Der selbstständig tätige Globalzedent in der Insolvenz: vom Eröffnungsantrag bis zur Restschuldbefreiung [2 ed.] 9783814559094

Der Verfasser macht es sich zur Aufgabe, in chronologischer Reihenfolge die Wechselwirkungen der Globalzession des selbs

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German Pages 248 Year 2023

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Der selbstständig tätige Globalzedent in der Insolvenz: vom Eröffnungsantrag bis zur Restschuldbefreiung [2 ed.]
 9783814559094

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Paul Ferdinand Fröhlich Der selbstständig tätige Globalzedent in der Insolvenz

Der selbstständig tätige Globalzedent in der Insolvenz

von Paul Ferdinand Fröhlich

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG · Köln

Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss. iur., 2023

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischem oder anderen Wegen und der Speicherung in elektronischen Medien. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: Hundt Druck GmbH, Köln

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg im Wintersemester 2022/2023 als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 8. Mai 2023 statt. Rechtsprechung und Literatur konnten bis einschließlich Mai 2023 berücksichtigt werden. Bei all denen, die mich während der Erstellung meiner Dissertation begleitet und unterstützt haben, möchte ich mich herzlich bedanken. Mein Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Andreas Piekenbrock, der den Anstoß zu dieser Arbeit gab und mir auf dem Weg zur fertigen Dissertation stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Herrn Prof. Dr. Matthias Siegmann danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern dieser Schriftenreihe danke ich für die Zustimmung zur Aufnahme meiner Arbeit. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Dr. Patrick Treitz, für den ich promotionsbegleitend arbeiten durfte und der mir dabei ein herausragender Mentor war. Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken. Mein besonderer Dank gilt Karuna Kauderer, die mich während des Promotionsvorhabens stets verständnis- und liebevoll unterstützt hat. Mein größter Dank gilt allerdings meinen Eltern, die mir das Jura-Studium überhaupt erst ermöglicht haben und mich in sämtlichen Lebensphasen bedingungslos gefördert, ermutigt und inspiriert haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Frankfurt am Main, im Juli 2023

Paul Fröhlich

V

Inhaltsverzeichnis Rn.

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Vorwort ................................................................................................................ V Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... XV § 1 Einleitung .......................................................................................... 1 ........ 1 A. Gegenstand der Untersuchung ............................................................ 1 ........ 1 B. Entscheidende Parameter .................................................................... 6 I. Globalzession ............................................................................... 7 1. Dingliche Wirkungen ............................................................. 7 2. Bindung an den Sicherungszweck .......................................... 9 3. Einziehungs- und Verwendungsermächtigung ..................... 10 II. Selbstständige Tätigkeit ............................................................. 11 1. Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung ......................... 11 2. Gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit ............................ 12 3. Betrieb und Unternehmen .................................................... 13 4. Beschränkung auf Einzelunternehmer .................................. 14 III. Insolvenz .................................................................................... 15

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C. Gang der Untersuchung .................................................................... 17 ...... 10 § 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren .................................. 18 ...... 11 A. Überblick über das Eröffnungsverfahren .......................................... I. Einordnung ................................................................................. II. Wirkungen .................................................................................. 1. Auswahl der vorläufigen Maßnahmen ................................. 2. Starke vorläufige Insolvenzverwaltung ................................ 3. Schwache vorläufige Insolvenzverwaltung .......................... III. Selbstständige Tätigkeit ............................................................. 1. Zusammenhalt des Unternehmensverbundes ....................... 2. Die Rolle des vorläufigen Insolvenzverwalters .................... 3. Sicherung der Weiterbelieferung .........................................

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession ........... I. Übergang der Forderungen ......................................................... 1. Erforderlichkeit der Verfügungsmacht bei Entstehen der Forderung ................................................ a) Konzeption der Verfügungsmacht .................................

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VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

b) Sonderfall Direkterwerb ................................................. 2. Auswirkungen der §§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 InsO .......... a) Auslegung des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO ............................. aa) Der Wille des Gesetzgebers ..................................... bb) Objektive Gesichtspunkte ........................................ b) Ergebnis ......................................................................... II. Einziehungs- und Verwendungsermächtigung ........................... 1. Gefahr des Widerrufs der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung .................................................. a) Möglichkeit zum Widerruf ............................................ b) Fehlende Anfechtungsfestigkeit als Anlass zum Widerruf ................................................................. 2. Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung ........................................................................ a) Anfechtungsfeste Übertragung neuer Forderungen ....... aa) Keine Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 InsO ............................................................... bb) Anwendung der Bargeschäftsausnahme i. S. d. § 142 InsO ............................................................... cc) Schwächen dieses Lösungswegs .............................. b) Gerichtliche Ersetzung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung ........................................... aa) Gerichtliche Einziehungsermächtigung ................... (1) Pflicht zur Abführung oder Verwahrung der Forderungserlöse ......................................... (2) Persönliche Konsequenzen bei Erlösverwendung ......................................... bb) Gerichtliche Erlösverwendungs-/ Einzelermächtigung ................................................. (1) Die Lösungsvorschläge Ganters ........................ (2) Voraussetzungslose gerichtliche Erlösverwendungs-/Einzelermächtigung ........... (3) Sonderfall vorläufige Eigenverwaltung ............. 3. Verdeutlichung des Bedarfs einer frühzeitigen Verfahrenseröffnung ............................................................

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren ..................................... 92 ...... 55 A. Überblick über das Insolvenzverfahren ............................................ I. Einordnung ................................................................................. II. Wirkungen .................................................................................. III. Selbstständige Tätigkeit .............................................................

VIII

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Inhaltsverzeichnis Rn.

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1. Erklärung des Insolvenzverwalters nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ............................................................................... 98 ...... 58 2. Fehlen einer klaren Positionierung des Insolvenzverwalters ............................................................ 101 ...... 61 3. Ausgleichszahlungspflicht nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO ........................................................................... 103 ...... 63 B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession ........... I. Die Auswirkungen des Erwerbsverbots nach § 91 Abs. 1 InsO ....................................................................... II. Besonderheiten bei einer freigegebenen selbstständigen Tätigkeit ................................................................................... 1. Die Konvaleszenz der Globalzession ................................. a) Urteil des BGH vom 18.4.2013 ................................... b) Reaktionen aus der Literatur ........................................ aa) Erschwerung der Betriebsfortführung ................... bb) Ausschluss der Neugläubiger von „ihrer“ Haftungsmasse ....................................................... cc) Schlussfolgerungen ................................................ 2. Partielle Aufrechterhaltung des Erwerbsverbots ................ a) Aufgabe der Konvaleszenz-Rechtsprechung durch Urteil des BGH vom 6.6.2019 ........................... b) Eingrenzung der Fortwirkung des Erwerbsverbots ...... aa) Andere Gegenstände des insolvenzfreien Vermögens ............................................................. bb) Zugriff durch einen Neugläubiger ......................... cc) Anderer Zugriff als durch vorinsolvenzliche Vorausverfügung ................................................... c) Reaktionen aus der Literatur ........................................ 3. Eigene Stellungnahme ........................................................ a) Einfluss des § 91 Abs. 1 InsO ...................................... aa) Zielrichtung ........................................................... bb) Schlussfolgerung der Konvaleszenz ...................... (1) Begrenzung auf künftig entstehende Forderungen .................................................... (2) Auswirkungen des Verständnisses von der Verfügungsmacht ............................... b) Zwecke des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ............................... aa) Die Schaffung einer Haftungsmasse für die Neugläubiger .............................................. (1) Kein genereller Ausschluss der Altgläubiger .. (2) Keine Teilnahme an zwei Insolvenzverfahren mit identischer Forderung ....................

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Inhaltsverzeichnis Rn.

bb) Fortführung des selbstständigen Betriebs .............. c) Methodische Einordnung ............................................. aa) Zulässige Analogiebildung .................................... (1) Planwidrige Regelungslücke ........................... (2) Gleichheit der Interessenlagen ........................ bb) Möglichkeiten einer Gesetzesänderung ................. (1) Ergänzung des § 91 Abs. 1 InsO ..................... (2) Ergänzung des § 35 InsO ................................. III. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion ................

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode ...................... 158 ...... 97 A. Überblick über die Wohlverhaltensperiode .................................... I. Einordnung ............................................................................... II. Wirkungen ................................................................................ 1. Beendigung des Insolvenzverfahrens ................................. 2. Eintritt in die Wohlverhaltensperiode ................................ III. Selbstständige Tätigkeit ........................................................... 1. Wirkungen der Verfahrensbeendigung .............................. 2. Durchsetzung der Gläubigergleichbehandlung .................. 3. Ausgleichszahlungsobliegenheit ........................................ 4. Verbot unangemessener Verbindlichkeiten ........................

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession ....... I. Unwirksamkeit analog § 91 Abs. 1 InsO .................................. II. Unwirksamkeit nach § 287 Abs. 3 InsO ................................... III. Nichtigkeit nach § 294 Abs. 2 InsO ......................................... 1. Abkommen ......................................................................... a) Einbeziehung einer vorinsolvenzlichen Globalzession ............................................................... b) Zusatzvoraussetzungen bei vorinsolvenzlichem Abkommen .................................................................. aa) Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO ............................. bb) Die Rolle des Zwecks der Verhinderung einer Gläubigerbeeinflussung ................................ cc) Systemische Unterschiede zwischen neuer und alter Rechtslage ............................................... 2. Sondervorteil für einzelnen Insolvenzgläubiger ................. IV. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion ................ 1. Keine Umsetzbarkeit einer Teilunwirksamkeit der Sicherungsabrede ......................................................... 2. Geltungserhaltende Auslegung der Sicherungsabrede .......

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Inhaltsverzeichnis Rn.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung ...................... 194 .... 119 A. Überblick über die Restschuldbefreiung ......................................... I. Einordnung ............................................................................... II. Wirkungen ................................................................................ 1. Beendigung der Wohlverhaltensperiode ............................ 2. Erteilung der Restschuldbefreiung ..................................... 3. Besonderheiten bei asymmetrischem Verfahren ................ III. Selbstständige Tätigkeit ...........................................................

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession ........... I. Interessenlage hinter möglicher Fortwirkung der Globalzession ..................................................................... 1. Betriebsfortführungsinteresse des Schuldners .................... 2. Befriedigungsinteresse der verbleibenden Gläubiger ......... 3. Sicherungsinteresse des Globalzessionars .......................... II. Prädetermination durch Gesetzesmaterialien und EU-Richtlinie ..................................................................... 1. Widersprüchliche Auffassungen des Gesetzgebers im Kontext von § 114 InsO ................................................ 2. Rückschlüsse aus § 300a InsO ........................................... 3. Rückschlüsse aus Restrukturierungs-Richtlinie ................. III. § 301 InsO als Ausgangspunkt ................................................. 1. Anwendbarkeit von § 301 Abs. 1 und 3 InsO .................... 2. Umkehrschluss aus § 301 Abs. 2 S. 1 InsO ........................ a) Beschränkung des Anwendungsbereichs auf bestehende Sicherungsrechte ................................. b) Umkehrschluss auf Unwirksamkeit nicht bestehender Sicherungsrechte ...................................... IV. Endgültige Nichtigkeit nach § 294 Abs. 2 InsO ....................... 1. Argumente der Befürworter ............................................... 2. Argumente der Gegenseite ................................................. 3. Eigene Auslegung und Stellungnahme ............................... a) Wortlaut ....................................................................... b) Historie ........................................................................ aa) Vorgängerregelungen des § 294 Abs. 2 InsO ........ bb) Gesetzesbegründung .............................................. c) Systematik .................................................................... aa) Gesetzesaufbau und Kontext ................................. bb) Kollisionen mit anderen Normen ........................... (1) § 301 Abs. 2 S. 1 InsO ..................................... (2) § 91 Abs. 1 InsO .............................................. (3) § 287 Abs. 3 InsO ............................................

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XI

Inhaltsverzeichnis Rn.

d) Teleologische Erwägungen .......................................... aa) Durchsetzung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung ........................................... bb) Sicherstellung der Tilgungsmittel .......................... cc) Verhinderung der Gläubigerbeeinflussung ............ (1) Verletzung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes ...................................... (2) Ausbruch aus der Fixierung auf die Wohlverhaltensperiode .............................. dd) Schutz des Schuldners nach der Restschuldbefreiung .............................................. e) Ergebnis ....................................................................... aa) „Insoweit“-Unwirksamkeit .................................... bb) Erforderlichkeit einer geltungserhaltenden Auslegung .............................................................. V. Freigabeanspruch aus der Sicherungsabrede ............................ 1. Standardmäßiger Inhalt einer Sicherungsabrede ................ 2. Auslegung der Standard-Sicherungsabrede ........................ a) Wortlaut ....................................................................... b) Vertragszweck und mutmaßliche Interessenlage ......... VI. Unwirksamkeit wegen Abbedingung zwingenden Rechts ....... 1. Zwingender Charakter der Restschuldbefreiungsvorschriften ........................................................................ a) Beteiligtenschutz .......................................................... b) Drittschutz .................................................................... aa) Neugläubiger ......................................................... bb) Insolvenzgläubiger ................................................. c) Funktionsschutz ........................................................... d) Zwischenergebnis ........................................................ 2. Abbedingung des § 301 Abs. 1, 3 InsO durch die Globalzession ............................................................... a) Vergleichbarkeit mit den anerkannten Formen der Abbedingung .......................................................... b) Berücksichtigung der Schutzrichtungen der Restschuldbefreiung ............................................... c) Kontrast zu § 301 Abs. 2 S. 1 InsO .............................. 3. Rechtsfolge der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen .............................................................. a) Umgehungsgeschäft ..................................................... b) Abgrenzung Verbotsgesetz/Beschränkung der Gestaltungsmacht ................................................... 4. Ergebnis und Einordnung ................................................... a) Ausgleich der widerstreitenden Interessen ................... XII

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Inhaltsverzeichnis Rn.

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b) Auswirkungen auf einen Freigabeanspruch aus der Sicherungsabrede ............................................. 321 .... 184 VII. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion .............. 323 .... 185 § 6 Zusammenfassung und Ergebnisse ............................................. 325 .... 187 A. Eröffnungsverfahren ....................................................................... 325 .... 187 B. Insolvenzverfahren ......................................................................... 327 .... 188 C. Wohlverhaltensperiode ................................................................... 330 .... 188 D. Restschuldbefreiung ....................................................................... 332 .... 189 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 191 Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 225

XIII

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. F. Abs. AcP AEntG

AEUV AG AG SBV AGB AGBG Alt. Anm. AP ArbG ArbR Art. AT BAG BAGE BankR BB Bd. BeckOGK BeckOK BeckRS BetrVG BFH BFHE BGB BGH BGHZ BK BKR BMJ

andere Ansicht alte Fassung Absatz Archiv für die civilistische Praxis Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Vertrag über die Arbeitsweise der EU Amtsgericht Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB-Gesetz Alternative Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des BAG Arbeitsgericht Arbeitsrecht Artikel Allgemeiner Teil Bundesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bankrecht Betriebs-Berater, Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft Band beck-online.GROSSKOMMENTAR zum Zivilrecht Beck’sche Online-Kommentare Beck-Rechtsprechung Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Berliner Kommentar Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Justiz

XV

Abkürzungsverzeichnis

BSG bspw. BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzgl. bzw. d. h. DB DGVZ DNotZ DStR DStRE

DZWIR EGBGB Einl. EL Entw. ErfKo EU EWiR f. FD-InsR FD-SozVR ff. FG FK Fn. FS gem. GewO GG ggf.

XVI

Bundessozialgericht beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich beziehungsweise das heißt Der Betrieb Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht, Zeitschrift für Praxis und Wissenschaft des gesamten Steuerrechts Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst, die Steuerrechtsprechung von EuGH, BVerfG, BFH (mit NV-Urteilen) und FG Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Einführungsgesetz zum BGB Einleitung Ergänzungslieferung Entwurf Erfurter Kommentar Europäische Union Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht, Kurzkommentare folgende Fachdienst Insolvenzrecht, Neuigkeiten zum Insolvenzrecht Fachdienst Sozialversicherungsrecht, Neuigkeiten zum Sozialversicherungsrecht und folgende Finanzgericht Frankfurter Kommentar Fußnote Festschrift gemäß Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls

Abkürzungsverzeichnis

GmbH GRUR

HamKo Hdb HGB HK HKK Hrsg. Hs. i. d. R. i. S. d. i. V. m. insb. InsbürO InsO InsOBekV InsR InsVZ jurisPR-InsR JuS JZ Kap. KG KK KO KTS LA LG lit. LMK Ls. LuftFzgG m. w. N. MiLoG MüKo

Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Hamburger Kommentar Handbuch Handelsgesetzbuch Heidelberger Kommentar Historisch-kritischer Kommentar Herausgeber Halbsatz in der Regel im Sinne des/der in Verbindung mit insbesondere Zeitschrift für die Insolvenzpraxis Insolvenzordnung Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet Insolvenzrecht Zeitschrift für Insolvenzverwaltung und Sanierungsberatung juris Praxisreport Insolvenzrecht Juristische Schulung, Zeitschrift für Studium und Referendariat Juristenzeitung Kapitel Kammergericht Berlin Kölner Kommentar Konkursordnung Konkurs, Treuhand, Sanierung, Zeitschrift für das Insolvenzrecht liber amicorum Landgericht littera Lindenmaier/Möhring/Pfeiffer, kommentierte BGH-Rechtsprechung Leitsatz Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen mit weiteren Nachweisen Mindestlohngesetz Münchener Kommentar

XVII

Abkürzungsverzeichnis

n. F. NJW NJW-RR NK Nr. NVwZ NZA NZA-RR NZBau NZFam NZI OHG OLG Os. RefE RegE RGZ Rn. RT-Drs. S. SchRG SchuldR SchwarzarbeitsG SGB StGB str. u.a. v. VerglO vgl. VIA VID WM WuB z. B. ZBB Ziff.

XVIII

neue Fassung Neue juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht NomosKommentar Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – RechtsprechungsReport Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Familienrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Orientierungssatz Referentenentwurf Regierungsentwurf Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Reichstagsdrucksache Satz (bei Normzitierung), Seite (in den anderen Fällen) Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Schuldrecht Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung Sozialgesetzbuch Strafgesetzbuch strittig unter anderem vom Vergleichsordnung vergleiche Verbraucherinsolvenz aktuell Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands Wertpapier-Mitteilungen Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Ziffer

Abkürzungsverzeichnis

ZInsO ZIP zit. ZPO ZVI ZZP

Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für die gesamte Insolvenzpraxis, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert als Zivilprozessordnung Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht Zeitschrift für Zivilprozess

XIX

§ 1 Einleitung A. Gegenstand der Untersuchung Bereits bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Beginn des 20. Jahrhun- 1 derts war die Zulässigkeit von Vorausabtretungen selbstverständlich.1) Hierauf aufbauend hat sich die Globalzession als Spezialform der Vorausabtretung seit Jahrzehnten zur Sicherung von Krediten bewährt.2) Ihre speziell insolvenzrechtliche Einordnung weist jedoch noch immer erhebliche Unsicherheiten auf, wie sich erst in jüngerer Vergangenheit auszugsweise anhand eines Umschwungs der BGH-Rechtsprechung erkennen ließ. Dessen zuständiger Zivilsenat hatte noch mit Urteil vom 18.4.2013 entschieden, 2 dass eine Vorausabtretung bereits mit der Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit ihre Wirksamkeit zurückerlangt.3) Dem Globalzessionar wurde damit bereits im Insolvenzverfahren der Erwerb neuer Forderungen ermöglicht, nachdem ihm dies zuvor durch das in § 91 Abs. 1 InsO festgelegte sogenannte Erwerbsverbot4) verwehrt wurde. Nur sechs Jahre später wandte sich der zuständige Senat mit Urteil vom 6.6.2019 hiervon wieder ab und hielt das Erwerbsverbot auch nach der Freigabe aufrecht.5) Zu groß waren insbesondere die Auswirkungen auf die selbstständige Tätigkeit, deren Ausübung durch die Einführung der Freigabemöglichkeit gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO gerade gestärkt werden sollte.6) Da die regelmäßig vom Globalzessionar eingeräumte Einziehungsermächtigung7) mit Verfahrenseröffnung automatisch entfällt,8) bedeutete das Urteil von 2013 für den Schuldner, dass ihm nach der Freigabe der Zugriff auf die Einnahmen versperrt und die Deckung seiner Ausgaben nicht mehr möglich war. Die Freigabe nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO führte daher zur Unmöglichkeit der weiteren Ausübung der selbstständigen Tätigkeit, ___________ 1)

2) 3) 4)

5) 6) 7) 8)

RG, Urteil v. 29.11.1903 – VII 198/03 = RGZ 55, 334; RG, Urteil v. 26.4.1904 – III 454/03 = RGZ 58, 71, 72; RG, Urteil v. 1.10.1907 – VII 524/06 = RGZ 67, 166, 167; ebenso rückblickend Eichel, Künftige Forderungen, 2014, S. 346. Siehe nur Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 21. BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641 Ls., 642 f. Rn. 15 ff. Siehe zur Begriffsverwendung nur BGH, Urteil v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10 = BGHZ 191, 277 = NJW 2012, 229 Rn. 9; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 3; Leithaus, in: Andres/Leithaus InsO, 4. Auflage 2018, § 91 Rn. 7. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745 Ls. 3, 748 ff. Rn. 34 ff. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 Rn. 41 f. mit Verweis auf RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 11, 17 [zu Nr. 12]. Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 85. BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306, 308; BGH, Urteil v. 2.10.1952 – IV ZR 2/52 = NJW 1953, 217, 218; OLG Frankfurt, Urteil v. 6.12.2006 – 23 U 149/05 = BeckRS 2007, 1591; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 79, 88.

1

§ 1 Einleitung

wenn der Schuldner vor Verfahrenseröffnung eine Globalzession vereinbart hatte.9) Um dies zu verhindern, sah sich der zuständige Senat in seinem jüngeren Urteil gezwungen, die Wirkungen des § 91 Abs. 1 InsO entgegen seines Wortlauts auch auf Vermögen außerhalb der Insolvenzmasse zu erstrecken.

3 Überdies stellte der Senat in seinem Urteil von 2019 fest, dass eine vorinsolvenzliche Globalzession jedenfalls die nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens entstehenden Forderungen des Schuldners erfasst. Weil der selbstständig tätige Schuldner als natürliche Person auch zur Stellung eines Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung berechtigt ist, können sich an die Verfahrensbeendigung die Wohlverhaltensperiode und die Restschuldbefreiung anschließen. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Globalzession auch in einem solchen Fall konvalidiert. Die vom BGH bemängelten Wirkungen der Globalzession auf die selbstständige Tätigkeit kommen auch in der Wohlverhaltensperiode und nach der Restschuldbefreiung in Betracht. Da das Insolvenzverfahren und die Abschnitte des Restschuldbefreiungsverfahrens jeweils eigene Zwecke verfolgen und unterschiedlichen Wirkungen unterliegen, ist hierbei eine ausdifferenzierte Lösung geboten.

4 Besondere praktische Relevanz hat die Auseinandersetzung mit diesen Fragen deshalb, weil das Zusammentreffen der Parameter selbstständige Tätigkeit, Globalzession und Insolvenz keine Seltenheit darstellt. Die Globalzession ist gerade für mittelständische Unternehmen ein beliebtes Kreditsicherungsmittel,10) da der bestehende und künftige Forderungsbestand je nach Aufstellung und Gestaltung des Unternehmens häufig das einzige Vermögensgut ist, welches zur Sicherung eines Kredits herangezogen werden kann.11) Dies gilt erst recht für solche Einzelunternehmen, die ihrer Größe nach unterhalb der Schwelle zum Mittelstand anzuordnen sind. Gerade für einen selbstständig Tätigen ist die Globalzession daher oftmals die einzige Möglichkeit, dem potentiellen Kreditgeber eine Sicherheit anzubieten.12) Für die zukünftige Bewertung der Globalzession im Kreditverkehr wird es entscheidend sein, wie sich diese in den Verfahrensabschnitten verhält, welche an die ___________ 9) So in Reaktion auf das Urteil v. 2013 Kuleisa, ZVI 2015, 85, 87 f.; Roth, KTS 2014, 443, 447, 448; Münzel, ZInsO 2014, 761, 766; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419; NJW-Spezial 2013, 438, 439; Plagemann, FD-SozVR 2013, 348241; Kortleben, VIA 2013, 67, 68; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552; Cranshaw, jurisPR-InsR, 21/2013, Anm. 1; Heinze, DZWIR 2013, 384, 386; Piekenbrock, WuB VI A. § 91 InsO 2.13. 10) Hierzu bereits BT-Drs. 13/4699, S. 6 [zu Art. 2]; LG Arnsberg, Urteil v. 10.2.2006 – 2 O 105/05 = juris, Rn. 31; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 119; Piekenbrock, WM 2007, 141; Leiner, ZInsO 2006, 460, 463. Allgemein zur Bedeutung der Globalzession im Kreditverkehr Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 95; zur Häufigkeit bei kurz- und mittelfristigen Krediten Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, 1985, S. 111; Sievers, Die Globalzession, 1961, S. 19 f. 11) BT-Drs. 12/7912, S. 24 [zu Nr. 11]; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 119; Sievers, Die Globalzession, 1961, S. 20 in Bezug auf die Nachkriegszeit; Leithaus/Riewe, NZI 2006, 530, 531. 12) Kern, in: Fischer/Klanten, BankR, 4. Auflage 2010, Rn. 9.548 in Bezug auf die Kreditgewährung an Freiberufler wie Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte etc.

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B. Entscheidende Parameter

Insolvenz des Zedenten anknüpfen. Wie das Urteil des BGH von 2019 gezeigt hat, geht es für den selbstständig tätigen Globalzedenten dabei um die Vereinbarkeit des Sicherungsmittels mit seiner Tätigkeit. Lebt die vorinsolvenzliche Globalzession wieder auf, kann der Schuldner weder selbst auf die von ihm erwirtschafteten Forderungen zugreifen noch diese einem anderen Kreditgeber als Sicherheit anbieten. Für die Kreditgeber auf der anderen Seite sind die Ergebnisse der Untersuchung entscheidend, um die Werthaltigkeit der Globalzession im Krisenfall bemessen zu können. Während die Wirkungen der Globalzession im Insolvenz- und auch im Eröffnungs- 5 verfahren häufig bereits im Detail Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses waren, sind tiefergehende Stellungnahmen zu den Auswirkungen in der Wohlverhaltensperiode und nach der Restschuldbefreiung eine Seltenheit.13) Einzig die Abschaffung des § 114 InsO mit Wirkung vom 1.7.2014 gab im Zusammenhang mit Lohnvorausabtretungen einer Reihe von Vertretern des Schrifttums Anlass, sich mit den weiteren Wirkungen einer Vorausabtretung zu beschäftigen. Das hierin niedergelegte vermeintliche Lohnabtretungsprivileg hatte den Umkehrschluss zugelassen, dass vorinsolvenzliche Lohnvorausabtretungen nach Ablauf von zwei Jahren nach Verfahrenseröffnung endgültig keine Wirkungen mehr entfalten können. Nachdem mit § 114 Abs. 1 InsO auch der Rückschluss auf die endgültige Unwirksamkeit wegfiel, befasste man sich im Schrifttum mit den weiteren Wirkungen der Lohnabtretung, insbesondere in der Wohlverhaltensperiode und nach der Restschuldbefreiung.14) Einige Überlegungen hieraus könnte man zwar auf die Globalzession eines selbstständig Tätigen übertragen. Zu einer lückenlosen und abschließenden Klärung der Rechtslage reicht dies jedoch bei Weitem nicht aus. Auch die Rechtsprechung musste hierzu bislang nicht Stellung beziehen.

B. Entscheidende Parameter Die nachfolgende Untersuchung ist somit geprägt durch das Zusammentreffen 6 dreier entscheidender Parameter: die Globalzession, die vom Zedenten ausgeübte selbstständige Tätigkeit und dessen Insolvenz. Diese Parameter sollen zunächst definiert und eingegrenzt werden.

___________ 13) So aber z. B. Roth, KTS 2014, 443, 447, 462 ff. 14) Siehe nur die unmittelbaren Reaktionen auf die Streichung des § 114 InsO: Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt, 2014, S. 403 ff., 405; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 8 ff.; Riedel, ZVI 2015, 91 f.; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 88 ff.; Ahrens, NZI 2014, 529, 532 ff.; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511 ff.; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551 f.; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116.

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§ 1 Einleitung

I. Globalzession 1. Dingliche Wirkungen 7 Die Globalzession ist eine spezielle Form der Abtretung nach § 398 BGB. Hierbei einigen sich Zedent und Zessionar über die Abtretung sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger Forderungen.15) In der Globalzession, die im Rahmen eines einzigen dinglichen Vertrags vorgenommen wird, stecken so gesehen unzählige einzelne Forderungsabtretungen. Häufig wird der Kreis der abgetretenen Forderungen weiter eingegrenzt, dies beispielsweise auf solche Forderungen, die aus dem Geschäftsbetrieb, bestimmten Geschäftsbereichen oder Rechtsgeschäften stammen oder gegen bestimmte Drittschuldner begründet werden.16) Die Grenze hierfür folgt aus dem Bestimmtheitsgrundsatz, den die Rechtsprechung jedoch im Falle einer Globalzession bereits bei hinreichender Individualisierung der Forderungen als gewahrt ansieht.17)

8 Die von der Abtretung erfassten gegenwärtigen Forderungen gehen bereits mit Abschluss des Zessionsvertrags, die künftigen Forderungen erst mit ihrer Entstehung auf den Zessionar über.18) Der Prioritätsgrundsatz sorgt dafür, dass der Übergang der künftigen Forderungen von Pfändungen anderer Gläubiger oder weiteren Verfügungen des Schuldners, die dem Abschluss des Zessionsvertrags nachfolgen, unbeeinflusst bleiben.19) Eine Sonderstellung in diesem Zusammenhang genießen einzig die Forderungen, die von der Vorausabtretung an einen Vorbehaltsverkäufer betroffen sind. Um den Schuldner nicht in sittenwidriger Weise zum Vertragsbruch zu verleiten, müssen solche Forderungen von vornherein von den Wirkungen der Globalzession ausgenommen werden.20) ___________ 15) Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 140; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 321; Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 81; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 93; Kern, in: Fischer/Klanten, BankR, 4. Auflage 2010, Rn. 9.534; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 118. 16) Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 81; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 118. 17) Siehe im Zusammenhang mit einer Globalzession nur BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 91 Rn. 27; BGH, Urteil v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94 = NJW 1995, 1668, 1669. 18) BGH, Urteil v. 23.6.2015 – II ZR 366/13 = BGHZ 206, 52 = NJW 2015, 2806, 2807 Rn. 22; BGH, Urteil v. 20.9.2012 – IX ZR 208/11 = NJW-RR 2013, 248, 249 Rn. 13; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 93; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 118. 19) Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 94; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 118 f. 20) BGH, Urteil v. 8.12.1998 – XI ZR 302/97 = NJW 1999, 940; BGH, Urteil v. 7.3.1974 – VII ZR 110/72 = WM 1974, 389, 390 Rn. 15 f.; hierzu auch Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankRHdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 184 ff.; Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 85 ff.

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B. Entscheidende Parameter

2. Bindung an den Sicherungszweck In der Praxis werden Globalzessionen meist zur Sicherung von Forderungen ver- 9 einbart.21) In diesem Zusammenhang handelt es sich bei den gesicherten Forderungen häufig um Darlehensverbindlichkeiten gegenüber Banken oder um Kaufpreiszahlungspflichten aus Warenkrediten von Lieferanten.22) Die Verknüpfung der Forderungsübertragungen mit dem Sicherungszweck wird nur selten bereits auf dinglicher Ebene durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung umgesetzt.23) Stattdessen schließen die Parteien regelmäßig einen Sicherungsvertrag ab, der die Rechtsmacht des Zessionars im Innenverhältnis einschränkt und diesen dadurch treuhänderisch bindet.24) Aus dieser Struktur folgt auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Pflicht des Sicherungsnehmers, die Sicherheit schon vor Beendigung des Vertrags zurückzugewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird.25) Insbesondere ist dies der Fall, sobald der Wert der gesicherten Forderungen und der Wert der Sicherungsgegenstände in einem besonderen Missverhältnis stehen. Die Rechtsprechung hat hierzu Deckungsgrenzen entwickelt, die anzeigen, ab wann eine sittenwidrige Übersicherung vorliegt.26)

3. Einziehungs- und Verwendungsermächtigung In aller Regel wird der Zedent im Sicherungsvertrag zur Einziehung der Forderun- 10 gen und zur Verwendung des Erlöses für seinen Geschäftsbetrieb ermächtigt,27) jedenfalls so lange, bis der im Sicherungsvertrag definierte Verwertungsfall eintritt.28) Dies hat sich derart etabliert, dass das Vorliegen einer Einziehungs- und Verwendungsermächtigung nur dann nicht angenommen wird, wenn die Parteien

___________ 21) Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 321. 22) Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 321; Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 140; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 119. 23) Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 102; Bülow, ZBB 1990, 29, 30, wonach dies insb. dann nicht praktikabel sei, wenn die Kredithöhe variiert, so dass Sicherheiten ständig neu bestellt werden müssten. 24) Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 121; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 211. 25) Grundlegend BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97 = BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671, 672. 26) Siehe hierzu BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97 = BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671, 674 ff. 27) BGH, Urteil v. 23.6.2015 – II ZR 366/13 = BGHZ 206, 52 = NJW 2015, 2806, 2807 Rn. 17; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 286; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 85; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 10. Auflage 2021, Rn. 1530, 1560; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 120. 28) Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 93.

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§ 1 Einleitung

ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung getroffen haben.29) Ist der Zedent zur Einziehung der Forderung und zur Verwendung des Erlöses ermächtigt, werden die Drittschuldner über die Abtretung nicht informiert, weil dies dem Ruf des Schuldners schaden und damit die Fortführung seines Betriebs beeinträchtigen könnte.30) Dadurch, dass der Schuldner durch die Einziehungs- und Verwendungsermächtigung weiterhin Zugriff auf seine Einnahmen hat, kann er bis zum Verwertungsfall ohne Einschränkungen weiterwirtschaften.31) Gleichzeitig wird dem Sicherungsnehmer durch eine Fortführung des Betriebs gewährleistet, dass neue Forderungen und damit neue Sicherungsrechte generiert werden. Diese treten an die Stelle der Forderungen und der Sicherungsrechte, die durch Einziehung nach § 362 Abs. 2 BGB i. V. m. § 185 Abs. 1 BGB erlöschen,32) und füllen den Sicherheitenbestand wieder auf.

II. Selbstständige Tätigkeit 1. Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung 11 Die selbstständige Tätigkeit beschreibt eine Möglichkeit für natürliche Personen, aus einer planmäßigen und entgeltlichen Leistung33) ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie steht im Gegensatz zu einer abhängigen Beschäftigung. Im Sozialrecht spielt die Abgrenzung zwischen selbstständiger Arbeit und einer Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV eine zentrale Rolle bei der Bestimmung des Kreises der sozialversicherungspflichtigen Personen.34) In § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV werden als Anhaltspunkte für eine Beschäftigung die Weisungsgebundenheit des Beschäftigten sowie dessen Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers genannt. Gegensätzlich hierzu zeichnet sich eine selbstständige Tätigkeit durch Weisungsfreiheit und eine eigene Arbeitsorganisation aus, im Rahmen derer wiederum auch andere natürliche Personen abhängig beschäftigt werden können. In den Worten des BSG folgt hieraus, dass „eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch ___________ 29) BGH, Urteil v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03 = NZI 2006, 700, 702 Rn. 25; Ganter, in: Ellenberger/ Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 85, 96. 30) Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 84. 31) I. d. R. ist damit eine sittenwidrige Knebelung des Schuldners ausgeschlossen, siehe BGH, Urteil v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97 = BGHZ 138, 291 = NJW 1998, 2592, 2595 m. w. N.; Ganter, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 49 – 52 Rn. 80 f., § 51 Rn. 173; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 254.1. 32) Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 86. 33) Schmidt, in: MüKo HGB, 5. Auflage 2021, § 1 Rn. 27 im Zusammenhang mit der Frage, wann eine natürliche Person den handelsrechtlichen Gewerbebegriff erfüllt. 34) Rolfs, in: ErfKo ArbR, 23. Auflage 2023, SGB IV § 7 Rn. 1; Zieglmeier, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 118. EL 03/22, SGB IV § 7 Rn. 3. Daneben hat die Unterscheidung zwischen einem Selbstständigen und einem Arbeitnehmer auch für die Erfüllung des handelsrechtlichen Gewerbebegriffs eine besondere Bedeutung, Schmidt, in: MüKo HGB, 5. Auflage 2021, § 1 Rn, 27.

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B. Entscheidende Parameter

das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet“ ist.35) Dies beinhaltet auch für die hiesige Untersuchung eine aussagekräftige Beschreibung der Charakteristika des Parameters „selbstständige Tätigkeit“, auch wenn die genaue sozialrechtliche Abgrenzung zu einer Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV hier keine ausschlaggebende Bedeutung haben soll.

2. Gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit Im Rahmen der selbstständigen Betätigung ist die Ausübung sowohl einer gewerb- 12 lichen als auch einer freiberuflichen Tätigkeit möglich. Wo die Grenze zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit verläuft, wird für jedes der Gesetze, in deren Rahmen dies von Bedeutung ist, einzeln bestimmt.36) Zur Veranschaulichung und Orientierung dienen bereits die Definitionen aus dem Gewerberecht. Hiernach erfordert der Gewerbebegriff eine erlaubte, auf Dauer angelegte und auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete selbstständige Tätigkeit, die nicht zur Urproduktion, zu den freien Berufen oder zur bloßen Verwaltung eigenen Vermögens zu rechnen ist.37) Demgegenüber fallen unter die freien Berufe freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern.38)

3. Betrieb und Unternehmen Überdies sind im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit die Bedeutung 13 der Begriffe „Unternehmen“ und „Betrieb“ von Relevanz. Aufgrund ihrer vielseitigen Verwendung sind beide Begrifflichkeiten nicht einer eindeutigen Definition zugänglich.39) Im arbeitsrechtlichen Kontext hat sich durchgesetzt, dass der Betrieb eine Organisation beschreibt, in der ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern unter Einsatz sachlicher oder auch immaterieller Mittel einen arbeitstech-

___________ 35) BSG, Urteil v. 30.6.2009 – B 2 U 3/08 R = NZA-RR 2010, 370, 371 Rn. 13. 36) BGH, Urteil v. 16.3.2000 – VII ZR 324/99 = BGHZ 144, 86 = NJW 2000, 1940, 1941. Zu den verschiedenen Gewerbebegriffen Schmidt, in: MüKo HGB, 5. Auflage 2021, § 1 Rn. 23 ff.; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Auflage 2020, § 1 Rn. 15 ff. 37) BVerwG, Beschluss v. 11.3.2008 – 6 B 2/08 = NJW 2008, 1974; BVerwG, Urteil v. 26.1.1993 – 1 C 25/91 = NVwZ 1993, 775; BVerwG, Urteil v. 24.6.1976 – I C 56/74 = NJW 1977, 772; Pielow, in: BeckOK GewO, 58. Edition, Stand: 1.12.2022, § 1 Rn. 135. 38) Zur Abgrenzung beim gewerberechtlichen Gewerbebegriff BVerwG, Beschluss v. 11.3.2008 – 6 B 2/08 = NJW 2008, 1974; BVerwG, Urteil v. 26.1.1993 – 1 C 25/91 = NVwZ 1993, 775. 39) Zum Betriebsbegriff Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953, S. 117; zum Unternehmensbegriff K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Auflage 2014, § 3 Rn. 1.

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§ 1 Einleitung

nischen Zweck fortgesetzt verfolgt.40) Der Unternehmensbegriff stammt demgegenüber eher aus dem Handels- und Wirtschaftsrecht.41) Fälschlicherweise wird das Unternehmen vereinzelt als Rechtsträger bzw. Rechtssubjekt begriffen.42) Stattdessen handelt es sich auch dabei um eine organisatorische Einheit mit dem einzigen Unterschied, dass diese nicht bloß arbeitstechnische Zwecke verfolgt, sondern am Markt in Erscheinung tritt und übergeordnete wirtschaftliche Ziele verfolgt.43) Zwar kann ein Unternehmen mehrere Betriebe beinhalten,44) ein Betrieb jedoch auch mehreren Unternehmen zugeordnet werden.45) In dieser Arbeit soll davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit eine Organisationseinheit besteht, in der sowohl arbeitstechnische als auch wirtschaftliche Ziele verfolgt werden, Unternehmen und Betrieb insoweit also – zumindest nahezu – deckungsgleich sind.46) Beide Begriffe werden in dieser Arbeit daher synonym verwendet.

4. Beschränkung auf Einzelunternehmer 14 Der Fokus soll bei nachfolgender Untersuchung auf einem Einzelunternehmer liegen, der nicht zwischen sich und sein unternehmensbezogenes Vermögen einen anderen Rechtsträger als Unternehmensträger, insbesondere eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, geschaltet hat. Da mit der Zwischenschaltung eines anderen Rechtsträgers in der Regel eine Vermögenstrennung verbunden ist,47) könnte eine ___________ 40) BAG, Beschluss v. 7.8.1986 – 6 ABR 57/85 = BAGE 52, 325 = NZA 1987, 131, 132; Kallos, in: Weber, Rechtswörterbuch, 29. Edition 2022, Betrieb; Koch, in: Schaub/Koch, ArbR von A – Z, 27. Auflage 2023, Betrieb; siehe auch Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953, S. 117 ff. 41) Raiser, Das Unternehmen als Organisation, 1969, S. 128; ersichtlich auch durch K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Auflage 2014, § 3 Rn. 1. 42) So Kallos, in: Weber, Rechtswörterbuch, 29. Edition 2022, Betrieb. 43) K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Auflage 2014, § 3 Rn. 4; Koch, in: ErfKo ArbR, 23. Auflage 2023, BetrVG § 1 Rn. 7; Jungmann, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 157 Rn. 1; Maschmann, in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage 2022, § 1 Rn. 18; Temming, in: Münchener Hdb zum ArbR, Bd. 1, 5. Auflage 2021, § 24 Rn. 11; Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953, S. 118, wonach „das Technische“ das entscheidende Differenzierungsmoment sei. Eher kritisch Raiser, Das Unternehmen als Organisation, 1969, S. 129 f. 44) Betrieb dann als Untereinheit des Unternehmens, siehe Temming, in: Münchener Hdb zum ArbR, Bd. 1, 5. Auflage 2021, § 24 Rn. 11; auch Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953, S. 119. 45) BAG, Beschluss v. 7.8.1986 – 6 ABR 57/85 = BAGE 52, 325 = NZA 1987, 131, 132; Maschmann, in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage 2022, § 1 Rn. 55. 46) Der Betrieb ist in einem solchen Fall das arbeitstechnische Spiegelbild des Unternehmens, siehe BAG, Beschluss v. 9.12.1975 – 1 ABR 80/73 = BAGE 27, 374 = AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 11; zur Möglichkeit, dass sich Betrieb und Unternehmen decken auch Raiser, Das Unternehmen als Organisation, 1969, S. 126. 47) Seit BGH, Urteil v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 = BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 Ls. 1 ist es anerkannt, dass auch die (Außen-)GbR rechtsfähig ist und damit selbst Unternehmensträger sein kann. Durch die bevorstehende Änderung des Personengesellschaftsrechts wird dies mit Wirkung zum 1.1.2024 in § 705 Abs. 2 BGB n. F. ausdrücklich im Gesetz klargestellt.

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B. Entscheidende Parameter

Globalzession nur dann auf das im Unternehmen gebundene Vermögen zugreifen, wenn der Unternehmensträger und nicht der Selbstständige selbst als Globalzedent aufgetreten ist. Nur wenn in einem solchen Fall (auch) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmensträgers eröffnet wird, kommt es überhaupt zum Zusammentreffen der Globalzession und den insolvenzrechtlichen Wirkungen. Der Unternehmensträger als Insolvenzschuldner wäre jedoch nicht berechtigt, einen Restschuldbefreiungsantrag zu stellen, da dies gem. § 286 InsO natürlichen Personen vorbehalten ist. Um auch die Wohlverhaltensperiode als Teil des Restschuldbefreiungsverfahrens und die Wirkungen der Restschuldbefreiung abbilden zu können, beschränkt sich diese Arbeit daher auf den Einzelunternehmer.

III. Insolvenz Der Begriff der Insolvenz beschreibt, abgeleitet vom lateinischen Verb solvere – 15 „lösen“, aber vor allem auch „zahlen“, den Zustand der Zahlungsunfähigkeit. Dieser Zustand macht es nach Ansicht des Gesetzgebers unumgänglich, ein Rechtsverfahren zu regeln, in dem sichergestellt wird, dass das verbleibende Schuldnervermögen bestmöglich für die Befriedigung der Gläubiger eingesetzt wird.48) Daher ist die Zahlungsunfähigkeit auch der zentrale Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit dann vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dennoch hat es der Regierungsentwurf zur Einführung der Insolvenzordnung vermieden, die Insolvenz mit der Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen und stattdessen den Begriff der Vermögensunzulänglichkeit verwendet.49) Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass neben der Zahlungsunfähigkeit unter den Voraussetzungen der §§ 18, 19 InsO auch die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtfertigen können. Die Ursachen für das Eintreten der Eröffnungsgründe sind oft vielschichtig.50) In 16 Bezug auf Unternehmensinsolvenzen ist hierbei zwischen internen Insolvenzursachen, die in dem jeweiligen Unternehmen selbst entstanden sind oder dort von Anfang an vorhanden waren, und externen Insolvenzursachen, die von außen her einwirken und vom Unternehmen nicht unmittelbar beeinflusst werden können, zu unterscheiden.51) Im Rahmen der internen Ursachen sticht besonders das Missmana___________ 48) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 72. 49) So RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 72. 50) Pape, in: Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Auflage 2022, § 4 Rn. 3; Baumeister, in: FS Schachtschabel, 1979, S. 327, 331. 51) Jansen, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 156 Rn. 28. Nach endogenen und exogenen Ursachen unterscheidend Geiwitz, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 5. Auflage 2022, § 30 Rn. 21 f.; ebenso Baumeister, in: FS Schachtschabel, 1979, S. 327, 331. In einen innerbetrieblichen und einen überbetrieblichen Bereich aufgliedernd Laßmann/Mengay/ Rupp, Hdb Wirtschaftsausschuss, 11. Auflage 2020, S. 255.

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§ 1 Einleitung

gement in der Unternehmensführung heraus.52) Auch andere Beispiele für interne Ursachen, wie eine fehlende Finanzplanungsrechnung,53) eine zu geringe Eigenkapitalausstattung54) oder eine zu hohe Kundenabhängigkeit55) laufen letztlich alle bei der Unternehmensführung zusammen. Externe Ursachen können beispielsweise eine Veränderung des Kaufverhaltens der Endkunden, die technologische Weiterentwicklung und der Zahlungsverzug einzelner Kunden, aber auch staatliche und überstaatliche Krisen und konjunkturelle Veränderungen sein.56)

C. Gang der Untersuchung 17 Da die Globalzession und die selbstständige Tätigkeit vor dem Kriseneintritt und dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zedenten problemlos nebeneinander bestehen können, ist der dynamisierende Faktor die Insolvenz. Vor diesem Hintergrund richtet sich die Untersuchung im Folgenden in chronologischer Reihenfolge nach den vier Phasen, die an die Insolvenz anknüpfen und hier im Blickfeld stehen: das Eröffnungsverfahren, das Insolvenzverfahren, die Wohlverhaltensperiode und die Zeit nach der Restschuldbefreiung. Am Anfang jeder Phase soll zunächst über das jeweilige Verfahren ein Überblick gegeben werden, in welchem schwerpunktmäßig der nach den einschlägigen Verfahrensregeln vorgesehene Weg für eine selbstständige Tätigkeit gezeichnet wird. Sodann richtet sich der Blick innerhalb der jeweiligen Phase auf die Wirkungen der Globalzession.

___________ 52) Kraus/Simon, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 5. Auflage 2022, § 5 Rn. 1 ff.; Pape, in: Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Auflage 2022, § 4 Rn. 3; Laßmann/ Mengay/Rupp, Hdb Wirtschaftsausschuss, 11. Auflage 2020, S. 255. 53) Eilenberger, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 17 Rn. 10. 54) Pape, in: Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Auflage 2022, § 4 Rn. 2. 55) Geiwitz, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 5. Auflage 2022, § 30 Rn. 22. 56) Geiwitz, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 5. Auflage 2022, § 30 Rn. 24.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren A. Überblick über das Eröffnungsverfahren I. Einordnung Das Eröffnungsverfahren stellt die Vorstufe vor dem eigentlichen Insolvenzverfahren 18 dar. Dabei prüft das Insolvenzgericht, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt sind.57) Da eine Verfahrenseröffnung von Amts wegen ausscheidet,58) setzt diese einen zulässigen und begründeten Antrag des Schuldners oder eines seiner Gläubiger voraus. In der Begründetheitsprüfung steht die Frage im Mittelpunkt, ob zumindest einer der in den §§ 17 – 19 InsO beschriebenen Eröffnungsgründe einschlägig ist. Erst das Vorliegen einer dieser Eröffnungsgründe rechtfertigt den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Schuldners,59) um einen durch die weitere Teilnahme des Schuldners am Rechtsverkehr entstehenden Schaden abzuwenden.60) Daneben ist für die Begründetheit des Antrags die voraussichtliche Deckung der Verfahrenskosten erforderlich.61) Kommt das Insolvenzgericht zu dem Ergebnis, dass der Eröffnungsantrag zulässig und begründet ist, eröffnet es das Insolvenzverfahren und beendet damit das Eröffnungsverfahren.

II. Wirkungen Auch wenn es der Gesetzgeber als Ziel ausrief, das Eröffnungsverfahren so kurz 19 wie möglich zu halten,62) kommt es häufig vor, dass die Feststellung des Eröffnungsgrundes und auch der Kostendeckung zeitaufwändige Ermittlungen erfordern.63) Soweit dies in jener besonders risikobehafteten Zeit64) erforderlich erscheint, um zwischenzeitliche Verschlechterungen der Vermögenslage des Schuldners zu ver___________ 57) Vuia, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 4 Rn. 1. 58) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 113 [zu § 15]; Bäuerle, in: Lissner/Knauft, Hdb InsR, 2017, Kap. II Rn. 81; Vuia, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 4 Rn. 1. 59) K. Schmidt, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 16 Rn. 1; Meyer/Neuber, in: Mohrbutter/ Ringstmeier/Meyer, Hdb Insolvenzverwaltung, 10. Auflage 2022, Kap. 2 Rn. 3; Reichelt, in: Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Auflage 2022, § 17 Rn. 1. 60) Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 16 Rn. 2; Bußhardt, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 16 Rn. 1; Reichelt, in: Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Auflage 2022, § 17 Rn. 1. 61) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 [zu § 25], S. 118 [zu § 30]. 62) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 117 [zu § 26]. 63) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 [zu § 25]; Böhm, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 1; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 21 Rn. 11; Meyer/Neuber, in: Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer, Hdb Insolvenzverwaltung, 10. Auflage 2022, Kap. 4 Rn. 4 f. 64) Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 21 Rn. 11, wonach mit der Nähe zur Insolvenzeröffnung das Risiko von Bilanzmanipulation und die Verschleierung oder das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten wächst; Meyer/Neuber, in: Mohrbutter/Ringstmeier/ Meyer, Hdb Insolvenzverwaltung, 10. Auflage 2022, Kap. 4 Rn. 4.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

hindern, hat das Insolvenzgericht gem. § 21 Abs. 1 S. 1 InsO die Möglichkeit, vorläufige Maßnahmen zu treffen.65) Anders als im späteren Insolvenzverfahren treten Wirkungen wie die Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners, die Unterbindung von Einzelzwangsvollstreckungen oder die Bestellung eines Verwalters nicht automatisch ein. Welche Instrumente dem Gericht dabei zur Verfügung stehen, ist beispielhaft und nicht abschließend66) in § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – 5 InsO aufgeführt. Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (Nr. 1), die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (Nr. 1a), die Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots (Nr. 2) sowie die Untersagung oder einstweiligen Einstellung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner (Nr. 4) führen zu Wirkungen, die zumindest in ähnlicher Weise auch in einem späteren Insolvenzverfahren einträten. Hiervon hebt sich demgegenüber die gerichtliche Möglichkeit ab, im Eröffnungsverfahren die Verwertung und Einziehung von absonderungs- und aussonderungsbelasteten Gegenständen zu verbieten und stattdessen deren Nutzung für das Unternehmen des Schuldners zu erlauben (Nr. 5).

1. Auswahl der vorläufigen Maßnahmen 20 Bei der Auswahl der vorläufigen Maßnahmen hat das Insolvenzgericht auf der einen Seite im Sinne aller Beteiligter das Schuldnervermögen dem Werte nach zu erhalten.67) Auf der anderen Seite hat es im Sinne des Schuldners einer Auflösung des Vermögensverbundes entgegenzuwirken,68) da als Ergebnis des Eröffnungsverfahrens auch die Ablehnung der Insolvenzverfahrenseröffnung stehen kann.69)

21 Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verbietet sich bei der Auswahl der Maßnahmen eine einzelfallunabhängige Automatisierung.70) Stattdessen hat es sich als schonende und effektive Vorgehensweise etabliert, zunächst nur einen Sachverständigen gem. § 5 Abs. 1 S. 2 InsO zu bestellen und diesen unter anderem damit zu beauftragen, die Erforderlichkeit erster vorläufiger Maßnahmen zu prüfen.71) Im weiteren Verlauf des Eröffnungsverfahrens und bei wachsender Tatsachenkenntnis ___________ 65) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 [zu § 25]; BGH, Beschluss v. 14.12.2000 – IX ZB 105/00 = NZI 2001, 191, 192; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 14; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 1. 66) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 [zu § 25]. 67) Siehe nur Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 14. 68) Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 14; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 1; vgl. auch RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 [zu Nr. 6]. 69) Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 13. 70) Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 46, 56, § 22 Rn. 42; in diese Richtung auch BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543, 545. 71) Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 46, 56, § 22 Rn. 46; Frind/Rüther/Schmidt/ Wendler, ZInsO 2004, 24 f.

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A. Überblick über das Eröffnungsverfahren

können sodann Anpassungen in Form von Verschärfungen und hiernach auch wieder in Form von Lockerungen vorgenommen werden.72) In aller Regel machen die Insolvenzgerichte letztlich von der Möglichkeit Ge- 22 brauch, einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen.73) Dessen Kompetenzen hängen von den weiteren Anordnungen des Insolvenzgerichts ab. Sie können von der bloßen Überwachung bis zur vollständigen Übernahme der Rechtsmacht des Schuldners reichen.74) Letztlich ist das Ziel einer solchen Anordnung, masseschädliche Handlungen des Schuldners zu verhindern.75)

2. Starke vorläufige Insolvenzverwaltung Die Struktur des § 22 InsO legt nahe, dass dem Gesetzgeber die Kombination aus 23 der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und der gleichzeitigen Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO als Standardfall vorschwebte.76) So ist die Regelung der Pflichten eines solchen sogenannten starken vorläufigen Insolvenzverwalters77) in § 22 Abs. 1 InsO vorangestellt und detailliert aufgelistet. Der vorläufige Verwalter erhält bei der Erfüllung jener Pflichten die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen.78) Da eine solch umfangreiche Kompetenzzuweisung jedoch mit einem erheblichen Eingriff in die Rechte des Schuldners verbunden ist, entscheiden sich die Insolvenzgerichte zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit79) meist gegen ei-

___________ 72) Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 46, 56, § 22 Rn. 46. 73) Anders der Fall bei Verbraucherinsolvenzverfahren, bei denen Vermögensverschiebungen nicht zu erwarten sind, Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 35. Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters sogar verboten, wenn erkennbar keine Deckung der Verfahrenskosten, dann soll Gericht lediglich einen Gutachterauftrag erteilen, BGH, Urteil v. 22.1.2004 – IX ZB 123/03 = NJW 2004, 1957, 1959; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 12a; Böhm, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 20; Laroche, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 21 Rn. 11. Hat der Schuldner einen Antrag auf Eigenverwaltung gem. § 270a InsO gestellt, bestellt das Gericht zudem unter den Voraussetzungen des § 270b InsO einen vorläufigen Sachwalter statt eines vorläufigen Insolvenzverwalters, der im Wesentlichen eine bloße Überwachungsfunktion hat. 74) Gerhardt, in: 1, 2004, § 21 Rn. 16, § 22 Rn. 20. 75) Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 21 Rn. 16; Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 21 Rn. 25; Böhm, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 11; Stapper/ Schädlich, in: Pape/Uhländer InsO, 2013, § 21 Rn. 21. 76) So auch Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 22 Rn. 209; Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 217. 77) Siehe nur BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543, 544. 78) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 f. [zu § 26]. 79) Vgl. BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = ZInsO 2002, 819, 822; BGH, Beschluss v. 20.3.1986 – III ZR 55/85 = NJW-RR 1986, 1188, 1189.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

ne starke vorläufige Insolvenzverwaltung.80) Auch kann dadurch verhindert werden, dass jede vom vorläufigen Verwalter begründete Forderung gem. § 55 Abs. 2 InsO als Masseverbindlichkeit einzuordnen ist und dadurch in besonderem Maße die Insolvenzmasse belastet.81)

3. Schwache vorläufige Insolvenzverwaltung 24 Bei einem sogenannten schwachen Insolvenzverwalter schreibt das Gesetz demgegenüber keine genauen Rechte und Pflichten vor. Stattdessen hat das Insolvenzgericht gem. § 22 Abs. 2 S. 1 InsO die Pflichten und auch Rechte des vorläufigen Verwalters individuell festzulegen. Hierbei hat es einen weiten Gestaltungsspielraum.82) Begrenzt ist dieser lediglich in der Weise, dass das Gericht an die in § 21 Abs. 1 InsO verankerte Generalklausel gebunden ist und dem schwachen vorläufigen Verwalter gem. § 22 Abs. 2 S. 2 InsO nicht weitreichendere Pflichten erteilt werden dürfen, als sie für den starken vorläufigen Verwalter vorgesehen sind.83) Dabei ist es möglich, dass der vorläufige Insolvenzverwalter isoliert bestellt wird,84) so dass er lediglich die Rolle des Überwachers einnimmt.85) § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO schlägt indes die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts vor, durch den der Schuldner zwar verfügungsbefugt bleibt, die Wirksamkeit seiner Verfügungen jedoch von der Zustimmung des vorläufigen Verwalters abhängen. Daneben sind auch gegenstandsbezogene Verfügungsbeschränkungen möglich.86) Verstößt der ___________ 80) BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = ZInsO 2002, 819, 822; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 21 Rn. 65, § 22 Rn. 32; Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 22 Rn. 21, 209, der von mehr als 90 % der Fälle spricht; Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 49; Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 22 Rn. 122; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 22 Rn. 87 f. Ausführlich zur Entwicklung Fritsche, DZWIR 2005, 265 ff. 81) Vgl. Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 45; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 22 Rn. 87; Laroche, NZI 2010, 965 f. 82) Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 212. 83) Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 22 Rn. 125; Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 212. 84) BGH, Urteil v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10 = BGHZ 189, 299 = ZInsO 2011, 1463, 1168 Rn. 48; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 30; Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 22 Rn. 48. In der Praxis jedoch wegen schlechtem Kosten-Nutzen-Verhältnis selten, Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 22 Rn. 122; ebenso Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 22 Rn. 6. 85) BGH, Urteil v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10 = BGHZ 189, 299 = ZInsO 2011, 1463, 1168 f. Rn. 49. 86) Siehe nur Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 31, 33 f. Zum Erfordernis der genauen Benennung der Vermögensgegenstände durch das Gericht BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543 Ls. 3; Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 22 Rn. 141; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 31; es dagegen für zulässig erachtend, die Auswahl der Gegenstände dem vorläufigen Verwalter zu überlassen Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 223 ff.

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A. Überblick über das Eröffnungsverfahren

Schuldner gegen ihm auferlegte Verfügungsbeschränkungen jedweder Art, treten gem. § 24 Abs. 1 InsO die Wirkungen der §§ 81, 82 InsO ein.

III. Selbstständige Tätigkeit Abgesehen davon, dass es in der Praxis stets einen Nachteil für den Betrieb eines 25 selbstständig tätigen Schuldners darstellt, wenn der Geschäftsverkehr von der Stellung des Eröffnungsantrags und der dadurch indizierten Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners Kenntnis erlangt,87) lassen sich die Auswirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die selbstständige Tätigkeit nicht einheitlich beurteilen. Zwar führt die Stellung des Eröffnungsantrags nicht automatisch zu einer Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Schuldners,88) so dass dieser in seiner selbstständigen Tätigkeit im Ausgangspunkt nicht beeinflusst wird. Gerade wenn der Schuldner ein Unternehmen betreibt, ist in aller Regel jedoch die Anordnung vorläufiger Maßnahmen erforderlich.89)

1. Zusammenhalt des Unternehmensverbundes Abhängig von der konkreten Art der Tätigkeit ist die Betriebsfortführung teils 26 mehr, teils weniger davon abhängig, dass bestimmte Vermögensgegenstände im Vermögen des Schuldners verbleiben. Eine Art Basisschutz für Vermögensgegenstände des Schuldners vor Pfändungen einzelner Gläubiger bietet der Einzelzwangsvollstreckungsschutz in § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ZPO, wonach solche Sachen von vornherein nicht der Pfändung unterliegen, die der Schuldner für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt. Darüber hinaus kann das Insolvenzgericht zum Erhalt des Unternehmens als Ganzes90) auch durch Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO Zwangsvollstreckungen in Gegenstände unterbinden, die die Voraussetzungen des § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ZPO nicht erfüllen. Durch eine Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO kann auch abseits von Zwangsvollstreckungen der Zugriff einzelner Absonderungs- oder Aussonderungsgläubiger unterbunden werden, soweit der betreffende Gegenstand für die Betriebsfortführung von erheblicher ___________ 87) Siehe nur Hefermehl, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, 8. Auflage 2018, Kap. 1 Rn. 2, der mit der Fälligstellung weiterer Gläubigerforderungen, der Kündigung von Kreditlinien und dem Verlust wichtiger Kunden und Lieferanten rechnet; ähnlich auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 88) Siehe nur Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 21 Rn. 1. 89) LG Bonn, Beschluss v. 23.7.2003 – 6 T 135/03 = NZI 2003, 653, 654; ebenso Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 21 Rn. 26; in eine ähnliche Richtung Frind/Rüther/ Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, 24. 90) Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 131; Mönning, in: Mönning, Betriebsfortführung in Restrukturierung und Insolvenz, 3. Auflage 2016, § 9 Rn. 67. Dies dagegen nicht als Ziel des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO ansehend AG Hamburg, Beschluss v. 25.9.2007 – 903a M 1240/07 = NZI 2007, 669, 670.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

Bedeutung ist.91) Dies wird vor allem dann relevant, wenn sich ein Gegenstand bereits beim absonderungsberechtigten Gläubiger befindet.92) Auch kann hierdurch, wie aus § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 3 InsO ersichtlich wird, die Einziehung von sicherungsabgetretenen Forderungen verhindert werden.

2. Die Rolle des vorläufigen Insolvenzverwalters 27 Ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter ist gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO selbst zur Fortführung des Betriebs verpflichtet, außer der Betrieb ist bereits eingestellt93) oder das Gericht gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO stimmt einer Stilllegung zu, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden.94) Vorbehaltlich selbiger Ausnahmen ist auch der schwache vorläufige Insolvenzverwalter in analoger Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO zur Mitwirkung an der Fortführung eines schuldnerischen Unternehmens verpflichtet.95)

28 Dabei stellt sich die Frage der Kompetenzverteilung zwischen dem Schuldner und dem vorläufigen Verwalter. Am klarsten wird dies durch die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots geregelt, wodurch der vorläufige Verwalter die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners und damit auch über das dort inbegriffene Unternehmen erhält. Der vorläufige Verwalter hat dann das Recht und die Pflicht, alle unternehmerischen Entscheidungen selbst zu treffen und auszuführen. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des vorläufigen Verwalters, im Rahmen der ihm zufallenden einzelunternehmerischen Leitungsmacht anstelle des Schuldners dessen berufsspezifische Tätigkeit im operativen Tagesgeschäft zu übernehmen.96) Die Mitwirkung des Schuldners an der Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren ist daher oftmals unerlässlich. Gezwungen werden kann der Schuldner hierzu jedoch nicht.97) ___________ 91) Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 143. 92) Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 143; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 28. 93) Siehe nur Schmerbach, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 22 Rn. 65. 94) Verfügungen durch den vorläufigen Verwalter, die der Stilllegung des Unternehmens dienen, wären auch ohne Zustimmung des Insolvenzgerichts nach außen hin wirksam, da auch hier der Sicherheit des Rechtsverkehrs eine große Bedeutung zukommt, BAG, Urteil v. 27.10.2005 – 6 AZR 5/05 = BAGE 116, 168 = NZI 2006, 310, 311 Rn. 15. 95) Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 22 Rn. 63; Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1891. 96) Zur Situation im eröffneten Insolvenzverfahren Decker, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 157 Rn. 12; a. A. offenbar Webel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 157 Rn. 7. 97) Siehe zur Situation im eröffneten Insolvenzverfahren BGH, Beschluss v. 18.12.2008 – IX ZB 249/07 = NZI 2009, 191, 192 Rn. 11, Janssen, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 157 Rn. 12; Decker, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 157 Rn. 12; Webel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 157 Rn. 7.

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A. Überblick über das Eröffnungsverfahren

Bei einer schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung verbleibt die Leitungsmacht 29 im Grundsatz beim Schuldner. Bereits auf der Ebene der Geschäftsleitung findet jedoch dabei eine Zusammenarbeit zwischen Schuldner und vorläufigem Verwalter statt.98) Die Pflichten des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters konkretisieren sich dahingehend, dass er die Betriebsfortführung zu überwachen99) und den Schuldner zu erforderlichen Rechtshandlungen anzuhalten hat.100) Im Falle des Bestehens eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts trifft ihn zudem die Pflicht, nur solchen Verfügungen des Schuldners zuzustimmen, die einer zweckmäßigen Betriebsfortführung dienen.101)

3. Sicherung der Weiterbelieferung Wurde lediglich die schwache vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, wie dies 30 auch bei einem selbstständig tätigen Schuldner regelmäßig der Fall ist,102) wird die Insolvenzmasse zwar dadurch geschont, dass der Schuldner lediglich Insolvenzforderungen i. S. d. § 38 InsO begründet. Die Begründung von Masseverbindlichkeiten ist bei einer schwachen vorläufigen Verwaltung grundsätzlich nicht vorgesehen.103) Dies erzeugt jedoch die Gefahr, dass Vertragspartner wie Versorgungsunternehmen, Lieferanten, Versicherungen, Vermieter oder sonstige Dienstleister, die als Weiterlieferer für die Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren unabdingbar sind, angesichts der ihnen dadurch beinahe garantierten Forderungsausfälle ihre Leistungen einstellen.104) Um den potentiellen Weiterlieferern auch in diesem Fall nach dem Eröffnungsantrag gute Befriedigungsaussichten in Aussicht stellen zu können, bedient man sich in der Praxis häufig der höchstrichterlich anerkannten Möglichkeit des Insolvenzgerichts, den schwachen vorläufigen Verwalter zur Be___________ 98) Schmerbach, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 22 Rn. 66; Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 230; Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1890. 99) BGH, Beschluss v. 26.4.2007 – IX ZB 160/06 = NZI 2007, 461, 462 Rn. 13; Schmerbach, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 22 Rn. 66. 100) Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 22 Rn. 63; Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1892. 101) Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 135; Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 22 Rn. 63. 102) Frind/Rüther/Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, 24. 103) Ausdrücklich eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO ablehnend, BGH, Urteil v. 24.1.2008 – IX ZR 201/06 = NZI 2008, 295 Rn. 9; BGH, Urteil v. 20.9.2007 – IX ZR 91/06 = NZI 2008, 39; vorausgesetzt schon in BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543, 545 f.; ebenso Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 22 Rn. 131; Jaffé/ Hellert, ZIP 1999, 1204, 1205 f.; Bähr, ZIP 1998, 1553, 1559. 104) Schmerbach, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 22 Rn. 72; vgl. ferner Mönning, in: Nerlich/ Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 22 Rn. 225; Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 517; Laroche, NZI 2010, 965, 967; im Detail zum Sicherungsinteresse der einzelnen Gläubigergruppen Werres, ZInsO 2005, 1233, 1234 f.; Frind/Rüther/Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, S. 24, 25; Frind, ZInsO 2003, 778, 779.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

gründung einzelner, im Voraus genau festgelegter105) Masseverbindlichkeiten zu ermächtigen.106) Zur Rechtfertigung dessen weist der Insolvenzrechtssenat des BGH darauf hin, dass das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO die Pflichten des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bis hin zur Grenze derjenigen des starken vorläufigen Verwalters ausdehnen dürfe und für die Befugnisse zur Erfüllung dieser Pflichten nichts anderes gelten könne.107) Häufig kompensieren die finanziellen Potentiale des laufenden Betriebs die mit der Einordnung als Masseverbindlichkeit einhergehenden stärkeren Belastungen der Insolvenzmasse.108)

31 Das Modell der Einzelermächtigungen gerät jedoch an seine Grenzen, wenn sich aus der Liquiditätsprognose des vorläufigen Verwalters ergibt, dass die spätere Insolvenzmasse nicht einmal zur Deckung der Masseverbindlichkeiten ausreichen könnte.109) Nach der Rangordnung des § 209 InsO werden die vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründeten Masseverbindlichkeiten erst zum Schluss befriedigt, so dass den Weiterlieferern im Eröffnungsverfahren Forderungsausfälle drohen. Der Vorschlag, das Insolvenzgericht auch zur Erteilung von Vorrang-Einzelermächtigungen i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu berechtigen,110) ist vor dem Hintergrund abzulehnen, dass auch ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter hierzu nicht befugt ist, dessen Befugnisse jedoch die Grenze des gerichtlichen Gestaltungsspielraums bilden. Stattdessen hat sich in der Praxis für den Fall einer drohenden Masseunzulänglichkeit die Errichtung eines fremdnützigen Treuhandkontos etabliert,111) auf das ein Vermögensteil

___________ 105) Zu einer praxistauglichen Lösung zur Einhaltung dieser Voraussetzung Laroche, NZI 2010, 965, 968; Frind/Rüther/Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, 24, 25; Frind, ZInsO 2003, 778, 779. 106) BGH, Beschluss v. 4.12.2014 – IX ZR 166/14, Rn. 4; BGH, Urteil v. 13.1.2011 – IX ZR 233/09, NZI 2011, 143 Rn. 9; BGH, Urteil v. 7.5.2009 – IX ZR 61/08 = NZI 2009, 475 Rn. 13; BGH, Urteil v. 20.9.2007 – IX ZR 91/06 = NZI 2008, 39; BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543 Ls. 4, 546. Zustimmung auch in der Literatur, siehe nur Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 22 Rn. 225; Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 22 Rn. 45; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 22 Rn. 97 ff.; Laroche, NZI 2010, 965 ff.; Kirchhof, ZInsO 2004, 57 ff. Demgegenüber a. A. Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 22 Rn. 131; Pape/Uhlenbruck, ZIP 2005, 417, 419; Bähr, ZIP 1998, 1553, 1559. 107) BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353 = NZI 2002, 543, 546. 108) Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 336. 109) Hess, in: KK InsO, Bd. 1, 2016, § 22 Rn. 23; Werres, ZInsO 2005, 1233, 1239; Frind/Rüther/ Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, 24, 25. 110) AG Hamburg, Beschluss v. 15.11.2004 – 67g IN 390/04 = ZInsO 2004, 1270, 1271. 111) Siehe insbesondere Frind, ZInsO 2005, 1296, 1297, wonach die Praxis gezeigt habe, dass es regelmäßig nicht an der Liquidität für die Auffüllung des Treuhandkontos fehle.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

übertragen wird, um damit eine von der späteren Insolvenzmasse getrennte Haftungsmasse nur für die Weiterlieferer zu schaffen.112)

B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession Den Wirkungen der Globalzession während des Eröffnungsverfahrens können al- 32 lein die vorläufigen Maßnahmen entgegenstehen, welche das Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 1 S. 1 InsO – soweit erforderlich – anzuordnen hat. Da die hierbei in Betracht kommenden Wirkungen den Übergang der Forderungen auf den Zessionar im Ergebnis nicht verhindern können, fällt der Blick in einem zweiten Schritt auf die Möglichkeiten, die sich zur Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verfügungsermächtigung bieten. Nur wenn der Schuldner selbst bzw. der Insolvenzverwalter die Forderungen weiterhin einziehen und in den Geschäftsbetrieb fließen lassen können, ist eine Fortführung der selbstständigen Tätigkeit möglich.

I. Übergang der Forderungen Geht man davon aus, dass die zu untersuchende Globalzession bereits vor Beginn 33 des Eröffnungsverfahrens vereinbart worden ist, kann zunächst unproblematisch festgestellt werden, dass die von der Globalzession erfassten Forderungen, welche bereits bei der dinglichen Einigung bestehen oder noch vor Beginn des Eröffnungsverfahrens entstehen, unbeeinträchtigt von den im Eröffnungsverfahren denkbaren Wirkungen auf den Zessionar übergehen können. Die Anordnung von Maßnahmen, die auf die Zeit vor dem Eröffnungsantrag zurückwirken, würde die Kompetenz des Insolvenzgerichts überschreiten. Fließt dem Zessionar aus solchen vor dem Eröffnungsverfahren übergehenden Forderungen tatsächlich der Wert der Forderung zu, weil die Einziehungsermächtigung bereits widerrufen ist, kann der spätere Insolvenzverwalter diesen Verlust für die Insolvenzmasse lediglich gem. § 129 Abs. 1 InsO durch Insolvenzanfechtung nach Maßgabe der §§ 130 ff. InsO rückgängig machen.113) Schwieriger sind demgegenüber die Zessionswirkungen auf solche Forderungen zu bewerten, die während des Eröffnungsverfahrens entstehen, wenn das Insolvenzgericht die Verfügungsmacht des Schuldners durch eine Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO beschränkt hat. Bei einem Verstoß ___________ 112) Dies befürwortend Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 22 Rn. 242 ff.; Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 22 Rn. 225; Beck/Wimmer, in: Beck/Depré/Ampferl, Praxis der Sanierung und Insolvenz, 4. Auflage 2023, § 5 Rn. 152a; Werres, ZInsO 2005, 1233, 1239 ff., 1241; Mönning/Hage, ZInsO 2005, 1185, 1191; Bork, ZIP 2003, 1421, 1425; Undritz, NZI 2003, 136, 141; Heidrich/Prager, NZI 2002, 653. Die Zulässigkeit auf Ausnahmefälle beschränkend AG Hamburg, Beschluss v. 22.4.2004 – 67c IN 46/04 = ZInsO 2004, 517, 518; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 22 Rn. 109; Frind, ZInsO 2005, 1296, 1303; Frind/ Rüther/Schmidt/Wendler, ZInsO 2004, 24, 25. A. A. AG Hamburg, Beschluss v. 16.12.2002 – 67g IN 419/02 = ZIP 2003, 43, 44 f.; ebenfalls kritisch Eichel, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2. Auflage 2023, § 55 Rn. 92; Heidelberger Leitlinien, NZI 2009, 593, 594; Pape/Uhlenbruck, ZIP 2005, 417, 419. 113) Siehe nur Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 8.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

gegen die hierbei möglichen Verfügungsbeschränkungen gilt gem. § 24 Abs. 1 InsO unter anderem § 81 Abs. 1 S. 1 InsO, der als Rechtsfolge hierfür die Unwirksamkeit der jeweiligen Verfügung vorsieht.

34 Der BGH hält Vorausabtretungen auch dann für wirksam, wenn im Zeitpunkt der Forderungsentstehung eine Verfügungsbeschränkung besteht.114) Dabei stützt sich das Gericht im Kern auf zwei Thesen, die im Folgenden zu untersuchen sind. Zum einen müsse der Zedent im Allgemeinen nur bei der Vorausabtretung selbst, nicht notwendig auch bei der Entstehung der Forderung verfügungsbefugt sein, da die Verfügungsmacht generell nur bei Abschluss des Verfügungstatbestandes und nicht mehr beim Verfügungserfolg vorliegen müsse.115) Zum anderen beschränke sich der Anwendungsbereich des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO auf Verfügungshandlungen des Schuldners, in diesem Fall also die Abtretungserklärung, nicht dagegen auf den Verfügungserfolg, in diesem Fall die Forderungsentstehung.116)

1. Erforderlichkeit der Verfügungsmacht bei Entstehen der Forderung 35 Die erste These des BGH betrifft folglich den für die Bewertung der Verfügungsmacht bei einer Vorausabtretung maßgeblichen Zeitpunkt. Der BGH unterscheidet bei seinen Urteilen zur Vorausabtretung in diesem Zusammenhang zwischen dem Verfügungstatbestand und dem Verfügungserfolg.117) Normalerweise fallen der Abschluss des Verfügungstatbestandes und die Rechtsänderung als Verfügungserfolg zusammen, so auch bei der Abtretung bestehender Forderungen.118) Unmittelbar mit dem Abschluss des Abtretungsvertrags gehen solche Forderungen auf den Zessionar über. Es gibt daher nur einen in Frage kommenden Zeitpunkt für die Beurteilung der Verfügungsmacht des Verfügenden. Anders ist dies bei der Abtretung künftiger Forderungen. Hier wird der Abtretungsvertrag abgeschlossen und erst später tritt mit dem Entstehen der abgetretenen Forderung die Rechtsänderung ___________ 114) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 Rn. 10; BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25; in anderem Kontext als mit §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 24 Abs. 1 InsO BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 f. Rn. 9. 115) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 f. Rn. 11; BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25; BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 f. Rn. 9 ff.; BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858 zur KO; auch OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 375 f. 116) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 Rn. 10; BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25 f. 117) BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25; BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 f. Rn. 9; BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1859. Begriffsverwendung auch im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung, siehe BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 f. Rn. 10 ff. 118) BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 Rn. 10.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

ein.119) Der Abschluss des Verfügungstatbestands und der Eintritt des Verfügungserfolgs fallen somit zeitlich auseinander,120) so dass für die Beurteilung der Verfügungsmacht zwei Zeitpunkte in Betracht kommen. Aus der Sicht vor allem der Rechtsprechung muss die Verfügungsbefugnis bei ei- 36 nem solchen gestreckten Rechtserwerb nur bis zum Abschluss des Verfügungstatbestandes und nicht notwendig bis zum Eintritt des Verfügungserfolgs bestehen.121) Eine später angeordnete Verfügungsbeschränkung kann bei dieser Sichtweise auf eine bereits vorgenommene Vorausverfügung keinen Einfluss mehr haben.122) Demgegenüber setzen weite Teile der Literatur die Verfügungsmacht des Vorausverfügenden auch noch im Zeitpunkt der Forderungsentstehung voraus.123) Demnach müsse die Verfügungsbefugnis grundsätzlich nicht im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, sondern in dem Augenblick vorhanden sein, in welchem die Verfügung wirksam werde,124) im Fall der Vorausabtretung also bei Ent___________ 119) BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 Rn. 10; BGH, Urteil v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94 = NJW 1995, 1668, 1671; BGH, Urteil v. 30.6.1959 – VIII ZR 11/59 = BGHZ 30, 238 = NJW 1959, 1539; Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 71; Schreiber, in: Soergel BGB, Bd. 5/3, 13. Auflage 2010, § 398 Rn. 11. 120) BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 Rn. 10; auch Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 63. A. A. noch BGH, Urteil v. 30.5.1958 – V ZR 295/56 = BGHZ 27, 360 = NJW 1958, 1286, 1288; Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 8; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 301 ff.; Eckardt, ZIP 1997, 957, 960; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 84 f., die alle die Entstehung der Forderung selbst noch als Teil des Verfügungstatbestandes sehen. Offen gelassen durch OLG Naumburg, Urteil v. 23.4.2008 – 5 U 19/08 = ZInsO 2008, 1022, 1023. 121) BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25; BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858; OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 375 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 4, 1976, § 49 I 2 b S. 390 f.; Gehrlein, WM 2014, 485 f.; Gehrlein, ZIP 2011, 5, 6; Krüger/Opp, NZI 2010, 672, 674; Kuleisa, InsVZ 2010, 203 ff.; Wilkens/Siepmann, EWiR 2010, 121, 122. 122) OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376. 123) Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 8; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 81 Rn. 12a; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 24 Rn. 9; Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 24 Rn. 6 f.; Hölzle, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 24 Rn. 20; wohl auch Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 81 Rn. 10 f.; Vallender, in: Uhlenbruck, 15. Auflage 2019, § 24 Rn. 4; Hess, in: KK InsO, Bd. 1, 2016, § 24 Rn. 9 ff., der die Vorausabtretung allerdings dann für wirksam hält, wenn sie unter einer aufschiebenden Bedingung steht, deren Eintritt der Schuldner noch verhindern kann (z. B. Abschluss eines Forderungskaufvertrags), weil die Forderung dann noch trotz Verfügungsbeschränkung zum Vermögen des Schuldners gehöre; Simokat, NZI 2012, 57, 60 f.; Schönfelder, WM 2007, 1489, 1490; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 84 f. Wohl auch noch BGH, Urteil v. 30.5.1958 – V ZR 295/56 = BGHZ 27, 360 = NJW 1958, 1286, 1288; ebenso BGH, Urteil v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54 = NJW 1955, 544; ebenso OLG Dresden, Urteil v. 26.1.2006 – 13 U 1924/05 = ZInsO 2006, 1057, 1058. 124) So auch noch OLG Hamm, Urteil v. 18.11.1994 – 29 U 46/94 = ZIP 1995, 140, 142; OLG Stuttgart, Urteil v. 4.2.1994 – 2 U 93/93 = ZIP 1994, 798, 799; Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 24 Rn. 6 f.; Eckardt, ZIP 1997, 957, 959 f.; Canaris, ZIP 1986, 1225, 1226.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

stehen der Forderung. Da die Ansicht der Rechtsprechung, wie im Folgenden darzulegen ist, konzeptionelle Schwächen aufweist und ihr auch systematische Erwägungen entgegenstehen, ist letztendlich der Literaturansicht zu folgen.

a) Konzeption der Verfügungsmacht 37 Erhebliche Schwächen der Ansicht der Rechtsprechung ergeben sich aus der Vorstellung, der Vorausverfügende habe bei der Abtretung einer künftigen Forderung bereits die Verfügungsmacht inne.125) Die zu diesem Zeitpunkt vermeintlich bestehende Verfügungsmacht soll bereits endgültigen Bestand haben und zwischenzeitliche Verfügungsbeschränkungen ohne Auswirkungen auf die Verfügung bleiben. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verfügungsmacht des Vorauszedenten bereits bei der Abtretung überhaupt bewertet werden kann. Hiergegen spricht aber die Konzeption der Verfügungsmacht. Diese beschreibt das rechtliche Können einer Person in Bezug auf das Recht an einem Gegenstand.126) Wenn der Gegenstand oder das Recht an ihm nicht einmal in Ansätzen besteht, kann es auch noch keine Zuordnung des rechtlichen Könnens geben.127) Falsch wäre es demgegenüber, die Verfügungsmacht einer Person wie eine persönliche Eigenschaft „an sich“ zukommen zu lassen.128) Dies scheint jedoch die Grundannahme der Rechtsprechung zu sein, wenn sie meint, beurteilen zu können, ob der Vorauszedent verfügungsberechtigt ist, bevor die abgetretene Forderung als Verfügungsgegenstand überhaupt entstanden ist. Es zeichnet die Vorausabtretung gerade aus, dass der Verfügungsgegenstand bei der Abtretung noch nicht existiert, sondern bloß die Hoffnung besteht, dass dieser später entsteht.129) Es ist daher bei Abschluss des Abtretungsvertrags häufig noch gänzlich ungewiss, ob die vorausabgetretene Forderung im Vermögen des Zedenten entsteht und dieser hinsichtlich der Forderung auch verfügungsberechtigt sein wird.130) Im Grundsatz kann die Verfügungsmacht daher erst

___________ 125) So aber BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NJW-RR 2010, 192, 193 f. Rn. 9 ff.; in Bezug auf die Pfändung einer künftigen Forderung BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858. 126) Medicus/Petersen, AT des Bürgerlichen Rechts, 11. Auflage 2016, S. 434 Rn. 1001; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 29 Rn. 34, wonach die Befugnis, über ein Recht zu verfügen, Bestandteil des jeweiligen Rechts ist; Furche, WM 2007, 1305, 1309; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 304; Eckardt, ZIP 1997, 957, 960; in dieselbe Richtung auch Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 84. 127) Anders auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 4, 1976, § 49 I 2 b S. 390. 128) Simokat, NZI 2012, 57, 60; Furche, WM 2007, 1305, 1309; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 304; Eckardt, ZIP 1997, 957, 960. 129) Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 10.26. 130) Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 298.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

dann bestehen und somit auch bewertet werden, wenn die übertragene Forderung entsteht.131) Vor allem zwei Argumente werden dafür ins Feld geführt, dass sich die Verfü- 38 gungsmacht trotz alledem auch auf eine künftige Forderung beziehen können muss. Zum einen müsse man in Kauf nehmen, dass sich sowohl die Einigung als auch die Verfügungsmacht auf ein künftiges, gegenwärtig noch nicht bestehendes Recht bezögen, wenn man eine Vorauszession für zulässig halte.132) Zum anderen könne ein zwischenzeitlicher Verlust der Verfügungsmacht deshalb nicht den Übergang der Forderung verhindern, weil der Zedent bereits mit der Abtretung alles für den Rechtsübergang Erforderliche getan, sprich alle Merkmale des Übertragungstatbestands erfüllt und das dingliche Geschäft vollzogen habe.133) Beide Argumente können jedoch nicht überzeugen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Zulässigkeit der Vorausabtretung davon abhängen sollte, dass sich die Verfügungsmacht auch auf eine künftige Forderung beziehen kann. Anders als die Verfügungsmacht setzt die Einigung die Existenz des Verfügungsgegenstands nicht voraus, da sie lediglich einen übereinstimmenden Willen über den Übergang bestimmbar festgelegter künftiger Forderungen dokumentiert. Zwar ist in Bezug auf die Einigung anerkannt, dass diese nicht bis zum Entstehen der Forderung fortbestehen muss.134) Dies lässt sich jedoch nicht auf die Verfügungsmacht übertragen, die anders als die Einigung die Existenz des Verfügungsgegenstands voraussetzt. So ist es auch von der Rechtsprechung selbst anerkannt, dass eine Vorausabtretung unwirksam ist, wenn die vorausabgetretene Forderung überhaupt nicht135) oder nicht in der Hand des Zedenten entsteht.136) Vergleichbar mit dem Fall des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB verfügt der Zedent bei der Vorausabtretung zu einer Zeit, in der ihm die Verfügungsmacht über den Verfügungsgegenstand noch nicht zuge-

___________ 131) Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 9; Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 1, 2004, § 24 Rn. 6; Simokat, NZI 2012, 57, 60; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 85; Eckardt, ZIP 1997, 957, 960. 132) Hierauf verweist BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NJW-RR 2010, 192, 193 Rn. 11; so auch Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 71, 74; Grüneberg, in: Grüneberg BGB, 82. Auflage 2023, § 398 Rn. 11. 133) OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376 mit Verweis auf BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NJW 2008, 430, 432 f. Rn. 27; ebenso Kötter, Die Tauglichkeit der Vorausabtretung als Sicherungsmittel, 1960, S. 15 f. 134) Hierauf verweist BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NJW-RR 2010, 192, 193 Rn. 11; so auch Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 71; Grüneberg, in: Grüneberg BGB, 82. Auflage 2023, § 398 Rn. 11. 135) BGH, Urteil v. 7.3.1973 – VIII ZR 204/71 = WM 1973, 489 Ls. 136) BGH, Urteil v. 14.7.1997 – II ZR 122/96 = NJW 1997, 3370, 3371; BGH, Urteil v. 19.9.1983 – II ZR 12/83 = BGHZ 88, 205 = NJW 1984, 492; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 303; bestätigt wird dies auch durch § 566b Abs. 1 BGB.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

ordnet werden kann.137) Erst wenn sich seine Erwartung erfüllt und die vorausabgetretene Forderung tatsächlich verfügbar in seinem Vermögen entsteht, ändert sich dies. Dagegen macht es keinen Unterschied, ob der Zedent die Forderung gar nicht erwirbt oder sie zwar erwirbt, aber hierüber sodann nicht verfügungsberechtigt ist.138) Vielmehr muss er nachträglich genau die Verfügungsmacht erlangen, die erforderlich ist, um die in Frage stehende Verfügung rechtswirksam vorzunehmen.139)

b) Sonderfall Direkterwerb 39 Die bisherigen Ausführungen zur Beurteilung der Verfügungsmacht bei einer Vorauszession setzen voraus, dass die abgetretene Forderung zunächst im Vermögen des Zedenten entsteht, bevor sie auf den Zessionar übergeht. Nur wenn der Zedent zunächst noch selbst die Forderung erwirbt, kann nach den obigen Ausführungen seine Verfügungsmacht bewertet werden. Zumindest als Grundfall ist es auch anerkannt, dass ein sogenannter Durchgangserwerb stattfindet, die vorausabgetretene Forderung im ersten Schritt für eine sogenannte juristische Sekunde im Vermögen des Zedenten entsteht, bevor sie sodann in einem zweiten Schritt auf den Zessionar übergeht.140) Jedoch soll nach herrschender Ansicht ein Direkterwerb stattfinden, die vorausabgetretene Forderung also unmittelbar im Vermögen des Zessionars ent___________ 137) Klumpp, in: Staudinger BGB, 2019, § 185 Rn. 48; Medicus/Petersen, AT des BGB, 11. Auflage 2016, S. 445 Rn. 1035; Egert, Die Rechtsbedingung im System des bürgerlichen Rechts, 1974, S. 60 ff.; Hahnzog, Die Rechtsstellung des Zessionars künftiger Forderungen, 1962, S. 87; Simokat, NZI 2012, 57, 60; Furche, WM 2007, 1305, 1309; Eckardt, ZIP 1997, 957, 961. Gegen einen solchen Vergleich BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 Rn. 12; OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376; Gehrlein, ZIP 2011, 5, 6. 138) RG, Urteil v. 11.10.1935 – VII 48/35 = RGZ 149, 19, 22; Klumpp, in: Staudinger BGB, 2019, § 185 Rn. 110 ff.; Hahnzog, Die Rechtsstellung des Zessionars künftiger Forderungen, 1962, S. 24 f, 74 f.; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 304; Eckardt, ZIP 1997, 957, 961; Dieckmann, JuS 1961, 219, 220. 139) BGH, Urteil v. 26.9.1958 – I ZR 81/57 = NJW 1959, 34. 140) BGH, Urteil v. 7.7.2003 – II ZR 271/00 = NJW-RR 2003, 1690, 1691; grundlegend Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 75; Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, 2011, S. 166; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 85; Müller, ZIP 1994, 342, 347; Armbrüster, NJW 1991, 606, 608. Stets für einen Direkterwerb: Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 69; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 66; Pöggeler, in: Nörr/Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, 2. Auflage 1999, S. 107, 113 ff.; Sievers, Die Globalzession, 1961, S. 43 f.; Kötter, Die Tauglichkeit der Vorausabtretung als Sicherungsmittel, 1960, S. 15. Stets für einen Durchgangserwerb: Egert, Die Rechtsbedingung im System des bürgerlichen Rechts, 1974, S. 60 ff.; Mülbert, AcP 202 (2002), 912, 934 ff. Offen gelassen in BGH, Urteil v. 19.9.1983 – II ZR 12/83 = BGHZ 88, 205 = NJW 1984, 492; BGH, Urteil v. 2.6.1976 – VIII ZR 267/74 = BGHZ 66, 384 = NJW 1976, 1351, 1352; BGH, Urteil v. 19.11.1968 – VI ZR 215/66 = NJW 1969, 276.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

stehen, wenn die Rechtsgrundlage der Forderung bereits besteht;141) teilweise wird dies auch vom Bestehen eines Anwartschaftsrechts abhängig gemacht.142) Da ein Anwartschaftsrecht im klassischen Sinne wohl nur in Frage kommt, wenn die Forderung bereits besteht und vom Zedenten aufschiebend bedingt übertragen ist,143) was dann aber gerade keine Vorausabtretung mehr wäre,144) knüpfen die Unterstützer beider Lager im Ausgangspunkt wohl an ähnliche Fälle an. Es ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb es für die Abgrenzung zwischen Durch- 40 gangs- und Direkterwerb überhaupt eines anderen Maßstabs bedarf als zur Beantwortung der Frage der Insolvenzfestigkeit, für die bereits ein höchstrichterlich entwickelter Maßstab besteht. In beiden Fällen geht es letztlich um die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine vorausabgetretene Forderung bereits vor ihrer Entstehung dem Vermögen des Zessionars zugeordnet werden kann. Richtigerweise ist dies in beiden Abgrenzungsfragen dann der Fall, wenn eine gesicherte Rechtsposition besteht, die weder der Drittschuldner noch der Zedent ohne Weiteres einseitig beeinträchtigen kann.145) Wann eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung vorliegt, ist stets anhand des jeweiligen Einzelfalls zu untersuchen.146) Insbesondere verbietet es sich daher im Falle eines Dauerschuldverhält___________ 141) Eine bestehende Rechtsgrundlage für den Direkterwerb als ausreichend ansehend BGH, Urteil v. 7.7.2003 – II ZR 271/00 = NJW-RR 2003, 1690, 1691; Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 73; Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 83; Rosch, in: jurisPK BGB, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 398 Rn. 54 f.; Grüneberg, in: Grüneberg BGB, 82. Auflage 2023, § 398 Rn. 12; Martens, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 398 Rn. 33; Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, 2011, S. 166; Hahnzog, Die Rechtsstellung des Zessionars künftiger Forderungen, 1962, S. 85 ff.; Armbrüster, NJW 1991, 606, 608. 142) Ein Anwartschaftsrecht für einen Direkterwerb voraussetzend BFH, Urteil v. 16.5.1995 – VIII R 33/94 = BFHE 178, 197 = NJW 1996, 1079 f.; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 171; Schreiber, in: Soergel BGB, Bd. 5/3, 13. Auflage 2010, § 398 Rn. 11; Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 34 III; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 85; Müller, ZIP 1994, 342, 346 f. 143) Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 301; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 4, 1976, S. 264 f.; Sievers, Die Globalzession, 1961, S. 43 mit Verweis auf BGH, Urteil v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54 = NJW 1955, 544; Kötter, Die Tauglichkeit der Vorausabtretung als Sicherungsmittel, 1960, S. 16 f.; Müller, ZIP 1994, 342, 346. 144) So auch Hattenhauer, in: HKK BGB, Bd. 2/2, 2007, §§ 398 – 413 Rn. 44; Pöggeler, in: Nörr/ Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, 2. Auflage 1999, S. 107, 118; Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 301. 145) Siehe zu den Anforderungen an die Insolvenzfestigkeit einer Vorausabtretung nur BGH, Urteil v. 20.9.2012 – IX ZR 208/11 = NJW-RR 2013, 248, 249 Rn. 13; BGH, Urteil v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09 = NZI 2010, 220, 222 Rn. 20; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, 2485 Rn. 6; auch Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 84 m. w. N. Vgl. zum Gleichlauf von Insolvenzfestigkeit der Vorausabtretung und Abgrenzung zwischen Durchgangs- und Direkterwerb Schreiber, in: Soergel BGB, Bd. 5/3, 13. Auflage 2010, § 398 Rn. 11; Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 34 III. 146) Haller, Die gesicherte Rechtsposition, 2016, S. 177.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

nisses, pauschal danach zu unterscheiden, ob die abgetretene Forderung lediglich betagt oder aufschiebend befristet ist.147) Eine gesicherte Rechtsposition kommt grundsätzlich auch bezüglich einer befristeten Forderung in Betracht, wenn weder Drittschuldner noch Zedent Einfluss auf den Eintritt des Anfangstermins i. S. d. § 163 BGB haben.

41 Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Durchgangs- und Direkterwerb ist dabei entscheidend, dass eine gesicherte Rechtsposition entstanden ist, die als eine Vorstufe des eigentlichen Verfügungsobjekts bereits von der Vorausverfügung erfasst wird und dadurch auf den Zessionar übergeht.148) Im Einklang mit der dargelegten Konzeption der Verfügungsmacht knüpft die Bewertung der Berechtigung des Zedenten im Zeitpunkt des Übergangs der Rechtsposition nicht an die nach wie vor noch nicht existente Forderung, sondern an die gesicherte Rechtsposition selbst an, die insoweit als Zuweisungsobjekt dient. Tritt zwischen dem Übergang der gesicherten Rechtsposition und dem endgültigen Entstehen der Forderung beim Zedenten eine Verfügungsbeschränkung ein, bleibt diese ohne Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Forderungserwerbs.

42 Die von der Globalzession erfassten Forderungen müssen somit aufgeteilt werden in solche, hinsichtlich derer der Zessionar bereits vor der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO eine gesicherte Rechtsposition erhalten hat, und solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Nur letztere Forderungsgruppe ist abhängig von den Wirkungen der Verfügungsbeschränkungen des Eröffnungsverfahrens.149)

2. Auswirkungen der §§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 InsO 43 Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Verfügungsmacht entscheidend ist, ist von der Frage zu trennen, welche konkreten Wirkungen von den Verfügungsbeschränkungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO auf einen gestreckten Erwerbstatbestand ausgehen. Nach § 24 Abs. 1 InsO gilt im Falle eines Verstoßes ___________ 147) Insofern inkonsequenterweise eine gesicherte Rechtsposition stets und ohne weitere Differenzierung nur bei einer bereits bestehenden, lediglich betagten Forderung annehmend: BGH, Urteil v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12 = NZBau 2013, 573, 575 Rn. 27; BGH, Urteil v. 20.9.2012 – IX ZR 208/11 = NZI 2013, 42, 43 Rn. 14; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, 2486; BGH, Urteil v. 14.12.1989 – IX ZR 283/88 = BGHZ 109, 368 = NJW 1990, 1113, 1114; OLG Koblenz, Urteil v. 29.8.2012 – 5 U 347/12 = BeckRS 2012, 19415. 148) BGH, Urteil v. 17.12.2020 – IX ZR 205/19 = NJW-RR 2021, 173, 175 Rn. 14; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 171; Rosch, in: jurisPK BGB, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 398 Rn. 54; Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, 2011, S. 166, der darin sogar „technisch gesehen ein[en] Durchgangserwerb“ sieht; Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 34 III. A. A. Hahnzog, Die Rechtsstellung des Zessionars künftiger Forderungen, 1962, S. 111. 149) So auch Bork, in: FS Seiler, 1999, S. 289, 305.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

gegen eine solche Verfügungsbeschränkung unter anderem § 81 InsO. Dessen Abs. 1 S. 1 InsO ordnet die Unwirksamkeit der Verfügung an für den Fall, dass der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse verfügt. Nach Ansicht des BGH soll das in § 81 Abs. 1 S. 1 InsO enthaltene Verfügungsver- 44 bot aber nur dann anwendbar sein, wenn der Schuldner im verfügungsbeschränkten Zeitraum eine Verfügungshandlung vornimmt. Eine Vorausabtretung wäre demnach nur dann unwirksam, wenn der Schuldner die hierzu erforderliche Erklärung erst nach Eintritt der Verfügungsbeschränkung abgibt, während die bloße Entstehung der abgetretenen Forderung diese Rechtsfolge nicht auslösen würde.150) Nach anderer Ansicht bezieht sich § 81 Abs. 1 S. 1 InsO auf alle Teile der Verfügung und kann somit sowohl an den Abtretungsvertrag als auch an die Entstehung der Forderung anknüpfen, der nicht unmittelbar eine Handlung des Zedenten zu Grunde liegt.151)

a) Auslegung des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO Die Auslegung des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO wird geprägt durch einen eindeutigen 45 Willen des historischen Gesetzgebers.152) Abhängig davon, wie viel Bedeutung man diesem Aspekt beimisst, sind bei der Auslegung jedoch auch objektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen.153) Jene lassen im Fall des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO

___________ 150) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 615 Rn. 11; Windel, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2007, § 81 Rn. 3; Kroth, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 81 Rn. 5; Ganter, in: Ellenberger/ Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 69 Rn. 426; Gehrlein, WM 2014, 485 f.; Jacoby, EWiR 2010, 123, 124; Wilkens/Siepmann, EWiR 2010, 121, 122. 151) OLG Naumburg, Urteil v. 23.4.2008 – 5 U 19/08 = ZInsO 2008, 1022, 1023; OLG Dresden, Urteil v. 26.1.2006 – 13 U 1924/05 = ZInsO 2006, 1057, 1058; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 24 Rn. 9; Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 8, 10, außer der Rechtsgrund der Forderung ist bei der Abtretung bereits gelegt und nur die Fälligkeit tritt nach der Verfügungsbeschränkung ein; so wohl auch Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 81 Rn. 12a. 152) Zur Relevanz des Willens des Gesetzgebers bei der Auslegung einer Rechtsnorm Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 1, 1840, § 33 S. 213, wonach man sich bei der Auslegung als der „Reconstruction des dem Gesetze innewohnenden Gedankens“ auf den Standpunkt des Gesetzgebers versetzen und dessen Tätigkeit in sich künstlich wiederholen muss. Dies zumindest bei der subjektiven Auslegungstheorie der entscheidende Maßstab, siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 316 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 662. 153) Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 674. Auch innerhalb der Rechtsprechung wird der historische Wille des Gesetzgebers bei der Auslegung teilweise mehr (BGH, Urteil v. 30.6.1966 – KZR 5/65 = GRUR 1967, 158, 159) und teilweise weniger (BGH, Urteil v. 20.3.1951 – 2 StR 13/50 = NJW 1951, 369) berücksichtigt. Kritisch zur Unterscheidung nach subjektiven und objektiven Aspekten Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 536 f. Rn. 494.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

unter dem Strich jedoch keinen von dem gesetzgeberischen Willen abweichenden Schluss zu.

aa) Der Wille des Gesetzgebers 46 Der BGH sieht seine Vorstellung des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO gestützt vom Willen des historischen Gesetzgebers. Die Gesetzesbegründung nennt den Fall einer Vorausabtretung, bei der das Insolvenzverfahren zwischen der Abtretung und der Entstehung der Forderung eröffnet wird, gerade als Beispiel für den Anwendungsfall des § 91 Abs. 1 InsO.154) Da das in § 91 InsO enthaltene Erwerbsverbot nur zur Anwendung gelangt, wenn § 81 InsO nicht einschlägig ist,155) entsprach es offensichtlich der Intention des Gesetzgebers, dass die bloße Entstehung einer vorausabgetretenen Forderung nicht vom Verfügungsverbot nach § 81 Abs. 1 S. 1 InsO, sondern allein vom Erwerbsverbot nach § 91 InsO erfasst wird. In § 24 Abs. 1 InsO wird allerdings auf § 91 InsO gerade nicht verwiesen.156)

47 Auch ein Blick auf den historischen Kontext bestätigt den Eindruck, dass die Verhinderung der Wirkungen einer bereits zuvor getätigten Vorausabtretung dem Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO vorbehalten sein sollte. Der Gesetzgeber führte mit der Unterscheidung zwischen Erwerbs- und Verfügungsverbot die vor Einführung der InsO geltende Rechtslage im Grunde fort. § 7 KO, die Vorgängernorm des § 81 InsO,157) bezog sich lediglich auf Rechtshandlungen und war daher nicht bei vorgenannter Vorausabtretungskonstellation einschlägig; stattdessen war § 15 KO, die Vorgängernorm des § 91 InsO, anwendbar.158) Zwar stellt § 81 InsO anders als sein Vorgänger nicht mehr ausdrücklich auf Rechtshandlungen ab. Dies geht aber darauf zurück, dass der Fall einer durch eine Rechtshandlung des Schuldners bewirkten Verpflichtung der Masse auf die §§ 38, 80 InsO ausgelagert wurde.159) Der Anwendungsbereich des § 81 InsO sollte mithin gegenüber dem seines Vorgängers verkürzt, keinesfalls aber erweitert werden.160)

___________ 154) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 138 [zu § 102]. 155) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 135 [zu § 92], S. 138 [zu § 102]: § 91 InsO als „ergänzende“ Vorschrift. 156) Kein Hinweis darauf, dass es sich dabei um ein Redaktionsversehen handelt, siehe BGH, Urteil v. 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 27. 157) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 135 [zu § 92]. 158) Vgl. Furche, WM 2007, 1305, 1306 f. m. w. N. 159) § 7 KO erfasste auch durch Rechtshandlungen des Schuldners bewirkte Verpflichtungen, siehe RG, Urteil v. 4.10.1904 – II 58/04 = RGZ 59, 53, 57; Kayser, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 81 Rn. 5. 160) So auch BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 615 Rn. 12.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

bb) Objektive Gesichtspunkte Der Wortlaut des § 81 Abs. 1 InsO bietet noch für beide Seiten Argumente. Die eine 48 Seite sieht in der Verwendung des Begriffs „verfügt“ einen Hinweis auf die „Verfügung“ im juristisch-technischen Sinne161), zu der sowohl der Verfügungstatbestand als auch der Verfügungserfolg gehört;162) die andere Seite sieht in der Verwendung der konjugierten Verbform die Beschränkung auf Verfügungshandlungen bestätigt.163) Auch können aus der Schmälerung des Anwendungsbereichs des § 91 InsO keine 49 zwingenden Schlüsse gezogen werden. Da dieser im Verhältnis zum Verfügungsverbot, aber auch im Verhältnis zu den Vollstreckungsverboten der §§ 89, 90 InsO anerkanntermaßen eine bloß ergänzende Funktion hat,164) geht eine weite Auslegung eines der spezielleren Tatbestände mit einer geringeren Bedeutung des Auffangtatbestandes einher. Auch wenn viele der gesetzlichen Erwerbskonstellationen, die keine Verfügungen darstellen165) und daher von vornherein nicht von § 81 InsO erfasst sind, vom Anwendungsbereich des § 91 InsO ausgenommen und stattdessen insolvenzfest sind,166) verbleibt dem Erwerbsverbot jedenfalls die Anwendung auf den Erwerb von Pfändungspfandrechten durch Neugläubiger und – mit den Einschränkungen des § 90 InsO – durch Massegläubiger. § 91 InsO verbliebe damit auch bei einer Anwendung des § 81 InsO auf alle Teilakte einer Verfügung noch ein eigener, wenn auch kleinerer Anwendungsbereich. Der Blick auf die weitere Systematik der Normen unterstreicht jedoch den Willen 50 des Gesetzgebers. Ein Verweis auf § 878 BGB und die damit vergleichbaren Vorschriften aus dem Schiffs- (§ 3 Abs. 3 SchRG) und Luftfahrzeugrecht (§ 5 Abs. 3 LuftFzgG) finden sich nur in § 91 InsO, nicht dagegen in § 81 InsO.167) § 878 BGB und auch die §§ 3 Abs. 3 SchRG, 5 Abs. 3 LuftFzgG verhindern die Unwirksam___________ 161) Zur Bedeutung solcher Ausdrücke für die Wortlautauslegung siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 320; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 670, Bd. 4, 1977, S. 361. 162) OLG Dresden, Urteil v. 26.1.2006 – 13 U 1924/05 = BeckRS 2006, 10822; Riewe/Kaubisch, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 81 Rn. 22; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 81 Rn. 12a; so im Grundsatz auch Furche, WM 2007, 1305, 1307. 163) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 Rn. 11; Gehrlein, WM 2014, 485, 486. 164) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 135 [zu § 92], S. 138 [zu § 102]; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 1; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 1 („Auffangtatbestand“); Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 2. 165) Für das Vorliegen einer Verfügung muss der Verfügende unmittelbar auf ein Recht einwirken, siehe BGH, Urteil v. 4.5.1987 – II ZR 211/86 = BGHZ 101, 24 = NJW 1987, 3177; BGH, Urteil v. 24.10.1979 – VIII ZR 289/78 = BGHZ 75, 221 = NJW 1980, 175, 176. 166) Siehe im Einzelnen Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 11 ff. 167) Darüber hinaus verweist § 91 Abs. 2 InsO auch auf die Unberührtheit von § 20 Abs. 3 der Schifffahrtrechtlichen Verteilungsordnung. Dies lässt aber keine Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen §§ 81 und 91 InsO zu und soll daher hier unberücksichtigt bleiben.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

keit von bestimmten gestreckten Verfügungen über registergeführte Vermögenspositionen durch zwischenzeitliche Verfügungsbeschränkungen, wenn der Verfügende noch vor Eintritt der Verfügungsbeschränkung als Berechtigter eine bindende Erklärung abgegeben sowie einen Antrag auf Eintragung gestellt hat.168) Dass ein Verweis auf diese Vorschriften in § 81 InsO fehlt, lässt sich letztlich mit der gesetzgeberisch intendierten Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 81 und § 91 InsO erklären. Bei der damit verbundenen engen Auslegung des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO in Form einer Beschränkung auf Verfügungshandlungen ist der Verweis auf die §§ 878 BGB, 3 Abs. 3 SchRG, 5 Abs. 3 LuftFzgG entbehrlich, da die Voraussetzungen jener Normen dann nicht gleichzeitig mit denen des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO vorliegen können.169) Das Verfügungsverbot könnte dann nämlich ohnehin nicht mehr eingreifen, da die für den Verfügungserfolg einzig noch fehlende Eintragung im Register keine Verfügungshandlung des Schuldners mehr darstellt, sondern vom Registergericht ausgeführt wird.170) Es bedürfte somit keiner Ausnahme von § 81 Abs. 1 S. 1 InsO. Dies wäre anders bei § 91 Abs. 1 InsO, der jeden Rechtserwerb verhindert, unabhängig davon, ob hierzu der Schuldner im verfügungsbeschränkten Zeitraum eine Verfügungshandlung vornimmt oder lediglich ein Registergericht eine Rechtsänderung einträgt. Würde man die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO auf Verfügungshandlungen dagegen ablehnen, käme man ob des fehlenden Verweises in erhebliche Erklärungsnot und müsste sich wohl für ein Redaktionsversehen aussprechen.

51 Endgültig bestätigt wird der gesetzgeberische Wille durch teleologische Überlegungen. Dass § 24 Abs. 1 InsO nur auf die §§ 81, 82 InsO und nicht auf § 91 InsO verweist,171) hätte im Ergebnis zur Folge, dass dem Schuldner im Eröffnungsverfahren nur die Wirkungen von Verfügungshandlungen verwehrt blieben. Hat der Schuldner bereits vor Stellung des Eröffnungsantrags alle für eine Verfügung erforderlichen Verfügungshandlungen erbracht, kann der Verfügungserfolg im Eröffnungsverfahren ungehindert eintreten. Im Eröffnungsverfahren sind die Interessen ___________ 168) Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Verfügungen über ein Grundstücksrecht oder über eine andere in einem Register geführte Vermögensposition erst mit der Eintragung im jeweiligen Register wirksam werden, wobei die Parteien hierbei von der Mitwirkung des Grundbuchamts bzw. des Registergerichts abhängig sind, siehe BGH, Beschluss v. 12.10.2016 – V ZB 198/15 = NJW 2017, 1546, 1547 Rn. 16. 169) So auch Furche, WM 2007, 1305, 1308. 170) BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 615 Rn. 12 f.; Furche, WM 2007, 1305, 1308; Gehrlein, WM 2014, 485, 486. Hierzu kritisch Eckardt, ZIP 1997, 957, 964, wonach es ein krasser Widerspruch zur bisherigen Rechtslage wäre, wenn sich der liegenschaftsrechtliche Erwerbstatbestand noch durch Eintragung vollenden könnte, selbst wenn die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht vorlägen. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass hierdurch nicht § 878 BGB ausgehebelt wird, sondern dies schlicht die Frage betrifft, ob die Verfügungsbeschränkung, in diesem Fall § 81 Abs. 1 S. 1 InsO, überhaupt einschlägig ist. 171) Wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist auch keine analoge Anwendung denkbar, siehe BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 890 Rn. 15; BGH, Urteil v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 = BGHZ 170, 196 = NZI 2007, 158 Rn. 8; Gehrlein, ZIP 2011, 5, 6.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

der potentiellen späteren Insolvenzgläubiger schwächer zu bewerten als im eröffneten Insolvenzverfahren. In dieser Phase steht noch gar nicht fest, ob überhaupt ein Eröffnungsgrund vorliegt und ausreichend Masse vorhanden wäre.172) Ziel dieser Phase ist, die künftige Masse zu sichern und zumindest solche Schmälerungen zu verhindern, die neuen Verfügungshandlungen des Schuldners entstammen.173) Ein Rechtserwerb, der während des Eröffnungsverfahrens eintritt, aber auf früheren Verfügungshandlungen beruht, kann immerhin unter den Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung rückgängig gemacht werden.174) Erst mit der Verfahrenseröffnung bildet sich sodann die Insolvenzmasse und der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger kommt zum Tragen.175) Erst dann ist es gerechtfertigt, dass über § 91 InsO in bereits bestehende Rechtsverhältnisse, insbesondere bestehende Vorausverfügungen eingegriffen wird.176)

b) Ergebnis § 81 Abs. 1 S. 1 InsO tritt somit nur bei Verfügungshandlungen des Schuldners ein. 52 Es handelt sich um eine Beschränkung der „Verfügungshandlungsmacht“, nicht jedoch um den Verlust der Verfügungsmacht in ihrer Gänze. Die Verfügungsmacht des Schuldners wird nur insoweit beschränkt, als nur solche Verfügungen von der Unwirksamkeitsrechtsfolge des § 81 Abs. 1 InsO betroffen sind, denen Verfügungshandlungen des Schuldners aus der Zeit nach Eintritt der Verfügungsbeschränkung zu Grunde liegen.177) Zwar verhindert dies den wirksamen Abschluss eines neuen Globalabtretungsvertrags. In Bezug auf eine bereits bestehende Globalzession stellt jedoch weder die Forderungsentstehung noch eine diese auslösende Rechtshandlung des Schuldners (z. B. Vertragsannahme) eine Verfügungshandlung dar, welche von § 81 Abs. 1 S. 1 InsO erfasst wird.178) Daher entfaltet eine vor der Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO vereinbarte Globalzession nach dem ___________ 172) Furche, WM 2007, 1305, 1310. 173) So zur Rechtslage unter der KO: BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858. 174) BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NJW-RR 2010, 192, 194 Rn. 17; BGH, Urteil v. 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 27; BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858; Kayser, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 91 Rn. 19 f. 175) BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858; Furche, WM 2007, 1305, 1310; Gerhardt, ZZP 109 (1996), 415, 418. 176) Zu alter Rechtslage BGH, Urteil v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140 = NJW 1997, 1857, 1858; Furche, WM 2007, 1305, 1310. 177) So auch Furche, WM 2007, 1305, 1309. 178) In Bezug auf eine zur Forderungsentstehung führende Rechtshandlung des Schuldners: BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138 Rn. 26; Hess, in: KK InsO, Bd. 1, 2016, § 24 Rn. 9; wohl auch Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 24 Rn. 4; Simokat, NZI 2012, 57, 58 f. A. A. OLG Dresden, Urteil v. 26.1.2006 – 13 U 1924/05 = BeckRS 2006, 10822; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 81 Rn. 12a.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

Willen des Gesetzgebers auch bezogen auf solche Forderungen ihre Wirkung, die erst nach der Anordnung der Verfügungsbeschränkung entstehen. Dies stellt auch keinen Widerspruch zur oben erörterten179) Erforderlichkeit der Verfügungsmacht des Zedenten bei Entstehen der vorausabgetretenen Forderung dar, da der Zedent bei Entstehen der Forderung noch insoweit verfügungsbefugt ist, als bereits erfolgte Verfügungshandlungen zu einer Rechtsänderung führen.

II. Einziehungs- und Verwendungsermächtigung 53 Dass eine vorinsolvenzliche Globalzession im Eröffnungsverfahren weiterhin zum Übergang der Forderungen führt, die der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter im Rahmen des selbstständigen Betriebs erwirtschaften, ist für sich genommen noch nicht gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit einer Betriebsfortführung. Auch außerhalb insolvenzrechtlicher Überlegungen greift eine Globalzession permanent auf neue Forderungen des Zedenten zu, in aller Regel ohne dass dadurch dessen Geschäftsbetrieb zum Erliegen kommt. Stattdessen hat der Sicherungsnehmer oft selbst ein Interesse daran, dass im Rahmen des fortgesetzten Geschäftsbetriebs neuer Sicherungswert geschaffen wird.180) Umgesetzt wird dies durch die bereits thematisierte Einziehungs- und Verwendungsermächtigung, kraft derer der Zedent berechtigt bleibt, die Forderungen einzuziehen und ihren Erlös in den Geschäftsbetrieb fließen zu lassen.181) Das ständige Erlöschen von Forderungen nach § 362 Abs. 2 BGB i. V. m. § 185 Abs. 1 BGB und demgegenüber das Entstehen neuer Forderungen führt zu einem regelmäßigen und fortlaufenden Austausch des Sicherungsguts, was der Globalzession den Charakter einer revolvierenden Sicherheit verleiht.182)

54 Da im Eröffnungsverfahren nicht bereits der Übergang der Forderungen durch gerichtliche Verfügungsbeschränkungen verhindert werden kann, gilt es den durch die Einziehungs- und Verwendungsermächtigung bewirkten fortlaufenden Austausch des Sicherungsguts zu konservieren. Widerruft der Zessionar die Einziehungs- und Verwendungsbefugnis, ist eine Deckung der betrieblichen Ausgaben und damit eine Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren nicht mehr möglich.183) Damit wäre auch ___________ 179) Siehe Rn. 35– 42. 180) Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013, Anm. 1 D.V., wonach Voraussetzung der Leistung aus der Globalzession die erfolgreiche und ggfs. sich verbessernde Fortsetzung der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners ist. 181) Siehe Rn. 10. 182) LG Chemnitz, Urteil v. 22.12.2006 – 2 O 208/06 = BeckRS 2007, 4002; Ganter, in: Ellenberger/ Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 93, 96, wonach die Globalzession der Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand entspricht; Ganter, NZI 2007, 549, 551 f.; Furche, WM 2007, 1305, 1314. 183) BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NZI 2010, 339, 340 Rn. 20; BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NJW 2000, 1950, 1952; generell zum Effekt des Widerrufs der Einziehungsermächtigung auf den Geschäftsbetrieb des Sicherungsgebers BGH, Urteil v. 11.10.1961 – VIII ZR 113/60 = NJW 1962, 102.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

der im Eröffnungsverfahren solange wie möglich offenzuhaltenden Entscheidung über die Sanierung schon früh das Fundament entzogen.184) Für den Zessionar ergeben sich durch eine Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung jedoch erhebliche Nachteile, wegen derer er häufig geneigt sein wird, die Ermächtigung zu widerrufen. Für diese missliche Lage gilt es eine Lösung zu finden.

1. Gefahr des Widerrufs der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung a) Möglichkeit zum Widerruf Während früher überwiegend anerkannt war, dass eine Einziehungsermächtigung 55 automatisch erlischt, wenn der Zedent in eine wirtschaftliche Krisensituation geraten ist, die den Sicherungszweck gefährdet, wurde davon inzwischen zu Gunsten der Ermöglichung der Betriebsfortführung Abstand genommen.185) So hat der BGH wiederholt und mit Verweis auf ihre Notwendigkeit für eine Betriebsfortführung klargestellt, dass die Einziehungsermächtigung weder bei einer wirtschaftlichen Krise des Zedenten noch mit Stellung eines Eröffnungsantrags oder mit Anordnung einer vorläufigen Maßnahme ohne Weiteres erlischt.186) Die Möglichkeit des Sicherungsnehmers zum Widerruf der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung richtet sich nunmehr auch in der wirtschaftlichen Krise des Sicherungsgebers nach den Regelungen des Sicherungsvertrags. Zwar führt der Widerruf der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung in der 56 wirtschaftlichen Krise des Sicherungsgebers häufig zum Erliegen seines Geschäftsbetriebs. Ist die Möglichkeit hierzu jedoch im Sicherungsvertrag vereinbart, sieht die Rechtsprechung darin keine die Unwirksamkeit nach § 138 BGB auslösende sitten___________ 184) Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 79 mit Verweis auf BGH, Urteil v. 16.3.1977 – VIII ZR 215/75 = BGHZ 68, 199 = NJW 1977, 901, 902. 185) BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306, 307 f. m. w. N.; hierzu auch Hoffmann, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2. Auflage 2023, § 48 Rn. 34. Nach der Einführung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO hat die Rechtsprechung eine Abkehr hiervon offengelassen, siehe BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NJW 2010, 2585, 2587 Rn. 20. Seitdem für einen Entfall der Einziehungsermächtigung bei Insolvenzreife: Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 239; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 38c. Auch nach wie vor gegen automatischen Entfall der Einziehungsermächtigung vor Verfahrenseröffnung Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 21 Rn. 228; Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 555, 557; Smid, DZWiR 2010, 309, 310 f.; Mitlehner, ZIP 2010, 1934, 1935. Dies wäre auch nur sinnvoll, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter über § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO auch zur Verwendung des Forderungserlöses für den Geschäftsbetrieb des Schuldners ermächtigt werden könnte. 186) BGH, Urteil v. 24.1.2019 – IX ZR 110/17 = BGHZ 221, 10 = NZI 2019, 274, 275 Rn. 25, 28, 30; BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306, 308. A. A. mittlerweile Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 239, da sonst § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO leerliefe. Inzwischen lässt auch der BGH diese Frage mit Blick auf § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO offen, BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NJW 2010, 2585, 2587 Rn. 20.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

widrige Knebelung des Sicherungsgebers.187) Dem Zessionar wird zu Gute gehalten, dass ihn die wirtschaftliche Lage des Zedenten dazu zwingt, um eigenen Schaden zu vermeiden.188) Inzwischen ist es sogar seitens der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Widerruf auch ohne gesonderte Vereinbarung möglich ist, wenn die mit der Globalzession gesicherte Forderung fällig und der Sicherungsgeber mit ihrer Erfüllung im Verzug ist.189) Die genannten Voraussetzungen werden in der wirtschaftlichen Krise des Sicherungsgebers häufig erfüllt sein, wenn dieser nicht mehr über genügend Liquidität verfügt, um die Darlehensraten zu bedienen. Dies berücksichtigend können die Parteien die Möglichkeit des Widerrufs der Einziehungs- und Verfügungsbefugnis wohl auch früher vorsehen. Jedenfalls darf das Einziehungsrecht des Zessionars nicht auf Dauer ausgeschlossen sein, da dies der Begriff der Forderungsübertragung verlangt.190) Der alte Gläubiger darf seine Befugnis zur Einziehung lediglich vom neuen Gläubiger ableiten, Letzterem darf jedoch die eigene Geltendmachung seiner Rechte nicht überhaupt und grundsätzlich entzogen sein.191) In aller Regel wird dem Zessionar daher spätestens im Eröffnungsverfahren ein Widerruf der Einziehungsund Verwendungsermächtigung möglich sein.

b) Fehlende Anfechtungsfestigkeit als Anlass zum Widerruf 57 Anlass zur Ausübung der Widerrufsmöglichkeit bietet dem Zessionar die reelle Gefahr der Insolvenzanfechtung, welche den Austausch der eingezogenen Forderungen mit neuen werthaltigen Forderungen behindert.192) Für die Bewertung des Anfechtungsrisikos sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen, die inzwischen für die Globalzession höchstrichterlich bestimmt worden sind. Zunächst ist inzwischen geklärt, dass nicht nur der Abschluss des Abtretungsvertrags, sondern auch das Werthaltigmachen193) einer abgetretenen Forderung als gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung i. S. d. ___________ 187) BGH, Urteil v. 11.10.1961 – VIII ZR 113/60 = NJW 1962, 102 f. 188) BGH, Urteil v. 11.10.1961 – VIII ZR 113/60 = NJW 1962, 102 f. 189) BGH, Urteil v. 11.7.1995 – VI ZR 409/94 = NJW-RR 1995, 1369, 1370; ebenso bereits RG, Urteil v. 19.9.1933 – II 70/33 = RGZ 142, 139, 141; Busche, in: Staudinger BGB, 2022, Einl. zu §§ 398 Rn. 71; Beiner/Luppe, NZI 2005, 15. 190) BGH, Urteil v. 17.12.1959 – VIII ZR 185/58 = WM 1960, 259; RG, Urteil v. 7.7.1931 – II 447/30 = RGZ 133, 234, 242; Busche, in: Staudinger BGB, 2022, Einl. zu §§ 398 Rn. 70; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 31, 85. 191) BGH, Urteil v. 17.12.1959 – VIII ZR 185/58 = WM 1960, 259; RG, Urteil v. 28.1.1918 – IV 359/17 = RGZ 92, 105, 108; Wittig, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 13 Rn. 70. 192) Dieses Problem sah auch der Gesetzgeber, RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 [zu Nr. 6]. Ferner Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556; Ganter, NZI 2010, 551, 553; Schönfelder, WM 2007, 1489, 1491. 193) Herbeiführung der Fälligkeit oder Ausräumung der Einrede nach § 320 BGB durch z. B. Herstellung eines Werkes, Übergabe einer Kaufsache, Erbringung einer Dienstleistung, siehe BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 36; Schneider, DB 2008, 279, 280.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

§ 129 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.194) Auch wenn der Schuldner eine Leistung an den Drittschuldner erbringt und damit für die Wertauffüllung des bereits auf den Zessionar übergegangenen Sicherungsrechts sorgt, ohne dass sich dadurch auf den ersten Blick das Schuldnervermögen vermindert, wird der späteren Masse dadurch der objektive Verkehrswert der Dienste des Schuldners entzogen.195) Ferner sind beide Rechtshandlungen, sofern die Begründung der von der Globalzession erfassten künftigen Forderungen dem freien Belieben des Schuldners – wie bei der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs im bisherigen Umfang – entzogen ist,196) als kongruente Sicherungsgewährung unter den Voraussetzungen des § 130 InsO anfechtbar.197) Die Anfechtbarkeit der im Eröffnungsverfahren herbeigeführten Forderungsüber- 58 tragungen ist somit abhängig davon, ob der Zessionar bei Vornahme der Rechtshandlung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. der Stellung des Eröffnungsantrags hat. Ausreichend ist hierbei bereits die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnungsantrag schließen lassen. Von der Kongruenzanfechtung bedroht sind solche Rechtshandlungen, die während des Eröffnungsverfahrens oder in den letzten drei Monate davor vorgenommen worden sind. Als vorgenommen gilt eine Rechtshandlung gem. § 140 InsO aber erst dann, wenn ihre rechtlichen Wirkungen eintreten, im Fall der Globalzession also erst mit Entstehen der vorausabgetretenen Forderung198) bzw. der Bewirkung oder Erhöhung ihrer Werthaltigkeit.199) Der BGH entschied sich ausdrücklich dagegen, das Anfechtungsrisiko durch den 59 Bargeschäftseinwand nach § 142 InsO zu minimieren. Eine hierfür erforderliche unmittelbare Gegenleistung für die Abtretung bzw. das Werthaltigmachen der For-

___________ 194) BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539, 540 f. Rn. 27 ff.; BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 35 ff.; OLG Dresden, Urteil v. 27.8.2008 – 13 U 129/07 = BeckRS 2010, 8509; OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376. Ebenfalls für die Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens Piekenbrock, WM 2007, 141, 150; Leiner, ZInsO 2006, 460, 463; a. A. Furche, WM 2007, 1305, 1313. 195) BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539, 540 f. Rn. 30. 196) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 90 f. Rn. 17, 26. 197) Streit, ob und wann Globalzession kongruente Sicherheit ist, geklärt durch BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 90 ff. Rn. 14 ff., zu den Gründen siehe insbesondere Rn. 26; bestätigt durch BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539, 540 Rn. 22. 198) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 90 Rn. 13; BGH, Urteil v. 22.7.2004 – IX ZR 183/03 = NJW-RR 2004, 1563, 1565; BGH, Urteil v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03 = BGHZ 157, 350 = NZI 2004, 206 207; BGH, Urteil v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02 = NZI 2003, 320. 199) BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539, 540 Rn. 24; BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 90 Rn. 13, 92 Rn. 37; OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

derungen könne weder in dem Stehenlassen der Darlehensforderungen200) noch in der Einziehungsermächtigung hinsichtlich der bereits entstandenen alten Forderungen201) gesehen werden.

60 Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren gilt: sobald der Zessionar Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag des Schuldners nimmt, sind alle hiernach entstehenden Forderungen und auch bereits übergegangene Forderungen, die der Schuldner noch werthaltig machen muss, von der Insolvenzanfechtung bedroht.202) Der Zessionar muss solche Forderungen gem. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO an die Insolvenzmasse zurückabtreten bzw. gem. § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. §§ 989, 990 Abs. 1 S. 1 BGB hierfür Wertersatz leisten. Jene Forderungen, die zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme bereits entstanden und werthaltig gemacht worden sind, sind dagegen grundsätzlich anfechtungsfest und haben für den Zessionar damit einen besonderen Wert. Diese vom Schuldner oder dem vorläufigen Insolvenzverwalter einziehen und den dabei erzielten Erlös in den Betrieb einfließen zu lassen, wäre für den Zessionar aus wirtschaftlicher Sicht ein Verlust, der nicht mehr wie sonst durch neu entstehende Forderungen kompensiert werden könnte. Um dies zu verhindern, bleibt dem Zessionar nur, die Einziehungs- und Verwendungsermächtigung zu widerrufen und damit zu verhindern, dass die letzten werthaltigen Forderungen und mit ihnen seine Sicherungsrechte nach § 362 Abs. 2 BGB i. V. m. § 185 Abs. 1 BGB erlöschen.203)

2. Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung 61 Um der Bedrohung durch die Gefahr eines Widerrufs der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung entgegenzuwirken, bieten sich zwei Herangehensweisen an. Zum einen ist die vom BGH angenommene Anfechtbarkeit der Globalzession in Zweifel zu ziehen, wodurch dem Zessionar der Anlass zum Widerruf der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung genommen werden könnte. Zum ande___________ 200) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 93 Rn. 41. A. A. LG Chemnitz, Urteil v. 22.12.2006 – 2 O 208/06 = BeckRS 2007, 4002; Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; Molitor, ZInsO 2006, 23, 25. 201) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 93 Rn. 42. A. A. Blum, ZInsO 2007, 528, 530; Furche, WM 2007, 1305, 1314; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069. 202) Dies gilt auch für den Fall, dass der vorläufige Verwalter dabei mitwirkt, da eine Unanfechtbarkeit seiner Rechtshandlungen nur insoweit anerkannt ist, als er Masseverbindlichkeiten begründet, besichert oder tilgt, siehe BGH, Urteil v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = BGHZ 200, 210 = NZI 2014, 321, 322 Rn. 11; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 129 Rn. 140 m. w. N.; ähnlich auch schon Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 519 f. 203) Hierzu auch Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556; Ganter, NZI 2010, 551, 553; Knees/ Fischer, ZInsO 2008, 116, 117; Kuder, ZIP 2008, 289, 295; Schönfelder, WM 2007, 1489, 1491.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

ren bietet sich angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des Insolvenzgerichts, gem. § 21 Abs. 1 InsO vorläufige Maßnahmen anzuordnen, ein Blick auf die Frage, ob eine einmal widerrufene Einziehungs- und Verfügungsbefugnis von Seiten des Gerichts ersetzt werden kann.

a) Anfechtungsfeste Übertragung neuer Forderungen Im Schrifttum finden sich Begründungsansätze, die sich der bisherigen Rechtspre- 62 chung entgegenstellen und das Risiko der Insolvenzanfechtung hinsichtlich einer Globalzession minimieren. Besonders schlagkräftig sind dabei die Argumente, die sich auf den im Rahmen der Globalzession bewirkten Sicherheitenaustausch stützen. Weil dem Übergang neuer Forderungen auf den Zessionar die Einziehung alter Forderungen durch den Zedenten gegenübersteht, kann man sowohl das Bestehen gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen nach § 129 Abs. 1 InsO als auch die Ablehnung der Bargeschäftsausnahme i. S. d. § 142 Abs. 1 InsO in Zweifel ziehen.204)

aa) Keine Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 InsO Aus einem Umkehrschluss zu § 129 Abs. 1 InsO folgt, dass eine die Insolvenz- 63 gläubiger nicht benachteiligende Rechtshandlung nicht angefochten werden kann. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt nach der Gesetzesbegründung vor, wenn die Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit durch die anzufechtende Rechtshandlung in ihrer Befriedigung beeinträchtigt, also objektiv benachteiligt sind.205) Als nicht gläubigerbenachteiligend und damit nicht anfechtbar hat es die Rechtsprechung eingeordnet, wenn eine insolvenzbeständige Sicherheit durch eine andere gleichwertige Sicherheit ausgetauscht wird.206) Hierunter wurden bisher beispielsweise die Fälle gefasst, in denen im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit Veräußerung der Vorbehaltsware automatisch das Sicherungsrecht an der neu entstandenen Kaufpreisforderung an die Stelle des Vorbehaltseigentums tritt207) oder ___________ 204) Zwischen diesen Aspekten ist sauber zu trennen, was allein schon daran zu sehen ist, dass auch bei einem Bargeschäft gem. § 142 Abs. 1 InsO eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 – 3 InsO möglich ist, welche gerade eine Gläubigerbenachteiligung und zusätzlich den hierauf bezogenen Vorsatz des einzelnen Gläubigers voraussetzt. Vor diesem Hintergrund zu ungenau z. B. BGH, Urteil v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01 = NZI 2006, 159, 161 Rn. 16. Zum Verhältnis der beiden Normen auch Bitter, KTS 2016, 455, 484 ff. 205) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 157 [zu § 144]. 206) BGH, Urteil v. 2.2.2017 – IX ZR 245/14 = NZI 2017, 349, 350 f. Rn. 15; BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539 f. Rn. 14; BGH, Urteil v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05 = NZI 2008, 302 Rn. 12. Zur KO: BGH, Urteil v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99 = NZI 2003, 34, 35; BGH, Urteil v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98 = BGHZ 147, 233 = NJW 2001, 1940, 1942; BGH, Urteil v. 5.12.1985 – IX ZR 165/84 = NJW-RR 1986, 536, 538 f.; BGH, Urteil v. 14.5.1975 – VIII ZR 254/73 = BGHZ 64, 312 = NJW 1975, 1226, 1227. 207) So BGH, Urteil v. 14.5.1975 – VIII ZR 254/73 = BGHZ 64, 312 = NJW 1975, 1226, 1227. Dies dagegen nicht als echten Sicherheitentausch einstufend Ganter, WM 2017, 261, 264 f.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

jene, in denen durch die Zahlung eines Drittschuldners auf das Konto des Sicherungszedenten, geführt bei der sicherungsnehmenden Bank, das Pfandrecht (Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken) am Auszahlungsanspruch des Zedenten gem. § 667 BGB an die Stelle des Sicherungsrechts an der hierdurch erloschenen Forderung tritt.208) Hinsichtlich des im Rahmen einer stillen Globalzession stattfindenden Forderungenaustauschs hat die Rechtsprechung die Gläubigerbenachteiligung dagegen bisher stets ohne tiefergehende Begründung angenommen.209)

64 Demgegenüber sieht ein Teil der Literatur den Übergang neuer Forderungen im Rahmen der Globalzession als revolvierende Sicherheit als nicht gläubigerbenachteiligend an.210) Dabei wird darauf verwiesen, die zukünftigen Forderungen würden nur deshalb abgetreten, weil der Globalzessionar die Einziehung über die bereits entstandenen Forderungen ohne Offenlegung der Zession zulasse, was fortlaufend zum Untergang der einzelnen Forderungen führe.211) Umgekehrt lasse der Globalzessionar die Einziehung und Verfügungen über die bereits entstandenen und werthaltig gemachten Forderungen auch nur deshalb zu, weil er in Erwartung sei, alsbald neues Sicherungsgut zu erhalten.212) Es handele sich daher nur um einen masseneutralen Sicherheitenaustausch, soweit der Wert des zur Sicherheit abgetretenen Forderungenbestands im anfechtungsrelevanten Zeitraum insgesamt nicht erhöht werde.213)

65 Für diese Ansicht spricht jedenfalls die bei der Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung im Vordergrund stehende wirtschaftliche Betrachtungsweise,214) die die Rechtsprechung auch bei den Entscheidungen zu den von ihr als nicht gläubigerbenachteiligend angesehenen Sicherheitenaustauschen angelegt hat. Andererseits sind der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung215) sowie die Ursächlichkeit einer

___________ 208) So BGH, Urteil v. 2.2.2017 – IX ZR 245/14 = NZI 2017, 349, 350 f. Rn. 13 ff.; BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 = NZI 2008, 539 f. Rn. 14. 209) So z. B. BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, in dem sich mit der Gläubigerbenachteiligung als eigentlich notwendigem Zwischenschritt vor der Diskussion, ob eine kongruente oder inkongruente Deckung vorliegt, überhaupt nicht beschäftigt wird. 210) Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; Brandt/Günther, BKR 2006, 232, 235; Himmelsbach/ Achsnick, NZI 2006, 103, 105; Leithaus/Riewe, NZI 2006, 530, 531 f. Ebenso OLG Hamm, Urteil v. 19.9.2006 – 27 U 54/06 = juris Rn. 4; LG Berlin, Urteil v. 26.1.2007 – 23 O 23/06 = NZI 2007, 247, 248. A. A. Ganter, WM 2017, 261, 264 ff.; Jacobi, ZIP 2006, 2351, 2354 f. 211) Leithaus/Riewe, NZI 2006, 530, 531 f.; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 103, 105; Brandt/ Günther, BKR 2006, 232, 235. 212) Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 103, 105. 213) Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; Leithaus/Riewe, NZI 2006, 530, 532. 214) de Bra, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 129 Rn. 25. 215) BGH, Urteil v. 18.7.2019 – IX ZR 258/18 = NZI 2019, 812, 813 Rn. 14; BGH, Urteil v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03 = NZI 2007, 718 Rn. 11.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

Rechtshandlung hierfür216) isoliert zu betrachten und nur solche einer Minderung des Aktivvermögens gegenüberstehenden Vorteile ausnahmsweise zu berücksichtigen, die an dieselbe Rechtshandlung anknüpfen.217) Die Rechtsprechung setzt für eine solche Anknüpfung voraus, dass der Schuldner für das Weggegebene eine vollwertige Gegenleistung oder einen anderen Vorteil erhält, der unmittelbar mit der angefochtenen Rechtshandlung zusammenhängt.218) Fraglos hängen die Gestattung der Einziehung der bereits auf den Zessionar übergegangenen Forderungen und der Übergang neuer Forderungen miteinander zusammen; das eine Rechtsgeschäft wird in aller Regel nicht ohne das andere abgeschlossen. Im Vergleich zu den als masseneutral eingestuften Sicherheitenaustauschen im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts oder im Rahmen des beim Sicherungszessionar geführten Kontos besteht beim Forderungenaustausch im Rahmen der Globalzession eine qualitative Abweichung. Die Rechtshandlung, die zur Erhöhung des Sicherheitenbestands beiträgt, führt nicht unmittelbar auch zu dessen Verminderung.219) Die neu entstehenden Forderungen gehen im Grundsatz unabhängig davon auf den Zessionar über, welcher Wert dem Schuldner durch die Einziehung der Forderungen zugeflossen ist.220) Blickt man im Sinne des Einzelbetrachtungsgrundsatzes auf die einzelnen Nachteile sowie die ihnen zu Grunde liegenden Rechtshandlungen, wird man deshalb kaum einen unmittelbaren Zusammenhang zu den Vorteilen bejahen können.

bb) Anwendung der Bargeschäftsausnahme i. S. d. § 142 InsO Überdies kommt in Betracht, den Forderungenaustausch im Rahmen der Global- 66 zession als Bargeschäft einzustufen und auf diese Weise das Anfechtungsrisiko des Zessionars zu senken. Gem. § 142 Abs. 1 InsO ist eine Leistung des Schuldners nur im Wege der Vorsatzanfechtung anfechtbar, wenn hierfür unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt ist. Die Anknüpfung an die Bargeschäftsausnahme i. S. d. § 142 InsO hat den Vorteil, dass hierbei der Blick über die einzelne Rechtshandlung hinaus auf einen Gesamttatbestand gerichtet ___________ 216) BGH, Urteil v. 22.10.2015 – IX ZR 248/14 = NJW-RR 2016, 171, 173 Rn. 23; BGH, Urteil v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03 = NZI 2007, 718 Rn. 11. 217) BGH, Urteil v. 18.7.2019 – IX ZR 258/18 = NZI 2019, 812, 813 Rn. 14; BGH, Urteil v. 28.1.2016 – IX ZR 185/13 = NJW 2016, 2115, 2116 Rn. 17; BGH, Urteil v. 22.10.2015 – IX ZR 248/14 = NJW-RR 2016, 171 Rn. 18; BGH, Urteil v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03 = NZI 2007, 718 f. Rn. 11; Bartels, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 129 Rn. 326; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 21.22. 218) BGH, Urteil v. 18.7.2019 – IX ZR 258/18 = NZI 2019, 812, 813 Rn. 14; BGH, Urteil v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03 = NZI 2007, 718 f. Rn. 11; Bitter, KTS 2016, 455, 463 ff. 219) Ganter, WM 2017, 261, 267; Mitlehner, ZIP 2007, 1925, 1929 f. 220) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 93 Rn. 42 in Bezug auf das Vorliegen eines Bargeschäfts i. S. d. § 142 BGB; bezogen auf die Gläubigerbenachteiligung Mitlehner, ZIP 2007, 1925, 1929; Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094, 1096; Jacobi, ZIP 2006, 2351, 2354.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

werden kann.221) § 142 InsO ist insofern ein Korrektiv zu der in § 129 Abs. 1 angezeigten Einzelbetrachtungsweise.222) Für das Erfordernis der Unmittelbarkeit genügt es zudem bereits, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.223)

67 Im Vorfeld der Entscheidung des BGH über die Anfechtbarkeit der Globalzession plädierte ein nicht unbeachtlicher Teil der Literatur224) dafür, die Voraussetzungen des Bargeschäfts beim Forderungsaustausch im Rahmen der Globalzession als erfüllt anzusehen, soweit sich der Forderungsbestand im anfechtungsrelevanten Zeitraum nicht erhöht. Zur Begründung dessen wurden wiederholt Parallelen zur kontokorrentmäßigen Verrechnung von Kontogutschriften und -belastungen gezogen.225) Bei einer solchen nimmt der BGH dann ein unanfechtbares Bargeschäft an, wenn die Bank dem Schuldner weiterhin gestattet, den daraus resultierenden Liquiditätsspielraum wieder in Anspruch zu nehmen, so dass der debitorische Saldo am Ende des Anfechtungszeitraums nicht geringer ist als am Anfang, die Bank auf diesem Wege also nicht die teilweise Erfüllung ihrer Darlehensforderung erreicht.226) Analog zu jener Rechtsprechung zogen die betreffenden Stimmen im Schrifttum den Schluss, die Prüfung der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung habe nicht einzeln, sondern durch einen Vergleich der Forderungsbestände am Anfang und am Ende des Anfechtungszeitraums zu erfolgen.227) Die erforderliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung bestehe in dem durch die Globalzession und die Einziehungsermächtigung erzeugten Austauschverhältnis.228) Wie bei dem Kontokorrentkonto für die weitere Zulassung von Verfügungen vorausgesetzt sei, ___________ 221) Bartels, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 142 Rn. 4; ähnlich Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 142 Rn. 2, wonach der wirtschaftliche Gesamtvorgang zu betrachten sei. 222) Bartels, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 142 Rn. 4. 223) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 167 [zu § 161]. Jedenfalls ein Zeitraum von zwei Wochen soll das Erfordernis des engen zeitlichen Zusammenhangs nicht übersteigen, BGH, Urteil v. 17.6.2004 – IX ZR 2/01 = ZIP 2004, 1464; BGH, Urteil v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00 = NJW 2001, 1650, 1652. 224) Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; Blum, ZInsO 2007, 528, 529 f.; Furche, WM 2007, 1305, 1314; Bode/Portisch, BankPraktiker 2007, 142, 146; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1066 ff.; Molitor, ZInsO 2006, 23, 24 ff.; Leiner, ZInsO 2006, 460, 463; Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1425. 225) Blum, ZInsO 2007, 528, 530; Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069. 226) BGH, Urteil v. 24.1.2013 – IX ZR 22/12 = ZIP 2013, 371, 372 Rn. 15; BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 67/09 = NZI 2012, 667, 668 Rn. 13; BGH, Urteil v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10 = NZI 2011, 675 Rn. 6; BGH, Urteil v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04 = NZI 2008, 175, 176 Rn. 6, 9; BGH, Urteil v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03 = NZI 2004, 492, 493; BGH, Urteil v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01 = BGHZ 150, 122 = NZI 2002, 311, 313. Hierbei die Beweislast beim Insolvenzverwalter sehend, da der Forderungsbestand mit dem Eintritt der Krise i. d. R. abnehme, Blum, ZInsO 2007, 528, 531. 227) Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069; Leiner, ZInsO 2006, 460, 463; Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1425. 228) Blum, ZInsO 2007, 528, 530.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

dass ein Überschreiten der Kreditlinie durch ausgleichende Zahlungseingänge verhindert werde, müsse der Zedent im Rahmen der Globalzession neue Forderungen begründen, damit die Mindestdeckungsgrenze229) nicht unterschritten und die Bank zum Widerruf der Einziehungs- und Verfügungsermächtigung berechtigt werde.230) Sofern zwischen den einzelnen Forderungszu- und abgängen nicht mehr als zwei Wochen verstreichen würden, sei daher die Bargeschäftsausnahme erfüllt.231) Im Gegensatz zur Gläubigerbenachteiligung setzte sich der BGH mit der Anwend- 68 barkeit der Bargeschäftsausnahme recht ausführlich auseinander, lehnte im Ergebnis aber auch diese ab.232) Zum einen seien Leistung und Gegenleistung nicht ausreichend verknüpft, da der Erwerb neuer Forderungen unabhängig davon erfolge, was aus den eingezogenen Altforderungen geworden und welcher Wert dem Schuldner daraus zugeflossen sei.233) Zum anderen hänge der wirtschaftliche Wert der einzelnen Forderungen von zu vielen Unwägbarkeiten ab, so dass das Wertverhältnis zwischen untergegangenen und neu entstandenen Forderungen kaum zuverlässig zu beurteilen und der in Bezug auf das Bargeschäft darlegungs- und beweispflichtige Sicherungsnehmer zur Beisteuerung der hierzu notwendigen Tatsachen – anders als bei der Verrechnung im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses – kaum in der Lage sei.234) Inzwischen scheint man sich in der Literatur damit abgefunden zu haben, dass der 69 Forderungsaustausch nicht als Bargeschäft eingeordnet werden kann.235) Der BGH hätte dies jedoch mit guten Gründen auch anders entscheiden können.236) So könn___________ 229) Bestand an Sicherheiten, der wertmäßig mindestens vorhanden bleiben muss, vgl. z. B. Nr. 16 Abs. 1 AGB-Banken. 230) Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069; so ähnlich Molitor, ZInsO 2006, 23, 25. 231) Blum, ZInsO 2007, 528, 530; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069. A. A. Molitor, ZInsO 2006, 23, 25, der die Gegenleistung im „Stehenlassen“ des Darlehens bzw. der Kreditlinie sieht, so dass es auf die Zeit zwischen den einzelnen Forderungsuntergängen und -entstehungen nicht ankommt; so auch Zeller/Edelmann, BB 2007, 1462, 1463. 232) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 41 ff.; zustimmend Psadourakis ZInsO 2009, 1039, 1042 ff. 233) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 42; so bereits Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094, 1096. 234) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 42. An diesem Hinderungsgrund würde auch die von Ganter, ehemaliger Vorsitzender des betreffenden Insolvenzrechts-Senats des BGH, vorgeschlagene Vereinbarung zwischen vorläufigem Insolvenzverwalter und Globalzessionar (siehe hierzu Ganter, NZI 2010, 551, 553; Ganter/Weinland, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 142 Rn. 60) scheitern. Diesem Hinderungsgrund generell entgegentretend Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1070, wonach „der Insolvenzverwalter anhand der Bestandslisten und der Verwertungsergebnisse der darin an den Stichtagen enthaltenen Forderungen unschwer ermitteln“ könne; ähnlich auch Obermüller, LMK 2008, 254403. 235) Siehe nur Borries/Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 142 Rn. 59; Ganter, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 51 Rn. 174b; Huber, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 47 Rn. 21. 236) So auch unmittelbar in Reaktion auf das Urteil des BGH Obermüller, LMK 2008, 254403; auch Cranshaw, DZWIR 2008, 221; Edelmann/Glemser, BB 2008, 348, 352 f.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

te mit Blick auf die bei § 142 InsO anzuwendende Gesamtbetrachtungsweise eine Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung durchaus in der Abhängigkeit der Rechtsgeschäfte Globalzessionsvertrag und Einziehungsermächtigung zu sehen sein. Auch sind die Gutschriften und Belastungen im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses ebenso unabhängig voneinander wie die Forderungszu- und -abgänge im Rahmen der Globalzession. Schließlich könnte man den Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Wertes der Sicherungsforderungen auch mit prozentualen Abschlägen zur Bemessung des Ausfallrisikos begegnen, ähnlich wie es die Rechtsprechung bereits bei der Bemessung der Deckungsgrenze bei Globalzessionen getan hat.237)

cc) Schwächen dieses Lösungswegs 70 Selbst wenn die Anfechtungsfestigkeit herbeigeführt werden könnte und zweifelsohne zur Akzeptanz der Globalzession als werthaltiger Kreditsicherheit beitragen würde,238) wäre die Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren – bei genauerem Hinsehen – allein dadurch längst nicht gesichert. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Forderungsbestand gleichsam eingefroren: neue Forderungen kann der Globalzessionar gem. § 91 Abs. 1 InsO nicht mehr erwerben, alte Forderungen können Schuldner und vorläufiger Verwalter nicht mehr einziehen, da die Einziehungs- und Verfügungsermächtigung mit Verfahrenseröffnung erlischt.239) Stattdessen zieht meist der neu ins Amt berufene Insolvenzverwalter auf Grundlage des § 166 Abs. 2 InsO die sicherungsweise abgetretenen Forderungen ein und befriedigt hieraus gem. § 170 Abs. 1 S. 2 InsO nach Abzug der Feststellungs- und Verwertungskosten den absonderungsberechtigten Zessionar. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel des Zessionars, einen möglichst hohen Forderungsbestand im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erreichen.

71 Die Entwicklung des Forderungsbestands hat der Zessionar jedoch im Eröffnungsverfahren bei fortlaufender Einziehungs- und Verwendungsermächtigung nicht in der eigenen Hand. Ob sich das Unternehmen in der Krise behaupten kann, liegt am Schuldner und – im Maße der ihm gerichtlich eingeräumten Befugnisse – am vorläufigen Insolvenzverwalter. Gerade Letzterer hat jedoch zu Gunsten einer möglichst umfangreichen Insolvenzmasse ein Interesse daran, im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung möglichst viele der neu erwirtschafteten Forderungen bereits eingezogen zu haben, und damit an einem möglichst geringen Bestand an noch nicht eingezogenen Forderungen. Zwar liegt es letztlich an den mit den Drittschuldnern ___________ 237) Siehe nur BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97 = BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671, 676 f. 238) Blum, ZInsO 2007, 528, 531. 239) BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306, 308; BGH, Urteil v. 2.10.1952 – IV ZR 2/52 = NJW 1953, 217, 218.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

vereinbarten Zahlungsmodalitäten und deren Zahlungsbereitschaft, wann diese ihre Forderungen begleichen und an den Schuldner bzw. den vorläufigen Insolvenzverwalter zahlen. Jedoch hat der vorläufige Insolvenzverwalter einen näheren Einblick in die Entwicklung des Forderungsbestandes als der Globalzessionar, der in der Regel nur in gewissen Abständen hierüber informiert wird.240) Darüber hinaus wird der vorläufige Verwalter, ob stark oder schwach,241) häufig zusätzlich damit beauftragt, als Sachverständiger zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verfahrenseröffnung vorliegen.242) Auch wenn das Insolvenzgericht sein Gutachten nicht ohne Gegenprüfung kritiklos übernehmen darf,243) setzt der vorläufige Verwalter mit Einreichung des Gutachtens einen entscheidenden Impuls zur Verfahrenseröffnung. Auf diesem Weg kann der Verwalter beeinflussen, in welchem Zeitpunkt und bei welchem Forderungsbestand die einfrierende Wirkung der Verfahrenseröffnung einsetzt. Es ist daher zu befürchten, dass der Globalzessionar auch bei Anfechtungsfestigkeit der Globalzession früh im Eröffnungsverfahren die Einziehungsund Verwendungsermächtigung widerrufen würde, um die Kontrolle über sein Sicherungsgut zurückzuerlangen und zusätzlich die Feststellungs- und Verwertungskosten nach §§ 170, 171 InsO zu sparen.

b) Gerichtliche Ersetzung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung Da somit auch bei Herleitung der Anfechtungsfestigkeit der Globalzession nicht zu 72 gewährleisten ist, dass der Globalzessionar die Einziehungs- und Verwendungsermächtigung aufrechterhält, stellt es eine weitere diskussionswürdige Option dar, ___________ 240) Vgl. nur Obermüller, LMK 2008, 254403. Verweigert der Schuldner bzw. der vorläufige Insolvenzverwalter die Hereingabe von Bestandslisten, kann der Zessionar dies im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, Ganter, in: Schmimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. 2, 5. Auflage 2017, § 96 Rn. 93 mit Verweis auf OLG Rostock, Urteil v. 24.9.1997 – 1 W 183/97 = juris Os. 1. 241) Der starke vorläufige Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO, der schwache nach § 22 Abs. 2 InsO, vgl. Pape, ZInsO 2001, 830, 832 f. 242) Vorteil gegenüber der Bestellung eines isolierten Sachverständigen ist insbesondere, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 3 InsO mit Zwang durchsetzbare Auskunftsund Einsichtsrechte sowie Befugnisse zum Betreten von Geschäftsräumen zustehen, siehe BGH, Beschluss v. 4.3.2004 – IX ZB 133/03 = BGHZ 158, 212 = NJW 2004, 2015, 2017; OLG Nürnberg, Beschluss v. 20.2.2006 – 2 W 267/06 = BeckRS 2011, 18297; Ganter/Bruns, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 5 Rn. 36a; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 22 Rn. 2; Pape, ZInsO 2001, 830, 833. A. A. Wessel, DZWiR 1999, 230, 232, der offenbar auf Veranlassung des Insolvenzgerichts auch dem isolierten Sachverständigen diese Rechte zuerkennen will. 243) So Vallender, ZInsO 2010, 1457. Dabei handelt es sich lediglich um eine unverbindliche Anregung und das Gericht hat wegen dem Gebot der Amtsermittlung nach § 5 Abs. 1 InsO noch eine Plausibilitätskontrolle vorzunehmen, vgl. BGH, Urteil v. 15.1.2009 – IX ZR 56/08 = NZI 2009, 233, 234 Rn. 14 ff.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

sich der Abhängigkeit von dem einzelnen Sicherungsnehmer durch eine hoheitliche, insolvenzgerichtliche Anordnung zu entziehen.

aa) Gerichtliche Einziehungsermächtigung 73 Bereits seit dem 1.7.2007 sieht das Gesetz in § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO die Möglichkeit für das Insolvenzgericht vor, den Einzug einer sicherungsweise abgetretenen Forderung durch den Sicherungsnehmer zu verbieten und stattdessen den vorläufigen Verwalter hierzu zu ermächtigen.244) Dies ist gerade in solchen Fällen von Bedeutung, in denen der Sicherungsnehmer die Einziehungsermächtigung widerruft, insbesondere wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Forderungsabtretung bestehen und verhindert werden soll, dass der Gläubiger die Forderungen selbst einzieht.245) Dem vorläufigen Insolvenzverwalter soll dadurch überhaupt erst ermöglicht werden, die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung zu prüfen.246) Schließlich geht es auch darum, die pauschalen Kostenbeiträge nach §§ 170, 171 InsO für Feststellung und Verwertung für die Insolvenzmasse zu gewinnen.247)

(1) Pflicht zur Abführung oder Verwahrung der Forderungserlöse 74 Die Anordnung nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 InsO überwindet nur den Widerruf der Einziehungs-, nicht dagegen den der Erlösverwendungsermächtigung.248) Der vorläufige Insolvenzverwalter bleibt daher auch nach der Einziehung der Forderungserlöse verpflichtet, das Sicherungsrecht des Gläubigers zu verteidigen, indem er den eingezogenen Betrag unverzüglich an den Sicherungsnehmer abführt249) oder den Erlös zumindest separiert und treuhänderisch verwahrt.250) Das Absonderungsrecht des Zessionars an den Forderungen setzt sich nämlich gem. §§ 21 Abs. 2 S. 1 ___________ 244) Siehe hierzu RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 f. [zu Nr. 6]. 245) Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 21 Rn. 111; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 86; Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 21 Rn. 228; Gundlach/Frenzel/Jahn, NZI 2010, 336, 338. A. A. Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 55, wonach eine solche gerichtliche Anordnung dann nicht erlassen werden darf, wenn der Sicherungsnehmer die Einziehungsermächtigung widerrufen hat; so auch Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 38e. 246) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 [zu Nr. 6]; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 86. 247) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 f. [zu Nr. 6]. 248) BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NZI 2010, 339, 342 Rn. 24. 249) Laroche, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 21 Rn. 42; Kuder, ZIP 2007, 1690, 1695. 250) Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 246; Laroche, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 21 Rn. 42; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 88; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 56; Beck/Wimmer, in: Beck/ Depré/Ampferl, Praxis der Sanierung und Insolvenz, 4. Auflage 2023, § 5 Rn. 107; Ganter, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, S. 403; Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556. In Bezug auf eine gerichtliche Einziehungsermächtigung vor Geltung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO BGH, Urteil v. 21.2.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NJW 2010, 2585, 2589 Rn. 33.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

Nr. 5 S. 3, 170 Abs. 1 S. 2 InsO als Ersatzabsonderungsrecht an ihren NettoErlösen fort.251) Lediglich die Kostenbeiträge darf der vorläufige Verwalter zu Gunsten der späteren Insolvenzmasse vereinnahmen252) und für die Fortführung des Betriebs verwenden.253)

(2) Persönliche Konsequenzen bei Erlösverwendung Ob der vorläufige Verwalter gewillt sein wird, die Forderungserlöse über die 75 Reichweite der Einziehungsermächtigung hinaus und entgegen der Abführungsbzw. Verwahrungspflicht zu Gunsten der Betriebsfortführung zu vereinnahmen, hängt entscheidend von den ihm drohenden persönlichen Konsequenzen ab. Hierbei sticht zunächst die strafrechtliche Verantwortung des vorläufigen Verwal- 76 ters heraus. Mit der Vereinnahmung der Forderungserlöse würde der vorläufige Verwalter den Missbrauchstatbestand der Untreue gem. § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB verwirklichen. Ordnet man den vorläufigen Verwalter als Amtsträger i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ein,254) läge gem. §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 StGB gar ein besonders schwerer Fall der Untreue vor. Die Strafbarkeit geht darauf zurück, dass sowohl der starke als auch der schwache vorläufige Insolvenzverwalter in Bezug auf die absonderungsberechtigten Gläubiger anerkanntermaßen vermögensbetreuungspflichtig sind.255) Aufgrund der gerichtlichen Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO, die unter Berücksichtigung der Regelung des § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB als ein behördlicher Auftrag i. S. d. § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB zu werten ist,256) ist der vorläufige Insolvenzverwalter auch verfügungsbefugt hinsichtlich der eingezogenen Forderungserlöse. Würde der vorläufige Verwalter die Erlöse nicht sofort an den absonderungsberechtigten Globalzessionar auskehren und diese auch nicht treuhänderisch verwahren, sondern sie in den Geschäftsbetrieb fließen lassen, ___________ 251) BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NZI 2010, 339, 343 Rn. 40 schon in Bezug auf Rechtslage vor Inkrafttreten des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO über eine entsprechende Anwendung des § 170 Abs. 1 S. 2 InsO; Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 246; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 88; Ganter, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, S. 403. Generell zur Fortsetzung des Absonderungsrechts am Erlös bei § 170 InsO Scholz, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 170 Rn. 6. 252) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 16 [zu Nr. 6]; BGH, Beschluss v. 7.2.2013 – IX ZB 286/11 = NZI 2013, 393, 394 Rn. 15; Ganter, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, 404. 253) Kopp, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 21 Rn. 112; Knof, EWiR 2010, 395, 396. 254) So LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 6.11.2018 – 11 Ns 412 Js 45500/15 = BeckRS 2018, 34239 Rn. 16, das den vorläufigen Insolvenzverwalter als Amtsträger i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB einordnet; ebenso Brand, DZWIR 2008, 318 ff.; a. A. Hecker, in: Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 11 Rn. 25. 255) Perron, in: Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 266 Rn. 25; Metoja, Die Strafbarkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters, 2016, S. 73 f.; Richter, NZI 2002, 121, 129; Weyand, ZInsO 2002, 543; Schramm, NStZ 2000, 398, 400 f. 256) Metoja, Die Strafbarkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters, 2016, S. 85.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

würde er zwar im Rahmen seines rechtlichen Könnens, aber über die aus §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 3, 170 Abs. 1 InsO resultierenden Grenzen seines rechtlichen Dürfens hinaus handeln und damit seine Verfügungsbefugnis missbrauchen. Hierdurch entstünde dem Globalzessionar, dessen Vermögensinteressen der vorläufige Verwalter zu betreuen verpflichtet ist, schließlich auch ein Vermögensnachteil.

77 Aus zivilrechtlicher Sicht würde dem vorläufigen Verwalter zum einen eine deliktische Haftung drohen, weil es sich bei § 266 Abs. 1 StGB um ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB handelt.257) Zum anderen träfe den vorläufigen Verwalter nach den §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 60 InsO eine insolvenzrechtliche Haftung, da er mit der Vereinnahmung der dem Zessionar zustehenden Beträge seine Pflicht zur Wahrung der Rechte der gesicherten Gläubiger verletzen würde.258) Für die Bedeutung dieses zivilrechtlichen Haftungsrisikos wäre maßgeblich, ob neben dem Verwalter auch die spätere Insolvenzmasse haftbar wäre und ob diese – zumindest im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs gegenüber dem Verwalter – primär haften würde.259) Dann träte die Haftung des vorläufigen Verwalters nämlich nur ein, soweit die vereinnahmten Forderungserlöse nicht bereits aus dem Schuldnervermögen bzw. der Insolvenzmasse ersetzt würden.260) Selbst wenn man eine Primärhaftung aber letztlich mit dem Argument bejahen würde, das Schuldnervermögen bzw. die Insolvenzmasse seien Profiteur der Vereinnahmung und müssten deshalb auch primär hierfür einstehen,261) käme bei einem bloß teilweisen Befriedigungserfolg aus der Insolvenzmasse stets auch die Sekundärhaftung des vorläufigen Verwalters zum Tragen. ___________ 257) BGH, Urteil v. 24.4.2018 – VI ZR 250/17 = NJW 2018, 3093, 3094 Rn. 12; BGH, Urteil v. 10.7.2012 – VI ZR 341/10 = BGHZ 194, 26 = NJW 2012, 3439, 3440 Rn. 13. 258) Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 247; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 88; Smid, ZInsO 2019, 2554, 2565; Ganter, ZInsO 2016, 2119, 2123; Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 558; Kuder, ZIP 2007, 1690, 1695. In Bezug auf Rechtslage vor Einführung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO bei gerichtlicher Einziehungsermächtigung BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = ZIP 2010, 739, 744 Rn. 41. 259) Für eine Primärhaftung bereits im Außenverhältnis Uhlenbruck, in: Uhlenbruck InsO, 12. Auflage 2003, § 60 Rn. 2; Eckardt, KTS 1997, 411, 430. Im vorliegenden Fall für eine Primärhaftung im Innenverhältnis im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs Weitzmann, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 60 Rn. 3; Lüke, in: Kübler/ Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 60 Rn. 7 f., 50. Allgemein gegen eine Primärhaftung BAG, Urteil v. 25.1.2007 – 6 AZR 559/06 = NZI 2007, 535, 537 Rn. 24; BGH, Urteil v. 1.12.2005 – IX ZR 115/01 = NZI 2006, 169, 170 Rn. 16; Sinz, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 60 Rn. 112 f.; Schoppmeyer, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 60 Rn. 113; Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2007, § 60 Rn. 152; Graeber, in: Pape/Graeber, Hdb der Insolvenzverwalterhaftung, 2009, Teil 2 Rn. 56, der die Vereinnahmung der Forderungserlöse im Rahmen seiner Unterscheidungsmerkmale wohl unter die Handlungshaftung fassen würde. 260) Weitzmann, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 60 Rn. 3 („Schuld kommt vor Haftung“). 261) So Weitzmann, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 60 Rn. 3; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck InsO, 12. Auflage 2003, § 60 Rn. 2.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

Die Aussichten auf eine vollständige Befriedigung des Globalzessionars bereits aus 78 der Insolvenzmasse würden maßgeblich davon abhängen, ob dem Zessionar ein gem. § 53 InsO vorweg zu befriedigender Masseanspruch oder bloß eine Insolvenzforderung zustünde. Als Anspruchsgrundlage gegen die Insolvenzmasse kämen neben vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüchen262) auch ein Bereicherungsanspruch nach den §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB gegen die Insolvenzmasse in Betracht.263) Da es hierbei jedoch um eine vor Verfahrenseröffnung eingetretene Bereicherung geht, ist der Bereicherungsanspruch nicht gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ohne Weiteres eine Masseverbindlichkeit.264) Der BGH hat stattdessen im Fall eines gerichtlich zur Forderungseinziehung ermächtigten schwachen vorläufigen Verwalters – wenn auch ohne nähere Begründung – angenommen, dieser habe durch die Vereinnahmung der eingezogenen Forderungserlöse entsprechend § 55 Abs. 2 S. 1 InsO eine Masseverbindlichkeit begründet.265) Dies bedarf jedoch einer näheren Prüfung. Während sich § 55 Abs. 2 S. 1 InsO in direkter Anwendung lediglich auf einen starken vorläufigen Insolvenzverwalter bezieht, ist die Regelung in entsprechender Anwendung nur auf einen solchen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter anwendbar, dem zur Begründung der jeweiligen Forderung eine gerichtliche Einzelermächtigung eingeräumt worden war.266) Ein schwacher vorläufiger Verwalter, der lediglich gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO zur Einziehung der Forderungen ermächtigt wurde, begründet daher gerade keine Masseverbindlichkeit, wenn er pflichtwidrig den Forderungserlös in den schuldnerseitigen Ge-

___________ 262) In entsprechender Anwendung von § 31 BGB muss die Masse für die Verletzung vertraglicher oder deliktischer Pflichten durch den (vorläufigen) Verwalter haften, siehe BGH, Urteil v. 1.12.2005 – IX ZR 115/01 = NZI 2006, 169, 170 Rn. 16; Schoppmeyer, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 60 Rn. 113. 263) So auch OLG Brandenburg, Urteil v. 25.3.2004 – 8 U 40/03 = juris Rn. 36. Haarmeyer/ Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 56 scheinen dagegen auch in diesem Fall auf § 816 Abs. 2 BGB abstellen zu wollen. 264) Vgl. BGH, Urteil v. 22.1.2009 – IX ZR 66/07 = NZI 2009, 235, 237 Rn. 20; Sinz, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 55 Rn. 85; Lohmann, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 55 Rn. 25. Es ist zudem umstritten, ob vor Verfahrenseröffnung begründete Bereicherungsansprüche überhaupt als Masseverbindlichkeiten eingeordnet werden können; hiergegen Andres, in: Nerlich/ Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 55 Rn. 125a; Hefermehl, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 55 Rn. 212; Sinz, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 55 Rn. 85; offengelassen in BGH, Urteil v. 29.1.2015 – IX ZR 258/12 = NZI 2015, 273, 276 Rn. 20. Selbst der Teil der Literatur, der dies befürwortet, wendet jedoch nicht isoliert § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO an, sondern zieht die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 S. 1 InsO heran, siehe OLG Brandenburg, Urteil v. 25.3.2004 – 8 U 40/03 = juris Rn. 36 f.; Eichel, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2. Auflage 2023, § 55 Rn. 86; Haarmeyer/Schildt, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 22 Rn. 56; a. A. nur Pape/ Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 216. 265) BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NZI 2010, 339, 343 Rn. 41 zur Rechtslage vor Einführung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO; auch Blankenburg, in: Kübler/ Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 247; Knof, EWiR 2010, 395, 396. 266) Zu Einzelermächtigungen siehe Rn. 30.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

schäftsbetrieb fließen lässt.267) Stattdessen wäre der Schadensersatz- bzw. Bereicherungsanspruch als Insolvenzforderung einzuordnen und der vorläufige Verwalter müsste letztlich den Großteil der vereinnahmten Forderungserlöse aus seinem privaten Vermögen ausgleichen.

79 Im Ergebnis wird der vorläufige Insolvenzverwalter nicht nur aufgrund der strafrechtlichen Konsequenzen, sondern auch wegen der zivilrechtlichen Haftungssituation kaum gewillt sein, die globalabgetretenen Forderungen nicht bloß einzuziehen, sondern auch in den Betrieb fließen zu lassen.268) Einer Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO gelingt es daher regelmäßig nicht, im Falle einer vorinsolvenzlichen Globalzession möglichst schonend in die Rechte der gesicherten Gläubiger einzugreifen und dennoch eine Betriebsfortführung zu ermöglichen.269)

bb) Gerichtliche Erlösverwendungs-/Einzelermächtigung 80 Die für den vorläufigen Insolvenzverwalter unbequemen persönlichen Konsequenzen könnten bereinigt werden, indem die gerichtliche Ermächtigung auf die Verwendung der Forderungserlöse erweitert wird. Nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO soll der Verbrauch von absonderungsbelasteten Gegenständen von dieser Anordnung allerdings nicht umfasst sein.270) Der vorläufige Verwalter soll die durch die Einziehung der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen gewonnene Liquidität nicht ohne Vereinbarung mit dem Sicherungsgläubiger in den Geschäftsbetrieb fließen lassen können.271) Der BGH ließ in seinem Urteil vom 21.2.2010272) diesbezüglich aber eine Hintertür offen und verwies auf einen Aufsatz Ganters273). ___________ 267) Dieser Umstand würde auch die Aussichten des vorläufigen Verwalters auf einen erfolgreichen Regress gegenüber der Insolvenzmasse beeinflussen, wenn der vorläufige Verwalter im Außenverhältnis zuerst in Anspruch genommen würde. Bei einer cessio legis nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB käme es ohnehin auf die Einordnung des Anspruchs des Globalzessionars gegenüber der Insolvenzmasse an. Da auch der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB letztlich durch die Vereinnahmung der Forderungserlöse und damit durch den vorläufigen Verwalter begründet worden wäre, bemäße sich auch die Einordnung jenes Regressanspruchs nach § 55 Abs. 2 InsO. 268) In diese Richtung auch Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556. 269) Dies aber das Ziel des Gesetzgebers, siehe Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 15 f. [zu Nr. 6]. 270) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 16 [zu Nr. 6]. 271) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 16 [zu Nr. 6]; auch Beth, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 21 Rn. 84; Schröder, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 21 Rn. 86, 88; Vallender, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 21 Rn. 38e; Blankenburg, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 21 Rn. 246; Mönning, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 21 Rn. 226; Beck/Wimmer, in: Beck/Depré/Ampferl, Praxis der Sanierung und Insolvenz, 4. Auflage 2023, § 5 Rn. 108; in diese Richtung später auch Ganter selbst, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, 404 f.; Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556; Knof, EWiR 2010, 395, 396; Kuder, ZIP 2007, 1690, 1695. A. A. Smid, ZInsO 2019, 2554, 2563. 272) BGH, Urteil v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09 = BGHZ 184, 101 = NZI 2010, 339, 341 Rn. 28. 273) Ganter, NZI 2007, 549, 551; zustimmend Smid, ZInsO 2019, 2554, 2563; kritisch Flöther/ Wehner, NZI 2010, 554, 556.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

(1) Die Lösungsvorschläge Ganters In jenem Aufsatz sieht Ganter es als nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO zulässig an, 81 wenn das Gericht den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht nur zur Einziehung der abgetretenen Forderungen, sondern auch zur „zweckmäßigen Verwendung“ des Forderungserlöses ermächtigt – vorausgesetzt, es ist gewährleistet, dass ständig neue Forderungen entstehen und von der Globalzession erfasst werden, damit auf diesem Wege eine deutliche Entwertung des Sicherungsguts unterbunden wird.274) Jedoch ist die an die Ermächtigung zur zweckmäßigen Verwendung geknüpfte Voraussetzung, die Entwertung des Sicherungsguts zu unterbinden, im Rahmen der Globalzession nicht zu erfüllen. Wie oben gezeigt, bieten die im Anfechtungszeitraum entstehenden Forderungen bei Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung keine werthaltige Sicherheit und können daher die Erlöse aus den noch anfechtungsfest übergegangenen Forderungen nicht gleichwertig ersetzen.275) Nachdem Ganter dieses Problem offenbar selbst erkannt hatte,276) schlug er vor, der 82 vorläufige Insolvenzverwalter könne problemlos mit dem Globalzessionar vereinbaren, dass er die eingezogenen Forderungserlöse in dem Umfang für die Zwecke der Betriebsfortführung verbrauchen darf, in dem durch diese Betriebsfortführung neue Forderungen entstehen, die unter Anlegung solider kaufmännischer Gepflogenheiten als werthaltig zu betrachten sind.277) Eine ähnliche Konstruktion hatte Kuder278) bereits als Möglichkeit für eine originär bargeschäftliche Globalzession geprüft und aus Praktikabilitätsgründen verworfen. Dass dem Schuldner-Betrieb nicht sofort Liquidität zur Verfügung steht, sondern zunächst neue Forderungen generiert werden müssen, und dass der Globalzessionar dadurch mit einem unvertretbar hohen Kontrollaufwand konfrontiert wäre,279) lässt sich auf die von Ganter vorgeschlagene Vereinbarung übertragen. Auch hatte der BGH das Vorliegen eines Bargeschäfts unter anderem mit den Schwierigkeiten bei der Wertermittlung für die neuen Forderungen begründet.280) Diese Problematik wäre auch bei einer solchen Vereinbarung nicht behoben; das Bargeschäft stünde mithin auf tönernen Füßen.

___________ 274) Ganter, NZI 2007, 549, 551 f. Dies aufgreifend Ganter, NZI 2019, 274, 279 f.; Ganter, NZI 2010, 551, 552. 275) Siehe Rn. 57– 60. Hierauf hinweisend auch Flöther/Wehner, NZI 2010, 554, 556. 276) Ganter, NZI 2010, 551, 553. 277) Ganter, NZI 2010, 551, 553 f.; dies aufgegriffen auch in Ganter, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, 404 f. 278) Kuder, ZIP 2008, 289, 293. 279) Kuder, ZIP 2008, 289, 293. 280) BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 93 Rn. 42.

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

(2) Voraussetzungslose gerichtliche Erlösverwendungs-/ Einzelermächtigung 83 Angesichts der Schwächen dieses Lösungsansatzes ist es vorzugswürdig, dem Insolvenzgericht die Möglichkeit zuzusprechen, den vorläufigen Verwalter nicht nur zur Einziehung sicherungsabgetretener Forderungen, sondern auch zur Verwendung des Erlöses zu ermächtigen. Sofern dies allein nicht bereits dazu führt, dass der aus der Vereinnahmung der eingezogenen Forderungserlöse entstehende Ersatzanspruch zu Gunsten des Sicherungszessionars auch im Rahmen der schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung als Masseverbindlichkeit entsteht, hat das Gericht seiner Anordnung insoweit eine Einzelermächtigung beizufügen. Dieser Weg ermöglicht es dem vorläufigen Verwalter bzw. dem Schuldner, den Betrieb im Eröffnungsverfahren fortzuführen und damit das Schuldnervermögen zu erhalten, gleichzeitig aber auch die Rechte des Sicherungszessionars trotz der Anfechtungsproblematik nicht außer Acht zu lassen. Eine solche Anordnung ist daher, wenn nicht über § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO, dann über die allgemeine Befugnis des Gerichts nach § 21 Abs. 1 S. 1 InsO gedeckt.

84 Die Ermächtigung unter die Voraussetzung der ständigen Entstehung neuer Forderungen oder gar der Verhinderung einer Entwertung des Sicherungsguts zu stellen, ist nicht erforderlich und auch nicht zielführend. Durch die Vereinnahmung der eingezogenen Forderungserlöse erhält der Sicherungszessionar nämlich einen als anfechtungsfeste281) Masseverbindlichkeit einzustufenden Ersatzanspruch. Dass die weiteren während des Eröffnungsverfahrens im Betrieb erwirtschafteten Forderungen nur noch anfechtbar auf den Zessionar übertragen werden, wird durch den anfechtungsfesten Ersatzanspruch gegen die Masse kompensiert. Die Höhe des Ersatzanspruchs richtet sich immerhin nach dem Wert des noch anfechtungsfest übergegangenen Forderungsbestands.

85 Dadurch, dass der vorläufige Insolvenzverwalter gerade zur Verwendung der Forderungserlöse für den Geschäftsbetrieb ermächtigt wird, ist bereits der Tatbestand der §§ 266 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 StGB nicht erfüllt.282) Eine Strafbarkeit des vorläufigen Verwalters wegen eines besonders schweren Falls der Untreue kommt daher nicht in Betracht.

86 Auch die zivilrechtliche Haftungssituation des vorläufigen Insolvenzverwalters entspannt sich durch die gerichtliche Ermächtigung zur Erlösverwendung. Wegen der Einordnung als Masseverbindlichkeit wird die Insolvenzmasse zur Deckung des Ersatzanspruchs stets zuerst in Anspruch genommen. Das Risiko des vorläufigen Verwalters beschränkt sich dann auf die Haftung nach §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, ___________ 281) Siehe nur BGH, Urteil v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = BGHZ 200, 210 = NZI 2014, 321, 322 Rn. 11. 282) Vgl. hierzu Metoja, Die Strafbarkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters, 2016, S. 87.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

61 InsO283), die bereits tatbestandlich die Primärhaftung der Insolvenzmasse voraussetzt und nur im Fall der Masseunzulänglichkeit die Sekundärhaftung des Verwalters auslöst. Aufgrund der gerichtlichen Ermächtigung zur Erlösverwendung scheiden weitere zivilrechtliche Haftungstatbestände aus. Eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB ist ausgeschlossen, weil die Vereinnahmung der Forderungserlöse dann keine Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB begründet. Auch kann dem vorläufigen Verwalter kaum eine insolvenzrechtliche Haftung nach den §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 60 InsO drohen, wenn er durch die Vereinnahmung der Forderungserlöse zwar im Grundsatz seine Pflicht aus § 170 Abs. 1 S. 2 InsO verletzt, hierbei jedoch von einer gerichtlichen Ermächtigung gestützt wird.284)

(3) Sonderfall vorläufige Eigenverwaltung Schwierigkeiten bereitet die Umsetzung der hier vorgeschlagenen Lösung mittels 87 einer gerichtlichen Einziehungs- und Erlösverwendungsermächtigung, wenn statt eines vorläufigen Insolvenzverfahrens ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren nach den §§ 270b f. InsO eingeleitet wird. Zwar kann das Insolvenzgericht auch in diesem Fall gem. § 270c Abs. 3 S. 1 InsO einige der für das Eröffnungsverfahren konzipierten vorläufigen Maßnahmen anordnen, darunter auch die Anordnungen nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO. Jedoch ist in § 270c Abs. 4 InsO nur für den Schuldner vorgesehen, auf Antrag und nach gerichtlicher Anordnung Masseverbindlichkeiten begründen zu können.285) Ließe man darüber hinaus auch die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den vorläufigen Sachwalter zu, liefe dies der Konzeption der vorläufigen Eigenverwaltung zuwider.286) Das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren zeichnet sich nämlich gerade dadurch aus, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners erhalten wird,287) um das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung und das Sanierungskonzept ___________ 283) Auch die Haftung nach § 61 InsO soll stets dann abzulehnen sein, wenn der vorläufige Verwalter gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO die gerichtliche Zustimmung zur Stilllegung des Betriebs beantragt hat, das Gericht diese aber abgelehnt hat, Lüke, Persönliche Haftung des Verwalters in der Insolvenz, 5. Auflage 2015, S. 84 Rn. 477; ähnlich Lüke, in: Prütting, InsR 1996, 1997, S. 67, 83. 284) So Ganter, in: FS Wellensiek, 2011, S. 399, 403 zur Wirkung der Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO in Bezug auf die Einziehung der Forderungen. Anders wohl Gerhardt, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2007, § 60 Rn. 186, der bei einem zu einem Pflichtverstoß zustimmenden Beschluss der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses bloß einen Ausgleichsanspruch gegen die mithaftende Masse herleitet. 285) Dem Gericht steht insoweit nicht kein Ermessen zu, wenn die betreffende Verbindlichkeit bereits im Finanzplan aufgeführt war, RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/24181, S. 206 [zu § 270c]. 286) Ausführlich hierzu Hedaiat-Rad, Der Sachwalter in der Eigenverwaltung, 2018, S. 120 ff. Rn. 335 ff.; auch Häuser, Die Begründung von Masseverbindlichkeiten in der Eigenverwaltung, 2017, S. 91 ff. 287) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/24181, S. 206 [zu § 270c]; RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/5712, S. 39 [zu § 270a].

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§ 2 Die Globalzession im Eröffnungsverfahren

des Schuldners nicht zu zerstören.288) Aus diesem Grund beschränkt sich der Aufgabenbereich des vorläufigen Sachwalters darauf, den Schuldner zu kontrollieren und zu unterstützen.289) Von gesetzlicher Seite wird dies durch den fehlenden Verweis des § 270c Abs. 3 S. 1 InsO auf die gerichtlichen Verfügungsbeschränkungen nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 InsO unterstrichen. Als Folge dessen, dass eine Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den vorläufigen Sachwalter nicht beabsichtigt ist, ist auch eine Haftung des vorläufigen Sachwalters bei Nichterfüllung der Masseverbindlichkeiten nicht vorgesehen, wie das Fehlen eines Verweises der §§ 270b Abs. 1 S. 1, 274 Abs. 1 InsO auf § 61 InsO aufzeigt.290)

88 Fehlt jedoch die Einordnung des Ersatzanspruchs des Globalzessionars als Masseforderung und wird dieser somit bloß durch eine Insolvenzforderung für die Vereinnahmung der eigentlich ihm zustehenden Forderungserlöse entschädigt, gerät der durch die Einziehungs- und Erlösverwendungsermächtigung intendierte Interessenausgleich aus dem Gleichgewicht. Zu Gunsten der Betriebsfortführung würde in unzumutbarer Weise in die Sicherungsinteressen des Globalzessionars eingegriffen.

89 Ein ausgewogener Interessenausgleich kann jedoch dadurch erreicht werden, dass das Insolvenzgericht im Einklang mit der Konzeption der vorläufigen Eigenverwaltung nicht den vorläufigen Sachwalter, sondern den Schuldner zur Einziehung der Forderungen und zur Erlösverwendung ermächtigt. Zwar sieht es das Gesetz wohl dem Grunde nach vor, dass der vorläufige Sachwalter im Falle einer gerichtlichen Anordnung nach §§ 270c Abs. 3 S. 1, 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO die Forderungen statt des Gläubigers einziehen soll. Immerhin tritt der vorläufige Sachwalter im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren an die Stelle des vorläufigen Insolvenzverwalters,291) der wiederum im vorläufigen Insolvenzverfahren Adressat der Einziehungsermächtigung ist. Da § 270c Abs. 3 S. 1 jedoch auch auf die Generalklausel des § 21 Abs. 1 S. 1 InsO verweist, kann das Insolvenzgericht zur Verhütung nachteiliger Veränderungen der Vermögenslage des Schuldners auch im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren individuelle, hiervon abweichende Anordnungen treffen.292) Die Anordnung der Einziehungs- und Erlösverwendungsermächtigung hat das Gericht allerdings von einem Antrag des Schuldners nach § 270c Abs. 4 S. 1 InsO abhängig zu machen, da eine gerichtliche Einzelermächtigung im vorläu___________ 288) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/5712, S. 39 [zu § 270a]. 289) Hedaiat-Rad, Der Sachwalter in der Eigenverwaltung, 2018, S. 120 Rn. 337. Hierzu auch LG Duisburg, Beschluss v. 29.11.2012 – 7 T 185/12 = NZI 2013, 91, 92 lit. c). 290) Vgl. Hedaiat-Rad, Der Sachwalter in der Eigenverwaltung, 2018, S. 121 Rn. 339. 291) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/24181, S. 205 [zu § 270b] („Nach Absatz 1 bestellt das Gericht – anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters – einen vorläufigen Sachwalter […].“); auch Häuser, Die Begründung von Masseverbindlichkeiten in der Eigenverwaltung, 2017, S. 91. 292) Vgl. RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 116 [zu § 25], wonach die Aufzählung im Katalog des heutigen § 21 Abs. 2 S. 1 InsO nur beispielhaft ist.

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B. Wirkungen des Eröffnungsverfahrens auf die Globalzession

figen Eigenverwaltungsverfahren nur dann möglich ist.293) Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Globalzessionar hinsichtlich seines Ersatzanspruchs tatsächlich gem. § 53 InsO vorweg befriedigt wird. Zu beachten ist darüber hinaus, dass dem Globalzessionar im Falle der Masseunzu- 90 länglichkeit kein zweiter Haftungsschuldner bereitsteht, da der vorläufige Sachwalter in diesem Fall mangels einer Anwendbarkeit des § 61 InsO nicht haftet. Das Insolvenzgericht hat daher zur Berücksichtigung der Interessen des Globalzessionars die Finanzplanung des Schuldners nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO und die Erfolgsaussichten einer Betriebsfortführung im Vorfeld der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung besonders kritisch zu würdigen. Ist dies nicht praktikabel, etwa weil die Gerichte andernfalls überlastet wären, führt kein Weg daran vorbei, einem mit einer Globalzession belasteten Schuldner zum Schutz des Globalzessionars bereits die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung zu verwehren und den Schuldner stattdessen an eine isolierte Insolvenzantragstellung zu verweisen.

3. Verdeutlichung des Bedarfs einer frühzeitigen Verfahrenseröffnung Die vorstehende Problematik und die Schwierigkeit, eine alle Interessen vollum- 91 fänglich und rechtssicher wahrende Lösung zu finden, verdeutlicht das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach einer frühzeitigen Verfahrenseröffnung.294) Wegen des gem. § 165 Abs. 1 SGB III ab Verfahrenseröffnung drei Monate zurückwirkenden Insolvenzgeldanspruchs der Arbeitnehmer wird in der Praxis der Anreiz geschaffen, das Eröffnungsverfahren um eben jene Zeitspanne erstrecken zu lassen, um den immensen Kostenfaktor der Arbeitnehmervergütung möglichst lange zu sparen295) und nach Verfahrenseröffnung hierfür gegenüber der Arbeitsagentur gem. § 55 Abs. 3 InsO lediglich die entsprechende Insolvenzquote zu bezahlen.296) Ohne diese Motivation der künstlichen Verlängerung des Eröffnungsverfahrens würde der anfechtungsrelevante Zeitraum deutlich verkürzt, so dass der werthaltige Sicherheitenaustausch im Rahmen der Globalzession weniger gestört würde, da weniger alte, noch werthaltige Forderungen eingezogen und weniger neue, anfechtbare Forderungen entstehen könnten.

___________ 293) Siehe zur Notwendigkeit eines Antrags vor Erlass der Einzelermächtigung BGH, Beschluss v. 24.3.2016 – IX ZR 157/14 = NZI 2016, 443 Rn. 5 f. 294) Siehe hierzu Richter, Verschleppte Eröffnung des Insolvenzverfahrens, 2018, S. 204 ff.; Richter, NJW 2018, 982, 985 f. 295) BGH, Urteil v. 13.10.2009 – VI ZR 288/08 = NJW-RR 2010, 351, 352 Rn. 11, wonach „der vorläufige Insolvenzverwalter die noch vorhandenen Mittel nicht bevorzugt zur Zahlung des Arbeitsentgelts einsetzen“ muss. Auch Richter, NJW 2018, 982, 983; Steinwedel, DB 1998, 822, 823; Kilger, KTS 1989, 495, 503. 296) Richter, NJW 2018, 982, 983. Dies als „Subventionseffekt“ bezeichnend Hefermehl, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 55 Rn. 235.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren A. Überblick über das Insolvenzverfahren I. Einordnung Liegt ein Eröffnungsgrund vor und wird hierauf gestützt das Insolvenzverfahren er- 92 öffnet, geht dies mit der Prognose einher, dass der Schuldner nicht alle seine Gläubiger vollumfänglich befriedigen kann.297) Anstatt dass in dieser Situation weiterhin alle Schuldner einzeln Zwangsvollstreckungen betreiben und insofern ein Wettlauf um das pfändbare Vermögen des Schuldners beginnt, findet im Insolvenzverfahren eine gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger im Rahmen eines geregelten und richterlich überwachten Prozesses statt.298) Das gesamte Insolvenzverfahren wird dabei geprägt von dem sich aus § 1 S. 1 InsO ergebenden Hauptziel, der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger.299) Dieses wirkt sich auch darauf aus, wie mit einem schuldnerischen Unternehmen umzugehen ist. Die darin gebundenen Ressourcen sollen der wirtschaftlich produktivsten Verwendung zugeführt werden, so dass die Verwertungsoptionen der Liquidation, der übertragenden Sanierung und der Sanierung den Beteiligten gleichrangig angeboten werden.300) Welcher Weg bestritten werden soll, ließ der Gesetzgeber bewusst offen, weil er davon ausging, eine flexible und effektive Insolvenzabwicklung könne nur durch Deregulierung erreicht werden.301) Daher steht es den Beteiligten auch offen, sich in einem privatautonom geregelten302) Insolvenzplanverfahren nach den §§ 217 ff. InsO von den plandispositiven Vorschriften zum Insolvenzverfahren zu lösen.303) Im Folgenden soll der Blick jedoch auf das Regelinsolvenzverfahren gerichtet werden.

___________ 297) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 108 [zu § 1]. 298) Vgl. nur BGH, Beschluss v. 29.1.2009 – III ZB 88/07 = BGHZ 179, 304 = NZI 2009, 309, 311 Rn. 25; hierzu auch Ahrens, ZInsO 2002, 1010, 1016. 299) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 77, 108 [zu § 1]; BGH, Beschluss v. 29.1.2009 – III ZB 88/07 = BGHZ 179, 304 = NZI 2009, 309, 310 Rn. 23; Ganter/Bruns, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 1 Rn. 20; Frege/Keller/Riedel, Hdb InsR, 9. Auflage 2022, Teil 1 Rn. 1; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 300) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 77 f. 301) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 78. 302) Eidenmüller, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, Vor §§ 217 – 269 Rn. 1. Der Insolvenzplan bedarf gem. §§ 248 ff. InsO noch der Bestätigung durch das Insolvenzgericht, jedoch darf der Insolvenzplan nur einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden, ohne dass das Gericht gestaltend eingreifen darf, Eidenmüller, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 217 Rn. 20. 303) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 78; 194 f.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

II. Wirkungen 93 Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet letztlich eine Teilung des Schuldnervermögens statt. Gem. § 35 Abs. 1 InsO fällt sowohl das Bestandsvermögen des Schuldners bei Verfahrenseröffnung als auch sein Neuerwerb während des laufenden Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse. Nicht in die Insolvenzmasse, sondern im insolvenzfreien Vermögen des Schuldners verbleiben gem. § 36 Abs. 1 S. 1 InsO die Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Dadurch wird dem Schuldner ein insolvenzfreier Teil seines Vermögens belassen, um ihn davor zu schützen, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.304)

94 Hinsichtlich der Vermögensgegenstände, die der Insolvenzmasse zuzuordnen sind, tritt der Insolvenzbeschlag ein. Der Schuldner verliert insoweit gem. § 80 Abs. 1 InsO seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, und diese geht ohne weitere gerichtliche Anordnung auf den Insolvenzverwalter über. Darüber hinaus wird die Insolvenzmasse nicht nur gem. § 81 Abs. 1 InsO vor neuen Verfügungshandlungen des Schuldners, sondern auch gem. § 91 Abs. 1 InsO vor einem anderweitigen Rechtserwerb geschützt. Das insolvenzfreie, unpfändbare Vermögen des Schuldners unterliegt jenen Beschränkungen demgegenüber nicht. Der Schuldner kann hierüber im eröffneten Insolvenzverfahren weiterhin frei verfügen.

95 Die Insolvenzmasse dient gem. § 38 InsO der Befriedigung der Insolvenzgläubiger, welche sich dadurch auszeichnen, dass sie einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Da im Insolvenzverfahren der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung gilt, dürfen die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen gem. § 87 InsO nicht einzeln und außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend machen; zudem unterliegen sie dem Zwangsvollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 1 InsO. Stattdessen muss jeder Insolvenzgläubiger seine Forderung anmelden und feststellen lassen, um nach der Verwertung der Insolvenzmasse aus deren Erlös befriedigt zu werden.

III. Selbstständige Tätigkeit 96 Gerade auch um die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit im Verfahren zu ermöglichen, hatten die Schöpfer der Konkursordnung den Neuerwerb nicht der Konkursmasse zugeteilt.305) Mit Einführung der Insolvenzordnung zog der Gesetzgeber den Neuerwerb und damit auch die potentiellen Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit des Schuldners zur Masse, vor allem um mit einer vergrößerten ___________ 304) Peters, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 36 Rn. 2; Kirchner, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 36 vor Rn. 1; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 36 Rn. 1. 305) RegE KO, RT-Drs. II. Session 1874/75, Aktenstück Zu Nr. 200, S. 1371 [zu § 1]. Hierauf Bezug nehmend RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 122 [zu § 42]; Peters, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 35 Rn. 8; Lent, in: Jaeger KO, Bd. 1, 8. Auflage 1958, § 1 Rn. 51.

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A. Überblick über das Insolvenzverfahren

Masse eine tragfähige Grundlage für die neu eingeführte Möglichkeit der gesetzlichen Restschuldbefreiung zu bilden.306) Für die Fortführung oder Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ergaben sich hieraus schwierige Voraussetzungen. Selbst wenn die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO a. F.307) unpfändbar waren und damit gem. § 36 Abs. 1 S. 1 InsO nicht in die Insolvenzmasse fielen, konnte dem Schuldner kaum die Fortführung seiner Tätigkeit gelingen, wenn ihm seine Einnahmen nicht zur Deckung der laufenden Kosten zur Verfügung standen.308) Dies bedeutete für einen selbstständig tätigen Schuldner, dass ihm die Ausübung 97 seiner Tätigkeit im Insolvenzverfahren nach einem engen Verständnis der gesetzlichen Vorgaben nur dann offenstand, wenn die den Einnahmen gegenüberstehenden Ausgaben als Verbindlichkeiten der Masse bewertet wurden, wozu allerdings wegen der Regelung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO das Einverständnis des Insolvenzverwalters erforderlich war.309) Um die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Arbeitsplatzwahl des Schuldners zu wahren310) und diesem auch dann die Möglichkeit der selbstständigen Betätigung zu bieten, wenn der Insolvenzverwalter der Rentabilität des Betriebs skeptisch gegenüberstand, etablierte sich die Praxis, dem Schuldner die selbstständige Tätigkeit auch außerhalb des Insolvenzverfahrens zu gestatten. Hierzu wurde die aus den §§ 80 Abs. 1, 32 Abs. 3 S. 1, 85 Abs. 2 InsO hergeleitete Möglichkeit des Insolvenzverwalters, einzelne Gegenstände aus der In-

___________ 306) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 122 [zu § 42]; dies aufgreifend Holzer, in: Kübler/Prütting/ Bork, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 34. 307) Durch Art. 1 Nr. 7, Art. 2 Nr. 1, Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes v. 7.5.2021 (BGBl. I, S. 850) wurden sowohl § 811 ZPO als auch § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO mit Wirkung v. 1.1.2022 neu gefasst. Seitdem ist der Pfändungsschutz für die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigten Sachen in § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO geregelt, die Massefreiheit solcher Sachen in § 36 Abs. 2 Nr. 2 Hs. 2 InsO aber unter eine zusätzliche Voraussetzung gestellt. 308) So auch Piekenbrock, WuB 2019, 523, 525. 309) § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO war jedenfalls dann erfüllt, wenn der Insolvenzverwalter die selbstständige Erwerbstätigkeit des Schuldners billigte und zugleich eine Abführung der Gewinne verlangte, BAG, Urteil v. 10.4.2008 – 6 AZR 368/07 = BAGE 126, 229 = NZI 2008, 762, 763 Rn. 18; LG Erfurt, Urteil v. 30.10.2002 – 3 O 2992/01 = ZIP 2002, 2325, 2326 f.; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 396; in diese Richtung auch Henning, ZInsO 2004, 585, 593. Für Zweifelsfälle wurde teilweise danach entschieden, ob die Tätigkeit mit Gegenständen der Insolvenzmasse erfolgte oder mit solchen aus dem insolvenzfreien Vermögen, So BFH, Urteil v. 7.4.2005 – V R 5/04 = DStRE 2005, 965 f.; FG München, 29.5.2008 – 14 K 3613/06 = BeckRS 2008, 26025488. Zumeist wurde aber individuell am Einzelfall argumentiert, siehe nur BAG, Urteil v. 10.4.2008 – 6 AZR 368/07 = BAGE 126, 229 = NZI 2008, 762, 763 Rn. 18 ff. 310) BVerfG, Urteil vom 24.4.1991 – 1 BvR 1341/90 = BVerfGE 84, 133 = NJW 1991, 1667 zum Recht auf freie Arbeitsplatzwahl; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 90; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 133; Schmidt, in: ErfKo ArbR, 23. Auflage 2023, GG Art. 12 Rn. 7; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393; Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1057.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

solvenzmasse freizugeben,311) großzügig verstanden und auf den gesamten Gewerbebetrieb bzw. die gesamte Freiberuflerpraxis angewandt.312) Auf diese Weise konnten nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Einnahmen dem insolvenzfreien Vermögen zugeordnet werden. Im Wesentlichen nahm der Gesetzgeber dies 2007 durch eine Ergänzung des § 35 InsO in das Gesetz auf,313) schaffte so eine ausdrückliche gesetzliche Legitimation der bereits gängigen Praxis und konnte damit auch manche Unklarheiten beseitigen.314)

1. Erklärung des Insolvenzverwalters nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO 98 Seitdem muss sich der Insolvenzverwalter gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO entscheiden, ob er entweder positiv erklärt, dass sowohl das Vermögen als auch die Verbindlichkeiten aus der selbstständigen Tätigkeit der Masse zuzuordnen sind, oder negativ erklärt, dass dies nicht der Fall sein soll.315) Dadurch wird sichergestellt, dass die selbstständige Tätigkeit nur zu Gunsten und zu Lasten entweder des einen oder des anderen Vermögensteils geht und die Zahlungsströme insoweit symmetrisch ___________ 311) BAG, Urteil v. 10.4.2008 – 6 AZR 368/07 = BAGE 126, 229 = NZI 2008, 762, 763 Rn. 21; Gehrlein, NZI 2020, 503; Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1061. 312) Andres/Pape, NZI 2005, 141, 142; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 397. Kritisch hierzu Henning, ZInsO 2004, 585, 593; Alter, ZInsO 2004, 393, 394; Schmerbach, ZVI 2003, 256, 267. Nicht durchgesetzt hatte sich demgegenüber die Möglichkeit des Schuldners, nach § 850i Abs. 1 ZPO zu beantragen, dass ihm von seinen Einkünften ein Teil belassen wird, der analog § 850a Nr. 3 ZPO auch zur Deckung seiner betrieblichen Ausgaben genügt, obwohl sich der BGH, Beschluss v. 20.3.2003 – IX ZB 388/02 = NJW 2003, 2167, 2170 hinsichtlich dieses Lösungswegs noch offen gezeigt hatte. Zu den dogmatischen und praktischen Kritikpunkten hieran Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 128; Andres/Pape, NZI 2005, 141, 143; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 394; Kohte, NZI 2003, 389, 393, 394; Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1061. 313) Ergänzung mit Wirkung v. 1.7.2007 durch Art. 1 Nr. 12 lit. b), Art. 6 S. 1 des Gesetzes v. 13.4.2007 (BGBl. I, S. 509); siehe auch RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; Peters, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 35 Rn. 49; ebenso Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 2, wonach die Reform nur deklaratorische Wirkung hatte. 314) Insbesondere wurde dem Insolvenzverwalter durch die Erklärungspflicht eine Handlungspflicht auferlegt; dadurch kann bei einer bloßen Duldung der Tätigkeit durch den Verwalter ohne eine klare Positionierung nun auf das Unterlassen abgestellt werden, um die Begründung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und damit das Ablaufen der Tätigkeit innerhalb des Insolvenzverfahrens herzuleiten, siehe hierzu RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; BFH, Urteil v. 18.12.2019 – XI R 10/19 = ZIP 2020, 1307, 1309 f. Rn. 27 f.; BFH, Urteil v. 6.6.2019 – V R 51/17 = BFHE 265, 294 = NZI 2020, 184, 185 f. Rn. 16; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 260, 268; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2122; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1103; a. A. Gehrlein, ZInsO 2016, 825 f. 315) Der Insolvenzverwalter kann die Erklärungen zur Massezugehörigkeit der Zahlungsströme nur gleichgerichtet abgeben, siehe Rechtsausschuss Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 273; Pape/Schaltke, in: Kübler/ Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 134 Fn. 453; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 413; Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 697; Holzer, ZVI 2007, 289, 291.

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A. Überblick über das Insolvenzverfahren

verlaufen.316) Der Insolvenzverwalter erhält damit nun ausdrücklich nach dem Gesetz die Möglichkeit, die selbstständige Tätigkeit außerhalb des Insolvenzverfahrens ausüben zu lassen,317) und die Insolvenzmasse damit vor möglichen Verlusten zu schützen. Vor allem weil hiervon nicht nur einzelne Gegenstände, sondern eine Gesamtheit von Werten und Gegenständen betroffen sind, ist die Erklärung strukturell von der klassischen Freigabeerklärung zu unterscheiden.318) Es wird daher meist auch nur von „einer Art Freigabe“319) oder „einer der Freigabe ähnlichen Erklärung“320) gesprochen. Zur übersichtlicheren Darstellung soll die Negativerklärung i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO hier dennoch auch als „Freigabe“ bezeichnet werden. Uneinigkeit besteht in der Literatur zu der Frage, was als „Vermögen aus der 99 selbstständigen Tätigkeit“ (§ 35 Abs. 2 S. 1 InsO) durch die Negativerklärung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners übergeht. Der Gesetzeswortlaut, aber auch die Gesetzesbegründung („Vermögen, das der gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist“)321) und die der Norm von der Rechtsprechung zugeordnete Funktion, „einen einheitlichen Übergang des der selbstständigen Tätigkeit dienenden Vermögens“ zu bewirken,322) sprechen eigentlich dafür, dass auch das der Tätigkeit zuzuordnende Bestandsvermögen von der Negativerklärung erfasst sein soll. Den___________ 316) Dies hervorhebend Piekenbrock, WuB 2019, 523, 525; ebenso v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 410. 317) Durch die Negativerklärung wird das rechtliche Band zwischen der Insolvenzmasse und der selbstständigen Tätigkeit zerschnitten, siehe BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NJW 2012, 1361, 1362 Rn. 19 mit Verweis auf Holzer, ZVI 2007, 289, 292 und Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 697. 318) BGH, Urteil v. 22.5.2014 – IX ZR 136/13 = NJW 2014, 2585, 2586 Rn. 22; BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NJW 2012, 1361, 1362 Rn. 19; Holzer, in: Kübler/ Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 115; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 91; Roth, KTS 2014, 443, 447, 456 f.; Hergenröder, DZWIR 2013, 251, 259; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1104. Dagegen den Begriff der Freigabe verwendend BGH, Beschluss v. 25.1.2018 – IX ZA 19/17 = NZI 2018, 275, 276 Rn. 6; auch ist der Begriff der Freigabe in diesem Zusammenhang seit dem 31.12.2020 in § 35 Abs. 3 S. 2 InsO n. F. gesetzlich verankert. 319) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 BGHZ 221, 212 = NJW 2019, 1451, 1452 Rn. 19. 320) Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; BGH, Urteil v. 22.5.2014 – IX ZR 136/13 = NJW 2014, 2585, 2586 Rn. 22; BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NJW 2012, 1361, 1362 Rn. 19; Hefermehl, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 55 Rn. 110. 321) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]. Hieraus schlussfolgernd, dass damit nicht das erzielte, sondern das eingesetzte Vermögen gemeint sein muss, Heinze, DZWIR 2020, 107, 119; Dahl, NJW-Spezial 2007, 485. Dies ausdrücklich ablehnend Zimmermann, ZInsO 2011, 2057, 2058; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1104. 322) BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NJW 2019, 1451, 1453 Rn. 24; BAG, Urteil v. 21.11.2013 – 6 AZR 979/11 = BAGE 146, 295 = NJW 2014, 1037, 1038 Rn. 19; BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NJW 2012, 1361, 1364 Rn. 30.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

noch hat sich in der Rechtsprechung323) und mehrheitlich auch im Schrifttum324) die Auffassung durchgesetzt, dass hiervon nur der Neuerwerb betroffen ist und die Negativerklärung damit keinen Mehrwert gegenüber dem ohnehin bestehenden Pfändungsschutz nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Hs. 2 InsO bietet. Deshalb sollen von der Negativerklärung auch dem Bestandsvermögen zuzuordnende Forderungen325), welche aus der selbstständigen Tätigkeit erzielt wurden, nicht erfasst sein.326)

100 Dieses restriktive Verständnis der Negativerklärung wird dadurch gestützt, dass die Insolvenzmasse bis zur Freigabe auch für die dem Erwerb gegenüberstehenden Verbindlichkeiten aufzukommen hat327) und insofern andernfalls eine Asymmetrie

___________ 323) BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NZI 2019, 374, 376 Rn. 21, 23; BAG, Urteil v. 16.5.2013 – 6 AZR 556/11 = BAGE 145, 163 = NZA 2013, 1079, 183 f.; BFH, Urteil v. 8.9.2011 – II R 54/10 = BFHE 235, 1 = ZIP 2012, 42, 43 Rn. 18; AG Göttingen, Beschluss v. 21.2.2011 – 71 IN 38/10 = juris Rn. 11. 324) Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 282; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 100; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 53; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 826 f., 829; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 411; Zimmermann, ZInsO 2011, 2057, 2058; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2126; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1104, 1106; Smid, DZWIR 2008, 133 ff.; Wischemeyer/Schur, ZInsO 2007, 1240, 1245 f. A. A. Peters, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 35 Rn. 51 f.; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 165 f.; Heinze, DZWIR 2020, 107, 115 ff.; Heinze, ZInsO 2016, 1563 ff.; Priebe, ZInsO 2015, 936, 938; Hergenröder, DZWIR 2013, 251, 260; Dahl, NJW-Spezial 2007, 485; Ahrens, NZI 2007, 622, 624. 325) Zum Bestandsvermögen soll eine Forderung bereits dann zählen, wenn von ihrem Entstehungstatbestand bereits so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass die Vollendung nicht mehr von einem willensgesteuerten Verhalten des Schuldners abhängt, siehe BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = BKR 2019, 559, 561 Rn. 26 mit Verweis auf BGH, Beschluss v. 20.12.2018 – IX ZB 8/17 = NJW 2019, 999, 1000 Rn. 11. 326) So ausdrücklich nun BFH, Urteil v. 18.12.2019 – XI R 10/19 = DStR 2020, 1200, 1202 f. Rn. 25; BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NZI 2019, 374, 376 Rn. 21; auch Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 165a; Gehrlein, NZI 2020, 503, 505; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 411; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2126 in Bezug auf vorhandenes Aktivvermögen. A. A. Heinze, DZWIR 2020, 107, 121; wohl auch Priebe, ZInsO 2015, 936, 938. 327) Die Überleitung von Vertragsverhältnissen wirkt nicht auf die bereits vor dem Wirksamwerden der Negativerklärung entstandenen Verbindlichkeiten zurück, siehe hierzu BFH, Urteil v. 18.12.2019 – XI R 10/19 = DStR 2020, 1200, 1202 f. Rn. 25; BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NJW 2019, 1451, 1453 Rn. 22 f.; BAG, Urteil v. 21.11.2013 – 6 AZR 979/11 = BAGE 146, 295 = NJW 2014, 1037 f. Rn. 15 ff.; BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NZI 2012, 409, 410 f. Rn. 15 ff.; ArbG Berlin, Urteil v. 3.6.2010 – 53 Ca 2104/10 = ZIP 2010, 1914; Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 141; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 116; Ries, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 35 Rn. 82 f.; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 101; Gehrlein, NZI 2020, 503, 505; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 826.

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A. Überblick über das Insolvenzverfahren

der Zahlungsströme zu Lasten der Masse entstünde.328) Zum anderen würde man damit einen Dammbruch riskieren, da es kaum zu begründen wäre, warum nur die vor der Freigabe entstandenen Forderungen und nicht auch die bereits hieraus erzielten Erlöse oder gar die damit erworbenen Betriebsmittel dem insolvenzfreien Vermögen zuzurechnen wären. Nicht nur muss hier zum Wohle der Insolvenzgläubiger einer grenzenlosen Masseschmälerung vorgebeugt werden. Aufgrund der daraus resultierenden Unwirtschaftlichkeit der Freigabe würde von ihr wohl kaum noch Gebrauch gemacht werden, so dass sich auch die Ambition und das Interesse des Schuldners zerschlügen, den Betrieb außerhalb des Insolvenzverfahrens selbstständig und ohne fortwährende Rechtfertigungspflicht gegenüber dem Verwalter fortzuführen.329) Zwar bedeutet dies, dass bei einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die Erbringung persönlicher Leistungen geprägt ist,330) bei der die für die Betriebsfortführung erforderlichen Sachen somit nicht gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Hs. 2 InsO von vornherein in das insolvenzfreie Vermögen fallen, die Gefahr der Spaltung der Geschäftseinheit droht.331) Für solche Fälle steht jedoch die Möglichkeit einer ergänzenden Einzelfreigabe zur Verfügung.332) Auch kommt eine Überlassung der betreffenden Sachen gegen Zahlung eines angemessenen Mietzinses in Betracht.

2. Fehlen einer klaren Positionierung des Insolvenzverwalters Durch Verwendung des Begriffs „hat“ in § 35 Abs. 2 S. 1 InsO brachte der Ge- 101 setzgeber unmissverständlich zum Ausdruck, dass den Verwalter die Pflicht trifft, sich gegenüber dem Schuldner zu erklären.333) Damit sollten vor allem Zweifel

___________ 328) Hinsichtlich eines noch nicht getilgten Kredits verbleibt die Darlehensvaluta zwar als Bestandsvermögen in der Masse, der Darlehensrückzahlungsanspruch trifft jedoch, auch wenn er noch nicht fällig ist, als betagter Anspruch die Insolvenzmasse, siehe Berger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2023, § 488 Rn. 43; Rohe, in: BeckOK BGB, 65. Edition, Stand: 1.2.2023, § 488 Rn. 34; Steffek, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR-Kommentar, 3. Auflage 2020, Kap. 13 Rn. 71; Häuser, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 1, 6. Auflage 2022, § 65 Rn. 260; v. Wilmowsky, WM 2008, 1189, 1192 (dortige Fn. 11); a. A. Freitag, in: Staudinger BGB, 2015, § 488 Rn. 291; Mülbert, WM 2002, 465, 469. 329) Ähnlich auch Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 827. 330) Zu ähnlichem Wortlaut in § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO a. F. KG, Beschluss v. 13.7.2015 – 8 U 15/15 = BeckRS 2015, 18483 Rn. 4; Gruber, in: MüKo ZPO, 6. Auflage 2020, § 811 Rn. 34 ff. 331) So Heinze, DZWIR 2020, 107, 115 f., allerdings ohne Differenzierung nach Art der Tätigkeit. 332) BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NZI 2019, 374, 376 Rn. 24. Auch hinsichtlich der Einzelfreigabe kritisch Heinze, DZWIR 2020, 107, 120, weil die Einzelfreigabe anders als die Unternehmensfreigabe (§ 35 Abs. 2 S. 3 InsO) nicht durch Gläubigerorgane zu revidieren sei. 333) Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 6 [Nr. 12 lit. b)]. Siehe hierzu BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = ZIP 2012, 533, 535 Rn. 20; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 117; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 264.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

hinsichtlich der Entstehung von Masseverbindlichkeiten vermieden werden.334) Aufgrund des Bestehens einer Handlungspflicht335) sind die im Rahmen der Tätigkeit begründeten Verbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO auch dann als Verwaltungshandlungen und damit als Masseverbindlichkeiten einzuordnen, wenn sich der Verwalter nicht klar positioniert und insofern ein Unterlassen vorliegt.336) Eine Grenze hierfür muss allerdings gezogen werden, wenn für den Verwalter gar nicht erkennbar ist, dass sich der Schuldner selbstständig betätigt, und daher auch keinen Anlass hat zu entscheiden, ob die Tätigkeit zu Gunsten und zu Lasten der Masse oder des insolvenzfreien Vermögens gehen soll.337) Daher muss bei einem Unterlassen des Verwalters Voraussetzung für die Begründung einer Masseverbindlichkeit sein, dass der Insolvenzverwalter nachweislich Kenntnis oder zumindest fahrlässige Unkenntnis von der Tätigkeit des Schuldners hat,338) etwa nachdem der Schuldner ihn ausdrücklich aufgefordert hat, eine Erklärung i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO abzugeben.339)

102 Dass der Schuldner inzwischen gem. § 35 Abs. 3 S. 1 InsO verpflichtet ist, den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit zu informieren hat, dürfte hieran nichts ändern. Es ist jedenfalls nicht er___________ 334) Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; hierzu auch BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = ZIP 2012, 533, 535 Rn. 20. 335) Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 257; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 55 Rn. 31; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2122; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1103; Pape, NZI 2007, 481. Anders auch noch in RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 6 [Nr. 12]. 336) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; Thole, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 55 Rn. 5; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 115; Andres, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 35 Rn. 103; Lohmann, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 55 Rn. 2 ff., 8; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 269; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 55 Rn. 31; Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 263; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2122. Für Einordnung unter § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO („in anderer Weise“) BFH, Urteil v. 18.5.2010 – X R 11/09 = BeckRS 2010, 25016513 Rn. 23; Sinz, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 55 Rn. 40; Bäuerle/Miglietti, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 55 Rn. 19. Offensichtlich ganz a. A. Ellrich, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 35 Rn. 150; Gehrlein, ZInsO 2016, 825 f. 337) Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 135; Andres, in: Nerlich/ Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 35 Rn. 104; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1105; Pape, NZI 2007, 481, 482. 338) BFH, Urteil v. 6.6.2019 – V R 51/17 = BFHE 265, 294 = DStRE 2020, 39, 40 f. Rn. 18 ff.; Windel, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2007, § 80 Rn. 33; Büteröwe, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 35 Rn. 51; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 269; Lohmann, in: HK InsO, 10. Auflage 2020, § 55 Rn. 9; Andres, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 35 Rn. 102; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 55 Rn. 33; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1105; Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 263. 339) Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 135; Bäuerle, in: Braun, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 134; Pape, NZI 2007, 481, 482.

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A. Überblick über das Insolvenzverfahren

sichtlich, dass die Erklärungs- bzw. Handlungspflicht des Verwalters erst nach der Information durch den Schuldner entsteht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des Abs. 3 den Schuldner zu einer schnellen Information und in S. 2 auch den Verwalter zu einer schnellen Entscheidung anhalten wollte. Damit sind im Ergebnis bereits solche Verbindlichkeiten aus der selbstständigen Tätigkeit als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren, die im Zeitraum zwischen der Kenntniserlangung bzw. einem die Fahrlässigkeit der Unkenntnis begründenden Ereignis und einer etwaigen Freigabeerklärung begründet werden.340) Wenn man es richtigerweise ablehnt, dem Verwalter durch eine auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zurückwirkende Freigabe die Möglichkeit zu bieten, sich zuvor bereits begründeter Masseverbindlichkeiten zu entledigen,341) bleibt dem Insolvenzverwalter nur, die Freigabe möglichst frühzeitig zu erklären.342)

3. Ausgleichszahlungspflicht nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO Nachdem dies im Referentenentwurf noch nicht vorgesehen war,343) implementierte 103 der Gesetzgeber auf Drängen der Literatur344) als weitere Neuerung in § 35 Abs. 2 S. 2 InsO einen Verweis auf § 295 Abs. 2 InsO a. F.345), seit dem 31.12.2020 auf den neu geschaffenen § 295a InsO.346) Hieraus ergibt sich die Verpflichtung des selbstständig tätigen Schuldners, die Insolvenzgläubiger durch kalenderjährliche Zahlungen an den Insolvenzverwalter347) so zu stellen, als wenn er ein angemesse___________ 340) So auch Peters, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 35 Rn. 58; Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 698; wohl auch Sternal, NJW 2007, 1909, 1911 f. A. A. Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 262; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 162; Gehrlein, ZInsO 2016, 825 f.; Dahl, NJW-Spezial 2007, 485. 341) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641 Rn. 9 lehnte die Rückwirkung der Erklärung nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ab und legte eine als rückwirkend erklärte Freigabe für den Zeitraum zwischen Verfahrenseröffnung und Zugang der Negativerklärung als echte Einzelfreigabe der erworbenen Vermögensgegenstände aus. Verbindlichkeiten stellen jedoch kein Vermögen dar, so dass diese nicht auch einzeln „freigegeben“ werden können. Hofmann, EWiR 2013, 551, 552 schlägt daher eine zweiwöchige Rückwirkung der Negativerklärung vor, damit schon dann durch eine als rückwirkend erklärte Freigabe nicht nur Vermögen, sondern auch Verbindlichkeiten das insolvenzfreie Schuldnervermögen treffen. 342) Berger, ZInsO 2008, 1101, 1106. 343) RefE Änderung InsO, abgedruckt in NZI 2004, 549, 550 Nr. 16. 344) Siehe Andres/Pape, NZI 2005, 141, 145 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 398; Pape, NZI 2004, 601, 603. Bereits unter der alten Rechtslage wurde gefordert, die Freigabe mit der Verpflichtung des Schuldners nach § 295 Abs. 2 InsO zu verknüpfen, siehe Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1062. 345) Der zwischenzeitliche Verweis auf § 295 Abs. 3 InsO ging auf ein redaktionelles Versehen zurück, Änderung InsO, BT-Drs. 18/10823, S. 27 [zu Nr. 4]. 346) Dies in Reaktion auf materiell- und verfahrensrechtliche Unzulänglichkeiten des § 295 Abs. 2 a. F., siehe nur Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 230 Rn. 547. 347) Die Position des Treuhänders, der eigentlich nach § 295a InsO als Zahlungsadressat vorgesehen ist, ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vergeben, siehe Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 62.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

nes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Damit soll verhindert werden, dass der selbstständig tätige Schuldner nach der Freigabe bessergestellt ist als der abhängig beschäftigte Schuldner, dessen pfändbares Einkommen ohne spezielle Freigabemöglichkeit stets in die Insolvenzmasse fällt.348) Den Schuldner trifft diese Ausgleichszahlungspflicht somit auch nur im Falle einer Negativerklärung, da seine Einnahmen ansonsten ohnehin der Insolvenzmasse zufallen.349)

104 Für die Höhe der nach den §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO vorzunehmenden Zahlungen kommt es darauf an, was der Schuldner bei einem „angemessenen Dienstverhältnis“ verdienen würde, das sogenannte fiktive Nettoeinkommen.350) Dies richtet sich nicht etwa nach dem aus der selbstständigen Tätigkeit zu erwartenden Gewinn351) oder was der Schuldner mit derselben Tätigkeit im Angestelltenverhältnis verdienen würde352), sondern nach dem zu erwartenden Verdienst aus einem fiktiven Arbeitsverhältnis, welches unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation, dem gesundheitlichen Zustand des Schuldners353) und dessen beruflicher Qualifikation angemessen wäre.354) Um hierüber Rechtssicherheit zu erlangen, kann der Schuldner gem. § 295a Abs. 2 InsO unter Glaubhaftmachung der relevanten persönlichen und

___________ 348) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; hierzu auch BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 798 Rn. 8; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 120; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286; Zipperer, ZVI 2007, 541, 542; Andres, NZI 2006, 198, 200. 349) Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 62; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 178; Kirchner, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 35 Rn. 73; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286. 350) BVerfG, Beschluss v. 7.12.2016 – 2 BvR 1602/16 = NZI 2017, 111, 112 Rn. 19; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 16 f.; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 62; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 295a Rn. 4; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 169a. A. A. Wenzel, NZI 1999, 15, 17 f., wonach danach zu fragen ist, wie hoch das Gehalt des Schuldners wäre, wenn er die konkret ausgeübte selbständige Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausüben würde. 351) BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 17; Ries, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 35 Rn. 84; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 295a Rn. 2. 352) Anders Wenzel, NZI 1999, 15, 17 f. 353) BVerfG, Beschluss v. 7.12.2016 – 2 BvR 1602/16 = NZI 2017, 111, 112 Rn. 19; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 17; BGH, Beschluss v. 17.1.2013 – IX ZB 98/11 = NZI 2013, 189, 190 Rn. 10; BGH, Beschluss v. 5.4.2006 – IX ZB 50/05 = NZI 2006, 413, 414 Rn. 13; Wischemeyer, ZInsO 2010, 2068, 2069. 354) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 192 f. [zu § 244]; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 169a; Wipperfürth, ZInsO 2019, 977, 986; Wischemeyer, ZInsO 2010, 2068, 2069; Küpper/Heinze, ZInsO 2009, 1785, 1786. Dabei kann das Ergebnis dessen auch sein, dass der Schuldner aus einer angemessenen Tätigkeit kein pfändbares Einkommen erzielen würde, so dass er von der Abführungspflicht effektiv befreit wäre, vgl. Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 170.

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A. Überblick über das Insolvenzverfahren

beruflichen Parameter die gerichtliche Feststellung des Betrags beantragen.355) Die Höhe des Betrags bleibt auch dann unverändert, wenn der Schuldner mit seiner selbständigen Tätigkeit höhere Gewinne erwirtschaftet,356) zum einen um den selbstständig tätigen Schuldner nicht schlechter zu stellen als den abhängig beschäftigten,357) zum anderen um ihm einen Anreiz zur selbstständigen Betätigung zu geben.358) Ebenfalls zwecks Motivierung des Schuldners359) muss dieser nur insoweit über- 105 haupt Zahlungen leisten, als er tatsächlich einen die Pfändungsfreigrenzen übersteigenden Gewinn aus seiner selbstständigen Tätigkeit erwirtschaftet.360) Hat der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, obliegt es ihm jedoch nach §§ 290 Abs. 1 Nr. 7, 287b InsO sich in einem solchen Fall eine angemessene Beschäftigung im Angestelltenverhältnis zu suchen.361) Außerhalb des Restschuldbefreiungsverfahrens braucht der Schuldner dagegen nicht in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln, wenn seine selbstständige Tätigkeit nur einen unzureichenden Gewinn generiert, da im Insolvenzverfahren der Grundsatz der Massefreiheit der Arbeitskraft des Schuldners gilt.362) Hat der Schuldner dagegen im Rahmen seiner Tätigkeit ausreichende Gewinne erzielt, besteht – anders als bei unmittelbarer An___________ 355) So auch schon vor Einführung des § 295a InsO BGH, Urteil v. 13.3.2014 – IX ZR 43/12 = NJW-RR 2014, 617, 618 Rn. 24. Siehe zu den Neuerungen Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 19/25322, S. 18 [zu Nr. 4]; Ahrens, NZI 2021, 57, 62 ff. 356) BVerfG, Beschluss v. 7.12.2016 – 2 BvR 1602/16 = NZI 2017, 111, 112 Rn. 19; BGH, Urteil v. 13.3.2014 – IX ZR 43/12 = NJW-RR 2014, 617, 618 Rn. 21; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 798 Rn. 11; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 295 Rn. 148; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 295a Rn. 3; Wischemeyer, ZInsO 2010, 2068, 2069. A. A. AG Wuppertal, Beschluss v. 17.8.2011 – 145 IN 453/04 = BeckRS 2011, 21137; AG München, Beschluss v. 5.4.2005 – 1502 IK 58/01 = BeckRS 2005, 18696. 357) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 192 [zu § 244]; RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 11. 358) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 11; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 17; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 105; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 120. 359) BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 17. 360) BGH, Urteil v. 13.3.2014 – IX ZR 43/12 = NZI 2014, 461, 463 Rn. 21; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 798 Rn. 11; Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 150; Wipperfürth, ZInsO 2019, 977, 986; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286; Roth, KTS 2014, 443, 447, 458. 361) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 295a Rn. 47; Wipperfürth, ZInsO 2019, 977, 986 f.; Ahrens, NZI 2013, 797, 800. Insbesondere betont der Rechtsausschuss die erhebliche Bedeutung der Erwerbsobliegenheit nach § 287b InsO auch für selbstständig tätige Schuldner, Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 17/13535, S. 28 [zu Nummer 21]. Anders noch zur Rechtslage vor Einfügung des § 287b InsO BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 798 f. Rn. 13 ff. 362) BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 15; BGH, Beschluss v. 18.12.2008 – IX ZB 249/07 = NZI 2009, 191, 192 Rn. 11; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 457, 459 Rn. 16; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 286; Kolodzik, ZVI 2016, 337, 339; Roth, KTS 2014, 443, 447, 454 f.; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 421 f.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

wendung des § 295a InsO nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und unabhängig von einem laufenden Restschuldbefreiungsverfahren – eine einklagbare Abführungspflicht.363) Ist ein Restschuldbefreiungsverfahren anhängig, kann eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Missachtung dieser unter § 97 Abs. 2 InsO einzuordnenden Pflicht gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.364)

B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession 106 Bereits die Einordnung des § 81 Abs. 1 InsO im Zusammenhang mit den Wirkungen einer im Eröffnungsverfahren angeordneten Verfügungsbeschränkung lässt Rückschlüsse auf das im Insolvenzverfahren geltende Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO zu. Dieses sorgt hinsichtlich der in der Insolvenzmasse entstehenden Forderungen für klare Verhältnisse und steht den Wirkungen der Globalzession entgegen. Schwieriger zu beurteilen ist demgegenüber die Frage, ob die Globalzession nach einer Negativerklärung gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO wiederauflebt, da die im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit erwirtschafteten Forderungen dann nicht Gegenstände der Insolvenzmasse sind.

I. Die Auswirkungen des Erwerbsverbots nach § 91 Abs. 1 InsO 107 Anders als das Verfügungsverbot in § 81 Abs. 1 InsO knüpft das Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO unabhängig vom Zeitpunkt einer Verfügungshandlung an ___________ 363) BGH, Urteil v. 13.3.2014 – IX ZR 43/12 = NZI 2014, 461, 462 Rn. 17; BGH, Beschluss v. 13.6.2013 – IX ZB 38/10 = NZI 2013, 797, 799 Rn. 20; BGH, Beschluss v. 9.6.2011 – IX ZB 175/10 = NZI 2011, 633 Rn. 9; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 170a; Ries, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 35 Rn. 84; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 287; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 105; Kirchner, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 35 Rn. 74; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2127; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1107; Andres, NZI 2006, 198, 200; Wipperfürth, ZInsO 2019, 977, 986, 987. A. A. OLG Brandenburg, Urteil v. 17.4.2013 – 7 U 77/12 = NZI 2013, 650, 651; Grote, ZInsO 2011, 1489, 1493 f.; Küpper/Heinze, ZInsO 2009, 1785, 1787, die sich gegen eine Umwandlung der Obliegenheit in einen Anspruch, dafür für eine Anwendung des § 296 Abs. 1 InsO als Sanktion für einen Pflichtverstoß aussprechen. Inzwischen umfasst § 296 Abs. 1 InsO allerdings nur noch Obliegenheitsverstöße zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist, so dass sich diese Ansicht erledigt haben sollte. 364) BGH, Beschluss v. 12.4.2018 – IX ZB 60/16 = NJW-RR 2018, 1139 f. Rn. 7; BGH, Beschluss v. 19.11.2015 – IX ZB 59/14 = NJW-RR 2016, 174 Rn. 10; Bornemann, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 63; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 35 Rn. 170; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 35 Rn. 120a; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 35 Rn. 105; Wipperfürth, ZInsO 2019, 977, 987; Roth, KTS 2014, 443, 447, 454; Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2127; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1107. Bei einer vertraglichen Vereinbarung zur Leistung von Ausgleichszahlungen, wie sie unter der Rechtslage vor 1.7.2007 notwendig war, wird eine Verletzung dagegen mangels „Pflicht nach diesem Gesetz“ nicht unter § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO gefasst, BGH, Beschluss v. 20.3.2003 = IX ZB 388/02 = NZI 2003, 389, 393; BGH, Beschluss v. 12.4.2018 – IX ZB 60/16 = NJW-RR 2018, 1139, 1140 Rn. 7.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

den Erwerb von Gegenständen aus der Insolvenzmasse an, um den Bestand der Masse und auch die vom Verwalter nach Verfahrenseröffnung erlangten Rechte zu schützen sowie die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger zu gewährleisten.365) Da das Erwerbsverbot gegenüber dem Verfügungsverbot subsidiär ist,366) wird es bei Verfügungen nur dann relevant, wenn – wie bei einer Vorauszession – der Rechtserwerb nicht mit der letzten Verfügungshandlung zusammenfällt und hierzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet wird.367) Für die bereits vor der Verfahrenseröffnung vereinbarte Globalzession bedeutet dies im Grundsatz, dass § 91 Abs. 1 InsO den Übergang von Forderungen auf den Zessionar verhindert, die erst nach dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung entstehen,368) solche Forderungen dagegen ungehindert übergehen lässt, die bereits zuvor entstanden sind.369) In Bezug auf den hierzwischen liegenden Graubereich ist es in Rechtsprechung 108 und Literatur anerkannt, dass § 91 Abs. 1 InsO auch solche Zessionare verschont, die an der Forderung bereits vor Verfahrenseröffnung eine gesicherte Rechtsposi-

___________ 365) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 138 [zu § 102] mit Verweis auf § 15 KO, dessen Begründung sich eng am Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ausrichtete, siehe RegE KO, RT-Drs. II. Session 1874/75, Aktenstück Zu Nr. 200, S. 1386 [zu § 12]; BGH, Urteil v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11 = NZI 2012, 614 f. Rn. 11 ff.; BGH, Urteil v. 10.12.2009 – IX ZR 1/09 = NZI 2010, 138, 140 Rn. 25 ff.; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 2. Zum Sinn und Zweck des § 15 KO siehe ferner BGH, Urteil v. 27.5.2003 – IX ZR 51/02 = BGHZ 155, 87 = NJW 2003, 2744, 2746. 366) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 138 [zu § 102] („Sie ergänzt die Regelung über die Unwirksamkeit von Verfügungen“); Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 1; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 1. 367) BGH, Urteil v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10 = BGHZ 191, 277 = NJW 2012, 229 Rn. 9. 368) BGH, Urteil v. 22.4.2010 – IX ZR 8/07 = NZI 2010, 682, 683 Rn. 9; BGH, Urteil v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09 = NZI 2010, 220 Rn. 20; BGH, Urteil v. 8.1.2009 – IX ZR 217/07 = NJW-RR 2009, 755, 756 Rn. 27; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 457 f. Rn. 6. Die Wirkung des § 91 Abs. 1 InsO wurde anfangs vom Gesetzgeber selbst übersehen, als er in § 114 Abs. 1 InsO die Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Lohnvorausabtretung während des Insolvenzverfahrens auf drei, später zwei Jahre „beschränkte“; der Effekt des Erwerbsverbots auf Vorausabtretungen wurde jedoch in Folge dessen nicht nachhaltig in Frage gestellt, vgl. RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]; RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 150 f. [zu § 132]; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, 2486 Rn. 10 ff. Für eine dogmatische Neubewertung dagegen Eichel, Künftige Forderungen, 2014, S. 457 ff., der § 81 Abs. 1 InsO auf vorinsolvenzliche Vorausabtretungen anwenden will und ihre Unwirksamkeit dann annimmt, wenn die abgetretene Forderung nur unter Einsatz der Masse und aufgrund des Willens des Schuldners bzw. des Verwalters entsteht oder durchsetzbar wird. 369) BGH, Beschluss v. 1.12.2011 – IX ZR 44/11 Rn. 3; BGH, Urteil v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10 = BGHZ 189, 299 = NJW 2011, 2960, 2961 f. Rn. 15 f.; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 17; Pechartscheck, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 31 Rn. 16 f.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

tion erlangt haben.370) Inzwischen hat sich in der Rechtsprechung die Haltung verfestigt, eine Rechtsposition dann als gesichert anzusehen, wenn Zedent und Drittschuldner sie durch einseitiges Verhalten nicht mehr zerstören können.371) In eine ähnliche Richtung geht auch die in der Vergangenheit bereits verwendete Leitlinie, wonach die Rechtsposition bereits aus dem Schuldnervermögen ausgeschieden sein muss, ohne dass für den Schuldner die Möglichkeit besteht, diese auf Grund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen.372) Hieran wurde bisher insbesondere gemessen, ob aus der Abtretung einer aufschiebend bedingten Forderung eine gesicherte Rechtsposition zu Gunsten des Erwerbers resultiert.373) Von dieser Linie ist der BGH jedoch in manchen Entscheidungen abgewichen.374) So soll die Abtretung von Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis nur dann insolvenzfest sein, wenn die Forderungen betagt sind, nicht aber, wenn diese bloß aufschiebend befristet sind,375) auch wenn weder der Schuldner noch der Drittschuldner ei___________ 370) BGH, Beschluss v. 2.6.2016 – III ZR 334/14 = NZI 2016, 794, 795 Rn. 3; BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 17; BGH, Urteil v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12 = NZBau 2013, 573, 575 Rn. 27; BGH, Urteil v. 20.9.2012 – IX ZR 208/11 = NZI 2013, 42, 43 Rn. 14; BGH, Urteil v. 11.10.2012 – IX ZR 30/10 = NJW-RR 2013, 51, 52 Rn. 17; BGH, Versäumnisurteil v. 26.1.2012 – IX ZR 191/10 = NJW 2012, 1510, 1513 f. Rn. 31; BGH, Urteil v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10 = BGHZ 191, 277 = NJW 2012, 229 Rn. 9; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, 2486; Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 84; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 16; Martens, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 398 Rn. 34; Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 176; kritisch Eichel, Künftige Forderungen, 2014, S. 437 ff. 371) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 17; BGH, Urteil v. 11.10.2012 – IX ZR 30/10 = NJW-RR 2013, 51, 52 Rn. 17; BGH, Versäumnisurteil v. 26.1.2012 – IX ZR 191/10 = NJW 2012, 1510, 1513 f. Rn. 31; ähnlich BGH, Urteil v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76 = BGHZ 70, 86 = NJW 1978, 538, 540. 372) BGH, Urteil v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07 = NJW-RR 2008, 1007, 1008 Rn. 9; BGH, Urteil v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 = BGHZ 170, 196 = NJW 2007, 1588, 1590 Rn. 17; BGH, Urteil v. 17.11.2005 – IX ZR 162/04 = NZI 2006, 229, 230 Rn. 13; BGH, Urteil v. 27.5.2003 – IX ZR 51/02 = BGHZ 155, 87 = NZI 2003, 491, 492. 373) Für eine Einzelfallbetrachtung bei bedingten Forderungen auch Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 19, dortige Fn. 50; Eichel, Künftige Forderungen, 2014, S. 458. Wohl stets für die Insolvenzfestigkeit der Abtretung einer aufschiebend bedingten Forderung Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, 2011, S. 166; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 10.25; auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 4, 1976, S. 265 f. 374) Ohnehin gegen die Aufstellung griffiger Regeln und für eine Einzelfallabwägung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens, eine möglichst ungeschmälerte Masse zu erhalten, Hattenhauer, in: HKK BGB, Bd. 2/2, 2007, §§ 398 – 413 Rn. 44; Pöggeler, in: Nörr/Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, 2. Auflage 1999, S. 107, 118 f. 375) So BGH, Urteil v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12 = NZBau 2013, 573, 575 Rn. 27; BGH, Urteil v. 20.9.2012 – IX ZR 208/11 = NZI 2013, 42, 43 Rn. 14; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, 2486; BGH, Urteil v. 14.12.1989 – IX ZR 283/88 = BGHZ 109, 368 = NJW 1990, 1113, 1114; OLG Koblenz, Urteil v. 29.8.2012 – 5 U 347/12 = BeckRS 2012, 19415.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

nen Einfluss auf den Eintritt des Anfangstermins haben.376) Auch hat der BGH eine gesicherte Rechtsposition bereits bei Vorliegen des Rechtsgrundes der abgetretenen Forderung bejaht, obwohl die Entstehung der Forderung noch vom Verhalten des Schuldners und des Drittschuldners abhing.377) Im Ergebnis lässt sich jedenfalls feststellen, dass im Regelfall die Mehrheit der im eröffneten Verfahren entstehenden Forderungen die Voraussetzungen an eine gesicherte Rechtsposition nicht erfüllen können, so dass die Globalzession wegen § 91 Abs. 1 S. 1 InsO erheblich gehemmt ist.378)

II. Besonderheiten bei einer freigegebenen selbstständigen Tätigkeit Nach den bisherigen Ausführungen ermöglicht eine Globalzession grundsätzlich 109 nicht den Zugriff des Gläubigers auf Forderungen, die aus der selbstständigen Tätigkeit resultieren, wenn sich der Insolvenzverwalter gegen eine Freigabe der selbstständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO entscheidet.379) Denn dann sind die Forderungen, sofern der Zessionar hieran nicht bereits eine gesicherte Rechtsposition innehat, der Insolvenzmasse zuzuordnen und damit durch § 91 Abs. 1 InsO besonders geschützt. Anders ist dies in Bezug auf Forderungen, die nach einer Negativerklärung i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO entstehen. Diese sind gerade nicht mehr der Masse zuzuordnen, so dass der Schutz des § 91 Abs. 1 InsO weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Zweck, die Abwanderung von Massegegenständen zu verhindern,380) für sie zu gelten scheint. Dementsprechend entschied der BGH auch in Bezug auf die Wirkungen einer Globalzession zu ___________ 376) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 19 beschränkt dies dagegen auf den Fall, dass der Anspruch „erst befristet mit der Inanspruchnahme der Gegenleistung“ entsteht. Streng genommen wäre dies jedoch ein Fall der aufschiebenden Bedingung, da die Inanspruchnahme der Gegenleistung anders als bspw. der Eintritt eines bestimmten Termins kein gesichertes Ereignis i. S. d. § 163 BGB ist, siehe zur Abgrenzung Westermann, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 163 Rn. 2. 377) So ausdrücklich BGH, Urteil v. 27.5.2003 – IX ZR 51/02 = BGHZ 155, 87 = NJW 2003, 2744, 2746; BGH, Urteil v. 7.6.1991 – V ZR 17/90 = NJW 1991, 2897, 2898. Das Bestehen des Rechtsgrundes der Forderung wird auch in der Literatur als alleinige Voraussetzung für die Insolvenzfestigkeit einer Vorausabtretung genannt, Grüneberg, in: Grüneberg BGB, 82. Auflage 2023, § 398 Rn. 11; Busche, in: Staudinger BGB, 2022, § 398 Rn. 73; Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 34 III; Dobmeier, NZI 2006, 144, 148. 378) Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 17; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 30; vgl. auch Haller, Die gesicherte Rechtsposition, 2016, S. 190 ff., wonach in aller Regel eine gesicherte Rechtsposition überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn das der abgetretenen Forderung zugrundeliegende Vertragsverhältnis bereits vor Verfahrenseröffnung besteht. 379) So auch BGH, Beschluss v. 18.2.2010 – IX ZR 61/09 = NZI 2010, 343, 344 Rn. 2 f. 380) Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 1; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 2; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 1; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 10.17; Heinze, DZWIR 2013, 384, 385 f.; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552. Andeutungsweise BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 643 Rn. 26; auch BGH, Urteil v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06 = NZI 2008, 304 Rn. 10.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

Gunsten des Zessionars und ermöglichte diesem den Zugriff auf die nach der Freigabe entstehenden Forderungen. Später nahm der BGH hiervon aus teleologischen Gründen wieder Abstand. Letztendlich sorgte das spätere Urteil dafür, dass dem selbstständig tätigen Globalzedenten auch nach der Freigabe die Ausübung seiner Tätigkeit dem Grunde nach möglich blieb. Die Herleitung dessen ist methodisch jedoch nicht einwandfrei.

1. Die Konvaleszenz der Globalzession a) Urteil des BGH vom 18.4.2013 110 Der Insolvenzrechtssenat des BGH hatte sich im Jahr 2013 mit der Frage zu beschäftigen, ob die Freigabe der selbstständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter dazu führt, dass die hieraus erzielten Forderungen wieder von einer vorinsolvenzlichen Globalzession erfasst und damit vom Zessionar wirksam erworben werden können.381) Dies bejahte der Senat und stützte sich bei der Begründung darauf, dass der Schuldner mit der Freigabe die Verfügungsbefugnis über die von ihm im Rahmen seiner Tätigkeit erzielten Forderungen zurückgewinnt und jene Forderungen nicht mehr in die Masse, sondern in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners fallen.382) Soweit die Forderungen nach der Freigabe Teil des insolvenzfreien Vermögens des Schuldners geworden seien, erweise sich die Vorausabtretung an den Zessionar „infolge Konvaleszenz (§ 185 II 1 Fall 2 BGB) als wirksam“.383) Die Möglichkeit einer solchen Konvaleszenz sei auch bei wegen § 81 Abs. 1 S. 1 InsO schwebend unwirksamen Verfügungen möglich384) und gelte in gleicher Weise bei der Anwendung des § 91 InsO, da Verfügungsbeschränkungen nicht gerechtfertigt seien, soweit das insolvenzfreie Schuldnervermögen betroffen sei.385) Zwar werde der Neuerwerb des Schuldners damit – entgegen der Intention des Gesetzgebers – partiell dem Zugriff seiner Neugläubiger entzogen; dies sei jedoch hinzunehmen, weil die Wirkung des § 185 BGB nicht durch § 35 Abs. 2 S. 1 InsO verdrängt werde.386) Schließlich sei der Schuldner nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit auch nicht daran gehindert, erstmals eine wirksame Glo-

___________ 381) 382) 383) 384)

BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 15 ff. BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 20, 23, 25 f. BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 24. So auch heute noch Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 81 Rn. 18; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 81 Rn. 16; Kruth, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 81 Rn. 14; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 81 Rn. 20; Pechartscheck, in: Gottwald/ Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 31 Rn. 8 f. 385) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 25 f. 386) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 27.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

balzession zu vereinbaren oder in diesem Zeitraum erworbene Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber Altgläubigern zu verwenden.387)

b) Reaktionen aus der Literatur In der Literatur wurde dieses Urteil zumindest aus dogmatischer Sicht überwie- 111 gend positiv aufgenommen.388) Es sei folgerichtig, dass nicht nur Verfügungen, die wegen § 81 Abs. 1 InsO unwirksam waren, sondern auch solche, denen § 91 Abs. 1 InsO im Weg stand, nach der Freigabe in Folge Konvaleszenz geheilt würden.389) Erhebliche Kritik erfuhren jedoch die tatsächlichen Folgen dieser Entscheidung, zum einen die Erschwerung der Betriebsfortführung durch das Wiederaufleben der Globalzession und zum anderen der Zugriff durch einen Altgläubiger auf die den Neugläubigern vorbehaltene Haftungsmasse.

aa) Erschwerung der Betriebsfortführung Nahezu alle Anmerkungen im Schrifttum befassten sich kritisch mit der durch die 112 Konvaleszenz der Globalzession verursachten Erschwerung der Fortführung bzw. Neuaufnahme eines selbstständigen Betriebs.390) Dabei wurde besonders bemängelt, der Gesetzgeber habe die Ermöglichung dessen gerade mit der Einführung des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO intendiert.391) Der Neuerwerb stehe dem Schuldner bei einer Konvaleszenz der Globalzession nach der Freigabe weder zur unmittelbaren Deckung der Ausgaben noch als Sicherheit zur Erlangung eines Kredits zur Verfügung.392) In diesem Zusammenhang wurde auch beanstandet, dass der Schuldner dadurch schon früh um den durch das Restschuldbefreiungsverfahren bezweckten

___________ 387) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 27. 388) Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; NJW-Spezial 2013, 438, 439; Heinze, DZWIR 2013, 384, 385 f.; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552. „Nur auf den ersten Blick“, v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419. Auch in dogmatischer Hinsicht kritisch Münzel, ZInsO 2014, 761, 763. Insgesamt positiv dagegen Smid, DZWIR 2014, 201, 222 f. 389) Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; Heinze, DZWIR 2013, 384, 385 f.; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552. 390) Kuleisa, ZVI 2015, 85, 87 f.; Roth, KTS 2014, 443, 447, 448; Münzel, ZInsO 2014, 761, 766; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419; NJW-Spezial 2013, 438, 439; Plagemann, FD-SozVR 2013, 348241; Kortleben, VIA 2013, 67, 68; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552; Cranshaw, jurisPR-InsR, 21/2013, Anm. 1; Heinze, DZWIR 2013, 384, 386; Piekenbrock, WuB VI A. § 91 InsO 2.13. 391) Roth, KTS 2014, 443, 447, 448; Heinze, DZWIR 2013, 384, 386; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; Cranshaw, jurisPR-InsR, 21/2013, Anm. 1; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552. 392) Roth, KTS 2014, 443, 447, 448; Schönherr, NZI 2013, 641, 643 f.; NJW-Spezial 2013, 438, 439.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

fresh start im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit gebracht werde.393) Stattdessen werde der Schuldner bei ausbleibenden Ausgleichszahlungen durch die drohende Versagung der Restschuldbefreiung gem. §§ 287b, 290 Abs. 1 Nr. 7 InsO in eine abhängige Beschäftigung gedrängt.394) Wohl für den Fall, dass der Schuldner mangels Restschuldbefreiungsverfahrens nicht in eine abhängige Beschäftigung wechseln muss, wurde schließlich aus der Erschwerung der selbstständigen Tätigkeit ein Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung hergeleitet, da der Gläubigergesamtheit dann die Ausgleichszahlungen nach den §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO entgingen.395)

bb) Ausschluss der Neugläubiger von „ihrer“ Haftungsmasse 113 Maßgeblicher zweiter Kritikpunkt war die durch die Konvaleszenz der Globalzession ermöglichte Befriedigung eines Altgläubigers aus der Haftungsmasse, die der Gesetzgeber eigentlich den Neugläubigern reserviert habe.396) Darauf, dass die Wirkungen des § 185 BGB laut dem Senat nicht durch eine Freigabe nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO verdrängt würden,397) entgegnete man, es liege bereits gar kein Fall des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB vor, da die Vorausverfügung im Zeitpunkt ihrer Vornahme berechtigt sei und insofern nicht die Verfügung eines Nichtberechtigten vorliege.398) Dagegen, dass der Schuldner auch nach der Freigabe nicht daran gehindert sei, aus seinem insolvenzfreien Vermögen Altverbindlichkeiten zu tilgen oder neu zu besichern,399) warf man ein, dass der Schuldner hieran in der Regel keinerlei Interesse habe.400) ___________ 393) Roth, KTS 2014, 443, 447, 459, 465; Münzel, ZInsO 2014, 761, 766 ff.; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419; NJW-Spezial 2013, 438, 439; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; Cranshaw, jurisPR-InsR, 21/2013, Anm. 1. 394) Kortleben, VIA 2013, 67, 68. 395) In diese Richtung Kuleisa, ZVI 2015, 85, 88; Roth, KTS 2014, 443, 447, 458; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419, 421, wonach dies dadurch gestützt werde, dass der Gesetzgeber die Aufhebung von § 114 InsO und dem darin enthaltenen Lohnabtretungsprivileg damit begründet hatte, dass die Berechtigten aus einer Vorausverfügung nicht zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger privilegiert werden sollten (RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 16). In diese Richtung auch Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644. 396) Roth, KTS 2014, 443, 447, 457; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; Piekenbrock, WuB VI A. § 91 InsO 2.13; NJW-Spezial 2013, 438, 439. In anderem Kontext Dahl/Thomas, VIA 2011, 49, 50; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1106. 397) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 27. 398) Münzel, ZInsO 2014, 761, 763, der daher offensichtlich wie die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Verfügungsmacht bereits bei Abschluss der Vorausabtretungsvereinbarung bewertet werden kann, siehe hierzu Rn. 37 f. Ebenfalls die Heranziehung von § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB in Zweifel ziehend Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1. 399) BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 642 Rn. 27. 400) Roth, KTS 2014, 443, 447, 465; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644; Cranshaw, jurisPRInsR, 21/2013, Anm. 1.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

cc) Schlussfolgerungen Im Schrifttum zog man unterschiedliche Schlussfolgerungen in Reaktion auf diese 114 Kritikpunkte. Manche Stimmen stellten desillusioniert fest, der Schuldner müsse seine selbstständige Tätigkeit nun eben auch bei einer eigentlich erfolgversprechenden wirtschaftlichen Perspektive einstellen.401) Als einzig rechtssicherer Ausweg wurde ein Einschreiten seitens des Gesetzgebers in Form einer Neuregelung gesehen.402) Andere Stimmen suchten auf Basis der bestehenden Gesetzeslage nach Lösungen und setzten auf das Insolvenzplanverfahren,403) wollten die Nichtigkeit der Globalzession analog § 294 Abs. 2 InsO bereits unmittelbar nach der Freigabeerklärung eintreten sehen404) oder § 91 Abs. 1 InsO selbst weit auslegen bzw. analog anwenden.405) Auch wurde auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 36 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. § 850i Abs. 1 ZPO zur Deckung der betrieblichen Ausgaben rekurriert.406) Abseits dessen suchte man nach Wegen, die Globalzession nach Möglichkeit nachhaltig ins Leere laufen zu lassen, etwa durch Zwischenschaltung eines künstlichen Rechtsträgers oder durch erstmalige Aufnahme einer formell neuen Tätigkeit.407) Teilweise wurde vertreten, die Globalzession laufe ab Verfahrenseröffnung bereits deshalb leer, weil der Schuldner einmal Träger der Insolvenzmasse und einmal Träger des insolvenzfreien Vermögens sei; da er als Träger der Insolvenzmasse über die zukünftigen Forderungen verfügt habe, könne sich die Verfügung nicht auf solche neu erworbenen Forderungen beziehen, die er als Träger des insolvenzfreien Vermögens erwerbe, so dass die Globalzession zumindest bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens wirkungslos bliebe.408)

___________ 401) Schönherr, NZI 2013, 641, 643 f.; ähnlich NJW-Spezial 2013, 438, 439; Plagemann, FD-SozVR 2013, 348241. 402) Hofmann, EWiR 2013, 551; Münzel, ZInsO 2014, 761, 768. 403) Bäuerle, FD-InsR 2013, 347483; Cranshaw, jurisPR-InsR, 21/2013, Anm. 1. Dem kritisch gegenüberstehend Münzel, ZInsO 2014, 761, 765 f. 404) Piekenbrock, WuB VI A. § 91 InsO 2.13. 405) Münzel, ZInsO 2014, 761, 768; Heinze, DZWIR 2013, 384, 386. Hiermit sympathisierend, aber dennoch kritisch Roth, KTS 2014, 443, 447, 459 f. In diese Richtung, aber unspezifisch Kuleisa, ZVI 2015, 85, 88. 406) Ahrens, NJW-Spezial 2014, 85, 86. Dies als Möglichkeit zur Deckung der betrieblichen Ausgaben hervorgebracht durch BGH, Beschluss v. 20.3.2003 – IX ZB 388/02 = NJW 2003, 2167, 2170, der die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO auf beruflich bedingte Ausgaben aufwarf. Zu den Kritikpunkten und Nachteilen hierbei siehe Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 128; Andres/Pape, NZI 2005, 141, 143; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 394; Kohte, NZI 2003, 389, 393, 394; Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1061. 407) Roth, KTS 2014, 443, 447, 448, dies sodann als Fehlanreiz bezeichnend auf S. 462. 408) Roth, KTS 2014, 443, 447, 460 ff. von zwei „virtuellen Rechtsträgerschaften“ sprechend; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 420 aufspaltend in Träger des Sondervermögens „Neuerwerb“ und Träger des Sondervermögens „Insolvenzmasse“.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

2. Partielle Aufrechterhaltung des Erwerbsverbots a) Aufgabe der Konvaleszenz-Rechtsprechung durch Urteil des BGH vom 6.6.2019 115 Mit Urteil vom 6.6.2019 reagierte der Insolvenzrechtssenat des BGH auf die Kritik aus der Literatur und gab seine Rechtsprechung zur Konvaleszenz der Globalzession in Folge einer Negativerklärung i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ausdrücklich auf.409) Stattdessen erstreckte der Senat die Wirkungen des Erwerbsverbots nach § 91 Abs. 1 InsO auch auf die durch eine Negativerklärung freigegebenen Gegenstände bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens, soweit hieran auf Grundlage einer vorinsolvenzlichen Verfügung Rechte zu Gunsten eines Altgläubigers erworben werden sollten.410) Für eine Konvaleszenz der Vorausabtretung analog zu § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB sei dagegen kein Raum.411) Der zuständige Senat stellte zur Begründung dieser partiellen Fortwirkung des Erwerbsverbots nach einer Negativerklärung – ähnlich zu den oben dargestellten Reaktionen in der Literatur auf seine Konvaleszenz-Rechtsprechung – auf die beiden Motive des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ab. Zum einen sei es Sinn und Zweck der Regelung des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, dem Schuldner noch vor Abschluss des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neustart zu ermöglichen und ihn hierzu zu motivieren, wozu der tatsächliche Erwerb neuer Vermögenswerte erforderlich sei.412) Nicht dagegen bezwecke § 35 Abs. 2 S, 1 InsO den Schutz von Zessionaren, denen über eine Vorausabtretung Forderungen des Schuldners aus der Zeit nach Verfahrenseröffnung abgetreten sind.413) Zum anderen bilde der freigegebene Neuerwerb eine eigenständige, den Neugläubigern des Schuldners vorbehaltene Haftungsmasse, an der die Zessionare während des laufenden Insolvenzverfahrens auf Grundlage einer Vorausverfügung keine Rechte erwerben können.414) Zwar könne der Schuldner aus dieser Vermögensmasse nach eigenem Ermessen auch zu Gunsten einzelner Altgläubiger verfügen; § 91 Abs. 1 InsO verhindere jedoch, dass vor Verfahrenseröffnung bewirkte Verfügungen des Schuldners gegen dessen Willen nach der Freigabe zu einer Auszehrung des Vermögens aus der selbstständigen Tätigkeit führen.415) Den Altgläu___________ 409) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 748 ff. Rn. 34 ff. 410) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 f. Rn. 38, 41, 44 ff. 411) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 44. 412) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 f. Rn. 41 f., 45 mit Verweis auf RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 11, 17 [zu Nr. 12] und BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NZI 2012, 409, 410 Rn. 14. 413) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 44 mit Verweis auf BGH, Beschluss v. 18.2.2010 – IX ZR 61/09 = NZI 2010, 343, 344 Rn. 2. 414) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 748 ff. Rn. 34, 43, 46 ff. 415) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 45.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

bigern müsse schließlich auch deshalb der Zugriff auf die Neumasse verwehrt bleiben, damit der von einer Globalzession besicherte Altgläubiger nicht sowohl am Altverfahren als auch an einem möglichen Zweitinsolvenzverfahren über das freigegebene Vermögen mit einer identischen gesicherten Forderung teilnehmen könne.416)

b) Eingrenzung der Fortwirkung des Erwerbsverbots Das Urteil konzentriert sich, bedingt durch den zu entscheidenden Sachverhalt, auf 116 einen Erwerbsversuch, der sich durch das Zusammentreffen dreier Faktoren auszeichnet: Erstens zielt der Erwerb auf von der Freigabe erfasste Gegenstände ab.417) Zweitens erfolgt der Erwerbsversuch durch einen Altgläubiger.418) Drittens handelt es sich um eine vorinsolvenzliche Vorausverfügung.419) Inwieweit § 91 Abs. 1 InsO auch in anderen Fällen nach der Negativerklärung auf Gegenstände des insolvenzfreien Vermögens angewandt werden soll, in denen nicht alle der drei genannten Faktoren erfüllt sind, ergibt sich nur in Teilen unmittelbar aus dem Urteil.

aa) Andere Gegenstände des insolvenzfreien Vermögens Zunächst ist es abwegig, dass nach der Negativerklärung auch andere Teile des in- 117 solvenzfreien Vermögens, sprich das von vornherein nicht in die Masse fallende pfändungsfreie Vermögen und die einzeln freigegebenen Vermögensgegenstände, von der Fortwirkung des Erwerbsverbots erfasst sein sollen. Zum einen haben diese Gegenstände keinen direkten Bezug zu § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, da sie von der Negativerklärung nicht berührt werden. Zum anderen erfordern die vom Senat angeführten Zwecke des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO auch nicht die Einbeziehung jener Vermögensgegenstände. Die Ermöglichung der selbstständigen Tätigkeit hängt nicht davon ab, ob auch solche Gegenstände dem Erwerbsverbot unterliegen. Durch § 89 Abs. 1 InsO greift in Bezug darauf zumindest bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens der Schutz vor Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger. Darüber hinaus unterliegt das pfändungsfreie Vermögen auch für andere Gläubiger nicht der Zwangsvollstreckung. Auf die einzeln freigegebenen Gegenstände können andere Gläubiger als die Insolvenzgläubiger zwar mittels Zwangsvollstreckung zugreifen. Sind diese jedoch notwendig für die Betriebsfortführung, gilt in Bezug darauf bereits der Pfändungsschutz des § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ZPO, der nicht die Erbringung persönlicher Leistungen voraussetzt und damit auch solche Gegenstände erfasst, die nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO ursprünglich der Insolvenzmasse zuzuordnen waren. Dadurch, dass bereits der Neuerwerb vor dem Erwerb durch einen Altgläubiger geschützt ist, besteht zudem auch ohne die Einbeziehung der einzeln ___________ 416) 417) 418) 419)

BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 48. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 44 f. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 46, 48. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 44.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

freigegebenen Vermögensgegenstände eine nicht unerhebliche den Neugläubigern vorbehaltene Haftungsmasse.

118 Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob mit den Einnahmen aus der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit erworbene Gegenstände als Surrogate ebenfalls von der Fortwirkung des Erwerbsverbots erfasst sind. Diese sind ebenfalls von der Negativerklärung erfasst,420) bleiben also im insolvenzfreien Vermögen des Schuldners. Vor dem Hintergrund, dass durch die partielle Fortwirkung des Erwerbsverbots vor allem die Fortführung der selbstständigen Tätigkeit nach der Negativerklärung ermöglicht werden soll, kommt in Betracht, danach zu differenzieren, ob der konkrete Gegenstand für die Betriebsfortführung benötigt wird oder nicht.421) Letztendlich würde dies auf eine Abgrenzung wie in § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ZPO hinauslaufen. Dies wäre jedoch mit einem erheblichen Mehraufwand für alle Beteiligten verbunden, ginge zu Lasten der Rechtssicherheit und würde insgesamt schon für sich betrachtet die Betriebsfortführungsaussichten verschlechtern. Die Abgrenzung müsste dann nämlich auch auf die Einnahmen aus der Tätigkeit im ersten Schritt schon getroffen werden. Es stünde plötzlich im Raum, ob eine vorinsolvenzliche Globalzession zumindest teilweise doch wirksam sein könnte. Dass dies nicht gewollt sein kann, zeigt bereits der gesetzlich vorgezeichnete Weg, den Schuldner nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO zu Ausgleichszahlungen zu verpflichten und ihn ansonsten von Einmischungen seitens der Insolvenzgläubiger unbeeinflusst gewähren zu lassen. Daher ist es angezeigt, den gesamten Neuerwerb aus der selbstständigen Tätigkeit samt seinen Surrogaten unter den Schutz des § 91 Abs. 1 InsO zu stellen.

bb) Zugriff durch einen Neugläubiger 119 Der Senat hat seine Entscheidung gerade damit begründet, dass das freigegebene Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit als Haftungsmasse den Neugläubigern zukommen soll. Zudem muss Neugläubigern der Rechtserwerb auch deshalb ermöglicht werden, damit diese sich zu weiteren Geschäften mit dem Schuldner bereit erklären und hierdurch dessen Betriebsfortführung ermöglichen. Ferner ist es nicht ausgeschlossen, dass eine vorinsolvenzliche Vorausverfügung zur Sicherung ___________ 420) LG Duisburg, Urteil v. 17.5.2018 – 8 O 182/17 = BeckRS 2018, 10600 Rn. 18; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 278; Gehrlein, ZInsO 2017, 1352, 1355; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 411 f. 421) Ähnlich in anderem Kontext Kayser, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 81 Rn. 29, der die Konvaleszenz einer nach § 81 InsO unwirksamen Verfügung über einen Gegenstand, der später freigegeben wird, davon abhängig macht, ob mit diesem Gegenstand der nach § 35 Abs. 2 S. 2 InsO abzuführende Betrag erwirtschaftet wird. Für die Massefreiheit von allen mit den Einnahmen aus der freigegebenen Tätigkeit erworbenen Gegenständen LG Duisburg, Urteil v. 17.5.2018 – 8 O 182/17 = BeckRS 2018, 10600 Rn. 18; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 278 in Bezug auf aus den Einnahmen erworbene Luxusgüter; Gehrlein, ZInsO 2017, 1352, 1355, wonach es letztlich auch nicht versagt sei, das aus der Tätigkeit eingenommene Geld zu verschleudern.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

von Neuforderungen verwendet wird. Es ist somit anzunehmen, dass Neugläubiger auch nach der Negativerklärung Rechte an den Gegenständen des insolvenzfreien Vermögens erwerben können sollen, ohne durch das Erwerbsverbot beeinträchtigt zu sein.

cc) Anderer Zugriff als durch vorinsolvenzliche Vorausverfügung Eine Abweichung von dem dritten Faktor, dem Erwerbsversuch durch eine vorin- 120 solvenzliche Vorausverfügung, kommt zunächst durch eine später vorgenommene Verfügung in Betracht. Der Senat hat ausdrücklich klargestellt, dass der Schuldner nach der Negativerklärung nach eigenem Ermessen auch zu Gunsten eines Altgläubigers verfügen kann.422) Insoweit soll das Erwerbsverbot somit nach der Negativerklärung nicht eingreifen. In seinem unmittelbaren Anwendungsbereich unterscheidet § 91 Abs. 1 InsO nicht danach, ob einem Erwerb überhaupt eine Verfügung des Schuldners zugrundeliegt, geschweige denn, wann diese vorgenommen wird, weshalb Cranshaw in der von der Rechtsprechung vorgenommenen Differenzierung auch einen nicht nachvollziehbaren inhaltlichen Widerspruch sieht.423) Die Unterscheidung zwischen vorinsolvenzlichen und nach der Freigabe vorgenommenen Verfügungen führt jedoch dazu, dass das Ziel der Ermöglichung eines wirtschaftlichen Neustarts durch die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erreicht werden kann, ohne weiter als notwendig in die Rechte der Beteiligten einzugreifen. Insofern ist es zielführend und ausreichend, den Schuldner vor Belastungen aus der Zeit vor der Verfahrenseröffnung zu schützen. Nicht dagegen sollen dem Schuldner bei unternehmerischen Entscheidungen im Rahmen seines Neustarts unnötig die Hände gebunden werden. So kann der Schuldner etwa auf das Wohlwollen eines Insolvenzgläubigers für das Gelingen seines wirtschaftlichen Neustarts angewiesen sein, wie etwa im Fall eines nicht austauschbaren Lieferanten.424) Offengelassen hat der Senat demgegenüber, wie mit einem Erwerbsvorgang umzu- 121 gehen ist, welcher nicht auf einer Verfügung beruht. So könnte insbesondere ein gesetzliches Pfandrecht an einem Surrogat des Neuerwerbs entstehen. In Bezug auf das Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB als Beispiel eines gesetzlichen Pfandrechtserwerbs ist zu mutmaßen, dass an einer nach der Negativerklärung in die Geschäftsräume des Schuldners eingebrachten Sache, die der Pfändung unterliegt, ein Vermieterpfandrecht zumindest zur Sicherung für die nach der Freigabe entstandenen Mietforderungen soll entstehen können. Hiermit verbunden ist keine Schlechterstellung des Schuldners gegenüber anderen selbstständig Tätigen. Eine Sicherung auch der vorinsolvenzlichen Mietforderungen, soweit diese überhaupt noch offen ___________ 422) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 45. 423) Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1. Auf demselben Gedanken basierend auch BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 643 Rn. 27. 424) Diesen Aspekt aufgreifend Roth, KTS 2014, 443, 447, 465.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

sind, dürfte jedoch seitens der Rechtsprechung abgelehnt werden, weil die Fortwirkung des Erwerbsverbots verhindern sollte, dass ein Insolvenzgläubiger noch nachträglich Sicherungsrechte erwerben kann, ohne dass der Schuldner hierauf nach der Negativerklärung hinwirkt.425)

c) Reaktionen aus der Literatur 122 In der Literatur wird die Aufrechterhaltung des Erwerbsverbots bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens nahezu ausschließlich positiv aufgenommen.426) Wie bereits die Reaktion auf die Konvaleszenz-Rechtsprechung gezeigt hatte, wurde das Interesse des Schuldners nach einem unternehmerischen Neuanfang höher bewertet als das Interesse des Altgläubigers, weitere Sicherungsrechte zu erwerben.427) In diesem Zusammenhang werden die andernfalls eintretenden verheerenden Auswirkungen auf das Institut der Freigabe nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO hervorgehoben.428) Auch der in dogmatischer Hinsicht konkret gewählte Weg über die die Wortlautgrenzen sprengende – wenn auch so nicht explizit genannte – analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO, der eigentlich nur auf „Gegenstände der Insolvenzmasse“ Anwendung findet, empfängt weitestgehend Zustimmung.429)

123 Einzelne Kritik muss sich der BGH dennoch auch nach dieser Entscheidung gefallen lassen. So sieht Würdinger im Urteil vom 6.6.2019 eine Kompetenzüberschreitung seitens des BGH, da es sich aus dem geltenden Recht nicht folgern lasse, inwiefern das Ziel des fresh start „gleichsam um jeden Preis und vor allem zu Lasten ___________ 425) Siehe BGH, Urteil v. 6.12.2017 – XII ZR 95/16 = BGHZ 217, 92 = NJW 2018, 1083, 1084 Rn. 12, wonach das Pfandrecht an nach der Insolvenzeröffnung eingebrachten Sachen nicht die Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung sichert. Dies ist auf die Wirkungen des § 91 InsO zurückzuführen, so zumindest Hoffmann, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2. Auflage 2023, § 50 Rn. 39. 426) Heinze, DZWIR 2020, 107, 121 ff.; Baier/Huber, DB 2019, 2070; Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1; Leithaus, NZI 2019, 745, 751 f.; Pape, ZInsO 2019, 1613 ff.; Piekenbrock, WuB 2019, 523, 525; Lojowsky, FD-InsR 2019, 418817; NJW-Spezial 2019, 501. A. A. Würdinger, EWiR 2019, 499, 500; offenbar auch Kruth, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 91 Rn. 20. 427) Heinze, DZWIR 2020, 107, 109, der von einer „sehr begrüßenswerte[n] Orientierung auf den Willen des Gesetzgebers, mit der Unternehmensfreigabe einen Neustart des Schuldners zu ermöglichen“ schreibt; Piekenbrock, WuB 2019, 523, 525; Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1. a. A. Würdinger, EWiR 2019, 499, 500. 428) Leithaus, NZI 2019, 745, 751, wonach das Instrument der Freigabe in der Praxis weitgehend leerlaufen würde und ein Neustart unmöglich wäre; Pape, ZInsO 2019, 1613, 1614, der die Freigabe im Fall einer nachfolgenden Konvaleszenz der Globalzession als „Damoklesschwert“ für den Schuldner bezeichnet. 429) Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1, wonach die Fortwirkung von § 91 Abs. 1 InsO zu Lasten der Altgläubiger „richtig“ sei; Baier/Huber, DB 2019, 2070, wonach die Entscheidung auch „dogmatisch […] nachvollziehbar“ sei; Leithaus, NZI 2019, 745, 751 f., der der Entscheidung „vom Ergebnis und der Begründung her uneingeschränkt“ zustimmt; Pape, ZInsO 2019, 1613, 1618 sieht darin gar „die konsequente Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO“.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

der Altgläubiger intendiert“ sei; vielmehr liege es am Gesetzgeber, diesen Interessenskonflikt zu lösen.430) Cranshaw geht in seiner Kritik nicht so weit, sieht jedoch einen Widerspruch darin, dass der Neuerwerb nach der Freigabe zwar durch § 91 InsO vor den Altgläubigern geschützt wird und ausschließlich den Neugläubigern zu Gute kommen soll, der Schuldner jedoch gleichzeitig ausdrücklich nicht daran gehindert sein soll, aus dem Neuerwerb zu Gunsten eines solchen Altgläubigers neu zu verfügen.431)

3. Eigene Stellungnahme Zur Bewertung dieser 180-Grad-Drehung der Rechtsprechung ist der Blick zu- 124 nächst auf die Zielrichtungen der §§ 91 Abs. 1, 35 Abs. 2 S. 1 InsO zu richten, um das Spannungsverhältnis zwischen dem Erwerbsverbot und der Negativerklärung näher zu durchleuchten. Im Anschluss ist die jüngere Entscheidung des Senats zur Aufgabe der Konvaleszenz-Rechtsprechung einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Insbesondere steht die Kompetenz des Senats zu einer solchen rechtlichen Lösung auf Basis der aktuellen Gesetzeslage in Frage.

a) Einfluss des § 91 Abs. 1 InsO aa) Zielrichtung Ausweislich seines Wortlauts bewirkt § 91 Abs. 1 InsO die Unwirksamkeit des 125 Erwerbs von „Rechte[n] an den Gegenständen der Insolvenzmasse […] nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens“. Im hier relevanten Fall einer vorinsolvenzlichen Globalzession bedeutet dies, dass nicht die Verfügung an sich, deren Wirkungen in der Regel auch auf vor und nach dem Insolvenzverfahren entstehende Forderungen abzielen, angegriffen wird. Vielmehr geht es lediglich darum, den durch jene Verfügung angestrebten Erwerb von solchen zukünftigen Forderungen zu verhindern, an denen der Zessionar noch nicht bereits bei Verfahrenseröffnung eine gesicherte Rechtsposition innehat und die daher Teil der Insolvenzmasse werden.432) Gläubiger sollen nur mit bereits vor Verfahrenseröffnung bestehenden Sicherungsrechten

___________ 430) Würdinger, EWiR 2019, 499, 500, wonach sich dieses Ergebnis „de lege lata nicht folgern“ lasse, mit Verweis auf Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 828 f., wonach ein rechtlich zwingendes Verständnis „nicht allein aufgrund einer abweichenden Interessenabwägung einfach beiseitegeschoben werden“ könne und auch der Vergleich mit zahlreichen anderen vorinsolvenzlichen Belastungen zeige, dass die Globalzession nach der Freigabe wiederaufleben müsse. 431) Cranshaw, jurisPR-InsR, 15/2019, Anm. 1, wonach die Korrektur dessen aber „auf einer anderen Ebene liegen“ müsse. 432) Siehe Rn. 107 f.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

mittels Aus- oder Absonderung einen Befriedigungsvorteil erzielen können.433) Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet und die Insolvenzmasse gebildet wird, ist ein Erwerb neuer Sicherungsrechte an Gegenständen der Masse wegen des Erwerbsverbots nach § 91 Abs. 1 InsO nicht mehr möglich. Das Erwerbsverbot komplettiert damit den sich bereits aus den §§ 81, 89 InsO ergebenden Masseschutz434) und verhindert weitere Verluste der Insolvenzmasse.435) Letztlich dient dies der bestmöglichen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung als Hauptziel des Insolvenzverfahrens (§ 1 S. 1 InsO).436)

126 Der Entscheidung des BGH vom 18.4.2013 ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass die nach der Negativerklärung gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO entstehenden Forderungen des Schuldners unstrittig keine Gegenstände der Insolvenzmasse sind. Stattdessen sind sie dem insolvenzfreien und nicht der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung dienenden Schuldnervermögen zuzuordnen. Dadurch fallen jene Forderungen nicht in den wörtlichen Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 InsO. Daher ist mit dem Erwerb der freigegebenen Forderungen auch kein unmittelbarer Verlust für die Insolvenzmasse verbunden. Vielmehr ist es gesetzlich vorgesehen und auch allgemein anerkannt, dass das Erwerbsverbot dem Rechtserwerb an insolvenzfreiem Vermögen nicht entgegensteht.437) Allenfalls könnte man darüber nachdenken, einen mittelbaren Verlust für die Insolvenzmasse daraus herzuleiten, dass ihr von vornherein die Aussicht auf Ausgleichszahlungen nach den §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO entgeht, wenn durch den zessionarseitigen Erwerb der freigegebenen Forderungen die Fortführung der selbstständigen Tätigkeit verhindert wird. Allerdings bestünde auch ohne die Konvaleszenz der Vorausverfügung lediglich eine Chance auf die Ausgleichszahlungen; ein Anspruch hierauf besteht erst, wenn die selbstständige Tätigkeit tatsächlich einen entsprechenden Gewinn erwirtschaftet.438) Hierin kann damit auch kein Gegenstand der Insolvenzmasse gesehen ___________ 433) So bereits zum Entwurf der Vorgängernorm § 15 KO, siehe RegE KO, RT-Drs. II. Session 1874/75, Aktenstück Zu Nr. 200, S. 1386 [zu § 12], auf die die Gesetzesbegründung zum Entwurf des § 91 InsO Bezug nimmt, siehe RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 138 [zu § 102]; auch Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 1. 434) RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 135 [zu § 92], S. 138 [zu § 102]; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 1; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 1; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 2. 435) Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 1; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 1; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 2; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 1; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 10.17; Heinze, DZWIR 2013, 384, 385 f.; Hofmann, EWiR 2013, 551, 552. 436) Vgl. Rn. 92. 437) Siehe hierzu nur Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 3; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 7; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 4; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 5; Cymutta, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 91 Rn. 21. 438) Rn. 105.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

werden, wie er in § 91 Abs. 1 InsO gefordert wird. Es ginge mithin zu weit, den Schutzzweck des § 91 Abs. 1 InsO auf eine solche Erwerbschance zu erstrecken. Im Rahmen seiner Konvaleszenz-Entscheidung hat der BGH die Gesetzeslage damit konsequent umgesetzt und den Zugriff auf die Forderungen als Teil des insolvenzfreien Vermögens auch durch eine vorinsolvenzliche Vorausverfügung zugelassen.

bb) Schlussfolgerung der Konvaleszenz (1) Begrenzung auf künftig entstehende Forderungen Die Besonderheit der Globalzession ist, dass auf Basis einer einzigen Verfügungs- 127 handlung tatsächlich eine Vielzahl von Verfügungen bewirkt wird. Der Erfolg dieser Verfügungen tritt zudem zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein, je nachdem, wann der jeweilige Verfügungsgegenstand entsteht. Der Zeitpunkt des Verfügungserfolgs bzw. des Entstehens einer gesicherten Rechtsposition wirkt sich im insolvenzrechtlichen Kontext maßgeblich darauf aus, ob die jeweilige „Einzelverfügung“ wirksam ist oder nicht. Wenn nun von der Konvaleszenz die Rede ist, dann meint dies nicht die Verfügung über die vor der Freigabe in der Insolvenzmasse entstandenen Forderungen, deren Übergang auf den Zessionar durch das Erwerbsverbot unterbunden wurde. Die Freigabe nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO sorgt nur dafür, dass der künftige Neuerwerb, nicht aber auch das Bestandsvermögen in das insolvenzfreie Vermögen fällt.439) Wenn mithin vom Begriff der Konvaleszenz der Globalzession die Rede ist, meint dies lediglich, dass die Globalzession nach einer Phase, in der sie nicht den Übergang neuer Forderungen bewirken konnte, nun wieder ihre Wirkungen in Bezug auf nach dieser Phase entstehende Forderungen entfalten kann. Konsequenterweise dürften jedoch auch solche künftigen Forderungen nach der Freigabe nicht auf den Zessionar übergehen, hinsichtlich derer bereits zwischen der Verfahrenseröffnung und der Freigabe eine gesicherte Rechtsposition zu Gunsten der Insolvenzmasse entstanden ist, deren Übergang auf den Zessionar § 91 Abs. 1 InsO bereits in diesem Zeitraum verhinderte. Die gesicherte Rechtsposition ist dann nämlich bereits der Insolvenzmasse zuzuordnen und gilt daher als Bestandsvermögen, welches nicht von der Freigabe erfasst ist.

(2) Auswirkungen des Verständnisses von der Verfügungsmacht In seinem Urteil vom 18.4.2013 zieht der BGH § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 InsO ent- 128 sprechend hinzu und verwendet den Begriff der Konvaleszenz.440) Dieser wird als nachträgliches Erstarken eines in der Regel schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts zu einem voll wirksamen definiert. Im Zusammenhang mit § 185 BGB beschreibt dies den Fall, dass ein Nichtberechtigter eine Verfügung trifft und erst später die Berechtigung hierfür erlangt. Nach Ansicht des BGH lässt sich die Ver___________ 439) Rn. 99 f. 440) Siehe Rn. 110.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

fügungsmacht und damit die Frage, ob der Verfügende berechtigt oder nichtberechtigt ist, auch in Bezug auf ein künftiges, noch nicht bestehendes Recht bewerten.441) Wendet man dies auf den vorliegenden Fall an, ist wie folgt zu differenzieren: In der ersten Phase, dem Zeitraum zwischen der Vornahme der Globalzession und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die „zukünftige“ Verfügungsmacht noch zu bejahen, da vor dem Eröffnungsantrag erst keine insolvenzrechtliche Verfügungs- oder Erwerbsbeschränkung besteht und im Eröffnungsverfahren über §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 InsO bloß die dann nicht mehr maßgebliche Verfügungshandlungsmacht eingeschränkt werden kann.442) In der zweiten Phase, dem Zeitraum zwischen der Verfahrenseröffnung und der Freigabe nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, verliert der Schuldner seine „zukünftige“ Verfügungsmacht, da dann das Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO gilt, welches dem Schuldner die Fähigkeit nimmt, auf Basis der bereits erfolgten Verfügungshandlung den Übergang neu entstehender Forderungen zu bewirken. In der dritten Phase, der Zeit ab der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit, soll der Schuldner nach der Entscheidung vom 18.4.2013 seine „zukünftige“ Verfügungsbefugnis wiedererlangen, so dass die Forderungen letztlich wirksam auf den Globalzessionar übergehen können.

129 Dagegen, hierbei von einer Konvaleszenz auszugehen, spricht, dass dem Schuldner bei Vornahme der Verfügung noch die „zukünftige“ Verfügungsmacht zukam, so dass die Verfügung im Zeitpunkt ihrer Vornahme gerade nicht schwebend unwirksam gewesen wäre.443) Dafür spricht der zwischenzeitige Verlust der „zukünftigen“ Verfügungsmacht in der zweiten Phase. Letztendlich wirkt sich dies nicht auf das Ergebnis aus. Vielmehr verdeutlicht das beschriebene Hin und Her die Schwächen des Konzepts der „zukünftigen“ Verfügungsmacht.

130 Nach dem hier favorisierten Verständnis kann die Verfügungsmacht im Grundsatz überhaupt erst dann bewertet werden, wenn der Verfügungsgegenstand existiert.444) Bei Abschluss des Globalabtretungsvertrags kommt dem Zedenten daher auch noch keine Verfügungsmacht hinsichtlich der zukünftig entstehenden Forderungen zu, so dass eine Vorausabtretung insoweit zunächst stets schwebend unwirksam ist.445) Im Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob die Forderung dem Verfügenden ledig___________ 441) Siehe Rn. 35 f. 442) Siehe Rn. 52. 443) Hierauf beruft sich Münzel, ZInsO 2014, 761, 763, der anführt, dass die Verfügung nicht rückwirkend unberechtigt wird, wenn sich der Schuldner zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Forderung in der Insolvenz befindet (zweite Phase). 444) Rn. 37 f. 445) Gegen die stetige Heranziehung des Begriffs der schwebenden Unwirksamkeit und des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB bei der Vorausabtretung BGH, Urteil v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08 = NZI 2009, 888, 889 Rn. 12; OLG Köln, Urteil v. 30.4.2008 – 2 U 19/07 = NZI 2008, 373, 376; Gehrlein, ZIP 2011, 5, 6.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

lich nicht zusteht oder ob sie noch gar nicht existiert.446) Entscheidend ist, ob die künftigen Forderungen im Zeitpunkt ihrer Entstehung zunächst dem Zedenten zuzuordnen sind. Insofern bleibt es ohne Einfluss, ob seine Verfügungsmacht vorher zwischenzeitlich beschränkt war. Wenn die abgetretene Forderung in den Händen des Zedenten und zu einem Zeitpunkt entsteht, in dem er uneingeschränkt verfügungsberechtigt ist, wird die Vorausverfügung in entsprechender Anwendung des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB geheilt. Der Begriff der Konvaleszenz wäre nach der hier vertretenen Konzeption der Verfügungsmacht somit zweifellos passend.

b) Zwecke des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO aa) Die Schaffung einer Haftungsmasse für die Neugläubiger Dass das Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO sich nicht auf das insolvenzfreie 131 Vermögen bezieht, vermag § 35 Abs. 2 S. 1 InsO prima facie nicht zu berühren.447) Eine auf letzterer Norm gestützte Negativerklärung des Insolvenzverwalters führt gerade dazu, dass die neu entstehenden Forderungen aus der selbstständigen Tätigkeit in das insolvenzfreie, grundsätzlich nicht durch das Erwerbsverbot geschützte Vermögen des Schuldners fallen. Warum ein Globalzessionar aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung dennoch nicht auf das freigegebene Vermögen soll zugreifen dürfen, wird in der Literatur448) sowie der jüngeren Entscheidung des BGH449) insbesondere damit begründet, dass der Gesetzgeber den Neuerwerb exklusiv den Neugläubigern zugeteilt habe.

(1) Kein genereller Ausschluss der Altgläubiger Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich für den Fall einer Negativerklärung gem. 132 § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, dass „den Neugläubigern […] als Haftungsmasse die durch die selbstständige Tätigkeit erzielten Einkünfte zur Verfügung [steht]“; „eine Verpflichtung der Insolvenzmasse durch die Tätigkeit des Schuldners scheidet dann von vornherein aus.“450) Weder hieraus noch aus dem Gesetz selbst ist jedoch schlechthin her-

___________ 446) RG, Urteil v. 11.10.1935 – VII 48/35 = RGZ 149, 19, 22 in Bezug auf die Verfügung eines noch nicht Berechtigten, sofern auf dessen zukünftigen Anspruch eine sichere Aussicht besteht; Maier-Reimer/Finkenauer, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 185 Rn. 7; Simokat, NZI 2012, 57, 60; Eckardt, ZIP 1997, 957, 961. 447) So auch BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 643 Rn. 27. 448) Siehe Nachweise in Rn. 113. 449) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 748 ff. Rn. 34, 43, 46 ff. 450) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12].

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

zuleiten, dass jeder Altgläubiger generell und ausnahmslos von dem insolvenzfreien Vermögen nach einer Negativerklärung ausgeschlossen werden soll.451)

133 Eine Befriedigungsgarantie kann den Neugläubigern ohnehin nicht verschafft werden. Dies liegt bereits daran, dass der Insolvenzverwalter nur unrentable Unternehmen nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO freigeben soll,452) so dass das Ausfallrisiko der Neugläubiger schon systematisch erhöht ist.453) Selbst im Parallelfall einer Positiverklärung gibt den Neugläubigern auch ihre Stellung als Massegläubiger keine letzte Sicherheit, da die Möglichkeit einer Masseunzulänglichkeit (§§ 208 ff. InsO) besteht.

134 Dass den Neugläubigern durch das mit dem Neuerwerb angereicherte insolvenzfreie Vermögen eine separate Haftungsmasse zur Verfügung gestellt wird,454) ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber unabhängig von der Entscheidung des Insolvenzverwalters nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO die Symmetrie der Zahlungsströme aufrechterhalten wollte.455) Deshalb können die Erklärungen in § 35 Abs. 2 S. 1 InsO anerkanntermaßen nur gleichgerichtet abgegeben werden.456) Der Neuerwerb soll in diejenige Haftungsmasse fließen, die auch für die dem Neuerwerb gegenüberstehenden Ausgaben aufkommen muss. Zu Gunsten der Neugläubiger wird so vor allem verhindert, dass der Neuerwerb in die Insolvenzmasse fließt, aufgrund restriktiver Handhabung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO jedoch keine Masseverbindlichkeiten entstehen,457) so dass den Neugläubigern lediglich das ___________ 451) Ähnlich Heinze, DZWIR 2020, 107, 118, dem hinsichtlich des angeblichen Zwecks des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, zwei getrennte Haftungsmassen zu schaffen, die gesetzliche Grundlage hierfür fehlt und stattdessen von einer „mystische[n] Überladung von § 35 Abs. 2 InsO“ spricht. Der Insolvenzrechtssenat behauptet jedoch stets, dass Insolvenzgläubiger von dem nach der Negativerklärung entstehenden Haftungsvermögen ausgeschlossen sind, BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 47; BGH, Urteil v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17 = BGHZ 221, 212 = NZI 2019, 374, 376 Rn. 19; BGH, Urteil v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11 = BGHZ 192, 322 = NZI 2012, 409, 412 Rn. 28; BGH, Beschluss v. 9.6.2011 – IX ZB 175/10 = NZI 2011, 633, 634 Rn. 11. 452) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]; BGH v. 18.2.2010 – IX ZR 61/09 = NZI 2010, 343, 344 Rn. 2. 453) Heinze, DZWIR 2020, 107, 118. 454) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 47; BGH, Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 = NZI 2013, 641, 643 Rn. 23. 455) Piekenbrock, WuB 2019, 523, 525. 456) Rechtsausschuss Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; Lüdtke, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 273; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 55 Rn. 134 Fn. 453; Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 137; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 413; Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 697; Holzer, ZVI 2007, 289, 291. 457) Insbesondere konnte vor Einführung des § 35 Abs. 2 InsO noch nicht allein deshalb Masseverbindlichkeiten begründet werden, wenn der Insolvenzverwalter die Tätigkeit bloß duldete, so BFH, Urteil v. 16.7.2015 – III R 32/13 = BFHE 251, 102 = DStRE 2016, 109, 111 Rn. 23; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 826; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 396; Andres/Pape, NZI 2005, 141, 144 f.; Grote/Pape, ZInsO 2004, 993, 996; Henning, ZInsO 2004, 585, 593.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

pfändungsfreie Einkommen des Schuldners verbleibt.458) Vor diesem Hintergrund bewirkt die Negativerklärung nur, dass der Neuerwerb im Anschluss nicht mehr in die Insolvenzmasse, sondern in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners fließt. Eine gänzlich neue Haftungsmasse schafft die Negativerklärung nicht, da das Vermögen des Schuldners schon durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse und das insolvenzfreie Vermögen aufgeteilt wurde.459) Durch die Freigabe wird daher der Neuerwerb statt der einen bereits bestehenden Haftungsmasse der anderen bereits bestehenden Vermögensmasse zugeordnet.460) Das insolvenzfreie Vermögen ist vor der Freigabe zweifelsfrei nicht durch das Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO geschützt,461) so dass auch der Zugriff auf jenes Vermögen durch eine vorinsolvenzliche Vorausverfügung – wegen § 400 BGB unter Berücksichtigung des Pfändungsschutzes – möglich wäre. Die Trennung der Haftungsmassen an sich bewirkt daher offensichtlich noch nicht die Fortwirkung des Erwerbsverbots nach der Negativerklärung.

(2) Keine Teilnahme an zwei Insolvenzverfahren mit identischer Forderung Die im Zusammenhang damit in seiner jüngeren Entscheidung vom 6.6.2019 ge- 135 troffene Annahme des Senats, dass der Altgläubiger nicht mit einer identischen Forderung sowohl am ersten Insolvenzverfahren als auch an einem nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit eröffneten Zweitverfahren teilnehmen könne,462) ist zwar richtig, hieran würde sich aber auch bei Konvaleszenz der Globalzession nichts ändern. Der Globalzessionar würde mit seiner persönlichen Forderung und damit als Insolvenzgläubiger ohnehin nur am ersten Insolvenzverfahren nach Maßgabe des § 52 S. 2 InsO teilnehmen. Mit derselben persönlichen Forderung könnte er nicht an einem nach der Freigabe und noch vor dem Ende des Erstinsolvenzverfahrens eröffneten zweiten Insolvenzverfahren teilnehmen, da eine Nachforderung gem. § 201 Abs. 1 InsO erst nach Aufhebung des ersten Insolvenzverfahrens möglich ist. ___________

458)

459) 460) 461)

462)

A. A. Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 16/4194, S. 14 [zu Nr. 12]; wohl auch FG Hannover, Beschluss v. 9.9.2003 – 14 V 103/03 = juris Rn. 16, das im Zusammenhang mit der Begründung von Masseverbindlichkeiten auf die Kenntnis und das Kennenmüssen des Insolvenzverwalters abstellt; Alter, ZInsO 2004, 393 f. So andeutungsweise in RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12], wonach die selbstständige Tätigkeit des Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens nahezu ausgeschlossen sei, wenn Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit ohne Abzug für beruflich bedingte Ausgaben zur Insolvenzmasse gehörten. Heinze, DZWIR 2020, 107, 118. Heinze, DZWIR 2020, 107, 118. Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 91 Rn. 3; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 7; Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 4; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 91 Rn. 5; Cymutta, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 91 Rn. 21. BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 48.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

136 Dass der Globalzessionar im Falle einer Konvaleszenz der Globalzession weitere Forderungen erwürbe, wegen derer er als Absonderungsberechtigter am Zweitinsolvenzverfahren teilnehmen könnte, stellt keinen Bruch mit dem sonst Üblichen dar. Insoweit nähme er nicht „mit einer identischen Forderung“ an zwei Insolvenzverfahren teil. Dies lässt sich anhand des folgenden Beispielsfalls leicht veranschaulichen: Lässt sich der Gläubiger für eine zu sichernde Forderung nicht nur vom persönlichen Schuldner, sondern auch von einem Dritten jeweils einen Gegenstand als Sicherheit übertragen, kann es im Fall der Insolvenz beider Sicherungsgeber ebenfalls dazu kommen, dass der Gläubiger in zwei Insolvenzverfahren jeweils als Absonderungsberechtigter teilnimmt. Soweit er bei der abgesonderten Befriedigung ausfällt, kann der Gläubiger gem. § 52 S. 1 InsO nur im Verfahren über das Vermögen des persönlichen Schuldners als Insolvenzgläubiger teilnehmen. Dies wäre nicht anders bei einem Zweitinsolvenzverfahren im Anschluss an die Konvaleszenz der Globalzession. Soweit seine persönliche Forderung durch die Absonderung nicht vollständig befriedigt werden kann, wäre ihm eine Teilnahme als Insolvenzgläubiger nur am ersten Insolvenzverfahren möglich, da er im zweiten Insolvenzverfahren kein persönlicher Gläubiger wäre. Somit stellt auch dieser Aspekt keinen Grund dafür dar, das Wideraufleben einer vorinsolvenzlichen Globalzession nach einer Negativerklärung abzulehnen.

bb) Fortführung des selbstständigen Betriebs 137 Daneben stützten sich sowohl der Senat zur Begründung seines Urteils vom 6.6.2019463) als auch der überwiegende Teil der Stimmen der Literatur464) bei der Kritik an der Konvaleszenz-Rechtsprechung vom 18.4.2013 vor allem darauf, dem Schuldner auch bei einer vorinsolvenzlichen Globalzession die Möglichkeit zu einem fresh start aufrechtzuerhalten. Der wirtschaftliche Neuanfang des Schuldners ist eigentlich vor allem das Ziel des Restschuldbefreiungsverfahrens,465) zu dessen Erreichung der Schuldner gem. den §§ 286 ff. InsO erst eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen muss. Jedoch lässt die Gesetzesbegründung zu § 35 Abs. 2 S. 1 InsO durchblicken, dass bereits mit dieser Regelung dem Interesse des Schuldners Rechnung getragen werden sollte, „sich durch eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit eine neue wirtschaftliche Existenz zu schaffen.“466) Durch die Negativerklärung sollte demnach ein Weg geschaffen werden, „dem Insolvenzschuldner die Möglichkeit einer selbstständigen Tätigkeit außerhalb des Insolvenzverfahrens zu ___________ 463) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 f. Rn. 41 f., 45. 464) Rn. 112. 465) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 81 f. 466) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]. Den wirtschaftlichen Neustart gar als übergeordnetes Ziel des Insolvenzverfahrens bezeichnend Kuleisa, ZVI 2015, 85, 88.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

eröffnen“.467) Folglich hat der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der Freigabe zwar nicht die Vorwegnahme der Restschuldbefreiung in der Form bezweckt, den Schuldner für alle Zukunft von einer Haftung gegenüber seinen Altgläubigern freizustellen.468) Gleichzeitig soll die Negativerklärung jedoch auch nicht den Vorauszessionar aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung schützen469) und ihn besserstellen als wenn der Verwalter eine Positiverklärung abgegeben hätte. Durch die Freigabe soll dem Schuldner vielmehr die Möglichkeit geschaffen werden, noch vor Abschluss des Insolvenzverfahrens an seiner neuen wirtschaftlichen Existenz zu arbeiten, wozu ihm auch der tatsächliche Erwerb neuer Vermögenswerte ermöglicht werden muss.470) Die Konvaleszenz der Globalzession nach der Negativerklärung würde dies kon- 138 terkarieren. Auch wenn man zu dem Ergebnis käme, dass die im Rahmen der Globalzession vereinbarte Einziehungs- und Verfügungsbefugnis, die spätestens durch die Verfahrenseröffnung automatisch zum Erlöschen gebracht wurde,471) mit Wirksamkeit der Negativerklärung wiederauflebt, wäre es abhängig vom Inhalt der Sicherungsabrede keinesfalls sicher, dass der Sicherungsnehmer jene Befugnis nicht sofort erneut widerrufen würde. Diese Sicherheit würde man erst recht nicht erreichen, wenn die Einziehungs- und Verfügungsbefugnis nicht automatisch mit der Freigabe wiederaufleben würde und der Schuldner daher auf eine erneute Gewährung der Befugnis durch den Sicherungsnehmer hoffen müsste. Zweifelsohne würde ein vernünftiger Globalzessionar es ernsthaft in Erwägung ziehen, dem Schuldner die Einziehung der Forderungen zu gestatten und ihn mit dem Forderungserlös weiterarbeiten zu lassen. Erstens würde der Schuldner seine Tätigkeit andernfalls entweder gar nicht erst aufnehmen können oder diese zumindest schnell wieder abbrechen müssen, so dass die Globalzession mangels neu entstehender Forderungen schon bald erneut leerlaufen würde.472) Zweitens bestünde die Gefahr, dass es zeitnah zur Eröffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens käme, so dass die bis dahin übergegangenen bzw. werthaltig gemachten Forderungen nach §§ 130, 143 Abs. 1 InsO akut anfechtungsgefährdet wären. Drittens könnte dies den Schuldner dazu veranlassen, seine selbstständige Tätigkeit in einer anderen Form aufzunehmen oder einen künstlichen Rechtsträger zwischenzuschalten, um den Zugriff der Globalzession auf seine Einnahmen zu umgehen.473) ___________ 467) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]. 468) So zu Recht Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 829. 469) So bereits BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 750 Rn. 44; BGH, Beschluss v. 18.2.2010 – IX ZR 61/09 = NZI 2010, 343, 344 Rn. 2. 470) So auch BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 Rn. 41. 471) BGH, Urteil v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98 = BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306, 308. 472) Ähnlich auch Kortleben, VIA 2013, 67, 68. 473) So auch die Befürchtung Roths, KTS 2014, 443, 447, 448.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

139 Der Schuldner müsste sich trotz dieser rationalen Gründe für die Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verfügungsbefugnis auf die Vernunft des Sicherungsnehmers verlassen, um seine erwirtschafteten Forderungen auch einziehen und in den Geschäftsbetrieb fließen lassen zu können. Selbst wenn der Schuldner diese Hürde noch erfolgreich nähme, stünde er vor dem Problem, dass zwar ein verlängerter Eigentumsvorbehalt zu Gunsten von Warenkreditgebern von der Globalzession unbeeinflusst bliebe,474) er darüber hinaus jedoch anderen Kreditgebern selbst bei Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verfügungsbefugnis wegen des in § 185 Abs. 2 S. 2 BGB angelegten Prioritätsgrundsatzes475) keine Sicherungsabtretungen anbieten könnte. Der häufig nach der Insolvenz bestehende Bedarf nach einem weiteren Kredit des Schuldners könnte daher nur schwer gedeckt werden. Der mit der Einführung des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO eigentlich bezweckte Weg, dem Schuldner noch während des Insolvenzverfahrens den Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz zu ermöglichen, wäre unter Berücksichtigung dessen für den Schuldner kaum zu überwinden. Dass der Schuldner in einem solchen Fall auch keine Ausgleichszahlungen nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO leisten könnte, so dass entweder die Insolvenzgläubiger gegenüber dem Globalzessionar benachteiligt werden oder der Schuldner – im Falle einer angestrebten Restschuldbefreiung – zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung gezwungen wäre,476) tritt als logischer, wenn auch nicht entscheidender Nebeneffekt hinzu.

c) Methodische Einordnung aa) Zulässige Analogiebildung 140 Auch wenn es dem Sinn und Zweck des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO entspricht, dem Schuldner nicht von vornherein die Möglichkeit der selbstständigen Tätigkeit während und außerhalb des Insolvenzverfahrens zu nehmen, so ist die partielle Fortwirkung des Erwerbsverbots zum Schutz des Vermögens aus der freigegebenen Tätigkeit evident weder vom Wortlaut noch vom Wortsinn des § 91 Abs. 1 InsO

___________ 474) Siehe zum Wirksamkeitserfordernis einer dinglichen Teilverzichtsklausel BGH, Urteil v. 21.4.1999 – VIII ZR 128/98 = NJW 1999, 2588, 2589; BGH, Urteil v. 18.4.1991 – IX ZR 149/90 = NJW 19991, 2144, 2147; BGH, Urteil v. 13.7.1983 – VIII ZR 134/82 = NJW 1983, 2502, 2504; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 184 ff. 475) BGH, Urteil v. 9.6.1960 – VII ZR 228/58 = BGHZ 32, 361 = NJW 1960, 1716, 1717; BGH, Urteil v. 30.4.1959 – VII ZR 19/58 = BGHZ 30, 149 = NJW 1959, 1533, 1535 f.; Ganter, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 47 Rn. 210; Bayreuther, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 185 Rn. 60; Klump, in: Staudinger BGB, 2019, § 185 Rn. 123; Regenfus, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.7.2022, § 185 Rn. 154. 476) Siehe Rn. 105. Piekenbrock, WuB 2019, 523, 526; Kortleben, VIA 2013, 67, 68.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

gedeckt. Der Senat hat mit seinem Lösungsweg daher offensichtlich die Grenze der Auslegung verlassen.477)

(1) Planwidrige Regelungslücke Damit die Rechtsprechung das Erwerbsverbot dennoch über die Wortlautgrenze 141 hinaus anwenden durfte, müsste es der Gesetzgeber zunächst planwidrig unterlassen haben,478) den Schuldner nach der Negativerklärung vor Rechtsverlusten zu schützen, die die selbstständige Tätigkeit beeinträchtigen. Insofern steht fest, dass nach der geltenden Rechtslage auch abseits des § 91 Abs. 1 142 InsO keine Regelung existiert, die für diese Situation einen effektiven Schutz gewährleistet. Insbesondere verschafft insofern auch das Vollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 1 InsO keine Abhilfe. Das Vollstreckungsverbot erstreckt sich zwar auch auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners. Es schützt jedoch lediglich vor Zwangsvollstreckungen und verhindert nicht, dass die vom Schuldner nach der Negativerklärung erwirtschafteten Forderungen auf Grund der Vorausabtretung dinglich-rechtlich dem Globalzessionar zugewiesen werden. Unter Berücksichtigung des § 407 Abs. 1 BGB könnten die Drittschuldner nach Offenlegung der Globalzession ihre Zahlungen somit schuldbefreiend nur noch an den Globalzessionar leisten. Selbst wenn einzelne Drittschuldner keine Kenntnis von der Abtretung erlangt haben sollten, hätte der Insolvenzschuldner die an ihn gezahlten Forderungserlöse nach § 816 Abs. 2 BGB an den Globalzessionar herauszugeben. Das Zwangsvollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 1 InsO hindert den Globalzessionar lediglich bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens an der zwangsweisen Durchsetzung dieses Anspruchs, so dass dem Insolvenzschuldner hierdurch langfristig nicht geholfen wäre. Sicherlich war es zwar eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die den Ver- 143 fügungserfolg verhindernde Wirkung des § 91 Abs. 1 InsO auf die Gegenstände der Insolvenzmasse zu beschränken,479) was für sich betrachtet eine Rechtsfortbil___________ 477) Den möglichen Wortsinn als Grenze der noch zulässigen extensiven Auslegung begreifend Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Auflage 2018, S. 213; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 322; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 670 ff., Bd. 4, 1977, S. 285, 288 ff.; Meier-Hayoz, Der Richter als Gesetzgeber, 1951, S. 42. A. A. Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 559 Rn. 532 ff., die stattdessen eine „Normprogrammgrenze“ postulieren, wobei auch sie die „rechtsstaatliche Begrenzungsfunktion des Wortlauts“ anerkennen (S. 537). 478) Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Auflage 2018, S. 194; Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 393 ff. Rn. 371; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 194; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 373 f.; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Auflage 1983, S. 31 ff.; Elze, Lücken im Gesetz, 1916, S. 6 ff. 479) Der Gesetzgeber knüpfte mit § 91 InsO an die Vorgängernorm § 15 KO an, siehe RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 138 [zu § 103]. Dieser wiederum wollte vor allem dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung Folge leisten, RegE KO, RT-Drs. II. Session 1874/75, Aktenstück Zu Nr. 200, S. 1386 [zu § 12].

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

dung über den Plan des Gesetzes hinaus erforderlich machen würde.480) Wie gezeigt, ergibt sich aus § 91 Abs. 1 InsO selbst auch im Falle einer vorinsolvenzlichen Vorausverfügung nicht das Bedürfnis nach einer Fortwirkung des Erwerbsverbots auch in Bezug auf die von der Freigabe erfassten Gegenstände.481) Die Planwidrigkeit des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zum Schutz des von der Freigabe erfassten Vermögens ist jedoch nicht allein auf Grundlage der letztlich analog angewandten Norm zu beurteilen.482) Stattdessen kommt es auch in Betracht, zur Durchsetzung des Zwecks der einen Norm eine andere Norm analog anzuwenden.483) Hergeleitet werden kann die planwidrige Regelungslücke somit auch aus dem § 35 Abs. 2 S. 1 InsO innewohnenden Zweck, dem Schuldner mit der Unternehmensfreigabe die Möglichkeit einer selbstständigen Tätigkeit außerhalb des Insolvenzverfahrens zu eröffnen,484) der wie gezeigt gegen die Konvaleszenz einer vorinsolvenzlichen Vorausverfügung spricht.485)

144 Überdies kann der im Insolvenzverfahren allgemein geltende und auch in § 91 InsO Ausfluss findende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ebenfalls zur Begründung der Planwidrigkeit des Fehlens einer Schutzregelung nach der Negativerklärung herangezogen werden. Die bestehende Motivation und Bereitschaft des Schuldners zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit kann der Gläubigergesamtheit nämlich nicht im Wege der Ausgleichszahlungen nach den §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO zu Gute kommen, wenn ein einzelner Gläubiger auf Basis einer vorinsolvenzlichen Vorausverfügung in die Lage versetzt wird, die langfristige Ausübung der Tätigkeit zu unterbinden.486) Im Rahmen eines Restschuldbefreiungsverfahrens wird dies in der Regel dadurch aufgefangen, dass der Schuldner durch die Erwerbsobliegenheit und der drohenden Versagung der Restschuldbefreiung im ___________ 480) Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 191; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 374, 413 ff. 481) Rn. 125 f. 482) Die hierfür relevante immanente Teleologie des Gesetzes darf nicht zu eng verstanden werden, siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 195; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 374. 483) Siehe bspw. BVerwG, Urteil v. 26.4.2007 – 4 CN 3/06 = BVerwGE 128, 382 = NVwZ 2007, 1081 Rn. 11 ff., in dem das Ziel des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB durch analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO umgesetzt wurde; oder auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 7.11.2011 – 20 W 459/11 = BeckRS 2012, 8962, in dem § 182 Abs. 2 BGB teleologisch reduziert wurde, um den Zweck des § 12 Abs. 1 HGB zu erreichen. 484) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]. Die Regierungsbegründung als Möglichkeit der Feststellung des gesetzgeberischen Plans ausdrücklich hervorhebend Müller/ Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 394 Rn. 371. A. A. Würdinger, EWiR 2019, 499, 500 mit Verweis auf Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 829 f., wonach de lege lata aus § 35 Abs. 2 InsO nicht zu folgern sei, dass der fresh start-Gedanke gleichsam um jeden Preis und vor allem zu Lasten der Altgläubiger intendiert ist. 485) Rn. 137 ff. 486) Siehe hierzu Roth, KTS 2014, 443, 447, 458; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 419, 421; Schönherr, NZI 2013, 641, 643, 644.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

Falle des Scheiterns der selbstständigen Tätigkeit einer abhängigen Beschäftigung nachgeht, so dass statt der Ausgleichszahlungen das pfändbare Arbeitseinkommen in die Insolvenzmasse fließt.487) Außerhalb eines Restschuldbefreiungsverfahrens besteht für den Schuldner dagegen kein solcher Anreiz, so dass die aufrechterhaltene Erwerbschance zu Gunsten eines einzelnen Gläubigers Einnahmen zu Gunsten der Gläubigergesamtheit verhindert. Nicht dagegen baut die Planwidrigkeit der aktuellen Gesetzeslage auf der durch 145 Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Arbeitsplatzwahl auf. Zwar kann hieraus anerkanntermaßen das Bedürfnis hergeleitet werden, dem Schuldners nach Einführung der Insolvenzordnung und Massebefangenheit des Neuerwerbs stets dem Grunde nach die Möglichkeit zu bieten, nicht nur einer abhängigen, sondern auch einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen und insoweit stets die Symmetrie der Zahlungsströme herzustellen.488) Allerdings sind dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl Grenzen gesetzt. Dass der Schuldner sich auch im Insolvenzverfahren grundsätzlich selbst muss entscheiden können, ob er einer selbstständigen oder abhängigen Beschäftigung nachgeht, kann nicht so weit reichen, dass der Schuldner zur Ermöglichung einer selbstständigen Tätigkeit vor den Wirkungen seiner eigenen Verfügungen geschützt wird. Es bestünde somit auch bei einer Konvaleszenz der Globalzession kein verfassungswidriger Zustand. Da das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke allerdings bereits aus den Zielen des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO sowie dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung hergeleitet werden kann, kommt es hierauf nicht mehr an.

(2) Gleichheit der Interessenlagen Es ist zweifelhaft, ob die analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO ein zulässiges 146 Mittel zur Korrektur dieser planwidrigen Unvollständigkeit ist. Zwar wäre die partielle Übertragung der Wirkungen des Erwerbsverbots an sich geeignet, um die selbstständige Tätigkeit auch nach der Negativerklärung zu schützen. Die Heranziehung der Wirkungen des § 91 Abs. 1 InsO erfordert jedoch, dass jene Norm einen Tatbestand regelt, der dem die Gesetzeslücke betreffenden Tatbestand in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten ähnlich ist,489) insbesondere müssen die Interessenlagen gleich sein.490) Gegen die Einschlägigkeit dessen im ___________ 487) Rn. 105. 488) Siehe Rn. 98. 489) Ähnlich OLG Celle, Beschluss v. 24.3.2021 – 21 UF 146/20 = NZFam 2021, 352, 356; Möllers, Juristische Methodenlehre, 4. Auflage 2021, § 6 Rn. 112 f., 117; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 381; Klug, Juristische Logik, 4. Auflage 1982, S. 109 ff.; Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 195, wonach allerdings nicht jede Ähnlichkeit genüge. 490) Wank, Juristische Methodenlehre, 2020, § 15 Rn. 122; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 3. Auflage 1999, S. 216 Rn. 481, wonach zu prüfen sei, wie der Gesetzgeber ähnliche Interessenkonflikte gelöst hat; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 54; Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 195.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

vorliegenden Fall spricht, dass der Erwerbsversuch von Rechten an den Gegenständen der Insolvenzmasse gerade Kerntatbestandsmerkmal des § 91 Abs. 1 InsO ist. Die nicht in die Insolvenzmasse fallenden Gegenstände des Schuldners, zu denen auch die mit einer freigegebenen selbstständigen Tätigkeit erzielten Forderungen zählen, stellen demgegenüber das genaue Gegenteil dar. Dass § 91 Abs. 1 InsO den Zugriff einzelner Gläubiger auf Vermögensgegenstände des Schuldners verhindern würde und damit eine zumindest in Teilen passende Rechtsfolge vorsieht, führt nicht zu einer Ähnlichkeit der zu vergleichenden Tatbestände. Darüber hinaus sind auch die Interessenlagen überwiegend ungleich, da der originäre Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 InsO primär den Schutz der Insolvenzmasse vor Verlusten bezweckt und damit der Gläubigergesamtheit zu Gute kommt, während der Zugriff auf das Vermögen aus der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit vorwiegend zum Schutz des Schuldners verhindert werden soll, damit diesem nicht die Möglichkeit zur selbstständigen Tätigkeit genommen wird.

147 Der einzige, wenn auch entferntere Berührungspunkt beider Tatbestände ist der Schutz der Gläubigergleichbehandlung. Wird das Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit nach der Freigabe vor dem Zugriff eines einzelnen Altgläubigers geschützt, steigen die Chancen der Gläubigergesamtheit, in den Genuss von Ausgleichszahlungen nach den §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO zu kommen. Dies reicht dies allein jedoch nicht aus, um eine hinreichende Ähnlichkeit der Tatbestände in Form einer Gleichheit der Interessenlagen zu begründen. Die Gläubigergleichbehandlung stellt bei beiden zu vergleichenden Tatbeständen einen bloß untergeordneten Aspekt dar, der jeweils die Interessenlage nicht entscheidend prägt. Eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO auf die nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO freigegebenen Forderungen ist deshalb nicht zulässig.

bb) Möglichkeiten einer Gesetzesänderung 148 Zur Füllung der Gesetzeslücke bedarf es wegen der Unzulässigkeit der analogen Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO einer Gesetzesänderung. Um im Gesetz niederzulegen, dass die zwischen der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO und der Beendigung des Insolvenzverfahrens entstehenden Forderungen des Schuldners auch bei einer vorinsolvenzlichen Vorausabtretung in das freigegebene Vermögen des Schuldners fallen, kommt eine Ergänzung sowohl des § 91 Abs. 1 InsO als auch des § 35 Abs. 2 InsO in Betracht. Dabei müsste sich der Gesetzgeber auch entscheiden, wie die partielle Fortwirkung des Erwerbsverbots konkret ausgestaltet, insbesondere ob sie auf den Fall der Vorausabtretung beschränkt werden soll.491)

___________ 491) Siehe hierzu Rn. 120 f.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

(1) Ergänzung des § 91 Abs. 1 InsO Um § 91 Abs. 1 InsO zu ergänzen, müsste der jetzige Abs. 1 zu Abs. 1 S. 1 werden. 149 Sodann bietet sich die Einfügung eines neuen Abs. 1 S. 2 an: „Satz 1 gilt für gem. § 35 Abs. 2 S. 1 freigegebene Gegenstände bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens entsprechend, soweit der Erwerb auf Grundlage einer vor Verfahrenseröffnung vorgenommenen Vorausverfügung des Schuldners und zu Gunsten eines Altgläubigers erfolgen soll.“

Diese Variante wäre in ihrer Reichweite auf den speziell gehaltenen Leitsatz der 150 jüngeren Entscheidung des BGH492) beschränkt. Der Begriff des Altgläubigers wird bislang in der InsO nicht verwendet, ist aber als Einschränkung erforderlich, um zum einen nicht nur den Erwerb durch einen Insolvenzgläubiger, sondern auch den eines reinen Sicherungsgläubigers zu erfassen, um zum anderen aber den Fall von den Wirkungen des Erwerbsverbots auszunehmen, dass ein Neugläubiger durch eine sicherungsbezweckende Vorausverfügung besichert wird. Kommt der Gesetzgeber zu dem Ergebnis, dass das Erwerbsverbot zum Schutze der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners nicht auf vorinsolvenzliche Vorausverfügungen beschränkt sein darf, dürfte sich der Nebensatz, genauer gesagt der Restriktivsatz, nicht auf eine Vorausverfügung beziehen, sondern allgemein auf die Befriedigung oder Sicherung einer Insolvenzforderung: „Satz 1 gilt für nach § 35 Abs. 2 S. 1 freigegebene Gegenstände für die Dauer des Insolvenzverfahrens entsprechend, soweit der Erwerb zur Befriedigung oder Besicherung eines Altgläubigers erfolgen soll und nicht auf eine vom Schuldner nach der Freigabe vorgenommene Verfügung zurückzuführen ist.“

(2) Ergänzung des § 35 InsO Nachdem der Gesetzgeber § 35 InsO erst kürzlich durch Einfügung des neuen 151 Abs. 3 modifiziert hat, um die Schwebephase vor der Erklärung des Insolvenzverwalters zu konkretisieren, könnte die partielle Fortwirkung des Erwerbsverbots bei einer Negativerklärung selbstverständlich auch dort verankert werden. Zunächst wäre daran zu denken, § 35 Abs. 2 S. 2 wie folgt anzupassen: „§ 91 und § 295a gelten im Fall einer Negativerklärung entsprechend.“

Dies hätte den Vorteil, dass dabei auch gleichzeitig die Beschränkung der Aus- 152 gleichszahlungspflicht auf den Fall der Negativerklärung verdeutlicht würde. Jedoch wäre ein solcher Verweis viel zu ungenau, da dabei nur andeutungsweise klar würde, dass das Erwerbsverbot nur für den nach der Freigabe erzielten Neuerwerb und nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens gelten soll. Überhaupt nicht klargestellt würde zudem, dass das Erwerbsverbot nicht für nach der Freigabe vorgenommene Verfügungen des Schuldners gelten soll. Daher müsste ein gänzlich neu___________ 492) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745 Ls. 3.

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§ 3 Die Globalzession im Insolvenzverfahren

er Satz eingefügt werden, entweder als neuer Abs. 2 S. 2, so dass die bisherigen S. 2 und 3 zu den S. 3 und 4 würden, oder in Form eines neuen Abs. 5 am Ende der Norm. Dieser könnte wie folgt lauten: „Gibt der Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit frei, gilt § 91 InsO für die infolge dessen nicht in die Insolvenzmasse fallenden Gegenstände fort, soweit der Erwerb auf Grundlage einer vor Verfahrenseröffnung vorgenommenen Vorausverfügung des Schuldners und zu Gunsten eines Altgläubigers erfolgen soll.“

153 Erachtet der Gesetzgeber eine weitergehende Fortwirkung des Erwerbsverbots als vorzugswürdig, könnte auch auf den im Rahmen einer Ergänzung des § 91 Abs. 1 InsO formulierten Restriktivsatz zurückgegriffen werden.

III. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion 154 Die Frage der Konvaleszenz der vorinsolvenzlichen Globalzession nach einer Negativerklärung gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO bedarf von vornherein einer anderen Bewertung, wenn zum Kreis der gesicherten Forderungen sowohl Insolvenzforderungen als auch Neuforderungen zählen.493) Dass dies überhaupt möglich ist, ist darauf zurückzuführen, dass nur die Globalzession als Verfügungsgeschäft dem Bestimmtheitsgrundsatz unterliegt494) und die Parteien im Rahmen der Sicherungsabrede weitgehend frei bestimmen können, welche persönlichen Forderungen durch die Globalzession gesichert werden sollen. Denkbar ist insbesondere, dass die Sicherungsabrede vorsieht, die Globalzession solle alle aus der Geschäftsverbindung zu Gunsten des Sicherungsnehmers entstehenden Forderungen sichern.495) Lebt die Geschäftsverbindung nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit wieder auf und entstehen im Zuge dessen weitere Forderungen zu Gunsten des Zessionars, sichert die Globalzession den Globalzessionar nicht nur in seiner Rolle als Insolvenz-, sondern auch in der als Neugläubiger. Die der partiellen Fortwirkung des Erwerbsverbots zugrundliegenden Argumente laufen leer, soweit die Globalzession Neuforderungen sichert. Insoweit dient die Sicherung der Neuforderungen gerade der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit, da sie einen weiteren (Waren-)Kredit ermöglicht.496) Zudem greift der Globalzessionar insoweit als Neugläubiger auf die für ihn reservierte Haftungsmasse zu. Während die Besicherung ___________ 493) Solange eine Negativerklärung des Insolvenzverwalters gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO nicht vorliegt, ist für die rechtliche Bewertung demgegenüber unerheblich, ob die Globalzession die Sicherung allein von Insolvenzforderungen oder auch von Neuforderungen bezweckt, da § 91 Abs. 1 InsO – von den Ausnahmen des § 91 Abs. 2 InsO abgesehen – ohne eine weitere Differenzierung jeglichen Erwerb von Gegenständen der Insolvenzmasse unwirksam werden lässt. 494) Rn. 7. 495) Vgl. von Westphalen, in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 2, 8. Auflage 2020, V. 7. § 1. Von einer noch weitergehenden Formulierung ausgehend Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, Rn. 332; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9. 496) Siehe auch Rn. 119.

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B. Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Globalzession

der Insolvenzforderungen sanktionswürdig ist, hat der Globalzessionar an der Besicherung der Neuforderungen ein schützenswertes Interesse. In Anbetracht dessen ist es angezeigt, einen Mittelweg einzuschlagen und den Über- 155 gang von neuen Sicherungsgegenständen nur zur Sicherung der Neuforderungen, nicht aber zur Sicherung der Insolvenzforderungen zuzulassen. Erschwert wird die Umsetzung dessen dadurch, dass die bei der Globalzession als Sicherungsgegenstände übergehenden Forderungen nicht bestimmten gesicherten Forderungen zugewiesen werden. Die Sicherungsabrede legt regelmäßig lediglich fest, dass die Gesamtheit der auf den Zessionar übergehenden Forderungen die Gesamtheit der zu sichernden Forderungen sichert. Deshalb können die einzelnen Sicherungsgegenstände auch nicht aufgeteilt werden in solche, die bloß die Altforderungen sichern und solche, die lediglich die Sicherung der Neuforderungen bewirken. Die Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO ist daher nicht in differenzierter Form möglich und somit abzulehnen. Stattdessen kann eine Differenzierung zwischen Insolvenz- und Neuforderungen 156 durch eine an der mutmaßlichen Interessenlage orientierte Auslegung der in der Sicherungsabrede enthaltenen Sicherungszweckregelung nach §§ 133, 157 BGB erreicht werden, wonach die zwischen der Negativerklärung und der Beendigung des Insolvenzverfahrens auf den Globalzessionar übergehenden Forderungen allein der Sicherung der Neuforderungen dienen sollen. Die Grenze der Übersicherung und der hieran anknüpfende schuldrechtliche Freigabeanspruch des Schuldners orientieren sich damit allein am Bestand der Neuforderungen. Das Beschreiten dieses Lösungswegs ist auch dann möglich, wenn die Regelung des Sicherungszwecks im Rahmen der Sicherungsabrede als AGB einzuordnen ist. Ein Verstoß gegen das insofern in ständiger Rechtsprechung des BGH anerkannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion497) scheidet bereits deshalb aus, weil § 91 Abs. 1 InsO die Wirksamkeit der Sicherungsabrede nicht in Frage stellt498) und die angestrebte Auslegung damit nicht zur Geltungserhaltung der Sicherungsabrede führt. Schließlich ist es zur Erreichung einer differenzierten Lösung ebenfalls denkbar, 157 zur Besicherung der Neuforderungen eine neue Globalzession oder auch eine andere Sicherheitenbestellung vorzunehmen, um auf diesem Wege eine getrennte Besicherung von Insolvenz- und Neuforderungen zu erreichen. ___________ 497) Siehe hierzu BGH, Urteil v. 27.1.2015 – XI ZR 174/13 = NJW 2015, 1440, 1441 Rn. 18; BGH, Urteil v. 13.11.2012 – XI ZR 145/12 Rn. 63; BGH, Beschluss v. 10.9.1997 – VIII ARZ 1/97 = BGHZ 136, 314 = NJW 1997, 3437, 3439; BGH, Urteil v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81 = BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309, 2310. 498) Insbesondere führt die durch § 91 Abs. 1 InsO ausgelöste Unmöglichkeit der wirksamen Abtretung von im Insolvenzverfahren entstehenden Forderungen gem. § 275 BGB nicht zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede als zugrundeliegendem Verpflichtungsgeschäft, sondern bloß zu einem Durchsetzbarkeitshindernis, siehe nur die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 14/7052, S. 175 f. [zur Aufhebung der §§ 306 bis 309 BGB].

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode A. Überblick über die Wohlverhaltensperiode I. Einordnung Wie sich aus § 295 S. 1 InsO ergibt, folgt die sogenannte Wohlverhaltensperiode499) 158 als Teil des Restschuldbefreiungsverfahrens auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens und läuft grundsätzlich bis zum Ende der Abtretungsfrist. Jene grundsätzlich drei Jahre währende Abtretungsfrist nach § 287 Abs. 2 InsO beginnt bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie markiert Beginn und Dauer der Entschuldungsphase,500) während der vom Schuldner ein besonders konstruktives, redliches Verhalten erwartet wird, um sich die Restschuldbefreiung zu verdienen. Das Bedürfnis nach der Wohlverhaltensperiode begründet sich darin, dass das Insolvenzverfahren anders als die Restschuldbefreiung keinen genauen Zeitvorgaben unterliegt und ihre Beendigung letztlich von der Vollendung der Verteilung abhängt (§§ 200 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO).501) Zwar ist nach der Reduzierung der Abtretungsfrist auf drei Jahre mit einem Anstieg der Fälle sogenannter asymmetrischer Verfahren502) zu rechnen,503) bei denen die Restschuldbefreiung bereits vor Beendigung des Insolvenzverfahrens erteilt wird. Der Gesetzgeber geht jedoch von dem Grundfall aus, dass die Abtretungsfrist das Insolvenzverfahren überdauert.504) Damit auch in jenem Grundfall gewährleistet ist, dass der Schuldner zur Erreichung der Restschuldbefreiung seine Redlichkeit über die gesamte Dauer der Abtretungsfrist hinweg beweisen muss, schließt sich in einem solchen Fall die Wohlverhal___________ 499) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 189 [zu § 236]; BGH, Beschluss v. 18.12.2008 – IX ZB 249/07 = NZI 2009, 191 Rn. 9; BGH, Beschluss v. 17.3.2005 – IX ZB 214/04 = NZI 2005, 399, 400; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 286 Rn. 37; Fischer, in: Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 4; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.09 („Wohlverhaltensfrist“); Hain, VIA 2020, 65 f. Dagegen den Begriff der „Treuhandperiode“ verwendend BGH, Beschluss v. 4.2.2016 – IX ZB 13/15 = NZI 2016, 269, 270 Rn. 17; BGH, Beschluss v. 19.5.2011 – IX ZB 224/09 = NZI 2011, 596, 597 Rn. 5, 12; Ahrens, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 76 Rn. 1; Ahrens, in: FS Görg, 2010, S. 1. 500) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 287 Rn. 10. 501) Nach den Voraussetzungen der Sonderregelung des § 300 Abs. 2 S. 1 InsO kann sich auch die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens ausnahmsweise von der konkreten Zeitvorgabe lösen. 502) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 17; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 300 Rn. 9; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 300a Rn. 1; Ahrens, in: Gottwald/ Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 77 Rn. 6p; Heilmaier, in: Beck/Depré/Ampferl, Praxis der Sanierung und Insolvenz, 4. Auflage 2023, § 41 Rn. 72; Ahrens, in: FS Görg, 2010, S. 1 ff. 503) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 17, 31 [zur Einfügung von § 300a]; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 300a Rn. 1; Schmerbach, VIA 2013, 41, 43 zu einer früheren Kürzung der Abtretungsfrist. 504) BGH, Beschluss v. 23.1.2014 – IX ZB 33/13 = NJW-RR 2014, 565 Rn 11; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 300a Rn. 1. Siehe auch Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 14/6468, S. 18 [zu § 287 Abs. 2], wonach Insolvenzverfahren, die eine Dauer von zwei Jahren aufweisen, „Einzelfälle“ seien.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

tensperiode an das Insolvenzverfahren an. In dieser muss der Schuldner weiterhin durch die Beachtung besonderer Obliegenheiten seinen Beitrag zur bestmöglichen gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger leisten.

II. Wirkungen 1. Beendigung des Insolvenzverfahrens 159 Zunächst entfallen mit dem Eintritt in die Wohlverhaltensperiode mit Wirkung für die Zukunft jene Rechtswirkungen, die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten waren,505) soweit nicht gem. § 203 Abs. 1 InsO eine Nachtragsverteilung angeordnet ist.506) Zwar hat der Gesetzgeber dies nur andeutungsweise in § 215 Abs. 2 S. 1 InsO für den Fall der Verfahrenseinstellung geregelt. Jedoch kann diese Regelung gemeinsam mit jener des § 259 Abs. 1 InsO zu den Rechtsfolgen eines rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans entsprechend auf den Fall der Aufhebung nach § 200 InsO angewandt werden.507) Demnach erhält der Schuldner mit Verfahrensbeendigung das Recht zurück, über sein gesamtes Vermögen frei zu verfügen. Die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über die Massegegenstände geht damit wieder auf den Schuldner über und der Insolvenzbeschlag wird aufgehoben.508) Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Trennung des Schuldnervermögens in Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen aufgehoben wird. Darüber hinaus erlöschen das Amt und die Befugnisse des Insolvenzverwalters.509) Der Schuldner bleibt jedoch auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens an die

___________ 505) Zur Aufhebung: Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 1, 12, die insofern von einem „contrarius actus“ spricht; Gruber, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 200 Rn. 14; Westphal, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 200 Rn. 11; Wegener, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 200 Rn. 13; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 200 Rn. 6. Zur Einstellung: Jungmann, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 215 Rn. 7; Hefermehl, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 215 Rn. 9. 506) Wegener, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 200 Rn. 20; Holzer, in: Kübler/Prütting/ Bork, 95. EL 3/23, § 200 Rn. 7; Gruber, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 200 Rn. 17; MellerHannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 16. 507) Hintzen, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 200 Rn. 30 f.; Gruber, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 200 Rn. 14; Preß, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 200 Rn. 12. Eine analoge Anwendung der §§ 215 Abs. 2 S. 1, 259 Abs. 1 InsO als nicht erforderlich ansehend Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 12. 508) BGH, Beschluss v. 12.1.2006 – IX ZB 239/04 = NZI 2006, 246, 247 Rn. 10; Holzer, in: Kübler/ Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 200 Rn. 7; Hintzen, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 200 Rn. 31; Wagner, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 200 Rn. 9. 509) Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 23; Hintzen, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 200 Rn. 31; Wagner, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 200 Rn. 7 f.

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A. Überblick über die Wohlverhaltensperiode

Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters gebunden.510) Insbesondere muss er dessen Verpflichtungen und Verfügungen gegen sich wirken lassen.511)

2. Eintritt in die Wohlverhaltensperiode Die Wirkungen der Wohlverhaltensperiode selbst lassen sich vor allem in zwei Be- 160 reiche einteilen. Zum einen wird das im Rahmen der Wohlverhaltensperiode zur weiteren Gläubigerbefriedigung generierte Vermögen durch § 294 InsO vor dem Zugriff einzelner Insolvenzgläubiger geschützt. Da in der Wohlverhaltensperiode anders als sonst nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens weitere Werte zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger generiert werden und sich die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger insoweit untereinander nicht verschieben sollen,512) gilt in dieser Phase weiterhin der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung.513) Daher sind im Zeitraum der Wohlverhaltensperiode Zwangsvollstreckungen zu Gunsten einzelner Insolvenzgläubiger in das Schuldnervermögen unzulässig (Abs. 1), Sonderabkommen zu Gunsten einzelner Insolvenzgläubiger nichtig (Abs. 2) und Aufrechnungen gegen Forderungen, welche von der Abtretungserklärung erfasst werden, unwirksam (Abs. 3). Zum anderen gelten für den Schuldner die in den §§ 295, 295a InsO aufgeführten 161 Obliegenheiten. Ein Verstoß hiergegen führt gem. § 296 Abs. 1 S. 1 InsO zu einem Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung. Die Obliegenheiten lösen die sich aus den Versagungsgründen des § 290 Abs. 1 InsO ergebenden Verhaltenserwartungen an den Schuldner während des Insolvenzverfahrens ab, welche ausweislich des dortigen Abs. 2 nur bis zum Schlusstermin von den Insolvenzgläubigern geltend gemacht werden können. Die Erwerbsobliegenheit (§ 295 S. 1 Nr. 1 InsO), zum Teil auch die Auskunftsobliegenheiten (Nr. 3) sowie die Obliegenheit, keine unangemessenen Verbindlichkeiten zu begründen (Nr. 5), greifen die Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 InsO auf. Speziell für die Wohlverhaltensperiode geschaffen wurden die Obliegenheit zur (teilweisen) Herausgabe von bestimmten Sondereinnahmen (Nr. 2) und im Falle einer selbstständigen Tätigkeit die Ausgleichszahlungsobliegenheit nach § 295a InsO. Diese und alle weiteren Zahlungen zur ___________ 510) Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 13; Wegener, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 200 Rn. 18. 511) Zu früherem Recht RG, Urteil v. 15.11.1912 – III 188/12 = RGZ 80, 416, 418; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 200 Rn. 11; Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 13; Wegener, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 200 Rn. 18. 512) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]; BGH, Beschluss v. 13.7.2006 – IX ZB 288/03 = NZI 2006, 602 Rn. 9; BGH, Urteil v. 21.7.2005 – IX ZR 115/04 = BGHZ 163, 391 = NZI 2005, 565, 566; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 294 a. F. Rn. 1. 513) Fischer, in: Ahrens/Ringstmeier/Gehrlein InsO, 4. Auflage 2020, § 294 a. F. Rn. 1; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 1; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 1.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

Befriedigung der Insolvenzgläubiger sind an den eigens für die Wohlverhaltensperiode bestellten Treuhänder zu leisten, welcher die Befriedigungsmittel gleichmäßig an die Insolvenzgläubiger verteilt; keinem Insolvenzgläubiger darf ein Sondervorteil verschafft werden (Nr. 4).

III. Selbstständige Tätigkeit 1. Wirkungen der Verfahrensbeendigung 162 Aus den Wirkungen, die mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens verbunden sind, ergibt sich für die selbstständige Tätigkeit des Schuldners letztlich eine Situation, die mit jener im Insolvenzverfahren nach einer Negativerklärung des Insolvenzverwalters vergleichbar ist. Der Schuldner kann über den Neuerwerb frei verfügen und im Rahmen der Verwaltung seines Vermögens unbeeinflusst vom Insolvenzverwalter unternehmerische Entscheidungen treffen. Beeinflusst werden kann der Schuldner jedoch durch Verträge, die der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren abgeschlossen hatte. So kommt es insbesondere in Betracht, dass aus dem Insolvenzverfahren stammende Lieferverträge weiterhin Bestand haben und den Schuldner hinsichtlich der Vertragsbedingungen binden.514)

2. Durchsetzung der Gläubigergleichbehandlung 163 Der in § 294 Abs. 1 InsO vorgesehene Vollstreckungs-Schutzschirm dient zwar primär der Gläubigergleichbehandlung, führt jedoch reflexartig auch zum Schutz des Schuldners bei dessen Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Wie § 89 Abs. 1 InsO im Insolvenzverfahren wehrt auch § 294 Abs. 1 InsO in der Wohlverhaltensperiode lediglich Zwangsvollstreckungsangriffe durch Insolvenzgläubiger ab. Die Neugläubiger können daher ungehindert auch in der Wohlverhaltensperiode in das Schuldnervermögen vollstrecken. Während die an den Treuhänder abgetretenen pfändbaren Lohnforderungen aus abhängiger Beschäftigung bereits vollstreckungsrechtlich bindend übertragen wurden, der Zugriff durch die Neugläubiger in der Wohlverhaltensperiode dadurch versperrt ist,515) kann dies bei einer selbstständigen Betätigung zu größeren Schwierigkeiten führen. In konsequenter Weiterführung dessen, dass der Zugriff der Neugläubiger auf die eher seltenen Sondereinkünfte des Schuldners gem. § 295 S. 1 Nr. 2 InsO bis zur tatsächlichen

___________ 514) Vgl. Meller-Hannich, in: Jaeger InsO, Bd. 7, 2. Auflage 2022, § 200 Rn. 13. 515) Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 294 Rn. 4; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 3; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 4; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 9; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 20; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 27; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.47; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 199.

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A. Überblick über die Wohlverhaltensperiode

Herausgabe an den Treuhänder möglich ist,516) ist auch der gem. § 295a InsO jährlich abzuführende Betrag bis zur Zahlung an den Treuhänder nicht vor einem Zugriff durch die Neugläubiger geschützt.517) Die Abführung der Ausgleichszahlungen kann auch durch Zwangsvollstreckungen von Gläubigern oktroyierter Masseforderungen bedroht werden.518) Dabei handelt es sich um solche Masseforderungen, die dem Insolvenzverwalter aufgezwungen wurden, die er also nicht freiwillig zur Maximierung der Insolvenzmasse begründet hat.519) Die durch § 294 Abs. 2 InsO angeordnete Nichtigkeit von Sonderabkommen mit 164 einzelnen Insolvenzgläubigern führt teils zu einer Einschränkung der Handlungsoptionen des Schuldners, teils schützt diese ihn jedoch auch. So kann der Schuldner einem weiterliefernden Vertragspartner in der Wohlverhaltensperiode keine Vorzüge in Bezug auf dessen Altforderungen anbieten, um ihn für weitere Vertragsbeziehungen gewogen zu halten. Allerdings kann § 294 Abs. 2 InsO in der Wohlverhaltensperiode auch vor den Wirkungen vorinsolvenzlicher Abkommen schützen.

3. Ausgleichszahlungsobliegenheit Von den in der Wohlverhaltensperiode geltenden Obliegenheiten ist vor allem die 165 Ausgleichszahlungsobliegenheit nach § 295a InsO von besonderer Relevanz für den selbstständig tätigen Schuldner. Wie im Insolvenzverfahren nach der Negativerklärung bemisst sich die Höhe der Zahlungen an dem hypothetischen Arbeitsein___________ 516) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 4; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 27; in dieselbe Richtung auch Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 20; Wenzel, NZI 1999, 15, 18. Anders dagegen wohl Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 199, wonach solche Haftungsobjekte den Neugläubigern nicht zur Verfügung stünden, die herausgegeben werden müssen, was wiederum impliziert, dass diese Gegenstände bereits vor der tatsächlichen Herausgabe der Zwangsvollstreckung zu Gunsten der Neugläubiger entzogen sind. 517) So ausdrücklich Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 27 („keine vollstreckungsrechtlich bindende Zuweisung dieses Vermögens“); Wenzel, NZI 1999, 15, 18. 518) BGH, Urteil v. 28.6.2007 – IX ZR 73/06 = NZI 2007, 670, 671 Rn. 14; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 13; Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 80 Rn. 9; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 3; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 53 Rn. 45. 519) Anders dagegen bei gewillkürten Masseverbindlichkeiten, siehe BGH, Urteil v. 3.3.2009 – XI ZR 41/08 = NJW 2009, 1879, 1881 Rn. 18; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 289 Rn. 12; § 301 Rn. 13; BGH, Urteil v. 25.11.1954 – IV ZR 81/54 = NJW 1955, 339; Andres, in: Nerlich/ Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 53 Rn. 7; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 53 Rn. 45; Vuia, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 80 Rn. 8 f.; Sternal, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 80 Rn. 31; a. A. Mock, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 28; Windel, in: Jaeger InsO, Bd. 2, 2007, § 80 Rn. 44; Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49, 56, da in der InsO im Gegensatz zu den erbrechtlichen Vorschriften kein derartiges Prinzip der Trennung zwischen dem übernommenen und ausschließlich haftenden Teilvermögen und dem restlichen Vermögen verankert sei.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

kommen des Schuldners im Falle einer abhängigen Beschäftigung.520) In der Wohlverhaltensperiode soll mit den Ausgleichszahlungen ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit anders als jene aus einer abhängigen Beschäftigung nicht von der Abtretung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind521) und daher nicht ohne Weiteres dem Treuhänder zukommen.522)

166 Anders als bei der Zahlungspflicht nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO spielen bei der direkten Anwendung des § 295a InsO in der Wohlverhaltensperiode auch subjektive Faktoren eine Rolle. So kann die Restschuldbefreiung auch bei einer objektiv eingetretenen Obliegenheitsverletzung gem. § 296 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 InsO dann nicht versagt werden, wenn der Schuldner schlüssig und substantiiert vorträgt, die Minderleistungen infolge wirtschaftlichen Misserfolgs nicht verschuldet zu haben.523) Dies betrifft sowohl das Verschulden hinsichtlich der Erfolglosigkeit des Betriebs selbst als auch die Vorhersehbarkeit dessen, dass die Erträge aus der selbstständigen Tätigkeit zur Erfüllung der Ausgleichszahlungsobliegenheit nicht genügen werden.524) Regelmäßig gelingt dem Schuldner insoweit der Entlastungsbeweis jedoch nur in Ausnahmefällen.525)

4. Verbot unangemessener Verbindlichkeiten 167 Ebenfalls für den selbstständig tätigen Schuldner von besonderer Relevanz ist die Obliegenheit nach § 295 S. 1 Nr. 5 InsO, keine unangemessenen Verbindlichkeiten ___________ 520) Siehe nur Rn. 104. 521) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 192 f. [zu § 244], wonach eine Zuweisung der Einkünfte des Schuldners an die Gläubiger im Wege der Vorausabtretung im Falle einer selbstständigen Tätigkeit nicht möglich sei; BGH, Beschluss v. 17.1.2013 – IX ZB 98/11 = NZI 2013, 189 Rn. 8; BGH, Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 188/09 = NZI 2012, 718 f. Rn. 7; BGH, Beschluss v. 22.9.2011 – IX ZB 133/08 = BeckRS 2011, 24739 Rn. 9; zurückzuführen auf BGH, Urteil v. 15.10.2009 – IX ZR 234/08 = NZI 2010, 72, 73 ff. Rn. 7 ff., insb. Rn. 16. Ebenso Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 295a Rn. 3; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 287 Rn. 32; Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 295 Rn. 44; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 287 Rn. 38; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 287 Rn. 24; Harder, NZI 2013, 521, 522; auch bereits Trendelenburg, ZInsO 2000, 437, 438. A. A. noch AG Göttingen, Beschluss v. 2.3.2009 – 74 IN 137/02 = NZI 2009, 334, 335; Ahrens, in: FK InsO, 5. Auflage 2009, § 287 Rn. 50 f.; Schmerbach, ZVI 2003, 256, 261; Arnold, DGVZ 1996, 65, 69. 522) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 16/3227, S. 17 [zu Nr. 12]. 523) BGH, Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 188/09 = NZI 2012, 718, 720 Rn. 20; AG Göttingen, Beschluss v. 2.3.2009 – 74 IN 137/02 = juris Rn. 10; Fischinger, KTS 2013, 455, 459, 461. 524) BGH, Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 188/09 = NZI 2012, 718, 719 Rn. 12; Fischinger, KTS 2013, 455, 459, 461 f. A. A. Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 295 Rn. 147, wonach es auf die Ursachen für die zu niedrigen Unternehmenserträge nicht ankomme; ebenso Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 295 Rn. 47; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 295a Rn. 38, wonach der Schuldner das Unternehmensrisiko trage; wohl ebenfalls restriktiver Sternal, in: Uhlenbruck, 15. Auflage 2019, § 295 Rn. 72. 525) AG Göttingen, Beschluss v. 2.3.2009 – 74 IN 137/02 = juris Rn. 10.

102

A. Überblick über die Wohlverhaltensperiode

i. S. d. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO zu begründen. Der Gesetzgeber hatte dabei den Fall vor Augen, dass die Insolvenzgläubiger mit den Neugläubigern jener unangemessener Verbindlichkeiten um das vom Schuldner neu erlangte Vermögen konkurrieren müssen.526) Bei einem abhängig beschäftigten Schuldner geht es dabei lediglich um das den Insolvenzgläubigern zustehende Sondereinkommen gem. § 295 S. 1 Nr. 2 InsO, da das von der Abtretung gem. § 287 Abs. 2 InsO betroffene pfändbare Arbeitseinkommen ohnehin fest den Insolvenzgläubigern zugeteilt ist.527) Bei einem selbstständig tätigen Schuldner geht es darüber hinaus darum, dass der Schuldner überhaupt seiner Ausgleichszahlungsobliegenheit gem. § 295a InsO nachkommen kann und die Insolvenzgläubiger dadurch an den Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit des Schuldners partizipieren. In Rechtsprechung und Literatur haben sich zwei alternative Anknüpfungspunkte 168 für die Unangemessenheit einer Verbindlichkeit herauskristallisiert. Zum einen ist dies die schon bei der Begründung vorhersehbare mangelnde Erfüllbarkeit der Verbindlichkeit.528) Zum anderen wird die Unangemessenheit der Verbindlichkeit in solchen Fällen angenommen, in denen die Verbindlichkeit in der konkreten Lebenssituation außerhalb einer nachvollziehbaren Nutzenentscheidung steht.529) Umschrieben wird Letzteres auch damit, dass der Schuldner sich in Bezug auf die zu beachtenden Gläubigerinteressen nicht verantwortungsbewusst und wirtschaftlich vernünftig verhalten hat.530) Gelingt dem Schuldner die Erfüllung der Verbindlichkeit, hat offensichtlich keine 169 mangelnde Erfüllbarkeit vorgelegen und der Schuldner kann sich hinsichtlich des ersten Begründungswegs entlasten. Hinsichtlich des zweiten Begründungswegs, dem Abweichen von einer nachvollziehbaren Nutzenentscheidung, ist eine Entlastung des Schuldners dagegen schwieriger. Es besteht insofern ein größeres Störpotential für die selbstständige Tätigkeit. Da die Restschuldbefreiungsversagung wegen eines Obliegenheitsverstoß in der Wohlverhaltensperiode gem. § 296 Abs. 1 S. 1 InsO zusätzlich die Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger ___________ 526) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/21981, S. 20 [zu Nr. 5, Buchstabe a] mit Verweis auf Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 27. 527) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 295 Rn. 28. 528) AG Oldenburg, Beschluss v. 16.4.2003 – 61 IN 25/99 = ZVI 2003, 367, 368; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 290 Rn. 106; Ley, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 290 Rn. 55; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 290 Rn. 26; Hess, in: Hess/Groß/Reill-Ruppe/Roth, Insolvenzplan, 4. Auflage 2014, Kap. 4 Rn. 322. 529) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 290 Rn. 63; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 290 Rn. 102; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 290 Rn. 46. 530) AG Oldenburg, Beschluss v. 16.4.2003 – 61 IN 25/99 = ZVI 2003, 367, 368; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 290 Rn. 26; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 290 Rn. 23; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 290 Rn. 69; Hess, in: Hess/ Groß/Reill-Ruppe/Roth, Insolvenzplan, 4. Auflage 2014, Kap. 4 Rn. 322.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

erfordert, wird der Schuldner regelmäßig durch die Erfüllung seiner Ausgleichszahlungsobliegenheit einer Versagung entgegenwirken können.531)

B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession 170 Da nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens die neu entstehenden Forderungen aus der selbstständigen Tätigkeit nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegen, kommt insoweit eine unmittelbare Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO nicht in Betracht. Damit die vorinsolvenzliche Globalzession auch in der Wohlverhaltensperiode in ihren Wirkungen gehemmt ist und die selbstständige Tätigkeit des Schuldners dadurch ausführbar bleibt, kommen neben der analogen Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO – wie sie letztlich der BGH bereits im Insolvenzverfahren nach der Negativerklärung vorgesehen hat – die speziell in der Wohlverhaltensperiode geltenden §§ 287 Abs. 3, 294 Abs. 2 InsO als Regelungen zur Hemmung einer vorinsolvenzlichen Globalzession in Betracht.

I. Unwirksamkeit analog § 91 Abs. 1 InsO 171 Nachdem das Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO von der Rechtsprechung bereits auf den massefreien Neuerwerb aus der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit erstreckt wurde, wird diskutiert, ob sich dieser Schutz auch auf die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens zu erstrecken hat. Die Befürworter dessen verweisen darauf, der Gesetzgeber selbst habe bei Einführung der InsO mit § 114 Abs. 1 InsO die Wirkung der Lohnabtretung allgemein und unabhängig vom Restschuldbefreiungsverfahren endgültig zeitlich begrenzen wollen;532) dem sei durch eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO über das Insolvenzverfahren hinaus Rechnung zu tragen.533)

172 Soweit auf eine Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO stets mit Beendigung des Insolvenzverfahrens zurückgegriffen werden soll, besteht offensichtlich auch nach Aufhebung des § 114 InsO534) weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein sonstiges Bedürfnis. § 114 Abs. 1 InsO erhielt die Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Vorausabtretung von Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis zunächst ___________ 531) So ist auch im Zusammenhang mit § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO anerkannt, der ebenfalls eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger voraussetzt, dass sich der Schuldner entlasten kann, wenn die Verbindlichkeiten aus dem insolvenzfreien unpfändbaren Einkommen befriedigt werden können, siehe AG Göttingen, Beschluss v. 29.9.2004 – 74 IK 227/03 = juris Rn. 9; AG Coburg, Beschluss v. 15.12.2003 – IK 188/00 = ZVI 2004, 313, 314; Ley, in: BK InsO, 79. EL 11/22, § 290 Rn, 57. 532) Siehe hierzu RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 151 [zu § 132]. 533) Münzel, ZInsO 2014, 761, 767 f.; Heinze, DZWIR 2013, 384, 388; Heinze, ZInsO 2013, 2401, 2411. Im Ergebnis wohl ebenso Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 18. 534) Aufhebung mit Wirkung v. 1.7.2014 gem. Art. 1 Nr. 15, Art. 9 S. 1 des Gesetzes v. 15.7.2013 (BGBl. I, S. 2379).

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

drei535), später zwei536) Jahre in das Insolvenzverfahren hinein aufrecht, bevor die Abtretung im Anschluss endgültig unwirksam werden sollte.537) Hiermit sollte zu Gunsten des einzelnen Gläubigers eine Entwertung vertraglicher Sicherheiten an den laufenden Bezügen verhindert, gleichzeitig dem Schuldner aber auch eine effektive Restschuldbefreiung gewährt werden.538) Zum einen war die Wirksamkeitsbegrenzung der Lohnvorausabtretung daher nach dem Willen des Gesetzgebers sehr wohl eng an die Restschuldbefreiung geknüpft. Zum anderen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass mit der vollständigen Aufhebung des § 114 InsO nicht auch von dessen Wirkungen vollumfänglich Abstand genommen werden sollte. Für eine generelle Fortwirkung des § 91 Abs. 1 InsO spricht auch sonst kein fortdauerndes gesetzgeberisches Ziel. Stattdessen wäre es kaum zu rechtfertigen, den Sicherungsgläubiger trotz der ihm lange im Voraus versprochenen Sicherungen bei der Durchsetzung seines unbeschränkten Nachforderungsrechts gem. § 201 Abs. 1 InsO auf eine Stufe mit den ungesicherten Insolvenzgläubigern zu stellen.539) Richtigerweise lehnen sowohl der BGH540) als auch der Großteil der Stimmen in der Literatur541) die Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO über die Beendigung des Insolvenzverfahrens hinaus ab. Die Überlegung, § 91 Abs. 1 InsO nur dann analog nach der Beendigung des In- 173 solvenzverfahrens fortwirken zu lassen, wenn sich an das Verfahren die Wohlverhaltensperiode anschließt, steht unter anderen Vorzeichen. Die Wohlverhaltensperiode dient der weiteren gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung, so dass auch weiterhin der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt und eine Nachforderung nach § 201 Abs. 1 InsO nicht möglich ist.542) Dem könnte es widersprechen, wenn eine vorinsolvenzliche Globalzession zu Gunsten eines einzelnen Altgläubigers ___________ 535) Ursprungsfassung des § 114 Abs. 1 InsO, eingefügt durch Gesetz v. 5.10.1994 (BGBl. I, S. 2866), gem. Art. 110 Abs. 1 EGInsO mit Wirkung v. 1.1.1999. 536) Geändert mit Wirkung v. 1.12.2001, Art. 1 Nr. 11a, Art. 10 S. 1 des Gesetzes v. 26.10.2001 (BGBl. I, S. 2710). 537) Überwiegend wurde § 114 InsO auch als endgültige Wirksamkeitsbeschränkung aufgefasst, BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 456, 458 Rn. 10; Riedel, ZVI 2015, 91 f.; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2115. 538) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 151 [zu § 132]. 539) Ähnlich mit Bezug auf die Vereitelung solcher Verfügungen durch Zwischenverfügungen während des Insolvenzverfahrens BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 Rn. 40; Gehrlein, NZI 2020, 503, 507. 540) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 f. Rn. 39 f., 44; BGH, Beschluss v. 11.12.2014 – IX ZB 69/12 = NZI 2015, 178, 179 Rn. 12. 541) Breuer/Flöther, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 10; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 124 Rn. 308; Gehrlein, NZI 2020, 503, 507; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Ahrens, NZI 2014, 529, 531 f.; im Ergebnis auch gegen eine analoge Anwendung von § 91 Abs. 1 InsO nach Verfahrensbeendigung Roth, KTS 2014, 443, 447, 460. 542) Vgl. Rn. 160.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

wiederaufleben würde und für dessen individuelle Befriedigung sorgen würde. Allerdings ist § 91 Abs. 1 InsO als Norm, welche ausweislich ihres Wortlauts543) und ihrer systematischen Stellung544) auf den Zeitraum des Insolvenzverfahrens beschränkt ist, nicht der richtige primäre Anknüpfungspunkt, um den Wirkungen der vorinsolvenzlichen Globalzession in der Wohlverhaltensperiode entgegenzutreten. Stattdessen hat der Gesetzgeber für den Schutz des Schuldners und der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger für die Wohlverhaltensperiode in den §§ 286 ff. InsO eigene Regelungen vorgesehen.

II. Unwirksamkeit nach § 287 Abs. 3 InsO 174 Unter den Spezialregelungen der §§ 286 ff. InsO scheint zunächst die Anwendbarkeit des § 287 Abs. 3 InsO gegeben zu sein. In jener Norm ist geregelt, dass Vereinbarungen des Schuldners insoweit unwirksam sind, als sie die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO vereiteln oder beeinträchtigen würden. Hinter dieser Regelung steht die Wahrung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung auch während der Wohlverhaltensperiode, dem es zuwiderliefe, wenn vorinsolvenzliche Lohnabtretungen der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO vorgehen würden.545) Es ist mithin entscheidend, ob solche Forderungen des Schuldners von der vorinsolvenzlichen Vorausabtretung erfasst werden, die auch Gegenstand der Abtretungserklärung sind. Dies ist bei Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit jedoch gerade nicht der Fall, da hierfür die Regelung des § 295a InsO geschaffen wurde.546) Anstatt dass alle Einnahmen des Schuldners von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasst werden und an die Insolvenzgläubiger fließen, muss der Schuldner bloß regelmäßige Ausgleichszahlungen leisten. Dies ist einfach damit zu erklären, dass – anders als bei einem Angestellten – den Einnahmen eines Selbstständigen Ausgaben gegenüberstehen, die dieser nicht decken könnte, ___________ 543) BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745, 749 Rn. 38 ff.; Gehrlein, NZI 2020, 503, 507; Roth, KTS 2014, 443, 447, 460; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Ahrens, NZI 2014, 529, 531 f. Dies sieht auch Münzel, ZInsO 2014, 761, 767 selbst. 544) Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511. 545) Bericht Rechtsausschuss zu Änderung InsO, BT-Drs. 17/13535, S. 27 [zu Nr. 20 Buchstabe c]. 546) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 192 f. [zu § 244], wonach eine Zuweisung der Einkünfte des Schuldners an die Gläubiger im Wege der Vorausabtretung im Falle einer selbstständigen Tätigkeit nicht möglich sei; BGH, Beschluss v. 17.1.2013 – IX ZB 98/11 = NZI 2013, 189 Rn. 8; BGH, Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 188/09 = NZI 2012, 718 f. Rn. 7; BGH, Beschluss v. 22.9.2011 – IX ZB 133/08 Rn. 9; zurückzuführen auf BGH, Urteil v. 15.10.2009 – IX ZR 234/08 = NZI 2010, 72, 73 ff. Rn. 7 ff., insb. Rn. 16; ebenso Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 295a Rn. 3; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 287 Rn. 32; Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 295 Rn. 44; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 287 Rn. 38; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 287 Rn. 24; Harder, NZI 2013, 521, 522; ebenso bereits Trendelenburg, ZInsO 2000, 437, 438. A. A. noch AG Göttingen, Beschluss v. 2.3.2009 – 74 IN 137/02 = NZI 2009, 334, 335; Ahrens, in: FK InsO, 5. Auflage 2009, § 287 Rn. 50 f.; Schmerbach, ZVI 2003, 256, 261; Arnold, DGVZ 1996, 65, 69.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

wenn ihm alle Einnahmen im Vorhinein entzogen wären und er keinen Zugriff mehr hierauf hätte. Da die Forderungen, die der Schuldner auf dem Wege seiner selbstständigen Tätigkeit generiert, von vornherein nicht von der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind, führt die vorinsolvenzliche Globalzession zu Gunsten eines einzelnen Insolvenzgläubigers auch nicht dazu, dass den restlichen Insolvenzgläubigern ein Wert entzogen wird, der ihnen sonst aufgrund der Abtretungserklärung zugeflossen wäre. Eine solche Vorausverfügung ist mithin keine Vereinbarung, die die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO vereitelt bzw. beeinträchtigt. Somit erfüllt die vorinsolvenzliche Globalzession eines selbstständig tätigen Schuldners nicht die Voraussetzungen des § 287 Abs. 3 InsO, so dass diesbezüglich auch nicht die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eintritt.547)

III. Nichtigkeit nach § 294 Abs. 2 InsO Wie § 287 Abs. 3 InsO beruht auch § 294 Abs. 2 InsO auf der Fortgeltung des 175 Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes während der Wohlverhaltensperiode548) und damit auf dem Grundsatz, der bereits im Insolvenzverfahren über § 91 Abs. 1 InsO zur Unwirksamkeit der vorinsolvenzlichen Vorausabtretung geführt hat. Seinem Wortlaut gemäß ordnet § 294 Abs. 2 InsO an, dass jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, nichtig ist. Auf eine Beeinträchtigung der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO stellt § 294 Abs. 2 InsO gerade nicht ab.549)

1. Abkommen a) Einbeziehung einer vorinsolvenzlichen Globalzession Unter den Begriff des Abkommens sind alle zweiseitigen rechtsgeschäftlichen Ver- 176 einbarungen, also sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäfte, zu fassen.550) Allgemein anerkannt ist deshalb, dass auch Forderungsabtretungen,551) insbesondere ___________ Piekenbrock, WuB 2019, 523, 526; Riedel, ZVI 2015, 91; Kortleben, VIA 2013, 67, 68. RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. Ahrens, NZI 2014, 529, 533. Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 55; Kexel, in: Graf-Schlicker InsO, 6. Auflage 2022, § 294 Rn. 3; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 49; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 24; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 6; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 9; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 26 f.; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511. 551) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 57; Knop, in: Rattunde/Smid/Zeuner InsO, Bd. 2, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 13; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 24; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 125 f. Rn. 314; Ahrens, NZI 2014, 529, 531.

547) 548) 549) 550)

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

solche zu Sicherungszwecken552) und damit auch Globalzessionen, den Abkommensbegriff erfüllen. Von § 294 Abs. 2 InsO sind nach herrschender Ansicht im Schrifttum auch vorinsolvenzliche Abkommen erfasst.553) Entscheidend ist der Eintritt der Wirkungen des Abkommens. Nach überwiegend vertretener Ansicht soll es erforderlich sein, dass das Abkommen (auch) in der Wohlverhaltensperiode Wirkungen entfaltet,554) nach anderer Ansicht genügt es, wenn die Wirkungen des Abkommens irgendwann im Restschuldbefreiungsverfahren, sprich irgendwann während der Dauer der Abtretungsfrist nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO, eintreten.555) Durch eine Globalzession wird dem Zessionar der Zugriff auf alle künftigen Forderungen ermöglicht, so dass hierdurch jedenfalls auch auf die in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen zugegriffen werden soll. Auch eine vorinsolvenzliche Globalzession fällt somit in den Anwendungsbereich des § 294 Abs. 2 InsO.

b) Zusatzvoraussetzungen bei vorinsolvenzlichem Abkommen 177 Uneinigkeit herrscht bei der in der Rechtsprechung zu § 294 Abs. 2 InsO bislang noch nicht geklärten Frage, ob bei vorinsolvenzlichen Abkommen weitere subjektive Voraussetzungen vorliegen müssen. Die Befürworter dessen fordern weit überwiegend, dass die Parteien erstens bei Abschluss des Abkommens die Stellung eines wirksamen Restschuldbefreiungsantrags für möglich gehalten haben und zweitens das Abkommen auch für diesen Fall gelten sollte.556) Diese Ansicht hat ihren Ur___________ 552) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 57; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 33; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 8; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Ahrens, in: NZI 2014, 529, 531; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463. 553) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 58; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 51; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 31; Hess, in: Hess, InsR, Bd. 2, 2. Auflage 2013, § 294 Rn. 37; Kexel, in: Graf-Schlicker InsO, 6. Auflage 2022, § 294 Rn. 4; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Ahrens, in: NZI 2014, 529, 531; a. A. Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8c, wonach dieser Zeitraum bereits durch die detaillierten Regelungen der §§ 129 ff. InsO abgedeckt werde. 554) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 58; Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 294 Rn. 15, wonach die Wirkungen nach „Ankündigung der Restschuldbefreiung“ eintreten müssen, was nach neuerer Rechtslage so nicht mehr vorgesehen ist, worüber das Gericht nach veralteter Rechtslage aber erst nach dem Schlusstermin befand; ebenso Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 27; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 126 Rn. 314. 555) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 31; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11. 556) So Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 27; auch Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 9; Knop, in: Rattunde/Smid/Zeuner InsO, Bd. 2, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 10; ebenso Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511. Weitergehend Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8d, der fordert, dass der einzelne Insolvenzgläubiger im Gegenzug zu dem ihm eingeräumten Vorteil versprochen hat, das Restschuldbefreiungsverfahren zu Gunsten des Schuldners zu beeinflussen; auch Bigge/ Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116, die im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens ein schwebendes oder unmittelbar bevorstehendes Insolvenzverfahren voraussetzen.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

sprung offensichtlich in der früheren Rechtslage unter den §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO, welche die Nichtigkeit von einen einzelnen Gläubiger bevorzugenden Sonderabkommen im Vorfeld eines gerichtlichen Vergleichs im Rahmen des Konkursbzw. Vergleichsverfahrens anordneten. Auf beide inzwischen außer Kraft getretenen Regelungen hat die Regierungsbegründung zu § 294 Abs. 2 InsO ausdrücklich verwiesen.557) In der Rechtsprechung hatte sich hierzu die Auffassung durchgesetzt, dass die Nichtigkeit nicht immer, sondern nur dann eintreten sollte, wenn das Abkommen in Verbindung mit und in Beziehung zum Vergleich stand.558) Damit dies erfüllt war, mussten sich die Parteien von der Absicht haben leiten lassen, dass das Abkommen neben dem Vergleich gelten sollte.559) Hierzu musste der bevorzugte Gläubiger zumindest Kenntnis von dem Eröffnungsantrag haben oder mit einem bevorstehenden Vergleichsverfahren rechnen.560) Im Wesentlichen stimmt dies mit dem überein, was die Mehrheit der Befürworter der subjektiven Zusatzvoraussetzungen noch heute bei § 294 Abs. 2 InsO als Einschränkung verstanden wissen will.

aa) Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO Aus dem Lager derjenigen, die sich ausdrücklich gegen subjektive Anforderungen 178 aussprechen, werden als Gründe der rein objektive Wortlaut und der Normzweck des § 294 Abs. 2 InsO angeführt.561) Allein aus dem objektiven Wortlaut kann ein Umschwung der Rechtsprechung jedoch nicht herrühren, da auch der Wortlaut des § 8 Abs. 3 VerglO rein objektiv war und dieser dennoch subjektiven Zusatzvoraussetzungen unterstellt wurde. Auch war der Normzweck schon unter der Rechtslage der §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO auf die Gläubigergleichbehandlung gerichtet.562) ___________

557) 558)

559)

560) 561) 562)

Gegen subjektive Anforderungen Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 48; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 6; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 59; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 126 Rn. 314; Ahrens, NZI 2014, 529, 531 f. RegE Einführung InsO, BT- Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. RG, Urteil v. 23.5.1932 – VIII 60/32 = RGZ 136, 288, 290; RG, Urteil v. 7.11.1891 – I 199/91 = RGZ 28, 96, 99 zu § 168 S. 3 KO, wo die Regelung des späteren § 181 S. 3 KO zuvor verortet war. BGH, Urteil v. 20.10.1986 – II ZR 293/85 = BGHZ 99, 36 = NJW 1987, 1883, 1884 zu § 8 Abs. 3 VerglO; BGH, Urteil v. 8.2.1961 – VIII ZR 20/60 = WM 1961, 431 IV.3.; RG, Urteil v. 23.5.1932 – VIII 60/32 = RGZ 136, 288, 290; RG, Urteil v. 7.11.1891 – I 199/91 = RGZ 28, 96, 99 zur Vorgängernorm § 168 S. 3 KO. BGH, Urteil v. 8.2.1961 – VIII ZR 20/60 = WM 1961, 431 IV.4. Ahrens, in: FK InsO, 9. Auflage 2018, § 294 Rn. 59; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 126 Rn. 314; Ahrens, NZI 2014, 529, 531 f. Siehe BGH, Urteil v. 20.10.1986 – II ZR 293/85 = BGHZ 99, 36 = NJW 1987, 1883, 1884 zu § 8 Abs. 3 VerglO; BGH, Urteil v. 8.2.1961 – VIII ZR 20/60 = WM 1961, 431 IV.4.; BGH, Urteil v. 16.6.1952 – IV ZR 131/51 = BGHZ 6, 232 = NJW 1952, 1009, 1010 zu § 8 Abs. 3 VerglO; RG, Urteil v. 26.9.1905 – II 17/05 = RGZ 61, 296, 298 in Bezug auf § 168 S. 3 KO als Vorgängernorm des späteren § 181 S. 3 KO.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

bb) Die Rolle des Zwecks der Verhinderung einer Gläubigerbeeinflussung 179 Letztlich hat sich die Rechtslage jedoch im Vergleich zu den konkurs- und vergleichsrechtlichen Vorschriften so weit geändert, dass eine Differenzierung nach subjektiven Kriterien nicht mehr angezeigt ist. Im Zusammenhang mit den §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO wurde auch in der Rechtsprechung wiederholt auf den Zweck verwiesen, die Abwendung der Gefahr einer unlauteren Beeinflussung einzelner Gläubiger hinsichtlich ihres Stimmverhaltens durch geheime Sonderabkommen zu verhindern.563) Zwar wird dies in der Literatur insoweit auf § 294 Abs. 2 InsO übertragen, als mit der Regelung auch bezweckt werde, dass ein einzelner Insolvenzgläubiger durch die Vereinbarung von Sonderleistungen davon abgehalten wird einen Versagungsantrag zu stellen oder eine Beschwerde gegen die Restschuldbefreiung einzulegen.564) Dies findet sich so jedoch weder in den Gesetzesmaterialien565) noch in der Rechtsprechung, und auch sprechen die Überschrift des § 294 InsO sowie die einzig auf die Gläubigergleichbehandlung ausgerichteten Nachbarabsätze des Abs. 2 dagegen, die Verhinderung der unlauteren Gläubigerbeeinflussung als selbstständigen „zweiten“ Zweck des § 294 Abs. 2 InsO zu qualifizieren.566) Wie der Wortlaut des § 226 Abs. 3 InsO vermuten lässt, der im Zusammenhang mit dem Insolvenzplanverfahren ausdrücklich auf die Gläubigerbeeinflussung Bezug nimmt, hätte der Gesetzgeber dies wohl auch bei § 294 Abs. 2 InsO getan, sofern er eine subjektive Zusatzvoraussetzung hätte stellen wollen. Hieraus können daher auch keine zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzungen mehr hergeleitet werden.567)

cc) Systemische Unterschiede zwischen neuer und alter Rechtslage 180 Dass die Gläubigergleichbehandlung im Vorfeld der Restschuldbefreiung strikter und kompromissloser durchgesetzt wird, lässt sich letztlich vor allem damit erklären, dass dies zur Rechtfertigung des starren, gesetzlich genau festgelegten Ergebnisses unerlässlich ist. Durch die umfassenden Wirkungen des § 294 InsO in der ___________ 563) BGH, Urteil v. 10.11.1971 – VIII ZR 43/70 = NJW 1972, 496; BGH, Urteil v. 8.2.1961 – VIII ZR 20/60 = WM 1961, 431 IV.4.; RG, Urteil v. 26.9.1905 – II 17/05 = RGZ 61, 296, 298 f.; a. A. zwischenzeitlich BGH, Urteil v. 16.6.1952 – IV ZR 131/51 = BGHZ 6, 232 = NJW 1952, 1009, 1010, wonach die Ausschaltung unlauterer Einflüsse nur eine mittelbare Wirkung sei. 564) Siehe nur Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 24; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 6; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 5; Adam, ZInsO 2006, 1132, 1133. 565) RegE Einführung InsO, BT- Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. 566) Ebenfalls gegen die Einordnung des Schutzes vor unlauterer Beeinflussung der Gläubiger als eigenständiger Zweck des § 294 Abs. 2 InsO Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 57; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 665 ff. A. A. offenbar Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 65 f. 567) Selbst Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 65 f. leitet hieraus keine Verengung des Tatbestandes, sondern im Gegenteil eine Erweiterung desselbigen her.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

Wohlverhaltensperiode wird die Grundlage und die Rechtfertigung für die Restschuldbefreiung geschaffen. Dies wird nur dann erreicht, wenn unabhängig von subjektiven Erwägungen sichergestellt wird, dass die Insolvenzgläubiger bestmöglich, gleichmäßig und über den Treuhänder als Durchgangsstelle befriedigt werden. Im Gegensatz dazu war der gerichtliche Vergleich kein von vornherein inhaltlich festgelegtes Ergebnis. Stattdessen konnten die Gläubiger sowohl über das Ob als auch das Wie des Vergleichs befinden. Im Vorfeld der Abstimmung bedurfte es daher keinen derart kompromisslosen Regelungen wie während der Wohlverhaltensperiode. In diese Überlegungen fügt es sich ein, dass die Nichtigkeit von Sonderabkommen im Vergleichsverfahren gem. § 8 Abs. 2 VerglO durch die Zustimmung einer Gläubigermehrheit abgewendet werden konnte und dass im Rahmen des Konkursverfahrens die Nichtigkeit gem. § 181 S. 3 KO bereits nach dessen Wortlaut von subjektiven Merkmalen abhing. Die Restschuldbefreiung als stärkerer Eingriff in die Gläubigerrechte erfordert jedoch eine kompromisslosere und effektivere Durchsetzung der Gläubigergleichbehandlung im Vorfeld. Die vorgeschlagenen Zusatzvoraussetzungen für vorinsolvenzliche Abkommen sind daher abzulehnen.

2. Sondervorteil für einzelnen Insolvenzgläubiger Die vorinsolvenzliche Globalzession ist jedoch nur dann gem. § 294 Abs. 2 InsO 181 nichtig, wenn sie einem einzelnen Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil verschafft. Im Einklang mit der Stoßrichtung des § 294 InsO, eine Verschiebung der Befriedigungsaussichten gerade der Insolvenzgläubiger untereinander zu verhindern,568) stellt der Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO unmissverständlich auf einen Insolvenzgläubiger als notwendigen Adressaten des Sondervorteils ab. Der in der Praxis wohl seltene, aber durchaus vorstellbare Fall, dass der Globalzessionar nicht zugleich Insolvenzgläubiger des Schuldners ist, weil der Schuldner mit der Globalzession die persönlichen Forderungen eines Dritten sichert, kann daher von vornherein nicht über § 294 Abs. 2 InsO gelöst werden. In diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen erscheint es insbesondere, dass der Schuldner die Betriebsmittel auf eine von ihm beherrschte GmbH ausgelagert hat, die selbstständige Tätigkeit aber weiterhin auf eigene Rechnung ausübt und ein zu Gunsten der GmbH gewährtes Darlehen mit einer Globalzession besichert. Durch jene Globalzession würde kein Sondervorteil i. S. d. § 294 Abs. 2 InsO verschafft, da der Sicherungsnehmer nicht den Status eines Insolvenzgläubigers innehätte. Im Normalfall, wenn der Schuldner die Rollen des persönlichen Schuldners und 182 des Sicherungsgebers in sich vereint, kommt es dagegen in Betracht, dass dem Globalzessionar bzw. Sicherungsnehmer, der dann zugleich Insolvenzgläubiger ist, durch die Vorausabtretung ein Sondervorteil zukommt. Ein Sondervorteil i. S. d. ___________ 568) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243].

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

§ 294 Abs. 2 InsO liegt dann vor, wenn der Insolvenzgläubiger vom Schuldner etwas erhält, was der Gesamtheit der Gläubiger zusteht,569) insbesondere was der Schuldner gem. §§ 295, 295a InsO zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger an den Treuhänder abzuführen hätte.570) Zwar gehen manche Stimmen in der Literatur davon aus, dass die Belange der Gläubigergesamtheit in der Wohlverhaltensperiode durch eine vorab vereinbarte Sicherungszession nicht betroffen sind,571) den restlichen Insolvenzgläubigern hierdurch also nicht etwas genommen werden würde, was Ihnen eigentlich zustünde. Dies basiert jedoch auf dem Gedanken, dass bereits § 287 Abs. 3 InsO den Übergang der während der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen verhindert572) und damit auch auf der Annahme, dass § 287 Abs. 3 InsO als speziellere Norm der Regelung des § 294 Abs. 2 InsO vorgeht.573) Da bei den Einnahmen eines selbstständig Tätigen, wie oben gezeigt,574) § 287 Abs. 3 InsO ohnehin nicht einschlägig ist, erübrigen sich sowohl die Annahme der fehlenden Betroffenheit der Gläubigergesamtheit als auch die Frage des Verhältnisses von § 287 Abs. 3 InsO und § 294 Abs. 2 InsO.

183 Durch die vorinsolvenzliche Globalzession eines selbstständig tätigen Schuldners erwirbt der einzelne, mit der Globalzession besicherte Insolvenzgläubiger ungehindert sämtliche Forderungen des Schuldners. Der Schuldner kann seiner Ausgleichszahlungsobliegenheit nach § 295a InsO somit aus dem rechtlich ihm gehö-

___________ 569) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 63. 570) Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11; Kexel, in: Graf-Schlicker InsO, 6. Auflage 2022, § 294 Rn. 3; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 35; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 7; in diese Richtung auch Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8b. 571) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 25, § 301 Rn. 28; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8c; Riedel, ZVI 2015, 91, 92. 572) So ausdrücklich Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8c; Riedel, ZVI 2015, 91, 92. 573) A. A. bereits angedeutet in Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 17/13535, S. 27 [zu Nr. 20 Buchstabe c]; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 287 Rn. 330, wonach § 287 Abs. 3 InsO lediglich eine klarstellende Wirkung habe und der Erfolg der Abtretungserklärung bereits durch § 294 Abs. 2 InsO gesichert sei; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 57, wonach § 294 Abs. 2 InsO über die Wirkungen des § 287 Abs. 3 InsO hinausgehe; wohl auch Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 33, der bzgl. einer Lohnabtretung beide Normen zitiert; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 8, der die Abtretung künftiger Lohnansprüche als unzulässiges Sonderabkommen i. S. d. § 294 Abs. 2 InsO einstuft; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 Rn. 327; auch Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551; Ahrens, NZI 2014, 529, 533, wonach §§ 287 Abs. 3, 294 Abs. 2 InsO unabhängig nebeneinanderstehen; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 511. 574) Siehe Rn. 174.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

renden Vermögen nicht mehr nachkommen575) und ist darauf angewiesen, dass der Sicherungsnehmer ihm eine Einziehungsermächtigung neu erteilt oder diese aufrechterhält. Zweifellos entsteht dem besicherten Insolvenzgläubiger dadurch ein Sondervorteil, der die Globalzession gem. § 294 Abs. 2 InsO nichtig werden lässt.576)

IV. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion Bereits im Zusammenhang mit der Fortwirkung des § 91 Abs. 1 InsO nach der 184 Freigabe der selbstständigen Tätigkeit im Insolvenzverfahren fiel der Blick auf die Globalzession mit Doppelwirkung.577) Diese Sonderkonstellation bringt auch in der Wohlverhaltensperiode die vorgesehene rechtliche Lösung an ihre Grenzen. Während die mit der Doppelfunktion einhergehende Sicherung von sowohl Insolvenzals auch Neuforderungen im Insolvenzverfahren Zweifel an der Hemmung der Globalzession durch § 91 Abs. 1 InsO aufkommen ließ,578) lässt sie in der Wohlverhaltensperiode die Nichtigkeitsfolge des § 294 Abs. 2 InsO als unpassend erscheinen. Zwar haben § 91 Abs. 1 InsO und § 294 Abs. 2 InsO unterschiedliche Wirkrichtungen. Das Erwerbsverbot verhindert den Erwerb von Rechten an den Gegenständen der Insolvenzmasse, die Nichtigkeitsfolge des § 294 Abs. 2 InsO richtet sich gegen Sonderabkommen, die einzelne Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode bevorteilen. Unter dem Strich führt die Anwendung beider Normen jedoch dazu, dass die Globalzession im jeweiligen Zeitraum keine Wirkung entfaltet. Auch in der Wohlverhaltensperiode ist die vollständige Sperrung einer Globalzes- 185 sion mit Doppelfunktion insoweit nicht interessengerecht, als die Globalzession den Zessionar in seiner Rolle als Neugläubiger sichert. Der Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO zeigt bereits, dass die Nichtigkeit des Abkommens allein durch die Verschaffung eines Sondervorteils zu Gunsten eines einzelnen Insolvenzgläubigers ausgelöst wird. Soweit mit dem betreffenden Abkommen auch für einen Neugläubiger ein Vorteil verbunden ist, ist dies schon deshalb nicht nach § 294 Abs. 2 InsO

___________ 575) Konkret in Bezug auf die Sicherungsabtretung der Einkünfte eines Selbstständigen Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 Rn. 326; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. In allgemeinem Kontext Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 35, wonach es einen unberechtigten Sondervorteil darstellt, wenn durch die Leistung an den Gläubiger die Liquidität des Schuldners beeinträchtigt wird, so dass dieser nicht mehr in der Lage ist, eine erforderliche Zahlung an den Treuhänder zu leisten. 576) Im Ergebnis daher ebenso Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 Rn. 326; Pape, ZInsO 2019, 1613, 1618, wenn auch von einer nur entsprechenden Anwendung des § 294 Abs. 2 InsO ausgehend; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; v. Gleichenstein, ZVI 2013, 409, 420. 577) Rn. 154– 157. 578) Rn. 155.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

sanktionswürdig, da ein Neugläubiger nicht dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verpflichtet ist.579)

186 Um zu verhindern, dass dem Globalzessionar durch die in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen unterschiedslos die Besicherung sowohl von Insolvenzforderungen als auch von Neuforderungen verwehrt wird, kommt eine Aufspaltung des Globalzessionsvertrags selbst in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil nicht in Betracht, da die mit der Globalzession übergehenden Forderungen nicht einzelnen gesicherten Forderungen zugeordnet werden können.580) Stattdessen ist erneut an die Sicherungsabrede und den darin geregelten Sicherungszweck anzuknüpfen.

1. Keine Umsetzbarkeit einer Teilunwirksamkeit der Sicherungsabrede 187 Zunächst kommt in Betracht, die Regelung des Sicherungszwecks in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufzuspalten. Die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO kann deshalb an die Sicherungszweckregelung anknüpfen, da erst diese dazu führt, dass die in der Wohlverhaltensperiode übergehenden Sicherungsgegenstände der Sicherung nicht nur von Neuforderungen, sondern auch von Insolvenzforderungen dienen und damit einen Sondervorteil zu Gunsten eines einzelnen Insolvenzgläubigers begründen.581) Zwar wird auf die genaue Reichweite der Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO noch an späterer Stelle einzugehen sein.582) Bereits zum bisherigen Stand der Untersuchung erscheint es jedoch denkbar, dass § 294 Abs. 2 InsO nur insoweit zur Unwirksamkeit der Sicherungszweckregelung führt, als diese für die in der Wohlverhaltensperiode übergehenden Sicherungsgegenstände die Sicherung von Insolvenzforderungen bewirkt.

188 Die Umsetzung einer solchen Teilunwirksamkeit der Sicherungszweckregelung scheitert jedoch an ihrer fehlenden Teilbarkeit. Der Sicherungszweck ist in aller Regel durch eine einzige homogene Regelung definiert, ohne dass sprachlich zwischen der Sicherung von Insolvenz- und Neuforderungen differenziert wird, so dass jene Bestimmung als AGB nicht der differenzierenden Rechtsfolge des § 306

___________ 579) Hierzu bereits Rn. 163. 580) So auch in Rn. 155. 581) Zwar betrifft die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO auch das Verpflichtungsgeschäft, welches den Rechtsgrund der (dinglichen) Verschaffung des Sondervorteils darstellt, siehe Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 60; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 69; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 28. Von dem in der Sicherungsabrede zweifellos vorhandenen Rechtsgrund für die Globalzession ist jedoch die ebenfalls in der Sicherungsabrede enthaltene Sicherungszweckregelung abzugrenzen, die die treuhänderische Bindung des Globalzessionars ausformt. 582) Siehe Rn. 225– 268.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

Abs. 1, 2 BGB zugeführt werden kann.583) Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, an die Frage der Teilbarkeit im Falle einer Individualvereinbarung einen großzügigeren Maßstab anzulegen. Der BGH meint zwar, hinsichtlich der Teilbarkeit einer Individualvereinbarung könne es nicht auf die Formulierung der jeweiligen Vertragsbestimmung als mehr äußerlichem Umstand ankommen.584) Vielmehr solle es nach dem Sinngehalt des § 139 BGB585) genügen, wenn davon auszugehen ist, dass die Parteien, hätten sie die Nichtigkeit gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte Regelung vereinbart hätten.586) Zum einen werden hierdurch jedoch Überlegungen zur Teilbarkeit einer Vereinbarung und zum hypothetischen Parteiwillen miteinander vermengt, so dass die Anwendung des § 139 BGB nicht mehr trennscharf von einer geltungserhaltenden Reduktion abzugrenzen wäre.587) Zum anderen bietet im Fall der Annahme einer unteilbaren Regelung gerade die Frage der Zulässigkeit einer geltungserhaltenden Reduktion genügend Raum für eine weitere Ausdifferenzierung nicht nur unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens, sondern auch unter zusätzlicher Einbeziehung besonderer Schutzüberlegungen.588) Auch hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Recht hohe Anforderungen 189 daran formuliert, dass sich unmittelbar aus einer die Insoweit-Unwirksamkeit anordnenden Rechtsnorm die Teil-Aufrechterhaltung der restlichen Vereinbarung er___________ 583) So auch die Rechtsprechung zu dem hinsichtlich der Bewertung der Teilbarkeit vergleichbaren Parallelfall einer Klausel, die die Verjährungsfrist für sämtliche Gewährleistungsrechte des Käufers verkürzte, ohne insoweit die in § 309 Nr. 7 lit. a) und b) BGB aufgeführten Schadensersatzansprüche auszunehmen, BGH, Urteil v. 22.9.2015 – II ZR 340/14 = NZG 2016, 31, 33 Rn. 19 f.; BGH, Urteil v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07 = NJW 2009, 1486, 1487 Rn. 19; BGH, Urteil v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06 = BGHZ 170, 31 = NJW 2007, 674, 675 Rn. 21. 584) BGH, Urteil v. 5.6.1989 – II ZR 227/88 = BGHZ 107, 351 = NJW 1989, 2681, 2682. 585) Jener § 139 BGB ist nicht nur im Falle der Teilnichtigkeit, sondern auch im Falle der Teilunwirksamkeit anwendbar, so richtigerweise Martens, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 139 Rn. 42. 586) BGH, Urteil v. 8.2.2019 – V ZR 176/17 = NJW 2019, 2016, 2018 Rn. 25; BGH, Urteil v. 14.11.2000 – XI ZR 248/99 = BGHZ 146, 37 = NJW 2001, 815, 817. Vor diesem Hintergrund wurden bereits quantitative Teilungen von eigentlich einheitlich ausgeformten Regelungen vorgenommen, siehe BGH, Urteil v. 8.4.1992 – VIII ZR 94/91 = NJW 1992, 2145, 2146 zur Reduzierung der Laufzeit eines Bierbezugsvertrags; BGH, Urteil v. 19.9.1988 – II ZR 329/87 = BGHZ 105, 213 = NJW 1989, 834, 835 zur zeitlichen Begrenzung eines Rechts zur Kündigung der Kommanditisten nach dem Tod des Komplementärs. 587) Vgl. Roth, in: Staudinger BGB, 2020, § 139 Rn. 61; Jakl, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.4.2022, § 139 Rn. 179.2; ähnlich auch Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 153 f. 588) Verdeutlicht wird dies durch das Bestehen der Ausnahmen – in der AGB-Konstellation – vom Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, siehe Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 57 ff., und – bei Individualvereinbarungen – vom Grundsatz der Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion, beispielhaft hierzu BGH, Urteil v. 14.7.1997 – II ZR 238/96 = NJW 1997, 3089, 3090 zu einem Fall der besonders schwerwiegenden Sittenwidrigkeit.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

gibt.589) Insbesondere kann sich aus einer solchen Norm nicht ohne Weiteres die gesetzliche Anordnung der Teilbarkeit einer eigentlich einheitlich formulierten Parteivereinbarung ergeben.590) Hierzu reicht es nicht aus, wenn sich aus dem Gesetz die Missbilligung nur eines Teilaspekts einer Vereinbarung ergibt; darüber hinaus muss eindeutig zum Ausdruck kommen, dass die Vereinbarung im Übrigen unberührt bleiben soll.591) Hieran fehlt es vorliegend. Insbesondere ist insoweit problematisch, dass sich hierzu keinerlei Anhaltspunkte im Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO finden lassen.

2. Geltungserhaltende Auslegung der Sicherungsabrede 190 Wie bereits zur Phase nach einer Negativerklärung i. S. d. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO im Insolvenzverfahren angemerkt, können die Parteien zur wirksamen Besicherung der Neuforderungen auch eine neue Sicherungsgewährung vereinbaren.592) Wenn die Parteien hiervon absehen, ist davon auszugehen, dass ein Interesse an der Aufrechterhaltung des bestehenden Sicherungsgeschäfts insoweit besteht, als dieses die Grundlage für eine nach Verfahrenseröffnung erfolgte, neue Kreditgewährung durch den Globalzessionar bietet. Daher ist die Sicherungsabrede auch für diesen Zeitraum so auszulegen, dass nur die aus der neuen Kreditgewährung resultierenden Neuforderungen vom Sicherungszweck erfasst sind. Dies führt dazu, dass sich der Freigabeanspruch des Schuldners allein am Bestand der gesicherten Neuforderungen orientiert, wodurch dem Sicherungsnehmer aus der Globalzession erwachsende Sondervorteile in Bezug auf die Insolvenzforderungen verwehrt bleiben. Der Eintritt der Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO in Bezug auf das gesamte Sicherungsgeschäft einschließlich der Sicherungszweckregelung wird auf diese Weise verhindert.

191 Gegen eine solche letztlich die Geltungserhaltung der Sicherungsabrede herbeiführende Auslegung bestehen allerdings Zulässigkeitsbedenken, wenn die Sicherungszweckregelung als AGB zu qualifizieren ist.593) Eine AGB-Klausel kann nämlich nur dann teilweise aufrechterhalten werden, wenn diese mehrere voneinander trenn___________ 589) BAG, Urteil v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18 = BAGE 163, 282 = NJW 2019, 456, 460 Rn. 61 ff. zu § 3 S. 1 MiLoG. 590) In diese Richtung noch zu § 202 BGB BAG, Urteil v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05 = BAGE 116, 66 = NJW 2006, 795, 797 ff.; BAG, Urteil v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 = BAGE 115, 19 = NJW 2005, 3305 f.; hierauf im Zusammenhang mit § 9 S. 3 AEntG hinweisend Bayreuther, DB 2017, 487, 488. 591) BAG, Urteil v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18 = BAGE 163, 282 = NJW 2019, 456, 461 Rn. 68 ff. zu § 3 S. 1 MiLoG. 592) Rn. 157. 593) Bei einer Individualvereinbarung ist eine geltungserhaltende Reduktion dagegen im Regelfall zulässig, siehe nur BGH, Urteil v. 8.12.2020 – KZR 124/18 = NZKart 2021, 302, 304 Rn. 28; auch Faust, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 139 Rn. 31 ff.; Roth, JZ 1989, 411, 416 ff. A. A. Jakl, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.4.2022, § 139 Rn. 181.

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B. Wirkungen der Wohlverhaltensperiode auf die Globalzession

bare Teile enthält und damit der differenzierenden Rechtsfolge des § 306 Abs. 1, 2 BGB zugeführt werden kann.594) Als Alternative hierzu den Inhalt einer unwirksamen, nicht teilbaren Klausel auf den gerade noch zulässigen Umfang zu reduzieren, ist dagegen im Grundsatz verboten.595) Dies gilt auch dann, wenn wie hier die Wirksamkeit der Klausel bzw. des gesamten Vertrags nicht durch die §§ 307 – 309 BGB, sondern durch eine spezialgesetzliche Vorgabe bedroht ist.596) Dass die geltungserhaltende Auslegung in dem hier untersuchten Fall ausnahms- 192 weise auch in der AGB-Konstellation zulässig ist, lässt sich nicht bereits aus § 294 Abs. 2 InsO selbst herleiten, da die Rechtsprechung auch insoweit hohe Anforderungen festgelegt hat.597) Jedoch ist zu berücksichtigen, dass gegen eine allgemein formulierte und nicht nach Insolvenz- und Neuforderungen differenzierende Regelung des Sicherungszwecks in aller Regel keine Wirksamkeitsbedenken bestehen. Einzig im speziellen Fall der Insolvenz des Globalzedenten, dem anschließenden Eintritt in die Wohlverhaltensperiode und der durch die Globalzession bewirkten Sicherung auch von Neuforderungen droht einer solchen Klausel wegen eines Teils der gesicherten Forderungen nach § 294 Abs. 2 InsO die Unwirksamkeit. Es wäre jedoch nicht interessengerecht, eine zur Förderung der legitimen Rationalisierungsfunktion von AGB global gefasste Klausel insgesamt zu kassieren, nur weil sie in einer seltenen Situation der Wirksamkeitskontrolle nicht standhält.598) Dies bestätigt sich durch einen Blick auf die dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zugrundeliegenden Ziele.599) Zunächst ist in der angestrebten Auslegung nämlich keine einseitige Bevorteilung des Globalzessionars als Verwender der AGB zu sehen, da auch der Globalzedent als Vertragspartner ein Interesse am Bestand der ___________ 594) BGH, Urteil v. 27.1.2015 – XI ZR 174/13 = NJW 2015, 1440, 1441 Rn. 18; BGH, Urteil v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13 = BGHZ 199, 281 = NJW 2014, 922, 924 Rn. 27; BGH, Urteil v. 13.11.2012 – XI ZR 145/12 Rn. 63; BGH, Versäumnisurteil v. 13.2.2001 – XI ZR 197/00 = BGHZ 146, 377 = NJW 2001, 1419, 1421; BGH, Beschluss v. 10.9.1997 – VIII ARZ 1/97 = BGHZ 136, 314 = NJW 1997, 3437, 3439. 595) BGH, Urteil v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83 = BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177, 1179; BGH, Urteil v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81 = BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309, 2310; weitergehend zur Definition Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 225 ff. 596) BGH, Urteil v. 27.1.2015 – XI ZR 174/13 = NJW 2015, 1440, 1441 Rn. 18; BGH, Urteil v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13 = BGHZ 199, 281 = NJW 2014, 922, 924 Rn. 27; Fornasier, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 306 Rn. 18. 597) Siehe zu den hohen Anforderungen der Rechtsprechung auch insofern BAG, Urteil v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18 = BAGE 163, 282 = NJW 2019, 456, 460 f. Rn. 65 ff. zu § 3 S. 1 MiLoG. 598) Zuzustimmen ist insofern Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 123 f.; Canaris, in: FS Steindorff, 1990, S. 519, 552; Lindacher, BB 1983, 154, 159. Auch seitens der Rechtsprechung wurde in vergleichbaren Fällen der Sache nach eine geltungserhaltende Reduktion vorgenommen, BAG, Urteil v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 = BAGE 115, 19 = NZA 2005, 1111, 1112; BGH, Urteil v. 9.5.1983 – II ZR 241/82 = BGHZ 87, 246 = NJW 1983, 2501, 2502. 599) Siehe zu den mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verfolgten Zielen Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 2.

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§ 4 Die Globalzession in der Wohlverhaltensperiode

Globalzession hat, soweit diese die Neuforderungen besichert und dem Vertragspartner dadurch eine Vergrößerung des Kreditvolumens ermöglicht hat. Darüber hinaus würde die mit einer drohenden Gesamtunwirksamkeit einhergehende Handlungsanweisung an den Verwender, alle erdenklichen Ausnahmesituationen in die Formulierung der Klauseln aufzunehmen, das Ziel der Förderung der Transparenz ins Gegenteil verkehren.600) Ferner ist die Befürchtung fernliegend, mit dieser in Bezug auf vorformulierte Sicherungsabreden selten relevanten geltungserhaltenden Auslegung einen generellen Anreiz für die Verwender von AGB zu schaffen, bewusst unangemessene bzw. unwirksame Klauseln zu verwenden, ohne das Risiko der Gesamtunwirksamkeit besorgen zu müssen. Aus teleologischen Gesichtspunkten wäre ein Festhalten am Verbot der geltungserhaltenden Auslegung in der konkreten Situation somit nicht tragbar.

193 Schließlich steht dieser geltungserhaltenden Auslegung auch nicht der Grundsatz des § 305c Abs. 2 BGB entgegen, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders und damit in aller Regel zu Lasten des Globalzessionars als Kreditgeber gehen. Die Zweifelsregelung gelangt vorliegend nicht zur Anwendung, da bereits die Anwendung der gewöhnlichen Auslegungsgrundsätze zu einem eindeutigen Ergebnis führen.601) Zum einen deutet bereits der allgemeine Erfahrungssatz der zu vermutenden Redlichkeit und Gesetzestreue der Parteien auf die Rückführung der Sicherungsabrede auf den noch zulässigen Teil der Sicherungsabrede hin.602) Zum anderen hat wie bereits gezeigt nicht nur der Globalzessionar, sondern auch der Insolvenzschuldner in Bezug auf die Sicherung von Neuforderungen ein konkretes Interesse an der Aufrechterhaltung von Sicherungsabrede und Globalzession.

___________ 600) Canaris, in: FS Steindorff, 1990, S. 519, 552; Lindacher, BB 1983, 154, 159. 601) Vgl. Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 129; Lindacher, BB 1983, 154, 159. Allgemein zur Nachrangigkeit des Auslegungsgrundsatzes des § 305c Abs. 2 BGB Fritzsche, in: Soergel BGB, Bd. 4, 13. Auflage 2019, § 305c Rn. 46. 602) Vgl. hierzu Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 124 ff.; Lindacher, BB 1983, 154, 159.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung A. Überblick über die Restschuldbefreiung I. Einordnung Gem. § 300 Abs. 1 S. 1 InsO entscheidet das Insolvenzgericht nach dem regulären 194 Ablauf der Abtretungsfrist und damit nach dem Ende der Wohlverhaltensperiode über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Sind alle angemeldeten Insolvenzforderungen, die Verfahrenskosten und die Masseforderungen bereits zuvor befriedigt, entscheidet das Gericht gem. § 300 Abs. 2 S. 1 InsO bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Sofern keine zulässigen und begründeten Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung vorliegen, schließt sich damit an die Wohlverhaltensperiode die Erteilung der Restschuldbefreiung an. Mit der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung erhält der Schuldner die Chance, 195 der uneingeschränkten Nachhaftung nach § 201 Abs. 1 InsO zu entgehen. Diese ist Folge des Grundsatzes, dass mit der Selbstbestimmtheit eigenen Handelns auch die Selbstverantwortung und damit die grundsätzlich unbeschränkte Haftung für die Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten einhergeht.603) Während die uneingeschränkte Nachforderung bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit allerdings im Ergebnis ohne Konsequenzen bleibt, da die Durchführung des Insolvenzverfahrens zur Vermögenslosigkeit und damit zur Beendigung des Rechtsträgers führt,604) sieht sich eine natürliche Person letztlich einer lebenslangen Nachhaftung ausgesetzt.605) Diese Diskrepanz wurde bereits unter der Konkursordnung als unbefriedigend angesehen.606) Hiergegen spricht zum einen das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte607) Interesse des Schuldners, sich nicht mit einem Leben mit dem pfändungsfreien Teil des Einkommens zu ___________ 603) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, Vor §§ 286 – 303a Rn. 4; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 286 Rn. 88; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.02; Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 2 IV; Ott, Typenzwang und Typenfreiheit im Recht der Personengesellschaft, 1966, S. 182 ff., 187; ähnlich Paulus, AcP 155 (1956), 277, 315 f. im Zusammenhang mit der Gläubigeranfechtung. Kritisch gegenüber diesem rechtsethischen Ansatz Menzinger, Das freie Nachforderungsrecht der Konkursgläubiger, 1982, S. 91 ff., 95 f. 604) Siehe hierzu Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 286 Rn. 3; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, Vor §§ 286 – 303a Rn. 6; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 9; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 286 Rn. 2; Weber, in: Jaeger KO, Bd. 2/1, 8. Auflage 1973, § 164 Rn. 1; Ahrens, in: Gottwald/Haas, InsRHdb, 6. Auflage 2020, § 74 Rn. 4; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.01, zur OHG Rn. 31.08; Pape, ZRP 1993, 285. 605) Hierzu Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 1 f.; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, Vor §§ 286 – 303a Rn. 5; Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.01; Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 79 f.; so auch schon KnülligDingeldey, Nachforderungsrecht oder Schuldbefreiung, 1984, S. 36. 606) Knüllig-Dingeldey, Nachforderungsrecht oder Schuldbefreiung, 1984, S. 36. 607) BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NJW 2015, 3029, 3030 Rn. 9; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

begnügen608) und stattdessen die Perspektive für einen wirtschaftlichen Neubeginn609) zu erhalten. Zum anderen streitet das Interesse der Volkswirtschaft610) und des Sozialsystems611) an der Reintegration des Schuldners in den legalen Kredit- und Arbeitsmarkt gegen die stets lebenslange Nachhaftung einer natürlichen Person.612)

196 Neben den konsensdeterminierten Möglichkeiten einer Schuldenbereinigung im Wege eines Insolvenzplanverfahrens (§ 227 Abs. 1 InsO) und – im Falle eines Verbraucherinsolvenzverfahrens – eines Versuchs der außergerichtlichen Einigung über die Schuldenbefreiung (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO) sowie dem darauf folgenden gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren (§§ 305 Abs. 1 Nr. 4, 306 ff. InsO), sieht die Insolvenzordnung mit den §§ 286 ff. InsO eine vom Gutdünken der Gläubiger unabhängige613) Möglichkeit der Erreichung einer Restschuldbefreiung vor. Hierdurch wird dem Schuldner bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ein subjektives Recht auf Erteilung der Schuldbefreiung verschafft.614)

197 Wegen des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG war und ist die Restschuldbefreiung verfassungsrechtlich auch in der Kritik.615) Überwiegend wird jedoch davon ausge___________ 608) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 7; BMJ, Diskussionsentwurf, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, 1988, S. B196. 609) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 43; BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NZI 2015, 858, 859 Rn. 9; BGH, Urteil v. 10.10.2013 – IX ZR 30/13 = NZI 2013, 1025, 1027 Rn. 11; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 286 Rn. 2; Kohte/Busch, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, Vor §§ 286 ff. Rn. 36; Knop, in: Rattunde/Smid/Zeuner InsO, Bd. 2, 4. Auflage 2019, § 286 Rn. 2; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 1. 610) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 81; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, Vor §§ 286 – 303a Rn. 3. 611) Auf das Sozialstaatsgebot verweisend Rechtsausschuss Bericht, BT-Drs. 12/7302, S. 153; BGH, Beschluss v. 3.3.2005 – IX ZB 171/03 = NZI 2005, 404; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 2, 3; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 286 Rn. 2; Pape, in: Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer, Hdb Insolvenzverwaltung, 10. Auflage 2022, Kap. 18 Rn. 2; in diese Richtung auch Häsemeyer, InsR, 4. Auflage 2007, Rn. 26.02; Menzinger, Das freie Nachforderungsrecht der Konkursgläubiger, 1982, S. 95. 612) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 81; BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NZI 2015, 858, 859 Rn. 9; Kohte/Busch, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, Vor §§ 286 ff. Rn. 7, 35; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 7; auf die Gefahr eines planmäßig unpfändbaren und unerreichbaren Schuldners hinweisend, Pape, ZRP 1993, 285. 613) Vgl. Ahrens, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 74 Rn. 14. 614) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 286 Rn. 12; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 286 Rn. 3; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 286 Rn. 1; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 286 Rn. 1; Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 286 Rn. 1; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 1; Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 36, 68, 80. 615) Insbesondere sorgte hier die mehrfache Richtervorlagen gem. Art. 100 Abs. 1 GG durch das AG München für Aufsehen: AG München, Vorlagebeschluss v. 9.6.2004 – 1507 IN 39/02 = NZI 2004, 456 ff.; AG München, Beschluss v. 20.5.2003 – 1506 IN 748/02 = ZVI 2003, 292 ff.; AG München, Vorlagebeschluss v. 20.11.2002 – 1502 IN 1944/00 = ZIP 2003, 177 ff.; AG München, Vorlagebeschluss v. 30.8.2002 – 1506 IN 656/02 = NZI 2002, 676 ff. Kritisch auch Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 250 ff. in Bezug auf einzelne Sonderfälle; Christmann, DGVZ 1992, 177, 178 f.

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A. Überblick über die Restschuldbefreiung

gangen, dass es sich beim Restschuldbefreiungsverfahren um eine zulässige Inhaltsund Schrankenbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG handelt.616) Indes überwiegt wohl die Kritik dahingehend, dass die Diskrepanz zwischen den Anforderungen, die an eine natürliche Person und jenen, die an eine juristische Person oder auch an eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gestellt werden, immer noch zu groß ist und die natürliche Person insofern benachteiligt wird.617) Dieser Vorwurf sollte sich durch die nahezu ausnahmslose Verkürzung der Verfahrensdauer auf drei Jahre in Folge der Umsetzung der EU-Richtlinie RL (EU) 2019/1023 abgemildert haben.618) Gleichzeitig lässt dies wiederum Stimmen nach einem unzulässigen Eingriff in die Gläubigerrechte laut werden.619) Insgesamt verdeutlicht sich dadurch der Eindruck, dass bei der Möglichkeit der einseitigen Restschuldbefreiung eine vollständige Zufriedenstellung aller Seiten – wie so oft im Insolvenzrecht – reine Utopie ist.620)

II. Wirkungen 1. Beendigung der Wohlverhaltensperiode Mit dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist oder auch dem durch eine vorgezo- 198 gene Erteilung der Restschuldbefreiung gem. §§ 300 Abs. 2 S. 4, 299 InsO bewirkten Ablauf der Abtretungsfrist endet der Zeitraum, an den die Wirkungen des § 294 InsO und die Obliegenheiten nach den §§ 295, 295a InsO anknüpfen. Mit der Er___________ 616) BGH, Beschluss v. 8.9.2016 – IX ZB 72/15 = NZI 2016, 922, 924 Rn. 19; andeutungsweise bereits BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NZI 2015, 858 f. Rn. 8 f.; ebenfalls in diese Richtung BVerfG, Beschluss v. 14.1.2004 – 1 BvL 8/03 = NJW 2004, 1233, 1234; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 286 Rn. 11; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 286 Rn. 17 ff.; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, Vor §§ 286 – 303a Rn. 8 ff.; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 20 ff.; Becker, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 1 Rn. 26; Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, Vor §§ 286 – 303 InsO Rn. 16; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 286 Rn. 7; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 3; Ahrens, in: Gottwald/Haas, InsR-Hdb, 6. Auflage 2020, § 74 Rn. 7 ff.; mit Einschränkungen Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 105 ff., 123; Rothammer, Die insolvenzrechtliche Restschuldbefreiung, 2008, S. 20 ff., 27; Sesemann, NZI 2002, 655 ff.; Adam, DZWIR 2006, 495, 496; Pape, ZInsO 2002, 951 ff.; Ahrens, ZInsO 2002, 1010, 1015 f.; ebenfalls mit einigen Einschränkungen Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 215, 236 ff., 250. 617) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 286 Rn. 4; Ahrens, in: Gottwald/Haas, 6. Auflage 2020, § 74 Rn. 4 f.; Pape, in: Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer, 10. Auflage 2022, Kap. 17 Rn. 3. 618) Positiv hinsichtlich der Reduzierung der Verfahrensdauer AG SBV, Stellungnahme zum RegE, 12.8.2020, S. 3; VID, Stellungnahme zum RefE, 1.4.2020, S. 2 f.; kritisch zumindest in Bezug darauf, dass dies auch für Verbraucher gelten soll Händlerbund, Stellungnahme zum RefE, 30.3.2020, S. 2; Die Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RefE, 20.3.2020, S. 2. 619) Letztlich auch unter Zugrundelegung des deutschen Verfassungsrechts als Prüfungsmaßstab die Zulässigkeit der dreijährigen Abtretungsfrist annehmend Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 261 ff. 620) Ähnlich Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 268.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

teilung der Restschuldbefreiung hat der Schuldner sein Ziel eines wirtschaftlichen Neustarts erreicht, für das er sich zunächst den zusätzlichen Beschränkungen im Insolvenzverfahren und bei einem symmetrischen Verfahren auch den Obliegenheiten der Wohlverhaltensperiode ausgesetzt hat. Bei einem asymmetrischen Verfahren muss der Schuldner bis zum Ende des Insolvenzverfahrens gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO weiterhin seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nachkommen, um keinen Widerruf der Restschuldbefreiung nach § 303 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu riskieren.

2. Erteilung der Restschuldbefreiung 199 Gem. § 301 Abs. 1 InsO wirkt die Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger i. S. d. § 38 InsO und damit gegen alle persönlichen Gläubiger, die einen bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch haben. Dies gilt ungeachtet dessen, ob die betreffenden Gläubiger ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben. Ausgenommen von den Wirkungen der Restschuldbefreiung sind lediglich die in § 302 InsO aufgeführten Verbindlichkeiten. Wie sich aus § 301 Abs. 3 InsO ergibt, kann der Gläubiger einer von der Restschuldbefreiung betroffenen Insolvenzforderung keine Befriedigung mehr beanspruchen. Dies ist jedoch keineswegs gleichbedeutend damit, dass die Insolvenzforderungen erlöschen.621) Die Identität der ihnen zu Grunde liegenden Schuldverhältnisse bleibt vielmehr erhalten.622) Die betreffenden Forderungen bleiben dadurch erfüllbar und stellen nach dem Erhalt der Leistung weiterhin einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen dar.623) Es ändert sich der Inhalt der jeweiligen Schuldverhältnisse624) dahingehend, dass die Forderungen ihre Durchsetzbarkeit und damit auch ihre Erzwingbarkeit verlieren.625) Man spricht insofern von einer Umwandlung626) einer vormals vollgültigen Forderung in eine unvollkommene Verbindlich___________ 621) Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 1; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 2, 15; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 27; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 536. 622) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537. 623) Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 2; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 27; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 20; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 124; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 228; Esser/Schmidt, SchuldR, Bd. 1/1, 7. Auflage 1992, § 7 III, S. 123. 624) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537, siehe dortige Fn. 512, wonach zwar keine Identitäts-, aber eine Inhaltsänderung der Schuldverhältnisse eintritt. 625) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 194 [zu § 250]; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 1; Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 81; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 536 f. 626) Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 9; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 27; Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 81 („Mutation“); Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 123; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537; Trendelenburg, Restschuldbefreiung, 2000, S. 272.

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A. Überblick über die Restschuldbefreiung

keit627) oder auch Naturalobligation628). Teilweise wird übergeordnet auch von einer Schuld ohne Haftung gesprochen.629) Da der wesentliche Bedeutungsgehalt letztlich klar und unumstritten ist, ist diese begriffliche Uneinigkeit von keiner großen praktischen Bedeutung.630) Im Folgenden sollen die Begriffe der unvollkommenen Verbindlichkeit und der Naturalobligation daher synonym verwendet werden.631) Gem. § 301 Abs. 2 InsO werden die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mit- 200 schuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte dieser Gläubiger aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung oder aus einem Recht, das im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigt, durch die Restschuldbefreiung nicht berührt. Die Restschuldbefreiung bewirkt somit keine Enthaftung von Sicherheiten.632) In konsequenter Umsetzung dessen, dass die Insolvenzforderungen nicht erlöschen, sondern bestehen bleiben, bilden sie weiterhin die Grundlage für akzessorische und abstrakte Kreditsicherheiten.633) Darüber hinaus sorgt § 301 Abs. 2 InsO hinsichtlich der akzessorischen Kreditsicherheiten wie der Bürgschaft oder dem Pfandrecht für eine Durchbrechung der Akzessorietät in der Form, dass die Gläubiger aus dem Sicherungsrecht Befriedigung verlangen können, obwohl ihre gesicherten Forderungen nicht durchsetzbar sind.634) ___________ 627) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 194 [zu § 250]; BGH, Beschluss v. 25.9.2008 – IX ZB 205/06 = NZI 2008, 737, 738 Rn. 11; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 2, 15; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 1; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 301 Rn. 4; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 2; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 28; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 123 f. 628) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 31 [zur Einfügung von § 300a]; Berg, Restschuldbefreiung de lege lata et ferenda, 2019, S. 81; im Generellen diesen Begriff gegenüber dem Begriff der unvollkommenen Verbindlichkeit favorisierend Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 271 ff.; Trendelenburg, Restschuldbefreiung, 2000, S. 272; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 228. Nach Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 2 IV solle man diesen Begriff dagegen besser vermeiden. 629) Hess, in: Hess/Groß/Reill-Ruppe, Insolvenzplan, 4. Auflage 2014, Kap. 4 Rn. 938; in diese Richtung auch Hanau, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 2004, S. 30; Esser/Schmidt, SchuldR, Bd. 1/1, 7. Auflage 1992, § 7 III, S. 123 („Schulden ohne Leistungszwang“); dies als einzig sachlich richtig ansehend Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, § 4 V 2, S. 85; Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, 1988, S. 315. 630) So auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, § 4 V 2, S. 85. 631) Dies stellt den Regelfall dar, siehe Fuchs, in: FS Medicus, 1999, S. 123, 135. 632) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 22. 633) Hess, in: Hess/Groß/Reill-Ruppe, Insolvenzplan, 4. Auflage 2014, Kap. 4 Rn. 938; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537. 634) LG Frankfurt (Oder), Urteil v. 24.2.2017 – 12 O 62/15 = NZI 2017, 571, 572 Rn. 27; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 301 Rn. 1; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 15, 17; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 48; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 301 Rn. 27; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 25.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

201 Nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens per se Zweifel an der Integrität des Schuldners begründet,635) kann dies für ihn auch in berufsrechtlicher Hinsicht Konsequenzen haben. Ein allein aufgrund der Insolvenz erlassenes Verbot verliert durch die Erteilung der Restschuldbefreiung automatisch seine Wirkung.636) Wurde dagegen die Zulassung zu einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit versagt oder aufgehoben, führt die Restschuldbefreiung gem. § 301 Abs. 4 S. 2 InsO nicht zu einem automatischen Wegfall der Versagung bzw. der Aufhebung. Im Rahmen der in einem solchen Fall notwendigen Einholung einer erneuten Erlaubnis oder Zulassung kann die Restschuldbefreiung aber bei der Bewertung des Vorliegens der nach dem jeweils einschlägigen Berufs- bzw. Aufsichtsrechts maßgeblichen Kriterien berücksichtigt werden.637)

3. Besonderheiten bei asymmetrischem Verfahren 202 Um auf die Besonderheiten des parallel zur Verkürzung der Abtretungsfrist immer häufiger auftretenden asymmetrischen Verfahrens638) angemessen zu reagieren, fügte der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit einer hierzu zuvor ergangenen BGHEntscheidung639) § 300a InsO ein.640) Demnach entfällt der Insolvenzbeschlag im Grundsatz für den Neuerwerb, wenn und sobald bereits während des Insolvenzverfahrens die Abtretungsfrist endet oder die materiellen Voraussetzungen des Sonderfalls nach § 300 Abs. 2 S. 1 InsO eintreten,641) vorausgesetzt, dass dem Schuldner sodann tatsächlich Restschuldbefreiung erteilt wird.642) In der Schwebephase zwischen dem Ende der Abtretungsfrist bzw. dem Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Abs. 2 S. 1 InsO und der Entscheidung des Gerichts hat der Verwalter den Neuerwerb zunächst treuhänderisch zu vereinnahmen und zu verwalten (§ 300a Abs. 2 S. 1 InsO). Mit rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung greifen gem. § 300a Abs. 2 S. 2 InsO auch die Vollstreckungsbeschränkungen des § 89 InsO nicht mehr, so dass sowohl die Neugläubiger als auch Insolvenzgläubiger mit nach ___________ 635) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 301 Rn. 4a. 636) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/21981, S. 22 [zu Nr. 8]; dies in Übereinstimmung mit Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz). 637) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/21981, S. 22 [zu Nr. 8]; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 27. 638) Hierzu bereits Rn. 158. 639) BGH, Beschluss v. 3.12.2009 – IX ZB 247/08 = BGHZ 183, 258 = NJW 2010, 2283. 640) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 17. § 300a InsO eingefügt mit Wirkung v. 1.7.2014, siehe Art. 1 Nr. 30, Art. 9 S. 1 des Gesetzes v. 15.7.2013 (BGBl. I, S. 2379). 641) Str., auf welchen Zeitpunkt genau abzustellen ist, wenn die Voraussetzungen des § 300 Abs. 1 S. 2 InsO vorliegen, siehe hierzu Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 300a Rn. 14 ff. 642) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 31 [zur Einfügung von § 300a] mit Verweis auf BGH, Beschluss v. 3.12.2009 – IX ZB 247/08 (= BGHZ 183, 258 = NZI 2010, 111, 112 Rn. 13 ff.). Welcher Neuerwerb weiterhin vom Insolvenzbeschlag erfasst ist, wird in § 300a Abs. 1 S. 2 InsO geregelt.

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A. Überblick über die Restschuldbefreiung

§ 302 InsO ausgenommenen Forderungen noch im laufenden Insolvenzverfahren in den Neuerwerb vollstrecken können.

III. Selbstständige Tätigkeit Entsprechend den Wirkungen, welche mit dem Ende der Wohlverhaltensperiode 203 und der Erteilung der Restschuldbefreiung verbunden sind, verhält es sich mit der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners im sich hieran anschließenden Zeitraum. Im Zentrum der mit dem Ende der Wohlverhaltensperiode verbundenen Folgen steht der Wegfall der Ausgleichszahlungsobliegenheit nach § 295a InsO, deren Befolgung den Schuldner einem gewissen Erfolgsdruck ausgesetzt hatte. Nun ist es ihm unbeeinflusst von drohenden Repressalien gestattet, wirtschaftlich kritischere Perioden durchzustehen und Maßnahmen zur Erhöhung der Rentabilität einzuleiten oder schlicht eine Verbesserung der Auftragslage abzuwarten. Gleichzeitig steigt durch den nun geringeren Abfluss von Vermögenswerten aus dem Unternehmen die vorhandene Liquidität zur Deckung der Ausgaben. Auch die nun verbesserte Möglichkeit zur Sicherung neuer Kredite trägt zur Möglichkeit eines großzügigeren Wirtschaftens bei. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass nach der Restschuldbefreiung zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten Einträge in Wirtschaftsauskunfteien bestehen bleiben und einen negativen Einfluss auf die Bonität des Schuldners haben.643) Durch die durch § 301 Abs. 1, 3 InsO ausgelöste Umwandlung der Insolvenzforde- 204 rungen in unvollkommene Verbindlichkeiten wird der Schuldner letztlich vom Großteil der Schulden befreit, die bei ihm zuvor die Insolvenzreife ausgelöst hatten. Durch die Schulden aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung werden somit grundsätzlich keine Mittel mehr gebunden. Der Schuldner muss jedoch berücksichtigen, dass sowohl die von den Wirkungen der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderungen nach § 302 InsO als auch die Forderungen der Neugläubiger grundsätzlich durchsetzbar bestehen bleiben. Hinzu kommt, dass etwaig gem. § 4a InsO gestundete Verfahrenskosten nach der Erteilung der Restschuldbefreiung fällig werden, auch wenn hierbei gem. § 4b Abs. 1 S. 1 InsO eine erneute Stundung möglich ist. Zudem sollte der Schuldner die Restschuldbefreiung nicht zum Anlass nehmen, 205 unüberlegte wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen oder sich auf dem Schuldenschnitt auszuruhen. Scheitert seine Unternehmung erneut, ist die wiederholte ___________ 643) OLG Schleswig, Urteil v. 2.7.2021 – 17 U 15/21 = NZI 2021, 794, 795 Rn. 25 ff., wonach der Schuldner gem. § 9 InsO i. V. m. § 3 InsOBekV nun bereits sechs Monate nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen Anspruch auf Löschung seiner Daten im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren hat. Bislang nahmen die Wirtschaftsauskunfteien eine Löschung erst nach drei Jahren vor und stützten sich dabei auf die „Verhaltensregeln für die Prüfung und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.5.2018“ des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“, Punkt II. 2 b), siehe OLG Schleswig, Urteil v. 2.7.2021 – 17 U 15/21 = NZI 2021, 794, 798 Rn. 49.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

Erteilung einer Restschuldbefreiung aufgrund der elfjährigen Sperrfrist gem. § 287a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO erst einmal ausgeschlossen. Die Restschuldbefreiung soll eine Ausnahme in der Biographie des Schuldners bleiben.644) Der Schuldner soll hierdurch nicht dazu verleitet werden, bewusst finanzielle Risiken auf andere abzuwälzen.645) Daher verlängert sich die Abtretungsfrist gem. § 287 Abs. 2 S. 2 InsO bei einer zweiten Restschuldbefreiung zusätzlich auf fünf Jahre.646) Eine kurzfristige zweite Chance zur Schuldenbereinigung wird der Schuldner somit auf diesem Wege nicht erhalten.

B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession 206 Der sich an die Restschuldbefreiung anschließende Zeitraum stellt bei der Untersuchung der Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Globalzession die letzte und die am schwierigsten zu beurteilende Phase im insolvenzrechtlichen Zusammenhang dar, da sich, so viel sei vorweggenommen, aus der Insolvenzordnung keine eindeutige Lösung ergibt. Einzig steht fest, dass die Globalzession, sofern kein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt worden war, nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wieder ihre Wirkung entfaltet.647) In einem solchen Fall lebt die Globalzession hinsichtlich der künftig entstehenden Forderungen des Schuldners zur Sicherung des unbefriedigten Teils der Insolvenzforderungen, der gem. § 201 Abs. 1 InsO der unbeschränkten Nachhaftung unterliegt, wieder auf.648) Um aufzulösen, ob und wie sich die Erteilung der Restschuldbefreiung auf die vorinsolvenzliche Vorausabtretung auswirkt, soll zunächst die besonders heterogene Interessenlage dargestellt werden. Da zur Auflösung dieser Ausgangslage weder der deutsche noch der europäische Gesetzgeber eine klare Haltung erkennen lässt, fällt der Blick schließlich auf die zum Schutz des Schuldners in Betracht kommenden Lösungen: erstens ein Umkehrschluss aus § 301 Abs. 2 S. 1 InsO, zweitens eine extensive Auslegung der Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO, drittens die Herleitung eines Freigabeanspruchs aus dem Sicherungsvertrag und viertens die Einordnung der Glo___________ 644) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 287a Rn. 9. 645) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 190 [zu § 239]; RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 24 f. [zu Nr. 20]; BGH, Beschluss v. 4.2.2016 – IX ZB 71/15 = NZI 2016, 316, 317 Rn. 10; BGH, Beschluss v. 11.5.2010 – IX ZB 167/09 = NZI 2010, 655, 656 f. Rn. 16. 646) Auf das Zusammenspiel der beiden Regelungen hinweisend RegE Änderung InsO, BT-Drs. 19/21981, S. 20 [zu Nr. 3]. 647) Siehe BGH, Urteil v. 6.6.2019 – IX ZR 272/17 = BGHZ 222, 165 = NZI 2019, 745 Ls. 2, 749 Rn. 38 ff.; Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und das Verbraucherinsolvenzverfahren, 2014, S. 406 f.; Gehrlein, NZI 2020, 503, 507; Leithaus, NZI 2019, 745, 751 f. 648) Da es ohnehin nicht um die Konvaleszenz des Erwerbs der während des Insolvenzverfahrens entstandenen Forderungen geht, ist es auch irrelevant, ob § 91 Abs. 1 InsO zu einer Nichtigkeit des einzelnen Rechtserwerbs führt oder nicht. § 91 Abs. 1 InsO wirkt sich ersichtlich nicht auf die Globalzession als Ganzes aus. Anders offenbar Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 129 Rn. 321 f., der die Bedeutung der bloßen Unwirksamkeit der Rechtserwerbe im Insolvenzverfahren hervorhebt.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

balzession als Verstoß gegen die Restschuldbefreiungsvorschriften sowie die Einordnung dieser wiederum als zwingendes Recht.

I. Interessenlage hinter möglicher Fortwirkung der Globalzession Wie auch in den vorherigen Phasen stehen hinter der Frage einer möglichen Kon- 207 valeszenz der Globalzession entgegengesetzte Schuldner- und Gläubigerinteressen. Im Hinblick auf die Ausformung der in der Insolvenzordnung vorgesehenen Möglichkeiten zur Erlangung einer Schuldenbereinigung hat der Gesetzgeber besonders betont, dass der von ihm gewählte Weg die Interessen des Schuldners und diejenigen der Gläubiger in gleicher Weise berücksichtigen soll.649)

1. Betriebsfortführungsinteresse des Schuldners Aus Sicht des Schuldners würde eine Konvaleszenz der Globalzession nach der 208 Restschuldbefreiung den eigentlich mit der Restschuldbefreiung bezweckten wirtschaftlichen Neustart des Schuldners massiv stören.650) Lebt die Globalzession wieder auf, wird der Schuldner von einer vorinsolvenzlichen Verfügung eingeholt und müsste sich mit dem ihm nach § 400 BGB verbleibenden pfändungsfreien Betrag seines Einkommens begnügen.651) Abhängig von der nicht abschließend geklärten dogmatischen und praktischen Umsetzbarkeit von der Deckung betrieblicher Ausgaben durch Beantragung eines entsprechenden Verschonungsbetrags nach § 36 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. § 850i Abs. 1 ZPO652) wäre die weitere Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit unmöglich. Statt dass dem Schuldner auch in Bezug auf seine selbstständige Tätigkeit ein wirtschaftlicher Neustart ermöglicht wäre, liefe die Erteilung der Restschuldbefreiung auf das endgültige Ende seiner selbstständigen Unternehmung heraus. Da die vom Verlust jeder einzelnen durch die Tätigkeit ___________ 649) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 188. 650) Hierüber herrscht in der Literatur Einigkeit: Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 18; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 28; in Bezug auf die Vorausabtretung von Lohnforderungen: Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9; Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und das Verbraucherinsolvenzverfahren, 2014, S. 406; Baier/ Huber, DB 2019, 2070; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Ahrens, NZI 2014, 529, 532; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 552; Münzel, ZInsO 2014, 761, 768; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512; Heinze, DZWIR 2013, 384, 387 f. 651) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 151 [zu § 132] im Zusammenhang mit der Einführung des § 114 Abs. 1 InsO zur Fortwirkung einer Lohnvorausabtretung; mit Verweis hierauf BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 457, 458 Rn. 10. 652) Dies als Möglichkeit zur Deckung der betrieblichen Ausgaben hervorgebracht durch BGH, Beschluss v. 20.3.2003 – IX ZB 388/02 = NJW 2003, 2167, 2170, der die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO auf beruflich bedingte Ausgaben aufwarf. Zu den Kritikpunkten und Nachteilen hierbei siehe Bäuerle, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 35 Rn. 133; Andres/Pape, NZI 2005, 141, 143; Tetzlaff, ZInsO 2005, 393, 394; Kohte, NZI 2003, 389, 393, 394; Voigt/Gerke, ZInsO 2002, 1054, 1061. Hierauf bereits Bezug genommen in Rn. 114.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

erzielten Forderung ausgehende Belastung erheblich schwerer wiegt als die Pflicht oder Obliegenheit zur Abführung einer Ausgleichszahlung i. S. d. § 295a InsO, stünde der Schuldner nach der Restschuldbefreiung weitaus schlechter als noch während der Wohlverhaltensperiode.

2. Befriedigungsinteresse der verbleibenden Gläubiger 209 Auf der einen Seite sprechen die Befriedigungsinteressen der Gläubiger, die von den Wirkungen der Restschuldbefreiung ausgenommen sind, sprich die Neugläubiger, die Insolvenzgläubiger mit Forderungen nach § 302 InsO und die Landesjustizkassen in Bezug auf die Rückzahlung gestundeter Verfahrenskosten,653) gegen eine Konvaleszenz der Globalzession. Diesen verbliebe kein pfändbares Schuldnervermögen zur zwangsweisen Durchsetzung ihrer Forderungen, so dass ihnen einzig die Hoffnung auf freiwillige Befriedigungen aus dem pfändungsfreien Teil des Schuldnervermögens verbliebe. Falls zu Gunsten eines Neugläubigers nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit noch im Insolvenzverfahren oder auch in der Wohlverhaltensperiode eine (zweite) Globalzession vorgenommen worden wäre, würde eine Konvaleszenz der (ersten) vorinsolvenzlichen Globalzession wegen des Prioritätsgrundsatzes analog § 185 Abs. 2 S. 2 InsO auch noch dessen Erwerb von neuen Sicherheiten verhindern.

3. Sicherungsinteresse des Globalzessionars 210 Eindeutig für eine Konvaleszenz der Globalzession spricht naturgemäß das Sicherungsinteresse des Globalzessionars selbst. Die Vereinbarung der Globalzession sollte dem Sicherungsgläubiger gerade die Befriedigung seiner persönlichen Forderung für den Fall sichern, dass der Schuldner diese nicht mehr erfüllen kann.654) Da dem Globalzessionar bereits im gesamten Insolvenzverfahren und in der Wohlverhaltensperiode der Erwerb von schuldnerischen Forderungen und damit die Besicherung der persönlichen Forderung versperrt war, wurde sein Befriedigungsund Sicherungsinteresse bereits im Vorfeld der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht übermäßig berücksichtigt. Hinzu kommt, dass die vor Verfahrenseröffnung übergegangenen Forderungen anfechtbar waren und daher ebenfalls keine langfristige Sicherheit bieten konnten. Dem Globalzessionar würden letztlich die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtungsfest erworbenen Forderungen und solche Forderungen, an denen der Globalzessionar noch anfechtungsfest eine gesi___________ 653) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]; hierzu auch Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 127 f. Rn. 318 ff.; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89; Ahrens, NZI 2014, 529, 532. 654) Siehe zur Globalzession BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 33. Siehe allgemein zur Kreditsicherung Lwowski, in: Lwowski/Fischer/ Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 1 Rn. 2; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 10. Auflage 2021, Rn. 1.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

cherte Rechtsposition erwerben konnte, verbleiben.655) Nicht nur liefe dies dem individuellen Interesse des Globalzessionars entgegen. Auch wäre dadurch eine erhebliche Entwertung der Globalzession als bisher in der Praxis anerkanntes Sicherungsmittel zu befürchten.656)

II. Prädetermination durch Gesetzesmaterialien und EU-Richtlinie 1. Widersprüchliche Auffassungen des Gesetzgebers im Kontext von § 114 InsO Ob die Wirkung der Restschuldbefreiung eine Konvaleszenz der Globalzession 211 verhindert, hat der Gesetzgeber bisher offensichtlich selbst unterschiedlich bewertet, dies im Zusammenhang mit dem inzwischen aufgehobenen § 114 InsO.657) Die Diskussion rund um die Einführung und Aufhebung jener Regelung lässt Rückschlüsse auch auf die Vorausabtretung anderer Forderungen als solcher aus einer abhängigen Beschäftigung zu. Im Vorfeld der Einführung des § 114 InsO mit Wirkung vom 1.1.1999, zeitgleich 212 mit Einführung der InsO als solcher, ging der Gesetzgeber nicht nur – wie bereits inzwischen eingesehen658) – fälschlicherweise von der grundsätzlichen Fortwirkung von Vorausabtretungen im Insolvenzverfahren aus,659) sondern darüber hinaus auch von ihrer Fortwirkung nach der Restschuldbefreiung. So wurde die Einschränkung der Vorausverfügung durch § 114 InsO damit begründet, dass andernfalls das Ziel der Restschuldbefreiung in vielen Fällen nicht erreicht werden könnte.660) „Denn solange die – regelmäßig vorliegende – Abtretung […] der Bezüge wirksam wäre, müßte der Schuldner den pfändbaren Teil des Einkommens an den gesicherten Gläubiger fließen lassen, ohne insoweit in den Genuß einer Schuldbefreiung zu kommen. Die Restschuldbefreiung gegenüber den übrigen Gläubigern würde ihm wenig helfen.“661) Dem liegt offensichtlich die Annahme zu Grunde, die Restschuld___________ 655) Riedel, ZVI 2015, 91, 92. 656) Dagegen relativierte der Gesetzgeber bei der Aufhebung des § 114 InsO die praktische Bedeutung von solchen Vorausabtretungen, die Lohnforderungen zum Gegenstand haben, siehe RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]; zuvor bereits Grote/Pape, ZInsO 2012, 409, 420; Grote, ZInsO 2010, 1974, 1976. Die Rolle der Globalzession in der heutigen Praxis insgesamt hebt Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 119 m. w. N. hervor. 657) Siehe hierzu Rn. 171 f. 658) RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]. 659) Siehe hierzu auch BGH, Urteil v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07 = NZI 2008, 563, 564 f. Rn. 20; BGH, Urteil v. 12.10.2006 – IX ZR 109/05 = NZI 2007, 39 Rn. 9; BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 457, 458 Rn. 10 f.; Grote/Pape, ZInsO 2012, 409, 420; Grote, ZInsO 2010, 1974, 1975 f. 660) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 151 [zu § 132]. 661) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 151 [zu § 132].

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

befreiung hätte gegenüber dem mit der Vorausabtretung gesicherten Gläubiger keine befreiende Wirkung.

213 Im Vorfeld der Aufhebung des § 114 InsO zum 1.7.2014 brachte der Gesetzgeber sodann implizit eine gegenläufige Einschätzung zum Ausdruck. Die Streichung der Norm wurde im Wesentlichen damit begründet, dass vor dem Hintergrund des inzwischen verkürzten Restschuldbefreiungsverfahrens das Arbeitseinkommen als regelmäßig einzige Einkommensquelle des Schuldners während des gesamten Insolvenzverfahrens nicht allein dem gesicherten Gläubiger, sondern der Gläubigergesamtheit zu Gute kommen müsse.662) Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dies würde dem Schuldner dann auch die Rückzahlung gestundeter Verfahrenskosten erleichtern.663) Da die Verfahrenskosten gem. § 4a Abs. 1 S. 1 InsO in aller Regel bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet werden, müsste die Aufhebung des § 114 InsO – der Logik der Regierungsbegründung folgend – also zu einer finanziellen Besserstellung des Schuldners nach der Restschuldbefreiung führen. Dies wäre nicht der Fall, wenn die Vorausabtretung nach Erteilung der Restschuldbefreiung wiederaufleben und dem Schuldner damit die zur Rückzahlung der Verfahrenskosten erforderliche Liquidität entziehen würde.664) Vor seiner Aufhebung diente § 114 InsO noch als endgültige zeitliche Begrenzung der Lohnvorausabtretung665) und führte meist dazu, dass der Schuldner nach der Restschuldbefreiung nicht mehr den Wirkungen der Vorausabtretung ausgesetzt war. Der Gesetzgeber ging somit davon aus, dass die Lohnvorausabtretung auch nach Abschaffung der zeitlichen Begrenzung durch § 114 InsO nach Erteilung der Restschuldbefreiung wirkungslos wäre.

2. Rückschlüsse aus § 300a InsO 214 Roth666) sieht in der Einfügung von § 300a InsO eine Unterstreichung durch den Gesetzgeber, dass eine vorinsolvenzliche Vorausabtretung nach der Erteilung der Restschuldbefreiung keine Wirkung mehr entfalten darf. In § 300a InsO werde der Neuerwerb nach der Restschuldbefreiung ausdrücklich exklusiv den Neugläubigern bzw. den durch § 302 InsO privilegierten Altgläubigern zugewiesen.667) Diese

___________ 662) 663) 664) 665)

RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]. RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/11268, S. 23 [zu Nr. 15]. Hierzu auch Münzel, ZInsO 2014, 761, 765. Überwiegend wurde § 114 InsO nämlich (auch) als Wirksamkeitsbeschränkung aufgefasst, BGH, Urteil v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03 = BGHZ 167, 363 = NZI 2006, 456, 458 Rn. 10; Riedel, ZVI 2015, 91 f.; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2115. 666) Roth, KTS 2014, 443, 447, 463 f. 667) Roth, KTS 2014, 443, 447, 463.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

Exklusiv-Zuweisung wäre aber weithin hinfällig, wenn Vorausabtretungen nach der Restschuldbefreiung wieder ihre Wirkung entfalten würden.668) Dieser Interpretation ist entgegenzuhalten, dass § 300a Abs. 1 S. 1 InsO lediglich 215 anordnet, dass der Neuerwerb bei einer Restschuldbefreiung im laufenden Insolvenzverfahren bereits mit Ende der Abtretungsfrist nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört. Hinsichtlich des in § 300a Abs. 2 S. 2 InsO vorgesehenen Entfalls der Vollstreckungsbeschränkung des § 89 InsO heißt es zumindest in der Begründung tatsächlich, dass sodann auch die Neugläubiger und die gem. § 302 InsO privilegierten Insolvenzgläubiger in das insolvenzfreie Vermögen und somit auch in den Neuerwerb vollstrecken können.669) Dabei geht es dem Gesetzgeber darum, den Neuerwerb trotz nach wie vor eröffnetem Insolvenzverfahren im Grundsatz wieder für jene Gläubiger zu öffnen. Der entscheidende Begriff der Exklusivität wird dagegen weder im Gesetz selbst noch in der Begründung verwendet. Wie Roth selbst anführt,670) hatte der Gesetzgeber hierbei nicht den Fall einer Vorausabtretung vor Augen, wollte diesen somit auch nicht regeln. Aus der Regelung des § 300a InsO kann mithin nicht abgeleitet werden, dass Vorausabtretungen nach der Restschuldbefreiung keine Wirkung mehr entfalten dürfen.

3. Rückschlüsse aus Restrukturierungs-Richtlinie Eine Prädetermination der Auswirkungen der Restschuldbefreiung auf den Fortbe- 216 stand der Globalzession könnte sich auch aus den Regelungen der Richtlinie (EU) 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz vom 20.6.2019 (RestrukturierungsRichtlinie) ergeben. Die Umsetzungsfrist ist gem. Art. 34 Abs. 1 der Restrukturierungs-Richtlinie am 17.7.2021 abgelaufen, so dass ein unklarer Wortlaut der InsO richtlinienkonform auszulegen und ein dem Inhalt der Richtlinie widersprechender Wortlaut sogar durch richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zu übergehen wäre.671) Würde sich aus der Restrukturierungs-Richtlinie eindeutig ergeben, dass einem Insolvenzgläubiger auf Basis einer vorinsolvenzlichen, sicherungsweisen Vorausverfügung nicht der Zugriff auf Gegenstände des Schuldnervermögens nach der Restschuldbefreiung gestattet werden darf, wäre dies auf das deutsche Recht zu übertragen. Ein solch eindeutiges Bekenntnis lässt die Richtlinie jedoch vermissen. Am Ende 217 der maximal dreijährigen Entschuldungsfrist soll der insolvente Unternehmer gem. Art. 21 Abs. 2 der Restrukturierungs-Richtlinie „in vollem Umfang entschuldet“ ___________ 668) 669) 670) 671)

Roth, KTS 2014, 443, 447, 464. RegE Änderung InsO, BT-Drs. 17/12268, S. 31 [zur Einfügung von § 300a]. „Ohne dass dies dem Gesetzgeber bewusst war…“, Roth, KTS 2014, 443, 447, 463 f. Vgl. BGH, Urteil v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05 = BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427, 428 f. Rn. 21; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, 78. EL 1/23, AEUV Art. 288 Rn. 134.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

sein. „Volle Entschuldung“ bezeichnet gem. Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 der Restrukturierungs-Richtlinie, dass die Eintreibung der ausstehenden für eine Entschuldung infrage kommenden Schulden ausgeschlossen ist, oder dass die ausstehenden einer Entschuldung zugänglichen Schulden als solche erlassen sind. Die Globalzession selbst in diesem Zusammenhang als Teil der „Schulden“ zu verstehen, wäre wohl nicht vom Willen des Richtliniengebers gedeckt, da in Erwägungsgrund Nr. 81 der Richtlinie von „besicherten Schulden“ die Rede ist, wodurch die begriffliche Trennung der Schulden und ihrer Besicherungen deutlich indiziert wird. Der deutsche Gesetzgeber sieht in § 301 Abs. 1, 3 InsO offensichtlich den in der Richtlinie beschriebenen Weg der Verhinderung der Eintreibung der Schulden vor und liegt damit auf der ihm vorgegebenen Linie. Welchen Einfluss dies aber auf den Fortbestand der Globalzession haben soll, lässt die Restrukturierungs-Richtlinie offen.672) Stattdessen liegt es vielmehr am nationalen Gesetzgeber bzw. am Rechtsanwender, hierfür eine interessengerechte Lösung zu finden.

III. § 301 InsO als Ausgangspunkt 218 Der aus systematischer Sicht erste Anknüpfungspunkt für die Untersuchung der Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die vorinsolvenzliche Voraus- oder Globalabtretung ist § 301 InsO, dessen amtliche Überschrift bereits verdeutlicht, dass hierdurch die Wirkung der Restschuldbefreiung geregelt werden soll. Während sich die Abs. 1 und 3 dabei auf die Wirkung der Restschuldbefreiung auf schuldrechtliche Forderungen beziehen und die Umwandlung von Insolvenzforderungen in unvollkommene Verbindlichkeiten anordnen, konzentriert sich Abs. 2 auf die Wirkung gegenüber Sicherungsrechten.

1. Anwendbarkeit von § 301 Abs. 1 und 3 InsO 219 Zunächst liegt auf der Hand, dass die Globalzession keine schuldrechtliche Forderung ist und eine solche auch nicht begründet, sondern vielmehr als dinglicher Vertrag selbst der Erfüllung einer schuldrechtlichen Forderung des Sicherungsnehmers aus der Sicherungsabrede dient.673) Die Stellung des Globalzessionars verleiht dem Sicherungsnehmer somit nicht den Status als Insolvenzgläubiger i. S. d. § 38 InsO, auf den sich § 301 Abs. 1 InsO bezieht. Inhaber dieses Status ist der Sicherungsnehmer lediglich über seine Rolle als Gläubiger der zu sichernden Insolvenzforderung. Würde sich die Restschuldbefreiung also unmittelbar auf die Globalzession auswirken, so würde sie zwar gegen einen Insolvenzgläubiger wirken, sich allerdings nicht auf das der Insolvenzgläubigerstellung zu Grunde liegende Rechtsge___________ 672) Anders Piekenbrock, WuB 2019, 523, 526 f. 673) Kern, in: Fischer/Klanten, BankR, 4. Auflage 2010, Rn. 9.527; Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 93 f.; Stoll, Die Globalzession, 2010, S. 118; Sievers, Die Globalzession, 1961, S. 19.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

schäft beziehen. Auch liegt es völlig fern, eine Abtretung gem. § 301 Abs. 3 InsO in eine unvollkommene Verbindlichkeit umzuwandeln, da sie erstens keine Verbindlichkeit ist und zweitens auch nicht durchgesetzt werden muss. Sie entfaltet ihre dingliche Wirkung automatisch bei Entstehen der jeweiligen Forderung und wird durch spätere Verfügungen auch nicht mehr beeinträchtigt.674)

2. Umkehrschluss aus § 301 Abs. 2 S. 1 InsO Schwieriger dagegen ist die Frage zu beantworten, ob von der Regelung des § 301 220 Abs. 2 S. 1 InsO Auswirkungen auf die Fortwirkung der Globalzession nach der Restschuldbefreiung abzuleiten sind. Zumindest für den Fall, dass ein Dritter die Globalzession als Fremdsicherheit zur Sicherung der Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners vorgenommen hatte,675) können § 301 Abs. 2 S. 1 InsO klare Rückschlüsse entnommen werden. Es gilt hiernach das Prinzip, dass die Forderung auch nach der Restschuldbefreiung im Verhältnis zu Dritten in vollem Umfang durchsetzbar bleibt.676) Das Gesetz nennt insofern zwar nur die Fälle des Mitschuldners und des Bürgen; dies gilt jedoch genauso auch für von Dritten gewährte dingliche Sicherheiten.677) Als Fremdsicherheit entfaltet die Globalzession eines Dritten ihre Wirkung infolgedessen ungeachtet der gegenüber dem persönlichen Schuldner erteilten Restschuldbefreiung. Diese Untersuchung soll sich jedoch schwerpunktmäßig der Untersuchung einer 221 Globalzession des Insolvenzschuldners in der Erscheinungsform einer Eigensicherheit, die also der Sicherung seiner eigenen persönlichen Forderungen dient, widmen. Für diesen Fall von besonderem Interesse ist, dass nach § 301 Abs. 2 S. 1 InsO auch die Rechte der Insolvenzgläubiger aus einem Recht, das im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigt, durch die Restschuldbefreiung nicht berührt werden. Im Einklang mit den §§ 50, 51 Nr. 1 InsO bewirkt die Globalzession zum Zwecke der Sicherung eines Anspruchs die Übertragung von Rechten an Forderungen, die den Globalzessionar in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen seines persönlichen Schuldners zur abgesonderten Befriedigung berechtigen.678) Man könnte hieraus folglich ableiten, dass auch im Falle der vorinsolvenzlichen Globalzession als Eigensicherheit die nach der Restschuldbefreiung übertragenen Forderungen von der Restschuldbefreiung unberührt bleiben.679) ___________ 674) Ganter in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 75 Rn. 66; Hattenhauer in: HKK BGB, §§ 398 – 413 Rn. 44. 675) Dies stellt den umgekehrten Fall der Globalzession als Fremdsicherheit im Vergleich zu dem in Rn. 181. beschriebenen dar. 676) BGH, Urteil v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = BGHZ 208, 1 = NJW 2016, 246, 247 Rn. 17. 677) So auch Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 23. 678) Siehe nur BGH, Urteil v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 = BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89, 92 Rn. 33. 679) So Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

a) Beschränkung des Anwendungsbereichs auf bestehende Sicherungsrechte 222 Im Schrifttum bezieht man den Anwendungsbereich des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO jedoch häufig allein auf solche Rechte, die in jenem Insolvenzverfahren, in dessen Rahmen der Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt worden war, zur abgesonderten Befriedigung berechtigt haben.680) Teilweise heißt es, die Unberührtheits-Anordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO erfasse eine Vorausabtretung deshalb nicht, weil sie im Insolvenzverfahren nach § 91 Abs. 1 InsO gehemmt werde und deshalb nicht zur Absonderung berechtige.681) Dies erweckt den Eindruck, die Vorausabtretung wäre in ihrer Gesamtheit als einheitliches Sicherungsrecht zu behandeln. Wenn dies aber der Fall wäre, müsste eine Vorausabtretung von der UnberührtheitsAnordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO gerade erfasst sein, da die Vorausabtretung hinsichtlich der vor Verfahrenseröffnung anfechtungsfest übertragenen Forderungen Absonderungsrechte vermittelt. Richtig ist jedoch, dass die Globalzession selbst kein Sicherungsrecht, sondern ein Verfügungsgeschäft ist, durch welches wiederum Sicherungsrechte übertragen werden.682) Erst die Inhaberschaft an den übertragenen Forderungen vermittelt das dingliche Recht, welches im Insolvenzverfahren gem. §§ 50, 51 Nr. 1 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Daher kann die Vorausabtretung nicht als Einheit bewertet werden. Ob sich aus § 301 Abs. 2 S. 1 InsO Rückschlüsse auf ihre Konvaleszenz herleiten lassen, ist vielmehr mit Blick auf die einzelnen von ihr vermittelten Sicherungsrechte zu prüfen.

223 Nicht ausgeschlossen ist demgegenüber, dass sich § 301 Abs. 2 S. 1 InsO lediglich auf solche Sicherungsrechte bezieht, die vor Verfahrenseröffnung oder während des Insolvenzverfahrens auf den Sicherungsgläubiger übergehen konnten und noch

___________ 680) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 32; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 301 Rn. 8a; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 33; in diese Richtung auch Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 301 Rn. 10; Lackmann, in: Henning/Lackmann/Rein, Privatinsolvenz, 2. Auflage 2022, InsO § 301 Rn. 10; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, 131 f. 328; im Ergebnis auch Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und das Verbraucherinsolvenzverfahren, 2014, S. 406; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 829; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89; Riedel, ZVI 2015, 91; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Schmerbach/ Semmelbeck, NZI 2014, 547, 552; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013, Anm. 1 D. II. 681) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 301 Rn. 8a; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 33; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 301 Rn. 10; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463. 682) Siehe zum Begriff des Sicherungsrechts Ganter, in: Ellenberger/Bunte, BankR-Hdb, Bd. 2, 6. Auflage 2022, § 69 Rn. 14; Lwowski, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage 2018, § 1 Rn. 6.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

bei Erteilung der Restschuldbefreiung bestehen,683) auch wenn sich darüber streiten lässt, ob bereits der Wortlaut tatsächlich hierauf schließen lässt.684) Dann könnte sich die Unberührtheits-Anordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO allein auf die bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens auf Basis der vorinsolvenzlichen Vorausabtretung übergegangenen Forderungen beziehen. Da ein Forderungserwerb im eröffneten Verfahren durch § 91 Abs. 1 InsO verhindert wurde, kämen hierbei allein jene Forderungen in Betracht, die bereits vor Verfahrenseröffnung anfechtungsfest auf den Zessionar übergegangen sind, aber – aus welchen Gründen auch immer – bislang nicht verwertet worden sind.

b) Umkehrschluss auf Unwirksamkeit nicht bestehender Sicherungsrechte Auch wenn sich die Unberührtheits-Anordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO allein 224 auf die in der Vergangenheit wirksam übergegangenen Sicherungsrechte bezöge, wäre damit noch nicht gleichzeitig geklärt, wie mit zukünftig entstehenden Sicherungsrechten umzugehen wäre.685) Dass sich aus § 301 Abs. 2 S. 1 InsO nicht die Unberührtheit dieser zukünftigen Sicherungsrechte ergäbe, hieße nicht automatisch, dass diese von der Restschuldbefreiung berührt oder gar ihr Übergang unwirksam wäre. Insofern fehlt es in § 301 Abs. 2 S. 1 InsO an einer ausdrücklichen Unwirksamkeits-Anordnung.686) Zumindest die pauschale Unwirksamkeit des Erwerbs neuer Sicherungsrechte wäre auch insoweit abwegig, als die Durchsetzbarkeit und damit die Werthaltigkeit der von der Restschuldbefreiung betroffenen Insolvenzforderungen anerkanntermaßen nachträglich durch Neubegründungs- oder

___________ 683) So Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 32; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, 131 f. 328; Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und das Verbraucherinsolvenzverfahren, 2014, S. 406; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 537; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 829; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89; Riedel, ZVI 2015, 91; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 552; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. A. A. Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013, Anm. 1 D.II., der die Wirkung des § 301 Abs. 2 auf bestehende „Sicherheiten“ begrenzt wissen will und hierunter auch die Globalzession mit all ihren zukünftigen Wirkungen fasst; ebenfalls wohl Heinze, DZWIR 2013, 384, 387, der sonst nicht die analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO über das Insolvenzverfahren hinaus zur Vermeidung einer Konvaleszenz der Vorausabtretung fordern würde. 684) So Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 52; Wittig, WM 1998, 209, 219. 685) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 128 Rn. 320b; Ahrens, NZI 2014, 529, 533 f.; a. A. Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 301 Rn. 32; Gehrlein, ZInsO 2016, 825, 829; Münzel, ZInsO 2014, 761, 768; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 552, die alle allein aus der einschränkenden Auslegung des § 301 Abs. 2 InsO bereits die Wirkungslosigkeit der Vorausabtretung nach der Restschuldbefreiung herleiten. 686) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 128 Rn. 320b.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

Durchsetzbarkeitsvereinbarungen wiederhergestellt werden können.687) In einem solchen Fall wäre es auch mit den Zwecken der Restschuldbefreiung nicht zu rechtfertigen, die Erlangung weiterer Sicherungsrechte zu versperren.

IV. Endgültige Nichtigkeit nach § 294 Abs. 2 InsO 225 Nachdem bereits die Feststellung getroffen werden konnte, dass die vorinsolvenzliche Globalzession als Sonderabkommen gem. § 294 Abs. 2 InsO eingeordnet werden kann, stellt sich die Frage, ob die dort vorgesehene Rechtsfolge der Nichtigkeit auch über die Wohlverhaltensperiode hinaus die Wirkungen der Globalzession sperrt. Diskussionen hierzu wurden in der Literatur vor allem im Zusammenhang mit den Wirkungen einer Lohnvorausabtretung anlässlich der Aufhebung des § 114 InsO geführt.

1. Argumente der Befürworter 226 Dass sich aus § 294 Abs. 2 InsO nicht nur auf die Wirksamkeit der Globalzession während der Wohlverhaltensperiode, sondern auch auf die Wirksamkeit darüber hinaus auswirkt, leiten die Befürworter dessen, angeführt von Ahrens, vor allem aus dem Wortlaut her.688) Dieser sieht als Rechtsfolge nicht bloß die (auch temporär mögliche) Unwirksamkeit, sondern die Nichtigkeit vor. Da die Rechtsordnung einem nichtigen Rechtsgeschäft in der Regel die gewollte Wirkung umfassend und endgültig versage,689) beschränke sich die Regelungswirkung des § 294 Abs. 2 InsO nicht bloß auf die Wohlverhaltensperiode und führe mit Wirkung ex tunc zur Nichtigkeit des Sonderabkommens.690) Aus einer unter den Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO fallenden Vorausabtretung könne man daher dauerhaft keine Wirkungen mehr ableiten.691) Sie sei somit auch der Konvaleszenz nicht mehr fähig.692) Dass die ___________ 687) RG, Urteil v. 14.3.1939 – VII 102/38 = RGZ 160, 134, 138 zu einem nachträglichen selbstständigen Schuldanerkenntnis in Bezug auf einen durch Zwangsvergleich unter alter Rechtslage erlassenen Forderungsteil, der dadurch ebenfalls zu einer unvollkommenen, also noch erfüllbaren Verbindlichkeit wurde; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 38; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 301 Rn. 18; Wenzel, in: Kübler/Prütting/ Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 5 f.; in diese Richtung auch Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 301 Rn. 11; Fischinger, Haftungsbeschränkungen im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 672, 674 ff.; Ahrens, EWiR 2015, 611, 612; Maaß, WuB 2015, 598. A. A. Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff.; Lüke, KTS 2016, 521, 525, 529. 688) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 55; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 129 Rn. 323; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463 f.; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 689) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 129 Rn. 323; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 690) Roth, KTS 2014, 443, 447, 463. 691) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 129 Rn. 323; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 692) Ahrens, Das neue Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 130 Rn. 323, S. 131 Rn. 326; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

Nichtigkeitsrechtsfolge nicht anders zu verstehen sei als sonst üblich, bestätige auch die Gesetzesbegründung, die eine Abweichung von der üblichen Bedeutung des Nichtigkeitsbegriffs nicht habe verlauten lassen.693) In systematischer Hinsicht bestehe zum einen kein Widerspruch zu § 301 Abs. 2 227 S. 1 InsO, der nur hinsichtlich bestehender, nicht aber auch hinsichtlich künftiger Sicherungsrechte die Unberührtheit von der Restschuldbefreiung vorsehe694) und zudem nicht selbst definiere, welche Sicherungsrechte im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung noch bestehen;695) daher widerspreche das weite Verständnis der Nichtigkeitsfolge der Regelung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO weder mit Blick auf die zukünftigen noch mit Blick auf die bereits entstandenen Forderungen. Zum anderen kollidiere das weite Verständnis der Nichtigkeitsrechtsfolge auch nicht mit der Regelung des § 287 Abs. 3 InsO, der bloß die Unwirksamkeit anordnet, soweit das betreffende Geschäft die Abtretungserklärung vereitelt oder beeinträchtigt; die beiden Regelungen stünden unabhängig nebeneinander und § 287 Abs. 3 InsO verbleibe noch ein eigener Anwendungsbereich.696) Diese Rechtslage stimme schließlich sowohl mit jener unter der Vorgängernorm 228 § 181 S. 3 KO697) als auch – in Bezug auf Lohnabtretungen – mit jener nach der Insolvenzrechtsreform bis zur Aufhebung des § 114 InsO überein698). Bereits unter Geltung der letzteren Norm sei es bei Lohnabtretungen üblich gewesen und daher heute insgesamt unerheblich, dass die Vorausabtretungen auch bei einer Versagung der Restschuldbefreiung nach den §§ 295 bis 298 InsO oder einem Widerruf der Restschuldbefreiung gem. § 303 InsO keine Wirkung mehr entfalten.699) Schlussendlich würde nach dieser Ansicht eine bloß vorübergehende Unwirksamkeitsfolge des § 294 Abs. 2 InsO „vom zweifelsfreien Gesetzeswortlaut und der eindeutigen Systematik sowie der klaren Teleologie“ abweichen.700)

___________ 693) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 130 Rn. 324; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 694) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 f. Rn. 328; Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 695) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 132 Rn. 331; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 696) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 Rn. 327; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 697) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 130 Rn. 323; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 698) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 133 Rn. 331; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 699) Roth, KTS 2014, 443, 447, 463; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 700) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 130 Rn. 325.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

2. Argumente der Gegenseite 229 Die Mehrheit der Stimmen in der Literatur stellt sich dem weiten Verständnis der Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO entgegen.701) Sie argumentieren vor allem mit der in der Gesetzesbegründung zum Vorschein kommenden Zielrichtung des § 294 Abs. 2 InsO, während der Dauer der Wohlverhaltensperiode eine Durchbrechung des Grundsatzes der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu verhindern.702) Auswirkungen der Norm auf die Zeit davor oder danach seien daher weder notwendig noch vom Gesetzgeber bezweckt.703) Vereinzelt wird hierin auch ein Widerspruch mit der bloßen Unwirksamkeitsanordnung der §§ 91 Abs. 1, 287 Abs. 3 InsO704) und der Unberührtheits-Anordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO705) gesehen.

230 Mit Blick auf die vor Verfahrenseröffnung entstandenen Forderungen wird bemängelt, hinsichtlich dieser sei die Wirksamkeit einer vorinsolvenzlichen unanfechtbaren Vorausabtretung anerkannt.706) Bei vollumfänglicher Nichtigkeit könnte der Zessionar jedoch auch hierdurch erlangte Forderungserlöse nicht behalten, sondern müsste diese nach § 812 BGB herausgeben.707) Die Wirksamkeit von sicherungshalber erfolgten Abtretungen werde damit letztlich insgesamt in Frage gestellt.708) Die Wirksamkeit sei aber von der Rechtsprechung anerkannt und die Vorausabtretung für Kreditinstitute ein erforderliches Sicherungsmittel bei der Darlehensgewährung an natürliche Personen.709)

231 Gegen die Endgültigkeit und Dauerhaftigkeit der Nichtigkeitsfolge wird vorgebracht, es sei nicht Zweck des § 294 Abs. 2 InsO, den Insolvenzschuldner nach Er___________ 701) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 301 Rn. 8a.1; wohl auch Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 6; wohl auch Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 301 Rn. 16, der mit der Auffassung Riedels stärker zu sympathisieren scheint; wohl auch Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 15, der recht weit von einem Bestand „dinglicher Sicherungen“ nach der Restschuldbefreiung ausgeht; Piekenbrock, WuB 2019, 523, 526; Riedel, ZVI 2015, 91, 92; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551; Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013 Anm. 1 D. II. 702) So wohl Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 301 Rn. 16; Riedel, ZVI 2015, 91, 92; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551. 703) Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551. 704) Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90. 705) Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90. 706) Piekenbrock, WuB 2019, 523, 526; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 551. 707) Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90. 708) Bigge/Peters-Lange, ZIP 2014, 2114, 2116. Offensichtlich zu weit geht dagegen die Kritik von Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90, wonach fortbestehende Sicherheiten i. S. d. § 301 Abs. 2 InsO generell nicht mehr denkbar wären; der Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO erfasst nämlich nicht jede vorinsolvenzliche Sicherheitenbestellung. 709) Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

teilung der Restschuldbefreiung zu schützen.710) Selbst bei Anlegung dieses Zweckes wäre es unerklärlich, warum der Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO nur Vorausabtretungen gegenüber einem Insolvenzgläubiger, nicht aber gegenüber einem Dritten erfasst.711) Schließlich wird bemängelt, dass der bloße Eintritt in die Wohlverhaltensperiode bereits die endgültige Nichtigkeit auslösen würde, unabhängig davon, ob sich der Schuldner sodann redlich verhält oder ihm aufgrund Unredlichkeit die Restschuldbefreiung versagt wird; auch dies könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.712)

3. Eigene Auslegung und Stellungnahme Zumindest besteht ein Grundkonsens zwischen beiden Lagern insoweit, als eine 232 vorinsolvenzliche Globalzession, die den Übergang (auch) von in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen bewirken soll, den Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO erfüllt und hierdurch jedenfalls der Übergang der in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen verhindert wird. Ob die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO darüber hinaus auch die Wirkungen der Vorausabtretungen vor und nach der Wohlverhaltensperiode unterbindet, ist mittels Auslegung zu ermitteln.

a) Wortlaut Der Begriff der Nichtigkeit, wie ihn § 294 Abs. 2 InsO zur Beschreibung der 233 Rechtsfolge verwendet, ist ein technisch-juristischer Ausdruck, welcher allgemein – in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Befürworter einer umfassenden Nichtigkeitsfolge – als der stärkste Grad der Unwirksamkeit verstanden wird.713) Einem nichtigen Rechtsgeschäft versagt die Rechtsordnung seine intendierten Rechtsfolgen grundsätzlich umfassend, endgültig, von Anfang an und gegenüber jedermann.714) Nur in seltenen, gesetzlich geregelten Fällen wird einem nichtigen Rechtsgeschäft die Heilung ermöglicht.715) In der InsO sind jedoch keine Normen

___________ 710) Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 301 Rn. 16; Riedel, ZVI 2015, 91, 92. 711) Riedel, ZVI 2015, 91, 92. 712) Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 301 Rn. 8a.1; Riedel, ZVI 2015, 91, 92; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90. 713) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 55 Rn. 3. 714) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 55 Rn. 8; Leipold, BGB I, 11. Auflage 2022, § 18 Rn. 1, § 21 Rn. 5; Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 477 f. Rn. 1207. Sich auf diese Formulierung berufend Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 129 Rn. 323; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10; Ahrens, NZI 2014, 529, 533; Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 715) BGH, Urteil v. 10.2.2012 – V ZR 51/11 = NJW 2012, 1570, 1571 Rn. 17; Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 477 f. Rn. 1207; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 55 Rn. 7.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

ersichtlich, die eine Heilung der durch § 294 Abs. 2 InsO angeordneten Nichtigkeit vorsehen.716)

234 Verwendet das Gesetz einen technisch-juristischen Ausdruck wie diesen, zielt dies meist auf die ihm in der Rechtssprache spezifisch zugeordnete Bedeutung ab.717) Die Auslegung kann an dieser Stelle bereits zu Ende sein.718) Jedoch kommt es gelegentlich vor, dass das Gesetz vom juristisch-technischen Verständnis eines Begriffs abweicht. Die Beispiele, in denen technische Begriffe im Gesetz untechnisch angewandt werden,719) betreffen zwar meist Fälle, in denen der technisch-juristische Begriff letztendlich in einer Form verstanden wird, die seine übliche, technische Bedeutung miteinbezieht, darüber hinaus aber noch weitere Bedeutungen umfasst.720) Die vorliegend zu untersuchende Frage unterscheidet sich hiervon dadurch, dass neben dem technisch-juristischen Verständnis des Nichtigkeitsbegriffs nur eine Auslegung im Raum steht, die dieses Verständnis nicht mit einschließt, sondern in seinen Wirkungen verkürzt.

235 Jedoch muss auch in einem solchen Fall beim Vorliegen besonderer Gründe dargetan werden können, dass der Sprachgebrauch des Gesetzes gerade an dieser Stelle in einer anderen Bedeutung zu verstehen ist.721) Liegt ein solcher Grund vor, bezeichnet der allgemeine Sprachgebrauch den Rahmen, innerhalb dessen die gesuchte Bedeutung liegen muss.722) Ob ein besonderer Grund besteht, der eine Abweichung vom juristisch-technischen Sprachgebrauch nahelegt, soll im Rahmen der noch folgenden Auslegungskriterien untersucht werden. Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt sich jedenfalls keine klare Abgrenzung zwischen den Begriffen Nichtigkeit und Unwirksamkeit. Laut Duden bedeutet „nichtig“ in der gehobenen Alltagssprache „gering einzuschätzend“, „ohne Wert“ oder auch „gänzlich unwichtig“, in der Rechtssprache „ungültig“. All diese Bedeutungen lassen keine Aussage dahingehend erkennen, wie der jeweilige Faktor in einem früheren Zeitpunkt zu bewerten war oder in einem späteren Zeitraum zu bewerten sein wird. Der allgemeine Sprachgebrauch lässt hierbei somit einen größeren Spielraum und stünde auch einer bloß temporären Unwirksamkeit offen. ___________ 716) So auch Andres, in: Andres/Leithaus InsO, 4. Auflage 2018, § 294 Rn. 4; Hess, in: Hess, InsR, Bd. 2, 2. Auflage 2013, InsO § 294 Rn. 40. 717) Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 321; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 4, 1977, S. 362. 718) Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 321. 719) Siehe hierzu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 321; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 671 f. 720) So wird der Begriff der Sache in §§ 119 Abs. 2 und 433 BGB weiter verstanden als in § 90 BGB definiert, der Begriff der Genehmigung in § 1821 BGB weiter verstanden als in § 184 Abs. 1 BGB definiert und unter den Ausdruck des die Veräußerung hindernden Rechts in § 771 Abs. 1 ZPO auch ein bloß obligatorisches Besitzrecht subsumiert. 721) Siehe hierzu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 321 f. 722) Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 322.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

b) Historie Um in historischer Hinsicht Erkenntnisse über die Reichweite der Rechtsfolge zu 236 gewinnen, ist der Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm und die in diesem Zusammenhang ergebenden historisch feststellbaren Erwägungen bei Erlass des Gesetzes zu richten, die die Absicht des Gesetzgebers widerspiegeln.723) Im Zusammenhang mit § 294 Abs. 2 InsO bietet sich dafür eine Untersuchung sowohl der Vorgängernormen als auch der Gesetzesbegründung an.

aa) Vorgängerregelungen des § 294 Abs. 2 InsO Bekanntlich verweist die Gesetzesbegründung zu § 294 Abs. 2 InsO auf die Vor- 237 gängerregelungen in den §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO.724) Dies darf allerdings nicht überinterpretiert werden, da sich Konkurs- und Vergleichsverfahren in vielen wesentlichen Punkten vom Restschuldbefreiungsverfahren unterscheiden und demzufolge die Regelungskontexte der Normen voneinander abweichen.725) Wie bereits im Zusammenhang mit den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen aufgezeigt,726) können daher nicht einfach sämtliche Wertungen der früheren Rechtslage auf § 294 Abs. 2 InsO übertragen werden. Zumindest um die Ausgangssituation des Gesetzgebers vor der Einführung des § 294 Abs. 2 InsO nachvollziehen zu können, kann der Blick auf die frühere Rechtslage dennoch aufschlussreich sein. Beide früheren Regelungen sahen in Form eines ähnlichen Wortlauts wie dem des § 294 Abs. 2 InsO die Rechtsfolge der Nichtigkeit für solche Abkommen vor, die außerhalb des Vergleichs abgeschlossen wurden und einem einzelnen Gläubiger eine Bevorzugung verschafften bzw. verschaffen sollten. In beiden Fällen war anerkannt, dass ein solches Abkommen absolut, unheilbar, von Anfang an und endgültig nichtig sein sollte.727) Zwar lassen sich die konkreten Wirkungen der §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO 238 auf eine Globalzession oder eine andere Vorausabtretung über die Grenzen des Konkurs- bzw. Vergleichsverfahrens hinaus nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen belegen. Jedoch war es anerkannt, dass von den Wirkungen der Normen bereits bestehende Bevorrechtigungen, insbesondere Absonderungsrechte, ausge-

___________ 723) Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, S. 445; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 674. 724) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. 725) So auch Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 26. 726) Siehe Rn. 180. 727) Zu § 181 S. 3 KO Uhlenbruck, in: Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Auflage 1994, § 181 Rn. 10; Hess, in: Hess, KO, 5. Auflage 1995, § 181 Rn. 19, 29; Weber, in: Jaeger KO, Bd. 2/1, 8. Auflage 1972, § 181 Rn. 4; von Wilmowski, Reichs-KO, 6. Auflage 1906, § 181 Ziff. 4. Zu § 8 Abs. 3 VerglO Bley/Mohrbutter, VerglO, 4. Auflage 1979, § 8 Rn. 44.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

nommen waren.728) Eine Rückwirkung auf den Abschluss des Globalzessionsvertrags über die Verfahrenseröffnung hinaus hätte diesem Grundsatz widersprochen. Dies lässt zweifeln, ob die Nichtigkeit unter der damaligen Rechtslage tatsächlich auch in Bezug auf die Globalzession in ihrer Gesamtheit „von Anfang an“ gewirkt hat. Darüber hinaus kam die Rechtsfolge der §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO nur dann überhaupt zum Tragen, wenn der Vergleich tatsächlich auch abgeschlossen und gerichtlich bestätigt wurde.729) Allein die tatsächliche Verletzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung rechtfertigte, den Grundsatz der Vertragstreue in Bezug auf das Verzugsabkommen außer Kraft zu setzen; die Benachteiligung der restlichen Gläubiger war letztlich Grund und Voraussetzung der Nichtigkeit des Abkommens.730) Übertragen auf die heutige Rechtslage hieße dies, bei der Versagung oder dem Widerruf der Restschuldbefreiung könnte die Globalzession sogar über die gesamte Wohlverhaltensperiode hinweg ihre Wirkung entfalten. Zwar ist wegen des unterschiedlichen Regelungskontexts Vorsicht vor voreiligen Schlüssen geboten. Jedoch ist es zumindest bemerkenswert, dass auch unter der damaligen Rechtslage vom juristisch-technischen Verständnis des Nichtigkeitsbegriffs abgewichen wurde und keineswegs pauschal eine anfängliche und endgültige Nichtigkeit der Globalzession eintreten konnte.

bb) Gesetzesbegründung 239 Abseits des Verweises auf die §§ 181 S. 3 KO, 8 Abs. 3 VerglO geht aus der Gesetzesbegründung lediglich hervor, § 294 Abs. 2 InsO beruhe auf dem Gedanken, dass die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger auch während der Dauer der Wohlverhaltensperiode ein wesentlicher Grundsatz der Regeln über die Restschuldbefreiung ist.731) § 294 Abs. 2 InsO soll eine Durchbrechung dieses Grundsatzes verhindern.732) Zwar geht nicht ausdrücklich aus der Begründung hervor, dass der Begriff der Nichtigkeit anders verstanden werden soll als üblich. Jedoch wird zumindest die eindeutige Anknüpfung an den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz während der Wohlverhaltensperiode deutlich. Darüber hinaus den Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu schützen, scheint der Gesetz___________ 728) Vgl. Bley/Mohrbutter, VerglO, 4. Auflage 1979, § 8 Rn. 30; Weber, in: Jaeger KO, Bd. 2/1, 8. Auflage 1972, § 181 Rn. 4; Hess, in: Hess, KO, 5. Auflage 1995, § 181 Rn. 19. 729) BGH, Urteil v. 16.6.1952 – IV ZR 131/51 = BGHZ 6, 232 = NJW 1952, 1009, 1010; Hess, in: Hess, KO, 5. Auflage 1995, § 181 Rn. 27; Uhlenbruck, in: Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Auflage 1994, § 181 Rn. 6; Kilger/K. Schmidt, KO, 16. Auflage 1993, § 181 Ziff. 3. Anders zuvor noch RG, Urteil v. 29.10.1892 – I 221/92 = RGZ 30, 22, 24. 730) BGH, Urteil v. 16.6.1952 – IV ZR 131/51 = BGHZ 6, 232 = NJW 1952, 1009, 1010 mit Verweis auf Mentzel, KO, 5. Auflage 1937, § 181 Rn. 5, wonach die Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung aller Gläubiger im Zwangsvergleich gesetzlicher Grund und Voraussetzung der Nichtigkeit von Vorzugsabkommen sei. 731) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. 732) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243].

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

geber bei Einführung der Norm nicht bezweckt zu haben. Naheliegend ist vielmehr, dass der Gesetzgeber weiterhin in der Verletzung der Gläubigergleichbehandlung den Grund und die Voraussetzung der „Nichtigkeit“ von Vorzugsabkommen sah.733) Untermauert wird dies durch einen Verweis auf § 244 Nr. 3 des Regierungsent- 240 wurfs,734) welcher der heutigen Fassung des § 295 S. 1 Nr. 3 InsO entspricht. Es ist wegen des offensichtlichen thematischen Zusammenhangs735) unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber eigentlich auf § 244 Nr. 4 des Entwurfs bzw. § 295 S. 1 Nr. 4 InsO verweisen wollte. Hiernach ist es Obliegenheit des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode, keinem Gläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen. Der zeitliche Bezug auf die Wohlverhaltensperiode setzt sich also auch in diesem Punkt fort.

c) Systematik In systematischer Hinsicht ist der Erkenntnisgewinn im Gesetzesaufbau und dem 241 Bedeutungszusammenhang bzw. dem Kontext der Regelung zu suchen.736) Neben der Stellung des § 294 Abs. 2 InsO innerhalb des § 294 InsO und wiederum dessen Stellung innerhalb der Insolvenzordnung sind im Rahmen der systematischen Auslegung auch die vereinzelt gegen ein technisch-juristisches Verständnis der Nichtigkeit geltend gemachten Widersprüche mit anderen Normen, im Konkreten mit den §§ 301 Abs. 2, 287 Abs. 3, 91 Abs. 1 InsO, zu überprüfen.

aa) Gesetzesaufbau und Kontext Die Verortung und der Kontext des § 294 Abs. 2 InsO sprechen deutlich für dessen 242 Anknüpfung an die Wohlverhaltensperiode. So steht Abs. 2 des § 294 InsO zwischen dem Vollstreckungsverbot in Abs. 1, das seine Wirkung ausdrücklich nur auf die Wohlverhaltensperiode beschränkt, und dem Aufrechnungsverbot in Abs. 3, das ebenfalls effektiv nur in der Wohlverhaltensperiode seine Wirkung zeigt, da während des eröffneten Verfahrens bereits § 96 Abs. 1 InsO gilt.737) Nicht nur entfalten beide benachbarten Regelungen innerhalb des § 294 InsO effektiv keine Wirkung ___________ 733) Vgl. zur Formulierung BGH, Urteil v. 16.6.1952 – IV ZR 131/51 = BGHZ 6, 232 = NJW 1952, 1009, 1010 zu § 181 S. 3 KO. 734) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 191 [zu § 243]. 735) Siehe nur Römermann, in: Nerlich/Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 294 Rn. 14; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 24; Knop, in: Rattunde/Smid/Zeuner InsO, Bd. 2, 4. Auflage 2019, § 294 Rn. 11; Andres, in: Andres/Leithaus, 4. Auflage 2018, § 294 Rn. 4; Hess, in: Hess, InsR, Bd. 2, 2. Auflage 2013, § 294 Rn. 10; Adam, ZInsO 2006, 1132. 736) Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 385 Rn. 365; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 324, 328; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, 1976, S. 672, Bd. 4, 1977, S. 362. 737) BGH, Urteil v. 21.7.2005 – IX ZR 115/04 = BGHZ 163, 391 = NJW 2005, 2988, 2989; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 62.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

vor Eintritt in die Wohlverhaltensperiode. Auch und gerade nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wirkt weder das Vollstreckungsverbot nach Abs. 1 noch das Aufrechnungsverbot nach Abs. 3 fort. Ferner spricht die amtliche Überschrift des § 294 InsO „Gleichbehandlung der Gläubiger“ für einen ausschließlichen Bezug auf die Wohlverhaltensperiode, da der Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem Ende der Wohlverhaltensperiode keinen zu berücksichtigenden Faktor mehr darstellt. Dies wird schließlich auch durch die Stellung des § 294 InsO innerhalb der Insolvenzordnung unterstrichen. Eingegliedert ist die Norm nämlich im Rahmen des Kapitels zur Restschuldbefreiung bei den Regelungen zur Wohlverhaltensperiode und nicht bei jenen für den Zeitraum bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,738) auch wenn der Gesetzgeber die klare Trennung in zwei Verfahrensabschnitte inzwischen etwas gelockert hat.739)

bb) Kollisionen mit anderen Normen 243 Bei der Frage, ob eine von § 294 Abs. 2 InsO ausgehende Rechtsfolge der anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit von Vorausverfügungen überhaupt mit den anderen Normen der Insolvenzordnung vereinbar wäre, ist entscheidend, dass die anderen Normen nicht im inhaltlichen Widerspruch hierzu stünden und ihnen noch ein eigener Anwendungsbereich verbliebe.740) Vor diesem Hintergrund lassen weniger die §§ 301 Abs. 2 S. 1, 91 Abs. 1 InsO an der Rechtsfolge der anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit einer Vorausabtretung zweifeln, sondern vielmehr der Zweck und die vorgegebene Rechtsfolge des § 287 Abs. 3 InsO.

(1) § 301 Abs. 2 S. 1 InsO 244 Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt,741) stellt § 301 Abs. 2 S. 1 InsO klar, dass jedenfalls bestehende Absonderungsrechte durch die Restschuldbefreiung nicht berührt werden. Bislang wurde nie in Zweifel gezogen, dass zumindest die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Forderungen – vorbehaltlich der insolvenzanfechtungsrechtlichen Regelungen – insolvenzfest vom Zessionar erworben werden können und ihn zur Absonderung berechtigen. Eine ex tunc wirkende Nichtigkeit der Globalzession würde dies zumindest bei einem symmetrischen Verfahren, in dem es überhaupt zur Anwendung des § 294 Abs. 2 InsO kommt, ändern. Zumindest in Bezug auf die inhaltliche Aussage des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO stellt dies jedoch keinen Widerspruch dar. In Übereinstimmung zum Argument ___________ 738) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 233 Rn. 555 fasst insoweit die §§ 294 – 296 InsO als funktionale Einheit zusammen. 739) Kritisch hierzu Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, Vor §§ 286 – 303a Rn. 41 f.; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 229 ff. Rn. 545 ff.; Pape, ZVI 2014, 234 ff. 740) Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 325, 328, der auf die sachliche Übereinstimmung zwischen den einzelnen Gesetzesbestimmungen abstellt. 741) Rn. 223.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

Ahrens‘742) ist nämlich anzuerkennen, dass § 301 Abs. 2 S. 1 InsO nicht festlegt, welche Absonderungsrechte im Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung noch Bestand haben sollen, und das Befinden hierüber somit anderen Regelungen überlässt. § 301 Abs. 2 S. 1 InsO verbleibt zudem ein eigener Anwendungsbereich in den Fällen, in denen bereits der Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO nicht erfüllt ist und ein Absonderungsrecht deshalb bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung „überlebt“. Dies ist denkbar, wenn § 294 Abs. 2 InsO gar nicht zur Anwendung kommt, weil das Restschuldbefreiungsverfahren asymmetrisch verläuft und die Wohlverhaltensperiode dadurch nicht erreicht wird oder weil die Sicherheitenbestellung vor Eintritt in die Wohlverhaltensperiode bereits abgeschlossen ist und in der Wohlverhaltensperiode selbst keinen Erwerb mehr vorsieht.743) Bei einer durch § 294 Abs. 2 InsO bewirkten anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit bestünde somit kein inhaltlicher Widerspruch zu § 301 Abs. 2 S. 1 InsO und, auch wenn dessen Anwendungsbereich verkürzt wäre, würde dieser nicht völlig leerlaufen.

(2) § 91 Abs. 1 InsO Anders als § 294 Abs. 2 InsO verwendet § 91 Abs. 1 InsO die Begrifflichkeit 245 „nicht wirksam“ in Bezug auf den Erwerb eines Rechts an einem Gegenstand der Insolvenzmasse. Gem. § 91 Abs. 2 InsO ist sogar ein Erwerb kraft öffentlichen Glaubens des jeweiligen Registers möglich. Eine Überschneidung der Anwendungsbereiche gäbe es dann, wenn § 294 Abs. 2 InsO ex tunc und damit auch während des Insolvenzverfahrens Wirkung entfalten sollte. Allerdings hat § 91 InsO einen ganz anderen Anknüpfungspunkt als § 294 Abs. 2 InsO. § 91 InsO soll lediglich verhindern, dass die Insolvenzmasse durch einzelne Erwerbe Dritter geschmälert wird, während sich § 294 Abs. 2 InsO auf das Abkommen selbst bezieht, im Fall der Vorausverfügung also nicht erst am Rechtserwerb, sondern bereits am Verfügungsvertrag ansetzt. Auch ist § 91 InsO eine allgemeine Regelung, die nicht bloß im Falle eines Restschuldbefreiungsverfahrens gilt. Dies führt dazu, dass § 91 InsO stets einen eigenen Anwendungsbereich hat, wenn gar kein Restschuldbefreiungsverfahren in die Wege geleitet wurde. Zudem ist bloß § 91 Abs. 1 InsO, nicht aber § 294 Abs. 2 InsO einschlägig bei einem asymmetrischen Verfahren, bei einem Erwerb, der nicht zu Gunsten eines Insolvenzgläubigers erfolgen sollte, und bei einem Erwerb, der auf einen Erwerbstatbestand zurückgeht, der nicht bis in die Wohlverhaltensperiode hineinwirkt.744)

___________ 742) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 132 Rn. 331; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 743) Dies übersehend Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90. 744) All dies übersehend Kuleisa, ZVI 2015, 85, 90.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

(3) § 287 Abs. 3 InsO 246 Nicht ohne Weiteres auszuräumen sind die Bedenken gegen die Vereinbarkeit einer potentiell durch § 294 Abs. 2 InsO ausgelösten anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit von Vorausabtretungen mit § 287 Abs. 3 InsO. Die Tatbestände beider Normen sind gleichzeitig erfüllt, wenn eine Vereinbarung getroffen wurde, die sowohl die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO vereitelt oder beeinträchtigt als auch einem einzelnen Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode einen Sondervorteil verschafft. Der Standardfall hierbei ist die vorinsolvenzliche sicherungsweise Lohnabtretung.745) § 287 Abs. 3 InsO ordnet in einem solchen Fall die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Vereinbarung insoweit an, als sie die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO vereiteln oder beeinträchtigen würde. Wenn es nach § 287 Abs. 3 InsO ginge, wäre die Lohnabtretung demnach nur für die Dauer der Wohlverhaltensperiode unterbrochen und könnte sowohl vor der Verfahrenseröffnung als auch nach der Restschuldbefreiung ihre volle Wirkung entfalten.746)

247 Nach der Gesetzesbegründung sollte durch die Einführung des § 287 Abs. 3 InsO nur das klargestellt werden, was sich bereits aus § 294 InsO ergeben habe: die Geltung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes auch während der Wohlverhaltensperiode und die Partizipation aller Insolvenzgläubiger an den in diesem Zeitraum beim Treuhänder eingehenden Gelder.747) Als konkrete Regelung innerhalb des § 294 InsO, die auch ohne § 287 Abs. 3 InsO die Wirksamkeit von Lohnabtretungen hemmen würde, kommt lediglich § 294 Abs. 2 InsO in Betracht.748) Wenn § 287 Abs. 3 InsO aber ohnehin nur klarstellen soll, was § 294 Abs. 2 InsO bereits bewirkt, und letztere Regelung eine strenge Nichtigkeitsfolge auslösen soll, fragt man sich, warum der Gesetzgeber in § 287 Abs. 3 InsO nicht ebenfalls die Nichtigkeitsrechtsfolge vorgesehen hat. Zwar ist die klarstellende Rechtsfolge damit noch in der klargestellten Rechtsfolge enthalten. Dennoch ist dies ein Hinweis darauf, dass auch die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO auf die Wohlverhaltensperiode beschränkt ist.

248 Zutreffend ist zwar die Anmerkung Ahrens‘, wonach der Regelung des § 287 Abs. 3 InsO im Falle vereinbarter Abtretungsausschlüsse ein eigenständiger Anwendungsbe-

___________ 745) Siehe nur Rechtsausschuss Änderung InsO, BT-Drs. 17/13535, S. 27 [zu Nr. 20 Buchstabe c]; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 242 f. Rn. 584 f. 746) Während des Insolvenzverfahrens fallen die der Vorausabtretung unterliegenden Forderungen ohnehin gem. den §§ 35, 36 InsO in die Insolvenzmasse und die Vorausabtretung kann gem. § 91 Abs. 1 InsO keine Wirkung entfalten, siehe Rn. 107. Die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO entfaltet daher in dieser Phase ohnehin noch keine Wirkung, vgl. Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 287 Rn. 4. 747) Rechtsausschuss Änderung InsO, BT-Drs. 17/13535, S. 27 [zu Nr. 20 Buchstabe c]. 748) So auch Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 287 Rn. 330.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

reich verbleibe.749) Seit der Einfügung des § 308 Nr. 9 BGB ist die wirksame Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses im Arbeitsvertrag jedoch ohnehin kaum mehr möglich.750) Zudem stellt die Lohnvorausabtretung den Hauptanwendungsfall des § 287 Abs. 3 InsO dar, der auch ausschlaggebend für die Aufnahme jener klarstellenden Regelung in das Gesetz war.751) Der verbleibende eigenständige Anwendungsbereich des § 287 Abs. 3 InsO wäre daher im Wesentlichen bedeutungslos.

d) Teleologische Erwägungen Aus teleologischer Perspektive ist zunächst festzustellen, welche Auswirkungen 249 mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit im juristisch-technischen Sinne verbunden wären. In den meisten Fällen würde es keinen Unterschied machen, ob § 294 Abs. 2 InsO die anfängliche und endgültige oder die bloß auf die Wohlverhaltensperiode beschränkte Unwirksamkeit anordnet. Anders wäre dies nur, wenn die Rechtswirkungen eines Abkommens nicht nur im Zeitraum der Wohlverhaltensperiode, sondern auch in den Zeiträumen davor und/oder danach eintreten sollen. Dies ist vor allem bei Vorausverfügungen des Schuldners, insbesondere bei einer Globalzession der Fall. Die Rechtsfolge einer anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit träfe den Globalzessionar empfindlich. Nicht nur könnte der Globalzessionar auf Grundlage der Globalzession keine neuen Sicherungsrechte mehr erwerben. Auch wären bereits erfolgte Rechtsübertragungen unwirksam. Hat der Insolvenzverwalter die Forderungen verwertet und den Erlös gem. §§ 166 Abs. 2, 170 Abs. 1 S. 2 InsO an den Zessionar weitergereicht, wäre dieser nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB wegen des nachträglichen Wegfalls des Absonderungsrechts an die Insolvenzmasse zurückzugewähren. Hat der Zessionar die Forderungen selbst verwertet und der Drittschuldner hierzu an ihn gezahlt, wäre die Forderung mangels Anwendbarkeit des § 407 Abs. 1 BGB noch nicht erloschen, so dass der Drittschuldner erneut in Anspruch genommen werden könnte. Im Ergebnis entstünden für den Drittschuldner und den Zessionar erhebliche Unwägbarkeiten. Vor allem weil der Zessionar im Insolvenzfall stets zu befürchten hätte, dass auch anfechtungsfest erlangte Sicherungsrechte nachträglich und rückwirkend ihre Wirkungen verlieren, würde eine durch § 294 Abs. 2 InsO ausgelöste Nichtigkeitsfolge im juristisch-technischen Sinne die Akzeptanz von Vorausabtretungen im Kreditverkehr in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund ist besonders kritisch zu hinterfragen, ob eine solche 250 Rechtsfolge mit den Zwecken des § 294 Abs. 2 InsO zu rechtfertigen ist. Hierbei ist zunächst entscheidend, welcher Zweck bzw. welche Zwecke überhaupt mit der ___________ 749) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 131 Rn. 327; Ahrens, NZI 2014, 529, 533. 750) Siehe hierzu nur Bayreuther, NZA 2022, 433 ff. 751) Rechtsausschuss Änderung InsO, BT-Drs. 17/13535, S. 27 [zu Nr. 20 Buchstabe c].

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

Norm erreicht werden sollen.752) Bei der Herleitung dieser Zwecke kommt es weniger auf die Gesetzesmaterialien an, die Aufschluss über den subjektiven Willen des Gesetzgebers geben, als auf objektive Kriterien wie den Wortlaut und die Systematik.753) Sodann ist die Frage zu stellen, ob der für § 294 Abs. 2 InsO hergeleitete objektive Zweck für die Rechtsfolge der Nichtigkeit im juristisch-technischen Sinne oder eher für eine auf den Zeitraum der Wohlverhaltensperiode beschränkte Unwirksamkeit spricht.

aa) Durchsetzung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung 251 Wie bereits gezeigt,754) spricht die systematische Stellung des § 294 Abs. 2 InsO, insbesondere dessen Platzierung bei den Vorschriften zur Wohlverhaltensperiode, dessen amtliche Überschrift und dessen Nachbarabsätze dafür, dass die Regelung die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode schützen soll.755) Da gemäß dem Wortlaut Sondervorteile für einzelne Gläubiger verhindert werden sollen, ist es auch aus objektiver Sicht naheliegend, dass ein objektiver Zweck des § 294 Abs. 2 InsO die Durchsetzung des Grundsatzes der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode ist, da gerade hiermit Sondervorteile Einzelner nicht zu vereinbaren wären. Insofern besteht hierbei auch kein Unterschied zu dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden subjektiven Willen des Gesetzgebers.

252 Die Rechtsfolge der Nichtigkeit erreicht zweifellos den Zweck der Gläubigergleichbehandlung während der Wohlverhaltensperiode, verhindert sie doch auch die Wirksamkeit sanktionswürdiger Sonderabkommen während der Wohlverhaltensperiode. Sie stellt im Vergleich zu einer auf die Wohlverhaltensperiode beschränkten Unwirksamkeitsfolge ein Mehr dar. Im Umfang dieses Mehrs führt die Nichtigkeit jedoch keinesfalls zu einer besseren Erreichung dieses Zwecks. Dies verdeutlicht ein Blick auf das zentrale Tatbestandsmerkmal des § 294 Abs. 2 InsO, die Verschaffung eines Sondervorteils, dessen Erfüllung als Indikator für eine Verletzung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes dient und damit die Angreifbarkeit des jeweiligen Abkommens begründet.756) Ob ein Sondervorteil durch den Erwerb eines Rechts an einem Gegenstand des Schuldnervermögens verschafft wird, hängt davon ab, ob das Recht bzw. sein wirtschaftlicher Wert der Gesamtheit der Gläubiger zusteht.757) Vorherrschend wird daher in Bezug auf die Wohlverhaltensperio___________ 752) Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 98 Rn. 67d. 753) Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Auflage 2013, S. 98 Rn. 67d; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 4, 1977, S. 364 f. 754) Rn. 242. 755) Hierzu auch Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 666 f. 756) In diese Richtung auch Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11. 757) Siehe Rn. 182.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

de vertreten, dass Leistungen aus dem unpfändbaren oder dem nicht dem Treuhänder zustehenden Vermögen regelmäßig keinen Sondervorteil i. S. d. § 294 Abs. 2 InsO darstellen,758) da solches Vermögen nicht der Gläubigergesamtheit zusteht und hieraus für sich genommen kein Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung herzuleiten ist. Selbst wenn § 294 Abs. 2 InsO die Gläubigergleichbehandlung nicht nur während der Wohlverhaltensperiode, sondern auch darüber hinaus schützen wollen würde, ist zu konstatieren, dass weder das Schuldnervermögen vor dem Insolvenzverfahren noch – mit Ausnahme des Falls der Nachtragsverteilung759) – das Schuldnervermögen nach der Restschuldbefreiung der Gesamtheit der Gläubiger zusteht, die Gläubigergleichbehandlung durch einen Einzelzugriff auf eine der beiden Vermögensmassen an sich also nicht bedroht wäre. Ein Zugriff auf die Insolvenzmasse ist bereits wegen der insolvenzverfahrensspezifischen Regelungen ausgeschlossen. Auch losgelöst von der Wohlverhaltensperiode würde der Zweck der gleichmäßi- 253 gen Befriedigung der Insolvenzgläubiger somit durch die Rechtsfolge der auf die Wohlverhaltensperiode beschränkten Unwirksamkeit in gleicher Weise wie durch die Nichtigkeit im technisch-juristischen Sinne gefördert, wobei letztere in einem erheblich größeren Umfang in die Rechte des Sicherungszessionars eingreifen würde.

bb) Sicherstellung der Tilgungsmittel Ebenfalls in der Literatur teilweise als Zweck des § 294 Abs. 2 InsO genannt wird 254 die Sicherstellung bzw. Erhaltung der Tilgungsmittel.760) Es ist kaum zu bestreiten, dass die Verhinderung des Abwanderns einzelner Vermögensbestandteile als exklusive Sondervorteile für einzelne Insolvenzgläubiger auch dazu führt, dass das an den Treuhänder abzuführende Vermögen zusammengehalten wird. Insofern stellt die Sicherstellung der Tilgungsmittel die logische Folge der Durchsetzung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung dar. Mangels objektiver Anhaltspunkte im Gesetz ist jedoch zweifelhaft, ob die Sicherstellung der Tilgungsmittel tatsächlich selbstständiger Zweck des § 294 Abs. 2 InsO ist.761) ___________ 758) LG Berlin, Beschluss v. 3.7.2006 – 505 Qs 54/06 = NJW 2007, 1541, 1543; Wenzel, in: Kübler/ Prütting/Bork, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 66; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 12; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 294 Rn. 15; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 7; Kexel, in: Graf-Schlicker InsO, 6. Auflage 2022, § 294 Rn. 3; Riedel, in: BeckOK InsO, 30. Edition, Stand: 15.1.2023, § 294 Rn. 8b; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 26; Kupka, ZInsO 2010, 113, 115. A. A. Adam, ZInsO 2006, 1132, 1132. 759) Diese bleibt auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung zulässig, BGH, Beschluss v. 10.7.2008 – IX ZB 172/07 = NZI 2008, 560; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 301 Rn. 12. 760) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 24; Streck, in: HamKo InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 12; Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 294 Rn. 15. 761) Ähnlich Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 666 f.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

255 Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie sich hieraus rechtfertigen ließe, bereits die vorinsolvenzlichen Wirkungen eines Abkommens zu unterbinden. Wie die §§ 49 ff. InsO zeigen, ist die Insolvenzordnung darauf ausgelegt, dass Insolvenzgläubiger Sicherungsrechte am Schuldnervermögen erwerben können, welche im Insolvenzverfahren dann auch – sozusagen als „berechtigte“ Sondervorteile – berücksichtigt werden.762) Wann hiervon aufgrund insolvenzrechtlicher Wertungen eine Ausnahme zu machen und der vorinsolvenzliche Erwerb solcher Rechte doch angreifbar ist, bestimmen die Regelungen zur Insolvenzanfechtung in den §§ 129 ff. InsO. Dass in § 294 Abs. 2 InsO eine weitere Ausnahme hiervon vorgesehen sein soll, ist nicht ersichtlich. Gegenstück zur Restschuldbefreiung ist nicht, dass absonderungsberechtigten Insolvenzgläubigern die bestehenden Sicherungsrechte entzogen werden, sondern dass der Schuldner durch Einhaltung seiner Obliegenheiten in besonderem Maße zur Vergrößerung der den Insolvenzgläubigern haftenden Vermögensmasse beiträgt.

cc) Verhinderung der Gläubigerbeeinflussung 256 Darüber hinaus wird in der Literatur häufig angeführt, § 294 Abs. 2 InsO solle auch verhindern, dass sich ein Gläubiger durch die Gewährung von Sondervorteilen davon abhalten lässt, Anträge auf Versagung (§§ 290 Abs. 1, 296 Abs. 1, 297 Abs. 1 InsO) oder Widerruf der Restschuldbefreiung (§ 303 Abs. 1 InsO) zu stellen oder sich dazu bewegen lässt, einen entsprechenden Antrag zurückzunehmen.763) Außer der Nähe des § 294 InsO zu den die Antragsrechte umschreibenden Normen sind keine Gründe ersichtlich, die dafür streiten, die Verhinderung der Gläubigerbeeinflussung als selbstständiges Ziel des § 294 Abs. 2 InsO anzuerkennen. Wortlaut und Systematik des § 294 Abs. 2 InsO deuten eindeutig auf den Zweck der Sicherung der Gläubigergleichbehandlung hin.764)

(1) Verletzung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes 257 Hiermit grundsätzlich im Einklang steht es, den Aspekt der unlauteren Beeinflussung eines Insolvenzgläubigers zur Begründung eines Verstoßes gegen die Gläubi___________ 762) Einzig durch die Übernahme der Feststellungs- und Verwertungskosten durch den gesicherten Gläubiger wird dessen dingliches Recht zugunsten der ungesicherten Gläubiger geschmälert, Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 1 Rn. 20. 763) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 24; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 56, 65; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 51; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 6; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 2; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 1; Adam, ZInsO 2006, 1132, 1133. 764) Den Schutz vor unlauterer Beeinflussung der Gläubiger deshalb nicht als eigenständigen Zweck des § 294 Abs. 2 InsO, sondern nur als Mittel zum Zweck begreifend, Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 57; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 665 ff.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

gergleichbehandlung heranzuziehen.765) So wird in der Literatur bereits teilweise vertreten, ein Sondervorteil i. S. d. § 294 Abs. 2 InsO liege auch dann vor, wenn durch das Abkommen zwar nicht das der Gläubigergesamtheit zustehende Vermögen betroffen werde, mit der Vorteilsgewährung aber in anderer Weise insolvenzwidrige Zwecke verfolgt würden.766) Zu den hierbei in Frage kommenden insolvenzwidrigen Zwecken zählt vor allem die Absicht des Schuldners, mit dem Abkommen den einzelnen Insolvenzgläubiger von der Geltendmachung seiner Antragsrechte abzuhalten.767) Indizwirkung für eine solche Beeinflussungsabsicht hat es, wenn der Gläubiger bereits einen Versagungsantrag gestellt hat oder ein Versagungsgrund verwirklicht ist.768) In der Tat lässt sich gestützt auf den Vorwurf der unlauteren Beeinflussung ein 258 Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung herleiten. Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger muss darauf vertrauen, dass der den Restschuldbefreiungsvorschriften innewohnende Interessenausgleich nicht aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Dazu zählt auch, dass ein einzelner Gläubiger, der Kenntnis von einem unredlichen Verhalten des Schuldners erlangt, im Interesse der Gläubigergesamtheit die Entscheidung darüber trifft, ob er von seinem hieraus resultierenden Antragsrecht Gebrauch macht. Lässt sich ein solcher Gläubiger stattdessen – egal aus welcher Vermögensmasse – einen individuellen Vorteil einräumen, um im Gegenzug von der Initiation einer Sanktionierung des unredlichen Verhaltens abzusehen, kann dies letztlich dazu führen, dass die Restschuldbefreiung erteilt wird, obwohl der Schuldner seinen Beitrag zum Interessenausgleich nur unzureichend erfüllt hat. Der hieraus resultierende Verlust, der der Gläubigergesamtheit aus der ungerechtfertigten Erteilung der Restschuldbefreiung entsteht, wird nur dem einzelnen Gläubiger ausgeglichen.

___________ 765) Hierauf läuft auch der Ansatz von Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 666 hinaus, wonach das Verbot der Einflussnahme auf das Antragsverhalten nur ein spezielles Mittel zum Schutz der Gläubigergleichbehandlung sei. 766) Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 294 Rn. 7; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 26; ähnlich Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 36 („Zwecke […], die dem Restschuldbefreiungsverfahren zuwiderlaufen“). Ausdrücklich a. A. Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 57; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 666. Dies zumindest nicht als Option zur Begründung eines Sondervorteils nennend Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 294 Rn. 15; Kexel, in: Graf-Schlicker InsO, 6. Auflage 2022, § 294 Rn. 3; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11; Pehl, in: Braun InsO, 9. Auflage 2022, § 294 Rn. 6. 767) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 65 f.; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 36. 768) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 65; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 36; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 294 Rn. 58.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

(2) Ausbruch aus der Fixierung auf die Wohlverhaltensperiode 259 Infolge der vorstehenden Überlegungen kommt es auch in Betracht, dass der Insolvenzschuldner einem einzelnen Insolvenzgläubiger Sondervorteile aus seinem Vermögensbestand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, während des Insolvenzverfahrens oder nach der Restschuldbefreiung gewährt, da sich manche Versagungsgründe auf das Verhalten des Schuldners während dieser Zeitabschnitte beziehen bzw. während dieser Zeitabschnitte geltend gemacht werden können. Die Ausdehnung des Tatbestandes und der Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO über die Wohlverhaltensperiode hinaus begegnet jedoch auch Zweifeln. Zunächst steht dem entgegen, dass sich nicht nur die Gesetzesbegründung auf die Gläubigergleichbehandlung in der Wohlverhaltensperiode bezieht,769) sondern auch die objektiv erkennbare Systematik des Gesetzes, insbesondere die zeitliche Anknüpfung der Nachbarabsätze und der Standort des § 294 InsO, eine Anknüpfung an die Wohlverhaltensperiode erkennen lässt.770) Darüber hinaus würde die im Schrifttum vorherrschende Ansicht, wonach ein Abkommen nur dann von § 294 Abs. 2 InsO erfasst ist, wenn es seine Wirkungen in der Wohlverhaltensperiode entfaltet,771) zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Denn diese Ansicht setzt für die Anwendung des § 294 Abs. 2 InsO voraus, dass im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens die Wohlverhaltensperiode überhaupt erreicht wird.772) Hinsichtlich der vor oder nach der Wohlverhaltensperiode gewährten Vorteile kann dieser Aspekt jedoch keinen entscheidenden Unterschied machen. Dies gilt umso mehr, als es meist von zufälligen Faktoren abhängt, ob das Insolvenzverfahren bereits vor Ablauf der dreijährigen Abtretungsfrist endet oder nicht.

260 Gewichtige Punkte sprechen jedoch dafür, im Fall der unlauteren Gläubigerbeeinflussung eine Ausnahme von der Fixierung des § 294 Abs. 2 InsO auf die Wohlverhaltensperiode zuzulassen und die Anwendung der Regelung entgegen der herrschenden Auffassung im Schrifttum nicht vom Erreichen der Wohlverhaltensperiode, sondern bloß vom Beginn des Restschuldbefreiungsverfahrens abhängig zu machen.773) Zunächst liegt wie gezeigt der in § 294 Abs. 2 InsO tatbestandlich vor___________ 769) Siehe Rn. 239 f. 770) Siehe Rn. 241– 248. 771) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 58; Römermann, in: Nerlich/ Römermann InsO, 46. EL 11/22, § 294 Rn. 15, wonach die Wirkungen nach „Ankündigung der Restschuldbefreiung“ eintreten müssen, was nach neuerer Rechtslage so nicht mehr vorgesehen ist, worüber das Gericht nach veralteter Rechtslage aber erst nach dem Schlusstermin befand; ebenso Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 294 Rn. 27; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 126 Rn. 314. 772) So ausdrücklich Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 513. 773) So wohl Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 294 Rn. 31; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 294 Rn. 11, die es beide für die Anwendung des § 294 Abs. 2 InsO genügen lassen, wenn sich das betreffende Abkommen auf das Restschuldbefreiungsverfahren auswirkt, welches als asymmetrisches Verfahren ohne Wohlverhaltensperiode auskommt.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

ausgesetzte Sondervorteil gegenüber der Gläubigergesamtheit bei einem Fall der Gläubigerbeeinflussung auch dann vor, wenn der Vorteil aus dem Schuldnervermögen vor oder nach der Wohlverhaltensperiode stammt.774) Im Einklang mit der Überschrift des § 294 InsO ist auch in einem solchen Fall trotz fehlendem Bezug auf die Wohlverhaltensperiode die Gleichbehandlung der Gläubiger bedroht. Entscheidend ist darüber hinaus jedoch, dass eine insolvenzrechtsspezifische Handhabe gegen gläubigerbeeinflussende Abkommen fehlen würde, soweit jenes einen Vorteil außerhalb der Wohlverhaltensperiode gewähren würde. Eine solche besteht in § 226 Abs. 3 InsO lediglich im Insolvenzplanverfahren. Der allgemeine Schutz, den das Instrument der Insolvenzanfechtung bietet, ist unzureichend. Selbst wenn hieraus im Einzelfall die Rückgewähr einzelner Vorteile hergeleitet werden kann, bezieht sich dies nur auf vor Verfahrenseröffnung eingetretene Vorteile. Die nach der Restschuldbefreiung eintretenden Vorteile bleiben hiervon unberührt. Zweifellos besteht jedoch ein Bedürfnis dafür, solche Abkommen in ihrer Gänze zu unterbinden, die einen einzelnen Gläubiger von der Geltendmachung seiner Antragsrechte im Restschuldbefreiungsverfahren abhalten sollen.775) Daher ist es tragfähig, den Tatbestand des § 294 Abs. 2 InsO zwar im Grundsatz 261 auf Vorteilsgewährungen aus dem während der Wohlverhaltensperiode bestehenden Schuldnervermögen zu beschränken, diesen bei Anzeichen auf eine Gläubigerbeeinflussung ausnahmsweise auch auf Leistungen aus dem davor oder danach bestehenden Schuldnervermögen zu erstrecken. Im Gleichlauf hiermit verhält es sich mit der Reichweite der Rechtsfolge. Der Zweck der Verhinderung einer Gläubigerbeeinflussung gebietet gerade nicht, die Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO stets im juristisch-technischen Sinne zu verstehen. Vielmehr ist nur im Einzelfall eine Wirkung auch abseits der Wohlverhaltensperiode gerechtfertigt.

dd) Schutz des Schuldners nach der Restschuldbefreiung Der einzig noch denkbare Zweck, der die allgemeine Erstreckung der Nichtigkeits- 262 folge des § 294 Abs. 2 InsO auf die Zeit nach der Restschuldbefreiung für geboten erscheinen ließe, wäre der Schutz des Schuldners in dieser Zeit. Dies war letztlich auch das ausschlaggebende Element bei der partiellen Fortwirkung des § 91 Abs. 1 InsO im Insolvenzverfahren nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit, wodurch dem Schuldner der frühzeitige wirtschaftliche Neustart ermöglicht werden sollte.776) Zwar wird auch für die Wohlverhaltensperiode mit der Regelung des § 295a InsO vorausgesetzt, dass der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit ausüben kann. Während dies im Insolvenzverfahren für eine freigegebene selbstständige Tätigkeit durch eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO erreicht wird, ___________ 774) Rn. 257 f. 775) Ähnlich Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 294 Rn. 58. 776) Siehe Rn. 137 ff., 143.

153

§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

sorgt in der Wohlverhaltensperiode § 294 Abs. 2 InsO bereits in direkter Anwendung für einen Schutz des Schuldners vor vorinsolvenzlichen Belastungen.777) Hierbei handelt es sich jedoch um eine bloß reflexartige Wirkung des § 294 Abs. 2 InsO, da aus objektiver Sicht keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass jene Regelung den Schutz des Schuldners bezweckt. Mithin ist es auch fernliegend, hierauf gestützt den Anwendungsbereich des § 294 Abs. 2 InsO allgemein über die Grenzen der Wohlverhaltensperiode hinaus auszuweiten.

e) Ergebnis 263 Für eine anfängliche und endgültige Nichtigkeit eines jeden Abkommens, welches einem einzelnen Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil verschafft, spricht letztlich einzig der Wortlaut des § 294 Abs. 2 InsO, der den Begriff der Nichtigkeit verwendet. Aus historischer, systematischer und teleologischer Sicht ergeben sich ausschließlich Anhaltspunkte, die teils in unerheblicherem, teils in erheblicherem Maße gegen den Eintritt einer anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit ohne weitere Differenzierung sprechen. Es liegen damit besondere Gründe dafür vor, den Nichtigkeitsbegriff an dieser Stelle abweichend von seiner juristisch-technischen Bedeutung zu interpretieren.

aa) „Insoweit“-Unwirksamkeit 264 Um die Zwecke des § 294 Abs. 2 InsO bestmöglich zu verwirklichen, ohne abseits dessen ungerechtfertigte Zwecke zu erzielen, hat sich die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO an seiner Kern-Tatbestandsvoraussetzung zu orientieren. In Annäherung an die Rechtsfolge des § 287 Abs. 3 InsO ist ein Sonderabkommen deshalb insoweit unwirksam, als durch dieses einem einzelnen Insolvenzgläubiger ein Sondervorteil i. S. d. § 294 Abs. 2 InsO verschafft wird.

265 Für die vorinsolvenzliche Globalzession bedeutet dies, dass sich die Sanktionswirkungen des § 294 Abs. 2 InsO grundsätzlich nur auf die Phase während der Wohlverhaltensperiode beziehen, da nur insoweit Sondervorteile verschafft werden. Umfassend nichtig ist die Globalzession gem. § 294 Abs. 2 InsO nur, wenn der Schuldner hiermit den Zessionar in seiner zusätzlichen Rolle als Insolvenzgläubiger davon abhalten will, einen Versagungsgrund, dessen Tatbestand bereits erfüllt ist oder dessen Tatbestand der Schuldner zu erfüllen plant, geltend zu machen.

bb) Erforderlichkeit einer geltungserhaltenden Auslegung 266 Auch wenn soeben verdeutlicht worden ist, dass die Rechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO nur an die Verschaffung von Sondervorteilen anknüpft, ist hieraus noch nicht ohne Weiteres zu folgern, dass eine nicht mit einer Gläubigerbeeinflussung im Zu___________ 777) Siehe Rn. 175– 183.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

sammenhang stehende Globalzessionsvereinbarung aufrechtzuerhalten ist, soweit sie außerhalb der Wohlverhaltensperiode – und damit auch nach der Restschuldbefreiung – Wirkungen entfalten soll. Genauso wenig wie sich in der Wohlverhaltensperiode eine Teil-Aufrechterhaltung der Sicherungsabrede unmittelbar aus § 294 Abs. 2 InsO ergeben konnte, soweit diese die Sicherung von Neuforderungen vorsah,778) kann eine Teil-Aufrechterhaltung der Globalzessionsvereinbarung aus § 294 Abs. 2 InsO hergeleitet werden, soweit diese außerhalb der Wohlverhaltensperiode entstehende Forderungen erfassen soll. Der Weg einer bloßen Teilunwirksamkeit scheitert auch im vorliegenden Fall daran, dass die Globalzessionsvereinbarung weder als AGB noch als Individualvereinbarung die erforderliche Teilbarkeit aufweist,779) da sie in aller Regel pauschal auf sämtliche gegenwärtige und zukünftige Forderungen Bezug nimmt,780) ohne weitergehend nach dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung zu differenzieren. Da eine Teilunwirksamkeit hier nicht umsetzbar ist, bleibt nur der Weg einer gel- 267 tungserhaltenden Auslegung der Globalzessionsvereinbarung, wonach sich die Abtretung nicht auf solche künftigen Forderungen beziehen soll, die in der Wohlverhaltensperiode entstehen. Die Auslegung stützt sich auf die grundsätzliche Annahme, dass die Parteien eine gesetzeskonforme Regelung gewollt haben.781) Es gilt insoweit bereits abstrakt das Gebot einer möglichst rechtskonformen Interpretation,782) wonach diejenige Auslegung zu wählen ist, die eine Gesetzeswidrigkeit des Vertrags vermeidet und zur Erhaltung der Gültigkeit des Geschäfts führt.783) Im Konkreten besteht insbesondere das Bedürfnis, die Wirkungen der Globalzession vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechtzuerhalten, die von einer Gesamtunwirksamkeit ebenfalls betroffen wären.784) Da sich die Zulässigkeit einer solchen Auslegung im Falle einer als AGB zu quali- 268 fizierenden Globalzessionsvereinbarung nicht bereits aus § 294 Abs. 2 InsO erge___________ 778) 779) 780) 781)

Siehe Rn. 189. Vgl. zur Frage der Teilbarkeit Rn. 188 f. Siehe Rn. 7. BGH, Urteil v. 3.12.2003 – VIII ZR 86/03 = NJW 2004, 1240; OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.10.2014 – VI-U (Kart) 42/13 = juris Rn. 51; Armbrüster, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 157 Rn. 7. 782) BGH, Urteil v. 17.3.2011 – I ZR 93/09 = GRUR 2011, 946, 948 Rn. 25 f.; BGH, Urteil v. 3.3.1971 – VIII ZR 55/70 = NJW 1971, 1034, 1035; Vogenauer, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 133, 157 Rn. 68; Busche, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 157 Rn. 14; Wendtland, in: BeckOK BGB, 65. Edition, Stand: 1.2.2023, § 157 Rn. 27. 783) Busche, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 157 Rn. 14; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 133 Rn. 57. 784) Insbesondere fiele hierdurch der Ersatzanspruch weg, der dem Globalzessionar zusteht, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter im Eröffnungsverfahren auf Basis einer gerichtlichen Einziehungs- und Verwendungsermächtigung die auf den Globalzessionar übergegangenen Forderungen für den Geschäftsbetrieb vereinnahmt, siehe Rn. 84.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

ben kann,785) bedarf es erneut einer Auseinandersetzung mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion und den diesem zugrundeliegenden Zielen.786) Wegen des Ausnahmecharakters des Eintritts des Globalzedenten in die Wohlverhaltensperiode ist ein Festhalten am Verbot der geltungserhaltenden Reduktion auch im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.787) Insbesondere greifen die Transparenzerwägungen hier nicht durch. Vom Verwender kann nicht ernstlich erwartet werden, von Anfang an in seine AGB aufzunehmen, dass die Globalzession ab der etwaigen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. dem Erreichen der Wohlverhaltensperiode keine Wirkungen mehr entfalten soll. Oftmals steht insbesondere zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Globalzession gar nicht fest, ob die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien auch nach einer etwaigen Insolvenzeröffnung aufrechterhalten würde, was wegen der dadurch entstehenden Neuforderungen ein legitimes Interesse an einer weiteren Übertragung von Sicherungsgegenständen begründen würde.788) Auch ist nicht zu befürchten, dass der Schuldner aufgrund des einheitlichen Wortlauts der Globalzessionsvereinbarung die Erlöse aus den während der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen leichtfertig dem Globalzessionar zufallen ließe und damit die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger unterliefe. Aufgrund seiner Ausgleichszahlungsobliegenheit nach § 295a InsO ist in dieser Zeit mit einer besonderen wirtschaftlichen wie juristischen Wachsamkeit des Schuldners und seiner Berater zu rechnen. Im Ergebnis ist daher auch in dieser Situation eine geltungserhaltende Auslegung zuzulassen, wodurch § 294 Abs. 2 InsO keine Gesamtunwirksamkeit der Globalzessionsvereinbarung herbeiführt.

V. Freigabeanspruch aus der Sicherungsabrede 269 Einen weiteren Herleitungsansatz dafür, dass die vorinsolvenzliche Globalzession nach Erteilung der Restschuldbefreiung im Ergebnis keine Wirkung mehr entfaltet, sehen manche Stimmen im Schrifttum in der zwischen den Parteien bestehenden Sicherungsabrede.789) So entfalle regelmäßig der vereinbarte Sicherungszweck, wenn sich die gesicherte Forderung in eine unvollkommene Verbindlichkeit umwandle.790) Zwar sorge die Globalzession grundsätzlich trotzdem auch nach der Ertei___________ 785) Vgl. zu den hohen Anforderungen hieran BAG, Urteil v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18 = BAGE 163, 282 = NJW 2019, 456, 460 f. Rn. 65 ff. zu § 3 S. 1 MiLoG. 786) Hierzu bereits Rn. 191 f. 787) Siehe hierzu ebenfalls Rn. 192. 788) Siehe zur Globalzession mit Doppelfunktion in der Wohlverhaltensperiode Rn. 184 f. 789) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 28; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 56; Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 133 Rn. 332 f.; Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt, 2014, S. 405; Cranshaw, jurisPRInsR 15/2019, Anm. 1, C.IX.; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89; Riedel, ZVI 2015, 91, 92; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9 f.; Ahrens, NZI 2014, 529, 534. Ausdrücklich a. A. noch Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013, Anm. 1, D.II., D.V. 790) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 28; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

lung der Restschuldbefreiung weiter für den Übergang der künftigen Forderungen. Die Sicherungsabrede stehe jedoch der Verwertung dieser Forderungen durch den Zessionar entgegen791) und verpflichte den Zessionar zur Freigabe, sprich zur Rückübertragung der Forderungen.792) Dies gelte insbesondere dann, wenn die Sicherungsabrede der Globalzession den Zweck zuschreibe, „Ansprüche“, „Forderungen“ oder „Verbindlichkeiten“ zu sichern, da eine unvollkommene Verbindlichkeit keinem dieser Begriffe zuzuordnen sei.793) Jedenfalls dem mutmaßlichen Willen des Zedenten sei in der Regel nicht zu entnehmen, dass der Gläubiger das Sicherungsrecht auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung verwerten dürfe.794) Eine einheitliche und auf alle Fälle anwendbare Lösung kann hierin jedoch von 270 vornherein nicht gesehen werden, da die Sicherungsabrede stets einzelfallbezogen auszulegen ist. Dabei ist nicht nur die jeweilige Formulierung in der schriftlich festgehaltenen Sicherungsabrede, sondern auch der dahinterstehende Parteiwille795) zu beachten.796) Einer Überprüfung stehen jedoch zumindest die regelmäßig auftretenden Formulierungen im Rahmen einer Sicherungsabrede offen. Für diese Zwecke ist zunächst ein solcher Regelfall zu definieren, bevor dieser in einem zweiten Schritt auszulegen ist.

1. Standardmäßiger Inhalt einer Sicherungsabrede Regelmäßig ist in der Sicherungsabrede keine explizite Regelung darüber getrof- 271 fen, ob und welche Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber eintreten sollen, wenn hinsichtlich der gesicherten Forderung Restschuldbefreiung gem. den §§ 286 ff. InsO erteilt wird.797) In aller Regel wird vereinbart, dass der Verwertungsfall eintreten soll, sobald der Zedent mit seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Kreditvertrag ganz oder teilweise in Verzug ist, seine Zahlungen eingestellt hat oder das Insolvenzverfahren über das Vermögen ___________ 791) Cranshaw, jurisPR-InsR 15/2019, Anm. 1, C.IX.; Riedel, ZVI 2015, 91, 92; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89. 792) Bernhardi, Die Abtretung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt, 2014, S. 405; Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89. 793) Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 133 Rn. 332 f.; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9 f.; Ahrens, NZI 2014, 529, 534. Noch weitgehender Cranshaw, jurisPR-InsR 15/2019, Anm. 1, C.IX., wonach es nach der Restschuldbefreiung an einer gesicherten Forderung fehle. 794) Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89. 795) Zu dessen Bedeutung bei der Auslegung eines Vertrags BGH, Urteil v. 23.2.1956 – II ZR 207/54 = BGHZ 20, 109 = NJW 1956, 665. In diese Richtung auch BGH, Urteil v. 7.3.1985 – III ZR 90/83 = ZIP 1985, 921, 922, wonach auch Umstände außerhalb der Vertragsurkunde bedeutsam sein können. 796) So auch Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 10, wonach dies eine Lösung ist, die allein von der Formulierung und der Auslegung der Sicherungsabrede abhängig ist. 797) So auch Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89 („Mangels ausdrücklicher Bestimmung“).

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

des Zedenten eröffnet wird.798) Der vereinbarte Verwertungsfall ist dann zweifellos im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung bereits eingetreten, so dass sich der Zessionar gemäß der Sicherungsabrede aus den übergegangenen Forderungen befriedigen darf.799) Dies würde sich nur dann ändern, wenn der Schuldner nach der Restschuldbefreiung die vollständige Befriedigung der gesicherten Forderungen freiwillig nachholen würde.

272 In der Regel sind zudem sowohl der Sicherungszweck selbst als auch dessen Wegfall in der Sicherungsabrede festgelegt. Für die nachfolgende Untersuchung ist davon auszugehen, dass „die Besicherung sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger, auch bedingter oder befristeter Ansprüche (bzw. Forderungen) des Sicherungsnehmers aus dem Kreditvertrag“ den Sicherungszweck der Zession darstellt.800) Der Wegfall des Sicherungszwecks soll ausweislich der Sicherungsabrede dann eintreten und den Globalzessionar damit die Pflicht zur Freigabe seiner Rechte aus der Globalzession treffen, wenn „alle mit der Globalzession besicherten Ansprüche (bzw. Forderungen) des Zessionars erfüllt“ sind.801)

2. Auslegung der Standard-Sicherungsabrede 273 Da in der standardmäßigen Sicherungsabrede keine ausdrückliche Bestimmung für den Fall der Erteilung der Restschuldbefreiung hinsichtlich der gesicherten Forderung getroffen wird, ist diese hinsichtlich ihrer Wirkungen in einem solchen Fall gem. den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Zwar werden die hinter den beiden Normen stehenden Aspekte, der tatsächliche Wille der Parteien bei § 133 BGB und die objektive Bewertung des Erklärten aus Empfängersicht bei § 157 BGB, unterschiedlich gewichtet.802) Gerade in einem solchen Fall wie diesem, in dem abstrakt eine Standardfassung einer Vereinbarung auszulegen ist, ohne dass die beteiligten Parteien überhaupt individualisiert bzw. bekannt sind, muss sich die Auslegung gezwungenermaßen nach objektiven Kriterien richten. Dies ist jedoch insofern re___________ 798) So Petow, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4. Auflage 2020, § 398 Rn. 25, § 9 Abs. 2; weniger spezifisch Haag, in: HoffmannBecking/Gebele, Beck’sches Formularbuch, 14. Auflage 2022, III.H.3., § 7 Abs. 1. 799) Cranshaw, jurisPR-InsR 21/2013, Anm. 1, D.V. 800) So Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, Rn. 332; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9; Haag, in: Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch, 14. Auflage 2022, III.H.3., § 2; Petow, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4. Auflage 2020, § 398 Rn. 25, § 2. 801) So Haag, in: Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch, 14. Auflage 2022, III.H.3., § 8 Abs. 1; Petow, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4. Auflage 2020, § 398 Rn. 25, § 10 Abs. 1; so vorgesehen auch von Kieninger, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 398 Rn. 108. 802) Siehe zum Streitstand Riesenhuber, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 133 Rn. 2 ff.; Vogenauer, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 133, 157 Rn. 34 ff.; Säcker, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, Einl. BGB Rn. 161 ff.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

präsentativ, als eine Sicherungsabrede in der Praxis selten individuell ausgehandelt wird, so dass regelmäßig ein objektivierter Maßstab anzusetzen sein wird.803) Um den in der Sicherungsabrede zum Ausdruck kommenden Willen der Parteien aus objektiver Sicht zu ermitteln, kann zum einen der Wortlaut804), zum anderen der Zweck des Vertrags805) und die mutmaßliche Interessenlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses806) herangezogen werden.

a) Wortlaut Da der Sicherungszweck regelmäßig die Sicherung von „Ansprüchen“ oder „For- 274 derungen“ festlegt, ist es zweifellos maßgeblich, ob hierunter auch eine später in eine unvollkommene Verbindlichkeit umgewandelte Insolvenzforderung zu subsumieren ist. Der Anspruchsbegriff wird in § 194 Abs. 1 BGB abstrakt als Recht definiert, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Als Teilmenge hiervon berechtigt eine Forderung – abgeleitet von § 241 Abs. 1 BGB – dazu, von dem jeweiligen Schuldner kraft eines Schuldverhältnisses eine Leistung zu fordern.807) Da die durch die Globalzession gesicherten Ansprüche aus dem Kreditvertrag resultieren, sind sie zugleich Forderungen, weshalb beide Begriffe im vorliegenden Fall synonym verwendet werden können. Regelmäßig wird dem Anspruchs- bzw. Forderungsinhaber nicht nur ein Recht auf die Leistung zuerkannt, sondern gleichfalls die Möglichkeit eingeräumt, gegen den Anspruchsgegner bzw. Schuldner auf Leistung zu klagen und, sofern der Anspruchsgegner daraufhin zur Leistung verurteilt wird, die Zwangsvollstreckung gegen ihn durchzuführen.808) Da Naturalobligationen demgegenüber keine einklagbaren Verbindlichkeiten begrün-

___________ 803) Vogenauer, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 133, 157 Rn. 42, wonach die Auslegung umso objektiver zu erfolgen hat, je weniger sie individuell ausgehandelt worden ist; abstrakt dazu, dass je nach dem konkreten Auslegungsfall das eine oder das andere Prinzip im Vordergrund stehen kann Riesenhuber, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 133 Rn. 24 ff. Beide Prinzipien als stets gleichberechtigt nebeneinanderstehend ansehend Ellenberger, in: Grüneberg BGB, 82. Auflage 2023, § 133 Rn. 2, § 157 Rn. 1. 804) BGH, Urteil v. 30.6.2011 – VII ZR 13/10 = BGHZ 190, 212 = NJW 2011, 3287, 3288 Rn. 12; BGH, Urteil v. 12.6.2007 – VI ZR 110/06 = NJW-RR 2007, 1470, 1471 Rn. 10; BGH, Urteil v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04 = NJW-RR 2006, 976, 977 Rn. 12. 805) BGH, Urteil v. 30.6.2011 – VII ZR 13/10 = BGHZ 190, 212 = NJW 2011, 3287, 3288 Rn. 13; BGH, Urteil v. 23.2.1956 – II ZR 207/54 = BGHZ 20, 109 = NJW 1956, 665. 806) BGH, Urteil v. 30.6.2011 – VII ZR 13/10 = BGHZ 190, 212 = NJW 2011, 3287, 3288 Rn. 13; BGH, Urteil v. 12.6.2007 – VI ZR 110/06 = NJW-RR 2007, 1470, 1471 Rn. 10; BGH, Urteil v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04 = NJW-RR 2006, 976, 977 Rn. 12. 807) Zum Verhältnis von Forderung und Anspruch siehe auch Eichel, Künftige Forderungen, 2014, S. 19 ff. 808) Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 2 III.; Enneccerus/Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 15. Auflage 1960, § 222 II. 5.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

den, wird ihnen teilweise abgesprochen, Ansprüche „im strengen Sinne“ zu sein.809) Die Klagbarkeit ist jedoch nur ein typisches, nicht dagegen ein begrifflich-notwendiges Element der Forderung oder des Anspruchs.810) Auch eine Naturalobligation ist mithin eine Forderung bzw. ein Anspruch.811) Entscheidend ist, dass auch eine Naturalobligation eine Rechtspflicht begründet812) und ihre Einhaltung vom Anspruchsinhaber gefordert werden kann.813) Allerdings ist der Wirkungsgrad der Naturalobligation als Anspruch vermindert, da die eigentlich typische Möglichkeit der Androhung rechtlicher Zwangsmittel entfällt.814)

275 Vor diesem Hintergrund ergeben sich zwei Optionen. Entweder leitet man aus der typischen Eigenschaft der Durchsetzbarkeit her, dass eine Erfassung auch nicht durchsetzbarer Ansprüche von den Parteien ausdrücklich in der Sicherungsabrede kenntlich gemacht worden wäre (z. B. „Besicherung durchsetzbarer wie undurchsetzbarer Ansprüche“). Oder man verweist umgekehrt darauf, dass mit dem Begriff der Forderung oder des Anspruchs lediglich das Bestehen einer Leistungspflicht indiziert wird, so dass wiederum eine Beschränkung auf bloß durchsetzbare Forderungen bzw. Ansprüche gesondert kenntlich gemacht worden wäre (z. B. „Besicherung durchsetzbarer Ansprüche“). Es entsteht hierdurch eine Patt-Situation, aus der man weder in die eine noch in die andere Richtung einen klaren Schluss ziehen kann.

276 Besondere Beachtung muss jedoch finden, dass nicht nur der Sicherungszweck selbst, sondern auch dessen Wegfall in der standardmäßigen Sicherungsabrede definiert ist. Dass der Sicherungszweck im Regelfall ausdrücklich nur bei Erfüllung der besicherten Forderungen wegfallen soll, streitet für ein weites Verständnis des Forderungs-Begriffs, welches nicht auch die Aufrechterhaltung der Durchsetzbarkeit voraussetzt. Der Sicherungszweck soll ausdrücklich nur dann entfallen, wenn die Forderungen tatsächlich durch Erfüllung erloschen sind. Dies ist nach der Restschuldbefreiung jedoch nicht der Fall. Die Forderungen bleiben auch gem. § 301 Abs. 1, 3 InsO erfüllbar, so dass der Wegfall des Sicherungszwecks noch bewirkt ___________ 809) Henrich, in: BeckOK BGB, 65. Edition, 1.2.2023, § 194 Rn. 14; noch weitergehend Enneccerus/ Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 15. Auflage 1960, § 222 II. 5., wonach es keine klaglosen Ansprüche gebe. Sich hierauf berufend Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Auflage 2019, S. 133 Rn. 332 f.; Ahrens, in: LA Henckel, 2015, S. 1, 9 f.; Ahrens, NZI 2014, 529, 534. 810) Larenz, Lehrbuch des SchuldR, Bd. 1, 14. Auflage 1987, § 2 III. In diese Richtung auch Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 247, 287; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, S. 85, wonach es nur vollkommene Verbindlichkeiten gäbe, wenn „Erwerbsgründe keine Schulden sind und die Durchsetzbarkeit nicht Begriffselement der Schuld“. A. A. Enneccerus/Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 15. Auflage 1960, § 222 II. 5. 811) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 247. 812) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 240 f. 813) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 247 f.; 363. 814) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 245, 248.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

werden kann. Selbst diejenigen, die den Forderungs-Begriff eng verstehen, müssen anerkennen, dass die spätere Naturalobligation noch als durchsetzbare Forderung im engen Sinne besichert worden war. Wie gezeigt, wurde jene besicherte Forderung nicht erfüllt, sondern hat bloß ihre Durchsetzbarkeit verloren, ohne dass sich dadurch ansonsten ihr Inhalt geändert hätte.815) Auf Basis des Wortlauts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Sicherungszweck auch bei einer Umwandlung der gesicherten Forderungen in Naturalobligationen entfällt.

b) Vertragszweck und mutmaßliche Interessenlage Zweck der Sicherungsabrede ist es, eine Rechtsgrundlage für die Globalabtretung 277 zu schaffen und die zur Sicherheit übertragene Rechtsposition mit dem Kreditrückzahlungsanspruch zu verknüpfen.816) Der Kreditgeber als Zessionar der Sicherungsabtretung soll für den Fall abgesichert werden, dass der Kreditnehmer als Zedent zahlungsunwillig oder -unfähig wird. Der Kreditgeber will sich also mit der Globalzession und dem ihr zugrundeliegenden Sicherungsvertrag gerade für den Fall der Insolvenz des Kreditnehmers absichern. Der Vertragszweck spricht somit dafür, dass die Globalzession auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung Forderungen erfassen soll, um dem Kreditgeber im Ergebnis die vollständige Erfüllung seines Kreditrückzahlungsanspruchs zu ermöglichen. Dass der Zedent einen wirtschaftlichen Neuanfang anstrebt und demensprechend 278 nach der Restschuldbefreiung kein Interesse daran hat, weiterhin mit den Sicherungsinstrumenten seiner Alt-Insolvenzgläubiger konfrontiert zu werden, kann allein nicht den Ausschlag dafür geben, die Sicherungsabrede zu Gunsten des Schuldners zu verstehen.817) Denn es ist naheliegend, dass das Interesse des Zessionars gerade auf Gegenteiliges abzielt.818) Eine vermittelnde Auslegung ist hierbei ferner nicht möglich, da der Sicherungszweck mit der Umwandlung der gesicherten Forderung in eine Naturalobligation entweder erhalten bleibt oder wegfällt. Eine andere Bewertung der mutmaßlichen Interessenlage der Parteien könnte sich 279 schließlich noch aus dem Gebot einer möglichst rechtskonformen Interpretation ergeben.819) Neben der Tatsache, dass eine hierauf basierende Auslegung bei AGBKlauseln mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion konkurrieren würde,820) ist zum bisherigen Stand der Untersuchung ohnehin fraglich, ob die Aufrechterhaltung des Sicherungszwecks in Bezug auf durch die Restschuldbefreiung umge___________ 815) Siehe nur Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 95. EL 3/23, § 301 Rn. 1. 816) Lieder, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.11.2021, § 398 Rn. 211; ausführlich Jost, Die Dogmatik des Sicherungsvertrags, 2012, S. 36 ff., 130. 817) So aber wohl Kuleisa, ZVI 2015, 85, 89. 818) Siehe hierzu Rn. 210. 819) Siehe Rn. 190, 193 und Rn. 267. 820) Siehe hierzu Rn. 156 und Rn. 191 f.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

wandelte Forderungen überhaupt zu einer Gesetzeswidrigkeit führen würde. So kommen zwar die Vermeidung der Unwirksamkeit sowohl der Sicherungsabrede, um deren Auslegung es geht, als auch der Globalzession, deren rechtliche Grundlage die Sicherungsabrede bildet,821) in Betracht. Die bislang im Schrifttum hervorgebrachten Wege zur Begründung der Unwirksamkeit der Globalzession können jedoch nicht überzeugen.822) Solange keine weiteren Unwirksamkeitsgründe einschlägig sind, kommt damit auch nicht zur Vermeidung einer solchen Unwirksamkeit die Herleitung eines Freigabeanspruchs aus der Sicherungsabrede in Betracht.

VI. Unwirksamkeit wegen Abbedingung zwingenden Rechts 280 Über die im Schrifttum bisher hervorgebrachten Wege der Begründung einer vorinsolvenzlichen Vorausabtretung nach der Restschuldbefreiung hinaus geht der noch unausgereifte Ansatz Preuß‘, wonach der Konvaleszenz einer Sicherungszession nach der Restschuldbefreiung die gleichen Bedenken entgegenstünden wie bei der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen im Voraus.823) Zwar scheint dies nach Preuß selbst nicht auszureichen, um hierauf die Unwirksamkeit der Globalzession nach der Restschuldbefreiung zu stützen.824) Der Vergleich einer Sicherungszession, die auch nach der Restschuldbefreiung noch Forderungen auf den Zessionar überleiten soll, mit der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen im Voraus bietet jedoch einen vielversprechenden Anknüpfungspunkt.

281 Der BGH hat bisher offengelassen, ob ein im Voraus erteilter Verzicht des Schuldners auf die Wirkung der Restschuldbefreiung für einzelne Forderungen im individualvertraglichen Rechtsverkehr überhaupt unwirksam ist.825) In der Literatur dominiert demgegenüber die Auffassung, dass die Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen durch einen Verzicht826), eine antizipierte Durchsetzungs- bzw. ___________ 821) In diese Richtung geht auch die ständige Rechtsprechung des BGH zur Herleitung eines Freigabeanspruchs aus dem Sicherungsvertrag, um die Unwirksamkeit der Globalzession wegen nachträglicher Übersicherung zu verhindern, siehe grundlegend BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97 = BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671, 672 f. 822) Siehe vor allem Rn. 225– 268. 823) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 28. 824) Stattdessen ergebe sich aus dem Sicherungsvertrag ein Freigabeanspruch, da der Sicherungszweck durch die Umwandlung der gesicherten Forderung entfalle, Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 28. Siehe hierzu Rn. 269– 279. 825) BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NZI 2015, 858 Rn. 7, 859 Rn. 12, wonach dies jedenfalls durch AGB nicht möglich ist. 826) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 3; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 4; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210; Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12 ff.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

Neubegründungsvereinbarung827) oder eine Novation828) unwirksam ist.829) Zur Herleitung dieses Ergebnisses wird darauf verwiesen, die Restschuldbefreiungsvorschriften, insbesondere § 301 Abs. 1 InsO seien zwingende Vorschriften.830) Teils wird in den genannten Vereinbarungen ein Umgehungsgeschäft gesehen,831) teils wird den Restschuldbefreiungsvorschriften auch ein Verbotscharakter i. S. d. § 134 BGB zugewiesen.832)

___________ 827) Sich hierauf beziehend Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 16. Antizipierte Neubegründungsvereinbarungen als Ausgangspunkt seiner Untersuchung nehmend Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 660 ff. 828) Zur Zulässigkeit im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 235 ff. 829) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, § 301 Rn. 26; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 286 Rn. 7, § 301 Rn. 3 f.; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 4; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 286 Rn. 1; Fischer, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 13; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 4; Lackmann, in: Henning/Lackmann/Rein, Privatinsolvenz, 2. Auflage 2022, InsO § 286 Rn. 33; nicht auf eine Vorausvereinbarung beschränkt Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 286 Rn. 9; ebenfalls ohne Einschränkung Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 286 Rn. 7; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 229, 238 ff.; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff.; Lüke, KTS 2016, 521, 525, 528; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2209 f.; Ahrens, EWiR 2015, 611, 612. Mit a. A. sympathisierend Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12 ff. 830) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 286 Rn. 7; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 37; Henning, in: K. Schmidt InsO, 20. Auflage 2023, § 286 Rn. 9; Fischer, in: Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 13; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 286 Rn. 4; Lackmann, in: Henning/Lackmann/Rein, Privatinsolvenz, 2. Auflage 2022, InsO § 286 Rn. 31; Sternal, in: Uhlenbruck InsO, 15. Auflage 2019, § 286 Rn. 1; wohl auch Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; wohl auch Waltenberger, in: HK InsO, 11. Auflage 2023, § 286 Rn. 6; im Ergebnis auch Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 660 ff., 673 f.; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff.; Lüke, KTS 2016, 521, 525, 528; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2209 f.; Ahrens, EWiR 2015, 611, 612; Eckhoff, FD-InsR 2015, 372618; Adam, ZInsO 2006, 1132, 1133; unentschieden und auch gegen einen zwingenden Charakter argumentierend Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12. 831) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; so auch abstrakt zur Besicherung einer durch Gesetz entstehenden Naturalobligation Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 466; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff. In Bezug auf eine Vereinbarung, nach der die betreffende Forderung künstlich dem Anwendungsbereich des § 302 InsO unterfallen solle: Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210. Ohne diese Begrifflichkeit auskommend Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff. 832) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff. A. A. Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

282 Da alle Begründungswege auf dem zwingenden Charakter der gesetzlichen Regelungen zur Wirkung der Restschuldbefreiung aufbauen,833) ist zunächst diese Annahme zu überprüfen. Sodann ist zu untersuchen, ob die vorinsolvenzliche Globalzession bei Fortwirkung nach der Restschuldbefreiung den Restschuldbefreiungswirkungen nach § 301 Abs. 1, 3 InsO zuwiderläuft und daher dessen zwingenden Charakter verletzt. Aufgrund der Tatsache, dass in der Literatur auf verschiedene rechtliche Instrumentarien abgestellt wird, um vom zwingenden Charakter der Restschuldbefreiungsvorschriften zum Ergebnis der Unwirksamkeit zu gelangen, ist schließlich auch die Herleitung der Rechtsfolge einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

1. Zwingender Charakter der Restschuldbefreiungsvorschriften 283 Auch wenn sich der Gesetzgeber eigentlich selbst zum Ziel gesetzt hat, bereits aus der Wortwahl des Gesetzestexts erkennen zu lassen, inwieweit eine Regelung zwingend oder vertraglich abdingbar ist,834) ist dies in vielen Fällen nicht umgesetzt.835) Unüblich ist daher nicht, zur Klärung einer Disponibilitätsfrage nicht nur auf den Wortlaut, sondern auch auf die weiteren Auslegungsperspektiven zurückgreifen zu müssen.836) Da die Privatautonomie ein systemprägendes Prinzip des Privatrechts ist und der zwingende Charakter einer Norm daher nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt, ist bei der Auslegung einer strengen Argumentationslast Rechnung zu tragen.837) Entscheidend ist, welchen Zweck die Regelung verfolgt und ob zur Erfüllung dieses Zwecks bereits eine dispositive Regelung ausreicht oder an dieser Stelle eine Einschränkung der Privatautonomie erforderlich ist.838) Bei der Bewertung der Zwecke der untersuchten Regelung ist die Stoßrich___________ 833) Dispositive Bestimmungen können keine Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB sein, BGH, Urteil v. 12.5.2016 – IX ZR 241/14 = NJW 2016, 2561, 2562 Rn. 12; BGH, Urteil v. 14.12.1999 – X ZR 34/98 = BGHZ 143, 283 = NJW 2000, 1186, 1188; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 51; Arnold, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 13; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 134 Rn. 48; Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 55; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 4; Mayer-Maly, in: FS Hefermehl, 1976, S. 103, 111. Dispositives Recht kann von den Parteien in den Grenzen der § 242 BGB oder auch der §§ 307 ff. BGB abbedungen werden, Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 51; siehe hierzu auch Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 45 ff. 834) So BMJ, Hdb der Rechtsförmlichkeit, 3. Auflage 2008, S. 39 f. Rn. 80, gem. § 42 Abs. 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien Maßstab der Rechtsprüfung von Gesetzentwürfen. 835) Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 40 Rn. 95; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 162, 175 f. 836) Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 162; Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, 2010, S. 14; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1822. 837) Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1822 ff. 838) Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 179 f.; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1824.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

tung der betreffenden Norm entscheidend. Hierbei wird zumeist im Dreiklang unterschieden zwischen dem Schutz der Beteiligten selbst, dem Schutz Dritter und dem Schutz öffentlicher Interessen bzw. dem Funktionsschutz.839) Während die Verfolgung von Beteiligteninteressen an sich grundsätzlich noch keine weitergehenden Schlussfolgerungen zulässt, spricht die Verfolgung von Dritt- oder öffentlichen Interessen zumindest tendenziell für den zwingenden Charakter der Norm, da der Schutz solcher Interessen grundsätzlich nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht.840) Ob zur Verfolgung des betreffenden Zwecks eine zwingende Regelung erforderlich ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Handlungsrationalität der Regeladressaten und somit auch nur mit Annahmen über das Dispositionsverhalten beantworten.841)

a) Beteiligtenschutz Die Wirkungen der Restschuldbefreiung sind zuvorderst auf den Schutz des Schuld- 284 ners selbst, also einen Beteiligten gerichtet, da er naturgemäß Nutznießer des Erlasses seiner Schulden ist. Nachdem zuvor ohne die Mitwirkung der Gläubigerschaft dem in den Konkurs geratenen Schuldner stets eine lebenslange Nachhaftung drohte, sollten die zusammen mit der Insolvenzordnung eingeführten Vorschriften zur Restschuldbefreiung dem insolventen Schuldner die Möglichkeit eröffnen, autonom eine endgültige Schuldbefreiung zu erlangen842) und einen wirtschaftlichen Neubeginn843) einzuleiten.844) Wie ausgeführt, wird dies durch die Regelungen des ___________ 839) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 12 ff. unterteilt in Drittinteressen, Parteiinteressen und Gemeinwohlinteressen; Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 43 Rn. 103 verweist auf die Schranken der Privatautonomie, die aus den Rechten anderer und öffentlichen Interessen erwachsen; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 165 spricht vom Dritt-, Beteiligten- und Funktionsschutz; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1822 unterteilt in überragende Zwecke und Werte der Sozietät, Verkehrsschutz und Schutz des Schwächeren; ähnlich ferner Reinhardt, in: FS Schmidt-Rimpler, 1957, S. 115, 119 ff., der eine Unterteilung in Drittinteressen, der Beziehung unter den Vertragspartnern selbst und das öffentliche Interesse vornimmt. Dem folgend Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2209. 840) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 12, der beim Schutz von Dritt- oder Gemeinwohlinteressen die Unabdingbarkeit durch die Parteien per se ausschließt; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 165, 179; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1824. 841) Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 180. 842) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 81, 188. 843) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 122 [zu § 42]; so bereits auch in Rn. 195. Hierauf bei der Begründung der Unwirksamkeit von antizipierten Neubegründungs- und Durchsetzungsvereinbarungen abstellend, Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 f.; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2209. Dies ebenfalls aufgreifend BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NJW 2015, 3029 f. Rn. 8 f. 844) So bereits in Rn. 195.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

§ 301 Abs. 1 bzw. Abs. 3 InsO erreicht, die zwar nicht die Erfüllbarkeit, aber die Durchsetzbarkeit der Insolvenzforderungen aufheben.845)

285 Zunächst lässt die Autonomie des Schuldners im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht automatisch den Rückschluss auf die Disponibilität der dem zugrundeliegenden Regelungen zu. So sprechen weder die Möglichkeit des Schuldners, nach Erteilung der Restschuldbefreiung gem. § 301 Abs. 3 InsO die Insolvenzforderungen weiterhin freiwillig zu erfüllen,846) noch das Erfordernis der schuldnerseitigen Stellung eines Restschuldbefreiungsantrags gem. § 287 Abs. 1 S. 1 InsO oder jenes der Erfüllung seiner Obliegenheiten847) gegen den zwingenden Charakter der Restschuldbefreiungsvorschriften. Dass der Erfolg und die Wirkung des Restschuldbefreiungsverfahrens insoweit in die Hände des Schuldners gelegt werden, ergibt sich gerade aus den Restschuldbefreiungsvorschriften und ist für sich betrachtet kein Indiz dafür, dass jene Vorschriften abdingbar sind.

286 Gleichwohl kann nicht allein deshalb, weil eine Norm den Schutz eines der Vertragspartner bezweckt, ihr zwingender Charakter hergeleitet werden. Andernfalls würde die Privatautonomie in einem unverhältnismäßig hohen Maß beschränkt.848) Es müssen daher noch andere Aspekte hinzukommen, um tatsächlich aus dem Zweck des Beteiligtenschutzes den zwingenden Charakter einer Norm herzuleiten.849) Es kommen vor allem zwei Stoßrichtungen in Betracht, die einen Eingriff in die Privatautonomie rechtfertigen. Zum einen spricht für den zwingenden Charakter einer Norm, wenn bereits bei Vertragsschluss faktisch eine selbstbestimmte Gestaltung etwa wegen eines signifikanten Machtungleichgewichts zwischen den Parteien nicht gegeben ist.850) Hierauf kann man bei einer Vereinbarung zur Abbedingung der Wirkungen der Restschuldbefreiung jedenfalls nicht pauschal abstellen.851) Das Verhältnis von Gläubiger und Schuldner ist nicht stets vergleichbar mit dem Arbeitgeber-/Arbeitnehmer- oder Unternehmer-/Verbraucherverhältnis.852) Zwar wird der Schuldner wohl kaum gänzlich aus eigenen Stücken auf die Wirkungen der Restschuldbefreiung verzichten.853) Der Schuldner geht eine solche Vereinbarung ___________ 845) Siehe Rn. 199. 846) So aber Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12 ff. 847) Siehe hierzu Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 662, wonach die Restschuldbefreiung insoweit zur völligen Disposition des Schuldners stehe; Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12 ff. 848) Vgl. hierzu Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 168 f. 849) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 12, 15. 850) Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 169 f.; Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, 2010, S. 15; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1823 f. 851) A. A. Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210. 852) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 670. 853) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

wohl in aller Regel ein, weil der Gläubiger ihm nur dann im Gegenzug (weitere) Leistungen verspricht.854) Dass im Rahmen von Verträgen Leistungen nur gegen Gegenleistungen gewährt werden und im Vorfeld ein gewisser Verhandlungsdruck entstehen kann, ist jedoch üblich und für sich genommen nicht ausreichend, um zu dem Ergebnis zu kommen, der Schuldner habe hierbei nicht die Möglichkeit einer selbstbestimmten Gestaltung. Daneben kann es die Einordnung einer Norm als zwingend rechtfertigen, wenn 287 zwar der Vertragsschluss an sich selbstbestimmt erfolgen kann, aber mit seinen Wirkungen erhebliche Beschränkungen der künftigen Selbstbestimmung verbunden sind,855) so dass zumindest ein Übereilungsschutz geboten ist.856) Regelmäßig ist die Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen im Voraus darauf zurückzuführen, dass der Schuldner eher kurzfristige Vorteile wie die Vermeidung einer Kaufpreis- oder Zinserhöhung vor Augen hat und hierfür lieber auf ein ungewisses, erst in der Zukunft liegendes und für ihn in diesem Zeitpunkt unbedeutendes Ereignis verzichtet.857) Der Schuldner muss insofern vor sich selbst geschützt werden,858) damit er sich des Schutzinstruments der Restschuldbefreiung nicht bereits im Voraus und zu einem Zeitpunkt entledigt, in dem er die Konsequenzen dessen noch nicht abzuschätzen vermag.859) Dies gilt besonders deshalb, da nach einer einmal erteilten Restschuldbefreiung ein weiterer Restschuldbefreiungsantrag gem. § 287a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO erst nach elf Jahren, angesichts der wegen § 287 Abs. 2 S. 2 InsO fünf Jahre betragenden Abtretungsfrist eine erneute Restschuldbefreiung gar erst nach 16 Jahren möglich ist. Abhängig von der Höhe der von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderung kann der Schuldner deshalb dazu gezwungen sein, über lange Zeit hinweg mit seinem pfändungsfreien Einkommen auszukommen und/oder auf staatliche Sozialleistungen zurückzugreifen. Die Gewährung von Privatautonomie im früheren Moment würde somit zu einer massiven und langanhaltenden Beschränkung der Privatautonomie im späteren Mo___________ 854) Zu den möglichen Motivationen hinter einem „reaffirmation agreement“ Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 235. Hierzu auch Knüllig-Dingeldey, Nachforderungsrecht oder Schuldbefreiung, 1984, S. 51. 855) Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 170 ff. 856) So Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 169, wonach der zwingende Charakter einer den Beteiligten schützenden Rechtsnorm auch aus den untragbaren Folgen einer Selbstbindung resultieren kann; den Übereilungsschutz als eine der Funktionen zwingenden Vertragsrechts benennend Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, 2010, S. 15. 857) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 670 f. 858) Bei der Begründung des zwingenden Charakters von Rechtsnormen auf Grundlage des Beteiligtenschutzes auf den Schutz des Schuldners vor sich selbst abstellend Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 4; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 15; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 168; auch Hedemann, Die Fortschritte des Zivilrechts im XIX. Jahrhundert, Bd. 1, 1910, S. 27 ff. 859) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 671.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

ment führen.860) Dies überschreitet aber die Grenze des Grundsatzes, dass Selbstbindung stets mit einer gewissen Selbstbeschränkung verbunden und daher hinzunehmen ist und kommt vielmehr einer Selbstentmündigung gleich.861) Es besteht somit bereits aus Beteiligtenschutzerwägungen das Bedürfnis nach dem zwingenden Charakter des § 301 Abs. 1 InsO.862)

b) Drittschutz 288 Da die Parteien einer Vereinbarung zur Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen der Insolvenzschuldner und ein einzelner Insolvenzgläubiger sind, gelten insoweit alle anderen Gläubiger als an der Vereinbarung unbeteiligte Dritte. Infolge dessen kommen sowohl die Neugläubiger als auch die anderen Insolvenzgläubiger als Zielgruppen für einen von den Restschuldbefreiungsvorschriften ausgehenden Drittschutz in Betracht.

aa) Neugläubiger 289 Die Gruppe der Neugläubiger profitiert davon, wenn der Schuldner nach der Erteilung der Restschuldbefreiung auf die Vornahme weiterer Befriedigungen zu Gunsten der Insolvenzgläubiger verzichtet und damit das zur Befriedigung der Neugläubiger verfügbare Vermögen schützt. Zwar kann der Schuldner die Insolvenzforderungen wegen der nach § 301 Abs. 3 InsO aufrechterhaltenen Erfüllbarkeit auch im Anschluss an die Erteilung der Restschuldbefreiung freiwillig befriedigen. Das Risiko einer nachträglichen Befriedigung einzelner Insolvenzgläubiger sinkt aber, wenn der Schuldner hierüber erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung entscheidet. Während der Schuldner vor der Erteilung der Restschuldbefreiung einer enormen Drucksituation ausgesetzt ist – vor dem Insolvenzverfahren aufgrund seiner wirtschaftlichen Krise, ab Verfahrenseröffnung wegen der Erfüllung seiner Obliegenheiten zur Erhaltung seiner Chance auf die Restschuldbefreiung –, die ihn zur unüberlegten Eingehung von Verpflichtungen verleiten kann,863) sorgt die Erteilung der Restschuldbefreiung für eine Zäsur. Der Schuldner erlangt gegenüber den Insolvenzgläubigern eine deutlich verbesserte Verhandlungsposition, aus der heraus er nur noch in Ausnahmefällen genötigt sein wird, von der Möglichkeit der weiteren Erfüllung von Insolvenzausfallforderungen Gebrauch zu machen.

290 Jedoch kann der Schutz der Neugläubiger kaum als eigenständiger Zweck der Regelungen zur Wirkung der Restschuldbefreiung eingeordnet werden. Stattdessen ___________ 860) Zu diesem Phänomen Wagner-von Papp, AcP 205 (2005), 342, 351 f. 861) Vgl. zu diesem Aspekt Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 170 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Auflage 2015, S. 383 ff.; Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, 2000, S. 212 f.; Wagner-von Papp, AcP 205 (2005), 342, 351 f. 862) Mit selbigem Ergebnis Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 170 f. 863) So auch Knüllig-Dingeldey, Nachforderungsrecht oder Schuldbefreiung, 1984, S. 51.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

steht im Vordergrund, dem Schuldner einen wirtschaftlichen Neustart zu ermöglichen und ihn hierzu vor der zwangsweisen Durchsetzung alter Verbindlichkeiten zu schützen. Dabei ist es als bloße reflexartige Wirkung einzuordnen, dass sich dadurch auch die Befriedigungschancen der Neugläubiger verbessern.

bb) Insolvenzgläubiger Anders als der Schutz der Neugläubiger spielte der Schutz der restlichen Insol- 291 venzgläubiger bei der Schaffung der Möglichkeit einer gesetzlichen Restschuldbefreiung eine tragende Rolle.864) Der Gesetzgeber versprach sich hiervon „heilsame Wirkungen auf die Schuldnermoral“865) und damit verbesserte Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger.866) Der Schuldner sollte dazu motiviert werden, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen und konstruktiv im Insolvenzverfahren sowie in der Wohlverhaltensperiode mitzuwirken, insbesondere sich im Falle seiner Arbeitslosigkeit um einen zumutbaren Arbeitsplatz zu bemühen.867) Eine individualvertragliche Abweichung von den Regelungen zu den Restschuld- 292 befreiungswirkungen im Vorhinein hätte das Potential, dem Schuldner die Aussicht auf die Restschuldbefreiung zu trüben und ihm deshalb auch die Motivation zu nehmen, sich gläubigerfreundlich zu verhalten. Dieser Effekt träte umso intensiver ein, je höher die Forderungen sind, aus denen der Schuldner auch nach der Restschuldbefreiung Einzelzwangsvollstreckungen zu befürchten hat.868) Ob sich dies letztlich nachteilig auf die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger auswirken würde, ist davon abhängig, ob die Insolvenzgläubiger bei redlicher Mitwirkung des Schuldners und einer damit verbundenen Restschuldbefreiung tatsächlich mit einer höheren Tilgung rechnen könnten als ohne Schuldner-Mitwirkung und hiermit verbundener unbeschränkter Nachhaftung. Zu einer Restschuldbefreiung käme es nämlich dann nicht, wenn der Schuldner wegen der abbedungenen Restschuldbefreiungswirkung von einem Restschuldbefreiungsantrag absehen würde oder ihm die Restschuldbefreiung wegen Missachtung seiner Obliegenheiten versagt werden würde. Die unbeschränkte Nachhaftung könnte die durch die Mitwirkung des Schuldners 293 im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens erlangten Befriedigungsvorteile wohl kaum ausgleichen. Zum einen haben viele ehemalige Insolvenzschuldner im Fall der lebenslangen Nachhaftung wenig Motivation an einer Eingliederung in ___________ 864) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 82, 101, wonach die Regelungen zum Restschuldbefreiungsverfahren nicht nur dem Schuldner, sondern auch den Insolvenzgläubigern dienen sollten. 865) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 101. 866) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 82 867) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 82, 101, 188. 868) Ähnlich Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2209 f.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

den legalen Arbeitsmarkt869) und suchen stattdessen den Weg in die Schattenwirtschaft und die Schwarzarbeit.870) Der wirtschaftliche Wert des Rechts auf unbeschränkte Nachforderung beträgt daher regelmäßig nur wenige Prozent des Nominalwerts der Forderung.871) Zum anderen führt die für eine Restschuldbefreiung vorausgesetzte Mitwirkung des Schuldners während des Restschuldbefreiungsverfahrens, insbesondere die Beachtung der Erwerbsobliegenheit und damit die Einbringung seiner Arbeitskraft, zu einer deutlichen Erhöhung der Befriedigungsquote.872) Auch wirkt es sich positiv auf die Befriedigungsquote aus, wenn der Schuldner zu einer frühzeitigen Stellung eines Eigeninsolvenzantrags, verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung, motiviert wird. Hierdurch erlangt der Rechtsverkehr frühzeitig Kenntnis von den wirtschaftlichen Problemen des Schuldners. Letztlich verhindert dies die weitere ungehemmte Begründung neuer Forderungen gegen den Schuldner, so dass hierdurch die im Insolvenzverfahren zu berücksichtigenden Insolvenzforderungen nicht mehr als notwendig ansteigen. Zusätzlich wirkt dies der Gefahr für den Einzelnen entgegen, bei bereits bestehender, aber nicht offengelegter Insolvenzreife des Schuldners erstmalig oder erneut Forderungen gegen diesen zu begründen und insoweit nur quotenweise befriedigt zu werden.

294 Darüber hinaus geht die Annahme fehl, eine mit einem einzelnen Insolvenzgläubiger vereinbarte Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen wäre stets an sich bereits mit einer Erhöhung der Insolvenzquote der anderen Insolvenzgläubiger verbunden.873) Dies beschränkt sich auf den speziellen Fall einer Novation, bei der die von den Wirkungen der Restschuldbefreiung auszunehmende Forderung nach Verfahrenseröffnung erst aufgehoben wird, dadurch nicht mehr am Insolvenzverfahren teilnimmt, und sodann als Neuforderung neu begründet wird.874) Anders ist dies, wenn sich die Parteien ausdrücklich auf den Verzicht auf die Restschuldbefreiungswirkungen einigen oder eine antizipierte Durchsetzungs- oder Neubegründungsvereinbarung schließen, die sich von vornherein auf den im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung noch unbefriedigten Teil der Insolvenzforderung bezieht, die betreffende Insolvenzforderung also weiterhin am Insolvenzverfahren teilnehmen soll. ___________ 869) BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NZI 2015, 858, 859 Rn. 9; Kohte/Busch, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, vor §§ 286 ff. InsO Rn. 36; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2019, Vor §§ 286 – 303a Rn. 7. 870) RegE Einführung InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 81. 871) BMJ, Diskussionsentwurf, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, 1988, S. B196; ähnlich Wenzel, DGVZ 1993, 81, 84 f., der das Recht der freien Nachforderung als äußerst ineffektiv beschreibt. 872) So auch Ahrens, ZInsO 2002, 1010, 1016; ähnlich Wenzel, DGVZ 1993, 81, 84 f., wonach die Arbeitskraft regelmäßig das einzige Kapital einer natürlichen Person und, weil nicht vollstreckungsrechtlich erzwingbar, abhängig von der Motivation des Schuldners sei. 873) So aber Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12. 874) Hierzu Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 236; Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. Auflage 1994, S. 402 ff. § 18.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

Festzuhalten ist somit nicht nur, dass die Regelungen zu den Wirkungen der Rest- 295 schuldbefreiung den Schutz der Insolvenzgläubiger als eigenständigen Zweck verfolgen. Auch würde eine Abbedingungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und einem einzelnen Insolvenzgläubiger mit großer Wahrscheinlichkeit die Befriedigungsquote der hieran unbeteiligten restlichen Insolvenzgläubiger schmälern.

c) Funktionsschutz Der Funktionsschutz betrifft das jeweilige Gesamtgefüge und dient den dahinter 296 stehenden Gemeinwohl- bzw. öffentlich-rechtlichen Interessen.875) Hierunter zu fassen ist auch der bereits angeführte Zweck der Einführung des Restschuldbefreiungsverfahrens, die Volkswirtschaft und das Sozialsystem davor zu schützen, dass sich durch eine unbeschränkte Nachhaftung entmutigte Schuldner dem legalen Arbeitsmarkt entziehen.876) Auch dieser Zweck wird konterkariert, wenn sich der Schuldner und einer seiner Gläubiger im Voraus auf die Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen einigen können. Um hieraus den zwingenden Charakter der Restschuldbefreiungsvorschriften abzu- 297 leiten, wird in der Literatur auf die Pfändungsschutzvorschriften im Einzelzwangsvollstreckungsverfahren verwiesen,877) die aufgrund des mit ihnen bezweckten Schutzes der Sozialkassen anerkanntermaßen unabdingbar sind.878) Nach Ansicht Fischingers greift dieser Vergleich jedoch zu kurz, da die §§ 811, 850 ff. ZPO die öffentlichen Interessen viel stärker und unmittelbarer schützen würden.879) Zum einen könne der Schuldner autonom darüber entscheiden, ob er die Restschuldbefreiungsmöglichkeit auf Kosten der Obliegenheiten in Anspruch nehmen möchte oder nicht, während die §§ 811, 850 ff. ZPO stets gälten.880) Zum anderen wäre der Schuldner bei einer Abbedingung der §§ 811, 850 ff. ZPO direkt auf staatliche Sozialleistungen angewiesen, während der Schuldner bei Abbedingung des § 301 Abs. 1 InsO zwar auch nach der Restschuldbefreiung in Anspruch genommen werden könnte; ihm würden jedoch die Pfändungsschutzvorschriften das Existenzminimum sichern, ___________ 875) Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 14; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 172; Grigoleit, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, 2009, S. 1823. 876) Rn. 195. 877) Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35; Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 4. Dies auch im Zusammenhang mit der AGB-mäßigen Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen anführend BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NJW 2015, 3029, 3030 Rn. 10, ohne sich letztlich für oder gegen den zwingenden Charakter der Vorschriften zu bekennen. 878) BGH, Urteil v. 20.11.1997 – IX ZR 136-97 = NJW 1998, 1058; Kindl, in: Saenger ZPO, 9. Auflage 2021, vor §§704 – 945 Rn. 8; Herget, in: Zöller ZPO, 34. Auflage 2022, § 811 Rn. 10. 879) So Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 660 ff., 663. 880) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 662.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

ohne dass es staatlicher Leistungen bedürfte.881) Dass die fortdauernde Verschuldung dem Schuldner den Antrieb nehmen könnte, seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu verdienen, greife nicht durch, da die öffentliche Hand in diesem Fall nicht schlechter stünde als wenn der Schuldner gar keinen Restschuldbefreiungsantrag gestellt und stattdessen vom Sozialsystem aufgefangen worden wäre.882)

298 Hiergegen ist zunächst anzuführen, dass auch manche Pfändungsschutzvorschriften wie beispielsweise §§ 850f Abs. 2 und 850i ZPO einen Antrag des Schuldners voraussetzen883) und der Schuldner dennoch auf den hiervon ausgehenden Schutz weder vertraglich noch einseitig verzichten kann.884) Dass die §§ 811, 850 ff. ZPO in direkterer Weise als die Vorschriften zum Restschuldbefreiungsverfahren zur Sicherung des Existenzminimums beitragen, steht der Herleitung des zwingenden Charakters der §§ 286 ff. InsO zudem nicht entgegen. Zum einen ist der von den Pfändungsschutzvorschriften ausgehende Schutz für die öffentliche Hand nicht der Maßstab für die Bewertung der Unabdingbarkeit anderer die Gemeinwohlinteressen schützenden Regelungen.885) Zum anderen ist der Funktionsschutz der Regelungen zum Restschuldbefreiungsverfahren ebenbürtig zu den Pfändungsschutzvorschriften. Die unmittelbare Anknüpfung der Pfändungsschutzvorschriften am Schutz des Existenzminimums gleicht das Restschuldbefreiungsverfahren durch seine langfristigen Auswirkungen auf die Reintegration des Schuldners in den legalen Arbeitsmarkt aus. Die Restschuldbefreiung bietet dem Schuldner die Grundlage zu einer langfristigen finanziellen Erholung und einem Leben oberhalb des Existenzminimums. Nach hier vertretener Auffassung liefe es dem durch die Regelungen zu den Restschuldbefreiungswirkungen bezweckten Schutz der Gemeinwohlinteressen erheblich zuwider, wenn der Schuldner bereits im Voraus auf die Wirkungen der Restschuldbefreiung verzichten und sich auf diese Weise selbst die Motivation für eine Reintegration in den legalen Arbeitsmarkt nehmen könnte.

d) Zwischenergebnis 299 Aus allen drei Schutzrichtungen lässt sich für einen zwingenden Charakter des § 301 Abs. 1, 3 InsO argumentieren. Die Vorschriften des Restschuldbefreiungsverfahrens bezwecken den Schutz des Schuldners als Beteiligter, den Schutz der Insolvenzgläubiger als Dritte und den Schutz der Volkswirtschaft sowie der Sozialkasse als Elemente des öffentlichen Interesses. Die Möglichkeit der Abbedin___________ Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 662 f. Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 663. So auch Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35. Siehe zu § 850i ZPO BGH, Beschluss v. 1.3.2018 – IX ZB 95/15 = NZI 2018, 326, 327 Rn. 10; Smid, in: MüKo ZPO, 6. Auflage 2020, § 850i Rn. 5. 885) In diese Richtung auch Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 4.

881) 882) 883) 884)

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

gung der der Restschuldbefreiungswirkungen im Voraus würde all jenen Zwecken zuwiderlaufen. Während sich das Bedürfnis nach der Einordnung des § 301 Abs. 1, 3 InsO als zwingendes Recht zum Schutz der Insolvenzgläubiger und der Gemeinwohlinteressen bereits daraus ergibt, dass dies nicht zur Disposition des Schuldners und einem einzelnen Insolvenzgläubiger gestellt werden darf, ergibt sich dies zum Schutz des Schuldners selbst aus der Überforderungssituation in der wirtschaftlichen Krise und dem hierbei gebotenen Übereilungsschutz.

2. Abbedingung des § 301 Abs. 1, 3 InsO durch die Globalzession Damit es in Betracht kommt, aus der Unabdingbarkeit des § 301 Abs. 1, 3 InsO die 300 Unwirksamkeit der Globalzession herzuleiten, müsste die Globalzession überhaupt eine Abbedingung dieser zwingenden Regelung darstellen.

a) Vergleichbarkeit mit den anerkannten Formen der Abbedingung Standardmäßig als Fall der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen an- 301 erkannt ist der ausdrückliche Verzicht hierauf,886) für dessen Umsetzung vor allem die Abgabe einer Verzichtserklärung in Betracht kommt.887) Bei einem solchen Rechtsgeschäft liegt es auf der Hand, dass dies die Abbedingung der Wirkungen der Restschuldbefreiung zum Ziel hat. Überdies ist anerkannt, dass auch solche Rechtsgeschäfte Fälle einer Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen darstellen, die dies anders als der Verzicht nicht ausdrücklich zum Gegenstand haben, über eine bestimmte rechtsgeschäftliche Gestaltung selbiges Ziel erreichen. Dies betrifft die antizipierte Neubegründungs- oder Durchsetzungsvereinbarung oder auch die Novation. Hierdurch erreicht der Gläubiger bereits vor Erteilung der Restschuldbefreiung, dass seine Insolvenzausfallforderung selbst ihre Durchsetzbarkeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung wiedererlangt oder durch eine neue, auch nach der Restschuldbefreiung durchsetzbare Forderung ersetzt wird. Eine vorinsolvenzliche Globalzession oder sonstige sicherungsweise Vorausabtre- 302 tung hat ebenfalls nicht ausdrücklich die Abbedingung der Wirkung der Restschuldbefreiung zum Gegenstand. Ihr Fortwirken würde nicht verhindern, dass die Insolvenzforderung als solche von der Restschuldbefreiung erfasst und sich in eine Naturalobligation umwandeln würde. Jedoch kann auch die Besicherung einer bereits entstandenen Naturalobligation mit dem dahinterstehenden gesetzlichen Zweck

___________ 886) Preuß, in: Jaeger InsO, Bd. 8, 2020, § 301 Rn. 3; Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 35; Weinland, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 4; Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; Goebel, Vollstreckung effektiv 2007, 12 ff. 887) So Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

kollidieren, den Erfüllungszwang auszuschließen.888) Ein Wiederaufleben der Globalzession als Eigensicherheit des Schuldners würde dazu führen, dass der Insolvenzgläubiger nach der Restschuldbefreiung unabhängig vom Willen, aber auf Kosten des Schuldners weiter befriedigt würde. Zwar könnte der betreffende Gläubiger nicht auf Basis der Insolvenzausfallforderung oder einer an ihre Stelle tretende neue Forderung die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners betreiben. Jedoch hätte er durch den Übergang neuer, vom Schuldner erwirtschafteter Forderungen auch ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Zugriff auf Vermögensgegenstände des Schuldners. Bis zur Befriedigung der betreffenden Insolvenzausfallforderung müsste der Schuldner gem. § 400 BGB mit dem pfändungsfreien Teil seines Vermögens auskommen. Letztlich führt die Globalzession damit zu denselben Ergebnissen wie ein Verzicht, eine Neubegründungs- bzw. Durchsetzungsvereinbarung oder eine Novation.889)

b) Berücksichtigung der Schutzrichtungen der Restschuldbefreiung 303 Das Wiederaufleben einer vorinsolvenzlichen Globalzession nach der Restschuldbefreiung würde ferner den zur Begründung der Unabdingbarkeit des § 301 Abs. 1, 3 InsO herangezogenen Schutzrichtungen890) zuwiderlaufen. Der Übereilungsschutz zu Gunsten des Schuldners fällt hierbei besonders ins Gewicht. Der Schuldner hat die Globalzession meist lange vor der Insolvenz vorgenommen, so dass er sich im Zeitpunkt der Vornahme oft kaum der Bedeutung der Restschuldbefreiungsmöglichkeit bewusst gewesen ist. Dies wird zum einen befördert durch die Wahl der Globalzession als Sicherungsmittel, die die Annahme der Parteien indiziert, der Schuldner würde in Zukunft werthaltige Forderungen erwirtschaften. Zum anderen steht der Vereinbarung einer Globalzession weit weniger „ins Gesicht geschrieben“, dass sie eine zukünftige Restschuldbefreiung aushebeln könnte.

304 Informiert sich der Schuldner angesichts seiner finanziellen Schieflage über die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und erlangt er im Rahmen dessen Kenntnis von der Fortwirkung der Globalzession, liegt nahe, dass dies Auswirkungen auf seine Motivation hätte, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen und sich sodann an der weiteren Gläubigerbefriedigung konstruktiv mitzuwirken. Mit der Aussicht auf eine auch nach der Restschuldbefreiung bevorstehende Entziehung seiner Einkünfte bis zur Pfändungsgrenze sänken zudem die Chancen, dass der Schuldner zu Gunsten der Allgemeinheit langfristig einer legalen Erwerbstätigkeit nachginge. Die Fortwirkung der vorinsolvenzlichen Globalzession nach der Restschuldbefrei___________ 888) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 465. In Bezug auf durch die Restschuldbefreiung umgewandelte Insolvenzforderung, aber im Hinblick auf die Neubegründung akzessorischer Sicherungsrechte Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 30. 889) Ähnlich Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 466. 890) Siehe Rn. 283– 299.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

ung würde somit die Wirkungen und Schutzzwecke der Restschuldbefreiung konterkarieren.

c) Kontrast zu § 301 Abs. 2 S. 1 InsO Die vorangehenden Erwägungen zur Abbedingung der Restschuldbefreiungswir- 305 kungen durch eine vorinsolvenzliche Globalzession bestätigen die in der Literatur vorherrschende restriktive Auslegung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO.891) Jene Regelung ist hiernach in Bezug auf Eigensicherheiten892) zwingend so zu verstehen, dass nur solche Sicherungsrechte von der Restschuldbefreiung unberührt bleiben, die bereits zuvor auf den Gläubiger übergegangen sind und bei Erteilung der Restschuldbefreiung noch bestehen. Dies fügt sich in das Grundkonzept der Besicherung von Naturalobligationen ein. 306 Die kraft Gesetzes eintretende Umwandlung soll den Erfüllungszwang nur insoweit aufheben, als die gesicherte Forderung zuvor noch nicht erfüllt wurde und noch kein Sicherungsrecht auf den Gläubiger übergegangen ist.893) Eine weitergehende Befriedigung oder Besicherung soll allein dem freien Willen des Schuldners nach der Umwandlung überlassen werden. Dies würde konterkariert, wenn die Parteien im Vorfeld bereits der späteren Willensbildung des Schuldners vorgreifen würden, indem sie noch vor der Umwandlung die weitergehende Besicherung oder Erfüllung des dann als ausgefallen behandelten Restbestands der Forderung vorsehen.894) Daher ist bei der Besicherung von Naturalobligationen danach zu unterscheiden, ob das Sicherungsrecht vor oder nach dem Zeitpunkt der Umwandlung der gesicherten Forderung auf den Gläubiger übergehen soll.895) Dass diese zeitliche Unterscheidung sinnvoll ist, zeigt auch der hier maßgebliche 307 Fall. Vor der Umwandlung konnte die Globalzession zu Gunsten eines Insolvenzgläubigers nur im Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Wirkung entfalten. Der Zessionar konnte dadurch Absonderungsrechte an Forderungen erwerben, die allerdings sowieso in die Insolvenzmasse gefallen wären und der Befriedigung der Insolvenzgläubiger gedient hätten. Erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung soll der Schuldner die Möglichkeit erhalten, wirtschaftlich neu zu beginnen und nicht mehr zur Erfüllung alter Insolvenzforderungen gezwungen werden zu können. Der mit § 301 Abs. 1 und 3 InsO intendierte wirtschaftliche Neuanfang wird daher nur durch den Übergang von Forderungen gefährdet, die nach der Restschuldbefreiung entstehen. Die Globalzession stellt somit nur inso___________ 891) 892) 893) 894)

Siehe hierzu Rn. 222 f. In Bezug auf von Drittem gewährte Fremdsicherheiten siehe Rn. 220. Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 465 f. Ähnlich auch im Zusammenhang mit einer vorinsolvenzlichen Lohnvorausabtretung Wipperfürth, InsbürO 2014, 508, 512. 895) Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 465 f.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

weit eine Abbedingung der Restschuldbefreiungsvorschriften dar, als sie nach der Restschuldbefreiung entstehende Forderungen erfassen soll.

3. Rechtsfolge der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen 308 Während die Anordnung des § 301 Abs. 2 S. 1 InsO eine Rechtsfolge für den Versuch des Gläubigers vermissen lässt, sich im Voraus für die Zeit nach der Umwandlung der gesicherten Forderung weitere Sicherungsrechte gewähren zu lassen,896) könnte sich eine solche aus der Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen ergeben.

309 In Bezug hierauf ist zunächst festzuhalten, dass bei einer Abbedingung im Rahmen von AGB entgegen der Entscheidung des BGH897) nicht auf § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB abgestellt werden kann.898) Damit bei der Wirksamkeitsprüfung die Inhaltskontrolle überhaupt eröffnet ist, muss die betreffende Bestimmung nämlich von einer dispositiven Gesetzesnorm abweichen.899) Andernfalls könnte die Regelung des § 307 BGB, die AGB gerade einer strengeren Wirksamkeitskontrolle unterziehen sollte als individualvertragliche Vereinbarungen, den zwingenden Charakter einer Norm aufweichen.900) Für eine wertende Vergleichsprüfung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist im Individualprozess deshalb nur bei dispositiven Vorschriften Platz.901)

310 Die Rechtsfolge einer Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen ist somit sowohl für individualvertragliche als auch für klauselartige Vereinbarungen an anderer Stelle zu suchen. Im Schrifttum wird dies unterschiedlich behandelt. Einige Stimmen ordnen die Abbedingung der Restschuldbefreiungsvorschriften als Um___________ 896) Rn. 224. 897) BGH, Urteil v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14 = NJW 2015, 3029, 3030 Rn. 7; ebenso Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 37; noch zu § 9 AGBG Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 239 f.; Ahrens, EWiR 2015, 611. 898) So ausdrücklich auch Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2208. 899) In Bezug auf § 9 AGBG BGH, Urteil v. 30.5.2001 – XII ZR 273/98 = NJW 2001, 3480, 3482; auch BGH, Urteil v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96 = BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640, 1642; BGH, Urteil v. 26.10.1983 – VIII ZR 132/82 = NJW 1984, 289, 290 f., in dem die Nichtigkeit einer gegen zwingendes Recht verstoßenden AGB-Bestimmung aus § 134 BGB hergeleitet wurde, ohne dass im Anschluss noch eine AGB-Prüfung stattfand; Wendland, in: Staudinger BGB, 2019, § 307 Rn. 19 f., 232; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Auflage 2016, BGB § 307 Rn. 208; Wurmnest, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2022, § 307 Rn. 72; Möslein, Dispositives Recht, 2011, S. 36; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2208. 900) Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2208. Ähnlich auch Wendland, in: Staudinger BGB, 2019, § 307 Rn. 19. 901) Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Auflage 2016, BGB § 307 Rn. 208. Der BGH hat in der Vergangenheit jedoch bereits auch bei Abweichung einer AGB-Klausel von zwingendem Recht eine Inhaltskontrolle vorgenommen und dabei unmittelbar eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 InsO angenommen, siehe z. B. BGH, Urteil v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08 = NJW-RR 2010, 1205, 1206 Rn. 14; noch zu § 9 AGBG BGH, Urteil v. 25.9.2002 – VIII ZR 253/99 = BGHZ 152, 121 = NJW 2003, 290, 293.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

gehungsgeschäft ein,902) vereinzelt werden die §§ 286, 301 InsO ausdrücklich auch als Verbotsgesetze kategorisiert.903) Im Ergebnis wird meist in beiden Fällen die Rechtsfolge der Unwirksamkeit aus § 134 BGB hergeleitet.904)

a) Umgehungsgeschäft Von einem Umgehungsgeschäft ist allgemein die Rede, wenn statt eines vom Ge- 311 setz missbilligten Rechtsgeschäfts ein anderes vorgenommen wird, mit dem der gleiche oder annähernd gleiche wirtschaftliche Erfolg erzielt wird, ohne dass die Tatbestandsmerkmale der umgangenen Vorschrift gegeben sind.905) Es wird somit der Versuch angestellt, durch eine künstliche Abänderung des Sachverhalts in einer dem äußeren Anschein nach zulässigen Weise906) dem Gesetz auszuweichen, welches den gewünschten Erfolg versperrt.907) Abzugrenzen ist eine solche unzulässige Umgehung von der erlaubten Tatbestandsplanung,908) in der das Gesetz nicht den angestrebten Erfolg, sondern nur eine bestimmte Art und Weise oder eine bestimmte Geschäftsform missbilligt.909) Meist handelt es sich bei dem umgangenen Gesetz

___________ 902) Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; so auch abstrakt zur Besicherung einer durch Gesetz entstehenden Naturalobligation Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 466; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff. Ohne diese Begrifflichkeit auskommend Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff. In Bezug auf eine Vereinbarung derart, die betreffende Forderung solle künstlich dem Anwendungsbereich des § 302 InsO unterfallen: Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210. 903) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff. A. A. Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238 ff.; Piekenbrock, LMK 2015, 372471. 904) Mit Verweis auf die Einordnung als Umgehungsgeschäft: Stephan, in: MüKo InsO, 4. Auflage 2020, § 301 Rn. 26; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 239. Mit Verweis auf den Verbotscharakter der §§ 286, 301 InsO Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff., 673. Ohne weitere Begründung: Ahrens, in: FK InsO, Bd. 2, 10. Auflage 2023, § 301 Rn. 37; Ahrens, EWiR 2015, 611, 612. 905) Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 73. Ähnliche Definitionen, zumeist in direktem Bezug auf die Umgehung von Verbotsgesetzen in RG, Urteil v. 15.11.1920 – I 133/20 = RGZ 100, 210, 212; Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 18; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 168; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 24; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238; Honsell, in: FS Kaser, 1976, S. 111, 124. 906) RG, Urteil v. 15.11.1920 – I 133/20 = RGZ 100, 210, 212; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 73 f.; andeutungsweise auch Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 23. 907) Honsell, in: FS Kaser, 1976, S. 111, 124. 908) Schurig, in: FS Ferid, 1988, S. 375, 400. 909) BGH, Urteil v. 30.11.1955 – VI ZR 95/54 = DB 1956, 228 Ziff. 4 c); Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 167 f.; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 24; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 74; Wendtland, in: BeckOK BGB, 65. Edition, Stand: 1.2.2023, § 134 Rn. 20.1; Schurig, in: FS Ferid, 1988, S. 375, 400; Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 106.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

um ein Verbotsgesetz.910) Umgehungsgeschäfte sind aber auch zur Vermeidung der Wirkungen anderer zwingender Rechtsnormen möglich.911)

312 Die Restschuldbefreiungsvorschriften fallen somit aufgrund ihres zwingenden Charakters grundsätzlich in den Kreis der Normen, deren Abbedingung ein Umgehungsgeschäft darstellen kann. Allerdings wird durch § 301 Abs. 1 und 3 InsO nicht dem Wortlaut nach ein bestimmtes Rechtsgeschäft oder ein bestimmter Erfolg missbilligt. Vielmehr schreibt jene Vorschrift bloß vor, welche Auswirkungen die Restschuldbefreiung hat und auf wen sich diese beziehen. Ein klassischer Fall der Umgehung läge vor, wenn § 301 InsO ausdrücklich Durchsetzungsvereinbarungen im Vorfeld ausschließen würde und die Parteien stattdessen durch eine Novation oder eine Globalzession versuchen würden, zum von § 301 InsO hierdurch gleichzeitig missbilligten Erfolg zu gelangen.912) Vielmehr regelt § 301 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 InsO eindeutig, dass die Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger wirkt und diese auf Grund der Restschuldbefreiung keine Befriedigung mehr beanspruchen können. Durch eine Globalzession würde der Insolvenzgläubiger sich zusätzlich in eine andere Rolle begeben, in der er nach der Restschuldbefreiung eine weitere Befriedigung erreicht. Er würde dadurch offensichtlich die Regelungen des § 301 InsO abbedingen.913) Dass dies aber nicht möglich ist, ergibt sich bereits aus dem zwingenden Charakter des Restschuldbefreiungsvorschriften. Es bedarf somit nach hier vertretener Ansicht nicht der Einordnung als Umgehungsgeschäft.

313 Selbst wenn man solche Rechtsgeschäfte als Umgehungsgeschäfte einordnen würde, hielte sich der damit verbundene Erkenntnisgewinn in Grenzen. Es wird inzwischen nämlich weit überwiegend abgelehnt, das Umgehungsgeschäft als selbstständiges Rechtsinstitut zu behandeln und als Rechtsfolge pauschal auf § 134 BGB abzustel-

___________ 910) So in BGH, Urteil v. 2.12.1958 – VIII ZR 154/57 = NJW 1959, 332, 334; BGH, Urteil v. 23.9.1982 – VII ZR 183/80 = BGHZ 85, 39 = NJW 1983, 109; BGH, Urteil v. 30.11.1955 – VI ZR 95/54 = DB 1956, 228; auch Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 18; Wendtland, in: BeckOK BGB, 65. Edition, Stand: 1.2.2023, § 134 Rn. 19 f.; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 24. 911) Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 24; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 74; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der InsO, 1997, S. 238; Gramlich/Zerres, ZIP 1998, 1299, 1303; ausdrücklich offenlassend RG, Urteil v. 15.11.1920 – I 133/20 = RGZ 100, 210, 211 f. 912) Auch als Umgehungsgeschäfts einzuordnen wäre es, wenn die Parteien vereinbaren, dass die betreffende Insolvenzforderung entgegen ihres tatsächlichen Ursprungs auf einen der in § 302 Nr. 1 bis 3 InsO beschriebenen Schuldgründe zurückzuführen sind, so auch Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210. Dies wäre dann kein Fall der Tatbestandsvermeidung, sondern der Tatbestandserschleichung, vgl. Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 74; Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 48 f., 64. 913) Siehe Rn. 300– 307.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

len.914) Stattdessen wird ein Umgehungsgeschäft inzwischen hauptsächlich als ein Auslegungsproblem betrachtet.915) Die Rechtsfolge eines Umgehungsgeschäfts hängt somit genauso von der umgangenen Norm ab wie jede andere Normverletzung. Verstößt das Umgehungsgeschäft gegen den Sinn und Zweck einer Verbotsnorm i. S. d. § 134 BGB, ergibt sich die Rechtsfolge aus § 134 BGB.916) Beschränkt die umgangene Norm dagegen bereits die rechtliche Gestaltungsmacht, richtet sich die Rechtsfolge nicht nach § 134 BGB, sondern den Parteien ist von vornherein die rechtliche Kompetenz zur Vornahme des Geschäfts abzusprechen.917) Entscheidend für die Herleitung und Feststellung der Rechtsfolge ist mithin nicht die Einordnung als Umgehungsgeschäft, sondern die Art der verletzten zwingenden Norm.

___________ 914) BGH, Urteil v. 11.10.2018 – VII ZR 298/17 = ZIP 2019, 1485 Rn. 12; angedeutet auch in BGH, Urteil v. 15.1.1990 – II ZR 164/88 = BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982, 986, wonach es einer Umgehungsabsicht nicht bedürfe und die Gesetzesumgehung eine Frage der Rechtsanwendung sei; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 180; Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 78; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 27; Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 440 Rn. 1121; differenzierend Benecke, Gesetzesumgehung im Zivilrecht, 2004, S. 73 ff., 78 f., wonach die Gesetzesumgehung nur in bestimmten Rechtsbereichen ein eigenständiges Rechtsinstitut darstelle; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 54 Rn. 88; Sieker, Umgehungsgeschäfte, 2001, S. 87 ff., 94; Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 67 ff.; 105. A. A. angedeutet in BGH, Urteil v. 6.12.1990 – IX ZR 44/90 = NJW 1991, 1060, 1061, wonach die Gesetzesumgehung einen Nichtigkeitsgrund nach § 134 BGB bilden könne, wenn durch die gewählte rechtliche Gestaltung der Zweck einer Rechtsnorm vereitelt werde; ähnlich BGH, Urteil v. 25.1.1961 – V ZR 80/59 = NJW 1961, 775, 776; Mayer-Maly/Armbrüster, in: MüKo BGB, 4. Auflage 2001, § 134 Rn. 16. 915) Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 22; Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 78; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 74; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 172, die abseits der durch extensive Auslegung zu lösenden Fälle auf § 138 BGB abstellen wollen; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 23 f.; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 24; Bork, AT des BGB, 4. Auflage 2016, S. 440 Rn. 1120 f.; Benecke, Gesetzesumgehung im Zivilrecht, 2004, S. 73 ff., 78; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 54 Rn. 88; Sieker, Umgehungsgeschäfte, 2001, S. 87 ff.; Schurig, in: FS Ferid, 1988, S. 375, 399 f.; Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 64 f., 78 ff., wonach eine Vielzahl der Gesetzesumgehungen mit Hilfe der Gesetzes- und Sachverhaltsauslegung zu lösen und für restliche Fälle eine Analogie vorzunehmen sei; so bereits auch von Thur, Der AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2/2, 1957, § 69 I S. 7 f.; ebenso Teichmann, JZ 2003, 761, 764 ff., wonach die Gesetzesumgehung ein „Scheinproblem“ sei. 916) Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 177. 917) Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 36 f. Rn. 61, S. 54 Rn. 88.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

b) Abgrenzung Verbotsgesetz/Beschränkung der Gestaltungsmacht 314 Keineswegs ergibt sich aus dem zwingenden Charakter einer Norm stets ihre Einordnung als Verbotsgesetz.918) Zwar kann eine Norm nur dann Verbotscharakter haben, wenn sie zwingend gilt.919) Zwingende Normen können jedoch ebenso gut statt eines Verbotsgesetzes eine Beschränkung der rechtlichen Gestaltungsmacht darstellen.920) Der entscheidende Unterschied zwischen einem Verbotsgesetz und der Beschränkung der rechtlichen Gestaltungsmacht liegt darin, dass sie in unterschiedlicher Weise einem Rechtsgeschäft entgegentreten. Ein Verbotsgesetz setzt voraus, dass ein Rechtsgeschäft grundsätzlich vorgenommen werden kann und tritt erst im zweiten Schritt dessen Ausübung entgegen, indem es das rechtliche Dürfen einschränkt.921) Eine Beschränkung der rechtlichen Gestaltungsmacht setzt einen Schritt zuvor an und verbietet bereits das rechtliche Können.922) Bei einem Verbotsgesetz ergibt sich eine bestimmte Rechtsfolge entweder aus der Norm selbst oder nach der Auslegungsregel des § 134 BGB.923) Ist dagegen bereits das rechtliche Können bzw. die Gestaltungsmacht beschränkt, ist § 134 BGB nicht anwendbar.924) Den betreffenden Privatrechtssubjekten sind in einem solchen Fall von vornherein die Hände zur Vornahme des Geschäfts gebunden.925) Solchen Rechts___________ 918) Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 63; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 12; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 10; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 51; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 134 Rn. 49; Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 55; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 13; Mayer-Maly, in: FS Hefermehl, 1976, S. 103, 112; Everts, DNotZ 2013, 730, 733. 919) Vgl. nur Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 63. 920) Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 55; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 134 Rn. 49; Mayer-Maly, in: FS Hefermehl, 1976, S. 103, 112. 921) Deinert, in: Tonner/Willingmann/Tamm, Vertragsrecht, 2010, BGB § 134 Rn. 2; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 3; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 35 Rn. 59. 922) BGH, Urteil vom 28.4.1954 – II ZR 8/53 = BGHZ 13, 179 = NJW 1954, 1155, 1156; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 12; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 4; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 35 Rn. 59; von Thur, Der AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2/2, 1957, § 69 I S. 2. 923) Siehe hierzu Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 39 f. Rn. 64 f. 924) So auch BGH, Urteil v. 28.2.1956 – I ZR 84/54 = BGHZ 20, 119 = NJW 1956, 746, 748; BGH, Urteil vom 28.4.1954 – II ZR 8/53 = BGHZ 13, 179 = NJW 1954, 1155, 1156; Fischinger/ Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 10; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 3; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 12; Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 9; Dörner, in: Schulze BGB, 11. Auflage 2022, § 134 Rn. 4; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 3; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 36 f. Rn. 61; Everts, DNotZ 2013, 730, 733. 925) BGH, Urteil v. 28.2.1956 – I ZR 84/54 = BGHZ 20, 119 = NJW 1956, 746, 748; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 3; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 10.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

geschäften versagt die Rechtsordnung stets die Wirkung und lässt sie schlicht nicht gelten.926) Voneinander abgegrenzt werden die genannten Gesetzestypen anhand einer Ausle- 315 gung.927) Während die Formulierung „kann nicht“ auf die Beschränkung des rechtlichen Könnens hindeutet,928) spricht die Formulierung „darf nicht“ für eine Beschränkung des rechtlichen Dürfens und damit für ein Verbotsgesetz.929) Da das Gesetz hierbei jedoch eine Einheitlichkeit vermissen lässt, kommt es meist auf den Sinn und Zweck an.930) Selbst bei vermeintlich klaren Hinweisen bereits im Wortlaut sind bereits die höchsten Gerichte an der Abgrenzung zwischen einem Verbotsgesetz und einer Gestaltungsmachtbeschränkung gescheitert.931) Im Fall des § 301 InsO finden sich hierzu ohnehin keine Anhaltspunkte im Wort- 316 laut. Anders als die meisten anderen zwingenden Rechtsnormen trifft jene Vorschrift überhaupt keine Aussagen zu den Rechtsgeschäften, die von ihr missbilligt werden. Vielmehr gibt § 301 InsO eine zwingende Rechtslage wieder, ohne auf ___________ 926) BAG, Urteil v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99 = BAGE 95, 104 = NJW 2001, 460, 461; Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 9; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 4; Vossler, in: BeckOGK, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 14 f.; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 4, wonach sich die Frage, ob solche Rechtsgeschäfte nichtig oder trotz Verbotswidrigkeit gültig sind, vernünftigerweise gar nicht stellen lasse; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 56 Rn. 91 ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle, 1992, S. 284; von Thur, Der AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2/2, 1957, § 69 I S. 2. 927) Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 13; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 134 Rn. 41 ff.; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 49. 928) BAG, Urteil v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99 = BAGE 95, 104 = NJW 2001, 460, 461 zu § 13 Abs. 1 BUrlG; Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 4; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 13; Vossler, in: BeckOGK, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 15; Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 13; Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 4. 929) Dorn, in: HKK BGB, Bd. 1, 2003, §§ 134 – 137 Rn. 13; Arnold, in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, § 134 Rn. 13; ähnlich auch von Thur, Der AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2/2, 1957, § 69 I S. 2 f.; a. A. Neuner, AT des Bürgerlichen Rechts, 13. Auflage 2023, § 45 Rn. 8. 930) Dies hervorhebend BGH, Urteil v. 30.4.1992 – III ZR 151/91 = BGHZ 118, 142 = NJW 1992, 2021, 2022; Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger BGB, 2021, § 134 Rn. 50 ff.; Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 58, 62; Looschelders, in: NK BGB, 4. Auflage 2021, § 134 Rn. 47. 931) So stellte die höchstrichterliche Rechtsprechung in diversen Entscheidungen bereits beispielsweise im Zusammenhang mit § 400 BGB auf § 134 BGB ab, obwohl die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts hier bereits aus der fehlenden rechtsgeschäftlichen Verfügungsmacht der Beteiligten folgt, siehe hierzu folgende Urteile: BGH, Versäumnisurteil v. 19.5.2009 – IX ZR 37/06 = NJW-RR 2010, 211, 212 Rn. 9; BAG, Urteil v. 21.11.2000 – 9 AZR 692/99 = BAGE 96, 266 = NJW 2001, 1443; BGH, Urteil v. 13.5.1997 – IX ZR 246/96 = NJW 1997, 2823; BGH, Urteil v. 24.9.1987 – III ZR 49/86 = NJW 1988, 819, 820; BGH, Beschluss v. 10.12.1951 – GSZ 3/51 = BGHZ 4, 153 = NJW 1952, 337, 339. Siehe hierzu auch Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 15.1; ebenso Armbrüster, in: MüKo BGB, 9. Auflage 2021, § 134 Rn. 13 Fn. 50; Mansel, in: Jauernig BGB, 18. Auflage 2021, § 134 Rn. 5.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

privatautonome Abweichungen einzugehen. Dies spricht eher dafür, dass das Gesetz eine Abweichung gar nicht erst für möglich ansieht und deshalb bereits die Gestaltungsmacht, das rechtliche Können beschränkt.932) Letztendlich ist eine klare Einordnung des § 301 InsO jedoch kaum ohne eine gewisse Willkür möglich, da die bei der Begründung des zwingenden Charakters herausgearbeiteten Zwecke933) sowohl für einen Verbotscharakter als auch für eine Beschränkung der Gestaltungsmacht streiten können.934)

317 Vor diesem Hintergrund ist der bereits im Schrifttum aufgetretenen Auffassung zu folgen, wonach der Unterscheidung zwischen Verbotsgesetz und einer die Gestaltungsmacht begrenzenden Norm keine entscheidende Bedeutung zuzusprechen sei.935) In beiden Fällen wird letztlich eine Unwirksamkeit angeordnet, soweit die Globalzession nach der Restschuldbefreiung entstehende Forderungen zum Gegenstand hat.936) Da die Globalzessionsvereinbarung in aller Regel insoweit sprach-

___________ 932) So im Ergebnis auch Piekenbrock, LMK 2015, 372471. Dagegen für den Verbotscharakter der Vorschriften zu den Restschuldbefreiungswirkungen Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff., 673. 933) Rn. 283–299. 934) Demgegenüber ausdrücklich für den Verbotscharakter der Restschuldbefreiungswirkungen Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, 2015, S. 668 ff., 673. 935) So wird der Unterschied zwischen der Beschränkung der Gestaltungsmacht und einem Verbotsgesetz im Schrifttum teilweise relativiert: Hefermehl, in: Soergel BGB, Bd. 2, 13. Auflage 1999, § 134 Rn. 3 hält es für unschädlich, ob eine zwingende gesetzliche Vorschrift ohne eine ausdrückliche Rechtsfolgenregelung ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB darstellt oder nicht, da die Rechtsunwirksamkeit aus dem allgemeinen Grundsatz folge, dass die Rechtsordnung die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften nur in den Grenzen der durch zwingendes Recht abgesteckten Gestaltungsfreiheit zulasse; Deinert, Zwingendes Recht, 2002, S. 40 f. Rn. 66 erkennt zwischen Beschränkungen der Gestaltungsmacht und zumindest Verbotsgesetzen mit integrierter Rechtsfolgenbestimmung keinen Unterschied; von Thur, Der AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2/2, 1957, § 69 I S. 2 merkt an, man könne der Kürze halber bei der Beschränkung der Gestaltungsmacht auch von einem Verbot des Rechtsgeschäfts sprechen; Kramme, ZInsO 2015, 2206, 2210 Fn. 34 lässt es dahinstehen, ob die Restschuldbefreiungsvorschriften die Gestaltungsmacht beschränken oder Verbotscharakter haben. A. A. wohl Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2022, § 134 Rn. 14, wonach streng zwischen Rechtsgeschäften, die gegen zwingendes Recht verstoßen, und verbotswidrigen Rechtsgeschäften zu unterscheiden sei; auch Meier, in: Soergel BGB, Bd. 2/1, 14. Auflage 2023, § 134 Rn. 4, wonach die Unterscheidung bei der Frage einer Genehmigungsmöglichkeit Bedeutung erlange. 936) Bei einer Einordnung des § 301 Abs. 1, 3 InsO als Verbotsgesetz wäre die vorinsolvenzliche Globalzession gem. § 134 BGB nur dann nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. § 301 Abs. 1, 3 InsO verböte jedoch den Übergang von Forderungen vor Erteilung der Restschuldbefreiung gerade nicht, so dass hieraus lediglich eine „Insoweit“-Unwirksamkeit herzuleiten wäre. Dieses Ergebnis ergäbe sich auch bei der Einordnung des § 301 Abs. 1, 3 InsO als Gestaltungsmachtbeschränkung, da sich die Beschränkung vergleichbar mit § 400 BGB nur auf einen Teil der Abtretung bezöge und dem Zedenten im Übrigen die Gestaltungsmacht beließe.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

lich nicht differenziert, ist sie als unteilbar einzuordnen und infolgedessen einer Teil-Unwirksamkeit nicht zugänglich.937) Um eine Gesamtunwirksamkeit der Globalzessionsvereinbarung zu verhindern und 318 damit ein interessengerechtes und dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechendes Ergebnis zu erreichen, sind von der Globalzessionsvereinbarung erneut mittels einer geltungserhaltenden Auslegung Wirkungen nach der Restschuldbefreiung auszuschließen.938) Auch bei der Erteilung der Restschuldbefreiung zu Gunsten des Kreditnehmers und Globalzedenten handelt es sich um einen Ausnahmefall, dessen Berücksichtigung in den AGB vom Verwender nicht erwartet werden kann. Insbesondere greifen auch hier die Transparenzerwägungen nicht durch.939) Der Weg der geltungserhaltenden Auslegung steht damit unabhängig davon offen, ob der Globalzessionsvertrag eine Individualvereinbarung oder eine AGB-Klausel darstellt.

4. Ergebnis und Einordnung Die vorinsolvenzliche Globalzession stellt eine Abbedingung der in § 301 Abs. 1, 319 3 InsO niedergelegten und als zwingend einzuordnenden Restschuldbefreiungswirkung dar, soweit sie dem Zessionar den Zugriff auch auf solche Forderungen des Schuldners ermöglicht, die nach Erteilung der Restschuldbefreiung entstehen. Unabhängig davon, ob § 301 Abs. 1, 3 InsO als Verbotsgesetz oder als Beschränkung der Gestaltungsmacht eingeordnet wird, führt dies in der Regel zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung, soweit diese die zwingenden Restschuldbefreiungswirkungen abbedingt. Da die Globalzessionsvereinbarung sprachlich unteilbar ist, besteht das Bedürfnis, jene Wirkungen der Globalzession durch eine geltungserhaltende Auslegung auszunehmen, die nach der Restschuldbefreiung eintreten würden.

a) Ausgleich der widerstreitenden Interessen Fraglos ist auch mit diesem Ergebnis noch ein schwerer Eingriff in die Rechte des 320 Globalzessionars verbunden, da diesem zwar auf dem Weg der geltungserhaltenden Reduktion zumindest die vor dem Insolvenzverfahren anfechtungsfest erworbenen Forderungen bzw. der durch eine Vereinnahmung der Forderungserlöse im Eröffnungsverfahren entstehende Ersatzanspruch erhalten bleiben. Ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist jedoch zur Sicherung der Insolvenzforderungen kein weiterer wirksamer Erwerb von Forderungen möglich. Hierdurch könnte die Akzeptanz der Globalzession als Sicherungsmittel im Rechtsverkehr leiden. Die Verhinderung der Konvaleszenz der vorinsolvenzlichen Globalzession nach der Restschuldbefreiung ist jedoch unumgänglich, um die Ziele der Restschuldbefreiung zu erreichen. Insbesondere ist dem Schuldner ein wirtschaftlicher Neustart zu ermöglichen, um ihn dadurch ___________ 937) Siehe hierzu Rn. 266. 938) Vgl. die Ausführungen in Rn. 190 ff. und in Rn. 267 f. 939) Insofern sei auf die Argumentation in Rn. 268 verwiesen.

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§ 5 Die Globalzession nach der Restschuldbefreiung

zu motivieren, zum einen im Restschuldbefreiungsverfahren zur weiteren Befriedigung aller Insolvenzgläubiger, auch desjenigen mit der Globalzession besicherten, beizutragen und sich zum anderen im Anschluss in die Volkswirtschaft einzubringen. Da die Globalzession nach der Restschuldbefreiung ohnehin nicht allzu ergiebig wäre, könnte hierdurch auf lange Sicht sogar eine bessere Befriedigung des Globalzessionars erreicht werden. Im Falle einer Lohnvorausabtretung wäre der Globalzessionar davon abhängig, dass der Schuldner einer legalen Beschäftigung nachgeht. Im Falle eines selbstständig tätigen Schuldners wäre die Globalzession nur dann gewinnbringend, wenn dieser auch ohne Zugriff auf die Einnahmen neue Forderungen begründen könnte, was jedoch nahezu ausgeschlossen ist.

b) Auswirkungen auf einen Freigabeanspruch aus der Sicherungsabrede 321 Die geltungserhaltende Auslegung der Globalzessionsvereinbarung konkurriert mit der ebenfalls denkbaren und bereits untersuchten Möglichkeit der Herleitung eines Freigabeanspruchs aus der Sicherungsabrede. So ergab die Untersuchung, ob aus der Sicherungsabrede der Entfall des Sicherungszwecks bei Umwandlung der gesicherten Forderungen in Naturalobligationen hergeleitet werden kann, dass dies allenfalls zur Vermeidung einer Gesetzeswidrigkeit in Betracht käme.940) Nun ist zu konstatieren, dass die durch die Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen drohende Unwirksamkeit der Globalzessionsvereinbarung auch durch die Herleitung eines Freigabeanspruchs des Globalzedenten aus dem Sicherungsvertrag vermieden werden könnte. Von einer Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen könnte nämlich nicht gesprochen werden, wenn der Sicherungszweck mit der Umwandlung der gesicherten Forderung entfiele und dem Schuldner infolgedessen ein Anspruch auf Rückabtretung der übergegangenen Forderungen bzw. auf Aufhebung der Globalzession zustünde. Der Schuldner könnte durch die Durchsetzung dieses Anspruchs die Befriedigung des Zessionars verhindern und im Falle der vorherigen Einziehung der betreffenden Forderungen durch den Zessionar nach § 285 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen. Der Sicherungsgläubiger könnte somit bei Bestehen eines Freigabeanspruchs nicht gegen den Willen des Schuldners rechtssicher weitere Befriedigungen erlangen.

322 Den direkteren Weg, die Gesamtunwirksamkeit der Globalzessionsvereinbarung wegen einer Abbedingung der Restschuldbefreiungswirkungen zu vermeiden, stellt es jedoch dar, die nach der Restschuldbefreiung entstehenden Forderungen von vornherein vom Zugriff des Globalzessionars auszunehmen. Infolgedessen bedarf es erst gar nicht der Durchsetzung eines schuldrechtlichen Freigabeanspruchs. Die Inhaberschaft der Forderungen verbleibt dadurch von vornherein beim Insolvenzschuldner. Wenn allein Insolvenzforderungen von der Globalzession gesichert werden, ist es deshalb vorzuziehen, bei der Globalzessionsvereinbarung anzuknüpfen und diese durch Auslegung auf Wirkungen vor der Restschuldbefreiung zu beschränken. ___________ 940) Rn. 279.

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B. Wirkungen der Restschuldbefreiung auf die Globalzession

VII. Bewertung einer Globalzession mit Doppelfunktion Gem. § 301 Abs. 1 S. 1 InsO soll die Restschuldbefreiung nur gegen Insolvenz- 323 gläubiger, nicht aber gegen Neugläubiger wirken. Dementsprechend soll hinsichtlich der Neuforderungen der Erfüllungszwang nach der Restschuldbefreiung erhalten bleiben und insofern die Entscheidung über die weitere Befriedigung auch nicht allein in den Händen des Schuldners liegen. Eine im Voraus vorgenommene Globalzession als Sicherungsmittel für Neuforderungen stellt somit auch keine Abbedingung der gesetzlich vorgeschriebenen Restschuldbefreiungswirkungen dar. Vor diesem Hintergrund ist eine vollständige Sperrung der Globalzession wie nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit im Insolvenzverfahren941) und während der Wohlverhaltensperiode942) nicht angezeigt, soweit die Zession nicht nur Insolvenzforderungen, sondern auch Neuforderungen sichert. Es bedarf daher auch nach der Restschuldbefreiung einer Korrektur des genannten Ergebnisses, wenn die Globalzession eine solche Doppelfunktion einnimmt. Eine Anknüpfung an die Globalzessionsvereinbarung ist zur Erreichung einer dif- 324 ferenzierenden Lösung nicht geeignet.943) Stattdessen ist wie in den Phasen zuvor an die in der Sicherungsabrede getroffene Sicherungszweckregelung anzuknüpfen. Zwar könnte man zunächst daran denken, dass dies bereits durch die Verbotswirkung bzw. Gestaltungsmachtbeschränkung des § 301 Abs. 1, 3 erfolgt. Die weit gefasste Sicherungszweckregelung trägt nämlich maßgeblich dazu bei, dass die durch die Globalzession auf den Zessionar übergehenden Forderungen zur Befriedigung auch der Insolvenzforderungen verwertet werden könnten und hat hierdurch einen erheblichen Anteil an der Abbedingung der Restschuldbefreiungsvorschriften.944) Eine hierdurch ausgelöste Teilunwirksamkeit der Sicherungszweckregelung kommt jedoch bereits deshalb nicht in Betracht, da es an der Teilbarkeit der Regelung fehlt.945) Stattdessen ist die Sicherungszweckregelung erneut mittels geltungserhaltender Auslegung ausschließlich auf Neuforderungen zu beziehen.946) Ein Geschäft mit dem reduzierten Inhalt ist unzweifelhaft sowohl vom rechtlichen Können als auch vom rechtlichen Dürfen der Parteien gedeckt. Wie in den Phasen zuvor bereits gezeigt, bietet es sich alternativ an, bereits vor der Begründung neuer Forderungen nach der Insolvenzeröffnung eine neue, separate Sicherheit zu bestellen.947)

___________ 941) 942) 943) 944) 945) 946)

Siehe Rn. 155. Siehe Rn. 184. Siehe Rn. 154 und Rn. 184 f. Ähnlich im Zusammenhang mit § 294 Abs. 2 InsO in Rn. 188. So bereits in Rn. 188. Siehe zur Frage der Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion im Falle einer als AGB ausgeformten Sicherungsabrede Rn. 191 f. 947) Siehe Rn. 157 und Rn. 190.

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§ 6 Zusammenfassung und Ergebnisse A. Eröffnungsverfahren 

Auch wenn die im Rahmen des Eröffnungsverfahrens nach § 21 Abs. 2 S. 1 325 Nr. 2 InsO anordenbaren Verfügungsbeschränkungen die Vereinbarung einer neuen Globalzession verhindern können, greift eine bereits bestehende Globalzession unbeeinflusst hiervon weiterhin auf neu entstehende Forderungen zu. Zwar ist die Verfügungsmacht des Zedenten erst im Zeitpunkt der Entstehung der abgetretenen Forderung bzw. im Zeitpunkt der Entstehung der gesicherten Rechtsposition zu bewerten. Die Verfügungsmacht ist nämlich von dem Bestehen eines Zuordnungsobjekts abhängig. Der für die Wirkungen der im Eröffnungsverfahren möglichen Verfügungsbeschränkungen maßgebliche § 81 InsO bezieht sich jedoch nur auf Verfügungshandlungen und kann daher eine Verfügung nicht mehr verhindern, wenn im verfügungsbeschränkten nur noch ein Teilakt der Verfügung verwirklicht wird, dem keine Verfügungshandlung des Schuldners zugrunde liegt. Der Schuldner ist bei Entstehen der jeweiligen Forderungen noch insoweit verfügungsberechtigt, als es zur Verfügung keiner Verfügungshandlung mehr bedarf.



Eine besondere Herausforderung stellt es dar, dem Schuldner weiterhin den 326 Zugriff auf die während des Eröffnungsverfahrens entstehenden und auf den Globalzessionar übergehenden Forderungen zu ermöglichen. Bekanntlich veranlasst die Anfechtbarkeit weiterer Forderungserwerbe den Globalzessionar zum Widerruf der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung. Eine Einstufung des im Rahmen einer Globalzession stattfindenden Austauschs von alten und neuen Forderungen als Bargeschäft i. S. d. § 142 InsO wäre vertretbar, würde den Globalzessionar aber voraussichtlich nicht zur Aufrechterhaltung der Einziehungs- und Verwendungsermächtigung bewegen. Demgegenüber ist die Möglichkeit des Insolvenzgerichts anzuerkennen, den vorläufigen Verwalter – in der vorläufigen Eigenverwaltung den Schuldner selbst – nicht nur zur Einziehung, sondern auch zur Verwendung der Forderungserlöse bzw. zur Begründung des dadurch entstehenden Ersatzanspruchs des Zessionars als Masseverbindlichkeit zu ermächtigen. Durch das Bestehen einer anfechtungsfesten Masseverbindlichkeit in Höhe des noch anfechtungsfest übergegangenen Forderungsbestands werden die Interessen des Sicherungsgläubigers in ausreichendem Maße gewahrt. Die Einstufung des Ersatzanspruchs des Zessionars als Masseverbindlichkeit bewirkt zudem eine primäre Haftung der Insolvenzmasse im Verhältnis zum vorläufigen Verwalter, so dass jener auch ausreichend vor unzumutbaren Haftungsrisiken geschützt ist. Schließlich wird der vorläufige Verwalter durch die gerichtliche Ermächtigung zur Vereinnahmung der Forderungserlöse auch vor einer Strafbarkeit wegen eines besonders schweren Falls der Untreue zu Lasten des Globalzessionars bewahrt.

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§ 6 Zusammenfassung und Ergebnisse

B. Insolvenzverfahren 327  Die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Forderungen des Zedenten fallen grundsätzlich in die Insolvenzmasse und gehen in Folge dessen aufgrund der Wirkungen des Erwerbsverbots nach § 91 Abs. 1 InsO nicht auf den Globalzessionar über, außer dieser hatte bereits vor Verfahrenseröffnung eine gesicherte Rechtsposition an der künftigen Forderung erlangt.

328  Das Erwerbsverbot auch in Bezug auf die von einer Negativerklärung nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO erfassten Gegenstände aufrechtzuerhalten, soweit ein Altgläubiger mittels einer vorinsolvenzlichen Vorausverfügung hierauf zuzugreifen versucht, widerspricht evident dem Wortlaut und auch dem primären Schutzzweck des § 91 Abs. 1 InsO. Die für eine analoge Anwendung der Vorschrift erforderliche planwidrige Regelungslücke kann noch aus dem Ziel des § 35 Abs. 2 S. 1 InsO, dem Schuldner auch außerhalb des Insolvenzverfahrens die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit zu ermöglichen, hergeleitet werden. Die darüber hinaus erforderliche Gleichheit der Interessenlagen besteht jedoch nicht in einem ausreichenden Maße. Während nach der Negativerklärung vor allem der Schutz des Schuldners im Vordergrund steht, hat § 91 Abs. 1 InsO den Schutz der Insolvenzmasse und der Gläubigergesamtheit im Blick. Die Schutzbedürfnisse der beiden Tatbestände überschneiden sich nur insoweit, als die Gleichbehandlung der Gläubiger negativ beeinflusst wäre. Da dies jedoch jeweils nur einen untergeordneten Aspekt darstellt, ist eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO in dieser Situation abzulehnen. Es ist daher dringend eine Gesetzesänderung geboten.

329  Soll eine Globalzession durch die Übertragung der in das gem. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO freigegebene Schuldnervermögen fallenden Forderungen sowohl missbilligungswürdig Insolvenz- als auch schutzwürdig Neuforderungen besichern, ist eine Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO bereits deshalb abzulehnen, da hierdurch die notwendige Differenzierung nach der Art der gesicherten Forderung versperrt wäre. Ein interessengerechter Ausgleich wird erreicht, indem der in der Sicherungsabrede festgelegte Sicherungszweck mittels einer an der mutmaßlichen Interessenlage orientierten Auslegung allein auf die Sicherung der Neuforderungen beschränkt wird.

C. Wohlverhaltensperiode 330  Auch die in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen des Schuldners können nicht auf Grundlage der vorinsolvenzlichen Globalzession auf den Sicherungsgläubiger übergehen. Zwar kommt eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO über die Beendigung des Insolvenzverfahrens hinaus nicht in Betracht. Dies gilt sowohl für eine pauschale Fortwirkung, da nach Verfahrensbeendigung an die Stelle des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes grund-

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D. Restschuldbefreiung

sätzlich das unbeschränkte Nachforderungsrecht der Insolvenzgläubiger nach § 201 Abs. 1 InsO tritt, als auch für eine auf den Fall des Übergangs in die Wohlverhaltensperiode beschränkte Fortwirkung, da bereits die speziellen Regelungen zur Wohlverhaltensperiode einschlägig sind und es insofern an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Insofern kann jedoch auch nicht auf die Regelung des § 287 Abs. 3 InsO abgestellt werden, da die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO, die die Einnahmen eines selbstständig Tätigen gar nicht erfasst, durch dessen Globalzession nicht beeinträchtigt oder vereitelt wird. Allerdings sorgt § 294 Abs. 2 InsO für die Nichtigkeit der vorinsolvenzlichen Globalzession, da jene Verfügung auch in der Wohlverhaltensperiode auf die Forderungen des Schuldners zugreift und dem Sicherungsgläubiger insofern einen Sondervorteil gegenüber den restlichen Gläubigern verschafft. Die Wirkungen des § 294 Abs. 2 InsO sind zudem unabhängig von subjektiven Voraussetzungen. 

Auch in der Wohlverhaltensperiode ist ein undifferenzierter Umgang mit einer 331 Globalzession, die neben Insolvenz- auch Neuforderungen sichert, abzulehnen. Stattdessen ist an den in der Sicherungsabrede festgelegten Sicherungszweck anzuknüpfen. Da eine Teilunwirksamkeit nach § 294 Abs. 2 InsO an der fehlenden Teilbarkeit der Sicherungszweckregelung scheitert, ist diese im Einklang mit dem mutmaßlichen Interesse der Parteien, die Globalzession so weit wie möglich wirksam zu erhalten, auf die Sicherung der Neuforderungen zu beschränken. Dies verhindert die Verschaffung eines Sondervorteils zu Gunsten des Globalzessionars in seiner Rolle als Insolvenzgläubiger, so dass § 294 Abs. 2 InsO nicht einschlägig ist. Ein Verstoß gegen das Gebot der geltungserhaltenden Reduktion ist in jener Auslegung auch bei einer als AGB ausgestalteten Sicherungsabrede nicht zu sehen, da es nicht gerechtfertigt wäre, eine global gefasste Klausel insgesamt zu kassieren, wenn sie wie hier lediglich in einem speziellen Ausnahmefall der Wirksamkeitskontrolle nicht standhielte.

D. Restschuldbefreiung 

Es ist ausgeschlossen, dass die vorinsolvenzliche Globalzession zu einem Über- 332 gang der nach Erteilung der Restschuldbefreiung entstehenden Forderungen auf den Globalzessionar führt, soweit hierdurch Insolvenzforderungen gesichert werden sollen. Hiermit verbunden wäre eine Abbedingung der in § 301 Abs. 1, 3 InsO enthaltenen Regelungen der Restschuldbefreiungswirkung, da dem Sicherungsgläubiger durch die Globalzession im Vorhinein die Möglichkeit eingeräumt würde, durch den Erwerb und die Verwertung neuer Forderungen eine vom Willen des Schuldners unabhängige weitere Befriedigung seiner Insolvenzausfallforderung zu erreichen. Die Regelungen des § 301 Abs. 1, 3 InsO sind als zwingendes Recht einzuordnen. Die hiermit verbundene Einschränkung der Privatautonomie ist zum Schutz des Schuldners, der Insolvenzgläubi-

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§ 6 Zusammenfassung und Ergebnisse

ger und der Gemeinwohlinteressen geboten. Soweit die Globalzession die Restschuldbefreiungswirkungen abbedingt, ist sie unabhängig davon, ob § 301 Abs. 1, 3 InsO als Verbotsgesetz oder als Beschränkung der Gestaltungsmacht einzuordnen ist, unwirksam. Da die Globalzessionsvereinbarung in aller Regel sprachlich nicht nach dem Zeitpunkt der Entstehung der künftigen Forderungen differenziert und insofern unteilbar ist, bedarf es zur Vermeidung einer dem mutmaßlichen Parteiwillen widersprechenden Gesamtunwirksamkeit einer geltungserhaltenden Auslegung der Globalzessionsvereinbarung.

333  Demgegenüber führt § 294 Abs. 2 InsO nicht zur anfänglichen und endgültigen Nichtigkeit der Globalzession. Aus der Historie, der Systematik und der Teleologie der Vorschrift ergeben sich besondere Gründe, die dagegen sprechen, die im Wortlaut angeordnete Rechtsfolge der Nichtigkeit im juristisch-technischen Sinne zu verstehen. Stattdessen ist ein Sonderabkommen nach § 294 Abs. 2 InsO nur insoweit unwirksam, als dieses einem einzelnen Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil verschafft. Regelmäßig ist dies allein dann denkbar, wenn der Vorteil dem einzelnen Gläubiger aus dem Vermögensbestand des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode gewährt wird. In Bezug auf die Globalzession führt dies im Regelfall dazu, dass dem Globalzessionar aufgrund der Regelung des § 294 Abs. 2 InsO allein der Zugriff auf die während der Wohlverhaltensperiode entstehenden Forderungen versperrt wird, wobei dieses Ergebnis aufgrund der sprachlichen Unteilbarkeit der Globalzessionsvereinbarung nur durch eine geltungserhaltende Auslegung zu erreichen ist.

334  Der Wortlaut einer standardmäßigen Sicherungsabrede deutet nicht eindeutig darauf hin, dass die gesicherten Forderungen nach der durch die Restschuldbefreiung bewirkten Umwandlung der Insolvenzforderungen nicht mehr gesichert werden sollen. Allerdings wird der Wegfall des Sicherungszwecks darin mit der Erfüllung der gesicherten Forderung gleichgesetzt, was klar gegen einen Freigabeanspruch des Schuldners nach der Restschuldbefreiung spricht. Auch wird eine Abbedingung des § 301 Abs. 1, 3 InsO regelmäßig effektiver durch eine Auslegung der Globalzessionsvereinbarung verhindert. An die Sicherungszweckregelung ist jedoch in anderer Weise dann anzuknüpfen, wenn die Globalzession nicht nur Insolvenzforderungen, sondern auch Neuforderungen besichern soll. Dann besteht mutmaßlich das Interesse der Parteien, die Globalzession zumindest insoweit nach der Restschuldbefreiung fortwirken zu lassen, als sie Neuforderungen sichert. In einem solchen Fall ist kein Freigabeanspruch aus der Sicherungsabrede herzuleiten, sondern die Reichweite der Sicherungszweckregelung mittels Auslegung auf die Sicherung der Neuforderungen zu beschränken. Dadurch wird im Fall der Globalzession mit Doppelfunktion eine Abbedingung des § 301 Abs. 1, 3 InsO vermieden, ohne der Globalzession vollständig die Wirkungen nach der Restschuldbefreiung zu entziehen.

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223

Sachverzeichnis

Anfechtungsrisiko, siehe Æ Insolvenzanfechtung der Globalzession Anwartschaftsrecht 39 Ausgleichszahlungen des Schuldners 103 ff., 118, 126, 144, 165 ff., 174 Auslegung 45 ff., 156, 190 ff., 232 ff., 266 ff., 273 ff., 313 – geltungserhaltende, siehe Æ Verbot der geltungserhaltenden Reduktion

Bargeschäftsausnahme

66 ff., 82 – bei Kontokorrentkonto 67 ff. Beschränkung der Gestaltungsmacht 313, 314 ff. Bestimmtheitsgrundsatz 7 Betrieb 13 Betriebsfortführung 10, 26 ff., 53 ff., 96 ff., 112, 117 f., 137 ff., 208

Direkterwerb 39 ff. Durchgangserwerb 39 ff. Eigensicherheit

221, 302, 305 Eigenverwaltung, siehe Æ vorläufige Eigenverwaltung Einzelermächtigung 30 f., 78, 83 ff., 89 – Vorrang- 31 Einziehungs- und Verwendungsermächtigung 10, 53 ff., 138 f. – gerichtliche 80 ff. – Widerruf der 55 ff. Eröffnungsantrag 18, 25, 55 Eröffnungsgründe 15 f., 18 Eröffnungsverfahren 18 ff. – Sicherung der Weiterbelieferung 30 f. – vorläufige Insolvenzverwaltung, siehe Æ vorläufiger Insolvenzverwalter Erwerbsverbot nach § 91 Abs. 1 InsO 46 ff., 107 f., 125 ff. – partielle Aufrechterhaltung nach der Negativerklärung des Insolvenzverwalters 115 ff. – Reichweite der partiellen Aufrechterhaltung 116 ff.

freie Arbeitsplatzwahl des Schuldners 145

97,

Freigabe – der selbstständigen Tätigkeit, siehe Æ Negativerklärung – von Einzelgegenständen 98, 100 Fremdsicherheit 220 fresh start 112, 137, siehe auch Æ wirtschaftlicher Neustart

Gesetzesänderung 148 ff. gesicherte Rechtsposition 40 ff., 108 Gläubigerbeeinflussung – Verhinderung der 179, 256 ff. Gläubigerbenachteiligung 63 ff. Gläubigergleichbehandlung 144, 160, 163 f., 180, 181 f., 251 ff., 257 f. Globalzession – Insolvenzanfechtung der 33, 57 ff., 210, 249 – Konvaleszenz der 110 ff., 115, 127 ff., 154, 226, 280 – mit Doppelfunktion 154 ff., 184 ff., 323 ff. – Teilbarkeit der Globalzessionsvereinbarung 266, 317 Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Erlösverwendung 75 ff. Haftungsmasse der Neugläubiger, siehe Æ insolvenzfreies Schuldnervermögen

Insolvenz 15 f. Insolvenzanfechtung, siehe Æ Insolvenzanfechtung der Globalzession Insolvenzfreies Schuldnervermögen 93 f., 99 f., 117 f., 159 – als Haftungsmasse der Neugläubiger 113, 115, 131 ff. Insolvenzgläubiger 95 Insolvenzverfahren 92 ff. – asymmetrisches 202 Insolvenzverwalter 94, siehe auch Æ vorläufiger Insolvenzverwalter, Æ Negativerklärung Konkursordnung

47, 96, 177 ff., 195, 228, 237 ff. Konvaleszenz, siehe Æ Konvaleszenz der Globalzession

225

Sachverzeichnis

Lohnvorausabtretung

5, 163, 171 f., 213,

246 ff.

Masseforderung

163, 194, siehe auch Æ Masseverbindlichkeit Masseverbindlichkeit 30 f., 78, 83 ff., 87, 101 f.

Naturalobligation

199, 204, 269, 274, 302, 306, siehe auch Æ unvollkommene Verbindlichkeit Negativerklärung 98 ff., 109 ff. – Erfassung des Bestandsvermögens 99 f. – Handlungspflicht des Insolvenzverwalters 101 f. Neubegründungs- und Durchsetzbarkeitsvereinbarungen 224, 281, 301 Neugläubiger 113, 119, 131 ff. Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO 225 ff. Novation 281, 294, 301 ff., siehe auch Æ Neubegründungs- und Durchsetzbarkeitsvereinbarungen

Pfändungsschutz

99, 105, 117, 195, 297 f. Positiverklärung 133, 137, siehe auch Æ Negativerklärung

Restschuldbefreiung

194 ff. – Abbedingung durch eine vorinsolvenzliche Globalzession 300 ff. – Vorschriften als Beschränkung der Gestaltungsmacht 314 ff. – Vorschriften als Verbotsgesetze 314 ff. – Vorschriften als zwingendes Recht 283 ff.

selbstständige Tätigkeit

11 ff. Sicherungsabrede 9, siehe auch Æ Sicherungsvertrag – Freigabeanspruch aus der, siehe Æ Sicherungsvertrag – Teilbarkeit der 188, 324 Sicherungsabtretung 9 f. Sicherungsvertrag 9 – Freigabeanspruch aus dem 9, 156, 190, 269 ff., 321 f. Sicherungszweck 9, 274 ff. Symmetrie der Zahlungsströme 100

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Teilunwirksamkeit

187 f., 267, 324 Transparenzgebot 268 Treuhandkonto 31

Umgehungsgeschäft

311 ff. Unternehmen 13 Unternehmensfortführung, siehe Æ Betriebsfortführung Untreue 76 f., 85 unvollkommene Verbindlichkeit 199, 204, 219, 269, 274, siehe auch Æ Naturalobligation

Verbot der geltungserhaltenden Reduktion 191 ff. – der Globalzessionsvereinbarung 266 ff., 318 – der Sicherungsabrede 156, 190 ff., 279 Verbot von Sonderabkommen gem. § 294 Abs. 2 InsO 164, 175 ff., 225 ff., siehe auch Æ Nichtigkeitsrechtsfolge des § 294 Abs. 2 InsO – Sondervorteil 181 ff., 252 – Zusatzvoraussetzungen bei vorinsolvenzlichem Abkommen 177 ff. Verbotsgesetz 310, 313 ff. Verfügungsbefugnis 28, 36, 94 – Konzeption der 37 ff. – „zukünftige“ 128 ff. Verfügungsbeschränkung 24, 33 f., 36 f., 41 ff., 50, siehe auch Æ Verfügungsverbot, Æ Zustimmungsvorbehalt Verfügungsmacht, siehe Æ Verfügungsbefugnis, Æ Einziehungs- und Verwendungsermächtigung Verfügungshandlung 44, 50 ff. Verfügungshandlungsmacht 52, 128 ff. Verfügungsmacht 35 ff., 128 ff., siehe auch Æ Verfügungsbefugnis Verfügungsverbot 23, 28, 46 f., 50 Vergleichsordnung 177 ff., 237 ff. Vermieterpfandrecht 121 Verwertungsfall 10, 271, siehe auch Æ Sicherungszweck Vorausabtretung 1 f., 5, 34 ff., 47, 115, 211 ff., 222, siehe auch Æ Vorausverfügung Vorausverfügung 120 f., 143 f., 149 ff., siehe auch Æ Vorausabtretung vorläufige Eigenverwaltung 87 ff. vorläufige Maßnahmen 19 ff.

Sachverzeichnis vorläufiger Insolvenzverwalter 22 ff., 27 f., 30 ff., 70 ff. – schwacher 24 – starker 23 – persönliche Konsequenzen bei Erlösverwendung, siehe Æ Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Erlösverwendung Vorrang-Einzelermächtigung 31

Wohlverhaltensperiode 158 ff. Wiederaufleben 138, 302 f., siehe auch Æ Konvaleszenz der Globalzession wirtschaftlicher Neustart 115, 120, 195, 208, 278, 320, siehe auch Æ fresh start Zustimmungsvorbehalt

24, 29 Zwangsvollstreckung 19, 26, 92 ff., 117, 163 Zweitinsolvenzverfahren 115, 136

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