kolonialzeitlicher Formen der Waldnutzung sei dann modernes Umweltwissen von Europa nach Übersee exportiert worden. Europäische Forstexperten hätten den Wäldern eine andere Bedeutung zugemessen, was zu einer unvermeidlichen Kollision mit den »vernacular traditions« geführt habe. Eine neue Klasse professioneller Umweltexperten sei entstanden, die die Behandlung der Umwelt immer abstrakteren Regeln folgen ließ, wodurch lokale Kompetenzen unterminiert worden seien und die Sinngehalte lokalen Wissens über die Umwelt verdrängt und schließlich vergessen wurden.20 Mit dieser Einschätzung kann Worster als programmatischer Wegbereiter einer kulturhistorischen Perspektive auf koloniale Waldkonflikte gelten, wie sie sich inzwischen in vielen Studien findet.21 Für die deutsche Kolonialzeit in Tansania nahm erstmals Juhani Koponen eine kulturhistorische Perspektive ein. Dabei geht er bezüglich kolonialer Waldschutzmaßnahmen davon aus, dass es sich um Experimente gehandelt habe, die sich vor Ort zu dem entwickelten, was sie waren. Diese Experimente hätte man seinerzeit im Mutterland nicht leicht durchführen können, weil man dort die Bevölkerung nicht in gleichem Maße von der Waldnutzung habe ausschließen können.22 Doch seien deutsche »Forstexperimente« in den Kolonien aufgrund ihrer großen Diskrepanz zwischen Ideal und Praxis allesamt gescheitert. Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen hätten in Deutsch-Ostafrika – unabhängig davon, welche Umweltschutzgesinnung oder welche technische Kompetenz dahintergestanden habe – nicht funktioniert. Koponen begründet sein Ergebnis damit, dass die deutsche Forstbehörde finanziell unzureichend ausgestattet war und dass die deutschen Kolonialbeamten bezüglich der Ursachen von Waldschäden von Fehlwahrnehmungen geleitet worden seien. So habe man zwar gesehen, dass Waldschäden in Form von Rodungen durch die Plantagenwirtschaft ausgelöst werden konnten, doch sei die Schuld zumeist bei der einheimischen Bevölkerung und deren vermeintlich unzureichenden Methoden der Naturausbeutung transnationale Geschichte? 2005; http://hsozkult.geschichte.huberlin.de/forum/2005-03-004 (Zugriff: 18.10.2020); Conrad, Eckert, Globalgeschichte, 14.  20 Vgl. Worster, World, 666. 21 Die globale Waldgeschichte des 19. Jh. war vor Worsters Aufsatz zumeist aus wirtschaftshistorischer Perspektive erforscht worden; vgl. John F. Richards, Richard B. Tucker, Introduction, in: dies (Hrsg.), Global Deforestation and the Nineteenth-Century World Economy. Durham 1983, IX. Kulturhistorische Ansätze diskutieren Hölzl und Hüninger; vgl. Hölzl, Hüninger, Suche, 83–98. 22 Vgl. Koponen, Development, 441–460.

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gesucht worden. Mit anderen Worten, laut Koponen verstanden die deutschen Förster die Kontexte, in denen waldschädigendes Verhalten auftrat, nicht richtig. Deshalb beurteilt er die deutsche Periode in der Waldgeschichte Tansanias als »mixture of keen ecological interest and gross environmental neglect, high technical competence and a lack of elementary cultural understanding.«23 Etwas anders deuten Ute Luig und Achim von Oppen die Interaktionen deutscher Kolonisten mit ihrer ökologischen und sozialen Umwelt in Ostafrika. Sie sprechen davon, dass während der Kolonialzeit durchaus afrikanische Vorstellungen in europäische Repräsentationen der Natur eingeflossen seien und das Handeln der Kolonisten bestimmt hätten. Es seien »hidden dialogues« zwischen afrikanischer und europäischer Landschaftswahrnehmung entstanden, weshalb koloniale Umweltgeschichte im Sinne einer »shared history« zu erforschen sei.24 Bei kolonialen Waldkonflikten habe es sich um Aushandlungsprozesse gehandelt. Dabei seien stets zwei Ideen zum Tragen gekommen: Erstens, unterschiedliche Konzepte von Natur, wobei die Vorstellung der europäischen Seite von der afrikanischen Natur als eine belastete und daher schützenswerte Ressource nicht als »objektiver Tatbestand«, sondern als »politisch-normative Absicht bzw. Denkform« aufgefasst werden müsse.25 Denn die afrikanische Seite habe in der Natur keine zu schützende Ressource, sondern eine wechselseitig aufeinander bezogene Einheit der durch Menschen bewohnten Welt und der von Geistern belebten »Wildnis« gesehen. Zweitens standen in kolonialen Waldkonflikten unterschiedliche Konzeptionen von Land- und Waldnutzungsrechten und damit unterschiedliche Vorstellungen von Gemeinwohl zur Disposition. Denn bereits in vorkolonialer Zeit hätten afrikanische Gesellschaften eigene Konzepte individueller und kollektiver Landrechte entwickelt, die eine öffentliche Kontrolle der Waldnutzung einschlossen. Hierbei habe es sich um Weide- und Landrotationssysteme gehandelt, aber auch um Nutzungsbeschränkungen von heiligen Wäldern, von Quellgebieten oder Begräbnisplätzen. Die entsprechenden Regulierungen seien von den lokalen Ältesten, teilweise auch von größeren lokalen oder regionalen politischen Führern festgelegt und sanktioniert worden. Dabei habe man sich keineswegs auf Eigentumsrechte im europäischen Sinn berufen. Es sei nicht um das individuelle Eigentum der politischen Führer oder ein Gemeinschaftseigentum einzelner lokaler Gruppen gegangen. Vielmehr hätten die lokalen Ältesten und Patrone mit den Landnutzungsbeschränkungen den Anspruch verfolgt, den Frieden und das Wohlergehen der ganzen Gemeinschaft 23 Vgl. ebd., 528, 530. 24 Vgl. Ute Luig, Achim von Oppen, Landscape in Africa: Process and Vision. An Introductory Essay, in: dies (Hrsg.), The Making of African Landscapes. Wiesbaden 1997, 36–37; Conrad, Eckert, Globalgeschichte, 23–24. 25 Vgl. Achim Oppen, Matuta. Landkonflikte, Ökologie und Entwicklung in der Geschichte Tanzanias, in: Ulrich van der Heyden (Hrsg.), Tanzania: Koloniale Vergangenheit und neuer Aufbruch. Münster 1996, 48–49.

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zu erhalten. Sie hätten aufgrund ihres rituellen Wissens zwischen den einzelnen Landnutzern, der von Geistern belebten Natur und den die Gemeinschaft verkörpernden Ahnen zu vermitteln gesucht. So sind koloniale Waldkonflikte, laut von Oppen, stets im Kontext einer Aushandlung und Neubestimmung des Bereichs der öffentlichen Angelegenheit zwischen Kolonisierten und Kolonisierenden zu verstehen. Während die Kontrolle der Natur in afrikanischen Gesellschaften als eine lokale Angelegenheit von allgemeinem Interesse galt, erhob mit Beginn der Kolonialzeit ein Staat den alleinigen Anspruch, diese öffentliche Angelegenheit von der nationalen Ebene aus zu regeln. Der Versuch der Etablierung kolonialer Wald- und Landnutzungsrechte bedeutete für die afrikanische Bevölkerung nicht nur eine Einschränkung im materiellen Sinn, sondern eine Bedrohung ihrer sozialen Wohlfahrt und kulturellen Reproduktionsfähigkeit, da die kolonialen Waldschutzverordnungen auch indirekt die Mobilität der Bevölkerung beschränkten und diese zwangen, außerhalb von Wäldern zu leben und zu wirtschaften. Die Regulierungen griffen tief in etablierte soziale Zusammenhänge ein und bildeten laut von Oppen ein Mittel zur Kontrolle der Bevölkerung. Die Folge der kolonialen Forstpolitik sei gewesen, dass den Anrainern von Wäldern mit dem Verlust ihrer früheren Rechte auch ältere Vorstellungen einer reziproken Beziehung zwischen Mensch und Natur abhandenkamen, die sich ehemals in gewissen waldschützenden Praktiken ausgedrückt hätten. Zusätzlich habe die am materiellen Gewinn ausgerichtete Praxis der Kolonisten der lokalen Bevölkerung als Legitimation dafür gedient, sich nicht mehr an einschränkende Waldschutzbestimmungen gebunden zu fühlen.26 Insofern schuf die Kolonisation einen Handlungskontext, in dem der lokalen Bevölkerung waldschädigendes Verhalten rational und legitim erschien.27 Afrikanische Systeme der Ressourcenkontrolle wurden außer Kraft gesetzt, was die kulturelle Entwicklungs- und Reproduktionsfähigkeit kolonisierter Bevölkerungsgruppen beschränkte. Schlussfolgernd ergibt sich für die Untersuchungsperspektive dieser Arbeit, das Umwelthandeln unterschiedlicher Akteure auf seine strukturellen Bedingungen innerhalb der kolonialen Situation hin zu analysieren, um zeitgenössischen und gängigen Vorurteilen gegen afrikanische Landnutzungspraktiken begegnen zu können. Eine dieser Strukturbedingungen hat bereits der US -amerikanische Afrikanist Christopher Conte sichtbar gemacht. In ähnlicher Weise wie von Oppen geht er davon aus, dass sich koloniale Waldkonflikte um unterschiedliche Konzepte von »economic well-being« drehen. Zu diesem Ergebnis kommt er aufgrund einer Analyse lokaler mündlicher Überlieferungen in Kombination mit der Auswertung einiger weniger deutscher Kolonialakten. Sein Erkenntnisinteresse gilt 26 Vgl. ebd., 49, 55–56, 70. 27 Vgl. Ute Luig, Achim von Oppen, Einleitung: Zur Vergesellschaftung von Natur in Afrika, in: dies (Hrsg.), Naturaneignung in Afrika als sozialer und symbolischer Prozeß. Berlin 1995, 15.

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der Dekonstruktion modernisierungstheoretischer Erzählungen über tropische Wälder. In emanzipatorischer Absicht schreibt er, dass lokale Perspektiven aus vielen heutigen tropischen Waldschutzprogrammen noch immer ausgeblendet würden, sodass Entscheidungen getroffen werden, die auf stereotypen Erzählungen über das Verhältnis von Mensch und Wald in Afrika beruhen. Conte plädiert dafür, die Geschichte des Waldes und der Waldkonflikte in Tansania multiperspektivisch zu erzählen, zumal die lokale Bevölkerung von ihren Vorfahren eine komplexe soziale Erinnerung an bestimmte Orte ererbt habe, die die Geschichte des Landes aus der Perspektive der Arbeit und des kommunalen Lebens repräsentiere. Kolonialbeamte, Siedler und Wissenschaftler hätten ihre eigenen Perspektiven, die ebenfalls auf einer bestimmten Interpretation der Geschichte beruhten und ebenso wie die Erzählungen ihres afrikanischen Gegenübers auf ideologischer und kultureller Entlehnung aufbauten.28 Dabei hätten sich deutsche Kolonialbeamte nicht generell durch eine Haltung kultureller Ignoranz gegenüber afrikanischen Landnutzungspraktiken ausgezeichnet und diese auch nicht pauschal als waldschädlich eingestuft. Insbesondere auf lokaler Ebene habe es durchaus Verständnis gegeben, sodass lokale Verwaltungsstellen als Sachwalter afrikanischer Interessen aufgetreten seien. Dies habe sie in Opposition zu den Vorstellungen der kolonialen Forstverwaltung gebracht. Conte spricht in diesem Zusammenhang von »layers of tension«, die als Strukturbedingung kolonialer Herrschaft zwischen verschiedenen Ressorts und Ebenen der kolonialen Administration gelegen hätten. Auf dieses Problem Bezug nehmend, schreibt Helen Tilley: As forestry, agriculture, geology, botany, medicine, and even anthropology became the domain of [colonial] experts, not only were forms of local environmental management were pushed aside, but so too were whole populations. Debates over who would have access to and control over natural resources spawned numerous conflicts both within different departments of colonial regimes and between colonists and indigenous people.29

Kolonialismus erscheint in dieser Perspektive als ein höchst konflikthafter Aushandlungsprozess innerhalb und außerhalb der Verwaltung um den Zugang zu Ressourcen und um die Konzepte ihrer Nutzung.30 Doch bleibt die Analyse dieses Prozesses bei Conte unterkomplex, da er vereinfachend von der lokalen Bevölkerung als »insidern« und den Kolonialbeamten als »outsidern« der tansanischen Waldgeschichte spricht. Damit reproduziert er tendenziell die dichotomen Kategorien von Kolonisierten und Kolonisierenden, ohne die 28 Vgl. Christopher A. Conte, Highland Sanctuary. Environmental History in Tanzania’s Usambara Mountains. Athens 2004, 3, 115, 160. 29 Helen Tilley, Colonialism and Imperialism, in: Shepard Krech III, John R.  McNeil, Carolyn Merchant (Hrsg.), Encyclopedia of World Environmental History. London 2004, 247. 30 Vgl. Conte, Sanctuary, 71.

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von ihm entdeckten Grauschattierungen ausreichend zu würdigen. Schließlich war die Geschichte der Kolonisation tropischer Wälder von vielfältigen und widersprüchlichen Kooperationen und Konflikten gekennzeichnet. Weder die Kolonisierten noch die Kolonisierenden traten als homogene Einheiten auf, sondern die Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen und ihren Identitäten waren fließend.31 Deshalb kommt Bernhard Gißibl in einer Studie zu Jagd und Wildschutz in Deutsch-Ostafrika dem Kern kolonialer Umweltbeziehungen näher, wenn er die koloniale Situation als eine Art »middle ground«32 zur Vermittlung europäischer und afrikanischer Interessen auffasst. Er schreibt, die deutsche koloniale Herrschaft habe sich in Tansania nicht über einen »clash of cultures«, sondern vielmehr über transkulturelle Verbindungen, Allianzen und Netzwerke konstituiert.33 Deshalb erscheint eine Typologie, die Ramachandra Guha entwickelt hat, besser als Contes Ansatz zur Analyse kolonialer Waldkonflikte geeignet. Auf dieser Grundlage bekommen die von Conte benutzten Begriffe von »insider« und »outsider« eine andere Bedeutung, da die lokale Bevölkerung und die Kolonialbeamten in der Konflikttypologie von Guha eine Doppelrolle im Kampf um tropische Wälder spielen. Guha schreibt, dass die lokale Bevölkerung bezüglich ihres Wissens um den Wald zu den »insidern« zu rechnen sei, bezüglich ihres Wissens um koloniale Verwaltungsvorgänge jedoch zu den »outsidern«. Umgekehrt verhalte es sich mit den Kolonialbeamten. Diese seien bezüglich ihres Wissens im lokalen Kontext »outsider«, im Verwaltungskontext jedoch »insider« gewesen. Aufgrund dieser doppelten Konstitution von Rollen geht Guha davon aus, dass in der kolonialen Situation einige Konflikte um tropische Wälder im Sinne der lokalen Bevölkerung und der Kolonialverwaltung geregelt werden konnten. Im kolonialen Indien, so Guha, sei es durchaus zu Aushandlungserfolgen um die Nutzung von Wäldern im Sinne der lokalen Bevölkerung gekommen, wenn ihre Anliegen von Vertretern innerhalb der Verwaltung geteilt wurden. In besonders günstigen Zeitfenstern sei es sogar möglich gewesen, die kolonialforstliche Waldnutzung wieder in eine gemeinwirtschaftliche Kontrolle von Wäldern zurückzuführen, wenn lokale Proteste gegen forstwirtschaftliche Verwaltungsmaßnahmen auf positive Resonanz bei Beamten innerhalb der Kolonialverwaltung getroffen seien.34

31 Vgl. Andreas Eckert, Konflikte, Netzwerke, Interaktionen. Kolonialismus in Afrika. Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942–1999), in: Neue Politische Literatur, 44, 1999, 447–448. 32 Zum Konzept »middle ground«; vgl. Richard White, The Middle Ground. Indians, Empires, and Republics in the Great Lakes Region, 1650–1815. Cambridge 1991, X. 33 Vgl. Bernhard Gißibl, The Nature of German Imperialism. Conservation and the Politics of Wildlife in Colonial East Africa. New York 2016, 79. 34 Ramachandra Guha, The Prehistory of Community Forestry in India, in: Environmental History, 6, 2001, 233.

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In Anbetracht der Ergebnisse von Guha ist zu fragen, ob es nicht auch in Tansania während der deutschen Kolonialzeit zu erfolgreichem Protest gegen die kolonialstaatliche Enteignung von Waldressourcen kam. Zur Klärung dieser Frage kommt den Arbeiten von Thaddeus Sunseri entscheidende Bedeutung zu. In seinen Studien untersucht er schwerpunktmäßig die ökologischen und sozialen Folgen der Kolonisation der tansanischen Küstenmangroven und der Wälder des unmittelbaren Küstenhinterlands. Dabei zeigt er sehr detailliert, dass die Exklusion der lokalen Bevölkerung von der Waldnutzung in Form der Sperrung von Küstenmangroven während der deutschen Periode als eine Ursache für die Ausweitung des kriegerischen Maji-Maji-Aufstands anzusehen sind.35 Sein hauptsächliches Erkenntnisinteresse richtet sich, ähnlich wie Contes, auf die Dekonstruktion älterer forstgeschichtlicher Erzählungen. Er schreibt, dass die Waldgeschichte Tansanias zumeist aus der Perspektive von Umweltschützern, Förstern und Politikern geschrieben worden sei, die afrikanische Bauern und Viehalter permanent in ein negatives Licht rückten. Man habe Letzteren vorgeworfen, mit ihren Landnutzungsformen den Wald zu schädigen und durch Entwaldung den afrikanischen Kontinent auszutrocknen. Erzählungen über Wälder aus lokaler afrikanischer Perspektive sei kein Raum gegeben worden.36 Außerdem hätten einige Historikerinnen und Historiker zur Bewertung kolonialzeitlicher Praktiken heutige Maßstäbe umweltgerechten Handelns zurückprojiziert. Diese Herangehensweise bezeichnet Sunseri als a-historisch. Sie diene lediglich der Rechtfertigung eines post-imperialen Zugriffs auf die Waldressourcen Afrikas.37 Laut Sunseri dürfen koloniale Waldschutzmaßnahmen nicht im Sinn einer überzeitlich geltenden Norm des »richtigen« Umwelt- und Ressourcenschutzes interpretiert werden. Sie sind im zeitgenössischen Kontext als integraler Bestandteil der kolonialen Entwicklungsagenda aufzufassen. Seine Hauptthese lautet, dass die koloniale Forstpolitik ein Instrument zur Kontrolle ökonomisch wichtiger Ressourcen und der ländlichen Bevölkerung gewesen sei. Sie habe das Ziel verfolgt, die koloniale Entwicklungsagenda zu forcieren. Koloniale Entwicklung und Waldnutzung hätten einen Zusammenhang gebildet, sodass es selbst in der kolonialpolitischen Reformphase nach der Jahrhundertwende in Deutsch-Ostafrika keineswegs zu einer Erleichterung der Waldressourcennutzung für die afrikanische Bevölkerung gekommen sei. Vielmehr sei diese Phase durch einen Kampf um die letzten, nicht okkupierten Waldressourcen gekennzeichnet gewesen. Den theoretischen Bezugsrahmen zur Analyse kolonialer Waldkonflikte leitet Sunseri aus neueren Ansätzen der 35 Vgl. Thaddeus Sunseri, Reinterpreting a Colonial Rebellion: Forestry and Social Control in German East Africa, 1874–1915, in: Environmental History, 8, 2003, 141, 145. 36 Vgl. Thaddeus Sunseri, Wielding the Ax. State Forestry and Social Conflict in Tanzania, 1820–2000. Athens 2009, XVII. 37 Sunseri kritisiert in diesem Zusammenhang den Ansatz von Gregory Allan Barton; vgl. Sunseri, Ax, XVIII.

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politischen Ökologie ab.38 Ähnlich wie von Oppen und Guha argumentiert er, dass sich die lokale Bevölkerung mit kolonialstaatlich enteigneten Wäldern nicht mehr hätte identifizieren können, weshalb sie kein Interesse gezeigt habe, diese zu schützen. Implizit plädiert Sunseri zur Lösung heutiger Waldkonflikte auf die Rückbesinnung auf vorkoloniale Formen der gemeinwirtschaftlichen Kontrolle von Wäldern auf dörflicher Ebene. Er hält eine langfristige lokale Identifikation von Mensch und Wald für wichtig. Staatlich verordnete Waldschutzprogramme betrachtet er hingegen mit großer Skepsis. In der Kolonialzeit habe sich gezeigt, dass ein Staat in konzertierter Aktion mit der Wirtschaft die Ausbeutung und Degradierung der tansanischen Wälder betrieben habe.39 Schlussendlich sei der »wissenschaftliche Forstbetrieb« in Deutsch-Ostafrika weder sinnvoll noch effizient gewesen und habe lediglich die Interessen der Rohstoffindustrie befördert.40 Dieser Trend, tropische Wälder unter Ausschluss lokaler Interessen zu nutzen und lokale Bedeutungszuschreibungen an Wäldern zu ignorieren, setze sich laut Sunseri seit der Kolonialzeit ungebremst fort. Die Macht der Waldressourcenkontrolle in Tansania sei allerdings gegenwärtig vom Nationalstaat auf internationale Organisationen übergegangen, die bei der Umsetzung einer globalen Agenda zum Schutz der Biodiversität neue Konflikte mit der lokalen Bevölkerung provozieren.41 Kolonialforstliche Transfers Obwohl Sunseri für die jüngere tansanische Waldgeschichte ihre Einbindung in globale Verflechtungszusammenhänge betont, spielen transnationale Verbindungen bei seinen Untersuchungen zur deutschen Kolonialzeit nur eine untergeordnete Rolle. Zwar spricht er den Kolonien anderer Imperien eine gewisse Rolle für die forstwirtschaftliche Entwicklung in Deutsch-Ostafrika zu. Förster hätten aus asiatischen und südostasiatischen Kolonien Wissen mitgebracht und in Tansania nach der Jahrhundertwende kolonialforstliche Methoden eingesetzt, die anderswo entwickelt worden seien. Hierbei habe es sich um die Übernahme von Rechtsstrukturen, Formen der Kooperation mit einheimischen Eliten, die Anwendung von Polizeimacht, die Schaffung von Waldreservaten sowie die Anlage von Forstplantagen und die Übernahme von Maßregeln gegen Feuer 38 Vgl. Sunseri, Ax, VIII, XVII–XIX, 190 Fn. 38–40. Das Erkenntnisinteresse der Politischen Ökologie ist, zu zeigen, warum die staatliche Verwaltung von Wäldern und Landsystemen Degradierung und Armut befördert; vgl. Laurence Becker, Seeing Green in Malis’s Woods: Colonial Legacy, Forest Use, and Local Control, in: Annals of the Association of American Geographers, 91, 2001, 505–506. Dieses Erkenntnisinteresse ist zu eng gefasst. Zu Kritikpunkten am analytischen Bezugsrahmen der Politischen Ökologie; vgl. Andrew P. Vayda, Bradley B. Walters, Against Political Ecology, in: Human Ecology, 27, 1999, 167–169, 176–177. 39 Vgl. Sunseri, Ax, XIX, XXVI, 166. 40 Vgl. Emely S. Rosenberg, Transnationale Strömungen in einer Welt, die zusammenrückt, in: dies. (Hrsg.), Weltmärkte und Weltkriege 1870–1945. München 2012, 936. 41 Vgl. Sunseri, Ax, XIX, XXVI, 166.

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gehandelt.42 Dennoch hätte nicht allein der transimperiale Austausch die kolonialforstliche Praxis in Deutsch-Ostafrika bestimmt, sondern vor allem die lokalen ökologischen und sozialen Gegebenheiten.43 So richtig diese Einschätzung zur Bedeutung lokaler Kontexte ist, müssen weltweite Transfers von Forstgewächsen nebst dem dazugehörigen Wissen als ebenso bedeutsam für die Entwicklung der kolonialen Forstwirtschaft angesehen werden.44 Juma Calestous betont, dass die meisten historischen Konzepte zur Erklärung kolonialer Entwicklung die Faktoren Arbeit, Land und Kapital in den Mittelpunkt gerückt hätten, ohne die Bedeutung der Kultivierung von land- und forstwirtschaftlichen Pflanzen als Basisressourcen zu bedenken.45 Bei William Beinart heißt es sogar, dass man afrikanische Geschichte und die Geschichte des Imperialismus nur verstehen könne, wenn man die Möglichkeiten und Zwänge, die der Transfer von Nutzpflanzen geboten habe, mit in die Untersuchung einbeziehe.46 Insofern scheint die Behandlung globaler Transfers von Wissen und forstwirtschaftlichen Nutzpflanzen nicht nur umweltgeschichtlich relevant zu sein, sondern auch Bedeutung für die allgemeine Geschichte zu haben. Schließlich war für den Transfer neuen genetischen Materials und des dazugehörigen technischen Anbauwissens eine Reorganisation bestehender Institutionen erforderlich, die Regierungen, Wissenschaft und andere Akteure vornahmen. Calestous spricht davon, dass den botanischen Gärten in Kew (London), Paris und Amsterdam – zu ergänzen ist Berlin – bei der Sammlung und dem Transfer von kolonialen Nutzpflanzen besondere Rollen zukamen.47 Laut John R. McNeill bot der Imperialismus im 19. Jh. durch die pax britannica die besten weltpolitischen Voraussetzungen, um biologischen Wandel zu vollziehen.48 Innerhalb dieses Kontextes sei die koloniale Forstwirtschaft als transnational agierendes Expertennetzwerk zu behandeln, schreibt Emily S. Rosenberg. Dieses Netzwerk habe sich in verschiedene, teilweise konkurrierende, sich jedoch häufig auch ergänzende Richtungen einer Strömung aufgeteilt, die grundsätzlich am Konzept des wirtschaftlichen Nutzens, am Bewusstsein für ökologische Interak 42 Vgl. Thaddeus Sunseri, Forestry and the German Imperial Imagination: Conflicts over Forest Use in German East Africa, in: Thomas Lekan, Thomas Zeller (Hrsg.), Germany’s Nature. Cultural Landscapes and Environmental History. New York 2005, 83, 85. 43 Vgl. ebd., 85. 44 Vgl. Osterhammel, Verwandlung, 549. 45 Vgl. Juma Calestous, The Gene Hunters. Biotechnology and the Scramble for Seeds. London 1989, 40, 48. 46 Vgl. William Beinart, African History and Environmental History, in: African Affairs, 99, 2000, 286–287. 47 Vgl. Calestous, Hunters, 2–3, 41, 49; John R. McNeill, Biological Exchange and Biological Invasion in World History, in: Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Weltgeschichte. Stuttgart 2008, 215. 48 Vgl. ebd. McNeill kann diese These nach eigener Auskunft nicht belegen, da bis heute das entsprechende Datenmaterial nicht zur Verfügung steht; vgl. ebd., 216.

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tionen und an der Zusammenarbeit von Kolonialexperten mit der einheimischen Bevölkerung orientiert gewesen sei. Die transnationale koloniale Forstwirtschaft sei allerdings bisher von Historikerinnen und Historikern zumeist nur im Kontext nationaler oder national-imperialer Räume betrachtet worden.49 Eine diesbezügliche Ausnahme bildet ein Aufsatz von Ulrike Kirchberger, in dem sie globale Transfers von Wissen und Nutzpflanzen zum Ausgangspunkt einer Untersuchung über den Aufbau einer kolonialen »Naturschutzbürokratie« in Deutsch-Ostafrika wählt. Kirchberger nimmt die globale Vernetzung der Trägergruppen des »Naturschutzgedanken[s]« in Augenschein und geht auf die Ursachen der Einführung erster »Naturschutzmaßnahmen« im kolonialzeitlichen Tansania ein. Dabei kann sie detaillierter als Sunseri zeigen, dass für den Aufbau der Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika die Forstverwaltungen von Britisch-Indien und Niederländisch-Indien maßgebliche Vorbilder waren. Im Ergebnis schreibt sie, die Konzepte zum Aufbau einer kolonialen »Naturschutzbürokratie« in Deutsch-Ostafrika zirkulierten in einem weltweiten Netzwerk von Kolonialwissenschaftlern und manifestierten sich aus diesem heraus in der Kolonie.50 In ähnlicher Weise argumentiert Ravi Rajan für Britisch-Indien, dass sich die praktischen Standards der tropischen Waldwirtschaft nicht aus der Politik einzelner Kolonien ableiten lassen, sondern durch eine »community of technocrats« formuliert worden seien, die ihre geistigen Wurzeln in der »continental [european] forestry tradition« sah.51 Doch geben Peluso und Vandergeest ähnlich wie Sunseri zu bedenken, dass es im 19. Jh. trotz übergreifender professioneller Standards bei den kolonialforstlichen Praktiken eine große Bandbreite an Variationen gegeben habe, die bis zur lokalen Ebene innerhalb einzelner Kolonien reichte.52 Sie interpretieren die Forstimperien in einzelnen Kolonien als »linked sets of sites, differentially integrated into intersected empire networks, in which European models for practicing were transformed into 49 Vgl. Rosenberg, Strömungen, 937. 50 Vgl. Ulrike Kirchberger, Wie entsteht eine imperiale Infrastruktur? Zum Aufbau der Naturschutzbürokratie in Deutsch-Ostafrika, in: Historische Zeitschrift, 291, 2010, 42–43. Kirchbergers Aufsatz leidet unter einer analytischen Schwäche, da sie nicht zwischen konservatorischem und präservatorischem Waldschutz unterscheidet, sondern alle Waldschutzpraktiken unter dem Begriff »Naturschutz« subsummiert. 51 Rajan bezog diese Aussage nur auf das British Empire; vgl. Ravi S. Rajan, Imperial Environmentalism or Environmental Imperialism? European Forestry, Colonial Foresters and the Agendas of Forest Management in British India 1800–1900, in: Richard H. Grove, Vinita Damodaran, Satpa Sangwan (Hrsg.), Nature and the Orient. The Environmental History of South and Southeast Asia. Delhi 1998, 360; Rajan, Nature, 200. Sivaramakrishnan kritisiert an Rajan, dass dieser die Erfahrungen bei der Implementierung von Techniken vor Ort vergesse und deshalb deren gestaltende Kraft bei der Formulierung neuer technologischer Konzepte in den Kolonien vernachlässige; vgl. K. Sivaramakrishnan, Modern Forests. Statemaking and Environmental Change in Colonial Eastern India. Stanford 1999, 234, 244. 52 Vgl. Peter Vandergeest, Nancy Lee Peluso, Empires of Forestry: Professional Forestry and State Power in South East Asia, in: Environment and History, 12, 2006, 31.

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hybridised practices through interactions with local ecologies, economies and politics. »53 Kolonialforstliches Handeln sei als ein Hybrid zu verstehen, der sich aus dem europäischen Forstmodell, US -amerikanischen Umwelttheorien, ortsspezifischen ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Kontexten sowie praktischem Wissen zusammengesetzt habe.54 Deshalb ist es für das Verständnis des kolonialen Forstwesens in einzelnen Kolonien bedeutsam, auf die subimperiale Ebene zu gehen. Innerhalb globaler Kontexte war das Handeln der »men on the spot« für die Herausbildung von Kolonialreichen und -regimen bedeutsam. Sie verfolgten als kleinbürgerliche Imperialisten (Subimperialisten) eigenwillige Ziele und sorgten für eine dynamische Entwicklung der kolonialen Verhältnisse in Afrika.55 Insofern müssen laut Kirchberger die lokalen ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Kontexte, die das alltägliche kolonialforstliche Handeln und das Handeln der kolonisierten Bevölkerung bestimmten, untersucht werden.56 Doch gibt der Aufsatz Kirchbergers keine Aufschlüsse über lokale Kontexte in Deutsch-Ostafrika. Man erhält zwar erste empirische Hinweise darauf, dass ein »transnationales Netzwerk« von Kolonialexperten für den Transfer kolonialforstlichen Wissens sowie von Pflanzen und Saatgut nach Deutsch-Ostafrika verantwortlich war, doch untersucht Kirchberger nicht die lokalen ökologischen und sozialen Folgen dieser Transfers.57

4. Ansatz Diese Arbeit versucht, die Lücke zwischen lokalen und globalen Aspekten der kolonialen Forstwirtschaft zu schließen. Deshalb wird die Untersuchung kolonialer Waldkonflikte in Form einer diachron angelegten Mehrebenenanalyse durchgeführt. Globale und lokale Diskurse zum Umgang mit tropischen Wäldern sollen bezüglich der ihnen zugrunde liegenden Sach- und Wertvorstellungen beleuchtet werden. Der rote Faden der Arbeit bildet eine Erzählung über die Ursachen, Auslöser, Verläufe und Folgen von Waldkonflikten im Zuge der Implementierung eines europäischen Modells von Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. Das strukturgebende Element der Erzählung ist das Spannungsverhältnis von Ideal und Praxis kolonialforstlichen Handelns. Dabei ist ein Hauptproblem, dass kein übergreifender analytischer Bezugsrahmen existiert, mittels dessen sich Ergebnisse über die Grenzen einzelner Kolonialgebiete hinweg vergleichen lassen. Ein 53 Vgl. ebd., 384. 54 Vgl. ebd., 360. 55 Vgl. Michael Geyer, Charles Bright, World History in a Global Age, in: Bruce Mazlish, Akira Iriye (Hrsg.), The Global History Reader. New York 2005, 22–23, 26. 56 Vgl. Kirchberger, Infrastruktur, 31–32. 57 Vgl. ebd., 52, 57, 65.

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einheitlicher Begriffsapparat zur Beschreibung des forstwirtschaftlichen Kolonisationsprozesses und dessen Folgen fehlt. Um dennoch zu anschlussfähigen Ergebnissen zu gelangen, wird in dieser Arbeit ein kombinierter Forschungs­ansatz aus Kolonial-, Umwelt- und Wissensgeschichte gewählt. Mittels dessen soll gezeigt werden, wie globale Kontexte als intersubjektiver Referenzrahmen auf der Mikroebene lokalen Handelns in Erscheinung traten. Es soll verdeutlicht werden, wie das imperial Gedachte in lokalen Prozessen zum Tragen kam58, aber auch, wie lokales Handeln auf die imperiale Handlungsebene zurückwirkte oder diese erzeugte.59 Dazu bedarf es sowohl einer makro- als auch einer mikrogeschichtlichen Betrachtungsweise. Hierdurch soll dem Problem begegnet werden, dass mikrohistorische Befunde nur »ideosynkratische Erkenntnis« erlauben, weshalb ihnen eine andere Relevanz als makrohistorischen Ergebnissen zugesprochen wird.60 Schließlich sollen die Ergebnisse der mikrohistorischen Analysen von Waldkonflikten in Deutsch-Ostafrika globalgeschichtlich vergleichbar und interpretierbar werden.

5. Methoden Zur Analyse der normativen Muster und mentalen Lagen, die in kolonialen Waldkonflikten zutage traten, wird die Methode einer multimodalen Diskursanalyse anhand von Texten und Bildern angewandt. In Anlehnung an die Diskurslinguistik handelt es sich um ein Verfahren, das von der Erstlektüre über die Korpusbildung und die intra- bzw. intertextuelle Analyse zur Frage nach der Rolle von Akteuren in Diskursen und zur Analyse der transtextuellen Ebene (Episteme) fortschreitet.61 Das Ziel der Diskursanalyse ist, die Erkenntnisgrundlagen kolonialer Expertenkommunikationen zu beleuchten, um deren unhinterfragte, weil für selbstverständlich erachtete, Wissensbestände zu ana 58 Vgl. Susanna Burghartz, Historische Anthropologie / Mikrogeschichte, in: Joachim Eibach, Günther Lottes (Hrsg.), Kompass der Geschichtswissenschaft. Göttingen 2002, 216, 218; Roman Loimeier, Dieter Neubert, Cordula Weißköppel, Einleitung: Globalisierung im lokalen Kontext – Perspektiven und Konzepte von Handeln in Afrika, in: dies. (Hrsg.), Globalisierung im lokalen Kontext. Perspektiven und Konzepte von Handeln in Afrika. Münster 2005, 5; Geyer, Bright, History, 27. 59 Vgl. Steven Feierman, Afrika in der Geschichte. Das Ende der universalen Erzählungen, in: Sebastian Conrad, Shalini Randeria (Hrsg.), Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt a. M. 2002, 69. 60 Vgl. Michael Maurer, Historische Anthropologie, in: ders. (Hrsg.), Aufriß der historischen Wissenschaft. Stuttgart 2003, 375; Burghartz, Anthropologie, 216. 61 Vgl. Ingo H. Warnke, Jürgen Spitzmüller, Methoden und Methodologie der Diskurslinguistik – Grundlagen und Verfahren einer Sprachwissenschaft jenseits textueller Grenzen, in: dies. (Hrsg.), Methoden der Diskurslinguistik. Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene. Berlin 2008, 24.

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lysieren.62 Es sind die kulturellen Normen zur Regulierung des zeitgenössisch Kommunizierbaren unter Berücksichtigung außerwissenschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontexte herauszuarbeiten.63 Dabei ist es nicht allein das Ziel der Untersuchung, auf Grundlage kolonialer Expertenkommunikationen die kontextspezifischen Topoi eines gruppenspezifischen sozialen Wissens zu ermitteln, sondern allgemein kontextabstrakte Topoi ganzer Sprachgemeinschaften zu beleuchten. Somit wird der Blick neben den Spezialdiskursen kolonialer Forstexperten auch auf Interdiskurse gelenkt, um bspw. die kollektive Symbolik des Begriffs »Urwald« herauszuarbeiten.64 Ferner soll die übergreifende Semantik der Kolonialherren zur Klassifizierung der einheimischen Bevölkerung und deren Waldnutzungspraktiken dargelegt werden. Es ist davon auszugehen, dass Normen zur Steuerung, Produktion, Distribution und Anwendung kolonialen Umweltwissens in vielfältige Kontexte eingebunden waren.65 Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Religion bildeten bezüglich des kolonialen Waldschutzes keine in sich abgeschlossenen Wissenssysteme, sondern sich wechselseitig überlagernde Wissensfelder. Wissen wird in dieser Perspektive als sich wechselseitig konstituierende und wandernde Form zwischen den Feldern begriffen. Laut Philipp Sarasin handelt es sich bei Kunst und Religion um »Provinzen des Wissens«, die gemeinsam mit den rationalen, wissenschaftlichen Systemen die Denk- und Sprechmöglichkeiten einer Epoche über einen Gegenstand bestimmen.66 Es ist davon auszugehen, dass sich die Grenzen des zeitgenössisch Sagbaren in der Übernahme von diskursiven Elementen eines anderen Feldes zeigten. Deshalb sind die diskursübergreifenden regelhaften Muster zur Erzeugung von »Alterität« und »Fremdheit« in Kommunikationen über tropische Wälder darzulegen.67 Letztere können als »Schlüssel zum Verständnis« der kulturellen Ursachen kolonialer Waldkonflikte gelten.68 Denn das koloniale Wissen beruhte laut Michael Geyer und Charles Bright auf »imperial imaginings«, die als universell akzeptierte Wahrheiten zur Grundlage kolonialstaatlichen Handelns wurden. Insofern sollten kolonialforstliche Dis-

62 Vgl. Achim Landwehr, Historische Diskursanalyse. Frankfurt a. M. 2008, 129. 63 Vgl. ebd., S. 130; Hans-Jörg Rheinberger, Historische Epistemologie zur Einführung. Hamburg 2007, 106, 110. 64 Vgl. Jürgen Link, Literaturanalyse als Interdiskursanalyse, in: Jürgen Fohrmann, Harro Müller (Hrsg.), Diskurstheorien und Literaturwissenschaft. Frankfurt 1988, 288, 293; Warnke, Spitzmüller, Methoden, 41. 65 Vgl. Michael Hagner, Ansichten der Wissenschaftsgeschichte, in: ders. (Hrsg.), Ansichten der Wissenschaftsgeschichte. Frankfurt 2001, 26–29. 66 Vgl. Philipp Sarasin, Was ist Wissensgeschichte?, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 36, 2011, 165–167. 67 Vgl. Ingo H. Warnke, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Deutsche Sprache und Kolonialismus. Aspekte der nationalen Kommunikation 1884–1919. Berlin 2009, 6. 68 Vgl. Burghartz, Anthropologie, 213.

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kurse in ihrer funktionalen Dimension einen unverzichtbaren Beitrag zur Eroberung der Welt durch die Europäer und zur Sicherung ihrer Herrschaft leisten.69 Ausgehend von der Annahme, dass Sprache als Teil einer sozialen Praxis zur Erzeugung und Formierung von Wissen zu begreifen ist, werden die Diskurse um tropische Wälder handlungsorientiert untersucht. Dazu wird nach Möglichkeit nicht nur die inhaltliche, sondern auch die performative Ebene beleuchtet. Das heißt, die Behandlung sprachlichen Handelns erfolgt auch bezüglich ihrer Inszenierungspraxis.70 Hierzu zählt bspw. die Form der Verkündung kolonialer Bekanntmachungen, wobei die Performanz als Bestandteil des Ortes zu begreifen ist, von dem aus ein historisches Subjekt spricht. Es handelt sich um einen Teil der Position, die ein Subjekt im Raum des Sprechens, der durch den Diskurs geformt wird, einnimmt.71 Ferner darf die Analyse kolonialer Diskurse nicht ohne »Machtkritik« verlaufen. Sie kann sich nicht allein auf sprachliche Muster konzentrieren, wie Warnke und Spitzmüller postulieren.72 Vielmehr muss angenommen werden, dass bei der Untersuchung kolonialer Kommunikationen vier miteinander interferierende Untersuchungsdimensionen auftauchen, in denen Beziehungen zwischen Macht und Umwelt zutage traten. Es handelt sich um Aussagen: Erstens über die Beherrschung der Umwelt durch den Menschen, zweitens über die Begrenzungen der Umwelt zur Ausübung von Macht über Menschen, drittens um die Umwelt als Einschreibung von Machtprozessen und viertens um die Umwelt als Argument der Macht bzw. als Ausdruck oder Metapher von Macht.73 Deshalb wird in Analogie zu Edwards Saids Befunden über den akademischen Orientalismusdiskurs angenommen, dass es sich beim kolonialen Waldschutzdiskurs um ein kulturelles Konstrukt gehandelt hat, das innerhalb bestimmter Machtkonstellation entstanden ist und die Funktion erfüllte, diese Machtverhältnisse zu verstetigen. Der Diskurs diente zur Durchsetzung bestimmter politischer Positionen und kultureller Vorstellungen.74 Deshalb ist die Erzeugung, Distribution und Anwendung kolonialer Diskurse nicht von Mechanismen der Macht zu trennen.75 In diesem Zusammenhang sind Geldgeber, Netzwerke sowie Kommunikationsräume und -orte zu untersuchen, die für die Produktion, den 69 Vgl. Geyer, Bright, History, 22–23. 70 Vgl. Warnke, Spitzmüller, Methoden, 13, 16–17. 71 Vgl. Philipp Sarasin, Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt a. M. 2003, 59. 72 Vgl. Warnke, Spitzmüller, Methoden, 22. 73 Vgl. Francois Duceppe-Lamarre, Jens Ivo Engels, Introduction, in: dies. (Hrsg.), Umwelt und Herrschaft in der Geschichte. Environement et Pouvoir: Une Aproche Historique. München 2008, 12.  74 Vgl. Edward W. Said, Orientalismus. Frankfurt a. M. 2009, 11–12, 14–15; Landwehr, Diskursanalyse, 14. 75 Vgl. Achim Landwehr, Wissensgeschichte, in: Rainer Schützeichel (Hrsg.), Handbuch Wissenssoziologie und Wissenschaftsforschung. Konstanz 2007, 807.

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Transfer und die Anwendung kolonialforstlichen Wissens entscheidend waren. Auch sind Medien wie Texte, Statistiken, Zeichnungen, Gemälde, Fotografien oder Karten nicht schlichtweg als Darstellungsvarianten, sondern als Formen der Wissenserzeugung zu verstehen.76 Schließlich hing die gesellschaftliche Anerkennung kolonialforstlichen Wissens nicht allein davon ab, ob es sich in der Praxis bewährte. Ebenfalls bedeutsam war, ob das kolonialforstliche Wissen autoritativ kommuniziert wurde.77 Bilder in Diskursen Die Untersuchung der kolonialzeitlichen Diskurse erfolgt nicht allein auf der textlichen Ebene. Die Text-Bild-Beziehungen sind ebenfalls berücksichtigt, da koloniale Walddiskurse in unterschiedlichen, aufeinander verweisenden Zeichensystemen mehrfach kodiert waren. So erlaubt die Betrachtung des Zusammenspiels von sprachlichen und nichtsprachlichen Äußerungen, diskursive Formationsprozesse als multimodal kodierte »Hypertexte« zu erforschen.78 Die Untersuchung der semiotischen Interferenzen zwischen Text- und Bildpropositionen lässt ebenfalls einen schärferen Blick auf die Positionierung des Sprechenden im Diskurs zu.79 Eine solche Perspektive auf Bilder in kolonialen Walddiskursen erscheint notwendig, da die politische Instrumentalisierung von Bildern in kolonialen Umweltdiskursen bisher nur ansatzweise untersucht wurde. Zwar existiert seit geraumer Zeit eine Fülle von Literatur, die die Funktion von Bildern in kolonialen Diskursen allgemein beleuchtet und ansatzweise die Darstellung der tropischen Natur thematisiert.80 Auch kann man sich bei der ästhetischen Analyse 76 Vgl. Rebekka Habermas, Rebekka von Mallinckrodt, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Interkultureller Transfer und nationaler Eigensinn. Europäische und anglo-amerikanische Positionen der Kulturwissenschaft. Göttingen 2004, 21. 77 Vgl. Dieter Neubert, Elísio Macamo, Wer weiß hier was? Lokales Wissen und der Globalitätsanspruch der Wissenschaft, in: Roman Loimeier, Dieter Neubert, Cordula Weißköppel (Hrsg.), Globalisierung im lokalen Kontext. Perspektiven und Konzepte von Handeln in Afrika. Münster 2005, 251–252, 255–256; Hagner, Ansichten, 30. 78 Vgl. Multimodalität, in: Metzlers Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze  – Personen – Grundbegriffe. Stuttgart 42008, 520. 79 Vgl. Warnke, Spitzmüller, Methoden, 30; Stefan Meier, Von der Sichtbarkeit im Diskurs – Zur Methode diskursanalytischer Untersuchungen multimodaler Kommunikation, in: Ingo H., Warnke, Jürgen Spitzmüller (Hrsg.), Methoden der Diskurslinguistik. Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene. Berlin 2009, 264–265, 267. Der Begriff »Bild« wird weit gefasst, und zwar im Sinn von nicht-linearen, diskontinuierlichen Kommunikationen. Darunter fallen Gemälde und Fotografien, aber auch Karten und Statistiken. Doch müsste man zur multimodalen Rekonstruktion von Kulturen eigentlich noch wesentlich mehr Quellenarten zugrunde legen, insbesondere Artefakte. 80 Vgl. Jens Jäger, »Unsere Kolonien«. Populäre Bilder als Medium des »Fern-sehens«, in: Gerhard Paul (Hrsg.), Das Jahrhundert der Bilder 1900 bis 1949. Göttingen 2009, 92–99; Jens Jäger, Bilder aus Afrika vor 1918. Zur visuellen Konstruktion Afrikas im europäischen

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kolonialer Landschaftsfotografie und -malerei an Arbeiten von Albert Wirz und Nana Badenberg orientieren, die die Darstellungskonventionen tropischer Wälder in der bildenden Kunst vornehmlich am Beispiel von Südamerika untersucht haben.81 Doch müssen analytische Werkzeuge erst noch entwickelt werden, um die individuellen und kollektiven Muster der visuellen Repräsentation afrikanischer Wälder als Bestandteile kolonialer Wald- und Umweltdiskurse angemessen zu würdigen. Lediglich für die USA liegen Ergebnisse vor, die die Auswirkungen bildlicher Darstellungen auf die Naturschutz- und Umweltpolitik beschreiben. Christof Mauch konnte zeigen, dass Bilder einer »erhabenen« oder »zerstörten« Natur im 19. und 20. Jh. in den USA einen starken Einfluss auf politische und planerische Entscheidungen nahmen. Ganz gleich, ob in Bildern eine unberührte oder eine zerstörte Natur gezeigt wurde, prägten die Bilder die öffentliche Wahrnehmung. Politiker und Umweltorganisationen instrumentalisierten sie im Sinne der Landschaftspflege, des Naturschutzes, der wirtschaftlichen Nutzung oder der kulturelle Erschließung.82 Deshalb misst diese Arbeit der Kraft bildlicher Repräsentationen beim Aufbau kolonialer Forststrukturen eine hohe Bedeutung zu.83 Es erscheint wahrscheinlich, dass die Übermittlung von bildlichen Darstellungen zerstörter Wälder aus Deutsch-Ostafrika die Sorgen um den Schutz der tropischen Natur in der deutschen Öffentlichkeit verstärkte.84 Insofern ist es notwendig, bei der Analyse kolonialer Waldkonflikte die politischen Wirkungen der visuellen Ästhetisierung tropischer Wälder zu berücksichtigen. Diesbezüglich hat bereits Joachim Zeller ein allgemeines Schema für die OrdKolonialismus, in: Paul Gerhard (Hrsg.), Visual History. Ein Studienbuch. Göttingen 2006, 134–148; Joachim Zeller, Weißer Blick – Schwarze Körper. Afrikaner im Spiegel westlicher Alltagskultur. Erfurt 2010. Stefanie Michels schreibt, dass viele Werke zur kolonialen Fotografie kaum analytische Einsichten liefern, sondern zumeist nur als Quellensammlungen zu gebrauchen sind; vgl. Stefanie Michels, Schwarze deutsche Kolonialsoldaten. Mehrdeutige Repräsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika. Bielefeld 2009, 160. Diese Kritik trifft etwa auf folgenden Beitrag zu: Antje Kelm, Skurrile Idioten und liebenswerte Mitmenschen. Ethnographische Anmerkungen zur kolonialen Südseephotographie, in: Hermann Hiery (Hrsg.), Bilder aus der Südsee. Fotographien 1884–1914. Paderborn 2005, 16–33. 81 Vgl. Albert Wirz, Innerer und äußerer Wald. Zur moralischen Ökologie der Kolonisierenden, in: Michael Flitner (Hrsg.), Der deutsche Tropenwald. Bilder, Mythen, Politik. Frankfurt 2000, 23–48; Nana Badenberg, Ansichten des Tropenwaldes. Alexander von Humboldt und die Inszenierung exotischer Landschaft im 19. Jahrhundert, in: Michael Flitner (Hrsg.), Der deutsche Tropenwald. Bilder, Mythen, Politik. Frankfurt a. M. 2000, 148–173. 82 Vgl. Christof Mauch, Bilder, die die Umwelt bewegten: Naturwahrnehmung und Politik in der US-amerikanischen Geschichte, in: Patrick Masius, Ole Sparenberg, Jana Sprenger (Hrsg.), Umweltgeschichte und Umweltzukunft. Zur gesellschaftlichen Relevanz einer jungen Disziplin. Göttingen 2009, 51–52, 59, 64. 83 Vgl. Sumathi Ramaswamy, Introduction. The Work of Vision in the Age of European Empires, in: Martin Jay, ders. (Hrsg.), Empires of Vision. A Reader. Durham 2014, 2. 84 Zur Diskussion um die Wirkung bildlicher Darstellungen aus kolonialen Gebieten auf die metropolitane Kultur; vgl. Ashley Jackson, David Tomkins, Illustrating Empire. A Visual History of British Imperialism. Oxford 2011, 15–19.

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nung bildlicher Repräsentationen kolonialer Räume vorgeschlagen. Er schreibt, dass der imperiale Blick den Raum der Fremde gern durch homogenisierende Gegensätze wie Natur / Technik, schwarz / weiß, Herr / K necht, wild / zivilisiert, Stillstand / Fortschritt beschrieben habe. Dabei sei es vor allem darum gegangen, die »Inwertsetzung« und die »Germanisierung« der Kolonien in Form von Darstellungen einer sicheren Heimat zu zeigen. Zeller spricht von drei bildlichen Aneignungsstrategien des fremden Raumes: Erstens der Darstellung der Kolonie als Gegenwelt zur Metropole in Form einer Zivilisationskritik, zweitens der Inszenierung der Fremdherrschaft als Zivilisierungsmission und drittens der Idealisierung der Kolonisation als Fortschrittsprojekt. Der koloniale Raum sei als weitgehend menschenleer imaginiert worden, weshalb man bezüglich der bildlichen Repräsentation von einem entleerten Raum sprechen müsse.85 In ähnlicher Weise schreibt Birthe Kundrus, dass die koloniale Landschaft in europäischer Perspektive als »[m]enschenleer« und »herrenlos« galt. Sie sei zu einem verfügbaren Territorium stilisiert worden, das in Besitz genommen und neu geordnet werden musste. Die kulturelle Ursache dieser Darstellungspraxis vermutet sie darin, dass die Europäer davon ausgingen, dass die einheimische Bevölkerung »wild« sei und keinen »Kulturauftrag« erfülle. Insofern seien menschliche Populationen aus der Repräsentation kolonialer Landschaften weitgehend ausgeschlossen oder zur exotischen Staffage verkommen.86 Mit anderen Worten, die bildlichen Darstellungen kolonialer Landschaften folgten idealtypischen Darstellungsmustern, die keineswegs der Realität entsprachen, wobei Zellers Typologie um die Dimension Erhalt / Zerstörung zu erweitern ist. Dabei ist davon auszugehen, dass es unterschiedliche koloniale Interessen gab, Landschaft und Wälder unter spezifischen Gesichtspunkten darzustellen. Deshalb muss man auch die Frage nach der Funktion von Bildern im Kampf um die kulturelle Deutungshoheit zwischen unterschiedlichen Interessengruppen im Lager der Kolonisierenden stellen.87 Subalterne Diskurse Bei der Dekonstruktion kolonialzeitlicher Diskurse in Form von Texten und Bildern ist außerdem zu berücksichtigen, dass diese nicht allein als Bestandteile eines hegemonialen Diskurses gedeutet werden dürfen. Sie müssen auch »gegen den Strich« gelesen werden. Deshalb werden etwa Aussagen über die »Faulheit« afrikanischer Bevölkerungsgruppen nicht wörtlich genommen, sondern darin bspw. gelesen, dass sich die afrikanische Bevölkerung weigerte, an der kolonialen Herrschaft mitzuwirken. Die diskursiven Strukturen in den Dokumenten 85 Vgl. Zeller, Blick, 35–36. 86 Vgl. Birthe Kundrus, Moderne Imperialisten. Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolonien. Köln 2003, 145, 147. 87 Jens Jäger weist auf die Möglichkeit der politischen Instrumentalisierung kolonialer Bilder hin; vgl. Jens Jäger, Fotographie und Geschichte. Frankfurt a. M. 2009, 176.

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der Herrschenden sind nicht nur auf das zu befragen, was sie erzählen, sondern auch auf das, was sie nicht erzählen oder systematisch verschweigen.88 Deshalb wird sich – in Erweiterung von Saids Forschungsansatz – neben den Diskursen der Kolonisierenden auch mit den Diskursen der Kolonisierten beschäftigt. Schließlich handelte es sich in beiden Fällen um begriffliche Filter, mittels derer die Realität in bestimmter Weise kategorial erfasst wurde.89 Doch stellt sich bezüglich der Erforschung afrikanischer Diskurse das Problem, dass es nur wenige Quellen gibt, aufgrund derer direkt auf lokale afrikanische Perspektiven geschlossen werden kann.90 Schriftliche Quellen, die direkte Kommunikationen über den Wald und dessen Nutzungsformen enthalten oder aus Sicht der afrikanischen Bevölkerung über die koloniale Forstwirtschaft berichten, konnten kaum aufgefunden werden.91 Auch der Versuch einer Erweiterung des Quellenkorpus, wie ihn Nathalie Zemon Davis vorgeschlagen hat92, erwies sich als nicht gewinnbringend. Es konnten fast keine afrikanischen Artefakte, wie Schnitzereien oder Malereien, entdeckt werden, die aus lokaler Perspektive direkt über das Verhältnis von Menschen und Wald Auskunft gaben. Um trotzdem auf einige der stummen und versteckten, subalternen afrikanischen Diskurse93 bzw. die hidden dialogues zwischen Afrikanern und Europäern zu stoßen, wurden folgende Methoden angewandt: Erstens der indirekte Schluss aus kolonialen Quellen.94 Schließlich enthalten Kolonialverwaltungsakten teils wörtliche, teils sinngemäße Wiedergaben von Äußerungen der lokalen Bevölkerung oder der einheimischen Angestellten der Kolonialverwaltung. Zweitens 88 Vgl. Sara Mills, Der Diskurs. Begriff, Theorie, Praxis. Tübingen 2007, 129, 125, 131. 89 Vgl. Said, Orientalismus, 14–15. 90 Für die vorkoloniale Zeit ist folgende Quellensammlung hilfreich, auch wenn sie zumeist nur Zeugnisse aus europäischer Perspektive enthält: Roberts, A Bibliography of Primary Sources for Tanzania, 1799–1899, in: Tanzania Notes and Records, 73, 1973, 65–92. 91 Zum Problem schwieriger archivalischer Überlieferungen, die kaum eine Rekonstruktion afrikanischer Perspektiven erlauben; vgl. Rebekka Habermas, Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft. Frankfurt a. M. 2016, 28. 92 Natalie Zemon Davis schreibt, dass man zur Rekonstruktion historischer Erzählungen fremder Kulturen das Spektrum der wissenschaftlich akzeptierten Quellen erweitern müsse. Man müsse zu nicht-schriftlichen Quellen übergehen und memory sticks, wampum belts und pictoral ideographs in die Untersuchung einbeziehen. Ferner schlägt Zemon Davis vor, aus Archivbeständen mehrere historisch plausibel erscheinende Deutungsmöglichkeiten herauszuarbeiten, um auf potenzielle Deutungsmuster anderer Kulturen zu stoßen; vgl. Natalie Zemon Davis, Global History, Many Stories, in: Max Kerner (Hrsg.), Eine Welt – eine Geschichte? München 2000, 377–379. 93 Vgl. Hölzl, Hüninger, Suche, 97; Sutter, Paul, Reflections: What can U. S. Environmental Historians Learn from Non-U. S. Environmental Historiography?, in: Environmental History, 8, 2003, 112. 94 Zur Methode des indirekten Schlusses aus Quellen; vgl. Carlo Ginzburg, Der Inquisitor als Anthropologe, in: Rebekka Habermas, Nils Minkmar (Hrsg.), Das Schwein des Häuptlings. Sechs Aufsätze zur Historischen Anthropologie. Berlin 1992, 42–43.

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erfolgte ein Rückgriff auf anthropologische Sekundärliteratur.95 Und drittens wurden Proxies bemüht96, um wenigstens ansatzweise zu einer dichten Beschreibung des Verhältnisses von afrikanischen Kulturen zum Wald zu gelangen, wo andere Zeichen fehlen.97 Dennoch bleibt es aufgrund der Quellenarmut schwierig, den lokalen Anteil bei der Entstehung von kolonialforstlichem Wissen einzuschätzen, da koloniale Texte nur höchst selten die Beiträge der lokalen Bevölkerung erwähnten. Auch ist es historiografisch problematisch, keine dominante Deutungs- und Erzählweise entstehen zu lassen, sondern unterschiedliche Perspektiven in Dialog miteinander zu bringen, um Brüche in der historischen Wahrnehmung sichtbar zu machen.98 Es stellt sich das von Steven Feiermann aufgeworfene Problem, wie man Globalgeschichte innerhalb eines einzigen Referenzrahmens schreiben soll, wenn lokale und regionale Sinnhorizonte gleichberechtigt zur Sprache kommen und erhalten bleiben sollen.99

95 Sunseri und Conte verwenden zur Rekonstruktion afrikanischer Walddiskurse und Waldgeschichten die Methode oral history, was von den Pionieren der afrikanischen Waldgeschichte, Fairhead und Leach, neben der Analyse von Luftbildaufnahmen und der Untersuchung von Landkarten und Texten zum Standardrepertoire der waldbezogenen Forschung in Afrika gezählt wird; vgl. James Fairhead, Melissa Leach, False Forest History, Complicit Social Analysis: Rethinking some West African Environmental Narratives, in: World Development, 23, 1995, 1032. In dieser Arbeit wurde auf oral history verzichtet. Es sprach vor allem der zeitliche Abstand zum Untersuchungsgegenstand dagegen. 96 Bei Proxies handelt es sich um naturwissenschaftliche Daten, die einen Einblick in die Entwicklung der menschlichen Nutzungsformen von Wäldern in Tansania über längere Zeiträume ermöglichen. Solche Daten erhält man aus archäologischen und palynologischen Untersuchungen, wenn schriftliche und bildliche Quellen schweigen oder tendenziös informieren; vgl. Sutter, Reflections, 117. 97 Vgl. Clifford Geertz, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a. M. 1987, 21; Bruno Latour, Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt a. M. 2008, 141. 98 Vgl. Alf Lüdtke, Alltagsgeschichte, Mikro-Historie, Historische Anthropologie, in: Hans-Jürgen Goertz (Hrsg.), Geschichte. Ein Grundkurs. Hamburg 1998, 562. 99 Vgl. Feierman, Afrika, 66, 69. Zur Diskussion um euro- bzw. afrozentrische Geschichtsschreibung; vgl. Reinhard Sieder, Ernst Langthaler, Was heißt Globalgeschichte?, in: dies. (Hrsg.), Globalgeschichte 1800–2010. Wien 2010, 12; Thomas Reinhardt, Eine andere Wissenschaft – eine bessere Wissenschaft? Der afrozentrische Gegenentwurf zur europäischen Geschichtsbetrachtung, in: Stichproben. Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien, 9, 2009, 168–169. Als vorbildhaft multiperspektivische Darstellung; vgl. Richard Price, FirstTime. The Historical Vision of an African American People. Chicago 1983. Alf Lüdtke lobt dieses Werk, da es aufgrund der fragmentarischen Erzählweise den »Allmachtsgestus« des Autors infrage stelle und Geschichte als »Gleichzeitigkeit vielschichtiger, uneinheitlicher und mehrdeutiger Transformationen« erscheinen lasse; vgl. Lüdtke, Alltagsgeschichte, 576.

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Quellen

6. Quellen Die Auswahl der schriftlichen und bildlichen Quellen beschränkt sich weitgehend auf den kommunikativen Horizont Deutsch-Ostafrikas. Das heißt, es kommen fast ausschließlich Quellen zur Sprache, die Deutsch-Ostafrika zum Gegenstand hatten oder seinerzeit dort hätten rezipiert werden können. Im Zentrum stehen kolonialforstliche Expertentexte, die sich mit den Wäldern in Uluguru (Bezirk Morogoro) und in Ost-Usambara (Bezirk Tanga) befassen. Es wurden aber auch Quellen herangezogen, die über den unmittelbaren kolonialforstlichen Horizont hinausgehen, um Interdiskurse und die Grenzen des Sagbaren über tropische Wälder zu beleuchten.100 Archivalien Bezüglich der archivalischen Quellen bilden die Forstakten der ehem. Gouvernementsverwaltung von Deutsch-Ostafrika aus den Tanzania National Archives (TNA) sowie die Forstakten der Berliner Kolonialverwaltung im Bundesarchiv (BA rch) das Hauptkorpus.101 Die sog. »German Records« im tansanischen Nationalarchiv befinden sich im Gegensatz zu den Akten der englischen Mandatsverwaltung wohlgeordnet in einem klimatisierten Raum, weshalb sie vom Personal problemlos aufgefunden werden können. Von den über 50 bestellten Akten war lediglich eine nicht lieferbar. Einige Akten waren aber durch Insektenfraß so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie nicht gesichtet werden konnten. Dabei muss der Grad der Überlieferung für den forstwirtschaftlichen Bereich als gut bezeichnet werden, obwohl das Bild auf lokaler Ebene lückenhaft bleibt.102 So fehlen fast sämtliche Quellen afrikanischer Verwaltungsorgane auf lokaler Ebene, wie etwa die »Zettelsammlungen« der einheimischen Dorfvorsteher oder die Protokollbücher der einheimischen Gerichtsbarkeit (Shauribücher). Ferner sind mehrere Forstakten, die Herbert Hesmer im Jahr 1964 bei der tansanischen Silviculture Research Section in Lushoto einsehen durfte, nicht in den Bestand der »German Records« aufgenommen worden.103 Im Findbuch zu den »German 100 Anzumerken ist, dass in den Quellen zutage tretende Abweichungen der Rechtsschreibung beibehalten wurde. Hierdurch erklären sich unterschiedliche Schreibweisen, wie z. B. »Erlass« und »Erlaß«. 101 Das Deutsch-Ostafrika-Archiv. Inventar der Abteilung »German Records« im Nationalarchiv der Vereinigten Republik Tansania, Dar-es-Salaam, Bd. 1–2. Marburg 1973. 102 Vgl. Walter T. Brown, German Records in the National Archives of Tanzania, in: African Studies Bulletin, 12, 1969, 47. 103 Es handelt sich um die Aktenbestände: Akazien, Bd. 1 (1896–1906); Akazien, Bd. 3 (1909–1916); Bambus, Bd. 2 (1906–1912); Dividivi, Bd. 2 (1913–1914); Einheimische Holzarten außer Akazien, Bambus, Bd. 1 (1904–1914); Farb- und Gerbstoffe außer Akazien, Dividivi und Mangroven, Bd. 1 (1902–1914); Harze, Bd. 1 (1907–1914); Mangroven (Waldreservat Bez. Mohoro), Bd. 1 (1904–1909); Teak, Bd. 2 (1904–1909).

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Records« ist zum Verbleib der Akten nichts vermerkt104, weshalb einige Fragen zu kolonialen Pflanzentransfers nicht abgehandelt werden konnten. Neben den Archivalien im tansanischen Nationalarchiv und im Bundesarchiv wurde auf Briefe und Berichte aus dem Unitätsarchiv der Herrnhuter Brüdergemeinde (UA) zurückgegriffen. Hierdurch ließen sich Vernetzungen zwischen staatlichen und kirchlichen Institutionen beim Forstschutz verdeutlichen. Ferner sind die Bestände der East Africana Library an der Universität von Daressalam benutzt worden. Hier befinden sich ca. 100 Landkarten aus der deutschen Kolonialzeit. Gedruckte Quellen Als gedruckte, zeitgenössische Literatur kamen vor allem koloniale Forstexpertentexte zur Verwendung, die ausgehend vom reichen Verweisapparat des Deutschen Kolonial-Lexikons105 und Hans Meyers Werk Das deutsche Kolonialreich ermittelt worden sind. Bei den kolonialen Expertentexten handelt es sich zumeist um Aufsätze aus dem Deutschen Kolonialblatt (DKB) sowie aus dessen Beilage Jahresbericht über die Entwickelung der Deutschen Schutzgebiete und aus dessen wissenschaftlichen Beiheften, den Mittheilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den Deutschen Schutzgebieten. Ferner sind Aufsätze aus internationalen und nationalen forstwirtschaftlichen Fachzeitschriften, Monografien zur kolonialen Forstwirtschaft106 sowie Beiträge von forst- und kolonialwissenschaftlichen Tagungen herangezogen worden.107 Besonders erwähnenswert erscheint das vom Institut Colonial International herausgegebene dreibändige Werk Le Regime Forestier aux Colonies, das im dritten Band einen 104 Vgl. Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 328. 105 Das Deutsche Koloniallexikon lag im Jahr 1914 vollständig gesetzt vor, der erste Band war bereits in den Druck gegangen. Das Gesamtwerk erschien ohne jedwede Veränderung im Jahr 1920; vgl. http://www.ub.bildarchiv-dkg.unifrankfurt.de/Bildprojekt/Lexikon/ Standardframeseite.php (Zugriff: 18.10.2020). Die bibliografische Angabe lautet: Heinrich Schnee, Deutsches Kolonial-Lexikon, Bd. 1–3. Leipzig 1920. 106 Bernhard Fernow, A Brief History of Forestry in Europe, the United States and other Countries. o. O. 1907; Heinrich Semler, Tropische und nordamerikanische Waldwirtschaft und Holzkunde. Handbuch für Forstleute, Holz-Techniker und Händler. Berlin 1888; Theodor Siebenlist, Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. Berlin 1914. Auszüge aus Siebenlists Monografie sind neben anderen Versatzstücken der Umweltgeschichte deutscher Kolonien unkommentiert in folgender Quellensammlung veröffentlicht worden: Arthur J. Knoll, Hermann Hiery, The German Colonial Experience. Selected Documents on German Rule in Africa, China, and the Pacific 1884–1914. Lanham 2010, 291–292, 300. In letztgenannter Quellensammlung werden koloniale Klagen über tropische Entwaldung unkritisch präsentiert, sodass leicht der Eindruck entstehen kann, als gelten sie als positive Beispiele früher Waldschutzbemühungen; vgl. ebd. 291. 107 Moritz Büsgen, Waldschutz in den tropischen Kolonien, in: Congrès International d’Agronomie Tropicale Bruxelles 19 au 23 mai 1910, Tome 1 Rapports. Bruxelles 1910, 1–10; Moritz Büsgen, Forstwirtschaft in den Kolonien, in: Verhandlungen des 3. deutschen Kolonialkongresses 1910 zu Berlin am 6., 7. und 8. Oktober. Berlin 1910, 801–817.

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umfassenden, wenn auch nur kurzen zeitgenössischen Überblick zur forstwirtschaftlichen Entwicklung im gesamten deutschen Kolonialreich bietet.108 Bedeutsam waren auch die in unregelmäßiger Reihenfolge vom deutsch-ost­ afrikanischen Gouvernement herausgegebenen Berichte über Land- und Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika (BLFW) sowie die seit dem Jahr 1905 erscheinende Zeitschrift Der Pflanzer mit ihren Beiheften. Zusätzlich zu den genannten Expertentexten spielten Gesetzestexte eine Rolle, insbesondere die zweibändige Landes-Gesetzgebung des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets. Diese enthält einige wichtige forstwirtschaftliche Verordnungen, aber auch allgemeine Verordnungen, die im erweiterten Sinn den gesetzlichen und diskursiven Rahmen kolonialforstlichen Handelns bildeten.109 Ferner wurde der vom deutsch-ostafrikanischen Gouvernement herausgegebene Amtliche Anzeiger für Deutsch-Ostafrika (AA) benutzt, in dem sich ebenfalls forstrechtliche Verordnungen finden. Insofern ist die Überlieferungsstruktur der gedruckten amtlichen Rechtsquellen gut, doch existiert bis heute keine einheitliche Quellensammlung kolonialer Gesetzestexte. Deshalb sind neben den amtlichen Gesetzessammlungen weitere Werke zur Kolonialgesetzgebung herangezogen worden, um die Genese der forstrechtlichen Regulierungen für Deutsch-Ostafrika lückenlos rekonstruieren zu können (vgl. Anhang II).110 Neben den forstfachlichen und juristischen Texten kamen als gedruckte Quellen vor allem Zeitungsartikel aus der Deutsch-Ostafrikanischen Zeitung (DOAZ) sowie Reiseberichte und Lebenserinnerungen zur Verwendung. Hier waren Texte von Missionaren, Forschungsreisenden, Politikern und Förstern bedeutsam. Es konnten auch einige Selbstzeugnisse von Förstern aufgefunden werden, die einen Eindruck über ihr alltägliches Leben vermitteln.111 Jedoch bleiben 108 Institut Colonial International, Le Regime Forestier aux Colonies, Bd. 3. Bruxelles 1914. 109 Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika (Hrsg.), Die Landesgesetz­gebung des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets. Systematische Zusammenstellung der in Deutsch-​ Ostafrika geltenden Gesetze, Verordnungen usw. Mit einem Nachtrag abgeschlossen am 24. Juli 1911, Teil 1–2. Tanga u. a. 21911. 110 Otto Kolisch, Die Kolonialgesetzgebung des Deutschen Reichs mit dem Gesetze über die Konsulargerichtsbarkeit. Hannover 1896; Johannes Gerstmeyer, Otto Max Köbner, Die Deutsche Kolonialgesetzgebung. Sammlung der auf die deutschen Schutzgebiete bezüglichen Gesetze, Verordnungen, Erlasse und internationalen Vereinbarungen, mit Anmerkungen und Sachregister auf Grund amtlicher Quellen, Bd. 1. Berlin 1891. 111 Hans Walter Schmidt, Am Kilimandscharo. Selbsterlebtes aus afrikanischer Wildnis. Nach schriftlichen und mündlichen Berichten eines deutschen Försters in Ostafrika. Minden 1922; Hans Walter Schmidt, Durch Tropenglut und Wildnis. Jagderlebnisse und andere Reiseabenteuer nach Berichten eines Försters, eines Offiziers und eines Naturforschers im dunklen Afrika. Minden 1923; Rudolf Gieseler, Die Einrichtung des ersten Forstbezirks in den Kolonien, in: Deutsche Forst-Zeitung, 16, 1910, 313–317; Ludwig Schuster, Über Ruf, Gesang, Paarungsflug und Gelege einiger ostafrikanischer Vögel, in: Ornithologische Monatsberichte, 22, 1914, 44–48 und Ders., Beiträge zur Verbreitung und Biologie der Vögel Deutsch-Ost­ afrikas, in: Journal of Ornithology 74, Supplement 1926, 138–167, 521–541, 709–742, hier 138–144. Die Tagebücher des Forstamtsleiters von Morogoro, Ludwig Schuster, wurden nach

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diese weitgehend unberücksichtigt, um den Rahmen der Untersuchung nicht zu sprengen. Bildquellen Die systematisch herangezogenen Bildquellen sind hauptsächlich kolonialzeitlichen Publikationen entnommen, z. B. den Jahresberichten des Gouvernements oder botanischen und landeskundlichen Werken.112 Einige der verwendeten Aufnahmen und ergänzende Materialien befinden sich im Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft.113 Hinzu kommen bisher unveröffentlichte forstwirtschaftliche Fotografien aus den »German Records«. Bei den Bildern handelt es sich sowohl um fotografische Abbildungen als auch um Landschaftsgemälde, die Kolonialexperten und Künstler anfertigten. Bezüglich der bildenden Kunst wurde auf die Werke des Malers Ernst Vollbehr zurückgegriffen, dessen Œuvre in zeitgenössischen Publikationen oder Sammelalben abgedruckt ist.114 Weiteres Material zu Vollbehr, aber auch kolonialforstliche Fotografien stammen vom Institut für Länderkunde (IfL) in Leipzig.115 Auskunft von Joachim Neumann aus Neubrandenburg, der biografisch zu Schusters Jugend geforscht hat, bei einem Bombenangriff im Herbst 1944 in Berlin vernichtet. Auch der Nachlass des ersten Leiters der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika, Paul Otto Eckert, konnte nicht mehr ausfindig gemacht werden. Jedoch existieren einige wenige Quellen, in denen persönliche Aufzeichnungen und Tagebuchauszüge von Förstern aus Deutsch-Ostafrika veröffentlicht sind. 112 Ferdinand Wohltmann, Deutsch-Ostafrika. Bericht über die Ergebnisse seiner Reise ausgeführt im Auftrage der Kolonial-Abteilung des Auswärtigen Amtes Winter 1897/98. Mit 46 Bildertafeln, 6 in den Text gedruckten Bildern und 1 Karte. Berlin 1898; Ferdinand, Wohltmann, Kultur- und Vegetationsbilder aus Deutsch-Ostafrika. Vortrag zu den Lichtbildern der Deutschen Kolonialgesellschaft. Berlin 1903; Engler, Adolf, Vegetationsansichten aus Deutsch-Ostafrika insbesondere aus der Khutusteppe, dem Ulugurugebirge, Uhehe, dem Kingagebirge, vom Rungwe, dem Kondeland und der Rukwasteppe. Nach 64 von Walther Goetze auf der Nyassa-See- und Kinga-Gebirgs-Expedition der Hermann und Elise geb. Heckmann Wentzel-Stiftung hergestellten photographischen Aufnahmen zur Erläuterung der ostafrikanischen Vegetationsformen zusammengestellt und besprochen von Adolf Engler. Leipzig 1902. 113 Vgl. www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de (Zugriff: 18.10.2020). Die Erschließungstexte zu den Bildern der Deutschen Kolonialgesellschaft sind oft unvollständig oder fehlerhaft, weshalb hier noch Forschungsbedarf besteht; vgl. Wilhelm, R. Schmidt, Des Kaisers neue Kolonien, in: forschung, 1, 2007, S. 8–13. 114 Anzumerken ist, dass die ostafrikanischen Gemälde des Malers Fritz Wildhagen, die dieser im Auftrag von Kolonialstaatssekretär Dernburg anfertigte, bei einem Fliegerangriff während des 2. Weltkriegs vernichtet worden sind. Lediglich das Werk Urwald bei Amani scheint noch im Nationalmuseum Poznan erhalten zu sein, wohin es bereits vor dem 1. Weltkrieg verkauft wurde. Dieses Werk konnte nicht eingesehen werden, da sich das Museum trotz mehrmaliger schriftlicher Anfragen nicht zurückgemeldet hat. Die veröffentlichten Bilder Vollbehrs befinden sich vor allem in folgenden zwei Publikationen: Hermann Thomsen, Deutsches Land in Afrika. München 1911; Ernst Vollbehr, Eine Künstlerfahrt durch Usambara. Plauderei mit 18 Bildern von Ernst Vollbehr  – München, in: Velhagen und Klasings Monatshefte, 28, 1914, 517–528. 115 Vgl. www.ifl-leipzig.de - Gemälde-/Grafiksammlung (Zugriff: 18.10.2020).

II. Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

»Wer von Waldnutzung spricht, muss zuvor für sich geklärt haben, was er unter Wald versteht«1, schreiben Verena Winiwarter und Martin Knoll in ihrer Einführung in die Umweltgeschichte. Dieser Satz bildet einen Schlüssel zum Verständnis kolonialzeitlicher Waldkonflikte. Denn bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass das Verständnis von tropischen Wäldern seinerzeit nicht einheitlich, sondern kulturell variabel war. Dabei verliefen die Trennlinien zwischen den Vorstellungen nicht einfach zwischen Kolonisierten und Kolonisierenden, sondern auch innerhalb dieser Gruppen. Dies soll in den folgenden drei Kapiteln gezeigt werden, in denen auf die Waldverhältnisse im nordöstlichen Tansania sowie auf afrikanische und europäische Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte eingegangen wird, um verstehen zu können, welche Vorstellungen und Konzepte zur Nutzung von Wäldern in der kolonialen Situation aufeinandertrafen.

1. Bewaldung im nordöstlichen Tansania Das Gebiet der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika umfasste die heutigen Staatsgebiete von Tansania, Ruanda und Burundi mit Ausnahme der Inseln Sansibar und Pemba, die britisch besetzt waren. Die Kolonie war neben Kamerun, Togo und Deutsch-Südwestafrika (Namibia) eines von vier sog. deutschen »Schutzgebieten« in Afrika.2 Sie lag südlich des Äquators und erstreckte sich über eine Fläche von 997.000 km2 zwischen 1° und 11° südlicher Breite sowie zwischen 28° und 40° östlicher Länge.3 Es handelte sich um die flächenmäßig größte deutsche Kolonie (vgl. Karte 1), die allerdings nur sehr wenig bewaldete Gebiete besaß (vgl. Karte 2). Nach letzten deutschen Schätzungen machte der Waldbestand 30.000 km2 aus, was ungefähr 3 % des gesamten Territoriums von Deutsch-Ostafrika entsprach. Hiervon entfielen auf Trocken- oder Miombowald 20.000 km2. Alle übrigen Waldformationen – Regenwald im Gebirge einschließlich des Nebel- und Höhenwaldes sowie der Alluvialwald an Flussufern nebst 1 Winiwarter, Knoll, Umweltgeschichte, 175. 2 Die deutschen Überseegebiete bezeichnete man als »Schutzgebiete«, nicht als Kolonien, da Bismarck ursprünglich keine direkte Kolonialherrschaft angestrebt hatte; vgl. Horst Gründer, Geschichte der deutschen Kolonien, Paderborn 52004, 22, 51–60. Der rechtliche Status dieser »Schutzgebiete« war widersprüchlich. Völkerrechtlich wurden sie zumeist als Inland, staatsrechtlich jedoch als Ausland behandelt; vgl. Conrad, Kolonialgeschichte, 29. 3 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357.

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Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

den Küstenmangroven – umfassten lediglich 10.000 km2, was ungefähr 1 % der Landesfläche entsprach (vgl. Tabelle 1).4 In neueren Kalkulationen wird ein ähnlicher Waldbestand errechnet, weshalb die kolonialzeitlichen Schätzungen zur flächenmäßigen Verteilung von Waldbeständen in Tansania als einigermaßen exakt gelten können. Gegenwärtige Schätzungen gehen von 33.555 km2 bewaldeter Fläche aus, von denen 1141 km2 auf »forests«, 115 km2 auf »mangrove forests« und 32.299 km2 auf »woodlands« entfallen.5 Dabei ähneln sich koloniale und gegenwärtige Kategorien zur Beschreibung der Vegetation. Das deutet auf einen kolonialzeitlichen Ursprung von Waldbegriffen im Kontext eines forsttechnischen Expertendiskurses hin, der bis heute fortgeschrieben wird.

1.1 Boden Die in kolonialforstlicher Perspektive besonders wertvollen Regen- und Höhenwälder waren vor allem in den nordöstlichen Mittelgebirgen zu finden, wobei allein 250 km2 auf den in West-Usambara gelegenen Shumewald entfielen.6 In geologischer Hinsicht gehörte der Nordosten Deutsch-Ostafrikas zum Küstenvor- und Hinterland, das gegen das aus Urgestein, älteren Sedimenten und jungvulkanischen Gesteinen aufgebaute zentrale Hochland abzugrenzen war.7 Zum Vorland zählten der Küstenstreifen mit den vorgelagerten Inseln, zum Küstenhinterland die Gebiete Bondei, Usegua, Usaramo, Ukami, Ukhutu. Das Grenzgebiet zwischen Küstenhinterland und Hochland bildeten die ostafrikanischen Randberge, die heute als Eastern Arc Mountains bezeichnet werden. Diese Berge, die sich vom südlichen Kenia bis in das südliche Tansania erstreckten, ließen sich in eine nördliche und eine mittlere Gruppe einteilen. Zur nördlichen Gruppe zählten in Tansania die Gebirgszüge von Pare und Usambara, zur mittleren Gruppe die Gebirgszüge von Uguru (Uluguru), Nguru und Usagara (vgl. Karte 3).8

4 Vgl. J. Busse, Forstlexikon, Bd. 1. Berlin 31929–1930, 567–569. 5 Vgl. FAO, Forest Resources Assessment for Tropical Countries and FBD statistics. o. O. 1992; zitiert nach: Ministry of Natural Resources and Tourism, National Forest Policy. Dar es Salaam 1998, 10. Unter dem Begriff »Wald« erfasst man im nationalen Forstprogramm »all land bearing a vegetative association dominated by trees of any size, exploitable or not, and capable of producing wood or other products of exerting influence on the climate or water regime or providing shelter to livestock and wildlife.« Vgl. ebd., 5. 6 Vgl. Moritz Büsgen, Die Wälder unserer Kolonien, in: Christof Wagner (Hrsg.), Handbuch der Forstwissenschaft, Bd. 4. Tübingen 1913, 494; Forstwesen, in: Schnee, KolonialLexikon, Bd. 1, 650 ff. 7 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 8 Vgl. ebd.

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Die Eastern Arc Mountains waren aufgrund von plattentektonischen Vorgängen bereits vor etwa 290–180 Millionen Jahren entstanden. Ihr Rumpf besteht aus Gneis. Doch erhoben sich neuere Aufwürfe, die in ihrer durch die Witterung erodierten Form die Gestalt der Berge bis heute prägen, vor etwa sieben Millionen Jahren zu Beginn des Pliozäns. Deren nährstoffarme Böden entstanden seit dieser Zeit aus Gesteinsverwitterung. Es handelt sich vornehmlich um den rötlichen Laterit, der lediglich mit einer dünnen, fruchtbaren Humusschicht aus abgestorbener Waldvegetation bedeckt ist. Damit unterscheiden sich die Eastern Arc Mountains von den wesentlich jüngeren Bergen Kilimandscharo und Meru, die durch vulkanische Aktivität vor 1 Million Jahren entstanden sind.9

1.2 Klima Kolonialexperten wussten seinerzeit nicht genau, ob die Gliederung der ostafrikanischen Vegetation eher auf edaphisch [bodenbedingte] oder klimatische Einflüsse zurückzuführen sei.10 Klar war, dass Regenwälder im nordöstlichen Deutsch-Ostafrika nur in sehr niederschlagsreichen Gebieten existierten. Dies wird anhand zeitgenössischer Karten zur Intensität und Verteilung des Regens deutlich (vgl. Karte 4 a und b). Der Regenwald befand sich nur im Bereich des »Monsunklimas« – so ein zeitgenössischer Ausdruck. Das »Monsunklima« war in einem Raum vorherrschend, der sich entlang der Küste des Indischen Ozeans von der Nordgrenze des heutigen Tansania bis zur Mündung des Flusses Rufiyi erstreckte. Von dort verlief seine südliche Grenze nach Westen bis zu den Fällen des Flusses Rufiyi, zog sich nach Norden durch die Mkata-Steppe entlang der Westgrenze des Nguru-Gebirges, umschloss Kilimandscharo und Meru und trat bei 37 Grad. ö. L. in das Gebiet des heutigen Kenia ein. In diesem Raum wechselten sich im jährlichen Rhythmus zwei feuchte und zwei trockene Perioden ab, die nicht nur die Herausbildung der Vegetation bestimmten, sondern auch die Zyklen des wirtschaftlichen Lebens (vgl. S. 73). Dabei waren die Niederschläge so verteilt, dass es praktisch zu keiner Zeit gänzlich Trockenheit gab. Selbst in der großen Trockenzeit (Juli – Oktober) und in der kleinen Trockenzeit (Januar – Februar) kam es sporadisch zu Regenfällen. Schon Anfang Oktober hatte man die höchsten Sonnenstände, womit sich der Sommer ankündigte. Anfang November wurde der vorherrschende Südostwind durch den Nordostmonsun abgelöst, der bis Ende Mai vorherrschte. Innerhalb der Monsunperiode lagen die kleine Regenzeit, die von November bis Dezember dauert, und die große Regen 9 Vgl. Jon C. Lovett, Eastern Arc Moist Forest Flora, in: ders., Samual K. Wasser (Hrsg.), Biogeography and Ecology of Rain Forests of Eastern Africa. Cambridge (Mass.) 1993, 33, 44. 10 Vgl. Andreas Franz Wilhelm Schimper, Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. Jena 1898, 382–383.

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Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

zeit in den Monaten März bis Juni. Die Usambara-Berge wiesen sogar eine dritte Regenzeit im Juli auf, was für die Entwicklung von Regenwald besonders günstig war, wobei die Regenwaldvegetation an den windzugewandten Süd- und Osthängen der Eastern Arc Mountain (Luvseite) besonders gut entwickelt war. Dort regneten sich die Steigungsregen des Indischen Ozeans ab, sodass der Regenwald in Ost-Usambara während der deutschen Kolonialzeit stellenweise bis auf 500 m hinabreichte. Außerdem zeichnete sich der Nordosten Tansanias dadurch aus, dass die Temperatur im jährlichen Mittel nur um 5° bis 6° schwankte, was – nach kolonialzeitlicher Auffassung – für die »organische Natur« durchaus »tropische« Existenzbedingungen bot.11 Letztendlich bedurfte es zur »reinen Ausbildung« von Regenwald in einer Meereshöhe von unterhalb 600 m einer Niederschlagsmenge von mehr als 1500 mm, die in Deutsch-Ostafrika in der Ebene nicht erreicht wurde.12 Diesen meteorologischen Kennwert hatte der Botaniker A. F. W.  Schimper in seinem Standardwerk Pflanzen-Geographie auf physiologischer Grundlage im Jahr 1898 genannt.13 Im Ergebnis sah er die Niederschlagsmenge als Hauptfaktor für die Existenz von Regenwald an, wobei Hans Meyer in sozialdarwinistischem Sprachduktus betonte, der »Hochwald« habe in Ostafrika lediglich bei mindestens 1800 mm Niederschlag die »Alleinherrschaft«. Bei einer Menge von 900–1500 mm bilden sich bereits xerophile Gehölze, die mit der »Grasflur« zu »kämpfen« hätten. Letztere »siege« bei großer Hitze und größeren regenfreien Perioden, Erstere bei milderer Temperatur, reicher Verteilung des Regens sowie windigen Trocken- und Frostzeiten. Unter 900 mm Niederschlag herrsche nur xerophiles »Niederholz«, wie »Dornwald« und »Dorngebüsch«, das bei noch geringeren Niederschlägen in offene Niederholzvegetation, Halbwüsten und Wüsten übergehe.14 Insofern waren sich die Kolonialexperten einig, dass sich Regenwald lediglich in Gebirgen bilden konnte, wobei sie annahmen, dass die ostafrikanischen Wälder in ihrer botanischen »Ueppigkeit« weniger stark entwickelt waren als ihr westafrikanisches Pendant.15

11 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 12 Vgl. ebd. 13 Schimper, Pflanzengeographie, 323, 382–883. Schimper hatte bereits aut-ökologische Arbeiten über tropische Pflanzen, wie Epiphyten und Mangroven, in den Jahren 1888 und 1891 publiziert; vgl. Gottfried Zirnstein, Ökologie und Umwelt in der Geschichte. Marburg 1996, 168. 14 Vgl. Hans Meyer, Das deutsche Kolonialreich, Bd. 1. Leipzig 1909, 54. 15 Vgl. Schimper, Pflanzengeographie, 382–883.

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1.3 Pflanzenwelt Die pflanzengeografische Zusammensetzung der Vegetation von Usambara und Uluguru ist wesentlich älter als die des Kilimandscharo und Meru, obwohl die Wälder am südlichen Fuß und an den Hängen der beiden Vulkanberge ähnlich sind.16 Doch bildeten sich die Regenwälder Usambaras und Ulugurus bereits im mittleren Tertiär, als vor der Hebung des afrikanischen Zentralplateaus noch eine Verbindung mit der mittel- und westafrikanischen Flora bestand. Zwar wanderten nach dieser Zeit im Pleistozän noch einige Arten ein, doch handelte es sich nur um ergänzende Bestandteile.17 Seinerzeit war man sich nicht sicher, woher die ostafrikanischen Waldspezies stammten.18 Adolf Engler, ein international führender Kolonialbotaniker nahm an, dass es einstmals eine »Brücke« zwischen den westafrikanischen »Urwaldregionen« und den Gebirgswäldern Ostafrikas gegeben habe, als das Klima bedeutend feuchter gewesen war. Zwar habe kein zusammenhängendes Waldgebiet den Kontinent von West nach Ost durchzogen, doch hätten die »Stationen«, auf denen die Waldflora etappenweise vordringen konnte, seinerzeit näher beieinander gelegen.19 Die Wälder der Gebirgsregionen in Ostafrika stellten in dieser Perspektive Reste einer ursprünglich größeren Waldvegetation dar, die sich über ganz Afrika südlich der Sahara erstreckt hatte.20 Diese Hypothese wird durch die gegenwärtige Forschung bestätigt. Es scheint festzustehen, dass die Wälder der östlichen Randberge Tansanias als isolierte botanische Ableger der weitaus größeren guineisch-kongolesischen Wälder des mittleren und westlichen Afrika zu gelten haben.21 Insofern weisen die Eastern Arc Mountains eine Flora auf, die sich in den letzten 48.000 Jahren kaum verändert hat. Dies zeigen palynologische Untersuchungen für die mittleren Höhen der Regenwaldpartien in Usambara und anderen Gebieten der Eastern Arc Mountains. Es ließ sich keine Ausweitung und kein Rückzug des Waldes insgesamt feststellen22, wobei die Regenwälder Usambaras besonders reich an endemischen Spezies sind. Sie weisen eine größere Zahl an ökologischen Nischen 16 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 17 Vgl. Lovett, Arc, 42. 18 Adolf Engler, Über die Gliederung der Vegetation von Usambara und der angrenzenden Gebiete, in: Physikalische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin 1894, 74. 19 Vgl. Adolf Engler, Die Pflanzenwelt Ost-Afrikas und der Nachbargebiete. Berlin 1895, 140–141. 20 Vgl. Engler, Gliederung, 71–72. 21 Vgl. Lovett, Arc, 52. 22 Vgl. Jemma Finch, Melanie J. Leng, Rob Marchant, Late Quaternary Vegetation Dynamics in a Biodiversity Hotspot, the Uluguru Mountains of Tanzania, in: Quaternary Research, 72, 2009, 111, 120.

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auf als andere Gebiete der Eastern Arc Mountains. Das liegt daran, dass Usambara nicht so steil ist und näher am Indischen Ozean liegt als die Gebirgszüge von Pare, Nguru und Uluguru.23 Deshalb gelten die Usambara-Berge heute als »ökologische Hotspots«, die aufgrund ihrer großen Biodiversität unbedingt zu schützen sind.24

1.4 Waldbegriffe und Waldformationen Die Europäer wussten zu Beginn der Kolonisation kaum etwas über den Umfang und die Gestalt der ostafrikanischen Wälder. Lediglich über Westafrika war man etwas besser unterrichtet. In einem zeitgenössischen Handbuch für tropische Forstwirte hieß es, dass in der »ausgedehnten Besitzung der Deutsch-[O]stafrikanischen Gesellschaft« scheinbar viele »Uferwälder«, aber nur wenige »Urwälder« oder »Regenwälder«, vorhanden seien. Noch sehr viel waldärmer sei wahrscheinlich das nördlich angrenzende Somaliland.25 Genauere Informationen über ostafrikanische Wälder gab es zu Beginn der deutschen Kolonialzeit nicht. Erst im Jahr 1895 wagte der Botaniker E. Gilg eine vorsichtige Einschätzung zum Nutzwert der Waldungen in Deutsch-Ostafrika. Gilg war ein Mitarbeiter Adolf Englers, des Leiters des Botanischen Gartens in Berlin, der ein pflanzenkundliches Werk über Ostafrika veröffentlicht hatte. Darin ging Gilg der Frage nach, ob in Ostafrika Nutzhölzer zu finden seien, die den lokalen kolonialen Bedürfnissen genügten und für den Welthandel von Bedeutung waren.26 Er konstatierte, dass man Deutsch-Ostafrika gemeinhin für ein »ödes Steppengebiet« gehalten habe, bis Engler über die Bäume in den »Urwäldern« Usambaras berichtet habe.27 Andere Forscher, namentlich Stuhlmann und Volkens, hätten gezeigt, dass noch mehrere solcher »reichen und dichten Waldgebiete« sowie »lichtere Hochwälder« am Kilimandscharo, in Uluguru, im Hochland des Tanganyika-Sees und an einigen anderen Stellen vorhanden seien. Ferner sei Baumwuchs längs der Flüsse und Bäche bekannt.28 Der erste Forstreferent der Kolonie, Eugen Krüger, benannte vier »Waldtypen«: »Waldkomplexe in den Gebirgen«, »Waldinseln der Ebene«, »Galeriewälder an den Bächen und Flüssen« und »Mangrovenwaldungen im Ebbe- und 23 Vgl. Lovett, Arc, 47. 24 Vgl. Conte, Sanctuary, 7, 162 Fn. 10. 25 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 58; Witu, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 722. 26 Vgl. E. Gilg, Die Nutzhölzer Ostafrikas und ihre Verwendung, in: Adolf Engler (Hrsg.), Die Pflanzenwelt Ostafrikas und der Nachbargebiete. Berlin 1895, 285. 27 Vgl. ebd. 28 Ebd. Deutlich wird, dass Gilg die Begriffe »Urwald« und »Hochwald« nicht im forstwirtschaftlichen, sondern im populären Sinn gebrauchte; vgl. Urwald, in: Schnee, KolonialLexikon, Bd. 3, 588.

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Fluthgebiet« des Ozeans.29 Diese frühe Kategorisierung deckte sich in etwa mit Waldbezeichnungen auf einer pflanzengeografischen Karte, die Adolf Engler entwarf (vgl. Karte 2). Laut Engler existierten in Deutsch-Ostafrika dreizehn verschiedene Vegetationstypen, von denen drei als »Wald« zu bezeichnen waren: »Tropischer Regenwald« in der Ebene und im Gebirge, »Nebel- od. Höhenwald« sowie »Trockenwald (Steppenwald, Miombowald) oder grasarme Baumsteppe«. Andere Darstellungen legten nahe, dass Deutsch-Ostafrika sehr viel stärker bewaldet war. Im Deutschen Kolonial-Lexikon unterschied man zwischen drei Vegetationsformationen: »Wälder und parkartige Gehölze«, »Steppen« und »Mangroven«. Doch wurde diese Einteilung der Vegetation von vielen Kolonialexperten als viel zu grob angesehen. Richard von Spalding kritisierte, dass der Unterschied zwischen »Regenwald« und allen anderen Vegetationsformationen mit Ausnahme vom »Alluvialwald« an Flussufern sehr groß sei, was im Koloniallexikon nicht deutlich werde. Vor allem habe der Gebirgsregenwald mit den »parkartigen Gehölzen« fast nichts gemein. Letztere bezeichne die einheimische Bevölkerung zwar teilweise als »mwitu« (Wald), wenn ihr Baumbestand eine gewisse Quantität erreiche. Wiesen die Gebiete jedoch nur einen geringen Baumbestand auf, spreche die einheimische Bevölkerung von »pori« (Baum- und Buschsteppe).30 Für alle nicht kultivierten, busch- und baumlosen Gebiete benutze die einheimische Bevölkerung die Begriffe mbuga oder njika.31 Deutlich wird, dass sich von Spalding zur Klassifikation der Vegetation auf lokale Begriffe bezog, was ein Indikator für die Existenz von hidden dialogues zwischen Kolonisten und afrikanischer Bevölkerung ist. Scheinbar orientierten sich Kolonialexperten vor Ort in Abgrenzung zu ihren Kollegen in der Metropole bei der Konstruktion des Waldbegriff an afrikanischen Diskursen. Deshalb hielt es von Spalding für »völlig verkehrt« die Vegetationsformationen »Wald« und »parkartige Gehölze« in einer Kategorie zusammenzufassen und kartografisch in derselben Farbe darzustellen, wie im Deutschen Kolonial-Lexikon geschehen (vgl. Karte 5).32 Letztendlich griffen die griffen die meisten Forstexperten zur Beschreibung der forstwirtschaftlich wertvollen Waldbestände auf Englers Karte zurück, wobei sich bis zum Ende der deutschen Kolonialzeit keine einheitliche Begrifflichkeit durchsetzte.33 29 Vgl. Eugen Krüger, Die Wald-und Kulturverhältnisse in Deutsch-Ostafrika, in: DKB, 5, 1894, 626. 30 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 31 Vgl. Pori, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 87. 32 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 33 Vgl. Georg Hügel, Der Aufbau und die Entwicklung einer geregelten Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika unter deutscher Kolonialverwaltung, Göttingen 1988, 28–29. Eine andere Waldtypologie für Deutsch-Ostafrika umfasste acht Klassen von Wäldern; vgl. Denkschrift über die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1908/09, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 47.

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1.4.1 »Urwald« Neben der Benennung und Abgrenzung konkreter Vegetationsformationen stellte sich für die Kolonisten das Problem, den Begriff »Urwald« eindeutig zu definieren. Der Kolonialforstexperte Moritz Büsgen wollte unter »Urwald« nur jenen »Wald« verstanden wissen, der »ohne Zutun des Menschen« entstanden sei.34 Büsgen machte deutlich, dass man beim Begriff »Urwald« zwischen einem populären und einem fachsprachlichen Gebrauch unterscheiden müsse. In populärer Perspektive verstehe man unter tropischen »Urwäldern« zumeist Wälder, die auf altem Farmland gewachsen oder seitens des Menschen bereits »ausgeraubt« worden seien.35 In forstfachlicher Perspektive müsse man letztere Wälder jedoch als »Sekundärwälder« bezeichnen, da es sich durch »Brand oder Herausholen von Nutz- und Brennholz« um langfristig »wesentlich veränderte Wälder« handele. In Sekundärwäldern, denen ein großer Teil der »Tropenwälder« zuzuordnen sei, träten als »Charakterpflanzen« vor allem raschwüchsige lichtliebende Holzarten, aber auch Ölpalmen hervor.36 Im Vergleich dazu sei »[p]rimärer Urwald« im fachsprachlichen Sinn ein vom Menschen ungenutzter Wald, der wesentlich stammreicher, aber an Unterwuchs »ärmer« sei. Der Primärwald weise auch weniger Vögel und Wild auf, da er kaum Nahrungsquellen biete.37 In »Urwäldern«, so Büsgen, könne man sich leicht zurechtfinden, da dort Bäume mit geringer Stärke, die mit einigen »Riesenstämmen« durchsetzt seien, vorherrschten, wobei die »Urwaldriesen« den bei weitem größten Anteil der »Derbholzmasse« eines Hektars »Urwald« darstellten.38 Doch seien »Primärwald« und »Sekundärwald« nicht immer leicht zu unterscheiden, da »Sekundärwald« – wenn auch nur sehr langsam – wieder den »Charakter des Primärwaldes« annehmen könne, wenn die menschliche Nutzung nachlasse. Ferner sei die Intensität der Eingriffe des Menschen sehr verschieden, auch könne die »Natur des Bodens« die »Tracht der Wälder« beeinflussen.39 Deutlich wird, für koloniale Forstexperten war es nicht einfach zu entscheiden, ob ein Wald bereits von Menschen genutzt worden war oder nicht. Jedoch gingen sie bezüglich der Wälder in den nordöstlichen Mittelgebirgen Tansanias davon aus, dass diese größtenteils eindeutig die Kennzeichen menschlicher Nutzung zeigten, da sie oft aus »lichten Beständen mit Graswuchs« oder Vege­

34 Vgl. Urwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 588. 35 Vgl. ebd. 36 Vgl. Sekundärwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 338. 37 Vgl. Urwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 588. 38 Vgl. ebd.; Primärwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 101. 39 Vgl. Sekundärwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 338.

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tationsformen mit »niedere[n] Bäume[n] und Buschwerk« bestanden.40 Dies hatte Forstreferent Eugen Krüger auf einer Inspektionsreise in Ost-Usambara festgestellt. Es ist denn in der That fast das ganze Bondeiland bis Magila und darüber hinaus schon mehrere Mal unter Kultur gewesen. Dasselbe ist nicht nur bei den Vorbergen, sondern auch beim größten Theil des inneren Handeï-Gebirges [Ost-Usambara], den jetzt der sogenannte Urwald bedeckt, der Fall, und man kann sogar meist mit ziemlicher Sicherheit das Ende der Kulturperiode am Alter der Hölzer erkennen.41

Folglich klassifizierte Krüger die Vegetation der Vorberge Usambaras nicht als »Hochwald«, sondern als »Busch und Dornwildnis« mit einzelnen großen Waldbäumen (Überständern). Die einzeln stehenden stärkeren Bäume, die mit einer gewissen Gleichmäßigkeit über die Fläche verteilt waren, hielt er für untrügliche Merkmale früherer Kultivierung. Krüger schrieb, der dortige Wald sei kein »Urwald«. Nicht zuletzt die aufgefundenen Bananenpflanzen, die sich an steilen Hängen der Vorberge, aber auch an vielen Stellen im inneren Gebirgswald von Ost-Usambara fanden, interpretierte Krüger als »untrügliches Zeichen« ehemaliger Kultivierung.42 Ferner erkannte er in den Vorbergen teilweise noch alte Beete. Die Bodenbedeckung deutete auf eine frühere Bebauung hin. Es fanden sich »Spuren früherer Kultur« und »Überreste alter Ansiedlungen«43. Der Jungwuchs der Bäume wies zum Zeitpunkt von Krügers Inspektionsreise im Jahr 1893 durchschnittlich ein Alter von 10 bis 30 Jahren auf, woraus der Förster schloss, dass die Bevölkerung aufgrund von Krieg und Sklavenhandel abgewandert sei und das Handeï-Gebirge erst seit kurzer Zeit brach liege.44 Bemerkenswert ist, dass der deutsche Förster der Bevölkerung Ost-Usambaras eine Geschichte zusprach, aufgrund derer er sich das lokale Waldbild erklärte. Laut Krüger war der Wald erst 20 Jahre alt, da sich im »tausendjährigen Urwald« eine stärkere Humusschicht hätte bilden müssen. Das bestärkte ihn in der Ansicht, dass es sich bei den Wäldern um Sekundärwälder handelte, die sich gebildet hatten, weil die »Negerkultur« beim Feldbau überall »Überhälter als Schattenbäume« stehen ließ, sodass eine neue Ansamung stattfinden konnte.45 Letztendlich wussten die kolonialen Forstexperten, dass sie es in den ostafrikanischen Mittelgebirgen zumeist nicht mit »Urwäldern« im fachsprachlichen Sinn zu tun hatten. Trotzdem setzte sich die heute übliche begriffliche Trennung

40 Vgl. Hochwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 2, 70. 41 Eugen Krüger, Der Wald und die Plantagen des Handeigebirges, in: Gustav Meinecke (Hrsg.), Koloniales Jahrbuch, Bd. 8. Berlin 1896, 209. 42 Vgl. ebd., 220–223. 43 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 623. 44 Vgl. ebd.; Krüger, Wald, 223; 45 Vgl. ebd., 224; Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626.

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von Primär- und Sekundärwald im kolonialen Alltag nicht durch.46 Laut Büsgen wurde in der kolonialen Literatur jeder »hochstämmige geschlossene Wald«, der sich unter dem Einfluss hoher Luftfeuchtigkeit und großer Niederschlagsmengen entwickelte, als »Hochwald« bezeichnet. Doch verstand man unter »Hochwald« in der zeitgenössischen »Sprache des Forstmanns« eigentlich einen europäischen Forst, der mit hoher Umtriebszeit bewirtschaftet wurde und in der Regel aus gleich alten, durch Saat, Pflanzung oder in Naturverjüngung erzogenen Bäumen bestand.47 Deshalb konnte die populäre Gleichsetzung von »Urwald« und »Sekundärwald« mit »Hochwald« in der allgemeinen Kolonialliteratur leicht den Eindruck erwecken, als hätten sich in Deutsch-Ostafrika sehr viele bisher nicht genutzte Wälder befunden. Die kolonialen Forstexperten wussten hingegen, dass es sich zumeist um Wälder handelte, die bereits von Menschen genutzt worden waren oder genutzt wurden. Dennoch benutzten auch sie die Begriffe nicht immer trennscharf und sprachen die ostafrikanischen Wälder allgemein als »Urwälder« an, die in spezifischer Weise bewirtschaftet werden sollten. Es herrschte Konsens innerhalb des Kreises der Kolonialförster, dass tropische »Urwälder« in »Kulturwälder« umzuwandeln seien, bevor man an deren »rationale« Ausbeutung denken konnte. Sie schrieben, es handele sich bei den »Urwäldern« um »Mischbestände«, in denen »Nutzbares und Wertvolles« neben Unbrauchbarem wachse.48 Zwar biete ein solcher Wald mit seinem »Kunterbunt aller möglichen Baum- und Straucharten, Schlinggewächse, Baumfarne und sonstigen Unkräuter einen malerischen Anblick, aber keine Rente.«49 Deutlich wird, es ging den Kolonialförstern nicht um den ästhetischen, sondern um den ökonomischen Wert tropischer Wälder. Sie forderten, dass der »jungfräuliche Urwald« nach Ausnutzung der verwertbaren Altholzmassen einem »planmäßig angelegten, rentablen Kunstwald Platz machen [müsse].«50 Ohne Forstkultur bestehe in den Tropen nur ein »Pflanzengewirr«, das keinen verwertbaren »Holzreichtum« darstelle.51 Deshalb mussten die »Urwälder« in kolonialforstlicher Perspektive erst »eingerichtet« werden. Das bedeutete, sie durch waldbauliche Maßnahmen für eine kolonialwirtschaftliche Nutzung umzugestalten. Es hieß, man brauche lediglich die »nachhelfende Hand des sach 46 Heutzutage wird angenommen, dass es seinerzeit eigentlich gar keine Wälder gab, die von menschlicher Berührung ausgenommen waren. Ausgehend von archäologischen und paläobotanischen Befunden wird immer klarer, dass große Teile tropischer Wälder als Sekundärwälder zu betrachten sind und nicht als »jungfräulich« gelten können. Sie wurden bereits seit vorgeschichtlicher Zeit menschlichen Modifikationen unterworfen; vgl. K. J. ­Willis, L. Gillson, T. M., Brncic, How »Virgin« is Virgin Rainforest?, in: Science, 304, 2004, 402. 47 Vgl. Hochwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 2, 70. 48 Vgl. Büsgen, Wälder, 494. 49 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 39. 50 Vgl. Ludwig Schuster, Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika, in: Zeitschrift für Forstund Jagdwesen, 47, 1915, 4.  51 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 7–8, 10–12.

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verständigen Forstmannes«, um den »wilden [tropischen] Gebirgswald« in einen »Gebrauchswald« zu verwandeln.52 Nahtlos reihte sich der forstwirtschaftliche Jargon in den sprachlichen Duktus anderer kolonialer Kommunikationen ein, die in der afrikanischen Natur etwas »Wildes« und »Unkultiviertes« erblickten. Dabei betrachteten die meisten Forstexperten die Ausbeutung und Schaffung weiterer »Nutzwälder« durch Umwandlung wenig ertragreicher »Naturbestände« in Afrika als eine Staatsaufgabe.53 Die Förster glaubten, dass durch die »Raubwirtschaft« von privaten Holzgesellschaften die edlen Hölzer seltener würden und schließlich ganz verschwänden.54 Eine nur auf einmaligen Gewinn ausgerichtete privatwirtschaftliche »Ausnutzung der vorhandenen Wälder« kam für die meisten kolonialen Förster nicht infrage, weshalb die »abgetriebenen Flächen« planmäßig wieder aufgeforstet werden sollten. Alles andere bedeutete in ihren Augen »staatlich konzessionierten Raubbau«.55 Femel- oder Kahlschlag Britisch-Indien hielten die Forstexperten für ein gutes Beispiel, das für alle Länder, die »Urwälder« zu schützen und in »Kulturwälder« umzuwandeln hätten, als Vorbild dienen könne.56 Jedoch stritten sie über die waldbaulichen Methoden. Einige plädierten dafür, dass man eher auf Kahlschlag mit anschließender Aufforstung zurückgreifen solle.57 Andernfalls sei der Tropenwald aufgrund seiner »alles erstickenden Artenfülle« »unregierbar« und eine »Überführung« des mit wertlosen Holzarten durchsetzten Waldes in einen solchen mit wertvolleren Arten nicht zu leisten.58 Diese Worte verschleierten die ökologischen und sozialen Probleme, die eine Kahlschlagbewirtschaftung tropischer Wälder mit sich bringen konnte. Deshalb sprachen sich andere Forstexperten, wie der erste Leiter der Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas, Paul Otto Eckert, dafür aus, nur die stärksten und ältesten Bäume im »Urwald« zu schlagen, um einen »normalen« Zustand der Bewaldungsverhältnisse als Voraussetzung für eine »regelrechte Holzwirtschaft« zu schaffen. Die mittleren und dünnen Stämme sowie der gesamte Jungwuchs sollten zur Bestandsbildung erhalten bleiben. Die entsprechende Betriebsart heiße »Plenterbetrieb«, wodurch man glaubte, die bestehenden Wälder leistungs­ 52 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 231. 53 Vgl. Forstwesen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 650 ff. 54 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 7–8. 55 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 39; Schreiben Haug an RKA betr. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins in Ulm a. D. September 1910 vom 28. Januar 1911; BArch R 1001/ 7683, 109. 56 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 6.  57 Vgl. Schuster, Forstwirtschaft, 4.  58 Vgl. Anonymus, Die Waldungen unserer Kolonien und deren Benutzung, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt, 32, 1910, 301.

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fähiger machen zu können.59 Forstexperten wie Eckert hielten Kahlschläge und Wiederaufforstungen mit schnell wachsenden exotischen Monokulturen lediglich kurzfristig für effektiv, da diese Praxis hohe Kosten verursachte und arbeitsintensiv war.60 Außerdem musste einer Bewirtschaftung mittels Kahlschlags eine vollständige Aufnahme und Bonitierung des Waldgrundes vorausgehen. Das sahen die Forstexperten als eine »kolossal umfangreiche Arbeit« an, die man unter kolonialen Bedingungen nicht leisten könne. Außerdem sei den Regierungen nicht zuzumuten, vor Abschluss dieser Arbeiten auf jede Nutzung der Wälder zu verzichten.61 Der Plenterbetrieb schien geeignet, da diese Bewirtschaftungsform dem »natürlichen Wachstum« von »Urwäldern« entgegenkam. Nicht zuletzt hatten Beobachtungen an »Urwäldern« in Osteuropa gezeigt, dass diese sich mittels natürlicher Aussamung verjüngen ließen, weshalb diese Praxis auf tropische Gebiete übertragbar schien.62 Bei »sorgsamer Bestandspflege [… könne] allmählich ein horstweiser Mischbestand als geregelter Urwald erzogen und ein flächenweise gemischter Laubholzwald geschaffen werden.« Dieser enthalte »sämtliche guten Hölzer«, weshalb er durch seine Bestandsform und Stammausbildung einen »größeren Geldwert« als der bisherige »Urwald« repräsentiere. Letztendlich sollte ein neuer »Nutzholzhochwald« erzogen werden.63 Somit sprachen ökonomische und ökologische Erwägungen gegen den Kahlschlagbetrieb. Außerdem hieß es, sei der Plenterbetrieb angebracht, da man viele tropische Wälder aufgrund von Rechten der einheimischen Bevölkerung gar nicht einer »geregelten Wirtschaftsführung« – sprich Kahlschlag und Aufforstung – unterwerfen könne.64 Die Forstexperten wussten, dass ihnen die sozialen Verhältnisse im Umgang mit vermeintlichen »Urwäldern« Grenzen setzten, da die Wälder von der lokalen Bevölkerung genutzt wurden. Die waldbauliche Praxis in den Tropen hatte sich an lokalen Bedingungen zu orientieren. Darüber konnte nicht vom »grünen Tisch« aus der Metropole entschieden werden. Vielen Kolonialförstern wurde nach und nach klar, dass sie nicht einfach waldbauliche 59 Vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an AAKA mit Manuskript »Die Waldverhältnisse in Deutsch-Ostafrika« vom 19. März 1906; BArch R 1001/ 7681, 159, 162. 60 Vgl. Wigbert Blank, Die kolonialwirtschaftliche Forstnutzung der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Gesellschaftliche und forstwirtschaftliche Entwicklungen in DeutschOstafrika. Dresden 2006, 218–219. 61 Vgl. Anonymus, Waldungen, 302. 62 Kolonialforstliche Fragen zur Verjüngung von »Urwäldern« wurden seinerzeit transkontinental anhand von Beispielen aus den gemäßigten Zonen und den Tropen diskutiert. Die Praktiken zur Bewirtschaftung von »Urwäldern« an den europäischen und afrikanischen Peripherien standen in einem diskursiven Zusammenhang; vgl. Urwald, in: Schnee, KolonialLexikon, Bd. 3, 588. 63 Vgl. Übersicht, in: BLFW, 1, 1902, 53. 64 Dieses Argument stammte von dem Kgl. Sächsischen Oberförster Seibt, der in den Jahren 1891 bis 1897 im höheren Forstdienst auf Java tätig gewesen war; vgl. Anonymus, Waldungen, 617.

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Praktiken wie die Kahlschlagwirtschaft aus Europa in tropische Gebiete transferieren konnten, wenn sie keine größeren ökologischen und sozialen Konflikte riskieren wollten.65 Die Praktiker vor Ort mussten lernen, dass sich tropische Wälder nicht zu reinen Spiegelbildern deutscher oder französischer Forste umwandeln ließen.66 Früchte, Rinde, Säfte oder Holz Dass eine Übertragung europäischer Forstpraktiken in tropische Kolonialgebiete nicht einfach möglich war, zeigte sich auch daran, dass nicht automatisch die Produktion von Nutzholz im Mittelpunkt der kolonialen Forstwirtschaft stand. Es herrschte Dissens unter den Kolonialforstexperten, ob man sich lieber dem Anbau von Nutzhölzern oder dem Anbau von forstlichen Nebenprodukten zuwenden sollte. Einige Experten wollten bei der ersten »Auslesung« von Forstpflanzen zu Aufforstungszwecken auf die ökonomische Verwertbarkeit ihrer Rinde, ihres Harzes, ihres Gummis usw. für technische und industrielle Zwecke achten. Die tropischen Wälder sollten neben günstigen Einwirkungen auf das Klima vor allem forstwirtschaftliche Nebenprodukte zur industriellen Verwertung liefern.67 Einige Förster empfahlen, die »Holzzucht« in den deutschen Kolonien nur dort zu betreiben, wo einwandfrei nachgewiesen sei, dass die Bäume auch gedeihen. Andernfalls solle sich die koloniale Forstwirtschaft auf die Kultivierung von schnellwüchsigen Nebenprodukten, wie Früchte, Rinde, Säfte und Extrakte, konzentrieren. Diese seien aufgrund des leichten Transports auch einfacher zu exportieren als Holz.68 Doch nahmen andere Forstexperten eine konträre Haltung ein. Sie meinten, dass gerade die staatliche Forstverwaltung langsamwüchsige Nutzhölzer kultivieren müsse, da sich deren Anbau privatwirtschaftlich nicht lohne.69 Hingegen solle der Staat auf den Anbau schnell wachsender exotischer Monokulturen verzichten, da diese aufgrund ihrer Arbeits- und Kostenintensität lediglich kurzfristig rentabel seien.70 Eine Wiederaufforstung ausgenutzter »Urwälder« mit forstwirtschaftlichen Nebenprodukten, wie Rinde zur Gerbstoff- oder Chiningewinnung, lehnten diese Forstexperten ab. Sie empfahlen, z. B. Gerberakazienkulturen nur zu Versuchszwecken staatlich anzubauen, bis ein Nachweis der Anbaumöglichkeit und Anbauwürdigkeit (Rentabilität) erbracht sei. Anschließend sollten private Plantagen die forstlichen Nebenprodukte im großen Stil 65 Vgl. ebd. 66 Vgl. Sivaramakrishnan, Forests, 244. 67 Vgl. Georg Volkens, Zur Frage der Aufforstungen in Deutsch-Ost-Afrika, in: Notizblatt des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin, 2, 1897, 13. 68 Vgl. Rudolf Gieseler, Was lehren uns die Anfänge unserer kolonialen Forstwirtschaft?, in: Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 44, 1912, 223. 69 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 39. 70 Vgl. Blank, Forstnutzung, 218–219.

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kultivieren. Die staatliche Forstwirtschaft diente in dieser Perspektive lediglich als Anschubmotor für private Unternehmungen.71

1.4.2 Regenwald Das Wissen um die wirtschaftliche Bedeutung von Wäldern für die einheimische Bevölkerung hielt die Forstexperten in Ostafrika nicht davon ab, diese für eine kolonialforstliche Nutzung ins Auge zu fassen. Neben den Mangroven an der Küste erschienen ihnen die Bergregenwälder als besonders geeignet. Doch existierten in Deutsch-Ostafrika nur wenige Vegetationsformationen, die dem megathermen Regenwald zugerechnet werden konnten. Engler verzeichnete diese auf seiner Karte fast ausschließlich in den nordöstlichen Mittelgebirgen sowie in den Gürtelwäldern am Kilimandscharo und Meru, sieht man von einigen Beständen westlich des Viktoria-Sees ab (vgl. Karte 2). Eine Fotografie im amtlichen Jahresbericht 1906/07 zeigte diesen Typus von Wald. Die handsignierte wissenschaftliche Aufnahme stammte von dem Meteorologen und Geografen Carl Uhlig, der in den Jahren 1901 und 1904 im Auftrag des Gouvernements von Deutsch-Ostafrika landeskundliche Studien durchgeführt hatte.72 Im Jahresbericht hieß es bezüglich der Fotografie, dass die Gebirgsrücken von Ost-Usambara zum größten Teil noch mit »schönem Urwalde« bestockt seien.73 Das Prädikat »schön« lässt sich in diesem Kontext auf dreierlei Art deuten: In erster Linie bezog es sich auf den forstwirtschaftlichen Wert der Gebirgsregenwälder. Sie enthielten »wertvolle Hölzer« wie Chlorophora exelsa und Podocarpus, die lokal Mvule und Mse(ri) genannt wurde.74 Die Fotografie zeigt einen Wald mit gradschäftigen Bäumen, bei dem eine Verwertung des Holzes relativ leicht zu fallen schien. Zweitens handelte es sich beim Wald neben dem Boden, dem Wasser und den klimatischen Bedingungen um eine der vier Grundkategorien zur Abschätzung des kolonialwirtschaftlichen Wertes eines Gebietes.75 Das Vorhandensein von Regenwäldern sahen die Kolonisten als entscheidendes Kriterium für die Möglichkeit der Besiedlung und landwirt 71 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 39. 72 Vgl. Uhlig, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 568. Die Fotografie war zur Illustration der Vegetationsverhältnisse erstmals im amtlichen Jahresbericht 1906/07 erschienen, dann in Hans Meyers Werk Das deutsche Kolonialreich, schließlich im Deutschen Koloniallexikon; vgl. Jahresbericht 1906/07, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 187; Meyer, Kolonialreich, Tafel 9/4; Schnee, Kolonial-Lexikon, Tafel 39. 73 Vgl. Jahresbericht 1906/1907, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 116. 74 Forstwesen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 650 ff. 75 Vgl. Hiltrud Lauer, Die sprachliche Vereinnahmung des afrikanischen Raums im deutschen Kolonialismus, in: Ingo H. Warnke (Hrsg.), Deutsche Sprache und Kolonialismus – Aspekte der nationalen Kommunikation 1884–1919. Berlin 2009, 212.

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Abb. 1: Tropischer Regenwald auf der Prinz-Albrecht-Plantage (Ost-Usambara). Aus: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1–3, Tafel 39.

schaftlichen Nutzung an. Drittens betrachteten sie die Wälder auch unter den Gesichtspunkten von Biodiversität und Ästhetik, wenn auch der ökonomische Wert zumeist im Vordergrund stand.76 Regenwälder, wie auf der Fotografie, befanden sich nicht nur in Usambara, sondern auch im Mittelgebirge von Uluguru, dessen luvseitige Ost- und Südosthänge mindestens 2000 mm Regen vom Indischen Ozean empfingen.77 Das verdeutlichte eine weitere Fotografie aus einem amtlichen Jahresbericht. Der gradschäftige Mvule-Baum auf der folgenden Fotografie, auch »Buscheiche genannt, schien im Vergleich zu dem an seinem Fuß abgebildeten Menschen eine exorbitante Größe erreicht zu haben. Es handelte sich um einen Baum, der bereits vor der deutschen Kolonialzeit zu wachsen begonnen hatte und als ein Symbol für den waldwirtschaftlichen Reichtum der ostafrikanischen Mittelgebirge fungierte.78 Der zweite Forstreferent von Deutsch-Ostafrika, August von Bruchhausen, 76 Vgl. Forstwesen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 650 ff. 77 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff. 78 In einer erklärenden Legende zum Bild hieß es, dass es sich um einen Mvule-Baum (Chlorophora exelsa (Welw.) Benth et Hook f.) bei Mhonda im Nguru-Gebirge handelte; vgl. Tafelerklärung bzw. Berichtigung zu den Tafelerklärungen, in: Pflanzer, 7, 1913, Tafel 11–18.

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Abb. 2: Mvule (Chlorophora exelsa). Aus: Jahresberichte der Forstverwaltung pro 1911/12, Tafel 13.

schrieb, in Ost-Uluguru handele es sich um »wirklichen Urwald«, der nicht von Menschen zum Feldbau genutzt worden sei. Dieser enthalte wertvolle Nutzholzarten, die denen von Ost-Usambara mindestens gleichwertig seien oder diese sogar noch überträfen. Doch setzte der Regenwald in Uluguru zumeist erst ab einer Höhe von 1800 m an und reichte nur in einigen Tälern weiter abwärts, weil unterhalb dieser Grenze seitens der lokalen Bevölkerung Felder angelegt worden waren.79 Dennoch stellte das Uluguru-Gebirge für den Forstreferenten einen forstwirtschaftlichen Traum dar. Insbesondere ein »schöne[r] Bambusstand« – 20 m 79 Vgl. August von Bruchhausen, Bericht des Forstassessors von Bruchhausen über die Waldbestände bei Kilossa und in den Ulugurubergen, in: DKB, 9, 1898, 697; Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff.

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hoch und mit Stangendicken von 15 cm – beflügelte seine Fantasie. Einen solchen Bambusbestand hielt von Bruchhausen für nahezu einmalig in ganz Ostafrika, weshalb er sogleich vorschlug, diesen auf dem Ruvu / Kingani, dem größten Fluss des Gebirges, bis nach Bagamoyo an die Küste zu flößen, um ihn dort »auf den Markt zu werfen«.80 Doch ließ sich ein solcher Plan nicht verwirklichen, da alle Gewässer in der Kolonie für das Flößen von Bambus zu flach war. Außerdem wogen tropische Edelhölzer für die Trift zu viel.81 Aufgrund dieser natürlichen Bedingungen konnte die forstwirtschaftliche Nutzung der ostafrikanischen Mittelgebirgswälder nur erfolgen, wenn zuvor eine Infrastruktur mittels Straße und Schiene errichtet worden war. Es handelte sich um einen limitierenden Faktor für den Erfolg einer kolonialforstlichen Erschließung, da Investitionen in die Infrastruktur mit hohen Kosten verbunden waren. Diese Tatsache verdrängten die kolonialen Förster gern, wenn sie im Überschwang der ersten Beschreibung dem Publikum lediglich den scheinbar unermesslichen Nutzwert tropischer Regenwälder vor Augen führten.

1.4.3 Nebel- und Höhenwald Neben den Regenwäldern kam den auf Englers Karte hellgrün eingezeichneten Nebel- und Höhenwäldern in kolonialforstlicher Perspektive eine hohe Bedeutung zu (vgl. Karte 2).82 Man fand diese Vegetationsformation in Usambara und in Uluguru sowie am Kilimandscharo und am Meru. Ihre untere Grenze lag in Usambara etwa bei 1600 m, in Uluguru, am Kilimandscharo und am Meru etwa bei 2000 m. Die obere Grenze befand sich beim Meru bei 2800 m, beim Kilimandscharo bei 3000 m, in den anderen Gebirgsregionen – entsprechend der geringen Höhe  – erheblich tiefer. Diese mit steigender Höhe, sinkender Temperatur und abnehmenden Niederschlägen oftmals oberhalb des Regen­ waldes gelegene Vegetationsformation galt als eng mit dem »Regenwald« verwandt. Deshalb fiel es den Kolonisten schwer, eine klare konzeptuelle Abgrenzung dieses montanen »Hochwaldes« gegenüber dem »Regenwald« zu finden. Die enge Verwandtschaft bzw. Unschärfe in der begrifflichen Trennung zwischen den beiden Waldformationen drückte sich darin aus, dass man seinerzeit vermutete, der im Konde-Hochland befindliche »Nebel- und Höhenwald« sei als »eigentlicher Regenwald« zu bezeichnen.83 Selbst ausgewiesene Forstexperten konnten die Hochwaldformation des »Nebel- und Höhenwaldes« kaum vom

80 Vgl. Bruchhausen, Bericht, 697. 81 Vgl. Hügel, Aufbau, 77–78. 82 Vgl. Büsgen, Wälder, 496. 83 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff.

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Abb. 3: Höhenwald auf dem Lukwanguleplateau im Uluguru-Gebirge. Aus: Engler, Vegetationsansichten, 48.

»Regenwald« unterscheiden, was ihnen allenfalls aufgrund anderer »Holzgewächse« möglich schien.84 Typischer Nebel- und Höhenwald befand sich bspw. oberhalb des megathermen Regenwaldes auf dem Hochplateau des Lukwangule im südlichen UluguruGebirge. Dieser setzte etwa ab einer Höhe von 1900 m ein und zog sich an den Abhängen und den bis zu 2500 m hohen Bergkuppen des südlichen Lukwangule-Plateaus herauf. Eingesprengt in diese Vegetationsformation befand sich zwischen 1900–2300 m am Ostabhang des Lukwangule eine »Zone dichten Bambusbestandes«, die sich stellenweise auch an der Südseite des Gebirges zeigte.85 Der eigentliche »Höhenwald« bestand in Uluguru jedoch zumeist aus kleinen Bäumen, deren Höhe von der unteren bis zur oberen Waldgrenze von 10–15 auf 4–10 m abnahm und die bis zu einer Höhe von 2400 m stark mit Flechten besetzt waren.86 Das ließ den »Nebel- und Höhenwald« aus europäischer Perspektive als schön und landschaftlich attraktiv erscheinen. 84 Vgl. ebd.; Adolf Engler, Über die Vegetationsverhältnisse des Uluguru-Gebirges in Deutsch-Ostafrika. Zum Theil Ergebnisse der Nyassa- und Kingagebirgs-Expedition der Hermann und Elise geb. Heckmann Wentzel-Stiftung, in: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 16, 1. Halbband. Berlin 1900, 207. 85 Vgl. ebd. 86 Vgl. ebd., 208, 210.

Bewaldung im nordöstlichen Tansania 

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Engler schrieb, der »Charakter« des Höhenwaldes sei wesentlich verschieden von dem des weiter unten gelegenen Bergregenwaldes. Es herrschten andere Arten vor, so Bambus wie Arundinaria alpina (mwanzi) und Nadelhölzer der Gattung Podocarpus (mseri) sowie Juniperus procera (mwangati), die ebenfalls einen hohen kolonialforstlichen Wert darstellten.87 Die Bäume im Nebel- und Höhenwald gehörten zu anderen Familien, von denen nur sehr wenige auch im Berg- oder Regenwald anzutreffen waren. Ähnlich stand es mit den Sträuchern und Halbsträuchern des Höhenwaldes, die sich nicht so stark entwickelten wie im Unterholz des Bergwaldes.88

1.4.4 Hochweide Als letzte forstwirtschaftlich bedeutsame Vegetationsformation erschien in den Mittelgebirgen die sog. »Hochweide«, die auf Englers Karte markant rot-weiß schraffiert zu erkennen ist (vgl. Karte 2). Dort herrschten mehr oder weniger dichte Buschbestände mit Baumsträuchern und Sträuchern (Erica arborea) vor. Auch fanden sich einzelne Bäume, »Adlerfarnwildnisse« (Ruderalvegetation), »Weideland« oder auch einfach kahle Kuppen und Hänge. Die »Hochweide« zeichnete sich laut Engler in Uluguru in ihrem »Grundton« vor allem durch Moorbildung und weit voneinander entfernt stehende 20–30 cm hohe Gräser und Cyparaceen aus. Sie befand sich durchsetzt mit »Nebel- und Höhenwald« auf dem Lukwangule-Hochplateau, das den größten Teil des südlichen Gebirgsmassivs einnahm.89 Die dort vorkommenden Arten waren mit den Arten auf anderen »Hochweiden« afrikanischer Gebirge übereinstimmend, doch machte sich laut Engler in Uluguru eine stärkere Beziehung zur südafrikanischen Flora bemerkbar als in dem weiter nördlich gelegenen Gebirge von Usambara oder am Kilimandscharo.90 Auf der folgenden Fotografie mutet die Landschaftsformation der »Hochweide« anthropogen geprägt an. Doch ist kaum anzunehmen, dass die afrikanische Bevölkerung auf einer Höhe von über 2400 m Weidewirtschaft betrieb. So kommt eine palynologische Studie zu dem Ergebnis, dass dieses Landschaftsbild kaum auf Einflüsse wie Brennen von Weidefläche oder Rodung zurückzuführen ist, sondern vermutlich auf natürliches Feuer, ausgelöst durch Blitze.91 Laut Moritz Büsgen gedieh die »Hochweide« auf »altem Waldboden«, wenn die lokalen Verhältnisse keinen neuen Waldwuchs erlaubten.92 Diese Aussage 87 Vgl. ebd. 88 Vgl. ebd., 210. 89 Vgl. Forstwesen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 650 ff. 90 Vgl. Engler, Vegetationsverhältnisse, 210. 91 Vgl. Finch, Leng, Marchant, Vegetation, 121. 92 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff.

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Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

Abb. 4: »Hochweide« auf dem Lukwanguleplateau im Uluguru-Gebirge. Aus: Engler, Vegetationsansichten, 60.

implizierte, dass sich diese Gebiete kolonialforstlich nutzen ließen, wenn entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Somit handelte es sich bei den »Hochweiden« ebenso wie beim »Regen«-, »Nebel- und Höhenwald« um potenziell forstwirtschaftlich nutzbare Flächen.

2. Lokale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte Doch standen einer kolonialforstlichen Nutzung die lokalen Interessen der einheimischen Bevölkerung entgegen. Bäume und Wälder spielten für die materielle und immaterielle Reproduktion afrikanischer Gesellschaften seit Jahrtausenden eine bedeutende Rolle. Erste Spuren menschlichen Einflusses auf die Waldvegetation lassen sich in Tansania ab einem Zeitraum von etwa 8000 Jahren finden. Seit dieser Zeit wurden die Wälder am Fuße der Mittelgebirge von Jägern und Sammlern durchzogen, deren Lebensweise gänzlich auf den Wald bezogen war.93 Doch existierten solche gesellschaftlichen Formationen zu Beginn der deutschen 93 Vgl. W. A. Rodgers, The Conservation of the Forest Resources of Eastern Africa: Past Influences, Present Practices and Future Needs, in: Jon C. Lovett, Samual K. Wasser (Hrsg.), Biogeography and Ecology of Rain Forests of Eastern Africa. Cambridge (Mass.) 1993, 284.

Lokale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte 

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Kolonialzeit nur noch vereinzelt, da sie durch bäuerliche Kulturen weitgehend abgelöst worden waren. Lediglich in Bukoba, westlich des Viktoria-Sees, existierte noch eine Gruppe von Pygmäen, die Twa, die als Jäger und Sammler im Regenwald lebte.94 Bei anderen Jäger- und Sammlerkulturen in Deutsch-Ostafrika handelte es sich um die khoisansprechenden Hadza und Sandawe. Sie lebten in den mittleren nördlichen Ebenen Tansanias, jedoch nicht in den Gebirgen, weshalb sie für diese Untersuchung keine Rolle spielen. Bei der Mehrzahl der in Deutsch-Ostafrika lebenden Kulturen handelte es sich um Feldbau betreibende, bantusprechende Bevölkerungsgruppen. Ferner existierten einige Hirtenvölker mit nilosaharischen Sprachen, wie die Massai oder die Bugu.95 An der Küste des Indischen Ozeans lebten die Suaheli96, die die deutschen Kolonisten als eine afroarabische Hochkultur wahrnahmen, da sie über Schriftsprache verfügten und vom Handel und der Plantagenwirtschaft lebten.97 Ihre städtische Kultur hatte sich seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert entwickelt und Blütezeiten vom 9.–10. Jh. und im 19. Jh. erlebt.98

2.1 Bevölkerungsentwicklung und lokaler Ressourcenschutz Die bäuerlichen Bevölkerungsgruppen im Landesinneren entwickelten schon früh Praktiken und Institutionen, um Bäume und Wälder zu schützen. Die Formen zur Regulierung von materieller und immaterieller »Naturaneignung« bildeten sich in Ostafrika über einen Zeitraum von etwa 2000 Jahren heraus, seit es zu permanenten Formen der Besiedlung gekommen war.99 Beispielsweise lebte seit 2000 Jahren in West-Usambara in der Nähe des heutigen Lushoto eine Bevölkerungsgruppe, die Feldbau und Eisenverhüttung betrieb und dafür Bäume 94 Vgl. Gründer, Geschichte, 156. Weitere Pygmäen-Gruppen lebten westlich des Albertsees; vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff.; Jared Diamond, Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften. Frankfurt a. M. 32007, 476–477. 95 Vgl. ebd., 475. 96 Die Bezeichnung Suaheli ist eine Fremdzuschreibung. Die ostafrikanischen Küstenbewohner gaben sich selbst lokale Bezeichnungen. Sie benannten sich nach potenziellen Herkunftsorten oder Klanen und grenzten sich gegenüber den Bewohnern des Hinterlandes ab, die sie als Hinterwäldler (shenzi) bezeichneten; vgl. John E. G. Sutton, A Thousand Years of East Africa. Nairobi 1990, 60. 97 Vgl. Deutsch-Ostafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 433. 98 Vgl. Christoph Marx, Geschichte Afrikas. Von 1800 bis zur Gegenwart. Paderborn 2004, 40; Sutton, Years, 59–60. 99 Vgl. Jürgen Herzog, Kolonialismus und Ökologie im Kontext der Geschichte Tansanias – Plädoyer für eine historische Umweltforschung. Berlin 1994, 44; Luig, Oppen, Einleitung, 17; Joachim Radkau, Was ist Umweltgeschichte?, in: Werner Abelshauser (Hrsg.), Umweltgeschichte: umweltverträgliches Wirtschaften in historischer Perspektive. Göttingen 1994, 17; Rodgers, Conservation, 284.

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Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

rodete. In ihrer Schmelztechnik, Keramik und sonstigen materiellen Kultur wies sie gleiche Züge auf wie andere Bevölkerungsgruppen, die in Nord-Pare, den Taita-Bergen oder am Kilimandscharo lebten.100 Auch in Ost-Usambara finden sich entsprechende Siedlungsspuren unter heute dichter Bewaldung.101 Die Überreste dieser frühen eisenverarbeitenden Kultur, der sog. Azanian ­culture, lassen sich auch in Usagara, Uluguru und in den südlichen Hochländern der Eastern Arc Mountains feststellen.102 Die Menschen dieser sog. Waldkultur (mwitu) konnten mittels Vorhitzeöfen das Eisen sehr effizient schmelzen und waren wohl aus weiter westlich gelegenen Gebieten in das nordöstliche Tansania eingewandert.103 Es lässt sich zeigen, obwohl die archäologischen Funde meist punktuell und lückenhaft sind, dass es bereits seit dieser frühen Zeit der Eisenverarbeitung zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Vegetation in den Bergwäldern kam.104 Somit kann man für Tansania von einem dynamischen Verhältnis von Mensch und Wald sprechen, das sich in einem langfristigen landschaftlichen Wandel ausdrückte.105 Die heute verbreitete Annahme, dass ostafrikanische Gesellschaften vor der Kolonialzeit schonend mit ihren Waldressourcen umgegangen seien und im Einklang mit der Natur gelebt hätten, gehört in das Reich der Legende. Genaue Forschungsergebnisse, die einen nicht nachhaltigen Umgang mit nachwachsenden Waldressourcen belegen, stammen aus Gebieten westlich des Viktoria-Sees. Aufgrund der selektiven Nutzung bestimmter Hölzer kam es zu einer Vereinfachung in der Artzusammensetzung von Wäldern durch Holzkohleherstellung. So ist aus dem Gebiet westlich des Viktoria-Sees bekannt, dass seit dem 1. Jh. n. Chr. der Wald regional verschwunden war. Zwei Baumarten wurden durch ihre Verarbeitung zu Holzkohle gänzlich ausgerottet. Nicht ganz so dramatisch stellten sich die Verhältnisse in den nordöstlichen Mittelgebirgen dar. Zwar legen palynologische und archäologische Befunde nahe, dass es auch dort zu einer Veränderung in der Artzusammensetzung von Wäldern kam. Diese ging jedoch nicht so weit, dass einzelne Baumarten aufgrund mensch-

100 Vgl. Peter R. Schmidt, Early Exploitation and Settlement in the Usambara Mountains, in: A. C.  Hamilton, R.  Bensted-Smith (Hrsg.), Forest Conservation in the East Usambara Mountains Tanzania. Gland 1989, 75. 101 Vgl. ebd., 77; Rodgers, Conservation, 287. 102 Vgl. ebd., 284. 103 Vgl. Schmidt, Exploitation, 76. 104 Vgl. Christopher A.  Conte, Nature Reorganized. Ecological History in the Plateau ­Forests of the West Usambara Mountains 1850–1935, in: James L. Giblin, Isaria N. Kimambo, Gregory Maddox (Hrsg.), Custodians of the Land. Ecology & Culture in the History of Tanza­ nia. London 1996, 100. 105 Vgl. Peter R. Schmidt, Historical Ecology and Landscape Transformation in Eastern Africa, in: Carol L. Crumley (Hrsg.), Historical Ecology. Cultural Knowledge and Changing Landscapes. Santa Fe 1994, 117–120.

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licher Nutzung gänzlich verschwanden.106 Schließlich bildete sich zwischen 1200–1500 n. Chr. ein spirituelles System heraus, das die Nutzung bestimmter Baumarten zur Holzkohleherstellung verbot. Eine kastenähnliche Organisation von Schmieden limitierte die Eisenherstellung durch Regeln, Riten und Tabus.107 Der Glaube, dass die nachhaltige Holzkohlegewinnung zur Eisenherstellung zentral für die Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse sei, wurde fester Bestandteil des lokalen Selbstverständnisses. Die Integration dieses Glaubens in eine ressourcenschonende Praxis der Eisenherstellung führte laut Peter R. Schmidt zur Wahrnehmung der Landschaft als einer im Überfluss gebenden Mutter, die auch die Menschen hervorgebracht habe. Folglich besaßen nicht die Menschen das Land, sondern das Land besaß die Menschen.108 In der Praxis verwendeten die Schmiede der permanent in den unteren Gebirgsregionen von Usambara siedelnden Shambaa um 1900 zur Herstellung von Holzkohle nur das Holz von miusa und muawi sowie die Rinden des kiromboti-, des kala- oder des mkalakala- Baumes.109 Hierdurch reagierten sie auf die »Überausbeutung des Waldes« und erreichten eine gewisse Stabilität in der gesellschaftlichen Entwicklung.110 Der Afrikanist Christopher Conte beschreibt die Kulturlandschaft Usambaras wie folgt: A mid-nineteenth-century aerial observation of Usambara would have likely revealed a massif largely clothed with primary and secondary forests, with open patches of several square miles surrounding permanent settlements. Smoke rising from the fires in the ironsmiths’ furnaces, farmers’ fields in preparation, and herder’s pastures in formation marked the mountain landscape.111

Laut John Iliffe bestand Tansania bis 1800 zumeist aus lockeren und zerstreuten Siedlungslandschaften mit viel Land unter Kultur. In einigen Landesteilen hatte jedoch bereits eine Dynamik »autochthonen Wandels« eingesetzt, die auf expansiven Bestrebungen einzelner afrikanischer Gesellschaften beruhte und zu einer Mischung zuvor weitgehend isolierter Bevölkerungselemente geführt habe.112 Bspw. blieb die Bevölkerung im Uluguru-Gebirge, das zu Beginn des 18. Jh. lediglich in seinen unteren Regionen bewohnt war, nicht stabil. Dort nahm

106 Vgl. Finch, Leng, Marchant, Vegetation, 120; Schmidt, Exploitation, 77; Schmidt, Ecology, 108, 117–120. 107 Vgl. ebd., 111. 108 Vgl. ebd. 109 Vgl. A.  Karasek, Beiträge zur Kenntnis der Waschambaa, in: Baessler-Archiv, 7, ­1918–1922, 80. 110 Vgl. Herzog, Kolonialismus, 25.  111 Conte, Sanctuary, 11. 112 Vgl. John Iliffe, A Modern History of Tanganyika. Cambridge 1979 (Nachdruck: 1994), 75.

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die Bevölkerung zu, und die Besiedlung der höheren Bergregionen begann.113 Diese Bevölkerungsentwicklung wurde durch eine Wanderungsbewegung ausgelöst, bei der von Westen kommende matrilineare Klane114 in die südlichen und westlichen Gebirgsregionen einwanderten. Sie nannten sich Lugurus, was so viel bedeutet wie: »Menschen, die in den Bergen leben.«115 Im 19. Jh. erfolgte eine zweite Wanderungsbewegung im Süden der UluguruBerge, die im kolonialzeitlichen Jargon als »Mafitieinfälle« bezeichnet wurde. Hierbei handelte es sich um die Ausläufer einer größeren Wanderungsbewegung der Ngoni, einem Ableger der Zulu. Sie erreichten aus dem südöstlichen Afrika kommend um 1860 den Sambesi und den Raum des südlichen Tansanias zwischen den Flüssen Rovuma und Rufiyi. Von dort aus unternahmen sie wiederholt Kriegszüge nach Ukhutu am südlichen Fuß der Uluguru-Berge, weshalb diese Zeit in der lokalen Geschichtsschreibung als »wakati wa Wambunga« (Periode der Mbunga-Raubzüge) bezeichnet wurde.116 In der Folge zog sich die am Fuße der Uluguru-Berge lebende Bevölkerung zum eigenen Schutz höher in die Berge zurück und gewann dort durch Rodungen neue Felder.117 Checks and balances Bäume und Wälder wurden seitens der afrikanischen Bevölkerung neben der Holzkohleherstellung zum Feldbau und zur Viehweide genutzt. Hinzu trat die Verwendung von Waldressourcen als Nahrungsmittel, Medizin oder als Rohstoff im häuslichen und handwerklichen Bereich. Laut Peter R. Schmidt hatte sich bei feldbauenden Kulturen ein System von »checks and balances« herausgebildet, das durch Opfer an die Priesterschaft und Tribute an die Oberschicht, durch den 113 Vgl. C. S. Tastevin, Les Wa lu guru, in: Anthropos, 45, 1950, 246; Roland Young, Henry Fosbroke, Smoke on the Hills. Land and Politics among the Luguru of Tanganyika. London 1960, 143. Es besteht in der Forschung kein Konsens über die neuzeitliche Besiedlungsgeschichte der Berge; vgl. Paul H. Temple, Soil and Water Conservation Policies in the Uluguru Mountains, Tanzania, in: Geografiska Annaler. Series A, Physical Geography, 54, 1972, 111. 114 Vgl. P. Wallis, Waluguru Sibs, in: Primitive Man, 7, 1934, 60. Zu den matrilinearen Gesellschaften im nordöstlichen Tansania zählten neben den in Uluguru siedelnden Luguru und Khutu auch die Sagara, Kaguru, Nguru, Segua, Kwere und Saramo. Diese Gruppen wiesen gleiche Klannamen auf, wobei sich die gleichen Klannamen auch bei benachbarten patrilinearen Gesellschaften, wie den Nyamwesi, Shambaa und Sukuma, fanden. Die unterschiedlichen Klane unterhielten sog. »joking relationships«, woran deutlich wird, dass die matrilinearen Gesellschaften des nordöstlichen Tansanias und ihre Nachbargesellschaften hochgradig vernetzt waren; vgl. R. E. Moreau, The Joking Relationships (Utani) in Tanganyika, in: Tanganyika Notes and Records, 12, 1941, 1–10; James Boyd Christensen, Utani: Joking, Sexual License and Social Obligations among the Luguru, in: American Anthropologist, 65, 1963, 1314–1327. 115 Vgl. Young, Fosbroke, Smoke, VIII–IX. 116 Vgl. ebd., 22.  117 Vgl. Iliffe, History, 199–202; Franz Stuhlmann, Über die Uluguruberge in DeutschOstafrika, in: Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten, 8, 1895, 220.

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rituellen Schutz vieler Baumarten und durch den Schutz von Wäldern als heilige Schreine funktionierte und eine langfristige Ausnutzung der Waldressourcen gewährleistete.118 Ebenfalls entwickelten viehhaltende Kulturen Regularien über den Zugang zum Wald als Weide, die zwischen einzelnen Klanen ausgehandelt wurden. Ferner kontrollierten sie nicht nur die Zahl des Viehs durch rituelle Schlachtungen, sondern auch die menschliche Bevölkerungsentwicklung mittels Heiratsregeln, Kindsmord usw.119 Insgesamt ist festzuhalten, dass die afrikanischen Kulturen im nordöstlichen Tansania gegen Ende des 19. Jh. in Auseinandersetzung mit ihrer natürlichen Umwelt differenzierte Regeln entwickelt hatten, die ihre materielle und immaterielle Reproduktion weitgehend sicherstellten. Arbeitsteilung und Beziehungen zum Wald Die bäuerlichen Gesellschaften der nordöstlichen Mittelgebirge waren arbeitsteilig organisiert, was auf besondere Beziehungen einzelner gesellschaftlicher Gruppen zum Wald schließen lässt. In Uluguru deuten Klannamen darauf hin. So bedeutet der Klanname Bena: »Die, die das Holz schlagen oder die Äste brechen«. Der Name eines Unterklans der Bena »mbembe« hieß übersetzt »Feuerholz«.120 Es kamen aber auch Klannamen vor, die auf bestimmte Tätigkeiten hinwiesen, so die Bezeichnung »Leute, die das Eisen schmieden«.121 Neben einer Aufteilung der Arbeit nach verschiedenen Klanen oder unterschiedlichen Kasten existierte auch eine geschlechts- und altersspezifische Arbeitsteilung, die besondere Formen der Beziehungen zum Wald entstehen ließ. So wurde die Feldarbeit in Uluguru und andernorts sowohl von Frauen als auch von Männern verrichtet. Dabei mussten die Männer die schweren Rodungs­arbeiten sowie das Schlagen und Niederbrennen des Waldes oder Busches vornehmen.122 Beide Geschlechter säten und ernteten, doch mussten die Frauen zumeist das Jäten übernehmen.123 In Usambara mussten die Frauen nach Beendigung der gemeinsamen Arbeit noch ihr eigenes Feld [shambe] bestellen, dessen Ertrag ihnen allein gehörte.124 Hingegen oblag es den Männern, das Bauholz für die Unterkunft der Familien zu besorgen. Handwerk und Hausbau waren ebenfalls Domänen der Männer, die auch den Haushalt mit Feuerholz 118 Vgl. Schmidt, Ecology, 117–120. 119 Vgl. Steven Feierman, The Shambaa Kingdom. A History. Wisconsin 1974, 81; Christian Mersmann, Umweltwissen und Landnutzung im afrikanischen Dorf. Zur Frage des bäuerlichen Engagements in der Gestaltung der Kulturlandschaft der Usambara-Berge. Hamburg 1993, 62; Conte, Nature, 109. 120 Vgl. ebd., 249. 121 Vgl. Wallis, Sibs, 61. 122 Vgl. Erik Green, Production Systems in Pre-Colonial Africa, in: The History of African Development, o. O., o. J., 5, 8; https://aehnetwork.org/textbook/production-systems-in-precolonial-africa/ (Zugriff: 18.10.2020). 123 Vgl. ebd. 124 Vgl. Karasek, Beiträge, 1, 1911, 174.

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zu versorgen hatten, wenn sich dieses weit entfernt von der Wohnstätte befand. Wenn es sich in der Nähe des Wohnsitzes oder Dorfes finden ließ, sammelten die Frauen das Feuerholz. Nur während der Maisernte assistierten die Männer und brachten größere trockene Stämme nach Hause.125 Außerdem waren die Frauen für das Sammeln von Nahrungsmitteln verantwortlich, die sie im Wald fanden. Sie besaßen auch Wissen über Heilpflanzen, besonders im gynäkologischen und pädiatrischen Bereich.126 Insofern waren die Aufgaben und Arbeiten von Frauen in ländlichen Gebieten auf vielfältige Weise mit den Wäldern verknüpft. Den Kindern fiel die Rolle zu, ihren Eltern bei der Arbeit im Haus und auf dem Feld zu helfen, wobei die Jungen die Ziegen im Wald wachsam hüteten.127

2.2 Wirtschaft Die ökonomischen Beziehungen zwischen Menschen und Wäldern waren in den tansanischen Mittelgebirgen bis in das 19. Jh. hinein stark durch Subsistenzwirtschaft geprägt, weshalb die Einwirkungen auf die Wälder – abgesehen von der Eisenherstellung – vermutlich eher gering waren. Mit zunehmender Einbindung des ostafrikanischen Festlandes in die Wirtschaft des Indischen Ozeans und in die Weltwirtschaft dynamisierten und kommerzialisierten sich allerdings die lokalen Formen der Waldnutzung.

2.2.1 Subsistenz Eine Hauptrolle spielte der Wald als landwirtschaftliche Anbaufläche. Dabei wurden zur Urbarmachung zunächst die Bäume gerodet, wobei man die größeren Bäume als Überhälter stehen ließ. Nur die kleineren Bäume schlug man in Brusthöhe mit einer kurzstiligen Axt ab. Die Stämme ließ man für einige Monate zum Trocknen am Boden liegen. Kurz vor der Regenzeit wurden sie angezündet; ihre Asche düngte gleichmäßig das Feld.128 Die Felder ließ man nach einigen Jahren brachfallen und rodete ein neues Stück Land, wenn die Nährstoffe verbraucht waren. Dabei konnte es vorkommen, dass die Wälder übernutzt wurden, wenn zur kommerziellen Ertragssteigerung die Brachzeiten verkürzt wurden.129 Neben der Nutzung von Wäldern als landwirtschaftliche Nutzfläche spielte die Entnahme von Rohstoffen zum Hausbau und zur Herstellung handwerklicher Produkte eine Rolle. Die Shambaa in Usambara verwendeten zum Hütten 125 Vgl. Karasek, Beiträge, 3, 1912, 70. 126 Vgl. Mersmann, Umweltwissen, 65. 127 Vgl. Green, Production, 5, 8; Tastevin, Wa lu guru, 268. 128 Vgl. Karasek, Beiträge, 4/5, 1911, 174. 129 Vgl. Radkau, Natur, 62, 211.

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bau bestimmte Hölzer, wobei sie die harten und geraden Stämme von msambia bevorzugten. Ferner kamen zur Herstellung von Stöcken spezielle Hölzer zum Einsatz, ebenso wie zur Herstellung von Holzmörsern, Stampfern und Löffeln, Trommeln, Stühlen und Bettstellen.130 Auch verwendeten die Shambaa das im Shume-Wald wachsende Holz der ostafrikanischen Olive (Olea africana) als Rohmaterial für Handgriffe von Hacken und Messern.131 Die Rinde der ebenfalls dort vorkommenden Wachholderbestände nutzten sie und die Bugu zum Decken ihrer Hausdächer. Das Holz des Wachholders verwendeten die Bugu auch zum Bau ihrer Bomas [Höfe].132 Ähnliche Praktiken existierten in Ost-Uluguru. Dort wurden Hölzer ebenfalls zum Bau von Hütten eingesetzt. Die Seitenwände von rechteckigen Hütten bestanden aus senkrechten Holzplatten, die man mit Keilen vom Stamm abspaltete, da größere Sägen unbekannt waren. Die Dächer dieser Hütten waren mit Bananenblättern oder faserigen Gewebsbündeln eines Waldbaumes gedeckt.133

2.2.2 Handel Seit dem frühen 19. Jh. kommerzialisierte sich der Handel in Ostafrika, wobei Europäer einen Marktzugang nur über einheimische Zwischenhändler erhielten. Die vorkoloniale Zeit war ausschließlich von intermediären Handelsstrukturen geprägt, weshalb die Vernetzung zwischen Ostafrika und Europa bis in das erste Drittel des 19. Jh. recht schwach blieb. Zwar kauften Franzosen Sklaven in Kilwa oder auf Sansibar und ließen diese auf ihren Zuckerplantagen im Indischen Ozean arbeiten, sodass über den exportierten Zucker eine indirekte Verbindung zwischen Ostafrika und Europa bestand. Auch ist davon auszugehen, dass gelegentlich spanische und portugiesische Schiffe an der ostafrikanischen Küste festmachten, um Sklaven nach Südamerika zu bringen. Ihre Anzahl war im Vergleich zu Westafrika jedoch sehr klein, sodass der Grad an Globalität im ostafrikanischen Handel vor 1900 recht gering gewesen sein muss.134 Außerdem vertrieben Araber die Portugiesen im späten 18. Jh. von der ostafrikanischen Küste, weshalb eine kontinuierliche Globalisierung erst einsetzte, als die 130 Vgl. Karasek, Beiträge, 2/3, 1912, 118; Karasek, Beiträge, 7, 71. 131 Vgl. Mersmann, Umweltwissen, 62. 132 Vgl. Franz Stuhlmann, Beiträge zur Kulturgeschichte von Ostafrika. Allgemeine Betrachtungen und Studien über die Einführung und wirtschaftliche Bedeutung der Nutzpflanzen und Haustiere mit besonderer Berücksichtigung von Deutsch-Ostafrika. Berlin 1909, 662; Adolf Engler, Eine botanische Expedition des Herrn Karl Holst in Usambara, in: DKB, 4, 1893, 360. 133 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 224. 134 Vgl. Erik Gilbert, Dhows & the Colonial Economy of Zanzibar 1860–1970. Oxford 2004, 33.

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Atlantische Ökonomie und die Ökonomie des Indischen Ozeans systematisch verknüpft wurden. Als Pioniere des modernen westlichen Handels mit Ostafrika gelten die US -Amerikaner, nachdem im Jahr 1827 ein Schiff aus Salem die Insel Sansibar angelaufen hatte und ab 1830 ein US -amerikanischer Konsul dort als Resident installiert worden war. Diese Verknüpfung zwischen dem atlantischen Handel und dem Handel des Indischen Ozeans bescherte Sansibar einen wirtschaftlichen Aufschwung.135 Infolge dessen verlegte der Herrscher von Sansibar, Sultan Seyid Said von Oman, im Jahr 1840 seinen Hauptsitz von Muskat auf die Insel Sansibar und transferierte sein Kapital dorthin.136 Die Insel vis-à-vis des tansanischen Festlandes stieg zur größten Handelsmacht an der ostafrikanischen Küste auf, was einen Ausbau der Handelsverbindungen zum Festland nach sich zog. Diese reichten über Karawanenstraßen bis westlich der großen Seen.137 Innerhalb dieser wirtschaftlichen Bezüge gelangten vor allem Sklaven und Elfenbein an die Küste, obwohl der Sklavenhandel bereits durch den Moresby Treaty zwischen dem Sultan von Oman und der britischen Krone im Jahr 1822 beschränkt worden war.138 Die an der ostafrikanischen Küste und auf Sansibar ansässigen Araber ersetzten das Überseegeschäft mit Sklaven, indem sie an der Küste und auf den vorgelagerten Inseln Nelkenplantagen anlegen ließen und diese mittels Sklaven bewirtschafteten. Dazu wurden auf den Inseln Sansibar und Pemba große Waldflächen gerodet. Das Nelkengeschäft boomte bis in die späten 1840er-Jahre hinein.139 Der Historiker John Iliffe betrachtet den Beginn der Plantagensklaverei als die größte umweltgeschichtliche Zäsur in der modernen Geschichte Tansanias, da hierdurch nicht nur viel Wald gerodet, sondern auch größere Veränderungen in der Bevölkerungsdichte hervorgerufen wurden. Ganze Landstriche auf dem Festland entvölkerten sich, da sich die bäuerlichen Bevölkerungsgruppen aufgrund von Sklavenraubzügen auf einzelne befestigte Stützpunkte zurückzogen. Auch verdingten sich fortan viele Bauern als Karawanenträger und wanderten an die Küste ab, wo sich bessere Verdienstmöglichkeiten boten. Das hatte Konsequenzen für die geschlechtliche Arbeitsteilung, da die zurückbleibenden Frauen fortan Arbeiten übernehmen mussten, die zuvor Männer ausgeführt hatten.140 135 Vgl. ebd., 23. 136 Vgl. Kimambo, Isaria N., Environmental Control & Hunger in the Mountains & Plains of Nineteenth-century Northeastern Tanzania, in: James L. Giblin, ders., Gregory Maddox (Hrsg.), Custodians of the Land. Ecology & Culture in the History of Tanzania. London 1996, 88. 137 Vgl. Gilbert, Dhows, 12–13. 138 Vgl. Abdul Sheriff, Slaves, Spices & Ivory in Zanzibar. Integration of an East African Commercial Empire into the World Economy, 1770–1893. London 1987, 47. 139 Vgl. ebd., 54–57, 128. 140 Vgl. Marx, Geschichte, 194.

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Es lässt sich sagen, dass bereits vor der Kolonialzeit der Trend eines partiellen wirtschaftlichen Wandels von der Agrarwirtschaft zum »Dienstleistungsgewerbe« einsetzte. Besonders betroffen hiervon war die Region Nyamwesi, deren Männer sich oftmals als Karawanenträger verdingten. Sie stellten aus dem Holz der Aeschynomene (Herminiera) Tragestangen her, da dieses Holz sehr leicht und widerstandsfähig war.141 Kopal und Kautschuk Für den Handel Sansibars mit den Ländern des Nordens war nicht nur die Produktion von Nelken in Sklavenarbeit bestimmend. Es wurden auch andere Produkte, vor allem Elfenbein, aber auch Bienenwachs, das von Elefantenjägern gesammelt wurde, und Kopal vom ostafrikanischen Festland verkauft.142 Bei Kopal handelte es sich um ein Baumharz, das vor der Kolonialzeit das einzige tansanische Waldprodukt war, das in großem Stil auf dem Weltmarkt gehandelt wurde. Über die Hälfte der Exporte gingen in die USA . Nachdem dort der Bürgerkrieg begonnen hatte, waren Hauptabnehmer Indien und Deutschland.143 Kopalharz konnte zur industriellen Lackherstellung verwendet werden. Es kam im ostafrikanischen Küstenhinterland sowohl in fossiler Form im Boden als auch in rezenter Form bei Kopalbäumen (Hymenaea verrucosa) vor, wobei der fossile Kopal hochwertiger war. Die Gewinnung und der Handel dieses Waldprodukts unterstand auf dem Festland in Usaramo den Dorfchefs (pazi).144 Bei den pazi handelte es sich zumeist um Elefantenjäger aus der Landschaft Ukhutu am südlichen Fuß der Uluguru-Berge, die die Zaramo bspw. vor Übergriffen der Kamba schützten, weshalb sie zu Dorfchefs aufstiegen.145 Aus dieser Position heraus versuchten sie das Handelsmonopol des Sultans von Sansibar auf Elfenbein und Kopal zu brechen, indem sie direkte Handelsverbindungen mit den Vertretern von Industrienationen knüpften.146 Diese eigenständige Form globalen Handelns gelang ihnen jedoch nur ansatzweise. Denn verbürgt ist, dass der weltweite Handel mit Kopal vor allem über indische Kaufleute und Finan 141 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 662. 142 Vgl. Jan Vansina, Long-Distance Trade-Routes in Central Africa, in: Z. A. Konczacki, J. M. Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 235–236, 247; Edward A. Alpers, The East African Slave Trade, in: Z. A. Konczacki, J. M. Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 208. 143 Vgl. Sheriff, Slaves, 134. 144 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 223–224. 145 Vgl. Thaddeus Sunseri, The War of the Hunters: Maji Maji and the Decline of the Ivory Trade, in: James L. Giblin, Jamie Monson (Hrsg.), Maji Maji. Lifting the Fog of War. Leiden 2010, 123. 146 Vgl. Sunseri, Ax, 8–18; Mtoro Bin Mwenyi Bakari, Mitteilungen über das Land Uzaramo nebst Sitten und Gebräuchen der Wazaramu zusammengestellt von Mtoro bin Mweny Bakari, in: Carl Velten (Hrsg.), Schilderungen der Suaheli von den Expeditionen v. Wissmann, Dr. Bumillers, Graf v. Götzen und Anderen. Göttingen 1901 226, 253.

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ziers auf Sansibar abgewickelt wurde.147 Dabei handelte es sich um die typische Form des intermediären Handels mit Waldprodukten, bei dem Zwischenhändler eine monopolistische Stellung einnahmen. Ihr Ziel bestand vornehmlich darin, zwischen Produzenten und Käufern zu vermitteln und durch direkten Kontakt mit den Produzenten eine quantitative Ausweitung der Produktion von exportfähigen Produkten zu erreichen.148 Letzteres zeigte sich nicht nur bei Kopal, sondern auch bei Kautschuk, der neben Gewürznelken zum wichtigsten Exportartikel Sansibars wurde.149 So ist bekannt, dass indische Zwischenhändler dafür sorgten, dass sich ostafrikanische Bauern durch den Kauf von westlichem Baumwolltuch bei ihnen verschuldeten. Hierdurch waren die Bauern gezwungen Kautschuk zu sammeln, den die indischen Händler als Bezahlung akzeptierten. Eine zentrale Rolle in dieser »institutional superstructure« des Kautschukhandels spielten auch Klanchefs ähnlich den pazi, so der Bena-»Häuptling« Kiwanga. Sie bildeten lokale Knotenpunkte in einem Netz globaler Handelsbeziehungen. Doch ist nicht eindeutig geklärt, ob »Häuptlinge«, wie Kiwanga, den Kautschuk als Tribut eintrieben und verkauften oder ob sie eigene Kautschuksammler schickten, um den Rohstoff gewinnen zu lassen.150 Der intermediäre Handel mit Waldprodukten blieb noch während der deutschen Kolonialzeit bestehen, obwohl die deutsche Kolonialmacht bemüht war, einen direkten Kontakt zwischen industriellen Kaufinteressen und afrikanischen Produzenten herzustellen. Doch gelang es den Deutschen in vielen Fällen nicht, die Zwischenhändler  – Inder und »Häuptlinge«  – auszuschalten. Die Transformation der globalen Produktions- und Handelsbeziehungen von vorkolonialer zu kolonialer Ökonomie war stärker durch Kontinuität als durch Diskontinuität geprägt.151 Der Handel mit wildem Kautschuk schuf eine Verbindung zwischen vorkolonialen und kolonialen Netzwerken und bestimmte die Expansion der Handels- und Kreditbeziehungen in Ostafrika bis in das 20. Jh. hinein.152 Die Kolonisten hatten auf Handel mit Kautschuk im Inland noch Jahrzehnte nach der formellen Annexion Deutsch-Ostafrikas kaum einen Zugriff. Bspw. blieb der intermediäre afro-arabische Durchgangshandel in Tabora bis zum Jahr 1912 ohne europäische Beteiligung und verlief jenseits kolonialer Kontrolle: Waren, Träger, Geldgeber und Organisatoren – Afrikaner, Araber und 147 Vgl. R. W.  Beachy, The East African Ivory Trade in the Nineteenth Century, in: Z. A.  Konczacki, J. M.  Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 223. 148 Vgl. Eckert, Konflikte, 459. 149 Vgl. Vansina, Trade-Routes, 235–236, 247; Alpers, Slave Trade, 215. 150 Vgl. Jamie Monson, From Commerce to Colonization: A History of the Rubber Trade in the Kilombero Valley of Tanzania, 1890–1914, in: African Economic History, 21, 1993, 114–115, 121. 151 Vgl. Gißibl, Nature, 54–55. 152 Vgl. Monson, Commerce, 127.

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Inder – blieben die gleichen wie vor der Kolonialzeit. Erst im Jahr 1912 machte sich mit der Fertigstellung einer Eisenbahnstrecke von Daressalam nach Tabora, die später bis nach Ujiji fortgeführt wurde, ein Strukturwandel bemerkbar, der den Karawanenhandel zum Erliegen brachte. Waldprodukte, wie Kautschuk oder Bienenwachs, transportierte man fortan in großen Quantitäten fast ausschließlich mit der Bahn. Es siedelten sich verstärkt europäische Unternehmen an, die in das globale Geschäft mit nachwachsenden Rohstoffen einstiegen. Im Jahr 1913 existierten in Tabora zwölf Niederlassungen europäischer Handelsfirmen, wobei es sich teilweise um lokale Firmen handelte, teilweise um transkontinentale Unternehmen mit Hauptsitz in Berlin.153 Andreas Eckert spricht im Anschluss an Martin Lynn von einem »Wendepunkt der Wirtschaftsgeschichte«, bei dem sich im Kampf um die Nutzung moderner Transporttechnologie die Balance zwischen europäischen Händlern und afrikanischen Brokern sukzessive zugunsten der Europäer verschoben habe, je weiter die frontier ins Inland gewandert sei.154 Jedoch bedeutete das Ausgreifen der europäischen Präsenz mit dem Ausbau von Eisenbahnlinien nicht zwangsläufig, dass der einheimische Handel mit Waldprodukten zum Erliegen kam. So berichtete ein deutscher Oberförster noch im Jahr 1910, dass er an der Nordbahn bei der Station Mombo große Quantitäten an wildem Kautschuk gesehen habe, der für indische Händler mit der Bahn zum Hafen von Tanga transportiert werden sollte. Gegen diesen »organisierten Raubbau«, so der Forstbeamte, habe er vergeblich versucht zu kämpfen. Seine Macht reiche dazu nicht aus, doch gingen dem »Nationalvermögen« große Werte verloren, zumal die wilden Kautschuklianen nicht schonend angezapft, sondern der schnellen Gewinnung wegen abgeschlagen würden. Wenn nicht bald eingegriffen werde, seien in nicht ferner Zeit die letzten Bestände an wildem Kautschuk verschwunden, und zwar zugunsten der »habgierigen Inder«.155 Die Diffamierung unliebsamer einheimischer Konkurrenz im Geschäft mit den Waldressourcen gehörte zum »guten« kolonialen Ton. Doch sprach aus den Worten des Forstbeamten eigentlich Frustration, da sich die einheimische Ökonomie bezüglich des Handels mit Waldprodukten schlecht kontrollieren ließ. Dabei zeigen auch nichtamtliche Quellen und mündliche Überlieferungen, dass wilder Kautschuk in den Rubberboom-Jahren zwischen 1900–1910 scheinbar stark ausgebeutet wurde. Deshalb ist davon auszugehen, dass der einheimische Kautschukhandel vor und während der Kolonialzeit nicht nachhaltig erfolgte 153 Vgl. Jürgen Becher, Tabora: Der Einfluß der kolonialen Expansion auf die Entwicklung eines afrikanischen Handelszentrums im 19./20. Jahrhundert, in: Peter Heine, Ulrich van der Heyden (Hrsg.), Studien zur Geschichte des deutschen Kolonialismus in Afrika. Festschrift zum 60. Geburtstag von Peter Sebald. Pfaffenweiler 1995, 132–135. 154 Vgl. Eckert, Konflikte, 459. 155 Vgl. Gieseler, Einrichtung, 317.

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und infolge der Kolonisation mit dem Ausbau der Infrastruktur zusätzlich angeheizt wurde.156 Holz an der Küste Beim Holzhandel sah es ähnlich aus. Dieser Handel spielte sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. zumeist im Raum des Indischen Ozeans ab, sieht man von einigen Edelholzexporten aus dem Hafen von Lindi nach Frankreich ab.157 Vermutlich lag der Frankreichhandel mit tropischem Hartholz in den Händen der »Häuptlinge« der Yao, die als Intermediäre den französischen Händlern das Holz anboten. Doch ist über den Export von luxuriösen Harthölzern aus dem ostafrikanischen Hinterland, die zur Herstellung von Schiffsinterieur verwendet wurden und deren Marktanteil in Nordeuropa seit den 1890er-Jahren im Steigen begriffen war, fast nichts bekannt. Lediglich Studien aus Westafrika zeigen, dass Europäer erst ab den 1920/30er-Jahren vermochten, den Verkauf und die Verschiffung von Harthölzern unter ihre Kontrolle zu bringen.158 Besser erforscht ist der Handel mit Holz aus den Mangrovenwäldern. Die Mangrovenwälder verliefen entlang der Küste des Indischen Ozeans und erstreckten sich im Herrschaftsbereich des Sultans von Sansibar vom südlichen Somalia über Kenia und Tansania bis nach Mosambik. Innerhalb des Mangrovengürtels galten die Wälder des Rufiyi-Deltas, auf Suaheli kapa genannt159, als besonders wertvolle Ressourcen für Bau- und Brennholz. Aus diesen Wäldern ließ sich das bei Arabern beliebte »burti« bzw. »boritis«, ein dünnes Stangenholz unterschiedlicher Baumarten von 8–10 cm Durchmesser und einer Länge von 4–5 m, gewinnen.160 Die ostafrikanischen Küstenmangroven bildeten eine zentrale Ressource für den regionalen Holzhandel. Von dort sowie von den Inseln Sansibar und Pemba wurden Bau- und Brennholz im westlichen Indischen Ozean nach Arabien, aber auch bis nach Indien verschifft. Unter der Ägide des Sultans wurde den lokalen afrikanischen Holzschlägern das Mangrovenholz von arabischen oder indischen Holzhändlern für Geld oder Kleidungsstücke abgekauft und per Dhau (arab. Segelschiff) nach Sansibar, Arabien und Indien verschifft. Der Holzeinschlag konnte nach eigenem Ermessen vorgenommen werden, es existierte keine direkte Aufsicht durch den Sultan. Doch mussten die Händler dem Sultan von Sansibar auf das geschlagene Holz eine Abgabe bezahlen, was den hoheitlichen Charakter seiner Herrschaft an der ostafrikanischen 156 Vgl. Monson, Commerce, 126. 157 Vgl. Jahresbericht 1898/99, 221. 158 Vgl. Raymond E. Dumett, Tropical Forests and West African Enterprise: The Early History of the Ghana Timber Trade, in: African Economic History, 29, 2001, 83–86, 89–95. 159 Vgl. Karl Graß, Forststatistik für die Waldungen des Rufiyideltas angefangen im Jahre 1902, in: BLFW, 2, 1904, 165. 160 Vgl. Schreiben des Forstassessors von Bruchhausen aus Salale an das Kaiserliche Gouvernement vom 17.9.1898; TNA G 8/ 508, o. p.

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Küste unterstrich.161 Auch ließ der Sultan selbst Mangrovenholz schlagen, das er u. a. zum Betrieb seines Elektrizitätswerks und seiner Eisfabrik benötigte, wie die Kolonialschriftstellerin Frieda von Bülow in einer Tagebuchnotiz bemerkte.162 Stangen aus Mangrovenholz zum Häuserbau waren einer der Haupthandelsartikel der Ökonomie des Indischen Ozeans.163 Die Araber tauschten getrockneten Fisch, den sie in ihrem trockenen und salzigen Klima leicht produzieren konnten, gegen Mangrovenstämme, die das feuchte ostafrikanische Klima in großen Mengen hervorbrachte. Der Handel beruhte auf einer ökologisch bedingten Nichtverfügbarkeit von Produkten in beiden Regionen, weshalb sie sich auf ökonomischer und sozialer Ebene stark miteinander verknüpften.164 Der Arabienhandel galt als Rückgrat der vorkolonialen sansibarischen Wirtschaft. Es war der Monsun, der als physikalischer Faktor den Handel mit Segelschiffen im Indischen Ozean bestimmte. Dieser Wind war für den gesamten Lebensrhythmus in Ostafrika – an Land und auf See – der entscheidende Faktor. Nicht nur Aussaat und Ernte bestimmten sich danach, auch die Karawanen aus dem Landesinneren waren zeitlich so geplant, dass sie an der Küste auf Dhaus trafen, die mit dem Monsun ihre Reisen nach Sansibar, Arabien oder Indien antraten. Auch die nordamerikanischen Segler folgten diesem Wind, weshalb davon zu sprechen ist, dass der durch den Monsun vorangetriebene Handel das gesamte ökonomische und kulturelle Leben auf Sansibar und auf dem ostafrikanischen Festland maßgeblich prägte.165 Nicht zuletzt war auch der Handel mit dem Mangrovenholz ein saisonales Geschäft, bei dem die Holzhändler mit ihren Dhaus mit dem Nord-Ost-Monsun im Herbst [März – Mai / Juni] die Küste anliefen und in die Mangroven einfuhren. Dort ließen sie das Holz entweder von ihren eigenen Leuten schlagen oder kauften es einheimischen Holzhändlern ab.166 Es lebten auch spezialisierte Arbeitskräfte an der ostafrikanischen Küste, die das Mangrovenholz fällten, wie die Bajuni aus Lamu, die als Wanderarbeiter im Herbst in die südlichen Mangrovengebiete Tansanias zogen.167 Der Handel mit Mangrovenholz zwischen Ostafrika und Arabien, der mittels Dhaus betrieben wurde, überdauerte sogar die Kolonialzeit in Tansania, ohne dass der koloniale Staat darauf einen nennenswerten Zugriff gehabt hätte. Erik Gilbert spricht davon, dass es die einheimischen Holzhändler verstanden hätten, den kolonialen Staat auf Distanz zu halten: 161 Vgl. Graß, Forststatistik, 165. 162 Vgl. Frieda von Bülow, Reisescizzen und Tagebuchblätter aus Deutsch-Ostafrika. Berlin 1889, 24. 163 Vgl. Gilbert, Dhows, 31.  164 Vgl. James Fenske, Ecology, Trade and States in Pre-colonial Africa, in: Journal of the European Economic Association, 12, 639–640. 165 Vgl. Gilbert, Dhows, 25–26. 166 Vgl. Graß, Forststatistik, 165. 167 Vgl. Gilbert, Dhows, 57.

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The mangrove trade successfully kept modernity at bay, using its own labour supply, capital, technology and transportation, all of which moved easily across colonial borders, to subvert colonial attempts at control and rationalization.168

Zwar ist dieser Handel als marginal zu bezeichnen, jedoch war er weder irrational noch rückständig. Die Kapitäne der Dhaus handelten nicht aus romantischen Gefühlen an eine vergangene Zeit oder aus Konservatismus, sondern weil sich der Handel wirtschaftlich lohnte. Schließlich war das Mangrovenholz eine ­essenzielle Ware, die allerdings von so geringem Stückwert war, dass weder der koloniale Staat letzte Bemühungen unternahm, den Handel zu kontrollieren, noch der Transport von europäischen Dampfern übernommen wurde. Der Handel zwischen Sansibar und Indien, in dem zumeist wertvolle, aber nicht essenzielle Güter eine Rolle spielten, war bereits gegen Ende des 19. Jh. von europäischen Dampferlinien übernommen worden. Doch blieb die vom Monsun getriebene Ökonomie des westlichen Indischen Ozeans trotz der Konkurrenz durch Dampfschiffe als Basisstruktur zwischen Tansania und Arabien erhalten. Eine wirtschaftsgeschichtliche Zäsur im westlichen Indischen Ozean setzte erst nach der Mitte des 20. Jh. ein, als hohe Handelsgewinne durch den Export von Erdöl die Nachfrage nach dem günstigen Mangrovenholz als Baumaterial in Arabien rapide einbrechen ließen.169 Holz im Binnenland Für den vorkolonialen Holzhandel im ostafrikanischen Binnenland kann davon ausgegangen werden, dass es dort ebenfalls Handelsnetzwerke gegeben hat, zumal wirtschaftliche Verbindungen nicht nur zur Küste, sondern auch über das Gebiet der großen Seen hinaus nach Westen bestanden.170 Es ist zu vermuten, dass sich der Holzhandel im ostafrikanischen Binnenland um afro-arabische Handelsniederlassungen an den Karawanenstraßen konzentrierte, wo Bäuerin­ nen z. B. Feuerholz für Karawanen anboten. Sicher wird auch mit Bauhölzern gehandelt worden sein. So hatten afro-arabisch geprägte Handelszentren, wie Tabora in Unyamwesi oder Ujiji am Tanganyika-See, mit Sicherheit einen Markt für Brenn- und Bauholz.171 Henry Morton Stanley schrieb, dass er bei seinem 168 Ebd., 133. 169 Vgl. ebd., 18–19, 57, 132. 170 Bekannt ist für den innerafrikanischen Handel lediglich, dass bereits gegen Ende des 16. Jh. vom Sudan Ebenholz nach Marokko gesandt wurde; vgl. S. Daniel Neumark, TransSaharan Trade in die Middle Ages, in: Z. A. Konczacki, J. M. Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 129. 171 Zur Entwicklung von lokalen Märkten in Ostafrika; vgl. B. W. Hodder, Some Comments on the Origins of Traditional Markets in Africa South of the Sahara, in: Z. A. Kon­ czacki, J. M. Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 257–258.

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Eintritt in die Landschaft Ugogo in der Nähe der Dörfer auf den Bergen Waldungen gesehen habe, die als Nutzholzreserven dienten.172 Doch ob mit diesem Holz auch gehandelt wurde und welchen Einfluss etwaiger Holzhandel auf die Wälder hatte, ist nicht klar. Es konnten keine direkten Quellen darüber gefunden werden. Lediglich aufgrund einer frühen deutschen Forstverordnung lässt sich indirekt feststellen, dass Holzhandel im größeren Stil im Binnenland betrieben wurde. Darin hieß es, dass Holz ab Dezember 1893 nur noch montags und dienstags auf den deutschen Stationen verkauft werden durfte, woraus sich schließen lässt, dass es im Landesinneren einen durchaus bedeutenden Holzhandel gegeben haben muss. Diesen wollte der koloniale Staat unter seine Kontrolle bringen, um darauf Gebühren zu erheben.173 Doch blieb es bei diesem Kontrollversuch, sodass der Handel mit Holz im Landesinneren während der Kolonialzeit ebenfalls im informellen Sektor der einheimischen Ökonomie fortgeführt wurde. Nicht zuletzt deshalb ist zu fragen, ob die direkte Kolonialherrschaft in Ostafrika mit der Einführung von Dampfschiffen und Eisenbahnen wirklich die wirtschaftsgeschichtliche Zäsur darstellt, als die sie von Andreas Eckert angesprochen wird.174

2.2.3 Rückwirkungen auf den Wald Der wirtschaftliche Aufschwung des Sultanats von Sansibar zog nicht nur auf Sansibar und Pemba Entwaldung nach sich, sondern auch auf dem ostafrikanischen Festland. Hier wirkte sich vor allem die Ausweitung der Plantagenwirtschaft an der Küste aufgrund einer steigenden Nachfrage der Industrienationen – vor allem Frankreichs und Deutschlands – nach pflanzlichen Ölen und Fetten aus.175 Somit lassen sich schon vor Beginn der kolonialen Okkupation globale wirtschaftliche Vernetzungen als Ursache für Entwaldungsvorgänge in Ostafrika feststellen, wobei sich die veränderten ökonomischen Chancen nicht nur im unmittelbaren Küstenhinterland zeigten, sondern auch in den küstennahen Mittelgebirgen. Hier wurden landwirtschaftliche Produkte spätestens seit Mitte des 19. Jh. nicht mehr allein für lokale Märkte hergestellt, sondern auch für die Märkte aufstrebender Küstenstädte und für die Märkte auf Sansibar. Das Sultanat übte auf die Bewohner der Uluguru-Berge einen spürbaren wirtschaftlichen Einfluss aus, was u. a. daran deutlich wird, dass die Zeit von 1870 bis 1888 in der 172 Vgl. Henry Morton Stanley, Wie ich Livingston fand. Leipzig 1879 (Nachdruck: Stuttgart 1983), 114. 173 Vgl. Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; Tanzania National Archives (TNA) G 8/ 508, 12.  174 Vgl. Eckert, Konflikte, 459. 175 Vgl. Sheriff, Slaves, 129.

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lokalen Geschichtsschreibung als »wakati wa Said Bargash«, die Periode Sayyid Bargashs, des Sultans von Sansibar, bezeichnet wird.176 Der Aufschwung der sansibarischen Wirtschaft und deren steigende Verflechtung mit dem Welthandel beflügelte die regionale Ökonomie. Neben Kopal gewannen andere Waldprodukte, die sich im Küstenhinterland und in den küstennahen Mittelgebirgen finden oder produzieren ließen, an Bedeutung. So geht aus einem Reisebericht des Missionars Horner aus dem Jahr 1870 hervor, dass in Ost-Uluguru das Wachs eines etwa 30 m hohen Baumes, das dem europäischen Stearin ähnlich gewesen sein soll, als Beleuchtungsmittel gewonnen wurde.177 Der Kolonialbeamte Franz Stuhlmann erwähnte später einen Baum namens »Mkányi«, aus dessen Früchten ein talgartiges Pflanzenfett gewonnen werde, das die Bevölkerung Ulugurus in kleinen Quantitäten den Hindus auf dem Markt von Bagamoyo an der Küste verkaufte. Diesen Wachsbaum hoffte Stuhlmann unter Kultur nehmen zu können, da das Fett einen guten Ausfuhrartikel für die Lederherstellung abgab.178 Neben dem Wachs erwähnte Horner, dass man in den Bergen »[u]m einige Glasperlen ganze Kürbisflaschen voll wildem Honig kaufen [könne].«179 Diesen gewann man, indem Bienenkörbe sehr hoch in die Kronen von Bäumen gehängt wurden – eine Arbeit, die nur von Spezialisten verrichtet werden konnte. Später legte man Feuer unter den Bäumen, um die Bienen zu vertreiben und den Honig zu gewinnen. Die folgende Fotografie aus dem gouvernmentalen Jahresbericht 1907/08 zeigt einen Mseri-Baum mit Bienenkörben. Bei Mseri handelte es sich um eine kolonialwirtschaftlich wertvolle Konifere. Daher erschien es aus forstlicher Perspektive frevelhaft, wenn die afrikanische Bevölkerung diese Bäume zur Honiggewinnung gebrauchte. Es hieß im Jahresbericht, dass die Wälder durch Honiggewinnung vermutlich erst in jüngster Zeit in »kaum darzustellender Weise durch Feuer gelitten [hätten].«180 Neben Honig wurden in Uluguru auch Schafe und Ziegen gezüchtet, die die Bauern auf Märkte nach Bagamoyo und Sansibar führten.181 Die Fleisch- und 176 Vgl. Young, Fosbroke, Smoke, 22. 177 Vgl. Gebhard Schneider, Die Katholische Mission von Zanguebar. Thätigkeit und Reisen des P. Horner, Missionärs aus der Congretation vom hl. Geist und hl. Herzen Mariä, apostolischen Vicepräsidenten von Zanguebar, correspondirenden Ehrenmitglieds der ­Royal Geographical Society in London. Regensburg 1877, 201, 224. Horner war Vize-Präfekt der französischen Kongregation vom Heiligen Geist und dem unbefleckten Herzen Mariä (Schwarze Väter), der ältesten Missionsgesellschaft an der ostafrikanischen Küste, die ihren Sitz seit 1867 in Bagamoyo hatte; vgl. mündl. Mitteilung des Kustos des Museums der Mission in Bagamoyo. 178 Vgl. Schreiben Franz Stuhlmanns an das Gouvernement, Bericht über den Fettbaum in Uluguru vom 31.10.1894; TNA G 8/ 867, 126; Stuhlmann, Uluguruberge, 220. 179 Vgl. Schneider, Mission, 225. 180 Jahresbericht 1907/08, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 153. 181 Vgl. Schneider, Mission, 227.

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Abb. 5: Mseri-Baum mit Bienenkörben. Aus: Jahresbericht 1907/08, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 241.

Lederproduktion betrieb man über lokale Grenzen hinweg, weshalb nicht auszuschließen ist, dass neue Weideflächen im Gebirge benötigt wurden. Neben Ziegen und »Fettschwanzschafen« hielt man in Uluguru auch sehr viele Hühner, wobei die Angaben zur Anzahl der Rinder schwanken.182 Ebenso wurde die Getreideproduktion intensiv betrieben. Der deutsche Kolonist Albert Prüße schrieb, dass man in Uluguru viele Felder des »geschätzten Bergreises« fände, der im Vergleich mit dem im Welthandel üblichen »Sumpfreis« eine »Delikatesse« sei. Der Bergreis werde sogar von Indern gekauft, um ihren Verwandten in der Heimat etwas »besonders Gutes« schicken zu können.183 182 Vgl. Leo von Boxberger, Aus Westuluguru, in: Petermanns geographische Mitteilungen, 57, 1911, 124; Uluguru, in: Schnee, Deutsches-Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 571. 183 Vgl. Albert Prüße, Zwanzig Jahre Ansiedler in Deutsch-Ostafrika. Stuttgart 1929, 126.

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Es wird deutlich, dass in Uluguru hochwertige Nahrungsmittel produziert wurden. Die dortigen Reispflanzungen zogen sich bis hoch hinauf auf die oberen Kuppen der Berge, wo man – laut eines frühen deutschen Expeditionsberichts – den »Urwald« gerodet hatte.184 Es spricht vieles dafür, dass die landwirtschaftliche Produktion in den ostafrikanischen Mittelgebirgen aufgrund neuer ökonomischer Chancen im Verlauf des 19. Jh. ausgeweitet wurde und Uluguru stark in das regionale Wirtschaftsgefüge des Indischen Ozeans integriert war. Ähnliches lässt sich auch für Usambara annehmen. Dort ging man ebenfalls der Honiggewinnung zu kommerziellen Zwecken nach, indem man im leicht bewaldeten Bergland »Bienenzucht« betrieb und den Honig im nordöstlichen Digo-Land gegen Salz eintauschte.185 Der deutsche Amateurethnologe A. Karasek schrieb über die wirtschaftlichen Verhältnisse in Usambara zu Beginn der 1890er-Jahre, dass sich das Leben und die Intensität, mit der das Land zur landwirtschaftlichen Produktion genutzt werde, mit der Einführung der Geldwirtschaft intensiviert habe.186 Der Afrikahistoriker Edward A. Alpers bezeichnete den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aus den Mittelgebirgen als schwunghaftestes Element der ostafrikanischen Wirtschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jh.187 Der regionale Handel und die kapitalistische Weltwirtschaft begannen, Ostafrika lange vor der Kolonialzeit als Schrittmacher von Entwicklung zu durchdringen und zu transformieren. Die Menschen in den Bergen realisierten neue ökonomische Gewinnmöglichkeiten. Bäuerinnen konnten ihre Produkte zur Versorgung der Karawanen an Straßen und in den Hafenstädten anbieten. Damit versorgten sie Knotenpunkte des regionalen Handels und der Weltwirtschaft. Durch die neuen ökonomischen Chancen veränderten sich die ökologischen Kontexte der Waldentwicklung, da Biomasse nicht mehr allein dort konsumiert wurde, wo sie produziert worden war. Die Handlungsketten, in die die 184 Vgl. C. Waldemar Werther, Die mittleren Hochländer des nördlichen Deutsch-Ostafrika. Wissenschaftliche Ergebnisse der Irangi-Expedition 1896–1897 nebst kurzer Reisebeschreibung. Berlin 1898, 10. 185 Vgl. Oscar Baumann, Deutsch-Ostafrika während des Aufstands. Reise der Dr. Hans Meyer’schen Expedition in Usambara, Wien 1890. 168; Karasek, Beiträge, 7, 70. 186 Vgl. ebd. 187 Vgl. Edward A. Alpers, Kingalu Mwana Shaha & Political Leadership in NineteenthCentury Eastern Tanzania, in: James L. Giblin, Gregory Maddox (Hrsg.), In Search of a Nation. Histories of Authority & Dissence in Tanzania. Oxford 2005, 33–34. Die Einschätzung Alpers’ wird nicht von allen Forschern geteilt. Abdul Sheriff bezeichnet den bäuerlichen Handel als marginal im Vergleich zu den Gewinnen, die entlang der Karawanenstraßen mit Sklaven und Elfenbein gemacht wurden. Er führt die geringe wirtschaftliche Entwicklung einiger Landesteilen im heutigen Tansania auf diese Zeit zurück, da die Wirtschaft Sansibars vom Verkauf weniger Massengüter auf dem Weltmarkt abhing, den das Sultanat nicht kontrollieren konnte; vgl. Sheriff, Slaves, 137.

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lokale Wirtschaft eingebunden war, hatten sich verlängert. Die materiellen Beziehungen auf der stofflichen Ebene wurden komplexer, man produzierte nicht mehr allein für den eigenen Bedarf und die lokale Oberschicht. Sesshafte bäuerliche Kulturen erwirtschafteten einen Überschuss an Getreide und Vieh, der an anderen Orten verbraucht wurde. Der Abfluss von Biomasse musste durch Zuflüsse kompensiert werden, weshalb man vermutlich auf bisher nicht kultivierte Gebiete zurückgriff, Waldflächen rodete oder den Anbau auf den bisherigen Flächen intensivierte. Letzteres war beim System des Wanderfeldbaus nur begrenzt möglich. Denn hier musste die Biomasse erst nachwachsen, um abgebrannt zu werden und als neuer Dünger für die Felder zu dienen. Somit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass in Uluguru in der zweiten Hälfte des 19. Jh. bisher nicht landwirtschaftlich genutzte Waldflächen zu Kulturland umgewandelt wurden. Zusätzlich wirkte die selektive Entnahme kommerziell wertvoller Waldprodukte auf die Zusammensetzung der Waldflora ein. Jedoch lassen sich die ökologischen Auswirkungen aus heutiger Perspektive lediglich ansatzweise quantifizieren. So ergeben sich nach neueren Berechnungen für Südwest- und West-Uluguru Entwaldungsraten von bis zu 60 %. Dabei geht man zur Kalkulation vom rezenten Zustand der Waldvegetation aus und errechnet einen den klimatischen Bedingungen entsprechenden Klimaxzustand, wie er sich ohne menschliche Einwirkungen eingestellt hätte. Bei dieser Methode wird allerdings vernachlässigt, dass die rezente Vegetation nur aufgrund menschlicher Einwirkungen entstanden ist, weshalb sie im hypothetischen Klimaxstadium niemals den idealen Zustand einer früheren Vegetation ohne menschliche Nutzung anzeigen kann. Mithin erscheinen die Berechnungen übertrieben hoch.188 Doch wird auch in methodisch kritischen Untersuchungen ein erheblicher menschlicher Einfluss auf den Waldbestand in Uluguru behauptet, weshalb davon auszugehen ist, dass im 19. Jh. – bereits vor Beginn der deutschen Kolonialzeit – aufgrund der wirtschaftlichen Expansion und der Bevölkerungsdynamik in größerem Umfang Wälder gerodet worden sind.189

2.3 Baumpflanzungen Neben dem Einfluss der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung muss bezüglich der Waldentwicklung im vorkolonialen Tansania auch die Frage gestellt werden, inwiefern Wälder geschützt und Bäume gepflanzt wurden. 188 Finch et al. übernehmen unkritisch die Berechnung der Entwaldung auf Grundlage des bioklimatischen Potentials; vgl. Finch, Leng, Marchant, Vegetation, 113. Zur Kritik des Ansatzes von Finch et al.; vgl. Fairhead, Leach, History, 1032; James C. McCann, Green Land, Brown Land, Black Land. An Environmental History of Africa, 1800–1990. Portsmouth 1999, 81–85, 103. 189 Vgl. Temple, Soil, 111.

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Diesbezüglich war bereits auf einige Reglementierungen bei der Verwendung von Bäumen zur Holzkohleherstellung hingewiesen worden. Ferner ist bekannt, dass Bäume und Wälder aus religiösen Zwecken von Herrschern angepflanzt wurden, um rituelle Autorität über die Bevölkerung beanspruchen zu können.190 Doch findet man in kolonialzeitlichen Quellen selten Berichte über afrikanische Baumkulturen. Zwar gestand man afrikanischen Bauernkulturen die Fähigkeit zu, Fruchtbäume, wie Bananen-, Mango- und Zitrusbäume, zu kultivieren191, doch eine planmäßige Anlage von Forstkulturen traute man den bantusprechenden Bevölkerungsgruppen kaum zu. Bei dem damals führenden deutschen Ostafrikaexperten, Franz Stuhlmann, hieß es, dass sich der größere Teil der ostafrikanische Bevölkerung gegenüber der Einführung neuer Pflanzen immer sehr »refraktär« verhalten habe, weil sich die »Baumkultur« aufgrund ihrer langfristigen Erträge nicht mit Wanderfeldbau als dominanter Landnutzungsform in Einklang bringen lasse.192 Doch handelte es sich bei dieser Behauptung, wie bei vielen Erkenntnissen Stuhlmanns, um ein Vorurteil. So berichtete der Missionar Alexander Merensky entgegen Stuhlmanns Annahme, dass die Konde im südwestlichen Tansania ein »Volk« seien, das Bäume »pflanzt und pflegt«. Dies hielt Merensky für außergewöhnlich, wobei er die Baumkultur bei den Konde darauf zurückführte, dass diese ihre »gut gebauten Ortschaften« kaum verlegen, weshalb sich bald ein Mangel an Nutzholz einstelle, den sie durch Anpflanzen von Bäumen »aus[zu]gleichen« pflegen.193 Merensky erklärte die Baumkultur der Konde ursächlich als durch eine »Holznot« verursacht, was diese Bevölkerungsgruppe zu einer nachhaltigen Waldressourcennutzung veranlasst habe. Letzteres erschien dem Missionar jedoch lediglich bei einer sesshaften Bevölkerung möglich.194 Merenskys Wahrnehmung der afrikanischen Baumpflanzungen war sensibler als bei anderen Kolonisten. Ob sich dies auf seine Abstammung aus der Familie eines königlich preußischen Oberförsters zurückführen lässt, sei dahingestellt.195 Die Konde erschienen in dieser Perspektive zumindest als »höher« entwickelt. Somit sprach aus den Worten des Missionars eine gewisse Hochachtung für die Baumkulturen der Konde, die er mit deutschen Land-

190 Vgl. J. Michael Sheridan, The Dynamics of African Sacred Groves. Ecological, Social & Symbolic Processes, in: Celia Nyamweru, ders. (Hrsg.), African Sacred Groves. Ecological Dynamics & Social Change. Oxford 2008, 22.  191 Vgl. Schneider, Mission, 225. 192 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 832. 193 Vgl. Alexander Merensky, Deutsche Arbeit am Njaßa, Deutsch-Ostafrika. Berlin 1894, 149. 194 Vgl. ebd. 195 Vgl. Ulrich van der Heyden, Der Missionar Alexander Merensky als Wissenschaftler, in: Rebekka Habermas, Alexandra Przyrembel (Hrsg.), Von Käfern, Märkten und Menschen. Kolonialismus und Wissen in der Moderne. Göttingen 2013, 51.

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nutzungspraktiken auf eine Stufe stellte.196 Merensky schrieb, dass die Konde sieben Arten von Bäumen anpflanzten, um Bauholz und Pfähle zum Anbinden der Rinder zu gewinnen, ferner fünf Arten, die wegen der Früchte gezüchtet würden sowie weitere zwei Fikusarten, um rote und weiße Rinde für die Bekleidung der Frauen herzustellen. Darüber hinaus, glaubte Merensky, schätzten sie die »Schönheit der Bäume«, denn einige Arten würden nur zur Zierde und als Schattenspender angepflanzt. Ferner dienten die Bäume den Konde als Wegmarken. Sie äußerten gegenüber dem Missionar, dass man die Dörfer bestimmter »Häuptlinge« an ihren Baumpflanzungen erkennen könne.197 Als »Schmuck der Dörfer« war der »Muare-Baum« beliebt, der auch zum Kanubau verwendet wurde. Merensky bezeichnete diesen Baum als die »Linde der Konde«, die er für »majestätischer als seine nordische Schwester« hielt.198 Welcher Baum sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, konnte nicht geklärt werden. Vermutlich handelte es sich bei der von Merensky erwähnten Baumart um Mvule, zumal Stanley berichtete, dass man den »edlen Mvule-Baum« in der Landschaft Ugoma zum Bau von Kanus verwende.199 Nicht nur die Konde nutzen Bäume zur Grenzmarkierung von Territorien. Auch andernorts in Ostafrika griff man darauf zurück, wobei man gern Arten pflanzte, die als ästhetisch galten und sich durch Wurzelbrut vermehren ließen.200 Doch erwähnte Stuhlmann in seiner Kulturgeschichte Ostafrikas die einheimischen Baumkulturen mit keinem Wort, obwohl er Merenskys Bericht kannte. Der Unterschied zwischen Stuhlmanns und Merenskys Darstellung mag darin begründet sein, dass Merensky als Missionar die afrikanische Bevölkerung als entwicklungsfähig darstellen wollte, um plausibel begründen zu können, warum eine Bekehrung zum Christentum möglich sei. Der Kolonialbeamte Stuhlmann verfolgte ein anderes Ziel. Ihm ging es darum, ein koloniales Wirtschaftssystem zu etablieren, das die einheimische Ökonomie ersetzen sollte. Deshalb erschien es ihm opportun, die afrikanische Wirtschaft als besonders rückständig erscheinen zu lassen. So hieß es bei Stuhlmann lediglich, dass die Konde im Bezirk Langenburg eine technisch verwendbare Bambussorte als Hüttenbaumaterial kultivierten. Waldbauliche Leistungen traute Stuhlmann 196 Vgl. Merensky, Arbeit, 148. Die partielle Gleichsetzung der Konde-Kultur mit der europäischen Kultur muss als unterschwellige Anspielung darauf verstanden werden, dass Merensky die Konde als christianisierungsfähig darstellen wollte, um seine missionarische Arbeit zu rechtfertigen. 197 Vgl. ebd., 149. 198 Vgl. ebd. 199 Vgl. Stanley, Livingston, 243. 200 Vgl. Maurice Amutabi, The Role of Indigenous Knowledge in Environmental Conservation in Africa. The Case of the Abaluyia of Western Kenya, in: Toyin Falola, Emily Brownell (Hrsg.), Landscape, Environment and Technology in colonial and postcolonial Africa. New York 2012, 234–235.

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Abb. 6: Anfertigung von Bekleidungsstoffen aus Baumrinde. Aus: Gebhard, Steppe, 21.

letztendlich nur einem »bananenbauenden Volk« zu, zu dem er die Konde nicht zählte.201 Hingegen schrieb der spätere Leiter der Forstverwaltung von DeutschOstafrika, Dr. Wilhelm Holtz, dass in ganz Uganda und in einigen Gebieten am Viktoria-See zur Rindenstoffherstellung eine bestimmte Baumart, wohl eine Fikusart, kultiviert werde.202 Ob es sich um die gleiche Art handelte, die Konde anbauten, kann nicht gesagt werden. Doch ist belegt, dass Rindenkleidung im 19. Jh. nicht nur in Gebieten um die großen Seen weit verbreitet war.203 Rindenstoff war ein eher luxuriöses Gut, das über größere Strecken gehandelt wurde, wobei Uganda als Hauptexportgebiet galt.204 Somit wird deutlich, dass die Kultivierung von Waldbäumen in Ostafrika kein lokal begrenztes Phänomen 201 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 656. 202 Vgl. Wilhelm Holtz, Der Minsirowald in Deutsch-Buddu, seine Beschaffenheit, sein Wert und seine wirtschaftliche Bedeutung, in: BLFW, 3, 1911, 231. 203 Vgl. Georg Schweinfurth, Im Herzen von Afrika: Reisen und Entdeckungen im centralen Aequatorial-Afrika während der Jahre 1868 bis 1871, Bd. 2. Leipzig 1874, 93, 109. 204 Vgl. John Tosh, Trade Centres in the Northern Interlacustrine Region, in: Z. A. Kon­ czacki, J. M. Konczacki (Hrsg.), An Economic History of Tropical Africa, Bd. 1. London 1977, 267.

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war. Dies belegen ebenfalls neuere Forschungen, laut derer es auf der Insel Ukara im Viktoria-See eine Baumschule gab.205 In West-Afrika waren sogar regelrechte Forstverwaltungsstrukturen aufgebaut worden. Im Reich Gao existierte bereits im 16. Jh. das Hofamt des Sao farima, der als Inspektor und Verwalter von Wäldern über den Holzeinschlag und das Eintreiben des Jagdzehnts zu wachen hatte.206

2.4 Landvergabesysteme Die Schilderungen vieler Kolonisten, dass afrikanische Bevölkerungsgruppen nicht willens oder fähig waren, forstwirtschaftlich nutzbare Kulturen anzulegen, war interessengeleitet. Dass solche Eindrücke entstanden, mag neben der kolonialen Optik dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass es einige Bevölkerungsgruppen während der Kolonialzeit vermieden, ihre heiligen Bäume zu pflanzen. Sie wollten kein Aufsehen erregen und nicht in Konflikt mit den Landansprüchen übergeordneter Klane geraten, was unwillkürlich die kolonialen Behörden auf den Plan gerufen hätte.207 Denn die Eigenheiten afrikanischer Landvergabesysteme hatten tatsächlich zur Folge, dass die Anlage langfristiger Kulturen vielerorts negativ sanktioniert wurde. So stand in Uluguru das lokale Landvergabesystem der Anlage von Waldkulturen entgegen. Dieses setzte dem Anbau von mehrjährigen Früchten, worunter auch Waldbäume fielen, enge Grenzen. Denn das Land befand sich im kollektiven Besitz von Klanen, und zwar örtlich desjenigen Klans, der als erster ein bestimmtes Gebiet  – meistens ein Tal – gerodet und kultiviert hatte. Weder das Klanoberhaupt noch irgendjemand anderes hatte ein individuelles Besitzrecht. Das Land befand sich im Besitz der dominanten Mutterlinie, die lediglich Nutzungsrechte vergab und diese jederzeit zurückfordern konnte.208 In ihrem Namen verwaltete der »Häuptling« als Klanoberhaupt das Land. Dieser wurde in Uluguru durch die Ältesten gewählt, wobei die Frauen bei der Aufstellung der Kandidaten ein Vetorecht hatten oder sogar den gesamten Wahlkörper stellten.209 Symbolisiert wurde das Landvergaberecht des »Häuptlings« durch die zeremonielle Axt oder Hacke, die aus dem harten 205 Vgl. Koponen, People, 235. 206 Vgl. Joseph Ki-Zerbo, Die Geschichte Schwarz-Afrikas. Wuppertal 21981, 150. 207 Vgl. Sheridan, Dynamics, 22–23. 208 Vgl. Peter Pels, Creolisation in Secret. The Birth of Nationalism in Late Colonial Uluguru, Tanzania, in: African Affairs, 72, 2002, 6–7; Ekkehard Kleine, Die Eigentums- und Agrarverfassung im vorkolonialen Tanganyika. Ein Beitrag zur Herausbildung der gesellschaftlichen Klassen. München 1972, 36, 46–47; Young, Fosbroke, Smoke, 64. 209 Vgl. ebd., 15; Pels, Creolisation, 6–7;, 53; Peter Pels, The Pidginization of Luguru Politics: Administrative Ethnography and Paradoxes of Indirect Rule, in: American Ethnologist, 23, 1996, 746.

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Abb. 7: Rituelle Axt aus Nguru. Aus: Jahn, Tanzania, 144.

mpingo [Grenadilleholz] hergestellt war. Mit der Axt wurde in jedem Jahr die Kultursaison eröffnet210, weshalb das Amt des »Häuptlings« auch als »Bewahrer der Axt« bezeichnet wurde.211 Die Fotografie auf der folgenden Seite zeigt Kingalu XIII . als führendes Linienoberhaupt des Bena-Klans im östlichen Uluguru gemeinsam mit seinem Neffen und einigen typischen Herrschaftsinsignien, wie dem Stuhl (mkunga), der Axt (mambaza), einem Hut (fia) mit Hutband (kilemba), einem Armring (mhande) sowie einem Stab (tenge) und Trommeln. Diese Insignien nannte man mancherorts mlunga, was ihre heilige Bedeutung unterstrich.212 Bezüglich des 210 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 662. 211 Vgl. Sunseri, Ax, 2. 212 Vgl. T. O. Beidelmann, The Matrilineal Peoples of Eastern Tanzania (Zamaro, Luguru, Kaguru, Ngule etc.). London 1967, 29. Eine Herrscherliste der Kingalus findet sich bei Young und Fosbroke; vgl. Young, Fosbroke, Smoke, 48.

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Abb. 8: Kingalu XIII. mit Neffe und Herrschaftsinsignien.213 Aus: Young, Fosbroke, Smoke, 68.

Landvergabesystems der Lugurus ist bedeutsam zu wissen, dass das Land nach dem Tod eines Nutzungsberechtigten an die Klan-Linie zurückfiel und neu vergeben werden konnte. Dieses System brachte es zwar mit sich, dass die Felder der einzelnen Haushalte teilweise weit auseinanderlagen, wenn die Partner in weit entfernte Dörfer einheirateten. Doch gewährte es durch den kollektiven Besitz bei Vererbung und Neuverteilung eine gewisse Flexibilität, die ein System von individuellen Landbesitzrechten nicht besessen hätte. Ein Problem ergab sich nur, wenn jemand mehrjährige Feldfrüchte anpflanzen wollte. Da die Ernte 213 Thaddeus Sunseri verwendet diese Fotografie, ohne deutlich zu machen, dass es sich um Kingalu, ein sehr mächtiges Linienoberhaupt im nordöstlichen Tansania, handelt; vgl. Sunseri, Ax, 3.

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im Gegensatz zum Land als individueller Besitz betrachtet wurde, fiel das entsprechende Land für längere Zeit aus dem Rotationssystem heraus. Wenn der Besitzer starb, konnte es nicht neu vergeben werden, weil seine Erben einen Anspruch auf die bereits gepflanzten Feldfrüchte hatten. Deshalb musste jeder, der Bäume pflanzen wollte, zunächst beim »Häuptling« um Erlaubnis bitten. Das Pflanzen von Bäumen wurde als ein symbolischer Akt der Inbesitznahme von Land verstanden und stellte eine Ausnahmepraxis dar. Auch galt das Bepflanzen von steilen Hängen mit Bäumen als problematisch, da schlechte Landstücke seitens der Linienoberhäupter oftmals zahlungsunwilligen Pächtern zugesprochen wurden. Lediglich der Anbau von Fruchtbäumen war üblich, da diese weit auseinandergesetzt wurden, um unter ihnen Feldbau betreiben zu können.214 Afrikanische Landrechte müssen als Ausdruck der Identität und des kulturellen Erbes verstanden werden.215 In Usambara herrschte ein ähnliches Landverteilungssystem wie in Uluguru, nur dass die Gesellschaft der Shambaa eine zentrale Herrschaftsinstanz, einen König, hatte. Doch war das Land auch hier grundsätzlich kein Individualbesitz. Der dörfliche Raum wurde kollektiv gestaltet und durch den mwambashi, einen von den Ältesten bestimmten Vertreter, verwaltet. Dieser hatte in Usambara die Landangelegenheiten dem Dorfvorsteher zu unterbreiten, der gleichzeitig die Funktion einer Schlichtungsinstanz innerhalb der dörflichen Gemeinschaft einnahm. Doch war der Dorfälteste in Usambara nicht wie in Uluguru frei gewählt, sondern vom König eingesetzt. So konnte er unter gewissen Bedingungen den Klanen das Land sogar entziehen, wenn z. B. ein Hexereiurteil ergangen war. Diese Macht nutzten Dorfälteste teilweise, um sich unrechtmäßig zu bereichern. Doch konnten sie von ihren Vorrechten nur zurückhaltend Gebrauch machen, da ihr Handlungsspielraum auch in Usambara begrenzt war. Denn der Klan, chengo, hatte ihnen ursprünglich nur die Nutzungs-, nicht die Besitzrechte am Land eingeräumt. Somit war Land nicht mit der Person, sondern mit dem Amt des Dorfvorstehers verbunden. Selbst seine Söhne mussten Klanland pachten, wenn sie in der Nähe siedeln wollten. Doch war das Land des Dorfvorstehers normalerweise größer als das übrige Klanland.216

214 Vgl. ebd., 64, 68–69, 77. 215 Vgl. Jérémie Gilbert, Peoples’ Land Rights under International Law. From Victims to Actors. Ardley 2006, XIV–X. 216 Vgl. Mersmann, Umweltwissen, 54, 101.

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2.5 »Wildnis« als spiritueller Raum Die afrikanische Bevölkerung bezeichnete Vegetationsformen als Wald, die dieses Prädikat in kolonialer Perspektive nicht unbedingt verdienten, da die Baumbestände nicht geschlossen waren (vgl. S. 46 f.). Auch zeigten sich Unterschiede in der konzeptuellen Wahrnehmung dessen, was in europäischen Sprachen gemeinhin unter »Natur« verstanden wurde. Denn in den meisten afrikanischen Sprachen gab es kein allgemeines Wort für Natur. Dem europäischen Begriff ›Natur‹ entsprechen vielmehr die afrikanischen Kategorien der »unbewohnten Welt« oder der »Wildnis« als Gegenbegriffe zum »Dorf«. Doch wurden diese Begriffe nicht dichotom aufgefasst, wie das europäische Begriffspaar von »Natur« und »Kultur«. Die Begriffe von »Wildnis« und »Dorf« waren in Afrika mit anderen Inhalten und Emotionen verbunden.217 Obwohl das »Dorf« im Vergleich zur »Wildnis« oder zum »Wald« immer als der Ort des Sozialen und des Domestizierten galt, handelt es sich nicht um Konzepte gegenseitiger Ausschließung.218 Somit bedeutete Wald für viele afrikanische Gesellschaften einen Ort voller Ambivalenzen, Ambiguitäten und Widersprüche.219 Laut Albert Wirz konzeptualisierten die Afrikaner Wälder nicht frei von Kultur. Es habe sich nicht um »Urwald« im europäischen Sinn gehandelt, da die dort lebenden Ahnen und Naturgeister ebenso zur Gesellschaft zählten wie die Lebenden.220 »Wildnis« sei vielmehr als der Endpunkt unterschiedlich genutzter »Zwischenräume« verstanden worden, die in den einzelnen afrikanischen Gesellschaften ganz verschieden bezeichnet wurden. Die Ethnie der Fang in Gabun unterschied beispielsweise zwischen Dorf, Garten, Feld und Wald. Dabei unterteilten die Fang den Wald noch einmal in die Kategorien von Busch, lichtem Wald, dichtem Wald und Wildnis, je weiter man sich vom Dorf entfernt. Auch bei den Shambaa in Usambara wurden Kultur und Wildnis nicht als sich ausschließende Konzepte gedacht, sondern als sich wechselseitig konstituierende Bereiche. Das Wort für den Lebensbereich der Menschen war kaya, was so viel wie »daheim« bedeutete und sowohl Hof als auch Garten einschloss. »Wildnis« hieß tunduwi und schloss den Wald (mzituwi) ein, wobei angenommen wird, dass die Begriffe tunduwi und mzituwi im ursprünglichen Sprachgebrauch der Shambaa gleichgesetzt wurden. Später bezeichneten sie als tunduwi allerdings nur noch die Gebiete unterhalb der Kulturzone von 600 m und als mzituwi die höher gelegenen Bergwälder. 217 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 16–17. 218 Vgl. ebd., 18. Luig und von Oppen interpretieren das Verhältnis von Natur und Kultur interaktionistisch, wie dies auch von Knoll und Winiwarter getan wird; vgl. Winiwarter, Knoll, Umweltgeschichte, 128. 219 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 6–7. 220 Vgl. Albert Wirz, Die Erfindung des Urwalds oder ein weiterer Versuch im Fährtenlesen, in: Periplus. Jahrbuch für außereuropäische Geschichte, 4, 1994, 35.

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Eine diesbezügliche Ausnahme bildete für die Shambaa nur der im Nordwesten West-Usambaras gelegenen Shumewald. Diesen bezeichneten sie gleichzeitig als Wildnis und als Wald, zumal dieses Gebiet nicht von ihnen, sondern von den Bugu bewohnt wurde.221

2.5.1 Heilige Wälder und Bäume In der »Wildnis« lagen heilige Orte. Die Konzeptualisierung des Raums erfolgte in afrikanischer Perspektive völlig anderes als in der Wahrnehmung der deutschen Kolonisten. Bestimmte Berge, Felsen, Bäume, Wälder und Flüsse galten als Markierungen in der Landschaft, die den Menschen sowohl eine geografische Orientierungshilfe boten als auch Erkennungszeichen einer moralischen Topografie waren. Letztere fand sich in natürlich geformte oder von Menschen konstruierte Schreine eingeschrieben, die die »Wildnis« in Orte der Erinnerung transformierten und durch bestimmte Namensgebung die Undifferenziertheit des Raumes aufhoben. Es handelte sich um machtvolle Zentren, in denen die Kräfte der »Wildnis« wohnten. Daher begegneten die Menschen den Schreinen mit Ehrfurcht oder Angst, aber auch mit Freude, da sie eine mythische Verbindung zur Vergangenheit darstellten.222 Hier wurden ein Gott, die Ahnen oder bestimmte Geister verehrt.223 Die heiligen Orte dienten zur Erinnerung der gemeinsamen Geschichte, mittels derer Gruppen ihre Identität behaupteten.224 A. Karasek schrieb über Usambara, dass dieses Gebiet reich an historischen Erinnerungen sei. Jedes Fleckchen Erde, jedes Tal, jeder Hügel, Bergrücken, jeder Bach, jeder Fels, jeder große Baum habe einen bestimmten Eigennamen, an den sich geschichtliche Begebenheiten, Sagen und mythologische Vorstellungen knüpften. Die Ältesten memorierten Geschichte anhand dieser Orte, woran die jüngere Generation laut Karasek wenig Interesse zeige.225 Macht und Herrschaft Nicht alle Schreine besaßen die gleiche Macht. Die bäuerlichen Gesellschaften untergliederten die moralische Topografie nach machtvollen und weniger machtvollen Orten. Es gab sowohl lokale Ahnenschreine, die nach wenigen Generationen wieder verfielen, als auch überregionale spirituelle Zentren, die über Jahrhunderte Bestand hatten und von Menschen unterschiedlicher ethni­ 221 Die Verschiebung in den Bezeichnungen tunduwi und mzituvi mag darauf hindeuten, dass die in Kultur genommenen unteren Zonen Usambaras früher bewaldet waren; vgl. Feiermann, Kingdom, 47. 222 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 7.  223 Vgl. Thomas Molony, Nyerere. The Early Years. Suffolk 2016, 16–17. 224 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 7.  225 Vgl. Karasek, Beiträge, 1, 208.

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scher oder religiöser Herkunft besucht wurden. Die tansanische Landschaft ließ sich als eine »mental map of support« begreifen. Der Raum strukturierte sich hierarchisch entlang spirituell begründeter Machtverhältnisse.226 Laut John Iliffe pflegten in Tansania insbesondere die stärker territorial organisierten Bevölkerungsgruppen Naturgeistkulte.227 Für die Machtverhältnisse innerhalb bäuerlicher Ethnien war entscheidend, wer die Herrschaft über die Schreine hatte. Das Wissen um die Vermittlung zwischen der menschlichen Welt und der in der »Wildnis« lebenden Geister der Ahnen war entscheidend für die Herausbildung von Herrschaft. Denn im afrikanischen Glauben waren nur die Geister der Ahnen in der Lage, beim höchsten Wesen um Regen und Fruchtbarkeit für das Land zu bitten. Da keine direkte Verbindung zwischen den Menschen und dem höchsten Wesen bestand, musste durch Ahnen, die der Priester ansprach, eine Verbindung geschaffen werden. Laut Ekkehart Kleine verlangte in den bäuerlichen Gesellschaften eine als übermächtig wahrgenommene Natur in Form der Ahnen Gehorsam von den Menschen. Deshalb verehrte und fürchtete man die Ahnen als Herrscher über Regen, Ernte, Fruchtbarkeit und Gesundheit.228 Es ging darum, zwischen der Dorfschaft und den in der Natur lebenden Geistern durch Kontakt zu den Ahnen zu vermitteln, um vorteilhafte Bedingungen für Aussaat und Ernte zu erlangen. Rituelle Handlungen zur Verteilung von Land oder zur Erhaltung von Fruchtbarkeit dienten immer auch dem Erhalt des sozialen Friedens und dem Wohlergehen der Dorfgemeinschaft als ganzer.229 Das Wissen um die Anrufung der Ahnen galt als ein Geschenk der Natur.230 Es lag normalerweise bei den Alten einer Linie, die dafür respektiert und gefürchtet wurden. Doch konnten auch »Regenmacher«, die von außen kamen, gesellschaftliche Macht akkumulieren. Wenn sie erfolgreiche »Regenmagie« betrieben, konnten sie, wie die pazi in Usaramo, eine beherrschende gesellschaftliche Stellung erlangen. Es bildeten sich auf diese Weise ansatzweise stratifizierte Gesellschaften mit einer Scheidung zwischen materieller und geistiger Arbeit heraus.231 Die »Regenmacher« waren mächtige Priester und konnten sogar zu Königen werden, wie die Kingalus in Ost-Uluguru oder die Kilindi in Usambara. Ihre Herrschaft war unzertrennbar mit den Naturgeistkulten verknüpft, sie legitimierte sich über erfolgreiche »Regenmagie«. Die »Regenmedizin« und andere geheime »Zaubermedizinen« wurden in kleinen Wäldchen aufbewahrt. Die entsprechenden Wäldchen fanden sich mitten in kultivierten Gebieten. Sie wurden in Usambara, wie die Bergwälder, als mzituwi bezeichnet, doch existierte noch der spezielle Begriff ghaso (Wäldchen der Ahnen). Diese Wäldchen 226 Vgl. Luig, Oppen, Landscape, 22. 227 Vgl. Iliffe, History, 29. 228 Vgl. Kleine, Eigentums- und Agrarverfassung, 53. 229 Vgl. Oppen, Matuta, 55. 230 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 10. 231 Vgl. Kleine, Eigentums- und Agrarverfassung, 48.

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hatten einen Eingang (nkii) und einen überwucherten Innenraum, in dessen Mitte kleine Hütten standen, die zu magischen Praktiken benutzt wurden. Es herrschte die Baumart Ficus natalensis vor, sodass die 15.000–30.000 m2 großen heiligen Wäldchen weithin sichtbar waren und ganz wesentlich das Bild der Kulturlandschaft prägten.232 Im Verständnis der Shambaa bildeten sie einen Raum zwischen »Wildnis« und »Dorf«, wo Dinge lagerten, die man nicht in der Hütte aufbewahren durfte. In die ghaso wurden auch »gefährliche« Leichen gebracht.233 Die Wäldchen trugen alle Eigennamen und waren bestimmten Klanen zugeordnet. Ferner gab es in jedem Dorf einen Wald für Initiationsriten (mpungo oder mpungi). Neben den heiligen Wäldchen existierten noch individuelle Grabstätten einzelner Klanmitglieder, die nicht bebaut werden durften, weshalb sich dort ebenfalls Baumbewuchs einstellte.234 Teilweise gab es auch dorfeigene Medizinalwälder, wobei sich profane und heilige Bedeutungen überlagern konnten.235 So galten manche Wäldchen als Wohnort eines Geistes, der eine gesamte Dorfschaft bzw. ein gesamtes »Häuptlingstum« repräsentierte.236 Bspw. stellte der Shume-Wald in West-Usambara für einen Teil der Bugu, die Nango, einen heiligen Ort dar, wo sie sich in periodischen Abständen versammelten. Der erste deutschen Kommandant von Masinde, Leutnant Storch, schrieb im Jahr 1895, dass sich die Bugu in eine Reihe »größerer Familien« einteilen – heute würde man von Klanen sprechen –, die er als »Unterstämme« namens Wakansu, Wagonja, Wangarito, Waombeji, Warombweni und Wagwangana beschrieb. Die vier erstgenannten Gruppen »wallfahrten […] nach einer Stelle in der Wildnis von Schumme (West-Usambara).« Die letztgenannten Klane »pilgerten« an eine ebensolche Stelle am Westabhang der benachbarten Pare-Berge bei Suji, von wo sie ursprünglich ausgewandert seien. Der Aufenthalt an diesen Plätzen, wo sich große, durch überhängende Felsen gebildete Höhlen befänden, dauere bloß eine Nacht. Die Bugus bestrichen sich dort mit weißer Erde und riefen ihren Gott um Heil an. In Suji befände sich ein großer Baobab [Affenbrotbaum], unter dem man Vieh opfere, dessen Mageninhalt an den Baum geklebt werde.237 Über die weitere mythologische Bedeutung des Affenbrotbaums, dessen Bezeichnung auf Suaheli mbuyu lautet, berichtete Robert Unterwelz. Laut einer Sage der Pimbwe seien die ersten Menschen aus einem Baobab gekommen. Auf dem Baum habe der Vogel Akaluzu, der heute nicht mehr lebe, gesessen 232 Vgl. Mersmann, Umweltwissen, 63–68. 233 Vgl. Feierman Kingdom, 47. 234 Vgl. Mersmann, Umweltwissen, 68. 235 Vgl. Jussi Ylhäisi, Traditionally Protected Forests and Sacred Forests of Zigua and Gweno Ethnic Groups in Tanzania. Helsinki 2006, 5–7. 236 Vgl. Molony, Nyerere, 17–18. 237 Vgl. Storch, Sitten, Gebräuche und Rechtspflege bei den Bewohnern Usambaras und Pares, in: Mittheilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen Schutzgebieten, 8, 1895, 324.

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und zugesehen, wie zuerst alle Tiere der Steppe und des Waldes aus dem Baum gekommen seien. Dann, nachdem der Vogel am Fuße des Baumes getrunken hatte, seien ein Mann und eine Frau erschienen.238 Deutlich wird, dass die Baobabs die afrikanische Bevölkerung so faszinierten, dass sie sie zu heiligen Bäumen stilisierten und mit Schöpfungsmythen in Verbindung brachten. Zwar ist die Wiedergabe solcher Mythen durch die kolonialen Quellen gebrochen, doch können sie helfen, der Symbolik bestimmter Baumarten auf die Spur zu kommen. Schließlich wird anhand der kolonialen Quellen deutlich, dass Wälder und Bäume nicht nur für die afrikanischen Bauernkulturen, sondern auch für die viehhaltenden Gesellschaften einen spirituellen Wert darstellten, der über die praktischen, alltäglichen Belange hinausging.

2.5.2 Geister Den Mächten der »Wildnis« wurden anthropomorphe Eigenschaften zuge­ schrieben. Sie waren nicht nur durch menschliche Leidenschaften, Schwächen und Bedürfnisse gekennzeichnet, sondern unterlagen auch menschlichen Moralvorstellungen. Doch verhielten sich die Geister mit Vorliebe konträr zu menschlichen Normen. Sie hatten eine Vorliebe für die Nacht, sie verachteten Lärm, hatten lange Haare, rückwärtsgewandte Füße und waren einarmig oder einbeinig.239 Im deutschen Kolonial-Lexikon schrieb Georg Christian Thilenius, dass die Ahnen- und Waldgeister in den afrikanischen Vorstellungen miteinander verschmölzen: Die Seelen der Verstorbenen, so Thilenius, gingen in den Wald, aber hier hause nicht eine Anzahl von Seelen, sondern ein Waldgeist, der als Sammelform der Seelen aufzufassen sei. Der Geist, der im Wald seinen Sitz habe, sei auch in jedem Ast oder Blatt vorhanden. Dabei sei die Vorstellung von dem Geiste zunächst eine materielle und der von der Seele nachgebildet. Einzelne Geister könnten aber auch zusammenfließen. Statt der Einzelgeister mit beschränktem Wirkungskreis habe man es dann mit einem Kollektivgeist zu tun, der mit einer gewaltigen Macht assoziiert und sehr gefürchtet werde. Dieser erscheine schlechthin als »Kraft«.240 In der kolonialen Wahrnehmung afrikanischer Religiosität verdichteten sich die Seelen der Verstorbenen zu einem Geist, der an einem bestimmten Ort wohnte. Man ging seinerzeit davon aus, dass die afrikanische Bevölkerung ihre Umwelt als belebt wahrnahm, wobei man versuchte, Parallelen zur europäischen Sagenwelt zu ziehen, um die Phänomene zu erklären. Ferner nahmen 238 Vgl. Robert Unterwelz, In Tropensonne und Urwaldnacht. Wanderungen und Erlebnisse in Deutsch-Ostafrika. Stuttgart 1923, 92. 239 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 6–7. 240 Vgl. Religionen der Eingeborenen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 159–160.

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zeitgenössische Völkerkundler an, dass die Geister einen prägenden Einfluss auf afrikanische Kulturen hatten, denn laut Thilenius war die Kultur im weiteren Sinne nicht allein von der »Körperbeschaffenheit und Begabung des Volkes« abhängig, sondern auch von einer Reihe bedingender Einflüsse, die »außerhalb des Volkes« lagen und als Umwelt zusammengefasst werden müssten. Hierzu müsse man auch die Geister zählen.241 In ähnlicher Weise berichtete A. Karasek, dass die Shambaa einzelne Bäume als Sitze von Geistern fürchten und verehren. Insbesondere in den Kronen von Mvulebäumen oder auf den Baobabs lebten die gewöhnlichen Geister, die pepos. Diese finde man auch in fernen Einöden, in Wildnissen, auf Felsen, Höhlen oder an Gewässern, überhaupt an schwer zugänglichen Stellen.242 Die pepos trieben vor allem nachts ihr Unwesen. Wer sich ihnen nähere, werde vampirartig ausgesaugt, krank oder verfalle dem Wahnsinn.243 Als besonders gefährlich galt der Geist mzuka, der in einzelnen großen Felsblöcken und in den Kronen von Mvule-Bäumen wohne. Karasek betonte, dass die Shambaa annahmen, dass man durch diesen Geist Fieber bekomme und bis zum Tod erkranken könne. Nachts schreie der Geist wie ein kleines Kind und nähere sich den Dorfbewohnern. War ein Mensch von einem bösen Geist besessen, musste der mganga (Zauberer) den Geist austreiben. In einigen Fällen halfen Riten, wie das Verbrennen von Räucherwerk und das Schlagen des Holzes von bumundu oder muikinda bei entsprechendem Gesang.244 Auch in der Vorstellung der Saramo lebten die Ahnen als Geister in der »Wildnis«. Der deutsche Missionar M. Klamroth schrieb, dass die Saramo glaubten, die Geister seien ursprünglich lebende Personen gewesen, die sich mit der Zeit in »lange Gespenster« verwandelt hätten. Begegne man einem solchen Geist, erschrecke man und müsse laut rufen. Antworte der Geist, müsse man sterben. Ferner stellte der Missionar bei den Saramo noch eine zweite »Klasse« von Geistern fest, die vinyamkela oder majini genannt wurden und deren ursprüngliche Bezeichnung mwenembago (Waldherr) gewesen sei. Laut Klamroth sprachen die Saramo die Waldgeister in den Beschwörungsgesängen mit »go mamo, go mwene mbago (du Mutter, du Waldfrau)« an.245 Diese Geister hatten ebenfalls in der Vorstellungswelt anderer Bevölkerungsgruppen im nordöstlichen Tansania 241 Vgl. Völkerkunde, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 630 f. 242 Vgl. Karasek, Beiträge, 8, 40–41. 243 Vgl. Karasek, Beiträge, 8, 40. 244 Karasek, Beiträge, 7, 81–82. Neben den pepos traten im 19. Jh. neue Geister in die Welt der Shambaa ein, so der Geist der Deutschen oder der Geist der Lokomotive. Diese Geister galten als bösartig; vgl. Karasek, Beiträge, 8, 40. 245 Diesen Befund nahm der Missionar zum Anlass, um eine etymologische Parallele zwischen afrikanischen Waldgeistern und mitteleuropäischen Hexen herzustellen. Er verwies darauf, dass das deutsche Wort für Hexe ursprünglich Hagezisse und damit eine Form von Hag = Waldfrau gewesen sei; vgl. M. Klamroth, Beiträge zum Verständnis der religiösen Vorstellungen der Saramo im Bezirk Daressalam (Deutsch-Ostafrika), in: Zeitschrift für Kolonialsprachen, 1, 1910, 48–49.

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ihren festen Platz. So berichtete Franz Stuhlmann, dass ganz ähnliche Vorstellungen auch am Fuß der Usambara-Berge anzutreffen waren. Dort gab es im südlichen West-Usambara bei Mombo ein Wäldchen, das vornehmlich aus Bäumen (Khaya senegalensis) bestanden habe, die die Bevölkerung als bwana (Herr) bezeichnete.246

2.5.3 Tabus Doch betrachteten nicht alle ostafrikanischen Gesellschaften den Wald als ambivalent und als Wohnsitz übernatürlicher Kräfte. Bspw. beobachteten die ersten Europäer, die den Sandawe, einer ehemals rein wildbeuterisch lebenden Bevölkerungsgruppe begegneten, dass deren Werte und Traditionen stark auf den Wald bezogen waren. Sie sprachen vom Wald als Wohltäter und stilisierten ihn zu einem idealen Lebensort. Bei ihnen durften Bäume, wie auch bei anderen ostafrikanischen Gesellschaften, in keinem Dorf fehlen.247 Juhani Koponen führt die positive Einstellung zum Wald bei den Sandawe auf ihre Vergangenheit als Jäger und Sammler zurück.248 Der Wald hatte dieser Bevölkerungsgruppe einst als Lebensraum gedient, weshalb sie ihn positiv konnotierten. Je weiter die afrikanischen Gesellschaften mit ihrer Lebensweise aus dem Wald heraustraten und den Feldbau zu ihrer unmittelbaren Subsistenzgrundlage machten, so John Iliffe, desto ambivalenter wurde ihre Einstellung. Der Wald bedeutete nun eher Fluch als Segen, weshalb die politischen und rituellen Führer der bäuerlichen Gesellschaften immer wieder zwischen den Welten von Dorf und »Wildnis« zu vermitteln hatten.249 Insofern bildeten die Beziehungen zwischen Geistern, Menschen, Pflanzen und Tieren trotz aller Ambivalenzen eine interagierende Einheit. »Natur« bedeutete in afrikanischer Perspektive einen Teil der Kultur, mit dem symbolisch kommuniziert werden konnte.250 Die »Natur« galt als »soziale Erweiterung« jenseits des Punktes der kulturellen Produktion, wobei laut Amutabi eine »freundliche Philosophie des Alltags« das kommunikative Verhältnis von Mensch und Umwelt bestimmt haben soll.251 Für Luig und von Oppen gilt übergreifend für alle afrikanischen Gesellschaften, dass zwischen den Mächten der »Wildnis« und den Menschen eine dauernde Kommunikations- und Austauschbeziehung bestand.252 Der Zustand der »Natur« habe direkt vom Zustand 246 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 670. Eine fotografische Abbildung des Wäldchens bei Mombo findet sich bei Blank; vgl. Blank, Forstnutzung, 147. 247 Vgl. Iliffe, History, 10–11. 248 Vgl. Koponen, People, 252. 249 Vgl. Iliffe, History, 10–11. 250 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 18. 251 Vgl. Amutabi, Role, 229. 252 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 7.

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der Gesellschaft abgehangen und vice versa. Moralisch schlechtes Handeln konnte Naturkatastrophen auslösen. Deshalb sei die Vorstellung über die Kontinuität der gesellschaftlichen Reproduktion auf die Einhaltung der Moral gerichtet gewesen, dem Respekt vor den Traditionen und der Aufrechterhaltung einer legitimen Ordnung. Die »Wildnis«, insbesondere Tiere, seien vom Menschen als überlegen empfunden worden – eine Vorstellung, die aus der Welt der Europäer bereits weitgehend verschwunden war.253 Daran wird deutlich, dass sich die Beziehungen zwischen den Menschen und der Natur nicht auf materielle Bedürfnisse reduzieren ließen. Zwar beruhte das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Land auf solchen Bedürfnissen, doch weisen die Beziehungen über das rein Physikalische hinaus. Deshalb standen die afrikanischen Vorstellungen von der »Natur« sehr im Gegensatz zu Europäischen.254 Afrikanische Praktiken im Umgang mit der Natur folgten einer anderen Logik als die europäischen Konzepte.255 Bspw. wirkten familien-, geschlechts- und / oder altersspezifische Tabus schützend auf den Wald- und Baumbestand.256 So durften bei den Abaluyian, der zweitgrößten Bevölkerungsgruppe in Kenia, keine heiligen Wäldchen gerodet werden, es sei denn, man war Witwe oder Witwer. Auch durften dort keine Vögel oder kein Wild gejagt oder auf Gräbern von Ahnen Feldbau betrieben werden, weshalb sich dort Baumwuchs und der Aufwuchs medizinisch wertvoller Kräuter einstellte. Letztere durften zwar von weiblichen und männlichen Kräuterkundigen genutzt werden, jedoch war in heiligen Wäldern das Sammeln von Feuerholz oder das Brennen von Holzkohle nicht erlaubt. Dadurch erhielt man an bestimmten Orten die Fauna und Flora für nachfolgende Generationen. Die Tabus sorgten dafür, dass man den Konsum bestimmter Bäume und Pflanzen quantitativ limitierte. Ferner wurden Maßnahmen zur Begrenzung der Bevölkerungszahl ergriffen, sodass sich diese nicht jenseits der Tragfähigkeit des eigenen Territoriums entwickeln konnte. Dies führte bei den Abaluyian scheinbar zu einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung, die zur Sicherung des regionalen Friedens beitrug. Aufgrund strikter Kontrolle nachwachsender Ressourcen war man zum Überleben nicht darauf angewiesen, das eigene Territorium in kriegerischen Konflikten mit den Nachbarn zu erweitern.257 Deutlich wird, dass Tabus nicht allein dem Schutz von nachwachsenden Ressourcen dienten, sondern darüber hinausgehend gesellschaftliche Funktionen erfüllten. Franz Stuhlmann schrieb, dass alle Teile der ostafrikanischen Bevölkerung familiengruppenweise ihr mwiko, ihr Verbotenes, hätten, sodass bestimmte Speisen nicht gegessen oder bestimmte Hölzer nicht verbrannt werden 253 Vgl. ebd., 9. 254 Vgl. Oppen, Matuta, 49. 255 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 14–15. 256 Vgl. ebd., 13.  257 Vgl. Amutabi, Role, 230–233.

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durften.258 Ferner gab es zeitliche Beschränkungen, wie Feiertage, an denen der Wald nicht zu betreten war oder geschlechtsspezifische Tabus.259 Die Frauen der Shambaa in Usambara durften z. B. kein Holz aus der abgebrannten Savanne sammeln, auch durften sie keine Hölzer heimbringen, die der Medizinmann verwendete. Grundsätzlich war es verboten, das Holz bestimmter Pflanzen zu verbrennen.260 So wies A.  Karasek darauf hin, dass zur häuslichen Feuerung nur sechs Holzarten verwendet wurden. Ferner musste von jeder Holzlast ein gewisses Quantum beim fingo, dem »Dorfzauberer«, abgeben werden. Bei ihm konnten sich die Insassen des »Jünglingheims« mit Feuerholz versorgen. Auch galten in Usambara für einzelne Dörfer Sonderverbote, bestimmte Hölzer nutzen zu dürfen.261 Tabus und andere sorgfältig ausgearbeitete Bräuche waren dazu angetan, konservatorisch bedeutende Orte, wie bewaldete Quellgebiete, aber auch Pflanzen- und Tierarten, als Klantotems zu schützen. Laut Amutabi ist der seit Jahrhunderten praktizierte informelle Schutz von Wassereinzugsgebieten in Afrika auf Tabus und gewohnheitsrechtliche Nutzungsregulation von Wäldern zurückzuführen.262 Andere Forscher nehmen hingegen nicht an, dass sich heilige Wälder als traditionelle Mittel des Umweltschutzes interpretieren lassen. Eine Schutzwaldfunktion im modernen Sinn übten diese Wäldchen laut Karl-Heinz Kohl aber nicht aus, obwohl einige Ethnologen bei der Beschreibung von Gesellschaften mit »aneignender« oder »entnehmender« Wirtschaftsform dazu neigen, deren Rituale als frühe »Umweltschutzmaßnahmen« zu interpretieren. Allerdings dürfe man solche Bevölkerungsgruppen nicht als »Öko-Heilige« betrachten, zumal sie durchaus für die Ausrottung bestimmter Tierarten oder Entwaldung verantwortlich zu machen seien.263 Ferner heißt es bei Lazare M. Séhouéto, dass man sich afrikanische Bauern keineswegs als »eigenartige, vergeistigte Wesen« vorstellen dürfe, die bereit gewesen wären, die praktischen Erfordernisse ihrer Ernährung zugunsten traditioneller Spiritualität zu vernachlässigen.264 Deshalb dürfen Tabus nicht als absolut handlungsleitend begriffen 258 Vgl. Franz Stuhlmann, Handwerk und Industrie in Ostafrika. Kulturgeschichtliche Betrachtungen nebst einem Anhang: Die Gewinnung des Eisens bei den Nyamwezi von R. Stern. Hamburg 1910, 237. 259 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 13; Marx, Geschichte, 194. 260 Vgl. Karasek, Beiträge, 3, 1912, 70. 261 Vgl. ebd. 262 Vgl. Amutabi, Role, 228–229. 263 Vgl. Karl-Heinz Kohl, Ethnologie  – die Wissenschaft vom kulturell Fremden. Eine Einführung. München 22000, 23, 80. Zum Vorkommen heiliger Bäume und Wälder in den Tropen; vgl. Herbert Hesmer, Einwirkungen der Menschen auf die Wälder der Tropen. Waldformationen – Eingriffe – Forstwirtschaft in kolonialer Zeit. Opladen 1986, 68–72. 264 Vgl. Lazare M. Séhouéto, Lokales Wissen und bäuerliche Naturaneignung in Benin, in: Ute Luig, Achim von Oppen (Hrsg.), Naturaneignung in Afrika als sozialer und symbolischer Prozeß. Berlin 1995, 88.

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werden. Schließlich konnte man die Regulierungen umgehen. Diesbezüglich berichtete der in West-Usambara tätige deutsche Missionar Wohlrab, dass an manchen Bäumen eine »Opferhütte für einen Baum-Geist« errichtet sei.265 In den Hütten würden Opfer dargebracht, wenn man beispielsweise ein geweihtes Tier getötet hätte. Auch sprach der Geograf Oscar Baumann zu Beginn der 1890er-Jahre davon, dass die Shambaa in Usambara »Zauberhütten« hätten, die meist einsam im Walde lägen.266 Und Missionar Horner schrieb, dass in Ukami die kleinen »Götzentempelchen« an Kreuzwegen im Wald ständen und aus Pfählen mit Strohdach bestünden. Dort fänden sich Opfer von Reis, Schildkrötenschalen, Scherben von Gefäßen und »alten Fetzen«.267 Die Opferpraktiken deuten darauf hin, dass die religiösen Normen so gefasst waren, dass »widerrechtliches« Handeln möglich war, wenn dieses entsprechend gesühnt wurde. Deshalb galt das Opfer nicht dem Baum, sondern dem Geist, der in dem Baum wohnte, um dessen Zorn über den Tod eines Tieres zu beschwichtigen.268 Es wird deutlich, dass die religiösen Vorstellungen einen schonenden Umgang mit bestimmten Ressourcen beförderten. Doch kann ebenfalls davon ausgegangen werden, dass Tabus nicht zur völligen Nutzungseinschränkung führten. Materielle Interessen und religiöse Deutungsmuster konnten durchaus im Widerspruch zueinander stehen269, zumal die Aneignung der Natur in afrikanischen Gesellschaften durchaus pragmatisch gehandhabt wurde. So wurden religiöse Praktiken oft nur dann aufrechterhalten, wenn sie nicht im Widerspruch zu unmittelbaren materiellen Bedürfnissen standen.270 Taten sie es, so gab es Spielräume, die religiösen Vorstellungen den Umständen anzupassen, Regeln neu auszulegen oder neu auszuhandeln. Es herrschte in den bäuerlichen Gesellschaften kein ganzheitliches System von Regeln, dem jede einzelne Entscheidung unterworfen gewesen wäre. Lokales Wissen war fragmentiert und offen. Die alltäglichen Entscheidungen zur Nutzung der Umwelt beruhten auf vielen Parametern, unter denen Kosmologie, Glaube und Tradition als symbolische Werte nur einige unter vielen waren. Das religiöse Wissen war als Modus der Naturaneignung keine »totale Institution«, die individuelle Entscheidungen oder Flexibilität unmöglich gemacht hätte.271

265 P. Wohlrab, Usambara. Werden und Wachsen einer heidenchristlichen Gemeinde in Deutsch-Ostafrika. Bielefeld 1915, 21. 266 Vgl. Baumann, Deutsch-Ostafrika, 168. 267 Vgl. Schneider, Mission, 175. 268 Laut Wohlrab waren die Opferriten erst in jüngerer Zeit von den angrenzenden Bevölkerungsgruppen aus Pare und von den Bugus übernommen worden; vgl. Wohlrab, Usambara, 20–21. 269 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 14.  270 Vgl. ebd., 15. 271 Vgl. Séhouéto, Wissen, 91.

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Abb. 9: Opferhütte für einen Baum-Geist. Aus: Wohlrab, Usambara, 21.

2.5.4 Religiöse Herrschaft Im nordöstlichen Tansania hatten sich bis zur Mitte des 19. Jh. – abgesehen vom Kilimandscharo-Gebiet und dem Küstenhinterland – zwei größere politische Räume herausgebildet, die von spirituellen Topografien beherrscht wurden. Der nördliche Bereich umfasste das Königreich der Shambaa mit dem Bergland von Usambara, einschließlich der östlich gelegenen Landschaft Bondei. Der südliche Bereich umschloss mindestens die Landschaften Ukwere, Usaramo und Ukami, nebst der Berge von Ost-Uluguru. In Usambara herrschte die Familie der Kilindi und stellte die Könige, in Uluguru der Bena-Klan, dessen Chef das königsgleiche Amt des Kingalu ausübte. Beide Herrschaftsbereiche wurden über den Glauben an »Regenmagie« und Tribute der bäuerlichen Bevölkerung integriert. Die besondere Macht der »Regenmacher« in den Mittelgebirgen drückte sich darin aus, dass die Ältesten aus den benachbarten Landschaften zu ihnen pilgerten, um für ihre Dörfer um Regen und Fruchtbarkeit zu bitten. Die in der Ebene zwischen Usambara und Uluguru lebende Ethnie der Segua anerkannte die Herrschaft der Kilindi in Usambara. Solange ihre Wirtschaft auf der Landwirtschaft beruhte, gingen ihre Ältesten für »Regenmedizin« zum König von Usambara.272 Ana 272 Vgl. Feierman, Kingdom, 123, 166, 177.

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log verhielten sich Bevölkerungsgruppen aus Ukwere sowie die mächtigen und wohlhabenden pazi aus Usaramo.273 Obwohl die pazi durch den Kopalhandel bereits reich geworden waren, leiteten sie ihre politische Autorität weiterhin von der Fähigkeit ab, für Regen und Fruchtbarkeit sorgen zu können. Deshalb zogen sie laut Richard F. Burton in die Uluguru-Berge, um dort eine Höhle, in der ein pepo – ein entkörperter Geist eines Mannes – ein schreckliches unterirdisches Geräusch machte, zu besuchen. Unterhalb der Höhle badeten Frauen zur Heilung unterschiedlicher Gebrechen in einem Pool, und die Männer opferten Schafe und Ziegenböcke für fruchtbare Jahreszeiten und Erfolg im Krieg.274 Laut Marja-Lisa Swantz und John Iliffe pilgerten die Saramo ebenfalls zu einem weiter nordöstlich gelegenen Schrein nach Nguru, wo die Häupter der Familienlinien »black beasts« in den Farben der Regenwolken opferten.275 Der afrikanische Ethnograf Mtoro Bin Mwenyi Bakari berichtete, dass die Dorfchefs der Saramo eine Perlenabgabe, genannt »kingalu«, entrichten würden, wenn sie einen Zauberer um Hilfe bäten, damit dieser die Seelen der Verstorbenen (mizimu) um Regen und Fruchtbarkeit anrufe.276 Daraus lässt sich schließen, dass die pazi den »Regenmacher« Kingalu aufsuchten, der in Ost-Uluguru als König herrschte. Allerdings ließen sich die Herrschaftsbereiche der Könige von Usambara und Uluguru ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. kaum noch über den Glauben an »Regenmagie« und landwirtschaftliche Tribute integrieren. Die Kommerzialisierung der ostafrikanischen Wirtschaft hatte zu einer Verlagerung der Gewinnchancen von der Abschöpfung des landwirtschaftlichen Mehrprodukts zur Jagd nach Elfenbein und Sklaven geführt. Die großen Gewinne wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in der Ebene im Handel gemacht und nicht in den Bergen mit den Anbau von Agrarprodukten.277 So verloren die auf bäuerlichen Tributen aufgebauten größeren Herrschaftsformationen an Bedeutung und mit ihnen die heilige Topografie der Landschaft. Neue Figuren, die sog. big men, stiegen zu politischen Führern auf. Sie versicherten sich ihrer Gefolgschaft nicht 273 Vgl. Marja-Liisa Swantz, Ritual and Symbol in Transitional Zaramo Society. Uppsala 1970, 151. 274 Vgl. Richard F. Burton, The Lake Regions of Central Equatorial Africa, with Notices of the Lunar Mountains and the Sources of the White Nile, being the Results of an Expedition undertaken under the Patronage of Her Majesty’s Government and the Royal Geographical Society of London in the Years 1857–1859, in: Journal of the Royal Geographical Society of London, 29, 1859, 76. Bei dem von Burton erwähnten Schrein handelte es sich vermutlich nicht um Kingalus Orakel, sondern um einen sehr hoch im südöstlichen Gebirgsteil gelegenen Ort, der dem Jumben Fungo unterstand. Dort befand sich wohl die besagte Höhle; vgl. Gattang, Im Urugurugebirge, in: Echo aus Knechtsteden, 5, 4, 1904, 79–80. 275 Vgl. Iliffe, History, 29 und Swantz, Ritual, 151. 276 Vgl. Bin Mwenyi Bakari, Mitteilungen, 151. Zur Person von Mtoro bin Mwinyi Bakari; vgl. Ludger Wimmelbücker, Mtoro bin Mwinyi Bakari (c. 1869–1927). Swahili Lecturer and Author in Germany. Dar es Salaam 2009, 110–115. 277 Vgl. Sheriff, Slaves, 136; Feierman, Kingdom, 136.

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mehr über »Regenmagie«, sondern über Kriegsglück und Erfolg im Handel. So erodierte laut Stephen Feierman bereits vor der Kolonisation die religiös legitimierte Herrschaftsform im östlichen Afrika aufgrund der zunehmenden Durchdringung des Kontinents mit den Kräften der Weltwirtschaft.278 The pervasive forces at work […] were those of the world market, but the historical actors were indigenous people working in their own self-interest to change local political usages.279

Die Zeit mächtiger »Regenmacher« in den Mittelgebirgen hatte sich ihrem Ende zugeneigt und die Bevölkerung in der Ebene war aus Angst vor Sklavenraubzügen in wenige befestigte Orte geflohen.280 Diese Entwicklungen dürften neben der Rinderpest, in deren Folge sich ebenfalls ganze Landstriche entvölkerten, dazu beigetragen haben, dass deutsche Kolonisten in Ostafrika verhältnismäßig leicht Fuß fassen konnten.281 So kann die Erosion von reziproken spirituellen Herrschaftsverhältnisse als eine Vorbedingung dafür angesehen werden kann, dass sich einige afrikanische Machthaber später in den Dienst der Kolonialverwaltung stellten, um gegen lokale politische Rivalen vorzugehen. Schließlich behauptete am Vorabend der Kolonisation lediglich noch der Sultan von Sansibar in den Küstenstädten und an einigen befestigten Orten im Hinterland eine gewisse Hegemonie in Ostafrika. Doch bot diese, auf persönlichen Loyalitätsbeziehungen beruhende Herrschaftsform des Handelsimperium Sansibar keinen geeigneten institutionellen Rahmen, um dem »Scramble for Africa« etwas entgegenzusetzen.282

3. Imperiale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte Nachdem die Waldverhältnisse in Tansania sowie die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bedeutungen lokaler Waldnutzungs- und Waldschutz­konzepte besprochen worden sind, werden im folgenden Kapitel die geschichtsphilo­ sophischen und wissensgeschichtlichen Grundlagen imperialer Waldnutzungsund Waldschutzkonzepte behandelt. Bei der Analyse dieser Konzepte geht es darum, die Herkunft kolonialforstlicher Praktiken zu beleuchten und zu ver 278 Vgl. ebd., 184. 279 Ebd., 176. 280 Vgl. ebd., 174. 281 Vgl. Roman Loimeier, Die Rinderpest 1887–1898 in Afrika, in: Periplus. Jahrbuch für aussereuropäische Geschichte, 21, 2011, 97–98. 282 Vgl. Sheriff, Slaves, 195–196; Jan-Georg Deutsch, Harald Sippel, Inventing an East ­A frican Empire: the Anziehbar Delimination Commission of 1885/1886, in: Peter Heine, ­U lrich van der Heyden (Hrsg.), Studien zur Geschichte des deutschen Kolonialismus in ­A frika. Festschrift zum 60. Geburtstag von Peter Sebald. Pfaffenweiler 1995, 211.

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stehen, welche Gründe die kolonialen Forstleute anführten, um ihren Zugriff auf tropische Wälder zu rechtfertigen. Damit sind die Motive des kolonialforstlichen Handelns angesprochen, die in der historischen Forschung kontrovers diskutiert werden. Die meisten Historikerinnen und Historiker gehen davon aus, dass die Praktiken der modernen Forstwirtschaft als global wirksamer Referenzrahmen des Handelns283 seit dem späten 18. Jh. in Europa entstanden und aufgrund ökonomischer Erwägungen in koloniale Gebiete transferiert wurden.284 Doch behauptet Richard Grove, dass koloniale Waldschutzprogramme vor allem aufgrund der Sorge vor Klimaverschlechterung in kolonialen Gebieten selbst entstanden seien.285 Erste Reservate zum Schutz tropischer Wälder habe man auf den Inseln St. Vincent, St. Lucia, Grenada und Tobago eingerichtet, nachdem diese im Frieden von Paris 1763 von Frankreich an England gefallen waren. Auch hätten die Briten auf St. Helena zwischen 1791 und 1833 sowie später in Britisch-Indien mehrere Aufforstungsexperimente durchgeführt.286 Laut Grove wurde das »Geschäft des Forstschutzes und des Baumpflanzens« in den Kolonien zu jener Zeit stärker betrieben als in Europa.287 Somit lautet die Frage, ob dem kolonialforstlichen Handeln zweckrationale Motive in Form ökonomischer und / oder konservatorischer Überlegungen zugrunde lagen288 oder sogar wertrationale, präservatorische Motive, wie andere Historiker behaupten.289 Dieser kontroversen Frage geht die Arbeit im folgen 283 Zur Definition von Referenz- bzw. Handlungsrahmen; vgl. Loimeier, Neubert, Weißköppel, Einleitung, 17–20. 284 Vgl. Radkau, Natur, 199, 207–208; V. M. Ravi Kumar, Green Colonialism and Forest Policies in South India, 1800–1900, in: Global Environment 5, 2010, 105,123–124; Sunseri, Forestry, 82–83. 285 Vgl. Richard H Grove, Die Anfänge des Umweltbewußtseins, in: Spektrum der Wissenschaft, 9, 1992, 79, 81; Richard H. Grove, Green, Imperialism. Colonial Expansion, Tropical Island Edens and the Origins of Environmentalism, 1600–1860. Cambridge 1995, 342, 348; Richard, H. Grove, Ecology, Climate and Empire. Colonialism and Global Environmental History, 1400–1940. Cambridge 1997, 9. Groves Aussagen über den Transfer forstwirtschaftlicher Methoden aus Deutschland sind schlecht belegt; vgl. Richard H. Grove, Colonial Conservation, Ecological Hegemony and Popular Resistance: Towards a Global Synthesis, in: John M. MacKenzie (Hrsg.), Imperialism and the Natural World. Manchester 1990, 24; Grove, Ecology, 32. Zur Kritik an Groves methodischem Vorgehen; vgl. Ramachandra Guha, The Unquiet Woods. Ecological Change and Peasant Resistance in the Himalaya. Berkeley 2000, 217. 286 Vgl. Grove, Ecology, 7, 11. Zur Kritik an Gove; vgl. Radkau, Natur, 388 Fn. 30. 287 Vgl. Widmung zu Eingang des Werkes: Grove, Imperialism. 288 Vgl. Sunseri, Forestry, 82–83; Engelhard Weigl, Wald und Klima: Ein Mythos aus dem 19. Jahrhundert, in: Humboldt im Netz (HIN) 5, 2004, 6. 289 Vgl. Robert Pogue Harrison, Wälder. Ursprung und Spiegel der Kultur. München 1992, 143, 148, 288–289; William H. Rollins, Imperial Shades of Green: Conservation and Environmental Chauvinism in the German Colonial Project, in: German Studies Review, 22, 1999, 193; Friedemann Schmoll, Erinnerung an die Natur. Geschichte des Naturschutzes im deutschen Kaiserreich. Frankfurt a. M. 2004, 187; Stephen J. Pyne, Vestal Fire. An Environ-

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den Kapitel nach, indem die Formierung und der Transfer kolonialforstlichen Wissens sowie die Diskurse zur Legitimation der kolonialen Forstherrschaft am Beispiel Deutsch-Ostafrikas untersucht werden. Dabei zielt die Analyse darauf, Veränderungen und Bedeutungsverschiebungen innerhalb und zwischen den Diskursen sichtbar zu machen sowie die Rolle von Bildern in den Diskursen zu verstehen. Im Ergebnis sind die normativen Grundlagen herauszuarbeiten, die für die kolonialen Forstleute in Deutsch-Ostafrika alltäglich handlungsleitend waren. Die diesbezügliche These lautet, dass man das kolonialforstliche Handeln zuerst ökonomisch rechtfertigte, später jedoch stärker konservatorische Aspekte betonte und gegen Ende der deutschen Kolonialzeit auch präservatorische Überlegungen einbezog.

3.1 Entstehung und Transfer kolonialforstlichen Wissens Laut Joachim Radkau können Degradationserfahrungen traumatisch wirken und dazu beitragen, kulturelle Entwicklungsschübe auszulösen.290 So hatte sich in einigen Teilen Europas in der zweiten Hälfte des 18. Jh. ein Holznotdiskurs entwickelt, da die dortigen Wälder infolge des 7-jährigen Krieges über das Maß ihrer Regenerationsfähigkeit hinaus ausgebeutet worden waren. Bei Holz handelte es sich seinerzeit um eine strategische Ressource, die zur Herstellung von Kriegsgeräten wie Schiffen oder Kanonen, insbesondere aber in Form von Holzkohle zur Herstellung von Eisen, benötigt wurde.291 Es verbreitete sich nach dem Krieg die Wahrnehmung einer drohenden »Holznot«, die aufgrund einer steigenden Bevölkerungszahl im 17. und 18. Jh. bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Prosperität weiter Nahrung erhielt. Im Kontext dieser antizipierten »Holznot« forderten Förster, dass der Staat die Wälder nach »rationalen« Prinzipien bewirtschaften solle und diese nicht länger Bauern zur privilegierten Nutzung überlassen bleiben dürften. Dieses seinerzeit auch von liberalen Ökonomen unterstützte Anliegen war zentrales Postulat der klassischen Forstwirtschaftslehre, die als angewandte Wissenschaft im 18. Jh. entstand.292

mental History, told trough Fire, of Europe and Europe’s Encounter with the World. Seattle 1997, 185–186; Williams, Earth, 273. 290 Vgl. Joachim Radkau, World History and Environmental History. 2008 (unveröffentl. Manuskript), 11. 291 Zur Bedeutung von Holz als zentraler Ressource in den vorindustriellen Gesellschaften Europas; vgl. Rolf-Jürgen Gleitsmann, Aspekte der Ressourcenproblematik aus historischer Sicht, in: Scripta Mercaturae, 15, 1981, 39–45. 292 Vgl. Williams, Earth, 274; Kurt Mantel, History of the International Science of Forestry with Special Consideration of Central Europe, in: International Review of Forestry Research, 1, 1964, 3; Rajan, Environmentalism, 335; Rajan, Nature, 200–201.

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Klassische Forstwirtschaftslehre Die klassische Forstwirtschaftslehre setzte sich zum Ziel, Wälder nach drei Prinzipien zu bewirtschaften: Das erste Prinzip war die Kalkulation der Nutzholzmasse, weshalb ein Wald aus gleichaltrigen, gleich starken Bäumen der gleichen Art, kurz »Normalbäumen«, bestehen sollte. Die Berechnung der Holzmasse und des zukünftigen Zuwachses war hierdurch einfacher. In der Praxis versuchte man die Wälder durch waldbauliche Maßnahmen so umzugestalten, dass sie den mathematischen Idealvorstellungen der quantifizierenden Forstwirtschaft entsprachen293 und einen maximalen Nutzholzertrag lieferten.294 Es erfolgte eine strikte Trennung von land- und forstwirtschaftlicher Waldnutzung, da bäuerliche Waldnutzungsweisen, wie Brenn- und Bauholzgewinnung, Streunutzung und Waldweide, keinen »Normalwald« hervorbrachten. In Staatsforsten duldeten die Förster die bäuerlichen Nutzungen seit dem 18. Jh. allenfalls noch als Nebennutzungen. Sie wurden nach Möglichkeit jedoch ganz verboten und damit in die Illegalität gedrängt.295 In diesem Zusammenhang tauchte erstmals der Begriff des »Holzdiebstahls« auf, obwohl sich innerhalb der bäuerlichen Bevölkerung noch lange die gewohnheitsrechtlich begründete Wahrnehmung hielt, dass es sich bei Holz um ein freies Gut handelte, das keinen Besitzer haben konnte.296 Das zweite Prinzip war die Bilanzbuchhaltung, mittels der das Verhältnis von Angebot und Nachfrage an Holz aus Staatsforsten in Form einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für einzelne Territorialherrschaften kalkuliert werden konnte. Dies erlaubte den Förstern, die Bewirtschaftung langfristig zu planen, um eine Über- und Unternutzung der Staatswälder zu vermeiden: Geriet der kalkulierte jährliche Zuwachs in ein Ungleichgewicht zur jährlichen Ernte, konnten die Förster entweder neue Flächen hinzunehmen oder auf den Export von Holz und die Gründung neuer Industrien drängen. Auf diese Weise sollte der Gesamthaushalt aller Forsten eines Staates stets ausgeglichen sein.297 Das dritte Prinzip war die Nachhaltigkeit. Diese bezog sich nicht auf die Bewirtschaftung aller Forsten im gesamten Staatsgebiet, sondern auf die Bewirtschaftung jedes einzelnen Forstes. Die grundlegende Norm dieses Prinzips war,

293 Vgl. Henry E. Lowood, The Calculating Forester: Quantification, Cameral Science, and the Emergence of Scientific Forestry Management in Germany, in: Tore Frängymyr, I. L. Rider, E. Robin (Hrsg.), The Quantifying Spirit in the 18th Century. Berkeley 1990, 333. 294 Vgl. ebd., 317. 295 Vgl. Frank Uekötter, Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. München 2010, 9–10. 296 Vgl. Richard Hölzl, Umkämpfte Wälder. Die Geschichte einer ökologischen Reform in Deutschland 1760–1860. Frankfurt a. M. 2010, 168–171, 202–208; Bernd-Stefan Grewe, »Man sollte sehen und weinen!« Holznotalarm und Waldzerstörung vor der Industrialisierung, in: Frank Uekötter, Jens Hohensee (Hrsg.), Wird Kassandra heiser? Die Geschichte falscher Ökoalarme. Wiesbaden 2004, 40; Winiwarter, Knoll, Umweltgeschichte, 157. 297 Vgl. Lowood, Forester, 336.

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in einem Wald während eines gegebenen Zeitraums nicht mehr Holz zu ernten, als nachwachsen konnte.298 Bei der Kalkulation eines nachhaltigen Holzertrags legten die Förster  – je nach Baumart  – eine Umtriebszeit von 30–80 Jahren zugrunde. In diesem Zeitraum, der drei menschliche Generationen umfassen konnte, erreichte die jeweilige Baumart ihren maximalen Nutzholzzuwachs im Sinne der Grenzproduktivität.299 Die Zeit war zu einer wichtigen Größe in der forstwirtschaftlichen Kalkulation geworden. Die klassische Forstwirtschaftslehre sah in einer nachhaltigen Holzproduktion im Staatsbetrieb das beste Mittel zur Bekämpfung der antizipierten »Holznot«. Das quantitative Prinzip der Nachhaltigkeit bildete stets die »Spitze der försterlichen Werthierarchie«.300 Wälder erschienen fortan als Objekte legitimer staatlicher Intervention.301 Die Erzählung über die »Holznot« avancierte zum Gründungsmythos der europäischen Forstwirtschaft, wobei man in der neuen umweltgeschichtlichen Forschung davon ausgeht, dass während des 18. Jh. gar keine allgemeine »Holznot« existierte. Man betrachtet die »Holznot« vielmehr als ein Konstrukt, das von forstwirtschaftlicher Seite als strategisches Argument zur Durchsetzung eines staatlichen Herrschaftsanspruchs auf den Wald benutzt wurde.302 Historiker nehmen an, dass der Zusammenhang zwischen »Holznot« und der Einführung der modernen Forstwirtschaft genau umgekehrt gewesen ist, wie von den zeitgenössischen Förstern behauptet. Denn mittlerweile hat sich herausgestellt, dass erst staatliche Zugriffe auf Wälder zu einer Verknappung des Holzangebots führten. Dadurch wurde Holz zu einer allgemeinen Handelsware und erhielt einen Preis, der mit der Zeit stieg. Es litten insbesondere untere ländliche Schichten unter der Monetarisierung des staatlichen Holzhandels. Sie durften sich nicht mehr selbstständig aus dem Wald versorgen und konnten sich das zum Kauf angebotene Holz nicht leisten.303 Radkau schlussfolgert, dass die Voraussage einer »Holznot« in älterer Zeit oft interessengeleitet war und staatlicherseits betrieben wurde, um den Holzpreis in die Höhe zu treiben. Klagen über Holzmangel gehörten zum forstwirtschaftlichen »System«, solange sich damit staatliche Rechte auf den Wald gegenüber Dritten begründen ließen. Die Armen hingegen, die vielleicht wirklich unter Holzmangel gelitten haben, hätten diesen eher ver 298 Vgl. Ulrich Grober, Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. Kulturgeschichte eines Begriffs. München 2010, 115–116; Jörg Cortekar, »Die Nachhaltigkeit kommt aus der Silberstadt Freiberg«, in: Werkstattbericht Schauplätze der Umweltgeschichte. Göttingen 2006, 50–52 (unveröffentl.). 299 Vgl. Rajan, Environmentalism, 334. 300 Vgl. Grewe, Holznotalarm, 4, 40. 301 Vgl. Lowood, Forester, 341–342; Rajan, Environmentalism, 340–342. 302 Vgl. Joachim Radkau, Zur angeblichen Energiekrise des 18. Jahrhunderts: Revisionistische Betrachtungen über die »Holznot«, in: Vierteljahresschrift für Sozial-und Wirtschaftsgeschichte, 73, 1986, 21, 23; Grewe, Holznotalarm, 4, 40. 303 Vgl. ebd., 4; Uekötter, Umweltgeschichte, 9.

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schwiegen. Sie waren nicht an weiteren Preiserhöhungen interessiert – »Not sei oftmals stumm gewesen«.304 Letztendlich sollte jede Waldnutzung, die nicht dem staatsforstlichen Ziel entsprach, unterbunden werden, ganz gleich ob diese seitens der ländlichen Bevölkerung oder seitens der Wirtschaft eingefordert wurde.305 Im Ergebnis ordnete man im Verlauf des 18. und frühen 19. Jh. viele zuvor polyfunktional genutzte Wälder allein forstwirtschaftlichen Zielen unter und gestaltete sie zu schlichten Holzlieferanten um.306 Beim Umbau bestehender Wälder zu ertragreichen Forsten hatten die Förster neben eigensinnigen Bauern auch mit der »Widerspenstigkeit des Holzes« zu rechnen. Ihnen stellte sich die Natur zuweilen in den Weg, wenn sie alte Baumbestände fällen und abtransportieren lassen wollten.307 Letztendlich erhielt mit der wissenschaftlichen Forstwirtschaft aber ein »neuer Geist« Einzug in den Wald308, der in der Anwendung nicht nur sozial, sondern auch ökologisch nicht-intendierte Nebenfolgen zeitige, etwa Schädlingsbefall und Baumkrankheiten aufgrund von Monokulturen.309 Bodenreinertragslehre In der zweiten Hälfte des 19. Jh. erfuhr die klassische Forstwirtschaftslehre eine Modifikation durch Max Preßler, den »Vater des modernen Industriewaldes«. In Sachsen und anderen Gebieten, wo die wirtschaftliche Entwicklung weit vorangeschritten war, benötigte man für die industrielle Produktion schnellwachsende Weichhölzer. Es ging nicht mehr wie in der klassischen Forstwirtschaftslehre darum, einen möglichst hohen Nutzholzertrag (Waldreinertrag) zu erwirtschaften. Max Preßlers Lehre verfolgte das Ziel, den höchstmöglichen Zinsertrag gemessen an der nachhaltigen Bodenrente (Bodenreinertrag) zu erwirtschaften. Nach dieser liberalen waldwirtschaftlichen Theorie war es gleichgültig, ob Land zu forstwirtschaftlichen oder anderen Zwecken genutzt wurde, solange es die höchstmögliche Bodenrente abwarf. Doch sollte ein Stück Land forstwirtschaftlich genutzt werden, musste sich diese Nutzungsform gegenüber allen anderen Nutzungsmöglichkeiten als rentabel erweisen. Deshalb pflanzte man schnell wachsende Bäume an, die rasch einen Ertrag lieferten. Ausgehend vom Modell des »Normalwaldes«, den man mittels Kahlschlags bewirtschaftete, wurde eine durchschnittliche Verzinsung des angelegten Kapitals von 3 % angenommen.

304 Vgl. Joachim Radkau, Holz. Wie ein Naturstoff Geschichte schreibt. München 2007, 152, 157. 305 Vgl. Grewe, Holznotalarm, 40. 306 Vgl. Fernow, History, 35; Uekötter, Umweltgeschichte, 8. 307 Vgl. Richard Hölzl, Der Schwarzenberger Schwemmkanal, in: Werkstattbericht Schauplätze der Umweltgeschichte. Göttingen 2006, 126 (unveröffentl.). 308 Vgl. Grewe, Holznotalarm, 40. 309 Vgl. ebd., 24–41.

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Diese konnte nur erzielt werden, wenn man Fichtenmonokulturen im typischen Schachbrettmuster anbaute.310 Laut Michael Williams gelang Preßler mit diesem Konzept für die Domesti­ zierung von Bäumen und die Regulierung von Wäldern ein gedanklicher Abschluss der Forstwirtschaftslehre.311 Fortan war mit dem sächsischen Industriewald ein waldwirtschaftliches Konzept auf dem Vormarsch, das konsequent ökologische und soziale Aspekte zugunsten monetärer Überlegungen ausblendete. Deshalb blieb Preßlers Modell in der forstwirtschaftlichen Profession umstritten. Es formierte sich bald Widerstand, weil der Wald in der Bodenreinertragslehre gänzlich als Ware dem Marktmechanismus unterworfen wurde.312 Hinzu kam, dass es sich bei den Fichtenmonokulturen um ein stark simplifiziertes Umweltdesign handelte, das sich durch mangelnde Resilienz auszeichnete. Es zeigten sich in den Fichtenmonokulturen nicht intendierte ökologische Folgen, wie Kalamitäten durch Schädlinge oder Baumkrankheiten sowie Auslaugung und Verhärtung von Böden.313 Dennoch wurde die Bodenreinertragslehre seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. als umweltbezogener Handlungsrahmen weltweit transferiert.314 Koloniale Forstexperten forderten, jedes brachliegende Stück Land für die Kultivierung von Fichten zu nutzen.315 Der »Deutsche Wald« spielte laut James C. Scott in Form des sächsischen Industriewaldes in kolonialen Gebieten eine besondere Rolle. Es handelte sich um den »Archetyp« eines genau arrangierten wissenschaftlichen Konstrukts, das einer als ungeordnet empfundenen Natur übergestülpt werden sollte.316 Insofern bedeutete der Transfer europäischer Forstpraktiken in koloniale Gebiete für viele Historikerinnen und Historiker eine globale umweltgeschichtliche Zäsur, die wenig Anknüpfungspunkte an dortige Waldnutzungsregime bot und eine diskontinuierliche Entwicklung bewirkte.317 Ramachandra Guha und Mahiv Gadgil sprechen von »ecological watersheet«, Nancy Peluso nennt den Vorgang einen »turning point«.318 310 Fernow, History, 129–131. Zu den Holzzuwachsraten unterschiedlicher Nutzbäume; vgl. Gleitsmann, Aspekte, 55. 311 Vgl. Williams, Earth, 274. 312 Karl Polanyi fasste die Auseinandersetzungen als Teil des zeitgenössischen politischen Kampfes zwischen Liberalismus und Konservatismus auf; vgl. Karl Polanyi, The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. Frankfurt a. M. 1978, 183, 253. 313 Vgl. James C. Scott, Seeing Like a State. How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed. New Haven 1998, 7; Grewe, Holznotalarm, 4. 314 Vgl. Williams, Earth, 273; Rajan, Nature, 200–201. 315 Vgl. Ferdinand von Müller, Forest Culture in its Relation to industrial Pursuits. o. O. 1871, 10, 16. 316 Vgl. Scott, State, 15.  317 Vgl. Rajan, Environmentalism, 360; Rajan, Nature, 200–201; Williams, Earth, 274; Uekötter, Umweltgeschichte, 8; Winiwarter, Knoll, Umweltgeschichte, 154. 318 Vgl. Nancy Lee Peluso, Rich Forests, Poor People. Resource Control and Resistance in Java. Berkeley 1992, 44, 50. Die Frage, wann man die historische Zäsur setzen möchte, ist eine

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3.1.1 Institutionen und Akteure Es waren vor allem französische und deutsche Forstleute, die forstwirtschaft­ liches Wissen in tropische Gebiete brachten. Sie trugen zur Gründung erster kolonialer Forstverwaltungen gegen Mitte des 19. Jh. auf Java und in BritischIndien bei. Dort fand infolge von Aufständen ein Übergang von der indirekten zur direkten kolonialen Herrschaft statt.319 Kolonialforstliche Fragen diskutierte man transimperial innerhalb eines global agierenden Expertennetzwerks, sodass sich die tropische Forstwirtschaft zu einem neuen Feld angewandter Wissenschaft entwickelte.320 Die Botanischen Gärten einzelner Imperien waren wichtige Institutionen beim Transfer von Wissen, Pflanzen und Saatgut.321 Das intellektuelle Zentrum der tropischen Forstwirtschaft bildeten bis zur Jahrhundertwende die deutschstämmigen Leiter der Forstverwaltung Britisch-­ Indiens.322 Sie waren u. a. Ideengeber für den Transfer mehrerer kolonialforstlicher Entwicklungsprogramme nach Deutsch-Ostafrika323 und halfen bei der Übermittlung von Saatgut in die Kolonie.324 Außerdem organisierte Dietrich Brandis, der erste Leiter der Forstverwaltung Britisch-Indiens, ein Ausbildungssystem für europäische Kolonialförster, das kombiniert in Frankreich und in Deutschland angesiedelt war.325 Es wurde eine ganze Generation kolonialer der Perspektive. Legt man eine globalgeschichtliche Perspektive an, muss man die Zäsur im 18. Jh. mit dem Aufkommen der modernen Forstwirtschaft in Europa setzen. Nimmt man eine regional- oder lokalgeschichtliche Perspektive ein, kann man von einer Zäsur erst dann sprechen, wenn die forstwirtschaftlichen Praktiken in außereuropäischen Gebieten tatsächlich eingesetzt wurden. 319 Vgl. Horst Gründer, Eine Geschichte der europäischen Expansion. Von Entdeckern und Eroberern zum Kolonialismus. Mannheim 1998/99, 93–94, 111; Jussi Raumolin, The ­Problem of Forest-Based Development as Illustrated by the Development Discussion, 1850–1918. Helsinki 1990, 87; Lowood, Forester, 341–342; Rajan, Environmentalism, 17, 340–342; Peluso, Forests, 41–42, 50; E. Mammen, Das Wirken deutscher Forstwirte in Übersee vor 1914. Ein geschichtlicher Beitrag zur forstwirtschaftlichen Entwicklungshilfe, in: Forstarchiv (Sonderdruck), 35, 1964, 117–118; Radkau, Natur, 207; Semler, Waldwirtschaft, 40. 320 Vgl. Richard Hölzl, Der »deutsche Wald« als Produkt eines transnationalen Wissenstransfers? Forstreform in Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert, in: Regina Dauser, Lothar Schilling (Hrsg.), Grenzen und Kontaktzonen. Rekonfiguration von Wissensräumen zwischen Frankreich und den deutschen Ländern 1700–1850. o. O. 2012, 1; https://perspectivia.net// publikationen/discussions/7-2012/hoelzl_wald (Zugriff: 18.10.2020). 321 Vgl. Grove, Anfänge, 81; Grove, Ecology, 9. 322 Vgl. Raumolin, Problem, 6. 323 Vgl. Dietrich Brandis, Zur Bambuskultur in Deutschafrika, in: DKB, 11, 1900, 473–476; Herbert Hesmer, Leben und Werk von Dietrich Brandis, 1824–1907. Begründer der tropischen Forstwirtschaft, Förderer der forstlichen Entwicklung in den USA, Botaniker und Ökologe. Opladen 1975, 109–110, 165; Hesmer, Einwirkungen, 119–120; Guha, Prehistory, 223. 324 Vgl. Kirchberger, Scientists, 2. 325 Vgl. Fernow, History, 345; Semler, Waldwirtschaft, 40.

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Forstleute für das British Empire transimperial ausgebildet, bei denen sich der waldbauliche Einfluss der Bodenreinertragslehre zeigte. D. E. Hutchins sprach als Leiter der größten Forstverwaltung Afrikas in der Kap-Kolonie davon, mit der Anpflanzung von Fichtenblöcken auf dem Tafelberg ein »neo-Germany« geschaffen zu haben.326 Deutlich wird, im Kern der tropischen Forstwirtschaft standen das technische Wissen und die Konzepte der kontinentaleuropäischen Forstwirtschaftslehre. Laut Brandis waren die Baumarten in Indien zwar anders als in Europa, die Prinzipien der modernen Forstwirtschaft jedoch überall auf der Welt gleich. Deshalb sei die koloniale Forstwirtschaft nicht auf die persönliche Expertise einzelner Forstleute aufzubauen, sondern auf die Ergebnisse langer Erfahrungen aus jenen europäischen Länder, wo die wissenschaftliche Forstwirtschaft am längsten etabliert sei und am besten verstanden werde.327 In den Worten von Brandis zeigte sich das professionelle Selbstverständnis kolonialer Forstexperten. Sie glaubten, dass die Prinzipien der europäischen Forstwirtschaft als Referenzrahmen des Handelns global anwendbar seien und sich problemlos in tropische Gebiete transferieren ließen. Es wurde versucht, auf der Grundlage der drei leitenden Prinzipien – Normalwald, Bilanzbuchhaltung und Nachhaltigkeit – in den Tropen staatliche Forstverwaltungen aufzubauen, wobei das tropenforstliche Wissen über die Grenzen nationaler Imperien hinweg fluktuierte.328 Doch mit der Zeit erhielt das neue Wissensfeld stärker national geprägte Züge. Der kolonialforstliche Diskurs konstituierte sich seit den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jh. verstärkt in nationalsprachlich geprägten Wissensräumen.329 Dies spiegelte sich in der Ausbildung der kolonialen Forstleute wider, die für BritischIndien ab 1884/85 am Cooper’s Hill College for Engeneering in der Nähe von Kew Gardens in England erfolgte.330 Dort wurden die Studenten von zurückgekehrten Kolonialförstern aus Indien unterrichtet.331 Wilhelm Schlich leitete die Ausbildung und gab die führende kolonialforstliche Fachzeitschrift Indian Forester heraus. Im Jahr 1905 delegierte man die Ausbildung an den neu gegründeten forstwirtschaftlichen Lehrstuhl der Universität Oxford, den ebenfalls Schlich besetzte.332 326 Vgl. Karen Brown, Forests and Communities: Some Historiographical Approaches to Environmental History on Africa, in: Area, 35, 2003, 350; Fernow, History, 372; Hesmer, Leben, 399. 327 Vgl. Dietrich Brandis, Progress of Forestry in India, in: Transactions of the Scottish Arboricultural Society, 10, 1884, 16–17. 328 Vgl. Raumolin, Problem, 6.  329 Vgl. Hölzl, Wald, 23. 330 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 40. 331 Vgl. Jan Oosthoek, The Colonial Origins of Scientific Forestry in Britain, o. S.; https:// www.eh-resources.org/colonial-origins-scientific-forestry/ (Zugriff: 18.10.2020). 332 Es gab nach der Jahrhundertwende eine heftige Diskussion zwischen Befürwortern eines britischen und eines internationalen Wegs in der kolonialforstlichen Ausbildung; vgl. Hölzl, Wald, 23–24.

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Die Schaffung eines forstwirtschaftlichen Lehrstuhls in England war eine der bedeutenden forstpolitischen Rückwirkungen, die der Aufbau einer Forst­ verwaltung in Britisch-Indien im Mutterland zeitigte.333 Diese Entwicklung sprach für die zunehmende Institutionalisierung der tropischen Forstwirtschaft als wissenschaftlicher Disziplin. Jedoch bedeutet sie ebenfalls eine Abkehr von der transimperialen Zusammenarbeit. So folgte nach 1900 in der kolonialforstlichen Welt eine Phase der Bürokratisierung und Routinisierung, die sich durch die Herausbildung von zunehmend national definierten wissenschaftlichen Gemeinschaften auszeichnete.334 Dies traf nicht nur auf die Ausbildung der britischen Kolonialförster zu. Auch die Förster im Dienst Niederländisch-Indiens erhielten ihre theoretische Ausbildung nach der Jahrhundertwende in Holland an der Reichs-, Land- und Forsthochschule in Wageningen. Zuvor hatten sie seit 1875 im preußischen Eberswalde und seit 1891 im sächsischen Tharandt gelernt. Doch schickte man sowohl die niederländischen als auch die britischen Förster nach der Jahrhundertwende weiterhin zu praktischen Schulungen nach Deutschland. Der bekannteste niederländische Kolonialförster, Anton Hendrik Berkhout, sprach davon, dass Deutschland als Ort der praktischen Ausbildung mittels »Exkursionen und Detachierungen« für die englischen und holländischen Kolonialförster bedeutsam blieb.335 Lediglich die Franzosen hatten sich vollständig aus dem transimperialen System gelöst und betrieben die Ausbildung ihrer Förster ab 1902 gänzlich im nationalen Rahmen durch ein zweijähriges Studium an der Ecole Nationale des Eaux et Forêts in Nancy.336 Die skizzierten, national geprägten Veränderungen innerhalb der kolonialforstlichen Expertenkultur lassen die These von Ulrike Kirchberger, dass der Imperialismus nicht in jeder Hinsicht eine Hochzeit des Nationalismus gewesen sei, nur eingeschränkt als richtig erscheinen.337 Denn die Hochphase der transimperialen forstlichen Zusammenarbeit zwischen Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland endete spätestens in dem Moment, als Deutschland selbst zur Kolonialmacht wurde. Deshalb muss davon gesprochen 333 Vgl. Fernow, History, 347–348. 334 Vgl. Raumolin, Problem, 6. 335 Vgl. Anton Hendrik Berkhout, Ziele, Resultate und Zukunft der indischen Forstwirtschaft, Tübingen 1909, 9, 97; Moritz Büsgen, Die Organisation des Forstwesens auf Java, in: Der Tropenpflanzer, 8, 1904, 537. 336 Vgl. Hesmer, Einwirkungen, 126. Anzumerken ist, dass französische Kolonialförster ihre deutschen Kollegen in wissenschaftlichen Arbeiten kaum zitierten, was wohl nicht zuletzt auf das Konkurrenzverhältnis beider Staaten zurückzuführen war; vgl. Raumolin, Problem, 6. Ein ähnliches Phänomen lässt sich in der Geografie im letzten Drittel des 19. Jh. feststellen. Auch die Geografie nationalisierte sich und verband sich mit den kolonialen Machtinteressen einzelner europäischer Großmächte; vgl. Iris Schröder, Das Wissen von der ganzen Welt. Globale Geographien und räumliche Ordnungen Afrikas und Europas 1790–1870. Paderborn 2011, 196. 337 Vgl. Kirchberger, Scientists, 2, 17, 19.

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werden, dass nationale Grenzen in der ersten Phase der Konstitution der tropischen Forstwirtschaft zwar kaum eine Rolle spielten, jedoch zunehmend bedeutsamer wurden. Dies zeigte sich auch daran, dass die transimperialen Transfers von Pflanzen und Saatgut nicht immer reibungslos funktionierten338 oder dass man den Ankauf von Teaksaat in Deutsch-Ostafrika aus Britisch-Indien und Java in dem Moment einstellte, als die Teakbäume in der Kolonie genug eigenes Saatgut produzierten.339 Ferner rief man in Deutschland ab dem Jahr 1907 ein eigenes nationales Ausbildungsprogramm für den kolonialen Forstdienst ins Leben (vgl. S. 293 f.). Internationale Waldschutzresolution Dass man in Waldschutzfragen nicht unbedingt transkoloniale Zusammenarbeit praktizierte, lässt sich auch am Schicksal der ersten internationalen Waldschutzresolution ablesen. Eine solche war im Rahmen des zweiten Kongresses der International Association of Colonial Agriculture seitens des deutschen Forstbotanikers Moritz Büsgen vorgeschlagen worden. Der Hintergrund war, dass der deutsche Gouverneur von Togo nach internationaler Zusammenarbeit im kolonialen Waldschutz verlangt hatte. Bei Togo handelte es sich um eine kleine Kolonie, die mit den benachbarten Kolonien  – der britischen Goldküste und Französisch-Westafrika – zusammenhängende Waldbestände aufwies. Aus der Perspektive Togos mochte es opportun erscheinen, mit den benachbarten Kolonialmächten in Waldschutzfragen zusammenzuarbeiten, weshalb Büsgen auf die grenzübergreifende Bedeutung von »Urwäldern« zu sprechen kam. Der Forstexperte argumentierte, diese seien ein »Geschenk der Natur« und insbesondere aufgrund ihrer Bedeutung für die Wasserhaltung zu schützen.340 Vor allem ging es Büsgen um die Vermeidung von Naturkatastrophen. Seine Ausführungen waren auf die Verabschiedung einer internationalen Waldschutzresolution für koloniale Grenzgebiete angelegt. Die zwischen den beteiligten Regierungen zu vereinbarenden Maßnahmen sollten sich auf die Verhinderung der Ausbreitung von Grasbränden und Wildfeuern, ferner auf die Erhaltung und Regelung der Wasserzuflüsse an Bach- und Flussläufen sowie auf den Schutz von Uferwäldern erstrecken. Darüber hinaus sei erwünscht, dass sich die Regierungen rechtzeitig über das Auftreten gefährlicher Schädlinge in »Kulturwäldern« in Kenntnis setzen.341 Büsgen sah als erwiesen an, dass eine Zusammenarbeit beim Waldschutz im Eigeninteresse jeder Kolonie liege, da man andernfalls mit wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen hatte. Zur Begründung dieser Position hatte er vor allem auf Waldschutzerfahrungen aus Deutsch-Ostafrika verwiesen, auch wenn er 338 Vgl. Übersicht, in: BLFW, 1, 1902, 53–54. 339 Vgl. Hesmer, Einwirkungen, 191. 340 Vgl. Büsgen, Waldschutz, S. 6. 341 Vgl. ebd., S. 9.

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diese nur aus Berichten und nicht aus eigener Anschauung kannte. Hieran zeigte sich, dass Deutsch-Ostafrika im Hinblick auf den Waldschutz eine Vorrangstellung innerhalb des deutschen Kolonialreichs einnahm, die auch auf internationaler Bühne anerkennenswert erschien. Nicht zuletzt hatte der britische Kolonialforstexperte Hutchins geschrieben, dass in Deutsch-Ostafrika seit der Jahrhundertwende ein »höchst verständiger Waldschutz« ausgeübt werde, während man diesen in Britisch-Ostafrika noch völlig vernachlässige.342 Mit der Annahme der Resolution schien ein Durchbruch bei der grenzübergreifenden Waldschutzpolitik erreicht worden zu sein, was die Kolonialverwaltung in Berlin euphorisch begrüßte. Sogleich schlug man dem damaligen Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Albrecht von Rechenberg, vor, entsprechende Maßnahmen mit der Regierung von Britisch-Ostafrika zu vereinbaren.343 Doch zeigte von Rechenberg wenig Begeisterung. Er antwortete der Berliner Kolonialverwaltung, dass sich der internationale Waldschutz nur lohne, wenn es sich um Flüsse handele, wenn also die Schifffahrt durch Abholzungen am Oberlauf gefährdet sei. Doch sah er für Deutsch-Ostafrika keinen Handlungsbedarf, da die Kolonie keine entsprechenden Flussläufe mit Britisch-Ostafrika teilte. Darüber hinaus fürchtete von Rechenberg den bürokratischen Aufwand der Umsetzung einer internationalen Waldschutzvereinbarung. Er schrieb, diese habe nur eine »erhebliche Vermehrung des Schreibwerks« zur Folge und bringe dem ostafrikanischen Schutzgebiet letztendlich keinen Nutzen. Der Gouverneur bat darum, Deutsch-Ostafrika in derartige Verhandlungen nicht einbeziehen zu müssen. Weiter bemerkte er gegenüber Berlin, dass in den Aussagen Büsgens nichts enthalten sei, was nicht bereits seit langen Jahren in Deutsch-Ostafrika bekannt wäre. Deshalb sei es für die Schutzgebietsverwaltung völlig gleichgültig, ob in den Kolonien anderer Mächte oder auch in Nachbargebieten Waldschutzmaßnahmen ergriffen werden. Ferner sei es vorteilhaft, die fortgeschrittenen forstwirtschaftlichen Methoden aus Deutsch-Ostafrika nicht an andere Mächte zu verraten, weil dies »bessere Aussichten für [den] späteren Absatz deutsch-ostafrikanischen Holzes bietet.«344 Von Rechenberg beließ die Dinge, wie sie waren. Nationale wirtschaftspolitische Erwägungen und die Angst vor teurer Bürokratie standen den Bemühungen zur Etablierung eines grenzübergreifenden kolonialen Waldschutzregimes in Ostafrika entgegen. Letztendlich zeigte sich bei von Rechenberg eine Haltung, die als eine Politik des »beggar-your-neighbour« bezeichnet werden kann. Denn er sah die Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit nicht ein, obwohl sich Deutsch- und Britisch-Ostafrika durchaus einige Waldbestände teilten. Daran lässt sich erkennen, dass der wissenschaftlich 342 Vgl. Schreiben der Kölnischen Volkszeitung an RKA, Deutscher und englischer Waldschutz in Afrika vom 8. September 1911; BArch R 1001/ 7683, 135. 343 Vgl. Schreiben Gouvernement an RKA betr. Internationale Regelung des Forstschutzes vom 27. September 1910; BArch R 1001/ 7683, 93. 344 Vgl. ebd.

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durchaus gewünschten transimperialen Kooperation seitens der Politik Grenzen gesetzt wurden. Somit mögen die kolonialforstlichen Transfers und Beziehungen im letzten Drittel des 19. Jh. zwar ein Indikator für die transimperiale Zusammenarbeit sein, doch wird deutlich, dass im Zweifelsfall nationale Erwägungen die politischen Entscheidungen prägten. Kooperation hatte ihre Grenzen, die Nation war ein wichtiger Referenzrahmen des Handelns. Zwar fehlte es bis in den 1. Weltkrieg hinein und im Anschluss daran nicht an weiteren Versuchen, die tropische Waldwirtschaft global zu koordinieren.345 Insbesondere verstärkte sich die Zusammenarbeit zwischen England und Frankreich.346 Letztendlich kooperierten Imperien aber nur so lange miteinander, wie es für beide Seiten einen Vorteil oder zumindest keinen Nachteil bedeutete, wobei die wissenschaftlichen Kräfte eher zentripetal, die politischen jedoch stärker zentrifugal wirkten.347

3.1.2 Geschichts- und Wirtschaftsverständnis Die koloniale Forstwirtschaft legitimierte sich als angewandte Wissenschaft stark über historische Bezüge. Dem kolonialforstlichen Denken lag ein universales Kulturstufenmodell der Weltforst- bzw. Weltwaldgeschichte zugrunde. Mittels dieses Modells und der Konstruktion unmittelbarer ökonomischer, konservatorischer und präservatorischer Bedrohungsszenarien ließ sich der Transfer forstwirtschaftlicher Praktiken von Europa in die Kolonien rechtfertigen. Das forsthistorische Kulturstufenmodell bildete das Grundgerüst einer Erzählung über das globale Verhältnis von Mensch und Wald348, dem die Vorstellung von zivilisatorischem Aufstieg und Fall inhärent war. If there be one philosophy more readily derivable than another from the study of history of forestry it is that history repeats itself. The same policies and the same methods which we hear propounded today have at some other time been propounded and tried elsewhere: we can study the results, broaden our judgement and avoid the mistakes of others.349

345 Vgl. Association Scientifique Internationale d’Agronomie Coloniale (Hrsg.), Première Réunion Internationale d’Agronomie Colonial. Provoquée par la Société Française de Colonisation et d’Agriculture Colonial (tenue a Paris, du 21 au 26 juin 1905). Paris 1906, 13–14; The American Journal of International Law, 2, 1908, 358–362; Science, N. S., 48, 1918, 387–388; The World Forestry Congress, in: Science, 63, 1926, 612; Asher Hobson, The International Institute of Agriculture. An historical and critical Analysis of its Organization, Activities, and Policies of Administration. Berkeley 1931, 36, 45, 51, 73, 106. 346 Vgl. Grove, Ecology, 31.  347 Vgl. Kirchberger, Scientists, 17, 19. 348 Der Kolonialforstexperte Heinrich Semler betrachtete die Weltwaldgeschichte als »Seitenstück« einer globalen Geschichte des Bodens; vgl. Semler, Waldwirtschaft, 3. 349 Fernow, History, 1. 

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Das zugrunde liegende Geschichtsbild beruhte auf Annahmen eines diffusionistischen Evolutionismus:350 Jede Zivilisation hatte notwendig verschiedene Stufen des Verhältnisses von Mensch und Wald zu durchlaufen, wobei die letzte Stufe stets die nachhaltige Waldwirtschaft in staatlicher Regie bildete. Dementsprechend ließ sich die forstwirtschaftliche Entwicklung eines Landes als Indikator heranziehen, um dessen zivilisatorischen Stand innerhalb einer absoluten Entwicklungsskala zu verorten.351 Man ging von insgesamt vier zivilisatorischen Entwicklungsstufen aus und nahm an, dass auf der ersten Stufe der Wald kaum als etwas Wertvolles oder als persönliches Eigentum wahrgenommen werde. Das Bedürfnis nach Ackerland und Weide stehe auf der ersten Kulturstufe im Vordergrund, weshalb die Haltung von Bauern und Viehhaltern gegenüber dem Wald notwendig feindlich sei. Ihr Bedürfnis nach Land führe zu »forest destruction«.352 Auf der nächsten Kulturstufe werde die Beschränkung der Waldnutzung als Weide und der Schutz des Waldes vor agrarischem Feuer durchgesetzt, um den Wald als Holzlieferant zu nutzen. Diese Stufe bezeichnete man als »conservative lumbering«. Auf der dritten Stufe folgte die aktive Kultivierung von Wäldern, die entweder auf natürlicher Regeneration oder auf künstlicher Pflanzung beruhte. Es handelte sich um die Stufe der »silviculture« oder »Waldkultur«. Auf der nächsten, letzten Kulturstufe gehe man zur systematischen Bewirtschaftung von Wäldern mittels kontinuierlicher Verwaltung über, um einen nachhaltigen Holzertrag – »sustained yield« – zu erzielen: »forest economy [Forstwirtschaft] is introduced.«353 Diese höchste Stufe des Verhältnisses von Mensch und Wald stellte in kolonialforstlicher Perspektive das ideale Modell der Entwicklung dar, wobei man den Idealtyp seinerzeit aus der realtypischen Entwicklung in Deutschland ableitete.354 [Germany] is the preeminently in the lead in forestry matters and has passed through all the stages of development of forest policies and forestry practice, which, with more or less variations must be repeated in other countries.355

350 Vgl. Dieter Haller, dtv-Atlas Ethnologie. München 2005, 39. 351 Vgl. Jeffrey K. Wilson, Environmental Chauvinism in the Prussian East: Forestry as a Civilizing Mission on the Ethnic Frontier, 1871–1914. in: Central European History, 41, 2008, 27–70. Es ist davon auszugehen, dass Förster in kolonialen Kontexten davon überzeugt waren, mit ihrem Handeln zur Zivilisierung der unterworfenen Bevölkerungsgruppen beizutragen, auch wenn die Folgen ihres Handelns andere waren, als ursprünglich beabsichtigt; vgl. Jürgen Osterhammel, The Great Work of Uplifting Mankind. Zivilisierungsmission und Moderne, in: Boris Barth (Hrsg.), Zivilisierungsmission. Imperiale Weltverbesserung seit dem 18. Jahrhundert. Konstanz 2005, 411. 352 Vgl. Fernow, History, 5. Man beachte hier die Semantik, da Fernow nicht wertneutral von Rodung oder positiv von Urbarmachung sprach, sondern von »Waldzerstörung«. 353 Vgl. ebd., 5–6. 354 Vgl. Fernow, History, 27–31. 355 Ebd., X.

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Den Kolonialforstexperten diente das Kulturstufennarrativ nicht nur, um forstwirtschaftliche Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit vergangenen Kulturen zu gewinnen, sondern auch zur Diagnose ihrer Gegenwart. Dabei kritisierten sie vor allem den Umgang mit tropischen Wäldern in kolonialen Gebieten, die noch keine Forstverwaltung hatten. Sie schrieben, die gegenwärtige Gesellschaft säge an dem Ast, auf dem sie sitze, wenn sie in Kolonien ungeregelt den Wald ausbeute.356 Doch akzeptierten die Kolonialförster die Einstellung von Siedlern gegenüber dem Wald. Es hieß, nicht die »Verwandlung des Waldes in Acker« rufe die Entwaldungsklage hervor, sondern die »Zerstörung«, welche über die Deckung unmittelbarer Bedürfnisse weit hinausgehe. Diese sei zurückzuführen teils auf Gedankenlosigkeit und Leichtsinn, teils auf Unwissenheit und kurzsichtige Gewinnsucht.357 Das bedeutete, die Kolonialforstexperten akzeptierten den »Raubbau« durch größere Kolonialunternehmen nicht.358 Man nahm an, dass diese Unternehmen bereits auf einer höheren Kulturstufe standen, zumal ihre wirtschaftliche Betätigung über die unmittelbare Befriedigung der Grundbedürfnisse hinausging. Ein deutscher Kolonialforstexperte schrieb: [A]uf je höherer Kulturstufe die Waldvernichter stehen, umso schonungsloser und beharrlicher[,] und ich bin versucht zu sagen, grimmiger[,] arbeiten sie an der Zerstörung, die im bildlichen Sinne einer Selbstzerfleischung gleichkommt.359

In kolonialforstlicher Perspektive war vor allem die nicht nachhaltige, privat-kapitalistische, industriemäßige Ausbeutung nachwachsender Ressourcen intolerabel, zumal man Entwaldung mit kulturellem Niedergang gleichgesetzte. Deshalb hofften die kolonialen Forstexperten, dass in den Kolonien ebenso wie bei den mit »Thatkraft« beseelten Völker Europas ein Umdenken einsetzen werde.360 [W]ie sie jahrhundertelang den Boden durch Raubwirtschaft erschöpften, um ihn dann einer weiter und weiter ausgebildeten Hochkultur zu widmen, so lassen sie ab von der Waldverwüstung, um an ihrer Stelle eine auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Forstkultur treten zu lassen.361

Laut Forstexperten setzten weitblickende Völker nicht länger auf eine »Raubwirtschaft«, sondern sorgten für die Erhaltung nachwachsender Ressourcen. Darum plädierten sie dafür, dass sich von Europa ausgehend die »Kultur des Waldes« ebenso wie die »Hochkultur des Bodens«, wenn auch langsam und zögernd, so doch über den ganzen »Erdball« ausbreiten solle.362 Die kontinentaleuropäische 356 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 1, 8. 357 Vgl. ebd., 2; Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626. 358 Vgl. ebd. 359 Semler, Waldwirtschaft, IV. 360 Vgl. ebd., 2. 361 Ebd., 3. 362 Vgl. ebd., 3, 5.

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Forstwirtschaft in Frankreich und Deutschland sollte den Kolonialmächten als Vorbild dienen, zumal man in diesen »Mutterländern« dem Privateigentum bei der Waldnutzung mit Rücksicht auf das Gemeinwohl gewisse Beschränkungen auferlegte.363 Alle anderen Modelle galten als Abweichungen vom »rechten« Weg. Insbesondere von Deutschland erwartete man, dass es in seinen Kolonialgebieten mit gutem Beispiel vorangehe: »Hoffen wir, dass die deutschen Kolonien den Vortritt nehmen«, käme es anders, müssten sich die Deutschen in ihrer »Fähigkeit zur Kolonisation« stark »herabstimmen« lassen.364 Weltwirtschaftliches Leitbild In kolonialforstlicher Perspektive stellten die klimatischen Unterschiede der Erde einen naturgegebenen Entwicklungsmotor von Handelsbeziehungen dar. Die eine Hälfte der Welt brauchte jene Hölzer, die die andere zu bieten hatte, und umgekehrt. Es hieß, für »die schöpferischen Einflüsse klimatischer Verhältnisse« [gebe] es keinen Ausgleich, keinen Ersatz.«365 Letzterer Gedanke baute auf der einfachen Annahme auf, dass die Länder aufgrund der Nichtverfügbarkeit von bestimmten Rohstoffen in Handelsbeziehungen miteinander treten.366 In blumigen Worten schrieb man, die skizzierten Zusammenhänge seien ein »wohlthätige[s] Naturgesetz«, das die »Zonen des Erdballs in gegenseitige Abhängigkeit« stelle und dadurch die »Interessen der gesamten Menschheit« verknüpfe. Schließlich führe das wirtschaftliche »Naturgesetz« dazu, »eine ungesunde, dauernde Überhäufung weniger Völker mit materiellen Gütern« zu verhüten. Die »Bewohner jedes Breitengrades und jeder Höhenlage würden mit Mut und Hoffnung« erfüllt, einen »Siegespreis zu erringen in dem allgemeinen Wettbewerb um nationale Reichtümer, welche die Grundfesten eines hohen, geistigen Kulturlebens sind und ewig bleiben werden.«367 Dass sich diese Worte allein um die Durchsetzung kolonialpolitischer Interessen drehten, verdeckte man durch die idealistische Argumentation. Dabei machten sich die Forstexperten wenig Sorgen darüber, ob sich die wirtschaftlichen Vorstellungen Europas überhaupt auf außereuropäische Gebiete und das Selbstverständnis dort lebender Bevölkerungsgruppen übertragen ließen. Es handelte sich um eine »ethnozentrisch-evolutionistische Hoffnung«, die unterstellte, dass der Weg zu 363 Vgl. ebd., 7.  364 Vgl. ebd. Das kolonialforstliche Geschichtsnarrativ blieb in gewandelter Form noch lange prägend für das Selbstverständnis der tropischen Forstwirtschaft; vgl. Mantel, History, 3; Hesmer, Einwirkungen, 1–2. Heutige Historiker lehnen das kolonialforstliche Kulturstufennarrativ und dessen Nachfolger als technokratisch und a-historisch ab; vgl. Sunseri, Ax, XVIII. 365 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 10–12. 366 Semler blieb mit seinen volkswirtschaftlichen Überlegungen weit hinter den Grundannahmen der liberalen Handelstheorie zurück; vgl. David Ricardo, Grundsätze der Volkswirtschaft und Besteuerung. Jena 1923, 125–135, 346–355. 367 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 13.

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industriegesellschaftlichen Strukturen auch in politischer und administrativer Dimension für die ganze Welt unvermeidbar geworden sei.368 Schließlich stehe die »Notwendigkeit der Arbeitsteilung« in der Forstkultur zu allen Zeiten »unverrückbar fest«, weshalb es zu einer weltweiten Aufteilung der Tätigkeiten entlang unterschiedlicher Klimazonen kommen müsse.369 Dieser Logik folgend argumentierten die Forstexperten, dass die Bevölkerung tropischer Länder von der Einführung einer Forstkultur nach europäischem Muster unmittelbar profitieren würde.370 Solche Aussagen verschwiegen, dass die Kolonisation tropischer Waldgebiete gewaltsam erfolgte und man die daraus resultierenden Austauschund Abhängigkeitsbeziehungen bewusst ungleich aufgrund rassistischer Prämissen gestaltete.

3.2 Koloniale Walddiskurse Das universale kolonialforstliche Geschichtsnarrativ diente den Kolonialexperten als diskursives Gebäude zur Rechtfertigung ihres Handelns. Vor diesem Hintergrund erschien der Transfer forstwirtschaftlicher Praktiken von Mitteleuropa in koloniale Gebiete historisch alternativlos, wenn sich dort ein angemessener Umgang mit Wäldern einstellen sollte. Zur Begründung der unmittelbaren Dringlichkeit forstlicher Transfers brachten die Kolonialforstexperten im letzten Drittel des 19. Jh. weitere Argumente ins Spiel, die sich um den ökonomischen, konservatorischen und präservatorischen Wert tropischer Wälder drehten.

3.2.1 Ökonomischer Diskurs In kolonialforstlicher Perspektive sollten die modernen »Errungenschaften« der europäischen Forstwirtschaft und Forstwissenschaft in koloniale Gebiete übertragen werden, um einer dort herrschenden »systematischen Raubwirtschaft« durch einheimische Bevölkerungsgruppen und Kolonialunternehmen ein Ende zu bereiten. An deren Stelle sollte zum Wohl des gesamten Wirtschaftslebens eine »rationelle Kultur und Ausnutzung« der Wälder durch staatliche Forstverwaltungen treten.371 368 Vgl. Trutz von Trotha, Koloniale Herrschaft. Zur soziologischen Theorie der Staatsentstehung am Beispiel des »Schutzgebiets Togo«. Tübingen 1994, IX. 369 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 13. Semler rekurrierte vermutlich auf Adam Smiths Konzept der Nichtverfügbarkeit von Gütern als Anreiz für den internationalen Handel; vgl. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen. München 51974, 371–372. 370 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 10–12. 371 Ebd., III.

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Globale »Holznot« Laut Jürgen Osterhammel transferierten die europäischen Kolonialmächte das anwendungsbezogene forstliche Wissen aufgrund ökonomischer Angst in koloniale Gebiete.372 Im Zentrum des ökonomischen Forstdiskurses stand die Erzählung über eine heraufziehende globale »Holznot«. Schließlich hatte das US Landwirtschaftsministerium im Jahr 1868 eine nahende »exhaustion of timber resources« verkündet.373 In den USA war es im Verlauf des 19. Jh. durch Pionierfarmer in den frontier-Regionen374 zu großflächiger Entwaldung gekommen.375 Bis zum Jahr 1850 hatte man 4.603.000 Hektar dichten Wald in den östlichen und südlichen Staaten gerodet, bis 1910 weitere 7.709.000 Hektar. Es handelte sich um die weltgeschichtlich größte Entwaldungsperiode aller Zeiten.376 Kolonialforstexperten fragten sich, ob nach dem zeitlich absehbaren Abschluss der »riesige[n] Raubwirthschaft« in den nordamerikanischen Wäldern noch ein ausreichender Holzvorrat zur Deckung der vielseitigen und wachsenden Bedürfnisse in den industriellen Metropolen Europas zur Verfügung stehe.377 Sorge bereitete ihnen, dass die Holzunternehmen in den USA den Weltmarkt mit billiger Ware überschwemmten, was »entmutigend« auf die Entwicklung der Forstkultur in anderen Ländern wirke.378 Die durch »kurzsichtige Habsucht« hervorgerufene Überproduktion habe zu einer »Waldverwüstung« ungeheuren Ausmaßes geführt, der man in den USA staatlicherseits zu zögerlich begegne. Schließlich müsse der Staat entsprechende Gesetze zum Waldschutz erlassen, da die private Verfügung über den Boden das Gemeinwohl nicht garantieren könne.379 Die Förster kalkulierten in Wirtschaftszyklen, die mehrere menschliche Generationen umfassten und schrieben, diese zentrale »Eigenart des Forstwesens« werde »naturnotwendig durch die Langlebigkeit der Holzpflanze« hervorgerufen.380

372 Vgl. Osterhammel, Verwandlung, 549. 373 Müller, Forest, 19; Friedrich Freiherr von Löffelholz-Colberg, Die Bedeutung und Wichtigkeit des Waldes. Ursachen und Folgen der Entwaldung und Wiederbewaldung mit Rücksicht auf Pflanzenphysiologie, Klimatologie, Meteorologie, Forststatistik, Forstgeografie und die forstlichen Verhältnisse aller Länder für Forst- und Landwirthe, Nationalökonomen und alle Freunde des Waldes aus der eingeschlagenen Literatur systematisch und kritisch nachgewiesen und bearbeitet. Leipzig 1872, 118, 120. 374 Zum Begriff frontier; vgl. Osterhammel, Verwandlung, 471–472. 375 Auch in anderen frontier-Regionen – Australien, Neuseeland, Südamerika, Afrika und Asien – kam es zu großflächiger Entwaldung, doch waren die USA das Paradebeispiel; vgl. Michael Williams, Deforestation, in: Shepard Krech III, John R. McNeill, Carolyn Merchant (Hrsg.), Encyclopedia of World Environmental History. New York 2004, 294. 376 Vgl. ebd., 295. 377 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 9. 378 Vgl. ebd., 88. 379 Vgl. ebd., 5. 380 Vgl. Friedrich Jentsch, Die Entwicklung des Forstwesens in den deutschen Kolonien, in: Mitteilungen des deutschen Forstvereins, 15, 1914, 81.

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Deshalb betrachteten sie privatwirtschaftliche Spekulation als »das Schlimmste, vor dem sich jeder Forstmann hüten« solle. Vielmehr müsse er sicher arbeiten, weil sein »angelegtes Kapital« zu viele Jahre brauche, bevor es sich überhaupt verzinsen könne.381 Unser schöner Beruf ist zu gleicher Zeit aber auch der langweiligste, denn unsere Generation kann nur säen, ernten werden mit geringen Ausnahmen nur die zweite und dritte Generation.382

In forstwirtschaftlicher Perspektive konnte nur die Staatsforstverwaltung eine sichere »Konservation« von Wäldern garantieren, ungezügelter »Raubbau« war keine Option.383 Folglich empfahlen die Forstexperten aus allen wichtigen Waldungen »Nationalforste« zu bilden und diese von Staatsforstbeamten verwalten zu lassen. Die übrigen Wälder sollte man dem »Gutachten der Grundbesitzer« überlassen und dort nur durch »mäßige Besteuerung« und die Verbreitung forstwirtschaftlicher Lehren staatlicherseits Einfluss nehmen.384 In solchen Ausführungen zeigte sich ein Kampf auf ideologischer Ebene, in dem unterschiedliche Wirtschaftsauffassungen  – liberale versus neomerkantile / konservative – aufeinandertrafen. Während das amerikanische Modell für die private Gewinnung von Nutzholz und den weltweiten Freihandel stand, sah das kontinentaleuropäische Modell geschlossene Wirtschaftsräume mit staatlichen Forstverwaltungen und einer stärkeren staatlichen Kontrolle privater Unternehmen vor. Deutsche Kolonialpolitiker befürchteten, dass ein weltweites Steigen der Holzpreise die unausweichliche Folge sei, wenn »Amerika« seine »scheinbar unerschöpflichen Urwaldbestände« gelichtet habe. Dies führe zu einem »Holzmangel« insbesondere bei den Edelhölzern. Auch wenn Brennholz durch Kohle und Bauholz durch Eisen substituiert werden könne, bleibe die deutsche Möbelindustrie auf Edelhölzer angewiesen. Deshalb sahen führende industrielle Kreise im Reich die Notwendigkeit aus den deutschen Kolonien »Ersatz« herbeizuschaffen.385 Die Verantwortung sollte dabei grundsätzlich beim Staat liegen, da man die kolonialen Waldbestände als »Schätze unserer Kolonien« wirtschaftlich und finanziell für höchst bedeutsam hielt. Durch koloniale Forstwirtschaft könne man »Reiche« gewinnen und »hocherfreuliche Einnahmen für 381 Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 82. 382 Vgl. ebd., 82–83. 383 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 5.  384 Vgl. Löffelholz-Colberg, Bedeutung, 13–14. 385 Vgl. Hermann Paasche, Deutsch-Ostafrika. Wirtschaftliche Studien. Berlin 1906, 383–384; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Von der »Deutschen Doppel­revolution« bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1849–1914, Bd. 3. München 22006, 1139–1140.

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die öffentlichen Kassen« generieren, schrieb Hermann Paasche, ein führender nationalliberaler Kolonialpolitiker.386 Wie in der deutschen Heimat die Pflege und Sicherheit des Waldes in immer schnellerem Tempo den Händen des Staates anvertraut wird, so sollte man erst recht die günstige Gelegenheit benutzen, um auf die herrenlosen Waldbestände der Kolonie die schützende und pflegende Hand des Staates in weitem Umfang zu legen.387

Britisch-Indien erschien deutschen Forstexperten als großes Vorbild, zumal es dort bereits zu einer »entschiedene[n] Nachahmung« des europäischen Modells gekommen sei.388 Dort habe man die Wälder in »reservierte« und »offene« Wälder eingeteilt. Die reservierten Wälder stünden unter der »direkten Bewirtschaftung« staatlicher Forstbeamter mit dem Ziel ihrer »Erhaltung« und »Entwickelung« als »Nationalwohlstandsquelle.«389 In Britisch-Indien habe man erkannt, dass lediglich der Staat die Waldbewirtschaftung im Interesse des Gemeinwohls ausführen könne. Zwar sei auch die »Mitwirkung« von Privatpersonen an der Erhaltung und Pflege von Wäldern sehr erwünscht, doch müsse dem Staat ein ausreichender Grundstock von Wäldern zufallen, um die Bedürfnisse der Bevölkerung decken zu können – und zwar unabhängig vom Wollen oder Können einzelner Privateigentümer.390 Die indische Regierung habe diesbezüglich richtig gehandelt und die Aufgabe der »Forstkultur« nicht »unwilligen Grundbesitzern« anheimgestellt, sondern einer staatlichen Forstverwaltung.391 Globale Holznotdebatte nach 1900 Während Britisch-Indien als positives Beispiel bei der Einführung kolonialforstlicher Praktiken erschien, dienten die Vereinigten Staaten immer wieder als Negativfolie. Nicht zuletzt deshalb gewann die Debatte um eine globale »Holznot« neues Moment, als die frontier auf dem US -amerikanischen Festland zur Mitte der 1890er-Jahre ihr Ende fand. Daraufhin empfahlen Forstexperten, verstärkt zu einer weltweiten »rationalen« Nutzholzbewirtschaftung überzugehen. Man sah die Gefahr, dass es zu einem »Angreifen der aufgespeicherten Holzkapita­ lien« in »Urwäldern« kam, wenn die USA als Nutzholzexporteur ausfielen. Hierdurch sei das Problem der »Holzknappheit« zwar kurzfristig zu lösen, jedoch in 386 Vgl. Paasche, Deutsch-Ostafrika, 400. 387 Ebd., 401. 388 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 5. 389 Vgl. ebd., 38. Semler reflektierte die Praktiken der indischen Forstverwaltung vermutlich in starker Anlehnung an den Artikel Progress of Forestry in India, den Dietrich Brandis im Jahr 1884 veröffentlicht hatte, allerdings ohne ausdrücklich Bezug auf diese Quelle zu nehmen; vgl. Brandis, Progress, 247–281. Der Hinweis auf Semlers potenzielle Informationsgrundlage stammt von Richard Hölzl. 390 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 88. 391 Vgl. ebd., 6–7.

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zeitlicher Dimension nur auf Kosten zukünftiger Generationen und in räumlicher Dimension auf Kosten bisher nicht industriell genutzter Waldgebiete.392 Es wird deutlich, dass man um die Jahrhundertwende offen darüber sprach, dass industrielle Expansion langfristig zur übermäßigen Ausbeute nachwachsender Rohstoffe in peripheren Räumen führe. Diese Sorge war es, die viele koloniale Forstexperten in ihrer Auffassung bestärkte, dass die Ausbeutung von »Urwaldbeständen« nur in »regelmäßigem Staatsbetrieb nach europäischem Muster« erfolgen dürfe. »Waldvermehrung« und »Waldverbesserung« in tropischen Kolonien erklärte man zu wichtigen Staatszielen.393 Die Forstexperten hofften, durch staatlichen Waldbesitz, durch gesetzliche Schutzmaßregeln und durch Belehrung von Waldbesitzern der »Waldverwüstung« vorbeugen zu können.394 Unter Rückgriff auf das Kulturstufennarrativ formulierten sie: Wohin wir schauen, in den alten Kulturstaaten und in neuen Kulturländern überall finden wir die Erscheinung, daß der kurzlebige Mensch den von der Natur ihm zur Verfügung gestellten Wald zuerst und da noch berechtigt als Kulturhemmnis bekämpft und beseitigt, dann aber unberechtigt die noch reichlich gebotenen, leicht gewinnbaren, in ihrer Brauchbarkeit leicht und erheblich steigenden Waldprodukte im Streben nach Gegenwartsgewinn abnutzt, ohne für spätere Generationen zu sorgen.395

Unter Bezugnahme auf das Narrativ der angeblichen »Holznot« in Europa im 18. Jh. hieß es weiter: »Unsere Vorfahren in Deutschland« hätten den Wald jahrhundertelang gerodet, bevor sie die »furchtbare Angst vor kommendem Holzmangel« zur Einsicht gezwungen habe. Andere Völker und Länder hätten diese Erkenntnis viel zu spät oder überhaupt noch nicht erlangt. Die europäischen Mittelmeerländer und Nordamerika seien düstere Beispiele. Dort habe man Waldgebiete, die für alle Zeiten unerschöpflich schienen, in rascher Gewinnsucht vernichtet, wodurch das Land auf weite Erstreckung »verödet« sei.396 Doch könne man diesen Missstand durch »Waldkultur« beheben, insofern man das industrielle Wachstum langfristig am Tempo der nachhaltigen Produktion regenerativer Energieträger orientiere.397 Diese konservative Position wurde nicht von allen Kolonialforstexperten geteilt. Einige hielten es bei steigenden Holzpreisen durchaus für gerechtfertigt, die primären Waldbestände der Erde weiterhin privatwirtschaftlich auszubeuten. Ihnen erschien der Gedanke, dass Holz in kolonialen Gebieten scheinbar 392 Vgl. Melard, Über die Unzulänglichkeit der Nutzholzerzeugung auf der Erde. Auszug aus einem Vortrag des Forstinspektors Melard-Paris auf dem Pariser Forstkongress im Juni 1900, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt, 22, 12, 1900, 602, 609–610. 393 Vgl. Büsgen, Forstwirtschaft, 810. 394 Vgl. Melard, Unzulänglichkeit, 610. 395 Jentsch, Entwicklung, 81. 396 Vgl. ebd. 397 Vgl. Müller, Forest, 10, 16; Melard, Unzulänglichkeit, 610.

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»ungenutzt zu Grunde« ging, nicht hinnehmbar.398 Diese Forstexperten setzten bezüglich der Sicherstellung einer weltweiten Holzversorgung nicht auf den Staat, sondern auf die Kräfte des Marktes. Es hieß, man könne einwenden, was man wolle, es sei und bleibe das Verdienst der im Ausland gegründeten, großen, mit viel Kapital arbeitenden Holzgesellschaften, die großen entlegenen Waldgebiete dem Weltmarkt zu erschließen.399 Eine privatwirtschaftliche Ausbeutung nach amerikanischem Muster sei auch in deutschen Kolonien unumgänglich400, da in absehbarer Zeit nur große, kapitalkräftige Gesellschaften in der Lage seien, Transportmittel, wie Drahtseilbahnen, Feldbahnen usw., zu finanzieren, um die »Urwaldbestände« auszunutzen. Der Staat solle zunächst allein die planmäßige Anlage der forstwirtschaftlichen Infrastruktur mit Anschlüssen an die großen Verbindungsstraßen überwachen und erst nach einigen Jahren die Ausnutzung der Waldbestände selbst in die Hand zu nehmen.401 Ein Kolonialförster aus Deutsch-Ostafrika forderte mehr »Ellenbogenfreiheit« für die Unternehmer, um die kommerzielle Ausbeutung von Waldprodukten auf absehbare Zeit privaten Konzessionären überlassen zu können.402 Doch wollten auch die liberalen Kolonialforstexperten, dass die Ausbeutungspraxis der privaten Unternehmen »geregelt« vor sich ging und jede Art der »Raubwirtschaft« vermieden werden sollte, indem der Staat die Unternehmen kontrollierte.403 Staatliche Konzessionen an Unternehmer dürften erst nach Abschluss wissenschaftlicher Untersuchungen vergeben werden. Die naturgesetzlichen Grundlagen tropischer Wälder seien genau zu studieren, bevor es zur Waldausnutzung und Waldneuanlage durch private Firmen käme.404 In liberaler Perspektive trugen private Holzunternehmen zur »Förderung von Handel und Wandel« und zur »Herstellung neuer Kommunikation [Infrastruktur]« in kolonialen Gebieten bei. Letztendlich dienten die Kolonialunternehmen in dieser Perspektive dem »Endzweck« aller Kolonisation, der »Verbreitung der Zivilisation« und der »Schöpfung neuer menschlicher Gesellschaften.«405 Deutlich wird, einige Förster favorisierten den Einsatz großer Kapital­ gesellschaften zur Erschließung kolonialer Waldbestände, wohingegen andere 398 Theodor Marquart Max Endres, Über die Unzulänglichkeit der Nutzholzerzeugung auf der Erde. Bemerkungen zu dem Vortrage des Forstinspektors Melard-Paris, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt, 22, 1900, 613, 614. 399 Vgl. ebd., 614. 400 Vgl. Gieseler, Anfänge, 233; Siebenlist, Forstwirtschaft, 22. 401 Vgl. Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 87. 402 Vgl. Rudolf Gieseler, Kritische Betrachtungen exotischer Holzexploitationsunternehmen, in: Deutsche Forst-Zeitung, 25, 1910, 3. 403 Vgl. Gieseler, Anfänge, 232–233. 404 Vgl. Anonymus, Waldungen, 300–302. 405 Vgl. Gieseler, Betrachtungen, 3–4.

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den Staat in der Verantwortung sahen. Innerhalb der forstwirtschaftlichen Profession standen sich unterschiedliche Konzepte des kolonialen Forstwesens gegenüber, die mit bestimmten Vorstellungen von wirtschaftlichem Wachstum, Gemeinwohl und generationeller Gerechtigkeit verknüpft waren. Einige Forstexperten vertraten in dieser Debatte eine an Gleichheitsvorstellungen orientierte, etatistische, zugleich idealistische und konservative Position, da sie für alle Länder der Erde die gleiche Form der staatlichen Waldwirtschaft forderten. Andere vertraten hingegen eine realistische, kurzfristig orientierte, liberale Position. Sie strebten eine marktwirtschaftliche Lösung des Knappheitsproblems nach dem Leistungsprinzip an. In ihrer Perspektive lieferten steigende Holzpreise Anreize, um Unternehmen zu einer Ausbeutung schwer zugänglicher primärer Waldgebiete zu bewegen. Diesbezüglich warfen die Vertreter der liberalen Position den konservativen Forstexperten vor, die »Holznotfrage« zu instrumentalisieren, um eine staatliche Intervention in den weltweiten Holzmarkt zu rechtfertigen. Zur Verdeutlichung dieses Arguments griffen sie auf das historische Beispiel der »Holznot« im 18. Jh. zurück und schrieben: Was seinerzeit für die Länder Mitteleuropas diskutiert worden sei, tauche nun als Frage der »Waldungen der Welt«, als eine »Weltbilanz« wieder auf. Hierdurch beabsichtige man nichts anderes, als abermals einen staatlichen Zugriff auf Wälder zu erzwingen. Schließlich lasse sich die Behauptung einer weltweiten »Holznot« nicht beweisen, sie stelle ein »Brillantfeuerwerk« dar.406 Deutlicher konnte man sich gegenüber der interventionistischen Position nicht abgrenzen, die ihre Argumentationsstrategie auf Behauptungen aufbaute, die ebenso wenig beweisbar waren wie das Narrativ einer europäischen »Holznot« im 18. Jh. Doch ist fraglich, ob der Vorschlag zur privatwirtschaftlichen Ausbeutung tropischer Waldvorkommen ein besserer Lösungsweg war. Zumindest räumten die liberalen Experten ein, dass auch die industrialisierten Länder Europas ihre Holzproduktion steigern müssten, um die Holzversorgung zukünftig zu sichern. Dies könne jedoch niemals in einem Maße geschehen, in dem eine Eigenversorgung möglich werde. Folgerichtig mussten in liberaler Perspektive die bisher nicht industriell genutzten Waldbestände der Erde angegriffen werden. Hart- oder Weicholznot? Die konservativen Befürworter des Transfers mitteleuropäischer Forstverwaltungsstrukturen waren durch die liberale Kritik unter Druck geraten. Zusätzlich wurde das Narrativ einer globalen »Holznot« aus anderer Perspektive infrage gestellt. Eine zeitgenössische Studie zur Analyse des weltweiten Holzmarkts von William Schlich zeigte, dass man die Debatte um die Lösung des vermeintlich weltweiten Holzversorgungsproblems völlig undifferenziert führte. Stark ana 406 Vgl. Endres, Unzulänglichkeit, 623.

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lytisch wies diese Studie nach, dass man bei der Diskussion um die zukünftige Holzversorgung Europas zwischen den Marktsegmenten von Hartholz und Weichholz unterscheiden müsse. Bei 83 % der auf dem europäischen Markt eingeführten Hölzer handelte es sich um Weichhölzer und nur bei 13 % um Harthölzer. Letztere spielten in der industriellen Produktion eine untergeordnete Rolle, weshalb dort auch keine globale Knappheit herrschte. Eine Preissteigerung bei Harthölzern sei nicht zu erwarten, hieß es, da es in Nord- und Südamerika, in Afrika und selbst in Australien noch genügend Bestände gebe. Ganz anders stand es laut der Studie um die Nadelhölzer, wo nur Schweden als europäisches Land seine Produktion noch ausweiten könne. Außerhalb Schwedens kämen als Exportländer nur Kanada, die Vereinigten Staaten und Neuseeland infrage. Bei diesen Ländern sei es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis ihre Holzvorräte erschöpft seien, sodass die Länder Europas nicht mehr beliefert werden könnten. Vor allem Neuseeland könne nur noch eine geringe Menge an Holz liefern, sobald es zu einer nachhaltigen Produktion übergehe. Ferner würde Kanada bald verstärkt an die USA liefern, weshalb es als Lieferant für Europa kaum noch in Betracht käme.407 Diese Analyse des globalen Holzmarktes war differenzierter als die zuvor besprochenen Ansätze, bei denen es sich eher um einen pauschalisierenden Streit zwischen konservativen (staatszentrierten) und liberalen (markzentrierten) Denkern handelte. Stattdessen empfahl Schlichs Studie den Ländern Europas, eine stärker auf den eigenen Raum beschränkte Strategie mittels Sparsamkeit im Holzkonsum und der Aufforstung von Brachflächen zu verfolgen. Die Wälder müssten pfleglich behandelt werden, sodass die Zuwachsrate erhöht und die Umwandlung von Nieder- und Mittelwald in Hochwald betrieben werden könne. Schlich ging davon aus, dass der zu erwartende Preisanstieg im Weichholzsegment keinen Anreiz für private Unternehmen zur Ausbeutung von »Urwaldbeständen« biete, sondern dass hierdurch in Europa eine »mehr und mehr pflegliche Waldwirtschaft« auf immer mehr Flächen finanziell möglich werde.408 Diese Überlegungen waren an einer bedarfsgerechten Holzproduktion auf Grundlage der Bodenreinertragslehre orientiert. Mittels des sächsischen Industriewaldmodells sollten die Bedürfnisse Europas befriedigt werden. Die Lösung des antizipierten Holznotproblems sollte in den industrialisierten Ländern Europas erfolgen, zumal es in Kolonialgebieten kaum industriell nutzbare Weichholzvorkommen gab.409 In der Studie wurde klar, dass sich eine Notwendigkeit zur Einrichtung kolonialer Forstverwaltungen oder zur privaten Ausbeutung von »Urwäldern« 407 Vgl. William Schlich, Über die Unzulänglichkeit der Nutzholzerzeugung der Erde, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt, 23, 1901, 293. 408 Vgl. ebd., 296. 409 Vgl. ebd., 297.

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außerhalb Europas eigentlich nicht ergab. Bei nüchterner Analyse des internationalen Holzmarkts zeigte sich, dass es sich bei den industrialisierten europäischen Gesellschaften um Weichholzkulturen handelte, die lediglich im hochpreislichen, handwerklichen Segment tropische Harthölzer verarbeiteten. Schlichs Studie führte das Argument der Existenz einer allgemeinen globalen »Holznot« ad absurdum. Insofern lässt sich annehmen, dass es sich bei der Debatte um eine globale »Holznot« ebenso wie bei der Debatte um eine europäische »Holznot« einhundert Jahre früher um ein Phantom gehandelt hat. Beide Diskurse dienten allein dazu, einen staatlichen Zugriff auf nachwachsende Waldressourcen zu rechtfertigen. Doch hielten die Befürworter der Einführung staatlicher Forstwirtschaftsbetriebe in Kolonien hartnäckig an ihrer Position fest. Sie versuchten, das Argument der weltweiten »Holznot« zu retten, indem sie es modifizierten. Folglich sprach man nicht länger von einer globalen »Holznot«, sondern von einer »Hartholzkrise« in den USA , die auch den Weichholzsektor bedrohe.410 Auch unterschied man fortan semantisch zwischen der historischen Prognose einer »Brennholznot« im 18. Jh. und der aktuellen Sorge um eine globale »Holznot«. Es hieß, man habe sich bei der älteren Prognose verschätzt, da noch keine »Waldstatistik« geführt worden sei. Die aktuelle Prognose sei hingegen wohl begründet.411 Doch konnten die Protagonisten des »Holznotarguments« abermals keine handfesten Daten beibringen, weshalb sich dieser Diskurs noch weiter verengte. Die Rechtfertigung einer Notwendigkeit zur Ausbeutung tropischer Waldbestände erfolgte bald nur noch aufgrund spezifischer Holzarten. So berichtete die führende französischsprachige Forstzeitschrift Revue des Eaux et Forêts im Jahr 1910 von weltweiten Lieferengpässen bei rotem Zedernholz (Juniperus procera).412 Diese Nachricht ließ nicht nur in Frankreich Ängste vor Produktionseinbußen in der Bleistiftindustrie aufsteigen. Daher schätzte man sich glücklich, so die Revue, dass in Deutsch-Ostafrika ein »immense forêt« mit

410 Die Kaiserliche Botschaft in Washington schickte die Studie an Reichskanzler von Bülow mit der Begründung, dass Deutschland von der Krise betroffen sein könnte; vgl. Abschrift eines Schreibens mit Anlage der Kaiserlichen Botschaft in Washington an den Reichskanzler vom 10. Mai 1909; BArch R 1001/ 7698, 234. 411 Vgl. John Booth, Die Aufzeichnungen des Reichsfreiherrn zu Inn- und Knyphausen (1807) und die für dieses Jahrhundert vorausgesagte Holznot, in: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, 1907, 180–182. 412 Es handelte sich um den einzigen Artikel, der in der Revue des Eaux et Forêts zur Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika erschien. Die Gründe dafür, dass die Forstwirtschaft in deutschen Kolonien in der führenden französischsprachigen Forstzeitschrift nur einmal besprochen wurde, mögen darin zu suchen sein, dass koloniale Forstwirtschaft in Frankreich – ebenso wie in Deutschland – eher ein Thema für koloniale Publikationen war. Ferner mag eine Rolle gespielt haben, dass die Forstwirtschaft in deutschen Kolonien im internationalen Vergleich eher unbedeutend war. Letztendlich können auch nationale Ressentiments die Ursache gewesen sein; vgl. Raumolin, Problem, 6.

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roten Zedern entdeckt worden sei.413 Die ersten Proben des Holzes seien bereits nach Hamburg verschickt.414 Eine Fotografie im forstwirtschaftlichen Jahresbericht des deutsch-ostafrikanischen Gouvernements zeigt eine im Jahr 1908/09 gebaute, bis heute existierende Drahtseilbahn der Holzfirma Wilkins & Wiese. Sie diente dazu, das auf dem Shume-Plateau entdeckte und verarbeitete Zedernholz zu einer Anschlussstelle der Eisenbahn im Tal zu transportieren.415 Es handelte sich um ein um ein koloniales Prestigeprojekt. Nicht zuletzt hatte Kolonialstaatssekretär Dernburg die propagandistische Bedeutung kolonialer Fotografien erkannt und im März 1908 eine Dienstanweisung an das deutsch-ostafrikanische Gouvernement gesandt. Darin hieß es, dass den Denkschriften (Jahresberichten) eine Anzahl »guter aktueller Photographien« beizugeben sei, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kolonie zu illustrieren.416 Die Aufnahme der Transportanlage symbolisierte die »Inwertsetzung« Deutsch-Ostafrikas und suggerierte, dass die Landschaft im Sinne einer Zivilisierungsmission und eines Fortschrittprojekts technisch erschlossen worden sei. Es handelte sich um eine Darstellung von Dominanz über die Natur.417 Schließlich schien es sich bei der Ausbeutung der »Zeder« um eine Frage von nationaler Bedeutung zu handeln, wie der konservative Abgeordnete Arendt in einer Reichstagsrede im Jahr 1912 betonte. Er sprach davon, dass sich die Entwicklungsmöglichkeiten von Deutsch-Ostafrika am besten am Erfolg eines Unternehmens zeigen, das sich die Erschließung von Zedernbeständen in den Höhen von West-Usambara im »Tschumewald« zum Ziel gesetzt habe.418 Diese Bestände seien wichtig für die Bleistiftindustrie in Deutschland, da das eigentlich aus Amerika bezogene Bleistiftholz immer knapper und teurer werde. In den USA würde bereits aus alten Gebäuden das Zedernholz seines hohen Wertes wegen wieder entnommen und nach Europa exportiert.419 Dies sei ein untrüg 413 Vgl. Anonymus, Forêts de Cèdres rouges en Afrique, in: Revue des Eaux et Forêts, 49, 1910, 667. 414 Vgl. ebd.; Stuhlmann, Beiträge, 666. 415 Vgl. ebd. 416 Vgl. Dienstanweisung RKA an Gouvernement, Anweisungen zur Ausfertigung der Amtlichen Jahresberichte vom 5. März 1908; TNA G 8/ 851, o. p.  417 Vgl. Zeller, Blick, 36. Die Drahtseilbahn war zum Zeitpunkt der Aufnahme noch gar nicht in Betrieb, weshalb sie den herrschenden Zustand beschönigte; vgl. Denkschrift über die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1908/09, Teil B: DeutschOstafrika, 174. 418 Vgl. Stenographische Berichte der Verhandlungen des Reichstags, 285. 1912, 1592. 419 Vgl. Paul Krais, Gewerbliche Materialkunde. Die Hölzer. Stuttgart 1910, 48. Die Tatsache, dass Holz aus alten Gebäuden wieder ausgebaut wurde, ist laut Joachim Radkau nicht unbedingt als Zeichen für einen Holzmangel zu werten. Die Verwendung von Holz aus Altbauten habe sich empfohlen, weil es abgelagert und erprobt gewesen sei; vgl. Radkau, Holz, 25.

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Abb. 10: Drahtseilbahn der Firma Wilkins & Wiese. Aus: Denkschrift 1908/09, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 231.

liches Zeichen für ein »Versagen des amerikanischen Zedernholzes«, welches das »Schicksal« der deutschen Arbeiter in der Bleistiftindustrie bedrohe.420 Arendt ließ nicht unerwähnt, dass die Firma Faber bereits Bleistifte mit dem Aufdruck »Zedernholz aus Deutsch-Ostafrika« produziert habe.421 Das Holznotnarrativ wurde hier geschickt mit der Frage nach dem Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland verknüpft. In dieser Perspektive erschienen die Kolonien selbst für Sozialdemokraten tragbar. Dies hatten sie bereits zuvor in einer ähnlichen Situation bewiesen, als sie sich zustimmend zu einem Plan der Regierung äußerten, den Anbau von Baumwolle in deutschen Kolonialgebieten zu forcieren. Industriearbeitsplätze in Deutschland schienen nicht nur durch eine globale »Holznot«, sondern auch durch eine globale »Baumwollnot« gefährdet, als deren Ursache man ebenfalls Lieferengpässe aus den USA anführte.422 Deutlich wird, 420 Vgl. Stenographische Berichte der Verhandlungen des Reichstags, 285. 1912, 1592. 421 Vgl. ebd. 422 Vgl. Werner Schiefel, Bernhard Dernburg 1865–1937. Kolonialpolitiker und Bankier im wilhelminischen Deutschland. Zürich 1974, 98. Die Angst vor der »amerikanischen Gefahr« veranlasste europäische Baumwollindustrielle nicht nur zu forcierten kolonialwirtschaftlichen Bemühungen, sondern auch zur Herausbildung einer Art gemeinsamen Identität in Abgrenzung zu den Baumwollproduzenten in den USA; vgl. Habermas, Skandal, 213; ­Séverine

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dass der globale Holznotdiskurs kein isoliertes Phänomen war, sondern strukturelle Parallelen zu anderen Globalisierungsdebatten um 1900 aufwies. Die darin zutage tretenden Konstruktionen wirtschaftlicher Herausforderungen dienten seinerzeit dazu, protektionistische Handelspolitik in Form von Kolonialismus zu rechtfertigen.

3.2.2 Konservatorischer Diskurs Das ökonomische Argument einer globalen »Holznot« geriet im kolonialforst­ lichen Diskurs mit der Zeit in den Hintergrund. Im Gegensatz dazu trat der konservatorische Waldschutzdiskurs als neue Rechtfertigungsstrategie kolonialforstlicher Intervention hervor. Dieser Diskurs war bereits im letzten Drittel des. 18. Jh. über die Grenzen des englischen, niederländischen und französischen Kolonialreichs hinweg entstanden.423 Wichtige Impulse stammten von Alexander vom Humboldt, der in Venezuela beobachtet hatte, dass aufgrund von Entwaldung scheinbar die Trockenheit des Klimas zunahm. Den Grund für die Entwaldung sah von Humboldt zum einen darin, dass einheimische Bauern die Wälder anzündeten, um Weiden zu gewinnen, da das Gras sonst nicht wachsen könne. Doch machte er auch die Landnutzungspraktiken europäischer Plantagenunternehmen als Hauptverursacher tropischer Entwaldung aus.424 Entwaldung führe, so von Humboldt, zu Austrocknung, weil die Sonnenstrahlen den Boden direkt treffen und sich hierdurch die Verdunstung erhöhe. Mit dieser Aussage hatte von Humboldt die Grundlage der sog. Austrocknungstheorie entwickelt. Diese Theorie bildete eine zentrale Grundlage des kolonialforstlichen Diskurses im 19. Jh. und ist bis heute in Form der Desertifikationsthese in Umwelt- und Entwicklungsdiskursen präsent.425 Sie richtete sich sowohl gegen einheimische Waldnutzungspraktiken als auch gegen großflächige Rodungen durch Plantagengesellschaften und erfuhr im 19. Jahrhundert fortwährende Verifikation in kolonialen Kontexten. Die Theorie wurde nicht zuletzt in Deutsch-Ostafrika als Erkenntnisgrundlage angewandt, um die Umweltfunktionen tropischer Wälder zu analysieren.

­ ntigone Marin, L’Economie Cotonnière Coloniale. Un Enjeu Européen au Debut du XXe SièA cle, in: Alain Chatriot, Dieter Gosewinkel (Hrsg.), Koloniale Politik und Praktiken Deutschlands und Frankreichs 1880–1962. Stuttgart 2010, 132–134, 146–150. 423 Vgl. Grove, Imperialism, 324; Grove, Ecology, 6; Grove, Conservation, 21; Wirz, Wald, 40. 424 Vgl. Alexander von Humboldt, Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents, Bd. 1. Stuttgart 1859, 282, 299. 425 Vgl. Vasant K. Saberwal, Science and the Desiccationist Discourse of the 20 th Century, in: Environment and History, 3, 1997, 335.

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Mit der Austrocknungsthese spielten die kolonialen Forstexperten – in heutigen Worten ausgedrückt – auf die ecosystem services426 des Waldes an, die sie für »wissenschaftlich festgestellte Thatsachen« hielten.427 In ihrer Perspektive spielte der Wald nicht nur für das wirtschaftliche Leben eine Rolle, sondern auch für den »Haushalt der Natur«. Der »Verlust der Wälder« bedeute für sie mehr als einen Mangel an Holz, weil auch »tiefgreifende klimatische Veränderungen in ungünstiger Richtung« die Folge seien.428 Sie leiteten daraus abermals die »Notwendigkeit einer planmäßigen Forstkultur« ab und nahmen den Staat in die Pflicht.429 [D]ie Erhaltung der Wälder gehört zu den wichtigsten Interessen der menschlichen Gesellschaft, daher ist sie eine der vorzüglichsten Pflichten der Regierung. Zur Begründung dahin zielender Gesetze dient nicht allein der gebotene Holzreichtum, sondern auch die Wohlthaten, welche die Wälder einfach durch ihr Dasein üben, bilden sie doch den Mutterscho[ß] der Quellen und verhindern das Wegschwemmen der fruchtbaren Erde von den Bergen, sie wirken ausgleichend auf die Temperatur und helfen das richtige Verhältnis zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff in der Luft aufrecht zu erhalten. Die Wälder erzeugen Humus und brechen die den Kulturgewächsen feindlichen Stürme; sie schützen Felder und Wohnungen und stellen Wasserspeicher dar, die den Überschuss der atmosphärischen Niederschläge aufnehmen, um ihn allmählich abzugeben, wodurch die Überschwemmungen verhindern, die Dürren abkürzen und bis zu einem gewissen Grade die Feuchtigkeit in der Luft regeln.430

Interessant ist an diesem Zitat, dass die Metapher der Mutter – wie sie auch in afrikanischen Kulturen gängig war (vgl. S. 63, 92) – zur Charakterisierung der Erde gewählt wurde. Letztere galt es zu schützen – eine Aufgabe, die dem kolonialen Staat zugesprochen wurde, der die Wälder als »Erbe der Väter vollerhalten der Nachkommenschaft zu überliefern [habe].« Doch glaubten die Forstexperten, die Zerstörung der Wälder in den Tropen sei bereits zu lange ungestraft fortgeschritten.431 Der »Kulturzustand ganzer Völker« sei aufgehalten, ja herniedergedrückt worden, wo man die »kulturförderliche Wirkung der Bewaldung« unwiederbringlich vernichtet habe.432 Hätte man dort eher forstwirtschaftliche Maßnahmen ergriffen, sei ein besseres Klima erhalten geblieben.433 Erst seit manche Gegenden durch die üblen Folgen der »Wälderverwüstung« gänzlich 426 Vgl. Millennium Ecosystem Assessment. Ecosystems and Human Well-being: Syntheses. Washington 2005, V, 120. 427 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 3.  428 In zeitgenössischen Forstdiskursen wurde bereits die Funktion von Wäldern als Kohlenstoffsenke diskutiert; vgl. Semler, Waldwirtschaft, 2–3; William Schlich, Schlich’s Manual of Forestry, Bd. 1. Delhi 41995, 20–21; Hölzl, Wälder, 473; Hölzl, Wald, 25.  429 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 13. 430 Ebd., 3. 431 Vgl. ebd., 38–39. 432 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 81. 433 Vgl. Gilg, Nutzhölzer, 286.

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zu »Wüsten« zu werden drohten und seit durch den Ausbau des Bahnnetzes ein bedeutender, dauernder Holzbedarf für die »Heizung der Lokomotiven« zu befriedigen sei, habe sich staatlicherseits die Notwendigkeit zur Erhaltung und Pflege kolonialer Wälder aufgedrängt. Man habe die Notwendigkeit erkannt, Forstplantagen anzulegen, um waldarme Gebiete aufzuforsten, damit in diesen »halbwüsten Ländern« der »Flei[ß] des Landmanns« lohne und ihre Bewohner aus »rohen Räubernomaden« zu »gesitteten sesshaften Ackerbauern würden.«434 Entwaldung und Wanderfeldbau Die Aussagen zeigen, dass Begriffe wie »halbwild« oder »Verwüstung« im Austrocknungsdiskurs eine wichtige Rolle spielten und man sie mit lokalen Bevölkerungsgruppen und deren Landnutzungspraktiken assoziierte. Insbesondere kritisierten die Forstexperten den Wanderfeldbau und trachteten nach einer Unterdrückung des »nomadenhaften Bodenbau’s«. Auch wollten sie weidendes Vieh aus den Wäldern heraushalten. Schließlich sei das »Nomadentum« der »größte Feind aller Wälder« und der Wanderfeldbau das »einfachste und waldschädlichste Kulturverfahren«.435 Grundlegend für solche Einschätzungen war im deutsch-ostafrikanischen Kontext die Beobachtung, dass sich der Wald selbst durch die »unermüdlich schöpferische Tropennatur« nicht regenerieren könne, wo er einmal zum Feldbau gerodet worden sei – selbst dann nicht, wenn man das Land einfach sich selbst überlasse.436 Diese These hatte Franz Stuhlmann im Jahr 1895 im Anschluss an die Austrocknungstheorie formuliert und mit Beobachtungsergebnissen unterfüttert. Er sprach von einer globalen »säculare[n] Klimaschwankung«437, die eventuell durch die »Pendulation der Erdachse« bewirkt worden sei.438 Infolge dessen weiche das afrikanische Klima vom Optimum ab, werde überall trockener und bewirke einen grundsätzlichen Rückgang der Bewaldung. Zu dieser Erkenntnis war Stuhlmann auf einer Expedition westlich des Albertsees gelangt, wo angeblich die Regenmenge aufgrund einer klimatischen Ursache zurückging und der »Urwald« seine »Existenzbedingungen« nicht mehr fand.439 Die kolonialen Forstexperten konstruierten Afrika als einen Kontinent des ökologischen Mangels: »Ohne Wald kein Wasser!« »Ohne Wasser keine Kultur!« Diese Sätze müsse man in ganz Afrika beherzigen. Die »Waldlosigkeit« des Kontinents hänge »aufs innigste mit der Wasserlosigkeit« zusammen.440 434 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 42. 435 Vgl. ebd., 41–42. 436 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 221. 437 Franz Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika. Ein Reisebericht mit Beiträgen von Dr. Emin Pascha, in seinem Auftrage geschildert von Franz Stuhlmann. Berlin 1894, 466. 438 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 820. 439 Stuhlmann, Emin Pascha, 466. 440 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626–227.

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Zur Unterstützung seiner Beobachtungen verwies Stuhlmann auf eine Metastudie des Klimatologen Eduard Brückner, der festgestellt hatte, dass das Klima der Erde zum Ende des Pleistozäns überall kühler und größtenteils auch feuchter gewesen war. In Afrika hatten angeblich während der letzten Pluvialzeit eine kühlere Temperatur und mehr Niederschlag geherrscht, was der Waldentwicklung zuträglich gewesen sei.441 Doch sei der Wald aufgrund klimatischer Veränderungen derzeit im Rückgang begriffen.442 Diese grundlegende Vermutung Stuhlmanns war nicht falsch443, jedoch interpretierte er seine Beobachtungen einseitig, zumal er annahm, dass der klimatische Effekt durch den einheimischen Wanderfeldbau verstärkt wurde. Er schrieb, sobald der noch bestehende Regenwald abgeschlagen werde, könne dieser das Wasser nicht mehr zurückhalten und verliere seine zentrale Existenzbedingung (dauernde Feuchtigkeit). Es wüchsen durch »Brände« und »Verschlechterung des Klimas« nur noch Farne und Kräuter nach.444 In dieser Perspektive wurde der tropische Wald als ein sich selbst erhaltenes natürliches System konzeptualisiert, das durch klimatische Veränderungen bedroht und durch menschliche Eingriffe unwiederbringlich zerstört wurde. Franz Stuhlmann gab dem kolonialen Entwaldungsdiskurs eine finale Richtung. Der Wald ist nur da, weil er eben noch existiert. Sobald man ihn abschlägt, sind die Existenzbedingungen für die Neubildung von Wald verschwunden.445

Diese Aussage Stuhlmanns wurden von einigen Kolonialexperten zur Mitte der 1890er-Jahre bestätigt, andere widersprachen. Es waren Förster, die beobachtet hatten, dass sich in Ostafrika durchaus neuer Waldwuchs auf zuvor genutzter Feldflur einstellen konnte.446 Doch setzte sich Stuhlmanns Linie im Entwaldungsdiskurs durch, weil namhafte Kolonialexperten sie verteidigten. Sie schlossen eine »Selbstaufforstung« des Regenwaldes in Ost-Usambara und am Kilimandscharo kategorisch aus, weil das Klima »allmählich ein trockeneres, d. h. in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ein schlechteres [werde].«447 Dieses Ergebnis hielten sie nicht für den »Ausfluss einer pessimistischen Veranlagung«, sondern für eine »Thatsache«, weshalb sie es als eine ausdrückliche »Pflicht« betrachteten, Stuhlmanns Annahmen gegen die »schönfärberischen 441 Vgl. Eduard Brückner, Klimaschwankungen seit 1700, in: Geographische Abhandlungen 4, 1890, 240, 306. 442 Vgl. Stuhlmann, Emin Pascha, 466 Fn*. 443 Vgl. R. Said, H. Faure, Chronological Framework: African Pluvial and Glacial Epochs, in: Joseph Ki-Zerbo (Hrsg.), General History of Africa – Abridged. Methodology and African Prehistory, Bd. 1. London 1990, 158, 166. 444 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 221–222. 445 Ebd., 222. 446 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 623; Krüger, Wald, 209, 220–223. 447 Vgl. Georg Volkens, Über bemerkenswerte Bäume des Kilimandscharo, in: Notizblatt des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin, 1, 1896, 131.

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Darstellungen« und »abfälligen Urteile ausgesprochener Kolonialfeinde« zu verteidigen.448 Was genau andere Kolonialexperten dazu veranlasste, Stuhlmanns Forschungsergebnisse so aggressiv zu verteidigen und die Ergebnisse anderer Forscher pauschal in Abrede zu stellen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich lag es daran, dass Stuhlmann in den Uluguru-Bergen scheinbar empirische Beweise für die Austrocknungstheorie gefunden hatte. Er schrieb, der Wald habe sich dort nur an den Stellen erhalten, »wo man [ihn] aus Bequemlichkeit nicht abholzte, wohin die Brände nicht gelangten, und wo ein Bach günstige Bedingungen schafft[e].«449 Dass die Wälder bspw. aus spirituellen Gründen erhalten wurden (vgl. S. 80, 89 f.), lies Stuhlmann seine Leser nicht wissen. So schwieg er aus Ignoranz über die Bedeutung eines »Mongu mongo« genannten »Gehölzes«.450 Schließlich musste der landeskundige Mann allein anhand der Namensgebung und aufgrund der hohen Lage des Waldes wissen, dass es sich um einen heiligen Hain handelte, da »mongu« oder »mongo« in der Lokalsprache »Gott« bedeutete (Suaheli: »mungu« = »Gott«, Ki-Luluguru: »mlungu«  = »Gott«). Der Wald hieß »Gott-Gott«, wobei durch Doppelung des Wortes eine Verstärkung ausgedrückt wurde. Doch war die Intention Stuhlmanns nicht, seinen Lesern afrikanische Waldnutzungspraktiken verständlich zu machen, sondern diese zu diskreditieren. Deshalb ging er auf die Bedeutung des heiligen Wäldchens nicht ein. Er stellte die lokalen Landnutzungspraktiken schlichtweg als problematisch dar und schrieb, dass in den zugänglichen Gebieten der Uluguru-Berge die Wälder in den letzten Jahren von den »Eingeborenen« durch »Riegeln bezw. Umhauen« oder durch Brände stark zerstört worden seien.451 Solche Praktiken hielt man fotografisch fest, um ihre vermeintliche Gefährlichkeit zu dokumentieren. Die folgende Aufnahme stammte von einem höheren Forstbeamten aus Deutsch-Ostafrika und war zur Veröffentlichung in einem forstwirtschaftlichen Jahresbericht gedacht. Sie zeigte das sog. Ringeln oder Riegeln, bei dem man die Rinde in einem Streifen um den Baum herum entfernte. Hierdurch konnte der Baum keine Nährstoffe mehr transportieren und starb bald ab: »Wie die Eingeborenen Bäume zum Absterben bringen, um auf dem Land Schamben anlegen zu können und so den Wald verwüsten«, hieß es im Kommentar zu der Fotografie.452 Auch der Kommentar zu einer weiteren Aufnahme zeigte, dass das Abbrennen von Feldern seitens der kolonialen Forstexperten strikt abgelehnt wurde: »Wie die Eingeborenen zwecks Schambenbau dichten Wald durch Feuer verwüsten.«453 448 Vgl. ebd. 449 Stuhlmann, Uluguruberge, 222. 450 Vgl. ebd., 214. 451 Vgl. ebd., 220–221. 452 Kommentar Redslob; TNA G 8/ 516, 407. 453 Ebd., 408.

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Abb. 11: Geringelte Bäume. Aus: TNA G 8/ 516, 407 (Aufnahme: Redslob).

Die kolonialforstliche Verwüstungsmetaphorik gestand den lokalen Feldbaupraktiken keinen positiven Deutungsspielraum zu. Doch ließen sich die verbalen Attacken in Kombination mit visuellen Darstellungen noch steigern. Eine ­Heroine der deutschen Kolonialbewegung, Margarethe von Eckenbrecher, schrieb von einer Fotoexpedition auf dem Makonde-Plateau im Süden DeutschOstafrikas, dass sie einen »todwunden Wald« durchquert habe. Die »Eingeborenen« hätten eine äußerst »brutale Art« ein Stück Wald »urbar« zu machen. Anstatt die Bäume zu fällen und die Wurzeln zu beseitigen, wie es Europäer täten, schälten sie rings um den Stamm ein etwa meterbreites Stück Rinde ab. Dadurch würden die Bäume einem »langsamen Tode« verfallen, ganz allmählich müssten sie »vertrocknen und verdorren«. Oft helfe man nach, indem in einem Kreis um den Stamm ein Feuer entzündet werde.454 Diese Schilderung von Eckenbrechers stand in schroffem Gegensatz zu Merenskys löblichen Worten über die Waldkultur der Konde (vgl. S. 80 f.). Warum von Eckenbrecher als »Touristin« lediglich die vermeintlich negativen Seiten der lokalen Landnutzungspraktiken schilderte, mag dem Umstand geschuldet sein, dass sie ihrem Publikum in der Metropole etwas Spektakuläres bieten wollte: 454 Vgl. Margarethe von Eckenbrecher, Im dichten Pori. Reise- und Jagdbilder aus DeutschOstafrika. Berlin 1912, 138–139.

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Abb. 12: Waldbrand zur Anlage eines Feldes. Aus: TNA G 8/ 516, 408 (Aufnahme: Redslob).

Etwas »Melancholischeres« als solch einen »sterbenden Wald« können man sich gar nicht vorstellen.455 Etliche Stämme, von Feuer verzehrt, stehen stumm und schwarz dar. Andere scheinen aus noch frischen Wunden zu bluten, die ihnen die unbarmherzigen Menschen geschlagen. Kraftlos und matt sind sie, schlapp und welk ist ihr ehemals so saftiges Blätterwerk. Kein Vogel sinkt, kein Affe turnt in ihren Zweigen, keine muntere Antilope äugt durch das fahle Gebüsch. Hoffnungslose Traurigkeit spinnt alle diese kranken, todwunden Bäume ein, und es ist, als ob man ganz leise auftreten müsste, um sie in ihrem Sterben nicht zu stören.456 455 Vgl. ebd. 456 Ebd., 139.

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Abb. 13: »Sterbender Wald« auf dem Makondeplateau. Aus: Eckenbrecher, Pori, Tafel 9.

Der »sterbende Wald« war eine Metapher, die sich direkt gegen die Waldnutzungspraktiken der afrikanischen Bevölkerung richtete und die in den folgenden Jahrzehnten zu einem geflügeltem Wort im kolonialen Kontext werden sollte.457 Ob sich der jüngere Begriff des »Waldsterbens« darauf zurückführen lässt, kann zwar vermutet, muss jedoch noch genau untersucht werden. Zumindest darf Margarethe von Eckenbrecher wohl als die Schöpferin einer Vorform des Begriffs »Waldsterben« angesehen werden. Sie benutzte diese Metapher erstmals und untermalte mit einer Fotografie die scheinbar erschütternden Eindrücke lokaler Landnutzungspraktiken in Deutsch-Ostafrika. Ganz im Sinne einer Ästhetik der Zerstörung stand hinter von Eckenbrechers Aufnahme und hinter ihren Worten der Appell, die Regierung möge den Wald vor dem Zugriff der einheimischen Bevölkerung schützen. Von der visuellen Inbesitznahme des Landes bis zur kolonialstaatlichen Intervention im Namen des Waldschutzes war es seinerzeit kein weiter Weg. Fotografien suggerierten, dass vor allem der Wanderfeldbau die Schuld an der Entwaldung in DeutschOstafrika trage. Auch kritisierten die Forstexperten, dass in den »Steppen- und Weidegebieten«, wo die »viehhaltenden Eingebor[e]nen« zur Erzeugung frischer 457 Vgl. Cordt von Brandis, Afrika … heute! Mit den Augen des Siedlers und Soldaten gesehen. Berlin 1938, 161.

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Weidebestände die alten trockenen Gräser abzubrennen pflegen, Waldbrände entstünden.458 Zwar biete der Regenwald kaum Angriffspunkte für menschliches Feuer, wenn er in geschlossener Formation stehe. Doch sei der Wald einmal aufgelichtet, sodass das Gras in ihn eindringen könne, stehe den »Angriffen des Feuers« nichts mehr entgegen. Folglich werde der Wald immer lichter und das einziehende Wild verursache weitere Schädigungen. Wie in einem schwer zu durchbrechenden Teufelskreis gewinne eine an die neuen Verhältnisse angepasste Vegetation die Oberhand und aus geschlossenem Wald gehen »lichte, trockene Bestände, Steppenbusch, Obstgartensteppe mit ihren verkrüppelten Bäumchen oder auch endlich reine Grassteppe« hervor.459 Schuld sei vor allem die »echt afrikanische Art und Weise« der Anlage von Feldern, »heute hier, morgen dort«.460 Zur Gewinnung eines Hektar Landes werden unter Umständen 1000 Hektar heruntergebrannt, weil »der Eingeborene zu indolent ist, das Feuer rechtzeitig zu löschen.«461 Nur einzelne kleinere »Waldinseln« würden durch eine unzugängliche Lage geschützt und dadurch bewahrt. Im Gebirge seien die Hänge, wo sie der »Kultur und dem vorgehenden Brennen« ausgesetzt seien, fast überall entwaldet. Nur einzelne mächtige »Überständer« von feuerresistenten Holzarten deuten noch auf die früheren Waldverhältnisse hin.462 Dann ist aber auch die Art und Weise, wie der Neger den Boden bebaut, Schuld daran, daß er im Laufe der Jahre unverhältnismäßig große Strecken Landes urbar machen muß, um sich zu ernähren. Da er meist durchaus keine Düngung anwendet, so ist er gezwungen, je nach Beschaffenheit des Bodens, alle 10 bis 20 Jahre ein anderes Stück Land in Angriff zu nehmen.463

Im sprachlichen Duktus fällt auf, dass der afrikanischen Bevölkerung stark pauschalisiert Maßlosigkeit, Sorglosigkeit und Faulheit unterstellt wurde, da sie angeblich eine Landwirtschaft ohne Düngung betrieb, die mehr Fläche als nötig in Anspruch nahm. Den Wanderfeldbau betrachteten die Forstexperten als »regelrechten Raubbau«.464 Insbesondere hielt man für erwiesen, dass die bäuerliche Bevölkerung in gebirgigen Gegenden immer wieder frische Humusgebiete aufsuche.465 Die »natürliche Folge« sei die »Einschrumpfung des Waldes« oder gar eine »totale Entwaldung«.466 Letztendlich beschwöre die »Raubwirtschaft der Eingeborenen« in großen Teilen Deutsch-Ostafrikas die Gefahr einer Aus 458 Vgl. Jahresbericht 1907/08, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 153. 459 Vgl. Büsgen, Wälder, 496. 460 Vgl. Bruchhausen, Bericht, 696–697. 461 Vgl. Büsgen, Waldschutz, 4.  462 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 623. 463 Ebd. 464 Vgl. Krüger, Wald, 209. 465 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 220. 466 Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 10.

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zehrung des Bodens durch »Sonnenbrand«, sprich Erosion, herauf.467 Das Abschwemmen des Humus könne man deutlich verfolgen, denn im »unangetasteten Wald« sei die Humusschicht sehr dick. In den Gebieten, wo noch Baumstümpfe stehen und man die »gefallenen Waldriesen« liegen sehe, sei die Schicht schon viel dünner. Unterhalb dieser Zone, wo durch Entfernen und Verbrennen der Stämme auch dieser letzte Schutz fehle, sei nur normaler Boden, teils auch nackter Laterit zu sehen. Es sei ein Jammer, wie das »tausendjährige Material« für eine zweijährige Maiskultur vernichtet werde.468 Wasserhaushalt Neben der Bodenerosion vermuteten die Forstexperten, hätten die Abholzungen in Deutsch-Ostafrika schlechte Auswirkungen auf die Wasserverhältnisse. Deshalb müsse mit aller Energie gesetzlich durchgegriffen werden, um wenigstens das Vorhandene noch zu erhalten. Das klassische Austrocknungsnarrativ richtete sich abermals gegen die Wirtschaftsweise der afrikanischen Bevölkerung. Da nun die Quellgebiete aller größeren Flußläufe in den Gebirgen liegen, zeigt uns damit die Natur den Weg, wo Forstschutz und Forstkulturen einzusetzen haben. Der Wald ist Schützer und Vermehrer des Flüssigkeitsgehaltes eines Landes, ist als solcher in seiner segensreichen Tätigkeit bekannt. Die vorhandenen Waldbestände nun aber vor weiterer Vernichtung zu schützen, ist sicher dringlichste Sache der Landesgesetzgebung.469

Die Natur als Wegweiser für den Forstschutz! Es gab kaum ein besseres Bild, um die kolonialforstlichen Belange zu rechtfertigen. Untermauerung fanden solche Aussagen durch vermeintlich stichhaltige Beobachtungen. So hatten Missionare der Missionsstation Tununguo Franz Stuhlmann berichtet, dass die Wasserabnahme im größten Fluss des Uluguru-Gebirges, dem Kingani, in den letzten Jahren »merklich« gewesen sei.470 Dieser Fluss, dessen Zuflüsse Mgeta und Kingani im westlichen und östlichen Teil des Gebirges entsprangen, war bedeutsam für den gesamten Wasserhaushalt im nordöstlichen Tansania. Er führte das ganze Jahr Wasser und versorgte die Küstenstadt Bagamoyo. Auch der zweitgrößte Fluss, der im nordwestlichen Uluguru entsprang, der Ngerengere, war wichtig. Dieser versorgte die Stadt Daressalam, doch führte er während der Trockenzeit teilweise kein Wasser (vgl. Karte 12). 467 Vgl. Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 82. 468 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 220–221. 469 Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 82. 470 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 221.

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Die Abnahme des Wassers im Kingani führte man seinerzeit auf Entwaldung zurück, wobei man heute davon ausgeht, dass es sich bei der Erzählung der Missionare um einen kolonialzeitlichen Umwelttopos gehandelt hat.471 Denn aufgrund neuerer Untersuchungen lässt sich mit einiger Sicherheit annehmen, dass es in den ersten Jahren der deutschen Kolonisation in Tansania wenig regnete.472 John Iliffe spricht von den 1880er-Jahren bis zur Jahrhundertwende von einer »period of disaster«, die später nicht allein von ausbleibenden Regenfällen, sondern auch von Rinderpest und Heuschreckenplagen geprägt gewesen sei. Menschen seien aufgrund einer schlechten Ernährungslage anfälliger für Krankheiten gewesen und daran gestorben.473 Eine Ursache für die geringen Regenfälle kann darin gesehen werden, dass der Nordosten Tansanias im Bereich des »Monsunklimas« (vgl. S. 43 f.) durch die globalen Klimaphänomene LA NIÑA und EL NIÑO beeinflusst wurde. Unter dem Klimaphänomen EL NIÑO versteht man eine starke Erwärmung der mittleren Meerestemperatur von 20° auf 25° im Pazifik vor der Küste Perus, die in Perioden von drei bis fünf Jahren regelmäßig auftritt. Die entgegengesetzten kühleren Phasen werden als LA NIÑA bezeichnet. Während der Perioden von EL NIÑO kommt es aufgrund starker Verdunstung von der Meeresoberfläche an der Küste Perus zu starkem Regen, in Perioden von LA NIÑA zu geringen Niederschlägen. Beide Klimaphänomene stehen in globaler Wechselwirkung mit den Passatwinden, sie beeinflussen den Monsun und die Lage der Intertropischen Konvergenzzone bis nach Ostafrika. Dort regnet es in Phasen von EL NIÑO stärker als in Phasen von LA NIÑA .474 Als Stuhlmann im Jahr 1894 seine Expedition nach Uluguru durchführte, herrschte LA NIÑA , weshalb dieses Jahr vermutlich recht trocken war. Ob es auch in den vorhergehenden Jahren durch LA NIÑA sehr trocken war, lässt sich aufgrund einer unzureichenden Datenlage nur mutmaßen. Doch schreibt Iliffe, dass der Nil im Jahr 1889/90 den niedrigsten Wasserstand seit Menschengedenken aufwies.475 Mit gewisser Wahrscheinlichkeit lässt sich daher sagen, 471 Vgl. Christian Pfister, Daniel Brändli, Rodungen im Gebirge – Überschwemmungen im Vorland: Ein Deutungsmuster macht Karriere, in: Rolf-Peter Sieferle, Helga Breuninger (Hrsg.), Natur-Bilder. Wahrnehmungen von Natur und Umwelt in der Geschichte. Frankfurt a. M. 1999, 305–306. 472 In den Jahren 1897 und 1902 kam es in Deutsch-Ostafrika zu Dürreperioden. Usambara war in den Jahren 1894/95, 1898/99 und 1904 von Hungersnöten betroffen, die auf geringe Regenfälle hindeuten; vgl. Blank, Forstnutzung, 222; Mersmann, Umweltwissen, 67. 473 Vgl. John Iliffe, The African Poor. A History. Cambridge 1987, 156–157. 474 Vgl. S. George Philander, El Niño and La Niña, in: ders (Hrsg.), Encyclopedia of Global Warming & Climate Change, Bd. 1. Los Angeles 22012, 497–498; Lyn Michaud, Trade Winds, in: S. George Philander (Hrsg.), Encyclopedia of Global Warming & Climate Change, Bd. 3. Los Angeles 22012, 1352–1353. Zu den Regenschwankungen in Ostafrika aufgrund des globalen Klimaphänomens EL NIÑO; vgl. Mike Davis, Late Victorian Holocausts. EL NIÑO Famines and the Making of the Third World. New York 2002, 266. 475 Vgl. Iliffe, Poor, 156.

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dass der niedrige Wasserstand des Kingani auf ausbleibenden Regen und nicht auf Entwaldung zurückzuführen war. Stuhlmann sah das nicht. Seine Aussagen waren stark von Vorurteilen geprägt und beruhten lediglich auf punktuellen Beobachtungen, auch wenn man in Rechnung stellen muss, dass Stuhlmann die Phänomene EL NIÑO und LA NIÑA seinerzeit nicht kennen konnte. Trotzdem hätte ihm bewusst sein müssen, dass die Schlussfolgerungen, die er aus zufälligen Beobachtungen zog, viel zu weit gingen. Schließlich hatte er ebenso wenig wie andere Kolonialexperten systematische Untersuchungen angestellt, sondern sich auf das Hörensagen lokaler Missionare verlassen. Wissenschaftliche Aussagen, die aus heutiger Sicht haltbar erscheinen, konnten daraus nicht folgen. Doch galten Stuhlmanns Ergebnisse seinerzeit als wegweisend, da man wissenschaftliche Evidenz im kolonialen Expertendiskurs über die konsensuelle Verbreitung stereotyper Bilder des »Anderen« herstellte. Dieser auf rassistischen Vorurteilen beruhende Konsens sprach Aussagen von Europäern einen hohen Wahrheitsgehalt zu und enthob sie davon, ihre Beobachtungen und ihr Handeln in Afrika infrage stellen zu müssen. Die lokale Bevölkerung erschien in dieser Perspektive als allein schuldig an der Entwaldung. Sie wurde dargestellt, als ob sie ohne jedwedes System, ohne jedwede Regelhaftigkeit wirtschaftete und unbekümmert in den Tag hineinlebte. Der koloniale Blick richtete sich pauschalisierend von außen auf die afrikanische Bevölkerung, die als amorphe Masse erschien. Nur selten verschwendeten Kolonisten einen Gedanken daran, ihre Lebensweise von innen heraus zu beleuchten oder verstehen zu wollen. Die Forstexperten sprachen nicht mit der einheimischen Bevölkerung, sondern über sie. Deshalb ist davon auszugehen, dass es sich beim kolonialen Entwaldungsdiskurs um einen europäischen Monolog handelte, der die gleiche Struktur wie der »Orientalismusdiskurs« aufwies.476 Der Entwaldungsdiskurs ließ keine einheimischen Gesprächspartner zu. Man sprach in essenzialisierender Weise über andere, um kulturelle Differenz zu konstruieren.477 Trutz von Trotha nennt dies ein »ethnozentrisches Selbstgespräch« der Kolonisierenden.478 Forstpolitische Schlussfolgerungen Die Kolonialforstexperten gingen davon aus, dass die Folgen von Entwaldung in den Tropen sehr viel gravierender seien als in den gemäßigten Zonen. Sie wollten zur Sicherstellung der »bodenwirtschaftlichen Lebensbedingungen« die Erhaltung aller Waldstücke, welche sie als »Schutzwaldungen« bezeichneten, gewährleisten.479 Dabei fasste man die Definition des »Schutzwaldes« für das tropische 476 Vgl. Said, Orientalismus, 14–15. 477 Vgl. Landwehr, Diskursanalyse, 14. 478 Vgl. Trotha, Herrschaft, 343. 479 Vgl. Brief des Kgl. Sächs. Oberförsters und Hauptmanns der Land[…] Feld. Art. Meyer an AAKA, Über den Umgang mit den Wäldern in den Kolonien, Hundshübel, […], Kreis Zwickau vom 02. Januar 1889; BArch R 1001/ 7659, 5–7.

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Afrika sehr viel weiter als für Europa.480 Es kamen vor allem die Regen- und Höhenwälder in den ostafrikanischen Mittelgebirgsregionen und die Alluvialwälder entlang von Flüssen als Objekte staatlicher Intervention infrage.481 Der Waldschutz sollte vor allem in jenen Gebieten praktiziert werden, die für die deutsche Einwanderung günstig gelegen waren, da sich die Wälder positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Ansiedler auswirkten.482 Mit diesem Argument erweiterten die Forstexperten die konservatorische Perspektive. Sie gingen davon aus, dass Europäer ohne Wald in Afrika nicht lebensfähig seien. Deshalb plädierten sie dafür, den Wald auf gar keinen Fall in den Händen der lokalen Bevölkerung zu belassen, wenn man die zukünftige koloniale Entwicklung nicht ernstlich gefährden wolle.483 Jedes Stückchen Wald sei unter »merklicher Abgrenzung« der einheimischen Feldflur zu reservieren, um es aufgrund gesetzlicher Bestimmungen vor dem Anlegen von »Eingeborenenpflanzungen« und dem damit verbundenen Brennen zu schützen.484 Die Kolonialexperten wollten staatliche »Waldbezirke« bilden, die von Verkauf und Rodung ausgeschlossen waren. Darin erblickten sie eine der »großen Kulturaufgaben«, welche »uns« in Afrika obliegen.485 Sowie unsere Altvorderen in den von ihnen in Besitz genommenen Landstrichen diejenigen Wälder, die sich nicht in ertragreiche Äcker und Wiesen umwandeln ließen als gemeinsamen Stammesbesitz – zu Nutz und Frommen Deutschlands bis auf unsere Tage – erklärten, so sollen auch wir nach denselben conservativen Grundsätzen die entsprechenden Waldstücke der neuen Kolonien der Ausbeutung Eingebor[e]nen entziehen und dem segensreichen Vorgehen unserer Voreltern folgend, der Gesammtheit für alle Zeiten erhalten.486

Mit solchen Worten bezogen sich koloniale Forstexperten auf Wilhelm Heinrich Riehl.487 Sie bemühten als mythisches Vorbild der kolonialdeutschen Waldschutzpolitik die Institution der Allmende. Dabei handelte es sich um eine 480 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 74. 481 Vgl. Gilg, Nutzhölzer, 286. 482 Vgl. Brief des Kgl. Sächs. Oberförsters und Hauptmanns der Land[…] Feld. Art. Meyer an AAKA, Über den Umgang mit den Wäldern in den Kolonien, Hundshübel, […], Kreis Zwickau vom 02. Januar 1889; BArch R 1001/ 7659, 5–7. 483 Vgl. ebd. 484 Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 82. 485 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 73. 486 Brief des Kgl. Sächs. Oberförsters und Hauptmanns der Land[…] Feld. Art. Meyer an AAKA, Über den Umgang mit den Wäldern in den Kolonien, Hundshübel, […], Kreis Zwickau vom 02. Januar 1889; BArch R 1001/ 7659, 7.  487 Vgl. Wilhelm Heinrich Riehl, Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Social-Politik. Land und Leute, Bd. 1. Stuttgart 21855, 50–52.

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Form des Gemeinbesitzes, die nach genossenschaftlichen Prinzipien organisiert war.488 Doch hatte dieses Bild – abgesehen vom nationalen Pathos – nichts mit den politischen Forderungen der Kolonialförster zu tun. Vielmehr diente der Rekurs auf die Allmende dazu, die Enteignung kollektiv genutzter Waldflächen zugunsten des kolonialen Staates zu rechtfertigen. Der Staat nahm in diesem idealisierten Konzept die Rolle eines honest brokers, eines neutralen Sachwalters allgemeiner gesellschaftlicher Interessen, ein. Es hieß, dem »kolonialen Forstwirt« erwachse aus dem Waldschutz eine »Aufgabe von denkbar größter Bedeutung für die Allgemeinheit.«489 Unter dieser »Allgemeinheit« verstanden die meisten Forstleute selbstverständlich nur die Interessen der Kolonisierenden, nicht die der afrikanischen Bevölkerung. So schienen sie Riehls mahnende Worte vergessen zu haben, dass ein Staat die Wälder für die Bevölkerung nicht sperren dürfe, weil man dadurch Revolutionen hervorrufen könne.490 Stattdessen wollten sie jedweden Widerstand gegen die koloniale Forstwirtschaft mit Gewalt brechen.491 Gemäß dem europäischen Forstmodell wollte man eine strikte Separierung von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen vornehmen, indem man »feste Grenzen« setzte.492 Das Feuer der Wanderfeldbauern hielt man als ökologische Kontrollinstanz für inkompatibel mit der Erzeugung industrieller Waldprodukte und zur Herstellung geeigneter Umweltbedingungen. Deshalb taten die Förster seinerzeit alles, um den lokalen Feuergebrauch zu verbieten.493 Dazu sollten »Rechte und Bräuche aus vordenklichen Zeiten stammend« beseitigt und ein Beamtenpersonal mit Fachkenntnissen herangebildet werden, das den Aufbau einer den »Verhältnissen angepassten Forstkultur« garantierte.494 Dem Staat fiel die Aufgabe zu, die »Erziehung Eingeborener« zu weniger »allgemeingefährlichen Kulturmethoden« vorzunehmen, was notfalls unter Zuhilfenahme »wirk­samer Strafbestimmungen« erfolgen sollte.495 Hinter solchen Vorschlägen verbarg sich in verklausulierter Form nichts anderes als eine Legitimation von Gewalt. Schließlich sahen die strafrechtlichen Bestimmungen im deutschen Kolonialreich Körperstrafen vor (vgl. S. 234, 368, 371 f., 431). Berthold Ribbentrops Konzepte zum Umgang mit der einheimischen Bevölkerung in Indien lassen sich 488 Vgl. Radkau, Natur, 92–93; Flurzwang, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4. München 1989, 600. 489 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 74. 490 Vgl. Riehl, Naturgeschichte, 50. 491 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 60. 492 Vgl. Bruchhausen, Bericht, 697. 493 Laut Pyne musste die wissenschaftliche Forstwirtschaft ein ganz neues Kontrollregime erfinden, um die ohne Feuer kaum regierbare Biomasse in Wäldern in den Griff zu bekommen; vgl. Pyne, Fire, 143–144. 494 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 39. 495 Vgl. Büsgen, Wälder, 497; Büsgen, Waldschutz, 4, 6. 

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aus heutiger Sicht sogar in Richtung eines Vorschlags zum Genozid lesen.496 Die koloniale Forstwirtschaft zielte bewusst auf die Zerstörung der ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebensgrundlage nicht sesshafter Bevölkerungsgruppen, weshalb ihre konservatorischen Maßnahmen nicht als harmlose Praktiken zum Schutz der Umwelt interpretiert werden dürfen. Die Forstbeamten wollten neue gesellschaftliche Strukturen schaffen497, was mit einer ungerechtfertigten Pathologisierung bestimmter Landnutzungsformen einherging.498 Völkerrechtler sprechen heute davon, dass ein ethnocide oder cultural holocaust stattgefunden habe.499 Jedoch zielten die kolonialforstlichen Zwangsmaßnahmen nicht bewusst darauf, Bevölkerungsgruppen physisch zu vernichten.500 Letztere sollten in die Lohnarbeit bei der Forstverwaltung getrieben und ihre Landnutzungspraktiken auf eine vermeintlich höhere (sesshafte) Kulturstufe gehoben werden. Doch hegten einige Kolonialexperten gewisse Zweifel, ob ihr Handeln gerechtfertigt war. Schließlich erinnerten sie sich daran, dass Tacitus erzählt habe, auch »unsere Vorfahren seien als Ackerbaunomaden in den Wäldern des alten Germaniens umhergewandert.« Insofern schienen sich die »Germanen« und die Bewohner kolonisierter Gebiete nicht zu unterscheiden, weshalb man geneigt war, bezüglich der »nomadischen« Lebensweise ein »milderes Urteil« zu fällen. Das »Eigene« und das »Fremde« wiesen gewisse historische Parallelen auf, weshalb die Forstexperten zu einem rhetorischen Trick griffen, um den Wanderfeldbau dennoch zu diskreditieren. Sollen wir auch milde urteilen, so müssen wir doch die Unhaltbarkeit dieser Zustände für die Jetztzeit klar und bestimmt erkennen und mit unserer Sympathie auf Seite einer Regierung stehen, welche durch scheinbare Härte Wandel zu schaffen sucht.501

Letztendlich rechtfertigte man ein hartes Vorgehen, indem man den Wanderfeld­ bau zwar nicht als unberechtigte, jedoch als unzeitgemäße Kulturmethode darstellte. Dadurch baute man zwar keine moralische Differenz, jedoch eine zeitliche 496 Vgl. Berthold Ribbentrop, Forestry in British India. New Delhi 1900 (Nachdruck: 1989), 51. 497 Vgl. Dominik Schaller, From Conquest to Genocide. Colonial Rule in German South West and German East Africa, in: Dirk A. Moses (Hrsg.), Empire, Colony, Genocide: Conquest Occupation and Subaltern Resistance in World History. Oxford 2008, 312, 317. 498 Vgl. Johan Goudsblom, Die Entdeckung des Feuers. Frankfurt a. M. 2000, 249–250. 499 Vgl. Ana F.Vrdoljak, Reparations for Cultural Loss, in: Frederico Lenzerini (Hrsg.), Reparations for Indigenous Peoples. International and Comparative Perspectives. Oxford 2008, 200, 207. 500 Vgl. Jürgen Zimmerer, Von Windhuk nach Auschwitz. Beiträge zum Verhältnis von Kolonialismus und Holocaust. Berlin 2011, 211; Thaddeus Sunseri, Exploiting the Urwald: German Post-Colonial Forestry in Poland and Central Africa, 1900–1960, in: Past & Present, 214, 2012, 308–309. Genozidale Kriegsführung zur Schaffung von Waldschutzgebieten spielte erst im 2. WK eine Rolle; vgl. ebd., 337; Gißibl, Nature, 290. 501 Semler, Waldwirtschaft, 43.

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Distanz zwischen Europäern und Kolonisierten auf. Deren lokale Feldbaupraktiken ordnete man auf einer Zeitskala als weit zurückliegend hinter den in Europa gängigen Landnutzungsweisen ein. Diese bis weit in das 20. Jh. übliche Methode der Distanzierung bezeichnet Johannes Fabian als denial of coevalness.502 Sie diente ebenso wie das Konstrukt biologisch bedingter Überlegenheit dazu, koloniale Herrschaft zu rechtfertigen. Die Forstexperten schrieben, es handele sich beim Wanderfeldbau um eine rückständige Stufe der landwirtschaftlichen Entwicklung.503 Die Kolonisation hielten sie für den entscheidenden historische Einschnitt, der die Kultur des Wanderfeldbaus endlich zum Verschwinden bringen werde.504 Kritische Stimmen Vasant K. Saberwal kritisiert, dass Austrocknung in der Kolonialzeit zumeist einseitig auf durch Menschen verursachte Entwaldung zurückgeführt worden sei. Andere Spezifika der physikalischen Umwelt seien im funktionalen »forestacting-as-sponge model« als Erklärungsvariablen vernachlässigt worden.505 [F]oresters were simplifying the inherent complexity of ecological interactions, thereby enabling a fit between their own theories and observable phenomenon. The suggestion that all human land use led to deforestation and that this deforestation had specific, predictable results, irrespective of the range of physical conditions under consideration, is a classic example of such simplification.506

So richtig Saberwals Einschätzung ist, muss man in Rechnung stellen, dass nicht alle Kolonialexperten dieses Modell vertraten. Zwar blieb das Entwaldungsdogma von Stuhlmann lange Zeit erkenntnisleitende Grundlage zur Analyse des Zusammenhangs von lokalen Landnutzungspraktiken und Entwaldung. Doch wurden aus forstwirtschaftlichen Kreisen sukzessive Stimmen lauter, die Entwaldungsvorgänge differenzierter betrachteten, indem sie stärker zwischen klimatischen und menschlichen Faktoren unterschieden. Es hieß, dass einige Gebiete in Deutsch-Ostafrika aufgrund meteorologischer Ursachen niemals so stark bewaldet gewesen seien, wie Stuhlmann angenommen habe.507 Diese Einsichten deuteten bereits darauf hin, dass die Gestalt von Wäldern in ostafrika­ nischen Mittelgebirgen sehr viel stärker auf natürlicher Faktoren, denn auf menschliche Nutzung zurückzuführen war.508 502 Vgl. Johannes Fabian, Time and the Other. How Anthropology Makes its Objects. New York 1983, 31. 503 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 10. 504 Vgl. Krüger, Wald, 209. 505 Vgl. Saberwal, Science, 335. 506 Ebd. 507 Vgl. Bruchhausen, Bericht, 696–697. 508 Vgl. Heinrich Walter, Die Vegetation der Erde in öko-physiologischer Betrachtung, Bd. 1. Stuttgart 1973, 29.

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Sehr deutlich kritisierte der Kolonialexperte Walter Busse das Stuhlmannsche Entwaldungsdogma. Busse hatte von Dezember 1900 bis März 1901 eine Forschungsreise im Süden Deutsch-Ostafrikas durchgeführt. Die brisanten Ergebnisse seiner Forschung veröffentlichte er jedoch erst im Jahr 1908, als sich der kolonialpolitische Wind in Berlin unter Reichskanzler von Bülow gedreht hatte.509 Zuvor erschien Busse eine öffentliche Stellungnahme gegen Stuhlmanns These vermutlich nicht opportun.510 In seiner Kritik schloss sich Busse bezüglich klimatischer Überlegungen zwar der Position an, dass sich Deutsch-Ostafrika im »Zustande einer allmählichen Austrocknung [und] Verkarstung«, befinde. Er betonte jedoch, dass in Ostafrika keineswegs eine stetige Verminderung der Niederschläge stattfinde, sondern regenreiche und regenarme Perioden – analog zu den sieben fetten und den sieben mageren biblischen Jahren – einander abwechseln.511 Bemerkenswert: Busse bemühte die Bibel, um seiner Aussage das nötige Gewicht zu verleihen, zumal er die Phänomene LA NIÑA und EL NIÑO, die die neueren Klimaforschung als Erklärung für periodische Schwankungen in der Regenmenge heranzieht, noch nicht kannte. Doch reichte die biblische Begründung seinerzeit keineswegs mehr aus, um eine wissenschaftliche Position zu untermauern, weshalb er als empirischen Befund die Regenmessungen der letzten 15 Jahre hinzuzog.512 Letztlich differenzierte Busse zwischen langfristigen und kurzfristigen meteorologischen Trends, denn er glaubte nicht daran, dass man eine kolonialwirtschaftlich sinnvolle Planung aufgrund punktueller Beobachtungen ausrichten konnte. Diesbezüglich kritisierte er die herrschende kolonialwissenschaftliche Auffassung und stellte von Humboldts Austrocknungsthese infrage. Busse ging nicht davon aus, dass man Austrocknung infolge von Entwaldung in der Zeitspanne lebender Generationen beobachten könne.513 Die Forstverwaltung in Ostafrika […] hat nun für die Praxis der Aufforstung mit den heutigen Verhältnissen zu rechnen und zu berücksichtigen, daß man nie und nimmer in einem Steppenlande neue Regenwälder schaffen kann.514 509 Vgl. Franz-Josef Schulte-Althoff, Koloniale Krise und Reformprojekt. Zur Diskussion über eine Kurskorrektur in der deutschen Kolonialpolitik nach der Jahrhundertwende, in: Heinz Dollinger, Horst Gründer, Alwin Hauschmidt (Hrsg.), Weltpolitik, Europagedanke, Regionalismus. Festschrift für Heinz Gollwitzer zum 65. Geburtstag am 30. Januar 1982. Münster 1982, 412. 510 Vgl. Walter Busse, Forschungsreise durch den südlichen Teil von Deutsch-Ostafrika, in: Beihefte zum Tropenpflanzer. Wissenschaftliche und praktische Abhandlungen über tropische Landwirtschaft, 3, 1902, 93–119. 511 Vgl. Walter Busse, Die periodischen Grasbrände im tropischen Afrika und ihre Bedeutung für die Landeskultur, in: Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten, 21, 1908, 129. 512 Vgl. ebd. 513 Busse stellte von Humboldts Annahmen zur Austrocknungsthese infrage; vgl. ebd., 129 Fn*. 514 Vgl. ebd., 129–130.

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Busse erteilte der Hoffnung, durch Aufforstung in den »Steppenländern« dem »drohenden Gange der Austrocknung eines von Klimaveränderungen betroffenen Gebiets« Einhalt gebieten zu können, eine Absage. Der Austrocknungsprozess sei allein abhängig von der allgemeinen Luftzirkulation und von Änderungen, die sich in den höheren Schichten der Atmosphäre vollziehen, dagegen völlig unabhängig von der Pflanzendecke. So könne man zwar durch Aufforstungen die lokalen Steigungsregen erhöhen, jedoch die klimabedingten globalen Regenfälle nicht.515 Insofern hätten Aufforstungen höchsten an der Luv-Seite von Gebirgen wie Usambara oder Uluguru Aussicht auf Erfolg, jedoch nicht auf der Lee-Seite. Ferner könne mit Aufforstungen vielleicht – bei sonst vorteilhaften Bedingungen – die Begrünung des gebirgigen Vorlandes gelingen, doch werde man der Hoffnung, damit einem ganzen Lande zu besseren klimatischen Verhältnissen zu verhelfen, wohl entsagen müssen.516 Mit dieser grundlegenden Kritik wandte sich Busse gegen die konservatorische Vorstellung, durch Aufforstung die klimatischen Bedingungen ganzer Kolonien oder Kontinente beeinflussen zu können. Daraufhin revidierte Franz Stuhlmann im Jahr 1910 sein Entwaldungsdogma und legte die fatalistische Sichtweise auf den unvermeidlichen Niedergang des ostafrikanischen Waldes aufgrund menschlicher Einwirkungen beiseite.517 Er schrieb im Anschluss an Busse, dass Temperatur, Regenfall, Bodenbeschaffenheit und die allgemeinen tellurisch-meteorologischen Verhältnisse, wie Winde oder Gebirge, als Faktoren stärker auf das Klima wirken als der Wald. Stuhlmann schloss daraus, dass – wo sich in Ostafrika die entsprechenden Bedingungen fänden – ein »dem Klima angepaßter Wald« nachwachsen könne. Als Beispiel nannte er den »Sachsenwald« bei Daressalam, der sich den klimatischen Bedingungen entsprechend entwickelt habe, weil das »Roden und Brennen« dort verboten worden sei. Dieser Versuch sei vorbildlich und hätte den Weg gewiesen, den man hinsichtlich der gesetzlichen Waldschutzpolitik in allen deutschen Kolonien in Afrika gehen müsse.518 Die Reservierung von Wäldern stellte für Stuhlmann in ökologischer und ökonomischer Hinsicht den kolonialforstlichen Königsweg dar. 515 Vgl. ebd. Zur zeitgenössischen Diskussion über den Zusammenhang von Bewaldungsgrad und Regenwahrscheinlichkeit; vgl. Ernst Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden und seine klimatologische und hygienische Bedeutung begründet durch die Beobachtungen der forstl.-meteorolog. Stationen im Königreich Bayern. Resultate der Versuchsstationen im Königreich Bayern, Bd. 1. Aschaffenburg 1873, 148–153, 172, 184, 204; Oscar Peschel, Neue Probleme der vergleichenden Erdkunde als Versuch einer Morphologie der Erdoberfläche. Leipzig 1870, 155; Ribbentrop, Forestry, 55–56. 516 Vgl. Busse, Grasbrände, 129–130. 517 Vgl. Franz Stuhlmann, Der Waldschutz in den deutschen afrikanischen Kolonien, in: DOAZ, 24. August 1910, o. S. Stuhlmanns Artikel war am 29. Juli 1910 bereits in der Deutschen Kolonialzeitung erschienen. 518 Vgl. ebd.

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Nach unseren augenblicklichen Kenntnissen scheint das System der Reservate und deren Schutz vor Brennen und anderer Schädigungen das beste Mittel zu sein, wie die Verwaltung den Waldbestand schützen kann. Die Aufforstung neuer Flächen, die auch vorgenommen wird, läßt sich bei den riesigen Gebieten, bei dem geringen verfügbaren Personal und Geld nur höchst langsam betreiben, sie scheint weniger wirksam zu sein als der Schutz des Bestehenden. Dieser aber sollte mehr ausgedehnt und energisch betrieben werden, damit er auch in die Vorstellung der Eingeborenen übergeht.519

Deutlicher konnte die Abkehr vom Aufforstungsparadigma nicht formuliert werden: Man wollte sich auf die kostengünstige Variante der »natürlichen Verjüngung« von Baumbeständen in Waldreservaten konzentrieren. Mit dieser Methode konnte man laut Stuhlmann zwar keine Veränderung des Klimas erwarten, doch was damit erreicht werden könne, sei eine »ökonomische Ausnützung der in dem Gebiete niedergehenden Regen, eine Erhaltung der beständigen Wasserläufe, eine Hinderung der Bodenabspülung und eine Konservierung der wertvollen Holzbestände.«520 Damit kehrte Stuhlmann von seiner ursprünglichen Position ab. Doch malte er weiterhin ein düsteres Zukunftsszenario, falls der Wald in Ostafrika durch den Menschen »zerstört« werde. Dann trete außer einem Mangel an »Werk- und Brennholz« ein zu rasches Abfließen des Regens, ein Abschwemmen des Bodens und ein Versiegen der ständig fließenden Bäche ein, alles »Schädigungen für den Wohlstand des Landes.«521 Letztendlich müssen Stuhlmanns Aussagen als die Abkehr von einem großen ingeniösen Traum interpretiert werden, den er und andere Kolonialexperten lange verfolgt hatten. Es war ein Abschied von der lang gehegten Hoffnung, die ostafrikanische Umwelt durch Aufforstungen für europäische Besiedlung zuträglich zu machen. Damit trat der kolonialforstliche Diskurs in Deutsch-Ostafrika in eine neue Phase ein. Gegen Ende der deutschen Kolonialzeit beschrieb man die konservatorischen Ziele folgendermaßen: Erhaltung der Quellen und damit der Fruchtbarkeit des Landes, welches ohne das belebende Naß bald einer Wüste gleichen würde; Schutz gegen die Abschwämmung fruchtbaren Erdreiches an den Hängen und auf den Bergrücken, daher Erhaltung des Acker- und Weidelandes für die Bergvölker und Verhinderung ihrer Abwanderung; Sicherung der Eingeborenensiedlungen und Europäerpflanzungen am Fuß der Berge gegen verheerende Überflutungen u. a. m.522

Man berücksichtigte scheinbar stärker einheimische Interessen, auch sollte sich der staatliche Waldschutz gleichermaßen gegen einheimische und europäische

519 Ebd. 520 Vgl. ebd. 521 Vgl. ebd. 522 Siebenlist, Forstwirtschaft (Vorwort), o. S. 

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»Missbräuche« richten.523 Die Schutzwaldfunktion tropischer Wälder definierte man mit Blick auf die afrikanische und europäische Landwirtschaft. Die afrikanische Bevölkerung exkludierte man nicht mehr völlig aus den kolonialforstlichen Konzepten. Doch bedeutete diese Innovation auf der diskursiven Ebene nicht unbedingt, dass der einheimischen Bevölkerung in der Praxis mehr Spielraum bei der Waldnutzung eröffnet worden wäre. Vielmehr stand hinter diesen Worten, dass die kolonialstaatliche Forstwirtschaft durch Waldschutz in paternalistischer Weise auch für das Wohl der »eingeborenen« Bevölkerung sorgen wollte. Schließlich hielt man diese immer noch für unfähig, dies selbst zu tun. Somit ist aus den diskursiven Veränderungen nicht zu schließen, dass sich die Verhältnisse für die einheimische Bevölkerung in der Praxis verbesserten (vgl. S. 351–401).524 Entwaldung und Plantagenwirtschaft Im konservatorischen Diskurs wurden nicht nur einheimische Bevölkerungsgruppen, sondern auch europäische Plantagengesellschaften für tropische Entwaldung in Ostafrika verantwortlich gemacht.525 Das zeigte eine Studie von Ferdinand Wohltmann, Professor an der landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn-Poppelsdorf.526 Wohltmann hatte im Winter 1897/98 im Auftrag der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes (AAKA) eine pedologische Inspektionsreise nach Usambara durchgeführt, um die Zukunftsfähigkeit des plantagenmäßigen Kaffeeanbaus zu prüfen. Im Anschluss daran verfasste er den weltweit ersten fotografischen Bericht über tropische Entwaldung. Dieser Bericht ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass bildliche Darstellungen kolonisierter Landschaften einen politischen Zweck erfüllten, ja sogar unter politischen Maßgaben angefertigt wurden. Die Aufnahmen zeigten tropische Entwaldung, weshalb Zellers Typologie kolonialer Landschaftsdarstellungen zu erweitern ist. Koloniale Bilder wurden nicht nur instrumentalisiert, um eine »Inwertsetzung« und vermeintliche heroische Aneignung der Natur zu belegen, sondern auch, um koloniale Wirtschaftspraktiken zu kritisieren. In Wohltmanns Bildern fand eine Politisierung der Landschaft im Stil einer Ästhetik der Zerstörung statt.527 Solche Darstellungen zerstörter Landschaften hatten in den USA bereits die öffentliche 523 Vgl. Schreiben O. F. Deininger an RKA, Der Forstdienst und das forstliche Versuchswesen in Deutsch-Ost-Afrika (Nach dem Stande vom 31. März 1914) vom 8. April 1914; BArch R 1001/ 7660, 188. 524 Ulrike Kirchberger übernimmt Siebenlists Aussagen unkritisch und unkommentiert; vgl. Kirchberger, Infrastruktur, 49–50. Kirchbergers Interpretation von Siebenlists Werk erfolgt ebenso wenig quellenkritisch wie Bartons Rezeption von Ribbentrops Werk Forestry in British India. 525 Engler, Expedition, 359–360. 526 Wohltmann stand der Wirtschaft nahe und war Mitherausgeber der Zeitschrift Der Tropenpflanzer, die das zentrale Organ des Kolonialwirtschaftlichen Komitees (KWK) war; vgl. Zeitschrift für tropische Landwirtschaft, 1, 1897, o. S.  527 Vgl. Zeller, Blick, 35–36.

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Wahrnehmung geprägt und einen starken Einfluss auf dortige politische und planerische Entscheidungen zur Schaffung von Nationalparks ausgeübt.528 In ähnlicher Weise sollten die Fotografien Wohltmanns im deutsch-ostafrikanischen Kontext ein Eingreifen des Staates zum Schutz tropischer Wälder befördern, wobei der Kolonialexperte seine Kritik an den Plantagengesellschaften in möglichst moderaten Tönen formulierte.529 Letztlich wollte er kein negatives Bild der deutschen Kolonisation erzeugen, sondern lediglich auf einige negative Konsequenzen hinweisen, die eine Kolonisation nach dem Prinzip laissez faire mit sich brachte. So hieß es bei Wohltmann, dass auf den Plantagen der DeutschOstafrikanischen Gesellschaft (D. O. A. G.)  – Derema und Nguëlo  – »manche Irrungen« begangen worden seien, sodass die Kaffeekultur »keineswegs überall befriedigend« genannt werden könne. Die Saatbeete in Nguëlo seien im Jahr 1897 »sehr schlecht gehalten« worden, sodass sie nur »unvollkommene Pflanzen« liefern konnten.530 Noch deutlicher formulierte Wohltmann seine Kritik am Beispiel der Plantage Ngambo und untermalte dies mit der Fotografie eines Brennenden »Urwaldschlags«. Die großflächig gezeigte Zerstörung des Waldes auf der folgenden Fotografie stützte Wohltmanns Vorwurf an die Plantagengesellschaften, »mächtige Waldriesen« zur Anlage von Kaffeekulturen gefällt zu haben, deren Hölzer jedoch nicht zu nutzen.531 Hunderttausende von werthvollen Hölzern [liegen] und verfaulen, während die Pflanzer sich überseeische Bretter von der Küste mit einer Rupie (Rp) pro laufendem Meter durch Träger bringen lassen.532

In den Augen der Kolonialexperten entsprach diese Ressourcenverschwendung nicht einer »rationellen wirtschaftlichen Betriebsart«. Das »schönste Baumaterial« sei bei der Gewinnung von Plantagenland den Flammen preisgegeben. Gleichzeitig errichte man inmitten des »Waldbrandes« Gebäude, deren »Holzwerk« aus Schweden oder Russland stamme und unter »unsäglichen Mühen auf den Köpfen der Schwarzen« 100 km und mehr von der Küste mitten in den »Urwald« hineingeschleppt werde.533 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Aufnahme des abgebrannten Holzschlags aufgrund ihrer Polysemie nicht nur kritisches, sondern auch kolonialapologetisches Potenzial entfalten konnte. Wohltmann nutzte die Fotografie einige Jahre nach dem Erscheinen seiner Studie in einem 528 Vgl. Mauch, Bilder, 51–52, 59, 64. 529 Vgl. Ferdinand Wohltmann, Holznutzung und Waldschutz in unseren Kolonien, in: Der Tropenpflanzer, 2, 1898, 27.  530 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 14. 531 Vgl. Engler, Expedition, 359–360. 532 Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 627. 533 Vgl. ebd.; Krüger, Wald, 218–219; Wohltmann, Holznutzung, 27.

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Abb. 14: Urwaldschlag und -brand auf Plantage Ngambo. Aus: Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, Tafel 8.

populären Lichtbildvortrag, um dem Publikum die Aneignung der tropischen Natur als heroische Tat näherzubringen. In seinem Vortragstext konnotierte Wohltmann die Rodung des Waldes positiv. Sie erschien in populärer Perspektive als notwendiges Werk im Sinne des kolonialzeitlichen Kulturstufennarrativs. Der Wald hatte im Prozess der Kolonisation der Zivilisation zu weichen.534 Daran wird deutlich, dass in der Kolonialzeit keine einheitliche Perspektive auf tropische Entwaldung existierte. Je nach politischer Opportunität deutete man diese positiv oder negativ. Doch ist man aus heutiger Sicht fast geneigt zu vermuten, dass die Fotografien tropischer Entwaldung stets kritisches Potenzial entfalteten, auch wenn dies durch begleitende Texte neutralisiert werden sollte. Deshalb wird an dieser Stelle bezüglich der Formen von Aneignung des kolonialen Raums die These vertreten, dass koloniale Landschaftsfotografien, die sich einer Ästhetik der Zerstörung bedienten, jederzeit das koloniale Diskursgebäude infrage stellen konnten. Die Fotografien tropischer Entwaldung produzierten einen kritischen Bedeutungsüberschuss. In diesem Sinn handelte es sich bei Fotografien zerstörter Landschaften um »gefährliche Medien« innerhalb des Kolonialdiskurses.

534 Vgl. Wohltmann, Kultur- und Vegetationsbilder, 9.

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Bodenerosion Die Kolonialforstexperten nutzen die Bilder tropischer Entwaldung nicht allein, um in ökonomischer Perspektive die Verschwendung von Waldressourcen zu beklagen. Sie bezeichneten die Regenwälder als den »hauptsächlichsten Gegenstand forstlicher Fürsorge« innerhalb der deutschen »Schutzgebiete«, da sie ihnen wichtige Funktionen für die »Wasserwirtschaft« und die »Bodenpflege« zusprachen.535 Deshalb griffen sie auf Fotos zurück, um konservatorische Probleme, wie Bodenerosion, Windbruch, zunehmende Trockenheit und Klimaverschlechterung anzuprangern. Sie kritisierten, dass die großen Plantagengesellschaften Kahlschläge vorgenommen hatten und keine Schattenbäume auf ihrem Land stehen ließen: Namentlich die beiden D. O. A. G.-Plantagen Derema und Nguëlo litten unter einem Mangel an Schattenbäumen, weshalb die Entwaldung dort Windbruchgefahr und Austrocknung der Böden verursache.536 Schließlich hatte sich überall im Wald von Ost-Usambara nur eine Schicht von 2–5 cm Humus auffinden lassen, die durch den Kahlschlag der Plantagen völlig vernichtet zu werden drohte.537 Unter Rückgriff auf die Austrocknungstheorie schrieb man, der ohnehin geringe Humus, den die großen Bäume mit hohem Kronenansatz und geringem Blattabfall überhaupt bilden, sei in Gefahr: »Luft und Licht« trocknen bei Entwaldung den Boden aus.538 Zur Illustration des Problems nutzte Wohltmann die Fotografie eines entwaldeten Geländes auf der Prinz-Albrecht-Plantage (Kwamkoro). Die Plantage war mit 3390 mm Jahresniederschlag das regenreichste Gebiet in Ost-Usambara.539 Die Ästhetik der Zerstörung kommt auf der nächsten Fotografie klar heraus, zumal die große Regenmenge auf Kwamkoro für das abgeholzte Gelände eher Fluch als Segen bedeutete. Es hieß, der Wald schütze nicht länger vor »Abwaschungen« und »Verschlämmung« der Täler.540 Es stehe zu befürchten, dass viel Boden von den Hängen ins Tal abspült, wodurch bei jungen Pflanzungen großer Schaden verursacht werde.541 Die Aufnahme diente gemeinsam mit dem Text dazu, auf nicht intendierte ökologische Gefahren der Plantagenwirtschaft aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt fürchteten Kolonialexperten, dass sich durch die Entwaldung die »Feuchtigkeitsverhältnisse« in Deutsch-Ostafrika verschlechterten.542 Die »Vernichtung« der Wälder in den ostafrikanischen Mittelgebirgen erzeuge nicht nur an Ort und Stelle negative Umweltfolgen, vielmehr 535 Vgl. Hochwald, in: Deutsches Koloniallexikon, Bd. 2, 70. 536 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626. 537 Vgl. ebd., 623. 538 Vgl. ebd. 539 Vgl. Wohltmann, Holznutzung, 28. 540 Vgl. ebd. 541 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 21. 542 Vgl. Wohltmann, Holznutzung, 28.

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Abb. 15: Abgeholztes Talgelände auf der Plantage Kwamkoro. Aus: Wohltmann, DeutschOstafrika, Tafel 10.

leide auch das ganze vorgelagerte Gebiet bis zur Küste unter Wassermangel, so ein Kolonialförster. Die Regenmenge nehme ohnehin in der Trockenzeit ab und das kahle Gebirge erhöhe die durchschnittliche Jahrestemperatur543, wenn der Wald als der »beste Regulator des Klimas und der Witterung« gefällt worden sei.544 Wolle man die »klimatische Gunst« Ost-Usambaras nicht gefährden, so der Tenor, sei es notwendig, dass einer Entwaldung durch die Plantagenwirtschaft mit »größter Ängstlichkeit« vorgebeugt werde.545 Einheitlicher Kolonisationsplan Die Kolonialforstexperten versuchten in ihren Texten und Fotografien zu verdeutlichen, dass sich unreglementierte Entwaldung negativ auswirkte. Sie argumentierten für einen Schutz des Waldes nicht um seiner selbst willen, sondern als zweckhaft für die Kolonialwirtschaft. Die langfristige Nutzung ostafrikanischer Mittelgebirge, wie Ost-Usambara und dessen Vorland, erschien ihnen nur unter Berücksichtigung der lokalen ökologischen Bedingungen möglich.546 Landwirt 543 Vgl. Krüger, Wald, 227. 544 Vgl. Wohltmann, Holznutzung, 28.  545 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 7. 546 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626.

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schaftliche Produktion sollte nicht um den Preis der Zerstörung der Umwelt betrieben werden. Dieser Perspektive lag die Auffassung eines Verhältnisses von Natur und Kultur zugrunde, in der sich die Kultur der Natur verständnisvoll zuwandte. Deshalb betonten die Forstexperten, ein Schutz der Waldbestände liege nicht nur im volkswirtschaftlichen, sondern ebenso im privatwirtschaftlichen Interesse.547 Sie forderten, den bedingungslosen privatwirtschaftlichen Gebrauch kolonialer Gebiete einzuhegen, um die Ökosystemleistungen des Waldes zu erhalten. Je länger man zuwarte, desto schwieriger werde der Eingriff für die Regierung.548 Für den kolonialen Staat in Deutsch-Ostafrika empfahlen die Experten, schleunigst eine Forstverwaltung nach britisch- und / oder niederländisch-indischem Muster aufzubauen. Diese sollte Privatunternehmen kontrollieren549 und die Anlage von Plantagen nur noch unter »forstmännischer Leitung« an ausgesuchten Plätzen erlauben.550 Das war ihre Botschaft, wobei sie ihre Kritik an den Plantagengesellschaften keineswegs so verstanden wissen wollten, als ob sie das koloniale Projekt als solches infrage stellten. Deshalb waren sie peinlich darauf bedacht, negative Äußerungen immer im Rahmen des Sagbaren zu halten, selbst wenn ihre Einschätzungen zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Plantagen ernüchternd ausfielen. Albert Wirz interpretiert den Entwaldungsdiskurs als »symbolische Topo­ graphie«, die das koloniale Diskursgebäude gleichzeitig stütze und infrage stellte. Es habe sich in diesem ökologischen Diskurs ein sonst oftmals sorgsam unterdrückter »Gegendiskurs« gezeigt, der die gängige koloniale Rhetorik von zivilisatorischem Fortschritt konterkarierte. Koloniale Forstexperten seien als eine Art »Oppositionsbewegung« zu begreifen, da sie tropische Entwaldung als einen jener »selbstproduzierten Schatten« gesehen hätten, den das Licht der europäischen »Zivilisierungsmission«551 eben auch geworfen habe. Der Diskurs um tropische Entwaldung sei als eine Quelle der Sinnfindung zu verstehen. Die »[f]einer empfindende[n] Geister« unter den Kolonisten hätten durch Kritik an den ausbeuterischen Praktiken der Plantagengesellschaften eine Möglichkeit gefunden, der »Sinnlosigkeit des kolonialen Projekts« durch Forderungen nach Waldschutz eine positive Deutung zu geben.552 Dieser Interpretation von Wirz ist zuzustimmen. Beispielsweise schrieb Ferdinand Wohltmann, dass man sich trotz der Entwaldung der bereits geleisteten 547 Vgl. Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 72. 548 Vgl. Krüger, Wald- und Kulturverhältnisse, 626–227. 549 Vgl. Engler, Expedition, 360; Krüger, Wald, 231. 550 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626–227. 551 Laut Jürgen Osterhammel ging es bei dem Versuch der Zivilisierung um die »Hebung des Zivilisationsniveaus« ganzer Bevölkerungsgruppen oder zumindest ihrer Eliten, die für erzieherische Bemühungen empfänglich schienen; vgl. Osterhammel, Work, 365. 552 Vgl. Wirz, Wald, 24.

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»Kulturarbeit« nicht »schämen« brauche.553 Zwar hätte das in Deutsch-Ostafrika investierte Kapital an Volksvermögen noch keine »Zinsen in Gold und Silber« erbracht, aber »uns zu einem kolonialdenkenden Volke gemacht«. Dieses fühle nunmehr, »daß wir ohne Kolonialpolitik in der Zukunft nicht mehr existenzfähig und existenzberechtigt sind.«554 Für die Kolonialexperten war letzten Endes nicht entscheidend, ob sich die Kolonisation volkswirtschaftlich für Deutschland lohnte. Sie betrachtete diese nicht aus zweck-, sondern aus wertrationaler Perspektive als eine nationale Schicksalsfrage. Es zeigte sich in ihren Worten ein tief irrationaler Zug. Bei der kolonialen Ökonomie schien es ihnen nicht darum zu gehen, wie man Waren oder Rohstoffe kaufen und wie man gute Preise erzielen konnte, sondern darum, wie Dinge und Menschen erobert, zerstört oder gerettet werden konnten.555 Somit ist festzuhalten, dass nicht nur der ökonomische Waldschutzdiskurs mit seinem zentralen Narrativ der globalen »Holznot« zwischen Angst- und Allmachtgedanken oszillierte, sondern auch der konservatorische Kolonialdiskurs, der sich um die Rettung der Wälder drehte.

3.2.3 Präservatorischer Diskurs In ähnlicher Weise wie der konservatorische Waldschutzdiskurs kann der präservatorische Waldschutzdiskurs im kolonialen Kontext als sinnstiftender »Gegendiskurs« interpretiert werden. Dieser Diskurs fußte darauf, dass seit der ersten Hälfte des 19. Jh. tropische Wälder in den Berichten europäischer Reisender als Sinnbilder der Ursprünglichkeit des Gartens Eden erschienen. Sie galten als Gegenbild zur europäischen Zivilisation und wurden – einschließlich der darin lebenden Menschen  – zum »Korrelat menschlicher Transzendenz« erklärt.556 Im Begriff »Urwald« schwang die Konnotation des Vorzeitlichen und Geschichtslosen mit.557 Alte Bäume und vermeintlich ursprüngliche Wälder galten als Orte der Sinnstiftung und Inspiration.558 Die äußerlich wahrnehmbare Natur interpretierte man subjektiv als übersinnliche Erscheinung oder Offenbarung der göttlichen Weltordnung.559 Diese ästhetisch-sentimentale oder 553 Wohltmann, Kultur- und Vegetationsbilder, 5. 554 Wohltmann, Deutsch-Ostafrika, 91. 555 Vgl. Habermas, Skandal, 214–215. 556 Vgl. ebd., 29; Harrison, Wälder, 289. 557 Vgl. Wirz, Erfindung, 17. 558 Zur Diskussion über den Ursprung ästhetischer Naturerfahrung; vgl. Ruth Groh, Dieter Groh, Weltbild und Naturaneignung. Zur Kulturgeschichte der Natur. Frankfurt 1996, 128; Norbert Wolf, Landschaftsmalerei. Köln 2008, 13; Joachim Ritter, Landschaft. Zur Funktion des Ästhetischen in der modernen Gesellschaft. Münster 1963, 18. 559 Vgl. Groh, Groh, Weltbild, 134; Ritter, Landschaft, 30–32. Im Gegensatz zu Ritter wird in dieser Arbeit die Auffassung vertreten, dass die ästhetische Erfassung der Natur kein »Gegenspiel« zur wissenschaftlich-technischen Naturauffassung bildete, sondern mit dieser

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transzendentale Naturwahrnehmung etablierte sich in industrialisierten Gesellschaften als eine Abgrenzbewegung im Zuge des Durchbruchs eines mechanischen, wissenschaftlich-technischen Weltbildes.560 It is as if the bracing pureness of the air, the remoteness from the outer world, the unrestricted freedom from formal restraint, gives to forest life a charm for which in vain we will ever seek elsewhere.561

Es handelte sich um eine komplementäre Perspektive zur Moderne562, wobei man nicht pauschal Stadt-, Technik- oder Zivilisationsfeindschaft zum Ausdruck brachte, sondern ein Verlangen nach Kompensation.563 Dabei kam dem Wald als »Gegenbild« zur Unübersichtlichkeit der Großstadt und der Welt der Technik eine besondere Rolle zu.564 Ein Förster aus Deutsch-Ostafrika schrieb in seinen Memoiren, er habe in der Waldeinsamkeit seiner Forststation am Kili­ mandscharo all jene Freiheit und berufliche Erfüllung gefunden, die er in der zivilisierten Welt so sehr vermisst habe.565 Die Forstexperten betonten den positiven Einfluss des Waldes auf »Hygiene, Ästhetik und Ethik«. William Schlich schrieb, die Wohlfahrtsfunktion der Wälder bestehe darin, zur Beruhigung der menschlichen Seele zu dienen, da Wälder zumeist in ländlichen Regionen lägen, die frei von Sorgen seien.566 Schrecken und Schönheit tropischer Natur Die Suche nach Kompensation des städtischen Lebens führte im 19. Jh. dazu, dass man mehr und mehr tropische Wälder zu transzendentalen Orten stilisierte, wobei die Konnotation nicht immer positiv war. Laut Albert Wirz drehte sich das Bild eines Garten Edens, ähnlich dem Negativ zum Positiv in der Fotografie. Die künstlerische und literarische Darstellung von »Urwäldern« sei als Signum ihrer Zeit bald linearen erzählerischen Prinzipien gefolgt und habe sich innerhalb eines teleologischen Weltbildes bewegt.567 Die Urtümlichkeit tropischer Wälder in Wechselwirkung stand und sich beide Wahrnehmungen beeinflussten. Bspw. griff die Kolonialwissenschaft auf ästhetische Darstellungen der Natur zurück, wenn sie an die Grenzen wissenschaftlicher Darstellungsmöglichkeiten stieß; vgl. Schimper, Pflanzengeographie, 321. 560 Vgl. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. 1. München, 1998, 183; Ruth Groh, Dieter Groh, Die Außenwelt der Innenwelt. Zur Kulturgeschichte der Natur, Bd. 2. Frankfurt a. M. 1996, 109. 561 Müller, Forest, 51. 562 Vgl. Williams, Earth, 272. 563 Vgl. Nipperdey, Geschichte, 185; Williams, Earth, 272–273. 564 Vgl. Albrecht Lehmann, Mythos Wald. Was unser Waldbewußtsein und Waldwissen beeinflußt, in: Politische Ökologie, 89, 2004, 13, 15.  565 Vgl. Schmidt, Kilimandscharo, 9–10, 26–27. 566 Vgl. Schlich, Manual, 20–21. 567 Vgl. Wirz, Erfindung, 21. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass Darwin in seinem Werk The Origin of Species keineswegs ein teleologisches Weltbild vertrat, wie ihm Wirz und andere Historiker falsch unterstellen.

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und der darin lebenden Menschen sei nicht mehr als ein Ausdruck göttlicher Schöpfung oder als Teil des verlorenen Paradieses gedeutet worden, sondern als »evolutionsgeschichtliche Distanz«. Die Kolonisten hätten ganz im Sinnes des denial of coeavelness eine biologisch begründete, hierarchisch geordnete stammesgeschichtliche Stufenleiter kultureller Differenz als Maßstab des Wissens um tropische Welten entwickelt. Das habe dem »Reden von den Anfängen« eine neue Qualität verliehen. Bspw. sei der »Urwald« in den Reiseberichten Stanleys als urzeitliche Hölle, als Inbegriff des Chaos, des Maßlosen und Lebensfeindlichen erschienen, was als Blaupause für alle folgenden kolonialen Schilderungen afrikanischer »Urwälder« gedient habe.568 Diese Ausführungen von Wirz enthalten zwar einen wahren Kern, doch sie treffen nur bedingt auf koloniale Waldbeschreibungen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zu. Richtig ist, dass man tropische Wälder als unwirtliche und gefährliche Orte beschrieb. Jedoch fanden sich selbst bei Stanley weiterhin romantische Schilderungen, wie sich anhand von Beispielen aus Deutsch-Ostafrika zeigen lässt.569 Auch erschienen die ostafrikanischen »Urwälder« in den ästhetischen Beschreibungen von Missionaren als Ausdruck göttlicher Schöpfung. Durch diese Zuschreibung brachten die Missionare ihre Gefühle gegenüber einer als erhaben erlebten afrikanischen Natur zum Ausdruck. Sie beschworen den tropischen Wald als einen locus amoenus, einen naturschönen Ort jenseits menschlicher Vorstellungskraft.570 Dieser Eindruck der Natur sollte dem Leser auch zeichnerisch nähergebracht werden, wobei es sich bei folgender Darstellung vermutlich um die erste bildliche Repräsentation europäischer Prägung der inneren Bergwelt des nördlichen Uluguru handelte. Deutlich ist zu erkennen, dass es sich um eine idealisierte Darstellung handelt, weshalb man von der Zeichnung kaum auf die natürlichen Gegebenheiten schließen kann. In diesem Sinn beschrieb ein Missionar die östliche Seite des UluguruGebirges als eine »imposante Landschaft« mit einem »großartigen Urwald«. Es hieß, die Vegetation sei dort von »herausragender Schönheit«, sodass derjenige, der sie mit »Feder oder Pinsel« festzuhalten versuche, nur träumen könne. Diese gigantischen Bäume steigen wie die Säulen einer Kathedrale, grüne Kuppeldächer runden sich über unseren Köpfen, die Lianen werfen um uns herum grüne Drapierungen, die dem Dekor einer Tempelmauer gleichen: unmöglich, sich gegen ein ganz religiöses Gefühl zu wehren.571

568 Vgl. Wirz, Wald, 29. 569 Vgl. Stanley, Livingston, 190. 570 Vgl. Baur, Le Roy, A travers le Zanguebar. Voyage dans l’Oudoé, l’Ouzigoua, L’Oukwèré, l’Oukami et l’Ousagara. Tours 1886, 227. 571 Courmont, Seconde Tournee dans le Vicariat apostolique du Zanguebar, in: Les Missions Catholiques, 18, 1886, 617 [eigene Übersetzung].

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Abb. 16: Waldidylle im nördlichen Uluguru. Aus: Baur, Le Roy, Zanguebar, 222.

In diesen Worten kommt eine zeittypische Metaphorik heraus. Den inneren Aufbau tropischer Wälder assoziierte man mit sakraler Architektur. Gott als Baumeister hatte diese großartige Natur aufgerichtet. Es handelte sich um einen Ausdruck des zeitgenössischen europäischen Weltgefühls, innerhalb dessen die Gestalt afrikanischer »Urwälder« als Spiegelung der eigenen Kultur empfunden wurde. Das bedeutete, dass sich die Missionare in der afrikanischen Natur nicht mehr fremd vorkommen mussten. Schließlich ließ sich hier etwas Eigenes entdecken. Der »Urwald« erschien nicht wie im kolonialforstlichen Kulturstufen­ narrativ als Hindernis beim Aufbau einer göttlichen Ordnung, sondern geradezu als Ausdruck dieser.572 Es fand eine Positivierung des Ausgegrenzten statt.573 Laut Wolfgang Struck ließen sich positive Bilder tropischer Wälder in der deutschsprachigen Literatur ab dem Moment finden, als Deutschland zur Kolonialmacht wurde. Während die Atmosphäre heißer Landstriche und die im »Urwald« aus dem dunklen Erdreich hochkommenden wilden Keime zuvor als Metaphern für demokratische oder revolutionäre Tendenzen gebraucht worden seien, hätten die Beschreibungen fortan der Selbstverortung des kolonialen Subjekts innerhalb einer symbolischen, nicht realen koloniale Topografie gegolten.574 572 Vgl. Williams, Earth, 272. 573 Vgl. Groh, Groh, Außenwelt, 108, 109. 574 Vgl. Wolfgang Struck, Erzählter Traum. Der Tropenwald in der deutschen Kolonialliteratur, in: Michael Flitner (Hrsg.), Der deutsche Tropenwald. Bilder, Mythen, Politik. Frankfurt a. M. 2000, 64, 69–70.

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Diese Interpretation Strucks ist genauer als die von Wirz und lässt sich anhand der Äußerungen von Forschungsreisenden und Kolonisten in Deutsch-Ostafrika belegen. Bspw. empfand der Geograf Oscar Baumann zu Beginn der deutschen Kolonisation die Vegetation an den klaren Bächen Ost-Usambaras, an deren Ufern »herrliche Baumfarne« gediehen und über welche sich »malerische Lianengewinde« wölben, besonders reizvoll.575 Doch befürchtete er, dass diese Natur bald verschwinden würde, wenn dort erst ein Plantagengebiet entstanden sei. Ihm waren die Folgen kolonialer Erschließung durchaus bewusst, als er schrieb, mit der »idyllischen Ruhe« in den Bergen und Tälern sei es vorbei, wenn erst der »Axthieb des Farmers« durch die Wälder des Hochlands und der »Pfiff der Lokomotive« durch die weiten »Steppen« klinge. Damit zeigte Baumann, dass er die Landschaft und den Wald unter romantischen Gesichtspunkten betrachtete. Doch schlussfolgerte er daraus nicht, dass die Landschaft zu schützen sei. Schließlich wollte er Usambara zu dem machen, wozu es ihm von der Natur aus bestimmt zu sein schien, zu einer »Perle deutscher Colonien.«576 Dabei war ihm klar, dass die malerische Landschaft verschwinden würde. Wenn ich heute an Usambara zurückdenke, so tauchen in meiner Erinnerung besonders jene glücklichen Stunden auf, welche ich, auf beherrschender Kuppe der Hoch­ dörfer, gar oft in der Abenddämmerung an meinem einsamen Lagerfeuer verlebt. Gleich einem glühenden Feuerball näherte sich die Sonne immer mehr dem Horizonte der gewaltigen Nyikasteppe. Über die breiten Gebirgsthäler hatte der Abend schon seine Schatten gesenkt, die Hänge begannen sich in Dunkel zu hüllen, und nur die schroffen Felskämme erstrahlten noch im Sonnenglanze. In weiten Abständen stiegen die dünnen Rauchsäulen der verstreuten Dorfstätten aus dem Walde auf.577

Bei Baumanns Schilderung handelte es sich um einen Topos, wobei man sich fragen muss, warum er die von ihm geliebte tropische Welt zum Verschwinden bringen wollte, wenn er doch so tief berührt war. Eine Antwort lässt sich nur darin finden, dass die kolonialen Wünsche mit dem Einbruch der Nacht stärker wurden. Wenn dann der tropische Sonnenuntergang mit seiner ergreifenden Farbenpracht verblasst, wenn die Nacht mit der Schnelligkeit der Gleicherländer [Äquatorialländer] heranbrach und die vertrauten Formen der Berge immer mehr in unsichere Dunkelheit verschwammen, dann wurde willkürlich meine Phantasie rege. Meine Gedanken flogen in die Luft, mein geistiges Auge sah statt der herrlichen Wildnis vor mir ein noch herrlicheres, der Cultur erschlossenes Usambara.578 575 Vgl. Oscar Baumann, Usambara und seine Nachbargebiete. Allgemeine Darstellung des nordöstlichen Deutsch-Ostafrika und seiner Bewohner aufgrund einer im Auftrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft im Jahre 1890 ausgeführten Reise. Berlin 1891, 167. 576 Vgl. Baumann, Deutsch-Ostafrika, 177. 577 Baumann, Usambara, 311. 578 Ebd., 311.

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In diesen Worten Baumanns fiel eine Spannung auf. Er konnte den Gedanken des Naturschönen beim Anblick Usambaras nicht ertragen, sondern er stellte sich lieber eine kolonial erschlossene Landschaft vor. Solche Fantasien waren typisch für europäische Blicke.579 Deutlich tritt der Gedanke hervor, dass die afrikanische Landschaft ihrer »eigentlichen Bestimmung« erst noch zugeführt werden müsse. Die Kolonialschriftstellerin Frieda von Bülow schrieb, die ostafrikanische Landschaft sei »tot«, da noch das »Gebild von Menschenhand« fehle.580 In der bei von Bülow typisch harten bzw. prägnanten Sprache kam zum Ausdruck, dass es ebenfalls die scheinbar fehlende Nutzung der Landschaft war, die sie störte. Zwar hatte Gott ihrer Auffassung nach den Menschen die Gabe verliehen, der »schönen Natur« den »Stempel seines bewußt strebenden Geistes« aufzudrücken, doch verschloss die ostafrikanische Landschaft »Reichtum und blühendes Leben« noch in sich und schien nur »erwartungsvoll dem Herrn der Erde entgegenzusehen, daß er die edlen Keime aus dem langen Schlaf erwecke und an’s Licht ziehe.«581 Solche Argumente dienten den Europäern zur Rechtfertigung der Kolonisation. Sie bezogen hieraus ihr Selbst- bzw. Sendungs­ bewusstsein. Die Tatsache, dass es auch afrikanische Erzählungen gab, die der Landschaft einen Sinn gaben, spielte für die meisten Kolonisten keine Rolle. In vielen kolonialen Fantasien erschien eine Landschaft nur dann als schön, wenn Europäer sie nutzten und gestalteten. Nutzen und Ästhetik Eine Strategie, mit dem Widerspruch zwischen Nutzung und Bewahrung der tropischen Natur umzugehen, war, die Landschaften als Synthese aus utilitaristischen und ästhetischen Anforderungen zu kreieren. Dies belegt die Fotografie eines bei Daressalam angepflanzten Kasuarinenwäldchens. Die Aufnahme stammt aus einem Werk zur wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Das gezeigte Wäldchen erschien als eine ideale Mischung von tropischer Vegetation und europäischer Forstwirtschaft. Bei Kasuarinen, deren ostafrikanische Bezeichnung mvindya oder mvinja war, handelte es sich um einen typischen Kolonialbaum, der im 19. Jh. an vielen Küsten der tropischen Welt zu finden war.582 Die Kasuarinen, die aus Südostasien oder Australien stammten, eigneten sich insbesondere zur Aufforstung von Geröll 579 Vgl. Johann Ludwig Krapf, Reisen in Ostafrika ausgeführt in den Jahren 1837–1855. Kornthal 1858 (Nachdruck: Stuttgart 1964), 126; Henry Morton Stanley, Durch den dunklen Welttheil oder die Quellen des Nils. Reisen um die großen Seen des äquatorialen Afrika und den Livingston-Fluss abwärts nach dem atlantischen Ozean, Bd. 1. Leipzig 1878, 245. 580 Vgl. Bülow, Reisescizzen, 102. 581 Vgl. ebd., 102. 582 Vgl. Hubert Winkler, Botanisches Hilfsbuch für Pflanzer, Kolonialbeamte, Tropenkaufleute und Forschungsreisende. Wismar 1912, 61; Casuarine, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 267.

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Abb. 17: Sechsjähriger Kasuarinenhain bei Daressalam. Aus: Paasche, Deutsch-Ostafrika, o. S.

oder sandigen Strecken. Sie wurden oftmals zur Wegbepflanzung benutzt, wie auf der Fotografie zu erkennen ist. Die Bäume waren hoch und mit ihren nadelartigen Blättern und kleinen zapfenförmigen Früchten europäischen Nadelbäumen recht ähnlich, wobei ihre Blätter eher an einen »Schachtelhalm« erinnerten.583 Das verlieh der bepflanzten Landschaft einen vorzeitlichen Charakter. Die gezeigte Allee – nebst kleinem Wäldchen entlang der Straße – symbolisierte mit ihren geraden Reihen die gestaltende Kraft der europäischen Forstwirtschaft: Eine scheinbar gelungene Umsetzung des Konzepts des »Normalwaldes« mit schnell wachsenden tropischen Spezies, die neben ihrem ästhetischen Wert auch einen hohen Nutzwert als Lieferanten von Feuerholz, Gerbstoff und Papier hatten.584 Kolonialzeitliche Baumpflanzungen symbolisierten aber auch Macht, da sie einen Besitzanspruch auf das Land markierten (vgl. S. 83–86).585 Es lassen sich im deutsch-ostafrikanischen Kontext Baumpflanzungen, die an den Eingängen und Zufahrtsstraßen von deutschen Militärstationen oder Regierungssitzen angelegt worden waren, in solch diskursiven Bezügen verorten. Die Bäume standen in Reih und Glied, wobei die Ordnung der kolonialen Landschaftsgestaltung an Alleen in Deutschland erinnerte. Diese Anpflanzungen mussten auch militärischen Direktiven genügen, weshalb schnellwüchsige Arten gewählt 583 Vgl. Winkler, Hilfsbuch, 60. 584 Laut Volkens produzierten die Kasuarinen ein sehr hartes, gutes Bauholz, das sog. »Eisenholz«; vgl. Casuarine, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 267. Winkler äußerte sich hingegen skeptisch zum Wert der Kasuarine als Bauholz; vgl. Winkler, Hilfsbuch, 61. 585 Vgl. Williams, Earth, S. 271.

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wurden, die sich im Falle eines Angriffs leicht fällen ließen, um ein freies Schussfeld zu erhalten.586 Kunst als Präservator Neben der Kombination von nützlicher und ästhetischer Landschaftsgestaltung verfolgte man zur deutschen Kolonialzeit noch eine zweite Strategie, um den Widerspruch zwischen Naturzerstörung und Naturbewahrung aufzulösen. Kolonialstaatssekretär Dernburg hatte diese im Jahr 1907 in einer programmatischen Wahlkampfrede an die Zunft der bildenden Künstler in Deutschland herangetragen. Die Künstler sollten eine eigentümliche Rolle beim Erhalt der tropischen Natur spielen, indem sie in ihren Werken festhielten, was durch die Kolonisation unwiederbringlich verloren ging.587 Dernburg machte keinen Hehl daraus, dass die Kolonisation einen Verlust der als natürlich wahrgenommenen landschaftlichen Schönheit und Vielfalt bedeutete. Der Urwald wird teils ausgerodet, teils forstmäßig verwaltet, die Dschungeln werden durch Straßen und Bahnen durchbrochen. Aus Gründen der Schifffahrt und der Hygiene werden Wasserläufe korrigiert.588

Diese Entwicklung hielt Dernburg vom »Gesichtspunkte des Naturhistorikers« aus für bedauernswert. Deshalb sollten die Künstler »uns« mit ihren spezifischen Mitteln, die keine Wissenschaft besitze, die »weit entfernten und wunderbaren Länder und Leute menschlich näherbringen.« Zwar habe Deutschland noch keinen Rudyard Kipling oder Pierre Loti hervorgebracht, auch hätten es sich die deutschen Maler bisher entgehen lassen, ihre Motive »unter dem dankbar blauen Himmel von Südwestafrika und in den Urwäldern von Togo und Kamerun oder am Kilimandscharo« zu suchen. Doch habe die Kunst auch in »unseren« Kolonien eine große Aufgabe: Durch ihre Werke »in jedem Menschen das Beste und Edelste, das in ihm verborgen ist, auszulösen.« Es seien Länder »von wilder Schönheit«, von einer »großartigen Natur, Tier- und Pflanzenwelt«, doch liege es im »Wesen der Kolonisation«, dass sie diesen Dingen gegenüber »nicht freundlich [sei]«, dass sie zu einer »gewissen Zerstörung und Zurückdrängung hinneigt« und aus materiellem Interesse in das »Antlitz Gottes freier Natur« hineinzukorrigieren sucht.589 Es zeigte sich in Dernburgs Worten deutlich, dass er die tropische Natur in einem ästhetisierenden Sinn als göttliche Schöpfung

586 Vgl. Robert B. Munson, The Nature of Christianity in Northern Tanzania. Environmental and Social Change 1890–1916. Lanham 2013, Abb. III. 5.2. 587 Dernburgs Gedanken waren nicht neu. Vermutlich hatte zuerst Denis Diderot geäußert, dass sich Städter Landschaftsbilder als »Ausgleich des Naturverlustes« an die Wände ihrer Salons hängen; vgl. Wolf, Landschaftsmalerei, 8. 588 Bernhard Dernburg, Zielpunkte deutschen Kolonialwesens. Berlin 1907, 6.  589 Vgl. ebd., 13.

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interpretierte. Er entwarf das Bild einer tropischen Natur, die durch die koloniale Inbesitznahme in ihrer Ursprünglichkeit zerstört werde. Deshalb sprach er der Kunst die Aufgabe zu, die ursprünglichen Wunder der Natur in ihren Werken zu erhalten. Sie sollte das, was vergehen musste, für die Nachwelt festhalten, solange es in den Kolonien noch auffindbar war. Laut Dernburg hatte die Kunst die Aufgabe, den »Sinn für das Edle und Schöne in einer freien und unberührten Welt zu heben«, weshalb Dichter, Musiker und auch die bildenden Künstler mit kolonialen Motiven der »deutschen Nation einen großen Dienst« erweisen und ihrer »ethischen und ästhetischen Empfindung« einen großen Vorschub leisten würden.590 Koloniale Erfahrungen sollten – vermittelt durch die Kunst – auf das Mutterland zurückwirken und damit einen Beitrag zur Erziehung der Bevölkerung leisten. Jenen, die nicht die Möglichkeit hatten, in die Kolonien zu reisen, um dort die »Schönheit der Natur« zu bewundern, sollten durch die koloniale Kunst neue Erfahrungsräume eröffnet werden.591 Mit diesen Forderungen befand sich Dernburg ganz auf der Höhe seiner Zeit. In einem zeitgenössischen psychologischen Lehrbuch hieß es, dass das Landschaftsgemälde den »Abgang der unmittelbaren Wirksamkeit« der Natur kompensiere, wobei es eine »reinere Durchführung der ästhetischen Verhältnisse und eine strengere Einheit der Stimmung« garantiere als der Naturgenuss selbst. Letztendlich »entrücke« das Landschaftsbild allein durch seinen Abschluss von außen, durch die Wahl des Maßstabs, durch die freie Farbwahl des Lufttons und die Perspektive. Es lege dem Betrachter alles zurecht, was er in der Natur erst selbst finden und zusammensetzen müsse.592 Bei Dernburgs Forderungen handelte es sich um das Konzept einer metro­ politanen Naturwahrnehmung aus zweiter Hand.593 Das Bild einer vermeintlich ursprünglichen tropischen Natur sollte durch die künstlerische Darstellung konserviert und der Blick des metropolitanen Publikums auf die deutschen Kolonien gerichtet werden. Dernburgs propagandistischer Akt zielte darauf, in der Metropole ein romantisches Bild des »Schönen« und »Erhabenen« der tropischen Natur zu erzeugen, während diese praktisch gleichzeitig zerstört wurde. Er wollte die deutschen Kolonien in der Metropole zu imaginären Sehnsuchtsorten stilisieren, ohne praktische Konsequenzen im Sinne eines kolonialen Naturschutzes in Erwägung zu ziehen.

590 Vgl. ebd. 591 Vgl. Müller, Forest, 51. 592 Vgl. Wilhelm Ritter von Volkmar Volkmann, Lehrbuch der Psychologie vom Standpunkt des Realismus und nach genetischer Methode, Bd. 2. Cöthen 41895, 389. 593 Vgl. Nipperdey, Geschichte, 184.

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Vollbehr Der heute fast vergessene Kolonialmaler Ernst Vollbehr erfüllte die von Dernburg geforderte politische Rolle par exellence. In seinen Temperabildern und Aquarellen hielt er die Landschaft Usambaras fest. Vollbehr galt bis zum Ende des 1. Weltkrieges als einer der beliebtesten Maler seiner Zeit.594 Deutlich wird, er versuchte, sowohl das Erhabene als auch das Pittoreske tropischer Wälder zu erfassen. Auf der nächsten Seite tritt im oberen Bild das Erhabene der Bergwelt OstUsambaras mit den, wie Vollbehr schrieb, »charakteristischen mächtigen Mwuleholzbäumen« deutlich hervor. Diesen Eindruck versuchte auch Baumann in seinen Beschreibungen zu erfassen. Auf dem unteren Bild betonte Vollbehr das Pittoreske. Es zeigt einen Bachlauf in Ost-Usambara in der Nähe von Amani mit einer badenden Afrikanerin im Zentrum. Auf sie laufen die Fluchtlinien zu. Der »Urwald« erscheint in dunklen, vorwiegend blauen und grünen Tönen undurchdringlich im Hintergrund. Vollbehr schrieb: »Das Ganze war eine wunderbar fein abgetönte Farbensymphonie. Ein kleines Paradies!«595 Unter Bezugnahme auf Baumanns Schilderungen und auf Vollbehrs Bilder steht außer Frage, dass romantische Afrikabilder die Europäer bewegten, wobei Baumann die kolonial nicht erschlossene Landschaft noch selbst erlebte. Vollbehr hingegen konstruierte diese Landschaft nachträglich in seinen Ostafrikabildern, in denen er jedweden kolonialen Bezug ausblendete. Er zeigte bewusst keine technisierte Landschaft, obwohl er den Shumewald mit der Drahtseilbahn besucht hatte. Vielmehr stilisierte er die Landschaft Ostafrikas zu einem Gegensatz der metropolitanen Lebenswelt. Bei den Bildern aus dem ostafrikanischen »Schutzgebiet« ging es Vollbehr darum, einen von menschlicher Einwirkung weitgehend befreiten Raum zu zeigen. Er wollte damit bei seinem Publikum die Sehnsüchte nach DeutschOstafrika als etwas Ursprünglichem wecken. Spuren der Kolonialtätigkeit blendete er vollkommen aus.596 Die Bilder dienten als Projektionsflächen für einen Traum europäischer Existenz außerhalb der engen Grenzen des Heimatlandes. Sie suggerierten dem Publikum eine größere Naturnähe in den Kolonien jenseits urbaner Unannehmlichkeiten und sprachen insbesondere modernisierungskritische Kreise im Kaiserreich an.597 Deshalb wurden Vollbehrs Tropenbilder sehr populär. Man präsentierte sie im Berliner Reichstag anlässlich des 3. Deutschen Kolonialkongresses. Es folgten Ausstellungen in Dresden, Dortmund und 594 Vgl. Klaus-Dieter Hoppe, Ernst Vollbehr  – Maler zwischen den Welten, in: Verein Kulturtausch e. V. (Hrsg.), Ernst Vollbehr. Maler zwischen den Welten. Bad Kleinen 2001, 15.  595 Tagebuch Afrika, I. Teil: Der Osten und der Süden Afrikas, 1909/10 u. 1935, 33; IfL, Nachlass Ernst Vollbehr, 209/2. 596 Vollbehr präsentierte Ostafrika nicht als menschenleeren Raum. Das spricht gegen den Befund von Joachim Zeller, der die menschenleere Darstellungsform als zeittypisch für koloniale Landschaftsmalerei beschreibt; vgl. Zeller, Blick, 33. 597 Vgl. Jäger, »Unsere Kolonien«, 97.

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Abb. 18: Die Berge von Ost-Usambara und das Bondeiland. Aus: Vollbehr, Künstlerfahrt, 518.

Abb. 19: Urwaldrand bei Amani.598 Aus: Vollbehr, Künstlerfahrt, 525.

598 Das gleiche Bild befindet sich mit dem Titel Am Urwald bei Amani auch in folgendem Werk: Hermann Thomsen, Deutsches Land in Afrika. München 1911.

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Wuppertal-Elberfeld sowie zahlreiche Publikationen. Außerdem druckte man Vollbehrs Kolonialbilder als Postkarten, als Schulwandkarten und als Sammelbilder. Eines seiner ostafrikanischen Waldbilder zierte noch in der Zwischenkriegszeit den Band Afrika des Handbuchs der geografischen Wissenschaft.599 Naturdenkmalschutz Die aus den Tropen importierten romantischen Waldbilder entfalteten in der Metropole eine Rückwirkung, die weit über Dernburgs Intention hinausging. Sie waren ein Grund dafür, dass gegen Ende der deutschen Kaiserzeit – nicht zuletzt von einigen Kolonialförstern – zunehmend gefordert wurde, der koloniale Staat möge bestimmte tropische Waldpartien reservieren und als Naturdenkmale erhalten. Insofern kann die Rezeption tropischer Landschaftsmalerei als ein Auslöser gelten, Naturdenkmalschutz in deutschen Kolonien zu betreiben. Der geistige Boden dieser Bewegung war jedoch älter und lässt sich auf den romantisch-nationalen Walddiskurs im deutschen Kaiserreich zurückführen, der an Wilhelm Heinrich Riehls sozialpolitische Deutung des Waldes anschloss.600 Hiernach galt die Erhaltung von Wald – oder vielmehr von Wildnis – als Garant für den Bestand sozialer Vielfalt. Laut Riehl bildete der Wald eine der »tiefsten Wurzeln unseres Reichthums an individuellen socialen Bildungen«, weshalb es an der Zeit sei, das »Recht der Wildnis« zu vertreten, selbst wenn wirtschaftliche Belange dagegen sprächen.601 Das von Riehl entworfene Bild der »Wildnis« prägte das Waldverständnis in Deutschland während des 19. Jh. über alle Klassengegensätze hinweg.602 Der »Urwald« wurde zum ästhetischen Waldideal der Heimat- und Naturschutzbewegung.603 Im kolonialen Kontext griff vor allem Hans Paasche, der Sohn Hermann Paasches, den Naturschutzgedanken auf. Er schrieb, der Rückzug der »Wildnis« vor der Kolonisation vollziehe sich in zwei aufeinanderfolgenden Phasen: In der ersten Phase stehe die Methode des »Plünderns« der Natur im Mittelpunkt. In der zweiten Phase, wenn die »Schätze nicht mehr so offen daliegen«, entwickele der Europäer die »Wildnis«. Er baue Wege, entwässere Sümpfe,

599 Vgl. Konrad Schuberth, Ernst Vollbehr. Maler zwischen Hölle und Paradies. Eine illustrierte Biografie. Halle a.d. Saale 2017, 94–101; Detlef Lorenz, Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Berlin 2000, 190; Fritz Klute, Leo Wittschell, Alfred Kaufmann, Handbuch der geografischen Wissenschaft. Afrika. Potsdam 1930, Tafel XXII; http:// digitallibrary.usc.edu/digital/collection/p15799coll123/id/27859/ (Zugriff: 18.10.2020); http:// www.ernst-vollbehr.de (Zugriff: 18.10.2020). 600 Vgl. Jeffrey K. Wilson, The German Forest. Nature, Identity, and the Contestation of a National Symbol, 1871–1914. Toronto 2012, 2–56, 60, 64. 601 Vgl. Riehl, Naturgeschichte, 46–47, 51–52, 56. 602 Vgl. Lehmann, Mythos, 13, 15; Schmoll, Erinnerung, 184–190, 185 Fn. 202, 456. 603 Vgl. ebd., 112; Albrecht Lehmann, Der deutsche Wald, in: Etienne Francois, Hagen Schulze (Hrsg.), Deutsche Erinnerungsorte. München 2003, 190.

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reguliere Flussläufe und fälle den »Urwald«.604 Schließlich fliehe die »Wildnis«, in der das »Geld der Kulturwelt« keinen Wert habe. Die »Tierwelt« weiche zurück und auch »im Menschen« fliehe etwas: »die harmlose Unschuld.«605 Laut Hans Paasche hatte der »Weiße« keine »Ehrfurcht« vor der Natur, er zerstöre die »Wildnis«, ohne den Wert seiner Kultur anzuzweifeln.606 In diesen kritischen Worten Paasches, aber auch in Riehls Gedanken, zeigte sich ein Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Natur und ihrer Nutzung. Das mag ein Grund dafür gewesen sein, dass es lange dauerte, bis sich die deutschen Kolonialförster dem Naturschutzgedanken öffneten, obwohl dieser im französischen Kolonialreich schon vor der Jahrhundertwende beim Waldschutz eine Rolle gespielt hatte.607 Ein weiterer Grund war möglicherweise, dass der deutsch-konservativen Heinrich von Salisch608 in seinem klassischen Werk zur Forstästhetik nicht auf tro­ pische Gebiete eingegangen war.609 Beides könnte ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass sich im deutschen Kolonialreich zunächst nur Kolonialbotaniker und Naturliebhaber für einen Schutz tropischer Wälder aus präservatorischen Gründen einsetzten. In ihren Augen kam der Verlust tropischer Wälder einem Verlust ihrer eigenen Kultur gleich, so Robert Pogue Harrison. Laut Harrison waren unbewusste kulturelle Ängste dafür verantwortlich, dass Bewohner der Metropole zugunsten des Schutzes tropischer Wälder intervenierten. Bei tropischen Wäldern habe es sich aus europäischer Perspektive um imaginierte Grenzräume gehandelt, so Harrison, deren Verschwinden in der »abendländischen Seele« eine tiefe Verunsicherung hervorgerufen habe.610 Entwaldung sei als eine Bedrohung für die eigene Kultur erschienen, da der Wald in den Tiefen des kollektiven Gedächtnisses Europas immer noch das Korrelat menschlicher Transzendenz symbolisiert habe.611 Diese Empfindung sei mit der europäischen Expansion auf tropische Gebiete übertragen worden, weshalb tropische Wälder zum Symbol des »provinziellen Rand[es] der abendländischen Zivilisation« geworden seien.612 Im deutsch-ostafrikanischen Kontext lieferte Hermann Paasche einen ersten diskursiven Beitrag zum Naturschutz, nachdem er die Kolonie im Jahr 1905 be-

604 Vgl. Hans Paasche, Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland. Bremen 1984 (Nachdruck), 87. 605 Vgl. ebd. 606 Vgl. ebd. 607 Vgl. Stephanie Pincetl, Some Origins of French Environmentalism. An Exploration, in: Forest & Conservation History, 37, 1993, 84. 608 Vgl. http://www.reichstag-abgeordnetendatenbank.de (Zugriff: 18.10.2020). 609 Heinrich Burckhardt hatte bereits vor von Salisch ein Werk mit ästhetischen Bezügen zum Wald veröffentlicht; vgl. Schmoll, Erinnerung, 112, 456. 610 Vgl. Harrison, Wälder, 11, 288–289. 611 Vgl. ebd., 143, 148, 288–289. 612 Vgl. ebd., 288–289.

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reist hatte. Er forderte, die Ausscheidung von »weiten, staatlichen Waldrevieren« im »ästhetischen und naturwissenschaftlichen Interesse«. Nicht zuletzt könnten durch Waldreservierungen auch die »sonst einem schnellen Untergang geweihten, wertvollen Wildarten« am besten geschützt werden.613 Bei Paasche zeigte sich, dass er  – außerhalb der forstwirtschaftlichen Profession stehend  – dem deutschsprachigen Tropenwalddiskurs eine ästhetische Perspektive hinzufügte. In ähnlicher Weise forderte der Kolonialbotaniker Adolf Engler vom deutschostafrikanischen Staat, dass ein nicht zu geringer Teil des Regenwaldes in OstUsambara als »Naturdenkmal« geschützt werden solle. Er begründete sein Anliegen damit, dass dieser Wald »[u]ngemein formenreich« sei. Es befänden sich dort viele Arten, welche denen des westafrikanischen Waldes naheständen bzw. mit diesen identisch seien. Ähnlich verhalte es sich mit dem Regenwald in Uluguru; auch in Nguru fänden sich solch wertvolle »Waldreste«. Ferner zeige der untere Gürtelwald des Kilimandscharo einen »ähnlichen Charakter«. Außerdem sollten die »parkartigen Gehölze« im ostafrikanischen Küstenhinterland, die sich laut Engler durch Arten in auffallend großer »Mannigfaltigkeit« auszeichneten, geschützt werden. Damit spielte der Kolonialbotaniker auf die scheinbar hohe Biodiversität der ostafrikanischen Waldflora an. Ein ganz vortreffliches Beispiel für die »parkartigen Gehölze« sei der außerordentlich interessante »Sachsenwald«, welcher hoffentlich als »Naturdenkmal« erhalten bleibe.614 Diese Vegetationsformation, so Engler, habe im östlichen Küstenhinterland einstmals einen größeren Raum eingenommen, bevor sie allmählich »durch die Kulturen der Neger vernichtet worden [sei].«615 Es zeigte sich, dass präservatorische Forderungen nach einem kolonialstaatlichen Schutz bestimmter Waldformationen unter Hinweis auf die »waldschädlichen« Praktiken der einheimischen Bevölkerung erfolgten und Engler nicht etwa die Kolonisationstätigkeit kritisierte. Laut William H. Rollins richtete sich die koloniale Naturschutzphilosophie gegen die lokale Bevölkerung. Letzterer

613 Vgl. Paasche, Deutsch-Ostafrika, 401. 614 Der etwa 10 km von Daressalam in Richtung Morogoro gelegenen »Sachsenwald« hieß mit einheimischem Namen mogo und wies aus Sicht der Kolonisten eine parallele Waldgeschichte zu einem in der Geest gelegenen norddeutschen Wald gleichen Namens auf. Bei beiden Wäldern handelte es sich scheinbar um Restbestände ehemaliger »Urwälder«, die aufgrund menschlicher Nutzung ihren ursprünglichen Charakter verloren hatten. Außerdem dienten beide Wälder als touristische Ausflugsziele und Naherholungsgebiete; vgl. DeutschOstafrika, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 357 ff.; Prüße, Jahre, 9. Bei der Namensgebung des ostafrikanischen Waldes mag die Bismarckverehrung eine gewisse Rolle gespielt haben. Wilhelm I. hatte den norddeutschen »Sachsenwald« mitsamt der Herrschaft Schwarzenbek im Jahr 1871 Otto von Bismarck zum Geschenk für seine Verdienste bei der Reichsgründung gemacht; vgl. Rolf Hennig, Der Sachsenwald. Neumünster 1983, 24–25, 78–79. 615 Vgl. Adolf Engler, Bemerkungen zur Vegetationskarte von Deutsch-Ostafrika, in: Meyer, Kolonialreich, o. S. 

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Abb. 20: Gebirgsbusch oder Mischwald im Fisigotal des südlichen Uluguru. Aus: Engler, Vegetationsansichten, 23.

sei Inkompetenz beim Umgang mit Land und Ressourcen unterstellt worden. Allein die Europäer hätten sich die Fähigkeit zugesprochen, damit angemessen umgehen zu können.616 Rollins spricht von einem »environmental chauvinism«, da sich progressive Gedanken zum Schutz der Natur zu einem überhöhten Nationalgefühl umgeformt hätten.617 Zur Untermalung seiner Naturschutzforderungen griff Engler auf Vegetationsfotografien aus dem Uluguru-Gebirge zurück.618 Die Aufnahmen stammten von dem Kolonialbotaniker Walther Goetze und zeigten eine Landschaft, aus der menschliche Einflüsse bewusst ausgeblendet waren.619 Dabei waren die Übergänge von Naturwissenschaft und Ästhetik in Goetzes bildlichen Repräsentationen fließend620, was einen zeitgenössischen Rezensenten zu der Bemerkung 616 Vgl. Rollins, Shades, 196. 617 Die Überhöhung des Nationalgefühls muss laut Rollins in den deutschen Kolonien als Teil des Versuchs verstanden werden, eine klassenunabhängige deutsche Identität zu etablieren; vgl. ebd., 191. 618 Vgl. Engler, Vegetationsverhältnisse, 191–211. 619 Goetze war vor der Veröffentlichung seiner Fotografien an Schwarzwasserfieber verstorben; vgl. Engler, Vegetationsansichten, 3–4; Schwarzwasserfieber, in: Schnee, KolonialLexikon, Bd. 3, 325. 620 Es existierten seinerzeit keine wissenschaftlich akzeptierten Standards, wie die Vegetation kolonialer Gebiete zu fotografieren sei. Solche Normen existierten lediglich bezüglich der Darstellung »exotischer« Menschen; vgl. Zeller, Blick, 36.

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veranlasste, die Fotografien stellten teilweise »künstlerisch in sich geschlossene Bilder« dar und nicht einfach »Ausschnitte aus der Natur«.621 Deutlich fällt auf, dass die obige Fotografie bewusst komponiert wurde. So sind Zentralperspektive und Horizontlinie zu erkennen, um nur zwei Merkmale zu nennen. Insgesamt zeigte die Fotografie eine unberührte Landschaft, die aufgrund der Pflanzen im Vordergrund einen pittoresken Eindruck erweckte. Zur Beschreibung der gezeigten Vegetationsformation hieß es, dass es sich um »Reste der Waldflora« in der Rodungszone Ulugurus handele. Die gerodeten und nicht bebauten Flächen seien vorzugsweise mit Adlerfarn bewachsen, zwischen dem sich zahlreiche afrikanische Ruderalkräuter, verwilderte »Culturpflanzen« und »Steppenkräuter« befänden. Es zeigten sich in der Zone aber auch »ursprünglich unbewaldete, nicht durch Cultur veränderte Abhänge«, an denen mancherlei Arten aufträten, die an anderer Stelle nicht zu finden seien.622 Die Worte suggerierten, dass besonders seltene Pflanzen an Orten wuchsen, die von menschlicher Nutzung unberührt waren. Dabei erschien die pflanzengeografische Bedeutung des Uluguru-Gebirges außerordentlich groß, da dort auch unbekannte Arten vorkamen, mittels derer sich neue Pflanzengattungen bestimmen ließen.623 Die Bergwelt galt aus kolonialbotanischer Perspektive als höchst schützenswert. Engler schrieb, die Zusammensetzung des »Urwaldes« in Uluguru erinnere ihn in hohem Maße an den Wald von Usambara, den er insbesondere als »Naturdenkmal« geschützt wissen wollte. Schließlich sei dem Wald in den unteren Lagen der »ursprüngliche Charakter durch andauernde Abholzung und Raubbau der dichten Bevölkerung [bereits] genommen«.624 Es fällt auf, dass Engler das Idealbild einer vom Menschen unberührten Landschaft vorschwebte und er die afrikanischen Landnutzungspraktiken negativ konnotierte. So hielt er es für wahrscheinlich, dass viele der nur aus den oberen Regionen bekannten Baumarten früher auch weiter unten im Gebirge vorgekommen seien, bevor sie den durch die »Eingebornen« vorgenommenen »schonungslosen Abholzungen« zum »Opfer« fielen.625 Anhand der Worte Englers zeigte sich: Der präservatorische und der konservatorische Waldschutzdiskurs wiesen Parallelen auf. Beide betonten, einheimische Landnutzungspraktiken seien schädlich für den Wald und müssten verboten werden. Sie stilisierten die lokale Bevölkerung zum Feindbild626 und 621 Vgl. Hubert Winkler, Vegetationsansichten aus Deutsch-Ostafrika, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 6, 1903, 461. 622 Vgl. Engler, Vegetationsverhältnisse, 201. 623 Vgl. ebd., 206–207. 624 Vgl. ebd., 202. 625 Vgl. ebd., 202. 626 Vgl. Bernhard Gißibl, Sabine Höhler, Patrick Kupper, Towards  a Global History of National Parks, in: dies (Hrsg.), Civilising Nature. National Parks in Global Historical Perspective. New York 2012, 3; Pincetl, Origins, 83–85; Rajan, Environmentalism, 335–337.

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Abb. 21: Immergrüner Bergregenwald im südlichen Uluguru. Aus: Engler, Vegetationsansichten, 31.

dienten zur Rechtfertigung kolonialstaatlicher Landnahme. Deshalb darf der präservatorische Naturschutz ebenso wenig wie der konservatorische Umweltschutz im kolonialen Kontext als ein harmloser Diskurs betrachtet werden. Man ging in beiden Diskursen von einer zeitlich und räumlich festzumachenden Unterteilung der Welt in westliche Zivilisation und vermeintlich primitive Kulturstufen aus. Die sozialen Beziehungen zwischen Mensch und Natur wurden dabei je nach Kulturstufe als Gradmesser des zivilisatorischen Fortschritts begriffen. Die Schaffung von Nationalparks galt in der präservatorischen Auffassung  – analog der Einführung von Waldreservaten in konservatorischer Perspektive – als »benchmark« zur Erreichung der höchsten Zivilisationsstufe. Insofern verstanden sich die koloniale Forstwirtschaft und der aufkommende koloniale Naturschutz als Symbole der höchsten Form von Zivilisation. Sie

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wollten der Zivilisation jedoch gleichzeitig Grenzen setzen bzw. verstanden sich als alternative Projekte zur Moderne, da sie tropische Wälder nicht nur vor der einheimischen Bevölkerung, sondern auch vor dem Vordringen der Industrialisierung, der landwirtschaftlichen Modernisierung und der kapitalistischen Produktion schützen wollten. Beide Diskurse standen in einem Spannungsverhältnis zu kolonialwirtschaftlichen Interessen. Diese Ähnlichkeiten des konservatorischen und präservatorischen Waldschutzdiskurses haben Historikerinnen und Historiker fälschlicherweise dazu verführt, diese gleichzusetzen.627 Doch wiesen beide Diskurse auch wesentliche Unterschiede auf, denn im forstwirtschaftlichen Waldschutzdiskurs wurde der Wald stets als Bestandteil der Kultur bzw. Zivilisation begriffen, während der Naturschutzdiskurs einen fundamentalen Gegensatz zwischen Kultur und Natur konstruierte. In der Praxis ging es den Naturschützern seinerzeit darum, den tropischen Wald aus wissenschaftlichen oder touristischen Gründen sowie aufgrund seines botanischen und ästhetischen Werts zu erhalten. Die Förster sahen hingegen vordergründig den wirtschaftlichen und umwelttechnischen Nutzen der Wälder, weshalb sie die tropischen Wälder als Wirtschafts- und nicht als Konsumräume konzipierten. Forstwirtschaftliche und naturschützerische Konzepte zum Umgang mit tropischen Wäldern konnten somit durchaus in Konflikt geraten. Es handelte sich um zwei konkurrierende Perspektiven auf die tropische Natur, zumal die Förster stets die Möglichkeit der Verwertung von Wäldern ins Auge fassten, während die Botaniker eher geneigt waren, »Seltenem« und »Schönem« nachzugehen.628 Forstreferent Krüger formulierte scharf: Ich betone hier aber noch einmal, dass ohne eine forsttechnische Leitung, ohne technisch ausgebildeten Beamten, jeder Eingriff mehr schaden als nützen muss. Wir können im Walde keine Zoologen, keine Botaniker, keine Gärtner, sondern nur technische Forstbeamte gebrauchen, so hoch ich auch sonst die Verdienste obiger Herren anschlage.629

Während die Förster den Wald funktional betrachteten und ihre Programme des quantitativen (nachhaltigen) und qualitativen Ressourcenschutzes (Schutz des Waldes als Umweltmedium) auf zweckrationalen Überlegungen aufbauten,

627 Jürgen H. Wächter spricht undifferenziert von Naturschutz in deutschen Kolonien. Ulrike Kirchberger bezeichnet die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas ebenso undifferenziert als Naturschutzbürokratie; vgl. Jürgen H. Wächter, Naturschutz in den deutschen Kolonien in Afrika (1843–1918). Berlin 2008; Kirchberger, Infrastruktur, 41–69. 628 Vgl. Schreiben Haug an RKA betr. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins in Ulm a. D. September 1910 vom 28. Januar 1911; BArch R 1001/ 7683, 108. 629 Krüger, Eugen, Der Wald und die Plantagen des Handeigebirges, in: Koloniales Jahrbuch, Bd. 8, hrsg. von Meinecke, Gustav, Berlin 1896, S. 233.

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ging es dem auf wertrationalen Überlegungen beruhenden Naturschutz um einen Schutz der Natur um ihrer selbst willen.630 Instrumentalisierung des Naturschutzes Unter Berufung auf Engler und den Kolonialbotaniker Wettstein plädierte auch die lokale Presse in Deutsch-Ostafrika für eine staatliche Walderhaltung aus präservatorischen Motiven. So war in der Usambara-Post im Dezember 1908 zu lesen, dass sich zwischen den Orten Kwaschesige und Mahenzangulu in West-Usambara ein »prächtiger Hochwald« von etwas 10 ha befinde. Es sei der einzige »Hochwald« auf einer Tagesreise von Korogwe nach Bumbuli. Einen so »gradstämmigen prächtigen Urwald« finde man in Usambara fast nirgendwo!631 Entsprechend empfand die Usambara-Post die Anwesenheit der lokalen Bevölkerung im Wäldchen als unpassend und schrieb, dass die »Eingeborenen« anfingen, inmitten des Waldes das »schöne hochstämmige Holz« herunterzuschlagen. Sie gäben auf die Frage, warum sie gerade hier im »Hochwald« schlagen, lediglich die »naive« Antwort: »Hier gedeihen ja die Bananen am besten.« Diese Beobachtung bot für die Usambara-Post einen Anlass, die Regierung dahingehend zu kritisieren, dass sie Wälder an Siedler nur »unter besonders schweren Bedingungen« abzugeben gedenke, wohingegen sich »der Eingeborene ohne weiteres erlauben [könne], was einem deutschen Ansiedler nicht erlaubt [sei].« Darüberhinausgehend hieß es, dass die Waldnutzung der »Eingeborenen« nicht im Einklang mit »staatliche[m] Schutz von Naturdenkmälern« stünde. Schließlich könne jedermann, der auch nur ein einziges Mal in dem schattigen Wäldchen gerastet habe, bezeugen, dass der angesprochene »Hochwaldrest« in der Steppe als »Naturdenkmal« anzusehen sei.632 Naturdenkmalschutz in der kolonialforstlichen Debatte Die Kritik der Usambara-Post verhallte zuerst. Es dauerte lange, bevor der präservatorische Waldschutzdiskurs in Deutsch-Ostafrika praktische forstwirtschaftliche Konsequenzen zeitigte. Denn die deutschen Kolonialförster standen einer romantischen Naturwahrnehmung lange Zeit verhalten gegenüber. Erst im Rahmen der Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG) im Jahr 1909 wurden Naturschutzgedanken im kolonialforstlichen Diskurs aufgegriffen. In einem an das Reichskolonialamt (RKA) gerichteten Aufruf hieß es, dass die deutschen Kolonien »reiche Schätze« an Waldungen enthielten. Daher müsse es die Aufgabe der kolonialen Verwaltungen sein, sowohl deren »sachgemäße Ausnutzung« zu betreiben als auch auf die Erhaltung der Wälder

630 Vgl. Rajan, Nature, 104. 631 Vgl. Usambara-Post, 12. Dezember 1908; BArch R 1001/ 7682, 100. 632 Vgl. ebd.

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Wälder, Diskurse, Akteure und Institutionen

achtzugeben.633 Der Münchner Forstwirtschaftsprofessor Mayr plädierte dafür, dem Naturschutz in der kolonialen Waldwirtschaft stärker Beachtung beizumessen. Man solle prüfen, welche und wie große Waldgebiete als »nationales Eigentum der deutschen Nation« von jeder Besiedelung und jeder Ausnutzung ausgeschlossen werden sollten. Schließlich wolle man in den Kolonien ein »unberührtes Bild einer natürlich typischen Landschaft« mit ihrer Flora und Fauna für die Nachwelt erhalten.634 Laut Jürgen H. Wächter zeigte sich in solchen Äußerungen eine tiefe emotionale Betroffenheit über den Verlust von Natur im Zuge der Kolonisation.635 Es sei um die »Rettung« der Natur in den Kolonien und deren Transformation in den Gemeinbesitz moderner Gesellschaften gegangen. Die vorgefundenen »Relikte vergangener Zeiten« seien in deutschen Kolonien – analog den Wäldern in den USA  – als Orte der nationalen Identitätsbildung begriffen worden. Die Deutschen, die sich selbst als »Kulturvolk« verstanden, hätten daraus die Aufgabe abgeleitet, den Wald schützen zu müssen.636 Insofern mochten Mayrs Ausführungen den kolonialen Förstern eine weitere Legitimierung ihres Handelns ermöglichen. Doch gab es auf dem Kongress heftige Einwände von Forstleuten gegen die neue Position. Sie polemisierten gegen den Naturschutz als reine »Gefühlssache«, dessen Erledigung warten könne. Die Schutzgebietsverwaltungen müssten sich nur genügend Land vorbehalten. So könne man der »Nationalparkfrage« und der Waldfrage sowie der ganzen Landfrage ruhig entgegensehen. Deren Lösung werde sich schrittweise mit der Entwicklung der Kolonien vollziehen, kritisierte ein langjährig auf Java tätiger Kolonialforstbeamter. Er warf Mayr vor, dass dieser seine Erkenntnisse über die tropische Waldwirtschaft lediglich aufgrund einer einzigen Forschungsreise und nicht aufgrund alltäglicher Praxis gewonnen habe.637 Trotz solcher Kritik rückte der koloniale Naturschutz in den folgenden Jahren stärker ins Zentrum kolonialforstlicher Betrachtungen. Ein ehemaliger höherer Forstbeamter aus Deutsch-Ostafrika, Rudolf Gieseler, griff in einer Reflexion über das koloniale Forstwesen den Naturschutzgedanken auf. Er schrieb, dass der »Urwald« ein »uns von der Natur dargebrachtes Gut [sei], und wir […] die sittliche Pflicht [haben], ihn in seinem Bestande, soweit sein Umfang berechtigt ist, für spätere Generationen zu erhalten.«638 Die Forderung, die staatliche 633 Vgl. Anonymus, Waldungen, 299–300. 634 Vgl. ebd., 300–302. William H. Rollins hob mit Blick auf die Vorschläge Mayrs hervor, dass dieser versucht habe, die DKG für das Mischwaldkonzept zu gewinnen; vgl. Rollins, Shades, 211 Fn. 10. Das Mischwaldkonzept tauchte in Deutsch-Ostafrika allerdings schon vor Mayr im forstwirtschaftlichen Diskurs auf und wurde in der Praxis im Rufiyi-Gebiet angewandt; vgl. Sunseri, Mangroves, 182. 635 Vgl. Wächter, Naturschutz, 47, 49, 51–54, 56, 58. 636 Vgl. ebd., 11, 49, 50–51. 637 Vgl. Anonymus, Waldungen, 302. 638 Vgl. Gieseler, Anfänge, 233.

Imperiale Waldnutzungs- und Waldschutzkonzepte 

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Reservierung von »interessanten Wäldern« als Naturdenkmäler in Betracht zu ziehen, gehörte alsbald zum Standardrepertoire kolonialer Förster.639 Dem präservatorischen Naturschutz kam gegen Ende der deutschen Kolonialzeit als Rechtfertigung kolonialer Forstherrschaft eine immer stärkere Bedeutung zu. Denn das Narrativ einer globalen »Holznot« war nach der Jahrhundertwende bereits so stark in die Kritik geraten, dass sich die Notwendigkeit des Aufbaus kolonialer Forstverwaltungen nicht mehr allein mit ökonomischen Argumenten begründen ließ. Der konservatorische Waldschutzdiskurs genoss bereits einen höheren Stellenwert als das Holznotnarrativ und der präservatorische Diskurs zog nach. Gegen Ende der deutschen Kolonialzeit bildete die Konzeptualisierung tropischer Wälder als Umweltmedien und Naturdenkmale die hauptsächliche Basis zur Rechtfertigung staatlicher Forstherrschaft. Die Gewichtung ökonomischer, konservatorischer und präservatorischer Argumente hatte sich innerhalb des kolonialforstlichen Diskurses verschoben. Doch ob sich die diskursiven Veränderungen auch in der kolonialforstlichen Praxis bemerkbar machten, stand auf einem anderen Blatt, wie im folgenden Teil der Arbeit zu zeigen ist.

639 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 81.

III. Entwicklung des kolonialen Forstwesens in Tansania

Selbst verordneter Optimismus und denial of coevalness waren zentrale Strukturmerkmale kolonialforstlicher Kommunikation, die man demonstrativ nach außen trug, um problematische Aspekte der kolonialforstlichen Praxis sprachlich zu kaschieren. Doch konnten die sprachlichen Mittel langfristig nicht verdecken, dass es mit der Einführung kolonialforstlicher Programme in Tansania zu Problemen kam. Es entstanden Konflikte mit der natürlichen und sozialen Umwelt, die die Durchsetzbarkeit der kolonialen Forstherrschaft infrage stellten. Diese Konflikte werden im folgenden Teil der Arbeit unter Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses von Diskurs und Praxis analysiert. Phasen des kolonialen Herrschaftsaufbaus Die rechtliche und organisatorische Entwicklung des kolonialen Forstwesens in Deutsch-Ostafrika folgte grob gesehen den Phasen des allgemeinen kolonialen Herrschaftsaufbaus, wie sie von Andreas Eckert und Volker Pesek dargelegt worden sind. Während der ersten, indirekten Phase deutscher Kolonialherrschaft (1885–1890), die als »Frühphase« bezeichnet werden kann und durch die Gründung von Handelsstationen gekennzeichnet war, waren noch keine Förster in der Kolonie tätig. Erst in der zweiten Phase (1891–1898), mit der die direkte Kolonialherrschaft einsetzte, bildeten sich sukzessive kolonialforstliche Verwaltungsstrukturen heraus. Beim Gouvernement Deutsch-Ostafrika schuf man eine Forstreferentenstelle. Räumlich drang die Kolonialmacht in dieser Zeit von der Küste des Indischen Ozeans entlang von Karawanenstraßen in das Landesinnere vor und installierte an strategisch wichtigen Punkten Militärstationen mit einem Bezirksleiter an der Spitze. Die dritten Phase des kolonialen Herrschaftsaufbaus (1898–1906/07) zeichnete sich durch den Beginn einer allgemeinen Besteuerung der afrikanischen Bevölkerung (Hüttensteuer) und die Ablösung militärischer Bezirksverwaltungen durch zivile Verwaltungsorgane in vielen Landesteilen aus (vgl. Karte 6). Dabei orientierte sich die Festlegung der Bezirksgrenzen nicht an demografischen oder politischen Maßgaben, sondern an administrativen, strategischen, wirtschaftlichen und geografischen Parametern, die der deutschen Besatzungsmacht nützlich erschienen.1 In diese Konsolidierungsphase der kolonialen Herr-



1 Vgl. Gründer, Geschichte, 34.

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Entwicklung des kolonialen Forstwesens in Tansania

schaft fielen der Aufbau eines ersten Forstverwaltungsbezirks im Rufiyi-Delta und die Einrichtung eines nebenamtlichen Forstdienstes auf einigen größeren Militärstationen und bei einigen zivilen Bezirksämtern. Hierdurch kündigte sich der Übergang zu einem neuen Forstregime an. Im Jahr 1902/03 folgte die Institutionalisierung einer zentralen Forstverwaltung beim Gouvernement in der Hauptstadt Daressalam und ab 1905/06 die Gründung lokaler Forstämter in mehreren nordöstlichen Bezirken. Dort versahen hauptamtliche Forstbeamte und einheimisches Personal ihren Dienst. In der vierten Phase der kolonialen Herrschaft (1906/07–1914) definierte man die Aufgabenbereiche der kolonialen Forstverwaltung neu und löste einige lokale Forstverwaltungen auf. Diese Phase zeichnete sich durch eine reformorientierte Kolonialpolitik aus, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die einheimische Landwirtschaft zu fördern und die Kolonialverwaltung zu rationalisieren.2 Doch führte der Aufbau einer reformorientierten kolonialen Herrschaft im forstwirtschaftlichen Sektor – so die hier vertretene These – weder zu einer Entlastung der einheimischen Bevölkerung noch zu einem nachhaltigen Umgang mit Waldressourcen. Rahmenbedingungen kolonialer Forstherrschaft Afrika galt im frühen 19. Jh. als unattraktives Gebiet für Kolonisation, weil die natürlichen Bedingungen des Kontinents mit großen Wüsten im Norden (Sahara) und Süden (Kalahari) sowie dem fast undurchdringlichen Tropenwald im Äquatorialbereich einen europäischen Vorstoß erschwerten. Eine starke Brandung, Riffe, ständige Nebel, Staubstürme aus den Wüsten und nur wenige natürliche Häfen machten die Landung an den Küsten problematisch. Zwar war Afrika – wie Amerika und Sibirien – von großen Flusssystemen durchzogen, aber viele Flüsse galten wegen zahlreicher Stromschnellen nur streckenweise, andere nur saisonal als schiffbar. Riesige Entfernungen mussten zu Fuß zurückgelegt werden. Nur im Norden halfen Kamele und Pferde, im Süden Reitochsen und der Ochsenwagen. Doch das entscheidende Hindernis für die Kolonisation stellte das afrikanische Klima mit seinen Tropenkrankheiten, wie Malaria oder Gelbfieber, dar. Erst nachdem sich in den 1840er-Jahren die Chininprophylaxe durchgesetzt hatte, verlor Afrika langsam seinen Schrecken als das »Grab des weißen Mannes«.3

2 Vgl. ebd., 154; Conrad, Kolonialgeschichte, S. 36; Iliffe, History, 99, 132; Trotha, Herrschaft, 338; Andreas Eckert, Michael Pesek, Bürokratische Ordnung und koloniale Praxis. Herrschaft und Verwaltung in Preußen und Afrika, in: Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871–1914. Göttingen 2006, 97–99. 3 Vgl. Gisela Graichen, Horst Gründer, Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Berlin 2007, 43.

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Dementsprechend begannen die deutschen Kolonialbestrebungen in Afrika nicht vor der Mitte des 19. Jh. mit wissenschaftlichen und missionarischen Expeditionen.4 Doch ging es bald auch schon um die Durchsetzung handels­ politischer Interessen, was letztendlich zur Herausbildung eines deutschen Kolonialreichs im letzten Drittel des 19. Jh. führte. Dieses Kolonialreich lässt sich als politischer und wirtschaftlicher Block beschreiben, dessen Ziel es war, globale Güter- und Arbeitsmärkte zu integrieren.5 Laut Michael Geyer und Charles Bright handelte es sich bei den imperialen Mächten der zweiten Hälfte des 19. Jh. um »transnational regimes of power«6, die sich in Form nationaler, durch Zölle geschützter Volkswirtschaften weltweit organisierten. Innerhalb der jeweiligen Imperien profitierten Staaten und Unternehmen wechselseitig voneinander.7 Die Beziehungen zwischen den imperialen Staaten waren nicht allein durch Konkurrenz, sondern auch durch Kooperation geprägt, was sich nicht allein in der wechselseitigen Akzeptanz völkerrechtlicher Normen zur kolonialen Landnahme erschöpfte. Laut Geyer und Bright handelte es sich bei den Grundlagen transimperialer Kooperation um kommunikationsbasierte »systems of control«, wie den Goldstandard, aber auch um die Akzeptanz maritimer Gewalt als legitimes politisches Mittel.8 Bayly schreibt, nationale koloniale Macht­entfaltung sei überhaupt erst aufgrund solch internationaler Übereinkünfte und Transfers möglich geworden9, wobei der geteilte Glaube an ein gemeinsames Sendungsbewusstsein die Zusammenarbeit unter den Kolonialmächten vereinfacht hätte.10 Insofern stellten die global wirksamen normativen Kontrollsysteme die Schlüssel dar, die es einzelnen imperialen Regimen ermöglichten, in ihren Kolonialreichen eine andauernde Organisation von anderen – Menschen und natürlichen Ressourcen – stattfinden zu lassen. Laut Birthe Kundrus handelte es sich bei der Kolonisation um ein zutiefst bürgerliches Projekt mit »aristokratischen Ingredienzien«, das durch die gesellschaftliche »Subformation« des gebildeten Mittelstandes geprägt war.11 Die kolonialen Förster entstammten zum Großteil diesem Milieu. Deshalb müssen sie vornehmlich als Funktionselite

4 Vgl. Conrad, Kolonialgeschichte, 23, 28.  5 Vgl. ebd., 26.  6 Vgl. Geyer, Bright, History, 21. Der Begriff »transnational« wird in dieser Arbeit zur Kennzeichnung von Interaktionen und Konstellationen gebraucht, die die Grenzen eines in Rechtsnormen und Staatspraktiken definierten nationalen Handlungs- und Erfahrungsraums überschritten; vgl. Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871–1914. Göttingen 2004, 14–15. 7 Vgl. Christopher Allan Bayly, The Birth of the Modern World 1780–1914. Malden 2004, 231, 234. 8 Vgl. Geyer, Bright, History, 21.  9 Vgl. Bayly, Birth, 231, 234. 10 Vgl. Conrad, Kolonialgeschichte, 36. 11 Vgl. Kundrus, Imperialisten, 10, 25. 

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Entwicklung des kolonialen Forstwesens in Tansania

der staatlichen Exekutive begriffen werden. Jedoch dürfen sie nicht nur unter klassenspezifischen Gesichtspunkten als Beamte des kolonialen Staats konzipiert werden, sondern auch als transimperiale Expertenkultur mit eigener Agenda innerhalb kolonialer Staaten (vgl. S. 168, 304 f., 316 f., 322 f., 329–331).12 Schließlich stellte die koloniale Forstwirtschaft ein Regime zur Kontrolle der natürlichen und sozialen Umwelt dar, das durch transimperialen Austausch von Pflanzen, Saatgut und Wissen geprägt war.

4. Indirekte Kolonialherrschaft (1885–1891) Die Kolonisation verlief nicht konfliktfrei. Grundlegende Spannungen entstanden dadurch, dass sowohl die global agierenden Kolonialregime als auch lokale einheimische Eliten versuchten, wirtschaftliche Transaktionen unter ihre Kontrolle zu bringen, um an den Chancen lokaler, regionaler oder globaler Märkte zu partizipieren.13 Dabei spielte Ostafrika in den kolonialpolitischen Überlegungen der Reichsregierung zunächst kaum eine Rolle. Lediglich der Afrikaforscher Gerhard Rohlfs wurde am 27. September 1884 zum Schutz deutscher Handelsinteressen seitens von Bismarcks als Generalkonsul nach Sansibar entsandt. Die Maßnahme sollte grundsätzlich der Intensivierung des Handels zwischen dem Sultanat und dem Reich dienen, war jedoch keineswegs auf territoriale Erwerbungen ausgerichtet. Schließlich hatten die auf Sansibar tätigen großen Hamburger Handelshäuser O’Swald & Co. und Hansing & Co. nicht um Reichsschutz gebeten.14

4.1 Landnahme in Ostafrika Die politische Lage in Ostafrika änderte sich, nachdem Carl Peters im November / Dezember 1884 auf einer Expedition im Namen der Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK) mit einigen lokalen afrikanischen Herrschern auf dem Festland sog. »Schutzverträge« abgeschlossen hatte.15 Dies bildete den Auftakt eines Prozesses kolonialer Landnahme durch die GfdK, die sich später DeutschOstafrikanische Gesellschaft (D. O. A. G.) nannte. Die sog. »Häuptlingsverträge« enthielten eine Formel, nach der die afrikanischen Herrscher ihre Rechte für »ewige Zeiten« und zu »völlig freier Verfügung« an Carl Peters als Vertreter der GfdK abtraten. Diese Rechte umfassten neben der Staatshoheit und dem privat 12 Vgl. Rajan, Nature, 106. 13 Vgl. Geyer, Bright, History, 21.  14 Vgl. Gründer, Geschichte, 85. 15 Vgl. ebd., 86.

Indirekte Kolonialherrschaft (1885–1891)

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rechtlichen Besitz des Landes u. a. das alleinige Recht, Grund und Boden, Forste und Flüsse usw. in jeder Weise nutzen zu dürfen.16 Im Gegenzug verpflichtete sich die GfdK vertraglich, den »Schutz« des Herrschers und seines Volkes gegen jedermann zu übernehmen. Mittels solcher »Verträge« gingen innerhalb von zwei Monaten die »Herrschaftsrechte« an den Gebieten Usagara, Nguru, Usegua und Ukami von lokalen Machthabern auf Peters über.17 Es handelte sich um eine Fläche von 140.000 km2, die auf einer zeitgenössischen Karte – neben dem Gebiet Deutsch-Witu – zu erkennen ist (vgl. Karte 7).18 Die afrikanischen Herrscher erkannten die völkerrechtliche und politische Tragweite der »Verträge« nicht. Ihnen ging es mitnichten darum, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu verändern oder ihre Herrschaftsgewalt abzutreten. Sie wollten einfach ihren lokalen Einfluss gegenüber anderen Herrschern mit europäischer Hilfe auszubauen.19 Doch standen ihre Gebiete mit einem Schutzbrief, den Kaiser Wilhelm I. im Rahmen der »Kongokonferenz« für Peters unterzeichnete, ab dem 27. Februar 1885 unter der formellen Oberherrschaft des Deutschen Reichs, das die praktische Ausübung der herrschaftlichen Gewalt auf die GfdK übertrug.20 Allerdings stellten sich die Aussichten auf erfolgreiche Kolonisation des ­Gebiets nicht besonders gut dar. Rainer Tetzlaff meint, es handelte sich bei Ostafrika zwischen dem 5° und 11° südlicher Breite um keinen von der Natur begünstigten Raum. Es wies ein ungesundes Klima auf, war von Krankheiten, wie Pest, Cholera, Pocken, Schlafkrankheit und Malaria, befallen und ständig von Naturkatastrophen (Dürre und Heuschreckeneinfälle) heimgesucht. Es handelte sich laut Tetzlaff um eines der wenig verlockenden Kolonialgebiete der Erde, zumal die Aussicht auf »widerstandslose Enterbung der privilegierten arabischen Ausbeuter« durch europäische Kolonisten nicht zu erwarten gewesen sei.21 16 Vgl. Carl Peters, Wie Deutsch-Ostafrika entstand! Persönlicher Bericht des Gründers. Leipzig 1940, 48. 17 Die Abschriften der »Häuptlingsverträge« befinden sich in TNA G 8/ 877, o. p.  18 Vgl. Gründer, Geschichte, 86; Peters, Deutsch-Ostafrika, 149; Witu, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 722. 19 Vgl. G. C. K. Gwassa, The German Intervention and African Resistance, in: A. J., Temu, I. N. Kimambo (Hrsg.), A History of Tanzania. Nairobi 1969, 108. 20 Vgl. Kaiserlicher Schutzbrief für die Gesellschaft für Deutsche Kolonisation vom 27. Februar 1885, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 1; Generalakte der Berliner Konferenz, in: Reichsgesetzblatt, 23, 1885, 243–244; zitiert nach: Frank Gatter (Hrsg.), Protokolle und Generalakte der Berliner Afrika-Konferenz, 1884–1885. Bremen 1984, 621–622; http://www.berlin-postkolonial.de (Zugriff: 18.10.2020). 21 Vgl. Rainer Tetzlaff, Koloniale Entwicklung und Ausbeutung. Wirtschafts- und Sozialgeschichte Deutsch-Ostafrikas 1885–1914. Berlin 1970, 22. Pejorative Deutungen der afro-arabischen Herrschaft in Ostafrika schienen zu Beginn der 1970er-Jahre noch durchaus üblich gewesen zu sein.

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»Küstenvertrag« Der regierende Sultan von Sansibar, Sayyid Bargash, lehnte die Verträge und den Schutzbrief ab. Er betrachtete das ostafrikanische Küstenhinterland als seinen Hegemonialbereich und entsandte Truppen gegen die GfdK. Er wandte sich u. a. gegen die formelle Besitzergreifung des wertvollen Mangrovenwaldgebiets im Rufiyi-Delta durch Graf von Pfeil, einen Mitstreiter Peters’, im November 1885.22 Doch bewegte den Sultan eine Demonstration deutscher Kanonenboote zum Einlenken23, sodass er seine Souveränitätsrechte auf dem ostafrikanischen Festland durch eine deutsch-englische Übereinkunft auf einen Küstenstreifen in der Breite von 10 englischen Seemeilen begrenzen ließ. Auf diese Weise sicher­ten sich die beiden Großmächte im Hinterland der ostafrikanischen Küste gegenseitig bestimmte »Interessenssphären« zu – die Territorien der späteren Kolonien Britisch- und Deutsch-Ostafrika. Dem Sultan beließ man vorerst noch die Herrschaft über das Inselreich seines Archipels Ungundja und den im deutschenglischen Abkommen erstmals fixierten Küstenstreifen (vgl. Karte 7).24 Auf dieser rechtlichen Grundlage begann die D. O. A. G. ihre Kolonisationsarbeit, indem sie erste Handelsstationen in Usegua aufbaute, Militärexperten als Sicherung verpflichtete sowie Ingenieure und Gärtner aussandte, um die ökologischen und geologischen Bedingungen für Plantagen- und Bergbau zu prüfen.25 Auch schickte Peters den Künstler Rudolf Hellgrewe nach Deutsch-Ostafrika, um ­Bilder und Zeichnungen anzufertigen. Die künstlerische Darstellung des neuen Kolonialgebietes gehörte ebenso zur Erschließungspraxis wie naturwissenschaft­ lich-technische Untersuchungen. Sie diente vor allem der Propagierung des Kolonialgedankens in der Heimat, weniger den Bedürfnissen vor Ort. Hellgrewes Bilder sollten laut Peters Deutsch-Ostafrika durch »genialen Pinselstrich dem deutschen Volke seelisch näher [bringen].«26 In diesem Sinn musste es Peters als persönliche Hommage empfunden haben, dass die Usambara Kaffeebaugesellschaft ein Waldstück nach ihm benannt hatte.27 Dieses hielt Hellgrewe zur Illustration von Peters’ Werks Das DeutschOstafrikanische Schutzgebiet in einer Tuschezeichnung fest. Daran wird deutlich, dass die koloniale Landnahme nicht nur auf materieller Ebene stattfand, sondern 22 Vgl. Graß, Forststatistik, 165. 23 Vgl. Harald Sippel, Aspects of Colonial Land Law in German East Africa: German East Africa Company, Crown Land Ordinance, European Plantations and Reserved Areas for Africans, in: Robert Debusmann, Stefan Arnold (Hrsg.), Land Law and Land Ownership in Africa. Bayreuth 1996, 8–10. 24 Vgl. Deutsch-Englisches Übereinkommen betr. das Sultanat von Zanzibar und die Abgrenzung der deutschen und englischen Interessenssphären in Ostafrika vom 1. November 1886, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 2. 25 Vgl. Peters, Deutsch-Ostafrika, 98–100, 111. 26 Vgl. ebd., 111. 27 Vgl. Karl [Carl] Peters, Das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet. Im amtlichen Auftrage. München 1895, 85–87.

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Abb. 22: »Peterswald«. Aus: Peters, Schutzgebiet, 86.

dass die deutschen Kolonisten die Landschaft auch ästhetisch und symbolisch vereinnahmten. Indem sie Wälder und andere Orte neu benannten und künstlerisch darstellen ließen, schufen sie eine neue Welt, die in ihre Erinnerungskultur einging. Hierdurch entwerteten sie lokale Konstrukte der Landschaft, worüber sich seinerzeit bereits der mit einer Shambaa verheiratete A. Karasek empörte. Er schrieb, die deutschen Kolonisten missachten die »Eingeborenennamen« und gäben Orten neue Bezeichnungen, wodurch die afrikanischen Erinnerungen langsam in Vergessenheit gerieten.28 Ganz gleich, ob die neuen Namensgebungen mit Zeichnungen oder Karten verknüpft waren, lässt sich in diesem Kontext davon sprechen, dass koloniale Gewalt ein integraler Bestandteil der visuellen Erfassung außereuropäischer Räume gewesen ist.29 Doch handelte es sich bei der symbolischen Vereinnahmung der Landschaft durch die D. O. A. G. mehr um Schein, denn um Sein. Der Gesellschaft fehlten die finanziellen Mittel, um eine effektive Verwaltungsarbeit in ihrem Kolonialbesitz zu garantieren. Ihr Protektoratsgebiet existierte mehr auf dem Papier, denn in der Realität.30 28 Vgl. Karasek, Beiträge, 1, 208. 29 Vgl. Ramaswamy, Introduction, 9. 30 Vgl. Sippel, Aspects, 12.

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Ausweitung des Machtbereichs Das Hauptaugenmerk der D. O. A. G. lag in den ersten Jahren der Kolonisation ohnehin nicht so stark auf der praktischen Arbeit, sondern auf der Erweiterung ihres Einflusses in Ostafrika. Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung bestand für die D. O. A. G. darin, die Pacht der Zölle und andere souveräne Rechte im Küstenstreifen vom Sultan von Sansibar zu erlangen. Dies war nach dem Tod Sayyid Bargashs möglich geworden. Der neue Sultan, Sayyid Khalifa I., galt als schwacher Herrscher. Er schloss auf Druck des deutschen Konsuls auf Sansibar im Frühjahr 1888 den sog. »Küstenvertrag« mit der D. O. A. G. Hierdurch erhielt die Kolonialgesellschaft sowohl die Pacht der Zölle im Küstenstreifen31 als auch das Recht, dort alles noch nicht in Besitz genommene Land zu erwerben und Regelungen über dessen Nutzung zu erlassen.32 Damit hatte die D. O. A. G. de jure das alleinige Okkupationsrecht in Ostafrika erlangt und war nicht mehr länger nur eine Schutzbriefgesellschaft des Deutschen Reiches, sondern auch des Sultans von Sansibar.33 Sie hatte sich mit diesem Vertrag endgültig als kolonialpolitische Spielerin im ostafrikanischen Raum etabliert und das Handelsimperium des Sultans von Sansibar auf dem Festland übernommen. In dieser Zeit legte die D. O. A. G. eine erste forstliche Versuchsplantage für Kautschuk in den Pugu-Bergen zwischen Daressalam und Morogoro an. Sie verkaufte die Plantage später an Benediktiner, die dort unter der D. O. A. G.-Flagge weiterhin Handel mit Kopal und Kautschuk betrieben.34 Es war der Moment, in dem die Kolonialtätigkeit der D. O. A. G. ein finanzielles Fundament erhielt und systematische Züge gewann.35 Mit dem »Küstenvertrag« waren auch die souveränen Nutzungsrechte an den lukrativen ostafrikanischen Küstenwäldern einschließlich der Mangroven an die Kolonialgesellschaft übergegangen. Der Sultan hatte der D. O. A. G. eingeräumt, alle Waldbäume und sonstiges Holz sowie Materialien aller Art an der Küste für Handelszwecke und für die Errichtung von Bergwerken zu nutzen. Lediglich das unter dem Namen burti bekannte und beliebte Bau- und Brennholz durfte auf dem Festland weiterhin ohne Aufsicht von einheimischen Händlern geschlagen werden. Doch mussten sie der D. O. A. G. eine vorher zu vereinbarende Abgabe bezahlen, die zuvor dem Sultan zugestanden hatte. Dem Sultan von Sansibar 31 Vgl. Harald Sippel, Verwaltung und Recht in Deutsch-Ostafrika, in: Peter Sack, Rüdiger Voigt (Hrsg.), Kolonialisierung des Rechts. Zur kolonialen Rechts- und Verwaltungsordnung. Baden-Baden 2001, 275. Der »Küstenvertrag« hatte eine Laufzeit von fünfzig Jahren; vgl. Vertrag des Sultans von Sansibar mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 28. April 1888, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 6; Sunseri, Ax, 22. 32 Vgl. Peters, Schutzgebiet, 428–430. 33 Vgl. Sippel, Verwaltung, 275. 34 Vgl. Sunseri, Ax, 22. 35 Vgl. Peters, Deutsch-Ostafrika, 149.

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verblieb im Vertrag lediglich das Servitut, alle Waldbäume und sonstiges Holz an der Küste für den eigenen Bedarf weiterhin unentgeltlich nutzen zu dürfen.36 Damit besaß die D. O. A. G. formell die souveränen Verfügungsrechte über alle Wälder des Küstenstreifens und ihres Protektoratsgebiets, weshalb sie den Landwirtschafts- und Forstexperten Heinrich Semler von Kalifornien nach Sansibar holte, um die systematische Ausbeutung der Waldressourcen vorzubereiten. Allerdings verstarb Semler alsbald an Malaria.

4.2 »Küstenaufstand« Die Statthalter (diwanis / liwalis) des Sultans von Sansibar auf dem Festland akzeptierten die Übernahme der hoheitlichen Gewalt durch die D. O. A. G. nicht. Sie legten das Handeln des Sultans als Schwäche aus, da er seine und ihre Interessen scheinbar nicht mehr schützen konnte. Hinzu kam, dass die D. O. A. G. mit dem Stichtag der Herrschaftsübernahme im Küstenstreifen, dem 16. August 1888, Landenteignungen im großen Stil geplant hatte. Ein Erlass der Gesellschaft verfügte, dass alles Land, das nicht innerhalb von drei Monaten urkundlich als rechtmäßiges Eigentum nachgewiesen worden war, als »herrenloses« Land gelten und durch die D. O. A. G. okkupiert werden sollte.37 Die unwillkürliche Folge wäre gewesen, dass die Angehörigen der afro-arabischen Oberschicht ihr Plantagenland an die D. O. A. G. verloren hätten, da sie über keine schriftlichen Besitztitel verfügten. Ebenso wären durch Enteignungen die Rechte von afrikanischen Herrschern im Hinterland verletzt worden. Deshalb kann die Landpolitik der D. O. A. G. als Auslöser für den sog. »Küstenaufstand« angesehen werden. Dessen Ursachen lassen sich allerdings auf ältere Konflikte zwischen dem Sultan von Sansibar, dessen Statthaltern und Eliten im Küstenhinterland zurückführen.38 Als weiterer Auslöser wird in der neueren Forschung angenommen, dass die Deutschen versuchten, den ökonomischen Surplus aus dem Geschäft mit Elfenbein, Kopal und Kautschuk in ihre Kanäle zu lenken. Hierdurch wurden den lokalen und regionalen afrikanischen Eliten die Einkommensquellen entzogen und bestehende Handelsnetzwerke beeinträchtigt. Dies war aus afrikani 36 Vgl. Vertrag des Sultans von Sansibar mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 28. April 1888, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 6; Peters, Schutzgebiet, 431. 37 Vgl. Sippel, Aspects, 34. 38 Vgl. Sunseri, Ax, 22; Sippel, Aspects, 34; Harald Sippel, Recht und Herrschaft in kolonialer Frühzeit: Die Rechtsverhältnisse in den Schutzgebieten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (1885–1890), in: Peter Heine, Ulrich van der Heyden (Hrsg.), Studien zur Geschichte des deutschen Kolonialismus in Afrika. Festschrift zum 60. Geburtstag von Peter Sebald. Pfaffenweiler 1995, 492 Fn. 84; Jonathon Glassman, Feasts and Riots. Revelry, Rebellion and Popular Consciousness on the Swahili Coast 1865–1888. Portsmouth 1991 (Nachdruck: 1995), 11.

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scher Perspektive nicht hinnehmbar, zumal die Kontrolle über den Zugang zu nachwachsenden Rohstoffen und der Handel mit diesen fundamental für die Formierung afrikanischer Herrschaft vom 18. bis weit in das 19. Jh. gewesen war.39 Es existierten während des 19. Jh. Übereinkünfte zwischen afrikanischen Herrschern im Hinterland und den diwanis der Küstenstädte, die unter der Autorität des Sultans von Sansibar den freien Fluss von Waren gegen einen jährlichen Tribut garantierten. Der Sultan verlangte 20 % Zoll auf den Export von Elfenbein und Kopal in allen Häfen der ostafrikanischen Küste. Dieses System wurde durch den Versuch der D. O. A. G., den Handel und das Zollgeschäft unter ihre Kontrolle zu bringen, bedroht. Deshalb betrachtet Thaddeus Sunseri den »Küstenaufstand« in gewisser Weise als Vorspiel des Maji-Maji-Krieges, der nach der Jahrhundertwende in Deutsch-Ostafrika ausbrach (vgl. S. 261–277). Schließlich wendeten sich in beiden Aufständen Elfenbein-, Kopal- und Kautschukhändler gegen die europäische Kolonialherrschaft.40 Die Auseinandersetzungen des »Küstenaufstands« begannen an der Zollstation Pangani im Norden und setzten sich über Bagamoyo bis nach Tanga fort. Später wurden die D. O. A. G.-Emissäre aus Bagamoyo und Daressalam vertrieben. Das gesamte Küstengebiet geriet in Aufruhr, doch handelte es sich wohl um weitgehend unabhängig voneinander durchgeführte Aktionen. Eine gemeinsame Strategie verfolgten die Aufständischen nicht, auch wenn sie aus gleichen Beweggründen kämpften.41 Die Anführer des Aufstands im Norden waren der Suaheli Abushiri bin Salim al Harth und der Segua Bwana Heri, der ehemalige diwani der Küstenstadt Saadani, beides Angehörige der afro-arabischen Oberschicht. Ebenfalls waren die pazi aus Usaramo beteiligt, die die Kautschuk-Versuchsplantage in Pugu angreifen ließen, um den Kopal- und Kautschukhandel wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.42 Auch waren der Kilindi Sembodja aus Masinde sowie Simbaweni und Kingo aus Morogoro beteiligt, sodass im Norden das gesamte Küstengebiet bis zu 80 km landeinwärts im Aufruhr war.43 Dort brannten die Aufständischen Kasuarinenbäume nieder, die die D. O. A. G. hatte pflanzen lassen. Denn die Baumpflanzungen symbolisierten in einheimischer Perspektive einen permanenten Besitzanspruch der Deutschen auf das Land.44 Im Süden waren vor allem die Yao und ihr »Großhäuptling« Machemba, der vermutlich den Handel mit tropischen Edelhölzern nach Frankreich kontrollierte, 39 Vgl. Gißibl, Nature, 54–55. 40 Vgl. Sunseri, War, 122, 125–126. 41 Vgl. Jutta Bückendorf, »Schwarz-weiß-rot über Ostafrika!« Deutsche Kolonialpläne und afrikanische Realität. Münster 1997, 364. 42 Vgl. Sunseri, Ax, 23. 43 Vgl. Gwassa, Intervention, 105–106. 44 Die Kolonialschriftstellerin Frieda von Bülow kommentierte: »Die armen Kasuarinen«! Frieda von Bülow, Im Lande der Verheißung. Ein Kolonialroman um Carl Peters. Berlin 31943, 125.

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die Träger des gewaltsamen Konflikts.45 Sie griffen die D. O. A. G.-Station Kilwa an, besetzten im September 1888 das Rufiyi-Gebiet und brachten die dortigen Waldungen unter ihre Kontrolle.46 Der Aufstand verlief für die afro-arabische Seite zuerst erfolgreich. Die D. O. A. G. wurde in eine ausweglose Situation manövriert, sodass das Reich als Schutzmacht reagierte. Bismarck entsandte eine Interventionsarmee unter dem Kommando des Afrikaforschers und Militärs Hermann von Wissmann. Unter dem Vorwand, den arabischen Sklavenhandel in Deutsch-Ostafrika bekämpfen zu wollen47, signalisierte der Reichskanzler durch die Intervention seine Bereitschaft zur direkten Herrschaftsübernahme. Nicht zuletzt hatte Peters inzwischen überlegt, die Rechte der D. O. A. G. an England zu verkaufen.48 Einen solchen Plan duldete die Reichsregierung nicht.49 Hermann von Wissmann landete im Mai 1889 in Ostafrika mit einigen deutschen Offizieren und einer Söldnertruppe aus 600 Nubiern, 50 Somalis, 350 Zulus und 50 türkischen Polizisten. Die militärische Intervention war der Auftakt zur Übernahme der direkten Kolonialherrschaft durch das Deutsche Reich. Das eigentliche Ziel der Intervention bestand darin, Produktion und Handel der wichtigsten ostafrikanischen Güter zu kontrollieren und neue Ressourcen zu erschließen, um langfristig eine koloniale Infrastruktur aufbauen und unterhalten zu können.50 Unter forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten war bedeutsam, dass von Wissmann die Aufständischen aus dem Rufiyi-Gebiet vertrieb und gegen den »Großhäuptling« der Yao im Süden der Kolonie vorging.51 Ende des Jahres 1890 hatte er mit seiner Truppe alle Aufständischen besiegt.52 Kolonialforstliche Pläne Noch bevor von Wissmann mit seiner Truppe in Deutsch-Ostafrika eintraf, hatte das AAKA eine forstwirtschaftliche Eingabe empfangen. Darin war die Forderung zu lesen, das Reich solle der D. O. A. G. nach Beendigung der Kampfhandlungen die Verfügungsgewalt über die ostafrikanischen Wälder entziehen. In Anbetracht der Probleme der D. O. A. G. hielt der Verfasser der Eingabe, ein gewisser Kgl. Sächs. Oberförster Meyer, den Zeitpunkt für gekommen, die Zukunft eines Teiles des kolonialen Waldbesitzes in Ostafrika für den Staat si 45 Vgl. Sunseri, Ax, 23. 46 Vgl. Graß, Forststatistik, 165; Sunseri, War, 128. 47 Vgl. Friederike Sophie Szamborzki, »Die armen Schwarzen und ihre schlimmsten Feinde: die Araber«. Debatten der deutschen Antisklavereibewegung im ausgehenden 19. Jahrhundert. Göttingen 2010 (unveröffentl. Manuskript), 46. 48 Vgl. Peters, Deutsch-Ostafrika, 148–150. 49 Vgl. Gründer, Geschichte, 87. 50 Vgl. Sunseri, Ax, 23. 51 Vgl. Graß, Forststatistik, 165. 52 Vgl. Gwassa, Intervention, 106–113; Buschiri, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 258; Peters, Schutzgebiet, 262.

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cherzustellen. Meyer befürchtete, der private Zugriff auf die Wälder im »Schutzgebiet« könnte den Staat um eine zukünftige Einnahmequelle bringen und dem Gemeinwohl nachteilig sein.53 Er appellierte an die »Hohe Reichsregierung«, diese möge als »bescheidene Gegenleistung« für die militärische Hilfe von der D. O. A. G. fordern, alle zur Plantagenwirtschaft untauglichen Wälder sowie alle Nutzwälder unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Wert zu bannen und zu Staatswäldern erklären zu lassen.54 Falls sich dies nicht durchführen lasse, sei mindestens im »Interesse des Gemeinwohls« bezüglich der Walderhaltung zu verlangen, dass die Ausnutzung und spätere Verwaltung der Hauptwaldstücke unter Reichsaufsicht gestellt wird.55 Aus diesen Worten lässt sich herauslesen, dass Meyer eine interventionistische Position vertrat, die sich gegen die privatwirtschaftliche Nutzung kolonialer Wälder richtete. Seine forstpolitische Minimalforderung für die Entwicklung in Deutsch-Ostafrika lautete: Falls man die wirtschaftlich wichtigen Waldungen staatlicherseits nicht in Besitz nehmen könne, solle wenigstens die Aufsicht über die private Nutzung durch das Reich wahrgenommen und gesetzlich geregelt werden. Es wurde deutlich, dass sich Meyers kolonialforstliche Forderungen um den Schutz tropischer Wälder aus wirtschaftlichen Gründen zentrierten. Die Gewinne aus der kolonialen Waldwirtschaft sollten dem Staat zufließen, um die Kosten der kolonialen »Oberaufsicht« zu decken. Soweit die Wälder in Reichsbesitz übergingen, so Meyer, sollte eine »Zukunftsrente« gesichert werden, die als »Entschädigung« für die im Interesse der Kolonie erwachsenen Kosten betrachtet werden könne. Der Oberförster betrachtete die Wälder als eine wichtige Ressource, aus der sich staatliche Einnahmen zum Aufbau der kolonialen Infrastruktur generieren ließen. Schließlich prognostizierte Meyer nicht nur, dass durch die fortschreitende Besiedlung der Kolonie größere Absatzmärkte für forstwirtschaftliche Produkte innerhalb Deutsch-Ostafrikas entstehen würden, sondern forderte, die Waldungen später auch für auswärtige Märkte zu erschließen.56 Er wollte gegenüber der Regierung plausibel machen, dass die D. O. A. G. sicher keine geeignete Kandidatin zur Verwaltung der ostafrikanischen Wälder sei, zumal sich grundsätzlich für ihn die Frage stellte, ob man einer »Ausbeutegesellschaft« den zum Gedeihen einer Kolonie nötigen Waldbesitz überhaupt zur freien Verfügung überlassen dürfe. Mit dieser Kritik an der D. O. A. G. führte Meyer ganz im Sinn des forstwirtschaftlichen Diskurses aus (vgl. S. 116–118), dass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die »großen Zukunftswerte, welche in den Urwäldern aufgespeichert liegen, […] verhältnismäßig schnell zu 53 Vgl. Brief des Kgl. Sächs. Oberförsters und Hauptmanns der Land[…] Feld. Art. Meyer an AAKA, Über den Umgang mit den Wäldern in den Kolonien, Hundshübel, […], Kreis Zwickau vom 02. Januar 1889; BArch R 1001/ 7659, 5, 8–14. 54 Ebd., 6–7. 55 Vgl. ebd., 13–14. 56 Vgl. ebd., 14. 

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vergeuden und zu zerstören [sind]; ihr Verlust [sei] für die Weltwirthschaft ein absoluter, unersetzlicher.« Eine »Wüstanei« sei leicht zu schaffen, diese könne jedoch unter Umständen nie wieder waldwirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Man müsse sich vor Augen halten, so Meyer, welche Fehler durch eine zu weit ausgedehnte Entwaldung neu erschlossener Kolonien allenthalben bereits gemacht worden und welche Kosten auf die jeweiligen Regierungen für die Wiederaufforstung zugekommen seien. Solche Fehler müssten bei dem beginnenden deutschen Besiedlungsunternehmen in Ostafrika von Anfang an durch eine einheitliche Führung bei der Waldausbeutung vermieden werden.57 Die historische Situation, in der Meyer seine Eingabe verfasste, wies Parallelen zu früheren Ereignissen in Indien und auf Java auf, wo sich infolge von Aufständen, denen die dortigen Kolonialgesellschaften ebenfalls nicht Herr werden konnten, kolonialstaatliche Strukturen direkter Herrschaft herausgebildet hatten (vgl. S. 106). Unter dieser Voraussetzung war es möglich geworden, koloniale Forstverwaltungen aufzubauen, die nach vorherrschender forstpolitischer Lehrmeinung allein dazu berufen waren, ökologisch und wirtschaftlich bedeutsame Wälder im Sinn des Allgemeinwohls zu verwalten. Als vorbildhaftes Beispiel für Ostafrika verwies Oberförster Meyer darauf, dass jüngst die Regierung des Kaplandes Aufforstungsflächen zu Staatsland erklärt habe. Der Zeitpunkt, staatliche »Einforstungen« in Ostafrika zu betreiben, war laut Meyer ebenfalls günstig. Zu Beginn der Kolonialtätigkeit könnten staatliche Waldreservierungen noch ohne eine erhebliche Schädigung der Interessen Dritter – gemeint waren Kolonialgesellschaften und Siedler  – vorgenommen werden. Der Oberförster mahnte, es sei eine der wichtigsten Aufgaben des Reichs, sobald wie möglich die Ausbeutung der Wälder staatlich zu regulieren, damit die »Waldausnutzung unserer zukunftsreichsten Kolonie nicht zum Fluche, sondern zum Segen gereiche!«58 Abtretungsvertrag Meyers Forderungen erfüllten sich nicht  – zumindest nicht sofort und nicht gänzlich. In einem Vertrag vom 20. November 1890 zwischen dem Reich und der D. O. A. G., der die rechtliche Voraussetzung zur Übernahme der direkten Kolonialherrschaft bildete, verzichtete die Kolonialgesellschaft zwar auf viele souveräne Rechte im Küstenstreifen und im ehemaligen Gesellschaftsprotektorat59, doch war das hoheitliche Recht, Ländereien und Wälder in Besitz zu nehmen, 57 Vgl. ebd., 6, 13–14. 58 Vgl. ebd., 7, 14.  59 Im »Abtretungsvertrag« wird in § 7 ein Vertrag zwischen dem Sultan von Sansibar und der D. O. A. G. vom 13. Januar 1890 erwähnt, in dem der Gesellschaft Souveränitätsrechte übertragen worden waren. Dieser Vertrag konnte nicht ausfindig gemacht werden, weshalb nicht klar ist, inwieweit hierin auch Waldrechte zur Sprache kamen. Zu diesem Vertrag; vgl. Sippel, Aspects, 17.

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hiervon nicht betroffen. Im sog. »Abtretungsvertrag« » hieß es ausdrücklich, dass die Gesellschaft als »ferneres Entgelt« für den Verzicht auf ihre souveränen Rechte das »ausschließliche Recht auf den Eigenthumserwerb durch Ergreifung des Besitzes (Okkupationsrecht) an herrenlosen Grundstücken und deren unbeweglichen Zubehörungen, vornehmlich also auch das Okkupationsrecht an Wäldern« behalte. Jedoch durfte die Regierung für alle Wälder, auch für jene, die im Besitz der Gesellschaft waren, verbindliche Gesetze und Verordnungen im »Interesse der Landes- und Forstkultur« erlassen. Vor dem Erlass solcher Gesetze war allerdings die gutachterliche Äußerung der D. O. A. G. einzuholen, falls nicht die Dringlichkeit des Falles eine Abweichung von der Regel erfordere.60 Damit erfüllte sich wenigstens ansatzweise eine Minimalforderung deutscher Forstexperten, da sich der Staat vorbehielt, über Wälder im Privatbesitz rechtlich zu verfügen. Das Maximalziel der Gründung von »Staatswaldungen« ließ sich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht durchsetzen, da es noch gar keine Forstbeamten in der Kolonie gab. Somit blieb die privatwirtschaftliche Waldnutzung durch Kolonialgesellschaften und Einheimische in den folgenden Jahren herrschende Praxis. In Deutsch-Ostafrika war man noch weit davon entfernt, eine Forstverwaltung nach indischem, javanischem oder südafrikanischen Muster aufzubauen, um Wälder zu reservieren und diese staatlich bewirtschaften zu lassen.

5. Anfänge der direkten Forstherrschaft (1891–1898) Mit dem Stichtag 1. Januar 1891 übernahm das Reich formell die direkte Herrschaftsgewalt in der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Es erhielt den bereits von der D. O. A. G. gepachteten Küstenstreifen, begrenzt im Norden durch den Fluss Umba und im Süden durch den Fluss Rovuma. Darüber hinaus sicherte es sich eine koloniale Einflusssphäre im ostafrikanischen Hinterland zu, die das gesamte Gebiet des heutigen Tansania einschließlich Ruanda und Burundi umfasste.61 Damit war die Phase der indirekten Herrschaft durch die D. O. A. G. vorüber, wobei die Kolonialgesellschaft in den folgenden Jahren eine wichtige Spielerin im Kampf um die Hoheitsrechte an Waldressourcen blieb. Außerdem bedeutete die direkte Herrschaftsübernahme keineswegs, dass sich die staatliche Macht praktisch und unmittelbar flächendeckend in Form eines Gewaltmonopols durchsetzen ließ. Dazu war die Anzahl der in Deutsch-Ostafrika tätigen Beamten und des Militärs viel zu gering.62 60 Vgl. Vertrag zwischen der Kaiserlichen Regierung und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 20. November 1890; TNA G 8/ 877, o. p. 61 Vgl. Abkommen zwischen Deutschland und England vom 1. Juli 1890, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 8–9. 62 Vgl. Sippel, Verwaltung, 273; Gründer, Geschichte, 155–157.

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Die praktische Herrschaftsausübung beschränkte sich im Landesinneren zumeist auf das direkte Umland der militärischen oder zivilen Stationen und blieb auf die Kooperation mit einheimischen »Häuptlingen« (Jumben) angewiesen. Es handelte sich um eine vermittelte Form von staatlicher Herrschaft, die Trutz von Trotha mit dem Begriff der Außenintermediarität bezeichnet hat.63 Demnach besaß die deutsche Kolonialmacht keinen direkten Zugang zur einheimischen Bevölkerung, sondern übte ihre Herrschaft vermittelt über einheimische »Häuptlinge« aus.64 Michael Pesek spricht von »Inseln der Kontrolle und Machtausübung«.65 Insofern spiegelt die Karte mit den Bezirksgrenzen (vgl. Karte 6) lediglich formell die Einteilung des deutschen Machtbereichs wieder und kann nur dazu dienen, sich in kolonialer Perspektive bezüglich der Bezirksgrenzen zu informieren. Doch sagt die Karte nichts über die alltägliche Herrschaftspraxis und die informellen Machtverhältnisse aus. Es wird nicht abgebildet, dass die deutsche Kolonialverwaltung in der ersten Phase der Staatsbildung kaum auf bürokratische Strukturen, sondern zumeist auf willkürliche und despotische Herrschaft zurückgriff, die intermediär in Kooperation mit afrikanischen Auto­ ritäten ausgeübt wurde.66

5.1 Forstorganisation Der erste Forstbeamte im höheren Dienst der kolonialen Verwaltung kam im Jahr 1892 nach Deutsch-Ostafrika. Es handelte sich um Eugen Krüger, der den Posten des Forstreferenten beim Gouvernement in Daressalam erhielt. Das Forstreferat unterstand Franz Stuhlmann, der als Referent für Landeskultur die Leitlinien der Forstpolitik festlegte.67 Krügers Aufgaben beschränkten sich auf die Erforschung von Waldbeständen rund um die Hauptstadt Daressalam und in den unmittelbar der Küste nachgelagerten gebirgigen Regionen im Norden der Kolonie. Ferner war Krüger mit der Ausarbeitung forstrechtlicher Regulierungen betraut und wirkte wahrscheinlich auch an Versuchspflanzungen im botanischen Garten von Daressalam mit. Er blieb bis Ende 1893 oder Anfang 1894. Sein Nachfolger war August von Bruchhausen, der zeitverzögert erst 1896 nach Deutsch-Ostafrika kam.68 63 Vgl. Trotha, Herrschaft, 28–30. 64 Vgl. Andreas Eckert, Herrschen und Verwalten. Afrikanische Bürokraten, staatliche Ordnung und Politik in Tanzania, 1920–1970 München 2007, 36. 65 Eckert, Pesek, Ordnung, 96. 66 Vgl. ebd., S. 89–90; Conrad, Kolonialgeschichte, 43–47. 67 Vgl. Stuhlmann, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 431. 68 Vgl. Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 23–25, 74; Mammen, Wirken, 117. Mammen schreibt an anderer Stelle falsch, dass ein Forstassessor namens »Krieger« ab 1897 in der Kolonie tätig gewesen sei; vgl. ebd., 145.

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5.2 Forstrecht In forstpolitischer Hinsicht beschränkte man sich in der ersten Phase der direkten kolonialen Herrschaft darauf, Regeln zur Nutzung von Waldungen zu erlassen. Diese Regulierungen zeitigten kaum praktische Konsequenzen. Das territoriale Muster des Geltungsbereichs der ersten forstwirtschaftlichen Verordnungen entsprach von der Küste ausgehend der Inselstruktur kolonialer Herrschaft. Das hieß, die Waldschutzbestimmungen waren von vornherein so gestaltet, dass sie sich im Hinterland nur auf den unmittelbaren Nahbereich von zivilen oder militärischen Stationen bezogen oder dort, wo sie räumlich weiter gefasst waren, nur in diesen Bereichen kontrolliert wurden. Kennzeichnend war, dass zeitlich parallel unterschiedliche Verordnungen existierten. Diese überschnitten und widersprachen sich in ihren Regulierungsbereichen, was bei lokalen Beamten zu Irritationen führte, ihnen aber auch Spielräume eröffnete, das Forstrecht auf eigensinnige Weise zu interpretieren.

5.2.1 Holzschlaggebührenverordnung Um die Bewirtschaftung der Wälder in Deutsch-Ostafrika staatlicherseits kontrollieren zu können, hatte der Gouverneur von Soden bereits im Mai 1891 eine erste Holzschlaggebührenverordnung erlassen, noch bevor Eugen Krüger in die Kolonie geholt worden war (vgl. Anhang II). Diese Verordnung zielte darauf ab, aus dem bestehenden Holzhandel der »farbigen« und »weißen« Bevölkerung einen fiskalischen Gewinn abzuschöpfen, da sich der koloniale Staat nebst Zwangsarbeit, Steuern und Zöllen vor allem über die Einnahme von Gebühren finanzierte.69 Um den Schutz von Wäldern aus ökologischen Motiven ging es nicht. Später kritisierte Eugen Krüger als Vertreter der interventionistischen Position, dass die Verordnung nicht weit genug gehe, da die Erhebung von Holzschlaggebühren keinen großen Gewinn erwarten lasse, sondern erst eine »ordentliche Bewirtschaftung« von Waldbeständen dem Staat die erhofften Einnahmen bescheren könne.70 Der Geltungsbereich der ersten Verordnung bezog sich formell auf alle Waldungen innerhalb der Kolonie mit Ausnahme des Protektoratsgebiets der D. O. A. G..71 Die Anwendung beschränkte sich faktisch allerdings auf den Küstenstreifen. Nur hier stand dem Gouvernement in der Frühzeit der Kolonie mit der Zollverwaltung ein bürokratischer Stab zur Verfügung, mittels dessen sich 69 Vgl. Trotha, Herrschaft, 348. 70 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 628. 71 Vgl. Graß, Forststatistik, 165.

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die Einhaltung der Verordnung direkt überwachen ließ. Die Zollämter beauftragte man mit der Erhebung der Holzschlaggebühr, da sie ohnehin das zollpflichtige Exportholz taxieren mussten.72 Inhaltlich wurde in der Verordnung bestimmt, dass das Fällen von Bäumen und Bauhölzern auf »Grund und Boden des Kaiserlichen Gouvernements« mit einer Holzschlaggebühr belegt sei. Pro Coria [20 Stück] Stämme bzw. Stangen (boritis und mokomba moyo) oder Bretter (ban) war der dreifache Betrag des darauf stehenden Zolls zu zahlen war. Dies waren 30 % des ortsüblichen Handelswerts des Holzes, da der Ausfuhrzoll bei 10 % lag.73 Mit diesen Bestimmungen folgte die Holzschlaggebührenverordnung im Wesentlichen den früheren Bestimmungen, die die D. O. A. G. seinerzeit mit dem Sultan von Sansibar im »Küstenvertrag« ausgehandelt hatte. Neu war, dass neben der Gewinnung von dünnen Hölzern (fito) auch Feuerholz von der Gebühr ausgenommen blieb. Diese durften von jedermann kostenfrei aus den Waldungen entnommen werden. Ferner behielt der Sultan von Sansibar stillschweigend das Servitut, an der Küste alles Holz, das er zu seinem privaten Gebrauch nutzen wollte, gebührenfrei schlagen zu dürfen.74 Durch diese Regulierungen war der koloniale Staat den Holzhändlern, aber auch der dörflichen Küstenbevölkerung entgegengekommen, da Letztere insbesondere dünne Baustangen und Brennholz für ihren täglichen Bedarf benötigte. Ob die Lockerung ein Ergebnis des Küstenaufstands war und geschah, um neuen Unmut zu vermeiden, kann angenommen werden. Allerdings behielt sich das Gouvernement aus ressourcenpolitischen Überlegungen vor, in gewissen Gegenden das Fällen von Bäumen oder das Schlagen von Bauhölzern ganz zu verbieten.75 Letztendlich stellte die staatliche Regulierung gegenüber den vormaligen Bestimmungen eine soziale Erleichterung für die einheimische Bevölkerung dar. Jedoch hatte die D. O. A. G. die Einhaltung der von ihr prolongierten Regulierungen praktisch nicht kontrolliert, weshalb diese für die lokale Bevölkerung kaum spürbar waren. Dies änderte sich nun, da der koloniale Staat mittels der Zollverwaltung effektiver als die D. O. A. G. den Holzhandel an der Küste überwachte.

72 Vgl. Verordnung betr. die Erhebung einer Gebühr für das Schlagen von Bauhölzern auf dem Eigenthum des Kaiserlichen Gouvernements für Deutsch-Ostafrika befindlichen Grund und Boden vom 26. Mai 1891, in: Kolisch, Kolonialgesetzgebung, 591–592. In der Gesetzessammlung ist die Verordnung falsch auf den 21. Mai 1891 datiert. Es handelt sich jedoch um den Circular-Erlass, No. 20 vom 26. Mai 1891. 73 Vgl. ebd. 74 Vgl. ebd. 75 Vgl. ebd.

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Implementierung der Holzschlaggebührenverordnung Die neue Verordnung erschien den Holzhändlern und der Küstenbevölkerung trotz sozialer Erleichterungen als unbotmäßige Zwangsmaßnahme. Es kam zu Beschwerden, weil das Privileg auf kostenfreie Entnahme von Brennholz und dünnen Baustangen nicht ausreichend erschien. Die Bestimmungen der Holzschlaggebührenverordnung wurden daraufhin im Juni 1893 gelockert. Den »ärmeren Eingeborenen« der Küstenplätze erließ man die Gebühr auf alle Hölzer, insbesondere auf Bauholz.76 Zwar lehnte die bürgerliche Forstwirtschaftslehre solche Formen einer kostenlosen Grundversorgung der Bevölkerung mit Waldprodukten ab.77 Doch standen die Erleichterungen in der feudalen Tradition der forstwirtschaftlichen Entwicklung in Europa, wo der ländlichen Bevölkerung Waldnutzungsrechte entweder unentgeltlich bzw. gegen eine geringe Leistung in Geld oder Naturalien unter gewissen Auflagen zugestanden wurden.78 Als Begründung hieß es, dass die Bevölkerung aufgrund kolonialer Straßenregulierung in einzelnen Orten zum Neu- oder Umbau ihrer Häuser gezwungen worden sei. Die Holzschlaggebühr sei deshalb als besonders ungerecht empfunden worden.79 Hier antizipierte der koloniale Staat offenbar ein gewisses Konfliktpotenzial, das mittels einer Lockerung der forstrechtlichen Bestimmungen entschärft werden sollte. Doch wurden die Erleichterungen nicht bedingungslos gewährt. So durfte die kostenfreie Holzentnahme zum eigenen Bedarf fortan nur nach schriftlicher Erlaubnis eines Bezirksamtmanns geschehen. Es handelte sich um eine formelle Regelung, wie sie bereits seit Längerem in der Kap-Kolonie praktiziert wurde. Die schriftliche Berechtigung war bei der jeweiligen Zollstation vorzulegen; erst dann durfte Holz kostenfrei entnommen werden.80 Durch diese bürokratische Hürde wollte der Staat verhindern, dass afrikanische Holzhändler in den Genuss des gebührenfreien Bauholzschlags kamen, außerdem diente sie der Kontrolle der Bevölkerung. Aus afrikanischer Perspektive musste die Regulierung als Gängelung erscheinen, zieht man in Betracht, dass die Holzentnahme vor der Kolonisation keinen äußeren Zwängen unterlag. Darum entwickelten die Händler Strategien, um die Holzschlaggebührenverordnung zu umgehen, weshalb die Zollstationen und lokalen Bezirksämtern deren Anwendung als problematisch beschrieben. So gaben arabische Holzhändler vor, nicht zu wissen, ob sie die Holzschlaggebühr bei der Zollstation, wo das Holz geschlagen worden war, oder bei der Zollstation, wo es zur Ausfuhr gelangte, zu bezahlen hatten.81 Es zeigte sich, dass die ostafrikanischen Holzhändler die kolonialen Regulierungen eigen 76 Vgl. ebd. 77 Vgl. Hölzl, Wälder, 376, 465. 78 Vgl. Karl Hasel, Forstgeschichte. Ein Grundriß für Studium und Praxis. Hamburg 1985, 98–100. 79 Vgl. Runderlass J. No. 1 A 4297 vom 7. Juni 1893; TNA G 59/ 7, 9.  80 Vgl. ebd. 81 Vgl. Schreiben des Hauptzollamts Tanga; TNA G 59/ 7, 7.

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sinnig interpretierten, um ihren Handlungsspielraum zu erhalten. Das tolerierte das Gouvernement nicht. Zur Beseitigung des rechtlichen Schlupflochs konkretisierte man die Verordnung dahingehend, dass die Holzschlaggebühren bei dem Zollamt zu entrichten seien, in dessen Nähe das Holz geschlagen worden war.82

5.2.2 Kronlandverordnung Die forstwirtschaftliche Entwicklung in Deutsch-Ostafrika war nicht allein durch die Holzschlaggebührenverordnung reglementiert, sondern hing in besonderem Maße vom Okkupationsrecht ab, das die koloniale Landnahme regulierte. Bezüglich des Waldbesitzes war bedeutsam, dass die D. O. A. G. im Februar 1894 zugunsten des Reichs auf ihr souveränes Recht verzichtete, Waldungen in Deutsch-Ostafrika in Besitz zu nehmen. Dieses Recht konnte nunmehr nur durch den deutsch-ostafrikanischen Staat wahrgenommen werden. Der Verzicht der D. O. A. G. war dem Umstand geschuldet, dass die Kolonialgesellschaft in größere finanzielle Schwierigkeiten geraten war und das Reich ihr mit einer Bürgschaft aushalf. Hierdurch erhielt der Staat das alleinige Recht, alle Waldungen in der Kolonie, die sich noch nicht in »Privat- oder Gemeindeeigentum« befanden, in Besitz nehmen zu dürfen.83 Die staatliche Reservierung großer Waldpartien war fortan rechtlich möglich. Doch verpflichtete sich der Staat, die Hälfte der durch Nutzung der Wälder gewonnenen Einnahmen, insbesondere Holzschlaggebühren, an die D. O. A. G. abzuführen.84 Dadurch entstand die paradoxe Situation, dass das Gouvernement an sich selbst Holzschlaggebühren bezahlen musste. Die Gebühr war sofort bei der Entnahme der Hölzer an die betreffende Zollstation abzuführen.85 Verhandlungen im Kolonialrat Der neue Kompromiss zwischen D. O. A. G. und Reich brachte Klarheit bezüglich der Okkupation von Wäldern. Doch blieben andere okkupationsrechtliche Fragen ungelöst. Eine endgültige Regelung dieser Belange zugunsten des Staates erfolgte erst mit dem Erlass einer Allerhöchsten Kaiserlichen Verordnung, der 82 Vgl. Runderlass J. No. 1 A 4297 vom 7. Juni 1893; TNA G 59/ 7, 9. Der entsprechende Erlass findet sich auch in: Kolisch, Kolonialgesetzgebung, 593. 83 Vgl. Vertrag zwischen der Reichsregierung und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 5. Februar 1894, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 22–23. 84 Der Begriff »Wald« war in der Vereinbarung weit gefasst, denn alle innerhalb des »Schutzgebiets« gewonnenen Hölzer, die für die Abgabeerhebung in Betracht kamen, wurden als aus »Wäldern« herrührend behandelt; vgl. Vertrag zwischen der Reichsregierung und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 5. Februar 1894, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 22–23. 85 Vgl. Runderlass zur Holzschlaggebühr vom 31. Mai 1894, in; TNA G 8/ 507, o. p.

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sog. Kronlandverordnung, am 26. November 1895. Dieser Erlass schrieb das staatliche Landbesitzrecht gegenüber privaten kolonialen Akteuren und der afrikanischen Bevölkerung grundlegend fest. Das Konzept der Verordnung, das bis heute grundlegend für die Ausgestaltung der Land- und Waldbesitzrechte in Tansania ist86, wurde im Kolonialrat in Berlin erarbeitet. Dieser setzte sich aus Honoratioren aus Wirtschaft, Kirche und Wissenschaft zusammen, die oftmals der DKG angehörten. Das Organ fungierte seit 1890 als ein Beirat des AAKA . Die Mitglieder des Kolonialrates waren nicht gewählt, sondern durch den Reichskanzler für eine Periode von drei Jahren ernannt; den Vorsitz führte der Direktor der Kolonialabteilung. Es handelte sich um eine Vertretung kolonialer Partikularinteressen, eine Art von Expertengremium oder Kolonialkammer. Dabei war der Kolonialrat das einzige politische Organ im Reich, das einen inhaltlichen Einfluss auf die Kolonialpolitik der Regierung nehmen konnte. Er hatte zwar keine Entscheidungsgewalt, aber sachlichen Einfluss und wandelte sich mit der Zeit von einem »Debattierclub für kolonialbegeisterte Intellektuelle und Kleinbürger«87 zu einer mächtigen Lobbygruppe mit dem »Charakter eines kleinen Parlaments«.88 Deshalb empfanden die Abgeordneten des Reichtags den Kolonialrat als Konkurrenz, da das gewählte Parlament kaum Einfluss auf die Regierung in Kolonialfragen hatte. Lediglich über das Budgetrecht konnte es Einfluss auf die Regierungspolitik nehmen. Jedoch galt der Kolonialrat ab der Jahrhundertwende als überholte Institution, da die kolonialpolitischen Fragen zunehmend spezieller wurden und sich die Parlamentarier im Reichstag diesen Sachangelegenheiten zuwandten. Der Rat wurde im Februar 1908 aufgelöst.89 Doch im Jahr 1895 bestimmte er noch maßgeblich die Inhalte der Landpolitik für Deutsch-Ostafrika, wobei sich bezüglich der Waldschutzfrage im Kolonialrat die liberalen Vertreter einer freihandelskapitalistischen Erschließungspolitik und die konservativen Vertreter einer staatlich gelenkten Kolonisation gegenüberstanden. Erstere verlangten von der Regierung weitgehende Freiheiten bei der Landnahme, um schnell Kapital in das Land zu locken, während die andere Seite zunächst den Aufbau vollständiger Verwaltungsstrukturen und die Schaffung einer für die wirtschaftliche Entwicklung notwendigen Infrastruktur anstrebte.90 Das liberale Denkmuster stand in der Tradition des von Bismarck favorisierten Modells einer Kolonisierung durch Chartergesellschaften. Doch hatten die Erfahrungen mit der D. O. A. G. gezeigt, dass sich dieses Modell in DeutschOstafrika nicht umsetzen ließ. Deshalb gewann im Kolonialrat sukzessive jene 86 Vgl. Oppen, Matuta, 49. 87 Vgl. Eckert, Pesek, Ordnung, 93. 88 Vgl. Schiefel, 84. 89 Vgl. Kolonialrat, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 338; Schiefel, Dernburg, 84. 90 Hartmut Pogge von Strandmann, Imperialismus vom Grünen Tisch. Deutsche Kolonialpolitik zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und »zivilisatorischen« Bemühungen. Berlin 2009, 213.

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Gruppe an Gewicht, die die staatliche Erschließung und Verwaltung als Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonie betrachtete.91 Diese Gruppe setzte sich bei der Regulierung der Landnahmefrage durch, was grundlegende Bedeutung für die Entwicklung der Forst- und Waldschutzpolitik in Deutsch-Ostafrika hatte. Diese fußte fortan auf einem staatlich zentrierten Entwicklungsmodell, was den Interessen der meisten Forstexperten entgegenkam (vgl. S. 119–121). Als Lösung des Problems der kolonialen »Landnahmefrage« empfahl der Kolonialrat der Regierung, alles Land in Deutsch-Ostafrika, das nicht bereits im Privatbesitz war oder von afrikanischen »Stämmen« bzw. »Gemeinschaften« genutzt oder im Rahmen des Wanderfeldbaus zu erneuter Nutzung vorgesehen war, zu »herrenlos« Kronland zu erklären.92 Es handelte es sich um den größten Teil der Fläche der Kolonie, an der dem Staat fortan das alleinige Okkupationsrecht zustehen sollte. Vorbehaltlich der Eigentumsansprüche oder sonstigen dinglichen Ansprüche, welche Private oder juristische Personen, Häuptlinge oder unter den Eingeborenen bestehende Gemeinschaften nachweisen können, sowie vorbehaltlich der durch Verträge mit der kaiserlichen Regierung begründeten Okkupationsrechte Dritter, ist alles Land innerhalb Deutsch-Ostafrika herrenlos Kronland. Das Eigentum daran steht dem Reiche zu.93

Die Kronlandverordnung fußte auf der seinerzeit völkerrechtlich anerkannten Rechtsfiktion terra nullius.94 In Kolonialgebieten galt als »terra nullius« das »Niemandsland«, das angeblich keinen Besitzer hatte.95 Dieses Land, ganz gleich ob es bewohnt oder unbewohnt war, stand der kolonialen Okkupation offen, solange es nicht bereits durch einem Staat verwaltet wurde.96 Hinzu trat die Rechtsfiktion der effektiven Okkupation, die ihren privatrechtlichen Ursprung in der europäischen enclosure-Politik des 16. Jh. hatte. Sie wurde als Idee privater oder staatlicher »Inwertsetzung« von Land in das internationale Völkerrecht übernommen. Dieser Logik folgend durfte Land in Übersee rechtmäßig enteignet und von einem Staat demjenigen übergeben werden, der es effektiv zu nutzen wusste.97 Insofern betrachtete Berlin infolge der Kronlandverordnung nur jenen Landbesitz in Deutsch-Ostafrika als rechtmäßig, über den bereits ein 91 Vgl. ebd., 214. 92 Vgl. ebd., 211. 93 Kaiserliche Verordnung über die Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von Kronland und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in Deutsch-Ost­ afrika im [A]llgemeinen, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 212. 94 Vgl. Gilbert, Land, 26, 28, 30.  95 Vgl. Jörg Menzel, Völkerrechtssprechung: ausgewählte Entscheidungen zum Völkerrecht in Retrospektive. Tübingen 2005, 257. 96 Gilbert, Land, 21–23. 97 Vgl. ebd., 4–5; Neocleous, Law, 952–956.

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schriftlicher Besitztitel vorlag. Nicht schriftlich fixierte Eigentumsansprüche afrikanischer Klane oder afro-arabischer Plantagenbesitzer waren bedeutungslos, auch wenn die verklausulierten Formulierungen der Kronlandverordnung anderes vermuten ließen. Schließlich kannte das ostafrikanische Gewohnheitsrecht durchaus Privatbesitz an Waldungen. Ein Waldbesitzer konnte Verfügungsrechte an Familienmitglieder und Fremde verteilen. Starb der Besitzer, so blieben die Verfügungsrechte bestehen.98 Die Europäer wollten allerdings nicht wahrhaben, dass in afrikanischen Gesellschaften der Besitz an Wald institutionalisiert gewesen ist. Deshalb erklärte der Kolonialrat nassforsch, dass die Landbesitzrechte afrikanischer Herrscher nicht mit den europäischen Vorstellungen territorialer Souveränität in Einklang zu bringen seien. Es erschien aus europäischer Perspektive gerechtfertigt, nahezu das gesamte Land innerhalb der deutsch-ostafrikanischen Interessensphäre zu »herrenlos« Kronland zu erklären. Es konnte fortan vom Staat in Besitz genommen werden, was einem Raubzug von nahezu unvorstellbarer Größenordnung gleichkam. Indem sich der koloniale Staat das Recht nahm, den Boden zu enteignen, konnte er die afrikanische Bevölkerung von ihrer bisherigen Subsistenz- oder Erwerbsgrundlage trennen, um sie in die Lohnarbeit zu zwingen. Dadurch eignete sich der Staat nicht nur die Verfügungsgewalt über das Land und die nachwachsenden Rohstoffe an, sondern schuf gleichzeitig die Voraussetzung zur Durchsetzung einer kapitalistischen Wirtschaftsweise. Deshalb ist die Kronlandverordnung als rechtliches Instrument ursprünglicher Akkumulation zu begreifen.99 Allerdings empfahl der Kolonialrat der Regierung, bei der Landenteignung diplomatisch vorzugehen und lokale Rechtsgebräuche zu berücksichtigen.100 In den Ausführungsbestimmungen zur Kronlandverordnung legte man fest, dass die staatliche Okkupation von Landflächen möglichst unter Wahrung der Rechte Dritter erfolgen sollte. Es sei auf »angebliche« Hoheitsrechte zu achten und das für das Fortbestehen der afrikanischen Gemeinschaften notwendige Land auszuscheiden.101 Auch Waldstücke konnten der lokalen Bevölkerung für ihren Gebrauch überlassen werden, weshalb die ältere Forstgeschichtsschreibung die 98 Vgl. Jomo Kenyatta, Facing Mt. Kenya. The Tribal Life of the Kikuyu. New York 1965 (Reprint), 26–29, 32–36. 99 Vgl. Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1987, 659–662; Neocleous, Law, 941, 946, 957–958. 100 Vgl. Pogge von Strandmann, Imperialismus, 211. 101 Verfügung des Reichskanzlers vom 27. November 1895 betreffend die Ausführung der Allerhöchsten Verordnung vom 26. November 1895, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 214; Verordnung des Gouverneurs vom 10. Februar 1896 betreffend Anwendung und Ausführung der Allerhöchsten Verordnung über Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von Kronland und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in Deutsch-Ostafrika im Allgemeinen vom 26. November 1895 und der dazu ergangenen Verfügung des Reichskanzlers vom 27. November 1895 mit

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Ausführungsbestimmungen zur Kronlandverordnung positiv interpretierte: Es seien zwar Hütten enteignet worden, man habe der lokalen Bevölkerung aber für das Einbringen der letzten Ernte und das Umsiedeln stets genügend Zeit gelassen. Auch sei den Dorfbewohnern bei Waldreservierungen etwa das Vierfache ihrer enteigneten Kulturfläche an anderer Stelle als Eigentum überlassen worden. Ferner habe man bei der Reservierung von Mangrovenwäldern an der ostafrikanischen Küste die Nutzungsrechte »eingeborener Neger« oder sonstiger Dritter berücksichtigt.102 Aus heutiger Sicht zeigt sich jedoch, dass die scheinbar großzügigen Regelungen, die in Berlin vom »grünen Tisch« getroffen wurden, nicht ausreichten, um den differenzierten afrikanischen Landnutzungsansprüchen gerecht zu werden. Denn die Landkommissionen hielten sich in der Praxis nicht an die Vorgaben, sodass sie die Reproduktionsmöglichkeiten afrikanischer Bevölkerungsgruppen durch formelle Landokkupationen drastisch eingeschränkten. Das führte zu Konflikten, obwohl Kolonialrat und Regierung durch die Regulierungen erwartbarem Widerstand eigentlich vorbeugen wollten. Schließlich wies man die Landkommissionen ebenfalls an, in keiner Weise »engherzig« zu verfahren und »billigen Wünschen« der einheimischen Bevölkerung Rechnung zu tragen.103 Man wollte in der heiklen Landenteignungsfrage möglichst nicht provozieren, zumal die Maßnahmen tief in die Lebensumstände der afrikanischen Bevölkerung eingriffen. Ein friedlicher Ausgang von Landverhandlungen sollte daher auch durch »Geschenke« erreicht werden, worunter Bestechung zu verstehen ist. Weigerten sich die afrikanischen Dorfchefs trotz allem ihr Land abzugeben, billigte die Kronlandverordnung allein dem Gouverneur das Recht der Entscheidung zu. Er stellte in allen Land- und Waldfragen die letzte Entscheidungsinstanz dar. Dies zeigt deutlich die fundamentale Machtasymmetrie zwischen Kolonisierenden und Kolonisierten.104 Der afrikanischen Seite gestand man letztendlich Berücksichtigung der Abänderung durch die Verordnung vom 4. Dezember 1896, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 218. 102 Zu solchen Ergebnissen gelangte Herbert Hesmer, weil er ausschließlich normative Quellen aus kolonialer Perspektive heranzog und diese selektiv interpretierte, indem er zeitgenössische kritische Stimmen bewusst zum Verstummen brachte. So zitierte er einige Ausführungen aus einem Aufsatz von Rudolf Giesler aus dem Jahr 1912 nicht, obwohl sich Gieseler an entsprechender Stelle kritisch zur kolonialen Waldreservierungspraxis äußerte; vgl. Hesmer, Einwirkungen, 165, 167, 179. 103 Vgl. Verordnung des Gouverneurs vom 10. Februar 1896 betreffend Anwendung und Ausführung der Allerhöchsten Verordnung über Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von Kronland und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in DeutschOstafrika im Allgemeinen vom 26. November 1895 und der dazu ergangenen Verfügung des Reichskanzlers vom 27. November 1895 mit Berücksichtigung der Abänderung durch die Verordnung vom 4. Dezember 1896, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 218. 104 Vgl. ebd.

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keine rechtliche Chance zu, ihre Interessen zu behaupten. Diese Praxis rührte aus einem absolutistischen Staatverständnis, in dem die Bevölkerung als unmündig und unfähig angesehen wurde, ihre eigenen Lebensverhältnisse zu ordnen.105 In diesem Sinn stellte der koloniale Staat eine Art frühmoderne, paternalistische politische Form dar, die lediglich eine eingeschränkte Gewaltenteilung aufwies und auf rechtlicher Ungleichheit aufbaute, welche wiederum an rassischen und religiösen Merkmalen festgemacht wurde. Der Gouverneur vereinigte in seinem Amt formell die Legislative, Exekutive und Judikative gegenüber der afrikanischen Bevölkerung. Lediglich für die »weißen« Kolonisten war eine unabhängige Gerichtsbarkeit eingerichtet, an die sie sich bei Streitfragen wenden und ggf. gegen den Staat klagen konnten. Waldreservierungen Neben der Möglichkeit für den Staat, alle Wälder auf »herrenlos« Kronland für sich reservieren zu können, enthielt die Kronlandverordnung einen zweiten wichtigen Passus bezüglich des Waldschutzes. Sie legte fest, dass staatlicherseits bei der Veräußerung von okkupiertem Kronland (Staatsland) an Dritte, »genügende Flächen für öffentliche Zwecke zurückzubehalten [seien], insbesondere auch Waldbestände, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.«106 Über den Grund für die Verankerung des Waldschutzes in der Kronlandverordnung kann nur spekuliert werden, da es hierüber keine direkten Quellen gibt. Allerdings war seinerzeit bekannt, dass Plantagenbesitzer in Ost-Usambara damit begonnen hatten, den Regenwald großflächig abzuholzen, was bereits mehrfach öffentlich kritisiert worden war (vgl. S. 145–151, 306, 355–358). Insofern scheint naheliegend, dass die Befürworter eines staatszentrierten Entwicklungsmodells den Waldschutzaspekt einbrachten und nicht Gouverneur von Wissmann, der ebenfalls an der Sitzung des Kolonialrats teilnahm, jedoch der großflächigen Entwaldung Usambaras unkritisch gegenüberstand.107 Letztendlich zollte die Kronlandverordnung forstwirtschaftlichen Interessen im Reich Rechnung, auch wenn diese keinen direkten Vertreter im Kolonialrat hatten. Die Inhalte der Verordnung spiegelten die Handschrift jener Gruppe von Kolonisten wider, die sich die wirtschaftliche Entwicklung und Besiedlung der Kolonie, wie Semler, Meyer oder Krüger, nach einem staatlichen Rahmenplan vorstellten. Fortan konnte die staatliche Okkupation von Wäldern – ökonomisch und ökologisch begründet – vollzogen werden, wie von kolonialen Forstexperten 105 Vgl. Hasel, Forstgeschichte, 108. 106 Kaiserliche Verordnung über die Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von Kronland und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in Deutsch-Ostafrika im (A)llgemeinen vom 26.11.1895, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 213. 107 Vgl. Pogge von Strandmann, Imperialismus, 211; Hermann von Wissmann, Reise des Gouverneurs von Wissmann nach dem Norden des Schutzgebiets, in: DKB, 6, 1895, 479.

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schon seit längerer Zeit gefordert. Inwiefern sich dieses Konzept in der kolonialforstlichen Praxis gegenüber privaten Kolonialinteressen erfolgreich umsetzen ließ, stand auf einem anderen Blatt. Schließlich gewann die freihändlerische Position während der späteren kolonialen Reformphase wieder an Gewicht (vgl. S. 289–292). Doppelte Diskriminierung Die Kronlandverordnung hatte nicht nur einen direkten Einfluss auf die Praxis der kolonialen Landnahme, sondern auch einen indirekten Einfluss auf die wirtschaftlichen Bedingungen des Holzhandels. Sie wirkte sich in Verbindung mit der Holzschlaggebührenverordnung in doppelter Weise diskriminierend auf alle nicht europäischen Holzhändler in der Kolonie aus. Denn aus der Kronlandverordnung folgte, dass »Farbige« kein Eigentum an Land und Wald haben durften.108 Mithin waren alle nicht-europäischen Holzhändler gezwungen, ihr Holz in Waldungen auf nicht okkupiertem, »herrenlos« Kronland zu gewinnen, wo sie Holzschlaggebühr bezahlen mussten. Anders verhielt es sich mit den europäischen Kolonisten. Sie wurden privilegiert, da sie Privatwälder besitzen durften. Brachten sie Holz aus diesen Wäldern zum Verkauf, mussten sie keine Holzschlaggebühren bezahlen. Doch selbst wenn sie Holz, das auf »herrenlos« Kronland geschlagen worden war, zum Export an die Küste brachten, konnten sie die Gebühren leicht umgehen. Die Zollbehörden waren nämlich nicht in der Lage zu kontrollieren, wo das Holz im Innern der Kolonie geschlagen worden war. Diesbezüglich machte es die Kolonialverwaltung den Kolonisten leicht, da sich die Zollstationen laut eines Runderlasses der Finanzabteilung darauf zu verlassen hatten, dass die Kolonisten schriftlich erklärten, das Holz sei auf eigenem Grund und Boden geschlagen worden.109 Die Zollstellen mussten sich gegenüber den Kolonisten auf Treu und Glauben verlassen. Insofern war die Holzschlaggebührenverordnung im Zusammenspiel mit der Kronlandverordnung dazu angetan, die afrikanischen und arabischen Holzhändler systematisch zu diskriminieren, während man die Kolonisten privilegierte.

5.2.3 Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen Neben der Holzschlaggebührenverordnung existierte in Deutsch-Ostafrika ab 1893 die Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokos­ nüssen. Diese Verordnung war nicht nur fiskalisch motiviert, sondern zielte darauf, die alltäglichen Praktiken der ländlichen Bevölkerung und der Holzhändler 108 Vgl. Runderlass über die Holzschlaggebühr vom 4. Februar 1897; TNA G 59/ 7, 20. 109 Vgl. ebd.

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im Umgang mit Waldressourcen in ökologischer Perspektive zu regulieren. Sie fand ihre Begründung in der Sicherstellung stabiler Umweltverhältnisse und in der Sorge um eine ausreichende Versorgung der Kolonie mit Bau- und Brennholz.110 Durch die Verordnung wollte das Gouvernement die »Höherentwicklung« afrikanischer Landnutzungspraktiken nach europäischem Vorbild erreichen. Trotz dieser weitreichenden Zielsetzung ist die Verordnung als Quelle in der Forschung bisher wenig beachtet worden.111 Ein Grund dafür ist, dass die Verordnung nicht den dominanten Strang der forstrechtlichen Entwicklung in Deutsch-Ostafrika bildete, die sich im Anschluss an die Holzschlaggebührenverordnung vollzog (vgl. Anhang II).112 Ein anderer Grund ist, dass sowohl die Verordnung als auch die über ihre Anwendung verfassten Berichte nur in Kurrentschrift vorliegen, was eine Transliteration erfordert. Der Entstehungszusammenhang der Verordnung liegt weitgehend im Dunkel. Lediglich Forstassessor Krüger erwähnt sie im Deutschen Kolonialblatt aus dem Jahr 1894. Dort schrieb er, ein Hauptmotiv der Verordnung liege in der Verhinderung von Waldbränden. Durch die Beseitigung dieser »Missstände« hoffte Krüger, dass die neue Verordnung den Holzmarkt entspannen werde. Allerdings stellten die Regulierungen der Verordnung für ihn lediglich ein »Interimistikum« dar, bis in Deutsch-Ostafrika eine »geregelte Forstwirtschaft«, sprich eine staatliche Forstverwaltung, aufgebaut worden sei.113 Aufgrund dieser Worte Krügers ist anzunehmen, dass er der Verfasser der Verordnung war. An anderer Stelle wird Krüger als Verfasser einer Liste von Nutz- und Fruchthölzern genannt, die der Verordnung in den kolonialen Verwaltungsakten beiliegt.114 Letzteres spricht ebenfalls für seine Urheberschaft.

110 Vgl. Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 12–14. 111 Lediglich Thaddeus Sunseri und Helge Kjekshus gehen kurz auf den Inhalt der Verordnung ein; vgl. Sunseri, Ax, 53. Kjekshus vermutet, dass die Verordnung an südafrikanischen Vorbildern orientiert gewesen sei, doch belegte er seine Aussage nicht; vgl. Kjekshus, Helge, Ecology, Control and Economic Development in East African History: The Case of Tanganyika 1850–1950. London 21996, 49. 112 Die Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen wurde im Jahr 1911 aufgehoben. Der nunmehrige Forstreferent Wilhelm Holtz betrachtete sie als »überholt«; vgl. Entwurf Amtl. Verfügung zur Aufhebung der Verordnung betr. Wildbrennen, Holzfällen und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 31. Januar 1911; TNA G 8/ 508, 53. 113 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 629. 114 Vgl. Verordnung über Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 13; Schreiben Gouvernement an AAKA, Erläuterung zu der Verfügung vom 12. Dezember 1893 vom 12. Dezember 1893; BArch R 1001/ 7680, 15. Die Liste mit den Nutz- und Fruchthölzern ist in den Akten des Gouvernements nicht mehr erhalten.

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Die Reglementierung des »Wildbrennens« Bei der Verordnung handelte es sich um ein umfassendes landeskulturelles Entwicklungsprogramm für Deutsch-Ostafrika. Sie war darauf ausgelegt, die einheimischen Praktiken im Umgang mit Waldressourcen im Sinne der kolonialen Entwicklung zu modifizieren. Dazu konzentrierte sich der koloniale Staat vor allem darauf, das sog. »Wildbrennen« zu unterbinden, bei dem es sich um ein Bündel von Feuerpraktiken handelte, die die afrikanische Bevölkerung zur Gewinnung von Feldern, Weideland und Jagdgründen anwandte. Diese Praktiken waren teilweise stark ritualisiert und wurden im alljährlichen Rhythmus in ganz Ostafrika ausgeführt. Bedeutsam war die Zeremonie zur Reinigung der Felder. Hierzu löschte man zwei bis drei Monate nach der Aussaat (ungefähr im Mai) die Feuer in allen Hütten. Daraufhin entzündeten die Ältesten an einem heiligen Ort ein neues Feuer. Dieses brachten Läufer in alle Dörfer, um die Feuer in den Hütten neu zu entfachen und die Felder von Insekten zu reinigen.115 Das Feuer diente der Vernichtung vertrockneter Grasbestände, um dem jungen Gras das Nachwachsen auf Weiden und in Jagdgründen zu ermöglichen, sowie der Gewinnung von Asche zur Düngung von Feldern.116 Die deutschen Kolonisten sahen in den afrikanischen Feuern allerdings eine Bedrohung. Ihnen erschienen sie unkontrolliert zu sein, weshalb man sie mit dem Begriff »Wildbrennen« belegte. Zwar konstatierte Krüger, dass auch eine kontrollierte agrarische Feuernutzung stattfinde, indem er darauf hinwies, dass das Brennen nicht immer »wild« erfolge. Doch gingen solche sprachlichen Feinheiten im grundsätzlich pejorativen kolonialen Sprachduktus unter. Die deutschen Förster wussten, dass der afrikanische Gebrauch des agrarischen Feuers die Landschaft geprägt hatte, doch bevorzugten sie ein anderes Landschaftsbild, das mehr Wald enthalten sollte. Daher verbot die Verordnung das sog. »Wildbrennen« zunächst in einer Entfernung von bis zu drei geografischen Meilen um die Hauptstadt Daressalam herum. Gleichermaßen hielt das Gouvernement alle Verwaltungsstationen an der Küste und im Innern der Kolonie an, je nach Lage der Verhältnisse, das »Wildbrennen« bis auf zwei geografische Meilen um die Station herum mit »Hülfe der Jumben« zu verbieten.117 Es handelte sich um eine intermediäre Form der Umweltkontrolle, bei der die afrikanischen Dorfchefs den Gebrauch von Feuer im Sinne der Kolonialverwaltung überwachen sollten. Ihnen war in vorkolonialer Zeit die Aufgabe zugefallen war, das Land im Namen ihres Klans oder Dorfes zu verwalten. In diesem Rahmen waren sie dafür verantwortlich gewesen, unbebautes, mit Wald bestandenes Land zur 115 Vgl. Kenyatta, Mt. Kenya, 245–247. 116 Vgl. Busse, Grasbrände, 115. 117 Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 12. Insbesondere galt das Verbot für das westlich von Daressalam gelegene Simbasital und die angrenzenden Höhenzüge, weil das Gouvernement dort eine Kokosnussplantage betrieb.

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Bestellung anzuweisen (vgl. Kap II). An diese Institution wollte die deutsche Kolonialverwaltung anknüpfen. Rechtfertigung Das Gouvernement begründete die Verordnung damit, dass man das Abbrennen von Gräsern und Gestrüpp zur Gewinnung von Kulturland verhindern wollte, da hierdurch auf Dauer große Nachteile für die Sandböden der Kolonie entstünden. Man ging auf Grundlage der von Humboldtschen Austrocknungstheorie davon aus, dass durch das Brennen ein schnelles Austrocknen des tropischen Bodens einsetze, da jede Humusbildung verhindert werde (vgl. S. 126). Das »Wildbrennen« hatte, so die Hypothese der Verwaltung, eine zu schnelle Zersetzung der oberen Bodenkrume zur Folge, was bald zur »Verarmung des Kulturbodens« führen musste.118 Die Sorge um die Bodenfruchtbarkeit stand im Vordergrund bei der Begründung der Verordnung. Ebenso enthielt sie Maßregeln zum Schutz der Mangroven, um Bodenerosion an der Küste vorzubeugen.119 Es handelte sich um qualitative Ressourcenschutzbestimmungen, die über fiskalische Regulierungen hinausgingen. Daran zeigte sich, dass der koloniale Staat nicht nur an einer unmittelbaren Abschöpfung von Gewinnen interessiert war, sondern sich ebenso als Gestalter der Umweltbedingungen begriff. Deshalb könnte die Verordnung als ein Beleg für Groves These angesehen werden, dass primär ökologische Sorgen die koloniale Forstwirtschaft prägten. Doch lässt sich aufgrund der vorliegenden normativen Quelle noch keine Aussage darüber treffen, ob die Regulierung in der Praxis zur Anwendung gebracht wurde. Außerdem wird in der Verordnung ersichtlich, dass auch die Sorge um die zukünftige Nutzholzversorgung – sprich »Holznot« – als ein Motiv ihres Erlasses angesehen werden muss. So hieß es in der Quelle, dass durch das Brennen lediglich die Bildung einer Dornen- und Gestrüppvegetation gefördert würde, hingegen Nutzholzbestände nicht aufkommen könnten. Der »große Mangel an gutem Bauholz« mache sich insbesondere in nächster Nähe von Stationen im Landesinneren bemerkbar, wo man nicht über größere Mangrovenbestände verfüge. Dort sollte die Verordnung vorrangig zur Anwendung kommen, zumal jedes Brett und jeder Balken teuer aus Europa eingeführt werden müsse, wenn sich in der Nähe der Stationen keine ausreichenden Holzressourcen befänden. Bestände in der Nähe von größeren Städten, wie Daressalam, begännen sich bereits zu neigen. Es sei zu ersten Engpässen in der Lieferung kleinerer Holzsortimente gekommen.120 118 Schreiben Gouvernement an AAKA, Erläuterung zu der Verfügung vom 12. Dezember 1893; BArch R 1001/ 7680, 15. 119 Vgl. Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 13; Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 627–628. 120 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA, Erläuterung zu der Verfügung vom 12. Dezember 1893; BArch R 1001/ 7680, 15.

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Deutlich zeigte sich, dass das Gouvernement das Argument der »Holznot« zur Rechtfertigung einer staatlichen Reglementierung der Waldressourcennutzung in Deutsch-Ostafrika heranzog.121 Darüber hinaus glaubte man, dass durch die fehlende Waldvegetation das Regenwasser zu schnell abfließe, wodurch kleinere Bäche und Flüsse während der Regenzeit zu reißenden Wildwässern anschwellen und die angrenzenden landwirtschaftlichen Kulturen und Holzbestände zerstören. Zudem würden dieselben Wasserläufe in der Trockenzeit völlig versiegen.122 Kurzum, die koloniale Verwaltung wies auf die umwelttechnische und wirtschaftliche Bedeutung von Waldbeständen hin, die durch das »Wildbrennen« der afrikanischen Bevölkerung gefährdet erschienen. Dabei war sich das Gouvernement bewusst, dass man mit den Waldschutzmaß­nahmen tief in die afrikanischen Lebenszusammenhänge eingriff. Das ökologische Konfliktpotenzial der neuen Vorschriften antizipierte man durchaus. So äußerte man gegenüber der Kolonialverwaltung in Berlin, dass die neuen Maßregeln anfänglich durchaus »Schwierigkeiten« verursachen könnten, die in den »althergebrachten Missbräuchen« der Feuernutzung begründet lägen. Man ging davon aus, dass sich die afrikanische Bevölkerung das »Wildbrennen« nicht einfach würde verbieten lassen, weshalb die Maßnahmen unter den »gegebenen Mitteln« sich zunächst auf den allernächsten »Machtbereich« der Stationen beschränken sollten.123 Die Jumben seien stärker in die kolonialen Verwaltungsstrukturen einzubeziehen. Sie sollten in regelmäßigen zeitlichen Abständen zum »shauri« an den Sitz der Bezirksverwaltung gerufen werden. Das shauri war eine zentrale Institution der kolonialen Herrschaft. Es handelte sich um eine multifunktionale Versammlungsform, die Reichskommissar Hermann von Wissmann bereits im Jahr 1890 eingeführt hatte. Hier wurden die neuesten Dekrete verkündet oder der afrikanischen Bevölkerung lokale Regierungsangelegenheiten mitgeteilt. Es konnten auch Beschwerden gegenüber dem Bezirkschef vorgebracht werden. Das shauri fungierte darüber hinaus auch als Gericht, wo man unter dem Vorsitz des Bezirksamtmanns oder des Stationschefs Konflikte aller Art verhandelte. Diese Aufgabe war vor der Kolonialzeit in den Aufgabenbereich der einzelnen Jumben in ihren Dörfern gefallen. Doch durften sie nach dem Beginn der kolonialen Herrschaft kein Recht mehr sprechen.124

121 Vgl. ebd. 122 Vgl. ebd. 123 Vgl. ebd. 124 Vgl. Jan-Georg Deutsch, Celebrating Power in Everyday Life: The Administration of Law and the Public Sphere in Colonial Tanzania, 1890–1914, in: Journal of African Cultural Studies 15, 2002, 96. Es lässt sich heute kaum noch etwas über Waldkonflikte erfahren, die seinerzeit in den »shauris« verhandelt wurden, da nur noch ein Schauribuch erhalten geblieben ist. Dieses enthält keine entsprechenden Einträge; vgl. Das Schauribuch aus Karema; TNA G 52/ 1.

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Deutlich wird, dass die Verordnung auf Außenintermediarität als Herrschaftsstruktur aufbaute. Die deutsche Kolonialverwaltung versuchte bei der Überwachung des Feuerverbots an etablierte afrikanische Herrschaftsformen anzuknüpfen. Allerdings berücksichtigte man nicht, dass die Herrschaft der Jumben in vorkolonialer Zeit auf Reziprozität, nicht auf einem einseitigen Autoritätsverhältnis gegenüber der Bevölkerung beruht hatte. Die Jumben waren nicht Besitzer, sondern nur gewählte Verwalter des Klanlandes. Hingegen erwarteten die Deutschen von den Jumben schlicht, dass diese den kolonialen Willen gegenüber den Dorfschaften exekutierten, wodurch die Jumben als einheimische Intermediäre zu zentralen Figuren in der kolonialen Situation wurden.125 Trutz von Trotha spricht in Anlehnung an eine Terminologie von Kurt Beck vom »administrativen Häuptlingswesens«, innerhalb dessen auf der Seite der Beherrschten die Figur des »Häuptlings« mit seinem Machtgewinn und der Möglichkeit des Machtmissbrauchs ebenso exemplarisch in Erscheinung getreten sei wie aufseiten der »herrischen Eindringlinge« die Figur des Stationsleiters.126 Laut Andreas Eckert genossen die Jumben eine Art despotischer, uneingeschränkter Machtfülle auf lokaler Ebene. Ihre Kompetenzen seien durch das Gewohnheitsrecht abgesichert und zugleich der kolonialen Kontrolle unterworfen gewesen. Diese Machtfülle habe ihren Ausdruck nicht nur in persönlicher Bereicherung, sondern auch in systematischer Gewaltanwendung gegenüber der lokalen Bevölkerung, etwa im Rahmen von Zwangsarbeit oder Zwangsanbau, gefunden.127 Laut Terence Ranger führte die kolonialstaatliche Fixierung vermeintlicher Gewohnheitsrechte, wie sie mit der Schaffung des Amts des Jumben vorgenommen wurde, zu einer institutionellen Erstarrung afrikanischer Gesellschaften.128 Thomas Spear meint hingegen, dass die Möglichkeit der Kolonialmächte, afrikanische Institutionen durch »erfundene Traditionen« zu manipulieren, um Hegemonie zu etablieren, oft überschätzt worden sei. Die Dorfchefs hätten in einer doppelten Verpflichtung gestanden. Zum einen hätten sie traditionell das Wohlergehen ihrer Gemeinschaft beachten müssen, zum anderen den Glauben an die Legitimität der kolonialen Herrschaft aufrechterhalten. Durch diese doppelte Aufgabe des Dorfchefs sei die koloniale Macht letztendlich eingeschränkt worden129, zumal die Jumben ihre eigenen Interessen verfolgten. Sie konnten das Handeln der kolonialen Verwaltungsbeamten manipulieren, indem sie Informationen zurückhielten oder Befehle nur zeitlich verzögert ausführten. Doch zu auffällig opponieren durften sie nicht. Gerieten sie in Verdacht, nicht gemäß 125 Vgl. Eckert, Herrschen, 36. 126 Vgl. Trotha, Herrschaft, 28–30. 127 Vgl. Eckert, Konflikte, 450. 128 Vgl. Ranger, Terence, The Invention of Tradition in Colonial Africa, in: Eric Hobsbawm, ders. (Hrsg.), The Invention of Tradition. Cambridge 2003, 250. 129 Vgl. Thomas Spear, Neo-Traditionalism and the Limits of Invention in British Colonial Africa, in: Journal of African history, 44, 2003, 3.

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den Vorgaben der Regierung zu handeln, setzte man sie ab. Schließlich sollten die Dorfschaften der Jumben in staatlicher Perspektive Satelliten kolonialer Herrschaft rund um die Regierungsstationen bilden. Deshalb betraute man die »Häuptlinge« auch mit der Durchsetzung von Waldschutzregeln, wobei diese Form der intermediären Kontrolle nur als Provisorium gedacht war, wie Krüger es ausgedrückt hatte, bis in Deutsch-Ostafrika eine zentralstaatliche Forst­verwaltung mit ausreichend europäischen und einheimischen Mitarbeitern aufgebaut worden war. Bis dahin sollten die afrikanischen Dorfchefs spezielle Bereiche wie Bach- und Flusstäler vor Bränden schützen. Auch die Brandpraxis selbst wurde genau geregelt. Sie durfte nur noch nach europäischem Muster erfolgen. Falls es dennoch zum Ausgreifen des Feuers kam und sich die Schuldigen nicht ermitteln ließen, waren Kollektivstrafen für sämtliche Dorfbewohner vorgesehen. Allerdings konnten auch afrikanische ebenso wie europäische Pflanzer um behördlichen Schutz vor Bränden nachsuchen.130 Das Gouvernement setzte nicht nur auf Repression, sondern auch auf Anreize, um das Verhalten der afrikanischen Bevölkerung zu lenken. Erste Erfolge, hieß es in einem Bericht an die Kolonialabteilung in Berlin, hätten sich bereits gezeigt. [Es seien] schon viele Neger in den Flußthälern vom Wildbrennen selbst zurückgekommen. Sie hacken oder schneiden Gras, lassen es an Ort und Stelle trocknen und verbrennen es dann in Haufen, um die Asche gleichmäßig verstreuen zu können.131

Die Ordnungsmaßnahmen schienen zu greifen, doch handelte es sich hierbei wohl um einzelne Fälle aus der Nähe von Daressalam, wo die koloniale Kontrolle größer war als in den inneren Landesteilen. Insofern half der Bericht lediglich die Illusionen zu nähren, dass der Waldschutz erfolgreich sei, die afrikanische Bevölkerung bereits eine Einsicht in die Höherwertigkeit des europäischen Standpunkts habe und sich aus Überzeugung freiwillig den kolonialen Landnutzungspraktiken anschließe. Doch handelte es sich aus der Perspektive der afrikanischen Bevölkerung um eine oktroyierte Maßnahme. Sie diente allein der Kolonialmacht, um die Landschaft gemäß ihren wirtschaftlichen Maßstäben umzugestalten, ohne dass der afrikanischen Bevölkerung Mitsprache gewährt worden wäre. Allerdings hoffte die Verwaltung durch den »Verkehr der Jumben« 130 Vgl. Verordnung über Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 12. Kollektivstrafen waren auch in den Kolonien anderer Mächte ein gängiges Verfahren zur Bestrafung von Walddelikten; vgl. Paul Laris, Grounding Environmental Narratives: The Impact of a Century of Fighting against Fire in Mali, in: William G. Moseley, B. Ikubolajeh Logan (Hrsg.), African Environment and Development. Rhetoric, Programs, Realities, von. Burlington 2004, 71. 131 Schreiben Gouvernement an AAKA, Erläuterung zu der Verfügung vom 12. Dezember 1893; BArch R 1001/ 7680, 15. Der Forstexperte Moritz Büsgen nahm den Bericht des Gouvernements für bare Münze und wiederholte dessen Ergebnisse noch 17 Jahre später auf dem Internationalen Kongress für Tropische Landwirtschaft; vgl. Büsgen, Waldschutz, 6.

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mit den Bezirksämtern und das »gemeinsame Arbeitsziel« bald eine »größere Zusammengehörigkeit und größeres Verständnis« zwischen der afrikanischen und der deutschen Seite zu erreichen. Mit Blick auf die Verordnung über das »Wildbrennen« ging man davon aus, dass diese bald über den »Bannkreis« der einzelnen Jumben hinaus auf größere Akzeptanz in der afrikanischen Bevölkerung stoße.132 Deutlich wird, dass man sich in Daressalam der Hoffnung hingab, die Jumben und die afrikanische Bevölkerung über Umwelt- und Ressourcenfragen stärker in die kolonialen Strukturen integrieren zu können. Man zeigte sich optimistisch und verwies gegenüber der Kolonialabteilung in Berlin mit Stolz darauf, dass sich bereits mehrere Jumben mit ca. 120 Mann am Bau einer Talsperre in der Nähe von Daressalam beteiligt hätten.133 Dass es sich hierbei um Zwangsarbeit gehandelt hat, wollte man nicht deutlich kommunizieren. Dadurch ließ sich besser die Illusion verstetigen, die afrikanische Seite werde auch bei anderen kolonialen Projekten wie dem Waldschutz »freiwillige Hilfe« leisten. Die koloniale Regierung schien zu glauben, dass sie auf dem richtigen Pfad war. Die Reglementierung des Holzschlags Die Verordnung legte die Regeln für die Holzentnahme ebenso minutiös fest wie die Regulierungen zum »Wildbrennen«. Der Verkauf von Hölzern wurde im Innern der Kolonie sowohl räumlich als auch zeitlich eingeschränkt. Dieser durfte nur noch montags und dienstags auf den Regierungsstationen stattfinden, um den Staat in den Genuss der Holzschlaggebühr kommen zu lassen.134 Doch war neben fiskalischen Zwecken ein weiteres Kernanliegen der Verordnung, die koloniale Holzversorgung zukünftig sicherzustellen. Man gab genaue Anweisungen, wie Holz zu schlagen war, um eine natürliche Regeneration (Verjüngung) der Baumbestände im Innern der Kolonie zu erreichen. Holzfällen oder Strauchschneiden durfte nur noch auf Erlaubnisschein geschehen. Die afrikanischen Dorfchefs sollten die Erlaubnisscheine im Namen der kolonialen Verwaltung an »zuverlässige Leute« ausgeben, für die sie zu bürgen hatten. Die Erlaubnis galt nur für den »Wachtbezirk« eines Jumben, kostete 5 Rp und war für ein Jahr gültig. Dabei sollte ein Schein für jeweils 15 erwachsene Personen gelten. Wohnten im Dorf eines Jumben weniger Personen, sollte für mehrere Dörfer zusammen ein Schein gelöst werden. Der Jumbe erhielt am Ende des Jahres 3 Rp von jedem Erlaubnisschein als Belohnung, wenn er seine Aufgabe zufriedenstellend gelöst hatte.135 132 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA, Erläuterung zu der Verfügung vom 12. Dezember 1893; BArch R 1001/ 7680, 15. 133 Vgl. ebd. 134 Vgl. Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893; TNA G 8/ 508, 12.  135 Vgl. ebd., 12–13. Die Rupie hatte zunächst keinen festen Wechselkurs zur Goldmark. Erst nachdem 1903 die Münzhoheit von der D. O. A. G. an das Deutsche Reich übergegangen

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Diese Form der Regulierung des Holzschlags wies strukturelle Parallelen zum frühen kolonialen Jagdregime auf. In Anknüpfung an vorkoloniale Rechtsgebräuche hatte sich der koloniale Staat die Kontrolle über die Jagd auf Elefanten angeeignet und den Verkauf von Jagderlaubnisscheinen an lokale afrikanische Herrscher delegiert. Ebenso wie bei der Kontrolle des Holzschlags lässt sich am Beispiel der Jagd auf Elefanten zeigen, dass mindestens im ersten Jahrzehnt der kolonialen Herrschaft das Verhältnis zwischen Jumben und lokalen Kolonialbeamten durch Annäherung und Kooperation geprägt war. Dies hat Bernhard ­Gißibl herausgefunden, der schreibt, dass die lokale Macht zwischen afrikanischen »big men« (Dorfchefs und / oder Elefantenjägern) und deutschen Kolonialbeamten ausgehandelt worden sei. Insofern stellten frühe kolonialstaatliche Formen der Kontrolle nachwachsender Ressourcen keinen Bruch mit den vorkolonialen Verhältnissen dar, sondern eine Transition, in der sich der koloniale Staat mit ökologischen, ökonomischen und politischen Strukturen auseinandersetze, um diese zu inkorporieren.136 Zwar verdienten nicht mehr allein die lokalen afrikanischen Herrscher, sondern in größerem Umfang der koloniale Staat an der Erteilung von Jagd- oder Holzschlaglizenzen, jedoch spielten die lokalen Jumben als Instanz zur Kontrolle des Zugangs zu nachwachsenden Rohstoffen weiterhin eine bedeutende Rolle. Bericht aus Muansa Nach einigen Jahren der deutschen Kolonialherrschaft stellte sich bei vielen Verwaltungschefs im Innern der Kolonie allerdings das Gefühl ein, dass die Erwartungen, kolonialforstliche Regulierungen mithilfe der afrikanischen Dorfchefs durchzusetzen, zu hoch gegriffen waren. Besonders deutlich formulierte dies im Januar 1897 der Stationschef von Muansa, Hauptmann Karl Herrmann, der später Regierungsrat und Referent beim Gouvernement wurde. Er war ebenso wie Stuhlmann als Offizier der Wissmannschen Interventionsarmee nach Ostafrika gekommen, hatte drei Vermessungsexpeditionen geleitet und galt als landeskundlich interessierter »alter Afrikaner«.137 Diesen Ausdruck benutzte man vornehmlich für Militärs, die bereits früh nach Deutsch-Ostafrika gekommen waren. Die »alten« oder »erfahrenen Afrikaner« hatten mit den Jahren ein beispielgesättigtes Handlungswissen akkumuliert, aufgrund dessen ihnen eine hohe Definitionsmacht in Bezug auf die Lebensverhältnisse und Probleme in der Kolonie zukam.138 Dies drückte sich in dem Bericht aus, den Herrmann in seiner Funktion als Stationschef von Muansa im Jahr 1897 an die Abteilung für Landeskultur schickte. Darin forderte er mehr europäisches Forstpersonal war, wurde ein Umtauschverhältnis von 3 Rp zu 4 Goldmark festgelegt; vgl. Heinz Fengler, Gerhard Gierow, Willy Unger, Numismatik. Berlin 31982, 422. 136 Vgl. Gißibl, Nature, 68. 137 Vgl. Herrmann, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 2, 65. 138 Vgl. Trotha, Herrschaft, 92.

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für Aufforstungsarbeiten und zur Kontrolle der einheimischen Bevölkerung. Mit seinen Worten wollte er vor allem dem »Raubbau der Neger, dem damit verbundenen unsinnigen Waldbrennen und dem damit verbundenen Herabschwemmen der Humuserde von den Bergen durch den Regen entgegentreten.« Diesbezüglich ließ er die Abteilung für Landeskultur wissen, dass »wir« mit den jetzigen Gesetzen gegen das »Wildbrennen« kaum etwas ausrichten können, da sich deren Befolgung nur in nächster Nähe der Stationen kontrollieren lässt, folglich könne der bestehende Wald kaum erhalten werden.139 Außerdem beschwerte sich Herrmann beim Gouvernement über einen Mangel an fachlich geschultem Personal zur Ausführung von »Landeskulturarbeiten«. Zwar hatte er selbst auf seiner Station nach eigenen Angaben bereits vorzügliche Resultate beim Anbau von exotischen Eukalypten und Kasuarinen sowie mit einheimischen Fikus-Arten erzielt, doch zu einer »Aufforstung im Großen« fehlte ihm das nötige Personal. Er machte den Vorschlag, für sämtliche größere Stationen je einen Förster zu engagieren, dessen einzige Aufgabe es sein sollte, in den Bezirken an geeigneten Stellen Wälder anzuschonen. Unter der Maßgabe, dass die Beschaffung brauchbarer Bauhölzer sehr aufwendig war, hielt er Aufforstungen für sinnvoll. Doch spielten für Herrmann nicht nur ökonomische Motive eine Rolle. Er betonte, dass das Land durch neue Wälder ebenfalls »verschönert, ja später, wenn im Großen gearbeitet [werde], sogar das Klima verbessert werden [könne].«140 Deutlich ist in den Worten des Hauptmanns die Allmachtfantasie zu erkennen, die seitens staatlicher Akteure mit Aufforstungsarbeiten verknüpft war. Es ging entsprechend des kolonialforstlichen Diskurses darum, mit der Anpflanzung von Wäldern einen grundsätzlichen Wandel der ökologischen und ökonomischen Verhältnisse in Tansania herbeizuführen, um das Land in einer für Europäer zuträglichen Weise nicht nur konservatorisch und wirtschaftlich, sondern auch ästhetisch umzuformen (vgl. S. 54–55, 152, 156 f., 295). Herrmann schwadronierte: Man wandere nur durch die dicht bevölkerten Gegenden unserer Kolonie, dann werde man mit Bedauern den Mangel des Waldes wahrnehmen. Es tue Hilfe not, »ehe unsere schönen Berge von Usagara, Nguru etc. und unsere herrlichen Gefilde um die Seen herum so kahl aussehen, wie das einst seiner Wälder wegen gepriesene Italien.«141 Bei diesen Worten fällt zuerst die diskursive Vereinnahmungsstrategie auf, die in dem Possessivpronomen »unsere« zum Ausdruck kommt. Ferner bemühte Herrmann mit dem Hinweis auf Italien ein zeitgenössisches Paradebeispiel für den globalen Entwaldungsdiskurs. Italien galt spätestens seit der Romantik als Sehnsuchtsland der Deutschen, weshalb sie besonders störte, dass es nur einen geringen Wald 139 Vgl. Gartenbericht der Station Muansa an die Abteilung für Landeskultur vom 1. Januar 1897; BArch R 1001/ 7680, 145. 140 Vgl. ebd., 144–145. 141 Vgl. ebd., 145.

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bestand aufwies. Letzteren führte man seinerzeit auf antike Rodungstätigkeit zurück, wohingegen man heute eher davon ausgeht, dass die Wälder Italiens aufgrund der modernen Bevölkerungsdynamik im 19. Jh. stark unter Druck gerieten.142 Insofern handelte es sich bei Herrmanns Aussagen um den Transfer eines romantischen Topos von Europa nach Afrika. Der Kolonialoffizier nahm die Welt in einer malthusianischen Perspektive wahr, in der Bevölkerungswachstum direkt zu Entwaldung führte. Die Herstellung eines solchen Zusammenhangs ist aus heutiger Sicht fragwürdig, zumal davon auszugehen ist, dass es sich beim Verhältnis von Bevölkerungswachstum und Waldentwicklung um einen durch soziale Institutionen vermittelten Prozess handelt. So konnte Bevölkerungswachstum einerseits zur Rodung bisher ungenutzter Waldgebiete führen, um neue landwirtschaftliche Fläche zu gewinnen, andererseits aber auch zur intensiven Nutzung zuvor extensiv bewirtschafteter Flächen. Es war möglich, dass Institutionen entstanden, die das Bevölkerungswachstum antizipieren und zu einem schonenden Umgang mit der Umwelt führten.143 Bereits in vorkolonialer Zeit hatten sich in Ostafrika solche Institutionen herausgebildet, auch kultivierten einige Bevölkerungsgruppen Waldbäume (vgl. Kap II). Somit handelte es sich beim Verhältnis von Mensch und Wald in Afrika nicht um eine eindimensionale kausale Beziehung, wie die Kolonisten unterstellten, sondern um eine wechselseitige Beziehung. Das Verhältnis war sozial vermittelt. Insofern muss man aus heutiger Perspektive sagen, dass es sich bei Herrmanns Äußerungen zum Waldbestand um subjektive Projektionen handelte und der Wald keineswegs vor der afrikanischen Bevölkerung gerettet werden musste. Doch waren seine Äußerungen damals gängige Münze, um die Legitimität staatlicher Waldschutzinterventionen herauszustellen. Dabei erschien dem Offizier die Schaffung von Wäldern aus ökonomischen, konservatorischen und ästhetischen Gründen wünschenswert. Schließlich verknüpfte er seine Überlegungen mit weitergehenden Meliorationsplänen und schlug vor, dass man mithilfe von Eukalypten in Teilen der Landschaft von Ugogo die Sumpfgebiete entwässern solle, um »Kulturland« zu gewinnen. Dies sei bereits in Amerika in großem Maßstab geschehen und werde durch die Engländer gerade in Uganda begonnen.144 Mit dieser Forderung lag Herrmann für Ostafrika voll im Trend. Laut Ian Tyrrell war die Anpflanzung von Eukalypten in Kalifornien und anderen

142 Vgl. Radkau, Natur, 160–163. 143 Vgl. Esther Boserup, The Conditions of Agricultural Growth. The Economics of Agrarian Change under Population Pressure, London 41970, 58–59. Eine neuere Studie, die diesen Ansatz zur Untersuchung menschlicher Einwirkungen auf die Umwelt in Ostafrika vertritt, ist: Mary Tiffen, Michael Mortimer, Francis Gichuki, More People, Less Erosion. Environmental Recovery in Kenya. Chichester 1994, 261–274. 144 Vgl. Gartenbericht der Station Muanza an die Abteilung für Landeskultur vom 1. Januar 1897; BArch R 1001/ 7680, 145.

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Gegenden der Welt zu dieser Zeit zu einer regelrechten »Manie« geworden.145 Die ursprünglich aus Australien eingeführten Bäume lieferten schon nach einer Umtriebszeit von zehn Jahren Holzerträge. Darüber hinaus hatten sie einen hohen Wasserverbrauch und wurden zur Entwässerung sumpfiger Gebiete eingesetzt. Heute gelten diese Neophyten aufgrund ihres hohen Wasserbedarfs eher als eine Bedrohung für die Umwelt.146 Doch auch Herrmann sah seinerzeit, dass das Aufforsten mit »ausländischen Holzarten« Probleme verursachen konnte. Deshalb empfahl er, grundsätzlich einheimischen Arten den Vorzug zu geben: Man müsse vom Fikus nur einen »beliebig vom Baum abgeschnittenen Knüppel in den Boden stecken, der Rest werde von selbst ohne Gießen erledigt.«147 So einfach schienen Aufforstungen in Afrika zu funktionieren! Herrmanns Äußerungen waren voll und ganz von Optimismus getragen, alles schien möglich, um die Landschaft im forstwirtschaftlichen Sinn zu gestalten, wenn nur ausreichend Personal zur Verfügung stand. Herrmann dachte ebenso wie Krüger in Bahnen kolonialer Entwicklungspolitik, die darauf angelegt war, auch die einheimische Bevölkerung von neuen, vermeintlich höherstehenden Landnutzungspraktiken zu überzeugen.148 Bspw. schlug er zum Anbau in »sanften Thälern« Bambus vor, weil dieser ein »hervorragendes Baumaterial« für die Häuser der einheimischen Bevölkerung abgäbe. Herrmann wollte bestimmte Bambusarten importieren und anbauen lassen, die der einheimischen Bevölkerung eine Versorgungsbasis an Baumaterial verschaffen sollten.149 Insofern ging es bei kolonialstaatlichen Aufforstungsprogrammen nicht nur darum, neue Ressourcen für die Kolonisten zu schaffen, sondern auch den vermeintlichen Bedürfnissen der afrikanischen Bevölkerung nachzukommen.150

5.3 Nebenamtlicher Forstschutzdienst Der Appell des Bezirkskommandanten, doch endlich in größerem Umfang mit Aufforstungen zu beginnen und einen Forstdienst in der Kolonie einzurichten, traf auf offene Ohren. Schon bald nach Eingang des Schreibens beim Gouvernement folgte ein Runderlass. Alle Bezirksamtmänner und Stationschefs mussten 145 Vgl. Ian Tyrrell, True Gardens of the Gods. Californian-Australien Environmental Reform, 1860–1930, Berkeley 1999, 59. 146 Zur Diskussion über Nutzen und Schaden von Eukalypten; vgl. Radkau, Holz, 290–292. 147 Vgl. Gartenbericht der Station Muanza an die Abteilung für Landeskultur vom 1. Januar 1897; BArch R 1001/ 7680, 145. 148 Dietrich Brandis hatte ebenfalls den Anbau von Bambus in Deutsch-Ostafrika aus entwicklungspolitischen Motiven befürwortet; vgl. Brandis, Bambuskultur, 474. 149 Ein Programm zum Anbau von Bambus durch die lokale Bevölkerung legte das Gouvernement einige Jahre später auf (vgl. S. 382–385). 150 Zur allgemeinen Zielsetzung kolonialstaatlicher Entwicklungsprogramme; vgl. Habermas, Skandal, 217.

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berichten, was in ihrem Bezirk für Aufforstung und Anpflanzung getan werden könne. Des Weiteren sollten sie das Gouvernement darüber unterrichten, welche Samen oder Pflanzen dafür gewünscht werden.151 Es wird deutlich, dass die Regierung beabsichtigte, die forstwirtschaftlichen Bestrebungen zu forcieren und zu systematisieren, weshalb man sich zu einer baldigen Einstellung von Oberjägern als Unteroffiziere bei der Schutztruppe entschloss. Bei den Oberjägern handelte es sich um Forstdienstanwärter, die gerade ihren Militärdienst in Deutschland versahen, jedoch nach der Militärzeit nicht unbedingt Aussicht hatten, in den heimatlichen Forstdienst übernommen zu werden. Der Kolonialdienst bot dem Staat eine Möglichkeit, um überschüssige forstwirtschaftliche Kräfte zu versorgen. Aus dem Pool preußischer Offiziers- und Forstdienstanwärter sollte fortan das Forstpersonal für Deutsch-Ostafrika rekrutiert werden.152 Ein entsprechendes Gesuch Gouverneur von Lieberts erging im Mai 1897 an den Reichskanzler. Darin betonte von Liebert, dass seitens eines Stationschefs des Innern, einem der »erfahrensten Afrikaner«, der Wunsch geäußert worden sei, die vorhandenen, geringen Waldbestände der Hochländer unter sachverständige Verwaltung zu bringen, an geeigneten Stellen neue Kulturen anzulegen und mit einer allmählichen Aufforstung im Lande zu beginnen.153 Deutlich wird: Die Nachfrage nach forstlich geschultem Fachpersonal ging von der lokalen Militärverwaltungsebene aus, wobei nicht wissenschaftliche Analyse, sondern die Erfahrung eines altgedienten Offiziers den Ausschlag für die Aufforstungs­ initiative gab. Gouverneur von Liebert betonte gegenüber der Berliner Verwaltung, dass er die Frage der Aufforstungen für die »Kultur und die Zukunft des Landes« von höchster Wichtigkeit halte. Doch wolle er nicht in großem Maßstab hauptamtliche Förster einstellen. Dies erschien ihm aus Kostengründen zu aufwendig, weshalb er darum bat, zunächst nebenamtlich Oberjäger auf frei gewordene Stellen der Schutztruppe zu überweisen. Von Liebert hoffte auf einen »guten Erfolg« dieser Maßregel und beteuerte, dafür Sorge tragen zu wollen, dass die Oberjäger einzelnen Stationen zugewiesen würden, wo sie die »Aufforstungsarbeiten und die Waldkultur« zu leiten hätten.154 Diesem Vorschlag schloss sich die Berliner Kolonialverwaltung an, zumal hierdurch keine zusätzlichen Personalkosten entstanden. Es erging eine entsprechende Anfrage an das Kriegsministerium, das sich gern bereiterklärte, Oberjäger der Klasse A zur ostafrikanischen Schutztruppe »behufs der Verwendung als Leiter von Aufforstungs- und Waldkulturarbeiten« zu kommandieren. Den Unteroffizieren versprach man, dass sie im Anschluss an den Kolonialdienst in der staatlichen 151 Vgl. Runderlass an die Bezirks- und Bezirksnebenämter sowie die Stationen im Innern vom 3. Mai 1897; BArch R 1001/ 7680, 144. 152 Vgl. Hasel, Forstgeschichte, 140–141. 153 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA: Anfrage zur Überstellung von Oberjägern zu Waldschutz- und Aufforstungsarbeiten vom 16. Mai 1897; BArch R 1001/ 7680, 138. 154 Vgl. ebd.

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Forstverwaltung des Landes Preußen Verwendung finden. Die Dienstzeit in der Kolonie sollte ihnen für die Erlangung eines Forstversorgungsscheines angerechnet werden. Insofern bedeutete der Dienst in der Kolonie für die Forstanwärter langfristig die Chance auf eine gesicherte berufliche Zukunft in der Heimat, und das Gouvernement schätzte sich glücklich, geschultes Forstpersonal ohne weiteren Kostenaufwand zu erhalten.155 Herrmanns Forderung nach mehr europäischem Forstpersonal und nach einer Intensivierung der staatlichen Aufforstungen war von Erfolg gekrönt. Erstmals stand ab 1898 ein fachlich gebildeter Stab zur Umsetzung kolonialforstlicher Ziele bereit. Das Netz der direkten staatlichen Überwachung von Wäldern verdichtete sich überall dort, wo es wertvolle Waldungen gab, weshalb die Einstellung der Oberjäger als Form der funktionellen Ausdifferenzierung im Kontext der beginnenden Konsolidierungsphase kolonialer Herrschaft zu interpretieren ist. Das bedeutete eine Professionalisierung des kolonialen Verwaltungshandelns, was im Jahresbericht 1897/98 deutlich wurde, als erstmals eine Rubrik »Forstfach« auftauchte. Dort hieß es, »Wildbrennen und Holzschlagen« seien durch einen ersten, der Militärstation Kilossa zugeteilten Oberjäger bereits »geregelt«.156 Im nächsten Jahr wolle man weitere Oberjäger bei der Militärstation Muansa (Viktoria-See)  sowie bei den zivilen Bezirksämtern Langenburg (Nyassa-See)  und Wilhelmstal (West-Usambara)  einstellen.157 Der folgende Jahresbericht 1898/99 erwähnt, dass auch bei den Stationen Moschi und Songea gelernte Jäger eingestellt worden seien, die »Anpflanzungsversuche« mit »guten einheimischen Holzarten« sowie mit den exotischen Baumarten Teak, Eukalyptus und Kasuarine, aber auch mit einigen Bambusarten durchgeführt hätten.158

5.4 Frühe Probleme kolonialer Forstherrschaft Um das Jahr 1900 ließ sich nicht von einer flächendeckenden Forstkontrolle sprechen, obwohl die administrativen Fähigkeiten mit der Einstellung von Oberjägern erweitert worden waren. Der Forstschutzdienst war nicht einheitlich organisiert. Das Rufiyi-Delta hatte man im Jahr 1898 reserviert und gänzlich einer lokalen Forstverwaltung unterstellt. An der Küste des Indischen Ozeans – außerhalb des Rufiyi-Gebiets – übte weiterhin die Zollverwaltung die Kontrolle 155 Vgl. Schreiben Kriegsministerium an AAKA vom 1. September 1897; BArch R 1001/ ​ 7680, 146. 156 Vgl. Jahresbericht 1897/98, 52. Es wurde auf einen »Sonderbericht« des Oberjägers verwiesen, der in den kolonialen Verwaltungsakten nicht aufgefunden werden konnte; vgl. Bericht Station Kilossa an Gouvernement: Bericht über das Wildbrennen, Holzschlagen und Pflanzen von Kokosnüssen vom 19. September 1899; TNA G 8/ 590, o. p. 157 Vgl. Jahresbericht 1897/98, 52. 158 Vgl. Jahresbericht 1898/99, 221.

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aus.159 In inneren Bezirken, wo noch kein fachlich geschultes Forstpersonal zur Verfügung stand, waren weiterhin die jeweiligen Bezirksamtmänner oder Militärkommandanten – vermittelt durch »[g]eeignete Jumben« – für die Wald­ ressourcenkontrolle verantwortlich.160 Letztendlich stellte sich die koloniale Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika um die Jahrhundertwende als buntes Gemisch unterschiedlicher Verwaltungseinheiten mit sehr wenig und unterschiedlich ausgebildetem europäischem Personal dar. Es hielten sich maximal zwei oder drei höhere und drei einfache Forstbeamte sowie sechs Oberjäger in der Kolonie auf. Der geringe Personalstand ist ein Grund dafür, dass aus dem ersten Jahren der direkten deutschen Kolonialherrschaft fast nichts über die lokale Anwendung von Forstverordnungen bekannt ist. Zwar gab es seitens der Stationen eine Berichtspflicht, doch gingen entsprechende Schreiben nur sporadisch beim Gouvernement ein und waren meist kurz gehalten. Ein erster historisch brauchbarer Hinweis zeigte sich in einem Runderlass vom November 1897. Darin lässt sich erkennen, dass die lokalen Verwaltungsbehörden die flächendeckenden und gleichzeitig minutiösen Vorschriften zur Regulierung des »Wildbrennens« und des Holzschlags als undurchführbar empfanden. Das Gouvernement stellte den Stationen daraufhin frei, die Flächen, auf denen das Brennen und der Holzschlag verboten werden sollten, je nach lokalen Bedingungen selbst auszusuchen.161 Hierdurch sollten bestimmte Gebiete, die einen guten Holzwuchs versprachen, gezielt geschützt, andere hingegen ausgespart werden, um Kontrollen effektiver durchführen zu können. Damit nahm man erstmals vom Prinzip eines flächendeckenden Brandverbots Abstand. Des Weiteren schien die Zusammenarbeit mit den Jumben nicht im gewünschten Maße zu funktionieren. Zumindest betonte der Runderlass noch einmal ausdrücklich, dass die lokalen Jumben für die Einhaltung der Verordnung verantwortlich zu machen seien.162 Schließlich ging man mit der Einführung der Hüttensteuer163 im Jahr 1898 dazu über, die Tätigkeit der Jumben durch Steuerbeamte überwachen zu lassen. Diese sollten bei ihren Reisen den Jumben bestimmte Waldkomplexe zuweisen und sie darauf aufmerksam machen, dass an diesen Stellen weder gebrannt noch 159 Vgl. Jahresbericht 1897/98, 52. 160 Vgl. Jahresbericht 1898/99, 221. 161 Vgl. Runderlass über die Abänderung der Verordnung über das Wildbrennen, Holzschlagen und Pflanzen von Kokosnüssen vom 20. November 1897; TNA G 8/ 508, 16.  162 Vgl. ebd. 163 Die Hüttensteuer betrug auf jede Hütte eine Abgabe von 3 Rp, was einem Wert von 4 Goldmark entsprach; vgl. Meyer, Kolonialreich, 398. Die Steuer konnte bis zum Jahr 1905 auch in Naturalien oder Arbeitsleistungen abgegolten werden; vgl. Gründer, Geschichte, 158. Ihre Einführung wird neben dem forcierten Ausbau des Schienennetzes als ein Indikator für den Beginn der zweiten Phase der direkten Kolonialherrschaft angesehen. Mit der beginnenden Monetarisierung der ökonomischen Verhältnisse nahm die systematische Umlenkung des Reichtums in europäische Hände zu; vgl. Iliffe, History, 120,132.

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Holz geschlagen werden durfte. Im folgenden Jahr sollten die Beamten die Einhaltung der Maßregeln kontrollieren und besonders eifrigen Jumben eine Prämie auszahlen.164 Die deutsche Verwaltung setzte weiterhin auf einen Mix aus Kontrolle und Anreiz, wobei sie die Belohnung für die Jumben von 3 auf bis zu 20 Rp erhöhte. Daran lässt sich ablesen, dass die Dorfchefs bisher kaum dazu bereit gewesen waren, ihren Waldschutzaufgaben im Sinn der kolonialen Verwaltung nachzukommen. Probleme bei der Durchsetzung von Forstverordnungen rissen nicht ab. Das lässt sich anhand von Forstberichten der lokalen Ämter und Stationen feststellen, die gebündelt für die Jahre 1900 und 1903/04 in den Akten der ehemaligen Kolonialverwaltung erhalten sind.165 Diese Berichte offenbaren querschnittartig viele administrative Schwierigkeiten. Darüber hinaus geben sie einen Einblick in ökologische, wirtschaftliche und soziale Probleme, die mit der Anwendung kolonialer Forstschutzmaßnahmen einhergingen.166

5.4.1 Verordnungsdschungel Eine besondere Schwierigkeit bei der Durchsetzung kolonialforstlicher Praktiken war, dass sich die Holzschlaggebührenverordnung von 1891 und die Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen von 1893 in ihren Anwendungsbereichen überschnitten und inhaltlich widersprachen. Erstere sah für die afrikanische Bevölkerung bspw. einen kostenfreien Holzschlag zum eigenen Bedarf vor, während letztere Verordnung verlangte, dass die Jumben an die afrikanische Bevölkerung Erlaubnisscheine verkaufen sollten. Holzschlag durfte nur nach Ermessen des lokalen Bezirkschefs kostenfrei erfolgen. Es darf daher nicht verwundern, wenn die widersprüchlichen Regulierungen zu Konflikten und Unsicherheit innerhalb der Verwaltung führten. Das Gouvernement reagierte auf die undurchsichtige Verordnungslage, indem es am 1. April 1899 eine neue Holzschlagverordnung erließ.167 Diese hatte nicht nur fiskalische Ziele, sondern auch wirtschaftliche. Es sollte die ökonomi 164 Vgl. Runderlass an die Bezirks- und Bezirksnebenämter vom 13. April 1898; BArch R 1001/ 7680, 158. 165 Die Berichte von Ämtern und Stationen verteilen sich normalerweise in den Akten des Gouvernements auf einzelne Bezirke. Am 5. Januar 1905 wurden die Ämter und Stationen aufgefordert, keine gesonderten Berichte mehr zu erstatten, sondern über das Wildbrennen, den Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen nur noch in ihren allgemeinen Jahresberichten Rechenschaft abzulegen; vgl. Sammelbogen zum Eingang der Berichte aus dem Jahr 1903; TNA G 8/ 508, 11.  166 Die Untersuchung von Veränderungen bei der Forstkontrolle im Längsschnitt für einzelne Bezirke kam aufgrund der dünnen Überlieferungslage nicht infrage. Nur wenige Stationen übersandten sowohl im Jahr 1900 als auch im Jahr 1903/04 einen Bericht. 167 Vgl. Runderlass des Gouvernements betr. Dienstanweisung zur Holzschlaggebührenordnung, J. Nr. 9486/98, vom 7. April 1899; TNA G 8/ 507, o. p.

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sche Entwicklung der Kolonie gefördert werden, indem man den afrikanischen und europäischen Holzhandel erleichterte sowie den heimischen Schiffbau­ sektor begünstigte.168 Die Erleichterungen für die afrikanische Wirtschaft lassen sich dahingehend interpretieren, dass der Staat den informellen Sektor des Bootsbaus nicht kontrollieren konnte, weshalb man diesen legalisierte. Zusätzlich gab das Gouvernement die Brennholzentnahme ohne Erlaubnisschein in der gesamten Kolonie für die afrikanische Bevölkerung frei. Die Holzgerechtsame des Sultans von Sansibar blieben unangetastet.169 Durch diese Neuerungen gestand man indirekt ein, dass die entgeltliche oder unentgeltliche Erteilung von Erlaubnisscheinen an die berechtigte Bevölkerung viel zu kompliziert war und lediglich Missmut aufseiten der Afrikaner erzeugte. Allerdings verschärfte das Gouvernement mittels der neuen Holzschlagverordnung das Brandverbot.170 Bei Zuwiderhandlung drohte man der afrikanischen Bevölkerung Kettenhaft an, was nichts anderes als Zwangsarbeit bedeutete.171 Die neue Holzschlagverordnung galt einschließlich des Brandverbots für alle Waldungen auf »herrenlos« Kronland in der gesamten Kolonie.172 Man glaubte, auch in den inneren Landesteilen mittlerweile ausreichende Verwaltungsstrukturen aufgebaut zu haben, um die Anwendung einer umfassenden Forstregulierung zu ermöglichen. Jedoch widersprach die neue Holzschlagverordnung immer noch der Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und Pflanzen von Kokosnüssen. Aufgrund der rechtlich weiterhin unklaren Lage blickten untergeordnete Verwaltungsbehörden nicht mehr durch den Verordnungsdschungel. Sie verwechselten die parallel existierenden Regulierungen und schafften es kaum, in ihren Berichten klare Bezüge zu einer der beiden Verordnungen herzustellen.173 Insofern war der Erlass der neuen Holzschlagverordnung nicht dazu angetan, das rechtliche Durcheinander zu beheben. Die zentrale Kolonialverwaltung schlug sich mit ihren eigenen Waffen, indem sie durch widersprüchliche Erlasse auf der lokalen Ebene Handlungsunsicherheit und Interpretationsspielräume schuf. Auch zeigte sich bald, dass die Verwaltungskapazitäten in vielen Landesteilen

168 Vgl. ebd.; Verordnung betreffend die Erhebung einer Holzschlaggebühr vom 1. April 1899, in: DOAZ, 1, 7, 1899, o. S. 169 Vgl. ebd. 170 Runderlass des Gouvernements (Anlage II), in: AA, 2, 12, 02. Juni 1900; Runderlass Gouvernement an alle Bezirksämter, Bezirksnebenämter, Innenstationen, Kulturstationen und Herrn Forstassessor Grass vom 13. Januar 1900; TNA, G 8/ 508, o. p. 171 Vgl. ebd. 172 Der Begriff Kronland bezog sich hier auf das in der Kronlandverordnung als »herrenlos« Kronland bezeichnete Gebiet, somit auf nicht okkupiertes Land, das nicht im verbrieften Privatbesitz war. 173 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Nebenzollamts Wagua vom 3. März 1900; TNA G 8/ 504, 21; Bericht Holzschlaggebühr der Station Kilossa vom 17. März 1900; TNA G 8/ 504, 23.

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nicht ausreichten, um die neue Holzschlagverordnung durchzusetzen.174 Deshalb stellte das Gouvernement ihre Anwendung in das Ermessen der lokalen Bezirksleiter. Verpflichtend führte man sie lediglich in den fünf Küstenbezirken und den beiden küstennahen Bezirken Wilhelmstal und Kilossa ein. Nur dort standen dem Gouvernement mit der Zollverwaltung und den Oberjägern genügend Organe der direkten Überwachung zur Verfügung. Von diesen sieben Bezirken ausgehend sollte die Holzschlaggebühr erhoben und das Verbot des »Wildbrennens« sukzessive überall in der Kolonie an waldwirtschaftlich besonders wertvollen Orten durchgesetzt werden.

5.4.2 Holzschlaggebühr Die Erhebung der Holzschlaggebühr verursachte aus der Perspektive einiger Bezirksämter und Stationen soziale Probleme. Im Küstenbezirk Tanga hielt man eine Befreiung von der Holzschlaggebühr bei Schulbauten der einheimischen Bevölkerung für geboten. Solche »Hütten« dienen zu öffentlichen Zwecken, hieß es, und sollten deshalb von den Dorfbewohnern möglichst billig auf ihre eigenen Kosten errichtet werden können. Auch wollte man in Tanga den Kreis der Holzberechtigten auf die alteingesessenen arabischen Familien ausweiten.175 Doch war das Gouvernement nicht zu Zugeständnissen bereit. Insbesondere die Anfrage zum Erlass der Holzschlaggebühr bei Schulbauten kommentierte man mit den Worten: »Entbehrt jeglicher Begründung! Nein!«176 Die Zentralverwaltung verfolgte strikt fiskalische Ziele, die lokale Bezirksverwaltung in Tanga hingegen eine auf sozialen Ausgleich bedachte Politik. Ähnlich stellte sich das Handeln des Bezirksamts Langenburg am Nyassa-See dar, wo man eigensinnige Lösungen fand, um soziale Probleme zu vermeiden. Und zwar erhob man die Holzschlaggebühr für die »Eingeborenen« gemeinsam mit der ihnen auferlegten Hüttensteuer.177 Doch verrechnete die Bezirksverwaltung die Holzentnahmegebühr mit der Hüttensteuer, sodass für die afrikanische Bevölkerung keine zusätzlichen Kosten entstanden. Dieses kreative Handeln war einmalig in der Kolonie und deutete darauf hin, dass man zu der ohnehin bei den Afrikanern missliebigen Hüttensteuer keine zusätzliche Gebühr erheben wollte. Hingegen empfanden die Verwaltungen der Küstenbezirke Daressalam und Pangani die Erhebung von Holzschlaggebühren als durchaus angemessen. Jedoch appellier 174 Vgl. Runderlass vom 5. Oktober 1899; TNA G 8/ 504, 14. 175 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Tanga vom 10. April 1900; TNA G 8/ ​ 504, 41. 176 Randvermerk auf dem Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Tanga vom 10. April 1900; TNA G 8/ 504, 41. 177 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Langenburg vom 02. Januar 1900; TNA G 8/ 504, 24.

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ten sie an das Gouvernement, keinesfalls eine weitere Erhöhung vorzunehmen, obwohl sie gleichzeitig zugaben, dass derzeit nicht viel an der Abgabe zu verdienen sei. Insgesamt überwog auch hier die Angst vor sozialen Protesten, falls die Preise von Holz als Hüttenbaumaterial steigen sollten.178 Allerdings teilten nicht alle lokalen Beamten die Sorge vor sozialen Unruhen. Bspw. sprach sich der Bezirksleiter von Mohoro für eine rigorose Erhebung der Holzschlaggebühr aus. Seinen Überlegungen lag eine andere Rationalität zugrunde, da der gesamte Bezirk Mohoro einschließlich des Rufiyi-Gebiets bereits unter direkter staatlicher Forstkontrolle stand und der Bezirksamtmann ein höherer Forstbeamter war. Entsprechend betrachtete er seinen Bezirk als einen einzigen großen staatlichen Forstbetrieb. Private Holzhändler hatten offiziell keinen Zugang mehr. Der Holzverkauf fand formell nur noch durch staatliche Stellen zu festgesetzten Preisen statt. Für das gesamte Rufiyi-Gebiet galten spezifische forstrechtliche Bestimmungen. Daher hatte die neue Holzschlagverordnung im Bezirk Rufiyi keine direkte Geltung, ihre Regulierungen wirkten aber indirekt auf die dortigen Verhältnisse. So erachtete Bezirksamtmann Graß die Erhebung der Holzschlaggebühr außerhalb des Rufiyi-Deltas als notwendig. Er fürchtete nämlich, dass sich die Holzhändler andernfalls an der Küste frei mit Holz versorgen konnten und nicht mehr darauf angewiesen waren, beim staatlichen Betrieb im Rufiyi-Delta zu kaufen. Graß betonte, dass durch die Erhebung der Gebühr auch verhindert werde, dass sich die Mangrovenbestände außerhalb des Deltas durch Holzschlag weiter verschlechterten. Dies sei im Interesse der Walderhaltung und der Schonung der Bestände zu begrüßen.179 Deutlich wird, dass es bei der Erhebung von Holzschlaggebühren in Küstenbezirken außerhalb des Bezirks Mohoro auch darum ging, den staatlichen Forstbetrieb im RufiyiDelta profitabel zu halten. Schließlich wichen die Kapitäne der Dhaus gern auf Mangroven außerhalb des Rufiyi-Deltas aus, wenn ihnen die staatlichen Preise dort zu hoch erschienen. Deshalb verwies Graß auf die Bedeutung einer forstrechtlichen Verzahnung zwischen dem Bezirk Mohoro und anderen Küsten­ bezirken. Der Bezirksamtmann ordnete in seiner Funktion als Forstverwaltungsleiter mögliche negative soziale Auswirkungen den kolonialforstlichen Interessen unter. Deshalb dürfte Forstassessor Graß gefreut haben, dass das Hauptzollamt in dem südlich von Rufiyi gelegenen Bezirk Kilwa die Gebühr an der Küste ordnungsgemäß einnahm. Allerdings sah man in Kilwa davon ab, die Holzschlaggebühr auch im Hinterland zu erheben. Im Bericht an das Gouvernement hieß es, das Holz werde dort nur zum Hüttenbau verwendet und nicht 178 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Daressalam vom 10. April 1900; TNA G 8/ 504, 42; Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Pangani vom 31. Mai 1900; TNA G 8/  504, 40. 179 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Rufiyi vom 29. März 1900; TNA G 8/  504, 18.

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gehandelt, weshalb die Entnahme kostenfrei sei.180 Dass tatsächlich im Hinterland von Kilwa kein Holz gehandelt wurde, erscheint aus heutiger Sicht nicht plausibel, zumal die Yao dort bereits in vorkolonialer Zeit mit französischen Händlern in Kontakt standen und Edelhölzer exportierten (vgl. S. 72). Es ist vielmehr zu vermuten, dass in Kilwa die Verwaltungskapazitäten fehlten, um den Holzhandel auch im Hinterland zu überwachen. Daher ließ man den Dingen lieber ihren Lauf. Die Behauptung, dass kein Holzhandel existiere, diente als Schutz, um keinen unnötigen Konflikt mit der Zentralverwaltung zu provozieren. Es handelte sich bei diesem Vorgehen des Hauptzollamts um eine typische Strategie der Binnenintermediarität kolonialer Herrschaft zur Aufrechterhaltung einer relativen Unabhängigkeit lokaler Verwaltungsbeamter gegenüber der Herrschaftszentrale.181 Trutz von Trotha schreibt, dass die Stationsleiter gegenüber der Zentralverwaltung in ihren Berichten eine fiktive Wirklichkeit erzeugten, die auf bloßen Erfindungen beruhte, um ihre Autonomie zu bewahren.182 Insofern muss man aus heutiger Sicht Quellen kritisch begegnen, wenn es hieß, dass im Hinterland der Kolonie kein einheimischer Holzhandel existierte. Diese Chiffre benutzen die Bezirksleiter einfach nur, um gegenüber dem Gouvernement plausibel begründen zu können, dass sie keine Holzschlaggebühr erhoben.183 In einem Bericht aus Kilossa fand sich noch eine andere Begründung. Dort hieß es, man erhebe keine Holzschlaggebühr, weil die »Eingeborenen […] die guten Nutzhölzer (Kamballa etc.) [wegen] der schweren Bearbeitung« nicht schlagen.184 Letztere Aussage mochte eher zutreffen als die Behauptung, dass kein Holzhandel betrieben wurde, konnte aber ebenfalls nur eine Ausrede sein, um weiteren Nachfragen durch die Zentralverwaltung zu entgehen. Es ist festzuhalten, dass viele Ämter und Stationen Probleme bei der Anwendung von Forstverordnungen verschwiegen. Nur wenige Stationen berichteten mit Offenheit über Schwierigkeiten bei der Erhebung der Holzschlaggebühr. Eine Ausnahme war das Nebenzollamt Wagua aus dem Küstenbezirk Lindi, wo viel Holz aus den Küstenwäldern »illegal« in den Handel gelangt war. Im Bericht der Station hieß es: Zur Umgehung der Gebühr schlage jemand, der an einem mit Holz bewachsenen Küstenort wohne, Holz, ohne dieses auszuführen oder zu 180 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Kilwa vom 19. April 1900; TNA G 8/ ​ 504, 38. Ein in der Quelle genannter Bericht vom 30. November 1899 konnte im Archiv nicht aufgefunden werden. 181 Vgl. Eckert, Herrschen, 36. 182 Vgl. Trotha, Herrschaft, 342. 183 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr der Station Songea vom 25. Mai 1900; TNA G 8/ 504, 26; Bericht Holzschlaggebühr der Station Iringa vom 8. Mai 1900; TNA G 8/ 504, 27; Bericht der Station Iringa vom 31. August 1903; TNA G 8/ 508, 16; Bericht Holzschlaggebühr der Station Tabora vom 13. Oktober 1900; TNA G 8/ 504, 29. 184 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr der Station Kilossa vom 17. März 1900; TNA G 8/ 504, 32.

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überschiffen. Ein Käufer segele dann später zu dem Ort, lade das Holz und führe es dem Zollamt vor. Er brauche jedoch keine Holzschlaggebühr zu bezahlen, da er das Holz nicht geschlagen habe. Auch der Verkäufer brauche keine Gebühr zu bezahlen, da er das Holz weder offiziell verkauft noch exportiert habe.185 Das Nebenzollamt schien dieser »Masche« hilflos ausgeliefert, da dem europäischen Personal die genauen Ortskenntnisse fehlten, um entsprechende Kontrollen durchzuführen. Man schlug dem Gouvernement deshalb vor, den Holzschlag künftig nicht mehr direkt, sondern vermittelt durch die lokalen »farbigen« Beamten, die Walis, Akidas oder Jumben, überwachen zu lassen. Bei diesen Beamten handelte es sich um lokale Richter, ehemalige Statthalter des Sultans von Sansibar oder Dorfchefs, die für die deutsche Verwaltung arbeiteten. Diese einheimischen Verwaltungsbeamten sollten gemäß dem Vorschlag der Zollnebenstelle Wagua weitere Vollmachten erhalten und die Erlaubnis zum Holzschlag erteilen dürfen. Sie seien über die örtlichen Holzschlagplätze besser orientiert und könnten die Bevölkerung besser instruieren.186 Bei diesem Vorschlag handelte es sich gewissermaßen um eine Flucht nach vorne. Das intermediäre Kontrollmodell war ursprünglich nur zur Über­ brückung vorgesehen, bis man in Deutsch-Ostafrika genügend direkte Verwaltungskapazitäten aufgebaut hatte. Die lokale Erfahrung hatte die deutschen Kolonialbeamten in Wagua allerdings gelehrt, dass eine direkte Kontrolle von Waldressourcen auf große Schwierigkeiten stieß. Die lokale Bevölkerung ließ die Zollbeamten ihre Ohnmacht deutlich spüren. Den Deutschen fehlte schlichtweg das vor Ort notwendige räumliche und soziale Orientierungswissen, und sie wussten, dass sie dieses niemals würden erlangen können. Deshalb wollten sie den Forstschutz lieber gänzlich an einheimische Verwaltungsorgane delegieren. Als Anreiz zur Anzeige von Zuwiderhandlungen sollten die lokalen Verwaltungsangestellten eine entsprechende Belohnung erhalten.187 Aus Perspektive des Nebenzollamts erschien diese Lösung als letzte Möglichkeit, um mit dem Kontrollproblem umzugehen. Dem Gouvernement schrieb man, dass in Daressalam der Vorschlag akzeptiert werden müsse, andernfalls sehe sich das Zollamt außerstande, mit den »Missbräuchen« fertig zu werden. Die lokale Bevölkerung befolge die Anweisungen der Zöllner einfach nicht.188 Ähnliche Vorschläge kamen vom Bezirksamt Tanga. Es forderte, die Erlaubnisscheine zum Holzschlag von lokalen afrikanischen Verwaltungsbeamten, den Akiden, ausstellen zu lassen. Bei diesen Beamten handelte es sich zumeist um Zöglinge von Missionsschulen und damit bereits um Träger westlicher Schreibkultur, die eine neue afrikanische Elite unter europäischem Einfluss 185 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Nebenzollamts Wagua vom 3. März 1900; TNA G 8/  504, 21. 186 Vgl. ebd., 22. 187 Vgl. ebd. 188 Vgl. ebd.

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bildeten.189 Falls nicht die Akiden die Holzschlagerlaubnis erteilen dürften, hieß es aus Tanga, müssten die »Eingeborenen« jedes Mal zum Sitz des Bezirksamtmanns laufen, wenn sie einen Baum schlagen wollten.190 Dies empfand man als unpraktisch und störend im kolonialen Verwaltungsalltag. Diesbezüglich bemerkte das Bezirksamt Lindi, die Holzschlagverordnung sei von einem »viel zu weit gehenden Mißtrauen gegen die farbigen Beamten durchtränkt«.191 Man kritisierte mangelndes Basisvertrauen192 und kommentierte ironisch, dass jeder Bezirk der Kolonie getrost in zehn bis zwölf Bezirksämter zerlegt werden könne, wenn »alles von der Wichtigkeit eines Holzerlaubnisscheins vom Bezirksamtmann persönlich erledigt werden [müsse].«193 In Lindi und Tanga erachtete man die Regulierungen der Holzschlagverordnung als ineffizient. Man verlangte nach einem Ausbau intermediärer Verwaltungsstrukturen, indem die Aufgabe der Holzschlagkontrolle gänzlich an untergeordneten afrikanischen Verwaltungsorgane delegieren werden sollte.194 Eine intermediäre Lösung strebte man ebenfalls im Bezirk Ujiji am Tanganyika-See an. Das Bezirksamt schrieb, ein Mangel an geeignetem Holz mache sich bereits »fühlbar«, eine »Vernichtung der […] schlagbaren Holzbestände« stehe zu befürchten.195 Mit der Kolonisation seien der lokale Bauholzbedarf und die Preise »ganz enorm« gestiegen. In der Nähe kleiner Städte und Stationen sei Holz bereits knapp und werde bald ganz fehlen.196 Deutlich wird, dass das Argument einer lokalen »Holznot« instrumentalisiert wurde, um die Einführung kolonialforstlicher Maßregeln zu rechtfertigen. Deshalb erwog man in Ujiji, den europäischen Kolonisten den Holzschlag zu verbieten und den »Eingeborenen« andere Waldungen zum Holzschlag anzuweisen. Die lokalen Jumben sollten das Verbot überwachen. Zusätzlich wollte man durch die Gouvernementsdampfer und gelegentliche Patrouillen für eine Einhaltung des Verbots sorgen.197 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass um 1900 in kaum einem der inneren Bezirke der Kolonie eine Holzschlaggebühr erhoben wurde, wobei die Begründung fast immer lautete, es existiere kein afrikanischer Holzhandel. Das traf definitiv nicht zu. Fakt war hingegen, dass die Stationen aus strategischen Erwägungen argumentierten und der afrikanischen Bevölkerung anscheinend 189 Vgl. Iliffe, Tanganyika, 7, 180. 190 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Tanga vom 10. April 1900; TNA G 8/  504, 41. 191 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Lindi vom 8. März 1900; TNA G 8/  504, 36. 192 Vgl. Trotha, Herrschaft, 440. 193 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Bezirksamts Lindi vom 8. März 1900; TNA G 8/  504, 36. 194 Vgl. ebd. 195 Vgl. Bericht der Militärstation Ujiji vom 13.8.1903; TNA G 8/ 508, 20.  196 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 627. 197 Vgl. Bericht der Militärstation Ujiji vom 13.8.1903; TNA G 8/ 508, 20. 

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weitgehend freie Hand ließen. John Iliffe schreibt, dass die erste Phase der deutschen Kolonialherrschaft durch lokale Kompromisse gekennzeichnet gewesen sei, bei denen es den Stationskommandanten um militärische Sicherheit und politische Kontrolle in ihrem Bezirk gegangen sei. Dazu griffen sie neben Gewalt auf Kollaborateure unter den einheimischen Herrschern zurück, mit denen sie die für jede Region spezifische Machtbalance aushandelten.198 Holzschlagrechte waren ein Teil der Gegenstände, die zur Disposition standen, um das lokale Machtgleichgewicht auszutarieren. Aus Sicht von Stationskommandanten war es vermutlich oftmals vorteilhaft, diesbezüglich großzügig zu verfahren und nicht die kleinlichen Vorschriften aus Daressalam zu verfolgen. In einer »middle ground«-Situation199, in der keine der beiden Seiten die absolute Oberhand hatte, wollten sie den fragilen Zustand wechselseitiger Koexistenz nicht durch die Erhebung zusätzlicher Gebühren belasten. Auch fehlten ihnen die nötigen Verwaltungskapazitäten und das lokale Wissen, um die Gebühr einfordern zu können. Nur wenige Ämtern und Stationen erhoben die Holzschlaggebühr, was keinen großen fiskalischen Gewinn für das Gouvernement bedeutete. Außerdem wird in den Berichten klar, dass die afrikanische Bevölkerung eine Strategie alltäglichen widerständigen Verhaltens anwandte, um kolonialforstliche Maßregeln zu umgehen, oder diese schlichtweg ignorierte. Diese Verweigerungshaltung beruhte auf einer alternativen Handlungsrationalität und innerer Nichtakzeptanz des Herrschaftsverhältnisses. Sie war tief in den Alltag eingelassen und bedurfte keiner äußeren Distanzierung von der Kolonialherrschaft, wie etwa eine revolutionäre Bewegung, die keine Kontinuität des Alltags erlaubte. Die alltäglichen Formen der Widerständigkeit brauchten keine eigenen Institutionen und keine äußeren Verbündeten, sie waren Teil der sozialen Ordnung. Die Haltung der Verweigerung lag dort nahe, wo die Unterworfenen überlegenes lokales Wissen besaßen und nichts von den Herrschenden brauchten oder verlangten. Distanzierung war hier das Mittel der Wahl, da die Herrschaftsunterworfenen in Gesellschaften mit wenig Marktintegration – im Gegensatz zu den Bürgern in Industriegesellschaften – am Beginn des staat­lichen Verwaltungsaufbaus keine Verwendung für Leistungen hatten, die ihnen der Staat bieten konnte.200

198 Vgl. Iliffe, History, 119. 199 Vgl. White, Ground, X. 200 Vgl. Trotha, Herrschaft, 427, 431–432.

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5.4.3 Brandverbot In einigen Bezirken Deutsch-Ostafrikas wollten die lokalen Behörden das Brandverbot rigide durchsetzen. Beim Nebenzollamt Wagua plädierte man dafür, das »Waldbrennen« ganz zu verbieten, um größere Waldkomplexe zu schonen und die »Uferwälder« zu schützen, die sonst vollkommen »verwüstet« würden.201 In Saadani setzte man auf Strafen als »Erziehungsmittel«, weil dort ein Gebiet als staatliche Kautschukplantage in Aussicht genommen worden war. Der Bevölkerung verbot man das »Wildbrennen« bereits vor der Aussaat des Kautschuks, um ihr die »alten Gewohnheiten […] abzugewöhnen«.202 Jedoch vermochten die im öffentlichen shauri sowie an Ort und Stelle häufig abgegebenen »Belehrungen« über den Nutzen guter Waldbestände nicht, das Verhalten der afrikanischen Bevölkerung zu ändern. Offenbar lag ihrem Handeln ein anderes rationales Kalkül zugrunde, da sie das Gebiet der zukünftigen Kautschukplantage weiterhin als Viehweide nutzen wollte. Zwar gab der Stationschef eine andere Fläche als Viehweide frei, doch schien diese nicht als Ausgleich akzeptiert worden zu sein. Um den staatlichen Willen dennoch durchzusetzen, griff man in Saadani mehrfach zu Strafmitteln, was in den Augen der afrikanischen Bevölkerung reine Willkür war.203 In Songea war man hingegen bereits davon abgekommen, ein flächendeckendes Brandverbot durchsetzen zu wollen. Zwar durfte in der Nähe der Station überhaupt nicht gebrannt werden, doch hatte man im weiteren Umkreis das Abbrennen von Feldern und »Steppe« nach wie vor gestattet. Die anfänglichen Verbote hatten keine Wirkung gezeigt. Sie waren ebenso wie in Saadani von der Bevölkerung einfach ignoriert worden, wobei der Stationsleiter von Songea versuchte, den Sinn des Handelns der lokalen Bevölkerung zu verstehen. Er fragte sich zumindest, ob die »Nachteile des Jahre lang stehenbleibenden Grases« bei einem Verbot des Feuergebrauchs nicht die »Vorteile des besseren Baumwuchses« überwiegen.204 Mit dieser Bemerkung stellte der Kommandant die Politik einer Wiederbewaldung der Kolonie infrage. Er sprach sich klar dafür aus, dass Weideländer abgebrannt werden mussten. Nur einzelne Wälder ließ er schonen205, indem er kein flächendeckendes Brennverbot anordnete, sondern auf die Beibehaltung der einheimischen Wirtschaftsweise achtete. Im Bericht des Militärpostens Schirate hieß es aus dem Bezirk Muansa ebenfalls, die lokalen ökonomischen Bedingungen seien derart, dass von einem 201 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr des Nebenzollamts Wagua vom 3. März 1900; TNA G 8/  504, 23. 202 Vgl. Bericht der Dienststelle Saadani vom 9. Oktober 1903; TNA G 8/ 508, 14. 203 Vgl. ebd. 204 Vgl. Bericht der Militärstation Songea vom 26. September 1903; TNA G 8/ 508, 19. 205 Vgl. ebd.

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flächendeckenden Verbot des »Wildbrennens« abgesehen worden sei. Das Verbot des »Wildbrennens« lasse sich lediglich in unmittelbarer Nähe der Station durchsetzen, anderswo werde das Brennen jährlich »in ausgedehntem Maße« betrieben. Ein Schaden für den Baumbestand entstehe hierdurch nicht, da sich keine wertvollen Waldungen in der Gegend befänden. Daher erübrige es sich, diesen »althergebrachten Brauch« einzuschränken, da das Brennen nach Einschätzung des Stationschefs für die »Eingeborenen« das einzige Mittel zur Erlangung frischer Weideplätze bildete.206 Die lokale Viehwirtschaft drohte durch das Brandverbot Schaden zu nehmen. Schließlich bildete das Vieh das ökonomische Kapital und symbolisierte das soziale Prestige der ländlichen Bevölkerung. Die Bedenken aus Schirate teilte man im Bezirk Mahenge. Zwar war laut Bericht der Militärstation das »Wildbrennen« überall verboten worden, wo sich »Baumwuchs« befand. Doch erschien es dem Stationsleiter notwendig, dass in der baumlosen Manga-Ebene nach wie vor gebrannt werde, um die »dem Verfaulen ausgesetzten ungeheuren Grasbestände zu entfernen.«207 Damit sprach der Stationschef einen wichtigen ökologischen Zusammenhang an. Das Brandverbot störte das wechselseitige Verhältnis von Vegetation und menschlich induziertem Feuer, das sich im Laufe langer Zeiträume in der ostafrikanischen Savanne eingestellt hatte. Die alljährlich vor dem Beginn der großen Regenzeit vorgenommenen Brände dienten dazu, alte Grasbestände zu vernichten, damit frisches Weidegras nachwachsen konnte. Als Resultat hatte sich ein ökologisches Fließgleichgewicht eingestellt, in dem bestimmte feuertolerante Gräser zu dominanten Spezies geworden waren208; sie galten als bestes Futter für Vieh und Wild. Diesen ökologischen Zusammenhang hatte seinerzeit auch der Kolonial­ experte Walter Busse erkannt. Er kritisierte die Forstschutzpolitik des Gouver­ nements dahingehend, dass neue »Waldparzellen« nur anlegt werden dürften, wenn die afrikanische Bevölkerung außerhalb dieser Gebiete noch genügend Land für Zwecke des Ackerbaus zur Verfügung habe. Er warnte vor Konflikten, die bei einer rigiden Durchsetzung von Brandverboten entstehen konnte. Als Beispiel berichtete er, dass es in Togo in der Nähe von Misahöhe beinahe zu einem »flammenden Aufstand« gekommen sei. Wäre dort ein Brandverbot durchgesetzt worden, sei die »Jagdpassion des Volkes« betroffen und ein »Eingriff in geheiligte Gewohnheitsrechte« erfolgt, von der »Schädigung des Landwirtschaftsbetriebs der Eingebornen« ganz zu schweigen. Greifbar wurde, dass Brandverbote in spirituell legitimierte lokale Gewohnheitsrechte und Landnutzungspraktiken eingriffen, die Busse verteidigte.209 Das »System des Hackfeldbaus mit mehrjähriger Brache« stellte für den Kolonialexperten die einzig denkbare Art der Landwirtschaft im tropischen Afrika 206 Vgl. Bericht des Militärpostens Schirate vom 1. Oktober 1904; TNA G 8/ 508, 10. 207 Vgl. Bericht der Militärstation Mahenge vom 1.10.1903; TNA G 8/ 508, 17. 208 Vgl. Kerstin Wiegand, Im Rhythmus der Vegetation, in: forschung, 2, 2009, 12. 209 Vgl. Busse, Grasbrände, 133.

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dar, da durch die Brände nicht nur Felder gewonnen, sondern auch Dünger bereitgestellt werde: Nur »verbrannter Wald oder Pori [wilder Busch]« böten genug »Vielfalt an Bestandteilen«, um eine angemessene Aschedüngung für den Feldbau zu garantieren.210 Ebenso äußerte sich Busse mit Blick auf die afrikanische Weidewirtschaft. Auch hier führe man durch das Brennen dem Boden »die löslichen Aschenbestandteile gerade in demjenigen Verhältnis wieder zu […], das dem spezifischen Bedürfnis der Steppengräser entspricht.«211 Busse beurteilte die Formen der afrikanischen Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Kolonialexperten wie Krüger oder Wohltmann nicht als rückständig (vgl. S. 128–141). Er betrachtete diese, wenn auch im kolonialen Jargon, als eigenständige Form, die unter Berücksichtigung gegebener Produktionsmittel bioenergetisch halbwegs ausreichende Ergebnisse liefere.212 Durch das Verbrennen ergäbe sich zwar ein Verlust an organischer Substanz, da der Stickstoff in die Luft abgegeben werde, doch konnte man laut Busse gegenüber der afrikanischen Landwirtschaft den Vorwurf der Vergeudung nicht erheben. Als besonders eindrucksvoll schilderte er eine Beobachtung aus Songea, wo er sich im Januar 1901 zur Regenzeit aufgehalten hatte. Herr Oberleutnant Frank führte mich dort zu einigen Brandreservaten, die man versuchsweise angelegt hatte. Da zeigte sich, wie die jungen Sprosse der Steppengräser Mühe hatten, zwischen dem alten, verfilzenden, dichten Stroh hoch zu kommen, wie spärlich sich der neue Graswuchs entwickelte. Das Vieh hätte in jener Gegend verhungern müssen, wenn […] ihm nicht die benachbarten abgebrannten Flächen […] reichlich Ersatz geboten hätten.213

Für Busse gab es letztlich keine Alternative zu den afrikanischen Landnutzungsformen. Die Waldschutzpolitik des ostafrikanischen Gouvernements erachtete er aus ökonomischen, sozialen und rechtlichen Gründen als unangemessen. Seuchengefahr Ferner verwies Busse auf die Gefahr der Entstehung von Seuchen. Aus seiner Sicht boten Grasbrände bei der »Vertilgung der die Steppe bevölkernden schädlichen Insekten, insbesondere der als Krankheitsüberträger wirkenden Zecken« einen großen Vorteil. Außerdem erwähnte der Kolonialexperte, dass die staatlichen Brandverbote in Savannengebieten zur Verbreitung der Tse-Tse-Fliege und damit zur Ausbreitung der Schlafkrankheit führten.214 Heutige Forschungen 210 Vgl. ebd. 211 Vgl. ebd., 133–134. 212 Vgl. ebd. 213 Ebd., 135. 214 Vgl. ebd., 136, 138. Busse gründete seine Ausführungen zur Verbreitung der Schlafkrankheit auf eine seinerzeit bahnbrechende Untersuchung von Ludwig Sander; vgl. Ludwig Sander, Bericht über eine im Auftrage des Kaiserlichen Gouvernements von Ostafrika unter-

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kommen zu ähnlichen Ergebnissen. John Ford schreibt: Wenn infolge kolonialer Brandschutzmaßnahmen Kulturland brachfiel und sich wieder bewaldete, kehrte die Megafauna zurück. Mit ihr drang die Tse-Tse-Fliege als Überträgerin der Schlafkrankheit (Trypanosomiasis) vor.215 Laut Iliffe stieg in Landstrichen, die nach kolonialen Pazifizierungsmaßnahmen wieder besiedelt wurden, die Anzahl infizierter Menschen, da diese Gebiete inzwischen zum Habitat der Tse-Tse-Fliege geworden waren.216 Dies und andere ökologische Zusammenhänge hatte Busse bereits seinerzeit erkannt, weshalb er sich gegen »allgemeine Brandverbote« in der »Steppenzone« aussprach. Er hielt diese nicht nur aus verwaltungstechnischen Gründen für undurchführbar, sondern wusste auch, dass sie mit den »berechtigten Interessen der eingeborenen Bevölkerung unvereinbar [seien].« Als Alternative schlug er vor, die Brandverbote auf ausgewählte Flächen zu beschränken, um sie dort staatlich zu überwachen. – Man solle sich in der Forstpolitik, so Busse, an den »Grenzen des Erreichbaren« orientieren, wobei Erfahrungen aus Britisch-Indien Anhaltspunkte für den Schutz gegen »Brandverwüstung« liefern könnten.217 Im Klartext bedeutet dieser Vorschlag, dass die Regierung Deutsch-Ostafrikas zur Aufzucht von Wäldern Waldreservate einrichten, diese mit einem Feuerschutzstreifen umgeben und durch einen professionellen Forstschutzdienst überwachen lassen sollte, wie dies in Indien schon seit langer Zeit geschah. Dabei sollte die Regierung auf die »obwaltenden örtlichen Verhältnisse und Interessen der Bevölkerung« achten und von Fall zu Fall den richtigen Weg in der Brandschutzfrage ausfindig machen.218 Busse plädierte recht eingehend für die Berücksichtigung der einheimischen Interessen. Somit erscheinen seine Ergebnisse bemerkenswert, hoben sie sich doch bezüglich der Einschätzung einheimischer Landnutzungspraktiken von den abschätzigen Äußerungen anderer Kolonialexperten ab. Ferner erkannten auch deutsche Stationskommandanten nommene Reise von Tanga nach Moschi, um das Vorkommen der Tsetsefliege festzustellen, in: Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft, 5, Berlin 1903. Für eine ausführliche Diskussion des ökologischen Zusammenhangs von Brandverboten und der Ausbreitung von Schädlingen in Deutsch-Ostafrika; vgl. Lars Kreye, Fire and Forest Policy in Early Colonial Tanzania, in: Afriche e Orienti, Special Issue. Disciplining Nature. Conservation Policies in Sub-Saharan Africa, 1, 2010, 63–64. 215 Vgl. Ford, John, The Role of Trypanomosiasis in African Ecology. A Study of the Tsetse Fly Problem. Oxford 1971, 474; Kjekshus, Ecology, 49, 71–72. 216 Vgl. ebd., 165–179; Koponen, People, 236–241; Iliffe, History, 72, 75. Der Einschätzung Iliffes, dass das Problem der Ausbreitung der Schlafkrankheit nicht während der Kolonialzeit verursacht, sondern lediglich verschärft wurde, ist zuzustimmen. Hingegen greift die ältere Auffassung von Ford, wonach ausschließlich koloniale Maßnahmen die ökologischen Bedingungen Tansanias zum Kollabieren gebracht hätten, zu kurz; vgl. Ford, Role, 145. 217 Die Empfehlungen zum Brandschutz sprach Busse unter Verweis auf Eardley Wilmot aus; vgl. Eardley Wilmot, Review of Forest Administration in British-India for the Year 1904/05. Calcutta 1906, 11. 218 Vgl. Busse, Grasbrände, 139.

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die ökologischen Probleme des Brandverbots. So berichtete die Station Ujiji am Tanganjika-See, dass durch das Grasbrennen »die Vernichtung einer gro[ß]en Zahl von Zecken und anderen Schädlingen« herbeigeführt werde. Zudem hieß es, dass im Bezirk Ujiji eine Feldbestellung ohne Feuer auf große Schwierigkeiten stoße. Die »Unkenntnis der Eingeborenen« und der »Mangel an geeignetem Werkzeug« führen dazu, dass der Graswuchs anders schwer zu beseitigen sei. Daher setzte man in Ujiji das Verbot des »Wildbrennens« nicht mit letzter Konsequenz durch. Doch tat der Bezirkschef seiner Pflicht genüge, indem er in einem Bericht an das Gouvernement erwähnte, dass seitens der Station die Sultane und Jumben wiederholt »belehrend« darauf hingewiesen worden seien, das Grasbrennen in den Waldungen einzuschränken und diese zu bewachen.219 Besonders deutlich bezog auch ein Bericht der Station Mpapua Position für die Beibehaltung der afrikanischen Landnutzungspraktiken. Hierin hieß es, dass durch das Abnehmen des »Wildbrennens« das »Ungeziefer aller Art« anscheinend bedeutend zunehme, worin die einheimische Bevölkerung eine Ursache für die Verbreitung von Seuchen sehe.220 Später schlossen sich sogar einige lokale Forstbeamte dieser differenzierten ökologischen Problematisierung des Brandverbots an. Im nicht veröffentlichten Teil des forstwirtschaftlichen Jahresberichts 1907/08 ist zu lesen, dass man im Bezirk Moschi am Kilimandscharo zwar gegen »gewissenlose Ausbeute« und das »Wildbrennen in den Wäldern« vorgehe, doch die im »Regenlaubwalde« durch das Feuer verursachten Schäden sehr gering seien. Lediglich die sehr wertvollen »Cedernbestände« seien in trockenen Jahren gefährdet. Deshalb halte der lokale Förster ein weitgehendes Verbot auf »Wildbrennen« in der »Steppe« oder im »leichten Busch« nicht nur für unnötig, sondern sogar für schädlich. Die Viehweide bedürfe des Brennens, »um nicht sauer zu werden«, außerdem werde »beim Unterlassen des Brennens Ungeziefer groß gezogen.«221 Zeitgenössischen Beobachtern schien klar, dass ein Brandverbot nicht nur zu administrativen und wirtschaftlichen Problemen führte, sondern auch zu nichtintendierten ökologischen Nebenfolgen wie der Verbreitung von Krankheitsüberträgern. Die ohnehin durch eingeschleppte Schädlinge und Krankheiten, wie die Rinderpest von 1890/91, stark geschwächten afrikanischen Gesellschaften gerieten durch koloniale Brandverbote weiter unter Druck. Die ökologischen Verhältnisse, die sich in zeitlich ausgedehnten Interaktionszusammenhängen zwischen Mensch und Umwelt in Ostafrika herausgebildet hatten, gerieten aus den Fugen.222 Das versuchten Stationskommandanten unter Rekurs auf das Wissen der einheimischen Bevölkerung dem Gouvernement klarzumachen, 219 Vgl. Bericht der Militärstation Ujiji vom 13.8.1903; TNA G 8/ 508, 20. 220 Vgl. Bericht der Dienststelle Mpapua vom 1.10.1903; TNA G 8/ 508, 18. 221 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung Moschi 1907/08; TNA G 8/ 514, o. p. 222 Vgl. Loimeier, Rinderpest, 91, 97, 105.

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indem sie die ökologischen Vorteile des »Wildbrennens« herausstellten. Jedoch konnte sie sich um 1900 nicht gegen die forstwirtschaftlichen Vorstellungen bei der Zentralverwaltung durchsetzen. Das geht aus einem Kommentar des stellvertretenden Forstreferenten Holtz am Seitenrand des Berichts aus Mpapua deutlich hervor. Er schrieb, dass in »dem trockenen Bezirk Mpapua« die Einschränkung des Grasbrennens von allergrößter Bedeutung sei. Viehzucht würde dort keineswegs in einem solchen Maßstabe betrieben, dass die Aufrechterhaltung eines allgemeinen Verbots des Grasbrennens nicht am Platz wäre. Zwar könne das Brennen in den viehreichen Gegenden auf örtlich begrenzten Plätzen gestattet werden, doch des »Ungeziefers wegen die Produktivkraft des Bodens allgemein preiszugeben, wäre schwerlich nicht vernünftig gehandelt.«223 Damit favorisierte Holtz aus der Perspektive der Bodenreinertragslehre (vgl. S. 104 f.) die Beschränkung der einheimischen Viehwirtschaft nebst Feuergebrauchs zugunsten einer forstwirtschaftlichen Nutzung des Bodens. Er hielt die Viehhaltung für keinen ernstzunehmenden Wirtschaftsfaktor und schenkte den ökologischen und ökonomischen Bedenken der Stationsleiter wenig Gehör. Daraufhin hielt die Zentralverwaltung in Daressalam an der Norm eines flächendeckenden Brandverbots fest. In der Praxis forcierte man allerdings die Einrichtung begrenzter »Brandreservate«, da man aus den Berichten der Ämter und Stationen die Schlussfolgerung zog, dass die punktuelle Reservierung besonders wertvoller Waldungen der richtige Weg sei.

5.4.4 Kontrollsystem Ein ähnliches Schicksal wie das Konzept einer flächendeckenden Brandkontrolle ereilte das intermediäre Forstschutzmodell. Zwar bevorzugte man in Ujiji und in einigen anderen Bezirken die intermediäre Forstkontrolle, doch mündeten die Berichte vieler Ämter und Stationen in die Forderung nach mehr hauptamtlichem Forstpersonal. Im Bezirk Daressalam setzte man auf ein direktes Kontrollmodell und schrieb dem Gouvernement, dass in den bereits eingerichteten »Holzschlagreservate[n]« Mogo (»Sachsenwald«) und Pugu der Feuergebrauch durch einen lokalen Förster und mehrere einheimische Waldwärter erfolgreich eingeschränkt worden sei.224 Den »Sachsenwald« hatte man bereits vor der Jahrhundertwende mit zahlreichen breiten Brandschneisen bzw. Feuerschutzstreifen umgeben.225 Es zeigten sich in kolonialer Perspektive erste Erfolge im Sinne eines direkten Forstkontrollregimes durch eine Kombina 223 Vgl. handschriftlicher Vermerk des stellvertretenden Forstreferenten Holtz auf dem Bericht der Dienststelle Mpapua vom 1.10.1903; TNA G 8/ 508, 18. 224 Vgl. Bericht des Bezirksamts Daressalam vom 28.10.1903; TNA G 8/ 508, 12. 225 Vgl. Jahresbericht 1898/99, 220.

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tion von hauptamtlichem Forstschutzdienst mit staatlicher Reservierung von Aufforstungsgebieten. Diese Einschätzung unterstützte auch der Kolonialexperte Walter Busse in seinem Forschungsbericht, wo er das Anlegen von »Brandreservaten« wie dem »Sachsenwald« als einen forstwirtschaftlich »höchst interessanten Versuch« bezeichnete. Doch bedurfte die »Isolierung der betreffenden Parzellen« laut Busse besonderer Schutzmaßregeln und in der Trockenzeit einer Aufsicht. Letztere sei jedoch in den weiter abgelegenen Gebieten der Kolonie nicht zu gewährleisten, weshalb ein Brandverbot dort eine »rein papierende Maßregel« bleibe.226 Um diesem Problem zu begegnen, verlangte man auf der Station Kisakki nach »farbigen Hülfskräfte[n]«, um den Waldschutz angemessen ausführen zu können.227 In ähnlicher Weise schrieb ein Stationschef aus dem weit westlich gelegenen Bezirk Usumbura: Eine »Schonung der Urwaldbestände« sei bei der abgelegenen Lage des Bezirks erst möglich, wenn die Gegend in den »näheren Bereich der Verwaltung gezogen« und Mittel vorhanden seien, dort eine ständige Aufsicht ausüben zu lassen.228 Ebenso verlangte Hauptmann Herrmann aus Muansa am Viktoria-See nach mehr einheimischem Forstschutzpersonal, das ihm direkt unterstellt werden sollte. Der Militärkommandant hatte sich bereits genau über den Waldbestand in den »eingeborenen Landschaften« orientiert und in baumarmen Gegenden jeden Holzschlag mit Ausnahme zum Hüttenbau untersagt. Auch plante Herrmann unter Zuhilfenahme des überwiesenen Oberjägers, die Ränder aller Flussläufe mit Baumsamen einzusäen, um die im Sommer ausgetrockneten Flüsse durch Waldränder erhalten zu können. Bezüglich der Waldschutzmaßnahmen schrieb Herrmann, er habe bei den »Häuptlingen« »Entgegenkommen und Verständnis« vorgefunden. Die »Häuptlinge, die noch über Wald verfügen«, hätten ihre Hilfe beim Schutz vor dem »Wildbrennen« zugesichert. Diese Formulierung scheint zu suggerieren, dass der Bezirkschef von Muansa ein außergewöhnliches Talent besaß, die afrikanischen Herrscher von den Waldschutzmaßnahmen zu überzeugen. Allerdings muss man sich fragen, was den »Häuptlingen« anderes übrig blieb als den Befehlen des Stationsleiters zu gehorchen, wollten sie nicht ihres Amtes enthoben werden. Das wusste auch Herrmann, weshalb er den Dorfchefs misstraute, sich dafür aussprach, alle Waldungen in seinem Bezirk staatlich zu reservieren und durch fünf hauptamtliche Wald- und Jagdhüter bewachen zu lassen.229 226 Vgl. Busse, Grasbrände, 132. 227 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr der Station Kisakki vom 6. Februar 1900; TNA G 8/  504, 33. 228 Vgl. Bericht der Militärstation Usumbura vom 14.10.03; TNA G 8/ 508, 23.  229 Vgl. Bericht Holzschlaggebühr der Station Muansa vom 26. Mai 1900; TNA G 8/  504, 17.

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Der Bezirkschef betrachtete die Kooperation mit den afrikanischen Herrschern ebenso wie viele Förster lediglich als eine Übergangslösung und setzte langfristig auf direkte Reservierungen und den Aufbau eines hauptamtlichen Waldwärterdienstes. Daran zeigte sich abermals, dass die koloniale Ordnung eine Form der Vergesellschaftung ohne wechselseitiges Basisvertrauen war. Laut Trutz von Trotha lässt sich das hohe Maß an Verweigerung von Basisvertrauen als die Hypothek eines Institutionalisierungsvorgangs zentraler Herrschaft begreifen, der auf die Durchsetzung direkten bürokratischen Verwaltungshandelns zielte, aber über weite Strecken auf intermediäre Verwaltung und Despotismus angewiesen blieb.230 In der Perspektive Herrmanns und anderer Stationsleiter ließ sich das Pro­ blem mangelnden Basisvertrauens im Kontext antagonistischer kolonialer Vergesellschaftung nur durch schärfere direkte Forstkontrolle lösen. Schließlich konnte sich die lokale afrikanische Bevölkerung hinter intermediären Strukturen vom direkten Zugriff der Kolonialverwaltung abschotten, um verschiedene Formen der alltäglichen Verweigerung auszuüben. Solche Strukturen wirkten wie »Sicherungsschleusen«, hinter denen lokale afrikanischen Autoritäten einen gewissen Entscheidungsspielraum bei der Kontrolle von Waldressourcen behielten.231 Deshalb sprachen sich der Bezirkschef von Muansa und andere Stationsleiter für ein direktes Forstkontrollmodell aus, obwohl andere Bezirksleiter durchaus Vorteile in der intermediären Struktur erblickten und dieses sogar in der forstfachlichen Presse lobende Erwähnung fand.232 Jedoch hatte sich die Zentralverwaltung in Daressalam infolge von Forderungen »alter Afrikaner«, wie Herrmann, längst vom »klassischen« Modell der intermediären Kontrolle verabschiedet.233 Man erachtete die Kontrolle der Wälder aus fiskalischen Gründen für so wichtig, dass man sie nicht in die Hände der lokalen afrikanischen und arabischen Verwaltungsbeamten legen wollte. Die Berichte der Ämter und Stationen hatten unter dem Strich für das Gouvernement den Beweis erbracht, dass eine direkte Kontrolle der Waldressourcen besser funktionierte und mehrheitlich gewünscht war. Den intermediären Forstschutz betrachtete man nur noch als Notlösung, bis überall in der Kolonie genügend hauptamtliche Kontrollorgane zur Verfügung standen.234 Einwände, die auf mangelnde Effizienz der direkten Verwaltungspraxis hindeuteten und die Legitimität des direkten Forstregimes aus lokaler Perspektive infrage stellten, 230 Vgl. Trotha, Herrschaft, 440–441. 231 Vgl. ebd., 434. 232 Vgl. Anonymus, Das Forstwesen in Deutsch-Ostafrika, in: Deutsche Forst-Zeitung, 25, 1910, 296. 233 Handschriftlicher Vermerk auf dem Bericht zur Holzschlaggebühr des Bezirksamts Lindi vom 8. März 1900; TNA G 8/ 504, 37. 234 Vgl. Entwurf Amtl. Verfügung zur Aufhebung der Verordnung betr. Wildbrennen, Holzfällen und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 31. Januar 1911; TNA G 8/ 508, 53.

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ignorierte das Gouvernement. Schließlich wollte man Probleme überwinden, die mit der Mediatisierung der Macht aufgetaucht waren. Direkt einem Bezirkschef oder Förster unterstellte einheimische Waldwärtern glaubte man besser zur Durchsetzung forstlicher Ziele verpflichten zu können als die Jumben. Den Waldwärtern traute man eher, dass sie ihr lokales Wissen nicht gegen die Kolonialverwaltung einsetzten. Schließlich war der koloniale Forstschutzdienst aufgrund mangelnder lokaler Kenntnisse auf das Wissen und die Loyalität seiner einheimischen Mitarbeiter in hohem Maße angewiesen. Waldwärter Die ersten Waldwärter der Kolonie hatte man noch vor der Jahrhundertwende im Bezirk Daressalam zur Bewachung des »Sachsenwaldes« und des Forst­reviers Pugu angestellt. Die beiden Forstreviere sollten als Ausgangspunkt für die praktische Ausbildung des »farbigen« Forstsicherheitspersonals für das gesamte Schutzgebiet dienen.235 Man hoffte, durch eine persönliche Ausbildung, die Einstellung des einheimischen Personals gegenüber den Zielen der kolonialen Forst­ wirtschaft positiv zu verändern. Es hieß, durch eine »methodische Vorbildung der Waldwärteraspiranten für ihren späteren praktischen Beruf [könne] manche Besserung erzielt [werden].«236 Deshalb zog das Gouvernement die Einrichtung von zentralen Waldwärterkursen in Betracht, doch bliebt es bei diesem Plan. In der Praxis bildeten die lokalen Förster verstreut in der Kolonie auf ihren jeweiligen Stationen das einheimische Personal aus. Wissenstransfer blieb personengebunden und erfolgte nicht systematisch, wie etwa im Forstbezirk Dschang der deutschen Kolonie Kamerun oder wie in der eigens eingerichteten Forstschule Dehra Dun in Britisch-Indien.237 In Indien hatte Dietrich Brandis bereits im Jahr 1878 die kolonialforstliche Ausbildung des einheimischen Personals institutionalisiert, wobei davon auszugehen ist, dass der Transfer von Wissen nicht nur in einer Richtung erfolgte.238 Schließlich machten sich die kolonialen Forstleute in Dehra Dun das lokale Wissen der einheimischen Forstwarte systematisch zunutze. Sie formalisierten es und speisten es als eigenes Expertenwissen in den weltweiten kolonialforstlichen Diskurs ein, meistenteils ohne die Urheber des Wissens zu benennen.239 Anders in Deutsch-Ostafrika, wo der Wissenstransfer 235 Vgl. Bericht zur geregelten Bewirtschaftung der Forstreviere Pugu und Sachsenwald vom 15. Mai 1903; TNA G 8/ 508, 6. 236 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung Bagamoyo-Morogoro 1907/08 vom 3. Juni 1908; TNA G 8/ 514, o. p. 237 Vgl. Forstwesen, in: Deutsches Koloniallexikon, Bd. 1, 650 ff. 238 Vgl. Anonymus, Aus fremden Kolonien und Produktionsgebieten. Die britisch-indische Forstschule in Dehra-Dun, in: DKB, 12, 1901, 121–122; Mammen, Wirken, 120; Hesmer, Einwirkungen, 168–174; Fernow, History, 346. 239 Vgl. Vandergeest, Peluso, Empires, 384. Eine Ausnahme war Dietrich Brandis, der erwähnte, dass ein neues Waldfeldbauverfahren unter Aufsicht des burmesischen Forstwarts Maung Tsandun entwickelt worden sei; vgl. Dietrich Brandis, Vortrag auf der Versammlung

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punktuell blieb, weshalb sich der spätere Forstreferent Holtz bessere Ausbildungsmöglichkeiten für das »farbige Personal« wünschte.240 Waldwärterverordnung Etwas mehr System brachte der Erlass einer Waldwärterverordnung im Jahr 1910. Darin legte man fest, dass als Waldwärter möglichst nur erwachsene, nicht vorbestrafte »Eingeborne von kräftiger Körperkonstitution« und »ausreichender geistiger Befähigung« eingestellt werden sollten. Diese mussten geeignet sein, sich bei der »farbigen Bevölkerung« Autorität zu verschaffen. Die Kandidaten sollten »tunlichst« aus dem »intelligenteren Teil der ackerbautreibenden Bevölkerung der Landschaft, in der sie als Waldwärter Verwendung finden sollen«, ausgewählt werden. Wildbeuter und Viehhalter seien vom Waldwärterdienst auszuschließen, da sie nicht stabil an einem Ort lebten. Außerdem sollten Leute, die sich in der Verwaltung bereits hervorgetan hatten, den Vorzug erhalten. Ferner erschien die »Kenntnis der lateinischen Schrift« sehr wünschenswert.241 Die Merkmale geistiger und körperlicher Tüchtigkeit standen als Auswahlkriterien im Mittelpunkt. Dass die Waldwärter aus der jeweiligen lokalen Bevölkerung und nicht aus entfernt liegenden Gebieten ausgewählt werden sollten, hatte zwei Gründe. Zum einen wollte sich die Forstverwaltung ihr lokales Wissen zunutze machen, zum anderen hoffte man, dass die lokale Bevölkerung einheimische Waldwärter eher respektiere als fremde Askari (Soldaten). In der Praxis wählte man jedoch auch Männer aus, die nicht der lokalen Bevölkerung entstammten, was den Vorteil bot, dass die Chance auf Verbrüderung gering war. Denn die Hauptaufgabe der Waldwärter sollte im »Forstschutzdienst« liegen, den sie in ihrem jeweiligen »Hutbezirk« durchzuführen hatten.242 Die Hutdistrikte umfassten ein kleines Waldgebiet oder einen Teil eines größeren Brandreservats von nicht mehr als 1000 ha. Sie konnten je nach Örtlichkeit aber auch größer sein, wenn etwa ein Jumbe in der Nähe lebte, der die Überwachung des Waldreservats mit übernahm. Intermediäre Kontrollstrukturen sollten weiterhin als Ergänzung dienen, wenn nicht genug Waldwärter zur Verfügung standen. Außerdem waren die Waldwärter gehalten, in der Nähe ihres Hutdistrikts zu wohnen. Sie durften in unmittelbarer Nähe ihrer »Behausung« etwas Ackerbau oder auch Viehzucht im kleinen Umfang betreiben, jedoch nur dann, wenn dies

deutscher Forstmänner 1897, in: Bericht über die 25. Versammlung deutscher Forstmänner in Stuttgart vom 30. August bis 02. September 1897. Berlin 1898, 160. 240 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung Bagamoyo-Morogoro 1907/08 vom 3. Juni 1908; TNA G 8/ 514, o. p. 241 Vgl. Runderlass betreffend die Anstellungsverhältnisse, Dienstobliegenheiten und Kompetenzen der Waldwärter vom 14. Juni 1910, in: Kaiserliches Gouvernement von DeutschOstafrika, Landesgesetzgebung, Teil 2, 141. 242 Vgl. ebd.

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ohne irgendwelchen Schaden für den Wald geschehen konnte.243 So ist bekannt, dass einige Waldwärter mit ihren Familien in kleinen Gehöften im oder am Wald lebten und Lebensmittel wie Kürbisse, Melonen, Bataten, Bananen oder Gurken für den eigenen Bedarf anbauten.244 Die Waldwärter und ihre Familien genossen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung privilegierte Waldnutzungsrechte. Doch traute die Forstverwaltung ihren Waldwärtern nicht gänzlich, zumal sie auf ihren weit entlegenen Posten relativ autonom handeln konnten.245 Die Waldwärterstationen lagen oft Tagesreisen von der nächsten Forststation entfernt, was aus herrschaftssoziologischer Perspektive das sog. Kondottiere-Problem (Statthalterproblem) aufwarf. Man fürchtete, dass Waldwärter ebenso wie Askari dazu neigten, eigene kleine Herrschaften aufzubauen und zu lokalen Patronen zu werden. Diese Form einer weitgehenden Autonomie war unerwünscht, weil man hierdurch ebenso wenig Zugriff auf die lokale Bevölkerung gehabt hätte wie bei einer intermediären Kontrollstruktur.246 Neben Kontrollaufgaben sollten die Waldwärter vor allem Wissen sammeln und ihre Aufmerksamkeit der Zusammensetzung der Baumarten, den Altersklassen der Bäume und der Bestockung widmen. Auch mussten sie Beobachtungen über die Blütezeit und Samenbildung sowie Wuchs- und Fortpflanzungseigentümlichkeiten der einzelnen Holzarten anstellen.247 Manche Waldwärter wies man an, einen kleinen Forstgarten bei ihrem Haus anzulegen, um dort Saatexperimente vorzunehmen.248 Die Förster wollten biologisches Wissen sammeln, um die ökologische Herrschaft besser gestalten zu können. Deshalb bezahlte man die Waldwärter vergleichsweise gut. Sie sollten laut Waldwärterverordnung einen Monatslohn von 10–15 Rp, je nach lokalen Verhältnissen, erhalten. Besonders gute Leute konnten auch mehr Geld erhalten. Sie durften nach einigen Dienstjahren bezahlten Urlaub nehmen und hatten Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Insofern waren die Waldwärter sozial abgesichert.249

243 Vgl. ebd., 143. 244 Vgl. Schmidt, Tropenglut, 61, 103, 117. 245 Vgl. Schreiben des Forstamts Daressalam an die Fst. Bunduki via Bezirksamt Morogoro vom 15. November 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 246 Vgl. Trotha, Herrschaft, 54–57. 247 Vgl. Runderlass betreffend die Anstellungsverhältnisse, Dienstobliegenheiten und Kompetenzen der Waldwärter vom 14. Juni 1910, in: Kaiserliches Gouvernement von DeutschOstafrika, Landesgesetzgebung, Teil 2, 140–141. 248 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Forstamt Daressalam betr. Forstschutz im Waldreservat Uluguru-Nord und Versetzung des Waldwärters Rinaldi vom 5. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 249 Vgl. Runderlass betreffend die Anstellungsverhältnisse, Dienstobliegenheiten und Kompetenzen der Waldwärter vom 14. Juni 1910, in: Kaiserliches Gouvernement von DeutschOstafrika, Landesgesetzgebung, Teil 2, 142–144.

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Abb. 23: Waldwärter bei Mgeta. Aus: TNA G 8/ 516, o. p. (Foto: Redslob).

Diese und die folgende Abbildung zeigen zwei Waldwärter aus Uluguru, deren Namen leider nicht zuordenbar sind (vgl. Anhang III). Deutlich sind die Hoheitsabzeichen an den Uniformen – Schulterklappen und Polizeiadler auf der Mütze – zu erkennen. Auffällig ist, dass sich der Waldwärter auf der obigen Abbildung nicht in der typisch strammen Haltung präsentierte wie der Waldwärter auf der nächsten Fotografie. Des Weiteren fällt auf, dass der Waldwärter auf der oberen Fotografie einen Regenschirm in den Händen hielt, der im einheimischen Verständnis als Symbol von Herrschaftsgewalt galt. Insofern hat man den Eindruck, dass sich dieser Waldwärter eher nach seinen eigenen Maßgaben auf der Fotografie präsentierte, während der Waldwärter auf der anderen Fotografie eher den europäischen Maßgaben entsprach. In beiden Fällen erfüllten die Waldwärter auf den Fotografien eine koloniale Funktion. Der Waldwärter auf

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Abb. 24: Waldwärter bei Bunduki. Aus: Jahresbericht der Forstverwaltung pro 1911/ 12, Tafel 17.

der oberen Abbildung diente als Größenvergleich zu einem rechts von ihm befindlichen Baum. Der Waldwärter auf der unteren Fotografie diente als Symbol der kolonialen Macht, da er hinter ihm lagernde Stämme von Gerberakazien bewachte. Folglich erschienen die Waldwärter auf damaligen Fotografien als namenlose Subjekte in dienender Funktion, was allerdings nicht bedeutete, dass die deutsche Verwaltung nicht auch Rücksicht auf ihre Bedürfnisse nahm. Beispielsweise kam sie dem Wunsch lese- und schreibkundiger Waldwärter nach, die monatlich auf Suaheli erscheinende Zeitung Kiongozi (Der Führer) für sie zu bestellen. Diese bei der afrikanischen Bevölkerung sehr beliebte Zeitung erschien in einer Auflage von 2500 Stück und wurde von der Regierung bezuschusst, zumal diese den Kiongozi als effektives Instrument zur Lenkung der einheimischen Bevölkerung betrachtete.250 Neben den Waldwärtern der Forststation Bunduki im Uluguru-Gebirge erhielten die sechs lese- und schreibkundigen Waldwärter der Station Manjangu sowie die einheimischen Angestellten der Forstverwaltung Morogoro jeweils ein Exemplar der Zeitschrift.251 Somit lässt sich davon

250 Vgl. Martin Sturmer, The Media History of Tanzania. o. O. 1998, 37; Presse, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 95 ff. 251 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Forstreferat Daressalam, Bestellung des Kiongozi, vom 8. Juli 1912; TNA G 58/ 96, o. p.

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sprechen, dass durch Zugeständnisse oder auch kleinere Geschenke eine gewisse Treue der einheimischen Bediensteten gegenüber den Kolonialherren erwirkt werden sollte. Hierdurch wollte man die persönlichen Beziehungen zwischen Förstern und Waldwärtern analog den Beziehungen zwischen Offizieren und Mannschaften der Polizei- oder Schutztruppe stärken.252 Auch bei den Löhnen zeigte man sich durchaus konziliant. Diese konnten bei lese- und schreibkundigen Waldwärtern auf 16 Rp steigen, je nach Länge der Dienstzeit und dem Grad der Bewährung.253 Dennoch hielten die deutschen Förster räumlich Distanz zu ihren einheimischen Mitarbeitern, die sich z. B. nachts nicht der Forststation nähern durften. Sie mussten bei ihren Unterkünften verbleiben, da die Förster tätliche Angriffe fürchteten.254 Widerständiges Handeln Die Einführung des direkten Forstkontrollmodells löste die Probleme der kolonialforstlichen Überwachungspraxis lediglich partiell. Einerseits handelten manche Waldwärter eigensinnig, was in deutscher Perspektive als Disziplinarproblem auftauchte. Andererseits war es aus Perspektive der Kolonialförster nicht leicht, überhaupt geeignete Personen für den Waldwärterdienst zu finden.255 So entsprachen die Waldwärter in der Realität selten den Normen aus der Waldwärterverordnung. Deshalb setzten die Förster Anwärter zunächst versuchsweise für Kulturarbeiten und Wegebau ein, um geeignete Personen auszuwählen. Ein Stationsförster schrieb an das vorgesetzte Forstamt, die meisten Kandidaten zeigen sich als zu »wirklichen Arbeitsleistungen zu sehr verbummelt«. Der Förster hielt sie zur Ausfüllung eines eine »gewisse Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit erfordernden Vertrauenspostens« für gänzlich unbrauchbar.256 Anhand dieser Worte zeigt sich, dass ein direktes Kontrollmodell neue Probleme aufwarf. Eine »Strategie der verallgemeinerten Langsamkeit« hatte sich über viele Inter­ aktionen zwischen Kolonialherren und einheimischer Bevölkerung legte. Diese bewusste Form alltäglicher Widerständigkeit, die die Kolonialverwaltung als »Bummeln« bezeichnete, unterschied sich von anderen Formen des offenen oder verdeckten Zeitraubs. Sie wurde nicht punktuell eingesetzt, um feste Ziele zu erreichen, sondern bestimmte generell das Handeln gegenüber den Herrschern. Sie berührte nahezu alle Anweisungen, die die Herrscher an die Beherrschten

252 Vgl. Joël Glasmann, La Troupe de Police du Togo Allemand. L’Ordre Colonial entre Discours et Pratiques (1885–1914), in: Alain Chatriot, Dieter Gosewinkel (Hrsg.), Koloniale Politik und Praktiken Deutschlands und Frankreichs 1880–1962. Stuttgart 2010, 48. 253 Vgl. Jahresbericht Fst. Bunduki 1910, Anlage 3; TNA G 8/ 516, o. p. 254 Vgl. Schmidt, Kilimandscharo, 23–24. 255 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro betr. Stellungnahme zur Waldschutzfrage in den Uluguru-Waldreservaten vom 7. März 1911; TNA G 8/ 705, o. p. 256 Vgl. ebd.

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richteten und bildete den Stoff für rassistische Stereotype.257 So interpretierte der Förster die Verwaltung das langsame Handeln als eine Eigenschaft der lokalen Bevölkerung und erkannte nicht klar, dass die Einheimischen bewusst permanent Sand in das Getriebe der kolonialen Administration streuten.258 Falls Waldwärter, die bereits eingestellt worden waren, sich solcher Praktiken bedienten, griffen Förster oftmals zum Instrument der Prügelstrafe. Dies wurde allerdings nicht von allen goutiert. Ein Förster schrieb: Ich pflege die »Vergehen meiner Schwarzen« nicht mit »harten Prügelstrafen mit der Kiboko [Nilpferdpeitsche]« zu ahnden, sondern sie als »Menschen« zu behandeln, die »genauso auf Nächstenliebe Anspruch haben, wie weiße Landsleute.«259 Viele andere Förster erblickten in der Prügelstrafe allerdings ein »erzieherisches« Mittel zur Disziplinierung, wenn sich Angestellte und Arbeiter ihrer Autorität entzogen. Sie glaubten fest an den »pädagogischen Effekt« der Prügel. Dies zeigt sich anhand der noch erhaltenen Strafprotokolle einer Forststation im UluguruGebirge. Hiernach erhielten Waldwärter und andere Mitarbeiter Körperstrafen von 15 Prügeln für Tatbestände wie »wiederholte oder grobe Dienstvernachlässigung«. Bei Waldarbeitern war »Kontraktbruch« der häufigste Tatbestand, der in einigen Fällen ebenfalls zur Höchststrafe von 15 Prügeln führte.260 Minderschwere Strafen von 10 Prügel gab es wegen »wiederholter Nichtbefolgung erhaltener Anweisungen« und jeweils 5 Prügel wegen »ungebührlichen Benehmens« eines »Boi« gegenüber seinem Förster und wegen »lässiger Briefzustellung.«261 Man sieht, dass das direkte Kontrollmodell keinesfalls das strukturelle Autoritätsproblem kolonialer Herrschaft löste. Das lässt sich daran erkennen, dass Waldwärter wegen sehr geringer Anlässe aufgrund von Verweigerungshaltung oder Zeitmanipulation geprügelt wurden. Dabei leitete sich das individuelle Strafmaß daraus ab, inwieweit sich ein Kolonialbeamter subjektiv durch die Tat eines Untergebenen betroffen fühlte.262 In jedem Urteil schwang Willkür mit, was bei den betroffenen Untergebenen Angst im Sinne eines double-bind-Effekts ausgelöst haben muss. Sie lebten in ständiger Unsicherheit, da sie nicht wissen konnten, ob und welche Strafe dem Dienstherrn gerade sinnvoll erschien.263 257 Vgl. Trotha, Herrschaft, 426. 258 Vgl. Trotha, Herrschaft, 426. 259 Vgl. Schmidt, Tropenglut, 7. 260 Vgl. Züchtigungsprotokolle vom 16. Mai, 15. Juni und 7. Juli 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 261 Vgl. ebd. 262 Das Gouvernement kritisierte ebenfalls, dass die Strafen in den Strafprotokollen nicht ausreichend begründet wurden und bemängelte die Praxis der Dienststellen, die Abschriften der Protokolle nicht bei der Zentrale einzureichen. Letzteres war offenbar eine Verschleierungstaktik; vgl. Runderlass des Gouvernements an die mit der Ausübung der Eingeborenengerichtsbarkeit betrauten Dienststellen vom 31. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 263 Von Trotha spricht von einem »hidden curriculum«, das in der kolonialen Erziehung verfolgt wurde. In diesem Sinne strafte der Herr den Untergebenen nur zu seinem eignen Besten; vgl. Trotha, Herrschaft, 205.

Anfänge der direkten Forstherrschaft (1891–1898)

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Trotz disziplinarischer Probleme schien der Waldwärterdienst aus kolonialer Perspektive ein erfolgreiches Modell zu sein. Das ließ sich daran festmachen, dass regelmäßig Forstdelikte der einheimischen Bevölkerung zur Anzeige gebracht wurden, die unter mediatisierten Kontrollbedingungen unsichtbar geblieben waren. Folglich sank die Dunkelziffer. Schaut man auf Strafstatistiken aus dem Bezirk Morogoro aus den Jahren 1907/08 zeigt sich, dass dort nur zwei Walddelikte zur Anzeige kamen, als Jumben die Kontrolle ausübten.264 Das bedeutete nicht, dass kaum Zuwiderhandlungen stattgefunden haben, sondern nur, dass die Jumben diese nicht meldeten. Das änderte sich mit Einführung eines hauptamtlichen Waldwärterdienstes. In der Strafstatistik des Jahres 1912 waren allein 46 Fälle von illegalen Rodungen zur Anzeige gekommen.265 Im Forstbericht hieß es, in Uluguru sei ein »intensiver Bewachungsdienst« eingerichtet worden. Dort funktioniere der »Forstaufsichtsdienst« infolge »öfterer Kontrollierung und wiederholter eingehender Instruierung des farbigen Personals« allgemein besser als zuvor.266 Das war aus kolonialforstlicher Perspektive ein Erfolg, zumal die Waldwärter den Spielraum der lokalen Bevölkerung stärker beschränkten als die Jumben. Die Inselstruktur kolonialer Herrschaft, mittels derer versucht worden war, den Waldschutz in konzentrischen Kreisen um die Regierungsstationen unter Rückgriff auf die afrikanischen Dorfchefs durchzusetzen, wich letztendlich einer Struktur der direkten Kontrolle besonders wertvoller Waldgebiete. Ziel war, diese Wälder durch einen hauptamtlichen Forstschutzdienst engmaschig überwachen zu lassen, weshalb die Jumben ihre Rolle als Instanz zur Kontrolle des Zugangs zu nachwachsenden Ressourcen einbüßten. Im UluguruGebirge praktizierte man diese Form der direkten Forstkontrolle nach 1910 sehr systematisch. Dort entstand außerhalb des Rufiyi-Gebiets das dichteste Netz von Waldwärterstationen in ganz Deutsch-Ostafrika (vgl. Karte 8), dass bis in die ersten Kriegsjahre hinein aufrecht erhalten wurde, wobei man die Löhne ab März 1915 schuldig blieb.267 Aus heutiger Sicht darf allerdings nicht vergessen werden, dass Erfolge beim direkten Waldschutz allein auf dem Ausbau des Repressionsapparats beruhten. Deshalb vermochte die direkte Form der Forstkontrolle lediglich oberflächlich eine stabile Herrschaftsordnung herzustellen. Spannungen, 264 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung Bagamoyo-Morogoro 1907/08 vom 3. Juni 1908; TNA G 8/ 514, o. p. 265 Es lässt sich anhand der Strafstatistik erkennen, dass die angezeigten Waldbrände im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgingen, wohingegen die Delikte bei der Entwendung von Walderzeugnissen anstiegen. Die Straftaten erfasste man nur summarisch, weshalb einzelne Delikte bis auf wenige Ausnahmen nicht gut dokumentiert sind; vgl. Forstfreveltabelle im Jahresbericht der Forstverwaltung Morogoro 1911/12; TNA G 8/ 516, 380–381. 266 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung / Lokalforstamt Morogoro 1911/12 vom 16. Juli 1912; TNA G 8/ 516, 179. 267 Vgl. Schreiben des Forstamts Morogoro an das KBA Morogoro vom 25. März 1915; TNA G 8/ 591, 168.

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die zuvor hinter den Sicherungsschleusen intermediärer Kontrolle verblieben waren, kam nun ans Tageslicht, weshalb der Antagonismus zwischen Förstern und lokaler Bevölkerung anwuchs. Zwar ließen sich durch das direkte Kontrollmodell und die Reservierung einzelner »Brandreservate« einige administrative Probleme ansatzweise lösen. Jedoch verschärften sich bei der Umsetzung des interventionistischen Forstkontrollregimes die wirtschaftlichen und sozialen Probleme für die einheimische Bevölkerung, sodass die Spannungen innerhalb und außerhalb der Verwaltung überall dort zunahmen, wo man den direkten Forstschutz in der Praxis wirksam einsetzte.

6. Hauptamtliche Forstwirtschaft (1902/03–1906/07) Die Einstellung erster Waldwärter zur Bewachung von »Brandreservaten« markierte um die Jahrhundertwende einen bedeutenden Schritt in Richtung eines direkten Forstkontrollregimes in Deutsch-Ostafrika. Seit einem Wechsel im Gouverneursamt am 1. April 1901 trat die Forstpolitik in Deutsch-Ostafrika endgültig in eine neue Phase ein, in der sie stärker auf direkte hauptamtliche Kontrolle ausgerichtet wurde. Während Gouverneur von Liebert in der Forstwirtschaft zwar eine Notwendigkeit erblickt, jedoch bei der staatlichen Organi­ sation des Forstwesens auf kostengünstige Lösungen gesetzt hatte, präferierte sein Nachfolger Graf von Götzen eine Professionalisierung des Forstschutzdienstes in der Kolonie, ohne finanzielle Belastung zu scheuen. Laut Jahresbericht 1902/03 sah man beim Gouvernement das größte Problem der bisherigen Forstpolitik darin, dass das zur Verfügung stehende Personal im Vergleich zur Größe des Landes viel zu gering war und der Forstschutzdienst meist nur nebenamtlich durch Oberjäger oder indirekt durch Jumben versehen wurde. Auch hielt man bestehende Verordnungen mit ihren flächendeckenden einheitlichen Regulierungen angesichts der vielfältigen ökologischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im »Schutzgebiet« für unangemessen. Es hieß, dass der Wald trotz der zu seinem Schutz bereits bestehenden Verordnungen in stetem Rückgang begriffen sei, weshalb ein hauptamtlicher Forstschutzdienst für die gesamten Kolonie eingerichtet werden sollte. An die Stelle der Oberjäger sollte eine »spezielle Organisation« treten und sich ausschließlich der Verwaltung von Waldressourcen annehmen.268 Von Götzens Plan Gouverneur von Götzen ließ sich im Mai 1903 erste konkrete Vorschläge zur Neuorganisation des Forstwesens von Forstreferent Dr. Wilhelm Holtz, dem Nachfolger von Bruchhausens, unterbreiten. Im Mittelpunkt des Vorschlags 268 Vgl. Jahresbericht 1902/1903, 30.

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standen die beiden bereits okkupierten Forstreviere »Sachsenwald« und Pugu im Bezirk Daressalam. Diese sollten nach dem Muster des Rufiyi-Deltas in staatliche Bewirtschaftung genommen werden. Insbesondere der »Sachsenwald« barg laut Holtz einen großen Holzvorrat, der zur Bau- und Brennholzversorgung der Hauptstadt Daressalam notwendig sei. Holtz hoffte, dass sich durch den Verkauf des Holzes ein großer Teil der Betriebskosten für das Revier bestreiten ließ. Darüber hinaus erschien es ihm von herausragender Wichtigkeit neben der Forstverwaltung Rufiyi, deren Bereich fast ausschließlich im Gebiet der Mangroven lag, ein Waldgebiet mit anderen ökologischen Bedingungen unter Bewirtschaftung zu nehmen. Hier sollten neue Erfahrungen gesammelt werden, zumal es sich beim »Sachsenwald« laut Holtz um den Typus des parkartigen Gehölzes handelte, der einen großen Flächenanteil der Kolonie einnahm (vgl. S. 47, 164).269 Der landeskundige Graf von Götzen griff die Vorschläge seines Forstreferenten dankbar auf und formulierte auf deren Grundlage ein Forstprogramm. Dieses ging über die Vorschläge von Holtz hinaus und verfolgte die Intention, die forstwirtschaftlichen Verhältnisse nicht nur im Bezirk Daressalam, sondern in der gesamten Kolonie zu »konsolidieren«. Dazu sollten die Bestände des Rufiyi-Deltas nach den forstlichen »Grundsätzen der Erzielung einer Rentabilität« weiter bewirtschaftet werden. In gleicher Weise wollte er »Sachsenwald« und Pugu als staatliche »Versuchsreviere« behandeln, um dort »Steppenhölzer« auf ihr Wachstum zu untersuchen und neue Forstkulturen anzulegen. Diese Aufgaben sollten von der neu zu etablierenden Forstverwaltung übernommen werden, von der sich der Gouverneur eine gewisse Stetigkeit in der forstlichen Entwicklung erhoffte. Schließlich wollte man nicht alle Jahre wieder auf ein Neues mit denselben Experimenten beginnen müssen. Deshalb sollte die Forstverwaltung auch eng mit dem Biologisch-Landwirtschaftlichen Institut in Amani (OstUsambara) kooperieren, das im Jahr 1902 durch von Götzen gegründet worden war.270 Dem Institut stand bereits eine »Parzelle ursprünglichen Urwaldes« als Reservat zu Versuchszwecken zur Verfügung. Es betrieb dort Waldbau auf experimenteller Grundlage, um die Anbauwürdigkeit einheimischer und exotischer Hart- und Weichhölzer zu testen.271 Die Hauptaufgabe der Forstverwaltung sah von Götzen allerdings weniger in der wissenschaftlichen Tätigkeit, sondern im 269 Vgl. Bericht zur geregelten Bewirtschaftung der Forstreviere Pugu und Sachsenwald vom 15. Mai 1903; TNA G 8/ 508, 6. 270 Die Initiative zur Gründung einer naturwissenschaftlichen Forschungsanstalt ging auf Franz Stuhlmann zurück, der auf einer Reise – finanziert durch das Kolonialwirtschaftliche Komitee (KWK) – nach Britisch-Indien und Java die dortigen botanischen Gärten, insbesondere Buitenzorg, kennengelernt hatte; vgl. Adolf Engler, Georg Volkens, Die land- und forstwirtschaftlichen Versuchsstationen der deutschen Kolonien, in: Congrès International d’Agronomie Tropical. Bruxelles 19 au 23 mai 1910, Tome 1 Rapports. Bruxelles 1910, 6–8. 271 Vgl. Edm. St. Dresden an Gouvernement, Ostafrikanische Forst- und Jagdnutzungen. Vertrauliche Auskunft Nr. 6 vom 26. November 1907; TNA G 8/ 505, o. p.

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wirtschaftlichen Bereich. Sie sollte langfristig die Nutzholzproduktion in der gesamten Kolonie sicherstellen und Waldungen als staatliche Einnahmequellen erschließen. Zur Erlangung eines »angemessenen Bewaldungsverhältnisses« sollten im Schutzgebiet große Flächen an »Buschland« für die natürliche und künstliche Anzucht von Wald reserviert werden. Diese Flächen wollte man von anderweitiger Nutzung ausschließen, Brandverbote verhängen und von einheimischen Waldwärtern überwachen lassen.272 Mit diesem Schritt bewegte sich von Götzen in Richtung der von forstwirtschaftlichen Kreisen schon lange geforderten Gründung von Waldreservaten. Der neue Gouverneur sah den Zeitpunkt gekommen, die Ausdehnung und Festlegung des »Staatswaldbesitzes« neben der Herausbildung eines »leistungsfähigen Stamm[s] von Waldwärtern, womöglich aus den Reihen der Eingebornen« umzusetzen. Dies hielt er für die allerwichtigste Obliegenheit der neuen Forstverwaltung. Darüber hinaus strebte er eine möglichst vollkommene Schonung aller noch vorhandenen Waldbestände auf »herrenlos« Kronland an. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Staat weiterhin die Holzschlaggebühren erheben sollte, um, wie es hieß, eine »Erhöhung der fiskalischen Einnahmen durch rationelle Verwertung der Walderzeugnisse« zu erreichen. Auch war eine Ausdehnung der Staatsaufsicht über Privatwaldungen angedacht. Insbesondere private Waldbesitzer in den Mittelgebirgen von Westund Ost-Usambara sollten stärker überwacht werden, weshalb man dorthin einen höheren Forstbeamten entsenden wollte.273

6.1 Forstorganisation Die avisierte Neuorganisation des Forstwesens entsprach weitgehend einem Modell, wie es auf Java, aber auch in Britisch-Indien und in der Kap-Kolonie praktiziert wurde.274 Zum Aufbau der neuen Verwaltungsstruktur holte man den sächsischen Oberförster Paul Otto Eckert im August 1903 in die Kolonie. Dieser hatte bereits im Jahr 1890 in Österreich-Ungarn (Böhmen, Krain, Niederösterreich, Steiermark und Bukowina) Auslandserfahrung gesammelt.275 Auch galt er als erfahrener Kolonialforstmann, da er von Anfang 1892 bis Ende 1897 als Revierförster für die niederländische Forstverwaltung im Osten der Insel Java tätig gewesen war. Dort hatte er vor allem Teakbestände bewirtschaftet.

272 Vgl. Graf von Götzen, Forstwirtschaftliches Programm für Deutsch-Ostafrika vom 20. Mai 1903; TNA G 8/ 508; Jahresbericht 1902/1903, 31. 273 Vgl. ebd.; Graf von Götzen, Forstwirtschaftliches Programm für Deutsch-Ostafrika vom 20. Mai 1903; TNA G 8/ 508, 7. 274 Vgl. Hesmer, Leben, 388. 275 Vgl. R. Bernhard, Tätigkeit sächsischer Forstleute außerhalb der Grenzen Sachsens seit 1870, in: Tharandter forstliches Jahrbuch, 90, 1939, 441.

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Eckert orientierte sich bei der Konzeptualisierung der neuen Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas vor allem am javanischen Modell, in dessen Zentrum die Bewirtschaftung von Nutzwäldern durch staatliche Oberförstereien, nicht durch private Konzessionäre stand.276 Am 20. Januar 1905 ernannte man Eckert zum Forstreferent beim Gouvernement in Daressalam. Er löste Wilhelm Holtz aufgrund seines höheren Dienstalters ab.277 Holtz verblieb als stellvertretender Forstreferent bei der Gouvernementsverwaltung278, doch verzieh er Eckert niemals, dass er für ihn hatte seinen Referentenposten räumen müssen. Die beiden Forstbeamten vertraten unterschiedliche konzeptuelle Auffassungen, und es entwickelte sich eine persönliche Animosität zwischen ihnen, weshalb Holtz in den folgenden Jahren bei vielen Gelegenheiten gegen seinen Vorgesetzten opponierte. Einrichtung von Forstämtern Als eine der ersten Maßnahmen ließ Forstreferent Eckert Forstämter (Ober­ förstereien) bei den Bezirksverwaltungen von Daressalam, Wilhelmstal und Tanga einrichten. Der waldreiche Bezirk Wilhelmstal umfasste die westlichen Usambara-Berge. Die dort gelegenen Regen- und Höhenwälder galten als ökologisch und wirtschaftlich wertvoll. Ähnlich verhielt es sich mit dem Bezirk Tanga, der den östlichen Teil der Usambara-Berge mit seinen großen Regenwaldgebieten einschloss. Dort wurde intensive Plantagen- und Holzwirtschaft betrieben, weshalb eine Überwachung der privaten Unternehmen geboten erschien (vgl. S. 145–151, 306 f., 339 f., Karte 10). Ferner befand sich in den Bezirken Tanga und Wilhelmstal die erste Eisenbahnlinie Deutsch-Ostafrikas, die von der Hafenstadt Tanga entlang der Usambara-Berge in das Landesinnere bis nach Mombo führte und für den Weiterbau bis zum Viktoria-See über Moschi am Kilimandscharo projektiert war. Diese Bahnverbindung erschien zum Transport von Waldprodukten aus dem Landesinneren geeignet. Insofern wurden die ersten Forstbezirke außerhalb des Rufiyi-Deltas dort eingerichtet, wo in gebirgigen Gegenden wertvolle Regen- und Höhenwälder zu finden waren. Dort waren koloniale Präsenz und Infrastruktur ohnehin stark. Ferner existierten im Bezirk Daressalam mit den Forstrevieren Mogo und Pugu bereits forstwirtschaftliche Strukturen. Nach deren Modell reservierte man fortan wertvolle Waldungen und erklärte sie zu staatlichen Waldreservaten. Das Gouvernement legitimierte dieses Vorgehen unter Rückgriff auf die Doktrin effektiver Okkupation (vgl. S. 193 f.).

276 Vgl. Mammen, Wirken, 118. 277 Vgl. Bernhard, Tätigkeit, 398, 402–404. 278 Vgl. Jahresbericht 1902/1903, 31; Jahresbericht 1903/1904, 30.

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Organisation der Forstverwaltung Die Struktur der neuen Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika wies vier Ebenen auf: Das Forstreferat bei der Zentralverwaltung in Daressalam, die Forstämter in den einzelnen Bezirken, Forststationen zur Überwachung einzelner Reviere und Waldwärterstationen für einzelne Hutbezirke. Die Forststationen unterstanden den Bezirksforstämtern. Nur in Bezirken, die kein eigenes Forstamt hatten, unterstanden sie direkt dem Forstreferat in Daressalam.279 Damit war die Organisation nicht ganz so tief gestaffelt, wie die fünf Ebenen umfassende Forstverwaltung Britisch-Indiens. Auch bestand die genannte Organisation lange Zeit nur auf dem Papier, da es an einer ausreichenden Anzahl Oberförster mangelte, um ab 1905 die Forstämter in Wilhelmstal, Tanga und Daressalam besetzen zu können. Man behalf sich damit, dass man den Forstbezirk Daressalam von Wilhelm Holtz in Personalunion mit dem Forstreferat führen ließ, der den auf Heimaturlaub weilenden Eckert vertrat. Der Forstbezirk Tanga wurde von Wilhelmstal aus durch Oberförster Rudolf Gieseler mit verwaltet.280 Reaktion der Fachpresse Kolonialforstliche Kreise aus der Metropole begrüßten den Aufbau einer Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika trotz der organisatorischen Probleme. Die Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass es unter der »sachgemäßen Leitung« der Forstbeamten nun gelinge, die »ursprüngliche Raubwirthschaft der Eingeborenen« allmählich zu beseitigen und eine bessere Behandlung des Waldes herbeizuführen.281 Und die weltweit führende kolonialforstliche Zeitschrift Indian Forester würdigte die Gründung der Forstverwaltung gestützt auf Informationen aus dem amtlichen Jahresbericht 1901/02. Man kommentierte: Es werde deutlich, dass sich Deutsch-Ostafrika mit gehöriger Aufmerksamkeit der Forstwirtschaft zuwende. Jedoch stecke die Kolonie noch in den Anfängen, da sich lediglich das Rufiyi-Gebiet »under regular working« befinde. Ferner würdigte der Indian Forster Versuche mit »künstlicher« und »natürlicher« Verjüngung von »Urwaldbeständen« und stellte Wilhelmstal als einen Schwerpunkt von Aufforstungsarbeiten und experimentellen Pflanzungen vor. Insbesondere hob man Forstplantagen mit Cassia florida, Teak und andere Exoten im Bezirk Tanga sowie Experimente mit heimischen Spezies hervor. Mit Blick auf Letztere wies die Zeitschrift auch auf den »Sachsenwald« hin, den man fälschlicherweise im Bezirk Tanga verortete. Es hieß, dieser Wald werde nach dem Muster der »protected forests« in Britisch-Indien verwaltet: Man habe im 279 Vgl. Schreiben Gouvernement an Forstreferat: Arbeits- und Organisationsplan der forstlichen Maßnahmen vom 30. September 1904; TNA G 8/ 850, o. p.  280 Vgl. Bekanntmachung zur Gründung der Forstbezirke Daressalam, Tanga und Wilhelmstal, in: AA, 6, 2, 1905, o. S.; Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 144, 146. 281 Vgl. Laspeyres, Forstliches aus den Deutschen Schutzgebieten, in: Zeitschrift für Forstund Jagdwesen, 34, 1902, 238.

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»Sachsenwald« bereits gute Erfolge erzielt, da der Wald vor Weidegang und Feuer geschützt und die Blößen mit Albizzien und anderen exotischen Arten aufge­ forstet würden. Andernorts sei man allerdings noch nicht so weit.282 Letztendlich mussten den Briten, die bereits seit einem halben Jahrhundert Forstwirtschaft in ihren Kolonien betrieben, die forstwirtschaftlichen Anfänge in Deutsch-Ostafrika bescheiden erschienen sein. Doch zeigte man sich überzeugt, dass die neue Forstpolitik in Deutsch-Ostafrika zu einem Erfolg führen werde. Standeskonflikt Der Aufbau von Forstämtern als paralleler Verwaltungsstruktur zu den Bezirksämtern brachte ein internes Verwaltungsproblem mit sich, mit dem niemand gerechnet hatte. Es zeigten sich Spannungen, da man die zuvor von den Bezirksämtern wahrgenommenen Aufgaben des Forstschutzes und der Jagdpolizei an die lokalen Forstämter delegiert hatte, die gleichrangig neben dem Bezirksamt agierten. Der erste Forstverwaltungsleiter von Wilhelmstal, Rudolf Gieseler, kommentierte, dass die Bezirksamtmänner nicht »sonderlich wohlwollend« auf die neuen höheren Forstbeamten in ihren Bezirken reagiert hätten, da ein Teil ihrer Macht als »bwana cub[w]a« (Suaheli: großer Herr = Bezirksamtmann) auf die Forstverwaltung übergegangen sei.283 Es zeigte sich ein struktureller Konflikt, da die Bezirksamtmänner fortan einen gleichrangigen Beamten neben sich hatten. Zuvor hatten sie quasi als Alleinherrscher in ihren Bezirken gegenüber der einheimischen Bevölkerung auftreten können. Im Vergleich zu anderen imperialen Mächten genossen die Bezirkskommandanten im deutschen Kolonialreich ein hohes Maß an Autonomie284, sodass sie nahezu nach eigenem Ermessen Distanz zur Zentralverwaltung halten konnten. Diese Option entfielen fortan, weshalb sich die Bezirksamtmänner in ihrer Binnenintermediarität bedroht sahen. Deshalb förderten die Bezirksamtmänner, so Gieseler, die Bestrebungen der neuen Forstbeamten nicht gerade übermäßig. Außerdem hätten sie es als notwendig erachtet, eine »koloniale Rangordnung« zu schaffen. Anlass dazu gaben Vorgänge bei einem offiziellen Dinner in Daressalam, wo sich eine »große Anzahl Herren und Damen« über die Tischordnung beschwert haben soll, weil die Oberförster gleichauf mit den Bezirksamtmännern saßen.285 Deutlich wird, dass man innerhalb der Gesellschaft Deutsch-Ostafrikas sehr genau auf Rangstufen achtete, wobei die Forstassessoren in Rang und Verdienst den Bezirksamtmännern und Gerichtsassessoren gleichgestellt waren. Diese Gleichstellung rührte noch aus einer Zeit, als lediglich ein hauptamtlicher 282 Vgl. Anonymus, Forestry in German East Africa, in: Indian Forester, 28, 1902, 372–373. 283 Vgl. Gieseler, Einrichtung, 315. 284 Vgl. Iliffe, History, 18–19. 285 Vgl. ebd.

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Förster als Forstreferent beim Gouvernement in Daressalam tätig gewesen war. Doch schienen die Bezirksamtsleiter nicht dulden zu wollen, dass ihnen fortan permanent Forstamtsleiter zur Seite gestellt wurden, denen gegenüber sie nicht weisungsbefugt waren. Denn bei der Forstwirtschaft handelte es sich, wie Gieseler betonte, nicht um einen kleinen, nebengeordneten Aufgabenbereich, sondern um einen Kernbereich der Kolonisation, der mit wesentlichen Befugnissen zur Kontrolle von Land und Bevölkerung einherging. Deshalb kann man das Pro­ blem der Rangordnung zwischen Bezirksamtmännern und Forstassessoren nicht als reine Frage der Etikette betrachten. Man muss in Rechnung stellen, dass ein Forstamtsleiter in erheblichem Maße auf die inhaltliche Gestaltung kolonialer Entwicklung in einzelnen Bezirken Einfluss nehmen konnte. Letzteres wollten die Bezirksamtmänner vermeiden und entschieden den Konflikt ansatzweise für sich. Forstassessoren wurden bald eine Beamtenklasse herabgestuft und bekamen 300 Mark weniger Sold.286 Allerdings erhielten die Bezirksamtmänner keine Weisungsbefugnis. Die Oberförster blieben dem Forstreferat unterstellt, sodass sie in den Bezirken direkt mit der Umsetzung des neuen Forstprogramms beginnen konnten. Die Konkurrenz zwischen Forst- und allgemeiner Zivilverwaltung dauerte an. Arbeits- und Organisationsplan Die erste Aufgabe der Forstämter war laut Arbeits- und Organisationsplan der Forstverwaltung, den Paul Otto Eckert ausgearbeitet hatte, die Reservierung von bewaldeten und unbewaldeten Flächen. Letztere sollten aufgeforstet werden, bis die zu »einer normalen Gestaltung der Wasserverhältnisse des Landes unbedingt notwendige Größe der Waldfläche« erreicht war.287 Was man unter »normal« verstand, wurde nicht näher spezifiziert, doch gingen koloniale Forstexperten seinerzeit einhellig davon aus, dass in einem Land ein Waldanteil von etwa 25 % erstrebenswert sei. Der Bewaldungsgrad in Deutsch-Ostafrika bewegte sich jedoch nur bei 1–3 % der Landesfläche (vgl. S. 41 f.).288 Es lässt sich erahnen, welcher »Herkulesaufgabe« sich die Beamten der Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas zu Beginn ihrer Tätigkeit selbst gegenüberstehen sahen. Ferner zeigte sich im Arbeits- und Organisationsplan, dass die Kolonisten das Land durch ein ganz bestimmtes Raster betrachteten. Sie maßen dem Wald als Umweltmedium zum Schutz der Wasser-, Boden- und klimatischen Verhältnisse eine bedeutende Rolle zu. Als weitere Aufgabe der Forstverwaltung wurde die Überwachung der »herrenlosen« Waldflächen zwecks »Instandhaltung und Verbesserung« genannt. Dies schloss die »[r]ationelle Verwertung« der dort 286 Vgl. ebd., 315–316. 287 Vgl. Schreiben Gouvernement an Forstreferat: Arbeits- und Organisationsplan der forstlichen Maßnahmen vom 30. September 1904; TNA G 8/ 850, o. p.  288 Vgl. Wiech, Deutsche Forstwirtschaft in den deutschen Kolonien, in: Jahresbericht des deutschen Forstvereins. Berlin 1926, 207.

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vorhandenen Walderzeugnisse sowie die Erhebung von Gebühren ein. Letztere Aufgabe hatte bisher die Zollbehörde wahrgenommen, die mit der Gründung der Forstverwaltung aus ihrer Verantwortung entlassen wurde. Die Einnahmen aus der Holzschlaggebühr verrechnete man fortan bei der Forst- und nicht länger bei der Zollverwaltung. Als letzte Aufgabe nannte der Arbeits- und Organisationsplan, dass die neue Forstbehörde die Privatwälder zwecks Erhaltung des notwendigen Waldbestandes beaufsichtigen und weitere gesetzliche Bestimmungen ausarbeiten sollte.289 Mit der inhaltlichen Bestimmung der Aufgabenbereiche waren alle klassischen Felder der tropenforstlichen Arbeit abgedeckt. Doch betrachtete Eckert vor allem die »rationelle Verwertung« von Walderzeugnissen als Hauptaufgabe der staatlichen Forstverwaltung. Er beabsichtigte, Deutsch-Ostafrika zu einem global player auf dem internationalen Holzmarkt zu machen. Die Holzexporte aus der Kolonie sollten vor allem amerikanische Importe nach Deutschland substituieren, da man befürchtete, dass diese infolge des Endes der frontier in den USA einbrächen. Insofern lässt sich die Gründung der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika nicht allein aus lokalen Gegebenheiten erklären, sondern muss im Kontext der Debatte um eine weltweite »Holznot« gesehen werden (vgl. S. 116–126). Dass die Wahl zur Gründung der größten Forstverwaltung im deutschen Kolonialreich auf Deutsch-Ostafrika und nicht auf das waldreiche Kamerun fiel, lag vor allem daran, dass die ostafrikanischen Waldbestände aufgrund ihrer Nähe zur Küste leicht erschließbar schienen. Dass Deutsch-Ostafrika ein gewisses forstwirtschaftliches Potenzial zu besitzen schien, hatte bereits ein Aufsatz aus dem Jahr 1895 gezeigt. Darin wagte der Botaniker E. Gilg eine vorsichtige Einschätzung des Nutzholzpotenzials der Kolonie. Laut Gilg war eine forstwirtschaftliche Nutzung der Kolonie in Erwägung zu ziehen, da die ostafrikanische Waldflora zwar ärmer als die Westafrikas, jedoch reicher als die der Kap-Kolonie sei, wo nur an zwei Stellen größere Waldbestände vorkämen.290 Diese Einschätzung war entscheidend, da es in der Kap-Kolonie trotz knapper Waldbestände bereits gelungen schien, durch »geregelte Forstwirthschaft« die Waldverhältnisse außerordentlich zu verbessern. Man konnte den gesamten lokalen Bedarf an Hölzern aus eigenen Beständen decken und sogar einige Hölzer auf dem Weltmarkt präsentieren.291 In Anbetracht dessen erschien eine wirtschaftliche Ausbeutung der Waldungen in Deutsch-Ostafrika ebenfalls aussichtsreich. Jedoch wussten die Verantwortlichen in Daressalam, dass der Aufbau von staatlichen Forstbetrieben nach dem Muster des Rufiyi-Deltas hohe Kosten ver 289 Vgl. Schreiben Gouvernement an Forstreferat: Arbeits- und Organisationsplan der forstlichen Maßnahmen vom 30. September 1904; TNA G 8/ 850, o. p. 290 Vgl. Gilg, Nutzhölzer, 285. 291 Vgl. ebd., 286.

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ursachte. Man hielt die Kostenfrage allerdings für ein Problem, das der in Aussicht genommenen staatlichen Kulturaufgabe unterzuordnen sei. Ober­förster Eckert war keineswegs geneigt, die Ausnutzung der »Urwälder« den privaten Holzunternehmen, die sich mittlerweile in Deutsch-Ostafrika angesiedelt hatten, zu überlassen. Deshalb folgte man bei der Gestaltung des Forstwesens in der Kolonie grundsätzlich dem konservativen staatlichen Modell. Bis auf wenige Ausnahmen unterband man die liberale Alternative einer Holzausbeutung auf Grundlage von Konzessionen durch private Unternehmen. Doch waren zur Realisierung des staatlichen Kolonisationsplans größere Investitionen in den forstwirtschaftlichen Apparat zu tätigen, von denen man wusste, dass sie der Reichstag nicht ohne Weiteres tragen würde. Manipulation des Forstetats Um die nötigten Mittel aus Berlin zu erhalten, schreckte man in ­Daressalam nicht davor zurück, den forstwirtschaftlichen Etat zu frisieren. Dies blieb der Kolonialverwaltung in Berlin allerdings nicht verborgen. Denn bei der Begutachtung des Haushaltplans für das Geschäftsjahr 1906/07 fiel auf, dass das Gouvernement die projektierten Einnahmen für die Forstverwaltung mit 117.400 Mark viel zu hoch angesetzt und Mehreinnahmen von 40.365 Mark veranschlagt hatte.292 Die Kolonialabteilung verlangte deshalb eine genaue Aufschlüsselung des Etatentwurfs und bat, die Kalkulation mit Zahlen aus den vorhergehenden Jahren abzustützen.293 Aus Daressalam erhielt man nur vage Antworten. Es seien bald Pachteinnahmen von 250.000 Mark brutto der Firma Wilkins  & Wiese für die Zedernholzbestände in West-Usambara zu erwarten, auch stehe der Abschluss eines neuen Pachtvertrages über die Mangrovenwaldungen der Bezirke Kilwa und Lindi mit der Firma Denhardt & Co kurz vor dem Abschluss. Darüber hinaus schickte man eine Berechnung der Einnahmen aus der Holzschlaggebühr auf Grundlage des Geschäftsjahres 1904/05 nach Berlin. Diese war durch die Forstverwaltung in einer für Berlin kaum durchschaubaren Weise manipuliert worden. Man bezog nämlich die Einnahmen aus den ertragreichen Mangrovenwaldungen in die projektierten Holzschlaggebühren ein, obwohl die Mangroven zu Waldreservaten erklärt worden waren und die Einnahmen unter einem anderen Posten hätten verbucht werden müssen. Dieser »Fehler« im Haushaltsentwurf der Forstverwaltung fiel bereits einem Mitarbeiter des Zentralbüros in Daressalam auf, der beim zuständigen Referenten anfragte, ob der kalkulierte Erlös aus den Holzschlaggebühren nicht »[e]hrlicherweise […]

292 Vgl. Etat von Deutsch-Ostafrika für das Jahr 1905, in: DOAZ, 7, 1 (1. Beiblatt), 7. Januar 1905. 293 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. Erlass K. 14459/ 41846 No. 12246 III vom 18. Januar 1906; TNA G 8/ 508, 41.

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eine Reduktion« erfahren und der Etatentwurf ermäßigt werden müsse.294 Eine Antwort auf diese Anfrage erhielt der Mitarbeiter nicht, da man es gegenüber der Berliner Kolonialabteilung bei der zu hohen Berechnung belassen wollte, was den Verdacht einer bewussten Manipulation erhärtet. Inwieweit Gouverneur von Götzen von diesen Machenschaften wusste, ist nicht bekannt, doch nahm er die Manipulation anscheinend billigend in Kauf. Der Zweck schien die Mittel zu heiligen. Schließlich wusste der Gouverneur, dass der Aufbau einer staatlichen Forstverwaltung eine kostspielige Angelegenheit war. Oberförster Eckert in Berlin Um mögliche Unstimmigkeiten bei der Bewilligung von Geldern zum Aufbau der Forstverwaltung auszuräumen, war Forstreferent Eckert im November 1905 persönlich nach Berlin gereist. Er sollte die erhöhten Haushaltsforderungen vor der Budgetkommission des Reichstags rechtfertigen. Am 9. Februar 1906 kam sein großer Tag, als er in Berlin sein Forstprogramm vorstellte. Eckerts Ausführungen stützten sich auf eine bereits im Juni 1905 von ihm verfasste programmatische Schrift über die Zukunft der Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika.295 Darin beschrieb er die Kolonie als ein forstwirtschaftliches El Dorado: Ohne Zutun des Menschen habe das »Wirken der freien Natur« dort große Holz­vorräte hervorgebracht. Doch habe man dieser Tatsache bisher noch nicht genügend Beachtung geschenkt.296 Für Eckert spielte das Holz aus Deutsch-Ostafrika unter weltwirtschaftlichen Gesichtspunkten eine bedeutende Rolle, weshalb er dafür gesorgt hatte, dass sich die Kolonie auf der Weltausstellung in St. Louis im Jahr 1904 mit entsprechenden Exponaten präsentierte. Sie war dort mit einer Holzsammlung und verschiedenen anderen Landesprodukten, vor allem Gummi, vertreten.297 Man wollte diese Produkte auf dem Weltmarkt platzieren und nutzte neben Museen, Sammlungen und kolonialen Ausstellungen die Weltausstellung als Repräsentationsraum. Hierdurch war laut Eckert inzwischen auch einer breiten Öffentlichkeit vor Augen getreten, dass Deutsch-Ostafrika erstklassige tropische Bauhölzer, Möbel- und Ausstattungshölzer sowie Zierhölzer von hervorragender Schönheit besitze.298 Der Zeitpunkt für eine großflächige Ausbeutung der Nutz 294 Vgl. ebd., 39–40. 295 Ein Protokoll von Eckerts Vortrag vor der Budgetkommission war nicht auffindbar. 296 Vgl. Eckert, Paul Otto, Denkschrift über die Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika vom 25. Juni 1905; TNA G 8/ 508, 33. 297 Vgl. Jentsch, Friedrich, Forstwirtschaft und Jagd. Bericht über die Weltausstellung in St. Louis 1904, in: Verhandlungen des Reichstags, 225, 1905/06, 467; Weltausstellung St. Louis: Spezial-Katalog für die Ausstellung der Königlich-Preußischen Staatsforstverwaltung. Neudamm 1904. 298 Vgl. Eckert, Paul Otto, Denkschrift über die Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika vom 25. Juni 1905; TNA G 8/ 508, 33.

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holzbestände in der Kolonie schien gekommen. Insbesondere die Waldbestände in der Nähe der Usambarabahn hielt Eckert für sofort ausnutzbar. Auch könnten die Waldkomplexe des Uluguru-Gebirges an der im Bau begriffenen Zentralbahn von Daressalam nach Morogoro binnen kurzer Zeit für den Holzexport aufgeschlossen werden, so der Oberförster.299 Dies waren jedoch Projektionen, die einer realistischen Einschätzung nicht standhielten, zumal die genannten Waldungen in keiner Weise erschlossen, geschweige denn ausreichend erforscht worden waren. Doch war es gar nicht Eckerts Absicht, ein realistisches Bild zur Zukunft der Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika zu entwerfen. Ihm ging es darum, möglichst viel Geld für den Ausbau der Forstverwaltung zu erhalten. Deshalb übertrieb er und sprach von 250.000 ha geschlossenem Hochwald, der sofort nutzbar sei. Ausgehend davon kalkulierte er, dass ein Vorrat von ungefähr 5 Millionen cbm exportfähiger Nutzhölzer mit einem Bruttowert von etwa 500 Millionen Mark vorhanden sei. Ein Zuwarten bei der Ausnutzung der als »hiebreif« er­ achteten Hölzer erschien ihm als ein »Verlust an Landesvermögen«. Des Weiteren rechnete er der Budgetkommission vor, dass bei Aufforstung der abgenutzten Flächen mindestens eine fünffach höhere Masse von insgesamt 25 Millionen cbm Exportholz entstehe, was einem Bruttowert von 25 Milliarden Mark entspreche. Laut Eckert ermöglichte dieser Zuwachs bei einer Nutzungsperiode von 100 Jahren, also bis zum Jahr 2006, eine jährliche Ernte von 50.000 cbm Exportholz mit einem Wert von 5 Millionen Mark brutto.300 Allein der Umstand, dass Eckert immer von den Bruttowerten sprach, verriet seine manipulative Absicht. Hätte er bei seinen Kalkulationen vom Nettowert gesprochen, wäre der vermeintliche Gewinn wesentlich geringer ausgefallen. Schließlich waren noch erhebliche Investitionen nötig, bevor man überhaupt einen einzigen Stamm schlagen, transportieren und verkaufen konnte. Darüber verlor Eckert kein Wort, auch nicht darüber, dass nicht alle kolonialen Hölzer den Gütekriterien des metropolitanen Holzhandels entsprachen. Er versuchte hingegen mit seinen Ausführungen den Eindruck zu erwecken, als seien die erhöhten Budgetforderungen gerechtfertigt. Letztlich erschien es ihm zur »Anbahnung und Durchführung einer rationellen Forstwirtschaft« nötig, vom Reichstag die Mittel für zwei weitere höhere Forstverwaltungsbeamte, sechs Förster und 157.800 Mark mehr an sächlichem Aufwand zu erhalten.301

299 Vgl. ebd., 34. 300 Vgl. ebd., 34–35. 301 Vgl. ebd., 35.

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Reaktion der Berliner Kolonialverwaltung Eckerts Rede vor der Budgetkommission zeitigte kurzfristig den gewünschten Effekt. Der höhere Forstetat wurde dem Reichstag zur Annahme empfohlen und dort in zweiter Lesung verabschiedet. Allerdings war man bei der Kolonialabteilung mit Eckerts Auftritt nicht ganz zufrieden, da die Budgetkommission weiterhin Bedenken gegenüber den forstwirtschaftlichen Planungen in DeutschOstafrika hegte. Aus der Perspektive der Kolonialabteilung hätten Eckerts Kalkulationen fundierter sein müssen. Dies wäre der gesamten Kolonialverwaltung zugutegekommen, die an einem Ausbau ihrer Aufgabenbereiche interessiert war. Man schrieb dem Gouvernement, dass die Budgetkommission Eckerts Rentabilitätsberechnung einer »scharfen und beachtenswerten Kritik« unterzogen habe. Daher sei es für die Beratung des nächsten Haushalts unumgänglich, dass das Gouvernement alle zur Berechnung des Forstetats notwendigen Unterlagen beibringe. Die Vorlage aller Holzpacht- und Holzverwertungsverträge werde sich dann nicht mehr umgehen lassen. Dies solle man bei der Aufstellung des nächsten Etatentwurfs beachten.302 In Daressalam war man gewarnt, dass der Reichstag Ungenauigkeiten nicht noch einmal tolerieren würde. Eckerts zweite Denkschrift Innerhalb der Kolonialabteilung hieß es, dass Oberförster Eckert mit seinen Ausführungen eher Schaden als Nutzen angerichtet hatte. In der Wilhelmstraße teilte man die Skepsis des Reichstags und riet dem eifrigen Eckert davon ab, der Budgetkommission eine zweite Denkschrift über die Waldverhältnisse in Deutsch-Ostafrika zukommen zu lassen. Diese hatte Eckert jedoch bereits verfasst und zeigte sich verärgert über die Maßregelung. Denn er wertete seinen Auftritt in Berlin als einen vollen Erfolg. Schließlich war der Etat bewilligt worden. Daher bestand der Forstreferent gegenüber der Kolonialabteilung darauf, dass sein Beitrag wenigstens im Deutschen Kolonialblatt oder einer vergleichbaren Zeitschrift, etwa dem Tropenpflanzer, zur Veröffentlichung gebracht werde. Eckert setzte darauf, nicht nur die Berliner Politiker, sondern möglichst eine breite Öffentlichkeit von seinen forstwirtschaftlichen Träumen zu überzeugen. Hierdurch wollte er Druck auf die Politik erzeugen. Er dachte strategisch und wusste, dass es vorteilhaft war, wenn die Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika eine gewisse Popularität erlangte. Ein Gespür dafür, sich politische Stimmungen zunutze zu machen, besaß er. Doch stieg ihm der Erfolg etwas zu Kopf, weshalb er die Karten zur Ausgestaltung der staatlichen Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika überreizte.

302 Vgl. Schreiben des AAKA an Gouvernement: Auf den Bericht vom 18.1.1906, Nr. 81 sowie im Anschluß an den Erlaß vom 17.10.1905 J. N. 1036 vom 10. Mai 1906; BArch R 1001/ 7681, 132.

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So wurde Eckerts zweite Denkschrift im Mai 1906 im Deutschen Kolonialblatt veröffentlicht und durch den Verlag als Sonderdruck an forstliche Fachzeitschriften und verschiedene Tageszeitungen verschickt.303 Damit hatte der Forstreferent eine gewisse Popularisierung seiner Vorstellungen erreicht. Diese richteten sich im Kern abermals auf die Erzeugung von exportfähigen Nutzhölzern. Er hob die »günstige Lage« Ostafrikas zum Weltmarkt hervor und schrieb, die Absatzchancen für Hölzer aus Deutsch-Ostafrika seien sehr günstig. Dabei unterschied er nicht zwischen Weich- und Harthölzern, weshalb seine Ausführungen recht pauschal blieben. Sie nahmen keinen differenzierten Rekurs auf die weltweite Struktur der Nachfrage (vgl. S. 121–126). Ferner fasste er als Absatzmärkte nicht nur England und Deutschland ins Auge, sondern auch Südafrika, Sansibar, Kleinasien, Ägypten, Nordafrika und Spanien. Auch gab er seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich mit der weiteren »Entwicklung« Ostafrikas auch der Holzkonsum im »eignen Lande« ausdehnen werde.304 Dass die Kolonisten vornehmlich Weichhölzer verwendeten, die in Deutsch-Ostafrika nicht wuchsen, erwähnte er nicht. Ferner ging Eckert auf die zukünftige Organisation des Forstwesens in der Kolonie ein. Er hielt es für selbstverständlich, dass der gesamte Waldbestand in Staatseigentum übergehen und der ostafrikanische Landesfiskus diesen bewirtschaften sollte. Letzterem komme die Obliegenheit zu, die »Zinsen seines Waldkapitals abzuheben«. Der Eigentumsanspruch an den Wäldern war für Eckert geklärt, die Rechte der afrikanischen Bevölkerung spielten in seinen Überlegungen keine Rolle. Diese hatte in seinen Augen keinen Anspruch auf die Waldressourcen, die die Natur den Kolonisten zur Ausbeute bereitgestellt hatte. Auch dem privaten Unternehmertum stand er skeptisch gegenüber. Eine »Staatswaldwirtschaft« unter Zuhilfenahme privater Unternehmer erschien ihm nur so lange tolerabel, wie es keine ausreichenden Mittel für die Bewirtschaftung aller Wälder in »Staatsregie« gab. Er wollte das private Unternehmertum am liebsten ganz aus der kolonialen Forstwirtschaft heraushalten. Die Unternehmer sollten lediglich den Vertrieb und die Verarbeitung der Hölzer besorgen, wenn sie bereits bis in die Häfen der Exportländer gelangt waren. Mit einem solchen System wollte Eckert die Verwertung der in den Wäldern Deutsch-Ostafrikas »aufgespeicherten Kapitalien« im Interesse der Staatsfinanzen und – wie er vor 303 Aus einer Nachricht des Verlags Mittler & Sohn an das AAKA vom 3. Mai 1906 geht hervor, dass Eckerts Artikel »Die Waldwirtschaft in Deutsch-Ostafrika« als Sonderabdruck aus dem Deutschen Kolonialblatt an folgende Zeitungen und Zeitschriften versandt worden ist: Neue Preußische Kreuz-Zeitung, Deutsche Tageszeitung, Tägliche Rundschau, Das Echo, Export-Revue, Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, Bremer Tageblatt, Brücke zur Heimat, Hamburger Nachrichten, Magdeburgische Zeitung, Zentralblatt für den deutschen Holzhandel; vgl. BArch R 1001/ 7681, 208. 304 Vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an AAKA mit Manuskript »Die Waldverhältnisse in Deutsch-Ostafrika« vom 19. März 1906; BArch R 1001/ 7681, 153.

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gab – zum Nutzen von Handel und Industrie vorantreiben. Idealistisch untermauerte er seine Position mit der Annahme, dass die Unternehmer in erster Linie auf ihren finanziellen Erfolg bedacht seien, während das Hauptinteresse des Staates auf der »Fürsorge« für eine intensive Ausnutzung der Wälder sowie auf der Erhaltung der Bestände liege.305 Es ging Eckert darum, den gesamten Handel mit Waldressourcen unter Ausschluss der afrikanischen Bevölkerung und möglichst unter Ausschluss privater kolonialer Interessen unter staatliche Kontrolle zu bringen. Dies war sein Programm, das ihm bald zum Verhängnis werden sollte.

6.2 Forstrecht Neben dem Ausbau der Forstverwaltung mit einem entsprechenden Budget bedurfte es zu einer Intensivierung der staatlichen Waldnutzung in DeutschOstafrika neuer rechtlicher Regulierungen. Dies verdeutlichte kurz nach der Jahrhundertwende eine verwaltungsinternen Debatte um die Neuregelung der Holzschlagverordnung, die sich vornehmlich um die Frage der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland drehte. Die Diskussion wurde ausgelöst durch einen Konflikt zwischen der lokalen Bevölkerung im Bezirk Tanga und dem Kolonialunternehmer Clemens Denhardt, dem das Gouvernement die ausschließlichen Nutzungsrechte an den dortigen Mangroven zur Gewinnung von Holz und Gerbrinde verpachtet hatte. Doch waren die Mangrovenwälder im Küstenstreifen niemals formell durch den Staat in Besitz genommen worden, wie es die Kronlandverordnung vorsah. Insofern war die Verpachtung ohne rechtliche Grundlage erfolgt, da es sich bei den Küstenmangroven formal um »herrenlos« Kronland handelte. Auf diesem Land stand der lokalen Bevölkerung laut Holzschlagverordnung die kostenfreie Entnahme von Bauholz zu, wenn sie vom Bezirksamt einen entsprechenden Erlaubnisschein erhalten hatte. Deshalb nutzten vermutlich einheimische Holzhändler die Mangroven. Die Entnahme von Brennholz zum Eigenbedarf war sogar ganz freigegeben, weshalb sich die afrikanische Bevölkerung rechtmäßig daran bediente. Das akzeptierte ­Denhardt nicht und versuchte, sie an der Ausübung ihrer Waldnutzungsrechte zu hindern.306 Beim Gouvernement zeigte man Verständnis für die Haltung des Kolonialunternehmers, schließlich genoss die Firma Denhardt eine Vorzugsbehandlung. Bei den Brüdern Denhardt handelte es sich um Kolonisten der ersten Stunde, die 305 Vgl. ebd., 163, 165–166. Das Manuskript erschien als Artikel im DKB, 17, 1906. 306 Vgl. AAKA, Aufzeichnung betr. den von dem Gouverneur von Deutsch-Ostafrika vorgelegten Entwurf einer Holzschlagverordnung vom 26. Oktober 1903; vgl. BArch R 1001/ ​ 7681, 10; Schreiben der Firma Denhardt an Gouvernement vom 22. Januar 1912; TNA G 8/ ​ 561, 62–63.

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sich in Deutsch-Ostafrika angesiedelt hatten und eines der drei großen Holzunternehmen in der Kolonie besaßen.307 Doch wusste man beim Gouvernement auch, dass es keine rechtliche Grundlage gab, um der afrikanischen Bevölkerung die Ausübung ihrer Waldnutzungsrechte zu verbieten. Deshalb sollte die Holzschlagverordnung reformuliert werden, um die Verpachtung von »herrenlosen« Waldungen an Unternehmen zukünftig einwandfrei vornehmen zu können und die afrikanische Bevölkerung von deren Nutzung auszuschließen.308 Ein weiterer Grund zur Überarbeitung der Holzschlagverordnung war, dass es zu Querelen mit der D. O. A. G. wegen der Einnahmen aus der Holzschlaggebühr gekommen war. Diese Probleme regulierten sich jedoch bereits einen Monat später von selbst, weil die Gesellschaft aufgrund erneuter Finanzschwierigkeiten abermals auf Reichshilfe angewiesen war und im Gegenzug auf sämtliche Waldrechte verzichtete.309

6.2.1 Waldschutzverordnung Ab Oktober 1902 erarbeitete die Gouvernementsverwaltung im Zusammenspiel mit der Berliner Kolonialverwaltung mehrere Entwürfe einer neuen Holzschlagverordnung. Im Kern waren die Vorschläge zur Neuregulierung der Holzschlaggebühr fiskalisch motiviert. Die neue Verordnung sollte ein Instrument zur Steuerung der kolonialen Wirtschaftsentwicklung sein und die staatlichen Einnahmen steigern. Gleichzeitig sollte sie durch soziale und kulturelle Rücksichtnahmen einen gewissen Ausgleich für die afrikanische Bevölkerung und die »weißen« Siedler bieten.310 So hieß es deutlich, dass die neue gesetzliche Grundlage zur Gewinnung von Waldprodukten für alle »Kronländereien« – ganz 307 Vgl. Denhardt, G. & Co., Berlin, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 293; Denhardt, Clemens, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 292–293; Die Brüder Denhardt befanden sich beständig in Rechtskonflikten mit dem kolonialen Staat. Die Einzelheiten dieser Konflikte können an dieser Stelle nicht beleuchtet werden, sie bedürfen noch der Aufarbeitung; vgl. TNA G 8/ 559–562. 308 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA vom 24. Mai 1906; BArch R 1001/ 7681, p. 209; Aufzeichnung betr. den vom Gouverneur von Deutsch-Ostafrika vorgelegten Entwurf einer Holzschlagverordnung vom 26. Oktober 1903; BArch R 1001/ 7681, 103. 309 Vgl. Vereinbarung zwischen Deutschem Reich und der D. O. A. G. vom 15. November 1902, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 25; Sippel, Verwaltung, 276. 310 Vgl. Schreiben des Ersten Referenten Franz Stuhlmann an den Forstreferenten Wilhelm Holtz, Entwurf einer Verordnung betr. die Regelung der Entnahme von Holz und anderen Wald- oder Baumprodukten auf Grund und Boden des Fiskus (Holzschlaggebührenverordnung) vom 15. Oktober 1902; TNA G 8/ 504, 99–101, 103, 108–109; Stellungnahme des Forstreferenten Holtz auf Schreiben des Ersten Referenten Franz Stuhlmann; TNA G 8/ 504, 108; Schreiben des AAKA an Gouvernement betr. Entwurf einer Verordnung zur Regelung der Holzschlaggebühr vom 14. April 1903; BArch R 1001/ 7681, 82–83.

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gleich ob »herrenlos« oder »okkupiert«  – gelten solle. Auf »herrenlos« Kronland wollte man die Gewinnung aller forstlichen Nebenprodukte, wie Rinde, Harz, Kautschuk usw., mit einer Gebühr belegen. Jedoch sollten Materialien für Schiffe und Wagen zur Unterstützung der »heimischen Industrie« abgabefrei bleiben.311 Mit letzterer Lockerung begünstigte man den einheimischen kommerziellen Holzhandel und den Schiffbau. Doch sollte die soziale Maßnahme der freien Brennholzentnahme in der gesamten Kolonie aufgehoben werden. Zur Begründung hieß es, dass »in unsachgemäßer Weise der Wald schonungslos vernichtet wurde, besonders in der Umgebung größerer Ortschaften.« Durch die freie Brennholzentnahme sei das Aufkommen eines regelrechten einheimischen Handels mit Feuerholz gefördert worden, wodurch »ordnungsmä[ß] ige Betriebe«, wie im Rufiyi-Delta, gelitten hätten. So hätten Unternehmen wie die Zuckerfabrik in Pangani von den »Eingeborenen« enorme Holzmengen als Brennmaterial gekauft, die diese »im Kleinbetrieb unter Vernichtung von Waldbeständen gew[i]nnen.«312 Es zeigte sich, dass eine Interessenkonvergenz zwischen afrikanischen Holzhändlern und Kolonialunternehmern bestand, die Holzschlagverordnung zu umgehen. Das wollte das Gouvernement vor allem in den bereits stark besiedelten nördlichen Küstenbezirken unterbinden. Doch befürchtete die Regierung, Unruhen im Innern der Kolonie zu provozieren, wenn sie die freie Brennholzgewinnung in der gesamten Kolonie verbot. Daher stellte der Gouverneur in Aussicht, die Behörden im Inneren per Dienstanweisung instruieren zu wollen, die neue Verordnung »liberal« zu handhaben. Eingriffe sollten nicht pauschal, sondern nur nach Bedarf durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.313 Von Götzen ging es nicht darum, die zur Subsistenz gedachte Holzentnahme der afrikanischen Bevölkerung zu unterbinden, sondern den informellen Handel mit Holz. Letzterer stellte sich aus gouvernementaler Perspektive als Schwarzhandel dar. Auch sollten die staatlichen Einnahmen erhöht werden, und zwar erstens durch die Einnahmen aus der Holzschlaggebühr und zweitens durch den Holzverkauf aus staatlichen Forstbetrieben, wie dem RufiyiDelta. Diesen sollte keine Konkurrenz erwachsen, weshalb eine neue Holzschlagverordnung aus Perspektive des Gouvernements zur finanziellen Konsolidierung unumgänglich war. Diese Sichtweise teilte die Forstverwaltung, jedoch monierte sie, dass die Waldschutzfrage im Verordnungsentwurf nicht genügend berücksichtigt werde. Die neue Regulierung müsse nicht nur Bestimmungen zur Nutzung, sondern auch zum Schutz von Walderzeugnissen, insbesondere von Holz, enthalten. Den von der allgemeinen Verwaltung vorgelegten Entwurf hielt Forstassessor 311 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. Erlass vom 14. April 1903 vom 12. August 1903; BArch R 1001/ 7681 90. 312 Vgl. ebd. 313 Vgl. ebd.

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Holtz »wegen des Fehlens von Bestimmungen zum Schutze der nachhaltigen Produktion von Walderzeugnissen für wenig geeignet«. Er verlangte, die rechtliche Möglichkeit zur Schaffung von Waldreservaten in die neue Verordnung aufzunehmen.314 Diese Forderung der Forstverwaltung fand Berücksichtigung und die neue Verordnung konnte erlassen werden, nachdem sie ebenfalls im neu geschaffene Gouvernementsrat beraten worden war. Dieses Gremium hatte man nach dem Muster des Kolonialrats in Berlin als ein beratendes Organ in der Kolonie konzipierte. Er sollte dem Gouverneur in allen politischen Belangen von größerer Tragweite zur Seite stehen. Legislative Befugnisse hatte der Gouvernementsrat, der sich aus vier Vertretern der Kolonialverwaltung und vier Vertretern der »weißen« Zivilgesellschaft zusammensetzte, nicht. Den Vorsitz führte der Gouverneur. Ihm kam bei Abstimmungen die entscheidende neunte Stimme zu, sodass die Verwaltungsseite gegenüber den Siedlern immer die absolute Mehrheit erzielen konnte. Amtliche Mitglieder des ersten Gouvernementsrats waren der Oberrichter der Kolonie, der Kommandeur der Schutztruppe, der Erste Referent der Verwaltung und der Bezirksamtmann von Daressalam. Die nicht amtlichen Mitglieder waren die Plantagenleiter Carl Feilke und Ludwig Illich, Hermann Schuller sowie der Brauereibesitzer Wilhelm Schultz.315 Letztere machten noch kleinere Veränderungsvorschläge zur Holzschlagverordnung, wie die Aufhebung der Holzschlaggebühren für »weiße« Siedler und die Abschaffung des gebührenfreien Holzschlagprivilegs für den Sultan von Sansibar.316 Doch akzeptierte die metropolitane Kolonialverwaltung lediglich die Rücknahme des Servituts des Sultans von Sansibar.317 Die neue Holzschlagverordnung erließ man als Waldschutzverordnung für Deutsch-Ostafrika am 9. September 1904. Sie trat ohne weitere Privilegien für die Siedler am 1. Oktober 1904 in den Küstenbezirken und am 1. Dezember 1904 in allen übrigen Bezirken der Kolonie in Kraft. Die neue Verordnung sah nur für das »Fällen von Holz« und die »Gewinnung von Baumrinde« eine Gebühr von 30 % des örtlichen Wertes vor. Alle anderen Waldprodukte, unter denen man »Erzeugnisse von geschlossenen oder nicht geschlossenen Waldbeständen, wie auch von einzelnen Bäumen, von Busch- und Strauchwerk, von Bambus, Palmen, holzigen Schlinggewächsen, insbesondere Holz, Rinde, Harz, Gummi, Kautschuk, Blätter, Blüten, Früchte« verstand, durf 314 Vgl. Bericht Forstassessor Holtz vom 4. Januar 1904 in: Schreiben des Forstreferenten Eckert an den Gouverneur vom 16. Januar 1904; TNA G 8/ 609, 2. 315 Vgl. DOAZ, 7. und 14. Mai 1904. 316 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. Entwurf einer Verordnung betr. die Gewinnung von Holz und Baumrinde auf Kronland (Waldschutzverordnung) vom 20. Mai 1904; BArch R 1001/ 7681, 112. 317 Vgl. Kommentare der Referenten des AAKA und Schreiben an das Gouvernement betr. die neue Holzschlaggebührenverordnung vom 13. November 1903; BArch R 1001/ 7681, 107; Schreiben AAKA an Gouvernement vom 25. Juli 1904; BArch R 1001/ 7681, 118.

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ten auf »unverwertetem Kronland« von »Eingeborenen und Nichteingeborenen« frei genutzt werden. Auch sollte die Gebühr auf Holz entfallen, wenn es von Angehörigen »eingeborener Negerstämme« für den Bau oder die Unterhaltung ihrer Hütten und Gehöfte oder als Brennholz für den eigenen Haushalt benötigt wurde. Des Weiteren erließ man die Gebühr, wenn Hölzer zur unmittelbaren Errichtung oder Unterhaltung von Kirchen, Schulen, Kapellen und Glockentürmen dienten oder zu öffentlichen Bauten der Kommunalverbände Verwendung fanden. Auch konnte die Erlaubnis auf eine gebührenfreie Gewinnung aller Waldprodukte durch besondere schriftliche Erlaubnis des Gouvernements erteilt werden. Falls dennoch Gebühren erhoben wurden, sollten die entsprechenden Dienststellen eine Bescheinigung ausstellen, die den Beamten des Forst-, Polizeiund Zolldienstes auf Verlangen vorzulegen war.318 Die neuen Regulierungen zur Entnahme von Waldprodukten muteten auf den ersten Blick recht liberal an, zumal man lediglich den Handel mit Holz und Baumrinde durch eine Gebühr belastete. Die Gewinnung von Kautschuk blieb unter Verweis auf das Muster Britisch-Indien gebührenfrei319, was indischen und afrikanischen Händlern entgegenkam. Dennoch handelte es sich bei der neuen Waldschutzverordnung um ein bedeutendes forstpolitisches Instrument. Schaut man genau auf deren Formulierungen, fällt auf, dass sie für den Bereich des »herrenlosen« Kronlandes etwas schärfer gefasst war als die Holzschlagverordnung von 1899. Auch enthielt die Waldschutzverordnung eine Reihe von Sonderregeln, mit denen die freie Waldressourcenentnahme eingeschränkt werden konnte. So blieb es dem Gouvernement vorbehalten, auf alle Walderzeugnisse eine Gebühr von 30 % ihres lokalen Wertes zu erheben. Mit Blick auf die Erschöpfung bestimmter Ressourcen konnte das Gouvernement für die Art und Weise ihrer Gewinnung besondere Vorschriften erlassen und die Gewinnung an besondere Bedingungen, etwa Wiederaufforstung, knüpfen. Darüber hinaus ließ sich die Gewinnung bestimmter Walderzeugnisse auf »unverwertetem Kronland« auch ganz verbieten bzw. das Recht auf deren ausschließliche Gewinnung an einzelne Unternehmer übertragen.320 Hierdurch glaubte man, Ver­pachtungsfragen wie im Fall Denhardt zugunsten von Kolonialunternehmen gelöst zu haben. Jedoch war die Waldschutzverordnung juristisch nicht einwandfrei formuliert, da der Begriff »unverwertetes« Kronland im kolonialen Okkupationsrecht nicht existierte. Folglich kam es zu Problemen bei der Anwendung der Waldschutzverordnung, da den zuständigen Behörden nicht klar war, ob mit dem Begriff »unverwertetes Kronland«, »herrenlos« Kronland oder bereits formell in Besitz genommenes Kronland, das allerdings noch keiner speziellen Nutzung zugeführt worden war, 318 Vgl. Waldschutzverordnung vom 9. September 1904; TNA G 8/ 511, 30–31. 319 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. Entwurf einer Verordnung betr. die Gewinnung von Holz und Baumrinde auf Kronland (Waldschutzverordnung) vom 20. Mai 1904; BArch R 1001/ 7681, 112. 320 Vgl. Waldschutzverordnung vom 9. September 1904; TNA G 8/ 511, 31.

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gemeint war. Im ersten Fall hätten sich Verbote auf alle Landflächen bezogen, die nicht im Privatbesitz waren und den größten Teil des Staatsgebiets ausmachten. Dort war die Holzentnahme zum eigenen Bedarf bisher frei gewesen, was einheimische Händler nutzten, um unter dem Vorwand des Eigenbedarfs auf »herrenlos« Kronland Holz für den Verkauf zu schlagen. Im zweiten Fall wären nur flächenmäßig kleine Gebiete betroffen gewesen. Die unklare begriffliche Definition zog Konflikte nach sich, derer man sich beim Erlass der Verordnung nicht bewusst war. Vielmehr glaubte man durch besagte Formulierung, Konflikte, wie den zwischen Denhardt und der afrikanischen Bevölkerung im Bezirk Tanga, rechtlich einwandfrei lösen zu können.

6.2.2 Waldreservatsverordnung Die in der Waldschutzverordnung vorgesehene neue Möglichkeit zur Einrichtung von Waldreservaten bildete das Herzstück der staatlichen Forstreform. Hierdurch konnten sowohl die afrikanische Bevölkerung als auch die europäischen Siedler von der Nutzung wertvoller Waldflächen ausgeschlossen werden. Dazu hatte das Gouvernement parallel zur Waldschutzverordnung bereits an einer Waldreservatsverordnung gearbeitet, um gleich im Anschluss an den Erlass der Waldschutzverordnung mit der Okkupation ausgedehnter Waldgebiete beginnen zu können. Doch wusste man in Daressalam, dass es sich bei der Einrichtung, Kontrolle und Bewirtschaftung von Waldreservaten um ein kostenintensives Unterfangen handelte. Deshalb wartete man einen günstigen Augenblick ab, um der Kolonialabteilung in Berlin den Entwurf der Waldreservatsverordnung vorzulegen. Missionarischer Beistand Der richtige Moment schien Ende Mai 1903 gekommen zu sein, als durch den Kolonialrat in Berlin Druck auf das Gouvernement ausgeübt wurde, sich stärker für den Waldschutz zu engagieren. Auslöser war, dass sich der Herrnhuter Missionsdirektor Buchner, ein neues Mitglied des Kolonialrats, anscheinend profilieren musste und eine Diskussion über den Waldschutz in Deutsch-Ostafrika anregte. Darin setzte er sich für eine rechtzeitige Schonung von wertvollen und zum Teil unersetzbar erscheinenden afrikanischen Hölzern ein. Denn einige seiner Missionare hatten ihm in ihren Berichten geschrieben, dass in zahlreichen Gegenden von Deutsch-Ostafrika fortgesetzt Waldbestände vernichtet würden, ohne dass für entsprechende Nachpflanzungen Sorge getragen sei.321 Ferner 321 Vgl. Schreiben des AAKA an das Gouvernement betr. Vorschläge Missionsdirektors Buchner zum Waldschutz in Deutsch-Ostafrika vom 31. Mai 1903; BArch R 1001/ 7681, 85. Buchner hatte einen Einblick in den Stand des Waldschutzes in Deutsch-Ostafrika vermutlich

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hatte Buchner selbst Eindrücke über die koloniale Forstwirtschaft anlässlich einer Inspektionsreise zu den Herrnhuter Missionsstationen im südlichen Afrika gewinnen können. Den gemeinhin als gering erachteten Waldbestand am Kap glaubte Buchner darauf zurückführen zu können, dass durch die Brände der einheimischen Bevölkerung immer wieder der Wald zerstört werde, weshalb er für ein rigides Vorgehen gegen afrikanische Landnutzungspraktiken plädierte.322 Im konkreten Fall von Deutsch-Ostafrika sprach er sich dafür aus, dass nach dem Vorbild der Kautschukgewinnung in Belgisch-Kongo für jeden gefällten oder verbrauchten Nutzholzbaum eine Nachpflanzung stattfinden solle. Auch betonte er, dass seine Herrnhuter Missionare den staatlichen Behörden mit allen zur Verfügung stehenden Kräften gern bei der Forstaufsicht behilflich sein könnten, falls es vor Ort noch an entsprechenden Organen mangele.323 Die Herrnhuter schienen sich im Feld der kolonialen Waldschutzpolitik engagieren zu wollen, wobei es den Missionaren vermutlich nicht allein um den Erhalt von Holzressourcen aus wirtschaftlichen Motiven ging. Die Kontrolle von Wäldern mochte ihnen auch zur Unterbindung lokaler religiöser Gebräuche opportun erscheinen, da Initiationsriten häufig im Wald abgehalten wurden (vgl. S. 90). Doch kam Buchner auf diesen Aspekt nicht ausdrücklich zu sprechen. Im Kolonialrat vertrat er eine utilitaristische Position, worin ihn Legationsrat von der Decken unterstützte, der das Einwirken der Missionare auf die »Eingeborenen« bezüglich des Waldschutzes für sehr erwünscht hielt.324 Im Ergebnis beschloss man, die Vorschläge Buchners an Gouverneur von Götzen weiterzureichen und diesem »geeignete Maßnahmen zum Schutz der Holzbestände anheimzustellen.«325 Ein »Fortschritt« in der »Waldschutzfrage« schien seinerzeit sowohl in der Metropole als auch in der Kolonie politisch gewollt zu sein, wenn auch aus anderen Motiven. So riefen die Vorschläge des Kolonialrats bei den Forstbeamten in Deutsch-Ostafrika ein geteiltes Echo hervor. Auf der einen Seite kamen die Vorschläge nicht ungelegen, zeugten sie doch von einem regen Interesse an der aus einem Brief des Missionars Adolf Stolz von der Herrnhuter Missionsstation Ipyana im Südwesten Deutsch-Ostafrikas. Darin äußerte sich der Missionar über die Waldschutzbestimmungen; vgl. Brief Adolf Stolz an Br. Kluge vom 16. Dezember 1898; UA, NKH 12, Stolz, A., #2, 18. Die offiziellen Missionsberichte der Herrnhuter Missionare enthielten keine Hinweise zu Waldbränden in Deutsch-Ostafrika, wie Recherchen im Archiv der Brüdergemeinde ergaben. 322 Vgl. Charles Buchner, Acht Monate in Südafrika. Schilderung der dortigen Mission der Brüdergemeinde. Gütersloh 1894, 169, 172. 323 Vgl. Protokoll Nr. 7 der VI. Sitzungsperiode des Reichskolonialrats 1901/04 vom 19. Mai 1903; BArch R 1001/ 7681, 89; Schreiben des AAKA an das Gouvernement betr. Vorschläge Missionsdirektors Buchner zum Waldschutz in Deutsch-Ostafrika vom 31. Mai 1903; BArch R 1001/ 7681, 85. 324 Vgl. Protokoll Nr. 7 der VI. Sitzungsperiode des Reichskolonialrats 1901/04 vom 19. Mai 1903; BArch R 1001/ 7681, 89. 325 Vgl. ebd., 87.

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Waldschutzfrage. Auf der anderen Seite zeigten die Äußerungen Buchners und von der Deckens, dass sie über die aktuellen forstwirtschaftlichen Vorgänge in der Kolonie nicht gut unterrichtet waren. Ihre Beiträge im Kolonialrat stützten sich stark auf vage Vermutungen, ohne detaillierte Kenntnisse der Lage vor Ort. Deshalb erachteten die Forstfachleute in Daressalam sie als laienhaft und hielten die vorgeschlagenen Mittel für wenig zielführend. Der stellvertretende Forstreferent Holtz glaubte nicht, den afrikanischen und europäischen Nutzungsberechtigten auf dem Verordnungsweg das Nachpflanzen von Bäumen allgemein zur Pflicht machen zu können. Er versprach sich einen Erfolg vielmehr vom unmittelbaren Schutz der Holzbestände durch deren Schließung gegenüber menschlichen Eingriffen. Deshalb nutzte er die Initiative aus Berlin, um sich für die Gründung von Waldreservaten auszusprechen, in denen der »natürliche Baumwuchs« durch Eindämmen von Grasbränden gefördert werden sollte.326 Forstreferent Eckert stimmte zu und schrieb dem Gouverneur, man müsse die günstige Stimmung in Berlin ausnutzen, um zur Gründung von ausgedehnten Waldreservaten die entsprechenden finanziellen Mittel aus der Metropole zu erhalten. Schließlich sei die Waldschutzfrage eine »Lebensfrage der Kolonie«.327 Die Forstleute in Daressalam waren sich einig, dass Waldreservate das geeignete Mittel seien, um eine weitgehende Kontrolle über die nachwachsende Ressource Holz zu erlangen. Dementsprechend hob Gouverneur von Götzen in seiner Antwort auf Buchners Vorschläge gegenüber der Kolonialabteilung hervor, er habe bereits die Einrichtung besonderer Waldreservate angeordnet. Im Bezirk Daressalam sei der Anfang gemacht. Waldreservierungen in den Bezirken Tanga und Wilhelmstal sollten bald folgen. Laut von Götzen konnte die Forstverwaltung die »Fürsorge für die Waldreservate« übernehmen und ihre Aufmerksamkeit vor allem gegen »schädigende und zerstörende Einflüsse von Menschenhand« richten. Die Waldreservate sollten aufgeforstet werden, um sie langfristig nach dem Vorbild des Rufiyi-Gebiets in staatlicher Regie zu bewirtschaften.328 Die Intention, die man in Deutsch-Ostafrika mit der Gründung von Waldreservaten verfolgte, lag klar auf der Hand. In diesen Gebieten wollte man vornehmlich Holz und andere wertvolle Waldprodukte kultivierten, um als Einnahmequelle des Gouvernements dienen zu können. Zur Aufsicht über die Reservate wollte von Götzen zusätzlich zwei europäische Förster einstellen, weil er glaubte, dass eine Aufsicht durch die »einheimischen farbigen Aufseher« nicht genüge, wenn »Ersprießliches geleistet werden soll«. Die beiden Förster sollten die Aufforstungsarbeiten durchführen und über die »eingeborenen Wald 326 Vgl. Bericht Forstassessor Holtz vom 4. Januar 1904 auf Schreiben des Forstreferenten Eckert an den Gouverneur vom 16. Januar 1904; TNA G 8/ 609, 2. 327 Vgl. Schreiben des Forstreferenten Eckert an den Gouverneur vom 16. Januar 1904; TNA G 8/ 609, 2–3. 328 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betrifft: Errichtung von Waldreservaten vom 30. Januar 1904; TNA G 8/ 609, 4.

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aufseher« die Aufsicht ausüben.329 Dazu sollten aus dem Königlich Sächsischen Staatsforstdienst »wohl geeignete jüngere Förster und Forstkandidaten wegen der dort herrschenden Überfüllung« ausgesucht werden. Dies hatte Forstreferent Eckert eingefädelt, indem er Kontakt zum Direktor der Forstakademie in Tharandt aufgenommen hatte.330 Eckert, der selbst dort ausgebildet worden war, pflegte auf diese Weise sein Netzwerk und versuchte, junge Förster, die im Reich keine Stelle erhalten konnten, in den kolonialen Forstdienst zu vermitteln. Personalanforderung Gouverneur von Götzen hatte es offenbar sehr eilig mit der Schaffung von Waldreservaten, weshalb er bald die Ausarbeitung einer entsprechenden Verordnung, die im Anschluss an die Waldschutzverordnung erlassen werden sollte, in die Hände der Forstverwaltung legte. Er drängte darauf, »schleunigst« mit der formellen Okkupation der Kronländer »Sachsenwald« und Pugu zu beginnen sowie die ebenfalls im Bezirk Daressalam gelegenen Waldstücke Vikindu und Massangila in Besitz zu nehmen. Alle vier Gebiete sollten als Waldreservate gegenüber der Nutzung durch Dritte geschlossen werden.331 Gegenüber der Kolonialverwaltung in Berlin rechtfertigte er sein rasches Vorgehen mit dem Hinweis, dass die »Waldarmut des Landes ohne Zweifel einer der Faktoren [sei], auf die die ungünstigen Wasser- und Feuchtigkeitsverhältnisse zurückzuführen [seien].« Weiter hob der Gouverneur hervor, dass sich mit »fortschreitender Kultur […] überdies bald Holzmangel einstellen [werde], dessen Vorboten sich in den mehr erschlossenen Landesteilen, z. B. an der Küste und an den Seen, gegenwärtig schon bemerkbar machen.«332 Deutlich sieht man, dass das Argument der Austrocknung gleichberechtigt neben das Holznotargument trat, um den kolonialstaatlichen Zugriff auf die Wälder zu rechtfertigen. Von Götzen betrachtete die Erhaltung der bestehenden Waldbestände und die Schaffung neuer nicht nur als eine der »vornehmsten«, sondern auch als eine der »dringlichsten« Staatsaufgaben. Doch reichte seiner Ansicht nach das vorhandene Personal nicht aus. Er bat in Berlin erneut um die Entsendung weiterer Forstbeamter, die er bei »nachhaltiger Wirtschaft« dauerhaft aus den Forsteinnahmen finanzieren wollte.333 Deutlich wird, der Gouverneur rechnete nicht in Rupie und Heller. Für ihn hatte der Waldschutz eine höhere Bedeutung. Er sah in der »energischen und raschen Durchführung der geplanten Ma[ß]regel eine dem Gouvernement obliegende unaufschiebbare Pflicht […], deren Nichterfüllung 329 Vgl. ebd. 330 Vgl. ebd. 331 Vgl. Interner Vermerk des Gouvernements an Referat VIII vom 10. März 1904; TNA G 8/ 609, 11. 332 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. Erlass vom 31. Mai 1903 vom 8. Mai 1904; BArch R 1001/ 7681, 111. 333 Vgl. ebd., 112.

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dem Lande tiefeingreifenden Schaden und uns den Vorwurf eines schweren Versäumnisses beim späteren Geschlecht einbringen würde.«334 Mit diesem Hinweis auf zukünftige Generationen versuchte der Gouverneur, den Waldschutz als eine legitime Form der kolonialen Landnahme zu rechtfertigen. Es war die gleiche interventionistische Argumentationsfigur, die Semler, Meyer und andere koloniale Forstexperten bemüht hatten. Die aktuellen Rechte und Bedürfnisse der afrikanischen Bevölkerung blieben bei solchen Überlegungen außen vor. In diesem Sinn legte Forstreferent Eckert bald einen Entwurf zur Waldreservatsverordnung vor. Die Waldbestände Deutsch-Ostafrikas wurden nach britisch-indischem Muster in die Kategorien »nicht reservierte« und »reservierte« Wälder eingeteilt.335 Auf letzteren Flächen wollte die Forstverwaltung volle Handlungsautonomie erlangen. Deshalb sollte das Fällen, Beschädigen, Verarbeiten und Fortschaffen von Bäumen und anderen Walderzeugnissen verboten werden. Auch sollte dort das »Vorbereiten und Anlegen von Feldern« sowie das »Wildbrennen und Feuerzünden« unterbleiben. Ausnahmen von den Verboten konnten allerdings aufgrund von gesonderter schriftlicher Erlaubnis oder im Fall von bestätigten »wohlerworbenen […] Rechte[n] und Befugnisse[n]« gemacht werden.336 Da die afrikanische Bevölkerung keine schriftlichen Rechtstitel besaß, hing es letztlich vom guten Willen des lokalen Forstamtsleiters bzw. des Gouverneurs ab, ob Ansprüche anerkannt wurden. Erlass der Waldreservatsverordnung Von Götzen beschloss, die Waldreservatsverordnung noch vor der Waldschutz­ verordnung zu erlassen. Vermutlich war die Eile geboten, weil sich einige Unternehmer bereits Konzessionen erbeten hatten, wovon in öffentlichen Verlaut­barungen allerdings nichts zu lesen war. Die Dringlichkeit von Waldreservierungen begründete man offiziell mit konservatorischen Argumenten. Im Erlass der Waldreservatsverordnung hieß es, dass sich der Gouverneur entschlossen habe, zur »Besserung [der] Waldverhältnisse des Schutzgebiets«, von denen die »Bewässerungsfrage« und damit die »Besiedlungsfähigkeit« abhänge, überall Waldreservate »von gehöriger Ausdehnung« zu schaffen, und diese gegen Holzschlag und »Wildbrennen« zu schützen.337 Das zentrale politische Motiv von Götzens für den Waldschutz scheint auf den ersten Blick die Entwicklung 334 Ebd., 111. 335 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouverneur, Entwurf einer Verordnung betr. die Schaffung von Waldreservaten in D. O. A. vom 21. Juni 1904; TNA G 8/ 609, 13–14; Dietrich Brandis, Die Forstverwaltung in Britisch-Indien im Jahre 1893/94, in: DKB, 8, 1897, 203; Hesmer, Leben, 202. 336 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouverneur, Entwurf einer Verordnung betr. die Schaffung von Waldreservaten in D. O. A. vom 21. Juni 1904; TNA G 8/ 609, 13–14. 337 Vgl. Runderlass betr. die Schaffung von Waldreservaten vom 27. Juli 1904, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 2, 563.

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Deutsch-Ostafrikas zu einer »weißen« Siedlerkolonie gewesen zu sein. Hierfür sollten die Ökosystemleistungen des Waldes erhalten und verbessert werden. Doch sieht man genauer hin, zeigte sich, dass der Gouverneur die »allgemeine Landeswohlfahrt« der »landwirtschaftlichen Besiedlungsfrage« voranstellte. Der Waldschutz rangierte bei von Götzen vor der Besiedlung. Der Gouverneur war in diesem Punkt ein Idealist, was sich auch daran ablesen lässt, dass er später gegen Plantagengesellschaften wegen der Abholzung von Regenwald in OstUsambara vorging, wie er bereits in seinem Forstprogramm angekündigt hatte (vgl. S. 306). Deutlich kam die Konkurrenz zwischen Staat und privaten Unternehmen in einer Formulierung zum Vorschein, in der von Götzen versprach, jene bewaldeten Landesteile besonders schützen zu wollen, in denen »eine baldige Entwicklung lebhafter kultureller Tätigkeit« zu vermuten sei.338 Damit verlangte der Gouverneur, dass die europäische Kolonisierungsarbeit mit dem Waldschutz in Einklang zu bringen sei und sich keinesfalls negativ auswirken durfte. Es handelte sich um die Utopie einer Verschmelzung von afrikanischer Natur und kolonialer Kultur, doch unterschätzte der Gouverneur in seinen Überlegungen die Möglichkeiten der kolonialen Plantagengesellschaften, seine Anweisungen zu umgehen. Ferner schien er sich wenig Gedanken über die Reaktion der lokalen afrikanischen Bevölkerung auf die neuen restriktiven Waldschutzmaßnahmen gemacht zu haben. In der Verordnung hieß es: Da die Neger die Waldnutzung stets ohne Schonung und Fürsorge für die Walderhaltung betreiben, sind ihnen Nutzungsrechte an den zu okkupierenden Waldgebieten nur dann einzuräumen, wenn es für sie an der Möglichkeit, den Holzbedarf aus benachbarten[,] nicht okkupierten Waldungen zu decken, gebricht.339

Mit dieser Anordnung wollte von Götzen jedwede Nutzung reservierter Waldbestände unterbinden. Das hieß insbesondere, dass die afrikanische Bevölkerung kein Holz zum eigenen Bedarf entnehmen durfte. Nur in besonderen Fällen sollten einzelne Teile der Reservate geöffnet werden.340 Hierdurch sollte die Entnahmewirtschaft zu kommerziellen Zwecken unterbunden werden, da sich diese mit anderen Mitteln schwer kontrollieren ließ. Der afrikanischen Bevölkerung wurde pauschal unterstellt wurde, keinen Ressourcenschutz zu betreiben. Des Weiteren fällt auf, dass die Nutzung der Waldreservate auf die Entnahme von Holz beschränkt werden sollte. Hierin erkennt man die europäische Sichtweise auf den Wald, die diesen zumeist unter dem Aspekt der Holzversorgung konzipierte. Dass die afrikanische Bevölkerung den Wald noch auf viele andere Weisen nutzte, beachtete der Gouverneur nicht. 338 Vgl. ebd. 339 Ebd., 564. 340 Vgl. ebd.

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Öffentliche Reaktionen Der koloniale Staat hatte sich mit der Waldschutzverordnung und der Wald­ reservatsverordnung mächtige rechtliche Instrumente geschaffen, um seine wirtschaftlichen Interessen in Ostafrika verfolgen zu können. Dies begrüßte die metropolitane Presse. In einem Artikel der Kölnischen Zeitung hieß es, der Kern der neuen Waldschutzverordnung bestehe darin, dass sich der Staat durch diese Verordnung eine rechtliche Grundlage zur finanziellen Beteiligung an der Waldressourcengewinnung geschaffen habe. Der Verfasser des Artikels schien recht genau über die Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika unterrichtet gewesen zu sein. Doch vermutete er falsch, dass man sich in Deutsch-Ostafrika ein Beispiel am »Kongostaat« genommen habe. Dieser habe nämlich durch seine »Dominialpolitik« alle anderen europäischen Kolonien in Afrika in der Finanzpolitik überflügelt. So handele man in DeutschOstafrika richtig, schreibt der Kommentator, wenn dort ebenfalls »Einnahmen nach dem Muster des Kongostaates« geschaffen würden, selbst wenn es dort nicht immer mit »Milde« zugegangen sei.341 Doch habe man jetzt auch bei »uns« zu befürchten, dass sich infolge der Waldschutzverordnung die »Anwälte der armen bedrückten Schwarzen erheben, die über Raub und Gewalt schreien werden, daß den Leuten eine Einnahmequelle, die ihnen bis jetzt ungehindert offen gestanden hat, beschränkt oder genommen werden soll.«342 Aus heutiger Sicht wundert man sich über solch ein offenherziges Bekenntnis zu kolonialer Gewaltherrschaft. Die Einlassung aus der Kölner Zeitung zeigt, dass die Öffentlichkeit seinerzeit offenbar recht gut verstand, was man der afrikanischen Bevölkerung mit der neuen Waldschutzverordnung zumutete. Denn diese griff stark in deren alltägliche Waldnutzungspraktiken ein, was aus der Perspektive der Kölnischen Zeitung als absolut gerechtfertigt erschien. Letztlich würden ja »durch die Raubwirtschaft der Eingebor[e]nen […] ganz erhebliche Kapitalien vernichtet, die der Kolonie zu Gute kommen könnten.«343 Damit war die Perspektive, in der die Waldschutzverordnung gesehen wurde, klar formuliert. Sie sollte der afrikanischen Bevölkerung die kommerzielle Verfügungsgewalt über die Nutzung von Waldressourcen nehmen, um die Gewinne effektiv in europäische Hände umzuleiten. Dies hatte die Kölnische Zeitung recht scharf erfasst, was man bei der Kolonialabteilung mit Schrecken zur Kenntnis nahm. Vor allem verwahrte man sich in Berlin gegen Vergleiche mit dem belgisch besetzten Kongo. Man wollte nicht mit dem verschrienen »Kongostaat« in einen Topf geworfen werden, da man öffentlichen Druck befürchtete, der sich gegen die schärferen Waldschutzbestimmungen wenden könnte. Daher bat die Kolo 341 Vgl. Kölnische Zeitung, Waldschutzverordnung für Deutsch-Ostafrika, 9. November 1904; BArch R 1001/ 7681, 122. 342 Ebd. 343 Vgl. ebd.

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nialabteilung als Reaktion auf den Kölner Artikel das Gouvernement, einen zur Veröffentlichung geeigneten Bericht vorzulegen, aus dem klar hervorgehen solle, welche Erwägungen das Gouvernement beim Erlass der fraglichen Verordnung geleitet hätten und wie es bei der praktischen Anwendung der Bestimmungen vorzugehen gedenke. Hieraus würde sich dann ergeben, dass zwischen der Lage in Deutsch-Ostafrika und den Verhältnissen im »Kongostaat« nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich sehr wesentliche Unterschiede lägen.344 Durch eine öffentliche Stellungnahme wollte die Kolonialabteilung jeden Zweifel an der neuen Forstpolitik ausräumen, um Kritikern keine Angriffsfläche zu bieten. Das sah man in Daressalam ähnlich, weshalb Franz Stuhlmann an die Kolonialabteilung schrieb, dass der Vergleich mit dem »Kongostaat« lediglich auf »unbegründeten Vermutungen« beruhe. So sei der Hinweis auf »kongolesische Zustände« unangebracht, weil in Deutsch-Ostafrika weder eine verwaltungsmäßige Monopolisierung des Handels noch eine Enteignung der »Eingeborenen« angestrebt werde, wie es der Verwaltung des Kongo von »gewissen Stimmen« zur Last gelegt worden sei. Dem Erlass der Waldschutzverordnung lägen andere Motive zugrunde: Erstens die Erhaltung von Rohstoffen, wie Kautschuk, der bei der bisherigen »unbedachten Ausbeutungsweise der Eingeborenen« in erschreckender Weise im Rückgang begriffen sei, und zweitens das Streben nach einer Wirtschaft, die es ermöglichen soll, die nachwachsenden Walderzeugnisse »nachhaltig, also dauerhaft, zu nutzen«. Dabei werde darauf geachtet, dass man bei der Konzessionsvergabe an Unternehmen nicht all ihren Wünschen nachgebe. Bestehende Rechte der »Eingeborenen« seien immer festzustellen und zu beachten.345

6.3 Maji-Maji-Krieg Die Worte Stuhlmanns sollten sich als Makulatur erweisen, zumal das Konzept Eckerts sehr wohl auf eine staatliche Monopolisierung des Handels mit Waldressourcen gerichtet war. Auch wurde die afrikanische Bevölkerung durch die Schaffung von Waldreservaten enteignet. Ferner ging man bei der Implementierung der neuen Waldschutzverordnung rigide vor. Die neue Forstverwaltung bot dem Gouvernement die Möglichkeit, die Nutzung von Walderzeugnissen auf »herrenlos« bzw. »unverwertetem Kronland« effektiv zu unterbinden. Damit hatte das Gouvernement nicht nur die rechtliche, sondern auch die praktische 344 Vgl. Schreiben AAKA an Gouvernement betr. Kommentar des Hannoverschen Kuriers zur Waldschutzverordnung von 1904 vom 8. Dezember 1904; BArch R 1001/ 7681, 123. Es ist zu vermuten, dass sich dieser Brief auf den Artikel in der Kölnischen Zeitung bezog und nicht auf einen vorherigen Bericht im Hannoverschen Kurier. 345 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA: Auf Erlass vom 8. Dezember 1904 vom 22. Januar 1905; BArch R 1001/ 7681, 124.

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Grundlage geschaffen, um über alle Wälder der Kolonie, die nicht im Privatbesitz waren, frei verfügen zu können. Die afrikanische Bevölkerung und die einheimischen Holzhändler schränkte man durch die neuen Bestimmungen in ihren Waldnutzungsmöglichkeiten stark ein, weshalb es zu Protesten und offenem Widerstand kam. Die historische Forschung nimmt schon seit längerer Zeit an, dass ein Zusammenhang zwischen dem Erlass der Waldschutz- und Wald­ reservatsverordnung und dem Ausbruch des kriegerischen Maji-Maji-Aufstands im Juni 1905, dem größten antikolonialen Aufstand in Tansania, bestand. Zuerst äußerte diese These Rainer Tetzlaff346, dann Georg Hügel. Letzterer schreibt, dass die deutschen Wald- und Wildschutzbestimmungen aus afrikanischer Perspektive unverständlich streng erschienen: Die Waldschutzverordnung von 1904 habe »sozialen Zündstoff« enthalten, weshalb sie als eine Ursache für den Maji-Maji-Aufstand anzusehen sei. Ihre Bestimmungen hätten eine starke Beschneidung bestehender Gewohnheitsrechte bedeutet, was in den Augen der afrikanischen Bevölkerung als Bedrohung lebenswichtiger Interessen erschien.347 Horst Gründer sieht hingegen den durch die Regierung erzwungenen Baumwollanbau als Hauptauslöser für den Maji-Maji-Aufstand. Dieser habe die afrikanische Subsistenzproduktion gefährdet, was in Kombination mit scharfen Jagd- und Waldschutzregeln sowie rücksichtslosen Steuereintreibungen durch Akiden und Askaris in ein »System totaler Bevormundung« gemündet sei. Insofern sei der Aufstand als Ausdruck gegen die allgemeine Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung durch die Kolonialherren zu interpretieren.348 Dagegen betont Thaddeus Sunseri in seiner Re-Interpretation der tansani­ schen Nationalgeschichtsschreibung, dass der Maji-Maji-Aufstand keineswegs eine plötzliche proto-nationalistische Reaktion gewesen sei, die durch die Einführung eines neuen kolonialen Baumwollregimes ausgelöst wurde. Der Aufstand sei in einer Kontinuitätslinie zum »Küstenaufstand« zu sehen349 (vgl. S. 181–183) und stehe in einer längeren Tradition der Verteidigung von Zugangsrechten zu Waldressourcen. Er habe seinen Grund in der verschärften Durchsetzung der neuen Waldreservatsregulierungen durch den Forstschutzdienst.350 Sunseri knüpft mit seiner These an Tetzlaff und Hügel an, wobei er nicht die schiere Existenz der Waldschutz- und Waldreservatsverordnung als Auslöser für den Aufstand ansieht, sondern deren faktische Durchsetzung. In den Matumbi-Bergen, wo der Aufstand ausbrach (vgl. Karte 9), seien Wildreservate gegründet und die Jagdschutzbestimmungen verschärft worden. Elefantenjägern sei eine bedeutende Rolle als Anführer und Akteure des Maji-Maji-Aufstands 346 Vgl. Tetzlaff, Entwicklung, 214. 347 Vgl. Hügel, Aufbau, S. 11, 50, 214. 348 Vgl. Gründer, Geschichte, 158–159. 349 Vgl. Sunseri, War, 134. 350 Vgl. Sunseri, Rebellion, 445.

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zugekommen. Dies zeige sich daran, dass Kibasila, ein pazi der Zaramo und Hauptanführer des Aufstandes, aus einer Linie von Elefantenjägern stamme und in seinem Herrschaftsgebiet zuvor ein Wildreservat eingerichtet worden sei. Ferner habe es sich bei der Zubereitung und dem Gebrauch von »Medizin« als »Zaubermittel« während des Maji-Maji-Aufstands um eine Reminiszenz an den »Jagdzauber« gehandelt. Sunseri betrachtet den Maji-Maji-Aufstand als »symbolic clash of hunting cultures«, weil die Deutschen versuchten, die Jagdpraktiken zu restrukturieren. Sie hätten insbesondere bei der Großwildjagd das Ziel verfolgt, den Wildschutz und die deutsche Norm des weidgerechten Jagens zu implementieren. Afrikanische Jagdpraktiken hätten sich hingegen vornehmlich darauf konzentriert, Felder vor Schädlingen zu schützen, Fleisch zu erhalten und große Säugetiere für Elfenbein und Häute zu jagen. Somit hätten die deutschen Wald- und Jagdgesetze gleichzeitig die Subsistenzökonomie der Bauern und die Machtbasis lokaler »big men« und »Großjumben« bedroht, deren Prestige, Reichtum und Klientelwesen auf der Elefantenjagd gründete. Sie bedrohten die alten Handelsnetzwerke für Waldprodukte, wie Elfenbein, Kautschuk oder Kopal, die als informelle Ökonomie bisher weiter funktioniert hatten. Insofern repräsentierte der Maji-Maji-Aufstand für Sunseri das letzte Aufbäumen eines ökonomischen und politischen Systems, das sich um den Handel mit Elfenbein und Waldprodukten zentriert hatte.351 Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Alexander De Juan, der die Hauptursache des Aufstands in der Ausweitung der staatlichen Kontrolle auf die Kautschukausbeutung begleitet von Steuerexpansion sieht.352 Legt man die neuen Deutungen zugrunde, ging es aus afrikanischer Perspektive in weiten Strecken darum, die Entscheidungsbefugnis über den Zugang zu nachwachsenden Rohstoffen zu behalten. Auch der Schutz von Handelsnetzwerken auf Basis von Karawanen, die weit vor der Kolonialzeit entstanden waren, war eines der Ziele. Schlussfolgernd heißt es bei Sunseri, der Maji-MajiKrieg sei besser als Kulminationspunkt jahrzehntelangen volkswirtschaftlichen Wandels auf dem Festland, denn als plötzlicher Umbruch zu verstehen.353 Dass dabei die neuen Forstregulierungen eine Rolle spielten, zeigte sich nicht zuletzt daran, dass sich der Aufstand vom Süden der Kolonie in den Bezirk Daressalam ausweitete, wo die neue lokale Forstbehörde den freien Zugang zu Waldressourcen für afrikanische Händler einschränkte. Denn die Waldschutzverordnung wurde zuerst in den Küstenregionen durchgesetzt, wo man am 1. Oktober 1904 sämtliche »Mangrovenwaldungen« ohne formelle Kronlandverhandlungen zu Waldreservaten erklärte. Dort war laut amtlicher Bekanntmachung fortan  – 351 Vgl. Sunseri, War, 117–119, 123, 134. 352 Vgl. Juan, Alexander de, State Extraction and Anti-Colonial Rebellion – Quantitative Evidence from the Former German East Africa, in: GIGA Working Papers, 271. Hamburg 2015, 5–7, 13, 19, 21–24. 353 Vgl. Sunseri, War, 118–120, 141.

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unbeschadet der Nutzungsrechte »eingeborener Neger« oder sonstig bestehender Rechte Dritter – die Gewinnung von Walderzeugnissen jeglicher Art untersagt und allein dem Fiskus vorbehalten.354 Dieser rasche Zugriff auf die Küstenmangroven unter Verzicht auf formelle Kronlandverhandlungen lag darin begründet, dass man diese ohnehin wie Staatswaldungen behandelte, seit die D. O. A. G. im Jahr 1894 auf ihr Okkupationsrecht am Wald verzichtet hatte. Doch hatte man die Mangroven außerhalb des Rufiyi-Deltas aufgrund von Personalmangel bisher nicht unter staatliche Kontrolle und Bewirtschaftung genommen, sondern an private Unternehmen verpachtet, um wenigstens durch die Erhebung von Pacht einen kleinen Gewinn zu erzielen. Das änderte sich. Fortan schloss das Gouvernement die einheimische Bevölkerung von der Nutzung der Küstenmangroven und anderer Waldreservate aus355, was in einigen Gebieten zu gewaltsamen Protesten im Rahmen des Maji-Maji-Kriegs führte. Denn im Gegensatz zur früheren kolonialforstlichen Praxis, bei der Verordnungen zumeist nur auf dem Papier existiert hatten und allenfalls indirekt durch einheimische Dorfchefs kontrolliert worden waren, setzte jetzt die neue Forstverwaltung ihre Maßregeln direkt durch. Die Waldreservierungen im Bezirk Daressalam führten bei Teilen der afrikanischen Bevölkerung zu solchem Unmut, dass sie sich den Aufständischen im Süden anschlossen. Insofern kann die Durchsetzung der neuen Waldschutzbestimmungen zwar nicht als Auslöser des Maji-Maji-Aufstandes gelten, jedoch trug sie zu dessen Ausweitung bei. Dies stellte bereits seinerzeit eine Kommission zur Erforschung der Ursachen des Aufstandes fest. Diese Kommission, die vom Gouvernement beauftragt worden war, setzte sich aus Vertretern unterschiedlicher Gruppen der kolonialen Gesellschaft zusammen, wie dem Bezirksamtmann von Daressalam, Gustav Boeder, oder dem Brauereibesitzer Schultz. Brauereibesitzer Schultz betonte im Kommissionsbericht, dass die Schließung der Mangrovenwälder an der Küste große Unzufriedenheit ausgelöst und einige Leute zur Rebellion geführt hätte.356 Die Waldschutzverordnung und die daran anschließende Waldreservatsverordnung357 waren, so Schultz, seitens der lokalen Behörden falsch ausgelegt worden. Beispielsweise habe man die Bezirksverwaltung Pangani angewiesen, dass der »bisherige unregelmäßige, nicht rationelle und nicht genügend controllierbare Holzschlag [in den Mangroven], einer geordneten, planmäßigen, rationellen Nutzungsweise weichen [solle].«358 Die kommerziellen Nutzungen waren daraufhin anzumelden und nur gegen 354 Vgl. Waldreservate, Bekanntmachung No. 1, in: AA, 25, 1. Oktober 1904. 355 Vgl. Bekanntmachung No. 2, in: AA, 27, 29. Oktober 1904. 356 Vgl. Bericht Schultz vom 23. Dezember 1905; BArch R 1001/ 726, 121 a–b; Gründe für den Aufstand im Bezirk Daressalam; BArch R 1001/ 726, 111 b; zitiert nach: Sunseri, Rebellion, 440. 357 Vgl. Jahresbericht 1903/1904, 31. 358 Schreiben Forstreferat an KBA Bagamoyo betr. Erläuterung zur Gewinnung von Waldprodukten in Waldreservaten vom 6. Juni 1905; TNA G 8/ 850, o. p.

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Erlaubnisschein durchzuführen. Die Nutzer der Waldprodukte sollten dem Fiskus einen angemessenen Preis zahlen.359 Deshalb sei fälschlicherweise auch die nutzungsberechtigte lokale Bevölkerung in Pangani vor der kostenfreien Entnahme von Waldprodukten gezwungen worden, einen Erlaubnisschein zu lösen. Diese Maßnahme habe die afrikanische Seite als Gängelei empfunden, zumal die Kontrollen durch den neuen Forstschutzdienst verschärft worden seien.360 In dem Zwang zum Lösen von teuren Holzerlaubnisscheinen sah die Kommission seinerzeit einen Grund für das räumliche Ausgreifen des Aufstandes, da dies eine besondere Belastung für die afrikanischen Holzhändler und die nutzungsberechtigte Bevölkerung bedeutete.361 Allerdings lag den Aussagen von Brauereibesitzer Schultz wohl ein gewisses Eigeninteresse zugrunde. Schließlich handelte es sich bei seiner Brauerei um den größten privaten Brennholzkonsumenten in der Kolonie. So bezog Schultz im Geschäftsjahr 1910/1911 4000 Festmeter (fm) Feuerholz aus den Mangrovenwäldern.362 Hatten die einheimischen Holzhändler eine Gebühr zu bezahlen, gaben sie die Mehrkosten an ihren Großkunden Schultz weiter. Somit hatte der Brauereibesitzer ein gewisses Eigeninteresse daran, dass die Holzentnahme in den Mangroven entgeltfrei blieb. Eine Anfrage aus Wilhelmstal Neben dem Kommissionbericht geben auch interne Verwaltungskommunikationen einigen Aufschluss darüber, dass es einen Zusammenhang zwischen der Ausbreitung des Maji-Maji-Aufstands und der Durchsetzung der neuen Forstschutzmaßregeln gab. Eine auf den ersten Blick harmlos erscheinende Anfrage des Forstamts Wilhelmstal vom Oktober 1905 zeugt davon. Darin erkundigte sich der lokale Forstamtsleiter, Forstassessor Gieseler, nach dem genauen Anwendungsbereich der Waldschutzverordnung. Er schrieb dem Gouvernement, dass er in unterschiedlichen Erlassen der Zentralverwaltung auf insgesamt sechs verschiedene Begriffe von »Kronland« gestoßen sei und sich nun frage, was genau in der Waldschutzverordnung mit dem Begriff »unverwertetes Kronland« gemeint sei.363 Die Anfrage des Forstamtsleiters klang plausibel, zumal der Begriff »unverwertetes Kronland« kein gültiger Rechtsterminus war. Die gültigen Begriffe waren »herrenlos« und »okkupiertes« Kronland. Die Ungenauigkeit der 359 Vgl. ebd. 360 Vgl. Schreiben Gouvernement an KBA Tanga betr. Occupation Mangrovengebiete vom 21. Oktober 1904; TNA G 8/ 796, 22–23; Waldreservate, Bekanntmachung No. 1, in: AA, 1. Oktober 1904. 361 Vgl. Bericht Boeder vom 21. Dezember 1905; BArch R 1001/ 726, 119; zitiert nach: Sunseri, Rebellion, 440. 362 Vgl. Jahresberichte der Forstverwaltung für das Wirtschaftsjahr 1910/11, in: Der Pflanzer, Beiheft 1, 1912, 11.  363 Vgl. Schreiben Forstverwaltung Wilhelmstal an Gouvernement betr. Definition des Kronlandbegriffs vom 25. Oktober 1905; TNA G 8/ 508, 24–25.

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Begrifflichkeit in der Waldschutzverordnung hatte zur Folge, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Forstamt Wilhelmstal und dem Bezirksamt Tanga gekommen war. Es waren nämlich bisher keine Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung ergangen, da sich Oberförster Eckert noch auf Dienstreise in Europa befand, um dem Reichstag seine waldwirtschaftlichen und finanziellen Vorstellungen plausibel zu machen. Deshalb fehlte den lokalen Behörden eine Handreichung, die ihnen bei der Auslegung und Handhabung der Verordnung geholfen hätte. So konnten sie die Bestimmungen der Waldschutzverordnung eng oder weit, zugunsten oder zu Ungunsten der afrikanischen Bevölkerung auslegen. Gieseler hatte seine Anfrage im Oktober 1905 gestellt, nachdem drei Monate zuvor der Maji-Maji-Aufstand ausgebrochen war und bereits auf den Bezirk Daressalam übergegriffen hatte.364 Das Forstreferat reagierte bald, um dem seit Inkrafttreten der Waldschutzverordnung bestehenden »Zustand der Ungewissheit« bei ihrer »Ausübung in der Praxis« abzuhelfen.365 Der stellvertretende Forstreferent Wilhelm Holtz formulierte einen entsprechenden Lösungsvorschlag, indem er eine vorläufige Ausführungsbestimmung zur Waldschutzverordnung ausarbeitete, die schon seit längerer Zeit im Entwurf innerhalb der Gouvernementsverwaltung zirkulierte. Dabei betonte Holtz gegenüber dem Gouverneur, dass sein Vorschlag lediglich als ein »Provisorium« zu begreifen sei und er keineswegs Oberförster Eckert vorausgreifen wolle.366 Mit dieser Entschuldigung wollte Holtz Ärger mit seinem Vorgesetzten vermeiden, doch wusste er um die Dringlichkeit der Angelegenheit. Schließlich war er Leiter des Forstbezirk Daressalam, wohin der Aufstand bereits übergegriffen hatte. Er kannte die Probleme, die hinter Gieselers Anfrage steckten. Der Hintergrund war, dass seit dem Erlass der Waldschutzverordnung der afrikanischen Bevölkerung vielerorts, wie im Bezirk Pangani, verboten worden war, Walderzeugnisse auf »herrenlos« Kronland zum eigenen Bedarf kostenfrei zu nutzen. Die lokalen Verwaltungsstellen konnten in der Praxis kaum unterscheiden, ob eine Waldnutzung aus kommerziellen oder anderen Gründen erfolgte. Deshalb wurden schnell allgemeine Verbote ausgesprochen, was neben der Einrichtung von Waldreservaten eine weitere tiefe Beschneidung der afrikanischen Waldnutzungspraktiken bedeutete. Holtz befürchtete, dass sich der Aufstand bis in die nördlichen Bezirke Tanga und Wilhelmstal ausbreiten könnte, wenn man die forstrechtlichen Regulierungen nicht schnell lockerte. Er hielt es für ratsam, die Nutzung von Wald 364 Vgl. Felicitas Becker, Von der Feldschlacht zum Guerillakrieg. Der Verlauf des Krieges und seine Schauplätze, in: Jigal Beez, dies. (Hrsg.), Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika 1905–1907. Berlin 2005, 75. 365 Vgl. Schreiben Forstpraktikant Holtz an Gouvernement, Entwurf der Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung vom 9. September 1904, vom 1. Dezember 1905; TNA G 8/ 508, 40. 366 Vgl. ebd.

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produkten für die afrikanische Bevölkerung zu erleichtern. Dementsprechend schlug er vor, unter »unverwertetem Kronland« sowohl »herrenloses« als auch »formell okkupiertes [,] aber noch nicht in Benutzung genommenes Kronland« zu verstehen – also alles Land, das noch nicht zum Waldreservat erklärt worden war oder einer anderen kolonialwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sei.367 Hierbei handelte es sich um größere Gebiete, auf denen die Nutzung von Walderzeugnissen zum eigenen Bedarf generell freigegeben werden sollte. Gebühren sollten darauf nur auf besonderen Erlass der Lokalbehörden erhoben werden. Bei der Entnahme von Waldprodukten zu kommerziellen Zwecken sollte dies den Behörden erst beim Verkauf der Ware gemeldet werden, um auszuschließen, dass die berechtigte Bevölkerung in den Verdacht geriet, Diebstahl zu betreiben. Darüber hinaus sollten kleinere Brennholzhändler nicht jede Holzentnahme gleich melden müssen. Sie sollten erst nach dem Verkauf größerer Mengen die Holzschlaggebühren bezahlen.368 Die kleinen afrikanischen Holzhändler besaßen nämlich vielfach nicht genug Kapital, um die Holzschlaggebühr bereits vor dem Verkauf ihrer Ware zu bezahlen. Dies wusste Holtz, der mit der Maßnahme auch den Verwaltungsaufwand reduzieren wollte, der bei einem Zwang zur Meldung geringfügiger Holzmengen entstand.369 Die Vorschläge des stellvertretenden Forstreferenten zeigten, dass er den lokalen afrikanischen Holzmarkt sehr gut kannte und ermessen konnte, an welchen Schrauben gedreht werden musste, um für die ländliche Bevölkerung und die afrikanischen Holzhändler Erleichterungen zu schaffen und ihnen Schlupflöcher zu bieten, ohne die vorrangigen kolonialforstlichen Ziele aus den Augen zu verlieren. Gouverneur von Götzen sah allerdings keinen Handlungsbedarf. Er nahm die Vorschläge von Holtz nicht an und sah vom Erlass vorläufiger Ausführungsbestimmungen ab. Er wollte lieber abwarten, bis Forstreferent Eckert einen eigenen Entwurf zu den Ausführungsbestimmungen aus Berlin geschickt hatte.370 Beschwerde des Bezirksamts Tanga Wenige Tage, nachdem Gouverneur von Götzen nichts unternommen hatte, ging beim Gouvernement ein Schreiben der Bezirksverwaltung Tanga ein, das abermals unmissverständlich Handlungsbedarf in der Waldschutzfrage signalisierte. Dort war man ebenfalls unsicher, ob die Waldschutzverordnung »alles herrenlose Land« umfasste oder nur »das formell in Besitz genommene«, das noch keiner bestimmten Verwertung zugeführt worden sei. Bezirksamtssekretär Sperling 367 Vgl. ebd., 41. 368 Vgl. ebd. 369 Vgl. ebd. 370 Vgl. Randvermerk auf Schreiben Forstpraktikant Holtz an Gouvernement, Entwurf der Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung vom 9. September 1904, vom 1. Dezember 1905; TNA G 8/ 508, 40.

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bat um »authentische Interpretation« der Begriffe. Weiter schrieb er, dass es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Forstamt Wilhelmstal und seiner Behörde gekommen sei, da die Forstverwaltung aufgrund der Waldschutzverordnung die kostenfreie Entnahme von Holzprodukten und Baumrinde auf »herrenlos« Kronland generell verbieten wolle. Dies erschien dem Bezirksamtssekretär unsinnig, da sonst jeder »Eingeborene«, der Bau- oder Brennholz zum eigenen Verbrauch schlagen wolle, einen Erlaubnisschein holen müsse, um nicht als »Holzfrevler« zu gelten. Es sei bereits vorgekommen, dass »Eingeborene«, die ihr Holz zum Hüttenbau ohne ausdrückliche Erlaubnis geschlagen hätten, dieses wieder an die Forstverwaltung hätten abgeben müssen. Deshalb kämen die Leute jetzt schon von weit her zum Bezirksamt, um sich bescheinigen zu lassen, dass sie das Holz zum Bau ihrer eigenen Hütten verwenden wollen.371 Diese Pflicht, vor der kostenfreien Entnahme von Holz auf »herrenlos« Kronland einen Erlaubnisschein des Bezirksamts vorweisen zu müssen, war nicht neu. Sie bestand bereits seit der ersten Novelle der Holzschlaggebührenverordnung von 1893. Nur war die Regulierung bisher kaum angewandt worden, weil kein hauptamtlicher Waldschutzdienst existiert hatte. Dies war nun anders, wie Sperling an einem Beispiel illustrierte. Soeben erscheint hier ein alter, kaum noch marschfähiger Neger aus dem entfernten Akidat Buiti, wo ein schwarzer Waldwärter stationiert ist, und bittet um die Erlaubnis, zum Anfertigen eines Holzmörsers, wie sie beim Getreidestampfen im Gebrauch sind, einen Baum fällen zu dürfen. Die Bezirksverwaltung müsse den Mann jetzt zur Forststation Steinbruch schicken, die 10 km außerhalb Tangas liege, damit er sich dort vom Förster zur Herstellung seines Mörsers im Wert von 10 Hellern einen Holzerlaubnisschein für drei Heller abholen könne. Dann müsse der Mann, der ohnehin schon zwei Tage gereist sei, wiederum zwei Tage marschieren, um in sein Dorf zurückzukehren.372

In Anbetracht solcher Zustände bat Sperling gegenüber dem Gouvernement um eine Ausnahmeregelung für die lokale Bevölkerung. Dieser solle das Holz zum Brennen und Hüttenbau sowie zum Anfertigen von häuslichen oder gewerblichen Geräten zum eigenen Gebrauch frei überlassen werden. Ein solches Verfahren hätte den Vorteil, dass die Fahndung nach »Holzfrevler[n]« nicht zur »Beunruhigung der Nutzungsberechtigten« führe, sondern sich auf die größeren Ortschaften konzentrieren könne. Dort verkauften laut Sperling die »wirklichen Holzfrevler« ihre Ausbeute.373 Diesen Worten lässt sich entnehmen, dass es offenbar einen größeren einheimischen Markt für Hölzer gab. Um diesen Markt zu kontrollieren, waren die neuen Waldschutzbestimmungen ergangen – man 371 Vgl. Schreiben KBA Tanga an Gouvernement betr. Anfrage bezüglich der Begriffsdefinition von »Kronland« und »unverwertetem Kronland« vom 6. Dezember 1905; TNA G 8/  508, 28. 372 Ebd. 373 Vgl. ebd., 29.

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erinnere sich an die Zuckerfabrik Pangani. Doch traf man laut Sperling mit den neuen Regulierungen vor allem die berechtigte Bevölkerung. Daher erachtete der Bezirksamtssekretär statt eines flächendeckenden Verbots der Waldressourcenentnahme den Einsatz von Polizeikräften gegen die illegalen Holzhändler als sinnvoll. Weiter schlug er – ebenso wie Holtz – vor, die Holzschlaggebühr erst in dem Moment zu erheben, in dem die Waldprodukte zum Verkauf gelangten, da das Brennholz größtenteils nicht von gewerbsmäßigen Holzhändlern geschlagen werde. Sperling differenzierte, er sprach von »arbeits- und mittellosen Eingeborenen«, die zu einer Vorauszahlung der Gebühr meist gar nicht in der Lage seien.374 Doch wird nicht recht deutlich, ob es sich hierbei um kleinere Brennholzhändler oder die berechtigte Bevölkerung handelte. Vermutlich um erstere, die die Bezirksverwaltung im Gegensatz zu den größeren »wirklichen Holzfrevler[n]« anscheinend duldete. Ob eine Praxis als illegal empfunden wurde, richtete sich nach dem Umfang der entnommenen Holzmenge. Sperling bezog zumindest Position zugunsten der kleineren Brennholzhändler, zumal in seiner Perspektive die Anwendung der Waldschutzverordnung letztlich zu einer generellen »Knappheit des Brennholzangebots« führte, unter der nicht zuletzt auch die Europäer im Bezirk zu leiden hätten.375 Ob der Bezirksamtssekretär dies nur äußerte, um im Sinne der rassistischen Ideologie eine zusätzliche Rechtfertigung für seine Forderungen zu finden, oder ob die »weiße« Bevölkerung tatsächlich eine Verknappung und damit höhere Preise in der Brennholzversorgung spürte, kann aus heutiger Sicht nicht mehr gesagt werden. Es lassen sich deshalb aus seinen Ausführungen nur grobe Rückschlüsse auf die damalige Struktur des lokalen Holzmarktes ziehen. Doch scheint es, dass insbesondere in den größeren Ansiedlungen Netze kommerzieller Holzhändler existierten, die systematisch Holz schlagen ließen, wohingegen die kleineren Brennholzhändler dies auf eigene Rechnung taten. Die Waldschutzverordnung erschien in Sperlings Perspektive letztlich als ein zu grober Keil, der unsachgemäß zwischen afrikanische und europäische Interessen getrieben wurde und die alltäglichen Austauschbeziehungen auf dem lokalen Holzmarkt bedrohte. Verfehltes Krisenmanagement Ein Grund, weshalb der Maji-Maji-Aufstand nicht auch im Bezirk Tanga und anderen nördlichen Gebieten der Kolonie ausbrach, mag heute darin gesehen werden, dass die neuen Waldschutzbestimmungen dort noch nicht ganz so strikt angewandt wurden wie im Bezirk Daressalam. Denn in Tanga war zu dieser Zeit noch vergleichsweise wenig Waldschutzpersonal stationiert.376 Auch hatte man dort die Küstenmangroven schon seit längerer Zeit an die Firma Denhardt zur 374 Vgl. ebd. 375 Vgl. ebd. 376 Vgl. Jahresbericht 1904/1905, 82.

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alleinigen Nutzung verpachtet. Daher war die Reservierung der Küstenmangroven dort nicht neu und zog keine anderen als die gewohnten Proteste nach sich. Dies war den zeitgenössischen Akteuren jedoch nicht klar. Man fürchtete durchaus, dass der Aufstand auch auf die nördlich von Daressalam gelegenen Bezirke ausgreifen könnte. Deshalb ließ Gouverneur von Götzen im November 1905 zuerst die Jagdschutzbestimmungen lockern.377 Auch bezüglich des Forstschutzes machte von Götzen Vorschläge, um die Situation zu entschärfen. Er erklärte gegenüber dem Zentralbüro, dass die Erteilung von Erlaubnisscheinen an berechtigte Afrikaner aus »politischen Erwägungen« zurzeit (Dezember 1905) nicht angebracht sei.378 Der Gouverneur schlug vor, dass die untergeordneten Verwaltungsbehörden auf die Ausstellung von Erlaubnisscheinen bis auf Weiteres verzichten sollten. Sie hätten überhaupt alles zu vermeiden, was von den »Eingeborenen« als eine »ungerechtfertigte Belästigung« aufgefasst werden könnte. Auch sollten Hölzer, wie Sperling gefordert hatte, zum eigenen Bedarf oder zur Herstellung von Geräten zum eigenen Gebrauch überall kostenfrei entnommen werden dürfen. Gebühren sollten nur dann erhoben werden, wenn die »Eingeborenen« nachweislich in größerem Umfange Holzhandel betrieben. Den »kleinen« Holzhandel wolle man akzeptieren, weshalb sich der Gouverneur dafür aussprach, dass die Waldschutzverordnung in »durchaus liberaler Weise« ausgelegt werden müsse.379 Es zeigte sich, dass von Götzen handeln wollte, indem er die Forstangelegenheiten zur Chefsache machte, zumal Eckert immer noch in Europa weilte und sich mit der Ausarbeitung von Ausführungsbestimmungen Zeit ließ. Referenten gegen Gouverneur Dass sich Gouverneur von Götzen den forstlichen Angelegenheiten persönlich annahm, stieß jedoch auf Unmut in der Verwaltung. So fühlte sich der stellvertretende Forstreferent Holtz düpiert, da der Gouverneur die von ihm ausgearbeiteten Ausführungsbestimmungen abgelehnt und nun selbst einen Vorschlag unterbreitet hatte. Deshalb verweigerte Holtz die Abzeichnung der Vorschläge von Götzens. In seiner Begründung schrieb er, dass die Angelegenheit »zweifellos« seitens des Forstreferats und nicht durch den Gouverneur hätte bearbeitet werden müssen. Auch wies Holtz als Leiter des Forstamts Daressalam jede Verantwortung für die Auswirkungen des Aufstandes weit von sich. Er hielt es für »durchaus unangebracht […] auf die politischen Verhältnisse irgendwie anzuspielen; die Durchführung der Waldschutzverordnung [stehe] damit nicht im geringsten Zusammenhang.« Man habe seitens der Forstverwaltung nämlich 377 Vgl. Sunseri, War, 118, 143. 378 Vgl. Entwurf Runderlass an alle Bezirksämter, Militärstationen und die Forstverwaltung Wilhelmstal betr. Begriffsdefinition »unverwertetes Kronland« vom Dezember 1905; TNA G 8/ 508, 30. 379 Vgl. ebd.

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bisher stets an dem Grundsatz festgehalten, »den Eingeborenen gegenüber so wenig engherzig wie möglich zu verfahren.« Wenn es dennoch zu Übergriffen gekommen sei, so habe dies an den polizeilichen Unterorganen gelegen, die in »Unkenntnis und übertriebenem Diensteifer« handelten. Dies müsse man durch entsprechende Ausführungsbestimmungen unterbinden und das Personal instruieren, weitere Übergriffe zu unterlassen.380 Holtz übernahm keine Verantwortung für die Ausweitung des Aufstandes. Er schob die Entstehung der Konflikte auf eine falsche Handhabung der Waldschutzverordnung durch die afrikanischen Waldwärter ab. Dies war sicherlich eine sehr verkürzte Wahrnehmung, zumal der Bezirksamtssekretär von Tanga den Leiter des Forstamts Wilhelmstal, Gieseler, für eine rigide Handhabung der Waldschutzverordnung verantwortlich gemacht hatte. Letzterer räumte Jahre später sogar öffentlich ein, dass bei der Anwendung der Waldschutzverordnung Fehler begangen worden seien, da man bei der Kontrolle der Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland besser jede Härte gegen die einheimische Bevölkerung vermieden hätte. Es sei »diplomatischer« gewesen, vorsichtiger vorzugehen, denn die Durchführung der Waldschutzverordnung habe seinerzeit zweifelsohne »viel böses Blut gemacht«. Letztlich habe der Fiskus den Fehler begangen, auf alle Waldprodukte eine hohe Gebühr zu erheben: »Man wollte eben zu schnell zu hohe Einnahmen erzielen.«381 Doch von solchen Eingeständnissen war der stellvertretende Forstreferent Holtz im Dezember des Jahres 1905 weit entfernt, wobei man für seine Haltung in gewisser Weise durchaus Verständnis aufbringen konnte. Schließlich hatte er dem Gouverneur bereits Vorschläge zum Erlass von Ausführungsbestimmungen unterbreitet, die Erleichterungen für die afrikanische Bevölkerung vorsahen. Diese hatte von Götzen abgelehnt, weil er auf die Bearbeitung der Angelegenheit durch Eckert warten wollte. Holtz revanchierte sich nun, wobei er nicht der einzige Referent innerhalb der Verwaltung war, der den Gouverneur auflaufen ließ und keinen Zusammenhang zwischen dem Erlass der Waldschutz­ verordnung und dem Aufstand sehen wollte.382 So stellten sich mehrere Referenten gegen von Götzen, was letztendlich dazu führte, dass die Verwaltung den Verordnungsentwurf des Gouverneurs »kassierte«. Dadurch verhinderte sie eine schnelle und allgemein verbindliche Regulierung zur Erleichterung des Zugangs zu Waldressourcen für die lokale Bevölkerung. Die Verwaltung ging stattdessen dazu über, die lokalen Behörden anzuweisen, bei Problemen mit der Waldschutzverordnung von Fall zu Fall zu entscheiden. In einem Schreiben an das Forstamt Wilhelmstal und das Bezirksamt Tanga hieß es, dass sich die Waldschutzverordnung sowohl auf »herrenloses« als auch bereits okkupiertes Kronland beziehe. 380 Vgl. ebd. 381 Vgl. Gieseler, Anfänge, 229. 382 Vgl. Entwurf Runderlass an alle Bezirksämter, Militärstationen und die Forstverwaltung Wilhelmstal betr. Begriffsdefinition »unverwertetes Kronland« vom Dezember 1905; TNA G 8/ 508, 30.

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Doch verbiete es sich, von den »Eingeborenen« Erlaubnisscheine zu verlangen und Gebühren zu erheben, weil bisher noch keine Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung ergangen seien. Die Verordnung hätte noch gar nicht angewandt werden dürfen.383 Noch deutlicher fiel ein Erlass an das Bezirksamt Daressalam aus. Dieses sollte den zuständigen Forstamtsleiter, also Wilhelm Holtz, damit beauftragen, die »Mißbräuche« in der Ausführung der Waldschutzverordnung bei den entsprechenden Stellen zu rügen.384 Ferner hieß es, man könne anhand der demnächst erscheinenden Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung ersehen, dass es nicht in der Absicht des Gouvernements liege, die Gewinnung von Holz oder anderen Walderzeugnissen seitens der »Eingeborenen« auf »unverwertetem Kronland« an die Bedingung einer Erlaubnis zu knüpfen. Sollten im Bezirk Daressalam in der Zwischenzeit Maßnahmen wie die Ausstellung von Holzschlag-Erlaubnisscheinen getroffen worden sein, so möge deren umgehende Aufhebung gefälligst veranlasst werden.385 Die beiden Erlasse an die Bezirksämter waren ganz im Sinne von Holtz formuliert. Damit schien die Angelegenheit für das Gouvernement erledigt, doch mutet die Art des Krisenmanagements etwas befremdlich an. So fragt man sich, weshalb sich der Gouverneur mit seinen Vorschlägen gegenüber den Referenten in der Verwaltung nicht durchsetzen konnte. Auch bleibt rätselhaft, weshalb von Götzen auf den Erlass von Ausführungsbestimmungen warten wollte, bis Oberförster Eckert seinen Vorschlag unterbreitet hatte. Eine Erklärung hierfür lässt sich darin finden, dass von Götzen zuerst die Tragweite des Maji-Maji-Aufstands unterschätzte.386 Ferner lag sein Handeln im hierarchischen Denken jener Zeit begründet, denn er ging wohl davon aus, dass es für Eckert ein Affront gewesen wäre, wenn nicht er als Chef der Forstverwaltung die Ausführungsbestimmungen erarbeitet hätte. Man befand sich schließlich in einer Gesellschaft, wo zunächst durch einen Blick auf die Uniform mit »Notwendigkeit die Rangstufe jedes männlichen Deutschen festgestellt wurde«, wie die Schriftstellerin Frieda von Bülow kritisch bemerkte.387 Deshalb nahm sich der Gouverneur der Sache persönlich an, als diese keinen Aufschub mehr duldete. Hierdurch wollte er die Amtshierarchie wahren, womit er wiederum Holtz fachlich desavouierte. So 383 Vgl. Erlass Gouvernement an Forstverwaltung Wilhelmstal und Bezirksverwaltung Tanga vom 11. Januar 1906; TNA G 8/ 508, 32. 384 Vgl. Entwurf Runderlass an alle Bezirksämter, Militärstationen und die Forstverwaltung Wilhelmstal betr. Begriffsdefinition »unverwertetes Kronland« vom Dezember 1905; TNA G 8/ 508, 31. 385 Vgl. Erlass Gouvernement an KBA Daressalam betr. Gewinnung von Walderzeugnissen auf unverwertetem Kronland nach der Waldschutzverordnung vom 24. Januar 1906; TNA G 8/  574, 31. 386 Vgl. Iliffe, History, 171, 175–176. 387 Vgl. Frieda von Bülow, Tropenkoller. Episode aus dem deutschen Kolonialleben. Berlin 4 1911, 11.

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lähmte sich die Verwaltung aufgrund gesellschaftlicher Konventionen gegenseitig in einer Situation, die unbürokratisches Handeln verlangt hätte. Galt es doch in kolonialstaatlicher Perspektive, die Bestimmungen der Waldschutzverordnung so schnell wie möglich abzumildern oder ihre Anwendung bis zum Erlass entsprechender Ausführungsbestimmungen auszusetzen, um im Bezirk Daressalam beruhigend zu wirken und eine Ausweitung des Aufstandes in die nördlichen Bezirke zu verhindern. Bemerkenswert ist auch, dass innerhalb der Verwaltung niemand darüber sprach, die Regulierungen zur Nutzung von Waldreservaten zu lockern, die seitens der Maji-Maji-Kommission ebenfalls als ein Hauptgrund für die Ausbreitung des Aufstandes angesehen wurden. Man verhandelte lediglich darüber, die Waldressourcengewinnung auf »herrenlos« Kronland für die afrikanische Bevölkerung zu erleichtern. Darin sah man den Schlüssel zu einer Beruhigung der Situation. Das Konzept der Waldreservate blieb innerhalb der Verwaltung vorerst jedweder Kritik entzogen. Ausführungsbestimmungen Bei der Kolonialverwaltung in Berlin war nicht unbemerkt geblieben, dass es zu Problemen mit der Waldschutzverordnung und zu Missstimmigkeiten innerhalb der Gouvernementsverwaltung gekommen war. Man verlangte eine Erklärung. In Daressalam wiegelte man gegenüber der vorgesetzten Behörde ab und gab nicht zu, dass es in den Bezirken Tanga und Daressalam zu Problemen gekommen war. Der Kolonialabteilung gegenüber berichtete man, dass die Verordnung bisher nur in Bezug auf die Schaffung von Waldreservaten angewandt worden sei. Lediglich im Bezirk Langenburg und in der Landschaft Kipugu des Bezirks Mahenge sei die Gewinnung von Kautschuk untersagt worden. Man log, dass mit der Anwendung der Waldschutzverordnung so lange gewartet werden solle, bis der immer noch in Berlin weilende Oberförster Eckert die Ausführungsbestimmungen ausgearbeitet habe388, und verschwieg, dass die Anwendung der Waldschutzverordnung bereits zu schweren Problemen geführt hatte. Da sich das Gouvernement der Kolonialabteilung gegenüber bedeckt gehalten hatte und keine weiteren Auskünfte über den Zusammenhang der Waldschutzmaßnahmen mit dem Aufstand erteilte, nötigte die Kolonialabteilung Oberförster Eckert in Berlin zu einer Erklärung. In seiner Stellungnahme ging der Oberförster auf die Unklarheit des Geltungsbereichs der Waldschutzverordnung als Grund für den Aufstand ein. Er legte dar, dass der Begriff »unverwertetes« Kronland seinerzeit auf Betreiben des Gouvernementsrats in die Waldschutzverordnung aufgenommen worden sei und den Begriff »herrenlos« Kronland ersetzt habe. Dies habe erfolgen müssen, um eine sinnvolle begriffliche Abgrenzung zu den ebenfalls in der Waldschutzverordnung genannten »Waldreservaten« zu 388 Vgl. Schreiben Gouvernement an AAKA betr. die Ausführung der Waldschutzverord­ nung vom 3. Februar 1906; BArch R 1001/ 7681, 133.

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erreichen. Die Verordnung schütze nämlich sowohl die Waldbestände auf »herrenlos« (»unverwertetem«) Kronland als auch jene auf okkupiertem Kronland, das zum Waldreservat erklärt worden sei.389 Diesen weiten Geltungsbereich der Verordnung rechtfertigte der Forstreferent damit, dass es ohne den Einbezug des »herrenlos« Kronlands »allein fünfzig und mehr Jahre dauern würde, bis man soviel Waldfläche reserviert hätte, wie für die normale Bewaldung des Landes erforderlich [sei].«390 Dass es bei der Waldschutzverordnung vor allem auch um fiskalische Interessen ging, erwähnte Eckert nicht. Ebenfalls ging er nicht auf die konkreten Probleme ein, die sich aus der scharfen Anwendung der Waldschutzverordnung für den afrikanischen Holzhandel und die berechtigte Bevölkerung ergeben hatten. Statt dessen betonte er, es handele sich bei den »afrikanischen Waldungen durchweg nur um primäre Waldbestände, um Urwälder, die nicht durch menschliches Zutun, nicht durch die Tätigkeit der Landeseingeborenen, sondern lediglich durch das Wirken der Natur entstanden [seien].«391 Mit anderen Worten, Eckert behauptete gegenüber der Kolonialabteilung, dass die afrikanische Bevölkerung keinerlei Interesse am Wald habe und schon gar nicht im europäischen Sinn Verantwortung für die Schaffung und Pflege von Wäldern übernehmen könne. Dies entsprach nicht dem zeitgenössischen Wissensstand (vgl. Kap I / I I).392 Doch stand für Eckert außer Zweifel, dass alle Waldungen in der Kolonie »herrenlos« waren, weshalb dem Staat das Recht zufiel, darüber zu verfügen.393 Einen Entwurf zu den Ausführungsbestimmungen schickte Eckert im März 1906  – ein dreiviertel Jahr nach Ausbruch des Aufstandes  – von Berlin nach Daressalam. Dieser Entwurf sah Erleichterungen für die afrikanische Bevölkerung vor, doch bot er im Vergleich zu den Vorschlägen, die Holtz bereits im Dezember unterbreitet hatte, nichts Neues. Die Waldnutzung auf »herrenlos« Kronland sollte grundsätzlich gebührenfrei erfolgen können, nur umfangreiche Holznutzungen zum Zweck der gewerblichen Verwertung sollten nachträglich angemeldet werden müssen.394 Es zeigte sich, dass man beim Gouvernement schlichtweg kostbare Zeit verloren hatte, indem man auf Eckerts Entwurf wartete. In der veröffentlichten Fassung der Ausführungsbestimmungen hieß es, dass Walderzeugnisse auf »unverwertetem« Kronland bis auf Weiteres ohne vor 389 Vgl. Schreiben der Forstverwaltung an AAKA: Bericht des Oberförsters Eckert betr. Durchführung des Waldschutzes in Ostafrika vom 02. April 1906; BArch R 1001/ 7681, 173. 390 Vgl. ebd. 391 Vgl. ebd., 175. 392 Vgl. Krüger, Wald-und Kulturverhältnisse, 626; Krüger, Wald, 224, 231; Urwald, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 588. 393 Vgl. Schreiben der Forstverwaltung an AAKA: Bericht des Oberförsters Eckert betr. Durchführung des Waldschutzes in Ostafrika vom 02. April 1906; BArch R 1001/ 7681, 175. 394 Vgl. Dienstanweisung betreffend die Ausführung der Waldschutzverordnung vom 1. April 1906; BArch R 1001/ 7681, 203.

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herige Erlaubnis von jedermann genutzt werden durften. Nur auf ausdrückliches Verlangen der Behörden sei eine schriftliche Erlaubnis notwendig.395 So gesehen hatte die Aufstandsbewegung indirekt den Erfolg erzielt, dass die Nutzung von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland, die seit 1891 nur zum eigenen Bedarf unentgeltlich erfolgen durfte, allgemein freigegeben wurde. Man brauchte nicht einmal mehr einen Erlaubnisschein zu lösen. Damit hatten die einheimischen Holzhändler an Spielraum gewonnen, auch blieb der Nischenraum der kleinen Brennholzhändler unangetastet, wovon vermutlich sowohl afrikanische wie auch europäische Holzkonsumenten profitierten. Darüber hinaus formulierte man ein halbes Jahr später die Regulierungen zur Entnahme von Waldprodukten aus Waldreservaten etwas freier. In den öffentlichen Bekanntmachungen war nicht mehr die Rede von einem Verbot der Entnahme von Waldprodukten, sondern von einer Erlaubnis nach vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde. Diese Bekanntmachung war bereits vom Nachfolger von Götzens, Albrecht von Rechenberg, unterschrieben396, der in der Forstpolitik einen liberalen Kurs verfolgte. Insofern konnten die Lockerungen der forstrechtlichen Regulierungen aus afrikanischer Perspektive als mittelbarer Erfolg der Aufstandsbewegung erscheinen. Doch gab die Forstverwaltung niemals offiziell zu, dass ein Zusammenhang zwischen dem Aufstand und der Anwendung der Waldschutzverordnung bestanden hatte. Auch dürfen die forstwirtschaftlichen Zugeständnisse nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bekämpfung des Aufstands für die afrikanische Bevölkerung verheerende Folgen hatte, die mit den Konsequenzen der Niederschlagung des Herero-Nama-Aufstands in DeutschSüdwestafrika mindestens auf einer Stufe stehen. So starben durch direkte Kriegseinwirkungen, vor allem aber aufgrund einer »Domestizierungspolitik«, bei der die deutsche Marineinfanterie auf Aushungern und verbrannte Erde setzte, mindestens 75.000 Afrikaner. Die Ethnie der Ngoni wurde mittels dieser Politik durch das deutsche Militär praktisch ausgelöscht.397 Andere Schätzun­ gen gehen sogar von 250.000–300.000 Toten aufseiten der Aufständischen aus, wohingegen die Verluste für die Kolonialtruppe quantitativ gering blieben. Laut Iliffe fielen 15 Europäer, 73 Askaris und 316 Mann afrikanischer Hilfstruppen.398 Felicitas Becker spricht von ebenso vielen Europäern und ca. 1000 Askaris.399 Ferner waren auf Seite der Aufständischen nicht nur große Verluste an Menschenleben zu beklagen. Eine weitere Folge des Aufstandes war, dass sich die Natur im Süden Tansanias vormals kultivierte Landstriche zurückholte, wodurch sich die Anbaufläche für Nahrungsmittel reduzierte. Laut Iliffe hatten die 395 Vgl. Bekanntmachung des Gouvernements von Deutsch-Ostafrika betreffend Nutzung von Walderzeugnissen, in: AA, 7, 12, 1906. 396 Vgl. Waldreservate, Bekanntmachung No. 6, in: AA, 7, 24, 13. Oktober 1906. 397 Vgl. Wangoni, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 669; Gründer, Geschichte, 162–163. 398 Vgl. Iliffe, History, 200. 399 Vgl. Becker, Feldschlacht, 86.

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Menschen des südlichen Tansanias nicht nur den Krieg gegen die Kolonialmacht, sondern auch eine Schlacht in ihrem »long war with nature«400 verloren. Dies zeigte sich bspw. im Rufiyi-Delta. Dort hatten sich die afrikanischen Bewohner zwar nicht aktiv an den Kampfhandlungen gegen die deutsche Besatzung beteiligt, doch hatten sie »passiven Widerstand« geleistet, indem sie sich der Waldarbeit für die lokale Forstverwaltung entzogen. Daraufhin war der dortige Forstbetrieb während des Aufstandes zum Erliegen gekommen.401 Auch nach Beendigung der Kampfhandlungen verhielt sich die Bevölkerung nicht kooperativ, sondern praktizierte Formen alltäglichen Widerstands.402 Der zuständige Oberförster und gleichzeitige Bezirksamtmann von Mohoro, Karl Graß, berichtete dem Gouvernement im Juli 1906, dass die lokale Bevölkerung wieder mit dem »alten Schlendrian« begonnen hätte. Viele Delta-Bewohner seien zu festgesetzten Besprechungen nicht erschienen, andere nur in »sehr lässiger Weise«.403 Hier zeigte sich abermals die allgemeine Strategie der Langsamkeit.404 Darüber hinausgehend berichtete Graß, dass die Bevölkerung wieder in das »alte Übel« verfallen sei, die Häuser im dichten Busch möglichst unsichtbar anzulegen, sodass der Förster sie beim Vorbeigehen nicht ausmachen könne.405 Hierbei handelte es sich um eine andere widerständige Praxis, die von Trotha unter die Strategie der Bewegung subsummiert. In Abwanderung, Desertation, Sich-Verstecken und Fliehen sieht er unterschiedliche Grade von Freiheit und Ohnmacht der unterworfenen Bevölkerung. Aber noch in der Ohnmacht der überstürzten Flucht und in der Angst der Fliehenden kehre sich die freiheitliche Bewegung gegen die Herrschenden. Aus der Ohnmacht der Beherrschten werde eine strukturelle Ohnmacht der despotischen Herrschaft, da diese ihre personellen und organisatorischen Möglichkeiten darauf verwenden müsse, Menschen in Verstecken aufzustöbern und Fliehenden nachzujagen. Insofern rannte die Kolonialmacht gegen eine Struktur der Bewegung an, die die Freiheit innerhalb einer despotischen Herrschaft begründete, da die Befehle die Beherrschten nicht erreichten.406 Darüber zeigte sich Graß ganz besonders verärgert. Die Bevölkerung entzog sich seinem Zugriff auch nach Beendigung der Kampfhandlungen und ließ den Forstverwaltungsleiter seine Ohnmacht spüren. Hierdurch zwangen die Delta-Bewohner ihn zu einem gewissen Einlenken.407 So verzichtete Graß auf die Rekrutierung von »Strafarbeitern« für den Forstbetrieb, 400 Vgl. Iliffe, History, 202. 401 Vgl. Jahresbericht 1905/1906, 74. 402 Vgl. James C. Scott, Weapons of the weak. Everyday Forms of Peasent Resistance. New Haven 1985, 29. 403 Vgl. Bericht Bezirksamtmann Graß vom 23. Juli 1906; TNA G 1/ 97, 1. 404 Vgl. Trotha, Herrschaft, 426. 405 Vgl. Bericht Bezirksamtmann Graß vom 23. Juli 1906; TNA G 1/ 97, 1. 406 Vgl. Trotha, Herrschaft, 420. 407 Vgl. Gründer, Geschichte, 163.

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obwohl er in seiner Position als Bezirksamtmann ohne Weiteres Arbeitszwang hätte anordnen können. Vielmehr schrieb er, dass die einzelnen Ortschaften ganz unterschiedlich stark im Krieg gelitten hätten. Die Anzahl der Menschen, die durch Hunger, Krankheit oder Raubtiere gestorben seien, übersteige die Zahl derjenigen, die während direkter Kampfhandlungen getötet wurden. Dabei sei die Sterblichkeit infolge der bewussten Vernichtung von Nahrungsmitteln durch deutsche Truppen besonders unter Kindern und älteren Frauen sehr hoch. Viele Delta-Bewohner waren laut Graß in die benachbarten Bezirke Daressalam und Morogoro ausgewandert. Die meisten derjenigen, die noch vor Ort weilten, seien »unterernährt«, so der Forstbeamte. Die Männer seien vielerorts in anderen Gegenden unterwegs, um Nahrung zu finden, weshalb es Graß für aussichtslos hielt, eine genügende Anzahl an Arbeitskräften für den Forstbetrieb zu bekommen. Nicht zuletzt hielt er Zwangsrekrutierungen für ungerecht, weil hierdurch diejenigen betroffen würden, die sich zufällig gerade zu Hause aufhielten, während andere »ungetroffen« blieben.408 Hinter dieser Rechtfertigung verbarg der Forstamtsleiter, dass er seitens der lokalen Bevölkerung zur Handlungsunfähigkeit gezwungen worden war. Dabei kann an dieser Stelle aufgrund der Quellenlage nicht gesagt werden, inwieweit die Bewohner des Deltas durch Abwanderung die Folgen des Krieges mildern oder sich hierdurch dem Zugriff der Forstverwaltung entziehen wollten. Doch wird aus dem Bericht des Bezirksamtmanns deutlich, dass die Auswirkungen der Bekämpfung des Maji-Maji-Aufstandes für die afrikanische Bevölkerung im Delta verheerend waren, auch wenn sich diese lediglich passiv am Aufstand beteiligt hatte. Nicht zuletzt deshalb erlaubte das Gouvernement den Delta-Bewohnern nach dem Aufstand eine Ausweitung der Subsistenzwirtschaft. Im Jahresbericht 1909/10 war zu lesen, dass den Bewohnern des Rufiyi-Gebiets fortan gestattet sei, den Fischfang frei auszuüben und dass das Gouvernement sie bei der Anpflanzung von Kokosnüssen unterstütze. Doch hieß es ebenfalls, dass die »Arbeitslust des Negers« in gleichem Maße abnehme, wie sein relativer Wohlstand steige.409 Insofern handelte es sich bei den Erleichterungen keineswegs um eine Abkehr von grundsätzlich rassistischen Leitgedanken, sondern allenfalls um zweckmäßig erscheinende Maßnahmen zur Linderung unmittelbarer Not und Herstellung von Arbeitsmoral.

408 Vgl. Bericht Bezirksamtmann Graß vom 23. Juli 1906; TNA G 1/ 97, 2–3. 409 Die deutschen Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1909/10, 293.

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7. Kolonialreform (1906/07–1908/09) Der konservative Graf von Götzen schied Mitte April 1906 aus dem Gouverneursamt aus. In offiziellen Verlautbarungen hieß es, sein schlechter Gesundheitszustand habe ihn zu diesem Schritt gezwungen.410 Doch kann vermutet werden, dass die Konflikte innerhalb der Gouvernementsverwaltung und das verfehlte Krisenmanagement während des Maji-Maji-Aufstandes ebenfalls zu seiner Demission beigetragen haben. Der Rückzug von Götzens bedeutete für die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas den Verlust ihres politischen Mentors. Sein Nachfolger im Gouverneursamt war der dem Zentrum nahestehende Albrecht von Rechenberg, der eine reformorientierte Kolonialpolitik vertrat, mittels derer vor allem die afrikanische Landwirtschaft zu Exportzwecken gestärkt werden sollte. Die koloniale Forstwirtschaft betrachtete von Rechenberg als untergeordnete Aufgabe.411

7.1 Wirtschaftliche Bedeutung deutsch-ostafrikanischer Nutzhölzer Ungeachtet dieser politischen Veränderungen wurde Paul Otto Eckert nach seiner Rückkehr aus Berlin im Mai 1906 – scheinbar unberührt von den Vorgängen um den Maji-Maji-Aufstand – zum Regierungs- und Forstrat befördert.412 Doch hatte die Forstverwaltung hinnehmen müssen, dass ihr erster Versuch, die ausschließliche Kontrolle über alle Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland zu erlangen, gescheitert war. Schließlich war die faktische Durchsetzung der Waldschutz- und Waldreservatsverordnung sowohl auf passiven als auch offenen und gewaltsamen Widerstand einheimischer Rohstoffhändler und der ländlichen Bevölkerung gestoßen. Infolge dieses Drucks hatte die Durchführung der Waldschutz- und der Waldreservatsverordnung gelockert werden müssen, sodass die ärmere afrikanische Bevölkerung sowie die indischen und afrikanischen Händler stärker als geplant an der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland und in Waldreservaten partizipieren konnten. Ebenso profitierten die europäischen Siedler von der Liberalisierung.

410 Vgl. Götzen, Adolf Graf von, in: Deutsches Koloniallexikon, Bd. 1, 746. 411 Vgl. Gründer, Geschichte, 163–164; John Iliffe, Tanganyika under German Rule ­1905–1912. Cambridge 1969, 51. 412 Vgl. Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 74.

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Abgeordnetenreisen Der Auftritt Eckerts vor der Budgetkommission des Reichstags und bei der Kolonialverwaltung hatte nicht unbedingt einen positiven Eindruck gemacht, sondern Skepsis bezüglich der Sinnhaftigkeit eines Ausbaus der Forstverwaltung hervorgerufen. Nicht zuletzt deshalb beschlossen einige Parlamentarier, nach Deutsch-Ostafrika zu reisen, um sich vor Ort ein Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse zu machen. Es entwickelte sich in den Jahren 1906–1907 ein regelrechter Politiktourismus von der Metropole in die Kolonie, der nicht ohne forstpolitische Konsequenzen blieb. Als erster Abgeordneter reiste im Jahr 1906 der nationalliberale, spätere Reichstagsvizepräsident Hermann Paasche nach Deutsch-Ostafrika. Ihm folgten kurz nach seiner Rückkehr in die Metropole sechs weitere Reichstagsabgeordnete, die vom 23. Juni bis 6. September 1906 Deutsch-Ostafrika besuchten. Der Reisegruppe gehörten die konservativen Dr. Brunstermann, Dietrich und Arendt, der nationalliberale Lehmann sowie die beiden Zentrumspolitiker Schwarze und Kalkhof an. Diese Mischung ist interessant, handelte es sich doch um eine Reisegruppe, die aus Oppositions- und Regierungspolitikern bestand. Schwarze und Kalkhof gehörten zu den oppositionellen Politikern, die aber innerhalb der Zentrumspartei die Kolonialpolitik aktiv unterstützten.413 Der Bericht, den Kalkhof im Anschluss an die Reise der Parlamentariergruppe herausgab, enthält einige kurze Betrachtungen über Wälder unter wirtschaftlichen und ästhetischen Gesichtspunkten, jedoch keine forstpolitischen Schlussfolgerungen.414 Hingegen weist Paasches Studie, die er nach seiner ostafrikanischen Reise verfasste, eine Fülle von forstpolitischen Informationen auf. Nicht zuletzt war Paasche als Politiker unmittelbar mit der Bewilligung des deutschostafrikanischen Forstetats befasst, da er der Budgetkommission des Reichstags angehörte. Ferner saß der Kolonialpolitiker und Wirtschaftswissenschaftler in den Aufsichtsräten zahlreicher Unternehmen und galt als »Schattenmann der Zuckerindustrie«.415 Paasches Motive, nach Deutsch-Ostafrika zu reisen, dürften vielfältig ge­ wesen sein. Neben dem öffentlichen Interesse, das er als Abgeordneter zu vertreten hatte, haben auch persönliche und private wirtschaftliche Motive eine Rolle gespielt. So traf er seinen Sohn, Hans, den Naturschutzaktivisten und späteren Pazifisten, der als Seeoffizier zur Bekämpfung des Maji-Maji-Aufstands im Rufiyi-Gebiet eingesetzt war. Auch knüpfte Hermann Paasche geschäftliche Kontakte, um sich später an einem der drei großen Holzunternehmen in der 413 Vgl. Gründer, Geschichte, 68, 76–77. 414 Vgl. Richard Kalkhof, Parlamentarische Studienreise nach Deutsch-Ostafrika. Reisebriefe von Oberamtsrichter Kalkhof. Berlin 1907, 34, 61, 65–69. 415 Vgl. Werner P. Lange, Die Toten im Maisfeld. Hans Paasches Erkenntnisse aus dem Maji-Maji-Krieg, in: Felicitas Becker, Jigal Beez (Hrsg.), Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika 1905–1907. Berlin 2005, 157–158.

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Kolonie, der Deutschen Holzgesellschaft für Ostafrika, zu beteiligen. Nach eigener Auskunft reiste Paasche in die Kolonie, da ihn die Sorge quälte, in der Budgetkommission und im Plenum des Reichstags für die Ausgaben der Kolonien »Rechenschaft« ablegen zu müssen, obwohl er keine detaillierten Kenntnisse über deren Entwicklung besaß.416 Insbesondere interessierte Paasche die Entwicklung der Forstwirtschaft. Seine diesbezüglichen Eindrücke sammelte er vor allem in West-Usambara, wohin ihn die Forstverwaltung zur Begutachtung der »viel gerühmten Waldungen« des Shume- und Shagaiwaldes eingeladen hatte. Dort nutzte Paasche seine Zeit, um in Begleitung des Forstverwaltungsleiters von Wilhelmstal, Rudolf Gieseler, die Umgegend zu durchstreifen und sich von dem Vorhandensein der »vielgerühmten Zedernbestände« zu überzeugen. Paasche schien Eckerts Erzählungen von den unermesslichen Waldbeständen Deutsch-Ostafrikas und den guten Ausbeutungsmöglichkeiten zuerst nicht getraut zu haben. Doch verließ er den Shume-Wald mit dem guten Gefühl, dass die Forstverwaltung in diesen »eigenartig schönen Waldbergen […] ihr Möglichstes getan [habe].«417 Paasche war voll und ganz von den forstwirtschaftlichen Leistungen überzeugt, was seine anfänglichen Skrupel gegenüber dem hohen Forstbudget verschwinden ließ. Den positiven Eindruck versuchte er mit Daten aus den Reichseinfuhrstatistiken der Jahre 1903–1905 zu untermauern. Sie zeigten einen vermeintlich hohen Bedarf Deutschlands an tropischen Hölzern. Doch offenbarten die Zahlen – bei kritischer Betrachtung – lediglich, dass in Deutschland ein gewisser Markt für tropische Edelhölzer existierte.418 Diese vage Vermutung reichte Paasche aus, um Deutsch-Ostafrika in seiner Studie zu einer bedeutenden Produzentin bei der Nutzholzversorgung des Mutterlandes zu stilisieren. Ein genauer Blick auf die zeitgenössische Holzhandelsstatistik hätte ihn jedoch zu dem Ergebnis kommen lassen müssen, dass die Bedeutung Deutsch-Ostafrikas für den Holzmarkt in Deutschland verschwindend gering war. Dies zeigt beispielsweise die wahrscheinlich erste globale Holzhandelsstatistik – eine absolute Rarität kurz nach der Jahrhundertwende –, die das k. u. k. Ackerbau- und Handelsministerium im Jahr 1904 anfertigen ließ. ÖsterreichUngarn hatte als holzexportierendes Land ein starkes Interesse an entsprechenden Analysen. Laut dieser Studie wies Deutschland im Jahr 1900 einen Waldbestand von ca. 14 Millionen Hektar auf, was einem Anteil von 25,9 % der Landesfläche entsprach. Weichhölzer nahmen im Verhältnis zu den Harthölzern etwa viermal so viel Fläche ein, was auf eine industrialisierte Nutzholzkultur schließen lässt. Auch der Import von Holz folgte dem industriellen Imperativ, da Deutschland im Jahr 1903 Weichholz im Wert von rund 60 Millionen 416 Vgl. Paasche, Deutsch-Ostafrika, 1–3. 417 Vgl. ebd., 236, 242–244. 418 Vgl. ebd., 383.

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Reichsmark (RM) importierte, wohingegen die Harthölzer nur einen Wert von rund 9 Millionen RM ausmachten. Die USA waren bei Weichhölzern schon seit längerer Zeit der wichtigste Handelspartner. Der Wert der von dort importierten Hölzer hatte sich in den Jahren 1880–1903 von 2 Millionen RM auf 27 Millionen RM erhöht. Die Importe aus den USA umfassten im Weichholzsegment vor allem »Pitch Pine« (Fichte).419 Im Gegensatz dazu handelte es sich bei Holzimporten aus Afrika und anderen tropischen Gebieten um Harthölzer, wie Buchsbaum oder Ebenholz. Der Wert der Holzimporte aus dem afrikanischen Raum hatte sich von 1880–1902 ebenfalls stark erhöht, von 2000  RM auf 363.000  RM . Doch lagen diese Zahlen absolut gesehen weit unter den Importwerten aus den USA , wobei Deutsch-Ostafrika erwiesenermaßen im Jahr 1902 Holz im Wert von 2269 RM in das Mutterland exportierte.420 Das entsprach nur etwa 0,1 % des Wertes der Holzimporte aus den USA im gleichen Jahr und machte weniger als 1 % des Wertes der Holzimporte aus dem gesamten afrikanischen Raum aus (vgl. Tabelle 2). Insofern schien es statistisch nicht gerechtfertigt, Deutsch-Ostafrika als Handelspartner für das Reich eine bedeutende Rolle zuzubilligen. Zwar war die Handelsbilanz mit Waldprodukten stets positiv, während die Gesamthandelsbilanz zunehmend größere Defizite aufwies (vgl. Anhang IV). Doch blieb die Kolonie Zeit ihres Bestehens ein Netto-Importeur von Bauholz, wie den amtlichen Jahresberichten von 1892 bis 1912/13 zu entnehmen ist (vgl. Anhang V). Allein die Aussicht auf einen Export von »Zedernholz« aus dem Shume-Wald schien für die nahe Zukunft keine reine Spekulation zu sein. Doch hatte Eckert von schier unermesslichen Nutzholzbeständen gesprochen, die ungenutzt in Ostafrika auf ihre Erschließung warteten, was in Anbetracht der damaligen Transportverhältnisse illusorisch war. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass durch Aufforstungen und Waldschutzmaßnahmen die Bestände zu erhöhen gewesen wären, erschien es wirtschaftlich völlig unsinnig, dass Paasche – unter ausdrücklichem Hinweis auf Eckerts Denkschrift  – eine auf den staatlichen Betrieb ausgerichtete Waldnutzung zum Export von Edelhölzern aus DeutschOstafrika unterstützte. Letztendlich liegt die Vermutung nahe, dass der Politiker Paasche aus ideologischen Gründen für den Ausbau der staatlichen Forstwirtschaft in DeutschOstafrika argumentierte, da er in der forstwirtschaftlichen Kolonisation ein grundsätzlich unterstützungswürdiges zivilisatorisches Werk jenseits des ökonomischen Nutzens sah. Er saß vollends dem Eckertschen Spekulationsgebäude auf, weshalb er abschließend in seiner Studie  – ganz im Sinn des Forstverwaltungsleiters – schrieb, eine »verständige, vorsorgende Forstpolitik« liege in Deutsch-Ostafrika im Bereich des Möglichen, zumal die »Eigentumsverhält 419 Vgl. Julius Marchet, Holzproduktion und Holzhandel von Europa, Afrika und NordAmerika, Bd. 1. Wien 1904, 428, 331–432. 420 Vgl. Jahresbericht 1902/03, Anlage A. XII., 100.

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nisse« dort erst in »Entwicklung« begriffen seien. Laut Paasche hatte der Staat in Deutsch-Ostafrika noch nicht, wie in Kamerun und Deutsch-Südwestafrika, »Königreiche« an die Kolonialgesellschaften »verschenkt«, sodass der Okkupation und Reservierung großer Waldgebiete – als Hauptaufgabe einer staatlichen Forstwirtschaft – nichts im Wege stehe.421

7.2 Koloniale Reformpolitik Die Reisen Paasches und der sechs Abgeordneten standen im Zeichen eines zunehmenden öffentlichen Interesses für kolonialpolitische Fragen in Folge der Krisen des Maji-Maji-Aufstands in Deutsch-Ostafrika und des Herero-NamaAufstands in Deutsch-Südwestafrika. Zwar zeigte die wirtschaftliche Entwicklung im deutschen Kolonialreich nach 1900 einen leichten Aufwärtstrend, doch ließen die Aufstände Rufe nach einer Reform bisheriger Praktiken und nach einer Reflexion über ein zweckmäßiges Kolonialkonzept laut werden.422 Eine Korrektur der konservativen, staatszentrierten Kolonialpolitik, die die Siedlerinteressen in den Mittelpunkt stellte, erschien zugunsten eines liberalen Ansatzes, der stärker die einheimische Bevölkerung und den Handel berücksichtigte, geboten. Nicht zuletzt deshalb wurde im September 1906 der linksliberale Bankier Bernhard Dernburg zum neuen Leiter der Kolonialabteilung berufen. Dernburg hatte zuvor die Darmstädter Bank sowie eine deutsche Firma in New York geleitet und sich einen Ruf als Sanierer maroder Unternehmen erworben.423 Er galt als aufgeschlossener Mann der Wirtschaft, als ein »Macher«424. Seine Berufung durch Reichskanzler von Bülow war innenpolitisch motiviert. Sie sollte die Freisinnigen aus der Opposition in das Regierungslager ziehen und die Kolonialkritiker im Reichstag beruhigen.425 »Hottentottenwahl« Zwar scheiterte Bernhard Dernburg gleich zu Beginn seiner politischen Karriere als Leiter der Kolonialabteilung mit einem Antrag im Reichstag, die Aufstockung des Truppenkontingents im Kolonialkrieg gegen die Herero und Nama durch einen Nachtragshaushalt zu finanzieren. Doch festigte dies letztendlich seine Position, da es infolge der Ablehnung des Nachtragshaushalts zur Auflösung des

421 Vgl. Paasche, Deutsch-Ostafrika, 390–398, 402. 422 Vgl. Schiefel, Dernburg, 39. 423 Vgl. ebd.; Dernburg, Bernhard, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 295; Kolonialabteilung, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 2, 322. 424 Vgl. Henri Brunschwig, L’ Expansion Allemande Outre-mer du XVe Siècle a Nous Jours. Paris 1957, 167. 425 Vgl. Schiefel, Dernburg, 38–40.

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Parlaments und zur Neuwahl im Januar 1907, der sog. »Hottentottenwahl«426, kam. Somit ist davon auszugehen, dass das Scheitern des Nachtragshaushalts von der Regierung einkalkuliert worden war, zumal der amtierende Reichskanzler Bernhard von Bülow glaubte, eine Neuwahl mit einer Mehrheit aus Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen für sich entscheiden zu können. Eckpunkte des Kolonialwesens Dernburg entfaltete im Wahlkampf eine starke kolonialpolitische Agitation, mit der er seinen Teil zu einem positiven Ausgang der Wahl im Sinne der Regierung beitragen wollte. Zwar hatte er noch kein Kolonialprogramm, als er sein Amt antrat, doch entwickelte er im Wahlkampf 1906/07 einige Eckpunkte. Bei seiner auf das jeweilige Publikum zugeschnittenen »Propagandatätigkeit« schilderte er die deutschen Kolonien in hoffnungsvoll frohen Farben, voller Optimismus mit Blick auf die ökonomischen Zukunftsaussichten. Ziel seiner Reden war, eine Welle nationaler Begeisterung für die Kolonien hervorzurufen, um den Kolonialkritikern innerhalb von Zentrum und Sozialdemokratie eine Wahlniederlage zu bereiten. Dernburgs Leitlinien einer neuen Kolonialpolitik fügten sich in bestehende Reformideen ein.427 Er formulierte, dass man bisher bei der Kolonisation »Zerstö­rungsmittel« angewandt habe, wohingegen er »Erhaltungsmittel« in den Vordergrund stellen wolle. Dazu zählte er die »fortgeschrittene theoretische und angewandte Wissenschaft« auf allen Gebieten, aber auch die Kunst (vgl. S. 158–162).428 Dieser Gedanke war grundlegend für Dernburgs Kolonialkonzept, wobei die Kolonisation für ihn gleichbedeutend mit der »Nutzbarmachung des Bodens, seiner Schätze, der Flora, der Fauna und vor allem der Menschen zugunsten der Wirtschaft der kolonisierenden Nation« war. Letztere sei wiederum »zur Gegengabe ihrer höheren Kultur, ihrer sittlichen Begriffe, ihrer besseren Methoden verpflichtet.«429 Dernburg glaubte, dass eine rationale, auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhende Kolonialpolitik einen zivilisatorischen Fortschritt für die einheimische Bevölkerung bedeuten müsse.430 Doch stellte Dernburgs Reformpolitik laut seines Biografen Schiefel keine Alternative zum Imperialismus dar, sondern nur zu bestimmten irrationalen und inhumanen Zügen der Kolonisation. Denn Dernburg verschloss sich trotz einer rationalpragmatischen Grundeinstellung den nationalen und imperialen Anschauungen seiner Zeit nicht. Schließlich betrachtete er den deutschen Kolonialbesitz primär 426 Im Volksmund wurden die Nama »Hottentotten« genannt, vermutlich eine ursprünglich holländische Spottbezeichnung; vgl. Hottentotten, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 2, 77. 427 Vgl. Schiefel, Dernburg, 56–57, 62, 139. 428 Vgl. Dernburg, Zielpunkte, 9. 429 Vgl. ebd., 5. 430 Vgl. Schiefel, Dernburg, 60.

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unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ihm galten die Kolonien als Regula­ toren der Weltmärkte, von denen das Reich abhängig war.431 Auch der kolonialen Forstwirtschaft stand Dernburg zunächst positiv gegenüber. Deren wissenschaftlicher Ansatz einschließlich des Prinzips der Nachhaltigkeit passte in sein reformorientiertes Programm. Ferner mussten ihm die Pläne Eckerts sinnvoll erscheinen, da sie auf eine Brechung der starken US -amerikanischen Stellung auf dem internationalen Holzmarkt zielten. So betonte Dernburg in einer Wahlkampfrede im Januar 1907 vor den Mitgliedern des Deutschen Handelstags, dass Deutschland jährlich für 9 Millionen RM tropische Nutzhölzer beziehe, die es nach übereinstimmendem Urteil von Sachverständigen zum größten Teil in eigenen Kolonien gewinnen könne. Beispielsweise zeige ein Gutachten der ostafrikanischen Forstverwaltung (Eckerts Denkschrift), dass dort allein 250.000 ha »Hochwald« stünden, die in Küstennähe mit Zedernholz und Mahagoni durchsetzt seien. Weitere 1 bis 2 Millionen Hektar solchen Waldes befänden sich nur 50 km landeinwärts. Ein Unternehmer in Ostafrika, Clemens Denhardt, der bereits 1600 Arbeiter in der Holzproduktion beschäftige, schätze die in Ostafrika und Kamerun vorhandenen Mangrovenbestände auf mindestens 120.000 ha und beziffere deren Wert auf 850 Millionen RM . Die Baumrinde der Mangroven liefere wertvolle Gerbstoffe, die Deutschland alljährlich für viele Millionen RM importiere. Allein deshalb lohne sich eine Ausbeutung von Waldbeständen in Ostafrika und Kamerun. Doch wollte Dernburg mehr, ihm ging es um die Kontrolle des internationalen Baumrindenmarkts. Er zielte darauf, die marktbeherrschende Stellung Argentiniens sowie die »monopolistischen Tendenzen« von Nordamerikanern im Geschäft mit südamerikanischer Gerbstoffrinde zu brechen.432 Die USA schienen nicht nur für den internationalen Holzmarkt eine bedeutende Rolle zu spielen, sondern waren, wenn man Dernburgs Worten glauben darf, auf dem globalen Gerbstoffrindenmarkt die schärfste Konkurrenz der deutschen Kolonien. Insofern setzte der Leiter der Kolonialabteilung seine Hoffnungen auf die forstwirtschaftlichen Möglichkeiten Deutsch-Ostafrikas und Kameruns. Als wirtschaftspolitisches Ziel strebte er an, sich von Nutzholz- und Gerbstoffimporten aus den USA unabhängig zu machen und bei der Gerbstoffrindenproduktion die Nummer eins auf dem Weltmarkt zu werden. Doch waren diese forstwirtschaftlichen Zielformulierungen recht vage gehalten, wie auch andere Eckpunkte in Dernburgs Kolonialprogramm. Schließlich ging es ihm im Wahlkampf nicht darum, konkrete Vorschläge zur Reform der Kolonialpraxis vorzulegen, sondern bei den Wählern und in Wirtschaftskreisen für die »verrufenen« Kolonien zu werben und einen Weg aus deren Krise anzudeuten.433 431 Vgl. ebd., 42, 59, 142. 432 Vgl. Dernburg, Zielpunkte, 45–46. 433 Vgl. Schiefel, Dernburg, 65.

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Gunst der Stunde Der Plan der Regierung ging in groben Zügen auf, da es nach der Wahl zur Bildung des sog. »Bülow-Blocks« aus Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen kam.434 Diese Parteien unterstützten die koloniale Reformpolitik, woraufhin das Kolonialwesen neu geordnet wurde. Dies schloss in der Metropole eine Umstrukturierung der Verwaltung ein. Aus dem AAKA wurde im Mai 1907 eine eigenständige Behörde, das Reichskolonialamt. Dieses leitete der Kolonialreformer Bernhard Dernburg fortan als Staatssekretär im Ministerrang.435 Die neue Führungsfigur in der deutschen Kolonialpolitik hatte auch in Deutsch-Ostafrika Interesse geweckt. So nutzte Paul Otto Eckert im Februar 1907 direkt nach der gewonnenen Wahl die Gunst der Stunde, um bei Dernburg einen Vorschlag zur Aufhebung des Ausfuhrzolls auf staatliche Holzexporte aus Deutsch-Ostafrika vorzulegen. Er argumentierte, dass der »Reichtum der Kolonie an wertvollsten Hölzern« auf eine baldige Ausfuhr dränge. Die im Schutzgebiet einsetzende intensive fiskalische Forstkultur lasse die Wahrscheinlichkeit nahe heranrücken, dass das Gouvernement demnächst selbst auf dem Weltmarkt mit seinen Holzvorräten erscheine und somit in die Reihe der exportierenden »Erwerbsunternehmen« eintrete.436 Eckert wollte durch die Aufhebung des Ausfuhrzolls auf staatliche Holzexporte dem fiskalischen Forstbetrieb einen Vorteil gegenüber privaten Unternehmern verschaffen. Doch schrieb er nach Berlin, dass er den privaten Unternehmern keine »vernichtende Konkurrenz« bereiten wolle, da sich ohne deren Beteiligung die Ausnutzung der Waldbestände nur in engen Grenzen abspielen könne und dem Fiskus sonst Pachteinnahmen entgingen. Insofern sollte die Aufhebung des Zolls primär dem Zweck dienen, die ostafrikanischen Hölzer auf den Märkten im Ausland, insbesondere aber in Deutschland, bekannt und konkurrenzfähig gegenüber amerikanischen Hölzern zu machen.437 Mit anderen Worten, die durch den Staat zollfrei exportierten Hölzer sollten als Anschub dienen, um die Nachfrage nach Hölzern aus Deutsch-Ostafrika zu steigern und die USA auf dem internationalen Holzmarkt zu verdrängen. Eckert wollte den »Kampf« gegen das in großen Massen auf den Markt gebrachte amerikanische Holz mit Dumpingpreisen aufnehmen, was ganz in Dernburgs Sinn sein musste. Wenn die Belastung von 5 % Ausfuhrzoll auf deutsch-ostafrikanische Hölzer sowohl für bearbeitetes als auch unbearbeitetes Holz aufgehoben würde, so Eckert, könne »unser« Podocarpus das amerika 434 Vgl. ebd. Aufgrund der damaligen Wahlkreisaufteilung mit Mehrheitswahlrecht siegte die konservativ-nationalliberale Seite, obwohl die Opposition verhältnismäßig mehr Wählerstimmen erhalten hatte; vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, 1009–1010. 435 Vgl. Reichskolonialamt, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 148; https://www.dhm.de/ archiv/ausstellungen/namibia/stadtspaziergang/reichskolonialamt.htm (Zugriff: 18.10.2020). 436 Vgl. Abschrift Schreiben Forstreferat an Gouvernement vom 21. Februar 1907; TNA G 8/  850, o. p. 437 Vgl. ebd.

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nische »Picht Pine« auf dem Weltmarkt ersetzen, »Khaya« das Mahagoni und »Juniperus usambarensis« die »Cedrus virginiana«. Auch sah Eckert die Möglichkeit, ostafrikanisches Grenadille- (Senegal Ebenholz) und Mvuleholz als Ersatz für Mahagoni nach Deutschland zu exportieren.438 Diese Argumentation lag ganz auf der von Paasche und Dernburg vorgezeichneten wirtschaftspolitischen Linie, die auf weitgehende Autarkie setzte. Zur Verwirklichung dieser Idee wäre es allerdings mindestens notwendig gewesen, dass Kolonie und Metropole einen geschlossenen Wirtschaftsraum ohne Zollschranken gebildet hätten. Nur unter dieser Bedingung hätte der Handel mit Hölzern aus Deutsch-Ostafrika volkswirtschaftliche Vorteile bieten können. Solange dies nicht der Fall sei, so Eckert, könne die staatliche Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika nicht rentabel arbeiten. Einem »aussichtsreichen, emporblühenden Erwerbszweige« bleibe die Entwicklungsmöglichkeit genommen.439 Dernburgs Reise In Berlin legte man Eckerts Vorschläge Staatssekretär Dernburg am 8. August 1907 vor. Dieser äußerte sich abwartend und wollte eine Entscheidung über die Aufhebung des Ausfuhrzolls erst im Anschluss an eine für September 1907 geplante Reise nach Deutsch-Ostafrika treffen.440 Die nachfolgende Reise Dernburgs bildete den Höhepunkt der Politikerreisen in die Kolonie und war insofern ein Novum, als dass vor ihm lediglich Paul Kayser als Dirigent der Kolonialabteilung im Jahr 1892 nach Deutsch-Ostafrika gereist war. Somit war Dernburg der zweite Leiter der Kolonialbehörde, der Deutsch-Ostafrika besuchte, und der erste, der in das Landesinnere reiste.441 Der Sägewerks- und Plantagenbesitzer Wilkins war mit von der Partie. Dessen Zedernpachtgebiet im Shume-Wald sollte Teil des Besichtigungsprogramms werden.442 Denn die Forstverwaltung wollte Dernburg auf die gleiche abenteuerliche Reise schicken, die sie zuvor hatte Hermann Paasche angedeihen lassen. Der Staatssekretär sollte ebenso wie Paasche während einer Übernachtung auf der Forststation Shume von der Notwendigkeit der kolonialen »Waldkultur« überzeugt werden. Doch ließen sich Dernburg und sein engster Berater Walther Rathenau443 von den dargebotenen »Urwald«-Impressionen nicht in gleicher Weise beeindrucken 438 Vgl. ebd. 439 Vgl. ebd. 440 Vgl. Vermerk auf Abschrift Schreiben Forstreferat an Gouvernement vom 21. Februar 1907; TNA G 8/ 850, o. p. 441 Nach Dernburg besuchte noch Kolonialstaatssekretär Wilhelm Solf die Kolonie; vgl. Schiefel, Dernburg, 66; Walther Rathenau Tagebuch 1907–1922, Hartmut Pogge von Strandmann (Hrsg.). Düsseldorf 1967, 55. 442 Vgl. ebd., 57. 443 Vgl. Fritz Wildhagen, Afrika kam durch die Luft. Erinnerungen, Novellen, Capricci. Heidelberg 1998, 12.

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Abb. 25: Forststation Shume. Aus: Leibniz-Institut für Länderkunde, Archiv für Geographie, AlbAf_46_0043.

wie Paasche. Sie verweigerten sich der Vereinnahmung durch die Forstverwaltung und deren Versuch, dem hohen politischen Gast »potemkinsche Dörfer« vorzuführen.444 Dernburg war keineswegs gewillt, sich nur einseitig durch die Beamtenschaft informieren zu lassen.445 Er äußerte sich nach dem Besuch der Forststation Shume kritisch zu den hohen Kosten der Forstverwaltung und stellte den von Eckert ausgearbeiteten Arbeits- und Organisationsplan infrage.446 Insbesondere sollte jedwede Planung zum Ausbau staatlicher Forstbetriebe zwecks Holzexports nach Übersee zukünftig unterbleiben.447 Zurück in Berlin sprach sich Dernburg für die Beibehaltung des Ausfuhrzolls aus. Bevor dieser falle, 444 Vgl. Michael Pesek, Praxis und Repräsentation kolonialer Herrschaft. Die Reise des Staatssekretärs Bernhard Dernburg nach Ostafrika, 1907, in: Susanne Baller, Ruth Schilling, Ines Stolpe, ders. (Hrsg.), Die Ankunft des Anderen. Repräsentationen sozialer und politischer Ordnungen in Empfangszeremonien. Frankfurt a. M. 2008, 207. 445 Vgl. Schiefel, Dernburg, 67. 446 Vgl. Vermerk auf Abschrift Schreiben Forstreferat an Gouvernement vom 21. Februar 1907; TNA G 8/ 850, o. p. 447 Vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an Gouvernement: Zur Frage der Abänderung des Arbeits- und Organisationsplans der Forstverwaltung vom 25. Oktober 1907; TNA G 8/ 848, 62.

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müsse die Forstverwaltung eine generelle Kalkulation anstellen, ob eine Zollsenkung von 10 % oder 5 % die Ware wirklich konkurrenzfähig mache. Dernburg rechnete, auf vage Spekulationen wollte er sich nicht einlassen.448 Während er noch im Wahlkampf die Möglichkeiten gepriesen hatte, forstwirtschaftliche Produkte aus deutschen Kolonien auf dem Weltmarkt zu platzieren, nahm er von solchen Gedanken infolge seiner Reise Abstand. Diese veränderte Einstellung war vor allem auf den Einfluss von Rechenbergs zurückzuführen. Denn im Zug seiner Ostafrikareise hatte Dernburg viele Konzepte des Gouverneurs übernommen. So stellte Dernburg nicht länger die Siedlerinteressen oder die Forstwirtschaft in den Mittelpunkt der Kolonialpolitik, sondern die Förderung der afrikanischen Landwirtschaft zur Produktion für den Weltmarkt. Die neue Leitlinie lautete »Markt statt Siedlungsland«, zumal von Rechenberg die Kolonie Deutsch-Ostafrika nach den Erfahrungen mit dem Maji-Maji-Aufstand mit einem »Minimum an Kosten und Kraft« beherrschen wollte. Davon ließ sich Dernburg überzeugen. Er betrachtete fortan die »Eingeborenenproduktion« als das »Rückgrat des ostafrikanischen Wirtschaftslebens«, weshalb er auf Investitionen in die Infrastruktur und in das heimische »Humankapital« setzte. Das ging mit einer Förderung der lokalen landwirtschaftlichen Produktion und einer Wendung gegen Zwangsarbeit einher. Mit diesem Programm anerkannte Dernburg die Bedeutung der afrikanischen Ökonomie, die kolonialwirtschaftlich ausgenutzt werden sollte, anstatt den Siedlern und Plantagengesellschaften das Geschäft zu überlassen. Damit erwies sich der Kolonialstaatssekretär als »gelehriger Schüler« des Kolonialexperten von Rechenberg, dessen Ansichten er sich bereitwillig zu Eigen gemacht hatte.449 Dernburg wandte sich gegen das wirtschaftliche Phänomen der »colonial sclerosis«, das laut Frederik Cooper und Ann Laura Stoler die koloniale Ökonomie kennzeichnete. Es äußerte sich darin, dass für koloniale Unternehmen die Möglichkeit bestand, Hilfe vom Staat bei der Beschaffung billiger Arbeitskräfte und bei der Gewinnung natürlicher Ressourcen zu erhalten. Dies führte zu dem unternehmerischen Unvermögen, Innovationen und Produktivitätssteigerungen herbeizuführen, wodurch der Aufbau einer integrierten und differenzierten regionalen Wirtschaft in kolonialen Gebieten unmöglich gemacht wurde.450 448 Vgl. Vermerk auf Abschrift Schreiben Forstreferat an Gouvernement vom 21. Februar 1907; TNA G 8/ 850, o. p. Ob auch andere Faktoren gegen die Senkung des Zolls sprachen, etwa eine potenzielle Belastung des Verhältnisses zum Handelspartner USA, kann an dieser Stelle nicht mit Sicherheit gesagt werden, da bisher keine Studie existiert, die die Zollpolitik des Kaiserreichs im globalen Kontext behandelt. Auch bei Cornelius Torps Studie zur Außenwirtschaftspolitik des Kaiserreichs wird man nicht fündig. Dieser erwähnt die deutschen Kolonien nicht einmal; vgl. Cornelius Torp, Die Herausforderung der Globalisierung. Wirtschaft und Politik in Deutschland 1860–1914. Göttingen 2005. 449 Vgl. Schiefel, Dernburg, 68–70, 114; Conrad, Kolonialgeschichte, 36–37. 450 Vgl. Cooper, Stoler, Metropole, 19.

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Walther Rathenaus Forstprogramm Dernburg hatte noch auf der Rückreise von Deutsch-Ostafrika gemeinsam mit Walther Rathenau die Eckpunkte eines kolonialwirtschaftlichen Programms für Deutsch-Ostafrika festgelegt, auf dessen Grundlage die Kolonie nach wissenschaftlichen Maßstäben entwickelt werden sollte. Dazu gehörte eine Reform des Forstwesens. Die schriftliche Ausarbeitung des Programms besorgte Walther Rathenau, indem er eine weit vorausschauende Schrift über die zukünftige Entwicklung der Kolonie verfasste, die bisher in der Forschung zu kolonialen Waldkonflikten nicht beachtet worden ist. Doch enthält das Programm viele forstwirtschaftlich relevante Aspekte. Rathenau konzipierte die koloniale Forstwirtschaft als Teil eines umfassenden Programms zur Veränderung der Umweltbedingungen in Deutsch-Ostafrika. Die Hauptaufgabe der staatlichen Forstverwaltungen sollte fortan allein darin bestehen, die Waldbestände in der Kolonie aus konservatorischen Gründen zu »verbessern«. Denn Rathenau hatte auf der Reise den Eindruck gewonnen, dass Waldbestände in nur geringer Zahl und mäßiger Ausdehnung vorhanden seien, was zu einer Unregelmäßigkeit der Bewässerung in der Kolonie führe.451 Diese Einordnung der forstwirtschaftlichen Aufgaben in einen größeren Entwicklungszusammenhang entsprach ganz dem kolonialreformerischen Denken, wobei erstaunlich ist, dass Rathenau so deutlich auf eine Verbesserung der Umweltbedingungen als Voraussetzung der kolonialwirtschaftlichen Entwicklung setzte. Im Mittelpunkt seines Programms stand eine Strukturreform zur Schaffung eines Amtes für »Landeshygiene«, das sich neben Krankheitsbekämpfung, Bewässerung und Landesvermessung auch um das Berg- und Forstwesen kümmern sollte.452 Die neue »Umweltbehörde« sollte von einem Beamten geführt werden, der mit »klarem Blick ohne wissenschaftliche Voreingenommenheit« jede Frage individuell zu behandeln verstand. Des Weiteren sollte man sich für Expertisen und Versuche nicht allein auf den eigenen Beamtenstab stützen, sondern versuchen, die besten internationalen Sachverständigen zu einer vorübergehenden Betätigung im »Schutzgebiet« zu gewinnen. Der neuen Behörde sollte auch das im Jahr 1902 gegründete Biologisch-Landwirtschaftliche Institut in Amani angegliedert werden, das Rathenau als »Gelehrtenrepublik« beschrieb. Dessen Leiter Franz Stuhlmann bezeichnete er als einen »bedeutenden Mann«, der wohl gute Chancen gehabt hätte, die neue Behörde zu leiten.453 Die Forstabteilung des geplanten Amtes für »Landeshygiene« sollte extensive »Aufforstungsarbeiten« durchführen, worunter Rathenau ausschließlich die »natürliche Verjüngung« von einheimischen Beständen, jedoch keine teuren 451 Vgl. Walther Rathenau, Erwägungen über die Erschließung des Deutsch-Ostafrikanischen Schutzgebietes, in: ders., Reflexionen. Leipzig 1908, 144. 452 Vgl. ebd., 170. 453 Vgl. ebd., 172–173.

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Aufforstungen, verstand. Einer Ausrichtung der staatlichen Forstwirtschaft auf die Nutzholzproduktion und -verwertung erteilte er eine klare Absage. Mit direktem Bezug auf die von Eckert vor der Budgetkommission vorgetragenen Zahlenangaben schrieb er, dass selbst unter verbesserten Verkehrsbedingungen die Waldbestände der Kolonie der »Kalkulation nicht stand[hielten].«454 Aufgrund seiner eigenen Beobachtungen wusste er, dass wertvolle Hölzer nur vereinzelt vorkamen und sich nur mit hohen Kosten gewinnen ließen, während die mittleren Qualitäten allein aufgrund der Werbungs- und Transportkosten nicht rentabel waren. Hinzu traten Zinsverlust und Versicherungsprämien, weshalb Rathenau eine Wirtschaftlichkeit der Forstverwaltung in DeutschOstafrika »in mäßigem Umfang« lediglich für die Mangrovenholzgewinnung in den »Sumpfgebieten des Rufiyi« als gegeben ansah. Nur hier sollte weiter in staatlicher Regie gewirtschaftet werden dürfen. Doch vermutete Rathenau, dass sich mit Gerberakazienkulturen, die er in West-Usambara gesehen hatte, ebenfalls ein Gewinn erwirtschaften ließ, den er allerdings privaten Unternehmen überlassen wollte.455 Rathenau setzte den Rotstift am forstwirtschaftlichen Haushalt an und kritisierte die bisherige Forstpolitik scharf. Es dürfe in Deutsch-Ostafrika nicht länger darum gehen, möglichst viele Förster einzustellen, um diese nach europäischem Vorbild mit der Erhaltung, Verwertung und Anschonung wertvoller Waldbestände zu beschäftigen. Entlang dieses Denkens habe sich die Forstwirtschaft in der Kolonie personell bereits »deutschen Verhältnissen« angenähert, ohne dass an eine »forstmännische Ausbeutung« der Hölzer guter und mittlerer Qualität in absehbarer Zeit zu denken sei. Er erteilte einem »Forstbetrieb nach europäischer Art« eine Absage und sprach sich stattdessen für die Einführung einer »afrikanischen Forstwirtschaft« aus. Dies war ein Wendepunkt in der kolonialen Forstpolitik, die sich fortan sehr viel stärker unter Rekurs auf lokale Bedingungen und nicht in Anlehnung an das europäische Forstmodell entwickeln sollte. Dernburg und Rathenau wollten den staatlichen Forstbetrieb nicht ganz schließen, doch, so Rathenau, könne diesem nur aufgrund von veränderten Mitteln und Zielen eine neue »Existenzberechtigung« zuwachsen.456 Die Zielpunkte des kolonialen Forstwesens in Deutsch-Ostafrika lauteten fortan: Erhaltung der vorhandenen Bestände, ohne Rücksicht auf baldige Verwertung und somit unter möglichster Kostenersparnis, Schaffung neuer Bestände von großer Ausdehnung, insbesondere zur Bewaldung der Bergkuppen und Hänge, ohne Rücksicht auf besondere Qualitäten der Hölzer und gleichfalls mit geringen Kosten.457

454 Vgl. ebd., 153. 455 Vgl. ebd. 456 Vgl. ebd., 166. 457 Ebd.

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Dieses Programm rüttelte am Kern des professionellen Selbstverständnisses der Forstbeamten, die ihre primäre Aufgabe in der nachhaltigen Produktion und Verwertung von Nutzhölzern sahen. Allein einen Lichtblick schien es aus kolonialforstlicher Perspektive zu geben. Rathenau wollte zur Umsetzung seiner landeshygienischen Vorstellung das Konzept der Waldreservate beibehalten. Die Brandreservate hatten ihn überzeugt, da er gesehen hatte, dass sich die »Poriflächen« in Ostafrika binnen weniger Jahre wieder selbst bewalden, wenn man sie abschloss und gegen die periodischen Grasbrände schützte. Die Flächen würden sich »allmählich in hochstämmige, schattige Bestände verwandeln, in denen das Dorngestrüpp von Laubbäumen verdrängt [werde]«. Die Waldreservate verursachten nur geringe Kosten, da es zur Bewachung und zum Brandschutz nur einer kleinen Organisation bedurfte, um »Feuchtigkeitsreservoire« zu schaffen, die sich allmählich »ausgleichend« auf die Bewässerung des Landes auswirken konnten.458 Über die negativen ökologischen und ökonomischen Folgen von Brandverboten (vgl. Kap III und V) schien Rathenau nicht unterrichtet gewesen zu sein. Deshalb stellte er den Brandschutz in den Mittelpunkt seiner Überlegungen zur »Wiederbewaldung« der Kolonie, die in seinem Meliorationsprogramm eine zentrale Rolle spielte. Doch waren seine Überlegungen nicht neu. Der Gedanke, die Umweltverhältnisse durch den Grad der Bewaldung steuern zu können, war bereits in früheren Verordnungen aufgetaucht (vgl. S. 196, 258 f.). Nur hatte Rathenau die Wertigkeit der forstwirtschaftlichen Aufgaben neu definiert. In Afrika sollten konservatorische und nicht wirtschaftliche Aufgaben an erster Stelle stehen. Dabei ist auffällig, dass er die Interessen der afrikanischen Bevölkerung mit keinem Wort erwähnte.459 Seine Planungen waren daher in ähnlicher Weise »europäisch« wie die der Förster. Zwar forderte er Zurückhaltung von der Forstverwaltung, doch fußten seine Überlegungen grundsätzlich in der Überzeugung, dass »die alten Kulturvölker ihren Nachkommen dafür verantwortlich [seien], daß irdische Naturschätze an keiner Stelle brachgelegt und abgesperrt bleiben dürfen.«460 Joachim Radkau spricht mit Blick auf Rathenau von einem »Umweltbewusstsein des imperialen Zeitalters«, das sich im Wettlauf um die letzten freien Ressourcen, die letzten »weißen Flecken« auf der Weltkarte, äußerte.461 Es waren ebenfalls die Doktrinen von terra nullius und effektiver Okkupation, die Rathenaus Denken kennzeichneten. Darin unterschied sich das kolonialreformerische Konzept nicht von seinem konservativen Vorläufer. Nur sah Rathenau die privaten Kolonialunternehmen und nicht den Staat in der Rolle, die primären Waldressourcen auszubeuten. Fragen der Nachhaltigkeit bei 458 Vgl. ebd., 166–167. 459 Vgl. Werner Schiefel schreibt, dass Rathenau gegenüber der afrikanischen Bevölkerung sehr viel rassistischer eingestellt gewesen sei als Dernburg; vgl. Schiefel, Dernburg, 73. 460 Vgl. Rathenau, Erwägungen, 148. 461 Vgl. Radkau, Natur, 198.

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der Waldressourcennutzung spielten für ihn keine Rolle. Er setzte auf ein liberales Kolonialforstkonzept, wie es von dem Forstwissenschaftler Endres vertreten wurde (vgl. S. 119–121). Das Forstwesen in der Kolonie sollte in der Folgezeit stärker von privaten Kräften geprägt sein, während der Staat allein für den Waldschutz im konservatorischen Sinn zu sorgen hatte. Bestätigung im Reichstag Rathenaus Ausführungen zur Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika läuteten eine neue Phase der Forstpolitik in der Kolonie ein. Dies zeigte sich bei der Haushaltsdebatte im Reichstag im Frühjahr 1908. Dort betonte der nationalliberale Abgeordnete Semler  – nicht zu verwechseln mit gleichnamigem Kolonialexperten –, dass die Forstwirtschaft und die Forstbeamten in fast allen Kolonien in erster Linie nicht vor der Aufgabe stünden, die »Schätze der Kolonien durch Abforstung auszulösen«, sondern die dortigen Wälder zu erhalten und die »Beforstung« waldarmer Distrikte zu fördern. Es sei bereits zu einem Gemeinplatz geworden, dass »Urwald nicht Nutzwald bedeute, sondern daß Urwald und Nutzwald ganz verschiedene Dinge [seien], auch wenn im Urwald hin wieder einmal ein nutzbarer Baum [vorkäme].«462 Für Deutsch-Ostafrika sei man zu der Einsicht gelangt, dass die dort nur noch »spärlich vorhandenen Urwaldbestände« zu schützen und zu vermehren seien, nicht um sie in Nutzwälder umzuwandeln, sondern um sie aus landeshygienischen Gründen zu bewahren. Die Rede Semlers zeigte, eine wirtschaftliche Betätigung staatlicher Forstverwaltungen in den deutschen »Schutzgebieten« war politisch nicht mehr vertretbar.

7.3 Von der »europäischen« zur »afrikanischen« Forstwirtschaft Der forstpolitische Wind hatte sich gedreht, und die Forstverwaltung verlor zusehends ihre Rückendeckung in Berlin und Daressalam. So musste Forstdirektor Eckert hinnehmen, dass die zentrale Behörde in Berlin fortan vage Prognosen nicht länger als Grundlage zur Finanzierung der staatlichen Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika akzeptierte. Dernburg und von Rechenberg leiteten umfassende Reformen ein. Sie wollten die wirtschaftlichen Verhältnisse für die afrikanische Bevölkerung verbessern. Das despotische Element kolonialer Herrschaft sollte zugunsten des bürokratischen Elements in den Hintergrund gedrängt werden. Damit erhielt der Erwerb von Wissen für die staatliche Forstverwaltung einen höheren Stellenwert. Denn laut Trutz von Trotha ist erfolgreiche bürokratische Herrschaft darauf angewiesen, quantitatives Wissen zu generieren, da

462 Vgl. Semler, Rede zum Reichshaushalt vom 17. März 1908, in: Stenographische Berichte der Verhandlungen des Reichstags, 231. 1907/08, 4022.

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sich nur auf dessen Grundlage allgemeine Regeln des Verwaltungshandelns ent­ wickeln lassen. Hingegen sei despotische Herrschaft nicht auf Wissen angewiesen, da gewalttätige Willkür es nicht nötig habe, Zusammenhänge zu ergründen, sondern Tatsachen schaffe. Despotisches Handeln und Gewalt müsse man als »machtvolle Antwort auf die Ohnmacht des Nichtwissens« interpretieren. Gewalt und Willkür seien die »Rationalität einer Herrschaft ohne Wissen«.463 Von dieser despotischen »Rationalität« wollten sich die Kolonialreformer verabschieden, weshalb Dernburg zur praktischen Umsetzung seiner Politik u. a. auf eine verbesserte Ausbildung der Förster und eine genaue statistische Erfassung und Offenlegung der wirtschaftlichen Daten in Deutsch-Ostafrika drängte. Daran orientiert, sollte die Forstverwaltung ihre Herrschaft sachgerechter gestalten und stärker an den lokalen ökologischen und sozialen Bedingungen orientieren.464

7.3.1 Reform der Ausbildung Die Förster im deutschen Kolonialreich wurden vor der Reformzeit nicht systematisch auf den Tropendienst vorbereitet.465 Zwar war man noch vor der Jahrhundertwende beim Botanischen Garten und Museum in Berlin daran gegangen, die Ausbildung von Gärtnern, Beamten und Reisenden im Kolonialdienst auszubauen und Schulungen anzubieten, die das Botanisieren im tropischen Klima erleichterten466, doch mussten sich die Förster das für die Praxis relevante tropenbotanische Wissen vor Ort aneignen. Somit reichten ihre tropenbotanischen Kenntnisse anfangs nicht einmal aus, um Waldungen fachgerecht vermessen und einrichten zu können.467 Man wusste nur wenig über den Wert und die Dauerhaftigkeit tropischer Hölzer. Auch konnte man die einzelnen Baumarten kaum unterscheiden. Die Beschäftigung mit Tropenhölzern stellte die Forstexperten nach eigener Auskunft vor »endless difficulties and perplexities.«468 Unter Dernburg systematisierte man die tropenforstliche Ausbildung, ohne die forstlichen Akademien im Reich einzubeziehen, was zu Kompetenzstreitigkeiten führte.469 Zwar integrierte die Deutsche Kolonialschule in Witzenhausen 463 Vgl. Trotha, Herrschaft, 374–376, 383. 464 Vgl. Schiefel, Dernburg, 47–48. 465 Vgl. Hasel, Forstgeschichte, 244–246. 466 Vgl. Georg Volkens, Die Botanische Zentralstelle für die Kolonien, ihre Zwecke und Ziele, in: Jahresberichte der Vereinigung für angewandte Botanik, 1907, 42. 467 Vgl. Graß, Forststatistik, 169. 468 Vgl. Müller, Forest, 16. 469 Es existierten forstliche Akademien im preußischen Eberswalde und in HannoverschMünden, im sächsischen Tharandt sowie im bayrischen Aschaffenburg. Letztere forstliche Lehranstalt ging ab 1911 in der Ludwig-Maximilian-Universität zu München auf; vgl. Hasel, Forstgeschichte, 244–246; BArch, R 1001, 7659, 221–222; 250–259, 281.

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die Forstwirtschaftslehre in ihr Curriculum470, auch begannen die Forstakademien kurz vor dem 1. WK Forschungsreisen zu organisieren.471 Jedoch zentra­ lisierte man die Ausbildung der Kolonialförster am Botanischen Garten in Berlin. Dort konnten die Förster ab dem Jahr 1907 fundierte biologische Kenntnisse erwerben, bevor sie zu ihren Einsatzorten ausreisten.472 Sie mussten ebenfalls sprach- und landeskundliche Veranstaltungen am Seminar für Orientalische Sprachen in Berlin besuchen (vgl. Anhang VI).473 Abschließend machten sie sich beim RKA mit den kolonialforstlichen Vorgängen in ihren Einsatzgebieten durch Aktenstudium vertraut.474 Nach der Ausbildung waren alle in die höhere Beamtenlaufbahn übernommenen Forstassessoren oder jüngeren Oberförster so ausgebildet, dass sie ausreichende tropenbotanische und landeskundliche Kenntnisse besaßen. Hierdurch konnten sie neben ihren forstlichen Aufgaben auch leitende Funktionen in der allgemeinen höheren Zivilverwaltung eines »Schutzgebiets«, etwa als Bezirksamtmann, ausüben, was sie aber auch schon zuvor getan hatten.475 Doch beabsichtige Dernburg mit der neuen Form der Ausbildung, dass besonders fähige Beamte nach dem Erwerb von Spezialkenntnissen in die Kolonien gingen und nicht jene, die aus irgendwelchen Gründen Deutschland unbedingt verlassen wollten oder mussten, um eine Stellung zu finden.476

470 Vgl. Eckhard Baum, Daheim und überm Meer. Von der Deutschen Kolonialschule zum Deutschen Institut für Tropische und Subtropische Landwirtschaft in Witzenhausen. Witzenhausen 1997, 54–55. 471 Vgl. Anonymus, Studienreise der Forstakademie Hann. Münden nach Deutsch-Ostafrika, in: Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 5, 1914, 322. 472 Vgl. Hasel, Forstgeschichte, 244–246. 473 Ab dem Jahr 1908 bot auch das Kolonialinstitut in Hamburg solche Kurse an; vgl. Katja Kaiser, Heike Hartmann, Berlin: Botanischer Garten und Botanisches Museum. Pflanzenjagd und koloniale Landwirtschaft, in: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hrsg.), Kolonialismus hierzulande. Eine Spurensuche in Deutschland. Erfurt 2007, 148; Lars Kreye, Der Botanische Garten und das Botanische Museum in Berlin-Dahlem – ein Schauplatz der kolonialen Umweltgeschichte?, in: Bernd Herrmann, Urte Stobbe (Hrsg.), Schauplätze und Themen der Umweltgeschichte. Umwelthistorische Miszellen aus dem Graduiertenkolleg. Göttingen 2009, 137–139. 474 Vgl. Schmidt, Kilimandscharo, 7–8. 475 Es kam in Deutsch-Ostafrika immer wieder dazu, dass höhere Forstbeamte die Bezirksamtmänner vertraten, auch wenn sie keine Ausbildung am Seminar für Orientalische Sprachen erhalten hatten. 476 Vgl. Schiefel, Dernburg, 83.

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7.3.2 Reform der waldbaulichen Praxis Nicht nur die kolonialforstliche Ausbildung erfuhr eine Reform, sondern auch die waldbauliche Praxis. Diese war bis zur Jahrhundertwende vor allem dem Prinzip der Anpflanzung von Waldbeständen mit einheimischen, vor allem aber mit exotischen Spezies gefolgt.477 Diese sogenannte »künstliche Verjüngung« betrieb man unter der Prämisse von Akklimatisierung. Dabei handelte es sich um eine seit Mitte des 19. Jh. entwickelte Praxis zur systematischen wechselseitigen Anpassung der Flora und Fauna von Alter und Neuer Welt.478 Die Akklimatisierungsenthusiasten glaubten, dass sich der ökonomische Nutzen und die Schönheit kolonisierter Landschaften mithilfe der Wissenschaft durch den Transfer europäischer Pflanzen und Tiere »verbessern« ließe. In gleicher Weise wie man die europäische Kultur als überlegen erachtete, betrachtete man die Flora und Fauna kolonisierter Gebiete als minderwertig. Es erschien einfach, sie durch vermeintlich höherstehende Arten aus Europa zu ersetzen.479 Franz Stuhlmann schrieb: »Ein Land mit Kultur überziehen«, heiße, »die Pflanzenwelt durch eine neue ersetzen, die Fauna ausrotten und andere Tiere einführen.«480 Damit war im Grunde alles gesagt. Die Europäer empfanden koloniale Gebiete als »kulturlose Wildnis«, in die sie ihre vermeintlich hochstehenden Landnutzungspraktiken nebst der entsprechenden Flora und Fauna einführen konnten. Der kolonialen Forstwirtschaft traute man in diesem Zusammenhang ein großes Entwicklungspotenzial zu.481 Dabei machten sich die »eurocentric botanists«, wie Ian Tyrrell die Akklimatisierungsverfechter nennt482, zuerst kaum Gedanken über die ökologischen und sozialen Folgen ihres Handelns. Bald zeigte sich allerdings, dass ein Transfer amerikanischer und europäischer »Waldbäume« in tropische Gebiete nicht funktionierte.483 In Deutsch-Ostafrika unternahm man im Jahr 1901 im Höhenklima von Usambara einen letzten Versuch mit deutscher »Eichelsaat«, der ebenso wie vorherige Experimente misslang.484 In einer Denkschrift zur 477 Vgl. Übersicht, in: BLFW, 1, 1902, 53–54; Jahresbericht 1897/98, 52; Jahresbericht 1898/99, 220. 478 Vgl. Julius Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreichs. Versuch einer technischen Rohstofflehre des Pflanzenreichs, Bd. 1–2. Leipzig 21900/ 1902, 8; Uwe Lübken, Undiszipliniert: Ein Forschungsbericht zur Umweltgeschichte, in: H-Soz-u-Kult 14.7.2010, 26; http://hsozkult. geschichte.hu-berlin.de/forum/2010-07-001 (Zugriff: 18.10.2020); Tyrrell, Gardens, 22. 479 Vgl. ebd. 480 Stuhlmann, Beiträge, 9. 481 Vgl. Ferdinand von Müller, Selected extra-tropical Plants readily eligible for industrial Culture or Naturalisation in Victoria, with Indication of their native Countries and some of their Uses. Melbourne 1895, V. 482 Vgl. Tyrrell, Gardens, 30. 483 Vgl. Semler, Waldwirtschaft, 48–50. 484 Vgl. Jahresbericht 1901/1902, 31.

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forstlichen Entwicklung der Kolonie hieß es, dass europäische Nadelhölzer, auf deren Ertrag in Deutschland und besonders in Sachsen die »Blüte unserer Forstwirtschaft« beruhe, auf »deutsch-ostafrikanischem Boden« nicht gedeihen.485 Folglich modifizierte man die Anbaupraxis, rückte von der »Acclimatisation« ab und wandte sich einem Konzept zu, das man dem Begriff »Einbürgerung« umschrieb. Hierunter verstand man die »Übertragung« von Organismen aus »klimatisch ähnliche[n] Verhältnisse[n]«.486 Es kündigte sich ein Paradigmenwechsel an. Man wollte beim Transfer von Organismen zukünftig nicht gegen, sondern mit der Natur, das heißt, unter Berücksichtigung lokaler ökologischer Bedingungen, arbeiten.487 Somit kamen für Deutsch-Ostafrika als Exoten lediglich noch tropische oder subtropische Forstpflanzen wie Teak, Eukalyptus oder Gerberakazien infrage.488 Die künstliche »Wiederaufforstung« vermeintlich »entwaldeter Gebiete« betrieb man kurz nach der Jahrhundertwende mit Nachdruck489, zumal sich nach herrschender Lehrmeinung der Wald in DeutschOstafrika nicht von selbst neu bilden konnte (vgl. S. 128–130). Den Höhepunkt erreichte die Aufforstungswelle im Geschäftsjahr 1904/05 mit 276 ha Neukulturen. Insgesamt legte die Forstverwaltung bis zum Beginn des 1.  WK mindestens 982,73 ha neue Baumpflanzungen an (vgl. Tabelle 3).490 Man pflanzte vorzugsweise Teak, Mahagoni, Cassia florida und Kautschuk in den Niederungen oder Eukalypten, Gerberakazien und Kasuarinen im Gebirge.491 Die waldbauliche Praxis folgte bis zur Reformzeit vor allem dem aus Europa stammenden Prinzip, möglichst standortunabhängige »globale« Sorten anzubauen, deren Produkte einer ge­werblichen und industriellen Verwertung zugänglich waren.492 Das führte zu einer Uniformierung des Waldbildes.493 485 Vgl. Edm. St. Dresden an Gouvernement, Ostafrikanische Forst- und Jagdnutzungen. Vertrauliche Auskunft Nr. 6 vom 26. November 1907; TNA G 8/ 505, o. p. 486 Vgl. Wiesner, Rohstoffe, 8.  487 Vgl. Müller, Plants, VII; Semler, Waldwirtschaft, 47–48. 488 Vgl. Edm. St. Dresden an Gouvernement, Ostafrikanische Forst- und Jagdnutzungen. Vertrauliche Auskunft Nr. 6 vom 26. November 1907; TNA G 8/ 505, o. p. 489 Vgl. Jahresbericht 1902/1903, 30–31; Jahresbericht 1905/1906, 28. 490 Die Gesamtzahl ergibt sich aus der Addition der ab dem Jahr 1902/03 in den Jahresberichten ausgewiesenen Flächen forstlicher Neukulturen. Für die frühen Jahre fehlen Zahlenangaben, doch fanden auch dort Aufforstungen statt. So heißt es etwa im Jahresbericht 1901/02, dass man die Aufforstungsarbeiten im gleichen Umfang wie im Vorjahr fortgesetzt habe; vgl. Jahresbericht 1901/1902, 31. 491 Vgl. Jahresbericht 1904/1905, 28–29; Jahresbericht 1905/1906, 28; Jahresbericht 1906/07, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 43. 492 Vgl. Schmoll, Erinnerung, 69. 493 Vgl. Bayly, Birth, 343. Eine Liste mit Leitspezies zur Entwicklung einer weltweit einheitlichen industriellen Forstkultur findet sich in der neunten Auflage des Werks Selected Extra-Tropical Plants Readily Eligible for Industrial Culture or Naturalisation in Victoria von Ferdinand von Müller. Die zur künstlichen Selektion vorgeschlagenen Spezies sind mit einem »*« gekennzeichnet.

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Von der »künstlichen« zur »natürlichen Verjüngung« In den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende stand die Kultivierung von Teak im Vordergrund. Hierfür hatte sich der deutsche Chefbotaniker Adolf Engler im Anschluss an seine erste außereuropäische Reise starkgemacht, die ihn im Jahr 1902 in die Kap-Kolonie und anschließend nach Deutsch-Ostafrika geführt hatte.494 Im Indian Forester hieß es, große Mengen an Samen, insbesondere Teak, Sandelholz, Australische Akazien sowie Acacia catechu, seien durch die Britisch-Indische Forstverwaltung zur Verfügung gestellt worden, um experimentelle Pflanzungen im Landesinneren von Deutsch-Ostafrika vor­zunehmen. Für die Zukunft plane man große Teakplantagen in den Küsten­bezirken sowie im Flachland entlang der Bahnstrecken. Von diesen Maßnahmen erwarte man, dass nach 80 Jahren (1982) der dringend benötigte Holzbedarf in Deutsch-Ostafrika befriedigt werden könne, zumal die Kolonie gegenwärtig unter Holz-, insbesondere unter Bauholzmangel leide.495 Der Anbau des Teaks erfolgte seitens der Forstverwaltung vor allem im Waldreservat Steinbruch bei Tanga und im Rufiyi-Gebiet im Waldfeldbauverfahren.496 Es handelte sich um eine waldbauliche Methode, bei der einheimische Pächter in den Aufforstungsgebieten zwischen den Reihen der Forstpflanzen Feldfrüchte anbauten und gleichzeitig die Teakpflanzen pflegten. Dieses Verfahren praktizierte man in Burma und auf Java, wo es etwa zeitgleich von Dietrich Brandis und W. Buurmann eingeführt worden war.497 Verantwortlich für den Transfer nach Deutsch-Ostafrika war Paul Otto Eckert. Er kannte das Waldfeldbauverfahren aus eigener Anschauung, da er auf Java für die niederländische Kolonialverwaltung tätig gewesen war (vgl. S. 238 f.).498 Der Transfer des Teakwaldfeldbaus stand ganz im Zeichen von Eckerts Strategie, Deutsch-Ostafrika zu einem global player auf dem Weltmarkt für Nutzhölzer zu entwickeln, was in der metropolitanen Öffentlichkeit große Erwartungen weckte.499 Doch erwiesen sich die Agroforstplantagen aufgrund unzureichender Bodenbeschaffenheit, geringer Niederschläge, Schädlingsbefall und mangelnder Attraktivität für afrikanische Pächter nach wenigen Jahren als Fehlschläge.500 494 Vgl. Adolf Engler, Bemerkungen über Schonung und verständige Ausnützung der einzelnen Vegetationsformationen Deutsch-Ostafrikas, in: BLFW, 2, 1904, 1; Bernhard Zepernick, Adolf Englers außereuropäische Reisen, in: Willdenowia, 19, 1989, 13–17; Hesmer, Einwirkungen, 186–187, 199. 495 Vgl. Anonymus, Forestry, 372–374. 496 Vgl. Jahresbericht 1904/1905, 29, 81. 497 Vgl. Brandis, Vortrag, 154, 160; Hesmer, Einwirkungen, 143. 498 Vgl. ebd., 146, 189; Mammen, Wirken, 117. 499 Vgl. Schöpffer, Forstliches aus Deutsch-Ostafrika, in: Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 40, 1908, 749; Paasche, Deutsch-Ostafrika, 391; Kalkhof, Studienreise, 58. 500 Vgl. Jahresbericht 1905/06, 76; Jahresbericht 1906/07, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 115, 144; Jahresbericht 1907/1908, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 148–149; Jahresbericht 1908/09, 171–173; Sperling (Bezirksamt Tanga)  an Kaiserliches Gouvernement Daressalam, Schrei-

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Es handelte sich um einen »colonial meltdown«501, weshalb man groß angelegte Aufforstungsprogramme mit exotischen Spezies in Deutsch-Ostafrika bald als problematisch ansah.502 Nicht zuletzt war die bisherige Aufforstungspolitik schlichtweg zu teuer gewesen. Dies wurde öffentlich bekannt, nachdem die Ausgaben der Forstverwaltung für Aufforstungen auf Druck Dernburgs in den Jahresberichten offengelegt werden mussten, was früher tunlichst vermieden worden war. Die Kosten beliefen sich im Geschäftsjahr 1908/09 auf etwas mehr als 30 % der gesamten Sachausgaben. Das veranlasste die Forstverwaltung die Aufforstungsflächen im Geschäftsjahr 1909/10 auf 12,08 ha zu begrenzen (vgl. Tabelle 3).503 Fortan kultivierte die Forstverwaltung im Flachland zunehmend einheimi­ sche Harthölzer, vor allem Mvule, während sie im Gebirge auf einheimische Koni­feren setzte, die ein hochwertiges und exportfähiges Nutzholz liefern sollten.504 In den oberen Gebirgsregionen griff man fast ausschließlich auf unterschiedliche heimische Arten von Podocarpus, Juniperus procera sowie Callitris Whytei zurück, die nicht nur ein hervorragendes Nutzholz, sondern auch Nebenprodukte wie Teer und Harz lieferten.505 Zwar verzichtete man nicht vollständig auf exotische Spezies506, jedoch lautete das neue reformerische Credo der Forstverwaltung, die Wälder bezüglich der angebauten Pflanzen »afrikanisch« werden zu lassen507 Es zeigte sich ein Umdenken in der forstwirtschaftlichen Profession, die fortan die Vorzüge des Einheimischen und Lokalen pries. Dies betraf nicht nur die angebauten Forstpflanzen, sondern auch die Praxis der Waldbegründung. So avancierte infolge der Probleme mit den teuren Aufforstungen die »natürliche Verjüngung« sukzessive zur vorherrschenden waldbaulichen Praxis. Lange Zeit war diesem Ansatz keine forstpolitische Bedeutung zugemessen worden. Doch fanden sich bereits vor der Jahrhundertwende in amtlichen Publikationen vereinzelte Hinweise darauf, dass sich neuer Waldwuchs in Deutsch-Ostafrika auf natürliche Weise einstellen konnte, wo dieser gegen das »Wildbrennen« und den ben betr. Arbeitermangel bei der Anlage von Teakkulturen. Auf Erlass vom 02. März 1905 I. No. VIII 50 vom 11. März 1905; TNA G 8/ 797, 91; Sunseri, Mangroves, 372. 501 Rebekka Habermas benutzt den Begriff im Anschluss an Moses Ochonu zur Einordnung gescheiterter kolonialer Wirtschaftsprojekte; vgl. Habermas, Skandal, 208. 502 Vgl. Denkschrift über die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1908/09, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 50. 503 Vgl. ebd., 49–50. 504 Vgl. Jahresbericht 1904/1905, 28–29; Jahresbericht 1905/1906, 28; Jahresbericht 1906/07, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 43. 505 Vgl. Volkens, Aufforstungen, 13–14, 18–19. 506 Vgl. Anonymus, Waldungen, 301. 507 Vgl. Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 83.

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»freien Holzschlag« geschützt wurde.508 Jedoch gab das Gouvernement bis nach der Jahrhundertwende nicht öffentlich zu, dass Wiederbewaldung in Ostafrika auf natürlichem Weg generell möglich sei. Noch im forstwirtschaftlichen Jahresbericht 1908/09 fiel eine diesbezügliche Information der Zensur zum Opfer. Nur im unveröffentlichten Teil war zu lesen, dass sich überall, wo das Brennen verhindert werde, nach kurzer Zeit, völlig kostenlos und ohne schwer zu beschaffende Arbeitskräfte, von selbst Wald bilde.509 Solche Einsichten hatten Konsequenzen für die Aufforstungspolitik des Gouvernements. Die »natürliche Verjüngung« setzte sich in der Reformära als zeitgemäße, kostengünstige Form der Waldbegründung durch. So war im Jahresbericht 1909/10 ganz offiziell zu lesen, dass die »natürliche Verjüngung« überall in der Kolonie gute Fortschritte mache, wo der Baumwuchs in Waldreservaten effektiv geschützt werde.510 Später schrieb Theodor Siebenlist, dass »sich [der] selbst überlassene Wald« in ganz Deutsch-Ostafrika durch »Samen, Stockausschläge oder Wurzelbrut« aus »eigener Kraft« erneuere.511 Diese Neubewertung der ökologischen Bedingungen Ostafrikas führte dazu, dass Stuhlmanns Entwaldungsdogma nicht mehr als herrschende Lehrmeinung galt (vgl. S. 128–130, 141–145). Im Jahresbericht 1911/12 sprach man sogar davon, dass die »natürliche Verjüngung« »sichtbaren Erfolg« aufweise. Wo der Waldschutz gegen »Holzschlag, Rodung und Feuer« effektiv durchgesetzt werde, lasse sich dies überall in der Kolonie beobachten, so auch bei den Zedernbeständen am Vulkan Meru oder bei den Zedern im Shume-Wald in West-Usambara. Abschließend hieß es, dass »ganz allgemein die natürliche Wiederbewaldung auf reservierten Flächen ohne irgendwelche Nachhilfe günstige Fortschritte macht, wenn es gelingt, die schädigenden Einflüsse durch Menschen, namentlich durch Feuer abzuhalten.«512 Man glaubte, dass hierdurch »[k]ünstliche Kulturoperationen« wohl weitgehend unnötig würden513 und begrenzte die künstlichen Experimental- und Forschungspflanzungen in den Hauptaufforstungsgebieten von Usambara und Uluguru auf 7 ha. Im letzten amtlichen Jahresbericht hieß es lapidar, dass die »afrikanische Aufforstungstätigkeit« noch in den »Kinderschuhen« stecke.514 508 Vgl. Jahresbericht 1898/99, 220; Forstwesen, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 650 ff.; Übersicht, in: BLFW, 1, 1902, 22. 509 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung Wilhelmstal-Tanga für das Wirtschaftsjahr 1908/09; TNA G 8/ 514, o. p. 510 Vgl. Die deutschen Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1909/10, 37. 511 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 39. 512 Jahresbericht der Forstverwaltung pro 1911/12, 331. 513 Vgl. ebd., 318. 514 Vgl. Die deutschen Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1912/13, 40; Schreiben O. F. Deininger an RKA, Der Forstdienst und das forstliche Versuchswesen in Deutsch-OstAfrika (Nach dem Stande vom 31. März 1914) vom 8. April 1914; BArch R 1001/ 7660, 186–188; DKB, 8, 15. April 1914.

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7.3.3 Reform der Forstorganisation Im Zuge der Kolonialreform nahm man auch leichte Veränderungen bei der Organisation der Forstverwaltung vor. Doch schien Forstrat Eckert die Zeichen der Zeit zuerst nicht richtig verstanden zu haben. Er glaubte, dass es sich bei Dernburgs ablehnender Haltung gegenüber seinen Holzexportplänen nur um ein »Mißverständnis« handeln konnte, weshalb er diese gegenüber der Zentralverwaltung in Daressalam wiederholte. Der Forstverwaltungsleiter schrieb an den Gouverneur, dass niemals die Absicht bestanden habe, das Forstwesen der Kolonie allein in Staatsregie zu betreiben. Er betonte, dass der kommerzielle Holzerwerb grundsätzlich durch private Unternehmen erfolgen solle, die bestimmte Waldpartien vom Gouvernement gepachtet hätten.515 Doch nützte dieser Rettungsversuch dem Forstreferenten nichts mehr. Der neue Gouverneur, Albrecht von Rechenberg, hegte keine forstpolitischen Ambitionen. Spätestens im Anschluss an Dernburgs Reise hielten es Gouverneur von Rechenberg und das Zentralbüro nicht mehr für opportun, den Forstreferenten zu unterstützen. Man fürchtete, Eckert beabsichtige immer noch eine von der Zentralverwaltung weitgehend losgelöste Forstorganisation aufzubauen, weshalb von Rechenberg eine Revision des bisherigen Arbeits- und Organisationsplans der Forstverwaltung anordnete.516 Da half es Eckert auch nicht zu beteuern, dass die Forstverwaltung gar nicht versucht habe, den Transport, Export und Vertrieb der Hölzer in eigener Regie zu übernehmen.517 Denn in seiner zweiten Denkschrift konnte jedermann nachlesen, dass ihm eine weitgehende Kontrolle der Waldwirtschaft durch den Staat als ideale Organisationsform des Forstwesens vorschwebte. Dieser Eindruck ließ sich nicht mehr wegwischen. Auch zeigte sich Eckert in der Praxis trotz aller Beteuerungen nicht bereit, von der Idealvorstellung seines ursprünglichen Plans abzurücken, da er nur marginale Korrekturen am Arbeits- und Organisationsplan vornahm und dessen revidierte Fassung wohl auch nicht bei von Rechenberg zur Unterschrift vorlegte.518 Allerdings nützen dem Leiter der Forstverwaltung solche Tricks nichts mehr. Denn zwischen den Spitzenbeamten der Kolonialverwaltungen in Berlin und Daressalam war es ausgemachte Sache, das etatistische Forstmodell nicht weiter zu verfolgen. Die 515 Eckert sprach in diesem Zusammenhang von acht bestehenden Pachtverträgen; vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an Gouvernement: Zur Frage der Abänderung des Arbeits- und Organisationsplans der Forstverwaltung vom 25. Oktober 1907; TNA G 8/ 848, 63. 516 Vgl. ebd., p. 63; TNA G 8/ 505, o. p. 517 Vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an Gouvernement: Zur Frage der Abänderung des Arbeits- und Organisationsplans der Forstverwaltung vom 25. Oktober 1907; TNA G 8/ 848, 63. 518 Vgl. Revidierter Arbeits- und Organisationsplan der Forstverwaltung vom 30. November 1907; TNA G 8/ 505, o. p.

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Kolonialreformer strichen eine etatmäßige Försterstelle, die Sachmittel für die Forstverwaltung wurden geringfügig gekürzt und deren Haushaltsbilanz schärfer kontrolliert. Es blieben im Geschäftsjahr 1908/09 vier höhere Forstbeamte, 13 Förster, von denen einer verstarb, 75 Waldwärter und 10 Waldpolizisten bei der Forstverwaltung als Forstschutzpersonal angestellt.519 Der größte personelle Einschnitt war, dass Forstrat Eckert seinen Posten räumen musste, den fortan sein schärfster Kritiker innerhalb der Forstverwaltung, Oberförster Wilhelm Holtz, besetzte.520 Doch blieb die von Rathenau avisierte große Strukturreform der Verwaltung aus. Das Gouvernement veränderte die Organisation der Forstverwaltung lediglich geringfügig, da sich aufgrund des reformerischen Sparkurses die vorgesehenen Forstamtsleiterstellen nicht in allen Bezirken besetzen ließen. Deshalb löste man das selbstständige Forstamt Tanga auf. Dessen Aufgaben wurden an das Forstamt Wilhelmstal delegiert, dessen Leiter offiziell zwei Forstbezirke zu kontrollieren hatte. Des Weiteren wurden die Forstämter Moschi, Bagamoyo und Morogoro als eigenständige Behörden geschlossen. Ihre Aufgaben nahmen die lokalen Bezirksverwaltungen wahr, bei denen jeweils ein einfacher Förster verblieb. Die »fachmännische Kontrolle« der Förster bei den Bezirksverwaltungen oblag dem Forstreferenten in Daressalam. In allgemeinen dienstlichen Fragen unterstanden sie dem jeweiligen Bezirksamtmann, wodurch sich das lokale Konkurrenzverhältnis zwischen Bezirksamtmann und Bezirksförster entschärfte. Jedoch zog die neue Aufgabenverteilung strukturelle Konflikte zwischen Bezirksämtern und Forstreferat nach sich, weshalb die doppelte Verantwortlichkeit für die Förster nur eine kurze Interimslösung darstellte. Im Juli 1911 wurde die Forstämter, die sich fortan Forstverwaltungen nannten, nochmals neu strukturiert. Der Forstverwaltung Wilhelmstal unterstanden fortan die nördlichen Forstbezirke Tanga, Pangani, Wilhelmstal und Moschi. Die Forstverwaltung Rufiyi verwaltete die südlichen Forstbezirke Rufiyi, Kilwa und Lindi.521 Die weiterhin beim Forstreferat angesiedelte Forstverwaltung Daressalam war für die Forstbezirke Daressalam, Bagamoyo, Morogoro und Mpapua zuständig. Sie wurde im April 1912 aus dem Forstreferat ausgegliedert und nach Morogoro verlegt522, weshalb man sie fortan als Forstverwaltung Morogoro bezeichnete. Mit dieser Umstrukturierung erreichte die Forstverwaltung Deutsch 519 Vgl. Denkschrift über die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1908/09, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 49–50. 520 Wilhelm Holtz wurde im November 1908 Forstreferent und behielt diesen Posten, bis er im Jahr 1916 fiel; vgl. Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 74, 145. 521 Vgl. Bekanntmachung betreffend Dienstbezeichnung der Lokalforstbehörden vom 19. Juli 1911, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 2, 562–563. 522 Für den Umzug setzte man Zwangsarbeiter ein; vgl. Schreiben Forstamt Daressalam an KBA Morogoro betr. Verlegung des Forstamts nach Morogoro und Umzug desselben dahin vom 26. März 1912; TNA G 58/ 96, 9.

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Ostafrikas ihre letztgültige Form. Sie hatte gegenüber den Bezirksverwaltungen an Macht gewonnen, da es eine direkte Befehlskette vom Forstreferenten über die drei Forstverwaltungsleiter bis zu den Bezirks- oder Stationsförstern gab. Die Bezirksamtmänner konnten formell nicht intervenieren, weshalb die Forstbeamten recht losgelöst von den Bezirksverwaltungen agierten. Anhand dieser Aufteilung der Zuständigkeiten wird auch deutlich, wo räumlich die Schwerpunkte der kolonialforstlichen Arbeit bis zum Ersten Weltkrieg lagen. Bedeutsam waren die an der Küste und die im Norden der Kolonie gelegenen Bezirke mit den wertvollen Mangroven und Bergregenwäldern. Dort befanden sich die drei Forstverwaltungen mit den ranghöchsten Forstbeamten (Oberförstern), die in ihren Forstbezirken ein Netz von lokalen Forststationen betreuten (vgl. Anhang VII). In allen übrigen Bezirken fielen die forstwirtschaftlichen Aufgaben weiterhin in den Verantwortungsbereich der zivilen oder militärischen Bezirksverwaltungen, bei denen zuweilen einfache Förster stationiert waren. Auch erhielt man dort den Einsatz von Oberjägern aufrecht. In einem Erlass hieß es, dass das Gouvernement nach wie vor Wert darauf lege, dass Unteroffiziere, die früher Oberjäger gewesen seien, von Zeit zu Zeit die Gelegenheit zu einer forstwirtschaftlichen Tätigkeit erhalten, insoweit es die sonstigen Dienstobliegenheiten erlauben. Insbesondere Waldreservierungs-, Waldschutz- oder Aufforstungsarbeiten seien von den Unteroffizieren vorzunehmen.523 Insgesamt beschränkten sich die kolonialforstlichen Aktivitäten in den letzten Jahren vor dem Krieg – außerhalb des Rufiyi-Gebietes – zumeist auf Kontroll- und Verwaltungsaufgaben.524 Öffentliche Kritik Der im Anschluss an Eckerts Demission beschlossene Plan zur Zusammenlegung einiger Bezirksforstämter führte in der Kolonie zu einer öffentlichen Diskussion. Es wurde aus konservativen Kreisen die Frage gestellt, ob die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas unter diesen Umständen überhaupt noch in der Lage sei, ihren Waldschutzaufgaben gerecht zu werden. Auslöser der Debatte war ein Artikel der DOAZ , die einmal mehr einen gezielten Angriff auf Gouverneur von Rechenberg und dessen Reformen startete.525 In der Zeitung hieß es, dass das Forstreferat mit dem Tage, wo das »Regime Rechenberg« einsetzte, allen Grund gehabt hätte, sich als das »Stiefkind« der Verwaltung zu fühlen. Der Gouverneur halte nichts von einer »regelrechten Forstwirtschaft«, da er als »ehemaliger preußischer Assessor« glaube, in der Forstwirtschaft besser Bescheid zu wissen als »irgendein deutscher Forstfachmann«. Bereits während der 523 Vgl. Runderlaß betreffend forstliche Beschäftigung der Unteroffiziere, früher Oberjäger vom 5. Juni 1909, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetz­ gebung, Teil 2, 565. 524 Vgl. Blank, Forstnutzung, 211. 525 Vgl. Heike I. Schmidt, Colonial Intimacy – The Rechenberg Scandal and Homosexuality in German East Africa, in: Journal of the History of Sexuality, 17, 2008, 34–37.

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Zeit des Forstrats Eckert seien alle Vorschläge im Sinne einer »regelgerechten Forstwirtschaft« von Sr. Exzellenz »eo ipso« verworfen worden. Weiter habe der Gouverneur verschiedene Pflanzversuche, die von der Forstverwaltung und einigen Pflanzern durchgeführt worden seien, von vornherein als aussichtslos bezeichnet. Dies treffe insbesondere auf die Gerberakazien-Kulturen zu.526 Von Rechenberg fühlte sich aufgrund der öffentlichen Kritik derart angegriffen, dass er postwendend ein vertrauliches Schreiben an das RKA schickte – doch auch dort hatte er scheinbar nicht nur Freunde. So verteidigte der Gouverneur seine positive Einstellung gegenüber dem Waldschutz und betonte, dass die Umstrukturierung der Forstverwaltung lediglich eine Vereinfachung des Geschäftsganges bedeute und auf eine Ersparnis an Beamtenpersonal zurückzuführen sei. Diese offensichtlich nicht mit Berlin abgesprochene Maßnahme sei auf Anregung des neuen Forstreferenten Dr. Holtz erfolgt, so von Rechenberg weiter, nachdem dieser alle übrigen höheren Forstbeamten der Kolonie angehört habe. Letztere seien einhellig der Auffassung gewesen, dass die Aufgaben der vormaligen Forstämter ohne Probleme von den entsprechenden Bezirksamtmännern mit Unterstützung des vorhandenen Forstpersonals ausgeführt werden könnten.527 Insofern erschienen die Vorwürfe der DOAZ haltlos. Der Gouverneur schrieb weiter, dass er von der Wichtigkeit der Erhaltung der Waldbestände und der planmäßigen Aufforstung, worunter er die »natürliche Verjüngung« verstand, vollkommen überzeugt sei. Doch wies er auch darauf hin, dass die Forstverwaltung in den letzten Jahren nicht immer mit der »erforderlichen Sparsamkeit« gewirtschaftet und das für einen »werbenden Betrieb notwendige kaufmännische Rechnen nicht immer genügend verstanden [habe].« Die Umstrukturierung erschien ihm absolut gerechtfertigt, denn trotz aller »Kulturaufgaben« sei die Forstverwaltung zu »Sparsamkeit« verpflichtet.528 Diesbezüglich konnte von Rechenberg Staatssekretär Dernburg auf seiner Seite wissen. Dieser hatte schon zuvor eine genaue Berichterstattung und strenge Haushaltskontrolle bei der Forstverwaltung angemahnt, weshalb für den Etat 1910/11 sämtliche Bezüge des »weißen« und »farbigen« Personals sowie alle beim Forstfond verrechneten Kosten im Jahresbericht offengelegt werden mussten.529 Unter Forstrat Eckert waren die Personalkosten in den Jahresberichten nur vereinzelt oder gar nicht aufgeführt worden, wodurch man die roten Zahlen der Forstverwaltung zu verschleiern versuchte. Im Rechnungsjahr 1907/08 526 Vgl. Aufhebung von Bezirksforstverwaltungen, in: DOAZ, 11, 44, 5. Juni 1909, 3. 527 Vgl. Schreiben Gouvernement an RKA: Im Anschluss an den Bericht vom heutigen Tage, C. Nr. 847 betreffend den Artikel der DOAZ »Beamtenwechsel in Deutsch-Ostafrika« mit Anhang einer Bestimmung über das Verbot von au[ß]eramtlichen Veröffentlichungen in der Presse vom 12. Juni 1909; BArch R 1001/ 7682, 125. 528 Vgl. ebd. 529 Vgl. Schreiben Reichskolonialamt an Gouvernement: Im Anschluß an den Erlaß vom 30. Januar 1909 Nr. 488 vom 02. April 1909; BArch R 1001/ 7682, 123.

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fehlten sogar jegliche Angaben über Einnahmen und Ausgaben. Dies war den Eckertschen Manipulationen geschuldet. Erst im Jahresbericht 1908/09 führte man die Einnahmen und Ausgaben der Forstverwaltung einschließlich der Personalkosten auf Verlangen Dernburgs korrekt auf. Es zeigte sich, dass die Ausgaben der Forstverwaltung ab dem Jahr 1906/07 sehr deutlich über den Einnahmen lagen (vgl. Anhang VIII). Die folgenden Einbrüche bei den Einnahmen und Ausgaben in den Jahren 1908/09–1909/10 erklären sich durch die Abkehr vom groß angelegten Forstprogramm. Infolge dessen sanken die staatlichen Zuwendungen, und der Aufgabenbereich der Forstverwaltung verkleinerte sich. In der forstwirtschaftlichen Fachpresse hieß es, dass die kalkulierten Gewinne der Forstverwaltung in den Jahren 1910 bis 1914 gefallen seien, was auf eine Vergrößerung des Waldschutzdienstes und eine Ausweitung der Reservierungstätigkeit zurückzuführen sei.530 Im Rechnungsjahr 1912/13 verdoppelten sich jedoch die Einnahmen und erreichten wieder ungefähr die gleiche Höhe wie im Rechnungsjahr 1908/09. Gleichzeitig sanken die Ausgaben leicht, was eventuell auf eine zukünftig positive wirtschaftliche Entwicklung schließen ließ. Nicht zuletzt wies die Kolonie Deutsch-Ostafrika in der Außenhandelsbilanz bei Waldprodukten in den amtlichen Jahresberichten von 1892–1912/13 stets einen positiven Saldo auf, während die generelle Außenhandelsbilanz negativ war. Dennoch überstiegen bei der Forstverwaltung die Ausgaben einschließlich der Personalkosten stets die Einnahmen, weshalb den Kolonialreformern Einsparungen dringend geboten erschienen. Reorganisation innerhalb der Gouvernementsverwaltung Parallel zur Reorganisation der Bezirksforstämter waren innerhalb der Gouvernementsverwaltung im Oktober 1910 die Geschäftsbereiche von Land- und Forstwirtschaftsreferat getrennt worden, sodass die Sektion Landwirtschaft aus dem Referat III Land- und Forstwirtschaft und Vermessungswesen ausgegliedert wurde.531 Der Aufgabenbereich der Forstverwaltung umfasste fortan alle Baumpflanzungen innerhalb und außerhalb von Waldreservaten, die zum Zweck der Waldbegründung oder Verjüngung angelegt wurden. Des Weiteren wurden ihr die Kulturen der Exoten Teakholz, Sandelholz, Mahagoni, Eukalyptus, Bambus, Dividivi und Gerberakazien zugestanden. Die Referenten für Land- und Forstwirtschaft wurden angehalten, sich weiterhin wechselseitig zu vertreten.532 Das 530 Vgl. Badermann, Fünf Jahre Forstwirtschaft in deutschen Kolonien, in: Zeitschrift für Forst-und Jagdwesen, 47, 1915, 607–608. 531 Vgl. Verfügung bzgl. Geschäftsverteilung zwischen VIII F[orstwirtschaft] und VIII L[andwirtschaft] vom 12. Oktober 1910; TNA G 8/ 507, o. p. Die Trennung der Verantwortungsbereiche war eine der Forderungen Rathenaus gewesen, der das Forst- mit dem Bergwesen zusammengefasst sehen wollte; vgl. Hügel, Aufbau, 40. 532 Vgl. Verfügung bzgl. Geschäftsverteilung zwischen VIII F[orstwirtschaft] und VIII L[andwirtschaft] vom 12. Oktober 1910; TNA G 8/ 507, o. p.

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dürfte nicht einfach gewesen sein, zumal der Trennung der Geschäftsbereiche ein Streit um Kompetenzen vorausgegangen war.533 Bei dem Konflikt innerhalb der Verwaltung standen sich laut Achim von Oppen und Jürgen H. Wächter idealistische Naturschützer und nachhaltige Ressourcenbewirtschafter gegenüber. Beide Strömungen seien zunächst im Referat für Land- und Forstwirtschaft und Vermessungswesen unter Franz Stuhlmanns Führung vertreten gewesen, doch hätten sich die »Naturverwerter« eher im Landwirtschaftsreferat, die »Naturschützer« eher in der Forstverwaltung befunden.534 So richtig der Befund ist, dass es zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen der land- und forstwirtschaftlichen Abteilung kam, so falsch ist die Charakterisierung des Konflikts durch von Oppen und Wächter. Hier standen sich nicht »Naturverwerter« und »Naturschützer« gegenüber, da es sowohl bei der Land- als auch bei der Forstwirtschaft um Verwertung ging. Während die landwirtschaftliche Seite Wälder roden und zu Plantagen- und Siedlungsland machen wollte, wollte die forstwirtschaftliche Seite die Waldressourcen nachhaltig bewirtschaften. Zwar ist richtig, dass sich unter den Förstern Deutsch-Ostafrikas Vertreter befanden, die Naturschutzgedanken zugeneigt waren. Doch handelte es sich beim Naturschutz vornehmlich um das Hobby der Förster535, das in der alltäglichen forstwirtschaftlichen Praxis keine Rolle spielte.536 Insofern begehen von Oppen und Wächter in ihren Analysen einen kategorialen Fehler. Es ging bei dem Streit zwischen Landwirtschafts- und Forstabteilung nicht um die grundsätzliche Frage, ob Waldschutz betrieben werden sollte oder nicht, sondern einfach darum, welche Abteilung die Kontrolle über den Anbau bestimmter Pflanzen erhalten sollte. So war bspw. nicht eindeutig geklärt, ob es sich bei Kautschuk um eine land- oder forstwirtschaftliche Kultur handelte. Obige Zuteilung führte zur Klärung der Angelegenheit, wodurch die Zuständigkeitsbereiche innerhalb der Kolonialverwaltung neu abgegrenzt wurden.

533 Vgl. Blank, Forstnutzung, 156. 534 Vgl. Oppen, Matuta, 54; Wächter, Naturschutz, 56. 535 Vgl. Schmidt, Kilimandscharo, 26. Insbesondere der Forstamtsleiter von Morogoro, Ludwig Schuster, trat als Ornithologe hervor; vgl. Anonymus, Einleitung, in: Journal of Ornithology, 94, 1953, 4; Schuster, Beiträge, Supplement 1, 140. Ferner kann angenommen werden, dass sich Schuster und der Forstverwaltungsleiter von Kamerun, Georg Escherich, aus der Ornithologischen Gesellschaft kannten. Zumindest hieß es in einer Notiz in den Ornithologischen Monatsberichten, dass Escherich im Auftrag des Reichskolonialamtes eine Expedition in den Süden Neu-Kameruns leitete, die unter ornithologischen Gesichtspunkten interessant gewesen sei; vgl. Anonymus, Nachrichten, in: Ornithologische Monatsberichte, 21, 1913, 52. 536 Vgl. Sunseri, Forestry, 283.

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7.3.4 Reform des Forstrechts Unter Gouverneur von Rechenberg wurde nicht allein die Forstverwaltung organisatorisch neu geordnet, es wurden auch die forstrechtlichen Regulierungen liberaler als zuvor gefasst. Von Rechenberg setzte eine neue Waldschutzverordnung und eine neue Privatwaldverordnung durch. Entwaldungsproblem Seit Beginn der privaten Nutzung von Wäldern in den ostafrikanischen Mittelgebirgen hatte das Gouvernement versucht, Kolonialgesellschaften und Siedler mittels rechtlicher Regulierungen zu kontrollieren, um großflächige Entwaldung zu verhindern und Quellgebiete zu schützen. Es wurden mehrere Waldordnungen erlassen537, an die sich die Plantagengesellschaften und Siedler kaum hielten, da es dem Gouvernement an Personal fehlte, um effektive Kontrollen durchzuführen. Verstöße gegen die Waldordnungen wurden nicht geahndet.538 Siedler wie Tom von Prince weigerten sich schlichtweg, Anordnungen des Gouvernements zu befolgen, wenn afrikanische Angestellte diese überbrachten.539 Und falls höhere Forstbeamte Unregelmäßigkeiten entdeckten, konnten die Plantagenleiter die Schuld ohne Weiteres auf ihre einheimischen Mitarbeiter schieben.540 Infolge dessen kam es in Ost-Usambara zu großflächiger Entwal­ dung (vgl. S. 145–151). Die Versuche, auf den gerodeten Waldböden Kaffee anzubauen, misslangen allerdings aufgrund falsch antizipierter Umweltverhältnisse. Denn die meisten Nährstoffe befanden sich nicht im Boden, sondern in der Vegetation. Wurde diese entfernt, war der Nährstoffkreislauf unterbrochen, und die dünne Humusschicht verarmte.541 Hinzu trat die Pilzkrankheit Hemileia vastratix542, sodass die Kaffeeproduktion im Plantagenbetrieb in Ost-Usambara kurz nach der Jahrhundertwende eingestellt wurde. Nur einige kleine Pflanzer hielten noch länger an der Kaffeekultur fest.543 Franz Stuhlmann schrieb, das »Fieber zur Anlage von Kaffeekulturen« habe sich nach der Jahrhundertwende 537 Vgl. Waldordnung für Usambara vom 20.10.1895; BArch R 1001/ 7680; Waldverordnung für die Plantagengebiete in Uluguru, Usambara, Usegua, Pare und am Kilimandscharo vom 28. April 1899, in: DOAZ, 1, 14, 3. Juni 1899. 538 Vgl. Schreiben August von Bruchhausen an das Gouvernement vom 28. April 1897: Gutachten zur Waldverordnung vom 28.4.1896; TNA G 8/ 867, 61. 539 Vgl. Detlef Bald, Deutsch-Ostafrika 1900–1914. Eine Studie über Verwaltung, Wirtschaft und Interessengruppen. Freiburg i. Br. 1970, 73. 540 Vgl. Schreiben Forstassessor Teichmann an Gouvernement DOA vom 8. Mai 1901; TNA G 8/ 509, 15–16. 541 Vgl. A. C. Hamilton, Soils, in: R. Bensted-Smith, ders. (Hrsg.), Forest Conservation in the East Usambara Mountains Tanzania. Gland 1989, 87. 542 Vgl. Krüger, Wald, 215 Fn. 543 Vgl. Adolf Zimmermann, Mit Dernburg nach Ostafrika. Berlin 1908, 107–108.

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langsam abgekühlt und einige Plantagen hätten sich verstärkt Produkten wie Sisal oder Manihot-Kautschuk zugewandt.544 Andere Plantagen und Siedler stiegen in das Geschäft der Holzverwertung ein545, wobei der Umstieg von der Kaffee- auf die Holzproduktion in modernisierungstheoretischer Perspektive als Beispiel für den wirtschaftlichen »take off« der Kolonie nach zehnjähriger Anlaufphase gilt. Dieser Aufschwung war allerdings nur aufgrund einer »rücksichtslosen Naturressourcenmobilisierung« möglich.546 Dabei war allein der Grad an Entwaldung, der durch den fehlgeschlagenen Kaffeeanbau bis kurz nach der Jahrhundertwende hervorgerufen wurde, schon erheblich. Das zeigt – wenn auch lückenhaft – statistisches Material von 12 der 14 größten Plantagen in Westund Ost-Usambara.547 Ausgehend von diesen Daten besaßen fünf Plantagen am 1. April 1904 zusammen eine Waldfläche von 14.385 ha (vgl. Tabelle 4). Ihre Gesamtfläche betrug 27.792 ha, ihre kultivierte Fläche 2440 ha. Das entsprach einem Bewaldungsgrad von 51,8 % und einem Kultivierungsgrad von 8,8 %. Addiert man die Waldfläche zu der kultivierten Fläche hinzu und geht davon aus, dass die kultivierte Fläche zuvor vollkommen bewaldet war, erhält man für diese Plantagen eine ursprüngliche Waldfläche von 16.825 ha. Das hätte für Ost-Usambara einem anfänglichen Bewaldungsgrad von 60,6 % entsprochen. Nimmt man diese Zahl als ursprüngliche Waldfläche und setzt sie ins Verhältnis zur kultivierten Fläche, erhält man für die ersten fünfzehn Jahre der deutschen Kolonialtätigkeit einen Entwaldungsgrad von 14,5 %.548 Vergleicht man diese Zahl mit dem Grad der Entwaldung in anderen tropischen Gebieten fällt auf, dass die Entwaldungsrate in Usambara im weltweiten Durchschnitt um 10,1 Prozentpunkte höher lag. Zwar lassen sich lokale Entwaldung (vgl. S. 79) sowie der weltweite Durchschnitt tropischer Entwaldung für das 19. Jh. quantitativ nur schwer bestimmen, da es kaum eine zuverlässige Datengrundlage gibt. Doch gehen heutige Schätzungen davon aus, dass die entwaldete Fläche in den Tropen zwischen 1700 und 1920 in absoluten Zahlen bei 147 Millionen Hektar lag (vgl. Tabelle 5b). Dies entsprach im Verhältnis zur dortigen Waldfläche einer Entwaldungsrate von 4,8 % (vgl. Tabelle 5c). Bezüglich dieses Entwaldungsgrades schreiben der amerikanische Geograf Michael Williams und einige Historiker, dass man im 19. Jh. noch nicht von »true tropical deforestation« sprechen könne.549 Allerdings zeigt das Beispiel von Usambara, 544 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 870. 545 Vgl. Übersicht, in: BLFW, 1, 1902, 11–12, 26. 546 Vgl. Blank, Forstnutzung, 278–280. 547 Vgl. BLFW, 1, 1903, 315–323; BLFW, 2, 1904, 109–116; BLFW, 2, 1906, 147–163; BLFW, 3, 1907, 30–42. 548 Andere Schätzungen gehen davon aus, dass Usambara vor der deutschen Kolonialzeit zu 70 % bewaldet war, heute jedoch nur noch zu 5 % (vgl. Anhang I). ­ 549 Vgl. Williams, Earth, 379; Richards, Tucker, Introduction, XVII–XVIII; Richard B. ­Tucker, John F., Richards, The Global Economy and Forest Clearance in the Nineteenth

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dass man bezüglich regionaler Kolonialgebiete sehr wohl für das 19. Jh. von großflächiger tropischer Entwaldung sprechen kann. In Usambara übertraf die Entwaldungsrate zumindest den weltweiten Durchschnitt. So lässt sich festhalten, dass globale Statistiken für das 19. Jh. keineswegs das Ausmaß tropischer Entwaldung vor Augen führen können, wie es sich in lokal intensiv genutzten Plantagengebieten zeigte. Darüber hinausgehend muss festgehalten werden, dass die Kolonisation Usambaras nicht nur in Tansania zu Entwaldung führte, sondern auch in den gemäßigten Zonen. Schließlich waren es die weltweiten Verflechtungen, die das Besondere der Entwaldungsvorgänge im imperialen Zeitalter ausmachten. So war bereits deutlich geworden, dass das meiste Bauholz für Deutsch-Ostafrika in Schweden geschlagen wurde (vgl. S. 146). Eine andere Quelle nennt Norwegen, Amerika und Australien als Hauptbezugsländer.550 Die Realität sah so aus, dass die Plantagengesellschaften ihr Bauholz aus Übersee bezogen, weshalb der Kolonisierung Usambaras nicht nur Auswirkungen auf den lokalen Waldbestand zuzuschreiben sind, sondern auch auf den Waldbestand in weit entfernten Weltgegenden. Geht man davon aus, dass die Verhältnisse in anderen afrikanischen Kolonien ähnlich waren, müsste man den Bezugsrahmen der Analyse globaler Entwaldung erweitern und die ökologischen und sozialen Folgen der Kolonisation in ihren weltweiten Verflechtungszusammenhängen betrachten. Nur so ließe sich ein angemessenes Bild der Konsequenzen der Kolonisation im 19. Jh. entwickeln.551 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesen umweltgeschichtlichen Interdependenzen in Form einer globalen Waldgeschichte kann an dieser Stelle allerdings nicht geleistet werden. Vielmehr sollen die Schlussfolgerungen beleuchtet werden, die die Regierung von Rechenberg aus der großflächigen Entwaldung Usambaras und anderer Plantagengebiete zog. Privatwaldverordnung Die Konsequenzen waren vor allem rechtlicher Natur, zumal sich im Jahr 1906 herausgestellt hatte, dass es in den Bezirken Tanga, Wilhelmstal und Pangani sehr viele Waldbesitzer gab, deren Ländereien außerhalb des Geltungsbereichs der bestehenden Waldverordnung für die Plantagengebiete lagen. Diesen Befund Century, in: Kendall Bailes (Hrsg.), Environmental History. Critical Issues in Comparative Perspective. Lanham 1985, 583. 550 Vgl. F. Mismahl, Ist das Holz des Ostusambara-Urwaldes brauchbar zur Verwertung durch ein Sägewerk?, in: Der Tropenpflanzer, 5, 1901, 429. 551 Jürgen Osterhammel folgt in seinem Ansatz zur Frage der globalen Entwaldung weitgehend Michael Williams; vgl. Osterhammel, Verwandlung, 1360 Fn. 168. Williams geht davon aus, dass man die Waldgeschichte der Tropen und der gemäßigten Zonen getrennt behandeln muss. So erscheint bei Williams die Kolonisierung fälschlicherweise nicht als Triebfeder für weltweite Entwaldung, sondern in ihrer Wirkung allein auf tropische Wälder beschränkt; vgl. Williams, Earth, 354–355.

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nahm das Gouvernement zum Anlass, um auf dem Verordnungsweg zu versuchen, den Waldschutz effektiver zu gestalten. Einen entsprechenden Auftrag zur Ausarbeitung einer neuen Privatwaldverordnung erhielt Forstreferent Paul Otto Eckert im Frühjahr 1906.552 Eckerts Entwurf sah weitgehende Restriktionen für die privatwirtschaftliche Nutzung von Wäldern vor553. Alle Waldungen auf Bergkuppen, Bergrücken, steilen Berghängen, solche in der Nähe von Quellen und stehenden oder fließenden Gewässern sollten als »Schutzwaldungen« zu betrachten sein. Sie waren in einzelnen Gegenden oder ganzen Gebieten zu erhalten, wenn dies wegen »elementare[r] Ereignisse oder schädliche[r] klimatische[r] Einflüsse oder sonst im öffentlichen Interesse notwendig [sei].«554 Solch weitgehende Regulierungen liefen dem kolonialreformerischen Kurs entgegen, weshalb sie von der Kolonialverwaltung in Berlin und von der Gouvernementsverwaltung abgelehnt wurden.555 Nicht Graf von Götzen, der dem Waldschutz auf Privatland eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet hatte (vgl. S. 236–238), sondern Freiherr von Rechenberg stand nunmehr der Kolonie vor. Letzterer ließ das RKA wissen, dass man den Vorschlägen des Forstreferenten Eckert nicht »in vollem Umfange« folgen wolle. Auch sollte Eckert nicht länger mit der Ausarbeitung der Privatwaldverordnung betraut werden.556 Es zeigte sich das zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen Gouverneur und Forstreferent. Laut von Rechenberg sollten Eckerts Vorschläge nicht »zur weiteren Erörterung« kommen, zumal es dem Gouvernement zu ihrer Durchführung »vorläufig noch an den erforderlichen Mitteln [fehle].« Stattdessen sei ein anderer Verordnungsentwurf mit den Privatwaldbesitzern im Gouvernementsrat besprochen worden und habe »allseitige Zustimmung« gefunden.557 Klar wird, dass die Privatwaldbesitzer bei der Ausarbeitung der neuen Verordnung hatten mitsprechen dürfen. Sie konnten ihre Interessen in der mittlerweile institutionalisierten Form des Gouvernementsrats durchsetzen. In der neuen Privatwaldverordnung, die am 1. Oktober 1908 in Kraft trat, legte man fest, dass Bäume bis zu 25 cm Durchmesser – in Brusthöhe gemessen – nicht gefällt, »abgetötet oder vernichtet« werden durften, wenn sie zur »Erhaltung und Regulierung der Wasser- und Feuchtigkeitsverhältnisse, zur Erhaltung 552 Vgl. Schreiben Paul Otto Eckert an AAKA: Betrifft den Entwurf einer Verordnung zur Erhaltung von Privatwaldungen vom 17. April 1906; BArch R 1001/ 7681, 191. 553 Vgl. ebd., 191–192. 554 Vgl. ebd., 194. Eckert hatte den Begriff »Schutzwaldungen« im Verordnungsentwurf in Anführungszeichen gesetzt, da es sich hierbei um keinen feststehenden Rechtsbegriff handelte. Es war vielmehr eine nähere begriffliche Bestimmung für Wälder, die gemäß § 8 der Kronlandverordnung aus Gründen der allgemeinen Landeswohlfahrt zu erhalten waren. 555 Vgl. Schreiben AAKA an das Gouvernement vom 8. Oktober 1906 im Anschluss an den Erlass Nr. 474 vom 4. Mai 1906; BArch R 1001/ 7681, 214. 556 Vgl. Schreiben RKA an das Gouvernement vom 26. Februar 1908; BArch R 1001/ 7682, 38. 557 Vgl. ebd.

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der Bodenkraft und Fruchtbarkeit sowie zum Schutze gegen Naturereignisse notwendig [waren]«. Des Weiteren konnten 25 % der stärkeren Bäume auf einer Plantage von der Abholzung ausgenommen werden, wobei insgesamt bis zu ¼ des Waldbestandes auf Pflanzungen über 100 ha staatlich reserviert werden durfte.558 Die neue Verordnung galt für die ganzen Kolonie und schloss alle Plantagen ein. Doch war die normierende Kraft der Verordnung sehr schwach, sie enthielt nur »Kann-Bestimmungen«. Des Weiteren war die neue Privatwaldverordnung so konzipiert, dass ihre Bestimmungen nicht automatisch griffen. Vielmehr wurde es den Plantagengesellschaften freigestellt, sich der Verordnung zu unterwerfen, wobei dem Gouverneur die Möglichkeit verblieb, die neue Verordnung auch gegen den Willen einzelner Plantagen durch gesonderten Erlass zur Anwendung zu bringen. Solange dies nicht ausdrücklich geschah, hatten die Privatwaldbesitzer jederzeit freie Hand. Das entsprach ganz der liberalen politischen Linie von Rechenbergs, weshalb ihm Zeit seiner Amtsführung der Ruf nachhing, nicht genug für den Waldschutz getan zu haben.559 Man kann sich somit fragen, was das Gouvernement durch den Erlass der neuen Verordnung gewonnen hatte. Zwar galt Letztere im Vergleich zu ihren lokal begrenzten Vorgängerinnen im gesamten Territorium der Kolonie und erfasste potenziell auch kleinere Plantagen, doch wurden der Forstverwaltung durch die neue Verordnung jegliche Mittel genommen, selbstständig Kontrollen durchzuführen. Sämtliche Bestimmungen hingen vom guten Willen der Plantagenbesitzer oder vom Gouverneur ab. Somit liegt die Vermutung nahe, dass eine Kontrolle der Privatwälder zu diesem Zeitpunkt in Deutsch-Ostafrika seitens der Zentralverwaltung politisch überhaupt nicht erwünscht war. Im Vergleich zu Eckerts Entwurf war die neue Privatwaldverordnung vollkommen verwässert. Dabei mag sicher eine realistische Einschätzung der finanziellen Mittel und der Quantität des zur Verfügung stehenden Personals dazu beigetragen haben, die Kontrollkompetenzen der Forstverwaltung nicht auszudehnen. Insofern war die neue Privatwaldverordnung als ein Eingeständnis der eigenen Ohnmacht zu deuten. Doch hätte von Rechenberg die Forstverwaltung nicht aller selbstständigen Eingriffsmöglichkeiten berauben müssen. Es ist deshalb zu vermuten, dass der Gouverneur gegenüber den Privatwaldbesitzern im Gouvernementsrat eingeknickt war. Er hatte auf den Politikfeldern von Einwanderungs- und Besiedlungsfragen sowie bei der Arbeitsgesetzgebung mit den Pflanzungsinteressen

558 Vgl. ebd. 559 Die Politik von Rechenbergs wurde nicht nur von Waldschützern, sondern auch von Tierschützern kritisiert, da er als Maßnahme gegen die Verbreitung von Viehseuchen Massenabschüsse von Wildtieren im Grenzgebiet zwischen Britisch- und Deutsch-Ostafrika angeordnet hatte; vgl. Wächter, Naturschutz, 87. Laut Bernhard Gißibl ordnete von Rechenberg die Massenabschüsse an, weil es sich hierbei um eine schnelle und billige Maßnahme handelte; vgl. Gißibl, Nature, 181.

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im Norden der Kolonie schwere Kämpfe auszustehen.560 Deshalb wollte er vermutlich eine zusätzliche Konfliktlinie auf einem aus seiner Sicht unbedeutenden Politikfeld vermeiden. Insofern diente der Erlass der Privatwaldverordnung dem Gouvernement nicht nur als Mittel, um der Berliner Kolonialverwaltung trotz der faktischen Ohnmacht zu zeigen, dass etwas getan wurde, sondern auch zur Beruhigung der Siedlerinteressen. Die laxen Vorschriften waren dazu gedacht, Konflikte zwischen Forstverwaltung, Siedlern und Plantagengesellschaften von vornherein zu vermeiden und die Kontrollkosten gering zu halten. Dies führte dazu, dass den Forstbeamten in der Kolonie kaum noch eine rechtliche Handhabe blieb, um gegenüber europäischen Kolonisten Waldschutzmaßnahmen durchzusetzen. Einzig bemerkenswert an der neuen Privatwaldverordnung war, dass man scheinbar auch Einheimische als Waldbesitzer anerkannte, was ganz dem kolonialen Reformprogramm von Rechenbergs entsprach. Im Strafkatalog der neuen Verordnung erwähnte man »Nicht-Europäer« als Waldbesitzer, denen bei Zuwiderhandlung gegen die Verordnung allerdings ein höheres Strafmaß als Kolonisten zugedacht war.561 Kritik Die neue Privatwaldverordnung stellte aus der Perspektive forstwirtschaftlicher Kreise keinen großen Wurf dar. Man kritisierte insbesondere die hohe Abhängigkeit der Forstverwaltung vom Gouverneur. Förster Kurt Schmidt aus Deutsch-Ostafrika bemerkte in einer Denkschrift an Unterstaatssekretär von Lindequist, dass der Forstreferent »möglichst selbständig und nicht in jeder Frage abhängig vom Gouverneur sein [solle].« Schließlich mangele es dem juristisch gebildeten Gouverneur in den meisten Fällen an forstlicher Erfahrung.562 Ferner monierte man, es sei »zweifelhaft«, ob die Privatwaldverordnung für den Schutz des ostafrikanischen Waldes im Ganzen einen Wert habe. Forstexperte Haug hielt die Fläche der Privatwaldungen für zu klein und die Bestimmungen für kaum durchführbar, um einen effektiven Schutz zu garantieren.563 Haugs Kritik lief auf die Forderung nach einem einheitlichen Waldschutzgesetz für die gesamte Kolonie hinaus. In gleicher Weise plädierte auch Theodor Siebenlist dafür, dass die Privatwaldverordnung sowohl auf Privatland als auch für »herrenlose« Waldungen gelten solle, um einen Schutz aller Waldbestände aus landeskulturellen Gründen gewährleisten zu können.564 560 Vgl. Gründer, Geschichte, 163–166. 561 Vgl. Verordnung betreffend die Erhaltung von Privatwaldungen vom 17. August 1908, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 587. 562 Vgl. Schmidt, Kurt, Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 79. 563 Vgl. Schreiben Haug an RKA betr. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins in Ulm a. D. September 1910 vom 28. Januar 1911; BArch R 1001/ 7683, 107. 564 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 17.

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Waldschutzverordnung Neben der Privatwaldverordnung erarbeitet die Verwaltung unter von Rechenberg auch eine Novelle der Waldschutzverordnung, um die Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland anders zu gestalten. Diesbezüglich wurde ebenfalls deutlich, dass Gouverneur von Rechenberg Forstdirektor Eckert noch vor dessen offizieller Entlassung das Vertrauen entzogen hatte. Zwar ordnete von Rechenberg die Ausarbeitung einer neuen Waldschutzverordnung an, doch legte er diese Aufgabe nicht in die Hände des Forstreferats. Der Gouverneur wollte nämlich, dass die restriktiven Bestimmungen zur Nutzung von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland außer Kraft gesetzt wurden.565 Der Entwurf einer neuen Waldschutzverordnung, der vermutlich vom Zentralbüro ausgearbeitet worden war, lag zeitgleich mit Eckerts Entlassung vor. Es war darin die allgemeine Freigabe der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland vorgesehen, die lediglich durch ausdrücklichen Beschluss des Gouverneurs eingeschränkt werden konnte. Dieser konnte die Nutzung von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland durch öffentliche Bekanntmachung mit einer Gebühr belegen, die Art und Weise der Gewinnung bestimmter Walderzeugnisse eingrenzen oder diese an besondere Bedingungen, insbesondere an Wiederaufforstung, knüpfen. Ferner blieb dem Gouverneur vorbehalten, die Gewinnung von Walderzeugnissen auf »herrenlos« Kronland in bestimmten Gebieten ganz oder teilweise zu verbieten oder die ausschließliche Gewinnung an einen Unternehmer zu verpachten. Die Entnahme von Waldprodukten auf »okkupiertem« Kronland war von vornherein an die ausdrückliche Erlaubnis des Gouverneurs gebunden. Für Waldreservate galt nach wie vor, dass die alleinige Nutzung dem Fiskus zustand.566 Durch die allgemeine Liberalisierung der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland hoffte die Regierung einerseits, den afrikanischen Interessen entgegenzukommen, um keine neuen Aufstände zu provozieren, andererseits, die privatwirtschaftliche Nutzung von Waldressourcen zu fördern und die Siedlerinteressen zufriedenzustellen. Der neue Forstreferent Holtz zeigte sich indes sehr verärgert darüber, dass die Waldschutzverordnung ohne Beteiligung der Forstverwaltung ausgearbeitet worden war. Sie war ihm vorgelegt worden, weil man ihn nach Eckerts Demission mit der Ausarbeitung zu deren Ausführungsbestimmungen betraut hatte. Holtz erklärte gegenüber dem Zentralbüro, dass er sehr lange habe überlegen müssen, ob der Verordnungsentwurf der »forstlichen Praxis« genüge.567 Doch äußerte er die Kritik sehr vorsichtig, schließlich wusste er, dass die Forstverwaltung kaum noch politischen Handlungsspielraum hatte. Er schrieb, dass mit der neuen Wald 565 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouvernement: Kommentar zum Entwurf der Waldschutzverordnung vom 22. Januar 1909; TNA G 8/ 505, o. p. 566 Vgl. Waldschutzverordnung vom 1. April 1909, in: AA, 27. April 1909. 567 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouvernement: Kommentar zum Entwurf der Waldschutzverordnung vom 22. Januar 1909; TNA G 8/ 505, o. p.

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schutzverordnung seitens der Regierung »zweifellos« beabsichtigt worden sei, eine gesetzliche Basis zu schaffen, um die unbedingt notwendigen Maßnahmen zur »Erzielung der im Interesse der Landeswohlfahrt wie der nachhaltigen Produktion erforderlichen Bewaldung« herbeizuführen.568 Mit dieser Formulierung unterstellte Holtz, dass die Regierung weiterhin die nachhaltige Bewirtschaftung von Waldressourcen unterstützte, was in Rathenaus Plänen abgelehnt worden war. Damit führte er diskursiv fast unmerklich die wirtschaftliche Waldnutzung wieder in die verwaltungsinterne Debatte ein. Zusätzlich bemängelte er, dass der Entwurf nur die Gewinnung von Waldprodukten auf okkupiertem Kronland regele, sonst jedoch keine Handhabe biete, um einer »raubwirtschaftlichen Waldnutzung« vorzubeugen.569 Kurzum, Holtz verlangte hinter vorgehaltener Hand nach einem Verbot der freien Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland. Ferner kritisierte er, dass die neue Waldschutzverordnung keine Verbote gegen die »schlimmsten Ursachen der Entwaldung« enthielt: Die periodische Urbarmachung des Bodens, wobei der vorhandene Holzwuchs beschädigt bzw. vernichtet wird (z. B. Abtöten stärkerer Bäume durch Ringeln), ferner Absengen des Bodenüberzugs; und schlie[ß]lich die durch Weidevieh (Rinder, Ziegen, Schafe, etc.) verursachten Beschädigungen.570

Dies waren alte Forderungen, die Holtz bereits in die Novelle zur Holzschlag­ verordnung im Jahr 1902 eingebracht hatte. Denn laut Forstreferent Holtz waren alle genannten Faktoren zwar einzeln zu ertragen, doch wo sie zusammenwirkten, führten sie zu gänzlicher Entwaldung. Mit dieser Einschätzung stand er nicht allein. Auch für andere Forstexperten stellte sich das Phänomen der Entwaldung als wechselseitiges Ineinandergreifen mehrerer Faktoren dar: unvorsichtige Ausbeutung, ausgedehnte Weidewirtschaft und Brände. Unter Bezugnahme auf die Waldverhältnisse in Deutsch-Ostafrika stellte Moritz Büsgen das Problem folgendermaßen dar: Schon die einfache Holznutzung der Eingeborenen kann die Waldverwüstung anbahnen. Die Entnahme schwächerer Hölzer zu Brennholz, starker Bäume zum Kanubau, Holz zum Hüttenbau, zu Holztrommeln und anderen Geräten verändert mit der Zeit den natürlichen Nachwuchs und schafft Lücken, in denen Pflanzen sich ansiedeln, die im ursprünglichen Walde nur in besonderen Fällen Licht und Wurzelraum zu Gedeihen finden.571

Als Beispiele für Orte solch ökologischer Veränderungen nannte Holtz WestUsambara, West-Uluguru, die Landschaft Nera und einige Gebiete in Ruanda. Dass es sich in den genannten Fällen um regenarme Gebiete handelte, die auf 568 Vgl. ebd. 569 Vgl. ebd. 570 Ebd. Unterstreichungen in der Quelle. 571 Vgl. Büsgen, Waldschutz, 3.

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grund ihrer ökologischen Bedingungen kaum Baumwuchs aufwiesen, kümmerte den Forstreferenten wenig. Zwar gab er fairerweise zu, dass Fälle vollkommener Entwaldung nur selten vorkämen. Doch reichte es in seinen Augen aus, wenn der Boden landwirtschaftlich genutzt und das Gras regelmäßig gebrannt wurde, um einen Rückgang des Holzwuchses hervorzurufen, der durch natürliche Regeneration nicht auszugleichen sei.572 Deshalb wollte er die afrikanischen Landnutzungsweisen im Sinn der Bodenreinertragslehre abermals einschränken. Dass er dabei das Gespenst der völligen Entwaldung beschwor, ist aus heutiger Sicht bloße Rhetorik. Neue naturwissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Bäume durch Brandfeldbau oder Brandweide nicht völlig verschwanden, sondern sich lediglich die Vegetation auflockerte.573 Holtz wollte dies verhindern, weshalb er das Argument der totalen Entwaldung strategisch anwandte. Er ging sehr geschickt vor, indem er auf die Gefahren für die »natürliche Verjüngung« hinwies, die nach der reformorientierten Forstpolitik die adäquate Form zur Wiederbewaldung war. Diese waldbauliche Praxis ließ sich laut Holtz nur bei einer Einschränkung der afrikanischen Landnutzungsweisen durchführen, weshalb er die Regierung aufforderte, eine gesetzliche Basis zu schaffen, auf deren Grundlage man bezirkspolizeilich gegen die afrikanischen Waldnutzungen vorgehen könne.574 Ziel war es, die kostenfreie Entnahme von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland einzuschränken. Deshalb mahnte Holtz eine Revision des Entwurfs der Waldschutzverordnung an und unterbreitete einen Gegenvorschlag. Darin schrieb er, dass es ihm bei der Forderung nach einer Beschränkung der freien Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland nicht um den fiskalischen Gewinn gehe. Holtz wollte vielmehr die nachhaltige Nutzholzproduktion zur Versorgung der Kolonie, aber auch anderer Märkte, wieder ins Zentrum der forstwirtschaftlichen Bemühungen stellen. Deshalb sollte die Möglichkeit geschaffen werden, sowohl auf »herrenlosem« als auch auf »okkupiertem« Kronland die freie Gewinnung von Walderzeugnissen verbieten zu lassen. Regulierungen gegen Besiedlung oder Bebauung des Bodens in bewaldeten Gebieten sowie gegen Feuer und Weidegang sollten diese Maßnahmen ergänzen. In Waldreservaten wollte er dies von vornherein verbieten. Schon das alleinige Betreten der darin angelegten Kulturen sollte zum Straftatbestand erhoben werden.575 Doch konnte sich Holtz mit seinem Gegenvorschlag bei den reformorientierten Verwaltungsleuten kein Gehör verschaffen. Sie beachteten 572 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouvernement: Kommentar zum Entwurf der Waldschutzverordnung vom 22. Januar 1909; TNA G 8/ 505, o. p. 573 Laut der Patch-Dynamics-Theorie stellen sich in periodisch gleichmäßig genutzten Ökosystemen Fließgleichgewichte ein, die allerdings nicht konstant sind, sondern zyklisch; vgl. Wiegand, Rhythmus, 12. 574 Vgl. Schreiben Forstreferat an Gouvernement: Kommentar zum Entwurf der Waldschutzverordnung vom 22. Januar 1909; TNA G 8/ 505, o. p. 575 Vgl. ebd.

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seine Ausführungen nicht weiter und setzten die neue Waldschutzverordnung bald durch Bestätigung Dernburgs in Kraft.576 Reaktionen Das öffentliche Echo auf den Erlass der neuen Waldschutzverordnung war geteilt. Die Siedler in der Kolonie begrüßten sie. Selbst die konservative DOAZ fand löbliche Worte für die Forstpolitik des Gouvernements und sprach davon, dass durch die neue Waldschutzverordnung die Mängel ihrer Vorgängerin beseitigt worden seien. Dabei liege die Bedeutung der neuen Verordnung nicht auf forsttechnischem, sondern auf handelspolitischem Gebiet, da nun alle Gebühren und andere »Unbequemlichkeiten« bei der Entnahme von Waldprodukten beseitigt seien. Gleichzeitig sei durch die Beibehaltung von Waldreservaten dem »Raubbau der Eingeborenen nicht Tür und Tor geöffnet [worden].«577 Damit spielte die Zeitung darauf an, dass die neue Waldschutzverordnung vor allem eine Erleichterung für die gewerbliche Nutzung von Walderzeugnissen durch Siedler und koloniale Unternehmer bedeutete. Diese durften fortan Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland ebenso frei entnehmen wie die einheimische Bevölkerung, wobei Siedlern und Unternehmern andere technische Möglichkeiten zur Verfügung standen, um die Nutzholzausbeute in großem Stil zu betreiben. Dementsprechend skeptisch fiel die Bewertung der Waldschutzverordnung in kolonialforstlichen Kreisen aus. Auf der Hauptversammlung des Deutschen Forstvereins im Jahr 1910 wurde sie kritisch betrachtet. Dort hieß es, dass bedauerlicherweise jedermann Walderzeugnisse frei gewinnen könne, sofern die Waldressourcennutzung nicht ausdrücklich verboten oder von besonderen Bestimmungen abhängig gemacht worden sei.578 In ähnlicher Weise bezeichnete der Forstbeamte Theodor Siebenlist die Waldschutzverordnung als »mangelhaft«. Sie schütze weder Privatwaldungen gegen »Eigentumsdelikte« noch die »herrenlosen« Waldungen gegen andere »Rechtsgefährdungen«.579 Deshalb forderte Siebenlist eine Abänderung der Waldschutzverordnung, sodass der »Vernichtung oder Verwüstung« von Wald auf »herrenlos« Kronland vorgebeugt werden könne.580 Ebenso wollte die Forstverwaltung die neue Waldschutzverordnung nicht als »Freibrief« für die ungezügelte Entnahme von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland verstanden wissen. In einem nicht veröffentlichten Teil des forstlichen Jahresberichts 1909/10 hieß es, dass die neue Waldschutzverordnung von »grundlegender Bedeutung« sei, da sie die freie Gewinnung von 576 Vgl. Entwurf der Waldschutzverordnung von 1909; TNA G 8/ 850, o. p. 577 Vgl. Aus dem Gouvernementsrat, Waldschutzverordnung – Transport von Haustieren, in: DOAZ, 10, 95, 9. Dezember 1908. 578 Vgl. Schreiben Haug an RKA betr. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins in Ulm a. D. September 1910 vom 28. Januar 1911; BArch R 1001/ 7683, 107. 579 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft, 17. 580 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 75.

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Walderzeugnissen auf »herrenlos« Kronland ermögliche, doch nur insoweit es sich um »weniger umfängliche Nutzungen« handele. Gleichzeitig schaffe die Verordnung die gesetzliche Handhabe, bei Nutzungen in größerem Maßstab zu gewerblichen oder zu Handelszwecken eine »Gewinnbeteiligung« des Fiskus herbeizuführen. Außerdem erlaube die Verordnung, die Wälder auf »herrenlos« Kronland gegen »übermäßige, den Fortbestand derselben gefährdende Ausbeutung« zu schützen.581 Deutlich wird, dass die Forstverwaltung – im Gegensatz zur Regierung – die neue Waldschutzverordnung als Instrument interpretierte, um die freie Entnahme von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland einzuschränken. Dafür sorgten nicht zuletzt die im Anschluss an die Waldschutzverordnung erlassenen restriktiven Ausführungsbestimmungen, die Forstreferent Holtz ausgearbeitet hatte. Er befürchtete, dass die Kolonisten sonst ungehindert »Raubbau« betreiben würden. Ausführungsbestimmungen und Dienstanweisung Die Ausführungsbestimmungen bildeten aus der Perspektive der Forstverwaltung für die Durchführung eines wirksamen Forstschutzes auch auf bereits reservierten Flächen eine »unentbehrliche Grundlage«.582 Folglich wurde die Möglichkeit des ungehinderten Zugangs zu den Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland in den Ausführungsbestimmungen minimiert. Forstreferent Holtz wies die untergeordneten Forstbehörden an, dass Walderzeugnisse auf »okkupiertem« Kronland nicht zu kommerziellen Zwecken frei entnommen werden dürften. Dies dürfe nur mit ausdrücklicher Genehmigung der zuständigen Behörden zum eigenen Bedarf geschehen. Die Nutzungserlaubnis könne bei Bau- und Brennholz an einzelne Personen oder Gemeinschaften auf unbegrenzte Zeit verliehen werden.583 Hierdurch schloss Holtz die Möglichkeit aus, die Nutzungsrechte an Waldressourcen auf »okkupiertem« Kronland zu gewerblichen Zwecken zu verpachten, was in der Waldschutzverordnung vorgesehen war. Er wollte vermeiden, dass wertvolle Waldressourcen privatwirtschaftlich ausgebeutet wurden und einer späteren staatlichen Nutzung nicht mehr zur Verfügung standen. Ferner verfügte Holtz in einer im Juli 1909 erlassenen Dienstanweisung, dass die freie Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland nur dann zulässig sei, wenn hierdurch »keine nachteiligen Einflüsse auf Wasser- und Feuchtigkeitsverhältnisse, […] erhebliche Bodenverschlechterungen oder gar Bodenabschwemmung zu befürchten [seien].«584 Mit dieser Regulierung folgte er der offiziellen politischen Rhetorik, doch gab er den lokalen Förstern damit ein 581 Vgl. Jahresbericht der Forstverwaltung für das Jahr 1909/10; TNA G 8/515, 108. 582 Vgl. ebd., 109. 583 Vgl. Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 590. 584 Vgl. Runderlaß: Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909 und deren Ausführungsbestimmungen, J. No. 5027/VIII vom 1. Juli 1909; TNA G 8/ 507, o. p.

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Instrument an die Hand, die Waldressourcenentnahme auf »herrenlos« Kronland nach eigenem Ermessen einzuschränken. Zur Rechtfertigung der Maßnahme bediente sich Holtz geschickt den Eckpunkten der reformorientierten Forstpolitik, indem er die ökologischen Gefahren betonte. Darüber hinaus wies er die untergeordneten Dienststellen an, die freie Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland zu verbieten, wenn die »Nachhaltigkeit der Produktion« bestimmter, für den Handel wertvoller Hölzer gefährdet war oder für die einheimische Bevölkerung unentbehrliche Walderzeugnisse gefährdet seien.585 Abermals nahm Holtz Bezug auf reformorientierte Forderungen, indem er die Interessen der einheimischen Bevölkerung stärker als sein Vorgänger Eckert berücksichtigte. Letztlich ging es ihm jedoch darum, eine weitere Beschränkung der Waldressourcenentnahme auf »herrenlos« Kronland zu rechtfertigen. Damit ging er durch diese Anweisung über den in Rathenaus Forstprogramm gesteckten Handlungsrahmen hinaus. Es gelang dem Forstreferent auf einer unteren Verordnungsebene praktisch unbemerkt, die nachhaltige Nutzholzproduktion abermals zur Norm des Handels der Forstverwaltung zu erheben. Die Verbote sollten allerdings nur dann ins Spiel kommen, wenn es sich bei der Nutzung um »namhafte Werte« handelte, bei der sich die Gewinnbeteiligung des Fiskus durch Erhebung einer Gebühr empfehle.586 Es wird deutlich, dass Holtz keineswegs von dem Ziel einer nachhaltigen Nutzholzproduktion als staatlicher Einnahmequelle abrückte. Nur tauchte dieses Anliegen nicht mehr offiziell auf der Agenda auf, sondern wurde durch die Hintertür wieder eingeführt. Im Vordergrund standen ökologische Argumente und die vorgebliche Sorge um die afrikanische Bevölkerung. Daran zeigte sich, dass sich der neue Forstreferent der reformorientierten Rhetorik wohl zu bedienen wusste, ohne das eigentliche Ziel der Forstverwaltung, die nachhaltige Nutzung aller Waldressourcen, aus den Augen zu verlieren. So verfügte er weiter, dass die zumeist gebührenfreie Verpachtung von Waldnutzungsrechten auf »okkupiertem Kronland« bei sehr holzreichen Landflächen entfallen solle. Dort solle der Fiskus einen »einigermaßen« dem Holzwert entsprechenden Zuschlag erheben.587 Beim Gouvernement schien man diese Einschränkungen der Waldschutzverordnung zu akzeptieren. Vielleicht beschäftigte man sich bei der Zentralverwaltung auch gar nicht mit forstwirtschaftlichen Details und bemerkte deshalb nicht, dass Holtz – entgegen der offiziellen Linie – in den Ausführungsbestimmungen und in der Dienstanweisung die reformorientierte Linie einschränkte und auf lokaler Ebene eine totale Kontrolle der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland durch die Forstverwaltung ermöglichte.

585 Vgl. ebd. 586 Vgl. ebd. 587 Vgl. ebd.

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Waldreservate Bezüglich der Nutzung von Waldreservaten durch Dritte zeigte sich Holtz in der Dienstanweisung indes etwas liberaler. So durften die lokalen Forstbehörden oder Bezirksverwaltungen – ähnlich wie in Britisch-Indien – fortan die Besiedlung oder Bebauung des Bodens und den Weidegang von Vieh in Waldreservaten erlauben.588 Doch sollten solche Nutzungen nur in Ausnahmefällen geschehen, wenn sie mit den »Grundsätzen einer pfleglichen Waldbehandlung« in Einklang zu bringen waren. Ferner sollte der Gebrauch von Waldreservaten überall dort verboten bleiben, wo die »schlechte Beschaffenheit, (mangelhafte Bestockung) des vorhandenen Waldbestandes eine sorgfältige Schonung des stehenden Holzes im Interesse der Verjüngung erheischt.« Ausdrücklich verboten blieb die Beschädigung oder Vernichtung von Holzwuchs jeden Alters, insbesondere durch Feuer, weshalb vor Eintritt der Trockenzeit entsprechende Abwehrmaßnahmen getroffen werden sollten.589 Ein Beispiel für eine Abwehrmaßnahme gegen Feuer ist ein auf der nächsten Fotografie zu erkennender Feuerschutzstreifen, wie dieser nach britisch-indischem Muster an den Außengrenzen der Waldreservate in Deutsch-Ostafrika angelegt wurde. Dazu befreite man den Boden von Gestrüpp und legte dieses auf Haufen, die später abgebrannt wurden. Größere Bäume ließ man stehen. Doch zeigte sich bald, dass diese Art des Feuerschutzes nicht ausreichte, weshalb die Forstverwaltung versuchsweise Feuerschutzstreifen mit feuerresistentem Manihot glaziovii bepflanzte. Dazu wurde zuerst die Fläche mittels Feuer gerodet, wie auf der Fotografie an Stämmen und Ästen ehemaliger Bäume zu erkennen ist. Auf dem gut gedüngten Boden konnten die jungen Manihot-Bäume wachsen. Die Anlage der Feuerschutzstreifen erledigten üblicherweise Arbeitskräfte aus nächstgelegenen Ortschaften. Diese kamen nicht unbedingt freiwillig, sondern wurden durch ihre Jumben zwangsrekrutiert und von Waldwärtern überwacht.590 Neben den Feuerschutzstreifen wollte Holtz die Waldreservate auch durch Markierungen wie Erdhügel mit Grenzsteinen und Tafeln mit der Aufschrift »Msiti wa serkali« (Regierungswald = Waldreservat) schützen591, die das Waldreservat gegen das Umland abgrenzen sollten. Die Grenzzeichen signalisierten, dass menschliche Übergriffe gegen das Waldreservat nicht toleriert wurden. Dies schloss sowohl die einheimische Bevölkerung als auch die Kolonisten ein. Holtz stellte die Beschädigung oder die Wegnahme von Grenzzeichen sowie das Betreten vorhandener Kulturen oder Schonungen unter 588 Vgl. Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 590. 589 Vgl. Runderlaß: Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909 und deren Ausführungsbestimmungen, J. No. 5027/VIII vom 1. Juli 1909; TNA G 8/ 507, o. p. 590 Vgl. Jahresberichte der Forstverwaltung für das Wirtschaftsjahr 1910/11, 7. 591 Jahresberichte der Forstverwaltung pro 1911/12, 335.

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Abb. 26: Feuerschutzstreifen am Waldreservat Simbo. Aus: Jahresberichte der Forstverwaltung für das Wirtschaftsjahr 1910/11, o. S. (Foto: Reich).

Strafe.592 Jedoch wollte er in gut beschaffenen Waldreservaten der lokalen Bevölkerung die gebührenfreie Holznutzung weiterhin gestatten, insofern ihr bei den Kronlandverhandlungen ein entsprechendes Recht zugestanden worden war. Alle anderen Nutzer hatten eine Gebühr auf Waldprodukte von einem Drittel des lokalen Verkaufspreises zu entrichten. Auch sollte die Zahl der Nutzer auf das örtlich »notwendige Maß« reduziert werden, wobei nur bestimmte Teile der Reservate zu öffnen waren.593 Die Entscheidung hierüber sollte einem höheren Forstbeamten obliegen.594 Durch diese Anweisungen unterstrich Holtz den Kompetenzanspruch der Forstverwaltung gegenüber den lokalen Bezirksämtern. Denn in der Vergangenheit war es bei der Abgrenzung von Waldreservaten immer wieder zu Streitigkeiten zwischen der Forstverwaltung und einzelnen Bezirksverwaltungen gekommen. Während die Forstverwaltung an einer nach 592 Vgl. Ausführungsbestimmungen zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 591. 593 Vgl. Runderlaß: Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909 und deren Ausführungsbestimmungen, J. No. 5027/VIII vom 1. Juli 1909; TNA G 8/ 507, o. p. Der Preistarif wurde am 29. Juni 1912 durch Runderlass J. Nr. 1357 5/12 VIII abgeändert; vgl. Randvermerk an der Quelle. 594 Vgl. ebd.

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Abb. 27: Freihauen eines Feuerschutzstreifens am Waldreservat Mtibwa. Aus: TNA G 8/ 516, p. 39 (Foto: Bittkau).

haltigen Nutzholzproduktion und einer Schonung der Bestände interessiert war, ging es den Bezirksverwaltungen um die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens. Letztere verstanden sich als Anwälte der Interessen von »Eingeborenen und wei[ß]en Ansiedlern.«595 Deshalb verordnete die Zentralverwaltung, dass die Forstverwaltung mit den »politischen Behörden« zusammenarbeiten müsse, wobei der Forstverwaltung in allen technischen Fragen die Entscheidungsgewalt zustehen sollte. Laut Gouvernement ließ sich der größte »praktische Erfolg« bei Waldreservierungen nur in Zusammenarbeit zwischen den Behörden erreichen.596 Damit hatte Holtz sein Anliegen, der Forstverwaltung die Hoheit über die Waldreservate zu sichern, erreicht. Den Schutz dieser »Inseln der Nutzholzproduktion« als zukünftige Einnahmequellen der Forstverwaltung versuchte er nicht allein durch Verbote zu erreichen, sondern auch durch Aufklärung. Er trug den lokalen Verwaltungsbehörden auf, die Grenzen der Waldreservate und die Waldschutzvorschriften von Zeit zu Zeit der einheimischen Bevölkerung bekanntzugeben. Diese sollte auch auf den Nutzen der Waldreservate für 595 Vgl. Runderlaß betr. Ausführung des Runderlaßes Schaffung von Waldreservaten vom 10. Januar 1907; TNA G 8/ 609, 54–55. 596 Vgl. ebd.

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Abb. 28: Grenzvermarkung Waldreservat Lusnuguru. Aus: TNA G 8/ 516, 395 (Foto: Bittkau).

Abb. 29: Tafel mit Aufschrift »Msiti wa serkali«. Aus: TNA G 8/ 516, 395 (Foto: Bittkau).

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die Erhaltung der Wälder und die daraus folgenden positiven Wirkungen für die Bodenfeuchtigkeit und die Vermehrung der Niederschläge aufmerksam gemacht werden.597 Hierauf müsse durch immer wiederkehrende »Belehrung der Eingeborenen« bei öffentlichen Gerichtssitzungen hingearbeitet werden. Ferner müsse man durch aufklärende Artikel in den landessprachigen Zeitungen und gegebenenfalls durch örtliche Brandverbote, die »selbstverständlich [nur] unter entsprechender Rücksichtnahme auf das Landbedürfnis der Eingeborenen« auszusprechen seien, den Waldschutz fördern.598 Diese Worte transportierten trotz vorgeblicher Rücksichtnahme auf die lokale Bevölkerung nur das stereotype Bild der Waldzerstörung durch vermeintlich uneinsichtige Einheimische. Schließlich setzte Holtz nicht allein auf die Einsicht der lokalen Bevölkerung, sondern empfahl ebenfalls dringend, die Waldwärter mit den sachlichen Notwendigkeiten der Waldreservierung vertraut zu machen und sie über die daraus erwachsenden Dienstverpflichtungen zu belehren.599 Somit lässt sich davon sprechen, dass die von Holtz formulierten Ausführungsbestimmungen und die Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung von 1909 der Forstverwaltung in lokalen Kontexten einen großen Handlungsspielraum eröffneten. Sie konnte Regulierungen der Waldschutzverordnung von 1909 in ihrem Sinn auslegen. Zwar war es nicht länger möglich, die Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland flächendeckend zu verbieten. Doch waren rechtliche Instrumente geschaffen worden, die es lokalen Forstbeamten erlaubten, sehr restriktiv zu verfahren. Insofern mag die Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen und der Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung als erstes Indiz dafür angesehen werden, dass die Forstverwaltung unter dem Deckmantel einer reformorientierten Forstpolitik alles tat, um die liberalen Regulierungen wieder abzuschaffen und ihre Kontrollmöglichkeiten abermals auszubauen. Somit lässt sich nicht grundsätzlich von einer Neuausrichtung der Normen kolonialforstlichen Handelns während der Reformzeit sprechen. Vielmehr traten lediglich graduelle Unterschiede zwischen den Forstkonzepten von Eckert und von Holtz zutage. Während Eckert die ökologischen und sozialen Verhältnisse in der Kolonie lediglich als untergeordnete Parameter betrachtet hatte, standen diese für Holtz im Zentrum seiner Pläne. Er orientierte das kolonialforstliche Handeln stärker an lokalen bzw. regionalen Kontexten und richtete die Produktion von Waldressourcen nicht in erster Linie auf den Weltmarkt aus. 597 Vgl. Runderlaß: Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909 und deren Ausführungsbestimmungen, J. No. 5027/VIII vom 1. Juli 1909; TNA G 8/ 507, o. p. 598 Anzumerken ist, dass es verschiedene Einstellungen innerhalb der kolonialforstlichen Profession zu der Frage gab, wie mit der lokalen Bevölkerung und deren Bedürfnissen umzugehen sei. Manche Förster setzten auf Schulungsangebote, um die Bevölkerung mit den neuen Methoden vertraut zu machen, andere bevorzugten Zwang und Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele; vgl. Rajan, Nature, 157–158. 599 Vgl. ebd.

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Dennoch verblieb das Ziel einer ökonomischen Verwertung von Waldressourcen im Zentrum seines kolonialforstlichen Denkens. Die deutsch-ostafrikanischen Förster strebten auch in der Reformzeit danach, die Forstwirtschaft zu einem »erwerbenden Betrieb« überzuleiten, was sie »ihrer Natur« nach sei. Dazu setzten sie die fiskalischen Einkünfte aus Waldreservaten mit den Einnahmen aus den »Staatsforsten« in Deutschland gleich. Allerdings gingen sie davon aus, dass Deutsch-Ostafrika »geschichtlich« noch nicht so weit fortgeschritten sei, um von »Erwerbswaldungen« oder »Forsten« im eigentlichen Sinn sprechen zu können. Diese müssten erst geschaffen werden, und zwar mit Geld: Ohne Kosten, ohne Ausgaben können wir hier nie Erträge liefernde Waldungen schaffen und anerziehen.600

Das war fast die Linie, die Eckert vertreten hatte. Nur plante man fortan, die Kosten für den Umbau der »Urwälder« zu Ertragswäldern nicht aus öffentlichen Mitteln, sondern aus den Einnahmen der Holzschlaggebühr zu finanzieren. Als Modell schwebte den Förstern ein sich finanziell selbsttragendes staatliches Forstwesen vor, das sie in zwei Stufen aufbauen wollten. Zuerst sollte nur die Nutzung von forstwirtschaftlichen Nebenprodukten, wie Kautschuk, Kopal und Rinde, in »vorhandenen Urwälder[n] (primäre und sekundäre)« betrieben werden. Anschließend wollte man, wie dies auch ehemals in Deutschland der Fall gewesen sei, zur Hauptnutzung im forstlichen Sinn, also zur Nutzholzproduktion und -ausbeutung, übergehen. Dazu sollte der Staat alsbald Abnahmestellen für käuflich zu erwerbende Waldprodukte aufbauen. Hierdurch wollten die Förster in allen Waldreservaten ein in sich geschlossenes System der staatlichen Waldressourcenkontrolle wie im Rufiyi-Gebiet schaffen, das sukzessive in der ganzen Kolonie eingeführt werden sollte, um die »Rentabilität für die Zukunft« nicht zu gefährden.601

8. Forstwirtschaftliche Praxis in der Reformzeit Die kolonialen Forstleute rückten keineswegs von einem staatszentrierten Entwicklungsmodell ab. Doch hatte die koloniale Forstverwaltung Deutsch-Ost­ afrikas durch ihre Misswirtschaft an politischer Unterstützung und öffentlichem Ansehen verloren. Die Forstgesetzgebung war liberalisiert worden, Stellen- und Budgetkürzungen vorgenommen und eine schärfere Haushaltskontrolle eingeführt. Diese und andere Maßnahmen der Kolonialreformer haben Histori 600 Vgl. Schreiben des Forstamts Daressalam an das Gouvernement betr. Schlagen von wertvollen Nutzhölzern auf herrenlosem Kronland. Wald- und Holzschutz im allgemeinen vom 19. Oktober 1912; TNA G 58/ 99, o. p. 601 Vgl. ebd.

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ker dazu veranlasst, die kolonialpolitische Ära nach dem Maji-Maji-Aufstand als eine Phase des »colonial improvement« aufzufassen. Schließlich leitete die Regierung von Rechenberg umfassende Reformen ein, die der einheimischen Bevölkerung nicht nur die Gewinnung und den Handel mit Waldressourcen erleichtern sollten, sondern auch deren landwirtschaftliche Produktion für den Weltmarkt fördern.602 Die Ursache des auf die Reformen einsetzenden »wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt[s]« sieht Werner Schiefel in der Angst der Europäer vor weiteren Aufständen. Insofern sei die Rechenberg-Dernburgsche Reform die europäische Antwort auf die afrikanische Initiative des Maji-MajiAufstandes gewesen.603 Dieser Einschätzung Schiefels muss insoweit beigepflichtet werden, als dass der Maji-Maji-Aufstand eine unmittelbare Lockerung des Forstrechts und der forstwirtschaftlichen Kontrollpraxis noch unter der Regierung von Götzen bewirkt hatte. Ferner kann der Aufstand als ein Auslöser dafür gelten, dass sowohl in der Kolonie als auch in der Metropole reformorientierte Kräfte Leitungsfunktionen in der kolonialen Administration übernahmen. Diese Kräfte strebten eine Effizienzsteigerung der Kolonialwirtschaft durch Liberalisierung an.604 Jedoch wurde dieses positive Bild der Kolonialreform in der jüngeren Forschung angezweifelt. So stellte die koloniale Reformpraxis laut Thaddeus Sunseri nichts anderes dar als eine andere Form der sozialen Kontrolle im Kontext kolonialer Entwicklungsmaßnahmen.605 Deshalb erscheint fraglich, ob die von Dernburg favorisierte rationale Kolonisation auf wissenschaftlich-technischer Grundlage wirklich einen »Fortschritt« bedeutete. Dieser Frage wird im folgenden Abschnitt anhand von Fallbeispielen zu Waldkonflikten aus den Bezirken Tanga und Morogoro nachgegangen.

8.1 Schauplätze kolonialer Waldkonflikte In den Bezirken Tanga und Morogoro lagen die Mittelgebirge von Usambara und Uluguru, die in kolonialforstlicher Perspektive wertvolle Waldungen aufwiesen (vgl. Kap I). Die Wälder dieser Gebirge unterschieden sich ökologisch nicht besonders stark voneinander, jedoch war die Besiedlungs- und Bevölkerungsstruktur unterschiedlich. Beim Bezirk Tanga handelte es sich um das am stärksten kolonisierte Gebiet Deutsch-Ostafrikas (vgl. Karte 10), das mit 23,6 Einwohnern 602 Vgl. Sunseri, Rebellion, 445; Gründer, Geschichte, 163–169. 603 Vgl. Schiefel, Dernburg, 139. Schiefels Interpretation der Bedeutung des Maji-MajiAufstands, die er im Anschluss an Iliffe vornimmt, erscheint partiell richtig. Doch muss darauf hingewiesen werden, dass der Aufstand eher als Auslöser, denn als Ursache dafür zu begreifen ist, dass sich die kolonialen Reformgedanken politisch durchsetzen konnten. 604 Vgl. Dernburg, Zielpunkte, 9. 605 Vgl. Sunseri, Rebellion, 445.

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pro km2 die höchste Dichte einheimischer Bevölkerung im nordöstlichen Teil der Kolonie aufwies (vgl. Karte 11 b).606 In Ost-Usambara lebten etwa 16.000 Shambaa und 2000 Taita auf einer Fläche von 1120 km2, was einer Bevölkerungsdichte von ungefähr 16 Personen pro km2 entsprach. Damit war Ost-Usambara nicht ganz so dicht besiedelt wie das Flachland des Bezirks Tanga.607 Im Bezirk Morogoro war das Verhältnis genau umgekehrt. Dort war das Flachland nicht so stark bevölkert, das Uluguru-Gebirge umso mehr. Dort siedelten etwa 55.000 Menschen auf einer Fläche von 1720 km2, woraus sich eine Bevölkerungsdichte von 32 afrikanischen Einwohnern pro km2 errechnen lässt.608 Somit lag die Dichte der einheimischen Bevölkerung in Uluguru etwa doppelt so hoch wie in Ost-Usambara, wohingegen die Besiedlung mit Europäern sehr gering war. Der Jahresbericht des Gouvernements gab den »weißen« Bevölkerungsanteil in Uluguru im Jahr 1904 mit 18 Personen an: Sieben Missionare der Kongregation vom Heiligen Geist und dem unbefleckten Herzen Mariä (Schwarze Väter), vier Regierungsbeamte, zwei Schutztruppenangehörige, zwei Ansiedler (Moritz und Prüße), ein Techniker, ein Kaufmann und eine weitere Person.609 Gründe für die vergleichsweise geringe europäische Präsenz waren, dass Uluguru etwa acht bis zehn Tagesmärsche von der Küste entfernt lag und die Eisenbahnstrecke Daressalam-Morogoro (Zentralbahn) erst im Jahr 1907 fertiggestellt wurde. Außerdem war Uluguru nicht malariafrei und recht steil, was die europäische Plantagenwirtschaft erschwerte.610 Hingegen lag Ost-Usambara näher an der Küste, wies geeignete Flächen für die Plantagenwirtschaft auf und wurde ab 1894 sukzessive durch die Eisenbahn erschlossen. Die natürlichen, sozialen und infrastrukturellen Bedingungen sorgten dafür, dass die Kolonisation der Wälder in beiden Gebirgen völlig unterschiedlich verlief. Während in Ost-Usambara gleich zu Beginn der direkten Kolonialherrschaft private Plantagengesellschaften die besten Waldstücke von einheimischen Herrschern kauften oder pachteten611, wurden die Gebirgswälder Ulugurus noch recht lange fast ausschließlich von der einheimischen Bevölkerung genutzt.612 Deshalb kam es in Ost-Usambara vornehm 606 Vgl. Karte: Eingeborene Bevölkerung nach dem Stande vom 31. März 1913, in: Die deutschen Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1912/13, 40/41. 607 Vgl. Usambara, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 589 ff. 608 Vgl. Uluguru, in: Schnee, Deutsches-Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 571. 609 Vgl. Bevölkerungs-Statistik, in: Jahresbericht 1904/1905, Anlage A. 610 Vgl. Friedrich Wilhelm Bornhardt, Zur Oberflächengestaltung und Geologie DeutschOstafrikas. Berlin 1900, 31; Brix Förster, Das Ulugurugebirge in Deutsch-Ostafrika, in: Globus, 85, 1904, 274. 611 Vgl. Peters, Schutzgebiet, 85–87; Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 287; Sippel, Aspects, 18; Iliffe, History, 126. Die Angaben über das Ausmaß der Landverkäufe und -verpachtungen von einheimischen Herrschern an deutsche Plantagengesellschaften sind bei Iliffe vermutlich zu hoch gegriffen. 612 Vgl. Stuhlmann, Uluguruberge, 224; Uluguru, in: Schnee, Deutsches-Kolonial-Lexikon, Bd. 3, 571; Schuster, Ruf, 47.

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lich zu Konflikten zwischen privaten kolonialen Interessen und der staatlichen Forstverwaltung, während in Uluguru die Konflikte zwischen Forstverwaltung und einheimischer Bevölkerung dominierten, nachdem die Forstverwaltung im Jahr 1909 die dortigen Höhenwälder zu staatlichen Waldreservaten erklären ließ. Ein weiterer Akteur im Kampf um die Waldressourcen während der Reformzeit waren Missionsgesellschaften, die sowohl in der Rolle privatwirtschaftlicher Unternehmen als auch als Anwälte der einheimischen Bevölkerung auftraten.

8.1.1 »Raubbau« durch Missionsgesellschaften Von Rechenbergs »rationale« Haltung zur kolonialen Forstwirtschaft war vor allem dadurch geprägt, dass der Waldschutz mit einem Minimum an bürokratischem Aufwand und damit möglichst kostengünstig gestaltet werden sollte. Die liberale Waldschutzverordnung von 1909 leistete dazu ihren Beitrag. Doch führten ihre Regulierungen zu einer verstärkten Nutzung von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland durch europäische Siedler und Missionsgesellschaften. Ein höherer Forstbeamter, der spätere Leiter des Forstamts von Daressalam, Forstassessor Redslob, hatte auf einer Inspektionsreise im Dezember 1911 beobachtet, dass eine umfangreiche Nutzholzausbeute durch Europäer entlang der Zentralbahn und im Uluguru-Gebirge durch europäische Kaufleute und Missionsstationen stattfand. Er berichtete dem Gouvernement, dass er auf seiner Rückfahrt von Morogoro nach Daressalam bei der Bahnstation Ngerengere einen mit Nutzholz stark überladenen Wagen gesehen habe, der auf seine Weiterfahrt zur Holzhandlung Günter nach Daressalam gewartet habe. Den Marktpreis der Hölzer taxierte Redslob auf 110 bis 120 Rp pro fm.613 Untermauert wurden solche Beobachtungen durch eine Meldung des Stationsförsters Rupprecht von der Forststation Bunduki im Uluguru-Gebirge. Dieser schrieb im September 1912 an Redslob, ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass in der Nähe des Waldreservats Kimboza in Ost-Uluguru ein bedeutender Holzschlag erfolgt sei. Diesen habe die katholische Missionsstation Matombo im Gebiet des Jumben Mirambo ausführen lassen. Es seien dort vielfach innerhalb von »Eingebor[e]nenschamben« rund 222,00 fm Hart- und Starkholz geschlagen worden, wovon 124 fm auf Mvule, 73 fm auf Mkangazi und 25 fm auf Mkumbullu entfielen. Laut Rupprecht war dem Gebiet allerdings »Schutzwaldeigenschaft« zuzusprechen, da es in unmittelbarer Nähe eines Flusses lag. Es hätte dort mit Rücksicht auf den Schutz der Uferböschungen, die gegen die Gefahr der Überschwemmungen bei Hoch 613 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Gouvernement, Bericht des Forstassessors Redslob über die in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 1911 ausgeführte Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p.; Schreiben KBA Daressalam an Forstamt Daressalam vom 19. Januar 1912; TNA G 58/ 99, o. p.

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Abb. 30: Grubensäge mit Mannschaft bei Bumbuli. Aus: Wohlrab, Usambara, 115.

wasser oder gegen Versandung wirkten, nicht gerodet werden dürfen.614 Diese Einschätzung ließ sich mit der Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung von 1909 begründen, laut der lokale Forstbeamte die freie Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland untersagen durften, wenn dadurch schädliche Umweltwirkungen zu erwarten waren.615 Des Weiteren hatte sich laut Rupprecht bei der Aufarbeitung und Lagerung der Stämme an Ort und Stelle nicht verhindern lassen, dass Teilflächen der Shamben nicht bestellt werden konnten. Insbesondere die Grubensägen verursachten aus forstwirtschaftlicher Perspektive große Schäden durch Festtreten des Bodens, Absplittern von Ästen und Stammstücken sowie durch das Ausheben von Vertiefungen.616 Die Fotografie zeigt afrikanische Waldarbeiter / Unternehmer beim Sägen von Brettern mit einer Grubensäge. Zwar handelt es sich bei der Aufnahme nicht um eine Fotografie aus dem Gebiet, wo im Auftrag der Mission Matombo gerodet worden war, jedoch um eine Grubensäge der Missionsstation Hohenfriedberg in West-Usambara. Hierzu schrieb der Missionar Wohlrab, dass die Nachfrage von 614 Vgl. Vertraulicher Bericht des Försters Rupprecht an das Forstamt Daressalam betr. Holzschlag durch die Mission Matombo vom 12. September 1912; TNA G 58/ 99, o. p. 615 Vgl. Runderlaß: Dienstanweisung zur Waldschutzverordnung vom 27. Februar 1909 und deren Ausführungsbestimmungen, J. No. 5027/VIII vom 1. Juli 1909; TNA G 8/ 507, o. p. 616 Vgl. Vertraulicher Bericht des Försters Rupprecht an das Forstamt Daressalam betr. Holzschlag durch die Mission Matombo vom 12. September 1912; TNA G 58/ 99, o. p.

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Missionsgesellschaften nach Schnittholz in erheblichem Maße zur Entwicklung des einheimischen Grubensägegewerbes während der deutschen Kolonialzeit beigetragen habe. Die Technik war von Missionsgesellschaften aus Europa importiert worden. Vor der Kolonialzeit, so Wohlrab, seien Sägen in Ostafrika nur in der Form kleiner indischer Handsägen bekannt gewesen, von denen sich allerdings nur wenige Exemplare in den Händen von Jumben und Schmieden befunden hätten. Schwere Werkzeuge, wie große Baumsägen und große Äxte, habe es nicht gegeben. Umso überraschender sei gewesen, so der Missionar, wie »ruhig und sicher schon nach kurzer Zeit die ersten Burschen im Urwalde mit der schweren Axt die gewaltigen Stämme beschlugen.« Auch mit der »großen Brettersäge« seien bald erste Erfahrungen gesammelt worden. Zwar habe mancher nach kurzer Zeit aufgegeben, weil Brust und Arme zu sehr schmerzten, doch sei die mit dem Import der Säge einsetzende wirtschaftliche Entwicklung nicht aufzuhalten gewesen. Die Missionsstationen unterhielten eigene Grubensägemannschaften, die sie aus ihren »Zöglingen« rekrutierten. Bald begannen auch einzelne Afrikaner, sich Sägen und Äxte zuzulegen und als Unternehmer Bauholz an Missionsstationen zu liefern.617 Das Grubensägegewerbe florierte seinerzeit. Es stellt einen bis heute existierenden Zweig der tansanischen Waldwirtschaft dar.618 Jedoch begegnete die Forstverwaltung der Grubensägerei seinerzeit mit Ablehnung, da man private Konkurrenz grundsätzlich missbilligte und diese Art der Holzgewinnung für nicht sonderlich effizient hielt. Nicht zuletzt deshalb erachteten es die deutschen Förster seinerzeit als wünschenswert, dass allen Shambenbesitzern in Ost-Uluguru, auf deren Feldern Holzeinschlag vorgenommen worden war, eine entsprechende Entschädigung durch die Mission Matombo gezahlt wurde.619 Dabei beschränkten sich die Fällungen nicht allein auf das Gebiet des Jumben Mirambo. Auch anderswo hatte die Mission Matombo Harthölzer schlagen lassen. Förster Rupprecht schätzte den Einschlag auf insgesamt 800 fm und beurteilte die Qualität des Holzes als vorzüglich, da es in seinen technischen Eigenschaften »hochwertigem Eichenholz« gleichkomme.620 Damit schien es, als hätte die Mission Matombo einen ordentlichen Gewinn auf Kosten der afrikanischen Bäuerinnen und Bauern gemacht. Außerdem kann angenommen werden, dass den Missionaren die Fällung der als heilig geltenden Mvule-Bäume recht war, da sie damit zugleich die Axt am Heidentum anlegen konnten (vgl. S. 92, 338). Doch verhielt sich der Fall nicht ganz so einfach wie ihn Förster Rupprecht deutete. Denn die Bäuerinnen und Bauern waren der Mission wahrscheinlich dankbar, dass diese die Bäume in ihren Feldern hatte schlagen lassen. Hierdurch ließ sich ein durch Bezirksamtmann Lambrecht und Forstrat 617 Vgl. Wohlrab, Usambara, 113–115. 618 Vgl. Sunseri, Ax, 83–86. 619 Vgl. Vertraulicher Bericht des Försters Rupprecht an das Forstamt Daressalam betr. Holzschlag durch die Mission Matombo vom 12. September 1912; TNA G 58/ 99, o. p. 620 Vgl. ebd.

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Holtz im Oktober 1910 in Uluguru verhängtes Fällungsverbot von Mseri- und Mvulebäumen umgehen. Diese strenge Regelung umfasste alle Mvule- und Mseribäume auch außerhalb von Waldreservaten. Sie galt in ganz Uluguru und war »Jumben und Leuten« mündlich an »Ort und Stelle« im Beisein des damaligen Stationsförsters von Bunduki, Jahn, verkündet worden.621 Mit diesem Verbot wollte sich Forstreferent Holtz das ökologische Potenzial der Uluguru-Berge kolonialforstlich zunutze machen. Ziel der Maßnahme war, dass sich bisher als Felder genutzte Flächen an der Regenwaldgrenze durch natürlichen Anflug mit Baumsaat bewalden sollten. Die lokale Bevölkerung wäre daraufhin gezwungen gewesen, diese für den Feldbau unbrauchbaren Gebiete zu verlassen. Dieses Vorgehen entsprach der Strategie von Forstrat Holtz, die afrikanische Bevölkerung nicht direkt und gewaltsam aus den Walddörfern in höher gelegenen Bergregionen zu vertreiben, sondern mittels struktureller Gewalt. Indem man die Nutzungsmöglichkeiten von Feldern an den Rändern der Ökumene durch scharfe Forstgesetze einschränkte, wollte Holtz die lokale Bevölkerung zur Umsiedlung in niedrigere Bergregionen zwingen.622 Doch überschritten Lambrecht, Holtz und Jahn mit dem Fällungsverbot ihre formellen Kompetenzen, da sie praktisch alle Mvule- und Mseri-Bäume im Uluguru-Gebirge verstaatlichten. Ein so weitreichendes Fällungsverbot hätte der Zustimmung des Gouverneurs bedurft. Es handelte sich um einen Akt der Willkür, der nicht mit geltender Rechtslage in Einklang zu bringen war. Dessen müssen sich die drei beteiligten Kolonialbeamten bewusst gewesen sein, weshalb die Zentralverwaltung in Daressalam niemals von dem absoluten Fällungsverbot erfuhr. Von der Existenz des mündlich vorgetragenen Fällungsverbots zeugt lediglich eine dürre Notiz in den Akten der lokalen Forststation Bunduki.623 Von Rechenberg hätte einer derartigen Einschränkung der einheimischen Landnutzungsmöglichkeiten niemals zugestimmt. Deshalb sprach Forstreferent Holtz das Verbot lediglich mit dem lokalen Bezirksamtmann ab, der es kraft seines Amtes verkündete. Dessen Unterstützung konnte sich Holtz aufgrund einer jahrelangen vertrauensvollen Zusammenarbeit beim Aufbau des Forstbezirks Morogoro sicher sein. Holtz wusste, dass Lambrecht sehr viel daran gelegen sein musste, mithilfe der Forstverwaltung ein Baumfällungsverbot in seinem Bezirk durchzusetzen. Zum einen sah der Bezirksamtsleiter in Mvule-Bäumen, von denen Tausende junge schlanke Stämme aus den Shamben der »Eingeborenen« 621 Vgl. Aktenvermerk der Fst. Bunduki betr. Bekanntgaben bzgl. der Uluguru-Waldreservate vom Oktober 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 622 Vgl. Schreiben des Forstassessors Holtz an das Forstreferat betr. Vorschläge für die Forstverwaltung des Bezirks Morogoro vom 14. Mai 1905; TNA G 8/ 590, 10 c; Bericht der Forstverwaltung Morogoro an das Gouvernement betr. Fortschritt der Waldreservierungsarbeiten im Ulugurugebirge vom 11. November 1907; TNA G 8/ 705, o. p. 623 Vgl. Aktenvermerk der Fst. Bunduki betr. Bekanntgaben bzgl. der Uluguru-Wald­ reservate vom Oktober 1910; TNA G 58/ 6, o. p.

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hervorragten, ein »respektables Nationalvermögen«. Zum anderen hatte ihn die koloniale Presse in den zurückliegenden Jahren mehrfach unter Druck gesetzt, da er den Waldschutz gegenüber der lokalen Bevölkerung scheinbar nicht konsequent genug verfolgte.624 Deshalb erhielt Forstreferent Holtz von Lambrecht die Möglichkeit, in dem relativ großen Gebiet wie dem Uluguru-Gebirge eine neuartige Regulierung auszuprobieren, ohne die Gouvernementsverwaltung davon in Kenntnis zu setzen. Es zeigte sich, dass lokale Forstpolitik in DeutschOst­afrika nicht vom »Grünen Tisch« in Berlin oder Daressalam, sondern jenseits aller formellen Institutionen im Feld durch das persönliche Übereinkommen zweier mächtiger Männer gemacht werden konnte. Das lässt die Bedeutung von »men on the spot« im Kontext kolonialen Handelns deutlich vor Augen treten, wobei man nicht allein an historisch bekannte Gestalten wie Cecil Rhodes, Henry Morton Stanley oder Carl Peters denken darf.625 Die kolonialforstliche Praxis zeichnete sich ebenfalls in hohem Maße durch Subimperialismus aus. Jeder Forstbezirk und jede Forststation stellten kleine Imperien dar, wo recht eigenmächtig gehandelt wurde. Das spiegelte sich im Selbstverständnis der Förster wider, wie sich an den Gedanken des Stationsförsters Heinrich Naepfel ablesen lässt. Ich hoffte, dort [in der Kolonie] als ein freier Mann, gleich wie ein kleiner König in meinem Reviere die Pflanzen, Tiere und Menschen nach bestem Wissen und Wollen gerecht zu beherrschen, zu ihrem eigenen Nutzen und Gedeihen.626

Die koloniale Forstherrschaft war durch beamtliche Willkür gekennzeichnet. Man handelte stark nach eigenem Ermessen. Das durch Holtz mündlich verkündete Holzschlagverbot existierte offiziell gar nicht. Hierdurch wird klar, dass Holtz entgegen der kolonialen Reformpolitik handeln konnte, um seine Agenda, die auf nachhaltige Nutzholzproduktion zielte, großflächig umzusetzen. Koloniale Forstpolitik vollzog sich vor Ort, da die Forstbeamten auf der lokalen Ebene recht autonom agieren konnten, wenn sie es schafften, wichtige Entscheidungsträger  – hier einen Bezirksamtmann  – von der Bedeutung des kolonialen Waldschutzes zu überzeugen. Dass auch in anderen Bezirken der Kolonie lokale Waldschutzvorschriften in Geltung waren, die über die gesetzliche Norm hinausgingen, ohne dass man in Daressalam oder Berlin davon wusste, ist zu vermuten. Doch ist es unmöglich, darüber einen größeren historischen Nachweis zu führen, da lediglich aus dem Forstbezirk Morogoro lokale Forstakten erhalten sind. Insofern kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, wann und wo die Forstverwaltung während der Reformära auf lokaler Ebene tiefer als 624 Vgl. Schreiben des Bezirksamts Morogoro betr. Artikel der Usambarapost über Waldverhältnisse in Uluguru vom 29. November 1908; TNA G 8/ 590, o. p. 625 Vgl. Gründer, Geschichte, 86. 626 Schmidt, Kilimandscharo, o. S.

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offiziell erlaubt in die afrikanischen Landnutzungspraktiken eingriff. Allerdings lässt sich sagen, dass es für Forstreferent Holtz sehr viel effektiver war, seine Politik stillschweigend im lokalen Rahmen zu verfolgen als von Daressalam eine Verschärfung der forstwirtschaftlichen Regulierungen zu fordern, an der von Rechenberg nicht interessiert war. Umgehung des Fällungsverbots Die afrikanische Bevölkerung besaß keine formellen Mittel, um gegen das lokale Fällungsverbot vorzugehen, da der Bezirksamtmann als höchste Appellationsinstanz das Vorgehen der Forstverwaltung stützte. Nur die Mission Matombo stellte im Kampf gegen das illegitime Fällungsverbot aus afrikanischer Perspektive eine Verbündete dar. Es lag im vitalen Interesse der afrikanischen Dörfler, dass die Mission die Mvule-Bäume in der Feldflur fällte, da sie es selbst nicht durften. Schließlich setzte der Baumwuchs das lokale Landnutzungssystem der Kami / Luguru außer Kraft (vgl. S. 83–86).627 Mithilfe der Mission eröffnete sich für die Bäuerinnen und Bauern ein Weg, die störenden Bäume loszuwerden, ohne sich strafbar zu machen. Sie überließen die Fällung einfach der Mission, da Kolonisten laut Waldschutzverordnung von 1909 berechtigt waren, jedwede Waldprodukte auf »herrenlos« Kronland zu entnehmen, falls der Gouverneur auf bestimmten Gebieten dieses Recht nicht ausdrücklich eingeschränkt hatte. Letzteres war in Uluguru nicht geschehen, auch wenn Stationsförster Rupprecht den Schutz des Baumbestandes im Nachhinein aus konservatorischen Gründen als unbedingt notwendig bezeichnete. So profitierten afrikanische Bauern und Missionare wechselseitig von den Fällungen, wobei die Mission durch den Verkauf des Holzes einen hohen monetären Gewinn einstrich. Diesen Zusammenhang durchschaute Förster Rupprecht nur ansatzweise. Er erkannte nicht, dass die Mission durch das Fällen der Bäume den Dorfschaften einen Gefallen erwiesen hatte, sondern bedauerte vom »forstwirtschaftlichen Standpunkt« aus lediglich das Verschwinden der Nutzhölzer. Allerdings fand der Stations­ förster unter entwicklungspolitischen Aspekten auch lobende Worte für die Tätigkeit der Mission. Er hob unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten hervor, dass die Mission ca. 130–150 Waldarbeiter herangezogen habe, die »durch eine gewisse Wohlhabenheit infolge natürlichen Bodenreichtums nicht unbedingt bei Europäern zu arbeiten brauchten.« Weiter sinnvoll erschien ihm die Anfertigung preiswerter stabiler Möbel für die nächstgelegenen Pflanzer und die Ausbildung einheimischer »fundis« [Handwerker, Meister] in der Tischlerei der Mission. Somit hatte die Freigabe der Holznutzung auf »herrenlos« Kronland in der Perspektive des Stationsförsters auch positive Effekte für die koloniale Entwicklung.628 627 Vgl. Young, Fosbroke, Smoke, 64, 69. 628 Vgl. Vertraulicher Bericht des Försters Rupprecht an das Forstamt Daressalam betr. Holzschlag durch die Mission Matombo vom 12. September 1912; TNA G 58/ 99, o. p.

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Doch war die nahezu kostenfreie Nutzholzausbeute durch die katholische Missionsgesellschaft auf »herrenlos« Kronland Forstverwaltungsleiter Redslob ein besonderer Dorn im Auge. Denn Matombo war nicht die einzige Missionsstation, die sich am kommerziellen Holzhandel beteiligte und Tischlereibetriebe unterhielt.629 Mehrere Missionsstationen durchkreuzten den forstwirtschaftlichen Plan einer natürlichen Wiederbewaldung ostafrikanischer Mittelgebirge und schöpften Gewinne ab, die in Redslobs Augen rechtmäßig der Forstverwaltung zugestanden hätten. Deshalb nahm der Forstverwaltungsleiter die von Rupprecht berichteten Fälle zum Anlass, um gegenüber dem Gouvernement die Aufhebung der freien Waldressourcenentnahme auf »herrenlos Kronland« zu fordern. Das war ein geschickter Schachzug, zumal vordergründig nicht die Interessen der afrikanischen Bevölkerung oder der Siedler berührt schienen, sondern die katholische Mission in die Rolle des Sündenbocks gerückt wurde. Damit schlug der Forstamtsleiter in eine bereits vorhandene Kerbe struktureller Konflikte zwischen Kolonialverwaltung und Mission. Diese Konflikte drehten sich vor allem um die Frage, wer eigentlich Experte im Umgang mit den »Eingeborenen« sei und die Herrschaft über sie habe.630 Redslob bediente sich dieses Diskurses und erweiterte ihn um das Argument, dass die Mission eine ökonomische Konkurrenz des kolonialen Staats sei. Er versuchte, forstwirtschaftliche Interessen innerhalb der Verwaltung durchzusetzen, indem er die Mission zum äußeren Feind erklärte. Deshalb war er froh, dass Rupprecht ihm genaue Zahlen über den Umfang des Holzschlags der Mission geliefert hatte. Er verdächtigte diese schon lange, einen »schwunghaften Holzhandel« zu betreiben.631 Den Wert des geschlagenen Holzes schätzte Redslob auf den Betrag von 20.000 Rp.632 Das war eine erhebliche Summe, bedenkt man, dass die gesamten Einnahmen der Forstverwaltung im Jahr 1911/12 bei 72.100 Rp lagen. Mit Blick auf die Tätigkeit der Mission polemisierte Redslob: Den »Eingeborenen« sei das Schlagen von Nutzhölzern verboten, auch die Ansiedler seien gehalten, schonend mit den Waldressourcen umzugehen. Nur die Mission halte sich nicht daran, sondern schlage die Nutzhölzer überall, wo es ihr beliebt, nur nicht auf ihrem eigenen Gebiet. Letztlich bat Redslob angesichts dieser »erschreckenden Tatsachen« beim Gouvernement um die Einführung einer allgemeinen Holzschlaggebühr für gewisse wertvolle ostafrikanische Holzarten, wie dies auch in 629 Vgl. Wohlrab, Usambara, 116. 630 Vgl. Habermas, Skandal, 189, 199–200. Ein weiteres Strukturmerkmal der Konflikte zwischen Mission und Kolonialverwaltung war der Klassenunterschied. Beamte blickten auf die Missionare herab, da diese zumeist von niedrigerem Stand waren. Außerdem wurden die Konflikte durch antikatholische Ressentiments bestimmt, die sich im Verlauf des Kulturkampfes herausgebildet hatten; vgl. ebd. 192–193. 631 Vgl. Schreiben des Forstamts Daressalam an das Gouvernement betr. Schlagen von wertvollen Nutzhölzern auf herrenlosem Kronland. Wald- und Holzschutz im Allgemeinen vom 19. Oktober 1912; TNA G 58/ 99, o. p. 632 Vgl. ebd.

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anderen Kolonien praktiziert werde.633 Er forderte, im Bezirk Morogoro ab dem 1. Dezember 1912 jegliche Gewinnung von Walderzeugnissen 500 m rechts und links an Fluss- und Bachläufen zu verbieten und für die Nutzung bestimmter wertvoller Hölzer fixierte Abgaben zu erheben.634 Redslob wollte den kostenfreien Holzschlag aufheben, denn er sah keinen Grund vorliegen, weshalb der Staat auf die »Zinsen des in den Nutzhölzern steckenden Kapital[s]« völlig verzichten solle.635 Folglich wollte er auf die Gewinnung wertvoller Holzarten wie Mvule und Mseri sowie auf die Herstellung von Bau- und Möbeltischlereien im Bezirk Morogoro eine Gebühr erheben.636 Später sollte die Gebühr durch eine Änderung der Waldschutzverordnung von 1909 auf alle Waldbestände in der gesamten Kolonie ausdehnt werden.637 Alle gewerblichen Waldnutzungen auf »herrenlos« Kronland, die nicht auf den eigenen Bedarf von Ansiedlern zielten, sondern auf einen »Geschäftsgewinn«, seien beim Staat anzumelden und zu bezahlen. Hierdurch allein sei dem an die »Vernichtung der ostafrikanischen Nutzhölzer grenzenden Übelstand« abzuhelfen.638 Reaktion des Bezirksamts Redslob konnte sich mit seinen Vorschlägen zur Einschränkung der kostenfreien Holzentnahme auf »herrenlos« Kronland im Bezirk Morogoro nicht durchsetzen, weil der zuständige Bezirksamtmann sie als zu weitreichend ablehnte. Der Kolonialreformer Dr. Otto Mahnke, Nachfolger Lambrechts, wollte sich nicht einmal daran erinnern, dass im Oktober 1910 ein allgemeines Verbot des Holzschlags auf Mvule und Mseri an »Eingeborene« ergangen war. Mahnke konnte sich höchstens vorstellen, dass ein Verbot »vielleicht gelegentlich vom Bezirksamtmann Lambrecht mündlich in gewissen Gegenden erlassen [worden] sein mag.« Doch erschien ihm eine Erneuerung des Verbots nicht ratsam, zumal Mahnke befürchtete, dass die Siedler ihre Zustimmung verweigern würden. Schließlich betrieb nicht nur die Mission Matombo den Holzschlag auf »herrenlos« Kronland zu kommerziellen Zwecken, sondern auch etliche Ansiedler. Kolonialreformer Mahnke vertrat eine marktliberale, keine interventionistische

633 Vgl. ebd. 634 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Gouvernement, Bericht des Forstassessors Redslob über die in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 1911 ausgeführte Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p. 635 Vgl. ebd. 636 Vgl. Vgl. Schreiben des Forstamts Daressalam an das Gouvernement betr. Schlagen von wertvollen Nutzhölzern auf herrenlosem Kronland. Wald- und Holzschutz im allgemeinen vom 19. Oktober 1912; TNA G 58/ 99, o. p. 637 Vgl. ebd. 638 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Gouvernement, Bericht des Forstassessors Redslob über die in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 1911 ausgeführte Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p.

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Politik.639 Er lehnte die Vorschläge von Redslob auch ab, weil er Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung fürchtete. Insofern wird deutlich, dass sich Spannungen zwischen der Forstverwaltung und Akteuren außerhalb der Verwaltung in Konflikten zwischen Forstverwaltung und anderen Ressorts und Ebenen der Zivilverwaltungen spiegelten. Grund dafür war – so die hier vertretene These –, dass innerhalb der Verwaltung unterschiedliche Konzepte zur Rolle des Waldes, zur Rolle privater kolonialer Akteure und zur Rolle der afrikanischen Bevölkerung im Rahmen kolonialer Entwicklung vertreten wurden. Darüberhinaus­ gehend sprachen für Mahnke auch ökologische Gründe dagegen, das Fällen von Bäumen an Flussufern zu verbieten. Etliche Pflanzer, so der Bezirksamtmann, behaupteten nämlich, dass die Galeriewälder an den Flüssen »Brutstätten und Unterschlupforte« für die Wildschweine seien, weshalb sie nicht geschont, sondern gerodet werden müssten.640 Mit diesen Begründungen lehnte Mahnke ab, dass sein Bezirk Morogoro erneut zum Versuchsfeld restriktiver forstwirtschaftlicher Maßnahmen gemacht werden sollte. Er nutzte seine Entscheidungsgewalt, um die Forstverwaltung in ihre Schranken zu verweisen. Hierdurch verhinderte er – vermutlich ohne sich dessen in vollem Umfang bewusst zu sein – einen größeren Konflikt mit der einheimischen Bevölkerung. Denn nicht alle hatten auf das Fällungsverbot so friedlich wie die Dorfschaft des Jumben Mirambo reagiert und die Hilfe der Mission akzeptiert. Es war bereits zu einem offenen Konflikt mit der Forstverwaltung gekommen, als ein gewisser Kitegulo und weitere Dörfler des Jumben Kizewe in der Nähe des »Chamanyani-Waldreservats«641 begonnen hatten, die Mvule- und Mseri-Bäume in ihren Feldern selbstständig zu fällen. Verhaftungen und ein Zerwürfnis zwischen dem Jumben, der die kolonialforstlichen Regeln respektierte, und seinem Dorfschreiber Kunguriro, der die Fronde gegen die Forstverwaltung anführte, waren das Resultat.642 Insofern konnten koloniale Waldschutzmaßnahmen auch als Auslöser oder Verstärker von sozialen Konflikten innerhalb afrikanischer Dorfschaften wirken, wenn sie das Gemeinwohl bedrohten.643 Diesem Problem versuchte die deutsche Verwaltung zu begegnen, indem sie nach Möglichkeit nicht, wie die Engländer, nur auf traditionelle Autoritäten bei der lokalen Selbstverwaltung zurückgriff, sondern eine gebildete afrikanische Schicht heranzog, die Schreiber (Keranis) und Akiden (vgl. S. 217 f.). Diese wurden den Jumben zur Seite gestellt, um mit 639 Vgl. Mitteilung des Bezirksamts Morogoro an das Forstamt Daressalam vom 15. Januar 1913; TNA G 58/ 99, o. p. 640 Vgl. ebd. 641 Chamanyani bedeutete so viel wie »Affenwäldchen«. 642 Vgl. Anzeige des Waldwärters Kipitari vom 24. Februar 1912; TNA G 58/ 4, o. p..; Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt von Morogoro betr. Anzeige gegen Baumfrevler vom 02. März 1912; TNA G 58/ 4, o. p.; Vermerk Fst. Bunduki vom 31. Januar 1912; TNA G 58/  4, o. p. 643 Vgl. Oppen, Matuta, 48; Trotha, Herrschaft, 30.

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den deutschen Verwaltungsbeamten schriftsprachlich kommunizieren zu können. Doch zeigte auch dieses System funktionale Schwächen, da der verstärkte Einsatz staatlicher Machtmittel immer auch die Gefahr in sich barg, stärkeren Widerstand zu provozieren.644 Der Widerstand wurde im vorliegenden Fall sogar von einem Schreiber angeführt, dessen Rolle geradezu als ein Produkt der Kolonisation gelten konnte. Das Senioritätsprinzip, das dem Jumben die traditionelle Autorität gab, über Rodungen zu entscheiden, funktionierte nicht mehr. Denn die landwirtschaftliche Nutzfläche im Dorf des Jumben Kizewe wurde immer kleiner, weil der Jumbe das von Holtz und Lambrecht verhängte Fällungsverbot akzeptiert hatte. Mvule- und Mseri-Bäume wucherten in den Feldern. Schließlich griffen die Dörfler zur Selbsthilfe und fällten die Bäume. Hätte Mahnke die Vorschläge von Redslob akzeptiert und das Fällungsverbot weiterhin akzeptiert oder verschärft, wäre es in Uluguru mit Sicherheit vermehrt zu offenen Konflikten zwischen lokaler Bevölkerung und Forstverwaltung gekommen.

8.1.2 »Raubbau« durch europäische Siedler Forstassessor Redslob hatte sich mit seinen Forderungen im Bezirk Morogoro nicht durchsetzen können, da der lokale Bezirksamtmann nicht an einer Verschärfung der forstlichen Regulierungen interessiert war. Im Bezirk Tanga war die Lage etwas anders, zumal sich dort Siedler in noch viel größerem Ausmaß als die Missionsgesellschaften an den Baumbeständen auf »herrenlos« Kronland bedienten. Nicht zuletzt hatte Redslob beobachtet, dass der Sägewerksbesitzer Horst von Leckow in Nyussi im Bezirk Tanga an der Usambarabahn Mvule-Holz »loco« für 100 Rp pro fm verkaufte.645 Aus dieser Beobachtungen folgerte der Forstbeamte, dass private Firmen mit dem unentgeltlich geschlagenem Holz einen lukrativen Handel betrieben. Redslob hielt eine derartig »planlose Ausbeute« der besten ostafrikanischen Nutzhölzer für eine unverzeihliche »Waldund Holzartenverwüstung«. Er schrieb, der Fiskus habe nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, einer solchen »Nutzholzverwüstung« und »Kapitalaufzehrung« energisch entgegenzutreten.646 Mit dieser Einschätzung stand der höhere Forstbeamte nicht allein. Auch das Bezirksamt Tanga bezeichnete die Freigabe der Waldressourcennutzung 644 Vgl. Jan-Georg Deutsch, Vom Bezirksamtmann zum Mehrparteiensystem  – Transformationen politischer Herrschaft im kolonialen und nachkolonialen Tanzania, in: Ulrich van der Heyden, Achim von Oppen (Hrsg.), Tanzania: Koloniale Vergangenheit und neuer Aufbruch. Münster 1996, 28. 645 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Gouvernement, Bericht des Forstassessors Redslob über die in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 1911 ausgeführte Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p. 646 Vgl. ebd.

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auf »herrenlos« Kronland als einen ressourcen- und fiskalpolitischen Fehler. In ähnlicher Weise wie Redslob wollte man nicht akzeptieren, dass es in Anbetracht knapper finanzieller Mittel durch die neue Waldschutzverordnung jedermann gestattet worden war, wertvolles Bau- und Brennholz zu schlagen, ohne dass der Fiskus daran einen Verdienst hatte. Darüber hinaus beklagte sich die Bezirksverwaltung, dass die Holzunternehmer das kostenfrei geschlagene Holz auf der Usambarabahn abtransportierten, zumal diese aus öffentlichen Mitteln finanziert worden war. Als Gegenmaßnahme beabsichtigte das Bezirksamt, das Schlagen von Bau- und Nutzholz, insbesondere von wertvollen Mvulestämmen, in der Nähe der Usambara- und der Sigi-Bahn nur gegen eine Gebühr zu gestatten. Nicht zuletzt vermutete man, dass die Europäer ihre Hölzer zum Schaden der afrikanischen Bevölkerung nicht nur auf »herrenlos Kronland«, sondern auch in den »Eingeborenenvorbehalten« schlugen. Erhärtet wurde dieser Verdacht dadurch, dass die Mvule-Bäume laut Bezirksamt nach afrikanischer Rechtsauffassung keinen Privatbesitz darstellten. Deshalb sahen sich die Unternehmer auch nicht genötigt, eine Entschädigung an die afrikanische Bevölkerung zu zahlen. Sie nahmen sich, was sie kriegen konnten, ohne eine Kompensation anzubieten.647 Beim Gouvernement zeigte man indes kein Verständnis für die Klagen und wies die Eingabe des Bezirksamts zurück. Aus Daressalam hieß es, dass die wirtschaftliche Nutzung der »Eingeborenenvorbehalte« durch »Nichteingeborene« bei Schaffung der Reservate grundsätzlich untersagt worden sei. Daher könne es definitiv nicht sein, dass Europäer dort Holz schlagen. Des Weiteren solle das Bezirksamt die »Eingeborenen« veranlassen, bei Neurodung von Feldern die geschlagenen Bäume selbst zu verkaufen und nicht, wie bislang üblich, diese einfach zu verbrennen. Ebenfalls abweisend schrieb man, dass die »kaum durchführbaren und als außerordentlich lästig empfundenen Bestimmungen« über die Zahlung einer Holzschlaggebühr durch die neue Waldschutzverordnung aufgehoben worden seien, so weit es sich um »herrenlos« Kronland handele. Der Kontrollaufwand sei viel zu hoch. Daher bestehe seitens des Gouvernements keinesfalls die Absicht, die Gewinnung von Waldprodukten in der Nähe der Bahnstrecken mit einer Gebühr zu belegen, nur um daraus eine minimale Einnahme zu erzielen. Im Übrigen habe man nichts dagegen, wenn die Unternehmen die Chance nutzen und einen ersichtlichen Gewinn daraus beziehen.648 Anhand dieser Stellungnahme wird deutlich, dass es dem Gouvernement bei der Abschaffung der Holzschlaggebühr auf »herrenlos« Kronland nicht nur um Erleichterungen für die afrikanische Bevölkerung ging, sondern auch um eine Belebung des Holzhandels durch Europäer. Weiter wollte man Kontrollkosten 647 Vgl. Schreiben KBA Tanga an Gouvernement betr. Waldschutzverordnung. Auf Erlass vom 1. Juli 1909, J. No. 5024 VIII vom 22. Juli 1909; TNA, G 8/ 602, 120 a. 648 Vgl. Schreiben Gouvernement an KBA Tanga: Auf den Bericht vom 22. Juli d. J. vom 16. September 1909; TNA G 8/ 602, 120 b.

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einsparen, was ganz der liberalen Reformlinie entsprach. Um dem Bezirksamt Tanga dennoch eine Möglichkeit zu bieten, etwas gegen die Ressourcenverknappung und die vermeintlichen Missstände unternehmen zu können, empfahl das Gouvernement, die infrage stehenden Gebiete entlang der Bahn zu Waldreser­ vaten zu erklären. Hierdurch könne eine aufgrund »unrationellen Betrieb[s]« verursachte »Vergeudung wertvoller Holzbestände« unterbunden werden.649 Doch folgte man bei der Bezirksverwaltung diesem Rat nicht, zumal die Okkupation von Land auf lokaler Ebene mit Zeitaufwand und Kosten verbunden war. Außerdem mussten die Waldreservate anschließend bewacht werden. So nahmen die Nutzholzbestände auf »herrenlos« Kronland im Bezirk Tanga weiter ab. Auch griffen europäische Unternehmen verstärkt unerlaubt auf die Holzressourcen in den »Eingeborenenvorbehalten« zurück. Letzteres wurde zur alltäglichen Praxis, was sich anhand eines aktenkundigen Falls rekonstruieren lässt. Helm und Deussing Die Pflanzer Fritz Helm und Franz Deussing baten  – entgegen der gängigen Praxis – im Juni 1911 beim Bezirksamt Tanga um Erlaubnis, bevor sie mit dem Holzschlag im »Eingeborenenvorbehalt« Potwe beginnen wollten. Sie fragten bei Bezirksamtmann Dr. Stier an, ob er gegenüber dem Gouvernement die Fällung von 50–60 Mvule-Stämmen im »Eingeborenenreservat« befürworten wolle.650 Der Bezirksamtmann gab die Anfrage an das Gouvernement weiter, da ihm keine Bestimmungen bekannt waren, die das Fällen von Nutzholz oder die Nutzung der großen Mvule-Bäume in einem »Eingeborenenvorbehalt« verboten. Wegen der Geringfügigkeit des Objekts wollte er auch keine Gebühren erheben.651 Bei der Zentralverwaltung sah man die Sache anders und teilte dem Bezirks­ amtmann mit, dass die Reservate für »Eingeborene« geschaffen würden, um diesen einen Landkomplex zu sichern, auf dem sie auch wirklich ungestört wohnen könnten. Zu diesen Reservaten gehöre »naturgemäß außer dem für die »Dreifelderwirtschaft« erforderlichen Ackerland sowie eventuellem Weideland auch noch ein gewisses Areal von Pori, in dem die Eingeborenen Feuerholz, Bauhölzer und Nutzholz schlagen können.« Besonders in den Gebieten entlang der Bahn hätte immer mehr Wald und Busch den europäischen Kulturen weichen müssen, weshalb man bei der Schaffung der »Eingeborenenvorbehalte« besonders darauf Rücksicht genommen hätte, dass für die afrikanische Bevölkerung überall genügende Busch- und Waldparzellen vorhanden seien.652 Auch wies 649 Vgl. ebd. 650 Vgl. Abschrift Eingabe Helm und Deussing an KBA Tanga vom 14. Juni 1911 auf: Schreiben KBA Tanga an Gouvernement: Ohne Vorgang. Betrifft: Erlaubnis zum Fällen von Mwulebäumen vom 18. Juni 1911; TNA G 8/ 572, 15–16. 651 Vgl. ebd. 652 Vgl. Entwurf Schreiben Gouvernement an KBA Tanga vom 18. Juni vom 30. Juni 1911; TNA G 8/ 572, 3–4.

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das Zentralbüro darauf hin, dass die »Eingeborenen« des Bezirks Tanga infolge der Zunahme an Pflanzungen »schon ziemlich eingeengt« und deren Wohnsitze schon öfters »verschoben« worden seien.653 »Herrenlos« Kronland war im Bezirk Tanga bereits knapp und immer wieder zugunsten von Europäern verteilt worden. Daher betonte die Zentralverwaltung, dass den »Eingeborenen« bei der Schaffung der infrage stehenden Bondei-Reservate auf ihre Befürchtungen hin, sie könnten in Bezug auf Land später noch mehr beschränkt werden, ausdrücklich versprochen worden sei, dass diese Reservate ihnen nunmehr unbeschnitten für die Zukunft zur Verfügung stehen würden.654 Zwar fehlte es in der Folgezeit nicht an Versuchen seitens der Pflanzer, noch mehr Land zu erhalten. Zur Begründung hieß es stets, die Reservate enthielten noch Wald und Busch, den man besser an Europäer zur Anlage von Plantagen abgebe. Doch wurden diese Anträge seitens des Gouvernements stets abgelehnt. Daher wollte das Gouvernement auch jetzt keine Erlaubnis für die gewerbemäßige Holznutzung durch Helm und Deussing geben. Das Bezirksamt belehrte man, dass die Mvule-Bäume seitens der Afrikaner vielfach deshalb vom Hiebe verschont blieben, weil die »Eingeborenen« eine religiöse Vorstellung mit diesen Bäumen verknüpften. Insofern verbiete sich grundsätzlich deren Nutzung durch Europäer.655 Bezirksamtmann Stier blieb daraufhin nichts anderes übrig, als das Gesuch der Siedler abzulehnen, womit sich die beiden nicht zufriedengaben. So schrieb Deussing bald direkt an die Zentralverwaltung, dass sie den Grund zur Verweigerung der Konzession nicht für »stichhaltig« hielten, da die »Eingeborenen« die Mvulestämme nicht als heilig betrachteten. Schließlich seien die Pflanzer durch die ortsansässige Bevölkerung auf die Mvule-Bestände aufmerksam gemacht worden. Außerdem seien in Bondei bereits früher von Herrn Ingenieur Peteo und der Deutschen Holzgesellschaft, dem größten Holzunternehmen im Bezirk Tanga, Mvule-Stämme geschlagen worden.656 Ferner argumentierte Deussing, dass bereits Europäer zur Einschränkung ihrer Betriebe bzw. zur Entlassung von Handwerkern aufgrund Holzmangels gezwungen worden seien.657 Dies war ein strategisches Argument, das von den privaten Pflanzern ins Feld geführt wurde, um ihre Interessen am Wald durchzusetzen. Deussing schrieb, dass man ja bei den europäischen und indischen Handwerkern in Tanga, bei den Kaiserlichen Bezirksämtern in Tanga und Buiti oder der Gouvernementsschule in Tanga anfragen könne, wenn man ihm nicht glaube, dass eine »Holznot« existiere. Letztlich ersuchte der Pflanzer das Gouvernement erneut um die Erteilung einer Holzschlagkonzession und beteuerte, dass den »Eingeborenen« durch die 653 Vgl. ebd. 654 Vgl. ebd. 655 Vgl. ebd. 656 Vgl. Schreiben Franz Deussing an Gouvernement vom 4. November 1911; TNA G 8/  572, 5.  657 Vgl. ebd.

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Arbeit kein Schaden erwachse.658 Auch Helm ließ eine zweite Eingabe folgen. Darin stellte er in Abrede, dass die »Eingeborenen« das Holz als Brenn- und Bauholz brauchten: Er habe festgestellt, dass »verschiedenen Pflanzern erlaubt [sei], Brennholz für die Bahn im Eingeborenenreservat zu schlagen.« Darüber habe er mehrere Verträge gesehen, die mit dem Kaiserlichen Gouvernement abgeschlossen worden seien. Ferner erlaubte er sich darauf hinzuweisen, dass Herr von Leckow schon seit längerer Zeit im Potwe-Reservat Nutzhölzer schlage.659 Mvule-Schlag durch Horst von Leckow Das Gouvernement blieb bei der ablehnenden Haltung gegenüber Helm und Deussing, doch wurde das Bezirksamt Tanga gebeten, die Angaben zum Brennholzschlag durch von Leckow zu überprüfen und die Holznutzung im Reservat ggf. zu verbieten.660 Ein solches Vorgehen schien geboten, da es sich bei von Leckow um das größte holzverarbeitende Einzelunternehmen der Kolonie handelte. Der Siedler hatte im Jahr 1901/02 an der Eisenbahnstation Nyussi die erste mit Dampf betriebene Sägemühle in Deutsch-Ostafrika aufgestellt, wofür er staatlicherseits gelobt worden war. In den Berichten über Land- und Forstwirtschaft schrieb der damalige Bezirksamtmann von Tanga, Meyer, dass nunmehr mit einer »rationellen« Verwertung der Holzbestände im Bezirk Tanga begonnen worden sei.661 Dampfsägemühlen, wie von Leckow sie betrieb, galten damals als die beste Möglichkeit der Schnittholzherstellung, da sie gegenüber wassergetriebenen Sägewerken den Vorteil boten, standortunabhängig betrieben werden zu können.662 Doch arbeiteten die Maschinen mit einem niedrigen Wirkungsgrad, was seinerzeit unproblematisch erschien. Schließlich war dies billig und man glaubte, dass Schnittholzabfälle in so reichlichem Maß vorhanden seien, dass man sich um die Feuerung der Säge keine Sorgen zu machen brauche. Billiger Preis der Kessel ist daher viel wichtiger als eine gute Anordnung desselben behufs Ausnutzung des im Übermaße vorhandenen Brennstoffes.663

Damit deutete sich eine Praxis an, die »Raubbau« an nachwachsenden Ressourcen zugunsten einer möglichst billigen Produktion favorisierte. Doch stellte die Verwendung einer Dampfsägemühle aus kolonialer Perspektive immerhin eine »rationalere« Ausnutzung von Wäldern dar, als die Stämme einfach verfaulen zu lassen. Mit diesem Argument rechtfertigte man den »Raubbau«, zumal die Ver 658 Vgl. ebd. 659 Vgl. Eingabe Fritz Helm an Gouvernement vom 17. April 1912; TNA G 8/ 572, 8. 660 Vgl. Schreiben Gouvernement an KBA Tanga vom 10. Mai 1912; TNA G 8/ 572, 7. 661 Vgl. Auszüge, in: BLFW, 1, 1903, 216; Jahresbericht 1901/1902, 29. 662 Vgl. Th. Hoech, Dampfsägemühlen für die Kolonien, in: Der Tropenpflanzer, 2, 1898, 105. 663 Ebd.

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wendung des Komparativs »rationaler« ein Euphemismus war, da man darunter nicht eine »rationale Waldwirtschaft« im Sinne einer nachhaltigen Nutzung verstand. »Rational« stand im privatwirtschaftlichen Waldnutzungsdiskurs einfach für kostengünstig. Im Tropenpflanzer, einer führenden Kolonialzeitschrift, hieß es: Mögen bald fliegende Sägewerke zahlreich nach den Kolonien gehen, um große wirtschaftliche Werte vor der Vernichtung zu bewahren und für die rasche Entwickelung der Kolonien nutzbar zu machen.664

Von Leckows Sägewerk produzierte bald über den eigenen Bedarf hinaus und lieferte in steigender Menge Schnittholz auf den ostafrikanischen Markt. Deshalb folgten andere Ansiedler seinem Beispiel und stiegen ebenfalls in die Nutzholzproduktion zu gewerblichen Zwecken ein.665 Infolgedessen verringerten sich im Bezirk Tanga die Nutzholzbestände auf »herrenlos« Kronland merklich und die Siedler griffen auf Waldressourcen in »Eingeborenenvorbehalten« zurück. Damit überspannten sie den Bogen des rechtlich Erlaubten, weshalb der neue Bezirksamtmann von Tanga, der Kolonialreformer Eugen Löhr, im Jahr 1912 dem Auftrag des Gouvernements umgehend nachkam und von Leckows Holznutzung kontrollierte. Das Ergebnis von Löhrs Untersuchung bestätigte die Richtigkeit der Vorwürfe. Horst von Leckow hatte im »Eingeborenenvorbehalt« Potwe Mvule-Bäume schlagen lassen, ohne die Anwohner oder den Fiskus zu entschädigen.666 Deshalb sollte er 550 Rp an das Gouvernement bezahlen und wurde durch Löhr darauf hingewiesen, dass es in Zukunft unter allen Umständen verboten sei, weitere ­Hölzer im »Eingeborenenvorbehalt« zu schlagen.667 Daraufhin stellte von Leckow einen Antrag beim Gouvernement, die Mvule-Bestände im »Eingeborenenreservat« Potwe weiterhin nutzen zu dürfen.668 Dieser Anfrage begegnete man beim Gouvernement nicht grundsätzlich mit Ablehnung, wie vielleicht aufgrund der Absage an Helm und Deussing zu erwarten gewesen wäre. Man war durchaus bereit, dem bereits etablierten Sägewerksbesitzer von Leckow eine Konzession einzuräumen. Schließlich galt er als ein erfolgreicher Pionierunternehmer. Doch wollte man vorher genau wissen, ob eine Zusage nicht mit den Interessen der lokalen afrikanischen Bevölkerung kollidierte. Daher wurde Bezirksamtmann Löhr erneut beauftragt, die »Eingeborenen« in Potwe eingehend 664 Ebd., 106. 665 Vgl. Jahresbericht 1902/1903, 32; Auszüge, in: BLFW, 2, 2, 1904, 39. 666 Vgl. Schreiben KBA Tanga an Gouvernement betr. Holzschlag durch Herrn von Leckow im Eingeborenenvorbehalt vom 24. Juli 1912; TNA G 8/ 572, 12. 667 Vgl. ebd. 668 Vgl. Hinweis auf Eingabe Horst von Leckow an Gouvernement vom 8. Oktober 1912 auf: Schreiben Gouvernement an KBA Tanga betr. Bitte um Holzschlag im Eingeborenenreservat vom 13. Oktober 1912; G 8/ 572, 17.

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zu befragen und über deren Ansichten zu berichten.669 Man wollte herausfinden, ob die afrikanischen Dorfbewohner ein materielles Interesse an den Stämmen hatten oder mit den Bäumen »religiös-abergläubische« Vorstellungen verknüpften. Daressalam wünschte zu erfahren, ob durch das Fällen der Bäume die lokale Bevölkerung geschädigt oder beunruhigt und damit der Zweck des Reservats infrage gestellt würde.670 Beim Gouvernement war man nicht darin interessiert, einen Konflikt zu provozieren. Deshalb sollten auch Restitutionssummen an »Eingeborene« für »etwaigen Flurschaden« oder das Entgelt für das genutzte Holz vorher festgelegt werden. Auch wurde erwogen, dass von Leckow die Erlaubnis zur Holznutzung nur im Tausch gegen ein entsprechendes Stück seines eigenen Waldlandes erhalten sollte,671 was man dem »Eingeborenenreservat« zuschlagen wollte. Leider ist nicht bekannt, welche Vorschläge die afrikanische Bevölkerung zur Lösung des Problems machte, da deren Anhörung durch Bezirksamtmann Löhr nicht schriftlich festgehalten wurde bzw. in den Akten des Gouvernements nicht erhalten geblieben ist. Horst von Leckow war indes klar, dass ihm die Bäume im »Eingeborenenvorbehalt« Potwe nicht umsonst überlassen werden würden. Doch dauerten ihm die Verhandlungen zwischen der lokalen Bevölkerung und dem Gouvernement zu lange. Daher intervenierte er durch ein persönliches Gespräch im Januar 1913 bei Gouverneur Schnee, dem Nachfolger von Rechenbergs. Ihm gegenüber betonte von Leckow den bisherigen Erfolg seines Unternehmens. Ihm sei gelungen zu zeigen, dass das Mvule-Holz ein »hochwertiger Schatz« ist  – sogar der Dampfer Tabora der Deutsch-Ostafrika-Linie sei mit Mvule getäfelt.672 Von Leckow stellte sich selbst als kolonialen Pionierunternehmer dar, der es durch persönlichen Einsatz geschafft hatte, die holzverarbeitende Industrie im Bezirk Tanga zu etablieren. Dazu waren bereits fast alle Mvule-Hölzer, die auf dem von ihm erworbenen Grund standen, geschlagen worden. An eine Nachhaltigkeit des Betriebs hatte er nicht gedacht. Stattdessen spekulierte er darauf, dass auf dem angrenzenden »Eingeborenengebiet« noch eine große Anzahl an Mvule-Bäumen zu finden sei.673 Nach eigener Auskunft hatte er bereits neue Maschinen angeschafft, um auch diese Bestände ausbeuten zu können. Gegenüber dem Gouverneur zeigte er kein Verständnis dafür, dass man ihm verbot, auf »Eingeborenenland« Holz zu schlagen. Schließlich existierte in der Kolonie kein Gesetz, das einem Europäer verbot, Bäume von der lokalen Bevölkerung käuflich 669 Vgl. ebd. 670 Vgl. ebd. 671 Vgl. ebd. 672 Vgl. Schreiben Horst von Leckow an Gouvernement vom 21. Januar 1913; TNA G 8/ 572, 18. 673 Vgl. ebd.

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zu erwerben.674 Der Sägewerksbesitzer machte dem Gouvernement das Angebot, zukünftig an die »Eingeborenen« für die Holznutzung einen gewissen Preis zu zahlen, falls diese ihm ihre Bäume freiwillig verkaufen sollten. Er untermauerte seinen Vorschlag mit dem Angebot, für je 50 geschlagene Mvule-Bäume einen Hektar des »Eingeborenenvorbehalts« mit Teakholz aufzuforsten. Bezüglich der dort bereits von ihm geschlagenen vier bis fünf Stämme verlangte er allerdings die an das Gouvernement gezahlten 550 Rp zurück.675 Die Reaktion des Gouvernements In Daressalam reagierte man auf die Eingabe von Leckows mit Wohlwollen. Gouverneur Schnee genehmigte wenige Tage später nach nochmaliger Rücksprache mit Bezirksamtmann Löhr und Forstreferent Holtz den Holzschlag, allerdings nur unter einigen Auflagen: Die zu schlagenden Stämme mussten vom Bezirksamtmann und einem Forstbeamten ausgezeichnet und protokollarisch erfasst werden. Von Leckow sollte die Aufforstungen auf einer durch die Forstverwaltung Wilhelmstal bezeichneten Fläche innerhalb des »Eingeborenenvorbehalts« ausführen und die neue Kultur bis zum Kronenschluss unterhalten. Weiter sollte der Sägewerksbesitzer für jeden gefällten Stamm 10 Rp Entschädigung an einen vom Bezirksamt bezeichneten Vertreter der afrikanischen Dorfgemeinschaft bezahlen. Der Dorfgemeinschaft übertrug das Gouvernement förmlich das Eigentumsrecht an den Mvule-Bäumen. Auch sah es der Gouverneur als selbstverständlich an, dass von Leckow bei Schäden an Feldern, die durch die Holzgewinnung entstanden, eine durch das Bezirksamt festzusetzende Entschädigung an die Betroffenen zahlen musste.676 Weshalb das Gouvernement die Nutzung nur von Leckow und nicht auch den Pflanzern Deussing und Helm zugebilligt hat, bleibt rätselhaft. Eine mögliche Erklärung ist, dass man nicht noch mehr Unternehmer im holzverarbeitenden Sektor wollte, zumal die Mvule-Bestände schon arg dezimiert waren. Auch scheiterten immer wieder Pionierunternehmen, weshalb man wahrscheinlich dem bereits etablierten Unternehmer von Leckow den Vorzug gab. Doch entsprach das Gouvernement nicht in allen Punkten dem Willen des Unternehmers, da man ihm die bereits gezahlten 550 Rp nicht zurückerstatten wollte. In der Begründung hieß es, dass es sich bei dem »Eingeborenenvorbehalt« Potwe nicht um »herrenlos« Kronland gehandelt habe, auf dem der Holzschlag jedermann freistehe. Vielmehr sei das Land den »Eingebornen« unter dem »Vorbehalt des Eigentumsrechtes an dem darauf stehenden Nutzholz« vom Gouvernement überlassen worden.677 Das Gouvernement wollte keine Benachteiligung der 674 Vgl. ebd., 19. 675 Vgl. ebd., 18–19. 676 Vgl. Schreiben Gouvernement an Horst von Leckow: Auf das gfl. Schreiben datiert Daressalam den 21. d. M. vom 1. Februar 1913; TNA G 8/ 572, 20. 677 Vgl. ebd.

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afrikanischen Bevölkerung über das ohnehin bestehende Maß hinaus, weshalb man den Zugriff der Europäer auf die Waldressourcen beschränkte. Doch fußte die Argumentation des Gouvernements keineswegs auf sicherem rechtlichem Grund. Letzteres macht sich von Leckow zunutze und kündigte an, eine gerichtliche Entscheidung beantragen zu wollen.678 Noch bevor es zur Verhandlung kam, hatte Bezirksamtmann Löhr vor Ort im Beisein des Forstverwaltungsleiters von Wilhelmstal und des Jumben von Potwe mit von Leckow die Bedingungen für die zukünftige Nutzung von Mvule im »Eingeborenenvorbehalt« ausgehandelt. Für die Entnahme von 100 Stämmen sollte der Sägewerksbesitzer zwei Hektar Teak auf einer vom Jumben als frei bezeichneten Fläche aufforsten. Die afrikanische Bevölkerung schien an der Beseitigung der Mvule-Bäume interessiert, da die großen Bäume in den Feldern hinderlich waren. Dies schrieb zumindest Bezirksamtmann Löhr, der in den Shamben viele angekohlte und abgebrannte Stämme gesehen hatte.679 Der Jumbe von Potwe erklärte, dass die Bevölkerung mit der Nutzung der Stämme einverstanden sei, wenn pro Stamm 10 Rp vergütet würden. Von Leckow hatte fortan die entsprechende Summe an den Jumben im Beisein der berechtigten Shambenbesitzer auszuzahlen.680 Mit dieser Lösung, so schien es, waren alle Seiten zufrieden, wobei nicht vergessen werden darf, dass die Entschädigung für die Bewohner von Potwe wesentlich unter dem Marktwert des Holzes lag. Sie sollte 10 Rp pro Stamm betragen, wobei das Gouvernement zur Berechnung der Holzschlaggebühr gegenüber von Leckow von 20–30 Rp pro fm ausgegangen war. Insofern machte der koloniale Unternehmer den größten Gewinn bei dem Geschäft. Die Bewohner des Dorfes Potwe erhielten nur ein Almosen. Doch gab sich von Leckow immer noch nicht zufrieden und schlug vor, die mit Teak aufzuforstende Fläche nicht im »Eingeborenenvorbehalt« anzulegen, sondern lieber auf seinem eigenen Grundstück. Dem Gouvernement bot er dafür eine Entschädigungszahlung an.681 Beim Forstreferat zeigte man sich von diesem Versuch des Unternehmers, die Bedingungen der Holzentnahme abermals zu seinen Gunsten zu verschieben, wenig begeistert. Forstreferent Holtz äußerte erbost, dass er von der bereits erteilten Erlaubnis wieder Abstand nehmen wolle, falls von Leckow die ursprünglichen Bedingungen nicht erfülle. Eine Aufforstung auf seinem eigenen Land wollte das Forstreferat nicht akzeptieren. Ihr ging es um die Aufforstung von Flächen im »Eingeborenenvorbehalt«. Auch bei

678 Vgl. Schreiben Horst von Leckow an Gouvernement vom 26. Februar 1913; TNA G 8/ 572, 22. 679 Vgl. Schreiben KBA Tanga an Gouvernement: Betreff: Mvuleholzschlag durch Herrn von Leckow-Mnyussi im Eingeborenen-Vorbehalt vom 18. Juli 1913; TNA G 8/ 572, 25. 680 Vgl. ebd. 681 Vgl. Schreiben Horst von Leckow an Gouvernement vom 26. Februar 1913; TNA G 8/ 572, 22.

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anderen Verwaltungsstellen reagierte man mit Ratlosigkeit. Deutlich äußerte sich die Finanzabteilung: Von Leckow wei[ß] wieder einmal nicht, was er eigentlich will. Erst bietet er selbst an, Teakholz zu pflanzen, und jetzt knüpft er an diesen Wunsch noch Bedingungen. Wenn er das Teakholz auf seinem Lande pflanzt, hat er doch allein den Vorteil davon; denn an der Bestandssumme liegt uns nichts.682

Man machte dem Sägewerksbesitzer keine weiteren Zugeständnisse, sondern blieb dabei, dass von Leckow für die geschlagenen Mvule-Hölzer im »Eingeborenenreservat« an Ort und Stelle einen »Ersatzwald« zu schaffen habe.683 Auch hinsichtlich der Frage nach Rückerstattung der 550 Rp und den angedrohten rechtlichen Schritten zeigte man sich beim Gouvernement unbeeindruckt. Forstreferent Holtz schrieb, dass er der anstehenden Klage mit Gelassenheit und Ruhe entgegensehe.684 Bei anderen Verwaltungsstellen war man skeptischer, hielt eine grundsätzliche gerichtliche Klärung jedoch für angebracht. Es hieß, die »Sachlage« sei nicht ganz unzweifelhaft, jedoch für den Fiskus »so günstig, und vor allem wichtig«, dass ein Prozess gewagt werden könne. Man wollte die Frage nach den Besitzrechten an Waldressourcen auf »Eingeborenenland« gerichtlich klären lassen. In der verwaltungsinternen Kommunikation hieß es, dass eine formelle Erklärung des Potwe-Landes zum »Eingeborenenreservat« nicht erfolgt sei, da die Landesgesetzgebung ein solches Verfahren nicht vorsehe. Der kolonialrechtliche Status dieses Landes war demnach umstritten. Man hatte Potwe seinerzeit bei Kronlandverhandlungen lediglich ausgeschieden und den »Eingeborenen« überlassen. Die Frage war, ob es sich bei Potwe formell immer noch um »herrenlos« Kronland handelte oder nicht. In ersterem Fall hätte von Leckow die Hölzer dort kostenfrei schlagen dürfen685, insofern hatte er gute Chancen, seinen Anspruch erfolgreich einklagen zu können. Aus Verwaltungssicht war entscheidend, ob den Bewohnern des Dorfes Potwe ein Eigentumsrecht an ihrem »Eingeborenenvorbehalt« und den darin wachsenden Bäumen zuzusprechen sei. Dazu existierten innerhalb der Kolonialver­ waltung zwei Auffassungen. Manchen Verwaltungsbeamten erschien klar, dass die Bondei, die in Potwe lebten, keinen individuellen Eigentumsbegriff kannten. Daraus folgte, dass ihnen seitens der Verwaltung bei der Reservatsausscheidung höchstens Nutzungsrechte an den Waldressourcen übertragen worden seien.686 Doch gab es andere Beamte, die den Bondei durchaus Besitzrechte an Boden und 682 Referentenkommentare zum Fall von Leckow vom 18.3.1913; TNA G 8/ 572, 23. 683 Vgl. Schreiben Gouvernement an Horst von Leckow vom 28. April 1913; TNA G 8/ 572, 25. 684 Vgl. Handschriftlicher Vermerk von Forstreferent Holtz auf: Schreiben Horst von Leckow an Gouvernement vom 26. Februar 1913; TNA G 8/ 572, 22. 685 Vgl. Referentenkommentare zum Fall von Leckow vom 18.3.1913; TNA G 8/ 572, 23. 686 Vgl. ebd.

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Ressourcen im europäischen Sinn einräumten. Sie argumentierten, den Bondei sei das Land »zum Besitz überwiesen worden, und zwar zu allen Belangen, die die Eingebor[e]nen zu ihrer Wirtschaft bedürfen.«687 Letztere Überlegung schien problematisch, zumal sich damit schwer begründen ließ, weshalb der koloniale Staat und nicht die afrikanische Bevölkerung die 550 Rp für die Bäume erhalten hatte. Vor Gericht stützte man sich letztendlich auf eine anthropologische Hilfskonstruktion unter Rückgriff auf die Doktrin effektiver Okkupation, um gleichzeitig den Besitzanspruch der Bondei und des kolonialen Staates an den Waldressourcen behaupten zu können. Man ging davon aus, dass die Waldressourcen der afrikanischen Bevölkerung zwar als Besitz zugesprochen worden waren, eine forstwirtschaftliche Nutzung seitens der lokalen Bevölkerung jedoch mit ihren »primitiven« Werkzeugen nur beschränkt ausgeübt werden könne. Daher stehe die forstwirtschaftliche Nutzung der Bäume weiterhin dem Fiskus zu. Hierdurch glaubte man, den Besitzanspruch des Gouvernements an den Waldressourcen rechtfertigen zu können, selbst wenn man den »Eingeborenen« einen Eigentumsanspruch an Grund und Boden zuerkannte. In diesem Fall hätte laut Kronlandverordnung ein Verkauf des Landes oder von dessen Bestandteilen durch die afrikanische Bevölkerung der Genehmigung des Gouvernements bedurft.688 Doch war diese Rechtskonstruktion sehr kompliziert und vage. Daher erhoffte man sich beim Gouvernement durch die gerichtliche Entscheidung eine klare Aussage zu erhalten, auf deren Grundlage die Pacht- und Besitzrechtsfragen für »Eingeborenenreservate« endgültig geregelt werden konnten.689 Zivilgerichtsprozess Der Prozess wurde vor dem Bezirksgericht Daressalam geführt. Es handelte sich um den einzigen Waldkonflikt, der in Deutsch-Ostafrika vor der höheren Gerichtsbarkeit ausgetragen wurde. Dies war nötig, da es sich bei beiden Parteien um Europäer handelte. Alle anderen Prozesse um Waldressourcen, bei denen mindestens eine Partei afrikanisch war, mussten vor den Bezirksamtmännern oder ihren einheimischen Untergebenen (Akiden / liwalis) im shauri geführt werden. Der »farbigen« Bevölkerung war es nämlich verboten, sich an die höhere Gerichtsbarkeit zu wenden. In der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Daressalam ging es zunächst um die Frage, ob von Leckow der afrikanischen Bevölkerung eine Entschädigung für die bereits geschlagenen Bäume gezahlt hatte. Dann wurde der besitzrechtliche Status des »Eingeborenenvorbehalts« Potwe behandelt. Mit Blick auf Letzteres hob von Leckows Anwalt Klöckner hervor, dass es sich bei Potwe um ein altes »Eingebor[e]nen-Dorf« handele, dessen Bevölkerung »seit undenklicher Zeit 687 Vgl. ebd. 688 Vgl. ebd., 24. 689 Vgl. ebd., 24–25.

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das um ihr Dorf befindliche Land in Besitz und in Bewirtschaftung genommen hat und noch bewirtschaftet.« Potwe sei niemals formell zu Kronland erklärt worden, weshalb es sich um »herrenlos« Kronland handele, auf dem jedermann die Nutzung der Mvule-Bäume kostenfrei zustehe.690 Der Anwalt des Gouvernements sah den Sachverhalt anders. Er betonte, dass es nicht um die Frage gehe, ob es sich bei Potwe um ein Stück in Besitz genommenes (okkupiertes) oder nicht in Besitz genommenes (»herrenlos«) Kronland handele, vielmehr sei ausschlaggebend, dass es sich um »Eingeborenenland« handele, das den Bewohnern »für alle für sie in Frage kommenden Nutzungen« vorbehalten bleiben solle.691 Der Anwalt des Gouvernements folgte der durch die Verwaltung vorgegebenen Verteidigungslinie. Er fügte hinzu, dass der Bevölkerung der Eigentumsbegriff nicht recht bekannt sei, auch könnten die Bewohner des Dorfes mit ihren »primitiven Handwerkszeugen« die forstwirtschaftliche Nutzung nicht gut betreiben.692 Damit rechtfertigte der Anwalt des Gouvernements den hoheitlichen Besitzanspruch des kolonialen Staates an den Waldressourcen auf dem »Eingeborenenland«. Das Bezirksgericht gab jedoch von Leckow recht und verurteilte das Gouvernement zur Rückzahlung von 497,75 Rp nebst 4 % Zinsen. In der Urteilsbegründung hieß es, dass »Potweland« sei kein »Eingeborenenreservat«, da es sich nicht um gesperrtes Gebiet handele. Unter diesen Begriff fielen nur die Massaigebiete, wie das Gericht unter Hinweis auf die Landesgesetzgebung herausstellte. Bei Potwe handele es sich vielmehr um Land, das nach der Kronlandverordnung zum Unterhalt einer afrikanischen Gemeinschaft ausgeschieden worden sei.693 Aus dieser Feststellung ergaben sich für das Gericht zwei Möglichkeiten. Entweder wurden bei der Ausscheidung des »Eingeborenenlandes« Potwe die Nutzungsrechte an den Bäumen der afrikanischen Bevölkerung vom Fiskus förmlich übertragen, dann hätte von Leckow eine Gebühr an die Afrikaner zahlen müssen. Oder die Nutzungsrechte wurden nicht übertragen, dann handelte es sich weiterhin um Bäume auf »herrenlos« Kronland, die laut Waldschutzverordnung von 1909 von jedermann kostenlos geschlagen werden durften. In beiden Fällen hielt das Gericht die Erhebung einer Holzschlaggebühr durch den Fiskus für unzulässig. Bezüglich der offenen Frage, ob von Leckow eine Entschädigung an die »Eingeborenen« hätte zahlen müssen, erklärte sich das Gericht für nicht zuständig. Streitfälle zwischen Afrikanern und Europäern durfte es

690 Vgl. Rechtsanwalt Klöckner an Gouvernement: Klage des Pflanzungsbesitzers Horst von Leckow, Nyiussi vom 14. Juli 1913; TNA G 1/ 77, 4, 7. 691 Vgl. Schreiben Rechtsanwalt Müller an Gouvernement: Sa. von Leckow vom 14. August 1913; TNA G 1/ 77, 13. 692 Vgl. ebd. 693 Vgl. Schreiben Rechtsanwalt Müller an Gouvernement: Sa. von Leckow/ Urteil vom 18.9.1913; TNA G 1/ 77, 21.

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nicht behandeln.694 Die Bewohner des »Eingeborenenvorbehalts« Potwe hätten vor dem Bezirksamtmann in Tanga Klage führen könnten, falls sie nicht in die unentgeltliche Nutzung der Bäume durch von Leckow eingewilligt hätten.695 Es zeigte sich, wie strukturelle Gewalt in Form rechtlicher Benachteiligung das politische Gemeinwesen Deutsch-Ostafrikas prägte, zumal sich in den Akten des KBA Tanga kein Hinweis darauf finden lässt, dass die Einwohner von Potwe von Leckow verklagten und ihre Entschädigung erhielten. Die Folgen des Urteils Horst von Leckow hatte die Zivilklage gegen das Gouvernement gewonnen und erhielt sein Geld zurück. Das Urteil wurde bei den Referenten der Verwaltung mehrheitlich akzeptiert. Eine Berufung hielt man für aussichtslos. Nur ein Referent sprach sich aufgrund formaljuristischer Bedenken für eine Revision aus. Er hielt das Zivilgericht Daressalam für nicht zuständig, da es sich beim Verhandlungsgegenstand um Öffentliches Recht gehandelt habe. Er argumentierte: Es sei schließlich nicht um die 550 Rp gegangen, sondern darum, die »rücksichtslose Raubnutzung von Wäldern im allgemeinen Kulturinteresse des Schutzgebiets einzuschränken.«696 Mit dieser Auffassung stand er allein, eine Berufung erfolgte nicht. Dass eine Revision wenig Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, zeigte auch ein Urteil des Reichsgerichts über einen ähnlichen Fall aus Kamerun. Dessen Er­ gebnis konnte auf Deutsch-Ostafrika übertragen werden, da die bodenrecht­ lichen Verfassungen beider Kolonien gleichlautend waren. Das Reichsgericht ging dabei davon aus, dass es sich beim Eigentumsbegriff in kolonialen Kronlandverordnungen nicht um Eigentum im privatrechtlichen Sinn handelte, sondern um ein ausschließliches Aneignungsrecht des Fiskus und damit um öffentliches Eigentum. Doch zählte das Aneignungsrecht an »herrenlosen« Grundstücken zu den niederen Regalien, die als »nutzbare oder zufällige Regalien (regalia minora, accidentalia)« früher den »Majestäts- oder wesentlichen Hoheitsrechten (regalia maiora, essentialia)« entgegengestellt worden seien. Deshalb würden die niederen Regalien nach dem Allgemeinen Preußischen Landrecht – wegen ihres vermögens- und privatrechtlichen Inhalts – nicht den öffentlichen Rechten zugerechnet, wo sie ihren Ursprung hätten, sondern den privaten Rechten. Dies gelte mithin auch für die »Schutzgebiete«, wo der Staat Grundstücke, die »noch Niemandes Eigentum gewesen«, für sich selbst in Besitz nehme oder anderen daran sowohl den Besitz als auch die Nutzung überlassen könne. Weiter gelte der Satz: »[N]emo plus juris transferre potest quem ipse habet (Niemand kann 694 Vgl. ebd. 695 Vgl. Referentenkommentare zur Berufungsfrage vom 13. Oktober 1913; TNA G 1/ 77, 23–24. 696 Ebd., 24.

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rechtlich mehr übertragen als er selbst besitzt).«697 Daher müsse davon ausgegangen werden, dass dem Schutzgebietsfiskus aufgrund seines ausschließlichen Aneignungsrechts auch ein ausschließliches Nutzungsrecht an den Bestandteilen der Grundstücke zustehe, wozu auch der Wald zähle. In diesem Sinn hätte die Entscheidung des Reichsgerichts so interpretiert werden müssen, dass dem Schutzgebietsfiskus das Eigentumsrecht an den Waldressourcen in »Eingeborenenvorbehalten« zustand. Doch wurde dem Urteil im Sinn der Doktrin effektiver Okkupation einschränkend hinzugefügt: Wer ein solches Grundstück auch nur für eine kürzere Zeit ohne Widerspruch des Staates genutzt habe, könne dies auch weiterhin tun.698 Das war bei von Leckow der Fall gewesen. Es kam laut Reichsgericht somit auf die effektive Nutzung von »herrenlos« Kronland an. Damit verwies das Gericht die Frage der kolonialen Landnahme und die damit verbundene Frage der Waldressourcennutzung zurück in die Sphäre alltäglicher politischer Praxis. Einfach gesprochen, die koloniale Landnahme wurde wieder zu dem gemacht, was sie ihrem Ursprung nach war: eine Machtfrage. Es kam somit letztlich auf die Haltung der jeweiligen Kolonialverwaltungen an, inwieweit sie bereits bestehende europäische Waldnutzungen auf »herrenlos« Kronland akzeptierte oder der afrikanischen Bevölkerung formelle Besitzansprüche an Land- und Waldressourcen zugestand.

8.1.3 Baumschutzverordnung Das Gouvernement hatte den Zivilprozess gegen von Leckow verloren, doch nahm es das Urteil des Bezirksgerichts Daressalam zum Anlass, um grundsätzlich über die Frage der Nutzung von Bäumen auf »herrenlos« Kronland nachzudenken. Diesbezüglich wollte es sich Gouverneur Schnee zunächst einfach machen und das Fällen von Mvule-Bäumen auf »herrenlos« Kronland nur mit Genehmigung der örtlichen Verwaltungsbehörde erlauben.699 Da die »Eingeborenenvorbehalte« fortan als »herrenlos« Kronland galten, lag ein bezirksamtliches Rodungsverbot im Bereich des Zulässigen. Doch reichte der Forstverwaltung dieser Vorschlag nicht aus, denn sie witterte infolge des Gerichtsurteils die Chance, nun endlich wieder eine flächendeckende Kontrolle von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland einführen zu können. Daher schrieb Forstdirektor Holtz an die Zentralverwaltung, dass über die Entnahme von Mvule-Holz detaillierte Anweisungen an die untergeordneten Behörden zu er 697 Vgl. Entscheidung des Reichsgerichts über das Aneignungsrecht an herrenlosem Kronland in Kamerun vom 17. April 1914; BArch R 1001/ 7683, 221–223. Das Reichsgericht bezog sich in seiner Entscheidung auf § 8 A. L. R. II, 16. 698 Vgl. ebd., 223. 699 Vgl. Entwurf einer Bekanntmachung zur Unterschutzstellung von Mwule-Bäumen vom 16. Januar 1914; TNA G 8/ 508, 59.

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gehen hätten. Schließlich sei die »Ausrottung« des wertvollen Mvule in manchen Distrikten – man denke an Tanga und Morogoro – fast vollendet oder stehe vor der Tür. Namentlich die Mission Matombo habe in Ost-Uluguru eine »Raubwirtschaft ersten Ranges« betrieben, auch in der weiteren Umgebung von Daressalam würden die Vorkommen bereits knapp.700 Laut Holtz sollte die private Nutzung fortan nur unter strengen Auflagen erlaubt werden.701 Denn in forstwirtschaftlicher Perspektive erschien nicht einsehbar, weshalb Unternehmen und Missionsgesellschaften keine nachhaltige Holzwirtschaft betreiben sollten. Holtz stellte ein Programm auf, nach dem 16 Baumarten – je nach Standort zur »Sicherung der nachhaltigen Nutzholzerzeugung« entweder in der gesamten Kolonie oder in einzelnen Bezirken  – von der »unkontrollierten Nutzung« ausgenommen werden sollten.702 Der Forstreferent versuchte erneut, die freie Entnahme von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland generell einzuschränken, spitzte seine Forderungen aber auf bestimmte Baumarten zu. Was solch ein neuerliches Verbot für die afrikanische Bevölkerung bedeutet hätte, lässt sich erahnen, weshalb die Vorschläge des Forstreferenten zwiespältig waren. Auf der einen Seite hätten sie den »Raubbau« an den Holzvorkommen durch Europäer verhindert, auf der anderen Seite neue Zwänge für die afrikanische Bevölkerung bedeutet. Dennoch schaffte es Holtz, dass die Zentralverwaltung seine Vorschläge in einem Verordnungsentwurf ausarbeitete. Dort formulierte man allerdings vorsichtig, dass durch die beabsichtigten Maßnahmen die Nutzholzgewinnung für Private nicht gehemmt oder erschwert werden solle, sondern lediglich »gebührenpflichtig« gemacht. Doch müsse bei selten gewordenen Holzarten in bestimmten Gegenden sogar ein gänzliches Schlagverbot erwogen werden.703 Damit wollte man die liberale Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland beenden, allerdings nicht um jeden Preis. So sollte selektiv vorgegangen und nicht pauschal die Nutzung aller Waldprodukte der Gebührenpflicht unterworfen werden. Auch sollte das Schlagen von Holz auf »herrenlos« Kronland zum Bau eigener Häuser und Hütten sowie eigener Möbel ausdrücklich nach wie vor jedermann frei gestattet sein. Außerdem bat das Zentralbüro die lokalen Behörden, vor der Festlegung der neuen Regulierungen mit den Gewerbetreibenden – »Weißen und Farbigen« – Rücksprache zu halten und deren Wünsche in Bezug auf die Gestaltung der neuen Verordnung zu berücksichtigen.704 Beim Gouvernement war man infolge des Maji-Maji-Krieges vorsichtig geworden und wollte Konflikte mit europäischen, indischen und afrikanischen Holzhändlern vermeiden. 700 Vgl. ebd., 60. 701 Vgl. ebd. 702 Vgl. ebd., 61. 703 Vgl. ebd., 63. 704 Vgl. ebd.

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Die Forstverwaltung hielt es indes für überflüssig, besonders auf die Möglichkeit einer freien Entnahme des Holzes zum Eigengebrauch hinzuweisen. Laut Forstreferent Holtz genügte es, wenn ausdrücklich die gewerbliche Nutzung eingeschränkt wurde. Auch stand für den Forstdirektor die Gebührenerhebung nicht im Vordergrund. Ihm ging es nach eigener Auskunft »allein um die Erhaltung der fraglichen Holzarten und […] die Nachhaltigkeit der Holzproduktion.«705 Daran zeigte sich, dass der kurzfristige fiskalische Aspekt im kolonialforstlichen Denken eine untergeordnete Rolle spielte. Die verwaltungsinterne Kommunikation legte offen, dass kolonialer Waldressourcenschutz keineswegs nur als Vorwand benutzt wurde, um kurzfristige staatliche Gewinninteressen zu fördern. Den Förstern ging es um die Nachhaltigkeit, um dem kolonialen Staat langfristig Einnahmemöglichkeiten zu schaffen. Insofern hatte Holtz abermals verlangt, dass sich die privaten Interessen »unbedingt« unterordnen müssten. Es erschien ihm auch nicht angebracht, bei den Holzhändlern erst durch die Bezirksbehörden anzufragen, ob ihnen die neuen Bestimmungen auch »konvenieren«. Der Forstreferent befürchtete nämlich eine »unnötige Beunruhigung«, wenn die Maßnahmen zuvor bekannt würden, was sich in »unerwünschten Erörterungen in der Presse Luft machen würde.«706 Letztendlich wollte Holtz verhindern, dass die Holzhändler vor Inkraftreten der Beschränkungen noch möglichst viel Nutzholz fällten. Er bat deshalb um eine rasche Annahme seiner Vorschläge bei der Zentralverwaltung. Der Erlass der Baumschutzverordnung Im Endeffekt konnte sich Holtz mit seinen weitreichenden Vorschlägen zur Beschränkung der Holzentnahme auf »herrenlos« Kronland nicht gegen die Reformer in der Verwaltung durchsetzen. Gouverneur Schnee hielt grundsätzlich an der liberalen Linie fest. Die von ihm erlassene Baumschutzverordnung regelte nur die Entnahme von Holz in »Eingeborenenvorbehalten« und bezog sich nicht auf »herrenlos« Kronland im Allgemeinen. Demnach durften in »Eingeborenenvorbehalten« von nicht ansässigen Afrikanern und Europäern Bäume folgender Baumarten nicht mehr ohne Genehmigung genutzt werden: 1. ­Mvulebäume (Chlorophora exelsa), 2. Mkangazi oder Mtondo (Kaya senegalensis), 3. Karambaki (Warburgia Stuhlmannii und Brachylaena Hutchinsi), 4. Mkongo, Bambakofi, Pigakofi, Mkomba, Mpunguli, Mkora (Afzelia cuanzensis), 5. Muhagata, Mininga, Mtumbati (Pterocarpus Bussei). Verträge zwischen der lokalen Bevölkerung und Holzunternehmen bedurften fortan der Genehmigung durch das Bezirksamt. Dieses konnte auch eine Gebühr festlegen oder 705 Vgl. Handschriftliche Stellungnahme Referent VIII zum Entwurf der Bekanntmachung zur Unterschutzstellung von verschiedenen Nutzholzbaumarten vom 17. Januar 1914; TNA G 8/ 508, 64. 706 Vgl. ebd.

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die Nutzung von anderen Bedingungen abhängig machen.707 Insofern hatte die neue Regulierung positive und negative Effekte für die afrikanischen Bauern. Auf der einen Seite konnten sie nicht mehr eigenständig entscheiden, ob sie den Holzschlag in ihren Feldern erlauben wollten oder nicht, auf der anderen Seite stand ihnen eine Beteiligung am Gewinn des Holzschlags zu. Letztendlich muss die neue Baumschutzverordnung als ein weiteres paternalistisches Instrument gedeutet werden, das die Kontrolle über Waldressourcen der afrikanischen Bevölkerung entzog und in die Hände des Staates legte. Ferner bedeutete der Erlass der Verordnung nicht, dass sich die europäischen Kolonisten an die neuen Regeln hielten. So bezahlte von Leckow keine Rupie an die Bevölkerung von Potwe und missachtete die zwischen ihm, der Bezirksverwaltung und dem Jumben von Potwe ausgehandelten Bedingungen zur Nutzung von Mvule-Bäumen. Er ließ zwar 50 Bäume schlagen, kam seiner Aufforstungsverpflichtung aber nicht nach.708 Letzteres hielt man beim Bezirksamt aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Kriegslage für entschuldbar, da von Leckow im Jahr 1915 zur Schutztruppe nach Moschi eingezogen worden war.709 Das Gouvernement entschloss sich, »in Anbetracht der Verhältnisse« die Sache bis zum Friedensschluss ruhen zu lassen.710

8.1.4 Reservierung der letzten Waldressourcen Streitfälle zwischen privaten kolonialen Akteuren und der Forstverwaltung ereigneten sich nicht nur im Wettbewerb um die Gewinnung von Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland, sondern auch bei dem Versuch der staatlichen Durchsetzung des Waldschutzes in Privatwaldungen. Ein erster aktenkundiger Konflikt zeigte sich in der Reformära durch eine Eingabe der Sisalpflanzung Pingoni beim Bezirksamt Tanga im August 1911. Darin beschwerte sich die Pflanzungsleitung, dass der »Mkulumuzi-Fluss« in der Trockenzeit von Jahr zu Jahr weniger Wasser führe, was auf die Entwaldung zur Anlage neuer Kautschuk­

707 Vgl. Verordnung des Gouverneurs vom 9. April 1914 zur weiteren Ausführung der Kronland-Verordnung vom 26. November 1895, in: AA, 15, 30, 18. April 1914. Die Baumschutzverordnung trat am 1. April 1914 in Kraft. 708 Vgl. Schreiben Gouvernement an KBA Tanga vom 17. Januar 1914; TNA G 8/ 572, 29; Schreiben Gouvernement an KBA Tanga vom 16. Mai 1914; TNA G 8/ 572, 29; Schreiben KBA Tanga an Gouvernement: Betreff: Mvuleholzschlag durch Herrn von Leckow-Mnyussi im Eingeborenen-Vorbehalt vom 25. Mai 1914; TNA G 8/ 572, 30; Schreiben Gouvernement an KBA Tanga vom 20. Mai 1915; TNA G 8/ 572, 31. 709 Vgl. Schreiben KBA Tanga an Gouvernement: Betreff: Mvuleholzschlag durch Herrn von Leckow-Mnyussi im Eingeborenen-Vorbehalt vom 7. Juni 1915; TNA G 8/ 572, 32. 710 Vgl. Aktenvermerk vom 13. Juni 1915 und 3. Dezember 1915; TNA G 8/ 572, 32.

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plantagen am Oberlauf des Flusses zurückzuführen sei.711 Damit war ein umweltgeschichtlicher locus classicus angesprochen: Konflikte zwischen den Anrainern an Ober- und Unterlauf eines Fließgewässers. Dabei ist dieser Fall besonders interessant, da sich hier erstmals eine Plantagenleitung dem konservatorischen Entwaldungs- und Austrocknungsdiskurs zur Verfolgung ihrer Eigeninteressen bemächtigte und via Bezirksamt Tanga das Gouvernement aufforderte, eine »Besserung der Wasserverhältnisse« herbeizuführen.712 Das Bezirksamt leitete die Eingabe nach Daressalam weiter und empfahl, zum Schutz der Waldbestände am Oberlauf des Mkulumuzi die Privatwaldverordnung von 1908 zur Anwendung zu bringen.713 Doch hatte man beim Gouvernement offenbar wichtigere Dinge zu erledigen, weshalb das Bezirksamt erst auf nochmalige Anfrage ein knappes Jahr später eine Antwort erhielt.714 Diese entsprach nicht den Erwartungen, obwohl unlängst unter Verweis auf die Eingabe der Pflanzung Pingoni auch aus forstwirtschaftlichen Kreisen Druck auf das Gouvernement ausgeübt worden war, den Holzschlag an Flussufern und in Quellgebieten zu untersagen.715 Doch scheute sich die Regierung, die Privatwaldverordnung zur Anwendung zu bringen.716 Auch sah sie keine Möglichkeit, erhaltungswürdigen Waldbeständen an Flussufern durch die Waldschutzverordnung von 1909 »einen absoluten Schutz gegen die vom Menschen ausgehenden Schädigungen verschiedener Art angedeihen zu lassen.«717 Da erschien ihr die Privatwaldverordnung schon effektiver, doch schützte diese nur einen verschwindend geringen Teil der Waldbestände. Zudem erwachse, so die Zentralverwaltung, bei einer potenziellen Anwendung der Privatwaldverordnung »die lästige Pflicht der Beaufsichtigung«, was mit einem hohen Aufwand an Personal und Arbeit verbunden sei und darüber hinaus die Kosten nicht decke.718 Die reformorientierte Verwaltung in Daressalam stellte sich auf den gleichen Standpunkt, den sie schon früher gegenüber dem Bezirksamt Tanga geäußert hatte: Waldschutz lohne sich finanziell nicht. Kurzfristige ökonomische Überlegungen standen vor ökologischen Bedenken. Beim Gouvernement hielt man einen 711 Vgl. Schreiben der Pflanzung Pingoni an KBA Tanga betr. Austrocknung des Mkulumuzi vom 15. August 1911; TNA G 8/ 602, 123. 712 Vgl. ebd. 713 Vgl. Schreiben des KBA Tanga an Gouvernement vom 18. August 1911; TNA G 8/ 602, 123. 714 Vgl. ebd. 715 Vgl. Schreiben Forstamt Morogoro an Gouvernement, Bericht des Forstassessors Redslob über die in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 1911 ausgeführte Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p.; Jentsch, Entwicklung, 75. 716 Vgl. Schreiben Gouvernement an alle Dienststellen betr. Abschrift des Erlasses an Bezirksamt Tanga zum Schutz von Wäldern auf Bergkuppen und an Flussufern vom 5. Oktober 1912; TNA G 8/ 507, o. p. 717 Vgl. ebd. 718 Vgl. ebd.

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Schutz von Waldbeständen nur durch die Reservierung von noch nicht in Besitz genommenem Kronland und dessen Ausweisung als Waldreservat für möglich. Diese Einstellung war nicht neu. Man hatte dieses Vorgehen bereits im Falle von Abholzungen durch den Sägewerksbesitzer Horst von Leckow und andere Pflanzer dem Bezirksamt Tanga empfohlen. Dieses Konzept unterstützte auch der Deutsche Forstverein und riet zu einer »energisch betriebenen fortschreitenden Ausscheidung« von Kronland. Hierdurch wollte man Waldressourcen vor Siedlern schützen, aber auch die Bekämpfung des »Wildbrennens« durchsetzen, um für die »Abstellung einer rücksichtslosen Benützung von Waldungen zum Feldbau« durch die Eingeborenen zu sorgen.719 Doch erschienen dem Gouvernement Waldreservierungen aufgrund »personalintensiver Vorbereitung« im klein parzellierten Gelände des Bezirks Tanga schwierig.720 Somit verfügte die Regierung unter Bezugnahme auf die Kronlandverordnung prophylaktisch, dass »herrenlos« Kronland an Private fortan nur dann abgegeben werden durfte, wenn sich dort keine Waldbestände über 1 ha Größe befanden. Das schloss Galeriewälder an Flussufern ein. Diese Waldbestände sollten zur »Erhaltung im öffentlichen Interesse ohne Rücksicht auf ihren sonstigen Wert« von der Veräußerung ausgeschlossen und durch ein bezirkspolizeiliches Verbot gegen Holzschlag und Rodungen sowie gegen Beschädigungen durch Feuer geschützt werden.721 Dieser Vorschlag erschien aus kolonialforstlicher Perspektive hinnehmbar. So schrieb Theodor Siebenlist, dass sich »allenthalben im Schutzgebiet zerstreut, auf Bergrücken und an Hängen, noch viele Waldparzellen [befänden], welche vor völliger Vernichtung durch die Axt und das Feuer der Eingeborenen verschont geblieben [seien].«722 Doch seien diese Waldparzellen aufgrund ihrer geringfügigen Fläche, ihrer Entfernung und schwierigen Zugänglichkeit bisher nicht vermessen, vermarkt und förmlich als Waldreservate in Besitz genommen worden. Hinzu käme, dass ihr finanzieller Wert im Hinblick auf die hohen Reservierungskosten meist zu gering sei. Doch besäßen diese Wälder einen großen Wert in »volkswirtschaftlicher Hinsicht«, insbesondere, wenn sie im Quellgebiet größerer Flüsse oder an steilen Hängen lägen. Laut Siebenlist waren möglichst alle noch verbleibenden Waldflächen staatlich zu reservieren, um diese dem Zugriff der einheimischen Bevölkerung und der Plantagengesellschaften zu entziehen.723 719 Vgl. Schreiben Haug an RKA betr. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins in Ulm a. D. September 1910 vom 28. Januar 1911; BArch R 1001/ 7683, 107. 720 Vgl. Schreiben Gouvernement an alle Dienststellen betr. Abschrift des Erlasses an Bezirksamt Tanga zum Schutz von Wäldern auf Bergkuppen und an Flussufern vom 5. Oktober 1912; TNA G 8/ 507, o. p. 721 Vgl. ebd. 722 Siebenlist, Forstwirtschaft, 17. 723 Vgl. ebd.

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Doch löste dieser Vorschlag nicht das Problem des Galeriewaldes am Mkulumuzi, da sich die Waldbestände an dessen Oberlauf bereits in privater Hand befanden. Das wurde auch von einem der Referenten des Gouvernements bemerkt, der die neuen Waldschutzvorschläge mit folgenden Worten kommentierte: Die Pflanzer sehen hier zum ersten Mal, »wohin ihre Rodungen führen, wenn sie nicht vor dem Wald Halt machen.« Er fügte hinzu: Solange nur die »Eingeborenen« unter dieser »Nichtschaft« [Waldvernichtung] litten, »krähte kein Hahn danach«, doch sei das Wasser »das Kostbarste«, zu dessen Schutze seitens der Plantagen allerdings »bisher fast nichts geschehen [sei]!«724 In diesem kritischen Licht erschienen die Vorschläge des Gouvernements wie ein Ausweichmanöver, mit dem die Anwendung der Privatwaldverordnung umschifft werden sollte. Konzertierte Waldschutzaktion im Bezirk Tanga Im Bezirk Tanga war Bezirksamtmann Dr. Stier inzwischen durch den Kolonialreformer Eugen Löhr abgelöst worden, der in Waldschutzfragen wesentlich resoluter als sein Vorgänger vorging und sich durch die ausweichenden Vorschläge der Zentralverwaltung nicht beirren ließ. So brachte er eigenmächtig  – ohne Rücksprache mit dem Gouverneur – die Privatwaldverordnung gegenüber der Sigi-Pflanzungsgesellschaft auf der Plantage Segoma zur Anwendung. Er verbot Pflanzungsleiter Weißenborn, der sich in den Vorjahren völlig unkooperativ gezeigt hatte, den »Hochwald« an den sämtlichen Hängen des Muluuduro, Segoma, Kwatshana, Kwambokwe bis zum Fluss Muti niederzuschlagen.725 Bei Zuwiderhandlung drohte Löhr mit Strafe und betonte, dass die Anordnung im »Interesse der Landeswohlfahrt unbedingt geboten [sei].«726 Dies war der erste Fall seit Bestehen der Kolonie, dass einer Plantagenleitung für Abholzungen konkret mit einer Strafe gedroht wurde, obwohl bereits 1895 eine Waldordnung für Usambara ergangen war.727 Gleichzeitig hatte Löhr neben dem Abholzungsverbot auf Segoma den Schutz des Galeriewaldes am Mkulumuzi veranlasst und die Galeriewälder an allen Hauptflussläufen des Bezirks Tanga sowie an deren Hauptzuflüssen unter den Schutz der Privatwaldverordnung gestellt. Das Gouvernement bat er nachträglich um Genehmigung dieser Maßnahmen.728 724 Referentenkommentar auf dem Entwurf des Schreibens Gouvernement an alle Dienststellen betr. Abschrift des Erlasses an Bezirksamt Tanga zum Schutz von Wäldern auf Bergkuppen und an Flussufern vom 5. Oktober 1912; TNA G 8/ 602, 143. Es ist zu vermuten, dass der Kommentar vom 1. Referenten Methner stammte, doch ließ sich die Handschrift nicht eindeutig zuordnen. 725 Vgl. Mitteilung des KBA Tanga an Herr Weißenborn Sigi-Segoma vom 29. Oktober 1912; TNA G 51/ 201 LR, o. p. 726 Vgl. ebd. 727 Vgl. Waldordnung für Usambara vom 20.10.1895; BArch R 1001/ 7680, 72. 728 Vgl. Entwurf eines Schreibens KBA Tanga an FA Wilhelmstal vom 6. November 1912; TNA G 51/ 201 LR, o. p.

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Der Bezirksamtmann war vorgeprescht. Er begründete sein Vorgehen damit, dass die Pflanzer auf mündlich erteilte Schutzmaßregeln nicht reagierten oder »noch schleunigst abzuholzen versuchten, was sich nur abholzen ließ, in dem stolzen Bewusstsein[,] auf diese Weise dem Bezirksamt ein Schnippchen schlagen zu können.«729 Löhr hatte erkannt, dass allein die Ankündigung von staatlichen Waldschutzmaßnahmen ausreichte, um bei den Plantagen ein Verhalten auszulösen, das den bezirksamtlichen Intentionen vollkommen zuwiderlief – ein Phänomen, das nicht nur in Deutsch-Ostafrika vorkam.730 Um solch kontraproduktives Handeln zu vermeiden, bat Löhr bei der Forstverwaltung Wilhelmstal um Kontrolle der Pflanzer im Bezirk Tanga.731 Diese war nach zwei fruchtlosen Versuchen in den Jahren 1901 und 1906 seit langer Zeit nicht mehr erfolgt.732 Deshalb machte sich der Leiter des Forstamts, Forstassessor Haberkorn, im November 1912 sogleich nach Ost-Usambara auf.733 Von dort berichtete er an das Bezirksamt, dass sich einige der Plantagen der Privatwaldverordnung nicht unterworfen hätten.734 Diesbezüglich entrüstete sich der Oberförster, dass diese Plantagen noch wertvollen Wald auf ihren Grundstücken hätten, wobei sich erst kürzlich ein Pflanzungsleiter ihm gegenüber gerühmt habe, im Besitz von 6000 ha »prachtvollem Hochwald« zu sein.735 Ferner bemerkte Haberkorn, dass sich die afrikanische Bevölkerung die fehlende staatliche Kontrolle über die Privatwälder in Ost-Usambara zunutze gemacht hatte, um dort weiterhin Wanderfeldbau zu betreiben. Letzteres schien aus Haberkorns Perspektive ein »besonderer Übelstand« zu sein, denn die Plantagengesellschaften duldeten »ganze Siedlungen von Eingeborenen« in ihren Waldungen. Zwar vermutete der Forstassessor, dass dort schon vor dem Verkauf des Landes an die Kolonialgesellschaften Siedlungen gewesen waren, doch hielt er deren großes Ausmaß für neu. Insbesondere im Wassereinzugsgebiet des Kilangastocks auf dem Gebiet 729 Vgl. ebd. 730 Vgl. Mahesh Rangarajan, Fencing the Forests. Conservation and Ecological Change in India’s Central Provinces 1860–1914. Oxford 1996, 56. 731 Vgl. Entwurf eines Schreibens KBA Tanga an FA Wilhelmstal vom 6. November 1912; TNA G 51/ 201 LR, o. p. 732 Vgl. Schreiben Gouvernement an KBA Wilhelmstal vom 29. Januar 1901; TNA G 8/  509, 9; Schreiben Forstassessor Teichmann an Gouvernement vom 8. Mai 1901; TNA G 8/ 509, 14–15; Schreiben Forstassessor Teichmann an Gouvernement vom 15. August 1901; TNA G 8/ 509, 33; Schreiben Gouvernements an KBA Wilhelmstal vom 02. September 1901; TNA G 8/ 509, 33; Schreiben des Gouvernements an die Bezirksämter Tanga und Wilhelmstal vom 1. November 1905; TNA G 8/ 509, 65; Schreiben des Gouvernements an die Plantagen in Usambara vom 19. Januar 1906; TNA G 5/ 509, 78; Schreiben des Gouvernements an die Forstverwaltung Wilhelmstal vom 31. März 1906; TNA G 5/ 509, 88–89; Schreiben Forstassessor Gieseler an Gouvernement vom 20. Juli 1906; TNA G 5/ 509, 91. 733 Vgl. Schreiben FA Wilhelmstal an das Gouvernement betr. die Waldverhältnisse im Tangabezirk vom 26. Januar 1913; TNA G 8/ 602, 149–150. 734 Vgl. ebd., 150. 735 Vgl. ebd., 151.

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der D. O. A. G., das noch mit »sehr gutem Regenwald« bestockt sei, befanden sich laut Haberkorn viele Siedlungen, deren Bewohner »dem Walde immer mehr zu Leibe« gingen. Ähnliche Verhältnisse zeigten sich auch im Sisalgebiet längs der Barrabarra [Landstraße] quer durch das Gebirge von Nord nach Süd. Hier lägen eine »Menge von Eingeborenensiedlungen«, zumeist von Wanderarbeitern, den Nyamwesi. Diese waren laut Haberkorn erst in den letzten Jahren entstanden.736 Es zeigte sich, die unter dem Schutz der Kolonialregierung forcierte Um- und Ansiedlung von ortsfremden Arbeitskräften in Plantagengebieten verstärkte das Ausmaß der Waldzerstörung.737 Die durch die Nyamwesi verursachte Entwaldung erschien in forstwirtschaftlicher Perspektive als Sekundäreffekt der Plantagenwirtschaft. Forstassessor Haberkorn echauffierte sich, keinen Menschen kümmere, dass »da alljährlich beträchtlicher und wertvoller Wald vernichtet wird.«738 Es zeigte sich, dass die Plantagenwirtschaft der lokalen Bevölkerung und den Wanderarbeitern größere Freiräume bei der Waldnutzung gewährte als der koloniale Staat. Insofern stellt die Geschichte der Bergregenwälder von Ost-Usambara ein gutes Beispiel dafür dar, dass koloniale Entwicklung basierend auf privater Plantagenwirtschaft das Verhältnis lokaler Bevölkerungsgruppen zum Wald nicht so stark veränderte, wie eine staatszentrierte wirtschaftliche Entwicklung dies getan hätte. Denn die koloniale Plantagenwirtschaft zielte im Vergleich zur kolonialen Staatsökonomie nur auf eine Veränderung der wirtschaftlichen, nicht jedoch der gesellschaftlichen Verhältnisse.739 Die Plantagenleitungen beließen der lokalen Bevölkerung mehr Spielraum bei der Gestaltung ihrer ökologischen Nischen. Sie tolerierten die Dörfer offenbar, da sie deren Bewohner als potenzielle Arbeitskräfte betrachteten. Die Waldungen auf den Plantagen in Ost-Usambara waren einerseits Rückzugsräume für die lokale afrikanische Bevölkerung, andererseits Wohngebiete für die Wanderarbeiter. Wären die Wälder im Staatsbesitz gewesen, hätte man sowohl die Shambaa als auch die Nyamwesi längst aus den Wäldern herausgedrängt und in »Eingeborenenvorbehalte« gezwängt. Somit stellten die Regenwälder auf den Plantagen besondere ökologische und soziale Räume dar, denn hier prägten sich in der kolonialen Situation ganz eigene Reziprozitätsverhältnisse heraus. Die Waldnutzung blieb Verhandlungssache zwischen der afrikanischen Bevölkerung und den Plantagenleitungen, wobei Letztere in einer strukturell besseren Verhandlungsposition waren. Deshalb darf man die Lebensverhältnisse der Wanderarbeiter aus heutiger Perspektive keineswegs als positiv 736 Vgl. ebd. 737 Vgl. Blank, Forstnutzung, 223. 738 Schreiben FA Wilhelmstal an das Gouvernement betr. die Waldverhältnisse im Tangabezirk vom 26. Januar 1913; TNA G 8/ 602, 151. 739 Laut Rebekka Habermas wollte das staatszentrierte Wirtschaftsmodell mehr als nur eine neue Ökonomie aufbauen, nämlich eine neue Gesellschaft mit entwerfen; vgl. Habermas, Skandal, 217.

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bewerten. Nicht zuletzt lag die Sterblichkeitsrate bei den Plantagenarbeiterinnen und -arbeitern durchschnittlich bei 7–10 %, auf der Prinz-Albrecht-Plantage in Ost-Usambara sogar bei 26 %. Horst Gründer spricht in diesem Zusammenhang von Proletarisierung der ländlichen Bevölkerung.740 In forstwirtschaftlicher Perspektive blieb Ost-Usambara eine »frontier«, da keine staatliche Forstkontrolle ausgeübt wurde.741 Deshalb forderte Haberkorn, dass hier »mit allen Mittel eingegriffen werden [müsse]«, und zwar derart, dass die Siedlungen auf Kosten der Eigentümer zum Schutz des übrigen Waldes als »Eingeborenenreservate« ausgeschieden würden. Falls sich die Plantagengesellschaften hierauf nicht einließen, so Haberkorn, müsse man mit »Enteignung« drohen.742 In der Perspektive des Försters erschien die Nutzung der Wälder durch die afrikanische Bevölkerung ein größeres Problem zu sein als die Rodungen durch die Plantagengesellschaften. Eventuell prangerte Haberkorn ganz bewusst die einheimische Bevölkerung an, da er erwartete, dass die Regierung hierauf schneller im Sinne des Waldschutzes reagieren würde. Denn den Plantagenleitern stand die Anwendung der Privatwaldverordnung völlig frei. So konnte Haberkorn bei seiner Inspektionsreise nicht einmal Strafen aussprechen, wenn sich die Plantagen nicht freiwillig zur Waldverordnung bekannten. Der mangelhafte Waldschutz stellte sich als ein Problem der Verwaltung dar, weil der Kolonialreformer von Rechenberg gegenüber den kolonialen Unternehmen auf nahezu jede Form eines staatlichen Eingriffs in die Waldnutzungspraktiken verzichtet hatte. Forstassessor Haberkorn konnte deshalb über den Zustand der Wälder in den Vorbergen Ost-Usambaras nur frustriert berichten: »[E]s wird ruhig weiter gehaust! […] Schon [mache] sich an manchen Stellen ein Holzmangel deutlich bemerkbar.«743 Haberkorn zückte neben ökologischen Bedenken die alte Karte der »Holznot«. Hier tauchte das Argument im lokalen Kontext des Bezirks Tanga abermals auf, wobei Forstassessor Haberkorn zur Lösung des Problems vorschlug, dass Plantagen den ihnen wertvoll erscheinenden Wald selbst ausscheiden und der Privatwaldverordnung unterwerfen sollten, um in Zukunft ihre eigene Holzversorgung sicherzustellen und eventuell auch einen Verkauf von Holz gewährleisten zu können. Damit verknüpfte Haberkorn ökologische und ökonomische Argumente, wobei er auf Grundlage ökonomischer 740 Vgl. Gründer, Geschichte, 167. 741 Christopher Conte betont, dass die afrikanische Bevölkerung in Usambara durch die private Waldbesitzstruktur gehindert worden sei, Besitzrechte am Land geltend zu machen; vgl. Conte, Sanctuary, 89. Damit hat Conte zwar recht, doch übersieht er, dass die afrikanische Waldnutzung in Ost-Usambara bis zum Schluss der deutschen Kolonialzeit in der »middle-ground«-Situation verblieb. Es war Verhandlungssache zwischen der afrikanischen Bevölkerung und den privaten Plantagengesellschaften, wie der Wald genutzt wurde. Der koloniale Staat konnte nicht intervenieren. 742 Vgl. Schreiben FA Wilhelmstal an das Gouvernement betr. die Waldverhältnisse im Tangabezirk vom 26. Januar 1913; TNA G 8/ 602, 151. 743 Vgl. ebd.

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Erwägungen davon ausging, dass es sich bei steigenden Holzpreisen für die Privatwaldbesitzer bald rentiere, ihren Wald als Nutzholzreserven zu pflegen. Dadurch ließe sich einerseits die Holzversorgung des Bezirks Tanga sicherstellen, andererseits der Wald in seinen konservatorischen Wohlfahrtsfunktionen schonen. Reservierungen Bezirksamtmann Löhr erreichte bezüglich seiner Bemühungen um den Waldschutz auf Privatland fast genau das Gegenteil von dem, was er sich erhofft hatte. Zwar hatte er den Bericht Haberkorns unter Umgehung des Dienstwegs so schnell es ging Gouverneur Schnee in Daressalam vorgelegt.744 Doch wollte der Gouverneur nur »wirklich gute Waldparzellen« zu Waldreservaten erklären lassen. Gebiete an Hängen zu schützen, die schon kahl seien, hielt er für »zwecklos«. Auch die Anwendung der Privatwaldverordnung kam für ihn nicht infrage.745 Somit konnte Löhr keine Zwangsmaßnahmen gegen die Plantagengesellschaften verhängen und die staatliche Kontrolle über die privaten Wälder in Ost-Usambara blieb bis zum Ende der deutschen Kolonialzeit ein Phantom. Dabei stellte der Verzicht auf jedweden rechtlichen Zwang gegenüber den Plantagengesellschaften letztendlich nur ein Eingeständnis in die staatliche Ohnmacht dar, da der koloniale Staat – nicht zuletzt aufgrund der dünnen Personaldecke – mit bürokratischen Mitteln den Waldschutz nicht durchsetzen konnte. Es handelte sich um die Einsicht, dass Forderungen nach einer kolonialforstlichen Kontrollstruktur gegenüber privaten Waldbesitzern nicht rentabel waren, selbst wenn es scheinbar zu ökologischen Problemen wie am Mkulumuzi kam. Jedoch hatte Löhrs Intervention einen Effekt, da er Unterstützung beim Forstreferenten Holtz gefunden hatte. Dieser versprach, die »ganze Angelegenheit möglichst selbst in die Hand zu nehmen.«746 Infolge dessen wurden zwar nicht die Privatwälder unter Schutz gestellt, jedoch im November 1913 die letzten »herrenlosen« Waldungen im Bezirk Tanga staatlich reserviert (vgl. Karte 11 a). Das erlebte Eugen Löhr allerdings nicht mehr vor Ort, da er im Juni 1913 versetzt worden war. Damit hatte sich im Ergebnis die von der Zentralverwaltung vorgegebene reformorientierte Linie durchgesetzt, nach der sich die Forstkontrolle auf Waldreservate beschränken sollte. Gleichzeitig hielt man gegenüber den Plantagengesellschaften am liberalen Kurs fest und beließ es beim Nichtstun. So wurden auf Kosten der afrikanischen Bevölkerung jetzt auch kleine Waldparzellen, die sich auf den letzten nicht okkupierten Flächen im Bezirk Tanga befanden, zu Waldreservaten erklärt. Dies lief der ursprünglichen Intention des Reformers Löhr, 744 Vgl. Entwurf Schreiben KBA Tanga an FA Wilhelmstal vom 5. Februar 1913; TNA G 51/ 201 LR, o. p. 745 Vgl. ebd. 746 Vgl. ebd.

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die Wälder auf Privatland zu schützen und Erleichterungen für die afrikanische Bevölkerung zu schaffen, völlig entgegen. Zwar schrieb der mit den Waldreservierungsarbeiten betraute Forstassessor Weidner dem Gouvernement, dass bei den Demarkierungsarbeiten darauf geachtet worden sei, den »Eingebornen noch reichlich Land zur Anlage von Schamben, sowie zur Deckung des Brenn- und Hüttenholzbedarfs« zu belassen, sodass eine »spätere Belastung der Reservate nicht nötig [sein werde].« Auch erwähnte Weidner, dass die »Eingeborenen« mit dem Aufkauf der wenigen noch in den Waldreservaten liegenden Hütten »um unbedeutende Summen« einverstanden gewesen seien.747 Damit schienen die Reservierungsarbeiten – zumindest auf dem Papier – in gegenseitigem Einverständnis abgelaufen zu sein. Doch hielt Weidner ebenfalls fest, dass die teilweise im Wald liegenden Bananenfelder nicht aus den Reservaten herausgemessen worden seien, da sonst »viel wertvoller Wald abgetrennt worden [sei].«748 Insofern stellte sich die Waldreservierung als problematisch dar, da die lokale Bevölkerung ihre Bananenpflanzen nicht länger bewirtschaften durfte. Die Plantagengesellschaften hatten hingegen nichts vom Staat zu befürchten, da ihre Privatwälder von den Reservierungsarbeiten ausgenommen blieben. So stellte Weidner gegenüber dem Gouvernement etwas resigniert fest, dass die Möglichkeit, Wälder in Ost-Usambara zu reservieren, nun »erschöpft« sei, da sich »dessen beste Wälder […] leider im Privatbesitz befinden.« Um dennoch weitere Wälder schützen zu können, schlug er vor, ein 60.000 ha großes Stück der nördlich gelegenen »Umba-Steppe« zu reservieren. Hier gebe es reichlich Elefanten, Büffel und Nashörner sowie Zebras und Giraffen neben anderen Wildarten, weshalb eine Reservierung dieser »Obstgartensteppe« sowohl dem Schutz des Wildes als auch der Baumbestände zugutekäme. Offensichtlich dachte der Forstamtsleiter daran, konservatorischen Wald- und präservatorischen Wildschutz miteinander zu verbinden.749 Positiv war aus forstwirtschaftlicher Sicht auch, dass einige Plantagengesellschaften in Ost-Usambara ihre Waldstücke dem Staat zum Kauf oder Tausch gegen andere Grundstücke anboten.750 Nach dem Fehlschlag bei der Kaffeeproduktion und infolge missglückter Versuche, die Plantagenwälder an private Holzunternehmen zu verpachten, wollte man die unrentablen Wälder jetzt an den Staat abstoßen. Ende 1913 lagen beim Gouverne-

747 Vgl. Bericht Forstamt Wilhelmstal an Gouvernement, J. Nr. 750 vom 17. November 1913; TNA G 8/ 610, 3. 748 Vgl. ebd. 749 Vgl. ebd., 4. Diese Bemerkung von Weidner ist deshalb interessant, weil bisher nicht bekannt gewesen ist, dass das spätere englische Wildreservat »Umba-Steppe« in der deutschen Zeit bereits als Waldreservat in Aussicht genommen worden war. Mit Erkundung und provisorischer Abgrenzung des Gebiets in der »Umba-Steppe« war der Förster Bittkau betraut worden; vgl. ebd. 750 Vgl. ebd.

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ment Angebote seitens der Westdeutschen Handels- und Plantagen-Gesellschaft, der D. O. A. G. und der Usambara Kaffeebaugesellschaft vor.751 Diese Kaufangebote wurden von der kolonialforstlichen Lobby im Reich begrüßt. Friedrich Jentsch erschien die Ausscheidung von bereits im Privat­besitz befindlichen »Schutzwaldungen« durch die Forstverwaltung sehr wichtig. Er forderte, das RKA solle der Forstverwaltung entsprechende Mittel für den Rückkauf von Wald aus Privatbesitz zur Verfügung stellen. Nach übereinstimmendem Urteil von »Sach- und Landeskundigen«, so Jentsch, benötige der Landesfiskus von Deutsch-Ostafrika dafür zusätzliches Geld in Höhe von 100.000–160.000  RM .752 Auch Forstassessor Weidner betrachtete die Möglichkeit zum staatlichen Erwerb von Privatwäldern als »außerordentliche[n] Wert«, doch gab er zu bedenken, dass im Falle einer staatlichen Inbesitznahme der Plantagenwaldungen der gesamte Forstschutz im Bezirk Tanga neu zu organisieren sei.753 Was eine solche Entwicklung für die noch in und bei den Wäldern lebende afrikanische Bevölkerung bedeutet hätte, liegt auf der Hand, wenn man die Praxis der Waldreservierung in anderen Gebieten der Kolonie anschaut. Doch kam es in Ost-Usambara kriegsbedingt nicht mehr zu einer Inbesitznahme der Wälder durch die Forstverwaltung.

8.1.5 Konflikte um die Uluguru-Höhenwälder Im Uluguru-Gebirge sah es anders aus. Dort waren die Gebirgswälder bei Kriegsbeginn bereits seit einigen Jahren in staatlichem Besitz. Deshalb lassen sich am Beispiel der Uluguru-Berge Waldkonflikte studieren, wie sie bei der Reservierung von Wäldern zwischen einheimischer Bevölkerung und Forstverwaltung entstanden. Ausgangslage Das Uluguru-Gebirge wies im Vergleich zu Usambara nur sehr wenige europäische Pflanzungen auf, sodass die lokale Bevölkerung die dortigen Waldgebiete weitgehend eigenständig nutzen konnte, bevor die Forstverwaltung den gesamten oberen Gebirgsstock von knapp 28.000 ha im Jahr 1909 zu Waldreservaten auswies. Die reservierte Fläche entsprach 8–12 % der Gesamtfläche der UluguruBerge. Darin enthalten war das zumeist aus Grasland bestehende etwa 2000 ha große Lukwangule-Plateau im Süden der Berge. Es trug nur an seinen Abhängen Waldvegetation (vgl. S. 58–60). Desgleichen waren zahlreiche, weitgehend un-

751 Vgl. ebd. 752 Vgl. Jentsch, Entwicklung, 75. 753 Vgl. ebd.

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bewaldete Bergkuppen reserviert worden.754 Im Anschluss an die Reservierung sollte die lokale Bevölkerung sukzessive durch gesetzliche Kultivierungsverbote aus dem gesamten oberen Gebirgsstock herausgedrängt werden. Forstreferent Holtz bevorzugte diese Form der strukturellen Gewalt zur Umsiedlung gegenüber direkten Vertreibungen.755 In den Waldreservaten sollten sich durch Exklusion einheimischer Nutzungen vor allem die Bestände von Mvule und Mseri »natürlich verjüngen«, um diese später ausbeuten zu können.756 Durch Ausnutzung des ökologischen Potenzials der Berge wollte Forstreferent Holtz Uluguru zu einem mustergültigen Beispiel kolonialer Forstwirtschaft entwickeln. Doch befürchtete man beim Gouvernement, dass die Lugurus auf die Reservierungen »empfindlich« reagieren könnten, zumal die forstwirtschaftliche Planung vorsah, dass alle Felder und Häuser aus dem Wald zu verschwinden hätten.757 Kronlandverhandlung Die Landkommission zur Festlegung der Grenzen der Waldreservate trat in der Zeit zwischen 16. März und 15. April 1909 unter Vorsitz des Bezirksamtmanns Lambrecht bei 25 Lokalterminen zusammen.758 Die Einzelheiten der Enteignungen wurden sämtlich in sog. »Verhandlungsprotokollen« festgehalten. Dabei handelte es sich um vorgedruckte Formulare mit standardisierten Formulierungen, in die Ort, Zeit und weitere Informationen einsetzt werden konnten. Deshalb verraten die Protokolle der Landkommissionen kaum etwas über den tatsächlichen Enteignungsvorgang. So hieß es bspw. in jedem Protokoll, dass die »in der Nähe […] wohnenden Eingeborenen entboten« und »in großer Zahl« erschienen [seien], ferner dass die jeweiligen Landkomplexe »in Augenschein genommen und deren Grenzen abgeschritten« worden seien. Man habe Letztere durch Steinpyramiden gekennzeichnet.759 Außerdem wiesen die Protokolle euphemistisch darauf hin, dass mit den Eigentümern der im zukünftigen Waldreservat liegenden Häuser und Felder »vereinbart« worden sei, dass sie »alle ihre Eigentums- und sonstigen Rechte […] an den Landesfiskus von Deutsch-Ostafrika abtreten.« Die hierfür gewährten Entschädigungen zahlte

754 Vgl. Schreiben der Forstverwaltung Bagamoyo an das Gouvernement vom November 1907; TNA G 8/ 705, o. p.  755 Vgl. Bericht der Forstverwaltung Morogoro an das Gouvernement betr. Fortschritt der Waldreservierungsarbeiten im Ulugurugebirge vom 11. November 1907; TNA G 8/ 705, o. p.; Schreiben des Forstassessors Holtz an das Forstreferat betr. Vorschläge für die Forstverwaltung des Bezirks Morogoro vom 14. Mai 1905; TNA G 8/ 590, 10 c. 756 Vgl. ebd. 757 Vgl. Schreiben des Gouvernements an die Forstverwaltung Morogoro betr. Reservierung von Schutzwäldern im Uluguru-Gebirge vom 14. Juni 1908; TNA G 8/ 705, o. p. 758 Vgl. ebd. 759 Vgl. Protokoll der Landkommission zur Kronlandverhandlung Nr. 53 des Bezirks Morogoro (Uluguruberge) mit Nebenprotokollen 1–7 vom 19. April 1909; TNA G 8/ 705, o. p.

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man sogleich in bar an die Bäuerinnen und Bauern aus, was sich anhand der Anlagen zu den Landprotokollen namentlich nachweisen lässt. Dann stellte man laut Protokoll »durch Umfragen bei den jeweils Anwesenden« fest, dass »irgendwelche anderen Eigentums- oder sonstigen Ansprüche an die entsprechenden Landflächen nicht geltend gemacht werden.« Nachdem gemäß der Kronlandverordnung (vgl. S. 193–196) ermittelt worden war, »daß die in der Nähe der Landkomplexe wohnenden Eingeborenen über genügend große Grundflächen verfügen, deren Bebauung oder Nutzung ihren Unterhalt auch mit Rücksicht auf künftige Bevölkerungszunahme sichert«, wurden die Landkomplexe durch den Landesfiskus von Deutsch-Ostafrika in Besitz genommen und zu Waldreservaten erklärt. Die Anwesenden belehrte man laut Protokoll über die Bedeutung dieser Rechtshandlung und machte ihnen die »Schonung der errichteten Grenzmale zur Pflicht«. Danach wurde das Protokoll sowie das jeweilige Nebenprotokoll der Verhandlung am Ort vorgelesen bzw. übersetzt und daraufhin von den »Eingeborenen« unterschrieben bzw. mit Handzeichen versehen.760 So suggerierten die vorgestanzten Formulierungen des Landprotokolls, dass keine Nutzungsansprüche seitens der lokalen Bevölkerung mehr existierten. Wie sich die Enteignungsvorgänge im Einzelfall abspielten oder wie die lokale Bevölkerung diese wahrnahm, kann man aus den Protokollen nicht erkennen. Darüber kann nur spekuliert werden, zumal keine Quellen aufgefunden werden konnten, die Landenteignungen aus afrikanischer Perspektive beleuchten. Deshalb lässt sich lediglich vermuten, dass die afrikanische Bevölkerung den Vorgang anders interpretierte als die Landkommission, zumal es im lokalen Rechtsverständnis keinen Begriff von individuellem Eigentum an Land gab (vgl. S. 83–86). Somit nahm die lokale Bevölkerung wahrscheinlich an, dass sie der Kolonialverwaltung lediglich ein Recht auf Mitnutzung der Waldgebiete gewährt hatte und nicht ein Recht auf ausschließliche Nutzung und Besitz. Konflikte waren vorprogrammiert, da die kolonialstaatliche Einteilung des Landes auf die vielfältigen Formen der kollektiven einheimischen Ressourcennutzungsrechte keine Rücksicht nahm. Es wurde ausgehend von der aktuell bebauten Feldflur zwar kalkuliert, wie viel Raum den afrikanischen Bäuerinnen und Bauern außerhalb des Waldreservats zur Anlage neuer Felder minimal zur Verfügung gestellt werden musste, doch wurden dabei nicht Landnutzungspraktiken wie das Sammeln und Jagen im Wald oder die lokale Bedeutung von Brachland berücksichtigt. So scheint es in den glatten Formulierungen der Landprotokolle, als habe sich die Verwaltung mit der Bevölkerung über den Abkauf von Feldern und Häusern einigen können. Doch täuschte der Wortlaut einseitig eine Wirklichkeit vor, die keineswegs der Realität entsprach. Die lokale Bevölkerung verstand die neuen Verhältnisse in 760 Vgl. ebd. Aus den Nebenprotokollen wird ersichtlich, dass für ein Haus maximal 3–5 Rp Entschädigung gezahlt wurden. Die Höhe der Entschädigung für die Felder variierte zwischen ½ Rp und 6 Rp.

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vielen Fällen anders oder war nicht damit einverstanden. Schließlich stand von einem Tag auf den anderen ein Großteil des Lebens-, Wirtschafts- und Arbeitsraums formell nicht mehr zur Verfügung. Stattdessen herrschten jetzt Kultivierungs- und Weideverbote sowie das damit einhergehende Brandverbot vor. Waldreservatsgrenzen – eine Aushandlungssache? Die lokale Bevölkerung akzeptierte nicht, dass sie mit Festlegung der Waldreservatsgrenzen von heute auf morgen aus dem Wald als Lebens- und Wirtschaftsraum herausgedrängt werden sollte. Sie wartete mit verdeckten Praktiken widerständigen Handelns auf, um die enteignete Feldflur zurückzugewinnen. Dabei traten erste Konflikte um die Grenzen von Waldreservaten noch vor dem offiziellen Abschluss der Landverhandlungen in der Regenwaldzone Ulugurus auf. Die Forstverwaltung musste während der Kronlandverhandlung einige Konzessionen an die afrikanische Seite machen. Dies zeigte sich z. B. in einem zwischen dem Chimbinyuko-Pass und dem nördlichem Mvuha gelegenen Gebiet, das sehr dicht besiedelt war.761 Dieses Gebiet lag innerhalb des zukünftigen Waldreservats, doch wollten es die lokalen Dorfschaften nicht aufgeben, weshalb sie die bereits gesetzten Grenzzeichen unkenntlich machten. Diese konnten seitens des Stationsförsters Jahn selbst unter Hinzuziehung des örtlichen ­Jumben Mahowe und anderer Leute nicht mehr aufgefunden werden.762 Bei dieser widerständigen Strategie handelte es sich um eine Kombination von verdeckter Sabotage und kollektiver Verweigerung von Auskünften763, zumal die Dorfbewohner und der Jumbe vermutlich sehr genau wussten, wo die Grenzzeichen gesetzt worden waren. Doch ließen sie den Förster seine Ohnmacht spüren, weshalb das Bezirksamt dem Stationsförster empfahl, keine weiteren Arbeiten an den Grenzen des Waldreservats vorzunehmen, soweit sie durch »Eingeborenenshamben« gehen. Hier wollte der Bezirksamtmann lieber an »Ort und Stelle« selbst die Angelegenheit klären.764 Die Amtsautorität des Försters reichte nicht aus. Im Ergebnis überließ das KBA das umstrittene Gebiet der afrikanischen Bevölkerung. Sie wurde nicht umgesiedelt. Dies hatte für die Forstverwaltung zur Konsequenz, dass im oberen Gebirgsstock Ulugurus nicht wie geplant ein großes Waldreservat entstand, sondern zwei  – Uluguru-Nord (10.800 ha) und -Süd (17.300 ha) (vgl. Karte 8), die Quellgebiete wichtiger Flüsse umfassten (vgl. Karte 12).765 Im 761 Vgl. Schreiben des Bezirksamts Morogoro an Fst. Bunduki betr. Aufhebung der geplanten gemeinsamen Grenze der Waldreservate Uluguru-Nord und -Süd vom 21. Mai 1909; TNA G 58/ 6, o. p. 762 Vgl. ebd. 763 Vgl. Trotha, Herrschaft, 428. 764 Vgl. Schreiben des Bezirksamts Morogoro an die Fst. Bunduki vom 21. Januar 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 765 Vgl. Liste der Waldreservate im Bezirk Morogoro mit angrenzenden Landschaften und Jumbenverzeichnis, ohne Datum; TNA G 8/ 609, 91–92; AA, 30. Juni 1909.

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Gegenzug für das widerständige Verhalten verfügte Bezirksamtmann Lambrecht in Anwesenheit von Forstreferent Holtz und Förster Jahn, dass »die im Genuß des freigelassenen Waldgebiets […] befindlichen Leute […] keine Erlaubnis [haben] Holz, auch kein Brennholz aus dem Waldreservat zu entnehmen.«766 Damit galten für die Dorfschaften des Jumben Mahowe schärfere Regeln als für alle anderen Dörfer, was die Kolonialbeamten in Gegenwart der lokalen Autoritäten, des Jumben Mahowe, seines Schreibers Madokola und des Waldpolizisten Chamgaeka, mündlich verkündeten. Dadurch wollten sie demonstrieren, dass sich die Leute am Chimbinyuko-Pass trotz ihres erfolgreichen Widerstandes keine weiteren Freiheiten erlauben konnten. Dieses gemeinsame Vorgehen von Bezirksamtmann und Forstreferent in Gegenwart des lokalen Försters und der lokalen afrikanischen Autoritäten sollte demonstrativ die einheitliche Haltung der Kolonialverwaltung gegenüber der lokalen Bevölkerung unterstreichen. Doch deckten Jumben wie Mahowe widerständiges Handeln in Form von Grenzverlegungen oder beteiligten sich selbst daran, wenn durch Waldreservierungen vitale Interessen der lokalen Bevölkerung bedroht waren. Niedere Gerichtsbarkeit Um Schlupflöcher für widerständiges Handeln zu schließen und um die behördliche Kontrolle des Gebirges zu vereinfachen767, übertrug das Bezirksamt dem Stationsförster in Uluguru die niedere Gerichtsbarkeit. Eine beschränkte Strafbefugnis nach §§ 306, 308 309 und 368.6 des R.St.G.768 sollte ihn in die Lage versetzen, »Eingeborene wegen fahrlässiger Brandstiftung in Bezug auf Waldreservate, wegen Anzündens von Feuer an gefährlichen Stellen in Waldreservaten und wegen Übertretung bestehender gesetzlicher Bestimmungen zum Schutze der Waldreservate« zu verurteilen.769 Eine solche Übertragung der niederen Gerichtsbarkeit an eine Forststation war in deutschen Kolonien kein Einzelfall770, obwohl die Patrimonialgerichtsbarkeit im Deutschen Reich gesetzlich seit 1877

766 Vgl. Aktenvermerk der Fst. Bunduki betr. Bekanntgaben bzgl. der Uluguru-Wald­ reservate vom Oktober 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 767 Vgl. Forststation Bunduki: Jahresbericht Fst. Bunduki 1910 vom 30. Juli 1911; TNA G 8/  524, o. p. 768 Die Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch bezogen sich auf das Delikt der Brandstiftung; vgl. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871; http://lexetius.com (Zugriff: 18.10.2020). 769 Vgl. Schreiben des Bezirksamts Morogoro an die Fst. Bunduki vom 9. November 1910; TNA G 58/ 4, 8. 770 Auch in Togo wurden Förster mit Disziplinargewalt ausgestattet. Die Höchststrafe lag hier bei 10 Hieben Prügel; vgl. Schreiben des Kaiserlichen Gouvernements von Togo an Forstassessor Schuppius vom 30. Mai 1912; Togoarchiv FA 3/1050, 4–6, 225; zit. nach: Martin Schröder, Prügelstrafe und Züchtigungsrecht in den deutschen Schutzgebieten Schwarzafrikas. Münster 1997, 65.

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abgeschafft worden war.771 Doch erschien das Zusammenlegen von judikativen und exekutiven Aufgaben in der kolonialen Situation angesichts der dünnen Personaldecke unumgänglich. Fehlende Gewaltenteilung war nicht nur allgemein auf gouvernementaler und Bezirksebene ein Strukturmerkmal kolonialer Herrschaften, sondern auch auf der unteren Stationsebene. Dabei handhabte Förster Jahn seine strafrechtliche Amtsgewalt gegenüber der lokalen Bevölkerung in der ersten Zeit recht liberal. Er verhängte bei Geständnissen von Forstdelikten keine Prügelstrafen, sondern lediglich kleine Geldstrafen, meist in Höhe von 1–2 Rp. Diese wurden in allen Fällen von den Verurteilten bezahlt, um damit der alternativen Strafform von 1–2 Tagen Kettenhaft zu entgehen.772 Allerdings zeigte Jahn bei offenen Vergehen gegen seine Autorität oder bei Leugnung vermeintlicher Taten größere Vehemenz. Dann forderte er auch Strafen, die jenseits des Erlaubten lagen, was als Zeichen despotischer Herrschaft zu werten ist. Gewinnung von Feldflur Die Regenwälder in den oberen Gebirgsregionen blieben besonders umkämpft, weil die lokale Bevölkerung diesen Kulturraum nicht verlassen wollte. Das erschien aus kolonialforstlicher Perspektive als schweres Delikt, zumal die Anlage von Gehöften oder Feldern im Wald mehr Bäume zerstörte als Holzdiebstahl. Dementsprechend hoch fielen normalerweise die Strafen aus, selbst wenn Delinquenten geständig waren.773 Insgesamt waren vier der 17 im Jahr 1910 auf Bunduki verzeichneten Walddelikte auf Handlungen zur Anlage von Gehöften oder Feldern in Waldreservaten zurückzuführen, wobei in einigen Fällen keine Strafe verhängt wurde, weil die Waldreservatsgrenzen »unklar« waren.774 In einem Fall ließ Förster Jahn jedoch alle Männer eines Dorfes samt des Jumben Salehe und des ehemaligen Waldpolizisten Athanas festnehmen, weil sie von Missionaren aus Morogoro wegen illegaler Grenzverlegung denunziert worden waren.775 Insgesamt waren 33 Felder im Waldreservat angelegt worden, was dazu führte, dass der Jumbe abgesetzt wurde. Er erhielt außerdem, ebenso wie 771 Vgl. Sabine Werthmann, Vom Ende der Patrimonialgerichtsbarkeit. Ein Beitrag zur deutschen Justizgeschichte des 19. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1995, 163–165. 772 Vgl. Verzeichnis vom 18. April 1911 über die im Jahre 1.4.1910 bis 31.3.1911 bei der Forststation Bunduki zur Anzeige gebrachten Zuwiderhandlungen gegen die bestehenden Waldschutzbestimmungen; TNA G 58/ 4, o. p. 773 Vgl. ebd. 774 Vgl. ebd. 775 Vgl. Patrouillenzettel für den Waldwärter Rinaldi vom 11. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p.; Meldung des Waldwärters Rinaldi vom 9. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p.; Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro vom 5. November 1911; TNA G 58/ 4, o. p.; Schreiben der Fst. Bunduki an das Forstamt Daressalam betr. Forstschutz im Waldreservat Uluguru-Nord und Versetzung des Waldwärters Rinaldi vom 5. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p.; Schreiben der Fst. Bunduki an das Forstamt Daressalam vom 26.11.1911; TNA G 58/ 4, o. p.

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der ehemalige Waldpolizist Athanas, »einen Monat Kette«776, zumal Jumben nicht mit Prügelstrafen belegt werden durften.777 Des Weiteren verurteilte Jahn 34 Leute des Dorfes zu einer Geldstrafe von 2 Rp oder einem Tag Kettenhaft; einer musste sogar 6 Rp bezahlen.778 Hier zeigte sich die Kolonialmacht unflexibel und gnadenlos. Vermutlich hatten die Dörfler ganz bestimmte Gründe, die Grenze so und nicht anders zu legen. Doch erblickte Jahn in ihrem Handeln lediglich einen fast geglückten Täuschungsversuch, der eine besondere Herausforderung der kolonialen Gewalt darstellte. Diese Interpretation des Konflikts durch den Förster zeigt, dass den Kolonialbeamten nur ein sehr begrenzter Denkund Handlungsraum zur Verfügung stand, um mit den Herausforderungen vor Ort umzugehen. Dieser Raum bestimmte sich nicht zuletzt durch ein rigides Konzept von Männlichkeit gepaart mit eindeutigen Vorstellungen von richtigem und falschem Handeln, Selbstdisziplin, Ehre und Aufopferungsbereitschaft.779 Im Ergebnis zeigen die Konflikte um heimliche Grenzverlegungen, dass es sich aus lokaler afrikanischer Perspektive um eine Aushandlungsangelegenheit zu handeln schien. Das Anliegen der Europäer verstand man nicht, da diese in den Waldreservaten einfach Bäume wachsen ließen, ohne die Flächen zu nutzen. Allerdings waren die Grenzen aus kolonialforstlicher Perspektive unumstößlich, wenn sie in einer Kronlandverhandlung erst einmal festgelegt worden waren. Letzteres geschah fast ausschließlich nach forstfachlichen Maßgaben, ohne afrikanische Interessen zu berücksichtigen. Im Grunde war die Situation von einem wechselseitigen Missverständnis gekennzeichnet, das sich im Fall von Waldreservierung nicht produktiv auswirkte. Schließlich akzeptierte die lokale Bevölkerung die Grenzen nicht und versuchte, diese in ihrem eigenen Sinn zu verändern. Aufgrund dieser Konstellation musste es notwendigerweise zu Konflikten kommen. Hätte Förster Jahn erst einmal versucht, die Rationalität hinter dem Handeln der lokalen Bevölkerung zu verstehen, wäre vermutlich schon viel gewonnen gewesen. Doch konnte oder wollte er sich nicht aus dem strengen Korsett kolonialherrlichen Handelns lösen. Die Forstverwaltung setzte beim Umgang mit Konflikten zumeist auf Repression und nicht auf Verständigung. Das war ein Strukturmerkmal ihrer Herrschaft, wobei nicht alle Forstbeamten der lokalen Bevölkerung so verständnislos wie Jahn begegneten. Manche zeigten Einsicht in die Notwendigkeit, wichtige Nutzpflanzen in Waldreservaten zu kultivieren, und entwickelten alternative Vorschläge, um lokale Interessen zu inkludieren. Es gab Vorschläge, der lokalen Bevölkerung landwirtschaftlich ge 776 Schreiben der Fst. Bunduki an die Bezirkskasse Morogoro mit Anhang einer Namensliste vom 31. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 777 Vgl. Schröder, Prügelstrafe, 66. 778 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an die Bezirkskasse Morogoro mit Anhang einer Namensliste vom 31. Oktober 1911; TNA G 58/ 4, o. p.; Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro vom 5. November 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 779 Vgl. Habermas, Skandal, 169.

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eignete Flächen »gegen einen geringen Pachtzins« zu belassen.780 Doch stießen solche Pläne nicht unbedingt auf Gegenliebe bei vorgesetzten Stellen, die eine unbedingte Beachtung der Waldreservatsgrenzen einforderten, was durch deren Bepflanzung mit exotischen Baumarten sichergestellt werden sollte.781 Brände Neben den Grenzverlegungen zur Gewinnung von Feldflur kam es immer wieder zu Bränden in Waldreservaten. Diese machten im Jahr 1910 den weitaus größten Teil der auf Bunduki angezeigten Forstdelikte aus, weil die lokale Bevölkerung zur Gewinnung von Feldflur und Weide brennen musste (vgl. S. 220–225). Die Delinquenten waren zumeist männliche Erwachsene im Alter zwischen 25 und 50 Jahren, wobei Förster Jahn keine Strafe verhängte, wenn Brände durch »heftigen« oder »widrigen Wind« ohne Verschulden auf das Waldreservat übergegriffen hatten.782 Zwei Brandstiftungen blieben unaufgeklärt. Einer dieser Brände wurde »vorsätzlich« mit »Zündhölzern« angelegt, was Jahn auf einen Europäer schließen ließ.783 Drei »fahrlässige Brandstiftungen« wurden durch Frauen verübt. Dieser Befund deutet darauf hin, dass Frauen die Felder bewirtschafteten, was ihnen durch die Waldreservierungen erschwert wurde. Sie durften die Wälder eigentlich nicht mehr betreten, wenn ihre darin liegenden Felder enteignet worden waren, was sich einschränkend auf ihre gewohnheitsmäßigen Nutzungsrechte und die Diversität der Frauenarbeit im Wald auswirkte.784 Allerdings setzte die Forstverwaltung Frauen als Lohnarbeiterinnen für Korbflecht- und Pflanzarbeiten ein, wodurch sich für sie eine neue Einnahmequelle und eventuell die Chance auf mehr Eigenständigkeit eröffnete.785 Beides dürfte nicht ohne Auswirkungen auf die gesellschaftliche Arbeitsteilung und die Stellung von Frauen geblieben sein.786 Doch geben die kolonialen Quellen über »illegale« Waldnutzung durch Frauen wenig Auskunft, da kaum Frauen für Forstdelikte verurteilt wurden. Ein Grund dafür mag gewesen sein, dass 780 Vgl. Bericht des Forstassistenten Jeep an das Bezirksamt Morogoro betr. die Grenzen der Uluguru Waldreservate und Einrichtung der Forstpolizei in den Waldreservaten UluguruNord und -Süd vom 30. April 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 781 Vgl. ebd. 782 Vgl. Anmerkungen des Bezirksamts Morogoro zum Bericht des Forstassistenten Jeep vom 30. April 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 783 Verzeichnis vom 18. April 1911 über die im Jahre 1.4.1910 bis 31.3.1911 bei der Forststation Bunduki zur Anzeige gebrachten Zuwiderhandlungen gegen die bestehenden Waldschutzbestimmungen; TNA G 58/ 4, o. p. 784 Vgl. Langston, Forests, 427. 785 Vgl. Schöpffer, Deutsch-Ostafrika, 749; Forestry in German East Africa, in: Indian Forester, 28, 373. 786 Vgl. Nancy Langston, Forests, in: Akira Iriye, Pierre-Yves Saunier (Hrsg.), Palgrave Dictionary of Transnational History. From the Mid-19th Century to the Present Day. Basingstoke 2009, 427.

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sich bei der Bestrafung von Frauen keine gewaltsamen Exempel statuieren ließen. Schließlich schloss das koloniale Strafrecht bei ihnen die Anwendung von Körperstrafen aus.787 Waldweide Weidedelikte bildeten einen weiteren Schwerpunkt an Straftaten. Diese wurden zumeist von Kindern, in einem Fall von einer jungen Frau, begangen.788 Der Grund war, dass den Kindern die gesellschaftliche Aufgabe zufiel, das Vieh zu hüten. Deshalb war es für die einheimischen Kontrollorgane schwer, die verantwortlichen Täter zu ermitteln, da erst die Eltern festgestellt werden mussten. So hatte der Askari Safari ein Kind im Alter von acht bis zwölf Jahren angezeigt, das eine Ziegenherde im Gerberakazienstreifen des kleinen Waldreservats Bunduki I geweidet hatte. Die Ermittlung des Vaters war erst über Umwege möglich gewesen und ergab schließlich, dass dieser im Dorf des benachbarten Jumben Mahowe wohnte. Der Vater erhielt eine Strafe von 2 Rp. Holzschlag Neben den Delikten, die auf die landwirtschaftliche Nutzung der Waldreservate zurückzuführen waren, kam es vor allem zu illegalen Holzschlägen. Diese ließen sich entweder auf berechtigte Nutzungen zum eigenen Bedarf, die ohne Erlaubnisschein erfolgt waren789, oder auf verbotene kommerzielle Nutzungen zurückführen.790 Im Jahr 1912 verzeichnete man bei der Forstverwaltung Morogoro allein 40 Holzdiebstähle aus dem Waldreservat Uluguru-Nord.791 Der einheimische Handel mit Holz schien weiterhin zu blühen, wobei sich an dem Geschäft lokale Jumben beteiligten, die bereits vor der Kolonisation den Zugang zu Waldressourcen kontrolliert hatten. Ein aktenkundiger Fall lässt vermuten, dass in den höher gelegenen Gebirgswaldungen gewohnheitsmäßig 787 Vgl. § 4 aus der Verfügung des Reichskanzlers wegen der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit und der Disziplinargewalt gegenüber den Eingeborenen in den deutschen Schutzgebieten von Ostafrika, Kamerun und Togo vom 22. April 1896, in: Kaiserliches Gouvernement von Deutsch-Ostafrika, Landesgesetzgebung, Teil 1, 199–203. 788 Verzeichnis vom 18. April 1911 über die im Jahre 1.4.1910 bis 31.3.1911 bei der Forststation Bunduki zur Anzeige gebrachten Zuwiderhandlungen gegen die bestehenden Waldschutzbestimmungen; TNA G 58/ 4, o. p. 789 Vgl. Vermerk der Fst. Bunduki betr. Strafandrohung gegen den Waluguru Mkugu wegen Fällen eines Baumes vom 20. Juli 1910; TNA G 58/ 4, o. p. 790 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro betr. Fall des Kitema (Nr. 19 Forstfreveltabelle) vom 28. März 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 791 In einigen kleineren Waldreservaten Ulugurus gab es ebenfalls vereinzelt illegale Rodungen, Entnahme von Waldprodukten und fahrlässige Brandstiftungen. Diese wurden in zwei Fällen von Europäern verursacht. Dabei war die Zahl der zur Anzeige gebrachten Delikte in den kleineren Reservaten verschwindend gering; vgl. Forstfreveltabelle im Jahresbericht der Forstverwaltung Morogoro 1911/12; TNA G 8/ 516, 380–381.

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Holz geschlagen und von den Jumben an Händler verkauft wurde. Letztere ließen das Holz auf den Markt in die Ebene zur Militärstation Kisakki bringen, wo man es an festgesetzten Markttagen weiterverkaufte.792 Daran wird deutlich, dass die Forstverwaltung eines ihrer primären Anliegen, die Unterbindung des einheimischen Handels mit Waldprodukten, nur bedingt durchsetzen konnte. Obwohl in Uluguru Waldreservate gegründet und durch einen hauptamtlichen Waldwärterdienst bewacht wurden, schien der Holzhandel im Alltag der lokalen Bevölkerung fest verwurzelt. Somit ist festzuhalten, dass die koloniale Forstherrschaft nicht in eine absolute Kontrollstruktur mündete. Die Versuche der Forstverwaltung, ihrer Herrschaft Geltung zu bringen, wirkten oft hilflos. Das lässt sich auch anhand der Behandlung von Delikten im Zusammenhang mit der kolonialen Infrastruktur erkennen. Infrastruktur Der Bau des Uluguru-Höhenwegs, der von Morogoro durch das Gebirge führte, war ein zentrales Projekt im Rahmen der von Holtz geplanten kolonialforstlichen Erschließung des Gebirges. Um diesen Weg zu schützen, hatten Bezirksamtmann Lambrecht und Forstreferent Holtz während einer Reise durch das Gebirge im Jahr 1910 Sonderregeln für einzelne Dorfschaften verkündet. So wurde in einem »Shauri am Weg« in der Nähe der Forststation Bunduki den »Leuten« erklärt, dass sie den Uluguru-Höhenweg nicht mehr abgraben durften. Auch sollte der bei der Feldarbeit anfallende »Abraum« vor dem Verbrennen vom Weg abgerückt werden, um die »künftige Wegebaumpflanzung« nicht zu gefährden. Des Weiteren durften zu beiden Seiten keine Shamben mehr am Weg angelegt werden.793 Mit diesen Maßregeln versuchte die Forstverwaltung die neu gebaute Straße zu schützen. Da der Höhenweg, wie auf folgender Fotografie zu erkennen ist, kaum befestigt war, gab es für eine Beschädigung empfindliche Strafen. In einem Fall wurden gleich fünf Kinder, deren Familien im Gebiet des Jumben Mahowe wohnten, vom Waldwärter Rinaldi und dem Vermessungsgehilfen Bagamiro festgenommen. Sie hatten laut Förster Jahn eine ca. 30 Stück große Ziegenherde auf dem soeben erst wieder hergestellten Höhenweg geweidet und nicht etwa nur über den Weg getrieben, sodass die Böschungen völlig zerstört wurden.794 Eines der Kinder konnte dem Waldwärter entkommen, doch verrieten zwei andere seinen Namen. Verurteilungen erfolgten in diesem Fall nicht, da Jahn 792 Vgl. Schreiben der Bezirksamtsnebenstelle Kissaki an die Fst. Bunduki, betr. Bestrafung des Waldwärters Kibiriki vom 22. März 1914; TNA G 58/ 4, ohne p. 793 Vgl. Aktenvermerk der Fst. Bunduki betr. Bekanntgaben bzgl. der Uluguru-Waldreservate vom Oktober 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 794 Vgl. Verzeichnis vom 18. April 1911 über die im Jahre 1.4.1910 bis 31.3.1911 bei der Forststation Bunduki zur Anzeige gebrachten Zuwiderhandlungen gegen die bestehenden Waldschutzbestimmungen; TNA G 58/ 4, o. p.

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Abb. 31: Waldwärter und Terrier am Uluguru-Höhenweg (Chimbinyuko-Pass). Aus: TNA G 8/ 516, 396 (Foto: Redslob).

die Grenzverhältnisse unklar erschienen. Auch wollte er in Zukunft zwei Triften zum Übertreiben des Höhenweges am Chimbinyuko-Pass bezeichnen, weshalb er in seinem Bericht an das Bezirksamt bemerkte: Trotz mehrfacher Warnung treiben und hüten die auf dem Chimbinyuko-Passe wohnenden Leute täglich ihre Ziegen den Weg entlang, so daß dauernde kostspielige Wiederherstellungskosten aufgewendet werden müssen.795

Statistisch betrachtet verübten die Bewohner der Dörfer des Jumben Mahowe am Chimbinyuko-Pass die meisten »Waldfrevel«. Diese hohe Zahl erklärt sich daraus, dass die Dörfer in der Nähe der Forststation lagen, wo am schärfsten überwacht wurde. Doch vermochte es die Forstverwaltung allein nicht, das Verhalten der lokalen Bevölkerung durch Verbote zu steuern, weshalb Förster Jahn beim Bezirksamt nachsuchte, »das Treiben und Weiden auf den übrigen Stellen des Weges […] im Shauri gänzlich zu verbieten.«796 Letztere Maßnahme war nicht von Erfolg gekrönt, um lokale Nutzungen der kolonialen Infrastruktur zu unterbinden. Vielmehr zeigte sich, dass die Bewohner der Dorfschaften am Höhenweg weiterhin gar nicht empfanden, unrecht zu handeln. Was im kolo 795 Ebd. Unterstreichung im Original. 796 Vgl. ebd.

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nialforstlichen Jargon als »Baumverstümmelung« am Weg von Bunduki nach Mgeta erschien, bedeutet in einheimischer Perspektive vermutlich nur, dass Äste geschnitten worden waren, was zu einer Geldstrafe von 3 Rp für einen gewissen Bena führte.797 Noch schlimmer erging es Kitema, der im Dorf des Jumben Mahowe wohnte. Dieser wurde von zwei Forstarbeitern denunziert, nachdem er eine Stange aus dem zum »Schutze der abgegrabenen Wegböschung errichteten Zaun« am Wege Bunduki-Mgeta auszog und entwendete. Dabei war laut Jahn im September des vergangenen Jahres an der betreffenden Stelle den Leuten die Schonung des Höhenweges von Herrn Bezirksamtmann Lambrecht »besonders anempfohlen« worden.798 Der Förster sah deshalb in Kitemas Diebstahl eine »derartige Mißachtung der bezirkspolizeilichen Anordnung«, dass er die Verhängung einer Geldstrafe für nicht ausreichend hielt. Doch scheute sich Jahn auf der Forststation eine Körperstrafe vollziehen zu lassen, da Kitema bereits 50 Jahre alt war und somit rechtlich verschont bleiben musste. So schickte er den Delinquenten nebst beider Zeugen – sämtlich »Mahowe-Leute«799 – zum Bezirksamt nach Morogoro, um ihn dort aburteilen zu lassen.800 Hier wurde Kitema unter Missachtung der bestehenden rechtlichen Regulierungen mit 15 Hieben bestraft.801 Dabei zeigte sich abermals deutlich, dass es nicht darum ging, eine Strafe für den Diebstahl einer Holzstange zu verhängen, sondern durch das Prügeln die koloniale Autorität herzustellen. Gleiches war auch im Fall des Luguru Arinda zu beobachten, der zu 5 Hieben Prügel verurteilt wurde, weil er sich des »Abhauens von 4 Wegerandbäumen am Uluguru-Höhenweg« schuldig gemacht und dem Förster nur ein Teilgeständnis abgelegt hatte.802 Hätte er dem Förster seine vermeintliche Schuld gänzlich eingestanden, wäre er vielleicht der Strafe entgangen. Doch stellte der Höhenweg eben ein koloniales Prestige­projekt dar, das man nicht ungestraft attackieren durfte, wobei die Dorfbewohner scheinbar weiterhin ihren alltäglichen Beschäftigungen nachgingen. Insofern vermochte es die Forstverwaltung in der Regenwaldzone Ulugurus trotz oder wegen ihres despotischen Handelns kaum, die Landnutzungspraktiken der einheimischen Bevölkerung zu verändern. Am erfolgreichsten war sie noch bei der Kontrolle von »Holzdiebstählen« aus Waldreservaten. Jedoch funktionierte 797 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro betr. Fall des Kitema (Nr. 19 Forstfreveltabelle) vom 28. März 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 798 Vgl. ebd. 799 Es arbeiteten zeitweise 169 Leute des Jumben Mahowe als »zumeist ständige Monatsarbeiter« bei der Forststation. Die Leute bestellten wechselseitig eine Woche ihre Shamben und eine Woche arbeiteten sie für die Station. Damit war die Forststation der größte Arbeitgeber der Region; vgl. Bescheinigung der Fst. an den Jumben Mahowe betr. die Zahl der Arbeiter auf der Forststation (undatiert); TNA G 58/ 4, o. p.  800 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro betr. Fall des Kitema (Nr. 19 Forstfreveltabelle) vom 28. März 1911; TNA G 58/ 4, o. p. 801 Vgl. ebd. 802 Vgl. Züchtigungsprotokoll vom 8. Juni 1911; TNA G 58/ 4, o. p.

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die von Forstrat Holtz mittels strukturellen Zwangs avisierten Vertreibung von Bevölkerungsgruppen aus den Regenwaldgebieten nicht. Die afrikanische Bevölkerung wählte – um mit dem Soziologen Albert O. Hirschmann zu sprechen  – den Widerspruch als Alternative zur Abwanderung, nachdem ihr die Lebensumstände in der kolonialen Situation zu bitter wurden.803 Sie verteidigte ihre Rechte am Land gegenüber den kolonialforstlichen Nutzungsansprüchen. Die Forstverwaltung musste teilweise Zugeständnisse machen, begegnete den Afrikanern aber in der Regel mit Unverständnis und despotischer Gewalt. Dabei blieb die Strafpraxis dem Gutdünken des verantwortlichen Kolonialbeamten vor Ort vorbehalten. Das hatte nichts mit der Einführung reformorientierter Strafanweisungen aus Daressalam und Berlin zu tun804, die eine Distanzierung vom despotischen Verwaltungshandeln anstrebten und den Grundsatz einer legalen Herrschaft gegenüber den Unterworfenen hochhielten.805 Die Reform der Strafpraxis blieb auf lokaler Ebene kaum mehr als ein fruchtloser Versuch, das despotische Herrschaftselement zurückzudrängen. Der Strafvollzug gestaltete sich bei den Dienststellen härter als die gesetzlichen Bestimmungen erlaubten. Das war ein Grund, warum die lokale Bevölkerung die koloniale Forstherrschaft nicht akzeptierte. Es hätte zu ihrer Durchsetzung ein Minimum an Vertrauen zwischen Beherrschten und Herrschern benötigt, was sich aufgrund der Willkür nicht einstellen mochte. Da nützten auch wohlmeinende Belehrungen nichts. Das Verhältnis zwischen einheimischer Bevölkerung und Forstverwaltung geriet innerlich umso spannungsreicher, je weiter sich der universelle bürokratische Herrschaftsanspruch in despotisches Handeln verstrickte. Durch Gewalt 803 Vgl. Albert O.  Hirschmann, Abwanderung und Widerspruch. Reaktionen auf Leistungsabfall bei Unternehmen, Organisationen und Staaten. Tübingen 1974, 3–4, 13. 804 Vgl. Schreiben des Gouvernements betr. Verfügung über die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit gegen Eingeborene vom 6. Juli 1906; TNA G 58/ 4, o. p.; Verfügung des Reichskolonialamts betr. die Anwendung körperlicher Züchtigung als Strafmittel gegen Eingeborene der afrikanischen Schutzgebiete vom 12. Juli 1907; TNA G 58/ 4, o. p.; Runderlass des Gouvernements vom 13. September 1907 betr. Verfügung über die Anwendung körperlicher Züchtigung als Strafmittel gegen Eingeborene der afrikanischen Schutzgebiete vom 12. Juli 1907; TNA G 58/ 4, o. p. Schiefel sieht in der Beibehaltung von Körperstrafen keinen Widerspruch zur kolonialen Reformagenda. Selbst in Deutschland hätten zu dieser Zeit noch patriarchalische Regelungen bestanden. Deshalb war nicht zu erwarten, dass sich in den Kolonien eine humanere »Eingeborenenbehandlung«, die über den Inhalt der reformierten Strafnorm hinausgegangen sei, durchsetzen ließ. Dies sei schwer vorstellbar und jenseits des zu dieser Zeit politisch Möglichen gewesen; vgl. Schiefel, Dernburg, 111. Allerdings war im Deutschen Reich die Prügelstrafe mit dem Reichsgesetzbuch von 1871 als Kriminalstrafe abgeschafft worden. Sie bestand lediglich als Disziplinarstrafe im Strafvollzug mehrerer deutscher Länder bis 1918 weiter, darunter Preußen und Sachsen. Sie wurde auch als Disziplinarstrafe in Arbeitshäusern eingesetzt, so noch im Jahr 1906 in Sachsen, Mecklenburg, Anhalt, Hamburg und Lübeck. Die reichsweite Abschaffung der Prügelstrafe in Zucht- und Arbeitshäusern erfolgte im Jahr 1923; vgl. Schröder, Prügelstrafe, 6–8. 805 Vgl. Trotha, Herrschaft, 343.

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ließ sich lediglich kurzfristig eine Ordnung erzeugen, die auf die unmittelbare Gegenwart, aber nicht auf die Zukunft gerichtet war.806

8.1.6 Einführung einer allgemeinen »Holztaxe« Die Implementierung der kolonialen Forstherrschaft führte in Uluguru nicht nur zu äußeren Konflikten mit der einheimischen Bevölkerung, sondern auch zu Konflikten innerhalb der Kolonialverwaltung. Das Bezirksamt und die Forstverwaltung verfolgten nicht in allen Situationen und nicht während aller Phasen der kolonialen Herrschaft gleiche Interessen am Wald. Bei den verwaltungsinternen Konflikten ging es im Kern um die Frage, wie viel Spielraum man der einheimischen Bevölkerung bei der Waldressourcennutzung zugestehen sollte. Die Auseinandersetzungen erschienen im Gewand von Machtspielen, als Aushandlungsprozesse um die richtige Form der kolonialen Herrschaftspraxis und um die Inhalte kolonialer Forstpolitik. Schließlich stellte die koloniale Forstverwaltung mit ihrem Waldwärterdienst aus Perspektive der Bezirks­verwaltung eine parallele, teils komplementäre, teils aber auch konkurrierende Kontrollstruktur dar. Erlaubnisscheine Ein längerfristiger verwaltungsinterner Konflikt um die Inhalte der kolonialen Waldpolitik zeigte sich, als die Forstverwaltung systematisch daran ging, eine stärkere quantitative Erfassung der nutzungsberechtigten Entnahmen aus Waldreservaten mit Erlaubnisscheinen durchzusetzen. Zwar war die Ausstellung von Erlaubnisscheinen bereits vor der Jahrhundertwende von einigen Bezirksämtern als bürokratisches Übel tituliert worden (vgl. S. 218). Nicht zuletzt hatte der stellvertretende Bezirksamtmann von Tanga, Sperling, solch rigide Praktiken vor dem Hintergrund des Maji-Maji-Krieges abgelehnt (vgl. S. 267 f.). Doch ließ sich die Forstverwaltung davon kaum irritieren. Seit dem Geschäftsjahr 1908/09 veröffentlichte sie in den Jahresberichten beständig Zahlen, die belegten, dass die berechtigten Nutzungen in Waldreservaten den Staat erhebliche Summen kosteten. Im Jahresbericht 1911/12 wurden die Daten erstmals grafisch dargestellt (vgl. Anhang IX). Gleichzeitig führte die Forstverwaltung ausgehend vom Rufiyi-Gebiet in einzelnen nordöstlichen Bezirken Erlaubnisscheine ein, um die unentgeltliche Waldressourcenentnahme besser quantifizieren zu können.807 Im Bezirk Morogoro erfolgte die Waldressourcenentnahme bis zum Jahr 1910 zwar 806 Vgl. ebd., 399–340, 344; Cooper, Stoler, Metropole, 37. 807 Vgl. Denkschrift über die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1908/09, Teil B: Deutsch-Ostafrika, 172–173; Die deutschen Schutzgebiete 1909/10, Berlin 1911, 37; Sonderberichte der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika für das Jahr 1909, in: BLFW, 3, 1911, 293, 302, 311, 315–316.

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noch ohne Erlaubnisschein, weil sich Bezirksamtmann Lambrecht erfolgreich gegen eine Einführung gewehrt hatte.808 Doch hatte die Forstverwaltung dort bereits registriert, dass in den Uluguru-Waldreservaten eine Holzentnahme »in größerem Umfange« stattfand.809 Somit lief der Trend insgesamt in allen Forstbezirken auf eine schärfere quantitative Kontrolle der berechtigten Nutzung per Erlaubnisschein in Waldreservaten hinaus, was eine sukzessive Beschränkung der freien Holzentnahme zum eigenen Bedarf nach sich zog.810 Pilotprojekt im Bezirk Morogoro Aus der Perspektive der Forstverwaltung schien die Zeit zu drängen, die freie und unentgeltliche Abgabe von Waldprodukten aus Waldreservaten in allen Forstbezirken endgültig aufzugeben. Hierdurch wollte man vor allem den afrikanischen Holzhandel ein für alle Mal unterbinden, der unter dem Deckmantel des Eigenbedarfs weiterhin florierte. Der Zeitpunkt zur Einführung einer allgemeinen »Holztaxe« schien im Oktober des Jahres 1911 günstig, da Gouverneur von Rechenberg in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden und der neue Gouverneur, Heinrich Schnee, noch nicht in der Kolonie eingetroffen war. Die Regierungsgeschäfte wurden in Daressalam vertretungsweise durch den Ersten Referent Methner geführt811, der forstwirtschaftlichen Fragen aufgeschlossen gegenüberstand. Er war Holtz bereits während seiner früheren Amtszeit als Bezirksamtmann von Moschi begegnet, als dieser, so Methner, trotz aller Widerstände in »stiller, zäher Arbeit« mit »knappen Mitteln haushaltend« begonnen hatte, überall in der Kolonie den »Feuerschutz« einzuführen, wo wenigstens die Möglichkeit einer natürlichen Wiederbewaldung bestanden habe. Das imponierte dem damaligen Bezirksamtmann, der in seinen Memoiren schrieb, Holtz habe ihn durch »sichtbare Beweise« zu der von ihm vertretenen Forstschutzpolitik »bekehrt«.812 Der stellvertretende Gouverneur präsentierte sich als Jünger von Holtz. Somit war es kein Zufall, dass die Einführung der schon länger geplanten »Holztaxe« im November 1911 unter Methners Ägide erfolgte. Doch traute sich die Forstverwaltung nicht, das Verbot gleich für die ganze Kolonie auszusprechen, sondern führte die Maßnahme zuerst nur in einem Pilotprojekt im Bezirk Morogoro ein. 808 Vgl. Schreiben der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro vom 4. Juni 1910; TNA G 58/ 6, o. p.; Mitteilung der Fst. Bunduki an das Bezirksamt Morogoro vom 11. Juli 1910; TNA G 58/ 6, o. p.; Schreiben des Bezirksamts Morogoro an die Fst. Bunduki vom 14. Juli 1910; TNA G 58/ 6, o. p. 809 Vgl. Die deutschen Schutzgebiete 1909/10, Berlin 1911, 37; Sonderberichte der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika für das Jahr 1909, in: BLFW, 3, 1911, 293, 302, 311, 315–316. 810 Vgl. Jahresberichte der Forstverwaltung für das Wirtschaftsjahr 1910/11, 11, 21, 33; Jahresbericht der Forstverwaltung pro 1911/12, 319. 811 Vgl. Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 69. 812 Vgl. Wilhelm Methner, Unter drei Gouverneuren. 16 Jahre Dienst in deutschen Tropen. Breslau 1938, 211.

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Die Entscheidung für den Bezirk Morogoro fiel, weil man im Uluguru-Gebirge neben dem Rufiyi-Gebiet das dichteste Netz forstwirtschaftlicher Kontroll­ stationen eingerichtet hatte. Hinzu kam der aus forstwirtschaftlicher Perspektive glückliche Umstand, dass der langjährige Bezirksamtmann von Morogoro, Arnold Lambrecht, der in seinem Bezirk stets die freie Waldressourcenentnahme zum eigenen Gebrauch für die afrikanische Bevölkerung verteidigt hatte, aus dem Amt geschieden war. So hatte Forstassessor Redslob, an den Holtz die Einführung der Maßnahme delegierte, mit dem kommissarischen Vertreter des Bezirksamtmanns, Bergassessor Zingel, leichtes Spiel. Letzterer stimmte während eines Gesprächs, dass Redslob gemeinsam mit ihm und dem zuständigen Stationsförster von Bunduki führte, der Maßnahme zu. Zingel konnte vermutlich die Tragweite der neuen Regulierung kaum übersehen.813 Insofern nutzten der erfahrene Forstreferent Holtz und seine Mitarbeiter den Zeitpunkt der Vakanz wichtiger Entscheidungsträger innerhalb der allgemeinen Verwaltung, um strategisch geschickt ihre professionellen Interessen durchzusetzen. Die Einführung der »Holztaxe« erfolgte im Bezirk Morogoro am 1. November 1911. Forstassessor Redslob erhoffte sich eine bessere Kontrolle und einen fiskalischen Gewinn bei der Waldressourcenentnahme aus Waldreservaten. Ferner stand für ihn fest, dass die Maßnahme später auf alle Forstbezirke des Forstamts Daressalam und noch später auf die gesamte Kolonie ausgeweitet werden sollte, wenn sie im Bezirk Morogoro erfolgreich war, d. h. weitgehend konfliktfrei verlief.814 Inhaltlich vereinbarte Forstassessor Redslob mit Zingel und dem Leiter der Forststation Bunduki, dass die Holzabgabe an die berechtigte Bevölkerung in Zukunft stets unter Anweisung des zuständigen Forstbeamten stattzufinden habe. Kleine Mengen könnten auch durch einen mit den nötigen Instruktionen versehenen Waldwärter angewiesen werden. Ferner sollte die »Freiholzabgabe« örtlich auf bestimmte Waldgebiete beschränkt und durch Ausgabe von Holzschlagerlaubnisscheinen kontrolliert werden. Mit letzterer Maßnahme ging es laut Redslob noch nicht um einen monetären Gewinn, sondern schlicht darum, einen Überblick über die Menge der berechtigten Holzentnahmen zu erhalten. Das Holz durfte nur an Stellen geschlagen werden, wo dies ohne Gefährdung der betreffenden Holzart möglich war. Weiter durften von den »nutzholztüchtigen Holzarten« nur Stämme über 25 cm Brusthöhendurchmesser entnommen werden, um die Bestandserhaltung nicht zu gefährden. Die Hölzer sollten möglichst dicht über dem Boden abgeschnitten, beim Kautschukzapfen sollten die Lianen nur angeschnitten oder angerissen, aber nicht abgeschnitten oder das Wurzelwerk zerstört werden. Das hieß im Sinne der Forstverwaltung, die Wald 813 Vgl. Bericht des Forstassessors Redslob an das Gouvernement bezüglich einer vom 23. September bis 24. Oktober 1911 durchgeführten Dienstreise vom 8. Dezember 1911; TNA G 58/ 93, o. p. 814 Vgl. ebd. Die Einführung der »Holztaxe« erfolgte zeitlich parallel auch im NguruGebirge; vgl. Jahresberichte der Forstverwaltung pro 1911/12, 334.

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ressourcen in »rationeller« Weise zu nutzen. Bei Zuwiderhandlungen drohte eine Anzeige.815 Schließlich legte man für die Entnahme bestimmter Holzsortimente aus Waldreservaten fixe Preise fest, was der kolonialen Reformpolitik zuwiderlief.816 Das bedeutete eine Kriminalisierung berechtigter Holznutzungen durch Einführung von Erlaubnisscheinen. Die »Holztaxe« bewirkte, dass die Zahl der zur Anzeige gebrachten »Holzdiebstähle« aus dem Waldreservat Uluguru-Nord stark stieg.817 Jedoch schien die Pilotphase zur Einführung der »Holztaxe« im Bezirk Morogoro ohne schwere Konflikte verlaufen zu sein, weshalb man die Maßnahme im Jahr 1912 auf alle Bezirke des Forstamts Daressalam, ein Jahr später auch auf den Forstbezirk Wilhelmstal ausweitete.818 Bei dieser Gelegenheit wurden die neuen Regulierungen noch einmal detailliert ausgeführt, und man verfügte, dass es sich bei den neu festgesetzten Preisen um Mindestpreise handelte. Eine Erhöhung der Preise durch die lokale Forstverwaltung sei angebracht, wenn die besonders gute Qualität der genutzten Walderzeugnisse dies erfordere oder der Gewinnungsort sehr günstig liege. Bei Konkurrenz mehrerer Interessenten sollte dem Wettbewerbsprinzip entsprechend der Meistbietende den Zuschlag erhalten. Eine Ermäßigung sollte nur selten gewährt werden. Sie durfte 25 % nicht überschreiten, sonst musste der Gouverneur einwilligen. Auch kam sie nur infrage, wenn die »Geringwertigkeit« eines Produktes erwiesen war oder besonders schwere Werbungsbedingungen vorlagen.819 Damit hatte man – einfach gesprochen – das Auktionsprinzip bei Holzverkäufen aus Waldreservaten eingeführt und gleichzeitig ein geschlossenes System forstwirtschaftlicher Verwertung geschaffen. In der Praxis gewann fortan nur noch die Forstverwaltung die Waldprodukte und versteigerte diese. Hierdurch konzeptualisierte man die Waldreservate zu nachhaltig bewirtschafteten Holzproduktionszonen, womit man eindeutig vom reformorientierten Kurs abwich. Die Kontrollen wurden verschärft, der selbstständig vorgenommene Holzschlag durch Nutzungsberechtigte durfte fortan nur mit Erlaubnisschein erfolgen. Menge und Preis des von den »Eingeborenen« umsonst geschlagenen Holzes sollten zu Erhebungszwecken 815 Vgl. Bestimmung über Holzabgabe und vorläufige Holztaxen (Holzschlaggebühren) für die Gewinnung von Nutz-, Stangen- und Brennholz in den Waldreservaten des Forstamts Daressalam vom 1. November 1911; TNA G 58/ 97, o. p. 816 Vgl. ebd. 817 Vgl. Forstfreveltabelle im Jahresbericht der Forstverwaltung Morogoro 1911/12; TNA G 8/ 516, 380–381. 818 Vgl. Bekanntmachung betr. Preise für Abgabe von Walderzeugnissen im Forstbezirk Wilhelmstal vom 1. Oktober 1912, in: DOAZ, Gesetz und Recht für Deutsch-Ostafrika. Sammlung der Gesetze, Verordnungen und Amtlichen Anzeigen, 1, 30, 1912, 1–2. 819 Vgl. Schreiben Gouvernement an FA Wilhelmstal betr. Entwurf zu einem Holzpreistarif für Waldreservate in den Bezirken Tanga, Wilhelmstal, Pangani und Moschi vom 22. September 1912; TNA G 51/ 201 LR, o. p. Bezüglich der Klausel einer Erlaubnis des Gouverneurs wurde auf die Dienstanweisung der Waldschutzverordnung von 1909 in der Fassung vom 29. Juni 1912 verwiesen.

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veranschlagt werden, um den »Schwarzhandel« zu überwachen. Hierdurch erlangte die Forstverwaltung de jure die volle Kontrolle über die Waldreservate, doch beließ man die berechtigten Nutzungen gebührenfrei, wenn eine Erlaubnis erteilt war. Insofern fehlte der soziale Wohlfahrtsaspekt nicht gänzlich in den neuen Regulierungen, doch wurden bürokratische Hürden aufgerichtet, was die afrikanische Bevölkerung als Gängelei empfand. Selbst die Bezirksverwaltungen mussten ihre Nutzungen anmelden und nach Preistarif abrechnen.820 Dies bedeutete eine Rationalisierung des Betriebs im Sinn einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldressourcen und entsprach ganz dem forstwirtschaftlichen Selbstverständnis. Die Maßnahme deckte sich auch mit dem bürokratischen Anspruch der Kolonialreform, durch eine Quantifizierung der Entnahme von natürlichen Ressourcen eine »Erhaltungswirtschaft« zu betreiben. Doch lief sie dem sozialen Anspruch der Kolonialreform entgegen, wie sich anhand von Eingaben des Bezirksamts Tanga zeigte. »Holznot« im Bezirk Tanga Das Bezirksamt Tanga hatte sich zuerst mit der Festsetzung der »Holztaxe« einverstanden erklärt und auch der Einführung von Erlaubnisscheinen zugestimmt.821 Doch schon bald nach der Bekanntmachung am 2. Oktober 1912 wandte sich Bezirksamtmann Eugen Löhr mit einem Geheimbericht an das Gouvernement. Hierin forderte er die Aufhebung der Gebühren und bezeichnete diese als »unsozial und unhygienisch«.822 Durch die Einführung der nachhaltigen Bewirtschaftung und des staatlichen Verkaufs von Holz aus Waldreservaten war es zu einer künstlichen Verknappung des Holzangebots gekommen. Hierdurch sah Löhr die Entwicklung der Stadt Tanga und des gleichnamigen Bezirks gefährdet. Er argumentierte im kolonialen Reformjargon, dass das »farbige Menschenmaterial« zweifellos der wirtschaftlich wertvollste Faktor sei, der für die Entwicklung der Kolonie in Betracht komme. Nach diesem Grundsatz habe man alle Maßnahmen der »Steuertechnik« und »Eingeborenenhygiene« auszurichten. Die Verwaltung solle dafür zu sorgen, dass der lokalen Bevölkerung die besten und günstigsten Entwicklungsmöglichkeit geboten würden. Nur so lasse sich eine mäßige Gesundung und Vermehrung der Bevölkerung herbeiführen.823 Löhr brachte den Diskurs der »Eingeborenenhygiene« gegen den forstwirtschaftlichen Diskurs in Stellung. Nach seiner Auffassung war der Verkauf von Waldprodukten durch die Forstverwaltung kein Selbstzweck, sondern immer an Maßgaben allgemeiner Entwicklungsziele auszurichten. Der Bezirksamtmann berichtete, dass die neue Holzgebühr im Bezirk Tanga direkt beunruhigend auf 820 Vgl. ebd. 821 Vgl. ebd. Verweis auf Schreiben. 822 Geheimbericht des Bezirksamtmanns Löhr vom 12. November 1912; TNA G 8/ 796, o. p. 823 Vgl. ebd.

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die Bevölkerung gewirkt habe, zumal dort eine außerordentliche Knappheit an brauchbarem Buschwald herrsche, der für die Bau- und Brennholzversorgung der Bevölkerung notwendig sei. Im Bezirk Tanga stand praktisch kein »herrenlos« Kronland mehr zur Verfügung, auf dem die afrikanische Bevölkerung hätte umsonst Holz entnehmen können, wie im Fall von Leckow deutlich geworden war. Löhr beschrieb, dass fast sämtliche gute Waldparzellen im Besitz von Europäern waren. Diese erlaubten kaum ihren Arbeitern und ganz bestimmt nicht den anderen afrikanischen Anwohnern des Bezirks, in ihrem Wald das nötige Bauholz zu schlagen. Lediglich in den »Eingeborenenvorbehalten« sei das Holz frei nutzbar, doch sei bei der Bemessung der »Eingeborenenvorbehalte« in der Vergangenheit nicht immer umsichtig verfahren worden, sodass der afrikanischen Bevölkerung dort mancherorts kaum Waldbestände belassen worden seien.824 Erschwerend für die lokale Bevölkerung kam hinzu, dass Holzunternehmer, wie von Leckow, in den »Eingeborenenvorbehalten« Holz schlagen ließen und dass die Gebrüder Denhardt in ihrem Mangrovenpachtgebiet an der Küste die freie Nutzung von Holzressourcen so gut es ging unterbunden hatten. Hieran wird deutlich, dass die afrikanische Bevölkerung von mehreren Seiten unter Duck gesetzt worden war. Deshalb betrachtete Löhr die Einführung der »Holztaxe« durch die Forstverwaltung als den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und zu direkter »Unterentwicklung« führte. Er rechnete dem Gouvernement beispielhaft vor, dass im Stadtkreis Tanga für das Brennholz zur Bereitung einer Mahlzeit fast ebenso viel wie für die Mahlzeit selbst bezahlt werden müsse. Doch machten ihm nicht nur die Preiserhöhungen beim Brennholz Sorgen, sondern vor allem die negativen Auswirkungen der »Holztaxe« auf den lokalen Bausektor. Letzteren hatte er besonders gefördert, um »das Zusammenhocken und das Zusammengepferchtsein einer gro[ß]en Anzahl von Schwarzen in halb verfallenen kümmerlichen Hütten« abzustellen. Diesen Missstand führte Löhr auf die korrupte Regierung seines Amtsvorgängers St. Paul-Illaire zurück. Dieser habe eine Politik betrieben, den Stadtkreis Tanga durch »Aufkauf möglichst vieler Grundstücke zum Zwecke der Privatspekulation einzuschnüren«. Die Folge sei, dass ein »normales Eingeborenenhaus« von vier bis fünf Zimmern bereits 400–500 Rp gekostet habe.825 Nach Bekanntmachung der »Holztaxe« habe sich allerdings sofort eine weitere Steigerung dieser schon ungemein hohen Preise bemerkbar gemacht. Die Holzhändler hätten nicht nur die zu zahlende Taxe, sondern noch erheblich mehr auf die Preise aufgeschlagen.826 Hierbei handelte es sich um einen Mitnahmeeffekt, woran deutlich wird, dass die Einführung der »Holztaxe« nicht den einheimischen Holzhandel traf. Dieser gab die Preis 824 Vgl. ebd. 825 Vgl. ebd. 826 Vgl. ebd.

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erhöhung an die Kunden weiter, sodass insbesondere ärmere Endverbraucher die Last zu tragen hatten. Deshalb riet der Bezirksamtmann zu einer generellen Aufhebung der »Holztaxe«, soweit sie die »Eingeborenen« beträfe. Er befürchtete das Schlimmste für seinen Bezirk, und zwar nicht allein ein »Herabsinken in unhygienische Verhältnisse«, sondern auch, dass sich die »Eingeborenen« in erhöhtem Maß durch Diebstahl in den Besitz des nötigen Bau- und Brennholzes bringen würden. Löhr argumentierte strategisch, dass dabei nicht planmäßig gestohlen werde, sondern dort, wo es am wenigsten auffalle. Deshalb hielt er es für angebracht, den Holzschlag in Waldreservaten gegen gesonderte Erlaubnis und unter Aufsicht kostenfrei für die gesamte afrikanische Bevölkerung zuzulassen.827 Löhr war kein Gegner von forstwirtschaftlichen Maßnahmen, ganz im Gegenteil sah er an anderer Stelle die Notwendigkeit, den Wald gegen die europäischen Pflanzer zu schützen (s. o.). Doch sollte die Forstpolitik stets im Zusammenhang mit allgemeinen kolonialen Entwicklungszielen gesehen werden. Deshalb wollte der Bezirksamtmann verhindern, dass die afrikanische Bevölkerung durch Not zum Holzdiebstahl getrieben wurde und eine »ungeregelte« Holzentnahme ausführte. Letztendlich telegrafierte Löhr nach Daressalam, dass sich zurzeit rund 300 Hütten im Bau befänden. Diese blieben fast sämtlich liegen, weil die Bevölkerung nicht in der Lage sei, die erhöhten Preise zu bezahlen.828 Doch das Gouvernement reagierte nicht, weshalb der Bezirksamtmann im Dezember 1912 erneut intervenierte. Er schrieb der Zentralverwaltung, dass gerade im Akidat Pongwe die »Armut an Bau- und Brennholz« so außerordentlich groß sei, dass von einer »wirklichen Kalamität« gesprochen werden müsse. Dort bilde das Waldreservat Steinbruch zurzeit noch das einzige lokale »Reservoir«, aus dem die afrikanische Bevölkerung vor allem Stangenholz zum Hüttenbau gewinnen könne. Diesbezüglich sei das Bezirksamt von den »Eingebornen« wiederholt auf das »Dringendste« gebeten worden, den Schlag von Stangenholz, wie »fitos«, »majengo« und »makamboja«, zu erlauben.829 Löhr wollte das nahe der Stadt Tanga gelegene Waldreservat Steinbruch, das infolge des gescheiterten Teakanbaus von der Forstverwaltung kaum noch genutzt wurde (vgl. S. 297 f.), als Nutzholzreserve für die lokale afrikanische Bevölkerung öffnen lassen. Damit beabsichtigte er, einigen Zwängen der staatlichen Monopolisierung von Waldressourcen entgegenzuwirken. Er bat das Gouvernement, dass der »ungepflegte Buschwaldteil« des besagten Waldreservats gemäß § 2 der Waldschutzverordnung den »Eingebornen« zum Schlag von Bauholz über 827 Vgl. ebd. 828 Vgl. Telegramm Bezirksamtmann Löhr an Gouvernement vom 12. November 1912; TNA G 8/ 796, o. p. 829 Vgl. Löhr, Eugen (KBA Tanga) an Kaiserliches Gouvernement: Schreiben betr. Antrag der Pflanzung Pongwe auf Aufhebung der Waldreservatseigenschaft des Komplexes bei Steinbruch vom 8. Dezember 1912; TNA G 8/ 798, 10.

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lassen werde. Der Holzbestand, so der Bezirksamtmann, werde nicht gefährdet, wenn die richtige Aufsicht geführt und die »Eingebornen« vorher entsprechend instruiert würden. Schließlich sei es aus »Gründen der Volkshygiene« unbedingt geboten, dass der lokalen Bevölkerung die Gelegenheit gegeben werde, sich »anständige Hütten« zu bauen. Löhr hatte sich persönlich in Pongwe davon überzeugt, dass die Hütten zum Teil in einem »erbärmlichen Zustand« seien und beobachtet, dass ein Dutzend und mehr angefangene Hütten nicht fertig gebaut werden könnten, weil man selbst für »unerschwingliches Geld« nirgends brauchbares Stangenholz auftreiben könne.830 Abermals bat er darum, auf die neu festgesetzte Gebühr für die Entnahme von Holz aus Waldreservaten zu verzichten. Denn in seinen Augen ließ sich eine »unbedingt notwendige weitgehende Bevölkerungshygiene« nur schwer durch »direkte positive Eingriffe« betreiben. Vielmehr müsse man auf solche Maßnahmen zurückgreifen, die die »Existenzbedingungen der Eingeborenen« nach Möglichkeit erleichtern und ihnen eine »gedeihliche Entwicklung und Vermehrung in der liberalsten Weise garantieren.«831 Hier zeigte sich ein neues Verständnis. Löhr wollte der afrikanischen Bevölkerung – wenn auch nur in gewissen Grenzen – eine selbstgesteuerte Entwicklung ermöglichen. Die koloniale »Entwicklungspolitik« der direkten Intervention wollte er durch eine Politik der Kontextsteuerung ersetzen. Als konkrete Maßnahme sollte der afrikanischen Bevölkerung der Zugang zu Bauholz erleichtert werden, indem der koloniale Staat dieses entgeltlos zur Verfügung stellte. Zwar wollte auch Löhr nicht auf eine staatliche Waldaufsicht verzichten, doch sollte nicht der fiskalische Nutzen im Mittelpunkt der Forstpolitik stehen, solange dies dem Wohlergehen der afrikanischen Bevölkerung entgegenstand. Deshalb bat Löhr »gehorsamst« darum, der Bitte der Eingebornen nach einer Öffnung des Waldreservats Steinbruch stattgeben zu dürfen. Die Öffnung, so Löhr, solle sich allerdings nur auf die Gestattung der Gewinnung von Bauholz beziehen, wohingegen die Anlage von Shamben im Waldreservat »natürlich« verboten bleiben solle.832 Dieses schien für den Bezirksamtmann eine Selbstverständlichkeit zu sein, zumal Löhr neben seinem Interesse, der afrikanischen Bevölkerung ausreichend Entwicklungsspielräume zu verschaffen, auch ein großer Verfechter des Waldschutzgedankens war. Insofern lag es zwar im Interesse des Bezirksamtmanns, unmittelbare Missstände zugunsten der lokalen Bevölkerung zu beheben und ihr den in seinen Augen notwendigen Entwicklungsspielraum zu gewähren, doch rückte er keineswegs vom kolonialstaatlichen Besitz- und Nutzungsanspruch auf Waldreservate ab. Das Gouvernement bemüßigte sich trotz der vermeintlichen Dringlichkeit nicht zu einer Reaktion, weshalb Löhr wenige Tage später ein weiteres Tele 830 Vgl. ebd. 831 Vgl. ebd. 832 Vgl. ebd., 10–11.

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gramm schickte und nochmals erklärte, dass jede Bautätigkeit seit Einführung der »Holztaxe« lahmgelegt sei – die fiskalische Holzschlaggebühr sei inzwischen teurer als der Verkaufspreis von Mangrovenholz bei Denhardt.833 In Daressalam reagierte man erst im Januar 1913 und bot eine Lösung an. Im Schreiben des Gouvernements an das Bezirksamt Tanga hieß es, dass bei der Reservierung eines nahe Steinbruch gelegenen Waldes den »Eingebornen der Pongwedörfer« ein Waldstreifen vorbehalten worden sei. Falls dieser am Reservat Bassiwald gelegene Waldstreifen den Bedürfnissen nicht mehr genüge, solle zunächst ein 100 ha großes, recht gut bewaldetes Stück des Steinbruchgeländes, das früher der Bahn gehört habe, zur Deckung des lokalen Holzbedarfs genutzt werden. Dieses Stück müsse jedoch zuvor von der Forstverwaltung Wilhelmstal genau abgemessen werden. Eine Öffnung des gesamten Waldreservats Steinbruch komme in absehbarer Zeit nicht infrage, zumal laut eines vorliegenden »fachmännischen Gutachten[s]« die Bestockung des Reservats derart sei, dass eine »Besserung der Bestände« erst nach einer Schließung gegenüber dem Holzschlag von drei bis vier Jahrzehnten eintreten könne. Eine vorzeitige Öffnung würde die bisher erfolgten »zehnjährigen Bemühungen zur Erzielung einer besseren Bestockung […] vollkommen illusorisch [erscheinen lassen].«834 Zur Begründung hieß es, die vermeintlich »eigentümliche Holznutzungsweise« der lokalen Bevölkerung rechtfertige eine Schließung des Waldreservats. Denn die »Eingebornen« würden in der Hauptsache gerade die »wüchsigen Junghölzer« entfernen, die einmal den Kern des späteren Bestandes bilden sollten. Eine Aufsicht über den Holzschlag ändere an dieser Praxis nichts. Daher dürften die »Eingebornen« ohnehin nur minderwertiges Material entnehmen, das sie kaum gebrauchen könnten, wobei sie dies auch nur insoweit dürften, als dass dieses Holz nicht vom »forsttechnischen Gesichtspunkte« als »Bodenschutzholz« erhalten bleiben müsse. Das Bezirksamt Tanga könne somit ersehen, dass sich »Holznutzung durch die Eingebornen und Waldpflege auf derartigen Flächen, wie [dem] Waldreservat Steinbruch, nicht gut vereinigen lassen.«835 Dies war eine grundsätzliche Entscheidung. Ferner wollte man beim Gouvernement auch nichts davon wissen, dass die afrikanische Bevölkerung durch die Erhebung der »Holztaxe« benachteiligt werde. Man schrieb, dass sich die Bekanntmachung vom 22. September 1912, auf die Löhr in seinem Bericht verwiesen hatte, lediglich auf eine Festsetzung von Preisen für einzelne Hölzer bezöge, die die Forstverwaltung bei der Holzabgabe aus den Waldreservaten zugrunde lege. Auf allen übrigen Ländereien, die dem Landesfiskus gehören oder seinem Okkupationsrecht unterliegen, sei 833 Vgl. Telegramm Bezirksamtmann Löhr an Gouvernement vom 20. Dezember 1912; TNA G 8/ 796, o. p. 834 Vgl. Kaiserliches Gouvernement an KBA Tanga: Schreiben auf den Bericht J. N. 7361 vom 8. November 1912 vom 6. Januar 1913; TNA G 8/ 798, 14. 835 Vgl. ebd., 15.

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der Holzschlag für die afrikanische Bevölkerung seit der Waldschutzverordnung von 1909 freigegeben.836 Damit wies das Gouvernement fast alle Forderungen Löhrs zurück, wobei weder berücksichtigt wurde, dass es in der Nähe der Stadt Tanga zu diesem Zeitpunkt kaum noch Ländereien gab, die nicht bereits okkupiert und verteilt worden waren, noch, dass die europäischen Siedler die Nutzholzbestände auf »herrenlos« Kronland bereits sehr stark dezimiert hatten. Auf diese Tatsachen nahm man beim Gouvernement keine Rücksicht. Vielmehr hieß es, dass den »Eingebornen« die Nutzung von Holz in Waldreservaten sogar allgemein freistehe, wenn ihnen bei der jeweiligen Kronlandverhandlung seitens der Landkommission ein solches Recht eingeräumt worden sei. Wenn hierbei, wie Gouverneur Schnee aus der Ferne urteilte, von der Landkommission die Ansprüche der »Eingebornen« in vorgeschriebener Weise berücksichtigt worden seien, müssen ihnen noch überall nicht reservierte Flächen zur Verfügung stehen, wo sie ihren Holzbedarf decken könnten. Treffe diese Annahme nicht zu, dann liege der Fehler nicht beim Gouvernement oder der Forstpolitik, sondern beim Bezirksamt, da man dort bei den Landverhandlungen früher offenbar nicht sachgerecht vorgegangen sei.837 – Auch dies war eine Möglichkeit, mit Problemen umzugehen! Die Verantwortung für die Missstände wollte man beim Gouvernement nicht übernehmen, sondern suchte anderswo nach Schuldigen. Man gab den »Schwarzen Peter« an das Bezirksamt zurück, da man nicht gewillt war, von den Grundsätzen staatlicher Waldreservierungen abzuweichen. Schließlich hätte man mit der umfassenden Öffnung des Waldreservats Steinbruch einen Präzedenzfall geschaffen, der eventuell weitere Forderungen seitens der afrikanischen Bevölkerung nach sich gezogen hätte. Somit erreichte Löhr sein Ziel für die Dörfler von Pongwe nicht, doch zeitigte seine Intervention zumindest einen gewissen Erfolg. Denn es erging ein Runderlass an alle lokalen Behörden, in dem es hieß, dass die Landkommissionen zukünftig genauer anzuweisen seien, wie sie »Nutzungsansprüche der Eingeborenen«, insbesondere die »Holznutzungsrechte«, bei Kronlandverhandlungen behandeln müssten.838

8.1.7 Bambustransfer Beim Gouvernement setzte man zur Behebung der »Holznot« auch auf die Strategie, die lokale Bevölkerung dazu anzuhalten, exotische Nutzhölzer zum eigenen Bedarf anzupflanzen. Eugen Löhr wurde mitgeteilt, dass die Einwohner der Dörfer bei Pongwe an geeigneten Orten schnellwüchsige Hölzer anbauen 836 Vgl. ebd., 16. 837 Vgl. ebd. 838 Vgl. ebd. Vermerk an den Referenten der Abteilung II. Der besagte Runderlass konnte nur im Entwurf eingesehen werden, weshalb nicht sicher ist, ob dieser wirklich erging.

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sollten, damit später nicht doch noch ein Rückgriff auf die Bestände des Waldreservats Steinbruch im »Interesse der Holzversorgung der umliegenden Eingebornen-Dörfer« nötig werde. Dazu empfahl das Gouvernement den Anbau von indischem Eisenholz, Cassia florida, Albizzia Lebbek und vor allem von Bambus der Sorte B. vulgaris. Das Pflanzmaterial für den gelben Bambus sei der lokalen Bevölkerung durch die Bezirksverwaltung zur Verfügung zu stellen.839 Das entsprach einer kolonialen Entwicklungsstrategie der direkten staatlichen Intervention und nicht einer Kontextsteuerung, wie sie vom Kolonialreformer Löhr gefordert worden war. Das Konzept, die lokale Nutzholzholzversorgung durch den Anbau exotischer Spezies, insbesondere Bambus, sicherzustellen, ging auf Dietrich Brandis zurück. Er und andere Kolonialforstexperten hatten bereits um 1900 dafür plädiert, den in Britisch-Indien scheinbar erfolgreichen Anbau von Bambus nach Deutsch-Ostafrika zu transferieren. Denn Brandis glaubte entdeckt zu haben, dass Bambus der »Entwickelung einer hohen Kultur« in Indien sehr förderlich gewesen war. Er schrieb, ohne Bambus könne er sich das Leben der verschiedenen »Volksstämme« nicht vorstellen. Es erschien ihm daher naheliegend, auch den »Eingeborenen der deutschen Schutzgebiete« durch den Anbau von Bambus in großem Maßstabe eine »Wohltat« zu erweisen, und zwar in der Hoffnung, dass »die Neger« selbst die Kultur des Bambus in die Hand nehmen werden. Dabei ging es Brandis nicht um den kommerziellen Anbau der Pflanzen. Er betonte, dass der koloniale Staat mit dem Bambusanbau kein Geld verdienen könne und dieser nur den »Eingebor[e]nen« zu Gute käme. Deshalb setzte er sich auch gegen den zu erwarteten Vorwurf zur Wehr, dass sein Vorschlag auf »Humanitätsdusel« und »sentimentaler Zuneigung zu den Eingebor[e]nen« fuße. Letzteres sei keineswegs der Fall, so Brandis, zumal der Anbau des Bambus die koloniale Entwicklung im Allgemeinen fördere. Der Bambus trage einerseits dazu bei, das »Leben der Eingebor[e]nen leichter und angenehmer zu machen«, andererseits »das Wachstum der Bevölkerung zu fördern und Einwanderer anzuziehen.« Somit schien Brandis beim Anbau von Bambus davon auszugehen, dass sich koloniale Entwicklung langfristig besser gestalten ließ, wenn diese auch der einheimischen Bevölkerung gewisse Anreize bot.840 Die Situation der afrikanischen Bevölkerung in Deutsch-Ostafrika, die nicht nur im Bezirk Tanga unter Bauholzmangel litt, schien in zeitgenössischer Perspektive durchaus vergleichbar mit den Verhältnissen in Britisch-Indien. Deshalb fielen Brandis’ Vorschläge zur Bambuskultur auf fruchtbaren Boden, wobei sich die Umsetzung des Konzeptes in Deutsch-Ostafrika wohl auf den persönlichen Kontakt von Brandis und Wilhelm Holtz zurückführen lässt. Beide waren sich

839 Vgl. ebd., 15–16. 840 Vgl. Brandis, Bambuskultur, 474.

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im Sommer 1905 in Kew Gardens begegnet.841 Dabei sah Holtz in Deutsch-Ostafrika wohl ein Versuchsfeld, um die von Brandis in Britisch-Indien gemachten Erfahrungen umzusetzen. Ferner ging man beim Gouvernement davon aus, dass man mit der Förderung des Bambusanbaus an einheimische Traditionen anknüpfen konnte. Aus dem Bezirk Langenburg war bekannt, dass die lokale Bevölkerung Bambus als »Hüttenbaumaterial« kultivierte.842 Außerdem verfügte man beim deutsch-ostafrikanischen Gouvernement im Jahr 1913 über genug Bambussetzlinge, um darauf ein staatliches Entwicklungsprogramm aufbauen zu können. Die Forstverwaltung Rufiyi hatte Versuchspflanzungen mit indischem Bambus (Dendrocalamus strictus) angelegt und bereits im Jahr 1905 berichtet, diese hätten »vorzüglich« gestanden und bereits »Absenker« zur weiteren Verbreitung in der »Eingeborenenkultur« geliefert.843 Weitere Setzlinge waren im botanischen Garten von Daressalam und auf der Forststation Pugu aufgezogen worden.844 Doch begann man erst in den letzten Jahren vor dem Krieg, nachdem die Eigenversorgung der Kolonie mit Bambussetzlingen sichergestellt war, mit größeren Freisetzungsexperimenten, um die »Wohlfahrt« der einheimischen Bevölkerung zu fördern.845 Dabei ist aus den Quellen zu ersehen, dass das Bezirksamt Morogoro solche Experimente mit indischen Bambusstecklingen in größerem Maßstab in West-Uluguru durchführte, um die »Bauholznot der Eingeborenen« zu beheben. Diese war dort vermutlich ebenfalls aufgrund der »Holztaxe« aufgetreten.846 Ob auch im Bezirk Tanga noch vor Kriegsbeginn Bambus angepflanzt wurde, ist nicht bekannt. Die Quellen zeigen lediglich, dass man Bezirksamtmann Löhr infolge der Ablehnung seines Antrags auf Öffnung des Waldreservats Steinbruch eine grobe Anweisung zur Anlage von Bambuskulturen gab. Eine genaue Anleitung zur sachgemäßen Anlage und Pflege von Bambuspflanzungen, so das Gouvernement, könnten die »Eingebornen« bei Gelegenheit durch Forstbeamte oder landwirtschaftliche Beamte erhalten, die durch jene Gegend kämen.847 Saatgut und Expertise wurden bei dieser interventionistischen Entwicklungspraxis 841 Vgl. Anonymus, Bericht über die Einführung wertvoller Bambusarten in Deutsch-Ostafrika, in: Der Tropenpflanzer, 4, 1906, 675 Fn. 1; Hesmer, Leben, 387. Dass sich Brandis und Holtz in Kew Gardens begegneten, erwähnt auch Ulrike Kirchberger, jedoch ohne Angabe einer entsprechenden Belegstelle; vgl. Kirchberger, Infrastruktur, 61. 842 Franz Stuhlmann hielt den ostafrikanischen Bambus für technisch kaum verwertbar; vgl. Stuhlmann, Beiträge, 656. 843 Vgl. Jahresbericht 1905/1906, 74. 844 Vgl. Anonymus, Bericht, 675. 845 Vgl. Ebd., 676. 846 Vgl. Schreiben des Gouvernements an das Forstamt Morogoro, Teeanbauversuche des KBA Morogoro, Bambusanpflanzungen und Gemeindeaufforstungen in West-Uluguru vom 25. Februar 1914; TNA G 8/ 591, 143. 847 Vgl. Kaiserliches Gouvernement an KBA Tanga: Schreiben auf den Bericht J. N. 7361 vom 8. November 1912, 6. Januar 1913; TNA G 8/ 798, 15–16.

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seitens des Staates bereitgestellt, wodurch eine stärkere Abhängigkeit der einheimischen Bevölkerung erreicht werden sollte. Eine eigenständige Entwicklung, beruhend auf der Nutzung bereits existierender Holzressourcen, wie von Löhr vorgeschlagen, wurde unterbunden. Dabei stand zu befürchten, dass die Strategie der Kultivierung von Bambus und anderer Nutzhölzer in heimischer Regie scheitern musste. Sie schien allein schon aus dem Grund schwer praktikabel, weil gar nicht genügend Beamte zur Verfügung standen, um die afrikanische Bevölkerung flächendeckend bei der Anlage entsprechender Pflanzungen zu unterstützen. Es wurde somit weiterhin koloniale Entwicklungspolitik nach dem Gießkannenprinzip betrieben und nicht, wie von Löhr vorgeschlagen, ein Kontext geschaffen, in dem die einheimische Bevölkerung in gewissen Grenzen eigenständig handeln konnte. Somit ist zu vermuten, dass die Bambuskulturen kaum dazu angetan waren, die forstwirtschaftlich induzierte »Unterentwicklung« abzustellen. Denn zu echten Zugeständnissen an die einheimische Bevölkerung war man nicht bereit, was sich an Äußerungen des Forstreferenten Holtz ablesen lässt. Er reiste im März 1913 zu einem persönlichen Gespräch mit Eugen Löhr in den Bezirk Tanga.848 Dort sah Holtz nach eigenem Bekunden ein, dass die »Eingeborenen« des Bezirks bei der Kronlandvergabe nicht ausreichend mit Wald bedacht worden seien und stellte anheim, bei künftigen Kronlandverhandlungen immer einen Forstsachverständigen hinzuziehen zu wollen. Dieser habe darauf zu achten, dass den »Eingeborenen« bei der Ausscheidung von Land an Private unbedingt genug Wald verbleibe, damit nicht später auf fiskalische Waldflächen zurückgegriffen werden müsse. Denn die Freigabe von jahrelang geschützten Waldflächen an die afrikanische Bevölkerung hielt Holtz für verantwortungslos. Schließlich würde die Forstverwaltung hierdurch um ihre Erfolge bei der versuchten Herbeiführung einer »rationellen Bewirtschaftung« gebracht.849 Öffentliche Kritik an der »Holztaxe« Die Äußerungen von Holtz waren nicht mehr als schöne Worte. Eine Lösung der akuten Probleme wurde dadurch nicht erreicht, wie sich anhand eines Artikels der Usambara-Post zeigte. Das Siedler-Organ rückte das Holzversorgungsproblem ein Jahr nach Löhrs verwaltungsinterner Intervention in das öffentliche Bewusstsein. Und zwar beschwerte sich die Zeitung, dass man aufgrund einer falsch bemessenen forstwirtschaftlichen Abgabe im Stadtteil Ngamiani von Tanga eine »Unmasse« viertel- und halbfertiger Häuser sehen könne. Viele dieser Häuser seien schon wieder im Zusammenfallen begriffen – der ganze Stadtteil 848 Vgl. Aktenvermerk Forstreferent Holtz für die Akten der Firma Denhardt, ohne Datum; TNA G 8/ 796, o. p.  849 Vgl. Entwurf Schreiben Forstreferat an Gouvernement: Aus 27554/ 12 II B, Landsache Schirk Tanga, 1912; TNA G 8/ 850, o. p.

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biete einen »ruinenhaften Anblick«. Den Grund hierfür sah man in der »Holztaxe«, durch die es »dem Eingeborenen kaum möglich ist, ein Haus zu bauen.« Die Holzschlaggebühr sei »enorm« und müsse unbedingt herabgesetzt werden. Doch wollte die Usambara-Post als Organ der Siedler keineswegs den Eindruck erwecken, als hätte sie für die afrikanische Seite Partei ergriffen. Daher hieß es weiter, dass die eigentlich Leidtragenden der Gebühr doch die Europäer seien, weil sie das jämmerliche Stadtbild ertragen müssten.850 Reaktion aus Wilhelmstal Der Chauvinismus der Usambara-Post sprach für sich, doch hatte die Zeitung das Problem der »Holztaxe« öffentlich benannt gemacht und damit anscheinend einen wunden Punkt bei der Forstverwaltung Wilhelmstal getroffen. Dort machte man sich nämlich sogleich Gedanken über eine mögliche Gegen­ darstellung. Forstassessor Weidner schrieb an das Gouvernement, dass die »naive und unlogische Auslassung« in der Usambara-Post eine Erwiderung eigentlich nicht erfordere, doch werde darauf einzugehen sein, um nicht den Schein ihrer Richtigkeit entstehen zu lassen. Diesbezüglich formulierte Weidner in paternalistischer Weise, dass es sich die »Eingeborenen« selbst zuzuschreiben hätten, wenn sie über ihre Verhältnisse bauten. Schließlich könne jedermann die Preise der Materialien im Voraus erfahren: Da[ß] Eingeborene die Neigung haben, einfach draufloszuwirtschaften, ist bekannt, gerade deshalb sollten sie von ihren Brotherren von übertriebenen Vorhaben abgehalten, anstatt mit großen Vorschüssen darin unterstützt zu werden.851

Den Grund für den Missstand sah Weidner keineswegs in der Einführung der »Holztaxe«, zumal die Forstverwaltung auch billige Stangen zum Preis von 1 Heller angeboten habe. Diese eigneten sich durchaus »zu billigem und bescheidenem Bauen für die Eingeborenen.« Zur Verteidigung schrieb er, dass er bereits vor dem Erscheinen des Artikels das Waldreservat Steinbruch habe durchforsten lassen. Dabei seien 5000–6000 Stangen gewonnen worden, die er bald versteigern lassen wolle. Sei die Nachfrage groß, könne auch mehr Holz angeboten werden. Nur fürchtete der Forstassessor, dass die »Eingeborenen« das dort bereitgehaltene Teakholz nicht sehr schätzen, da sie glauben, es sei dem Ameisenfraß ausgesetzt. Eine Probe aufs Exempel stehe in dem fraglichen Gebiet jedoch noch aus.852 Weidner sprach das Problem an, dass die afrikanische Bevölkerung anderes Holz bevorzugte als die Forstverwaltung zu bieten hatte. Die in Steinbruch stehenden Teakbestände waren noch das Ergebnis eines missglückten 850 Vgl. Der »weise« Fiskus, in: Usambara Post, 37, 13. September 1913; TNA G 8/ 602, 155. 851 Schreiben FA Wilhelmstal an Gouvernement auf den Bericht der Usambara Post vom 14. September 1913; TNA G 8/ 602, 153. 852 Vgl. ebd.

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Pflanzungsversuchs unter Forstrat Eckert, der auf den Export des Teakholzes gesetzt hatte (vgl. S. 297 f.). Das Holz sollte nun auf dem lokalen Markt verkauft werden, was nicht funktionierte, da die afrikanische Bevölkerung andere Hölzer benötigte. So gab Weidner zu, dass es bald zu einer Holzversorgungskrise im Bezirk Tanga kommen könnte und bot an, über den zur »Kalamität werdenden Mangel« an Brenn- und Hüttenbauholz nachdenken zu wollen. Offensichtlich sah man sich beim Forstamt Wilhelmstal aufgrund des öffentlichen Drucks nun doch in der Pflicht, handeln zu müssen.853 Leider geht aus den Akten des Gouvernements nicht hervor, wie Weidners weitere Vorschläge aussahen. Es findet sich lediglich im November 1913 die Ankündigung eines weiteren Berichts.854 Doch ist nicht bekannt, ob es eine Lösung seitens der Forstverwaltung gab. Vermutlich gab es diesen nicht, weil bis zum Kriegsbeginn kein Erlass erging, der die »Holztaxe« im Bezirk Tanga berührt hätte. Man kann vermuten, dass sich die Holzversorgungslage für die afrikanische Bevölkerung noch verschlechterte, zumal die Forstverwaltung in den letzten Jahren vor dem Krieg alle noch freien Waldgebiete im Bezirk Tanga reservieren ließ. Insofern lässt sich davon sprechen, dass die koloniale Forstpraxis während der Reformzeit zu einer weiteren Beschränkung der afrikanischen Waldnutzungsrechte beigetragen hat. Nicht zuletzt förderten koloniale Entwicklungsprogramme, wie der Anbau von Bambus, die Abhängigkeit der lokalen Bevölkerung vom Staat.

8.1.8 Gemeindewald oder Waldreservat – eine Gerechtigkeitsfrage? Der Konflikt um die Erhebung der »Holztaxe« zeigt, dass die Forstverwaltung nicht mehr bereit war, einmal okkupierte Waldgebiete für die lokale Bevölkerung zur unentgeltlichen Holzversorgung zu öffnen, selbst dann nicht, wenn sie die Waldreservate gar nicht aktiv kultivierte. Hierdurch spitzten sich Auseinandersetzungen zwischen Forst- und Bezirksverwaltungen immer schärfer zu. Folglich mussten Streitfragen häufiger durch die Gouvernementsverwaltung oder sogar durch den Gouverneur höchst persönlich entschieden werden. Dabei verfolgten reformorientierte Bezirksverwaltungen und die Missionen bei der Waldressourcenfrage teilweise gleichgerichtete Interessen. Das erschöpfte sich nicht darin, dass die Bezirksverwaltungen den Holzhandel der Mission verteidigten. Auch in der sozialen Dimension vertrat man eine ähnliche Linie bezüglich des Rechts der lokalen Bevölkerung an der Waldressourcennutzung. Das zeigte sich, als im Januar 1913 das Forstreferat ein mit dem Vermerk – Eilt! – versehenes Schreiben des Forstassessors Ludwig Schuster von der Forstverwaltung Morogoro 853 Vgl. ebd. 854 Vgl. Schreiben FA Wilhelmstal an Gouvernement, J. Nr. 750 vom 17. November 1913; TNA G 8/ 610, 1–4.

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erhielt. Hierin bat Forstverwaltungsleiter Schuster, ihm so rasch wie möglich alle Vorgänge über das in West-Uluguru gelegene Waldreservat Vigoza in Abschrift zugehen zu lassen, da die Einwohner des Dorfes Tshenzema unentgeltlich Nutzungsansprüche auf das Waldreservat angemeldet hätten. Da die Akten bei der Forstverwaltung Morogoro keine Hinweise auf den Reservierungsvorgang enthielten, wollte Schuster unbedingt durch das Forstreferat über etwaige frühere Entschädigungszahlungen an die beim »Anbau des Wäldchens beteiligten Eingeborenen« informiert werden. Denn beim Waldreservat Vigoza handelte es sich um eine ehemalige »Gemeindeaufforstung«.855 Gemeindeaufforstungen Die Gemeindeaufforstungen stellten ein besonderes staatliches Aufforstungsprogramm dar, das auf Anweisung von Bezirksämtern durch afrikanische Dorfschaften ausgeführt wurde. Dieses Konzept kolonialer Waldbegründung ging auf Dietrich Brandis zurück, der es ursprünglich entwickelt hatte, um die lokale Holzversorgung im indischen Mysore sicherzustellen. Dazu hatte er der Regierung Britisch-Indiens vorgeschlagen, Gemeindewaldungen zu gründen und diese der einheimischen Verwaltung zu unterstellen.856 Jeder Gemeindewald sollte einen Dorfförster bekommen. Die einheimischen Dorfförster sollten einem Gemeindeförster unterstellt werden, der wiederum einem »head ranger« unterstehen sollte, der bei der lokalen Forstverwaltung angestellt war. Hierdurch wollte Brandis einerseits erreichen, dass die Waldnutzung der Dorfbewohner im Sinne der Forstverwaltung geregelt wurde, andererseits, dass die Waldnutzung für die Dorfbewohner unentgeltlich und selbstkontrolliert erfolgen konnte. Falls dennoch Waldprodukte aus den Gemeindewäldern zu kommerziellen Zwecken verkauft wurden, sollten die Gewinne direkt in die lokale Entwicklung investiert werden, weshalb der Soziologe Ramachandra Guha Brandis retrospektiv als »prophet of community forestry« bezeichnet hat.857 Doch lehnte die britische Zivilverwaltung die Vorschläge des Chefinspektors der Forste Britisch-Indiens ab, weil sie einen Verlust der staatlichen Kontrolle von Wäldern und einen Rückgang der Staatseinnahmen befürchtete.858 In DeutschOstafrika bediente man sich hingegen des Modells von Brandis in abgewandelter Form, sodass im Jahr 1914 in West-Uluguru 27 Gemeindeaufforstungen bestanden. Diese waren größtenteils mit Black Wattle (Gerberakazie) bepflanzt

855 Vgl. Schreiben des Forstamts Morogoro an das Forstreferat vom 10. Januar 1913; TNA G 8/ 708, o. p. 856 Vgl. Hesmer, Einwirkungen, 119–120. 857 Vgl. Guha, Prehistory, 223. 858 Vgl. ebd.; Hesmer, Leben, 109–110, 165; Indra Munshi, Sir Dietrich Brandis: ein deutscher Generalforstinspektor in Indien, in: Michael Flitner (Hrsg.), Der deutsche Tropenwald. Bilder, Mythen, Politik. Frankfurt a. M. 2000, 59.

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worden.859 Dabei bezog sich die umgangssprachliche Bezeichnung Black Wattle seinerzeit sowohl auf Acacia decurrens als auch auf Acacia melanoxylon, wobei nur letztere Art korrekt als Black Wattle zu bezeichnen war.860 Somit ist anzunehmen, dass man damals Acacia mearnsii anbaute, die mit Acacia decurrens var. mollis und Acacia molissima identisch ist. In Australien beheimatet, zählt diese Akazienart zu den hochinvasiven Spezies mit einem hohen Wasserverbrauch.861 Jedoch war »Black Wattle« für die deutsche Kolonialverwaltung aus drei Gründen eine ideale Kulturpflanze: Erstens drängte sie die Grasflure in West-Uluguru zurück, zweitens diente sie als Brennstoffpflanze für die einheimische Bevölkerung und drittens konnte ihre Rinde für die koloniale Gerbstoffwirtschaft als Exportartikel verwendet werden. Vigoza Dorfschaften in West-Uluguru, die seinerzeit die Gemeindeaufforstungen kultivierten, taten dies über weite Zeiträume selbstständig, sodass die Dorfbewohner, wie im Fall von Vigoza, das Gefühl entwickelten, dass ihnen die Aufforstungsflächen gehörten.862 Ferner gaben die Akten, die Forstassessor Schuster aus Daressalam angefordert hatte, kaum Auskunft über das Gemeindewäldchen. Sie zeigten lediglich, dass Forstassistent Jeep im Mai 1910 die Vermessungs- und Abgrenzungsarbeiten des Vigoza-Wäldchens abgeschlossen und das Gelände mit Steinpyramiden kenntlich gemacht hatte, um dieses zum Waldreservat zu erklären. Die Landkommission war zur Okkupation des 9 ½ ha großen Geländes am 30. August desselben Jahres zusammengetreten. Sie wurde gebildet aus dem Bezirksamtmann Lambrecht, Oberförster Holtz und dem Jumben Mhondogwa aus dem nahe gelegenen Dorf Tshenzema. Das Protokoll der Kronlandverhandlung verriet kaum Besonderheiten. Informationen zu etwaigen Holznutzungsrechten der Dorfbewohner enthielt es nicht. Doch zeigte es zumindest, dass es sich bei Vigoza um eine ehemalige Gemeindeaufforstung handelte, die seit 1906 durch die Dörfler von Tshenzema unter Aufsicht des früheren Jumben Fundi wa Udugu im Auftrag des Bezirksamts Morogoro angelegt worden war. Hier waren 3,5 ha Accacia molissima angepflanzt worden, sonst bestand das Gelände laut Kronlandprotokoll zumeist aus »unbenutzte[m] Pori«.863 Innerhalb der Gemein 859 Schreiben des Gouvernements an das Forstamt Morogoro, Teeanbauversuche des KBA Morogoro, Bambusanpflanzungen und Gemeindeaufforstungen in West-Uluguru vom 25. Februar 1914; TNA G 8/ 591, 143. 860 Vgl. Gerberakazien, in: Schnee, Kolonial-Lexikon, Bd. 1, 707. 861 Vgl. Global Invasive Species Database; http://www.issg.org (Zugriff: 18.10.2020). 862 Schreiben des Forstamts Morogoro an das Gouvernement vom 12. März 1914; TNA G 8/ 591, 145; Abschrift des Schreibens der Bezirksamtsnebenstelle Kisakki an das Gouvernement vom 18. Januar 1914; TNA G 8/ 591, 143; Schreiben des Forstamts Morogoro an das Gouvernement vom 12. März 1914; TNA G 8/ 591, 145. 863 Vgl. Protokoll Nr. 76 der Landkommission des Bezirks Morogoro vom 30. August 1910; TNA G 8/ 708, o. p.

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deaufforstung waren allerdings auf einer kleinen Fläche Feldfrüchte angebaut worden, weshalb die Nutzer dieser Felder, drei Frauen und vier Männer, die bei der Kronlandverhandlung anwesend waren, eine Abfindung für das bebaute Land erhalten hatten (vgl. Karte 13). Danach wurde Vigoza formell für den Fiskus in Besitz genommen, dem Jumben Mhondogwa das reservierte Waldstück »zur Obhut« übergeben und den anwesenden Dorfbewohnern die Schonung der Grenzmale zur Pflicht gemacht.864 Abschließend schickte Bezirksamtmann Lambrecht das Verhandlungsproto­ koll zur Bestätigung an das Gouvernement. Er schrieb, es handele sich bei Vigoza um ein »kleines Wäldchen« von Gerberakazien (Accacia molissima), das aus »wohlgelungenen Anbauversuchen« des Bezirksamts entstanden sei und jetzt von der Forstverwaltung übernommen werde. Letztere beabsichtige die Kulturen etwas zu vergrößern.865 Von Entschädigungszahlungen für die geleisteten Aufforstungsarbeiten an die Dorfbewohner erwähnte Lambrecht kein Wort. Insofern erhielt Schuster aus den Akten nicht die gewünschten Informationen. Erkundigungen bei den »Eingeborenen« Etwas mehr Licht in die Angelegenheit brachte ein Bericht des stellvertretenden Bezirksamtmanns von Morogoro, Gärtner. Dieser war persönlich nach Tshenzema gereist, um aufzuklären, inwieweit die Nutzungsansprüche der Dörfler gerechtfertigt waren. Dabei musste Gärtner allerdings feststellen, dass sich vor Ort niemand mehr an die genauen Verhältnisse erinnern konnte oder wollte. Deshalb bat er die katholische Mission Mgeta, weitere Erkundigungen einzuholen. Daran zeigte sich, dass zwischen Bezirksamt und Mission ein reziprokes Verhältnis bei der Durchsetzung kolonialer Herrschaft bestand. Nicht nur die Mission war auf die Tätigkeit der Verwaltungsbeamten als Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit angewiesen, wie Habermas schreibt866, sondern auch die Verwaltung auf die Expertise der Missionare. Deshalb kam ein Missionar der Bitte des stv. Bezirksamtmanns nach und stellte durch Befragung der Dörfler fest, dass das Wäldchen nach Beginn des Maji-Maji-Aufstands im Jahr 1905 auf direkte Anordnung des Bezirksamtmanns Lambrecht angelegt worden war. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei den Gemeindeaufforstungen in Uluguru möglicherweise um ein Reformprojekt gehandelt hat, mit dem die Kolonialmacht verhindern wollte, dass sich die Bevölkerung den Aufständischen anschloss, indem sie einheimischen Interessen entgegenkam. Im Missionsbericht hieß es, für die Arbeiten an der Gemeindeaufforstung bei Tshenzema seien der damalige Jumbe Fundi wa Udugu und dessen Kerani, der heutige Jumbe Mhondogwa, 864 Vgl. ebd. 865 Schreiben des KBA Morogoro an das Gouvernement betr. Kronlandverhandlung Nr. 76 zukünftiges Waldreservat Vigoza vom 11. Dezember 1910; TNA G 8/ 708, o. p. Die Waldreservatserklärung erfolgte am 16. April 1911; vgl. AA, 18, 16. April 1911. 866 Vgl. Habermas, Skandal, 201–202.

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verantwortlich gewesen. Der »Polizi« Mawenge des Bezirksamts sei seinerzeit zur Überwachung der Arbeiten nach Vigoza entsandt worden. Die Dörfler aus Tshenzema hätten die Arbeiten ausgeführt, doch seien sie dafür nicht bezahlt worden.867 Hinsichtlich von Entschädigungszahlungen für die geleistete Arbeit gaben sie lediglich an, dass der Jumbe Fundi wa Udugu vom Bezirksamt eine »Prämie« von 10 Rp erhalten hatte, diese mit den Leuten jedoch nicht teilte oder wenn doch, so fügte der Missionar hinzu, »nur auf sehr ungleiche Weise«.868 Hierbei handelte es sich um eine typische Verhaltensweise von Jumben, die ihre Machtposition ausnutzten. Später, als das Wäldchen zum Waldreservat erklärt worden war, wurden dem heutigen Jumben Mhondogwa laut Missionsbericht auf Veranlassung Lambrechts seitens der Forststation Bunduki weitere 10 Rp bezahlt. Was dieser Jumbe mit dem Geld gemacht hatte, blieb ebenfalls unklar. Durch die Befragung hatte sich herausgestellt, dass die Arbeiten an dem Wäldchen von den Dörflern scheinbar beflissentlich ausgeführt worden waren. So war die Pflanzung drei Jahre lang jedes Jahr von den Leuten des Jumben geläutert worden, ohne dass dazu jedes Mal ein besonderer Auftrag des Bezirksamtes oder der Forstverwaltung ergangen war. Der Jumbe hatte den allgemeinen Auftrag, auf die Waldkultur zu achten und dieselbe zu unterhalten, wohl beachtet. Die Leute seien »auch immer im Glauben [gewesen], dass das Wäldchen ihnen gehörte, weil sie unter Hinweis auf die Vorteile für sich selber zur Anlegung der Kultur angetrieben [worden seien].«869 Selbst der Jumbe ging trotz der Kronlanderklärung davon aus, dass er das Land verwalten konnte, obwohl die Forstverwaltung dort in der Zwischenzeit einige kleinere Kulturen angelegt hatte. Vielleicht setzte der Jumbe auch darauf, dass die Forstverwaltung ihn nicht scharf kontrollierte, zumal die Arbeiten in Vigoza immer noch vom Bezirksamt bzw. von der Nebenstation Kisakki überwacht wurden. Dies hatte sich Mhondogwa anscheinend zunutze gemacht und in der Nähe des Waldreservats Vigoza etwas über dessen Grenze hinaus im freien Gelände Mais angepflanzt.870 Förster Jahn hatte ihn laut Missionsbericht daraufhin allerdings mit 14 Rp bestraft, worüber sich der damalige stv. Bezirksamtmann Zingel echauffierte. Er war über das »schroffe Vorgehen des damaligen Fiskus […] sehr entrüstet, […] insbesondere [,] da der Jumbe in ganz gutem Glauben sich seine Schamba in der Nähe des Wäldchens angelegt hat.«871 Inwieweit der Jumbe im guten Glauben handelte oder die zweifelhafte Kontrollsituation ausnutzte, lässt sich aus dem Missionsbericht nicht erkennen. Der Missionar schloss seine Ausführungen mit dem Plädoyer, dass es im Interesse der zukünftig von den 867 Vgl. Bericht der Mission Mgeta vom 02. Januar 1913 als Anhang des Schreibens KBA Morogoro an Gouvernement vom 18. Dezember 1913; TNA G 8/ 708, o. p. 868 Vgl. ebd. 869 Vgl. ebd. 870 Vgl. ebd. 871 Vgl. ebd.

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»Eingeborenen« anzulegenden Forstkulturen »von großem Nutzen sein [würde], wenn das Reservat Vigoza den Eingeborenen zurückerstattet werden könnte. Sie würden sich für derartige Forstkulturen dann viel williger hergeben, andernfalls aber nicht recht daran glauben, dass die Wälder, die sie pflanzen, ihnen gehören.«872 Diese Schlussfolgerung war als Ergebnis der Befragung sicher nicht aus der Luft gegriffen. Auch der stellvertretende Bezirksamtmann Gärtner schloss sich dieser Sichtweise an und schrieb an das Gouvernement. Zwar hätten die »Eingebornen« die Anpflanzungen auf Anordnung des Bezirksamts angelegt, sie seien aber dabei von der Voraussetzung ausgegangen, »dass sie auch die Nutzung des Wäldchens haben würden.«873 Die kleinen Entschädigungssummen könnten bei Weitem nicht die gesamte Entschädigung für die geleistete Arbeit darstellen, diese müssten vielmehr als »Entgelt für die Beaufsichtigungen der Arbeiten« aufgefasst werden. Dass sich die Dörfler »entrechtet« vorkamen, hatte Gärtner nach eigenem Bekunden bei seinem Besuch in Tshenzema »deutlich gemerkt«, als er ihnen den Vorschlag machte, »den Holzmangel durch Anlage kleiner Forstparzellen in jeder Unterjumbenschaft zu mildern.«874 Die Einwohner von Tshenzema seien »recht wenig geneigt« gewesen, sich dieser Arbeit zu unterziehen, indem sie gerade auf das Vigoza-Wäldchen »zum Beweise dafür hinwiesen, dass sich die Regierung später doch die Nutzung der Anlage zueignen würde.«875 Die Dörfler wussten, dass sie hintergangen worden waren, weshalb Gärtner dem Gouvernement folgenden Vorschlag unterbreitete: Um das Vertrauen der Eingeborenen darin zu stärken, dass die von ihnen begonnenen Neukulturen ihnen auch wirklich gelassen werden, kann ich nur dringend raten, das Vigozawäldchen zum Gemeindewald der Landschaft Tshenzema zu erklären.876

Bei der Bezirksverwaltung in Morogoro schien man sich Brandis’ Idee des Gemeindewaldes zu Eigen gemacht zu haben, weshalb Gärtner der Empörung der Dorfbewohner gegenüber dem Gouvernement Ausdruck verlieh und die Mission als Vermittlerin die nötigen Informationen beschaffen ließ. Die lokalen afrikanischen Interessen wurden mit einer gewissen Autorität versehen und in die amtliche Kommunikation eingespeist, ebenso wie Bezirksamtmann Löhr dies in Tanga getan hatte. Und nur aufgrund solcher bezirksamtlichen Eingaben kann heute wenigstens indirekt auf lokale afrikanische Diskurse um koloniale Wälder geschlossen werden, die sich um den legitimen Zugang zu Ressourcen gedreht haben. 872 Vgl. ebd. 873 Vgl. Schreiben des KBA Morogoro an das Gouvernement mit Anhang einer Untersuchung der Mission Mgeta vom 18. Dezember 1913; TNA G 8/ 708, o. p. 874 Vgl. ebd. 875 Vgl. ebd. 876 Ebd. Unterstreichung in der Quelle.

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Die Reaktion des Forstverwaltung Auf die Eingabe Gärtners hin beschäftigte die Frage der Umwandlung des Waldreservats Vigoza in einen Gemeindewald die zentrale Kolonialverwaltung bis in ihre Spitze. Dabei äußerte sich Forstreferent Holtz in einer internen Notiz dahingehend, dass bei der Kronlandverhandlung die »Eingeborenen für geleistete Arbeit bei der Anlage und Unterhaltung des Vigozawäldchens nicht entschädigt [wurden].« Der Bezirksamtmann Lambrecht habe damals auf eine diesbezügliche Anfrage von Holtz nur erwähnt, daß eine solche Entschädigung nicht infrage kommen könne, doch sei die Forstverwaltung »gern bereit [gewesen], eine Entschädigung zu zahlen.«877 Weshalb der Bezirksamtmann keine Entschädigung hatte zahlen wollen, ließ Holtz offen, nur verwies er darauf, dass es »keinesfalls Schuld des Forstfiskus« gewesen sei, wenn »berechtigte Entschädigungsansprüche Eingeborener bei Okkupation des Vigozawäldchens unberücksichtigt geblieben sind.«878 Holtz anerkannte die Ansprüche der Bevölkerung auf die geleistete Arbeit, doch legte er den Bericht der Mission unvollständig aus. So verwahrte er sich dagegen, dass sich Bezirksamtmann Lambrecht seinerzeit »geirrt« haben könnte. Holtz konnte es sich »wenigstens nicht denken, daß ein Bezirkschef, der es sich hat stets angelegen sein lassen die Interessen der Eingeborenen fürsorglich und gerecht zu vertreten, […] in einem einzelnen Falle derart von seinem Grundsatz abgewichen sein sollte.« Viel eher glaubte der Forstreferent, dass die »nachträglich (nach Ablauf von fast 4 Jahren) vorgebrachten Klagen Eingeborener über angebliche Nichtberücksichtigung ihrer Ansprüche bei jener Kronlandverhandlung zumindest stark übertrieben [seien].«879 Diese Aussage stand konträr zum Missionsbericht und zur Auffassung Gärtners, doch ging es Holtz letztlich gar nicht um eine Aufklärung der Angelegenheit, sondern darum, die koloniale Amtshierarchie und Autorität zu wahren. So rügte er den Bezirksamtmann von Morogoro, Mahnke, dafür, dass dieser die Auffassung Lambrechts den »Eingeborenen« gegenüber nicht wenigstens solange vertreten habe, bis sein Amtsvorgänger in dem Fall aussagt hatte. Damit warf der Forstreferent dem Bezirksamtmann vor, die »Rasseschranke« nicht gewahrt zu haben. Laut Holtz sei es schon aus Rücksicht auf Mahnkes Amtsvorgänger »m. E. seine Pflicht« gewesen, erst bei Lambrecht eine Anfrage vorzunehmen. Denn weder die »Bezirksamtsalten« noch ein Europäer könnten über den Fall irgendeine Auskunft geben oder sich genau erinnern.880 Auf der Missionsstation Mgeta sei auf jeden Fall »kein Europäer, der zu jener Zeit schon in der Gegend« gewesen sei und etwas über den Fall wisse. Die ganze »Wissenschaft« der Mission Mgeta beruhte laut Holtz sowieso »auf Eingeborenen-Angaben […], deren notorische 877 Vgl. Vermerk des Forstreferenten Holtz vom 26. Januar 1913; TNA G 8/ 708, o. p. Unterstreichung in der Quelle. 878 Vgl. ebd. 879 Vgl. ebd. 880 Vgl. ebd.

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Unzuverlässigkeit […] sattsam bekannt [sei].«881 Einen Europäer, der um die Sache wisse, z. B. Holtz selbst zu fragen, habe Bezirksamtmann Mahnke nicht für notwendig gehalten. Deshalb werde die ganze Angelegenheit von der Mission nun zum Nachteil der Forstverwaltung ausgelegt.882 Holtz fühlte sich durch die von der Mission angestellte Befragung der Afrikaner bedroht, da diese anscheinend die Interessen der afrikanischen Seite vertrat. Es war ein neuer Spieler am kommunikativen Horizont der Waldkonflikte aufgetaucht. Die Mission hatte der afrikanischen Bevölkerung eine Stimme verliehen, der durch den stv. Bezirksamtmann Gärtner auch noch amtliche Autorität gegeben worden war. Diese Praxis stellte Holtz völlig in Abrede. Für ihn galt schlicht und einfach die koloniale Zweiteilung: Afrikaner = Unwahrheit, Europäer = Wahrheit. Damit negierte der Forstreferent die lokale Perspektive und unterstrich, dass er die Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika als ein europäisches Unternehmen für Europäer verstand. Schließlich hatte er bereits bei anderer Gelegenheit gegenüber Mahnke betont, dass Landabtretungen aus Waldreservaten unnötig seien. Holtz betrachtete die staatliche Forstwirtschaft als »in sich geschlossener Verwaltungszweig«, der »in allen Kulturstaaten« seine »Aufwendungen nach Möglichkeit durch eigene Einnahmen zu decken hat.«883 Die Kolonien machten für ihn keine Ausnahme, weshalb die Rückgabe von Land aus Waldreservaten für Holtz keine Option war. Denn das wirtschaftliche Ziel einer Staatsforstverwaltung lasse sich, so der Forstreferent, nur erreichen, wenn diese mehr oder weniger nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen handele. Sonst könne sich im Etat niemals ein richtiges Bild von dem jeweiligen finanziellen Erfolg der Forstverwaltung ergeben, die jedoch lediglich hiernach beurteilt zu werden pflegt, und auch beurteilt werden müsse.884 Holtz verdeutlichte den wirtschaftlichen Zweck als Kern der forstwirtschaftlichen Tätigkeit, woraus er eine Sonderrolle der Forstverwaltung innerhalb der Kolonialverwaltung ableitete. Damit beanspruchte er eine Stellung, die einem Staat im Staate gleichkam. Schließlich handelte es sich bei der Forstverwaltung um den einzigen Verwaltungszweig, dem mit den Waldreservaten eigene Territorien innerhalb der Kolonie zur Verfügung standen und der außerhalb von Armee und Polizei mit den Waldwärtern einen gesonderten eiheimischen Exekutivstab unterhielt, um die koloniale Herrschaft durchzusetzen. Insofern kommt in den Äußerungen des Forstreferenten noch einmal deutlich der latente, strukturelle Zielkonflikt in der Waldpolitik zwischen Bezirksverwaltungen und Forstverwaltung heraus. Dabei ging Holtz auf 881 In dieser Kritik bezog sich Holtz generell auf die von Missionen vorgenommene ethnologische Forschung; vgl. ebd. Unterstreichung in der Quelle. 882 Vgl. ebd. 883 Vgl. Schreiben des Forstreferenten Holtz an den 1. Referenten betr. Stellungnahme zu den Kosten der Landabtretung Waldreservat Kimboza vom 12. Februar 1913; TNA G 8/ 702, o. p. 884 Vgl. ebd.

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die eigentliche Streitfrage, ob das Waldreservat Vigoza zu einem Gemeindewald umgewidmet werden sollte, gar nicht ein. Dies abzulehnen, verstand sich für ihn von selbst. Für Holtz standen in dem Konflikt Fragen der Amtshierarchie und der rassischen Suprematie im Mittelpunkt, über die er den Kampf mit dem Bezirksamtsleiter ausfocht. Denn dadurch, dass die Mission Mgeta und der stellvertretende Bezirksamtmann Gärtner eine afrikanische Perspektive in den Forstdiskurs eingespeist hatten, geriet die herrschende Anschauung mit ihren verdeckten Grundannahmen ins Wanken. Hier hatte sich eine Gegenerzählung eingeschlichen, der nicht mehr mit den üblichen Argumenten von der »waldvernichtenden Tätigkeit des Negers« beizukommen war. Denn offensichtlich hatte die Dorfschaft Tshenzema vorbildlich einen Akazienwald angepflanzt und gepflegt. Damit hätte Holtz den Fall auch so interpretieren können, dass sich die von ihm gehegten Hoffnungen auf ein Einsehen der afrikanischen Bevölkerung in die kolonialen Waldschutzmaßnahmen erfüllten. Doch dieser Gedanke kam dem Forstreferenten nicht, weil er dieses Ziel in Wirklichkeit gar nicht verfolgte. Somit wird klar, dass es sich bei der kolonialen Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika um den Kommunikationszusammenhang eines Staats im Staate gehandelt hat, der die afrikanische Perspektive systematisch ausblendete. Man ging einfach grundsätzlich davon aus, dass sich afrikanische Landnutzungspraktiken nicht mit Waldschutz vertrugen. Dies war eine Fehlannahme, aufgrund derer sich die Konflikte zwischen afrikanischer Bevölkerung und Forstverwaltung manifestierten. In entscheidungstheoretischer Perspektive lässt sich die kolonialforstliche Kommunikation mittels der Kategorie »group-think« analysieren. Hierbei betrachtet man Entscheidungen, die unter ungeklärten Gruppenstrukturen und schlecht organisierten Entscheidungsregeln stattfinden. Diese Gegebenheiten erzeugen einen Druck auf die Entscheidungsfindung und führen zu einem frühzeitigen Ausscheiden wichtiger Alternativen und der Ausblendung von Risiken, ohne dass sich die Gruppe der Entscheider der Ursachen hierfür bewusst ist. Symptome für das Vorhandensein dieses Phänomens sind die Illusion der Unverwundbarkeit, das Bestreben, Warnungen zu entwerten, die Annahme einer höheren Moral, eine stereotype Sicht auf Rivalen und Feinde, direkter Druck auf normabweichende Gruppenmitglieder, Selbstzensur, die Illusion von Einstimmigkeit bei Mehrheitsentscheidung und das Auftreten von »mind-guards«, die die Gruppe vor entgegengesetzten Informationen schützen.885 Nahezu alle diese Merkmale trafen auf die forstwirtschaftliche Kommunikation in der kolonialen Situation zu. Sie zielte darauf, durch sprachliches Handeln eine gemeinschaftlich erfahrene Gleichheit innerhalb der Kolonialverwaltung zu erzeugen, die in eine gemeinsame Identität münden sollte, indem die einheimische Bevölkerung und

885 Vgl. Manfred Sader, Psychologie der Gruppe. Weinheim 82002, 218–220.

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die Mission diskursiv ausgegrenzt wurden.886 Inhaltlich ging es dabei in dem Konflikt um das Vigoza-Wäldchen, ebenso wie beim Problem der »Holznot« im Bezirk Tanga, um die Interpretation kolonialer Entwicklungsmöglichkeiten. Darum drehte sich der Machtkonflikt zwischen Bezirksverwaltung und Forstreferat, in den die Mission im Fall von Vigoza als neue Spielerin eintrat. Deshalb fragte Holtz weiter, »was die Mission Mgeta bei der Sache zu tun hatte, [und] ob es überhaupt angebracht war, dieselbe als Vermittlerin zur Vernehmung der Eingeborenen zu bemühen.«887 Seine Kritik zielte indes auf das Bezirksamt, das nach seiner Auffassung »die Untersuchung doch besser selbst vorgenommen [hätte]!«888 Denn letztlich glaubte er »bei der Neigung der Missionen, sich in Regierungsangelegenheiten einzumischen, und bei den vielen Reibereien, die zwischen Lokalbehörde und Missionen hieraus schon entstanden [seien]«, annehmen zu müssen, dass auch das Gouvernement das Vorgehen des Bezirksamts »missbilligen [werde].«889 Damit spielte Holtz auf strukturelle Probleme zwischen Kolonialverwaltung und Mission an, die sich immer dann zeigten, wenn die Mission vermeintlich als Sprachrohr der einheimischen Bevölkerung auftrat und Regierungspraktiken als unrechtmäßig oder brutal kritisierte. Hierdurch versuchte die Mission der Verwaltung die Deutungshoheit in Fragen der »Eingeborenenpolitik« streitig zu machen.890 Auf diesen Diskurs berief sich Holtz, indem er das Handeln der Mission anprangerte und diese zu einem äußeren Feind stilisierte. Damit wollte er innerhalb der Gouvernementsverwaltung einen Konsens erzeugen, um forstwirtschaftliche Interessen gegenüber dem Bezirksamt Morogoro durchzusetzen. Er stellte das Handeln der Bezirksverwaltung als moralisch verwerflich dar, da sie mit der Mission kooperiert hatte. In seinen Augen hatte sich das Bezirksamt unter Berufung auf den Missionsbericht über die Grenze des verwaltungsinternen Korpsgeistes hinweggesetzt und zusätzlich zur Inklusion afrikanischer Interessen in der Waldschutzfrage beigetragen. Holtz hoffte, dass die Zentralverwaltung seine Ansicht teilte und Vigoza nicht zum Gemeindewald erklärte. Entscheidung über das Vigoza-Wäldchen Die Argumentationsstrategie des Forstreferenten war von Erfolg gekrönt. Er konnte sich mit seiner Auffassung innerhalb des Gouvernements durchsetzen. Und dies wohl nicht zuletzt, weil er einen mächtigen Freund in der Zentralverwaltung hatte, den 1. Referenten und stellvertretenden Gouverneur, Wilhelm Methner. Deshalb war es für das lokale Bezirksamt schwer, sich bei der allgemeinen Verwaltung in Daressalam gegenüber dem Forstreferat zu behaupten. 886 Vgl. Warnke, Einleitung, 6. 887 Vgl. Vermerk des Forstreferenten Holtz vom 26. Januar 1913; TNA G 8/ 708, o. p. 888 Vgl. ebd. 889 Vgl. ebd. 890 Vgl. Habermas, Skandal, 186–188, 190.

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Eine soziale Forstreform auf der lokalen Ebene war damit nahezu unmöglich geworden, denn Methner stellte dem Bezirksamt gegenüber schroff heraus, dass das Vigozawäldchen – »eine von den Negern für ihren eigenen Bedarf und demnach auf eigene Rechnung angelegte Kultur« – rechtlich einwandfrei enteignet worden sei.891 Methner vertrat eine formale Vorstellung von Gerechtigkeit, während das Bezirksamt eine inhaltliche Vorstellung von Leistungsgerechtigkeit zugrunde legte. Somit hielt Methner auch nichts von einer Nutzungsbeteiligung der Bevölkerung.892 Dieser Ansicht schloss sich Gouverneur Schnee an, der die Entscheidung über das Vigoza-Wäldchen höchstpersönlich in einer Referentensitzung im Januar 1914 fällte. Ihm reichte die Intervention des Bezirksamts offensichtlich nicht aus, weshalb er beschloss, dass Vigoza ein Waldreservat bleiben und kein Gemeindewald werden sollte.893 Zwar regte sich gegen diese Entscheidung im Nachhinein noch Protest beim Finanzreferat. [D]as Wäldchen gehört den Eingeborenen[,] und man sollte es dem Vorschlag des Bezirksamtmanns gemäß zum Gemeindewald erklären.894

Das waren deutliche Worte, doch verhallte die Kritik, zumal der Gouverneur bereits entschieden hatte, »dass das Wäldchen im Eigentum des Landesfiskus verbleiben soll.«895 Damit war Schnee der diffamierenden Argumentation von Holtz gefolgt und hatte seine Autorität zugunsten des Forstreferats ins Spiel gebracht. Die Chance auf eine reformorientierte Veränderung in der Forstpolitik war verpasst worden. Die dogmatische Seite hatte gesiegt, was verwundert, zumal es für die Forstverwaltung kein allzu großer Verlust gewesen wäre, wenn man Vigoza zu einem Gemeindewald erklärt hätte. Doch eine solche Politik durfte von der Forstverwaltung zu dieser Zeit wohl nicht erwartet werden. Es ging ums Prinzip, das sich umso besser durchsetzen ließ, je mächtiger die Verbündeten innerhalb der Zivilverwaltung waren. So hatte Forstreferent Holtz mit Methner einen bedeutenden Fürsprecher, da dieser den Waldschutz ebenfalls mit missionarischem Eifer als zentrale Aufgabe des kolonialen Staates betrachtete. Gegen die Koalition dieser beiden »Afrikaner« hatten andere Verwaltungsstellen und die Mission kaum eine Chance, zumal es in der zeitgenössischen Logik »lediglich« um einheimische Interessen ging. Deshalb erschien die Entscheidung Gouverneur Schnees zugunsten der Forstverwaltung fast nur eine Formsache zu sein, um die Kontinuität in der Forstpolitik bezüglich der Frage des Besitzes von Waldreservaten zu wahren. Flächen, die der Fiskus einmal als Waldreservat 891 Vgl. Schreiben des Gouvernements an das KBA Morogoro betr. Entschädigungszahlungen für das Vigoza-Wäldchen vom 10. Dezember 1913; TNA G 8/ 708, o. p. 892 Vgl. ebd. 893 Vgl. Schreiben des Gouvernements an das KBA Morogoro betr. Vigozawäldchen vom 6. Januar 1914; TNA G 8/ 708, o. p. 894 Ebd. 895 Vgl. ebd.

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ausgewiesen hatte, gab die Forstverwaltung im Regelfall nicht wieder her. Auch blieben sie der afrikanischen Bevölkerung zur Entnahme von Waldressourcen verschlossen, es sei denn, man bezahlte entsprechende Preise. Insofern stellte sich die Situation für die Dörfler aus Tshenzema ähnlich dar wie für die Bewohner des Dorfes Pongwe im Bezirk Tanga. Auch dort hatte die Bezirksverwaltung eine Öffnung des Waldreservats zugunsten der afrikanischen Bevölkerung gefordert, was seitens der Forstverwaltung abgelehnt wurde. Nicht zuletzt hätte die Übergabe der Verantwortung über das Vigoza-Wäldchen an die afrikanische Bevölkerung einen Präzedenzfall bedeutet und den Alleinherrschaftsanspruch der Forstverwaltung über die Waldreservate infrage gestellt. Konsequenzen der Entscheidung Als Entgegenkommen an die Bewohner der Ortschaft Tshenzema wurde lediglich bestimmt, dass man ihnen das im Vigoza-Wäldchen »zum Hiebe gelangende Holz, soweit es für den eigenen Bedarf bestimmt ist, zur Selbstgewinnung gebührenfrei überlassen [wolle].«896 Das zumindest gestand man den Dorfbewohnern zu, doch legte man sie mit dieser Entscheidung an das Gängelband der Forstverwaltung. Denn es wurde weiter bestimmt, dass die Forstverwaltung dem Bezirksamt jedes Mal Meldung machen sollte, wenn Aushiebe im VigozaWäldchen nötig seien. Das Bezirksamt sollte daraufhin diejenigen Dorfbewohner, die Holzbedarf hätten, auffordern, sich bei der Forststation Bunduki zu melden. Der Leiter der Forststation sollte daraufhin einen Tag bestimmen, an dem er die »Fällung und Ausbringung vor Ort überwachen« kann.897 Klar ist, dass der Verwaltungsaufwand, den ein solcher Holzschlag erforderte, immens war und eine solche Praxis die Dorfbewohner keineswegs befriedigen konnte. Es wurden drei Kommunikationswege benötigt, die mindestens eine Woche in Anspruch nahmen und sich über das halbe Uluguru-Gebirge erstreckten. Wäre es da nicht einfacher gewesen, wenn die Dorfbewohner das Holz hätten frei schlagen können? Doch Methner hielt den Verwaltungsaufwand für gerechtfertigt, damit »nicht mehr Bäume entfernt werden, als vom Forstamt hierfür angewiesen wurden und um den Nadelholzkulturen, womit das Vigozawäldchen z. T. unterbaut [sei]«, keinen Schaden zuzufügen. Diese Regelung war in Meth­ ners Augen für beide Parteien vorteilhaft, da den Dorfbewohnern ein »Anteil an der Nutzung der geschaffenen Werte« gegeben werde, während die Forstverwaltung die Ausgaben an Arbeitslöhnen für die Fällungen einsparen könne. Zynischer konnte man es wohl nicht ausdrücken, wobei der 1. Referent nicht verstand, dass es den Bewohnern von Tshenzema um etwas ganz anderes ging. Sie wollten Besitz und Kontrolle des von ihnen angepflanzten Wäldchens, was 896 Vgl. Schreiben des Gouvernements an das KBA Morogoro vom 31. Januar 1914; TNA G 58/ 12, o. p. 897 Vgl. ebd.

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positiv gedeutet nichts anderes bedeutete, als dass sie sich mit der Aufforstung identifiziert hatten. Doch wurde seitens der Verwaltungsspitze nicht erkannt, dass sich hier eventuell eine Möglichkeit geboten haben könnte, aus dem strukturell bedingten Teufelskreis des wechselseitigen Misstrauens unter kolonialer Herrschaft auszubrechen. Es hieß seitens des Gouvernements nur kleinlich, dass eine nachträgliche Aufhebung des Waldreservats und Überweisung desselben als »Gemeindeforst« aufgrund »des vom Forstamt geleisteten Unterbaus mit Nadelholz« nicht infrage komme. Es handele sich um eine »Versuchsfläche […], deren Verlust die Forstverwaltung um die Früchte der geleisteten Arbeit und des damit verbundenen Geldaufwands bringen würde.«898 Diese Definition von Vigoza als Experimentalfläche für die Aufzucht bestimmter Baumarten zeigte deutlich den begrenzten Blick der forstlichen Interessen. Die Übertragung des Wäldchens an die Dorfschaft von Tshenzema wurde auch mit dem Hinweis abgelehnt, dass »die bei solchen Aufforstungsversuchen in entwaldeten Gegenden von der Forstverwaltung gesammelten Erfahrungen nicht nur für den Forstfiskus selbst, sondern auch für die Allgemeinheit nutzbringend sein werden.«899 Doch um welche Allgemeinheit handelte es sich hier? Zumindest nicht um die Allgemeinheit des Dorfs Tshenzema, sondern um eine abstrakte, koloniale Allgemeinheit, die jeder Konkretisierung und Verankerung in der afrikanischen Lebenswelt entbehrte. Deshalb durfte die Empörung der afrikanischen Seite nicht verwundern, wobei in der Folgezeit keine schärferen Konflikte um Vigoza aktenkundig wurden. Dies mochte daran liegen, dass bald nach der Entscheidung des Gouverneurs der 1. Weltkrieg ausbrach. Eine letzte Aktennotiz über Vigoza zeigt außerdem, dass sich der zuständige Förster gegenüber den Dorfbewohnern freigebig verhielt. Er meldete Ende März 1916 dem Gouvernement nach Tabora, dass er durch »Führung eines Lichtungshiebs« insgesamt 53,10 fm Gerberakazienholz gewonnen hätte, das er unter 44 bei der Aufforstung des Wäldchens beteiligte Dorfbewohner verteilt habe.900 Kriegsbedingte Landabgabe Kriegsbedingt hatte sich bei Gouverneur Schnee die Prioritätensetzung bei der Nutzung von Waldreservaten verschoben. Er legte inzwischen einen liberalen Maßstab an, als im Januar 1915 die Mission Mgeta beim Bezirksamt Morogoro um Auflassung und Kauf einer Fläche aus den Uluguru-Höhenwaldreservaten bat. Dort hatte die Mission bereits Pachtland zum Kartoffelanbau in Bearbeitung genommen, doch sollte die Fläche vergrößert werden. In der Begründung 898 Vgl. ebd. 899 Vgl. ebd. 900 Vgl. Schreiben des Forstamts Morogoro an den Gouverneur in Tabora betr. Unentgeltliche Holzverteilung aus Waldreservat Vigoza an Angehörige der Jumbenschaft Mbaruko vom 26. März 1916; TNA G 8/ 708, o. p.

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der Mission hieß es, dass »Wald […] dort nicht vorhanden [sei].«901 Weiter sei die Nachfrage nach Kartoffeln in den Monaten, wo die »Schwarzen« keine haben, immer stärker geworden. Auch müssten größere Flächen des gepachteten Landes nach der Bepflanzung längere Zeit brach liegen, da sonst der Boden zu »ausgenützt« sei und »keine Fruchtbarkeit mehr [enthalte].«902 Deutlich zeigte sich, dass für die extensive Form der afrikanischen Landwirtschaft keine entsprechenden Waldflächen mehr zur Verfügung standen, weshalb die Mission zur Versorgung der lokalen Bevölkerung um die Öffnung von Waldreservaten bat. Dieses Gesuch passte dazu, dass das Bezirksamt Morogoro bereits vor dem Krieg schon einmal Lebensmittelspenden aufgrund einer Missernte in West-Uluguru hatte verabreichen lassen.903 Mit solchen Handlungen traten koloniale Institutionen die Nachfolge von Händlern und »Großhäuptlingen« an, die in vorkolonialer Zeit bei Hungersnöten in den Bergen mit Spenden ausgeholfen hatten. Letztendlich stieg die Abhängigkeit der afrikanischen Bevölkerung vom kolonialen Staat.904 Doch Forstrat Dr. Holtz zeigte sich selbst in dieser schwierigen Situation während des Kriegs unnachgiebig. Er wollte das von der Mission Mgeta verlangte Stück Land nicht aufgeben, weil es sich um eine »Waldblöße« handelte, die sich gut zum Aufforsten eignete.905 Allerdings setzte sich das Gouvernement in Anbetracht der kriegsbedingten Notlage diesmal über die forstwirtschaftlichen Belange hinweg und stellte dem Anliegen der Mission »keine Bedenken« entgegen, da man den Anbau von Nahrungsmitteln für sehr wichtig hielt.906 In Friedenszeiten wäre dies kaum zu erwarten gewesen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das Gouvernement einmal okkupierte Waldreservate nur dann öffnete oder freigab, wenn sich humanitäre Katastrophen abzuzeichnen begannen, wie sich zuvor bereits in einem anderen Fall gezeigt hatte.907 Eine »Holznot« bei der afrikanischen Bevölkerung wie im Bezirk Tanga oder berechtigte lokale Ansprüche wie im Fall von Vigoza reichten dafür nicht aus, obwohl die Mitnutzung von Waldreservaten 901 Vgl. Schreiben der Missionsstation Mgeta an KBA Morogoro vom 30. Januar 1915; TNA G 8/ 705, o. p. 902 Vgl. ebd. 903 Vgl. Schreiben des Försters Rupprecht an Gouvernement betr. Ankauf von Reis vom 1. Dezember 1910; TNA G 58/ 97, o. p.; Mitteilung des Bezirksamtmanns Lambrecht an Förster Rupprecht betr. Anweisung zur Verteilung der Reislieferungen vom 9. Dezember 1910; TNA G 58/ 97, o. p.  904 Vgl. Davis, Holocausts, 204. 905 Vgl. Handschriftlicher Vermerk auf einem Schreiben KBA Morogoro an Gouvernement in Tabora betr. Auflassung von Waldreservaten (Mission Mgeta) vom 7. Februar 1915; TNA G 8/ 705, o. p. 906 Vgl. ebd. 907 Vgl. Schreiben KBA Morogoro Forstamt Morogoro betr. das Lepraheim Harrarani vom 26. Dezember 1912; TNA G 58/ 68, o. p.; Schreiben Forstamt Daressalam an KBA Morogoro betr. Waldreservat Kimboza, Abtretung einer Fläche an Harrarani vom 7. Februar 1912; TNA G 58/ 9, o. p.

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durch die afrikanische Bevölkerung der kolonialen Forstwirtschaft wohl keinen Abbruch getan hätte. Schließlich bewirtschaftete die Forstverwaltung ohnehin nur wenige der für sie reservierten Flächen aktiv.

8.2 Vertrauenskrise zwischen Metropole und Kolonie In der Forstwirtschaft Deutsch-Ostafrikas stellte die Kolonialreform eher ein politisches Oberflächenphänomen dar, weil sie kaum bis zur lokalen Ebene durchdrang. Auch erlangte das konservative Element nach Dernburgs und von Rechenbergs Demission wieder mehr Gewicht innerhalb der Kolonialverwaltung. Folglich konnten sich reformorientierte Bezirksamtmänner in DeutschOstafrika mit ihren Forderungen nach sozialen Erleichterungen für die afrikanische Bevölkerung selten durchsetzen. Gouverneur Heinrich Schnee schenkte den wirtschaftlichen Belangen der Forstverwaltung mehr Beachtung als sein Vorgänger von Rechenberg, wohingegen die Berliner Kolonialverwaltung gegenüber dem kolonialforstlichen Handeln zumeist skeptisch blieb. Das Verhältnis zwischen kolonialer Forstverwaltung und metropolitaner Kolonialverwaltung gestaltete sich bis zum Ende der deutschen Kolonialzeit spannungsgeladen. Dies zeigte sich anhand eines Streits, der hier als letztes Fallbeispiel besprochen wird. Es ging um die Nutzung von »Zedernholzbeständen« im Pachtgebiet ShumeWald. Auslöser war eine Aufforderung des RKA an das Gouvernement, eine genaue Quantifizierung der dort noch vorhandenen Nutzholzbestände durchzuführen.908 Äußerungen von Franz Stuhlmann und Moritz Büsgen hatten das RKA alarmiert. Beide Forstexperten behaupteten, dass die Ausbeutung der »Zedern« in West-Usambara durch die Firma Wilkins & Wiese nicht nachhaltig erfolge, weil der Pachtvertrag Fehler aufweise und das Unternehmen seinen Aufforstungsverpflichtungen nicht nachkomme. Stuhlmann und Büsgen fürchteten, dass es langfristig zu einer Erschöpfung der Zedernressourcen komme.909 Deshalb wollte das RKA Maßnahmen zum Schutz der wirtschaftlich wertvollen Bestände ergreifen und genau über deren noch vorhandenen Umfang informiert werden. Das Gouvernement betraute daraufhin Oberförster Deininger mit einer Untersuchung des Shume-Waldes. Die Ergebnisse hielt Deininger in einem internen Gutachten an das Gouvernement fest, publizierte diese aber auch teilweise in der Zeitschrift Der Pflanzer. In seinem veröffentlichten Aufsatz machte 908 Vgl. Erlass RKA an Gouvernement No. A. I. 1081 K. No. 1225./ 24847. Der Erlass konnte als Quelle nicht aufgefunden werden, doch wird im Schriftverkehr der Kolonialverwaltung auf diesen Erlass verwiesen; vgl. Schreiben Gouvernement an RKA betr. Ausdehnung der Bestände des Zedernholzes (Juniperus procera)  im Schutzgebiet vom 22. September 1912; BArch R 1001/ 7683, 174. 909 Vgl. Stuhlmann, Beiträge, 667; Büsgen, Forstwirtschaft, 812.

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er keine konkreten Angaben zur Größe des Bestands der »Zedern«, sondern konstatierte lediglich, dass diese früher in größerem Umfang vorgekommen seien. Für den Rückgang der Bestände machte er nicht die Firma Wilkins & Wiese, sondern autökologische Faktoren in Kombination mit Abholzungen durch die lokale Bevölkerung verantwortlich.910 Deininger verschwieg in seiner Publikation, was er in seinem internen Gutachten durchaus kritisierte, dass die »Zedernbestände« des Shume-Waldes »in absehbarer Zeit erschöpft« seien, falls die Firma Wilkins & Wiese in ihrem Pachtgebiet die jährliche »Werbung« noch wesentlich erhöhe.911 Mit anderen Worten, aus Deiningers internem Bericht konnte das Gouvernement entnehmen, dass die Holzfirma die »Zedern« nicht nachhaltig bewirtschaftete. Doch leitete es diese Kenntnisse nicht an das RKA weiter, das allein auf die Informationen aus Deiningers offizieller Publikation angewiesen blieb. Das Gouvernement verfolgte in seiner forstwirtschaftlichen Kommunikation gegenüber Verwaltung und Öffentlichkeit in der Metropole eine beschönigende Strategie. Es wollte die Vorstellung vermitteln, als nutze die Firma Wilkins & Wiese die Zedern im Shume-Wald nach streng forstfachlichen Maßgaben. Diesen Eindruck hatte bereits eine Fotografie im amtlichen Jahresbericht 1910/11 erwecken sollen. Bei der Aufnahme handelt es sich um ein sehr komplexes Bild, das in seiner Komposition einem Gemälde gleicht. Am rechten Rand sind zwei Forstbeamte zu erkennen, die das Aufmessen von Zedernholz im Shume-Wald beaufsichtigen. Die beiden Beamten sind die größten Figuren auf der Aufnahme, was ihre Bedeutung als Vertreter der staatlichen Forstaufsicht hervorheben sollte. Es handelte sich um eine idealisierende Darstellung, zumal sie verschwieg, dass die Forstbeamten des Gouvernements mit der Kontrolle von privaten Konzessionsgebieten wie dem Shume-Wald hoffnungslos überfordert waren. Beim RKA traute man den forstwirtschaftlichen Darstellungen des Gouvernement, wie sie durch die Fotografie und Deiningers Bericht übermittelt werden sollten, nicht. Man wollte aus Daressalam gern mehr über den Stand der Zedernausbeute erfahren, schließlich handelte es sich bei der Verwertung der »Zeder« aus metropolitaner Perspektive um eine Frage von nationaler wirtschaftlicher Bedeutung (vgl. S. 123–126). Doch antwortete der 1. Referent der Zentralverwaltung, Methner, auf eine erneute Anfrage der Berliner Verwaltung zum Umfang der Zedernbestände ausweichend, dass eine genaue Bestandsaufnahme der Zedern im Shume-Wald aufgrund der starken Kürzungen im Forstetat nicht vorgenommen werden könne. Falls deshalb in der Öffentlichkeit die Frage aufkommen sollte, was für den Schutz des »für die deutsche Bleistiftindustrie so 910 Vgl. Eduard Deininger, Zur Frage der Verjüngung der Cedernwälder in Westusambara, in: Der Pflanzer, 8, 1912, 184–190. 911 Vgl. Abschrift eines Schreibens Forstamt Wilhelmstal an Gouvernement vom 10. September 1912; BArch R 1001/ 7683, 175.

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Abb. 32: Aufmessen von Zedernholz im Shumewald. Aus: Jahresberichte der Forstverwaltung für das Wirtschaftsjahr 1910/11, o. S. (Foto: Redslob).

wertvollen, später vielleicht geradezu unentbehrlichen afrikanischen Zedernholzes« getan werden könne, müsse er antworten, dass über den bisherigen Schutz hinaus nichts getan werde. Dies sei aber nicht der Kolonialverwaltung anzulasten, sondern der »Reichsfinanzverwaltung«.912 Methner war ein überzeugter Anhänger der kolonialen Waldschutzpolitik und Sprachrohr des Forstreferenten Holtz. Dementsprechend versuchte er – erstmals nach dem Scheitern Eckerts – sich über die geringen Zuwendungen für die Forstverwaltung bei der Berliner Verwaltung zu beschweren und eine Erhöhung des Forstetats anzusprechen. Doch nahm man beim RKA die Eingabe des 1. Referenten nicht widerspruchslos hin, zumal die Finanzabteilung davon ausging, dass dem Gouvernement durchaus genügend Mittel für den Waldschutz zur Verfügung standen. Diese waren laut der Berliner Verwaltung jedoch nicht abgerufen worden, um die infrage stehenden Aufgaben durchzuführen.913 Daher erging ein Schreiben an das Gouvernement, in dem der nunmehrige Leiter des RKA , Staatssekretär Solf, eine genaue Erklärung zum Haushalt verlangte. Darin wurde dem Gouvernement detailliert vorgerechnet, dass in den Jahren von 1904 bis einschließlich 1910 insgesamt 280.479,57 RM für forstwirtschaftliche Zwecke verausgabt worden 912 Vgl. Schreiben Gouvernement an RKA betr. Ausdehnung der Bestände des Zedernholzes (Juniperus procera) im Schutzgebiet vom 22. September 1912; BArch R 1001/ 7683, 174. 913 Vgl. Referentenkommentar Abteilung B (RKA) auf: ebd., 175.

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seien, die bewilligten Summen jedoch höher lagen. Laut Solf konnte »von einem Mangel an verfügbaren Mitteln, wie sie die Durchführung der als notwendig erkannten forstlichen Arbeiten erheischt, […] zur Zeit nicht wohl gesprochen werden.« Die Schuld lag für Solf in der schlechten Bewirtschaftung des Forstfonds durch das Gouvernement. Er sprach sehr erbost von einer »Aufkündigung der Kooperation des Gouvernements gegenüber den Forderungen des Reichskolonialamts« und verlangte, die entsprechenden Kontrollen im Shume-Wald unverzüglich durchzuführen.914 Es zeigte sich in den Worten Solfs ein struktureller Konflikt zwischen Kolonie und Metropole. Das RKA wünschte mehr Informationen aus der Kolonie. Demgegenüber stand das Bestreben des Gouvernements, sich einen möglichst großen Handlungsspielraum gegenüber der Metropole durch Informationszurückhaltung zu bewahren, um bspw. die Kontrolle von Pachtverträgen freier zu gestalten. Deshalb reagierte man in Daressalam auf das Schreiben des Staatssekretärs mit zeitlicher Verzögerung. Gouverneur Schnee beantwortete dieses erst ein knappes Jahr später und wies alle Anschuldigungen von sich. Er machte deutlich, dass sich in seinen Augen die Einsparungen beim Forstfond nicht auf eine mangelhafte Bewirtschaftung zurückführen ließen, sondern auf den Mangel an Personal bei der Forstverwaltung. Wenn nicht genügend Personal zur Verfügung stände, so der Gouverneur, könnten die Mittel eben nicht vollständig verausgabt werden. Dies sei nun einmal in der »Eigenart des Forstbetriebes« begründet.915 Die Schutzgebietsverwaltung verfügte laut Schnee grundsätzlich seit mehreren Jahren über zu wenig Ober- und Unterbeamte im forstwirtschaftlichen Bereich, da das RKA seit 1910 Stellen abgebaut habe. Erst 1913 sei der Stellenschlüssel wieder erhöht worden, jedoch habe man die entsprechenden Mittel nicht mit bewilligt.916 Tatsächlich befanden sich Ende des Jahres 1913 21 europäische Forstbeamte in Diensten des Gouvernements, von denen drei beurlaubt waren (vgl. Anhang X). Damit lag die Anzahl der beschäftigten Förster oberhalb des Stellenschlüssel, der lediglich zwölf etatmäßige und fünf nicht etatmäßige, probeweise Stellen vorsah (vgl. Anhang XI). Im Vergleich zu anderen Abteilungen der Gouvernementsverwaltung handelte sich bei der Forstverwaltung um eine relativ personalstarke Einheit. Das Referat für Bergwesen verfügte bspw. nur über zwei europäische Mitarbeiter.917 Dennoch leugnete Schnee jede Mitverantwortung für die Verzögerung von Waldschutzaufgaben. Die Beamten seien aufgrund von Beurlaubungen, vorzeitiger Entlassung wegen Unbrauchbarkeit, 914 Vgl. Schreiben RKA an Gouvernement auf den Brief vom 22.9. d. J. vom 14. Dezember 1912; BArch R 1001/ 7683, 178–179. 915 Vgl. Schreiben Gouvernement an RKA: Auf J. No.: A. I. 1647/12 vom 14. Dezember 1912, J. No.: 2202 – Betrifft: Forstfonds vom 20. November 1913; BArch R 1001/ 7683, 196. 916 Vgl. ebd. 917 Vgl. Gesellschaft für kolonialen Fortschritt, Dreißig Jahre deutsche Kolonialpolitik mit weltpolitischen Vergleichen und Ausblicken. München o. J., 90–91.

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erheblicher Verspätung bei der Entsendung, aber vor allem aufgrund von Krankheiten, denen sie bei Außenarbeiten besonders ausgesetzt seien, durchschnittlich nur acht bis neun Monate pro Jahr einsatzfähig. Unter diesen Umständen sei die Bestandsaufnahme der »Zedern« im Shume-Wald zwar eine wichtige Aufgabe, doch andere Arbeiten seien vorrangig. Das wenige zur Verfügung stehende Forstpersonal beschäftige sich unausgesetzt mit Waldreservierungen, um dem Staat angesichts der schon stark fortgeschrittenen, in manchen Bezirken fast vollendeten Landaufteilung ein »entsprechendes Bewaldungsprozent [zu] sichern.«918 Schnee wollte der aus Berlin geforderten Überwachung von Holzunternehmen nur bei einer Mehrbewilligung von Mitteln und Personal durch Bundesrat und Reichstag zustimmen.919 Ohnehin ignorierte das Gouvernement gern Kritik an der privatwirtschaftlichen Nutzung von Wäldern, da es auf die Gelderträge aus den privaten Holzkonzessionen angewiesen war.920 Gouverneur Schnee setzte die metropolitane Verwaltung unter Druck, indem er die Bereitstellung von Wissen an Bedingungen knüpfte. Damit unterminierte er den bürokratischen Herrschaftsanspruch des RKA , worüber sich Berlin verärgert zeigte, zumal man den Ausführungen des Gouverneurs keinen Glauben schenkte. Aus der Finanzabteilung des RKA hieß es, dass es sich bei Schnees Ausführungen um ganz willkürliche und durch Zahlen nicht gestützte Annahmen handele.921 Des Weiteren wies man darauf hin, dass nicht nur die forstlichen Mittel seitens des Gouvernements in früheren Jahren nicht ausgenutzt worden seien, sondern man in Daressalam auch die bewilligten Stellen nicht besetzt habe. Der Referent der politischen Abteilung merkte an, dass ihm seit Jahren klar sei, dass irgendetwas im Forstwesen Ostafrikas nicht funktioniere. Er vermöge nur aus der Ferne den tieferen Grund nicht zu übersehen, weshalb er vermeide, von Berlin aus in Einzelheiten einzugreifen.922 Eine gewisse Frustration bei den Berliner Beamten gegenüber den forstwirtschaftlichen Belangen in Deutsch-Ostafrika war deutlich zu spüren. Sie verfügten aufgrund der räumlichen Distanz über kein ausreichendes Wissen, das ihnen erlaubt hätte, konkrete Entscheidungen zu treffen. Und das Gouvernement stellte ihnen dieses Wissen bewusst nicht zur Verfügung. Es herrschte in forstwirtschaftlichen Fragen ein tiefes Misstrauen zwischen Metropole und Kolonie. Das Gouvernement handelte aus der Perspektive der metropolitanen Verwaltung undurchsichtig, wo das RKA quantifizierbares Wissen verlangte. Letztendlich offenbarte sich im Streit zwischen metropolitaner 918 Vgl. Schreiben Gouvernement an RKA: Auf J. No.: A. I. 1647/12 vom 14. Dezember 1912, J. No.: 2202 – Betrifft: Forstfonds vom 20. November 1913; BArch R 1001/ 7683, 197. 919 Vgl. ebd. 920 Vgl. Conte, Sanctuary, 71. 921 Vgl. Referentenkommentar auf: Schreiben Gouvernement an RKA: Auf J. No.: A. I. 1647/12 vom 14. Dezember 1912, J. No.: 2202 – Betrifft: Forstfonds vom 20. November 1913; BArch R 1001/ 7683, 197. 922 Vgl. ebd.

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und gouvernementaler Verwaltung um die Kontrolle der Zedernwaldungen im Shume-Wald ein ähnliches strukturelles Problem wie bei Konflikten zwischen Zentralverwaltung und Bezirksverwaltungen auf kolonialer Ebene. Dieses lag in der bewussten Distanzierung untergeordneter Verwaltungseinheiten gegenüber vorgesetzten Stellen begründet. Erstere wollten ihre Entscheidungsautonomie bewahren. Im Streit um die Kontrolle der Zedernbestände war die Taktik des Schweigens und der Ausflüchte für das deutsch-ostafrikanische Gouvernement sogar erfolgreich, da keine weitere Kontrolle des Shume-Waldes erfolgte und sich die politische Abteilung des RKA darauf verlegte, vorerst nicht mehr zu intervenieren.923 Damit war der Konflikt vertagt und trat auch nicht mehr hervor, da man die forstwirtschaftliche Kommunikation zwischen Metropole und Kolonie ein gutes Jahr später kriegsbedingt einstellte. Kolonialforstliche Lobbyarbeit Eine Erhöhung des Forstetats und einen Ausbau des Stellenschlüssels erreichte das Gouvernement indes nicht, obwohl parallel zu Methners Eingabe im Reich ab dem Jahr 1912 verstärkt kolonialforstliche Lobbyarbeit eingesetzt hatte. Interessierte Kreise ließen in den letzten Jahren vor dem Krieg nicht locker, gegenüber der Berliner Regierung und Verwaltung einen Ausbau der Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas zu fordern. Konkrete Schritte zur Durchsetzung der Ziele begannen im Januar 1914, als die DKG beim Reichskanzler eine Eingabe einreichte, in der sie die Schaffung einer Forstreferentenstelle beim RKA verlangte. Diese Forderung war bereits mehrfach aus kolonialforstlichen Kreisen an Politik und Verwaltung herangetragen worden.924 Sie fand nicht zuletzt internationalen Widerhall in einem Bericht des belgischen Institut Colonial International.925 Außerdem forderte die DKG den Ausbau der forstwirtschaftlichen Aktivitäten in Deutsch-Ostafrika und eine Erhöhung des Forstbudgets für die Kolonie. Dreh- und Angelpunkt der Eingabe beim Reichskanzler war die Frage nach der Nutzholzproduktion. Man verlangte, dass aufgeforstet wurde und mindestens 100.000  RM an Sachmitteln mehr bereitgestellt werden sollten. Darüber hinaus wollte man die Aufstockung des Forstpersonals und einen Extraposten von 60.000  RM im Schutzgebietshaushalt für 1914/15 festschreiben. Aus Letzterem sollte der staatliche Ankauf von Privatwäldern in Ost-Usambara finanziert werden.926 Blickt man auf die Eingabe der DKG , fällt auf, dass sie auf detaillierten Kenntnissen der damaligen forstpolitischen Lage in Deutsch-Ostafrika beruhte. Es 923 Vgl. ebd. 924 Vgl. Schmidt, Kurt, Schreiben an Unterstaatssekretär von Lindequist: Gedanken über die Anfangsgründe einer forstlichen Tätigkeit in der deutsch-ostafrikanischen Kolonie vom 29. September 1909; BArch R 1001/ 7683, 79; Gieseler, Anfänge, 222. 925 Vgl. Institut Colonial International, Regime, 5, 25. 926 Vgl. Jahresbericht der Deutschen Kolonialgesellschaft 1913. Berlin 1914, 15–16.

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drängt sich der Eindruck einer sehr engen Verzahnung zwischen DKG und forstwirtschaftlichen Kreisen in der Kolonie auf. Die deutsch-ostafrikanischen Förster nutzen die Beziehungen zu Forstexperten in der Metropole und zur DKG , um ihre Forderungen bei der Berliner Kolonialverwaltung zu platzieren. Schließlich konnte man immer noch nicht erfolgreich direkt aus der Kolonie um eine Erhöhung des forstlichen Etats bitten, wie die ablehnende Haltung des RKA gegenüber Methners Eingabe gezeigt hatte. Eckerts Manipulationen waren nicht vergessen, weshalb es für die deutsch-ostafrikanischen Förster vorteilhaft war, wenn die DKG ihren partikularen Interessen den Anstrich eines allgemein wichtigen Anliegens verlieh. Haushaltentscheidung des Reichstags Kolonialstaatssekretär Solf hielt sich gegenüber den Forderungen der DKG bedeckt, zumal man nicht nur im RKA einem abermaligen Ausbau der staatlichen Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika skeptisch gegenüberstand. Insbesondere im Reichstag ließ sich eine Veränderung der reformorientierten Forstpolitik schlecht rechtfertigen. Deshalb war nicht zu erwarten, dass das Parlament ohne Weiteres die Mittel für eine Forstreferentenstelle beim RKA oder eine Erhöhung des Forstbudgets für Deutsch-Ostafrika bereitgestellt hätte. Dies zeigte sich, als die parlamentarische Debatte um den Kolonialhaushalt für das Geschäftsjahr 1914/15 aus kolonialforstlicher Sicht unbefriedigend verlief. Zwar sprach sich der deutschkonservative Abgeordnete von Böhlendorf-Kölpin für einen Ausbau der forstwirtschaftlichen Aktivitäten aus und betonte, dass der Forstbetrieb in Deutsch-Ostafrika erst ein »sehr langsames Tempo« anschlage, da man für das weite Gebiet lediglich unbedeutende 10.000 ha neu in Kultur genommen habe.927 Auch mit Blick auf Kamerun, als dem »Land der Holzschätze«, bemerkte er, dass zu deren Ausbeutung bisher ebenfalls wenig geschehen sei: Wie ständen wohl unsere Finanzen in Preußen, wenn man sich bei uns in früheren Jahrhunderten nicht in dem Maße um die Forstverwaltung gekümmert hätte, wenn man also der Meinung gewesen wäre, der Staat könne die Forstverwaltung nicht selber betreiben, das sei Sache der Privaten? Wie viel ärmer würden wir dann heute sein. Von unseren heutigen herrlichen Staatsforsten würde keine Rede sein.928

Böhlendorf-Kölpin vertrat die klassische Ansicht, dass eine Übertragung europäischer Verhältnisse auf koloniale Gebiete in Afrika möglich sei. Die Vertreter einer staatlich gelenkten Forstwirtschaft schienen erneut Aufwind bekommen zu haben, zumal die Gefahr einer »Holznot« mit Blick auf die »Zedernholzproduktion« noch immer in einigen Köpfen spukte und sich von Zeit zu Zeit 927 Vgl. Böhlendorf-Kölpin, Rede zum Reichshaushalt vom 11. März 1914, in: Stenographische Berichte der Verhandlungen des Reichstags, 294, 8023. 928 Ebd.

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erneut heraufbeschwören ließ (vgl. S. 124–126). So betonte auch Staatssekretär Solf, dass die Holzvorräte in Europa bald knapp würden und die Preise schon »erschreckend« angestiegen seien. Doch könne das »Kolonialholz« derzeit noch nicht konkurrieren, weshalb er an die Ausbeutung »unserer reichen Bestände an Forsten« in den Kolonien erst zu einem späteren Zeitpunkt denken wolle: »[D]ann werden wir in der glücklichen Lage sein, unseren heimischen Haushalt mit Holz zu versorgen.«929 Solf mahnte zu einem vorsichtigen Vorgehen, wobei er gleichzeitig betonte, dass die Forstwirtschaft in den deutschen Kolonien allen anderen Nationen voranstehe.930 Damit versuchte der Staatssekretär die kolonialforstlichen Interessen zu beschwichtigen931, zumal sich deren Forderungen im Reichstag nicht durchsetzen ließen. Solf wusste, dass die Zeit nicht reif war. Er lenkte gegenüber der parlamentarischen Mehrheit ein und wollte keine Abstimmung erzwingen, die eventuell negativ beschieden worden wäre. Schließlich war klar, dass man im Reichstag nicht mehr aufgrund von Spekulationen große Beträge für Deutsch-Ostafrika bereitstellen würde. Die Zeit, in der die koloniale Forstwirtschaft stark positive Emotionen entfachen und ihre Legitimation aufgrund unhinterfragter wirtschaftlicher Annahmen ableiten konnte, war vorbei. Nicht zuletzt sprach sich der Abgeordnete Hermann Paasche, der früher euphorisch für die forstwirtschaftlichen Belange Deutsch-Ostafrikas eingetreten war (vgl. S. 118, 279–282), gegen eine Erhöhung des Budgets aus. Der national-liberale Kolonialökonom ging mittlerweile davon aus, dass der Zeitpunkt, an dem Holz weltweit einmal knapp werden würde, noch nicht in Sichtweite sei. Ferner sagte er, dass die Waldprodukte aus Deutsch-Ostafrika aufgrund hoher Transportkosten zumeist unrentabel seien. Er äußerte sogar, dass Erfindungen gemacht werden könnten, die die koloniale Nutzholzausbeute gänzlich überflüssig machen und diesen »schönen Traum« zerstören würden.932 Selbst Paasche hatte sich von seiner früheren Idee, in der kolonialen Forstwirtschaft ein sinnvolles Projekt zu sehen, verabschiedet. Deshalb darf es nicht verwundern, dass sich in der letzten kolonialpolitischen Haushaltsdebatte im Reichstag keine Mehrheit für eine Erhöhung des Forstbudgets oder einen Ausbau der kolonialen Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika fand. Selbst das Holznotargument war bedeutungslos geworden, lediglich einige konservative Politiker wollten noch daran glauben. Ob sich die Abgeordneten eher von der Notwendigkeit einer Erhöhung des Forstetats und eines Ausbaus der Forstverwaltung hätten überzeugen lassen, wenn die Befürworter der kolonialen Forstwirtschaft mit konservatorischen 929 Solf, Rede bei der Beratung des Reichshaushalts 1914, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 294, 7942. 930 Vgl. ebd. 931 Vgl. Henke, Rede bei der Beratung des Reichshaushalts 1914, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 294, 7956. 932 Vgl. Paasche, Rede bei der Beratung des Reichshaushalts 1914, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 294, 7956.

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und präservatorischen Argumenten ins Feld gezogen wären, ist eine offene Frage. Letztendlich war entscheidend, dass das finanzielle Risiko sowie das strukturell bedingte Misstrauen von Politik und Verwaltung in der Metropole gegenüber Gouvernement und Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika zu groß waren. Schließlich hatte das Gouvernement den Nachweis einer rentablen Praxis der kolonialen Forstwirtschaft bis zum Ende der forstlichen Tätigkeit nicht überzeugend erbringen können.

IV. Fazit

Der 1. Weltkrieg beendete die deutsche Kolonialherrschaft in Tansania. Im Herbst 1916 stellten die deutschen Förster ihre Tätigkeit ein, verließen die ihnen verbliebenen Posten im Uluguru-Gebirge und marschierten mit der abziehenden Truppe in Richtung Süden nach Kisakki.1 Damit ging ein Abschnitt in der Waldgeschichte Tansanias zu Ende, in dem erstmals ein Staat versucht hatte, lokale Waldnutzungs- und Waldschutzpraktiken abzuschaffen, um ein zentrales, nationales Forstregime zu etablieren. Die Ergebnisse dieses historischen Prozesses werden im Folgenden zusammengefasst, diskutiert und im Vergleich zu anderen Kolonialgebieten auf ihre Generalisierbarkeit überprüft. Eine Beantwortung der Leitfrage nach den ökologischen und sozialen Folgen der kolonialen Forstherrschaft erfolgt unter Berücksichtigung unterschiedlicher zeitgenössischer Perspektiven und gegenwärtiger Forschungsmeinungen. Die anschließende historiografische Einordnung und Beurteilung des kolonialforstlichen Handelns wird unter Rückgriff auf die Begriffe von In- und Exklusion, insbesondere aber mit Blick auf das Kriterium der Nachhaltigkeit von Entwicklung vorgenommen. Hierbei ist eine Bedeutungsverschiebung des Nachhaltigkeitsbegriffs zu berücksichtigen. Der kolonialzeitliche Begriff ist nicht deckungsgleich mit dem heutigen Verständnis von sustainable development. Seinerzeit umfasste das Konzept der Nachhaltigkeit lediglich eine ökologische und eine wirtschaftliche Dimension, während der Begriff heute auch eine soziale Dimension einschließt.2 Ein Forschungsausblick rundet das Fazit ab.

1. Ergebniszusammenfassung Im Zeitalter des Hochimperialismus wurden tropische Waldressourcen über das Maß ihrer Regenerationsfähigkeit hinaus ausgebeutet. Es gab allerdings auch Bestrebungen, die Nutzung regenerativer Ressourcen in kolonialen Gebieten nachhaltig zu gestalten und natürliche Lebensgrundlagen zu schützen. Dazu erließen koloniale Verwaltungen Verordnungen, die die Nutzung von Waldressourcen in den besetzten Gebieten einschränkten. 1 Vgl. Paul von Lettow-Vorbeck, Meine Erinnerungen aus Ostafrika. Leipzig o. J., 132. 2 Vgl. Hans-Joachim Weidelt, Nachhaltige Bewirtschaftung tropischer Wälder aus ökologisch-technischer Sicht, in: Josef Herkendell, Jürgen Pretzsch (Hrsg.), Die Wälder der Erde. Bestandsaufnahme und Perspektiven. München 1995, 245; Grober, Entdeckung, 257.

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Fazit

Rechtliche Aspekte In Deutsch-Ostafrika erfolgte ein einschneidender rechtlicher Schritt mit der Allerhöchsten Kaiserlichen Verordnung (Kronlandverordnung) im November 1895. Hiernach ging das alleinige Recht auf Besitz an Boden an den kolonialen Staat über, wodurch man die einheimische Bevölkerung de jure bis auf wenige Ausnahmen vom Besitz an Land ausschloss. Alles Land, über das kein schriftlicher Besitztitel bestand, erklärte der koloniale Staat in Übereinstimmung mit den seinerzeit geltenden Völkerrechtsdoktrinen terra nullius und effektive Okkupation zu »herrenlos« Kronland, an dem allein dem Staat das Recht auf formelle Inbesitznahme (Okkupation) zustand. Die Kronlandverordnung legte außerdem fest, dass der Staat bei der Verpachtung oder beim Verkauf von Kronland an Dritte eine ausreichende Fläche an Wald zur Sicherung der Landeswohlfahrt zurückbehalten müsse. Damit zollte die Regierung dem konservatorischen Waldschutzgedanken Respekt. Diese Norm war grundlegend für die weitere forstwirtschaftliche Entwicklung in Deutsch-Ostafrika, da nach Möglichkeit keine Waldflächen veräußert werden durften, denen man einen Schutzwaldcharakter zusprach. Der koloniale Staat sah sich selbst in der Rolle des honest broker, der fortan für den Waldschutz im Sinn des kolonialen Gemeinwohls zuständig war, weshalb er die Waldnutzungsrechte der einheimischen Bevölkerung und der europäischen Siedler einschränkte. Mit der Kronlandverordnung legte das Reich den rechtlichen Grundstein für den Aufbau einer staatlich zentrierten kolonialen Forstökonomie in Deutsch-Ostafrika. Insofern liegt ihre Bedeutung in umweltgeschichtlicher Perspektive nicht allein darin, dass sie die besitzrechtlichen Verhältnisse am Boden in der Kolonie zugunsten des Staates neu regulierte, sondern auch die Durchsetzung staatlicher Interessen an den Waldressourcen aus konservatorischen Motiven ermöglichte. Bei der Umsetzung kolonialer Forstkontrolle griff der Staat sehr viel stärker als im agrarischen oder industriellen Sektor in lokale Lebenszusammenhänge ein. Er versuchte, eine direkte Kontrolle über die Wälder und die dort lebenden Menschen zu etablieren, weshalb die koloniale Herrschaft über den Wald besonders konfliktgeladen war. K. Sivaramakrishnan spricht von kolonialen Wäldern als »zones of anomaly«.3 In der Praxis sollten durch die Enteignung von Waldgebieten lokale, spirituell geprägte und dezentrale Formen der Umwelt- und Ressourcenkontrolle durch bürokratische und zentralstaatliche Formen ersetzt werden. Dazu schränkte man mittels weiterer Verordnungen den einheimischen Handlungsspielraum zur kommerziellen Gewinnung von Waldressourcen systematisch ein. Lediglich die Waldressourcenentnahme zum eigenen Gebrauch blieb weitgehend entgeltfrei,

3 Vgl. Sivaramakrishnan, Forests, 30, 33, 274 Fn. 4.

Ergebniszusammenfassung

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bedurfte jedoch staatlicher Erlaubnis. Die Folgen dieser Entwicklung waren für den einheimischen Handel mit Waldprodukten einschneidend, aber auch für die einheimische Landwirtschaft, da Wälder nicht mehr zum Feldbau und zur Viehweide genutzt werden durften. Am Beispiel der Kolonie Deutsch-Ostafrika lässt sich beobachten, dass dort – ebenso wie in anderen Kolonien – die Expansion privatrechtlicher Besitzvorstellungen nebst der damit verbundenen Vorstellung von europäischer Staatlichkeit nicht-sesshafte Formen der Waldwirtschaft verdrängte.4 Dabei war der lokalen Bevölkerung im Moment der staatlichen Enteignung kaum bewusst, dass sie zukünftig von der landwirtschaftlichen Nutzung der Wälder ausgeschlossen sein würde. Schließlich existierte in den bäuerlichen Gesellschaften kein Konzept von individuellem Landeigentum. Vielmehr ging man von einem kollektiven Begriff des Landbesitzes aus. Das koloniale Recht mit seinem individuellen Begriff von Besitz war der afrikanischen Bevölkerung fremd, weshalb sie die Tragweite staatlicher Interventionen oftmals nicht richtig verstand. Die afrikanische Seite ging vielfach davon aus, dass die Europäer das Land und die Wälder lediglich mitnutzen wollten. Dass es den Eroberern um das alleinige Besitz- und Nutzungsrecht ging, wurde der afrikanischen Bevölkerung oftmals erst in dem Moment bewusst, als man sie für die Ausübung alltäglicher wirtschaftlicher oder auch religiöser Handlungen mit Strafen maßregelte. Hingegen waren europäische Siedler und Plantagengesellschaften bei der Gewinnung von Waldressourcen auf ihrem Privat- oder Pachtland weniger scharfen staatlichen Restriktionen unterworfen und konnten diese weitgehend unkontrolliert nutzen. Ungleichheit Der afrikanischen Bevölkerung nahm das auf rassischen Kategorien aufbauende koloniale Recht fast jede Möglichkeit, formell gegen die staatliche Forstwirtschaft vorzugehen. Es bestand für Einheimische lediglich die Möglichkeit, gegen forstwirtschaftliche Regulierungen beim Bezirksamtmann im shauri Beschwerde einzulegen, während europäischen Kolonisten einen ordentlichen Klageweg vor Gericht beschreiten konnten. Bei Landkonflikten mit Einheimischen entschied hingegen der Bezirksamtmann oder in letzter Instanz der Gouverneur, was zumeist auf eine Unterdrückung legitimer Ansprüche hinauslief. Somit bestand für die einheimische Bevölkerung kaum eine Möglichkeit, einen rechtlichen Einfluss auf die Gestaltung der Land- und Forstpolitik zu nehmen. Das koloniale Staatswesen trug neo-absolutistische Züge. Über die kolonisierten Subjekte herrschte man ohne Gewaltenteilung. Die lokale Bevölkerung besaß in kolonialen Gebieten aufgrund der rassistischen Verfassung der polity keine formellen Partizipationsmöglichkeiten am politischen Entscheidungsprozess.5

4 Vgl. Bayly, Birth, 433–434; Williams, Earth, 351. 5 Vgl. Conrad, Kolonialgeschichte, 49.

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Fazit

Des Weiteren war direkte Gewalt gegenüber Einheimischen konstitutiv zur Durchsetzung der staatlichen Herrschaft über den Wald. Gewaltanwendung erfolgte in der Praxis zumeist despotisch, ging über das gesetzlich erlaubte Maß hinaus und wurde aufgrund rassischer Stereotype legitimiert. In kolonialforstlichen Kontexten war es die Ausnahme, nicht die Regel, dass die Herrschenden die Beherrschten als gleichwertige Menschen betrachteten, was die Gewalt eindämmte. Letztendlich handelte es sich bei der Enteignung von Wäldern und der Ablösung von gemeinwirtschaftlich bäuerlichen Waldrechten um einen zeitlich verdichteten Prozess, der in seiner Kombination aus völliger Entrechtung und Rassismus gegenüber den Beherrschten einmalig war. In Tansania verstaatlichte man das gesamte Land durch eine in Berlin am »grünen Tisch« ausgehandelte Kronlandverordnung mit einem Federstrich. Anschließend nahm es der Staat Stück für Stück formell in Besitz. Solch einen totalen Anspruch auf das Land und alle Ressourcen durch den Staat gab es in Europa nicht. Die europäische Bevölkerung ließ sich seinerzeit rechtlich nicht in gleichem Maße von der Waldnutzung ausschließen wie Kolonisierte.6

Waldbauliche Aspekte Neben der Kronlandverordnung wurden seit Beginn der direkten Kolonialherrschaft mehrere forstrechtliche Bestimmungen erlassen, mittels derer der koloniale Staat Gebühren erhob und neue Regeln zum Umgang mit Bäumen und Wäldern definierte. Wo diese Regeln im Rahmen des kolonialstaatlichen Herrschaftsaufbaus durchgesetzt wurden, zeigten sich ökologische und soziale Konflikte, die teilweise eng miteinander verflochten waren und manches forstliche Projekt scheitern ließen. Die aus Europa und anderen Kolonialgebieten stammenden forstwirtschaftlichen Prinzipien, Konzepte und Forstpflanzen ließen sich nicht einfach nach Tansania transferieren, um die dortigen ökosozialen Systeme auf kolonialwirtschaftliche Zwecke zuzuschneiden. Es fanden sich nicht jene »Laborbedingungen«, die sich die kolonialen Förster erhofft hatten.7 In der kolonialen Situation stießen imperiale und lokale Konzepte zur gesellschaftlichen Rolle von Bäumen und Wäldern aufeinander. Dabei schlossen kolonialforstliche Konzepte lokale Kontexte und Sinnhorizonte der Waldnutzung zumeist schon auf der diskursiven Ebene aus, was in der Praxis zu nicht intendierten ökologischen und sozialen Effekten führte. Konflikte mit der natürlichen und sozialen Umwelt zogen sich wie ein roter Faden durch die 6 Vgl. Koponen, Development, 441–460. 7 Vgl. Dirk van Laak, Kolonien als »Laboratorien der Moderne«?, in: Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871–1914. Göttingen 2004, 279.

Ergebniszusammenfassung

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Waldgeschichte Deutsch-Ostafrikas, zumal das Modell des »Normalwaldes« als Rahmenwerk für die Verwaltung von Wäldern in gemäßigten Zonen, nicht jedoch für die Tropen entwickelt worden war.8 In einigen Fällen führten die Konflikte dazu, dass die Forstbeamten dazulernten und ihr Handeln entsprechend der ökologischen und sozialen Bedingungen modifizierten. Es entwickelten sich mit der Zeit besser verträgliche Formen der Waldwirtschaft, nachdem man das deutsche Modell mit heimischen Elementen der Waldbewirtschaftung kombinierte. Das war nicht nur in Deutsch-Ostafrika, sondern auch in anderen kolonialen Gebieten zu beobachten, in die man das mitteleuropäische Forstmodell transferiert hatte.9 Diesbezüglich muss die Haltung der deutschen Förster als undogmatisch und pragmatisch bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den meist punktuellen Beobachtungen, die metropolitane Kolonialexperten auf Expeditionen gewannen, hatten die Förster über längere Zeiträume Gelegenheit die ökologischen Verhältnisse vor Ort zu studieren. Sie bezogen ihr tropenforstliches Wissen aus lokaler Expertise und folgten in geringem Maße vorgefertigten Konzepten. Bspw. hatten sie beobachtet, dass sich der Wald in Ostafrika von selbst durch natürliche Ansamung regenerierte, wenn er weitgehend von menschlicher Nutzung ausgeschlossen wurde. Deshalb setzten die meisten Förster in der waldbaulichen Praxis auf »natürliche Verjüngung« der Bestände und nicht auf teure Aufforstungen. In diesem Zusammenhang lehnten sie Kahlschlagwirtschaft ab und favorisierten den Plenterwald. Dieser entsprach stärker den natürlichen Wachstumsbedingungen und provozierte weniger soziale Konflikte. Der Grund war, dass der einheimischen Bevölkerung bei einer plenterartigen Bewirtschaftung Mitnutzungsrechte eingeräumt werden konnten, während Kahlschläge den bestehenden Wald vernichtet hätten. Auch veränderten die Beobachtungen der deutschen Förster und ihre waldbaulichen Erfahrungen aus Deutsch-Ostafrika die allgemeine forstliche Wahrnehmung von »Urwäldern«. Während man zu Beginn der Kolonisation zumeist von der Annahme ausging, dass es sich bei tropischen »Urwäldern« um vom Menschen unberührte Wälder handelte, betrachtete man diese gegen Ende der Kolonialzeit größtenteils als »Sekundärwuchs auf ehemaligem Kulturboden«. Ebenfalls änderte sich die Praxis des Anbaus von kolonialen Forstgewächsen. Hatte man zunächst versucht, europäische Forstpflanzen in Deutsch-Ostafrika zu akklimatisieren, ging man später zur Nutzung von Pflanzen und Saatgut aus anderen tropischen oder subtropischen Gebieten über. Auch setzte man verstärkt auf den Anbau einheimischer Forstgewächse und nutzte, was im Erprobungsstadium 8 Vgl. Kuang-chi Hung, Normal Forest and Hybrid Culture – German Forestry, Japanese Empire and Formosa in the First Half of the Twentieth Century, in: Woodland Cultures in Time and Space: Tales from the Past, Messages for the Future. Scientific and Social Perspectives on Woodland Chance. Abstracts, International Conference on Forest and Woodland History 3. – 7. September 2007, Thessaloniki, Greece. Athens o. J., 101. 9 Vgl. ebd.

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Fazit

gut anging und wirtschaftlichen Erfolg versprach. Dies führte dazu, dass mit der Zeit unter den einheimischen Forstgewächsen ebenso wie unter den Exoten einige Spezies favorisiert wurden. Das Spektrum der angebauten Arten verengte sich. Als Exoten kamen vor allem Teak, Eukalyptus, Kasuarine, Gerberakazie und Bambus zum Tragen, die aus Australien, Indien, Java und Südafrika stammten. Ferner spielten einige mittelamerikanische Koniferen sowie Chinaund Gummibäume eine bedeutsame Rolle. An einheimischem Hartholz war es vor allem Mvule (clorophora exelsa), an Weichholz vor allem die Koniferen Mseri (Podocarpus) und die sogenannte »afrikanische Bleistiftzeder« (Juniperus procera), die einen forstwirtschaftlichen Erfolg versprachen. Ein großflächiger Anbau von Koniferen in Monokulturen setzte allerdings erst in der britischen Kolonialperiode ein. Während der deutschen Kolonialzeit befand man sich noch weitgehend im Erprobungsstadium, wobei die Forstverwaltung neben Nutzholz auch stark auf die Gewinnung von forstwirtschaftlichen Nebenprodukten wie Kautschuk, Gerbrinde oder Chinin abstellte. Diese Produkte konnte man relativ schnell ernten. Sie brauchten keine 30–80 Jahre zum Wachsen wie die Nutzhölzer. Unter kolonialwirtschaftlichen Bedingungen war die Forstverwaltung darauf angewiesen, schnell einen Gewinn zu generieren, um möglichst kostendeckend zu arbeiten. Deshalb baute man sogar landwirtschaftliche Pflanzen wie Tabak oder Reis an. Das war ein entscheidender Unterschied zur europäischen Forstwirtschaft, die stärker auf die Erzeugung von Nutzholz setzte. Somit kann davon gesprochen werden, dass sich das aus der europäischen Forsttradition stammende Konzept der nachhaltigen Nutzholzbewirtschaftung in der kolonialen Situation transformierte.

Kontrollsysteme Den Kolonialförstern gelang es mit der Zeit, ihre waldbaulichen Praktiken besser auf die ökologischen Bedingungen in Tansania zuzuschneiden. Im Vergleich dazu gestalteten sich ihre Versuche, die soziale Umwelt in Form der einheimischen Bevölkerung und der europäischen Siedler zu kontrollieren, kaum erfolgreich. Mit Blick auf die einheimische Bevölkerung zeigte sich, dass es sich bei der deutschen Kolonialherrschaft in Tansania um eine »vermittelte Herrschaft« gehandelt hat, wie Andreas Eckert im Anschluss an Trutz von Trotha formuliert.10 Diese Form der kolonialen Herrschaft war durch einen grundlegenden Antagonismus zwischen Beherrschten und Herrschern gekennzeichnet, der auf wechselseitig mangelndem Basisvertrauen beruhte. Es existierte gegenüber der afrikanischen Bevölkerung seitens der deutschen Förster kaum eine direkte Befehlsgewalt, um Regulierungen durchzusetzen, obwohl 10 Vgl. Eckert, Herrschen, 36.

Ergebniszusammenfassung

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die Deutschen in Tansania formell eine direkte Kolonialherrschaft ausübten. Sie mussten auf einheimische Intermediäre zurückgreifen, weil es der Kolonialverwaltung an einer ausreichenden Menge europäischen Personals mangelte. So wurden im forstwirtschaftlichen Bereich die Waldschutzaufgaben an lokale Älteste (Jumben) und ihnen unterstellte Waldpolizisten delegiert, die im Auftrag der Kolonialmacht die Bevölkerung in ihren Dörfern überwachen sollten. Dieses Verwaltungskonzept war kostengünstig und knüpfte – ebenso wie Jagdkontrolle – an vorkoloniale Institutionen an. Dabei erhoffte man sich von der intermediären Form der kolonialen Herrschaft, die einheimischen Autoritäten näher an die koloniale Verwaltung binden zu können. Auch glaubte man, dass die afrikanischen Bäuerinnen und Bauern bald Einsicht in die »höherwertigen« europäischen Waldschutzregeln haben und diese eher beachten, wenn sie von ihren Dorfältesten und nicht von kolonialen Beamten exekutiert würden. Dabei drängte man die Jumben dazu, Regeln zur Landnutzung umzusetzen, die keineswegs den Interessen der afrikanischen Dorfschaften entsprachen. Ihnen wurde auferlegt, Brandverbote zu überwachen, da das Abbrennen von Feldern und Viehweide aus staatlicher Perspektive den Baumbestand bedrohte. Ferner sollten sie den Verkauf von Holzschlagerlaubnisscheinen organisieren und gegen Provision die Holzschlaggebühr für den Staat einnehmen. Durch diese Maßnahmen wollte der koloniale Staat den einheimischen Holzhandel unter Kontrolle bringen, vorhandene Waldbestände schützen und die Neubewaldung der Kolonie fördern. Allerdings funktionierte das intermediäre System aus kolonialforstlicher Perspektive nicht besonders gut. Es zeigten sich nicht intendierte soziale Folgen, da die Jumben in der Praxis vielfach wenig Interesse hegten, die kolonialstaatlichen Forstschutzbestimmungen gegenüber den Bewohnern ihrer Dörfer durchzusetzen. Die Ursache lag darin, dass sie als Dorfvorsteher traditionell für die Verteilung der Waldnutzungsrechte innerhalb der Dorfschaften verantwortlich waren. Doch waren die Jumben nicht mehr länger nur ihren Dorfschaften verpflichtet, sondern auch der Kolonialmacht. Hierdurch rutschte ihre Rolle in eine prekäre Lage. Setzten sie die kolonialen Waldschutzmaßregeln durch, gerieten sie in Opposition zu ihren Dorfbewohnern. Setzten sie die Waldschutzmaßregeln nicht durch, genossen sie zwar den Rückhalt ihrer Dorfbewohner, liefen aber Gefahr, seitens der Kolonialverwaltung abgesetzt zu werden. Aufgrund dieses strukturellen Dilemmas erodierte vielerorts das reziproke, gerontokratische Herrschaftsprinzip zwischen Dorfältesten und Dorfbevölkerung. Es kam zu Konflikten innerhalb der Dorfschaften. Hierbei mussten sich die Jumben entscheiden, ob sie dem Willen der Dorfbewohner oder dem der Kolonialmacht folgten. Zeigten sie sich gegenüber der Kolonialmacht loyal, riskierten sie offene Aufstände, die von jüngeren, schriftsprachlich gebildeten Dorfbewohnern angeführt wurden, die im Zweifelsfall die gewohnheitsmäßigen Rechte der Dörfler gegenüber der Forstverwaltung zu behaupten versuchten.

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Fazit

Nicht zuletzt deshalb entschieden sich einige Jumben, für die Durchsetzung der Bedürfnisse ihrer Dorfschaften einzutreten, indem sie versuchten, die staatlichen Vorgaben zu umgehen. Es häuften sich in den deutschen Verwaltungsakten Klagen von Bezirksamtmännern und Stationskommandeuren, dass die Dorfchefs ihren Waldschutzaufgaben gar nicht oder nur schleppend nachkamen. Einige Jumben gingen mit ihren Dorfbewohnern zu mehr oder weniger offenen Formen des Widerstandes über. Dafür bekamen sie teilweise die volle Härte des kolonialen Gesetzes – Kettenhaft und Absetzung – zu spüren. Es zeigten sich aus kolonialer Perspektive deutliche Schwächen des intermediären Forstkontrollmodells. Mittels der indirekten Kontrollstruktur und des geringen europäischen Personals ließen sich weder ein flächendeckendes Brandverbot noch andere forstwirtschaftliche Regulierungen durchsetzen. Die forstwirtschaftliche Kolonisation führte nicht zu der beabsichtigten starken Kontrolle der sozialen Umwelt, wodurch es wiederum nicht gelang, eine flächendeckende ökologische Kontrolle über die natürliche Umwelt zu erlangen.11 Direktes Kontrollsystem Die problematischen Erfahrungen der Kolonialverwaltung mit dem indirekten Regime der Forstkontrolle führten dazu, dass der Staat etwa ab der Jahrhundertwende den Aufbau neuer Kontrollstrukturen forcierte. Man konzentrierte sich beim Forstschutz auf einzelne wertvolle Waldgebiete, die als Brandreservate durch hautamtliche Förster und ihnen unterstellte einheimische Waldwärter direkt bewacht wurden. Hierdurch erreichte man punktuell eine vergleichsweise durchsetzungsstarke Kontrollform. Die Gründung der ersten beiden Brandreservate Mogo (»Sachsenwald«) und Pugu erfolgte im Jahr 1898 nach britisch-indischem Vorbild unweit der Hauptstadt Daressalam. Sie bildeten den Prototyp von Waldreservaten, wie sie später – vor allem im Nordosten Tansanias – in großer Zahl gegründet und zum hart umkämpften Terrain zwischen unterschiedlichen kolonialen und einheimischen Interessen werden sollten. Außerdem gründete man im Jahr 1902/03 unter der Regierung des Gouverneurs von Götzen eine eigenständige Forstverwaltung, um Deutsch-Ostafrika zu einem global player im internationalen Geschäft mit Waldprodukten zu entwickeln. Ziel und Zweck der staatlichen Forstverwaltung war es, das holzverarbeitende Gewerbe und die Industrie in der Metropole von ausländischen Importen unabhängig zu machen, indem man tropische Nutzhölzer und andere Waldprodukte in großem Stil aus Deutsch-Ostafrika lieferte. Vorrangig wollte man Importe aus den USA substituieren und die weltmarktbeherrschende Stellung von US -amerikanischen Holzunternehmen bei der Produktion von Nutzhölzern und Gerbrinde brechen. Gerechtfertigt wurde der Aufbau kostspieliger Forstverwaltungsstrukturen mit der Begründung, dass weltweit eine »Holznot« 11 Vgl. Kreye, Fire, 64.

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drohe, der man durch Ausbeutung tropischer Waldressourcen im Staatsbetrieb begegnen müsse. Darin zeigte sich eine Parallele zur Rechtfertigung des Aufbaus von staatlichen Forstverwaltungen ein Jahrhundert zuvor in Europa, wo man ebenfalls das Schreckgespenst einer drohenden Holzknappheit aufgebaut hatte, um den staatlichen Zugriff auf Waldressourcen zu legitimieren.12 Den Aufbau der staatlichen Forstverwaltung in Deutsch-Ostafrika betrieb das Reich innerhalb eines national-imperialen volkswirtschaftlichen Rahmens in Form einer proto-autarken Handelspolitik. Darüber können ebenso wenig zeitgenössische Initiativen zur transimperialen Zusammenarbeit beim tropischen Waldschutz noch die Tatsache hinwegtäuschen, dass Pflanzen, Saatgut und forstliches Expertenwissen aus Kolonien anderer Mächte nach DeutschOstafrika transferiert wurden. Denn die die transimperiale kolonialforstliche Zusammenarbeit fand immer dort ihre Grenzen, wo nationalwirtschaftliche Interessen bedroht schienen. Sie wurde nicht in dem Maße praktiziert, wie es seinerzeit aus wissenschaftlicher Perspektive wünschenswert erschien, sondern wie es wirtschaftspolitisch opportun war. Transimperiale Kooperation in forstwirtschaftlichen Fragen war lediglich ein Mittel zum Zweck, um die nationale Herrschaftsausübung in einzelnen Territorien zu optimieren. Kooperation zwischen Imperien wurde politisch nur solange angestrebt, wie sie für einzelne Großmächte einen Nutzen versprach oder nationalen Zielen zumindest nicht entgegenlief. Sobald eine Kolonie genug eigene Kapazitäten entwickelt hatte, um Probleme selbstständig lösen zu können, verminderte sich die Kooperationsbereitschaft. Somit dienten die Transfers zwischen Deutsch-Ostafrika und anderen Kolonialgebieten letztendlich dem Aufbau eines möglichst autarken nationalimperialen Herrschafts- und Wirtschaftsraums. Ziel der Kolonialpolitik des Reichs war, die Weltmärkte durch Exportstärke zu beherrschen, während man sich von Importen aus anderen Imperien möglichst unabhängig machen wollte. Transimperiale Kooperation galt seinerzeit nicht als Wert an sich. Deshalb muss historischen Interpretationen mit Vorsicht begegnet werden, die die Ansicht vertreten, dass es sich beim Aufbau kolonialforstlicher Verwaltungsstrukturen in Deutsch-Ostafrika lediglich um die Umsetzung transimperialer Expertenstandards gehandelt hat und nicht um ein nationalwirtschaftlich motiviertes Programm zur Generierung staatlicher Einnahmen.13 Wenn Ulrike Kirchberger diese These vertritt, muss sie sich die Frage gefallen lassen, ob ihre Auffassung nicht auf einer Idealisierung basiert. Schließlich zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass in wissenschaftlichen und teilweise auch in politischen Kreisen in der Metropole der Wille zur grenzübergreifenden kolonialforstlichen Zusammenarbeit zwar gegeben war, doch hiervon in Deutsch-Ostafrika wenig 12 Vgl. Gleitsmann, Aspekte, 48, 61–63, 87; Radkau, Energiekrise, 21, 23; Grewe, Holznotalarm, 4, 40. 13 Vgl. Kirchberger, Infrastruktur, 66.

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realisiert wurde und dies mit abnehmender Tendenz im letzten Jahrzehnt vor dem Krieg. Im Ergebnis kann man anhand der deutsch-ostafrikanischen Forstwirtschaft zeigen, dass es, wie Sebastian Conrad und Andreas Eckert schreiben, in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zwar verstärkt zu weltweiter wirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Integration kam, sich die Weltgesellschaft aber gleichzeitig politisch stärker in national definierte Imperien differenzierte.14 Das spiegelte sich nicht zuletzt im kolonialforstlichen Expertendiskurs und in der Ausbildung kolonialer Förster wider, die gegen Ende des 19. Jh. zunehmend innerhalb nationalsprachlich definierter Räume stattfanden.15

Soziale Folgen Die Gründung der Forstverwaltung und der damit einhergehende Ausbau eines direkten Forstkontrollmodells stellte im nordöstlichen Tansania eine umweltgeschichtliche Zäsur dar, wo die schärferen Regulierungen fortan von lokalen Forstämtern durchgesetzt wurden. Das hatte Auswirkungen auf die inneren Verhältnisse afrikanischer Gesellschaften. Zum einen verloren Älteste als Dorfvorsteher an Bedeutung, weil sie formell keinen Einfluss mehr auf die Waldnutzung ausüben durften. Zum anderen waren Rolle und Status von Frauen betroffen. Einerseits durften sie ihre im Wald liegenden Felder nicht mehr bearbeiten, andererseits bot ihnen die Forstverwaltung Möglichkeiten zur Lohnarbeit, wodurch sie eigenes Geld verdienen konnten. In Landesteilen außerhalb des Nordostens blieb die intermediäre Form der Forstkontrolle bestehen, weshalb der Einfluss der deutschen Forstgesetzgebung auf existierende afrikanische Zugangsrechte und Waldnutzungsformen nicht überall direkt und unmittelbar gewesen ist, wie Neumann behauptet.16 Die meisten Landesteile Deutsch-Ostafrikas berührte die Forstverwaltung selbst nach der Jahrhundertwende eher oberflächlich, weshalb der Wandel in den Beziehungen zwischen Menschen und Wäldern dort nicht so tiefgreifend war. Sie besaß außerhalb der nördlichen Bezirke und des Rufiyi-Deltas keinen direkten Zugriff auf die einheimische Bevölkerung. Somit ist zu vermuten, dass der informelle Handel mit Waldprodukten und einheimische landwirtschaftliche Praktiken vielerorts als Elemente einer parallelen Ökonomie jenseits der staatlichen Kontrolle weiter bestehen blieben. Das zeigen bspw. Klagen der Förster über einheimischen »Raubbau« an Kautschukbeständen oder über »Waldfrevler«. Die Beharrungstendenzen einheimischer Waldnutzungspraktiken waren stark, zumal 14 Vgl. Conrad, Eckert, Globalgeschichte, 18, 20. 15 Vgl. Hölzl, Wald, 23–24. 16 Vgl. Roderick, P. Neumann, Forest Rights, Privileges and Prohibitions: Contextualizing State Forest Policy in Colonial Tanganyika, in: Environment and History, 3, 1997, 50.

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sich die koloniale Dominanz über einheimische Handelsnetzwerke schwierig gestaltete. Ein Grund dafür war, dass der Staat bei der Kontrolle des Holzhandels an vorkoloniale Institutionen anknüpfte, indem er lokalen Jumben die Zuteilung von Holzerlaubnisscheinen übertrug. Das war im forstwirtschaftlichen Sektor selbst nach der Gründung der Forstverwaltung noch überall dort der Fall, wo man aufgrund geringen Personals keine lokale Forstbehörde einrichtete. Somit konnten die Jumben den Holzschlag nach eigenen Maßstäben regeln, fast so, wie sie es bereits vor der Kolonialzeit getan hatten. Der einheimische Holzhandel verlief geschützt durch die Jumben vielerorts vermutlich in ähnlicher Form wie vor der Kolonisation. Die Forstbeamten erhielten kaum Zugriff auf die informellen Netzwerke, zumal die lokalen Holzhändler auch in kooperativen Beziehungen zu kolonialen Unternehmern standen, die von den günstigen einheimischen Holzpreisen profitierten. Somit nutzten die Händler ihr eigenes Kapital und ihre eigenen Technologien, um Waldprodukte zu gewinnen, während der Staat versuchte, die Ökonomie zu modernisieren und zu kontrollieren. Dieser Befund zur Praxis des einheimischen Holzhandels weist eine Parallele zur Praxis des Elfenbeinhandels in den ersten Dekaden der deutschen Herrschaft in Tansania auf. Dieser verlief ebenfalls weiterhin innerhalb von Jäger- und Händlernetzwerken, die sich vor der Kolonialzeit herausgebildet hatten. Der Verkauf von Erlaubnisscheinen (Lizenzen für die Jagd auf Elefanten) wurde seitens der Kolonialmacht wie beim Holzhandel an die Jumben delegiert. Sie bestimmten als lokale Eliten, wer zur Jagd zugelassen wurde. Es lässt sich daher bezüglich des kolonialen Jagd- und des Forstregimes eher von einer Transition, denn von einem Bruch bestehender Verhältnisse sprechen.17 Somit erscheint fraglich, ob die staatliche Kolonisation von Waldressourcen in Deutsch-Ostafrikas einen ähnlichen abrupten Einschnitt bedeutet hat, wie Guha und Peluso für Britisch- und Niederländisch-Indien festgestellt haben.18 Vielmehr muss man in Analogie zu westafrikanischen Verhältnissen für Deutsch-Ostafrika eher von einem schwachen kolonialen Staat ausgehen, der seine forstwirtschaftlichen Interessen gegenüber der einheimischen Bevölkerung zumeist nur punktuell, aber nicht umfassend durchsetzen konnte.19 Insofern ist der koloniale Staat in Deutsch-Ostafrikas – wie Cooper und Stoler bezüglich anderer Kolonialregime betont haben – weder als monolithisch noch als omnipotent oder hegemonial zu bezeichnen.20 Einheimische Holzhändler konnten einige soziale Nischen in Form einer informellen Ökonomie unterhalb der Schwelle kolonialstaatlicher Kontrolle behaupten oder neue soziale Nischen schaffen. Lediglich in den nordöstlichen Bezirken setzte der Staat nach der Jahrhundertwende durch die 17 Vgl. Gißibl, Nature, 68, 79. 18 Vgl. Guha, Woods, 217–218; Madhav Gadgil, Ramachandra Guha, This Fissured Land. An Ecological History of India. Delhi 41997, 216; Peluso, Forests, 44, 50. 19 Vgl. Gilbert, Dhows, 18–19; Sunseri, War, 119. 20 Vgl. Cooper, Stoler, Metropole, 6, 39 Fn. 17.

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Fazit

Forstverwaltung erstmals mit einem zentral gesteuerten Verwaltungsstab die kolonialen Forstregeln durch, sodass diese nicht allein auf dem Papier bestanden. Dort gelang es punktuell, am Rand der Ökumene den Nischenraum von bäuerlichen Bevölkerungsgruppen und lokalen Holzhändlern zu verkleinern oder diesen selbst zu besetzen. Europäische Holzunternehmen ließ man hingegen weitgehend unbehelligt agieren. Dabei war es das erklärte Ziel der Forstverwaltung, nicht nur besonders wertvolle Waldungen zu kontrollieren und zu bewirtschaften, sondern die Kontrolle über möglichst alle Waldressourcen auf noch nicht formell okkupiertem (»herrenlos«) Kronland auszuüben. Deshalb erließ das Gouvernement im Jahr 1904 eine Waldschutzverordnung, die die kostenfreie Entnahme von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland stark beschränkte. Hinzu trat eine Waldreservatsverordnung, die Händlern jedwede Nutzung reservierter Waldbestände untersagte. Außerdem durften Bauern in den Waldreservaten keine Felder mehr anlegen, kein Vieh hüten und ohne Erlaubnisschein keine Waldprodukte für ihre Subsistenz entnehmen. Infolgedessen verschlechterte sich für die einheimischen Holzhändler die wirtschaftliche Situation. Die daraus resultierenden Waldkonflikte führten im Jahr 1905 dazu, dass der im Süden der Kolonie ausgebrochene Maji-Maji-Aufstand auf den Bezirk Daressalam übergriff. Der Aufstand wurde von einheimischen Kautschuk- und Holzhändlern getragen, die stärker als Bauern zu offenem Widerstand tendierten, wenn die Kolonialmacht die Möglichkeit zur Entnahme von Waldressourcen beschnitt. Somit lässt sich im Anschluss an Thaddeus Sunseri davon sprechen, dass nicht die schärferen Forstmaßregeln an sich, sondern deren faktische Durchsetzung die Ausweitung des Maji-Maji-Aufstandes in den Bezirk Daressalam nach sich zog.21 Die Ausbreitung war eine nicht intendierte soziale Nebenfolge der neuen Forstverwaltungspraxis. Die Akten der Kolonialverwaltung von Deutsch-Ostafrika zeigen, dass die Forstbeamten nicht damit gerechnet hatten, dass sich das neu etablierte direkte Kontrollsystem als so effektiv erweisen würde. Auch verraten die verwaltungsinternen Kommunikationen, dass man beim Gouvernement ein Ausgreifen des Aufstandes auf weiter nördlich gelegene Bezirke befürchtete, zumal dort lokale Forstämter eingerichtet worden waren. Im Ergebnis lockerte das Gouvernement die rigide Forstverwaltungspraxis – sehr zum Leidwesen der Förster –, indem es die Waldressourcenentnahme auf »herrenlos« Kronland völlig freigab. Fortan durfte jedermann – ob einheimisch oder europäisch – unentgeltlich und ohne Erlaubnisschein Waldressourcen gewinnen, falls der Gouverneur dieses Recht nicht in einzelnen Fällen beschränkte. Das Gouvernement wollte deeskalierend auf den Maji-Maji-Aufstand einwirken, weshalb auch die Entnahme von Waldprodukten aus Waldreservaten nicht mehr generell verboten blieb, sondern nach Zustimmung der zuständigen Behörde von 21 Vgl. Sunseri, Rebellion, 445.

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Fall zu Fall erlaubt war. Damit hatte die Maji-Maji-Bewegung dazu geführt, dass man die forstwirtschaftlichen Regulierungen in Deutsch-Ostafrika zugunsten der afrikanischen Bevölkerung liberalisierte.22 Die europäischen Siedler profitierten ebenfalls von den neuen Regeln. Somit ist der Aufstand ein gutes Beispiel dafür, dass die afrikanische Bevölkerung der Kolonialverwaltung nicht machtlos gegenüberstand. Sie übte mittelbar einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Forstpolitik in Deutsch-Ostafrika aus, obwohl sie formell keinen Einfluss hatte. Erfolg war der Bewegung vor allem deshalb beschieden, weil der Widerstand auf fruchtbaren Boden innerhalb der Kolonialverwaltung fiel. Ausgelöst durch den Aufstand konnten sich innerhalb der Kolonialverwaltung liberale Reformer durchsetzen, die einem staatszentrierten kolonialforstlichen Entwicklungsmodell skeptisch gegenüberstanden. Die Reformer betrachteten die einheimische Landwirtschaft als Rückgrat der kolonialen Ökonomie. Deshalb räumten sie der lokalen Bevölkerung durch Lockerung der Forstgesetzgebung mehr Rechte bei der Waldressourcennutzung ein und beschränkten den Handlungsspielraum der Forstverwaltung. Die liberalen Kolonialreformer wollten keinen ausgedehnten staatlichen Forstbetrieb nach europäischem Muster, sondern private einheimische und europäische Unternehmer stärken. Diesbezüglich kann man am Beispiel Deutsch-Ostafrikas eine ähnliche soziologische Beobachtung machen, wie Ramachandra Guha für Britisch-Indien, dass Reformen im kolonialen Verwaltungshandeln immer dann umgesetzt wurden, wenn gleichzeitig Akteure außerhalb und innerhalb der Verwaltung auftraten, die auf Veränderung drängten.23 Die Maji-Maji-Krieger bewirkten, dass sich Reformgedanken in der kolonialen Praxis innerhalb der Verwaltung durchsetzten. Insofern zeitigte die Kolonisation nicht eine einfache Anpassung der afrikanischen Bevölkerung an die neuen Verhältnisse, sondern eine Entwicklung und aktive Gestaltung sozialer Nischen. Es lässt sich sagen, dass die einheimische Bevölkerung der forstwirtschaftlichen Kolonisation nicht hilflos gegenüberstand, sondern aktiv versuchte, alte Spielräume zur Waldressourcennutzung zu erhalten und neue zu eröffnen.

Kolonialreform Der Maji-Maji-Krieg kann aus tansanischer Perspektive bedingt als erfolgreich gelten, da sich die deutsche Kolonialpolitik reformierte, was nicht ohne Auswirkung auf die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas blieb. Deren Ausbau stellte man zurück und untersagte weitgehend die kommerzielle staatliche Ausbeutung von Waldprodukten. Forstwirtschaft im Staatsbetrieb erschien den liberalen Reformern wie Kolonialstaatssekretär Bernhard Dernburg, Walther Rathenau 22 Vgl. Scott, Weapons, 29. 23 Guha, Prehistory, 233.

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Fazit

und dem neuen Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Albrecht von Rechenberg, nicht rentabel. Sie setzten stärker auf private Holzunternehmen. Hinzu kam, dass man den ersten Leiter der Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas, Paul Otto Eckert, seines Postens enthob, weil er den Haushalt manipuliert hatte. Aufgrund dessen verloren viele Abgeordnete des Reichstag sowie führende Beamte beim Gouvernement und bei der Berliner Kolonialverwaltung das Vertrauen in die deutsch-ostafrikanische Forstverwaltung. Um eine völlige Einstellung der staatlichen Forstaktivitäten zu vermeiden, verlegte man sich beim RKA und bei der Regierung in Daressalam darauf, das Engagement in der tropischen Forstwirtschaft fast ausschließlich auf konservatorische Praktiken zu konzentrieren. So wurde in Analogie zu Begriffen wie Schutzgebiet oder Schutztruppe vom kolonialen Waldschutz gesprochen. Die kolonialen Forstbeamten wurden als Forstschutzbeamte bezeichnet, die einheimischen Waldwärter als Forstschutzpersonal und die staatlich in Besitz genommenen Wälder als Schutzwälder. Der tropische Waldschutzgedanke stellte eine Art von Ersatzreligion dar, die dem kolonialen Projekt einen höheren, positiven Sinn verleihen sollte. Er spielte für die Kolonisten eine wichtige Rolle zur Stabilisierung ihres Selbst in einer fremden Umwelt und stand im Zusammenhang mit der rassistischen Annahme einer kulturellen Überlegenheit gegenüber der einheimischen Bevölkerung. Schließlich hielten die Europäer ihre Waldnutzungspraktiken für fortschrittlich. Kolonialforstliches Handeln wurde fortan nicht mehr in erster Linie durch das ökonomische Narrativ einer globalen »Holznot« legitimiert, sondern mittels konservatorischer Argumente. Demgemäß sollten sich die Aufgaben der Forstverwaltung DeutschOstafrikas auf den Schutz von Wäldern als Umweltmedien beschränken, um die Fruchtbarkeit des Landes – insbesondere ausreichende Wasserverhältnisse – sicherzustellen. Forstliches Ziel sollte sein, die ökologischen Bedingungen in der Kolonie zu verbessern, um der einheimischen Landwirtschaft den Anbau exportfähiger landwirtschaftlicher Produkte zu ermöglichen. Zur Durchsetzung ihrer Ziele reduzierten die Kolonialreformer teure Aufforstungen und verlangten von der Forstverwaltung eine transparente Buchführung unter Offenlegung aller Kosten. Auch verabschiedete die Regierung von Rechenberg im Jahr 1909 eine neue Waldschutzverordnung, die der Forstverwaltung kaum eine rechtliche Handhabe beließ, um die Entnahme von Waldprodukten auf »herrenlos« Kronland zu kontrollieren. Fortan stand es einheimischen und europäischen Holzhändlern sowie Sägewerksbesitzern und Missionsgesellschaften frei, Waldressourcen auf »herrenlos« Kronland bis zur Erschöpfung auszubeuten. Hierdurch baute die Regierung sozialen Zündstoff ab und erwirkte mittelfristig einen wirtschaftlichen Aufschwung, jedoch nur um den Preis einer Erschöpfung der Ressourcen. Hinzu kam, dass das Gouvernement eine neue Privatwaldverordnung in Kraft setzte, die der Forstverwaltung jede rechtliche Möglichkeit nahm, regulierend auf die Waldressourcennutzung in Privatwäldern einzuwirken.

Ergebniszusammenfassung

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Durch die Deregulierung des Forstsektors verschwanden mancherorts bestimmte Nutzholzbestände, etwa Mvule, fast gänzlich. Besonders immens war die Entwaldung in Ost-Usambara, wo es zur Anlage von Kaffeeplantagen ge­ kommen war. Das konnte anhand der Analyse zeitgenössischer wissenschaft­ licher Fotografien und statistischer Daten gezeigt werden, die zur Skandalisierung tropischer Entwaldung in der Metropole beitrugen. Die Fotografien bedienten sich einer Ästhetik der Zerstörung und halfen, das Phänomen tropischer Entwaldung zu einem Politikum werden zu lassen. Die Bilder zerstörter Wälder spielten ebenso wie romantische Urwalddarstellungen eine wesentliche Rolle im Prozess des »self-making« eines deutschen Kolonialimperiums in Ostafrika, der sich als ein Regime zum Schutz von Umwelt und Natur gerierte.24 Deshalb müssen bisherige Raster zur Analyse kolonialzeitlicher Bilder, wie von Joachim Zeller entwickelt, um die Dimension einer Ästhetik der Zerstörung erweitert werden.25 Doch zeitigten die Bilder zerstörter Wälder jenseits der Skandalisierung kaum praktische Konsequenzen bei der Durchsetzung von Forstschutzmaßregeln gegenüber europäischen Kolonisten. Pioniere wie der Sägewerksbesitzer Horst von Leckow oder große Holzunternehmen wie Wilkins & Wiese, Denhardt & Co oder die Deutsche Holzgesellschaft für Ostafrika betrieben »Raubbau« an den Waldressourcen. Sie externalisierten die ökologischen Kosten der Waldausbeutung und erzielten hohe betriebswirtschaftliche Gewinne. Nicht zuletzt konnten die Kolonisten auf Hartholzbestände in »Eingeborenenvorbehalten« zurückgreifen, ohne der afrikanischen Bevölkerung eine angemessene Kompensation zu bezahlen. Zwar stand die Agenda der staatlichen Förster den Waldnutzungsinteressen von Siedlern, kolonialen Unternehmern und Plantagengesellschaften entgegen, doch weigerten sich die Reformer, die Entnahmepraxis europäischer Unternehmen überwachen zu lassen. Übergeordnete politische Interessen verhinderten, dass sich die Förster mit ihren Waldschutzkonzepten gegen private koloniale Akteure durchsetzten. Letztendlich blieb die staatliche Waldschutzpraxis in Deutsch-Ostafrika während der Reformzeit weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. Den postulierten Schritt eines Übergangs von der Entnahme- zur Erhaltungswirtschaft erreichten die Kolonialreformer im forstlichen Sektor nicht. Die Forstpolitik der Regierung von Rechenberg erschien den Förstern vielmehr wie eine Kapitulation vor den bestehenden Verhältnissen, weshalb der Gouverneur unter den Forstleuten kein hohes Ansehen genoss. Die Regierung hatte praktisch den privaten »Raubbau« an Waldressourcen legalisiert. Als Handlungsoption verblieb den Förstern nur der Versuch, auf schärfere Waldschutzregulierungen hinzuwirken, was zumeist wirkungslos verpuffte.

24 Zur Kraft kolonialer Bilder; vgl. Ramaswamy, Introduction 2. 25 Vgl. Zeller, Blick, 35–36.

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Fazit

Allein in den Waldreservaten im Nordosten der Kolonien schaffte es die koloniale Forstverwaltung während der Reformzeit schärfere Kontrollen durchzusetzen, was insbesondere für die lokale bäuerliche Bevölkerung eine unbot­ mäßige Härte bedeutete. Denn die Einrichtung von Waldreservaten ging Hand in Hand mit der Schaffung von Reservaten, sog. »Eingeborenenvorbehalten«. Anne ­Bergeret spricht von zwei Seiten derselben Medaille, einer »politique d’aménagement«, mittels derer sich koloniale Forstverwaltungen zu einem regelrechten Staat im Staate entwickelten. Sie erhoben exklusiven Anspruch auf bestimmte Territorien und setzten lokale silvi-pastorale Systeme durch Kultivierungsverbote Stück für Stück außer Kraft.26 Einheimischen Bevölkerungsgruppen verblieb in manchen Gebieten nur sehr wenig Nutzfläche. Diese war zu klein, um das rotierende Wanderfeldbausystem angemessen praktizieren zu können. In der Folge stellten sich Übernutzung und Bodenerosion ein.27 Die koloniale Forstwirtschaft erzeugte zum Teil erst die Umweltprobleme, die sie bekämpfen wollte. Zwar gelang es bäuerlichen Bevölkerungsgruppen in den küstennahen, deutsch-ostafrikanischen Mittelgebirgen in einigen Fällen in Kooperation mit der Mission oder durch Fürsprache reformorientierter Bezirksamtmänner ihre Interessen gegenüber der Forstverwaltung zu bewahren. Auch bedienten sich die Bäuerinnen und Bauern verdeckter Formen alltäglicher Widerständigkeit, um ihre Waldnutzungsrechte zu behaupten und die Forstverwaltung zu Zugeständnissen zu zwingen. Dies gelang in einigen Fällen. In anderen Fällen bestrafte die Forstverwaltung die einheimische Bevölkerung hart. Im Ergebnis stellte sich durch die Einrichtung von Waldreservaten oftmals Armut ein. Folglich ist es falsch, die kolonialen Waldreservierungen als progressive forstwirtschaftliche Leistungen im Sinne einer nachhaltigen Waldentwicklung oder einer »vision globale et ecologique« einzuordnen.28 Solche Interpretationen vernachlässigen zwei Tatsachen: Erstens erfolgte die kolonialstaatliche Waldnutzung unter dem Vorbehalt rassistischer Prämissen, zweitens definierte man den Nachhaltigkeitsbegriff seinerzeit nur in den Dimensionen Wirtschaft und Umwelt. Die soziale Dimension fehlte im kolonialforstlichen Konzept von Nachhaltigkeit.29 Insofern ist es zu pauschal, wenn Horst Gründer schreibt, dass die Reformzeit zum »ökonomischen Fortschritt« der afrikanischen Landwirtschaft beigetragen habe.30 26 Vgl. Anne Bergeret, Discours et Politique Forestières Coloniales en Afrique et à Madagascar, in: Revue Francais d’Histoire d’Outre-mer, 79, 1993, 33, 36. 27 Vgl. Mark Cleary, Managing the Forests in Colonial Indochina, in: Modern Asian Studies, 39, 2005, 270–272. 28 Vgl. Frédéric Thomas, Histoire du Régime et des Services Forestiers Français en Indochine de 1862–1945. Sociologie des Sciences et Pratiques Scientifiques Coloniales en Forêts Tropicales. Hanoi 1999, 25–27; Hans G. Schabel, Rückblick auf die Forstwirtschaft im ehemaligen Deutsch-Ostafrika, in: Forstwirtschaftliches Centralblatt, 111, 1992, 207. 29 Vgl. Weidelt, Bewirtschaftung, 245; Grober, Entdeckung, 257. 30 Vgl. Gründer, Geschichte, 163–169.

Ergebniszusammenfassung

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Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die forstwirtschaftliche Entwicklung während der Reformzeit punktuell zu einer Beschränkung der einheimischen Landwirtschaft führte. Insofern kommt Sunseri der Wahrheit näher, wenn er schreibt, dass es in der kolonialen Reformphase keineswegs zu einer Erleichterung der Waldressourcennutzung für die afrikanische Bevölkerung gekommen sei. Vielmehr müsse man die Reformära in Deutsch-Ostafrika als eine Zeit des Kampfes um die letzten freien Waldressourcen sehen.31 Laut Sunseri repräsentierte die Kolonialreform in der forstwirtschaftlichen Praxis eine andere Form der Kontrolle und keinen wirtschaftlichen oder sozialen »Fortschritt«. Schließlich war bürokratische Herrschaft nur auf Grundlage von quantitativem herrschaftlichen Kontrollwissen möglich. Diesbezüglich legen die Ergebnisse dieser Arbeit nahe, dass die koloniale Forstverwaltung während der Reformzeit sogar noch sehr viel tiefer, als von Sunseri herausgearbeitet, in lokale Lebenszusammenhänge eingriff. Denn auf lokaler Ebene drang die Reform in Deutsch-Ostafrika zuerst kaum vor, da im Jahr 1906 zumeist nur an der Verwaltungsspitze das Personal gewechselt hatte. In den Bezirken versahen weiterhin eher konservativ eingestellte Bezirksamtmänner ihren Dienst. Sie blockierten Reformen. Als diese Beamten etwa ab dem Jahr 1910 durch reformorientierte Bezirksamtmänner abgelöst wurden, hatten sich an der Verwaltungsspitze in DeutschOstafrika und im Reich aber schon wieder stärker konservativ gesinnte Spitzenbeamte durchgesetzt. Diese blockierten wiederum reformorientiertes Handeln auf der lokalen Ebene. Insofern muss festgehalten werden, dass die Reformphase viel zu kurz war, um im forstwirtschaftlichen Sektor für die afrikanische Bevölkerung strukturelle Verbesserungen zu bewirken, sieht man von der Freigabe der Waldressourcennutzung auf »herrenlos« Kronland ab. Im Bezirk Morogoro konnte die Forstverwaltung auf lokaler Ebene sogar schärfere Waldschutzbestimmungen durchsetzen als gesetzlich erlaubt waren. Dort existierte zeitweise ein nur mündlich erlassenes Verbot zur Fällung von Mvule- und Mseribäumen, was die einheimischen Landnutzungspraktiken außer Kraft setzte und zu schweren Konflikten führte. Erst ein reformorientierter Bezirksamtmann hob das Verbot auf und entspannte die Lage. Auch gingen manche Förster in der Strafpraxis rigider vor als der gesetzliche Rahmen vorsah. Davon bekam weder die Gouvernementsverwaltung in Daressalam, geschweige denn die Kolonialverwaltung in Berlin etwas mit. Mittels informeller Praktiken setzten Forstbeamte auf lokaler Ebene ihre Ziele durch. Das zeigte sich auch anhand der Einführung einer »Holztaxe« auf die Entnahme von Waldprodukten aus Waldreservaten. 31 Vgl. Sunseri, Rebellion, 445. In ähnlicher Weise zeigt Rebekka Habermas am Beispiel Togos, dass auf Kolonialskandale folgende Reformbemühungen die Verhältnisse für die Beherrschten kaum verbesserten, sondern paradoxerweise das Kolonialsystem stärkten; vgl. Habermas, Skandal, 272.

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Fazit

Hierdurch gelang es der Forstverwaltung gegen Ende der Amtszeit von Rechenbergs eine Verordnung auf den Weg zu bringen, die stärker als bisher in der Forschung bekannt die einheimischen Holzmärkte in den nordöstlichen Bezirken von Deutsch-Ostafrika beschränkte. Insofern erbrachte die Bürokratisierung kolonialstaatlichen Handelns während der Reformzeit keineswegs eine Verbesserung der Waldressourcenversorgung für die einheimische Bevölkerung. Im Gegenteil: Während die Regulierungen zur unentgeltlichen Entnahme von Waldprodukten aus Waldreservaten in den ersten Jahren nach dem Maji-MajiAufstand noch großzügig gehandhabt worden waren, setzte etwa ab 1910 eine stärkere bürokratische Kontrolle durch die statistische Erfassung der berechtigten Holzressourcennutzung in Waldreservaten ein. Eine daraufhin im Jahr 1912 in den Bezirken Morogoro und Tanga eingeführte »Holztaxe« bewirkte, dass Holz generell zu einer Ware wurde, da unentgeltliche, berechtigte Nutzungen nur noch gegen Erlaubnisschein möglich waren. Die Gebühr rief eine künstliche Verknappung des Holzangebots hervor, weshalb die Preise stiegen – ein Phänomen, das auch aus anderen Kolonialgebieten bekannt ist.32 Insofern muss das bürokratische Verwaltungshandeln während der Reformära stärker als zuvor unter dem Aspekt einer Verwandlung der afrikanischen Welt in eine verwaltungsgerechte Wirklichkeit betrachtet werden. Die lokale Vielgestaltigkeit im ökonomischen, sozialen und kulturellen Bereich sollte entsprechend des bürokratischen Anspruchs vereinfacht werden, um allgemeine Regeln zur »Entwicklung« der Kolonie in Anwendung bringen zu können. Die bürokratische Form kolonialer Herrschaft warf im forstlichen Bereich lediglich in anderer Weise als der Despotismus ein schlechtes Licht auf das Verwaltungshandeln.33 Schließlich war es der Forstverwaltung gelungen, die unentgeltliche Nutzung von Waldressourcen in Waldreservaten zu unterbinden, was aus ihrer Sicht ein Erfolg war. Jenseits aller politischen Oberflächenströmungen hatte sie es vermocht, dem nachhaltigen Ansatz der kolonialen Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika praktische Geltung zu verleihen. In der Folge stellte sich ein Mangel an preisgünstigem Holz zum Bau von Hütten ein, wie ein Bezirksamtmann aus Tanga klagte. Auch aus anderen Bezirken war in den letzten Jahren vor dem Krieg immer wieder von Bezirksamtmännern zu hören, dass die forstwirtschaftlichen Praktiken zur »Unterversorgung« der afrikanischen Bevölkerung mit wichtigen Rohstoffen und zu Unzufriedenheit führten. Größere Aufstände blieben zwar aus, doch kam es vielerorts zu kleineren offenen oder verdeckten Aktionen gegen die Forstverwaltung. Seitens der Bezirksamtmänner hagelte es verwaltungsintern Beschwerden, zumal sie als Kolonialreformer ihre »Entwicklungsziele« und den sozialen Frieden in Gefahr sahen. Die von Christopher Conte fest­ gestellten »layers of tension« zwischen verschiedenen Ressorts und Ebenen der 32 Vgl. Guha, Woods, 34, 216–18. 33 Vgl. Trotha, Herrschaft, 338–341.

Ergebniszusammenfassung

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kolonialen Administration zeigten sich mehr als deutlich.34 Es hieß seitens der Bezirksverwaltungen mehrfach, die »Eingeborenenhygiene« werde beeinträchtigt, da sich die afrikanische Bevölkerung den Bau adäquaten Wohnraums nicht mehr leisten könne. Deshalb versuchten reformorientierte Bezirksamtmänner, die wirtschaftlichen Kontexte so zu ändern, dass den afrikanischen Bäuerinnen und Bauern trotz forstlicher Staatsökonomie mehr eigenständige Entwicklungsoptionen zuteilwurden, z. B. durch die Öffnung von Waldreservaten. Auch lokale Forstbeamte zeigten in einigen Fällen Verständnis für die Situation der afrikanischen Bevölkerung. Interne Verwaltungsquellen belegen, dass einzelne Forstbeamte bei der Waldreservierung durchaus bereit waren, Kompromisse zugunsten der afrikanischen Bevölkerung einzugehen, da sie z. B. um die existenzielle Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzung von Wäldern wussten. Sogar ein ehemals leitender Forstbeamter aus Deutsch-Ostafrika räumte im Jahr 1912 öffentlich ein, dass beim staatlichen Zugriff auf die Waldressourcen Fehler begangen worden seien.35 Man darf den kolonialen Forstbeamten deshalb nicht pauschal kulturelle Ignoranz unterstellen, wie es Juhani Koponen getan hat.36 Innerhalb der Kolonialverwaltung und der kolonialforstlichen Profession diskutierte man durchaus alternative Möglichkeiten der Entwicklung, die in der Praxis jedoch kaum umgesetzt wurden. Zum einen konnten sich lokale Forstbeamte gegenüber ihren Vorgesetzten nicht durchsetzen. Zum anderen scheiterten die reformorientierten Bezirksamtmänner mit ihren Eingaben an wiedererstarkten konservativen Kräften innerhalb der Kolonialverwaltung. Der letzte Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Heinrich Schnee, und sein Stellvertreter Wilhelm Methner stützten grundsätzlich die Linie der Forstverwaltung, deren Intention es war, lokale Bevölkerungsgruppen ihrer subsistenzwirtschaftlichen Grundlage zu berauben, um sie zur Abwanderung aus Waldgebieten und in die Lohnarbeit bei der Forstverwaltung zu zwingen. Nicht zuletzt deshalb blieb die Rückführung staatlich reservierter Wälder in gemeinwirtschaftliche Nutzung, wie sie Guha für Britisch-Indien scheinbar häufiger ermittelt hat, in DeutschOstafrika eine sehr große Ausnahme.37 Insgesamt zeigte sich, dass die Forst­ verwaltung in letzten Jahren vor dem Krieg ihre Anliegen innerhalb der Kolonialverwaltung wieder besser durchsetzen konnte. Davon zeugt auch der Erlass einer Baumschutzverordnung im Jahr 1914, die den Gebrauch von Nutzhölzern innerhalb von »Eingeborenenvorbehalten« einschränkte. Infolgedessen durfte die einheimische Bevölkerung selbst in Gebieten, die ihnen bei Kronlandverhandlungen zur freien Verfügung gestellt worden waren, über die dortigen Bäume nur noch mit Zustimmung der Forstbehörde verfügen. Das kam einer 34 Vgl. Conte, Sanctuary, 71. 35 Vgl. Gieseler, Anfänge, 229. 36 Vgl. Koponen, Development, 530. 37 Vgl. Guha, Prehistory, 233.

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Fazit

Verstaatlichung des Baumeigentums gleich. Der Staat rechtfertigte die Maßnahme mit der nicht unbegründeten Sorge, dass sich private Kolonialunter­ nehmen an den Waldressourcen in »Eingeborenenvorbehalten« unentgeltlich bedienten, ohne im Anschluss daran Aufforstungen zu betreiben oder der afrikanischen Bevölkerung eine Kompensation zu bezahlen. Doch bevormundete das Gouvernement mit der neuen Regulierung die afrikanische Bevölkerung und schränkte ihren Entscheidungsspielraum über Waldressourcen weiter ein. Somit führte die Kolonialreform im forstlichen Bereich nicht zu einer besseren sozialen Lage für die afrikanischen Bäuerinnen und Bauern. Einzig die einheimischen und europäischen Holzhändler profitierten sowie partiell auch die Forstverwaltung, da es ihr in den nordöstlichen Bezirken der Kolonie besser als zuvor gelang, den Holzmarkt zu kontrollieren.

Inklusionsversuche Die kolonialforstliche Praxis zeichnete sich grundlegend durch das Bestreben aus, die einheimische Bevölkerung von der Waldnutzung zu exkludieren. Doch gab es durchaus auch Versuche, die Interessen Dritter in die koloniale Forstverwaltungspraxis zu integrieren. Diesbezüglich ist zuerst an das intermediäre Forstkontrollmodell zu denken, das allerdings, wie bereits besprochen, in der Praxis scheiterte. Ein anderer Ansatz zur Inklusion einheimischer Interessen war die Schaffung neuer beruflicher Nischen, wie Waldwärterstellen. Hiervon sollte insbesondere die lese- und schreibfähige einheimische Bevölkerung profitieren. Die Waldwärterposten waren vergleichsweise gut bezahlt, was einige Einheimische dazu veranlasste, über viele Jahre in einem Revier für die Forstverwaltung tätig zu sein. Sie arbeiteten teilweise sehr selbstständig und trugen durch ihr lokales Wissen über Flora und Fauna vermutlich einen erheblichen Anteil zur forstbotanischen Bestimmung von Arten und zum Gelingen waldbaulicher Versuche bei. Insofern können die einheimischen Mitarbeiter als konstitutiver Bestandteil der kolonialen Forstverwaltung verstanden werden, die wesentlich an ihrer Entwicklung beteiligt waren. Auf lokaler Ebene stellten sich vereinzelt durchaus vertrauensvolle Beziehungen zwischen afrikanischen Waldwärtern und deutschen Stationsförstern ein, was sich u. a. in höheren Löhnen und anderen Zuwendungen an die einheimischen Mitarbeiter ausdrückte. Somit ist vorstellbar, dass sich innerhalb der transkulturellen Forstverwaltung eine Art von gemeinsamer professioneller Identität entwickelte.38 Jedoch lässt sich 38 Dieses Phänomen fand sich auch in anderen deutschen Kolonialgebieten, wo es ebenfalls zu wechselseitigen Einstellungsmodifikationen gegenüber dem »Anderen« kam; vgl. Habermas, Rebekka, Der Kolonialskandal Atakpame – eine Mikrogeschichte des Globalen, in: Historische Anthropologie, 17, 3, 2009, S. 310.

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letztendlich nicht im positiven Sinn von Vergesellschaften sprechen, zumal die Beziehungen von Waldwärtern und Förstern stets in ein antagonistisches Herrschaftsverhältnis eingebettet blieben. Einerseits lebten die Förster in ständiger Furcht vor ihren Mitarbeitern und hielten sie auf Distanz. Andererseits blieb die Option körperlicher Gewaltanwendung – rechtlich abgesichert und despotisch durchgeführt – strukturelles Element des kolonialforstlichen Alltags, weshalb die einheimischen Angestellten kein rechtes Vertrauen zu den Förstern fassen konnten. Rassismus war ein strukturelles Problem der kolonialen Forstverwaltung, was sich auch daran zeigte, dass europäische Siedler oder Buren die staatlichen Waldschutzregulierungen missachteten, wenn diese von einheimischen Waldwärtern durchgesetzt werden sollten. Das einheimische Forstverwaltungspersonal war gegenüber Siedlern machtlos. Den Waldwärtern musste mancherorts europäisches Personal oder eine bewaffnete einheimische Polizeieinheit zur Seite gestellt werden, um gegenüber Kolonisten mit amtlicher Autorität auftreten zu können. Hier war in der Praxis eine offene Bruchstelle und ein struktureller Widerspruch im Aufbau der kolonialen Forstverwaltung angelegt. Einerseits war die Verwaltung auf einheimische Mitarbeiter angewiesen, andererseits stützte sie eine auf rassischen Grundprinzipien beruhende Gesellschaft. Nicht nur im Fall des Verhältnisses von Waldwärtern zu »weißen« Siedlern erwies sich der Rassismus als dysfunktional, sondern auch im Verhältnis von lokalen Förstern zu ihren Mitarbeitern, weil sich kein echtes Basisvertrauen einstellen konnte. Kolonialforstliche Entwicklungsprogramme Neben der Einrichtung von Waldwärterstellen legte die Kolonialverwaltung Programme auf, die eine bewusste Inklusion der ländlichen Bevölkerung und deren Landnutzungspraktiken in die imperiale Waldwirtschaft anstrebten. Ziel war es, den Anbau bestimmter Nutzpflanzen oder den Brandfeldbau einzubinden. Einen ersten größeren Versuch in dieser Richtung unternahm die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas unter ihrem ersten Leiter, Paul Otto Eckert. Es ging in dem Projekt darum, die Kultivierung von Teak im Waldfeldbauverfahren nach javanischem Muster in Deutsch-Ostafrika einzuführen. Jedoch erwies sich der durch Eckert initiierte Transfer als einer der größten waldbaulichen Fehlschläge der deutschen Periode, da die ökologischen und ökonomischen Kontexte zwischen Java und Deutsch-Ostafrika zu unterschiedlich waren. Eckert hatte die Motivation der afrikanischen Bevölkerung überschätzt, für einen relativ geringen Lohn bei der Forstverwaltung zu arbeiten. Denn auf Java hatte das System nur unter der Prämisse funktioniert, dass der lokalen Bevölkerung nicht genügend Land zur Subsistenzwirtschaft zur Verfügung stand, was in Deutsch-Ostafrika kurz nach der Jahrhundertwende scheinbar noch nicht der Fall war. Somit konnte die Forstverwaltung das strukturelle Problem mangelnder Arbeitskräfte weder durch positive Anreize noch durch Zwang lösen. Des Weiteren hatte Eckert unter Zeitdruck ein schlechtes Gebiet ausgesucht, wo die

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Fazit

Niederschlagsmenge für die Kultivierung von Teak zu gering war. Ferner hatte er nicht damit gerechnet, dass Paviane und Wildschweine den zwischen dem Teak angebauten Mais abfräßen. Der Schädlingsbefall in den Waldfeldbaukulturen war eine nicht intendierte ökologische Nebenfolge, der weder durch Bewachung der Teakplantagen noch durch Bejagung oder Vergiftung beizukommen war. Die natürlichen und sozialen Bedingungen setzten den kolonialforstlichen Praktiken Grenzen. Es zeigte sich, dass man waldbauliche Verfahren nicht einfach von einer Kolonie in eine andere übertragen konnte. Doch schwieg man seinerzeit öffentlich gern über ökologische und soziale Schwierigkeiten oder verharmloste nicht intendierte negative Nebenfolgen der forstwirtschaftlichen Kolonisation. Probleme führte man vor allem auf exogene Faktoren zurück, ohne die eigene Verantwortlichkeit oder mangelhafte Vorbereitung eingestehen zu wollen. Die Forstexperten hielten teilweise dogmatisch an ihren Konzepten fest, obwohl sich mancherorts bereits mehr als deutlich gezeigt hatte, dass diese nicht funktionierten. Es war seinerzeit offiziell nicht erwünscht, über Misserfolge zu sprechen. Vielmehr galt, in der öffentlichen Kommunikation einen selbst verordneten Optimismus an den Tag zu legen. Das ging so weit, dass Kolonialexperten bei gescheiterten Projekten offen zugaben, man dürfe von der kolonialen Ökonomie keinen monetären Gewinn erwarten. Aus ihrer Perspektive warf die Kolonisation vielmehr ein symbolisches Kapitel ab und bedeutete einen Prestigegewinn für das Kaiserreich. Kritik an einzelnen Forstprojekten konnte leicht als generelle Kritik am gesamten kolonialen Projekt aufgefasst werden, weshalb man verwaltungsinterne Bedenkenträger öffentlich mundtot machte. Das führte dazu, dass es teilweise sehr lange dauerte, bis Fehler eingestanden und forstwirtschaftliche Konzepte entwickelt wurden, mittels derer sich die kolonialwirtschaftlichen Ziele in den ökologischen Kontexten Deutsch-Ostafrikas besser erreichen ließen. Gemeindewälder Die meisten kolonialforstlichen »Entwicklungsprogramme« entsprachen nicht den Ressourcenbedürfnissen der einheimischen Bevölkerung und setzten keine geeigneten Leistungsanreize. Zwar versuchte die deutsche Verwaltung kurz vor Kriegsbeginn, den Anbau von indischem Bambus als Hüttenbaumaterial in einheimischer Regie zu forcieren. Doch kam das Programm nicht mehr zur Entfaltung. Somit erschien lediglich ein einziges koloniales Waldentwicklungsprogramm aus einheimischer Perspektive erfolgreich gewesen zu sein. Es handelte sich um die sog. »Gemeindeaufforstungen«, die durch Bezirksämter – nicht durch die Forstverwaltung – initiiert und von afrikanischen Dorfschaften selbstständig ausgeführt wurden. Zwar sind Quellen zu den Gemeindeaufforstungen für Deutsch-Ostafrika nur spärlich vorhanden, jedoch scheint es, als seien die Gemeindewälder seitens der afrikanischen Bevölkerung akzeptiert worden. Das ließ sich anhand eines Konflikts um eine Gemeindeaufforstung in WestUluguru zeigen, als die lokale Bevölkerung des Dorfes Tshenzema gegen die

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Forstverwaltung kämpfte, um die Verfügungsgewalt über ihr Gemeindewäldchen zu behalten. Unterstützt wurde sie vom reformorientierten Bezirksamt Morogoro und der Missionsstation Mgeta, die beide versuchten, im Sinne der afrikanischen Bevölkerung auf die Forstverwaltung einzuwirken. Doch war der Leiter der Forstverwaltung nicht kompromissbereit und Gouverneur Schnee entschied zu dessen Gunsten. Er erklärte das Gemeindewäldchen zum Waldreservat. Daran zeigt sich, dass mit der Verstaatlichung von Wäldern in Deutsch-Ostafrika ähnliche Effekte einsetzten wie in Britisch-Indien. Auch dort entfremdete sich die ländliche Bevölkerung dem Wald, wie Ramachandra Guha schreibt, weil ihr bewusst wurde, dass dieser jederzeit enteignet werden konnte. Laut Guha riss die Kolonialverwaltung die Wälder aus ihrer sozialen Verankerung, womit ein Verlust an Wissen einherging, da der Wald in Opposition zu den Dorfbewohnern geriet.39 Die staatlich reservierten Bäume und Wälder erschienen als Symbole der Fremdherrschaft40, weshalb sie nicht nur in Deutsch-Ostafrika, sondern auch in anderen Kolonien zu Orten des Widerstands und zu Opfern von mutwilliger Brandstiftung wurden.41 Daran zeigte sich, dass die koloniale Forstverwaltung beim Umwelt- und Ressourcenschutz oftmals genau das Gegenteil von dem erreichte, was sie beabsichtigte. Das war nicht nur bei der Enteignung von Gemeindewäldern der Fall, sondern auch beim Erlass neuer Forstregulierungen. Denn sobald bekannt wurde, dass schärfere Waldschutzregulierungen erlassen werden sollten, war zu beobachten, dass afrikanische, indische und europäische Holzhändler versuchten, noch möglichst rasch viele Waldressourcen zu gewinnen. Unter kolonialwirtschaftlichen Bedingungen erschien es ohnehin vernünftig, in kurzer Zeit möglichst viele Rohstoffe zu gewinnen.42 Auf dieses Phänomen ist Mahesh Rangarajan auch in Britisch-Indien gestoßen.43 Im Endeffekt änderten sich für bäuerliche Bevölkerungsgruppen durch die koloniale Forstwirtschaft die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einigen Regionen Tansanias so stark, dass sie ihren subsistenzwirtschaftlichen Strategien und ökonomischen Entwicklungspfaden nur noch eingeschränkt folgen konnten. Durch Waldreservierungen und Nutzungsverbote wurden ökologisch und sozial bedeutsame Nischen verändert oder geschlossen, sodass die Lebens 39 Vgl. Guha, Woods, 58. 40 Vgl. ebd., XIII–XIV, 58. Guha scheint nur den Gebrauchswert des Waldes zu thema­ tisieren, doch sind bereits in vorkolonialer Zeit der Wald und seine Produkte partiell auch als Ware anzusprechen, wodurch der Tauschwert eine Bedeutung erhält. Ferner idealisiert Guha die vorkolonialen Verhältnisse, indem er davon ausgeht, dass die Beziehungen zwischen Mensch und Wald streng gemeinwirtschaftlich geregelt waren und über Jahrhunderte stabil gehalten worden sind; vgl. ebd., 34, 57, 216–17. Zur Kritik an Guhas Position; vgl. Rangarajan, Forests, 199–200; Williams, Earth, 342; Williams, Deforestation, 295; Radkau, Natur, 202, 389 Fn. 36. 41 Vgl. Peluso, Forests, 236; Fernow, History, 208. 42 Vgl. Luig, Oppen, Einleitung, 15. 43 Vgl. Rangarajan, Forests, 56.

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Fazit

und Reproduktionsweise der Bäuerinnen und Bauern in materieller und immaterieller Dimension nicht mehr gewährleistet war. Die kolonialforstlichen Maßnahmen zeitigten in Kombination mit anderen Veränderungen in einzelnen Regionen Tansanias überaus starke strukturelle Zwänge, sodass die lokale Bevölkerung verelendete und in existenzielle Abhängigkeit vom Staat geriet. Dabei empfanden die Förster das eigene Handeln nicht als ausbeuterisch, sondern als segensreich im Sinne einer Zivilisierung rückständiger Gesellschaften. Ihrem eigenen Selbstverständnis nach diente ihr Handeln dem höheren Ziel, die Gesellschaft in Deutsch-Ostafrika auf die »höchste zivilisatorische Stufe« in der kulturellen Entwicklung zu heben. Dazu unterminierte die Forstwirtschaft bewusst die kollektiven Besitz- und Bewirtschaftungssysteme, während das koloniale Recht die afrikanische Bevölkerung gleichzeitig von den Grundlagen moderner wirtschaftlicher Entwicklung, wie z. B. dem Privatbesitz an Land, ausschloss. Die kolonialforstliche Praxis beruhte auf rassistischen Grundsätzen und zeitigte verheerende Folgen für einige afrikanische Bevölkerungsgruppen. Schließlich zielte die koloniale Staatsökonomie darauf, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern44, weshalb man eigenständiger lokaler Entwicklung kaum Spielraum gab.

2. Historiografische Einordnung Man darf die koloniale Forstwirtschaft nicht allein aufgrund ihrer normativen Prinzipien, wie dem Ziel einer nachhaltigen Waldwirtschaft, beurteilen, wozu einige Historikerinnen und Historiker neigen. Dort heißt es, die kolonialen Förster hätten eine Art Oppositionsbewegung gebildet und im Gegensatz zu allgemeinen kolonialen Entwicklungszielen eine transnationale Expertenagenda verfolgt, um die Natur zu schützen.45 Zwar ist richtig, dass sich die Förster für eine nachhaltige Nutzung von Waldressourcen einsetzten, doch wurde ihre berufliche Praxis nicht durch den Naturschutz bestimmt. Kolonialforstliche Maßnahmen lassen sich nicht als Aktivitäten definieren, die das Ziel hatten, eine als »bedroht« oder als »zerstört« wahrgenommene Umwelt zu bewahren. Es ging nicht darum, die Landschaft den eigenen Vorstellungen gemäß »wiederherzustellen«.46 Solche Aussagen erwecken falsche Assoziationen. Es ging beim kolonialen Waldschutz nicht um einen Schutz der Natur um ihrer selbst willen. Das Handeln der Förster war an Nützlichkeitserwägungen orientiert, weshalb es falsch ist, wenn Wächter, von Oppen und Kirchberger forstwirtschaftliche Praktiken unter den Begriff ›Naturschutz‹ subsumieren. Diese Begriffswahl 44 Vgl. Habermas, Skandal, 217. 45 Vgl. Wirz, Wald, 24; Kirchberger, Infrastruktur, 42–44. 46 Vgl. Wächter, Naturschutz, 54; Kirchberger, Infrastruktur, 44.

Historiografische Einordnung

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wird den zeitgenössischen Interessenlagen und Handlungsmustern nicht gerecht und stellt eine unzulässige Vereinfachung historischer Komplexität dar. Die Fehleinschätzungen zur Beurteilung der kolonialforstlichen Praxis lassen sich auch darauf zurückzuführen, dass einige Historikerinnen und Historiker die kolonialforstlichen Diskurse nicht ausreichend in zeitgenössischen Kontexten verorten. Sie akzeptieren kolonialforstliche Narrative unhinterfragt als überzeitliche Wahrheiten und gehen implizit davon aus, dass es seinerzeit keine Diskrepanz zwischen Diskurs und Praxis gegeben habe. Bspw. nimmt Ulrike Kirchberger für bare Münze, wenn der höhere Forstbeamte Theodor Siebenlist im Jahr 1914 schreibt, dass der koloniale Waldschutz der Erhaltung des Ackerund Weidelandes für die afrikanische Bevölkerung gedient habe und deren Abwanderung verhindern sollte.47 Dieser idealisierten Sichtweise folgt Kirchberger unkritisch und leitet daraus vermeintlich »gute« Absichten hinter den kolonialen Waldschutzmaßnahmen ab.48 Hingegen zeigt sich bei einem kritischen Umgang mit den Quellen, dass Diskurse und Praktiken auf rassistischen Annahmen aufbauten und die Förster ihre forstwirtschaftlichen Ideale in der Realität kaum umsetzten. Insofern darf man kolonialstaatliche Waldschutzmaßnahmen nicht aufgrund ihres normativen Anspruchs, losgelöst vom zeitgenössischen Kontext interpretieren, sondern muss sie aufgrund praktischer Auswirkungen beurteilen. Bewertungen der kolonialen Forstwirtschaft, wie sie Gregory Allen Barton oder Ulrike Kirchberger vorgenommen haben, sind zurückzuweisen.49 So meint Kirchberger, dass koloniale »Naturschutzmaßnahmen« kein »reiner Bestandteil« eines imperialen Programms zur Herrschaftsausübung gewesen seien, da die Forstleute imperienübergreifend zusammengearbeitet hätten. Auch schreibt sie, dass man »Naturschutzmaßnahmen« nicht allein als »Hilfsinstrumente« einer imperialen Herrschaftsausübung oder eines Wirtschaftsimperialismus mit dem Ziel einer Ausbeutung der natürlichen Ressourcen betrachten dürfe.50 Solche Positionen können mit Blick auf die neuere Forschung und die Ergebnisse dieser Arbeit als überholt angesehen werden.51 Ebenfalls muss man eine Einschätzung Thaddeus Sunseris, der die koloniale Forstwirtschaft als rein integralen Bestandteil der kolonialstaatlichen Entwicklungsagenda bezeichnet – »a tool for social mapping and engineering«52 – hinterfragen. Sunseri greift zu kurz, wenn er schreibt, dass die Hauptaufgabe der Forstverwaltung in der Reformära darin bestanden habe, die Wälder als Umweltmedien zu regulieren. Schaut man genauer auf die verwaltungsinternen 47 Vgl. Siebenlist, Forstwirtschaft (Vorwort), o. S. 48 Vgl. Kirchberger, Infrastruktur, 49–50. Zu dieser Fehlinterpretation gesellen sich bei Kirchberger einige ungenaue Belegstellen; vgl. ebd., 61. 49 Vgl. Barton, Forestry, 166. 50 Vgl. ebd., 66, 68. 51 Vgl. Sunseri, War, 119; Gißibl, Höhler, Kupper, History, 3.  52 Vgl. Sunseri, Ax, XVII.

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Fazit

Kommunikationen, die Sunseri kaum ausgewertet hat, ist erkennbar, dass die Forstverwaltung keinesfalls jene dienende Rolle einnahm, die ihr die Kolonialreformer zuweisen wollten. Es kam innerhalb der Verwaltung mehrfach zu Auseinandersetzungen über Fragen der kolonialwirtschaftlichen Entwicklung und der forstwirtschaftlichen Waldreservierungspraxis. Daran wird deutlich, dass die Forstverwaltung lediglich von außen betrachtet als ein integraler Bestandteil des kolonialstaatlichen Kontrollsystems gelten kann. Von innen gesehen, war sie – ihrem eigenen Selbstverständnis nach – ein technisches Ressort, dessen Diskurse und Praktiken mit anderen Ressorts und Ebenen der Verwaltung nicht unbedingt im Einklang standen. Bei den Förstern handelte es sich um eine Funktionselite mit eigener Agenda, die sie innerhalb der Verwaltung durchsetzen wollten. Sie fügten ihr Handeln nicht widerspruchslos in den liberalen Rahmen der Kolonialreform ein. Insbesondere sorgten die höheren Forstbeamten in der Kolonie dafür, dass die wirtschaftlichen Ziele der Forstverwaltung nicht aus dem Blick gerieten. Das wurde nach der Jahrhundertwende in DeutschOstafrika durch niemand stärker verkörpert als durch den zweiten Leiter der Forstverwaltung, Dr. Wilhelm Holtz, der von 1901–1916 in leitender Funktion tätig war. Holtz und einige höhere Forstbeamte sorgten für eine kontinuierliche Entwicklung des Forstwesens in Deutsch-Ostafrika. Sie verbrachten ebenso wie manche Bezirksamtmänner53 sehr lange Dienstzeiten in der Kolonie und garantierten, wie auch Thaddeus Sunseri betont hat, dass die nachhaltige Bewirtschaftung aller Waldressourcen durch den Staat primärer Leitfaden für das alltägliche Handeln der Forstverwaltung blieb, ganz gleich welcher Gouverneur der Kolonie vorstand.54 Wenn ein Wechsel im Amt des Gouverneurs erfolgte, handelte der Leiter der Forstverwaltung lediglich seinen Handlungsspielraum, nicht aber seine leitenden Prinzipien mit der Regierungsspitze neu aus. Diesbezüglich erwies sich Forstreferent Holtz als sehr geschickt. Zwar erklärte er offiziell während der Reformzeit den konservatorischen Waldschutz zum primären Handlungsziel der Forstverwaltung, jedoch verfolgte er unterhalb der Wahrnehmungsschwelle vorgesetzter Stellen weiterhin das Ziel einer nachhaltigen Waldressourcenbewirtschaftung. Mithilfe anderer mächtiger Akteure innerhalb der Kolonialverwaltung unterlief Holtz auf lokaler Ebene die offizielle Politik der Deregulierung des Forstsektors. Insofern bestätigen die Ergebnisse dieser Arbeit die Auffassung von Paul Sutter, dass man das innere Gefüge kolonialer Staaten nicht als »black box« behandeln darf, wie es James C. Scott in seiner Analyse der kolonialforstlichen Praxis in Britisch-Indien getan hat.55 Vielmehr ist der Blick auf die inneren Spannungen zu richten, die zeigen, dass die übergeordneten Entwicklungsziele seit der Reformära nur noch partiell im 53 Vgl. Iliffe, History, 118–119. 54 Vgl. Sunseri, Forestry, 84. 55 Vgl. Sutter, Reflections, 117.

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Forschungsausblick

Einklang mit den Zielen der Forstverwaltung standen. Die Zielvorstellungen und Konzepte waren nicht kongruent. Das lokale Handeln der kolonialen Forstleute bewegte sich in den letzten Jahren vor dem Krieg kaum noch im Rahmen der reformpolitischen Agenda. Es trug vielmehr eigenständige Züge, zumal die Forstbeamten nicht den Bezirksverwaltungen, sondern dem Forstreferat unterstanden. Doch mangelte es der kolonialen Forstverwaltung sowohl an effizienten Kontroll- als auch an legitimen Entscheidungsstrukturen, weshalb sich weder die europäischen Kolonisten noch die einheimische Bevölkerung dem kolonialforstlichen Waldschutzregime freiwillig beugten. Legt man zur abschließenden Beurteilung dieses Ergebnisses den zeitgenössischen Handlungsanspruch der Förster zugrunde, in der gesamten Kolonie eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Bewirtschaftung aller Waldressourcen durchzusetzen, war ihnen dies kaum gelungen. Die koloniale Forstverwaltung hatte sich bis zum 1. WK nicht zu einer sich finanziell selbsttragenden Organisation entwickelt, auch wenn die Forstbeamten schon einige Schritte in diese Richtung gegangen waren. Somit bleibt aus heutiger Sicht fraglich, ob die Etablierung der Forstherrschaft während der deutschen Kolonialzeit – abgesehen von einigen waldbaulichen Erfolgen und der Kontrolle von Waldreservaten im Nordosten – überhaupt mehr als eine ephemere Berührung war. Im Alltag erzeugte sie selbst innerhalb der räumlichen Schwerpunkte kolonialforstlicher Tätigkeit kaum eine stärkere Kontrolle von Natur und Mensch in Tansania. Vielmehr löste sie nicht-intendierte ökologische und soziale Nebenfolgen aus.

3. Forschungsausblick Die Ergebnisse dieser Arbeit vermitteln einen kleinen Einblick in die lokalen ökologischen und sozialen Folgen der kolonialforstlichen Praxis. Um zu noch besseren Einschätzungen zu kommen, müssten auf lokaler Ebene – viel stärker als in dieser Arbeit geschehen – Umweltveränderungen dokumentiert werden, die durch koloniale Waldnutzungspraktiken hervorgerufen wurden, z. B. mittels repeat photography. Hierbei handelt es sich um eine Methode, bei der historische Landschaftsfotografien mit heutigen Aufnahmen aus der gleichen Perspektive verglichen werden.56 Ferner müsste sehr viel tiefer untersucht werden, inwieweit die Einführung der kolonialen Forstwirtschaft die lokalen Einstellungen zum Wald und die lokalen Praktiken im Umgang mit Wäldern beeinflusst hat. Deshalb sollte sich die Forschung zukünftig stärker darauf konzentrieren, lokale 56 Vgl. Pauline von Hellermann, Repeat Photography and Landscape Chance in East Africa: Assessing its Potentials, Vortrag im Rahmen des gleichnamigen Mini-Workshops des DFG-GK 1024 »Interdisziplinäre Umweltgeschichte«, Georg-August-Universität Göttingen, 6.5.2010.

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Fazit

Erzählungen mittels oral history zugänglich zu machen. Durch die Gegenüberstellung von lokalen und kolonialen Narrativen kann man ein stärker abgewogenes Bild von Waldkonflikten entwerfen, das nicht zum größten Teil auf kolonialen Quellen beruht. Die Veränderungen innerhalb der afrikanischen Gesellschaften bezüglich von Geschlechts- und Altersrollen, die Bedeutung der kolonialen Forstverwaltung und das Handeln einzelner Kolonialbeamter ließen sich besser erschließen. Ebenfalls sollte man die Rolle einheimischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forstverwaltung für die Entwicklung tropenforstlicher Praktiken eingehend anschauen. Diesbezüglich könnten auch Selbstzeugnisse europäischer Förster weiteren Aufschluss geben. In Summe scheint es geboten, weitere subalterne afrikanische und europäische Stimmen zum Sprechen zu bringen. Neben vertiefenden Studien auf lokaler Ebene müssten auch viel stärker globale umweltbezogene Verflechtungen in den Blick genommen werden. Schließlich konnte am Beispiel Deutsch-Ostafrikas gezeigt werden, dass die Kolonisation auch Entwaldung in Ländern der gemäßigten Zonen hervorrief, obwohl diese gar nicht direkt in imperiale Bestrebungen involviert waren. Daran wird deutlich, dass die kolonialzeitliche Waldgeschichte zukünftig aus der Perspektive einer Weltwaldgeschichte betrachtet werden sollte. In diesem Rahmen erscheint es lohnenswert, globale Umweltgeschichte in ökologischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Dimension ausgehend von einzelnen Rohstoffen wie Gerbrinde zu konzeptualisieren.57 Es wird der weiteren historiografischen Arbeit vorbehalten sein, ein räumliches Konzept zu entwickeln, das umweltrelevantes Handeln an den globalen ­Peripherien des 19. und 20. Jh. in einen analytischen Zusammenhang rückt. Hierzu sollte man neben Pflanzen- und Saatguttransfer verstärkt auch kolonialforstliche Verflechtungen zwischen Afrika und Osteuropa in den Blick nehmen.58 Ferner stellt sich als eine Aufgabe zukünftiger Forschung, die Rückwirkungen der kolonialen Forstwirtschaft auf die Entwicklung der Subdisziplin der tropischen Forstwirtschaft in Deutschland zu untersuchen. Denn der volle Umfang kolonialforstlicher und kolonialbotanischer Vernetzungen mit politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Institutionen in der Metropole ist bis heute erst ansatzweise erfasst.59 So ist die Rolle der Forstakademien für die Ausbildung des kolonialforstlichen Nachwuchses ebenso wenig detailliert beleuchtet, wie die des Kolonialinstituts in Hamburg und des Seminars für Orientalische Sprachen in Berlin. Nicht zuletzt erscheint eine Beschäftigung mit 57 Vgl. Sven Beckert, Das Reich der Baumwolle. Eine globale Geschichte, in: Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871–1914. Göttingen 2004, 280–301. 58 Vgl. Thaddeus Sunseri, Material presented at ASEH Conference 2010 (unveröffentl.); Sunseri, Urwald, 305–306, 318. 59 Vgl. Kaiser, Hartmann, Garten, 145–149; Kreye, Garten, 127–143.

Forschungsausblick

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den Rückwirkungen der kolonialen Forstwirtschaft auf die Metropole auch unter erinnerungspolitischen Gesichtspunkten wichtig. Bspw. ehrt die Universität Göttingen bis heute Moritz Büsgen mit einem Instituts- und Straßennamen, obwohl dieser seinerzeit für ein scharfes Vorgehen gegen die lokale Bevölkerung in Tansania plädierte. Insofern waren Büsgen und andere metropolitane Forstexperten mitverantwortlich für schweres Leid, das im Namen des kolonialen Waldschutzes nicht nur in deutschen Kolonien verübt wurde.

V. Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe?

Abb. 33: Grenze Waldreservat Magamba. Aus: Eigene Fotografie (2008)

Das kolonialforstliche Erbe ist in Tansania bis zum heutigen Tag spürbar. Die in deutscher Zeit vorgenommenen Landenteignungen machte der Staat keineswegs rückgängig und das Konzept der Waldreservate mit seiner strikten räumlichen Trennung von Land- und Forstwirtschaft führte man fort. Entsprechende Spuren sind gegenwärtig noch in der Landschaft zu erkennen, wie die seit deutscher Zeit mit Eukalyptus bepflanzte und mit Steinen markierte Grenze des Waldreservats Magamba bei Lushoto.

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Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe?

Abb. 34: Grenzstein Waldreservat Magamba. Aus: Eigene Fotografie (2008).

Das Konzept der Waldreservate stellt eine kontinuierliche Entwicklungslinie von der deutschen über die britische Kolonialzeit bis heute dar, obwohl sich bereits in deutscher Zeit gezeigt hatte, dass sich der staatliche Waldschutz in Form von Waldreservaten nur schwer gegen die Interessen der lokalen Bevölkerung durchsetzen ließ. Gründe für die Kontinuität sieht Andrew Hurst darin, dass unmittelbar nach der Unabhängigkeit in Tansania noch viele britische Forstexperten als Expatriats für die tansanische Forstverwaltung tätig waren. Es fiel ihnen schwer, von kolonialen Expertenstandards abzurücken und eine am neuen politischen Kontext ausgerichtete forstwirtschaftliche Agenda zu entwickeln. Hinzu kam, dass seitens der tansanischen Regierung erwartet wurde, die Forstverwaltung solle durch den Export von Waldprodukten auf dem Weltmarkt einen nationalen Gewinn erzielen. Damit rekurrierte die Regierung auf eine Strategie, die bereits während der deutschen Kolonialzeit als wenig erfolgversprechend aufgegeben, jedoch unter der britischen Mandatsherrschaft erneut belebt worden war.1 Laut Thaddeus Sunseri waren die staatlichen Entwicklungsziele nach der Unabhängigkeit weiterhin an der »kolonialen Blaupause« orientiert, die eine Steigerung 1 Vgl. Andrew Hurst, State Forestry and Spatial Scale in the Development Discourses of Post-colonial Tanzania: 1961–1971, in: The Geographical Journal, 169, 2003, 360, 364.

Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe?

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des Exports und eine Mechanisierung der Produktion von Walderzeugnissen vorsah.2 Nicht zuletzt deshalb setzten die tansanischen Förster zu dieser Zeit auf die »Industrialisierung« von Wäldern3, um Nutzhölzer, Stangenholz und Brennstoff im Rahmen eines nationalen Modernisierungsprogramms liefern zu können.4 Das Handeln entsprach ganz dem Expertendiskurs nachholender Entwick­ lung in den 1960er-Jahren, der in forstwirtschaftlicher Perspektive in der »managed forest economy« (nachhaltigen Forstwirtschaft) noch immer das höchstmögliche Entwicklungsziel erblickte.5 In der zeitgenössischen britischen Forstliteratur wurde sogar einigen aus deutscher Zeit stammenden Forstpflanzungen eine Bedeutung für die zukünftige Planung der Forstwirtschaft in Tansania zugesprochen. Insbesondere Teakpflanzungen waren als Quelle für die Gewinnung von Saatgut hoch willkommen. Ein britischer Expatriat urteilte, dass die deutschen Forstplantagen frühe Versuche darstellten, Tansania mit wertvollen Waldprodukten zu versorgen. Besides having both of historical and amenity value, they are playing also an important part in developing commercial forestry for the future.6

Als Beleg schmückte der Forstexperte seine Ausführungen mit umseitiger Fotografie, die nahelegte, dass den deutschen Kolonisten die Anpflanzung von Teak gelungen sei. Deutlich wird, dass sich die unabhängige tansanische Forstverwaltung den immer noch kolonialzeitlich gefärbten internationalen forstwirtschaftlichen Expertenstandards verpflichtet fühlte. Es galt zwar nicht mehr als ausdrückliches Ziel, die afrikanische Bevölkerung und ihr Verhältnis zum Wald zu »zivilisieren«. Allerdings sollte dieses Verhältnis modernisiert und weltweiten industriellen Standards angepasst werden. Nicht zuletzt deshalb verstand sich die Forstverwaltung immer noch als eigenständiger, abgegrenzter Bereich von nationaler Bedeutung innerhalb des unabhängigen Staatsapparats in Tansania.7 Das exklusive Bewusstsein wurde dadurch gestärkt, dass die Forstverwaltung durchaus wertvolle Beiträge zur ländlichen Entwicklung leistete. Sie war nach der Unabhängigkeit gezwungen, Waldreservate zu öffnen und der bäuerlichen Bevölkerung mehr Rechte einzuräumen, sodass teilweise landwirtschaftliche Nutzung, kommerzielle Gewinnung von Holz und die Herstellung von Holzkohle erlaubt waren.8 Insbesondere weitete man den bis heute praktizierten, in

2 Vgl, Sunseri, Ax, 143–144. 3 Vgl. Hurst, Forestry, 365. 4 Vgl, Sunseri, Ax, 143–144. 5 Vgl. Mantel, History, 3. 6 Wood, Guide, 206. 7 Vgl. Hurst, Forestry, 360. 8 Vgl. Sunseri, Ax, 150–151.

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Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe?

Abb. 35: 55-jährige Teakbäume an der Straße Tanga-Pangani (Juli 1966). Aus: Wood, Guide, 202.

britischer Zeit wieder eingeführten Waldfeldbau als Beitrag zu einem nationalen Programm landwirtschaftlicher Entwicklung aus.9 Das passte gut in die nationale Modernisierungsagenda. Man förderte Dorfsiedlungen und landwirtschaftliche Kooperativen. Die Bäuerinnen und Bauern erhielten als Pächter der Forstverwaltung moderne Siedlungen mit fließendem Wasser und weiterem Komfort, was die kleinen Waldsiedlungen der deutschen und britischen Kolonialzeit weit übertraf. Der Waldfeldbau stellte für die Forstverwaltung ein Konzept dar, mittels dessen sie die nationale Vision von ländlicher Entwicklung – basierend auf bäuerlicher Produktion – umsetzen und den Zugang zum Wald gegenüber den Bäuerinnen und Bauern kontrollierten konnte. Insofern profilierte sich die Forstverwaltung gleichzeitig als Verfechterin nationaler Entwicklungsziele und internationaler tropenforstlicher Expertenstandards.10 Diese Phase der relativen Kongruenz zwischen forstwirtschaftlicher und allgemeiner Entwicklungsagenda endete in Folge der Arusha-Deklaration im Jahr 1967. Erklärtes Entwicklungsziel der tansanischen Regierung war es fortan, eine sesshafte Bauernschaft zu kreieren, was man durch die Gründung von UjamaaDörfern, eine Form der sozialistischen ländlichen Kollektivierung, erreichen 9 Vgl. ebd., 93–95, 125; Conte, Sanctuary, 79; Schabel, Rückblick, 207. Der Waldfeldbau stellt im unabhängigen Tansania vermutlich kein direktes Erbe der deutschen Kolonialzeit dar, wie Hans G. Schabel behauptet hat; vgl. ebd. 10 Vgl. Hurst, Forestry, 365.

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wollte.11 Der Waldfeldbau fiel aus diesem entwicklungspolitischen Rahmen heraus, da die Landkontrakte mit der Forstverwaltung immer nur für wenige Jahre galten und die Bauern anschließend weiterwanderten. Auch ordnete die Regierung die forstwirtschaftliche Produktion der landwirtschaftlichen Entwicklung unter. Die schnelle Produktion von Lebensmitteln genoss höhere Priorität als der langsame Anbau von Waldprodukten.12 Das forstwirtschaftliche Konzept der nachhaltigen Nutzung von Waldressourcen erwies sich – analog zu Zeiten der deutschen Kolonialreform – als nicht kompatibel mit der landwirtschaftlichen Entwicklungsagenda. Allerdings behielt die Forstverwaltung im unabhängigen Tansania – anders als in der deutscher Zeit – während der Ujamaa-Reform oftmals nicht länger die Hoheit über die Waldreservate. Die Regierung delegierte die Verwaltung von Wäldern vielfach an die Distriktverwaltungen, wo lokale Regierungsbeamte ohne Umschweife Genehmigungen zur landwirtschaftlichen Nutzung von Wäldern erteilten. Ujamaa-Bauern nutzten die Gelegenheit, um Zugang zu Waldland zu erhalten, das ihnen während der deutschen und britischen Kolonialzeit genommen worden war. Doch gingen die staatlichen Ujamaa-Planer laut Thaddeus Sunseri über lokale Entscheider hinweg. Folge war, dass die Waldnutzung ohne Rückgriff auf lokales Umweltwissen geschah, da man zentral entschied, wo kultiviert wurde, welche Bäume man nutzen sollte und wo Feuer zur Gewinnung von Feldern sinnvoll sei. Lokale Konzepte der Landnutzung oder die kulturelle Bedeutung von Ahnenwäldern wurden seitens der staatlichen Planer ebenso wie zur Kolonialzeit missachtet.13 Auch kam es vielerorts – ähnlich wie während der kolonialen Reformära in deutscher Zeit – zu Konflikten zwischen Bezirksverwaltungen und der Forstverwaltung über die Nutzung von Waldressourcen. Der tansanischen Forstverwaltung fiel es durch das Festhalten am industriemäßigen Prinzip der nachhaltigen Waldressourcengewinnung sehr schwer, ihre Entwicklungsvorstellungen mit lokalen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Sie erschien den Bauern ebenso arrogant zu sein wie ihre kolonialen Vorläufer, wenn sie gegen landwirtschaftliche Waldnutzungsformen vorging. Die tansanische Forstverwaltung verlor in Folge der Ujamaa-Politik an Einfluss und wurde innerhalb der staatlichen Verwaltung marginalisiert. Hierdurch büßte sie an Einkünften ein und war nicht mehr in der Lage, die Grenzen aller Waldreservate zu markieren und zu schützen.14 Dort nahmen schließlich private Holzhändler oder die lokale Bevölkerung das Heft des Handelns in die Hand.15 So existieren einige Waldreservate heute nur noch auf der Landkarte, etwa Steinbruch bei 11 Vgl. Sunseri, Ax, 150–151. 12 Vgl. ebd., 158–161. 13 Vgl. ebd., 158–163. 14 Vgl. Hurst, Forestry, 358, 363–365. 15 Vgl. David Njagi, Timber Dealers Now Target Indigenous Trees, in: The East African, 28.02.2009, 10.

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Abb. 36: Holzkohlemeiler im Waldreservat Steinbruch. Aus: Eigene Fotografie (2008).

Tanga. Dort befinden sich gegenwärtig Meiler zur Holzkohlegewinnung. Ebenso finden sich im Waldreservat Steinbruch Viehtriften, wie nach einer Begehung des Geländes festgestellt werden konnte. Biodiversitätsparadigma Die tansanischen Förster waren laut Andrew Hurst nicht gewappnet, um sich den neuen entwicklungspolitischen Rahmenbedingungen der späten 1960er-Jahre anzupassen und ihre Praktiken zu justieren.16 In ähnlicher Weise argumentiert Thaddeus Sunseri, der den Einfluss der tansanischen Forstverwaltung in den 1970er-Jahren schwinden sieht. Erst nachdem sie sich in den 1980er-Jahren vom Konzept einer »managed exploitation« der Wälder verabschiedet habe und auf das Konzept der »biodiversity preservation« umgeschwenkt sei, sei ihr Einfluss wieder stärker geworden.17 Das forstliche Ziel des neuen Naturschutzparadigmas war, möglichst ursprüngliche Landschaften ohne kolonialzeitliche Reminiszenzen zu schaffen,

16 Vgl. Hurst, Forestry, 358. 17 Vgl. Sunseri, Ax, 162.

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um weltweite Touristenströme anzuziehen.18 Insofern generierte sich der Naturschutz in gewisser Weise als biopolitischer Reflex auf die Kolonialzeit. Er bildet nicht nur in Tansania, sondern auch andernorts im postkolonialen Afrika, einen Ausgangspunkt für Überlegungen, wie mit dem ökologischen Erbe des Imperialismus umzugehen ist. Biodiversity restoration is the re-establishment of indigenous montane forests by planting local tree species. This was started in 2004. It is hoped that as tree forest patches mature, they will attract more and more nature loving tourists.19

Im nationalen Forstprogramm Tansanias aus dem Jahr 1998 ist zu lesen, dass man bisher zu wenig »native species« im Vergleich zu »exotic species« angepflanzt habe. Deshalb müsse eine neue Richtlinie erlassen werden, die verhindere, dass man »Urwälder« durch »exotic plantations« ersetze. Problematisch sei allerdings, dass es in der Bevölkerung bisher noch an einem generellen Bewusstsein bezüglich des konservatorischen und wirtschaftlichen Werts von »indigenous forests« fehle.20 Deshalb strebe man danach, lokalen Farmern das während der Kolonialzeit genommene Besitzrecht an »indigenous species« zurückzugeben.21 Schließlich habe die kolonialzeitliche Enteignung von Bäumen und Wäldern dazu geführt, dass die afrikanischen Bauern darin Symbole der Fremdherrschaft erblickten und nicht mehr pfleglich mit den Ressourcen umgingen. Somit erkannte die tansanische Forstverwaltung in der Re-Privatisierung von Baumeigentum einen Weg, um einen pfleglichen Umgang mit Waldressourcen herbeizuführen. Beispiele aus anderen afrikanischen Staaten zeigen diesbezüglich bereits positive Ergebnisse: Im Staat Niger konnte man in den letzten Jahren die Desertifikation im Zuge einer Re-Privatisierung des Baumeigentums aufhalten.22 Deshalb erscheint die Privatisierung von Besitzrechten aus heutiger Sicht eine adäquate Möglichkeit, um in ehemaligen Kolonialgebieten einen schonenden Umgang mit Bäumen und Wäldern zu bewirken. Einige Forstexperten bemängeln jedoch, dass dadurch auch die letzten noch vorhandenen gemeinwirtschaftlichen bzw. sozialen Mechanismen der Waldkontrolle außer Kraft gesetzt werden könnten, da in den Ländern des Südens oftmals kein Staatsapparat vorhanden sei, der die private Waldressourcennutzung regulieren könne.23 Ferner lässt sich bezüglich der gegenwärtigen forstpolitischen Strategie in Tansania fragen, warum man den Anbau einheimischer Arten gegenüber 18 Vgl. Bartholomäus Grill, Europas Wald am Kap soll weg. Südafrika lässt kolonialzeitliche Bäume fällen – gegen weißen Widerstand, in: Die Zeit, 16. Juni 2011, 22. 19 Murless, History (vgl. Anhang I). 20 Vgl. National Forest Policy, 20–21. 21 Vgl. ebd., 12.  22 Vgl. Beilage der New York Times, in: Süddeutsche Zeitung, 19.2.2007, 1, 4. 23 Vgl. Josef Herkendell, Jürgen Pretzsch, Fazit und Perspektiven, in: dies. (Hrsg.), Die Wälder der Erde. Bestandsaufnahme und Perspektiven. München 1995, 264.

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exotischen Spezies favorisiert. Schließlich existieren bis heute kaum aussagekräftige Untersuchungen, die belegen, inwieweit absichtlich oder unabsichtlich eingeführte exotische Spezies in Ökosystemen zur Vernichtung dort bereits vorhandener Arten führen.24 Kritiker schreiben, die Bevorzugung heimischer Spezies gegenüber gebietsfremden Arten beruhe auf einer ökologisch kaum zu rechtfertigenden ideologischen Hierarchisierung, die man als »Ökonativismus« bezeichnen könne.25 Solch eine Biopolitik berge nicht zuletzt die Gefahr, dass rassistische Stereotype – wenn auch unter anderen politischen Vorzeichen als in der Kolonialzeit  – neu bedient werden. Schließlich stehe im Hintergrund die generelle Frage nach dem Umgang mit dem »Anderen« und »Fremden«.26 Aus diesem Blickwinkel nimmt die tansanische Forstpolitik gegenwärtig eine pauschalisierende Gleichsetzung von »exotic species« mit Kolonialismus und Fremdherrschaft sowie von »native species« mit Eigenem und Selbstbestimmtem vor. Doch bedeutet ein Rückgriff auf einheimische Arten nicht automatisch, dass man mit deren Kultvierung die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung befriedigt. Robert B. Munson konnte in einer neueren Studie zeigen, dass lokale Bauernkulturen in Tansania einige der in der deutschen Kolonialzeit eingeführten Forstgewächse in ihre Anbausysteme integriert haben und bis heute kultivieren. Die Pflanzen werden mittlerweile als heimische Spezies betrachtet. Sie gelten den Bauern als charakterbildende Symbole der Landschaft und als identitätsstiftende Elemente.27 Daran wird deutlich, dass sich zumindest die Einführung einiger exotischer Forstpflanzen als praktisch und damit als erfolgreich in afrikanischen Handlungskontexten erwiesen hat. Es erscheint mit Blick auf diesen Befund fraglich, ob die tansanische Forstverwaltung innerhalb der Bevölkerung ein neues Bewusstsein für den vermeintlich höheren Wert einheimischer Forstgewächse gegenüber exotischen Arten schaffen kann. Zumindest knüpft sie damit nicht unbedingt an bereits bestehende lokale Erfahrungen an. Vielmehr scheint sie in ein ideologische Extrem zu verfallen, möglichst Landschaften kreieren zu wollen, die nur aus einheimischen Spezies bestehen, um das romantische Ideal einer unberührten afrikanischen Natur zu bedienen oder um Botanikern ein Forschungsobjekt zu bieten. Insofern lässt sich aufgrund des neuen Naturschutzparadigmas nur diskursiv, jedoch nicht praktisch eine Distanz zur Kolonialzeit aufbauen. Das wird umso deutlicher, wenn man auf die Ursprünge des präservatorischen Waldschutzes blickt, der sich u. a. auf das Misch- und Dauerwaldwaldkonzept aus Deutschland zurückführen lässt.28 Somit handelt 24 Vgl. Katrin Blawat, Keine Angst vor Fremden. Die meisten eingewanderten Arten bedrohen die heimischen Ökosysteme nicht – manchmal bereichern sie den Lebensraum sogar, in: Süddeutsche Zeitung, 02./03. Juli 2011, 22.  25 Vgl. Lübken, Forschungsbericht, 26. 26 Vgl. ebd. 27 Vgl. Munson, Nature, 207, 307. 28 Vgl. Sunseri, Ax, 166.

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es sich beim Naturschutz um ein koloniales Konzept, dessen Implementierung Kolonialbotaniker und Förster bereits während der deutschen Besatzungszeit einforderten. Hätte das Deutsche Reich die Kolonie Deutsch-Ostafrika nach dem 1. Weltkrieg nicht als Mandatsgebiet an den Völkerbund abtreten müssen, wären vermutlich präservatorische Waldschutzprogramme eingeführt worden. Schließlich musste auch die Forstverwaltung Deutsch-Ostafrikas auf der Suche nach neuen Geldquellen und neuen Möglichkeiten ihr Handeln immer wieder neu legitimieren und neu erfinden. Es wird deutlich, dass es sich bei der ökonativistischen Ausrichtung der gegenwärtigen Biopolitik in Tansania um die Reminiszenz an ein Waldschutzkonzept mit kolonialzeitlichen Wurzeln handelt. Allerdings erscheint der Strategiewechsel der tansanischen Forstverwaltung vom Paradigma der Waldnutzung zum Paradigma des Naturschutzes aufgrund gewisser struktureller Zwänge verstehbar. Zum einen hat sich herausgestellt, dass der nationale Energiebedarf in Tansania, der zu 92 % auf Holz basiert (88 % Feuerholz und 4 % Holzkohle), nicht durch schnell wachsende Forstplantagen mit exotischen Spezies gedeckt werden kann.29 Zum anderen sind tansanische Waldprodukte mit Ausnahme von Holzkohle auf dem Weltmarkt kaum gefragt.30 Mit ihnen lassen sich kaum Exporterlöse erzielen. Gleichzeitig musste Tansania seit der ersten Ölkrise von 1973 mehr Geld für den Import von Öl ausgeben, weshalb das Land abhängiger von Devisen wurde. Bis zum Jahr 1986 verwendete man 50–60 % der Exporteinkünfte auf den Ölimport. Da mit dem Export von Waldprodukten auf dem internationalen Markt aber nicht genug Devisen verdient werden konnten, hätte man wie andere Länder des Südens zu einer nicht nachhaltigen Ausbeutung nachwachsender Waldressourcen übergehen müssen, um die Zahlungsbilanz zu verbessern.31 Man entschied sich jedoch für eine andere Einnahmequelle: Zahlungen von internationalen Geldgebern zur Umsetzung von Naturschutzzielen.32 Deshalb stellte die Forstverwaltung stärker auf Naturschutz ab, womit ihre Abhängigkeit von internationalen Geldgebern wuchs. Letztere bezahlen inzwischen bis zu 90 % des Forstpersonals und steuern 95 % zum sonstigen jährlichen Forstetat bei. Es ist davon zu sprechen, dass gegenwärtig internationale, nicht nationale oder lokale Interessen die tansanische Forstpraxis bestimmen. Die lokalen Kräfte der Forstverwaltung exekutieren lediglich globale Naturschutzstandards, über deren Inhalte anderswo entschieden wird.33 Diese Entwicklung ist so weit fortgeschritten, dass der präservatorische Waldschutz zur dominanten forstpolitischen Richtschnur geworden ist. Das ist ein Grund dafür, dass Bauern seitens der Forstverwaltung auf die Kultivierung einheimischer Spezies eingeschworen werden und nicht selbst 29 Vgl. ebd., 170. 30 Vgl. Hurst, Forestry, 360, 364. 31 Vgl. Herkendell, Pretzsch, Fazit, 264. 32 Vgl. Sunseri, Ax, 169. 33 Vgl. ebd., 171, 183.

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entscheiden dürfen, welche Pflanzen sie anbauen möchten. Damit erweckt die Forstverwaltung vordergründig den Eindruck, als ob sie sich von autoritären kolonialzeitlichen Wurzeln getrennt habe, obwohl sich die Strukturen zur Kontrolle von Waldressourcen noch weiter von der lokalen Ebene entfernt haben. Thaddeus Sunseri spricht in Anlehnung an Michael Goldmann von »ecogovernmentality«, innerhalb derer internationale Umweltschutzorganisationen, die von nationalen Geldgebern und internationalen Finanzinstitutionen gestützt werden, das lokale Verhältnis von Mensch und Wald neu definieren.34 Analog zu diesem Befund konstatiert Gißibl, dass transimperiale Lobbyarbeit seit der Kolonialzeit Strukturen hervorgebracht habe, mittels derer man bis heute die lokale Bevölkerung von den Entscheidungen über die Nutzung und den Schutz wild lebender Tiere exkludiere. Das habe im Bereich des Wildschutzes zu einer strukturellen Abhängigkeit staatlicher Herrschaft in Tansania von internationalen Entwicklungsorganisationen als Geldgebern geführt und sei als Zeichen des »ostafrikanischen Wegs in die Moderne« zu verstehen.35 Der kolonialzeitliche Trend zur Verlagerung von Entscheidungen über die Nutzung nachwachsender Ressourcen setzt sich somit nicht nur beim Wald-, sondern auch beim Wildschutz fort und ist auf der globalen Ebene angelangt. Die Praxis der Ältesten, unter Maßgabe einer heiligen Topografie der Landschaft mit den Geistern der Ahnen den Zugang zu Wald und Wild auszuhandeln, um damit das Wohlergehen der lokalen Gemeinschaft anzustreben, ist endgültig Entscheidungen auf internationaler Ebene gewichen.36 The power shift over a little more than a century from the authority of local chiefs and elders, who once negotiated forest access with communities whose support they depended on, to the present, where non-Tanzanians with no local constituencies have a defining role in forest control, cannot be more jarring.37

Zu diesem Ergebnis gelangt Thaddeus Sunseri, wobei außer Frage steht, dass die gegenwärtige Entwicklung neuen Konfliktstoff mit sich bringt. Zum Schutz der Biodiversität reserviert der tansanische Staat verstärkt Wälder, einschließlich der zwischen ihnen liegenden Korridore.38 Hiervon sind über 29 % der Landfläche in Tansania betroffen, von der 16 % als Waldreservate und 13 % als Nationalparks oder Wildreservate geschützt werden – Tendenz steigend. Hinzu tritt das Problem, dass der tansanische Staat in letzter Zeit verstärkt Bauernland an reiche Investoren zur Schaffung privater Jagdressorts abgibt.39 Im Vergleich 34 Vgl. ebd., 164. 35 Vgl. Gißibl, Nature, 8–9, 13. 36 Vgl. Sunseri, Ax, 184. 37 Ebd., 166. 38 Vgl. ebd., 171. 39 Vgl. Tony Waters, The Persistence of Subsistence Agriculture. Life Beneath the Level of the Marketplace. Lanham 2007, 193–195; mündliche Mitteilung von Samuel Mhajida.

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dazu erschienen die Waldreservierungen während der deutschen Kolonialzeit räumlich überschaubar. Bis zum Jahr 1914 war nur 1 % der Landesfläche, das sich größtenteils in den nordöstlichen Küstenbezirken befand, zu Waldreservaten ausgewiesen worden (vgl. Karte 14).40 Bedenkt man, zu welch negativen ökolo­ gischen und sozialen Nebenfolgen die Waldreservierungen bereits seinerzeit führten, wird klar, dass sich der Konfliktstoff heute potenziert haben dürfte.41 Dafür spricht, dass das neue Waldschutzregime wesentlich rigider mit lokalen Formen der Waldnutzung umgeht als das kolonialzeitliche Regime. Damals verblieben unter dem Paradigma einer industriellen Nutzung und eines konservatorischen Schutzes von Waldressourcen der lokalen Bevölkerung wenigstens einige Waldnutzungsrechte in Form von Servituten. Solche Rechte annulliert man heute vollkommen unter Verweis auf den Naturschutz. Schließlich will der Staat die reservierten Wälder zum Schutz der Artenvielfalt von jedweder menschlichen Nutzung ausnehmen. Insofern mag Sunseri recht haben, wenn er pessimistisch konstatiert, dass die Geschichte des Waldes in Tansania als ein vom Menschen genutzter Raum bald ende.42 Die reservierten Wälder sollen als lokale Allmenden nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern sich nach internationalen Maßgaben als »lebende Museen« oder als »Speicher genetischer Ressourcen« möglichst unberührt von Menschenhand entwickeln.43 Unter diesen Bedingungen fehlt den Bauern gegenüber der Forstverwaltung nahezu jede Verhandlungsmöglichkeit, sich begründet Zutritt zum Wald zu verschaffen. Die geschützten Wälder werden nicht mehr bewirtschaftet. Letzteres war unter dem alten kolonialforstlichen Paradigma wenigstens gegeben, weshalb Bäuerinnen und Bauern als Pächter von Agroforstparzellen oder zur Waldarbeit gebraucht wurden. Heutzutage bleibt ihnen keine andere Wahl als sich illegal Zugang zum Wald zu verschaffen. Gegenwärtig finde ein »Überlebenskampf« der Bauernkulturen in Tansania statt.44 Dies zeigt ein Beispiel von Naturschutzbemühungen in den Gürtelwäldern der Vulkanberge Kilimandscharo und Meru. Dort sollen »indigenous trees«, vor allem Octoea (Kampfer), die laut eines OECD -Berichts durch den globalen Klima­ wandel, durch illegalen Holzschlag und durch die Anlage von Walddörfern bedroht sind, geschützt werden.45 Die Gürtelwälder waren bereits in der deutschen Kolonialzeit als Waldreservate ausgewiesen und seitdem von der Forstverwaltung kontrolliert worden. Das tansanische Ministry of Natural Resources and 40 Vgl. Sunseri, Ax, 180. 41 Vgl. ebd., XV–XVI, 171–173. 42 Vgl. ebd., XVIII, 184. 43 Vgl. ebd., 171. 44 Vgl. ebd., XVIII, 165, 184. 45 Vgl. Shardul Agrawala et. al., Development and Climate Change in Tanzania: Focus on Mount Kilimanjaro, o. O. 2003, 45; http://www.oecd.org/env/cc/21058838.pdf (Zugriff: 18.10.2020).

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Tourism entzog allerdings jüngst der Forstverwaltung die Verantwortung für die Gürtelwälder und übertrug sie den Verwaltungen der Nationalparks. Eine ähnliche Restrukturierung der staatlichen Waldkontrolle war laut OECD im Jahr 2000 in Kenia vorgenommen worden, wo man die Wälder des Mt. ­Kenya ebenfalls der Naturparkverwaltung unterstellte. Daraufhin sei der illegale Holzschlag drastisch zurückgegangen.46 Das führt Martin Kijazi auf ein Konzept von »fortress conservation« zurück, das mit der Reservierung von Waldflächen und verstärkten Patrouillen durch Ranger einhergehe, die nicht auf Gewalt gegenüber lokalen Dorfbewohnern verzichten.47 Despotisches Handeln scheint gegenwärtig wieder ein probates Mittel zu sein, um Waldschutzmaßnahmen in Ostafrika durchzusetzen, wobei die Restriktionen vor allem die Ärmsten der ländlichen Bevölkerung treffen. Deshalb regt sich in einigen Gegenden Tansanias lokaler Protest gegen die neue Waldschutzpolitik.48 Schließlich sind grundlegende Lebensinteressen bäuerlicher Gemeinschaften, wie die Gewinnung von Brenn­stoffen, die Anlage von Feldern oder das Weiden von Vieh, betroffen. Doch scheint die Regierung Tansanias auf die lokalen Interessen kaum Rücksicht zu nehmen, da Wanderfeldbau oder die Gewinnung von Holzkohle als besonders natur- und klimaschädlich gelten.49 Die diskursive Technik des othering bzw. denial of coevalness spielt immer noch eine zentrale Rolle bei der gegenwärtigen Exklusion berechtigter Waldnutzungsinteressen in Tansania. Lokale Gemeinwohlorientierung wird von Entwicklungstheoretikern immer noch als unzeitgemäß abgelehnt. Sie argumen­ tieren, dass der Weg moderner Wohlstandsgesellschaften mit dem Streben nach individueller Nutzenmaximierung das einzige Entwicklungsmodell sei. Deshalb bleibe den Ländern des Südens keine andere Möglichkeit, als den Pfad der nachholenden Modernisierung zu beschreiten.50 In dieser Perspektive hängt die Effektivität tropischen Waldschutzes überall auf der Welt davon ab, ob und inwieweit Staaten bereit sind, das westliche Konzept von Eigentum, privat und staatlich, einzufordern und eine effektive Polizeigewalt über Wälder auszuüben.51 Der Forstwissenschaftler Jürgen Pretzsch spricht in diesem Zu-

46 Vgl. ebd., 48. 47 Vgl. Martin Kijazi, Climate Emergency, Carbon Capture and Coercive Conservationism on Mt. Kilimanjaro, in: Melissa Leach, Ian Scoones (Hrsg.), Carbon Conflicts and Forest Landscapes in Africa. Pathways to Sustainability. New York 2015, 64. 48 Vgl. Agrawala et. al., Development, 45. 49 Vgl. Kijazi, Climate, 64–67, 70–71. 50 Vgl. Rainer Tetzlaff, Demokratische Transition und Marktorientierung. Elemente einer universellen Theorie der »Entwicklung«, in: Reinhold E. Thiel (Hrsg.), Neue Ansätze zur Entwicklungstheorie. Bonn 2001, 360. Zur Modernisierungstheorie; vgl. Hans-Heinrich Nolte, Weltgeschichte. Imperien, Religionen und Systeme 15.–19. Jahrhundert. Wien 2005, 331–332, 336. 51 Vgl. Barton, Forestry, 166.

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sammenhang von einer »globalen Waldkrise«52 und fordert tendenziell autoritäre Lösungen im Rahmen globaler Institutionen.53 Damit bewegt er sich in neo-kolonialen Denkmustern, wobei fraglich ist, ob ein solches Vorgehen zielführend sein kann. Schließlich zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass bereits während der deutschen Kolonialzeit das Gerede von einer globalen Holznotkrise, Klimaverschlechterung und Artensterben half, in tropischen Gebieten autoritäre Waldschutzregime zu etablieren, die bewusst lokale Landnutzungsmuster unterdrückten und kriminalisierten. In ähnlicher Weise benutzen Naturschützer heute Stereotype, um Eingriffe von außen in lokale Waldnutzungsformen zu rechtfertigen.54 Nicht zuletzt deshalb meint mancher Tansanier, dass der staatliche Zwang zur Einschränkung lokaler Landnutzungsweisen gegenwärtig stärker sei als zur Kolonialzeit.55 Mit solchen Aussagen stützen protestierende Dorfbewohner ihre Positionen, schließlich möchte sich der tansanische Staat nicht nachsagen lassen, er stehe in der Tradition des Kolonialismus. Aber auch die staatlichen Naturschützer wählen ihrerseits die Kolonialzeit als Bezugspunkt, um zu verdeutlichen, dass sie mit ihrem Konzept zum Schutz einheimischer Arten im Recht sind. Für beide Seiten bildet die Kolonialzeit einen wichtigen Referenzpunkt, um Ansprüche auf Waldressourcen argumentativ abzustützen. Es fragt sich allerdings, ob der Staat durch kosmetische Operationen am Landschaftsbild die tieferliegenden Kontinuitäten zwischen kolonialzeitlicher und heutiger Forstverwaltungspraxis sowie die strukturellen Ähnlichkeiten von Konfliktlagen kaschieren kann. Somit stellt sich die Frage, ob man aus der historischen Erfahrung mit der Kolonialzeit nicht alternative Schlüsse ziehen kann. Laut Andrew Hurst muss der Staat auf Konzepte von »social forestry« zurückgreifen, mittels derer der Wald als sozialer Raum im Sinn einer »Re-Vergesellschaftung« neu erfunden wird.56 In ähnlicher Weise betont Ravi Rajan, dass man auf Entwicklungskonzepte wie »Joint Forest Management« oder »Campfire« setzen müsse. Es solle jeder Stein im Gebäude der Entwicklungstheorie neu betrachtet werden, und zwar mit Blick auf eine reflexive Modernisierung. Laut Rajan müsse man den »Vertrag mit der Natur« umschreiben und durch »neue Matrizen« ersetzen, die das Verhältnis zwischen lokaler Bevölkerung und dem Nationalstaat, zwischen dem Staat und der Wirtschaft und zwischen der Wirtschaft und der Natur neu definieren.57 52 Herkendell, Pretzsch, Fazit, 265. 53 Vgl. Jürgen Pretzsch, Forstpolitische Konzeptionen zur Erhaltung und Nutzung von Wald, in: Josef Herkendell, ders. (Hrsg.), Die Wälder der Erde. Bestandsaufnahme und Perspektiven. München 1995, 160. 54 Vgl. Williams, Earth, 351. 55 Vgl. Kijazi, Climate, 73. 56 Vgl. Hurst, Forestry, 366. 57 Rajan im Anschluss an Ulrich Beck und Scott Lash; vgl. Rajan, Nature, 206 Fn. 22.

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Allerdings kritisiert Sunseri an Joint-Forest-Management-Projekten, dass sie lediglich den Diskurs von Inklusion und Partizipation pflegen, doch in der Praxis ärmere Mitglieder der dörflichen Gemeinschaft, insbesondere Frauen, von den Nutzungsrechten am Wald ausschließen. Der Grund sei, dass lokale Autoritäten in forstliche Entscheidungen einbezogen würden. Doch verfolgen sie, ähnlich wie die Jumben zur deutschen Kolonialzeit, oftmals eigene Interessen, wodurch Ungerechtigkeiten entstünden.58 Somit können neue, auf globalen finanziellen, institutionellen und technischen Instrumenten basierende Waldschutzkonzepte nur erfolgreich sein, wenn sie einen »rights-based approach« einschließen. Innerhalb dessen sind die Lebensgewohnheiten der lokalen Bevölkerungsgruppen beim Waldschutz zu akzeptieren oder annehmbare alternative Entwicklungsangebote zu machen.59 Diesbezüglich schlagen einige Forstwissenschaftler vor, bei der Implementierung von Konzepten zum Schutz der Biodiversität und genetischer Ressourcen Ausgleichszahlungen vorzunehmen, die so hoch bemessen sein müssen, dass sie den entgangenen Gewinn aus der Waldnutzung für die lokale Bevölkerung mindestens kompensieren.60 Sunseri plädiert hingegen für die Wiedereinführung vorkolonialer Formen der Umweltkontrolle auf Grundlage des lokalen Wissens von Ältesten, um das Verhältnis von Mensch und Wald auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Akzeptanz kollektiver Besitzrechte und die Einführung dezentraler Kontrollstrukturen in genossenschaftlicher Form könnte eine Möglichkeit bieten, zu einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Waldentwicklung zu gelangen. Das legen auf theoretischer Ebene Befunde von Eleanor Ostrom61 sowie einige neuere Untersuchungen zu lokalen Formen des Naturschutzes in Afrika nahe.62 Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist zu diskutieren, ob staatliche, private oder gemeinwirtschaftliche Institutionen 58 Vgl. Sunseri, Ax, 175, 183. 59 Vgl. Geoffrey O’Brien et. al., Climate Adaption from a Poverty Perspective, in: Climate Policy, 8, 2008, 194–201. 60 Vgl. Jürgen Hess, Jürgen Pretzsch, Naturwaldbewirtschaftung durch Soziale Forstwirtschaft: Lösungsansatz oder Fiktion?, in: Josef Herkendell, ders. (Hrsg.), Die Wälder der Erde. Bestandsaufnahme und Perspektiven. München 1995 261; John Lovett, Tanzanian Forest Law, in: B. Chaytor, K. Gray (Hrsg.), Environmental Law and Policy in Africa. The Hague 2003, 33. 61 Vgl. Elinor Ostrom, Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action, Cambridge 1990 (Kap. II und III); Rolf Peter Sieferle, Wie tragisch war die Allmende?, in: Gaia, 7, 1998, 304–307. 62 Vgl. Amutabi, Role, 228–235; Sascha Oliver Kesseler, »Wir schützen unseren Park«. Aushandlungsprozesse von Räumen, Identitäten und Institutionen im Pendjari-Nationalpark (Benin), Göttingen 2015, 45–46–50, 349, 351–352; ediss.uni-goettingen.de/bitstream/han dle/11858/00-1735-0000-0028-8677-0/Diss-Kesseler-2015-12-16-2-online.pdf?sequence=1 (Zugriff: 18.10.2020). Kessler konzeptualisiert die Natur rein sozialkonstruktivistisch und nicht als eigenmächtige Akteurin; vgl. ebd., 20, 26. Dadurch entgeht ihm, dass Aushandlungsprozesse um den Raum eines Nationalparks vermutlich nicht nur zwischen menschlichen Akteuren, sondern auch zwischen Tieren und Menschen ausgetragen werden. Letzteres hat Bernhard Gißibl deutlich gemacht; vgl. Gißibl, Nature, 10–11.

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einzeln oder in Kombination miteinander das Problem einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Waldnutzung am besten lösen.63 Ob eine solche Debatte ergebnisoffen geführt wird, ist allerdings mehr als fraglich. Skeptisch stimmen Positionen, die im Anschluss an die Konferenz von Rio ein zunehmendes Spannungsverhältnis zwischen westlichen Konzepten des tropischen Waldschutzes und lokalen Formen der Waldnutzung feststellen.64 Nicht zuletzt deshalb muss man sich fragen, ob es für den tropischen Waldschutz sinnvoll sein kann, einen top-down-Ansatz zu wählen. Schließlich besteht die Gefahr, dass sich die heute dramatisch erscheinende globale Klimaerwärmung einstmals ebenso als herbeigeredete Krise erweist wie seinerzeit kolonialzeitliche Degradierungsnarrative. Einschlägige Studien sprechen bereits von »climate and carbon sensationalism«.65 Zumindest erscheint gegenüber dem Narrativ von der globalen Klimaerwärmung Skepsis angebracht, wenn es dazu dient, Zwangs­ maßnahmen gegenüber lokalen Bevölkerungsgruppen in den Ländern des Südens zu rechtfertigen, während die Verursacher von Emissionen vor allem in den Ländern des Nordens zu suchen sind.66 Somit darf man den Treibhauseffekt nicht rein physikalisch als ein von Menschen induziertes Naturphänomen betrachten, sondern muss ihn ebenso wie kolonialzeitliche Degradierungsnarrative als inhärent diskursiven Bestandteil des (post)industriellen Systems analysieren. In dieser Perspektive wird die Klimaerwärmung zu einem kulturellen Konstrukt und stellt nur insofern eine objektive Tatsache dar, als dass Menschen sie als real betrachten. Deshalb darf man nicht, wie Jürgen Zimmerer, davon ausgehen, dass Klimawandel als externe Randbedingung gesellschaftliche Entwicklung und Konflikte um Land und Ressourcen einfach verschärft.67 Vielmehr muss man schauen, ob Bäuerinnen und Bauern in den Ländern des Südens Klimaveränderung als Ursache für Landkonflikte ansehen. Schließlich handelt es sich beim Klimawandel um einen Umweltdiskurs, der gegenwärtig mit einem ähnlich hegemonialen Geltungsanspruch auftritt wie seinerzeit der kolonialforstliche Entwaldungsdiskurs. Somit erscheint ein Grundproblem tropischer Waldkonflikte bis heute ungelöst, das darin besteht, dass schon auf diskursiver Ebene nicht alle Interessen am Wald gleichberechtigt zur Sprache kommen. In einer solch asymmetrischen Konfliktstruktur agieren (post)industrielle staatliche Natur 63 Vgl. Garrett Hardin, The Tragedy of the Commons, in: Science, 162, 1968, 1243–1248; Garrett Hardin, Extension of »the Tragedy of the Commons«, in: Science, 280, 1998, 682–683; Ostrom, Commons, 42–43l. 64 Vgl. Cleary, Forests, 281. 65 Vgl. Kijazi, Climate, 77. 66 Vgl. Olaf Stampf, Der Klimaforscher Hans von Storch warnt im Interview vor Aktionismus. Greta Thunberg rede »dumm Tüch« – dummes Zeug, in: Der Spiegel, 43, 18. Oktober 2019, https://www.spiegel.de/plus/klimaforscher-warnt-vor-panik-frueher-war-ein-sturmeinfach-ein-sturm-a-00000000-0002-0001-0000-000166490227, S. 5–6 (Zugriff: 18.1.2020). 67 Vgl. Jürgen Zimmerer, Climate Change, Environmetal Violence and Genocide, in: The International Journal of Human Rights, 18, 2014, 275.

456

Waldkonflikte im unabhängigen Tansania – ein koloniales Erbe?

schützer aus einer etwa gleichen Position wie seinerzeit die kolonialen Förster, die nicht die Hauptverursacher von Umweltschäden – Plantagengesellschaften und Kolonialunternehmen  – bestraften, sondern die lokale Bevölkerung.68 Hinzu kommt, dass sich der Staat in Tansania innerhalb der Konfliktstruktur in einer sehr starken Position befindet, da man das Unrecht der kolonialen Landnahme keineswegs rückgängig gemacht hat. Noch immer kommt dem Staat die Hoheit am Boden zu. Zwar ist es aufgrund jüngerer völkerrechtlicher Entwicklungen möglich, dass kulturelle Rechte, wie der Besuch von heiligen Stätten oder Ahnengräbern, auf enteignetem Waldland individuell wahrgenommen werden können69, doch erscheint damit der Grundkonflikt zwischen staatlichem und kollektivem Besitzanspruch an Wäldern allenfalls abgemildert. Denn nationale Eliten gehen in Kooperation mit internationalen Geldgebern oder privaten Interessen sehr leicht über lokale Bedürfnisse hinweg. Schließlich erscheint es aus staatlicher Perspektive viel einfacher die Einnahmen zu steigern, wenn man die Interessen internationaler Geldgeber durchsetzt, als die Interessen einer ländlichen Bevölkerung, die nur wenig Steuern zahlt. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb die Rückkehr zu einem gemeinwohlorientierten Waldnutzungsmodell im Sinne einer dörflichen »Werte- und Zweckgemeinschaft« nahezu ausgeschlossen erscheint und bottom-up-Konzepte, die lokale Sinnhorizonte beim Waldschutz berücksichtigen, wenig Berücksichtigung finden. Letztendlich machen es die genannten strukturellen Bedingungen sehr schwer, geeignete Aushandlungsmechanismen und Partizipationsmöglichkeiten zu finden, die politische Entscheidungen über den Zugang zum Wald und dessen Nutzung für die lokale Bevölkerung akzeptabel erscheinen lassen.

68 Vgl. Kijazi, Climate, 71. 69 Vgl. Vrdoljak, Reparations, 200–202; Dirk A. Moses, Raphael Lemkin, Culture, and the Concept of Genocide, in: Donald Bloxham, ders. (Hrsg.), The Oxford Handbook of Genocide Studies. Oxford 2010, 40.

Anhang

Anhang I: A Short History of the Usambara Mountains and Irente Farm (Transkription) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 Anhang II: Übersicht der forstrechtlichen Bestimmungen in Deutsch-Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 Anhang III: Verzeichnis der Waldwärter im Forststationsbezirk Bunduki (Stand 1. April 1911) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 Anhang IV: Handelsbilanz DOA 1891–1912 (in RM) . . . . . . . . . . . . 465 Anhang V: Im- und Exporte Bauholz DOA 1892–1912 (in RM) . . . . . . 465 Anhang VI: Übersicht der Forstbeamten am Seminar für Orientalische Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 Anhang VII: Organisationsstruktur der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika (1913) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 Anhang VIII: Einnahmen und Ausgaben der Forstverwaltung 1900/01–1912/13 (in Rp) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Anhang IX: Waldnutzungen im Geschäftsjahr 1911/12 . . . . . . . . . . 469 Anhang X: Forstbeamte in Deutsch-Ostafrika (Stand 1. Januar 1914) . . 470 Anhang XI: Stellenschlüssel Forstverwaltung Deutsch-Ostafrika (Stand 1. Januar 1914) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472

Anhang I: A Short History of the Usambara Mountains and Irente Farm (Transkription) BANTU-SPEAKING COMMUNITIES HAVE OCCUPIED THE USAMBARA MOUNTAINS FOR THE LAST 2000 YEARS . BUT THE WASAMBAA ­PEOPLE (WHO CURRENTLY LIVE HERE) ONLY ARRIVED 200 YEARS AGO. IN SPITE OF THIS SETTLEMENT, EXTENSIVE TRACTS OF ORIGINAL FOREST SURVIVED INTO THE 20TH CENTURY. THE GERMANS STARTED LOGGING THESE IN 1886, AND ALSO CLEARED OUT FOREST FOR PLANTATIONS OF COFFEE . THEY MISTAKENLY BELIEVED THAT THE SOIL MUST BE EXCELLENT IN ORDER TO SUPPORT SUCH FINE FOREST. LITTLE DID THEY KNOW THAT THE FERTILITY WAS IN THE TREES THEMSELVES , AND THAT BY REMOVAL OF THE FOREST COVER , THE NUTRITIENS WERE LOST. AFTER ABOUT 6–10 YEARS ANY REMAINING NUTRITIENTS WERE LEACHED AWAY BY HEAVY RAIN. THE COFFEE FIELDS WERE MISERABLE AND ESTATES OFTEN GAVE UP COFFEE FARMING , TURNING RATHER TO SUCH CROPS AS QUININE , CARDAMOM , RUBBER AND TEA . ONLY TEA SHOWED LIMITED SUCCESS , AND TODAY THERE ARE TEA PLANTA­ TIONS AND FACTORIES . ALL THIS HUMAN ACTIVITIES TOOK ITS TOLL ON THE FORESTS WITH THE RESULT THAT A 70 % COVER IS JUST REDUCED TO 5 % TODAY, AND THE OUTLOOK IS BLEAK . THE NATIVE FOREST IS SO VALUABLE ­BECAUSE IT IS VERY RICH IN SPECIES . THERE ARE 654 DIFFERENT SPECIES AND SUBSPECIES OF TREES IN A TOTAL MOUNTAINIOUS AREA OF 325.000 HECTARES (COMPARE WITH JUST ONLY 55 TREE SPECIES IN EUROPE NORTH OF THE ALPS). FURTHERMORE , MUCH OF THE LIFE HERE IS UNIQUE TO THE AREA  – IT OCCURS NO WHERE ELSE . OF THE 654 TREE SPECIES 169 SPECIES ARE ENDEMIC (24.5 % ENDEMISM RATE), OF THE 11 CHAMAELEON SPECIES 7 ARE ENDEMIC (63,6 %) AND AMONGST ­M ILIPEDES THERE IS 76 % ENDEMISM! A VERITABLE GALAPAGOS!

(THAT IS WHY AT IRENTE FARM WE HAVE POLICY OF BIODIVERSITY RES­ TORATION OR REFORESTATION WITH NATIVE TREE SPECIES) […] BIODIVERSITY RESTAURATION IS THE RE -ESTABLISHEMENT OF INDIGINOUS MONTANE FORESTS BY PLANTING LOCAL TREE SPECIES . THIS WE STARTED IN 2004. IT IS HOPED THAT AS THESE FOREST PATCHES MATURE , THEY WILL ATTRACT MORE AN MORE NATURE LOVING TOURISTS .

Anhang I

459

THE OFFICIAL EMPHASIS OF THE IRENTE BIODIVERSITY RESERVE (AS IT IS NOW CALLED) IS NATURE CONSERVATION ECOTOURISM AND FOOD PROCESSING . WE HOPE YOU ENJOY YOUR VISIT, AND PLEASE TELL ­O THERS ABOUT THIS PARADISE UP IN THE CLOUDS . Aus: P. Murless, A Short History of the Usambara Mountains and Irente Farm. Irente 2008.

1899

1898

1895

1894

1893

1891

Jahr

Land­­‑ kategorie

Verordnung betreffend die Erhebung einer Holzschlaggebühr vom 1. April 1899

Verordnung betr. die Erhebung einer Gebühr für das Schlagen von Bauhölzern auf dem Eigenthum des Kaiserlichen Gouvernements für Deutsch-Ostafrika befindlichen Grund und Boden vom 26. Mai 1891

Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 12. Dezember 1893

»herrenlos« Kronland

Kronlandverordnung vom 26. November 1895

»okkupiertes« Kronland

Waldverordnung für die Plantagengebiete in Uluguru, Usambara, Usegua, Pare und am Kilimandscharo vom 28. April 1899

Waldordnung für Usambara vom 20. Oktober 1895

Privat− bzw. Kaufpachtland

Anhang II: Übersicht der forstrechtlichen Bestimmungen in Deutsch-Ostafrika1

Runderlaß zum Holzschlag im Rufiyi-Delta vom 30. Oktober 1898

Runderlaß an die Bezirkssowie Bezirksnebenämter sowie die Zollämter vom 5. Dezember 1894

Rufiyi-Delta2

460 A nhang

Verfügung zur Aufhebung der Verordnung betr. Wildbrennen, Holzfällen und das Pflanzen von Kokosnüssen vom 31. Januar 1911

Verordnung des Gouverneurs vom 9. April 1914 zur weiteren Ausführung der Kronlands-Verordnung vom 26. November 1895 („Baumschutzverordnung“)3

1914

Waldschutzverordnung vom 1. April 1909

Waldschutzverordnung vom 9. September 1904

1911/12

1909

1908

1904

Bestimmung über Holzabgabe und vorläufige Holztaxen (Holzschlaggebühren) für die Gewinnung von Nutz-, Stangen- und Brennholz in den Waldreservaten des Forstamts Daressalam vom 1. November 1911 und Bekanntmachung über Preise für Abgabe von Walderzeugnissen im Forstbezirk Wilhelmstal vom 1. Oktober 1912

Runderlaß betreffend Schaffung von Waldreservaten vom 27. Juli 1904

Verordnung betreffend die Erhaltung von Privatwaldungen vom 17. August 1908

Anhang II

461

462

A nhang

Bei der Übersicht zu den forstrechtlichen Bestimmungen handelt es sich um eine vereinfachte Darstellung. Sie soll verdeutlichen, wie sich das Forstrecht in Deutsch-Ostafrika entwickelte, welche Verordnungen zeitlich parallel existierten und wie lange sie in Geltung waren. Die Beziehungen werden durch Pfeile, die gleichzeitig auf Spezifizierungen bestehender Verordnungen oder deren Ablösung durch eine neue Verordnung hinweisen, kenntlich gemacht. Der Übersichtlichkeit halber sind – abgesehen von der Kronlandverordnung vom 26. November 1895  – allgemeine landbesitzrechtliche Bestimmungen, die dem kolonialen Staat bzw. der von ihm privilegierten Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (D. O. A. G.) das Waldbesitzrecht als Regal zusprachen, nicht enthalten. Hierunter fallen die sog. »Häuptlingsverträge« zwischen lokalen afrikanischen Herrschern und der Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK), der Kaiserliche Schutzbrief vom 27. Februar 1895, der Vertrag des Sultans von Sansibar mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom 28. April 1888 (»Küstenvertrag«) sowie der Vertrag zwischen der Kaiserlichen Regierung und der DeutschOstafrikanischen Gesellschaft vom 20. November 1890 (»Abtretungsvertrag«). Ferner wird eine forstrechtliche Regulierung der D. O. A. G. nicht berücksichtigt, weil sie lediglich in der Literatur erwähnt wird, jedoch als Quelle nicht auffindbar war. Auch sind in dem Schaubild nicht enthalten die Erlasse zu Personalangelegenheiten, so der Runderlaß betreffend forstliche Beschäftigung der Unteroffiziere, früher Oberjäger vom 05. Juni 1909 und der Runderlass betreffend die Anstellungsverhältnisse, Dienstobliegenheiten und Kompetenzen der Waldwärter vom 14. Juni 1910. Ebenfalls wurde darauf verzichtet, die Ausführungsbestimmungen und Dienstanweisungen einzelner Verordnungen in die Darstellung aufzunehmen. 2 Für Mangrovengebiete, wie das Rufiyi-Delta, wurde von Beginn der direkten Kolonialherrschaft seitens des Staates ein alleiniges Besitz- und Nutzungsrecht behauptet. Diese Gebiete wurden wie »okkupiertes« Kronland behandelt, obwohl sie niemals formell durch den Staat in »Besitz« genommen wurden. 3 Die »Baumschutzverordnung« galt nur innerhalb von »Eingeborenenvorbehalten«. Der landbesitzrechtliche Status der »Eingeborenenvorbehalte« war nicht eindeutig geklärt. Es handelte sich formell um »herrenlos« Kronland, das der lokalen Bevölkerung bei »Kronlandverhandlungen« vom Staat zur alleinigen Nutzung überlassen worden war. 1

Alfani

Munekambi

Moguma

Mahowe

5

6

Bena

2

3

Rinaldi

1

4

Name

Nr.

Westuluguru

Kisakki

Kisakki

Morogoro

Ostuluguru

Ostuluguru

Stammes­ angehörigkeit

31

36

35

39

38

28

ungef. Alter

Nein

kann etwas lesen

kann etwas lesen

Nein

Nein

Ja

lese- und schreibkundig

15.4.10

1.1.09

1.4.1908

1.4.1909

1.4.1908

1.12.07

Dienstantritt

Chamanyani

Kimboza

Tulo

Kassanga

Mvuha

Bunduki

Wohnort

Chamanyani

Kimboza

Vigoregore bei Tulo

Kassanga

Mvuha

Bunduki I. und II.

Hutbezirk oder sonstige Beschäftigung

10

10

10

11

10

11

anfängl.

10

10

10

12

13

16

ggw.

Lohn

Bunduki

Bunduki Bunduki

1.1.09 15.4.10

Bunduki

1.10.09 1.4.08

Bunduki

Bunduki

1.6.10

1.6.10

seit.

Dienststelle

30.9.10. wegen völliger Unzuverlässigkeit und Unfähigkeit entlassen.

15 Hiebe 1910 vom KBA

1 Monat Kette und 1x 25 Hiebe 1908 vom KBA

Strafen

Anhang III: Verzeichnis der Waldwärter im Forststationsbezirk Bunduki (Stand 1. April 1911) Bemerkungen

Anhang III

463

Mawenge

Husseni

Kipitari

Salim

Cangaeka

7

8

9

10

11

Westuluguru

Ostuluguru

Kassanga

Jumbe Salim Waziri in Gomberenga

Jumbe Farhani [?] in Ilonga

Stammes­ angehörigkeit

35

24

25

28

26

ungef. Alter

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

lese- und schreibkundig

1.1.11

1.10.10

1.10.10

1.9.1906

.9.1906

Dienstantritt

Maziwa

Mserero

Chamanyani

zw. Vituli und Gomberenga

Morogoro

Wohnort

Uluguru-Süd Manga-Bach bis Luren [?] Fels

UluguruNord/ Kingolegole [?] Bach (nördl. MvuhaFluss) bis Mbezi-Fluss Jumbe Magoma

Chamanyani

Ngerengere, Kimamba und Matwiga

Nyandira und Uluguru-Nord bei Morogoro

Hutbezirk oder sonstige Beschäftigung

5

5

6

10

6

anfängl.

Lohn ggw.

6

6

7

10

14

Aus: Jahresbericht F.St. Bunduki 1910 Anlage 3; TNA G8/ 516, o. p. Kategorien sind abgekürzt wiedergegeben.

Name

Nr. seit

1.3.11

1.3.11

1.11.10

1.9.06

1.9.09

Bunduki

Bunduki

Bunduki

KBA Kilossa

KBA Morogoro

Dienststelle

Strafen

Ersatz für Waldpolizisten, ist ehem. Waldpol.

Ersatz für entlassene Waldpolizisten (S. ist ehemaliger Waldpolizist)

Ersatz für Nr. 6

Bemerkungen

464 A nhang

Anhang IV

465

Anhang IV: Handelsbilanz DOA 1891–1912 (in RM)

Aus: Eigene Darstellung nach Daten aus den Jahresberichten 1892–1912/13.

Anhang V: Im- und Exporte Bauholz DOA 1892–1912 (in RM)

Aus: Eigene Darstellung nach Daten aus den Jahresberichten 1893–1912/13.

466

A nhang

Anhang VI: Übersicht der Forstbeamten am Seminar für Orientalische Sprachen Jahr der Einstellung

Name

Dienst­ bezeichnung

Herkunft

Anstellung in DOA

1899/00

Graß, Karl

Forstpraktikant

Baden

Forstbeamter (FB)

1905/06

Deininger, Eduard

Forstassessor (FA)

Bayern

Höherer Forst­beamter (HFB)

Rohrbeck, Georg

FA

Brandenburg

HFB

Bittkau, Paul

FB

Pommern

FB

Simon, Hubert

FB

Provinz Sachsen

FB

Christiansen, Christian

FB

Schleswig

FB

Richter, Johannes

Förster­kandidat (FK)

Kgr. Sachsen

FB

Spennemann, Max

FB

Berlin

FB

FB

Ostpreußen

FB

Hoffmann, Johannes

FB

Brandenburg

FB

Rauer, Wilhelm

FB

Westpreußen

FB

Dehn, Willy

Forstaufseher

Rheinprovinz

FB

Hofer, Alexander

Forstaufseher

Westfalen

FB

1906/07

1907/08

1908/09

467

Anhang VI Jahr der Einstellung

Name

Dienstbezeichnung

Herkunft

Anstellung in DOA

1909/10

Schuster, Ludwig

FA

Hessen-Nassau

HFB

Josuweit, Paul

Forstaufseher

Ostpreußen

FB

Naepfel, Heinrich

Forstassistent

Bayern

FB

Rupprecht, Theodor

Forstassistent

Bayern

FB

Müller, Hans

FA

SachsenCoburg-Gotha

FB

Haberkorn, Eduard

FA

Gr.Hzgt. Hessen

FB

Brulz, Georg

Forstassistent

Bayern

FB

Peterhänsel, Fritz

Försterkandidat

Kgr. Sachsen

FB

Huly, Martin

Forstaufseher

Lippe-Detmold

FB

Martin, Julius

FA

Hessen-Nassau

HFB

Hemmrich, Christian

Forstassistent

Bayern

FB

Trips, Hans

Forstanwärter

Bayern

FB

Salle, Willy

Forstaspirant

Braunschweig

FB

Höppe, Kurt

Hilfsjäger

Ostpreußen

FB

Bröker, Fritz

Förster

Lippe-Detmold

FB

Klein, Eduard

FA

Bayern

FB v HFB (?)

1910/11

1911/12

1912/13

1913/14

Aus: Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen, 1 (1898), 3 (1900), 9 (1906), 10 (1907), 11 (1908), 12 (1909), 13 (1910), 14 (1911), 15 (1912), 16 (1913), 17 (1914).

468

A nhang

Anhang VII: Organisationsstruktur der Forstverwaltung von Deutsch-Ostafrika (1913) (Bezirks-)Forstamt

Forstbezirk

Forststationen

Dar es Salaam*+

Bagamoyo

Manyangu

Morogoro

Bunduki

Mpapua Mohoro-Rufiyi

Rufiyi-Bezirk

Salale**

Kilwa Lindi Wilhelmstal+

Wilhelmstal

Magamba Manoro Schume-Süd

Moschi

Rau

Pangani Tanga+ (Muansa)

Kifumbiro***

Mit der Neueinteilung der Forstbezirke am 1. September 1911 änderten sich auch die Bezeichnungen: »Forstverwaltungen« hießen jetzt »Forstämter«, das Referat VIII nannte sich »Forstreferat«. Als erste Forstbezirke mit lokalen Forstverwaltungen gegründet durch Bekanntmachung vom 28. Januar 1905. * Verlegung am 1.4.1912 nach Morogoro (Bezeichnung: »Forstamt Morogoro«). ** Ursprünglich vier nachgeordnete Forststationen: Mbumi, Salale, Msalla, Jaya. *** Am 27.09.1913 eingerichtet zur Organisation des Forstwesens im Bezirk Muansa sowie den Residenturen Bukoba und Ruanda. Aus: Siebenlist, Forstwirtschaft, 1–2; Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, 23–25.

Anhang VIII

469

Anhang VIII: Einnahmen und Ausgaben der Forstverwaltung 1900/01–1912/13 (in Rp)

Aus: Eigene Darstellung nach Daten aus den Jahresberichten 1900/01–1912/13. Die Grafik zeigt Daten zu Einnahmen und Ausgaben der Forstverwaltung, wie sie in den Jahresberichten veröffentlicht worden sind. Die Daten beginnen mit dem Rechnungsjahr 1900/01, als sich die Angaben nur auf den Forstbetrieb im Rufiyi-Gebiet bezogen. Erst mit der Gründung der Forstverwaltung im Jahr 1903/04 wurden die forstwirtschaftlichen Einnahmen und Ausgaben für die gesamte Kolonie ausgewiesen, jedoch ohne Angabe der Personalkosten. Im Geschäftsjahr 1907/08 fehlten im Jahresbericht jegliche Angaben. Die fehlenden Daten für das Geschäftsjahr 1907/08 und für die fehlenden Personalkosten 1903/04–1908/09 wurden bei der Erstellung der Grafik extrapoliert.

Anhang IX: Waldnutzungen im Geschäftsjahr 1911/12

Aus: Jahresbericht der Forstverwaltung pro 1911/12, 345.

470

A nhang

Anhang X: Forstbeamte in Deutsch-Ostafrika (Stand 1. Januar 1914) Name

Amtsbezeichnung

Amtssitz

Bundestaat

Forstreferat Dr. Holtz

Regierungs− und Forstrat Daressalam

Baden

Forstbezirk Rufiyi / Forstamt Mohoro Martin

Forstassessor

FA Mohoro

Preußen

Dankert

Forstassistent I. Klasse

Fst. Salale

Preußen (Bez. Stade)

Brulz

Förster

FA Mohoro

Bayern

Salle

Förster

FA Mohoro

Braunschweig

Josuweit

Förster

FA Mohoro

Preußen

Hoeppe

Forstaufseher

FA Mohoro

Preußen

Forstbezirk Wilhelmstal / Forstamt Wilhelmstal Weidner

Forstassessor

FA Wilhelmstal

Württemberg

Bittkau

Forstassistent I. Klasse

FA Wilhelmstal

Preußen (Bez. Schleswig)

Bröker

Förster

FA Wilhelmstal

Lippe-Detmold

Trips

Förster

Fst. Shume / ​ Magamba

Bayern

Naepfel

Förster

Fst. Moschi (Rau)

Bayern

Hemrich

Förster

Fst. Arusha

Bayern

Klein

Förster

FA Wilhelmstal

Bayern

Forstbezirk Morogoro / Forstamt Morogoro Schuster

Forstassessor

FA Morogoro

Hessen

Brandenburg

Forstassistent II. Klasse

Fst. Bunduki

Braunschweig

Ruprecht

Förster

FA Morogoro

Bayern

Jeep

Förster

Fst. Manjangu

Preußen (Bez. Minden)

Fst. Kifumbiro

Lippe

Verwaltungsbezirk Bukoba Huly

Förster

Aus: Deutsche Forst-Zeitung, 29, 1914, 293–295.

471

Anhang X

Beurlaubte Forstbeamte (Stand 1. Januar 1914) Name

Amtsbezeichnung

Amtssitz

Bundesstaat

Beurlaubung

Deininger

Oberförster

FA Wilhelmstal

Bayern

Einrichtung der Forstverwaltung Neu-Guinea

Haberkorn

Forstassessor

FA Wilhelmstal

Hessen

Heimaturlaub/ ​ Deutschland

Simon

Förster

FA Morogoro

Preußen

Heimaturlaub/ ​ Deutschland

Aus: Deutsche Forst-Zeitung, 29, 1914, 293–295.

472

A nhang

Anhang XI: Stellenschlüssel Forstverwaltung Deutsch-Ostafrika (Stand 1. Januar 1914) Beamtenklasse

Etatmäßig

nicht-etatmäßig

Forsttechnischer Referent

1

Beirat für Forstwesen



Höherer Forstbeamter/ Forstassessor

2

1

Forstassistent I. Klasse

4



Forstassistent II. Klasse



2

Förster

5

2

Forstaufseher Forst- und landwirtschaftlicher Gehilfe

– –



Aus: Preußisches Försterjahrbuch für 1914. Ein Ratgeber− und Adressbuch für die Preußischen Kron− und Staatsforstbeamten, herausgegeben zum Teil nach amtl. Quellen von der Geschäftsstelle der Deutschen Forst-Zeitung, 5, 1914, 1.

Karten

Karte 1: Afrika. Aus: Kolonialwirtschaftliches Komitee, Wirtschaftsatlas, 8–9.

474

Karten

Karte 2: Vegetation Deutsch-Ostafrika (Engler). Aus: Meyer, Kolonialreich, Bd. 1, o. S. Bezüglich der Farbgebung der Karte fällt auf, dass der »Regenwald« in dunklem Grün gehalten wurde, während der »Nebel- und Höhenwald« in hellem Grün dargestellt war und der »Trockenwald« auf der Karte beige mit hellgrünen Punkten erschien. Die Farbgebung und Muster suggerierten die Intensität der Bewaldung, die im »Regenwald« scheinbar am höchsten war. Mit abnehmender Intensität des Grüns und abnehmender Flächigkeit der Farbe kennzeichnete Engler einen zunehmend lichten Baumbestand, was in kolonialer Perspektive mit einem abnehmenden waldwirtschaftlichen Wert assoziiert werden konnte.

Karten

Karte 3: Eastern Arc Mountains (Östliche Randberge). Aus: Eigene Darstellung.

475

476

Karte 4a: Regenmenge in Deutsch-Ostafrika. Aus: Meyer, Kolonialreich, Bd. 1, o. S.

Karten

Karten

Karte 4b: Regenverteilung. Aus: Meyer, Kolonialreich, Bd. 1, o. S.

477

478

Karten

Karte 5: Vegetation Deutsch-Ostafrika (Eckert). Aus: Kolonialwirtschaftliches Komitee, Wirtschaftsatlas, 34–35.

Karten

479

Karte 6: Regierungsbezirke Deutsch-Ostafrikas Aus: Das Deutsch-Ostafrika-Archiv, o. S.

480

Karten

Karte 7: Handkarte der deutschen Schutzgebiete in Ostafrika. Aus: Kettler’s Spezialkarte von Deutschostafrika (revidierter Ausschnitt), Verlag des Geographischen Instituts zu Weimar, o. J.

Karten

481

Karte 8: Übersichtskarte Waldreservate Uluguru-Nord und -Süd. Aus: Übersichtskarte der Waldreservate im Bezirk Morogoro (Maßstab: 1:150.000), Stand: 2. November 1911; TNA G 58/ 6 (Ausschnitt). Die Waldwärterstationen sind auf der Karte mit einem Geweih als Symbol eingezeichnet.

482

Karten

Karte 9: Gebiete des Maji-Maji-Aufstandes. Aus: http://www.lwg.uni-hannover.de/w/images/​ 6/63/Map_maji-maji.jpg (Zugriff: 18.10.2020).

Karte 10: Plantagen- und Siedlungskarte von Usambara. Aus: Meyer, Kolonialreich, Bd. 1, o. S. (Ausschnitt). Die roten Kreise auf der Karte kennzeichnen den Standort größerer Plantagengesellschaften, die roten Punkte Niederlassungen selbstständiger Pflanzer. Sägewerke sind bei dem Ansiedler Reichenau und auf der Plantage Ambangulu (Wilkins & Wiese) in West-Usambara verzeichnet. Nutzholzwirtschaft ist für die Friedrich-Hoffmann-Plantage im Bezirk Pangani genannt. Die abgekürzten Anbauprodukte bedeuten: B = Baumwolle, G = Gemüse, Getr. = Getreide, K = Kautschuk, Kf. = Kaffee, KP. = Kokospalmen, Öp. = Ölpalmen und S = Sisal.

Karte 11: Nordöstliche Bezirke Deutsch-Ostafrikas. Aus: Jahresbericht 1912/13, 40/41, 88/89 (Ausschnittvergrößerung) a: Waldreservate  b: Bevölkerungsdichte

Karten

483

484

Karten

Karte 12: Nordosten Deutsch-Ostafrika. Aus: Kolonialwirtschaftliches Komitee, Wirtschaftsatlas, 34–35 (Ausschnittvergrößerung).

Karten

485

Karte 13: Waldreservat Vigoza mit Dorf Tshenzema. Aus: TNA G 58/ 12 (Ausschnitt­ vergrößerung).

486

Karte 14: Waldreservate in Deutsch-Ostafrika Aus: Jahresbericht 1912/13, 88/89.

Karten

Tabellen

Tab. 1: Gebiets- und Waldbestandsgrößen deutscher Kolonien. Weltregion/ Kolonie

Fläche (km2)

Waldbestand Fläche (km2)

% der Gesamtfläche

Afrika

2.709.300

211.350

7,8

Deutsch-Ostafrika

997.000

30.000

3

20.000 Trockenwald (Miombo)

2

10.000–12.000 Regenwald und Mangrovenwald

1–1,2

Kamerun

790.000

180.000

23

Togo

87.200

1.350

1

Südwestafrika

835.100

keine nennenswerte Ausdehnung



Südostasien / Südsee

245.048

171.820

70, 1

Neu-Guinea

240.000

ca. 170.000

70

Bismarck­a rchipel und Kaiser Wilhelm-Land

2.476





Samoa

2.572

ca. 1.820

71

Kiautschou

0.552

urspr. waldlos



Gesamt

2.954.900

383.170

13

Asien

Aus: Busse, Forstlexikon, Bd. 1., 567–569.

488

Tabellen

Tabelle 2: Ein- und Ausfuhr Bau- und Nutzholz Deutsches Reich, 1880–1902 (in 1.000 RM) Jahr

Einfuhr aus Ausfuhr Afrika nach Afrika

Saldo (Afrika)

Einfuhr (gesamt)

Ausfuhr (gesamt)

Saldo (gesamt)

1880



2

2

83.787

48.373

− 35.414

1881



2

2

93.183

39.953

− 53.230

1882



10

10

82.681

40.127

− 42.554

1883



9

9

93.009

42.272

− 50.737

1884







89.502

38.342

− 51.160

1885



1

1

110.348

32.540

− 77.808

1886



2

2

80.172

30.732

− 49.440

1887



2

2

101.218

28.844

− 72.374

1888

10

11

1

116.974

26.882

− 90.092

1889

147

25

− 122

154.570

22.474

− 132.096

1890

171

28

− 143

153.542

21.342

− 132.200

1891

154

72

− 62

143.408

24.138

− 119.270

1892

420

105

− 315

166.335

20.759

− 145.576

1893

294

76

− 220

168.353

18.939

− 149.414

1894

466

66

− 400

142.213

19.041

− 123.172

1895

351

50

− 301

160.345

19.311

− 141.034

1896

426

44

− 382

198.067

21.269

− 176.798

1897

705

110

− 595

263.857

22.605

− 241.252

1898

695

107

− 588

322.429

21.478

− 300.951

1899

886

45

− 841

300.893

17.870

− 283.023

1900

729

138

− 591

256.709

20.065

− 236.644

1901

637

102

− 535

193.443

18.781

− 174.662

1902

1.060

363

− 697

191.714

20.920

− 170.794

Aus: Marchet, Holzproduktion, 438–439.

489

Tabellen

Tabelle 3: Fläche der jährlichen Neukulturen und Kosten der Aufforstungen in Deutsch-Ostafrika, 1902/03–1912/13 Jahr

Forstkulturen (neu)

Forst­ kulturen (alt)

Saatgut / P flanzenzucht/ Bestandserziehung

Forstkulturen

Kosten (Rp)

Gesamtkosten (Rp)

Fläche (ha)

Kosten (Rp)

Kosten (Rp)

1902/03

23,5

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1903/04

21,5

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1904/05

276

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1905/06

160

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1906/07

140

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1907/08

110

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

1908/09

26,10

4.623

13.605

3.271

21.499

1909/10

12,08

4.623

3.058

773

8.454

1910/11

68,55

5.514

3.407

4.493

13.414

1911/12

98

6.989

6.341

2.901

16.231

1912/13

47

4.098

6.669

6.078

16.845

Daten zusammengestellt aus Jahresberichten 1902/03 bis 1912/13.

490

Tabellen

Tabelle 4: Übersicht Plantagen in den Bezirken Tanga und Wilhelmstal (Flächenangaben in ha) Besitzer

Plantage

Gründungsjahr

Usambara Kaffeebau­ gesellschaft

Bulwa

1893

4.007

239

keine Angabe

Prinz Albrecht von Preußen

Prinz-AlbrechtPlantage

1896

7.000

450

Vorhanden

SigiPflanzungs­ gesellschaft

Segoma

?

12.800

360

4.000

D. O. A. G.

Union (Derema /  Nguëlo / Monga)

1890

6.000

800

4.500

Rh.-H.u. Pl.-G.

Ngambo

1896

950

290

keine Angabe

Mismahl

Ngua

?

3.000

64

keine Angabe

W.-D.-H. u. Pl.-G.

Magrotto

?

2.000

560

keine Angabe

Aktien­ gesellschaft

Sakarre

1898

4.492

800

4.000

Wilkins & Wiese

Ambangulu

1897

2.500

400

1.800

D. O. A. Plantagen­ gesellschaft

Balangai

1899

2.000

220

keine Angaben

A. Brunnhof

Herkule

keine Angabe

600

126

keine Angaben

W.-D.-H. u. Pl.-G.

Mazumbai

1898

2.000

80

47.349

4.389

Gesamtfläche

Größe

kultivierte Waldbestand Fläche

85 14.385

Daten aus folgenden Quellen zusammengestellt: BLFW, 1, 3, 1903, 315–323; BLFW, 2, 2, 1904, 109–116; BLFW, 2, 7, 1906, 147–163; BLFW, 3, 2, 1907, 30–42; Fitzner, Rudolf, Deutsches Kolonial-Handbuch, Bd. 1, Frankfurt a. M. 21901, 285.

491

Tabellen

Tabelle 5: Globale Be- und Entwaldung, 1700–1920 a: Globale Bewaldung in Mio. ha Raum

Tropen3

Gemäßigte Zonen1

1700

6.215

2.519

640

3.038

1850

5.965

2.339

618

3.008

1920

5.678

2.210

577

2.891

Zeitpunkt



Subtropen2

Erde

Nordamerika, China, Europa und ehem. UdSSR Nordafrika, Mittlerer Osten, pazifische Entwicklungsstaaten, Südasien (Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Myanmar, Indien, Nepal, Pakistan und Sri Lanka). 3 Tropisches Afrika, Lateinamerika, Süd-Asien, Südost-Asien (Brunei, Kambodscha, Ost-Timor, In- donesien, Laos, Malaysia, Philippinen, Thailand und Vietnam). 1

2

b: Globale Entwaldung in Mio. ha Raum

Erde

Zeitspanne

Gemäßigte Zonen

Subtropen

Tropen

1700–1850

− 250

− 180

− 22

− 30

1850–1920

− 287

− 129

− 41

− 117

1700–1920

− 537

− 309

− 63

− 147

c: Globale Entwaldung in % Raum

Erde

Zeitspanne

Gemäßigte Zonen

Subtropen

Tropen

1700–1850

−4

− 7,1

− 3,4

−1

1850–1920

− 4,8

− 5,5

− 6,6

− 3,9

1700–1920

− 6,8

− 12,3

− 9,8

− 4,8

Daten ermittelt aus: Richards, John F., Land Transformation, in: B. L. Turner, II et al. (Hrsg.), The Earth Transformed by Human Action. Global and Regional Changes in the Biosphere over the past 300 Years. Cambridge 1996, 164. Williams weist bezüglich der Daten darauf hin, dass diese von der Originalquelle World Resources Review abweichen, und zwar hinsichtlich der Werte für Grasland und Weiden in Nordamerika und China sowie für Forste und Waldland in Europa; vgl. Williams, Deforesting, S. 277. Zur grundsätzlichen Schwierigkeit der Datenerhebung für Be− und Entwaldung im 19. Jahrhundert; vgl. Osterhammel, Verwandlung, 543.

Abkürzungen

AA Amtlicher Anzeiger für Deutsch-Ostafrika AAKA Auswärtiges Amt Kolonialabteilung BArch Bundesarchiv BLFW Berichte aus Land- und Forstwirtschaft DKB Deutsches Kolonialblatt DKG Deutsche Kolonialgesellschaft DOA Deutsch-Ostafrika D. O. A. G. Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft DOAZ Deutsch-Ostafrikanische Zeitung fm Festmeter GfdK Gesellschaft für deutsche Kolonisation KBA Kaiserliches Bezirksamt RKA Reichskolonialamt RM Reichsmark Rp Rupie TNA Tanzania National Archives UA Unitätsarchiv Herrnhut

Begriffe Suaheli-Deutsch

akida Unterbezirksvorsteher askari Soldat barrabarra Landstraße Boma Hof, Gehöft, Fort, Bezirksamt bunduki Gewehr burti / boritis Stangenholz bwana cubwa großer Herr = Bezirkschef dhau Segelschiff jumbe Dorfchef kerani Dorfschreiber kiboko Nilpferdpeitsche mganga Zauberer mongo / m lungu Gott msitu Wald njika / mbunga baumlose Wildnis pazi Dorfchefs aus Usaramo pepo Geist pori Wildnis shambe Feld shauri Besprechung, Gerichtssitzung shenzi ugs. Hinterwäldler

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. 36

Tropischer Regenwald auf der Prinz-Albrecht-Plantage (Ost-Usambara) Mvule (Chlorophora exelsa) Höhenwald auf dem Lukwanguleplateau im Uluguru-Gebirge »Hochweide« auf dem Lukwanguleplateau im Uluguru-Gebirge Mseri-Baum mit Bienenkörben Anfertigung von Bekleidungsstoffen aus Baumrinde Rituelle Axt aus Uluguru Kingalu XIII. mit Neffe und Herrschaftsinsignien Opferhütte für einen Baum-Geist Drahtseilbahn der Firma Wilkins & Wiese Geringelte Bäume Waldbrand zur Anlage eines Feldes »Sterbender Wald« auf dem Makondeplateau Urwaldschlag und -brand auf der Plantage Ngambo Abgeholztes Talgelände auf der Plantage Kwamkoro Waldidylle im nördlichen Uluguru Sechsjähriger Kasuarinenhain bei Daressalam Die Berge von Ost-Usambara und das Bondeiland Urwaldrand bei Amani Gebirgsbusch oder Mischwald im Fisigotal des südlichen Uluguru Immergrüner Bergregenwald im südlichen Uluguru »Peterswald« Waldwärter bei Mgeta Waldwärter bei Bunduki Forststation Shume Feuerschutzstreifen am Waldreservat Simbo Freihauen eines Feuerschutzstreifens am Waldreservat Mtibwa Grenzvermarkung Waldreservat Lusnuguru Tafel mit Aufschrift »Msiti wa serkali« Grubensäge mit Mannschaft bei Bumbuli Waldwärter und Terrier am Uluguru-Höhenweg (Chimbinyuko-Pass) Aufmessen von Zedernholz im Shumewald Grenze Waldreservat Magamba mit Eukalypten Grenzstein Waldreservat Magamba 55-jährige Teakbäume an der Straße Tanga-Pangani (Juli 1966) Holzkohlemeiler im Waldreservat Steinbruch

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Archivalien Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde (BArch) R 1001/ 7659, 7660, 7680–7683

Leibniz-Institut für Länderkunde, Archiv für Geographie Leipzig (IfL) AlbAf_46_0043 Tagebuch Afrika, I. Teil: Der Osten und der Süden Afrikas, 1909/10 u. 1935, Nachlass Ernst Vollbehr, 209/2

Tanzania National Archives (TNA) G 1/77, 97 G 8/504, 505, 507–509, 511, 514–516, 524, 561, 572, 574, 590, 591, 602, 609, 610, 702, 796–798, 848, 850, 851, 867, 877 G 51/201 LR G 52/1 G 58/4, 6, 93, 96, 97, 99 G 59/7

Unitätsarchiv Herrnhut (UA) UA, NKH 12, Stolz, A., #2

2. Gedruckte Quellen Kaiserliches Gouvernement Deutsch-Ostafrika, Amtlicher Anzeiger für Deutsch-Ostafrika, 1–15, 1900–1914. Anonymus, Aus fremden Kolonien und Produktionsgebieten. Die britisch-indische Forstschule in Dehra-Dun, in: DKB, 12, 1901, 121–122. Anonymus, Bericht über die Einführung wertvoller Bambusarten in Deutsch-Ostafrika, in: Der Tropenpflanzer, 4, 1906, 373–376. Anonymus, Das Forstwesen in Deutsch-Ostafrika, in: Deutsche Forst-Zeitung, 25, 1910, 295–296. Anonymus, Die Forstbeamten in den deutschen Schutzgebieten, in: Deutsche Forst-Zeitung, 29, 1914, 293–295. Anonymus, Die Waldungen unserer Kolonien und deren Benutzung, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt, 32, 1910, 299–302, 615–617. Anonymus, Forestry in German East Africa, in: Indian Forester, 28, 1902, 372–374. Anonymus, Forêts de Cèdres rouges en Afrique, in: Revue des Eaux et Forêts, 49, 1910, 667. Anonymus, Nachrichten, in: Ornithologische Monatsberichte, 21, 1913, 52.

496

Quellen- und Literaturverzeichnis

Anonymus, Studienreise der Forstakademie Hann. Münden nach Deutsch-Ostafrika, in: Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 46, 1914, 322. Association Scientifique Internationale d’Agronomie Coloniale (Hrsg.), Première Réunion Internationale d’Agronomie Colonial. Provoquée par la Société Française de Colonisation et d’Agriculture Colonial (tenue a Paris, du 21 au 26 juin 1905). Paris 1906. Auszüge aus den Berichten der Bezirksämter, Militärstationen und anderer Dienststellen über die wirtschaftliche Entwicklung im Berichtsjahre vom 1. April 1902 bis 31. März 1903, in: BLFW, 2, 1904, 1–116, 205–323. BLFW, 1, 1903, 315–323; BLFW, 2, 1904, 109–116; BLFW, 2, 1906, 147–163; BLFW, 3, 1907, 30–42. Badermann, Fünf Jahre Forstwirtschaft in deutschen Kolonien, in: Zeitschrift für Forst-und Jagdwesen, 47, 1915, 607–614. Baumann, Oscar, Deutsch-Ostafrika während des Aufstands. Reise der Dr. Hans Meyer’schen Expedition in Usambara. Wien 1890. Ders., Usambara und seine Nachbargebiete. Allgemeine Darstellung des nordöstlichen Deutsch-Ostafrika und seiner Bewohner aufgrund einer im Auftrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft im Jahre 1890 ausgeführten Reise. Berlin 1891. Baur, Le Roy, A travers le Zanguebar. Voyage dans l’Oudoé, l’Ouzigoua, l’Oukwèré, l’Oukami et l’Ousagara. Tours 1886. Bernhard, R., Tätigkeit sächsischer Forstleute außerhalb der Grenzen Sachsens seit 1870, in: Tharandter Forstliches Jahrbuch. Zugleich Zeitschrift für Mitteilungen aus der sächsischen forstlichen Versuchsanstalt, 90, 1939, 394–474. Berkhout, Anton Hendrik, Ziele, Resultate und Zukunft der indischen Forstwirtschaft. Tübingen 1909. Bin Mwenyi Bakari, Mtoro, Mitteilungen über das Land Uzaramo nebst Sitten und Gebräuchen der Wazaramu zusammengestellt von Mtoro bin Mweny Bakari, in: Carl Velten (Hrsg.), Schilderungen der Suaheli von den Expeditionen v. Wissmann, Dr. Bumillers, Graf v. Götzen und Anderen. Göttingen 1901, 225–267. Booth, John, Die Aufzeichnungen des Reichsfreiherrn zu Inn- und Knyphausen (1807) und die für dieses Jahrhundert vorausgesagte Holznot, in: Mitteilungen der Deutschen Dendro­ logischen Gesellschaft, 1907, 167–183. Bornhardt, Friedrich Wilhelm, Zur Oberflächengestaltung und Geologie Deutsch-Ostafrikas. Berlin 1900. Boxberger, Leo von, Aus Westuluguru, in: Petermanns geographische Mitteilungen, 57, 1911, 123–124. Brandis, Cordt von, Afrika … heute! Mit den Augen des Siedlers und Soldaten gesehen. Berlin 1938. Brandis, Dietrich, Progress of Forestry in India, in: Transactions of the Scottish Arboricultural Society, 10, 1884, 247–281. Ders., Die Forstverwaltung in Britisch-Indien im Jahre 1893/94, in: DKB, 8, 1897, 203. Ders., Vortrag auf der Versammlung deutscher Forstmänner 1897, in: Bericht über die 25. Versammlung deutscher Forstmänner in Stuttgart vom 30. August bis 02. September 1897. Berlin 1898, 153–162. Ders., Zur Bambuskultur in Deutschafrika, in: DKB, 11, 1900, 473–476. Brückner, Eduard, Klimaschwankungen seit 1700 nebst Bemerkungen über die Klimaschwan­ kungen der Diluvialzeit, in: Geographische Abhandlungen 4,1890, 155–325. Buchner, Charles, Acht Monate in Südafrika. Schilderung der dortigen Mission der Brüdergemeinde. Gütersloh 1894. Bülow, Frieda von, Reisescizzen und Tagebuchblätter aus Deutsch-Ostafrika. Berlin 1889. Dies., Tropenkoller. Episode aus dem deutschen Kolonialleben. Berlin 41911. Dies., Im Lande der Verheißung. Ein Kolonialroman um Carl Peters. Berlin 31943.

Gedruckte Quellen 

497

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Register

Die Einträge im Register beziehen sich in einigen Fällen auf Inhalte der Fußnoten.

Ortsregister A Afrika  14, 22, 24, 28, 42, 45, 51, 64, 87, 95, 99, 107, 128 f., 137 f., 143, 162, 174 f., 207 f., 221, 260, 281, 291, 407, 438, 447, 454, 473, 487 f., 491 – Nordafrika  174, 248, 491 – Ostafrika  20, 42–46, 49 f., 54 f., 57, 61 f., 66–70, 72–75, 78, 81 f., 93 f., 98 f., 129, 136, 138, 141–145, 148 f., 153, 156, 160, 162, 164, 176–178, 180, 182–186, 190, 194 f., 199, 205, 207, 221, 224, 243, 248, 260, 279, 281, 284–286, 291, 299, 328, 332 f., 335, 340, 405, 415, 425, 450, 452 – Südafrika  174, 248, 255, 416 – Westafrika  44–46, 67, 72, 83, 109, 164, 243, 421 Ägypten 248 Amani  160 f., 237, 289 Amerika  117 f., 124 f., 174, 207, 243, 285, 295, 308 – Mittelamerika  416, 491 – Nordamerika  73, 116, 119 f., 122, 491 – Südamerika  33, 67, 122, 284, 491 Arabien 72–74 Atlantik 68 Australien  122, 156, 208, 308, 389, 416 B Bagamoyo (Stadt)  57, 76, 135, 182 Bagamoyo (Forstbezirk)  301, 468 Belgisch-Kongo  255, 260 f. Britisch-Indien (Indien)  23, 27, 51, 69, 72–74, 100, 106–109, 118, 139, 185, 223, 228, 237 f., 240, 253, 318, 383 f., 288, 416, 421, 423, 429, 433, 436, 491 Britisch-Ostafrika (Kenia)  42 f., 72, 94, 110, 452 Buiti (Akidat)  268, 338

Bunduki (Forststation)  232, 326, 329, 334, 365, 367, 369, 371, 375, 391, 398, 463 f., 468, 470 Bunduki (Waldreservat)  368, 463 f. Burundi  41, 186 C Chamanyani (Waldreservat)  334, 463 f. Chimbinyuko-Pass  363 f., 370 D Daressalam (Bezirk)  71, 214, 225, 228, 237, 239 f., 252, 256 f., 263 f., 266, 269 f., 272 f., 277, 300 f., 326, 375 f., 422, 461 Daressalam (Stadt)  11, 38, 135, 143, 156 f., 174, 180, 182, 187, 199 f., 203 f., 237, 241 f., 244, 246, 325 f., 345, 347 f., 349, 374, 379, 384, 418, 470 Deutschland (Deutsches Reich)  69, 75, 106, 108 f., 112, 114, 117, 119, 124 f., 138, 151, 154, 157 f., 160, 162, 176 f., 180, 183–186, 191–193, 196, 209, 243, 248, 257, 280 f., 284–286, 293 f., 296, 323, 360, 364, 372, 406, 412, 419, 427, 432, 438, 448 f., 471, 488 Deutsch-Ostafrika  14–16, 19, 23–29, 33, 37, 39, 41, 43 f., 46 f., 50 f., 54 f., 61, 70, 82, 101, 106, 109 f., 120, 123–126, 130 f., 133–135, 141 f., 144, 148, 150–153, 155 f., 160, 169 f., 173, 178, 182–184, 186–188, 191–193, 197–199, 201, 203, 205, 209, 211, 217, 220, 223, 228, 235 f., 239–250, 254–256, 258–261, 278–282, 284–286, 288–290, 292 f., 295–299, 302, 304 f., 308, 310 f., 313, 318, 323 f., 339, 345, 347, 355, 360–362, 383 f., 388, 394 f., 401, 405–409, 412 f., 415, 418–425, 427–429,

520 431–434, 436, 438, 449, 460–462, 474, 476–479, 483 f., 486 f., 489 Deutsch-Südwestafrika (Namibia)  41, 79, 158, 275, 282, 487 E England (Großbritannien)  100, 107 f., 111, 183, 248 Europa  11, 19, 52 f., 67, 72, 100 f., 107, 111, 113–116, 119, 121–124, 138, 141, 163, 190, 200, 207, 266, 270, 295 f., 328, 408, 414, 419, 438, 491 F Frankreich  72, 75, 100, 106, 108, 111, 114, 123, 182 G Grenada 100 I Indischer Ozean  43 f., 46, 55, 61, 66–68, 72–74, 78, 173, 210 K Kamerun  41, 158, 228, 243, 282, 284, 305, 347, 407, 487 Kanada 22 Kilimandscharo  43, 45 f., 54, 57, 59, 62, 97, 129, 152, 158, 164, 224, 239, 451, 460 Kilossa  210, 214, 216, 464 Kilwa Stadt)  67, 183 Kilwa (Bezirk)  215 f., 244, 301, 468 Kimboza (Waldreservat)  326, 463 Kingani (Fluss)  57, 135 f., 137 Kisakki  226, 369, 389, 391, 411, 463 Kleinasien 248 Konde-Hochland  57, 131 f. L Langenburg  81, 210, 214, 273, 384 Lindi  72, 216, 218, 244, 301, 468 Lukwangule  58–60, 360 Lusnuguru (Waldreservat)  321 M Magamba (Waldreservat)  441 f., 468, 470 Mahenge  221, 273 Matumbi-Berge 262 Meru  43, 45, 54, 57, 299, 451 Mgeta (Fluss)  135

Register Mgeta (Ort)  231, 371 Mkulumuzi (Fluss)  351 f., 354, 358 Mohoro (Bezirk)  siehe Rufiyi-Delta (Forstbezirk) Morogoro (Bezirk)  15, 37, 235, 277, 324 f., 329 f., 333–335, 349, 373–376, 384, 389 f., 392 f., 396, 399 f., 427 f., 433, 481 Morogoro (Stadt)  180, 182, 246, 301, 325 f.,, 369, 371, 463 f. Moschi  210, 224, 239, 301, 351, 374, 468, 470 Mpapua  224 f., 301, 468 Mtibwa (Waldreservat)  320 Muansa  205, 210, 220, 226 f., 468 N Ngerengere (Fluss)  135, 326 Niederländisch-Indien / Java  27, 106, 108 f., 150, 170, 185 f., 237–239, 297, 416, 421, 431 Norwegen 308 P Pangani (Bezirk)  214, 264–266, 301, 308, 468, 482 Pangani (Stadt)  182, 251, 269, 444 Pazifik 136 Potwe (Dorf)  337, 339–347, 351 Pugu-Berge (Waldreservat)  180, 182, 225, 228, 237, 239, 257, 384, 418 R Ruanda  41, 186, 313, 468 Rufiyi (Fluss)  43, 64, 209 Rufiyi-Delta (Forstbezirk)  72, 170, 174, 178, 183, 210 215, 235, 237, 239 f., 243, 251, 256, 264, 276 f., 279, 297, 301 f., 323, 373, 375, 384, 420, 460, 462, 468–470 Russland 146 Ruvu (Fluss)  siehe Kingani S Sachsenwald / Mogo (Waldreservat)  143, 164, 225 f., 228, 237, 239–241, 257, 418 Sansibar (Unguja)  11, 41, 67–70, 72–76, 78, 99, 176, 178, 180–182, 185, 189, 213, 217, 248, 252, 462 Schirate  220 f. Schweden  122, 146, 308 Shume-Wald  42, 67, 88, 90, 124, 160, 280 f., 286 f., 299, 401–406, 470

521

Personenregister Simbo (Waldreservat)  319 Songea  210, 220, 222 Spanien  67, 248 Steinbruch (Waldreservat)  268, 297, 379–384, 386, 445 f. Südafrika (Kap-Kolonie)  59, 107, 186, 190, 198, 238, 243, 248, 297, 416 Suji 90 T Tabora  70 f., 74, 399 Tanga (Stadt)  71, 182, 239, 297, 379, 382, 444, 446 Tanga (Bezirk)  15, 37, 214, 217, 239 f., 249, 254, 256, 266–269, 271, 273, 301, 308, 324 f., 335, 337–341, 347, 349, 351–355, 357 f., 360, 373, 377–379, 381, 383–385, 387, 392, 396, 398, 400, 428, 468, 490 Tobago 100 Tshenzema (Dorf)  388–392, 395, 398 f., 432, 485 U Uganda  82, 207 Ugogo  75, 207 Ujiji  71, 74, 218, 224 f. Ukami  42, 96 f., 177 Ukhutu  42, 64, 69 Uluguru  37, 42, 45 f., 55–60, 62–65, 69, ­75–79, 83–84, 86, 97 f., 130, 135 f., 143, 153, 164–167, 231 f., 234 f., 246, 299, 324–326, 329–331, 335, 360 f., 363 f., 369–371, 373, 375, 390, 398, 411 – Ost-Uluguru  56, 67, 76, 84, 89, 97 f., 153 f., 307, 326, 349, 328, 463 f.

– West-Uluguru  79, 313, 384, 388 f., 400, 432, 463 f. Uluguru-Nord (Waldreservat)  363, 368, 374, 376, 399, 464, 481 Uluguru-Süd (Waldreservat)  363, 374, 399, 464, 481 Unguru  42 f., 46, 98, 164, 177, 206 Unyamwesi 74 USA  33, 68 f., 116, 118, 122–125, 145, 170, 243, 281, 284 f., 288, 418 Usagara  42, 62, 177, 206  Usambara  13, 42, 44–46, 49, 55, 57, 59, 63, 65 f., 78, 86–89, 93, 95–98, 143, 145, 155 f., 160, 166, 169, 196, 239, 295, 299, 307 f., 324, 327, 354, 360, 458, 460, 482 – Ost-Usambara  37, 44, 49, 54–56, 62, 129, 148 f., 155, 160 f., 164, 196, 237 f., 259, 306 f., 325, 355–360, 406, 425 – West-Usambara  13, 42, 61, 90, 93, 96, 124, 169, 210, 244, 280, 290, 299, 313, 327, 401, 482 Usaramo  42, 69, 89, 97 f., 182 Usegua  42, 177, 178, 460 V Vigoza (Waldreservat)  388–393, 395–400, 485 Viktoria-See  54, 61 f., 82 f., 210, 226, 239 W Wagua (Zollnebenamt)  216 f., 220 Wilhelmstal / Lushoto (Stadt)  37, 61, 442 Wilhelmstal (Bezirk)  210, 214, 239–241, 256, 265 f., 268, 271, 280, 301, 308, 342 f., 255, 376, 381, 386 f., 461, 468, 470 f., 490

Personenregister A Abushiri bin Salim al Harth  182 B Bakari, Mtoro Bin Mwenyi  98 Baumann, Oscar  96, 155 f., 160 Berkhout, Anton Hendrik  108 Buchner, Charles  254–256 Bülow, Bernhard von  123, 142, 282 f., 285 Bülow, Frieda von  73, 156, 182, 272 Burton, Richard F.  98

Büsgen, Moritz  48, 50, 59, 109 f., 313, 401, 439 Buurman, W.  297 Brandis, Dietrich  106 f., 228, 297, 383 f., 388, 392 Bruchhausen, August von  55, 57187, 236 Busse, Walter  142 f., 221–223, 226 Bwana Heri  182 D Deininger, Eduard  401 f., 466, 471 Denhardt, Clemens  249, 284

522

Register

Dernburg, Bernhard  40, 124, 158–160, 162, 282–290, 292–294, 298, 300, 303 f., 315, 324, 401, 423

Klamroth, M.  92 Krüger, Eugen  46, 49, 168, 187 f., 196, 198 f., 203, 208, 222

E Eckenbrecher, Margarethe von  131, 133 Eckert, Paul Otto  40, 51 f., 238–240, 242–249, 256–258, 261, 266 f., 270–274, 278–281, 284–287, 290, 292, 297, ­300–304, 309 f., 312, 317, 322, 323, 387, 403, 407, 424, 431 Endres, Theodor, Marquart Max  292 Engler, Fritz  45–47, 54, 57, 59, 164–166, 169, 297, 474

L Lambrecht, Arnold  328–330, 333, 335, 361, 364, 369, 371, 374 f., 389–391, 393 Leckow, Horst von  335, 339–348, 351, 353, 378, 425 Liebert, Eduard von  209, 236 Lindequist, Friedrich von  31 Löhr, Eugen  340–343, 354 f., 358, 377–385, 392

G Gieseler, Rudolf  170, 240–242, 265–266, 271, 280 Gilg, E.  46, 243 Götzen, Adolf Graf von  236–238, 245, 251, 255–259, 267, 270–272, 275, 278, 291, 309, 324, 418 Graß, Karl  215, 276 f., 466

M Machemba 182 Mahnke, Otto  333–335, 393–394 Mahowe (Jumbe)  363 f., 368, 369–371 Mayr, Heinrich  170 Merensky, Alexander  80 f., 131 Methner, Wilhelm  374, 396–398, 402 f., 406 f., 429 Meyer, Hans  38, 44 Meyer (Oberförster)  183–185, 196, 258 Meyer (Bezirksamtmann)  339 Mhondogwa (Jumbe)  389–391 Moritz (Pflanzer)  325

H Haberkorn, Eduard  355–358, 467, 471 Haug (Forstrat)  311 Hellgrewe, Rudolf  178 Herrmann, Karl  205–208, 210, 226 f. Hirschmann, Albert O.  372 Holtz, Wilhelm  82, 225, 229, 236 f., 239 f., 252, 256, 266 f., 269–272, 274, 301, 303, 312–314, 316–320, 322, 329–331, 335, 342–344, 348–350, 358, 361, 364, 369, 372, 374 f., 383–385, 389, 393–397, 400, 403, 436, 470 Horner (Missionar)  76, 96 Humboldt, Alexander von  126, 142, 200 Hutchins, D. E.  107, 110

N Naepfel, Heinrich (Stationsförster)  330, 467, 470 O Ostrom, Eleanor  454

J Jahn (Stationsförster)  329, 363–367, 369–371, 391 Jentsch, Friedrich  360

P Paasche, Hans  162 f. Paasche, Hermann  118, 163 f., 279–282, 286 f., 408 Peters, Carl  176–178, 183, 330 Preßler, Max  104 f. Prince, Tom von  306 Prüße, Albert  77, 325

K Kalkhof, Richard  279 Kibasila 263 Kingalu  84 f., 89, 97 f. Kingo von Morogoro  182 Kiwanga 70 Kizewe (Jumbe)  334 f.

R Rathenau, Walther  286, 289–292, 301, 313, 317, 423 Rechenberg, Albrecht von  110, 275, 278, 288, 292, 300, 302 f., 306, 308–312, 324, 326, 329, 331, 341, 357, 374, 401, 424 f., 428 Redslob  326, 332–336, 375

523

Sachregister Ribbentrop, Berthold  139 Riehl, Wilhelm Heinrich  138 f., 162 f. Rupprecht, Theodor (Stationsförster) ​ ­326–328, 331 f., 467 S Salehe (Jumbe)  365 Schlich, William (Wilhelm)  107, 121–123, 152 Schmidt, Kurt  311 Schimper, Andreas Franz Wilhelm  44 Schnee, Heinrich  341 f., 348, 350, 358, 374, 382, 397, 399, 401, 404 f., 429, 433 Schultz, Wilhelm  252, 264 f. Schuster, Ludwig  39, 305, 387–390, 467, 470 Semler, Heinrich  181 Siebenlist, Theodor  299, 311, 315, 353, 435 Simbaweni 182 Soden, Julius von  188 Solf, Wilhelm  403 f., 407 f. Spalding, Richard von  47

Stanley, Henry Morton  74, 81, 153, 330 Stuhlmann, Franz  46, 76, 80–82, 93 f., 128–130, 134–137, 141–144, 187, 205, 237, 261, 289, 295, 299, 305, 306, 401 Sultan von Oman  68 Sultan von Sansibar  69, 72 f., 75, 99, 178, 180–182, 189, 213, 217, 252 – Seyid Said  68 – Sayyid Bargash  76, 178 – Sayyid Khalifa I.  180 V Volkens, Georg  46 Vollbehr, Ernst  10, 40, 160–162 W Weidner (Forstassessor)  359 f., 286 f., 470 Wildhagen, Fritz  40 Wissmann, Hermann von183, 196, 201, 205 Wohlrab (Missionar)  96, 327 f. Wohltmann, Ferdinand  145–148, 150, 222

Sachregister A Adlerfarn  59, 166 Afrikaner  35, 70, 87, 160, 213 f., 270, 275, 328, 338, 346, 350, 372, 394 Ahnen  21, 87–89, 91 f., 94, 445, 450 – wälder 445 – gräber 456 Akazie  siehe Holzpflanzen Akklimatisierung  295, 415 Allgemeines Preußisches Landrecht  347 Allmacht  151, 206 Alltag / A lltagshandeln  28, 39, 50, 91, 93, 96, 101, 170, 187, 197, 218 f., 227, 233, 260, 269, 276, 305, 337, 348, 369, 371, 413, 426, 436, 431, 437 Alluvialwald  siehe Galeriewald »alter/erfahrener Afrikaner«  205, 209, 227, 397 Arbeit  22, 26, 52 f., 65 f., 68, 89, 125, 140, 180, 194, 243, 284, 299, 302, 310, 339, 352,   356 f., 363, 367, 374, 390–393, 398 f., 404 f., 420, 429–431 Arbeitskräfte  73, 277, 288, 299, 318, 256, 431 Arbeitsteilung  65, 68, 115, 367 Arbeits- und Organisationsplan der Forstverwaltung  242 f., 287, 300

Arusha-Deklaration 444 Askari  229 f., 262, 275, 368 Ästhetik  19, 32 f., 50, 55, 133, 145, 147 f., 151–153, 156–159–162–165, 168, 179, 206 f., 279, 425 Aufforstung  17, 51–53, 100, 120, 122, 129, 142–144, 156, 185, 206, 208–210, 226, 240, 246, 253, 256, 281, 289 f., 296–299, 302 f., 312, 342 f., 531, 388–390, 399, 401, 415, 424, 430, 432, 489 Aushandlung  20–23, 363, 366, 373, 456 Außenintermediarität  187, 202 Austrocknung  126–128, 135, 141–143, 148, 257, 352 Austrocknungstheorie  126, 130, 148, 200 Autarkie  286, 419 autökologisch 402 Azanian culture  62 B Bambus  56–59, 81, 208, 210, 252, 304, 383–385, 387, 416, 432 Basisvertrauen  218, 227, 416, 431 Bäuerinnen  74, 78, 328, 331, 362, 417, 426, 429 f., 434, 444, 451, 455

524 Bauern  24, 68, 70, 76, 95, 101, 104, 112, 126, 128, 139, 263, 328, 331, 351, 362, 417, 422, 426, 429 f., 434–445, 447–449, 451, 455 Bauernkultur  80, 91, 448 Bauholz  65, 74, 81, 102, 117, 157, 189 f., 200, 206, 218, 245, 249, 281, 297, 308, 313, 328, 336 f., 339, 359, 378–381, 383 f., 387, 460, 465 Baumpflanzungen (afrik.)  80 f., 182 Baumschutzverordnung (1914)  350 f., 429, 461 f. Baumwolle  125, 262, 482  Baumwolltuch 70 Bekleidung (afrik.)  81 f. Bena  65, 70, 84, 97, 371, 463 Besiedlung  54, 61, 64, 144, 184 f., 196, 258 f., 310, 314, 318, 324 f. Besitz  – Feldfrüchte  85 f. – Holz  102, 379 – Land  34, 83, 85 f., 133, 138, 176, 179– 182, 186, 192–194, 202, 253 f., 267, 328, 344–348, 353, 362, 412–414, 343, 454, 462 – Natur  159, 170 – Wald / Bäume  46, 117–119, 138 f., 178, 183–186, 191 f., 194, 196 f., 238, 243, 249, 257, 262, 308–311, 315, 336, 344–348, 355 f., 358–360, 362, 378, 380, 390, 397 f., 406, 424, 447, 456, 462, 490 – Symbol  157, 179 Bewaldung  siehe Waldbestand Bevölkerung  13 f., 17, 18 f., 21–25, 27 f., 30, 34–36, 47, 49, 52, 54, 56, 59–65, 68, 76, 79–81, 83, 87, 89, 91–95, 97–99, 101 f., 104, 114 f., 118, 128, 133–135, 137–140, 145, 159, 164, 166, 168 f., 173 f., 187–190, 192, 194–197, 199, 201–204, 206–208, ­212–214, 217–221, 223 f., 227, 229 f., 232–236, 241 f., 248–251, 254 f., 258–262, 264–269, 271, 273–278, 282 f., 291 f., 315, 317–320, 322, 324—326, 329–332, 334–338, 340 f., 343, 345 f., 348–351, 353, 355–367, 369–373, 375, 377–387, 389 f., 393–398, 400–402, 412–417, 420–435, 437, 439, 442 f., 445, 447 f., 450–456, 462, 483 Bevölkerungsentwicklung  64, 65, 79, 101, 207, 324 f. Bezirksgericht Daressalam  345 f., 348 big men  98, 205, 263

Register Bilanzbuchhaltung  102, 107 Bilder  29, 32–34, 40, 101, 145, 147 f., 153 f., 158–162, 165 f., 170, 178, 425 Binnenintermediarität  216, 241 Biodiversität / Mannigfaltigkeit der Arten ​ 25, 46, 55, 164, 446 f., 450, 454, 458 f. Biologisch-Landwirtschaftliches Institut Amani  237, 289 Bleistiftindustrie  123, 124 f., 402, 416 Boden – Rechtskategorie  177, 189, 194, 197, 344 f., 347, 412, 456, 460 – Umweltmedium  13, 43, 48, 54, 59, 113, 116, 126, 134 f., 137, 143, 200, 208, 222, 225, 242, 283, 296 f., 306, 310, 313 f., 316, 318, 322, 327, 331, 375, 381, 400, 415 Bodenerosion  135, 144, 148, 200, 316, 426 Bootsbau 213 Botaniker  44–46, 109, 163–165, 168 f., 243, 297, 448 f. Botanische Gärten  26, 46, 106, 187, 237, 293 f., 384 Brand  siehe Feuer Brandreservat  siehe Waldreservat Brandschutz  siehe Feuerschutz Brandstiftung  364, 367, 433 Brandverbot  211, 213, 220–226, 238, 291, 322, 363, 417 f. Brennholz  siehe Feuerholz Budgetkommission des Reichstags ​ ­245–247, 279 f., 290 Budgetrecht 192 Bugu  61, 67, 88, 90 burti / boritis  72 f., 180, 189 f., 371, 379 f., 386, 4443 Busch  47, 49, 59, 65, 87, 134, 165, 222, 224, 238, 252, 276, 337 f. Buschwald  378 f. C Chinin  53, 174, 416 colonial sclerosis  288 Cooper’s Hill College for Engeneering  107 D Dampfschiff  74–75, 218, 341 Degradierung  13, 17, 25, 101, 455 Denhardt & Co  244, 249, 253 f., 269, 284, 378, 381, 425 Dehra Dun (Forstschule)  228 denial of coevalness  141, 153, 174, 452

Sachregister Deutscher Forstverein  315, 353 Deutsche Holzgesellschaft für Ostafrika ​ 280, 338, 425 Deutsche Kolonialgesellschaft (DKG)  40, 169, 192, 406 f. Deutsche Kolonialschule  293 Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (D. O.A. G.)  148, 176, 178–186, 188 f., 190 f., 250, 264, 356, 360, 462, 490 Deutsch-Ostafrikanische Zeitung (DOAZ)  39, 302 f., 315 dhau  72–74, 215 Diskurs  28–35, 37, 39, 42, 47, 101, 107, 115 f., 123, 126, 128 f., 137, 144 f., 147,   150 f., 157, 162–164, 166–169, 171, 173, 184, 206, 228, 313, 332, 340, 352, 277, 392, 395 f., 414, 420, 435 f., 438, 443, 448, 452, 454 f., siehe auch Umwelt­ diskurse und Waldschutzdiskurs diwani  181 f., 345 Dorfälteste  20, 83, 86, 88, 97, 199, 417, 420, 450, 454 Dornwald  44, 49, 200, 291 Drahtseilbahn  13, 120, 124 f., 160 E Ebenholz  74, 281, 286 Ecole Nationale des Eaux et Forêts  108 effektive Okkupation (Rechtsdoktrin)  193, 239, 291, 345, 348, 412 »Eingeborenenvorbehalt«  336 f., 340–345, 347 f., 350, 356, 378, 425 f., 429 f., 462 Eisenbahn  71, 75, 124, 128, 158, 239, 297, 325 f., 336 f., 339, 381 – Mittellandbahn / Z entralbahn  71, 246, 325 f. – Nordbahn / Usambarabahn  71, 124, 239, 246, 335–337, 339 – Sigi-Bahn 336 Eisen  62, 65, 117 Eisenherstellung  61–63, 66, 101 Elefanten  siehe Wild Elefantenjägern  69, 205, 262 f. Elfenbein  68 f., 78, 98, 181 f., 263, 421 EL NIÑO / L A NIÑA  136 f., 142 Enteignung  24, 139, 181, 194 f., 261, 357, 361 f., 412–414, 433, 441, 447 Entwaldung  17, 24, 75, 79, 95, 113, 116, 126, 129, 133 f., 136 f., 141–143, 145, 147–150, 163, 185, 196, 206 f., 296, 299, 306–308, 313 f., 351 f., 356, 399, 425, 438, 455, 491

525 erfundene Tradition  202 Erhaltung  14, 34, 89, 109, 113, 118, 125, 127 f., 137, 144, 158, 162, 169, 184, 196, 215, 243, 249, 255, 257, 259, 261, 283, 290, 303, 309, 322, 350, 353, 375, 377, 425, 435, 461 Erinnerung (afrik.)  22, 88, 179 Erinnerungskultur  14, 179 Erinnerungspolitik 439 Erlaubnisschein – Holzschlag  204, 212 f., 217 f., 249, 365, 268, 270, 272, 275, 368, 373–377, 417, 421 f., 428 – Jagd  205, 421 Eukalyptus  siehe Holzpflanzen Europäer  14, 17, 19, 31, 34 f., 46, 67, 71 f., 93 f., 106, 126, 131, 137 f., 141, 144, 151, 156, 160, 162, 165, 177, 194, 197, 203, 205 f., 210 f., 217 f., 254, 256, 269, 275, 278, 295, 311, 324–326, 331, 336–338, 341, 343, 345 f., 349–351, 360, 366 f., 378 f., 382, 386, 393 f., 404, 412–414, 416–418, 422–425, 430 f., 433, 437 f. Exklusion  24, 361, 412, 452 Experten  18 f., 22, 26–30, 37–40, 42–44, 47–54, 57, 80, 105–110, 113–121, ­127–130, 133–135, 137 f., 140–142, 144, 146, 148–152, 176, 178, 181, 186, 192 f., 196, 221–223, 226, 228, 242, 258, 288 f., 292 f., 311, 313, 332, 383 f., 401, 407, 415, 419 f., 432, 434, 439, 442–444, 447 Export  53, 67, 69 f., 72, 74, 82, 102, 118, 122, 124, 182, 189, 197, 216 f., 243, 246, 248, 278, 280 f., 285–287, 298, 300, 387, 389, 419, 424, 442 f., 449, 465 externe Kosten  425 F Feldbau  49, 56, 61, 64, 86, 93 f., 128, 131, 141, 221 f., 329, 353, 413 Feuer  25, 48, 59, 76, 95, 109, 112, 130 f., 134, 139, 199, 201, 203, 220 f., 223–225, 241, 258, 299, 314, 318, 353, 364, 445  Feuerholz  48, 65 f., 72, 74, 94 f., 102, 117, 123, 144, 157, 180, 189 f., 198, 213, 237, 249, 251, 253, 265, 267–269, 275, 313, 316, 336 f., 339, 359, 364, 378 f., 387, 449, 461 Feuerschutz  223, 225, 318–320, 291, 374 Fikus  siehe Holzpflanzen Forstakademie  257, 293 f., 438

526 Forstamt (Forstverwaltung) Daressalam ​ 240, 270, 272, 301, 326, 332, 375 f., 387, 461, 468 Forstamt (Forstverwaltung) Mohoro / ​ Rufiyi  174, 210, 215, 235, 237, 240, 243, 251, 256, 276 f., 290, 297, 301 f.,, 323, 373, 375, 384, 420, 460, 462, 468–470 Forstamt (Forstverwaltung) Morogoro ​ 232 f., 235, 301, 329 f., 368, 376, 387 f., 390 f., 398 f., 427, 468, 470 f. Forstamt (Forstverwaltung) Wilhelmstal / ​ Tanga  240 f., 265 f., 268, 271, 280, 301, 343, 355, 359, 386 f., 468, 470 Forstbeamte  siehe Förster Forstdelikte  203, 235, 315, 364 f., 367–370 Förster  9, 15, 20, 24 f., 39, 49–53, 57, ­101–104, 106–108, 112 f., 116–118, 120, 129, 139 f., 149, 152, 162 f., 168–171, 173–175, 186, 199, 206, 209, 211, 224 f., 227 f., 230, 233 f., 236, 238 f., 240–242, 246, 255–257, 268, 276 f., 290–294, 301–303, 305 f., 311, 315, 317, 319, 322 f., 326–331, 342, 350, 357, 363–367, ­369–371, 375, 384, 388, 391, 399, 402, 404, 407, 411, 414–416, 418, 420–422, 424 f., 427, 429–431, 434–438, 443, 446, 449, 456, 466 f., 470–472 – Oberförster / Forstassessor  71, 80, 130, 183–185, 187, 198, 211, 215, 238 f., 240– 242, 244, 246 f., 251, 265 f., 272 f., 276, 294, 301 f., 326, 335, 355–357, 359 f., 375, 386 f., 389, 389, 401, 429, 466, 470–472 Forstgeschichte  24, 194 Forstherrschaft  101, 171, 173, 330, 366, 369, 372 f., 411, 431, 437 Forstkontrolle  210, 236, 357 f., 412, 447, 452 – direkt  215, 225, 227, 233, 235 f., 420 – intermediär  225, 418, 430 Forstkultur  18, 25, 50, 53, 76, 80, 83, 104 f., 112–113, 115 f., 118 f., 123, 127 f., 135, 139, 180, 182, 186, 209, 220, 233, 237, 240, 280, 285 f., 290, 296 f., 299, 303–305, 314, 318, 342, 383–385, 389–392, 397 f., 407, 432, 443, 449, 489 Forst- oder Nutzholzplantage  siehe Forstkultur Forstpolitik  21, 24, 108, 110, 138, 143, 184 f., 185, 188, 193, 222-f., 236, 241, 253, 255, 261, 275, 279, 281, 290, 292, 298, 300, 314 f., 317, 322, 330, 367, 373, 379 f.,

Register 382, 394, 397, 403, 406 f., 413, 423, 425, 447–449, 452 f. Forstrecht  39, 187 f., 190 f., 215, 266, 275, 306, 324, 414, 460–462 Forstreferat  187, 240, 242, 266, 270, 301, 312, 343, 387 f., 396 f., 437, 468, 470 Forstreferent  46, 49, 55 f., 168, 173, 187, 225, 229, 236, 237, 239, 242, 245, 247 f., 256–258, 266 f., 270 f., 274, 300–303, 309, 311–314, 316 f., 329–331, 342 f., 349 f., 358, 361, 364, 369, 375, 385, 393–397, 403, 406 f., 436 Forstverwaltung  18, 22, 53, 107, 113, 115, 117 f., 121 f., 140, 171, 185 – Deutsch-Ostafrika  27, 51, 82, 142, 150, 174, 186, 198, 229 f., 237–240, 242–246, 249, 251 f., 256–258, 261, 264, 268, 270, 272, 275, 278–281, 284, 286–293, 296– 298, 300–306, 310–312, 315–320, 322 f., 326, 328–332, 334 f., 342, 348, 350 f., 360, 363, 366 f., 369–379, 381, 385, 387, 393–395, 397–399, 401, 403 f., 406–409, 416–424, 426–433, 435–438, 449, 468 f., 472 – Gao 83 – Britisch Indien  27, 106–108, 150, 186, 297 – Kap-Kolonie 107 – Neu-Guinea 471 – Niederländisch-Indien  27, 106, 150, 186, 238 – Preußen 210 – Tansania 442–452 Forstwirtschaft – allgemein / europ.  100, 101–105, 107 f., 112–115, 156 f., 198, 296, 394, 416 – deutsch-ostafrikanische  184 f., 236, 240–242, 245–248, 260, 266, 280–282, 286, 289 f., 292, 300–302 f., 305, 323, 361, 394 f., 401, 407, 409, 412 f., 420, 423 f., 428, 431, 433 f., 474 – koloniale / t ropische16–18, 25–28, 35, 38, 53 f., 104–109, 111 f., 117, 121–123, 139 f., 145, 167, 170, 176, 200, 211, 228, 248, 255, 278, 284, 288, 295, 300, 326, 340, 361, 395, 401, 407–409, 415, 426, 431, 434 f., 437 f., 439, 443 – afrik./tansanische  328, 413, 442 f. forstwirtschaftliche Hauptnutzungen und -produkte 323

Sachregister forstwirtschaftliche Nebennutzungen und -produkte  53, 102, 251, 298, 323, 416 Forstwirtschaftslehre  101–105, 107, 190, 294 – Bodenreinertragslehre  104 f., 107, 122, 225, 314 – Waldreinertragslehre 104 Forstwissenschaft 115 Forstwissenschaftler  292, 452, 454 Fotografie  32 f., 40, 54 f., 59, 76, 84, 124, 130, 133, 146–149, 152, 156 f., 165 f., 231 f., 318, 327, 369, 402, 425, 437, 443 frontier  71, 116, 118, 243, 357 G Galeriewald  42, 46 f., 138, 334, 353 f. Geister  20 f., 87–93, 96, 98, 450 Gemeindewald  388 f., 392 f., 395–397, 432 f. Gemeinwohl  20, 114, 116, 118, 121, 184 f., 334, 412, 452, 455–456 Genozid 140 Gerbstoff  53, 157, 284, 389 Gerichtsbarkeit  37, 196, 201, 322, 345, 364, 413 Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK)  176–178, 462 Gewalt  18, 115, 139, 175, 179, 183, 202, 219, 260, 264, 278, 293, 322, 329, 347, 361, 366, 368, 372, 414, 431, 452 – herrschaftliche  177, 181, 186, 231, 365, 416, 452, siehe auch Souveränität Gewaltententeilung  196, 365, 413 Gewaltmonopol 186  Gewohnheitsrecht  85, 95, 102, 194, 202, 213 f., 219–221, 223, 262, 265, 267–270, 274, 343, 367 f., 373–377, 400, 417, 428, 452, 454 globale »Baumwollnot«  125 globale Entwaldung   206, 308, 491 globale Holznot  siehe Holznot globale Koordination und Kontrolle  111, 175 f. globale Märkte  siehe Weltmarkt globale Pflanzenarten  296 globale Praktiken / Handlungsrahmen  18, 25, 28 f., 100, 107, 296, 426, 449 f., 453 f. globale Statistik  280, 308 globale Transfers  26 f., siehe auch Transfer globale Vernetzung  15, 25, 27, 75, 111, 438 globale »Waldkrise«  453 globaler Handel  69–71, 280, 297, 418 globales Expertennetzwerk  18, 106

527 globales Klima  128, 136, 143, 451, 455 Globalgeschichte  16, 28 f., 36, 105, 111, 308, 438 Globalisierung  67, 126 Gouvernementsrat  252, 273, 309 f. Gouverneur  109 f., 188, 194–196, 209, 236– 238, 245, 251 f., 255–259, 266 f., 270–272, 278, 288, 300, 302 f., 306, 309–312, 329, 331, 341 f., 348–351, 354, 358, 374, 376, 382, 387, 396 f., 399, 401, 404 f., 413, 418, 422, 424 f., 429, 433, 436 group-think 395 Grubensäge  327 f. H Handel  46, 49, 61, 67–78, 98 f., 103, 114, 117, 120, 126, 173, 175 f., 178, 180–183, 188 f., 192, 197, 213, 216, 218, 246, 249, 251, 253, 263, 270, 274, 280282, 284, 286, 304, 315–317, 324, 332, 335 f., 368 f., 374, 377 f., 387, 413, 417, 419–421, 465 – intermediär  67, 70, 72 Händler  67, 70–73, 180, 182, 189 f., 197, 215 f., 249, 251, 253 f., 262 f., 265, 267, 269, 275, 278, 349 f., 369, 378, 400, 421 f., 424, 430, 433, 445 Hansing & Co.  176 Hartholz  72, 122 f., 248, 280 f., 298, 328, 416, 425 »Häuptling«  70, 72, 81, 83 f., 86, 90, 182 f., 187, 193, 202 f., 226, 400 »Häuptlingsverträge«  176, 462 heilige Bäume  83, 91, 328, 338 heilige Wälder  20, 65, 90, 94 f., 130 Heilpflanzen  siehe Kräuter Herrschaft  102 f., 414 – afrikanische  84, 86, 89, 97–99, 177, 182, 202, 230, 231, 263, 417 – brit. Mandatsherrschaft  442 – Fremdherrschaft  34, 433, 447 f. – koloniale  siehe Kolonialherrschaft – legale 372 – tansanische 450 – transimperiale  16, 26, 106–109, 111, 175 f., 419, 450 – sansibarische   72, 99, 178 Hexe / Hexerei  86, 92 Hindu  siehe Inder Hochwald  44, 49, 50, 52, 57, 122, 169, 246, 284, 354 f. Hochwasser  siehe Wasserhaushalt

528 Hochweide  59 f. Holz  siehe Waldprodukte Holzdiebstahl  102, 365, 368, 371, 376, 379 Holzexport  243, 246, 280, 285, 287, 300, 488 Holzfrevler  siehe Waldfrevel Holzgerechtsame  siehe Wald- und Holznutzungsrechte sowie Gewohnheitsrecht Holzhandel  72, 74 f., 103, 188 f., 197, 213, 216, 218, 246, 251, 270, 274, 332, 336, 369, 374, 378, 387, 417, 421 Holzhandelsstatistik 280 Holzhändler  72 f., 189 f., 197, 215, 249, 251, 262, 265, 267, 269, 275, 349 f., 378, 421 f., 424, 430, 433, 445 Holzimport  280 f., 418, 488 Holzkohle  siehe Waldprodukte Holzkonsum  122, 248, 265, 275 Holzmangel  103, 117, 119, 257, 297, 338, 357, 383, 392 Holzmarkt  121–123, 198, 243, 267, 269, 280, 284 f., 428, 430 »Holznot« – europ.  101, 103, 119, 121, 123 – global  116, 118, 121–123, 125 f., 151, 171, 243, 407 f., 418, 424, 453 – lokal  80, 200 f., 218, 257, 338, 357, 382, 384, 396, 400 Holznutzungsrechte siehe Gewohnheitsrecht Holzpflanzen  44, 48, 50–52, 58, 59, 67, 69, 102, 116, 123, 134, 208, 210, 230, 252, 313, 332 f., 335, 349 f. – Eukalyptus (Eucalyptus occidentalis) ​ 206 f., 210, 296, 304, 416, 441 – Fichte / Pitch Pine (Pinus rigida)  105, 107, 281, 286 – Fikus (Ficus elastica / natalensis)  81 f., 206, 208 – Gerberakazie (Acacia molissima)  53, 232, 290, 296 f., 303 f., 368, 388–390, 395, 399, 416 – Kasuarine (Casuarina sp)  156 f., 182, 206, 210, 296, 416 – mpingo (Dalbergia melanoxylon)  84 – mseri (Podocarpus)  54, 59, 76 f., 285, 298, 329, 333–335, 361, 416, 427 – mvule (Chlorophora exelsa)  54–56, 81, 92, 386, 298, 326, 328 f., 331, 333–338, 340–344, 346, 348–351, 361, 416, 425, 427

Register – Teak (Tectona grandis)  109, 210, 238, 240, 296 f., 304, 342–344, 379, 386 f., 416, 431 f., 443 f. – Zeder (Juniperus procera)  59, 123–125, 244, 280 f., 284, 286, 298 f., 401–403, 405–407, 416 Holzpreis  103 f., 117, 119, 215, 121–123, 215, 218, 265, 269, 285, 319, 326, 332, 335, 342 f., 358, 376–379, 381, 386, 398, 408, 421, 428, 461 Holzproduktion / versorgung  103, 112, 118, 120 f., 122, 128, 200 f., 204, 237 f., 245, 259, 280, 284, 285, 290, 297, 307, 314, 317, 320, 323, 328, 330, 332, 340, 349 f., 357 f., 376, 383, 385, 387 f., 406, 443 Holzressourcen  siehe Waldressourcen Holzschlag  146, 190, 205, 210–212, 215, 217, 226, 258, 264, 299, 326, 332 f., 337, 399, 342, 351–353, 376, 379, 381 f., 398, 421, 451 f., 460 f. Holzschlaggebühr  75, 188 f., 190 f., 197, 204, 214–219, 238, 243 f., 250–252, 265, 267, 269, 323, 332, 336, 343, 346, 377, 381, 386, 417, 460 f. Holzschlaggebührenverordnung (1891/1893)  188 f., 190 f., 197 f., 212, 268 Holzschlagkonzession  siehe Konzessionen Holzschlagreservate  siehe Waldreservate Holzschlagverbot  143, 211, 218, 251, 254, 258, 266, 269, 275, 313, 315, 317 f., 329–335, 337, 340 f., 348 f., 353, 354, 368, 374, 422, 427 Holzschlagverordnung (1899)  212–215, 218, 249–253, 313 Holztaxe (1912)  374–379, 381, 384, 386 f., 427 f., 461 Holzunternehmen / -gesellschaften  116, 120, 244, 250, 279, 336, 338, 350, 359, 378, 405, 418, 422, 424 f. Holzversorgung  120–122, 200, 204, 237, 259, 269, 280, 357 f., 378, 383, 385, 387 f. Honig  siehe Waldprodukte Humus  43, 49, 127, 134 f., 148, 200, 206, 306 »Hygiene«  152, 158, 289, 377, 380, 429 I Import  208, 243, 280 f., 284, 328, 418 f., 449 Inder  69–72, 76 f., 253, 278, 338, 349, 433

Sachregister Indian Forester  107, 240, 297 Inklusion  396, 430 f., 354 Intermediarität  siehe Kolonialherrschaft sowie Außenintermediarität und Binnenintermediarität »Inwertsetzung«  34, 124, 145, 193 J Jagd  23, 98, 69, 205, 221, 262 f., 270, 417, 421 – grund  199, 450 – polizei  226, 241 – zauber 263 – zehnt 83 Jäger und Sammler  siehe Wildbeuter Jumbe  187, 199, 201–205, 211 f., 217 f., 224, 228 f., 235 f., 263, 318, 326, 328 f., 334 f., 343, 351, 363–366, 368–371, 389–392, 399, 417 f., 421, 454, 464 K Kaffeeanbau  13, 145 f., 306 f., 359 f., 425, 482 Kahlschlag  51–53, 104, 148, 415 Kami / Luguru  331, 64, 85, 331, 361, 371 Karawanen  68 f., 71, 73 f., 78, 173, 263 Kasuarine  siehe Holzpflanzen Kautschuk siehe Waldprodukte 70 f., 180–182, 220, 251–253, 255, 261, 263, 273, 296, 305, 307, 323, 351, 375, 416, 420, 422, 482 Kew Gardens  26, 107, 384 Kinder  66, 92, 277, 368 f. Kindsmord 65 Kiongozi 232 Klan(e)  64 f., 70, 83–86, 90, 95, 97, 194, 199, 202 Klima  43, 45, 53 f., 73, 79, 100, 114 f., 126–129, 136, 141–144, 148 f., 174, 177, 206, 242, 291, 293, 295 f., 309, 451–453, 455 Klimaxstadium 79 Kollaboration 219 Kollektivierung 444 Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes (AAKA)  145, 192, 183, 192, 203 f., 244 f., 247, 254, 256, 260 f., 273 f., 282, 284–286 Kolonialherrschaft  22 f., 31, 34, 106, 141, 173 f., 177, 181–183, 185, 187 f., 201–203, 205, 210, 211, 216, 219, 227, 230, 234 f., 260, 292, 332, 365, 372 f., 390, 394, 399,

529 411 f., 414, 416 f., 419, 421, 428, 431, 435, 462 – bürokratisch  27, 108, 110, 187 f., 190, 227, 273, 292, 326, 358, 372, 373, 377, 405, 412, 427 f. – despotisch  187, 202, 227, 276, 292 f., 365, 371 f., 414, 428, 431, 452 – direkt  183, 185 f., 325, 414, 417, 462 – indirekt  75, 177, 181, 185 – intermediär  187, 199, 202 f., 217 f., 225, 227, 229, 230, 236, 416–418, 420, 430, siehe auch Außenintermediarität und Binnenintermediarität Kolonialpolitik  24, 114, 117 f., 142, 151, 174, 176, 180, 192, 278 f., 282 f., 285, 288, 324, 408, 419, 423 Kolonialrat  192–196, 252, 254–256 Kolonialreform  285, 289, 291, 293, 300, 309, 324, 377, 401, 427, 430, 436, 445 Kolonialreformer  301, 304, 323, 333, 340, 354, 357, 383, 423–425, 428, 436 Kolonialreich(e)  16, 28, 175 – dt.  15, 39, 110, 139, 163, 175, 241, 243, 282, 293 – frz.  126, 163 Kolonialverwaltung  23, 35, 37, 99, 110, 174, 187, 197, 199–202, 209, 212 f., 227 f., 233, 244, 247, 250, 252, 257, 273, 279, 297, 300, 305, 309, 311, 332, 344, 348, 362, 364, 373, 389, 393–396, 401, 403, 407, 417 f., 422–224, 427, 429, 431, 433, 436 Kolonialwirtschaftliches Komitee (KWK)  145, 237 Kolonisation  9, 14–19, 21, 23 f., 29, 34, 46, 72, 99, 114 f., 120, 136, 141, 146 f., 151, 155 f., 158, 162, 164, 170, 174–178, 180, 190, 192, 218, 242, 244, 281, 283, 308, 324 f., 335, 368, 415, 418, 421, 423, 432, 438 Kolonisierung  16, 192, 259, 308 Konde  80–82, 131 Kondottiere-Problem 230 Konflikt  14–16, 18, 22 f., 25, 53, 83, 94, 168, 173, 176, 181, 183, 190, 195, 201, 212, 216, 221, 241 f., 249, 254, 271, 278, 301, 305, 311, 326, 332, 334 f., 341, 349, 351 f., 362 f., 366, 373, 375 f., 387, 394 -396, 399, 404, 406, 412, 413–415, 417, 427, 432, 445, 450 f., 453, 455 f. Koniferen (Nadelhölzer)  59, 76, 122, 157, 296, 398 f., 416

530 Kontrolle  14, 20 f., 23–25, 70, 72, 75, 94, 117, 176, 182 f., 187, 190, 199, 202 f., 205 f., 210–212, 217–219, 225, 227, 235 f., 242, 249, 254–256, 263–265, 271, 278, 284, 300 f., 303, 305 f., 310, 317, 323 f., 348, 351, 355, 358, 364, 371, 374–377, 388, 398, 402, 404, 406, 412, 417 f., 420–422, 426–428, 437, 450, 454 Konzessionen  120, 239, 244, 258, 261, 338, 340, 402, 405 Kooperation  18, 23, 25, 111, 175, 187, 205, 227, 276, 354, 404, 419, 421, 426, 456 Kopal  siehe Waldprodukte Kräuter 66 Krieg  49, 64, 94, 98 f. – 1. WK  15, 111, 160, 235, 302, 351, 360, 384, 387, 399 f., 406, 412, 420, 428 f., 432, 437, 449 – Herero-Nama- 282 – Maji-Maji-  24, 182, 262–266, 269, 272 f., 275–279, 282, 288, 324, 349, 373, 390, 422 f., 428, 482 – 7-jähriger 101 – US-Bürgerkrieg 69 Kriegsministerium 209 Kronland  265, 346, 353, 385, 412 – herrenlos  193 f., 196 f., 213, 238, 249, 251, 253 f., 265 f., 268, 271, 273–275, 278, 312–317, 322, 326 f., 331–333, 335–338, 340, 342, 344, 346, 348–351, 353, 378, 382, 412, 422, 424, 427, 460, 462 – okkupiert  196, 265, 267, 271, 274, 312–314, 316 f., 460, 462 – unverwertet  253, 261, 265, 267, 272–274 Kronlandverhandlung  195, 263 f., 319, 344, 361, 363, 366, 382, 385, 389 f., 393, 429, 462 Kronlandverordnung  192–197, 249, 309, 345–347, 353, 362, 412, 414, 460–462 Kultur(en)  36, 49, 61 f., 63–65, 79–80, 83, 87, 91–93, 108, 113 f., 115, 127 f., 134, 150, 154, 163, 168, 176, 209, 257, 259, 283, 295, 383, 394, 448, 451 »Kulturauftrag«  34, 138, 151, 170, 244, 283, 291, 303, 347 Kulturgeschichte  19, 81 kulturell  17–19, 21, 22, 28, 30–31, 33 f., 41, 73, 86, 93, 99, 101, 113, 137, 140, 153, 163, 250, 259, 424, 428 f., 438, 445, 455 f. Kulturland  79, 195, 200, 207, 223, 415

Register Kulturlandschaft  62, 90, 365 Kulturstufenmodell  111–113, 119, 140, 147, 154, 167, 434 »Kulturwald«  50 f., 109 Künstler  40, 158 f., 17 L Land  105, 112, 119, 130, 134, 148, 165, 170, 180–182, 193 f., 197, 199, 202, 206, 221, 242, 249, 267, 337 f., 362, 394, 400, 412 f., 414, 431 Landbesitz- und Nutzungsrechte  20 f., 52, 83, 85 f., 89, 103, 157, 176–178, 180– 183,   185 f., 192, 194 f., 248 f., 254, 322, 328, 338, 341 f., 344–346, 348, 355, 359, 362, 372, 385, 390 f., 394, 400, 412–414, 417, 445, 455, 462, 358 Landnutzungspraktiken – afrik.  21 f., 24, 80, 128, 130 f., 133, 140 f., 166, 198, 221–224, 255, 314, 329, 331, 362, 371, 395, 427, 431, 453 – europ. / kolonial  80, 126, 141, 203, 208, 295 Landeskultur  187, 199, 205 f., 311 Landkommission  195, 361 f., 382, 389 Landnahme  133, 167, 175 f., 178, 191 f., 193, 197, 258, 348, 456 Landschaft  20, 34, 40, 58 f., 62 f., 69, 75, 81, 88–90, 97, 98, 124, 145, 147, 153, 155–162, 165 f., 170, 179, 199, 203, 207 f., 226, 229, 273, 295, 313, 392, 434, 437, 441, 446, 448, 450, 453 Landvergabe  83, 85 Landverhandlung  siehe Kronland­ verhandlung Landwirtschaft – afrik.  26, 66, 75, 78 f., 97 f., 134, 141, 145, 174, 201, 207, 221 f., 278, 288, 314, 324, 335, 367 f., 400, 413, 420, 423 f., 426 f., 429, 443–445 – europ./kolonial  26, 102, 139, 145, 168, 259, 304 f., 416, 441 Landwirtschaftsreferat  304 f. liwali  siehe diwani Lobbyismus  192, 360, 406, 450 M Macht  25, 31, 71, 86, 88 f., 91, 97, 157, 175, 186 f., 195, 201 f., 205, 219, 228, 232, 241, 263, 293, 302, 335, 348, 373, 391, 396, 431 Maji-Maji-Krieg  siehe Krieg

Sachregister Makrogeschichte 29 Malaria  174, 177, 181, 325 Mandatsherrschaft / verwaltung  37, 442, 449 Mangroven  24, 42, 46 f., 54, 72–74, 178, 180, 195, 200, 215, 237, 244, 249, 263– 265,   269 f., 284, 290, 298, 302, 378, 381, 462, 487 Mangrovenholz  72–74, 290, 381 Massai  61, 346 Mbunga  siehe Ngoni »men on the spot«  28, 330 Merry-Africa-Hypothese 14 mganga  siehe Zauberer middle ground  23, 219, 357 Mikrogeschichte 29 Ministry of Natural Resources and ­Tourism ​ 451 Miombo (Trockenwald)  41, 47, 487 Mischwald  165, 170 Mission  175, 331–334, 387, 390–391, 393–397, 399–400, 426 Missionare  39, 76, 80 f., 92, 96, 135 f., 137, 153 f., 254 f., 327 f., 365, 390 f. Missionsgesellschaften  326, 328, 332, 335, 349, 424 – Kongregation vom Heiligen Geist und dem unbefleckten Herzen Mariä ​ (Schwarze Väter)  76, 325, 332 – Herrnhuter  38, 254 f. Missionsschulen 217 Missionsstationen  255, 326–328, 332 – Irente 13 – Hohenfriedberg 327 – Matombo  326–328, 331–333, 349 – Mgeta  390–391, 393, 395 f., 399 f., 433 – Tununguo  135 f. – Ipyana 255 mlunga / m lungu / mongo / mongu  84, 130 Moderne / Modernisierung  16, 19, 68, 71, 74, 95, 100, 103 f., 107, 115, 152, 160, 168, 170, 196, 207, 421, f., 434, 443, 450, 452 f. Modernisierungstheorie  17, 22, 307 Monokultur  52 f., 104 f., 416 Monsun  siehe Wind Moral  88, 91, 94, 140, 277, 395 f. mpingo  siehe Holzpflanzen mseri  siehe Holzpflanzen Mutter Erde  63, 92, 127 mvule  siehe Holzpflanzen

531 N Nachhaltigkeit  62 f., 71, 80, 94, 102–104, 107, 112 f., 119, 122, 168, 174, 252, 257, 261, 284, 291, 305, 313 f., 317, 330, 340 f., 349 f., 376 f., 401 f., 411, 416, 426, 428, 434, 436 f., 443, 445, 449, 454 f. Nationalpark  146, 167, 170, 450, 452 Natur  9, 14, 18–21, 32–34, 44, 48, 51, 62, 87, 89, 93 f., 104 f., 109, 116, 119, 124, 127, 128, 135, 145, 147, 150 f., 153–156, 158 f., 162 f., 165–168, 170, 177, 245, 248, 259, 274, 275 f., 296, 308, 323, 337, 425, 434, 437, 447 f., 453, 455, 458 f. – aneignung  61, 96 – bewahrung 158 – geistkult 89 – gesetz  114, 120 – katastrophen  94, 109, 177, 310 – schätze 291 – schutz / denkmalschutz  27, 33, 159, ­162–171, 279, 305, 434 f., 446–449, 451–456 – wahrnehmung  152, 159 f., 169 – wissenschaft  siehe Wissenschaft – zerstörung 158 Naturalien  190, 211 Nebel- und Höhenwald  41 f., 47, 57, 58–60, 138, 239, 326, 399, 474 Nelken 68–70 Netzwerk  18, 23, 26–28, 31, 70, 74, 106, 181, 257, 263, 421 Ngoni  64, 275 Nichtverfügbarkeit  73, 114 f. Niederschlag  43 f., 50, 55, 57, 60, 89, 97 f., 127–129, 136 f., 142–144, 148 f., 201, 206, 297, 314, 322, 432, 476 f. Nische – ökologische  45, 356 – soziale 421 »Nomaden«  128, 140 Normalbaum 102 Normalwald  51, 102, 104, 107, 157, 274, 415 Nutzholz  18, 48, 52 f., 56, 75, 80, 102 f., 104, 117 f., 200, 238, 243, 245 f., 255, 280 f., 284, 290, 298, 314 f., 317, 320, 323, 326, 330, 332, 335–337, 340, 342, 349 f., 358, 375, 379, 382 f., 401, 408, 416, 425, 443, 482, 488 Nutzholzreserven  75, 358, 379, siehe auch Waldressourcen

532 Nutzwald  51, 184, 239, 292 Nutzwert  46, 57, 157 Nyamwesi  64, 69, 356 O Oberjäger  209–211, 214, 226, 236, 302, 462 Ohnmacht  217, 276, 293, 310 f., 358, 363, 431 Okkupationsrecht  180, 186, 191, 193, 253, 264, 381, 412 ökologisch  14 f., 20, 24, 26, 28, 46, 51–53, 61, 73, 78–79, 102, 104 f., 128, 139, 143, 148–150, 178, 185, 188, 196, 198, 200 f., 205 f., 212, 221, 223–225, 230, 236 f., 239, 291, 293, 295 f., 299, 308, 313 f., 317, 322, 324, 329, 334, 352, 356–358, 361, 412, 414–416, 418, 424 f., 431–433, 437 f., 447 f., 451, 454 ökologische Nische  siehe Nische Ökonativismus  448 f. oral history  36, 438 Orientalismus  31, 137 O’Swald & Co.  176 P Passat  siehe Wind Paviane  siehe Wild pazi  69–70, 89, 98, 182, 263 Pilz (Hemileia vastratix)  306 Pitch Pine  siehe Holzpflanzen Plantage  13, 19, 53, 61, 67 f., 75, 126, 145 f., 148–150, 155, 178, 181, 184, 194, 196, 239, 252, 259, 286, 288, 305–308, 310– 311, 325, 338, 352–360, 413, 425, 456, 460, 482, 490 – Derema  146, 148, 490 – Nguëlo  146, 148, 490 – Ngambo  146 f., 490 – Kwamkoro (Prinz-Albrecht-Plantage) ​ 55, 148 f., 357, 490 – Pingoni  351 f. – Segoma (Sigi-Pflanzungsgesellschaft) ​ 354, 490 Pleistozän  45, 129 Plenterbetrieb / wald  51 f., 415 Politische Ökologie  25 Polizei  25, 183, 231, 233, 241, 253, 269, 271, 301, 314, 353, 364–366, 371, 391, 394, 417, 431, 452, 464 Polysemie 146 pori  47, 222, 291, 337, 389

Register Preußen  80, 108, 209 f., 302, 347, 372, 407, 466 f., 470 f., 490 Priester  siehe Zauberer Primitive-Africa-Hypothese 14 Privatbesitz / land  17, 114, 116 f., 184, 186, 191, 193, 194, 254, 262, 309, 311, 336, 358–360, 413, 434, 460 Privatwald  siehe Waldbesitz Privatwaldverordnung (1908)  306, ­309–312, 352, 354 f., 357 f., 424, 461 Protest  23 f., 215, 262, 264, 270, 397, 452 f. Pygmäen 61 Q Quellen (hist.)  10, 15, 17, 35–40, 71, 75, 80, 91, 196, 198, 200, 216, 277, 308, 362, 367, 384, 429, 432, 435, 438, 462 Quellgebiete  20, 95, 127, 135, 144, 306, 309, 352 f., 363 R Rassismus  18, 115, 137, 196, 234, 269, 277, 395, 413 f., 424, 426, 431, 434 f., 448 Recht  25, 39, 162, 174, 185, 195 f., 201, 205, 222, 252, 258, 260 f., 265, 308, 311, 315, 322, 329, 335, 336, 347 f., 362, 393, 397, 412 f., 424, 431, 434, 456 Referat für Landeskultur und Vermessungs­wesen  187, 206 Regen  siehe Niederschlag – macher / magie  89, 97–99 – schirm 231 – wald  41–47, 54–59, 61, 129, 134, 142, 148, 164, 167, 196, 224, 239, 259, 302, 329, 356, 363, 365, 371 f., 474, 487 – zeit  43 f., 66, 201, 221 f. Reichskanzler  142, 183, 192, 209, 282 f., 406 Reichskolonialamt (RKA)  169, 285, 294, 303, 309, 360, 401–407, 424 Reichstag  124, 160, 192, 244, 245, 246 f., 266, 279 f., 282, 292, 405, 407 f., 424 Reis  77 f., 96, 416 repeat photography  437 Revue des Eaux et Forêts  123 Rinde  siehe Waldprodukte Rindenstoff 82 Rinder siehe Viehhaltung Rinderpest  99, 136, 224 Ringeln  130 f., 313 Ruderalvegetation  59, 166

Sachregister S Saatgut  16, 28, 106, 109, 176, 209, 226, 230, 295, 297, 299, 329, 384, 415, 419, 438, 443, 489 Säge  67, 328 Sägewerk  286, 335, 339 f., 342–344, 353, 424 f., 482 Samen  siehe Saatgut Sandelholz  297, 304 Saramo  64, 92, 98 Schädlinge  104 f., 109, 222, 224, 263, 297, 432 Schlafkrankheit  177, 222 f. Schnittholz  328, 339 f. Schreibkultur 217 »Schutzwald«  95, 137, 145, 309, 326, 360, 412 Segua  97, 182 Seminar für Orientalische Sprachen  294, 438, 466 f. Seuchen  222, 224, 310 Shambaa  63, 66 f., 86–88, 90, 92, 95–97, 179, 325, 356 Shauri  37, 201, 220, 345, 369 f., 413 7-jähriger Krieg  siehe Krieg Siedler  22, 113, 138, 169, 185, 250, 252, 254, 278, 282, 288, 306 f., 311 f., 315, 320, 325 f., 332 f., 335, 338–340, 353, 382, 285 f., 412 f., 416, 423, 425, 431, 482 Siedlerkolonie 259 Sklaverei 67–69 Sklavenhandel  49, 68, 78, 98 f., 183 Souveränität  178, 180 f., 185 f., 191, 194 Staatswald  186, 238, 248, 264 Stangenholz  siehe burti / boritis Stereotype  22, 137, 234, 322, 395, 414, 448, 453 Steuern  117, 173, 188, 262 f., 456 – Hüttensteuer  173, 211, 214, 262 Strafe(n)  139, 203, 220, 234, 319, 354, 357, 365–369, 371, 372, 413, 463 f. Strafrecht  139, 365, 368 Suaheli (Bevölkerung)  61, 182 Suaheli (Sprache)  10, 72, 90, 130, 232, 241 Subimperialismus  28, 330 Subsistenz  18 f., 66, 93, 194, 251, 262 f., 277, 422, 429, 431, 433 T Tabu  63, 94–96 Teak  siehe Holzpflanzen

533 terra nullius (Rechtsdoktrin)  193, 291, 412 Text-Bild-Beziehung  29, 32, 34, 147 f., 149 Tischlerei 331–333 Totem 95 Transfer  26–28, 32, 38, 101, 105 f., 109, 111, 115, 121, 175, 207, 228, 295–297, 347, 419, 431, 438 transkulturell  23, 430 Tribut  64, 70, 97 f., 182 Tse-Tse-Fliege  222 f. U Überständer / hälter  49, 66, 134 Ujamaa  444 f. Uluguru-Höhenweg 369–371 Umwelt  9, 13 f., 16–19, 21, 23 f., 31, 33, 65, 91–93, 96, 105, 126, 136, 139–141, 144, 148, 150, 168, 173, 176, 198–201, 204, 207 f., 224, 289, 306, 327, 412, 414, 416, 418, 424, 426, 433 f., 437 f., 450, 454, 456 – bewusstsein 291 – diskurse  32 f., 126, 455 – medium  168, 171, 242, 424, 435 – geschichte  9, 18, 20, 26, 29, 41, 68, 103, 105, 308, 352, 412, 420, 438 – schutz  14, 17, 19, 24, 33, 95, 167, 425, 450 – wissen  19, 28, 30, 445 Unternehmen  51, 116, 120, 124, 239, 244, 250, 279, 300, 336, 338 f., 350, 359, 378, 402, 405, 422, 424 f. »Urwald«  30, 45, 48–52, 54, 56, 78, 87, 91, 117, 119, 120, 122, 128, 146, 151, 153 f., 158, 160, 162 f., 166, 169 f., 226, 237, 240, 286, 292, 328, 425 Usambara-Post  163–164, 397–398 V Verjüngung – künstlich  112, 238, 240, 295 f., 299, 304 – natürlich  50, 112, 44, 204, 238, 240, 289, 298 f., 303, 314, 318, 415 Verordnung betr. Wildbrennen, Holzschlag und das Pflanzen von Kokosnüssen (1893)  197, 212 f., 460 f. Verwandtschaftslinie  83–86, 89, 98, 263 Verweigerung  219, 227, 234, 270, 287, 333, 338, 363 Viehhaltung  24, 64, 65, 79, 90, 91, 112, 128, 133, 220–222, 224 f., 229, 313, 318, 368, 413, 417, 422, 446, 452

534 – Hühner 77 – Rinder  77, 81, 313 – Schafe  76 f., 98, 313 – Ziegen  66, 76 f., 98, 313, 368–370 Völkerrecht  140, 175, 177, 193, 412, 456 W Wachs  siehe Waldprodukte Wald  9, 13, 22–25, 35, 41, 45–51, 54, 60, 62 f., 65 f., 68, 75, 87 f., 90 f., 93–96, ­102–105, 111–113, 116, 118 f., 127–135, 138, 143–144, 146–150, 152 f., 155, ­162–164, 166, 168–170, 174, 194, 197, 199, 206 f., 222, 226, 230, 236, 238, ­240–242, 251, 255, 259, 264, 274, 296, 299, 311, 313, 315, 334, 337 f., 348, 355–363, 365, 367, 373, 378 f., 381, 385, 400 f., 412, 414 f., 420, 433, 443, 444, 450 f., 453–456 Waldarbeit  52 f., 73, 76, 140, 194, 206, 209, 233 f., 240, 256, 276 f., 284, 299, 203, 318, 327, 331, 390–393, 404 f., 436, 429–431, 451 Waldbau  50–52, 81, 102, 107, 237, 295–298, 314, 415 f., 430–432, 437 Waldbäume  49, 67, 82 f., 180 f., 207, 295 Waldbegriffe  30, 42, 47–50, 57, 87, 89, 151, 164 Waldbesitz- und Nutzungsrechte  20, 102 f., 139, 140, 176 f., 180 f., 185 f., 190–192, 194 f., 197, 202, 205, 213 f., 219, 230, ­248–250, 252–254, 258 f., 261 f., 264, 265, 267–270, 274, 308, 316 f., 319, 331, 336, 342–346, 348, 356–358, 361 f., 367, 371 f., 373–377, 380, 382, 387, 389, 392, 400, 412–415, 417, 420, 422 f., 424, 426, 428, 443, 447, 451 f., 454, 456, 462 Waldbestand  41–47, 51, 60, 62, 75, 78–79, 117, 121, 127–129, 141, 144, 166, 169, 183 f., 188 f., 191, 194, 197, 201, 207, 210, 213, 218, 221, 224–226, 238 f., 242 f., 246, 248, 250, 255, 259, 274, 280, 290 f., 293, 307–309, 310 f. 313–315, 318, 323 f., 353, 355 f., 358, 360, 368, 381, 405 f., 417, 422, 426, 454, 432, 474, 487, 490 f. Waldbrand  48, 132, 134, 146 f., 198, 364, 367, 433 Walddelikte  siehe Forstdelikte Walddiskurs  siehe Waldschutzdiskurs Walddorf  329, 444, 451 Waldeinsamkeit 152

Register Waldentwicklung  siehe Waldbestand Walderzeugnisse  siehe Waldprodukte Waldfeldbau  297, 431 f., 444 f. Waldformationen  siehe Waldbegriffe »Waldfrevel«  76, 268 f., 370, 420 Waldgeist  91 f. Waldgeschichte  9, 13, 16, 20, 22, 24 f., 111, 308, 411, 415, 438 Waldkonflikte  9, 15, 19–25, 28–30, 33, 41, 289, 324, 345, 360, 394, 422, 438, 455 Waldkontrolle  siehe Forstkontrolle Waldkultur – afrik.  62, 76, 83, 128, 131, 134, 139, 141, 164, 195, 383–385, 432 – europ. / kolonial  siehe Forstkultur »Waldkrise« 453 Waldneuanlage  siehe Aufforstungen Waldnutzung  13, 15, 1820, 23 f., 30, 41, 66, 99, 102, 104 f., 112, 114, 126, 130, 133, 145, 169, 186, 249, 259 f., 262, 266, 274, 281, 313 f., 317, 333, 340, 348, 356 f., 367, 388, 411, 414, 420, 424–426, 430, 437, 445, 449, 451 f., 454–456, 469 Waldnutzungspraktiken  siehe Wald­ nutzung Waldordnung für Usambara (1895)  354, 460 Waldordnungen  siehe Waldschutz­ verordnungen »Waldpflege« 381 Waldpolitik  siehe Forstpolitik Waldpolizisten  siehe Waldwärter Waldprodukte  69–71, 76, 79, 119, 120, 139, 190, 238 f., 243, 250–253, 256, 258, 261, 263–267, 269, 271 f., 274 f., 281, 304, 312–317, 319, 323, 331, 333, 336, 349, 368 f., 374, 376 f., 388, 408, 413, 418, 420–424, 427 f., 442 f., 445, 449, 461 – Holz  53 f., 63, 65, 67, 69, 72–75, 92, 95, 101–104, 110, 119, 122, 124, 127, 169, 180 f., 189 f., 197, 204, 212, 215–218, 237, 245, 249, 251–254, 256, 259, 268 f., 272, 280, 285 f., 313, 318, 328, 331, 335 f., 339, 341–343, 350, 357, 364, 368 f., 377 f., 380–382, 386 f., 398, 407 f., 428, 443, 449, siehe auch burti / boritis – Holzkohle  62–64, 80, 94, 101, 443, 446, 449, 452 – Honig  76, 78

Sachregister – Kautschuk  70 f., 180–182, 220, 251–253, 255, 261, 263, 273, 296, 305, 307, 323, 351, 375, 416, 420, 422, 482 – Kopal  69 f. 76, 98, 180–182, 263, 323 – Rinde  53, 63, 67, 81 f., 130 f., 249, ­251–253, 268, 284, 323, 389, 416, 418, 438 – Wachs  69, 71, 76 Waldreservate  13, 25, 144, 167, 222 f., 225 f., 229, 236, 238 f., 244, 252, 254, 256–259, 261–264, 266 f., 273–275, 278, 291, 297, 299, 304, 312, 314 f., 318–321, 323, 326, 329, 334, 337, 353, 358–369, 371, 373–377, 379–384, 386–389, 391, 393–395, 397–400, 418, 422, 426–429, 433, 437, 441–443, 445 f., 450 f., 461, 481, 483, 485 f. Waldreservatsverordnung  254, 258, 260, 262, 264, 278, 422 Waldressourcen  14 f., 17, 24 f., 62, 64 f., 71, 80, 123, 148, 174, 181, 186, 198 f., 200 f., 211, 217, 227, 236, 248 f., 253, 255, 260–263, 269, 271, 273, 275, 278, 291 f., 305, 312–317, 322–324, 326 f., 332, 335, 337, 340, 343–346, 348–351, 353, 368, 373, 375, 377–379, 385, 387, 398, 411– 413, 419, 421–425, 427–430, 433 f., 436 f., 445, 447, 449–451, 453 Waldschäden  19–22, 128, 164 Waldschutz  16, 18 f., 21 f., 24 f., 30, 41, 99 f., 109 f., 116, 133, 138 f., 144 f., 150, 163. 188, 192, 196, 201, 203 f., 207, 212, 226, 235, 251, 254–260, 262, 264, 267–269, 273, 281, 292, 299, 302 f., 305, 309–311, 320, 322, 326, 330, 334, 351 f., 354 f., 357 f., 380, 395–397, 403 f., 411 f., ­417–419, 424 f., 427, 431, 433–437, 439, 442, 448 f., 451–456 Waldschutzdiskurs  31 f., 126, 151, 162, 164, 166, 168 f., 171 340 – ökonomisch  116, 151 – konservatorisch  126, 145, 151, 166–168, 171, 352 – präservatorisch  151, 166–169, 171 Waldschutzdienst  siehe Waldwärter Waldschutzpolitik  siehe Forstpolitik Waldschutzresolution 109 Waldschutzverordnung (1904)  252–254, 257 f., 260–275, 312, 315, 422, 461 Waldschutzverordnung (1909)  306, 312–317, 322, 326 f., 331, 333, 336, 346, 352, 379, 382, 424, 461

535 Waldschutzverordnungen  21, 306 Waldsiedlung  siehe Walddorf Waldstatistik 123 Waldsterben 133 Waldungen siehe Waldbestand Waldvegetation  siehe Waldbestand Waldverordnung für die Plantagengebiete (1899)  308, 460 Waldwärter  225, 227–236, 238, 240, 268, 271, 301, 304, 318, 322, 364–366, 369, 373, 375, 391, 394, 417 f., 424, 430 f., 463 f., 481 Waldwärterverordnung  229 f., 233 Waldweide  siehe Weide Waldwirtschaft  siehe Forstwirtschaft Waldzerstörung  322, 356 Wanderfeldbau  79 f., 128 f., 133 f., 139–141, 193, 355, 426, 452 Wasser  54, 128 f., 135–137, 201, 208, 339, 242, 351, 354, 389, 444 Wassereinzugsgebiet  95, 355 Wasserhaushalt / verhältnisse  109, 127 f., 135–137, 148, 149, 201, 242, 257, 309, 316, 327, 351 f., 424 Wasserläufe  109, 144, 158, 201 Weichholz / Nadelholz  104, 122 f., 237, 248, 280 f., 398 f., 416 Weide  20, 59, 64 f., 77, 102, 112, 126, 133 f., 144, 199, 220–222, 224, 241, 313 f., 318, 337, 363, 367–370, 413, 417, 435, 452, 491 Weltausstellung 245 Welthandel  46, 76 f. Weltmarkt  69, 116, 120, 122, 175 f., 243, 245, 248, 284–286, 288, 297, 322, 324, 418 f., 442, 449 Widerstand  105, 139, 195, 219, 233, 262, 276, 278, 335, 363 f., 418, 422 f., 426, 433 Wiederbewaldung  siehe Verjüngung Wild  48, 94, 134, 221, 310, 359, 450 – Elefanten  205, 359, 421 – Paviane 432 – Wildschweine  334, 432 Wildbeuter  60 f., 93, 229 »Wildbrennen«  199–201, 203 f., 206, 210 f., 214, 220, 221, 224–226, 258, 298, 353 »Wildnis«  20, 49, 59, 87–94, 155, 162 f., 295 Wildschutz  23, 262 f., 359, 450 Wildreservat  262 f., 359, 450

536 Wildschweine  siehe Wild Wilkins & Wiese  124 f., 244, 286, 401 f., 425, 482, 490 Wind  43 f., 73, 136, 143, 367 – bruch 148 – Monsun  43, 73 f., 136 – Passat 136 Wissen  16, 19, 21, 23, 25–28, 30–32, 36, 54, 66, 89, 96, 101, 106 f., 113, 116, 153, 176, 205, 217, 219, 224, 228–230, 274, 292 f., 330, 405, 415, 419, 427, 430, 433, 445, 454 Wissenschaft  9, 16, 25–27, 30, 36, 54, 101, 104–108, 110 f., 113, 115, 120, 127, 137, 142, 152, 158, 162, 164 f., 168, 175, 178, 192, 209, 237, 283 f., 289, 295, 314, 324, 393, 419, 425, 438, 452, 454, siehe auch Naturwissenschaft Wissenschaftler  22, 27, 279, 292, 452, 454 Wissensgeschichte  29, 99 Wissenstransfer  228, siehe auch Transfer Y Yao  72, 182 f., 216

Register Z Zauberer  64, 89, 92, 95, 98 Zauberhütte 96 Zaubermittel / medizin  89, 263 Zeder  siehe Holzpflanzen Zeitraub 233 Zentralbüro / verwaltung  213 f., 216, 225, 227, 240 f., 244, 265, 270, 300, 310, 312, 317, 320, 329, 337 f., 348–350, 352, 354, 358, 379, 393, 396, 402, 406 Zerstörung  14, 34, 113, 127, 133, 140, 145–148, 150, 158, 283, 322, 356, 425, siehe auch Naturzerstörung und Waldzerstörung Zivilisation  112, 147, 151, 163, 167 f. Zivilisationskritik  34, 152 Zivilisierung  18, 34, 111, 120, 124, 147, 150, 281, 283, 434, 443 Zoll  182, 189, 285–288 – verwaltung  188 f., 210, 214, 243 – amt / station  182, 189–191, 197, 215–217, 220, 253, 460 Zwangsarbeit  188, 202, 204, 213, 276 f., 288