114 31 1MB
German Pages 375 Year 2005
Schriften zum Völkerrecht Band 153
Der völkerrechtliche Rückgabeanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter Von
Christoff Jenschke
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOFF JENSCHKE
Der völkerrechtliche Rückgabeanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter
Schriften zum Völkerrecht Band 153
Der völkerrechtliche Rückgabeanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter
Von
Christoff Jenschke
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-11214-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen lieben Eltern
An Bildern schleppt ihr hin und her Verlornes und Erworbnes; Und bei dem Senden kreuz und quer Was bleibt uns denn? – Verdorbnes! Johann-Wolfgang von Goethe, 1816 („Museen“, von Goethe in Nicolai, S. 865)
Vorwort Die Rückführung von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, ist derzeit leider wieder ein höchstaktuelles Thema. Zum einen ist der deutsch-russische Streit über die Rückführung der Kulturgüter, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg auf das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion verbracht wurden, noch immer nicht gelöst. Zum anderen wurden im Frühling 2003 nach dem Einmarsch der Truppen der USA und ihrer Verbündeten in den Irak dortige Museen, insbesondere in Bagdad, durch die eigene Bevölkerung geplündert. Einmalige Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert sind aus den Museen und Bibliotheken entwendet worden. Viele der abhanden gekommenen Exponate finden sich nun auf dem internationalen Kunstmarkt wieder. Die Arbeit widmet sich dem völkerrechtlichen Anspruch auf Rückführung von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern. Es werden die möglichen Anspruchsgrundlagen aufgezeigt und deren Voraussetzungen diskutiert. Die vorliegende Arbeit lag als Dissertation am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2002/2003 vor. Das Manuskript der Arbeit wurde im Frühjahr 2002 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Ende 2003 eingearbeitet worden. Besonderer Dank für die Unterstützung und Annahme der Arbeit gebührt meinem Doktorvater, Herrn em. Univ.-Prof. Dr. Albrecht Randelzhofer, der mich seit dem ersten Semester für das Staatsrecht und später für das Völkerrecht in Vorlesungen und Seminaren begeistern konnte. Für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Philip Kunig. Für nützliche Diskussionen, Ratschläge, Hinweise und Informationen sei an dieser Stelle Herrn VLR Ludwig, Auswärtiges Amt, Berlin; Herrn Dr. Michael Franz, Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Magdeburg; Herrn Dr. Ulrich Klopsch und Herrn Rainer Klemke, Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin; Herrn Prof. Norman Palmer, University College London; Herrn Prof. Patrick Boylan und Herrn Jongsok Kim, City University, London; Herrn Tim Schröder, Berlin; Herrn Michael Westerlind, Schwedische Botschaft, Berlin; Frau Dr. Lyndel V. Prott, Unesco, Paris und Herrn Nout van Woudenberg, Den Haag sowie den Herren
10
Vorwort
Geert De Proost und Nicolas Varnhove, Brüssel, gedankt. Frau Dr. Monja Warnken und Herrn Andreas Goebel danke ich für die Mithilfe bei der Vorbereitung der Veröffentlichung. Weiteren Dank schulde ich all denen, die mir bei der Literatursuche und -recherche geholfen haben. Meine Eltern haben mir durch ihre freigebige und großartige Unterstützung das Studium in Berlin, Amsterdam und London sowie die Erstellung dieser Dissertation ermöglicht. In tiefer Dankbarkeit widme ich ihnen diese Arbeit. Berlin, im Frühjahr 2004
Christoff Jenschke
Inhaltsübersicht 1. Kapitel Einleitung
27
A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Eingrenzung der Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Definition der Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 D. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 E. Die Psychologie des Kunstraubes – Gründe für die Wegnahme von Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Kapitel Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
38
A. Multilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 B. Bilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 C. Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 D. Die ungerechtfertigte Bereicherung als allgemeiner Rechtsgrundsatz . . . . . . . . 192 E. Einseitige Akte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 F. Akte internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Kapitel Der Umfang des Rückgabeanspruches
208
A. Der Wiedergutmachungsanspruch wegen völkerrechtswidrigen Tuns . . . . . . . . 209 B. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4. Kapitel Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
219
A. Wegnahme zur Heilung der Rechtslage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 C. Auf Zeitablauf und auf Untergang des Anspruches beruhende Einwände . . . . 239
12
Inhaltsübersicht
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“ als Einwände gegen eine Rückgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 F. Kunst- bzw. kulturhistorische Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 G. Kulturgüter als heritage of mankind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 H. Weitere Gründe für einen Ausschluss der Restitution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 I.
Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Kapitel Schluss und Zusammenfassung
308
A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge für die ungelöste Beutekunstproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C. Überblicksartige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung
27
A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Eingrenzung der Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Definition der Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 E. Die Psychologie des Kunstraubes – Gründe für die Wegnahme von Kulturgütern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Kapitel Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch A. Multilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Haager Abkommen von 1899 und 1907 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die einzelnen Bestimmungen der Anhänge zu den Konventionen (HLKO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schadenersatzpflicht bei Verletzung der Bestimmungen der HLKO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Roerich-Pakt und der Vertrag von Washington zwischen den Staaten der Pan American Union. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Roerich-Pakt vom 15. April 1935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vertrag von Washington vom 15. April 1935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Haager Konvention zum Schutze der Kulturgüter im Falle eines bewaffneten Konfliktes von 1954 nebst Protokollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Haager Konvention von 1954. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das erste Protokoll zur HKSK von 1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen für einen Anspruch aus Art. I 3. . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen für einen Anspruch aus Art. II 5 . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Zweite Protokoll zur HKSK (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property vom 14. November 1970 (Konvention von 1970) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Erste Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte von 1977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Friedensverträge von 1947 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 38 38 39 47 54 54 55 57 57 63 64 70 72
73 75 77
14
Inhaltsverzeichnis
B. Bilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bilaterale Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und anderen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutschland – UdSSR/Russland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der deutsch-sowjetische Nachbarschaftsvertrag von 1990. . . . . . . . aa) Die Anwendbarkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kunstschätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Verschollensein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Auf dem Territorium der Vertragsparteien befindlich. . . . . . . . ff) Weitere Sekundärpflichten aus dem Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Herausgabeberechtigter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Anwendbarkeit dieses Vertrages im Verhältnis zu anderen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das deutsch-russische Kulturabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Deutschland und andere ehemalige Sowjetrepubliken/Nachfolgestaaten der UdSSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ukraine und Belarus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückgabevorschriften in Verträgen mit weiteren Staaten. . . . . d) Die baltischen Staaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland – Ungarn und Deutschland – Albanien . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschland – Bulgarien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Deutschland – Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Deutschland – Rumänien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Deutschland – Italien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Deutschland – USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bilaterale Verträge dritter Staaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Republik Korea – Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Belgien – Russische Föderation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Israel – PLO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Verträge im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99 99 100 102 102 103 104 106 106 108 109 109 111 111 112
C. Völkergewohnheitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beginnende Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das siebzehnte Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das achtzehnte Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Zeit der napoleonischen Kriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. The Marquis de Somerueles und der Wiener Kongress . . . . . . . . . . . . . a) The Marquis de Somerueles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Wiener Kongress 1815 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113 114 114 115 116 117 118 121 124 124 126
81 82 82 83 84 85 87 89 94 95 96 98 98
Inhaltsverzeichnis
15
8. The Amelia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 9. Die ersten Kodifikationen des Kriegsrechts im neunzehnten Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Der Lieber Code von 1863 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Die Brüsseler Deklaration von 1874 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Das Manuel d’Oxford von 1880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 10. Die Haager Konventionen von 1899/1907 als kodifiziertes Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 11. Der Erste Weltkrieg und die folgenden Friedensschlüsse . . . . . . . . . . . . 137 a) Der Erste Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Die Pariser Vorortverträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Weitere Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . 144 12. Kodifikationen zwischen 1915 und 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 13. Der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Deutschlands und Österreichs durch die Alliierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Die Genfer Rotkreuz-Konventionen von 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Die Haager Konvention zum Schutze von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (1954) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Die Konvention von 1970 und die Convention for the Protection of the World Cultural and Natural Heritage von 1972. . . . . . . . . . . . . . . 168 4. Die Zusatzprotokolle von 1977 zu den Genfer Konventionen von 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Das Erste Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Das Zweite Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 5. Die EG-Richtlinie 93/7/EWG sowie die UNIDROIT-Konvention von 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6. Das Zweite Protokoll zur HKSK von 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 7. Nachkriegskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Die Konflikte Israels mit seinen arabischen Nachbarn . . . . . . . . . . . 172 b) Die Golfkriege und der Krieg gegen den Irak im Jahre 2003 . . . . . 174 c) Die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Andere moderne Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 e) Das heute geltende Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 f) Exkurs: Plünderung als Kriegsverbrechen/Staaten- und individuelle Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 8. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 D. Die ungerechtfertigte Bereicherung als allgemeiner Rechtsgrundsatz . . . . 192 I. Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 II. Bereicherung und Fehlen eines Rechtsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
16
Inhaltsverzeichnis III. Zwei- bzw. Dreipersonenverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
E. Einseitige Akte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Russische Föderation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Betroffene Staaten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ukraine sowie die Republiken Moldau, Belarus, Lettland, Litauen und Estland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
197 198 199 200 202 203 204
F. Akte internationaler Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 I. Nicht bindende Resolutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Akte mit Bindungskraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Kapitel Der Umfang des Rückgabeanspruches
208
A. Der Wiedergutmachungsanspruch wegen völkerrechtswidrigen Tuns . . . I. Naturalrestitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schadenersatz in Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kosten der Rückführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209 209 212 213
B. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eintrittsgelder für Museen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eintrittsgelder für bestimmte Ausstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erlöse aus Katalogverkäufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erlöse aus dem Verkauf von Reproduktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erlöse aus der Vermarktung von Bildrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Anwendung der Nießbrauchsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 216 216 217 217 217
4. Kapitel Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
219
A. Wegnahme zur Heilung der Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wegnahme im gleichen Krieg geraubter Kulturgüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wegnahme von vor Kriegsausbruch an den Kriegsgegner entliehenen Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftsführung mit oder ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 219 220 220
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Materielle Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Restitution in kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 223 224
Inhaltsverzeichnis
17
IV. Exkurs: Das Beutekunstgesetz Russlands und die dazu ergangene Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 C. Auf Zeitablauf und auf Untergang des Anspruches beruhende Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Verjährung von Wiedergutmachungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1. Anwendbarkeit der Verjährungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3. Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4. Beginn der Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5. Geltendmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Die Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 III. Die Ersitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Zeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 2. Gutgläubigkeit des Ersitzenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3. Ersitzung und Gewaltverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Unterbrechung der Ersitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 5. Abgrenzung zur Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 IV. Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 I. Das Einbehalten von Kulturgütern als Reparationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 II. Die Aufrechnung (set-off) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 III. Heilung der rechtswidrigen Rechtslage durch einen Friedensvertrag . . . . . 263 IV. Kulturgüter und Repressalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 1. Kriegsrechtliche Repressalien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Friedensrechtliche Repressalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 V. Das Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 2. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 3. Skandinavien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 4. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 5. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 6. Osteuropa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 7. Der anglo-amerikanische Rechtskreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 8. Südamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 9. China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Volksrepublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Taiwan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 10. Islamische Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 11. Jüdisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 12. Israelisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 13. Alliiertes Besatzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
18
Inhaltsverzeichnis 14. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Zurückbehaltungsrecht wegen ungeklärter Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . 16. Verhältnis des Zurückbehaltungsrechts zur Repressalie . . . . . . . . . . . . . VI. Eine bereits gezahlte Entschädigung durch den reparationspflichtigen Staat an den Eigentümer kein Einwand gegen eine Rückgabe . . . . . . . . . .
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“ als Einwände gegen eine Rückgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zwangsvollstreckung in fremde Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Enteignung fremder Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Enteigungsverbot staatlichen Eigentums aus völkerrechtlichen Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Enteignungsverbot aus den Execution Regulations zur HKSK . . . . . . . 3. Generelles Enteignungsverbot aus dem völkerrechtlichen Treuegrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Exkurs: Enteignung durch das Beutekunstgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das „freie Geleit“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
280 282 283 284 285 285 288 288 292 292 293 296
F. Kunst- bzw. kulturhistorische Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 I. Die Integration von Kulturgütern in die Kultur eines Staates bzw. Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 II. Die Integrität von Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 G. Kulturgüter als heritage of mankind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 H. Weitere Gründe für einen Ausschluss der Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 I. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Kapitel Schluss und Zusammenfassung A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge für die ungelöste Beutekunstproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Lösungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Lösungsvorschläge für spezielle Restitutionsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der deutsch-polnische Streit um die Rückgabe der Kulturgüter. . . . . . 2. Der deutsch-russische Streit um die Rückgabe der Kulturgüter . . . . . . III. Eigene Ansätze zur Lösung dieser Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
308
308 308 310 310 313 315
B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C. Überblicksartige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
Abkürzungsverzeichnis a. A. A.A.A. AAMD a. a. O. ABl. Abs. Abt. Abwanderungsschutzgesetz A.C. ACC a. E. a. F. AJCL AJIL Am. Hist. Rev. Anm. AnnIDI Éd. abrégée AÖR Archäol. Nachr.bl. Ariz. J. Int’l & Comp. L. Art. Artt. AT AVR Az. Bd. Beutekunstgesetz
BFSP BGB
anderer Auffassung Association des Auditeurs et Anciens Auditeurs de l’Académie de droit international de La Haye Association of Art Museum Directors am angegebenen Ort Amtsblatt Absatz Abteilung Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung Law Reports Appeal Cases Allied Control Council am Ende alte Fassung The American Journal of Comparative Law The American Journal of International Law The American Historical Review Anmerkung(en) Annuaire de l’Institut de Droit International, Édition nouvelle abrégée Archiv des öffentlichen Rechts Archäologische Nachrichtenblätter Arizona Journal of International and Comparative Law Artikel Artikel (Plural) Altes Testament Archiv des Völkerrechts Aktenzeichen Band Bundesgesetz der Russischen Föderation über die infolge des Zweiten Weltkrieges in die UdSSR verbrachten und im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindlichen Kulturgüter vom 15. April 1998 British and Foreign State Papers Bürgerliches Gesetzbuch
20 BGBl. Bost. Univ. Int’l L. J. BT-Drs. Bull. BReg Bundesrückerstattungsgesetz BVerfGE BW BYIL bzw. c. ca. Case W. Res. J. Int’l L. c. c. C. c. f. Ch. Cir. C.J.S. Clunet
CORC DA D.C. DDR DePaul J. Art & Ent. L. Dep’t St. Bull. ders. Dez. d.h. Dickinson J. Int’l L. Diss. Diss. Op. DM Doc.
Abkürzungsverzeichnis Bundesgesetzblatt Boston University International Law Journal Verhandlungen des Deutschen Bundestages – Drucksachen Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Bundesgesetz zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger vom 19. Juli 1957 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Burgerlijk Wetboek The British Year Book of International Law beziehungsweise Chapter circa Case Western Reserve Journal of International Law codice civile Code civil français Chancery Division Circuit Corpus Juris Secundum Journal du droit international privé et de la jurisprudence comparée, fondé et publié par Éduard Clunet (siehe auch J.D.I (Clunet)) Coordinating Committee of the Allied Control Council, Germany Deutschland-Archiv – Zeitschrift für das vereinigte Deutschland District of Columbia Deutsche Demokratische Republik DePaul Journal of Art and Entertainment Law Department of State Bulletin derselbe Dezember das heißt Dickinson Journal of International Law Dissertation Dissenting Opinion Deutsche Mark Document
Abkürzungsverzeichnis Dr. d.V. DVBl. EA E.D.N.Y.
21
Doktor der Verfasser Deutsches Verwaltungsblatt Europa-Archiv United States District Court for the Eastern District of New York EECR East European Constitutional Review EG Europäische Gemeinschaft(en) EJIL European Journal of International Law En. Endnote EPIL Encyclopedia of Public International Law E.R. English Reports ERR Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg et al. et alii etc. et cetera EuGHMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWGV Vertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft f. folgend(e) F.2d Federal Reporter, Second Series FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung ff. folgende (Plural) Fn. Fußnote Fordham Int’l L. J. Fordham International Law Journal F. Supp. Federal Supplement GDR German Democratic Republic Georgetown L. J. The Georgetown Law Journal ggf. gegebenenfalls GUS Gemeinschaft unabhängiger Staaten GYIL German Yearbook of International Law Harv. Hum. R. J. Harvard Human Rights Journal Hastings L. J. The Hastings Law Journal Heil. Röm. Reich Heiliges Römisches Reich HKSK Haager Konvention betreffend den Schutz des Kulturguts im Falle eines bewaffneten Konflikts vom 14.5.1954 HLKO Anlage zum IV. Haager Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18.10.1907, Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges (Haager Landkriegsordnung) Houston J. Int’l L. Houston Journal of International Law hrsg. herausgegeben Hrsg. Herausgeber
22 HuV-I ibid. ICC ICJ Rep. ICLQ ICTY
i. d. R. I.F.S.A. IGH IJCP IJIL IJLI ILC ILM ILSA J. Int’l & Comp. L. insb. Inst. Int’l Lawyer IPRax Iran-U.S. C.T.R. IRRC i. S. e. i. S. v. i. V. m. i. w. S. J.D.I. (Clunet) JPK Jura JuS Kap. Konvention von 1970 KPdSU k.u.k. KUR
Abkürzungsverzeichnis Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften ibidem International Criminal Court/Internationaler Strafgerichtshof International Court of Justice, Reports of Judgements, Advisory Opinions and Orders International and Comparative Law Quarterly International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991/Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in der Regel Immunity From Seizure Act Internationaler Gerichtshof International Journal of Cultural Property The Indian Journal of International Law International Journal of Legal Information International Law Commission International Legal Materials International Law Students Association Journal of International and Comparative Law insbesondere Instalment The International Lawyer Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Iran-U.S. Claims Tribunal Reports International Review of the Red Cross im Sinne einer/eines im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Journal du droit international (fondé en 1874 par Edouard Clunet) (siehe auch Clunet) Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz Juristische Ausbildung Juristische Schulung Kapitel Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property vom 14. November 1970 Kommunistische Partei der Sowjetunion kaiserlich und königlich Kunstrecht und Urheberrecht
Abkürzungsverzeichnis KZ LCP lit. LJIL LNTS MDR m. E. MFAA MGR Mich. L. Rev. Mil. L. Rev. Mio. Misc.2d Md. J. Int’l L. & Trade m. w. N. Nbg. Bl. Arch. n. Chr. N. Engl. L. Rev. Niemeyers Zeitschrift
NILR NJB NJW No. Nr. NR
NRG NS NSDAP Nw. J. Int’l L. & Bus. N.Y. NYIL N.Y.L. Sch. J. Int’l & Comp. L.
23
Konzentrationslager Law and Contemporary Problems litera Leiden Journal of International Law League of Nations Treaty Series Monatsschrift des Deutschen Rechts meines Erachtens Monuments, Fine Arts, and Archives Military Government Regulations (US Zone) Michigan Law Review Military Law Review Million(en) Miscellaneous Reports, Second Series (New York) Maryland Journal of International Law & Trade mit weiteren Nachweisen Nürnberger Blätter zur Archäologie nach Christus New England Law Review bis Band 11 einschließlich: Zeitschrift für Internationales Privat- und Strafrecht mit besonderer Berücksichtigung der Rechtshülfe ab Band 12: Zeitschrift für Internationales Privat- und Öffentliches Recht Netherlands International Law Review Nederlands Juristenblad Neue Juristische Wochenschrift numero Nummer Nouveau recueil de traités d’alliance, de paix, de trêve, de neutralité, de commerce, de limits, d’échange etc. et de plusieurs autres actes servant à la connoissance des relations étrangères des puissances et Etats de l’Europe Nouveau Recueil général de traités et autres actes relatifs aux rapports de droit international Nationalsozialismus, nationalsozialistisch Nazionalsozialistische deutsche Arbeiterpartei Northwestern Journal of International Law & Business New York Netherlands Yearbook of International Law New York Law School Journal of International and Comparative Law
24 N.Y.S.2d N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. NZZ o. o. ä. OAS o. D. OMGUS OR Ord.Nr. o. S. OstEurR o. V. Pace Int’l L. Rev. pass. PCIJ PCIJ, Ser. A Plen.Prot. PLO Philadelphia Rep. Pos. Prof. PYIL RdC Res. RGDIP RGBl. RGSt. RIAA RICR ROW Rz. s. S. S.A. S.D.N.Y. sér. Ser. SFS
Abkürzungsverzeichnis New York Supplement Second Series New York University Journal of International Law and Politics Neue Zürcher Zeitung oben, oder oder ähnlichem Organization of American States ohne Datum Office of Military Government [for Germany], United States Schweizerisches Obligationenrecht Ordnungsnummer ohne Seitenangabe Osteuroparecht ohne Verfasser Pace International Law Review passim Permanent Court of International Justice Publications of the Permanent Court of International Justice, Series A Plenarprotokolle des Deutschen Bundestages Palestine Liberation Organization Philadelphia Reports Position Professor Polish Yearbook of International Law Recueil de Cours, Academie de Droit International Resolution Revue Général de Droit International Public Reichsgesetzblatt Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Reports of International Arbitral Awards Revue Internationale de la Croix-Rouge Recht in Ost und West Randziffer siehe, section Satz, Seite(n) sociedad anónima United States District Court for the Southern District of New York série Serie/series Svensk Författningssamling
Abkürzungsverzeichnis SJZ s. o. sog. SPD SPK Spoils of War
25
Schweizerische Juristen-Zeitung/Revue Suisse de Jurisprudence siehe oben so genannt Sozialdemokratische Partei Deutschlands Stiftung Preußischer Kulturbesitz Spoils of War, International Newsletter, hrsg. von der Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern, Magdeburg (veröffentlicht auch unter www.LostArt.de) S/RES Security Council Resolution SS Schutzstaffel SSR Sozialistische Sowjetrepublik Stat. United States Statutes at Large StIGH Ständiger Internationaler Gerichtshof St. Thomas L. Rev. St. Thomas Law Review s. u. siehe unten Sup. Ct. N.Y. Co. Supreme Court New York County Suppl. Supplement Syr. J. Int’l L. & Syracuse Journal of International Law and Commerce Com. SZ Süddeutsche Zeitung SZIER/RSDIE Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht/Revue suisse de droit international et de droit européen Temp. Int’l & Temple International and Comparative Law Journal Comp. L. J. T.I.A.S. United States Treaties and Other International Agreements u. und, unten u. a. und andere, unter anderem Uabs. Unterabsatz UCLA J. Int’l L. University of California at Los Angeles Journal of Interna& For. Aff. tional Law and Foreign Affairs UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ULR Uniform Law Review (= RDU: Revue de Droit Uniforme) UN United Nations UNCLOS United Nations Convention on the Law of the Sea UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization UNICEF United Nations Children’s Fund UNIDROIT International Institute for the Unification of Private Law UNTS United Nations Treaty Series U.S. United States of America; United States Supreme Court Reports USA United States of America/Vereinigte Staaten von Amerika U.S.App. United States Appeals Reports
26 U.S.C. U.S.C.A. US$ USSR u. U. v. V. Vand. J. Trans. L. v. Chr. vgl. VLR VN Vol. WGO-MfOR White & Tudor Yale L. J. YBILC ZaöRV z. B. ZDF ZfTS ZfV ZGB Ziff. zit. ZK ZVglRWiss z. Z.
Abkürzungsverzeichnis United States Code United States Codes Annotated United States Dollars Union of Socialist Soviet Republics unter Umständen versus, von Victoria Vanderbilt Journal of Transnational Law vor Christus vergleiche Vortragender Legationsrat Vereinte Nationen Volume Monatshefte für Osteuropäisches Recht White & Tudor, Leading Cases in Equity The Yale Law Journal Yearbook of the International Law Commission Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschrift für Türkei-Studien Zeitschrift für Völkerrecht Zivilgesetzbuch Ziffer zitiert Zentralkomitee Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft zurzeit (zur Zeit)
1. Kapitel
Einleitung A. Einführung Ich bin davon überzeugt, daß trotz vielschichtiger Probleme im Zusammenhang mit der Rückgabe von Kunstwerken die umstrittenen Fragen zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst werden können, auf zivilisierte Weise und auf der Grundlage des Rechts und des gesunden Menschenverstandes.1
Diese Worte fand Dr. Jewgenij Sidorow, Minister für Kultur der Russischen Föderation, im Vorwort eines Katalogbuches zu einer Ausstellung der St. Petersburger Eremitage von Zeichnungen, die aus Deutschland stammen, aber über Jahrzehnte in den Kellern und Depots russischer Museen versteckt gehalten wurden. „Wiederentdeckte Werke aus deutschen Privatsammlungen“ lautete der Untertitel der Ausstellung. Manche mögen einen gewissen Zynismus in dieser Zeile erkennen. Andere jedoch werden das Wort „wiederentdeckt“ zum Anknüpfungspunkt ihres Anspruches auf Rückgabe dieser Kunstwerke heranziehen: Eine Sache, die wiederentdeckt wird, war zuvor verschollen. Nach dem deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag von 1990 und auch anderen Verträgen sind u. a. „verschollene“ Kulturgüter zurückzugeben. Die vorliegende Arbeit widmet sich der rechtlichen Aufarbeitung von Fragen, die mit dem Anspruch auf Rückgabe von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, zusammenhängen. Sidorow spricht oben von der Lösung der Rückgabefragen auf zivilisierte Weise, auf der Grundlage des Rechts und des gesunden Menschenverstandes. Hier werden die Grundlagen dieses Rechts erörtert und dargestellt. Unbehandelt bleiben müssen jedoch Fragen der Politik. Die Restitutionspolitik wird nur dort angesprochen, wo es sich als notwendig erweist. Nicht mit in die Darstellung aufgenommen werden außenpolitische Druckmittel, die Schwung in die Rückgabeverhandlungen bringen könnten. Die Beschränkung auf Rechtsaspekte ist notwendig, um ein möglichst objektives Ergebnis in der Beurteilung des Anspruches auf Rückführung von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern zu erhalten. 1
Sidorow, in: Ilatowskaja, S. 6, 6.
28
1. Kap.: Einleitung
B. Eingrenzung der Problemstellung Die vorliegende Arbeit untersucht den Rechtsanspruch auf Rückführung von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden.2 Das diesbezügliche Recht ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Problemkreis des internationalen Kulturgüterschutzes. Die Probleme, die sich beispielsweise im Zusammenhang mit den Kolonialkriegen ergeben haben, werden nicht berücksichtigt. Die klassische Völkerrechtslehre differenziert zwischen einem Krieg und der Kolonisierung eines Staates.3 Für die Beantwortung diesbezüglicher Fragen sei daher auf die schon bestehenden einschlägigen Abhandlungen verwiesen.4 Ferner findet das Recht der Kulturgüter im Falle einer Staatennachfolge nur am Rande Beachtung, z. B. wenn sich Bestimmungen über die Restitution an abgetretene Gebiete etc. in Friedensverträgen finden. Auch hier ist im Detail auf die ausführlichen Abhandlungen z. B. von Ludwig Engstler zu verweisen.5 2 Nur am Rande behandelt werden daher generelle Fragen der kriegsbedingten Verlagerung von Kulturgütern. Dazu gehören z. B. die Fälle der schützenden Auslagerung von Kulturgütern an Orte, die nach Kriegsende einem anderen Staat zufallen. 3 Dies scheint Poulos, IJLI 28 (2000), S. 1, 9 f., zu übersehen. 4 Walter, S. 93 ff., fragt zunächst nach einem Rückgabeanspruch der ehemals kolonisierten Staaten aus völkerrechtlichem Delikt, welchen er aber mit dem Argument der fehlenden Deliktsfähigkeit mangels Staateneigenschaft der eroberten Gebiete und später der Kolonien folgerichtig ablehnt. Auch völkergewohnheitsrechtliche Ansprüche lehnt Walter mit dem Hinweis auf eine fehlende Rechtsüberzeugung ab. Ferner könnte das Wiener Übereinkommen über Staatennachfolge in Vermögen, Archive und Schulden von Staaten vom 7. April 1983 einen Rückgabeanspruch der ehemaligen Kolonien nicht begründen (S. 127 ff.). Schließlich könnten die verschiedenen Resolutionen der Vereinten Nationen, die die Restitutionspflicht der ehemaligen Kolonialherren zum Inhalt haben, aufgrund ihrer fehlenden Bindungskraft nicht als Anspruchsgrundlage dienen (S. 133 ff.; vgl. hierzu auch u. 2. Kap., Abschnitt F.). Freytag, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 175, 190 ff., kommt zu denselben Ergebnissen. Aber auch neue rechtliche Ansätze würden noch keinen Rückführungsanspruch begründen können: Das Recht auf Entwicklung sowie das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung hätten noch keinen Eingang in das universelle Völkerrecht gefunden, so dass sich das Völkerrecht bislang nicht über die ursprüngliche Legalität des Erwerbs hinwegsetze (S. 196 f.). Schulze, S. 71 ff., sieht die Kolonialherrschaft durch verschiedene Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen verurteilt. Sie ist der Ansicht, durch die angebliche völkerrechtswidrige Kolonisierung sei ein völkerdeliktsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch entstanden, der die ehemaligen Kolonialstaaten zum Herausverlangen der weggeführten Objekte berechtige. 5 Engstler, S. 227 ff., kommt nach Analyse der verschiedensten völkerrechtlichen Verträge zu dem Ergebnis, dass die territoriale Bindung von Kulturgütern bei Staa-
B. Eingrenzung der Problemstellung
29
Nicht angesprochen werden zudem die vielfältigen Probleme bezüglich der Kulturgüterverschiebungen in Friedenszeiten. Darunter fällt insbesondere die Lösung von Fragen, die bei Rückgabeforderungen bezüglich Kulturgütern entstehen, die entgegen nationaler Exportbestimmungen ausgeführt bzw. gestohlen wurden.6 tennachfolge in doppelter Weise gewährleistet wird. Einerseits werden Kulturgüter, die von dem übergegangen Gebiet stammen und sich dort noch befinden, dort belassen, andererseits werden von diesem Territorium weggeführte Objekte dorthin rückgestellt. Engstler zeigt auf, dass ein bedeutender Unterschied zwischen den Sukzessionsregeln und den Rückführungsregeln für widerrechtlich verbrachte Kulturgüter besteht. Bei letzteren würde keine Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse gemacht, während die Staatennachfolgeregeln sich nur auf Güter beziehen, die sich im öffentlichen Eigentum befinden. Privates Eigentum müsse, sofern es vom betroffenen Territorium verbracht wurde, nicht wieder zurückgeführt werden. Engstler beschreibt, dass das Eigentum von Monarchen im abgetrennten Gebiet nicht auf diesem verbleibt, da es nicht zum Staatsvermögen zählt. Nicht einmal Kunstsammlungen, die mit Steuermitteln und Einkünften des zedierten Gebiets erworben wurden, müssten auf diesem Gebiet verbleiben. Vgl. auch von Schorlemer, S. 313 ff. Sie setzt sich hauptsächlich mit dem Wiener Übereinkommen über die Staatennachfolge in das Eigentum, Archive und Schulden von Staaten von 1983 auseinander. Unter das Staatseigentum im Sinne dieses Abkommens fallen auch Kulturgüter. von Schorlemer beklagt, dass auch durch dieses Abkommen die Rechtspositionen Privater nicht umfassend kodifiziert worden seien. Insbesondere hätten die Nachfolgestaaten noch immer das Recht, Kulturgüter Privater zu enteignen. Das Recht der Staatennachfolge sei noch stark umstritten, nur wenig Gewohnheitsrecht wäre bislang entstanden. Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 74 ff., zeigt auf, dass die Nachfolgerstaaten in der Vergangenheit meist nur die Rückstellung von Kulturgütern erreichen konnten, die zu seiner Kultur und Vergangenheit in einer besonders engen Beziehung standen. Restitutionsbemühungen seien meist erfolglos verlaufen. In den Dekolonialisierungsfällen sei nur selten eine Vereinbarung getroffen worden, so dass die Kulturgüter der Neustaaten in den Kolonialstaaten verblieben. Das Übereinkommen von 1983 würde zwar eine Totalrestitution für die Newly Independent States anordnen, für die sonstigen Sukzessionsformen jedoch keine besondere Lösung der Kulturgüterproblematiken anbieten. 6 Vgl. hierzu z. B. Maurer, S. 109 ff., der die verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedsstaaten zum Kulturgüterexport aufzeigt. Er stellt fest, dass die südlichen Staaten, vornehmlich Italien und Griechenland, als Kulturgutabwanderungsstaaten sehr rigide Vorschriften mit einem sehr weiten Schutz erlassen hätten, während die nördlichen Staaten eher einen liberalen Kulturguttransfer präferierten. Ferner geht Maurer auf die verschiedenen EU-Normen zum Kulturgüterschutz ein. Knott, pass., untersucht die Fragen des internationalen Privatrechts, welche im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Herausgabe von gestohlenen oder illegal exportierten Kulturgütern enstehen können. Dabei geht er detailliert auf das amerikanische Recht ein. Uhl, S. 43 ff., stellt den freien Warenverkehr innerhalb der EG dem Kulturgüterschutz gegenüber und vergleicht dabei die unterschiedlichen Kulturgutschutzgesetze innerhalb der EG. Uhl zeigt auf, dass Kulturgüter nach EG-Recht nur unter besonderen Umständen nicht unter die Grundfreiheit des freien Warenverkehrs fallen
30
1. Kap.: Einleitung
Nicht in den Kernbereich der Untersuchung fallen ferner die vielfältigen speziellen Probleme, die durch die Enteignung von sog. „Entarteter Kunst“ im Dritten Reich und in den von Deutschland besetzten Gebieten entstanden sind. Auch hier ist bereits Literatur zu den Restitutionsfragen vorhanden, so dass zur Lösung dieser Fragen auf diese Werke zurückgegriffen werden sollte.7 Die Untersuchung soll für all diejenigen, die sich mit dem Thema der Kulturgutrückführungen auseinandersetzen, die rechtlichen Probleme darlegen. Die Lösung dieser speziellen völkerrechtlichen Problematik kann jedoch nur auf der Bühne der internationalen Politik erfolgen, obwohl die jeweiligen Fronten heute noch verhärtet sind. Das Recht wird dabei wohl sicher nicht die ihm zukommende Rolle spielen können, sollte aber mindestens richtungsweisend sein.
C. Definition der Kulturgüter Der Versuch, eine allgemein gültige Definition für den (völker-)rechtlichen Begriff „Kulturgüter“ zu finden, dürfte scheitern.8 Sämtliche internationalen Konventionen, die diesen Begriff verwenden, liefern unterschiedliche Definitionen. Manche setzen engere Maßstäbe, andere weitere.9 Auch die verschiedenen innerstaatlichen Rechtsordnungen definieren „Kulturgut“ jeweils anders.10 würden. Schwadorf-Ruckdeschel, S. 153 ff., beschäftigt sich mit kollisionsrechtlichen Fragen des grenzüberschreitenden rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Kulturgütern. Müller-Katzenburg, S. 157 ff., zeigt anhand von Beispielsfällen internationalprivatrechtliche Probleme bei Herausgabeersuchen der Eigentümer bzw. Herkunftsstaaten in den Fällen des Diebstahls bzw. illegalen Exports von Kulturgütern auf. 7 Grell, pass., prüft die verschiedensten Rechtsfragen, die sich mit der Rückerstattung von „entarteter“ Kunst ergeben, wobei er auch auf internationales Recht eingeht. Jayme, Entartete Kunst, pass., untersucht Fragen des internationalen Privatrechts bezüglich der Herausgabeverlangen von Kunstwerken, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ bezeichnet wurden. Er beschreibt, dass das Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst vom 31. Mai 1938 insgesamt als nichtig anzusehen sei, so dass über die eigentumsrechtlichen Fragen das Recht des Belegenheitsortes maßgebend sei. Gutgläubigkeit würde bei Personen, die von den Vorgängen keine Kenntnis hatten, vorliegen. Ersitzung und Verjährung hingegen könnten den Titel des ursprünglichen Eigentümers vernichtet haben. Vgl. hierzu auch neuerdings Kunze, pass. 8 In diesem Sinne auch von Schorlemer, S. 82, sowie Weidner, S. 6 f. m. w. N. Auch Müller-Katzenburg, S. 132 ff., sucht vergeblich nach einer allgemeingültigen Definition des Begriffes „Kulturgut“; vgl. auch ibid., S. 139. 9 Vgl. den Überblick über die verschiedenen verwendeten Definitionen bei Boylan, Appendix VI, S. 189 ff. Vgl. auch Papademetriou, IJLI 24 (1996), S. 270, 271 ff., die ebenfalls die verschiedenen Definitionen erläutert. 10 von Schorlemer, S. 46.
C. Definition der Kulturgüter
31
Ferner sind viele weitere Problemkreise mit in die Diskussion einzubringen, so z. B. Fragen des Alters, der Herkunft, der Abgrenzung zu oder die Miteinbeziehung von immateriellen Werten, die Frage nach der Originalität des Werkes, die Differenzierung zwischen Kultur- und Naturerbe, sowie Fragen des Wertes und der Bedeutung. Eine eingehende Untersuchung dieser angesprochenen Probleme hat bereits Sabine von Schorlemer geliefert, so dass entsprechend darauf verwiesen werden kann.11 Für die vorliegende Arbeit sollen zur Erläuterung einige Beispiele für Dinge, die unter den Begriff „Kulturgut“ fallen können, angeführt werden. Auf Werke der Kunst, seien es Gemälde oder Skulpturen muss hier nicht näher eingegangen werden, stellen diese doch gerade ein Ergebnis der Grundformen künstlerischer Betätigung und damit Kultur im reinsten Sinne dar.12 Aber schon bei Werken der angewandten Kunst bzw. des Kunstgewerbes kann die Subsumierung dieser Güter unter den Begriff „Kulturgut“ schwierig werden. Vielfach wird ein Offizier im Felde die Entscheidung zu treffen haben, ob eine Sache unter den Schutz vor Wegnahme fällt oder nicht. Ein meisterhaft geschnitzter Stuhl könnte einem Laien arge Probleme bereiten, denn nicht ohne weiteres mag er sich für den Soldaten als Kulturgut darstellen. Zwar haben einige Armeen der Welt ihren Truppen Kunstschutzoffiziere beigeordnet, die mit Rat und Tat im Dienste eines umfassenden Kulturgutschutzes zur Seite stehen sollen. Dennoch können diese Spezialisten nicht überall sein. Aber selbst die Spezialisten könnten hier vor Probleme gestellt werden, denn ein Stuhl, der zwar aus einer heutigen Designer-Werkstatt stammt, mag noch kein Kulturgut darstellen. In zehn Jahren könnte dieser Stuhl möglicherweise als Beispiel der zeitgenössischen Innenarchitektur in einem Museum stehen. Dann wiederum mag die Subsumtion unter den Schutz des Völkerrechts einfacher fallen, denn meist ist der Inhalt von Museen per se geschützt. Auf ein besonderes Kriterium kommt es nicht an. Kriterium ist in diesen Fällen allein die Tatsache, dass ein Kurator die Sache für museumswürdig gehalten hat. Ein anderes Beispiel ist das des antiken Bechers. Vor 2000 Jahren mag er ein bloßer Gebrauchsgegenstand gewesen sein, heute ist er aufgrund seines Alters, mithin seines geschichtlichen Werts, begehrtes Sammel- und Mu11 von Schorlemer, S. 49–82. Müller-Katzenburg, S. 139 f., kristallisiert drei Merkmalsgruppen heraus, die allen Kulturgutbegriffen gemeinsam seien: 1. handele es sich stets um körperliche Gegenstände oder Sachgemeinschaften, welche 2. von Menschen her- bzw. als Sammlung auch zusammengestellt, verändert oder anders geprägt worden seien und deshalb 3. von künstlerischer, historischer, archäologischer, ritueller oder wissenschaftlicher Bedeutung seien. Auf den Grad der Bedeutung käme es dabei nicht an. 12 Vgl. zum Begriff „Kultur“ Brüderlin, S. 12 ff., der ihn für eine Definitionsfindung für den Begriff „Kulturgut“ auffächert.
32
1. Kap.: Einleitung
seumsgut. Allein das hohe Alter und die Umstände, in welchen er gefunden wurde, sowie die Rückschlüsse, die er auf das damalige Leben und die damalige Gesellschaft zulässt, machen ihn heute zu einem Kulturgut. Das Stuhl- und das Becher-Beispiel zeigen einerseits das Dilemma einer fehlenden einheitlichen, international gültigen Definition für Kulturgüter. Eine solche Definition zu finden, ist jedoch so gut wie unmöglich. Entscheidend ist immer der Einzelfall. Andererseits erscheint es als durchaus sinnvoll, den Begriff des Kulturgutes keiner allgemeingültigen Definition zu unterwerfen. Kultur und Kunst wandeln sich schnell und unterliegen in ihrer Anerkennung dem jeweiligen Zeitgeist.13 Eine strenge Defnition könnte deshalb dem Kulturgüterschutz selbst im Wege stehen. In der vorliegenden Arbeit wird daher entweder auf bestehende Definitionen in den entsprechenden meist multilateralen Verträgen oder auf das umgangssprachliche, weite Begriffsverständnis des Kulturgutes zurückgegriffen. Nach letzterem sind wohl all die Dinge, die die künstlerische Schaffenskraft des Menschen hervorgebracht haben, als Kulturgut einzustufen.14 Dabei ist jedoch wenigstens ein Abgrenzungskriterium nötig, welches diese Sache gegenüber normalen Gebrauchsgegenständen abhebt.15 Dies könnten z. B. Alter, Wert, geschichtliche, religiöse, wissenschaftliche bzw. archäologische Bedeutung und Herkunft des Gegenstandes sein. In jedem Einzelfall ist jedoch zu überprüfen, ob die streitgegenständliche Sache unter den Begriff des Kulturgutes – ggf. in dem jeweiligen völkerrechtlichen Bezug – subsumiert werden kann.
D. Gang der Untersuchung Der Rückgabeanspruch ist grundsätzlich ein Wiedergutmachungsanspruch, demnach ein sekundärer Anspruch. Er soll die Folgen eines widerrechtlichen Tuns beseitigen. Dennoch existieren auch primäre Rückgabeansprüche, sie finden sich hauptsächlich in bilateralen völkerrechtlichen Verträgen, so z. B. im deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag von 199016. 13 Vgl. Reichelt, S. 12, die den Zeitgeist als Faktor für die Einordnung eines Gegenstandes als Kulturgut anerkennt. 14 Das Duden Bedeutungswörterbuch, zweite Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1985, S. 400, beschreibt Kultur mit: „Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Äußerungen einer Gemeinschaft, eines Volkes“. 15 von Schorlemer, S. 83, nennt dies ein subjektives Element, das zeige, dass den Dingen eine entsprechende Bedeutung zugemessen werde bzw. ein gesteigertes Interesse an ihnen bestehe. Engstler, S. 13, findet eine enge Definition für den Begriff, wenn er sagt, dass „alle individuellen schöpferischen Gestaltungen des Menschen sowie alle historisch bedeutsamen Objekte von Menschenhand“ Kulturgut darstellten. 16 Siehe unten 2. Kap., Abschnitt B. I. 1. a).
D. Gang der Untersuchung
33
Diese Verträge wiederholen aber lediglich einen schon gewohnheitsrechtlich bestehenden Anspruch, so dass von einer Trennung nach Primär- und Sekundäransprüchen abgesehen werden kann. Sämtliche Anspruchsgrundlagen werden daher getrennt nach vertraglichen, gewohnheitsrechtlichen und sonstigen Rechtsgrundlagen im zweiten Kapitel der Arbeit behandelt. Zu den vertraglichen Anspruchsgrundlagen zählen insbesondere die multilateralen Verträge, die allerdings nur für die Staaten Geltung erlangen, die auch Vertragspartner sind. So werden das Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (IV. Haager Abkommen) vom 19. Oktober 190717, das (erste) Protokoll zur Haager Konvention zum Schutze der Kulturgüter im Falle eines bewaffneten Konfliktes (HKSK) vom 14. Mai 195418 sowie die Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property vom 14. November 197019 (im Folgenden: Konvention von 1970) behandelt. Während das IV. Haager Abkommen von 1907 lediglich einen allgemeinen Schadenersatzanspruch kodifiziert, beinhalten die beiden anderen Verträge verschiedene spezielle Ansprüche auf die Rückführung von Kulturgütern. Ferner finden sich Rückführungsklauseln in vielen Friedensverträgen.20 Zwischen den Staaten der Welt wurden zusätzlich viele bilaterale Verträge21 über die Rückführung von Kulturgütern, die in Kriegszeiten verbracht wurden, geschlossen. Nicht nur die Bundesrepublik hat in verschiedenen Kulturabkommen mit anderen Staaten Rückführungsklauseln verankert. Derartige Vereinbarungen finden sich auch in Verträgen z. B. zwischen Japan und der Republik Korea sowie zwischen Israel und der PLO. Bei den Verträgen, die die Bundesrepublik mit den Staaten der GUS und anderen ehemaligen Ostblockstaaten abgeschlossen hat, fällt auf, dass es sich meist um ein und denselben Vertragstext handelt, der jedoch an scheinbar unbedeutenden Stellen je nach Vertragspartner teilweise gewichtige Änderungen erfahren hat. Nach der Abhandlung der speziellen Verträge wird auf das Völkergewohnheitsrecht eingegangen. In Form eines historischen Überblicks über 17
RGBl. 1910, S. 107 ff. UNTS 249, S. 240 ff. 19 UNTS 832, S. 231 ff. 20 Im vertragsrechtlichen Teil wird jedoch nur auf die Verträge eingegangen, die heute auch noch Wirkungen erzeugen können. Sämtliche Verträge und Vereinbarungen – auch die bereits erfüllten – werden im gewohnheitsrechtlichen Teil behandelt. 21 Multi- und bilaterale Verträge, die heute keine Geltung mehr beanspruchen (z. B. aufgrund Erfüllung), werden im gewohnheitsrechtlichen Teil der Arbeit (2. Kap., Abschnitt C.) behandelt. 18
34
1. Kap.: Einleitung
die verschiedenen kriegsrechtlich relevanten Ereignisse der Weltgeschichte von der Antike bis in die heutige Zeit wird die Entstehung des völkergewohnheitsrechtlichen Rückgabeanspruches auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter dargestellt. Trotz einiger gegenteiliger Stimmen aus dieser Zeit erhielten Kulturgüter in den Kriegen der Antike noch keine Sonderstellung, ganz im Gegenteil: Sie waren beliebtes Beuteobjekt, traf man den Gegner doch durch die Zerstörung und Wegnahme seines Kulturguts tief in seiner Seele. Diese Kriegspraxis ist leider bis heute präsent. Doch änderte sich die Auffassung der Staaten hierzu kontinuierlich. Ab etwa dem Westfälischen Frieden 1648 können regelmäßig Restitutionsvereinbarungen über Kulturgüter in den Friedensverträgen beobachtet werden. Das Beuterecht an Kulturgütern verschwand aus dem Kriegsrecht. Das Jahr 1815 kann man nunmehr als Datum nennen, zu dem der Rückgabeanspruch auf Kulturgüter völkergewohnheitsrechtlich verfestigt war, denn als Resultat des Wiener Kongresses 1815 mussten die in den napoleonischen Feldzügen erbeuteten Kulturgüter an die ursprünglichen Eigentümer herausgegeben werden. Nur die Rückgabeaktionen nach dem Zweiten Weltkrieg sollten diese Restitutionen, die von Frankreich geleistet werden mussten, übertreffen. Den Geist der Zeit des 19. Jahrhunderts spiegeln zusätzlich zur Praxis und Rechtsüberzeugung der Allianz gegen Bonaparte zwei prisenrechtliche Gerichtsurteile aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum: The Marquis de Somerueles (1813) sowie The Amelia (1863) beweisen die Entstehung eines Gewohnheitsrechtes bezüglich des Verbotes der Beutenahme von Kulturgütern sowie bei Verletzung dieses Verbotes der Pflicht zur Wiedergutmachung des entstandenen Schadens. Verschiedene nationale und internationale Kodifikationen des Kriegsrechts aus dem neunzehnten Jahrhundert unterstreichen diese Entwicklung des Gewohnheitsrechtes. In vielen Gesetzen und in allen Verträgen bzw. Vertragsentwürfen war das Wegnahmeverbot von Kulturgütern enthalten. Auch die Stimmen der Gelehrten dieser Zeit gingen von einem solchen international gültigen Rechtssatz aus. Der Erste Weltkrieg brachte keine großen Kulturgüterverschiebungen mit sich. Dennoch finden sich einige interessante Bestimmungen über die Restitution von Kulturgütern in den Pariser Vorortverträgen, die den Frieden in Europa wieder herstellten. Zwischen den Kriegen folgten einige Vertragsentwürfe und die Kodifikation der ersten sich rein dem Kulturgutschutz widmenden internationalen Verträge, die auch noch heute Gültigkeit besitzen. Es handelt sich um den sog. Roerich-Pakt und den Washingtoner Vertrag, beide aus dem Jahr 1935, zwischen Mitgliedstaaten der Panamerikanischen Union. Die Verabschiedung weiterer Verträge verhinderte der wohl den größten Exodus von Kulturgütern auslösende Zweite Weltkrieg. Die Geschehnisse bezüglich der Kulturgüter kann man treffend als erzwun-
D. Gang der Untersuchung
35
gene Völkerwanderung der Kunst bezeichnen. Trotz der vielen Verstöße gegen das Kriegsrecht änderte sich das Völkergewohnheitsrecht nicht. Dies war hauptsächlich dem Verhalten der drei Westalliierten zu verdanken, die sich letztendlich gegen eine Heranziehung von Kulturgütern als Reparationen aussprachen und die Restitution der Kulturgüter an die Berechtigten betrieben. Die Schrecken des Krieges noch voll im Bewusstsein, entstanden im Jahre 1954 die Haager Kulturgüterschutzkonvention und das selbständige Protokoll unter der Ägide der UNESCO. Darin wurde bestehendes und neues Kriegsrecht hinsichtlich der Behandlung von Kulturgütern in bewaffneten Konflikten festgeschrieben. Im Jahre 1970 folgte mit der Konvention von 1970 ein weiterer Vertrag, der die Rückgabe von Kulturgütern vorschreibt. Das Völkerrecht sieht die Plünderung (von Kulturgütern) im Kriege als Kriegsverbrechen an. In einem gesonderten Abschnitt werden die verschiedenen Vorschriften hierzu aufgezeigt und dargestellt. Die Arbeit beschäftigt sich sodann mit anderen möglichen Anspruchsgrundlagen für die Rückführung von Kulturgütern. Darunter fallen z. B. die allgemeinen Rechtsgrundsätze i. S. d. Art. 38 Abs. 1 lit. c) des IGH-Statuts, Resolutionen von Organen internationaler Organisationen sowie einseitige Akte von Staaten (z. B. nationale Gesetze, die Anspruchsgrundlagen beinhalten). Das dritte Kapitel behandelt Fragen, die den Umfang des Anspruches betreffen. Insbesondere wird der Frage des Umfanges der Naturalrestitution, eines möglichen Schadenersatzes in Geld und der Kostentragungslast nachgegangen. Im vierten Kapitel folgt eine rechtliche Beurteilung verschiedener Argumente, die zur Rechtfertigung einer Wegnahme bzw. eines Ausschlusses der Restitution herangezogen werden könnten. Von Bedeutung ist insbesondere die Frage der Unmöglichkeit der Restitution und die der völkerrechtlichen Verjährung. Während sich die Abhandlung bei der Unmöglichkeit hauptsächlich mit der Zulässigkeit der restitution in kind beschäftigt, ist das Hauptproblem bei der Verjährung, ob diese überhaupt auf Rückgabeansprüche angewendet werden kann, und sofern dies der Fall sein sollte, unter welchen Bedingungen diese Einwendung zum Tragen kommen kann. Vertieft wird auch der Frage nachgegangen, ob ein Zurückbehaltungsrecht völkerrechtlich zulässig ist und sofern dies der Fall ist, ob es im Rahmen einer Repressalie geltend gemacht werden kann. Das fünfte Kapitel schließlich zeigt Lösungsmöglichkeiten auf, bietet einen Ausblick und eine überblicksartige Zusammenfassung.
36
1. Kap.: Einleitung
E. Die Psychologie des Kunstraubes – Gründe für die Wegnahme von Kulturgütern Kulturgüter stellen das Spiegelbild der Seele eines Volkes dar. Kulturgüter als Ausdruck geistiger Schaffenskraft einer Volksgemeinschaft sind Übermittler der Vergangenheit, der Geschichte des Volkes. Vielfach ist ein Volk auch stolz auf das, was aus seiner Mitte hervorgebracht wurde. An kulturellen Dingen hängt ein Volk, es identifiziert sich mit ihnen. Kunstraub im Krieg dient also vor allem dazu, die Seele eines Volkes zu treffen, einem Volk seiner Geschichte zu berauben, seinen Stolz zu kränken. Nur sehr schwer konnten es die Preußen vergessen, dass sich die Quadriga des Brandenburger Tores aus Berlin in Paris befand, davongeschleppt von Bonaparte. Der Wiener Kongress 1815 brachte sie wieder zurück. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war es für die westlichen Alliierten zunächst schwer, sich nicht an deutschen Kulturgütern zu bereichern. Letztlich sorgte die Einsicht, dass die Heranziehung von Kulturgütern als Reparation von den Deutschen nur schwer eingesehen oder vergessen werden könnte, dafür, dass von solchen Plänen Abstand genommen wurde.22 Die Feststellung der jeweiligen Sieger, dass ein Krieg langanhaltenden Frieden nur bringen kann, wenn das besiegte Volk im oder nach dem Krieg nicht tief gedemütigt wird, um so nicht Saat für einen erneuten Krieg zu streuen, war eine der Grundlagen für den kriegsrechtlich ausgeweiteten Schutz von Kulturgütern, vor allem für die Entwicklung des Wegnahmeverbots. Zum anderen dient der Raub von Kulturgütern dazu, den Sammelwahn der Eroberer zu stillen. Nicht nur Napoléon, sondern auch Hitler und Stalin wollten zu ihren Ehren jeweils ein Museum mit den Kulturschätzen Europas errichten, das jedwedes bekannte Maß überbieten sollte. Durch diese Museen sollte der Ruhm der Eroberer bis in alle Ewigkeit festgeschrieben werden. Aber auch die private Sammelleidenschaft der Staatsoberen sollte durch die Wegnahme von Kulturgütern Befriedigung erfahren.23 Unter diesen Aspekt fällt auch die absichtliche Wegführung von bestimmten Kulturgütern, die bei einer Eroberung im Heimatstaat eine besondere Glorifizierung des Sieges über eine andere Nation bedeuten.24 Zusätzlich ist der Su22 Douglas Rigby, „Cultural Reparations and a New Western Tradition“, American Scholar 13 (1944), S. 273, 278–284, zitiert bei Merryman/Elsen, S. 41. 23 von Glahn, S. 184. Zu den verschiedenen Motiven der nationalsozialistischen Elite in diesem Zusammenhang vgl. Petropoulos, S. 229 ff., insbesondere S. 301 ff.; ibid., Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 66, 68 f.; ibid., Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 28, 28 ff. Aber nicht nur Herrscher stahlen, sondern auch einfache Soldaten, die sich privat an Kunstgegenständen bereicherten. 24 von Glahn, S. 184.
E. Die Psychologie des Kunstraubes
37
perioritätswahn einer Nation gegenüber anderen Völkern als Motiv für die Wegnahme, vor allem aber auch als Motiv für die Zerstörung von Kulturgütern zu nennen.25 Ein weiterer Grund für die Wegführung von Kulturgütern ist ihr Marktwert. Sie bieten ein Tauschmittel gegen konvertierbare bzw. harte Währung, um damit Kriegsmaterialien und Rohstoffe kaufen zu können.26
25
Vgl. Petropoulos, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 29, 29 ff. Insbesondere die Sowjetunion musste unter deutscher Besetzung arge Verluste von Kulturgütern hinnehmen. 26 von Glahn, S. 184.
2. Kapitel
Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch Für einen völkerrechtlichen Rückführungsanspruch auf Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, kommen verschiedene Rechtsgrundlagen in Betracht. Es bestehen sowohl multilaterale Verträge (Abschnitt A.) als auch bilaterale Rückführungsvereinbarungen (Abschnitt B.), die völkerrechtliche Anspruchsgrundlagen auf Rückführung von Kulturgütern beinhalten. Eine Rechtsgrundlage für die Restitution bietet auch das Völkergewohnheitsrecht (Abschnitt C.). Ferner kommen als weitere Quelle des Völkerrechts die allgemeinen Rechtsgrundsätze als Anspruchsgrundlage in Betracht (Abschnitt D.). Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einer Analyse von verschiedenen einseitigen staatlichen Akten (Abschnitt E.) und Akten internationaler Organisationen (Abschnitt F.), die als Rechtsgrundlage für einen Rückführungsanspruch herangezogen werden können.
A. Multilaterale Verträge I. Die Haager Abkommen von 1899 und 1907 Beide Abkommen1, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges, der Friedenskonferenzen im Haag 1899 und 1907 definieren die Rechte, Pflichten und Grenzen des akzeptablen Verhaltens von Krieg führenden Staaten. Die verabschiedeten Konventionen mit ihren Anhängen sind fast identisch und im Hinblick auf den Kulturgüterschutz hauptsächlich eine Wiederholung der Brüsseler Deklaration von 1874 und des Manuel d’Oxford von 18802. Was vorher noch nicht glückte, gelang mit der Verabschiedung und den Ratifizierungen der Haager Konventionen: Es waren die ersten schriftlichen 1
Die Konvention von 1899 ist veröffentlicht in: RGBl. 1901, S. 423 ff. Die Konvention von 1907 (IV. Haager Abkommen) ist abgedruckt in: RGBl. 1910, S. 107 ff.; Martens, NRG 3e sér., Bd. 3, S. 461. Aufgrund der nahezu identischen Vorschriften der beiden Konventionen und ihren Anlagen wird hier nur auf die Konvention von 1907 eingegangen. 2 s. u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 9. sowie 10.
A. Multilaterale Verträge
39
und vertraglichen Vereinbarungen des Kriegsrechts, die auch völkerrechtliche Geltung erlangen sollten. Die Konventionen sind in zwei Teile gegliedert: dem Abkommen, in welchem generelle Bestimmungen getroffen wurden und der Anlage, der Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (der sog. Haager Landkriegsordnung, HLKO), in welcher die einzelnen Rechte und Pflichten der Krieg Führenden aufgeführt sind. 1. Die einzelnen Bestimmungen der Anhänge zu den Konventionen (HLKO) Art. 22 HLKO beschränkt die Kriegsparteien in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes. Nach Berber besagt diese Vorschrift nichts anderes, als die Pflicht der Kriegsparteien, sich an das Kriegsrecht zu halten.3 Kriegführungsmittel, die nicht verboten wären, seien erlaubt. Die Verbote ergäben sich aus dem Vertrags-, dem Gewohnheitsrecht und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen.4 Zu letzteren zählen u. a. der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot. Zurückzuführen seien diese Verbote nach Berber auf das Selbstinteresse der Kriegsparteien, die Rationalität und die Zweckmäßigkeit sowie auf sittliche Erwägungen, wie Humanität, Ritterlichkeit und die Forderungen des öffentlichen Gewissens.5 Die in der HLKO ausdrücklich genannten Beschränkungen sind folgende: Art. 25 HLKO untersagt jedwede Form von Angriff und Beschießungen unverteidigter Stätten, d. h. Stätten, die vom feindlichen Heer kampflos besetzt werden können. Lässt ein Krieg führender Staat Stätten, die Kulturgüter beherbergen, oder ein Gebäude, z. B. ein alleinstehendes Schloss, das selbst als Kulturgut eingestuft wird, unverteidigt und sieht von einer militärischen Nutzung ab, so darf der Feind diese Stätte auf keinen Fall beschädigen, womit dem Kulturgüterschutz am meisten gedient sein dürfte. Art. 27 HLKO schließlich verpflichtet beide Parteien, alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um bei Belagerungen und Beschießungen die u. a. dem Gottesdienste, der Kunst und der Wissenschaft gewidmeten Gebäude sowie geschichtliche Denkmäler soviel wie möglich zu schonen, allerdings wieder mit der Einschränkung, dass sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zweck Verwendung finden. Dabei wird dem Belagerten aufgetragen, 3 4 5
Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 163. Ibid. Ibid., S. 164 f.
40
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
diese Gebäude gut sichtbar zu kennzeichnen und das Kennzeichen dem Belagerer vorher mitzuteilen.6 Das Verhältnis zwischen den Artt. 25 und 27 HLKO ist ein ausschließliches: Art. 25 HLKO gilt für unverteidigte Stätten, während Art. 27 HLKO für verteidigte Stätten Anwendung findet. Art. 27 HLKO sorgt für gesonderten Schutz von Kulturgütern in verteidigten Stätten. Um Kulturgüter in unverteidigten Stätten bei Missverständnissen oder Auslegungsschwierigkeiten jedoch einen sicheren Schutz vor Zerstörung zu gewähren, sollten auch sie nach Art. 27 HLKO gekennzeichnet werden. Solche Bestimmungen der HLKO, deren Missachtung einen auf Kulturgüter gerichteten Restitutionsanspruch auslösen, sind namentlich die Artt. 23 Abs. 1 lit. g), 28, 46, 47, 53, 55 und 56.7 Für die Zeit offener Feindseligkeiten verbietet Art. 23 Abs. 1 lit. g) HLKO die Zerstörung und Wegnahme feindlichen Eigentums8 außer in den Fällen, wo diese Zerstörung oder Wegnahme durch die Erfordernisse des Krieges dringend erheischt wird. Dies stellt ein generelles Verbot und einen allgemein gehaltenen Rechtfertigungsgrund dar. Dieser Rechtfertigungsgrund ist der der militärischen Notwendigkeit.9 Diese „Kriegsräson“ erlaubt die Erlangung jedes militärischen Vorteils oder die Abwendung jedes militärischen Nachteils.10 Dies ist jedoch nur in den Fällen zulässig, in denen der Rechtfertigungsgrund – wie hier – ausdrücklich genannt ist; ein Bruch von Kriegsregeln mit den Mitteln der Kriegsräson, die dies nicht zulassen, ist rechtswidrig.11 6
Vgl. dazu von Liszt-Fleischmann, S. 477. In der praktischen Ausführung dürfte sich dies als sehr schwierig gestalten. Warum die Vertragsparteien die Möglichkeit eines international vereinbarten Zeichens, wie in späterer Zeit geschehen (z. B. im sog. Roerich-Pakt von 1935, dazu unten 2. Kap., Abschnitt A. II. 1., das Zeichen ist abgedruckt in Toman, S. 17; vgl. ibid., S. 12 und 182 f., für weitere Zeichen), übersahen, ist nicht ersichtlich. Allerdings wiesen die Brüsseler Deklaration und das Manuel d’Oxford ähnliche Bestimmungen auf, ohne schon ein Zeichen vorzuschlagen. 7 Eine Übersicht, in welche nationalen Militärgesetze die HLKO Eingang gefunden hat, bietet Foramitti, S. 24. 8 „Feindliches Eigentum“ ist eigentlich nur staatliches Eigentum, da nur der Staat der Feind ist. Jedoch meint Art. 23 Abs. 1 lit. g) HLKO jegliches Eigentum des Gegners, ob staatlich oder privat (Scholz, S. 166, Fn. 1). Vgl. Dolzer, S. 160, zur Problematik, dass die HLKO und andere kriegsrechtliche Verträge den Begriff des Eigentums nicht definieren. 9 Vgl. zum Anwendungsumfang des Rechtfertigungsgrundes der militärischen Notwendigkeit bei Kulturgütern umfassend Hoppert, S. 58 ff.; zu neuen Definitionsversuchen für die Anwendbarkeit der militärischen Notwendigkeit bezüglich Kulturgütern vgl. Hladík, RICR 81 (1999), S. 621, 626 ff. 10 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 78. 11 Ibid.
A. Multilaterale Verträge
41
Kulturgüter fallen unter Art. 23 Abs. 1 lit. g) HLKO genauso, wie alles andere. Jedoch können Kulturgüter nicht dem Kriegszweck dienen, insbesondere keinen militärischen Vorteil verschaffen oder einen militärischen Nachteil abwenden. Die Kriegsräson ist auf Kulturgüter daher nicht anwendbar. Bestätigt wird diese Annahme durch Art. 28 HLKO. Diese Vorschrift spricht für die Zeit der Feindseligkeiten ein absolutes Plünderungsverbot, selbst hinsichtlich im Sturm genommener Städte und Ansiedlungen aus.12 Durch diesen Ausschluss des Beuterechts erfahren Kulturgüter einen weiteren, besonderen Schutz. Aus dem Zusammenwirken der Artt. 23 Abs. 1 lit. g) und 28 HLKO ergibt sich ein umfassendes Wegnahmeverbot für Kulturgüter.13 Bezüglich der occupatio bellica14 besteht ebenfalls ein absolutes Plünderungsverbot.15 Wieder mit Art. 8 der Brüsseler Deklaration fast wörtlich übereinstimmend bestimmt Art. 56 Abs. 1 HLKO, dass das Eigentum der Gemeinden und der dem Gottesdienste16, der Wohltätigkeit, dem Unterrichte, der Kunst und Wissenschaft gewidmeten Anstalten, auch wenn diese dem Staate gehören, als Privateigentum zu behandeln ist.17 Dieses ist nach Art. 46 Abs. 2 HLKO18 nicht einzugsfähig. Art. 56 Abs. 1 HLKO stellt das Gemeindeeigentum dem Privateigentum gleich. Die genannten Kulturgegenstände – auch wenn sie im Eigentum des Staates stehen – genießen nach dieser Bestimmung mindestens den gleichen allgemeinen Schutz wie das Privateigentum.19 Art. 56 Abs. 2 HLKO jedoch untersagt, den Schutz verstärkend, „jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung“ von den in Abs. 1 genannten „Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft“.20 Hierunter fallen Kulturgüter öffentlichen und privaten Eigentums. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift soll geahndet werden. 12
Vgl. dazu Meurer, S. 169 f. Vgl. Art. 23 Abs. 1 lit g) HLKO, ein Beuterecht an kriegswichtigen Dingen bestand noch (von Schorlemer, S. 265). 14 D. h. die Besetzung fremden Territoriums in Kriegszeiten. Vgl. hierzu von Glahn, passim. 15 Art. 47 HLKO (vgl. dazu von Liszt-Fleischmann, S. 478). 16 Bezüglich der Kultusgebäude soll kein Unterschied zwischen den verschiedenen Kulten gemacht werden; Kirchen, Tempel, Moscheen, Synagogen etc. geniessen denselben Schutz (Meurer, S. 319). 17 „Objects of this kind are thus declared res sanctae.“ (Feilchenfeld, S. 56). 18 „Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden.“ 19 Scholz, S. 31. 20 Zu Art. 56 HLKO vgl. auch Wehberg, Beuterecht, S. 6 und 18. 13
42
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Nahezu alle Arten von Kulturgütern sind von Art. 56 HLKO erfasst, sofern man diese Vorschrift prokulturgüterrechtlich auslegt und anwendet.21 Buhse ist nicht zuzustimmen, wenn er behauptet, dass bewegliches Kulturgut durch die HLKO nicht geschützt sei.22 Art. 56 Abs. 2 HLKO spricht ausdrücklich von „Werken der Kunst und der Wissenschaft“. Dass darunter auch bewegliche Kulturgüter fallen, liegt auf der Hand. Scholz meint, dass Abs. 2 nur von öffentlichen „Anlagen“ spricht und deshalb nur öffentliche Sammlungen speziell durch Art. 56 Abs. 2 HLKO geschützt seien.23 Er verkennt dabei aber, dass private Sammlungen durch den Schutz der „Werke der Kunst und Wissenschaft“ geschützt sind, da ihre einzelnen Bestandteile solche Werke darstellen. Er hat dahingehend Recht, dass gewöhnliche Bücher im Privathaushalt nicht diesen Sonderschutz genießen24, es sei denn, sie sind selbst ein Kunstwerk oder für die Wissenschaft bedeutsam. Art. 53 Abs. 1 HLKO regelt die Beschlagnahme von Sachen durch die okkupierende Macht. Es dürfen nur das bare Geld, die Wertbestände des Staates sowie die dem Staate zustehenden eintreibbaren Forderungen, die Waffenniederlagen, Beförderungsmittel, Vorratshäuser und Lebensmittelvorräte sowie überhaupt alles bewegliche Eigentum des Staates beschlagnahmt werden, das geeignet ist, den Kriegsunternehmungen zu dienen.25 Da Art. 56 HLKO diesem Artikel jedoch als lex specialis vorgeht, dürfen daher z. B. Kunstwerke auch nicht zur Ausstattung von Offiziersquartieren eingezogen werden.26 Ob sich das Verbot aus Art. 56 HLKO allerdings nur auf 21
Nahlik, Hastings L.J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1074. Buhse, S. 20, Fn. 70 und begleitender Text. 23 Scholz, S. 31 f. 24 Ibid., S. 32. 25 Art. 53 Abs. 2 HLKO bestimmt: „Alle Mittel, die zu Lande, zu Wasser und in der Luft zur Weitergabe von Nachrichten und zur Beförderung von Personen oder Sachen dienen, mit Ausnahme der durch das Seerecht geregelten Fälle, sowie die Waffenniederlagen und überhaupt jede Art von Kriegsvorräten können, selbst wenn sie Privatpersonen gehören, mit Beschlag belegt werden. Beim Friedensschlusse müssen sie aber zurückgegeben und die Entschädigungen geregelt werden.“ 26 Scholz, S. 32. Während der Besetzung der Stadt Kursk im Zweiten Weltkrieg hielten sich deutsche Truppen nicht daran. Aus dem örtlichen Museum wurden zwei Ölgemälde für die Einrichtung des Dienstzimmers des Divisionskommandeurs, Generalleutnant von Ditfurt, „geliehen“. Weitere Gemälde wurden gewaltsam aus dem Museum entfernt (vgl. die Dokumente bei Koslow, in: Hartung, S. 217, 228 ff.). Vgl. auch die Praxis der Alliierten in Österreich, die antike Möbel als Büromöbel in ihren Administrationsgebäuden benutzten (Sailer, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 35, 37). Feilchenfeld, S. 52, meint, dass unter Art. 53 nur die Bilder aus Regierungsgebäuden fallen, die keine Kunstwerke sind, da in diesem Falle Art. 56 greifen würde. Den Begriff Kunstwerke definiert er aber nicht. Dies dürfte auch schwer fallen, insbesondere dürfte es dem beschlagnehmenden Offizier oder Soldaten nur 22
A. Multilaterale Verträge
43
œuvres d’art bezieht, an denen die Öffentlichkeit ein Interesse hat27, ist äußerst zweifelhaft. Eine Grenze zu ziehen, ist fast unmöglich, denn eine Definition des öffentlichen Interesses dürfte je nach Kulturkreis verschieden sein. Schon allein die Tatsache, dass sie sich in öffentlicher Hand befinden, kann auf ein öffentliches Interesse an ihnen hindeuten, womit sich der Kreis wieder geschlossen hätte. Münzen aus staatlichen Münzsammlungen, Bronzeplastiken oder andere aus Metall gefertigte Kulturgüter in Staatshand dürfen ebenfalls nicht beschlagnahmt werden, selbst wenn ihr Metallwert oder das Metall selbst (nach Einschmelzen) der Kriegführung dienen kann.28 Die Annahme einer Möglichkeit der Einziehung von Kunstwerken und Kulturgütern aus privatem Eigentum wäre gemäß Art. 53 Abs. 2 HLKO29 dem Wortlaut nach schon nicht gegeben. Ausnahmen vom Wegnahmeverbot können sich u. a. auch aus Art. 23 Abs. 1 lit. g) HLKO für die Zeit der kriegerischen Besetzung ergeben,30 da sich der Grundsatz der Ausnahme der militärischen Notwendigkeit trotz seiner systematischen Stellung in der HLKO nicht nur auf die Regelungen bezüglich der Feindseligkeiten, sondern auch auf die Bestimmungen der occupatio bellica bezieht. Scholz begründet dies mit der Entstehungsgeschichte der HLKO.31 Überdies wird diese Annahme bestätigt durch die Präambel der Haager Konventionen von 1899/1907: Nach der Auffassung der hohen vertragsschließenden Teile sollen diese Bestimmungen, deren Abfassung durch den Wunsch angeregt wurde, die Leiden des Krieges zu mildern, soweit es die militärischen Interessen gestatten, den Krieg Führenden als allgemeine Richtschnur für ihr Verhalten in den Beziehungen untereinander und mit der Bevölkerung dienen.32
Von Glahn geht sogar so weit, wegen militärischer Notwendigkeit die militärische Nutzung von Gemeindeeinrichtungen, Kirchen, Schulen, Unischwer gelingen, eine geeignete Differenzierung vorzunehmen. Nicht unter den Schutz von Art. 56 dürften jedoch billige Drucke etc. fallen. 27 Diese Einschränkung will Scholz, S. 32, Fn. 1, aus dem Zusammenhang entnehmen. 28 Scholz, S. 32 m. w. N. in Fn. 2. So verhält es sich auch mit Werken der Technik (z. B. Telefone, frühe Computer, Fahrzeuge etc.) und (antiken) Waffen, die in Museen ausgestellt sind. Zum Problem der militärischen Schriften s. ibid., S. 139 ff. Vgl. zu den munitions de guerre, die nach Art. 53 HLKO beschlagnahmt werden dürfen Lauterpacht, BYIL 32 (1955–6), S. 218, 220 ff.; Schwarzenberger, Law of Armed Conflict, S. 297 ff., und Freeman, AJIL 40 (1946), S. 795, 798 f.; Einzelfälle aus dem Zweiten Weltkrieg listet Smith, BYIL 23 (1946), S. 227, 232 ff., auf. 29 Siehe oben Fn. 51. 30 Für die Ausnahmen kraft militarischer Notwendigkeit nach Gewohnheitsrecht vgl. Scholz, S. 164 f. 31 Scholz, S. 166 f. 32 Hervorhebung durch den Verfasser.
44
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
versitäten und Museen als Kasernen, Lazarette, Ställe bzw. Garagen zuzulassen.33 Dies solle selbst dann gelten, wenn diese Gebäude durch eine solche Nutzung „considerable damage“ nehmen.34 Einer solch weiten Auslegung der HLKO kann jedoch nicht zugestimmt werden. Damit stünde einem Missbrauch der Vorschriften über die militärische Notwendigkeit Tür und Tor offen. Die Nutzung eines Museumsgebäudes als Lazarett ist in Hinblick auf das heute geltende humanitäre Völkerrecht wohl noch mit den Vorschriften der HLKO vereinbar.35 Die Nutzung eines solchen Gebäudes als Kaserne oder gar als Unterbringungsort für militärisches Gerät hat nichts mehr mit dem auch schon durch die HLKO zum Ausdruck gebrachten Respekt der Staaten vor der Kultur eines anderen Staates zu tun. Von Glahn selbst widerlegt seine Aussage durch die Annahme, dass Art. 56 HLKO eine absolute Geltung habe und militärische Notwendigkeit für einen Verstoß gegen Art. 56 HLKO nicht als Rechtfertigung herangezogen werden könne.36 Die Klärung der Frage, ob militärische Notwendigkeit besteht, bleibt zunächst der operierenden Partei vorbehalten. Sie ist aber später überprüfbar und kann bei einer fälschlichen Annahme der militärischen Notwendigkeit zu einer Schadenersatzpflicht führen.37 Ausnahmen können sich aber auch aus einem sonstigen Notstand ergeben. Denkbar ist der Fall, dass in einem Lazarett der Besatzer dringend Instrumente benötigt werden, die sich in einer nahen nach Art. 56 HLKO an sich geschützten wissenschaftlichen Sammlung befinden.38 Es ist aber nur ein vorübergehender Gebrauch gestattet, und die Rückgabe muss so bald als möglich erfolgen. Nach Scholz könne es eine Pflicht der okkupierenden Kriegspartei werden, Kulturgüter des besetzten Staates zu bergen und sie an einen sicheren Ort zu verschaffen, wenn der Verlauf des Krieges dies gebiete.39 Dieser Ort könne auch im Heimatstaat des Okkupanten liegen. Dieser Fall der an sich widerrechtlichen Wegnahme sei von Art. 56 HLKO nicht erfasst, da unter diese Vorschrift nur kulturfeindliche Handlungen nicht aber – wie hier – kulturfreundliche Handlungen fallen würden. Der bergende Staat müsse durch offizielle Äußerungen von Anfang an klarstellen, dass es sich dabei 33
von Glahn, S. 179. Ibid. 35 Ähnlich auch Spaight, S. 416. 36 von Glahn, S. 191 f. 37 Zur Schadenersatzfrage in diesem Zusammenhang vgl. Scholz, S. 168 f. 38 Scholz, S. 36. 39 Scholz, S. 36; vgl. in diesem Zusammenhang auch von Glahn, S. 184 m. w. N. in En. 36. 34
A. Multilaterale Verträge
45
nicht um einen Kunstraub handelt. In jedem Falle hätte der besetzte Staat sofort nach Entfallen der Voraussetzungen für eine Bergung einen Anspruch auf Rückgabe.40 Scholz begründet seine Ansicht mit einer sog. Kulturpflicht des besetzenden Staates, die dies erfordere, ohne eine solche Pflicht aus dem Kriegsrecht herzuleiten.41 Eine derartige Kulturpflicht könnte sich aus den Grundgedanken der kulturgutschutzrechtlichen Bestimmungen der HLKO ergeben: Diese Bestimmungen basieren wiederum auf dem Gedanken, dass selbst im Kriege die Parteien die Kultur der jeweils anderen Partei respektieren müssen. Dies darf nicht nur bei offenen Feindseligkeiten gelten, sondern muss auch im Falle einer occupatio bellica Bestand haben. Ein besetzender Staat fungiert während einer kriegerischen Besetzung im Etappen- oder Militärverwaltungsgebiet42 praktisch als treuhänderischer Verwalter. Er sollte daher die Kulturgüter dieses besetzten Gebietes so schützen, als seien sie seine eigenen. Ob diese Bergungen jedoch als eine Pflicht angesehen werden können, ist nicht belegt. Ein Recht für ein derartiges Vorgehen lässt die Auslegung von Art. 56 HLKO jedoch zu. Einen Anspruch auf Rückgabe hat der besetzte Staat dann nicht, wenn es sich bei den weggenommenen Kulturgütern um Kulturgüter handelt, die ihrerseits durch einen Verstoß gegen Art. 56 HLKO oder gleichlautendes Völkergewohnheitsrecht aus dem okkupierenden Staat fortgeschafft wurden. Geraubtes Kunstgut kann zurückgeholt werden. Recht soll hier wieder hergestellt und kann daher nicht verletzt werden. Art. 56 HLKO kann dem nicht entgegenstehen. Zweifelsohne gilt dies, wenn die Schätze in demselben Krieg weggenommen wurden. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Völkerrechts43 – nach welchen allgemein anerkannt ist, dass ein Rechtsverhältnis nach den Bestimmungen zu beurteilen ist, welche zum Zeitpunkt seiner Begründung in Kraft waren – gilt dies auch für alle vorherigen Kriege, in denen dieses Recht bestanden hat. Wie unten dargestellt44, war es schon im 18. Jahrhundert Praxis, Kulturgüter vom Beuterecht auszunehmen. Eine erste völkerrechtliche Anerkennung fand diese Praxis aber erst mit dem Wiener Kongress 1815, der dadurch wohl eine ungefähre Grenze für das Rückholrecht (Durchsetzung des Rückgabeanspruches im Wege der gerechtfertigten Selbsthilfe) darstellen dürfte. Allerdings sind zusätzlich die Grundsätze über den Erwerb durch Zeitablauf45 zu beachten, so dass bei 40
Zum Ganzen: Scholz, S. 36 f. Er nimmt lediglich Bezug auf eine solche Praxis Deutschlands während des Ersten Weltkrieges, S. 37. 42 Diese Begriffe verwendet Scholz, S. 36. 43 Vgl. dazu erläuternd Verdross/Simma, §§ 649 ff., 717. 44 s. u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 5. 45 s. u. 4. Kap., Abschnitt C. 41
46
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
heutigen Streitfällen das Problem des Findens einer klaren Grenze kaum mehr aufzutreten vermag. Ferner kann ein Friedensvertrag unter Umständen den Rechtsbruch heilen.46 Eine Erbeutung der den Okkupanten beschämenden Kulturgüter, z. B. Siegesdenkmäler (wie z. B. die Siegessäule auf dem Großen Stern in Berlin-Tiergarten, die an den preußischen Sieg 1870/71 erinnert, oder das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig), ist in keinem Falle erlaubt, da sie als normale Kulturgüter, bzw. historische Denkmäler dem Schutz des Art. 56 HLKO unterliegen. Allenfalls ist eine Umkleidung und eine Entziehung des Denkmals aus dem öffentlichen Anblick gestattet.47 An dieser Stelle ist kurz auf die umstrittene Frage einzugehen, ob die Regeln der HLKO auch für die Besetzung Deutschland in der Folge des Zweiten Weltkrieges Geltung hatten.48 Bekanntlich gehen die Meinungen über Deutschlands Rechtslage und das in und für Deutschland anwendbare Recht nach dem Zweiten Weltkrieg weit auseinander.49 Wann der Krieg für Deutschland als tatsächlich beendet bezeichnet werden kann, ist zudem streitig. Zum Beispiel geht Turner davon aus, dass die HLKO für eine derartige Besatzung, die in das ius post bellum falle, keine Geltung entfalten könne.50 Die HLKO gelte nur für das ius in bello.51 Dennoch könne auf die Regelungen des Art. 56 HLKO zurückgegriffen werden, da Art. 56 als Ausdruck eines fundamentalen Prinzips (der Schutz der Kulturgüter als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes) auch Geltung im ius post bellum entfalte.52 Laun hingegen, der nicht zwischen ius in bello bzw. ius post bellum unterscheidet, will die Regeln der HLKO auch direkt bzw. als Gewohnheitsrecht für die Nachkriegsbesetzung Deutschlands angewendet wissen, „es gilt Kriegsrecht ohne Krieg“.53 Laun begründet seine Ansicht, dass kein Krieg mehr herrschte, mit dem Verbot von Feindseligkeiten und dem Fehlen einer Armee (nämlich der deutschen) für einen wirksamen Waffenstillstand.54 Die bedingungslose Kapitulation könne 46
s. u. 4. Kap., Abschnitt D. III. Scholz, S. 38. 48 Vgl. dazu Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 112 ff., insbesondere S. 115; Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, 147 und Schweisfurth, EPIL Vol. 2 (1995), S. 582, 587 f. 49 Vgl. hierzu Nevelev, GYIL 42 (1999), S. 337, 358 ff., und von der Beck, S. 153 ff., beide mit einem zusammenfassenden Überblick. 50 Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 112 ff., insbesondere S. 115. 51 Ibid., S. 113; vgl. aber die Unterscheidung bei Strupp, S. 125. 52 Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 115; so auch Körbs HuV-I 9 (1996), S. 138, 147). 53 Laun, MDR 1 (1947), S. 246, 247. 54 Ibid. 47
A. Multilaterale Verträge
47
jedoch keinen rechtsfreien Raum erschaffen haben. Das von den Alliierten gesetzte Recht, sei ein „positives Sonderrecht“, welches jedoch an den gewohnheitsrechtlichen Regeln des Völkerrechts hätte gemessen werden müssen.55 Einig sind sich alle Meinungen darin, dass ein rechtsfreier Raum jedenfalls nicht entstanden sei. Es stellt sich daher die Frage, welches Recht in der Nachkriegszeit galt und woran es sich messen lassen musste. Die Alliierten besetzten ein Land zunächst kriegerisch, so dass sie an die Vorschriften des Kriegsrechts gebunden waren. Fällt später die Voraussetzung des Kriegszustandes weg, liegen jedoch nicht auch zweifelsfrei die Voraussetzungen des Friedens vor (mit Deutschland wurde kein Friedensvertrag geschlossen, eine Debellation lag nicht vor und eine faktische Wiederaufnahme friedlicher Beziehungen trat erst sehr viel später ein56), so sind die Besatzungsmächte noch immer an gewisse rechtliche Regeln gebunden. Der Aufbau eines neuen Rechtsregimes wird sich zunächst an den gewohnheitsrechtlichen Grundregeln orientieren. Es müssen dabei die rechtlichen Regeln gelten, deren Anwendungsbereich dem tatsächlichen Zustand am nächsten kommt. Da es sich bei der Besetzung Deutschlands jedenfalls nicht um eine friedliche Besetzung handelte, waren die Alliierten zumindest an die gewohnheitsrechtlich geltenden Prinzipien des Kriegsrechts und damit der HLKO gebunden. Zu den gewohnheitsrechtlich geltenden Grundprinzipien gehörten auch die kulturgüterschutzrechtlichen Regeln. 2. Die Schadenersatzpflicht bei Verletzung der Bestimmungen der HLKO Die Haager Konvention von 1899 enthielt keine Norm, die eine Schadenersatzpflicht einer die o. g. Bestimmungen der HLKO verletzenden Vertragspartei begründete.57 Eine Schadenersatzforderung einer verletzten Partei konnte sich somit nur auf allgemeine völkerrechtliche Regeln stützen. Naturalrestitution ist die generelle Form der Wiedergutmachung.58 Dieses allgemeine Völkerrecht wurde später in der Haager Konvention von 1907 in deren Art. 359 kodifiziert: 55
Ibid., S. 248. Vgl. von der Beck, S. 154. 57 Dies übersieht Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, 146. 58 Zum Umfang näher unten im 3. Kap., Abschnitt A. 59 Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 stellt eine vertraglich statuierte Erfolgshaftung dar (Verdross/Simma, § 1268; zur völkerrechtlichen Erfolgshaftung im Allgemeinen vgl. ibid., §§ 1265 ff.). Vgl. zu Art. 3 des Haager Abkommens von 56
48
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Die Kriegspartei, welche die Bestimmungen der bezeichneten Ordnung verletzen sollte, ist gegebenen Falles zum Schadensersatze verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden.
Dieser Artikel stellt die erste kodifizierte Rückgabeanspruchsgrundlage auf Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, in einem multilateralen Vertrag dar. Sie ist als generelle Schadenersatzanspruchsgrundlage60 allgemein gehalten. Inhalt der Schadenersatzpflicht in diesem Zusammenhang ist die Wiedergutmachung, mithin die Naturalrestitution. Kulturgüter, die entgegen den Bestimmungen der HLKO beschlagnahmt oder sonst widerrechtlich verbracht wurden, sind zurückzugeben.61 Voraussetzungen dieses Wiedergutmachungsanspruches sind die Verletzung einer Pflicht, ein Schaden, das Nichtvorliegen eines Rechtfertigungsgrundes und die Zurechenbarkeit dieser Pflichtverletzung dem verletzenden Völkerrechtssubjekt.62 Die Pflichtverletzung für einen Anspruch aus Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 kann sich nur aus der Nichtbefolgung einer der Regelungen der HLKO ergeben.63 Hinsichtlich der Wegnahme von Kulturgütern ist es stets ein Handeln. Ein Unterlassen kommt indes nur dann in Betracht, wenn der okkupierende Staat beispielsweise es unterlässt, Plünderungen zu verhindern. Über die Zurechenbarkeit der Pflichtverletzung würde der Staat dann allerdings für seine Organe haften, die gehandelt haben. Der Schaden liegt regelmäßig im Besitzverlust der Kulturgüter, die aus dem Staatsgebiet des Ursprungsstaates verbracht wurden. Im Falle der wi1907 auch Eichhorn, S. 53 ff., der aus reparationsrechtlicher Sicht dazu Stellung bezieht, sowie Schweisfurth, S. 44 f., der auf Art. 53 Abs. 2 Satz 2 HLKO zusätzlich hinweist: Rechtmäßig beschlagnahmte Gegenstände Privater seien bei Friedensschluss zurückzugeben. „Das argumentum a minore ad maius liegt auf der Hand: Wenn schon rechtmäßig beschlagnahmtes Privateigentum zurückzugeben ist, dann erst recht Privateigentum, das rechtwidrig konfisziert worden war.“ (Ibid.). Ein direkter Rückgabeanspruch für Kulturgüter aus Art. 53 Abs. 2 Satz 2 HLKO lässt sich nicht erkennen, da Kulturgüter nach Art. 53 HLKO nicht beschlagnahmt werden dürfen. Eine Beschlagnahme von Kulturgütern kann nur rechtswidrig und nicht rechtmäßig geschehen. Für Kulturgüter kommt daher allein Art. 3 des IV. Haager Abkommens von 1907 in Betracht. 60 Vgl. zur Anwendbarkeit des Art. 3 bezüglich der Wiedergutmachung bei illegalen Requisitionen durch die Besatzungsmacht, Schwarzenberger, Law of Armed Conflict, S. 276 ff. 61 So auch Körbs HuV-I 9 (1996), S. 138, 146; Höhn HuV-I 8 (1995), S. 26, 27; von Schorlemer, GYIL 41 (1999), S. 317, 319. 62 Zum Umfang der Rückgabepflicht siehe auch unten im 3. Kap., Abschnitt A. 63 Hofer, S. 37; vgl. dazu o. 2. Kap., Abschnitt A. I. 1. a).
A. Multilaterale Verträge
49
derrechtlichen Wegnahme von Kulturgütern ist nicht nur „gegebenen Falles“, sondern stets Schadenersatz i. S. dieses Artikels zu leisten. Art. 3 Satz 2 des Haager Abkommens von 1907 ist eine Zurechnungsnorm. Die Kriegspartei, die die Verletzung der Vorschriften der HLKO begeht, ist für alle Handlungen64 verantwortlich, die von Personen begangen werden, die zu ihrer bewaffneten Macht gehören.65 Bewaffnete Macht wird in Art. 3 Satz 1 HLKO definiert: Die bewaffnete Macht der Kriegsparteien kann sich zusammensetzen aus Kombattanten und Nichtkombattanten. (. . .).
Die in Art. 3 HLKO verwandte Unterscheidung bezieht sich auf zwei Gruppen innerhalb der Streitkräfte.66 Kombattanten sind danach diejenigen Angehörigen der Streitkräfte, die zum Kampf bestimmt sind, unter Nichtkombattanten sind Personen zu verstehen, die zwar dem Militär angehören, jedoch nicht zum Kampf bestimmt sind (z. B. Ärzte, Musiker, Verwaltungsbeamte, Feldgeistliche).67 Unter den Begriff „bewaffnete Macht“ fallen sowohl das Heer und die Marine (heute zudem die Luftstreitkräfte) als auch die außergewöhnlichen Streikräfte des Staates (Landsturm, Nationalgarde und Freikorps), die erst im Kriegs(bedürfnis)fall organisiert werden.68 Fraglich ist allerdings, ob auch andere staatliche Organe, die nicht direkt zur „bewaffneten Macht“ gehören, unter diese Zurechnungsnorm fallen. Zu denken wäre dabei an ältere Beispiele, wie die Commission des Monuments und die Commission du Muséum sowie die sog. Evakuierungsagenturen, die Napoléon in die besetzten Länder folgten und dort alles Brauchbare nach Frankreich abtransportierten.69 Ein anderes Beispiel aus neuerer Zeit ist der Einsatzstab 64
Dass nur ausdrücklich auf Handlungen Bezug genommen wird, schließt nicht aus, dass auch pflichtwidriges Unterlassen die völkerrechtliche Verantwortlichkeit entstehen lässt. Vgl. insoweite heute Art. 86 des Ersten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen von 1949 über den Schutz der Opfer internationaler Konflikte von 1977 (unten 2. Kap., Abschnitt A. V.). 65 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 98, sieht in Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 eine Art Gefährdungshaftung. Mit der modernen Definition für die Gefährdungshaftung, nach der sie als Haftung für rechtmäßiges, aber Schaden verursachendes Verhalten verstanden wird (vgl. dazu Randelzhofer, in: Staatenverantwortlichkeit, S. 35, 36 und 74), ist dies kaum vereinbar. 66 Üblicherweise wird diese Unterscheidung lediglich für Angehörige und Nichtangehörige der Streitkräfte benutzt (Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 141 f.). 67 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 140 f. mit Einzelheiten; Kimminich/Hobe, S. 458; vgl. auch Meurer, S. 114 ff.; Ipsen/Ipsen, § 68, Rz. 33 ff. mit Verweis auch auf Art. 4 der IV. Genfer Konvention und Art. 43 des ersten Zusatzprotokolls von 1977 zu den Genfer Konventionen von 1949. 68 Meurer, S. 53, vgl. auch ibid., S. 76 f. 69 s. dazu u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 6.
50
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Reichsleiter Rosenberg (ERR)70, einer nicht zur Wehrmacht oder SS71 gehörenden Einheit, die später für die Plünderungen hauptsächlich in den westlichen Ländern verantworlich zeichnete. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang auch die sowjetischen Trophäenkommissionen.72 Diese Einheiten gehörten nach dem Kriegsrecht zunächst nicht zur bewaffneten Macht.73 Durch das Staatsrecht kann der Kombattantenstatus nicht verliehen werden, jedoch kann ein Staat Einheiten, die an sich den Kombattantenstatus nicht innehaben, in solche Einheiten, die Träger dieses Statusses sind, überführen und einreihen. Die o. g. Einheiten kämpften für gewöhnlich nicht an vorderster Front, sondern begingen die Verletzungen des Kriegsrechtes erst, als das Gebiet bereits eingenommen und besetzt war. Sie gehörten eher den Behörden an, die für die Verwaltung der besetzten Gebiete verantwortlich waren.74 Sie 70 Alfred Rosenberg wurde 1933 „Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“ (Nicholas, S. 18). Zu nennen ist etwa auch das „Sonderkommando Künsberg“ (vgl. dazu Hartung, pass.; ibid., Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 14, 14 ff.). 71 Die Abteilung Ahnenerbe war innerhalb der SS für Kunst zuständig. Im Falle der SS, könnte man sogar noch argumentieren, dass sie zur bewaffneten Macht i. S. d. Haager Abkommen von 1899 und 1907 gehörten (vgl. hierzu Hartung, S. 13: Im Frühjahr 1941 sei alles, was zur SS gehörte, zur Wehrmacht einberufen worden.). 72 Vgl. Lehmann/Kolasa, pass. 73 Für die genannten Beispiele galt aufgrund der Allbeteiligtenklausel (Art. 2) nur das Haager Abkommen von 1899, das aber in Art. 3 HLKO 1899 eine identische Vorschrift enthielt. Nur der Schadenersatzanspruch ergibt sich aus allgemeinem Völkerrecht, da eine dem Art. 3 Haager Abkommen 1907 vergleichbare Vorschrift in dem von 1899 fehlt. 74 Bezüglich des ERR lässt sich nachweisen, dass dessen Angehörige als Nichtkombattanten zur bewaffneten Macht Deutschlands i. S. d. Art. 3 HLKO gehörten. Der ERR wurde durch Verfügung des Generalquartiermeisters des Heeres vom 30 September 1942 zum Wehrmachtsgefolge erklärt (vgl. Dokument I/17 bei Hartung, in: Hartung, S. 25, 72: Oberkommando des Heeres – Gen St. D H/Gen Qu – Az. Abt.KVerw. (Verw) – Nr. II/11 564/42). Darin kommt zudem eine deutliche Vernetzung von ERR und Wehrmacht zum Ausdruck. Vgl. z. B. auch das Plakat des ERR, auf welchem dies der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde (abgedruckt bei Eichwede/Hartung, Bildteil, S. IV). Schon der Führererlass vom 1. März 1942 sah eine Zusammenarbeit von ERR mit der Wehrmacht vor (vgl. Dokument I/16 bei Hartung, in: Hartung, S. 25, 71). Gleiches gilt für das Sonderkommando Künsberg (benannt nach dem Legationsrat Eberhard Freiherr v. Künsberg, vgl. zum Werdegang Künsbergs, Hartung, S. 114 ff.): Vgl. hierzu die „Dienstanweisung für die Vornahme von Durchsuchungen in eroberten bezw. besetzten Feindstaaten“ an das Sonderkommando Künsberg vom 25. Juli 1941 (abgedruckt als Dokument I/7 bei Hartung, in: Hartung, S. 25, 58 f.): „1. Beim Eintreffen der deutschen Spitze hat der auf die
A. Multilaterale Verträge
51
wären daher in jedem Falle als Nichtkombattanten i. S. d. Art. 3 HLKO einzustufen. Weiter ist jedoch zweifelhaft, ob sie auch als Nichtkombattanten i. S. d. allgemeinen Kriegsrechts einzustufen sind.75 Eine Ziehung von Parallelen zu anderen zivilen Einrichtungen wie etwa der Polizei76 verbietet sich hier, da die o. g. Einheiten eigens für die Zwecke der Plünderung etc. durch den Staat geschaffen wurden.77 Schon ihre Schaffung dürfte sich als kriegsrechtswidrig darstellen, da diese Einheiten von vornherein nicht gehalten waren, die Gesetze und Gebräuche des Krieges zu beachten. Auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales der Teilnahme an den Kampfhandlungen lässt sich eine Einordnung dieser unter den Begriff der Kombattanten nicht vollziehen. Denn die Angehörigen der genannten Einheiten haben weder unmittelbar noch mittelbar Waffen zu dem Zweck eingesetzt, den Gegner kampfunfähig zu machen, zu töten, zu verwunden oder gefangenzunehmen.78 Der Status ihrer Angehörigen wird sich mithin nur als Nichtkombattant einstufen lassen. Bezüglich des ERR lässt sich jedoch argumentieren, dass dieser durch einen Befehl der Wehrmacht79 die geforderte Transformation in eine Einbetreffende Stadt eingesetzte Trupp des Einsatzkommandos mit in die Stadt einzurücken. Nur der sofortige Zugriff erhält wichtiges Material für die politische Kriegsführung. Das Einsatzkommando ist keine kämpfende Truppe, doch hat es mit allen Mitteln gegebenenfalls unter Waffenanwendung sich den Besitz der notwendigen politischen Unterlagen zu setzen. (. . .)“. Kulturinstitute waren ebenfalls durch Versiegelung sicherzustellen. Das Sonderkommando Künsberg war zunächst vom Auswärtigen Amt gebildet worden und ihm unterstellt (Hartung, S. 13). Beim Überfall auf Polen sollte es die Bestände des polnischen Außenministeriums sicherstellen, wobei es von der Wehrmacht unterstützt wurde (ibid.). Später wurde es der SS unterstellt (ibid., S. 13 f.) und kurz darauf vollständig eingegliedert (ibid., S. 100 ff.). 75 Vgl. die o. g. Unterscheidung. 76 Vgl. Berber, Gutachten, S. 15 ff., zur Frage, ob die Polizei unter den Kombattantenbegriff fällt. 77 Vgl. z. B. den Führererlass Hitlers vom 1. März 1942 bezüglich des ERR (abgedruckt als Dokument I/16 bei Hartung in Hartung, S. 25, 71): „(. . .) Sein [Rosenbergs, d.V.] Einsatzstab für die besetzten Gebiete hat das Recht, Bibliotheken, Archive, Logen und sonstige weltanschauliche und kulturelle Einrichtungen aller Art nach entsprechendem Material zu durchforschen und dieses für die weltanschaulichen Aufgaben der NSDAP un die späteren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten beschlagnahmen zu lassen. Der gleichen Regelung unterliegen Kulturgüter, die im Besitz oder Eigentum von Juden, herrenlos oder nicht einwandfrei zu klärender Herkunft sind. (. . .)“. 78 Vgl. zum Begriff der Kampfhandlung Steinkamm, S. 69 f. und 249 ff. 79 Anordnung durch das Oberkommando der Wehrmacht vom 17.09.1940, Nr. 2 f 28.14 EC Nr. 3812/40g, zur Beschlagnahme und zum Abtransport nach Deutschland von allen wertvoll erscheinenden Kulturgütern „herrenlosen jüdischen Besitzes“ (vgl. Haase, Kunstraub, S. 68 f.).
52
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
heit der bewaffneten Macht erfahren und somit Kombattantenstatus nach allgemeinem Kriegsrecht erhalten hat. Jedoch auch hier wird es wohl am Merkmal der Pflicht zum Einhalten der Gesetze und Gebräuche des Krieges scheitern: Der ERR wurde beauftragt, eben diese Gesetze und Gebräuche zu brechen. Inwieweit eine Zurechenbarkeit80 in Betracht kommt, wenn der Angehörige der bewaffneten Macht als Privatperson handelt, ist ebenfalls fraglich. Einerseits könnte man davon ausgehen, dass ein Soldat oder Offizier auch in seiner Freizeit Angehöriger der Streitkräfte bleibt. Andererseits ließe sich argumentieren, dass die Staatenhaftung nicht so weit geht, dass auch jede private Handlung dem Staat zugerechnet werden könne. Es fehle dann an einem rechtlichen Tatbestand, an welchen das Völkerrecht die Zurechenbarkeit knüpfen könne.81 Es müsse eine Verbindung oder Verknüpfung bestehen, die eine Verantworlichkeit des Staates entstehen lässt. Dies könnte beispielsweise das Tragen einer Uniform während der privaten Handlung sein. Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 spricht aber von „allen Handlungen (. . .), die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden.“ Dieser Artikel unterscheidet nicht zwischen Handlungen als Soldat oder privaten Handlungen. Er stellt – wie Berber82 sich ausdrückt – eine Art Gefährdungshaftung des Krieg führenden Staates dar. Dies müsse deshalb gelten, weil ein Krieg immer die Gefahr in sich trage, Ordnung und Disziplin außer Acht zu lassen.83 Richtigerweise ist diese Vorschrift jedoch als normale Erfolgshaftung anzusehen. Auch wenn die Gefahr besteht, dass Ordnung und Disziplin außer Acht gelassen werden könnten, so entsteht eine Haftung nur dann, wenn ein rechtswidriger Erfolg eingetreten ist. Durch die Zurechenbarkeit ist die Ahndung von Verstößen schon weit genug gefasst. Zurechenbar i. S. d. Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 wären bei einer Anwendbarkeit desselben auch die Handlungen des „Sonderkommandos Künsberg“84, des „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ und der SS-Ab80 Mráz, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207, 211, reicht für eine Zurechenbarkeit zur staatlichen Sphäre ein Handeln im Interesse des betreffenden Staates aus. 81 Vgl. dazu Ipsen/Ipsen, § 40, Rz. 29 ff. 82 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 98 und 238 m. w. N. 83 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 98. Wolfrum, in: Partsch, S. 413, 435, Rz. 1214, sieht im zweiten Satz dieser Vorschrift eine Klarstellung, dass jede Handlung dem Staat zugerechnet werden müsse, gleichgültig, in welchem Umfeld sie erfolgte. Da die Systematik des völkerrechtlichen Schadenersatzrechts jedoch lediglich Handlungen dem Staat zurechnet, die in offizieller Funktion getätigt wurden, so müsse eine Klarstellung, dass hier etwas anderes gelten soll, erfolgen (ibid.). 84 Vgl. zu seiner Geschichte Hartung, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 14, 14 ff. Sowie Hartung, pass. Vgl. auch Heuss, S. 285 ff.
A. Multilaterale Verträge
53
teilung „Ahnenerbe“ sowie der sowjetischen Trophäenkommissionen. Diese Zurechenbarkeit lässt sich nicht wie soeben erörtert über die Stellung der Angehörigen dieser Einheiten als Kombattanten erzielen, sondern über die Einsetzung dieser Einheiten zur Begehung kriegsrechtswidriger Handlungen auf besetztem Gebiet durch die Oberkommandierenden der deutschen bzw. sowjetischen Streitkräfte85, sozusagen als ausführender Arm von Wehrmacht und Roter Armee. Als weitere Voraussetzung muss das Haager Abkommen von 1907 anwendbar sein. Nach der in Art. 2 des Abkommens vereinbarten Allbeteiligtenklausel (clausula si omnes), findet dieses Abkommen und damit auch die HLKO nur dann zwischen den Vertragsparteien Anwendung, wenn die Krieg Führenden sämtlich Vertragsparteien sind. Diese Klausel findet sich auch in Art. 2 des IV. Haager Abkommens von 189986, so dass auch nicht auf die fast identischen Bestimmungen dieses Abkommens zurückgegriffen werden kann, es sei denn, die Kriegsparteien sind Vertragsparteien dieses Abkommens von 1899. Das IV. Haager Abkommen von 1907 hat das Abkommen von 1899 nicht außer Kraft gesetzt. Jedoch findet sich im Abkommen von 1899 kein dem Art. 3 des Abkommens von 1907 vergleichbarer Wiedergutmachungsanspruch. Im Falle der Anwendbarkeit des Abkommens von 1899 ist bei völkerrechtlicher Verantwortlichkeit hinsichtlich der Wiedergutmachung auf das allgemeine Völkergewohnheitsrecht zurückzugreifen. Dieser völkergewohnheitsrechtliche Wiedergutmachungsanspruch hat jedoch die gleichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen wie der in Art. 3 des Abkommens von 1907 geregelte.87 Deshalb wird hinsichtlich dieser Problematik auf die obigen Ausführungen verwiesen.88
85
Die Zurechnung kann auch schon durch den soeben erwähnten Befehl der Wehrmacht hergeleitet werden. Vgl. zu der umstrittenen Frage, ob auch Staatsoberhäupter für die Führung eines Angriffskrieges zur Verantwortung gezogen werden können, Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 257 ff. 86 RGBl. 1901, S. 423 ff. 87 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 98 und 238. 88 s. 2. Kap., Abschnitt A. I. 1. b). Siehe auch hier zum Umfang näher unten 3. Kap., Abschnitt A., und unten zur Anwendbarkeit der Haager Abkommen zwischen den Kriegsparteien 2. Kap., Abschnitt C. I. 10.
54
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
II. Der Roerich-Pakt und der Vertrag von Washington zwischen den Staaten der Pan American Union 1. Der Roerich-Pakt vom 15. April 1935 Der New Yorker Künstler russischer Herkunft Nicolas Roerich89 schlug 1929 vor, einen Vertrag auszuarbeiten, der sich mit dem Schutz von historischen Monumenten und anderen unbeweglichen Kulturgütern im Krieg auseinandersetzt. Auf Betreiben des Roerich-Museums arbeitete George Chklaver hierzu einen Entwurf aus.90 Eine internationale Vereinigung zur Verbreitung des Roerich-Paktes wurde 1930 mit Sitz in Brüssel gegründet, wo in den Jahren 1931 und 1932 private Konferenzen über den Kulturgüterschutz abgehalten wurden.91 Die Präambel des Treaty on the Protection of Artistic and Scientific Institutions and Historic Monuments (Roerich Pact)92, verabschiedet in Washington, D.C., am 15. April 1935, verweist auf die Seventh International Conference of American States von 1933 in Montevideo, bei welcher eine Resolution mit dem Inhalt des jetzigen Roerich-Paktes verabschiedet wurde. 1935 wurde der Roerich-Pakt von 21 amerikanischen Staaten unterschrieben, aber von nur 10 später ratifiziert.93 Er ist heute noch gültig. Inhaltlich bietet der Roerich-Pakt jedoch keine Anhaltspunkte für einen Rückgabeanspruch von Kulturgütern. Er beschäftigt sich ausschließlich mit dem Schutz von unbeweglichem Kulturgut nicht nur im Krieg, sondern erweitert diesen Schutz auch auf Friedenszeiten. Erstmalig widmete sich ein ganzer Vertrag dem Schutze von Kulturgut.94 Dieses wird für neutral erklärt und muss durch ein international gültiges Zeichen gekennzeichnet werden. Größter Nachteil dieses Vertrages ist seine Begrenzung auf unbewegliche Kulturgüter. Ein Wegnahmeschutz für bewegliche Kulturgüter 89
1874–1947. „Projet présenté par le Roerich Museum de New-York“, Text abgedruckt bei Chklaver, Revue de Droit International 6 (1930), S. 589, 593–595. Vgl. auch ibid., Revue de Droit International 11 (1933), S. 460–462. 91 Hudson, International Legislation 7 (1941), S. 56 f. 92 Abgedruckt in LNTS 167, S. 289 ff. und in Boylan, Appendix III, S. 177 f. Vgl. auch http://fletcher.tufts.edu/multi/www/roerich.html (besucht am 20. März 2001). 93 Unterzeichnet haben den Vertrag die Staaten Argentinien, Bolivien, Ekuador, Haiti, Honduras, Costa Rica, Nikaragua, Panama, Paraguay, Peru und Uruguay. Auch ratifiziert haben ihn Brasilien, Kolumbien, Chile, die Dominikanische Republik, Guatemala, Kuba, Mexiko, El Salvador, Venezuela und die Vereinigten Staaten von Amerika; vgl. Schindler/Toman, S. 1042, mit den entsprechenden Daten. 94 Solf, EPIL Inst. 9 (1986), S. 64, 64; Dörrmann, HuV-I 6 (1993), S. 230, 230. 90
A. Multilaterale Verträge
55
wurde nicht vereinbart.95 Legt man die Neutralität der geschützten Gebäude dahingehend aus, dass auch ihr Inhalt geschützt sein soll, so sind Kulturgüter, die sich gerade nicht in Museen etc. befinden, nicht geschützt. Ob auch der Schutz vor Zerstörung mit dem Schutz vor Wegnahme gleichzustellen ist, ist äußerst zweifelhaft. Gegen eine solche Auslegung spricht auch die Verabschiedung des Vertrages von Washington vom gleichen Tage.96 Dort wird in Art. 8 erklärt, dass die vertragschließenden Parteien bewegliche Kulturgüter nicht als Kriegsbeute behandeln dürfen. Hätten die Parteien des Roerich-Paktes schon einen Wegnahmeschutz von beweglichen Kulturgütern gewollt, so hätten sie diesen auch im Roerich-Pakt verankern können. Übersehen haben sie dies jedenfalls nicht, da die Unterzeichner des Roerich-Paktes und des Washingtoner Vertrages ein und dieselben waren. 2. Der Vertrag von Washington vom 15. April 1935 Zeitgleich zum Roerich-Pakt wurde auf der gleichen Konferenz der Pan American Union der Text des Treaty on the Protection of Movable Property of Historic Value97, Washington, D.C., 15. April 1935, verabschiedet und von sieben Staaten unterzeichnet98. Später ratifizierten ihn nur fünf Staaten.99 Auch der Text dieses Vertrages entstand wie der Text des Roerich-Paktes zwei Jahre zuvor auf der Seventh International Conference of American States im Jahre 1933. Art. 1 definiert die Kulturgüter, auf die dieser Vertrag anwendbar sein soll. Prä-kolumbianische Altertümer fallen genauso darunter, wie Gegenstände aus der Kolonialzeit und der Ära der Loslösung von den Kolonialmächten und der Gründung der Republiken. Öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken und private Bibliotheken, wenn sie als ganze wertvoll sind, nationale Archive und private und öffentliche Manuskriptsammlungen, die von historischem Wert sind, werden ebenso in den Anwendungsbereich des Vertrages einbezogen wie seltene zoologische Präparate von bedrohten Arten.100 Die dann folgenden Artikel sehen hauptsächlich Exportbestimmungen vor. 95 Zu den weiteren Nachteilen des Roerich-Paktes s. von Schorlemer, S. 270; Williams, S. 21; Buhse, S. 27 f. 96 Dazu unten 2. Kap., Abschnitt A. II. 2. 97 Abgedruckt in: International Legislation (Hudson (Hrsg.)), 7 (1941), S. 59–63. 98 Unterzeichnet haben: Chile (mit Vorbehalt zu Art. 4), Ecuador, El Salvador, Guatemala, Nikaragua, Panama und Uruguay. 99 Bis 1941: Chile (mit Vorbehalt), El Salvador, Guatemala, Mexico und Nikaragua. Am 17. Juli 1936 trat der Vertrag in Kraft. 100 Art. 1 lit. a) bis d).
56
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Die für den Kulturgüterschutz im Krieg interessanteste Vorschrift findet sich in Art. 8, in welchem die Unterzeichnenden erklären, dass Kulturgüter nicht als Kriegsbeute dienen dürfen.101 Dies ist ein ausdrückliches Wegnahmeverbot, das partiell die Lücken des Roerich-Paktes schließt.102 Artt. 5 und 6 regeln die Rückgabeverpflichtung und das Verfahren der Rückgabe des illegal exportierten Kulturguts.103 Ob sie auch auf Art. 8 Anwendung finden, ist allerdings fraglich. Der Wortlaut der Artikel („illegal exportation“) spricht gegen die Annahme, dass die Artt. 5 und 6 auf Art. 8 anwendbar sein sollen, wenn man den illegalen Export auf den Verkehr mit Kulturgütern in Friedenszeiten begrenzt. Vergleicht man diese Normen mit Vorschriften neueren Datums, so bestätigt sich diese Annahme. So erklärt Art. 11 der Konvention von 1970104 im Wege der Fiktion Kulturgüter, die aus besetzten Staaten unter Zwang ausgeführt wurden, diese per se für illegal exportiert und lässt sie somit unter den Anwendungsbereich der Rückführungsvorschriften der Konvention fallen. Eine solche Fiktion findet sich im Washingtoner Vertrag nicht. Auch die systematische Stellung des Art. 8 hinter den Rückgabevorschriften der Artt. 5 und 6 spricht dagegen. Eine analoge Anwendung105 der Artt. 5 und 6 verbietet sich wegen des klaren Wortlauts, der sich nur auf illegalen Export bezieht. Prott hingegen vertritt die Auffassung, dass sich die internationale Gemeinschaft einig ist, dass die Ausfuhr von Kulturgütern aus kriegerisch besetzten Gebieten unter den völkerrechtlichen Begriff des „illegal trafficing of cultural property“ fällt.106 Der Washingtoner Vertrag spricht aber erstens enger von „illegal exportation“ und zweitens ist es unwahrscheinlich, dass diese Einigkeit schon 1935 bestanden hat. Ein kodifizierter Rückgabean101
Art. 8: „The Signatory Governments declare that movable monuments may not be treated as spoils of war.“ 102 Bewegliches Kulturgut wird jedoch nicht vor Zerstörung geschützt. Vgl. von Schorlemer, S. 270. Vgl. dazu auch Berndt, S. 28 f. 103 Art. 5: „The custom houses of the country into which the importation of movable monuments from a signatory country is attempted without the necessary authorization shall confiscate them and return them to the Government of the country of origin for the appropriate penalty for illegal exportation.“ Art. 6: „When any signatory Government receives knowledge of an illicit exportation from its own country subsequent to the present treaty, it may address itself to the Government of the country to which the monument has been taken in order that the latter may proceed to return it to the applicant.“ 104 s. dazu unten 2. Kap., Abschnitt A. IV. 105 Zur Zulässigkeit einer Analogie im Völkerrecht vgl. statt vieler Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 19, Rz. 5 ff. m. w. N. 106 Prott, RdC 217 (1989-V), S. 215, 233 f.
A. Multilaterale Verträge
57
spruch lässt sich auch im Washingtoner Vertrag nicht finden. Die Lücke des Roerich-Paktes wird zwar durch Art. 8 dieses Vertrages geschlossen, aber eine Sanktion für einen Verstoß gegen diese Vorschrift ist im Vertrag nicht enthalten. Die Sanktion ist wiederum im allgemeinen Völkerrecht zu suchen und findet sich im Restitutionsgebot.
III. Die Haager Konvention zum Schutze der Kulturgüter im Falle eines bewaffneten Konfliktes von 1954 nebst Protokollen 1. Die Haager Konvention von 1954 Der Zweite Weltkrieg hatte nur allzu deutlich gezeigt, welche verheerenden Folgen ein Krieg für Kulturgüter haben kann. Er hatte auch gezeigt, dass die völkerrechtlichen Schutzbestimmungen für einen wirksamen Kulturgüterschutz nur unzureichend sind. Am Schluss einer Konferenz mit 56 teilnehmenden Staaten, die im Frühjahr 1954 von der UNESCO einberufen wurde, stand die Haager Konvention zum Schutze der Kulturgüter im Falle eines bewaffneten Konfliktes vom 14. Mai 1954 (HKSK) nebst einem Protokoll, das ein selbständiger Vertrag ist. Siebenunddreißig der sechsundfünfzig teilnehmenden Staaten unterzeichneten die HKSK am Ende der Konferenz.107 Die Konvention regelt Maßnahmen, die die Vertragsstaaten in Friedenszeiten zu ergreifen haben,108 um im Falle eines bewaffneten Konfliktes Kulturgüter vor den voraussehbaren Folgen des Krieges größtmöglichst zu schützen und verpflichtet die Vertragsstaaten, Kulturgut in Kriegszeiten zu schützen und zu respektieren.109 Die Konvention ist hauptsächtlich dem Schutz des Kulturgutes vor Zerstörung gewidmet. Sie greift die Ideen Quatremère de Quincys auf und behandelt Kulturgut als cultural heritage of mankind110, womit jeder Staat zum Treuhänder gegenüber der internationalen Gemeinschaft 107 Toman, S. 23. Heute (Stand: 18. Dezember 2003) sind 108 Staaten Vertragspartei dieser Konvention. 87 Staaten sind Vertragspartei des (ersten) Protokolls. 108 Deshalb wurde sie als Kriegsvorbereitungsmaßnahme kritisiert (vgl. die Beispiele bei von Schorlemer, S. 306 f.) Die Kritiker verkennen jedoch, dass das Kriegsrecht stets ein Pakt mit dem Teufel ist. Jedoch ein notwendiger, denn wird ein Konflikt mit Waffen ausgetragen, dann sollten auch bestimmte Regeln gelten, um weiteres Unheil und ausufernde Barbarei zu vermeiden. Diese Regeln lassen sich aber fast nur in Friedenszeiten aufstellen. 109 Vgl. zu den Schwächen der HKSK Boylan, passim, und Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, 227 ff. 110 Vgl. die Definition von Kulturgut in Art. 1 lit. a) und Abs. 2 der Präambel.
58
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
wird.111 Die Konvention schützt den status quo, der zu Beginn des bewaffneten Konflikts bestand und fragt nicht nach Eigentum oder legalem Erwerb der kulturellen Objekte.112 Merryman nennt dies „cultural internationalism“.113 Die HKSK114 ist anwendbar bei allen bewaffneten Konflikten zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien und zwar auch dann, wenn eine Konfliktpartei in einem multilateralem Konflikt nicht Vertragsstaat der HKSK ist (vgl. Art. 18 Abs. 3 Satz 1 der HKSK). Die Konvention bleibt in den jeweiligen gegenseitigen Verhältnissen der am Konflikt teilnehmenden Vertragsstaaten anwendbar. Erklärt eine Konfliktpartei, die nicht Vertragsstaat der HKSK ist, sie werde ihre Bestimmung einhalten, so gilt die Konvention auch im Verhältnis zu dieser Konfliktpartei.115 Eine Allbeteiligtenklausel wie im IV. Haager Abkommen (dort Art. 2) findet sich in der HKSK nicht. Auch wurde das Problem umgangen, das sich regelmäßig stellt, wenn es darum geht, eine militärische Auseinandersetzung unter den Kriegsbegriff zu subsumieren: „bewaffneter Konflikt“ erfasst sämtliche Streitigkeiten mit Waffeneinsatz (vgl. Art. 18 Abs. 1). Ferner gilt die Konvention bei vollständiger oder teilweiser Besetzung von Gebieten, ohne dass bewaffneter Widerstand geleistet wird (Art. 18 Abs. 2).116 Eine Erweiterung des Anwendungskreises erfährt die HKSK durch die Genfer Zusatzprotokolle von 1977117 zu den Rotkreuz-Konventionen von 1949 durch Art. 53 des I. und Art. 16 des II. Zusatzprotokolles.118 Durch die einleitenden Worte „without prejudice to the provisions of the Hague Convention (. . .) of 14 May 1954“ ist die HKSK durch die Staaten anzuwenden, die eines oder beide Protokolle ratifiziert haben.119 Hauptanliegen der HKSK ist es, den Schutz und die Respektierung von Kulturgütern zu fördern.120 Die Maßnahmen für den Schutz der Kultur111
von Schorlemer, S. 277. Rudolf, Festschrift für Doehring, S. 853, 861. 113 Merryman, AJIL 80 (1986), S. 831, 833 ff. 114 Einen kurzen Überblick liefert Desch, HuV-I 12 (1999), S. 230, 230 ff. 115 Vgl. zu dieser Kompromissvorschrift Toman, S. 198 f. 116 Vgl. dazu Toman, S. 197. Vorbild für diese Vorschrift waren die Genfer Konventionen von 1949. Diese Vorschrift gilt ausschließlich bei Besetzungen, die ohne vorherige Kriegserklärung oder ohne den Austausch von Feindseligkeiten oder militärischen Operationen vor sich gehen (ibid.). 117 Vgl. u. 2. Kap., Abschnitt A. V. sowie 2. Kap., Abschnitt C. II. 1. sowie 4. 118 Partsch, in: Fleck, S. 377, 380. 119 Ibid. 120 Vgl. Präambel Abs. 3, Artt. 2–4. Nach Merryman, AJIL 80 (1986), S. 831, 833 ff., verstehe die HKSK den Kulturgüterschutz i. S. eines „cultural internationalism“. D. h., der Schutz der Kulturgüter werde allen Staaten anheim gestellt. Der 112
A. Multilaterale Verträge
59
güter, vor allem vor Zerstörung, aber auch vor Wegnahme, sollen schon in Friedenszeiten ergriffen werden, um so einen optimalen Schutz in Kriegszeiten zu erreichen.121 Deshalb wurde u. a. auch die Definition des geschützten Kulturgutes gegenüber den bislang geltenden Kulturgutschutznormen ausgeweitet. Art. 1 lit. a) der HKSK lässt allen Objekten, die von großer Bedeutung für das kulturelle Erbe aller Völker sind, Schutz zukommen.122 Es folgt eine beispielhafte („such as“) Aufzählung von geschützten Objekten.123 Während Art. 1 lit. b) die Gebäude schützt, welche diese Objekte beherbergen, wie z. B. Museen, genießen dann sog. „centres containing monuments“ Schutz nach Art. 1 lit. c).124 Nach Toman handelt es sich bei dieser Definition der geschützten Kulturgüter um die wohl am weitesten gefasste aller internationalen Verträge, die sich dem Schutz von Kulturgütern widmen.125 Schutz ist zu gewährleisten ohne Rücksicht auf staatliche Belange. Im Gegensatz dazu stehe der „cultural nationalism“, der z. B. in der Konvention von 1970 zum Ausdruck käme (ibid., S. 842 ff.). Diese Konvention nimmt auf staatliche Ausfuhrgesetze etc. Rücksicht. 121 Art. 3: „The High Contracting Parties undertake to prepare in time of peace for the safeguarding of cultural property situated within their own territory against the foreseeable effects of an armed conflict, by taking such measures as they consider appropriate.“ 122 Article 1: „Definition of Cultural Property For the purposes of the present Convention, the term ‚cultural property‘ shall cover, irrespective of origin or ownership: (a) movable or immovable property of great importance to the cultural heritage of every people, such as monuments of architecture, art or history, whether religious or secular; archaeological sites; groups of buildings which, as a whole, are of historical or artistic interest; works of art; manuscripts, books and other objects of artistic, historical or archaeological interest; as well as scientific collections and important collections of books or archives or of reproductions of the property defined above; (b) buildings whose main and effective purpose is to preserve or exhibit the movable cultural property defined in subparagraph (a) such as museums, large libraries and depositories of archives, and refuges intended to shelter, in the event of armed conflict, the movable cultural property defined in subparagraph (a); (c) centres containing a large amount of cultural property as defined in subparagraphs (a) and (b), to be known as ‚centres containing monuments‘.“ Vgl. für eine Analyse des rechtlichen Gehaltes des Art. 1 O’Keefe, NILR 46 (1999), S. 26, 33 ff. 123 Eine Kommentierung findet sich bei Toman, S. 49 ff. 124 Darunter können eine Gruppe von historischen Gebäuden oder künstlerischen Monumenten, ganze Stadtzentren oder gar ganze Städte fallen (Toman, S. 54). Man denke dabei z. B. an Orte wie Dinkelsbühl, Rothenburg ob der Tauber, Florenz oder an die Museumsinsel in der Mitte Berlins. 125 Toman, S. 54. Vgl. die Aufstellung aller Definitionen von Kulturgütern, die sich in internationalen Konventionen etc. finden, bei Boylan, S. 189–197.
60
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Art. 4 Abs. 1 verpflichtet die Parteien des bewaffneten Konflikts, eigenes und fremdes Kulturgut zu respektieren, es zu schützen und keinen Akt der Feindseligkeit gegen selbiges zu richten.126 Allerdings ist dies nur ein relativer Schutz, unter welchen das Kulturgut gestellt wird: Bei unbedingt erforderlicher militärischer Notwendigkeit127 sind die Vertragsparteien von ihren Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 befreit (Art. 4 Abs. 2)128.129 Dagegen ist der Schutz vor Wegnahme der Kulturgüter ein absoluter. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 verbietet jede Form der Wegnahme von Kulturgütern, sei es durch Diebstahl, Plünderung oder unberechtigte Inbesitzname oder Vandalismus. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, diese Akte zu verbieten, zu verhindern oder, sofern nötig, zu unterbinden. Diebstahl stellt sich hier als eher heimliche Form der Wegnahme dar, während sich die Plünderung auf eine offene Form der Besitzergreifung bezieht. Vandalismus knüpft an ein Handeln gleich der Zerstörung und Beraubung Roms durch Geiserich an. Hier werden alle Wegnahmeakte erfasst, die eine Systematik 126 Fechner, S. 90, merkt richtig an, dass der vertraglich gesicherte Schutz nur praktische Wirkung entfalten kann, wenn die Kombattanten über genügend Sachkenntnis hinsichtlich des Ortes der zu schützenden Objekte verfügen. Eine einheitliche und profunde Ausbildung der Kunstschutzoffiziere ist daher Pflicht. 127 Zur Anwendung der Vorbehaltsklausel der militärischen Notwendigkeit in Bezug auf die HKSK vgl. Hoppert, S. 85 ff.; vgl. auch Hladík, RICR 81 (1999), S. 621, 626 ff., zu neuen Definitionsversuchen der militärischen Notwendigkeit. 128 Art. 4: „Respect for cultural property 1. The High Contracting Parties undertake to respect cultural property situated within their own territory aswell as within the territory of other High Contracting Parties by refraining from any use of the property and ist immediate surroundings or of the appliances in use for its protection for pruposes which are likely to expose it to destruction or damage in the event of armed conflict; and by refraining from any act of hostility directed against such property. 2. The obligations mentioned in paragraph 1 of the present Article may be waived only in cases where military necessity imperatively requires such a waiver. 3. The High Contracting Parties further undertake to prohibit, prevent and, if necessary, put a stop to any form of theft, pillage or misappropriation of, and any acts of vandalism directed against, cultural property. They shall refrain form requisitioning movable cultural property situated in the territory of another High Contracting Party. 4. They shall refrain from any act directed by way of reprisals against cultural property. 5. No High Contracting Party may evade the obligations incumbent upon it under the present Article, in respect of another High Contracting Party, by reason of the fact that the latter has not applied the measures of safeguard referred to in Article 3.“ 129 Zur Abschaffung des als antiquiert geltenden Konzeptes der militärischen Notwendigkeit wegen der Entwicklung neuer Waffentechnologien, die einen zielsicheren Einsatz ermöglichen vgl. Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, S. 241 ff. m. w. N.
A. Multilaterale Verträge
61
und besondere Brutalität an den Tag legen.130 Art. 4 Abs. 3 stellt ein absolutes Wegnahmeverbot dar, da eine Befreiung aufgrund militärischer Notwendigkeit nicht möglich ist.131 Art. 4 Abs. 2 bezieht sich ausschließlich auf Art. 4 Abs. 1. Jedoch wurde bei der Verabschiedung der HKSK davon abgesehen, die Wörter „removal of cultural property“ in den Text zu Art. 4 Abs. 3 aufzunehmen.132 Art. 4 Abs. 3 soll jedoch nur „kulturfeindliche“ Wegnahmen verbieten, „kulturfreundliche“ Wegnahmen sollen weiterhin möglich sein.133 Es können Situationen entstehen, in welchen dem Schutz von Kulturgütern besser gedient ist, sie in andere Aufbewahrungsstätten zu verbringen, um sie einer möglichen Zerstörung zu entziehen.134 Der Schutz vor Zerstörung ist in jedem Falle höher einzuschätzen. Wenn unbedingt notwendig, so ist eine Verbringung auch auf das Staatsgebiet des Gegners (Okkupanten) erlaubt.135 Art. 4 Abs. 3 Satz 2 führt ferner aus, dass die Vertragsstaaten davon Abstand nehmen, bewegliches Kulturgut, das sich auf dem Territorium einer anderen Vertragspartei befindet, zu beschlagnahmen. Art. 5 HKSK stellt Regeln für den Okkupanten während einer Besetzung auf. Die nationalen Behörden sollen so weit wie möglich bei der Sicherung und Erhaltung von Kulturgütern unterstützt werden. Ferner wird der Besatzungsmacht die Pflicht auferlegt, hinsichtlich der durch Kriegshandlungen beschädigten Kulturgüter die notwendigsten Erhaltungsmaßnahmen zu treffen. Darüber hinaus soll die Regierung, die von den Angehörigen einer Widerstandsbewegung als ihre legitime Regierung angesehen wird, die Widerstandskämpfer auf ihre Verpflichtung hinweisen, diejenigen Artikel des Abkommens zu beachten, die die Respektierung von Kulturgut zum Gegenstand haben. Ein Verbot der Wegnahme und Plünderung von Kulturgütern, wie es sich in Art. 56 HLKO findet, wird hier nicht ausdrücklich beschrieben. Es ist aber in der Pflicht zur Sicherung enthalten. Darüber hinaus gehört es zum rechtlichen Inhalt des Begriffs der Respektierung von Kulturgut, dass dieses nicht geplündert, beschlagnahmt oder sonst weggenommen werden darf.136 Art. 4 gilt auch im Falle der Anwendbarkeit des Art. 5. Die HKSK unterscheidet ferner zwischen einfachem und besonderem Schutz der Kulturgüter. Da der besondere Schutz aber hinsichtlich der Weg130 131 132 133 134 135 136
Engstler, S. 219. Toman, S. 70 f. Dies sah der UNESCO-Entwurf vor (Toman, S. 71). Dies entspricht Art. 56 HLKO (Engstler, S. 219). Toman, S. 71. Engstler, S. 219. Toman, S. 70.
62
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
nahme keinen weiteren Schutz bieten kann als der einfache, schon absolut geltende Schutz, soll hier auf diese Unterscheidung nicht weiter eingegangen werden.137 Zu erwähnen ist jedoch, dass bei einem Transport von Kulturgütern über Land oder See, dieser unter besonderem Schutz steht (Artt. 12 und 13 HKSK). Diese Kulturgüter und ihre Transportmittel genießen dann Immunität gegenüber Beschlagnahme, Wegnahme und Prisennahmen (Art. 14 Abs. 1). Beschlagnahme („seizure“) betrifft hier sowohl privates als auch öffentliches Eigentum. Es wird keine Unterscheidung zwischen den Eigentümern vorgenommen, wie dies z. B. in den Genfer Konventionen von 1949 der Fall ist. Dort bezieht sich „seizure“ auf öffentliche und „requisition“ auf private Güter.138 Die Art der Güter ist es, die hier die Beschlagnahme verbietet.139 Wegnahme140 („capture“) ist die Inbesitznahme einer Sache. Das englische Wort capture wird im Kriegsvölkerrecht hauptsächlich als Synonym für Beuterecht benutzt, sofern es sich auf Güter des Feindes bezieht.141 Die Ausnahme von Kulturgütern vom Prisenrecht bezieht sich auf das Seekriegsrecht142, welches die Erbeutung auch von privaten Gütern grundsätzlich erlaubt.143 Ausnahmen vom Prisenrecht gelten z. B. für Schiffe, die auf wissenschaftlichen Missionen sind, für Lazarettschiffe144 und für Transportschiffe von Kulturgütern145. Die HKSK selbst lässt sowohl einen Rückgabe- als auch einen Wiedergutmachungsanspruch vermissen. Individuelle Sanktionen werden nach Art. 28 nur durch die Mitgliedstaaten verhängt. Hinsichtlich der Wiedergutmachung bei allgemeinen Verstößen gegen die Regeln der HKSK kann sich ein geschädigter Staat somit nur auf die Wiedergutmachungsregeln des Völkergewohnheitsrechts berufen.146 137
s. dazu Toman, S. 97 ff. Toman, S. 169 f. m. w. N. 139 Toman, S. 170. 140 So in die deutsche Sprache übersetzt, vgl. Bundesamt für Zivilschutz, S. 19. 141 Toman, S. 170. 142 Toman, S. 170 f. 143 Vgl. aber den Fall der The Marquis de Somerueles, u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 7. a), sowie den der The Amelia, u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 8. 144 So schon Art. 4 des XI. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 über gewisse Beschränkungen in der Ausübung des Beuterechts im Seekriege (RGBl. 1910, S. 316). Vgl. dazu Heintschel von Heinegg, S. 359 f.; Garner, Prize Law, S. 240 ff.; Colombos, S. 165 ff.; Hirschmann, S. 41; Wehberg, HdV, S. 205; sowie Ritter von Attlmayr, S. 126 f., der historische Beispiele liefert. Dass sich aus der Verletzung dieser Vorschriften ein Rückgabeanspruch ergeben kann, versteht sich von selbst. Anspruchsgrundlage ist der völkergewohnheitsrechtliche Wiedergutmachungsanspruch (vgl. dazu 2. Kap., Abschnitt C. und Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 238). 145 Vgl. Heintschel von Heinegg, S. 360 f.; Prott, in: Ronzitti, S. 582, 585. 146 Dazu s. u. 2. Kap., Abschnitt C. 138
A. Multilaterale Verträge
63
Ein Rückgabeanspruch direkt aus der Konvention lässt sich auch nicht auf legal nach den Regeln der Artt. 12 und 13 HKSK verbrachte Kulturgüter erkennen. Dieser ergibt sich aber aus den Ausführungsbestimmungen zur HKSK, wo es in Art. 18 lit. b) heißt: „the depository State shall return the property only on the cessation of the conflict; such return shall be effected within six months from the date on which it was requested;“147. Werden die sechs Monate überschritten, ist dies als ein völkerrechtlicher Unrechtstatbestand zu werten. Daraus resultiert sodann ein gewohnheitsrechtlicher Rückgabeanspruch. 2. Das erste Protokoll zur HKSK von 1954 Ein Rückgabeanspruch auf Kulturgüter, die widerrechlich verbracht wurden, ergibt sich nur aus dem (ersten) Protokoll zur HKSK. Es wurde zeitgleich mit der HKSK am 14. Mai 1954 unterzeichnet. Jedoch erlangte es nie den gleichen breiten Zustimmungsgrad wie die HKSK.148 Dass ein separates Protokoll unterzeichnet wurde, das sich nur der Rückführung von Kulturgütern widmet, lag daran, dass es bestimmten Staaten ermöglicht werden sollte, die HKSK zu unterzeichnen, auch wenn sie die Bestimmungen des Protokolls nicht akzeptieren konnten.149 Die hier relevanten Vorschriften des Protokolls lauten: I 1. Each High Contracting Party undertakes to prevent the exportation, from a territory occupied by it during an armed conflict, or cultural property as defined in Article 1 of the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, signed at The Hague on 14 May 1954. 2. Each High Contracting Party undertakes to take into its custody cultural property imported into its territory either directly or indirectly from any occupied territory. This shall either be effected automatically upon the importation of the property or, failing this, at the request of the authorities of that territory. 3. Each High Contracting Party undertakes to return, at the close of hostilities, to the competent authorities of the territory previously occupied, cultural property which is in its territory, if such property has been exported in contravention of the principle laid down in the first paragraph. Such property shall never be retained as war reparations. 4. The High Contracting Party whose obligation it was to prevent the exportation of cultural property from the territory occupied by it shall pay an indemnity to 147
Abgedruckt in UNESCO, S. 32 ff. 109 Staaten sind Vertragspartei der HKSK, 88 sind Vertragspartei des Protokolls von 1954 (Stand: 31. Dezember 2003). 149 Toman, S. 343. 148
64
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
the holders in good faith of any cultural property which has to be returned in accordance with the preceeding paragraph. II 5. Cultural Property coming from the territory of a High Contracting Party and deposited by it in the territory of another High Contracting Party for the purpose of protecting such property against the dangers of an armed conflict, shall be returned by the latter, at the end of hostilities, to the competent authorities of the territory from which it came.
In diesen Vorschriften sind zwei Rückführungsansprüche kodifiziert: Art. I 3 und Art. II 5. a) Voraussetzungen für einen Anspruch aus Art. I 3 Nach Art. I 3 restituiert eine Vertragspartei bei Beendigung der Feindseligkeiten auf ihrem Gebiet belegenes Kulturgut, welches entgegen Art. I 1 ausgeführt wurde, an die zuständigen Behörden des vormals besetzten Gebietes. Bei Beendigung der Feindseligkeiten muss das Kulturgut restituiert werden. Dies bedeutet nicht erst nach Abschluss eines Friedensvertrages, sondern nach Beendigung der Kampfhandlungen. Schon dann kann eine sichere Überführung der Kulturgüter garantiert werden. Sollten allerdings Partisanenkämpfe noch andauern, so sind die Feindseligkeiten noch nicht beendet. Der Schutz des Kulturgutes vor Zerstörung geht in jedem Falle vor. Das Kulturgut braucht allein auf dem Gebiet einer Vertragspartei belegen zu sein, um unter diese Vorschrift zu fallen.150 Hinzukommen muss jedoch ein Verstoß gegen das Ausfuhrverbot nach Art. I 1. Danach ist jede Ausfuhr von Kulturgütern aus kriegerisch besetzten Gebieten151 verboten. D. h., dass auch Kulturgüter, die nicht unter nationale Exportverbote des besetzten Gebietes fallen, nicht ausgeführt werden dürfen.152 Art. I 1 stellt ein absolutes Verbot dar.153 Der Ansicht Fitschens154, dass es rechtsmissbräuchlich wäre, wenn die Behörden des vormals besetzten Gebietes bei einer vollständig legalen Ausfuhr während der Besatzung das Kulturgut zurückfordern würden, ist zuzustimmen. Dennoch ist hervorzuheben, dass die Behörden des Belegenheits-, d. h. Einfuhrstaates, für gewöhnlich nicht 150 Das Eigentum als Anknüpfungspunkt ist unerheblich (Nahlik, Hastings L.J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1083). 151 Im Sinne der HKSK, also auch Besetzungen, die ohne Widerstand oder Waffeneinsatz vorgenommen wurden. 152 Engstler, S. 222. 153 Fitschen, IJCP 5 (1996), S. 127, 128. 154 Ibid.
A. Multilaterale Verträge
65
genau feststellen können, ob ein Kulturgut legal oder illegal ausgeführt wurde.155 Ferner ist Fitschen156 zuzustimmen, wenn er sagt, dass die Vorschriften des Protokolls immens den Handel mit Kulturgütern aus besetzten Gebieten beeinträchtigten, da sich der Käufer nie sicher sein könne, ob er das Kulturgut nicht wieder herausgeben müsse. Doch darin liegt auch gerade der Sinn: Der Handel mit Kulturgütern aus besetzten Gebieten soll auf Null reduziert werden. Auch wenn Ausfuhrgenehmigungen erteilt werden, so werden diese meist von Behörden erteilt, die von der Besatzungsmacht kontrolliert werden. Eine Besatzungsmacht kann z. B. zum Zwecke der Devisenbeschaffung der Versuchung unterliegen, Kulturgüter des besetzten Staates zu veräußern, ohne die Gewissheit zu haben, dass der besetzte Staat sich auch ohne weiteres von dem entsprechenden Kulturgut getrennt hätte. Das generelle Ausfuhrverbot dient mithin der Verhinderung eines Ausverkaufs der Kulturgüter eines besetzten Staates durch die Besatzungsmacht. Sofern ein Käufer eines Kulturgutes vor dem Kauf erfährt, dass dieses aus einem besetzten Gebiet stammt, für das das Protokoll zur HKSK Geltung hat, ist ihm anzuraten, von dem Kauf Abstand zu nehmen. Denn selbst wenn er sich eine lückenlose Provenienz- bzw. Voreigentümerliste nebst Ausfuhrbescheinigung vorlegen lässt, heißt dies noch nicht, dass er nicht verpflichtet sein könnte, das Kulturgut herauszugeben. Es obliegt der besetzenden Vertragspartei, die Ausfuhr von Kulturgütern zu verhindern.157 Wie sie dies überwachen soll, wird vom Protokoll nicht erwähnt. Es wird in die Hände der Vertragspartei gelegt.158 Gelangt ein Kulturgut trotzdem aus dem besetzten Gebiet, so ist stets ein Verstoß gegen Art. I 1 zu verzeichnen. Das besetzte Gebiet muss nicht zu einem Gebiet einer anderen Vertragspartei gehören, damit das Protokoll Anwendung findet.159 Dies bedeutet, dass selbst ein vormals besetzter Staat, der nicht Vertragspartei des Protokolls ist, die Herausgabe nach Art. I 3 verlangen kann, sofern der Staat, in welchem sich das Kulturgut nunmehr befindet, Vertragspartei ist. Es wäre daher von Vorteil, wenn möglichst die Staaten, die Kulturgüter aufgrund ihrer Kunstmarktplätze oder aufgrund ihrer Finanzkraft anziehen, Vertragsstaaten des Protokolls wären. Darunter fallen z. B. auch die USA und das Vereinigte Königreich. Beide waren 155
Vgl. auch ibid. Ibid. 157 Dies ist eine Bewahrungspflicht, die durch positives Handeln der Vertragspartei zu verwirklichen ist (Engstler, S. 222). 158 Vgl. allerdings Artt. 6 und 7 der Konvention von 1970, die spezifische Regeln aufstellt. 159 Toman, S. 344. 156
66
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
zum 1. Januar 2003 noch nicht Vertragspartei. In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass hinsichtlich der Kulturgüter, die im Laufe des Zweiten Weltkrieges verschleppt wurden, das Protokoll keine Rechtswirkungen entfaltet. Eine Rückwirkung der Vorschriften des Protokolls kommt nicht in Betracht. Zurückzugeben ist das Kulturgut an die zuständigen Behörden des ehemals besetzten Gebietes. Dies bedeutet, dass es an staatliche Stellen, nicht etwa an natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, herauszugeben ist.160 Es ist an die Stellen herauszugeben, die für die Inempfangnahme der Kulturgüter nach der Okkupation zuständig sind. Diese müssen im okkupierten Gebiet liegen. Nicht in Betracht kommt daher die Herausgabe an eine Exilregierung, die auch nach der Okkupation noch im Exil ist, weil mittlerweile durch politische Veränderungen eine andere Regierung an der Macht ist. Dies folgt aus der territorialen Bindung der Kulturgüter, die im Protokoll – beispielsweise durch das strenge, absolute Ausfuhrverbot von Kulturgütern aus besetzten Gebieten – ihren Ausdruck findet.161 Etwas anderes kann nur gelten, sofern die gesamte, ursprüngliche Bevölkerung aus dem okkupierten Gebiet vertrieben wurde und durch den besetzenden Staat durch dessen Staatsangehörige wiederbevölkert wurde.162 Von diesem – völkerrechtswidrigen163 – Fall ging das Protokoll nicht aus, es hielt sich starr an den territorialen Bezug der Kulturgüter als Zuordungskriterium. Es behandelt nur den eigentlichen Fall einer Besetzung durch fremde Truppen. Neuere Tendenzen in der Lehre zum internationalen Kulturgüterrecht sehen nicht mehr das Territorium als klassische Bezugsgröße für die Zuordnung von Kulturgütern an, sondern die geistigen Urheber der Kulturgüter, die Bevölkerung.164 Der Mensch und die Bevölkerung wurden immer mehr Schutzobjekte des Völkerrechts, insbesondere des Kriegsrechts. Jedoch ist dies in den Vorschriften des Protokolls noch nicht zum 160
Vgl. auch Toman, S. 345 f. Vom strengen Territorialitätsprinzip geht noch Becher, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96, 96, aus. Dies aber vor allem vor dem Hintergrund, dass er als Vertreter der DDR konform den Wünschen seiner Regierung argumentierte. Die DDR-Regierung verlangte seit je her von der Bundesrepublik die Übergabe des ehemals preußischen Kulturbesitzes. Dazu vgl. Rolfes, pass., und Mußgnug, Nofretete, S. 7 ff. 162 Vgl. zum umgekehrten Fall, dass Kulturgüter von Vertriebenen zurückgelassen wurden, welcher vom Protokoll nicht erfasst wird, Turner, Kulturgüterrecht, in Fiedler, S. 109, 180–182. 163 Vgl. dazu statt vieler Bülck, in: Strupp/Schlochauer, S. 560, 561 mit Verweis auf Art. 6 Abs. 2 lit. b) des IMT Nürnberg. Vgl. zum Recht auf Heimat Schimpff/ Partsch, HuV-I 7 (1994), S. 82, 85 m. w. N. 164 Vgl. Fiedler, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 159, 166 ff. sowie Gornig, S. 78 ff. 161
A. Multilaterale Verträge
67
Ausdruck gekommen. Der Wortlaut „früher besetztes Gebiet“ kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass damit das Gebiet gemeint sei, auf welchem sich die Bevölkerung nunmehr befindet, wie dies beispielsweise mit dem Begriff „Herkunftsstaat“ (country of origin) möglich wäre.165 Dieser ist viel dehnbarer und kann auch eine doppelte Bedeutung zugunsten der Bevölkerung als Schöpfer der Kulturgüter entfalten.166 Greenfield will jeden Fall der Rückführung gesondert betrachten und die Rückgabe daran fest machen, welche Verbindung die festeste ist.167 In Betracht gezogen werden sollten dabei die Punkte, für wen und durch wen das Objekt hergestellt und für welchen Ort und Zweck es produziert wurde.168 Dies kann jedoch nur dann gelten, sofern überhaupt Raum für eine Auslegung vorhanden ist. Die Vertragsstaaten des Protokolls hätten dieses auf der Konferenz von 1999 ähnlich wie die HKSK durch das Zweite Protokoll von 1999 durch ein weiteres Zusatzprotokoll ergänzen können, in welchem sie auf die geänderte Rechtsauffassung eingegangen wären. Dies wurde jedoch nicht erreicht. Eine Interpretation der Bestimmungen des Protokolls von 1954, dass diese mit „früher besetztem Gebiet“ bei vollständiger Vertreibung der angestammten Bevölkerung nunmehr das Aufnahmegebiet meinen, kann aber über die teleologische Auslegung erreicht werden.169 Nach Fiedler orientiert sich der Schutz der Kulturgüter an den Personen, die sie hervorgebracht und erhalten haben.170 Dies sind die Bevölkerungen, die normalerweise mit dem Staatsvolk einhergehen. Das Staatsvolk ist gewöhnlicher Weise auch mit einem bestimmten Gebiet verbunden. Kulturgüter stellen für den Menschen Identifikationsobjekte dar und sind Ausdruck seiner eigenen Geschichte. Die territoriale Bindung von Kulturgütern geht einher mit der territorialen Bindung von Personen (Recht auf Heimat). Aus dieser resultiert auch das Verbot der Vertreibung.171 Das Protokoll zur HKSK von 1954 wurde auch im Lichte der UN-Charta verabschiedet. Das dort in Art. 2 Ziff. 4 niedergelegte Gewaltverbot untersagt die Annexion eines Gebietes. Das Protokoll ging also davon aus, dass die Besatzer die territoriale Souveränität des besetzten Staates achten. Eine Restitution von Kulturgütern an einen Staat, der nunmehr (völkerrechtswidriger) Souverän über ein Gebiet ist, dessen angestammte Bevölkerung er zuvor vertrieben hat, widerspricht daher dem Geiste des Protokolls zur HKSK von 1954. 165 166 167 168 169 170 171
Die Konvention von 1970 verwendet diesen Begriff. Fiedler, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 159, 168. Greenfield, S. 257. Ibid. Vgl. dazu Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 106 ff. Fiedler, in: Strocka, S. 47, 57. Bülck, in: Strupp/Schlochauer, S. 560, 560 ff.
68
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Der Dissens zwischen der Historie der Vertragsgestaltung und der teleologischen Auslegung lässt sich nicht beheben. Möglicher Weise haben die Vertragsparteien die Notwendigkeit einer Regelung überhaupt nicht gesehen, da auch die Praxis ein die teleologische Auslegung bestätigendes Beispiel bietet: Die Praxis der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg sah z. B. eine Restitution von Kulturgütern verfolgter Juden an Israel und jüdische Organisationen oder die Flüchtlinge selbst vor.172 Auch hinsichtlich der Kulturgüter, die aus Osteuropa stammten, wichen die USA von der allgemeinen Regelung der Restitution an den ehemaligen Belegenheitsstaat ab.173 Die Rückgabepflicht nach Art. I 3 ist stets unbedingt.174 Kulturgüter mit der Begründung zurückzuhalten, sie würden als Reparationsleistungen angesehen, wird für unzulässig erklärt.175 Eine zeitliche Begrenzung für die Anspruchsstellung gibt es nach dem Protokoll nicht.176 Der Anspruch unterliegt allenfalls der allgemeinen völkerrechtlichen Verjährung.177 Norwegen hatte bei den Vertragsverhandlungen vorgeschlagen, eine zwanzigjährige Verjährungsfrist einzufügen.178 Diese wurde jedoch aufgrund des Widerstandes der anderen Konferenzteilnehmer nicht beschlossen. Der anschließend bei Ratifizierung gesetzte Vorbehalt Norwegens, solche Anspruchsstellungen nur bis zwanzig Jahre nach dem Zeitpunkt, an welchem ein bona-fide-Inhaber der Kulturgüter diese in Besitz genommen hat, zuzulassen179, wurde von einigen Staaten kritisiert, worauf Norwegen ihn mit note verbale im Jahre 1979 zurückzog180. Die Restitutionspflicht zieht im Falle eines Gutglaubenserwerbs181 eine Entschädigungsleistung an den gutgläubigen Erwerber nach sich (Art. I 4). 172 s. dazu u. 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. Vgl. auch Gornig, S. 80 f., und Kapralik, S. 7 ff. 173 Die Kulturgüter wurden häufig direkt an die Flüchtlinge aus den kommunistisch beherrschten Staaten Osteuropas restituiert. Kulturgüter der Kuban-Kossaken wurden nicht an die UdSSR, sondern an die aus der Sowjetunion geflüchteten Individuen dieser Volksgruppe restituiert (Gornig, S. 81). 174 Toman, S. 345. 175 Zur völkergewohnheitsrechtlichen Unzulässigkeit siehe unten 4. Kap., Abschnitt D. I. 176 Eine rückwirkende Geltung auf beispielsweise im Zweiten Weltkrieg verbrachte Kulturgüter entfaltet das Protokoll nicht. 177 Siehe dazu unten 4. Kap., Abschnitt C. I. 178 Der UNESCO-Entwurf für die HKSK enthielt zunächst eine Vorschrift, nach der die Rückgabe innerhalb von zehn Jahren gefordert werden konnte. 179 Vgl. den Wortlaut bei UNESCO, Conventions, S. 56 nach UNESCO Doc. CL/ 1522 of 30 October 1961 und Toman, S. 345. 180 Toman, S. 345.
A. Multilaterale Verträge
69
Diese Entschädigung ist von der Vertragspartei aufzubringen, deren Pflicht es war, die Ausfuhr aus dem besetzten Gebiet zu verhindern. Obwohl der Text des Protokolls dies nicht ausdrücklich erwähnt, ist dies stets der Okkupant. Dies folgt aus den Vertragsverhandlungen, bei welchen andere Vorschläge, die klar und deutlich eine solche Pflicht auch dem Staat, zu dem das ehemals besetzte Gebiet gehört, oder einem dritten Staat auferlegten, von den Konferenzteilnehmern abgelehnt wurden.182 Die Höhe, Art und Auszahlungsmodalitäten der Entschädigung sind von den nationalen Gesetzgebern oder Gerichten zu bestimmen. Nicht ganz deutlich wird, ob Kulturgüter von dritten Staaten, in welche sie gelangt sind, nach Art. I 3 zurückgefordert werden können. Nach Art. I 2 trifft jeden Vertragsstaat die Pflicht, Kulturgüter, die aus besetzten Gebieten stammen (das besetzte Gebiet muss nicht notwendiger Weise zu einem Vertragsstaat gehören), in Verwahrung zu nehmen, so bald dies möglich ist. Entweder soll es sogleich bei Einfuhr geschehen – dies dürfte sich als schwierig darstellen, da die Herkunftsangaben leicht zu fälschen sind – oder auf Verlangen der Behörden des besetzten Gebietes. Auch hier müssen diese Behörden zunächst den genauen Aufenthaltsort des Kulturgutes kennen, bevor sie überhaupt ein solches Beschlagnahmegesuch stellen können. Ob das Protokoll ein Rückgabeersuchen an einen Staat, der ein Kulturgut nach Art. I 2 in Beschlag genommen hat, stützt, ist zweifelhaft. Nach dem Wortlaut des Art. I 3 hat dieser einen Verstoß gegen die Pflichten „laid down in the first paragraph“ zur Voraussetzung. Damit ist deutlich Art. I 1 gemeint.183 Diese Vorschrift spricht jedoch nicht von einer Inbeschlagnahme nach Art. I 2. In Betracht kommen würde daher nur ein Rückgabeersuchen, das sich auf Bestimmungen außerhalb des Protokolls stützt. Eine Betrachtung der Systematik des Art. I des Protokolls bestätigt diese enge Wortlautauslegung jedoch nicht. Die Rückgabevorschrift findet sich nämlich erst nach den aufgestellten Pflichten. Es würde systematisch keinen Sinn ergeben, die Rückgabevorschrift sich allein auf Abs. I 1 beziehen zu lassen, wenn man zwischen diese so zusammenhängenden Vorschriften eine artfremde setzt. 181 Vgl. zum Gutglaubenserwerb im Zweiten Weltkrieg geplünderter Kunst Turner, Vand. J. Trans. L. 32 (1999), S. 1511, 1511 ff. 182 Vgl. dazu Toman, S. 346 f. 183 Vgl. nur Art. III 14 des Protokolls. Das Protokoll ist in fortlaufende römische sowie fortlaufende arabische Ziffern eingeteilt. Nach Art. III 14, der auf „paragraphs 7, 8 and 15“ Bezug nimmt, können „paragraphs“ somit nur die Vorschriften sein, die mit arabischen Ziffern versehen sind.
70
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Auch Sinn und Zweck des Protokolls lassen darauf schließen, dass hier ein direkter Rückgabeanspruch für Kulturgüter, die nach Art. I 2 beschlagnahmt wurden, vertraglich niedergelegt werden sollte. Sinn und Zweck des Protokolls war es u. a., bestehendes Völkergewohnheitsrecht zu kodifizieren und gegebenenfalls vertraglich zu erweitern. Die Pflicht zur Rückgabe bei einem Verstoß gegen die Vorschriften des Art. I 2, z. B. bei einem wissentlichen und willentlichen Ins-Land-lassen des Kulturguts durch die nationalen Behörden, hätte bei einer Nichtregelung nur einen völkergewohnheitsrechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bzw. einen Wiedergutmachungsanspruch zur Folge, denn die Verletzung von Vertragspflichten stellt sich regelmäßig als völkerrechtliches Unrecht dar.184 Nähmen die Behörden des Importstaates die Kulturgüter in Beschlag, so ergäbe sich der Rückgabeanspruch ebenfalls allenfalls aus ungerechtfertigter Bereicherung. Letzteres wäre sogar fraglich, da Art. I 2 einen Rechtsgrund für den Besitz der beschlagnahmten Kulturgüter darstellen würde. Sinn und Zweck des Protokolls ist jedoch vor allem die Rückgabe der aus welchen Gründen auch immer aus besetzten Gebieten gelangten Kulturgüter und nicht die Legalisierung des Behaltens von Kulturgütern nach einer Beschlagnahme. Werden Kulturgüter nach Art. I 2 vom Einfuhrstaat beschlagnahmt, so hat er sie nach Sinn und Zweck des Protokolls auch auf das Territorium des besetzten Gebietes zu restituieren. Im Ergebnis lässt sich hier mithin festhalten, dass die Rückgabepflicht von nach Art. I 2 zu beschlagnahmenden Kulturgütern durch das Protokoll zwar im Text vergessen wurde, doch ergibt sich eine solche Pflicht aus der Auslegung der Vorschriften des Protokolls. b) Voraussetzungen für einen Anspruch aus Art. II 5 Art. II 5 wurde von der polnischen Delegation zur Haager Konferenz von 1954 vorgeschlagen, was nicht verwundert, bedenkt man, dass Polen im Zweiten Weltkrieg Kunstschätze nach Kanada aus Sicherungsgründen ausgelagert hatte, diese aber über Jahre vergeblich zurückforderte. Kanada hielt die Schätze zurück, da angeblich die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt waren. Wahrer Hintergrund war wohl eher die veränderte politische Situation in Polen, da diese Kulturgüter aus Krakau stammten.185 184
Siehe dazu unten 2. Kap., Abschnitte C. und D. Zum Fall dieser Kunstschätze ausführlich Nahlik, Annuaire Polonais des Affaires Internationales 1 (1959/1960), S. 172, 172 ff.; Nahlik, GYIL 23 (1980), S. 255, 255 ff.; Engstler, S. 181 ff.; Kowalski, Art Treasures, S. 64; Williams, S. 66 ff.; Lorenz, pass. Die Kunstschätze wurden 1940 nach Kanada verschifft und erst 1961 vollständig zurückgegeben. Das Rückgabeverlangen des polnischen Bot185
A. Multilaterale Verträge
71
Dieser Artikel des Protokolls von 1954 lässt wieder nur wenig Interpretation zu. Es geht hier nur um die Rückgabe derjenigen Kulturgüter, die eine Vertragspartei auf dem Gebiet einer anderen Vertragspartei auslagert, um sie vor den Gefahren des Krieges zu schützen. Toman steckt den Schutzzweck des Art. II 5 allerdings zu eng ab, wenn er behauptet, dass unter diese Vorschrift nur Kulturgüter fallen, die vor dem Kriegsausbruch verlagert wurden.186 Der Wortlaut der Vorschrift lässt durchaus auch Kulturgüter darunter fallen, die erst nach Kriegsausbruch oder nach Beginn des bewaffneten Konfliktes aus Sicherungsgründen („for the purpose of protecting such property against the dangers of an armed conflict“) fortgebracht wurden. Wieder müssen die Kulturgüter nach Beendigung der Kampfhandlungen (Feindseligkeiten) an die zuständigen Behörden des Gebietes restituiert werden, aus welchem sie stammen. Hier zeigt sich nochmals ganz deutlich, dass das Protokoll von 1954 dem Grundsatz der Territorialbindung der Kulturgüter folgt.187 Unter „territory“ ist hier das Gebiet zu verstehen, in welchem die Kulturgüter vor dem bewaffneten Konflikt ihren angestammten Platz hatten. Außer Betracht bleiben müssen also politische Veränderungen, z. B. neue Grenzen, neue politische Machthaber. Dies bringt auch der Begriff „competent authorities“ zum Ausdruck: Die Schöpfer des Protokolls haben sehr wohl erkannt, dass es aufgrund innerer Veränderungen im besetzten Gebiet zu einem Wechsel der zuständigen Behörden kommen konnte. Jedoch ist vom Protokoll nicht bedacht worden, dass die gesamte Bevölkerung von ihrem angestammten Territorium vertrieben werden könnte. Gornig spricht davon, dass schon das gesunde Rechtsempfinden gegen eine Restitution der Kulturgüter an einen Aggressorstaat, der die angestammte Bevölkerung eines von ihm besetzten Gebietes gegen die eigene austauscht, spreche.188 Die Regelungen könnten nicht für den Fall der Vertreibung einer Volksgruppe aus ihrem Territorium gelten.189 Dem ist mit den o. g. Argumenten zuzustimmen.190
schafters an die kanadische Regierung vom 20. April 1949 ist abgedruckt in Lorenz, S. 75 ff. 186 So Toman, S. 347. 187 So eng auch Nahlik, GYIL 23 (1980), S. 255, 295. 188 Gornig, S. 78. 189 Gornig, S. 79. 190 Vgl. auch Kraus, in: Akademie der Wissenschaften Götttingen, S. 5, 8 f., der die Anwendung des Pertinenzgrundsatzes hinsichtlich Archiven verneint, sofern die angestammte Bevölkerung von ihrem Gebiet vertrieben wurde.
72
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
3. Das Zweite Protokoll zur HKSK (1999)191 Das Zweite Protokoll zur HKSK (1999), gedacht als Instrument, welches den Kulturgüterschutz weiter verbessern sollte, bietet keinen Rückgabeanspruch. Das Wegnahmeverbot von Kulturgütern während einer occupatio bellica wird in Art. 9 wiederholt, im Vergleich zum ersten Protokoll zur HKSK von 1954 allerdings nicht verschärft, sondern eher gelockert: Article 9 Protection of cultural property in occupied territory (1) Without prejudice to the provisions of Articles 4 and 5 of the Convention, a Party in occupation of the whole or part of the territory of another Party shall prohibit and prevent in relation to the occupied territory: (a) any illicit export, other removal or transfer of ownership of cultural property; (b) any archaeological excavation, save where this is strictly required to safeguard, record of preserve cultural property; (c) any alteration to, or change of use of, cultural property which is intended to conceal or destroy cultural, historical or scientific evidence. (2) (. . .).
Insbesondere Art. 9 Abs. 1 lit. (a) des Zweiten Protokolls zur HKSK soll zum Schutz der Kulturgüter vor Wegnahme führen.192 Hier allerdings ist zweifelhaft, was unter „illicit export“ zu verstehen ist. Im Hinblick auf Art. I 1 des ersten Protokolls zur HKSK von 1954, in dem es heißt: „to prevent the exportation“, kann im Zweiten Protokoll jedoch nur die illegale Ausfuhr von Kulturgütern gemeint sein. Die Illegalität bezieht sich dabei auf die nationalen Ausfuhrgesetze des besetzten Staates. Dass das Zweite Protokoll nunmehr diese gelockerte Vorschrift enthält, hat letztendlich einen eher positiven Einfluss auf den Schutz von Kulturgütern. Viele Staaten, darunter die großen Kunstimportstaaten wie die USA oder das Vereinigten Königreich, sahen sich nicht imstande, das erste Protokoll aufgrund der darin enthaltenen engen Vorschriften zu ratifizieren bzw. ihm beizutreten. Der Kunstmarkt in diesen Staaten hätte schwere Erschütterungen erlitten. Nunmehr bezieht sich das Zweite Protokoll von 1999 nur noch auf den illegalen und nicht mehr auf jeglichen Export von Kulturgütern. Die USA haben z. B. mit Mexiko und Peru bilaterale Abkommen zur Rückgabe von Kulturgütern geschlossen, die aus diesen Staaten illegal exportiert wurden.193 Nun 191 Second Protocol to the Hague Convention of 1954 for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict of 26 May 1999, abgedruckt in: ILM 38 (1999), S. 769, 769 ff. und HuV-I 12 (1999), S. 124, 124 ff. Am 9. März 2004 ist es in Kraft getreten. 192 Vgl. dazu auch van Woudenberg, NJB 74 (1999), S. 1806, 1807, Fn. 12. 193 Vgl. die Beispiele unten 2. Kap., Fn. 360.
A. Multilaterale Verträge
73
müsste es für die USA vor diesem Hintergrund ein Leichtes sein, auch einen multilateralen Vertrag zu unterzeichnen, wie sie es bereits mit der Konvention von 1970 getan haben. Als einer weltweit operierenden Militärmacht fällt es den USA jedoch schwer, einen internationalen Vertrag zu unterzeichnen, der scharfe Sanktionen für Individuen, d. h. für die Soldaten selbst, vorsieht. Stets versuchten die USA, die kriegsrechtlichen Sanktionen für Individuen und auch Staaten im Hinblick auf die eigenen Interessen möglichst gering zu halten, um einen möglichst weiten kriegstechnischen Spielraum zu behalten und um ihren Soldaten die objektivere internationale Gerichtsbarkeit zu ersparen. Besonders deutlich zeigte sich dies bei den Verhandlungen zum Statut zum International Criminal Court, in denen die USA darum rangen, ihre Staatsangehörigen der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes zu entziehen.
IV. Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property vom 14. November 1970 (Konvention von 1970) Die Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property vom 14. November 1970194 ist ein Instrument zum Schutz von beweglichen Kulturgütern in Friedenszeiten.195 Anders als die HKSK von 1954 ist die Konvention von 1970 nur auf Kulturgüter196 anwendbar, die von den Vertragsstaaten selbst eine Zuordnung zu besonders schützenswerten Kulturgütern erfahren haben (Art. 1). Jeder Vertragsstaat ist für eine solche Einteilung der Kulturgüter selbst zuständig. Der Anwendungsbereich beschränkt sich auf Kulturgüter, die entgegen einer Export- bzw. Importvorschrift aus- respektive eingeführt wurden.197 Ferner ist die Konvention anwendbar auf Kulturgüter, die gestohlen wurden.198 „Diebstahl“ ist hier in einem strafrechtlichen Sinne gemeint, Plün194
UNTS 832, S. 231 ff. Gimbrère/Pronk, NYIL 23 (1992), S. 223, 227. Vgl. hierzu auch Schneider, Syr. J. Int’l L. & Com. 9 (1982), S. 1, 3 ff. 196 Der Begriff „Kulturgüter“ wird in Art. 1 definiert. Es handelt sich dabei um eine sehr weite Definition. 197 Vgl. zum Anwendungsbereich der Konvention von 1970 Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, 143; von Schorlemer, S. 431 ff.; Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 101 ff. sowie Carducci, S. 134 ff. 198 Vgl. Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 101 ff., zu den Nachteilen und Unzulänglichkeiten der Konvention hinsichtlich gestohlener Kulturgüter. 195
74
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
derung fällt nicht darunter. Anderenfalls würde Art. 11 der Konvention keinen Sinn ergeben. Nur dieser Artikel der Konvention von 1970 widmet sich dem Kulturgüterschutz in Kriegszeiten: The export and transfer of ownership of cultural property under compulsion arising directly or indirectly from the occupation of a country by a foreign power shall be regarded as illicit.
Hier wird der Export und die Übertragung von Eigentum unter Zwang während der Besetzung eines Staates durch einen anderen Staat als illegal i. S. d. Konvention von 1970 erklärt.199 Damit erhalten die Rückgabevorschriften der Konvention von 1970 auch dann Geltung, wenn der besetzte Staat überhaupt keine Exportgesetze für Kulturgüter erlassen hat. Er muss die Kulturgüter allerdings zuvor als besonders schützenswert gekennzeichnet haben (vgl. Art. 1). Ein Rückgabeanspruch für in Kriegszeiten verbrachte Kulturgüter200 ergibt sich aus Art. 11 i. V. m. Artt. 7 lit. (b) (ii) und 13 lit. (b): Art. 7 The States Parties to this Convention undertake: (a) (. . .) (b) (i) (. . .) (ii) at the request of the State Party of origin, to take appropriate steps to recover and return any such cultural property imported after the entry into force of this Convention in both States concerned, provided, however, that the resulting State shall pay just compensation to an innocent purchaser or to a person who has valid title to that property. Requests for recovery and return shall be made through diplomatic offices. The resulting Party shall furnish, at its expense, the documentation and other evidence necessary to establish its claim for recovery and return. The Parties shall impose no customs duties or other charges upon cultural property returned pursuant to this Article. All expenses incident to the return and delivery of the cultural property shall be borne by the requesting Party. Art. 13 The States Parties to this Convention also undertake, consistent with the laws of each State: (a) (. . .) (b) to ensure that their competent services cooperate in facilitating the earliest possible restitution of illicitly exported cultural property to its rightful owner; (c) (. . .) (d) (. . .). 199
Eine solche „Illegalerklärung“ erfuhren in Kriegszeiten verbrachte Kulturgüter im Washington Treaty von 1935 nicht. Deshalb sind die dortigen Rückführungsvorschriften nicht auf Kriegsbeute anwendbar. 200 So auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 320 f.
A. Multilaterale Verträge
75
Für die Rückgabe kommt es demnach auf eine Widerrechtlichkeit bei der Übertragung nicht an. Voraussetzung ist allerdings, dass bei der Übertragung des Kulturguts Zwang angewendet wurde. Das Rückgabeverlangen ist durch den Ursprungsstaat zu stellen, welcher auch sämtliche Kosten (bis auf die Entschädigung des gutgläubigen Besitzers) zu übernehmen hat. Die Rückgabe erfolgt zunächst an die Behörden des Ursprungsstaates, der das Kulturgut an den rechtmäßigen Eigentümer herauszugeben hat.
V. Das Erste Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte von 1977 Haupteinfluss auf das humanitäre Völkerrecht hatten die beiden Zusatzprotokolle von 1977 zu den Genfer Konventionen von 1949, welche zum Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte erlassen wurden. Die Grundsätze des Kriegsrechts werden darin bestätigt und durch Konkretisierung und Ergänzung weiterentwickelt.201 Ein neuer willkommener Aspekt des ersten Zusatzprotokolls202 ist die Anwendbarkeit der Bestimmungen auch auf nationale Befreiungsorganisationen und de facto-Regime203. Hinsichtlich des Kulturgüterschutzes ist Art. 53 die einschlägige Vorschrift: Unbeschadet der Bestimmungen der Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten und anderer einschlägiger internationaler Übereinkünfte ist es verboten, a) feindselige Handlungen gegen geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten zu begehen, die zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören, b) solche Objekte zur Unterstützung des militärischen Einsatzes zu verwenden oder c) solche Objekte zum Gegenstand von Repressalien zu machen.
Dieses Protokoll gilt neben der HLKO und der HKSK und erweitert sogar deren Schutz auf Kulturgüter, die von diesen beiden Konventionen nicht erfasst wurden.204 Im Protokoll werden nicht nur Objekte geschützt, 201
Randelzhofer, EA 33 (1978), S. 725, 726. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte, 8. Juni 1977, BGBl. 1990 II, S. 1551. 203 Vgl. Artt. 1 Abs. 4, 96 Abs. 3. 204 Zum Verhältnis der Vertragsnormen untereinander vgl. Partsch, in: Fleck, S. 377, 379 f., und Randelzhofer, EPIL Inst. 3 (1982), S. 93, 95: „This provision reaffirmes what is already existing law under the 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict.“ 202
76
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
die einen kulturellen, sondern die auch einen spirituellen Wert haben.205 Die HLKO begrenzte ihren Schutz nur auf kulturell wertvolle Objekte, die HKSK nur auf Objekte von großer Bedeutung für das Erbe aller Völker. Das Protokoll schafft einen umfassenden Schutz.206 Da die Zusatzprotokolle einen größeren Zustimmungsgrad haben als die HKSK, schafft Art. 53 einen weithin geltenden, fast universalen Schutz.207 Nach Art. 52 Abs. 3 wird im Zweifelsfall sogar vermutet, dass ein im Regelfall für zivile Zwecke bestimmtes Objekt, wie z. B. eine Kultstätte, nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen beizutragen. Darüber hinaus kann nach dem Zusatzprotokoll die militärische Notwendigkeit nicht mehr als Rechtfertigungsgrund für Zerstörungen von Kulturgütern herangezogen werden.208 Die militärische Notwendigkeit ist, anders als beispielsweise in Art. 54 des Ersten Zusatzprotokolles, in Art. 53 nicht ausdrücklich genannt.209 Zweifelhaft ist, ob das Protokoll auch die Wegnahme bzw. Plünderung von Kulturgütern verbietet. Das Verbot der Begehung „feindseliger Handlungen“ wird von manchen nur als Verbot der Zerstörung gelesen.210 Diese Auslegung ist allerdings viel zu eng. Unter einer feindseligen Handlung ist viel mehr jeder aus dem bewaffneten Konflikt heraus entstandene Akt zu verstehen, der einen wesentlichen, nachteiligen Effekt auf das geschützte Objekt hat oder haben kann.211 Eine Beschädigung des Objekts ist nicht zu verlangen.212 Wie schon aufgezeigt, sieht das Kriegsrecht auch Wegnahmen von Kulturgut als rechtswidrig an, sofern sie nicht in Sicherungsabsicht213 geschehen. Wegnahmen von Kulturgütern können durch den meist nicht fachgerecht durchgeführten Transport schon schweren Schaden an den Objekten verursachen. Weiteres Indiz dafür, dass Schutz vor Wegnahme auch durch dieses Protokoll gewährleistet wird, ist der Verweis auf die HKSK und anderer einschlägiger internationaler Konventionen. Der Anwendungsbereich dieser Konventionen sollte durch das Protokoll jedenfalls nicht eingeschränkt wer205
Genius-Devime, S. 118. Diese Ausweitung des Schutzes wurde aber immens kritisiert, vgl. die Nachweise bei von Schorlemer, S. 287 ff., und Genius-Devime, S. 120. 207 153 Vertragsstaaten (Stand: 31. Dezember 2000). 208 Wenger, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, S. 647, Rz. 2072 f. 209 Spieker, in: Schöttler/Hoffmann, S. 195, 197 und 203. 210 Bothe/Partsch/Solf, S. 333 f. 211 So auch Wenger, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, S. 647, Rz. 2070 m. w. N. 212 Ibid. 213 Diese Absicht muss nach außen hin deutlich gemacht werden. 206
A. Multilaterale Verträge
77
den. Die Wegnahme stellt somit auch eine feindselige Handlung i. S. d. Art. 53 des I. Zusatzprotokolls von 1977 dar.214 Zusätzlich sei an dieser Stelle noch Art. 85 Abs. 4 lit. d)215 erwähnt, welcher vorsätzlich geführte, weitgehende Zerstörungen verursachende Angriffe gegen eindeutig erkannte Denkmäler, Kunstwerke etc. als schwere Verletzungen dieses Protokolls definiert, sofern den geschützten Objekten ein besonderer Schutz gewährt wurde. Schwere Verletzungen des Protokolls sind Kriegsverbrechen und damit die ein solches begehenden Individuen verfolgbar (Art. 85 Abs. 5). Das Protokoll zählt allerdings Kulturgüterwegnahmen in jedweder Form nicht als schwere Verletzungen auf, so dass sie deswegen nicht als Kriegsverbrechen geahndet werden können.216 Ein Rückgabeanspruch ergibt sich aus dem allgemeinen Schadenersatzanspruch aus Art. 91 auf völkerrechtliche Wiedergutmachung: Eine am Konflikt beteiligte Partei, welche die Abkommen oder dieses Protokoll verletzt, ist gegebenenfalls zum Schadenersatz verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihren Streitkräften gehörenden Personen begangen werden.
Ein solcher Anspruch bedeutet auch hier Naturalrestitution.217 Dabei wird hinsichtlich der weiteren Tatbestandsmerkmale auf das oben218 zu Art. 3 des Haager Abkommens von 1907 Gesagte verwiesen.
VI. Die Friedensverträge von 1947 Die Friedensverträge der Alliierten vom 10. Februar 1947 mit den ehemaligen Verbündeten des Deutschen Reiches beinhalten eindeutige Vorschriften bezüglich einer Pflicht der Unterlegenen zur Restitution von widerrechtlich verbrachten Kulturgütern.219 Diese Vertragsvorschriften werden 214 So wohl auch Partsch, in: Fleck, S. 377, 396, Rz. 920, und McCoubrey, S. 180 f. 215 Zu den Unzulänglichkeiten der Fassung dieser Vorschrift vgl. Bothe/Partsch/ Solf, S. 519 f. 216 Vgl. dazu ausführlich u. 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. f). 217 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, S. 1053, 1056. Vgl. dazu auch Wolfrum, in: Fleck, S. 413, 434 f., Rz. 1214. 218 2. Kap., Abschnitt A. I. 1. b). 219 Art. 75 des Friedensvertrages mit Italien (UNTS 49, S. 3 ff.); Art. 23 des Friedensvertrages mit Rumänien (UNTS 42, S. 3 ff.); Art. 24 des Friedensvertrages mit Finnland (UNTS 48, S. 203 ff.); Art. 24 des Friedensvertrages mit Ungarn (UNTS 41, S. 135 ff.); Art. 22 des Friedensvertrages mit Bulgarien (UNTS 41, S. 21 ff.).
78
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
im gewohnheitsrechtlichen Teil220 behandelt, da die Restitutionen nunmehr als weitestgehend abgeschlossen gelten können. Die Friedensverträge von 1947 beinhalten aber auch sämtlichst Vorschriften über die Restitutionspflicht der Alliierten von Eigentum der ehemaligen Feindstaaten, das nach Deutschland verschleppt wurde.221 Exemplarisch sei hier Art. 77 des Friedensvertrages mit Italien zitiert: 1. From the coming into force of the present Treaty property in Germany of Italy and of Italian nationals shall no longer be treated as enemy property and all restrictions based on such treatment shall be removed. 2. Identifiable property of Italy and of Italian nationals removed by force or duress from Italian territory to Germany by German forces or authorities after September 3, 1943, shall be eligible for restitution. 3. The restoration and restitution of Italian property in Germany shall be effected in accordance with measures which will be determined by the Powers in occupation of Germany. 4.–5. (. . .).
Anspruchsgrundlage für ein Restitutionsverlangen ist Abs. 2 der vorgenannten Vorschrift. Dass sie für Güter jeglicher Art gilt, mithin auch für Kulturgüter, die aus den betreffenden Staaten nach Deutschland verbracht und dort aufgefunden wurden, liegt auf der Hand.222 Es stellt sich aber die Frage, ob diese Vorschrift auch für Restitutionsforderungen gegen die ehemaligen Alliierten Anwendung findet, die Kulturgüter der ehemaligen Verbündeten des Deutschen Reiches, die sich auf deutschem Boden befanden, in ihre Heimatstaaten verbrachten. Focarelli versteht die Vorschrift in diesem Sinne als eine Rechtspflicht zur Restitution durch alle Parteien des Friedensvertrages außer Italiens.223 Wegen der Bezugnahme auf „property (. . .) removed (. . .) from Italian territory to Germany“, ohne auf den wirklichen Belegenheitsort abzustellen, fände die Vorschrift auch auf Kulturgüter Anwendung, die von den Alliierten in ihre Heimat oder andere Staaten verbracht wurden.224 Sie könne mithin heute als Anspruchsgrundlage dienen, um diese Kulturgüter zurückzufordern. Es ist äußerst zweifelhaft, ob Focarelli mit seiner Ansicht, dass diese Vorschriften auch noch heute als Anspruchsgrundlage für die Rückgabe von 220
Unten 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. Art. 77 Abs. 2 Italien; Art. 28 Abs. 2 Rumänien; Art. 28 Abs. 2 Finnland; Art. 30 Abs. 2 Ungarn; Art. 26 Abs. 2 Bulgarien. 222 Vgl. dazu Vásárhelyi, S. 127 ff. 223 Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 43. Ferner lässt er sowohl privates als auch öffentliches Eigentum darunter fallen (ibid.). Unter „property“ sei auch „cultural property“ zu verstehen (ibid.). 224 Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 43. 221
A. Multilaterale Verträge
79
Kulturgütern herangezogen werden können, Recht hat. Zwar ergibt sich gemäß des nach Abs. 3 des Art. 77 für die Restitutionen geltenden Besatzungsrechts der Alliierten in Deutschland eine Rückgabepflicht. Z. B. bestimmt Ziff. 10 des Memorandums No. 6 des OMGUS225, das sich mit der Restitution von Gütern an ehemalige Feindstaaten befasst, dass sämtliche Kulturgüter „(. . .) shall be restored to the government of the country from which such property was taken or acquired in any way, whether through commercial transactions or otherwise, provided the requirement of paragraph 2a and c above are met.“.226 Auch in diesem Memorandum wird wieder nicht auf den Belegenheitsort der Sache eingegangen. Danach wäre Focarellis Ansicht bestätigt. Focarelli kommt zu diesem Ergebnis allerdings ohne Art. 76 zu betrachten, der einen vollständigen Verzicht227 Italiens auf sämtliche Ansprüche gegen die Alliierten darstellt, die sich u. a. auf alle erlittene Verluste bzw. Beschädigungen durch Maßnahmen der Truppen oder Behörden der Alliierten und Assoziierten Mächte bezieht.228 Unter „(. . .) all claims (. . .) (a) for losses or damages sustained as a consequence of acts of forces or authorities of Allied or Associated Powers; (. . .)“229 würden dem Wortlaut nach auch Ansprüche auf Rückgabe von auf deutschem Territorium befindlichen Kulturgütern der ehemaligen Verbündeten fallen, die durch die Alliierten aus Deutschland verbracht wurden. Dieser Verzicht widerspricht jedoch dem Gedanken des Art. 77 Abs. 2 und dem nach Abs. 3 anzuwendenden Besatzungsrecht. Trotz Art. 76 besteht die Rückgabeverpflichtung der Alliierten für italienisches Kulturgut, das deutsche Truppen und Besatzungsbehörden nach Deutschland verbracht haben. Teilweise wurde dieses Kulturgut unter Verweis auf Sicherungsabsichten nach Deutschland verbracht. Die alliierten Besatzungsbehörden in Deutschland wären so schon nach Völkergewohnheitsrecht verpflichtet gewesen, das Kulturgut zu restiuieren. Es kann nicht im Sinne des Friedensvertrages sein, dass einerseits ein Anspruch begründet, andererseits aber sogleich wieder ein Verzicht darauf erklärt wird.230 225 Abgedruckt bei Vásárhelyi, S. 128 f. Die anderen Besatzungsbehörden haben ähnliche Vorschriften erlassen (Vásárhelyi, S. 131). 226 Ziff. 2 des Memorandum No. 6 lautet: „Property will be subject to restitution only if a) it is identifiable; b) it has been removed by force or without compensation; c) it has been removed between the following dates: Albania 25 July 1943 and 15 May 1945 Austria 12 March 1938 and 15 May 1945 Bulgaria 2 September 1944 and 15 May 1945 Finland 2 September 1944 and 15 May 1945 Hungary 15 October 1944 and 15 May 1945 Italy 25 July 1943 and 15 May 1945 Roumania 23 August 1944 and 15 May 1945“. 227 Vgl. zum Verzicht u. 4. Kap., Abschnitt C. IV. 228 Vgl. auch Art. 32 Ungarn; Art. 29 Finnland; Art. 30 Rumänien; Art. 28 Bulgarien. 229 Art. 76 Abs. 1 lit. a) Italien.
80
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Auch aus systematischen Gesichtspunkten entfaltet der Art. 76 keine Geltung für Art. 77. Beide Artikel formen zwar die „Section III – Renunciation of Claims by Italy“. Die Anspruchsgrundlage des Art. 77 Abs. 2 folgt in der Systematik des Friedensvertragstextes dem Art. 76. Es kann mithin angenommen werden, dass Art. 76 für Art. 77 keine Wirkung entfalten sollte. Dass Focarelli sich in seiner Argumentation mit Art. 76 nicht auseinander gesetzt hat, ist für sein Ergebnis ohne Belang. Focarelli führt weiter aus, in wie weit der die Restitutionsfragen bis ins Detail regelnde Art. 75 des Friedensvertrages mit Italien231 als Interpretationsbasis zur Füllung der Lücken des Art. 77 bezüglich des Verfahrens der Rückgabe herangezogen werden könne.232 Jedoch ist seine Annahme, dass zwar die in Art. 75 niedergelegten Verfahrens- und Beweislastregeln Anwendung auf Art. 77 finden sollen, nicht hingegen die ebenfalls in Art. 75 niedergelegten Verjährungsvorschriften233, nicht ganz einleuchtend.234 Ferner ist unverständlich, warum Focarelli Italien sämtliche Rückführungskosten auferlegen will, wo doch die Staaten, die die italienischen Kulturgüter aus Deutschland mitnahmen, welche die deutschen Besatzungstruppen in Italien (widerrechtlich) nach Deutschland verbrachten, nach den Grundsätzen des allgemeinen völkerrechtlichen Schadenersatzrechtes235 zur Übernahme der Kosten verpflichtet wären. Diese Staaten begingen ein weiteres völkerrechtliches Unrecht, sofern sie ihrerseits die Kulturgüter nicht nur aus Sicherungszwecken verbrachten236. Desweiteren setzt sich Focarelli nicht mit dem nach Art. 77 Abs. 3 heranzuziehenden damals in Deutschland geltenden Besatzungsrecht auseinander. Nicht nur Art. 75 ist zur Auslegung des Art. 77 Abs. 3 heranzuziehen, sondern das gesamte Völkerrecht, wozu auch gerade das Besatzungsrecht zählt, 230 Vgl. zur ohnehin geltenden Rückführungspflicht der Alliierten Vásárhelyi, S. 130. 231 Der Inhalt weicht nur wenig ab von dem Inhalt des Art. 24 des Friedensvertrages der Alliierten mit Ungarn vom 10. Februar 1947 (teilweise unten abgedruckt im 2. Kap., Abschnitt C. I. 13.). 232 Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 43 ff. 233 Art. 75 Abs. 6 Satz 2 des Friedensvertrages von 1947 mit Italien lautet: „The period during which such claims may be presented shall be six months from the coming into force of the present Treaty.“ Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Verjährung, unten 4. Kap., Abschnitt C. I. 234 Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 44. Dies soll deshalb nicht möglich sein, „because the deadline provision cannot be implicitly inferred from (being totally independent of) the obligation of restitution or the obligation to identify the property“ (ibid.). 235 Vgl. dazu unten 3. Kap., Abschnitt A. III. 236 Dann allerdings wäre eine Kostentragungslast Italiens gerechtfertigt. Vgl. dazu unten 3. Kap., Abschnitt A. III.
B. Bilaterale Verträge
81
welches schon vor den Friedensverträgen von 1947 Geltung erlangt hatte. Es gelten für die Restitutionen an die ehemaligen Feindstaaten vornehmlich die nach dem Besatzungsrecht (und ergänzend nach) allgemeinen Völkerrecht bestehenden Verfahrens-, Beweislast-, Kostentragungs-, und Verjährungsregeln237.
B. Bilaterale Verträge In diesem Abschnitt werden bilaterale Verträge zwischen verschiedenen Staaten behandelt, die Vorschriften beinhalten, die sich mit der Rückgabe von Kulturgütern befassen. Bei diesen Verträgen handelt es sich ausschließlich um Vereinbarungen, die nicht präventiv vor, sondern nach einem Krieg abgeschlossen wurden, um eine einverständliche Regelung bezüglich der Beseitigung der Kriegsfolgen zu erreichen. Sie sind nicht als kriegsrechtliche, sondern als friedensrechtliche Verträge einzustufen.238 Diese Verträge beinhalten zwar friedensvertragsähnliche Vorschriften, sind aber in ihrer Gesamtheit nicht als Friedensverträge anzusehen, da, wie z. B. in den verschiedenen Kulturabkommen und Nachbarschaftsverträgen, keine weiteren typischen friedensvertraglichen Regelungen zu finden sind. Auswirkungen hat dies nur auf die rechtliche Zulässigkeit bezüglich der Anwendung von Repressalien, worauf später239 ausführlich eingegangen wird. 237 Hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen Italiens und anderer ehemaliger Feindstaaten gegenüber den Alliierten, die die in Deutschland aufgefundenen Kulturgüter auf ihr Territorium verbracht haben, kann argumentiert werden, dass die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis der Belegenheit durch die ehemaligen Feindstaaten zu laufen beginnt (vgl. dazu u. 4. Kap., Abschnitt C. I. 4.). Unter diesem Gesichtspunkt kann sich einer der genannten Staaten auch heute noch auf die besprochenen Artt. der Friedensverträge von 1947 berufen. Hinsichtlich der Kulturgüter, die sich noch auf deutschem Territorium befanden, ist zwischen den einzelnen Besatzungszonen zu unterscheiden. Frankreich und die Sowjetunion erließen keine Verordnungen hinsichtlich eines time-limits für die Stellung eines Anspruches (Vásárhelyi, S. 110, 137 und 145), während OMGUS für die ehemaligen Feindstaaten die Restitutionen zum Jahresende 1948 enden lassen wollte (ibid., S. 145). Die Briten verlängerten die Frist von Sommer 1948 bis 1951, bis dahin waren die Restitutionen aber weitestgehenst abgeschlossen (von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 16). Frankreich und Ungarn unterzeichneten sogar ein bilaterales Restitutionsabkommen, welches keine Verjährungsvorschrift enthielt (abgedruckt bei Vásárhelyi, S. 145 in Fn. 16). Es lässt sich feststellen, dass auch noch Güter restituiert wurden, obwohl Verjährungsvorschriften dem entgegenstanden. 238 Eine Ausnahme bildet hier wohl das Interim-Abkommen zwischen Israel und der PLO von 1995 (ILM 36 (1997), S. 551 ff.; vgl. dazu 2. Kap., Abschnitt B. II. 3.), das als Vertrag sui generis eingestuft werden könnte. 239 4. Kap., Abschnitt D. IV. und V.
82
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Zunächst werden die Verträge der Bundesrepublik Deutschland erörtert, sodann wird zu Verträgen dritter Staaten untereinander Stellung bezogen. Diese Verträge können nur eine Auswahl darstellen, da eine Aufzählung sämtlicher bilateraler Vereinbarungen zur Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern den Umfang der Abhandlung völlig ausufern lassen würde. Im Übrigen dürfte sich eine lückenlose Erfassung sämtlicher Restitutionsvereinbarungen als unmöglich darstellen. Auf einzelne zwischenstaatliche Vereinbarungen wird zudem im gesamten Text Bezug genommen.
I. Bilaterale Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und anderen Staaten240 1. Deutschland – UdSSR/Russland Zwischen der UdSSR bzw. der Russischen Föderation und der Bundesrepublik bestehen zwei Verträge, die einen Rückgabeanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter beinhalten. Zum einen ist dies der Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 9. November 1990241. Zum anderen ist dies das deutsch-russische Regierungsabkommen über kulturelle Zusammenarbeit vom 16. Dezember 1992242.243 Zudem wird in der gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Kohl und Präsident Jelzin vom 21. No240 Das deutsch-deutsche Kulturabkommen von 1986 (Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über kulturelle Zusammenarbeit vom 6. Mai; BGBl. 1986 II, S. 710 f.) enthielt keine Regelung über die Rückführung von Kulturgütern an ihren angestammten Platz. Nach einer gemeinsamen Protokollerklärung zu diesem Abkommen (BGBl. 1986 II, S. 711) lässt es die unterschiedlichen Auffassungen in der Frage kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter unberührt. Die Protokollerklärung hatte die Aufnahme von Gesprächen über die Rückführung ermöglicht (zu den Hintergründen vgl. Mahnke, ROW 30 (1986), S. 340, 343). Vgl. zu diesen – heute nunmehr belanglosen – Problemen der deutsch-deutschen Kulturgüterfragen Rolfes, pass. Zum deutsch-deutschen Kulturabkommen vgl. auch Dolzer, in: Isensee/Kirchhof, S. 547, 579 sowie Ress, in: Isensee/Kirchhof, S. 449, 511 ff. 241 BGBl. 1991 II, S. 703 ff. Im Folgenden: deutsch-russischer Nachbarschaftsvertrag. 242 BGBl. 1993 II, S. 1256 ff. 243 Vgl. zu den Streitigkeiten zwischen diesen Staaten Costello, ILSA J. Int’l & Comp. L. 4 (1997–98), S. 141, 141 ff. und Wilske, UCLA J. Int’l L. & For. Aff. 3 (1998), S. 223, 223 ff. Beide Autoren kommen im Ergebnis zu einer Rückgabeverpflichtung Russlands gegenüber der Bundesrepublik.
B. Bilaterale Verträge
83
vember 1991244 in Ziffer 11 Abs. 3 Satz 2 vereinbart, dass Russland und Deutschland darin übereinstimmen, dass unrechtmäßig verbrachte Kunstschätze, die sich auf ihrem Territorium befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden. Diese Wiederholung des Vertragstextes von 1990 und sowie der gleichzeitige Vorgriff auf den Vertragstext von 1992 stellt keinen eigenen Rückgabeanspruch dar, da die Erklärenden ihr keine Rechtsgültigkeit zukommen lassen wollten. Beide Staatenvertreter brauchten für einen rechtsverbindlichen Rückgabeanspruch die verfassungsrechtliche Rückendeckung des jeweiligen Parlaments. Diese gemeinsame Erklärung stellt daher als Staatenpraxis lediglich ein Indiz für die Bildung von (partiellem) Völkergewohnheitsrecht dar. Die nähere Vergangenheit hat aber deutlich gezeigt, dass ein solches Gewohnheitsrecht zwischen Deutschland und Russland nicht entstanden ist, denn die Verhandlungen über Rückführungen verliefen bislang zäh und weitgehendst ergebnislos.245 Zu Rückführungen kam es daher bislang nur äußerst selten.246 Die Erklärung kann ferner als Hilfsmittel für die Auslegung der genannten Vertragstexte gemäß der Artt. 31 ff. der Wiener Vertragsrechtskonvention von 1969 herangezogen werden. a) Der deutsch-sowjetische Nachbarschaftsvertrag von 1990 Dieser Vertrag wurde kurz nach der deutschen Vereinigung an geschichtsträchtigem Datum abgeschlossen. Damit sollte u. a. Übereinstimmung bezüglich der Rolle der Beziehungen beider Staaten in der weiteren Entwicklung in Europa und zwischen Ost und West erzielt werden.247 Für eine gedeihliche Entwicklung der Beziehungen in Europa wurde ein funktionierendes Verhältnis zwischen Deutschland und der Sowjetunion, das sich auf Partnerschaft und Zusammenarbeit gründet, als wesentliches Element erachtet.248 Die Präambel zeigt in ihrem dritten Absatz einen Wunsch auf, welcher maßgebend für die Regelung der Kulturgüterrückgabe gewesen ist: 244
Abgedruckt in Auswärtiges Amt, S. 841–844. Vgl. die Protokolle der Sitzungen der Regierungskommissionen von Deutschland und Russland bezüglich der Rückführung von Kulturgütern bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 36 ff. 246 Vgl. z. B. die Restitution der Chorfenster der Frankfurter Marienkirche im Juni 2002, dazu schon Steyer, Der Tagesspiegel, 29. Dezember 2000, S. 16. Zu Rückführungen der Bundesrepublik an Russland vgl. Titov, in: Genieva/Michaletz/ Werner, S. 178, 181. Darunter befanden sich Gemälde, eine Ikone sowie ein Mosaik des Bernsteinzimmers und eine Glocke (ibid.). 247 Vgl. Informationserlaß des Auswärtigen Amtes vom 19. November 1990, in Auswärtiges Amt, S. 754. 248 Ibid. 245
84
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
„endgültig mit der Vergangenheit abzuschließen“. So wurde in Art. 16 des Vertrages vereinbart: Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken werden sich für die Erhaltung der in ihrem Gebiet befindlichen Kulturgüter der anderen Seite einsetzen. Sie stimmen darin überein, dass verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kunstschätze, die sich auf ihrem Territorium befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden.
Während Abs. 1 des Art. 16 nur eine Erhaltungspflicht für Kulturgüter des Vertragspartners, die sich auf dem Gebiet der anderen Seite befinden (z. B. deutsche Kriegsgräber in Russland oder das Sowjetische Ehrenmal in Berlin-Tiergarten), statuiert, stellt Abs. 2 einen eigenen Rückgabeanspruch dar. Die Voraussetzungen desselben werden im Folgenden behandelt.249 aa) Die Anwendbarkeit des Vertrages Die Anwendbarkeit dieses Vertrages könnte nicht mehr gegeben sein, wenn die UdSSR als Vertragspartner nicht mehr existieren würde, d. h. als Staat untergegangen wäre. Für eine Staatenidentität250 der Russischen Föderation mit der UdSSR spricht beispielsweise die Übernahme des sowjetischen Sitzes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als ständiges Mitglied und die Übernahme der sowjetischen Auslandsvertretungen durch Russland. Die herrschende Ansicht in der völkerrechtlichen Literatur251 jedoch geht von einer Dismembration der UdSSR aus. Durch Deklaration der GUS-Angehörigen von Alma Ata vom 21. Dezember 1991252 wurde die 249 Depta, Temp. Int’l & Comp. L. J. 10 (1996), S. 371 ff., kommt bei ihrer Erörterung der Voraussetzungen dieser Vertragsnorm zu dem Ergebnis, dass Russland die Kulturgüter behalten könne, der Vertragstext entspräche diesem Ergebnis. Leider hat Depta es versäumt, das Gewohnheitsrecht genau unter die Lupe zu nehmen und sich nicht nur einseitig die Raubzüge der Römer, Napoléons, Elgins (!) und Hitlers anzusehen. Die Restitutionen wurden nicht von ihr behandelt. Das Argument „Kunstraub im Krieg hat es schon immer gegeben“ kann, obwohl es richtig ist, so nicht überzeugen. Schließlich gab es Diebstahl auch schon jederzeit, dennoch ist er strafrechtlich verboten. Dasselbe gilt für die Ausarbeitung der russischen Position in einem fiktiven Streit zwischen der Bundesrepublik und der Russischen Föderation vor dem IGH bezüglich der Rückgabe der im Zweiten Weltkrieg verbrachten Kulturgüter durch Stephens, Houston J. Int’l L. 18 (1995), S. 59, 100 und 101 f. Eine solche Argumentation vermag die Abweisung einer deutschen Anspruchserhebung vor dem IGH nicht zu rechtfertigen. 250 Diese vertreten Bothe/Schmidt, RGDIP 96 (1992), S. 811, 824. 251 Statt aller vgl. Schweisfurth, ZaöRV 52 (1992), S. 541, 638; Ipsen/Epping, § 5, Rz. 15; § 31, Rz. 24. 252 ILM 31 (1992), S. 148, 149.
B. Bilaterale Verträge
85
völkerrechtliche Existenz der UdSSR beendet. Diese Erklärung stellte den notwendigen actus contrarius zum Gründungsvertrag der UdSSR vom 30. Dezember 1922 dar.253 Dieser Streit ist an dieser Stelle jedoch nicht auszufechten, denn trotz des Unterganges der UdSSR entfaltet der Vertrag zwischen Russland und der Bundesrepublik Rechtswirkungen.254 Der entsprechende Wille der Russischen Föderation, in diesen Vertrag eintreten zu wollen, lässt sich aus der diplomatischen Note vom 13. Januar 1992 des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation255 erkennen.256 bb) Kunstschätze Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Auslegung des Begriffes „Kunstschätze“, den Art. 16 Abs. 2 verwendet.257 Es ist nicht gesagt, dass unter diesen deutschen Begriff z. B. auch archäologische Funde, die mit Kunst, also mit menschlichem, geistigem Schaffen wenig zu tun haben, fallen. Skelette oder Dinge des allgemeinen Gebrauchs, die nur durch die Überdauerung einer langen Zeitspanne wertvoll wurden, haben nicht notwendigerweise etwas mit Kunst zu tun. Ferner kann das Wortteil „Schätze“ auf einen hohen Wert oder eine große Bedeutung der zu restituierenden Kunst hindeuten.258 Im russischen Vertragstext, dessen Wortlaut gemäß Schlussklausel des Vertrages gleichermaßen verbindlich ist wie der deutsche, wird der Begriff „kul’turnye cennosti“259 verwendet. Hier wird also auf das Stammwort Kultur abgestellt. Der Bereich der kulturellen Werte eröffnet einen allemal größeren Anwendungsbereich als der Bereich der Kunstschätze. Diese Diskrepanz der Sprachen lässt sich durch Art. 33 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge von 1969260 lösen. Nach seinem Abs. 3 wird 253
Schweisfurth, ZaöRV 52 (1992), S. 541, 638. Darüber sind sich beide Seiten einig (vgl. Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 42 f.). 255 BGBl. 1992 II, S. 1016. 256 Auch nach den Anhängern der Meinung, Russland sei mit der UdSSR identisch (so Bothe/Schmidt, RGDIP 96 (1992), S. 811, 824 und Weyer, ROW 36 (1992), S. 166, 171), würde der Vertrag Rechtswirkungen entfalten. Auf die diplomatische Note käme es dann gar nicht an. Vgl. dazu auch Auswärtiges Amt, Die vertraglichen Vereinbarungen, S. 2. 257 Vgl. den Aufwurf dieses Problems bei Fiedler, in: Fiedler, S. 13, 13. 258 Vgl. zur Auslegung des Begriffes „Kunstschätze“ des Art. 36 Satz 1 EWGV a. F. Uhl, S. 151. 259 Zu deutsch „kulturelle Werte“, nach Bielfeldt, Russisch-Deutsches Wörterbuch, S. 1073. 260 BGBl. 1985 II, S. 927 ff. Im Folgenden auch: Wiener Vertragsrechtskonvention. 254
86
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
vermutet, dass die Ausdrücke des Vertrages in jedem Vertragstext dieselbe Bedeutung haben. So ist hier von der weitgehendsten Auslegungsmöglichkeit auszugehen. Unter den Vertragstext dürften mithin sämtliche Kulturgüter fallen.261 Streit herrscht über die Auslegung dieses Vertragsbestandteiles zwischen den Parteien nicht mehr. Im Moskauer Protokoll der gemeinsamen deutschrussischen Rückführungskommission vom 24. März 1994262 heißt es in Ziff. 5 Abs. 1: Beide stimmen darin überein, dass auf Grundlage der in Nummer 2 dieses Protokolls erwähnten zweiseitigen Dokumente [die Verträge von 1990 und 1992, d.V.] Gegenstand der Tätigkeit der Gemeinsamen Kommission diejenigen Kulturgüter sind, die während und infolge des Zweiten Weltkriegs verbracht worden sind.
„Kunstschätze“ ist demnach mit „Kulturgütern“ gleichzusetzen. Dieses Ergebnis würde auch in Einklang mit dem soeben schon genannten Art. 33 Abs. 3 der Wiener Vertragsrechtskonvention stehen. Sofern ein Bedeutungsunterschied zwischen den verschiedenen authentischen Vertragssprachen aufgedeckt wird, gilt die Bedeutung, die am besten mit Ziel und Zweck des Vertrages in Einklang zu bringen ist (Art. 33 Abs. 4 der Vertragsrechtskonvention).263 Deutliche Hinweise auf Ziel und Zweck eines völkerrechtlichen Vertrages bietet seine Präambel. Dies ist auch beim deutsch-russischen Nachbarschaftsvertrag der Fall. So wird im dritten Absatz der Präambel u. a. beschrieben, dass beide Vertragsparteien in dem Wunsch übereingekommen sind, „mit der Vergangenheit endgültig abzuschließen (. . .)“. Ein Abschluss mit der Vergangenheit, zu der auch der Zweite Weltkrieg und dessen Folgen gehören, kann hinsichtlich der Lösung der Kulturgüterrückgabeproblematik nur dann gefunden werden, wenn diese Lösung allumfassend ist. Eine Beschränkung des Rückgabeanspruchs auf Kunstschätze, wie oben beschrieben, ist daher mit Ziel und Zweck des Vertrages unvereinbar.
261 In einer (nicht offiziellen) Übersetzung des Vertragstextes aus dem Russischen in die englische Sprache wird kul’turnye cennosti mit „cultural property“ übersetzt (Boguslavskij, IJCP 3 (1994), S. 243, 247, übersetzt von Przemlslaw R. Suida). Nach Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 42, sollen sich in diesem Punkt die beiden Parteien einig sein. 262 Abgedruckt bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 41–44. 263 Die Vertragsparteien Deutschland und Russland erklärten diese Auslegungsregeln innerhalb der Fachgruppe für Rechtsfragen der Gemeinsamen Kommission als anwendbar (vgl. Ziff. 6 des Saarbrücker Protokolls vom 3. Dezember 1993, abgedruckt bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 37, 38).
B. Bilaterale Verträge
87
cc) Das Verschollensein Verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter sind zurückzuführen. „Verschollen“, dem Wortlaut nach ausgelegt, bedeutet, dass etwas für längere Zeit abwesend und nicht auffindbar ist bzw. für verloren gehalten wurde.264 Unter „verschollenen“ Kulturgütern versteht nunmehr auch die russische Seite in diesem Zusammenhang Kulturgüter, deren Verbleib dem Eigentümer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannt war.265 Zuvor war sie noch davon ausgegangen, dass die kriegsbedingt verlagerten Kulturgüter nicht verschollen seien, da die russischen Behörden wussten, wo sie sich befanden.266 Sie seien von sowjetischen Behörden in Verwahrung genommen worden, das bedeute, dass nur Kulturgüter unter diesen Begriff fallen können, die von Einzelpersonen unbefugt entfernt wurden und über deren Verbleib staatliche Stellen keine Kenntnis hatten.267 Die Vertragsbestimmung kann jedoch so nicht ausgelegt werden, da es keinen Sinn machen und auch rechtsmissbräuchlich sein würde, das inszenierte „Verschollenmachen“ in dieser Art zu rechtfertigen. Die Vertragsbestimmung ist vor dem Hintergrund zu interpretieren, dass über fünfundvierzig Jahre nur ein paar wenige Regierungs- und Museumsbeamte von der Existenz der Kulturgüter wussten.268 Auch andere Staaten hatten keine Kenntnis davon, dass sich die Kulturgüter in Russland befanden.269 Die Interpretation aus deutscher Sicht lässt demnach unter verschollene Kulturgüter alle Kulturgüter fallen, bezüglich welcher „der rechtmäßige Eigentümer oder der Staat über den Aufbewahrungsort nicht informiert war und er über die näheren Umstände der Wegführung und der jeweiligen Lagerung in Unkenntnis blieb“270. Diese Interpretation des Vertrages überzeugt vor dem Hintergrund des Art. 31 der Wiener Vertragsrechts264 Duden, Band 10, Das Bedeutungswörterbuch, zweite Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1985, S. 714 f. 265 Institut für Analyse und Management von Konflikten und Stabilität (IAUKS), S. 10. 266 Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 77; Fiedler, Kriegsbeute, S. 14; Depta, Temp. Int’l & Comp. L. J. 10 (1996), S. 371, 385 f. 267 Vgl. Weber, HuV-I 12 (1996), S. 36, 45. Es handelt sich bei der russischen Auslegung um eine Reduzierung des Begriffes „Verschollensein“ auf Straftatbestände (Diebstahl, Plünderung), die von einzelnen, nicht von Staatsorganen der UdSSR hätten begangen werden können (ibid.). 268 Fiedler, Kriegsbeute, S. 14. 269 Russland behauptet dies allerdings, vgl. Depta, Temp. Int’l & Comp. L. J. 10 (1996), S. 371, 385. Auch wenn dies der Fall wäre, kann es darauf aber nicht ankommen, da es um die Kenntnis des Berechtigten geht. 270 Fiedler, Kriegsbeute, S. 14; vgl. auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 321.
88
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
konvention.271 Dessen Abs. 1 verpflichtet die Parteien, den Vertragstext u. a. nach Treu und Glauben auszulegen. Vorzuschieben, einige wenige hätten vom Verbleib von Kulturgütern gewusst, würde das Ziel des Vertrages vereiteln. Es kann daher nur auf die Wahrnehmung des Vermissenden ankommen.272 Eine Vergangenheitsbewältigung273 kann mit solcherlei Argumenten nicht ernsthaft angenommen werden. Es widerspricht dem Wesen eines Vertrages über die gute Nachbarschaft, dessen Wortlaut durch Spitzfindigkeiten auszuhöhlen. Partnerschaftliche Beziehungen erfordern auch zwischen Staaten ein gegenseitiges Nachgeben und Aufeinanderzugehen.274 Auch kann die Tatsache, dass deutsche Beamte nach dem Krieg bei der Verpackung und Verschaffung von Kulturgütern in die Sowjetunion tatkräftige Unterstützung gegeben haben, keine andere Interpretation des Vertragstextes ergeben. Zunächst ist nicht davon auszugehen, dass diese Beamte den genauen geplanten Aufenthalts- bzw. Bestimmungsort der Kulturgüter gekannt haben. Ferner kann hierin kein stillschweigendes Anerkenntnis bzw. eine stillschweigende Billigung durch Deutschland gesehen werden.275 Nach dem Kriegsende 1945 war das Deutsche Reich zunächst regierungslos. Es war handlungsunfähig, konnte also kein Einverständnis erklären, welches sich durch Rechtsnachfolge bzw. Identität auf die Bundesrepublik übertragen hätte. Auch das Verhalten der DDR spricht gegen ein stillschweigendes Übereinkommen. Nach den Verhandlungen von 1957 über die Rückführung von Kulturgütern aus der Sowjetunion in die DDR276 und den tatsächlich erfolgten Rückgaben bis 1960 stellten DDR271
Abs. 1: „Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.“ (BGBl. 1985 II, S. 927 ff.). Sowohl die UdSSR (bzw. nunmehr Russland) und auch die Bundesrepublik sind Parteien dieses Vertrages. Außerdem hat dieses Auslegungsprinzip gewohnheitsrechtliche Geltung (Verdross/Simma, § 775 a. E.). 272 Auswärtiges Amt, Die vertraglichen Vereinbarungen, S. 5. 273 Antonowa in: Antonowa/Merkert, S. 469, 473, beschreibt die Frage der Kulturgüter als das „wohl einzige ungelöste Problem, das wir als Erbe der Vergangenheit übernommen haben (. . .)“. 274 Ähnlich auch von Schorlemer GYIL, 41 (1998), S. 317, 326, mit Hinweis auf den allgemeinem Rechtsgrundsatz des pacta sunt servanda. Dieser Grundsatz gebiete auch eine Erfüllung des Vertrages nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach seinem sozialen Zweck (ibid. mit Verweis auf Verdross/Simma, § 460). Dieser läge eben nach dem Titel des Vertrages in einer guten Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit (ibid.). 275 Vgl. auch Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 79 f. 276 Zu diesen Rückführungen vgl. Grabowski, JPK 32 (1996), S. 323, 323 ff.; Fiedler in: Strocka, S. 47, 51; Lehmann/Kolasa, S. 240, Dok. 45 (Vorlage an das ZK der KPdSU zur geplanten Rückgabe von Beutekulturgütern an die DDR vom Leiter
B. Bilaterale Verträge
89
Behörden fest, dass die Rückgaben nicht vollständig waren. In einem Entwurf für ein internes Schreiben des Außenministers an den Kulturminister, kündigt dieser einen Protest beim russischen Botschafter in dieser Frage an.277 Wohl aus Gründen, den „großen Bruder“ nicht zu verärgern, hat das Außenministerium der DDR jedoch nie einen Protest in dieser Hinsicht bei der Sowjetunion eingelegt.278 Dies war auch nicht nötig, denn, obwohl beide Seiten 1960 einstimmig erklärten, dass die Rückgaben beendet seien, gingen die Restitutionen durch die Sowjetunion an die DDR bis in die achtziger Jahre weiter.279 Tauchen verschollene Kulturgüter wieder auf, so sind sie zurückzuführen. Auch hier kann nicht eingewandt werden, dass sie mittlerweile nicht mehr verschollen sind. Für das Verschollensein ist das Datum des Vertragsschlusses maßgebend. dd) Unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter Hierunter fallen alle Kulturgüter, die entgegen dem zum Zeitpunkt des Verbringens geltenden Recht verbracht wurden. Darunter könnten nach dem Wortlaut des Vertragstextes demnach sowohl Kulturgüter fallen, die von Privatpersonen gestohlen wurden (z. B. Ikonen aus russischen Kirchen, die massenhaft über die polnische Grenze in die Bundesrepublik drängen), als auch Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden.280 Die der Kulturabteilung des ZK der KPdSU, Herrn D. Polikarpov; o. D.); vgl. auch zur Odyssee der sog. Leningrad-Sammlung des Museums für Völkerkunde in Berlin, einer ethnographische Sammlung von Gegenständen aus aller Welt, die nach dem Krieg nach Leningrad verschwand, von dort an die DDR restituiert wurde, lange in Leipzig aufbewahrt wurde und 1990 nach Berlin zurückkehrte, Höpfner, JPK 29 (1993), S. 157, 157 ff. Klausewitz, Museumskunde 57 (1992), S. 130, 131, berichtet, dass diese Rückführungen möglicherweise auch als Zeichen der Einhaltung internationaler Spielregeln den Amerikanern gegenüber vorgenommen wurden. Die Rückführungen von 1957 seien Ausdruck des Dankes der UdSSR an die DDR für die Teilnahme an der Zerschlagung des Aufstandes in Ungarn gewesen (ibid.; so auch Schauerte, Museumskunde 62 (1997), S. 123, 126). 277 Vgl. den Entwurf eines Schreibens des DDR-Außenministers, Lothar Bolz, an den DDR-Kulturminister, Alexander Abusch, betreffend interner Überlegungen und Reaktionen der DDR-Seite nach Feststellung der unvollständigen Rückgaben aus der Sowjetunion, 1960 (abgedruckt bei Ritter, Kulturerbe, Anlage Q, S. 79). Kuhn, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 45, 45, schreibt allerdings, dass die archivierten Dokumente erkennen lassen, dass die DDR die ernsthafte Absicht hatte, die Angelegenheit ein für allemal zu bereinigen. 278 Kuhn, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 45, 46. 279 Kuhn, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 45, 46 f.; Klausewitz, Museumskunde 57 (1992), S. 130, 132. 280 Vgl. auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 321.
90
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Verbringung könnte sowohl entgegen dem innerstaatlichen Verwaltungsbzw. Strafrecht als auch entgegen dem völkerrechtlichen Kriegsrecht geschehen sein.281 Dass ein Beuterecht an Kulturgütern im Krieg nicht besteht, ist im 2. Kapitel, Teile A und C, ausführlich dargestellt.282 Die Hinweise der russischen Seite auf ihre Interpretation des Vertragstextes dahingehend, dass unter diesen Begriff jedenfalls nicht die Kulturgüter fallen, die während oder nach dem Krieg aus Deutschland aus Sicherungsgründen fortgeschafft wurden, um sie bis zu einer endgültigen Entscheidung aufzubewahren,283 vermögen nicht zu überzeugen.284 Denn es wäre der Sowjetunion oder Russland jederzeit möglich gewesen, eine solche Entscheidung durch bi- oder multilaterale Verhandlungen herbeizuführen. Stattdessen wurden die Kulturgüter über Jahrzehnte in geheimen Depots verwahrt. Eine Rückgabe eines Teils der erbeuteten Werke erfolgte in den späten fünfziger Jahren an die DDR mit dem Hinweis auf die angeblichen Sicherungsabsichten.285 Wenn dies wirklich wahrer Hintergrund für das Verbringen nach Russland gewesen wäre, dann könnten die restlichen Kulturgüter nunmehr auch unter diesem Hinweis ohne Wenn und Aber zurückgeführt werden. Zu der Zeit der Rückgaben an die DDR hätten z. B. auch Verhandlungen mit westlichen Staaten geführt werden können. Irina Antonowa, die Direk281 Dass die Parteien im Moskauer Protokoll vom 24. März 1994 in Ziff. 5 Abs. 1 vereinbart haben, die Gemeinsame Rückführungskommission solle sich mit den Kulturgütern beschäftigen, die infolge des Zweiten Weltkrieges verbracht wurden, schränkt den Anwendungsbereich dieses Artikels auf Kulturgüter, die heute aufgrund von Export-, Eigentums- oder Strafvorschriften unrechtmäßig verbracht werden, nicht ein. Es bedeutet lediglich, dass sich diese Gemeinsame Rückführungskommission mit diesen Problemen auseinandersetzt. Der Schaffung weiterer Kommissionen steht nichts im Wege. Im Folgenden wird jedoch nur auf die Verbringung der Kulturgüter entgegen dem Kriegsrecht eingegangen. 282 Deshalb können die Argumente für die russische Seite nicht überzeugen, die für eine angeblich rechtmäßige Verbringung lediglich die historischen Beispiele der römischen, napoleonischen und die Raubzüge Hitlers heranziehen (vgl. Depta, Temp. Int’l & Comp. L. J. 10 (1996), S. 371, 387; Stephens, Houston J. Int’l L. 18 (1995), S. 59, 100). Vgl. auch Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 119, der ausführt, dass Art. 16 das allgemeine Prinzip bestätige, dass in Kriegszeiten verbrachte Kulturgüter zurückgegeben werden sollen. 283 Vgl. Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 77. 284 Der Ausnahmetatbestand der Sicherung und Erhaltung von Kulturgütern erfordere nach Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 119, 129, objektiv das Vorliegen einer Gefährdung für die Kulturgüter, die nur durch ein Eingreifen und Verbringen der Kulturgüter an einen sicheren Ort abgewendet werden könne. Dabei müsse aber eng mit den heimischen Behörden zusammengearbeitet werden (ibid.). Subjektiv sei ein Rettungswille im Interesse des besetzten Staates erforderlich (ibid.). 285 Dass heute Duma-Abgeordnete diese Rückgaben als unrechtmäßig bezeichnen, ist irrelevant (von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 324).
B. Bilaterale Verträge
91
torin des Puschkin-Museums in Moskau, früheres Mitglied der Trophäenkommissionen, stellt die damalige Situation so dar, dass einige Kunstwerke, die zunächst als Kompensation für verlorene Werke gedacht waren, durch einen Akt des guten Willens freiwillig und ohne Rechtspflicht zurückgegeben wurden.286 Viele der Kunstwerke, die in die Sowjetunion verbracht wurden, sind dorthin mit der klaren Absicht gelangt, dieselben als Trophäen zu behandeln und sie in einem Museum auszustellen. Auch die einseitige Durchführung einer kompensatorischen Restitution bzw. restitution in kind ist nach dem Völkerrecht nicht zulässig.287 Ferner kann das Argument einer Ermächtigung durch den Alliierten Kontrollrat nicht überzeugen. Bislang sind Dokumente, die dies bestätigen, nicht aufgetaucht.288 Aber auch Teile der diesbezüglichen deutschen Argumentation vermögen nicht zu überzeugen. Sie stützt sich auf zwei Säulen: Zum einen auf die Tatsache, dass die Verbringung von Kulturgütern schon zur Zeit des Zweiten Weltkrieges gegen das damals geltende Völkerrecht verstieß; zum anderen und vorrangig auf die Argumentation, dass der Vertragstext des deutsch-russischen Nachbarschaftsvertrages im Lichte der Situation von 1990 betrachtet werden müsse. Der Nachbarschaftsvertrag von 1990 hätte keine alten Wunden aufreißen und eine zukunftsorientierte, abschließende Regelung treffen wollen.289 Es könne nicht Wille der Vertragsparteien gewesen sein, mit den Worten „unrechtmäßig verbracht“ lediglich auf ungelöste Kontroversen über die Vergangenheit zu verweisen.290 Mit einer systematischen, auf Art. 1 Abs. 6291 und Art. 15292 des Nachbarschaftsvertrages 286
Antonowa, in: Antonowa/Merkert, S. 469, 471. So aber anscheinend der Wille der russischen Offiziellen. Vgl. die Nachweise bei Kennon, St. Thomas L. Rev. 8 (1995/1996), S. 373, 378 ff. Vgl. auch die differenzierenden Ausführungen bei Nikandrov, in: Simpson, S. 117, 120, der die eventuell einer Rückgabepflicht unterliegenden Kunstschätze einer Rechtmäßigkeitsprüfung unterziehen will. Diese muß dann ergeben, ob sie der restitution in kind unterliegen oder nicht. Vgl. auch die Ausführungen bei von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 324, Fn. 25, die die Frage stellt, ob die UdSSR nicht hinsichtlich dieses Gewohnheitsrechts einen persistent objector darstellen könnte. Hinweise gäbe es dafür allerdings nicht (ibid.). Siehe dazu unten 4. Kap., Abschnitt B. III. 288 Fiedler, in: Strocka, S. 47, 55. 289 Auswärtiges Amt, Die vertraglichen Vereinbarungen, S. 6. 290 Ibid. 291 Die Parteien gewährleisten in dieser Vorschrift dem allgemeinen Völkerrecht den Vorrang in der Innen- und Außenpolitik und bekräftigen ihre Entschlossenheit, ihre vertraglichen Verpflichtungen gewissenhaft zu erfüllen. 292 Hierin bekräftigen die Parteien ihre Achtung vor der jeweiligen Kultur des Vertragspartners und stellen ihre gegenseitige kulturelle Verbundenheit fest. 287
92
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
von 1990 verweisenden Auslegung des Vertrages wird dann versucht zu begründen, dass die Worte „unrechtmäßig verbracht“ als ein auf die gemeinsame Auffassung im Jahre 1990 bezogener Begriff zu verstehen seien, welcher eine Auseinandersetzung um die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und seiner Folge vermeiden wolle.293 In den Jahren 1990 und 1992 hätten sich Sowjetunion bzw. Russland und Deutschland bestätigt, dass sie gegenseitig ohne jede Einschränkung ihre kulturelle Identität respektieren würden, weshalb die Fortdauer der einseitigen Verlagerung von Kulturgütern nach ihrer jetzigen gemeinsamen Auffassung einen unrechtmäßigen Zustand bedeuten würde, dass „somit die einseitig verlagerten Kulturgüter heute als unrechtmäßig verbracht anzusehen seien und zurückgegeben werden müssen“294. Nur bei einer solchen Auslegung erschließe sich auch die Logik der gleichrangigen Nebeneinanderstellung der beiden Kategorien „verschollen oder unrechtmäßig verbracht“. Es sei anderenfalles nur schwer zu verstehen, weshalb verschollene Kulturgüter unmittelbar einer Rückgabepflicht unterlägen, einseitig verbrachte hingegen nur nach einer weiteren historischen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verbringung.295 Im Klartext bedeutet dies, dass die Parteien 1990 vereinbart hätten, alle einseitig verbrachten Kulturgüter seien zurückzugeben, sie seien als unrechtmäßig verbracht anzusehen, ohne dass eine Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Verbringung stattfinde. Diese Argumentationslinie ist rechtslogisch nachvollziehbar, kann jedoch nicht ganz überzeugen296, da kaum davon auszugehen ist, dass dies wirklicher Wille der Vertragsparteien war. Man hätte dies dann auch in dieser Weise formulieren können. Aber auch andere Interpretationen lässt der Wortlaut zu. So könnte einerseits unter „verschollen“ lediglich die Kriegsbeute fallen, unter „unrechtmäßig verbracht“ könnten die Kulturgüter fallen, die entgegen Exportvorschriften in das jeweilige Hoheitsgebiet der Vertragsparteien verbracht wurden. Bei einer solchen Auslegung unterlägen die Kulturgüter, die als verschollen gelten, hinsichtlich ihrer Rückgabe dann keiner Rechtmäßigkeitsprüfung, denn die Vertragsparteien hätten dann davon ausgehen müssen, dass sie entgegen dem damals geltenden Kriegsrecht verbracht worden seien. Andererseits könnte diese Vertragsvorschrift so zu interpretieren sein, dass auch die Kulturgüter, die i. S. d. oben in diesem Teil unter cc) Gesagten als 293
Auswärtiges Amt, Die vertraglichen Vereinbarungen, S. 6. Ibid., S. 7. 295 Ibid. 296 Dieser Eindruck wird durch die in Auswärtiges Amt, Die vertraglichen Vereinbarungen, S. 7, sogleich folgende Hilfsargumentation noch verstärkt. Dort wird dann der Rückgabeanspruch mit dem historisch gewachsenen Kriegsrecht begründet. Eine Rechtmäßigkeitsprüfung käme zu dem gleichen Ergebnis. 294
B. Bilaterale Verträge
93
verschollen gelten, einer nachträglichen Rechtmäßigkeitsprüfung unterliegen.297 Den Vertrag in dieser Weise auszulegen erscheint als das Plausibelste: Der Wille der Parteien war es, den status quo, der vor dem Zweiten Weltkrieg bestand, wiederherzustellen. Diesem Willen der Parteien am besten zu entsprechen, erreicht man durch die Restitution von Kulturgütern, die auch unrechtmäßig verbracht wurden. Ein solcher Ausgleich entpricht auch dem Sinn und Geist eines Nachbar- und Partnerschaftsvertrages und bietet darüber hinaus den Parteien die Möglichkeit, vor der heimischen Öffentlichkeit das Gesicht zu wahren. Wie die Ereignisse der letzten Jahre gezeigt haben, ist es nicht die russische Regierung, die die Rückgabeverhandlungen von sich aus schwierig gestaltet, sondern die Mehrheit der gewählten Abgeordneten der Duma sowie der russischen Öffentlichkeit. Für diese zählt nicht der allgemeine Völkerrechtssatz des pacta sunt servanda, sondern lediglich ihre (mitunter verständliche) Siegermentalität. Die Wunden des Zweiten Weltkrieges, die das deutsche Volk dem russischen zugefügt hatte, sind noch immer nicht verheilt. Kulturgüter werden nach althergebrachtem Muster als Trophäen und als Entschädigung für das Erlittene angesehen. Es wird sich daher zugegebener Maßen als schwierig erweisen, der russischen Öffentlichkeit verständlich zu machen, dass deren Rückgabe dem geltenden Recht entspricht. Dennoch vermag das Argument der Rechtmäßigkeit einiges Gewicht haben, jedenfalls mehr als eine Rückgabe aufgrund nur einer pauschalen Rückgabeverpflichtung. Diese Rechtmäßigkeitsprüfung ist von der schon errichteten Gemeinsamen Rückführungskommission vorzuehmen. Bislang stagnieren dort aber die Verhandlungen, da es in den Fragen der Auslegung und des Verfahrens noch unausräumbare Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten gibt.298 Diese Auslegung einer notwendigen 297 Dem könnte allerdings das die Worte „verschollene“ und „unrechtmäßig verbrachte“ trennende „oder“ entgegenstehen. 298 Vgl. das Moskauer Protokoll vom 10. Juni 1994: „Protokoll der Sitzung der Fachgruppe ‚Rechtsfragen‘, Moskau, 09. und 10. Juni 1994 1. Die Fachgruppe ‚Rechtsfragen‘ trat am 09. und 10. Juni 1994 in Moskau zu einer Sitzung zusammen. 2. Zu dem ihr vor der Gemeinsamen deutsch-russischen Kommission zur beiderseitigen Rückführung von Kulturgütern im Moskauer Protokoll vom 23./24. März 1994, Ziffer 3, Absatz 4, erteilten Mandat ‚nach den Regeln des Völkerrechts und unter Berücksichtigung der Dresdner Protokolle sowie der bisherigen Ergebnisse der Fachgruppe Rechtsfragen, Vorschläge bezüglich der Rechtsauslegung der Vereinbarungen, die in den oben erwähnten beiderseitigen Dokumenten festgelegt sind sowie Empfehlungen für effektive Verfahrensregeln zu ihrer zügigen Umsetzung auszuarbeiten‘ hat die Arbeitsgruppe trotz intensiver Verhandlungen wegen grundsätzlicher divergierender Rechtsauffassungen eine Einigung nicht erzielen können. 3. (. . .).“ (Abgedruckt bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 44 f.).
94
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Rechtmäßigkeitsprüfung macht vor allem vor dem Hintergrund Sinn, dass diese Vertragsbestimmung nicht nur Kulturgüter betreffen könnte, die während oder infolge des Zweiten Weltkrieges verbracht wurden. Auch und gerade heute können Kulturgüter verschollen und unrechtmäßig verbracht werden. Würde die Vertragsvorschrift in einem Zusatzprotokoll o. ä. auf unrechtmäßig exportierte bzw. importierte Kulturgüter erweitert werden, würde dies vor allem Russland zugute kommen. Der Kulturgüter- (insbesondere der Ikonen-)schmuggel nimmt fast nur eine Richtung: von Ost nach West. Der russische Vertragstext lautet wörtlich übersetzt nicht „unrechtmäßig“, sondern „gesetzeswidrig“. Die Auslegung, auch unter Berücksichtigung der Artt. 31 ff. der Wiener Vertragsrechtkonvention, kann auch hier dazu führen, dass unter „gesetzeswidrig“ eine Prüfung anhand der nationalen Gesetze sowie anhand des Völkerrechts stattzufinden hat. Auch der russische Vertragstext würde demnach eine weite Vertragsinterpretation zulassen. Bislang ist aber von einer solchen Möglichkeit noch kein Gebrauch gemacht worden. Die Parteien einigten sich darauf, dass „(. . .) Gegenstand der Tätigkeit der eingesetzten Gemeinsamen Kommission diejenigen Kulturgüter sind, die während und infolge des Zweiten Weltkrieges verbracht worden sind“.299 Für die Rechtsmäßigkeitsprüfung ist das Völkerrecht anzuwenden, welches zum Zeitpunkt der Verbringung galt. ee) Auf dem Territorium der Vertragsparteien befindlich Das zu restituierende Kulturgut muss sich auf dem Territorium der Vertragsparteien befinden. Ist Kulturgut zunächst auf das Territorium einer Vertragspartei verbracht, dann jedoch in einen Drittstaat weiterveräußert worden, so trifft den Staat, der zunächst Beherberger des Kulturgutes war, keine Pflicht zur Rückgabe (z. B. durch Rückkauf).300 Die Rückgabe ist unmöglich geworden. Eine Schadenersatzpflicht kann nur dann bestehen, sofern der Staat wusste, dass es sich bei dem Kulturgut um ein unrechtmäßig verbrachtes handelte. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Völkerrecht. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Primärpflicht aus dem Vertrag, sondern um eine Sekundärpflicht.
299 Vgl. Moskauer Protokoll vom 24. März 1994, abgedruckt bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 41, 42. 300 So auch Fiedler, in: Strocka, S. 47, 55.
B. Bilaterale Verträge
95
ff) Weitere Sekundärpflichten aus dem Vertrag Es ist fraglich, ob eine Entschädigung für Verwahrung, Pflege, Restaurierung und eventueller Forschung durch den herausgabepflichtigen Staat vom Empfängerstaat verlangt werden kann. Am ehesten könnte man eine solche Pflicht bei verschollenen Kulturgütern annehmen, jedoch nur ab der Zeit, ab welcher sich der herausgabepflichtige Staat der Kulturgüter angenommen und dies auch dem Empfängerstaat mitgeteilt hat. Folgender – fiktiver – Fall mag dies illustrieren: In die Gegend um Königsberg ausgelagerte Kulturgüter wurden nach dem Krieg weiter nach Osten in das Kernland der Sowjetunion verbracht. Jedoch wurden beim Beladen der Transportzüge einige Bilder vergessen. Diese wurden von Privatpersonen gefunden und befinden sich seitdem in deren Besitz. Russische Behörden haben nunmehr Kenntnis davon erhalten und ziehen die Bilder ein. Die Bilder sind aber in solch schlechtem Zustand, dass sie sofort professioneller Pflege bedürfen. Ab dem Zeitpunkt, an welchem die russischen Behörden die deutschen von der Inbesitznahme und ihrem Rückerstattungswillen in Kenntnis gesetzt hatten, könnten die deutschen Behörden verpflichtet gewesen sein, die Auslagen zu erstatten. Der Vertragstext gibt eine solche Pflicht dem Wortlaut nach nicht her. Man könnte hier aber argumentieren, dass nach Sinn und Zweck eines Vertrags über die gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit auch die Pflicht zum Ersatz der notwendigen Aufwendungen auf das „verwahrte Eigentum“ beinhalten müsse. Eine solche Auslegung würde jedoch deutlich zu weit führen, da man durchaus einen solchen Punkt auch hätte regeln können. Für einen derartigen Aufwendungsersatzanspruch wird man daher das allgemeine Völkerrecht bemühen müssen. Im Falle der Kulturgüter, die die sowjetischen Trophäenkommissionen aus Deutschland nach Leningrad, Moskau etc. verschleppt hatten und dort knapp fünfzig Jahre unter Verschluss hielten, kann von russischer Seite her keine Entschädigung für die Verwahrung, Sicherung, Restaurierung etc. gefordert werden.301 All dies hätte von deutscher Seite ausgeführt werden können, sofern die Kulturgüter alsbald nach dem Krieg restituiert worden wären. Eine solche Forderung Russlands, so wie sie u. a. vom Institut für Analyse und Management von Konflikten und Stabilität (IAUKS, Moskau) 301 Während der Verhandlung über die Rückführungen im Jahre 1993 wurde von deutscher Seite jedoch in dieser Hinsicht ein gewisses Entgegenkommen gezeigt (Fiedler, in: Strocka, S. 47, 56). Bei einzelnen Objekten sei eine Übernahme der Kosten durch Deutschland für Restaurierung bzw. Aufbewahrung in der UdSSR vereinbart worden (ibid.).Vgl. dazu auch das Saarbrücker Protokoll vom 3. Dezember 1993 der Sitzung der deutsch-russischen Fachgruppe für Rechtsfragen zur beiderseitigen Rückführung von Kulturgütern, Ziff. 5, abgedruckt bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 39, 40.
96
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
in einem Gutachten aufgestellt wird302, würde gegen den völkerrechtlichen Vertrauensgrundsatz verstoßen. Russland kann nicht Ersatz oder Entschädigung für eine Leistung fordern, die es nach seiner Meinung erbracht hat, weil die deutsche Seite angeblich nicht dazu in der Lage war. Deutschland wäre spätestens einige Jahre nach dem Krieg wieder voll dazu fähig gewesen, Museumsgut sach- und fachgerecht zu betreuen, nur wurde der Bundesrepublik der Besitz an diesen Gütern vorenthalten. Russland entbehrt einer rechtlichen Grundlage für den Ersatz von Aufwendungen für einen Sachverhalt, den es selbst wissentlich und willentlich verursacht hat. Eine solche Rechtspflicht ist auch nicht deshalb entstanden, weil die DDR bei der Rückführungsaktion der Sowjetunion Ende der fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts der Sowjetunion für die Restaurierung, die Verpackung und den Transport der Kunstwerke ca. 4,2 Mio. Rubel überwiesen hat.303 In der Note der DDR bezüglich der Übernahme dieser Kosten kommt keine Anerkennung einer Rechtspflicht zur Zahlung dieses Betrages zum Ausdruck. Außerdem erscheint es fragwürdig, ob die Bundesrepublik überhaupt an eine solche einseitige Anerkennung einer Rechtspflicht durch die DDR nunmehr nach der Vereinigung Deutschlands gebunden wäre.304, 305 gg) Herausgabeberechtigter Herausgabeberechtigter ist nach dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 2 des Vertrages der Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger.306 Der Vertrag stellt 302 Institut für Analyse und Management von Konflikten und Stabilität, S. 8. Die Pflicht Deutschlands zur Entschädigung der Kosten für Aufbewahrung und Restaurierung wird rechtlich allerdings nicht begründet. 303 Vgl. die Verbalnote der DDR an die UdSSR vom Dezember 1959 (abgedruckt in Ritter, Kulturerbe, Anlage P, S. 78; vgl. dazu auch Kuhn, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 45, 46). 304 Hierbei spielen Probleme hinsichtlich des Alleinvertretungsanspruches eine Rolle, den die Bundesrepublik für Deutschland bis 1972 gegenüber der DDR aufrechterhielt, ferner die Anerkennung dieses Anspruches durch andere Staaten und die Behandlung des völkerrechtsrelevanten Handelns der DDR und wie dieses Handeln nach der Vereinigung von der Bundesrepublik akzeptiert wurde (vgl. dazu Art. 12 des Einigungsvertrages, BGBl. 1990 II, S. 885 ff.). Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen an dieser Stelle würde allerdings den Rahmen der Arbeit sprengen. 305 Zu eventuellen Entschädigungsleistungen aus ungerechtfertigter Bereicherung siehe unten 2. Kap., Abschnitt D. 306 Im russischen Vertragstext heißt es wörtlich übersetzt: „Besitzer“ anstelle von „Eigentümer“ und „Erbe“ anstelle von „Rechtsnachfolger“. Auch hier hilft Art. 33 der Wiener Vertragsrechtkonvention weiter. Die Auslegung kann nur ergeben, dass derjenige gemeint ist, der das Bild nach nationalem Recht rechtmäßig zum Zeit-
B. Bilaterale Verträge
97
einen Staatsvertrag dar, der Einzelnen keine individuellen Ansprüche gewähren soll. Diese können ihre Rückgabeansprüche mit Hilfe des diplomatischen Schutzes verfolgen.307 Mit „Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger“ ist also zunächst nicht der wahre Eigentümer, sondern der Staat gemeint, dessen Angehöriger der Eigentümer ist.308 Nur die Bundesrepublik und die Sowjetunion/Russland sind berechtigt, den Anspruch auf Herausgabe zu stellen. Die Weiterleitung an den rechtmäßigen (Privat-) Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger ist dann innerstaatlich zu regeln. Problematisch könnte es allerdings werden, sofern es um Kulturgüter geht, die ihren Ursprung auf nunmehr polnischem Gebiet, z. B. in Schlesien oder Pommern, haben. Es stellen sich mithin die Fragen der Staatennachfolge.309 Von großem Vorteil dürfte bei den Rückgabeverhandlungen deshalb eine Berufung auf diesen Artikel als Anspruchsgrundlage sein. Hier findet die Vertragsauslegung nach dem Völkerrecht der Gegenwart, also der neunziger Jahre, statt, während eine Berufung auf das Völkergewohnheitsrecht das nach Kriegsende geltende Völkerrecht zur Anwendung bringt. Dabei ist zu differnzieren: Es bestehen einerseits die Ansprüche aus den Verträgen. Parallel dazu besteht ein ähnlicher Anspruch aus Völkergewohnheitsrecht auf Rückgabe der Kulturgüter. Die oben angesprochene Rechtmäßigkeitsprüfung ist im Lichte des Völkerrechts der 40er und 50er Jahre vorzunehmen. Die hier erwähnte rechtliche Prüfung des rechtmäßigen Eigentümers ist nach heute geltendem Recht durchzuführen, da über die Rechtsnachfolge etc. damals noch keine Aussage getroffen werden konnte. Wie bereits oben erwähnt, hat sich der internationale Kulturgüterschutz in den letzten fünfzig Jahren gewandelt. Der Territorialbezug ist zugunsten eines humanitären Kulturgüterschutz in den Hintergrund gerückt. Vertreibungsfragen können heute klarer beantwortet werden. Kulturgüter können punkt der Wegnahme tatsächlich in den Händen hielt. Das wird zumeist der Eigentümer oder Leihnehmer etc. gewesen sein. „Erbe“ und „Rechtsnachfolger“ bedeuten das gleiche im erbrechtlichen Sinne. Auch im gesellschaftsrechtlichen Sinne kann bei juristischen Personen die Nachfolgegesellschaft, als „Erbe“ der Rechte der ursprünglichen Gesellschaft bzw. Institution angesehen werden. Bei einem bestehenden Miet-, Leih- oder Pachtverhältnis an dem Kulturgut kann auf den Rechtsnachfolger des Leihnehmers etc. abgestellt werden. Er ist praktisch auch Erbe des vertraglichen Anspruches. Sieht man jedoch den Vertrag als beendigt an (z. B. durch einen Wegfall der Geschäftsgrundlage), so ist wieder auf den Rechtsnachfolger im erb- bzw. gesellschaftsrechtlichen Sinne abzustellen. Gibt es keinen Rechtsnachfolger, ist der Staat Rechtsnachfolger bzw. Erbe. 307 Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 43. 308 Vgl. zu den Problemen, die sich bei manchen juristischen Personen nunmehr stellen können, Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 154 ff. 309 Vgl. Fiedler, in: Fiedler, S. 13, 13, der diese Frage aufwirft.
98
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
mittlerweile auch eine Zuordnung an Bevölkerungsgruppen erfahren, die sich nicht mehr in ihrem ursprünglich angestammten Gebiet aufhalten.310 hh) Anwendbarkeit dieses Vertrages im Verhältnis zu anderen Staaten Dieser Vertrag und damit der in Art. 16 Abs. 2 kodifizierte Rückgabeanspruch ist im Verhältnis zu Tadschikistan, Moldau, Armenien, Usbekistan, Georgien, Kirgisistan, Belarus und Kasachstan anwendbar. Alle diese Staaten haben der Bundesrepublik notifiziert, dass sie in die Vertragspflichten dieses Vertrages als Nachfolgestaaten der Sowjetunion eintreten wollen.311 b) Das deutsch-russische Kulturabkommen312 Der in diesem Zusammenhang interessierende Vertragstext befindet sich in Art. 15. Nahezu wortgleich mit Art. 16 Abs. 2 des deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrages legt er fest: Die Vertragsparteien stimmen darin überein, daß verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden.
Aufgrund des nahezu übereinstimmenden Vertragstextes mit nur einer Abweichung kann auf das zum Nachbarschaftsvertrag von 1990 Gesagte verwiesen werden. Einzig relevanter Punkt, der eine Abweichung enthält, ist der hier benutzte Begriff der Kulturgüter. Eine einheitliche Definition für Kulturgut gibt es weder im Völker- noch im innerstaatlichen Recht.313 Boylan hat sich die Mühe gemacht, alle in internationalen Verträgen auffindbaren Definitionen von Kulturgut aufzulisten.314 Von Schorlemer hat allein ein Kapitel ihrer Arbeit der Annäherung an den Begriff des Kulturgutes gewidmet.315 310 Vgl. Fiedler, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 159, 166 ff. Es würde z. B. wenig Sinn machen, Familienandenken von Vertriebenen nach Polen zu restituieren. Der Territorialbezug der Kulturgüter findet hier seine Grenzen. 311 Tadschikistan: BGBl. 1995 II, S. 255 ff.; Moldau: BGBl. 1996 II, S. 768 ff.; Armenien: BGBl. 1993 II, S. 169 ff.; Usbekistan: BGBl. 1993 II, S. 2038 ff.; Georgien: BGBl. 1992 II, S. 1128 ff.; Kirgisistan: 1992 II, S. 1015 ff.; Belarus: BGBl. 1994 II, S. 2533 ff.; Kasachstan: BGBl. 1992 II, S. 1120 ff. 312 Gemäß der Bekanntmachung dieses Abkommens durch das Auwärtige Amt (BGBl. 1993 II, S. 1256 ff.) ist es am 18. Mai 1993 in Kraft getreten. 313 von Schorlemer, S. 46, 82. s. dazu auch schon oben 1. Kap., Abschnitt C. 314 Boylan, Appendix 6, S. 189 ff. 315 von Schorlemer, S. 46 ff.
B. Bilaterale Verträge
99
Es scheint auch fast unmöglich, eine einheitliche Definition für Kulturgut zu finden, ändert sich doch die Kulturauffassung durch die Menschen fast täglich. Was heute noch schlichter Gebrauchsgegenstand ist, kann morgen schon gefeiertes Kulturgut sein. Der in diesem Abkommen gewählte Begriff des Kulturgutes lädt dazu ein, eine Einzelfallprüfung für jedes Stück vorzunehmen. Nur eine solche Einzelfallbetrachtung kann auch zu befriedigenden Ergebnissen führen, denn ein Objekt, welches für die deutsche Kultur von höchstem Wert sein kann, z. B. aufgrund einer Verknüpfung mit einem geschichtlichen Ereignis, kann für die russische Kultur überhaupt keine Bedeutung haben.316 Warum in diesem Abkommen nunmehr der Begriff des Kulturgutes gewählt wurde, ist unklar. Am wahrscheinlichsten ist es, dass man versuchte, mit dem Begriff des Kulturgutes, der einen sozial-gesellschaftlichen Bezug innerhalb einer sprachlichen, historischen und staatlichen Gemeinschaft hat und damit viel weiter ist, als der Begriff „Kunstschätze“, einen breiteren Anwendungsbereich für das Abkommen zu schaffen. Kunstschätze dürften jedenfalls immer Kulturgüter sein. Über die Auslegung der Begriffe Kunstschätze/Kulturgüter herrscht bei den Rückgabeverhandlungen kein Streit. Es wurde im Moskauer Protokoll der gemeinsamen Rückführungskommission vom 24. März 1994 vereinbart, dass der Gegenstand der Tätigkeit dieser Kommission diejenigen Kulturgüter sind, die während und infolge des Zweiten Weltkriegs verbracht worden sind.317 Aufgrund der Weite und Dehnbarkeit des Begriffes werden wohl sämtliche Objekte, die mit Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung in Zusammenhang stehen, unter diese Definition zu subsumieren sein. c) Deutschland und andere ehemalige Sowjetrepubliken/Nachfolgestaaten der UdSSR aa) Ukraine und Belarus Das zwischen der Bundesrepublik und der Ukraine am 15. Februar 1993318 und das zwischen der Bundesrepublik und Belarus am 3. März 1994319 abgeschlossene Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit enthalten in ihrem Art. 16 Satz 1 eine dem Art. 15 des deutsch-russischen 316 Bei diesem Beispiel dürfte es auch keine Probleme mit der Rückführung geben, ganz anders beim umgekehrten Fall. 317 Vgl. oben 2. Kap., Abschnitt B. I. 1. a) bb). 318 BGBl. 1993 II, S. 1736 ff., in Kraft am 19. Juli 1993. 319 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 194 ff.
100
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Kulturabkommens identische Rückführungsvorschrift. Es sei daher auf die obigen Ausführungen verwiesen. In Satz 2 heißt es in beiden Abkommen darüberhinaus: „Die Gespräche hierüber werden so bald wie möglich aufgenommen.“ Dieser Zusatz bedeutet nicht, dass Satz 1 des Art. 16 des deutsch-ukrainischen bzw. deutsch-belarussischen Kulturabkommens lediglich ein pactum de negotiando bzw. ein pactum de contrahendo darstellt. Die Rückführungsvorschrift ist klar und detailliert genug, um als Anspruchsgrundlage zu dienen. Im September 1996 kam es zwischen der Ukraine und der Bundesrepublik zu ersten Rückführungen von beiden Seiten jeweils mit Bezug auf Art. 16.320 bb) Rückgabevorschriften in Verträgen mit weiteren Staaten Dem Vertragstext des deutsch-russischen Kulturabkommens gleichlautende Vertragsvorschriften finden sich in den Regierungsabkommen der Bundesrepublik mit der Kirgisischen Republik vom 23. August 1993 (Art. 16)321, Tadschikistan vom 22. August 1995 (Art. 15)322, Moldau vom 11. Oktober 1995 (Art. 16)323, Armenien vom 21. Dezember 1995 (Art. 15)324, Aserbaidschan vom 22. Dezember 1995 (Art. 15)325, und Turkmenistan vom 28. August 1997 (Art. 15)326. Sofern diese Staaten in die Vertragspflichten der Sowjetunion eingetreten sind, gelten der deutsch-sowjetische Nachbarschaftsvertrag und das jeweilige Kulturabkommen parallel. Auch hier gilt wieder das zum deutsch-russischen Kulturabkommen Gesagte. 320 Vgl. die Protokolle über die jeweiligen Rückführungen bei Siehr, IJCP 6 (1997), S. 134, 135 f. Vgl. zur Rückführung der Manuskriptsammlung der Berliner Singakademie F. H., Der Tagesspiegel, 20. Januar 2001, S. 25; sowie sehr ausführlich Grimsted, Spoils of War, No. 8, May 2003, S. 67 ff. Sie wurde im Dezember 2001 zurückgegeben. 321 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 1139 ff. 322 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 225 ff.; in Kraft am 18. Juni 2003 (Bekanntmachung vom 18. Juli 2003), BGBl. 2003 II, S. 744. 323 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 208 ff. 324 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 181 ff. Zu Restitutionen von Büchern aus Armenien vgl. Günsche, Die Welt, 5. Mai 1998, S. 2. 325 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 186 ff. 326 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 471 ff.; in Kraft am 19. Juni 2002 (Bekanntmachung vom 16. August 2002), BGBl. 2002 II, S. 2493.
B. Bilaterale Verträge
101
In Art. 17 des deutsch-kasachischen Kulturabkommens vom 16. Dezember 1994327, welcher ansonsten fast wortgleich328 dem Art. 15 des deutschrussischen Kulturabkommens ist, fehlen die Wörter „verschollene oder“. Dies kann dreierlei bedeuten: Entweder sollte mit dem Verzicht auf diese Tatbestandsmerkmale den Auslegungsschwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg gegangen werden oder es sollte klargestellt werden, dass das Wort „verschollen“ in den anderen Verträgen nur deklaratorische Bedeutung hat, da eine Rechtmäßigkeitsprüfung in jedem Falle durchgeführt werden würde. Drittens könnte es darauf hinweisen, dass in Kasachstan keine Kulturgüter, die während oder infolge des Zweiten Weltkrieges verbracht wurden, vermutet werden. Dann würde sich „unrechtmäßig“ allerdings nur auf den Verstoß gegen Exportvorschriften beziehen. Diese letzte Auslegung ist daher abzulehnen. Am wahrscheinlichsten ist jedoch ein bloßes Redaktionsversehen. Jeweils in Art. 16 der Regierungsabkommen über kulturelle Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit Usbekistan vom 28. April 1993329, mit Kirgisistan vom 23. April 1993330 und mit Georgien vom 25. Juni 1993331 wurde zum bekannten Wortlaut des Art. 15 des deutsch-russischen Kulturabkommens vor die Wörter „verschollene und unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter“ der Passus „infolge des letzten Krieges“ hinzugefügt. Dies bedeutet für diese Verträge eine Begrenzung der Rückgabenansprüche auf Kulturgüter, die im Zweiten Weltkrieg widerrechtlich verbracht wurden. Es ist der letzte Krieg gemeint, in dem sich beide Parteien als Gegner gegenüber standen. Unerheblich ist dabei, dass diese Staaten nur als Teilstaaten der Sowjetunion am Krieg teilnahmen. Im Abkommen mit Usbekistan heißt es zudem nur „verschollene oder verbrachte Kulturgüter“.332 Es fehlt das Wort „unrechtmäßig“. Handelt es 327 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 462 ff.; in Kraft am 5. Juni 2003 (Bekanntmachung vom 18. Juli 2003), BGBl. 2003 II, S. 744. 328 Art. 17: „Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter der einen Seite, die sich im Hoheitsgebiet der anderen Seite befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden.“ 329 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 233 ff.; in Kraft am 20. Februar 2002 (Bekanntmachung vom 11. April 2002), BGBl. 2002 II, S. 1159. 330 In Kraft am 22. Juli 2002 (Bekanntmachung vom 20. März 2003), BGBl. 2003 II, S. 423. 331 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 202 ff. 332 Dies besagt auch der gleichermaßen verbindliche Vertragstext in russischer Sprache.
102
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
sich hierbei ebenfalls nicht nur um ein Redaktionsversehen, so könnte die Tatsache des Fehlens dieses Wortes die deutsche Argumentation hinsichtlich der Auslegung des deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrages und des deutsch-russischen Kulturabkommens stützen. Hier ist es deutlich, dass allein die Tatsache der Verbringung einen Rückgabeanspruch auslöst. Eine zusätzliche Rechtmäßigkeitsprüfung müsste daher nicht mehr stattfinden. Darüber hinaus könnte durch diese Formulierung der legale Handel mit Kulturgütern beeinträchtigt werden. d) Die baltischen Staaten Die drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland sind keine Rechtsnachfolger der UdSSR. Für die Zeit nach der Annexion durch die Sowjetunion 1940 bis zu deren Dismembration 1990 existierten sie als Staaten weiter, sie waren lediglich „scheintod“, wie Epping333 es beschreibt. Der Nachbarschaftsvertrag von 1990 kann somit keine Wirkungen für diese drei Staaten entfalten.334 Aber auch mit den drei baltischen Staaten sind durch die Bundesrepublik Regierungsabkommen über die kulturelle Zusammenarbeit geschlossen worden. Darin finden sich abermals mit dem deutsch-russischen Kulturabkommen identische Rückgabeansprüche.335 2. Deutschland – Ungarn und Deutschland – Albanien In den Regierungsabkommen über die kulturelle Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit Ungarn vom 1. März 1994 (Art. 15)336 und Albanien 333
Ipsen/Epping, § 5, Rz. 11. So auch Rothstein, DePaul J. Art & Ent. L. 4 (1993), S. 35, 45. 335 Jeweils Art. 16 des Abkommens mit Lettland vom 20. April 1993 (Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 454 ff.), des Abkommens mit Estland vom 29. April 1993 (Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 445 ff.; in Kraft am 15. August 2002, Bekanntmachung vom 28. Februar 2003, BGBl. 2003 II, S. 340) und des Abkommens mit Litauen vom 21. Juli 1993 (bislang nicht veröffentlicht). 336 Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 479 ff. Dass Ungarn im Friedensvertrag von 1947 (Art. 30 Abs. 4) auf sämtliche Forderungen gegenüber Deutschland verzichtet hat (vgl. dazu ausführlich Randelzhofer/Dörr, S. 61 ff. m. w. N.), kann hier dahingestellt bleiben, da die im Kulturabkommen vereinbarte gegenseitige Rückführung von Kulturgütern jedenfalls als Verzicht der Bundesrepublik auf die Geltendmachung der soeben genannten Friedensvertragsklausel seitens der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang ausgelegt werden muss. In Betracht käme auch ein Estoppel-Einwand, sofern sich die Bundesrepublik auf diese Klausel berufen würde. 334
B. Bilaterale Verträge
103
vom 19. Dezember 1995 (Art. 14)337 finden sich wieder mit Art. 15 des deutsch-russischen Kulturabkommens identische Rückgabeverpflichtungen. Es wird deshalb auf das dazu Ausgeführte verwiesen. 3. Deutschland – Bulgarien Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien über kulturelle Zusammenarbeit vom 19. März 1996 regelt in seinem Art. 20: Die Vertragsparteien tragen zum Informationsaustausch zwischen den zuständigen Stellen ihrer Länder über unrechtmäßig exportierte oder importierte Kulturgüter nach Maßgabe ihrer jeweils geltenden Rechtsvorschriften bei.
Dieser Artikel stellt keinen Rückführungsanspruch dar, was sich u. a. auch durch einen Vergleich mit anderen Verträgen, z. B. dem deutsch-russischen Kulturabkommen von 1992 und dem deutsch-ukrainischen Kulturabkommen von 1993338 erkennen lässt. Vereinbart wurde lediglich ein genereller Informationsaustausch über illegal exportierte respektive importierte Kulturgüter.339 Jedoch kann dieser Informationsaustausch – eine Pflicht zur Auskunftserteilung kann hier nach Treu und Glauben hineingelesen werden, ansonsten hätte diese Vorschrift nur wenig Sinn und wäre eine reine Absichtserklärung – zur Aufklärung des Verbleibes von Kulturgütern erheblich beitragen. Unter illegal exportierte bzw. importierte Kulturgüter fallen z. B. auch Objekte, die entgegen den Vorschriften des ersten Protokolls zur HKSK von 1954 in die Bundesrepublik eingeführt wurden, da dieses Protokoll ein Importverbot für bestimmte Kulturgüter aufstellt. Das Protokoll, das ein eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag ist, gilt in Deutschland als Gesetz, in Bulgarien ist es Teil des innerstaatlichen Rechts (Art. 5 Abs. 4 Satz 1 der bulgarischen Verfassung340). Nach Art. 5 Abs. 4 Satz 2 der bulgarischen Verfassung genießt ein von Bulgarien abgeschlossener, verfassungsgemäß ratifizierter und verkündeter internationaler Vertrag Vorrang vor ihm widersprechenden Normen der innerstaatlichen Gesetzgebung. Das Protokoll von 1954 ist mithin eine Rechtsvorschrift der jeweiligen Vertragspartei i. S. d. Art. 20 des deutsch-bulgarischen Kulturabkommens. Es stellt sich hier jedoch die Frage, ob dieser Artikel des deutsch-bulgarischen Kulturabkommens auch auf Kulturgüter anwendbar ist, die im Zuge 337
Bislang nicht veröffentlicht. Dazu siehe oben 2. Kap., Abschnitt B. I. 1. b) und c) aa). 339 Vgl. zu den Problemen Bulgariens speziell den Ikonenschmuggel betreffend Kamenova, in: Legal Aspects of International Trade in Art, S. 213, 214 ff. 340 Abgedruckt in deutscher Übersetzung in Brunner, Abt. Bulgarien, Ord.Nr. 1.1, S. 1 ff., aus Da˘rzˇaven vestnik („Staatsanzeiger“), Nr. 56 vom 13. Juli 1991. 338
104
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
der Wirren des Zweiten Weltkrieges verbracht wurden. Betrachtet man die Zeit des Vertragsabschlusses (1996), so kann man bei Ziehung eines Vergleichs zu den in diesen Jahren geschlossenen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen ehemaligen Ostblockstaaten durchaus davon ausgehen, dass die Vertragsparteien eine ähnliche Regelung (mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg bzw. ein ähnlicher Wortlaut) angestrebt hätten, wenn sie dies gewollt hätten. Auch die Konvention von 1970 betrachtet in Besatzungszeiten verbrachte Kulturgüter nicht per se als illegal ausgeführt, sondern erreicht dies erst durch eine entsprechende Klarstellung in Art. 11.341 Es ist davon auszugehen, dass das deutsch-bulgarische Kulturabkommen von 1996 keine Anwendung auf Kulturgutrückführungen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg findet. Es wäre demnach bei gegenseitigen Ansprüchen auf das Völkergewohnheitsrecht als Anspruchsgrundlage zurückzugreifen. 4. Deutschland – Polen Die Verhandlungen zwischen Polen und der Bundesrepublik über die Rückführung von kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern gestalten sich neben den Verhandlungen mit Russland als die schwierigsten bilateralen auf diesem Gebiet. Bislang kam es zwischen den beiden Staaten noch zu keinen nennenswerten Rückführungen.342 Insbesondere die noch ungelösten Probleme im Zusammenhang mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung stehen einvernehmlichen Ergebnissen im Wege. Besonderheit der die das Verhältnis Deutschland – Polen betreffenden Fragen ist ihre fast ausschließliche Beschränkung auf Probleme der Staatennachfolge.343 Polen ist hauptsächlich im Besitz deutscher Kulturgüter, die aufgrund von Auslagerungen aus Großstädten im Zweiten Weltkrieg von deutschen Behörden auf nunmehr polnisches Gebiet verbracht wurden. Polen kam also durch keine Wegnahmehandlung in den Besitz der Kulturgüter. Auf den deutsch-polnischen Vertrag soll daher nur kurz eingegangen werden. 341
Vgl. dazu oben 2. Kap., Abschnitt A. IV. In Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage der Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach an die Bundesregierung, ob die Bundesregierung es sechs Jahre nach Unterzeichung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 für ein Zeichen von guter Zusammenarbeit hält, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt (April 1997) es noch zu keinen Rückführungen von Kulturgut seitens Polens gekommen ist, konnte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Hans-Friedrich von Ploetz nur sein Bedauern darüber ausdrücken, dass es noch zu keinen Rückführungen gekommen ist (vgl. BT-Drs. 13/7605, S. 2 f.). 343 Vgl. dazu Kowalski, Art Antiquity and Law 6 (2001), S. 139, 158 ff. 342
B. Bilaterale Verträge
105
Der zwischen der Bundesrepublik und der Republik Polen geschlossene Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991344 beinhaltet keinen Rückgabeanspruch auf Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden.345 Art. 28 Abs. 3 des Vertrages346 spricht lediglich davon, dass die Parteien „bestrebt“ sind, die Rückführungsproblematik zu lösen. Eine Regelung, ob und wie eine Rückführung stattfindet, wurde unterdessen nicht vereinbart. Auch im Vergleich mit ähnlichen Vorschriften in Verträgen mit anderen Staaten stellt sich dieser Artikel nicht als Anspruchsgrundlage dar, er entbehrt einer hinreichend bestimmten Rückführungsverpflichtung.347 Dafür spricht ferner der Briefwechsel zum Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Außenministern der Bundesrepublik und der Republik Polen vom 17. Juni 1991, der die während der Verhandlungen abgegebenen Erklärungen zum Gegenstand hat. In Ziffer 5 erklären beide Seiten übereinstimmend, dass sich der Vertrag nicht mit Fragen der Staatsangehörigkeit und mit Vermögensfragen befasst.348 Es ist nicht eindeutig, ob Kulturgüter unter den hier benutzten Begriff „Vermögen“ fallen. Legt man den Begriff jedoch völkerrechtlich aus, so dürfte sowohl staatliches als auch privates Vermögen damit gemeint sein, worunter auch Kulturgüter fallen.349 Insbesondere sollten durch diese gemeinsame Erklärung Fragen der Staatennachfolge ausgeklammert werden. Liest man den Art. 28 Abs. 3 nunmehr in diesem Zusammenhang, so kann hier jedenfalls kein Rückga344
BGBl. 1991 II, S. 1315 ff. Zu diesem Ergebnis kommen auch Frowein/Zimmermann, S. 4 ff. 346 Art. 28 Abs. 2 und 3 haben folgenden Wortlaut: „(2) Die Vertragsparteien werden sich der auf ihrem Gebiet befindlichen Orte und Kulturgüter, die von geschichtlichen Ereignissen sowie kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen und Traditionen der anderen Seite zeugen, besonders annehmen und zu ihnen freien und ungehinderten Zugang gewährleisten beziehungsweise sich für einen solchen Zugang einsetzen, soweit dieser nicht in staatlicher Zuständigkeit geregelt werden kann. Die genannten Orte und Kulturgüter stehen unter dem Schutz der Gesetze der jeweiligen Vertragspartei. Die Vertragsparteien werden gemeinsame Initiativen in diesem Bereich im Geiste der Verständigung und der Versöhnung verwirklichen. (3) Im gleichen Geiste sind die Vertragsparteien bestrebt, die Probleme im Zusammenhang mit Kulturgütern und Archivalien, beginnend mit Einzelfällen, zu lösen.“ 347 Es werden z. B. nicht wie in Art. 15 des deutsch-russischen Kulturabkommens von 1992 klare Verpflichtungen den Vertragsparteien auferlegt („zurückgegeben werden“; vgl. Frowein/Zimmermann, S. 4). 348 Ziff. 5 des Briefwechsels zum Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der deutschen und polnischen Regierung vom 17. Juni 1991, abgedruckt in: Auswärtiges Amt/Bundesministerium des Innern/Botschaft der Republik Polen, S. 70 ff. 349 Vgl. dazu Verdross/Simma, §§ 999, 1012. 345
106
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
beanspruch vereinbart worden sein, da Vermögensfragen ja gerade außen vor gelassen werden sollten. Im Hinblick auf die angesprochenen „Einzelfälle“ kann man jedoch davon ausgehen, dass Art. 28 Abs. 3 zumindest ein pactum de negotiando darstellt, welches die Vertagsparteien verpflichtet, Verhandlungen aufzunehmen und eine einvernehmliche Lösung zu erstreben, so dass Art. 28 Abs. 3 nicht jeder Rechtswirksamkeit entbehrt.350 5. Deutschland – Rumänien Die Vertragsparteien werden im Geiste dieses Abkommens auch dabei zusammenarbeiten, dass verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden.
So lautet Art. 16 des deutsch-rumänischen Regierungsabkommens über kulturelle Zusammenarbeit vom 16. Mai 1995351. Ähnlich wie im Vertrag mit Polen handelt es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine Anspruchsgrundlage. Aber auch sie stellt mindestens ein pactum de negotiando in Bezug auf die Verhandlungspflicht hinsichtlich einzelner Rückführungsvereinbarungen dar. Aufgrund der klaren Ausformulierung des Ziels, nämlich der Rückgabe von bestimmten Kulturgütern geht diese Vorschrift jedoch weiter, als die inhaltslos anmutenden Worte des deutsch-polnischen Abkommens, das lediglich von einem Bestreben der Parteien spricht, die Kulturgüterprobleme zu lösen. 6. Deutschland – Italien Am 27. Februar 1953 wurde per Notenwechsel zwischen den Regierungen Italiens und der Bundesrepublik Deutschland das sog. Adenauerde Gasperi-Abkommen geschlossen. Diese „Vereinbarung über die Wiederaufnahme der Tätigkeit deutscher wissenschaftlicher Institute in Italien sowie die Rückgabe italienischer Kunstwerke und bibliographischer Materialien an Italien“ beinhaltet zum einen verschiedene Bedingungen für die Wiederaufnahme der Tätigkeit des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, des Deutschen Historischen Instituts in Rom, der Bibliotheka Hertziana (Max-Planck-Institut) in Rom sowie des Deutschen Kunsthistorischen Instituts in Florenz. Zum anderen verständigten sich der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der italienische Ministerpräsident Alcide de Gasperi über die Rückführung von Kunstwerken und bibliogra350 351
Frowein/Zimmermann, S. 5. Bekanntmachung über die vorläufige Anwendung: BGBl. 2000 II, S. 216 ff.
B. Bilaterale Verträge
107
phischen Materialien, die widerrechtlich im Zweiten Weltkrieg auf das jeweils andere Territorium verbracht wurden: Rom 27. Februar 1953 Herr Ministerpräsident, im Anschluss an unsere heutigen Gespräche, im Laufe welcher die Frage der Rückgabe der italienischen Kunstwerke berührt wurde, beehre ich mich Ew. Exzellenz folgendes mitzuteilen: Wie schon in einem Schreiben des Botschafters der Bundesrepublik vom 23.1.1953 festgelegt, ist die Bundesrepublik Deutschland damit einverstanden, dass eine gemischte deutsch-italienische Kommission von Fachleuten gebildet wird, die sich mit den oben genannten Fragen beschäftigen soll. Die Zuständigkeit für die Restitution der Kunstwerke liegt noch ganz in den Händen der Alliierten. Trotzdem erklärt sich die Bundesrepublik bereit, soweit es in ihrer Macht steht, die Arbeiten dieser Kommission zu erleichtern und zu beschleunigen und alles zu tun, und die Rückgabe der schon aufgefundenen oder noch aufzufindenden Kunstwerke und bibliographischen Materialien zu ermöglichen, die während der nationalsozialistischen Regierung zu Unrecht aus Italien entfernt wurden. Genehmigen Sie, Herr Ministerpräsident, den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung. [Adenauer] Seiner Exzellenz Alcide DE GASPERI Ministerpräsident und Minister des Äussern der Italienischen Republik ROM352
Die Antwortnote de Gasperis vom gleichen Tage hatte folgenden Wortlaut: Signor Cancelliere Federale,
Roma, 27 febbraio 1953
ho l’onore di accusare ricevuta della lettera Eccellenza Vostra, in data odierna, del seguento tenora: „Signor Presidente del Consiglio, (. . .)“. [Es folgt die italienische Übersetzung der o. a. Note von Adenauer, d.V.] Nel prendere atto di quanto precede mi è gradito assicurare l’Eccellenza Vostra che a sua volta il Governo Italiano è disposto a restituire alla Germania quelle opere d’arte di partinenza germanica che a cause degli eventi bellici fossero venute a trovarsi illegalmente in territorio italiano.353 352 Quelle: Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin. An dieser Stelle sei Herrn VLR Ludwig vom Auswärtigen Amt für seine nützlichen Informationen und für die Freigabe und Übersendung dieses Abkommens herzlich gedankt. 353 „Unter Bezugnahme auf das Vorausgegangene, ist es mir angenehm, Euer Exzellenz zu versichern, dass die italienische Regierung ihrerseits bereit ist, jene
108
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Colgo l’occassione per pergerLe (sic, d.V.), Signor Cancelliere Federale, gli atti della mia piu alta considerazione. [de Gasperi] A Sua Eccellenza il Signor Konrad Adenauer Cancelliere e Ministro degli Affari Esteri della Repubblica Federale di Germania354
Diese Vereinbarung enthält die gegenseitige Verpflichtung der beiden Parteien, jeweils an den Verhandlungen der gemeinsamen Rückführungskommission teilzunehmen und auf eine schnelle Abwicklung der Restitutionsfragen hinzuwirken. Ein Rückgabeanspruch wird hier vorausgesetzt, aber nicht durch eine bilaterale Vereinbarung geschaffen bzw. konkretisiert. De Gasperis Note an Adenauer liest sich als reine Absichtserklärung ohne jede rechtliche Verpflichtung. Zusammen mit der deutschen Note jedoch kann man hier von einem pactum de negotiando sprechen. Dieser Pflicht in Verhandlungen zu treten, kam die Bundesrepublik zunächst auch nach, es wurde eine Gemeinsame Rückführungskommission gebildet und hunderte von Kunstwerken an Italien restituiert.355 Über die noch immer fehlenden wurde im Jahre 1973 vom Bundeskriminalamt eine Suchliste von 265 Kulturgütern erstellt.356 7. Deutschland – USA In diesem Zusammenhang muss auch die deutsch-amerikanische Vereinbarung über die Rückführung gewisser von der amerikanischen Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland beschlagnahmter Kunstwerke aus dem Jahre 1986357 erwähnt werden. Es ging um 6.255 Kunstwerke, die von der amerikanischen Armee während oder nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihres darstellenden Inhalts beschlagnahmt wurden (sog. KriegsKunstwerke deutscher Herkunft an Deutschland zurückzugeben, welche aufgrund von Kriegsereignissen illegalerweise auf italienisches Territorium gekommen sind.“ (Übersetzung des Verfassers). 354 Quelle: Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin. 355 Bondioli-Osio, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 27, 28. Die Angaben widersprechen sich allerdings etwas. Polaczek, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41, spricht von nur 40 zurückgeführten Kunstwerken. Eine deutsch-italienische Rückführungskommission soll in den Jahren 1953–1969 zusammengearbeitet haben. Die Zusammenarbeit wurde aber abgebrochen, da die beiden Parteien sich nicht auf eine Liste der Kulturgüter einigen konnten, die noch zurückgeführt werden sollten (ibid.). 356 Bondioli-Osio, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 27, 28. 357 BGBl. 1986 II, S. 874 ff. Die Vereinbarung wurde durch Note und Antwortnote geschlossen.
B. Bilaterale Verträge
109
kunst). Nicht zurückgeführt wurden Gegenstände typisch national-sozialistischen Charakters.358 Die Bundesrepublik verpflichtete sich, sämtliche Kosten der Rückführung ab Belegenheitsort zu übernehmen.359 Diese Vereinbarung kommt nur als Anspruchsgrundlage für die Rückführung der Kunstwerke in Betracht, auf die sich die gegenseitigen Noten beziehen. Für alle weiteren sich noch in den USA befindlichen Kulturgüter ist auf das Völkergewohnheitsrecht zurückzugreifen.
II. Bilaterale Verträge dritter Staaten360 1. Republik Korea – Japan Nach mehrjährigen Gesprächen nahmen die ehemaligen Kriegsgegner Korea (hier die Republik Korea) und Japan im Jahre 1965 die diplomatischen Beziehungen wieder auf.361 Während dieser Gespräche kam es auch 358
Vgl. dazu auch Poulos, IJLI 28 (2000), S. 1, 31. Das United States Public Law 97-155 vom 17. März 1982 (Stat. 96, S. 14), das diese Vereinbarung ermöglichte, sah dies als Bedingung vor. 360 In dieser Abhandlung geht es vornehmlich um Verträge, die die Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern regeln. Auf Restitutionsvereinbarungen über Kulturgüter, die in Friedenszeiten illegal außer Landes gebracht wurden, wird nur dann eingegangen, sofern sie auch auf Kulturgüter, die während Kriegen verbracht wurden, anwendbar sind. Darunter fallen z. B. nicht das Abkommen der USA mit Mexiko von 1970 (Treaty of Cooperation for the Recovery and Return of Stolen Archaeological, Historical and Cultural Property, July 17, 1970, United States-Mexico, abgedruckt in ILM 9 (1970), S. 1029 ff., vgl. dazu Jaeger, S. 22 f.; Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 105; Strahl, Brooklyn J. Int’l L. 5 (1979), S. 103, 114 ff.). Ferner fällt nicht darunter die Regierungsvereinbarung zwischen den USA und Peru von 1981 (Agreement for the Recovery and Return of Stolen Archaeological, Historical and Cultural Properties, Lima, September 15, 1981, United States-Peru; abgedruckt in T.I.A.S., No. 10136; vgl. dazu Truslow, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 15 (1982/ 1983), S. 839, 844 ff.). Zu möglichen Rückgabeverlangen eines Staates nach dem Pre-Columbian Art Act of 1972 der USA vgl. Phelan, N. Engl. L. Rev. 28 (1993–94), S. 63, 96. Desweiteren sei hier noch auf das Agreement Between the Government of the United States of America and the Government of Canada Concerning the Imposition of Import Restrictions on Certain Categories of Archeological and Ethnological Material vom 10. April 1997 (abgedruckt in IJCP 8 (1999), S. 245 ff.) hingewiesen. Auch darin sind Rückgabevorschriften für illegal ausgeführte Kulturgüter enthalten. Ferner fallen nicht darunter Verträge, die sich auf die Rückgabe von Kulturgütern beziehen, welche in Kolonialzeiten verbracht wurden (vgl. hierzu Nafziger, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 15 (1982/1983), S. 789, 810 ff., zu Vereinbarungen zwischen Belgien und Zaire und den Niederlanden und Indonesien m. w. N.). 361 Treaty on Basic Relations, 22. Juni 1965, Tokyo, (UNTS 583, S. 33 ff.). 359
110
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
zu einem Abkommen über Kulturgüter und die kulturelle Zusammenarbeit beider Staaten.362 Art. 2 des Agreement on the Art Objects and Cultural Co-operation Between Japan and the Republic of Korea, Tokyo, vom 22. Juni 1965363, unterzeichnet in Tokyo, beinhaltet einen Rückgabeanspruch auf bestimmte Kulturgüter, die in einem Anhang zu dieser Vereinbarung aufgezählt sind: The Government of Japan shall, in accordance with the procedure to be agreed upon between the two Governments, turn over to the Government of the Republic of Korea the art objects enumerated in the Annex within six months after the entry into force364 of the present Agreement.
Diese Vorschrift stellt einen Rückgabeanspruch mit einer klaren Frist dar.365 Dass das Prozedere der Rückgabe noch geklärt werden muss, versteht sich eigentlich von selbst. Diese Klausel am Anfang der Vertragsvorschrift ist kein Hinweis auf ein pactum de contrahendo oder pactum de negotiando. Bei den Kulturgütern, die durch dieses Abkommen betroffen sind, handelt es sich um Gegenstände, die von den Japanern ab Beginn des 20. Jahrhunderts von der koreanischen Halbinsel während der Kolonial- und Militärbesetzung (1910–1945) geplündert wurden.366 Das erklärt auch die einseitige Verpflichtung Japans, Kulturgüter zu restituieren. Korea befindet sich nicht im Besitz von japanischen Kulturgütern. Unter den bezeichneten Gegenständen befanden sich auch objets d’art, die von in Korea lebenden japanischen Sammlern nach Japan verschifft wurden, nachdem sie die Kunstgüter in Kolonialzeiten erworben hatten.367 Das Abkommen ist also kein Vertrag, der sich ausschließlich auf Kulturgüter bezieht, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden. Von den knapp 4.500 im Anhang des Abkommens aufgeführten Gegenständen wurde lediglich knapp ein Drittel zurückgegeben.368 Kulturgüter, die sich mittlerweile in japanischen Privatsammlungen befanden, wurden 362
Kim, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 60, 61. UNTS 584, S. 49 ff. 364 In Kraft seit dem 18. Dezember 1965 (UNTS 584, S. 49, 112 ff.). 365 Das Verstreichenlassen der Frist lässt Japan vertragsbrüchig werden. Auch hier kann der Gedanke des pacta sunt servanda als weitere, sekundäre Anspruchsgrundlage herangezogen werden. 366 Jongsok Kim in einem Brief vom 18. Oktober 2000 an den Verfasser. An dieser Stelle sei Herrn Jongsok Kim, Researcher, City University, London, für die nützlichen Hinweise herzlich gedankt. Vgl. auch Seagrave/Seagrave, S. 244 f., zu diesen Plünderungen. Sowie unten Fn. 596 im 2. Kap. 367 Jongsok Kim in einem Brief vom 18. Oktober 2000 an den Verfasser. 368 Kim, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 60, 62. 363
B. Bilaterale Verträge
111
von den Rückgaben kaum betroffen.369 Die Restitutionsbemühungen wurden von japanischer Seite nicht sehr forciert, ganz das Gegenteil war der Fall: Die Rückgabezahlen von Werken der Literatur wurden nicht nach Werken, sondern nach Bänden gerechnet.370 In den letzten Jahren schlug Korea Japan vor, eine gemeinsame Kommission zur Untersuchung von Gegenständen, die sich in japanischer Privathand befinden, zu schaffen. Eine Reaktion Japans in dieser Angelegenheit erfolgte bislang nicht.371 Seit 1993 steht Korea auch mit Frankreich in Verhandlungen über die Rückführung von verschiedenen Büchern und Gegenständen, die die Franzosen im 19. Jahrhundert in verschiedenen Kriegen in Korea an sich genommen hatten.372 2. Belgien – Russische Föderation Am 8. Dezember 1993 schlossen das Königreich Belgien und die Russische Föderation in Brüssel einen Vertrag über die Verständigung und die Zusammenarbeit373. Dieser Vertrag betrifft sowohl den belgischen Bundesstaat als auch die Regionen. Art. 8 sieht u. a. vor: Die Vertragsparteien verpflichten sich, hinsichtlich der Rückgabe der Archivalien zusammenzuarbeiten.
Da sich diese Vertragsvorschrift nur den Archivalien widmet, soll hier nicht näher auf sie eingegangen werden. Erwähnt sei nur, dass es sich dabei um ein pactum de negotiando handelt. 3. Israel374 – PLO Eine besondere Form einer Rückgabeverpflichtung von Kulturgütern ist im Vertrag zwischen den Palästinensern und Israel von 1995375 enthalten. 369 Kim, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 60, 62. Vgl. dazu die Agreed Minutes to the Agreement on the Art Objects and Cultural Co-operation Between Japan and the Republic of Korea in UNTS 584, S. 111 (bzw. S. 144 in englischer Sprache). 370 Kim, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 60, 62. 371 Vgl. dazu ibid. 372 Poulos, IJLI 28 (2000), S. 1, 14. 373 Abgedruckt in Belgisch Staatsblad – Moniteur belge vom 10. März 1998. Für diesen Hinweis sei Herrn Geert De Proost, Head of the Treaty Section, Ministère des Affaires étrangères, du Commerce etérieur et de la Coopération au Développement, Königreich Belgien, herzlich gedankt. 374 Zum Vertrag zwischen Israel und Ägypten über die Rückgabe bestimmter Kulturgüter aus dem Jahre 1993 vgl. 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. a). Da die vertrag-
112
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Art. 2 Abs. 10 des Anhanges III, Appendix 1 zu diesem Vertrag lautet wie folgt: In areas transferred to the territorial jurisdiction of the Palestinian side, the Israeli side shall provide the Palestinian side with all archaeological records, including, inter alia, a list of all excavated sites and a detailed list and description of archaeological artifacts found since 1967. With due consideration to the Palestinian demand that Israel shall return all archaeological artifacts found in the West Bank and the Gaza Strip since 1967, this issue shall be dealt with in the negotiations on the final status.376
Bei dieser Vorschrift handelt es sich zwar um eine Rückgabeverpflichtung, die jedoch durch den Vorbehalt der noch zu führenden Verhandlungen über den endgültigen Status geschmälert wird. Die Vertragsklausel ist daher nicht mehr als ein pactum de contrahendo, das die Vertragsparteien zunächst verpflichtet, in Verhandlungen einzutreten, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen.377 4. Weitere Verträge im Überblick Die Regierung Ungarns und die Restitutionskommission der Russischen Föderation verabschiedeten am 11. November 1992 ein erstes Protokoll hinsichtlich einer Kooperation bei der Suche, der Registrierung und der beidseitigen Vorbereitung zur Rückführung von Gütern, die im oder in Folge des Zweiten Weltkrieges in ihren Besitz kamen.378 Ein weiteres ungarischrussisches Restitutionsabkommen wurde in Moskau am 21. Mai 1993 unterzeichnet.379 Der Rückgabeprozess verläuft jedoch sehr langsam und hängt hauptsächlich vom politischen Klima in Russland ab.380
lichen Verpflichtungen durch Erfüllung erloschen sind, wird hier nicht weiter auf den Vertrag von 1993 eingegangen. 375 Israel – Palestine Liberation Organization (PLO) Interim Agreement on the West Bank and the Gaza Strip vom 28. September 1995 (Interim-Abkommen von 1995), ILM 36 (1997), S. 551 ff. 376 Der Vertrag von 1995 ersetzt das Israel-PLO Agreement on the Gaza Strip and the Jericho Area vom 4. Mai 1994, ILM 33 (1994), S. 622 ff. (vgl. Art. XXXI Abs. 2 des Interim-Abkommens von 1995). Der hier interessierende Teil des Vertragstextes von 1994 (Art. 2.B.30 lit. (e) des Anhanges II) ist auch abgedruckt bei Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 150, En. 2. 377 Zu den diesbezüglichen vielfachen Problemen vgl. Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 144 ff. 378 Fodor, Spoils of War, No. 0, 05.07.1995, S. 12, 12 f. 379 Fodor, Spoils of War, No. 0, 05.07.1995, S. 12, 13. 380 Ibid.
C. Völkergewohnheitsrecht
113
Ungarn unterzeichnete im April 1995 mit der ukrainischen Restitutionsbehörde ebenfalls eine Rückgabevereinbarung.381 Im Jahre 1998 wurde zwischen Estland und der Russischen Föderation ein Vertrag über die Zusammenarbeit in Fragen des Kulturgüterschutzes geschlossen.382 U. a. sieht er den Zugang zu Kulturgütern der jeweils anderen Seite, die sich auf dem Territorium einer Vertragspartei befinden, vor sowie die Restitution von Kulturgütern, die sich illegal auf dem Territorium einer der vertragsschließenden Parteien befinden bzw. illegal importiert oder exportiert wurden.383 Die Umsetzung der Vertragsziele geht jedoch nur schleppend voran, da sich die russische Seite z. B. mit der Bestellung ihrer Mitglieder der ebenfalls durch diesen Vertrag geschaffenen gemeinsamen Kommission noch viel Zeit lässt.384
C. Völkergewohnheitsrecht Dieser Abschnitt behandelt die völkergewohnheitsrechtliche Anspruchsgrundlage auf Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern. Ein Gang durch die Kriegsrechtsgeschichte von der Antike bis hin zur heutigen Zeit zeigt die verschiedenen Etappen der rechtlichen Entwicklung dieses Anspruches auf. Die Entstehung eines Völkergewohnheitsrechts, das stets aus der Staatenpraxis und der korrespondierenden Rechtsüberzeugung der Staaten besteht, dass dieses Verhalten auch dem Recht entspricht, vollzieht sich in langsamen Schritten.385 Hier wird dargestellt, dass ein Wegnahmeverbot von fremden Kulturgütern im Krieg und eine sich bei Verletzung dieses Verbotes anschließende Restitutionspflicht bereits im Jahre 1815 als geltendes Völkergewohnheitsrecht von der Staatengemeinschaft anerkannt war. Ferner wird erörtert, ob sich im Laufe der Zeit dieses Recht verändert und welches Recht heute Geltung hat. 381
Ibid. Laansalu, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 47, 47. 383 Ibid. 384 Ibid., S. 48. 385 Der IGH, ICJ Rep., S. 3, 44 (North Sea Continental Shelf), definiert Völkergewohnheitsrecht so: „Not only must the acts concerned amount to a settled practice, but they must also be such, or be carried out in such a way, as to be evidence of a belief that this practice is rendered obligatory by the existence of a rule of law requiring it. The need for such a belief, i. e. the existence of a subjective element, is implicit in the very notion of the opinio iuris sive necessitatis. The States concerned must therefore feel that they are conforming to what amounts to a legal obligation. The frequency, or even habitual character of the acts is not in itself enough.“ 382
114
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
I. Von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg 1. Antike Obwohl nur Fragmente des Kriegsrechts und der Kriegsführung von der Antike in die heutige Zeit überliefert wurden, entsteht doch ein einheitliches Bild bezüglich der Behandlung feindlichen Eigentums in und nach Kriegen386: Das feindliche Eigentum war ab Beginn des Krieges res nullius, zur Plünderung frei gegeben und aneignungsfähig. Eigentümer wurde derjenige, der die geplünderte Sache an sich nahm.387 Im Römischen Recht hatte dies zur Konsequenz, dass ein früherer Eigentümer selbst keinen Titel mehr hatte, auch wenn er später wieder in den Besitz der Sache gelangte.388 Eine Restitutionsmöglichkeit gab es daher nur im Wege des Rückkaufes oder -tausches. Aber auch schon in der Antike gab es Stimmen, die ein grenzenloses Plünderungsrecht ablehnten. So brachte Polibius zum ersten Mal die Einschränkung der militärischen Notwendigkeit ins Spiel. Es sei geradezu verrückt, heilige Stätten und Tempel zu zerstören, wenn dabei kein Vorteil herausspränge.389 Außerdem versuchte er, die Römer davon zu überzeugen, dass Rom nicht mit fremden, geplünderten, sondern mit eigenen Kreationen verschönert werden sollte.390 Diese Gedanken entsprangen dem Gebrauch, Tempel und Kultstätten von Kriegshandlungen auszunehmen, welcher im siebenten oder sechsten Jahrhundert v. Chr. entstand. Grund dafür war aber nur der religiöse Wert der Tempel und seiner Gegenstände, nicht etwa der künstlerische. Unter den Griechen zur Zeit des Thucydides soll es geltendes Recht gewesen sein, so berichtet Grotius unter Verweis auf Thucydides, bei Angriffen auf feindliches Territorium, sich mit der Beschädigung oder Zerstörung von heiligen Stätten zurückzuhalten.391 Strabo führt aus, dass die Tectosagen weggenommene Schätze aus Delphi zu Hause erneut weihten, um die Götter zu besänftigen.392 Engstler393 beschreibt ei386
Vgl. die Beispiele und eine Analyse bei Strocka, in: Strocka, S. 9, 9 ff. Wobei die Beute auch häufig nach einem Schlüssel zwischen Staat, Offizieren und Soldaten aufgeteilt wurde, vgl. Grotius, De jure belli ac pacis, 3. Buch, 6. Kap., Abschnitte VIII.–XXV. (Klassiker des Völkerrechts, Bd. 1, 1950, S. 466 ff.). 388 Kowalski, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 6, 6. 389 Polibius, IV, 67. 390 Ibid., IX, 3. 391 Grotius, De jure belli ac pacis, 3. Buch, 12. Kap., Abschnitt VI. 2. (Klassiker des Völkerrechts, Bd. 1, 1950, S. 521). 392 Ibid. Grotius führt weiter aus, dass Kriege moderat geführt werden sollen, insbesondere sollte nur insoweit zerstört, besetzt und beschlagnahmt werden, inwieweit es auch einen militärischen Nutzen bringt. Nachsicht wurde besonders bei religiösen Stätten und geweihten Orten oder Dingen geübt. 387
C. Völkergewohnheitsrecht
115
nige Restitutionen, die auch zweifelsohne stattgefunden, jedoch zur rechtlichen Entwicklung nicht beigetragen haben.394 Das Beuterecht, ius praedae, bestand nach wie vor.395 Aber nicht nur die Römer plünderten und erbeuteten Kunstschätze als Teil der Kriegsführung.396 Die Babylonier unter König Nebukadnezzar erbeuteten Gold und Silber in Salomons Tempel in Jerusalem im Jahre 586 v. Chr.397 Auch der Hunnenkönig Attila nahm sich alles, was ihm in den Weg kam und verteilte es an seine Soldaten.398 Dänische und norwegische Wikinger griffen Ende des siebenten bzw. Anfang des achten Jahrhunderts die Britischen Inseln an und plünderten Klöster in Lindesfarne und Jarrow, die religiösen und kulturellen Zentren von Northumbria in dieser Zeit.399 Gallier und Vandalen versuchten ebenfalls nicht, künstlerisch wertvolle Objekte zu schonen, gerade das Gegenteil war der Fall: Plünderung war das einzige Kriegsziel.400 2. Mittelalter Mit der Verbreitung des Christentums wuchs auch der Respekt vor religiösen Orten. Nicht nur die Synode von Charroux proklamierte einen Schutz der Kirchen in Kriegen401, auch Friedrich I. (Barbarossa)402, römisch-deutscher Kaiser seit 1155, verbot im Jahre 1158 seinen Soldaten, Kirchen zu plündern, woran sie sich – wie auch andere Armeen, die ähnliche Befehle erhalten hatten – aber nur wenig hielten.403 Auch in den Kreuzzügen, verhielten sich die christlichen Armeen nicht anders als es Geiserich oder Attila Jahrhunderte vor ihnen taten. Bedauernswerterweise war das Plündern eines der Hauptbetätigungsfelder der Armeen 393
S. 80–83. Vgl. dazu auch Strocka, in: Strocka, S. 9, 11 ff. 395 Vgl. zur Antike auch die Ausführungen bei Poulos, IJLI 28 (2000), S. 1, 5 ff. 396 Nach Strocka, in: Strocka, S. 9, 17 f., soll man von einem wirklichen Kunstraub der Römer erst ab ca. 200 v. Chr. sprechen können. Die Römer hatten ab etwa dieser Zeit Gelegenheit, griechische Städte zu plündern. Es sei ihnen dann auch wesentlich auf den Kunstwert der Beute angekommen (ibid., S. 25). Die Griechen begannen mit dieser Praxis schon im vierten Jahrhundert v. Chr (ibid.). 397 AT, Jeremias 52:19. Vgl. zu späteren Restitutionen diesbezüglich Strocka, in: Strocka, S. 9, 11 f. 398 Verri, IRRC 25 (1985), S. 67, 74. 399 Black, S. 17. 400 Weitere Beispiele finden sich bei Greenfield, in: Simpson, S. 34, 34 f. 401 Toman, S. 4. 402 Ca. 1122–1190. 403 Verri, IRRC 25 (1985), S. 67, 78; Toman, S. 4. 394
116
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
in den „gerechten“ Kriegen.404 Konstantinopel wurde 1204 zum vierten Mal geplündert (nach drei Überfällen zwischen 476 v. Chr. und 743 n. Chr.). Dabei fanden die vier bronzenen Pferde der Markusbasilika ihren Weg nach Venedig. Mit der Entwicklung des Konzepts vom gerechten Krieg kam jedoch auch eine Neuerung und Differenzierung. Plünderungen im gerechten Krieg waren ja gerecht, Objekte wurden somit rechtmäßig weggenommen. War es jedoch ein ungerechter Krieg, also eine Sünde, so waren auch die Aneignungen ungerecht und die Beute musste zurückgegeben werden. Die Sünde war erst dann gesühnt, wenn die Dinge wieder an Ort und Stelle waren.405 Ob dies aber auch schon eine Rechtsregel des Völkerrechts wurde, ist äußerst zweifelhaft, da die Praxis anders aussah, standen doch Kunstgüter schon immer als Kriegstrophäen hoch im Kurs. Ausnahmen bildeten aber vereinzelt aufgrund ihrer besonderen religiösen Bedeutung und der damit verbundenen Furcht vor Gott die Güter der Kirchen. 3. Beginnende Neuzeit Obwohl sich mit dem aufkommenden Humanismus in der Renaissance auch die Bewunderung der Kunst als solche ausbreitete, nahmen die Plünderungen in Kriegszeiten kein Ende, hier sei nur an den Sacco di Roma von 1527 erinnert.406 Gerade das Interesse an der Kunst steigerte deren Begehrtheit als Beute und Repressalienobjekt. Nicht viel hat sich zur Antike oder zum Mittelalter verändert, nur vereinzelt wurden erste Stimmen laut, die nicht nur den Schutz von Kircheneigentum forderten, sondern auch den von weltlichen Kunstwerken und Bibliotheken und sogar der Personen, die berühmt für ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind.407 404
Vgl. auch Poulos, IJLI 28 (2000), S. 1, 8. So Kowalski, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 6, 6. 406 In dieser Zeit waren Bibliotheken und Manuskripte bevorzugte Beute. So wurde 1541 von den Türken, nachdem sie Budapest 1526 erobert hatten, die einzigartige Bibliothek des Königs der Ungarn, Mathias Corvinus, nach Konstantinopel verbracht. Teile davon wurden in den Jahren 1869, 1877 und 1889 restituiert (Engstler, S. 86 f.). Eine Überzeugung der Türken, dass sie dabei in Einklang mit dem Ende des 19. Jahrhundert geltenden Rechts – wie wir weiter unten sehen werden – gehandelt haben, lässt sich nicht feststellen. Die zurückgegebenen Werke wurden vielmehr als Geschenk von einem Souverän an einen anderen behandelt, obwohl sie häufig von ungarischer Seite zurückverlangt wurden. Nach den Regeln des intertemporalen Völkerrechts waren die Türken jedoch zur Rückgabe nicht verpflichtet, da 1541 zur Zeit des Raubes, keine Restitutionspflicht bestand. 407 Kowalski, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 6, 7; Toman, S. 4, die von solchen Forderungen Jakub Przyluskis (Jacobus Prilusius), Leges seu statuta ac pri405
C. Völkergewohnheitsrecht
117
4. Das siebzehnte Jahrhundert Durch die Reformation im nördlichen Europa nahmen die religiösen Spannungen am Ende des sechszehnten/Anfang des siebzehnten Jahrhunderts zu. Selbst der Religionsfriede von Augsburg 1555 konnte wichtige Fragen nicht beantworten. Dreißig Jahre nach dem Fenstersturz von Prag 1618 lag Europa in Schutt und Asche. War der Dreißigjährige Krieg zunächst ein Krieg unter deutschen Landesfürsten, wurde er doch bald ein intereuropäischer Konflikt um Macht, Einfluss und Wohlstand. Kulturgüter wurden wie eh und je geplündert und zerstört, Generäle befahlen ihren Soldaten, „Terror durch Feuer, durch das Schwert und durch Plünderungen über das Land zu verbreiten“408. Jedoch ist eine bemerkenswerte Wendung am Ende des Krieges in den Friedensverträgen des Westfälischen Friedens von 1648 zu verzeichnen.409 Art. 114 des Vertrages von Münster410 und Teil XVI, § 15 des Vertrages von Osnabrück411, beide vom 24. Oktober 1648, ordneten die Restitution von Archiven, Manuskripten und allen unbeschädigten sonstigen Mobilien an, die während des Krieges geplündert und verbracht worden waren.412 Obwohl sich ein Trend in diesem Jahrhundert abzeichnete413, Kulturgüter nach Kriegen zu restituieren, kann jedoch noch nicht von einer neuen Rechtsregel gesprochen werden. Plünderung war noch immer erlaubt. Jedoch änderte sich das Verantwortungsbewusstsein zugunsten der eigenen kulturellen Identität.414 Die Sieger, die zweifelsohne die Friedensvertragsvilegia Regni Poloniae, Krakau 1553, S. 875 ff., sprechen. Auch Justin Gentilis hatte ähnliche Ideen (Dissertatio de eo quod in bello licet, S. 21 ff., Argentorati 1690 (zitiert bei Toman, S. 4 f.)). 408 Raimondo Montecuccoli (1609–1680), ein italienischer General in Diensten des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, Ferdinand II, in: Aforismi dell’ arte bellica, zitiert nach Verri, IRRC 25 (1985), S. 67, 81. 409 Zu den anderen, teilweise bahnbrechenden Veränderungen, die der Westfälische Frieden mit sich brachte vgl. Randelzhofer, Völkerrechtliche Aspekte Heil. Röm. Reich, S. 54 ff. 410 Abgedruckt in: Israel, Bd. 1, S. 7 ff. 411 Abgedruckt in: Schmauss, S. 741 ff. 412 Vgl. dazu Engstler, S. 87; Kowalski, Spoils of War, No. 3, Dezember 1996, S. 10, 10 f. 413 Für weitere Beispiele s. Engstler, S. 88 f.; Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 77, Fn. 41 und 42; Kowalski, Art Treasures, S. 18 ff.; sowie Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 757, Fn. 6: Z. B. die Friedensverträge von Nikolsburg vom 26. Januar 1622, von Wehdau vom 22. Juli 1657, von Oliva vom 3. Mai 1660, von Nimwegen vom 17. Juli 1677 und vom 17. September 1678 etc. 414 Die Kriegsführungsmethode der „verbrannten“ Erde gehörte zu den gewöhnlichen Mitteln der Kriegsführung. Noch im 17. Jahrhundert (1689) verwüstete Ludwig XIV. die Pfalz, wo er unter anderem den Dom zu Speyer erheblich beschädigte
118
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
vorschriften den Verlierern oktroyierten, wollten ihr geraubtes Gut und besonders ihre verlorengegangenen Kulturschätze wieder zurückbekommen. Von einer opinio iuris kann aber nicht gesprochen werden, da auch den Siegern der Wille fehlte, an ein generelles Plünderungsverbot gebunden zu sein, was bedeutet hätte, dass auch sie die ihrerseits geplünderten Kostbarkeiten an die Verlierer hätten herausgeben müssen. Auch in der 1625 herausgegebenen Schrift „De Jure Belli ac Pacis“ von Hugo Grotius, in der er sich intensiv mit dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Kriegsvölkerrecht beschäftigt,415 ist nichts von einem Plünderungsverbot von Kulturgütern zu lesen. Er verweist auf die Regeln, die in der Antike und im Mittelalter gegolten haben. Weiterhin soll derjenige, der einen gerechten staatlichen Krieg führt, Eigentümer von allem werden, was er seinen Gegnern abnimmt und zwar ohne Einschränkungen.416 Vom aufkommenden Humanismus ist nur bei seinen Ausführungen zum Recht der Kriegsgefangenschaft und in Beziehung auf die Umwelt etwas zu erahnen. Grotius’ Gedanken der Restriktion der Kriegsführung wurden später in die Haager und Genfer Konventionen übernommen und verfeinert.417 Samuel von Pufendorf setzt sich in seinen Werken nicht mit dem Schutz von Kulturgüten in Kriegszeiten auseinander.418 5. Das achtzehnte Jahrhundert Die Aufklärung hatte u. a. auch Einfluss auf die Kriegsführung. Unter Rücksichtnahme auf das kriegsrechtliche Institut der militärischen Notwendigkeit, plädierte de Vattel 1758 dafür, die wegen ihrer Schönheit auffallenden Gebäude und Werke in Kriegszeiten vor Schädigung zu bewahren, da sie die ganze Menschheit ehren und in keiner Weise geeignet sind, den Gegner zu stärken.419 Jedoch sprach er nur über die Zerstörung, die Plünderung und Beschlagnahme ließ er unerwähnt. Jean-Jacques Rousseau war schließlich der Wegbereiter für die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Eigentum in Kriegszeiten in seinem Contrat Social.420 Krieg sei eine Beziehung zwischen Staaten, nicht und die Kaisergräber schändete. Diese Vorfälle, wie die Welle der Empörung, die durch Europa lief, erahnen lässt, mögen auch zur Änderung des Verantwortungsbewusstseins beigetragen haben. Vgl. Foramitti, S. 19. 415 s. auch schon oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 1. 416 Grotius, 3. Buch, 6. Kap., Abschnitt II. 1. (Klassiker des Völkerrechts, Bd. 1, 1950, S. 463). 417 Friedman, in: Friedman, S. 3, 15. 418 Hollander, S. 17. 419 de Vattel, S. 293 f.
C. Völkergewohnheitsrecht
119
zwischen den einzelnen Menschen. Nur durch Zufall werden die Einzelnen zu Feinden, nicht als Menschen oder Bürger, sondern nur als Soldaten, nicht als Angehörige des Staates, sondern allenfalls als dessen Verteidiger.421 Damit dürfe nur das Eigentum des Staates beschlagnahmt und zerstört werden, aber auch nur insoweit es Vorteile bei der Kriegsführung bringe. Güter, die nicht direkt militärischen Nutzen hatten, wie z. B. Kirchen, Schulen, Bibliotheken, Sammlungen und wissenschaftliche Einrichtungen, sollten einen gewissen Grad an Schutz erhalten. Diese Entwicklung war auch einer anderen philosophischen Richtung der Aufklärung zu verdanken. Von den Vertretern der Naturrechtslehre422, wie z. B. Christian Wolff, wurde die Menschenrechtskonzeption eingeführt. Wie Rousseau es vorschlug, wurden Konfiszierungen von Kulturgütern in Kriegszeiten immer seltener. Wurden sie dennoch verbracht, war die Bereitschaft, sie zu restituieren, groß. Dies beweisen die Friedensverträge und Erklärungen des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts.423 Heute streiten sich die Gelehrten über das exakte Entstehungsdatum des Verbots der Plünderungen von Kulturgütern. Es ist umstritten, ob das diesbezügliche Völkergewohnheitsrecht schon im 18. Jahrhundert entstand, wie es manche424 annehmen. Verri425 verliert nicht einmal ein Wort über 420
Rousseau, Buch I, Kap. IV, (Reclam, 1986, S. 12 f.). s. dazu auch Maurer, S. 10. Vgl. Engstler, S. 89 f., der auf S. 90 in Fn. 203 erwähnt, dass dies nur kontinental-europäischer Brauch war. Im anglo-amerikanischen Recht hielt man noch immer an der alien-enemy-Konzeption fest. 421 Rousseau, Buch I, Kap. IV, (Reclam, 1986, S. 13). 422 Vgl. dazu von Martens, Völkerrecht, Bd. 1, S. 154 ff. 423 Vgl. Art. 7 des Vertrages von Versailles vom 3. September 1783 (Restitution von Archivalien) zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Vereinigten Königreich, der den Unabhängigkeitskrieg der USA beendete. Weitere Beispiele sind die Erklärungen von 1772 zur ersten Teilung Polens durch die Mächte Preußen, Österreich und Russland, vgl. Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 757, Fn. 7. Vgl. jedoch die nicht geradezu rühmliche Praxis von Preußen und Russen bei der Teilung Polens und die Verfahrensweise, mit der verschiedene Kunstschätze von Stanislaus August, dem „König ohne Land“, aus besetzten Gebieten abtransportiert wurden, bevor der nach den Teilungserklärungen rechtmäßige Besatzer einrückte (Treue, S. 188–190). Jedenfalls wurden Kunstwerke zumindest als Privateigentum anerkannt (ibid., S. 253). Anzumerken sei hier noch die Unterscheidung zwischen Beschlagnahme und Zerstörung von Kulturgütern. Letztere war noch bis ins späte neunzehnte Jahrhundert legal (vgl. Strebel, ZaöRV 16 (1955/56), S. 35, 39). 424 So Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 217; Becher, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96, 97; Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 757 und 759. Gegen diese Ansicht kann man aber die Tatsache stellen, dass das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 Plünderung im Krieg immer noch als gültigen Rechtserwerbtitel ansah.
120
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
die vielen Friedensverträge mit ihren Bestimmungen zur Restitution von Kulturgütern, obwohl er anerkennt, dass Kriege nunmehr in einer „more ‚gentlemanly‘ fashion“ als im siebzehnten Jahrhundert geführt wurden. Andere426 wiederum sind der Ansicht, dass sich das Plünderungsverbot von Kulturgütern im ius in bello erst mit dem Wiener Kongress 1815 durchgesetzt hat. Diesen akademischen Disput zu lösen, ist so gut wie unmöglich, da Gewohnheitsrecht sich bekanntlich über einen längeren Zeitraum entwickelt und bei einem gewissen Ereignis als geltend angesehen und danach gehandelt wird. In welchem Zeitraum das Gewohnheitsrecht entstanden ist, kann dahinstehen, da die Staatengemeinschaft jedenfalls beim Wiener Kongress 1815 Frankreich verpflichtete, alle geraubten Kunstschätze an ihre vorherigen Eigentümer zu restituieren.427 Dies zumindest beweist die Existenz einer solchen Rechtsregel.428 Ein weiterer Grund für den Schutz von Kulturgütern in Kriegszeiten war der spezielle Schutz von privatem Eigentum, welcher im achtzehnten Jahrhundert aufkam.429 Waren Kulturgüter in privater Hand, so waren sie auch gleichsam als Privateigentum geschützt. Kulturgüter boten auch kaum einen militärischen Vorteil, so dass auch dadurch Plünderung und Beschlagnahme von Kulturgütern ausgeschlossen waren.430 Hall431 führt weiter aus, dass Kunstwerke und Sammlungen häufig auch wegen ihrer Verbindung zu den Souveränen und Herrschern der Staaten vor den Kriegswirren behütet wurden. Sie wurden verschont wie königliche Paläste verschont wurden „on the grounds of the personal courtesy supposed to be due from one prince to another“.432 Zwar spricht Hall hier von „personal courtesy“, dies bedeutet jedoch nicht, dass sich das Gewohnheitsrecht nicht bis zum Wiener Kongress entwickelt haben könnte. Völker425
Verri, IRRC 25 (1985), S. 67, 81 f. Engstler, S. 116; Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 86. Eine weitere Ansicht liefert Carducci, S. 126, der eine dahingehende, von einer Rechtsüberzeugung getragene Praxis der Staaten nicht einmal zum Ende des Ersten Weltkrieges erkennen will, es hätte sich stets nur um bloße Völkercourtoisie gehandelt. 427 s. u., 2. Kap., Abschnitt C. I. 7. b). 428 Eine gleichzeitige und gleichmäßige Entwicklung des Schutzes hinsichtlich aller Sparten von Kulturgütern ist jedoch nicht zu verzeichnen. Es ist zu unterscheiden zwischen Archiven und Bibliotheken, bildender Kunst, Bauwerken etc. Den sicheren Abschluss für einen Schutz aller Sparten stellten die Regeln der HLKO dar (vgl. Fiedler in Reichelt, S. 69, 70 f.). Bei den durch den Wiener Kongress restituierten Kulturgütern handelte es sich hauptsächtlich um Werke der bildenden Kunst. 429 Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 211. 430 Hall, S. 505. 431 Ibid., S. 505 f. 432 So auch Engstler, S. 91, Fn. 206. 426
C. Völkergewohnheitsrecht
121
gewohnheitrecht entsteht häufig aus nicht bindenden Gebräuchen und Gepflogenheiten, der Völkercourtoisie.433 Darüber hinaus spricht Hall von Privateigentum der Herrscher. Bei den Restitutionen nach dem Wiener Kongress handelte es sich auch um öffentliche Kulturgüter, wie z. B. die Quadriga des Brandenburger Tores. 6. Die Zeit der napoleonischen Kriege Die Revolutionskriege und später die Feldzüge des Napoleonischen Reiches kehrten die Entwicklung des faktischen Schutzes von Kulturgütern in Kriegen wieder um. Was sich über Jahrzehnte mühsam entwickelte, wurde durch Napoléon missachtet und geradezu mit Füßen getreten.434 Durch die Verherrlichung des Römischen Reiches angespornt, wurden Plünderungen wieder zu einer Hauptaufgabe der französischen Armeen, nachdem diese Plünderungen zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts stark abgenommen hatten.435 1794 richtete die französiche Nationalversammlung die Commission des Monuments, die Commission du Muséum436 und sog. Evakuierungsbüros437 ein. Ihre Aufgabe in den Kriegen war es, Lebensmittel, Gerätschaften und alle Gegenstände von kommerziellem, wissenschaftlichem und künstlerischem Wert in den okkupierten Gebieten zu beschlagnahmen und den französischen Truppen zugänglich zu machen.438 Durch diese systematischen Plünderungen von Kunstwerken konnte Napoléon den Louvre 1793 als Musée Français eröffnen.439 Es dauerte nicht lange, und der Louvre war eine der mannigfaltigsten Sammlungen hervorragender Kunstwerke in der westlichen Welt. 433
Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 16, Rz. 24. Zur Staatsideologie der Französischen Republik zur Zeit Napoléons hinsichtlich des Kunstraubs vgl. Wahl, in: Strocka, S. 27, 30 ff. 435 Napoléon hatte es in Italien hauptsächlich auf Kunstwerke, welche aus der Antike stammten, abgesehen (Engstler, S. 91 f., vgl. dort Fn. 209 auf S. 92). Hintergrund für die Kommissionen und Offiziere waren zunächst die Vorstellungen des Beutemachens wie seit je her. Ferner wurde ihnen immer wieder beigebracht, dass das eigene Volk das kulturell, intellektuell und politisch überlegene war und sich daraus ein Besitzanspruch auf eben diese zu plündernden Werke ergab. Mehr noch, der Sold war schlecht oder wurde gar nicht entrichtet (Treue, S. 217), so dass die geplünderten Sachen den Sold teilweise ersetzten. 436 Gould, S. 24–26. Später wurden sie durch „Wissenschafts- und Kunstkommissionen“ ersetzt. 437 Verri, IRRC 25 (1985), S. 67, 83. 438 Ibid. 439 Wescher, S. 35. Napoléon selbst suchte dabei oftmals die zu beschlagnahmenden Kunstwerke aus. Er verfolgte dabei das Ziel, Paris so auszugestalten, wie es Kaiser Constantin mit Konstantinopel/Byzanz vorhatte. Später wurde das Museum in „Musée Napoléon“ umbenannt (Gould, S. 87). 434
122
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Aber Bonapartes Plünderungen und auch „legale“ Erwerbungen440 blieben nicht unkritisiert441, selbst in seinem eigenen Land442: Der Archäologe Antoine Chrysotome Quatremère de Quincy beschuldigte seine Mitbürger der Eroberung, Plünderung und des Wiedererweckens des alten römischen Rechts, welches damals auf Sklaverei basierte. Dies würde der in ganz Frankreich ausgerufenen Freiheit widersprechen.443 Quatremère de Quincy sprach von einer europäischen Republik der Künste und Wissenschaften deren Mitglieder durch die Liebe zur und der Suche nach Schönheit und Wahrheit verbunden sind. Als Mitglied dieser universellen Republik der Künste und Wissenschaften und nicht als Einwohner dieses oder diesen Landes diskutiere ich die Sorgen hinsichtlich aller Teile und der Erhaltung des Ganzen. Was macht diese Sorgen aus? Es ist die Sorge um die Zivilisation, um die Perfektionierung der Mittel zum Erreichen von Glück und Vernunft: mit einem Wort, für die Verbesserung der Menschheit. Alles, was dahingehend entsteht, gehört allen Völkern; keines von ihnen hat das Recht, es für sich selbst in Beschlag zu nehmen oder es willkürlich wegzuwerfen.444 440 Z. B. durch Friedensverträge und Waffenstillstandsabkommen, wobei eine solche Übertragung durch die Diplomatie zu diesem Zeitpunkt neu war (Engstler, S. 110; vgl. zu den verschiedenen Verträgen auch Depambour, S. 81 ff.). Aber auch durch erzwungene privatrechtliche Verträge und Schenkungen oder durch Kauf zu Schleuderpreisen wurden Kunstwerke in französischen Staatsbesitz überführt. 441 So Friedrich von Schiller im Jahre 1800: „Die Antiken zu Paris. Was der Griechen Kunst erschaffen, Ewig werden sie ihm schweigen, Mag der Franke mit den Waffen Nie von den Gestellen steigen Führen nach der Seine Strand, In des Lebens frischen Reihn. Und in prangenden Musäen Der allein besitzt die Musen, Zeig er seine Siegstrophäen Der sie trägt im warmen Busen Dem erstaunten Vaterland! Dem Vandalen sind sie Stein.“ (Vgl. Schillers Werke, Nationalausgabe, Julius Petersen, Gerhard Fricke u. a. (Hrsg.), Bd. 1 ff., Weimar 1943 ff., hier Bd. 2, Teil 1, S. 408 („Die Antiken zu Paris“) zitiert in Kaiser, in: Strocka, S. 41, 42.). Vgl. auch zur Kritik Canovas, Maurer, S. 12. 442 Vgl. dazu auch Der Bundesminister der Verteidigung, S. 9, wo in einer Lehrschrift zum Kulturgüterschutz im Krieg auf den französischen Wissenschaftler Daunou verwiesen wird, welcher 1798 schrieb, dass Verschleppungen von Kunstgegenständen „weder gerecht noch politisch gesund“ seien. Für das Recht der Eroberung seien daher neue Grundsätze zu schaffen. 443 Engstler, S. 195. 444 Quatremère de Quincy, Lettres au général Miranda sur le préjudice qu’occasionneraient aux arts et à la science le déplacement des monuments de l’art de l’Italie, le démembration de ses Écoles, et la spoliation de ses collections, galeries, musées, etc., (Paris 1796 und 1836, Rome 1815 [Nachdrucke]) zitiert bei Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 758, in Französisch bei Engstler, S. 195 f. Vgl. dazu auch Jayme, Kunstwerk, S. 20 ff.
C. Völkergewohnheitsrecht
123
Er schreibt weiter, dass die Kunstschätze Roms nur in ihrem Milieu richtig zu würdigen seien, sie würden am besten in ihrer Gesamtheit wirken, ein Auseinanderreißen hätte fatale Folgen.445 Zwar wurden die Grundgedanken der Briefe Quatremère de Quincys an General Miranda, die auch Napoléon selbst als Broschüre erhielt,446 150 Jahre später zum Leitmotiv für einige internationale Kulturgüterschutzabkommen,447 aber zum Zeitpunkt ihres Entstehens hatten sie keine Auswirkungen auf die Praktiken der französischen Armeen. Dennoch wurde 1798 von einer Gruppe französcher Soldaten eine Erklärung abgegeben, in der sie u. a. die Rückgabe aller Gegenstände fordertern „die unter verschiedenen Vorwänden in den Häusern und Kirchen ausländischer neutraler Mächte beschlagnahmt worden waren, und dass alle Gebäude in den Zustand zurückversetzt würden, in dem sie sich vor unserem Einmarsch in Rom befanden.“448 Diese Forderungen wurden aber nur im Hinblick auf nichtgezahlten Sold abgegeben, war der Sold erst einmal gezahlt, wollten die Soldaten von diesen Forderungen und den zugleich abgegebenen Versprechungen an die Bürger von Rom nichts mehr wissen.449 Aber nicht nur französische Truppen handelten gegen die Ideale der Aufklärung. Britische Armeen bombardierten gnadenlos einige amerikanische Städte, unter ihnen auch Washington D.C., wobei sie behaupteten, damit einige kleinere Übergriffe der Amerikaner an der Grenze zu Kanada zu ahnden.450 Wieder blieben auch diese Taten nicht unkommentiert. Sie wurden bald zum Anlass genommen, heftig im britischen Parlament zu debattieren, um sie sodann zu verurteilen.451 Etwa seit der Französischen Revolution hatte man erkannt, dass Kunst und der Genuss derselben nicht mehr nur ein Pivileg der herrschenden Klasse sei. Sie wurde von nun an als dem gesamten Volk gehörig betrach445
Vgl. Treue, S. 243. Engstler, S. 195. 447 Vgl. Strebel, ZaöRV 16 (1955/56), S. 35, 37. So z. B. die HKSK von 1954. 448 Treue, S. 217 f. 449 Ibid., S. 218. 450 Moore, Digest International Law, Bd. 7, S. 182–186 und 199–203; Nahlik, Hastings L.J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1071; eine andere Ansicht vertritt Sir Travers Twiss (The Law of Nations, Oxford 1861), zitiert bei Hollander, S. 22, er sagt, dass sich die Rechtfertigung zur Zerstörung des Kapitols, des Hauses des Päsidenten und anderer öffentlicher Einrichtungen auf die Tatsache stützt, dass amerikanische Truppen mutwillige Zerstörungen im nördlichen Kanada begangen hätten. Wie dem auch sei, in jedem Falle ist die Zerstörung von Stätten, die Kulturgüter beherbergten, im Wege der Repressalie mehr als ein Schritt zurück von den Entwicklungen des achtzehnten Jahrhunderts. 451 Moore, Digest International Law, Bd. 7, S. 200–201. 446
124
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
tet; Staatsideologien bedienten sich der Kunst, um ihre Vormachtstellung auch kulturell zum Ausdruck zu bringen.452
7. The Marquis de Somerueles und der Wiener Kongress a) The Marquis de Somerueles Ein bemerkenswerter Fall des Kulturgüterschutzrechts im Kriege und speziell des Bereichs des Restitutionsrechts ist der Fall The Marquis de Somerueles vom 21. April 1813.453 Während des britisch-amerikanischen Krieges 1812–1814454 beschlagnahmten englische Soldaten Gemälde und Stiche auf einem amerikanischen Schiff, der Marquis de Somerueles, welches als Frachtschiff aus Italien kam und einen amerikanischen Hafen anlaufen wollte. Die Kunstgegenstände an Bord waren ein Geschenk eines Privatmannes, Joseph Allen Smith, an eine wissenschaftliche Einrichtung in Philadelphia455, welche die Werke durch Klage vor dem Court of the ViceAdmiralty in Halifax, Nova Scotia, zurückverlangte. Sir Alexander Croke456, Judge of the Vice-Admiralty Court in Halifax, schließt seine Entscheidung mit den Worten: „I decree the restitution of the property which has been thus claimed.“ Dabei ist nicht nur die Tatsache bemerkenswert, dass die Gemälde und Stiche später wirklich an ihren rechtmäßigen Besitzer herausgegeben wurden, sondern auch die Gründe, die Croke zu seiner Entscheidung bewogen: The same law of nations, which prescribes that all property belonging to the enemy shall be liable to confiscation, has likewise its modifications and relaxations of that rule. The arts and sciences are admitted amongst all civilized nations, as forming an exception to the severe rights of warfare, and as entitled to favour and protection. They are considered not as the peculium of this or that nation, but as the property of mankind at large, and as belonging to the common interests of the whole species.457 452
Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 37. Abgedruckt in Hollander, S. 250 ff., und IJCP 5 (1996), S. 319–321. 454 Auch am Ende dieses Krieges, in Art. I des Friedensvertrages von Ghent vom 24. Dezember 1814 (abgedruckt in Israel, Bd. 1, S. 697 ff.), wurde die Restitution von Kulturgütern (namentlich Archive, aber öffentliches und privates Eigentum waren ebenfalls zu restituieren) vereinbart. 455 Empfänger war die Pennsylvania Academy of the Fine Arts in Philadelphia (vgl. Merryman, IJCP 5 (1996), 321, 321). 456 1758–1842. 457 Abgedruckt bei Hollander, p. 250, und in IJCP 5 (1996), S. 319, 319 ff. Vgl. auch Moore, Digest International Law, Bd. 7, S. 460. 453
C. Völkergewohnheitsrecht
125
Dem ersten Anschein nach trifft hier Croke Aussagen über das herrschende Kriegsrecht in dieser Zeit, jedoch mag er hier nur die gängige Staatenpraxis aufgegriffen haben. Ob es wirklich schon geltendes Recht war, lässt er offen. Auch bringt er keine Beweise für seine Auffassung. Merryman geht gar so weit, die Möglichkeit anzunehmen, dass Crokes unmittelbare Quelle für seine Behauptungen die Briefe von Quatremère de Quincy seien.458 Croke war ein englischer Kosmopolit, der durchaus im Besitz der Schriften von Quatremère de Quincy hätte sein können. Jedoch könnte man auch annehmen, dass Croke als ergebener Diener der Krone gerade Position gegen das Verhalten Napoléons beziehen wollte, um so die britische Seite im Konflikt mit Frankreich zu unterstützen, wobei ihm die Argumente Quatremère de Quincys gerade recht waren.459 Ob er wirklich von einer gängigen Staatenpraxis ausging und den speziellen Schutz von Kulturgütern im Krieg als geltendes Völkerrecht ansah, wird nie aufgeklärt werden können.460 Dennoch ist diese Entscheidung von großer Bedeutung für die Entwicklung des Kulturgüterschutzrechtes.461 The Marquis de Somerueles wurde damals geltendes Recht als Entscheidung eines Gerichts im Rechtskreis des commom law.462 So wurde diese Entscheidung in einem amerikanischen Urteil von 1861463 sowie in einem Urteil des amerikani458
Merryman, IJCP 5 (1996), S. 321, 325. Ibid.; ähnlich auch Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 205. 460 Vgl. zur Entscheidung auch Herdegen, in Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 161, 163 f. und Siehr, in: Frank, S. 57, 57 f. mit Nachweisen zu weiteren Fällen der Prisennahme aus dieser Zeit. Auch Wehberg, HdV, S. 205, verweist schon im Jahre 1915 im Zusammenhang mit Ausnahmen des Prisenrechts im Seekrieg auf diesen Fall, ohne ihn jedoch zu zitieren oder seinen Namen zu nennen. Aus Fußnote 1 auf S. 205 (ibid.) ergibt sich jedoch ein Verweis auf Niemeyers Zeitschrift 12 (1902/3), S. 86 (Wehberg, ibid., nennt allerdings nur das Erscheinungsjahr 1902). Abgedruckt finden wir eine Übersetzung einer prisengerichtlichen Entscheidung (Appellation) des U.S. Supreme Court vom 8. Januar 1900 in den Sachen Paquete Habana und Lola (Übersetzung aus: Clunet 1900, S. 1027 nach Niemeyers Zeitschrift 11 (1901), S. 308). Wehberg, ibid., geht sodann noch kurz auf den Fall The Amelia (4 Philadelphia Rep. 417; wie sich aus Niemeyers Zeitschrift 12 (1903), S. 51, 86 f., ergibt) aus dem amerikanischen Sezessionskrieg ein, in welchem Kulturgüter mit ähnlicher Begründung restituiert wurden. Vgl. dazu sogleich 2. Kap., Abschnitt C. I. 8. 461 Dass sie sowenig besprochen und zitiert wurde, führt Merryman darauf zurück, dass sie den Wissenschaftlern nicht bekannt war (Merryman IJCP 5 (1996), S. 321, 325: „It was the proverbial Lost Case.“). So verloren war die Entscheidung allerdings gar nicht: Vgl. von Attlmayr, S. 136 f., der die Entscheidung schon im Jahre 1903 behandelte, sowie Wehberg, HdV, S. 205 (im Jahre 1914). Grund dafür, dass diese Entscheidung in diesen Abhandlungen Erwähnung fand, ist offensichtlich die geschichtliche Nähe zur Entscheidung The Paquete Habana and the Lola des amerikanischen Supreme Court aus dem Jahre 1900 (vgl. oben Fn. 460 und unten Fn. 464). 462 Croke war interessanterweise ein in Oxford ausgebildeter civil lawyer, vgl. Merryman, IJCP 5 (1996), S. 321, 328, En. 5. 459
126
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
schen Supreme Court von 1900 erwähnt, das das Verbot, Fischerboote als Kriegsprise zu nehmen, als langbestehendes Gewohnheitsrecht ansah.464 Darüber hinaus lieferten die Gedanken Quatremère de Quincys und Crokes den Grundstein für den modernen Kulturgüterschutz im Krieg. b) Der Wiener Kongress 1815 465 Als die Alliierten, Großbritannien, Österreich, Preußen, Russland, Schweden, Spanien und Portugal u. a., 1814/1815 in Wien zusammenkamen, um die vorrevolutionäre politische Ordnung in Europa wiederherzustellen, hatten sie auch über die Sanktionen gegenüber Frankreich zu entscheiden. So musste auch über die Frage entschieden werden, was mit den von Bonaparte überall in Europa geplünderten und zusammengetragenen Kulturgütern geschehen sollte. Den Alliierten blieben drei Möglichkeiten. Sie hätten den status quo aufrechterhalten und die Kunstschätze in Paris belassen können; sie hätten alle in Paris gefundenen Kunstgüter, ganz gleich, ob geplündert oder nicht, unter ihnen aufteilen können; oder aber sie hätten nur die verschleppten Kulturgüter an ihren Ursprungsort restituieren können.466 Die Ausführung der ersten Möglichkeit wäre einer Anerkennung des Handelns Frankreichs gleichgekommen. Der zweiten Möglichkeit zu folgen, hätte bedeutet, das Verhalten Frankreichs in den zwei vorherigen Dezennien durch gleiches Tun zu wiederholen und anzuerkennen. Sie entschieden sich deshalb für die wahrscheinlich am schwierigsten auszuführende letzte Möglichkeit.467 463 The Amelia, 4 Philadelphia Rep. 417 (vgl. auch ibid., S. 412). Vgl. dazu unten 2. Kap., Abschnitt C. II. 8. 464 The Paquete Habana and The Lola vom 8. Januar 1900, 175 U.S. 677, 709 (1900). Auch abgedruckt in Clunet 27 (1900), S. 1027 ff. in französischer Übersetzung; vgl. dazu ferner die kurze Besprechung der Entscheidung in Niemeyers Zeitschrift 11 (1901), S. 308, 308, sowie die deutsche Übersetzung dieses Urteils, abgedruckt in Niemeyers Zeitschrift 12 (1902/3), S. 51–99. Aus neuerer Zeit: von Münch, in: Strupp/Schlochauer, Bd. 2, S. 736, 736 f. 465 General Treaty between Great Britain, Austria, France, Portugal, Prussia, Russia, Spain, and Sweden, 9. Juni 1815, abgedruckt in: de Martens/de Cussy, Bd. 3, S. 61 ff.; Israel, Bd. 1, S. 519 ff. Dort finden sich auch die Verträge des ersten Friedens von Paris (30. Mai 1814; S. 501 ff.), sowie des zweiten Vertrages von Paris (20. November 1815, S. 577 ff.). 466 Seidl-Hohenveldern, Festschrift für Trinkner, S. 51, 55; Engstler, S. 115; Buhse, S. 2. 467 Einen Überblick über die Plünderungen Frankreichs verschafft Wescher, S. 11– 145; über die folgenden Restitutionen Frankreichs Gould, S. 116–130. Eine Tabelle der offiziell an die Alliierten zurückgegebenen Objekte, unterschrieben von Lavallée am 10. März 1816, ist in Taylor, S. 589, abgedruckt.
C. Völkergewohnheitsrecht
127
Jedoch wurden nicht nur die geplünderten Objekte restituiert. Auch solche, die Frankreich oder Franzosen (unter Druck) geschenkt wurden und solche, die durch Frankreich als Mittel der Repressalie beschlagnahmt wurden. Selbst Kunstgüter, die in Friedensverträgen als Tribut vereinbart wurden, gelangten wieder an ihre ursprünglichen Besitzstaaten zurück.468 Nach dem Sturz Napoléons und der Einsetzung der Bourbonen als Herrscher in Frankreich, sah es zunächst nicht so aus, als würden Kulturgüter zurückgegeben werden. Der Frieden war Hauptprämisse in Europa, und man fürchtete durch die Restitution von Kunstwerken, welche das französische Volk zum damaligen Zeitpunkt nicht verstanden hätte, die Herrschaft der Bourbonen zu schwächen.469 Es war vorherrschende Meinung in Frankreich, dass die Kunstbeschlagnahmungen Frankreichs ureigenstes Recht waren.470 Dass letztendlich überhaupt Kunstwerke restitutiert wurden, lag hauptsächlich an der Hartnäckigkeit Preußens, das inständig auf einer Rückgabe der Schätze beharrte.471 In den späteren Verhandlungen in Wien 1815 nach der zwischenzeitlichen Rückkehr Napoléons trat auch England, das anfangs Restitutionen von Kunstwerken ablehnte, da es selbst nicht betroffen war,472 vehement für eine Restitutionspflicht Frankreichs ein. Viscount Robert Stewart Castlereagh473, britischer Außenminister und Repräsentant Großbritanniens beim Wiener Kongress, stellte an alle Minister der Alliierten die Frage: (. . .) upon what principle deprive France of her late territorial acquisitions, and preserve to her the spoliations appertaining to those territories, which all modern 468
Depambour, S. 85, beschreibt die Restitutionen als gewaltsam. Es wurden jedoch längst nicht alle Beutestücke zurückgeführt (ibid., S. 85 f.). 469 Engstler, S. 95; Kowalski, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 39, 40. 470 Engstler, S. 95. 471 Zu den Restitutionsverlangen der Alliierten s. Quynn, Am. Hist. Rev. 50 (1945), S. 437, 440 ff. 472 Ibid. Dieser Umschwung der Ansicht Englands hinsichtlich der Restitutionspflicht kam nicht plötzlich, sondern entwickelte sich langsam (Quynn, Am. Hist. Rev. 50 (1944/45), S. 437, 447 f.). Maßgebende Kriterien waren die Rückkehr Napoléons von Elba nach Paris und der Einfluss von William Richard Hamilton (1777–1859), Staatssekretär im Außenministerium. Er wurde nach Wien geschickt, um die Geltendmachung der Ansprüche auf geplünderte Kunstschätze voranzutreiben (Taylor, S. 573). Auf sein Betreiben, wurde auch der Stein von Rosetta, der 1801 in Ägypten von französischen Truppen deportiert wurde, zunächst wieder an Ägypten zurückgegeben (ibid.). Dem Wunsch des Prinzregenten, einige Werke für das British Museum zu erlangen, wurde sowohl von Castlereagh als auch von Wellington widersprochen (ibid.). 473 1769–1822.
128
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
conquerors have invariably respected, as inseperable from the country to which they belonged?474
Castlereagh spricht von Prinzipien, die „all modern conquereors have invariably respected“. Dies mag einen wichtigen Hinweis auf die vorherige Staatenpraxis darstellen, aber man sollte auch die in den napoleonischen Kriegen wachgewordenen nationalen Emotionen nicht vergessen.475 Wellington476 jedoch bestätigt diese Ansicht in einer Depesche an Castlereagh: The Allies then having the contents of the Museum justly in their power, could not otherwise than restore them to the countries from which, contrary to the practice of civilized warfare, they had been torn during the disastrous period of the French Revolution and the tyranny of Bonaparte.477
Dies lässt den Schluss zu, dass die Restitutionspflicht von geplünderten Kulturgütern zurzeit des Wiener Kongresses 1815 als Rechtspflicht von der internationalen Staatengemeinschaft akzeptiert war. Dies wiederum führt auch zu der Überzeugung, dass die Plünderung von Kulturgütern kriegsvölkerrechtlich zu diesem Zeitpunkt verboten war.478 Man kann jedoch nicht zu der Annahme gelangen, dass auch die Rückgabe von Kulturgütern, die erst in Friedensverträgen übertragen wurden, zur völkerrechtlichen Pflicht wurde.479 Dies gilt höchstens dann, wenn der Friedensvertrag unter Zwang geschlossen wurde, aber auch nur, wenn der Zwang auf einen Staatsrepräsentanten und nicht etwa auf den Staat selbst ausgeübt wurde.480 Jedoch ging die Argumentation der Alliierten nicht nur 474 Note delivered in by Viscount Castlereagh to the Allied Ministers and placed upon their Protocol, Paris, 11. September 1815. Abgedruckt in Martens, NR Bd. 2 (1814–1815), S. 632–642. 475 Diese Bedenken hat Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 205. 476 1769–1852. 477 Dispatch by Wellington to Viscount Castlereagh, Paris, 23. September 1815 (abgedruckt in Gould, S. 131–135, hier S. 134). 478 Kowalski, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 39, 40. Siehr, SJZ 77 (1981), S. 189, 193, führt unter Bezug auf den Waffenstillstandsvertrag zwischen Frankreich und dem Papst vom 23. Juni 1796 und auf Art. 13 des Friedensvertrages von Tolentino vom 19. Februar 1797 aus, dass sich Napoléon selbst nicht sicher war, ob er die Kunstwerke legal wegnahm: er sicherte sich stets durch eine Verpflichtung des unterlegenen Staates ab, die Kunstwerke dem französischen Staat zu übereignen. Vgl. aber Bonfils3, S. 624, und de Jager, LJIL 1 (1988), S. 183, 184, die Stimmen aufzeigen, die gegen eine Restitution von Kunstwerken plädierten, obwohl deren Verlautbarer Gegner Napoléons waren. 479 Vgl. die Unterscheidung zwischen Kulturgütern, die als Siegertrophäen wegführt wurden und solchen, die in Friedensverträgen übereignet wurden, bei Bonfils3, S. 624. 480 Diese Völkerrechtsnorm besteht seit Grotius (so Engstler, S. 117).
C. Völkergewohnheitsrecht
129
in die Richtung Zwang, sondern sie ließen auch Respekt für die Integrität des kulturellen Erbes einer Nation erkennen. Dies beweist die Note von Castlereagh.481 Die Ergebnisse des Wiener Kongresses 1815 hinsichtlich der Kulturgüter stellen somit die erste vollständige offizielle Anerkennung eines Plünderungsverbots dar. Die Restitutionspflicht war als Sanktion für den Verstoß gegen dieses Verbot anerkannt.482 Der Wiener Kongress war somit der Abschluss einer sich im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts anbahnenden Entwicklung.483 8. The Amelia Ein in der Literatur zum Recht des Kulturgüterschutzes bislang nicht viel beachteter Fall ist der des Schiffes The Amelia484.485 Dies erstaunt, da dieser Fall die im Jahre 1861 geltende Rechtsauffassung hinsichtlich der Beutenahme im Krieg widerspiegelt486 und sich dieses Urteil in seinen Gründen auf The Marquis de Somerueles stützt. Es geht in diesem Fall aus der Zeit des amerikanischen Sezessionskrieges um die Herausgabe von zwei 481 s. o. und in Martens, NR 2 (1814–1815), S. 632, 640: „(. . .) it does not appear that any middle line can be adopted, which does not go to recognize a variety of spoliations, under the cover of Treaties, if possible more flagrant in their character than the act of undisguised rapine, by which these remains were in general brought together.“ 482 Becher, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96, 97. Für mehr Beispiele aus der Staatenpraxis s. Hall, S. 506 und Wheaton, S. 447. Vgl. auch Kowalski, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 7, 8. 483 Wann ein völkergewohnheitsrechtliches Gebot bzw. Verbot entstanden ist, lässt sich meist nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellen. Hier stellt der Wiener Kongress von 1815 aber ein Datum dar, an welchem die Staaten zum ersten Mal übereinstimmend davon überzeugt waren, dass die Wegnahme von Kulturgut in Kriegszeiten widerrechtlich und es nach Friedensschluss zu restituieren sei (s. bereits o. 2. Kap., Abschnitt C. I. 5.). 484 4 Philadelphia Rep. 417. Vgl. zum gleichen Fall auch 4 Philadelphia Rep. 412, wo es um die Gefangennahme der Schiffsbesatzung und deren Angehörigen geht. 485 Trotz intensiver und sorgsamer Recherche konnte nur der Verweis bei Wehberg, Seekriegsrecht, S. 205, auf Niemeyers Zeitschrift 12 (1902/3), S. 51, 86 (The Paquete Habana and The Lola in deutscher Übersetzung, vgl. dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 7. a)) gefunden werden. Auch ist nicht ersichtlich, warum Merryman, IJCP 5 (1996), S. 321, 321 ff., in seiner Besprechung des Falles The Marquis de Somerueles nicht auf The Amelia eingeht, wird dieser Fall doch ausdrücklich auch in The Paquete Habana and The Lola (175 U.S. 677, 710) zitiert. 486 Vgl. dazu Niemeyer, S. 122 ff., über Verhandlungen, Verträge und Gesetze über das Seebeuterecht 1792 bis 1871. Sowie von Attlmayr, S. 126 f. und 136 f.
130
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Kisten mit Büchern, die von einem Marschall der Vereinigten Staaten als Prise genommen und später vom designierten Empfänger, einem gewissen Mitchell King, Esq., in Charleston, South Carolina, für die University of North Carolina, Chapel Hill (sie war als Empfänger der Kisten auf denselben gekennzeichnet), vor einem Prisengericht herausverlangt wurden. Aufgrund seiner Kürze und Bedeutung sei das Urteil aus 4 Philadelphia Rep. 417 hier in vollem Umfange wiedergegeben: The Amelia. Books intended for a public library will not be confiscated in a Prize Court. And now, 26th November, 1861, this case was heard upon the claim of Mitchell King, of Charleston, South Carolina, for two cases of books marked „The University of North Carolina, Chapel Hill, North Carolina, care of Mitchell King, Esq., Charleston, South Carolina, Nos. 1 and 2,“ received and filed on the 14th instant, with the written consent of the District Attorney of the United States. And the affidavit of John Pennigton, taken on the 16th instant, and this day filed, being read by consent, and the letter of the said claimant therein mentioned being put in evidence, and it appearing to the court that other parts of the said letter than are extracted in the said affidavit should be considered in forming an opinion as to the sufficiency of the authority conferred upon Mr. Pennington to receive the said two cases of books, the said letter is filed of record. And the said claim having been considered upon the above mentioned papers, and upon the documents on board of the captured vessel, the court said: Cadwalader, J. – Though this claimant, as the resident of a hostile district, would not be entitled to restitution of the subject of a commercial adventure in books, the purpose of the shipment in question, gives to it a different character. The United States, in prosecuting hostilities for the restoration of their constitutional authority, are compelled incidentally to confiscate property captured at sea, of which the proceeds would otherwise increase the wealth of that district. But the United States are not at war with literature in that part of their territory. The case of the pictures of the Philadelphia Academy of Fine Arts, liberated by a British Colonial Prize Court in the war of 1812, the prior proceedings in France mentioned in the report of that case, and the French and other decisions upon cases of fishing vessels, are precedents for the decree which I am about to pronounce. Without any such precedent, I would have had no difficulty in liberating these books. Whereupon it is ordered, adjudged and decreed, that the said two cases of books be liberated from the custody of the marshal, and delivered to the said John Pennington.
Judge John Cadwalader sieht das Urteil im Fall The Marquis de Somerueles, auf welches er sich klar bezieht, sowie die dort erwähnten „prior proceedings in France“, als Präzedenzfälle für The Amelia. Hinsichtlich der erwähnten prior proceedings in France ist jedoch anzumerken, dass es sich dabei nur um einen Fall handelte und dieser wahrscheinlich nur eine Anek-
C. Völkergewohnheitsrecht
131
dote darstellt.487 Judge Cadwalader hat hier offenbar Präzendenzfälle herangezogen, die keine waren. Er merkt jedoch im nächsten Satz an, dass er das gleiche Urteil auch ohne diese Präzedenzfälle gefällt hätte. Eine der Haupterwägungen für Judge Cadwalader war die Tatsache, dass die USA in ihrem südlichen Teil nicht mit der Literatur Krieg führe. Zuvor lässt er erkennen, dass die Bücher dem Kriegsgegner in keiner Weise für Kriegszwecke dienen könnten. Er führt aus, dass die wissenschaftliche Absicht, die hinter der Verschiffung steckte, ausschlaggebend für seine Entscheidung wäre und nicht etwa die Eigenschaft der Bücher auch als Handelsware. Die Heranziehung der Entscheidung The Marquis de Somerueles als Präzedenzfall und Cadwaladers eigene Entscheidungsfindung beweisen, dass Cadwalader die Kriegsbeutenahme von Gegenständen, die der Kunst und der Wissenschaft gewidmet waren, als Verstoß gegen damals geltendes Recht ansah. The Amelia ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Gebot der Rückführung von Kulturgütern, die widerrechtlich in Kriegszeiten in die Hände des Gegners gelangten, nicht erst mit Ende des Ersten Weltkrieges oder gar später488 zu Gewohnheitsrecht erstarkte. 9. Die ersten Kodifikationen des Kriegsrechts im neunzehnten Jahrhundert Im neunzehnten Jahrhundert wurde mehrfach versucht, das Kriegsrecht schriftlich niederzulegen und zu modifizieren. Es waren entweder nationale Militärvorschriften oder internationale Konventionen, die aber nicht in Kraft gesetzt wurden. So entstand 1863 der sog. Lieber Code in den USA, 1874 wurde die Brüsseler Deklaration verabschiedet und 1880 das Oxford Manual erstellt. Von Bedeutung für die weitere Völkergewohnheitsrechtsentwicklung war insbesondere der Lieber Code. Aber schon die Brüsseler Deklaration war eine Niederschrift der völkergewohnheitsrecht487
Vgl. Merryman, IJCP 5 (1996), S. 321, 323. Es wird von Judge Croke in The Marquis de Somerueles davon berichtet, dass Napoléon in den Revolutionskriegen einen Briten nach Fürsprechen des Präsidenten der Royal Society freigelassen hätte. Diesen Fall als Präzendenzfall für die Herausgabe von Büchern zu erwähnen, erscheint aus heutiger Sicht gewagt, da die Fälle wohl wenig vergleichbar sind. 488 So Carducci, S. 126. Dagegen sprechen auch die 157 Vereinbarungen (diese Zahl nennt de Jager, LJIL 1 (1988), S. 183, 184), die zwischen 1600 und 1900 abgeschlossen wurden und Vorschriften bezüglich der Rückgabe von Kulturgütern beinhalteten.
132
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
lich geltenden Regeln des Kriegsrechts.489 Das Manuel d’Oxford maß dem Kulturgüterschutz zwar die gleiche rechtliche Bedeutung zu wie die Brüsseler Deklaration, blieb in anderen Punkten aber hinter ihr zurück.490 a) Der Lieber Code von 1863 Der in Berlin geborene Professor an der Columbia Law School, Francis Lieber491, veröffentlichte 1863 „A Code for the Government of Armies“, welcher aus 158 Artikeln bestand. Im gleichen Jahr – inmitten des amerikanischen Sezessionskrieges – verkündete Präsident Lincoln den Code als „Instructions for the Government of Armies of the United States in the Field, General Orders No 100“492. Obwohl der Code nur ein nationales Dekret für die Kriegsführung war, ist es trotzdem wichtig, ihn an dieser Stelle zu erwähnen: Er war nicht nur die erste Kodifikation seiner Art auf der ganzen Welt, sondern war auch primäres Vorbild und Inspirationsquelle für die Entwicklung des Kriegsrechts493. Liebers Code beeinflusste nicht nur spätere europäische und asiatische Militärverordnungen – so z. B. die britische Verordnung von 1890, die italienischen Verordnungen von 1882 und 1896, die spanischen von 1882 und die russischen494 und japanischen495 Verordnungen –, sondern auch schon 1870/71 das preußische Kriegführungsverhalten im Französich-Preußischen Krieg496.497 489
Meyer-Landrut, Archivalische Zeitschrift 48 (1953), S. 45, 70. Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 214. 491 1800–1872. Sein Leben und die Hintergründe des Ursprunges des Codes beschreibt Shepard, Mil. L. Rev. 21 (1963), S. 157, 157 ff. Vgl. auch von Schorlemer, S. 261 m. w. N. in Fn. 16. 492 Abgedruckt in Friedman, S. 158–186. 493 Nahlik, Hastings L.J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1072. Liebers Code fand auch in der europäischen Völkerrechtslehre Zustimmung, was vor allem am hohen Ansehen Liebers, welches er auch in Europa genoss, liegen dürfte (vgl. Bluntschli, Beuterecht, S. 66 f.). 494 Vgl. Verri, IRRC 25 (1985), S. 127, 129. 495 Vgl. die Verordnung der japanischen Behörden bezüglich der Besatzung Dalnys im Jahre 1904 bei Spaight, S. 414 ff. 496 So Engstler, S. 201, Fn. 645. Meurer, S. 320. Scholz, S. 31, auch in Bezugnahme auf anerkennende französische Literatur, sagt, die Deutschen hätten in diesem Kriege „nicht einmal Tröphäen erbeutet“. Toman, S. 8, und Rivier, S. 408 f., bringen allerdings ein Beispiel, die Zerstörung der Kathedrale und Bibliothek von Straßburg durch preußische Truppen, das diese Annahme Engstlers nicht rechtfertigt. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein Zitat des preußischen Königs Wilhelm aus einer Proklamation vom 11./12. August 1870: „Ich führe Krieg mit den französischen Soldaten, und nicht mit den französischen Bürgern. Diese werden deshalb fortfahren, der Sicherheit für ihre Person und ihre Güter zu geniessen, so lange sie nicht selbst durch feindselige Unternehmungen gegen die deutschen Trup490
C. Völkergewohnheitsrecht
133
Nach Lieber sind das Kriegführen und seine Mittel nur dann erlaubt, wenn sie sich innerhalb der Grenzen halten, die nötig sind, um den Zweck des Krieges zu sichern und wenn sie nach den modernen Gesetzen und Gebräuchen des Krieges rechtmäßig sind (Art. 14). Privateigentum ist generell geschützt und das Ansichnehmen desgleichen, ist nach dem Strafrecht zu bestrafen (Art. 37). Öffentliches Eigentum wird nicht geschützt und kann beschlagnahmt und eingezogen werden (Art. 31). Eine Ausnahme von dieser Regel macht Art. 34: Eigentum der Kirchen, Universitäten und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen und Museen wird nicht als öffentliches Eigentum behandelt und kann daher nicht beschlagnahmt werden. Art. 35 verbietet zudem noch jedwede Zerstörung oder Beschädigung von Kulturgütern, worunter klassische Werke der Kunst, Bibliotheken, wissenschaftliche Sammlungen und Instrumente fallen. Wenn es möglich ist, die Kulturgüter zu bewegen, ohne sie zu beschädigen, so soll eine Beschlagnahmung erlaubt sein, wenn sie dem feindlichen Staat gehören und die Wegnahme diesem zugute kommt. Jedoch wird die endgültige Eigentumsfrage dem Friedenvertrag vorbehalten (Art. 36).498 Bis dahin dürfen die Kulturgüter nicht veräußert werden, damit die Klärung des Eigentums im Friedensvertrag überhaupt möglich bleibt. Diese Wegnahmemöglichkeit scheint den in den vorherigen Artikeln gegebenen Schutz wieder aufzuheben.499 Ein Erwerbstitel ist unklar und geradezu paradox, wenn die Wegnahme zugunsten des belagerten feindlichen Staates geschehen soll.500 Diese Vorschrift spiegelt das damals geltende pen Mir das Recht nehmen, ihnen meinen Schutz zu gewähren.“ (Zitiert bei Bluntschli, Beuterecht, S. 67, und bei Weiß, SJZ 42 (1946), S. 265, 267.) Bonfils4 schreibt dazu unter Bezugnahme auf Saunier, Les conquêtes artistiques de la Révolution et de l’Empire; reprises et abandons des Alliés en 1815, leurs conséquences sur les musées d’Europe, 1902, auf S. 660: „En 1870, les Allemands ont respecté soigneusement les musées de Versailles, de Saint-Germain et les collections de Sèvres.“ Im Krimkrieg 1855/56 und im Russisch-Türkischen Krieg 1877/78 wurden dem Lieber Code ähnliche Prinzipien von den Truppen befolgt (Alexandrov, S. 22). 497 Vgl. hier auch die Rückführung von Kulturgut bestimmt durch Art. XVIII des Wiener Friedens vom 3. Okt. 1866. Österreich hatte Bestände der antiken Republik Venedig an Italien herauszugeben. Eine Kommission wurde gebildet, deren Arbeit zur Florentiner Konvention vom 14. Juli 1868 führte (Tietze, S. 12 f.). Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 760, liefert in diesem Zusammenhang das Beispiel des Wiener Vertrages vom 10. Juni 1871 zwischen Österreich und Itatlien (Art. 18). Es handelt sich hier aber mehr um Probleme der Staatennachfolge. 498 Halleck, S. 208, § 10, folgt Lieber wohl in dieser Frage. Hinsichtlich der Wegnahme von Archiven ist er allerdings der Meinung, dass sie einem absoluten Wegnahmeverbot unterliegen (ibid., S. 207 f., § 9). 499 Graber, S. 167, merkt dazu an, dass der in den vorherigen Artikeln aufgestellte Schutz teilweise durch dieses Beschlagnahmerecht zunichte gemacht wurde. 500 Williams, S. 16.
134
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Gewohnheitsrecht nicht wider. Klüber501, Wheaton502, Hall503 und die Mehrheit der Gelehrten504 sprechen in ihren zeitgenössischen Darstellungen von einem klaren Wegnahmeverbot für Kulturgüter.505 Auch widersprechen diese Regeln den Ergebnissen des Wiener Kongresses. b) Die Brüsseler Deklaration von 1874 Die Teilnehmer der Brüsseler Konferenz506, die auf Initiative des Zaren Alexander II. stattfand, verabschiedeten eine das Recht und die Gebräuche des Krieges betreffende Erklärung, welche die erste Deklaration507 ihrer Art 501 Johann-Ludwig Klüber, Europäisches Völkerrecht, zweite Auflage von E. E. Morstadt, Schaffhausen 1851, § 253, zitiert bei Engstler, S. 197. 502 Wheaton, S. 447. 503 Hall, S. 506. 504 Vgl. Neumann, S. 120; Rivier, S. 419 m. w. N.; weitere Nachweise bei Engstler, S. 196 ff. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Bonfils3, S. 623. Heffter, S. 231, billigt 1848 den Staaten noch ein unbeschränktes Beuterecht zu, Zerstörungen und Beschädigungen feindlichen Eingentums sollen jedoch nur dann erlaubt sein, wenn die Kriegsräson es rechtfertigt. 505 Bluntschli, Völkerrecht, S. 351 ff., erkennt diese Praxis zwar noch nicht als Gewohnheitsrecht an, prophezeit jedoch, dass das zukünftige Völkerrecht die Beschlagnahme von Kunstwerken verbieten wird, da diese nicht geeignet sind, Kriegszwecken zu dienen. Das Eigentum der Museen, Universitäten, Schulen und anderer „Culturanstalten“ sei möglichst zu schonen, und das dazugehörige bewegliche Vermögen ist nicht als öffentliche Habe des Feindes zu betrachten, und somit unterliegt es nicht seiner Verfügungsgewalt (ibid., S. 348 f. sowie 351). Diese Anstalten seien zwar Staatseigentum, aber „so entschieden friedlich“ und „dienen so sehr den örtlichen und den allgemeinen Culturbedürfnissen, daß es der civilisirten Kriegsführung nicht würdig und dem humanerem Rechtsbewußtsein der Gegenwart nicht zulässig erscheint, dieselben feindlich zu behandeln“ (ibid., S. 351). Die Rückführungen der napoleonischen Beute sieht er deshalb noch als Nötigung, jedoch schon als großen Fortschritt in der Humanisierung des Völkerrechts an (ibid., S. 352). Bluntschli, Völkerrecht, S. 352 f., unterscheidet sodann aber zwischen Kunstwerken, die als Kriegstrophäen dienen können, und wissenschaftlichen Sammlungen und Instrumenten, die offenbar nicht als Trophäen benutzt werden können und als Kulturschätze den dauernden und friedlichen Kulturinteressen des Landes angehören. Deshalb gelte die kriegsmäßige Wegnahme dieser Sammlungen als nicht mehr zulässig. Die Wegführung der Bibliothek Palatina der Universität Heidelberg durch die bayerischen Eroberer sieht Bluntschli, Völkerrecht, S. 353, deshalb als Unrecht an. Das diese Bibliothek allerdings 1623 aus Heidelberg entführt wurde, zu einer Zeit, als das Beuterecht im Krieg keinerlei Beschränkungen unterlag, führt er jedoch nicht an (vgl. dazu Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 138). Als Beispiel für seine Rechtsauffassung liefert Bluntschli die durch den Frieden vom 3. September 1866 (Preußen-Hessen) veranlasste Rückerstattung der Kölner Dombibliothek, welche 1794 in den Revolutionskriegen weggenommen wurde (Bluntschli, Völkerrecht, S. 353). 506 27. Juli–27. August 1874.
C. Völkergewohnheitsrecht
135
auf der internationalen Bühne werden sollte. Im Großen und Ganzen griff der verabschiedete Text auf die Vorgaben des Lieber Codes zurück. Dennoch waren auch bemerkenswerte Änderungen zu verzeichnen: Beschlagnahmen508 und Plünderungen509 waren ausdrücklich verboten. Von einer Wegnahme zugunsten des eroberten Staates ist nicht mehr die Rede. Wieder wurden auch Kulturgüter dem Privateigentum gleichgestellt (Art. 8510), so dass ein unmittelbarer Schutz aufgrund des Beschlagnahme- und Plünderungsverbots und ein mittelbarer Schutz über die Gleichstellung mit dem Privateigentum erfolgten. Strafrechtliche Sanktionen sollen gegen denjenigen ergehen, der gegen die Bestimmungen verstoßen hat (vgl. Art. 8 a. E.): (. . .) Every seizure, destruction of, or wilful damage to, such establishments, historical monuments, or works of art or of science, should be prosecuted by the competent authorities.
Ein Restitutionsanspruch auf dennoch widerrechtlich verbrachte Kulturgüter lässt sich darin allerdings nicht erkennen. Es geht nur um die strafrechtliche Verfolgung der Personen, die gegen die Gebote der Brüsseler Deklaration verstoßen haben. Obwohl die Deklaration nie völkerrechtliche Geltung erlangte, ist sie für die Entwicklung des internationalen Kulturgüterschutzes jedoch maßgebend, da ihre Verabschiedung einen breiten internationalen Konsens widerspiegelt.511 Die Deklaration kodifizierte das damals geltende Völkergewohnheitsrecht und ging nur selten darüber hinaus.512 Marchisotto erkennt in der Deklaration sogar das erste schriftlich verankerte internationale Bekenntnis, dass der kulturelle Wert einer Sache allen Menschen zugute käme und nicht nur dem Situs- oder Ursprungsstaat513, mithin eine Vorstufe zum Gedanken des cultural heritage of mankind.514 507
„Projet d’un déclaration internationale concernat les lois et coutumes de la guerre“, abgedruckt in AJIL 1 (1907), Supp., S. 96–103. 25 Jahre später wurde die Haager Konvention von 1899 verabschiedet. Diese war eine bloße Wiederholung der Brüsseler Deklaration von 1874 (vgl. die Gegenüberstellung der beiden Wortlaute der Artikel, die dem Kulturgüterschutz gewidmet sind, in der ZaöRV 16 (1955/56), S. 76 ff.). Hier wird aufgrund der Ähnlichkeiten zur Haager Konvention nicht detailliert zum verabschiedeten Text Stellung genommen. Dies erfolgte bereits im Rahmen der Behandlung der Haager Konventionen. 508 Art. 38. 509 Artt. 17 und 39. 510 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des Art. 8, Graber, S. 174 f. 511 Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 213. 512 Scholz, S. 31; Meyer-Landrut, Archivalische Zeitschrift 48 (1953), S. 45, 70. 513 Marchisotto, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689, 697. Diese Annahme bezieht sich aber eher auf das Gebot, Kulturgüter im Kriege möglichst zu schonen (Art. 17 der Deklaration). 514 s. dazu unten 4. Kap., Abschnitt G.
136
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
c) Das Manuel d’Oxford von 1880 Gustave Moynier und neun andere Völkerrechtsgelehrte erstellten im Auftrag des Institut de Droit International, welches 1873 ins Leben gerufen wurde, 1880 das 86 Artikel umfassende „Manuel des lois de la guerre sur terre“515. So wie die Brüsseler Deklaration Vorbild für das Manuel d’Oxford war, wurde das Manuel wiederum Vorbild für die Haager Abkommen mit den dazugehörigen Haager Landkriegsordnungen (HLKO) von 1899/1907. Völkerrechtliche Geltung erlangte auch diese Kodifizierung des Kriegsrechts nicht. Das Manuel wiederholte die Vorschriften der Brüsseler Deklaration fast wörtlich. Bezüglich der Beschlagnahme für Kulturgüter wurde wieder ein Verbot ausgesprochen (Art. 53). Der gleiche Artikel verbot auch die Zerstörung von Kulturgütern, jedoch mit der Ausnahme der militärischen Notwendigkeit. Diese Ausnahme bezog sich aber nicht auf die Beschlagnahme, da auch das Manuel d’Oxford davon ausging, dass Kulturgüter dem Beschlagnehmenden jedenfalls keinen militärischen Nutzen bringen können. Eine Unterscheidung von öffentlichem und Privateigentum nahm Art. 53 nicht vor.516 Art. 84 sah strafrechtliche Sanktionen gegenüber denen vor, die gegen die Regeln des Manuel d’Oxford verstoßen würden. Nach einer Vorschrift, aus der man einen Restitutionsanspruch ersehen kann, sucht man aber wieder vergeblich. 10. Die Haager Konventionen von 1899/1907517 als kodifiziertes Gewohnheitsrecht Als Nachteil der beiden Konventionen wurden deren Allbeteiligtenklauseln518 bezeichnet.519 Diese Klauseln lassen eine Anwendbarkeit der Konventionen nur zwischen den Vertragsparteien entstehen und auch nur dann, wenn die Krieg Führenden sämtlich Vertragsparteien sind. Sie wurden in den Vertragstext mit aufgenommen, um eventuelle Nachteile einer Kriegspartei, die die Regeln der Konvention befolgen müßte, weil sie sie ratifiziert hat, gegenüber einer anderen Kriegspartei, die nicht an die Bestimmungen gebunden ist, nicht entstehen zu lassen.520 Man ist sich aber einig, 515
Abgedruckt in AnnIDI Éd. Abrégée 1 (1928), S. 710–727. Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 214. 517 Der Inhalt der Bestimmungen zum Kulturgüterschutz ist oben im 2. Kap., Abschnitt A. I., näher beschrieben. 518 Jeweils Art. 2 der Haager Konventionen von 1899 und 1907. 519 Z. B. von Schorlemer, S. 265. 516
C. Völkergewohnheitsrecht
137
dass die kulturgüterschutzrechtlichen Bestimmungen der HLKOen kodifiziertes Gewohnheitsrecht darstellen.521 Damit sind die Regeln der HLKOen auch von den Staaten anzuwenden, die nicht Vertragspartei der Haager Konventionen sind. Die HLKOen und Gewohnheitsrecht existieren parallel. Die Allbeteiligtenklauseln haben daher in positivem Sinne letztlich ihre Wirkung verloren. Schon 1922 hat das Reichsgericht entschieden, dass „die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung vom 18. Oktober 1907 (. . .) während des Weltkriegs als Kriegsgebrauch unter den beteiligten Staaten (. . .) in Geltung gestanden“ haben.522 Die HLKO behielt als Völkergewohnheitsrecht auch ihre Geltung im Zweiten Weltkrieg bei, wie der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg 1946 in einer Entscheidung darlegte.523 Auch noch heute sind die Haager Konventionen von 1899 und 1907 in Kraft. Das Gewohnheitsrecht mag sich mittlerweile verändert haben, die gewohnheitsrechtlichen Grundprinzipien finden sich jedoch weiterhin in den Bestimmungen der HLKOen wieder. Die Haager Konvention von 1954 verweist in Art. 36 auf frühere Abkommen, um die Lücken durch früher entstandenes Recht auszufüllen.524 Somit gab es zu diesem Zeitpunkt einen gleichlautenden Anspruch auf die Rückgabe von Kulturgütern, die entgegen dem Völkergewohnheitsrecht verbracht wurden, wie er oben im 2. Kap., Abschnitt A. I., dargestellt wurde. 11. Der Erste Weltkrieg und die folgenden Friedensschlüsse a) Der Erste Weltkrieg Die Waffenentwicklung525 ging zu schnell, als dass man parallel wirkungsvolle Schutzbestimmungen schaffen konnte. Es wurden Versuche unter520
Später wurden diese Klauseln nicht mehr gebraucht, was einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung des humanitären Völkerrechts bedeutete (ibid.). vgl. z. B. Art. 18 Abs. 3 HKSK. 521 Fiedler, Festschrift für Doehring, S. 199, 199 und 213; Engstler, S. 223; von Schorlemer, S. 297 f. 522 RGSt. 57, 46 (Urteil des IV. Strafsenats des Reichsgerichts vom 4. April 1922). 523 Judicial Decisions, International Military Tribunal (Nuremberg), Judgement and Sentences, 1. Oktober 1946, abgedruckt in AJIL 41 (1947), S. 172, 248 f. Vgl. zu den Urteilen in Bezug auf die Plünderung von Kulturgütern Nowlan, HuV-I 6 (1993), S. 221, 221 ff. Siehe dazu unten 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. f). 524 Toman, S. 13. 525 So wurden im Ersten Weltkrieg erstmals Flugzeuge und die Methode der Flächenbombardements eingesetzt. Zu den Versuchen, dem Luftkrieg rechtliche Schran-
138
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
nommen, Kulturgüter angemessen zu schützen, z. B. durch die Angliederung von Kunstschutzoffizieren an deutsche Militäreinheiten Anfang 1914526, die eng mit der belgischen Commission Royale des Monuments et des Sites zusammenarbeiteten527. Auch die französische Armee versuchte, Kulturgüter so viel wie möglich zu schonen.528 Der Erste Weltkrieg brachte dennoch verheerende Zerstörungen von Kulturgütern mit sich529, trotz der Anwendbarkeit der Haager Konvention von 1899, welche aber meistens mit der Berufung auf militärische Notwendigkeit verteidigt wurden530. Die Konvention von 1907 war aufgrund der Allbeteiligtenklausel nicht direkt anwendbar, da Italien sie zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hatte.531 Art. 4 der Haager Konvention 1907 bestimmt jedoch, dass die Haager Konvention 1899 für die Beziehungen zwischen den Mächten, die sie unterzeichnet haben, die aber die Konvention von 1907 nicht gleichermaßen ratifiziert haben sollten, in Kraft bleibt. Da alle Krieg Führenden Vertragsparteien der Konvention von 1899 waren, war diese anwendbar. In beiden Haager Konventionen verankerten die Vertragsparteien vorausschauend Bestimmungen, die auch zukünftige Kriegstechniken erfassen sollten. Die sog. Martens’sche Klausel im neunten Absatz der Präambel der Konvention von 1907532 und auch Art. 22 HLKO beschränken die Gegner in ihrer Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes. Dabei werden Tatbestände, die von der HLKO nicht erfasst werden, im Sinne der HLKO ausgelegt, was auch dem Kulturken aufzuerlegen, vgl. Randelzhofer, Festschrift für Freiherr von der Heydte, S. 471, 472 ff. 526 Vgl. Posner, Am. Hist. Rev. 49 (1943/44), S. 213, 216; Burg, passim. 527 Clemen, S. 12. 528 Ibid. 529 Z. B. die der Kathedralen von Reims, St. Quentin und Soissons. Auch die große Universitätsbibliothek in Leuven verbrannte durch Kriegseinwirkungen (vgl. Williams, S. 18). Ypern in Belgien wurde dem Erdboden gleichgemacht. Vgl. auch Garner, International Law, S. 434 ff. Siehe Müller-Meiningen, Bd. 1, S. 458 ff., zu deutschen Rechtfertigungsversuchen im Jahre 1917. 530 So Boylan, S. 27; vgl. auch Buhse, S. 13–18. 531 Vgl. die Vertragsstaaten mit den entsprechenden Unterzeichnungs- und Ratifikationsdaten bei Schindler/Toman, S. 96 ff. Jedoch galt sie als Völkergewohnheitsrecht, vgl. oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 10. 532 In der Präambel der Konvention von 1899 ist es der 10. Absatz. Die Klausel lautet: „Solange, bis ein vollständigeres Kriegsgesetzbuch festgestellt werden kann, halten es die hohen vertragsschließenden Teile für zweckmäßig, festzusetzen, dass in den Fällen, die in den Bestimmungen der von ihnen angenommenen Ordnung nicht einbegriffen sind, die Bevölkerung und die Krieg Führenden unter dem Schutz und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts bleiben, wie sie sich ergeben aus den unter gesitteten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens.“ Zu ihrer Entstehungsgeschichte vgl. Meron, AJIL 94 (2000), S. 78, 79 ff.
C. Völkergewohnheitsrecht
139
güterschutz zugute kommt.533 Wie aber soeben dargelegt, nützten diese Bestimmungen nicht viel.534 Zu systematischen Plünderungen und Beschlagnahmen von Kulturgütern ist es im Ersten Weltkrieg indes nicht gekommen.535 Es sind zwar vereinzelt Kunstgüter weggenommen worden536 und auch Vorbereitungen von Plünderungen bekannt geworden537, wobei man aber nicht genau weiß, ob es sich dabei nicht um Vorbereitungen für Schutzmaßnahmen und zur Katalogisierung handelte538. Dass sich das Gewohnheitsrecht nicht verändert hat, beweisen die Friedensverträge am Ende des Ersten Weltkrieges. Genau so wenig hat das Gewohnheitsrecht das zum damaligen Zeitpunkt geltende Vertragsrecht abgeändert. Die HLKOen galten unverändert fort. b) Die Pariser Vorortverträge Der zwischen den Alliierten und Deutschland geschlossene Versailler Friedensvertrag vom 28. Juni 1919539 enthielt mehrere Bestimmungen über die Restitutionspflicht Deutschlands im Bereich der Kulturgüter. Besondere Bestimmungen finden sich in den Artt. 245–247540, eine allgemeine Restitutionsverpflichtung findet sich in Art. 238. Art. 238 ordnet die Restitution541 von Bargeld, Wertpapieren und Gegenständen an, die weggenommen, beschlagnahmt oder sequestriert wurden 533 Nahlik, Hastings L. J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1074 f. Vgl. hierzu auch Fiedler, Kriegsbeute, S. 19 f. 534 Zur Möglichkeit der Bestrafung derjenigen, die sich sinnloser Zerstörung von Kulturgütern schuldig gemacht haben, s. Foramitti, S. 24 f. 535 Buhse, S. 18; Engstler, S. 122; anders Williams, S. 18 f. 536 Garner, International Law, S. 452 f. und ibid. Fn. 6. Vgl. auch Phillipson, S. 162 f. Zum italienischen Kunstraub im besetzten Österreich vgl. Scholz, S. 37 und 31. 537 Vgl. Kott, NZZ, 25. März 1997, S. 46, zu Vorbereitungsmaßnahmen für die Wiedererlangung deutscher Kunstwerke, die durch die napoleonischen Feldzüge nach Paris und französische Provinzmuseen gelangten und trotz der Rückführungen nach dem Wiener Kongress 1815 noch in Frankreich verblieben waren. Insbesondere der Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin, Wilhelm von Bode (1845–1929), soll dabei eine tragende Rolle gespielt haben. Vgl. dazu auch Illies, FAZ, 16. August 1997, S. 27. 538 Vgl. Clemen, S. 121. 539 RGBl. 1919, Nr. 140, S. 687–1350. 540 Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, S. 209, sieht in diesen Artikeln eine positive Präzedenzwirkung für folgende Restitutionen nach bewaffneten Konflikten. So wie die Artt. allerdings gestaltet sind, können sie keinen positiven Ausschlag geben. Dies kann nur für Art. 238, der die allgemeine Restitutionspflicht behandelt, gelten.
140
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
und im Gebiet Deutschlands und seiner Verbündeten aufgefunden werden konnten. Diese Bestimmung erfasste auch Kulturgüter. Darunter fiel aber nur das aus dem Ausland fortgeschaffte Vermögen, nicht das schon zu Kriegsbeginn in Deutschland befindliche Feindvermögen.542 Die Gegenstände mussten von der Reparationskommission hinreichend identifiziert worden sein, nur eine Naturalrestitution kam in Betracht.543 Gegenstände, die nicht unter Zwang weggenommen, sondern im offenen Handel erworben wurden, traf keine Restitutionspflicht.544 Art. 245 verpflichtete Deutschland zur Rückgabe von Kriegstrophäen, Fahnen, Archiven und anderen Gegenständen an Frankreich, die im Krieg 1870/71 und im Ersten Weltkrieg von deutscher Seite erbeutet wurden. Die Bestimmungen dieses Artikels, der aus politischer Rücksichtnahme eingefügt wurde, wurden fast vollständig von deutscher Seite erfüllt.545 Deutschland hatte zwar auf der Grundlage, dass sich diese Kulturgüter schon fünfzig Jahre in Deutschland befanden und nunmehr mit diesem Staat eng verbunden seien, gegen die Rückgabe protestiert, Frankreich war aber in einer stärkeren Position.546 Art. 246 sah die Rückerstattung des Originalkorans des Kalifen Osman an den König der Hedschas (er war ein Geschenk der Türkei an Wilhelm II.) und des Schädels des Sultans Makaua an England vor.547 541 Es ist keine Reparationsvorschrift, wie sich klar aus Art. 243 Abs. 2 ergibt: „Keinesfalls dürfen jedoch die auf Grund von Artikel 238 dieses Teiles erfolgten Rücklieferungen Deutschland gutgeschrieben werden.“ 542 Engstler, S. 124 f. 543 Ibid., S. 125. 544 Ibid. Engstler führt weiter aus, dass Art. 238 zwar keine ausdrücklich dahingehende Regelung enthält, dass von Privaten gutgläubig erworbene Gegenstände auch zurückgegeben werden müssen. Der Wortlaut ließe dies aber zu (ibid.). Auch die deutschen Ausführungsverordnungen und -gesetze zum Versailler Vertrag (vgl. Verordnung der Reichsregierung zur Durchführung des Art. 238 vom 6. April 1921 (RGBl. 1921, S. 478) und das Gesetz über Enteignungen und Entschädigungen aus Anlaß des Friedensvertrages zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten vom 31. August 1919 (RGBl. 1919, S. 1527)) ließen eine Enteigung mit Anspruch auf Entschädigung zu. Die Praxis sah aber anders aus. Gegenstände, in gutem Glauben erworben, wurden im Einvernehmen mit den Alliierten i. d. R. nicht zurückgefordert (vgl. Martin, BYIL 24 (1947), S. 273, 277; Engstler, S. 125). 545 Engster, S. 126. Hierbei handelt es sich um eine Restitutionsvorschrift, die Unrecht ausgleichen sollte, das in einem vergangenen Krieg begangen wurde, denn es liegt kein Unrecht vor, das wiedergutgemacht werden musste. Daher ist diese Bestimmung eine Reparationsvorschrift. 546 Marchisotto, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689, 699. Vgl. dazu auch unten 4. Kap., Abschnitt F. I. 547 Vgl. Hollander, S. 32; Fraoua, S. 130; Merryman/Elsen, S. 40. Siehe zu den Hintergründen Engstler, S. 126 f. Art. 246 ist keine Restitutions- sondern eine Re-
C. Völkergewohnheitsrecht
141
Art. 247 war indes eine Reparations- und nicht eine Restitutionsvorschrift.548 Sie enthielt die Verpflichtung Deutschlands, für die entstandenen Schäden der durch einen Brand im September 1914 völlig zerstörten Universitätsbibliothek von Leuven Ersatz zu liefern.549 Ferner wurde in Abs. 2 des Art. 247 angeordnet, Gemälde, die sich legal durch offenen Erwerb in deutschen Museen befanden, an Belgien zurückzugeben, um mit ihnen ein Triptychon der Brüder van Eyck550 und ein Polyptychon von Dierick Bouts551 zu vervollständigen und wieder zu vereinigen. Dass es sich hierbei um eine Reparationsvorschrift552 handelt, liegt an der Tatsache, dass die Kunstwerke sich nicht mehr in belgischem, sondern in deutschem Eigentum befanden. Für eine Restitution ist ein Fortwirken des ursprünglichen Titels Voraussetzung.553 Die Altarflügel wurden ausgewählt, um die Altäre wieder an ihren angestammten Plätzen zu vervollständigen. Dieser Gedanke der Rekonstitution zerrissener Kunstwerke war auch schon im Wiener Kongress 1815 Grundlage für manche Rückgabe von Kulturgütern.554 Dennoch stellt diese Rückgabeverpflichtung einen Sonderfall dar. Der belgische Anspruch auf Zusammenführung mehrerer Teilkunstwerke zu einem Ganzen in seiner ursprünglichen Form und vor allem an seinem ursprünglichen Standort sollte stärker sein, als die rechtlichen Eigentumstitel der deutschen Museen.555 Hätte dieser Fall Schule gemacht und wäre er Teil des Völkerrechts geworden, so hätte es zu einer Lawine von Rückgaben kommen müssen. Man denke dabei nur an die Elgin-Marbparationsvorschrift, da es sich um Erwerbungen (sofern diese überhaupt „erworben“ wurden, vgl. Engstler, S. 127) handelte, denen kein Unrechtstatbestand, der von deutscher Seite begangen wurde, zugrunde lag. 548 Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 760. Es ist keine Vorschrift für eine restitution in kind, da die Gegenstände, die zerstört wurden, nie der Restitution unterlagen. 549 Vgl. die Untersuchung von Garner, AJIL 9 (1915), S. 72, 101 ff., bezüglich der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme. 550 Das „Agneau Mystique“ aus der Ghenter Sankt Bavo Kathedrale. Zwei Seitenflügel befanden sich in Berlin. 551 Das „Abendmahl“ aus der Sankt Peters Kirche in Leuven. Zwei Flügel befanden sich in Berlin, zwei in München. Vgl. auch hier zu den Hintergründen Engstler, S. 128 f.; s. ferner Williams, S. 19; Marchisotto, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689, 699 ff.; de Visscher, Revue de Droit International et de Législation Comparée, 3e sér., 16 (1935), S. 32, 33 f. 552 Zur Zulässigkeit, Kulturgüter als Reparationsleistung zu fordern, s. u. 4. Kap., Abschnitt D. I. 553 Vgl. auch unten 3. Kap., Abschnitt A. I. und 4. Kap., Abschnitt B. 554 Dabei handelte es sich aber mehr um Restitutionen als um Reparationen (z. B. die Pferde von St. Marco, die Quadriga des Brandenburger Tores etc.). Vgl. auch Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 761. 555 Vgl. Williams, S. 19.
142
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
les des Pantheons im British Museum und die verschiedenen Exponate in den ägyptischen Museen auf der ganzen Welt.556 Der Friedensvertrag zwischen den alliierten und assoziierten Mächten und Österreich von St.-Germain-en-Laye vom 10. September 1919557 enthielt wieder eine allgemeine Restitutionsvorschrift in Art. 184, die dem Art. 238 des Vertrages von Versailles entsprach. Art. 191 war allein der Restitution von Kulturgegenständen gewidmet. Danach sollten alle Kulturgüter, die aus den besetzten Gebieten entfernt wurden, an die alliierten und assoziierten Mächte herausgegeben werden. Art. 194558 erinnerte Österreich an seine Verpflichtungen aus früheren Verträgen zur Rückführung von Kulturgütern.559 In Art. 195 geht es um die Rückführung von italienischen Kulturgütern, bei denen die Umstände des Verbringens nach Österreich noch von einer dreiköpfigen Juristenkommission festgestellt werden mussten. Sollten sie entgegen der Rechte der Provinzen Italiens weggeführt worden sein, so sollten sie an die Provinzen zurückgestellt werden. Die Kulturgüter, um die es ging, waren in einer Anlage näher bezeichnet. Polen, Belgien und die Tschechoslowakei konnten gleichermaßen Ansprüche hinsichtlich der in den Anlagen näher bezeichneten Kulturgüter anmelden.560 Im Falle Belgiens (Anlage II) handelte es sich um Restitutionen (Gegenstände, die im Jahre 1794 aus Belgien nach Österreich überführt wurden, um dort in Sicherheit verwahrt zu werden) und um Reparationen (ein Triptychon von Rubens aus der Abtei Saint Jacques sur 556 Zur Restitution von Kulturgütern an ihr Ursprungsland s. Schulze, passim, m. w. N. Zum speziellen Fall der Elgin-Marbles vgl. Hugger, JuS 32 (1992), S. 997, 997 ff. 557 Abgedruckt in Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich 1920, S. 995 ff. 558 Artt. 192 und 193 behandeln Rückgabeverpflichtungen hinsichtlich von Kulturgütern aus abgetretenen Gebieten, mithin Probleme der Staatennachfolge, auf die hier nicht näher eingegangen wird. 559 Nach Art. XV des Vertrages von Zürich vom 10. November 1859 zwischen dem Kaiser Österreichs und dem König von Sardinien (abgedruckt in Israel, Bd. 1, S. 603 ff.) waren Archive gegenseitig herauszugeben. Dabei handelte es sich allerdings um Herausgaben wegen Staatennachfolge in bestimmte Territorien. Nach Art. XVIII des Vertrages von Wien vom 3. Oktober 1866 zwischen dem König von Italien und dem Kaiser von Österreich (abgedruckt in Israel, Bd. 1, S. 635 ff.) waren ebenfalls Archive aufgrund von Staatennachfolge in bestimmte Territorien herauszugeben. Interressant erscheint in diesem Vertrag Art. XXII, in welchem den Prinzen und Prinzessinnen des Hauses Österreich ihr volles Privatvermögen zurückerstattet wird. Nach der Konvention von Florenz vom 14. Juli 1868 zwischen Italien und Österreich-Ungarn (abgedruckt in Martens, NRG, Ser. 1, Bd. 18 (1873), S. 428 ff.) waren verschiedene Archive und Kunstwerke von den beiden Staaten herauszugeben. 560 Zu verschiedenen Schiedssprüchen siehe „O.“, BYIL 4 (1923–24), S. 124, 126 ff. und Kaye, in: Simpson, S. 100, 103.
C. Völkergewohnheitsrecht
143
Coudenberg in Brüssel stammend, welches 1777 gekauft und nach Wien gebracht wurde). Art. 196 stellt ein pactum de negotiando dar. Österreich verpflichtet sich, Verhandlungen bezüglich der Rückführungen von Kulturgütern aufzunehmen, die der ehemaligen österreichischen Krone gehörten und mit den abgetretenen Gebieten in enger Verbindung stehen.561 Hinsichtlich dieser Kulturgüter besteht für die Dauer von zwanzig Jahren ein Veräußerungsverbot.562 Art. 168 des Friedensvertrages mit Ungarn (Vertrag von Trianon) vom 4. Juni 1920563 sieht eine Restitution vor von „objects of every nature (. . .) taken away, seized or sequestrated in the cases in which it proves possible to identify them (. . .)“. Darunter fallen auch Kulturgüter, wie Art. 175 als Ausführungsbestimmung zu Art. 168 darlegt. Danach soll Ungarn sämtliche von den „invaded territories“ weggenommene Kulturgüter aufgeben, „whether they belong to the State or to provincial, communal, charitable or ecclesiastical administrations or other public or private institutions.“ Art. 176 bestimmt sodann, dass Ungarn Kulturgüter zurückzuführen hat, die von den „ceded territories“ seit dem 1. Juni 1914 weggenommen wurden, mit der Ausnahme von Kulturgütern, die von Privatpersonen gekauft wurden. Sofern die Bestimmungen des Art. 191 auf diese Güter anwendbar sind, wird der Wert der Güter vom Reparationskonto abgezogen.564 Der am 27. November 1919 unterzeichnete Friedensvertrag von Neuillysur-Seine zwischen den alliierten und assoziierten Mächten und Bulga561 Auch hier handelt es sich um Staatennachfolgeprobleme. Vgl. bezüglich der Auslegung der Art. 191–196 des Vertrages von St. Germain-en-Laye die Convention spéciale afin de résoudre les controverses relatives au patrimoine historiquie et artistique de l’ancienne Monachie austro-hongroise; Wien, 4. Mai 1920, mit diplomatischen Noten, zwischen Österreich und Italien, abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 19, S. 682 ff. 562 Dazu vgl. Teil III. B. des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich und der tschechoslowakischen Republik betreffend die Durchführung einzelner Bestimmungen des Staatsvertrages von Saint Germain-en-Laye, abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 19, S. 694 ff. Es handelt sich dabei um die Regelung der Übergabe der verschiedenen Archive und verschiedener Kulturgüter, die ihren Ursprung auf tschechoslowakischem Gebiet haben. 563 Abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 12, S. 423 ff. und in AJIL 15 (1921), Suppl., S. 1 ff. 564 In Art. 179 des Vertrages von Trianon erklärt Ungarn, dass es noch an die Pflichten aus verschiedenen anderen Verträgen gebunden sei, darunter fällt auch die Konvention von Florenz vom 14. Juli 1868 zwischen Italien und Österreich-Ungarn (abgedruckt bei Martens, NRG, Ser. 1, Bd. 18 (1873), S. 428 ff.), in welcher es um die Restitution von Archiven und Kunstwerken ging. Dieser Artikel ist dem Art. 194 des Vertrags von St. Germain vergleichbar.
144
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
rien565 bestimmt in Art. 126 die Rückführung von allen Kulturgütern an Griechenland, Rumänien und den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat, die im Ersten Weltkrieg nach Bulgarien verbracht wurden. Eine interalliierte Kommission hatte über daraus entstehende Streitigkeiten endgültige Entscheidungskraft. Im Gegensatz zu den anderen Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Vertrag von Sèvres vom 10. August 1920 zwischen den Alliierten und der Türkei566 von dieser aufgrund innenpolitischer Schwierigkeiten nicht unterzeichnet. Die Artt. 420 bis 425 regeln Fragen zu Kulturgütern. Art. 420 bestimmt die Restitutionen, die von der Türkei zu leisten waren. Abs. 1 des Art. 420 setzt als Fixpunkt der Wegnahme den 29. Oktober 1914. Unter diese Vorschrift fallen sowohl Kulturgüter, die auf fremden als auch auf dem Territorium der Türkei weggenommen wurden. Es geht hier also auch um Enteignungsfragen von feindlichem Eigentum. Die Art. 421 bis 425 regeln kulturgüterrechtliche Fragen hinsichtlich eines neuen Ausgrabungsgesetzes, Rückgaben wegen Staatennachfolge, der Rückgabe der Bibliothek des Russischen Archäologischen Institutes in Konstantinopel und des Zuganges zu Archiven. Aufgrund der Nichtratifizierung des Vertrages von Sèvres kam es drei Jahre später am 24. Juli 1923 zur Unterzeichnung des Vertrages von Lausanne567, aus dem die Türkei, einer der Verlierer des Ersten Weltkrieges, faktisch als Sieger hervorging, da ihre Unabhängigkeit garantiert wurde. Art. 67 legte der Türkei eine allgemeine Restituierungspflicht auf. Ein Novum und einen großen Fortschritt im Bereich der Wiedergutmachungspraxis stellte jedoch die wechselseitige Verpflichtung der Siegermächte dar, ihrerseits weggenommenes Eigentum an die Türkei herauszugeben.568 Art. 86 sieht eine reziproke Wiederherstellung der Rechte an geistigem Kulturgut vor. Art. 139 beschäftigt sich wiederum mit der Rückgabe von Archiven, Registern, Plänen etc., jedoch hauptsächlich administrativer Art. c) Weitere Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg Der Friedensvertrag zwischen Finnland und Russland, abgeschlossen zu Dorpat am 14. Oktober 1920569, sieht in Art. 29 die Übergabe von Archiven und Karten vor. Es kommt hier nicht klar zum Ausdruck, ob diese Archive 565
Abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 12, S. 323 ff. Abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 12, S. 664 ff. und in AJIL 15 (1921), Suppl., S. 179 ff. 567 Abgedruckt in LNTS 28, S. 12 ff. 568 Engstler, S. 131. 569 LNTS 3, S. 6 ff. 566
C. Völkergewohnheitsrecht
145
aufgrund von Grenzverschiebungen, Kriegseinwirkungen oder aus sonstigen Gründen auf die Territorien der jeweiligen Vertragspartei gelangten. Der Friedensvertrag zwischen Russland, der Ukraine und Polen570, abgeschlossen zu Riga am 18. März 1921, der die Grenzstreitigkeiten des wiederhergestellten Staates Polen mit seinen östlichen Nachbarn zugunsten Polens beilegte571, sah in Art. 11 eine äußerst bemerkenswerte Restitutionsvorschrift vor.572 Zunächst bestimmt Art. 11 Abs. 1 lit. a) die Rückgabe aller Kriegstrophäen, die nach dem 1. Januar 1772 vom Territorium der Polnischen Republik nach Russland oder in die Ukraine verbracht worden waren. Nicht zurückgestellt werden sollten Trophäen aus dem Krieg, dessen Friedensschluss hier beschrieben wird. Unter den Begriff Kriegstrophäen fielen vor allem militärisches Gerät und Insignien, Flaggen etc. Die Rückstellung von Kulturgütern betraf dagegen auch solche, die während des polnisch-russisch-ukrainischen Krieges weggenommen wurden (Abs. 1 lit. b)). Sammlungen von Kulturgütern und Kriegstrophäen sollten zurückgestellt werden ohne Rücksicht auf die Umstände der Verbringung und die Eigentumsverhältnisse vor und nach der Verbringung. Dies galt im Gegenseitigkeitsverhältnis (Abs. 3).573 Von einzelnen Objekten sollten nur die zurückgegeben werden, die unfreiwillig ihren Weg in die Ukraine oder nach Russland gefunden hatten. Für die Zeit des Ersten Weltkrieges vom 1. August 1914 bis 1. Oktober 1915 wird in Abs. 9 und 10 eine gegenseitige Restitution vereinbart. Auch hier ist es möglich, nach Zustimmung der Parteien durch eine eigens dafür geschaffene Kommission (Abs. 15) die an sich zu restituierenden Objekte durch andere gleichartige auszutauschen. Die speziellen Verfahrensvorschriften finden sich in Annex No. 3 zum Vertrag von Riga574. Bei Art. 11 des Vertrages von Riga, der noch detaillierte Vorschriften über die Modalitäten der Restitutionen enthält575, handelt es sich um die differenzierteste und damit am leichtesten anwendbare und auslegbare (allgemeine) Restitutionsvorschrift für Kulturgüter in einem Friedensvertrag. 570
LNTS 6, S. 52 ff.; BFSP 114 (1921), S. 917 ff. Vgl. zu den Hintergründen Klöss, S. 108. 572 Vgl. dazu Chrzaszczewska, Mouseion 17/18 (1932), S. 205, 205 ff., sowie Lippman, Dickinson J. Int’l L. 17 (1998), S. 1, 36 f. 573 Abs. 7 bestimmt die gegenseitige Anerkennung der Integrität von Sammlungen, die nicht zerrissen werden sollen. Die Kulturgüter sollten dann nach Zustimmung der Parteien durch eine Kommission an seinem Platze verbleiben. Jedoch ist es, wenn es eng mit der Geschichte und der Kultur Polens verbunden ist, gegen ein anderes Objekt mit gleichem künstlerischem oder wissenschaftlichem Wert auszutauschen. Zur restitution in kind s. unten 4. Kap., Abschnitt B. III. 574 LNTS 6, S. 159 ff.; BFSP 114 (1921), S. 944 ff. 575 Insbesondere über die Rückstellung von Archiven etc. 571
146
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Sie kann deshalb ein gutes Beispiel für zukünftige Friedensverträge sein. Insbesondere die Vereinbarung einer Gemeinsamen Kommission, die ausschließlich für die Klärung von Fragen im Zusammenhang mit den Restitutionen (insbesondere bei restitutions in kind) zuständig ist, sollte Vorbild für moderne Friedensverträge werden. Diese Kommission könnte auch Vorbild für zwischenstaatliche Fragen sein, die im Zusammenhang mit den Restitutionspflichten nach dem Zweiten Weltkrieg bestehen. Aus diesem Grunde wird die Vertragsvorschrift hier wiedergegeben: Article 11 1. Russia and the Ukraine shall restore to Poland the following objects which were removed from the territory of the Polish Republic to Russia and the Ukraine subsequent to January 1, 1772: (a) all war trophies (e. g., flags, colours, military insignia of all kinds, cannons, weapons, regimental and other insignia), together with the trophies taken from the Polish nation after 1792, during the struggle for independence which was maintained by Poland against Czarist Russia. Nevertheless, trophies of the PolishRusso-Ukrainian war of 1918–1921 shall not be restored. (b) libraries, archaeological collections and archives, collections of works of art, collections of any nature and objects of historical, national, artistic, archaeological, scientific and general educational value. The collections of objects included unter letters (a) and (b) of this paragraph shall be restored irrespective of the conditions under which, and the pretexts upon which they were carried off and irrespective of the authorities responsible for such removal and without regard to the person whether physical or legal to whom they belonged prior to, or subsequent to their removal. 2. The obligation to make restitution shall not apply to: (a) objects carried off from the territories situated on the east of the frontiers of Poland, as determined by the present Treaty, in so far as it shall be proved that such objects are a product of White-Ruthenian or Ukrainian civilisation, and that they were subsequently removed to Poland otherwise than as the result of a voluntary transaction or of succession; (b) objects which passed from the possession of their legal owner into Russian or Ukrainian territory as the result of a voluntary transaction or of succession, or were removed to the territories of Russia and the Ukraine by their legal owner. 3. If there exists in Poland any collection or objects falling within the class specified in letters (a) and (b) of § 1 of the Article, which have been removed from Russia or the Ukraine during the same period, such collections and objects shall be restored to Russia and the Ukraine unter the conditions laid down in § 1 and § 2 of this Article. 4. Russia and the Ukraine shall restore to Poland objects carried off from the territory of the Polish Republic subsequent to January 1, 1772, which relate to the
C. Völkergewohnheitsrecht
147
territory of the Polish Republic, such as archives, registers, extracts from archives, deeds, documents, maps, plans, sketches, together with plates and discs, seals, etc., of all State institutions and self-governing, private and ecclesiastical institutions. Nevertheless, such of the above-mentioned objects as although not exclusively connected with the territory of the present Polish Republic, cannot be divided up, shall be restored in their entirety to Poland. 5. Russia and Ukraine shall hand over the archives, registers, extracts from archives, deeds, documents, maps, plans and sketches belonging to legislative institutions and central, provincial and local organisations of all ministries, services, administrations, autonomous bodies and private and public institutions, which date from the period between January 1, 1772, and November 9, 1918 – the period during which Russia administered the territory of the Polish Republic – in so far as such objects relate to the territory of the present Polish Republic and are actually within the territories of Russia and the Ukraine. If objects referred to in the same paragraph which are of special interest to territories remaining part of Russia or the Ukraine exist in Poland, the latter country undertakes to restore such objects to Russia and the Ukraine, under the same conditions. 6. The provisions of § 5 of this Article shall not apply to: (a) archives, registers, etc., relating to operations subsequent to 1876 which were carried on by the former Czarist authorities against the revolutionary movements in Poland, until such time as a special convention shall be concluded between the two Parties as to the restitution of such objects to Poland; (b) objects of a secret military nature relating to the period subsequent to 1870. 7. The two Contracting Parties fully recognise that the value of systematic, scientifically prepared and complete colletions, such as form a fundamental part of collections of world-wide scientific importance, ought in no way to be impaired and accordingly agree to the following provisions: should the handing over of a certain object, which is to be restored to Poland, under § 1 (b) of this Article, prove likely to impair the completeness of such a collection, such object shall, save where it is closely bound up with the history and culture of Poland, remain on the spot, subject to the approval of both Parties represented of the Mixed Commission referred to in § 15 of the present article; it shall in that case be exchanged for an object of the same artistic or scientific value. 8. The two Contracting Parties declare themselves ready to conclude special Conventions concerning the restitution, purchase, or exchange of objects included in the categories defined in § 1 (b) of this Article, if these objects shall have been transferred from the territory of one Party to that of the other as the result of a voluntary transaction, or of succession, in so far as such objects are the product of the scientific, artistic, etc., activities of the Party concerned. 9. Russia and the Ukraine agree to make restitution to Poland of such of the following objects as belong to the State or to National institutions, autonomous
148
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
bodies, private or public institutions, and in general to all legal and physical persons, and were taken with or without consent into Russia and the Ukraine from the territory of the Polish Republic after August 1, 1914, that is to say, in the period from the outbreak of the great war until October 1, 1915: (a) archives, acts, documents, registers, account books, and mercantile books, journals and correspondence, geodesic and land surveying instruments, photographic plates and negatives, seals, maps, plans and drawings with corresponding sketches and scales, with the exception of objects referring to military matters of a secret nature which belong to military institutions; (b) libraries, collections of books, collections of archives and objets d’art and their inventories, catalogues and bibliographical material, works of art, antiquities, all collections and objects of historical, national, artistic or scientific interest, bells and objects belonging to any religious denomination; (c) scientific and scholastic laboratories, collections of all kinds, scholastic and scientific accessories, instruments and apparatus and all auxiliary and experimental material. It shall be permissible to make restitution of the individual objects referred to under the heading (c) of this paragraph or to replace them by an equivalent object to be decided upon by agreement between the two Parties represented on the Mixed Committee provided for in § 15 of this article. Objects, however, which date from a period prior to 1870 or which have been offered by the Poles may only be replaced by a suitable equivalent after agreement between the two Parties represented on the aforementioned Mixed Committee. 10. The two Contracting Parties undertake reciprocally to make restitution in a similar manner of colletions and objects specified in § 9 of this Article, taken with or without consent from the territory of the other Party after October 1, 1915. 11. Restitution shall be made of objects specified in §§ 9 and 10 of this Article which are not the property of the State or State institutions upon the request of the Governments, made in accordance with the declarations of the owners, in order that such objects may be restored to the owners. 12. Restitution shall be made of the objects specified in §§ 9 and 10 of this Article in so far as they are or may be actually in the possession of State institutions or private institutions belonging to the State which makes restitution. The obligation to prove that the object has been lost or destroyed shall rest with the State making restitution. If the objects enumerated in §§ 9 and 10 of this Article are in the possession of third persons, legal or physical, these persons shall be obliged to deliver them up with a view to their restitution. Upon the request of the owner, such of the objects enumerated in §§ 9 and 10 of this Article, as may be already in his possession, shall also be restored. 13. The State making restitution shall pay the expenses incurred in connection with the return and the restitution of the objects within the limits of its own territory as far as the frontier.
C. Völkergewohnheitsrecht
149
The return and the restitution of objects shall be made notwithstanding prohibitions or restrictions on export, and such objects shall not be liable to any duty or any tax. 14. Each of the Contracting Parties agrees to return to the other Party property of an educational or artistic value given or bequeathed before November 7, 1917 (New Style) to their own State or to the private, scientific and artistic institutions within that State by individuals or public bodies of the other Party in so far as such gifts or bequests have been made in conformity with the laws of the said State. The two Contracting Parties reserve the right of concluding special Conventions with regard to the aforementioned gifts and bequests made after November 7, 1917. 15. For the purpose of putting into force the provisions of this Article, a special mixed paritary Commission shall be established within a period of six months at the latest of the ratifications of this Treaty, and shall sit in Moscow; this Commission shall be composed of three representatives of each Party and such experts as may be required. In the exercise of its duties the Commission shall conform to the instructions contained in Annex No. 3 of this Treaty.
Weitere Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg, die Restitutionsvorschriften enthielten, waren der Friedensvertrag zwischen Russland und Estland, unterzeichnet in Dorpat am 2. Februar 1920576, der Friedensvertrag zwischen Russland und Lettland, abgefasst in Moskau, vollzogen in Riga am 11. August 1920577 und der Friedensvertrag zwischen Russland und Litauen, unterzeichnet in Moskau am 12. Juli 1920578. 12. Kodifikationen zwischen 1915 und 1945 Aufgrund der vielen Lücken des bestehenden Kriegsrechts, die sich im Ersten Weltkrieg auf tragische Weise offenbarten, versuchten (inter-)nationale Institutionen und Organisationen den Kulturgüterschutz im Krieg strenger und besser durchführbar zu gestalten. Im Jahre 1915 entwarf Zitelmann einen Vertrag zum Schutze des Kulturgutes im Kriege, womit er ausführliche Kritik an der HLKO übte, aber weiterhin am Rechtfertigungsgrund der militärischen Notwendigkeit fest576
Art. 12 Abs. 4 und 5 (LNTS 11, S. 29 ff.). Artt. 11, 12 und 15 (LNTS 2, S. 196 ff.). Allerdings war in Art. 11 Abs. 1 Uabs. 2 vereinbart, dass Kulturgüter nur dann zu restituieren seien, wenn sie keinen ernsthaften Verlust für russische Archive, Bibliotheken, Museen und Gemäldegalerien, in welchen sie aufbewahrt wurden, darstellen. 578 Artt. 9 und 10 (LNTS 3, S. 106 ff.). 577
150
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
hielt.579 Ein Wegnahmeverbot für bewegliche Kulturgüter lässt dieser Entwurf jedoch vermissen. Die Nederlandsche Oudheidkundige Bond, die Niederländische Archäologische Gesellschaft, schlug 1918 durch einen von niederländischen Völkerrechtslehrern und anderen Gelehrten ausgearbeiteten Bericht580 vor, bestimmte Stadtzentren von hohem historischen Wert581 schon in Friedenszeiten zu entmilitarisieren und zu neutralisieren, um sie dann zum Schutze einem Treuhänder zu übergeben.582 Diese Städte könnten dann auch Zufluchtsorte für bewegliche Kulturgüter darstellen583, was deren Wegnahme verhindern würde. Auch sollten die zu schonenden Gebäude gekennzeichnet werden, und ein internationales Büro hätte die Kontroll- und Vermittlungsfunktion auszuüben. Kurz nach dem Krieg, in dem zum ersten Mal schwere Schäden durch den Luftkrieg entstanden sind584, nahm die 1922 in Washington, D.C., einberufene Abrüstungskonferenz eine Resolution an, die später als die Haager Luftkriegsregeln von 1923585 bekannt wurden. Hinsichtlich des Kulturgüterschutzes wurden die Regeln der HLKOen von 1899 und 1907 übernommen.586 Vorschriften über die Wegnahme von Kulturgütern waren obsolet. 579
Zitelmann, ZfV 10 (1917), S. 1, 16. s. dazu Wyss, S. 88, Fn. 26; von Schorlemer, S. 267; Landolt, S. 42. 580 La protection des monuments et objets historiques et artistiques contre les destructions de la guerre, Proposition de la Société néerlandaise d’archéologie, RGDIP 26 (1919), S. 329–336. Eingehend dazu Foramitti, S. 25 f. und Lattmann, S. 49 f. 581 Wie z. B. Brügge, Florenz, Nürnberg, Oxford, die Cité de Paris, Rom, Rothenburg, Venedig etc. (Strebel, ZaöRV 16 (1955/56), S. 35, 41 unter Bezug auf La protection des monuments et objets historiques et artistiques contre les destructions de la guerre, Proposition de la Société néerlandaise d’archéologie, RGDIP 26 (1919), S. 329, 333). 582 Vgl. Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 762; von Schorlemer, S. 267; Strebel, ZaöRV 16 (1955/56), S. 35, 41 f.; Wyss, S. 88, Fn. 26. 583 Lattmann, S. 50. 584 Z. B. der Luftangriff auf Venedig am 24. Oktober 1915, bei dem feindliche Flugzeuge Brandbomben abwarfen, die verheerende Schäden anrichteten (vgl. von Schorlemer, S. 268). 585 Abgedruckt in Giese/Menzel, S. 197 ff. Sie erlangten keine völkerrechtliche Geltung (Randelzhofer, Festschrift für Freiherr von der Heydte, S. 471, 476). Vgl. dazu auch Foramitti, S. 27. Zum Scheitern der Haager Luftkriegsregeln wegen Fehlens eines Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen des Verbots der Bombardierung von militärischen Objekten, wenn auch die Zivilbevölkerung davon betroffen sein könnte, vgl. Randelzhofer, Festschrift für Freiherr von der Heydte, S. 471, 476. 586 Artt. 25 und 26 waren dem Kulturgüterschutz gewidmet.
C. Völkergewohnheitsrecht
151
Auf Betreiben von Nicolas Roerich587 wurde am 15. April 1935 in Washington, D.C., durch die Staaten der Pan-American Union der Treaty on the Protection of Artistic and Scientific Institutions and Historic Monuments (der sog. Roerich-Pakt588) unterschrieben.589 Verankert wurde ein genereller Schutz von unbeweglichen Kulturgütern im Krieg. Ein Wegnahmeverbot wurde indes nicht ausdrücklich mit aufgenommen. Dass sich dadurch allerdings keine andere Richtung in der Entwicklung des Völkergewohnheitsrechtes anbahnte, sieht man an der Verabschiedung des Treaty on the Protection of Movable Property of Historic Value590 in Washington, D.C., ebenfalls am 15. April 1935. Art. 8 dieses Vertrages beinhaltet ein ausdrückliches Wegnahmeverbot für Kulturgüter in Kriegszeiten. Die Entwürfe der dreißiger Jahre des Internationalen Museumsbüros, welches durch den Völkerbund beauftragt wurde, eine nur dem Kulturgüterschutz gewidmete Konvention zu schaffen, lassen wieder Rückgabevorschriften vermissen.591 Zwar sollen die Personen, die Kulturgüter plündern, beschädigen oder zerstören, bestraft werden (Art. 3 Abs. 3), aber ein ausdrückliches Wegnahmeverbot wurde in den Entwurf nicht mit aufgenommen. Vorherrschend ist die Sorge um die Kulturgüter in ihrem Bestand, nicht so sehr die Sorge um das Belassen derselben an deren angestammten Orten. Art. 1 schreibt vor, dass Kulturgüter gegen die vorhersehbaren Auswirkungen des Krieges geschützt werden sollen. Darunter könnte auch die Plünderung von kulturellen Werten fallen. Dass diese Entwürfe nicht von dem herrschenden Plünderungsverbot für Kulturgüter abrücken wollten, zeigt auch ihr Verweis in der Präambel auf die Haager Konventionen von 1899 und 1907. Sind Kulturgüter derart in Gefahr, dass sie gehörigen Schutz nur im Ausland finden können, so unterliegen sie während des Transports und der Auslagerung einem Konfiskationsverbot (Art. 9). Das gleiche gilt für Bürgerkriege (Art. 10 Abs. 3). Diese Entwürfe592 hatten nie völkerrechtliche Geltungskraft, denn als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, kam es zu keiner internationalen Kon587 1874–1947. Zu seinem Leben und der Entstehungsgeschichte des RoerichPaktes vgl. Boylan, S. 28 f. 588 s. dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt A. II. 1. Abgedruckt in LNTS 167, S. 289 ff., und in Boylan, Appendix III, S. 177 f. 589 Vgl. dazu auch Dörrmann, HuV-I 6 (1993), S. 230, 230 f. 590 s. dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt A. II. 2. Abgedruckt in Hudson (Hrsg.), International Legislation 7 (1941), S. 59–63. 591 „Preliminary Draft International Convention for the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of War.“ Der Entwurf von 1936 mit Ausführungsbestimmungen ist in englischer Übersetzung abgedruckt bei Boylan, Appendix V, S. 181–188. Vgl. auch von Schorlemer, S. 271 f.; Buhse, S. 28–35; Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 764; Foramitti, S. 27–29.
152
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
ferenz mehr, auf welcher sie als multilateraler Vertrag hätten verabschiedet werden können. Sie dienten jedoch als Vorlage für die Haager Konvention von 1954 und stellen ein Indiz für die Gewohnheitsrechtsentwicklung dar, wie schon manch andere Kodifikationsentwürfe vor ihnen. 13. Der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Deutschlands und Österreichs durch die Alliierten Ähnlich wie Napoléon, träumte Hitler von einem Museum, das in seiner Größe und mit der Bedeutung der darin ausgestellten Werke alle anderen Museen der Welt in den Schatten stellen sollte. Als Standort hatte er Linz ausgewählt.593 Der Stadt, in der er einen Teil seiner Jugend verbracht hatte, wollte er dadurch besonderen Ruhm zuteil werden lassen.594 Um dieses geplante, gigantische Museum mit entsprechender Kunst füllen zu können, waren Plünderungen großen Stils in den besetzten Gebieten nötig.595, 596 In den Besatzungsgebieten war es hauptsächlich der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), welcher die Aufgaben übernahm, die denen der napoleonischen Wissenschafts- und Kunstkommissionen sehr ähnelten.597 Neben dem Einsatz von Sonderzügen stellte die Luftwaffe die lo592 Zu weiteren Bemühungen, Kulturgütern besseren Schutz zu gewähren vgl. Lippman, Dickinson J. Int’l L. 17 (1998), S. 1, 38 m. w. N. 593 Vgl. dazu statt vieler, de Jaeger, S. 70 ff. 594 Dazu siehe Chamberlin, S. 151–156; Haase, Kunstraub, S. 30 ff. 595 Vgl. Nicholas, S. 41–359. 596 Auch Japan hat systematisch seine von ihm besetzten Nachbarländer ausgeplündert, hauptsächlich, um den Krieg zu finanzieren. Nicht nur Kunstschätze, sondern vor allem Gold und Juwelen sollen während der Operation „Goldene Lilie“ von Japan geraubt worden sein. Vgl. dazu Seagrave/Seagrave, S. 259 ff. m. w. N. in En. 70. Bislang wurden allerdings diese Kunstschätze nicht zurückgefordert. „Das von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg geraubt Gut fand nach dem Krieg eine stärkere Beachtung in der Öffentlichkeit. Das Ausmaß der japanischen Plünderungen läßt den Raub der Deutschen klein erscheinen, um so mehr, als Japan seinen Diebstahl bis heute nicht zugegeben hat.“ (Seagrave/Seagrave, S. 263; vgl. zu den Plünderungen der Japaner auch Poulos, IJLI 20 (2000), S. 1, 28). (Eine Ausnahme bieten die Verhandlungen und die sich daran anschließenden Rückführungen zwischen der Republik und Korea im Jahre 1965, vgl. dazu 2. Kap., Abschnitt B. II. 1.). Dass den japanischen Plünderungszügen nicht annähernd die gleiche Beachtung durch die Öffentlichkeit geschenkt wurde, lag hauptsächlich daran, dass die Amerikaner vielfach verhinderten, dass etwas davon an die Öffentlichkeit geriet. Sie wollten es den Japanern dadurch leichter machen, zum Verbündeten gegen den Kommunismus zu werden. Die alten Strukturen wurden aufrechterhalten, eine Demokratisierung fand in Japan zunächst nur scheinbar statt (Seagrave/Seagrave, S. 276 ff., 283). Im Übrigen wurde von den Japanern in den seltensten Fällen Eigentum von Juden beschlagnahmt und konfisziert, der jüdische Teil der amerikanischen Öffentlichkeit konzentrierte sich deshalb ohnehin auf die Restitutionen in Europa.
C. Völkergewohnheitsrecht
153
gistischen Möglichkeiten.598 Aber auch die SS-Abteilung für Archäologie, „Ahnenerbe“, und das Sonderkommando Künsberg nahmen Plünderungen vor.599 Andere Mittel, um an Kunstwerke heranzukommen, waren Ankäufe unter dem Deckmantel der Legalität.600 Diese geschahen meist aber unter Zwang oder Druck. Die Verkäufer hatten oftmals keine andere Wahl, als 597 Der ERR wurde eigentlich zum Zwecke der Sammlung politischen Materials im Hinblick auf das Judentum und die Freimaurerei eingerichtet. Später wurde er 1940 durch das Oberkommando der Wehrmacht durch Anordnung vom 17.09.1940, Nr. 2 f 28.14 EC Nr. 3812/40g, zur Beschlagnahme von allen wertvoll erscheinenden Kulturgütern „herrenlosen jüdischen Besitzes“ und zum Abtransport nach Deutschland eingesetzt (vgl. Haase, Kunstraub, S. 68 f.). Verschiedene Anordnungen durch Hitler und die tatsächliche Hilfe durch die Militärverwaltung, die Sicherheitspolizei und die Geheime Feldpolizei erleichterten dem ERR die Arbeit. Ein „Sonderstab Musik“ im ERR wurde für die Einziehung von Materialien von Komponisten und Musikern eingesetzt (vgl. dazu de Vries, S. 117 ff.; ibid., Spoils of War, Nr. 1, 19.12.1995, S. 9, 10 ff., zu den Tätigkeiten des Sonderstabes in den westlichen Besatzungsgebieten). Zu den Praktiken der Nazionalsozialisten 1938 in Österreich vgl. Wermusch, S. 9 ff.; Haase, Kunstraub, S. 161; Sailer, in: Simpson, S. 88–91. Überblicke über die Machenschaften in den besetzten Ländern bieten für Frankreich Feliciano, passim, und Hamon, in: Simpson, S. 63–66; für die Niederlande Nicholas, S. 114–155, Leistra, in: Simpson, S. 53–57, Petropoulos, S. 180 ff.; (zur heutigen niederländischen Restitutionspolitik gegenüber Alteigentümern s. Heuss II, in: Frehner, S. 105– 110); für Polen Nicholas, S. 81–110, Haase, Kunstraub, S. 162, Pruszynski, in: Simpson, S. 49–52, Petropoulos, S. 130 ff., Me˛z˙yn´ski, pass. (hier wird das wenig bekannte sog. Kommando Paulsen beschrieben); für Russland und andere frühere Sowjetrepubliken Nicholas, S. 247–268, Shvidkoi, in: Simpson, S. 67–71, Fedoruk, in: Simpson, S. 72–76, Maldis, in: Simpson, S. 77–80, Hiller, in: Simpson, S. 81– 83, Heuss, S. 65 ff., 161 ff. und 232 ff., Freitag/Grenzer, in: Eichwede/Hartung, S. 20, 36 ff.; Hartung, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 14, 14 ff. und ibid., S. 34 ff.; für die baltischen Staaten Petropoulos, S. 142 ff.; für Italien Nicholas, S. 303–359; für Südtirol, Petropoulos, S. 147 ff. Nachweise zu anderen Ländern finden sich in Haase, Kunstraub, S. 161–174. 598 Haase, Kunstraub, S. 152. 599 Ritter, Kulturerbe, S. 9. 600 Hitler ließ durch Hans Posse, der mit dem Aufbau des Linzer Museum beauftragt war, für dieses Museum ankaufen. Auch Göring hatte seine Ankäufer und schuf sich in seinem neuerbauten Karinhall in der Schorfheide bei Berlin eine Privatsammlung mit den schönsten Stücken, die nicht zuvor Hitler ausgewählt hatte (vgl. dazu Chamberlin, S. 159 und Nicholas, S. 64 ff.; vgl. zur Kunstsammlung Görings, Haase, Kunstsammlung, pass., zur Rückführung von Werken aus dieser Sammlung, ibid., S. 186). Vor allem Kunstwerke von jüdischen Besitzern (z. B. ordnete die Verordnung vom 27. Mai 1942 die Beschlagnahme aller Kunstgegenstände, die sich im Eigentum jüdischer Bürger befanden, an, vgl. Haase, Kunstraub, S. 163) und teilweise aus Besitz von staatlichen Museen wurden konfisziert und abtransportiert, ohne eine Entschädigung zu zahlen. Zur den heutigen Rückforderungs- und Rückgabeproblemen bezüglich der Kunstwerke, die aus dem Eigentum von jüdischen Bürgern stammen vgl. Heuer, NJW 52 (1999), S. 2558, 2561 f. sowie Lerner, N.Y.U.J. Int’l L. & Pol. 31 (1998), S. 15, 15 ff.
154
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
zu verkaufen. Kunstsammlungen von Juden dagegen wurden einfach beschlagnahmt.601 Als die Sieger Besiegte wurden, wendete sich das Blatt. Während die Westalliierten versuchten, zumindest was die Wegnahme von Kulturgut anging, im Einklang mit dem Völkerrecht zu bleiben, trachtete Stalin danach, nunmehr seinerseits ein Museum von unvorstellbarer Größe und Qualität aufzubauen602. Die den sowjetischen Armeen folgenden Trophäenkommissionen603 ließen nicht nur Kulturgut, das die Deutschen den Russen weggenommen hatten, wieder in die Heimat transportieren, sondern vor allem auch Kulturgut, das nie in sowjetischem Besitz war604. Darunter fiel nicht nur deutsches605, sondern auch polnisches606, baltisches, ungarisches607, westliches608 und jüdisches609 Kulturgut. 601
Vgl. hierzu z. B. das Schicksal der Kunst- und Kulturgüter sowie des Goldes aus dem Besitz der von Eichmann in Ungarn deportierten und ermordeten Juden bei Goldmann/Wermusch, S. 110 ff.; Kreiner/Stehrer, Stuttgarter Zeitung, 24. Juni 2000, S. 3; sowie Hackett, Der Tagesspiegel, 20. Mai 2000, S. 27. Vgl. auch Heuss I, in: Frehner, S. 97, 97 ff., zu den Beschlagnahmungen jüdischer Sammlungen in Berlin durch die Nazionalsozialisten. 602 Fiedler, Kriegsbeute, S. 11 m. w. N.; Jähne, S. 144 ff. So sollte z. B. der Schatz des Priamos Teil des Museums werden. Er wurde vom Schutzraum des Flakturms am Zoo zum russischen Hauptquartier gebracht (Kühnel-Kunze, S. 71–72), bevor die westlichen Alliierten Berlin erreichten. Später wurde er auf persönlichen Befehl Stalins (o. V., Der Spiegel 34/1993, S. 152, 153) nach Mokau ausgeflogen, wo er fast fünfzig Jahre im Keller des Puschkin-Museums versteckt wurde (zum Ganzen vgl. Goldmann/Schneider, pass.; Kriesch, S. 210–219; Jähne, S. 147–161; Goldmann, in: Simpson, S. 200–203; Greenfield, S. 228–232, Gattini EJIL 7 (1996), S. 67, 75; Vandenberg, S. 13–41; Rehork, S. 179 ff.; vgl. auch Goldmann, Nbg. Bl. Arch. Heft 13 (1996/97), S. 39, 39 ff. und Wahl, in: Frank, S. 105, 109 ff.; Hipp, S. 117 ff.). In den Jahren 1996 wurde der Schatzfund im PuschkinMuseum ausgestellt (vgl. dazu den Ausstellungskatalog Der Schatz aus Troja, pass., und unten 3. Kap., Abschnitt B.), nachdem 1991 bekannt wurde, dass der Schatz sich in Moskau befindet (Akinsha/Kozlov, ARTnews 90, No. 4 (April 1991), S. 130, 131 f.). 603 Zu ihrem Aufbau, ihrer Struktur und ihren Aufgaben siehe Lehmann/Kolasa, pass., Akinscha/Koslow/Toussaint, S. 23–26; Akinscha/Koslow, S. 61–69 und Ritter, IJCP 7 (1998), S. 446, 447 ff. Vgl. zu einem Vergleich der Strukturen der deutschen und der russischen Kunstrauborganisationen Volkert, pass. 604 Die geraubten Kulturgüter sollten nun auf russischer Seite dem Waffenruhm dienen und wurden zum Mittel der Ideologie: Sie sollten für Moskaus Ruhm stehen und stiller Künder der nun fest etablierten sowjetischen Großmacht sein (so Jähne, S. 146). 605 Akinscha/Koslow/Toussaint, S. 23 ff.; Akinscha/Koslow, pass.; Knyschewskij, S. 151–189. 606 Kowalski, Liquidation, pass., m. w. N.; ders., in: Simpson, S. 235 f.; Ludwig, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 42. 607 Rüb, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41.
C. Völkergewohnheitsrecht
155
In den sechs Jahren des Krieges wurden auf beiden Seiten Millionen von Kunstwerken verschleppt, geplündert und vor allem unwiederbringlich zerstört610. Es war „der größte Kunstraub aller Zeiten“611. Es ist vertretbar, zu argumentieren, dass das Kriegsrecht auf den Kampfschauplätzen des Zweiten Weltkrieges völlig irrelevant war. Dieser Krieg wurde so gnadenlos geführt, wie kaum ein anderer. Trotz der Tatsache, dass das Völkerrecht ignoriert wird, gilt es weiterhin, selbst wenn dessen Nichtbefolgung über eine längere Zeit andauert. Dies ist nicht der Fall, sofern desuetudo vorliegt. Maßgebend für die Einführung einer neuen Staatenpraxis ist das Verhalten der anderen Staaten.612 Die Praxis des Deutschen Reiches, gezielt Kunst und andere Kulturgüter zu rauben, wurde einhellig von den anderen Staaten jedoch missbilligt. Schon am 5. Januar 1943 unterzeichneten achtzehn Alliierte eine Erklärung, in welcher die Akte der Plünderungen durch die Deutschen verurteilt wurden: The Union of South Africa, the United States of America, Australia, Belgium, Canada, China, The Czechoslovak Republic, the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, the Union of Soviet Socialist Republics, Greece, India, Luxembourg, the Netherlands, New Zealand, Norway, Poland, Yugoslavia, and the French National Committee; Hereby issue a formal warning to all concerned, and in particular to persons in neutral countries, that they intend to do their utmost to defeat the methods of dispossession practiced by the Governments and peoples who have been so wantonly assaulted and despoiled. Accordingly, the Governments making this declaration and the French National Committee reserve the right to declare invalid any transfers of, or dealing with, 608 So z. B. die niederländische Sammlung Koenigs (vgl. dazu Schümer, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 42; Gattini, IJCP 6 (1997), S. 81, 81 ff.) oder das Familienarchiv des liechtensteinischen Fürsten, welches die russische Armee in Österreich erbeutete. Auch Italien vermutet, dass von Deutschen verschlepptes italienisches Kulturgut in die Sowjetunion verbracht wurde (Holm, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41 und 42; Polaczek, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41). 609 Fiedler, FAZ, 27. Januar 1995, S. 38. 610 Vgl. hierzu den „Keine-Gnade“-Befehl von Feldmarschall von Reichenau vom 10. Oktober 1941 bezüglich der Kriegsführung deutscher Truppen an der Ostfront (abgedruckt in Schwarzenberger, S. 150 f.): „(. . .) The troops are interested in putting out fires only in those buildings which can be used as quarters for our army units. All the rest, which are symbols of the domination of the Bolshevists, including buildings, must be destroyed. No treasures of history and art are of the slightest consequence. (. . .).“ Die Zerstörungen deutscher Kulturgüter sind aufgelistet bei Neu, in: Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, S. 371 ff. 611 So Rehork, S. 179. 612 ICJ Rep. 1986, S. 13, 97 f. (Nicaragua); Verdross/Simma, S. 362, § 574; Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 16, Rz. 48.
156
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
property, rights and interests of any description whatsoever which are, or have been, situated in the territories which have come or which belong or have belonged, to persons, including juridical persons, resident in such territories. This warning applies whether such transfers or dealings have taken the form of open looting or plunder, or of transactions apparently legal in form, even when they purport to be voluntarily effected. The Governments making this declaration and the French National Committee solemnly record their solidarity in this matter.613
Diese Erklärung politischer Natur614 sollte den Alliierten das Recht vorbehalten, Transaktionen, selbst diejenigen, die in Einklang mit Art. 52 HLKO standen, nach der Besetzung durch die Achsenmächte zu annullieren.615 Interessant erscheint hier, dass selbst neutrale Staaten616 und ihre Angehörigen vor Eigentumstransaktionen, worunter auch Kulturgüter fielen, gewarnt wurden, was nie zuvor geschah.617 Spätere Erklärungen bestätigten diese Vorhaben der Alliierten.618 Als weitere Schutzmaßnahme ordneten Briten und Amerikaner619 ihren Truppen Kunstschutzoffiziere bei. Eisenhower als Oberbefehlshaber der Alliierten Truppen erließ am 29. Dezember 1943 einen Befehl für den Fall der Landung in Kontinentaleuropa, worin jedem Armeeführer die Pflicht auferlegt wurde, soweit als möglich das kulturelle Erbe der von den Truppen betretenen Länder zu respektieren, da dieses Erbe sich gerade als Sym613 Abgedruckt bei Fiedler, Deutsche Frage, Anlage 14, S. 282–283 und von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 5 f. Zur Entstehungsgeschichte der Londoner Erklärung vgl. Kurtz, S. 50 ff., sowie Grell, S. 89 ff. 614 Der rechtliche Charakter dieser Erklärung ist umstritten, vgl. dazu statt aller Mráz, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207, 222 ff. m. w. N. sowie Fiedler, Festschrift für Siehr, S. 197, 201 ff. m. w. N.; O’Keefe/Prott, Movement, S. 824, Rz. 1524. 615 von Glahn, S. 189. Nach Woolsey, AJIL 37 (1943), S. 282, 282, stellt die Londoner Erklärung schon den Akt der Annullierung dar. Die die Londoner Erklärung begleitende Deklaration der britischen Regierung ist abgedruckt in Mihan, S. 92 f. 616 Zur Restitutionspflicht neutraler Staaten vgl. Mráz, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207, 232 ff. m. w. N., Grell, S. 227 ff., und Vásárhelyi, S. 114 ff. 617 Williams, S. 22; Vásárhelyi, S. 79 f. Vgl. auch Woolsey, AJIL 37 (1943), S. 282, 282, der annimmt, dass die Erklärung für dritte Länder keine Wirkungen entfalten konnte. 618 Die Erklärung vom 22. Februar 1944 Großbritanniens, der USA und der UdSSR beinhaltete den Ausspruch, dass diese Staaten den Verkauf des von den Nazis erbeuteten Goldes auf dem Weltmarkt nicht anerkennen (Vásárhelyi, S. 80). Der Final Act der Conference of Bretton Woods unterzeichnet am 22. Juni 1944 von den Großmächten und Vertretern der Vereinten Nationen rief die neutralen Staaten auf, die Transaktionen von erbeuteten Gütern nicht anzuerkennen (ibid.). 619 Angehörige der sog. Monuments, Fine Arts, and Archives-Sektionen (MFAA) der amerikanischen Armee.
C. Völkergewohnheitsrecht
157
bol der Bevölkerungen darstelle, für deren Befreiung und Verteidigung die Alliierten in den Krieg gezogen sind.620 Der Internationale Militärgerichtshof entschied, dass die Regeln der HLKO zur Zeit des Zweiten Weltkrieges weiterhin Bestand hatten.621 Ausdrücklich verneinte der Militärgerichtshof die Annahme, das neue Konzept eines „totalen Krieges“ hätte Einfluss auf das anwendbare ius in bello gehabt.622 Dies wird durch die Praxis der Siegerstaaten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Hinblick auf die Kulturgüter belegt: Die westlichen Alliierten restituierten die Kulturgüter, die von den Deutschen oder von ihnen selbst weggenommen wurden. Anfangs gab es allerdings Pläne, deutsches Kulturgut als Reparationsleistungen anzusehen. Eine internationale Wiedergutmachungskommission sollte eingesetzt werden. Im Juni 1945 begann in Moskau eine Konferenz, bei welcher u. a. darüber entschieden werden sollte, ob deutsche Kunst als Wiedergutmachung für noch anhängige Restitutionsforderungen verwendet werden sollte.623 Diese Konferenz verlief allerdings ohne Ergebnis, es kristallisierte sich heraus, dass die Alliierten in ihren Zonen jeweils nach ihren eigenen Vorstellungen verfahren würden.624 Clay hatte den Plan, Kunstwerke, die eindeutig aus deutschen Museen stammten, in die USA zu bringen, dort zu inventarisieren, zu identifizieren und zu pflegen. Sie sollten, wenn „sich Deutschland wieder das Recht verdient hat, als Staat betrachtet zu werden“ zurückgegeben werden. Die USA sollten solange eine Treuhänderstellung einnehmen.625 Später wurde dann ohne Wissen Clays vorgeschlagen, das endgültige Schicksal dieser Kunstwerke erst noch Thema einer weiteren Alliiertenkonferenz werden zu lassen. Dieser Vorschlag wurde den Regierungen von Großbritannien und der Sowjetunion so übermittelt.626 Erste Stimmen erhoben sich gegen eine solche Praxis, denn dadurch würde die deutsche Propaganda, die MFAA arbeite als Plünderungsorganisation, nur unbeabsichtigt unterstützt werden.627 Heftige Einwände folgten von englischer und scheinheiligerweise auch von sowjetischer Seite.628 Im September 1945 wurde dann der Plan der Amerikaner, deutsche Kunst „mit der 620
Strebel, ZaöRV 16 (1955/1956), S. 35, 44. Judicial Decisions, International Military Tribunal (Nuremberg), Judgment and Senctences, Oct. 1, 1946, abgedruckt in AJIL 41 (1947), S. 172, 248. Vgl. auch UNESCO/CBC/7 (Paris, 1. März 1954) Historical Note concerning the Draft Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (Document CL/717), S. 3. Vgl. dazu ferner Williams, S. 28 f. 622 Dazu s. Stödter, S. 149, 171 und 179 m. w. N. in Fn. 213. 623 Vgl. Nicholas, S. 501 ff. 624 Ibid., S. 503. 625 Ibid., S. 506 mit Nachweis in En. 32. 626 Ibid., S. 507. 627 Ibid., S. 508. 628 Ibid., S. 509. 621
158
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
alleinigen Absicht, diese Schätze sicher und treuhänderisch für das deutsche Volk oder für andere rechtmäßige Eigentümer aufzubewahren“, durch Pressemitteilungen des Weißen Hauses und der National Gallery, der die Werke übergeben werden sollten, bekannt.629 Nicht erwähnt wurde der zunächst geplante Zusatz, dass Deutschland sich die Rückgabe erst wieder verdienen müsse. Kurz bevor der Abtransport von mindestens zweihundert Kunstwerken erfolgen sollte, trafen sich zweiunddreißig der fünfunddreißig Kulturgüterschutzbeauftragten in Wiesbaden oder nahmen dorthin Kontakt auf, um gegen den bevorstehenden Abtransport zu protestieren. Sie fürchteten nicht nur, dass diese Kunstwerke von größter Bedeutung beim Transport über den Atlantik oder bereits nach Bremen Schaden nehmen könnten, sondern auch, dass in den USA gewichtige Stimmen für einen dauerhaften Verbleib in den Vereinigten Staaten laut werden könnten, die eine Rückgabe innenpolitisch unmöglich machen würden.630 Das sog. Wiesbadener Manifest631, in welchem der Protest schriftlich fixiert wurde, wurde von dreißig MFAAAngehörigen unterstützt, aber zunächst nicht bekanntgegeben. Erst ein Artikel in der Zeitschrift „New Yorker“ im November 1945 brachte die Ansicht der Kunstschutzoffiziere ans Tageslicht.632 Das Manifest selbst wurde erst im Januar 1946 im „Magazine of Art“ und im „College Art Journal“ veröffentlicht.633 Es hatte jedoch nicht viel genutzt: Trotz der Proteste kam es nach langem Hin und Her doch zu einem Transport von zweihundertzwei, zumeist aus dem Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin stammenden Gemälden über Le Havre und New York nach Washington. Dort wurde von der Army, die in Deutschland stationiert worden war, dann Monate später wieder deren Rückgabe verlangt, um den „Kommunisten“ – das Verhältnis zur Sowjetunion verschlechterte sich zusehends – „nicht in die Hände zu spielen“, wie Clay sich ausdrückte.634 Trotz dieses Rates kam es vor der Rückgabe zu einer Ausstellung, zu der wiederum zuvor ein Unterausschuss des Senats gehört wurde, um „allen Interessierten die Gründe darzulegen, warum diese Kunstschätze nach Deutschland zurückkehren“.635 Allein die Ausstellung der Bilder in Washington in der National Gallery zog in fünf Wochen im Frühjahr 1948 fast eine Million Besucher an. Schließlich wurden sie mit deutscher Zustimmung in zwölf amerikanischen Großstädten auf einer Wanderausstellung, die rund zehn Millionen Menschen sahen, gezeigt, nachdem der Protest der Army, die sich mittlerweile auf die Grund629 630 631 632 633 634 635
Ibid., S. 514. Ibid., S. 517 und 510 mit Nachweis in En. 47. Abgedruckt bei Farmer, in: Simpson, S. 131, 133; Farmer, S. 147 ff. Nicholas, S. 518 f. Ibid., S. 523. Ibid., S. 530 mit Nachweis in En. 90. Ibid., S. 528 mit Nachweis in En. 89.
C. Völkergewohnheitsrecht
159
sätze des Wiesbadener Manifests berief, untergegangen war. Der Erlös der Ausstellung kam dem UNICEF-Fonds zur Bekämpfung von tuberkulosekranken Kindern in Deutschland zugute.636 Die Bilder wurden dann nicht auf die Museumsinsel zurückgebracht, sondern in der Gemäldegalerie in Berlin-Dahlem langfristig ausgestellt.637 Dieser Fall zeigt, welchen Schwankungen die Politik der Amerikaner unterlag. Letztendlich entschieden sie sich aber, es dem ERR nicht gleichzutun und Kunstwerke als Kriegsbeute zu missbrauchen, nicht zuletzt begünstigt durch die Demontagepolitik der Sowjetunion. Schließlich fand die Restitutionspolitik eine rechtliche Grundlage in den U.S. Military Government Regulations (MGR), Title 18, vom 12. Februar 1947 und 4. Oktober 1948.638 Amerikaner und Briten richteten nach Ende des Krieges sog. Collecting Points ein. Wiesbaden639, München640 und Celle waren u. a. Standorte der Sammelstellen für aufgefundenes Kulturgut.641 Von dort aus wurden sie dann an die originären Herkunftsorte restituiert.642 Dabei gestaltete sich die Rückgabe von Staatseigentum um ein Vielfaches einfacher als die Restitution von Privateigentum, das mangels Beweisen von den Berechtigten oftmals nicht eingefordert werden konnte.643 636
Ibid., S. 530 ff. Zum Ganzen siehe auch Farmer/Farmer Planton, JPK 33 (1997), S. 91–119. 638 Abgedruckt in Fiedler, Deutsche Frage, S. 288 ff.; Title 19 galt für Restitutionen sämtlicher Güter, während sich Title 18 speziell u. a. auch mit den Restitutionen von Kulturgütern, ihrem Schutz, ihrer Erhaltung und Verwaltung befasste. Zur Auslegung des Title 18 der MGR vgl. Kaufmann, AÖR 75 (1949), S. 1, 7 ff. Zur Restitutionspraxis der Amerikaner bezüglich des Eigentums von amerikanischen Staatsangehörigen, welches von den Japanern aus China verbracht wurde, vgl. „Recovery of American Property Confiscated by Japanese in China“, Dep’t St. Bull. 17 (1947), S. 1000, 1008. 639 Zur Arbeit des Collecting Point Wiesbaden s. Farmer, in: Simpson, S. 131– 134; sowie Farmer, S. 27 ff. 640 Zur Arbeit des Collecting Point Munich s. Smyth, S. 7–75. 641 Weitere Standorte von Collecting Points waren Offenbach und Marburg (Fiedler, in: Frehner, S. 87, 91). 642 s. dazu Nicholas, S. 533–584. 643 Die Rückübertragungen waren durch Gesetze (vgl. die Nachweise in § 11 Nr. 1 lit. a) bis d) des Bundesgesetzes zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger (Bundesrückerstattungsgesetz) vom 19. Juli 1957 (BGBl. 1957 I, S. 734 ff. mit zahlreichen Änderungen)) der verschiedenen Besatzungsmächte geregelt. Diese Gesetze wurden nach dem Ende der Besatzungszeit durch das Bundesrückerstattungsgesetz von 1957 ergänzt. Vgl. auch die U.S. Military Government Regulations, Title 18, vom 12. Februar 1947 und 4. Oktober 1948, abgedruckt bei Fiedler, Deutsche Frage, S. 288 ff. 637
160
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Als besonders schwierig befand sich die Rückgabe von Werken, die von den Nazionalsozialisten angekauft wurden. Den nationalen Rückführungskommissionen wurde die Pflicht aufgebürdet, zu entscheiden, ob die Werke unter Zwang angekauft wurden oder ob Kollaboration im Spiel war.644 War es ein freiwilliger Verkauf, so blieben die Werke in Staatsbesitz.645 Sog. jüdisches Eigentum ohne Erbanspruch konnte in der amerikanischen Zone von wohltätigen Organisationen eingefordert werden646, die dann ihrerseits religiöse und kulturelle Objekte an jüdische Gemeinden in der ganzen Welt verteilten.647 644
Nicholas, S. 553. Vgl. den Fall des Vermeers des Grafen Jaromir Czernin. Graf Czernin verkaufte das Bild an Hitler ohne Zwang und bedankte sich überschwenglich bei seinem Käufer. Als er später das Bild vom österreichischen Staat in einem Gerichtsverfahren vor der Höchsten Restitutionskommission mit der Begründung zurückforderte, die Nazis hätten ihm das Bild abgenötigt, legte ihm das Gericht den Dankesbrief vor und wies Klage und anschließenden Einspruch ab (Nicholas, S. 69 ff., 553 f.; vgl. dazu auch Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 120, Smola, S. 209 ff., sowie Haase, Kunstsammlung, S. 146 ff.). Das Völkerrecht hat sich aber auch hier nicht verändert: Es blieb bislang einmalig, dass Eigentum, das ganz legal vom besetzenden Staat oder dessen Angehörigen erworben wurde, nach dem Krieg restituiert wurde. Dies macht auch Sinn, anderenfalls müsste der Wirtschaftsverkehr im Kriege völlig zum Erliegen kommen, da sich niemand mehr nach Friedensschluss sicher sein könnte, ob seine Verträge noch Bestand haben. Befremdlich erscheint gerade im Falle des Czernin-Vermeers, dass der österreichische Staat in den Genuss der Rückgabe kam. Dies ist nur damit zu begründen, dass die Collecting Points ihre behüteten Werke loswerden wollten und sie zunächst an staatliche Stellen zurückführten. Da der Vermeer vor dem Kriege nicht originäres deutsches Kulturgut war, wurde er an Österreich herausgegeben. Vgl. zur Rückerstattungspflicht von Kulturgütern, die legal erworben wurden, Kaufmann, AÖR 75 (1949), S. 1, 7 ff. Kaufmann will die Vorschriften des Title 18 der MGR restriktiv ausgelegt wissen, um so Ungereimtheiten bei der Restitution aus dem Wege zu gehen (ibid., S. 9). Er merkt an, dass anderenfalls auch Werke, die von im Anschluss an den 20. Juli 1944 Hingerichteten legal erworben wurden, zurückerstattet werden müssten (ibid.). Zu den Ereignissen der Jahre 1938 bis 1966 hinsichtlich des Kunstraubes und der sich anschließenden Restitutionen in Österreich vgl. Brückler, in: Brückler, S. 13, 13 ff., sowie Sailer, in: Brückler, S. 31, 31 ff. 646 Militärregierungsgesetz No. 59, Artt. 7 ff. (abgedruckt bei Kowalski, Art Treasures, S. 133 ff.). Zu diesem Gesetz siehe auch Karasik, LCP 16 (1951), S. 448, 452 ff., sowie Schwarz, S. 23 ff., und Graf, S. 5 ff. 647 Nicholas, S. 569 f. Dies beschwor aber Unmut bei den in Deutschland gebliebenen Juden herauf. Sie wollten nicht, dass diese Werte in alle Welt verstreut werden. Vgl. auch Kurtz, S. 198–225. Zur Frage, an wen heute aufgefundenes jüdisches Kulturgut (also Kulturgüter, die an sich mit der jüdischen Religion verbunden sind, nicht etwa ein Picasso aus jüdischem Besitz) restituiert werden soll, vgl. Blum, LJIL 11 (1998), S. 257, 257 ff., der für eine Restitution an Israel, als jüdischen Staat, bzw. jüdische Kultureinrichtungen auf der ganzen Welt als Empfänger plädiert. Zu den Fragen bezüglich der Kunstwerke aus jüdischem Besitz vgl. Heuer, 645
C. Völkergewohnheitsrecht
161
Die späteren Waffenstillstands- und die darauf folgenden Friedensverträge der Alliierten mit Ungarn648, Rumänien649 und Bulgarien650 führten die Intentionen der Londoner Erklärung von 1943 aus. Es wurde vereinbart, dass geplünderte oder enteignete Kulturgüter an ihre ursprünglichen Eigentümer herausgegeben werden sollten. Der Friedensvertrag der Alliierten vom 10. Februar 1947 mit Ungarn651 sah in seinem Art. 24 folgendes vor: 1. Hungary accepts the principles of the United Nations Declaration of January 5, 1943, and shall return, in the shortest possible time, property removed from the territory of any of the United Nations. 2. The obligation to make restitution applies to all identifiable property at present in Hungary which was removed by force or duress by any of the Axis Powers from the territory of any of the United Nations, irrespective of any subsequent transaction by which the present holder of any such property has secured possession. 3. If in particular cases, it is impossible for Hungary to make restitution of objects of artistic, historic or archaeological value, belonging to the cultural heritage of the United Nations from whose territory such objects were removed by force or duress by Hungarian forces, authorities or nationals, Hungary shall transfer to the United Nations concerned objects of the same kind as, and of approximately equivalent value to, the objects removed, in so far as such objects are obtainable in Hungary. 4. The Hungarian Governement shall return the property referred to in this Article in good order and, in this connection, shall bear all costs in Hungary relating to labour, materials and transport. 5. The Hungarian Government shall co-operate with the United Nations in, and shall provide at its own expense all necessary facilities for, the search for and restitution of property liable to restitution under this Article. 6. The Hungarian Government shall take the necessary measures to effect the return of property covered by this Article held in any third country by persons subject to Hungarian jurisdiction. 7. Claims for the restitution of property shall be presented to the Hungarian Government by the Government of the country from whose territory the property NJW 52 (1999), S. 2558, 2561 f. Vgl. zu dem Fragenkomplex betreffend die Rückführung an jüdische Organisationen, speziell der Jewish Trust Corporation for Germany, auch Kapralik, S. 7 ff. 648 Art. 6 des Waffenstillstandsabkommens der Alliierten mit Ungarn vom 20. Januar 1945, UNTS 140, S. 397 ff. 649 Art. 12 des Waffenstillstandsabkommens der Alliierten mit Rumänien vom 12. September 1944 (zitiert nach Menzel, in: Die Friedensverträge von 1947, S. 1, 48). 650 Art. 11 des Waffenstillstandsabkommens der Alliierten mit Bulgarien vom 28. Oktober 1944, UNTS 123, S. 223 ff. 651 Treaty of Peace with Hungary (UNTS 41, S. 135 ff.).
162
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
was removed, it being understood that rolling stock shall be regarded as having been removed from the territory to which it originally belonged. The period during which such claims may be presented shall be six months from the coming into force of the present Treaty. 8. The burden of identifying the property and of proving ownership shall rest on the claimant Government, and the burden of proving that the property was not removed by force or duress shall rest on the Hungarian Government.
Abs. 3 stellt eine Vorschrift zur restituion in kind dar, die wie auch die anderen Absätze in den Friedensverträgen mit Bulgarien und Rumänien enthalten ist.652 Art. 11 des Friedensvertrages mit Ungarn beinhaltete noch eine weitere Restitutionsvorschrift. Historische Archive, Bibliotheken, Dokumente etc. von tschechoslowakischen oder jugoslawischen Künstlern, Schriftstellern oder Wissenschaftlern erstellt, die nach Ungarn in den Jahren 1919 bis 1945 aufgrund der ungarischen Herrschaft über diese Gebiete gelangt waren, sollten an diese Staaten zurückgehen. Diese Vorschrift hat allerdings nur wenig mit der Wegnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten zu tun. Sie ist eher ein frühes Beispiel für neuere Bestrebungen im internationalen Recht, Kulturgüter an ihren Ursprungs- bzw. angestammten Ort zu restituieren, obwohl sie auf legalem Wege exportiert wurden.653 Hier hinein spielen allerdings auch Probleme der völkerrechtlichen Zuordnung von Kulturgütern bei Staatensukzessionen654. Die Friedensverträge der Alliierten vom 10. Februar 1947 mit den anderen europäischen Feindstaaten enthielten ähnliche Vorschriften.655 Die Staatenpraxis der Sowjetunion zeigt auf den ersten Blick ein gegensätzliches Bild. Die Trophäenkommissionen konfiszierten alles erdenklich Wertvolle und schickten es mit Sonderzügen oder -flügen in die Heimat.656 Jedoch wurde in der Folgezeit stets verheimlicht, welche Schätze die Sowjetunion in ihren Geheimdepots u. a. in Moskau, Leningrad und Kiew hortete.657 Die Restitution der Werke aus der Dresdner Gemäldegalerie und 652
Ausführlich zur restitution in kind s. u. 4. Kap., Abschnitt B. III. s. dazu Schulze, pass. 654 Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 94 f. 655 Italien: Art. 75 (UNTS 49, S. 3 ff.), Bulgarien: Art. 22 (UNTS 41, S. 21 ff.), Rumänien: Art. 23 (UNTS 42, S. 3 ff.), Finnland: Art. 24 (UNTS 48, S. 203 ff.). Vgl. dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt A. VI. 656 Dies schreibt schon von Glahn (S. 185) im Jahre 1957. Vgl. den Überblick über die Verlagerungen der Schätze aus den Staatlichen Museen zu Berlin bei Schade, in: Strocka, S. 63, 72 ff. Speziell zu den Beständen des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte vgl. Menghin, JPK 31 (1995), S. 53, 53 ff. und ibid., in: Schliemanns Gold und die Schätze Alteuropas, S. 9, 9 ff. Vgl. zu diesem Themenkreis auch Goldmann, IJCP 7 (1998), S. 308, 308 ff. 657 Erst im Juni 1993 gab der russische Präsident, Boris Jelzin, zum ersten Male öffentlich bekannt, dass sich Kulturgüter aus deutschem Besitz in Russland befin653
C. Völkergewohnheitsrecht
163
des Grünen Gewölbes in den 50er Jahren geschah unter großer inszenierter Anteilnahme der Bevölkerung.658 Ihr wurde vorgegaukelt, die sowjetischen Armeen hätten die Werke heldenhaft vor Zerstörung oder Plünderung gerettet und zur sicheren Verwahrung nach Russland verbracht, wo sie gepflegt und gehütet worden seien.659 In Wahrheit beweist dieses Verhalten der Sowjetunion, dass sie sich ihres unrechtmäßigen Tuns bewusst war. Keinen anderen Grund gäbe es sonst dafür, die nicht an die DDR zurückgegebenen Werke der Kunst über fast fünfzig Jahre versteckt zu halten. Heutige Versuche, die Wegnahme der Kulturgüter zu rechtfertigen, können daher keinen Erfolg haben.660 Zu einem expliziten Friedensvertrag der Alliierten mit Deutschland kam es nie. Die westlichen Alliierten beendeten jedoch die kriegerische Besetzung durch den Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26. Mai 1952 in der gemäß Liste IV zu dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung (sog. Überleitungsvertrag)661. Sein Fünfter Teil widmet sich den äußeren Restitutionen662, insbesondere den Restitutionen von Kulturgütern. Als Voraussetzung für die Restitution verlangte der Überleitungsvertrag die Wegnahme unter Zwang, mit oder ohne Anwendung von Gewalt, Diebstahl, Requisiden. Er bot anlässlich eines Staatsbankettes in Athen an, die Schätze aus Troja in Athen ausstellen zu lassen (o. V., Der Spiegel 34/1993, S. 152, 152). Zu einer solchen Ausstellung in Griechenland ist es bislang nicht gekommen. 658 1956 wurden auch Kunstschätze von der UdSSR an Polen zurückgegeben (o. V., SZ, 9. Juli 1956, Nr. 163). Vgl. dazu auch Schmidt, in: Simpson, S. 95, 95 ff. 659 1957 kam es zur Rückführung der Schätze der Berliner Museumsinsel. In seinem Grußwort im Ausstellungskatalog schrieb DDR-Ministerpräsident Grotewohl: „Entsprechend dieser Festlegung hat der Ministerrat der UdSSR den Beschluss gefasst, im Interesse der Festigung und weiteren Entwicklung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik die in der Periode des Großen Vaterländischen Krieges geretteten und zeitweilig in der UdSSR aufbewahrten Kulturgüter der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu übergeben. Damit krönte die Sowjetunion das Werk der Rettung dieser unermeßlich wertvollen Kunstwerke. Die Söhne der Sowjetunion haben im Waffenrock oft unter Einsatz ihres Lebens aus brennenden Bunkern, aus Räumen, die von anglo-amerikanischen Bomben zerfetzt waren, aus dunklen und feuchten Bergwerksstollen und Verliesen die Werke menschlicher Kunst gerettet und sie für uns in Verwahrung genommen. Der ganzen Welt offenbarten sich mit dieser Tat der Rettung und Erhaltung der unschätzbaren Gemälde, Plastiken, Graphiken, Münzsammlungen, kostbaren Gewebe und anderer künstlerischer Kleinodien die edlen Ideen, welche die Sowjetarmee inmitten ihrer militärischen Aktionen zur Zerschmetterung des Faschismus beherrschten.“ (Grotewohl, in: Staatliche Museen zu Berlin, o. S.). 660 s. dazu u. insbesondere 4. Kap., Abschnitt B. III. und IV. 661 BGBl. 1955 II, S. 405 ff. 662 Vgl. zum Ganzen Schwarz, S. 342 ff.
164
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
tion oder andere Formen erzwungener Besitzentziehung einer Sache sowie deren Verbringung nach Deutschland. Interessant ist die Aufteilung der zu restituierenden Gegenstände in a) Schmucksachen, Silberwaren und antike (d. h. mindestens 100 Jahre alte) Möbel, sofern die einzelnen Gegenstände einen erheblichen Wert haben, d. h. damals mehr als DM 2.400,00 wert waren, in b) Kulturgüter und in c) allgemeine Sachen. Kulturgüter wurden als „bewegliche Sachen von religiösem, künstlerischem, urkundlichem, wissenschaftlichem oder historischem Wert oder von entsprechender Bedeutung, einschließlich von Gegenständen, die sich üblicherweise in Museen, öffentlichen oder privaten Sammlungen, Bibliotheken oder historischen Archiven befinden“ (Fünfter Teil, Art. 1 Abs. 4) definiert. Hinsichtlich der Kulturgüter wurde demnach keine Wertoder Altersdifferenzierung vorgenommen. Die Restitution durch die Bundesregierung konnte nur durch eine Regierung beantragt werden (Art. 2 Abs. 1), Privatpersonen konnten einen Restitutionsantrag direkt gegen den gegenwärtigen Besitzer stellen bzw. direkt eine Restitutionsklage erheben (Art. 2 Abs. 4, Art. 3). Eine Restitution der oben unter a) genannten Gegenstände konnte nur dann beantragt werden, wenn ein entsprechender Antrag bereits vor Inkrafttreten des Überleitungsvertrages bei den westlichen Besatzungsmächten gestellt worden war (Art. 2 Abs. 2). Restitutionsanträge für Kulturgüter (oben b)) konnten längstens bis zum 8. Mai 1956 gestellt werden. Sofern die Nachforschungen der deutschen Restitutionsbehörde nicht erfolgversprechend waren, konnte das Restitutionsverfahren von ihr eingestellt werden. Beschwerden hatten sich gegen die Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen in Deutschland, errichtet gemäß Art. 7 des Fünften Teils663, zu richten. Abweichend von den Bestimmungen des deutschen Rechts konnten auch natürliche Personen von deutschen Besitzern direkt die Restitution (auch von anderen Gegenständen als Schmuck und Kulturgütern) durch Einreichung eines entsprechenden Antrags bei einem deutschen Gericht fordern (Art. 3 Abs. 1 und 2 des Fünften Teils). Dabei hatte der Kläger dem Beklagten Aufwendungsersatz zu leisten und den Wert des Entgelts zu erstatten, das der Kläger oder sein Rechtsvorgänger erhalten hat. Dieser Anspruch bestand allerdings nicht, wenn der gegenwärtige (deutsche) Besitzer die Sache zehn Jahre oder mindestens bis zum 8. Mai 1956 gutgläubig in Besitz gehabt hatte. Nach Art. 4 des Fünften Teils war für zu restituierende Sachen nach ihrer Identifizierung in Deutschland Entschädigung zu leisten, sofern sie vor Restitution verbraucht oder zerstört worden war. 663
Die Satzung dieser Kommission ist abgedruckt in BGBl. 1955 II, S. 459 ff.
C. Völkergewohnheitsrecht
165
Die wirtschaftliche Bedeutung der soeben beschriebenen äußeren Restitutionen war sehr gering. Der Wert der in der Zeit zwischen 1947 und 1957 freigegebenen Objekte belief sich auf ca. 1,29 Millionen DM.664 Nach Art. 7 des Zwei-Plus-Vier-Vertrages von 1990665 wurden alle vierseitigen Vereinbarunen der Alliierten in Bezug auf Deutschland aufgehoben. Darunter fällt der Überleitungsvertrag jedoch nicht, da er ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik und den drei westlichen Alliierten darstellt. Hinzukommt, dass die alte Bundesrepublik mit den drei westlichen Alliierten eine Vereinbarung666 abschloss, die ausdrücklich Teil VI, Art. 3 Abs. 1 und 3 des Überleitungsvertrages auch für die souveräne Bundesrepublik fortbestehen ließ. In diesem Zusammenhang ist kurz auf einen Fall den Fürsten von und zu Liechtenstein betreffend einzugehen. Der Vater des derzeitigen Fürstens war Eigentümer eines Gemäldes von Pieter van Laer, dass sich während und nach dem Zweiten Weltkrieg in einer der fürstlichen Besitzungen auf tschechischem Gebiet befand. Heute wird es in einem Museum in Brünn ausgestellt. Im Rahmen einer Ausstellung kam das Gemälde nach Köln, wo der heutige Fürst als Erbe seines Vaters die Herausgabe des Bildes auf zivilrechtlichem Wege begehrte. Beide angerufenen Instanzen wiesen die Klage als unzulässig ab, mit der Begründung, der Rechtsweg sei nach Teil VI, Art. 3 des Überleitungsvertrages ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Klagen, Beschlagnahmemaßnahmen betreffend, die sich gegen deutsches Auslandsvermögen gerichtet haben, oder wegen anderer im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland gerichtete Maßnahmen vor deutschen Gerichten ausgeschlossen.667 Art. 5 des Teils VI bestimmt, dass die Bundesrepublik dafür Sorge tragen wird, dass die früheren Eigentümer der Werte, die auf Grund der in Art. 3 des Teils VI bezeichneten Maßnahmen beschlagnahmt worden sind, entschädigt werden. 664
Schwarz, S. 370. BGBl. 1990 II, S. 1318. 666 Vereinbarung vom 27./28. September 1990, BGBl. 1990 II, S. 1386. 667 Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1: „Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Auslandsoder sonstige Vermögen durchgeführt werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen werden.“ Abs. 3: „Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund der in Absatz (1) (. . .) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung dieser Organisationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht zugelassen.“ 665
166
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Der Fürst erhob vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde, die vom Gericht jedoch wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen wurde.668 Der Fürst hatte vorgetragen, dass sein Vater durch die sog. Benesch-Dekrete in der Tschechoslowakei völkerrechtswidrig enteignet worden sei. Diese Dekrete betrafen die Enteignung deutschen Auslandsvermögens in der Tschechoslowakei. Insbesondere setzten sie liechtensteinisches mit deutschem Vermögen gleich, mit der Begründung, dass die Liechtensteiner unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit der deutschen Nation zugehörig seien. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts scheint diese Ansicht zu bestätigen. Damit verletzt das Bundesverfassungsgericht jedoch das Völkerrecht. Das Völkerrecht unterscheidet im Enteignungsrecht Personen nur nach deren Staatsangehörigkeit nicht aber nach Zugehörigkeit zu Volksgruppen oder Nationen.669 Der Klageausschluss auch für liechtensteinische Staatsangehörige stellt eine völkerrechtswidrige Enteignung dar.670 Der Fürst hatte Menschenrechtsbeschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof u. a. wegen Verletzung seiner Eigentumsrechte eingelegt. Die Beschwerde wurde jedoch am 12. Juli 2001 als unbegründet zurückgewiesen.671 Das Fürstentum Liechtenstein hat die Bundesrepublik auf Schadenersatz vor dem Internationalen Gerichtshof verklagt.672 Dieses Verfahren ist noch nicht entschieden.
II. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg 1. Die Genfer Rotkreuz-Konventionen von 1949 Spezielle Kulturgüterschutzbestimmungen sind in den Genfer RotkreuzKonventionen von 1949 nicht enthalten.673 Nach Art. 33 Abs. 2 des IV. Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949674 ist die Plünderung grundsätzlich untersagt. Damit erfah668
Az.: 2 BvR 1981/97. Beschluss vom 28. Januar 1998. Die Entscheidung ist abgedruckt in AVR 36 (1998), S. 198 ff. 669 Weber, AVR 36 (1998), S. 188, 190. 670 Weber, ibid., vertieft die Thematik. 671 Die Entscheidung ist abgedruckt in EuGRZ 28 (2001), S. 466. 672 Vgl. hier die Website www.liechtenstein-icj-case.com mit weiteren Nachweisen, Hintergründen und Links zur Klageschrift etc. (besucht am 9. April 2004). 673 Vgl. dazu Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, 141 f. 674 UNTS 75, S. 287 ff.; BGBl. 1954 II, S. 1133 ff.
C. Völkergewohnheitsrecht
167
ren auch Kulturgüter einen Schutz vor Wegnahme, allerdings nur bei Plünderung. Art. 33 Abs. 3 untersagt Repressalien gegen geschützte Personen und deren Eigentum. Art. 53 verbietet die Zerstörung von privatem und öffentlichem Eigentum durch den besetzenden Staat im Falle einer occupatio bellica. Natürlich fallen unter diesen Schutz auch Kulturgüter. Der Schutz des IV. Genfer Abkommen betreffend Kulturgüter bliebe also weit hinter dem der HLKO zurück, wäre nicht die Vorschrift des Art. 154675 in das IV. Genfer Abkommens von 1949 eingefügt worden. Dort wird dieses durch den zweiten (Feindseligkeiten) und dritten (occupatio bellica) Abschnitt der HLKOen von 1899 und/oder 1907 ergänzt.676 Die Abkommen beziehen sich aufeinander, die Lücken der beiden Verträge werden vom jeweils anderen geschlossen. Der Schutz des IV. Genfer Abkommens ist demnach aus kulturgüterschutzrechtlicher Sicht nicht vermindert worden, wie dies auf den ersten Blick den Anschein haben mag, da sich im IV. Genfer Abkommen keine dem Art. 23 lit. g) (Verbot der Wegnahme feindlichen Eigentums außer in den Fällen militärischer Notwendigkeit)677 oder dem Art. 56 HLKO (Verbot der Beschlagnahme von Kulturgütern etc.)678 vergleichbare Vorschrift findet. Eine Verschlechterung der Stellung von Kulturgütern in Kriegszeiten hat durch die Genfer Abkommen von 1949 nicht stattgefunden, was somit keine Auswirkungen auf die Gewohnheitsrechtsentwicklung hatte. 2. Die Haager Konvention zum Schutze von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (1954)679 Einige Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen und dem IV. Genfer Abkommen von 1949, in welchen die Anerkennung der kulturellen Rechte und Gebräuche verbessert wurde, verabschiedeten Teile der Staatengemeinschaft am 14. Mai 1954 die Haager Konvention betreffend den Schutz des Kulturguts im Falle eines bewaffneten Konfliktes680 (HKSK) nebst Protokoll681. 675
Vgl. zu den Auslegungsfragen des Begriffes „Besetzung“, die sich aus der Einbeziehung der Regelungen der HLKO ergeben, Draper, S. 31 f. 676 Vgl. dazu Schlögel, in: Die Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949, S. 1, 46. 677 Vgl. dazu Pilloud, RICR 35 (1953), S. 205, 207 f. 678 Ibid., S. 214 f. 679 Ausführlich dazu o. 2. Kap., Teil A. III. 680 UNTS 249, S. 240 ff. 681 UNTS 249, S. 358 ff.
168
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Das Protokoll682 stellt Regeln bei kriegerischer Besetzung auf und beschreibt hauptsächlich die Maßnahmen, die zum Schutze vor Plünderung und Beschädigung getroffen werden müssen. Es kodifiziert Rückgabeansprüche auf Werke, die zuvor beschlagnahmt wurden, um sie vor unlauterem Handel oder Plünderungen zu schützen. Das Protokoll ist nicht in dem Maße unter den Vertragsparteien anerkannt wie die Konvention selbst, und es gibt praktisch keine Beispiele der Vertragsparteien, die belegen, dass die Vorschriften in nationales Recht umgesetzt und Maßnahmen ergriffen wurden, den Handel mit Kunstschätzen aus besetzten Gebieten einzudämmen.683 3. Die Konvention von 1970684 und die Convention for the Protection of the World Cultural and Natural Heritage von 1972685 Die Konvention von 1970 wurde schon oben im 2. Kapitel, Teil A IV., behandelt. Die Weltkulturerbe-Konvention von 1972686 ist zwar ein bedeutender Meilenstein in der rechtlichen Entwicklung des Kulturgüterschutzes, enthält aber keine Bestimmungen hinsichtlich des Schutzes von Kulturgütern in Kriegszeiten bzw. der Restitution von Kulturgütern und hat somit nicht zur Gewohnheitsrechtsentwicklung hinsichtlich eines Rückgabeanspruches – ganz im Gegensatz zur Konvention von 1970 – beigetragen.687
682
Dazu s. o. ausführlich 2. Kap., Abschnitt A. III. 2. Boylan, S. 101. Zu neuen Entwicklungen hinsichtlich einer Verbesserung des Kulturgüterschutzes im Krieg, vgl. Tanja, LJIL 7 (1994), S. 115, 121 ff. Der bekannteste Fall in der nationalen Rechtsprechung hinsichtlich der Rückforderung von Kulturgütern, die aus besetzten Gebieten stammen, ist Autocephalous Greek-Orthodox Church of Cyprus v. Goldberg (771 F. Supp. 1375 (5 D.Ind. 1989)). Darin ging es um die Rückforderung von Mosaiken aus einer Kirche des türkisch besetzten Teils Zyperns, die auf dem amerikanischen Kunstmarkt aufgetaucht waren. Vgl. dazu statt aller Byrne-Sutton, IJCP 1 (1992), S. 151, 151 ff. 684 UNTS 823, S. 231 ff. Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Vertragspartner. 685 UNTS 1037, S. 151 ff.; BGBl. 1977 II, S. 215 ff. Im Folgenden: Weltkulturerbe-Konvention. 686 Vgl. dazu statt vieler von Schorlemer, S. 128 ff. 687 Vgl. dazu Toman, S. 369 ff. Toman, S. 369, hält diese Konvention allerdings auch hinsichtlich des Schutzes von Kulturgütern in Kriegszeiten für anwendbar. Geschützt werden aber nur unbewegliche Kulturgüter. 683
C. Völkergewohnheitsrecht
169
4. Die Zusatzprotokolle von 1977 zu den Genfer Konventionen von 1949 a) Das Erste Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte Das Erste Zusatzprotokoll von 1977 wurde bereits erörtert. Zur Entwicklung und Verfestigung des gewohnheitsrechtlichen Wegnahmeverbots hat es durch dessen Bestätigung und durch den darüber herrschenden internationalen Konsens beigetragen. b) Das Zweite Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer nicht-internationaler bewaffneter Konflikte688 Auch dieses Protokoll enthält einen Artikel, der sich dem Kulturgüterschutz widmet.689 Allerdings reicht der Schutz nicht so weit, wie der des ersten Zusatzprotokolles, da das Verbot der Repressalie gegen Kulturgüter nicht enthalten ist.690 Ansonsten ist der Schutz des Kulturgutes mit dem des ersten Zusatzprotokolls identisch. Größte Schwäche des zweiten Protokolls ist aber sein Anwendungsbereich, der in Art. 1 definiert ist. Das Protokoll soll demnach nur auf bewaffnete Gruppen anwendbar sein, die auch in der Lage sind, das Protokoll anzuwenden. Dies trifft regelmäßig auf Guerillas nicht zu, so dass das Protokoll in den meisten internen Konflikten in der Dritten Welt nur leere Hülle bleibt. Eine Haftungsregelung ist nicht enthalten. Rückgabefragen würden bei Beendigung des Bürgerkrieges eventuell mit dem Recht der Staatennachfolge beantwortet werden müssen. Die Gewohnheitsrechtsentwicklung wurde durch dieses Protokoll nicht beeinträchtigt, ist es doch lediglich auf interne bewaffnete Konflikte anwendbar. 5. Die EG-Richtlinie 93/7/EWG sowie die UNIDROIT-Konvention von 1995 Die EG-Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern691 befasst sich mit der Rückgabe von Kulturgütern, die innerhalb der Europäischen Union entgegen den nationalen Aus688 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte, 8. Juni 1977, BGBl. 1990 II, S. 1637. 689 Art. 16. 690 Vgl. auch Genius-Devime, S. 121. 691 ABl. Nr. L 74 vom 27. März 1993, S. 74 ff.
170
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
fuhrgesetzen oder der Verordnung (EWG) Nr. 3911/92 des Rates vom 9. Dezember 1992 über die Ausfuhr von Kulturgütern692 widerrechtlich verbracht wurden. Sie sieht Rückgabeansprüche von Staaten vor. Als Richtlinie bedarf sie jedoch der Umsetzung durch nationale Gesetze. Erst diese Gesetze bieten dann den Rückgabeanspruch. Die EG-Richtlinie ist nicht auf Rückgabeersuche von Kulturgütern anwendbar, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden. Da sie keine Rückwirkung entfaltet, würde eine Rückforderung zunächst einen Krieg zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten der EU voraussetzen. Schon allein ein solches Ereignis würde den Bestand der EU und damit auch die Existenz der Richtlinie und die daraufhin ergangenen nationalen Gesetze stark in Frage stellen. Es kommt hinzu, dass es hier wohl an der Kompetenz der EG mangelt, für derartige Fälle Recht zu setzen. Auch die UNIDROIT-Convention on Stolen and Illegally Exported Cultural Objects vom 24. Juni 1995693 beinhaltet Rückgabeansprüche für gestohlene oder illegal ausgeführte Kulturgüter (Art. 3 und Art. 5 i. V. m. Art. 8).694 Angeknüpft wird aber stets an eine private Handlung. Die staatlich organisierte Plünderung fällt nicht darunter. Die Konvention beschäftigt sich hauptsächlich mit den Folgen des illegalen Kunsthandels. Zwar will Sidorsky die UNIDROIT-Konvention auch für Kulturgüter angewandt wissen, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden.695 Die von ihr für diese Argumentation herangezogene Entstehungsgeschichte der Konvention,696 zeigt aber zunächst ein anderes Bild: Während der Diplomatischen Konferenz sollen verschiedene Staaten – u. a. Kroatien, Kuwait und die USA – die Einführung einer Vorschrift vorgeschlagen haben, die die Konvention auch auf die Kulturgüter, die in Kriegszeiten verbracht wurden, ausdehnte. Von der Konferenz wurde ein solcher Vorschlag jedoch abgelehnt. Die Vorschläge der soeben genannten Staaten haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Während Kroatien und Kuwait wohl ein weiteres Instrument schaffen wollten, das ihnen die Rückkehr ihrer Kunstschätze sichert, legte es die USA wohl eher auf die durch die in der Konvention verankerten Verjährungsregeln später entstehende Rechtssicherheit an. Diese 692
ABl. Nr. L 395 vom 31. Dezember 1992, S. 1 ff. Abgedruckt in ILM 34 (1995), S. 1322, 1330 ff. sowie IJCP 5 (1996), S. 155, 155 ff. 694 Vgl. dazu z. B. Sidorsky, IJCP 5 (1996), S. 19, 21 ff. sowie Prott, ZVglRWiss 95 (1996), S. 188, 190, welche die Unterschiede zwischen der Konvention von 1970, dem ersten Protokoll zur HKSK von 1954 und der UNIDROIT-Konvention von 1995 herausarbeitet. 695 Sidorsky, IJCP 5 (1996), S. 19, 50 En. 22. 696 Ibid. 693
C. Völkergewohnheitsrecht
171
Rechtssicherheit würde vor allem dem florierenden amerikanischen Kunstmarkt zu Gute kommen. Eine Geltung dieser internationalen Instrumentarien für die Rückgabe von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, ist abzulehnen. Dies stützt sich einerseits auf deren Charakter als typisches Friedensrecht, andererseits auf einen Vergleich mit der Konvention von 1970. Dort wurde in Art. 11 der Schutz auch auf Kulturgüter, die aus okkupierten Gebieten verbracht wurden, ausdrücklich ausgedehnt. Dies war nötig, weil es sich bei der Konvention von 1970 ebenfalls um einen friedensrechtlichen Vertrag handelte. In der UNIDROIT-Konvention wurde eine solche ausdrückliche Erweiterung jedoch nicht vorgenommen. Ferner kommt hinzu, dass durch die endgültigen Verjährungsfristen (Art. 3 Abs. 3 bis 8; Art. 5 Abs. 5) Staaten in zukünftigen Kriegen ermuntert werden könnten, Kulturgüter auf ihr Territorium zu verbringen, um sie nach Ablauf der Verjährungsfrist legal als ihr Eigentum betrachten zu können.697 Wenn auch diese internationalen Regelungen auf die Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern nicht anwendbar sind, so liefern sie doch ein weiteres Indiz für die generelle Festigung des völkerrechtlichen Restitutionsgebotes bezüglich widerrechtlich verbrachter Kulturgüter.698 6. Das Zweite Protokoll zur HKSK von 1999699 Im März 1999 trat im Haag eine Konferenz zusammen, deren Ziel es war, den Schutz von Kulturgütern in bewaffneten Konflikten zu verstärken.700 Auch in bezug auf die Wegnahme von Kulturgütern wurde eine Verstärkung des Schutzes beschlossen. Die Aneigung von Kulturgut, das nach der Konvention und nach dem Zweiten Protokoll701 geschützt ist, bedeutet nunmehr eine „serious violation“ des Zweiten Protokolls. Damit macht sich der Täter nicht nur nach dem (eventuell noch zu schaffenden) nationalen Recht der Vertragsstaaten strafbar, sondern er ist auch verfolg697
Zur Verjährung s. u. 4. Kap., Abschnitt C. I. Vgl. Bergé, J.D.I. (Clunet) 127 (2000), S. 215, 215 ff. zur Frage inwieweit die UNIDROIT-Konvention zur Rechtsentwicklung beigetragen hat. 699 Abgedruckt in ILM 38 (1999), S. 769, 769 ff. 700 Zu den Ergebnissen und Hintergründen der Konferenz vgl. Eick, HuV-I 12 (1999), S. 143, 143 ff.; Henckaerts, HuV-I 12 (1999), S. 147, 147 ff.; ibid., RICR 81 (1999), S. 593, 593 ff., sowie Spieker, Festschrift für Ipsen, S. 357, 370 ff. 701 Das Zweite Protokoll schafft die Kategorie des Kulturguts unter verstärktem Schutz („enhanced protection“). Es handelt sich dabei um Kulturgut, das von höchster Bedeutung für die Menschheit ist. 698
172
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
bar, sofern er sich auf dem Gebiet einer anderen Vertragspartei aufhält (Art. 15 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1).702 Für den Diebstahl, die Plünderung oder Veruntreuung von Kulturgut, das nach der Konvention geschützt ist, vereinbarten die Konferenzteilnehmerstaaten, dass sie dafür Normen der individuellen Strafbarkeit der Täter schaffen werden. In Art. 18 des Zweiten Protokolles ist die Auslieferung geregelt. Als auslieferungsfähige Delikte werden der Diebstahl, die Plünderung bzw. die Veruntreuung von Kulturgütern jedoch nicht angesehen. Art. 38 stellt schließlich klar, dass die Staatenverantwortlichkeit inklusive der Pflicht zur Reparation weiter neben der individuellen Verantwortlichkeit bestehen bleibt. Das Zweite Protokoll zur HKSK konnte mit der Festlegung auch der individuellen Verantwortlichkeit für die Zerstörung und Wegnahme von Kulturgütern einen weiteren Schritt in Richtung eines umfassenden kriegsrechtlichen Kulturgüterschutz gehen. Wieder zeigte die Staatengemeinschaft, dass Kulturgüter einen noch verstärkteren Schutz benötigen, als sie bisher in Kriegszeiten erhielten. Das Gewohnheitsrecht des Wegnahmeverbots wurde abermals bestätigt. Dennoch versäumten es die Vertragsstaaten, einen ausdrücklichen Rückgabeanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter vertraglich niederzulegen. 7. Nachkriegskonflikte703 a) Die Konflikte Israels mit seinen arabischen Nachbarn Obwohl Israel Vertragsstaat der HKSK und deren Protokoll ist,704 waren israelische Archäologen an Ausgrabungen auf dem Sinai während dessen fünfzehnjähriger Besetzung nach dem Sechs-Tage-Krieg zwischen Israel und Ägypten im Jahre 1967 maßgeblich beteiligt.705 Die Ausgrabungsstücke wurden regelmäßig nach Israel verbracht.706 1979 schlossen Israel und Ägypten 702 Zu den damit zusammenhängenden Problemen über die Strafbarkeit von den Angehörigen der Streitkräfte und den Angehörigen eines Nichtvertragsstaates vgl. Eick, HuV-I 12 (1999), S. 143, 146. Vgl. zu diesen Artt. ausführlich unten 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. f). 703 Weitere Nachweise, auch zu hier nicht behandelten Konflikten, finden sich bei Meyer, Bost. Univ. Int’l L. J. 11 (1993), S. 349, 364 ff. 704 Israel ratifizierte die HKSK am 3. Oktober 1957 und trat dem Protokoll am 1. April 1958 bei. Beide sind in Israel in Kraft getreten. 705 Vgl. auch Greenfield, S. 282; Detling, Md. J. Int’l & Trade 17 (1993), S. 41, 61 f.; Nafziger, Hastings L. J. 27 (1975/1976), S. 1051, 1051 ff. 706 Maranz, Time, 19. Dezember 1994, S. 58, 59.
C. Völkergewohnheitsrecht
173
Frieden.707 Zu einer Rückgabe der ausgegrabenen Kulturschätze kam es allerdings erst in den Jahren 1993 und 1994.708 Zwar war das erste Protokoll zur HKSK 1954 auf diese Rückgaben anwendbar, jedoch wurde es in der zwischen der ägyptischen Delegation und der Israeli Antiquities Authority geschlossenen Vereinbarung zur Rückführung der Kulturgüter nicht erwähnt. Die relevanten Vorschriften der Vereinbarung lauten: It was agreed between the delegation and the Israeli Antiquities Authority, that all artifacts and finds from Sinai will be returned to Egypt within the next two years and not later than December 31, 1994. Those artifacts which have been processed and documented, will be returned to Egypt within the next two months.709
Es wurden ausnahmslos alle Ausgrabungsgegenstände zurückgegeben. Dies beruhte auf dem Umstand, dass Israel keine tragfähigen Argumente für ein Behalten der Gegenstände hatte: Die Ausgrabungen und das anschließende Verbringen der Gegenstände nach Israel fielen klar in den Anwendungsbereich der 1967 für Israel geltenden HKSK und deren Protokoll. Allerdings waren die Ägypter auch nicht zum Einlenken bereit, als es um das Behalten in Form einer ständigen Leihgabe an Israel von für die jüdische Kultur wichtigen einzelnen Kulturgütern ging.710 Anders sieht es bei den Kulturgütern aus, die die Palästinenser von Israel herausverlangen. Diese Stücke – es handelt sich z. B. um die sog. Schriftrollen vom Toten Meer, den ältesten bekannten biblischen Texten711 – wurden in den späten 40er und frühen 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in der West Bank ausgegraben und von dort verbracht. Damals waren diese Gebiete noch unter jordanischer Kontrolle.712 Obwohl israelische Offizielle behaupten, „the antiquities go with the land“713, wird eine Herausgabe ver707 Treaty of Peace between Egypt and Israel vom 26. März 1979 (abgedruckt in ILM 18 (1979), S. 362 ff.). 708 Dazu Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 142. Vgl. zu den Rückführungen auch Maranz, Time, 19. Dezember 1994, S. 58, 59. Dabei waren auch Ausgrabungsgegenstände, die der ehemalige Verteidigungsminister Israels, Moshe Dajja¯n, sich für seine Privatsammlung ausgesucht hatte (ibid. und Greenfield, S. 288). Ferner wurden Kunstgegenstände zurückgegeben, die durch Israelis bei der ersten kurzen Besetzung des Sinais im Herbst 1956 verbracht wurden. 709 Unterzeichnet in Tel-Aviv am 21. Januar 1993, zitiert nach Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 142. 710 Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 135. 711 Zur ihrer Geschichte s. Greenfield, S. 245–252. 712 Vgl. auch die UNESCO Notes 87 EX/31, 87 EX/34, und 88 EX/46 aus den frühen siebziger Jahren, welche die gegenseitigen Beschuldigungen zwischen Israel und Jordanien dokumentieren. 713 So der Leiter der Israel Antiquities Authority, Amir Drori, zitiert in Maranz, Time, 19. Dezember 1994, S. 58, 60.
174
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
weigert. Man beruft sich darauf, dass dieser Fall nicht unter den Anwendungsbereich der HKSK fällt. Dies ist insofern richtig, als diese Konvention je nach Ausgrabungs- und Verbringungszeitpunkt entweder insgesamt oder nur für Israel zu diesem Zeitpunkt noch keine Wirkung entfaltete, eine Ratifikation Israels fand erst 1957 bzw. 1958 statt. Die West Bank wurde erst 1967 kriegerisch von Israel besetzt. Jordanien kann sich nicht auf das Kriegsrecht für ein Rückgabeverlangen berufen.714 In den 80er Jahren sollen israelische Soldaten palästinensische wissenschaftliche Institutionen im Libanon geplündert haben.715 b) Die Golfkriege und der Krieg gegen den Irak im Jahre 2003 Im ersten Golfkrieg der Jahre 1980–1988 zwischen dem Iran und dem Irak hielten sich die Krieg führenden Parteien im Großen und Ganzen an die Bestimmungen der HKSK.716 Zu nennenswerten Plünderungen oder Wegnahmen ist es nicht gekommen. Dies mag allerdings hauptsächlich daran gelegen haben, dass es in diesem Krieg wenig Okkupationen gab. Die Besetzung Kuwaits und der zweite Golfkrieg 1990 der Allianz unter der Führung der USA gegen den Irak als Intervention gegen die Besetzung Kuwaits zeigt ein völlig anderes Bild.717 Obwohl der Irak Vertragspartei der HKSK und des Protokolls war, kam es zu systematischen Plünderungen der Kulturschätze Kuwaits.718 Museen und kulturelle und wissenschaftliche Institutionen wurden von irakischen Truppen leergeräumt.719 Darüber unterrichteten die kuwaitischen Behörden den Generaldirektor der UNESCO, welcher wiederrum den Irak als Vertragspartei der HKSK aufforderte, die Bestimmungen derselben einzuhalten.720 Weitere öffentliche Aufforderungen der UNESCO und der UN an die Kriegspar714 So auch Einhorn, IJCP 5 (1996), S. 133, 133. Vgl. zum jordanischen Recht und zum israelischen Besatzungsrecht in Bezug auf Kulturgüter Berman, Case W. Res. J. Int’l L. 19 (1987), S. 343, 356 ff. 715 Zeugnis des Mahmoud Darwisch vor der Nordischen Kommission Oslo, Oktober 1982 (Witness of War Crimes in Lebanon, S. 68 ff.). 716 UNESCO, gopher://cormier.icomos.org:70/00/.icomos/treaties/hague/note (besucht im Juni 1997). 717 Vgl. dazu Meyer, Bost. Univ. Int’l L. J. 11 (1993), S. 349, 371 ff. 718 Vgl. dazu Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, 234 ff. m. w. N.; Lehman, Ariz. J. Int’l & Comp. L. 14 (1997), S. 527, 535 ff. m. w. N. 719 Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, S. 6; Prott, in: Sladek, S. 105, 105; vgl. auch die Nachweise bei Detling, Md. J. Int’l L. & Trade 17 (1993), S. 41, 43, Fn. 10. 720 Decision 8.4 adopted at the 135th session of the Executive Board (October 1990).
C. Völkergewohnheitsrecht
175
teien, von denen nur drei nicht Vertragspartei der HKSK waren721, sich an die Bestimmungen der HKSK zu halten, halfen nur im Falle der Alliierten.722 Die Iraker plünderten weiter.723 Zum größten Teil wurden diese Schätze jedoch mit Hilfe der UNESCO an Kuwait nach Ende des Krieges restitutiert.724 Die Resolution des Sicherheitsrates der UN 686 (1991)725 verpflichtete den Irak (. . .) immediately begin to return all Kuwaiti property seized by Iraq; the return to be completed in the shortest possible period.
Überwacht durch die United Nations Return of Property Unit (UNROP) wurden in einem Zeitraum von etwa fünf Wochen mehr als 25.000 Kunstund Kulturgegenstände an kuwaitische Museen, u. a. auch an das Kuwait National Museum, zurückgegeben.726 Trotzdem blieben viele Gegenstände weiterhin vermisst. Aber auch die alliierte Invasion des Iraks hinterließ ihre Spuren. Nach dem Krieg übergaben irakische Offizielle der UNESCO einen vier Bände starken Bericht, in welchem aus Provinzmuseen fehlende Objekte aufgezählt werden.727 Ob diese tatsächlich von alliierten Truppen geraubt wurden, kann nicht nachvollzogen werden. In Betracht käme auch ein Abhan721
Kanada, die USA und das Vereinigte Königreich. Gerade was den Schutz von Kulturgütern vor Zerstörung anging, versuchten die Alliierten sich an die Bestimmungen der HKSK zu halten. Amerikanische Truppen konsultierten bei der Planung von Luftzielen und Bodenangriffen archäologische Experten für diese Region (Boylan, S. 105 [Corrigendum]). Selbst als der Irak Luftabwehrwaffen in Ninevah und zwei MiG-21 Kampfflugzeuge innerhalb der Mauern des Tempels von Ur platzierte, sahen die amerikanischen Einheiten davon ab, die nunmehr legitimen Ziele zu zerstören (Boylan, ibid. und Department of Defence in Boylan, S. 201, 204). Trotzdem wurde die Stadt von Ninevah während des zweiten Golfkrieges beschädigt (von Schorlemer, S. 310). Der Kulturgüterschutz der Alliierten war nicht nur erfolgreich: Das generelle Problem, dass sich manche Fehler nicht vermeiden lassen, wird auch bei einem noch so ausgefeilten Kulturgüterschutzprogramm weiterhin bestehen bleiben. Häufig berufen sich die Parteien auch auf die militärische Notwendigkeit, obwohl diese gar nicht bestand (von Schorlemer, S. 310 m. w. N. in Fn. 205). 723 Offiziell ließen die Iraker verlautbaren, dass sie die Maßnahmen (das Wegschaffen von kuwaitischen Kulturgütern nach Baghdad) nur zur Sicherung der kulturellen Werte vornahmen. Damit soll die Einheit der irakischen Kunstschätze geschützt werden, inklusive der Schätze aus der irakischen Provinz Kuwait. Mit der Durchführung dieser Maßnahmen würden sie genauestens den Text und den Geist der HKSK befolgen (zum Ganzen vgl. Clément, IJCP 3 (1994), S. 11, 17). 724 Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, S. 7. 725 UN Doc. S/RES/686 (1991). Vgl. auch UN Doc. S/RES/666 (1990). Siehe dazu noch unten 2. Kap., Abschnitt F. II. 726 Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, S. 7. 727 Ibid. 722
176
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
denkommen durch sich zurückziehende irakische Truppen oder durch Plünderungen der Bevölkerung.728 Im Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak im Jahre 2003 und der sich anschließenden Besetzung des Iraks kam es vor allem zu Plünderungen von Museen, Bibliotheken und anderen Einrichtungen sowie von Grabungsstätten729 durch die irakische Bevölkerung selbst. Jedoch wurden auch amerikanischen Soldaten730 und sogar Journalisten731 Plünderungen vorgeworfen. Bei den Stürmen auf die Museen wurden auch viele Artefakte durch Vandalismus zerstört. Besorgnis erregend waren die Nachrichtenmeldungen in den ersten Tagen nach der Invasion des Iraks durch die alliierten Truppen im April 2003. Es hieß zunächst, dass wichtige Sammlungen des Nationalmuseums u. a. durch die Plünderungen zerstört worden sein sollen732, was später jedoch relativiert wurde, da sich herausstellte, dass viele Kunst- und Kultgegenstände vor der Invasion von irakischen Museumsbehörden ausgelagert und in Sicherheit gebracht worden waren733 und später wieder zurückkehrten734. Trotzdem riss die Kritik vor allem an den amerikanischen Truppen nicht ab, die Museen vor den Plünderungen durch die irakische Bevölkerung nicht geschützt zu haben.735 Allerdings wurden auch den irakischen Truppen Verstöße gegen die HKSK vorgeworfen. So sollen Mitglieder irakischer Truppen Schutz vor alliierten Angriffen in dem Museumskomplex von Ctesipohn, einer Grabungsstätte aus dem dritten Jahrhundert nach Christus südlich von Bagdad, gesucht haben. In Karbala sollen irakische Truppen aus der dortigen Moschee die Koalitionstruppen beschossen haben.736
728
Vgl. Prott, in: Sladek, S. 105, 107. Vgl. Fröhder/Herstatt/Lau/Mönninger, Die Zeit, 24. April 2003, S. 13 ff.; Röhrs, Der Tagesspiegel, 25. April 2003, S. 25. 730 Vgl. dazu Sommerfeld, SZ, 8. Mai 2003. 731 Vgl. dazu Lehming, Der Tagesspiegel, 25. April 2003, S. 1. 732 Vgl. dazu o. V., Der Tagesspiegel, 13. April 2003, S. 25; Nannen, Der Tagesspiegel, 14. April 2003, S. 2; Tilmann, Der Tagesspiegel, 15. April 2003, S. 21; Röhrs, Der Tagesspiegel, 17./18. April 2003, S. 25; ibid., Der Tagesspiegel, 26. April 2003, S. 21. 733 Vgl. o. V., Der Tagesspiegel, 25. Mai 2003, S. 25. 734 Vgl. o. V., dpa-Meldung vom 11. November 2003. 735 Vgl. zur Rückgabepflicht der geplünderten irakischen Kulturgüter, welche in anderen Staaten wieder auftauchen, Jenschke, Der Tagesspiegel, 16. April 2003, S. 26. 736 Report „Iraq Accused of Sheltering Behind Antiquities“, The Age vom 2. April 2003, zitiert in Chamberlain, Art Antiquity and Law 8 (2003), S. 209, 211. 729
C. Völkergewohnheitsrecht
177
c) Die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien Durch die Politik des „ethnic cleansing“737 wurde in den Kriegen, die durch die Unabhängigkeit der Teilstaaten von einem Bürgerkrieg zu einem internationalen Konflikt wurden738, hauptsächlich Kulturgüter zerstört.739 Auf dem Weg in die Unabhängigkeit brachen besonders in Kroatien und Bosnien und Herzegovina ethnische Konflikte aus. Slovenien und Makedonien blieben weitgehendst vom Krieg verschont. Kulturgüter, die bei ersten Angriffen in Kroatien und Bosnien nicht zerstört waren, wurden noch einmal angegriffen. Teilweise wurden in Kroatien Kirchen, die durch den Krieg unversehrt geblieben waren, durch Sprengungen zerstört.740 Kroatien blieb während der serbischen Besetzung auch nicht von Plünderungen verschont.741 Nach der ethnischen Säuberung Vukovars wurde alles bewegliche Kulturgut requiriert und nach Serbien verschleppt. Diese „Rettung“ der Kunstschätze Vukovars wurde durch serbische Fachleute unter dem Schutz des serbischen Kulturministeriums vorgenommen. Auf kroatische Protestnoten wurde nie geantwortet. Im serbischen Fernsehen wurde erklärt, es handelte sich hier nicht um Plünderungen, sondern um die Sicherung von Kunstwerken, bis das Museum in Vukovar wieder eröffnet werde.742 Kurz nach Kriegsausbruch begann die Evakuierung kroatischer Kulturgüter, nur ca. 3.000 Gegenstände konnten in Sicherheit gebracht werden. Bei einer Gesamtanzahl von über fünf Millionen eine geringe Zahl. Über zwanzig Museen, Galerien, kirchliche und private Sammlungen lagen in den okkupieren Gebieten und wurden nicht zuvor evakuiert743 und waren dem Krieg damit ausgesetzt. 737 s. dazu Fischer, HuV-I 6 (1993), S. 188, 188 mit Verweis auf die das „ethnic cleansing“ definierende UN-Sicherheitsratresolution S/RES/780 (1992). 738 Die HKSK ist auch in nicht internationalen Konflikten bindend (Art. 19; vgl. hierzu Toman, in: Festschrift für Schindler, S. 311, 317 ff.). 739 So z. B. die Angriffe auf Dubrovnik, welches auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO eingetragen ist (obwohl Garantien sowohl von zivilen als auch von militärischen Einrichtungen ausgesprochen wurden, die Stadt zu erhalten, Toman, S. 267), und auf die Brücke von Mostar. Der barocke Stadtkern von Vukovar wurde dem Erdboden gleich gemacht. Vgl. auch Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, S. 7–8; sowie Lehman, Ariz. J. Int’l & Comp. L. 14 (1997), S. 527, 537 f. m. w. N.; und Meyer, Bost. Univ. Int’l L. J. 11 (1993), S. 349, 378 ff. 740 Knez ˇevic´, in: Sladek, S. 41, 44. 741 Ibid., S. 54. 742 Zum Ganzen: ibid., S. 51 ff. 743 Ibid., S. 53.
178
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
All dieser Vandalismus wurde verübt, obwohl die Bundesrepublik Jugoslawien seit 1979 Vertragspartei der HKSK und deren Protokoll ist.744 Jugoslawien war eine der Vertragsparteien, die die meisten Maßnahmen zur Umsetzung der Konvention an die UNESCO berichtete.745 Auch andere Kulturgutschutzübereinkommen wurden von Jugoslawien ratifiziert.746 Das blaue Schild, das nach der HKSK zu schützende Kulturgüter kennzeichnet747, war oftmals gerade Zielscheibe für Schützen.748 Dort konnte der Feind in seinem Herzen getroffen werden. Um eine bessere Durchsetzbarkeit und Befolgung der Vorschriften des Kriegsrechts zu erreichen, müssen Abschreckungs- und Sanktionsmaßnahmen ergriffen werden. Im Falle des Jugoslawienkonflikts errichtete die UNSicherheitsratsresolution 827 im Jahre 1993 den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY). Dieses Kriegsverbrechertribunal ist zuständig für die Aufklärung und Ahndung von schweren Verletzungen des internationalen humanitären Rechts, wozu auch die Zerstörung und die Plünderung von Kulturgut gehört.749 Die Anklagen nach Art. 3 des Statuts des ICTY750 gegen Radovan Karadzic und Ratko Mladic enthielten Beschuldigungen hinsichtlich der umfassenden und systematischen Beschädigung und Zerstörung von moslemischen und römisch-katholischen heiligen Stätten.751 Wegen der Plünderung bzw. Beschlagnahme von Kulturgut ist bislang offenbar nur ein Verfahren angestrengt worden.752 Sofern wegen Plünderung von öffentlichem oder privatem Eigentum angeklagt wurde, könnte dadurch auch die Plünderung von Kulturgütern erfasst sein.753 744 Welche Rolle die UNESCO im Jugoslawienkonflikt spielte, beschreibt Prott, in: Sladek, S. 105, 107–119. 745 So Clément, IJCP 3 (1994), S. 11, 16. 746 Konvention von 1970, im Jahre 1972; Weltkulturerbe-Konvention von 1972, im Jahre 1974; Europäische Konvention zum Schutz des archäologischen Erbes von 1972 und die Konvention zum Schutz des europäischen Architekturerbes, beide im Jahre 1990. 747 Artt. 6, 16, 17. 748 Prott, in: Sladek, S. 105, 108. 749 Art. 3 lit. d) and e) des Statuts (UN Doc. S/RES/827 (1993); in deutscher Fassung abgedruckt in: EA 49 (1994), S. D 89 ff.). Die Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien wurde mit der Sicherheitsratsresolution 808 (1993) (UN Doc. S/RES/808 (1993), abgedruckt in Volle/Wagner, S. 200–201) beschlossen. 750 Vgl. zur Verfolgungsmöglichkeit des ICTY von Kriegsverbrechen, die sich gegen Kulturgüter richteten, Wallenfels, HuV-I 6 (1993), S. 217, 218 ff. 751 Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, 221. 752 The Prosecuter v. Mladen Naletilic (vgl. Abtahi, Harv. Hum. R. J. 14 (2001), S. 1, 12).
C. Völkergewohnheitsrecht
179
d) Andere moderne Konflikte Andere moderne Konflikte, bei denen über die Behandlung von Kulturgütern berichtet wurde, waren der Vietnamkrieg, die sowjetische Besetzung Afghanistans und der Nagorni-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbeidschan. Während des Vietnamkrieges schützten die amerikanischen Truppen Kulturstätten von unschätzbarem Wert, wie z. B. den Tempel von Angkor Wat in Kambodscha oder die Zitadelle in Hué in Vietnam.754 Aber in der Weise wie die Amerikaner diesen Krieg austrugen, müssen viele kulturell und historisch wertvolle Güter auf dem indo-chinesischen Subkontinent untergegangen sein. Zu Plünderungen kam es allenfalls vereinzelt und nicht auf Befehl. Während der sowjetischen Besetzung Afghanistans und im folgenden Bürgerkrieg verschwanden viele Kulturgüter, ganz zu schweigen von denen, die unwiederbringlich zerstört wurden.755 Allerdings lässt sich nicht klären, wer die Kulturgüter geplündert hat. Während des Nagorni-Karabach-Konflikts sind einige Kulturgüter zerstört worden, über Plünderungen ist nichts bekannt geworden.756 e) Das heute geltende Völkergewohnheitsrecht Das Gewohnheitsrecht hinsichtlich der Pficht zur Rückgabe von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht verändert. Es fand keine desuetudo hinsichtlich dieser Rechtspflicht statt. Die opinio iuris der Staaten ist noch immer von der Überzeugung getragen, Kulturgüter nach Kriegen zu restituieren. Die Restitutionen und Herausgabeverlangen nach dem Zweiten Weltkrieg, die bis heute fortdauern respektive gestellt werden, sind deutlichstes Indiz für eine solche Überzeugung.757 Dass gegen das Plünderungsverbot in fast jedem Krieg der letzten fünfzig Jahre verstoßen wurde, tut dem keinen Ab753
Vgl. Abtahi, ibid., S. 17 Fn. 91 und 92, S. 19 Fn. 105 sowie S. 20 Fn. 106. Boylan, S. 105. 755 Dupree, Archeaology 49 (March/April 1996), S. 42–51. 756 Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, S. 8. 757 Vgl. die vielen einzelnen Restitutionsvorgänge zwischen den verschiedensten Staaten, über die regelmäßig in den Ausgaben der Zeitschrift „Spoils of War, International Newsletter“, herausgegeben von der Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern (heute: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste), Magdeburg, auch unter www.LostArt.de abrufbar, berichtet wird. Auch die Zeitschrift „International Journal of Cultural Property (IJCP)“ berichtet in der Rubrik „Chronicles“ über die verschiedensten Restitutionen. 754
180
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
bruch. Denn die Staaten, die den Rechtsbruch begehen, können nicht im Alleingang das Recht ändern.758 Dies müsste bei universalem Gewohnheitsrecht durch die gesamte Staatengemeinschaft geschehen. Gerade der zweite Golfkrieg hat gezeigt, dass die Staatengemeinschaft nicht gewillt ist, eine Rechtsänderung zu betreiben. Der Irak wurde verpflichtet, sofort sämtliches kuwaitisches Kulturgut zurückzuerstatten. Auch die Staatenpraxis hat sich dahingehend nicht verändert. Nach erfolgten Plünderungen wurde zumeist zur Rechtfertigung das Argument vorgebracht, die Kunstschätze seien nur zur Sicherung und zum Schutz vor den Gefahren des Krieges verbracht worden. Ferner zeugen die nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossenen internationalen Verträge von einer einheitlichen Rechtsüberzeugung der Staaten in Bezug auf die Rückgabeverpflichtung. Hinsichtlich der multilateralen Verträge ist anzumerken, dass nur die Regeln Kodifikationen von Völkergewohnheitsrecht darstellen, die auch allgemeine Zustimmung erfahren, demnach den kleinsten gemeinsamen Nenner innerhalb der Staatengemeinschaft darstellen. Die Wiedergutmachungspflicht und die Erfüllung derselben durch Restitution dürfte ein solcher kleinster gemeinsamer Nenner sein. Detailliertes Vertragsrecht kann darüberhinaus auch zu Gewohnheitsrecht werden. So gibt es Stimmen, die behaupten, die Vorschriften der HKSK seien bereits in Gewohnheitsrecht erwachsen. Rolfes behauptet, dass die Grundgedanken der Konvention kodifiziertes Gewohnheitsrecht darstellen würden.759 Allenfalls das Plünderungsverbot und die anschließende Restituierungspflicht, die allerdings im ersten Protokoll zur HKSK niedergeschrieben wurde, sowie das Verbot der nicht militärisch notwendigen Zerstörung als fundamentale Grundprinzipien der HKSK stellen kodifiziertes Gewohnheitsrecht dar.760 Eine langandauernde Staatenpraxis der gewohnheitsrechtlichen Befolgung weitergehender Bestimmungen der HKSK nebst einer dahingehenden Rechtsüberzeugung kann noch nicht verzeichnet werden. Nach Ansicht Boylans761 wurden zwar die Bestimmungen der HKSK im zweiten Golfkrieg als gewohnheitsrechtliche Regeln anerkannt. So haben die USA den Schutz von Kulturgütern in Kriegszeiten als geltendes Gewohnheitsrecht be758
Vgl. Lew, AJIL 40 (1946), S. 584, 584: „The international law applicable to war booty is found in the Hague Conventions of 1899 and 1907 which, though flagrantly violated in both World Wars by the German Government, remain supported and respected by most governments and international law authorities.“ 759 S. 95: „(. . .) allgemeine Rechtsauffassung der Staaten der Welt bereits zum Zeitpunkt des Endes des 2. Weltkrieges (. . .)“ und S. 111. 760 Vgl. auch Henckaerts, RICR 81 (1999), S. 593, 593 f.: (. . .) the basic principles concerning respect for cultural property enshrined in it [in der HKSK, d.V.] have become part of customary international law“. Weitergehend wohl Meyer, Bost. Univ. Int’l L. J. 11 (1993), S. 349, 352 ff. 761 S. 104 f.
C. Völkergewohnheitsrecht
181
zeichnet.762 Das Pentagon behauptet weitergehend sogar, es habe die Regeln der HKSK im zweiten Golfkrieg befolgt.763 Aus diesem Grund wird auch über einen Beitritt der USA zur HKSK nebst Protokoll wieder nachgedacht.764 Diese Praxis eines Staates ist jedoch noch kein Beleg dafür, dass ein Gewohnheitsrecht mit den speziellen Regeln der HKSK entstanden ist. Die völkerrechtliche Praxis ist viel zu verhaltend, als dass sie die bestehenden Voraussetzungen an die Entstehung von Gewohnheitsrecht erfüllen könnte. Auch die UNESCO ist nur der Überzeugung, dass die „fundamental principles“ der HKSK Teil des Völkergewohnheitsrechtes sind.765 Zu den „fundamental principles“ des Protokolls, dessen spezielle Bestimmungen ebenfalls mangels Staatenpraxis nicht in Gewohnheitsrecht erwachsen sind766, gehört die Rückgabeverpflichtung für widerrechtlich verbrachte Kulturgüter. Nicht nur die multilateralen Verträge, wie z. B. die soeben angesprochene HKSK nebst ihrem ersten Protokoll und jüngst auch ihrem Zweiten Protokoll von 1999 oder die Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen767, bieten für eine gewohnheitsrechtlich bestehende Rückgabeverpflichtung An762 Department of Defense in Boylan, S. 201, 202 und 204 f.; veröffentlicht auch unter gopher://cormier.icomos.org:70/00/.icomos/treaties/hague/defense, besucht im Juni 1997. 763 Eirinberg IJCP 3 (1994), S. 27, 31 m. w. N. 764 Ibid., S. 34; vgl. Letter from Ronald J. Bettauer, Attorney, Office of the Legal Advisor Dept. of State, to Anne Coffin Hanson, President, College Art Association of America, in: Art Journal 13 (1972), S. 488 [zitiert in: Mastalir Fordham Int’l L. J. 16 (1992/1993), S. 1033, 1048, und Merryman/Elsen, S. 33 f.], der den ursprünglichen Grund für die Nichtratifizierung der HKSK durch die USA aufzeigt: „(. . .) adherence to the Convention would seriously limit the options of the United States in the event of nuclear war or even in some cases of conventional bombardment.“ Vgl. aber die Erklärung, die Parks, gopher://cormier.icomos.org:70/00/.icomos/ treaties/hague/carnegie/bos4 (besucht im Juni 1997), zitiert: „If the Kremlin puts a cultural property sign on it, we won’t be able to attack the Kremlin“.). Dass die USA die HKSK noch immer nicht ratifiziert hat und damit mit schlechtem Beispiel vorangehe, kritisiert Phelan, Int’l Lawyer 34 (2000), S. 697, 697. 765 UNESCO, gopher://cormier.icomos.org:70/00/.icomos/treaties/hague/note (besucht im Juni 1997). 766 Die Vorschriften des Art. I Ziff. 1 bis 4 sind bislang nicht in Gewohnheitsrecht erwachsen (so auch Haunton, HuV-I 6 (1993), S. 199, 202). Gegen eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung der im ersten Protokoll zur HKSK von 1954 einzelnen Rückgabeverpflichtungen spricht nicht nur die fehlende Staatenpraxis, sondern auch das neue Zweite Protokoll zur HKSK von 1999, in welchem Einzelheiten der verbotenen Ausfuhr von Kulturgütern aus besetzten Gebieten im Gegensatz zum ersten Protokoll von 1954 wieder gelockert wurden. Vgl. dazu oben 2. Kap., Abschnitt A. III. 2. u. 3. sowie Abschnitt C. II. 6. 767 Greenwood geht sogar so weit, festzustellen, dass die Bestimmungen des Art. 53 des Ersten Zusatzprotokolls von 1977 „wahrscheinlich“ als geltendes Völ-
182
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
haltspunkte768, sondern auch die bilateralen Verträge, z. B. zwischen den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland. Die bilateralen Vereinbarungen über die Rückgabe von widerrechtlich verbrachten Kulturgütern stellen indes kein Gewohnheitsrecht dar. Allenfalls sprechen diese Vereinbarungen für die bestehende Überzeugung bezüglich der Rückgabepflicht der beteiligten Staaten. Dass diese bilateralen Verträge nicht eingehalten werden, ist wiederum jedoch kein Indiz dafür, dass sich die Rechtsüberzeugung der Staaten geändert hat. Denn bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass nur Russland sich bisher gegen die vertraglich festgelegte Rückgabeverpflichtung sträubt.769 Die Duma erließ ein Gesetz, das die meisten Kulturgüter, die nach dem Krieg nach Russland verschafft wurden, zu russischem Staatseigentum erklärte.770 Georgien771, die Ukraine772, Armenien773 und Aserbaidschan774 haben aufgefundene deutsche Kunstwerke oder Bibliotheksgut restituiert.775 Die Bundesrepublik hat an Lettland eine wertvolle Briefmarkensammlung zurückgegeben.776 Frankreich verhandelt mit der Bundesrepublik Deutschland seit 1991 über Restitutionen sowie mit weiteren Staaten, u. a. auch Österreich.777 kergewohnheitsrecht im zweiten Golfkrieg befolgt wurden (Grennwood, in: Rowe, S. 63, 80 und 88). 768 Vgl. ferner das Final Communiqué der Nato-Partnership for Peace (PfP) Conference on Cultural Heritage Protection in Wartime and in State of Emergency, Ziff. 4, Satz 2, vgl. http://www.icomos.org/blue_shield/krakowna/html (besucht am 12. April 2004). 769 Einzelne Rückgaben waren jedoch schon zu verzeichnen (vgl. Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 543). Im Frühjahr 2002 wurde die Rückgabe der Kirchenfenster der Marienkirche in Frankfurt/Oder nochmals durch Russland angekündigt. Im Juni 2002 trafen sie dann in Frankfurt/Oder ein. 770 Dazu s. 2. Kap., Abschnitt B. I. 1. und Abschnitt E. III. sowie 4. Kap., Abschnitt B. IV. 771 Georgien gab über 100.000 wertvolle Bücher aus dem 16. bis 20. Jahrhundert an Deutschland zurück (Fiedler, in: Frehner, S. 87, 91). Vgl. dazu auch Kolasa, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 53, 53 ff. und Mosidse, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 57, 57 f. sowie Ritter, DA 29 (1996), S. 770, 771; und Fiedler, FAZ, 31. Oktober 1996, S. 37. 772 Vgl. dazu Holler, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 63; BT-Drs. 13/ 3823, S. 17. 773 Vgl. dazu Kienle, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 85; o. V., Der Tagesspiegel, 5. Mai 1998, S. 2; Günsche, Die Welt, 5. Mai 1998, S. 2. 774 Es handelt sich um Zeichnungen der Bremer Kunsthalle, die nach Baku gelangten, vgl. dazu o. V., Der Spiegel, 25/1999 S. 19; sowie o. V., Der Tagesspiegel, 15. Januar 2000, S. 31. 775 Die Rückgabe einer Lutherbibel von 1522/23 an die Bundesrepublik durch Polen Ende 2000 vgl. o. V., Der Tagesspiegel, 12. Dezember 2000, S. 25; dazu Schulz, ibid.) betrifft eher Fragen der Staatennachfolgeproblematik. 776 BT-Drs. 13/3823, S. 18.
C. Völkergewohnheitsrecht
183
Im Einzelnen gilt heute Folgendes: Die Rückgabeverpflichtung stützt sich auf den allgemeinen völkerrechtlichen Anspruch auf Wiedergutmachung. Die Wegnahme von Kulturgütern während der Kampfhandlungen und in Zeiten einer kriegerischen Besetzung ist verboten und stellt damit ein völkerrechtliches Unrecht dar.778 Das Völkerrecht schreibt die Wiedergutmachung von begangenem Unrecht vor. Dies wird durch Naturalrestitution erreicht. Im Falle der Wegnahme von Kulturgütern bedeutet dies die Restitution.779 Die Rückgabepflicht trifft den Staat selbst dann, wenn die zu restituierenden Gegenstände mittlerweile den Besitzer oder gar den Eigentümer gewechselt haben. In Staaten, in denen der gutgläubige Erwerb von gestohlenen oder abhandengekommenen Sachen nicht möglich ist, wie z. B. in Deutschland780 oder im Rechtskreis des common law, muss die Sache beschlagnahmt und dem anspruchstellenden Staat zurückerstattet werden. Die Frage einer Kompensation des Besitzers ist dann eine Frage zwischen diesem und dem erstattenden Staat.781 Eine Kompensation durch den Ursprungsstaat ist rechtlich nicht geboten.782 Die Restitution bezieht sich jedoch nur auf identifizierbare Objekte, die durch den Kriegseinfluss von einem Staatsgebiet auf ein anderes gelangt sind. Die Objekte, welche geplündert und widerrechtlich verbracht wurden, sind eindeutig auszumachen und sodann zurückzustellen. Sie müssen sich auf dem Staatsgebiet des verpflichteten Staates befinden. Sind sie nach der 777 Hanimann, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41; BT-Drs. 13/3823, S. 18. Zum Verhalten einiger französischer Museen hinsichtlich der Rückgabe von Kunstwerken an die rechtmäßigen Besitzer vgl. Wetzel, Die Zeit, 4. April 1997, S. 49; sowie Barker, The Daily Telegraph (London), 14. April 1997, S. 16. 778 Engstler, S. 224. 779 s. dazu schon das oben Ausgeführte zu Art. 3 der IV. Haager Konvention von 1907, 2. Kap., Abschnitt A. I. Vgl. auch die Ausführungen zum Umfang des Rückgabeanspruches im 3. Kap. 780 §§ 932, 935 BGB. 781 Vgl. hierzu z. B. die Regelungen der UNIDROIT-Konvention von 1996. Dazu s. schon oben etwas näher 2. Kap., Abschnitt C. II. 5. 782 Vgl. dazu den Fall des Quedlinburger Domschatzes, der von der Kulturstiftung der Länder für US$ 2,75 Mio. von den Erben des Leutnant Joe Meador aus Texas „gekauft“ wurde (Kennon, St. Thomas L. Rev. 8 (1995/1996), S. 373, 376; Kogelfranz/Korte, pass.; vgl. zur Geschichte des Quedlinburger Domschatzes auch Heydenreuter, S. 12 ff.) Über die Herausgabe des Domschatzes wurde ein Vergleich geschlossen, um so rechtlichen und tatsächlichen Unwägbarkeiten aus dem Weg zu gehen. Völkerrechtliche Probleme hätten sich insbesondere aus dem Überleitungsvertrag von 1952 (vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt B. III.) ergeben können (so Maurice, in: Der Quedlinburger Schatz wieder vereint, S. XV, XVI). Die Probleme einer Herausgabeklage vor einem texanischen Gericht betrachtet anschaulich Schmid, in: Der Quedlinburger Schatz wieder vereint, S. XVII, XVII ff.
184
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Wegnahme nicht mehr im Besitz des verpflichteten Staates, sind sie unauffindbar, so liegt Unmöglichkeit der Rückführung vor.783 Kann der anspruchstellende Staat jedoch auf anderem Wege die Repatriierung der Kulturgüter erlangen, so ist ein Freiwerden von der Restitutionspflicht bzw. Schadenersatzpflicht des verpflichteten Staates möglich. Zur genauen Identifizierung der Gegenstände muss noch hinzukommmen, dass ihr Erwerb auch bestimmten (Il-)legalitätsmerkmalen unterliegen muss784. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hauptsächlich die Gegenstände restituiert785, die rechtlich unter die Londoner Erklärung von 1943 fielen.786 Einhergehend mit der Restitution ist also auch immer eine Nullifikation (Nichtigkeitserklärung) oder Ungültigkeits- bzw. Kraftloserklärung des rechtlichen Erwerbstitels notwendig787, sofern ein solcher Erwerbstitel überhaupt vorhan783 Dies galt bei den Rückführungen nach dem Zweiten Weltkrieg selbst dann, wenn Beweise dahingehend vorlagen, dass das Objekt durch einen Staatsangehörigen des verpflichteten Staates vom Territorium desselben verbracht wurde (vgl. Vásárhelyi, S. 97). 784 Deshalb widersprach die Auffassung der Alliierten des Zweiten Weltkrieges, dass grundsätzlich jede Sache, die aus den besetzten Gebieten stammte, restituiert werden sollte, dem damals geltenden Völkerrecht (vgl. von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 17). 785 Die (inneren) Restitutionen in den westlichen Besatzungszonen und Berlin wurden durch die folgenden Gesetze geregelt: Gesetz No. 59 vom 10. Nov. 1947 (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände; amerikanische Besatzungszone; vgl. dazu ausführlich Graf, S. 5 ff.); Gesetz No. 59 vom 12. Mai 1949 (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen; britische Besatzungszone); Verordnung No. 120 vom 10. November 1947 (Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte; französische Besatzungszone); Anordnung BK/O (49) 180 vom 26. Juli 1949 (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen; Berlin) (vgl. die Nachweise in § 11 Ziff. 1 lit. a)–d) des Bundesrückerstattungsgesetzes von 1957, BGBl. 1957 I, S. 734 ff.). Zur Praxis der britischen Besatzungsmacht vgl. Bentwich, BYIL 32 (1955–6), S. 204, 204 ff. Vgl. zu den o. g. Gesetzen der Besatzungmächte Schwarz, S. 23 ff., sowie Buschbom, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz, S. 1, 26 ff. Eigentlich galten diese Gesetze nur für die Restitution von Gegenständen etc., die im Geltungsbereich der jeweiligen Gesetze eingezogen wurden. Zu den äußeren Restitutionen, die teilweise auch gemäß den Regeln dieser Gesetze vollzogen wurden, vgl. im Einzelnen Wirth, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz, S. 143, 143 ff. und insb. 244 ff., sowie Schwarz, S. 342 ff. 786 Vgl. den Text oben S. 146. Darunter fielen auch Dinge, die legal erworben wurden. Hier wurde jedoch eine Unterscheidung vorgenommen. Während bei Kulturgütern keine Ausnahme des normalen Handelsgeschäftes zugelassen wurde, war dies bei anderen Gütern aber der Fall (von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 13). Dies hätte hauptsächlich daran gelegen, dass die Verbringung von Kulturgütern fast immer mehr oder weniger unter Zwang erfolgt sei (ibid., vgl. auch S. 8–10). 787 Brownlie, State Responsibility, S. 210; vgl. auch Robinson, LCP 16 (1951), S. 347, 356 ff.
C. Völkergewohnheitsrecht
185
den ist.788 Dies ist bei von vornherein rechtswidrigem Erwerb, wie z. B. durch Plünderung, ausgeschlossen. Das Eigentum verbleibt bei dem ursprünglichen Eigentümer. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Restitution dann möglich ist, wenn ein Unrechtstatbestand vorliegt, die Objekte eindeutig identifizierbar sind und sich auf dem Territorium des verpflichteten Staates befinden.789 Die Beweislast für den Verlust trägt schließlich der anspruchsstellende Staat.790 Das gleiche gilt für die Führung des Beweises, dass das Kulturgut durch Zwang oder Gewalt weggeführt wurde. Wie im innerstaatlichen Recht gilt auch im Völkerrecht der Verfahrensgrundsatz, dass derjenige die Beweislast trägt, der etwas für ihn Günstiges vorträgt.791 Dies ist der allgemeine Grundsatz. Bei den Restitutionen in Folge des Zweiten Weltkrieges haben die Alliierten die Beweislast anders verteilt. Im Friedensvertrag der Alliierten mit Ungarn von 1947 wird in Art. 24 Ziff. 7 die Beweislast geregelt. Danach soll die Beweislast für die Identifikation des Objektes und des Eigentums daran bei der anspruchsstellenden Regierung liegen, während die Beweislast für die Verbringung des Objektes ohne Zwang oder Gewalt nach Ungarn bei der ungarischen Regierung liegen soll.792 Hinsichtlich des Unterganges eines Kulturgutes liegt die Beweislast bei dem Staat, der zur Restitution verpflichtet ist.793 788 Die Londoner Deklaration von 1943 enthielt keine solche Nichtigkeitserklärung („warning“). Sie behielt den Alliierten lediglich das Recht vor, eine Nichtigkeit von Rechtsgeschäften zu erklären (von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 6; Grell, S. 92). Zweifelhaft erscheint es aber, als Grundlage für die Restitutionen die privatrechtlichen Rückgabeansprüche heranzuziehen (so von Schmoller/Maier/Tobler, ibid.). Es handelt sich bei einem Anspruch auf Restitution um einen völkerrechtlichen Anspruch. Allenfalls können die privatrechtlichen Rückgabeansprüche Indikator für einen völkerrechtswidrigen Anspruch sein. 789 Nach Coulée, RGDIP 104 (2000), S. 359, 366 ff. und 392, ist stets noch eine Vereinbarung nötig, die entweder die Basis und die Organisation der Restitution oder nur die Organisation betrifft. Eine bi- bzw. multilaterale Vereinbarung vermag die Organisation und den Verlauf der Restitution vereinfachen und eine bindende Regelung diesbezüglich darstellen. Aber die Pflicht zur Restitution besteht auch ohne besondere Vereinbarung nach Völkervertrags- (z. B. Art. 3 des IV. Haager Abkommens von 1907) bzw. -gewohnheitsrecht. 790 Vgl. dazu Walter, S. 160, zum Fall der Elgin-Marbles. 791 Cheng, S. 326 ff.; Rosenne, S. 1084; Thirlway, EPIL Inst. 1 (1981), S. 58, 59. 792 So auch im Friedensvertrag mit Italien, vgl. Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 42. Vgl. dazu auch von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 15, für die Praxis der Alliierten im Nachkriegsdeutschland. Vgl. auch Menzel, in: Die Friedensverträge von 1947, S. 1, 49. Grewe, S. 223, wollte diese Verteilung der Beweislast auch für das Verfahren in Deutschland angewendet wissen. 793 Vgl. Art. 11 Abs. 12 Uabs. 1 Satz 2 des Friedensvertrages von Riga zwischen Polen, Russland und der Ukraine vom 18. März 1921 (LNTS 6, S. 52 ff.).
186
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Zu Restitutionen von Kulturgütern kam es fast immer nach bewaffneten Konflikten nach 1800. Die größten Rückgabeaktionen erfolgten nach dem Wiener Kongress, nach dem Ersten794 und nach dem Zweiten Weltkrieg795, in neuerer Zeit nach dem Zweiten Golfkrieg796. Als Teil des Wiedergutmachungsanspruches ist die Restitution im Krieg geraubter Kulturgüter Völkergewohnheitsrecht. Ähnlich dem Wegnahmeverbot dürfte sich dieses Restitutionsgebot in der Zeit des Wiener Kongresses verfestigt haben und gilt bis heute. f) Exkurs: Plünderung als Kriegsverbrechen/Staaten- und individuelle Verantwortlichkeit Als Völkergewohnheitsrecht entwickelt hat sich inzwischen auch, dass die Plünderung oder der Diebstahl von Kulturgut in Kriegszeiten oder in Zeiten einer occupatio bellica ein Kriegsverbrechen darstellt.797 Schon in der HLKO wird in Art. 47 die Plünderung untersagt. Ferner heißt es, dass „jede Beschlagnahme (. . .) geahndet werden soll“798. Damit ist auch schon eine individuelle Verantwortlichkeit vorgezeichnet. Das Individum plündert nicht nur im Auftrag oder als Organ des Staates, es plündert zudem als natürliche Person und ist dafür selbst verantwortlich. Die Plünderung als Belohnung für die Mühen des Kriegshandwerkes ist heute längst untersagt.799 Auch die Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg800 haben dieses 794 Art. 168 des Friedensvertrages mit Ungarn (Vertrag von Trianon) vom 4. Juni 1920 (abgedruckt in AJIL 15 (1921), Suppl., S. 1 ff.) sieht eine Restitution von „objects of every nature (. . .) taken away, seized or sequestrated in the cases in which it proves possible to identify them (. . .)“ vor. Darunter fallen auch Kulturgüter, wie Art. 175 als Ausführungsbestimmung zu Art. 168 darlegt. Danach soll Ungarn sämtliche von den „invaded territories“ weggenommene Kulturgüter aufgeben, „whether they belong to the State or to provincial, communal, charitable or ecclesiastical administrations or other public or private institutions.“ Art. 176 bestimmt sodann, dass Ungarn Kulturgüter zurückzuführen hat, die von den „ceded territories“ seit dem 1. Juni 1914 weggenommen wurden, mit der Ausnahme von Kulturgütern, die von Privatpersonen gekauft wurden. Sofern die Bestimmungen des Art. 191 auf diese Güter anwendbar sind, wird der Wert der Güter vom Reparationskonto abgezogen. Vgl. auch schon oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 11. 795 Vgl. dazu oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. 796 Siehe dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. b). 797 Zu den einzelnen möglichen Verstößen gegen bestimmte Vertragswerke, s. Nahlik, Annuaire de l’A.A.A. 29 (1959), S. 21, 24–27, in englischer Übersetzung bei Toman, S. 297 f. 798 Art. 56. Vgl. aber auch Art. 3 des IV. Haager Abkommens von 1907, in welchem die Verantworlichkeit der Kriegspartei geregelt ist (s. auch oben 2. Kap., Abschnitt A. I. 2.). Eine Pflicht zur Ahndung der Verstöße gegen die HLKO wird ihnen darin nicht auferlegt. 799 Gasser, in: Fleck, S. 168, 200, Rz. 536.
C. Völkergewohnheitsrecht
187
Bild bestätigt.801 Die Londoner Vereinbarung vom 8. August 1945802, die das Militärtribunal errichtete, sah in Art. 6 lit. b) der der Vereinbarung beigefügten Charta des Internationalen Militärtribunals (IMT) die Plünderung privaten und öffentlichen Eigentums als Kriegsverbrechen an. Die führenden Nazionalsozialisten wurden u. a. für ihre individuellen Taten gegen Kulturgüter der besetzten Staaten belangt.803 Das IMT sah die Vorschriften der HLKOen von 1899 und 1907 als in den Jahren 1939 bis 1945 geltendes Völkergewohnheitsrecht an.804 Darunter fällt natürlich auch das Plünderungsverbot, sowie die weitere Wegnahme von Kulturgütern. In der HKSK wird in Art. 28805 den Vertragsstaaten die Pflicht auferlegt, Verletzungen der HKSK strafrechtlich oder disziplinarisch zu verfolgen und zu ahnden.806 Diese nationalen Gesetze müssen allerdings in Friedenszeiten erlassen werden.807 Das erste Zusatzprotokoll von 1977 zu den Genfer Konventionen von 1949808 erklärt in Art. 85 Abs. 4 lit. d) Zerstörungen von geschichtlichen Denkmälern, Kunstwerken oder Kultstätten als schwere Verletzung des Protokolls. Nach Art. 85 Abs. 5 sind schwere Verletzungen wie z. B. die Misshandlung von Gefangenen (Art. 11) des Protokolls Kriegsverbrechen. Plünderungen sind nur einfache Verletzungen des Art. 53 lit. a).809 Trotzdem besteht auch eine individuelle Verantwortlichkeit. Art. 86 Abs. 2 entlässt 800
Zu den Urteilen wegen Plünderung (worunter auch die Plüderung von Kulturgütern fällt) vgl. Nowlan, HuV-I 6 (1993), S. 221, 221 ff. 801 In Polen wurden deutsche Kriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg vor nationalen Gerichten wegen der Plünderung von Kulturgütern verurteilt (vgl. Nahlik, Hastings L. J. 27 (1975/1976), S. 1069, 1077). 802 Agreement for the Prosecution and Punishment of the Major War Criminals of the European Axis (UNTS 82, S. 279 ff.). 803 So z. B. Alfred Rosenberg, „(. . .) is responsible for a system of organized plunder of both public and private property throughout the invaded countries of Europe.“ (Internationaler Militärgerichtshof, zitiert bei Williams, S. 29.). Zu den weiteren Verurteilungen vgl. Lippman, Dickinson J. Int’l L. 17 (1998), S. 1, 42 ff., mit ausführlicher Darstellung. 804 Vgl. dazu Verdross/Simma, § 581. Siehe auch Carducci, RGDIP 104 (2000), S. 289, 331 und 356, der der Meinung ist, das IMT hätte diese Behauptung nur aus opportunistischen Gründen aufgestellt, um die Kriegsverbrecher auf einer Grundlage des angeblichen Rechts verurteilen zu können. 805 Dieser Art. ist den Artt. 49/50/129/146 der Genfer Konventionen I–IV von 1949 nachempfunden. 806 Zu den verschiedenen Bestimmungen der Staaten s. Toman, S. 294. 807 Toman, S. 293. 808 s. dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt A. V. und Abschnitt C. II. 4. a). 809 Plünderungen wurden abermals in Art. 33 Abs. 2 des IV. Genfer Abkommens von 1949 für verboten erklärt. Deshalb wurde dieses Verbot wohl im Ersten Zusatzprotokoll von 1977 nicht nochmals erwähnt.
188
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
die Vorgesetzten nur aus der Haftung, wenn sie von den Verstößen des Untergebenen gegen das erste Zusatzprotokoll nichts wussten oder bei aller pflichtgemäßen Sorgfalt nichts wissen konnten. Der Staat bleibt neben dem Individum verantwortlich, auch wenn niemand von dessen Handeln wusste. Die Vertragspartei „ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihren Streitkräften gehörenden Personen begangen werden“ (Art. 91). Das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien (ICTY)810 sieht in Art. 3 lit. d) und e) die Inbesitznahme von Kulturgütern und die Plünderung von privatem oder öffentlichem Eigentum als Verstoß gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges an. Sie gelten als Kriegsverbrechen und werden vom ICTY verfolgt und geahndet.811 Im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC)812 ist nur die Zerstörung von Kulturgütern als Kriegsverbrechen ausdrücklich genannt (Art. 8 Abs. 2 lit. (b) (ix) und (e) (iv)). Jedoch auch die Plünderung von Kulturgütern wird von den war crimes erfasst. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. (b) (xvi) und (e) (v) ist die Plünderung von Städten oder einer Ansiedlung („a place“) ein Kriegsverbrechen.813 Unter diesen Schutz fällt auch regelmäßig ein Museum oder auch sonstige Kulturinstitutionen. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. (b) (xiii) und (e) (xii) ist jede Beschlagnahme von Eigentum des Gegners ein Kriegsverbrechen, sofern die Beschlagnahme nicht unbedingt militärisch notwendig war.814 Die Beschlagnahme von Kulturgütern kann keinen militärischen Erfordernissen dienen, so dass eine militärische Notwendigkeit der Beschlagnahme von Kulturgütern nie in Betracht kommt. Das Zweite Protokoll zur HKSK (1999) beschreibt in Art. 15 Abs. 1 lit. e) Diebstahl, Plünderung oder Entwendung von Kulturgütern, die die HKSK schützt, als schwere Verletzungen des Protokolls.815 Den Vertragsparteien 810
UN Doc. S/RES/827 (1993). Vgl. Lippman, Dickinson J. Int’l L. 17 (1998), S. 1, 93 ff., der anhand der Entscheidung des ICTY Prosecutor v. Dusˇko Tadic´, Case No. IT-94-1-AR72, (ILM 35 (1996), S. 32, 60 f.), aufzeigt, dass das ICTY Jurisdiktionsgewalt für die Ahndung von Verstößen gegen das völkergewohnheitsrechltiche Gebot, Kulturgüter in Kriegszeiten zu schützen etc., hat. 812 Abgedruckt in EuGRZ 25 (1998), S. 618 ff. 813 Vgl. dazu Zimmermann, in: Triffterer, Article 8, Rz. 167 ff. 814 Vgl. dazu Zimmermann, in: Triffterer, Article 8, Rz. 138 ff. 815 Chapter 4 Criminal responsibility and jurisdiction. Article 15 Serious violations of this Protocol 1. Any person commits an offence within the meaning of this Protocol if that person intentionally and in violation of the Convention or this Protocol commits any of the following acts: (a) making cultural property under enhanced protection the object of attack; (b) using cultural property under enhanced protection or its immediate surroundings in support of military action; 811
C. Völkergewohnheitsrecht
189
wird aufgetragen, für entsprechende Verfolgung und Bestrafung dieser Taten gegen Kulturgüter zu sorgen (Art. 15 Abs. 2). Die Jurisdiktion wird in Art. 16 Abs. 1 ausgeweitet.816 Für Taten wie Diebstahl, Plünderung und Entwendung, darf die Jurisdiktion über die beschuldigte Person aber nur dann ausgeübt werden, wenn die Person Angehöriger des die Jurisdiktion ausübenden Staates ist oder die Verletzung der HKSK oder des Zweiten Protokolls auf dem Gebiet dieses Staates begangen wurde. Für die Zerstörung von geschützten Kulturgütern wird die Jurisdiktionszuständigkeit auf alle Staaten ausgeweitet, in denen sich der Täter aufhält (Art. 16 Abs. 1 lit. c)).817 Hier wird (c) extensive destruction or appropriation of cultural property protected under the Convention and this Protocol; (d) making cultural property protected under the Convention and this Protocol the object of attack; (e) theft, pillage or misappropriation of, or acts of vandalism directed against cultural property protected under the Convention. 2. Each Party shall adopt such measures as may be necessary to establish as criminal offences under its domestic law the offences set forth in this Article and to make such offences punishable by appropriate penalties. When doing so, Parties shall comply with general principles of law and international law, including the rules extending individual criminal responsibility to persons other than those who directly commit the act. 816 Article 16 Jurisdiction 1. Without prejudice to paragraph 2, each Party shall take the necessary legislative measures to establish its jurisdiction over offences set forth in Article 15 in the following cases: (a) when such an offence is committed in the territory of that State; (b) when the alleged offender is a national of that State; (c) in the case of offences set forth in Article 15 sub-paragraphs (a) to (c), when the alleged offender is present in its territory. 2. With respect to the exercise of jurisdiction and without prejudice to Article 28 of the Convention: (a) this Protocol does not preclude the incurring of individual criminal responsibility or the exercise of jurisdiction under national and international law that may be applicable, or affect the exercise of jurisdiction under customary international law; (b) Except in so far as a State which is not Party to this Protocol may accept and apply its provisions in accordance with Article 3 paragraph 2, members of the armed forces and nationals of a State which is not Party to this Protocol, except for those nationals serving in the armed forces of a State which is a Party to this Protocol, do not incur individual criminal responsibility by virtue of this Protocol, nor does this Protocol impose an obligation to establish jurisdiction over such persons or to extradite them. 817 Gleiches gilt für das Gerichtsverfahren und für die Auslieferungsregelungen: Article 17 Prosecution 1. The Party in whose territory the alleged offender of an offence set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c) is found to be present shall, if it does not extradite that person, submit, without exception whatsoever and without undue delay, the case to its competent authorities, for the purpose of prosecution, through
190
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
also differenziert zwischen der Zerstörung und der Plünderung von Kulturgut. Ersteres wird als international verfolgbares Kriegsverbrechen angesehen, während die Plünderung von Kulturgütern lediglich ein national verfolgbares Delikt ist. Das Protokoll schließt es nicht aus, dass andere Möglichkeiten der Verfolgung nach nationalem, internationalem oder Völkergewohnheitsrecht herangezogen werden (Art. 16 Abs. 2 lit. a)). Geht man davon aus, dass auch die Plünderung von Kulturgütern nach Völkergewohnheitsrecht ein international verfolgbares Kriegsverbrechen ist, so kann jeder Staat nach Völkergewohnheitsrecht ein Verfahren gegen ein hinreichend verdächtiges Individuum einleiten und eine Verurteilung erreichen. Das Völkervertragsrecht geht hier nicht so weit wie das Völkergewohnheitsrecht. Nach Art. 19 sollen sich die Parteien gegenseitige Hilfe in allen Untersuchungen, die aufgrund Art. 15 aufgenommen wurden, leisten.818 In Art. 20 proceedings in accordance with its domestic law or with, if applicable, the relevant rules of international law. 2. Without prejudice to, if applicable, the relevant rules of international law, any person regarding whom proceedings are being carried out in connection with the Convention or this Protocol shall be guaranteed fair treatment and a fair trial in accordance with domestic law and international law at all stages of the proceedings, and in no cases shall be provided guarantees less favorable to such person than those provided by international law. Article 18 Extradition 1. The offences set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c) shall be deemed to be included as extraditable offences in any extradition treaty existing between any of the Parties before the entry into force of this Protocol. Parties undertake to include such offences in every extradition treaty to be subsequently concluded between them. 2. When a Party which makes extradition conditional on the existence of a treaty receives a requyest for extradition from another Party with which it has no extradition treaty, the requested Party may, at its option, consider the present Protocol as the legal basis for extradition in respect of offences as set forth in Article 15 subparagraphs 1 (a) to (c). 3. Parties which do not make extradition conditional on the existence of a treaty shall recognise the offences set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c) as extraditable offences between them, subject to the conditions provided by the law of the requested Party. 4. If necessary, offences set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c) shall be treated, for the purposes of extradition between Parties, as if they had been committed not only in the place in which they occurred but also in the territory of the Parties that have established jurisdiction in accordance with Article 16 paragraph 1. 818 Article 19 Mutual legal assistance 1. Parties shall afford one another the greatest measure of assistance in connection with investigations or criminal or extradition proceedings brought in respect of the offences set forth in Article 15, including assistance in obtaining evidence at their disposal necessary for the proceedings. 2. Parties shall carry out their obligations under paragraph 1 in conformity with any treaties or other arrangements on mutual legal assistance that may exist be-
C. Völkergewohnheitsrecht
191
werden Zurückweisungsgründe für Auslieferungs- und Hilfeleistungsverlangen genannt.819 Art. 21 behandelt dann schließlich andere Verletzungen der HKSK und des Zweiten Protokolls, worunter auch der illegale Export, Entfernung auf andere Art und Weise oder der Eigentumsübergang von Kulturgütern aus besetzten Gebieten fällt.820 In den meisten Fällen ist neben dem Indviduum821 auch der Staat völkerrechtlich verantwortlich. Ihn trifft die Pflicht zur Rückerstattung von Kulturgütern, die von einzelnen Angehörigen seiner Streitkräfte auf eigene Faust, ohne militärischen Befehl geplündert oder gestohlen wurden. Dies gilt aber nur dann, wenn sich die Handlung nicht nur als völlig private Handlung darstellt.822 Trägt der Angehörige während der Tat Uniform, so liegt eine ausreichende Verknüpfung vor, denn sie identifiziert ihn als einen Angehörigen der fremden Streitkräfte. Eine ausreichende Verknüpfung zum Handeln als Organ des Staates reicht auch aus, wenn der Angehörige der Streitkräfte Einrichtungen des Staates für seine Handlungen benutzt, auf die er als Privater keinen Zugriff hätte.823 tween them. In the absence of such treaties or arrangements, Parties shall afford one another assistance in accordance with their domestic law. 819 Article 20 Grounds for refusal 1. For the purpose of extradition, offences set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c), and for the purpose of mutual legal assistance, offences set forth in Article 15 shall not be regarded as political offences nor as offences connected with political offences nor as offences inspired by political motives. Accordingly, a request for extradition or for mutual legal assistance based on such offences may not be refused on the sole ground that it concerns a political offence or an offence connected with a political offence or an offence inspired by political motives. 2. Nothing in this Protocol shall be interpreted as imposing an obligation to extradite or to afford mutual legal assistance if the requested Party has substantial grounds for believing that the request for extradition for offences set forth in Article 15 sub-paragraphs 1 (a) to (c) or for mutual legal assistance with respect to offences set forth in Article 15 has been made for the purpose of prosecuting or punishing a person on account of that person’s race, religion, nationality, ethnic origin or political opinion or that compliance with the request would cause prejudice to that person’s position for any of these reasons. 820 Article 21 Measures regarding other violations Without prejudice to Article 28 of the Convention, each Party shall adopt such legislative, administrative or disciplinary measures as may be necessary to suppress the following acts when committed intentionally: (a) any use of cultural property in violation of the Convention or this Protocol; (b) any illicit export, other removal or transfer of ownership of cultural property from occupied territory in violation of the Convention or this Protocol. 821 Vgl. schon Bassiouni, Syr. J. Int’l L. & Com. 10 (1983), S. 281, 305 ff. zu den Jurisdiktionsproblemen bei Angehörigen fremder Staaten bei Verletzungen von internationalem Recht zum Schutz von Kulturgütern. 822 Verdross/Simma, § 1274 a. E.
192
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
8. Zwischenergebnis Festzustellen bleibt, dass das Völkergewohnheitsrecht die Plünderung und Beschlagnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten verbietet. Dies gilt sowohl für die Zeit während der Kampfhandlungen, als auch für eine sich anschließende kriegerische Besetzung. Daraus resultiert ein Anspruch auf Wiedergutmachung, gerichtet auf Naturalrestitution, als Wiederherstellung des status quo ante. Dieser Anspruch kann regelmäßig nur durch die Restitution der weggenommenen Werke befriedigt werden.
D. Die ungerechtfertigte Bereicherung als allgemeiner Rechtsgrundsatz Art. 38 Abs. 1 lit. c) des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (IGH) spricht von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der zivilisierten Nationen als Rechtsquelle des Völkerrechts. Diese Rechtsquelle ist subsidiär zum Völkervertrags- und Gewohnheitsrecht, was sowohl aus der systematischen Stellung als auch aus der Entstehungsgeschichte des Statuts folgt.824 Dennoch können die allgemeinen Rechtsgrundsätze bei der Frage eines Rückgabeanspruches auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter neben Vertrags- und Gewohnheitsrechtssätzen ergänzend angewendet werden. Dies muss vor allem dann gelten, wenn Vertrags- und/oder Gewohnheitsrecht schon einen Anspruch gewähren, die allgemeinen Rechtsgrundsätze jedoch einen in seinem Umfang weiterführenden Anspruch zulassen. Allgemeine Rechtsgrundsätze sind Regeln des Rechts, die Eingang in die verschiedenen Rechtsordnungen der Welt gefunden haben. Unter „zivilisierten Nationen“ dürfen die Mitglieder der Vereinten Nationen verstanden werden.825 Ausgeklammert werden sollten mit dieser Formulierung die Rechtsordnungen Eingeborener und der Naturvölker.826 823 Z. B. das Benutzen der Feldpost zur Sicherung der Beute. Vgl. zum Kunstraub durch Soldaten der US-Army Akinsha, in: Ministerium für Kultur der Russischen Förderation/S.E.C.co, S. 378, 378 ff. 824 Verdross/Simma, § 608; Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 18, Rz. 6. Nach O’Connell, S. 9, soll keine Hierarchie bestehen. 825 Verdross/Simma, § 602. Natürlich zählen dazu auch die Schweiz und die Mitglieder anderer universeller internationaler Organisationen. 826 Der Begriff „civilized nations“ ist Relikt der christlich-abendländischen Tradition im Völkerrecht. Heute wird als Voraussetzung für eine civilized nation lediglich die Gewähr eines vorhandenen souveränen Staates verlangt, ungeachtet seines politischen Systems, seiner geographischen Lage oder seiner wirtschaftlichen Entwicklungsstufe (so Billib, S. 48 m. w. N.).
D. Die ungerechtfertigte Bereicherung als Rechtsgrundsatz
193
Zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zählen u. a. die Verjährung, Prinzipien der Eigentumsordnung, der Entschädigung sowie der ungerechtfertigten Bereicherung827, um welche es hier geht. Jedoch können die Rechtsinstitute, die den verschiedenen Rechtsordnungen der zivilisierten Staaten inhärent sind, für die völkerrechtliche Lösung von Problemfällen nur in ihren Grundlagen und -zügen herangezogen werden. Eine ins Detail gehende Übernahme verbietet sich schon deshalb, weil die meisten allgemeinen Rechtsgrundsätze in den einzelnen Rechtsordnungen verschiedene Ausformungen haben. Herangezogen werden kann daher nur das Prinzip.828 Als eine Anspruchsgrundlage für die Rückgabe von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, kommt insbesondere das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung (nemo cum damno alterius locupletior fieri debet) in Betracht. Spezieller werden hier aber regelmäßig vertragsrechtliche und parallel geltende gewohnheitsrechtliche Ansprüche anwendbar sein. In ihrem Umfang, wie dies weiter unten829 zu sehen sein wird, gehen diese und der sich aus der ungerechtfertigten Bereicherung ergebende Anspruch aber auseinander. Aus diesem Grund kann u. U. ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung neben den Ansprüchen aus Vertrag und Gewohnheitsrecht bestehen. Deshalb soll hier kurz auf die Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung (unjust enrichment) eingegangen werden. Es ist umstritten, ob das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung überhaupt gesicherter Inhalt allgemeiner Rechtsgrundsätze ist. Die einen830 bezweifeln dies, während die herrschende Meinung in der Literatur des Völkerrechts831 dies annimmt. Alle großen Rechtskreise, wie z. B. das Zivil827
Vgl. Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 18, Rz. 4. Vgl. zur Frage, ob die völkerrechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag Rechtsgrundlage für einen Rückgabeanspruch sein kann unten 4. Kap., Abschnitt A. III. 829 s. u. 3. Kap. 830 Herdegen, Festschrift für Doehring, S. 303, 304 mit Verweis auf Schreuer, EPIL Inst. 9 (1986), S. 381, 382. Schreuer, ibid., hingegen spricht lediglich davon, dass „the scattered instances of international practice invoking this notion do not, however, permit the conclusion that a rule or principle against unjust enrichment is firmly embedded in international law“. 831 Vgl. Verdross/Simma, § 614; O’Connell, S. 13; Mosler, EPIL Vol. II (1995), S. 511, 520; Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 18, Rz. 4; Schmitz, S. 195; Freytag, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 175, 193; von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 325 (zum Fall der deutschen Kulturgüter in Russland); Schreuer, EPIL Inst. 9 (1986), S. 381, 381; ders., AJCL 22 (1974), S. 281, 301, lässt sich dahingehend ein, dass das Konzept des unjust enrichment für die Entscheidung internationaler Rechts828
194
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
recht der kontinentaleuropäischen Staaten832, das common law im angloamerikanischen Raum833 sowie das Recht islamischer Staaten834 kennt zumindest vom Prinzip her, dass der ohne Rechtsgrund Bereicherte die Bereicherung herausgeben muss.835 Dieses Prinzip gründet sich auf Römisches Recht, im römisch-gemeinen Recht des Mittelalters erfuhr es dann nähere Ausgestaltungen.836 Im modernen Völkerrecht hat dieses Prinzip Aufnahme in den Artt. 69–71 der Wiener Vertragsrechtskonvention837 gefunden.838 Der herrschenden Lehre ist daher zuzustimmen. Im internationalen Recht wird das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung hauptsächlich in zwei Fallgestaltungen angewandt: Zum einen bei der Rückabwicklung nichtiger oder nicht zustandegekommener Verträge, zum anderen im Falle von Enteignungen von Fremdvermögen.839 Der IGH hat es in seiner Entscheidung Temple of Preah Vihear840 offengelassen, auf welche Rechtsgrundlage er seine Entscheidung stützt. In Betracht kommen entweder ein völkerrechtlicher allgemeiner Wiedergutmachungsanspruch oder ein Anspruch Kambodschas aus einer ungerechtfertigten Bereicherung streitigkeiten lediglich eine Hilfe für eine gerechte Lösung sein kann, die Formierung spezieller Anwendungsregeln im internationalen Recht jedoch noch auf sich warten lässt; dennoch kann Schreuer so verstanden werden, dass unjust enrichment einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstellt. 832 Z. B. im deutschen BGB die §§ 812 ff., im schweizerischen Recht Artt. 62 ff. OR sowie weitere Ausgleichsvorschriften verstreut in ZGB und OR, im C. c. f. Artt. 1376 ff. und andere ähnliche Ausgleichsvorschriften verstreut im gesamten C. c. f. (vgl. Schmitz, S. 204 f. und König, S. 73 ff. und 173 f.), im bulgarischen Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge, Art. 55 ff., im tschechischen Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 451 ff., im spanischen Codigo Civil, Art. 1895, im italienischen Codice Civilie, Art. 2041 f. Auch dem schwedischen Recht ist die ungerechtfertigte Bereicherung nicht fremd, allerdings gibt es keine zentrale Norm wie beispielsweise § 812 des deutschen BGB (vgl. Tiberg, in: Tiberg/Cronhult/Sterzel, S. 118, 121). 833 Dem Bereicherungsrecht generell vergleichbar ist hauptsächlich das law of restitution (vgl. dazu Plaßmeier, S. 96 ff., Kupisch, S. 44 ff.; rechtsvergleichend wird die ungerechtfertigte Bereicherung bei Schmitz, S. 211 ff., Plaßmeier, S. 94 ff. und König, S. 75 ff. erörtert). Zum amerikanischen Recht vgl. Hay, S. 13 ff. und Plaßmeier, S. 186 ff. 834 Im iranischen Zivilgesetzbuch findet sich wie im C. c. f. keine eigenständige Rechtsfigur der ungerechtfertigten Bereicherung, sondern Ausgleichsvorschriften, die auf diesem Prinzip beruhen, sind im gesamten Gesetz verstreut (Schmitz, S. 204). Selbst der Koran kennt das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung (Sure 4 – Die Frauen – Vers 29, vgl. ibid.). 835 Vgl. dazu die Ausführungen bei Schmitz, S. 195 ff. 836 Vgl. Kupisch, pass., und Walter, S. 150 m. w. N. in Fn. 40. 837 UNTS 1155, S. 331 ff.; BGBl. 1985 II, S. 927 ff. 838 Vgl. Schreuer, AJCL 22 (1974), S. 281, 298 ff. 839 Vgl. Schreuer, EPIL Inst. 9 (1986), S. 381, 382 f. 840 ICJ Rep. 1962, S. 6 ff.
D. Die ungerechtfertigte Bereicherung als Rechtsgrundsatz
195
Thailands.841 Auch das Iran-United States Claims Tribunal als internationales Schiedsgericht hat das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung mehrmals in seinen Rechtssprüchen als Entscheidungskriterium herangezogen. Im Fall Sea-Land Service, Inc. v. Iran hat das Tribunal einen definitorischen Grundsatz aufgestellt: There must have been an enrichment of one party to the detriment of the other, and both must arise as a consequence of the same act or event. There must be no justification for enrichment, and no contractual or other remedy available to the injured party whereby he might seek compensation from the party enriched.842
Schmitz hat in seiner Untersuchung der Rechtsprechung des Tribunal die Voraussetzungen für einen international-rechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung herausgearbeitet843, an die sich das Folgende anlehnt. Eine starre Anwendung dieser Regeln verbietet sich aber, da sich das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung vor allem auf die Grundlagen der Billigkeit und Gerechtigkeit stützt844.
I. Subsidiarität Der Rückgriff auf das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung ist nur dann zulässig, sofern sich der Anspruch auf keine andere Grundlage stützen kann.845
II. Bereicherung und Fehlen eines Rechtsgrundes Der Anspruchsgegner muss bereichert sein. Eine Bereicherung kommt dann in Betracht, wenn der Staat, in welchem die Kulturgüter sich befinden, durch die Verbringung einen Zuwachs seines Besitzes an kulturellen Schätzen erfahren hat.846 Dies dürfte regelmäßig der Fall sein. Ein eigenmächtiger Austausch für im Krieg untergegangene Kulturgüter wäre eine Reparation und ist damit unzulässig.847 Eine Bereicherung kann sich aber 841
So Walter, S. 150. Iran-U.S. C.T.R. 6 (1984 II), S. 149, 169. 843 Schmitz, S. 228 ff. und 249 ff. 844 Ibid., S. 249 und 253. 845 Dieser Grundsatz wurde allerdings in Dreipersonenverhältnissen, insbesondere in Subunternehmerfällen vom Iran-U.S. Claims Tribunal nicht immer konsequent angewandt (vgl. Schmitz, S. 250). 846 Wortley, S. 95 ff., nimmt an, dass ein Staat, der sein Recht zur Enteignung missbraucht (z. B. wenn er keine Entschädigung zahlt), auch stets ungerechtfertigt bereichert ist. Dies kann auch hinsichtlich der Enteignung von Kulturgütern gelten. Zur Enteignung siehe unten 4. Kap., Abschnitt E. II. 847 Vgl. dazu im Einzelnen: 4. Kap., Abschnitt D. I. 842
196
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
auch finanziell durch Museumseinnahmen oder durch Verkaufserlöse ergeben.848 Ferner kann sich eine Bereicherung nicht nur aus Handlungen ergeben, die dem Staat zurechenbar sind. Stehlen Privatpersonen in Kriegszeiten Kulturgüter und verbringen diese auf das Territorium eines anderen Staates, so liegt sodann auch eine Bereicherung des Belegenheitsstaates vor. Der Besitz reicht für eine Bereicherung aus. Dies lässt die Definition des Tribunal erkennen, wenn es von „act or event“ spricht, aus welchen sich die Bereicherung ergeben haben soll. Insbesondere wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass – wie im deutschen Recht849 – eine Bereicherung durch Leistung oder auf sonstige Weise erfolgen kann. Liegt ein Rechtsgrund vor, so ist ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen.850 In Betracht kommt insbesondere ein Vertrag. Aber auch völkergewohnheitsrechtliche Institute können diesen Anspruch ausschließen, z. B. die Ersitzung (acquisitive prescription)851. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ist ausgeschlossen, sofern die Verbringung aus Zwecken der Sicherung des Kulturgutes geschah, dabei ist es gleichgültig, ob die Verbringung aus eigener Initiative des Belegenheitsstaates oder durch den Ursprungsstaat vorgenommen wurde. Die Bereicherung ist dann nicht mehr ungerechtfertigt. Der Rechtsgrund fällt aber in dem Moment weg, in welchem der Belegenheitsstaat die Herausgabe verweigert. Be- und Entreicherung müssen aus ein und demselben Sachverhalt hergeleitet werden können. Der kausale Schaden ist nachzuweisen. Freytag erwähnt ferner, dass das Fehlen des Rechtsgrundes für die Verbringung des Kulturgutes der Einzelfallbetrachtung bedarf, diese hat sich aber nach den Grundsätzen des intertemporalen Völkerrechts an der zur Zeit der Verbringung geltenden Rechtslage zu orientieren.852
848 Freytag, in: Fechner/Oppenheimer/Prott, S. 175, 193. s. dazu ausführlich unten 3. Kap., Abschnitt B. 849 Vgl. § 812 Abs. 1 des deutschen BGB. 850 Die Rechtfertigung muss im Zeitpunkt der Bereicherung vorgelegen haben (von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 325). 851 Dieser Fall könnte dann gegeben sein, wenn Kulturgüter aus Sicherungszwecken auf das Staatsgebiet eines anderen Staates verbracht werden. Dieser Empfängerstaat könnte sodann u. U. die Kulturgüter ersitzen (siehe dazu unten 4. Kap., Abschnitt C. III.). Zum Zeitpunkt der Verweigerung der Herausgabe der Kulturgüter an den Ursprungsstaat tritt ungerechtfertigte Bereicherung ein. 852 Freytag, in: Fechner/Oppenheimer/Prott, S. 175, 193 f.
E. Einseitige Akte
197
III. Zwei- bzw. Dreipersonenverhältnisse Die Abwicklung im Zweipersonenverhältnis stellt sich als relativ unproblematisch dar. Es stehen sich zwei Staaten gegenüber. Schwieriger wird es jedoch, wenn der zunächst bereicherte Staat die Sache weiterveräußert oder verliehen hat. Bei einer Weiterveräußerung kommt nur eine Erstattung des Erlöses in Betracht. Ein Durchgriff dürfte jedoch dann möglich sein, wenn es dem Staat, der das Kulturgut erhalten hat, bekannt war, dass der Veräußererstaat diese ungerechtfertigt besaß, da durch eine Veräußerung ein völkerrechtswidriger Zustand nicht geheilt werden kann. Bei einer Leihgabe in einen anderen Staat, z. B. für eine Ausstellung, dürfte die Möglichkeit des Durchgriffs in jedem Falle dann bestehen, sofern dieser Staat von der Bereicherung des leihgebenden Staates wusste. Eine Perpetuierung des rechtswidrigen Zustands durch eine Leihgabe an einen anderen Staat muss vom rechtmäßigen Eigentümerstaat nicht hingenommen werden.853 Aber auch bei „Gutgläubigkeit“ des empfangenden Staates dürfte ein völkerrechtlicher Herausgabeanspruch direkt gegen den Empfangsstaat aufgrund fortwirkender ungerechtfertigter Bereicherung vorliegen. Völkerrechtliche Rechtsprechung zu diesem Problem existiert bislang jedoch nicht.
IV. Zwischenergebnis Regelmäßig liegt bei kriegsbedingten Kulturgüterverschiebungen auch eine Bereicherung des Belegenheitsstaates vor. Ob diese ungerechtfertigt oder gerechtfertigt ist, wird vom Vorliegen eines Rechtsgrundes abhängig gemacht. Dieser kann z. B. in einem Leihvertrag oder auch in der Verbringung zu Sicherungszwecken liegen. Die ungerechtfertigte Bereicherung ist völkerrechtlich als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt und kann subsidiär zum Vertrags- und Gewohnheitsrecht als Anspruchsgrundlage für eine Rückgabe herangezogen werden.854
E. Einseitige Akte Als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen auch einseitige, meist innerstaatliche Akte, auf die sich ein Staat bezüglich der Rückgabe von widerrechtlich verbrachten Kulturgütern berufen kann.855 Darunter fallen z. B. 853 Hier sind allerdings Probleme des freien Geleits zu beachten (vgl. § 20 Abwanderungsschutzgesetz, BGBl. 1999 I, S. 1754). Dazu siehe unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 854 Zum Umfang des Anspruches aus ungerechtfertigter Bereicherung vgl. 3. Kap., Abschnitt B.
198
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
rechtlich verbindliche Erklärungen, einem bestimmten Verhalten zu folgen, oder die Abgabe eines Versprechens. Beispiele aus der Staatenpraxis bestehen dazu – soweit ersichtlich – aber bislang nicht. Diese einseitigen Rechtsakte können auch in Form eines innerstaatlichen Gesetzes ergehen, sofern darin Staaten ein Anspruch gewährt wird.856 Es handelt sich dann um eine Transformierung des völkerrechtlichen Gebots, Kulturgüter zurückzuführen.857 Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es sich um dritte Staaten handelt, in welchen das widerrechtlich verbrachte Kulturgut sich jetzt befindet. Sie sind nur dann zur Rückgabe verpflichtet, sofern sie Vertragspartei zum Protokoll von 1954 zur HKSK sind und das Kulturgut nach dessen Inkrafttreten auf das Gebiet des Staates gelangt ist. Ein völkergewohnheitsrechtliches Gebot zur Rückführung von widerrechtlich verbrachten Kulturgütern, die auf drittes Staatsgebiet gelangt sind, besteht nicht.858 Zwar haben die Alliierten die Neutralen nach dem Zweiten Weltkrieg mehr oder weniger dazu gezwungen.859 Die mangelnde Umsetzung der diesbezüglichen Pflichten der Parteien aus dem Protokoll zur HKSK von 1954 spricht jedoch gegen eine völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung einer solchen Pflicht.
I. Schweiz Den schweizerischen Bundesratsbeschluss betreffend die Klagen auf Rückgabe in kriegsbesetzten Gebieten weggenommer Vermögenswerte vom 10. Dezember 1945860 könnte man in diese Kategorie einordnen, wenn man bedenkt, dass die Schweiz, ohne völkerrechtlich dazu verpflichtet gewesen 855 Die hier unter I. und II. behandelten innerstaatlichen Gesetze stellen nur eine kleine Auswahl der vielen Gesetze, Verordnungen etc. dar, die in den verschiedenen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich für private Ansprüche erlassen wurden. Einen guten Überblick über die verschiedenen rechtlichen Instrumente der europäischen Staaten bietet Robinson, LCP 16 (1951), S. 347, 355 ff. Vgl. zu den Militärgesetzen in Deutschland und Österreich während ihrer Besetzung Karasik, LCP 16 (1951), S. 448, 452; Graf, S. 5 ff. 856 Hinsichtlich des umgekehrten Falles – Staaten ziehen innerstaatliche Gesetze zur Begründung ihres Anspruches heran – vgl. die Ausführungen bei Gattini, IJCP 6 (1997), S. 81, 85 ff., welcher über den Fall der Sammlung Koenigs berichtet, die im Zweiten Weltkrieg von Hitler in den Niederlanden erworben und später von russischen Truppen nach Mokau verbracht wurde. Der niederländische Anspruch stützt sich zwar auf das Völkerrecht, wird jedoch unter Heranziehung eines königlichen Dekrets, welches von der Exilregierung erlassen wurde und sämtliche Transaktionen in den Niederlanden für nichtig erklärte, begründet. Dieses Dekret sei dann nach dem Krieg durch ein Gesetz bestätigt worden. 857 Vgl. im Allgemeinen hierzu Verdross/Simma, §§ 849 ff. 858 A. A. wohl Becher, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96, 99. 859 Man denke auch an die Londoner Erklärung von 1943; Vásárhelyi, S. 114 ff.
E. Einseitige Akte
199
zu sein, mit den Alliierten einen Vertrag861 schloss862 und sich bereit erklärte, diesen Beschluss zu treffen.863 Die Schweiz erkannte im besagten Vertrag eine Pflicht zur Restitution an. Der Beschluss stellt die Ausführung einer völkervertragsrechtlich begründeten Verpflichtung dar.864 In diesem Beschluss, nach welchem für den ehemaligen Eigentümer von beschlagnahmten Gegenständen eine Revindikationsklage gegen den Besitzer der Dinge (gegen eine Entschädigung) vor einer besonderen Kammer des Schweizer Bundesgerichts zulässig war, werden keine Ansprüche speziell für Staaten, sondern lediglich für die Allgemeinheit („wer (. . .) in völkerrechtswidriger Weise beraubt (. . .) worden ist“ (Art. 1)) konstituiert.865 Darunter konnten aber auch Staaten fallen.
II. Schweden Gleiches gilt für das schwedische sog. Restitutionsgesetz Nr. 520 vom 29. Juni 1945866.867 Wie im schweizerischen Gesetz finden sich weder im 860 Abgedruckt in Eidgenössische Gesetzsammlung, Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 61 (1945), S. 1052 ff. Vgl. dazu Seeliger, S. 150 ff. und Weiß, SJZ 42 (1946), S. 265, 265 ff., sowie Grell, S. 197 ff., und Schäfer, S. 176 ff. 861 Sog. Currie-Abkommen vom 8. März 1945; vgl. dazu Mráz, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207, 224, Fn. 54 m. w. N. Vgl. die Kritik Manns, BYIL 23 (1946), S. 354, 357 f., an einem Abkommen der westlichen Alliierten sowie 15 weiterer Staaten mit der Schweiz und Liechtenstein über das deutsche Vermögen in diesen beiden Staaten, das unter ähnlichem Druck abgeschlossen wurde, wie das Currie-Abkommen: „(. . .) hard cases make bad law“ (ibid., S. 358). 862 Vásárhelyi, S. 118; ähnliche Verträge wurden mit Schweden, Spanien und Portugal geschlossen (ibid., S. 123). Auch Portugal erließ ein innerstaatliches Gesetz hinsichtlich der Restitution (ibid.). 863 Zu den Hintergründen vgl. Buomberger, S. 101 ff. 864 Vásárhelyi, S. 118. 865 Vgl. dazu im Einzelnen Engstler, S. 174 ff.; Kreis, in: Frehner, S. 125, 125 ff. Es handelt sich bei den Ansprüchen aber stets um völker- und nicht etwa um privatrechtliche, da der Bundesratsbeschluss auf der Völkerrechtswidrigkeit der Beschlagnahmungen aufbaut (Vásárhelyi, S. 119). 866 Lag om återställande av viss från ockuperat land härrörande egendom Nr 520 vom 29. Juni 1945 abgedruckt in Svensk Författningssamling 1945, Nr. 520–526 (SFS 1945:520) vom 14. Juli 1945, aufgehoben durch Lag angående upphävande av lagen den 29 juni 1945 (nr 520) om återställande av viss från ockuperat land härrörande egendom Nr 41 vom 8. März 1957 abgedruckt in SFS 1957:41 vom 15. März 1957 (Gesetz erlosch am 30. Juni 1957). 867 Vgl. dazu Seeliger, S. 158 f. und 234 ff. Seeliger, S. 159, erwähnt, dass das Gesetz in den ersten Jahren nur sehr wenig angewandt wurde. Dem schwedischen Fluchtkapitalbüro zufolge, so berichtet er, ibid., sei in Schweden eine „Kunstsammlung oder ähnliches Eigentum von größerem Wert“ nicht aufgefunden worden.
200
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
genannten Gesetz noch in den gesetzlichen Bestimmungen über dessen Anwendung868 Anspruchsgrundlagen, die auf Privatpersonen beschränkt sind. Es musste lediglich ein entsprechender Antrag („ansökan“) auf Rückgabe von völkerrechtswidrig beschlagnahmten Eigentum aus den ehemals besetzten Gebieten gestellt werden.869
III. Russische Föderation Aus jüngster Zeit ist in diesem Zusammenhang das Bundesgesetz der Russischen Föderation über die infolge des Zweiten Weltkrieges in die UdSSR verbrachten und im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindlichen Kulturgüter vom 15. April 1998870 zu nennen. Es regelt nach seiner Präambel „die Verhältnisse im Zusammenhang mit den infolge des Zweiten Weltkrieges in das Hoheitsgebiet der Russischen Föderation verbrachten Kulturgütern“. In den Artt. 7, 9 und 10 werden Rechte für bestimmte Staaten gewährt, das Verfahren der Durchsetzung dieser Rechte wird in Art. 18 des Beutekunstgesetzes geregelt. Anspruchsberechtigte sind danach Staaten und Private. Bis 1950 wurden 67 Anträge bearbeitet, in der Zeit von 1951 bis 1957 soll kein einziger diesbezüglicher Antrag gestellt worden sein (Mikael Westerlind, Gesandter in der Schwedischen Botschaft Berlin, in einem Schreiben vom 3. Juli 2000 an den Verf. unter Bezugnahme auf die Regierungsvorlage zur Aufhebung des Gesetzes, Kungl. Maj:ts proposition nr 44 år 1957, S. 5. Herrn Gesandten Westerlind sei an dieser Stelle herzlich für seine Hilfe gedankt). 868 Abgedruckt in SFS 1945:521. 869 Vgl. dazu Vásárhelyi, S. 123. 870 Abgedruckt in Sobranie zakonodatel ‘stva Rossijskoj Federacii 1998, Nor. 16, Pos. 1799; die deutsche Übersetzung des Auswärtigen Amtes ist abgedruckt in AVR 38 (2000), S. 72–84. Im Folgenden: „Beutekunstgesetz“. Englische Übersetzung abgedruckt in Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 10 ff. und in IJCP 7 (1998), S. 514 ff. Zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes vgl. o. V., Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 9 f.; von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 334 f. und Fiedler, IJCP 7 (1998), S. 512, 512 ff. Das Gesetz wurde geändert durch Gesetz vom 25. Mai 2000 (abgedruckt in Rossijskaja Gazeta vom 27. Mai 2000, S. 5; in deutscher Übersetzung in Genieva, Ekaterina/Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Berlin/Moskau 2001, S. 395– 410; vgl. dazu Schröder, WGO-MfOR 2000, S. 165–166). Vgl. zu diesem Gesetz auch die Verordnung Nr. 174 der Regierung der Russischen Föderation vom 11. März 2001 über Maßnahmen zur Durchführung des föderalen Gesetzes über die infolge des Zweiten Weltkriegs in die UdSSR verbrachten und sich im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindenden Kulturgüter (abgedruckt in Rossijskaja Gazeta vom 29. März 2001, Nr. 62; Übersetzung übermittelt durch den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien), die die Durchführungsvorschriften für das genannte Gesetz niederlegt. Diese Verordnung wurde durch Verordnung vom 22. August 2001 geändert.
E. Einseitige Akte
201
Hier ist zu trennen zwischen den verschiedenen Anspruchsberechtigten. Einerseits werden „ehemalige Feindstaaten“ definiert (Art. 4 Abs. 6 des Beutekunstgesetzes: Deutschland und mit Deutschland im Zweiten Weltkrieg verbündete Staaten), andererseits nennt das Gesetz „betroffene Staaten“ (Art. 4 Abs. 8 des Beutekunstgesetzes: Staaten, deren Hoheitsgebiet vollständig oder teilweise von Truppen der ehemaligen Feindstaaten besetzt war). Nicht unter „betroffene Staaten“ fallen Staaten, die in Art. 7 des Gesetzes genannt werden (Art. 4 Abs. 8): Dies sind Belarus, Moldau, die Ukraine sowie die drei Staaten des Baltikums. Als ehemalige Sowjetrepubliken werden ihnen durch Art. 7 Sonderrechte eingeräumt und bilden damit eine dritte Gruppe. Eine vierte Kategorie bilden alle sonstigen Staaten, die nicht unter die genannten Definitionen fallen.871 Anspruchsgrundlagen auf Rückforderung von Kulturgütern der ehemaligen Feindstaaten der Sowjetunion enthält das Beutekunstgesetz nicht.872 871 Diese Kategorie dürfte aber von wenig praktischer Relevanz sein, da bislang noch nicht bekannt wurde, dass sich Kulturgut aus dritten Staaten (wie z. B. Portugal, der Schweiz, Schweden oder Großbritannien) auf dem Gebiet der Russischen Föderation befindet. Sollte dies dennoch der Fall sein, so gilt das zu den Ansprüchen der ehemaligen Feindstaaten Gesagte entsprechend. Art. 5 letzter Spiegelstrich des Beutekunstgesetzes bestimmt, dass auch Kulturgüter verstaatlicht werden, deren staatliche Herkunft nicht geklärt ist („herrenlose Kulturgüter“). Auch dies ist völkerrechtlich problematisch, vgl. die Ausführungen des russischen Verfassungsgerichts dazu, zit. u. Fn. 167 im 4. Kap. 872 Das Beutekunstgesetz enthält Ausnahmen für bestimmte Kulturgüter (auch für Kulturgüter von ehemaligen Feindstaaten), die nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 des Gesetzes fallen, in welchem die Kulturgüterm, die infolge des Zweiten Weltkrieges auf das Territorium der Russischen Föderation im Wege der „kompensatorischen Restitution“ verbracht wurden, zu Bundeseigentum erklärt werden. Diese ausgenommenen Kulturgüter können von allen Staaten zurückgefordert werden. Unter diese Ausnahmen fallen z. B. Familienandenken nach Art. 19 des Beutekunstgesetzes. Auch können Kulturgüter, die im Eigentum von privaten Wohltätigkeitseinrichtungen bzw. religiöser Organisationen standen, von allen Staaten zurückgefordert werden (Art. 8 UAbs. 2). Ferner sind Kulturgüter rückforderbar, deren früheren Eigentümern das Eigentum an diesen Gütern wegen ihres aktiven Kampfes gegen den Nationalsozialismus, wegen einer Beteiligung am nationalen Widerstand gegen die Besatzungsregime der ehemaligen Feindstaaten bzw. gegen Regime der Kollaboration und/oder wegen ihrer rassischen, religiösen oder nationalen Zugehörigkeit entzogen wurde (Art. 8 UAbs. 3). Dazu stellt das Beutekunstgesetz in seinen Artt. 9, 10 und 18 besondere Bedingungen auf. U. a. sind bestimmte Fristen einzuhalten; das Prinzip der Gegenseitigkeit ist zu beachten; es ist zu gewährleisten, dass im Zweiten Weltkrieg geraubte und bislang nicht restituierte Kulturgüter an Russland zurückzugeben sind. Vgl. hierzu den Fall der Martha Nierenberg (Entscheidung des russischen Obersten Gerichts vom 27. Oktober 2000), EuGRZ 29 (2002), S. 53, der allerdings nur eine Entscheidung über die Kostenfreiheit der Herausgabeklage vor russischen Gerichten beinhaltet. Vgl. zu diesem Fall die Anmerkungen von Schröder, EuGRZ 29 (2002), S. 3 ff. Auch die Erben des Kunstsammlers Otto Gersten-
202
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
Mehr noch, das Gesetz als Ganzes stellt eine Beschneidung der Ansprüche der ehemaligen Feindstaaten aus allgemeinem und vertraglichem Völkerrecht dar. Das Gesetz ist weder eine Ausfüllung des Völkerrechts, noch eine Ausführungsvorschrift, die völkerrechtliche Pflichten Russlands in innerstaatliches Recht transformiert. Auf die Völkerrechtsgemäßheit des Beutekunstgesetzes bezüglich der (Rückforderungs-)Rechte der ehemaligen Feindstaaten wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen.873 An dieser Stelle sollen die rechtlichen Möglichkeiten der Staaten erörtert werden, denen das Beutekunstgesetz einen Anspruch auf Rückführung ihrer Kulturgüter, die nicht unter die Ausnahmen fallen, gewährt.874 1. „Betroffene Staaten“ Den betroffenen Staaten wurde zunächst nur ein Anspruch auf Rückführung zugebilligt, sofern es sich bei den Kulturgütern um Gegenstände handelt, hinsichtlich derer diese Staaten einen Beweis vorlegen können, dass sie vor Ablauf der in den Friedensverträgen von 1947875 genannten Fristen einen entsprechenden Antrag auf Restitution an die ehemaligen Feindstaaten gestellt haben.876 Andere Kulturgüter konnten ursprünglich nicht zurückgefordert werden, da sie russisches Bundeseigentum darstellen (Art. 6 i. V. m. Art. 5 zweiter Spiegelstrich des Beutekunstgesetzes). Dies hat das russische Verfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. Juli 1999877 zur Verfassungsberg sollen vor einem russischen Gericht auf Herausgabe der Sammlung klagen (ibid., S. 4, Fn. 7). Die Bundesrepublik hat sich im Herbst 2000 wieder mit Rückgabeforderungen an die Russische Föderation gewandt. Um die „Spielregeln“ einzuhalten, ging es bei diesen Rückgabeforderungen zunächst nur um Objekte, die unter die o. g. Ausnahmen des Beutekunstgesetzes fallen (vgl. Windisch, Stuttgarter Zeitung, 7. Oktober 2000, S. 5). 873 Vgl. 4. Kap., Abschnitt E. II. 874 Zu den Neuerungen des Gesetzes nach den Entscheidungen des russischen Verfassungsgerichts dazu vgl. Kulischov, in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 208, 208 ff. 875 Vgl. zu den Friedensverträgen schon die Ausführungen im 2. Kap., Abschnitt A. VI. sowie Abschnitt C. I. 13. 876 Vgl. dazu auch Rossi/Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 64. 877 Urteil des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 20. Juli 1999 in dem Verfahren zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Föderalen Gesetzes vom 15. April 1998 „Über die infolge des Zweiten Weltkriegs in die UdSSR verbrachten und sich im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindlichen Kulturgüter“, Beschluss Nr. 12-P (im Folgenden: Urteil des russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999). Amtlicher Text in Rossijskaja Gazeta (Russische Zeitung) vom 10. August 1999, S. 4 ff. Übersetzung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland abgedruckt in AVR 38 (2000), S. 85, 93 f.
E. Einseitige Akte
203
mäßigkeit des Gesetzes als verfassungswidrig erklärt. Die Russische Föderation könne nicht legal Eigentum an Kulturgütern erwerben, die ihrerseits schon illegal durch Deutschland erworben wurden.878 Die genannten Fristen in den Friedensverträgen von 1947 mit den ehemaligen Verbündeten Deutschlands und die in Bezug auf Deutschland genannte Frist (Art. 8 UAbs. 1 des Beutekunstgesetzes a. F.) könne nur Geltung in Bezug auf diese Staaten nicht aber in Bezug auf die Russische Föderation entfalten.879 Das russische Verfassungsgericht spricht es nicht aus, aber diese Fristen stellten Verträge zu Lasten Dritter da. Sie konnten nur Geltung für die Vertragsstaaten beanspruchen. Die kompensatorische Restitution könne nur auf diejenigen Kulturgüter bezogen werden, die sich vor ihrer Verbringung auf rechtmäßiger Grundlage im Eigentum der ehemaligen Feindstaaten befunden hätten.880 Ferner hat das russische Verfassungsgericht die 18-Monate-Verjährungsfrist ab Inkrafttreten des Gesetzes bezüglich der Geltendmachung von Ansprüchen (Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 a. F.) für verfassungswidrig erklärt. Sie sei als solche nicht unverhältnismäßig, jedoch dürfe ihr Beginn erst bei Kenntnis des anspruchsberechtigten Staates von der Belegenheit des Kulturgutes liegen.881 Das Gesetz wurde entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts geändert. Die Klauseln die Friedensverträge betreffend wurden gestrichen, betroffene Staaten können nunmehr ihre Kulturgüter beanspruchen, die durch die Feindstaaten gewaltsam eingezogen und illegal aus ihrem Territorium ausgeführt wurden (Art. 8 Abs. 1 n. F.). Die Verjährungsfrist beginnt nunmehr mit Veröffentlichung der Kulturgüter im offiziellen Register und beträgt 18 Monate. Private und juristische Personen erhalten eine Klagemöglichkeit nach Art. 9 Abs. 2 n. F. Eine weitere Voraussetzung ist die Nichtzahlung einer Entschädigung durch die ehemaligen Feindstaaten (Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1).882 2. Die Ukraine sowie die Republiken Moldau, Belarus, Lettland, Litauen und Estland Der Ukraine sowie den Republiken Moldau, Belarus, Lettland, Litauen und Estland gewährt Art. 7 des Beutekunstgesetzes einen Anspruch auf Rückführung der Kulturgüter, die von den ehemaligen Feindstaaten aus den Staatsgebieten dieser Staaten verbracht wurden und sodann durch sowjeti878
van Woudenberg, NJB 74 (1999), S. 1806, 1809. Urteil des russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999. AVR 38 (2000), S. 85, 93 f. (Urteilsgrund 5). 880 Ibid., S. 95. 881 Ibid., S. 101 (Urteilsgrund 10). 882 Vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 879
204
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
sche Verbringungen auf das Gebiet der Russischen Föderation gelangten.883 Es handelt sich hier also um Kulturgüter, die zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges zunächst illegal von z. B. deutschen Truppen oder dem ERR nach Deutschland verbracht wurden und sodann an die UdSSR restituiert wurden bzw. von der Roten Armee wieder erbeutet wurden. Sie gelangten in der Folgezeit nicht wieder in die SSR, aus welcher sie ursprünglich stammten, sondern auf das Territorium der heutigen Russischen Föderation. Mithin handelt es sich bei den Ansprüchen dieser Staaten um Ansprüche, die sich aus einer Staatennachfolge ergeben. Sie sollen deshalb hier nicht weiter vertieft werden. Es sei nur kurz erwähnt, dass die Kulturgüter dieser Staaten, die ein solches Schicksal erfahren haben, nicht unter Art. 6 des Beutekunstgesetzes fallen und somit nicht russisches Bundeseigentum geworden sind (Art. 7 Abs. 1). Die Kulturgüter können von diesen ehemaligen Sowjetrepubliken dann herausverlangt werden, sofern sie die Kosten für die Rückführung etc. übernehmen und das Prinzip der Gegenseitigkeit beachten (Art. 7 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 4). Eine Frist zur Anspruchsstellung besteht hier nicht.
IV. Österreich Kurz einzugehen ist auch auf das im Dezember 1998 vom österreichischen Nationalrat erlassene Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen884. Danach können Kunstgegenstände, die NS-verfolgungsbedingt in den Besitz bzw. das Eigentum der Republik Österreich gelangt sind, an die ursprünglichen Eigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger zurückgegeben werden. Dass Gesetz ist namentlich als Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gedacht. Anspruchsteller kann nach dem Wortlaut jeder „ursprünglicher Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen“ (§ 1) sein. Zwar können danach auch Staaten als ursprüngliche Eigentümer Ansprüche stellen. Das Gesetz sollte jedoch vornehmlich natürlichen Personen, die Opfer der Nationalsozialisten wurden, zugute kommen, weshalb die Thematik hier nicht weiter vertieft werden soll.885 Das Gesetz findet jedoch nur Anwendung auf Kunstgegenstände, die sich in Bundesmuseen bzw. -sammlungen befinden. Die Landesregierungen haben aber teilweise entsprechende Gesetze für die Landesmuseen erlassen. 883 Vgl. dazu das Urteil des russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999, AVR 38 (2000), S. 85, 98 f. (Urteilsgrund 8). 884 Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 1998, Teil I Nr. 181. 885 Vgl. hinsichtlich der Restitution jüdischen Eigentums in Österreich Oberhammer/Reinisch, ZaöRV 60 (2000), S. 737, 737 f.
F. Akte internationaler Organisationen
205
F. Akte internationaler Organisationen I. Nicht bindende Resolutionen Einige Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschäftigen sich mit der Rückführung von Kulturgütern in ihr Ursprungsland.886 Diese sind allerdings auf die Restitution von Kulturgütern bezogen, die im Rahmen von Kolonisierung, illegaler Ausfuhr und illegaler Ausgrabungen ihren angestammten Platz verlassen haben. Auch fallen diejenigen Kulturgüter darunter, die z. B. im Rahmen der Grand Tour Italien887 und durch die Ausgrabungen des 19. Jahrhunderts Griechenland und die Türkei in westeuropäische Länder mehr oder weniger legal verlassen haben. Unter diese Resolutionen lassen sich jedoch Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, nicht subsumieren. Dafür spricht zum einen, dass nach klassischem Völkerrecht die Kolonisierung und gewaltsame Eroberung von herrenlosem Gebiet keinen Krieg darstellt. Die Eroberung weißer Flecken auf der Landkarte galt nicht als eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen vor dem Völkerrecht gleichen Parteien, die Urbevölkerung hatte (und hat noch immer888) keinen Status als Völkerrechtssubjekt.889 Zum anderen spricht keine der Resolutionen diese Art der Kulturgüterverschiebung (durch einen Krieg) explizite an. In der Resolution 3187 XXVIII) vom 18. Dezember 1973890, die den Anfang der Resolutionenkette machte, wird lediglich Bezug genommen auf die Konvention von 1970, die zwar auch eine Bestimmung bezüglich der Behandlung von Kulturgütern in besetzten Gebieten enthält, jedoch als Ganzes zum Friedensvölkerrecht zu zählen ist. Keine Ewähnung findet beispielsweise das Protokoll von 1954 zur HKSK, das sich ausschließlich mit der Rückgabe von Kulturgütern nach Kriegszeiten beschäftigt. Auch wenn man diese Kulturgüter in den Geltungsbereich der Resolutionen einbeziehen könnte, eine rechtliche Anspruchsgrundlage für Rückführungsverlangen stellen die Resolutionen der Generalversammlung (zumindest bislang) nicht dar. Resolutionen der Generalversammlung können nur dann bindenden Charakter entfalten, sofern sie sich allein mit Themen auseinandersetzen, für welche ihr nach der UN-Charta auch Rechtssetzungs886 887 888 889 890
Vgl. die Nachweise bei Schulze, S. 13 ff. und 186 ff. Vgl. hierzu Mead, pass., und Wilton/Bignamini, pass. Vgl. dazu aber Ipsen/Heintze, § 28, Rz. 12. Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 7, 15. Abgedruckt bei Schulze, S. 193 f.
206
2. Kap.: Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch
kompetenzen gewährt wurden.891 Die Rückführung von Kulturgütern gehört jedenfalls nicht dazu.892 Auch die von der UNESCO herausgegebenen Recommendations893 haben keine Bindungskraft. Trotzdem genießen sie einen hohen Stellenwert, da sie von der General Conference abgeschlossen werden.894
II. Akte mit Bindungskraft Gemäß Art. 25 der UN-Charta kann der Sicherheitsrat bindende Beschlüsse fassen, sofern sie satzungsgemäß sind. Im Rahmen dieser Befugnis erließ er am 2. März 1991 die Resolution 686.895 Darin wird der Irak verpflichtet, sämtliche aus Kuwait verbrachten Güter sofort zu restituieren. Unter „property“ fallen auch sämtliche Kulturgüter.896 Parallel zur Verpflichtung des Iraks stellt diese Resolution eine Anspruchsgrundlage für die Rückführung der entfernten Gegenstände für Kuwait dar. Ein Rückforderungsbegehren kann sich allein auf diese Resolution des Sicherheitsrates stützen. Die Resolution 1483 des UN-Sicherheitsrats vom 22. Mai 2003897 sieht in ihrem Artikel 7 die Restitution von irakischen Kulturgütern vor, die seit 1990 aus dem Irak ausgeführt wurden, sofern angenommen werden kann, dass sie illegal ausgeführt wurden. Diese Resolution stellt eine Anspruchsgrundlage für den irakischen Staat dar, von jedem anderen Mitgliedstaat der Vereinten Nationen die Herausgabe der Kulturgüter zu fordern, die unter die Resolution 1483 fallen. Die Europäische Gemeinschaft hat auf 891 Verdross/Simma, § 632. A. A. für diesen Bereich, Schulze, S. 219 ff., die sich für eine Überwindung der klassischen Quellentrias des Völkerrechts (i. S. d. Art. 38 IGH-Statuts) ausspricht und das Völkerrecht als ein dynamisches Rechtssystem versteht, welches sich von jeglicher Statik emanzipiert habe. 892 Zu diesem Ergebnis kommt auch Rolfes, S. 112–137. Ob Völkergewohnheitsrecht bezüglich der Rückführungspflicht durch die Resolutionen als Ausdruck der Rechtsüberzeugung entstanden ist, braucht hier nicht erörtert zu werden, da das Gewohnheitsrecht einen Anspruch auf Rückführung in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachter Kulturgüter schon gewährt. Für einen Rückführungsanspruch auf Kulturgüter, die durch Kolonisierung, Forschungsdrang oder Entdeckertum ihren Ursprungsort verlassen haben, fehlt es wohl an einer andauernden Praxis der Staaten, diese Kulturgüter zurückzuführen. 893 Papademetriou, IJLI 24 (1996), S. 270, 275, Fn. 20, führt einige der wichtigsten auf. 894 Ibid. 895 UN Doc. S/RES/686 (1991). 896 Vgl. Prott, HuV-I 6 (1993), S. 191, 193. 897 UN Doc. S/RES/1483 (2003).
F. Akte internationaler Organisationen
207
diese Resolution des Sicherheitsrates entsprechend reagiert und in Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 des Rates vom 7. Juli 2003 ein Einund Ausfuhrverbot dieser Kulturgüter bestimmt, an das sich sämtliche Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und deren Staatsangehörige halten müssen.
3. Kapitel
Der Umfang des Rückgabeanspruches In diesem Teil der Arbeit wird untersucht, welchen Umfang der Rückgabeanspruch haben kann. Dabei ist stets zu beachten, dass sich ein Rückgabeverlangen regelmäßig auf eine oder mehrere Anspruchsgrundlagen stützen kann. In Betracht kommt etwa eine vertragliche, eine völkergewohnheitsrechtliche oder eine Anspruchsgrundlage aus dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze. Jeder Anspruch kann einen anderen Umfang haben. So ist z. B. nicht gesagt, dass ein Anspruch aus Völkergewohnheitsrecht auch stets die Herausgabe der Früchte aus der Bereicherung mitumfasst. Bei vertraglichen Rückgabeansprüchen ist der Umfang meist klar: Er geht nicht über das hinaus, was im Vertrag vereinbart wurde. Wurde der Umfang im Vertrag jedoch nicht geregelt, so greifen die anderen Rechtsquellen des Völkerrechts ergänzend ein.1 Das Folgende bezieht sich daher auf völkergewohnheitsrechtliche Wiedergutmachungsansprüche und auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung.
1 Vgl. Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 20, Rz. 2 ff. Fraglich ist dies allerdings bei sog. self-contained regimes, d. h. Verträgen, die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung selbst vorsehen (vgl. dazu Doehring, Rz. 840). Bei Schäden, die durch einen Angriffskrieg entstehen, ist regelmäßig der Agressorstaat für die Wiedergutmachung verantwortlich. Kriege werden jedoch meist zwischen mehreren Parteien geführt, deren Mitgliedschaft zu den verschiedenen Kriegsrechtsverträgen durchaus unterschiedlich gestaltet sein kann. Sind beispielsweise Kriegspartei A und Agressor C Vertragspartei des IV. Haager Abkommens von 1907, Kriegspartei B jedoch nicht, so könnte sich B auf das hinsichtlich des Schadenersatzes großzügigere allgemeine Völkerrecht gegenüber C berufen und damit bei der Wiedergutmachung einen erheblichen Vorteil erlangen, ohne an die expliziten Regeln des Vertrages gebunden zu sein. Das gleiche gilt natürlich auch für die Zusatzprotokolle von 1977 zu den Genfer Abkommen von 1949. Dieser soeben beschriebene Umstand würde viele Staaten davon abhalten, kriegsrechtliche Verträge abzuschließen, die eine Wiedergutmachungsnorm enthalten. Vgl. dazu Schweisfurth, S. 45, Fn. 167.
A. Der Wiedergutmachungsanspruch
209
A. Der Wiedergutmachungsanspruch wegen völkerrechtswidrigen Tuns Die Wiedergutmachung eines völkerrechtswidrigen Handelns (engl. reparation2) kann verschiedene Gesichter haben: Die Naturalrestitution, Schadenersatz in Geld, Geldbußen bzw. Schmerzensgeld, die Annullierung von Legislativ- und Judikativakten, eine Entschuldigung oder die abstrakte Erklärung, ein Recht sei verletzt worden.3 Hier soll jedoch nur auf die beiden erstgenannten Erscheinungsformen der völkerrechtlichen Wiedergutmachung eingegangen werden, die anderen sind in den hier untersuchten Fällen weniger einschlägig.
I. Naturalrestitution Zunächst umfasst der Wiedergutmachungsanspruch als sekundärer Anspruch, der nicht nur ein bloßes Zurückkehren zum völkerrechtsgemäßen Tun darstellt4, die Naturalrestitution.5 D.h., der Zustand, der vor der Rechtsverletzung bestand, ist wiederherzustellen – restitutio in integrum.6 Schadenersatz in Geld ist dann zu leisten, sofern eine Naturalestitution nicht möglich ist. Bei der (völker-)rechtswidrigen Beschlagnahme von Gegenständen bedeutet Naturalrestitution regelmäßig die Rückstellung (Restitution7) derselben. Kulturgüter, die entgegen dem geltenden Völkerrecht be2 Der englische Begriff der reparation ist streng vom deutschen Begriff Reparation, der sich in den meisten Abhandlungen nur auf die Entschädigung bezüglich der Kriegskosten bezieht, zu trennen. Vgl. dazu allerdings Kischel, JZ 52 (1997), S. 126, 126 ff. Vgl. auch die Legaldefinition der völkerrechtlichen reparation (Wiedergutmachung) in Art. 42 Abs. 1 der ILC Draft Articles on State Responsibility (ILM 37 (1998), S. 440 ff.). 3 Vgl. dazu die Nachweise bei O’Connell, S. 1114 ff. 4 So auch z. B. O’Keefe/Prott, Movement, S. 827, Rz. 1528. 5 Zu den Voraussetzungen des Wiedergutmachungsanspruches vgl. Kunig, Jura 8 (1986), S. 344, 344 ff. 6 Wolfrum, EPIL Inst. 10 (1987), S. 352, 352; Kunig, Jura 8 (1986), S. 344, 351. Kaufmann, AÖR 75 (1949), S. 1, 13, definiert die Restitution als „die Wiederherstellung einer Rechtslage, die durch außerordentliche, der normalen Abwicklung des Rechtsverkehrs nicht entsprechende Umstände gestört worden war“. Zum rechtsgeschichtlichen Hintergrund (speziell in England) und der Anwendung des Begriffes im englischen, amerikanischen und französischen Recht, vgl. O’Keefe/Prott, Movement, S. 826 f., Rz. 1527. 7 Vgl. Karasik, LCP 16 (1951), S. 448, 448, zur begrifflichen Unterscheidung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen „external restitution“ (äußere Restitution; Restitution von Gegenständen, die von Deutschland außerhalb seiner Grenzen von 1937 beschlagnahmt wurden) und „internal restitution“ (innere Restitution; Restitution von Gegenständen, die von Deutschland innerhalb dieser Gren-
210
3. Kap.: Der Umfang des Rückgabeanspruches
schlagnahmt oder geplündert wurden, sind herauszugeben.8 Diese Pflicht trifft den verletzenden Staat als Verantwortlichen. Die Wegnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten ist ein völkerrechtswidriger Akt, das sich daran anschließende Behalten der Kulturgüter ebenfalls. Es handelt sich beim Behalten mithin um einen völkerrechtswidrigen Dauerzustand. Die Pflicht zum Zurückkehren zu einem völkerrechtsgemäßen Verhalten ist jedoch keine Rechtsfolge aus einem völkerrechtswidrigen Tun, sondern stellt sich als Primärpflicht aus der verletzten Vertrags- oder Gewohnheitsrechtsnorm dar.9 Hierunter würde z. B. bei systematischen Plünderungen deren Einstellung fallen. Die Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern fällt unter die sekundäre Restitutionspflicht10, ist also eine Rechtsfolge völkerrechtswidrigen Tuns.11 In diesem Abschnitt werden nur die Rechtsfolgen für die widerrechtliche Wegnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten behandelt. Darunter fällt nicht die Rechtsfolge der Reparation, also die Entschädigung für die generelle Völkerrechtswidrigkeit des Krieges an sich, die Entschädigung für Zerstörungen von Kulturgütern bzw. die Entschädigungen, die der Unterliegende dem Sieger zu leisten hat.12 Auf die Restitutionen, vor allem deren rechtliche Einordnung, Begründung und Voraussetzungen wird nur kurz eingegangen. Andere Abhandlungen haben dazu schon ausführlich Stellung genommen.13
zen beschlagnahmt wurden). Letztendlich ist diese Unterscheidung nur von theoretischem Charakter, da die Beschlagnahmen regelmäßig dem gleichen Ziel und Zweck diente (ibid.). Vgl. hierzu auch Schwarz, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz, S. 801, 810. 8 Deshalb spielt es keine Rolle, ob der die Herausgabe fordernde Staat eine besonders gesteigerte Beziehung zum Herausgabeobjekt aufweisen kann (z. B. als Entstehungsort). Das Kriegsrecht bzw. das internationale Schadenersatzrecht ordnet eine Wiederherstellung der vorherigen Lage an, auf sonstige Verbindungen legt das Recht keinen Wert. Die Kulturgüter, die verschleppt wurden, sind dorthin zurückzustellen, wo sie sich vor dem Krieg befanden. Es gilt (noch immer, wobei Aufweichungen zu beobachten sind) der Grundsatz der territorialen Bindung. So hat beispielsweise die UdSSR in den späten fünfziger Jahren den Pergamon-Altar an die DDR restituiert und nicht an die Türkei, in welcher sich sein Entstehungsort heute befindet (vgl. dazu Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 28 f. und zu Fragen des Pergamon-Altares Rumpf, ZfTS 6 (1993), S. 287, 290 ff.). 9 Ipsen/Ipsen, § 40, Rz. 65; Kowalski, Art Treasures, S. 2 ff.; Coulée, RGDIP 104 (2000), S. 359, 364 ff. Vgl. auch Art. 41 der ILC Draft Articles on State Responsibility (ILM 37 (1998), S. 440 ff.). 10 Coulée, RGDIP 104 (2000), S. 359, 364. 11 Engstler, S. 187; O’Keefe/Prott, Movement, S. 827, Rz. 1528. 12 Dazu s. unten 4. Kap., Abschnitt D. I. 13 Vgl. z. B. Vásárhelyi, pass.; Kaufmann, AÖR 75 (1949), S. 1, 1 ff.; Kowalski, Art Treasures, pass.; und die Nachweise bei Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 116 in Fn. 16.
A. Der Wiedergutmachungsanspruch
211
Trotz der Tatsache, dass in der heutigen Zeit mehr Ansprüche auf Schadenersatz als auf Restitution gestellt werden, geht die heutige herrschende Völkerrechtslehre noch immer davon aus, dass die Naturalrestitution dem Schadenersatz vorgeht.14 Im Falle der Wegnahme von Kulturgütern stellt sich diese Frage nur selten, denn die anspruchstellenden Staaten legen regelmäßig mehr Wert auf die Rückgabe ihrer Kunstschätze, anstatt auf eine Entschädigung in Geld. Die Bedeutung von Objekten für die Kultur eines Volkes oder deren Einmaligkeit lässt sich zudem kaum in Geld aufwiegen.15 Zur Naturalrestitution gehört die Eliminierung aller Unterschiede der Situation vor und nach dem völkerrechtswidrigen Verhalten.16 So verurteilte der IGH Thailand im Temple-of-Preah-Vihear-Fall nicht nur zur Rückübertragung des besetzten Tempelgebietes, sondern auch zur Rückerstattung der aus dem Tempel weggebrachten Gegenstände.17 Die Naturalrestitution umfasst bei Beschädigung von Kunstwerken, die während der Wegnahme eingetreten ist, auch die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes, d. h. die Restaurierung derselben. Hier ist allerdings fraglich, ob dem anspruchstellenden Staat ein Wahlrecht hinsichtlich tatsächlicher Restaurierung oder Ersatz der Kosten für eine Restaurierung zusteht. Es ist durchaus der Fall denkbar, dass die professionellen Möglichkeiten für eine Restaurierung im anspruchstellenden (verletzten) Staat weit besser sind. Pro-kulturgüterrechtlich dürfte hier ein solches Wahlrecht anzunehmen sein. Der anspruchstellende Staat darf nicht auch noch dadurch 14 Der StIGH stellte diese Reihenfolge im Chorzów Factory-Fall auf (PCIJ, Ser. A, No. 17 (1928), S. 47). Vgl. statt aller Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 377; weitere Beispiele finden sich bei Brownlie, State Responsibility, S. 210–222. Ob ein Wahlrecht dahingehend besteht, Restitution oder Schadenersatz zu fordern, wird nicht einheitlich beurteilt, vgl. Schröder, in: Graf Vitzthum, S. 525, 538; Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 377. 15 Vgl. Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 113; O’Keefe/Prott, Movement, S. 828, Rz. 1529. 16 Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 376. 17 ICJ Rep. 1962, S. 6, 37. Der Gerichtshof konnte aber aufgrund des Mangels von detailliertem Vorbringen seitens Kambodschas keine einzelnen Gegenstände benennen, die rückzuführen waren. Er beschränkte sich daher auf eine Grundentscheidung, die sich auf ein Einhergehen des Anspruches auf Rückgabe der beweglichen Kulturgüter mit dem Anspruch auf Rückübertragung der Souveränität stützt (ibid., S. 6, 36). Die Richter Tanaka und Morelli waren der Meinung, dass sich der Rückgabeanspruch auf die beweglichen Kulturgüter, die zum Tempel gehörten, nicht implizit aus dem Anspruch auf Rückgabe eines Territoriums ergibt (ibid., Joint Declaration auf S. 6, 37 f.). Zweifelsohne würde zur restitutio in integrum auch die Restaurierung von Kulturgütern gehören, die bei der Wegnahme beschädigt wurden, im Tempel-Fall war davon jedoch nicht mit einem Wort die Rede, wie Wolf, ZaöRV 49 (1989), S. 403, 412, irrtümlich annimmt. Vgl. zum Fall auch Engstler, S. 184 ff.
212
3. Kap.: Der Umfang des Rückgabeanspruches
gestraft werden, dass der kunstgeschichtliche Wert beschädigter Kulturgüter durch nicht fachgerechte Restaurierung gemindert wird. Allerdings darf der anspruchsstellende Staat nur für die Kosten Ersatz verlangen, welche in dem das Völkerrecht verletzenden Staat entstanden sind. Diese können aufgrund des Lohnniveaus etc. weitaus geringer sein.
II. Schadenersatz in Geld18 Sollte eine Restitution und auch eine restitution in kind19 nicht möglich sein, so kann der anspruchsberechtigte Staat Schadenersatz in Geld (compensation) verlangen.20 Internationale Gerichte gehen das Problem des Schadenersatzes ähnlich an wie nationale Gerichte.21 Der Fall der Wegnahme von Kulturgütern ist einfach gelagert. Der Schaden liegt bei der Wegnahme, die bei Kulturgütern völkerrechtswidrig ist22, regelmäßig im Besitzverlust und im Untergang des Objektes, ein Kausalzusammenhang zwischen Völkerrechtsverletzung und Schaden lässt sich meist nachweisen. Die Höhe des Schadenersatzes bestimmt sich nach dem Wert des betreffenden Kulturgutes. Hier lässt sich jedoch ein einheitlicher Bemessungsgrundsatz nicht aufstellen, da ähnlich wie bei der Gleichwertigkeit im Zusammenhang mit der restitution in kind es verschiedene Methoden der Wertbemessung und verschiedene Faktoren für einen bestimmten Wert von Kulturgütern gibt. Zur Schadenersatzbemessung dürfte jedoch hinsichtlich des Faktors Zeit der Wert herangezogen werden, den das Kulturgut zum Zeitpunkt der Wegnahme hatte.23 Zusätzlich zum Schadenersatz ist dem verletzten Staat auch der entgangene Gewinn zu erstatten, sofern ein solcher nachgewiesen werden kann.24 Zum entgangenen Gewinn gehörend, sind stets Zinsen zu leisten, um den Verlust auszugleichen, den der verletzte Staat durch die verstrichene Zeit zwischen Schadenseintritt und -ausgleich erlitten hat. Zinsbeginn ist der 18 Hier wird nur der Fall hinsichtlich der Kulturgüter behandelt, die an sich der Restitution unterlagen, jedoch untergegangen sind oder sich auf dem Territorium eines dritten Staates befinden, von dem sie nicht herausverlangbar sind. 19 Diese geht dem Schadenersatz in Geld nicht notwendiger Weise vor. 20 Vgl. hier Art. 232 UAbs. 2 nebst Anlage I Ziff. 9 des Versailer Vertrages (RGBl. 1919, No. 140, S. 687 ff.). Darin wird Deutschland verpflichtet, Schadenersatz zu leisten, für Schäden an allem Eigentum, welches durch die Maßnahmen Deutschlands oder seiner Verbündeten weggeführt, beschlagnahmt etc. worden ist. 21 Brownlie, State Responsibility, S. 224 m. w. N. 22 s. oben 2. Kap., pass. 23 Vgl. Brownlie, State Responsibility, S. 231 m. w. N. 24 In Betracht kommen hier z. B. die zu erwartenden Eintrittseinnahmen für ein Museum, dessen Inhalt vollständig weggeführt wurde.
A. Der Wiedergutmachungsanspruch
213
Tag der Wegnahme. Ist der Zins schon in die Ausgleichssumme eingerechnet, so ist er im Falle eines Urteils erst ab dessen Verkündungstermin zu leisten.25 Die Höhe des Zinses orientiert sich am Weltwirtschaftsmarkt.26 Die Währung, in welcher der Schadenersatz berechnet und ausgezahlt wird, sollte die Währung des verletzten Staates sein, so braucht dieser Staat keine Währungsschwankungen zu fürchten und keine Courtage aufzuwenden.27 Wenn nicht die Währung des verletzten Staates als Zahlungsmittel gewählt wird, so sollte es dennoch eine harte und konvertierbare sein. Dies kann dann ratsam sein, wenn die Währung des verletzten Staates hohen Schwankungen oder einer Inflation ausgesetzt ist. Jedoch ist bei ein und derselben Währung zu bleiben, sofern der Anspruch einmal gestellt ist.28
III. Kosten der Rückführung Der verletzende Staat hat ferner die Kosten der Rückführung (Transport, Verpackung, Personal etc.) zu tragen.29 Deutschland hatte nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch nur die Kosten für die Restitutionen zu übernehmen, die innerhalb der 1946 geltenden deutschen Grenzen entstanden; die Ausgaben außerhalb Deutschlands hatte das Empfängerland zu tragen.30 Vásárhelyi merkt richtig dazu an, dass die dies bestimmende Kontrollratsdi25
Zum Ganzen: Verdross/Simma, § 1296. Brownlie, State Responsibility, S. 229 mit Verweis auf das Wimbledon-Urteil des StIGH, PCIJ, Ser. A, No. 1, S. 32. 27 Dies kann relevant werden, sofern sich das Kulturgut als Leihgabe in einem anderen Land befindet, aus welchem es weggenommen wird. 28 Zum Ganzen vgl. Brownlie, State Responsibility, S. 230–234. 29 Vgl. A. Figlarewicz, O Komisji Odszkodowan, Warschau 1927, S. 49 ff. (zitiert bei Kowalski, Art Treasures, S. 12), zu den Restitutionen nach dem Ersten Weltkrieg. Dieser Grundsatz dürfte sich schon aus dem Wiedergutmachungsanspruch ergeben, da die Kosten für die Rückführung einen adäquat-kausalen Schaden, der durch die Verletzung der völkerrechtlichen Norm entstanden ist, darstellen. 30 Abs. 4 der Kontrollratsdirektive vom 21. Januar 1946 CONL/P (46) 3, abgeänderte Fassung (abgedruckt bei Vásárhelyi, S. 82 f.). In diesem Sinne auch Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 42, in Bezug auf die Restitutionen Italiens nach Art. 75 des Friedensvertrages von 1947: „The obligation to return the property includes a series of complementary (or implicit) obligations, namely: a) the obligation to bear all the costs relating to labor, materials and transport in Italy in order to return them, b) . . .“ Dies wurde schon einmal in Art. 11 Abs. 13 Uabs. 1 des Friedensvertrages von Riga zwischen Polen, Russland und der Ukraine vom 18. März 1921 (LNTS 6, S. 52 ff.; s. auch oben) vereinbart. Hier erscheint dies eine gerechte Lösung, da es zu gegenseitigen Restitutionen gekommen ist. Ferner kam es zu Restitutionen, die aufgrund der Wiederentstehung des polnischen Staates vereinbart wurden. Es wurde nicht notwendiger Weise an einen Unrechtstatbestand angeknüpft. 26
214
3. Kap.: Der Umfang des Rückgabeanspruches
rektive vom 21. Januar 1946 nicht als Kodifikation des geltenden Völkergewohnheitsrechts angesehen werden kann.31 Zwar mag diese Direktive, wie er weiter ausführt, „die Grundlage für das internationale Restitutionsrecht gelegt“ haben.32 Jedoch ist der Punkt der Kostenteilung nicht in Völkergewohnheitsrecht erwachsen.33 Die Restitution ist Instrument der Wiedergutmachung, so beinhaltet der Ersatz des Schadens auch die Kostenübernahme für sämtliche durch das völkerrechtliche Unrecht entstandene Kosten.34 Die Kosten sind ein Teil des Schadens (damages). Die Kosten einer Rückführung sind dann nicht vom Belgenheits-, sondern vom Ursprungsstaat zu tragen, sofern die Kulturgüter in Sicherungsabsicht rechtmäßig verbracht wurden. Etwas anderes kann gelten, sofern die 31
Vásárhelyi, S. 83. Ob der Grundsatz der Kostentragungspflicht durch den verletzenden Staat zum damaligen Zeitpunkt überhaupt schon in Gewohnheitsrecht erwachsen war, lässt sich nur schwer klären. Vásárhelyi, S. 83, geht wohl davon aus. Dafür sprechen allerdings die folgenden Beispiele aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in denen die Kostentragungspflicht den verletzenden Staaten auferlegt wurde: Artt. 180 i. V. m. 183 lit. c) und d) des Friedensvertrages mit Ungarn (Trianon) vom 4. Juni 1920 (abgedruckt in AJIL 15 (1921), Suppl., S. 1 ff.), dort werden sämtliche Reparationskosten und andere Kosten, die aus der Erfüllung der Verpflichtungen des Vertrages entstanden sind, Ungarn auferlegt. Im Friedensvertrag von Russland mit Litauen von 1920 (LNTS 3, S. 106 ff.) werden in Artt. 9 und 10 die Kosten für die Rückführungen der russischen Regierung auferlegt. Definitiv nicht in Gewohnheitsrecht erwachsen war jedenfalls eine Teilung der Rückführungskosten. Kein Beispiel aus der völkerrechtlichen Praxis deutet darauf hin. Neuere Konventionen haben den Grundsatz der alleinigen Kostentragungspflicht des Verletzerstaates übernommen. Vgl. dazu die Kostentragungsregelung in Art. 12 Satz 2 der OAS Convention of the Protection of the Archeological, Historical, and Artistic Heritage of the American Nations, verabschiedet am 16. Juni 1976 in San Salvador (abgedruckt in ILM 15 (1976), S. 1350 ff.), in welcher der „state petitioned“ die Kosten zu tragen hat. Vgl. auch Art. 7 lit. (b) (ii) der Konvention von 1970, oben 2. Kap., Abschnitt A. IV. 32 Ibid. 33 Dies kann allenfalls für die Gerichtskosten bei internationalen Streitigkeiten gelten. 34 „[R]eparation must, as far as possible, wipe out all the consequences of the illegal act and reestablish the situation which would, in all probability, have existed if that act had not been committed“ (Chorzów Factory, PCIJ Series A, No. 17 (1928), S. 47). Etwas anderes regelt das russische Beutekunstgesetz. Art. 18 Abs. 4 und 5 bürden dem anspruchsberechtigten Staat die Kosten für „die Identifizierung, Begutachtung, Lagerung und Restaurierung des Kulturgutes sowie für dessen Übergabe (Transportkosten u. a.)“ auf. Diese Kostenverteilung beruht wohl hauptsächlich auf der Tatsache, dass das Gesetz davon ausgeht, die Kulturgüter seien im oder nach dem Zweiten Weltkrieg legal in die Sowjetunion verbracht worden. Völkerrechtlich kann dies nur dann Bestand haben, sofern die Verbringung auch wirklich dem Völkerrecht entsprach. Die Beweislast dafür liegt dann aber bei Russland. Das russische Verfassungsgericht hat in seinem zweiten Urteil zum Beutekunstgesetz diese Kostenregelung nicht bemängelt.
B. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
215
zunächst in Sicherungsabsicht verbrachten Kulturgüter widerrechtlich trotz Herausgabeverlangen behalten wurden. Die Nichterfüllung des Herausgabeverlangens stellt ein völkerrechtliches Delikt dar und löst einen Wiedergutmachungsanspruch (also Restitutionsanspruch) aus, der auch die Kosten der Rückführung enthält.
B. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung hat zunächst wie auch der Wiedergutmachungsanpruch die Naturalrestitution zur Folge. Deshalb sei hierzu auf das o. g. verwiesen. Der Umfang kann jedoch weitergehend sein, sofern sich der Anspruch auch auf die aus der Bereicherung gezogenen Früchte erstreckt.35 Diese Rückerstattungspflicht wird vom allgemeinen Wiedergutmachungsanspruch, der Naturalrestitution und/oder Schadenersatz beinhaltet, nicht umfasst.36 Es ist hier zwischen entgangenem Gewinn als einem Teil des Schadenersatzes und gezogenen Nutzungen strikt zu trennen. Im Einzelnen:
I. Eintrittsgelder für Museen Aufgrund der Wegnahme nicht erhaltene Eintrittsgelder für Museen im Ursprungsstaat, sind Teil des entgangenen Gewinns, im Belegenheitsstaat erhaltene Eintrittsgelder sind gezogene Nutzungen, die nur vom Bereicherungsanspruch umfasst sind.37 Hier ist es jedoch äußerst schwer, den Nachweis zu erbringen, dass tatsächlich aufgrund der Wegnahme weniger respektive mehr Einnahmen erzielt wurden. Dies kann nur durch den Vergleich von Bilanzen bzw. Statistiken erreicht werden.38 Es dürfte auch nur in den Fällen gelingen, bei welchen es sich um die Wegnahme von beim Publikum außerordentlich beliebten Kulturgütern handelt. Werden nur einzelne Gegenstände aus einem Museum entwendet, so wird dieser Nachweis nicht zu führen sein. Anders, wenn der gesamte Inhalt eines Museums verbracht wurde. 35
Vgl. hierzu Dahm, Bd. 3, S. 275 m. w. N. Vgl. allerdings von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 12 und 14, die Beispiele aus der Nachkriegszeit aufzeigen, dass Jungtiere von zu restituierenden Tieren und Produkte von zu restituierenden Fabriken der Restitutionspflicht unterlagen. 37 Vgl. zum Problem der Verwertungsrechte auch Fiedler, in: Strocka, S. 47, 59. 38 Häufig erzielen Ausstellungen keinen Gewinn, vgl. dazu o. V., Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 53, 53, wo berichtet wird, dass die Ausstellung „Hidden Treasures Revealed“ Anfang 1996 in der Eremitage in St. Petersburg ein Defizit von US$ 50.000 einbrachte. 36
216
3. Kap.: Der Umfang des Rückgabeanspruches
II. Eintrittsgelder für bestimmte Ausstellungen Den Nachweis zu führen, dass aus der Vermarktung von Kulturgütern, die der Rückerstattungspflicht unterliegen, Nutzungen gezogen wurden, fällt hier wohl am leichtesten: bei Ausstellungen eben dieser weggenommenen Kulturgüter. Als Beispiele aus aktueller Zeit lassen sich die Wanderausstellung der 202 Bilder aus deutschen Gemäldegalerien in den USA unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg39 und die Ausstellungen der sog. Beutekunst in Moskau40 und Sankt Petersburg, die Ausstellungen des Schatzes aus Troja41 und der sog. Baldin’schen Sammlung42, anführen43. Die Erlöse, die ein Staat aus diesen Ausstellungen erzielt hat, sind herauszugeben, da er dadurch ungerechtfertigt bereichert wäre. Dies gilt nicht, wenn der Ursprungsstaat seine Zustimmung zu den Ausstellungen gegeben hat. Darin liegt ein Verzicht auf die Herausgabe des Erlöses.44
III. Erlöse aus Katalogverkäufen Auch hier ist wieder zu unterscheiden zwischen Katalogen, die sich auf Ausstellungen oder Sammlungen beziehen, in welche widerrechtlich wegge39
Dazu s. o. 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. Anfang 1995 fand eine Beutekunstausstellung im Moskauer Puschkin-Museum statt (vgl. Fodor, Spoils of War, No. 0, 05.07.1995, S. 12, 13). 41 Moskau, Frühjahr 1996, vgl. den Ausstellungskatalog Der Schatz aus Troja, pass. Vgl. zu diesem Problem auch Schulz, Der Tagesspiegel, 3. Juni 1996, S. 19. Deutschland erklärte sich bereit, diese Ausstellung zu unterstützen (vgl. Ziff. 14 des Moskauer Protokolls vom 24. März 1994 der Gemeinsamen Rückführungskommission, abgedruckt in Fiedler, Kriegsbeute, S. 41 ff.). Diese Unterstützung könnte sich als Hemmnis für einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses herausstellen, sofern sie einen stillschweigenden Verzicht (dazu unten 4. Kap., Abschnitt C. IV.) auf den Erlös darstellt. 42 Holm, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41, 41. Zum Tauziehen um diese Sammlung vgl. Müller-Wirth, Die Zeit, 24. April 2003, S. 14. 43 Ferner wurden die Sammlungen Gerstenberg und Krebs impressionistischer Künstler 1995 in Sankt Petersburg (vgl. dazu Mastroberardino, Pace Int’l L. Rev. 9 (1997), S. 315, 316 ff., die in Fn. 16 sämtliche ausgestellte Werke auflistet), die Sammlung Franz Koenigs im Moskauer Puschkin-Museum (Oktober 1995 bis Januar 1996) und Meisterwerke europäischer Künstler aus deutschen Privatsammlungen in Sankt Petersburg (Dezember 1996 bis März 1997) ausgestellt (Siehr, IJCP 6 (1997), S. 134, 134 Fn. 3; Ilatowskaja, S. 8 ff.). Vgl. dazu auch Kennon, St. Thomas L. Rev. 8 (1995/1996), S. 373, 379 ff. m. w. N. und zur Koenigs-Ausstellung Leistra, Spoils of War, Nr. 1, 19.12.1995, S. 21, 21 f. 44 So geschehen durch die deutsche Seite z. B. bei der Ausstellung Der Schatz aus Troja in Moskau 1996 und der 202 Bilder aus der Gemäldegalerie in den USA kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Wurde die Geltendmachung der Herausgabe sich jedoch vorbehalten, so liegt kein Verzicht vor. 40
B. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
217
nommene Kulturgüter integriert sind und Katalogen, die sich auf reine „Beutekunst-“ausstellungen45 beziehen. Wieder fällt der Nachweis der ungerechtfertigt gezogenen Nutzung bei letzterem sehr leicht, bei ersteren könnte ein Anteil des Erlöses aus den Katalogverkäufen zu erstatten sein. Dies ist aber eher unwahrscheinlich, es sei denn, dieser lässt sich prozentual genau bestimmen.46
IV. Erlöse aus dem Verkauf von Reproduktionen Da es sich bei Reproduktionen regelmäßig um Sachen handelt, die sich auf eine bestimmte andere Sache beziehen, ist stets bei Duplikaten widerrechtlich weggenommener Kulturgüter eine Erstattungspflicht des Erlöses aus Verkäufen derselben anzunehmen. Noch nicht verkaufte Reproduktionen sind ebenfalls herauszugeben. Ferner sind veräußerte Rechte zur Herstellung von Reproduktionen zu löschen.47
V. Erlöse aus der Vermarktung von Bildrechten Herauszugeben sind auch die Erlöse aus der Vermarktung der Ausstellungsgegenstände bezüglich ihrer Abbildung. Hier gibt es die verschiedensten medienwirtschaftlichen Möglichkeiten: Rechte für die Abbildung der Gegenstände in den Printmedien, Film- und Fernsehrechte sowie Rechte für die elektronische Vermarktung (CD-ROM). Das Moskauer Puschkin-Museum soll allein für die Fernsehrechte für Mitteleuropa an der Ausstellung des Troja-Goldes US$ 150.000,00 vom ZDF erhalten haben.48 Dem „Stern“ sollen die Farbfotografien DM 100.000,00 wert gewesen sein.49
VI. Anwendung der Nießbrauchsregeln Die Anwendung der Regeln des Nießbrauchs, wie sie z. B. in Art. 55 Satz 2 HLKO erwähnt werden, ist für Kulturgüter ausgeschlossen. Einziger Fall, in dem sie in Erwägung gezogen werden könnten, ist die Ziehung von Nutzungen während der Zeit der Sicherung von Kulturgütern. Dies widerspricht aber dem Gefüge der HLKO, die in Art. 56 jedwede Beschlag45
Wie z. B. Der Schatz aus Troja oder Ilatowskaja, Meisterzeichnungen in der Eremitage. 46 Auch hier gilt das soeben unter II. hinsichtlich einer Zustimmung Gesagte. 47 Wieder gilt das soeben unter II. hinsichtlich einer Zustimmung Gesagte. 48 Schulz, Der Tagesspiegel, 3. Juni 1996, S. 19. 49 Ibid.
218
3. Kap.: Der Umfang des Rückgabeanspruches
nahme von Kulturgütern verbietet. Ferner sind Kulturgüter als Privateigentum zu behandeln. Nießbrauch ist hingegen nur an öffentlichen Gütern zulässig. Die Ziehung von Nutzungen aus Kulturgütern, die zur Sicherung verbracht wurden, erscheint deshalb als nicht systemkonform. Ferner darf der verbringende Staat nach Kriegsende Entschädigung für die Aufwendungen verlangen. Etwas anderes gilt jedoch wieder, wenn der Ursprungsstaat einer Nutzung zugestimmt hat.
4. Kapitel
Einwände gegen einen Rückgabeanspruch In diesem Kapitel werden die rechtlichen Argumente behandelt, mit denen ein Staat einer Anspruchsstellung entgegentreten kann. Es werden nur die speziellen Probleme angesprochen, auf die allgemeinen Einwände des Rechtsmissbrauches, des venire contra factum proprium bzw. des estoppelPrinzips wird nur zurückgegriffen, soweit sie bereits die Anwendbarkeit der speziellen Einwände sperren. Die Begriffe „Einwand“ und „Rechtfertigungsgrund“ haben hier keine spezielle rechtliche Bedeutung, wie sie dies im nationalen Recht haben. Sie sollen lediglich die (rechtlichen) Argumente umreißen, die ein Staat gegen eine Restitution vorbringen kann.
A. Wegnahme zur Heilung der Rechtslage I. Wegnahme im gleichen Krieg geraubter Kulturgüter1 Unproblematisch zulässig und damit nicht als völkerrechtliches Delikt zu qualifizieren ist die Wegnahme von Kulturgütern, die im Eigentum des wegnehmenden Staates stehen und im gleichen Krieg zuvor dem wegnehmenden Staat seinerseits weggenommen wurden. Die Wegnahme ist dann nicht widerrechtlich, sondern stellt die Rechtmäßigkeit wieder her. Anders verhält es sich bei Kulturgütern, die in früheren Kriegen weggenommen wurden. Um beurteilen zu können, ob es sich um eine Heilung der Rechtslage handelt, ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Völkerrechts auf das zur Zeit der ersten Wegnahme geltende Recht abzustellen. Galt das Beuterecht an Kulturgütern noch, so ist das Eigentum übergegangen und die (zweite) Wegnahme durch den Ursprungsstaat stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar. In der Praxis wird dieses Problem kaum noch entstehen, da – wie oben bereits dargestellt – seit dem Wiener Kongress 1815 ein Beuteverbot an Kulturgütern von der Staatengemeinschaft anerkannt ist und ältere Wegnahmen heute aufgrund von zeitlichen Schranken, die auch im Völkerrecht gelten, heute nicht mehr geheilt werden können.2 1 2
Vgl. hierzu schon Scholz, S. 37 f. Siehe dazu die Ausführungen zur Verjährung unten 4. Kap., Abschnitt C. I.
220
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Die Wegnahme von Kulturgütern, die ihrerseits widerrechtlich weggenommen wurden, wird heute nicht mehr mit dem Beuterecht in Konflikt geraten.
II. Wegnahme von vor Kriegsausbruch an den Kriegsgegner entliehenen Kulturgütern Rechtliche Probleme könnten jedoch dann auftauchen, wenn die vom Eigentümerstaat weggenommenen Kulturgüter sich legal auf dem Territorium befanden, von dem sie vom Eigentümer weggenommen wurden, beispielsweise, weil sie sich dort aufgrund eines Leihvertrages, der vor Beginn des Krieges abgeschlossen wurde, befanden. Zwar knüpft der kriegsrechtliche Kulturgüterschutz an den status quo bei Beginn des Krieges an, d.h., auf Eigentumspositionen kommt es für den Schutz nicht an. Jedoch werden die völkerrechtlichen (Wirtschafts-)Verträge zwischen den Krieg führenden Staaten, sobald der Krieg beginnt, mindestens suspendiert.3 Die Kulturgüter befänden sich dann ohne Rechtsgrund auf dem Territorium des entleihenden Staates.4 Diese Diskrepanz zwischen Kulturgüterschutz und Eigentumsrechten muss in diesem Fall zugunsten des Krieg führenden Eigentümers gelöst werden. Er muss nicht nur befürchten, dass seine Kulturgüter nur einen minderwertigen Schutz durch den Feind vor seinen eigenen Kriegsmaßnahmen erhalten, sondern sogar, dass diese als Schutzschilde widerrechtlich verwendet werden. Eine Ansichnahme durch den Eigentümer ist hier gerechtfertigt.
III. Geschäftsführung mit oder ohne Auftrag In diesem Zusammenhang ist auch eine völkerrechtliche Geschäftsführung mit oder ohne Auftrag denkbar. Stehen zwei Staaten (A und B) in einem bewaffneten Konflikt, so kann ein dritter am Konflikt an sich unbeteiligter Staat (C) Staat A ersuchen, Kulturgüter aus Staat B zu beschlagnahmen, um sie dem rechtmäßigen Eigentümer C, sofern B sie in einem Krieg mit C widerrechtlich verbracht hat, zu übergeben. Staat C dürfte dann allerdings nicht mehr als neutral gelten.5 3
Vgl. dazu Ipsen/Fischer, § 71, Rz. 4 ff. Die Lösung der Frage, ob der Leihvertrag nach Beendigung des Krieges wieder auflebt und aufgrund dessen der Entleiher einen Herausgabeanspruch gegen den Verleiher, welcher wieder im Besitz der Kulturgüter ist, hat, muss einer Einzelfallprüfung vorbehalten bleiben. 5 Eigentlich wird die Neutralität nur als Nichtteilnahme an einem internationalen bewaffneten Konflikt definiert (vgl. Bindschedler, EPIL Inst. 4 (1982), S. 9, 9 f.). 4
A. Wegnahme zur Heilung der Rechtslage
221
Neutral bleibt Staat C, sofern A ohne Auftrag die Kulturgüter des Staates C von B beschlagnahmt und diese sodann an C übergibt. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist auch im Völkerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz nach Art. 38 Abs. 1 lit. c) des IGH-Statuts anerkannt6, wenn diese auch selten zur Anwendung kommt.7 Voraussetzung ist ähnlich dem innerstaatlichen Recht, dass der geschäftsführende Staat einen Fremdgeschäftsführungswillen hat. Jedoch ist die Geschäftsführung ohne Auftrag nur sehr eng auszulegen, da die Besorgung fremder Angelegenheiten im Zweifel eine dem Völkerrecht widersprechende Intervention darstellt.8 Nach Dahm soll die Geschäftsführung ohne Auftrag deshalb nur ausnahmsweise dann zulässig sein, sofern „sie den Umständen nach im Interesse des vertretenen Staates notwendig ist und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen dieses Staates entspricht“.9 Im Falle der Rückführung von Kulturgütern ist dies z. B. dann anzunehmen, sofern es sich bei dem Staat, für welchen das Geschäft geführt wird, um einen Staat handelt, der keine ausreichenden anderen Möglichkeiten hat, die Kulturgüter zurückzuerlangen. Dies kann bei sehr kleinen, wirtschaftlich schwachen Staaten der Fall sein, die sich eine langwierige diplomatische oder gerichtliche Auseinandersetzung mit dem widerrechtlich besitzenden Staat nicht leisten können oder gar nicht die Resourcen dazu haben, weil sie z. B. keine diplomatischen Vertretungen besitzen. Ferner ist dies auch bei nicht handlungsfähigen Staaten anzunehmen. Den Geschäftsführenden trifft ferner eine Herausgabepflicht hinsichtlich des Erlangten, wird die Geschäftsführung fehlerhaft erledigt, so schuldet er Schadenersatz.10 Dies gilt insbesondere dann, wenn Kulturgüter durch die Wegnahme (als Geschäftsführung) beschädigt oder zerstört werden. Der GeWird von einem dritten Staat einem Kriegsteilnehmer ein Auftrag für diesen Krieg erteilt, so dürfte dies als Teilnahme am Krieg gelten. 6 Dahm, Bd. 3, S. 164. Seidl-Hohenveldern, Rz. 188, stellt dies in Zweifel. Er verweist aber auf die Praxis im 19. Jahrhundert, Friedensschlüsse zu verabschieden, die auch für Staaten, die nicht an den Konferenzen teilgenommen hatten, Geltung haben sollten, weil die Beschlüsse, wenn auch ohne Auftrag, im Namen der gesamten Völkerrechtsgemeinschaft verabschiedet wurden. Ähnlich Krüger, Festschrift für Bilfinger, S. 169 ff., der die Geschäftsführung ohne Auftrag für die Völkergemeinschaft behandelt, die von der Geschäftsführung ohne Auftrag für einen einzelnen Staat abzugrenzen ist. Im Falle der Restitution von Kulturgütern ist eine Geschäftsführung ohne Auftrag für die gesamte Völkergemeinschaft allerdings kaum denkbar, denn Anspruchsinhaber bei einer Wegnahme kann nur der verletzte Staat sein, nicht jedoch die gesamte Völkerrechtsgemeinschaft. 7 Dahm, Bd. 3, S. 163 f. mit Fällen aus der internationalen Rechtsprechung. 8 Ibid. 9 Ibid. 10 Ibid. Vgl. zu den Haftungsfragen auch Wengler, Bd. 2, S. 1053 f.
222
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
schäftsführende kann bei für den Geschäftsherrn vorteilhaften Geschäften auch seine Aufwendungen ersetzt verlangen.11 Dies werden namentlich Transport- bzw. Verpackungs- und Sicherungskosten sein. In Betracht kommen auch Kosten für unbedingt notwendige Restaurierungen. Bei einer die Rechtslage heilenden Wegnahme als Geschäftsführung ohne Auftrag bleibt der Geschäftsherr im Krieg neutral.
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution I. Materielle Unmöglichkeit Eine (Natural)restitution kommt nicht in Betracht, wenn sie materiell unmöglich ist, z. B. bei vollständigem Untergang des Gutes.12 Nach allgemeinem Völkerrecht verliert der Eigentümer seinen Herausgabeanspruch und erwirbt einen Schadenersatzanspruch13. Der Restitutionsanspruch geht also unter, und an seine Stelle tritt ein Reparationsanspruch.14 Ein Anspruch auf die Herausgabe einer ähnlichen Sache besteht nicht.15 Für den Bereich des völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes kann jedoch das Institut der restitution in kind als Ausnahmen zu diesem Grundsatz zur Anwendung kommen, auf welches unten näher eingegangen wird.16 Die Beweislast für den Untergang oder den Verlust des Kulturgutes obliegt dem zur Restitution verpflichteten Staat.17
11 Dahm, Bd. 3, S. 164, führt als völkerrechtliche Beispiele zwei Fälle des französich-deutschen Schiedsgerichts an, welches von den beiden Staaten nach dem Ersten Weltkrieg errichtet wurde. 12 Verdross/Simma, §§ 1288 f., berichten über den Rechtfertigungsgrund der force majeure. Dieser Tatbestand der höheren Gewalt ist für einen Fall der Wegnahme jedoch nicht denkbar. Er könnte jedoch später eintreten, nämlich sofern Kulturgüter z. B. durch eine Naturkatastrophe nach der Verbringung untergehen. Dann allerdings unterlagen sie schon der Restitutionspflicht, so dass an eine resitution in kind zu denken ist. 13 Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 377. 14 Grewe, S. 222 f. Schwarz, S. 20, sieht die Restitution unzutreffend als eine Form der Reparation an. 15 Wortley, S. 90 m. w. N. 16 Vgl. 4. Kap., Abschnitt B. III. 17 So z. B. geregelt in Art. 11 Abs. 12 Uabs. 1 Satz 2 des Friedensvertrages von Riga zwischen Polen, Russland und der Ukraine vom 18. März 1921 (LNTS 6, S. 52 ff.).
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
223
II. Rechtliche Unmöglichkeit Schadenersatz in Geld18 oder u. U. auch eine restitution in kind19 kann ferner gefordert werden, wenn rechtliche Unmöglichkeit vorliegt.20 Dies soll u. a. dann gelten, wenn der Bruch internationalen Rechts aus einem legislativen Akt (oder Unterlassen) oder einer gerichtlichen Entscheidung besteht.21 In diesen Fällen solle der berechtigte Staat nicht die Rückgängigmachung dieser Entscheidungen verlangen können, sondern müsse sich mit Schadenersatz begnügen.22 Dies gilt jedoch lediglich in den Fällen, in denen der Bruch des Völkerrechts in diesen legislativen oder judikativen Akten bzw. Unterlassungen besteht. Wird durch einen legislativen Akt versucht, eine Völkerrechtswidrigkeit zu heilen, so liegt keine rechtliche Unmöglichkeit vor. Dem Staat war es zuvor nicht unmöglich, zu restituieren. Die Schaffung einer Unmöglichkeit verstößt jedenfalls gegen das auch im Völkerrecht geltende Prinzip von Treu und Glauben.23 Sie stellt nicht die die Wiedergutmachungspflicht begründende Völkerrechtsverletzung dar, sondern ist allenfalls ein Akt der Aufrechterhaltung des völkerrechtswidrigen Zustands. Sind die Kulturgüter nicht mehr im unmittelbaren Besitz des zur Restitution verpflichteten Staates, z. B. durch Verkauf an Private, so hat der Staat diese Kulturgüter wieder in Besitz zu nehmen, um seiner Restituierungspflicht nachzukommen. Er hat sich nötigenfalls über innerstaatliches Recht hinwegzusetzen, bzw. dieses für das Restitutionsvorhaben zu schaffen, zu ändern oder aufzuheben.24 Eine rechtliche Unmöglichkeit kommt im Falle der Restitution von Kulturgütern daher nur dann in Betracht, sofern die Kulturgüter sich auf dem Gebiet eines dritten Staates befinden.25 Die Besiegten des Ersten Weltkrie18
Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 377. Kowalski, Art Treasures, S. 35 unter Bezugnahme auf Art. 11 Abs. 7 und 9 des Vertrages von Riga (LNTS 6, S. 52 ff.). 20 Vgl. dazu auch Menzel, in: Die Friedensverträge von 1947, S. 1, 48. 21 Thomsen EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 377. 22 Ibid.; Verdross/Simma, S. 875, § 1295. 23 Danach kann das russische Gesetz zur Verstaatlichung aller Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg nicht als Argument für das Bestehen einer rechtlichen Unmöglichkeit vorgebracht werden. 24 Verdross/Simma, § 1295. Speziell auf die Rückgabe von Kulturgütern bezogen sagt Becher, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96, 98: „No State is entitled to refuse to return such property by basing the refusal on existing internal statutes and competences.“. Das schreiben auch die ILC Draft Articles on State Responsibility (Art. 42 Abs. 4; ILM 37 (1998), S. 440 ff.) vor: „The State which has committed the internationally wrongful act may not invoke the provisions of its internal law as justification for the failure to provide full reparation.“ 19
224
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
ges verpflichteten sich in den Friedensverträgen, Kulturgüter der alliierten und assoziierten Mächte, die sich auf ihrem oder auf dem Territorium eines ihrer Verbündeten befanden und der Restitution unterlagen, zurückzugeben.26 Da nach dem Ersten Weltkrieg mit allen Verbündeten Deutschlands Friedensverträge abgeschlossen wurden und diese jeweils Bezug aufeinander nehmen, mithin in einem Gefüge zusammenwirken, ist darin kein Vertrag zu Lasten Dritter zu erkennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von den Alliierten bemerkenswerter Weise eine Unmöglichkeit der Restitution angenommen, selbst wenn Beweise vorlagen, dass ein Angehöriger des verpflichteten Staates das Objekt von dessen Staatsgebiet entfernt hat.27 Eine Pflicht zum Rückkauf etc. besteht somit nicht.28
III. Restitution in kind Die Restitution ist auf exakt die weggenommene Sache beschränkt. Ist das weggenommene Kulturgut untergegangen, besteht materielle Unmöglichkeit, befindet es sich auf dem Territorium eines anderen Staates, so besteht nur subjektive (rechtliche) Unmöglichkeit. Eine Restitution ist daher ausgeschlossen. Abhilfe kann in solchen Fällen die restitution in kind29 bringen. 25
Heute gilt für die Vertragsstaaten des (ersten) Protokolls zur HKSK eine Rückgabepflicht für Kulturgüter, die auf ihr Territorium gelangt sind, obwohl sie aus einem besetzten Gebiet stammen (Art. I Ziff 3 des ersten Protokolls zur HKSK). 26 Vgl. z. B. Art. 184 des Vertrages von St. Germain (Staatsgesetzblatt der Republik Österreich 1920, S. 995 ff.); Art. 238 des Versailler Vertrages (RGBl. 1919, S. 687 ff.); Art. 168 des Vertrages von Trianon (AJIL 15 (1921), Suppl., S. 1 ff.). 27 Vásárhelyi, S. 96 f. 28 Vgl. zur Restitutionspflicht nachfolgender Dritterwerber von völkerrechtswidrig erworbenen Sachen etc. Mráz, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207, 233 ff. m. w. N. Die Frage der Restitutionspflicht nachfolgender Dritterwerber soll nach Ansicht Mráz, ibid., S. 234, unter Zuhilfenahme der allgemeinen Rechtsgrundsätze aus den verschiedenen Privatrechtsordnungen gelöst werden. Insbesondere solle dabei auf den guten Glauben des Erwerberstaates abgestellt werden (ibid.). Die ItalienischNiederländische Schlichtungskommission zum Umfang der im Friedensvertrag vom 10. Februar 1947 zwischen den Alliierten und Italien geregelten Restitutionspflicht Italiens für erworbenes Gold nahm an, dass die Londoner Deklaration vom 5. Januar 1943 den guten Glauben der Erwerber zerstört habe (ibid., S. 235 f., m. w. N.). Ein bösgläubiger Erwerber, so Mráz, ibid., S. 236, werde jedenfalls von keiner Rechtsordnung geschützt. 29 Der hier benutzte Begriff „restitution in kind“ ist nicht identisch mit dem der restitution in kind, welcher im Chorzów Factory-Fall des StIGH für die Naturalrestitution benutzt wird (vgl. PCIJ Series A, No. 17 (1928), S. 47). Auch die ILC Draft Articles on State Responsibility verwenden den Begriff der restitution in kind
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
225
Die restitution in kind nimmt eine Zwitterstellung zwischen Reparation und Restitution ein.30 Sie ist Reparation, da nicht die abhandengekommene Sache, sondern eine andere, fremde geleistet wird.31 Jedoch wird die Erstattung nicht vom Reparationskonto abgezogen.32 Sie ist Restitution, weil sie den Verlust aufgrund der Unmöglichkeit der Rückgabe einer zuvor weggenommenen Sache, die an sich der Restitution und damit nicht der Reparation unterlag, ausgleichen soll. Die Anwendung der restitution in kind ist weitestgehend auf Kulturgüter beschränkt.33 Sie ist eine Ersatzlieferung für Dinge, die, an sich der Restitution unterliegend, untergegangen sind. Der Verlust der Güter muss den anspruchsberechtigten Staat besonders ernst treffen.34 D. h. es kommt ein Ersatz nur von bedeutenden Sachen in Betracht. Eine restitution in kind für Naturalrestitution (vgl. Art. 43, abgedruckt in ILM 37 (1998), S. 440 ff.) Die deutsche Literatur zum internationalen Kulturgüterschutz benutzt diesen Begriff allerdings schon seit mehreren Jahrzehnten irrtümlich für ein Rechtsinstitut, das eigentlich im Englischen „restitution by replacement“ heißen müsste (so bezeichnen es O’Keefe/Prott, Movement, S. 828 f., Rz. 1530 und d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 24 ff.; andere bezeichnen sie als „kompensatorische Restitution“ bzw. „compensatory restitution“, vgl. Boguslawskij, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 27, 27, oder als „reparation by replacement“, vgl. Nevelev, GYIL 42 (1999), S. 337, 377 ff.; wieder andere als „compensation in specie“, vgl. Siehr RdC 243 (1993-VI), S. 9, 116), nämlich die Erstattung einer anderen Sache für eine zerstörte Sache. „Restitution in kind“ bedeutet aber zu Deutsch nichts anderes als „Restitution derselben Sache“. Aufgrund von Einheitlichkeitserwägungen und um nicht weitere Verwirrung zu stiften, wird auch hier an dem eigentlich falschen Begriff „restitution in kind“ festgehalten. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Wortley, S. 91: „Equivalent restitution (a) enables a person wrongfully expropriated of a fungible thing to recover its equivalent in weight, quantity or other measurement, but (b) in an extended sense covers the delivery up of some non-fungible thing as a quid pro quo, for example, one painting for another.“ Die restitution in kind nach (a) betraf hauptsächlich Gold (ibid.). 30 Ähnlich Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 559, der eine „Kombination“ von Reparation und Restitution annimmt. 31 Manche sehen sie deshalb als reine Reparation an (vgl. Engstler, S. 162; von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 23; Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 85). Von Österreich dürften nach dieser Ansicht keine restitutions in kind verlangt werden, da nach Art. 21 des Österreichischen Staatsvertrages von 1955 (abgedruckt bei Berber, Dokumentensammlung, S. 2227 ff.) auf von Österreich zu leistende Reparationen verzichtet wurde. Vgl. zu den daraus folgenden Konsequenzen Seidl-Hohenveldern, IPrax 20 (2000), S. 321, 322. 32 Vgl. Art. 243 des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten (RGBl. 1919, S. 687 ff.). 33 Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 37. Auch (monetäres) Gold fiel darunter, Vásárhelyi, S. 97. 34 Vásárhelyi, S. 97, der die Friedensverträge nach 1945 und die Orders der Militärregierungen in Deutschland zu diesem Schluss heranzieht.
226
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn sie im Krieg selbst zerstörte Kulturgüter ersetzen soll, ohne dass diese das Territorium je gewechselt hätten.35 Grundsätzlich ist eine restitution in kind zulässig, ist aber als Ausnahmevorschrift auf Güter von einmaligem Charakter beschränkt, und die Feststellung des Ersatzes bleibt einer besonderen, bilateralen Entscheidung vorbehalten.36 35 Vgl. dazu den Friedensvertrag der Alliierten mit Ungarn von 1947 (UNTS 41, S. 135 ff.), in dessen Art. 24 Abs. 3 es heißt: „Wenn es Ungarn in besonderen Fällen unmöglich ist, Objekte von künstlerischem, historischem oder archäologischem Wert, die zu dem kulturellen Erbes des Mitgliedsstaates der Vereinten Nationen gehören, von dessen Gebiet diese Objekte durch ungarische Streitkräfte, Behörden oder Staatsangehörigen mit Gewalt oder Zwang entfernt wurden, zurückzuerstatten, so wird Ungarn dem in Frage kommenden Mitgliedstaat der Vereinten Nationen den entfernten Objekten gleichartige und annähernd gleichwertige überlassen, soweit derartige Objekte in Ungarn erhältlich sind.“ (Hervorhebung durch den Verfasser.) Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 37 und O’Keefe/Prott, Movement, S. 831, Rz. 1533, wollen die restitution in kind auch auf Kulturgüter angewendet wissen, die durch Kriegshandlung auf dem Gebiet des Ursprungsstaates zerstört wurden. Dies ist aus den soeben aufgezeigten Gründen abzulehnen. Kowalski, Art Treasures, S. 35 f., sieht Art. 247 des Versailler Vertrages hinsichtlich der Lieferungspflicht von Büchern an die Universitätsbibliothek von Leuven als eine Vorschrift zur restitution in kind an, da es dabei um die Leistung eines Buches für ein zerstörtes Buch, eines Bildes für ein zerstörtes Bildes ging. Diese Ansicht ist ebenfalls abzulehnen, da die in Leuven zerstörten Gegenstände niemals der Restitution unterlagen. 36 Vgl. Ziff. 3 der Kontrollratsdirektive vom 21. Dezember 1946 (abgedruckt in von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 23; siehe auch unten S. 242); Minutes of the Sixty-Third CORC meeting, 8 July 1946, File „CORC/M46(50-67)“, Records of the Allied Control Council, Germany, 1941–1950, RG 43, zitiert bei Kurtz, S. 149. Vgl. beispielsweise auch Art. 24 Abs. 3 des Friedensvertrages mit Ungarn (UNTS 41, S. 135 ff.; abgedruckt auch oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 13.; sowie soeben Fn. 35 im 4. Kap.). Die Friedensverträge mit Bulgarien und Rumänien sehen ähnliche Vorschriften vor. Hinsichtlich der restitution in kind ist also nicht von einer Berechtigung der Alliierten auf Grund des besonderen Besatzungsregimes auszugehen, diese eigenhändig und einseitig durchzuführen, wie dies für die Restitutionen und Reparationen der Fall gewesen sein mag (vgl. dazu Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 119, 130 f. m. w. N. zu dieser umstrittenen Frage in Fn. 90). Als Grund für die rechtliche Möglichkeit der einseitigen Berechtigung der Alliierten, die Kriegsziele der Durchsetzung einer Restitution eigenhändig durchzuführen nimmt Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, 147, eine Debellation Deutschlands an, ohne auf diesen äußerst vielseitig verwendeten Begriff näher einzugehen bzw. ihn selbst zu definieren. Turner, Zuordnung, in: Fiedler, S. 19, 36, Fn. 65 (vgl. auch Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 113), versteht unter debellatio „die durch den vollständigen, mit der Einstellung der Staatsfunktionen des Besiegten verbundenen Sieg über die gegnerische Kriegspartei geschaffene Lage (. . .), ohne Einbeziehung der Annexion als Begriffsmerkmal“ (vgl. dazu auch Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 100). In dieser Weise definiert, vermag die deballatio Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg als rechtliche Befugnis zur eigenhändigen Durchführung der Restitutionen durch die Alliierten herangezogen werden.
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
227
Eine restitution in kind, also eine Ersatzlieferung (z. B. eines Rubens für einen anderen Rubens) kann nur dann angenommen werden, sofern ein Objekt gefunden werden kann, das eine Gleichartigkeit und eine annähernde Gleichwertigkeit aufweist.37 Dies dürfte sich regelmäßig als sehr schwierig, wenn nicht gar als unmöglich erweisen. Aufgrund ihrer Einmaligkeit, ist der Wert von Kulturgütern schwer zu bemessen. Fraglich ist, ob auf den ideellen oder den materiellen Wert abgestellt werden soll. Sofern auf letzteren Bezug genommen wird, stellt sich die Frage, ob der heutige Wert oder der Wert zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den anspruchsberechtigten Staat oder gar der Wert der Sache zum Zeitpunkt der widerrechtlichen Aneignung maßgebend sein soll. Bei Kulturgütern38 kommen daher mehr der ideelle und zeitliche Wert als maßgebende Faktoren in Betracht, da der materielle Wert viele Unsicherheitsfaktoren in sich birgt. Oftmals wird der materielle Wert bestimmt durch Launen der Mode und der Beliebtheit bestimmter Künstler. Der Marktwert muss nicht notwendigerweise den realen Wert eines Kunstobjektes ausdrücken. Stärkeres Gewicht bei der Auswahl von Ersatzobjekten ist deshalb auf die Gleichartigkeit des Objektes zu legen. Höchstwahrscheinlich erhält man dann auch eine Gleichwertigkeit. Gleichartigkeit drückt sich gerade bei Kulturgütern in Herkunft, Alter und Epoche, Material und in der Art der Gegenstände aus.39 Allerdings ist bei der Bestimmung der Gleichartigkeit eine größtmögliche (kunst-)geschichtliche Nähe zu fordern. Es reicht nicht aus, ein Gemälde gegen ein anderes zu ersetzen. Wenn möglich, sollte das zu restituierende Gemälde vom gleichen Meister stammen, wenigstens aus der gleichen Schule.40 Historische Gegenstände (z. B. antike Keramiken etc.) sollten nur durch Gegenstände gleichen Ursprungs, gleicher Qualität und gleicher Epoche ersetzt werden.41 37 Engstler, S. 163. Die Amerikaner schlugen im CORC vor, fünf Kategorien für einen möglichen Ersatz aufzustellen: Kunstwerke von Meistern der Malerei, der Kupferstecherei und der Bildhauerei; wichtige Arbeiten von Meistern der angewandten Kunst und besonders bedeutende Beispiele nationaler Kunst; historische Überreste; Manuskripte und seltene Bücher und Objekte von Bedeutung für die Geschichte der Wissenschaft (Kurtz, S. 149 f.). 38 Bei monetärem Gold lässt sich die Gleichartig- und Gleichwertigkeit sehr einfach bemessen: am Gewicht und an der Legierung. 39 Engstler, S. 163. 40 Vgl. Engstler, S. 163, der zum Friedensvertrag der Alliierten mit Italien von 1947 Stellung nimmt (dort Art. 75 Ziff. 9). 41 Im Falle des Schatzes des Priamos, der aus Goldschmuck und antiken Gebrauchsgegenständen besteht (vgl. Der Schatz aus Troja, pass.), kann daher das Argument der Leiterin des Puschkin-Museums in Moskau, Irina Antonova, Deutschland möge zuerst das Bernsteinzimmer aus dem Katharinenpalast aus Puschkin (Zarskoje Zelo) zurückgeben, nicht greifen (vgl. o. V., Der Spiegel 34/1993, S. 152, 153; zur Problematik des Bernsteinzimmers vgl. Schneider, passim; Iwanow, pas-
228
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Zusammenfassend können folgende Voraussetzungen für eine restitution in kind festgehalten werden: • Güter, die der Restitution unterlagen, müssen durch Verschulden des Verpflichteten untergegangen sein, die Restitution muss unmöglich geworden sein; • es muss sich um einen ernsthaften Verlust handeln; die restitution in kind bleibt auf Güter von einmaligem Charakter beschränkt; • die Feststellung des Ersatzes bleibt einer besonderen, bilateralen Entscheidung vorbehalten; • bei den Ersatzgütern muss es sich um gleichartige und annähernd gleichwertige Güter handeln. Weiterhin stellt sich die Frage, ob eine restitution in kind dann möglich ist, wenn der anspruchsberechtigte Staat die ihm geraubten Kulturgüter während des Krieges nach Verlagerung des Kampfschauplatzes auf das Gebiet des verpflichteten Staates dort durch Kampfhandlungen zerstört. Zur Veranschaulichung ein fiktiver Fall: Organisationen des Staates A rauben42 in einem Krieg ein Gemälde eines alten Meisters vom Gebiet des Staates B. Dieses Gemälde wird nach A verbracht, wo es in Schutzbunkern verwahrt wird. Bei Angriffen auf den Staat A durch die Streitkräfte des Staates B wird nun dieses Gemälde durch Feuer des Staates B zerstört. Es stellt sich hier die Frage, ob der Staat B eine restitution in kind fordern könnte. Die Frage lässt sich wie folgt beantworten: Eine restitution in kind ist möglich. Durch das widerrechtliche Verbringen des Gemäldes auf das Territorium des Staates A durch Staat A unterlag es der Restitution. Nunmehr durch die Zerstörung ist eine Restitution materiell unmöglich geworden. Dass letztendlich Staat B selbst für den Untergang des Gemäldes verantwortlich ist (durch das Beschießen des Bunkers), ist ohne Belang, denn die Verantwortlichkeit setzt viel früher ein, nämlich mit dem widerrechtlichen Verbringen des Gemäldes auf das Territorium des Staates A. Staat A oblagen trotz des ersten Rechtsbruches Sicherungspflichten. Kulturgüter dürfen aus Sicherungsgründen in Kriegszeiten von fremden auf eigenes Territorium verbracht werden. Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen bestimmte Sicherheitsstandards hinsichtlich Verpackung, Transport etc. beachtet werden. Dies muss erst recht gelten, wenn die Kulturgüter mit Raubsim; Akinscha/Koslow, S. 25–30; Nicholas, S. 254, 474; Förster, S. 184–217 zur neueren Entwicklung sowie Reimann, pass., und Mindner, pass. Weitere Spekulationen sind zusammengefasst bei Wiedemann, Der Spiegel 49/2000, S. 82, 82 ff. Eine Bibliographie zu Fragen bezüglich des Bernsteinzimmers bietet Bruhn, S. 9 ff.). 42 Der Fall gilt nicht, sofern die Kulturgüter rechtmäßig zu Sicherungszwecken verbracht wurden.
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
229
absicht auf fremdes Territorium verbracht werden. Werden diese Sicherheitsstandards nicht beachtet, so ist die Zerstörung des Gemäldes Staat A zuzurechnen. Da sich die hier zur restitution in kind gemachten Ausführungen auf vertragliche Regelungen nach den beiden Weltkriegen gründen,43 stellt sich mithin die Frage, ob der Inhalt dieser Regelungen in Völkergewohnheitsrecht übergegangen ist. Gegen eine solche Annahme spricht, dass nicht alle Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg die Möglichkeit einer restitution in kind vorsahen.44 Ferner spricht dagegen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg in Bezug auf Deutschland – dem Hauptverantwortlichen für den Weltkrieg – keine restitutions in kind vorgenommen wurden.45 Im Überleitungsvertrag zwischen den Alliierten und der Bundesrepublik von 195446 wurde auch keine restitution in kind vereinbart. Im Friedensvertrag der Alliierten mit Finnland von 194747 ist eine Vorschrift zur restitution in kind ebenfalls nicht enthalten.48 Auch in moderneren Konflikten, bei denen es zu Restitutionen kam, ist, so weit ersichtlich, nichts über restitutions in kind bekannt geworden.49, 50 43
s. dazu oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 11. und 13. Vgl. oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 11. b) und c). 45 Friemuth, S. 68: „Das Programm zur Replacement-in-Kind verläuft zur Enttäuschung der Franzosen völlig im Sande.“ Zur Kritik daran siehe Kowalski, Art Treasures, S. 73. 46 Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (sog. Überleitungsvertrag), in der Fassung des Pariser Protokolls vom 23. Oktober 1954 (abgedruckt in BGBl. 1955 II, S. 405 ff. und in Verträge der Bundesrepublik Deutschland, Serie A: Multilaterale Verträge, Nr. 66, Band 7, (Bonn 1957), S. 223 ff. mit Dokumenten). 47 Abgedruckt in Berber, Dokumentensammlung, S. 2213 ff. 48 Für nicht restitutierbare Gegenstände, worunter auch „literary and artistic property“ fällt (Art. 25 Abs. 8 lit. c)), ist die finnische Regierung nur gehalten, Schadenersatz zu leisten („compensation“, Art. 25 Abs. 4 lit. a)). 49 O’Keefe/Prott, Movement, S. 829, Rz. 1530, schlagen eine restitution in kind für in Äthiopien zerstörte Manuskripte vor. Sie verkennen dabei allerdings den rechtlichen Inhalt einer restitution in kind oder – wie sie es richtig nennen – einer restitution by replacement, denn die dort genannten Beispiele (z. B. absichtlich zerstörte polnische Kunstwerke im Zweiten Weltkrieg oder die Regelung des Versailler Vertrages, Art. 247 Abs. 1) beziehen sich auf eine Zerstörung der Kulturgüter auf dem Gebiet des möglichen anspruchsstellenden Staates. Sie unterlagen keiner Restitutionspflicht, da sie nie die Grenzen des Ursprungsstaates überschritten hatten. Art. 247 Abs. 1 des Versailler Vertrages war eine Reparations- und nicht eine Restitutionsvorschrift. 50 Gegen die Bildung von Gewohnheitsrecht in dieser Frage von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 331. 44
230
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Für eine gewohnheitsrechtliche Geltung spricht jedoch die Fülle der Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg, die eine Vorschrift zur restitution in kind beinhalteten51, die zwar zunächst nur Vertragspraxis darstellen, jedoch durch die Praxis der Alliierten des Zweiten Weltkrieges, in die Friedensverträge52 mit den anderen Achsenmächten Regelungen über restitutions in kind aufzunehmen, bestätigt wurde. Ferner spricht für eine gewohnheitsrechtliche Geltung, dass die restitution in kind und die Möglichkeiten einer Durchführung derselben im Verhältnis der Alliierten gegenüber Deutschland Thema im Coordinating Committee of the Allied Control Council (CORC) waren.53 Dort hatte Frankreich54 den Versuch unternommen, eine spezielle Anweisung für die restitution in kind zu erstellen – jedes der Restitution unterliegende aber nicht auffindbare Kulturgut sollte der restitution in kind unterliegen –, jedoch protestierten die USA, die darin eher eine Reparation sahen, und auch die Sowjetunion sofort dagegen.55 Die Sowjetunion favorisierte eine strikte Begrenzung der restitution in kind auf seltene Einzelstücke.56 Sie wollte ferner keine dafür erforderliche Liste der Kulturgüter aufstellen, die aus ihrer Zone verbracht wurden, denn aus diesen Kulturgütern sollten die im Wege der restitution in kind zu erstattenden Stücke ausgewählt werden. Die Sowjetunion argumentierte, die Aufstellung einer solchen Liste sei ihnen unmöglich.57 Es wurde vorgebracht, dass vor ihrer Besetzung andere Armeen in ihrer Zone waren, auch die Deutschen hätten viele Kulturgüter fortgebracht.58 Ein weiteres Indiz für eine gewohnheitsrechtliche Geltung der genannten Regeln zur restitution in kind stellt die Kontrollratsdirektive vom 21. Januar 194659 dar. Sie sieht in ihrem Absatz 3 vor: 51
s. oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 11. b) und c). Art. 75 Abs. 9 des Friedensvertrages mit Italien vgl. auch Art. 12 Abs. 3; Art. 22 Abs. 3 des Friedensvertrages mit Bulgarien; Art. 24 Abs. 3 des Friedensvertrages mit Ungarn. Vgl. dazu oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. 53 Vgl. Kurtz, S. 146 ff. 54 Zur Wiedererlangung französischer Kunstwerke in Deutschland vgl. auch S.-Henraux, in: Cassou, S. 233, 235 ff. 55 Kurtz, S. 147 ff. 56 Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 119, 123. 57 Kurtz, S. 147 ff. 58 Ibid.; heute kann man den wahren Hintergrund einer solchen Weigerung erkennen. Jähne, S. 140 f., erwähnt in diesem Zusammenhang, dass die sowjetischen Behörden schon im März 1943 durch den russischen Maler, Kunsthistoriker und -theoritiker Igor Grabar auf den Gedanken eines Ausgleichs des Kulturgüterverlustes der Sowjetunion durch die Wegnahme von deutschen Kulturgütern gebracht worden sind. Kurz darauf wurden Vorkehrungen getroffen, die in die Schaffung der Trophäenkommissionen mündeten. Auch hierin zeigt sich abermals die Doppelzüngigkeit der politischen Verlautbarungen der Sowjetunion. Vgl. zum Ganzen auch Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 559. 52
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
231
Bei Gütern von einmaligem Charakter, deren Rückführung unmöglich ist, wird eine besondere Anweisung die Art von Gütern festsetzen, bei denen ein Ersatz in Frage kommt, die Art dieses Ersatzes und die Bedingungen, unter denen diese Güter durch gleichwertige Gegenstände ersetzt werden können.
Am 25. Februar 1947 kam es zu einem ACC-Beschluss60, nach welchem für künstlerische Werke großer Meister (Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen), historische Überreste, Bücher und Manuskripte etc. ein Äquivalent gefordert werden konnte, sofern der Aufenthaltsort des der Restitution unterliegenden Objekts nicht mehr nachvollzogen werden kann.61 Polen stellte detaillierte Ansprüche, die aber nie beschieden wurden.62 Dass es hinsichtlich Deutschlands zu keiner organisierten restitution in kind gekommen ist, lag hauptsächlich daran, dass sich die Alliierten über die Modalitäten der Durchführung einer solchen nicht einig waren,63 denn die Kontrollratsdirektive sah zunächst die Möglichkeit einer restitution in kind ausdrücklich vor.64 Die offizielle amerikanische Begründung für den Rückzug aus der restitution in kind-Politik weist auf die Integrität des deutschen kulturellen Erbes hin.65 Die wirklichen Gründe lagen nach Kowalskis Auffassung aber eher in der praktischen Undurchführbarkeit der geplanten Maßnahmen zur restitution in kind.66 Deutlich zu erkennen ist die Tatsache, dass die Staatengemeinschaft das Institut der restitution in kind in einem eng umgrenzten Bereich als Lösungsmöglichkeit für Restitutions- bzw. Reparationsproblematiken in Friedensverträgen anerkennt.67 Jedoch in nicht einer Vorschrift, die eine restitu59
CONL/P (46) 3, abgeänderte Fassung (abgedruckt bei Vásárhelyi, S. 82 f., und in von Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 23). 60 CORC/M/46/34, Annex A, abgedruckt bei Kowalski, Art Treasures, S. 107. Dazu siehe ibid., S. 73. 61 Zuvor wurde in einer dem Pariser Abkommen über die deutschen Reparationen, die Errichtung einer interalliierten Reparationsagentur und die Rückerstattung von Münzgold vom 21. Dezember 1945 beigefügten Resolution in Ziff. 1 lit. d) (abgedruckt in Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1 (1948), S. 435, 444) die restitution in kind vereinbart. Allerdings unterzeichneten die USA, das Vereinigte Königreich und andere an der Konferenz teilnehmenden Staaten diese Resolution nicht. 62 Kowalski, Art Treasures, S. 73 f. 63 Vgl. zu den Vorschlägen der Alliierten, insbesondere der Amerikaner, Kowalski, Art Treasures, S. 70 ff. 64 Papst Pius XII. soll sich 1945 mit dem Wunsch an die Sowjetunion gerichtet haben, deutsche Kirchenschätze nicht für eine resititution in kind heranzuziehen (Goldmann, Archäol. Nachr.bl. 1 (1996), S. 219, 221). 65 Text of Directive to Commander-in-Chief of U.S. Forces of Occupation, Regarding the Military Government of Germany, July 11, 1947, abgedruckt in Dep’t St. Bull. 17 (1947), No. 421, S. 186, 190. 66 Kowalski, Art Treasures, S. 74 f.
232
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
tion in kind beinhaltet, wird vereinbart, dass eine solche durch „Aussuchen“ des Empfängerstaates einseitig vorgenommen werden kann.68 Regelmäßig werden die Modalitäten und die Objekte, die einer restitution in kind unterliegen sollen, durch zweiseitige Absprachen vereinbart. Völkergewohnheitsrechtlich anerkannt könnte daher allenfalls sein, dass ein Staat eine restitution in kind fordern kann,69 da zur restitution in kind zwingend auch die zwischenstaatlichen Verhandlungen und Vereinbarungen gehören. Es würde praktisch zu einem völkergewohnheitsrechtlichen pactum de contrahendo bzw. pactum de negotiando kommen, d. h. es stünde dem an sich restitutionsberechtigten Staat ein gewohnheitsrechtlicher Anspruch auf entsprechende Verhandlungen bzw. auf Abschluss eines Vertrages zu. In diesem Zusammenhang wäre es gerechtfertigt, anzunehmen, dass sich der verpflichtete Staat in den Verhandlungen einer restitution in kind nicht gänzlich verschließen dürfte, da ein solches Verhalten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde. Gleiches würde gelten, sofern der Verpflichtete nur unbedeutende Werke herauszugeben beabsichtigen würde. Der verpflichtete Staat wäre gehalten, adäquate Objekte für eine restitution in kind vorzuschlagen und diese dann auch herauszugeben. In der Praxis würde dem berechtigten Staat dieser Anspruch jedoch nur wenig nutzen, wenn er nicht eine weitgehende Kontrolle über den zur restitution in kind verpflichteten Staat ausüben würde. Die Durchsetzbarkeit völkerrechtlicher Ansprüche ist noch immer unzureichend. Einen Anspruch auf Vertragsschluss durchzusetzen, dürfte sehr schwierig sein, mit Zwang durchgesetzte Vertragsverhandlungen würden anschließend umso zäher verlaufen. Problematisch im Zusammenhang mit der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ist die Tatsache, dass sich Beispiele für die restitution in kind nur in Verträgen finden. Diese Verträge entfalten jedoch nur Bindung für die beteiligten Staaten. Beispiele aus der Staatenpraxis für eine restitu67 A. A. Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 119, 133; Körbs, HuV-I 9 (1996), S. 138, S. 148. A. A. wohl auch Frowein/Zimmermann, S. 23–26, die ein völkergewohnheitsrechtliches Verbot der restitution in kind hinsichtlich Kulturgüter annehmen, wobei sie allerdings verkennen, dass eine restitution in kind keine reine Reparation darstellt. Sie stützen ihre Annahme auf das Verbot, Kulturgüter als Reparationsobjekte heranzuziehen. 68 Wäre der o. a. ACC-Beschluss in die Tat umgesetzt worden, wäre diese Aussage zweifelhaft. Allerdings ließen sich diese Zweifel mit dem Argument der völlig am Boden liegenden deutschen Verwaltung ausräumen. Vgl. aber Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 555. 69 So auch Boguslavsky, in: Simpson, S. 186, 188, der allerdings nicht sieht, dass es sich bei der restitution in kind bei ihrer Durchführung um eine zweiseitige Vereinbarung handelt. Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 555 und 556, schließt eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung der restitution in kind wohl gänzlich aus.
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
233
tion in kind lassen sich nicht finden. Auch in neuerer Zeit, z. B. nach dem zweiten Golfkrieg, ist nichts über eine restitution in kind bekannt geworden. Von einer gewohnheitsrechtlichen Geltung der Regeln zur resitution in kind kann daher nicht ausgegangen werden. Allenfalls könnte ein partikuläres Gewohnheitsrecht zwischen den an den o. g. Verträgen Beteiligten entstanden sein. Für den wenig wünschenswerten Fall, dass eine restitution in kind in Zukunft nochmals herangezogen werden müsste, wären die Parteien gut beraten, einen Friedensvertrag zu schließen, der eine Schiedskommission vorsieht, die mit bindender Entscheidungskraft Lösungen für die Fragen der restitution in kind finden kann, um somit den aufgeworfenen Problemen bei den bilateralen Verhandlungen aus dem Wege gehen.
IV. Exkurs: Das Beutekunstgesetz Russlands und die dazu ergangene Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts Das Bundesgesetz der Russischen Föderation über die infolge des Zweiten Weltkriegs in die UdSSR verbrachten und im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindlichen Kulturgüter vom 15. April 199870 erklärt in seinem Art. 6 mit einigen Ausnahmen71 alle Kulturgüter, die in die UdSSR zur Gewährleistung deren Rechts auf „kompensatorische Restitution“ gebracht wurden und sich auf russischem Hoheitsgebiet befinden zu Bundeseigentum der Russischen Föderation. Unter „kompensatorischer Restitution“ versteht das Gesetz eine (. . .) Art der materiellen völkerrechtlichen Haftung eines Aggressorstaates, die in Fällen angewandt wird, in denen die Realisierung seiner Haftung in Form einer gewöhnlichen Restitution unmöglich ist, und die in der Verpflichtung dieses Staates besteht, den einem anderen Staat zugefügten materiellen Schaden durch die Übergabe von Gegenständen der gleichen Art an den geschädigten Staat (oder deren Einzug durch den geschädigten Staat zu eigenen Gunsten) wie die geraubten und illegal aus dem Hoheitsgebiet des geschädigten Staates durch den Aggressorstaat ausgeführten Gegenstände zu kompensieren.72 70
Vgl. o. Fn. 870 im 2. Kap. Vgl. dazu Art. 7 und 8. 72 Art. 4 Uabs. 2. Unter Restitution versteht das Gesetz eine „Art der materiellen völkerrechtlichen Haftung eines Staates, der einen Aggressionsakt oder einen anderen völkerrechtswidrigen Akt verübt hat, die in der Verpflichtung dieses Staates zur Beseitigung oder Verminderung des dem anderen Staat zugefügten materiellen Schadens im Wege der Wiederherstellung des früheren Zustands besteht, im einzelnen in Form der Rückgabe des Eigentums, das von ihm aus dem von seinen Truppen besetzten Territorium des anderen Staates geraubt und illegal ausgeführt wurde“ (Art. 4 71
234
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Unter „kompensatorischer Restitution“ versteht das Gesetz also nichts anderes als eine restitution in kind. Allerdings mit einer kleinen, aber folgenschweren, da völkerrechtswidrigen73 Modifikation: Die Gegenstände können auch einseitig durch den geschädigten Staat eingezogen werden. Wie oben erläutert, ist gerade dies nach den dort aufgezeigten Grundsätzen im Zusammenhang mit der restitution in kind nicht möglich. Die restitution in kind erfordert immer zwei- oder mehrseitige Verhandlungen über die Übergabe der in Frage kommenden Gegenstände. Ein einseitiges Aussuchen war nie vorgesehen, es käme einem Beuterecht des Siegers gleich74, und gerade das hat die Völkerrechtsgemeinschaft seit dem Wiener Kongress überwunden. Dies muss auch in diesem Fall gelten, bei allem Respekt gegenüber dem durch die deutschen Greueltaten erlittenen Leid des russischen Volkes im Zweiten Weltkrieg.75 Die russische Duma hat es durch den Erlass des Beutekunstgesetzes versucht, völkerrechtswidrige Taten der Sowjetunion nachträglich zu legalisieren.76 Jedoch kann die Wiederherstellung der völkerrechtsgemäßen Lage Uabs. 1). Auf die anderen sich aus diesem Gesetz ergebenden Probleme weisen Rossi/Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 63, hin. Vgl. auch unten 4. Kap., Abschnitt E. II. 4. 73 Boguslawskij, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 27, 27, meint, diese Definition der restitution in kind stehe mit der „Soviet (Russian) international law doctrine“ in Einklang. Dies mag der Fall sein, jedoch geht sie nicht mit der international law doctrine der restitution in kind konform. Auf eine einseitige völkerrechtliche Auffassung Russlands kommt es hier nicht an. Vgl. auch Dolzer, NJW 53 (2000), S. 560, 561: „Im Gewande einer Gesetzesdefinition wird hier eine eigene russische Norm über die Folgen völkerrechtswidrigen Unrechts geschaffen, welche sich in dieser Weise nirgendwo im sonstigen Völkerrecht findet und welche im Ergebnis die Anwendbarkeit der HaagLKO [HLKO, d.V.] ausschaltet.“ 74 Ähnlich d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 25 f., der die Möglichkeit einer restitution in kind durch einseitiges Agieren des Siegerstaates gegenüber dem Unterlegenen nicht gänzlich ablehnt. Desweiteren beschränkt er die restitution in kind nur auf Dinge, die nicht „intrinsically part of the cultural heritage of a nation“ sind (ibid., S. 26). Vgl. auch Blankenagel, EECR 8 (1999), S. 75–80, veröffentlicht auch unter http://www.law.nyu.edu/edu/eecr/vol8num4/special/ displaced.html (besucht am 8. Mai 2002). 75 s. dazu die sehr emotional geführte Auseinandersetzung der verschiedenen Stimmen der russischen Öffentlichkeit in der russischen Presse, zusammengefasst bei Korkmasova, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 48, 48 ff.; Korkmazova, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 41, 41 ff.; ibid., Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 22, 22 ff.; ibid., Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 36, 36 ff.; sowie Suckau, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 38, 38 ff. 76 Vgl. Kline, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 31, 31 f. von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 325, merkt hierzu richtig an, dass niemand aus einem sebstvollzogenen, rechtswidrigen Akt Vorteile erzielen darf (nullus commodum capere potest de sua propria iniuria). Zum innerrussischen Streit zwischen Duma und Präsident Jelzin s. Holm, FAZ, 7. April 1998, S. 1 f.; sowie Joffe, SZ, 7. April
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
235
nur auf der Ebene des Völkerrechts geschehen, z. B. durch einen Verzicht des Berechtigten oder einen Vertrag. Ein innerstaatliches Gesetz reicht dazu nicht aus77, es stellt seinerseits wieder einen völkerrechtswidrigen Akt dar. Hier gilt: Two wrongs do not make a right. Die Folge des Beutekunstgesetzes, nämlich die Verstaatlichung78 der genannten Kulturgüter, wird es deshalb schwer haben, Anerkennung vor ausländischen Gerichten zu finden. Dies gilt vor allen Dingen für Gerichte der Vereinigten Staaten. Nach der act of state-Doktrin79 ist eine Klage vor einem amerikanischen Gericht ausgeschlossen, wenn eine Sache von einem fremden Staat beschlagnahmt wurde, dieser Staat bzw. die Regierung dieses Staates von den USA zur Zeit des Gerichtsverfahrens anerkannt ist und wenn die Beschlagnahme innerhalb des beschlagnehmenden Staates stattfand.80 Sie wird dann nicht angewandt, sofern die Beschlagnahme internationale Vereinbarungen bzw. unbestrittenes Völkergewohnheitsrecht verletzt.81 Im Falle der Kulturgüter, die in oder nach dem Zweiten Weltkrieg nach Russland verbracht wurden, treffen beide Kategorien zu. Ferner ist nach dem sog. „Hickenlooper“- bzw. „Sabbatino“-Amendment82, in welchem der Kongress ausdrückliche Ausnahmen von der act of state-Doktrin kodifizierte, ein weiterer Grund für die amerikanischen Gerichte gegeben, die Folgen des Beutekunstgesetzes nicht anzuerkennen: Danach soll u. a. die Anwendung der act of state-Doktrin ausgeschlossen sein, wenn die 1998, S. 4. Vgl. auch Holm, FAZ, 7. April 1998, S. 41, welche allerdings meint, dass der Widerstand Jelzins gegen das Gesetz nur sehr verhalten war und wohl nur reine Fassade gewesen sei. 77 Brownlie, Principles, S. 35. Vgl. auch Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention. 78 So wohl auch Siehr, Spoils of War No. 4, August 1997, S. 38, 39. Siehe dazu auch unten 4. Kap., Abschnitt E. II. 4. 79 Vgl. dazu auch Vagts, AJIL 92 (1998), S. 232, 233 ff., der Fälle nennt, in welchen die act of State-Doktrin im Zusammenhang mit Kunstgütern zum Tragen kommen könnte. Vgl. auch Merryman/Elsen, S. 25 f. 80 Nach der act of state-Doktrin erkennt das Gericht den Akt des fremden Staates an, selbst wenn er gegen das amerikanische Recht verstößt. Diese Doktrin gründet sich auf die Prinzipien der souveränen Gleichheit und Unabhängigkeit der Staaten im Völkerrecht. Vgl. dazu auch Verdross/Simma, §§ 1178 ff. m. w. N. Vgl. auch den Fall Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon, 678 f.2d 1150 (1982), in welchem es um die Herausgabe von zwei Dürer-Zeichnungen aus den Weimarer Kunstsammlungen ging, die ein amerikanischer Soldat einem New Yorker Anwalt nach dem Krieg verkaufte. Die Kunstsammlungen durften erst vor dem amerikanischen Gericht auftreten, als die USA die DDR anerkannte (Merryman/Elsen, S. 28). 81 Kline Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 31, 33. Vgl. auch Mastroberardino, Pace Int’l L. Rev. 9 (1997), S. 315, 342 ff., zu den Ansprüchen der Gerstenberg-Erben gegenüber Russland bezüglich der Sammlung Gerstenberg, die in St. Petersburg lagert. 82 U.S.C.A. 22 (1990), § 2370 (e) (2).
236
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Güter nach dem 1. Januar 1959 konfisziert wurden. Das Beutekunstgesetz könne man nach Kline als einen Verstaatlichungsakt nach dem 1. Januar 1959 ansehen.83 Dem ist zuzustimmen. Aber auch gegen innerstaatliches russisches Recht verstößt das Beutekunstgesetz: Nach Art. 15 Abs. 4 der Verfassung der Russischen Föderation84 gehen völkerrechtliche Verträge bei einem Konflikt mit dem innerstaatlichen Recht diesem vor. Dies dürfte hier aufgrund des deutsch-russischen Kulturabkommens von 1992 der Fall sein.85 Obwohl hier ein Verfassungsverstoß vorliegt, ist das Verfassungsgericht der Russischen Föderation in seinem Urteil zum Beutekunstgesetz vom 20. Juli 199986 nicht darauf eingegangen. Es erstaunt, wie hier diesbezüglich Recht gesprochen wurde.87 Weder wurden die in Art. 2 des Beutekunstgesetzes angegebenen Rechtsgrundlagen, auf welche sich das Gesetz stützt, auf ihre Einschlägigkeit hin untersucht88, noch wurde das Rechtsinstitut der „kompensatorischen Restitution“ auf seine Völkerrechtsgemäßheit hin überprüft. Politische Ergebnisorientierung, Siegermentalität89 und sozialistische Völkerrechtstradition90 finden im genannten Urteil ihren Ausdruck.91 Die 83
Zum Ganzen vgl. Kline, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 31, 34. Abgedruckt in deutscher Übersetzung in EuGRZ 21 (1994), S. 520 ff. 85 Vgl. Gehér, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 29, 31; vgl. dazu auch Schröder, OstEurR 46 (2000), S. 29, 35. 86 Abgedruckt in deutscher Übersetzung in AVR 38 (2000), S. 85–115 und bei Schröder, OstEurR 46 (2000), S. 29, 35 ff. Besprechungen finden sich bei Schröder, OstEurR 46 (2000), S. 29, 29 ff.; Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 553 ff.; und bei Rossi/Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 63 ff.; sowie bei Berger, IPRax 20 (2000), S. 318, 318 ff. Zu einer ersten Entscheidung der russischen Verfassungsgerichtes über das Beutekunstgesetz im Rahmen eines Kompetenzstreitverfahrens zwischen dem Föderationsrat und dem Präsidenten und der Staatsduma und dem Präsidenten (Beschluss vom 6. April 1998 – Nr. 11 P, in deutscher Übersetzung abgedruckt in EuGRZ 25 (1998), S. 378–380) vgl. Hartwig, EuGRZ 25 (1998), S. 369, 369 ff. und Schröder, OstEurR 45 (1999), S. 44, 44 ff. Da sich die Entscheidung lediglich mit rein innerstaatlichen, verfassungsrechtlichen Kompetenzkonflikten auseinandersetzt, soll hier nicht näher darauf eingegangen werden. 87 Es sei hier auch an Art. 1 Abs. 6 des deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrages von 1990 erinnert, in dem es heißt: „Sie [die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, d.V.] gewährleisten den Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts in der Innen- und internationalen Politik und bekräftigen ihre Entschlossenheit, ihre vertraglichen Verpflichtungen gewissenhaft zu erfüllen.“ Vgl. dazu von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 326. 88 Vgl. hierzu Blankenagel, EECR 8 (1999), S. 75–80, veröffentlicht unter http:// www.law.nyu.edu/edu/eecr/vol8num4/special/displaced.html (besucht am 8. Mai 2002). 89 Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 558: „(. . .) die den Sieg an die Stelle des Rechts stellt“. 84
B. Einwand der Unmöglichkeit der Restitution
237
früheren Feindstaaten, so das Gericht, hätten das Eigentumsrecht an den Kulturgütern verloren, da sie legal in die Sowjetunion als Reparation verbracht wurden. So erstaunt nicht, dass das Verfassungsgericht die Definition der kompensatorischen Restitution nicht bemängelte.92 Allerdings diktierte es eine weitere, wenig aussagekräftige Vorausetzung: Die Umsetzung der kompensatorischen Restitution bedurfte konkreter Befehle, Anordnungen und Verfügungen der einzelnen Besatzungsmächte. Diese werden in der Folge vom Verfassungsgericht aber weder auf ihre Existenz noch – falls vorliegend – auf ihre Tatbestandsvoraussetzungen geprüft.93 Für verfassungswidrig wurden allerdings die Vorschriften des Gesetzes erklärt, die die Staaten angehen, die selbst von den deutschen Aggressionen betroffen waren. Da diese Kulturgüter schon nicht Eigentum der ehemaligen Feindstaaten werden konnten, so könnten sie auch heute nicht Eigentum Russlands (durch Reparationsnahme) werden. Dies sei bedingt durch das im internationalen Recht geltende Prinzip, dass nur der Aggressorstaat für das Beginnen und Führen eines Krieges büßen solle.94 Für verfassungswidrig wurden auch die zeitlichen Begrenzungen für eine Anspruchsstellung in Art. 8 Abs. 1 des Beutekunstgesetzes in Bezug auf von der deutschen Aggression betroffene Staaten erklärt.95 Nach dieser Vorschrift konnten diese Staaten nur dann einen Anspruch gegenüber der Russischen Föderation auf Restitution der Kulturgüter erheben, sofern sie einen 90 Das Urteil gründet sich hier auf ein (nicht veröffentlichtes) Gutachten des Prozessvertreters der Duma und dem Föderationsrat, Prof. Usenko, welcher schon zu sowjetischen Zeiten prominenter Völkerrechtler am Institut für Staat und Recht in Moskau war (Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 558, Fn. 40). 91 Kot, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 9, 9, bezeichnet den Erlass des Gesetzes und die begleitenden Umstände als „the most scandalous event in contemporary Russian history and history of international affairs“. 92 Vgl. dazu Kot, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 9, 13: Schon das Wort „Kompensation“ schlage hier fehl. Die heute erstellten Listen der Kriegsverluste der UdSSR seien allesamt völlig ungenau und würden weit über die wirklichen Verluste hinausgehen. Viele Museen hätten über ihre Verluste überhaupt keine präzisen Angaben machen können. Eine 1943/1944 erstellte Liste mit Kunstwerken, die nach Kriegsende in die UdSSR verbracht werden sollten, hätte lediglich 2.000 Eintragungen enthalten. 93 Rossi/Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 68. 94 Vgl. dazu van Woudenberg, NJB 74 (1999), S. 1806, 1809; Rossi/Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 70. 95 Vgl. dazu schon d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 23, der in diesem Hinblick zum Gesetz Stellung nimmt. Das Gesetz ist inzwischen entsprechend novelliert worden, vgl. Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 540, und Schröder, WGO-MfOR 2000, S. 165–166.
238
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
ähnlichen Anspruch gegenüber Deutschland oder seinen ehemaligen Verbündeten in einem engen zeitlichen Rahmen direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gestellt hatten.96 Nach der Auffassung des Gerichtes verstieße dies gegen verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsrechte. Dass diese Staaten, zu denen z. B. die Niederlande, Belgien und Frankreich gehören, einen solchen Anspruch nicht gestellt haben, fällt nunmehr nicht ins Gewicht. Ferner wurde die 18-monatige Verjährungsfrist in Art. 9 des Beutekunstgesetzes verfassungsrechtlich bemängelt.97 An sich sei sie nicht verfassungswidrig, nur solle sie nach dem Spruch des Gerichtes nicht mit Inkrafttreten des Gesetzes, sondern mit Kenntnis des Staates, dass sich das entsprechende Kulturgut auf dem Territorium der Russischen Föderation befindet, beginnen.98 Verfassungsrechtlich nicht beanstandet wurden die Kosten, die für die Aufbewahrung und Rückführung beansprucht werden können, obwohl die Rote Armee diese Kulturgüter unrechtmäßig in die damalige Sowjetunion verbrachte und diese über Jahrzehnte den Eigentümern vorenthalten wurden.99 Zumindest hätte das Verfassungsgericht hier – was die durch die deutsche Aggression betroffenen Staaten angeht – diese Vorschrift für verfassungswidrig erklären müssen, wenigstens um den Anschein einer reinen Siegermentalität zu vermeiden.100 Auch in dieser Frage ist das Urteil in sich nicht stimmig.
96 Kowalski, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 36, 38, der sich völlig zu Recht die Frage stellt, wie Polen, das nach dem Zweiten Weltkrieg in sämtlichen Belangen völlig am Boden lag, auch nur annähernd die vom Beutekunstgesetz geforderten Ansprüche gegenüber Deutschland geltend gemacht haben soll. 97 d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 23, hält sie „a priori“ noch für „perfectly reasonable“. 98 Vgl. o. 2. Kap., Abschnitt E. III. 1. a. E. zu den Gesetzesänderungen. Rossi/ Syssoeva, AVR 38 (2000), S. 63, 71, die zu Recht diese Einschätzung des Verfassungsgerichtes immer noch ablehnen. Die Frist sei mit 18 Monaten viel zu kurz bemessen, dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit werde zu Unrecht ein größeres Gewicht eingeräumt als dem persönlichen Eigentumsschutz. Hinsichtlich der Geltendmachung eines Anspruches mag nach dem nunmehr vom Verfassungsgericht korrigierten Beginn der Frist dies nicht mehr unbedingt der Fall sein, jedoch muss nach dem Wortlaut des Gesetzes der Anspruch in diesen 18 Monaten auch bewiesen werden. Der Nachweis ist in dieser Zeit, heute wohl meist durch die Erben der Eigentümer, kaum erbringbar. 99 van Woudenberg, NJB 74 (1999), S. 1806, 1810 f. 100 Kot, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 9, 13, merkt an, dass die Ukraine nunmehr doppelt bezahlen muss: Zunächst hatte sie die Taten der Deutschen hinzunehmen, heute müsse sie Russland für jahrzehntelanges Zurückhalten der Kulturgüter entschädigen.
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
239
C. Auf Zeitablauf und auf Untergang des Anspruches beruhende Einwände I. Verjährung von Wiedergutmachungsansprüchen Das Rechtsinstitut der Verjährung101 ist als allgemeiner Rechtsgrundsatz Bestandteil des Völkerrechts.102 Walter hat in Bezug auf die Verjährung von Rückgabeansprüchen auf Kulturgüter schon eine eingehende Darstellung der grundlegenden Probleme geliefert.103 Deshalb soll hier nur kurz auf die Voraussetzungen einer Verjährung im Völkerrecht eingegangen werden. Etwas ausführlicher ist aber zunächst die generelle Anwendbarkeit der Verjährungsregeln zu erörtern, da die hierzu vertretenen Ansichten weit auseinander gehen. 1. Anwendbarkeit der Verjährungsregeln Es stellt sich die Frage, ob die Verjährung überhaupt gegen einen Rückgabeanspruch auf Kulturgut, das in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurde, eingewandt werden darf. Walter stellt dies zur Diskussion104 vor dem Hintergrund, dass die Plünderung von öffentlichem und privatem Eigentum ein Kriegsverbrechen sei (u. a. nach Art. 6 lit. b) der Charta des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg vom 8. August 1945105) und dieses nicht verjähre.106 Nach Art. 2 der Charta könnten auch Staatsrepräsentanten, die Kriegsverbrechen toleriert haben, zeitlich unbegrenzt zur Verantwortung gezogen werden.107 Nach Ansicht Walters würde dies zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, denn während die Täter bestraft werden würden, dürfte das Land die Früchte der widerrechtlichen Taten seiner Organe tragen, sofern der Herausgabeanspruch verjährt sei.
101 Zum verwandten „principle of repose“ vgl. in diesem Zusammenhang Stephens, Houston J. Int’l L. 18 (1995), S. 59, 97. Vgl. dazu auch Merryman, Mich. L. Rev. 83 (1985), S. 1881, 1889. 102 Verdross/Simma, § 614; Cheng, S. 373 ff.; Ipsen/Ipsen, § 41, Rz. 69; SeidlHohenveldern, Völkerrecht, Rz. 471; Fleischhauer, in: Strupp-Schlochauer, Bd. 3, S. 509, 509 ff.; Fleischhauer, EPIL Inst. 10 (1987), S. 327, 327 ff.; Walter, S. 84 ff. 103 Walter, S. 84 ff. und 166 ff. 104 Ibid., S. 93. 105 Vgl. auch oben 2. Kap., Abschnitt C. II. 7. f). 106 Dieser Ansicht ist auch Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 83, Fn. 49. 107 Vgl. auch die Convention on the Non-Applicability of Statutory Limitations to War Crimes and Crimes against Humanity der UN-Generalversammlung vom 26. November 1968 (UNTS 754, S. 73 ff.).
240
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Für die generelle Argumentation, dass die Verjährung gegen Rückführungsverlangen nicht eingewandt werden darf, spricht einiges. Zum Beispiel Walters Argument, das bislang aber durch die Staatenpraxis nicht belegt ist. Ein weiteres Argument von nicht unbedeutenden Literaturmeinungen108 stützt sich auf historische Beispiele. Nahlik beschreibt die Rückgabe von Manuskripten nach Heidelberg zwei Jahrhunderte nach Besitzverlust, die Rückgabe von Teilen eines Polytychons von van Eyck nach nahezu einem Jahrhundert von Deutschland an Belgien und geht auf polnische Sammlungen ein, die nach der Epoche der Teilung Polens nach mehr als einem Jahrhundert zurückerstattet wurden.109 Zwar handelt es sich bei diesen Beispielen nicht immer um kriegerische Wegnahmen. Zum Beispiel wurden die Flügel des Altares von van Eyck von deutschen Museen auf dem offenen Markt gekauft.110 In diesem Fall ist aber zu beachten, dass darüber im Versailler Vertrag von 1919, also einem Friedensvertrag, entschieden wurde (Art. 247), es also zweiseitig vereinbart wurde. Im gleichen Vertrag wurde auch über die Rückgabe von Trophäen, Archiven etc. an Frankreich entschieden, die im Krieg von 1870/71 von deutschen Truppen nach Deutschland verbracht wurden (Art. 245). Einwände von deutscher Seite bei den Vertragsverhandlungen in Versailles, dass sich diese Gegenstände mittlerweile mehr als fünfzig Jahre auf deutschem Boden befänden und nunmehr dem deutschen Kulturbesitz inkorporiert sein würden, wurden von französischer Seite nicht zugelassen.111 Selbst der Einwand, Frankreich hätte es schuldhaft versäumt, einen Anspruch zu einem viel früheren Zeitpunkt zu stellen, wurde nicht beachtet.112 Zur Verjährbarkeit von Ansprüchen auf Restitution von im Zweiten Weltkrieg von deutscher Seite aus weggeführten Kulturgütern äußerte sich ein MFAA-Officer der amerikanischen Besatzungstruppen dahingehend, dass „(f)or the first time in history, restitution may be expected to continue for 108 So Toman, S. 345 und 350 in En. 22; Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 79; Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 100, 147; Frigo, S. 80 (mit Verweis auf verschiedene Friedensverträge in Fn. 31); Prott, HuV-I 6 (1993), S. 191, 193; Boguslavskij, IJCP 3 (1994), S. 243, 249. Vgl. auch Prott, Spoils of War, Nr. 1, 19.12.1995, S. 6, 7: Principle 6: „No time limits can be set.“ Siehe auch Bibas, IJCP 5 (1996), S. 73, 73 f., der die Anwendung von Verjährungsregeln auf Fälle, bei denen es sich um Diebstahl (in Friedenszeiten) etc. von Kulturgütern handelt, ganz ausschließen will. Vgl. auch Müller-Katzenburg, S. 92, die auf die Unverjährbarkeit von Herausgabeansprüchen nach der Konvention von 1970 hinweist; zu weiteren Verjährungsproblematiken auch im nationalen Recht vgl. Müller-Katzenburg, S. 333 ff. 109 Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 147, vgl. auch ibid., S. 100. 110 Williams, S. 19. 111 Marchisotto, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689, 699. 112 Ibid.
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
241
as long as works of art known to have been plundered during a war continue to be found.“113 Diese Ansicht der gänzlichen Nichtanwendbarkeit der Verjährungsvorschriften stützt sich neben den historischen Argumenten vornehmlich auf die Entstehungsgeschichte der HKSK nebst ihrem ersten Protokoll im Jahre 1954. Der Konventionsentwurf enthielt ursprünglich eine Rückgabevorschrift, die dann später aber im separaten ersten Protokoll in geänderter Fassung verabschiedet wurde. Diese ursprüngliche Rückgabevorschrift enthielt eine Zehnjahresfrist für die Stellung von Ansprüchen gegenüber dem letzten Besitzer.114 Der Kommentar zum UNESCO-Entwurf führte aus, dass die Frist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, an welchem der Anspruch gestellt werden könne.115 Dies wird regelmäßig der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Aufenthaltsortes des Kulturgutes sein. Der Entwurf des Protokolls enthielt noch immer die Verjährungsvorschrift.116 So auch ein Vorschlag des schweizer Delegierten, dieser legte die Frist jedoch auf nur fünf Jahre fest. Nach dem letztendlich verabschiedeten Text ist die Rückgabe von Kulturgütern ohne Bedingung durchzuführen.117 Norwegen schlug zuvor jedoch noch vor, in Art. I Ziff. 3 des ersten Protokolls zur HKSK einzufügen, dass die Rückgabe von Kulturgut „cannot, however, be required later than 20 years after the object has got into the hands of the present holder, this holder having acted in good faith in acquiring it“.118 Alle Vorschläge, eine Verjährungsfrist in die die Rückgabe bestimmende Vorschrift aufzunehmen, wurden von der Konferenz nicht angenommen. Daraufhin ratifizierte Norwegen das Protokoll nur unter einem gleichlautenden Vorbehalt.119 Eine Reihe von Staaten, darunter viele osteuropäische Staaten, Indien, Italien und die Niederlande, kommentierten diesen Vorbehalt negativ.120 Im Jahre 1979 widerrief Norwegen diesen Vorbehalt durch Verbalnote. Man könne daher feststellen, dass ein Anspruch auf Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern jederzeit gestellt werden könne.121 Zeitliche Beschränkungen würden nicht bestehen. 113
Hall, Dep’t St. Bull. 25 (1951), S. 337, 339. Abgedruckt bei Toman, S. 338. 115 Toman, S. 339. 116 Abgedruckt bei Toman, S. 340. 117 „Its return is unconditional.“ (Toman, S. 345). 118 Zitiert bei Toman, S. 345. 119 Toman, S. 345. 120 Ibid. 121 So Toman, S. 345 und 350 in En. 22; Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 79; Nahlik, RdC 120 (1967-I), S. 61, 100, 147; Frigo, S. 80; Prott, HuV-I 6 (1993), S. 191, 114
242
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Diese weite Ansicht verkennt jedoch, dass man von einer fehlenden Konsensfindung nicht auf einen Konsens schließen darf. Der Konsens liegt allenfalls im Dissens: Dass die teilnehmenden Staaten an der Konferenz zur Erstellung der HKSK sich nicht auf eine Verjährungsvorschrift einigen konnten, bedeutet nicht gleichzeitig, dass sie davon ausgingen, eine Verjährung derartiger Ansprüche sei nicht möglich. Norwegen wollte schlechthin die Verjährung nach zwanzig Jahren nach Inbesitznahme des letzten Besitzers eintreten lassen. Dies ließen die anderen Staaten nicht zu. Jedoch ist hier zu wenig Staatenpraxis und auch keine allgemeine opinio iuris hinsichtlich eines gänzlichen Verjährungsausschlusses erkennbar, als dass dadurch ein Gewohnheitsrechtssatz entstanden sein könnte. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Prüfung der subsidiär anwendbaren allgemeinen Rechtsgrundsätze122 ein anderes Ergebnis bringen. In den Rechtsordnungen der verschiedenen Staaten lässt sich kein Ausschluss der Verjährung in derartigen Fällen erkennen, denn diese machen bei den Verjährungsvorschriften keinen Unterschied zwischen der Verjährbarkeit von allgemeinen Restitutionsansprüchen und solchen auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachtes Kulturgut. Ganz im Gegenteil, in vielen Fällen wurden die Verjährungsvorschriften der verschiedenen Rechtsordnungen – teilweise erfolgreich123 – herangezogen, um Rückgabeansprüche auf Kulturgüter abzuwehren124. Ein dahingehender allgemeiner Rechtsgrundsatz liegt mithin nicht vor. 193; Kaye, in: Simpson, S. 100, 104 f., mit Verweis auf die Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg, in denen die Verjährungsregeln außer Betracht gelassen wurden, (für die Friedensverträge nach dem Zweiten Weltkrieg trifft dies aber nicht zu, vgl. Focarelli, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41, 42, mit Verweis auf den Friedensvertrag der Alliierten mit Italien von 1947, in welchem eine halbjährige Antragsfrist in Art. 75 Abs. 6 vereinbart war). A. A. Freytag, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 175, 199, die für eine Ausnahme von der Gültigkeit der Verjährungsregeln für die Rückgabe von Kulturgütern keine Notwendigkeit sieht. 122 Verdross/Simma, § 644. 123 So z. B. in Deweerth v. Baldinger, 658 F. Supp. 688 (S.D.N.Y. 1987), reversed 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987); 804 F. Supp. 539 (S.D.N.Y. 1992), reversed No. 93-7144, U.S. App. 1994 LEXIS 10850 (2nd Cir. 16 May 1994), amended opinion filed after petition for rehearing, U.S. App. 1994 LEXIS 29991 (2nd Cir. 27. October 1994). Vgl. auch den Fall vor dem Hoge Raad im Haag im Mai 1998: Wahrscheinlich ein sowjetischer Soldat hatte ein Gemälde von Jan van der Heyden aus der Dresdner Gemäldegalerie 1945 weggenommen. Der Freistaat Sachsen verlangte die Herausgabe, nachdem ein Russe einem Niederländer das Gemälde verkauft hatte. Die Herausgabe wurde ihm aber aus Verjährungserwägungen (30 Jahre in den Niederlanden) verweigert (SZ vom 9. Mai 1998, o. S., zitiert bei von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 333, Fn. 66).
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
243
Unter Hinweis auf neuere Entscheidungen, in welchen englische und amerikanische Gerichte den Niederlanden Kulturgüter zusprachen, die im Zweiten Weltkrieg weggenommen wurden, änderte Prott ihre anfängliche Meinung, Rückführungsansprüche nach Art. I Ziff. 3 des ersten Protokolls zur HKSK seien absolut unverjährbar125, dahingehend, dass „it can be argued that claims (. . .) are not prescribed in time“126. Die wohl herrschende Ansicht in der Völkerrechtslehre macht keine Unterschiede zwischen den Verjährungsregeln bezüglich der Ansprüche auf Rückgabe von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachtem Kulturgut und anderer Ansprüche. Danach kann jeder Anspruch verjähren.127 Für die hier besprochene Problematik helfen internationale Vereinbarungen des Friedensvölkerrechts über die Rückgabe von Kulturgütern, in welchen Verjährungsvorschriften enthalten sind, nicht weiter. Zwar lässt Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern128 eine Verjährung des Rückgabeanspruches ab Kenntnis des Ortes der Belegenheit und der Person des Eigentümers oder Besitzers zu. Das gleiche legt die UNIDROIT-Konvention von 1995129, in ihren Art. 3 Abs. 3 und 4 und Art. 5 Abs. 5 nieder. Allerdings bestimmen sowohl die Richtlinie 93/7/EWG des Rates130 als auch die UNIDROIT Convention 1995 in den genannten Artikeln auch weitere, absolute 124 Vgl. Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon, 536 F. Supp. 829 (E.D.N.Y. 1981), affirmed, 678 F.2d 1150 (1982); und Menzel v. List, 49 Misc.2d 300; 267 N.Y.S.2d 804 (Sup.Ct. N.Y.Co. 1966). Vgl. auch den Fall vor dem Londoner High Court (City of Gotha, Federal Republic of Germany/Sotheby’s and Cobert Finance S.A., Queen’s Bench Division, Urt. v. 9. September 1998, Case No. 1993 C. 3428 und Case No. 1997 G 185 [veröffentlicht in Carl, Michael H./Güttler, Herbert/ Siehr, Kurt, Kunstdiebstahl vor Gericht, Berlin, New York 2001, S. 78 ff.]), in welchem Judge Moses trotz der erhobenen Einrede der Verjährung die Restitution eines Gemäldes von Wtewael an die Stadt Gotha anordnete, dazu Franz, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 7, 7 ff.; Müller-Katzenburg, NJW 52 (1999), S. 2551, 2551, Fn. 2, und 2557; Crüwell, FAZ, 4. November 1998, S. 41; Finkenauer, JZ 55 (2000), S. 241, 241 ff.; Güttler, in: Carl/Güttler/Siehr, S. 7, 7 ff.; Carl, in: Carl/ Güttler/Siehr, S. 33, 33 ff.; zur Verjährung in diesem Zusammenhang vgl. Siehr, in: Carl/Güttler/Siehr, S. 53, 53 ff.; 125 Prott, HuV-I 6 (1993), S. 191, 193. 126 Prott, in: Legal Aspects of International Trade in Art, S. 163, 167, bezogen auf Art. I Ziff 3 des ersten Protokolls zur HKSK. 127 Vgl. statt aller Freytag, in: Fechner/Oppermann/Prott, S. 175, 199. 128 ABl. EG 1993 Nr. L 74, S. 74; vgl. auch § 10 Abs. 1 Satz 1 des diese Richtlinie umsetzenden Gesetzes (Kulturgutsicherungsgesetz/Kulturgüterrückgabegesetz; BGBl. 1998 I, S. 3162). Vgl. dazu Fuchs, IPRax 20 (2000), S. 281, 281 ff. 129 Abgedruckt in ILM 34 (1995), S. 1322 ff. 130 Art. 7.
244
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Verjährungsvorschriften (fünfzig bis fünfundsiebzig Jahre ab Zeitpunkt des Diebstahls bzw. der illegalen Ausfuhr).131 Eine völlig andere Regelung ist in Art. 6 der OAS Convention on the Protection of the Archeological, Historical and Artistic Heritage of the American Nations, verabschiedet in San Salvador am 16. Juni 1976132, enthalten. Dort wurde von den Vertragsparteien die Unverjährbarkeit der Rückgabeverlangen von illegal exportierten Kulturgütern vereinbart.133 Selbst das Friedensvölkerrecht kennt also keine einheitliche Regelung. Diese internationalen Vereinbarungen gelten jedoch nur für Friedenszeiten, denn sie sind Teil des Friedensvölkerrechts. Sie sind nicht anwendbar auf Kulturgüter, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden. Es kann nicht Aufgabe des Friedensvölkerrechts sein, die Folgen von Kriegsverbrechen durch Zeitablaufsvorschriften zu heilen. Deshalb ist davon auszugehen, dass aufgrund fehlender Staatenpraxis in diesem Bereich die allgemeinen völkerrechtlichen Verjährungsvorschriften gelten. Um jedoch nicht zu dem oben angesprochenen unbefriedigenden Ergebnis zu gelangen, dass Staaten Nutznießer der Taten von Kriegsverbrechern werden, ist es vertretbar, anzunehmen, dass die Verjährungsfrist für Rückgabeansprüche auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter erst mit der Kenntnis der Belegenheit des Kulturgutes durch den anspruchsberechtigten Staat zu laufen beginnt. Damit wäre sowohl dem Erfordernis der Gerechtigkeit und dem individuellen Eigentumsschutz als auch dem Erfordernis der Rechtssicherheit gedient, was unten noch weiter ausgeführt wird.134 2. Fahrlässigkeit Das Verstreichenlassen der Zeit bis zur Antragstellung, muss auf Fahrlässigkeit des anspruchsberechtigten Staates beruhen.135 Was die Fahrlässigkeit ausmacht, ist von Fall zu Fall zu ermitteln.136 Eine Fahrlässigkeit im Verstreichenlassen der Anspruchsstellung kann wohl dann nicht gesehen werden, wenn der Anspruchssteller gar nichts von 131 Die Konvention von 1970 enthält keine speziellen zeitlichen Begrenzungen für die Erhebung von Ansprüchen, jedoch kommen aufgrund der Implementierungen innerstaatliche Verjährungsvorschriften zum Tragen (Prott, ULR 1 (1996), S. 59, 66). 132 Abgedruckt in ILM 15 (1976), S. 1350 ff. 133 Art. 6: „The control exercised by each state over its cultural heritage and any actions that may be taken to reclaim items belonging to it are imprescriptible.“ 134 s. unten 4. Kap., Abschnitt C. I. 4. 135 Walter, S. 91; Rajasingham, IJIL 6 (1966), S. 45, 46; King, BYIL 15 (1934), S. 82, 88; Cheng, S. 381 ff. 136 King, BYIL 15 (1934), S. 82, 89.
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
245
seinem Recht weiß. Allerdings ist er gehalten, sich die Kenntnis zu verschaffen. Hätte der berechtigte Staat es wissen können, wo sich seine geraubten Kulturgüter befinden, so handelt er fahrlässig, wenn er keine Nachforschungen anstellt. Wie weit diese zu gehen haben, ist wieder eine Frage des Einzelfalles. Jedoch sind die entsprechenden Anforderungen in angemessenem Maße zu stellen. So könnte deutschen und den Behörden anderer europäischer Staaten im Streit um die sich in Russland befindenden Kulturgüter nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätten nichts dafür getan, herauszufinden, ob und wo sich die verbrachten Kulturgüter auf russischem Territorium befanden. Ein Zugang zu russischen Archiven war nicht gegeben. Diese Meinung vertritt selbst das russische Verfassungsgericht in seinem Beutekunst-Urteil vom 20. Juli 1999.137 Wird der Anspruch im Wege des diplomatischen Schutzes geltend gemacht, so soll es für eine Fahrlässigkeit nicht ausreichen, dass die staatlichen Behörden nichts für die Durchsetzung des Anspruches tun.138 3. Verjährungsfrist Eine feste Frist für die Verjährung gibt es im Völkerrecht nicht.139 Auch hier ist sie vom Einzelfall abhängig. In einigen bei Walter aufgeführten Fällen soll die Verjährung nach ca. 30 Jahren noch nicht eingetreten sein, wobei die Annahme eines Verjährungseintrittes allerdings an anderen Voraussetzungen schon scheiterte.140 Commissioner Little im Williams Case (1885) fasste es treffend zusammen: But in general we should say, where, all the evidence considered, it appears from long lapse of time and as a result thereof ordinarily to have been apprehended, that material facts including means of ascertainment pertaining to support or defence are lost, or so obscured as to leave the mind, intent on ascertaining the truth, reasonably in doubt about them, or in ‚danger of mistaking the truth‘, a basis for the presumption exists.141 137
Abgedruckt in deutscher Übersetzung in AVR 38 (2000), S. 85, 101 f. King, BYIL 15 (1934), S. 82, 88 f., in Bezug auf die Cayuga Indian Claims vor dem American and British Claims Arbitral Tribunal, 1910 (Nielsen’s Report, S. 330). 139 Williams Case, United States-Venezuelan Claims Commission, 1885, bei Moore, Int. Arb., Bd. 4, S. 4181, 4196. Vgl. auch die 1925 verabschiedeten Resolutionen des Institut de Droit International bezüglich der völkerrechtlichen Verjährung, nach deren Res. II feststehende Verjährungsfristen im Völkerrecht nicht existieren (Annuaire de l’Institut de Droit International 32 (1925), S. 558 ff.; abgedruckt auch bei Walter, S. 88, Fn. 16, und King, BYIL 15 (1934), S. 82, 96 f.). 140 Walter, S. 91 f., berichtet vom Fall des Schoners John vor der British-American Claims Commission, 1853 (Moore, Int. Arb., Bd. 4, S. 3793 ff.), und vom Giapocini-Fall (RIAA 10 (1974), S. 594 ff.). 138
246
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Little führte weiter aus, dass eine Zeitspanne von zwanzig Jahren als Verjährungsfrist, möglicherweise aufgrund der vielen internationalen Geschäfte sogar noch kürzer, angemessen sei.142 Diese Fristen sind jedoch zu kurz bemessen. Will man erreichen, dass dem sich Verteidigenden die Verteidigung ermöglicht sein sollte, dass also der Zugriff auf Zeugen und Beweismittel ihm noch immer möglich ist, so sollte mindestens die Zeitlänge einer Generation, also ca. dreißig Jahre, als Verjährungsfrist angesetzt werden. Gesichert ist nur die Annahme, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung (tort) schneller verjähren als jene aus Verträgen.143 4. Beginn der Verjährungsfrist Beginn der Verjährungsfrist ist bei völkerrechtlichen Delikten regelmäßig der Zeitpunkt der Begehung des Delikts, wäre hier also der Zeitpunkt der Wegnahme.144 Der Beginn der Verjährungsfrist könnte ein Korrektiv für das oben genannte unerwünschte Ergebnis bei Kriegsverbrechen darstellen.145 Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens könnte der Beginn der Verjährungsfrist erst zu dem Zeitpunkt eintreten, an welchem der anspruchsstellende Staat Kenntnis von der Belegenheit des weggenommenen Kulturgutes hat.146 Damit wäre beiden Seiten gedient: Zum einen wird der anspruchsberechtigte Staat nicht der Durchsetzbarkeit seines Anspruches beraubt, da der wegnehmende Staat sich nicht eines langen Zeitablaufes bedienen kann, um die Wegnahme zu legalisieren, in dem er die geraubten Kulturgüter verborgen hält. Zum anderen muss der wegnehmende Staat nach einem gewissen Zeitablauf nach Offenlegung des Besitzes der Kulturgüter nicht mehr mit 141
Moore, Int. Arb., Bd. 4, S. 4181, 4196. Ibid. 143 Fleischhauer, in: Strupp/Schlochauer, Bd. III, S. 509, 512. 144 Walter, S. 90. 145 Prott, RdC 217 (1989-V), S. 217, 260, sagt, dass die starren Verjährungsfristen in den nationalen Rechtsordnungen geradezu eine Einladung für den illegalen Handel mit Kulturgütern darstellen würden. 146 Dies war im Entwurf zur HKSK und zum ersten Protokoll zur HKSK enthalten (s. o.). So auch Gattini, IJCP 6 (1997), S. 81, 97: „(. . .) the time limitation should start only from the moment of the actual knowledge of the existence of the stolen object.“ Einen ähnlichen Vorschlag bringt Siehr, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 9, 10: „A time period does not run aslong as a claim cannot be brought because courts at the defendant’s place of residence are not accessible for the plaintiff.“ Auch dieser Vorschlag birgt ein faires Ergebnis in sich. Das russische Verfassungsgericht vertritt diese Ansicht in seinem Urteil vom 20. Juli 1999 zum Beutekunstgesetz, abgedruckt in deutscher Übersetzung in: AVR 38 (2000), S. 85, 101 f. 142
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
247
der Stellung eines Anspruches gegen ihn rechnen, womit Rechtssicherheit gewährleistet wäre. Zweitens wäre auch eine Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung bis zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme denkbar.147 Die Verjährungsfrist endet in jedem Falle mit Anspruchsstellung. Sie beginnt allerdings in einem „prozessrechtlichen Sinne“ dann wieder neu zu laufen.148 Ein Staat sollte nicht ewig mit der gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Geltendmachung des Anspruches rechnen müssen. 5. Geltendmachung Die Verjährung ist als Einrede nur dann vom entscheidenden Gericht bzw. Spruchkörper zu prüfen, wenn sie vom Gegner vorgetragen wurde.149 6. Zwischenergebnis Wie internationale Gerichte bei Vorliegen eines solchen Falles in diesem Bereich entscheiden werden, bleibt abzuwarten. Um die Verfolgungsmöglichkeiten von Kriegsverbrechen zu verbessern und der Durchsetzung der Sanktionen mehr Nachdruck zu verleihen, sollte die internationale Gemeinschaft das Prinzip der Unverjährbarkeit bestimmter Delikte ausdrücklich auch auf Rückgabeansprüche von in Kriegszeiten geraubten Kulturgütern ausdehnen.150 Insbesondere sollte dieses Prinzip auch zusätzlich auf private Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich angewandt werden.151 Ausreichenden Schutz erlangt man jedoch schon heute durch eine lockere Anwendung der 147 Ähnlich Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 543, mit Verweisen auf das internationale Privatrecht und das deutsche BGB. Sie zeigt auch innerstaatliche rechtliche Konstellationen auf, wann eine Verjährung unterbrochen ist (ibid.). Diese Rechtsgedanken könnten auch auf das Völkerrecht übertragen werden. 148 Vgl. King, BYIL 15 (1934), S. 82, 96: „ ‚Limitation‘ also is recognized as a ‚general rule of jurisprudence‘.“ Die Rechtsordnungen der common law-Länder sehen in ihren Statutes of Limitations vor, dass der Anspruchssteller seinen Anspruch in einem bestimmten Zeitrahmen gerichtlich geltend machen müsse, nachdem die Herausgabe durch den Besitzer verweigert wurde (Gattini, IJCP 6 (1997), S. 81, 94). Anderenfalls sei er verjährt (ibid.). 149 Res. V des Institut de Droit International (Annuaire de l’Institut de Droit International 32 (1925), S. 558 ff.; abgedruckt auch bei Walter, S. 88, Fn. 16 und King, BYIL 15 (1934), S. 82, 96 f.). 150 Zum Problem der deutschen Kulturgüter in Russland ist anzumerken, dass die dortige Existenz derselben erst Anfang der neunziger Jahre ans Tageslicht kam. Sofort danach wurde von offizieller deutscher Seite die Rückführung gefordert. Eine Verjährung wäre hier zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht denkbar. 151 Kaye, in: Legal Aspects of International Trade in Art, S. 217, 222 und 228.
248
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Fahrlässigkeitsvoraussetzung bzw. durch einen späten Verjährungsbeginn oder den Eintritt einer Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für den Rückführungsanspruch auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter die Verjährung nicht ausgeschlossen ist. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst mit Kenntnis der Belegenheit des betreffenden Kulturgutes und nicht schon mit Wegnahme.
II. Die Verwirkung Die völkerrechtliche Verwirkung152 entspringt dem Grundsatz von Treu und Glauben, im engeren Sinne ist sie dem venire contra factum proprium bzw. dem estoppel-Prinzip verwandt und geht teilweise in diesen Rechtinstituten auf.153 Setzt ein Staat zunächst den Rechtsschein, dass er bestimmte Rechte nicht geltend machen will, so kann er sich später nicht auf diese Rechte berufen, er hat sie verwirkt. Der andere Staat muss also darauf vertraut haben, dass eine Durchsetzung der Rechte nicht erfolgt.154 Wie bei der Verjährung ist ein bestimmter Zeitablauf zu fordern, hinzu kommen müssen jedoch bestimmte Umstände, nämlich einerseits das Verhalten des anspruchsberechtigten Staates und andererseits das darauf gestützte Vertrauen des verpflichteten Staates. Teilweise lassen sich Verjährung und Verwirkung nicht trennen. Dahm nimmt eine Unterscheidung dahingehend vor, dass die Verjährung für sehr lange Zeitabläufe gelten solle, die Verwirkung hingegen dann eingreife, sofern es sich um einen kürzeren Zeitraum handele, aber andere nach außen getretene Umstände hinzukämen, die einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätten.155 An den Vertrauenstatbestand, welcher vom berechtigten Staat geschaffen werden musste, sind einige Anforderungen zu stellen. So kann es u. U. für die Schaffung eines solchen Vertrauenstatbestandes ausreichen, wenn Kulturgüter, auf die Staat A gegen Staat B einen Anspruch auf Rückgabe hat, von Staat B an Staat A zum Zwecke einer Ausstellung überlassen werden und sodann von A an B zurückgegeben werden, ohne dass der Anspruch in irgendeiner Weise erwähnt wird.156 In einem solchen Fall sollte Staat A 152 Zur privatrechtlichen Verwirkung in verschiedenen Rechtsordnungen im Hinblick auf Fälle, die die Rückforderung von Kulturgütern betreffen, vgl. Müller-Katzenburg, NJW 52 (1999), S. 2551, 2556. 153 Vgl. Doehring, Festschrift für Seidl-Hohenveldern, S. 51, 51 f. 154 Vgl. dazu Dahm, Bd. 3, S. 171. 155 Dahm, Bd. 3, S. 172. 156 Vgl. dazu Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 141.
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
249
unbedingt im Leihvertrag zum Ausdruck bringen, dass zunächst die Leihgabe zum Zwecke der Ausstellung höher eingeschätzt wird als die Geltendmachung von Ansprüchen, diese sich aber vorbehalten wird. Damit wird klar gestellt, dass auf den Anspruch auch nicht verzichtet werden soll.157 Nach § 20 des Abwanderungsschutzgesetzes158 ist in der Bundesrepublik seit der Gesetzesänderung des Jahres 1998 die Gewährung freien Geleits für Kulturgüter rechtlich möglich.159 Voraussetzung ist aber stets, dass der berechtigte Staat seinen Anspruch kennt oder es durch relativ leichtes Nachforschen hätte wissen können, dass er einen Anspruch gegen einen bestimmten Staat hat. Ansonsten kann er keinen Rechtsschein dahingehend setzen, dass er diesen Anspruch nicht mehr geltend macht. Objektiv betrachtet, wird es in den Fällen, in welchen Ansprüche erst nach langer Zeit nach der Wegnahme geltend gemacht werden (können), schwierig werden, das Verhalten oder Nichtverhalten von Staaten unter eine der Kategorien Verjährung, Verwirkung und Verzicht durch schlüssiges Verhalten, oder acquiescence einzuordnen.160 Diese Rechtsinstitute greifen in einander über und lassen eine klare Abgrenzung gegeneinander kaum zu. Um jedoch gar nicht erst in die Verlegenheit zu geraten, einem der eben genannnten Einwände entgegentreten zu müssen, ist es daher stets ratsam, den Anspruch durch diplomatische Mittel frühstmöglich zu sichern.161
III. Die Ersitzung Der Einwand der Ersitzung (akquistitive Verjährung, acquisitive prescription) im Völkerrecht entspringt dem Grundsatz der Effektivität162 und findet Anerkennung als allgemeiner Rechtsgrundsatz163. In den meisten völkerrechtlichen Abhandlungen wird die Ersitzung in Verbindung mit Immo157
Siehe zum Verzicht 4. Kap., Abschnitt C. IV. BGBl. 1999 I, S. 1754. 159 Vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 160 Vgl. dazu Doehring, Festschrift für Seidl-Hohenveldern, S. 51, 51 f. 161 Zur Frage, wer sich auf die Verwirkung berufen darf, vgl. ibid., S. 51, 61. 162 Dazu vgl. Verdross/Simma, §§ 68 ff. Im Grisbadarna Fall zwischen Norwegen und Schweden im Jahre 1909 wurde die Zuweisung der Grisbadarna Banks an Schweden auf das völkerrechtliche Prinzip gestützt, dass ein Zustand, der anhält und schon für eine lange Zeit angehalten hat, so wenig wie möglich verändert werden sollte (vgl. Kaiser, EPIL Inst. 2 (1981), S. 124, 124). 163 I. S. v. Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGH-Statut. Vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 365; Seidl-Hohenveldern/Stein, Rz. 471. 158
250
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
bilien, d. h. Staatsgebiet, besprochen. Jedoch ist auch die völkerrechtliche Ersitzung von Mobiliar, so wie im nationalen Recht, möglich.164 Durch Ersitzung wird ein Titel durch Zeitablauf erworben.165 Erste Voraussetzung der Wirksamkeit der Ersitzung ist die dauernde, friedliche und effektive Okkupation eines Landgebietes im Falle der Immobilien oder die dauernde, friedliche und effektive Besitzausübung im Falle von Mobilien. Hinzukommen muss in beiden Fällen die Überzeugung, das zu Ersitzende sich auch aneignen zu wollen.166 Des Weiteren darf kein Einwand bzw. Protest gegen die Okkupation oder Besitzausübung seitens eines anderen Staates erhoben worden sein (d. h. es darf kein acquiescence vorliegen). Daraus ergibt sich auch, dass die Okkupation bzw. Besitzausübung öffentlich167 erfolgen muss: Andernfalls bekommt ein Staat keine Gelegenheit 164 Brownlie, Principles, S. 153; so wohl auch Rumpf, ZfTS 6 (1993), S. 287, 291. A maiore ad minus sei sie auch auf andere als immobile Vermögensgegenstände anwendbar, Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 140. A. A. Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 29, Fn. 24, erstaunlicher Weise mit Verweis auf Doehring, ibid. A. A. auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 333, die fehlende Staatenpraxis in Bezug auf die Ersitzung von Kulturgütern als Grund für eine Nichtanwendung der Ersitzungsregeln auf Kulturgüter nennt. 165 Das Zeitmoment will Łaski, PYIL 23 (1997/1998), S. 219, 227, nicht als Voraussetzung für eine Ersitzung anerkennen. Ihm kommt es lediglich auf die effektive Ausübung von staatlicher Gewalt oder die Ausübung von souveränen Rechten in eigener Angelegenheit in einer andauernden und ungestörten Art und Weise an (ibid.). 166 Verdross/Simma, § 1162. 167 So auch erstaunlicher Weise das Urteil des russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999 zum Beutekunstgesetz, AVR 38 (2000), S. 85, 97 f. (Urteilsgrund 7): „Eine unerläßliche Voraussetzung für den Erwerb des Eigentumsrechts an einer herrenlosen Sache durch Ersitzung (akquisitive Verjährung) ist der gutgläubige offene Besitz, ohne den die legitimen Rechte und Interessen des Eigentümers nicht garantiert werden können, wie dies in der Verfassung der Russischen Föderation, u. a. in den Artikeln 8 (Absatz 2), 17, 35, 45 (Absatz 1) und 46 vorgesehen ist. Die sich im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindenden verbrachten Kulturgüter, darunter auch solche, deren staatliche Zugehörigkeit ungeklärt ist, wurden indessen bis vor kurzem in der Regel in geschlossenen Magazinen von Museen und anderen Kultureinrichtungen aufbewahrt. Darunter können Gegenstände sein, welche Eigentum der betroffenen Staaten und anderer rechtmäßiger Eigentümer waren, die berechtigt sind, deren Rückgabe zu fordern. Dies macht es erforderlich, eine vollständige Liste der sich im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation befindenden verbrachten Kulturgüter, deren staatliche Zugehörigkeit ungeklärt ist, aufzustellen, sie zu beschreiben und sicherzustellen, dass die entsprechenden Informationen zur allgemeinen Kenntnisnahme zugänglich sind. Diejenigen Subjekte, die auf Grund dieses Gesetzes unter Berücksichtigung seines in diesem Urteil festgestellten Sinnes einen Anspruch auf Rückgabe der ihnen rechtmäßig gehörenden Kulturgüter geltend machen können, müssen die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche innerhalb einer vernünftigen Frist in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren anzumelden. Bis zum
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
251
acquiescence ausüben.168 Acquiescence bedeutet hier bewusste Widerspruchslosigkeit.169 Restitutionen von unbeweglichen Kulturgütern nach einem Krieg sind äußerst selten, sie stehen wenn, dann im Zusammenhang mit der Rückgabe von besetzten Gebieten. Aus diesem Grunde wird hier nur die Ersitzung mobiler Kulturgüter vertieft. 1. Zeitraum Befinden sich nun Kulturgüter über einen längeren Zeitraum in einem Staat, liegt es nahe, dass dieser Staat bei Forderungen aus anderen Staaten auf die Rückgabe dieser Objekte den Einwand der Ersitzung geltend macht. Ohne Zweifel mag Ersitzung vorliegen, wenn die Kulturgüter sich seit „immemorial times“ auf dem Staatsgebiet befinden, d. h. der Ursprung oder Grund des Besitzes nicht mehr nachweisbar ist und der besitzende Staat sie als sein Eigentum ansieht.170 Schwierig wird die Beurteilung des Eigentums, wenn zwar acquiescence vorliegt, jedoch noch kein eindeutiger, langer Zeitraum seit der Besitzerlangung des unmittelbar besitzenden Staates verstrichen ist. Die Frage der Länge des Zeitraumes ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Field schlug 1872 einen Zeitraum von 50 Jahren vor.171 Der gleiche Zeitraum war ausschlaggebend im Schiedsvertrag vom 2. Februar 1897 zwischen Großbritannien (British Guayana) und Venezuela.172 Grotius sah noch einen Zeitraum, der das Gedächtnis des Menschen übersteigt, als notwendig an, 100 Jahre oder mehr seien dafür nötig.173 Dem IGH reichten 60 (protestfreie) Jahre im britisch-norwegischen Fischereistreit, um Norwegen ausschließliche Rechte bezüglich der Ausübung von Staatsgewalt im Küstenmeer zuzuerkennen.174 In den vorliegenden Fällen ging es um die Ersitzung von ImmoAbschluss dieser Arbeiten kann die Frage der Zuordnung sogenannter herrenloser verbrachter Kulturgüter zum föderalen Eigentum nicht geklärt werden.“ 168 Zur Diskusion, ob der Besitz gar notifiziert werden muss oder ob einfache offene Besitzausübung ausreicht, siehe Belgrad, S. 64 ff. m. w. N. 169 Vgl. Johnson, BYIL 27 (1950), S. 332, 347. 170 Vgl. Brownlie, Principles, S. 154; Ipsen/Gloria, § 23, Rz. 58. 171 Field, Outlines of an International Code (1872), § 52 (zitiert in Brownlie, Principles, S. 158). 172 Art. IV lit. a; vgl. Belgrad, S. 100. Der ganze Vertrag ist abgedruckt bei de Martens, NRG 2e sér., Bd. 28, S. 328 ff. 173 Grotius, De jure belli ac pacis, 2. Buch, Kapitel 4, Abschnitt VII. (Klassiker des Völkerrechts, Bd. 1, 1950, S. 168). 174 ICJ Rep. 1951, S. 116, 138. Dieser Zeitraum wurde auch im Alaskan boundary dispute veranschlagt (RIAA 15 (1966), S. 485).
252
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
bilien.175 Es stellt sich daher die Frage, ob bei Mobilien – wie im innerstaatlichen Recht176 – ein kürzerer Zeitraum ausreicht. Jedoch auch hier muss es bei der Einzelfallbetrachtung bleiben, um zu für alle Beteiligten gerechten Ergebnissen zu gelangen. Fraglich ist allerdings, ob Kulturgüter einen anderen Stellenwert als sonstige bewegliche Sachen, wie z. B. solche aus geplünderten öffentlichen Einrichtungen oder sonstiges Privateigentum177, einnehmen würden, da sie auch während der Kampfhandlungen besonders behandelt werden. Grund der Sonderbehandlung im Krieg ist das internationale Bewusstsein, dass Kulturgüter als Ergebnis kultureller und traditioneller Betätigung eines Volkes nicht nur für die jetzt lebende Generation, sondern auch für die nachfolgenden Generationen von überragender Bedeutung sind. Sie stellen das Bindeglied zwischen Heute und Damals dar. Eine kurze Ersitzungsfrist könnte hier nun die jahrhundertelange Entwicklung des Kulturgüterschutzes im Kriege zunichte machen, wenn schon nach ein paar Jahren ein Eigentumsübergang durch Ersitzung eintreten würde. Man denke nur an die vorrangigen Probleme eines Staates nach einem Krieg. Zeit zur Suche nach verlorengegangenen Kunstwerken bleibt in den ersten Jahren nach Kriegsende kaum. Demnach ist für Kulturgüter auch für die Ersitzungsfrist eine Sonderstellung gerechtfertigt. Ein angemessenes Maß würde zwischen den durchschnittlichen Fristen für bewegliche und unbewegliche Sachen liegen, also ca. bei 30–40 Jahren. Nach Tomans Ansicht gibt es für die Möglichkeit von Restitutionsverlangen in Bezug auf Kulturgüter überhaupt keine zeitlichen Begrenzungen.178 Demnach dürfte nach seiner Ansicht eine Ersitzung nicht möglich sein. Allerdings bezieht sich sein Argument speziell auf das erste Protokoll zur HKSK von 1954, in dem für Restitutionsanprüche keinerlei zeitliche Begrenzungen zu finden sind.179 175
Weitere Beispiele liefert Fleischhauer, EPIL Inst. 10 (1987), S. 327, 328 f. In der Bundesrepublik 10 Jahre, vgl. § 937 BGB, in der Schweiz 5 Jahre, vgl. Art. 728 ZGB. 177 Vgl. Artt. 28, 46, 53 Abs. 2, 56 HLKO. 178 Toman, S. 345; vgl. auch Mußgnug, in: Reichelt, S. 141, 145, der öffentlichund privatrechtliche Vorschriften fordert, die die Ersitzung von Kulturgütern verhindern. 179 Toman, S. 345. Ein Vorschlag des Delegierten aus Norwegen, eine zeitliche Grenze von 20 Jahren für Ansprüche einzuführen, die sich gegen einen gutgläubigen Besitzer richten, wurde von der Konferenz abgelehnt. Als Norwegen später das Protokoll unterschrieb, legte es einen Vorbehalt mit entsprechendem Inhalt ein, den es aber unter dem Druck mehrerer anderer Staaten wieder zurücknahm. Auffallend ist, dass die protestierenden Staaten die zeitliche Begrenzung selbst bei gutgläubigem Erwerb verhindern wollten. Aus heutiger Sicht mutet dies eher befremdlich an, da die meisten modernen Kulturgüterschutzverträge zeitliche Begrenzungen für die Anspruchsstellung beinhalten. s. dazu schon oben, 4. Kap., Abschnitt C. I. 176
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
253
In jedem Falle aber stellt dann die Einzelfallregelung bezüglich des Zeitraumes, wie Brownlie richtig anmerkt, eigentlich eine Eliminierung dieses Merkmals als eine spezielle Voraussetzung für die Ersitzung dar.180 2. Gutgläubigkeit des Ersitzenden Umstritten ist auch die Frage, ob der ersitzende Staat gutgläubig sein muss. Ursprünglich stammt das Rechtsinstitut der Ersitzung aus dem römischen Recht. Voraussetzung der uso capio war auch die Gutgläubigkeit des Ersitzenden181, so wie heute auch im nationalen Recht182. Versteht man die völkerechtliche Ersitzung jedoch als korrigierendes Institut im Dienste der Rechtssicherheit, so ist eine Forderung nach gutem Glauben bei Besitzerwerb abzulehnen.183 Ein ursprünglich widerrechtlicher Erwerb von Gebiet oder Sachen wäre somit durch die Ersitzung zu heilen.184 3. Ersitzung und Gewaltverbot Problematisch ist im modernen Völkerrecht die Zulässigkeit der Ersitzung bei Verletzung des Gewaltverbots. Annexionen sind völkerrechtlich durch das Gewaltverbot185 (Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta) verboten. Damit ist die Ersitzung unbeweglicher und beweglicher Kulturgüter auf dem annektierten Gebiet nicht zulässig, da sie eine Legitimierung der Annexion zur Folge haben würde. Eine Untergrabung des Gewaltverbotes darf nicht stattfinden. Kulturgüter, die aufgrund einer Annexion in den Besitz eines Staates gekommen sind, können somit nicht von diesem Staat ersessen werden. Ferner müsste das Gewaltverbot überlagernd gelten, wenn Kulturgüter in heuti180
Brownlie, Principles, S. 158. Brownlie, Principles, S. 154. 182 Vgl. § 937 Abs. 2 BGB; § 728 Abs. 1 des schweizerischen ZGB, Artt. 2279 i. V. m. 2268 und 2262 C. c. f. Den common law-Rechtsräumen ist das Institut der Erstizung fremd (Knott, S. 78), jedoch ist eine deliktische Herausgabeklage in den meisten U.S. Bundesstaaten möglich (Lousiana hat eine dreijährige Ersitzungsfrist bei gutem Glauben (Civil Code §§ 3446, 3490 f.)). Diese Herausgabeklagen unterliegen jedoch der Verjährung (vgl. Siehr, in: Reichelt, S. 41, 47 ff.). Die adverse possession, die der Ersitzung ähnelt, ist auf Immobilien beschränkt. Es wird kein guter Glauben des Besitzers erfordert, jedoch wird sein Verhalten an gewissen ethischen Standards gemessen (Siehr, in: Reichelt, S. 41, 49 f.). 183 So Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 140. 184 Vgl. Ipsen/Gloria, § 23, Rz. 59. Dies gilt nicht für das moderne Völkerrecht. 185 Vgl. zu Inhalt und Umfang des Gewaltverbotes Randelzhofer, in: Simma, Art. 2 Ziff. 4, Rz. 13 ff. 181
254
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
gen Kriegen geraubt, geplündert oder beschlagnahmt werden. Eine Legitimierung dieses widerrechtlichen Erwerbs durch Ersitzung würde erneut gegen das Gewaltverbot verstoßen.186 Zweifelhaft ist dieses Ergebnis jedoch dann, wenn Kulturgüter zwar widerrechtlich im Krieg erworben wurden, aber später an dritte Staaten oder an Staatsangehörige dritter Staaten verkauft oder anderweitig veräußert wurden. Ob das Gewaltverbot auch hier noch die Ersitzung des Dritten nicht zulässt, ist äußerst fraglich. In diesem Falle würde die Ersitzung nicht das Gewaltverbot untergraben, sondern lediglich die Übertragung der Kulturgüter legitimieren. Die Regeln der Ersitzung gelten auch hier. Aufgrund der Öffentlichkeitsvoraussetzung bekommt der Eigentümerstaat die Möglichkeit, die Ersitzung durch Herausgabeverlangen und Protest zu verhindern. Ferner hat der Herkunftsstaat die Möglichkeit, den widerrechtlich handelnden Staat völkerrechtlich haftbar zu machen und Schadenersatz zu verlangen. 4. Unterbrechung der Ersitzung Die Ersitzung kann durch bewaffnete Intervention187, durch das Bringen der Sache vor ein internationales Gericht, Schiedsgericht oder Einrichtungen der UN unterbrochen werden.188 Ob einfacher Protest auch dafür ausreicht, erscheint dann zweifelhaft, sofern er nicht von Zeit zu Zeit wiederholt oder durch andere Faktoren unterstützt wird.189 5. Abgrenzung zur Verjährung Sowohl bei der Ersitzung als auch bei der Verjährung erlöschen alte und werden neue Titel durch Zeitablauf begründet. Trotzdem unterscheiden sich die beiden Rechtsinstitute deutlich voneinander. Die Ersitzung lässt einen Titel durch eine längere Übung, nämlich die Ausübung von tatsächlicher Sachherrschaft, entstehen, ohne dass jedoch die Überzeugung beim Titelerwerber bestehen muss, diese Übung sei rechtmäßig.190 Demgegenüber vernichtet die Verjährung einen rechtmäßigen Titel durch Zeitablauf.191 186
So auch Ipsen/Gloria, § 23, Rz. 63. Diese ist aber nur in den seltensten Fällen zulässig. Hinsichtlich einer drohenden Ersitzung von Kulturgütern ist sie wohl abzulehnen. 188 Fleischhauer, EPIL Inst. 10 (1987), S. 327, 329. 189 Ibid. Z. B. durch Repressalien und Retorsionen, Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 140 f.; Verdross/Simma, § 667 a. E. 190 Seidl-Hohenveldern/Stein, Rz. 471. 191 Ibid. 187
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
255
IV. Verzicht192 Hat der berechtigte Staat einseitig auf seinen Anspruch verzichtet, kann ihm dies entgegengehalten werden, sofern er dennoch die Erfüllung der Wiedergutmachungspflicht verlangt.193 Ein Verzicht lässt den Anspruch untergehen.194 Voraussetzungen sind die Verzichtsfähigkeit, d. h. subjektiv muss das Völkerrechtssubjekt handlungsfähig sein, objektiv muss das Recht verzichtbar sein195; es müssen ein Verzichtswille und eine Verzichtsklärung vorliegen. Der Verzicht kann ausdrücklich196 oder schlüssig197 erklärt werden. Auch ein stillschweigender Verzicht kommt in Betracht, sofern die Voraussetzungen des acquiescence (qualifiziertes Stillschweigen) vorliegen.198 Dies ist dann der Fall, sofern der Staat, dessen Rechte betroffen sind, den Sachverhalt kannte, wobei Offenkundigkeit genügen soll.199 Daraufhin muss ein widerspruchsloses Hinnehmen der Rechtsbeeinträchtigung über einen gewissen längeren Zeitraum200 folgen, obwohl mit einem Protest o. ä. gerechnet werden konnte. Im Unterlassen des Protestes wird also eine Zustimmung gesehen.201 Jedoch müssen die Anhaltspunkte deutlich vor Augen liegen, da ein Verzicht niemals vermutet werden kann.202 So kann z. B. ein Verzicht durch Stillschweigen der Bundesrepublik gegenüber Russland hinsichtlich der Kulturgüter, die in ehemals westdeutsche 192 Die von Pfluger, S. 274 ff., aufgezeigte Funktion des Verzichts als Verjährungsersatz dürfte mittlerweile überholt sein. Vgl. dazu auch zweifelnd Tommassi di Vignano, S. 96 ff. Zu Fragen der dem Verzicht ähnlichen Eigentumsaufgabe vgl. auch Jenschke, Spoils of War, Special Edition, November 2001, S. 61 ff. 193 Eine eingehende Untersuchung des völkerrechtlichen Verzichts mit vielen Beispielen aus der Staatenpraxis findet sich bei Randelzhofer/Dörr, S. 61 ff., insb. S. 78 ff. 194 Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 18, Rz. 16. Ein ausdrücklicher Verzicht auf bestimmte Kulturgüter durch Österreich bzw. Italien gegenüber dem jeweils anderen Staat findet sich in Art. 3 der Convention spéciale afin de résoudre les controverses relatives au patrimoine historiquie et artistique de l’ancienne Monachie austro-hongroise; Wien, 4. Mai 1920, nebst diplomatischen Noten, zwischen Österreich und Italien, abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Band 19, S. 682 ff.). 195 Engelhardt, in: Strupp/Schlochauer, Bd. III, S. 587, 587. 196 Vgl. die vielen Beispiele bei Randelzhofer/Dörr, S. 78 ff. 197 Verdross/Simma, § 668 m. w. N. in Fn. 24. 198 Engelhardt, in: Strupp/Schlochauer, Bd. III, S. 587, 587. 199 Partsch, in: Strupp/Schlochauer, Bd. III, S. 391, 391. 200 Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 49, nimmt einen Zeitraum von mindestens 50 Jahren ab Kenntnis der neuen Besitzverhältnisse an, ohne dies zu begründen. 201 Ipsen/Heintschel von Heinegg, § 18, Rz. 14 unter Hinweis auf ICJ Rep. 1951, S. 116 ff. (British-Norwegian Fisheries Case). 202 ICJ Rep. 1957, S. 3, 26 (Norwegian Loans); Berber, Völkerrecht, Band I, S. 439.
256
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Museen und Bibliotheken gehören, seitens Deutschlands nicht vorliegen, da die westdeutschen Behörden vom Verbleib der verbrachten Kulturgüter nichts wussten. Gattini stellt allerdings die Frage, ob ein Verzicht durch qualifiziertes Schweigen hinsichtlich der ehemals ostdeutschen Kulturgüter in Betracht käme.203 Diese Ansicht ist gut vertretbar im Hinblick auf die Argumente, dass ab spätestens 1972 der Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik obsolet geworden und dass es unbeachtlich sei, aus welchen Gründen ein Staat keinen Protest einlegt, auch dann nicht, wenn dieses Verhalten nur die guten Beziehungen zu einem Verbündeten nicht stören soll204. Jedoch ist bei der Betrachtung dieses Problems schon zu einem viel früheren Zeitpunkt anzusetzen: Die meisten Kulturgüter wurden aus Deutschland in die Sowjetunion verbracht, als die Staaten Bundesrepublik und DDR noch nicht gegründet waren. D. h. der Wiedergutmachungsanspruch stand zunächst allein dem Deutschen Reich zu. In den folgenden Jahren verstand sich aber nur die Bundesrepublik als identisch mit dem Deutschen Reich.205 Die DDR lehnte eine Identität ab 1952 ab.206 Sie verstand sich vielmehr als Nachfolgestaat des Deutschen Reiches, das durch die bedingungslose Kapitulation vom 8. Mai 1945 untergegangen sein soll.207 Damit sei auch das Aktivvermögen übergegangen.208 Jedoch ist ein 203
Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 79 f. In Fn. 41 belegt Gattini dies mit dem Fall des Schatzes des Priamos, welcher durch Prof. Unverzagt, dem damaligen Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, der musealen Heimat des Schatzes, den russischem Truppen im Mai 1945 übergeben wurde. Bei den Kulturgutrückführungen der Sowjetunion in den späten fünfziger Jahren an die DDR wurden seitens der DDR diese Kisten nicht als fehlend gemeldet, obwohl Unverzagt über das Fehlen genauestens Bescheid wusste. Gattini führt weiter an, dass es ein bloßer Zufall sein könne, dass Unverzagt ein Jahr später mit hohen DDR-Auszeichnungen bedacht wurde. Dies passe alles zusammen und könne ein Bild ergeben, welches einen Verzicht durch qualifiziertes Schweigen darstelle. Gattini übersieht hierbei allerdings, dass es sich bei dem Schatz des Priamos um Kulturgüter handelt, die aus einem Museum stammen, welches sich innerhalb der späteren Grenzen West-Berlins befand, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte im Gropiusbau an der damaligen Prinz-Albrecht-Straße. Zwar lag es direkt an der Sektorengrenze, jedoch im Westteil der Stadt (vgl. dazu Kühnel-Kunze, S. 141 f.). Es kommt hinzu, dass diese Kulturgüter aus dem Flakturm am Zoo, welcher sich ebenfalls in den späteren Westsektoren befand, von den sowjetischen Truppen abtransportiert wurden (vgl. zum Sachverhalt Unverzagt, JPK 25 (1988), S. 313, 348). Die DDR-Regierung konnte daher gar nicht wirksam auf den Anspruch auf diese Kulturgüter verzichten. Sie war nicht Inhaberin des Anspruches. 204 Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 80. 205 Zu den verschiedensten Theorien zur Rechtslage Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg vgl. den Überblick bei Thum, S. 51 ff. 206 Thum, S. 76 m. w. N. 207 Vgl. das Rechtsgutachten des Obersten Gerichts der DDR vom 20. August 1980 (abgedruckt in: ROW 28 (1984), S. 300, 301 f.) zu Fragen der Rechtsnachfolge in das Eigentum an Kulturgütern.
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
257
Verzicht der DDR auf die Geltendmachung der Rückforderung der widerrechtlich verbrachten Kulturgüter nach dem Grundsatz, dass man nur über die Rechte verfügen kann, die man auch innehat, ausgeschlossen. Bei diesen Ansprüchen handelt es sich um Wiedergutmachungsansprüche, die höchstpersönlicher Natur sind. Sie stehen und fallen mit der Existenz des anspruchsinhabenden Staates. Ein Übergang im Wege der Staatennachfolge ist ausgeschlossen.209 Im vorliegenden Fall können sie also nur dem Staat zustehen, der identisch mit dem Deutschen Reich ist. Dies war und ist die Bundesrepublik Deutschland. Ein Verzicht kann zwar von Gegenleistungen abhängig gemacht werden210, muss aber ohne Zwang erklärt worden sein.211 Diese Erklärung kann ein Staat nicht nur in Bezug auf eigene, sondern auch auf Ansprüche seiner Staatsangehörigen abgeben. Als Beispiel für einen solchen Verzicht kann der Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich vom 15. Mai 1955212 angeführt werden. In Art. 23 Abs. III und Art. 24 verzichtet Österreich auf eigene und auf Ansprüche seiner Staatsangehörigen gegenüber Deutschland und den Alliierten.213 Vgl. hierzu einen Fall vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof bezüglich einer Handschrift, die im Zweiten Weltkrieg aus der Universitätsbibliothek Graz ausgelagert und sodann geplündert wurde. Später gelangte die Handschrift wieder nach Österreich, wurde beschlagnahmt und von der Importeurin wieder herausverlangt. Nach dem OGH-Urteil vom 14. April 1999214 ist das Eigentum des Staates an der Handschrift durch die Verzichtserklärung in Art. 24 des Staatsvertrages derelinquiert. Nach der zustimmungswürdigen Ansicht Seidl-Hohenvelderns215 kann sich der Verzicht jedoch nur auf Ansprüche aus acta iure imperii erstrecken. Privathandlungen und völkerrechtswidrige Akte wie Plünderungen fallen nicht darunter.216 Ferner zeige ein Vergleich mit Art. 3 Abs. 2 des IX. Teils des Überleitungsvertrages Deutschlands mit den West-Alliierten, in welchem ein fast identischer Verzicht erklärt werde, dass sich der Verzicht nur auf acta iure imperii und nicht auch auf Ansprüche aus der Plünderung von Kulturgütern 208
Ibid. Verdross/Simma, § 1016. 210 Engelhardt, in: Strupp/Schlochauer, Bd. III, S. 587, 587. 211 Pfluger, S. 269. 212 UNTS 217, S. 223 ff.; Berber, Dokumentensammlung, S. 2227 ff. 213 Eingehend zu dieser Problematik in Hinblick auf Entschädigungsansprüche von ehemaligen Zwangsarbeitern im Deutschen Reich, Randelzhofer/Dörr, S. 74 ff. 214 Az. 7 Ob 68/99 x, abgedruckt in IPRax 20 (2000), S. 312, Nr. 27. 215 IPRax 20 (2000), S. 321, 322. 216 Ibid. 209
258
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
beziehen könne.217 Bezüglich des Überleitungsvertrages sei eine solche Auslegung nie vorgenommen worden.218 Als Beispiel aus der völkerrechtlichen Praxis für eine Verzichtserklärung in diesem Zusammenhang kann der Verzicht Polens auf weitere Reparationszahlungen seitens „Deutschland“ genannt werden. Zunächst hat die Sowjetunion 1953 „im Einvernehmen mit der Polnischen Volksrepublik“ die Erhebung von Reparationszahlungen eingestellt.219 Dies stellt einen materiellen Verzicht dar220, welcher von Polen später bestätigt wurde221. Im Zuge der Verabschiedungen der Ostverträge hat Polen gegenüber der Bundesrepublik erklärt, dass dieser Verzicht gegenüber Deutschland als Ganzem gilt.222 Abschluss fand diese Entwicklung im Zwei-Plus-Vier-Vertrag als Ersatz für einen Friedensvertrag.223, 224 217
Ibid., S. 323. Ibid. 219 Art. I des Vertrages der UdSSR mit der DDR vom 22. August 1953: „Die Sowjetregierung stellt im Einvernehmen mit der Regierung der Polnischen Volksrepublik [hinsichtlich ihres Anteils an den Reparationszahlungen, d.V.] ab 1. Januar 1954 die Erhebung der Reparationszahlungen der Deutschen Demokratischen Republik sowohl in Form von Warenlieferungen als auch in jeder anderen Form völlig ein. Der Deutschen Demokratischen Republik wird somit erlassen die Bezahlung der nach dem 1. Januar 1954 noch übriggebliebenen Reparationssumme, die entsprechend der Erklärung der Sowjetregierung vom 15. Mai 1950 über Reduzierung der Reparationsleistungen Deutschlands an die Sowjetunion 2.537.000.000 Dollar in Weltpreisen des Jahres 1938 beträgt.“ (Abgedruckt bei Eichhorn, S. 133 ff.). Gattini, EJIL 7 (1996), S. 67, 86, folgert daraus, dass nunmehr Russland im Verhältnis zu Deutschland keinen Anspruch mehr auf restitution in kind habe. Er qualifiziert allerdings die restitution in kind als reine Reparation. 220 Eichhorn, S. 134; Rumpf, ZaöRV (1973), S. 344, 351; Frowein/Zimmermann, S. 22. 221 „Mit Rücksicht darauf, dass Deutschland seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Reparationen bereits in bedeutendem Maße nachgekommen ist, (. . .) hat die Regierung der Volksrepublik Polen den Beschluss gefasst, mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf die Zahlung von Reparationen an Polen zu verzichten, (. . .)“; (abgedruckt bei Eichhorn, S. 134; vgl. auch EA 8 (1953), S. 5981). 222 Amtliches Kommuniqué der Bundesregierung zum Vertrag mit der Volksrepublik Polen (Bull. BReg vom 8. Dezember 1970, Nr. 171, S. 1818, 1819); BVerfGE 40, S. 141, 169. Beschränkt wurde der Verzicht nach polnischer Auffassung nur insofern, als dass Schäden natürlicher Personen durch KZ-Aufenthalte und Zwangsarbeit nicht darunter fallen sollten (Rumpf, ZaöRV 33 (1973), S. 344, 351; anders Randelzhofer/Dörr, S. 74, die einen allumfassenden Verzicht Polens annehmen). 223 d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 24; Rauschning, DVBl. 105 (1990), S. 1275, 1279. 224 Den Zwei-Plus-Vier-Vertrag jedoch als Verzicht der Bundesrepublik auf die Rückführung von im und nach dem Zweiten Weltkrieg verbrachten Kulturgütern auslegen zu wollen, kann nicht überzeugen (so aber Stephens, Houston J. Int’l L. 18 218
C. Auf Zeitablauf beruhende Einwände
259
Nach dem deutschen Wortlaut der polnischen Erklärung wäre hier jedoch zu differenzieren: Zwar wurde von Polen auf deutsche Reparationsleistungen verzichtet, nicht jedoch auf Restitutionen, die als rechtlich verschieden von Reparationen zu qualifizieren sind.225 Besondere Schwierigkeiten würde diese Differenzierung bei der restitution in kind, die wie oben dargestellt226 eine Zwitterstellung zwischen Restitution und Reparation einnimmt, bereiten. Betrachtet man hingegen den polnischen Text der Erklärung227, so erhält man ein anderes Bild: Darin wird der Gegenstand der Verzichtserklärung mit dem polnischen Wort „odszkodowan“ bezeichnet, welches mit Entschädigung, Vergütung, Schadenersatz bzw. Wiedergutmachung übersetzt werden kann.228 Randelzhofer/Dörr haben bereits eine eingehende Untersuchung der verschiedenen in Frage kommenden polnischen Wörter für Reparation etc. vorgenommen, so dass auf diese Untersuchung hier verwiesen sei.229 Sie kommen zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem seitens Polen benutzten Begriff um einen weiten Oberbegriff handelt, der u. a. auch Wiedergutmachungsansprüche umfasst. Darunter fallen mithin auch Restitutionsansprüche und eventuelle Ansprüche auf die Aufnahme von Verhandlungen über restitutions in kind. Auch die gemeinsame Erklärung der beiden deutschen Staaten zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990230 stellt keinen Verzicht der Bundesrepublik in Bezug auf die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen von Kulturgütern dar.231 Es ist klar, dass sich diese Erklärung lediglich auf Akte der sowjetischen Besatzungsbehörden hinsichtlich der Bodenreform bezog.232 Darunter fallen das in den neuen Bundesländern ge(1995), S. 59, 100 mit Verweis auf Jeffress, Yale L. J. 101 (1991/1992), S. 527, 540, die aber richtigerweise von den sowjetischen Enteignungen nach 1945 im Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone spricht, worunter die Kulturgutverbringungen nicht fallen). Zum Verzicht der Bundesrepublik im Überleitungsvertrag auf Ansprüche gegen die drei westlichen Alliierten vgl. oben 4. Kap., Abschnitt A. I. und Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 30 m. w. N. 225 s. o. 3. Kap., Abschnitt A. und 4. Kap., Abschnitte C. und D. I. 226 s. o. 4. Kap., Abschnitt B. III. 227 Nur auf diesen kommt es an, da es sich um eine einseitige Erklärung handelt. 228 Vgl. dazu Randelzhofer/Dörr, S. 70 ff. 229 Randelzhofer/Dörr, S. 70 ff. 230 BGBl. 1990 II, S. 1237: „(. . .) Die beiden deutschen Regierungen sind sich über folgende Eckwerte einig: 1. Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen. (. . .)“. 231 So im Ergebnis auch Wilske, UCLA J. Int’l L. & For. Aff. 3 (1998), S. 223, 265. 232 Dolzer, NJW 53 (2000), S. 560, 561 a. E. Dies verkennt das russische Verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. Juli 1999 in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit des Beutekunstgesetzes.
260
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
legene Produktivvermögen, Industrieanlagen und landwirtschaftliche Nutzflächen.233 Ein Verzichtswille der beiden deutschen Regierungen auf die Rückgabe der verschleppten Kulturgüter lässt sich hier im übrigen nicht erkennen. Hartwig weist zutreffend darauf hin, dass die Bundesrepublik mit der Erklärung nicht die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen aus der Zeit zwischen 1945 und 1949 anerkennt, sondern diese Maßnahmen lediglich zur Kenntnis nimmt.234
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen I. Das Einbehalten von Kulturgütern als Reparationen Reparationen waren in der Antike der Tribut, den das besiegte Volk dem Sieger zu entrichten hatte.235 Im zwanzigsten Jahrhundert wurden Reparationen ebenfalls nach einem Krieg dem Besiegten auferlegt.236 Diese sollten die Kriegskosten des Siegers ausgleichen.237 Reparationen werden heute als „Entschädigungsleistungen für ein völkerrechtliches Delikt, das in dem Verstoß gegen das Verbot des Angriffskrieges oder das Kriegsrecht besteht“, definiert.238 Bis zum Wiener Kongress 1815 wurden auch Kulturgüter als Reparationsleistungen herangezogen.239 Der Lieber Code sah in Art. 36 vor, dass Kulturgüter von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und abtransportiert werden durften, über das endgültige Schicksal war im Friedensvertrag zu entscheiden. Damit handelte es sich um eine Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte, nicht um Beute, da ein Vertragsschluss nötig war.240 Nach der HLKO ist die Beschlagnahme von Kulturgütern verboten (Art. 56 Abs. 2), der Wortlaut des Art. 56 HLKO schließt eine Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte allerdings nicht aus.241 Vom Beschlagnahmeverbot nicht erfasst wird hingegen die vertragliche Regelung bezüglich des Schicksals von Kulturgütern nach einem Krieg, z. B. in einem Friedensvertrag. 233
Hartwig, EuGRZ 26 (1999), S. 553, 556 m. w. N. in Fn. 29. Ibid., S. 557. 235 Seidl-Hohenveldern, EPIL Inst. 4 (1982), S. 178, 178. 236 Zum Verhältnis des Wiedergutmachungsrechts zu den Reparationen vgl. Kischel JZ 52 (1997), S. 126, 126 ff. 237 Seidl-Hohenveldern, EPIL Inst. 4 (1982), S. 178, 178. 238 Kischel, JZ 52 (1997), S. 126, 129 m. w. N. in Fn. 48. 239 s. o. 2. Kap., Abschnitt C. I. 1.–7. 240 Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 133. 241 Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 30. 234
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
261
Nach dem Ersten Weltkrieg kam es dann zu Reparationen, bei denen Kulturgüter eingesetzt wurden. Artt. 246 und 247 des Versailler Vertrages enthielten Verpflichtungen Deutschlands, Kulturgüter an den König der Hedschas, Großbritannien und an Belgien zu liefern, die keiner Restitutionspflicht unterlagen. Diese Vorschriften waren Reparationsvorschriften.242 Jedoch waren sie Ausnahmeregelungen, die nur aus politischen Gründen eingefügt wurden. Die Reparation durch Kulturgüter im Generellen wurde abgelehnt.243 Sie machte auch im weiteren Verlauf der Völkerrechtsgeschichte keine Schule. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Kulturgüter nicht als Reparationsobjekte herangezogen.244 Die Alliierten waren sich über ein Vorgehen in dieser Frage nicht einig. Selbst Italien, als vormalige Achsenmacht, forderte von Deutschland Ersatz für die Verluste aus italienischen Museen und Galerien.245 Die Vorschläge reichten von der Entsendung deutscher Spezialisten zur Restaurierung zerstörter oder beschädigter Kulturgüter in den Siegerstaaten246 bis hin zur restitution in kind. Jedoch wurde von der Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte gänzlich Abstand genommen, um nicht für die Zukunft neue Aggressionen heraufzubeschwören: „In a hundred years the fate of a thousand factories will be forgotten but not the seizure of a single treasured relic“247. Man verfolgte das Prinzip: „Two wrongs do not make a right“248. Heutiges Völkerrecht vebietet die Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte. Art. I Ziff. 3 Satz 2 des ersten Protokolls zur HKSK249 als vertragliches Verbot spiegelt hier das völkergewohnheitsrechliche Verbot.250 Das Völkergewohnheitsrecht wurde durch die Praxis der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg bestätigt. Turner geht sogar so weit, dieses 242
Engstler, S. 128; Seidl-Hohenveldern, RGDIP 97 (1993), S. 395, 399. A. A. Burnett, S. 122, der sie eher den Restitutionen zuordnen will, da der Wert dieser Kulturgüter nicht auf dem Reparationskonto gutgeschrieben wurde. Hinsichtlich einer Restitution fehlt aber der Unrechtstatbestand. Die Gegenstände waren legal auf deutschem Boden. Es liegt also eine Reparation vor, trotz fehlender Gutschrift auf dem Reparationskonto (vgl. auch ibid., S. 129). 243 Kowalski, Art Treasures, S. 34. 244 Vgl. zu den deutschen Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg im Allgemeinen Rumpf, AVR 23 (1985), S. 74, 77 ff. 245 Douglas Rigby, „Cultural Reparations and a New Western Tradition“, American Scholar 13 (1944), S. 273, 278–284, zitiert bei Merryman/Elsen, S. 41. 246 Diesen Vorschlag machte Roosevelt (ibid.). 247 Ibid., S. 42. 248 Richard F. Howard von der amerikanischen Besatzungsverwaltung in seinem „Report Upon Separation, 18 November 1948“, Restitution Branch, Reports, RG 260 (zitiert in Kurtz, S. 150 f.). 249 „Such [cultural, d.V.] property shall never be retained as war reparations.“
262
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Verbot dem ius cogens zuzurechnen, mit der Folge, entsprechende Reparationsklauseln in Friedensverträgen wären unwirksam.251 Art. I Ziff. 3 Satz 2 des ersten Protokolls zur HKSK ist bislang noch nicht zur Anwendung gekommen, da sich die Frage von Reparationen seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr stellte.252 In der heutigen Zeit die Reparation als Argument für einen Anspruch auf Kulturgüter, bzw. für die Weigerung der Herausgabe, heranzuziehen, kann nur ins Leere gehen. Dies gilt auch für Kulturgüter, die in der Folge des Zweiten Weltkrieges auf fremdes Territorium verbracht wurden. Stellten die Alliierten des Zweiten Weltkrieges darauf in ihrer heutigen Argumentation ab, so vestießen sie gegen das estoppel-Prinzip, da in den Nachkriegsjahren ausdrücklich auf eine Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte verzichtet wurde. Es käme mit den Worten von Siehr einem „nachträglichen ‚Beutemachen‘“ gleich.253
II. Die Aufrechnung (set-off) Als möglicher Einwand gegen einen Anspruch ist auch im Völkerrecht die Aufrechnung als die Geltendmachung eines Gegenanspruches anerkannt.254 Zu unterscheiden ist dabei jedoch zwischen Prozessrecht und materiellem Recht. Die Geltendmachung eines Gegenanspruches im Prozess wird durch die Widerklage erreicht, während die Aufrechnung materiellrechtliche Wirkungen entfaltet. Dennoch haben die Rechtsinstitute der Aufrechnung und der Widerklage Ähnlichkeiten. Der im Wege der Widerklage geltend gemachte Anspruch muss sich zum ursprünglichen Anspruch als konnex darstellen, es muss also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Ansprüchen bestehen.255 Bei der Aufrechnung braucht es sich hinsichtlich des Gegenanspruches nur um einen gleichartigen Anspruch zu handeln.256 Die Aufrechung kann durch einseitige Erklärung geltend gemacht 250 Deshalb ist es nicht ganz richtig, wenn Turner meint, es existiere kein ausdrückliches Verbot (Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 133). Das erste Protokoll liefert dieses ausdrückliche Verbot. Es ist auch eine Vorschrift des wie Turner sich ausdrückt „ius post bellum“, da Art. I Ziff. 3 erst mit Beendigung der Feinseligkeiten zum Einsatz kommt. 251 Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 134. 252 Prott, HuV-I 6 (1993), S. 191, 192. 253 Zitat in: o. V., FAZ, 19. November 1992, S. 35. 254 Dahm, Bd. 2, S. 519. Rechtsvergleichend hat Kegel, pass., die Aufrechnung untersucht. Sie besteht in den verschiedenen Rechtsordnungen und kann daher als allgemeiner Rechtsgrundsatz gelten. Vgl. auch PCIJ Ser. A, No. 17 (1928), S. 38 (Chorzow Factory), hier hat der StIGH eine Aufrechnung zugelassen. 255 Dahm, Bd. 2, S. 519.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
263
werden. Für das Verhältnis von Forderungen aus Schadenersatz wegen unrechtmäßiger Kriegshandlungen und für Forderungen, die sich aus der Staatennachfolgeproblematik ergeben, ist die Zulässigkeit einer Aufrechnung erst kürzlich bestätigt worden.257 Im Bereich der Rückführungsansprüche auf in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachte Kulturgüter ist eine Aufrechnungslage jedoch kaum denkbar. Die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückführung eines alten Meisters gegen einen Anspruch auf Rückführung einer antiken Vase widerspricht dem Grundsatz der territorialen Bindung der Kulturgüter. Diese sind nicht gegeneinander austauschbar, wie auch die Grundsätze der restitution in kind zeigen werden.258 Die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Schadenersatz wegen widerrechtlicher Zerstörung eines Kulturgutes mit einem Anspruch auf Rückführung wegen widerrechtlicher Verbringung ist zwar theoretisch denkbar, verstieße aber gegen das Verbot, Kulturgüter als Reparationsobjekte heranzuziehen.259 Allenfalls könnte man hier die restitution in kind heranziehen. Auf die Durchführung einer solchen besteht allerdings kein Anspruch, so dass eine Aufrechnungslage in dieser Beziehung überhaupt nicht entstehen kann.
III. Heilung der rechtswidrigen Rechtslage durch einen Friedensvertrag Es stellt sich die Frage, ob die Wegnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten dadurch geheilt werden kann, dass über ihren endgültigen Verbleib auf dem Gebiet des wegnehmenden Staates eine Regelung im Friedensvertrag vereinbart wird. Scholz bejahte dies 1919 im Hinblick auf das damals geltende Recht, verneinte eine solche Möglichkeit aber im Hinblick auf die damalige Kulturauffassung, die der Regelung entgegenstehen würde.260 Zu ermitteln wäre demnach, ob diese „Kulturauffassung“ von damals heute zu positivem Recht erstarkt ist. Grundsätzlich sind die Parteien darin frei, welche Vereinbarungen sie in einem Friedensvertrag treffen. Ein Friedensvertrag dient dazu, den Krieg zu beenden und alle durch den Krieg aufgeworfenen Fragen zu regeln.261 Regelmäßig werden darin vereinbart: die Beendigung des Krieges, die Wieder256
Frowein/Zimmermann, S. 23. Ziff. 5 des Avis No. 13 der Schiedskommission der Friedenskonferenz für Jugoslawien (sog. Badinter-Kommission), abgedruckt in Trifunovska, S. 1023, 1024. 258 s. oben 4. Kap., Abschnitt B. III. 259 s. dazu oben 4. Kap., Abschnitt D I. 260 Scholz, S. 38, Fn. 1. 261 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 103. 257
264
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
aufnahme der friedlichen bzw. diplomatischen Beziehungen, territoriale Regelungen (Abtretungen, Besetzungen, Räumung), die Rückführung der Kriegsgefangenen, die Behandlung von Kriegsverbrechern, die Reparationen, die Restitution, das Schicksal der vom Krieg betroffenen Verträge, die Fragen betreffend die Kriegsgräber, Abrüstungs-, Entmilitarisierungs-, und Neutralitätsbestimmungen etc.262 Ein Friedensvertrag dient nur dann der (zukünftigen) Übertragung von Eigentum an Mobilien, wenn es sich um Reparationen handelt. Kulturgüter als Reparationen heranzuziehen, widerspricht jedoch dem geltenden Völkerrecht.263 Die Vereinbarung einer restitution in kind hingegen nicht.264 Eine Heilung mittels eines Friedensvertrages kann mithin nur dann vollzogen werden, wenn eine restitution in kind vereinbart wird. Ferner kommt eine vertragliche Regelung in Betracht, welche den verlierenden Staat auf die Rückforderung der Kulturgüter verzichten lässt.265 Sie darf allerdings nicht den Anschein erwecken, der Verzicht auf die Kulturgüter würde als Quasi-Reparation herangezogen. Ein Verzicht darf nicht mit den Reparationen zusammenhängen, sonst würde das Reparationsverbot von Kulturgütern umgangen werden. In diesem Zusammenhang sind Art. 1 des Neunten Teiles und Art. 3 des Sechsten Teiles des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (sog. Überleitungsvertrag) in der Fassung des Pariser Protokolls vom 23. Oktober 1954266 zwischen den westlichen Alliierten und der Bundesrepublik zu nennen, die den Ausschluss jeglicher Geltendmachung von Ansprüchen im Hinblick auf Güter, die im Zusammenhang mit dem Krieg beschlagnahmt worden waren, behandeln. Die Frage, ob diese Bestimmungen des Überleitungsvertrages, die nach Ziff. 3 des Notenwechsels zwischen den drei westlichen Alliierten und der Bundesrepublik vom 27. September 1990267 auch heute noch Geltung haben, auch auf Kulturgüter Anwendung finden, hat Turner268 bereits ausführlich beantwortet. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl aufgrund der Praxis der westlichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg, als auch aufgrund eines Verstoßes gegen das ius cogens bei Anwendung dieser Vor262
Aufzählung nach Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 109–111. s. dazu oben 4. Kap., Abschnitt D. I. 264 s. dazu oben 4. Kap., Abschnitt B. III. 265 Zum Verzicht s. oben 4. Kap., Abschnitt C. IV. 266 Abgedruckt in BGBl. 1955 II, S. 405 ff. und in Verträge der Bundesrepublik Deutschland, Ser. A: Multilaterale Verträge, Nr. 66, Bd. 7 (1957), S. 223 ff. nebst Dokumenten sowie bei Fiedler, Deutsche Frage, S. 296 ff.; die ursprüngliche Fassung des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26. Mai 1952 (BGBl. 1954 II, S. 157 ff.) ist nicht in Kraft getreten. 267 BGBl. 1990 II, S. 1386 ff. 268 Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 149–153. 263
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
265
schriften auf Kulturgüter, sie eben nicht gegen die Rückgabeverpflichtung eingewendet werden können. Dem ist zunächst unter dem Gesichtspunkt zuzustimmen, dass die Vorschriften über die Behandlung von Kulturgütern in Verträgen über die Beendigung von Kriegen stets getrennt von den anderen Restitutions- bzw. Reparationsregelungen gehalten wurden. Zwar stellt der Überleitungsvertrag keinen Friedensvertrag dar, jedoch beendete er die Nachkriegsbesetzung Deutschlands durch die westlichen Alliierten. Im Überleitungsvertrag finden sich im Fünften Teil spezielle Vorschriften bezüglich der Behandlung von Kulturgütern, diese enthalten lediglich Restitutions- und Schadenersatzvorschriften, aber keine Regelungen über eine restitution in kind. Ferner würde eine heutige Berufung auf die Vorschriften zur Reparation (Sechster Teil) sich als systemwidrig darstellen: Zunächst hatte man von der Übertragung von Kulturgütern abgesehen269, sodann aber beriefe man sich auf allgemein gehaltene Vorschriften eines Vertrages, um die Nichtrückgabe zu rechtfertigen. Dies würde gegen das estoppel verstoßen. Des Weiteren spricht Art. 3 Abs. 1 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrages vom Nichterheben von Einwedungen durch die Bundesrepublik gegen Maßnahmen, die gegen deutsches Vermögen durchgeführt wurden oder werden sollen, das für Zwecke der Reparation oder Restitution oder aufgrund des Kriegszustandes etc. beschlagnahmt wurde. Kulturgüter als Reparationen zu verwenden, war schon zu diesem Zeitpunkt völkerrechtswidrig.270 Als Restitutionsobjekte konnten nur Kulturgüter beschlagnahmt werden, die auch der Restitutionspflicht unterlagen.271 Auf diese hätte die Bundesrepublik sowieso keinen Anspruch auf Rückgabe. Wie soeben gezeigt wurde, ist auch die vertragliche Heilung von völkerrechtswidrigen Beschlagnahmen von Kulturgütern während Kriegszeiten nicht möglich. Verwunderlich im Zusammenhang mit dem Überleitungsvertrag ist, dass Schoen272 diesen Vertrag und den darin enthaltenen Ausschluss des Rechtsweges in Bezug auf die Geltendmachung von Herausgabeansprüchen von Kulturgütern, die nach Russland verbracht wurden und nunmehr in Deutschland wieder auftauchen, prüft, da der Überleitungsvertrag im Verhältnis der Bundesrepublik gegenüber Russland (Sowjetunion) gar keine Geltung entfaltet. Die Sowjetunion war nicht Vertragspartei. 269 Vgl. Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler, S. 109, 152 und 134 und 142, der diese Grundsätze auch auf Archive und die sog. Nazikunst, die eine andere Behandlung nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden haben, anwendet. 270 s. oben 4. Kap., Abschnitt D. I. 271 Dasselbe gilt für Reparationsobjekte, vgl. Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 30 m. w. N. 272 NJW 54 (2001), S. 537, 541. Vgl. dazu auch die Anmerkung von Hirsch, NJW 54 (2001), S. 1627.
266
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
IV. Kulturgüter und Repressalien Unter einer Repressalie versteht das Völkerrecht einen rechtswidrigen Akt, der als Beantwortung eines vorausgehenden erheblich völkerrechtswidrigen Aktes eines anderen Staates gerechtfertigt ist.273 Bei Repressalien gegen Kulturgüter ist zwischen kriegs- und friedensrechtlichen Repressalien zu unterscheiden. Unter die kriegsrechtlichen Repressalien fallen sämtliche Repressalien, die im Zusammenhang mit einem Krieg stehen. Dazu sind auch die Maßnahmen zu zählen, die sich aus der Nichteinhaltung von Pflichten aus die den Kriegszustand beendenden Friedensverträgen ergeben. Unter den Bereich der friedensrechtlichen Repressalien fallen sämtliche anderen. 1. Kriegsrechtliche Repressalien Nach heutigem Kriegsrecht sind Repressalien gegen Kulturgüter verboten274, welches eine Ausnahme von dem völkerrechtlichen Grundsatz des Repressalienrechts bedeutet. Die Ausnahme vom Repressalienrecht bei Kulturgütern gilt bereits seit dem Wiener Kongress 1815.275 Die Wegnahme eines Gemäldes kann nicht deshalb gerechtfertigt sein, weil der Kriegsgegner zuvor ein anderes Bild weggenommen hatte. Das Verbot bezieht sich auf sämtliche Kulturgüter, selbst auf solche, die sich auf dem Staatsgebiet des an sich repressalienberechtigten Staates befinden.276 Kodifiziert ist dieses Verbot zum einen in Art. 4 Abs. 4 der HKSK von 1954277. Ausnahmen jeglicher Art sind nicht vorgesehen278, nicht einmal 273 Vgl. statt aller Ipsen/Fischer, § 59, Rz. 45. Die Repressalie muss dem anderen Staat zuvor angekündigt werden, um ihm Gelegenheit zur Bereinigung der Frage zu geben. 274 Berber, Völkerrecht, Bd. II, S. 166. 275 Engstler, S. 220. A. A. wohl Strupp, S. 126, der im Jahre 1914 noch von einem Repressalienrecht gegenüber Art. 56 Abs. 2 HLKO ausgeht, jedoch darauf verweist, dass diese Norm aber außer Kraft zu setzen und zu verletzen, einen „schweren Eingriff in Kultur- und Sittlichkeitsempfinden zivilisierter Nationen“ bedeute. 276 Kalshoven, S. 277. Es bezieht sich auch auf interne bewaffnete Konflikte (vgl. Art. 19 HKSK; Kalshoven, S. 322 f.). 277 Art. 4 Abs. 4 lautet: „They [die Vertragsparteien, (d.V.)] shall refrain from any act directed by way of reprisals against cultural property.“ 278 von Schorlemer, S. 278; Toman, S. 71. Zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift vgl. Kalshoven, S. 273 ff. Schon in Art. 8 der Preliminary Draft International Convention for the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of War des International Museums Office, Oktober 1936 (abgedruckt bei Boylan, Appendix V, S. 181–188), wurde ein Repressalienverbot kodifiziert. Allerdings erlangte dieser Vertrag nie völkerrechtliche Geltung.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
267
die der militärischen Notwendigkeit279.280 Insbesondere gilt dies nicht nur für Zerstörungen281, sondern auch für die Wegnahme von Kulturgütern. Dieses umfassende Verbot wurde von den vertragsschließenden Parteien vor allem deshalb in die Konvention aufgenommen, um eine Wiederholung der verheerenden gegenseitigen Repressalienmaßnahmen der Kriegsparteien des Zweiten Weltkrieges in Zunkunft zu verhindern.282 Ein zweites kodifiziertes Repressalienverbot findet sich in Art. 53 lit. c) des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen von 1949 (1977).283 Auch dieses gilt umfassend.284 Das Heranziehen von Kulturgütern als Repressaliengegenstände (z. B. durch Zurückbehalten nach vorheriger Wegnahme) kann daher unter keinen Umständen als Einwand gegen einen Rückführungsanspruch Geltung beanspruchen.285
279 Dies folgt insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, aber auch aus der systematischen Stellung des Repressalienverbotes in Abs. 4 des Art. 4 der HKSK. Die Ausnahme der militärischen Notwendigkeit findet sich in Abs. 2 des Art. 4 (vgl. dazu Toman, S. 76). Vgl. zum Vorschlag, das wegen der Entwicklung von neuen, zielgenau operierenden Waffen als antiquiert geltende Konzept der militärischen Notwendigkeit abzuschaffen, Birov, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201, S. 241 ff. m. w. N. 280 Zu dem Problem, welches sich aus der Anwendung von Art. 8 Abs. 5 und Art. 9 HKSK in Bezug auf Repressalien ergeben kann, vgl. Toman, S. 140. 281 Vgl. zum Repressalienrecht und Gegenseitigkeitsgrundsatz in Bezug auf Kulturgüter Weichelt, S. 69 f. 282 Vgl. hierzu Boylan, S. 34 ff. 283 Art. 53: „Unbeschadet der Bestimmungen der Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Koflikten und anderer einschlägiger internationaler Übereinkünfte ist es verboten, a) (. . .) b) (. . .) c) solche Objekte [Kulturgüter, (d.V.)] zum Gegenstand von Repressalien zu machen.“ 284 Wenger, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, S. 639, 649; von Schorlemer, S. 288: „Insbesondere wurde das Verbot von im klassischen Völkerrecht noch zulässigen Repressalien, die seit jeher eine immense Bedrohung des Kulturerbes der Menschheit darstellen, in vorbildhafter Weise normiert.“ Allgemein zu Art. 53 lit. c) vgl. Toman, S. 391. 285 Vgl. auch Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, Rz. 1783, hinsichtlich der Verhaltsregeln für dritte Staaten, sollte im Rahmen einer Repressalie weggenommenes Eigentum auf das Gebiet eines dritten (neutralen) Staates gelangen.
268
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
2. Friedensrechtliche Repressalien Repressalien gegen Kulturgüter in Friedenszeiten sind nicht verboten.286 Darunter fallen z. B. auch Repressaliemaßnahmen, die wegen der Nichteinhaltung von Vertragspflichten aus friedensrechtlichen Verträgen zulässig sind. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Staat A verbringt in einem Krieg mit Staat B Kulturgüter widerrechtlich auf sein Territorium. Der Friedensvertrag enthält keine Regelung über die Rückführung. 30 Jahre später schließen die beiden Staaten jedoch einen Vertrag über die Restitution der Kulturgüter. Staat A weigert sich aber, die Kulturgüter herauszugeben. Bei dem Restitutionsvertrag handelt es sich um einen friedensrechtlichen Vertrag, obwohl der Vertrag Kriegsfolgen beseitigt. Der Krieg wurde bereits durch den Friedensvertrag beendet. Das Verweigern der Herausgabe stellt eine Vertragsverletzung dar, der mit einer Repressalie begegnet werden kann. Diese könnte – wie der nächste Abschnitt zeigen wird – durch die Zurückbehaltung z. B. von Kulturgütern, die Staat A an Staat B für eine Ausstellung ausgeliehen hat287, vorgenommen werden. Staat A ist jedoch seinerseits nicht berechtigt, die zuvor widerrechtlich verbrachten Kulturgüter als Repressaliengegenstände heranzuziehen. Hier wirkt noch die Sperre des kriegsrechtlichen Repressalienverbotes nach. Es wäre rechtsmissbräuchlich, Repressalien gegen zuvor geplünderte oder geraubte Kulturgüter auszuüben.
V. Das Zurückbehaltungsrecht Hier ist zu unterscheiden zwischen einem Zurückbehaltungsrecht im weiteren Sinne und einem im engeren Sinne. Ersteres beschreibt das Recht, eine Sache zurückzubehalten, weil schon ein anderer Rechtsgrund die Nichtherausgabe rechtfertigt288, das Zurückbehaltungsrecht i. w. S. hat also selbst keinen eigenen rechtlichen Tatbestand, der erfüllt sein muss. Dies ist z. B. dann der Fall, sofern der an sich herausgabeberechtigte Staat auf seinen Herausgabeanspruch verzichtet hat. Auf dieses Zurückbehaltungsrecht i. w. S. soll hier nicht näher eingegangen werden, da es sich von selbst versteht. 286
von Schorlemer, S. 378. Sofern den Kulturgütern nicht „freies Geleit“ zugesichert wurde. Vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 288 Vgl. Doehring, Ruperto Carola, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138, 138 ff. und Rudolf, Festschrift für Doehring, S. 853, 854 f., der darauf Bezug nimmt. 287
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
269
Ungeklärt ist bislang, ob das Völkerrecht ein Zurückbehaltungsrecht im engeren Sinne kennt. Ein solches Zurückbehaltungsrecht ließe sich in drei mögliche rechtliche Gehalte gliedern. In Betracht kämen hier ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund von vertraglichen oder gewohnheitsrechtlichen Leistungsstörungen, ein dingliches Zurückbehaltungsrecht und ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer ungeklärten Rechtslage. Ein Staat könnte berechtigt sein, ein Kulturgut, das an sich einer Rückgabeverpflichtung unterliegt, gegenüber einem anderen Staat zurückzubehalten, sofern dieser rückgabeverpflichtete Staat noch offene Forderungen gegen den rückgabeberechtigten Staat hat.289 Dieses Recht könnte sich zunächst schon gewohnheitsrechtlich aus dem Rechtssatz pacta sunt servanda ergeben. Verträge sind einzuhalten, bei Nichteinhaltung trifft den verletzenden Staat eine Sanktion bzw. ist einem solchen Falle der verletzte Staat seinerseits repressalieberechtigt. Diese könnte in der Nichteinhaltung von Pflichten bestehen, z. B. in der Zurückbehaltung von Dingen, die an sich herausgegeben werden müssen. Es ist allerdings äußerst zweifelhaft, ob das Völkerrecht hier eine solch pauschale Reaktion zulässt oder ob diese gewissen Einschränkungen unterliegt. Als Einschränkung kommt hier das im Völkerrecht geltende Prinzip der Gegenseitigkeit290 in Betracht. Auf diesem Prinzip beruhen sämtliche völkerrechtlichen Verträge, woraus auch die Pflicht eines Staates entspringt, einen Anspruch gegen sich gelten zu lassen, wenn er ihn selbst gestellt hat.291 Dies würde hier bedeuten, dass das Zurückbehaltungsrecht jedoch nur in den Fällen geltend gemacht werden darf, in denen der Anspruch und die durch das Zurückbehaltungsrecht sanktionierte Forderung aus ein und demselben Rechtsverhältnis entspringt. Jedoch fehlt es hier an einer Praxis im völkerrechtlichen Verkehr, so dass man noch nicht von einem Gewohnheitsrecht sprechen kann. In Betracht kommt jedoch die Existenz eines völkerrechtlichen Zurückbehaltungsrechtes i. S.e. allgemeinen Rechtsgrundsatzes, welcher besagt, dass eine Leistung verweigert werden darf, solange die dem Leistungsverweigerer gebührende Leistung nicht bewirkt wurde. Das Zurückbehaltungsrecht könnte dann geltend gemacht werden, wenn eine offene, fällige und gleichartige Forderung bestünde. Ferner könnte ein Zurückbehaltungsrecht in Betracht kommen, sofern der Ersatz von Aufwendungen auf die zurückbehaltene Sache nicht befriedigt wird. Zur Ermittlung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes bedarf es der Betrachtung verschiedener innerstaatlicher Rechtsordnungen: 289
Vgl. das oben genannte Beispiel im 4. Kap., Abschnitt D. IV. 2. Vgl. dazu Verdross/Simma, §§ 64 ff. 291 Als Grundlage könnte hier auch der ebenfalls im Völkerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben herangezogen werden. Zu diesem völkerrechtlichen Prinzip vgl. Verdross/Simma, §§ 459 ff. 290
270
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
1. Deutschland Das Zurückbehaltungsrecht entspringt dem Rechtsgedanken der Billigkeit.292 § 273 Abs. 1 BGB stellt ein Beispiel für die deutsche Rechtsordnung dar. Danach besteht ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht, wenn eine gegenseitige, fällige und konnexe Forderung noch offen ist.293 Gegenseitigkeit liegt vor, wenn der zurückhaltende Schuldner zugleich Gläubiger des Gegenanspruches und der Gläubiger des Anspruches zugleich Schuldner des Gegenanspruches ist.294 Es muss ferner ein vollwirksamer und fälliger Gegenanspruch vorliegen. Sowohl Anspruch als auch Gegenanspruch müssen schließlich aus ein und demselben rechtlichen Verhältnis stammen. Hierfür reicht es aus, wenn dem Sachverhalt ein einheitliches Lebensverhältnis zugrundeliegt. Abs. 2 des § 273 BGB gewährt dem zur Herausgabe eines Gegenstandes Verpflichteten ein Zurückbehaltungsrecht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, er hat der Gegenstand durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung erlangt. Ein ähnliches Recht gewährt § 1000 BGB. Auch im deutschen Verwaltungsrecht sind die Grundzüge des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB anwendbar.295 § 320 BGB gewährt den Parteien eines gegenseitigen Vertrages die Befugnis, die Leistung solange zu verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt wurde.
292 Nicht unumstritten ist, ob schon das Römische Recht ein generelles Zurückbehaltungsrecht kannte (vgl. dazu die Ausführungen bei Bleyler, S. 11 ff. m. w. N., und bei Czarnikow, S. 1 ff.). Während die einen die Existenz eines Zurückbehaltungsrecht im römischen Recht generell verneinen (z. B. Dernburg, Geschichte und Theorie der Kompensation, zweite Auflage, Heidelberg 1868, S. 365, zitiert nach Bleyler, S. 12), sehen andere die Anfänge dieses Rechtsinstituts im alten römischen Zivilrecht (Beleg dafür sei die „retentiones ex dote“, so Schenck, Die Lehre von dem Retentionsrecht, Jena 1837, S. 2, zitiert nach Bleyler, S. 12). Wieder andere sehen die Grundlagen des Zurückbehaltungsrechts in der römisch-rechtlichen exceptio doli generalis, welche Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben ist (Bleyler, S. 11 f.). Den Streit an dieser Stelle zu entscheiden, wäre verfehlt, denn hinsichtlich der Betrachtung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes ist auf das heute und nicht auf das ehemals geltende Recht abzustellen. 293 Statt aller Palandt/Heinrichs, § 273, Rz. 2 ff. 294 Palandt/Heinrichs, § 273, Rz. 6. 295 Palandt/Heinrichs, § 273, Rz. 3.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
271
2. Niederlande Auch das niederländische Burgerlijk Wetboek (BW) kennt verschiedene Zurückbehaltungsrechte („retentierecht“). Art. 3:290 BW ist die Grundvorschrift, die für alle im Gesetz genannten Zurückbehaltungsrechte296 gilt. Danach kann ein Gläubiger die Herausgabe einer Sache an den Schuldner verweigern, bis die Forderung erfüllt wird.297 Auch hier müssen die beiden gegenüberstehenden Ansprüche in einem hinreichenden Zusammenhang stehen.298 Ein einheitliches Lebensverhältnis ist dafür ausreichend. Ausdrücklich wird dies für schuldrechtliche Leistungsverweigungsrechte in Art. 6:52 BW bestimmt. Ein Zurückbehaltungsrecht als Leistungsverweigerungsrecht i. S. d. Art. 6:52 BW entsteht dann, wenn eine fällige, gegenseitige und konnexe Forderung besteht und nicht befriedigt wird.299 Art. 3:293 BW berechtigt den Gläubiger, das Zurückbehaltungsrecht auch für Verwendungen auszuüben, die er aus Anlass der Sorge hat machen müssen. Dass Gesetz muss ihn dazu verpflichten.300 Der gutgläubige Besitzer ist zur Verweigerung der Herausgabe der Sache berechtigt, solange er nicht den geschuldeten Ersatz für Verwendungen erhalten hat (Art. 3:120 Abs. 3 BW i. V. m. Art. 3:290 BW). 3. Skandinavien Das dänische Recht kennt ebenfalls ein Zurückbehaltungsrecht bei Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung (z. B. § 15 Kaufgesetz). Auch hier gilt der Gegenseitigkeitsgrundsatz.301 Im schwedischen Recht gilt der Grundsatz, dass bei Vertragsbruch oder Nichterfüllung der Leistung das Geld bzw. die Ware zurückbehalten werden kann.302
296 Diese sind aufgeführt bei Nieuwenhuis/Stolker/Valk/Oosterveen, Art. 3:290, Anm. 3. a). 297 Vgl. Verheugt, S. 271. 298 Nieuwenhuis/Stolker/Valk/Oosterveen, Art. 3:290, Anm. 1. a). 299 Vgl. dazu Nieuwenhuis/Stolker/Valk/Oosterveen, Art. 6:52, Anm. 3. a) ff. und Chorus/Gerver/Hondius/Koekkoek/Klein/Jordaans/Krans/Ploeger/Steketee, S. 120. 300 Z. B. Artt. 6:27, 6:64. Vgl. auch Chorus/Gerver/Hondius/Koekkoek/Klein/Jordaans/Krans/Ploeger/Steketee, S. 120. 301 Dübeck, S. 190 und 205. 302 Tiberg, in: Tiberg/Cronhult/Sterzel, S. 118, 137 f.
272
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
4. Italien Im italienischen Recht ist das Zurückbehaltungsrecht („diritto di ritenzione“) ebenfalls anerkannt. Der codice civile (c. c.) kennt kein allgemeines Zurückbehaltungsrecht wie etwa das deutsche BGB303 oder das niederländische BW. Jedoch ist auch ein schuldrechtliches Zurückbehaltungsrecht in Artt. 2761 i. V. m. 2756 c. c. enthalten. Es gewährt den Verwahrern, den Beförderern und Beauftragten ein Zurückbehaltungsrecht bis zur vollständigen Begleichung ihrer Forderungen. Art. 2756 c. c. gewährt auch ein Zurückbehaltungsrecht für notwendige Aufwendungen, die auf eine Sache gemacht wurden. Dem gutgläubigen Besitzer wird gegenüber dem Eigentümer ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Ansprüche auf Verwendungsersatz zugebilligt (Art. 1152 c. c.). 5. Frankreich Wie das italienische Recht kennt auch der C. c. f. kein allgemeines Zurückbehaltungsrecht, sondern nur Einzelvorschriften, in denen Zurückbehaltungsrechte gewährt werden. Ferner wurden durch Richterrecht weitere Fallgruppen, in denen ein Zurückbehaltungsrecht in Frage kommt, gebildet.304 So kann u. a. der Verkäufer für den Kaufpreis (Artt. 1612, 1613 C. c. f.) und der Käufer für seinen Anspruch auf Beseitigung von Rechtsmängeln (Art. 1653 C. c. f.) ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.305 Voraussetzung für die Gewährung eines Zurückbehaltungsrechts ist wieder ein gegenseitiger, fälliger und konnexer Anspruch des Gläubigers. Für die Konnexität reicht wie im deutschen und niederländischen Recht eine Einheit des Lebensverhältnisses aus.306 Auch gibt es Zurückbehaltungsrechte auf Grund der engen Verbindung von Sachbesitz und Entstehung der Ersatzforderung. So z. B. hat der Miterbe ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Verwendungen (Art. 867 C. c. f.).307 6. Osteuropa Das russische ZGB von 1994308 enthält ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht des Gläubigers bei fälligem Anspruch aus einem gegenseitigen 303 304 305 306 307 308
Kindler, § 14, Rz. 66. Dazu Ferid, Kap. 2 B, Rz. 181 ff. Weitere Beispiele sind aufgezählt bei Ferid, Kap. 2 B, Rz. 175. Ferid, Kap. 2 B, Rz. 182. Ferid, Kap. 2 B, Rz. 175. Abgedruckt in deutscher Übersetzung in Breidenbach, Band 3, RUS 200 ZGB.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
273
Vertrag (Artt. 359 f.). Konnexität bedeutet wohl auch hier wieder nur einheitliches Lebensverhältnis. Das bulgarische Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge von 1950309 kennt bei der Nichterfüllung von Verträgen ein Zurückbehaltungsrecht sowohl als Leistungs- als auch als Herausgabeverweigerungsrecht (Art. 90). Art. 91 hingegen gewährt ein Zurückbehaltungsrecht für verschiedene Fälle des Verwendungsersatzes. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch der Tschechischen Republik von 1964310 enthält in seinen §§ 151s ff. Vorschriften über ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht. Von Interesse ist hier insbesondere § 151s Abs. 1 Satz 2, in dem es heißt, dass eine eigenmächtig oder arglistitg entzogene Sache nicht zurückbehalten werden kann. 7. Der anglo-amerikanische Rechtskreis Auch im common law ist das Zurückbehaltungsrecht als Druck- und Sicherungsmittel bekannt („lien“, „right of retention“311).312 Die englische und amerikanische Rechtssprache unterscheidet nicht ausdrücklich hinsichtlich Zurückbehaltungs- und Pfandrecht. Für beide wird das Wort „lien“ benutzt. Der Übergang von Zurückbehaltungsrecht zum Pfandrecht ist hier fließend. Wohl übersetzt das Wort „lien“ deshalb mit „Sicherungsrechte für obligatorische Ansprüche“.313 Jedoch verfolgen im common law – wie auch im Zivilrecht – beide Rechte den gleichen Zweck: die Sicherung von Forderungen. Beim Pfandrecht kommt lediglich ein Verwertungsrecht des Pfandnehmers hinzu und der Pfandnehmer muss sich nicht notwendiger Weise in unmittelbarem Besitz der Sache befinden. Im Folgenden soll daher auch nicht näher unterschieden werden.314 309 Abgedruckt in deutscher Übersetzung in Breidenbach, Band 1, BG 220 SchuldR. 310 Mit zahlreichen Änderungen in den neunziger Jahren, abgedruckt in deutscher Übersetzung in Breidenbach, Band 1, CS 200 BGB. 311 Diesen Ausdruck benutzt der Sales of Goods Act 1979 (c. 54), in s. 39, 41, 42, 43. 312 Zu einer ausführlichen Rechtsvergleichung des lien mit dem deutschen und französischen Zurückbehaltungsrecht vgl. Wohl, S. 48 ff. 313 Wohl, S. 51. 314 Wohl, S. 51, teilt die verschiedenen liens deshalb nach formellen Gesichtspunkten („1. Common-law liens, 2. Equity liens, 3. Statute-law liens.“) und ihrer Natur nach („1. Possesory liens [sic!], 2. Equitable liens, 3. Maritime liens.“) ein. Auch lässt sich eine Einteilung innerhalb der common-law liens nach particular und general liens vornehmen (vgl. Sunnuckes, in: Halsbury’s Laws of England, Bd. 28, S. 219, 227 ff.).
274
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Es gibt allgemeine (common law, auch possessory) liens315, für welche der Besitz an den fraglichen Gütern Voraussetzung ist. Sie sind in den verschiedenen Sparten des Rechts ausgestaltet. Für den Verkauf von Gütern wurde ein lien z. B. im englischen Sale of Goods Act 1979316 (c. 54), s. 41, und im Factors (Scotland) Act 1890317, s. 1, kodifiziert. Schon frühzeitig war ein Zurückbehaltungsrecht des Verkäufers einer Sache im common law anerkannt.318, 319 Vorteil des lien ist die bevorzugte Stellung des Gläubigers im Falle der Insolvenz des Schuldners.320 S. 41 des Sale of Goods Act 1979 ist jedoch nicht auf alle Forderungen anwendbar, die der Verkäufer gegen den Käufer hat. Der Verkäufer muss „unpaid“ sein, d. h. der gesamte Kaufpreis darf bislang nicht gezahlt oder angeboten („tendered“) oder ein anderes Zahlungsmittel vom Verkäufer nicht empfangen worden sein (Sale of Goods Act 1979, s. 38 (1)). Es kommt hier nicht darauf an, ob nach dem Vertrag die Leistung auch fällig war.321 Jedoch lässt sich eine gegenseitige und konnexe Forderung als Voraussetzung für ein lien erkennen. Ein allgemeines lien im Bereich der Beauftragten wird dem Kommissionär, den Versicherungs- und Aktienbrokern, Anwälten (solicitors/attorneys), Bankiers und Kaimeistern zugebilligt.322 Die Forderung muss hier fällig sein und sich aus demselben rechtlichen Verhältnis ergeben.323 Dies gilt auch für das lien des Beförderers an den zu befördernden Gütern: für Forderungen aus früheren Rechtsgeschäften hat er kein lien.324 Dies bedeutet, dass der Kreis der möglichen Gegenforderungen enger als im kontinentaleuropäischen Zivilrecht gesteckt ist. Ein einheitliches Lebensverhältnis erscheint nicht ausreichend. Vielmehr ist das geforderte enge rechtliche Verhältnis mit der bei den Pfandrechten des BGB geforderten Akzessorietät der Forderung vergleichbar.325 Besonders deutlich wird die fehlende Unterscheidung zwischen Zurückbehaltungs- und Pfandrecht, wenn man das „attorney’s lien“ betrachtet. 315
Vgl. dazu Harris, in: Benjamin’s Sale of Goods, Chapter 15, Rz. 028. Abgedruckt in Benjamin’s Sale of Goods, S. 1969 ff. Eine gleiche Vorschrift war schon im Sale of Goods Act 1893 (56 & 57 V. c. 71), s. 41, enthalten. 317 Factors (Scotland) Act 1890 (53 & 54 V. c. 40). 318 Mackreth v. Symmons [1808], 2 White & Tudor 187 und 33 E.R. 778 sowie 34 E.R. 1155. 319 Vgl. auch Great Eastern Railway v. Lord’s Trustees [1909] A.C. 109. 320 Harris, in: Benjamin’s Sale of Goods, Chapter 15, Rz. 028. Dies ähnelt dem Pfandrecht. 321 Harris, in: Benjamin’s Sale of Goods, Chapter 15, Rz. 017. 322 Reynolds, in: Chitty on Contracts, Band 2, Chapter 31, Rz. 142. 323 Reynolds, in: Chitty on Contracts, Band 2, Chapter 31, Rz. 142. 324 Kinley, in: Chitty on Contracts, Band 2, Chapter 35, Rz. 063. 325 Diese Grundzüge gelten auch im amerikanischen Recht. 316
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
275
Darunter wird das Recht des Anwalts326 verstanden, Eigentum oder Geld eines Mandanten in seinem Besitz zu behalten, solange die Gebühren des Anwalts durch den Mandanten nicht bezahlt wurden. Es kann aufgeteilt werden in ein „general, retaining, or possessory lien, or a special, particular, or charging lien“327. Das retaining lien berechtigt den Anwalt, Besitz an Dokumenten, Geld oder anderem Eigentum des Mandantens, das in die Hände des Anwalts in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gelangte, zu behalten, solange der Mandant nicht generelle, fällige Forderungen des Anwalts ausgleicht.328 Das retaining lien berechtigt nicht zur Verwertung der einbehaltenen Sachen. Beim charging lien hingegen handelt es sich um ein Recht des Anwalts, zum Zwecke der Ausgleichung von Gebühren und Kosten in einem bestimmten Verfahren die Erlöse desselben solange einzubehalten wie der Mandant diese nicht erstattet.329 Bei beiden rechtlichen Konstellationen handelt es sich eher um ein Zurückbehaltungsals um ein Pfandrecht, da kein Verwertungsrecht besteht. Bei beiden Formen des lien ist eine fällige, gegenseitige und konnexe Gegenforderung Voraussetzung, wobei an die Konnexität hier unterschiedlich strenge Maßstäbe gestellt werden. Beim retaining lien reicht ein einheitlicher Lebenssachverhalt (das Verhältnis Anwalt – Mandant), beim charging lien hingegen ist ein konkreter Rechtsstreit vonnöten, für welchen es an einer Gebührenerstattung seitens des Mandaten fehlt. Im Ergebnis lässt sich damit auch im Rechtskreis des common law die prinzipielle Existenz des Rechtsgedankens bezüglich der Sicherung einer Forderung durch die Zurückhaltung von Gütern oder Geld erkennen. Auch hier wird an ein (schuldrechtliches) Zurückbehaltungsrecht die Grundvoraussetzung einer gegenseitigen, fälligen und konnexen Forderung gestellt.330 Aber auch in Bezug auf Sachen, die noch im Eigentum des Zurückhaltenden stehen, ist ein Zurückbehaltungsrecht anerkannt. Der Verkäufer einer Sache muss das Eigentum an dieser solange nicht übertragen, wie seine Kaufpreisforderung nicht beglichen wurde.331 326 Im englischen Recht gilt dies nur für den solicitor, nicht für den barrister, da dieser keinen Rechtsanspruch auf Honorar hat (Wohl, S. 61 f.). 327 7A C.J.S. Attorney and Client § 357, lit. a. In manchen amerikanischen Bundesstaaten ist ein attorney’s lien kodifiziert (vgl. ibid., lit. b.). 328 7A C.J.S. Attorney and Client § 358. 329 7A C.J.S. Attorney and Client § 359. Dieses Recht beruht auf „equitable considerations“ während das retaining lien aus dem common law stammt. 330 Wohl, S. 66, verallgemeinert unter Berücksichtigung der in allen Einzelfällen wiederkehrenden Gemeinsamkeiten das particular lien so: „Wer eine fremde bewegliche Sache besitzt, wegen deren er gegen einen anderen eine Forderung hat, braucht sie nicht eher herauszugeben, bis er wegen dieser Forderung befriedigt worden ist.“
276
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das common law Zurückbehaltungsrechte sowohl als Leistungs- als auch als Herausgabeverweigerungsrechte anerkennt.332 8. Südamerika Aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsordnungen Südamerikas durch die ehemaligen Kolonialherren Spanien und Portugal stark vom europäischen Recht beeinflusst sind, kennen ihre Zivilrechtsordnungen natürlich auch das Rechtsinstitut des Zurückbehaltungsrechts.333 Argentiniens Codigo Civil widmet einen ganzen Titel dem Zurückbehaltungsrecht („derecho de retención“). Artt. 3939–3946 stellen die allgemeinen Vorschriften bezüglich des Zurückbehaltungsrechtes dar. Danach kann der Besitzer einer fremden Sache ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Zahlung einer Forderung, die in einem vernünftigen Verhältnis zu dieser Sache steht, an ihr ausüben.334 Spezielle Zurückbehaltungsrechte finden sich ferner in Artt. 2124 (Kaufverträge) und 2428 (Zurückbehaltungsrecht des gutgläubigen Besitzers). Brasiliens Codigo Civil von 1916 beinhaltet in Art. 1092 ein Leistungsverweigerungsrecht bei zweiseitigen Verträgen ähnlich dem § 320 des deutschen BGB. Für Kaufverträge bestimmt Art. 1131, dass der Verkäufer bei Zahlungsunfähigkeit des Käufers die Übergabe der Sache hinauszögern kann, bis der Käufer ihm Sicherheit leistet. Der Mieter hat nach Art. 1199 an der gemieteten Sache nur dann ein Zurückbehaltungsrecht, sofern seine Forderungen bezüglich der vom Vermieter genehmigten notwendigen oder nützlichen Verbesserungen noch nicht durch diesen beglichen wurden. 9. China a) Volksrepublik In der Volksrepublik ist zu unterscheiden zwischen Verträgen, die unter privaten Inländern geschlossen werden, Verträgen, die zwischen Inländern aus wirtschaftlichen Zwecken geschlossen werden, und Verträgen, bei wel331 Bellamy v. Davey [1891] 3 Ch. 540. Später im Sale of Goods Act 1893 enthalten, heute Sale of Goods Act 1979 (c. 54), s. 39 (2): „right of withholding delivery“ (Harris, in: Benjamin’s Sale of Goods, Chapter 15, Rz. 010). 332 So auch Wohl, S. 69. 333 Vgl. für Brasilien dazu de Mirinda, in: Heinsheimer, S. XVII ff. 334 Vgl. dazu Codigo Civil de la Republica Argentina y Legislacion Complementaria, S. 768 ff.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
277
chen eine Vertragspartei ein Ausländer ist.335 Bei reinen Inländerverträgen sind die Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China vom 1. Januar 1987, bei wirtschaftlichen Verträgen ist das Wirtschaftsvertragsgesetz von 1982 anzuwenden. Beide Gesetze kennen kein Zurückbehaltungsrecht.336 Leistungsstörungen stellen immer eine Vertragsverletzung dar, die zum Schadenersatz, zu Vertragsstrafe, zur Weitererfüllung und zum Rücktritt berechtigt.337 Das chinesische Zivilrecht kannte aber das Zurückbehaltungsrecht lange Zeit: Spezielle Zurückbehaltungsrechte in Form der eigenen Leistungsverweigerung durch den Verkäufer von Waren (Art. 264 des chinesischen Zivilgesetzbuches von 1928–1931338), in Form des Herausgabeverweigerungsrechts der Vermieters (Art. 447339) in Form eines Herausgabeverweigerungsrecht des Gastwirts bezüglich Sachen seiner Gäste bis diese ihre Schulden für die Übernachtung oder damit zusammenhängende Umstände bezahlt haben (Art. 612340) und in Form des Herausgabeverweigerungsrechts der Beförderer bezüglich der transportierten Sachen bis zur vollständigen Bezahlung der Kosten (Art. 647341). In Artt. 928 ff. war ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht geregelt. Der Gläubiger eines fälligen Anspruches darf eine Sache, in deren Besitz er sich befindet, zurückbehalten, wenn es eine Verbindung zwischen der Sache und dem Anspruch gibt und wenn er die Sache nicht aufgrund einer unerlaubten Handlung erlangt hat (Art. 928).342 Bei Verträgen mit Auslandsberührung ist das Außenwirtschaftsvertragsgesetz der Volksrepublik China anzuwenden. Dort ist in Art. 17 bei Vertrags335
Das Gesetzesgefüge ist näher erläutert bei Zheng, S. 9 ff. Nicht einmal das Einrederecht wegen Nichterfüllung ist diesen Gesetzen bekannt (Zheng, S. 23). 337 Vgl. dazu Zheng, S. 18 ff. 338 Vgl. hierzu Hung, S. 85. Das Zivilgesetzbuch (Buch I bis III) ist durch Ching-Lin Hsia, James L. E. Chow und Yukon Chang in die englische Sprache übersetzt worden (The Civil Code of the Republic of China, erschienen in der Reihe China Studies, herausgegeben von Joseph En-pao Wang, Reprint der Ausgabe von 1930, Arlington 1976). Vgl. die Ausführungen zum Zurückbehaltungsrecht im chinesischen Zivilgesetzbuch von 1928–1931 auch bei Böhling, S. 74 ff. „Über ein Zurückbehaltungsrecht in älterer Zeit wissen wir nichts. Gewiß wird es als tatsächliches Druckmittel bei Zug-um-Zug-Leistungen verwendet worden sein. Vielleicht hat es auch das örtliche Gewohnheitsrecht der Kaufmannsgehilfen zu einem selbständigen Rechtsgebilde ausgestaltet. Das Tjing-Gesetzbuch schweigt.“ (Böhling, S. 74). 339 Böhling, S. 75. 340 Hung, S. 106. 341 Hung, S. 110. 342 Vgl. dazu Böhling, S. 74 ff. Die Bestimmungen der Artt. 928 ff., die sich stark am schweizerischen ZGB orientieren, finden auf die speziellen Zurückbehaltungsrechte entsprechende Anwendung (ibid., S. 76). 336
278
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
bruch der anderen Partei die Möglichkeit vorgesehen, die Einrede des nichterfüllten Vertrages zu erheben und selbst die Leistung zu verweigern.343 Ferner war die Ausübung eines Rückbehaltungsrechts („liu-chih-chüan“) in der Praxis der staatlichen Transportunternehmen üblich.344 b) Taiwan Seit dem Übersiedeln der Kuomitang-Regierung im Jahre 1949 nach Taiwan wird das chinesische Zivilgesetzbuch von 1928–1931 nur noch dort angewendet.345 Es kann daher auf das oben dazu Gesagte zurückgegriffen werden. 10. Islamische Länder Das iranische Zivilgesetzbuch kennt ebenfalls ein Zurückbehaltungsrecht. Nach dem im iranischen Recht geltenden Gegenseitigkeitsprinzip braucht die eine Seite dann nicht zu erfüllen, sofern die andere sich nicht an die Vereinbarung hält.346 Dieses Zurückbehaltungsrecht („haq-a-habs“) erhielt eine Ausformung in Artt. 377 und 1085 des iranischen Zivilgesetzbuches. Es ist anerkannt, dass dieses Recht für alle Verträge anwendbar ist.347 Dieses haq-a-habs ist auch im irakischen Zivilrecht ein anerkanntes Rechtsinstitut.348 Auch das ägyptische Zivilgesetzbuch kennt das Zurückbehaltungsrecht. Art. 161 des ägyptischen Zivilgesetzbuches349 bestimmt, dass der eine Teil solange nicht erfüllen muss, bis der andere Teil seinerseits seiner Verpflichtung zur Erfüllung nachkommt. Voraussetzungen sind ein gegenseitiger Vertrag, korrespondierende, fällige vertragliche Verpflichtungen. Dasselbe gilt für das Libysche Zivilgesetzbuch (dort Art. 163).350 Ein Beispiel für die Existenz eines Zurückbehaltungsrechts im jordanischen Recht ist Art. 851 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches, in dem dem Beauftragten ein solches Recht gegenüber dem Geschäftsherrn eingeräumt wird, solange dieser ihm nicht die Kosten der Geschäftsführung erstattet.351 Eine 343 344 345 346 347 348 349 350 351
Zheng, S. 27 f. Weggel, S. 357. Wang, S. 20. Amin, Remedies, S. 25. Amin, Remedies, S. 25. Vgl. Amin, Legal System of Iraq, S. 145. Abgedruckt bei Amin, Remedies, S. 26. Amin, Remedies, S. 26. Abgedruckt bei Saleh, S. 123.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
279
identische Vorschrift findet sich im Zivilgesetzbuch der Vereinigten Arabischen Emirate (Art. 943 Abs. 2).352 Das Contract Law 1969 von Bahrain kennt ein lien des Beauftragten an allen Dingen, die der Beauftragte für den oder vom Geschäftsherren erhalten hat, bis dieser ihm sämtliche fällige Beträge erstattet hat (Art. 192).353 11. Jüdisches Recht Auch das grenzüberschreitende mosaisch-rabbinische Zivilrecht kennt das Zurückbehaltungsrecht. Fassel vergleicht in seiner 1854 erschienenen Bearbeitung des rabbinischen Zivilrechts die Vorschrift Der Käufer ist verbunden, gleich bei der Uebernahme den Kaufpreis zu erlegen. Aber durch die Verweigerung desselben kann der Vertrag nicht aufgehoben werden, wenn er nur sonst giltig geschlossen ist.
mit dem österreichischen BGB, das in seinem § 1062 sagt: „Widrigenfalls ist der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu verweigern berechtigt.“.354 Das rabbinische Recht, so Fassel, stimme mit dieser Vorschrift dann überein, wenn sie bedeute, dass der Verkäufer nicht verpflichtet sei, dem Käufer „die Sache auf Borg zu geben“. Dies verstehe sich von selbst, „es kann ja Niemand gezwungen werden einem Andern zu trauen“.355 12. Israelisches Recht Auch dem bürgerlichen Recht Israels ist das Zurückbehaltungsrecht bekannt. U. a. kann der nichtvertragsbrüchige Teil Gegenstände, die er als Folge eines Vertrages vom vertragsbrüchigen Teil erhalten hat, bis zur Vertragserfüllung behalten.356 Der Bevollmächtigte kann die im Rahmen der Vertretung erhaltenen Gegenstände, die dem Vertretenen zustehen, bis zu seiner Bezahlung zurückbehalten.357 Auch besteht ein Zurückbehaltungsrecht an beweglichen Sachen als Pfand für die Befriedigung von Ansprüchen.358
352 353 354 355 356 357 358
Abgedruckt bei Saleh, S. 278. Abgedruckt bei Saleh, S. 228. Fassel, S. 127, § 1058. Ibid. Scheftelowitz, S. 79. Ibid., S. 83. Ibid., S. 89.
280
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
13. Alliiertes Besatzungsrecht Das durch die amerikanische Militärregierung im Nachkriegs-Deutschland 1947 eingeführte Gesetz No. 59 – Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände spricht in Art. 45 negativ von einem Zurückbehaltungsrecht (in der englischen Fassung heißt es „equitable lien“).359 Dieser Artikel geht von einem bestehenden Zurückbehaltungsrecht des Restitutionspflichtigen aus, näher definiert wird es aber nicht. Es ist nur dann nicht anwendbar, wenn es die schleunige Rückgabe des entzogenen Gegenstandes erheblich verzögern würde. Aus Satz 2 des Art. 45 des Gesetzes No. 59 folgt, dass es nur für Gegenansprüche geltend gemacht werden kann. Diese ergeben sich ebenfalls aus dem Gesetz No. 59, z. B. dem Anspruch auf das für das Restitutionsgut erhaltene Entgelt (Art. 44 Abs. 1). 14. Analyse Für die Feststellung des Vorliegens eines Zurückbehaltungsrechts i. S. eines allgemeinen Rechtsgedankens nach Art. 38 Abs. 1 lit. c) des IGH-Statuts ist auf die Grundprinzipien der Zurückbehaltungsrechte abzustellen. Sämtliche betrachteten Rechtsordnungen haben gezeigt, dass ihnen der Gedanke der Zurückbehaltung von Sachen oder Geld als Druck- oder Sicherungsmittel für eine noch offene Forderung eigen ist. Die Ausgestaltungen der angesprochenen Zurückbehaltungsrechte sind zwar mitunter verschieden, weisen jedoch zum größten Teil Gemeinsamkeiten auf. Gemein ist ihnen z. B., dass es sich bei den Forderungen stets um Forderungen aus gegenseitigen Verträgen handeln muss. Ferner muss die Forderung fällig sein. Schließlich wird in den meisten Rechtsordnungen auf eine Konnexität zwischen Forderung und Gegenforderung abgestellt. Dafür genügt jedoch meist ein einheitliches Lebensverhältnis. Es handelt sich mithin um ein Leistungsverweigerungsrecht. 359 Abgedruckt in Deutsch u. a. bei Kowalski, Art Treasures, S. 133 ff.; in Englisch u. a. ibid., S. 115 ff. Art. 45 lautet: „Zurückbehaltungsrecht Für Ansprüche des Rückerstattungspflichtigen kann ein Zurückbehaltungrecht insoweit nicht geltend gemacht werden, als dies die schleunige Rückerstattung des entzogenen Vermögensgegenstandes erheblich verzögern würde. Das gleiche gilt für Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung auf Grund von Gegenansprüchen in die entzogenen Vermögensgegenstände.“ Das Besatzungsrecht galt auch für Gegenstände, die teilweise legal bzw. semilegal den Besitzer wechselten, deshalb kann es für diese Untersuchung auch herangezogen werden.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
281
Vielen Rechtsordnungen ist auch ein Zurückbehaltungsrecht als Sicherungsmittel für Aufwendungsersatz bekannt. Dabei handelt es sich dann stets um ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Die Wirkungen der Zurückbehaltungsrechte in den verschiedenen Rechtsordnungen sind auch alle sehr ähnlich. Der status quo kann aufrechterhalten, das Besitzrecht weiter ausgeübt werden. Zu einem Veräußerungsrecht kommt es nur in ganz seltenen Fällen, so dass für das Völkerrecht von einem solchen nicht ausgegangen werden kann. Fassel hat es treffend ausgedrückt: Es könne von niemanden erwartet werden, seinem Gegenüber zu trauen.360 Die Idee des Zurückbehaltungsrecht basiert auf dem Gedanken der Billigkeit. Treu und Glauben spielen ebenfalls mit hinein. Durch die Zurückbehaltung einer Sache kann der Gläubiger einer Forderung zum einen Druck auf seinen Vertragspartner ausüben, zum anderen kann er gleichzeitig diese Forderung sichern. Es ist nur billig, einem Gläubiger diese Rechte zu gestatten. Der Gedanke der Billigkeit ist dem Völkerrecht ebenfalls immanent. Auch im Völkerrecht sind gegenseitige Verpflichtungen an der Tagesordnung, nicht nur im internationalen Wirtschaftsrecht, sondern auch gerade im Bereich des Kulturgüterschutzes, zu welchem ja die Rückführung von kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern gehört. Einem Staat, der seinen Verpflichtungen nachkommen will, kann somit nicht zugemutet werden, dies zu tun, ohne sicher zu sein, dass sein Vertragspartner361 ebenfalls seinen Verpflichtungen nachkommt. Das Zurückbehaltungsrecht in der Form des Leistungsverweigerungsrechts kommt daher z. B. dann zum Tragen, wenn es sich bei den gegenseitigen Verpflichtungen um den Austausch von Gütern bzw. Geld handelt. Für den Bereich des Kulturgüterschutzes bedeutet dies, dass beispielsweise im Falle Deutschlands und Russlands jeder Teil mit seiner Leistung aus Art. 16 Abs. 2 des deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrages von 1990 bzw. aus Art. 15 des deutsch-russischen Kulturabkommens von 1992 solangen zuwarten kann, bis der andere Teil zur Leistung bereit ist. Politisch mag dies unklug erscheinen – man geht nicht mehr mit gutem Beispiel voran –, rein rechtlich ist es jedoch möglich. Auch hier handelt es sich um Zug-um-Zug-Leistungen. Wie weit allerdings das Zurückbehaltungsrecht geht, ist fraglich. Dass ein engerer Zusammenhang zwischen Forderung und Gegenforderung bestehen muss, ist schon ausgeführt worden. Ein solcher Zusammenhang dürfte dann nicht mehr bestehen, wenn beispielsweise Kulturgüter zurückbehalten werden, weil Kreditforderungen nicht rechtzeitig erfüllt werden. 360
Ibid. Dass dies gleichsam für völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtungen gilt, versteht sich von selbst. 361
282
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Ein Zusammenhang dürfte allerdings dann bestehen, wenn die Gegenseite nicht, wie vertraglich vereinbart, für die Pflege von Kriegsgräbern aufkommt. Meist ist dieser Punkt in dem Vertrag geregelt, in welchem auch die Rückgabe von Kulturgütern vereinbart wurde.362 Auch handelt es sich dabei um eine Vereinbarung aus dem Bereich der kulturellen Beziehungen. Ein einheitliches Lebensverhältnis könnte damit bejaht werden. Ein einheitliches Lebensverhältnis läge auch dann vor, wenn ein Staat beispielsweise kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter herausverlangen, andererseits jedoch seiner Rückgabepflicht von Kulturgütern aus einem anderen rechtlichen Grund, z. B. nach der UNIDROIT-Konvention von 1995, nicht nachkommen würde. Ein völkerrechtliches Zurückbehaltungsrecht an fremden Kulturgütern, die einer Rückgabepflicht unterliegen, kommt ferner in Betracht, wenn ein Staat Kulturgüter legal verbracht hat (z. B. aus Sicherungsgründen), auf diese nützliche bzw. notwendige Verwendungen macht (z. B. notdürftige Restaurationen, Lagerhaltung, Personalkosten) und der Eigentümerstaat für diese Aufwendungen nicht aufkommen will. Der Belegenheitsstaat kann dann als Sicherungsmittel für den Aufwendungsersatz diese Kulturgüter einbehalten. Rechtsgrundlage für solche Verhaltensweisen wären dann die allgemeinen Rechtsgrundsätze bezüglich des Zurückbehaltungsrechtes. 15. Zurückbehaltungsrecht wegen ungeklärter Rechtslage Abzulehnen ist hingegen ein Zurückbehaltungsrecht an Gütern, weil deren Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind, wenn sich beispielsweise drei Staaten um den Besitz bzw. das Eigentum an Kulturgütern363 aus verschiedenen untereinander bestehenden rechtlichen Verhältnissen heraus streiten. Als reales Beispiel könnte hier das Verhältnis Deutschland/Russland/Türkei 362 Vgl. z. B. den deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag von 1990, Art. 16 Abs. 1, dazu oben 2. Kap., Abschnitt B. I. 1. 363 Angenommen, es würde im Fall des Schatzes des Priamos lediglich um die Frage gehen, wer von beiden anspruchsstellenden Staaten den stärkeren Titel hat, würde die Türkei deutlich unterliegen. Ihr Anspruch dürfte bei einem illegalen Export längst verjährt sein (im Friedensvölkerrecht stellen sich die o. g. Probleme nicht, vgl. dazu den Fall der Elgin-Marbles bei Merryman, Mich. L. Rev. 83 (1985), S. 1881, 1990, und Frank, in: Frank, S. 1, 12 f.; zu den kriegsrechtlichen Verjährungsproblematiken siehe unten 4. Kap., Abschnitt C. I.), im Hinblick auf den Gedanken der Rückführung von Kulturgütern an ihre Ursprungsländer ist anzumerken, dass ein solcher Anspruch völkergewohnheitsrechtlich ebensowenig wie vertraglich existiert. Selbst Griechland erhebt noch Ansprüche.
D. Einwände aus völkerrechtlichen Gegenansprüchen
283
bezüglich des Eigentums am sog. Schatz des Priamos genannt werden. Deutschland fordert den Schatz von Russland zurück, da sowjetische Truppen ihn 1945 nach Moskau verbracht haben. Die Türkei erhebt nun Rückgabeansprüche gegen die Bundesrepublik bzw. gegen Russland364, die unter Hinweis auf illegalen Export und den Gedanken der Rückführung von Kulturgütern an die Ursprungsländer beruhen. Schliemann hatte nach der Ausgrabung der Schätze Teile davon illegal aus der Türkei ausgeführt. Russland kann den Schatz nicht deshalb zurückbehalten, weil sich die Bundesrepublik und die Türkei bislang nicht über die Eigentumsverhältnisse an den Kulturgütern geeinigt haben. Russland steht in keinem rechtlichen Verhältnis zur Türkei, das eine solche Zurückbehaltung gegenüber Deutschland rechtfertigen könnte. Beide Streitverhältnisse sind völlig unabhängig von einander zu betrachten. Die Zurückbehaltung Russlands mit einer solchen Begründung würde eine völkerrechtlich unzulässige Intervention in die Angelegenheiten eines fremden Staates darstellen.365 16. Verhältnis des Zurückbehaltungsrechts zur Repressalie Klärung bedarf allerdings noch das Verhältnis des Zurückbehaltungsrechts zur völkerrechtlichen Repressalie. Beide Rechtsfiguren haben zunächst etwas Gemeinsames: Sie stellen die rechtliche Antwort auf einen Rechtsbruch dar. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass die Repressalie ein an sich völkerrechtswidriger Akt ist, der nur dadurch, weil er die Beantwortung eines vorausgegangenen erheblich völkerrechtswidrigen Aktes eines anderen Staates darstellt, gerechtfertigt ist, während das Zurückbehaltungsrecht keine Rechtfertigung darstellt, sondern eine Tatbestandsmäßigkeit ausweist. Die Zurückbehaltung stellt somit keinen rechtswidrigen Akt dar, sondern ist von vornherein im Einklang mit dem Recht. Hinzu kommt, dass das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei erheblich völkerrechtswidrigen Akten, sondern auch bei leichteren Verstößen – beispielsweise bei Verstößen gegen Wirtschaftsverträge – zur Anwendung kommen kann.
364 Gerstenblith IJCP 3 (1994), S. 347, 347. Vgl. zu Ansprüchen Griechenlands Seidl-Hohenveldern, Festschrift für Trinkner, S. 51, 51 f. s. auch Kelly, Dickinson J. Int’l L. 14 (1995–96), S. 31, 48 ff., zu dieser Kontroverse. 365 Dasselbe gilt für eine Herausgabe der Schätze durch Russland an die Türkei. Russland würde mit einer solchen Leistung an einen Dritten, gleichgültig aus welcher Motivation heraus, nicht von seiner Leistungspflicht gegenüber Deutschland frei werden. Es trete eine Unmöglichkeit ein, die Russland zu vertreten hätte. In Betracht käme dann eine restitution in kind bzw. Schadenersatz in Geld (siehe dazu 4. Kap., Abschnitt B.).
284
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
VI. Eine bereits gezahlte Entschädigung durch den reparationspflichtigen Staat an den Eigentümer kein Einwand gegen eine Rückgabe Nicht als Einwand gegen eine Rückgabe kann die Tatsache herangezogen werden, dass der an sich reparationspflichtige Staat bereits eine Entschädigung an den Eigentümer wegen der Wegnahme des Kulturgutes gezahlt hat (z. B. nach dem Lastenausgleichsgesetz). Die Zahlung einer Entschädigung an den Eigentümer wird ihn nur dann des Eigentumstitels berauben, sofern ein Eigentumsübergang im Entschädigungsgesetz vorgesehen ist. Ist dies der Fall, was aber nicht die Regel ist, so verliert er seinen Anspruch nicht an den wegnehmenden, sondern an den entschädigenden Staat. Die Entschädigungszahlung befriedigt nur den Anspruch des Gläubigers (Eigentümer) gegen den Staat, der das Gesetz erlassen hat. Die Entschädigung wird aufgrund dessen gezahlt, weil der Gläubiger in seinen Besitzrechten (im Falle von Grundstücken und manchen beweglichen Sachen, z. B. Kraftfahrzeuge, mitunter auch Eigentumsrechten) gestört ist. In seinen Eigentumsrechten an Kulturgütern kann er nicht gestört sein, denn ein Beuterecht an Kulturgütern, welches einen originären Eigentumstitel schaffen würde, gibt es seit ca. zwei Jahrhunderten nicht mehr. Der ursprüngliche Eigentümer bleibt also Eigentümer, auch wenn das Kulturgut widerrechtlich verbracht wurde. Die Zahlung einer Entschädigung beraubt ihn nicht seines Eigentumstitels.366 Eine Berufung eines dritten Staates auf eine gezahlte Entschädigung ist daher ausgeschlossen. Das russische Beutekunstgesetz sieht in Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 vor, dass an die Berechtigten nur solche Kulturgüter rückzuerstatten sind, für welche der Anspruchsberechtigte „keine pauschale Entschädigung von Deutschland oder einem anderen ehemaligen Feindstaat erhalten hat“.367 Diese Regelung erscheint im Lichte des soeben Gesagten als sehr zweifelhaft. Wahrscheinlich ist hier dem russischem Gesetzgeber ein Fehler unterlaufen. Er wollte offensichtlich auch die Kulturgüter, die an sich nach Art. 8 zurückzuerstatten wären, in sein Eigentum überführen, sofern keine offizielle Bestätigung als Beweis für eine Nichtzahlung einer Entschädigung dem Rückgabeersuchen beigefügt ist.368 Dies ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht der Fall. Art. 9 Abs. 2 des Beutekunstgesetzes überführt nur diejenigen verbrachten Kulturgüter in russisches Bundeseigentum, die „in Artikel 8 Unterabsatz 1, 366
d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 23. Z. B. nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 14. August 1952, BGBl. 1952 I, S. 446 ff. 368 So liest wohl auch d’Argent, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20, 23, diese Gesetzespassage. 367
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
285
2 und 3 dieses Bundesgesetzes genannt werden und hinsichtlich derer binnen achtzehn Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes kein betroffener Staat Ansprüche erhoben und die in den erwähnten Unterabsätzen des Artikels 8 geforderten Beweise vorgelegt hat“. Dass ein Nachweis der Nichtzahlung einer pauschalen Entschädigung durch Deutschland oder einen anderen ehemaligen Feindstaat erbracht werden muss, ist in Art. 9 Abs. 1 Uabs. 1 geregelt, nicht in den genannten Unterabsätzen des Art. 8. Kulturgüter, bei deren Herausgabeverlangen es lediglich an einer solchen offiziellen Bestätigung mangelt und diese dem Verlangen nicht beigefügt ist, gehen also nicht nach 18 Monaten369 in Bundeseigentum über. Dies bedeutet, dass die Bestätigung beliebig lange nachgereicht werden kann. Erst dann kann aber auch eine Rückgabe verlangt und erwartet werden. Die Bestätigung ist Voraussetzung nur für die Rückgabe (Art. 9 Abs. 1 Uabs. 1).
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“ als Einwände gegen eine Rückgabe I. Zwangsvollstreckung in fremde Kulturgüter Eine Rechtfertigung der Nichtrückgabe könnte auch mit dem Argument einer vollzogenen Zwangsvollstreckung in widerrechtlich verbrachte Kulturgüter begründet werden.370 Bevor jedoch dieses Problem in seinen Grundzügen angeschnitten wird, ist abermals auf den völkerrechtlichen Treuegrundsatz hinzuweisen, der eine Rechtfertigung der Nichtrückgabe über eine Zwangsvollstreckung ausschließt. Der Treuegrundsatz verbietet es, Maßnahmen zu ergreifen, die andere Regeln des Völkerrechts aushebeln oder nutzlos machen. Werden Kulturgüter im Krieg geraubt, verbracht und wird sodann – um eine offene Forderung welcher Natur auch immer zu begleichen – in sie vollstreckt, so wird dem Verbot des Beutemachens von Kulturgütern die rechtliche Wirkung entzogen. Das Beutemachen wird legitimiert. Angenommen, man könnte diese Bedenken außer Betracht lassen, so könnte aber die Zwangsvollstreckung von Kulturgütern an sich schon mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden sein. von Schorlemer hat zur Zwangsvollstreckung in Hinblick auf den Schutz von Leihgaben aus dem 369
Zu diesem Gesetz und zum Urteil des Verfassungsgerichts dazu siehe oben 2. Kap., Abschnitt E. III. und unten 4. Kap., Abschnitt B. IV.; 4. Kap., Abschnitt C. I. 370 Hier geht es nur um die Zwangsvollstreckung in Friedenszeiten. In Kriegszeiten ist die Beschlagnahme von fremden Kulturgütern nicht nur auf Feindesgebiet, sondern auch auf eigenem Staatsgebiet verboten. In letzterem Fall käme es einer verbotenen kriegsrechtlichen Repressalie gleich.
286
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Ausland ausreichend Stellung genommen.371 Deshalb soll hier nur kurz auf die Probleme eingegangen werden. Zu unterscheiden ist zwischen Kulturgütern in privatem und in staatlichem Eigentum. Staatliche Immunität kann grundsätzlich auch nur staatliches Eigentum genießen. Dem Grundsatz nach wäre eine Zwangsvollstreckung in private Kunstgüter ein ausreichender Rechtfertigungsgrund. Dies soll dann nicht gelten, wenn der Gegenstand aus Privateigentum dem öffentlichen Gebrauch gewidmet ist. Nach den Final Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property der ILC aus dem Jahre 1991372 erhalten auch private373 Kulturgüter einen Schutz gegen Zwangsvollstreckung, sofern sie Teil des kulturellen Erbes eines Staates oder eines seiner Archive sind und ihr Verkauf weder beabsichtigt noch betrieben wird bzw. sofern sie Teil einer Ausstellung von Objekten von wissenschaftlichem, kulturellem oder historischem Interesse sind und ihr Verkauf weder beabsichtigt noch betrieben wird (Artt. 18 und 19 Abs. 1 lit. d) und e)). Ferner verbietet Art. 16 der OAS Convention on the Protection of the Archaeological, Historical and Artistic Heritage of the American Nations von 1976 eine Beschlagnahme von Leihgaben im Ausland als Folge einer öffentlichen oder privaten Klage. Eng damit zusammen hängt das freie Geleit.374 Ein umfassender völkerrechtlicher Schutz privater ausländischer Kulturgüter gegen das Risiko der Beschlagnahme zu Zwangsvollstreckungszwecken lässt sich aber nicht ausmachen. Schon eindeutiger kann die Frage nach der Zwangsvollstreckung in staatliches Vermögen beantwortet werden.375 Die Gewährung gerichtlicher Im371
von Schorlemer, S. 374–384. Abgedruckt in YBILC 1991, Vol. II, Part Two, S. 13, und bei Watts, Bd. 3, S. 2006 ff. 373 A. A. Watts, Bd. 3, S. 2097, der nur staatliche Kulturgüter darunter fallen lassen will. Zumindest sollten die privaten Kulturgüter, die hoheitliche Aufgaben helfen zu erfüllen, unter diesen Schutz fallen. 374 Vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 375 Interessant erscheint in diesem Zusammenhang der Fall der beantragten Zwangsvollstreckung griechischer Staatsangehöriger in das Vermögen des GoetheInstituts in Athen. Wegen Forderungen bezüglich der Wiedergutmachung von Kriegsverbrechen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg zogen die Opfer vor ein griechisches Gericht und klagten Schadenersatz gegen die Bundesrepublik ein. Dieser wurde ihnen zugesprochen, entgegen den Regeln der Staatenimmunität. Gegen dieses Urteil hatte die Bundesrepublik Revision eingelegt, die jedoch vom höchsten Gericht Griechenlands, dem Areopag, zurückgewiesen wurde. Für Klagen auf Schadenersatz wegen barbarischer Akte in einem Krieg, wie einem Massaker an Zivilisten, gelte die Staatenimmunität nicht, argumentierte der Areopag. Das Urteil wurde von der Bundesrepublik nicht anerkannt, und sie weigerte sich, Schadenersatz zu 372
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
287
munität, die dem Grundsatz der Gleichheit und Souveränität der Staaten entspringt, verlangt die Erfüllung zweier Voraussetzungen. Zunächst müssen die Kulturgüter zum Eigentum des Staates zählen, sie müssen also zum Staatsvermögen gehören.376 Ferner muss die Verwendung der zu beschlagnahmenden Kulturgüter sich als hoheitlich darstellen. Grund für eine Ausstellung von fremden Kulturgütern ist oftmals auch die Völkerverständigung.377 Bei Kulturgütern, die in Kriegszeiten geraubt wurden, kann der hoheitliche Zweck nur bezüglich der letztmaligen Verwendung im Herkunftsland beurteilt werden. Art. 22 Abs. 2 der ILC Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property 1985378 billigte Staaten, die gegen ihren Willen in ihrem Besitz bzw. Eigentum durch andere Staaten gestört werden, besonderen Schutz zu: A State is also immune in respect of its property, or property in its possession or control or in which it has an interest, from an interim or final injunction or specific performance order by a court of another State, which is designed to deprive the State of its enjoyment, possession or use of the property or other interest, or otherwise to compel the State against its will to vacate the property or to surrender it to another person.
Darin kam ein eindeutiges Verbot zum Ausdruck, staatliche Güter gegen den Willen des Herkunftsstaates zu Zwecken der gerichtlichen Zwangsvollstreckung heranzuziehen. Ob dieser Rechtssatz in Völkergewohnheitsrecht erwachsen ist, ist sehr zweifelhaft. Dagegen spricht vor allem, dass er in den ILC Final Draft Articles 1991 nicht mehr enthalten ist. Völkergewohnheitsrechtliche Geltung kann jedoch eher hinsichtlich eines Zwangsvollstreckungsverbots in Kulturgüter, die das nationale kulturelle Erbe eines Staates darstellen, angenommen werden. Dies nicht nur aufgrund der o. g. Artt. der ILC Final Draft Articles 1991, sondern auch aufgrund der verschiedenen nationalen Immunitätsgesetze379.380 Die Rechtfertileisten. Daraufhin ließ der Anwalt der Kläger in das Goethe-Institut in Athen einen Gerichtsvollzieher schicken. Ferner sollte der Gerichtsvollzieher den Wert des Deutschen Archäologischen Instituts sowie der Deutschen Schule in Athen ermitteln. Zum Ganzen siehe o. V., FAZ, 2. September 2000, S. 6. Es gelang der Bundesrepublik, die Zwangsvollstreckung abzuwenden. In jüngeren griechischen Gerichtsentscheidungen wurden Einzelklagen Betroffener unter Hinweis auf die Staatenimmunität abgewiesen. Auch der EuGHMR wies eine Klage griechischer Staatsbürger gegen die Bundesrepublik und Griechenland in diesem Zusammenhang ab. 376 Zum Umfang des Staatsvermögens bezüglich von Kulturgütern vgl. von Schorlemer, S. 380. 377 von Schorlemer, S. 381. 378 YBILC 1985, Vol. II, Part One, S. 21. 379 Z. B.: Australien: Foreign States Immunities Act, abgedruckt in: ILM 25 (1986), S. 715 ff.; Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland: State Immunity Act 1978, abgedruckt in: ILM 17 (1978), S. 1123 ff.; Kanada: State Im-
288
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
gung einer Nichtrückgabe aufgrund einer gerichtlichen Zwangsvollstreckung kann daher bei Kulturgütern, die zum nationalen kulturellen Erbe eines Staates zählen in keinem Falle herangezogen werden. Welche Kulturgüter darunter fallen, ist von jedem einzelnen Staat selbst festzulegen.
II. Enteignung fremder Kulturgüter Es stellt sich die Frage, ob eine Enteignung oder Konfiskation der verbrachten Kulturgüter als Einwand gegen eine Rückgabe derselben erhoben werden kann. Während eine Enteignung, also eine Verstaatlichung ausländischen Eigentums gegen eine adäquate, effektive und sofortige Entschädigung381, völkerrechtlich zulässig ist, ist dies hinsichtlich einer Konfiskation (Enteigung ohne Enschädigung) nicht der Fall.382 Stets ist auch hier zu unterscheiden, ob es sich um privates oder staatliches Eigentum handelt. Grundsätzlich ist die Enteignung von ausländischem Privateigentum unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Zweifelhaft ist dies bezüglich des ausländischen staatlichen Eigentums an Kulturgütern. 1. Enteigungsverbot staatlichen Eigentums aus völkerrechtlichen Grundprinzipien Einer Enteigung von widerrechtlich verbrachten staatlichen Kulturgütern könnten völkerrechtliche Grundprinzipien, Grundrechte und -pflichten entgegenstehen. In Betracht kommt etwa der Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten, der einen Respekt des Eigentums eines anderen Staates erfordert.383 Ausfluss dieses und des Grundsatzes der Unabhängigkeit der Staaten ist die Staatenimmunität.384 Danach sind weder der Staat noch sein munity Act 1982, abgedruckt in: ILM 21 (1982), S. 798 ff.; USA: Foreign Sovereign Immunities Act 1976, abgedruckt in: ILM 15 (1976), S. 1388 ff. 380 So auch von Schorlemer, S. 384. 381 Sog. Hull-Formel, vgl. Verdross/Simma, § 1217, Fn. 6; Ipsen/Ipsen, § 47, Rn. 18. Die Enteignung darf zudem nicht diskriminierenden Charakter haben und muss dem öffentlichen Wohle dienen (Dolzer, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 149, 155). 382 Zum Ganzen vgl. Ipsen/Ipsen, § 47, Rn. 13 ff.; Verdross/Simma, §§ 1216 ff.; Brownlie, Principles, S. 531 ff.; Oppenheim’s International Law, Vol. 1, S. 911 ff.; Shaw, S. 573 ff.; Seidl-Hohenveldern, Enteignungsrecht, pass.; Prott/O’Keefe, Movement, S. 429 ff. Zu den Protestmöglichkeiten und Restitutionsansprüchen der Staaten, deren Staatsangehörige unrechtmäßig enteignet wurden, vgl. Wortley, S. 72 ff. Dolzer, S. 39 ff. und 282, will eine opinio iuris der Staaten hinsichtlich einer Entschädigungspflicht allerdings nicht ausmachen können. 383 Foighel, S. 44, nennt auch noch die Unabhängigkeit der Staaten sowie als rein praktische Erwägung das Prinzip der Reziprozität.
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
289
Eigentum einer fremden Rechtsordnung unterworfen. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dass das Eigentum für hoheitliche Zwecke verwendet wird. Völkerrechtlich werden Güter dann als das Eigentum eines Staates behandelt, sofern der Staat die tatsächliche Sachherrschaft über sie ausübt oder ihm an den Gütern ein dingliches Recht zusteht.385 Der völkerrechtliche Schutz von Kulturgütern vor Enteignungen könnte mit der Staatenimmunität, die sich zunächst nur auf eine gerichtliche Immunität bezieht, verglichen werden. Akte fremder Staaten können vor einem inländischen Gericht keiner Nachprüfung unterzogen werden, da der fremde Staat nur dann verklagt werden kann, wenn er dem ausdrücklich zustimmt. In einem gerichtlichen Verfahren könnte ein Eigentumstitel durch Adjudikation jemand anderem zugesprochen werden, wodurch der fremde Staat das Eigentum an der Sache verlieren würde. Auch eine Zwangsvollstreckung zur Vollstreckung des Titels ist nicht möglich.386 Bei der Enteignung handelt zunächst eine andere staatliche Gewalt, nicht die Judikative, sondern die Legislative, sofern die Güter durch ein Gesetz enteignet werden. Auch ein Handeln durch die Exekutive wäre denkbar, wenn die Enteignung durch eine Verwaltungsmaßnahme vorgenommen werden würde. Durch die Enteignung ginge der Titel über. Eine Immunität, die durch die Gerichte zu beachten ist, sollte auch durch andere staatliche Organe beachtet werden. S. Friedman zieht ohne weiteres die Staatenimmunität als Begründung für ein Enteignungsverbot von staatlichen Gütern heran, allerdings mit der Einschränkung, dass sie einem fremden Souverän nicht persönlich gehören dürfen.387 White will das Enteignungsverbot nur für offiziell bzw. hoheitlich genutzte Güter gelten lassen, macht es aber von einer Anerkennung des fremden Staates durch den enteignenden abhängig.388 Nicht einmal die Enteignung von staatlichen Gütern als kriegsrechtliche Repressalie soll Bestand haben.389 Werden Güter jedoch in nicht hoheitlicher Weise durch einen Staat im enteignenden Staat genutzt, will Foighel dieses Verbot nicht per se angewendet wissen: Handelt ein Staat iure gestionis, so müsse er sich wie ein Privatmann behandeln lassen.390 White hingegen meint unter Bezugnahme auf Foighel aber, dass dies durch internationale Spruchpraxis nicht belegt 384
Par in parem non habet iudicium, vgl. Ipsen/Gloria, § 26, Rz. 16. Vgl. dazu von Schorlemer, S. 380 m. w. N. 386 s. o. 4. Kap., Abschnitt E. I. 387 S. Friedman, S. 188. 388 White, S. 151. 389 Ibid., mit Bezug auf der Enteignung des Botschaftsgebäudes Österreich-Ungarns durch ein italienisches Dekret im Jahre 1916. Zum kriegsrechtlichen Repressalienverbot bei Kulturgütern siehe oben 4. Kap., Abschnitt D. IV. 1. 390 Foighel, S. 45. Wird aber hingegen privates Eigentum hoheitlich im Ausland genutzt, so unterliegt es auch einem Enteignungsverbot (ibid., S. 45 f.). 385
290
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
sei und dass der enteignende Staat die gesetzlich vorgeschriebene Enteignung gegenüber dem Eigentum eines anderen Staates kaum durchführen wird, um das bilaterale Verhältnis nicht zu stören.391 Die ILC hat 1991 die Final Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property erlassen.392 Danach gilt die Staatenimmunität vor ausländischen Gerichten auch hinsichtlich staatlichen Eigentums an Kulturgütern, welches durch die Gerichte gegen den Willen des eigentumsberechtigten Staates diesem entzogen werden soll.393 Diese Draft Articles sind hinsichtlich einer gewöhnlichen völkerrechtlichen Enteignung jedoch nicht anwendbar, da sie sich nur auf Erlasse von Gerichten beziehen. Enteignungen werden jedoch regelmäßig von der Legislative bzw. Exekutive vorgenommen. Kulturgüter können also dann nicht beschlagnahmt394 werden, sofern sie in staatlichem Eigentum stehen und dem öffentlichen Gebrauch gewidmet sind. Diese Widmung erfolgt im Herkunftsstaat z. B. durch die Aufnahme in eine staatliche Sammlung oder die Erklärung zum nationalen Kulturerbe. Auch die Weggabe aus Gründen der Völkerverständigung kann einen hoheitlichen Zweck darstellen.395 Beschlagnahme mit folgender Zwangsvollstreckung und Enteignung haben dieselbe Wirkung, sie berauben den ursprünglichen Eigentümer seines Eigentums, und sind deshalb miteinander vergleichbar. Man kann daher annehmen, dass auch die Enteignung von Kulturgütern eines fremden Staates völkerrechtlich unzulässig ist. Nach Mußgnug soll das Verbot der Enteignung von Kulturgütern fremder Staaten sogar schon völkergewohnheitsrechtliche Geltung haben.396 Mußgnug begründet dieses gewohnheitsrechtliche Gebot allerdings nicht ausführlich. Er bezieht sich hauptsächlich darauf, dass Kunstwerke aufgrund ihrer Einmaligkeit eines verstärkten Schutzes bedürfen. Zu begründen wäre ein solches Gewohnheitsrecht allenfalls mit den verschieden Immunitätsakten der einzelnen Staaten. So ist in den USA 1965 der Immunity From Seizure Act (I.F.S.A)397 erlassen worden, nach welchem der Präsident einem Kulturgut „freies Geleit“ aussprechen kann. Ähnliches erlaubt der Foreign Cul391
White, S. 152 f. YBILC 1991 Vol. II, Part Two, S. 13; vgl. in diesem Zusammenhang auch von Schorlemer, S. 382. Vgl. hierzu auch Heß, EJIL 4 (1993), S. 269 ff. 393 s. dazu schon oben, 4. Kap., Abschnitt E. I. 394 So von Schorlemer, S. 375 und 380, in Bezug auf die Zwangsvollstreckung in staatliche Kulturgüter. Vgl. auch schon oben 4. Kap., Abschnitt E. I. 395 von Schorlemer, S. 381. 396 Mußgnug, in: Kunst und Recht, S. 15, 27 f. 397 Immunity from Seizure under juridicial process of cultural objects imported for temporary exhibition or display, U.S.C. 22 (1982), § 2459; abgedruckt auch bei Zerbe, Nw. J. Int’l L. & Bus. 6 (1984–85), S. 1121, 1122 f. 392
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
291
tural Objects Immunitiy From Seizure Act, welcher im Jahre 1976 von der kanadischen Provinz Manitoba erlassen wurde.398 Im deutschen Recht kann nunmehr nach § 20 des Abwanderungsschutzgesetzes399 eine rechtsverbindliche Rückgabezusage bei ausgeliehenem ausländischen Kulturgut durch eine oberste Landesbehörde oder eine zuständige Bundesbehörde abgegeben werden (freies Geleit).400 Dies stellt ebenfalls ein Beispiel für die Gewährung (gerichtlicher) Immunität dar. Selbst in einem internationalen Vertrag findet sich eine solche Regelung. Art. 16 der OAS Convention on the Protection of the Archaeological, Historical and Artistic Heritage of the American Nations vom 16. Juni 1976401 verbietet die Beschlagnahme von ausgeliehenen ausländischen Kulturgütern als Folge eines privat- oder öffentlichrechtlichen Gerichtsverfahrens. Es ist nicht zu verkennen, dass diese Beispiele für ein völkergewohnheitsrechtliches Verbot der Beschlagnahme von ausgeliehenen ausländischen Kulturgütern sprechen. Jedoch kann dieses auch nur in diesem engen Bereich entstanden sein. Alle diese internationalen und nationalen Akte sprechen von gerichtlicher Immunität, nicht von einem Enteignungsverbot. Die Wirkungen einer Beschlagnahme als Folge eines Rechtsstreits vor einem nationalen Gericht und eine staatliche Enteignung sind jedoch dieselben und sind deshalb vergleichbar. Das Verbot einer Enteignung staatlicher Kulturgüter ergibt sich deshalb aus dem Grundsatz der Gleichheit und Unabhängigkeit der Staaten. Noch weitergehend nimmt Wengler402 sogar ein Grundrecht der Staaten auf Achtung ihres Eigentums auf fremdem Staatsgebiet an, was die Zulässigkeit einer Enteignung ausländischen staatlichen Eigentums stark in Zweifel ziehen würde. Ein solches Grundrecht der Staaten ist aber fraglich, Wengler begründet es nicht einmal.403 398
Vgl. Williams, S. 65. BGBl. 1999 I, S. 1754. 400 Vgl. dazu unten 4. Kap., Abschnitt E. III. 401 Abgedruckt in ILM 15 (1976), S. 1350 ff. 402 Wengler, S. 1037. 403 Vgl. die Declaration on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-operation among States in Accordance with the Charta of the United Nations der Generalversammlung von 1970, GA Res. 2625 [XXV], abgedruckt in VN 26 (1978), S. 138–141, die ein solches Grundrecht nicht kennt und lediglich allgemein auf das Prinzip der souveränen Gleichheit aller Staaten verweist. Ähnlich die ILC Final Draft Articles on the Rights and Duties of States (abgedruckt bei Watts, Bd. III, S. 1650 ff.). Für Dolzer stellt sich das Problem der Enteignung von staatlichen Kulturgütern gar nicht, obwohl er den Fall der Rückgabe der (geliehenen) Bibliotheca Palatina an den Vatikan behandelt (Dolzer, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 149, 155 f.). Die Bibliotheca Palatina steht im Eigentum des Vatikans, also in staatlichem Eigentum. 399
292
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
2. Enteignungsverbot aus den Execution Regulations zur HKSK Für ein Enteignungsverbot für sämtliche fremde Kulturgüter, also auch private, spricht Art. 18 lit. c) der Ausführungsbestimmungen (execution regulations) zur HKSK von 1954404: [D]uring the various transfer operations, and while it [cultural property, d.V.] remains on the territory of another State, the cultural property shall be exempt from confiscation and may not be disposed of either by the depositor or by the depositary. Nevertheless, when safety of the property requires it, the depositary may, with the assent of the depositor, have the property transported to the territory of a third country, under the conditions laid down in the present article[.]
Kulturgüter, die nach den Vorschriften der Artt. 12 und 13 der HKSK zu ihrem Schutze auf ein fremdes Territorium gebracht wurden, können demnach durch den Aufnahmestaat nicht enteignet werden. Dies gilt sowohl für staatliches als auch für privates Eigentum, das auf Ersuchen des Ursprungsstaates und damit freiwillig auf fremdes Territorium verbracht wurde. Erst recht muss demnach ein generelles Enteignungsverbot für Kulturgüter gelten, sofern sie ohne Willen des Eigentümers auf das Territorium des Aufnahme-, Empfangs- bzw. Belegenheitsstaates gelangt sind. 3. Generelles Enteignungsverbot aus dem völkerrechtlichen Treuegrundsatz Das soeben Dargestellte kann eigentlich dahingestellt bleiben, denn hinsichtlich der Lösung dieses Problems ist viel früher anzusetzen. Es widerspricht abermals dem im Völkerrecht geltenden Treuegrundsatz, wenn ein Staat zunächst völkerrechtswidrig Kulturgüter als Beute auf sein Territorium verschafft und sie sodann unter dem Deckmantel der völkerrechtlichen Legalität durch eine Enteignung verstaatlicht und in sein Eigentum überführt. Dies wäre eine Rückkehr zum kriegsrechtlichen Beuterecht durch die Hintertür. Ferner könnten Erwägungen der public policy (ordre public) gegen eine Zulässigkeit der Enteigung schon nach nationalem Recht sprechen.405 Danach entfalten ausländische Enteignungen keine Rechtswirkungen, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen der nationalen Rechtsordnung, namentlich mit den Grundrechten unvereinbar sind.406 Der Schutz der Kulturgüter vor WegDolzer macht keinen Unterschied zwischen privatem und staatlichem Eigentum. Er erachtet allerdings die Enteignung geliehener Kulturgüter aus anderen Staaten als rechtsmissbräuchlich. 404 Abgedruckt in UNESCO, S. 32 ff. 405 Vgl. dazu Seidl-Hohenveldern, Enteignungsrecht, S. 47 ff.
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
293
nahme, sei es auch durch Diebstahl oder illegaler Ausfuhr, erscheint mittlerweile in jedem Staat als ein Bestandteil der nationalen Rechtsordnung.407 Ferner ist bei Enteignungen, die völkerrechtlich zulässig sein sollen, anerkannt, dass eine angemessene Entschädigung gezahlt werden muss. Dieses Ergebnis erhält man auch dann, wenn die Kulturgüter im Krieg zunächst legal auf das Territorium des enteignenden Staates verbracht wurden, z. B. durch eine Verbringung mit Sicherungsabsichten408. Hier würde der Staat nicht nur gegen seine Pflichten als treuhänderischer Verwahrer409, sondern abermals gegen den Treuegrundsatz verstoßen.410 4. Exkurs: Enteignung durch das Beutekunstgesetz Unter diesem Aspekt ist nochmals auf das russische Beutekunstgesetz einzugehen.411 Das Beutekunstgesetz sieht in seinem Art. 6 und Art. 9 eine Verstaatlichung412 (mit Ausnahmen413) aller durch die Geschicke des Zweiten Weltkrieges auf russisches Territorium gelangten Kulturgüter 406
Vgl. hierzu Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 543. Vgl. hinsichtlich der USA: Kline, Spoils of War, No. 4, August 1997, Vgl. hinsichtlich anderer Staaten Prott/O’Keefe, Handbook, pass. 408 Diese ist völkerrechtlich zulässig, da sie pro-kulturgüterrechtlich erfolgt. Regelmäßig hat der verbringende Staat auch eine Rückführungsabsicht hinsichtlich der Zeit nach dem Krieg. 409 Die Rückgabe ist eine primäre Pflicht in einem Verwahrverhältnis. 410 Vgl. hierzu den Fall der polnischen Kunstschätze in Kanada (dazu Nahlik, GYIL 23 (1980), S. 255, 255 ff.; Siehr, RdC 243 (1993-VI), S. 9, 121 ff. und oben Fn. 211 m. w. N. 411 Siehe dazu schon oben 2. Kap., Abschnitt E. III.; 4. Kap, Abschnitt B. IV. 412 Vgl. auch Siehr, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 38, 39: „Democratic Russia is going to confiscate again what was already taken fifty years ago (. . .).“ Nach Ansicht Gehérs, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 29, 29 ff., verstößt diese Regelung des Gesetzes auch gegen den Friedensvertrag mit Ungarn von Paris, welcher bezüglich der Reparationsleistungen Ungarns gegenüber der Sowjetunion seitens Ungarn voll erfüllt wurde. Reparationen könnten nun von Russland nicht mehr gefordert werden. 413 Nach Ansicht des russischen Verfassungsgerichts ist eine Verstaatlichung von Kulturgütern „betroffener Staaten“ (also Staaten, die nicht zu den ehemaligen Feindstaaten der Sowjetunion gehörten) verfassungswidrig (5. Urteilsgrund des Urteils des russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999 (abgedruckt in AVR 38 (2000), S. 85, 93 ff.; vgl. dazu auch Schröder, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 6, 7 f.). Inzwischen ist das Beutekunstgesetz entsprechend novelliert worden (Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 540). Das Beutekunstgesetz sieht keine Enteignung von Kulturgütern vor, die gemäß Art. 8 Nr. 2 dieses Gesetzes ausschließlich zu religiösen oder wohltätigen Zwecken verwendet wurden, nach Nr. 3 ist das genommene Eigentum von Personen, die im Zusammenhang mit ihrem aktiven Kampf gegen den Faschismus oder im Zusammenhang mit deren Zugehörigkeit zu einer 407
294
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
vor.414 Damit wird ein neuer Eigentumstitel geschaffen, der alle anderen untergehen lässt.415 Der russische Staat würde sich durch Hoheitsakt an die Stelle der vormaligen Eigentümer setzen, sofern der Hoheitsakt rechtswirksam wäre. Wie soeben erwähnt, ist eine Enteigung von privatem ausländischem Eigentum zunächst unproblematisch, jedoch nur insofern, als dass eine Entschädigung in ausreichendem Maße geleistet wird.416 Schon hieran krankt das russische Gesetz. Von einer Entschädigung ist keine Rede. Aber auch im Falle der Zahlung einer Entschädigung bliebe dieses Gesetz noch immer völkerrechtswidrig. Auf dieses Problem wurde ebenfalls soeben Rasse, Religion oder Nationalität, der Enteignung nicht unterworfen (vgl. dazu ibid.). 414 Die Enteignung bzw. Nationalisierung von Kulturgütern ist Russland nicht fremd. Schon nach der Oktoberrevolution hat Lenin persönlich ein Nationalisierungsdekret bezüglich der Sammlung Shchukin (französische Impressionisten) im Jahre 1918 unterzeichnet (abgedruckt bei Boguslavskij, IJCP 4 (1995), S. 325, 326). Die Sammlung wurde ohne Entschädigung nach der Emigration Shchukins enteignet. Später folgten Nationalisierungen anderer privater Sammlungen. Als 1993 Bilder aus diesen Sammlungen im Centre Jacques Pompidou ausgestellt wurden, klagten die Tochter von Shchukin, Irina Shchukina, und Nachfahren der anderen russischen Sammler vor dem Tribunal de Grande Instance in Paris auf Herausgabe der Bilder. Die Klage wurde abgewiesen, da das Eigentum an den Bildern auf den russischen Staat übergangen sei. Es handelte sich bei dem Dekret um einen extraterritorialen Akt, über den das Gericht trotz seines „thieving character“ (wörtliche Übersetzung des Urteils von Boguslavskij, IJCP 4 (1995), S. 325, 336) nicht entscheiden konnte. Dass keine Entschädigung für die Nationalisierung gezahlt wurde, stellte sich damit für das französische Gericht nicht als ausreichender Grund für einen Verstoß gegen den ordre public Frankreichs dar (ibid.). Weitere sowjetische Enteignungen zeigt Siehr, in: Frank, S. 57, 60 f., sowie ibid., RdC 243 (1993-VI), S. 9, 132 ff., auf. Ferner geht Siehr, in: Frank, S. 57, 61 f., auf Enteignungen durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft (vgl. hierzu auch Heuss I, in: Frehner, S. 97, 97 ff.) ein, sowie auf Enteignungen im Ostblock nach dem Zweiten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang soll auch der Fall des Fürstens von und zu Liechtenstein nicht unerwähnt bleiben. Dieser Fall betraf die Herausgabe eines nach Deutschland entliehenen Bildes, das seinem Vater aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit von der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet wurde (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Januar 1998 über die Verfassungsbeschwerde des Fürsten Hans Adam II von und zu Liechtenstein wegen des Klagausschlusses nach Teil VI Art. 3 und III des Überleitungsvertrages von 1954, abgedruckt in AVR 36 (1998), S. 198–201). Vgl. dazu auch die Anmerkungen von Weber, AVR 36 (1998), S. 188, 188 ff. Der Fall ist vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Juli 2001 entschieden worden (Entscheidung abgedruckt in EuGRZ 28 (2001), S. 466). Siehe dazu auch schon oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 13. a. E. 415 Nach Ansicht des russischen Verfassungsgerichts habe Art. 6 nur deklaratorischen Charakter (Berger, IPRax 20 (2000), S. 318, 319). Der jeweilige Eigentumsübergang sei schon mit Überführung in die UdSSR eingetreten (ibid.). 416 Selbst die russische Verfassung (Art. 35 Abs. 3) bietet bei einer Enteignung die Zahlung einer Entschädigung (vgl. Schoen, NJW 54 (2001), S. 537, 542).
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
295
schon eingegangen. In concreto bedeutet es, dass der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben es der Russischen Föderation verbietet, diese Kulturgüter zu enteignen417: Zunächst wurden die Kulturgüter widerrechtlich von sowjetischen Truppen aus anderen Staaten weggeführt. Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass durch eine an sich völkerrechtlich zulässige Enteigung eine völkerrechtswidrige Handlung einseitig durch den das Völkerrecht verletzenden Staat geheilt werden kann.418 Dass dies durch ein innerstaatliches Gesetz geschieht, ist unerheblich, da in diesem Falle das Gesetz völkerrechtliche Wirkungen entfaltet. Auch hinsichtlich staatlichen Eigentums419 kann nichts anderes gelten.420 Schon eine Enteignung staatlichen Eigentums wäre in Hinblick auf den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten und dem Gebot der Achtung eines anderen Staates äußerst zweifelhaft. Aber auch hier verbietet der Grundsatz von Treu und Glauben eine Verstaatlichung. Wieder würden innerstaatliche Akte versuchen, eine völkerrechtswidrige Lage zu heilen. Russland könnte sich auch nicht auf die Praxis der ehemaligen Ostblockstaaten, deutsches Eigentum (teilweise) entschädigungslos zu enteignen421, berufen. Ein dahingehendes partikuläres Völkergewohnheitsrecht ist nicht entstanden, da sich die meisten der Enteignungsmaßnahmen auf die Gebiete erstreckten, die im Wege der Staatennachfolge, also nicht durch einen erzwungenen Gebietswechsel übertragen wurden.422 Das Beutekunstgesetz enteignet jedoch Eigentum, das zwangsweise auf russisches Territorium verbracht wurde. 417 Staatennachfolgeprobleme ergeben sich nicht, da Russland erklärt hat, in alle Rechte und Pflichten der ehemaligen Sowjetunion als sog. Fortsetzerstaat einzutreten (vgl. dazu Schweisfurth, ZaöRV 52 (1992), S. 541, 688 ff. m. w. N., welcher allerdings keine Identität oder Kontinuität Russlands hinsichtlich der UdSSR annimmt). Für eine Staatenidentität der Russischen Föderation mit der UdSSR könnte jedoch die Übernahme des sowjetischen Sitzes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als ständiges Mitglied durch Russland und die Übernahme der sowjetischen Auslandsvertretungen durch Russland sowie die Ratifizierung der internationalen Verträge, die die Sowjetunion abgeschlossen hatte, durch das russische Parlament sprechen. 418 Nullus commodum capere potest de sua propria iniuria, vgl. dazu von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 325. 419 Viele der verschleppten Kulturgüter stammten aus staatlichen Museen. 420 Dass Russland hier staatliches Eigentum völkerrechtswidrig nationalisiert, verwundert sehr vor dem Hintergrund, dass die sowjetische und russische Völkerrechtsliteratur fremden staatlichem Eigentum einen hohen Schutz vor Zugriffen anderer Staaten zusprechen will (vgl. die Ausführungen von Boguslavskij, IJCP 4 (1995), S. 325, 336 ff. zum Shchukina-Fall (s. o.) m. w. N. zur russischen und sowjetischen Literatur in En. 16). 421 Vgl. dazu Wortley, S. 66 ff.; S. Friedman, S. 29 ff. 422 Vgl. für Polen z. B. Krülle, passim.
296
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Schließlich könnte ein Einwand Russlands, die Kulturgüter wären nur aus Gründen der Sicherung verbracht worden423, eine spätere Enteignung nicht rechtfertigen. Würde das Völkerrecht dies ermöglichen, so würde hier das Beuterecht an Kulturgütern abermals durch die Hintertür zugelassen werden. Dieses Beispiel könnte Schule machen: Kulturgüter würden in zukünftigen Konflikten wieder vermehrt weggenommen werden, natürlich nur in Sicherungsabsicht und schließlich erginge nach Friedensschluss ein Verstaatlichungsgesetz. Die an sich kriegerische würde zur friedlichen Beute werden. Sämtliche rechtlichen Kulturgüterschutzinitiativen würden dadurch ausgehebelt werden.
III. Das „freie Geleit“ Der neue § 20 des Abwanderungsschutzgesetzes424 sieht vor, dass für bestimmte Kulturgüter, die aus dem Ausland425 nach Deutschland im Rahmen einer Ausstellung kommen, eine rechtsverbindliche Rückgabezusage durch die zuständige Behörde erteilt werden kann (Abs. 1). Bis zur Rückgabe an den Verleiher sind gerichtliche Klagen auf Herausgaben, Arrestverfügungen, Pfändungen und Beschlagnahmen unzulässig (Abs. 4). Diese Vorschrift wurde 1998 im Rahmen einer umfassenden neuen Kulturgüterschutzgesetzgebung in das Abwanderungsschutzgesetz eingefügt.426 Damit erhalten Ausstellungsveranstalter die Möglichkeit, dem deutschen Publikum auch Werke zeigen zu können, deren Eigentumsverhältnisse unklar sind. Die Besitzer im Ausland müssen bei einer Rückgabezusage eine Restitutionsklage nicht mehr fürchten. Bis das Kulturgut Deutschland wieder verlassen hat, ist es bezüglich einer Rückgabeklage o. ä. „immun“.427 Deutlich wird damit der Möglichkeit einer umfassenden Ausstellung der Vorrang vor sämtlichen Eigentumsrechten eingeräumt.428 423
Dies hat die Sowjetunion bei den Rückgaben der fünfziger Jahre stets betont. BGBl. 1999 I, S. 1754 ff. 425 Das Gesetz spricht von „ausländischem Kulturgut“. Es kommt dabei nur auf die aktuelle Belegeheit und nicht den Entstehungskulturkreis an (vgl. Bauer, in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 221, 226 f.). Vgl. ibid. auch zur praktischen Anwendung des § 20 Abwanderungsschutzgesetz. 426 Vgl. hierzu BT-Drs. 13/6910, S. 2 f.; 13/10789, S. 10; 13/11158, S. 2. 427 Vgl. bezüglich des Verhältnisses des § 20 Abwanderungsschutzgesetz mit der EG-RiL 93/7/EWG (umgesetzt durch das Kulturgüterrückgabegesetz von 1998, BGBl. 1998 I, S. 3162 ff.), Fuchs, IPRax 20 (2000), S. 281, 286. 428 In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die Geltendmachung privater Rechte an der Leihgabe für die Dauer des Aufenthaltes des Kulturgutes in Deutschland zurückstehen muss (vgl. BT-Drs. 13/10789, S. 10). Dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes nach muss die Geltendmachung sämtlicher Rechte zurückstehen. 424
E. Zwangsvollstreckung, Enteignung sowie das „freie Geleit“
297
Es fragt sich in diesem Rahmen, ob sich ein Staat gegen ein völkerrechtliches Rückgabeersuchen erfolgreich mit dem Verweis auf seine staatliche Rückgabezusage berufen kann. In einem bilateralen Verhältnis ergeben sich hier keine Probleme. Probleme entstehen dann, wenn bei drei beteiligten Staaten sowohl der entleihende als auch der um Rückgabe ersuchende Staat Vertragsparteien des ersten Protokolls zur HKSK von 1954 sind. In Art. I Ziff. 2 und 3 ist ein Staat zur Beschlagnahme und anschließenden Rückgabe verpflichtet, sofern das Kulturgut aus einem besetzten Gebiet ausgeführt wurde. Hier stehen sich zwei Pflichten nunmehr diametral gegenüber: Zum einen die Pflicht der Nichtbeschlagnahme aufgrund der Rückgabeverpflichtung, zum anderen die Rückgabepflicht aus dem Protokoll. Völkerrechtlich lässt sich dieses Problem eigentlich nur dann lösen, wenn ein Staat, bevor er eine rechtsverbindliche Rückgabeverpflichtung übernimmt, zunächst prüft, ob das Kulturgut aus einem besetzten Gebiet stammt, um so einer eventuellen Pflichtenkollision und eventuellen Wiedergutmachungsansprüchen aus dem Wege zu gehen. Wie bereits erörtert429, sehen einige Staaten in ihren nationalen Gesetzen die Abgabe von Rückgabeverpflichtungen oder die Gewährung von Immunitäten vor. Ferner existieren eigene internationale bilaterale Verträge über die Leihgabe von Ausstellungsstücken und deren verbindliche Rückgabe.430 Nach Mußgnug zwingt die Abgabe einer Rückgabegarantie zu ihrer Beachtung, anderenfalls würde der völkerrechtliche Vertrauenstatbestand, der durch die Abgabe der Garantie entstanden ist, verletzt.431 Das Völkerrecht lässt mithin die Gewährung eines solchen freien Geleits zu. Damit befindet sich das Völkerrecht hier in einem scheinbar unlösbaren Dilemma. Jedoch ist in diesem Fall der Beachtung der Rückgabegarantie ein Vorrang einzuräumen, da der herausgabeersuchende Staat nicht nur einen Herausgabeanspruch gegen den entleihenden, sondern auch gegen den ausleihenden Staat hat. Das Herausgabeersuchen wäre in diesem Falle zunächst an den Primärschuldner, den ausleihenden Staat zu stellen. Dafür sprechen vor allem Gründe der Rechtssicherheit. Mitunter gestaltet es sich als sehr schwer, die Provenienz eines Kulturgutes lückenlos zu untersuchen und nachzuweisen. Würde ein Staat nunmehr bei jedem entliehenen Kultur429
s. dazu oben Fn. 1338. Vgl. die Beispiele bei Prott/O’Keefe, Movement, S. 208, Rz. 369: Das Abkommen zwischen den Regierungen der USA und Guatemalas bezüglich einer Ausstellung präkolumbianischer Skulpturen aus dem Jahre 1970, das Regierungsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Vereinigten Arabischen Republik bezüglich der Tutenchamun-Ausstellung 1971 und das Regierungsabkommen zwischen Australien und der Volksrepublik China über eine Ausstellung chinesischer archäologischer Ausstellungsstücke. 431 Mußgnug, in: Kunst und Recht, S. 15, 29. 430
298
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
gut eine Herausgabeklage fürchten müssen, so würde der Leihverkehr und damit die transnationale Kulturverständigung zum Erliegen kommen. Die Berufung auf die Gewährung freien Geleits stellt mithin einen wirksamen Einwand gegen einen Anspruch auf Herausgabe dar. Sie kann so auch als rechtliche Unmöglichkeit qualifiziert werden.
F. Kunst- bzw. kulturhistorische Einwände I. Die Integration von Kulturgütern in die Kultur eines Staates bzw. Volkes Befinden sich Kulturgüter seit langem auf dem Gebiet eines Staates, so könnten sie mit der Kultur des Volkes, welches auf diesem Gebiet lebt, inzwischen derart eng verknüpft sein, dass eine Rückgabe ausgeschlossen ist. Als Beispiele für eine derart enge Verknüpfung eines Kulturgutes mit der Kultur eines fremden Volkes sind die Nofretete im Ägyptischen Museum in Berlin432 und der Pergamon-Altar auf der Berliner Museumsinsel433 zu nennen, in Betracht kommen auch die Elgin-Marbles im British Museum434. Ein solcher Einwand könnte nur dann vorgebracht werden, sofern diese Kulturgüter in einem Krieg weggenommen wurden, in welchem das Verbot der Beutenahme von Kulturgütern schon Bestand hatte. Nach dem ersten Weltkrieg wurde von deutscher Seite gegen die Rückführung von bestimmten Kriegstrophäen an Frankreich435, die im Krieg von 1870/71 nach Deutschland gelangten, eingewandt, sie wären nach knapp fünfzig Jahren derart in das deutsche kulturelle Leben eingebunden, dass diese Tatsache eine Rückgabe ausschließe.436 Dieser Einwand wurde zu Recht aber von 432 Zum Schicksal der Büste im Zweiten Weltkrieg vgl. Goldmann, IJCP 7 (1998), S. 308, 312. Vgl. zum mittlerweile hinfällig gewordenen deutsch-deutschen Streit um die Nofretete auch Mußgnug, passim. Zu dem im Jahre 2003 wieder laut gewordenen Rückgabeverlangen Ägyptens vgl. Jenschke, Der Tagesspiegel, 23. Juni 2003, S. 26. 433 Der Pergamon-Altar fand seinen Weg 1879 nach Berlin, nachdem er in Pergamon (heute Bergama in der westlichen Türkei) ausgegraben wurde. Auf die Legalität der Überführung soll hier nicht weiter eingegangen werden (vgl. dazu Rumpf, ZfTS 6 (1993), S. 287, 288 ff.). Ein firman (Ausgrabungserlaubnis) der ottomanischen Behörden soll aber existiert haben (Blake, IJCP 3 (1994), S. 273, 275). 434 An den Elgin-Marbles, die Lord Elgin am Anfang des 19. Jahrhunderts nach London brachte, scheiden sich die Geister. Sie stellen wohl die Kulturgüter dar, deren Rückgabe am häufigsten verlangt wird (vgl. dazu Frank, in: Frank, S. 1, 14 ff.; Hugger, JuS 32 (1992), S. 997, 997 ff. m. w. N.). 435 Versailler Vertrag, Art. 245 (RGBl. 1919, S. 687 ff.). Vgl. dazu oben 2. Kap., Abschnitt C. I. 11. b).
F. Kunst- bzw. kulturhistorische Einwände
299
alliierter Seite abgewiesen. Die Integrierung von Kunst in das kulturelle Leben eines Staates kann sich in durchaus kurzer Zeit vollziehen. Damit würden jedoch sämtliche Ersitzungs- bzw. Verjährungsregeln ihren Sinn verlieren. Locke stellt hinsichtlich der Integration von Kulturgütern in einer anderen als der Ursprungskultur auf den Akt der Akquisition als eigenen Fakt der Kulturgeschichte ab.437 Deshalb sollen Kulturgüter, die aus einer anderen Kultur stammen und ihren Weg durch Sammler, Forscher oder Entdecker in die westliche Welt fanden, auch Kulturgüter dieser Staaten sein.438 Dies kann aber nur für Friedenszeiten gelten. Das Völkerrecht, insbesondere das Kriegsrecht, ist auch Ausdruck einer globalen kulturellen Entwicklung. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht ist daher auch ein Rückschritt in dieser kulturellen Entwicklung. Ein rechtswidriger Akt der Akquisition eines Kulturgutes vermag daher auch nicht durch die Integrierung des Kulturgutes in die Kultur des nunmehr unmittelbar besitzenden Staates gerechtfertigt werden. Die Kulturgüter erhielten den Status von Trophäen zurück, stellte man hier auf den Akt der Akquisition ab. Ferner ist eine Staatenpraxis hinsichtlich der Erhebung dieses Argumentes nicht ersichtlich. Dieses Argument wurde aber auch in einem ganz anderen Zusammenhang erhoben: Nicht als Einwand gegen eine Rückgabe, sondern als Begründung für die Erhebung eines Anspruches auf Rückführung von Kulturgütern. Die deutsche Seite argumentierte bei den Rückgabeverhandlungen mit Russland bezüglich des Schatzes des Priamos dahingehend, dass diese Kulturgüter Teil des nationalen Kulturerbes und der kulturellen Identität Deutschlands und seiner Bevölkerung seien. Die von Schliemann ausgegrabenen Schätze hätten durch ihre Präsenz in Berliner Museen, in welchen sie ihren bleibenden Platz fanden, prägenden Einfluss auf die deutsche kulturelle Identität entfaltet und kulturelle Integrationsprozesse ausgelöst.439 Diese Argumentation kann für sich gesehen keinen Anspruch auf Rückgabe begründen. Sie hat keinen rechtlichen Gehalt. Jedoch unterstützt sie den Anspruch auf Rückführung, der zunächst reinen Belegenheitssituationen440 entspringt. Dies wird z. B. dann interessant, wenn noch ein dritter Staat einen Anspruch auf die Kulturgüter erhebt.441 436
Marchisotto, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689, 699. S. Locke, Comment, in: Capstick, B. (Hrsg.), The Return and Restitution of Cultural Material: a Report, 1979, S. 70 ff. (zitiert bei: Prott/O’Keefe, Movement, S. 848, Rz. 1553). 438 Ibid. 439 Vgl. dazu Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 44. 440 Eigentumsrechte kommen meist hinzu. 441 Im Falle des Schatzes des Priamos erhebt die Türkei Rückgabeansprüche als heutige Heimat Trojas (Gerstenblith, IJCP 3 (1994), S. 347, 347). Die Ansprüche 437
300
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Insgesamt schwierig bleibt hier die rechtliche Greifbarkeit einer solchen Argumentation. Aufgrund der zu erwartenden verschiedenen subjektiven Einschätzungen der Staaten, zu welchem Zeitpunkt sich ein Kulturgut, das an sich ursprünglich dem Kulturkreis, in welchem es sich befindet, fremd war, in die Kultur eingefügt habe, wäre es fast unmöglich, eine einheitliche Linie zu finden. Uniforme Maßstäbe an die Integrierung von Kulturgütern in eine fremde Kultur kann es nicht geben.
II. Die Integrität von Sammlungen In eine ähnliche Richtung wie das Argument der Integrierung von Kulturgütern in die Kultur eines fremden Staates zielt das Argument der Integrität von Sammlungen. In verschiedenen Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg taucht diese Doktrin vor allem im Zusammenhang mit Staatennachfolgefragen auf.442 Der jeweilige rückgabepflichtige Staat soll dann von seiner Verpflichtung befreit sein, sofern die Rückgabe ernsthafte Lücken in den Archiven, Bibliotheken, Museen und Sammlungen hinterlassen würde (z. B. in Art. 9 Abs. 1 Uabs. 2 und 3 des Treaty of Peace Between Lithuania and the Russian Socialist Federal Republic, and Protocol, Signed in Moscow on July 12, 1920443). Die Frage, ob eine Lücke in eine Sammder Türkei entspringen aber nicht dem Kriegsrecht und sollen deshalb hier nicht vertieft werden. Siehe dazu aber auch Fn. 363 im 4. Kap. 442 Vgl. dazu Monden/Wils, Reuve belge de droit international 19 (1986), S. 327, 335 m. w. N. in Fn. 62, sowie Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 761 m. w. N. Vgl. auch schon den Vertrag von Wien vom 30. Oktober 1864, Friedensvertrag zwischen Dänemark, Österreich und Preußen (abgedruckt in: Israel, Bd. 1, S. 611 ff.): in Art. XIV wurde vereinbart, dass die Flensburger Antik-Sammlung, die durch den vorausgegangenen Krieg verstreut wurde, durch die Mithilfe der dänischen Regierung wieder zusammengeführt werden solle. Dabei handelte es sich aber eher um einen normalen Rückführungsanspruch, da der status quo ante wieder hergestellt werden sollte. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die ausdrückliche Anerkennung Italiens, dass es zweckmäßig sei, die Zerstreuung der historischen, Kunst- und archäologischen Sammlungen Österreichs, welche 1920 einen unteilbaren ästhetischen und historischen Organimus von Weltruf darstellten, zu vermeiden (Art. 1 der Convention spéciale afin de résoudre les controverses relatives au patrimoine historiquie et artistique de l’ancienne Monachie austro-hongroise; Wien, 4. Mai 1920, nebst diplomatischen Noten, zwischen Österreich und Italien, bezüglich der Auslegung der Artt. 191–196 des Vertrages von St. Germain-en-Laye von 1919, abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 19, S. 682 ff.). Italien verpflichtete sich, dieses Prinzip anzuerkennen und kein Desinteresse zu zeigen. Insbesondere wurde Italien verpflichtet, alles zu bewirken, damit auch die anderen Vertragsparteien des Vertrages von St. Germain-en-Laye sich an dieses Prinzip halten (vgl. zur Konvention Engstler, S. 251 ff.). 443 LNTS 3, S. 105 ff.
G. Kulturgüter als heritage of mankind
301
lung o. ä. gerissen wird, war von einer eigens dafür geschaffenen Gemeinsamen Kommission zu klären. Betrachtet man diesen Vertrag genau, so kann man jedoch erkennen, dass Russland alle Kulturgüter restituieren musste, die im Ersten Weltkrieg weggenommen wurden. Die Ausnahme der Integrität von Sammlungen bezog sich nur auf Kulturgüter, die vor dem Ersten Weltkrieg nach Russland gelangt sind. Also ist auch hier wieder eine deutliche Grenze zwischen Kriegs- und Friedenszeiten zu ziehen. Für Wegnahmen in einem Krieg kann das Argument der Integrität von Sammlungen keine Geltung entfalten.444 Anderenfalls könnte sich ein Krieg führender Staat während des Krieges im okkupierten Staat Kunstwerke auswählen, diese dann im Heimatstaat in einem Museum ausstellen, in welchem genau dieses Gemälde etc. die Sammlung abschließt. Gegen die Anwendbarkeit der Doktrin der Integrität von Sammlungen wäre dann kaum etwas einzuwenden. In den Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg ist diese Doktrin hauptsächlich im Zusammenhang mit der Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte zu beurteilen. Vor allem aus dem Grund, dass stetig gewachsene Sammlungen, die in ihrer Gesamtheit einen einzigartigen kulturhistorischen Wert darstellen, nicht auseinander gerissen werden sollen, sprach sich die Völkergemeinschaft seit ca. 1815 für ein Reparationsverbot von Kulturgütern aus.445
G. Kulturgüter als heritage of mankind Was mit den Gedanken von Quatremère de Quincy begann, fand seinen vorläufigen Abschluss mit der HKSK von 1954 und der Weltkulturerbekonvention von 1972, in welcher Kulturgüter als „cultural heritage of all mankind“ bezeichnet wurden. Dieser Begriff des heritage of mankind wurde durch das Prinzip des common heritage of mankind im internationalen Seerecht446 verfestigt, findet sich aber auch in den Verträgen hinsichtlich Weltraum und Antarktis wieder447. Dieser ausgeformte Begriff des common heritage of mankind ist aber hinsichtlich seiner Anwendbarkeit und der Auslegung seines rechtlichen Gehalts höchst umstritten.448 Es ist nicht geklärt, 444 Die russische Seite brachte dieses Prinzip in den Shchukina-Fall (dazu s. o. Fn. 1373) als Argument für eine Staatenimmunität ein (vgl. Boguslavskij, 4 (1995), S. 325, 339). Kowalski, Art Treasures, S. 36, ist wohl gleicher Ansicht. Er hält diese Argumentation für „extra-legal“ und für ungebührlich aufgebauscht. 445 Vgl. dazu auch Graham, Int’l Lawyer 21 (1987), S. 755, 760 ff. 446 Genauer aus dem Tiefseebergbaurecht (vgl. Art. 136 UNCLOS). 447 Vgl. dazu Wolfrum, EPIL Inst. 11 (1989), S. 65, 65 ff. 448 s. die verschiedenen Auffassungen bei Genius-Devime, S. 35 ff. und 337 ff.
302
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
auf welchen Umfang das Wort „common“ (gemeinsam) abzielt und welcher Inhalt dem Begriff „mankind“ (Menschheit) zuzuschreiben ist. Das common-heritage-Prinzip im Seevölkerrecht besagt, dass der Abbau von Resourcen auf dem Boden der Hohen See, also einem staatsfreien Raum, allen Völkern zugute kommen muss. Zur Koordination und wirtschaftlichen Verwaltung wurden die Tiefseebergbaubehörde und das sog. Unternehmen gegründet, die über die Einhaltung der Bestimmungen der UNCLOS von 1982 wachen. Im Bereich des Kulturgüterschutzes ist nicht die Rede von „common“. Es heißt in der Präambel zur HKSK lediglich „cultural heritage of mankind“. Einige Autoren scheinen einen Unterschied zwischen diesen durchaus unterschiedlichen Begriffen nicht zu erkennen.449 Der Hauptunterschied ist, dass es sich beim common-heritage-Prinzip um eine Gewinnverteilung unter den Staaten handelt, bei dem cultural-heritage-Prinzip um eine Lastenverteilung.450 Dennoch beziehen sich diese Begriffe aufeinander und hängen voneinander ab.451 Im Folgenden wird daher nur noch allgemein vom „Heritage-Prinzip“ gesprochen. Für den Bereich des Kulturgüterschutzes kann das „Heritage-Prinzip“ als eine Art Treuhand, sozusagen als Welteigentum, verstanden werden.452 Jeder Staat sei gegenüber der Staatengemeinschaft verpflichtet, die Kulturgüter, die sich auf seinem Territorium befinden, unabhängig von privaten und nationalen Eigentumsverhältnissen zu schützen. Verschiedene Vorschläge wurden gemacht, um dies auch durchsetzbar zu machen.453 Einige Staaten 449
Vgl. die Nachweise bei O’Keefe NILR 46 (1999), S. 26, 41. Vgl. Stocker, S. 122. 451 Eine ins Detail gehende Auseinandersetzung mit den Unterschieden der beiden Begriffe kann hier deshalb unterbleiben. Zu den Anwendungsformen der unterschiedlichen Begriffe siehe O’Keefe, NILR 46 (1999), S. 26, 42 ff.; Genius-Devime, pass., und Stocker, S. 108 ff. 452 Vgl. die verschiedenen Ansätze bei Genius-Devime, S. 337 ff. De Jager, LJIL 1 (1988), S. 183, 189, zeigt die Probleme auf, die sich aus einer Subsumtion von Kunst unter diesen Begriff ergeben. Insbesondere sei das Prinzip des common heritage of mankind für Gebiete entwickelt worden, die als res nullius oder res communis zu qualifizieren seien. Kunst stehe aber immer im Eigentum von irgendjemanden, ganz gleich, ob dieser sich dieser Tatsache bewusst ist oder nicht. Blake, ICLQ 49 (2000), S. 61, 61 ff., sieht in dem Begriff „cultural heritage“ eher die Beschreibung der Kultur eines Volkes, Stammes oder einer Gemeinschaft als Ganzes, die geschützt werden solle, damit sie von einer Generation an die nächste weitergegeben werden könne. Darunter würden auch Brauchtume und Traditionen fallen. 453 Sie reichen von verschiedenen Eigentumsstufen (die Staatengemeinschaft soll als Eigentümer dritter Stufe Einfluss auf die Behandlung von Kulturgütern in allen Staaten nehmen können; ungeklärt ist allerdings, welches Völkerrechtssubjekt in diesem Falle das Eigentum innehaben soll, die Menschheit an sich stellt kein Völkerrechtssubjekt dar) bis hin zur Interventionsmöglichkeit zugunsten der Kultur450
G. Kulturgüter als heritage of mankind
303
lesen aus diesem Prinzip eine Pflicht zur Rückgabe „ihrer“ Kulturgüter heraus, z. B. zur Rückkehr von Kulturgütern in ihre Ursprungsländer als Bereinigung der Folgen von Kolonisierungen. Eine solche generelle Rückgabeverpflichtung von in Friedenszeiten verbrachten Kulturgütern ist abzulehnen.454 Auch dient das „Heritage-Prinzip“ nicht als Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von Kulturgütern, die in Kriegszeiten abhandengekommen sind. Verschiedentlich wird als Argument gegen eine Rückführung von Kulturgütern, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden, das „HeritagePrinzip“ herangeführt. Kulturgüter würden zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehören, es sei daher gleich, wo sie sich befänden, solange Zugang zu ihnen gewährt wird.455 Das „Heritage-Prinzip“ kann jedoch für eine Nichtrückgabe in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachter Kulturgüter nicht als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden. Dies folgt aus mehreren Gründen: Zunächst existiert das „Heritage-Prinzip“ im Kulturgüterschutzrecht völkergewohnheitsrechtlich (noch) nicht.456 Es ist zweifelhaft, ob dies auch jemals der Fall sein wird, stehen doch zu viele Pflichten nur wenigen Rechten gegenüber, und zudem stellt dieses Prinzip eine partielle Aufgabe staatlicher Souveränität dar. Ferner ist es zu sehr tatbestandsorientiert und zu wenig auf Rechtsfolgen bezogen.457 Im Völkerrecht hat dieses Prinzip bisher nur im Seevölkerrecht gewohnheitsrechtliche Geltung458, und dort auch nur in seinen Grundzügen.459 Im Weltraumrecht gilt es bislang nur vertraglich. Im Weltraumvertrag von 1969460 wird noch vom gemeinsamen Interesse der Menschheit gesprochen (Präambel und Art. 1); der Vertrag kennt das Prinzip des Gemeinsamen Erbes noch nicht, weist jedoch in diese Richtung. Im zehn Jahre später verabschiedeten Mondvertrag461 hingegen wird güter. Auch wurde eine Anlehnung an das Fremdenrecht vorgeschlagen, damit könnte diplomatischer Schutz ausgeübt werden. Vgl. zum Ganzen: von Schorlemer, S. 560 ff. 454 So auch Monden/Wils, Revue belge de droit international 19 (1986), S. 327, 338. 455 Im Falle der Beutekunstproblematik zwischen Russland und der Bundesrepublik fiel dieses Argument auf russischer Seite (vgl. Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 44). 456 So auch Dolzer, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 13, 24 und 25. 457 Dolzer, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 13, 15 und 25. 458 Wolfrum, EPIL Inst. 11 (1989), S. 65, 68. 459 Wolfrum, ZaöRV 43 (1983), S. 312, 335. 460 Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, Including the Moon and Other Celestial Bodies, UNTS 610, S. 205 ff.; BGBl. 1969 II, S. 1968 ff. 461 ILM 18 (1979), S. 1434 ff.
304
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
in Art. 11 dann erstmals im Weltraumrecht der Mond und seine Naturschätze als das „Gemeinsame Erbe der Menschheit“ bezeichnet. Als ein Nachteil der Übertragung des originären common-heritage-Prinzips auch auf Kulturgüter dürfte sich die Tatsache erweisen, dass ein solches Konzept ohne immens hohen Verwaltungsaufwand nicht durchführbar sein würde. Fleischer nennt ein solches Vorhaben treffend als „totally unrealistic“.462 Angenommen, dieses Prinzip existiere auch für den Kulturgüterschutz, so spräche gegen eine Rechtfertigung der Nichtrückgabe durch dieses Prinzip, dass es im kulturgüterschutzrechtlichen Bereich vornehmlich dann herangezogen wird, wenn es um den Schutz der Kulturgüter vor Zerstörung oder Verfall und um den wissenschaftlichen bzw. touristischen Zugang zu ihnen geht463. Dies beweist unter anderem Abs. 2 der Präambel zur HKSK, wo es heißt, „that damage to cultural property belonging to any people whatsoever means damage to the cultural heritage of all mankind, (. . .)“464. Auch die Weltkulturerbekonvention von 1972465, die vor allem dem Schutz von Kultur- und Naturerbe vor Zerstörung und Veränderung gewidmet ist, bekennt sich in Abs. 7 der Präambel zu einem Schutzbedürfnis für besonders interessante Kulturgüter bzw. Naturstätten „as part of the world heritage of mankind as a whole“.466 Die Frage der Restitution wird von diesem Prinzip nicht berührt.467 Es wäre auch widersinnig, ein solches Prinzip als Rechtfertigung einer Handlung heranzuziehen, die durch dieselbe Konvention (in diesem Falle die HKSK von 1954) als widerrechtlich angesehen wird. Wenn sich auch im Friedensvölkerrecht durch die Diskussion über das Heritage-Prinzip im internationalen Kulturgüterschutz eine Trendwende allmählich vollzieht, nämlich weg von der territorialen Bindung von Kulturgütern hin zu einer Globalisierung, so kann dies indes nicht im Kriegsvölkerrecht gelten.468 Wieder muss hier festgestellt werden, dass 462
Fleischer, in: Bothe, S. 321, 337. von Schorlemer, S. 580. 464 Hervorhebung durch den Verfasser. 465 Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, Paris, 16. November 1972, BGBl. 1977 II, S. 213 ff. 466 Diese Konventionen lehnen sich an den Begriff des common heritage of mankind an, übernehmen ihn aber nicht (vgl. Fleischer, in: Bothe, S. 321, 337). 467 So auch de Jager, LJIL 1 (1988), S. 183, 190. Dolzer, in: Dolzer/Jayme/ Mußgnug, S. 13, 21, will hingegen das common-heritage-Prinzip als Anspruchsgrundlage von Entwicklungs- und Ursprungsländern auf „ihr“ Kulturgut heranziehen. 468 Aber auch im Friedensvölkerrecht richten sich einige Stimmen gegen das common-heritage-Prinzip bezüglich seiner Anwendung auf Kulturgüter: „It permits the complete removal of cultural heritage from the state of origin thus severing that people from the physical record of its culture“ (Thomason, Case W. Res. J. Int’l L. 463
I. Zwischenergebnis
305
sämtliche Bemühungen der Staatengemeinschaft, das Verbot des Beutemachens an Kulturgütern durchzusetzen, in sich zusammenstürzen würden, könnte ein Staat, der Kulturgüter im Krieg auf sein Staatsgebiet verbracht hat469, zur Rechtfertigung der Nichtwiedergutmachung des entstandenen Schadens sich auf das Heritage-Prinzip berufen. Das Kriegsvölkerrecht bewegt sich noch immer in den Sphären der Aufrechterhaltung der verschiedenen nationalen Kulturerben, das Weltkulturerbe wird zwar als insgesamt schützenswert angesehen, hinsichtlich des Wegnahmeverbotes ist jedoch – wie die Zuordnung zum Belegenheitsort zeigt – das Territorialitätsprinzip (noch) nicht ganz aufgegeben. Das zu schützende Weltkulturerbe im Kriegsvölkerrecht kann man als eine Art Zusammenfassung der einzelnen nationalen Kulturerben ansehen. In letzter Konsequenz richtet sich das Heritage-Prinzip aber auch gegen eine Verschleppung von Kulturgütern: Ein Ortswechsel ist immer mit der Gefahr der Zerstörung bzw. der Beschädigung von Kulturgütern verbunden.
H. Weitere Gründe für einen Ausschluss der Restitution Die Restitution könnte wegen Disproportionalität oder Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen sein. Diese Gründe, für deren Anwendung es keine exakten Kriterien gibt470, sind aber im Falle der Restitution von Kulturgütern nicht denkbar. In diese Richtung könnte allenfalls das Absehen von einer Restitution gehen, sofern durch den Rücktransport des Kulturgutes diesem schwerer Schaden zufügt werden könnte oder dessen Zerstörung drohen würde. Dies sind aber tatsächliche Gründe, also solche des Kulturgüterschutzes im engeren Sinne, die ihren Ursprung nicht im Recht haben.
I. Zwischenergebnis Das vierte Kapitel hat verschiedene Einwände gegen einen Rückführungsanspruch aufgezeigt. Oftmals, wie z. B. bei den Enteignungsfragen, kann ein solcher Einwand jedoch keinen Bestand haben, weil rechtsgrundsätzliche Erwägungen dagegen sprechen. Treu und Glauben können auch im Völkerrecht herangezogen werden. Widerspricht ein Einwand Treu und 22 (1990), S. 47, 95). Die Mehrheit der Stimmen sieht diese Rechtsfigur jedoch als Chance an, einen globalen Schutz für Kulturgüter zu erreichen (vgl. Dolzer, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug, S. 13, 25; von Schorlemer, S. 582 f.). 469 Dies muss sowohl für die widerrechtliche als auch für die rechtmäßige Verbringung gelten. Auch bei der rechtmäßigen Verbringung kann sich aus Missbrauchserwägungen nicht auf das common-heritage-Prinzip berufen werden. 470 Thomsen, EPIL Inst. 10 (1987), S. 375, 378.
306
4. Kap.: Einwände gegen einen Rückgabeanspruch
Glauben, so ist er rechtlich irrelevant. Insbesondere kann ein rechtswidriger Akt keinen weiteren rechtswidrigen Akt heilen bzw. rechtfertigen. Einzige Ausnahme ist die Repressalie, die als an sich rechtswidriger Akt als Antwort auf einen vorangegangenen rechtswidrigen Akt völkerrechtlich zulässig ist. Im internationalen Kulturgutschutzrecht ist jedoch hinsichtlich der Repressalien gegen Kulturgüter deutlich zwischen friedens- und kriegsrechtlichen Repressalien zu unterscheiden. Nur im Kriegsrecht gilt ein Repressalieverbot gegen Kulturgüter. Eng mit der Repressalie verwandt ist das Zurückbehaltungsrecht, dessen rechtliches Prinzip im Völkerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz Geltung erlangt, da es in den meisten nationalen Rechtsordnungen Anwendung findet. Als weitere Einwände gegen einen Rückführungsanspruch kommen die Geltendmachung von Ersitzung und Verjährung in Betracht. Während es bei der Ersitzung Probleme bezüglich der Anwendbarkeit dieser Rechtsregeln auch auf Mobilien geben könnte, ist bei der Verjährung fraglich, ob sie auf geplünderte Kulturgüter angewendet werden kann, da die Plünderung ein unverjährbares Kriegsverbrechen darstellt. Beide Fälle werden als Einwand gegen einen Rückführungsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen für vertretbar gehalten. Um Widersprüchlichkeiten bei der Verjährungsproblematik auszuräumen, ist die Verjährung von Rückgabeansprüchen auf Kulturgüter an enge Voraussetzungen zu knüpfen. Insbesondere beginnt die Frist nicht schon mit Wegnahme zu laufen, sondern erst mit Kenntniserlangung der Belegenheit des geraubten Kulturgutes durch den Eigentümerstaat. Ferner wurden Fragen der Heranziehung von Kulturgütern als Reparationsobjekte behandelt. Das Völkerrecht verbietet dies seit etwa der Zeit des Wiener Kongresses im Jahre 1815. Hinsichtlich des Einwandes der Unmöglichkeit ist zwischen rechtlicher und materieller Unmöglichkeit zu unterscheiden. Während bei ersterer lediglich die Umwandlung des Restitutionsanspruches in einen Schadenersatzanspruch möglich erscheint, kommt bei letzterer die Heranziehung des Rechtsinstituts der restitution in kind in Betracht. Dieses Institut, das eine Zwitterstellung zwischen Reparation und Restitution einnimmt, ist auf die Lieferung von Kulturgütern beschränkt, die aufgrund ihrer Gleichartig- und -wertigkeit als Ersatz in Frage kommen. Bei der restitution in kind ist zu beachten, dass sie nur für Kulturgüter, die der Restitution unterlagen, in Frage kommt. D.h., dass die Kulturgüter zunächst widerrechtlich verbracht worden sein müssen und erst nach dieser Verbringung untergegangen sein dürfen. Für die Ersetzung von Kulturgütern, die aufgrund von Kampfhandlungen im Herkunftsstaat zerstört wurden, ist die restitution in kind nicht anwendbar, wie die Analyse der verschiedenen die retitution in kind behandelnden friedensvertraglichen Regelungen zeigt. Dies verkennen nicht nur
I. Zwischenergebnis
307
einige Stimmen in der Literatur, sondern auch die russische Gesetzgebung und Rechtsprechung. Andere zulässige Einwände sind die Verwirkung, die Aufrechnung, sowie der Verzicht. Die Zwangsvollstreckung in fremde Kulturgüter ist jedoch ausgeschlossen. Eine Enteignung der widerrechtlich verbrachten Kulturgüter vorzunehmen, um die Herausgabe verweigern zu können, widerspricht schon dem völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Völkerrechtlich unzulässig ist zudem die Enteignung von staatlichem Eigentum, da diese gegen die völkerrechltichen Grundprinzipien verstößt. Die Erteilung des sog. „freien Geleits“, welches 1999 auch Eingang in die deutsche Gesetzgebung gefunden hat, wirft nur bei Herausgabeersuchen, welche in einem Dreiecksverhältnis stehen, Probleme auf. In diesen wohl äußerst seltenen Fällen hat die Berufung auf das freie Geleit Vorrang vor einem Rückgabeersuchen. Eine bereits gezahlte Entschädigung durch den reparationspflichtigen Staat an den Eigentümer kann nicht als Einwand gegen eine Herausgabe vorgebracht werden, da der Eigentumstitel mit Zahlung jedenfalls nicht an den wegnehmenden Staat verloren wird. So kann auch hier die entsprechende Regelung im russischen Beutekunstgesetz keine völkerrechtliche Wirkung entfalten. Aufgrund der schwierigen rechtlichen Greifbarkeit der Frage, ob Kulturgüter, die fremden Kulturen entsprungen sind, durch verschiedene Ursachen in eine andere Kultur integriert wurden, kann die Heranziehung dieses Arguments als Einwand gegen einen Rückgabeanspruch kaum zum gewünschten Erfolg führen. Auch die Geltendmachung der Tatsache, dass die geraubten Kulturgüter mittlerweile integrale Bestandteile von Sammlungen geworden sind, ist ein rechtlich leeres Argument. Das Prinzip des cultural heritage of mankind kann ebenfalls nicht als Einwand gegen einen Rückgabeanspruch dienen. Im Kulturgüterschutzrecht hat es bislang keine gewohnheitsrechtliche Geltung erlangt. Die Untersuchung der Rechtfertigungsgründe für die Wegnahme bzw. für die Nichtherausgabe von Kulturgütern hat gezeigt, dass sich neuere Tendenzen und Doktrinen (noch) nicht durchsetzen konnten. Diese Begrenzung auf die klassischen Rechtfertigungstatbestände bzw. Einwände und die damit einhergehende Stagnierung der Rechtsentwicklung kann untypischer Weise als positiv angesehen werden: Das Behalten von widerrechtlich verbrachten Kulturgütern wird auf ein Minimum begrenzt. Diese wenigen bestehenden Rechtfertigungsgründe sind zudem so eng wie möglich anzuwenden und auszulegen, um nicht durch sie dem Kunstraub im Krieg einen Freibrief auszustellen.
5. Kapitel
Schluss und Zusammenfassung A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge für die ungelöste Beutekunstproblematik Abschließend sollen noch einige Lösungsvorschläge, die in der Vergangenheit für die Beutekunstproblematik gemacht wurden, aufgezeigt werden.
I. Allgemeine Lösungsvorschläge Zunächst sollte der Erfolg der Streitbeilegung immer erst in bilateralen Verhandlungen, u. U. auch durch die Vermittlung eines dritten Staates, gesucht werden.1 Einer dieser Schritte könnte die Inanspruchnahme der Dienste des UNESCO Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property to its Countries of Origin and its Restitution in Case of Illicit Appropriation darstellen. Im Jahre 1978 wurde dieses Komitee, dem 22 UNESCO-Mitgliedstaaten angehören, zur Lösung von Rückgabeersuchen ehemaliger Kolonialstaaten durch die Generalversammlung der UNESCO geschaffen.2 Bisher ist es in einem die Rückgabe von kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern betreffenden Fall noch nicht angerufen worden, dennoch wäre es für solche Ersuchen zuständig.3 Das Komitee ist lediglich für die Vermittlung (mediation) sowie für die Unterbreitung von Empfehlungen (recommendation) zuständig, Adjudikationsjurisdiktion hat es nicht.4 1
Zu den verschiedenen völkerrechtlichen Möglichkeiten vgl. Verdross/Simma, §§ 1312 ff. 2 Vgl. hierzu Kowalski, in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 35, 38. 3 Prott/Hladík, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 59, 59, berufen sich auf Art. 4 des Statuts: „The Committee shall be responsible for: 1. Seeking ways and means of facilitating bilateral negotiations for the restitution or return of cultural property to its countries of origin when they are undertaken according to the conditions defined in Article 9; 2. Promoting multilateral and bilateral co-operation with a view to the restitution and return of cultural property to its countries of origin: (. . .)“ (zitiert nach ibid., S. 61, Fn. 1). 4 Prott, Spoils of War, No. 1, 19.12.1995, S. 5, 6; Prott/Hladík, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 59, 60.
A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge
309
Das Komitee kann für die Behandlung dieser speziellen Rückgabefragen ein ad hoc-Unterkomitee bzw. eine Arbeitsgruppe bilden.5 Eine weitere Möglichkeit der Streitbeilegung wäre die Anrufung eines Schiedsgerichtes bzw. eines ständigen internationalen Gerichts6 wie z. B. des IGH im Haag. Während der Gang vor ein Schiedsgericht bilateral vereinbart werden muss, kann bei gegebener Zuständigkeit das ständige internationale Gericht von nur einem Staat direkt angerufen werden.7 Jedoch liegt bei diesen Urteilen ein Mangel in ihrer schweren völkerrechtlichen Durchsetzbarkeit.8 Auch wurde bereits vorgeschlagen, ein spezielles Gericht, das sich nur mit Kulturgüterrückgabefragen auseinandersetzt, zu schaffen.9 Prott stellte 1995 „Principles for the Resolution or Disputes Concerning Cultural Heritage Displaced During the Second World War“10 auf, die einen alle Beteiligten zufrieden stellenden Ausgleich auf der Grundlage des bestehenden Rechts schaffen sollen. Prott zeigt einige hehre Prinzipien auf, die das geltende Recht widerspiegeln. Principle 1 besagt z. B., dass Kulturgüter, die durch eine Besatzungsmacht von einem besetzten Gebiet verbracht wurden, von dieser Besatzungsmacht an den Staat zurückgegeben werden müssen, von dessen Territorium sie stammen. Damit geht Prott einen mit dem geltenden Recht übereinstimmenden Weg: Deutsche Kulturgüter, die von russischen Truppen im Zweiten Weltkrieg von heute polnischem Territorium (z. B. Schlesien) verbracht wurden, wären nicht an Polen, sondern an die Bundesrepublik zu restituieren. Ferner fordert sie, dass bei mehreren Verschleppungen die Kulturgüter auf das Territorium restituiert werden, auf dem sie sich bei Kriegsbeginn im Jahre 1939 befanden (Principle 2). Dies bringt einen dem Belegenheitsgrundsatz und damit dem geltenden Recht entsprechenden Ausgleich beispielsweise für niederländische Kulturgüter, die zunächst von deutschen Truppen geplündert bzw. beschlagnahmt, sodann aber durch sowjetische Truppen nach Russland ver5 Vgl. hierzu auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 341 f. Dies nahm wohl Raber, S. 120, in seinem Entwurf einer Konvention zur weltweiten Verbesserung des Kulturgüterschutzes auf. 6 Vgl. den Vorschlag bei Meessen, in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 141, 145, allerdings zur Lösung des deutsch-russischen Rückführungsstreits. 7 Vgl. beispielhaft Art. 36 des Statuts des IGH (abgedruckt in BGBl. 1973 II, S. 505 ff.). 8 Den Vorschlag, den IGH bezüglich der deutsch-russischen Restitutionsfragen anzurufen, machte die SPD-Fraktion im Bundestag (vgl. BT-Drs. 13/9081). Vgl. hierzu auch von Schorlemer, GYIL 41 (1998), S. 317, 342 m. w. N. Der Vorschlag wurde abgelehnt (Plen.Prot. 13/221, 4. März 1998, S. 20222 D). 9 Prunty, Georgetown L. J. 72 (1983–84), S. 1155, 1167 ff. 10 Prott, Spoils of War, No. 1, 19.12.1995, S. 6, 6 ff.
310
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
bracht wurden. Etwas ungenau bleibt Prott jedoch bei der Frage der restitution in kind. Sie will die „restitution by replacement“11 dann möglich erscheinen lassen, wenn einmalige Kulturgüter zerstört wurden. Wie oben12 dargestellt, kommt eine restitution in kind jedoch nur in Betracht, wenn die Kulturgüter, die zerstört wurden, zunächst der Restitution unterlagen; d. h., eine Wegnahme muss der Zerstörung vorausgegangen sein.
II. Lösungsvorschläge für spezielle Restitutionsfragen 1. Der deutsch-polnische Streit um die Rückgabe der Kulturgüter Die Gespräche über die Rückführung von Kulturgütern aus Polen nach Deutschland sind seit einigen Jahren festgefahren. Erst Ende 2000 kam wieder Schwung in die Verhandlungen, als Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Bibel von 1522 in Warschau übergeben wurde.13 Das Rückführungsproblem zwischen den beiden Staaten ist etwas anders gelagert als z. B. zwischen der Bundesrepublik und der Russischen Föderation. Deutschland fordert von Polen hauptsächlich Kunst- und Kulturgegenstände zurück, die vor oder während des Zweiten Weltkrieges nach Schlesien und Pommern ausgelagert wurden. Die meisten Kulturgüter wurden nicht geraubt. Es handelt sich mithin mehr um eine Staatennachfolgeproblematik, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Trotzdem soll hier der Vorschlag der sog. Kopernikus-Gruppe14 zur Lösung der deutschpolnischen Restitutionsproblematik betrachtet werden, da er auch für die Beilegung anderer Rückführungsstreitigkeiten zumindest eine Anregung liefern könnte. Der Vorschlag der Kopernikus-Gruppe soll den Beiteiligten nach Verabschiedung durch politische Gremien klare Vorgaben für eine „große Lösung“ geben.15 Zunächst solle eine Wanderausstellung durch mitteleuropäische Städte das Bewusstsein der Bevölkerung über die hohen Verluste an Kulturgütern, die die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges mit sich brachten, wecken.16 Die Ausstellung solle dann als „ein in die Zukunft gerichte11 Zur Uneinigkeit bezüglich des treffenden Begriffes s. schon o. Fn. 29 im 4. Kap. und 49 im 4. Kap. 12 Vgl. o. 4. Kap., Abschnitt B. III. 13 O. V., Der Tagesspiegel, 12. Dezember 2000, S. 25. 14 Die Kopernikus-Gruppe ist eine Gruppe von deutschen und polnischen Wissenschaftlern und Journalisten, die sich dem Thema der Lösung der Rückführungsfragen gewidmet hat (vgl. o. V., FAZ, 11. Dezember 2000, S. 1). 15 Bingen/Wóycicki, FAZ, 11. Dezember 2000, S. 14. 16 Ibid.
A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge
311
tes Mahnmal gegen die rassistische Politik des Nationalsozialismus“ ihre ständige Bleibe in einem Museum in Warschau finden und dort einen „überzeugenden Beitrag zur Föderung des Verständnisses für die Grundwerte der europäischen Zivilisation und Kultur leisten“.17 Ein zweiter Schritt wäre entweder die Aufnahme Polens in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und die Einführung ehemals deutscher Güter in den Bestand der SPK18 oder die Gründung einer neuen Stiftung („Stiftung Europäisches Kulturerbe“/„Stiftung Mitteleuropäisches Kulturerbe“).19 In diese neuzugründende Stiftung könnten dann nicht nur Deutschland und Polen aufgenommen werden, sondern auch andere Staaten, die eine ähnliche Lösung ihrer Rückführungsproblematiken anstreben.20 Diese europäischen Staaten könnten in einer solchen Stiftung als gleichberechtigte Mitglieder über die Wahrung des europäischen kulturellen Erbes gemeinsam bestimmen, „ohne dass über eine ‚Europäisierung‘ die nationale Identifizierung aufgegeben werden müßte“.21 Ein dritter Schritt wäre die gegenseitige Rückführung der auf der jeweils anderen Seite belegenen Kulturgüter Polens bzw. Deutschlands. Eine unabhängige Instiution solle im jeweiligen Land eine Liste aufstellen, die die Kulturgüter der anderen Partei aufzeigt, welche sodann ohne Vorbedingungen und sofort zurückzuführen sind.22 Die Bestände der Preußischen Staatsbibliothek, die in der Jagiellonischen Universität in Krakau lagern („Berlinka“)23, sollen an den Hauptsitz der SPK nach Berlin zurückkehren, wobei die Musikalien-Sammlung24 als Dauerleihgabe in Krakau verbleiben solle.25 Im Gegenzug sollen die Urkunden des Deutschen Ordens, die im Geheimen Preußischen Staatsarchiv lagern, sowie die weiteren in Berlin lagernden Bestände des Ordensarchives in die Ordensstadt Thorn zurückbzw. überführt werden.26 17
Ibid. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass Preußen kein Nationalstaat, sondern ein a-nationaler Territorialstaat gewesen sei, der vor 1918 auch einen großen polnischen Bevölkerungsanteil hatte (ibid.). 19 Ibid. 20 Ibid. 21 Ibid. Allerdings wäre die „nationale Identifizierung“ mit einem ständigen Verbleib der deutschen Kulturgüter in Krakau wohl kaum erreichbar. 22 Ibid. 23 Vgl. zur Berliner Sammlung Fitzel, Stuttgarter Zeitung, 20. Oktober 1999, S. 32. 24 Vgl. zu den Handschriften Beethovens, die in Krakau lagern, Hollmann, Der Tagesspiegel, 12. März 1995, S. W 3. 25 Bingen/Wóycicki, FAZ, 11. Dezember 2000, S. 14. 26 Ibid. 18
312
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
Die Frage der Archivalien würde einer pragmatischen Lösung zugeführt werden, wobei auf die Anwendung des personalen bzw. territorialen Provenienzprinzips verzichtet werden solle.27 Bei Archivalien, denen heute noch juristische Bedeutung zukäme, solle nach dem personalen Provenienzprinzip verfahren werden,28 d.h., Archivalien, die die ehemals deutsche Bevölkerung auf dem heute polnischen Gebiet Schlesiens etc. betreffen, wären an die Bundesrepublik zu überführen. Käme den Archivalien keine juristische Bedeutung mehr zu, so solle nach dem territorialen Provenienzprinzip verfahren werden,29 was bedeuten würde, dass diese Archivalien auf heute polnischem Gebiet verbleiben würden. Archivalien mit symbolischer Bedeutung für eine Seite, sollten wie Kunstgegenstände behandelt werden,30 somit zurückgeführt werden. Die der SPK gehörenden Depositen Breslau und Danzig sollten zur dauerhaften Aufbewahrung und Pflege an diese Städte übergeben werden.31 Ferner sollten die Kontakte der Heimatvereine zu den ehemaligen Heimatgemeinden verstärkt werden, um die freundschaftlichen Beziehungen auszubauen. Deshalb sollte von den Heimatvereinen diesen Gemeinden Archivgut überlassen werden, dass der Ausstattung des „Heimatmuseums“ an Ort und Stelle zugute kommen könnte.32 Dieser Vorschlag der Kopernikus-Gruppe vermag einen ersten Denkanstoß für die Wiederaufnahme der festgefahrenen deutsch-polnischen Verhandlungen zu bieten und wünschenswerte Ergebnisse zu erzielen. Insbesondere versucht er einen gerechten Ausgleich für die hohen polnischen Verluste an Kulturgütern während des Zweiten Weltkrieges zu schaffen. Jedoch ist es äußerst fraglich, ob hier auch die Regierungen der beiden Staaten mitspielen werden, erfordert er doch gerade von deutscher Seite aus einige Zugeständnisse verbunden mit der Aufgabe rechtlicher Positionen. Der Ausgleich des Verlusts von Kulturgütern durch andere Kulturgüter kann – wie oben beschrieben33 – nach dem geltenden Völkerrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgenommen werden. Eine „Stiftung Europäisches Kulturerbe“ mit der Einbringung der SPK von deutscher Seite aus, dürfte undenkbar sein, da Streit in den Stiftungsgremien vorprogrammiert sein würde. Es stellt sich hier die Frage, welchen Sinn es machen würde, eine grenzüberschreitende Stiftung mit noch anderen Mitgliedstaaten neben Deutschland und Polen zu gründen, wenn nicht 27 28 29 30 31 32 33
Ibid. Ibid. Ibid. Ibid. Ibid. Ibid. 4. Kap., Abschnitt B. III.
A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge
313
eine „Europäisierung“ angestrebt, sondern an der Bewahrung der verschiedenen nationalen Identitäten innerhalb der Stiftung festgehalten werden soll. Der gegenseitige Austausch von Kulturgütern zur Föderung des Verständnisses der jeweils anderen Kultur kann auch durch andere Mittel vollzogen werden. Eine internationale Zusammenarbeit kann zudem auf der schon bestehenden Basis betrieben werden. Denkbar erscheint hingegen der Austausch bzw. die Rückführung der Archivalien nach dem vorgeschlagenen Muster. Jedoch ist auch hier Streit vorprogrammiert: Es ist schwer zu klären, wann ein Archiv noch juristische Bedeutung hat. Viele der sich noch in Polen befindenden Archive dürften fünfzig Jahre nach Kriegsende diese Bedeutung schon verloren haben, womit die Regelung ins Leere laufen würde. Zweiter Streitpunkt dürfte dann die Auslegung des Begriffes „symbolische Bedeutung“ sein. Der Vorschlag der Kopernikus-Gruppe kann als Grundlage für die Weiterführung der Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen dienen. Er bedarf jedoch einer Korrektur hin zu realistischen Zielen und vor allem einer juristischen Verfeinerung durch die klare Definition der verwandten Begriffe. Ferner sollte eine Gemeinsame Kommission i. S.e. Schiedsgerichtes bestehend aus Wissenschaftlern, Historikern und Juristen gebildet werden, die über die einzelnen Restitutionen eine endgültige und unanfechtbare Entscheidung treffen kann. 2. Der deutsch-russische Streit um die Rückgabe der Kulturgüter Auch die Verhandlungen der Bundesrepublik mit Russland über die Rückgabe der deutschen Kulturgüter aus den Depots der ehemaligen Sowjetunion stagnieren zurzeit.34 Erst im Dezember 2000 kam wieder etwas Bewegung in die Verhandlungen, als aus St. Petersburg signalisiert wurde, dass einer Rückgabe der Chorfenster der Marienkirche in Frankfurt/Oder nicht mehr viel entgegenstehen würde.35 Die Lage ist hier besonders prekär, da die Interessen in Russland selbst weit auseinander gehen. Während das von den Kommunisten dominierte Parlament eine Rückgabe generell ausschließen möchte (versucht wurde dies mit dem schon behandelten Beutekunstgesetz), bietet das Inaussichtstellen der Rückgabe von Kulturgütern der Regierung eine bessere Verhandlungsposition etwa in Wirtschaftsfragen. 34
Resignierend nimmt dies Eichwede, DA 29 (1996), S. 86, 86, zur Kenntnis. Vgl. dazu Steyer, Der Tagesspiegel, 29. Dezember 2000, S. 16. Vgl. hierzu schon o. V., Der Tagesspiegel, 28. April 1997, S. 14. Im Frühjahr 2002 wurde erneut von russischer Seite aus angekündigt, dass die Fenster nun zurückgegeben werden sollen, was dann auch tatsächlich am 29. Juni 2002 geschah. 35
314
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
Für eine Lösung der Rückgabeproblematik wurden auch hier schon einige Vorschläge gemacht. U. a. könne man eine internationale Stiftung gründen, in deren Eigentum die aus Deutschland geraubten Kulturgüter überführt werden sollten.36 Ferner wurde eine „Salomonische Entscheidung“ vorgeschlagen, die Kulturgüter zeitlich zu teilen: Ein halbes Jahr sollten sie in Russland, ein halbes Jahr in Deutschland ausgestellt werden.37 Andere wollen die Kulturgüter dauerhaft in Russland belassen, obwohl sie Russland nicht gehören sollen, mithin eine Dauerleihgabe, damit die durch Ausstellungen etc. erzielten Gewinne beim Wiederaufbau der russischen Museen und Sammlungen helfen können.38 Vorgeschlagen wurde auch eine Teilung der Kulturgüter, also nur die Rückführung der Hälfte der Kulturgüter.39 Ein weiterer – wohl eher zu vernachlässigender, da nicht praktikabler Vorschlag – ist der des Baus eines Museums wie es Stalin und Hitler gewollt hatten: Die ganze erbeutete Kunst (d. h. sowohl die russische als auch die deutsche) solle dort eine neue Heimat finden.40 Allerdings bleibt der Urheber dieser Lösungsmöglichkeit einen Vorschlag für den Ort des Museums schuldig. Schließlich wurde von russischer Seite vorgeschlagen, einen Kulturfonds einzurichten bzw. mit deutscher Hilfe zerstörte Museen in Russland wieder aufzubauen, u. U. auch durch die Ausstellung von Kulturgütern aus dem russischen „Trophäenfundus“.41 36 Vgl. Burchardi/Kalb, DA 30 (1997), S. 939, 940. So der auch Vorschlag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Plen.Prot. 13/221, 4. März 1998, S. 20220. Vgl. die kritische Antwort Fiedlers, DA 31 (1998), S. 258, 258 ff., auf den Aufsatz von Burchardi/Kalb, ibid., sowie die Replik von Burchardi/Kalb, DA 31 (1998), 791, 791 ff. Ritter, Vortrag, S. 16, befürchtet, dass durch die Errichtung einer solchen Stiftung Stalins Vorstellung vom „Beutekunstmuseum“ ihre späte und endgültige Verwirklichung fände. Vgl. zu diesem Vorschlag auch Meessen, in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 141, 144, der eine Stiftung mit Völkerrechtssubjektivität errichtet wissen will. Werner macht in: Genieva/Michaletz/Werner, S. 357, 357 ff., detaillierte Vorschläge zum Aufbau einer Stiftung. 37 Perspective – The War Loot Question: No Easy Answer, ARTnews, Summer 1995, S. 144 (Comments of Mary Garner Neill, Director of the Seattle Art Museum), zitiert bei Stephens, Houston J. Int’l L. 18 (1995), S. 59, 110. Stephens, ibid., zeigt die Absurdität einer solchen Lösung auf. Ein solches Vorgehen als Lösungsmöglichkeit schlug schon Prunty, Georgetown L. J. 72 (1983–84), S. 1155, 1181, vor. Vor dem Hintergrund eines grundsätzlichen Rückgabeanspruches kann sie auch nicht als „salomonisch“ bezeichnet werden. Ähnlich unrealistisch schlägt Rumpf, ZfTS 6 (1993), S. 287, 293, in einem die Restitution von Kulturgütern an ihr Ursprungsland betreffenden Fall eine Teilung des Pergamon-Altares vor, so dass Originalteile des Altares sowohl in der Türkei als auch in Berlin zu sehen sein würden. 38 Mastroberardino, Pace Int’l L. Rev. 9 (1997), S. 315, 355. 39 Ibid. 40 Elmer, N.Y.L. Sch. J. Int’l & Comp. L. 20 (2000), S. 117, 133 f. 41 Vgl. die Nachweise bei Weber, HuV-I 12 (1999), S. 36, 49.
A. Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge
315
Diese Vorschläge zeugen alle vom guten Willen ihrer Urheber, können aber letztendlich nicht überzeugen. Ein Vorschlag des Beraters des ehemaligen russischen Präsidenten Jelzin, Michail Semirjaga, zeigt jedoch, dass teilweise auch die Vernunft russisches Denken in dieser Frage beeinflusst: Er sieht ein, dass Gestohlenes nicht behalten werden darf, und wollte seit 1997 bis 2000 Deutschland seine Schätze in Etappen zurückgeben.42 Bedingung sei allerdings, dass die Bundesrepublik mit anderen westlichen Staaten Verträge abschließt, die die Rückführung von russischen Werken, die sich in westlichen Privatsammlungen befinden, an Russland beschleunigt.43 Russland würde keine Aufbewahrungs- und Restaurierungskosten fordern, dafür müsse Deutschland jedoch auf eigene Kosten verschiedene Werke, die wichtig für die russische Geschichte, Literatur und Wissenschaft sind, kopieren und an Russland übergeben.44 Deutschland, das in Europa wohl die meisten Kunst- und Kulturschätze vermisst, nimmt in der Lösung der Frage der Kulturgüterrückführungen eine Vorreiterstellung ein. Die Bundesrepublik muss sich politisch in Acht nehmen, keine Präzedenzfälle zu schaffen, die für andere Staaten zum Verhängnis werden könnten. Ferner muss sie beachten, dass dadurch die über 150-jährige Entwicklung des Völkerrechts ins Wanken gebracht werden kann, sofern die Aufgabe der Kulturgüter, die sich in Osteuropa befinden, als Preis für einen andauernden Frieden gezahlt werden würde.45 Zudem bestehen innerstaatliche Bedenken hinsichtlich eines solchen Handelns der Bundesregierung gegenüber privaten und kirchlichen Eigentümern.46 Das deutsch-russische Rückführungsproblem wird sich höchstwahrscheinlich über das Zauberwort „Kompensation“ am besten lösen lassen.47
III. Eigene Ansätze zur Lösung dieser Streitigkeiten Kunstraub und -zerstörung im Krieg reißen tiefe Wunden in die Seele eines Volkes, die nur schwer verheilen. Deshalb ist es um so wichtiger, dass die geraubten Kunstgegenstände nach dem Krieg an Ort und Stelle zurückgeführt werden und Ersatz für die zerstörten Objekte geleistet wird. Die Rückgabe geplündeter und systematisch entführter Kulturgüter trägt dazu bei, diese Wunden zu schließen, den Blick in die Zukunft zu richten und die Feindseligkeiten der Vergangenheit endgültig zu bewältigen. Die 42 43 44 45 46 47
Semirjaga, Der Tagesspiegel, 16. April 1997, S. 10. Ibid. Ibid. Vgl. Fiedler, in: Reichelt (1997), S. 147, 157. Vgl. Ritter, Vortrag, S. 15. So wohl auch Höhn, HuV-I 8 (1995), S. 26, 32.
316
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
Rückgabe bedeutet ein Weiteres: Sie zeigt die Anerkennung der gleichberechtigten Existenz des anderen Volkes. Kulturgüterschutz kann so als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker verstanden werden. Die Beilegung der Restitutionsstreitigkeiten wird am besten mit der Schaffung einer Gemeinsamen Kommission48 mit Adjudikationsgewalt i. S. eines ständigen Schiedsgerichtes49 erreicht werden können. Diese Kommission, die aus den jeweiligen Staatenvertretern sowie beratenden Experten bestehen könnte, sollte unter dem Vorsitz eines Neutralen die Arbeit aufnehmen und jeden Restitutionsfall gesondert betrachten. Eine Rechtmäßigkeitsprüfung sollte vor dem Hintergrund der geschlossenen Verträge und der weiteren völkerrechtlichen Normen stattfinden. Dies mag zwar zeitaufwendig und kostspielig sein, jedoch können so dem Recht entsprechende und für alle Seiten zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden. Dies gilt insbesondere für die Kulturgüter, die Gegenstand einer restitution in kind werden sollen. Die Gemeinsame Kommission sollte die Verfügungsgewalt bekommen, Kunstwerke u. ä. aus staatlichen Sammlungen auszuwählen, die einen adäquaten Ersatz für die zunächst der Restitution unterliegenden, mittlerweile aber untergangenen Güter darstellen können. Die Zustimmung zur restitution in kind müsste seitens des verpflichteten Staaten dann aber noch ausgesprochen werden. Das Verfahren diesbezüglich vereinfachen würde eine bei Schaffung der Gemeinsamen Kommission seitens der Verhandlungspartner für die Kommission ausgesprochene generelle Ermächtigung zur Erteilung dieser Zustimmung. In dem eher einseitig gelagerten Rückführungsproblem zwischen Russland und der Bundesrepublik könnte – um Russland entgegenzukommen und einen Anreiz für eigene Rückführungen zu bieten – eine solche be48 Eine Gemeinsame Kommission wurde schon zwischen Deutschland und der Russischen Föderation für diese Rückführungsfragen gebildet (vgl. die Protokolle bei Fiedler, Kriegsbeute, S. 35 ff.). Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von Begriffen etc. wurde die Arbeit der Kommission und der untergliederten Fachgruppen jedoch stark behindert, so dass sie zurzeit ruht. Eine Gemeinsame Kommission wurde auch durch den Friedensvertrag von Riga zwischen Polen, Russland und der Ukraine vom 18. März 1921 geschaffen (LNTS 6, S. 52 ff.; BFSP 114 (1921), S. 917 ff.) Vgl. auch ibid., S. 944 ff., für die Verfahrensregeln der Gemeinsamen Kommission. Diese Regeln sollten jedoch nur teilweise übernommen werden, insbesondere sollte keine (kurze) zeitliche Begrenzung für die Antragstellung vereinbart werden. 49 Ein Schiedsgericht wurde von der Tschechoslowakei und Österreich hinsichtlich Streitigkeiten bei der Auslegung der Rückführungsbestimmungen des Vertrages von St. Germain-en-Laye von 1919 eingerichtet (vgl. Annex IV zum Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der tschechoslowakischen Republik, betreffend die Durchführung einzelner Bestimmungen des Staatsvertrages von Saint Germain-en-Laye, abgedruckt in Martens, NRG, 3e sér., Bd. 19, S. 694, 707).
B. Ausblick
317
schriebene Kommission ihre Arbeit auch auf weitere Restitutionen erstrecken. Der Auslegungsspielraum des Wortlauts der zwischen diesen Staaten geschlossenen Vereinbarungen ist weit genug, um eine rechtliche Möglichkeit für Rückführungen von z. B. gestohlenen und/oder illegal ausgeführten Ikonen herzugeben.
B. Ausblick Kulturgüter waren und bleiben Ziele der verschiedensten kriegerischen Maßnahmen aus dem schon häufig angesprochenen Grund: Sie spiegeln die Seele eines Volkes und begründen nationale Identität. Ethnische Säuberungen fallen in die gleiche Kategorie wie die Zerstörung feindlicher Kulturgüter. Sowohl das Kriegs- als auch das Friedensrecht müssen es sich weiterhin zur Aufgabe machen, hinsichtlich des Kulturgüterschutzes zunächst aufklärend bzw. präventiv und in der Folge beschränkend sowie verbietend zu wirken. Die Sanktionen für Verstöße gegen die verschiedenen Normen zum Schutze der Kulturgüter sollten weiter verstärkt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre die Unterstützung und die Steigerung des Bewusstseins, dass die Plünderung und die Aneignung von Kulturgütern in Kriegszeiten verboten sind. Dies kann durch eine generelle Einschränkung der Kriegsmittel erreicht werden. Als auch in dieser Hinsicht fortschrittlich kann daher das Gutachten des IGH zur Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons50 gewertet werden, welches zu einem Verbot des Einsatzes von Atomwaffen kommt. Negativ zu bewerten ist allerdings, dass nur die Dissenting Opinion von Judge Weeramantry zu diesem Ergebnis auch unter Einbeziehung des (kriegsrechtlichen) Kulturgüterschutzes kommt: Dieser sei bei Einsatz von Atomwaffen völlig nutzlos.51 Ein zweiter Schritt müsste das Bewusstsein weiter fördern, dass Staaten verpflichtet sind, Kulturgüter zu restituieren, sofern sie widerrechtlich in Kriegszeiten verbracht wurden. Dazu tragen nicht nur die unzähligen Veröffentlichungen und Pressestimmen bei, sondern auch die von verschiedenen Organisationen abgehaltenen Kongresse und Fachtagungen und die dort beschlossenen Resolutionen bzw. Verhaltenskodizes.52 Ferner tragen dazu die 50
ICJ Rep. 1996, S. 226. ICJ Rep. 1996, S. 226, 466 f. (Diss. Op. Weeramantry). 52 Vgl. z. B. Report of the AAMD Task Force on the Spoliation of Art during the Nazi/World War II Era (1933–1945), IJCP 7 (1998), S. 545, 545 ff. Dazu Phelan, Int’l Lawyer 33 (1999), S. 443, 444. Vgl. auch ibid., Int’l Lawyer 34 (2000), S. 697, 701. Vgl. ferner die Principles With Respect to Nazi-Confiscated Art, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 64, 64 f., die von der Washington Conference On Holocaust-Era Assests 1998 und dem U.S. Holocaust Memorial Museum (U.S. Department of State) aufgestellt wurden, vgl. dazu auch Grell, 51
318
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
vielen entstandenen Datenbanken für die Registrierung von in Kriegszeiten abhanden gekommenen Kulturgütern bei.53 Damit diese Datenbanken ihre Arbeit richtig entfalten können, sind zunächst die noch nicht wieder aufgetauchten widerrechtlich verbrachten Kulturgüter ausfindig zu machen. An dieser Suche müssen sich sowohl private als auch öffentliche Stellen beteiligen. Auf dieser Grundlage könnten die Kulturgüterrückführungen fester Bestandteil der Völkerverständigung werden.
C. Überblicksartige Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich in fünf Kapiteln mit völkerrechtlichen Fragen, die die Rückführung von Kulturgütern betreffen, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden. Die Systematik der Arbeit verfolgt den Aufbau einer Anspruchsprüfung, damit dem Gedanken Rechnung tragend, dass im Völkerrecht ein Anspruch dieselben Voraussetzungen hat wie im innerstaatlichen Recht: Anspruchsgrundlage, Tatbestand bzw. Voraussetzungen, Rechtsfolge und Umfang sowie die Durchsetzbarkeit des Anspruches. Das erste Kapitel widmet sich im Rahmen einer Einleitung der Annäherung an die Fragestellungen, die diese Arbeit aufwerfen wird. Bevor auf die Frage des „Warum?“, d. h. der Psychologie des Kunstraubes im Krieg, eingegangen wird, erfährt die Thematik ihre notwendige Eingrenzung auf die Problematiken, die mit der Wegnahme von Kulturgütern in Kriegszeiten und deren Rückführung zusammenhängen. Ferner wird versucht, sich dem Begriff des „Kulturgutes“ anzunähern. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen Anspruchsgrundlagen mit ihren Tatbestandsvoraussetzungen besprochen und erörtert, beginnend mit den vertraglichen, zunächst mit den multilateralen Rechtsgrundlagen für einen Rückführungsanspruch (Teil A, z. B. das Haager Abkommen von 1907, dem Roerich-Pakt und dem Washingtoner Vertrag von 1935, sowie dem Protokoll zur HKSK von 1954). Es wird dabei gezeigt, welche VerpflichS. 223 f. sowie Eitel, Festschrift für Ipsen, S. 57, 70 ff., der eingehend über die Konferenz berichtet. 53 Z. B. www.LostArt.de, betrieben von der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste (ehemals Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern) in Magdeburg, vgl. dazu Franz, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 13, 13 ff., sowie ibid., KUR 1 (1999), S. 345, 345 ff. (Herrn Dr. Franz sei an dieser Stelle herzlich für seine nützlichen Hinweise gedankt.); The Art Loss Register in New York (www.artloss.com), vgl. dazu Jackson, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 16, 16 ff., sowie Franz, S. 83 ff.; die Commission for Art Recovery of the World Jewish Congress, vgl. dazu Lowenthal, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 20, 20 ff.
C. Überblicksartige Zusammenfassung
319
tungen für einen Krieg führenden und besetzenden Staat bezüglich der Behandlung von Kulturgütern in Kriegszeiten entstehen und welche Folgen bei der Verletzung dieser Pflichten eintreten. Zu erkennen ist, dass im Allgemeinen die Sanktion für einen Verstoß die Restitution der Kulturgüter darstellt. Eingegangen wird auch auf die Frage, ob die Friedensverträge von 1947 einen Anspruch auf Rückführung der Kulturgüter der ehemaligen Feindstaaten (Achsenmächte) enthalten, die sich auf deutschen Boden befanden und die die Siegermächte auf ihre Territorien verbrachten. Teil B des zweiten Kapitels beschäftigt sich sodann mit den bilateralen Vereinbarungen bezüglich der Rückführung von Kulturgütern. Zunächst werden die Abkommen erörtert, die die Bundesrepublik diesbezüglich geschlossen hat. Das erste Abkommen, das eine reine Anspruchsgrundlage auf eine Rückgabe einer unbegrenzten Anzahl von Kulturgütern enthielt, wurde 1990 mit der Sowjetunion abgeschlossen. Es handelt sich dabei um den deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag (Art. 16). Die Arbeit zeigt die unterschiedlichen Positionen der Parteien auf und versucht, Licht in das Auslegungsdunkel der verwandten Begriffe zu bringen. In der Folge wird auf das deutsch-russische Kulturabkommen von 1992 eingegangen, das eine im Vergleich mit dem Vertrag von 1990 fast identische Vorschrift enthält. Desweiteren werden die seitens der Bundesrepublik mit anderen GUS-Mitgliedern abgeschlossen Abkommen behandelt und die Unterschiede zu den Vertragstexten der Abkommen mit der Sowjetunion bzw. Russland aufgezeigt. Die Arbeit geht dann auf den Nachbarschaftsvertrag der Bundesrepublik mit Polen ein, der lediglich ein diesbezügliches pactum de negotiando enthält, bevor sie sich dem deutsch-italienischen Regierungsabkommen bezüglich der Rückführung von Kulturgütern aus dem Jahre 1953 widmet. Diesem kommt wahrscheinlich nur noch historische Bedeutung zu, jedoch könnte es auch heute noch angewandt werden, sofern Kulturgüter der jeweils anderen Seite in Deutschland oder Italien auftauchen sollten. Den Abschluss dieses Abschnitts bildet das deutsch-amerikanische Rückführungsabkommen über sog. Kriegskunst. Ein zweiter Abschnitt in Teil B des zweiten Kapitels widmet sich dann den bilateralen Verträgen, die zwischen verschiedenen Staaten der restlichen Welt geschlossen wurden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den Vertrag zwischen der Republik Korea und Japan von 1965 gelegt, in welchem eine Rückführungsvereinbarung enthalten ist. Teil C des zweiten Kapitels geht der Frage nach, ob eine Anspruchsgrundlage im Völkergewohnheitsrecht vorliegt, die die Rückführung von Kulturgütern bestimmt, die in Kriegszeiten widerrechtlich verbracht wurden. In einem Überblick von der Antike bis hin zur heutigen Zeit über die Entwicklung des Kriegsrechts hinsichtlich eines Kulturgüterschutzes kann
320
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
diese Frage bejaht werden. Es wird auch die umstrittene Frage beantwortet, wann dieses Gewohnheitsrecht entstanden ist. Der Westfälische Friede 1648 stellte den Wendepunkt in der Rechtsentwickung dar, erstmals wurde die Restitution von Kulturgütern vertraglich bei Friedensschluss vereinbart. Diese Entwicklung machte in folgenden Friedensverträgen Schule und hatte sich zum Wiener Kongress 1815 als Gewohnheitsrecht verfestigt. Dies beweisen nicht nur die Verhandlungsprotokolle des Wiener Kongresses, sondern auch zwei anglo-amerikanische Prisengerichtsentscheidungen: The Marquis de Somerueles (1813) und The Amelia (1863), in denen die Herausgabe von in Kriegszeiten beschlagnahmten Kulturgütern an den Eigentümer unter Bezugnahme auf dieses bestehende Recht angeordnet wurde. Die Arbeit geht sodann auf die ersten Kodifikationen des Kriegsrechts im neunzehnten Jahrhundert (z. B. der Lieber Code von 1863, die Brüsseler Deklaration von 1874 und das Oxford Manual von 1880) ein, bevor nochmals die Haager Konventionen von 1899 bzw. 1907 als kodifiziertes Gewohnheitsrecht behandelt werden. Beschrieben wird dann der Erste Weltkrieg und die Versailler Vorortverträge sowie die Kodifikationen zwischen den beiden Weltkriegen. Der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Deutschland durch die Alliierten stellte alles zuvor in der Weltgeschichte Geschehene – nicht nur was die Behandlung von Kulturgütern in Kriegszeiten angeht – in den Schatten. Die größte Völkerwanderung der Kultur wird daraufhin untersucht, ob sie das bestehende Gewohnheitsrecht abgeändert hat. Doch vor allem dem Verhalten und der Überzeugung der westlichen Alliierten ist es zu verdanken, dass eine solche Änderung der rechtlichen Gepflogenheiten nicht eintrat. Diese versuchten, die nationalsozialistischen Kulturgüterverschiebungen rückgängig zu machen, was ihnen auch zum größten Teil gelang. Nur die Sowjetunion scherte aus und verbrachte Millionen von Gegenständen auf ihr Territorium, wo sie für Jahrzehnte in verschlossenen Depots verschwanden. Danach widmet sich die Arbeit dem heute geltenden Gewohnheitsrecht. Zunächst wurden verschiedene, den Kulturgüterschutz betreffende Konventionen untersucht, sodann erfahren die modernen Nachkriegskonflikte Beachtung. In einem gesonderten Abschnitt werden Fragen behandelt, die die Plünderung als Kriegsverbrechen und die diesbezügliche Staaten- und Individualverantwortung betreffen. In diesem Teil wird u. a. das Zweite Protokoll zur HKSK von 1999 betrachtet. In einem vierten Teil (Teil D) des zweiten Kapitels beschäftigt sich die Arbeit mit dem Rückgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung als eine mögliche Anspruchsgrundlage aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nach Art. 38 Abs. 1 lit. c) des Statuts des IGH. Die diesbezüglichen Aus-
C. Überblicksartige Zusammenfassung
321
führungen konzentrieren sich dabei hauptsächlich auf die ungerechtfertigte Bereicherung, die auch im Völkerrecht Geltung beansprucht. Ein fünfter Teil (Teil E) behandelt den Problemkreis der Heranziehung von einseitigen, zumeist innerstaatlichen Akten als Grundlage für einen völkerrechtlichen Anspruch. Erörtert werden insbesondere die Gesetze der Schweiz und Schwedens, die nach dem Zweiten Weltkrieg bezüglich der Rückerstattung von Beutegut, das auf ihr Territorium gelangte, erlassen wurden. Hinsichtlich der in Frage kommenden Anspruchsteller wird in einem weiteren Abschnitt das russsiche Beutekunstgesetz auf seine Voraussetzungen hin untersucht. Der sechste Teil (Teil F) des zweiten Kapitels ist den Resolutionen internationaler Organisationen gewidmet. Eine Unterteilung wird in nicht bindende (Abschnitt I.) und bindende Resolutionen (Abschnitt II.) vorgenommen. Bislang kann nur eine UN-Sicherheitsratsresolution aus dem zweiten Golfkrieg als Anspruchsgrundlage für die Rückführung von in Kriegszeiten widerrechtlich verbrachten Kulturgütern verzeichnet werden. Das dritte Kapitel behandelt den Umfang des Rückgabeanspruches. Dieses Kapitel hat zwei Teile, die einerseits den Umfang des Wiedergutmachungsanspruches wegen völkerrechtswidrigen Tuns und andererseits den Umfang des Bereicherungsanspruches darstellen. Der erste Teil (Teil A) definiert den Begriff der Naturalrestitution im Zusammenhang mit der Wiedergutmachung einer völkerrechtswidrigen Kulturgüterwegnahme. Ferner thematisiert er die rechtlichen Probleme, die im Zusammenhang mit einem möglichen Schadenersatz in Geld auftreten und behandelt die Rückführungskosten als Teil des Schadenersatzes. Teil B stellt klar, dass der Bereicherungsanspruch zunächst den gleichen Umfang wie der Wiedergutmachungsanspruch hat, jedoch darüber hinausgehen kann. Dies gilt insbesondere für die Erlöse aus Eintrittsgeldern, Katalogverkäufen, Reproduktionen und dem Verkauf von Bildrechten. Es wird herausgearbeitet, dass die besatzungsrechtlichen Nießbrauchsregeln wegen sonst drohender Systemwidrigkeit keine Anwendung auf Kulturgüter finden dürfen. Das vierte Kapitel behandelt eingehend die verschiedenen Einwände, mit denen ein Staat einer Anspruchsstellung entgegentreten kann. Erörtert werden u. a. Fragen der Einbehaltung der Kulturgüter als Reparationen, der Wegnahme der Kulturgüter zur Heilung der Rechtslage sowie der Unmöglichkeit der Restitution insbesondere im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit einer sog. restitution in kind. Weiterhin wird die Heilung der rechtswidrigen Rechtslage durch einen Friedensvertrag, die Verjährung und die Verwirkung sowie die Ersitzung, die Aufrechnung, der Verzicht, die Zwangsvollstreckung in fremde Kulturgüter sowie die Enteignung behandelt. Bei der Möglichkeit von Repressalien gegen Kulturgüter wird insbe-
322
5. Kap.: Schluss und Zusammenfassung
sondere der Frage nachgegangen, ob auch die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes völkerrechtlich zulässig ist. Das freie Geleit, die Integration von Kulturgütern in die Kultur eines Staates bzw. Volkes, die Integrität von Sammlungen und die Problematik der Kulturgüter als heritage of mankind im Sinne eines Rechtfertigungsgrundes schließen die Betrachtungen zu möglichen Einwänden ab. Die Arbeit schließt mit dem fünften Kapitel, in welchem verschiedene Lösungsansätze für die Rückführungsproblematik aufgezeigt und entwickelt werden. Ein Ausblick zieht eine eher verhaltene Bilanz, fordert aber, das diesbezügliche Problembewusstsein zu stärken und die Rückführungen voranzutreiben, um dadurch zu einer besseren Völkerverständigung beizutragen.
Summary The restitution of cultural property in the aftermath of war is an issue of enduring interest that will probably arise in all wars to come. Germany and Russia, for example, are currently negotiating the restitution of German cultural property taken away by Soviet troops during World War II. The most recent case is the restitution of Iraqi cultural property that can be found on the international art market after it was plundered by Iraqi people during the occupation of Iraq by the United States and their allies in Spring 2003. The author gives a comprehensive account of the requirements for claim of cultural property that has been removed to another state. He also examines to what extent a state may claim damages and what a state may argue if a claim is made against it. There are a number of treaty provisions concerning the restitution of cultural property illegally removed in times of war, e. g. the 1907 Hague Convention with its annexed Regulations, the 1954 Hague Convention with its first and second Protocol, as well as the 1935 Washington Treaty. Special attention is paid to Germany’s bilateral treaties, mostly with former Soviet republics that have become sovereign states, for example, the 1990 German-Soviet Treaty of Good Neighborliness or the 1992 German-Russian Agreement on Cultural Co-operation. However, the focus is not limited to German treaties but also considers other treaties including the 1965 Korean-Japanese Agreement on the Art Objects and Cultural Co-operation. In the second chapter, the author demonstrates that by the time of the 1815 Vienna Congress it had already been a rule of international customary law to restitute cultural property illegally removed in times of war. In addition, it is shown to which extent customary law applies today and if it has been modified in any way as a result of World War II and its aftermath. The third chapter examines to what extent a state may claim damages and restitution while the fourth chapter presents arguments that states can use for their justification, e. g. restitution by replacement, time limits, acquisitive prescription, set-off, waiver or reprisals. Here, the focus is laid on the question whether in international law exists a lien or a right of retention. In the concluding chapter, the author moves on to suggest possible settlements of conflicts about the restitution of cultural property following a war.
Literaturverzeichnis Abtahi, Hirad: „The Protection of Cultural Property in Times of Armed Conflict, The Practice of the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia“, Harv. Hum. R. J. 14 (2001), S. 1–32 Akinscha, Konstantin/Koslow, Grigori: Beutekunst – Auf Schatzsuche in russischen Geheimdepots, München 1995 Akinscha, Konstantin/Koslow, Grigori/Toussaint, Clemens: Operation Beutekunst – Die Verlagerung deutscher Kulturgüter in die Sowjetunion nach 1945, Nürnberg 1995 Akinsha, Konstantin: „Kriegssouvenirs: Fälle von Kunstraub durch Soldaten der USArmy und die Handlungen der amerikanischen Regierung. Das Schicksal der Kriegssouvenirs in Amerika“, in: Ministerium für Kultur der Russischen Föderation Staatliche Bibliothek für Ausländische Literatur Rudomino, Moskau/ S.E.C.co – Gesellschaft zur Förderung des internationalen Informationsaustausches, Berlin (Hrsg.): Das schwierige Schicksal von Kulturgütern, Materialien der internationalen Konferenz Privatrecht und Probleme der Restitution von kriegsbedingt verbrachten Kulturgütern, Moskau, 27. und 28. Mai 2002, Berlin/ Moskau 2002, S. 378–383 Akinsha, Konstantin/Kozlov, Grigorii: „Spoils of War: The Soviet Union’s Hidden Art Treasures“, ARTnews 90, No. 4 (April 1991), S. 130–141 Alexandrov, Emil: International Legal Protection of Cultural Property, Sofia 1979 Amin, Sayed Hassa: Legal System of Iraq, Glasgow 1989 (zit.: Amin, Legal System of Iraq) – Remedies for Breach of Contract in Islamic and Iranian Law, Glasgow 1984 (zit.: Amin, Remedies) Antonowa, Irina: „Kunstschätze als Opfer des Krieges“, in: Antonowa, Irina/Merkert, Jörn (Hrsg.): Berlin – Moskau 1900–1950, dritte Auflage, München/New York 1995, S. 469–473 d’Argent, Pierre: „The Russian Law on Removed Cultural Property: Some International Law Remarks“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 20–27 Attlmayr, Ferdinand Ritter von: Das Internationale Seerecht – Ein Handbuch für den k.u.k. Seeofficier, I. Band, Wien 1903 Auswärtiges Amt (Hrsg.): Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland, Dokumente von 1949 bis 1994, Herausgegeben aus Anlaß des 125. Jubiläums des Auswärtigen Amtes, Köln 1995
Literaturverzeichnis
325
– Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Deutschland und Rußland zur Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter – Die Rechtslage aus deutscher Sicht, Bonn 1994 Auswärtiges Amt/Bundesministerium des Innern/Botschaft der Republik Polen (Hrsg.): Die deutsch-polnischen Verträge vom 14.11.1990 und 17.6.1991 – Traktaty polski-niemieckie z 14.11.1990 r. i 17.6.1991 r., Magdeburg o. D. Barker, Godfrey: „Jewish Art – a scandal?“, The Daily Telegraph (London), 14. April 1997, S. 16 Bassiouni, M. Cherif: „Reflection on Criminal Jurisdiction in International Protection of Cultural Property“, Syr. J. Int’l L. & Com. 10 (1983), S. 281–322 Bauer, Hans-Joachim: „Eilverfahren und einstweilige Verfügung zur Sicherung von Rechten an reportierten Kulturgegenständen“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 221–233 Becher, Karl: „On the Obligation of Subjects of International Law to Return Cultural Property to its Permanent Place“, Annuaire de l’A.A.A. 44 (1974), S. 96– 99 Beck, Stefan von der: Die Konfiskationen in der Sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949, Frankfurt am Main 1996 Belgrad, Eric Aristide: The Theory and Practice of Prescriptive Acquisition in International Law, Baltimore (John Hopkins University), Diss. 1969 (University Microfilms, Inc., Ann Arbor/Michigan 1984) Bentwich, Norman: „International Aspects of Restitution and Compensation for Victims of the Nazis“, BYIL 32 (1955–6), S. 204–217 Berber, Friedrich: Lehrbuch des Völkerrechts, – I. Band – Allgemeines Friedensrecht, zweite Auflage, München 1975 – II. Band – Kriegsrecht, München 1969 (zit.: Berber, Völkerrecht, Bd.) – Völkerrecht, Dokumentensammlung, Band II, Konfliktsrecht, München, Berlin 1967 (zit.: Berber, Dokumentensammlung) – Die völkerrechtliche Stellung der Polizei in der Bundesrepublik, Gutachten, Stuttgart (zit.: Berber, Gutachten) Bergé, Jean-Sylvestre: „La Convention d’Unidroit sur le biens culturels: remarques sur la dynamique des sources en droit international“, J.D.I. (Clunet) 127 (2000), S. 215–262 Berger, Henning: „Die Rückgabe von Beutekunst aus der Russischen Föderation – Zum Beutekunst-Urteil des Russischen Verfassungsgerichts vom 20. Juli 1999 –“, IPRax 20 (2000), S. 318–321 Berman, Shoshana: „Antiquities in Israel in a Maze of Controversy“, Case W. Res. J. Int’l L. 19 (1987), S. 343–360
326
Literaturverzeichnis
Berndt, Joachim: Internationaler Kulturgüterschutz – Abwanderungsschutz, Regelungen im innerstaatlichen Recht, im Europa- und Völkerrecht, Köln/Berlin/Bonn/ München 1998 Bibas, Stephanos: „The Case Against Statutes of Limitations for Stolen Art“, IJCP 5 (1996), S. 73–109 (Nachdruck aus Yale L.J. 103 (1994), S. 2437 ff.) Billib, Roland Andreas: Die Allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Artikel 38 I c des Statuts des Internationalen Gerichtshofes. – Versuch einer Deutung – Göttingen, Diss. 1972 (München 1972) Bindschedler, Rudolf L.: „Neutrality, Concept and General Rules“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Instalment 4 (1982), S. 9–14 Bingen, Dieter/Wóycicki, Kazimierz: „Gemeinsam europäisches Kulturerbe wahren – Entwurf der Kopernikus-Gruppe ‚für eine Lösung der Probleme um kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter in Deutschland und Polen‘“, FAZ, 11. Dezember 2000, S. 14 Birov, Victoria A.: „Prize or Plunder?: The Pillage of Works of Art and the International Law of War“, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 30 (1997/1998), S. 201–249 Black, Jeremy: A History of the British Isles, Houndsmills/London 1996 Blake, Janet: „On Defining the Cultural Heritage“, ICLQ 49 (2000), S. 61–85 – „The Protection of Turkey’s Underwater Archaeological Heritage – Legislative Measures and Other Approaches, IJCP 3 (1994), S. 273–293 Blankenagel, Alexander: „Eyes Wide Shut: Displaced Cultural Objects in Russian Law and Adjudication“, EECR 8 (1999), S. 75–80, veröffentlicht auch unter http://www.law.nyu.edu/edu/eecr/vol8num4/special/displaced.html (besucht am 8. Mai 2002) Bleyler, Franz: Das Zurückbehaltungsrecht nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuches unter besonderer Berücksichtigung seiner geschichtlichen Entwicklung, Rostock, Diss. 1905 (Berlin 1905) Blum, Yehuda Z.: „Restitution of Jewish Cultural Property Looted in World War II: To Whom?“, LJIL 11 (1998), S. 257–264 Bluntschli, Johann Caspar: Das Beuterecht im Krieg und das Seebeuterecht insbesondere – Eine völkerrechtliche Untersuchung, Nördlingen 1878 (zit.: Bluntschli, Beuterecht) – Das moderne Völkerrecht der civilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt, Nördlingen 1868 (zit.: Bluntschli, Völkerrecht) Boguslawskij*, Mark: „About the Basic Legal Principles of the Russian Law“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 27–29 Boguslavsky*, Mark: „Legal Aspects of the Russian Position in Regard to the Return of Cultural Property“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, * Hier handelt es sich um ein und denselben Autor, die Schreibweise des Namens ergibt sich aus verschiedenen Übersetzungen. Es wurde stets die angegebene Schreibweise übernommen.
Literaturverzeichnis
327
World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 186–190 Boguslavskij*, Mark M.: „Irina Shchukina’s Suit (On the Decision of a French Court)“, IJCP 4 (1995), S. 325–341 – „Contempory Legal Problems of the Return of Cultural Property to its Country of Origin in Russia and the Confederation of Independent States“, IJCP 3 (1994), S. 243–256 Böhling, Horst: Chinesisches Sachenrecht – Nach dem modernen Zivilgesetzbuch und Bodengesetz mit europäischen Rechten verglichen unter Berücksichtigung des alten chinesischen Rechts, Jena, Diss. 1934 Bondioli-Osio, Mario: „Italy“, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 27–29 Bonfils, Henry: Lehrbuch des Völkerrechts für Studium und Praxis, dritte Auflage von Paul Fauchille, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von August Grah, Berlin 1904 (zit.: Bonfils3) – Manuel de Droit International Public (Droit de Gens), Destiné aux étudiants des Facultés de Droit et aux aspirants aux fonctions diplomatiques et consulaires, vierte Auflage von Paul Fauchille, Paris 1905 (zit.: Bonfils4) Bothe, Michael/Partsch, Karl Josef/Solf, Waldemar A.: New Rules for Victims of Armed Conflicts, Commentary on the Two 1977 Protocols Additional to the Geneva Conventions of 1949, The Hague/Boston/London 1982 Bothe, Michael/Schmidt, Christian: „Sur quelques questions de succession posées par la dissolution de l’URSS et celle de la Yougoslavie“, RGDIP 96 (1992), S. 811–842 Boylan, Patrick J.: Review of the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (The Hague Convention of 1954), Paris/London 1993 Breidenbach, Stephan/Baller, Oesten/et al. (Hrsg.): Handbuch Wirtschaft und Recht in Osteuropa, Bände 1–3, München Loseblatt Stand Juni 2000 Brownlie, Ian: Principles of Public International Law, vierte Auflage, Oxford 1990 (zit.: Brownlie, Principles) – State Responsibility, Part I, Oxford 1983 (zit.: Brownlie, State Responsibility) Brückler, Theodor: „Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung: 1938– 1945“, in: Brückler, Theodor (Hrsg.): Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute, Wien/Köln/Weimar 1999, S. 13–30 Brüderlin, Paul: Kulturgüterschutz in der Schweiz, Gemäss internationalem Abkommen von Den Haag (1954) über „Kulturgüterschutz bei bewaffneten Konflikten“, Zürich 1978 Bruhn, Peter: Bibliographie Bernsteinzimmer, Berlin/Fürstenwalde 1999 * Hier handelt es sich um ein und denselben Autor, die Schreibweise des Namens ergibt sich aus verschiedenen Übersetzungen. Es wurde stets die angegebene Schreibweise übernommen.
328
Literaturverzeichnis
Brunner, Georg (Hrsg.): Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Staaten Osteuropas (VSO), Band II, Südosteuropa, Berlin, Loseblatt Stand Januar 1999 Buhse, Karl-Heinrich: Der Schutz von Kulturgut im Krieg, Hamburg 1959 Bülck, Hartwig: „Vertreibung“, in: Strupp, Karl/Schlochauer, Hans-Jürgen (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts, Dritter Band, zweite Auflage, Berlin 1962, S. 560– 562 Bundesamt für Zivilschutz (Hrsg.): Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, vierte Auflage, Bonn 1997 Buomberger, Thomas: Raubkunst – Kunstraub, Die Schweiz und der Handel mit gestohlenen Kulturgütern zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, Zürich 1998 Burchardi, Kristiane/Kalb, Christof: „Noch einmal zur ‚Beutekunst‘ – Eine Replik auf Wilfried Fiedlers kritische Einwände“, DA 31 (1998), S. 791–795 – „Unterwegs nach Europa – Rußland, Deutschland und der Streit um die ‚Beutekunst‘“, DA 30 (1997), S. 939–945 Burg, Herrmann: Kunstschutz an der Westfront. Kritische Betrachtungen und Erinnerungen, Charlottenburg 1920 Burnett, Philip Mason: Reparation at the Paris Peace Conference, From the Standpoint of the American Delegation, Volume 1, New York 1965 (Nachdruck der Ausgabe von 1940) Buschbom, Helmut: „Die völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Maßnahmen zur Beseitigung des im Namen des Deutschen Reiches verübten nationalsozialistischen Unrechts“, S. 1–71, in: Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz (Hrsg.): Das Bundesrückerstattungsgesetz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1981 (zit.: Buschbom, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz) Byrne-Sutton, Quentin: „The Goldberg Case: A Confirmation of the Difficulty in Acquiring Good Title to Valuable Stolen Cultural Objects“, IJCP 1 (1992), S. 151–168 Carducci, Guido: „L’obligation de restitution des biens culturels et des objets d’art en cas de conflit armé: Droit coutumier et droit conventionnel avant et après la Convention de la Haye de 1954 – L’importance du facteur temporel dans les rapports entre les traités et la coutume“, RGDIP 104 (2000), S. 289–357 – La restitution internationale des biens culturels et des objets d’art, Droit commun, Directive CEE, Conventions de l’Unesco et d’Unidroit, Paris 1997 Carl, Michael H.: „Der ‚Gotha-Case‘“, in: Carl, Michael H./Güttler, Herbert/Siehr, Kurt: Kunstdiebstahl vor Gericht, City of Gotha v. Sotheby’s/Cobert Finance S.A., Berlin/New York 2001, S. 33–52 Chamberlain, Kevin: „The Protection of Cultural Property in Armed Conflict“, Art Antiquity and Law, 8 (2003), S. 209–240 Cheng, Bin: General Principles of Law as applied by International Courts and Tribunals, London 1953
Literaturverzeichnis
329
Chklaver, Georges: „Le mouvement en faveur du Pacte Roerich“, Revue de Droit International 11 (1933), S. 460–462 – „Projet d’une Convention pour la Protection des Institution et Monuments consacrés aux Arts et aux Sciences“, Revue de Droit International 6 (1930), S. 589– 595 Chorus, Jeroen/Gerver, Piet-Hein/Hondius, Ewould/Koekkoek, Alis (Hrsg.): Introduction to Dutch Law, dritte Auflage, the Hague/London/Boston 1999 (zit.: Chorus/Gerver/Hondius/Koekkoek/Bearbeiter/Bearbeiter/. . .) Chrzaszczewska, J.: „Un exemple de restitution – Le traité de Riga de 1921 et le patrimoine artistique de la Pologne“, Mouseion 17/18 (1932), S. 205–208 Clemen, Paul: Kunstschutz im Kriege, Berichte über den Zustand der Kunstdenkmäler auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen und über die deutschen und österreichischen Maßnahmen zu ihrer Erhaltung, Errichtung, Erforschung, Band 1: Die Westfront, Leipzig 1919 Clément, Etienne: „Some Recent Practical Experience in the Implementation of the 1954 Hague Convention“, IJCP 3 (1994), S. 11–25 Codigo Civil de la Republica Argentina y Legislación Complementaria, Con las notas y bibliografía consultada por el doctor Dalmacio Velez Sarsfield, Edición conforme a las modificaciones introducidas por las leyes 17.711, 17940, 23.264, 23.515 y 23.928 e índice alfabético, bajo la supervisión del doctor Roberto Ernesto Greco, 30. Auflage, Buenes Aires 1991 Colombos, Constantine John, A Treatise on the Law of Prize, dritte Auflage, London 1949 Costello, Steven: „Must Russia Return the Artworks Stolen From Germany During World War II?“, ILSA J. Int’l & Comp. L 4 (1997–98), S. 141–151 Coulée, Frédérique: „Quelques remarques sur la restitution interétatique des biens culturels sous l’angle du droit international public“, RGDIP 104 (2000), S. 359– 392 Crüwell, Konstanze: „Hände weg von Beutekunst – Diebesgut verjährt nicht mehr: Ein Londoner Musterprozeß trocknet den grauen Markt aus“, FAZ, 4. November 1998, S. 41 Czarnikow, Martin: Ueber das Retentionsrecht im Allgemeinen und insbesondere über dessen Erlöschen nach römischen Recht, Göttingen, Diss. 1890 Dahm, Georg: Völkerrecht, – Band 2, Stuttgart 1961 – Band 3, Stuttgart 1961 Dahm, Georg/Delbrück, Jost/Wolfrum, Rüdiger: Völkerrecht, Band I 1, 2. Auflage, Berlin 1988 Depambour, J.: Des effets de l’occupation en temps de guerre – Sur la propriété et la jouissance des biens publics et particuliers, Paris, Diss. 1900
330
Literaturverzeichnis
Department of Defense: Office of General Counsel, Report to Senate and House Appropriations Committees, January 19, 1993, abgedruckt in: Boylan, Patrick J.: Review of the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (The Hague Convention of 1954), Paris/London 1993, S. 201– 206; veröffentlicht auch unter: gopher://cormier.icomos.org:70/00/.icomos/ treaties/hague/defense (besucht im Juni 1997) Depta, Sylvia L.: „Twice saved or twice stolen?: The trophy art tug-of-war between Russia and Germany“, Temp. Int’l & Comp. L.J. 10 (1996), S. 371–394 Der Bundesminister der Verteidigung (Hrsg.): Kriegsvölkerrecht, Leitfaden für den Unterricht (Teil 6), Der Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (Lehrschrift), Juli 1964 Desch, Thomas: „Der Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten nach der Konvention von 1954“, HuV-I 12 (1999), S. 230–234 Detling, Karen J.: „Eternal Silence: The Destruction of Cultural Property in Yugoslavia“, Md. J. Int’l L. & Trade 17 (1993), S. 41–75 Doehring, Karl: „War die Universität Heidelberg verpflichtet, die Bibliotheca Palatina dem Vatikan zurückzugeben?“, in: Carola, Ruperto, Heidelberger Universitätshefte 39 (1987), Heft 76, S. 138–142 – „Zum Rechtsinstitut der Verwirkung im Völkerrecht“, in: Böckstiegel, KarlHeinz/Folz, Hans-Ernst/Mössner, Jörg Manfred/Zemanek, Karl (Hrsg.): Völkerrecht – Recht der Internationalen Organisationen – Weltwirtschaftsrecht – Law of Nations – Law of International Organizations – World’s Economic Law – Festschrift für Ignaz Seidl-Hohenveldern, Köln/Berlin/Bonn/München 1988, S. 51–61 (zit.: Doehring, Festschrift für Seidl-Hohenveldern) – Völkerrecht, Ein Lehrbuch, Heidelberg 1999 Dolzer, Rudolf: „Die Deklaration des Kulturguts zum ‚common heritage of mankind‘“, in: Dolzer, Rudolf/Jayme, Erik/Mußgnug, Reinhard (Hrsg.): Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, Symposium vom 22./23. Juni 1990 im Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg, Heidelberg 1994, S. 13–26 – Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1985 – „‚Kompensatorische Restitution‘?“, NJW 53 (2000), S. 560–562 – „Kulturgüter im Friedensvölkerrecht“, in: Dolzer, Rudolf/Jayme, Erik/Mußgnug, Reinhard (Hrsg.): Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, Symposium vom 22./23. Juni 1990 im Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg, Heidelberg 1994, S. 149–159 – „Die rechtliche Ordnung des Verhältnisses der Bundesrepublik Deutschland zur Deutschen Demokratischen Republik“, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band I, Grundlagen von Staat und Verfassung, Heidelberg 1987, S. 547–590 Dörrmann, Knut: „The Protection of Cultural Property as laid down in the RoerichPact of 15 April 1935“, HuV-I 6 (1993), S. 230–231
Literaturverzeichnis
331
Draper, G. I. A. D.: The Red Cross Conventions, London 1958 Dübeck, Inger: Einführung in das dänische Recht, Baden-Baden 1996 Dupree, Nancy Hatch: „Museums Under Siege (70% of Kabul Muesum’s Collection Looted)“, Archeaology 49 (March/April 1996), S. 42–51 Eichhorn, Bert Wolfgang: Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung – Rechtliche und praktische Problem unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands (1918–1990), Baden-Baden 1992 Eichwede, Wolfgang: „Deutsch-russische Irritationen – Kunst als Beute zwischen Recht und Geschichte“, DA 29 (1996), S. 86–92 Eichwede, Wolfgang/Hartung, Ulrike (Hrsg.): „Betr.: Sicherstellung“ – NS-Kunstraub in der Sowjetunion, Bremen 1998 Eick, Christophe N.: „Verstärkter Schutz von Kulturgut in bewaffneten Konflikten: Das Zweite Protokoll zur Haager Konvention von 1954“, HuV-I 12 (1999), S. 143–147 Einhorn, Talia: „Restitution of Archaeological Artifacts: The Arab-Israeli Aspect“, IJCP 5 (1996), S. 133–153 Eirinberg, Keith W.: „The United States Reconsiders the 1954 Hague Convention“, IJCP 3 (1994), S. 27–35 Eitel, Tono: „‚Nazi-Gold‘ und andere ‚Holocaust-Vermögenswerte‘ – Zu den beiden Konsultations-Konferenzen von London (2. bis 4.12.1997) und Washington (30.11. bis 3.12.1998)“, S. 57–75, in: Epping, Volker/Fischer, Horst/Heintschel von Heinegg, Wolff (Hrsg.): Brücken bauen und begehen, Festschrift für Knut Ipsen zum 65. Geburtstag, München 2000 (zit.: Eitel, Festschrift für Ipsen) Elmer, Trey G.: „A Question of Dignity: An Equitable Solution to the Trophy Art Debate“, N.Y.L. Sch. J. Int’l & Comp. L. 20 (2000), S. 117–135 Engelhardt, Hanns: „Verzicht“, in: Strupp, Karl/Schlochauer, Hans-Jürgen (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts, Dritter Band, Berlin 1962, S. 587–588 Engstler, Ludwig: Die territoriale Bindung von Kulturgütern im Rahmen des Völkerrechts, Köln/Berlin/Bonn/München 1964 Farmer, Walter I.: „Custody and Controversy at the Wiesbaden Collecting Point“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 131–134 – The Safekeepers – A Memoir of the Arts at the End of World War II, Berlin/ New York 2000 Farmer, Walter I./Farmer Planton, Margaret, „The Wiesbaden Manifesto of 7 November 1945“, JPK 33 (1997), S. 91–119 Fassel, Hirsch Baer: Das mosaisch-rabbinische Zivilrecht, Bearbeitet nach Anordnung und Einteilung der neueren Gesetzbücher und Erläutert mit Angabe der Quellen, Band 2, Teil 3: Persönliches Sachenrecht, Teil 4: Bestimmungen der
332
Literaturverzeichnis
Personen- und Sachenrechte, Anhang: Sklavengesetze, Neudruck der Ausgabe Gross Kanischa 1854, Aalen 1981 Fechner, Frank: Rechtlicher Schutz archäologischen Kulturgutes – Regelungen im innerstaatlichen Recht, im Europa- und Völkerrecht sowie Möglichkeiten zu ihrer Verbesserung, Berlin 1991 Fedoruk, Alexander: „Ukraine: The Lost Cultural Treasures and the Problem of Their Return“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 72–76 Feilchenfeld, Ernst H.: The International Economic Law of Belligerent Occupation, Washington, D.C. 1942 Feliciano, Hector: Das Verlorene Museum – Vom Kunstraub der Nazis, Berlin 1998 Ferid, Murad: Das französische Zivilrecht, Erster Band, Allgemeine Lehren, Recht der Schuldverhältnisse, Frankfurt am Main/Berlin 1971 Fiedler, Wilfried: „Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.1.1943: Inhalt, Auslegung und Rechtsnatur in der Diskussion der Nachkriegsjahre“, in: Basedow, Jürgen/Meier, Isaak/Schnyder, Anton K./Einhorn, Talia/Girsberger, Daniel (Hrsg.): Private Law in the International Arena – From National Conflict Rules Towards Harmonization and Unification – Liber Amicorum Kurt Siehr, Zürich/Den Haag 2000, S. 197–218 (zit.: Fiedler, Festschrift für Siehr) – „Einleitung“, in: Fiedler, Wilfried (Hrsg.): Internationalter Kulturgüterschutz und deutsche Frage: völkerrechtliche Probleme der Auslagerung, Zerstreuung und Rückführung deutscher Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 1991, S. 13–18 (zit.: Fiedler, in: Fiedler) – „Zur Entwicklung des Völkergewohnheitsrechts im Bereich des internationalen Kulturgüterschutzes“, in: Hailbronner, Kai/Ress, Georg/Stein, Torsten (Hrsg.), Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Karl Doehring, Berlin/Heidelberg/New York/London u. a. 1989, S. 199–218 (zit.: Fiedler, Festschrift für Doehring) – (Hrsg.), Internationaler Kulturgüterschutz und deutsche Frage: völkerrechtliche Probleme der Auslagerung, Zerstreuung und Rückführung deutscher Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 1991 (zit.: Fiedler, Deutsche Frage) – „ ‚Kriegsbeute‘ im internationalen Recht“, in: Strocka, Volker Michael (Hrsg.): Kunstraub – ein Siegerrecht? Historische Fälle und juristische Einwände, Berlin 1999, S. 47–61 (zit.: Fiedler, in: Strocka) – Kulturgüter als Kriegsbeute? Rechtliche Probleme der Rückführung deutscher Kulturgüter aus Rußland, Heidelberg 1995 (zit.: Fiedler, Kriegsbeute) – „Kulturgüter als Kriegsbeute: Völkerrechtliche Probleme seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges“, in: Frehner, Matthias (Hrsg.): Das Geschäft mit der Raubkunst – Fakten, Thesen, Hintergründe, Zürich 1998, S. 87–96 (zit.: Fiedler, in: Frehner)
Literaturverzeichnis
333
– „Die letzten Kriegsgefangenen – Die New Yorker Debatte über Kulturschätze, die im Weltkrieg verschwanden und geraubt wurden und wiederaufgetaucht sind“, FAZ, 27. Januar 1995, S. 38 – „Neue völkerrechtliche Ansätze des Kulturgüterschutzes“, in: Reichelt, Gerte (Hrsg.): Internationaler Kultürgüterschutz, Wiener Symposium 18./19. Oktober 1990, Wien 1990, S. 69–79 (zit.: Fiedler, in: Reichelt) – „Russian Federal Law of 13 May 1997 on Cultural Values that have been Displaced to the U.S.S.R. as a Result of World War II and are to be Found in the Russian Federation Territory“, IJCP 7 (1998), S. 512–514 – „Sieg des Rechts – Zur Bücher-Rückgabe aus Georgien“, FAZ, 31. Oktober 1996, S. 37 – „Unterwegs zu einem europäischem Beutemuseum? Zum Vorschlag der Einrichtung einer deutsch-russischen Kulturstiftung (DA 6/1997)“, DA 31 (1998), S. 258–270 – „Vom territorialen zum humanitären Kulturgüterschutz“, in: Fechner, Frank/Oppermann, Thomas/Prott, Lyndel V. (Hrsg.): Prinzipien des Kulturgüterschutzes – Ansätze im deutschen, europäischen und internationalen Recht, Berlin 1996, S. 159–173 (zit.: Fiedler, in: Fechner/Oppermann/Prott) – „Zwischen Kriegsbeute und internationaler Verantwortung – Kulturgüter im Internationalen Recht der Gegenwart. Plädoyer für eine zeitgemäße Praxis des Internationalen Rechts“, in: Reichelt, Gerte (Hrsg.): Neues Recht zum Schutz von Kulturgut – Internationaler Kulturgüterschutz – EG-Richtlinien, UNIDROITKonvention und Folgerecht, Wien 1997, S. 147–160 (zit.: Fiedler, in: Reichelt (1997)) Finkenauer, Thomas: „Zum Begriff der Rechtsnachfolge in § 221 BGB“, JZ 55 (2000), S. 241–247 Fischer, Horst: „The Protection of Cultural Property in Armed Conflicts: After the Hague Meeting of Experts“, HuV-I 6 (1993), S. 188–190 Fitschen, Thomas: „Licit International Art Trade in Times of Armed Conflict?“, IJCP 5 (1996), S. 127–132 Fitzel, Tomas: „Krakau in Europas Mitte – Wohin gehören eigentlich die Berliner Sammlungen?“, Stuttgarter Zeitung, 20. Oktober 1999, S. 32 Fleischer, Carl August: „The International Concern for the Environment: The Concept of Common Heritage“, in: Bothe, Michael (Hrsg.): Trends in Environmental Policy and Law – Tendances actuelles de la politique et du droit de l’environnement, Berlin 1980, S. 321–342 Fleischhauer, Carl August: „Prescription“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Instalment 10 (1987), S. 327–330 – „Verjährung“, in: Strupp, Karl/Schlochauer, Hans-Jürgen (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts, Dritter Band, Berlin 1962, S. 509–513
334
Literaturverzeichnis
Focarelli, Carlo: „On the Restitution to Italy of Cultural Property Removed to Germany during the Second World War under the Terms of the 1947 Treaty of Peace“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 41–45 Fodor, István: „Country Reports: Hungary“, Spoils of War, No. 0, 05.07.1995, S. 12–13 Foighel, Isi: Nationalization – A Study in the Protection of Alien Property in International Law, London/Copenhagen 1957 Foramitti, Hans: Kulturgüterschutz, Empfehlungen zur praktischen Durchführung, Teil 1, Einleitung, Historische Entwicklung, Dokumentation, Wien/Köln/Graz 1970 Förster, Andreas: Schatzräuber – Die Suche der Stasi nach dem Gold der Nazizeit, Berlin 2000 Frank, Rainer: „Der Anspruch Griechenlands auf die ‚Elgin Marbles‘ im Britischen Museum in London“, in: Frank, Rainer (Hrsg.): Recht und Kunst, Symposium aus Anlaß des 80. Geburtstages von Wolfram Müller-Freienfels, Heidelberg 1996, S. 1–17 Franz, Michael Markus: „Datenbanken abhanden gekommener Kulturgüter am Beispiel der Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern“, KUR 1 (1999), S. 345–351 – „Test Case on Looted Art Decided: Painting by Wtewael Returned to Germany“, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 7–10 – „www.LostArt.de – A new initiative“, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 13–15 – Zivilrechtliche Probleme des Kulturgüteraustausches, Frankfurt am Main/Berlin et al. 1995 Fraoua, Ridha: Le Trafic Illicite des Biens Culturels et leur Restitution, Fribourg 1985 Freeman, Alwyn V.: „General Note on the Law of War Booty“, AJIL 40 (1946), S. 795–803 Freitag, Gabriele/Grenzer, Andreas: „Der nationalsozialitische Kunstraub in der Sowjetunion“, in: Eichwede, Wolfgang/Hartung, Ulrike (Hrsg.): „Betr.: Sicherstellung“; NS-Kunstraub in der Sowjetunion, Bremen 1998, S. 20–66 Freytag, Christiane: „ ‚Cultural Heritage‘: Rückgabeansprüche von Ursprungsländern auf ‚ihr‘ Kulturgut?“, in: Fechner, Frank/Oppermann, Thomas/Prott, Lyndel V. (Hrsg.): Prinzipien des Kulturgüterschutzes, Ansätze im deutschen, europäischen und internationalen Recht, Berlin 1996, S. 175–200 Friedman, Leon: „Hugo Grotius and the Law of War – Introduction“, in: Friedman, Leon (Hrsg.): The Law of War, A Documentary History, Volume I, New York 1972, S. 3–15 – (Hrsg.), The Law of War, A Documentary History, Volume I, New York 1972 Friedman, S.: Expropriation in International Law, London 1953 (zit.: S. Friedman)
Literaturverzeichnis
335
Friemuth, Cay: Die geraubte Kunst – Der dramatische Wettlauf um die Rettung der Kulturschätze nach dem Zweiten Weltkrieg (Entführung, Bergung und Restitution europäischen Kulturgutes 1939–1948), Mit dem Tagebuch des britischen Kunstschutzoffiziers Robert Lonsdale Charles, Braunschweig 1989 Frigo, Manlio: La protezione dei beni culturali nel diritto internazionale, Milano 1986 Fröhder, Christoph Maria/Herstatt, Claudia/Lau, Jörg/Mönninger, Michael: „Weltkultur im Bollerwagen“, Die Zeit, 24. April 2003, S. 13–16 Frowein, J. A./Zimmermann, Andreas: Rechtsgutachten über die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter erstattet vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg o. D. (nicht veröffentlicht) Fuchs, Angelika: „Kulturgüterschutz im Kulturgutsicherungsgesetz“, IPRax 20 (2000), S. 281–286 Gattini, Andrea: „The Fate of the Koenigs Collection: Public and Private International Law Aspects“, IJCP 6 (1997), S. 81–108 – „Restituion by Russia of Works of Art Removed from German Territory at the End of the Second World War“, EJIL 7 (1996), S. 67–88 Garner, James Wilford: International Law and the World War, Volume I, London 1920 (zit.: Garner, International Law) – Prize Law During the World War, A Study of the Jurisprudence of the Prize Courts, 1914–1924, New York 1927 (zit.: Garner, Prize Law) – „Some Question of International Law in the European War“, AJIL 9 (1915), S. 71–112, 372–401 und 594–626 sowie 818–857 Gasser, Hans-Peter: „Schutz der Zivilbevölkerung“ in: Fleck, Dieter (Hrsg.): Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, München 1994, S. 168–235 Gehér, József: „Hungarian Considerations Regarding the Russian Law on Cultural Property“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 29–31 Genius-Devime, Barbara: Bedeutung und Grenzen des Erbes der Menschheit im völkerrechtlichen Kulturgüterschutz, Baden-Baden 1996 Gerstenblith, Patty: „United States News Notes“, IJCP 3 (1994), S. 347–348 Giese, Friedrich/Menzel, Eberhard: Deutsches Kriegführungsrecht, Sammlung der für die deutsche Kriegführung geltenden Rechtsvorschriften, Berlin 1940 Gimbrère, Sabine/Pronk, Tineke: „The Protection of Cultural Property: From UNESCO to the European Community with Special Reference to the Case of the Netherlands“, NYIL 23 (1992), S. 223–273 Glahn, Gerhard von: The Occupation of Enemy Territory . . . A Commentary on the Law and Practice of Belligerent Occupation, Minneapolis 1957 Goethe, Johann Wolfgang von: „Museen“, in: Nicolai, Heinz (Hrsg.): Goethes Gedichte in zeitlicher Folge, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1986, S. 865
336
Literaturverzeichnis
Goldmann, Klaus: „Patrimoine – L’art et les prises de guerre“, Archäol. Nachr.bl. 1 (1996), S. 219–224 – „‚In staatlichem Gewahrsam‘ – Zum Schicksal archäologischer Funde aus dem Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte“, Nbg. Bl. Arch. Heft 13 (1996/ 97), S. 39–52 – „The Treasure of the Berlin State Museums and Its Allied Capture: Remarks and Questions“, IJCP 7 (1998), S. 308–341 – „The Trojan Treasures in Berlin: The Disappearance and Search for the Objects after World War II“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 200–203 Goldmann, Klaus/Schneider, Wolfgang: Das Gold des Priamos, Geschichte einer Odyssee, Leipzig 1995 Goldmann, Klaus/Wermusch, Günter: Vernichtet, Verschollen, Vermarktet – Kunstschätze im Visier von Politik und Geschäft, Asendorf 1992 Gornig, Gilbert H.: Das rechtliche Schicksal der Danziger Kulturgüter seit 1939/45 am Beispiel der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig – Ein Rechtsgutachten, Köln 1999 Gould, Cecil: Trophy of Conquest, London 1965 Graber, Doris Appel: The Development of the Law of Belligerent Occupation 1863–1914. A Historical Survey, New York 1949 Grabowski, Jörn: „Wallfahrtsort Nationalgalerie – Zur Rückführung der Dresdener Gemälde aus der Sowjetunion“, JPK 32 (1996), S. 323–348 Graf, Hans-Jörg: Rückgabe von Vermögenswerten an Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes im Beitrittsgebiet – Eine Untersuchung zur entsprechenden Anwendung westalliierten Rückerstattungsrechts im Beitrittsgebiet aufgrund rechtsvergleichender Ergebnisse zwischen dem US-Rückerstattungsgesetz und dem Vermögensgesetz, Berlin 1999 Graham, Gael M.: „Protection and Reversion of Cultural Property: Issues of Definition and Justification“, Int’l Lawyer 1987, S. 755–793 Greenfield, Jeanette: The Return of Cultural Treasures, zweite Auflage, Cambridge 1996 – „‚The Spoils of War‘“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 34–38 Greenwood, Christopher: „Customary international law and the First Geneva Protocol of 1977 in the Gulf conflict“, in: Rowe, Peter (Hrsg.): The Gulf War 1990–91 in International and English Law, London/New York 1993, S. 63–88 Grell, Boris Thorsten: Entartete Kunst – Rechtsprobleme der Erfassung und des späteren Schicksals der sogenannt Entarteten Kunst, Zürich, Diss. 1999 (Entlebuch 1999)
Literaturverzeichnis
337
Grewe, Wilhelm: Ein Besatzungsstatut für Deutschland – Die Rechtsformen der Besetzung, Stuttgart 1948 Grimsted, Patricia Kennedy:, „Bach is back in Berlin: The return of the Sing-Akademie Archive from Ukraine in the context of displaced cultural treasures and restitution politics“, Spoils of War, No. 8, May 2003, S. 67–104 Grotewohl, Otto: „Schöpferische Freundschaft“, in: Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.): Schätze der Weltkultur von der Sowjetunion gerettet, Berlin/Leipzig/ Freiberg 1958, o. S. Grotius, Hugo: De jure belli ac pacis libri tres, Drei Bücher vom Recht des Krieges und des Friedens, Paris 1625, Neuer deutscher Text und Einleitung von Walter Schätzel, Die Klassiker des Völkerrechts, Bd. 1, Tübingen 1950 Günsche, Karl-Ludwig: „Rückkehr nur unter strenger Geheimhaltung möglich – Armenien gibt Beutekunst zurück – 575 kostbare Werke aus Hamburg, Bremen, Lübeck und Berlin“, Die Welt, 5. Mai 1998, S. 2 Güttler, Herbert: „Der Gotha-Fall und die Bundesrepublik Deutschland, Wtewaels ‚Heilige Familie‘ und Deutschlands ‚unheilige‘ Gegensätze“, in: Carl, Michael H./Güttler, Herbert/Siehr, Kurt: Kunstdiebstahl vor Gericht, City of Gotha v. Sotheby’s/Cobert Finance S.A., Berlin/New York 2001, S. 7–32 H., F.: „Berliner Musikleben auf einer Million Manuskriptseiten – Archiv der Singakademie zu Berlin kehrt bald aus Kiew zurück“, Der Tagesspiegel, 20. Januar 2001, S. 25 Haase, Günther: Kunstraub und Kunstschutz, Hildesheim 1991 (zit.: Haase, Kunstraub) – Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring – Eine Dokumentation, Berlin 2000 (zit.: Haase, Kunstsammlung) Hackett, Joyce: „Die Geschichte des Gold-Train“, Der Tagesspiegel, 20. Mai 2000, S. 27 Hall, Ardelia R.: „The Recovery of Cultural Objects Dispersed During World War II“, Dep’t St. Bull. 25 (1951), S. 337–344 Hall, William Edward: A Treatise on International Law, achte Auflage von Alexander Pearce Higgins, Oxford 1924 Halleck, H. W.: Elements of International Law and Laws of War, Philadelphia 1874 Hamon, Marie: „Spoliation and Recovery of Cultural Property in France, 1940–94“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 63–66 Hanimann, Joseph: „Die Liste der Rose Valland“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41 Harris, D. R.: „Remedies“, in: Guest, A. G. (Hrsg.): Benjamin’s Sale of Goods, fünfte Auflage, London 1997, Chapter 15 Hartung, Ulrike: Raubzüge in der Sowjetunion, Das Sonderkommando Künsberg 1941–1943, Bremen 1997
338
Literaturverzeichnis
– „The ‚Sonderkommando Künsberg‘. Looting of Cultural Treasures in the USSR“, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 14–16 – „Das Vorgehen deutscher Reichsbehörden gegen die Kultur in den besetzten Gebieten der Sowjetunion. 1941–1944“, in: Hartung, Ulrike (Hrsg.): Verschleppt und Verschollen – Eine Dokumentation deutscher, sowjetischer und amerikanischer Akten zum NS-Kunstraub in der Sowjetunion (1941–1948), Bremen 2000, S. 25–216 Hartwig, Matthias: „Moskau locuta – causa non finita – Das Beutekunst-Gesetz vor dem Verfassungsgericht der Russischen Föderation/Die Entscheidung vom 6. April 1998“, EuGRZ 25 (1998), S. 369–373 – „Vae victis – Völkerrechtliche Fragwürdigkeiten in der Argumentation des Russischen Verfassungsgerichts zum Beutekunst-Gesetz, Anmerkungen zum Urteil vom 20. Juli 1999 (EuGRZ 1999, S. 589)“, EuGRZ 26 (1999), S. 553–563 Haunton, Marion: „Peacekeeping, Occupation and Cultural Property“, HuV-I 6 (1993), S. 199–203 Hay, Peter: Ungerechtfertigte Bereicherung im internationalen Privatrecht, Ein Vergleich zwischen dem deutschen Recht und dem amerikanischen Restatement Second, Frankfurt am Main 1978 Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart, zweite Auflage, Berlin 1848 Heintschel von Heinegg, Wolff: Seekriegsrecht und Neutralität im Seekrieg, Berlin 1995 Henkaerts, Jean-Marie: „New rules for the Protection of Cultural Property in Armed Conflict: The Significance of the Second Protocol to the 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict“, HuV-I 12 (1999), S. 147–154 – „New rules for the protection of cultural property in armed conflict: The significance of the Second Protocol to the 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict“, RICR 81 (1999), S. 593– 620 Herdegen, Matthias: „Zur Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) im Völkerrecht“, in: Hailbronner, Kai/Ress, Georg/Stein, Georg (Hrsg.): Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Karl Doehring, Berlin/Heidelberg/New York/London u. a. 1989, S. 303–321 (zit.: Herdegen, in: Festschrift für Doehring) – „Der Kulturgüterschutz im Kriegsvölkerrecht“, in: Dolzer, Rudolf/Jayme, Erik/ Mußgnug, Reinhard (Hrsg.): Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, Symposium vom 22./23. Juni 1990 im Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg, Heidelberg 1994, S. 161–173 (zit.: Herdegen, in: Dolzer/Jayme/ Mußgnug) Heß, Burkhard: „The International Law Commission’s Draft Convention on the Jurisdictional Immunities of States and Their Property“, EJIL 4 (1993), S. 269– 282
Literaturverzeichnis
339
Heuer, Carl-Heinz: „Die Kunstraubzüge der Nationalsozialisten und ihre Rückabwicklung“, NJW 52 (1999), S. 2558–2564 Heuss, Anja: „Der Fall Goudstikker: Die Niederlande und die Raubkunst“, in: Frehner, Matthias (Hrsg.): Das Geschäft mit der Raubkunst – Fakten, Thesen, Hintergründe, Zürich 1998, S. 105–114 (zit.: Heuss II, in: Frehner) – Kunst- und Kulturgutraub – Eine vergleichende Studie zur Besatzungspolitik der Nationalsozialisten in Frankreich und der Sowjetunion, Heidelberg 2000 – „Die Vernichtung jüdischer Sammlungen in Berlin“, in: Frehner, Matthias (Hrsg.): Das Geschäft mit der Raubkunst – Fakten, Thesen, Hintergründe, Zürich 1998, S. 97–104 (zit.: Heuss I, in: Frehner) Heydenreuter, Reinhard: Kunstraub, Die Geschichte des Quedlinburger Stiftsschatzes, Esslingen/München 1993 Hiller, Marlene P.: „The Documentation of War Losses in the Former Soviet Republics“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 81–83 Hipp, Anette: Schutz von Kulturgütern in Deutschland, Berlin/New York 2000 Hirsch, Burkhard: „Die Bedeutung der Zusage ‚freien Geleits‘ für Kulturgüter“, NJW 54 (2001), S. 1627 Hirschmann, Otto: Das internationale Prisenrecht nach den Beschlüssen der II. Haager Friedens- und der Londoner Seekriegsrechts-Konferenz, München/Berlin 1912 Hladík, Jan: „The 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict and the notion of military necessity“, RICR 81 (1999), S. 621–635 Hofer, Cuno: Der Schadenersatz im Landkriegsrecht, Zürich, Diss. 1910 Höhn, Christine: „Die Verlagerung deutscher Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg aus völkerrechtlicher Sicht“, HuV-I 8 (1995), S. 26–32 Hollander, Barnett: The International Law of Art, London 1959 Hollmann, Thomas: „Beethovens Handschriften im Fadenkreuz der Diplomatie“, Der Tagesspiegel, 12. März 1995, S. W 3 Holm, Kerstin: „Ewige Beute“, FAZ, 7. April 1998, S. 41 – „Jelzin unterliegt im Streit um deutsche Beutekunst“, FAZ, 7. April 1998, S. 1 und 2 – „Zwei Diktatoren raubten sich aus“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41–42 Höpfner, Gerd: „Die Rückführung der ‚Leningrad-Sammlung‘ des Museums für Völkerkunde“, JPK 29 (1993), S. 157–171 Hoppert, Hans-Henning: Die Vorbehaltsklausel der militärischen Notwendigkeit in den kriegsrechtlichen Konventionen – dargestellt am Kulturschutzabkommen vom 14. Mai 1954, Würzburg, Diss. 1968
340
Literaturverzeichnis
Hudson, Manley O.: „Editor’s Note“ zum „Treaty on the Protection of Artistic and Scientific Institutions and Historic Monuments (Roerich Pact)“, in: Hudson, Manley O. (Hrsg.): International Legislation, Band 7, 1935–1937, Washington 1941, S. 56–57 Hugger, Heiner: „Rückführung nationaler Kulturgüter und internationales Recht am Beispiel der Elgin Marbles“, JuS 32 (1992), S. 997–1004 Hung, William, S. H.: Outlines of Modern Chinese Law, Reprint der Ausgabe von 1934, Arlington 1976 Illies, Florian: „Auch vor Schutz muß man die Bilder schützen – Ein vergessenes, verworrenes Kapitel deutscher Kunstpolitik im Ersten Weltkrieg: Zwischen Beutelust und Versailler Vertrag“, FAZ, 16. August 1997, S. 27 Institut für Analyse und Management von Konflikten und Stabilität (IAUKS): Information zur völkerrechtlichen Kulturgüterregelung in bewaffneten Konflikten, Moskau o. D. Ipsen, Knut: Völkerrecht, vierte Auflage, München 1999 (zit.: Ipsen/Bearbeiter) Israel, Fred L. (Hrsg.): Major Peace Treaties of Modern History 1648–1967, New York/Toronto/London/Sydney 1967 Iwanow, Juri Nikolajewitsch: Von Kaliningrad nach Königsberg, Auf der Suche nach verlorenen Schätzen, Leer 1991 Jackson, Sarah: „Looted Art: A Practical Response“, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 16–19 Jaeger, Andrea: Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes – Rechtslage, Rechtspraxis, Rechtsfortentwicklung, Köln/Berlin/Bonn/München 1993 Jaeger, Charles de: Das Führermuseum – Sonderauftrag Linz/Esslingen/München 1988 Jager, Koen de: „Claims to Cultural Property under International Law“, LJIL 1 (1988), S. 183–197 Jähne, Armin: Geheimsache Troja, Der Streit um Schliemanns Gold, Leipzig 1998 Jayme, Erik: „Entartete Kunst“ und Internationales Privatrecht, Heidelberg 1994 (zit.: Jayme, Entartete Kunst) – Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz, Heidelberg 1991 (zit.: Jayme, Kunstwerk) Jeffress, Dorothy Ames: „Resolving Rival Claims on East German Property Upon German Unification“, Yale L. J. 101 (1991/1992), S. 527–549 Jennings, Robert/Watts, Arthur (Hrsg.): Oppenheim’s International Law, neunte Auflage, Vol. 1, Parts 2 to 4, Harlow 1992 (zit.: Oppenheim’s International Law) Jenschke, Christoff: „Die Götter der anderen“, Der Tagesspiegel, 16. April 2003, S. 26
Literaturverzeichnis
341
– „Failing to report lost cultural asset at data banks – abandonment of property?“, Spoils of War, Special Edition, International Conference ‚Database assisted documentation of lost cultural assets – Requirements, tendencies and forms of cooperation‘, Magdeburg, 28.–30. November 2001, S. 61–63 – „Nofretete darf bleiben“, Der Tagesspiegel, 23. Juni 2003, S. 26 Joffe, Josef: „Die Beute und das Gesetz“, SZ, 7. April 1998, S. 4 Johnson, D. H. N.: „Acquisitive Prescription in International Law“, BYIL 27 (1950), S. 332–354 Kaiser, Gerhard: „Schillers Einspruch gegen den Kunstraub der Weltmächte – Zur Bedeutung der Ästhetik für ein rechtliches Problem“, in: Volker Michael Strocka (Hrsg.), Kunstraub – ein Siegerrecht? Historische Fälle und juristische Einwände, Berlin 1999, S. 41–46 Kaiser, Joseph H.: „Grisbadarna Case“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Instalment 2 (1981), S. 124–125 Kalshoven, Frits: Belligerent Reprisals, Leiden 1971 Kamenova, Tsvetana: „Legal Aspects of the Recovery of Cultural Property by Bulgaria“, in: Briat, Martine/Freedberg, Judith A. (Hrsg.): Legal Aspects of International Trade in Art, Vol. V, Den Haag/London/Boston 1996, S. 213–216 Kapralik, C. I.: Reclaiming the Nazi Loot – The History of the Work of the Jewish Trust Corporation for Germany, London 1962 Karasik, Monroe: „Problems of Compensation and Restitution in Germany and Austria“, LCP 16 (1951), S. 448–468 Kaufmann, Erich: „Die völkerrechtlichen Grundlagen und Grenzen der Restitutionen“, AÖR 75 (1949), S. 1–26 Kaye, Lawrence M.: „Cultural Property Theft During War: Application of the Statute of Limitations“, in: Briat, Martine/Freedberg, Judith A. (Hrsg.): Legal Aspects of International Trade in Art, Vol. V, Den Haag/London/Boston 1996, S. 217–228 – „Laws in Force at the Dawn of World War II: International Conventions and National Laws“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 100–105 Kegel, Gerhard: Probleme der Aufrechnung: Gegenseitigkeit und Liquidität rechtsvergleichend dargestellt, Berlin/Leipzig 1938 Kelly, Michael J.: „Conflicting Trends in the Flourishing International Trade of Art and Antiquities: Restitutio in Integrum and Possessio animo Ferundi/Lucrandi“, Dickinson J. Int’l L. 14 (1995–96), S. 31–55 Kennon, Hans: „Take a Picture, It May Last Longer if Guggenheim Becomes the Law of the Land: Repatriation of Fine Art“, St. Thomas L. Rev. 8 (1995/1996), S. 373–422
342
Literaturverzeichnis
Kienle, Christiane: „Books from Armenia Returned to Germany“, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 85 Kim, Jongsok: „Korea“, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 60–62 Kimminich, Otto/Hobe, Stephan: Einführung in das Völkerrecht, siebte Auflage, Tübingen/Basel 2000 Kindler, Peter: Einführung in das italienische Recht – Verfassungsrecht, Privatrecht und internationales Privatrecht, München 1993 King, B. E.: „Prescription of Claims in International Law“, BYIL 15 (1934), S. 82– 97 Kinley, G. D.: „Carriage by Land“, in: Guest, G. (Hrsg.): Chitty on Contracts, Band 2, Specific Contracts, A., 27. Auflage, London 1994, Chapter 35 Kischel, Uwe: „Wiedergutmachungsrecht und Reparationen“, JZ 52 (1997), S. 126– 131 Klausewitz, Wolfgang: „Beutekunst – Versuch einer Dokumentation“, Museumskunde 57 (1992), S. 130–136 Kline, Thomas R.: „The Russian Bill to Nationalize Trophy Art: An American Perspective“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 31–36 Klöss, Erhard (Hrsg.): Von Versailles zum Zweiten Weltkrieg – Verträge zur Zeitgeschichte 1918–1939, München 1965 Knezˇevic´, Snjesˇka: „Das Kulturgut Kroatiens: Opfer eines Bewaffneten Konflikts“, in: Sladek, Gerhard (Hrsg.): Das Kulturelle Erbe im Risiko der Modernität, Salzburger Symposium 1992, Wien 1993, S. 41–59 Knott, Hermann J.: Der Anspruch auf Herausgabe gestohlenen und illegal exportierten Kulturguts: Internationalprivatrechtliche und rechtsvergleichende Aspekte zum Herausgabeanspruch des privaten Eigentümers und des Herkunftsstaates, Baden-Baden 1990 Knyschewskij, Pawel Nikolaewitsch: Moskaus Beute – Wie Vermögen, Kulturgüter und Intelligenz nach 1945 aus Deutschland geraubt wurden, München/Landsberg am Lech 1995 Kogelfranz, Siegfried/Korte, Willi A.: Quedlinburg – Texas und zurück, Schwarzhandel mit geraubter Kunst, München 1994 Kolasa, Ingo: „A Splendid Gesture. Chronology of a Restitution, Part I“, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 53–57 König, Detlef: Ungerechtfertigte Bereicherung, Tatbestände und Ordnungsprobleme in rechtsvergleichender Sicht, Heidelberg 1985 Körbs, Hartmut: „Der internationale Schutz von Kulturgütern – Ein Rückblick“, HuV-I 9 (1996), S. 138–148 Korkmasova, Evgenia: „Review of the Russian Press for 1997 on the Question of the Restitution of Cultural Values“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 48–51
Literaturverzeichnis
343
Korkmazova, Evgenia: „Review of the 1997 Russian Press on the Issue of the Restitution of Cultural Values. Part II“, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 41–43 – „Review of the 1998 Russian Press on the Issue of the Restitution of Cultural Values. Part III“, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 22–25 Korkmazova, Evgenyja: „Review of the Russian press for 1999 on issues of restitution of cultural valuables“, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 36–38 Koslow, Grigorij: „Dokumente in russischen Archiven“, in: Hartung, Ulrike (Hrsg.): Verschleppt und verschollen – Eine Dokumentation deutscher, sowjetischer und amerikanischer Akten zum NS-Kunstraub in der Sowjetunion (1941–1948), Bremen 2000, S. 217–262 Kot, Sergei: „The Ukraine and the Russian Law on Removed Cultural Values“, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 9–15 Kott, Christina: „Kunstwerke als Faustpfänder im Ersten Weltkrieg“, NZZ, 25. März 1997, S. 46 Kowalski, Wojciech W.: Art Treasures and War, A study on the restitution of looted cultural property, pursuant to Public International Law, Leicester 1998 (zit.: Kowalski, Art Treasures) – „Die Position der UNESCO zur Beilegung von Kontroversen, die aus der Restitution von während des Zweiten Weltkrieges verlagerten Kulturgütern resultieren“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 35–42 – „Introduction to the International Law on the Restitution of Works of Art Looted During Armed Conflicts“, – Part I, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 6–8 – Part II, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 10–12 – Part III, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 39–41 – Part IV, Spoils of War, No. 5, June 1998, S. 7–9 – Liquidation of the Effects of World War II in the Area of Culture, Warschau 1994 (zit.: Kowalski, Liquidation) – „Repatriation of Cultural Property Following a Cession of Territory or Dissolution of Mulitnational States“, Art Antiquity and Law 6 (2001), S. 139–166 – „Russian Law: The Polish Perspective“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 36–38 – „World War II Cultural Losses of Poland: A Historical Issue or Still a ‚Hot‘ Political and Legal Topic?“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 235–236 Kraus, Herbert: „Völkerrechtliches Gutachten“, in: Akademie der Wissenschaften Göttingen, Zwei Gutachten über die Archive des Deutschen Ordens sowie des altpreussischen Herzogtums, Göttingen 1949, S. 5–12
344
Literaturverzeichnis
Kreiner, Paul/Stehrer, Sabine: „Für eine Dose Schmalz gibt’s einen Solitär – Im Dezember 1944 ist im Salzkammergut Endstation für den Goldzug“, Stuttgarter Zeitung, 24. Juni 2000, S. 3 Kreis, Georg: „Die Schweiz und der Kunsthandel 1939–1945“, in: Frehner; Matthias (Hrsg.): Das Geschäft mit der Raubkunst, Zürich 1998 Kriesch, Elli G.: Der Schatz von Troja und seine Geschichte, Hamburg 1994 Krüger, Herbert: „Geschäftsführung ohne Auftrag für die Völkergemeinschaft“, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Heidelberg (Hrsg.): Völkerrechtliche und Staatsrechtliche Abhandlungen, Carl Bilfinger zum 75. Geburtstag am 21. Januar 1954 gewidmet von Mitgliedern und Freunden des Instituts, Köln/Berlin 1954, S. 169–204 (zit.: Krüger, in: Festschrift für Bilfinger) Krülle, Siegrid: Die Konfiskation deutschen Vermögens durch Polen – Teil I: Die Enteignungsmaßnahmen, Bonn 1993 Kuhn, Petra: „Comment on the Soviet Returns of Cultural Treasures Moved because of the War to the GDR“, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 45–47 Kühnel-Kunze, Irene: Bergung – Evakuierung – Rückführung, Die Berliner Museen in den Jahren 1939–1959, JPK, Sonderband 2, zweite Auflage, Berlin 1984 Kulischov, Valerij D.: „Probleme und Chancen: Die neue Redaktion des Duma-Gesetzes über Kulturgüter die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion verlagert wurden und sich auf dem Gebiet der Russischen Föderation befinden“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 208–220 Kunig, Philip: „Das völkerrechtliche Delikt“, Jura 8 (1986), S. 344–352 Kunze, Hans Henning: Restitution „Entarteter Kunst“ – Sachenrecht und Internationales Privatrecht, Berlin/New York 2000 Kupisch, Berthold: Ungerechtfertigte Bereicherung, Geschichtliche Entwicklungen, Heidelberg 1987 Kurtz, Michael J.: Nazi Contraband – American Policy on the Return of European Cultural Treasures, 1945–1955, New York/London 1985 Laansalu, Anu: „Estonia“, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 47–48 Landolt, Suzanne: Die rechtliche Stellung des Generalkommissärs für Kulturgut, Zürich, Diss. 1973 Łaski, Piotr: „The Prescription in International Law – Some Remarks“, PYIL 23 (1997/1998), S. 219–227 Lattmann, Eveline: Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten – Die schweizerische Gesetzgebung und Praxis aufgrund des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, Zürich 1974
Literaturverzeichnis
345
Laun, Rudolf: „Staats- und Völkerrecht in Deutschland“, MDR 1 (1947), S. 246– 248 Lauterpacht, E.: „The Hague Regulations and the Seizure of munitions de guerre“, BYIL 32 (1955–6), S. 218–243 Lehman, Jennifer N.: „The Continued Struggle with Stolen Cultural Property: The Hague Convention, the UNESCO Convention, and the UNIDROIT Draft Convention“, Ariz. J. Int’l & Comp. L. 14 (1997), S. 527–549 Lehmann, Klaus-Dieter/Kolasa, Ingo (Hrsg.): Die Trophäenkommissionen der Roten Armee – Eine Dokumentensammlung zur Verschleppung von Büchern aus Deutschen Bibliotheken, Frankfurt a. M. 1996 Lehming, Malte, „Wilder Westen in Bagdad“, Der Tagesspiegel, 25. April 2003, S. 1 Leistra, Josefine: „The Netherlands“, Spoils of War, Nr. 1, 19.12.1995, S. 21–22 – „A Short History of Art Losses and Art Recovery in the Netherlands“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 53–57 Lerner, Ralph E.: „The Nazi Art Theft Problem and the Role of the Museum: A Proposed Solution to Disputes Over Title“, N.Y.U.J. Int’l L. & Pol. 31 (1998), S. 15–41 Lew, Daniel H.: „Manchurian Booty and International Law“, AJIL 40 (1946), S. 584–591 Lippman, Matthew: „Art and Ideology in the Third Reich: The Protection of Cultural Property and the Humanitarian Law of War“, Dickinson J. Int’l L. 17 (1998), S. 1–97 Liszt, Franz von: Das Völkerrecht, Systematisch dargestellt, zwölfte Auflage bearbeitet von Max Fleischmann, Berlin 1925 (zit.: von Liszt-Fleischmann) Lorenz, Stanisław: Canada Refuses to Return Polish Cultural Treasures, Warschau 1949 Lowenthal, Constance: „The Commission for Art Recovery of the World Jewish Congress“, Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 20–22 Ludwig, Michael: „Vorsichtige Terrainsondierung“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 42 Mahnke, Hans H.: „Das Kulturabkommen zwischen den beiden deutschen Staaten vom 6. Mai 1986“, ROW 30 (1986), S. 340–343 Maldis, Adam: „The Tragic Fate of Belarusan Museum and Library Collections during the Second World War“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 77–80 Mann, F. A.: „German Property in Switzerland“, BYIL 23 (1946), S. 354–358 Maranz, Felice: „Sinai’s Legacy“, Time, 19. Dezember 1994, S. 58–60
346
Literaturverzeichnis
Marchisotto, Alan: „The Protection of Art in Transnational Law“, Vand. J. Trans. L. 7 (1973/1974), S. 689–724 Martens, Ch. de/Cussy, Ferd. de: Recueil manuel et pratique de traités, conventions et autres actes diplomatiques, 7 Bände, Leipzig 1846–1857 Martens, Friedrich von: Völkerrecht. Das Internationale Recht der civilisirten Nationen, deutsche Ausgabe von Carl Bergbohm, erster Band, Berlin 1883 Martens, George-Fréderic de (Martens, Georg Friedrich von): Nouveau Recueil général de traités et autres actes relatifs aux rapports de droit international, fortgeführt von Felix Stoerk, Série 2, 35 Bände, Gottingue/Leipzig 1876–1908 (zit.: Martens, NRG, 2e sér.) – Nouveau Recueil général de traités et autres actes relatifs aux rapports de droit international, fortgeführt von Heinrich Triepel, Série 3, 41 Bände, Leipzig/ Greifswald 1909–1944 (zit.: Martens, NRG, 3e sér.) – Nouveau recueil de traités d’alliance, de paix, de trêve, de neutralité, de commerce, de limits, d’échange etc. et de plusieurs autres actes servant à la connoissance des relations étrangères des puissances et Etats de l’Europe, 20 Bände, Gottingue 1817–1842 (zit.: Martens, NR) Martin, Andrew: „Private Property, Rights, and Interests in the Paris Peace Treaties“, BYIL 24 (1947), S. 273–300 Mastalir, Roger W.: „A Proposal for Protecting the ‚Cultural‘ and ‚Property‘ Aspects of Cultural Property Under International Law“, Fordham Int’l L. J. 16 (1992/1993), S. 1033–1093 Mastroberardino, Margaret M.: „The Last Prisoners of World War II“, Pace Int’l L. Rev. 9 (1997), S. 315–356 Maurer, Christoph H. M.: Die Ausfuhr von Kulturgütern in der Europäischen Union, Frankfurt am Main 1997 Maurice, Klaus: „Kunstraub und Rückgabe“, in: Der Quedlinburger Schatz wieder vereint, Kötzsch, Dietrich (Hrsg.): Katalog zur Ausstellung im Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1992, S. XV–XVII McCoubrey, Hilaire: International Humanitarian Law – Modern Developments in the Limitation of Warfare, Aldershot/Brookfield/Singapore/Sydney 1998 Mead, William Edward: The Grand Tour in the Eighteenth century, Boston/New York 1914 Meessen, Karl M.: „Deutsche und russische Kulturgüter: Vom Streit über völkerrechtliche Rückführungsansprüche zu einem Vorschlag gemeinsamer Nutzung“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 141–149
Literaturverzeichnis
347
Menghin, Wilfried: „Berlin – Moskau . . . und zurück? Die Trophäen aus dem Museum für Vor- und Frühgeschichte in Rußland. Euphorie und Depression“, JPK 31 (1995), S. 53–68 – „Das Museum für Vor- und Frühgeschichte – Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen“, in: Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (Hrsg.): Schliemanns Gold und die Schätze Alteuropas aus dem Museum für Vor- und Frühgeschichte – Eine Dokumentation, Mainz am Rhein 1993, S. 9–12 Menzel, Eberhard: „Einführung in die Friedensverträge“, in: Cornides, Wilhelm/ Menzel, Eberhard (Hrsg.): Die Friedensverträge von 1947 mit Italien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und Finnland, in Quellen für Politik und Völkerrecht, Band 1, Oberursel 1948, S. 1–61 Meron, Theodor: „The Martens Clause, Principles of Humanity, and Dictates of Public Conscience“, AJIL 94 (2000), S. 78–89 Merryman, John Henry: „Note on The Marquis de Somerueles“, IJCP 5 (1996), S. 321–329 – „Thinking About the Elgin Marbles“, Mich. L. Rev. 83 (1985), S. 1281–1923 – „Two Ways of Thinking About Cultural Property“, AJIL 80 (1986), S. 831–853 Merryman, John Henry/Elsen, Albert E.: Law, Ethics, and the Visual Arts, zweite Auflage, Band 1, Philadelphia 1987 Meurer, Christian: Die Haager Friedenskonferenz, 2. Band: Das Kriegsrecht der Haager Konferenz, München 1907 Meyer, David A.: „The 1954 Hague Cultural Property Convention and its Emergence into Customary International Law“, Bost. Univ. Int’l L. J. 11 (1993), S. 349–389 Meyer-Landrut, Joachim: „Die Behandlung von staatlichen Archiven und Registraturen nach Völkerrecht“, Archivalische Zeitschrift 48 (1953), S. 45–120 Me˛z˙yn´ski, Andrzej: Kommando Paulsen, Organisierter Kunstraub in Polen 1942–45, Köln 2000 Mihan, George: Looted Treasure – Germany’s Raid on Art, London o. D. Mindner, Tobias: Bersteinzimmersuche – Mit Presse und Trompeten, Berlin/Fürstenwalde 1998 Mirinda, Pontes de: „Einleitung“, in: Heinsheimer, Karl (Hrsg.): Brasilien Codigo Civil, Mannheim/Berlin/Leipzig 1928, S. XVII–XLIV Monden, Anneliese/Wils, Geert: „Art Objects as Common Heritage of Mankind“, Revue belge de droit international 19 (1986), S. 327–338 Moore, John Barrett: A Digest of International Law, Band 7, Washington 1906 (zit.: Moore, Digest International Law) – History and Digest of the International Arbitrations to which the United States have been a party, etc., sechs Bände, Washington 1898 (zit.: Moore, Int. Arb.)
348
Literaturverzeichnis
Mosidse, Juri: „A Splendid Gesture. Chronology of a Restitution, Part II“, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 57–58 Mosler, Hermann: „General Principles of Law“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Vol. II (1995), S. 511–527 Mráz, Michael: „Raubgold im Lichte des Völkerrechts“, SZIER/RSDIE 8 (1998), S. 207–248 Müller-Katzenburg, Astrid: „Besitz- und Eigentumssituation bei gestohlenen und sonst abhanden gekommenen Kunstwerken“, NJW 52 (1999), S. 2251–2558 – Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung für das Sach- und Kollisionsrecht, Berlin 1995 Müller-Meiningen, Ernst: Der Weltkrieg 1914–1917 und der „Zusammenbruch des Völkerrechts“, Eine Abwehr und Anklage, zwei Bände, vierte Auflage, Berlin 1917 Müller-Wirth, Moritz: „Tauziehen um Albrecht Dürer“, Die Zeit, 24. April 2003, S. 14 Münch, Ingo von: „Paquete Habana-Fall“, in: Strupp, Karl/Schlochauer, Hans-Jürgen (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts, Zweiter Band, zweite Auflage, Berlin 1961, S. 736–737 Mußgnug, Reinhard: „Das Kunstwerk im internationalen Recht“, in: Deutsche Richterakademie (Hrsg.): Kunst und Recht, mit Beiträgen von Johann-Tönjes Cassens et al., Justiz und Recht, Schriften der Deutschen Richterakademie, S. 15–42 – „Museums- und Archivgut als ‚res extra commercium‘“, in: Reichelt, Gerte (Hrsg.): Internationaler Kulturgüterschutz, Wiener Symposium, 18./19. Oktober 1990, Wien 1992, S. 141–147 – Wem gehört Nofretete? Anmerkungen zu dem deutsch-deutschen Streit um den ehemals preußischen Kulturbesitz – Vortrag gehalten vor der Berliner Juristischen Gesellschaft am 1. Dezember 1976, Berlin/New York 1977 (zitiert: Mußgnug, Nofretete) Nafziger, James A. R.: „The New International Legal Framework for the Return, Restitution or Forfeiture of Cultural Property“, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 15 (1982/1983), S. 789–812 – „UNESCO-Centered Management of International Conflict Over Cultural Property“, Hastings L. J. 27 (1975/1976), S. 1051–1067 Nahlik, Stanisław E.: „Des Crimes Contre Les Biens Culturels“, Annuaire de l’A.A.A. 29 (1959), S. 14–27 – „International Law and the Protection of Cultural Property in Armed Conflicts“, Hastings L. J. 27 (1975/1976), S. 1069–1087 – „La Protection Internationale des Biens Culturels en Cas de Conflit Armé“, RdC 120 (1967-I), S. 61–163 – „Le cas des collections polonaises au Canada, Considérations juridiques“, Annuaire Polonais des Affaires Internationales 1 (1959/1960), S. 172–190
Literaturverzeichnis
349
– „The Case of Displaced Art Treasures – History and Appreciation of a PolishCanadian Strife“, GYIL 23 (1980), S. 255–295 Nannen, Stephanie: „Im Krieg leidet die Kultur“, Der Tagesspiegel, 14. April 2003, S. 2 Neu, Heinrich: „Die Verluste an Kulturgut in Deutschland durch den zweiten Weltkrieg“, in: Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.): Dokumente Deutscher Kriegsschäden – Evakuierte – Kriegssachgeschädigte – Währungsgeschädigte – Die geschichtliche und rechtliche Entwicklung, Band I, Bonn 1958, S. 373–487 Neumann, Leopold: Grundriss des heutigen Europäischen Völkerrechtes, zweite Auflage, Wien 1877 Nevelev, Boris V.: „The Soviet Union’s Seizure and Removal of ‚objets d’art‘ from Germany in 1945–1948: Evaluating the Conflicting Claims to Legal Authority over Occupied Territory“, GYIL 42 (1999), S. 337–399 Nicholas, Lynn H.: Der Raub der Europa, Das Schicksal europäischer Kunstwerke im Dritten Reich, München 1995 Niemeyer, Theodor: Urkundenbuch zum Seekriegsrecht (Internationales Seekriegsrecht. Teil II.), Band 1, Berlin 1913 Nieuwenhuis, J. H./Stolker, C. J. J. M./Valk, W. L. (Hrsg.): Burgerlijk Wetboek, Tekst & Commentaar, dritte Auflage, Deventer 1998 (zit.: Nieuwenhuis/Stolker/ Valk/Bearbeiter) Nikandrov, Nikolai: „The Transfer of the Contents of German Repositories into the Custody of the USSR“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 117–120 Nowlan, Jacqueline: „Cultural Property and the Nuremberg War Crimes Trial“, HuV-I 6 (1993), S. 221–223 „O.“: „International Arbitrations Under the Treaty of St. Germain“, BYIL 4 (1923– 24), S. 124–130 Oberhammer, Paul/Reinisch, August: „Restitution of Jewish Property in Austria“, ZaöRV 60 (2000), S. 737–761 O’Connell, Daniel Patrick: International Law, Band 1 und 2, zweite Auflage, London 1970 O’Keefe, Roger: „The Meaning of ‚Cultural Property‘ under the 1954 Hague Convention“, NILR 46 (1999), S. 26–56 o. V.: „Armenien gibt Kulturgüter an Deutschland zurück“, Der Tagesspiegel, 5. Mai 1998, S. 2 – „Beitritt Polens zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz? – Das noch ungelöste Problem kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter/Vorschläge der ‚KopernikusGruppe‘“, FAZ, 11. Dezember 2000, S. 1
350
Literaturverzeichnis
– „Deutsch-griechischer Streit geht weiter – Athener Gericht prüft Zwangsvollstreckung in das Goethe-Institut“, FAZ, 2. September 2000, S. 6 – „Dürer gegen Nationalepos“, Der Spiegel 25/1999, S. 19 – „Erster Blick auf eine lang verleugnete Beute“, FAZ, 19. November 1992, S. 35 – „International Discussion of the Russian Law“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 9–10 – „Irak: Vase von Warka wieder aufgetaucht“, Der Tagespiegel, 13. Juni 2003, S. 25 – „Irak versteckte Kunstgegenstände schon vor dem Krieg“, Der Tagesspiegel, 25. Mai 2003, S. 25 – „Irakisches Nationalmuseum in Bagdad geplündert“, Der Tagesspiegel, 13. April 2003, S. 25 – „Die Kirchenfenster stehen noch in St. Petersburg – Frankfurt (Oder) hofft auf baldige Rückgabe der Kunstwerke“, Der Tagespiegel, 28. April 1997, S. 14 – „Polen gibt Lutherbibel an Staatbibliothek Berlin zurück“, Der Tagesspiegel, 12. Dezember 2000, S. 25 – „Raubkunst II: Schröder bringt Zeichnungen mit“, Der Tagesspiegel, 15. Januar 2000, S. 31 – „Sowjetunion gibt Kunstschätze an Polen zurück“, SZ, 9. Juli 1956, Nr. 163 – „Troja-Gold nach Athen?“, Der Spiegel 34/1993, S. 152–153 – „Trophy Art Exhibitions in the Hermitage“, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 53 – „820 vermisste Kunstwerke kehren ins Bagdader Nationalmuseum zurück“, dpaMeldung vom 11. November 2003 Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Auflage, München 2000 (zit.: Palandt/ Bearbeiter) Papademetriou, Theresa: „International Aspects of Cultural Property – An Overview of Basic Instruments and Issues“, IJLI 24 (1996), S. 270–301 Parks, W. Hays: „The 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict“, gopher://cormier.icomos.org:70/00/ .icomos/treaties/hague/carnegie/bos4 (besucht im Juni 1997) Partsch, Karl Josef: „Protection of Cultural Property“, in: Fleck, Dieter (Hrsg.): The Handbook of Humanitarian Law in Armed Conflicts, Oxford 1995, S. 377–404 – „Stillschweigen, qualifiziertes“, in: Strupp, Karl/Schlochauer, Hans-Jürgen (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts, Dritter Band, Berlin 1962, S. 391–392 Petropoulos, Jonathan: „For Germany and Themselves: The Motivation behind the Nazi Leaders Plundering and Collecting of Art.“ – Part I, Spoils of War, August 1997, S. 66–70 – Part II, Spoils of War, June 1998, S. 28–35 – Part III, Spoils of War, February 1999, S. 29–37
Literaturverzeichnis
351
– Kunstraub und Sammelwahn, Kunst und Politik im Dritten Reich, Berlin 1999 Pfluger, Franz: Die Einseitigen Rechtsgeschäfte im Völkerrecht, Zürich 1936 Phelan, Marilyn: „Cultural Property“, Int’l Lawyer 33 (1999), S. 443–448 – „Cultural Property“, Int’l Lawyer 34 (2000), S. 697–705 – „A Synopsis of the Laws Protecting Our Cultural Heritage“, N. Engl. L. Rev. 28 (1993–94), S. 63–108 Phillipson, Coleman: International Law and the Great War, London 1915 Pilloud, Claude: „L’article 154 de la IVe Convention de Genève de 1949: Relation avec le Règlement de la Haye“, RICR 35 (1953), S. 205–216 Plaßmeier, Heiko: Ungerechtfertigte Bereicherung im Internationalen Privatrecht und aus rechtsvergleichender Sicht, Berlin 1996 Polaczek, Dietmar: „Bermudadreieck der Räuber“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41 Polibius, Geschichte, Erster Band, übersetzt von Hans Drexler, zweite Auflage, Zürich/München 1978 Posner, Ernst: „Public Record under Military Occupation“, Am. Hist. Rev. 49 (1943/44), S. 213–227 Poulos, Anthi Helleni: „The 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict: An Historic Analysis“, IJLI 28 (2000), S. 1–44 Preux, Jean de: „Article 91 – Responsibiliy“, in: Sandoz, Yves/Swinarski, Christophe/Zimmermann, Bruno (Hrsg.): Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, International Committee of the Red Cross, Genf 1987, S. 1053–1058 Principles With Respect to Nazi-Confiscated Art as stated by the Washington Conference On Holocaust-Era Assests/U.S. Holocaust Memorial Museum (U.S. Department of State), Spoils of War, No. 6, February 1999, S. 64–65 Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, Information on the Implementation of the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, The Hague 1954, 1995 Reports, UNESCO, Paris 1995 Prott, Lyndel V.: „Commentary“ (zur 1954 Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (With Final Protocol)), in: Ronzitti, Natalino (Hrsg.): The Law of Naval Warfare – A Collection of Agreements and Documents with Commentaries, Dordrecht/Boston/London 1988, S. 582–593 – „Kulturgüterschutz nach der UNIDROIT-Konvention und nach der UNESCOKonvention“, ZVglRWiss 95 (1996), S. 188–202 – „Kulturgüterschutz – Neue Aktionen der UNESCO“, in: Sladek, Gerhard (Hrsg.): Das Kulturelle Erbe im Risiko der Modernität, Salzburger Symposium 1992, Wien 1993, S. 105–120
352
Literaturverzeichnis
– „Principles for the Resolution of Disputes Concerning Cultural Heritage Displaced During the Second World War“, Spoils of War, Nr. 1, 19.12.1995, S. 6–9 – „Problems of Private International Law for the Protection of the Cultural Heritage“, RdC 217 (1989-V), S. 215–317 – „The Protocol to the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (The Hague Convention) 1954“, HuV-I 6 (1993), S. 191–194 – „The Protocol to the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict (The Hague Convention) 1954“, in: Briat, Martine/ Freedberg, Judith A (Hrsg.): Legal Aspects of International Trade in Art, Vol. V, Den Haag/London/Boston 1996, S. 163–173 – „Unesco and Unidroit: a Partnership against Trafficking in Cultural Objects“, ULR 1 (1996), S. 59–71 – „The View of UNESCO on Cultural Objects Displaced During World War II“, Spoils of War, No. 1, 19.12.1995, S. 5–6 Prott, Lyndel V./Hladík, Jan: „The Role of UNESCO ‚Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property‘ in the Resolution of Disputes Concerning Cultural Property Removed in Consequence of the Second World War“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 59–61 Prott, Lyndel V./O’Keefe, Patrick, J.: Handbook of national regulations concerning the export of cultural property, UNESCO, Paris 1988 (zit.: O’Keefe/Prott, Handbook) – Law and the Cultural Heritage, Vol. 3, Movement, London/Edinburgh 1989 (zit.: O’Keefe/Prott, Movement) Prunty, Ann P.: „Toward Establishing an International Tribunal for the Settlement of Cultural Property Disputes: How to Keep Greece from Losing its Marbles“, Georgetown L. J., 72 (1983–84), S. 1155–1182 Pruszynski, Jan P.: „Poland: The War Losses, Cultural Heritage, and Cultural Legitimacy“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 49–52 Quynn, Dorothy Mackay: „The Art Confiscations of the Napoleonic Wars“, Am. Hist. Rev. 50 (1944/45), S. 437–460 Raber, Hans Georg: Das kulturelle Erbe der Menschheit – Bestandsaufnahme und Perspektiven des internationalen Kulturgüterschutzes, Köln, Diss. 1994 Rajasingham, R.: „Extinctive Prescription in International Law“, IJIL 6 (1966), S. 45–48 Randelzhofer, Albrecht: „Art. 2 Ziff. 4“, in: Simma, Bruno (Hrsg.): Charta der Vereinten Nationen, Kommentar, München 1991 – „Civilian Objects“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Instalment 3 (1982), S. 93–96
Literaturverzeichnis
353
– „Flächenbombardement und Völkerrecht“, in: Kipp, Heinrich/Mayer, Franz/ Steinkamm, Armin (Hrsg.): Um Recht und Freiheit, Festschrift für Friedrich August Freiherr von der Heydte zur Vollendung des 70. Lebensjahres dargebracht von Freunden, Schülern und Kollegen, Berlin 1977, S. 471–493 (zit.: Randelzhofer, in: Festschrift für Freiherr von der Heydte) – „Das Kriegsrecht zwischen Bewahrung und Veränderung – Die Zusatzprotokolle zu den Genfer Rotkreuz-Abkommen“, EA 33 (1978), S. 725–736 – „Probleme der völkerrechtlichen Gefährdungshaftung“, in: Staatenverantwortlichkeit (Responsibilities of States), Referate und Thesen von Dietrich Rauschning und Albrecht Randelzhofer mit Diskussion with English Summaries of the Reports, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 24, 19. Tagung in München vom 23. bis 26. März 1983, Heidelberg 1984, S. 35–77 – Völkerrechtliche Aspekte des Heiligen Römischen Reiches nach 1648, Berlin 1967 (zit.: Randelzhofer, Völkerrechtliche Aspekte Heil. Röm. Reich) Randelzhofer, Albrecht/Dörr, Oliver: Entschädigung für Zwangsarbeit? Zum Problem individueller Entschädigungsansprüche von ausländischen Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkrieges gegen die Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1994 Rauschning, Dietrich: „Beendigung der Nachkriegszeit mit dem Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland“, DVBl. 105 (1990), S. 1275– 1285 Rehork, Joachim: Plünderer – Archäologie und Macht, Berlin 1994 Reichelt, Gerte: Internationaler Kulturgüterschutz – rechtliche und kulturpolitische Aspekte, in: Ress, Georg/Will, Michael R. (Hrsg.): Vorträge, Reden und Berichte aus dem Europa-Institut, Nr. 143, Saarbrücken 1988 Reimann, Dietmar B.: Bernsteinzimmerkomplott – Die Enttarnung eines Mythos, Berlin/Fürstenwalde 1997 Report of the AAMD Task Force on the Spoliation of Art during the Nazi/World War II Era (1933–1945), IJCP 7 (1998), S. 545–548 Ress, Georg: „Grundlagen und Entwicklung der innerdeutschen Beziehungen“, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band I, Grundlagen von Staat und Verfassung, Heidelberg 1987, S. 449–546 Reynolds, F. M. B.: „Agency“, in: Guest, A. G. (Hrsg.): Chitty on Contracts, Band 2, Specific Contracts, 27. Auflage, London 1994, Chapter 31 Ritter, Waldemar: Kulturerbe als Beute?, Nürnberg 1997 (zit.: Ritter, Kulturerbe) – „Die Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter – Eine gemeinsame deutsch-russische Verantwortung vor der Geschichte“, Vortrag vor der KonradAdenauer-Stiftung in Berlin am 27. Mai 1997 (zit.: Ritter, Vortrag) – „Der Schutz kulturellen Erbes in Deutschland und Europa“, DA 29 (1996), S. 770–772
354
Literaturverzeichnis
– „The Soviet Spoils Commissions: On the Removal of Works of Art from German Museums and Collections“, IJCP 7 (1998), S. 446–455 Rivier, Alphons: Lehrbuch des Völkerrechts, zweite Auflage, Stuttgart 1899 Robinson, Nehemiah: „War Damage Compensation and Restitution in Foreign Countries“, LCP 16 (1951), S. 347–376 Röhrs, Christine-Felice: „Der Löwe brüllt nicht mehr“, Der Tagesspiegel, 17./18. April 2003, S. 25 – „Gefallene Türme, abgeräumte Geschichte“, Der Tagesspiegel, 25. April 2003, S. 25 – „Gute Nachrichten aus Iraks Nationalmuseum“, Der Tagesspiegel, 26. April 2003, S. 21 Rolfes, Stephan: Die Forderung der Deutschen Demokratischen Republik auf Übertragung des ehemaligen preußischen Kunst- und Kulturbesitzes, Gelsenkirchen 1986 Rosenne, Shabtai: The Law and Practice of the International Court, 1920–1996, Vol. III: Procedure, dritte Auflage, Den Haag/Boston/London 1997 Rossi, Matthias/Syssoeva, Elena: „Kulturgüter zwischen russischem Verfassungsrecht und Völkerrecht“, AVR 38 (2000), S. 63–71 Rothstein, Susan H.: „All’s Not Fair for Art in War: A Proposal for the Equitable Exchange of Soviet and German Art Pillaged in World War II“, DePaul J. Art & Ent. L. 4 (1993), S. 35–48 Rousseau, Jean-Jacques: Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts, Amsterdam 1762, Reclam, Stuttgart 1986 Rüb, Matthias: „Die Suche nach 60.000 Werken“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 41 Rudolf, Walter: „Über den internationalen Schutz von Kulturgütern“, in: Hailbronner, Kai/Ress, Georg/Stein, Torsten (Hrsg.): Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Karl Doehring, Berlin/Heidelberg/New York/London u. a. 1989, S. 853–871 (zit.: Rudolf, Festschrift für Doehring) Rumpf, Christian: „Wem gehört der Pergamon-Altar?“, ZfTS 6 (1993), S. 287–294 Rumpf, Helmut: „Die deutsche Frage und die Reparationen“, ZaöRV 33 (1973), S. 344–371 – „Die Regelung der deutschen Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg“, AVR 23 (1985), S. 74–101 Sailer, Gerhard: „Austria“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 88–91 – „Country Reports: Austria“, Spoils of War, No. 3, December 1996, S. 35–38 – „Rückbringung und Rückgabe: 1945–1966“, in: Brückler, Theodor (Hrsg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute, Wien/ Köln/Weimar, 1999, S. 31–38
Literaturverzeichnis
355
Saleh, Samir: Commercial Agency and Distributorship in the Arab Middle East, Volume I, A Study in Sharı¯’a and Statute Law, London/Dordrecht/Boston 1989 Schade, Günter: „Kulturbeute und Friedensordnung – Aspekte eines Problems. Die kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter der Staatlichen Museen zu Berlin und ihr Schicksal“, in: Strocka, Volker Michael (Hrsg.): Kunstraub – ein Siegerrecht? Historische Fälle und juristische Einwände, Berlin 1999, S. 63–87 Schäfer, Stefan: Hitler und die Schweiz – Deutsche militärische Planungen 1939– 1943 und die „Raubgold“-Frage, Berlin 1998 Schauerte, Günther: „Restitution von Kulturgut als Problem bei europäischen Kooperationen“, Museumskunde 62 (1997), S. 123–130 Scheftelowitz, Erwin E.: Israelisches Handels- und Wirtschaftsrecht einschließlich Arbeits- und Sozialrecht, Heidelberg 1984 Schimpff, Volker/Partsch, Christoph J.: „Das Recht auf die Heimat im nationalen und internationalen Recht“, HuV-I 7 (1994), S. 82–85 Schindler, Dietrich/Toman, Jirˇí: Droit des conflits armés, Recueil des conventions, résolutions et autres documents, Genève 1996 Schlögel, Anton: „Einleitung“, in: Die Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949 und Die Beiden Zusatzprotokolle vom 10. Juni 1977 sowie das Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18. Oktober 1907 und Anlage (Haager Landkriegsordnung), Schriften des Deutschen Roten Kreuzes, Bonn 1980, S. 1–93 Schmauss, Johann Jakob: Corpus iuris publici s.r. imperii academicum, enthaltend des Heil. Röm. Reichs deutscher Nation Grund-Gesetze, nebst einem Auszuge der Reichs-Abschiede anderer Reichsschlüsse und Vergleiche, hrsg. von Gottlieb Schumann und Heinrich Gottlieb Franken, Leipzig 1794 Schmid, Irene: „Vergleich oder kompromißlose Rückforderung – Der Quedlinburger Schatz als Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen“, in: Kötzsch, Dietrich (Hrsg.): Der Quedlinburger Schatz wieder vereint, Katalog zur Ausstellung im Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1992, S. XVII–XX Schmidt, Werner: „The Loss of German Artistic Property as a Result of World War II“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 95–98 Schmitz, Stephan: Allgemeine Rechtsgrundsätze in der Rechtsprechung des Iran – United States Claims Tribunal – Eine Untersuchung über das anwendbare Recht, nachträgliche Leistungshindernisse und Entlastungsgründe sowie ungerechtfertigte Bereicherung, Frankfurt am Main 1992 Schmoller, Gustav von/Maier, Hedwig/Tobler, Achim: Handbuch des Besatzungsrechts, Tübingen 1957 Schneider, Eric C.: „Plunder or Excavation? Observations and Suggestions on the Regulation of Ownership and Trade in the Evidence of Cultural Patrimony“, Syr. J. Int’l L. & Com. 9 (1982), S. 1–19
356
Literaturverzeichnis
Schneider, Wolfgang: Die neue Spur des Bernsteinzimmers, Leipzig 1994 Schoen, Susanne: „Kulturgüterschutz bei – illegaler – Rückkehr kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter aus Russland nach Deutschland“, NJW 54 (2001), S. 537– 543 Scholz, Franz: Privateigentum im besetzten und unbesetzten Feindesland, unter besonderer Berücksichtigung der Praxis des Weltkrieges, Berlin 1919 Schorlemer, Sabine von: Internationaler Kulturgüterschutz – Ansätze zur Prävention im Frieden sowie im bewaffneten Konflikt, Berlin 1992 – „Stolen Art“, GYIL 41 (1998), S. 317–343 Schreuer, Christoph H.: „Unjust Enrichment“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Instalment 9 (1986), S. 381–383 – „Unjust Enrichment in International Law“, AJCL 22 (1974), S. 281–301 Schröder, Meinhard: „Verantwortlichkeit, Völkerstrafrecht, Streitbeilegung und Sanktionen“, in: Vitzthum, Wolfgang Graf (Hrsg.): Völkerrecht, Berlin 1997 Schröder, Tim: „Anmerkung zum Beschluß des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 6. April 1998“, OstEurR 45 (1999), S. 44–48 – „Rußland: Beutekunstgesetz geändert“, WGO-MfOR 2000, 165–166 – „Entwicklung der russischen Rechtsprechung bis zur Beseitigung der Kostenbarriere für Individualklagen auf Rückgabe von Beutekunst – Anmerkungen zur Entscheidung des russ. Obersten Gerichts vom 27. Oktober 2000 im Fall der Martha Nierenberg, EuGRZ 2002, 53“, EuGRZ 29 (2002), S. 3–6 – „The Russian Constitutional Court’s decisions on the restitution of cultural values“, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 6–9 – „Wem gehört die Beutekunst? – Zum zweiten Beutekunst-Urteil des russischen Verfassungsgerichts –“, OstEurR 46 (2000), S. 29–56 Schulz, Bernhard: „Das Buchgeschenk – Polens Geste eröffnet Aussicht auf die Rückkehr der Beutekunst“, Der Tagesspiegel, 12. Dezember 2000, S. 25 – „Millionen in der Kasse – Strenge Marktwirtschaft mit fremdem Eigentum? Ein Restposten des heißen und des kalten Krieges – Wie mit dem Troja-Gold Geld zu verdienen ist und die Auflagen steigen“, Der Tagesspiegel, 3. Juni 1996, S. 19 Schulze, Dorothee: Die Restitution von Kunstwerken, Zur völkerrechtlichen Dimension der Restitutionssresolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Bremen 1983 Schümer, Dirk: „Kalkulierte Zurückhaltung“, FAZ, 3. Dezember 1996, S. 42 Schwadorf-Ruckdeschel, Brigitte: Rechtsfragen des grenzüberschreitenden rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Kulturgütern, Frankfurt am Main/Berlin u. a. 1995 Schwarz, Walter: Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, in: Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz (Hrsg.): Das Bundesrückerstattungsgesetz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, München 1974
Literaturverzeichnis
357
– „Wie kam die Rückerstattung zustande? Neue Erkenntnisse aus den amerikanischen und britischen Archiven“, in: Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz (Hrsg.): Das Bundesrückerstattungsgesetz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1981, S. 801–814 (zit.: Schwarz, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz) Schwarzenberger, Georg: International Law and Totalitarian Lawlessness, London 1943 – International Law as Applied by International Courts and Tribunals, Volume II, The Law of Armed Conflict, London, 1968 (zit.: Schwarzenberger, Law of Armed Conflict) Schweisfurth, Theodor: „Germany, Occupation after World War II“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Vol. II (1995), S. 582–590 – SBZ-Konfiskationen privaten Eigentums 1945–1949, Völkerrechtliche Analyse und Konsequenzen für das deutsche Recht, erste Auflage, Baden-Baden 2000 – „Vom Einheitsstaat (UdSSR) zum Staatenbund (GUS) – Juristische Stationen eines Staatszerfalls und einer Staatenbundentstehung“, ZaöRV 52 (1992), S. 541– 702 Seagrave, Peggy/Seagrave, Sterling: Herrscher im Reich der aufgehenden Sonne – Die geheime Geschichte des japanischen Kaiserhauses, München 1999 Seeliger, Karl-Gerhard: Das ausländische Privateigentum in der Schweiz – Rechtsstellung und Rechtsschutz gegenüber dem angelsächsischen und deutschen Kriegsrecht des 2. Weltkrieges, München 1949 Seidl-Hohenveldern, Ignaz: Internationales Konfiskations- und Enteigungsrecht, Berlin, Tübingen 1952 (zit.: Seidl-Hohenveldern, Enteignungsrecht) – „Kunstraub im Krieg“, in: Westphalen, Friedrich Graf von/Sandrock, Otto (Hrsg.): Lebendiges Recht – Von den Sumerern bis zur Gegenwart, Festschrift für Reinhold Trinkner zum 65. Geburtstag, Heidelberg 1995, S. 51–62 (zit.: Seidl-Hohenveldern, Festschrift für Trinkner) – „La protection internationale du patrimoine culturel national“, RGDIP 97 (1993), S. 395–409 – „Reparations“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL, Instalment 4 (1982), S. 178– 180 – „Schafft Plünderung Eigentum?“, IPRax 20 (2000), S. 321–323 – Völkerrecht, neunte Auflage, Köln/Berlin/Bonn/München 1997 (zit.: SeidlHohenveldern, Völkerrecht) Seidl-Hohenveldern, Ignaz/Stein, Torsten: Völkerrecht, zehnte Auflage, Köln/Berlin/Bonn/München 2000 Semirjaga, Michail: „In die Zukunft blicken – Warum das ‚Beutekunstgesetz‘ Rußland schadet“, Der Tagesspiegel, 16. April 1997, S. 10 Shaw, Malcom N.: International Law, vierte Auflage, Cambridge 1997
358
Literaturverzeichnis
S.-Henraux, Albert: „La récupération des objets d’art en Allemagne“, in: Cassou, Jean (Hrsg.): Le pillage par les Allemands des œuvres d’art et des bibliothèques appartenant à des Juifs en France, Paris 1947, S. 233–237 Shepard, William S.: „One Hundred Anniversary of the Lieber Code“, Mil. L. Rev. 21 (1963), S. 157–162 Shvidkoi, Mikhail: „Russian Cultural Losses during World War II“, in: Simpson, Elizabeth (Hrsg.): The Spoils of War, World War II and Its Aftermath: The Loss, Reappearance, and Recovery of Cultural Property, New York 1997, S. 67– 71 Sidorow, Jewgnij: „Vorwort“, in: Ilatowskaja, Tatjana, Meisterzeichnungen in der Eremitage, Wiederentdeckte Werke aus deutschen Privatsammlungen, München 1997, S. 6 Sidorsky, Emily: „The 1995 UNIDROIT Convention on Stolen or Illegally Exported Cultural Objects: The Role of International Arbitration“, IJCP 5 (1996), S. 19– 72 Siehr, Kurt: „Comment on the Russian Federal Law of 1997 on Cultural Values“, Spoils of War, No. 4, August 1997, S. 38–39 – „International Art Trade and the Law“, RdC 243 (1993-VI), S. 9–292 – „Kunstraub und das internationale Recht“, SJZ 77 (1981), S. 189–197 und S. 207–212 – „Restitution of Stolen Cultural Objects and Statute of Limitations“, Spoils of War, No. 2, 15.07.1996, S. 9–10 – „Return of Cultural Treasures to Germany“, IJCP 6 (1997), S. 134–136 – „Verjährt ein Anspruch auf Herausgabe des Eigentums? – Deutsches Verjährungsrecht vor englischem Gericht“, in: Carl, Michael H./Güttler, Herbert/Siehr, Kurt: Kunstdiebstahl vor Gericht, City of Gotha v. Sotheby’s/Cobert Finance S.A., Berlin/New York 2001, S. 53–75 – „Völkerrecht und Internationaler Kulturgüterschutz vor Gericht“, in: Frank, Rainer (Hrsg.): Recht und Kunst, Symposium aus Anlaß des 80. Geburtstages von Wolfram Müller-Freienfels, Heidelberg 1996, S. 57–71 – „Zivilrechtliche Fragen des Kulturgüterschutzes“, in: Reichelt, Gerte (Hrsg.): Internationaler Kulturgüterschutz, Wiener Symposium, 18./19. Oktober 1990, Wien 1992, S. 41–68 Smith, H. A.: „Booty of War“, BYIL 23 (1946), S. 227–239 Smola, Franz: Die Fürstlich Liechtenstein’sche Kunstsammlung – Rechtsfragen zur Verbringung der Sammlung von Wien nach Vaduz in den Jahren 1944/45, Frankfurt am Main/Berlin/Bern et al. 1999 Smyth, Craig Hugh: Repatriation of Art from the Collecting Point in Munich after World War II, Den Haag/Maarssen 1988 Solf, Waldemar A.: „Cultural Property, Protection in Armed Conflict“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Instalment 9 (1986). S. 64–68
Literaturverzeichnis
359
Sommerfeld, Walter, „Geh’ rein, Ali Baba, es gehört dir“, SZ, 8. Mai 2003 Spaight, J. M.: War Rights on Land, London 1911 Spieker, Heike: „Der Schutz von Umwelt, Kulturgut, ‚gefährlichen Anlagen‘ und anderen zivilen Objekten“, in: Schöttler, Horst, Hoffmann, Bernd (Hrsg.): Die Genfer Zusatzprotokolle – Kommentare und Analysen, Bonn 1993, S. 195–205 – „The Protection of Cultural Property“, in: Epping, Volker/Fischer, Horst/Heintschel von Heinegg, Wolff (Hrsg.): Brücken bauen und begehen, Festschrift für Knut Ipsen zum 65. Geburtstag, München 2000, S. 357–381 (zit.: Spieker, in: Festschrift für Ipsen) Staatliches Puschkin-Museum für Bildende Künste/Kulturministerium der Russischen Föderation (Hrsg.): Der Schatz aus Troja, Schliemann und der Mythos des Priamos-Goldes, Katalogbuch, Ausstellung in Moskau 1996/97, Stuttgart/Zürich 1996 Steinkamm, Armin Arne: Die Streitkräfte im Kriegsvölkerrecht, Würzburg 1967 Stephens, S. Shawn: „The Hermitage and Pushkin Exhibits: An Analysis of the Ownership Rights to Cultural Properties Removed from Occupied Germany“, Houston J. Int’l L. 18 (1995), S. 59–112 Steyer, Claus-Dieter: „Warten auf Pakete aus St. Petersburg – Frankfurter hoffen auf die baldige Rückgabe der wertvollen Fenster der Marienkirche“, Der Tagesspiegel, 29. Dezember 2000, S. 16 Stocker, Werner: Das Prinzip des Common Heritage of Mankind als Ausdruck des Staatengemeinschaftsinteresses im Völkerrecht, Zürich 1993 Stödter, Rolf: Deutschlands Rechtslage, Hamburg 1948 Strahl, Rochelle: „The Retention and Retrieval of Art and Antiquities Through International and National Means: The Tug of War Over Cultural Property, Brooklyn J. Int’l L. 5 (1979), S. 103–128 Strebel, Helmut: „Die Haager Konvention zum Schutze der Kulturgüter im Falle eines bewaffneten Konfliktes vom 14.5.1954“, ZaöRV 16 (1955/56), S. 35–75 Strocka, Volker Michael: „Kunstraub in der Antike“, in: Strocka, Volker Michael (Hrsg.): Kunstraub – ein Siegerrecht? Historische Fälle und juristische Einwände, Berlin 1999, S. 9–26 Strupp, Karl:, Das internationale Landkriegsrecht, Frankfurt am Main 1914 Suckau, Claudia: „Summary on the Russian press coverage concerning looted art (January – June 1999)“, Spoils of War, No. 7, August 2000, S. 38–43 Sunnuckes, J. H. G.: „Lien“, in: Halsbury’s Laws of England, Lord Hailsham of St. Marylebone (Hrsg.): Band 28, vierte Auflage, London 1979, S. 219–260 Tanja, Gerard J.: „Recent Developments Concerning the Law for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict“, LJIL 7 (1994), S. 115–125 Taylor, Francis Henry: The Taste of Angels – A History of Art Collecting from Ramses to Napoleon, London 1948
360
Literaturverzeichnis
Thirlway, H. W. A.: „Evidence before International Courts and Tribunals“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Instalment 1 (1981), S. 58–60 Thomason, Douglas N.: „Rolling Back History: The United Nations General Assembly and the Right to Cultural Property“, Case W. Res. J. Int’l L. 22 (1990), S. 47–96 Thomsen, Sabine: „Restitution“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.), EPIL Instalment 10 (1987), S. 372–378 Thum, Cornelius: Die Kontinuitätsfrage im völkerrechtlichen Rahmen der Einigung Deutschlands, Frankfurt am Main/Berlin u. a. 1993 Tiberg, Hugo: „General Private Law – Obligations“, in: Tiberg, Hugo/Cronhult, Pär/Sterzel, Fredrik (Hrsg.): Swedish Law, a survey, Stockholm 1994, S. 118– 141 Tietze, Hans: Die Entführung von Wiener Kunstwerken nach Italien, Wien 1919 Tilmann, Christina: „Raub nach Ansage“: Der Tagesspiegel, 15. April 2003, S. 21 Titov, Jurij K.: „Über die Arbeit des Russischen Kulturministeriums in Angelegenheiten verlagerter Kulturgüter angesichts der jüngsten Rechtsakte der russischen Regierung“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 178–194 Toman, Jirˇí: „La protection des biens culturels en cas de conflit armé non international“, in: Haller, Walter/Kölz, Alfred/Müller, Georg/Thürer, Daniel (Hrsg.): Im Dienst an der Gemeinschaft, Festschrift für Dietrich Schindler zum 65. Geburtstag, Basel/Frankfurt am Main 1989, S. 311–339 (zit.: Toman, in: Festschrift für Schindler) – The Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, Commentary on the Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict and its Protocol, signed on 14 May 1954 in The Hague, and on other instruments of international law concerning such protection, Aldershot/ Brookfield 1996 Tommassi di Vignano, Alessandro: La Rinuncia in Diritto Internazionale, Padova 1960 Treue, Wilhelm: Kunstraub, Über die Schicksale von Kunstwerken in Krieg, Revolution und Frieden, Düssseldorf 1957 Trifunovska, Snezˇana (Hrsg.): Yugoslavia Through Documents – From its creation to its dissolution, Dordrecht/Boston/London 1994 Truslow, Frederic J.: „Peru’s Recovery of Cultural Patrimony“, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 15 (1982/1983), S. 839–856 Turner, Michelle I.: „The Innocent Buyer of Art Looted During World War II“, Vand. J. Trans. L. 32 (1999), S. 1511–1548
Literaturverzeichnis
361
Turner, Stefan: „Das internationale Kulturgüterrecht und die Zerstreuung des deutschen Kulturbesitzes nach dem Zweiten Weltkrieg“, in: Fiedler, Wilfried (Hrsg.): Internationaler Kulturgüterschutz und deutsche Frage: völkerrechtliche Probleme der Auslagerung, Zerstreuung und Rückführung deutscher Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 1991, S. 109–182 (zit.: Turner, Kulturgüterrecht, in: Fiedler) – „Die Zuordnung beweglicher Kulturgüter im Völkerrecht“, in: Fiedler, Wilfried (Hrsg.): Internationaler Kulturgüterschutz und deutsche Frage: völkerrechtliche Probleme der Auslagerung, Zerstreuung und Rückführung deutscher Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 1991, S. 19–108 (zit.: Turner, Zuordnung, in: Fiedler) Uhl, Antje-Katrin: Der Handel mit Kunstwerken im europäischen Binnenmarkt – Freier Warenverkehr versus nationaler Kulturgutschutz, Berlin 1993 UNESCO (Hrsg.): Conventions and Recommendations of Unesco concerning the protection of the cultural heritage, erste Auflage 1983, aktualisierter Nachdruck, Paris/Genf 1985 – Div. of Physical Heritage, Information Note – Recent Development in Respect of the Hague Convention, January 1995, gopher://cormier.icomos.org:70/00/ .icomos/treaties/hague/note Unverzagt, Mechthilde: „Materialien zur Geschichte des Staatlichen Museums für Vor- und Frühgeschichte zu Berlin während des Zweiten Weltkriegs – zu seinen Bergungsaktionen und seinen Verlusten“, JPK 25 (1988), S. 313–384 Vagts, Detlev F.: „Restitution for Historic Wrongs, the American Courts and International Law“, AJIL 92 (1998), S. 232–235 Vandenberg, Philipp: Der Schatz des Priamos, Bergisch Gladbach 1995 Vásárhelyi, István: Restitution in International Law, Budapest 1964 Vattel, Emmerich de: The Law of Nations or the Principles of Natural Law, Translation of the edition of 1758 by Charles G. Fenwick, Washington 1916 Verdross, Alfred/Simma, Bruno: Universelles Völkerrecht, Theorie und Praxis, dritte Auflage, Berlin 1984 Verheugt, J. W. P.: Inleiding in het Nederlandse Recht, neunte Auflage, Deventer 1997 Verri, Pietro: „The condition of cultural property in armed conflicts“, IRRC 25 (1985), S. 67–85 und 127–139 Visscher, Charles de: „La protection internationale des objets d’art et des monuments historiques, Revue de Droit International et de Législation Comparée, 3e sér., 16 (1935), S. 32–74 und 246–288 Volkert, Natalia: Kunst- und Kulturraub im Zweiten Weltkrieg – Versuch eines Vergleichs zwischen den Zielsetzungen und Praktiken der deutschen und der sowjetischen Beuteorganisationen unter Berücksichtigung der Restitutionsfragen, Frankfurt am Main/Berlin/Bern et al. 2000
362
Literaturverzeichnis
Volle, Angelika/Wagner, Wolfgang (Hrsg.): Der Krieg auf dem Balkan – Die Hilflosigkeit der Staatenwelt, Bonn 1994 Vries, Willem de: Kunstraub im Westen 1940–1945 – Alfred Rosenberg und der „Sonderstab Musik“, Frankfurt am Main 2000 – „The ‚Sonderstab Musik‘ of the ‚Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg‘ 1940– 1945“, Spoils of War, No. 0, 19.12.1995, S. 9–12 Wahl, Rainer: „Kunstraub als Ausdruck von Staatsideologie“, in: Strocka, Volker Michael (Hrsg.): Kunstraub – ein Siegerrecht? Historische Fälle und juristische Einwände, Berlin 1999, S. 27–39 – „Kunstraub als Ausdruck von Staatsideologie“, in: Frank, Rainer (Hrsg.): Recht und Kunst, Symposium aus Anlaß des 80. Geburtstages von Wolfram MüllerFreienfels, Heidelberg 1996, S. 105–136 Wallenfels, Monica: „A Current Case: The Destruction of the Last Mosques in Banja Luka on 8 September 1993“, HuV-I 6 (1993), S. 217–220 Wang, Yanfeng: Die „Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China“ vom 1.1.1987 und das Bürgerliche Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland – Eine rechtsvergleichende Untersuchung, Münster, Diss. 1989 Watts, Sir Arthur: The International Law Commission 1949–1998, 3 Bände, Oxford 1999 Weber, Hermann: „Anmerkungen zur ‚Liechtenstein-Entscheidung‘ des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Januar 1998“, AVR 36 (1998), S. 188–197 – „Wem gehört der Schatz des Priamos? Die deutsch-russische Kontroverse über die Rückgabe der sogenannten ‚Beutekunst‘“, HuV-I 12 (1999), S. 36–51 Weggel, Oskar: Das Außenhandelsrecht der Volksrepublik China, Baden-Baden 1976 Wehberg, Hans: Das Beuterecht im Land- und Seekriege. Dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der modernen Entwicklung des internationalen Handels, Tübingen 1909 (zit.: Wehberg, Beuterecht) – Das Seekriegsrecht, in: Stier-Somlo, Fritz (Hrsg.): Handbuch des Völkerrechts, Band VI, Land- und Seekriegsrecht, zweite Abteilung: b, Stuttgart 1915 (zit.: Wehberg, HdV) Weichelt, Marion Yvonne Petra: Kriegsrepressalien, Zürich, Diss. 1993 Weidner, Amelie: Kulturgüter als res extra commercium im internationalen Sachenrecht, Berlin/New York 2001 Weiß, Gottfried: „Beutegüter aus besetzten Ländern – Die privatrechtliche Stellung des schweizerischen Erwerbers“, SJZ 42 (1946), S. 265–274 Wenger, Claude F.: „Article 53 – Protection of cultural objects and of places of worship“, in: Sandoz, Yves/Swinarski, Christophe/Zimmermann, Bruno (Hrsg.): Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, International Committee of the Red Cross, Genf 1987, S. 639–649 Wengler, Wilhelm: Völkerrecht, zwei Bände, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1964
Literaturverzeichnis
363
Wermusch, Günter: Tatumstände (un)bekannt, Kunstraub unter den Augen der Alliierten, Braunschweig 1991 Werner, Olaf: „Konfliktlösungsmodelle zur Förderung und Erhaltung verschleppter Kulturgüter: Das Stiftungsmodell“, in: Genieva, Ekaterina Ju./Michaletz, Claus/ Werner, Olaf (Hrsg.): Gesten des guten Willens und Gesetzgebung, Dokumentation der internationalen Konferenz zur Problematik kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter, Moskau, 24. und 25. April 2001, Berlin/Moskau 2001, S. 357–369 Wescher, Paul: Kunstraub unter Napoleon, Berlin 1976 Wetzel, Johannes: „Geraubte Bilder, geraubtes Leben – Frankreich erinnert sich an seine Rolle beim Kunstraub der Nazis“, Die Zeit, 4. April 1997, S. 49 Weyer, Markus: „Die Mitgliedschaftsrechte der ehemaligen Sowjetunion in den Vereinten Nationen“, ROW 36 (1992), S. 166–176 Wheaton, Henry: Elements of International Law, achte Auflage, herausgegeben von Richard Dana, London 1866 White, Gillian: Nationalisation of Foreign Property, London 1961 Wiedemann, Erich: „Operation Puschkin – Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer“, Der Spiegel 49/2000, S. 82–108 Williams, Sharon A.: The International and National Protection of Movable Cultural Property. A Comparative Study, Dobbs Ferry, N.Y. 1978 Wilske, Stephan: „International Law and the Spoils of War: To the Victor the Right of Spoils? The Claims for Repatriation of Art Removed from Germany by the Soviet Army During or as a Result of World War II“, UCLA J. Int’l L. & For. Aff. 3 (1998), S. 223–282 Wilton, Andrew/Bignamini, Ilaria (Hrsg.): Grand Tour – The Lure of Italy in the Eighteenth Century, London 1996 Windisch, Elke: „Bewegung bei Beutekunst – Wieder Gespräche zwischen Moskau und Berlin“, Stuttgarter Zeitung, 7. Oktober 2000, S. 5 Wirth, Wilfried: „Entziehung von Sachvermögen außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesrückerstattungsgesetzes“, in: Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz (Hrsg.): Das Bundesrückerstattungsgesetz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1981, S. 143–309 (zit.: Wirth, in: Das Bundesrückerstattungsgesetz) Witness of War Crimes in Lebanon: Testimony given to the Nordic Commission, Oslo, October 1982/London 1983 Wohl, Hans-Joachim: Vergleichende Darstellung der Grundzüge des Zurückbehaltungsrechtes nach deutschem, französischem und englischem Recht, Breslau, Diss. 1937 Wolf, Joachim: „Gibt es im Völkerrecht einen einheitlichen Schadensbegriff?“, ZaöRV 49 (1989), S. 403–444
364
Literaturverzeichnis
Wolfrum, Rüdiger: „Common Heritage of Mankind“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Instalment 11 (1989), S. 65–69 – „Durchsetzung des humanitären Völkerrechts“, in: Fleck, Dieter (Hrsg.): Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, München 1994, S. 413–440 – „The Principle of the Common Heritage of Mankind“, ZaöRV 43 (1983), S. 312– 338 – „Reparation for Internationally Wrongful Acts“, in: Bernhardt, Rudolf (Hrsg.): EPIL Instalment 10 (1987), S. 352–353 Woolsey, L. H.: „The Forced Transfer of Property in Enemy Occupied Territories“, AJIL 37 (1943), S. 282–286 Wortley, B. H.: Expropriation in Puplic International Law, Cambridge 1959 Woudenberg, Nout van: „Restitutie-aangelegenheden en de Russische Federatie; beheerst door internationaal- of nationaalrechtelijke bepalingen?“, NJB 74 (1999), S. 1806–1811 Wyss, Martin Philipp: Kultur als eine Dimension der Völkerrechtsordnung. Vom Kulturgüterschutz zur internationalen kulturellen Kooperation, Zürich 1992 Zerbe, Rodney M.: „Immunity from Seizure for Artworks on Loan to United States Museums“, Nw. J. Int’l L. & Bus. 6 (1984/1985), S. 1021–1145 Zheng, Xiaoqing: Risikoverteilung im Verhältnis der Vertragsstörung unter besonderer Berücksichtigung der Gefahrtragung beim Kauf nach chinesischem Recht, deutschem Recht und UN-Kaufrecht, Göttingen, Diss. 1996 Zimmermann, Andreas: „Pillage“ (Kommentar zu Art. 8 Abs. 2 lit. b) (xvi) des ICC-Statuts), in: Triffterer, Otto (Hrsg.): Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Court, Observers’ Notes, Article by Article, BadenBaden 1999, Art. 8, Rz. 167–178 – „Prohibited Destruction“ (Kommentar zu Art. 8 Abs. 2 lit. b) (xiii) des ICC-Statuts), in: Triffterer, Otto (Hrsg.): Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Court, Observers’ Notes, Article by Article, Baden-Baden 1999, Art. 8, Rz. 138–155 Zitelmann, E.: „Der Krieg und die Denkmalpflege“, ZfV 10 (1917), S. 1–19
Stichwortverzeichnis Abwanderungsschutzgesetz 249, 296 acquiescence 251, 255 acquisitive prescription siehe Ersitzung act of state-Doktrin 235 Adenauer-de Gasperi-Abkommen 106 Adjudikation 289 Afghanistan 179 Ägypten 172, 278 ägyptische Museen 142 Akte internationaler Organisationen 205 Albanien 102 Allbeteiligtenklausel 53, 58, 136, 138 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 167 Alliiertes Besatzungsrecht 280 Amelia 34, 129 Annexion 67, 102, 253 Annullierung von Legislativ- und Judikativakten 209 Anspruchsgrundlagen, vertragliche 33 Anstalten, dem Gottesdienst, der Wohltätigkeit, dem Unterricht, der Kunst und der Wissenschaft gewidmete 41 Antike 114 archäologische Funde 85 Archivalien 312 Argentinien 276 Armenien 98, 100, 179, 182 Aserbaidschan 100, 179, 182 Attila 115 Aufbewahrungskosten 238 Aufrechnung 262 Aufwendungsersatz 164, 218 Ausfuhrgenehmigung 65
Ausführungsbestimmungen zur HKSK von 1954 292 Ausfuhrverbot 65–66 Bahrain 279 Baldin’sche Sammlung 216 baltische Staaten 102, 113, 182, 203 baltisches Kulturgut 154 bares Geld 42 Beendigung der Feindseligkeiten 64 Beendigung der Kampfhandlungen 64, 71 Beginn des bewaffneten Konfliktes 71 Belarus 98–99, 203 Belegenheitsstaat 68 Belgien 111, 142, 238, 261 Benesch-Dekrete 166 Bereicherung 195 – Dreipersonenverhältnis 197 – Zweipersonenverhältnis 197 Bergungspflicht 44 Beschlagnahme 42, 62, 118, 120, 135, 139, 154, 188, 218, 235 Beschlagnahmegesuch 69 Beschlagnahmeverbot 41 Beutekunstgesetz, russisches 201, 233, 284, 293 Beuterecht 41, 45, 219 bewaffnete Macht 49 bewegliches Eigentum des Staates 42 Beweislast 185 Bibliotheka Hertziana 106 Bibliotheken 116, 119, 144, 162, 176, 256, 300 Billigkeit 270 bona-fide-Inhaber 68
366
Stichwortverzeichnis
Bosnien und Herzegovina 177 Bourbonen 127 Brasilien 276 britisch-norwegischer Fischereistreit 251 British Museum 142 Brüsseler Deklaration von 1874 41, 131, 134 Bücher 42, 131 Bulgarien 103, 144, 161–162 Bundesrepublik Deutschland 82, 182 Bundesverfassungsgericht 166 Cadwalader 131 Castlereagh 127 Charta des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg vom 8. August 1945 239 China siehe Volksrepublik China clausula si omnes siehe Allbeteiligtenklausel Clay 157 Collecting Points 159 Commission des Monuments 49, 121 Commission du Muséum 49, 121 Commission Royale des Monuments et des Sites 138 common-heritage-Prinzip 302 common law 125, 183, 194, 273 compensation 212 Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property von 1970 33, 56, 73, 104, 168, 171, 205 Coordinating Committee of the Allied Control Council 230 cultural heritage of mankind 57, 135, 301 damages 214 Dänemark 271 DDR 90, 96, 163, 256
Deklaration der GUS-Angehörigen von Alma Ata von 1991 84 desuetudo 179 deutsch-russisches Regierungsabkommen über kulturelle Zusammenarbeit 82, 98, 102 deutsch-sowjetischer Nachbarschaftsvertrag 83, 102 – Anwendbarkeit 84 – Herausgabeberechtigter 96 – Kunstschätze 85 – Territorium der Vertragsparteien 94 – unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter 89 – Verschollene Kulturgüter 87 Deutsches Archäologisches Institut 106 Deutsches Historisches Institut 106 Deutsches Kunsthistorisches Institut 106 Deutsches Reich 155 Deutschland 139, 270 Devisenbeschaffung 65 Diebstahl von Kulturgut 60, 172, 186, 188 Dinge des allgemeinen Gebrauchs 85 Dismembration 102 Dismembration der UdSSR 84 Disproportionalität 305 Dreißigjähriger Krieg 117 Dresdner Gemäldegalerie 162 EG-Richtlinie 93/7/EWG 169 – Rückwirkung 170 EG-Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 243 EG-Verordnung (EWG) Nr. 3911/92 des Rates über die Ausfuhr von Kulturgütern 170 Eigentum der Kirchen 133 Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg 50–52, 152, 204 einseitige staatliche Akte 197 Eintrittsgelder für Museen 215
Stichwortverzeichnis Eintrittsgelder für Sonderausstellungen 216 Einwände gegen Rückgabeansprüche 219 Eisenhower 156 Elgin-Marbles 142, 298 Entartete Kunst 30 Enteignung 166, 194, 288 Enteignungsverbot 289 entgangener Gewinn 212, 215 Entschädigung 288 Entschädigung an den Eigentümer 284 Entschädigung an den gutgläubigen Erwerber 68 Entschädigung des gutgläubigen Besitzers 75 Entschuldigung 209 Eremitage 27 Erfolgshaftung 52 Erfordernisse des Krieges 40 Erhaltungsmaßnahmen 61 Erlöse aus Bildrechten 217 Erlöse aus der Vermarktung von Ausstellungsgegenständen 217 Erlöse aus Katalogverkäufen 216 ERR siehe Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg Ersitzung 196, 249 – Abgrenzung zur Verjährung 254 – Gutgläubigkeit 253 – Unterbrechung 254 – Verletzung des Gewaltverbotes 253 Erster Weltkrieg 137, 144, 186 – Friedensverträge 224, 229, 301 – Reparationen 261 Erstes Protokoll zur HKSK 63 Erstes Zusatzprotokoll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte von 1977 75, 169, 187, 267 Erwerb durch Zeitablauf 45 Estland siehe baltische Staaten
367
estoppel-Prinzip 219, 248, 262 ethnic cleansing 177 Europäische Union 169 Europäischer Menschenrechtsgerichtshof 166 Evakuierungsagenturen 49 Evakuierungsbüro 121 Exilregierung 66 Fenstersturz von Prag 117 Final Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property 286, 290 Finnland 144 Flaggen 145 Forderungen 42 Frankreich 126, 182, 230, 238, 240, 272, 298 französiche Nationalversammlung 121 Französische Revolution 123 freies Geleit 249, 290, 296 Freikorps 49 Friedensvertrag 64, 117, 133, 263, 268, 301 Friedensvertrag mit Finnland 229 Friedensvertrag mit Italien 78 Friedensvertrag mit Ungarn 161, 185 Friedensvertrag von Dorpat 144 Friedensvertrag von Lausanne 144 Friedensvertrag von Neuilly-sur-Seine 143 Friedensvertrag von Riga 145 Friedensvertrag von Sèvres 144 Friedensvertrag von St.-Germain-enLaye 142 Friedensvertrag von Trianon 143 Friedensvertrag von Versailles 240, 261 Friedensverträge 127, 146, 161, 262 Friedensverträge der Alliierten von 1947 77, 162 Friedrich I. (Barbarossa) 115
368
Stichwortverzeichnis
Galerien 177 Gallier 115 Gebäude, der Kunst und Wissenschaft gewidmete 39 Gefährdungshaftung des Krieg führenden Staates 52 Geiserich 115 Gemeindeeigentum 41 Gemeinsame Erklärung von 1991 83 Gemeinsame Rückführungskommission 93 Generalversammlung der Vereinten Nationen 167 Genfer Abkommen, zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten, IV. von 1949 166 Genfer Rotkreuz-Konventionen von 1949 166 Genfer Zusatzprotokolle von 1977 58 Georgien 98, 101, 182 Geschäftsführung ohne Auftrag 221 Gewaltverbot 67 Golfkrieg, erster 174 Golfkrieg, zweiter 174, 180, 186 Grabungsstätten 176 Grand Tour 205 Griechenland 144, 205 Großbritannien 126, 132, 157, 261 Grotius 118 Grundrecht der Staaten auf Achtung ihres Eigentums auf fremdem Staatsgebiet 291 Grundsatz der Effektivität 249 Grünes Gewölbe 163 Gutglaubenserwerb 68 gutgläubiger Besitz 164 Haager Konvention betreffend den Schutz des Kulturguts im Falle eines bewaffneten Konfliktes von 1954 33, 57–58, 167, 180–181, 303 Haager Konventionen von 1899/1907 33, 38, 136, 138
Haager Landkriegsordnung 39, 46, 136, 156 Haager Luftkriegsregeln von 1923 150 haq-a-habs 278 heilige Stätten und Tempel 114 Heilung durch Friedensvertrag 46 Herausgabe der Früchte 208 Herausgabepflicht dritter Staaten 69 Herkunftsstaat 67 Hitler 152 HKSK siehe Haager Konvention betreffend den Schutz des Kulturguts im Falle eines bewaffneten Konfliktes HLKO siehe Haager Landkriegsordnung Höhe des Schadenersatzes 212 humanitäres Völkerrecht 75 Ikonen 89 ILC Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property 1985 287 illegal exportierte Kulturgüter 56, 103 illegal trafficing of cultural property 56 illegale Ausfuhr von Kulturgütern 72, 205 illegale Ausgrabungen 205 illegaler Kunsthandel 170 immemorial times 251 Immunität 62 Immunity From Seizure Act 290 Indien 241 individuelle Strafbarkeit 172 individuelle Verantwortlichkeit 186 Insignien 145 Institut de Droit International 136 Institut für Analyse und Management von Konflikten und Stabilität 95 Integration von Kulturgütern 299
Stichwortverzeichnis Integrität von Sammlungen 300 Internationaler Militärgerichtshof in Nürnberg 137, 157, 187 Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien 178 intertemporales Völkerrecht 45, 94, 196, 219 Irak 174, 206 Irakkrieg 2003 176 Iran 174, 278 Iran-United States Claims Tribunal 195 Israel 111, 172, 279 Italien 78, 106, 132, 138, 205, 241, 261, 272 ius in bello 46 ius post bellum 46 Japan 109, 132 Jordanien 174 Journalisten 176 jüdisches Eigentum ohne Erbanspruch 160 jüdisches Kulturgut 154 jüdisches Recht 279 Jugoslawien, ehemaliges 177 Kanada 70 Kapitulation 46 Kasachstan 98, 101 Kennzeichnung von Kulturgütern 150 Kirchen 119, 177 Kircheneigentum 116 Kirgisische Republik 98, 100 Kolonisierung 205, 303 Kombattanten 49–50 Kompensation 91, 315 Kompensation des Besitzers 183 kompensatorische Restitution 91, 203, 233 Konfiskation 288 Konstantinopel 116, 144
369
Kontrollratsdirektive vom 21. Januar 1946 230 Konvention von 1970 siehe Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property von 1970 Kopernikus-Gruppe 310 Korea 109 Kosten der Rückführung 109, 213 Kreuzzüge 115 Krieg von 1870/71 240, 298 Kriegsausbruch 71 Kriegskunst 109 Kriegsräson 40 Kriegstrophäen 145 Kriegsverbrechen 77, 187 Kriegszweck 41 Kroatien 170, 177 kulturfeindliche Handlungen 44 Kulturgut, Definitionen 98 Kulturgüter, Definition 30 Kulturgüter, den Okkupanten beschämende 46 Kulturgüter als Reparationsobjekte 68, 261, 301 Kulturgüter als Repressaliengegenstände 267 kul’turnye cennosti 85 Kulturpflicht des besetzenden Staates 45 Kunstschätze 85, 99 Kunstschutzoffiziere 156 Kuwait 170, 174, 206 Kuwait National Museum 175 Landsturm 49 Lazarettschiffe 62 Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons 317 Leihgaben 285 Leihvertrag 197, 249 Lettland siehe baltische Staaten
370
Stichwortverzeichnis
Libyen 278 Lieber, Francis 132 Lieber Code 131–132, 135, 260 Liechtenstein 165 lien 273 Linz 152 Litauen siehe baltische Staaten Londoner Erklärung von 1943 155, 161, 184 Londoner Vereinbarung von 1945 187 Louvre 121 Makedonien 177 Manuel des lois de la guerre sur terre von 1880 136 Marquis de Somerueles 34, 124, 129 Martens’sche Klausel 138 materielle Unmöglichkeit 222 Mexiko 72 MFAA 158 militärische Notwendigkeit 40, 43–44, 60, 114, 138, 149, 167, 188 militärische Nutzung von Gemeindeeinrichtungen, Kirchen, Schulen, Universitäten und Museen 44 militärischer Vorteil 120 militärisches Gerät 145 Militärverwaltungsgebiet 45 Moldau 98, 100, 203 Mondvertrag von 1979 303 mosaisch-rabbinisches Zivilrecht 279 Moynier 136 Münzen 43 Musée Français 121 Museen 133, 141, 176–177, 256, 300 Museumseinnahmen 196 Museumsgebäude als Lazarett 44 Nagorni-Karabach-Konflikt 179 Napoléon 121, 126, 152 napoleonische Kriege 121, 128 nationale Exportbestimmungen 29 Nationalgarde 49
Naturalrestitution 47, 77, 140, 183, 209 Naturrechtslehre 119 Nebukadnezzar 115 Nederlandsche Oudheidkundige Bond 150 Nichtkombattanten 49 Niederlande 238, 241, 271 Nießbrauch 217 Nofretete 298 Norwegen 241, 251 Notstand 44 OAS Convention on the Protection of the Archeological, Historical and Artistic Heritage of the American Nations 244, 286, 291 Objekte mit spirituellem Wert 76 occupatio bellica 41, 43, 45, 72, 167, 183, 186 öffentliche Anlagen 42 öffentliche Sammlungen 42 öffentliches Eigentum 62, 133, 136, 188 Offiziersquartiere 42 Okkupation, friedliche 250 OMGUS 79 ordre public 292 Österreich 126, 142, 182, 204, 257 österreichisches Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen 204 Osteuropa 272 Oxford Manual 131, 136 pacta sunt servanda 93 pactum de contrahendo 100, 110, 112 pactum de negotiando 100, 106, 110 Pantheon 142 Pariser Vorortverträge 139 Partisanenkämpfe 64 Pergamon-Altar 298
Stichwortverzeichnis Personalkosten 213 Peru 72 Pflicht zum Rückkauf 224 PLO 111, 173 Plünderung 51, 60, 76, 116–118, 135, 139, 152, 172, 174–175, 177–179, 186, 210 Plünderungen durch die Bevölkerung 176 Plünderungsverbot 41, 118–119, 151, 167, 179 Polen 70, 104, 142, 145, 258, 309– 310 Polibius 114 Polizei 51 polnisches Kulturgut 154 Portugal 126, 276 Preußen 126, 132 Principles for the Resolution or Disputes Concerning Cultural Heritage Displaced During the Second World War 309 Prisennahmen 62 Prisenrecht 62, 126, 130 private Sammlungen 42 Privateigentum 41, 62, 120, 133, 135– 136, 159, 188, 218, 252 Privatpersonen 52 Protokoll zur Haager Konvention, erstes 33, 103, 173, 205 – Anwendbarkeit auf Kulturgutwegnahmen vor 1945 66 Protokoll zur Haager Konvention, zweites 72, 171, 188 Protokoll zur HKSK von 1954, erstes 297 Psychologie des Kunstraubes 36 Pufendorf 118 Puschkin-Museum 217 Quadriga 36 Quatremère de Quincy 122, 125 Recht auf Heimat 67 rechtliche Unmöglichkeit 223
371
Rechtsmissbrauch 219 Reichsgericht 137 Rekonstitution zerrissener Kunstwerke 141 Religionsfriede von Augsburg 117 Renaissance 116 Reparationen 172, 210, 225, 260 Reparationsanspruch 222 Reparationsverbot 264 Repressalie 81, 116, 127, 266, 283, 289 Reproduktionen 217 Resolution 686 von 1991 des UN-Sicherheitsrates 206 Resolution 3187 XXVIII von 1973 205 Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen 205 Restaurierungskosten 211, 222 Restitution 209 restitution in kind 35, 91, 146, 162, 212, 223, 225, 263, 310 Restitution von Kulturgütern verfolgter Juden 68 Restitutionsstreitigkeiten 316 Revindikationsklage 199 right of retention 273 Roerich 54 Roerich-Pakt 34, 54, 151 Römisches Recht 114, 122, 194 Rosenberg 152 Rousseau 118 Rückführung von Kulturgütern in ihr Ursprungsland 205 Rückführungskosten 238 Rückgabe 56 Rückgabeanspruch aus HKSK 63 Rückgabeverpflichtung 56 Rückgängigmachung völkerrechtswidriger legislativer Akte 223 Rückholrecht geraubten Kulturguts 45 Rumänien 106, 161–162 Russische Föderation siehe Russland
372
Stichwortverzeichnis
Russisches Archäologisches Institut 144 Russland 82, 111–112, 126, 144, 200, 255, 272, 283, 313 Sabbatino-Amendment 235 Sacco di Roma 116 Sammelwahn 36 Sammlungen 119–120, 177, 300 Schaden 48 Schadenersatz 222 Schadenersatz in Geld 212, 223 Schadenersatz wegen unrechtmäßiger Kriegshandlungen 263 Schadenersatzpflicht 47, 184 Schatz des Priamos 216, 283, 299 Schiedsgericht 309, 316 Schiffe auf wissenschaftlichen Missionen 62 Schulen 119 Schweden 126, 199, 271 Schweiz 198 Sechs-Tage-Krieg von 1967 172 Seekriegsrecht 62 Seerecht 301 Selbstbestimmungsrecht 46 Selbsthilfe 45 Sicherheitsrat 175 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 84 Sicherung von Kulturgütern 177, 217 Sicherungsabsicht 90 Siegesdenkmäler 46 Skandinavien 271 Skelette 85 Slovenien 177 Sonderkommando Künsberg 52, 153 Sowjetunion 157, 163, 230, 258 Spanien 126, 132, 276 SS 50, 53, 153 Staatenidentität 84 Staatenimmunität 288 Staatennachfolge 105, 169, 300
Staatensukzession 162 Staatenverantwortlichkeit 172 Staatsvertrag betreffend Österreich von 1955 257 Staatsvolk 67 Stalin 154 Statut des Internationalen Strafgerichtshofes 73, 188 Statut des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien 188 Stiftung Preußischer Kulturbesitz 311 Stiftungslösung 311 stillschweigendes Anerkenntnis 88 Südamerika 276 Sultan Makaua 140 Supreme Court 126 Synode von Charroux 115 Tadschikistan 98, 100 Taiwan 278 Tectosagen 114 Temple-of-Preah-Vihear-Fall 194, 211 Territorialbindung von Kulturgütern 66–67, 71, 97, 162 territoriale Souveränität 67 Thailand 195 The Amelia siehe Amelia The Marquis des Somerueles siehe Marquis de Somerueles Thucydides 114 totaler Krieg 157 Transport von Kulturgütern 62 Transportkosten 213, 222 Transportschiffe von Kulturgütern 62 Treaty on the Protection of Artistic and Scientific Institutions and Historic Monuments siehe Roerich-Pakt Treaty on the Protection of Movable Property of Historic Value siehe Vertrag von Washington Treu und Glauben 248, 295 Treuegrundsatz 285, 292
Stichwortverzeichnis
373
Trophäenkommissionen, sowjetische 50, 53, 91, 95, 154, 162 Tschechische Republik 273 Tschechoslowakei 142, 166 Türkei 144, 205, 283 Turkmenistan 100
Urbevölkerung als Völkerrechtssubjekt 205 Urheber der Kulturgüter 66 USA 65, 72, 108, 157, 170, 174, 176, 216, 230, 235 Usbekistan 98, 101
Überleitungsvertrag 163, 229, 264 Übermaßverbot 39 Übertragung von Eigentum unter Zwang 74 UdSSR 82 Ukraine 99, 103, 182, 203 Umfang des Rückgabeanspruchs 208 unberechtigte Inbesitzname 60 unbewegliches Kulturgut 54 UN-Charta 67 UNCLOS von 1982 302 UNESCO 35, 57, 174, 178, 181, 206, 241, 308 UNESCO Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property to its Countries of Origin and its Restitution in Case of Illicit Appropriation 308 Ungarn 102, 112, 143, 161–162 ungerechtfertigte Bereicherung 70, 192 – gezogene Früchte 215 – Umfang 215 UNIDROIT-Convention on Stolen and Illegally Exported Cultural Objects von 1995 170, 243, 282 Uniform, Tragen einer 52 United Nations Return of Property Unit 175 universaler Schutz von Kulturgütern 76 Universitätsbibliothek von Leuven 141 UN-Sicherheitsrat 178, 206 Unverhältnismäßigkeit 305 unverteidigte Stätten 39–40
Vandalen 115 Vandalismus 60, 176, 178 Vattel 118 Venedig 116 venire contra factum proprium 219, 248 Verantwortlichkeit von Privatpersonen 196 Verbringung zu Sicherungszwecken 197, 293 Vereinigtes Königreich 65, 72 Verfassung der Russischen Föderation 236 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 39 Verjährung 68, 80, 239, 254 – Anwendbarkeit 239 – Fahrlässigkeit 244 – Verjährungsfrist 68, 171, 238, 245– 246 Verjährungsausschluss 242 Verkauf unter Druck 154 Verkauf unter Zwang 160 Verkaufserlöse 196 Verpackungskosten 213, 222 Versailler Friedensvertrag 139 verschollene Kulturgüter 87, 101 Verstaatlichung von Kulturgütern 235 Vertrag von Washington 34, 55, 151 Vertrag zu Lasten Dritter 203, 224 Verträge, bilaterale 81, 182 Vertreibung 97 Vertreibung der angestammten Bevölkerung 66–67, 71 Vertreibungsverbot 67 Veruntreuung von Kulturgut 172 Verwirkung 248
374
Stichwortverzeichnis
Verzicht 255 Vietnamkrieg 179 Völkerbund 151 Völkercourtoisie 121 Völkergewohnheitsrecht 113 Völkergewohnheitsrecht, heute geltendes 179 Volksrepublik China 276 Voraussetzungen des Wiedergutmachungsanspruches 48 Vukovar 177 Wahl der Mittel 39 Währung des Schadensersatzes 213 Washington D.C. 123, 150, 158 Washingtoner Vertrag von 1935 siehe Vertrag von Washington Weggabe aus Gründen der Völkerverständigung 290 Wegnahme 60, 76, 140, 172, 210, 212, 310 Wegnahme, kulturfreundliche 61 Wegnahme entliehener Kulturgüter 220 Wegnahme zur Heilung der Rechtslage 219 Wegnahmemöglichkeit 133 Wegnahmeverbot für Kulturgüter 41, 56, 61, 151, 186 – Ausnahmen 43 Wehrmacht 50 Weltkulturerbe-Konvention von 1972 168, 301, 304 Weltraumvertrag von 1969 303 Wertbestände des Staates 42
Westfälischer Friede von 1648 34, 117 Widerstandskämpfer 61 Wiedergutmachung 47, 62, 77, 183, 209 Wiedergutmachungsanspruch 53, 70, 186 Wiener Kongress 36, 45, 120, 126, 141, 186 Wiener Vertragsrechtskonvention von 1969 83, 85, 87 Wiesbadener Manifest 158 Wikinger 115 Wilhelm II. 140 Williams Case (1885) 245 wissenschaftliche Institutionen 119, 174 Zar Alexander II. 134 Zerstörung von Kulturgütern 76, 133, 172, 178, 187 Zinsen 212 Zurechenbarkeit von Handlungen Privater 52 Zurückbehaltungsrecht 268 Zurückbehaltungsrecht wegen ungeklärter Rechtslage 282 Zwangsvollstreckung 285 Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 165, 258 Zweifelsfallregelung 76 Zweiter Weltkrieg 70, 77, 86, 91, 101, 104, 146, 152, 179, 186, 198, 213, 224, 229, 240 – Reparationen 261