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German Pages 533 [536] Year 2012
Heinrich Wittenwiler Der Ring
Heinrich Wittenwiler
Der Ring Text ⫺ Übersetzung ⫺ Kommentar Nach der Münchener Handschrift herausgegeben, übersetzt und erläutert von
Werner Röcke unter Mitarbeit von
Annika Goldenbaum Mit einem Abdruck des Textes nach Edmund Wießner
De Gruyter
ISBN 978-3-11-025383-2 e-ISBN 978-3-11-025384-9 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Wittenweiler, Heinrich, 15th cent. [Ring. German and German (Middle High German)] Heinrich Wittenwiler, der Ring : Text, Übersetzung, Kommentar / nach der Münchener Handschrift herausgegeben, übersetzt und erläutert von Werner Röcke ; unter Mitarbeit von Annika Goldenbaum ; mit einem Abdruck des Textes nach Edmund Wiessner. p. cm. Includes bibliographical references. ISBN 978-3-11-025383-2 (alk. paper) I. Röcke, Werner. II. Goldenbaum, Annika. III. Title. PT1679.W86R525 2012 8311.3⫺dc23 2011042073
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Satz: Dörlemann-Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen Einbandabbildung: Cgm 9300, f. 1v. ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
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Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Zur Benutzung der Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Text und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort Heinrich Wittenwilers RING ist ein sperriger Text, der befremdet und fasziniert. Er macht ratlos angesichts seiner harten Brüche von Lehrhaftigkeit und tiefer Religiosität einerseits, einer ausgeprägten Lust an der Gewalt und allen nur denkbaren „Nicht-mehr-schönen-Künsten“ andererseits, eröffnet aber gerade damit auch Möglichkeiten ästhetischen Vergnügens, die zumindest in der deutschen Literatur des Mittelalters wohl einmalig sind. Die Gründe für dieses Vergnügen liegen vor allem in einer höchst perfektionierten Sprachkunst, die mit einer schier zügellosen Freude am Spiel mit sprachlichen Bedeutungsverschiebungen und grotesken Bildern einhergeht. Der Text entzieht sich damit jeder eindeutigen Indienstnahme für moralische, religiöse oder politische Zwecke. Stattdessen legt er – in sprachlicher, literarischer und ästhetischer Hinsicht – einen „Eigensinn“ (A. Kluge/O. Negt) an den Tag, der jede Übersetzung zur je neuen Überprüfung und Infragestellung der einmal gefundenen Übersetzungslösungen nötigt. Wittenwilers RING ist also ein in seinen Sprachformen, Bildern und von ihm verwendeten Wissenstraditionen konsequent dialogischer Text, der auch einer dialogischen Arbeit am Text selbst bedarf – nicht nur an der Ausgabe Edmund Wießners, sondern auch und vor allem an der Handschrift (früher Meiningen, heute München). Die vorliegende Übersetzung habe ich in einer Arbeitsgruppe von Studierenden zur Diskussion gestellt, die aus einem RING-Seminar an der Berliner HumboldtUniversität hervorgegangen ist und auf freiwilliger Basis über mehrere Jahre hinweg weitergearbeitet hat. Diese Form ‚forschenden Lernens‘ vollzog sich in teils höchst kontroversen, teils einverständigen Diskussionen über einzelne Übersetzungsvorschläge, Wörter, Sätze, Satzfolgen und Sprachbilder, die in jedem Fall von dem Ziel geprägt waren, diesem so diffizilen, subtilen und oft (un)zweideutigen Text gerecht zu werden. In dieser Gruppe mitgearbeitet haben Heiner August, Alex Bangert, Dirk Besch, Philipp Dietrich, Kathrin Engelmann, Alexander Florin, Annika Goldenbaum, Visˇnja Juric, Sabine Meurer, Hannes Riemann, Dorothee Riemer und Sandy Schottmann. Sie alle haben mit ihrem langen und uneigennützigen, nur Wittenwilers RING verpflichteten Engagement dazu beigetragen, dessen Dialogizität auch in der Übersetzung zum Ausdruck zu bringen. Dafür danke ich sehr herzlich.
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Vorwort
Darüber hinaus bin ich verschiedenen Freunden, Kollegen und Institutionen zu Dank verpflichtet, die in unterschiedlichen Phasen des Projekts zu dessen Gelingen beigetragen haben. Zunächst einmal danke ich Ludger Lieb (Heidelberg) und Stephan Müller (Wien) für kritische Hinweise und Empfehlungen zur Einrichtung des Handschriftentexts, insbesondere für ihren Vorschlag, den handschriftennahen Text, Wießners Ausgabe und die Übersetzung (vgl. dazu die Hinweise ‚Zur Benutzung der Ausgabe‘) nebeneinander anzuordnen. In diesem Zusammenhang danke ich der Bayerischen Staatsbibliothek, vertreten durch Frau Dr. Gullath von der ‚Abteilung für Handschriften und Alte Drucke‘, für die Erlaubnis zum Abdruck der Handschrift. Manuela Gerlof, Susanne Rade und Birgitta Zeller vom Verlag de Gruyter sowie Heiko Hartmann danke ich für eine von Beginn des Projekts an immer ermutigende und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Für ihre engagierte und in weiten Teilen eigenverantwortliche Mitarbeit am Manuskript des Bandes sowie ihre sorgfältige Korrektur des druckfertigen Texts danke ich meinen studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kathrin Engelmann, Axel Frank, Annika Goldenbaum, Björn Menrath, Sabine Meurer, Falk Quenstedt, Dorothee Riemer und Cornelia Selent; ich danke meiner Doktorandin Anne Sedlmayer sowie für eine kritische Lektüre der Übersetzung von außerhalb des Fachs meiner Tochter Anja Katharina Röcke. Jede Ausgabe und jede Übersetzung schließt an Vorgänger an, denen sie sich verpflichtet wissen will und ohne die sie nicht so konzipiert worden wäre, wie sie jetzt vorliegt. Ich möchte deshalb abschließend hervorheben, dass die Auseinandersetzung mit der Übersetzung Horst Brunners und den Arbeiten Eckart Conrad Lutz‘ und Hans-Jürgen Bachorskis unser Projekt entschieden gefördert und vorangebracht hat. Hans-Jürgen Bachorski ist 2001 gestorben. Ihm sei dieser Band gewidmet. Werner Röcke
Zur Benutzung der Ausgabe
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Zur Benutzung der Ausgabe Ausgaben mittelalterlicher Literatur bewegen sich stets im Spannungsfeld zwischen philologischem Interesse und Leserfreundlichkeit, in einem Spannungsfeld, an dessen einem Pol die Handschrift selbst in ihrer historischen Materialität, an dessen anderem die neuhochdeutsche Lesefassung steht. Die vorliegende Ausgabe versucht, der besonderen Problematik des unikal überlieferten RING durch die Auffächerung der Darstellungsweisen gerecht zu werden und zugleich den Editionsprozess selbst ins Licht zu rücken. Alle drei Spalten stellen je unterschiedliche Annäherungen an den historischen Text dar, wobei der handschriftennahe Abdruck größtmöglichen Informationsgehalt,1 die neuhochdeutsche Übersetzung größtmögliche Leserfreundlichkeit zu bieten versucht. Dazwischen steht ein Abdruck der fast 100 Jahre alten Edition Edmund Wießners. Dieser Abdruck erfüllt an diesem Ort zwei Aufgaben: Er soll die Kompatibilität mit der Forschung gewährleisten und zugleich die Forschungsgeschichte reflektieren. Der synoptische Abdruck der drei Texte macht die Spannung zwischen der oft uneindeutigen Handschrift und dem editorischen Versuch, Ordnung und Sinn herzustellen, sichtbar; er stellt Kontrollmöglichkeiten und Verständnishilfen zur Verfügung. Damit eignet sich die Ausgabe sowohl für philologische Untersuchungen als auch für den Gebrauch in Studium und Lehre, aber auch für davon unabhängige Lektüre. Die Ausgabe stellt den handschriftennahen Abdruck, den von Wießner hergestellten Text und auf der rechten Seite die neuhochdeutsche Übersetzung nebeneinander. Sie verzeichnet die Blattzählung und die Vers- bzw. Zeilenzählung Wießners. An dieser Verszählung Wießners orientiert sich auch der Apparat. Der Text der Ausgabe Wießners wird unverändert zitiert, sein Apparat ist hier entbehrlich. Vor jedem Vers findet sich die Information, ob dieser rot (r) oder grün (g) markiert ist. Der Apparat vermerkt Uneindeutigkeiten, Marginalien, Tilgungen und Korrekturen.
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Vgl. zu den Anforderungen an Editionen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Texte u.a. Simmler, Franz: Prinzipien der Edition von Texten der Frühen Neuzeit aus sprachwissenschaftlicher Sicht. In: Probleme der Edition von Texten der Frühen Neuzeit. Hrsg. v. Lothar Mundt, Hans-Gert Roloff u. Ulrich Seelbach. (Beihefte zu Editio 3). Tübingen 1992, S. 36–127.
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Zur Benutzung der Ausgabe
Zum handschriftennahen Abdruck Der Text versucht, ein hohes Maß an Handschriftennähe zu gewährleisten, gleichzeitig aber die Grenzen dieser editorischen Annäherung offenzulegen. Handschriftennähe findet ihre Grenze, wo diplomatische Dokumentation nicht möglich ist bzw. als Dokumentation von Uneindeutigem potentiell Unklarheit erzeugen würde. Für diese Fälle muss auf das Faksimile der Handschrift verwiesen werden. Die Ring-Handschrift, heute in der Bayerischen Staatsbibliothek München (Cgm 9300), ist eine Pergament-Handschrift mit 57 Blättern, die zweispaltig beschrieben sind. Die Zeilenzahl pro Spalte schwankt zwischen 38 und 47, wobei sie in den letzten drei Vierteln der Handschrift deutlich zunimmt. Die Handschrift ist von einer Hand in jüngerer gotischer Kursive geschrieben, nur die wohl im Nachhinein geschriebene Prolog-Seite 1v weist typische Bastarda-Formen auf. An drei Stellen (auf fol. 2ra bei V. 55, auf 17rb bei V. 2623 sowie auf 39vb bei V. 6458) ist Platz für Initialen freigelassen, von denen jedoch nur eine (in roter Farbe) ausgeführt wurde. Von Vers 55 bis 9695 werden die Initialen bis auf wenige Ausnahmen von roten bzw. grünen Farblinien durchzogen.2 Der Abdruck der Handschrift erfolgt buchstabengetreu. Der Text wurde erfasst, wie er sich einem Kopisten darstellen würde, mitsamt allen – auch den offensichtlich durch Augensprung verursachten – Verschreibungen, Auslassungen und Wiederholungen von Wörtern. Der Apparat vermerkt, wenn einzelne Buchstaben, Worte oder Versteile korrigiert worden sind. Es wird angegeben, ob ursprünglich Geschriebenes durch einfaches Überschreiben, Durchstreichen, Rasur, Einfügen mithilfe von Einfügungsmarkierungen oder Eintragungen über der Zeile verändert worden ist. Vermerkt werden nota-Zeichen (no) am Rand sowie Markierungen durch Paragraphen-Zeichen (¶), (Doppel-)Striche oder Kreuze. Heute in deutlich blasserer Tinte erscheinende Korrekturen bzw. Änderungen sind häufig einer anderen Hand zuzuordnen. Die sehr klein geschriebenen lateinischen Randbemerkungen bzw. Inhaltsangaben eines späteren Benutzers sind meist nicht mehr zu entziffern, wo dies z.T. möglich ist, werden die Bemerkungen aufgelöst wiedergegeben.
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Auf 1r sind zwei spätere Eintragungen erfolgt: die Angabe des Titels (Frakturschrift des 16. oder 17. Jahrhunderts) „Dis Bùch I¢t genandt der Ringk“ sowie der Besitzvermerk „Est Iacobi Marqvardi à Glauburg“ (Kursive des 17. Jahrhunderts). Eine ausführliche Beschreibung der Handschrift findet sich bei Lutz, Eckart Conrad: Spiritualis fornicatio. Heinrich Wittenwiler, seine Welt und sein Ring. (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 32). Sigmaringen 1990, S. 415f.
Zur Benutzung der Ausgabe
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Abbreviaturen Die in der Handschrift vor allem auf den enger beschriebenen hinteren Blättern häufigen Abkürzungen werden nicht aufgelöst. Es erscheinen eine aus dem !a" entstandene Wellenlinie für [r + Vokal] (¢p~ch) sowie Kürzungsstriche, die entweder – als Nasalstriche – !n" oder !m" ersetzen (ı deine) oder als Kürzung für !e" (treibn) fungieren. Oft sind Nasalstriche über das ganze Wort gezogen. Auch „vnd“ wird durch einen bogenförmig angeschlossenen Nasalstrich gekürzt (vn). Für „-er“ wird häufig ein hochgestellter Haken (h’) verwendet, in Verbindung mit !¢" häufig auch ein angehängter, durch den Buchstaben geführter Bogen (vn¢), hier werden beide Varianten durch (vn¢’ h’) dargestellt. Daneben gibt es die gängigen Abbreviaturen für „per“ (r) und „pro“ (s) sowie verschiedene Abkürzungen für „et“, die hier alle als & dargestellt werden.
Groß- und Kleinschreibung Eine klare Unterscheidbarkeit von Minuskeln und Majuskeln ist in der Handschrift nicht in allen Fällen gegeben. Daher würde eine Wiedergabe der als solche erkennbaren Majuskeln zu einer Verfälschung der Groß- und Kleinschreibung beitragen. Es musste deshalb eine artifizielle Darstellungsweise gefunden werden, die der Gestalt der Handschrift dennoch nicht entgegensteht. In der Handschrift haben Versanfänge fast immer, Eigennamen häufig, jedoch nicht immer Majuskeln. Diese Tendenz ist auf den edierten Text übertragen und vereinheitlicht worden: Großgeschrieben werden Eigennamen; d.h. vor allem Personennamen und Toponyme, des Weiteren Namen der Planeten. Im Falle von Satznamen werden alle Bestandteile bis auf Präpositionen und Artikel (Rüfli Lek den Spi¢¢), bei präpositional gebildeten Übernamen auch die substantivischen Anhänge großgeschrieben (Hainczo mit der Gai¢¢). Darüber hinausgehend Großgeschriebenes wird im gedruckten Text prinzipiell klein wiedergegeben.3 Durch diese Regelung finden folgende Verschiebungen statt: Die Majuskel !J" steht in der Handschrift für !I" und !J", sie wird bei Kleinschreibung zur Minuskel ! j". Die Minuskeln !j" und !i" werden bei Großschreibung zu !J". Die Majuskel !S" wird bei Kleinschreibung immer zu !s", die Minuskel !¢ " wird bei Großschreibung zu !S".4 3
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Im Einzelfall ist diese Regelung – wie jede Normalisierung – willkürlich, z.B. hat die Handschrift beinahe immer !Ee" statt !ee". Die Verschiebung von Minuskel !¢" zu Majuskel !S" betrifft folgende Verse: 893 (¢tadel), 2215 (¢trauben), 2634 (¢nellagödellin), 2636 (¢pek), 2642 (¢chey¢¢ ind plumen), 2882 (¢pangen), 3623 (¢äich in chrug), 3628 (Richt ein ¢chand vn ¢yertda¢land), 3762 (¢churenprand), 3828 (¢prach), 3897 (¢tätes), 4198 (¢traub), 4203 (¢tarch), 4297 (¢o), 4402 (Richt ein ¢chand), 4403 (¢traub), 4995 (¢iert ~ daz land), 4996 (¢p ch), 5085 (¢chaff), 5317 (¢chind den nak), 5318 (¢cheub in ¢ak), 5333 (¢chabenloch), 5335 (vall ins ¢tro), 6042 (¢ak), 6303 (¢chürenprand), 6443 (¢choll), 6695 (¢chilawingg),
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Zur Benutzung der Ausgabe
Getrennt- und Zusammenschreibung In Getrennt- und Zusammenschreibung der Handschrift wird nicht eingegriffen, wobei die Textherstellung sich an den relativen Spatien und an Schlussbögen orientiert. In Zweifelsfällen wird nach „Normallexik“ entschieden.
Interpunktion und Textstrukturierung Es wird keine moderne Interpunktion eingeführt. Die wenigen in der Handschrift gesetzten und eindeutig identifizierbaren mehr oder weniger über der Zeile stehenden Punkte werden vereinheitlicht wiedergegeben. Einige Verse auf 1v sind durch einen Punkt beendet, aufgrund von Tintenspuren und Verfleckungen der Seite wäre eine Darstellung jedoch ungenau. Die Handschrift weist dünne Virgeln zur Binnenstrukturierung von Versen und Schrägstriche zur Isolierung5 von sehr kurzen (/e/) bzw. von nebeneinanderstehenden gleichlautenden Worten (daz / das) auf; diese werden abgebildet. Wo Schrägstriche nur zusammengeschriebene oder zu nah zusammenstehende Worte scheiden, findet sich diese Information im Apparat.
Graphie Es erfolgt keine Normalisierung von !i" und !i"-longa bzw. ! j" oder von !u" und !v" nach angenommenem vokalischem oder konsonantischem Lautwert.6 Des Weiteren erfolgt keine Normalisierung von !¢" und !s".7 Geschwänztes !z" der Handschrift wird als !z" wiedergegeben. Häufig ist keine Unterscheidung von !c" und !t" möglich, insbesondere keine der Digraphen !cz" und !tz", im Zweifelsfall
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6909 (¢ag), 7159 (¢tùmph), 7162 (¢chlegel), 7260 (lechden ¢pi¢¢), 7262 (Fleugen ¢chay¢¢), 7488 (¢tir), 7634 (¢yen), 7651 (¢peyr), 7655 (¢waben), 7661 (¢tra¢¢pùrg), 7674 (¢ach¢en), 7704 (¢prach), 8068 (¢teyrland), 8229 (¢trudel), 8579 (¢aych in chrug), 8956 (¢igen), 9019 (¢teyr), 9227 (¢negg), 9326 (¢aychinchrug), 9601 (¢pöcz inn kùbel). Vgl. dazu Schneider, Karin: Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten. Eine Einführung. (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte B, Ergänzungsreihe 8). Tübingen 1999, S. 91. Vgl. zur Gefahr der vorschnellen Normalisierung gerade in frühneuhochdeutschen Texten Simmler, Franz: Prinzipien der Edition von Texten der Frühen Neuzeit aus sprachwissenschaftlicher Sicht (wie Anm. 1), S. 85: „Ob einzelne Graphe eine phonologische Relevanz besitzen und auch phonische Auswertungen zulassen, kann nicht schon vor einer Analyse festgelegt werden, was jedoch bei Normalisierungen ‚entsprechend dem Lautwert‘ geschieht.“ Vgl. dazu Kranich-Hofbauer, Karin: s/¢ – Ein Fall für die Normalisierung? Ein Beitrag zur Edition spätmittelalterlicher Gebrauchstexte. In: De consolatione philologiae. Studies in honor of Evelyn S. Firchow. Hrsg. v. Anna Grotans, Heinrich Beck u. Anton Schwob. (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 682). Göppingen 2000, S. 217–230.
Zur Benutzung der Ausgabe
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wird !c" gedruckt. Schwierigkeiten bereiten z.T. auch !u" und !n" sowie Häufungen der Graphen !m", !n", !u" sowie !i", wenn kein i-Punkt vorhanden ist; uneindeutige Stellen werden im Apparat vermerkt. In der Handschrift finden sich diakritische Zeichen und vokalische Superskripta. Deutlich übergeschriebene Buchstaben werden als solche wiedergegeben, wobei die übergeschriebenen !e" zum Teil nur mit zwei mehr oder weniger waagerecht übereinander angeordneten Strichen, einem kürzeren oben und einem längeren unten, kleine !o" hingegen oft durch zwei ungefähr gleich lange, aufeinander bezogene Bögen angedeutet sind.8 Einen Sonderfall stellt die Bastarda auf 1v dar; dort finden sich Superskripta ausschließlich in der Form schräggestellter Punkte für !e" bzw. bogenförmiger Striche für !o". Grenzfälle sind im Apparat vermerkt. Superskripta stehen ebenso wie i-Punkte häufig der Schreibrichtung entsprechend schräg rechts über den zugehörigen Graphen, wodurch sie potentiell über Digraphen wie !ay", !ai", !ey", !ei", !au", !eu" auf beide Graphen bezogen werden könnten, z.B. bei !äi". Im Zweifelsfall werden sie dem letzten zugeordnet. Steht ein Superskript !e" über !i", wird der eventuell zusätzlich vorhandene i-Punkt ignoriert. Die Unterscheidung gängiger vokalischer Superskripta und nachträglich korrigierend übergeschriebener bzw. eingesetzter Buchstaben kann im Einzelfall problematisch sein. Generell wird unter Beachtung der relativen Größe und Position entschieden; korrigierte Buchstaben sind in der Regel größer als Superskripta geschrieben und gezielt zwischen anderen Buchstaben eingesetzt. Im Zweifelsfall werden über Vokale gesetzte !a", !e", !o" und !u" als vokalische Superskripta gelesen. Die Vielfalt an Formen diakritischer Zeichen zwingt zur Vereinheitlichung, da sich diese nur unzureichend differenzieren lassen. So sind Zirkumflex-Formen häufig nicht von anderen Diakritika zu unterscheiden, wie waagerechten Strichen und Bögen, die sich nach links öffnen. Letztere lassen sich oft kaum von vereinfachten übergeschriebenen !i" unterscheiden. Da die Information über die diakritischen Zeichen im Text jedoch nicht unterdrückt, sondern – wie es Norbert Richard Wolf formuliert hat – auf jeden Fall angezeigt werden sollte, dass dort etwas „bedeutet“, werden alle Diakritika normalisiert als Gravis dargestellt.9 Punkte bzw. Striche auf !y" werden nicht wiedergegeben, dagegen sind i-Punkte (die als Punkte oder Schrägstriche erscheinen) auch dort gesetzt, wo die Handschrift keine hat. Unberücksichtigt bleiben die besonders im hinteren Teil der Handschrift häufig zu findenden Punkte auf Vokalen, die oft nicht von Tintenspuren o. ä. zu unterscheiden sind. 8
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Vgl. zu diesem „Degenerationsprozeß“ Schneider, Karin: Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten (wie Anm. 5), S. 92. Vgl. Wolf, Norbert Richard: Sprachliches zu Wittenwilers ‚Ring‘. In: Jahrbuch der Oswald-vonWolkenstein-Gesellschaft 8 (1994/95), S. 159–170, hier S. 167.
XIV
Zur Benutzung der Ausgabe
Zum Text der Edition Edmund Wießners Edmund Wießner hat für den RING die grundlegende und in der Forschung bis heute zitierte Ausgabe geschaffen.10 Zeitgenössische Rezensionen der Ausgabe zeugen von großer Anerkennung für die – so die einhellige Meinung – im Gegensatz zur von Ludwig Bechstein (1851) erarbeiteten editio princeps zuverlässige Ausgabe. Gustav Ehrismann lobt „die Ausgabe […], die sich mit Recht streng an die Überlieferung hält und Abweichungen, auch bloß orthographische, in den Noten unter dem Text verzeichnet“,11 und Edward Schröder zeigt sich enthusiastisch über „die langersehnte Ausgabe“, über „den gereinigten Text in blitzsauberem Druck“.12 Edmund Wießner hat seine Vorgehensweise bei der Textherstellung nicht mithilfe eines Editionsberichts transparent gemacht; der von ihm im Anhang seiner Ausgabe in Aussicht gestellte „genaue[n] Bericht über das Verhältnis des Textes dieser Ausgabe zu dem der Meininger Handschrift“13 ist nie erschienen. Erst die 1950 abgeschlossene Arbeit des amerikanischen Sprachwissenschaftlers Walter Kraft, die in der deutschsprachigen Forschung leider nicht rezipiert worden ist, hat sich dem Verfahren Wießners gewidmet, verschiedene graphische und auch lautliche Phänomene orthographisch zu vereinheitlichen. Kraft benutzt für seine sprachwissenschaftliche Arbeit vor allem Bechsteins Ausgabe, die er – im Gegensatz zu der von Rezensenten der Wießner‘schen Edition geäußerten Ansicht – zur verlässlicheren erklärt. Kraft würdigt Wießners Leistung, kritisiert jedoch die nicht dokumentierten Abweichungen und nicht erläuterten Normalisierungen in dessen Edition.14 George Fenwick Jones stellt im Zusammenhang mit seiner Übersetzung ins Englische, die 1956 veröffentlicht worden ist, zahlreiche 10
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Heinrich Wittenwilers Ring. Nach der Meininger Handschrift hrsg. v. Edmund Wießner. (Deutsche Literatur. Sammlung literar. Kunst- u. Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen, Realistik des Spätmittelalters 3). Darmstadt 1964 (ND der Ausg. Leipzig 1931). Auch die aktuelle Ausgabe und Übersetzung Horst Brunners basiert – abgesehen von vereinzelten Änderungen – auf dem von Edmund Wießner edierten Text, der Ausgabe fehlt jedoch der Apparat der Wießner‘schen Edition. Vgl. Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Edmund Wießner ins Neuhochdeutsche übers.u. hrsg. v. Horst Brunner. Durchges.u. bibliogr. erg. Ausg. Stuttgart 2007. Ehrismann, Gustav: Heinrich Wittenwilers Ring [Rezension zur Edition Edmund Wießners]. In: ZfdPh 56 (1931), S. 470–472, hier S. 471. Schröder, Edward: [Rezension zur Edition Edmund Wießners]. In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 51 (1932), S. 82. Heinrich Wittenwilers Ring. Nach der Meininger Handschrift hrsg. v. Edmund Wießner (wie Anm. 10), S. 344. „In many ways, Bechstein has been more faithful to the MS in respect to orthography than has Wiessner. The latter has given us an edition […] which shows long and diligent study of the MS; however, it has to be regretted that he does not give the exact reading of the MS where he has deviated from it. To be sure, at the bottom of each page he lists all those changes from the original which he deems significant; but the reader is left unaware of many changes of the original which might be of interest to him.“ Kraft, Walter C.: The Phonology of Wittenweiler‘s Ring. Diss. University of California 1950, S. 269.
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Lesarten und Deutungen Wießners in Frage und macht einige Konjekturen Wießners rückgängig.15 Eckart Conrad Lutz widmet sich Jahrzehnte später eingehend der Handschrift und muss feststellen, dass für „Untersuchungen zur Schreibung und Lautung […] Wießners (nach unbekannten Regeln) normalisierende Ausgabe ungeeignet“ sei; er erklärt, genauer sei diesbezüglich „selbst Bechsteins Abdruck, dessen weitere Benutzung Wießners Verdikt wirksam verhindert hat“.16 Auch Norbert Richard Wolf kritisiert die Wießner’sche Edition als für die historische Sprachwissenschaft unbrauchbar und als teilweise unzuverlässig, er wendet sich ebenso gegen eine vorschnelle Identifikation von Schreibersprache und Autorsprache.17 Wolf zeigt exemplarisch, welche Rückschlüsse auf die Herkunft der Handschrift eine Untersuchung der Graphie zulassen würde, und arbeitet zudem an einigen Beispielen heraus, dass Wießners Emendationen nicht immer begründet sind. Wießner hat – wie die jüngere Forschung kritisiert – „normalisiert, in (vielen) Zweifelsfällen interpretiert und ist immer wieder entgegen seinen Angaben von den ‚Schreibgebräuchen‘ der Handschrift abgewichen, ohne dies in seinem Apparat zu vermerken“.18
Zur Vorgehensweise Edmund Wießners In seiner Edition verändert Edmund Wießner stillschweigend die Schreibung der Handschrift und gibt dem frühneuhochdeutschen Text den Anschein einer weitgehend einheitlichen Orthographie. Er normalisiert !¢ " und !s" zu !s" und !y" und !i" zu !i". Er gleicht die Schreibung von !i" und ! j" sowie von !u" und !v" je nach dem angenommenen vokalischen oder konsonantischen Wert an. Er interpungiert und markiert in der Erzählung wörtliche Rede durch Doppelpunkt, einfache Anführungszeichen und Großschreibung. Wießner gibt Versanfängen, Satzanfängen und Eigennamen – auch gegen die Handschrift – Majuskeln und schreibt alles andere – auch gegen die Handschrift – klein. Abkürzungen werden – in der Regel ohne Vermerk – aufgelöst. Wießner vereinheitlicht die in der Handschrift oft schwer
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George Fenwick Jones erklärt: „Perhaps I differ from Wiessner most in the matter of emendations.“ Jones stellt Wießners Änderungen dessen eigene Aussage gegenüber, es sei „an vielen stellen […] die aufgabe des herausgebers, die Meininger hs. gegen solche conjecturen in schutz zu nehmen“ (Wießner, Edmund: Heinrich Wittenwiler: Der Dichter des ‚Ringes‘. In: ZfdA 64 (1927), S. 145–160, hier S. 152), und schließt daraus: „Therefore I am taking the liberty of protecting the MS from some of Wiessner’s own emendations […].“ Wittenwiler‘s Ring and the Anonymous Scots Poem Colkelbie Sow. Two Comic-Didactic Works From the Fifteenth Century. Übers. v. George Fenwick Jones. (University of North Carolina. Studies in the Germanic languages and literatures 18). Chapel Hill 1956, S. 193. Lutz, Eckart Conrad: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 2), S. 420f. „Sprachgeschichtliche Einordnung und Dialekt des Ring sind immer noch nicht endgültig geklärt, wobei auffällt, daß es immer noch schwer zu fallen scheint, zwischen dem graphischen Usus der (Meininger) Handschrift und der Sprache des Autors zu unterscheiden. Und all diese Probleme werden noch verstärkt durch die Edition, die auf bislang noch nicht beschriebene Weise normalisiert und damit wesentliche Informationen, die die Handschrift geben könnte, unterdrückt.“ Wolf, Norbert Richard: Sprachliches zu Wittenwilers ‚Ring‘ (wie Anm. 9), hier S. 159f. Lutz, Eckart Conrad: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 2), S. 420.
XVI
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differenzierbaren Schreibungen !cz" und !tz" zu !tz", obwohl die Handschrift in der Mehrzahl der Fälle zum !cz" tendiert. Des Weiteren vereinheitlicht Wießner den Gebrauch von !¢¢" und !zz", !zz" wird zu !ss" (HS: fleizz f Ed.: fleiss, 267). Wießner normalisiert sowohl !ai" und !ay" als auch !ai" und !ay" zu !ai" sowie !ei" und !ey" zu !ei", !â" der Handschrift erscheint als !a" im Text der Edition. Er gibt !u" und !v" als !uo" wieder und nutzt ein !ü" für !u" mit Diakritikum. Interpretierend und damit uneinheitlich erfolgt die Behandlung der Vokale mit Superskript !e". Während !ä" als !ä" und !ö" als !ö" wiedergegeben werden, setzt Wießner !ü" mal als !üe" und mal als !ü" um. So gibt die Edition das „wütreich“ der Handschrift mit „wüetreich“ (762) und „fürt“ mit „füert“ (645), jedoch „für“ mit „für“ e (791) und „vbel“ mit „übel“ (813) wieder, ohne im Apparat auf diesen Unterschied hinzuweisen. Wießner entscheidet also, ob mit dem Superskript ein Umlaut oder ein Diphthong gemeint ist, und diese Entscheidung bleibt für den Benutzer der Edition im Dunkeln. Inkonsequent ist Wießner ebenso beim !i"; so belässt er ein „mir“ der Handschrift zum Teil in der Edition (702), zum Teil verbannt er die Form in den Apparat und schreibt im Text „mir“ (3613). Die Möglichkeit der Bezeichnung eines Diphthongs durch diese Schreibung ignoriert Wießner selbst an Stellen, wo der Reim darauf hinweist (HS: ¢tritten : reyten f Ed.: stritten : riten, 908f.; HS: mein : ¢in f Ed.: min : sin, 870f.; HS: ge¢in : peyn f Ed.: gesin : pin, 1095f.). Generell lässt Wießner auch Verse graphisch reimen, die in der Handschrift nicht reimen (HS: treibn : ¢chriben f Ed.: triben : schriben, 2253f.; HS: häym : gezam f Ed.: häm : gezäm, 5971f.). Wießner ersetzt häufig !aw" mit !au" (HS: gpawr f Ed.: gpaur, 43; HS: awgen f Ed.: augen, 47); offenbar jedoch nicht vor Vokalen oder am Ende eines Wortes (frawen, 400; getraw, 721). Im Falle der !ew"-Schreibung lässt Wießner diese vor einem Konsonanten zum Teil bestehen (Ed.: frewtend, 423), zum Teil gibt er dafür !eu" wieder (HS: auentewr f Ed.: aventeur, 403), am Wortende wird geändert (HS: meinew, Ed.: meineu, 1964), jedoch nicht durchgängig – offenbar nicht in einsilbigen Wörtern (HS: new, Ed.: nüw, 879). Wießner vermerkt im Apparat, wenn ein Wort mit einfachem Vokal in der Handschrift in der Edition mit Umlaut oder Diphthong erscheint (HS: crucz f Ed.: crütz, 706; HS: ¢ald f Ed.: säld, 1799) oder umgekehrt (HS: ärs f Ed.: ars, 395; HS: zeiten f Ed.: ziten, 366), wenn ein bzw. mehrere Vokale oder Konsonanten abweichend vom grundlegenden Schema verändert werden (HS: ayn f Ed.: ein, 43) sowie Abkürzungen, wenn diese nicht eindeutig aufzulösen sind (HS: deine f Ed.: deinem, 5076). Zudem verzeichnet der Apparat, wenn die Edition Wörter gegen die Handschrift getrennt- oder zusammenschreibt (HS: grundauf f Ed.: grund auf, 1106; HS: Gumppel phaff f Ed.: gumppelphaff, 769). Ein inkonsequenter Umgang lässt sich in Bezug auf die vom ursprünglichen Text mehr oder weniger zu unterscheidenden Korrekturen bzw. Zusätze im Text feststellen. Wießner stellt einerseits in der Edition z.B. für den von anderer Hand korrigierten V. 41 den ursprünglich geschriebenen Text „törpelleben“ her und vermerkt die Korrektur „frölichleben“ nur im Apparat, am Ende des Textes übernimmt er jedoch das ebenfalls von einer (im Vergleich zu jener aber viel deutlicher) späteren Hand hinzugefügte „Amen“ in die Edition und vermerkt im Apparat, „Amæn“ sei ein „späterer Zusatz“.19 Bei Vermerken im Apparat erscheint stets die Schreibung der Handschrift, die durch die – nicht dokumentierte – grundlegende Normalisierung mehr vom edierten Text abweicht, als durch die Anmerkung klar wird. Es bleibt unklar, warum die Schreibung !üe" der Handschrift, die in der Edition (wie sonst stets die Schreibung ü) als !üe" dargestellt wird, gesondert im Apparat vermerkt wird (HS: füe¢¢en f Ed.: füessen, 818); der Vermerk für die Lesart „frier“ (853) lässt – da die generelle Darstellung von !y" als !i" nirgendwo vermerkt ist – offen, ob die handschriftliche Schreibung „fryer“ hier wegen der Änderung von !ye" zu !ie" oder nur wegen des weggefallenen Superskripts im Apparat aufgeführt wird. Die Edition stellt z.T. Worte, die in der Handschrift mehrmals in gleicher Schreibung erscheinen, jeweils unterschiedlich dar (HS: treuwen f Ed.: trüwen, 797, truwen, 2386, treuwen, 2549). Diese Unregelmäßigkeiten gehen oft auf das Bestreben Wießners zurück, im Text eine regelmäßige metrische Form und reine Reime herzustellen. 19
Heinrich Wittenwilers Ring. Nach der Meininger Handschrift hrsg. v. Edmund Wießner (wie Anm. 10), S. 330.
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XVII
Zur neuhochdeutschen Übersetzung Die Grundlage der neuhochdeutschen Übersetzung bildet der Text der Handschrift. Wo die Überlieferung unklar bleibt, weicht die Übersetzung von dieser Grundlage ab, in einigen Fällen folgt die Übersetzung Konjekturen Edmund Wießners. Diese Abweichungen sind kursiviert und werden im Anmerkungsteil verzeichnet. Des Weiteren sind im Text der neuhochdeutschen Übersetzung Stellen kursiviert, zu denen sich im Anhang Sacherläuterungen und Anmerkungen finden. Diese betreffen sowohl sprachlich schwierige Stellen und seltenen Wortschatz als auch Bezüge auf überlieferte Sprichwörter, Redensarten, die Bibel und literarische Traditionen.
XVIII
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Text und Übersetzung
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Handschriftennaher Abdruck
1va D Er obre¢ten triualtichayt Marien mut’ raynen mayt Dar zu allem hymel¢chen her Ze lob · ze dien¢t · vnd auch ze er 5 Den guten zlieb ze fröden ¢chein Den bö¢en zlayd ze herczen pein Sült es hörren ¢o zehant Eyn puch daz i¢t d’ ring genat Mit aynem edeln ¢tayn bechlayt 10 Wan es ze ringumb vns be¢chayt Der welte lawff vnd lert auch wol Was man tun vnd làzzen ¢chol Chayn vingerli ward nie ¢o gut Sam dicz gehabt in rechter hut 15 Jn drew ¢chol ez getaylet ¢ein Be¢under nach den ¢innen mein Daz er¢te lert hofieren Mit ¢techen vnd turnyern Mit ¢agen vnd mit ¢ingen 20 Vnd auch mit and’n dingen Daz ander kan vns ¢agen wol Wie ayn man ¢ich halten ¢chol An ¢el vnd leyb vnd gen d’ welt Daz hab dir für daz be¢t gezelt 25 Daz dritte tayl dir chündet gar Wie man allerpe¢t geuar Ze nöten · chrieges zeyten Jn ¢türmen · vechten · ¢treyten Al¢o leyt dez ringes frucht 30 An hüb¢chichayt vnd manes zucht An tugend vnd an frümchayt Nu i¢t der men¢ch ¢o chlayn’ ¢tät Dz er nicht hören mag alledage Ern¢tleich ¢ach àn ¢chympfes ¢age 35 Vnd fräwet ¢ich vil manger läy Dar vmb hab ich der gpawren ge¢chräy e Gemi¢chet vnter di¢ew ler Dz ¢ey de¢ta ¢enfter vns becker 1vb Ge¢chäyden doch mit varwen zwäyn Die rot die i¢t dem ern¢t gemäyn
Text nach Ed. Wießner
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DEr obresten trivaltichait, Marien, muoter, rainen mait, Dar zuo allem himelschen her Ze lob, ze dienst und auch ze er, Den guoten zlieb, ze fröden schein, 5 Den bösen zlaid, ze hertzen pein Schült es hörren so zehant Ein puoch, daz ist „DER RING“ genant (Mit einem edeln stain bechlait), Wan es ze ring umb uns beschait 10 Der welte lauff und lert auch wol, Was man tuon und lassen schol. Chain vingerli ward nie so guot Sam ditz, gehabt in rechter huot. In dreu schol ez getailet sein 15 Besunder nach den sinnen mein. Daz erste lert hofieren Mit stechen und turnieren, Mit sagen und mit singen Und auch mit andern dingen. 20 Daz ander kan uns sagen wol, Wie ein man sich halten schol An sel und leib und gen der welt: Daz hab dïr für daz best gezelt. Daz dritte tail dïr chündet gar, 25 Wie man allerpest gevar Ze nöten, chrieges zeiten In stürmen, vechten, streiten. Also leit des ringes frucht An hübschichait und mannes zucht, 30 An tugend und an frümchät. Nu ist der mensch so chlainer stät, Daz er nicht allweg hören mag Ernstleich sach an schimpfes sag, Und fräwet sich vil manger lai. 35 Dar umb hab ich der gpauren gschrai Gemischet unter diseu ler, Daz sei dest senfter uns becher, Gschaiden doch mit varwen zwain: Die rot die ist dem ernst gemain, 40
1 Die schwarz ausgeführte Initiale D ist mit einer Federzeichnung versehen. Diese zeigt das seitliche Brustbild eines Mannes, der in der linken Hand einen vergrößert dargestellten Ring hält und mit dem Zeigefinger der rechten darauf weist. Kleidung und Kopfbedeckung des Mannes sind in grüner Farbe ausgeführt. Darunter ein Wappen mit einem wachsenden rechtssehenden schwarzen Steinbock. Auf fol.1v treten Superskripta fast ausschließlich in stark reduzierter Form als übereinanderstehende Punkte oder gerundete Striche auf. 7 es: s zur Hälfte radiert, er? 9 bechlayt: unter h radiert, wohl unvollständige Korrektur in k. 10 Wan: Korrektur aus Won. 33 hören mag alledage: ursprünglich allweg hören mag; alledage korrigiert aus allwege, Umstellung durch jeweils übergeschriebenes a und b angezeigt. 34 ¢age: e nachträglich hinzugefügt. 38 de¢ta: a späterer Zusatz; becker: k scheint Korrektur aus h.
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Dem allerhöchsten, dem dreieinigen Gott, Maria, der Gottesmutter und reinen Magd und auch allen himmlischen Heerscharen zu Lob, Preis und Ehr; den Guten zu Freude und Glück, den Bösen zu Kummer und Leid werdet ihr sogleich ein Buch hören, das ‚Der Ring‘ heißt; der ist mit einem Edelstein geschmückt. Denn dieses Buch erklärt den Lauf der Welt, der sich rings um uns vollzieht, und unterweist uns darin, was man tun und lassen soll. Einen so wertvollen Fingerring hat es noch nie gegeben; wenn man ihn nur recht zu schätzen weiß. Das Buch habe ich so angelegt, dass es aus drei Teilen besteht: Der erste Teil lehrt höfische Eleganz; mit Ritterspiel und Turnier, mit Sagen und mit Singen, und mit anderem mehr. Der zweite Teil erklärt genau, wie man für Leib und Seele sorgen und sich der Welt gegenüber verhalten soll. Das muss dir am allerwichtigsten sein! Der dritte Teil beschreibt in allen Einzelheiten, wie man in Not- und Kriegszeiten am besten fährt: beim Stürmen, beim Fechten und im Kampf. Deshalb liegt der Nutzen des ‚Ring‘ in der Vermittlung höfischen Anstands und in der Erziehung des Mannes, in seiner Gesittung und seinem praktischen Können. Allerdings ist der Mensch so wenig belastbar, dass er ernsthafte Ermahnungen auf Dauer ohne komische Einschübe nicht erträgt, an denen er sich erfreuen kann. Aus diesem Grund habe ich das Geschrei der Bauern mit jenen Lehren vermischt, damit uns die Umkehr um so leichter falle, beides jedoch anhand zweier Farblinien unterschieden. Die rote Linie steht für den Ernst,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Die grün erczaygt vns frölichleben Doch v’nempt mich wolt ir eben Er i¢t ayn gpawr in meine mut Der vnrecht lept · vnd läppi¢ch tut Nycht eyner der auz wey¢em gfert Sich mit trew’ arbayt nert Wan der i¢t mir in den awgen Sälich vil dez ¢chült ir glawben Secht er aber ichts hieinn Das weder nucz noch tagalt pring So mügt irs haben für ayn mär Sprach Häynreich Wittenweylär Der ¢challend in dem herczen fro Hebt die täyding an al¢o N dem Tal ze Grau¢en A`yn dorff hyezz Lappenhau¢en Was gelegen wunechleich An holcz vnd wa¢¢er vberreich Dar inn vil e¢ler pauren Sa¢¢en ane truren Vnder den ein junger was Der hie¢¢ Bert¢chi Triefna¢z Ein degen ¢äuberleich vnd ¢tolcz Sam er gedrait wär aus holcz An dem feyrtag gieng er vmb Er wär ¢chlecht oder chrumb Er wär nahent oder verr Der mu¢t im ¢prechen junkherr Was ¢cholman euch nu mer ¢agen Al¢o wol chond er ¢ich betragen Daz die alten vnd die jungen Frawen ¢ere nach ym drungen Doch was einew ¢underbar Jn ¢inem herczen daz i¢t war Die hiez Mäczli Rürenzumph Sey was von adel lam vn krupf Jr zen ir händel ¢am ein brand Jr mùndel rot ¢am mer¢and Sam ein mäu¢zagel waz ir zoph
Die grüen ertzaigt uns törpelleben. Doch vernempt mich, welt ïr, eben! Er ist ein gpaur in meinem muot, Der unrecht lept und läppisch tuot, Nicht einer, der aus weisem gfert Sich mit trewer arbait nert; Wan der ist mïr in den augen Sälich vil, daz schült ïr glauben. Secht es aver ichts hie inn, Das weder nutz noch tagalt pring, So mügt ïrs haben für ein mär, Sprach Hainreich Wittenweilär. Derschallend in dem hertzen fro Hebt die taiding an also: Jn dem tal ze Grausen Ein dorff, hiess Lappenhausen, Was gelegen wunnechleich, An holtz und wasser überreich, Dar inn vil esler pauren Sassen ane trauren, Under den ein junger was, Der hiess Bertschi Triefnas, Ein degen säuberleich und stoltz. Sam er gedraiet wär aus holtz, An dem feirtag gieng er umb. Er wär schlecht oder chrumb, Er wär nahent oder verr, Der muost im sprechen junkherr. Was schol man euch nu mer sagen? Also wol chond er sich btragen, Daz die alten und die jungen Frawen sere nach im drungen. Doch was eineu sunderbar In sinem hertzen, daz ist war: Die hiez Mätzli Rüerenzumph. Sei was von adel lam und krumpf, Ir zen, ïr händel sam ein brand, Ir mündel rot sam mersand. Sam ein mäuszagel was ir zoph.
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41 frölichleben: Korrektur von anderer Hand aus törpelleben, das in dunklerer Tinte noch durchscheint. 42 Doch: vor dem Vers Markierung durch Schrägstrich; wolt: Korrektur aus welt. 44 lept vnd: Punkt hinter lept. 45 Nycht: vor dem Vers Schrägstrich. 49 Secht: vor dem Vers Schrägstrich; er: Korrektur aus ez; aber: Korrektur aus auer; hieinn: zwischen hie und nn Verbindungsbogen mit i-Punkt. 54 Am unteren Rand der Seite Kustode: j. 55 N: vor N Platz für Initiale freigelassen. Ab diesem Vers durch die Initialen der Verse laufende grüne oder rote Farblinien, hier eine grüne, heute nach gelb verfärbte. Ab fol. 2 Superskripta überwiegend deutlich. 62 Triefna¢z: ¢z korrigiert aus s in blasser Tinte. 72 Frawen: Superskript v in blasser Tinte. 76 Vers ausgefallen und unterhalb der Spalte nachgetragen. Fehlen der Zeile durch Auslassungzeichen angemerkt. 77 Doppelstrich vor dem Vers. ir: zwei übereinander stehende Punkte, ir?
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die grüne für Fröhlichkeit. Doch versteht mich bitte richtig! Nach meiner Überzeugung ist derjenige ein Bauer, der sündig lebt und dummdreist handelt, nicht aber einer, der sich in kluger Voraussicht mit seiner Hände Arbeit redlich ernährt. Denn gerade der ist in meinen Augen ja glücklich zu schätzen, das könnt ihr mir glauben. Solltet ihr in diesem Buch aber etwas entdecken, das weder Nutzen noch Unterhaltung bringt, so könnt ihr das für erfunden halten: Das sprach Heinrich Wittenwiler. Nun also beginnt die Geschichte, die das Herz fröhlich springen lässt: Im Grausental lag – idyllisch und mit Wald und Wasser reich gesegnet – ein Dorf. Sein Name: Lappenhausen. Hier wohnten viele Bauern von I-A-del, die waren keine Kinder von Traurigkeit. Ein Jüngerer unter ihnen hieß Bertschi Triefnas, ein prächtiger und stolzer Held. Als ob er aus Holz gedrechselt wäre, so stolzierte er am Feiertag umher. Jedermann, ob er nun gerade oder schief gewachsen war, von nahe oder fern kam, musste ihn mit ‚Junker‘ ansprechen. Was soll ich dem noch hinzufügen? Er konnte sich so in Szene setzen, dass alte wie junge Frauen ihm heftig nachstellten. Doch eine trug er wahrhaftig ganz tief in seinem Herzen: Mätzli Schwanzgrapscherin. Sie war eine adlige Schönheit: lahm und krumm. Ihre Zähne, ihre Händchen: schwarz wie Ruß. Ihr Mündchen: rot wie Sand am Meer. Ihr Zopf: wie ein Mäuseschwanz.
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An ir chelen hieng ein chroph Der ir für den bauch gie Lieben ge¢ellen horet wie Jr rugg was vber¢cho¢¢en Man het ein gloggen daruber go¢¢en Die füzzli warend dik vnd brait Al¢o daz ir chain wind laid Getun moht mit vellen Wolt ¢ey ¢ich wider¢tellen Jr wängel rb¢enleicht ¢am ä¢chen Jr prü¢tel chlein ¢am smirtä¢chen Die augen lauchten ¢am der nebel Der àten ¢macht ir alz der swebel So ¢tund ir dz gwändel g¢trichen Sam ir die sel wär enwichen Sey chond ¢o ¢chon gparen Sam ob ¢ey wär von drien jaren Welt ir ander tagweis Vber all trug ¢ey den preis Al¢o daz der Triefnas Mäczleins ¢elten ie vergas Vnd ward ìr ¢chlecheleich al¢o holt Das er nach ir zù ¢erten wolt Do hùb ¢ich ein hofieren Mit ¢techen vnd tornieren An einem sonttag daz ge¢chach Daz man do Bert¢chin chomen ¢ach Mit zwelf g¢ellen wol getan Ze Lappenhau¢en qf den plan Die ritten al¢o v` nuerdro¢¢en Sam ¢i der regen hiet bego¢¢en Der er¢t was vn¢er Triefna¢z Ein held reht ¢am ein gie¢fa¢z Des wappen warend gablen zwo Jn einem mi¢t der was er fro Der ander Chuncz von Stadel hie¢ Ein helde ¢am ein waldmies Jn ¢inem schilt gemalet was Jn grünem veld ein toter has Der dritte Chnuczo waz genant Jn allen ¢chanden wol erkant Er fürt für ¢eynew wappen Zwen hulczin chrie¢haken Dem vierden ¢prachman Junkher Troll
Text nach Ed. Wießner 80 80 An ir chelen hieng ein chroph, Der ir für den bauch gie. Lieben gsellen, höret, wie Ir der rugg was überschossen: Man hiet ein gloggen drüber gossen! 85 85 Die füessli warend dik und brait, Also daz ir chain wind laid Getuon moht mit vellen, Wolt sei sich widerstellen, Ir wängel rosenlecht sam äschen, 90 90 Ir prüstel chlein sam smirtäschen. Die augen lauchten sam der nebel, Der aten smacht ir als der swebel. So stuond ir daz gwändel gstrichen, Sam ir die sele wär entwichen. 95 95 Sei chond also schon geparen, Sam sei wär von drien jaren. Welt ir ander tagweis, Über all truog sei den preis, Also daz der Triefnas 100 100 Mätzleins selten ie vergas Und ward ir schlechtleich also holt, Das er nach ir zerserten wolt. Do huob sich ein hofieren Mit stechen und turnieren. 105 105 An einem suntag daz geschach, Daz man do Bertschin chomen sach Mit zwelf gsellen wol getan Ze Lappenhausen auf den plan. Die ritten also unverdrossen, 110 110 Sam si der regen hiet begossen. Der erst was unser Triefnas, Ein held reht sam ein giesfas. Des wappen warend gablen zwo In einem mist: der was er fro. 115 Der ander Chuontz vom stadel hies, 115 Ein helde sam ein waldmies. In sinem schilt gemalet was In grüenem veld ein toter has. Der dritte Chnotz was genant 120 In allen schanden wol erkant. 120 Er fuort für seineu wappen Zwen hültzin chrieshaken. Dem vierden sprach man junkher Troll:
80 hieng: i über dem Wort zwischen h und e. 101 Verse 101–105 zum Großteil auf Rasur, von anderer Hand. 102 zù: über u zwei schräggestellte Punkte. 111 Triefna¢z: ¢z Korrektur aus s in blasser Tinte. 112 gie¢fa¢z: ¢z Korrektur aus s in blasser Tinte. 119 genant: e über dem Wort. 122 chrie¢haken: haken auf Rasur.
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Von ihrer Kehle hing ein Kropf bis zum Bauch hinunter. Liebe Freunde, hört doch, wie ihr der Rücken emporgeschossen war: Eine Glocke hätte man darüber gießen können! Die Füßchen waren so dick und breit, dass kein Sturm sie fällen konnte, wenn sie sich nur dagegenstemmte. Ihre Wänglein: rosig wie Asche, ihre Brüstlein: zierlich wie Fettsäcke. Ihre Augen leuchteten wie Nebel, ihr Atem duftete wie Schwefel. Ihr schlichtes Kleidchen umschlotterte sie so, als wäre sie schon eine Leiche. Sie konnte sich so vollendet bewegen, als wäre sie ein Kind von drei Jahren. Wollt ihr noch ein Preislied hören? Mätzlein war so unvergleichlich schön, dass sie dem Triefnas so gut wie nie aus dem Sinn ging und er sie so abgöttisch liebte, dass er um ihretwillen vor die Hunde gehen wollte. So begann das Minnewerben – mit Ritterspiel und Turnier. Es war an einem Sonntag, als man Bertschi mit zwölf prächtigen Helden in Lappenhausen auf dem Turnierplatz ankommen sah: Die ritten so kampfeslustig wie begossene Pudel daher. Der erste war unser Freund Triefnas, ein Held, ganz wie ein Gießkübel. Sein Wappenzeichen waren zwei Gabeln in einem Misthaufen: Auf die war er besonders stolz. Der zweite hieß Scheunen-Kunz, ein Held wie Moos im Wald. Auf seinem Wappenschild war ein toter Hase auf grünem Feld zu sehen. Der dritte wurde Fettsack genannt: Wie allgemein bekannt, war ihm kein Laster fremd. In seinem Wappen führte er zwei hölzerne Kirschhaken. Den vierten nannte man Junker Trollpatsch:
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Ein cheker ¢am ein anchenzoll Daz ¢ein zaichen was ein rechen Der ¢ich vngern lie¢¢ zerprechen Der fùnft was Hainczo mit der Gai¢¢ Ein e¢elman vnd rrictigmai¢¢ Dem hiet der pharrer wàppen geben Dry nu¢¢ an einer weinreben Der ¢ech¢te hiet den namen Twerg Ein hohgeporn’ auf dem perg Des wappenrok gemàlet was Mit dreyn fleugen in eim glas Den sibenden ¢o nemet man Her Ey¢engreyn ein snaufer man Er furt auf ¢einem drü¢¢el Neun löffel in einer ¢chü¢¢el Der aht der hai¢t alz ich es mäin ` berpäin Gràf Burkhart mit dem V Der lie¢¢ ym machen ¢eyneu wappen Mit zwain ruben hai¢¢ gepraten De nenuden ich euch tauffen wil Er hai¢¢et Pencza Trinka Vil Daz er do in dem schilte trug Daz wàrend rinder in eim phlug Der zehend lept nit ane ¢chaden Er hai¢t her Jächel Grabin¢gaden Der furt von ¢einer alten gpürt Vier rindrin chäis auf einer hürd Des einlften namen ¢ey man gwi¢¢ Der was her Rüfli Lek den Spi¢¢ Er was des torffes maiger Seyn wappen warend äyger Des le¢ten namen ich enwai¢¢ Doch cham er auf den ¢elben chrai¢¢ Geritten mit eim fuch¢zagel Jch wäin es wär der pauren hagel Her Neythart trun ein ritter chlug Der allen törpeln ha¢¢ trug Jr chlainet was das aller be¢t Ein kalb ı einem ¢torchenne¢t Daz furtens gmaincleich ı dem her Durch junkfrawn Mäczen zuht vn er Die helm ¢am chörbe waret ge¢t’cht Al¢o daz käynr dar inn der¢ticht Dar vnder ¢ach man hangen Jr schilt daz wàrent wannen
Text nach Ed. Wießner Ein cheker sam ein anchenzoll. 125 125 Daz sein zaichen was ein rechen, Der sich ungern liess zerprechen. Der fünft was Haintzo mit der gäss, Ein eselman und rittigmäss. Dem hiet der pharrer wappen geben: 130 130 Dri nuss an einer weinreben. Der sechste hiet den namen Twerg, Ein hohgeporner auf dem perg. Des wappenrok gemalet was Mit drein fleugen in eim glas. 135 135 Den sibenden so nennet man Her Eisengrein, ein snauferman. Er fuort auf seinem drüssel Neun löffel in einer schüssel. Der aht der haist, als ich es main, 140 140 Graf Burkhart mit dem überpain. Der liess im machen seineu wappen Mit zwain ruoben haiss gepraten. Den neunden ich euch tauffen wil: Er haisset Pentza Trinkavil. 145 145 Daz er do in dem schilte truog, Daz warend rinder in eim phluog. Der zehend lept nit ane schaden; Er haist her Jächel Grabinsgaden. Der fuort von seiner alten gpürt 150 150 Vier rindrin chäs auf einer hürd. Des einlften namen sei man gwiss: Der was her Rüefli Lekdenspiss. Er was des torffes maiger, Sein wappen warend aiger. 155 155 Des lesten namen ich enwaiss; Doch cham er auf den selben chraiss Geritten mit eim fuchszagel. Ich wän, es wär der pauren hagel, Her Neithart, trun, ein ritter chluog, 160 160 Der allen törpeln hass truog. Ir chlainet was das aller best: Ein kalb in einem storchennest. Daz fuortens gmaincleich in dem her Durch junkfrawn Mätzen zuht und er. 165 Die helm sam chörbe warent gstricht, Also daz kainr dar inn dersticht. Dar under sach man hangen Ir schilt: daz warent wannen.
128 rrictigmai¢¢: rrittigmai¢¢? Am unteren linken Rand der Seite Kustode: ij. 148 hai¢t: i und ¢ ineinander geschrieben. 149 ¢einer: auf Rasur, über n Abkürzung ’ getilgt. 162 ¢torchenne¢t: erstes n mit Schlussbogen. 165 Vers reicht bis an Spalte b.
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so standhaft wie eine Butterrolle. Sein Wappenzeichen war ein Rechen, der sich einfach nicht zerbrechen ließ. Der fünfte war Ziegenheinz: ein I-A-delsmann und verflucht ritterlich. Dem hatte der Pfarrer als Wappenzeichen drei Nüsse an einer Weinrebe zugewiesen. Der sechste führte den Namen Zwerg. Er war von hoher Geburt: eben ‚vom Berge‘. Sein Wappenrock war mit seinem Zeichen geschmückt: drei Fliegen in einem Glas. Den siebten nennt man Herrn Eisenbeißer, ein schnaubendes Ungetüm. Vor seiner Gurgel trug er als Wappenzeichen eine Schüssel mit neun Löffeln. Der achte heißt, das versichere ich, Graf Burkhart mit dem Überbein. Der ließ sich auf sein Wappen zwei heiß gebratene Rüben malen. Den neunten will ich für euch auf den Namen Benz Saufdichvoll taufen. Was er im Schilde führte, waren Rinder vor einem Pflug. Der zehnte lebt nicht ungefährlich: Er heißt Herr Jäckel Steigindiekammer. Weil er zum alten Adel gehörte, führte er im Wappen vier Rinderkäse auf einer Hürde. Der Name des elften ist auch klar. Er hieß Herr Rüefli Leckdenspieß. Er war der Vorsteher des Dorfes, und sein Wappen zeigte Eier. Den Namen des letzten weiß ich nicht mehr; allerdings kam er mit einem Fuchsschwanz im Wappen auf den Kampfplatz geritten. Ich meine, es sei Herr Neithart gewesen, der ‚Fluch der Bauern‘, ein herrlicher Ritter, der alle Flegel vom Lande mit seinem Hass verfolgte. Ihr Wappenzeichen war überaus prächtig: Es war ein Kalb in einem Storchennest. Das trugen sie in ihrer Streitmacht alle gemeinsam als Zeichen von Fräulein Mätzlis tadelloser Ehre. Ihre Helme waren wie Körbe geflochten, damit niemand darin erstickte. Unter den Helmen sah man ihre Schilde hängen; das waren Kornschwingen.
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Jr geplayt daz was von loden Mit häw vnd ¢tro wol vnder¢choben Wolten ¢i die päyn verpinden Dar zù nàmens paumrinden Si ¢à¢¢en ritter leichen Auf saumern ¢ätteln reichen Auf e¢eln vnd auch veltro¢¢en Es möht ein juden han verdro¢¢en Mit tächen vnd auch sekken Sach man ¢i die phert techen Afen krüken wàrent sper Si vegten greuleich hin vn her Mit irem pheiffer Gunterfay Der ein beki blies enzway Si schrien all gemainchleich Hört ir herren arm vnd reych Der mut hab heut ze ¢techen Schilt vnd sper ze prechen Durch aller frawen eren Der schol ¢ich gen vns keren Do vand man nieman auf dem plan Der die rekken tör¢t be¢tan Al¢o daz her Triefnas Der ¢ein ¢elbers nie vergas Sprach zu den ge¢ellen ¢ein Vnd gieng es an daz leben mein Es mu¢¢ halt ¢ein ghofieret Ge¢tochen vnd gturnieret J¢t daz vns niemant gtar be¢tan So raitin wir enander an Der rede ¢in warend ¢i alle fro Zu Gunterfay man rüffet do Pheyff auf lieber spilman Wir wellend dir wol lonan Wir wellend dir wol lonan Gunterfay ¢ein bek er¢chal Daz man es höret vberal Die helm ¢eu aufpunden Mit jungem holcz gewuden Die sper ¢i vnder¢chlugend Vnd in einander furend So herte ward daz reyten Daz ir enkainr gepaiten Mocht bis daz ym hilfe chaim Dann her Neythart der gemain
Text nach Ed. Wießner Ir geplait daz was von loden 170 Mit häw und stro wol underschoben. Wolten si die pain verpinden, Dar zuo namens paumrinden. Si sassen ritterleichen Auf saumersätteln reichen 175 Auf eseln und auch veltrossen: Es möht ein juden han verdrossen. Mit tächen und auch sekken Sach mans die phert techen. Ofenchruken warent sper. 180 Si vegten greuleich hin und her Mit irem pheiffer Gunterfai, Der ein beki biess enzwai. Si schrien all gemainchleich: ‘Hört, ir herren, arm und reich, 185 Der muot hab, heut ze stechen, Schilt und sper ze prechen Durch aller frawen eren, Der schol sich gen uns keren!’ Do vand man nieman auf dem plan, 190 Der die rekken törst bestan, Also daz der Triefnas, Der sein selbers nie vergas, Sprach zuo den gesellen sein: ‘Und gieng es an daz leben mein, 195 Es muoss halt sein ghofieret, Gestochen und gturnieret! Ist, daz uns niemant gtar bestan, So raitin wir enander an!’ Der rede warends alle fro. 200 Zuo Gunterfai man rüeffet do: ‘Pheiff auf, lieber spilman! Wir wellend dir wol lonan.’ o.Z. Gunterfai sein bek erschal, Daz man es höret überal. 205 Die helm seu auf punden Mit jungem holtz gewunden, Die sper si under schluogend Und in einander fuorend. So herte ward daz reiten, 210 Daz ir enkainr gepeiten Mocht, bis daz im hilfe chäm, Dann her Neithart, der genäm,
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172 nàmens: à wie a. 175 veltro¢¢en: t auf Rasur. 179 Afen krüken: Korrektur aus Ofen chruken von anderer Hand, A aus O, k durch Rasur aus ch korrigiert, Superskript undeutlich. 204 es: über der Zeile eingefügt.
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Ihre Rüstung bestand aus Lodenstoff, gut gefüttert mit Heu und Stroh. Als Beinschienen hatten sie Baumrinden angelegt. Wie richtige Ritter saßen sie auf den teuren Sätteln ihrer Esel und Ackergäule: Sogar einem Juden hätte das sehr missfallen. Ihre Pferde waren mit Decken und Säcken geschützt, ihre Speere waren Ofenkrücken. Es konnte einen grausen, wenn man sie – zusammen mit ihrem Pfeifer Konterfax, der ein Becken kaputtgeblasen hatte – hin und her rasen sah. Sie alle miteinander schrien: „Hört, ihr Herren arm und reich: Wer heute ein Turnier wagen und Schild und Speer zu Ehren der Frauen zerschlagen will, der soll gegen uns antreten!“ Doch fand sich niemand auf dem Kampfplatz ein, der es gewagt hätte, sich den Helden entgegenzustellen, so dass Triefnas, der immer an sich selber dachte, seinen Kampfgefährten zurief: „Ich pfeife auf mein Leben, jetzt heißt es stechen und kämpfen im Minnedienst! Wenn niemand gegen uns anzutreten wagt, dann treten wir eben gegen uns selbst an!“ Über diesen Aufruf waren sie alle hocherfreut. Konterfax riefen sie zu: „Spiel auf, lieber Spielmann, du sollst deinen Lohn schon bekommen!“ Konterfax ließ sein Becken so laut ertönen, dass man es überall hören konnte. Ihre Helme banden sie mit geflochtenen jungen Zweigen fest; ihre Speere schlugen sie unter die Achseln und rannten gegeneinander an. Der Aufprall war so gewaltig, dass sie alle auf Hilfe beim Absteigen verzichteten, mit Ausnahme jenes bekannten Herrn Neithart,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Den man ¢elten mocht geuellen Mit chrukken vnd mit dorfg¢ellen Seht do ¢ach man ¢treben Ein vnd zehen degen Auf der erd vnd in dem bach Daz waz ir aller vngemach Triefnas der vil tro¢tleich man Wider zu ym ¢elber cham Er ¢ach daz er geuallen was Für frawon Mfczen in daz gras Des ¢chemet er ¢ich v` berdank Er ¢prach mir i¢t daz jarzelanch Vnd wär mir dicz allein ge¢chehen Man mü¢¢ vil kumbers an mir ¢ehen Do cham doch ¢eines vatters chnecht Vnd half ym auf daz waz ¢ein recht Jn den ¢elben ¢achen Her Troll begund erwachen Vnd ¢chreyen wàffen wàffen Wie hart han ich ge¢chlaffen Er ward ¢ich in der ¢eyten clagen Dar vmb man in mu¢t haim tragen Gràf Burkhart waz auch niht gar träg Wie er an dem ruggen läg Er batt die herren von dem ràt Daz man ym hulffi aus dem chàt Chnoczen waz ein ¢tich geme¢¢en Jn den pauch daz ym daz e¢¢en Zu der ¢elben ¢tunde Fur aus ¢inem munde Weder singen noch ge¢agen Mocht er noch ¢ein ¢merczen clagen Dennocht wär im hilf gegeben Do giengs den andern an daz leben Den daz wa¢¢er in den ¢chlund Gü¢¢elt in des baches grund Die hub man auf alz ge¢ellen Waz ¢cholt mans fürbas ¢wellen Doch hiet der Gtwerg getrunken Daz ym die augen ¢unchen Daz mu¢tman ym do bü¢¢en Auf hubman pey den fü¢¢en Daz wa¢¢er lie¢man rinnen Von ym er cham ze ¢innen
Den man selten mocht gevellen Mit chrukken und mit dorfgsellen. Seht, do sach man streben 215 Ein und zehen degen Auf der erd und in dem bach! Daz was ir aller ungemach. Triefnas, der vil trostleich man, Wider zuo im selber cham. 220 Er sach, daz er gevallen was Für frawn Mätzen in daz gras. Des schemet er sich über dank; Er sprach: ‘Mir ist daz jar ze lanch. Und wär mir ditz allein geschehen, 225 Man mües vil kumbers an mir sehen.’ Do cham doch seines vatters chnecht Und half im auf: daz was sein recht. In den selben sachen Her Troll begond erwachen 230 Und schreien: ‘Waffen, waffen! Wie hart han ich geschlaffen!’ Er ward sich in der seiten clagen, Dar umb man in muost haim tragen. Graf Burkhart was auch niht gar träg, Wie er an dem ruggen läg: Er batt die herren von dem rat, Daz man im hulffi aus dem chat. Chnotzen was ein stich gemessen In den pauch, daz im daz essen 240 Zuo der selben stunde Fuor aus sinem munde. Weder singen noch gesagen Mocht er noch sein smertzen clagen. Dennocht wär im hilf gegeben: 245 Do giengs den andern an daz leben, Den daz wasser in den schlund Güsselt in des baches grund. Die huob man auf als gsellen. Waz scholt mans fürbas swellen? 250 Doch hiet der gtwerg getrunken, Daz im die augen sunchen. Daz muost man im do büessen: Auf huob man’n pei den füessen, Daz wasser lies man rinnen 255 Von im, er cham ze sinnen.
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221 was: korrigiert aus waz, s durch z geschrieben. 222 gras: korrigiert aus graz, s durch z geschrieben. 226 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die beiden folgenden. 230 begund: u Korrektur aus o. 234 Vers reicht bis an Spalte b. 235 Vers reicht bis in den Raum der Spalte b, die weiter rechts beginnt. 236 läg: Korrektur aus läyg, y durchgestrichen.
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den Bauernburschen und Schürhaken wohl nie vom Pferd werfen konnten. Schaut doch bloß: Einen und noch zehn tapfere Krieger sah man auf der Erde und im Bach zappeln. Was war das für ein Jammer! Als Triefnas, der Hoffnungsfrohe, wieder zu sich kam, merkte er, dass er für seine Dame Mätzli ins Gras gestürzt war, und schämte sich über alle Maßen. Er rief: „Jetzt langt’s mir aber! Auch wenn mir nur das hier passiert wäre, müsste man mir meine Schmerzen ansehen!“ Allerdings kam nun seines Vaters Knecht und half ihm pflichtschuldig wieder auf die Füße. Zur selben Zeit erwachte auch Herr Trollpatsch wieder und rief: „Oh je, oh je, wie tief hab ich geschlafen!“ Er klagte über Schmerzen in der Seite, deshalb musste man ihn nach Hause tragen. Graf Burkhart war auch nicht faul: Wie er da so auf dem Rücken lag, bat er die Herren vom Gemeinderat, ihm doch aus dem Dreck zu helfen. Fettsack hatte einen Hieb in den Bauch abbekommen, so dass ihm sogleich alles Gegessene wieder aus dem Mund herausschoss. Der konnte nichts mehr singen oder sagen oder über Schmerzen klagen. Trotzdem wäre ihm noch geholfen worden, wenn es nicht den anderen ans Leben gegangen wäre, denen auf dem Grund des Baches das Wasser bereits ins Maul floss. Diese Burschen hob man hoch. Warum sollte man sie noch weiter aufquellen lassen? Der Zwerg jedoch hatte bereits so viel Wasser gesoffen, dass er die Augen verdrehte. Dem musste man rasch abhelfen: Man hob ihn an den Füßen hoch und ließ das Wasser aus ihm herauslaufen, bis er wieder zu sich kam.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Do ¢prach Pencza Trinka Vil Für wars ich euch daz ¢agen wil Tur¢tes mir nie bu¢¢e wart Tràwen wen zu di¢er vart Grabin¢gaden was gewä¢chen Ane laug vn ane a¢chen Er ¢prach ich han gewunen Vor waz ich verprunnen Vor waz ich der ¢tunken Dar zu ¢ein mir die laus ertrunken Des lobt er got mit fleizz Do ¢prach Hainczo mit der Gai¢¢ Dein gewinn der i¢t ein ¢tro Gen dem mein des bin ich fro E ich in den bache chäm Jch waz haiden vngezäm Jch waz auch ı der keczzer orden Er¢t bin ich ze cri¢tan worden Secht daz tet dem Chunczen zorn Er ¢p~ch mich duncht daz wir verlorn Habin mere dann gewunnen Wir ¢ein in dem bach grunnen Sam die toten mäu¢e Sprecht ir daz euch die läu¢e Sein dertruken daz i¢t glogen Die bruch ich oft han ab gezogen Vnd gewä¢chen in dem bach Käin lau¢ ich nie dertrinken ¢ach Vnd du Hainczo mit der Gäi¢¢ Deins gewines ich enwäi¢¢ Bi¢t du al¢o worden cri¢tan Daz i¢t ge¢colten vnd gefi¢ten Won nàch der wei¢en phaffe ¢ag Nieman ¢ich getauffen mag Selber in eim bache Von chäinr lay ¢ache Es mu¢¢ ein vnder¢chäidug ¢ein Zwù¢chem tauffer vnd auch din Dar zu der tauffer ¢prechen ¢chol Genantew wörter die man wol Vindet in der hailigen g¢chrift Dennocht i¢t ez als ein wicht Hat der tauffer nit den mut Ze tauffen so er daz tut Jn gottes dien¢t bi¢t du verdro¢¢en Dar vmb ¢o hà¢t du wenk vergo¢¢e
Do sprach Pentza Trinkavil: ‘Für wars ich euch daz sagen wil: Turstes mir nie buosse wart, Trawen, wen zuo diser vart.’ 260 Grabinsgaden was gewäschen Ane laug und ane äschen; Er sprach: ‘Ich han gewunnen: Vor was ich verprunnen, Vor was ich derstunken; 265 Dar zuo sein mir die läus ertrunken.’ Des lobt er got mit allem fleiss. Do sprach Haintzo mit der gaiss: ‘Dein gewin der ist ein stro Gen dem mein: des bin ich fro. 270 E ich in den bache chäm, Ich was haiden ungezäm. Ich was auch in der ketzer orden: Erst bin ich ze cristan worden.’ Secht, daz tet dem Chuontzen zorn! 275 Er sprach: ‘Mich duncht, daz wir verlorn Habin mere dann gewunnen. Wir sein in dem bach grunnen Sam die toten mäuse. Sprecht ir, daz euch die läuse 280 Sein dertrunken, daz ist glogen; Die bruoch ich oft han ab gezogen Und gewäschen in dem bach: Kain laus ich nie dertrinken sach. Und du, Haintzo mit der gaiss, 285 Deins gewinnes ich enwaiss. Bist du also worden cristen, Daz ist gescholten und gefisten; Won nach der weisen phaffen sag Nieman sich getauffen mag 290 Selber in eim bache Von chainr lai sache. Es muoss ein underschaidung sin Zwüschem tauffer und auch din. Dar zuo der tauffer sprechen schol 295 Genanteu wörter, die man wol Vindet in der hailigen gschrift. Dennocht ist ez als ein wicht, Hat der tauffer nit den muot Ze tauffen, so er dich daz tuot. 300 In gottes dienst bist du verdrossen; Dar umb so hast du wenk vergossen
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271 E ich: E durch Haarstriche isoliert. 273 Vers beginnt weiter rechts. Seite Kustode: iij. 302 Vers reicht bis an Spalte b.
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Benz Saufdichvoll meinte: „Das eine sag ich euch: Mein Durst ist noch nie richtig gelöscht worden, hier aber – weiß Gott – ist es gelungen.“ Steigindiekammer war ohne Lauge und Asche gewaschen worden und sagte: „Ich hab es noch besser getroffen, denn vor dem Bad habe ich geglüht vor Hitze und habe gestunken; außerdem sind mir alle meine Läuse ersoffen!“ Von ganzem Herzen pries er Gott dafür. Darauf erwiderte Ziegenheinz: „Gegenüber meinem Gewinn ist das doch nichts als Stroh, das freut mich sehr. Denn bevor ich in den Bach geriet, war ich ein wilder Heide und gehörte sogar zu den Ketzern. Erst damit bin ich Christ geworden.“ Schaut, wie das Kunz in Rage brachte! Er rief: „Ich meine doch, dass wir mehr verloren als gewonnen haben. Schließlich sind wir im Bach wie tote Mäuse getrieben. Und wenn Ihr sagt, dass Eure Läuse ertrunken seien, so ist das gelogen. Wie oft habe ich die Hose ausgezogen und im Bach gewaschen – keine einzige Laus habe ich dabei ertrinken sehen! Und außerdem, Ziegenheinz, sehe ich deinen Vorteil auch nicht. Wenn du auf diese Weise zum Christen geworden bist, dann ist das schändlich und drauf geschissen, denn nach der Lehre kluger Theologen kann sich niemand auf irgendeine Weise selbst in einem Bach taufen. Vielmehr müssen der Täufer und du zwei verschiedene Personen sein. Auch muss der Täufer bestimmte Worte sprechen, die man in der Heiligen Schrift findet. Dennoch ist das null und nichtig, wenn der Täufer dich, obwohl er dich tauft, eigentlich gar nicht taufen will. Im Dienste Gottes bist du ohne Eifer, aus Liebe zu Gott hast du dein Blut
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Deins plucz in ¢einer mine Du prin¢t auch nit mit ¢inne Jn dem gay¢t daz ¢ag ich dir Noch bi¢t ein jud gelaubes mir Ey¢engrayn mocht nit enbern Einer red die höret gern Siha durch goczplunder J¢t daz nit ein wuder Daz Chuncz da häim vf ¢einem mi¢t J¢t worden ein ¢o gut juri¢t Wolt ir euch en wench enthaben Ein red mag ich für war ¢agen Ane brief vnd ane potten Es mügt wol encher ¢elber spotten Die täyding allen mi¢¢eviel Jeder ¢chlug ¢ich an den giel Der ¢chimpz begond ¢ev reuwen Woy wie laut ¢ev ¢chreuwen Nu we mı vnd vmbnàmen Daz wir ie ze ¢amen chàmen Daz wir ie ge¢tochen haben Des mü¢¢ wir ¢chand vn la¢t’ tragen Lech den Spi¢¢ der vnuerzayt Hort die clag es waz ym layd Er ¢p~ch her für mit ¢challe Hört ir herren alle Ein red die ich euch ¢agen wil Wir chömend noch zu gute spil Wolt ir volgen miner lere Wir behalten noch die ere J¢t daz wir ¢techen mit dem ga¢t Vnd bindent vns jnd ¢ättel va¢t Des rates fröwtens ¢ich gemain Dem Chuncz vom Stadel der alläin Do ¢prach ich wil nit ¢techen Lung vnd leber brechen Je mer ich mich ¢o wolt verpinden Je e mir wrd von we ge¢winden Der red ¢i nit vernamen Auf iren ro¢¢en ¢i komen Mit widen ¢ey ¢ich do verpunden So ¢i aller be¢te kunden Doch mocht der Chnocz beleibn niht Sein reiten dz waz gar enwicht
Deins pluotz in seiner minne. Du prinst auch nit mit sinne In dem gaist: daz sag ich dir. 305 Noch bist ein jud, gelaub es mir!’ Eisengrain moht nit enbern Einer red: die höret gern! ‘Siha, durch gotz plunder, Ist daz nit ein wunder, 310 Daz Chuontz da haim uf sinem mist Ist worden ein so guot jurist? Wolt ir euch enwench enthaben, Ein red mag ich für war sagen Ane brief und ane potten: 315 Es mügt wol encher selber spotten.’ Die taiding allen misseviel; Ieder schluog sich an den giel: Des schimpz begond sei reuwen. Woi, wie laut sei schreuwen: 320 ‘Nu we, numer dumen amen! Daz wir ie ze samen chamen, Daz wir ie gestochen haben, Des müess wir schand und laster tragen.’ Lechdenspiss der unverzait 325 Hort die clag; es was im laid. Er spranch her für mit schalle: ‘Hört, ir herren alle, Ein red, die ich euch sagen wil! Wir chömend noch zuo guotem spil, 330 Wolt ir volgen miner lere: Wir behalten noch die ere, Ist, daz wir stechen mit dem gast Und bindent uns ind sättel vast.’ Des rates fröwtens sich gemain 335 Denn Chuontz vom stadel, der allain Do sprach: ‘Ich wil nit stechen, Lung und leber brechen. Ie mer ich mich so wolt verpinden, Ie e mir wurd von we geswinden.’ 340 Der red si nit vernamen, Auf iren rossen si kamen, Mit widen sei sich do verpunden, So si aller beste kunden. Doch moht der Chnotz beleiben niht – Sein reiten daz was gar enwicht,
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307 mocht: c über dem Wort. 308 Einer red: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 311 ¢einem: erstes e über der Zeile eingefügt. 312 gut: ursprünglich guter, er durch Punkte und Strich getilgt. 319 ¢ev: unter v Ansatz eines Unterbogens, ¢ey? 320 ¢ev: wie 319. 321 mı: mı oder im, i-Punkt fehlt; vmbnàmen: vmbnàinen? 340 we: über der Zeile eingefügt. 345 mocht: c über dem Wort. 346 dz: über der Zeile eingefügt.
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noch nicht vergossen. Und du bist auch nicht mit all deinem Sinnen und Trachten vom Heiligen Geist entflammt. Vielmehr bist du noch ein Jude im Geiste, glaub mir das!“ Eisenbeißer konnte sich einen Einwurf nicht mehr verkneifen; so hört ihn auch! „Gott-verflucht-noch-mal, ist das nicht ein Wunder, dass Kunz daheim auf seinem Mist ein richtiger Kirchenjurist geworden ist? Wenn ihr noch ein bißchen Geduld habt, kann ich euch auch ohne Brief und Siegel die volle Wahrheit sagen: Euch selbst könnt ihr auslachen!“ Der Stand der Dinge gefiel ihnen überhaupt nicht. Ein jeder schlug sich an sein Maul, der Spaß begann sie zu reuen. Mann, wie laut sie schrien: „Weh mir und um Namens willen! Dass wir überhaupt zusammenkamen, und ein Turnier veranstaltet haben, das bringt uns Schande über Schande ein.“ Der tapfere Leckdenspieß hörte die Klage, aber sie passte ihm nicht. Er sprang vor und rief: „Ihr Herren, hört alle einen Vorschlag, den ich euch machen will. Wir kommen noch zu einem hübschen Turnier, wenn ihr ihm folgt. Wir retten unsere Ehre, wenn wir gegen den Fremden antreten, uns dazu aber an die Sättel binden.“ Über diesen Vorschlag freuten sich alle, außer Kunz, der als einziger widersprach: „Ich will nicht turnieren, und mir dabei Lunge und Leber zerreißen. Je fester ich mich an den Sattel binden würde, desto eher würde ich vor Schmerz ohnmächtig werden.“ Das aber hörten sie nicht mehr, sondern kamen mit ihren Pferden daher und banden sich mit Weidenruten, so gut sie es nur konnten, an ihren Sätteln fest. Fettsack allerdings konnte nicht dabeibleiben, mit dem Reiten war es nichts mehr:
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Der ärs begond in ¢merczen Wie wol ers hiet am herczen Al¢o daz nichtmer dann äht Chàmend her mit irm gepraht Auf den plan vnd widern ga¢t Sey ruften laut ¢ey ¢chrewend fa¢t Her frömder ge¢ell wes hà¢t du mut Wilt du ¢techen vmb daz gut Wilt du riten vmb die er So halt dich her vnd wbrt nit mer Her Neythart ward der rede fro Wie wol ers nit erzaigti do Er äntwürt züchtecleich vn ¢prach Jch wolte haben mein gemach Den frid ¢o wolt ich ¢uchen Wolt ir es ¢ein geruchen Wie wol es ¢ey ein rehter ¢chimph So wär es doch nit mein gelimph Gen ¢ölhen herre züryten Die mir ze allen zeiten Ze edel vnd ze ¢tark ¢eyn War enter joch nür einr alläin Jch getör¢t in nit be¢tàn Des ¢chült er mich genie¢¢en làn Do man die red verhörret Jr forht die was zer¢törret Künew herczen seu gewunen Si ¢pràchend höra zu der nunnen Waz ¢ey ¢pricht vnd waz ¢ey ¢ayt Recht ¢am ein gfrorn’ has verzait Gràf Burkhart für die andern brach Vnd ¢under zu hern Neythart ¢p~ch Jch wai¢¢ nit wie dus koche¢t Jch ¢ich wol daz du ¢oche¢t Jn dem ¢attel ¢o wir vallen Die ¢chand mi¢¢uelt vns allen Vnd tut vns in dem magen we Dar vmb ¢o mu¢t du ¢techen me Trun ¢p~ch der ga¢t vil hofeleych Daz wis gott von hymelreich Daz ich es han verwegen mich Waz ich tun mü¢¢ dz tät ich Da mit man pheiffet ¢chon alz e Helm auf he wie laut man ¢chre Des ward nit lenger do gepitten
Der ars begond in smertzen, Wie wol ers hiet am hertzen – Also daz nicht mer dann äht Chamend her mit irm gepräht 350 Auf den plan und widern gast. Sei ruoften laut, sei schrewend fast: ‘Her frömder gsell, wes hast du muot? Wilt du stechen umb daz guot, Wilt du riten umb die er, 355 So halt dich her und wart nit mer!’ Her Neithart ward der rede fro, Wie wol ers nit erzaigti do; Er äntwürt züchtecleich und sprach: ‘Ich wolte haben mein gemach, 360 Den frid so wolt ich suochen, Woltit es sein geruochen. Wie wol es sei ein rehter schimph, So wär es doch nit mein gelimph, Gen sölhen herren zriten, 365 Die mir ze allen ziten Ze edel und ze stark sein. Wär enker joch nür einr allain, Ich getörst in nit bestan. Des schült es mich geniessen lan!’ 370 Do man die red verhörret, Ir forht die was zerstörret. Küeneu hertzen seu gewunnen; Si sprachend: ‘Höra zuo der nunnen, Waz sei spricht und waz sei sait, 375 Recht sam ein gfrorner has verzait!’ Graf Burkhart für die andern brach Und sunder zuo hern Neithart sprach: ‘Ich waiss nit, wie dus kochest: Ich sich wol, daz du sochest 380 Im sattel, so wir vallen. Die schand missvelt uns allen Und tuot uns in dem magen we. Dar umb so muost du stechen me!’ ‘Trun’, sprach der gast vil hofeleich, ‘Daz wiss gott von himelreich, Daz ich es han verwegen mich, Waz ich tuon mües, daz tät ich.’ Da mit man pheiffet schon als e. ‘Helm auf, he!’ wie laut man schre! 390 Des ward nit lenger do gepitten:
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356 wbrt: über der Zeile eingefügt. 365 züryten: ür auf Rasur. 368 enter: nach n ursprünglich k, durch Rasur ähnlich t. 370 er: r Korrektur aus s, Rasur nicht vollständig. 385 Doppelstrich vor dem Vers. 389 Doppelstrich vor dem Vers.
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Der Arsch begann ihm weh zu tun, obwohl er es doch eigentlich am Herzen hatte. So kamen also nicht mehr als acht von ihnen mit lautem Geschrei auf den Turnierplatz und wandten sich gegen den Fremden. Sie riefen laut und schrien aus vollem Hals: „Herr Kumpan aus der Fremde, wonach steht dir der Sinn? Willst du um Hab und Gut turnieren? Willst du um Ehre kämpfen? Dann komm hierher und warte nicht länger!“ Herr Neithart freute sich über diese Aufforderung, zeigte das aber nicht. Sehr höflich erwiderte er: „Gern würde ich Ruhe und Frieden bewahren, wenn es euch denn nur gefiele. Obwohl es ja nur im Spaß geschieht, käme es mir doch nicht zu, gegen solche Herren zu kämpfen, deren hoher Stand und Stärke mir nun wirklich nicht gemäß sind. Auch wenn nur einer von euch allein hier wäre, würde ich es nicht wagen, gegen ihn anzutreten. Also bitte, erlasst mir die Sache.“ Als sie das hörten, da war ihre Angst verflogen, und sie fühlten sich ungeheuer mutig. Sie riefen: „Nun hört euch bloß die Klostermemme an, die jammert, ganz wie ein frierendes, ängstliches Häschen.“ Graf Burkhart drängte sich vor die anderen und sprach nun ganz allein Herrn Neithart an: „Ich weiß nicht, was du hier zusammenbraust. Ich sehe nur, dass du im Sattel hängst, während wir vom Pferd stürzen. Diese Schande passt uns überhaupt nicht und schlägt uns auf den Magen. Deshalb musst du noch einmal zum Turnier antreten!“ „Also gut“, sagte der Fremde zuvorkommend, „Gott im Himmel soll wissen, dass ich mich dazu schon entschlossen habe: Was ich tun muss, das tue ich auch.“ Und damit ertönte schon wie vorher die Pfeife. „Los, die Helme auf!“ Wie laut wurde das geschrien! Da also wartete man nicht länger:
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Vil dràt ¢i auch ze¢amen ritten So chrefticleichen vnd ¢o hart Daz Gràf Burchart an der vart Dem ro¢¢e auf dem ärs gelag Hört waz ich euch mer ¢ag Do ¢ach man ¢einen g¢ellen Her auf der prüche prellen Er¢t hub ¢ich jamer ang¢t vn not Die fràwen lachten ¢ich ze tot Gràf Burkhart in den ¢attel kam Sym ¢o ir ziegglin ¢p~ch der man Durch auentewr ¢o ¢eyt er chomen Auentewr habt er vernomen Do mit ¢o hub er ¢ich vo ¢tat Lech¢pi¢¢ do her fürher trat Mit ¢iner ¢charffen ange¢icht Er ¢p~ch ir ga¢t jr ¢eit ein wicht Des dunket mich in meine herczen Dar vmb ¢o mu¢t ir leiden ¢merczen Des antwürt ym der frömde man Mein juncherr waz han ich getan Daz ich schol ¢merczen dulden Jch pitt euch pey gotts hulden La¢t mich reiten meineu vart Durch aller werden fràwe art Sü¢¢er red mocht er engelten Lech¢pi¢¢ er¢t hub an ze ¢chelten Ein langes sper er vnder ¢chlug Vnd lieff hin an reht ¢am ein phlug Er ¢tach den ga¢t daz im wol halb Aus dem ne¢t emphiel daz kalb Des frewtend ¢i ¢ich alle Si ruften hoch mit ¢challe Ge hain Vli mit der na¢en Hilf deim weyb der kü gra¢en Lech¢pi¢¢ rüffet aus dem mund Da für näm ich nicht hundert phund Doch mus¢ ich in noch aber rüren Er chan mirs trawen nit enphure Daz sper ¢o nam er in die hant Gen den ga¢t er anhin rant Vnd traff in pey dem ¢attelpogen Al¢o ¢er vnd vngezogen Daz in die riemen lie¢¢en Er mocht ir nit genie¢¢en Vallen mu¢t er in die erde
Vil drat si auch zesamen ritten So chrefticleichen und so hart, Daz graf Burchart an der vart Dem rosse auf dem ars gelag. 395 Hört, waz ich euch mer sag! Do sach man seinen gsellen Her aus der prüeche prellen. Erst huob sich jamer, angst und not. Die frawen lachten sich ze tot. 400 Graf Burkhart in den sattel kam. ‘Sim so, ir ziegglin?’ sprach der man, ‘Durch aventeur so seit es chomen, Aventeur habt es vernomen.’ Da mit so huob er sich von stat. 405 Lechspiss do her fürher trat Mit siner scharffen angesiht; Er sprach: ‘Ir gast, ir seit ein wicht: Des dunket mich in meinem hertzen; Dar umb so müest ir leiden smertzen.’ Des antwürt im der frömde man: ‘Mein juncherr, waz han ich getan, Daz ich schol smertzen dulden? Ich pitt euch pei gotts hulden, Last mich reiten meineu vart 415 Durch aller werden frawen art!’ Süesser red mocht er engelten: Lechspiss erst huob an ze schelten. Ein langes sper er under schluog Und lieff hin an reht sam ein phluog. Er stach den gast, daz im wol halb Aus dem nest emphiel daz kalb. Des frewtend si sich alle; Si ruoften hoch mit schalle: ‘Ge hain, Üeli mit der nasen, 425 Hilf deim weib der kuo grasen!’ Lechspiss rüeffet aus dem mund: ‘Da für näm ich nicht hundert phund! Doch muoss ich in noch aber rüeren: Er chan mirs, trawen, nit enphüeren!’ Daz sper so nam er in die hant, Gen dem gast er anhin rant Und traff in pei dem sattelpogen Also ser und ungezogen, Daz in die riemen liessen 435 (Er mocht ir nit geniessen): Vallen muost er in die erde
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403 er: durch Rasur korrigiert aus es. 404 er: auf Rasur, korrigiert aus es. dem Vers. 407 ange¢icht: c über dem Wort.
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Rasend schnell stießen sie so heftig und so wuchtig zusammen, dass Graf Burkhart auf dem Arsch seines Pferdes landete. Hört nun aber, wie es weitergeht! Bei dem Zusammenprall sah man, wie ihm sein bester Freund aus der Hose platzte. Da erst erschollen Gejammer und Wehgeschrei, die Damen aber lachten sich beinahe tot. Graf Burkhart richtete sich wieder im Sattel auf. „Was soll’s, ihr blöden Ziegen“, rief er, „für ein Abenteuer seid ihr hergekommen, ein Abenteuer habt ihr nun gehabt.“ Damit verschwand er vom Kampfplatz. Als nächster trat Leckdenspieß mit stechendem Blick vor die anderen und sagte: „Fremder, Ihr seid ein Giftzwerg, da bin ich mir ganz sicher, deshalb soll es Euch jetzt richtig ans Leder gehen!“ Darauf antwortet ihm der Fremde: „Bester Junker, was habe ich angestellt, dass ich Schmerzen erleiden soll? Bei der Gnade Gottes bitte ich Euch: Lasst mich – um aller edlen Damen willen – meiner Wege reiten.“ Für diese höflichen Worte musste er büßen: Leckdenspieß fing nun erst richtig an, ihn zu verhöhnen. Dann schlug er einen langen Speer unter die Achseln und rannte elegant wie ein Pflug auf ihn zu. Er traf den Fremden so, dass ihm selbst beinahe das Kalb aus dem Nest gestürzt wäre. Darüber freuten sie sich alle und schrien, dass es schallte: „Troll dich, Uli mit der Nasen, hilf deinem Weib beim Kühe Grasen.“ Leckdenspieß aber rief zurück: „Nicht für hundert Pfund täte ich das! Ich muss doch noch einmal auf ihn los. Alles was recht ist: Den Sieg wird er mir nicht nehmen!“ Er ergriff seinen Speer, rannte auf den Fremden zu und traf ihn so heftig und gegen alle Turnierregeln am Sattel, dass ihn seine eigenen Riemen nicht mehr festhielten und sie ihm nichts nutzten: Drei Spannen tief
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Text nach Ed. Wießner
Drey ¢pang tieff der werde Secht do hub ¢ich jamers chlagen Jr ghort es nie pey ew’n tagen Wie ¢chier ze wäinen waz geraten Jr lachen daz ¢i vor tàten Dem mayger mund vn na¢e plut Doch ruft der held aus freyem mut e Hört ir herre vberall Jr ¢chült nit chlagen meinen val Er hat mich nit getroffen Jch han mich ¢elber ab ge¢tochen Man trug in fuder ¢o zehant Vil dràt ¢o cham her für gerant Ey¢engrein ein küner degen Er ¢p~ch der tiefel mü¢¢ ¢ein phlege Mi¢¢ ich im nit einen ¢tich Daz er werd gagent vnter ¢ich Ein lautes g¢chray er do an hub Sym ¢o jr heruerlauffn’ bub Wolt ir daz treyben ymermer Daz tut mir zorn vn müt mich ¢er Her Neythart äntwurt ym aldo So min lieber herr ¢o Jch lࢢes gern beleiben Welt irs nit fürbas treiben Jch ¢ait euchs vor vernemet mich Was ich tun mu¢¢ daz tät ich Nit ¢o ¢p~ch her Ey¢engreyn Es mu¢¢ noch bas getubelt ¢eyn Jch mu¢¢ dir deinen chübel rüren Der hanher wolt dich dann ephüren Die helme ¢ey verpunden Ze den ¢elben ¢tunden Ey¢engrein begraiff daz sper Vber in herr ¢o vber in herr Die andern alle ¢chrewen va¢t So hai¢¢ ı waz auff di¢en ga¢t Do mit ¢ey zù zemen wolten ¢eyn Der e¢el vnter Ey¢engreyn Schreyn vn fliehen do began Al¢o ¢chenczleich hin vnd dan Daz er wenich do ge¢techen Mocht noch ¢eynen ¢chaden rechen Daz sper gie auf die erde
Dreier spange tieff, der werde. Secht, do huob sich jamers chlagen: Ir ghort es nie pei ewern tagen! 440 Wie schier ze wainen was geraten Ir lachen, daz si vor taten! Dem maiger mund und nase pluot; Doch ruoft der held aus freiem muot: ‘Hört, ir herren überal, 445 Ir schült nit chlagen meinen val! Er hat mich nit getroffen: Ich han mich selber ab gestochen.’ Man truog in fuder so zehant. Vil drat so cham her für gerant 450 Eisengrein, ein küener degen; Er sprach: ‘Der tiefel müess sein phlegen, Miss ich im nit einen stich, Daz er werd gagent untersich!’ Ein lautes gschrai er do an huob: 455 ‘Sim so, ir herverlauffner buob? Wolt ir daz treiben imer mer, Daz tuot mir zorn und müet mich ser.’ Her Neithart äntwurt im aldo: ‘So, min lieber herre, so? 460 Ich lass es gern beleiben, Welt irs nit fürbas treiben. Ich sait euchs vor, vernemet mich, Was ich tuon mües, daz tät ich.’ ‘Nit so!’ sprach her Eisengrein, 465 ‘Es muoss noch bas getumbelt sein. Ich muoss dir deinen chübel rüeren, Der haher well dich dann enphüeren!’ Die helme sei verpunden Ze den selben stunden. 470 Eisengrein begraiff daz sper. ‘Über in her jo, über in her!’ Die andern alle schrewen vast, So haiss in was auff disen gast. Da mit sei zemen wolten sein; 475 Der esel unter Eisengrein Schrein und fliehen do began Also schentzleich hin und dan, Daz er wenich do gestechen Mocht noch seinen schaden rechen. 480 Daz sper gie auf die erde.
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443 na¢e: Korrektur aus nas. 445 vberall: das zweite l in hellerer Tinte angefügt. 450 Doppelstrich vor dem Vers. 456 jr: j korrigiert aus i. 465 her Ey¢engreyn: dazwischen Haarstrich, E korrigiert aus y. 474 ı: über der Zeile eingefügt. 475 zù: in hellerer Tinte über der Zeile eingefügt, Superskript undeutlich. 478 ¢chenczleich: nach ¢ch a durch Punkt getilgt, darüber e ersetzt. 480 noch: hinter dem Wort Haarstrich.
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musste unser Held sich in die Erde bohren. Mein Gott, was sich da für ein Wehklagen erhob, so etwas habt ihr zeitlebens noch nicht gehört. Wie rasch war ihr anfängliches Lachen in Weinen umgeschlagen. Der Dorfvorsteher blutete aus Mund und Nase; dennoch rief der Held frei heraus: „Hört zu, ihr Herren, meinen Sturz solltet ihr nicht beklagen: Nicht der da hat mich getroffen, ich selbst habe mich vom Pferd gestochen.“ Sofort trug man ihn fort. In scharfem Galopp preschte nun Eisenbeißer vor: ein tapferer Held. Er rief: „Soll ihn doch der Teufel holen, wenn ich ihm nicht einen solchen Treffer verpasse, dass er sich vollscheißt.“ Und noch lauter begann er zu schreien: „So soll’s gehen, Ihr hergelaufener Lumpenhund? Wollt Ihr das immer weiter treiben, was mir so stinkt und mir eine Sauwut macht?“ Herr Neithart antwortete ihm: „So, mein bester Herr, so? Ich verzichte gern darauf, wenn Ihr es nicht weiter treibt. Ihr müsst nur gut zuhören, denn eben habe ich Euch gesagt: Was ich tun muss, das tue ich auch!“ „So nun nicht!“, rief Herr Eisenbeißer. „Erst müssen wir uns noch heftiger tummeln. Ich muss dir noch eins auf deinen Eimer verpassen, dann kann dich der Henker holen!“ Unterdessen banden sie auch schon die Helme fest. Eisenbeißer fasste seinen Speer. „Los, mach ihn fertig, mach ihn fertig“, schrien alle anderen laut, solche Wut hatten sie auf den Fremden. Nun aber wollten sie aufeinander los. Eisenbeißers Esel jedoch begann zu schreien und so kopflos hin- und her zu rennen, dass Eisenbeißer gar nicht zum Stechen kam, geschweige denn, dass er sich überhaupt rächen konnte. Sein Speer flog auf die Erde,
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Text nach Ed. Wießner
Do ruft der degen werde Hilffa herr vnd hilffa ¢chier Jch wil verderben auf dem tier Do cham ein mülln’ noch glauffen Herr wolt ir daz tier verchauffen Zehen ¢chilling an ein phunt Gib ich euch ze di¢er ¢tund Des äntwurt ym der wolgetàn Hai¢¢ mir den e¢el ¢tille ¢tan Vnd hab den ¢attel ¢ampt mit im Nim hin lieber müllner nim Hagen ward geuangen Mit des müllners zangen Die andern ranten all her nàch Zu dem e¢el waz in gach Si ¢chrien laut es i¢t enwicht Verpint dem e¢el ¢ein ge¢iht So mag er lauffen drichcz hin an Secht daz waz ¢o ¢chier getan Hagen ¢tund verpunden Sam in die wolf ge¢chunden Hietin / al¢o draft er her Rö¢chleich gen her Neytharcz ¢per Do ward vil ritterleich ge¢tochen Schilt vnd sper àn zal zerprochen Der ga¢t macht nit lenger payten Er ¢tie¢¢ den e¢el in die ¢eyten Daz er al¢o schiere Streket ällew viere Ey¢engrein dar vnter glag Secht do hub ¢ich new clag Vmb den edeln herren Der ¢ich ¢o ¢chon chond weren Ey¢engreyn was vnuerzäit Er ¢prach mir tüt daz clagen laid Syha durch einr merhen fi¢t Ob mein phärt geuallen i¢t Waz ¢chulden ¢chol ich dar vm tragen Wer mag ¢ich an den hymel haben Jch han verwü¢t die rehten hand Daz tut mir wir¢er dann die ¢chand Da mit ¢o was die red ergangen Ey¢engreyn ¢ich hub von dannen So er aller rö¢che¢t kond Triefnas rügen ¢ich begond
Do ruoft der degen werde: ‘Hilffa, herr, und hilffa schier: Ich wil verderben auf dem tier!’ Do cham ein müllner nach glauffen: 485 ‘Herr, wolt ir daz tier verchauffen? Zehen schilling an ein phunt Gib ich euch ze diser stund.’ Des äntwurt im der wol getan: ‘Haiss nür den esel stille stan 490 Und hab den sattel sampt mit im! Nim hin, lieber müllner, nim!’ Hagen ward gevangen Mit des müllners sangen; Die andern ranten all her nach: 495 Zuo dem esel was in gach. Si schrien laut: ‘Es ist enwicht! Verpint dem esel sein gesiht, So mag er lauffen drichtz hin an!’ Secht, daz was so schier getan! 500 Hagen stuond verpunden: Sam in die wolf geschunden Hietin, also draft er her Röschleich gen her Neithartz sper. Do ward vil ritterleich gestochen, 505 Schilt und sper an zal zerprochen. Der gast enmoht nit lenger peiten: Er stiess den esel in die seiten, Daz er also schiere Streket älleu viere. 510 Eisengrein dar unter glag. Seht, do huob sich newe clag Umb den edeln herren, Der sich so schon chond weren! Eisengrein was unverzait; 515 Er sprach: ‘Mir tuot daz clagen laid. Siha, durch einr merhen fist: Ob mein phärt gevallen ist, Waz schulden schol ich dar um tragen? Wer mag sich an den himel haben? 520 Ich han verwuost die rehten hand: Daz tuot mir wirser dann die schand.’ Da mit so was die red ergangen; Eisengrein sich huob von dannen, So er aller röschest kond. 525 Triefnas rüegen sich begond:
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484 verderben: zweites r über der Zeile. 503 Hietin: nach Hiet e durch Punkt und Strich getilgt, darüber i ersetzt. 507 macht: c über dem Wort. 508 Am unteren Rand der Seite Kustode: iiij. 512 Secht: c klein über dem Wort. 521 hand: d Korrektur aus t. 523 Doppelstrich vor dem Vers.
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der tapfere Held selbst aber schrie: „Herrgott, Hilfe, rasch zu Hilfe, ich komme auf dem Vieh noch um!“ Da kam ihm auch schon ein Müller nachgelaufen: „Mein Herr, wollt Ihr das Tier verkaufen? Zehn Schilling auf ein Pfund zahle ich Euch jetzt sofort.“ Da antwortete ihm der prächtige Held: „Bring nur den Esel zum Stehen, dann kannst du den Sattel noch dazu bekommen. Nimm ihn, lieber Müller, nimm ihn bloß.“ Hagen wurde vom Müller mit einer Handvoll Ähren gefangen. Alle anderen kamen hinterhergerannt. Sie wollten schnell zum Esel hin und schrien: „So wird das nichts! Verbindet dem Esel die Augen, dann wird er schon schnurstracks geradeaus laufen!“ Das also ward sogleich erledigt. Hagen stand da so verbunden, als ob Wölfe über ihn hergefallen wären. So trabte er munter auf Herrn Neitharts Speer zu. Nun begann ein ritterlicher Kampf: Unzählige Schilde und Speere wurden zerbrochen. Schließlich wollte der Fremde nicht mehr länger warten. Er stieß den Esel in die Seite, dass der sogleich alle viere von sich streckte. Eisenbeißer aber lag unter ihm. Da hörte man erneutes Wehgeschrei um diesen edlen Herren, der sich so prächtig zu wehren verstand. Eisenbeißer war guten Mutes. Er sagte: „Das Gejammer stinkt mir. Beim Gäulefurz, überlegt doch mal: Wenn mein Ross auch gestürzt ist, was kann ich denn schon dafür? Wer kann sich denn am Himmel festhalten? Die rechte Hand habe ich mir verstaucht: Das ist schlimmer für mich als die Schande.“ Das war nun auch gesagt und Eisenbeißer verdrückte sich, so schnell er nur konnte. Nun aber begann Triefnas sich zu rühren:
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Text nach Ed. Wießner
Die na¢en ward er rimphen Daz feur im aus den augen gla¢t Aus ¢inem maul der gaifer pra¢t Jo wie zittert er von zorn Sein varw hiet er ¢o gar verlorn Stamblent ward ¢ein rai¢¢eu zung Waz ma ¢aget oder ¢ung Dem ga¢t wolt er do nit vertragen Er wolt in nür für toten haben Do hub er an ze lurggen do So du·du·du·hürren ¢un ¢o Des ha ha hab du dich verwegen Du ma ma macht nit mer geleben Her Neythart waz ein cri¢tan man Dar vmb ¢o ruft er Bert¢chin an Min he·he·herr durch vn¢ern got Là¢t mi·mi mich vor meinem tot Ze re·re·reuwe chomen Daz mocht in layder nicht gefromen Bert¢chin tet der ¢pot we Er ¢p~ch nu chla la·laff nit me Wie dràt er ¢einen helm auf band Daz sper er va¢¢et in die hant Eylen wolt er gen dem man Vnd in der herberg rayten an Do ¢tie¢¢ ¢ichs phert ich wai¢¢ nit wie Vber ein ärws daz ym die chnie Zu der erden ¢unken Sam es nit hiet getruken Triefnas v` ber vnd v` ber viel Al¢o hart auf ¢einen giel Daz er wainet vnd auch gräin Er flüchet allen frawen rain Jr guncen koczen bö¢en breken Daz euch der v` bel tot mü¢¢ ¢treken Vm die marter die ich duld Nit anders dann vmb ewer huld War zu habt er mich nu pracht Her widerumb er do gedacht An frawn Mäczleins wirdichayt Vil dràt er ¢waig ez waz im layt Ein anders g¢anch do hub er an So ¢ey ich nit ein bider man Fràwen gnad wil ich der werben Scholt ich vier ¢tund dar vber ¢terben Vber¢ich ¢o ward er ¢ehen
Die nasen ward er rimphen, Daz feur im aus den augen glast, Aus sinem maul der gaifer prast. Jo, wie zittert er von zorn! 530 Sein varw hiet er so gar verlorn, Stamblent ward sein rässeu zung. Waz man saget oder sung, Dem gast wolt er do nit vertragen: Er wolt in nür für toten haben. 535 Des huob er an ze lurggen do: ‘So, du du du hüerrensun, so? Des ha-ha-hast du dich verwegen? Du ma-ma-macht nit mer geleben!’ Her Neithart was ein cristan man; 540 Dar umb so ruoft er Bertschin an: ‘Min he-he-herr, durch unsern got, Last mi-mi-mich vor meinem tot Ze re-re-rechter reuwe chomen!’ Daz mocht in laider nicht gefromen. 545 Bertschin tet der spot vil we; Er sprach: ‘Nu chla-la-laff nit me!’ Wie drat er seinen helm auf band! Daz sper er vasset in die hant. Eilen wolt er gen dem man 550 Und in der herberg raiten an: Do stiess sichs phert (ich waiss nit wie) Über ein ärws, daz im die chnie Zuo der erden sunken, Sam es nit hiet getrunken. 555 Triefnas über und über viel Also hart auf seinen giel, Daz er wainet und auch grain. Er fluochet allen frawen rain: ‘Ir gunken, kotzen, bösen breken, 560 Daz euch der übel tot müess streken Um die marter, die ich duld Nit anders dann umb ewer huld! War zuo habt es mich nu pracht?’ Her wider umb er do gedacht 565 An frawn Mätzleins wirdichait; Vil drat er swaig, ez was im lait. Ein anders gsanch do huob er an: ‘So sei ich nit ein bider man: Frawen gnad wil ich derwerben, 570 Scholt ich vierstund drüber sterben!’ Übersich so ward er sehen
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540 Doppelstrich vor dem Vers. 545 Vers reicht bis an Spalte b. Wort zwischen h und t. 564 er: unvollständige Korrektur aus es.
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Er schnaubte durch die Nase, seine Augen sprühten Feuer, aus seinem Maul troff ihm der Geifer – Mann, zitterte er vor Wut! Er war ganz bleich geworden, und seine scharfe Zunge konnte nur noch stammeln. Ihr könnt sagen, was ihr wollt, dem Fremden ließ er nichts mehr durchgehen. Nur tot wollte er ihn noch sehen. So fing er denn zu stottern an: „Toll, du-du-du Hurensohn, so ha-ha-hast du dich endlich aufgerafft? Dann wi-wi-wirst du nicht mehr lange leben!“ Herr Neithart war ein guter Christ und rief deshalb Bertschi an: „Bester He-He-Herr, lasst mi-mi-mich um Gottes willen vor meinem Tod zu re-re-rechter Buße kommen.“ Leider nutzte ihm das überhaupt nichts. Der Hohn schmerzte Bertschi sehr. Er sagte: „Qu-Qua-Quatsch nicht mehr!“ Rasch band er seinen Helm fest, fasste den Speer, wollte dem Mann entgegeneilen, und ihn außerhalb der Schranken angreifen. Da strauchelte – weiß ich, wie das kam – sein Pferd über eine Erbse, so dass es in den Knien einbrach, als ob es am Verdursten wäre. Triefnas flog kopfüber und so böse auf sein Maul, dass er weinte und jammerte. Dann fluchte er allen tugendhaften Damen: „Ihr Drecksweiber, Nutten, räudigen Hündinnen: Krepieren sollt ihr für all die Qualen, die ich allein in Hoffnung auf eure Gunst erdulde! Wohin habt ihr mich bloß gebracht?“ Doch dann erinnerte er sich wieder an Madame Mätzlis hohen Rang. Sofort schwieg er still, bereute seine Ausfälle und stimmte ein anderes Lied an: „Ich wäre doch kein anständiger Kerl, wollte ich mich nicht um die Gunst der Damen bemühen, und brächte es mir auch viermal den Tod!“ Er schaute gen Himmel
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Text nach Ed. Wießner
Vnd ¢chrein mir i¢t nit reht ge¢chehen Helft mir in den ¢attel wider Vnd ¢tech ich in dann nit da nider So ¢precht daz ich ein e¢el ¢ey Al¢o chàmen ir wol drey Vnd hulffen do dem chünen man Daz er auf die merhen cham Waz er vor gepunden ¢er Si punden in noch dri¢tund mer Den peyffer hie¢¢ man aber dönen Haltab haltab wrdens hönen Die sper ¢i vnder drukten Jr ruggen ¢ey do ¢mukten Hinter die ¢chilt vil werleich Vnd ranten al¢o erleich Daz zwo ofenchruken Vielend hin ze ¢tuken Des mu¢t der ofner do engelten Fluchend ward er vn auch ¢chelten Vmb ¢eyn chruken bayde Bert¢chi iach hab dir nit laide Jch wil dir geben häw vnd ¢tro Pring mir ander chruken zwo Daz waz ¢o ¢chir ge¢chehen Triefnas ¢prach nu ¢cholman ¢ehen Ob ich frawen dienen chan Den ga¢t ¢o rant er wider an Hern Neytharten des do verdro¢¢ Er gab dem minner eine ¢to¢¢ Daz man in ¢elten mer hiet funden Do waz er al¢o ¢tark gepunden Daz er mit käunr geparde Mocht chüme von dem phärde Daz cham alz zu ¢einen ¢chanden Hangend ward er in den panden Der merhen auf die hüfe Ob ich es rechte brüfe Ze hart ym an der ¢elben vart Ge¢trigelt ward ¢ein har vn bart Vnd wär man ym ze hilf nit chömen Daz ¢chläpfen hiet im ¢el benömen Doch ward ym von we ge¢winden Secht do ward er er¢t enphinden Daz Chuncz ym vor ge¢aget hiet Do er ze le¢ten von ym ¢chied Die frawen ¢chreuwen daz es clanch Helm ab helm ab waz ir ge¢anch
Und schrein: ‘Mir ist nit reht geschehen. Helft mir in den sattel wider! Und stech ich in dann nit da nider, 575 So sprecht, daz ich ein esel sei!’ Also chamen ir wol drei Und hulffen do dem chüenen man, Daz er auf die merhen cham. Was er vor gepunden ser, 580 Si punden in noch dristund mer. Den pheiffer hiess man aber dönen. ‘Halt ab, halt ab!’ wurdens hönen. Die sper si under drukten, Ir ruggen sei do smukten 585 Hinter die schilt vil werleich Und ranten also erleich, Daz zwo ofenchruken Vielend hin ze stuken. Des muost der ofner do engelten: 590 Fluochend ward er und auch schelten Umb sein ofenchruken baide. Bertschi jach: ‘Hab dir nit laide! Ich wil dir geben häw und stro; Pring mir ander chruken zwo!’ 595 Daz was also schier geschehen. Triefnas sprach: ‘Nu schol man sehen, Ob ich frawen dienen chan!’ Den gast so rant er wider an. Hern Neitharten des do verdross: 600 Er gab dem minner einen stoss, Daz man in selten mer hiet funden; Do was er also stark gepunden, Daz er mit kainr gepärde Mocht chümen von dem phärde. 605 Daz cham alz zuo seinen schanden: Hangend ward er in den panden Der merhen auf die hüefe. Ob ich es rechte brüefe, Ze hart im an der selben vart 610 Gestrigelt ward sein har und bart. Und wär man im ze hilf nit chomen, Daz schläpfen hiet imd sel benomen. Doch ward im von we geswinden. Secht, do ward er erst enphinden, 615 Daz Chuontz im vor gesaget hiet, Do er ze lesten von im schied! Die frawen schreuwen, daz es clanch: ‘Helm ab, helm ab!’ was ir gsanch.
595 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: v.
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und schrie: „Mir ist Unrecht geschehen. Helft mir wieder in den Sattel! Steche ich ihn dann nicht vom Pferd, dürft ihr mich einen Esel nennen!“ So kamen also drei von ihnen und halfen dem tapferen Mann wieder auf seinen Gaul. War er im ersten Kampf schon fest am Sattel angebunden, so banden sie ihn jetzt noch dreimal fester an. Erneut forderte man vom Pfeifer das Signal. „Los jetzt, los“, schrien sie. Die Speere klemmten sie unter die Achseln, ihre Rücken duckten sie so gekonnt hinter ihre Schilde und rannten so prächtig gegeneinander an, dass zwei Schürhaken zu Bruch gingen. Den Schaden davon hatte der Bäcker: Er fluchte und schimpfte wegen seiner beiden Schürhaken. Bertschi erwiderte: „Stell dich nicht so an. Ich will dir Heu und Stroh dafür geben, nur bring mir noch zwei Haken!“ Das geschah auch sogleich. Triefnas sagte weiter: „Nun wird man ja sehen, ob ich Damen dienen kann“, und rannte wieder gegen den Fremden an. Herrn Neithart machte das aber ärgerlich: Er gab dem Minneritter einen solchen Stoß, dass er beinahe auf Nimmerwiedersehen davongeflogen wäre. Da er aber so fest angebunden war, konnte er nun überhaupt nicht mehr von seinem Ross herunterkommen. Das aber brachte ihm erst recht Schande. Er verhedderte sich in den Gurten und hing bis zu den Hufen des Gauls hinunter. Wenn ich es richtig betrachte, so wurden ihm bei diesem Ritt Haare und Bart doch zu heftig gestriegelt. Hätte man ihm nicht geholfen, so wäre ihm die Seele aus dem Leib geschleift worden. Allerdings wurde er vor Schmerz ohnmächtig. Seht ihr, da musste er am eigenen Leib erfahren, was Kunz ihm beim Abschied vorausgesagt hatte. Die Frauen schrien laut auf: „Helm ab, Helm ab“, riefen sie im Chor.
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Daz pheiffen was vil gar gelegen Wes ¢cholten do die andern phlegen Daz mugt er aigenleichen wi¢¢en Sey heten ¢ich vil nach be¢chi¢¢en Von rechter forcht die ¢i do hieten Si wolten ¢ich des ¢chimphes nieten Dennocht ¢p~ch her Lech¢pi¢¢ Des lebens ¢eyn wir noch gewi¢¢ Vnd möchtin dar zu er beiagen Hietin wir den ga¢t er¢chlagen Vn¢er ¢ind noch vier beliben Schöltin wir nit eim ge¢igen So wär doch vbel daz wir 䢢in Oder zg Lappenhau¢en ¢ä¢¢in Dar vmb ¢o ¢chüllen wir nu reyten Mit ein ander vnd nit payten Auf den ¢chalk mit plo¢¢en ¢werten Vnd in von ein ander ¢erten Do ¢prach Jächel Grabin¢gaden Des rat was ¢elten ie an ¢chaden Dar vmb ich dir nit volgen wil Des frewt ¢ich Pencza Trinka Vil Jo ¢p~ch Hainczo mit der Gäi¢¢ Er ahtet vn¢’ nit ein ¢chäi¢¢ Mich dunkt er ¢ey ein fuchs wild Den zagel fürt er an dem ¢chilt Der täidinch waz ¢o vil be¢chehen Daz ¢ich her Neythart ward v’¢ehen Si gtör¢tin nit mer ¢techen Die forht wolt er in brechen Vnd auch geben künen ¢in Fliehet macht er ¢ich do hin Secht do hub ¢ich ¢öleich jagen Man chönd euchs nim’ gar ge¢agen Vnd ein ¢chreyen nach dem ga¢t Man hört es v` ber drey ra¢t Ze eylen waz in al¢o not Daz ¢ich ir zwen eruielen z tot Do daz die andern ¢ahen Si lie¢¢en von irm gahen Die ¢ùnd die ward ¢eu reuwen Si ruften nàch mit treuwen Lieber herr von frömden landen Behütend vns vor bo¢en ¢chaden Vergebt vns vn¢er bo¢¢hait
Text nach Ed. Wießner 620 620 Daz pheiffen was vil gar gelegen. Wes scholten do die andern phlegen? Daz mügt es aigenleichen wissen: Sei hieten sich vil nach beschissen Von rechter forcht, die si do hieten; 625 Si wolten sich des schimphes nieten. Dennocht sprach her Lechspiss: ‘Des lebens sein wir noch gewiss Und möchtin dar zuo er bejagen, Hietin wir den gast erschlagen. 630 630 Unser sind noch vier beliben: Schöltin wir nit eim gesigen, So wär doch übel, daz wir ässin Oder ze Lappenhausen sässin. Dar umb so schüllen wir nu reiten 635 635 Mit ein ander und nit peiten Auf den schalk mit plossen swerten Und in von ein ander serten!’ Do sprach Jächel Grabinsgaden: ‘Din rat was selten ie an schaden; 640 640 Dar umb ich dir nit volgen wil.’ Des frewt sich Pentza Trinkavil. ‘Jo’, sprach Haintzo mit der gaiss, ‘Er ahtet unser nit einn schaiss. Mich dunkt, er sei ein fuchs wild; 645 Des zagel füert er an dem schilt.’ 645 Der taidinch was so vil beschehen, Daz sich her Neithart ward versehen, Si gtörstin nit mer stechen. Die forht wolt er in brechen 650 Und auch geben küenen sin: 650 Fliehent macht er sich do hin. Secht, do huob sich söleich jagen, Man chönd euchs niemer gar gesagen, Und ein schreien nach dem gast, 655 Man hort es über drei rast! 655 Ze eilen was in also not, Daz sich ir zwen ervielen ztot. Do daz die andern sahen, Si liessen von irm gahen. 660 Die sünd die ward seu reuwen, 660 Si ruoften nach mit treuwen: ‘Lieber herr von frömden landen, Behüetend uns vor bosen schanden! Vergebt uns unser bosshait!
622 er: unvollständige Korrektur aus es durch Rasur. 623 heten: Buchstabe über e undeutlich. 633 zg: Korrektur aus zu. 636 ¢werten: ¢ auf Rasur. Vers reicht bis an Spalte b. 648 gtör¢tin: korrigiert aus gtör¢ten, e durch Punkt getilgt, i darüber geschrieben.
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Die Pfeife war ganz verstummt. Was aber sollten die anderen bloß tun? Das könnt ihr genau erfahren. Vor lauter Furcht hätten sie beinahe in die Hosen geschissen: Auf dieses Vergnügen hätten sie gern verzichtet. Herr Leckdenspieß jedoch sagte: „Unser Leben haben wir doch noch, und Ehre könnten wir auch erlangen, wenn wir den Fremden erschlagen würden. Vier von uns sind übriggeblieben. Wenn wir nicht einen einzelnen besiegen können, dann verdienen wir nicht, weiter in Lappenhausen zu essen und zu leben. Deshalb sollten wir jetzt alle zusammen den Mistkerl mit blanken Schwertern angreifen und in Stücke hauen!“ Dagegen sagte Jäckel Steigindiekammer: „Gerade dein Rat hat uns noch immer Schaden gebracht. Deshalb werde ich ihn nicht befolgen.“ Darüber freute sich Benz Saufdichvoll. „Genau“, sagte auch Ziegenheinz, „der kümmert sich doch einen Scheißdreck um uns. Vielleicht ist er sogar selbst ein wilder Fuchs, den Schwanz führt er ja schon im Wappen.“ Sie beratschlagten so lange, dass Herr Neithart annahm, sie wagten sich nicht mehr in den Turnierkampf. Diese Angst aber wollte er ihnen nehmen und sie ordentlich anstacheln. Deshalb tat er so, als ob er fliehen wollte. Und tatsächlich, nun begann eine Verfolgungsjagd, die man gar nicht richtig beschreiben kann, und ein Gebrüll hinter dem Fremden her, dass man es über drei Tagesreisen hinweg hörte. Dabei hetzten sie in solcher Eile, dass zwei von ihnen sich zu Tode stürzten. Als das die anderen sahen, brachen sie ihre Hetzjagd sofort ab. Nun reute sie ihre Sünde und sie riefen ihm treuherzig nach: „Bester Herr aus fremdem Lande, bewahret uns vor schlimmer Schande und vergebt uns unsre Schuld.
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Sey reuwt vns ¢er vn i¢t vns läid Wen wir nu trun enphıden wol Jr ¢eyt des heiligen gai¢tes vol Des ward der ga¢t vo h’cze fro Gen in ¢o cheret er ¢ich do Vnd ¢p~ch mit ¢enftem h’czen Got bü¢ euch allen ¢merczen Vnd vergeb euch ewer ¢ùnde Doch für wars ich euch dz kude Nach der häiligen ge¢chrifte ¢ag Die ¢und ich nit vergebn mag Ane reuw vnd peicht vn pu¢¢ Die der ¢und’ tun mu¢¢ Gänczleich ane fal¢chechäit Daz ¢ey euch von mir ge¢äit Er¢t do vieng ¢ich an ein reuwen Sy worden iren herczen pleuwen Al¢o ¢er daz in daz blut Ze mund vnd na¢en aus ¢chlug Jr wäinen daz wa¢ gro¢¢ Hainczo gab ym einen ¢to¢¢ Daz er zu der erden ¢anch Von rehter andacht ward er chrank Lech¢pi¢¢ der ¢ach auf zu got Es waz ym chömen aus dem ¢pot Er rüffet laut mit ganczer macht Herrgot gib mir ¢inn vn chraft Daz ich meiner ¢unden ledig werde Vnd ¢o nit var von di¢er erde Sam Pencz vnd Jächel ¢ind ver¢chaiden Alz lä¢terleich auf di¢er hayden Dar nach er gen dem ritter gie Vnd naygt ¢ich nider auf die chnie Al¢o trevleich in den plàn Er mocht die pain zerpro¢ten han Auf ruft er mein lieber herr Hört mein ¢ùnd durch Marien er Vnd gebt mir auch der bu¢¢ genug Jch han ge¢ùndet ane fug Her Neythart in dem grünen gras Den pauren do ze peychte ¢as e Ein crucz er machet vber ¢ey Vnd ¢prach got ¢chaff euch ¢orgen frey Gen Lech¢pi¢¢ er ¢ich keret do Vnd ¢prach durch got der haw vn ¢tro Ge¢chaffen hat vnd durch den gai¢t
Text nach Ed. Wießner 665 665 Sei reuwt uns ser und ist uns laid, Won wir nu, trun, enphinden wol, Ir seit des hailigen gaistes vol.’ Des ward der gast von hertzen fro; Gen in so cheret er sich do 670 670 Und sprach mit senftem hertzen: ‘Got büess euch allen smertzen Und vergeb euch ewer sünde! Doch für wars ich euch daz künde Nach der hailigen gschrifte sag: 675 675 Die sünd ich nit vergeben mag Ane reuw und peicht und puoss, Die der sünder tuon muoss Gäntzleich ane falschechait. Daz sei euch von mir gesait!’ 680 680 Erst do vieng sich an ein reuwen: Si wurden ireu hertzen pleuwen Also ser, daz in daz bluot Ze mund und nasen aus schluog. Ir wainen daz was also gross: 685 685 Haintzo gab im einen stoss, Daz er zuo der erden sanch; Von rehter andacht ward er chrank. Lechspiss der sach auf zuo got: Es was im chomen aus dem spot; 690 690 Er rüeffet laut mit gantzer macht: ‘Herrgot, gib mir sinn und chraft, Daz ich meinr sünden ledig werde Und so nit var von diser erde, Sam Pentz und Jächel sind verschaiden 695 695 Als lästerleich auf diser haiden!’ Dar nach er gen dem ritter gie Und naigt sich nider auf die chnie Also treuleich in den plan: Er möht die pain zerpossen han. 700 700 Auf ruoft er: ‘Mein lieber herr, Hört mein sünd durch Marjen er Und gebt mir auch der buoss genuog! Ich han gesündet ane fuog.’ Her Neithart in dem grüenen gras 705 705 Den pauren do ze peichte sas. Ein crütz er machet über sei Und sprach: ‘Got schaff euch sorgen frei!’ Gen Lechspiss er sich keret do Und sprach: ‘Durch got, der häw und stro 710 Geschaffen hat, und durch den gaist 710
673 Doppelstrich vor dem Vers. kude: Diakritikum über u. reicht bis an Spalte b. 709 Vers reicht bis an Spalte b.
699 mocht: c über dem Wort.
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Wie sehr bedauern wir sie doch und schämen uns, denn, mein Gott, jetzt erst merken wir, dass Ihr voll des Heiligen Geistes seid.“ Das erfüllte den Fremden mit großer Freude. Er wandte sich ihnen zu und sprach voller Sanftmut: „Gott möge eure Schmerzen heilen und euch eure Sünden vergeben! Doch wahrlich, ich sage euch nach dem Gebot der Heiligen Schrift: Ohne Reue, Sündenbekenntnis und Buße, die der Sünder aus reinem Herzen leisten muss, kann ich die Sünden nicht vergeben. Lasst euch das von mir gesagt sein!“ Da begann vielleicht ein Reuespektakel! Sie schlugen sich so heftig an die Brust, dass ihnen das Blut aus Mund und Nase spritzte. Dabei weinten sie auch noch hemmungslos. Heinz versetzte sich selbst einen Stoß, dass er auf den Boden sank: Aus tiefster Andacht war er schwach geworden. Leckdenspieß blickte zu Gott empor, das Spotten war ihm vergangen. Mit aller Macht rief er: „Herr Gott, gib mir Verstand und Kraft, dass ich von meinen Sünden befreit werde und nicht so aus diesem Leben scheide, wie Benz und Jäckel in dieser Ödnis im Stand der Sünde gestorben sind.“ Dann ging er zu dem Ritter und fiel mitten auf dem Turnierplatz so andächtig auf die Knie, dass er sich alle Knochen hätte brechen können. Er rief ihn an: „Oh, mein Herr, hört doch um Marien willen meine Sünden an und legt mir harte Bußen auf: Ich habe schlimm gesündigt.“ Auf der grünen Wiese nahm Herr Neithart den Bauern die Beichte ab. Er schlug das Kreuz über sie und sprach: „Gott möge euch von euren Ängsten befreien!“ Dann wandte er sich Leckdenspieß zu und sagte: „Im Namen des allmächtigen Gottes, der Heu und Stroh geschaffen hat, und des Heiligen Geistes,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Sag mir alles daz du wäi¢t Al¢o hub min Leck¢pi¢¢ an Vnd ¢prach ich pin ein ¢chuldigman Vn han ge¢ùndet aus der mࢢ Wider euch auf di¢er ¢tra¢¢ Noch gedenk ich ¢am er ¢prach Einer ¢ùnd die ge¢t’ g¢chach Die i¢t laider al¢o gros Daz ich mich an der zungen ¢tö¢¢ Vnd wäi¢¢ nit ob ichs ¢age schol Doch getraw ich euch ¢o wol Daz irs nit fürbas pringet Daz mich mein andacht zwinget Euch ze ¢agen an gotes ¢tat Wie er¢tleichen er in des patt Her Neythart ¢p~ch vil taugen Du ¢cholt mir daz gelauben Daz mir war von hercze lait Scholt ich meine phaffhait Mit deiner peychte ¢o verlie¢en E wolt ich den töt her kie¢en Sag mir freyleich deine ¢ùnd Wilt dù werden gottes frùnd Lech¢pi¢¢ zu ¢inr peychte cham Doch zittert er vor ¢ùnden ¢cham Vnd ¢p~ch ¢o wil ichs ¢agen Vnd wil dar an nit verzagen Herr min weib nu we nu we Jch gtar euch nit ge¢agen me Es i¢t ein ¢o grö¢¢eu ¢ùnd Daz ich euchs nit gerne kùnd Der peychter aber gen ym ¢p~ch Got nem dir alles vngemach Lieber ¢ùn du fürcht dir nicht So werd ich heüt ein bö¢wicht Sag ich ieman deynen ¢in So ich allters aünig pin Lech¢pi¢¢ daz nit recht vernam Dar vmb ¢o hub er wider an Herr mein weib i¢t nit gar lanch Dar vm ¢o nam ¢ey einen banch Mit iren paynen ¢ey dar auf ¢täig Ein ¢tuch ¢ey ab dem bachen ¢nayd Do ich des nu innen wart Ge¢chlichen kam ich an die vart Vnd zucht den ¢tul ¢o schon vo ¢tat
Sag mir alles, daz du waist!’ Also huob min Leckspiss an Und sprach: ‘Ich pin ein schuldig man Und han gesündet aus der mass Wider euch auf diser strass. 715 Noch gedenk ich’, sam er sprach, ‘Einer sünd, die gester gschach. Die ist laider also gross, Daz ich mich an der zungen stoss Und waiss nit, ob ichs sagen schol; 720 Doch getraw ich euch so wol, Daz irs nit fürbas pringet, Daz mich mein andaht zwinget Euch ze sagen an gotes stat.’ Wie erstleichen er in des patt, 725 Her Neithart sprach vil taugen: ‘Du scholt mir daz gelauben, Daz mir wär von hertzen lait, Scholt ich meine phaffhait Mit deiner peichte so verliesen; 730 E wolt ich den tot herkiesen. Sag mir freileich deine sünd, Wilt du werden gottes fründ!’ Lechspiss zuo sinr peichte cham; Doch zittert er vor sünden scham 735 Und sprach: ‘So wil ichs sagen Und wil dran nit verzagen: Herr, min weib – nu we, nu we, Ich gtar euch nit gesagen me. Es ist ein so grosseu sünd, 740 Daz ich euchs nit gerne künd.’ Der peichter aber gen im sprach: ‘Got nem dir alles ungemach, Lieber sun, du fürht dir nicht! So werd ich heut ein böswicht, 745 Sag ich ieman deinen sin – So ich alters ainig pin!’ Lechspiss daz nit recht vernam; Dar umb so huob er wider an: ‘Herr, mein weib ist nit gar lanch; 750 Dar um so nam sei einen banch, Mit iren painen sei drauf staig, Ein stuch sei ab dem bachen snaid. Do ich des nu innen wart, Geschlichen kam ich an die vart 755 Und zucht den stuol so schon von stat,
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717 Einer: zweites e über verlaufenem Buchstaben geschrieben. 744 fürcht: c über dem Wort.
723 andacht: c über dem Wort.
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bekenne mir alles, was du weißt!“ Also begann unser Leckdenspieß und sprach: „Ich sündiger Mensch habe mich schon an Euch auf diesem Platz hier maßlos vergangen. Doch fällt mir“, so sprach er, „noch eine weitere Sünde ein, die gestern geschah. Die aber ist, Gott sei’s geklagt, so unglaublich groß, dass ich mir an ihr beinahe die Zunge abbreche und gar nicht weiß, ob ich sie überhaupt bekennen soll. Doch setze ich mein Vertrauen in Euch, dass Ihr das nicht herumerzählt. Denn mich drängt mein Glaube, es Euch an Gottes statt zu bekennen.“ Nachdem er sich das erst einmal erbeten hatte, sagte ihm Herr Neithart ganz vertraulich: „Du darfst mir glauben, dass es mir in der Seele wehtun würde, wenn ich mein Priesteramt mit deiner Beichte verlieren würde, lieber wählte ich den Tod! Doch nun bekenne deine Sünde, wenn du Gottes Gnade erlangen willst.“ Leckdenspieß begann also mit seiner Beichte, doch zitterte er aus Scham über seine Sünde und sagte: „So will ich es also bekennen, und will daran auch nicht verzweifeln: Herr, meine Frau – oh Gott, oh Gott, mehr wage ich Euch nicht mehr zu sagen. Diese Sünde ist so übergroß, dass ich sie Euch nicht gern bekenne.“ Sein Beichtvater aber erwiderte ihm: „Gott möge dich von allem Übel befreien. Darum, mein lieber Sohn, fürchte dich nicht. Ich wäre schon ein Lump, wenn ich deine Beichte ausposaunen sollte – jedenfalls solange ich ganz allein bin!“ Leckdenspieß verstand das nicht so richtig, und so begann er von neuem. „Herr, meine Frau ist etwas kurz geraten. Deshalb nahm sie einmal eine Bank, stieg mit ihren Beinen darauf und schnitt sich ein Stück Schinken ab. Als ich das merkte, schlich ich mich dorthin und ruckte so an der Bank,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Daz ¢ey reht an dem ruggen glag Daz gwändel hub ich ir do auf Vnd chu¢t ¢ey dri¢tund ı den bauch Her Neythart ¢mieren do began Er ¢p~ch ¢im phùdich bö¢er man Was hà¢t du wütreich dich gezigen Sel vnd leib ¢o gar ver¢tigen Deiner ¢ùnd der i¢t al¢o vil Daz ich dich niten ledigen wil Noch enkan dir be¢¢ers ¢agen Du mu¢t dich zu dem bi¢cholf draben Daz ¢agt er ym nit ane ¢ach Her Neythart do der gumppel phaff D’ ym gedàcht in ¢einem mut Bö¢er ¢chimph ward nie gut Mit der ¢el i¢t nit ze ¢cherczen Jch wai¢¢ daz wol ı minem herczen Nàch der wai¢en lere ¢ag Daz ich in nit gelö¢en mag Noch gepinden gäi¢techleich So mag er auch nit sicherleich Seyneu ¢ùnd eim läyen ¢agen So er prie¢ter mag gehaben Lech¢pi¢¢ macht ¢ich dannen Do cham da her gegangen Heinczo der vil reuwigman Seineu peycht die hub er an Vnd ¢p~ch mein herr helft mir aus not Jch han ge¢undet ı den tot Jch hab auch gottes huld verlorn So we mir daz ich ie geporn Ward hie auf di¢er erde Do ¢prach der Neythart werde Sym ¢ùn du ¢cholt nit ¢o verzagen Jch wil daz für wàr ¢agen Gottes herbarmherczichchait J¢t ¢o michel vnd ¢o brait Daz nie chain ¢ùnd ¢o gro¢¢e wart Si wurd vergeben an der vart Wolcz den men¢chen ruwen Von grunt mit ganczen treuwen Da mit ¢o hub mein Heinczo an Vnd ¢aget waz er hiet getàn Er ¢p~ch mein herr es i¢t ein ¢chand Ge¢tern für ich v` ber land
Daz sei reht an dem ruggen glag. Daz gwändel huob ich ir do auf Und chust sei dristund in den bauch.’ Her Neithart smieren do began; 760 Er sprach: ‘Sim phü dich, böser man! Wes hast du wüetreich dich gezigen, Sel und leib so gar verstigen? Deiner sünd ist also vil, Daz ich dich nit enledigen wil 765 Noch enkan dir bessers sagen: Du muost dich zuo dem bischolf draben!’ Daz sagt er im nit ane sach, Her Neithart, do, der gumppelphaff, Der im gedocht in seinem muot: 770 ‘Böser schimphe ward nie guot; Mit der sel ist nit ze schertzen. Ich waiss daz wol in minem hertzen Nach der waisen lere sag, Daz ich in nit gelösen mag 775 Noch gepinden gaistechleich. So mag er auch nit sicherleich Seineu sünd eim laien sagen, So er priester mag gehaben.’ Lechspiss macht sich dannen. 780 Do cham da her gegangen Heintzo, der vil reuwig man. Seineu peicht die huob er an Und sprach: ‘Mein herr, helft mir aus not! Ich han gesündet in den tot, 785 Ich hab auch gottes huld verlorn; So we mir, daz ich ie geporn Ward hie auf diser erde!’ Do sprach der Neithart werde: ‘Sim, sun, du scholt nit so verzagen! Ich wil daz für war sagen: Gottes herbarmhertzichait Ist so michel und so brait, Daz nie chain sünd so grosse wart, Si wurd vergeben an der vart, 795 Woltz den menschen rüwen Von grunt mit gantzen trüwen.’ Da mit so huob mein Heintzo an Und saget, waz er hiet getan; Er sprach: ‘Mein herr, es ist ein schand. Gestern fuor ich über land,
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759 bauch: a über dem Wort zwischen b und u. 760 Doppelstrich vor dem Vers. 764 der: über der Zeile eingefügt, in blasserer Tinte. 767 Vers reicht bis an Spalte b. 770 D’ ym: vor ym kleines Loch im Pergament. 784 Vers reicht bis an Spalte b. 800 Vers reicht bis an Spalte b.
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dass sie auf den Rücken fiel. Ja, und dann hob ich ihr die Röcke hoch und küsste sie dreimal auf den Bauch.“ Herr Neithart begann zu grinsen, und sagte: „Pfui, schäm dich, du Bösewicht! Welcher Tat hast du Wüstling dich beschuldigt und Leib und Seele beschmutzt? Du hast dich mit so vielen Sünden beladen, dass ich dich nicht freisprechen und dir auch nicht Besseres sagen kann als: Ab damit zum Bischof!“ Herr Neithart, der Gaukelpfaff, trug ihm das nicht ohne Hintergedanken auf, sondern dachte bei sich: „Ein schlimmer Spott führte noch nie zu etwas und mit der Seele ist nicht zu scherzen! Wie den Theologen ist auch mir natürlich völlig klar, dass ich ihn geistlich weder binden noch lösen kann. Und so darf er selbstverständlich auch seine Sünden keinem Laien beichten, wenn ihm ein Priester zur Verfügung steht.“ Leckdenspieß trollte sich von dannen. Nun kam Heinz, der reuige Sünder, daher. Seine Beichte begann er mit den Worten: „Herr, helft mir aus meiner Not. Ich habe Todsünden auf mich geladen und außerdem noch Gottes Gnade verloren. Weh mir, dass ich je in diese Welt geboren wurde!“ Darauf sprach Neithart, der würdige Mann: „Mein Sohn, nun sei doch nicht so verzagt. Wahrlich, das eine sage ich dir: Gottes Barmherzigkeit ist so allumfassend, dass noch nie eine Sünde – und sei sie noch so groß – nicht vergeben worden wäre, die der Mensch im Grunde seines Herzens und ohne Ausflüchte bereut hätte.“ So begann unser Heinz zu beichten, was er Schlimmes getan hatte. Er sagte: „Herr, ich schäme mich meiner Sünde. Als ich gestern über Land ging,
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Text nach Ed. Wießner
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Bis daz ich cham zu eine bach Do hub ¢ich läid vn vngemach Au¢ze¢chlauffen mich verdro¢¢ Vnd durch ze watten al¢o blo¢¢ Do wolt ich auch nit wider keren Vnd mein gelt vmb ¢ù¢t verzeren Secht do vand ich dört ein ku Die fürt ich bey den orn hin zu Jch ¢täig auf ¢ey vnd räyt hin an Bis daz ich durch daz wa¢¢er cham Jr fäyger keczer ¢p~ch ¢p~ch der ritter e Daz euch der vbel tod der bitter Nemen mü¢¢ ir bö¢er man Jr möcht nit wir¢er han getan Jch ¢ag dirs nit aus eine trauwm Du mü¢t dich machen hin gen Rom Mit henden vn mit füe¢¢en Wilt du din ¢ùnde bü¢¢en Al¢o macht ¢ich Hayncz do hin Gen Ròm daz waz ¢ein vngewin Lech¢pi¢¢ hincz zum bi¢cholff trat Daz ward ym in dem sekel ¢chad Neythart gab in ¢eine ¢egen Ewer mü¢¢ der tiefel phlegen Got geb euch payden ¢merczen Sprach er in dem herczen Do mit ¢o ¢tund er von der peycht Sam ein pruder vngewaicht Mit dem ¢o kam da her geritten Triefnas ¢chon auf einem ¢chlitten Den ga¢t be¢orgt er va¢t vnd ¢er Er ¢p~ch mein lieber juncherr Hab ich wider euch getan Daz ¢chòlt ir mir nu faren làn Durch den vberreichen got Vnd ràten mir an allen ¢pot Ob ich ¢chùll hofieren Furbas mit turnieren Mit ¢agen vn mit ¢ingen Vnd auch mit andern dingen Dar zù ¢p~ch her Neythart Mich dunkt du ¢äy¢t von hoher art Ein degen chün mit deinem leib J¢t daz du nemen wilt ein weib Zu der e ich dir daz chùnd Du macht ir dienen ane ¢ùnd
Bis daz ich cham zuo einem bach. Do huob sich laid und ungemach: Aus ze schlauffenn mich verdross Und durch ze wattenn also bloss: Do wolt ich auch nit wider keren Und mein gelt umb süst verzeren. Secht, do vand ich dört ein kuo! Die fuort ich bei den orn hin zuo: Ich staig auf sei und rait hin an, Bis daz ich durch daz wasser cham.’ ‘Ir faiger ketzer!’ sprach der ritter, ‘Daz euch der übel tod, der bitter, Nemen müess, ir böser man! Ir möcht nit wirser han getan. Ich sag dirs nit aus einem trom: Du muost dich machen hin gen Rom Mit henden und mit füessen, Wilt du din sünde büessen.’ Also macht sich Haintz do hin Gen Rom: daz was sein ungewin. Lechspiss hintz zum bischolff trat: Daz ward im in dem sekel schad. Neithart gab in seinen segen. ‘Ewer müess der tiefel phlegen! Got geb euch paiden smertzen!’ Sprach er in dem hertzen. Da mit so stuond er von der peicht Sam ein pruoder ungeweicht. Mit dem so kam da her geritten Triefnas schon auf einem schlitten. Den gast besorgt er vast und ser; Er sprach: ‘Mein lieber juncherr, Hab ich wider euch getan, Daz schölt ir mir nu faren lan Durch den überreichen got Und raten mir an allen spot, Ob ich schüll hofieren Fürbas mit turnieren, Mit sagen und mit singen Und auch mit andern dingen.’ Dar zuo sprach her Neithart: ‘Mich dunkt, du saist von hoher art Ein degen, chüen mit deinem leib. Ist, daz du nemen wilt ein weib Zuo der e, ich dir daz chünd: Du macht ir dienen ane sünd.
804 Au¢ze¢chlauffen: erstes u wie a. Vers. Neythart: erstes t über dem Wort.
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kam ich an einen Bach. Der brachte mir größten Verdruss: Es passte mir gar nicht, mich auszuziehen und den Bach nackt zu durchwaten. Aber ich wollte auch nicht umkehren und das Reisegeld völlig umsonst verbraucht haben. Doch denkt Euch, ich fand dort eine Kuh. Die führte ich an den Ohren zum Bach, bestieg sie und ritt los, bis ich das Wasser durchquert hatte.“ „Ihr elender Ketzer, Ihr Verbrecher“, rief der Ritter, „dafür soll Euch der schreckliche Tod holen. Nichts Schlimmeres hättet Ihr anstellen können. Darum rede ich auch keineswegs wie im Traum, wenn ich dir sage: Nimm die Beine in die Hand und eile nach Rom, wenn du deine Sünde wirklich büßen willst!“ Und so machte sich Heinz auf den Weg nach Rom: Nur Nachteile hatte er davon. Leckdenspieß ging zum Bischof, erleichterte damit aber nur seinen Geldbeutel. Neithart gab beiden seinen Segen. „Soll euch doch der Teufel holen und Gott euch beiden Schmerzen schicken!“, sprach er bei sich. Und so beendete er die Beichte – ein schöner Laienbruder war das! Zur gleichen Zeit kam Triefnas auf einem Schlitten heran. Er bemühte sich nach besten Kräften um den Fremden und sagte zu ihm: „Mein lieber Junker, wenn ich gegen Euch angetreten bin, dann mögt Ihr mir das um unseres gnädigen Gottes willen nachsehen. Gebt mir lieber Euren ehrlichen Rat, ob ich weiterhin im Minnedienst Turniere austragen, singen und sagen und sonstige Höflichkeiten üben soll.“ Darauf erwiderte Herr Neithart: „Ich bin überzeugt, dass du ein rechter Held bist, von vornehmer Geburt und großer Tapferkeit. Wenn du eine Frau in den Ehestand führen willst, dann versichere ich dir: Du kannst ihr dienen, ohne dich zu versündigen.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Vnd dar zu wil ich helffen dir Zu dem be¢ten glaub es mir Dar zu wil ich dir vergeben Alz daz du pey dinem leben Hà¢t begangen wider mich Dar vmb du fryer held vergich Waz dunket dich ı deine mut Wol getan vmb er vnd vm gut Des dankt ym Bert¢chi ¢o zehant So wol daz ich euch ie derchant Sp~ch er zu dem Neythart Vnd swür ym auf ¢ein le¢ten vart Daz er Mäczen näm zun eren Scholt er ioch de bruch verzeren Da mit ¢o wurdens jau¢en Hin wider z Lappenhau¢en Sam ein bliens fögellein Vnd chàmend zu den g¢ellen ¢ein Der wàrend dennoch ¢echs beliben Bert¢chi ¢p~ch ich ¢ey ge¢tigen Es mu¢¢ noch ¢ein gehofieret Vn ritterleich geturnieret Durch der lieben Mäczen mein Jr kayner wolt der zag ¢in Sy ¢prachen alle nu hin daz ¢ey Do mit ¢o hub ¢ich ein ge¢chray Turnierens trun wir mü¢¢en ko¢ten Scholtin wir joch all zerchno¢ten Wi¢tin wirs nur an ze keren Her Neythart ¢p~ch ich wil euch lere Eygenleich mit ganczer trüw Jn dem spil pin ich nit new Des benügtend ¢i ¢ich alle Vn ¢chrewen auf mit ¢challe Got hàt vns ¢einen engel g¢ant Einen man von fremdem land Dar zu ¢o ¢ein wir ghailet Vil ¢chier ¢i wurden getäylet Nàch her Neytharts reden Jn zway täil gar eben Jn dem er¢ten taile waz Er vnd Bert¢chi Triefnas ` berpäyn Burkhart mit dem V Vnd der wütend Ey¢engrayn Jn dem andern was der Twerg Chuncz vom Stadel der vil werd
Und dar zuo wil ich helffen dir Zuo dem besten, glaub es mir! Dar zuo wil ich dir vergeben 850 Alz, daz du pei dinem leben Hast begangen wider mich. Dar umb, du frier held, vergich: Waz dunket dich in deinem muot Wol getan umb er und guot?’ 855 Des dankt im Bertschi so zehant. ‘So wol, daz ich euch ie derchant!’ Sprach er zuo dem Neithart Und swuor im auf sein lesteu vart, Daz er Mätzen näm zun eren, 860 Scholt er joch die bruoch verzeren. Da mit so wurdens jausen Hin wider zLappenhausen Sam ein bliens fögellein Und chamend zuo den gsellen sein. 865 Der warend dennoch sechs beliben. Bertschi sprach: ‘Ich sei gestigen: Es muoss noch sein ghofieret Und ritterleich gturnieret Durch die lieben Mätzen min!’ 870 Ir kainer wolt der zag sin; Si sprachen all: ‘Nu hin, daz sei!’ Da mit so huob sich ein geschrai: ‘Turnierens, trun, wir müessen kosten, Scholtin wir joch all zerchnosten: 875 Wistin wirs nur an ze keren!’ Her Neithart sprach: ‘Ich wil euch leren Eigenleich mit gantzer trüw: In dem spil pin ich nit nüw.’ Des bnuogtend si sich alle 880 Und schrewen auf mit schalle: ‘Got hat uns seinen engel gsant, Einen man von fremdem land; Dar zuo so sein wir ghailet.’ Vil schier si wurden gtailet 885 Nach her Neitharts reden In zwai tail gar eben. In dem ersten taile was Er und Bertschi Triefnas, Burkhart mit dem überpain 890 Und der wüetend Eisengrain. In dem andern was der Twerg, Chuontz vom stadel, der vil werd,
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864 fögellein: ein Korrektur aus en. 866 dennoch: Korrektur aus dannoch, a durch Punkt getilgt, e darüber. 870 Mäczen: a Korrektur aus e, darüber ae geschrieben. 883 fremdem: m Korrektur aus n.
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Und dabei, das kannst du mir glauben, werde ich dir nach besten Kräften helfen. Außerdem sei dir alles vergeben, was du jemals gegen mich unternommen hast. Darum sag mir, du freier Held: Was denkst du, sollte man tun, um Ansehen und Besitz zu erlangen?“ Für diese Worte dankte ihm Bertschi sogleich: „Welch Glück für mich, dass ich Euch kennengelernt habe“, sagte er zu Neithart und schwur bei seinem Ableben, dass er Mätze zur Frau nehmen wolle – in Ehren, auch wenn es ihn die Hose kosten sollte. Damit aber sausten sie flink wie bleierne Vögel nach Lappenhausen zurück und gelangten zu seinen Kumpanen. Sechs von ihnen waren noch übrig geblieben. Bertschi aber rief: „Ja, fick mich doch! Es geht ja wohl immer noch um höfischen Dienst und ritterliches Turnieren, und zwar um meiner lieben Mätze willen!“ Keiner von ihnen wollte der Feigling sein. Sie alle riefen: „Also dann, nichts wie los!“ Und so erhob sich ein Geschrei: „Klar doch, dann wollen wir das mit dem Turnier mal probieren, auch wenn wir alle dabei verrecken sollten. Wir wüssten nur gern, wie man es anstellt!“ Herr Neithart antwortete: „Ich werde euch schon gründlich und redlich unterrichten. In dem Spiel kenne ich mich wirklich aus!“ Damit waren sie alle zufrieden und riefen laut: „Gott hat uns seinen Engel gesandt: einen Mann aus der Fremde. Mit ihm wird es uns wohl ergehen.“ Rasch wurden sie nach Herrn Neitharts Anweisungen in zwei gleiche Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe waren er selbst und Bertschi Triefnas, Burkhart mit dem Überbein und der wilde Eisenbeißer, in der zweiten Gruppe der Zwerg, Scheunen-Kunz, der tapfere Ritter,
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Chnocz vnd Troll die herren Für wàrs möcht ich des ¢weren Daz chäin turner nie ¢o ¢chier Gtailt wart ¢am die vier vn vier Her Neythart hub an ze ¢prechen Der turner vn daz ¢techen Sind nit erdàcht vm daz allain Daz man hofierr den frawen rayn Sey ¢ein auch dar zu jo gemacht Daz man da mit die ritter¢chafft Erzaig vnd dar zu lerne Dar vmb ¢o ¢chùlt ir gerne Vben euch in ¢ölhen dingen Daz euch de¢tofter werd gelingen Jn ern¢t vn auch in ¢tritten Stechen lert vns reyten Creftichcleichen mit dem sper Dar zu ¢o hilf d’ turner Daz ¢wert vil ritterleichen füren Fli¢ch vnd payn vn ey¢en rüren Si ¢p~chen all gelobt ¢ey Cri¢t Vnd alles daz ym hymel i¢t Tun wil wellen waz wir ¢chùllen Vnd ewer gpott mit ern¢t herfüllen Her Neythart aber redet do Ewer eren pin ich fro Dar vmb wir ¢chùllen wellen Zwen vnter vns ge¢ellen Von part vn wider parte Zu zauu’in an der varte Die habend anders nit ze ¢chaffen Dan hin vnd her im turner gaffen Ob ¢i vinden vnter allen Die man ¢chlahen ¢ol mit ¢challen Die ¢elben ¢chùllen ¢ie ziehen Pay dem zaum · daz ¢i nit fliehen Mùgen / ¢o ge¢winde Bis dz daz ander g¢inde Der jr ge¢chell¢chaft chöm h’ nach Vnd in vmb vn vmbe vàch Vnd dar zu ¢chlahi doch nit hert Oder ¢chùphi von dem phert Vnd i¢t daz ¢i in vellen So ¢chol er dar ¢o zellen Phening vier vn nit der bö¢en
Text nach Ed. Wießner Chnotz und Troll, die herren. 895 Für wars möcht ich des sweren, Daz chain turner nie so schier Gtailt wart sam – die vier und vier. Her Neithart huob an zsprechen: ‘Der turner und daz stechen 900 Sind nit erdacht um daz allain, Daz man hofier den frawen rain: Sei sein auch dar zuo jo gemacht, Daz man da mit die ritterschafft Erzaig und dar zuo lerne. 905 Dar umb so schült ir gerne Üeben euch in sölhen dingen, Daz euch dest ofter werd gelingen In ernst und auch in stritten. Stechen lert uns riten 910 Creftichleichen mit dem sper. Dar zuo so hilf der turner Daz swert vil ritterleichen füeren, Fleisch und pain und eisen rüeren.’ Si sprachen all: ‘Gelobt sei Crist 915 Und alles, daz im himel ist! Tuon wir wellen, waz wir schüllen, Und ewer gpott mit ernst herfüllen!’ Her Neithart aber redet do: ‘Ewer eren pin ich fro; 920 Dar umb wir schüllen wellen Zwen unter uns gesellen Von part und widerparte Zuo zäumern an der varte: Die habend anders nit ze schaffen 925 Dan hin und her im turner gaffen, Ob si vinden unter allen, Die man schlahen schol mit schallen. Die selben schüllens ziehen Paim zaum, daz si nit fliehen 930 Mügen so geswinde, Bis daz daz ander gsinde Der ir gesellschaft chöm her nach Und in umb und umbe vach Und dar zuo schlahi – doch nit hert – 935 Oder schüphi von dem phert. Und ist, daz si in vellen, So schol er dar so zellen Phenning vier und nit der bösen,
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898 Doppelstrich vor dem Vers. 916 wellen: wie wollen. 928 ¢ie: nachträglich zwischen ¢chùllen und ziehen eingefügt, durch Haarstriche getrennt. 933 vàch: korrigiert aus fach, fa auf Rasur, f durch Punkt getilgt, v darüber geschrieben.
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sowie Fettsack und Trollpatsch, die edlen Herren. Also wirklich, ich könnte es beschwören, dass noch nie eine Turniergruppe so schnell eingeteilt worden ist wie diese: vier und vier. Nun begann Herr Neithart seine Ansprache: „Turnier und ritterliches Stechen sind nicht allein dafür gedacht, edlen Frauen zu dienen, sondern auch dazu, ritterliches Können zu zeigen und zu erlernen. Deshalb sollt ihr euch freudig darin üben, damit es euch umso eher im Ernstfall eines Kampfes Erfolg bringt. Das Stechen lehrt uns, kraftvoll mit dem Speer zu reiten. Dagegen soll uns das Turnier zeigen, wie man das Schwert ritterlich gebraucht und den Gegner an Leib und Rüstung trifft.“ Sie alle riefen: „Gelobt sei Jesus Christus und alles, was da noch so im Himmel ist! Wir wollen tun, was wir tun sollen und Eure Anweisungen gewissenhaft erfüllen.“ Darauf sagte Herr Neithart: „Vor allem bin ich auf euer Ansehen bedacht! Deshalb sollten wir jetzt unter uns Kumpanen zwei als Zäumer auswählen, und zwar aus jeder Gruppe einen. Die haben nichts weiter zu tun, als während des Turniers umherzugaffen, ob sie unter den Kämpfern welche finden, die man mit viel Geschrei schlagen soll. Diese sollen sie am Zaumzeug ziehen, damit sie sich nicht schnell davonmachen, bis der Rest ihrer Gruppe nachkommt und den einen umstellt, ihn schlägt – jedoch nicht zu heftig – oder vom Pferd stößt. Schaffen sie das, so soll er vier Pfennige bezahlen, und zwar keine schlechten,
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Wil er ¢eine e¢el lö¢en Die red geuiel in allen wol Doch ruften ¢i mit we ma ¢chol Die gezäumpten g¢ellen treffen Mit ¢chlagen vnd mit ¢techen Des antwùrt in her Neythart ¢o Mit pengeln g¢triket aus dem ¢tro Si rüften laut wie gut wie gut Dis ¢tro vns chlainen ¢chaden tut Da mit ¢o wurden aus her welt Chnocz vn Burkhart vn gezelt Für jr zaüm’ al¢o gemäyn Yeder tail macht ¢ich allain Zu ein winkel al¢o dràt Vnd wurden vnter in ze ràt Vber welh der turner gieng Do mit her Burkhart an vieng Vnd ¢p~ch enkänr i¢t ¢chlahes werd Denn der hürren¢un der Twerg Der den ärs wù¢cht an daz phayt Daz ¢chol vns allen we¢en läid Daz dunket Bert¢chin nit gar gut Er ¢prach mich dunkt ı meine mut Daz wir ¢chùllen ¢treichen Chunczen haut die weichen Wan er in der kyrchen ¢tanch Vb’ aller v` n¢err danch Ey¢engräin hin wider ¢ayt Daz wär mir vmb den Chuncze laid J¢t nit waiger daz wir Trollen Schllahin vber ¢einen ¢chollen Der die leut vnd lande laicht Vnd dar zu ı daz pette ¢aicht Des ¢elben ràtes wàrens fro Vnd ¢prachen all dem ¢ey al¢o Chnocz im andern winkel ¢p~ch Went jr hörren was ge¢kach Es i¢t geleich ¢am ich es ¢ag Das an einem ¢unnetag Ey¢engrein den ¢einen ¢tall Mi¢tet daz es vber alle Smecht in der ga¢¢en Dar vmb man ¢chol in va¢¢en Pay dem hàr vn pey dem part Daz ym ¢ein mi¢ten chùm ze hart
Text nach Ed. Wießner Wil er seinen esel lösen.’ 940 940 Die red geviel in allen wol; Doch ruoften si: ‘Mit we man schol Die gzäumpten gsellen treffen Mit schlahen und mit stechen?’ Des antwürt in her Neithart so: 945 ‘Mit pengeln gstriket aus dem stro!’ 945 Si ruoften laut: ‘Wie guot, wie guot! Dis stro uns chlainen schaden tuot.’ Da mit so wurden aus herwelt Chnotz und Burkhart und gezelt 950 950 Für ir zäumer also gmain. Ieder tail macht sich allain In einn winkel also drat Und wurden unter in ze rat, Über welh der turner gieng. 955 955 Da mit her Burkhart an vieng Und sprach: ‘Enkainr ist schlahens wird Denn der hüerrensun, der Twerg, Der den ars wüscht an daz phait: Daz schol uns allen wesen laid.’ 960 960 Daz dunket Bertschin nit gar guot; Er sprach: ‘Mich dunkt in meinem muot, Daz wir schüllen streichen Chuontzen haut, die weichen, Wan er in der kirchen stanch 965 965 Über aller unser danch.’ Eisengrain hin wider sait: ‘Daz wär mir umb den Chuontzen laid. Ist nit wäger, daz wir Trollen Schlahin über seinen schollen, 970 Der die leut und lande laicht 970 Und dar zuo in daz pette saicht?’ Des selben rates warens fro Und sprachen all: ‘Dem sei also!’ Chnotz im andern winkel sprach: 975 ‘Went ir hörren, was geschach? 975 Es ist geleich, sam ich es sag, Das an einem sunnentag Eisengrein den seinen stall Mistet, daz es über al 980 980 Smechet in der gassen. Dar umb man schol in vassen Pai dem har und pei dem part, Daz im sein misten chüm ze hart!’
947 tut: Korrektur aus gut. 948 Doppelstrich vor dem Vers. 959 we¢en läid: auf Rasur und verwischt. 972 fro: o aus j korrigiert. 974 Doppelstrich vor dem Vers. 975 ge¢kach: k Korrektur aus c. 979 alle: le in hellerer Tinte, nachträglich.
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wenn er seinen Esel wieder auslösen will.“ Diese Worte gefielen ihnen allen sehr gut. Jedoch riefen sie: „Womit soll man die Festgehaltenen denn schlagen und stechen?“ Neithart antwortete: „Mit Knüppeln aus Stroh!“ Da riefen sie laut: „Ein toller Vorschlag. Das Stroh tut uns ja gar nicht weh!“ Und so wurden Fettsack und Burkhart ausgewählt und jeweils zu Zäumern ernannt. Die beiden Gruppen zogen sich rasch in verschiedene Ecken zurück und berieten dort, wen sie sich vornehmen wollten. Herr Burkhart fing damit an und sagte: „Keiner hat Prügel so sehr verdient wie der Zwerg, der Hurensohn, der sich den Arsch am Hemd abwischt: Alle sollten wir darüber wütend sein.“ Bertschi war damit überhaupt nicht einverstanden und meinte: „Ich fände es besser, wenn wir Kunz die zarte Haut walken, weil er in der Kirche ungebeten einen Furz gelassen hat.“ Eisenbeißer hingegen sagte: „Für den Kunz täte mir das schon leid. Wäre es nicht besser, wenn wir Trollpatsch eins über die Rübe gäben, der Land und Leute bescheißt und außerdem noch ins Bett pisst?“ Dieser Vorschlag kam gut an, und alle riefen: „So soll es sein!“ In der anderen Ecke fragte Fettsack: „Wollt ihr hören, was vorgefallen ist? Es ist tatsächlich so, wie ich es erzähle: An einem Sonntag hat Eisenbeißer seinen Stall ausgemistet, so dass es überall im Dorf gestunken hat. Deshalb soll man ihn bei den Haaren und beim Bart packen, damit ihm sein Ausgemiste teuer zu stehen kommt.“
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Daz mocht dem Twergen nit behage Er ¢p~ch ein anders wil ich ¢agen Des ich ¢o mich nu han bedacht Der ga¢t der hat vns hie zu pracht Dem ga¢t dem ¢chùllen wir gelten Mit ¢chlahen vnd mit ¢chelten Do daz der Troll erhörret Die red waz gar zer¢törret Er ¢p~ch h’ Twerg ir ¢eit nit werd Daz ir habt erd vn tal vn perg Wi¢t ir nit waz v` ber la¢t Wir haben glitten von dem ga¢t Nur von vn¢ern ¢chulden Nu ¢ein wir chömen zhulden Scholten wir nu daz ver¢chei¢¢en E wolt ich dirs hàr zerrei¢¢en Der rede ward den Twerg verdrie¢¢en Er ¢p~ch du chan¢t wol pölcz ¢chie¢¢en So werd ich heut er¢tochen Die ¢chand mu¢¢ ¢ein gerochen Do mit ¢i in die me¢¢er griffen Die warend neulech wol ge¢chliffen Chuncz der ¢chre drucz morder drucz Jedem gab er einen ¢mucz Vnd ¢chied ¢i von einander bäid Er ¢p~ch mir i¢t dicz ding läid Wolt ir triben di¢en täil Daz macht vns allen vnhäil Wir mu¢¢en vns zunann’ haben Wollen wir die er beiagen Da mit ¢o was ein frid ge¢chehen Cunczo der ward fùrbas iehen Mich dunkt ı meine ¢inne Der ¢chimp chöm von der mine Den minner daz i¢t Triefnas Schùllen wir bezalen bas Dar zu ¢o hab ich funden Daz Bert¢chi hat ge¢chunden Ein kaczen mit der tenggen hand Daz i¢t ein la¢ter vn ein ¢chand Des ¢elben ràtes wàres fro Vnd ¢chreuwn all dem ¢ey al¢o Aus den winkeln ¢ey do drugen Vnd ¢antend baidenthalben eine juge Daz er ¢cholt die gloggen leuten Die den turner wrd beteuten
Text nach Ed. Wießner Daz mocht dem Twergen nit behagen; 985 Er sprach: ‘Ein anders wil ich sagen, Des ich so mich nu han bedacht: Der gast der hat uns hie zuo pracht; Dem gast dem schüll wir gelten Mit schlahen und mit schelten!’ 990 990 Do daz der Troll erhörret, Die red was gar zerstörret; Er sprach: ‘Her Twerg, ir seit nit werd, Daz ir habt er in tal und perg. Wist ir nit, waz überlast 995 995 Wir haben glitten von dem gast Nur von unsern schulden? Nu sein wir chomen zhulden: Scholten wir nu daz verscheissen? E wolt ich dirs har zerreissen.’ 1000 Der rede ward den Twerg verdriessen; Er sprach: ‘Du chanst wol pöltz schiessen. So werd ich heut erstochen: Die schand muoss sein gerochen!’ Da mit si in die messer griffen: 1005 Die warend neuleich wol geschliffen. Chuontz der schre: ‘Drutz, morder, drutz!’ Iedem gab er einen smutz Und schied si von einander baid; Er sprach: ‘Mir ist ditz ding laid. 1010 Wolt ir triben disen tail, 1010 Daz macht uns allen unhail. Wir müessen uns zuonanner haben, Wollen wir die er bejagen.’ Da mit so was ein frid geschehen. 1015 Cuontzo der ward fürbas jehen: 1015 ‘Mich dunkt in meinem sinne, Der schimp chöm von der minne: Den minner – daz ist Triefnas – Schüllen wir bezalen bas! 1020 Dar zuo so hab ich funden, 1020 Daz Bertschi hat geschunden Ein katzen mit der tenggen hand: Daz ist ein laster und ein schand.’ Des selben rates warens fro 1025 Und schreuwen all: ‘Dem sei also!’ Aus den winkeln sei do drungen Und santend baidenthalb einn jungen, Daz er scholt die gloggen leuten, Die den turner wurd beteuten.
984 Doppelstrich vor dem Vers. 990 Doppelstrich vor dem Vers. 1000 Doppelstrich vor dem Vers. 1026 Doppelstrich vor dem Vers. 1027 Vers reicht bis an Spalte b.
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Das wiederum gefiel dem Zwerg überhaupt nicht. Er sagte: „Ich will etwas anderes vorschlagen, das ich mir gerade überlegt habe: Der Fremde hat uns das hier eingebrockt, dem Fremden sollten wir es mit Schlägen und Beschimpfungen heimzahlen.“ Als das der Trollpatsch hörte, blieb von diesem Vorschlag nichts mehr übrig. Er fauchte: „Herr Zwerg, Ihr seid es nicht wert, Berg und Tal und Grund mit uns zu teilen. Habt Ihr denn schon vergessen, wieviel Schaden wir von dem Fremden erlitten haben, aber allein durch unsere Schuld? Da wir nun seine Gnade wiedererlangt haben, sollen wir gleich wieder darauf scheißen? Lieber würde ich dir die Haare ausreißen!“ Das brachte den Zwerg in Wut. Er rief: „Du gehst ja ganz schön ran. Auch wenn ich heute erstochen werden sollte, so schreit diese Schande doch nach Rache!“ Damit griffen sie beide zu ihren Messern; die waren gerade erst geschärft worden. Kunz schrie: „Nein, ihr Mörder, nein!“ Jedem verpasste er eins aufs Maul und brachte sie auseinander. Er sagte: „Mir passt dieser Streit überhaupt nicht! Wenn ihr damit weitermacht, stürzt ihr uns alle noch ins Unglück. Wir müssen doch zusammenhalten, wenn wir Ruhm erringen wollen.“ Damit war der Friede wiederhergestellt. Kunz fuhr fort: „Ich habe den Verdacht, dass der ganze Spaß hier nur von der Minne kommt. Dem Minnediener, dem Triefnas, sollten wir es ordentlich heimzahlen! Außerdem habe ich herausgefunden, dass Bertschi einer Katze mit der linken Hand das Fell abgezogen hat: Das ist eine Schmach und eine Schande!“ Dieser Vorschlag freute sie alle sehr und sie schrien: „So soll es sein!“ Beide Gruppen kamen nun aus ihren Ecken und schickten einen Jungen, um die Glocke zu läuten: Das sollte das Zeichen zum Beginn des Turniers sein.
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Secht daz was ¢o ¢chier ge¢chehen We was fröden hietman g¢ehen Mit ¢ingen vn mit ¢waczen Vnter den torffmäczen Dar zu ward ge¢chaffen Daz man auch ¢cholte machen Einen zaun all vmb den plan Daz waz io al¢o ¢chier getàn Vnd dar auf ¢chol man prùgi legen Durch der ¢chönen frawen wegen Die den turner ¢cholten ¢ehen Daz waz al¢o ¢chier ge¢chehen An den ¢elben ¢tunden Die rekken ¢ich verpunden Ein halbe chu ¢i frࢢen Vnd auf die e¢el ¢à¢¢en Mit den kolben von dem ¢tro Doch waz her Neytharcz nit al¢o Jch wil euch des bewei¢en Sein knùttel waz von ey¢en Mit ¢tro wol vbermachet Won er vil läides ¢chaffet Taugenleichen mit gelimph Allen ge¢ellen in dem ¢chimph Jn den plan ¢eu ritten do Nàch irem alte ¢iten ¢o Mit Gunt’fayn dem pheyffer Dem der pauch waz ¢elten lhr Vo ruben vn von ger¢ten Al¢o rant des er¢ten Bert¢chi in dem ringe vmb Heya he wie g¢unt wie jung Bin ich an dem herczen mein Daz was do das jauchczen ¢ein Wie ritt’leichen kond er reyten Mit den ¢poren zpayden ¢eyten Den kolben wand er vmb daz haubt Er i¢t ein narr der mir daz glaubt Dar nàch ¢echt der fröleich man Macht ¢ich an ¢ein art hin dan Zu den ¢einen g¢ellen Der ander tayl ¢ich z¢tellen Trachtet an daz ander art Hie mit ¢p~ch der ga¢t daz wart Zu den chäphern von dem gäw
Text nach Ed. Wießner 1030 Secht, daz was so schier geschehen! We, was fröden hiet man gsehen Mit singen und mit swätzen Unter den torffmätzen! Dar zuo ward geschaffen, 1035 1035 Daz man auch scholte machen Einen zaun all umb den plan. Daz was jo also schier getan. Und dar auf scholt man prügi legen Durch der schönen frawen wegen, 1040 1040 Die den turner scholten sehen. Daz was also schier geschehen. An den selben stunden Die rekken sich verpunden, Ein halbe chuo si frassen 1045 1045 Und auf die esel sassen Mit den kolben von dem stro. Doch was der Neithartz nit also; Ich wil euch des beweisen: Sein knüttel was von eisen, 1050 1050 Mit stro wol übermachet, Won er vil laides schaffet Taugenleichen mit gelimph Allen gsellen in dem schimph. In den plan seu ritten do 1055 Nach irem alten siten so 1055 Mit Gunterfain dem pheiffer, Dem der pauch was selten lär Von ruoben und von gersten. Also rant des ersten 1060 Bertschi in dem ringe umb: 1060 ‘Heia he, wie gsunt, wie jung Bin ich an dem hertzen mein!’ Daz was do das jauchtzen sein. Wie ritterleichen kond er reiten 1065 Mit den sporen zpaiden seiten! 1065 Den kolben wand er umb daz haubt – Er ist ein narr, der mir daz glaubt. Dar nach, seht, der fröleich man Macht sich an sein ort hin dan 1070 Zuo den seinen gsellen. 1070 Der ander tail sich zstellen Trachtet an daz ander ort. Hie mit sprach der gast daz wort Zuo den chäphern von dem gäw,
1030 Doppelstrich vor dem Vers. 1038 ¢chol: nach l radiertes t noch schwach sichtbar. 1047 Neytharcz: cz hier wie tz. 1050 wol: über der Zeile eingefügt. 1055 ¢o: ¢ auf Rasur. 1060 in dem: auf Rasur. 1068 ¢echt: c über dem Wort.
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Seht, das ging ja richtig schnell. Du meine Güte, wie vergnügt klang da das Trällern und Schwatzen der Dorfschnepfen! Außerdem sorgte man dafür, dass ein Zaun um den Turnierplatz gezogen wurde. Dies war bald erledigt. Darüber wurde für die schönen Damen, die dem Turnier zuschauen sollten, eine Tribüne gebaut. Auch dies war schnell geschafft. Zur selben Zeit polsterten sich die Helden für den Kampf. Sie fraßen noch eine halbe Kuh und stiegen mit den Kolben aus Stroh auf ihre Esel. Neitharts Kolben hingegen war anders, das will ich euch erklären: Sein Knüppel war aus Eisen und lediglich mit Stroh umwickelt. So konnte er die Dorfkumpanen heimlich, nach allen Regeln der Kunst, bei diesem Spaß ins Unglück stürzen. Nun ritten sie nach altem Brauch zusammen mit Konterfax, ihrem Pfeifer, auf den Turnierplatz. Dessen Bauch war fast immer mit Rüben und Gerste gut gefüllt. Bertschi galoppierte nun als erster um den Kampfplatz herum: „Heißa juchhe, wie munter und frisch schlägt mein Herz!“, so jubelte er. Wie ritterlich konnte er reiten und beide Sporen gebrauchen! Dabei schwang er den Kolben über dem Kopf – wer mir’s glaubt, ist selbst ein Narr. Schaut, anschließend trollte sich der fröhliche Kämpfer auf seine Seite zu seinen Kumpanen. Die andere Gruppe begann, sich gegenüber aufzustellen. Damit richtete der Fremde das Wort an die Turnierwärter vom Lande,
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Die warent be¢chlayt vo ¢tro vn häw Hört ir herre dfie¢¢en Die portten ¢chùlt ir ¢chlie¢¢en Die abgeworffnen heft in dan Das ¢tet enk wol vnd ghört euch an Der turner ward her haben Schrenkpaüm zu ge¢chlagen Seu ritten in enander Recht ¢am die ¢äw von Flander Des tämers des ward gnug vnd vil Jn der gmäin bis an daz zil Daz her Burchart Trollen vand Vn in zaümpt mit ¢einer hand Er ¢p~ch du mu¢t dich mit mir t~ben Vnd von är¢auff werden ge¢chlagen Do mit ¢o ¢ach man Chnoczen Gen Triefna¢en hoczen Er ¢p~ch nu gib dich zgfangen Es i¢t vmb dich dergangen Ein flieher bi¢t du vor ge¢in Dar vmb ¢o mu¢t du leiden peyn Man furt ein hin den andern her Be¢under in dem turner Jeder viel in sattelpogen Er wär anders ab gezogen Vnd hub ¢ich al¢o va¢t Daz ym des atens gpra¢t Die päyn die ¢chlugens vntna zemen Daz man die ro¢¢ nit kond genemen Doch ward mans pengeln mit de ¢tro Daz die frawe ¢chrien do Von grundauf gar ze vollen Retta Bert¢chin vn auch Trollen Daz hört h’ Troll es gie ym zherczen Gen dem ritter ward er ferczen Vn ¢p~ch daz ¢ey dem ga¢t ge¢chankt Des ward ym ie ¢o ¢chier gedankt Her Neythart pand ym ab die hauben Vnd craczt dz ims plut von augen Schreyt vnd ma¢¢ im einen ¢chlag Daz er do vnt’m e¢el gelag Do mit waz er entrunen Vnd auch sein Hagen gwunnen Her Burkhart ¢p~ch nu ¢chullen wir Bert¢chin retten volgend mir Daz i¢t pilleich ¢prachen ¢ey
1098 Doppelstrich vor dem Vers. getilgt, m darüber geschrieben.
Text nach Ed. Wießner 1075 Die warent blait von stro und häw: 1075 ‘Hört, ir herren, dfiessen, Die portten schült ir schliessen! Die abgeworffnen heft hin dan: Das stet enk wol und ghört euch an!’ 1080 1080 Der turner ward herhaben, Schrenkpäum zuo geschlagen. Seu ritten in enander Recht sam die säw von Flandern. Des tämers des ward gnuog und vil 1085 1085 In der gmain bis an daz zil, Daz her Burchart Trollen vand Und in zäumpt mit seiner hand; Er sprach: ‘Du muost dich mit mir traben Und von ars auff werden gschlagen.’ 1090 1090 Da mit so sach man Chnotzen Gen Triefnasen hotzen; Er sprach: ‘Nu gib dich zgfangen: Es ist umb dich dergangen! Ein flieher bist du vor gesin, 1095 Dar umb so muost du leiden pin.’ 1095 Man fuort ein hin, den andern her Besunder in dem turner. Ieder viel in sattelpogen (Er wär anders ab gezogen) 1100 Und huob sich also vast, 1100 Daz im des atens gprast. Die pain die schluogens untnan zemen, Daz man die ross nit kond genemen. Doch ward mans pengeln mit dem stro, 1105 1105 Daz die frawen schrien do Von grund auf und gar ze vollen: ‘Retta Bertschin und auch Trollen!’ Daz hort her Troll; es gie im zhertzen: Gen dem ritter ward er fertzen 1110 Und sprach: ‘Daz sei dem gast geschankt!’ Des ward im ieso schier gedankt: Her Neithart pand im ab die hauben Und cratzt in, daz ims pluot von augen Schrät, und mass im einen schlag, 1115 Daz er do unterm esel glag. 1115 Da mit was er entrunnen Und auch sein Hagen gwunnen. Her Burkhart sprach: ‘Nu schüllen wir Bertschin retten; volgend mir!’ 1120 ‘Daz ist pilleich’, sprachen sei; 1120
1102 zemen: Korrektur aus zenen, erstes n durch Punkt und Strich 1113 dz: Wort über der Zeile eingesetzt; ims: Korrektur aus in.
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die mit Heu und Stroh dick gepolstert waren: „Also los, ihr Herren, ihr Prachtkerle. Lasst nun die Turnierschranken herunter und schafft all jene fort, die vom Pferd gestoßen werden. Das ist eure wichtigste Aufgabe.“ Damit begann das Turnier und die Schranken wurden zugeschlagen. Sie ritten so ineinander, als wären sie die Säue aus Flandern. Dabei herrschte allgemein ein Höllenlärm, bis schließlich Graf Burkhart Trollpatsch fand, ihm eigenhändig in den Zaum griff und ihn anfuhr: „Du musst jetzt mit mir kommen und vom Arsch bis oben vermöbelt werden.“ Daneben sah man Fettsack gegen Triefnas anrennen. Er schrie ihn an: „Gib dich gefangen, denn um dich ist es geschehen. Vorhin bist du abgehauen. Dafür musst du jetzt büßen.“ Den einen führte man in die eine Ecke des Kampfplatzes, den anderen in die andere. Beide warfen sich in ihre Sättel (sonst wären sie heruntergezerrt worden) und hielten sich so daran fest, dass ihnen die Luft wegblieb. Unten pressten sie die Beine so fest zusammen, dass man ihnen ihre Pferde nicht wegnehmen konnte. Allerdings prügelte man sie so mit dem Stroh, dass die Frauen aus tiefstem Herzen und so laut sie konnten schrien: „Rettet Bertschi und Trollpatsch!“ Als der edle Trollpatsch das hörte, nahm er es sich zu Herzen, ließ einen Furz gegen den Ritter fahren und rief: „Das sei mein Geschenk für den Fremden!“ Der Dank dafür folgte auf dem Fuße: Herr Neithart band ihm den Kopfschutz ab, zerkratzte ihn so, dass ihm das Blut aus den Augenhöhlen spritzte und verpasste ihm einen Schlag, dass er unter seinen Esel flog. Damit entkam er, sein Hagen aber wurde eingefangen. Graf Burkhart rief: „Jetzt müssen wir Bertschi retten. Alle mir nach!“ „Das muss sein“, antworteten sie
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Text nach Ed. Wießner
Zu Bert¢chin vegtens alle drey Do nu Triefnas hiet vernomen Daz ¢ein ge¢ellen wären chomen Starks gemüt er do gewan Vnd hub auch ¢ein ge¢pötte an Er ¢p~ch ich ¢icz ¢o ¢anft vn wol Daz mich ioch nieman retten ¢chol Pringt mir chäs vn dar zù prot Jch pins nahent hungers tot Daz prot man im vil ¢chiere gab Triefnas pey¢¢ ein ¢tukke ab Vnd trukt es ghnczleich ı den ¢chlunt Wie laut er ¢chre wie gut wie g¢unt Neythart lachen do began Chnoczen rayt er hintnan an Vnd hub ı auf von ¢einem phert Er warff in nider ı die erd Die chäpfer namen in hin dan Die merhen mu¢t er varen lan Do daz Ey¢engreyn der ¢ach Es tet ym laid vn vngemach Er hiet es z¢tet gerochen gern Do mu¢t er ¢ein von forht enbern Der Twerg hiet ¢ich der er verwegen Er ¢p~ch ¢ein mu¢¢ der tiefel phlegen Mit Bert¢chin zfechten i¢t enwicht Er hàt gefre¢¢en vnd wir nicht Da mit ¢o waz der turner aus Den lùller hie¢¢man trùllen auf Do rüffet Geri mit dem Krug Nuwe i¢t ¢ein yecz genug Des antwùrt ir der pharrer do Sun ¢o du hürr ¢un ¢o du ¢o Win¢t es ¢eygin hoden ¢chleg Daz din der vbel tiefel phleg Geri g¢waig doch ¢p~ch der ga¢t Noch ¢chùllen wir vns ¢treke va¢t Vnd in enander reyten Mit ¢chlahen zallen ¢eyten Daz häi¢t der nachturner Secht do wurdens ga¢¢lent her Vnd rumplen vnter enander Sam wildeu swin von Fland’n
Zuo Bertschin vegtens alle drei. Do nu Triefnas hiet vernomen, Daz sein gesellen wären chomen, Starks gemüet er do gewan Und huob auch sein gespötte an; 1125 Er sprach: ‘Ich sitz so sanft und wol, Daz mich joch nieman retten schol. Pringt mir chäs und dar zuo prot: Ich pins nahent hungers tot!’ Daz prot man im vil schiere gab; 1130 Triefnas peiss ein stukke ab Und trukt es gäntzleich in den schlunt. Wie laut er schre: ‘Wie guot, wie gsunt!’ Neithart lachen do began; Chnotzen rait er hintnan an 1135 Und huob in auf von seinem phert: Er warff in nider in die erd. Die chäpfer namen in hin dan, Die merhen muost er varen lan. Do daz Eisengrein dersach, 1140 Es tet im laid und ungemach. Er hiet es zstet gerochen gern: Do muost er sein von forht enbern. Der Twerg hiet sich der er verwegen; Er sprach: ‘Sein müess der tiefel phlegen! Mit Bertschin zfechten ist enwicht: Er hat gefressen und wir nicht.’ Da mit so was der turner aus. Den lüller hiess man trüllen auf. Do rüeffet Geri mit dem kruog: 1150 ‘Nu we, ist sein ietz genuog!’ Des antwürt ir der pharrer do: ‘Sim so, du hüerr, sim so, du, so? Wänst, es seigin hodenschleg? Daz din der übel tiefel phleg!’ 1155 Geri gswaig; doch sprach der gast: ‘Noch schüllen wir uns streken vast Und in enander reiten Mit schlahen zallen seiten! Daz haist der nachturner.’ 1160 Secht, do wurdens gasslent her Und rumplen unter enander Sam wildeu swin von Flandern!
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1138 chäpfer: offenbar Wort fehlerhaft begonnen, korrigiert und dann abgebrochen, davor cah, h aus p korrigiert, ein weiteres h klein über a. 1142 gern: e Korrektur aus ie. 1152 pharrer do: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 1153 Sun: Schlussbogen des n nachträglich gesetzt, fehlt bei ¢un; Sim und ¢im ohne i-Punkte? 1163 wildeu: Korrektur aus wilden, n durch Strich getilgt, u darüber geschrieben.
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und sausten alle drei zu Bertschi. Als Triefnas mitbekommen hatte, dass seine Kumpane erschienen waren, wurde er viel mutiger und fing an zu spotten: „Ich sitze so weich und bequem, dass mich wirklich niemand retten muss. Bringt mir Käse und Brot, ich sterbe vor Hunger!“ Das Brot gab man ihm sofort. Triefnas biss ein Stück davon ab, stopfte es auf einmal in den Rachen und schrie: „Wie gut das ist und wie gesund!“ Da begann Neithart zu lachen. Er griff Fettsack von hinten an, hob ihn vom Pferd hoch und warf ihn auf den Boden. Die Turnierwärter führten ihn vom Kampfplatz, seine Schindmähre aber musste er sausen lassen. Als Eisenbeißer das sah, erbitterte es ihn maßlos. Er hätte es auch gern sofort gerächt, doch ließ er es aus Angst bleiben. Der Zwerg hatte inzwischen auf die Ehre gepfiffen und rief: „Soll ihn doch der Teufel holen. Mit Bertschi zu fechten ist ein Unding, schließlich hat er gefressen und wir nicht!“ Damit war das Turnier zu Ende und den Pfeifenlutscher ließ man losquäken. Da rief Geri mit dem Krug: „Wie schade, dass es schon vorbei ist.“ Der Pfarrer aber schnauzte sie an: „Was denn, was denn, was denn, du verhurte Haut, glaubst du denn, das seien Stöße wie beim Vögeln? Soll dich doch der Teufel holen!“ Geri schwieg still. Der Fremde jedoch sagte: „Wir sollten noch weitermachen, und gegeneinander reiten und nach allen Seiten Schläge austeilen. Das nennt man das Nachturnier.“ Stellt euch vor, da stürmten sie einfach los und polterten gegeneinander wie die Wildsäue aus Flandern.
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Dicz dinch verzoch ¢ich al¢o lanch Bis ein nebel vn ein tamph Von leuten vn auch phhrden Sich hub von den gepärden Al¢o daz ye¢o zehant Nieman do den andern bkant Er¢t wir mùgen ¢püren Ob ¢ich her Neythart rüren Chönd vnter den ge¢ellen Mit ¢chlahen vn mit fellen Es ge¢cach ze ¢tunden Daz man da hiete funden Fùnf turnierer wol getan Ge¢treket nider in den plan Vnd dar zu g¢to¢¢en vnd g¢chlagen Man hiez in chörben fuder gtragen Daz ¢chüff her Neytharcz pengellein Daz da ¢o frowin ¢cholta ¢ein Dicz chond er dannocht teken Vil ¢anft ward er ¢ich ¢treken Nider zu den ge¢ellen ¢eyn Vn ¢chier nuwe der lunggen mein Die in mir zer¢chlagen i¢t Des müs ich ligen ı dem mi¢t Do daz die alten ¢ahen Gemainchleich ¢eu des jahen Daz ¢i pey iren zeiten So pö¢chleich nie ge¢treiten Sahen ¢am da was ge¢chehen Scholtmans für ein ern¢t er¢ehen Woltmans aber zellen Für einen ¢chimph daz vellen So ¢prachens daz ¢eu nie chäin ¢chimph Ge¢ahen mit dem vngelimph Die g¢ellen wurden hin getragen Ein ander turner ward ¢ich habn Zwü¢chen e¢eln vn den ro¢¢en Die wurden gumpend vn auch po¢zen So ¢er daz niemand gtor¢t genàhen Die e¢el vn die merhen zuahen Do ¢chlug des Trollen Hagen Bert¢chins rü¢¢in in den magen Daz ¢ey älleu vierj Strechet al¢o ¢chirj Neytharcz phart ¢chlug hyntna auf Eim e¢el zend vnd zungen aus Da mit er ye¢o tod gelag
1178 zu: Superskript undeutlich.
Text nach Ed. Wießner Ditz dinch verzoch sich also lanch, 1165 1165 Bis ein nebel und ein tamph Von leuten und auch phärden Sich huob von den gepärden, Also daz ieso zehant Nieman do den andern bkant. 1170 Erst wir mügen spüren, 1170 Ob sich her Neithart rüeren Chönd unter den gesellen Mit schlahen und mit fellen. Es geschach ze stunden, 1175 1175 Daz man da hiete funden Fünf turnierer wol getan Gestreket nider in den plan Und dar zuo gstossen und geschlagen: Man hietz in chörben fuder gtragen. 1180 Daz schuoff her Neithartz pengellein, Daz da strowin scholtet sein. Ditz chond er dannocht teken: Vil sanft ward er sich streken Nider zuo den gsellen sein 1185 Und schrein: ‘Nu we der lungen mein, Die in mir zerschlagen ist! Des muoss ich ligen in dem mist.’ Do daz die alten sahen, Gemainchleich seu des jahen, 1190 Daz si pei iren zeiten 1190 So pöschleich nie gestreiten Sahen, sam da was geschehen, Scholt mans für ein ernst ersehen; Wolt mans aber zellen 1195 Für einen schimph, daz vellen, 1195 So sprachens, daz seu nie chain schimph Gesahen mit dem ungelimph. Die gsellen wurden hin getragen. Ein ander turner ward sich haben 1200 Zwüschen eseln und den rossen: 1200 Die wurden gumpend und auch possen So ser, daz niemand gtorst genahen, Die esel und die merhen zvahen. Do schluog des Trollen Hagen 1205 Bertschins rüssin in den magen, 1205 Daz sei älleu viere Strechet also schiere. Neithartz phärt schluog hintnan auf Em esel zend und zungen aus. 1210 Da mit er ieso tod gelag. 1210
1196 Vers reicht bis an Spalte b.
1207 ¢chirj: j Korrektur aus e.
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Das dauerte so lange, bis dichter Staub von Menschen und Pferden aufgewirbelt worden war, so dass augenblicklich niemand mehr den anderen erkennen konnte. Erst jetzt können wir feststellen, ob sich Herr Neithart unter den Kumpanen mit Hauen und Niederschlagen zu tummeln verstand. So geschah es, dass man dort fünf schmucke Turnierkämpfer wiederfand: auf dem Platz niedergestreckt und kräftig verbleut. In Körben hätte man sie zusammenlesen und forttragen können. Das bewirkte Herrn Neitharts Knüppelchen, das ja eigentlich aus Stroh sein sollte. Allerdings konnte er dies noch verbergen. Ganz behutsam streckte er sich zu seinen Kumpanen auf den Boden nieder und jammerte: „Oh weh, meine Lunge ist in mir zerrissen worden. Deshalb muss ich im Dreck liegen.“ Als das die Alten sahen, waren sie sich darin einig, dass sie Zeit ihres Lebens niemals einen so schlimmen Kampf wie diesen hier gesehen hätten, wollte man ihn denn für einen echten halten. Sollte man das Niederschlagen allerdings als Spiel ansehen, so meinten sie, dass sie niemals ein Spiel mit solch üblen Folgen gesehen hätten. Und so wurden die Kumpane vom Platz getragen. Damit aber wurde ein zweites Turnier eröffnet: jetzt zwischen Eseln und Pferden. Die begannen so heftig zu springen und auszuschlagen, dass niemand sich ihnen zu nähern wagte, um die Esel und Schindmären einzufangen. Trollpatschs Hagen trat Bertschis Stute so in den Magen, dass sie sogleich alle viere von sich streckte. Neitharts Pferd schlug nach hinten und einem Esel Zähne und Zunge aus, so dass er krepierte.
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Text nach Ed. Wießner
Daz waz niemand al¢o ¢chäd Sam dem mùllner von der wi¢en Der Hagen hiet von im gelihen Vnd auch Chunczen weib der Juczen Die von lachen vn von chùczen Obnen ab der prùgi viel Al¢o hart auf iren gyel Daz jr die ¢el nit bleiben wolt Vnd fur do hin daz faren ¢cholt Dar vm ¢o ward ein ge¢cray d’habn Hört ir tohtern vn ir chnaben Jederman far in ¢ein haus Dem ¢chimph dem i¢t der poden aus Do mit ¢o ward zerhauwen Der zaun vil e dann ge pawen Schrenkpayn nider g ¢chlagen Vnd hin vnd herr vertragen Do dicz ¢o was ergangen Die werlt ¢ich macht vo dannen Ein tail ¢o mit dem toten weib Daz da verlor den ¢einen leib Daz ward man ¢o ze hand beg~ben Daz was dem pharrer an ¢chaden Der ander täil der mu¢¢et ziehen Den e¢el der nit mocht gefliehen Vnd in emphelhen do den raben Daz was den wolfen ane ¢chaden Der le¢te tail daz mu¢¢ ich iehen Gie da hin die recken ¢ehen Die ¢o ¢ere warent ge¢chlagen Dem wundarczet ane ¢chaden Doch mocht her Neythart nit genie¢en Noch Bert¢chins des vil raine ¢ü¢¢en Die warint al¢o ¢chier gene¢en Sam in nie wär we gwe¢en Wan her Neythart kond ¢ein ¢chonen Dar vmb wolt er chaym arczet lonen So hiet der miner hohen mut Daz was ym zu den wunden gut Er hiet ge¢prungen vn getanczet Dar zu g¢ungen vnd ge¢wanczet Do mocht ym niempt den hab’ t~gen Der ga¢t der hiet ¢ich hin getraben Wie chondman Trollen läid z’¢tören
Daz was niemand also schad Sam dem müllner von der wisen, Der Hagen hiet von im gelihen, Und auch Chuontzen weib, der Jützen, Die von lachen und von chützen 1215 Obnen ab der prügi viel Also hart auf iren giel, Daz ir die sel nit bleiben wolt Und fuor do hin, daz faren scholt. Dar um so ward ein gschrai derhaben: ‘Hört, ir tohtern und ir chnaben, Iederman far in sein haus: Dem schimph dem ist der poden aus!’ Da mit so ward zerhauwen Der zaun vil e dann gpauwen, 1225 Schrenkpäm nider gschlagen Und hin und her vertragen. Do ditz so was ergangen, Die werlt sich macht von dannen: Ein tail so mit dem toten weib, 1230 Daz da verlor den seinen leib. Daz ward man so ze hand begraben: Daz was dem pharrer ane schaden. Der ander tail der muosset ziehen Den esel, der nit mocht gefliehen, 1235 Und in emphelhen do den raben: Daz was den wolfen ane schaden. Der leste tail, daz muoss ich jehen, Gie da hin, die recken sehen, Die so sere warent gschlagen, 1240 Dem wundartzet ane schaden. Doch mocht er Neithartz nit geniessen Noch Bertschins, des vil rässen fiessen: Die warent also schier genesen, Sam in nie wär we gewesen; 1245 Wan her Neithart kond sein schonen, Dar umb wolt er chaim artzet lonen: So hiet der minner hohen muot; Daz was im zuo den wunden guot. Er hiet gesprungen und getantzet, 1250 Dar zuo gsungen und geswantzet: Do mocht im niempt den haber tragen; Der gast der hiet sich hin getraben. Wie chond man Trollen laid zerstören?
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1214 Chunczen: u hinter verlaufenem Buchstaben (wohl o), o links über u. Vers reicht bis an Spalte b. 1220 Vers reicht bis an Spalte b. 1223 dem: Wort über der Zeile eingesetzt. 1242 genie¢en: i über dem Wort zwischen n und e. 1252 niempt: e über dem Wort zwischen i und m; hab’: b auf Rasur, Korrektur aus f.
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Das brachte niemandem soviel Schaden wie dem Wiesenmüller, der Hagen verliehen hatte, und auch der Jütze, Kunzens Frau, die vor lauter Lachen und Prusten von der Tribüne herabfiel und dabei so böse auf ihr Maul stürzte, dass ihre Seele nicht bei ihr bleiben wollte und fuhr, wohin sie gehörte. Darüber erhob sich ein lautes Geschrei: „Liebe Leute, hört alle mal her! Geht nach Hause, der Spaß ist nun zu Ende!“ Damit wurde auch schon der Zaun schneller zerschlagen, als er errichtet worden war. Auch die Turnierschranken wurden niedergerissen und in alle Richtungen weggeschleppt. Als das erledigt war, machten sich alle davon, einige von ihnen mit der toten Frau, die dort ihr Leben verloren hatte. Sie wurde auch sogleich begraben. Für den Pfarrer war das nicht von Nachteil. Eine zweite Gruppe musste den Esel fortziehen, der nicht mehr fliehen konnte, und ihn den Raben übergeben. Das war für die Wölfe nicht von Nachteil. Die letzte Gruppe, das muss ich zugeben, kam dorthin, um sich die Helden anzuschauen, die so schlimm verbläut worden waren. Das war für den Wundarzt nicht von Nachteil. Neithart allerdings oder der schöne und liebenswerte Bertschi brachten ihm keinen Nutzen, da beide so rasch wieder gesund wurden, als ob es ihnen niemals schlecht ergangen wäre. Denn Herr Neithart hatte sich selbst schonen können und wollte deshalb auch keinen Arzt bezahlen. Dem Minnediener half hoher muot über seine Wunden hinweg. Gerne wäre er gesprungen oder hätte getanzt, hätte gesungen oder wäre herumgetänzelt! Doch konnte niemand den Leitstab vorantragen. Der Fremde jedenfalls hatte sich davongemacht. Wie aber hätte man Trollpatschs schlimmen Zustand bessern sollen?
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Weder g¢ehen noch gehören Mocht er noch ¢ein ¢merczen chlagen Al¢o hart waz er ge¢chlagen Chunczen waz ein ¢traich geme¢¢en Daz er tanczens hiet verge¢¢en Dar zu waz ims weibe tod Daz pracht ym jamer vn auch not Wär dem Twergen bas gelingen Wie gern er hiet mit Bert¢chin g¢prugen Do mohten in die füff nit tragen Al¢o hart was er ge¢chlagen Do ¢p~ch junkherr Ey¢engreyn Vnd die andern ge¢ellen ¢eyn Swanczens chan vns nit behagen Al¢o hart ¢ein wir ge¢chlagen Vnd ob joch des nu nicht enwär So macht vns doch daz wachen ¢wär So wir des morgens ¢cholten eren Trö¢chen sneyden mayn vn perren Er mu¢¢ der trinken in dem kät Der v` ns hierzu ie gepraht Dennocht Purkhart hiet ge¢ungen Rayns ge¢anch in ¢üzzer zungen Do moht ers nit an herczen habn Al¢o ¢er waz er ge¢chlagen Hie mit mu¢t der Triefnas Ärnich bleyben daz i¢t das Doch wolt er nicht er la¢¢en ab Vnd dient frawn Mäczen nacht vn tag Mit ¢innen vn gedenken Von jr mocht er nicht wfnken Des nahtes gie er allweg aus Vnd ¢chläich hin zu irs vatt’n haus Den laym den ray¢¢er von der maur Vnd pey¢¢ dar in es waz nicht ¢aur Fegend ward er her vnd hin Zum tùrlein eyn ¢tund ym der ¢in Weil vnd zit waz ym ze lanch Wie oft ¢o hub er an vnd ¢anch Jch wil nach dir verderben Mäczli mein nach dir ¢o wil ich ¢terbn Da mit ¢o ¢chiegt er hin zum laden Ob ers ge¢ehen da möcht haben Do vand er nit daz tet ym zorn Al¢o was ¢ein ge¢anch verlorn
Text nach Ed. Wießner 1255 1255 Weder gsehen noch gehören Mocht er noch sein smertzen chlagen: Also hart was er geschlagen. Chuontzen was ein straich gemessen, Daz er tantzens hiet vergessen; 1260 1260 Dar zuo was ims weibe tod: Daz pracht im jamer und auch not. Wär dem Twergen bas gelungen, Wie gern er hiet mit Bertschin gsprungen! Do mohten in die füess nit tragen: 1265 Also hart was er geschlagen. 1265 Do sprach junkherr Eisengrein Und die andern gsellen sein: ‘Swantzens chan uns nit behagen: Also hart sein wir geschlagen. 1270 Und ob joch des nu nicht enwär, 1270 So macht uns doch daz wachen swär, So wir des morgens scholten erren, Tröschen, sneiden, män und perren. Er müess dertrinken in dem kat, 1275 1275 Der uns hier zuo ie gepraht!’ Dennocht Purkhart hiet gesungen Rains gesanch in süesser zungen: Do moht ers nit am hertzen haben: Also ser was er geschlagen. 1280 Hie mit muost der Triefnas 1280 Ainich bleiben, daz ist das. Doch wolt er nicht enlassen ab Und dient frawn Mätzen nacht und tag. Mit sinnen und gedenken 1285 Von ir mocht er nicht wenken. 1285 Des nahtes gie er alweg aus Und schlaich hin zuo irs vattern haus. Den laim den raiss er von der maur Und peiss dar in: es was nicht saur. 1290 Fegend ward er her und hin, 1290 Zuom türlein ein stuond im der sin. Weil und zit was im ze lanch; Wie oft so huob er an und sanch: ‘Ich wil nach dir verderben, 1295 Nach dir so wil ich sterben.’ 1295 Da mit so schiegt er hin zum laden, Ob ers gesehen da möcht haben: Do vand er nit; daz tet im zorn: Also was sein gesanch verlorn.
1260 weibe: zweites e hinter b über der Zeile. 1263 g¢prugen: r über dem Wort. 1272 So: undeutliche Korrektur von S aus D, Tinte und Farbe der Linie ineinander verlaufen. eren: Diakritikum oder ’ über beiden e. 1295 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende.
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Er konnte weder sehen noch hören, noch seine Schmerzen beklagen, so böse war er verprügelt worden. Kunz hatte einen solchen Hieb abbekommen, dass er das Tanzen völlig vergessen hatte. Außerdem war ihm ja die Frau gestorben, so dass ihm nur Leid und Klage blieben. Wenn es dem Zwerg nur besser ergangen wäre, wie gerne wäre er dann mit Bertschi herumgesprungen! Jedoch trugen ihn seine Füße nicht mehr, so böse war er verprügelt worden. Schließlich sagten der edle Eisenbeißer und seine anderen Kumpane: „Das Tänzchen passt uns jetzt nicht, dazu sind wir zu schlimm verprügelt worden. Aber auch wenn das jetzt nicht so wäre, würde es uns doch schwerfallen, wach zu bleiben, wenn wir morgen früh pflügen, dreschen, schneiden, mähen und Holz schlagen sollen. Soll der doch in der Scheiße ertrinken, der uns soweit gebracht hat!“ Vielleicht hätte ja Graf Burkhart noch mit süßer Stimme herrlich gesungen, doch war es jetzt nicht sein Herzenswunsch, so heftig war er verprügelt worden. Deshalb musste Triefnas allein bleiben. Tja, so war das. Doch wollte er nicht aufhören und diente der Dame Mätze Nacht und Tag. In all seinem Sinnen und Trachten konnte er nicht von ihr loskommen. Jede Nacht ging er raus und schlich zum Haus ihres Vaters. Dort brach er den Lehm von der Mauer und biss hinein: Das schmeckte nicht übel! Er fegte hin und her. Allein zum Türchen hinein stand ihm sein Sinn. Dabei wurde ihm die Zeit zu lang, und oft fing er zu singen an: „Um dich will ich verderben, mein Mätzli, für dich will ich sterben.“ Unterdessen schielte er zum Fensterladen, ob er sie erblicken könnte. Doch sah er nichts, und das machte ihn wütend. So war sein Ständchen völlig umsonst.
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Daz traib er oft vn darzu dik Es half in laider nicht ein ¢tik Des chroch er zu des pheyffers haus Vn ¢p~ch mein lieber ge¢ell ¢te auf Vn hilf mir heynt mit deine ¢chün¢t Jch arbäit ı der mine prun¢t Gunt’fay der ¢narchelt ¢er Ym traumpt er fi¢chet ı dem mer Waz ¢cholt der helde ¢prechen Der hals waz ym derlechen Vngpitig waz mein Triefnas Er ward dem ¢pilman rüffet bas Vn ı die hau¢tùr po¢¢en Mit zwain ¢tainen gro¢¢en Mit einem ¢teken chlocht er an Vnd ¢p~ch ¢te auf biderman Jn den ¢elben ¢achen Der spilman begond der wachen Vn wù¢t auf ¢am ein wilder has Was i¢t dicz vn was i¢t das Ward er rüffend do ze ¢tet Sein weib daz warff er ab de pett Er wand ¢ey hiet di¢¢ alz getan Jr teu¢cherin ¢o ¢p~ch der man Wes ¢irt¢t mich heint die lage nacht Bert¢chi hiet do ¢chier gelacht Do martret in der mine glut So ¢er daz ym die na¢ plut Do daz verran . do ¢chlug er an Er gie hin dan vn ruft de man Ste auf durch den reichen got Vn ge mit mir des i¢t mir not Gunt’fay was zornes vol Dar zu hiet er gedruken wol Er ¢chre ge fuder merhen ¢un Vn chlok nit me daz i¢t dein frum Bert¢chin tet daz ¢chelten we Vn daz düczen dannocht me Er gedòcht ich ¢ey ein wicht Vnd betörft ich dein ¢o nicht Jch zer¢chlüg dir kalb vn ku Vnd deinen rugge auch dar zu Nu mu¢¢ ich ¢ingen wie du wilt Doch kùmpt ein tag dz ich dirs gilt Sü¢¢e red die hub er an
Text nach Ed. Wießner 1300 1300 Daz traib er oft und dar zuo dik; Es half in laider nicht ein stik. Des chroch er zuo des pheiffers haus Und sprach: ‘Mein lieber gsell, ste auf Und hilf mir heint mit deiner chunst: 1305 1305 Ich arbait in der minne prunst!’ Gunterfai der snarchelt ser: Im traumpt, er fischet in dem mer. Waz scholt der helde sprechen? Der hals was im derlechen. 1310 1310 Ungpitig was mein Triefnas: Er ward dem spilman rüeffent bas Und in die haustür possen Mit zwain stainen grossen. Mit einem steken chlocht er an 1315 1315 Und sprach: ‘Ste auf, biderman!’ In den selben sachen Der spilman bgond derwachen Und wüst auf sam ein wilder has. ‘Was ist ditz und was ist das?’ 1320 1320 Ward er rüeffend do ze stet. Sein weib daz warff er ab dem pett: Er wand, sei hiet diss alz getan. ‘Ir teuscherin!’ (so sprach der man) ‘Wes sirtst mich heint die langen nacht?’ 1325 1325 Bertschi hiet do schier gelacht: Do martret in der minne gluot So ser, daz im die nas pluot. Do daz verran, do schluog er an; Er gie hin dan und ruoft dem man: 1330 ‘Ste auf durch den reichen got 1330 Und ge mit mir: des ist mir not!’ Gunterfai was zornes vol, Dar zuo hiet er gedrunken wol; Er schre: ‘Ge fuder, merhensun, 1335 Und chlok nit me: daz ist dein frum!’ Bertschin tet daz schelten we Und daz dützen dannocht me; Er gedocht: ‘Ich sei ein wicht: Und betörft ich dein so nicht, 1340 1340 Ich zerschlüeg dir kalb und kuo Und deinen ruggen auch dar zuo! Nu muoss ich singen, wie du wilt; Doch kümpt ein tag, daz ich dirs gilt.’ Süesse red die huob er an:
1302 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die folgenden zwei. 1304 ¢chün¢t: ¢chnü¢t? 1312 hau¢tùr: ù korrigiert aus anderem Buchstaben. 1337 düczen: d auf Rasur. 1339 betörft: f mit t verlaufen, f darüber wiederholt; ¢o: über der Zeile eingefügt.
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Das trieb er oft und öfter. Leider brachte ihn das nicht ein Stück weiter. Deshalb schlich er zum Haus des Pfeifers und rief leise: „Bester Freund, steh bitte auf und hilf mir heute Nacht mit deiner Kunst: Ich verbrenne vor Liebesglut!“ Konterfax schnarchte laut. Ihm träumte, er fische im Meer. Was sollte der Held auch sagen, da ihm doch der Hals ausgetrocknet war? Unser Triefnas wurde immer ungeduldiger. Er rief den Spielmann lauter und hämmerte mit zwei großen Steinen an die Haustür. Schließlich drosch er mit einem Knüppel dagegen und rief: „Nun steh doch auf, guter Mann!“ Da erwachte der Spielmann und sprang auf wie ein wilder Hase. „Was ist denn, was ist denn das?“, rief er dabei und warf sogar noch seine Frau aus dem Bett, weil er glaubte, sie habe den Lärm gemacht. „Du falsches Biest“, schrie der Mann sie an, „warum trittst du mich schon die ganze Nacht?“ Bertschi hätte beinahe losgeprustet vor Lachen, jedoch quälte ihn seine Liebesglut so sehr, dass er Nasenbluten bekam. Als das aufgehört hatte, klopfte er wieder. Er trat noch näher heran und rief dem Pfeifer zu: „Bei Gott, dem Allmächtigen, nun steh doch auf und komm mit mir, ich brauche dich dringend.“ Konterfax war voller Wut, und außerdem hatte er auch viel getrunken. So schrie er: „Hau ab, du Hurensohn und klopf nicht mehr, das wär besser für dich.“ Bertschi kränkte das Geschimpfe, mehr aber noch, dass er geduzt wurde. Er dachte sich: „Teufel auch! Wenn ich dich nicht so nötig bräuchte, würde ich dir Kalb und Kuh kaputtschlagen und deinen Rücken gleich mit dazu. Jetzt muss ich noch nach deiner Pfeife tanzen. Doch der Tag wird schon kommen, da ich dir das heimzahle.“ Und so begann er, Süßholz zu raspeln.
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Zurn nicht lieber ¢pilman Jch pins Triefnas ge mit mir Siben hall’ gib ich dir Do dis erhörret Gunt’fay Do hub er an ein anders g¢chray Ja mein lieber herr ¢eyt irs Jch bkant euch nicht vergebt mirs Al¢o ¢tund er auf aldo Die augen wù¢cht er mit dem ¢tro Er ¢ücht die prüch ¢ey was verlorn Doch hiet er ir noch wol enborn Wär der ¢ekel nicht ze den ¢tunden An die ¢elben prüch gepunden Des mocht er do nicht an ge¢ein Daz gelt wolt er do legen drein Dicz ¢üchen truwen ward ¢o lanch Daz Bert¢chi dri¢tud auf ¢pranch Von rehtem zorn den er gewan Chùmp¢t nicht ruft er zu de man Ja ¢p~ch di¢er ¢o ge¢wind J¢t daz ich die bruch vind Des ¢p~ch Triefnas do vil drat Chùm la ¢ten daz niderwat Jch gib dir phenıng vn die tä¢chen Jch ¢chenk dir pier mit ¢apter flä¢che Wer waz fro dann Gunt’fay Er acht der prüch nicht vmb ein ay Vnd cham her aus ge¢toben Gerumpelt vnd geflogen Mit ¢einem bekkin daz waz new Bert¢chi ¢p~ch nu plew vn plew Vnd la¢¢ vns heynt hofieren Jch zel dir dar mit vieren Vber al daz bekk er¢chal Daz es erchnal in perg vn tal Seu chòmen hin zu Mfczleins haus Die pot den ärs zum fen¢ter aus Do ¢p~ch Bert¢chi ye¢o zhant So wol mir daz ich ie derchant Deinen amblik wol ge¢talt Halt her liebes Maczeli halt Des ward den andern allen Daz tämer mi¢¢euallen Seu hietin gerner g¢chlaffen Zu Gunt’fayn ¢i ¢prachen
Text nach Ed. Wießner 1345 1345 ‘Zürn nicht, lieber spilman! Ich pins Triefnas: ge mit mir! Siben haller gib ich dir.’ Do dis erhörret Gunterfai, Do huob er an ein anders gschrai: 1350 1350 ‘Ja, mein lieber herr, seit irs? Ich bkant euch nicht: vergebt mirs!’ Also stuond er auf aldo; Die augen wüscht er mit dem stro. Er suocht die pruoch: sei was verlorn; 1355 1355 Doch hiet er ir noch wol enborn, Wär der sekel nicht ze stunden An die selben pruoch gepunden. Des mocht er do nicht an gesein: Daz gelt wolt er do legen drein. 1360 Ditz suochen, truwen, wert so lanch, Daz Bertschi dristund auf spranch Von rehtem zorn, den er gewan. ‘Chümpst nicht?’ ruoft er zuo dem man. ‘Ja’, sprach diser, ‘so geswind, 1365 1365 Ist, daz ich die bruoch vind.’ Des sprach Triefnas do vil drat: ‘Chüm, la sten daz niderwat! Ich gib dir phenning und die täschen, Ich schenk dir pier mit sampter fläschen.’ 1370 Wer was froer dann Gunterfai? 1370 Er aht der prüech nicht umb ein ai Und cham her aus gestoben, Gerumpelt und geflogen Mit seinem bekkin, daz was new. 1375 Bertschi sprach: ‘Nu plew und plew Und lass uns heint hofieren: Ich zel dir dar mit vieren!’ Über al daz bekk erschal, Daz es erchnal in perg und tal. 1380 Seu chomen hin zuo Mätzleins haus: Die pot den ars zum fenster aus. Do sprach Bertschi ieso zhant: ‘So wol mir, daz ich ie derchant Deinen amblik wol gestalt! 1385 Halt her, liebes Mätzli, halt!’ 1385 Des ward den andern allen Daz tämer missevallen: Seu hietin gerner gschlaffen; Zuo Gunterfain si sprachen:
1355 hiet: i über dem Wort zwischen h und e. 1356 den: über der Zeile in blasserer Tinte. 1367 la ¢ten: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 1368 phenıng: phennıg? Vers reicht bis in Spalte b, ebenso der folgende. 1371 acht: c über dem Wort.
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„Zürne nicht, lieber Spielmann. Ich bin es doch: Triefnas. Bitte, komm mit mir. Ich schenke dir auch sieben Heller.“ Als Konterfax das hörte, schlug er einen ganz anderen Ton an: „Nein wirklich, mein bester Herr, seid Ihr das? Ich erkannte Euch nicht, bitte verzeiht mir!“ Sogleich stand er auf und wischte sich die Augen mit Stroh aus. Dann suchte er seine Hose, die verschwunden war. Er hätte sie durchaus entbehren können, wenn nur nicht gerade sein Geldsäckel an die Hose gebunden gewesen wäre. Darauf mochte er dann doch nicht verzichten, weil er das Geld dort hineinstecken wollte. Alles was recht ist – die Sucherei dauerte so lange, dass Bertschi dreimal aufsprang und voller Zorn dem Pfeifer zurief: „Kommst du nun endlich?“ „Ja, ja“, rief dieser, „sofort, wenn ich meine Hose finde.“ Triefnas antwortete ungeduldig: „Nun komm und lass doch die Hose sein! Ich geb dir Geld und das Säckel dazu. Ich schenk dir ein Bier mitsamt der Flasche.“ Wer freute sich da wohl mehr als Konterfax? Die Hose kümmerte ihn nun einen Dreck. Er kam polternd und leichtfüßig mit seinem Becken herausgerannt, das völlig neu war. Bertschi meinte: „Schlag immer feste drauf und lass uns heute ein galantes Ständchen bringen. Ich werde dich reichlich belohnen!“ Überall hörte man das Becken, in Berg und Tal schallte es wider. Schließlich kamen sie bei Mätzlis Haus an. Die streckte ihren Arsch zum Fenster hinaus und Bertschi sagte sogleich: „Wie selig bin ich, dass ich dein hübsches Gesicht sehen durfte! Streck es hierher, liebes Mätzli, hierher!“ Allen anderen jedoch missfiel der Lärm. Sie hätten viel lieber geschlafen. Sie fragten Konterfax:
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Wes ¢chläi¢t vns heint mit deine pfeyffen Wilt daz wir dir dhant der ¢trichen Des antwurt in der Schollen Trit Lieben herren zürnet nicht Mich dunkt er hab ins pad g¢chlagen Wir ¢chùllen vns da hin dertraben Schollentritten glaubt man do Yederman der ward ¢o fro Daz er al¢o z¢teite Sich hub von ¢eine beite Wen ¢eu pey allen iren tagen Häi¢¢pad chonden nie gehaben Gunt’fayn dem lieffens nach Do waz er gflohen al¢o gàch Hin mit Bert¢chin ¢am ein fie¢¢ Daz er ¢ich nicht do vinden lie¢¢ Des mü¢ten ¢ev engelten Ward in dhayn bad ie ¢elten Daz mocht in dannocht ¢elczn’ ¢ein Da mit ¢eu chertens wider eyn Triefnas der was fröden vol Jn daucht er hiets g¢chaffet wol Wie oft ¢o ward min narrel jehen Sym ¢o mir ein ¢urt ich han ¢ey g¢ehen Sein aker gen waz gar da hin Gen Mäczellein ¢tund ym der ¢in Der andern nacht ¢o gie er aus Vnd chriemelt in irs vatt’n haus Er macht ¢ich in den chu¢tal Al¢o leis daz ez nicht hal Hinderd tür er ¢ich verparg Bis daz Mäczli melchend ward Er cham her für vn ¢p~ch nu¢weig Liebes lieb minn dir nit laid Jch pins Bert¢chi ghab dich wol Jch mach dich aller fröden vol Mäczli do ¢o hart dercham Daz ¢ey Bert¢chin nit vernam Vn hub an zgreinen vn auch grayn Nayna Mäczli nayna nayn Ber¢chi ¢prach er was nicht faul Die hand ¢chlug er ir für daz maul Ein zabeln hub ¢ich vn ein bo¢¢en Daz die milch ward vmb ge¢to¢¢en
Text nach Ed. Wießner 1390 ‘Wes schlaist uns heint mit deinem pfiffen? Wilt, daz wir dir dhaut derstrichen?’ Des antwurt in der Schollentrit: ‘Lieben herren, zürnet nicht! Mich dunkt, er hab ins pad geschlagen: 1395 Wir schüllen uns da hin dertraben!’ Schollentritten glaubt man do: Iederman der ward so fro, Daz er also zstette Sich huob von seinem bette, 1400 1400 Wen seu pei allen iren tagen Haiss pad chonden nie gehaben. Gunterfain dem lieffens nach: Do was er gflohen also gach Hin mit Bertschin sam ein fiess, 1405 1405 Daz er sich nicht do vinden liess. Des muosten seu engelten. Ward in dhain bad ie selten, Daz mocht in dannocht seltzner sein. Da mit so chertens wider ein. 1410 1410 Triefnas der was fröden vol: In daucht, er hiets geschaffet wol. Wie oft so ward min närrel jehen: ‘Sim, so mir ein surt, ich han sei gsehen!’ Sein akergen was gar da hin; 1415 Gen Mätzellein stuond im der sin. 1415 Der andern nacht so gie er aus Und chriemelt in irs vattern haus. Er macht sich in den chuostal Also leis, daz ez nicht hal. 1420 1420 Hinderd tür er sich verparg, Bis daz Mätzli melchend ward. Er cham her für und sprach: ‘Nu sweig, Liebes lieb: nim dir nit laid! Ich pins Bertschi: ghab dich wol! 1425 1425 Ich mach dich aller fröden vol.’ Mätzli do so hart dercham, Daz sei Bertschin nit vernam, Und huob an zgreinen und auch grain. ‘Naina, Mätzli, naina, nain!’ 1430 Bertschi sprach; er was nicht faul: 1430 Die hand schluog er ir für daz maul. Ein zabeln huob sich und ein bossen, Daz die milch ward umb gestossen.
1390 ¢chläi¢t: danach du durch Strich getilgt; pfeyffen: ffen über der Zeile. Vers reicht bis an Spalte b. 1396 man do: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 1406 ¢ev: zu y fehlt Unterlänge. 1411 hiets: davor hiers, über e ein t geschrieben, gesamtes Wort durch Punkte getilgt. 1430 Ber¢chi: ¢ über dem Wort; nicht: Superskript undeutlich.
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„Warum quälst du uns heute mit deiner Kunst? Willst du unbedingt, dass wir dir die Haut glattstreichen?“ Es war Schollentritt, der ihnen darauf antwortete: „Meine Herren, seid doch nicht so zornig! Ich glaube, er hat uns zum Bade zusammengetrommelt. Kommt, da rennen wir jetzt hin!“ Sie alle glaubten Schollentritt und freuten sich darüber so sehr, dass sie sofort aus dem Bett sprangen, denn ein heißes Bad hatten sie Zeit ihres Lebens noch nicht genommen. So liefen sie Konterfax hinterher. Der aber hatte als echter Held zusammen mit Bertschi so rasch das Weite gesucht, dass er unauffindbar blieb. Die Dorfbewohner hatten das Nachsehen. Hatten sie bislang schon selten genug ein Bad genommen, so wurde es nun noch seltener. Und so trollten sie sich nach Hause. Triefnas freute sich unbändig, war er doch sicher, dass er erfolgreich gewesen war. Deshalb wohl sagte der Spinner auch immer wieder vor sich hin: „Mann, da fick mich doch einer: Ich hab sie gesehen!“ An die Feldarbeit dachte er nun überhaupt nicht mehr, sondern nur noch an seine liebe kleine Mätzli. In der folgenden Nacht ging er wieder fort und schlich sich in das Haus ihres Vaters. Dort verdrückte er sich so leise in den Kuhstall, dass man nichts hörte, und versteckte sich hinter der Tür, bis Mätzli zum Melken kam. Da kam er hervor und sagte: „Sei still, mein Liebchen, Freude sei mit dir, nicht Leid! Ich bin‘s, Bertschi. Gut soll’s dir gehen, ich werd dich schon glücklich machen.“ Mätzli erschrak fürchterlich, so dass sie Bertschi überhaupt nicht verstand, sondern zu heulen begann und immer weiter plärrte. „Nicht doch, Mätzli, nein, nein, nein!“, rief Bertschi und blieb auch nicht untätig. Mit seiner Hand hielt er ihr den Mund zu, und es begann ein solches Zappeln und Stoßen, dass die Milch verschüttet wurde.
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Daz gie der ku ze herczen Die hùrner ward ¢ie ¢terczen Lüyen vnd auch rau¢chen Emmitten durch den hauffen Sey craczt er rauft die ku die ¢tach Daz wunder nie chain man ge¢ach Jn dem ¢elben ¢treben Die ku ward me¢¢en eben Bert¢chin v` ber ¢einen dank Zwen ¢tich in einem ¢wank Der möht er wenich ¢ein gene¢en Wär ¢ein dikker ¢chop nicht gwe¢en Triefnas ward aldo vertriben Mäczleins maul damit entliben Dar vmb ¢ey rüffet vn auch ¢chre Hie deup hie deup he·he·he he· Do man derhort fron Mäczen g¢chray Alleu gnad die was enczway Der do wàpen haben màcht Der wappet ¢ich hincz zmitt’ nacht Er¢t do chammens her geflogen Mit iren swerten aus gezogen Vnd ¢chreuwen alle was i¢t dicz Sag vns Friczo durch poks ¢wicz Friczo ¢p~ch ı einem ¢tal Ein deup i¢t gewe¢en v` beral Welt jr ¢ein geruchen So ¢chùllen wir ı ¢uchen Vnter der erd vnd ob der erd Ob vns der hürren ¢un nu werd Des ¢ein wir gpunden ¢p~chen ¢ey Fricz vn ¢einer ¢unen drey Wàgten ¢ich des er¢ten hin Die andern chamen all nach hin Jn den ¢tal all v` ber al Vil laut erhal ir g¢chräy ir ¢chal Seu ¢chlugen greuleich in die wend Woy daz dich der tiefel ¢chend Wirdi¢t ie ein biderb knecht So chùm her für vn mach es ¢chlecht Des pumbelns do die ku verdro¢¢ Vnd gab Fricze einen ¢tö¢¢ Daz er belaib in ¢einem haus Da mit die andern fluhend aus Den deup man do nicht vinden maht
Text nach Ed. Wießner Daz gie der kuo ze hertzen: 1435 1435 Die hürner ward sie stertzen, Lüejen und auch rauschen Emmitten durch den hauffen. Sei cratzt, er rauft, die kuo die stach: Daz wunder nie chain man gesach. 1440 1440 In dem selben streben Die kuo ward messen eben Bertschin über seinen dank Zwen stich in einem swank. Der möht er wenich sein genesen, 1445 Wär sein dikker schop nicht gwesen. Triefnas ward aldo vertriben, Mätzleins maul damit entliben; Dar umb sei rüeffet und auch schre: ‘Hie deup, hie deup! He, he, he, he!’ 1450 Do man derhort fron Mätzen gschrai, Alleu gnad die was entzwai. Der do wappen haben macht, Der wappet sich hintz zmitter nacht. Erst do chamens her geflogen 1455 1455 Mit iren swerten aus gezogen Und schreuwen alle: ‘Was ist ditz? Sag uns, Fritzo, durch poks switz!’ Fritzo sprach: ‘In enem stal Ein deup ist gwesen überal. 1460 1460 Welt ir sein geruochen, So schüllen wir in suochen Unter der erd und ob der erd, Ob uns der hüerrensun nu werd!’ ‘Des sein wir gpunden’, sprachen sei. 1465 1465 Fritz und seiner sünen drei Wagten sich des ersten hin; Die andern chamen all nach in In den stal all über al. Vil laut erhal ir gschrai, ir schal 1470 (Seu schluogen greuleich in die wend): ‘Woi, daz dich der tiefel schend! Wurdist ie ein biderb knecht, So chüm her für und mach es schlecht!’ Des pumbelns do die kuo verdross 1475 Und gab Fritzen einen stoss, 1475 Daz er belaib in seinem haus; Da mit die andern fluhend aus. Den deup man do nicht vinden maht
1443 einem: m Korrektur aus n. 1454 chammens: erstes m mit Schlussbogen. 1465 ¢unen: e über nn, ¢ünn? 1473 ¢chlecht: t über dem Wort; Vers reicht bis in Spalte b. 1478 maht: t über dem Wort; Vers reicht bis in Spalte b.
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Das wiederum passte der Kuh nicht. Sie reckte die Hörner empor und polterte brüllend durch das Menschenknäuel hindurch. Mätzli kratzte, Bertschi riss an ihr, die Kuh stach zu: Etwas so Verrücktes hatte man noch nie gesehen. Während dieses Durcheinanders hatte die Kuh in einem Schwung Bertschi zwei Stöße versetzt. Das war sein Pech. Er hätte sie wohl kaum überlebt, wenn seine dicke Jacke nicht gewesen wäre. So also wurde Triefnas vertrieben, Mätzlis Maul aber befreit. Und so schrie sie aus vollem Hals: „Diebe, Diebe, hierher, hierher!“ Als man das Geschrei der Dame Mätze hörte, war es mit der Ruhe im Dorf vorbei. Wer über Waffen verfügte, hatte sie bis Mitternacht angelegt. Erst dann kamen sie mit gezogenen Schwertern angerannt und schrien: „In drei Teufels Namen, Fritz, wo brennt’s denn?“ Und Fritz erzählte: „Irgendwo im Stall ist ein Dieb gewesen. Wenn es euch recht ist, so wollen wir ihn suchen, unter der Erde und über der Erde, bis wir den Hurensohn fassen.“ „Da führt kein Weg dran vorbei“, stimmten sie zu. Fritz und drei seiner Söhne trauten sich als erste dorthin. Die anderen folgten ihnen alle in jeden Winkel des Stalls nach. Sie machten einen Höllenlärm, ganz fürchterlich schlugen sie an die Wände: „Mensch, der Teufel soll dich holen. Wenn du ein bisschen Anstand im Leib hast, so komm raus und bring die Sache in Ordnung!“ Dies Getöse gefiel der Kuh überhaupt nicht und sie versetzte Fritz einen solchen Stoß, dass er dort liegen blieb. Die anderen aber stürzten hinaus. Bis in die dritte Nacht
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Bis hincz auf die dritten nacht Da pracht in zu die minne Er gdacht in ¢einem ¢inne Du mu¢t dich heuen aber aus Vnd ¢teygen auf meins pulen haus So wir¢t du ¢ehen durch daz tach Waz ¢ey tü vnd was ¢ey ¢chaff Wie ¢chier er do hiet vollepracht Alles daz er ym gedacht Triefnas auf dem tache was Fricz mit ¢einen kindern ¢as Pey dem feur vnd ࢢ der ruben Bert¢chi wolt des zu lugen Vnd ¢tie¢¢ daz haubet durch ein loch Do waz er ¢wärer dann ein bloch Dar vmb ¢o mu¢t er vallen Vor den chindern allen Vnd dem vatter in daz feur Sam der tiefel vngeheur Häl vnd ke¢¢el viel da hin Mit Bert¢chin zu ¢eim vngewin Wer mocht do lenger gpeyten Der nicht enhiet ze reyten Der floh mit henden vnd fü¢¢en Daz chond ym nieman gpü¢¢en Mäczli die was al¢o lam Das ¢ey chaum zur ¢tegen cham Secht do rumpelt ¢ey hin ab· Sam ein ander mulrad Die andern vielen all hin nach Ze fliehen was in al¢o gach Fricz der mu¢t beleiben Er mocht ¢ich nicht ge¢cheiben Dar zu hiet in pracht der ¢chad Den ym die chu im ¢tadel gab Do dicz nu al¢o was ge¢chehen Fricz der ward ¢ichs dings ver¢ehen Vn gedacht in ¢einem mut Glut i¢t guallen ı die glut Feur i¢t chömen zu dem feur Daz ¢chaft die min die auenteur Bert¢chi wolt verprinnen Au¢renthalbe vn jnnen Do zoh in Friczo durch die ä¢chen
Text nach Ed. Wießner Bis hintz auf die dritten nacht. 1480 1480 Do pracht in zuo die minne; Er gdacht in seinem sinne: ‘Du muost dich heven aber aus Und steigen auf meins puolen haus: So wirst du sehen durch daz tach, 1485 1485 Waz sei tuo und was sei schaff.’ Wie schier er do hiet vollepracht Alles, daz er im gedacht! Triefnas auf dem tache was, Fritz mit seinen kindern sas 1490 1490 Pei dem feur und ass der ruoben. Bertschi wolt des zuo luogen Und stiess daz haubet durch ein loch: Do was er swärer dann ein bloch; Dar umb so muost er vallen 1495 1495 Vor den chindern allen Und dem vatter in daz feur Sam der tiefel ungeheur. Häl und kessel viel da hin Mit Bertschin zuo seim ungewin. 1500 1500 Wer mocht do lenger gpeiten? Der nicht enhiet ze reiten, Der floh mit hend und füessen: Daz chond im nieman gpüessen. Mätzli die was also lam, 1505 1505 Das sei chaum zur stegen cham; Secht, do rumpelt sei hin ab Sam ein ander mülrad! Die andern vielen all hin nach: Ze fliehen was in also gach. 1510 1510 Fritz der muost beleiben, Er mocht sich nicht gescheiben: Dar zuo hiet in pracht der schad, Den im die chuo im stadel gab. Do ditz nu also was geschehen, 1515 Fritz der ward sichs dings versehen Und gedacht in seinem muot: ‘Gluot ist gvallen in die gluot, Feur ist chomen zuo dem feur: Daz schaft die minn, die aventeur.’ 1520 1520 Bertschi wolt verprinnen Ausrenthalb und innen: Do zoh in Fritzo durch die äschen
1485 tü: Superskript weit rechts, tue? 1489 ¢einen: zweites n Korrektur aus m durch Rasur. 1514 Doppelstrich vor dem Vers; al¢o was: hinter al¢o ein Punkt. 1521 Au¢renthalbe: am Ende n oder z radiert. 1522 Am unteren Rand der Seite Reklamante: Mit rubwa¢¢’.
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konnte man den Dieb nicht finden. Die Minne aber trieb ihn wieder dorthin. Er sagte zu sich: „Du musst dich noch einmal aufmachen und meiner Liebsten aufs Dach steigen. Durch das Dach kannst du dann sehen, was sie so tut und treibt.“ Gesagt – getan! Triefnas hockte auf dem Dach, Fritz saß mit seinen Kindern am Feuer und aß Rüben. Bertschi wollte dabei zuschauen und streckte seinen Kopf durch ein Loch. Da er aber schwerer als ein Klotz war, stürzte er vor allen Kindern und dem Vater wie der Leibhaftige selbst ins Feuer. Zusammen mit Bertschi krachten Haken und Kessel zu seinem Schaden hinunter. Wer hätte da noch länger bleiben mögen? Wer kein Tier zum Reiten hatte, der floh auf Händen und Füßen: Das konnte ihm niemand verübeln! Mätzli humpelte so sehr, dass sie kaum bis zur Treppe kam. Schaut doch bloß, dort polterte sie wie ein Mühlrad hinab! Alle anderen purzelten ihr hinterher. Sie wollten nur noch verschwinden. Fritz jedoch musste dort bleiben und konnte sich nicht rühren. Schuld daran war die Verletzung, die ihm die Kuh im Stall verpasst hatte. Als das alles nun passiert war, begann Fritz die Sache zu verstehen und dachte bei sich: „Glut kam zu Glut und Feuer zu Feuer – so ein Ereignis vollbringt doch nur die Minne.“ Bertschi drohte äußerlich und innerlich zu verbrennen. Fritz zog ihn durch die Asche
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Mit rubwa¢¢er hey¢¢ gewä¢chen Vnd farcz ym dri¢tund in den mund Al¢o ward der miner ge¢unt Doch was ein wunder daz er gnas So hart vnd er geuallen was Dem arczet gab er einen ¢chlag Ze lon das er am ruggen glag Zur hinter tür er trumpelt aus Den wirt den lie¢¢ er in dem haus Friczo der ward wüten ¢er Wie laut er ¢chre wo ¢chilt wo sper Fechtens hiet er do begunnen Do was ym der veint endrunnen Die ràch do v` ber Mäczen gie Pey den zöpfen er ¢ey vie Vnd warff ¢ey drei¢tund wider derd Er ¢p~ch des bi¢t du alles werd Jch ge¢tochen vnd ge¢chlagen Jn daz maul vnd in den magen Daz tach das i¢t zerprochen mir Sich daz hab ich alz von dir Dar zu gab er ir ein ¢tö¢¢ Vnd ¢ey in ein ¢peicher ¢chlö¢¢ Er ¢p~ch zu ir da ¢icz vnd ¢chei¢¢ Der ärs i¢t dir ze dik vnd fey¢¢ Mäczel ward behalten Des mü¢¢ ein fi¢t walten Sprach do Triefnas an der ¢tund Do ym die mär ¢o wrden kunt Noch liebt ¢ey mir ye bas ye bas Sprach aber das i¢t das Jch han ge¢woren ich mu¢¢ ¢ey haben Wär ¢ey ioch in erd vergraben Dicz was im zorn vn vngemach Wie oft er gen dem ¢peicher ¢ach Vnd gedàcht ym hailiger Chri¢t Be¢chlo¢¢en prot wie ¢ü¢¢ du pi¢t Mäczlein maynet Triefnas So ¢er daz im des nicht enwas Seyn hercz in ¢einem leibe Wolt pre¢ten nach dem weibe Mäczli ¢as allayne Sey ¢chawt ir wei¢¢en payne Do ¢ach ¢ey ir vil praunen muczen Sölich zuchen rupfen ¢muczen Hub ¢ich auf den rauhen fleken
Mit ruobwasser heiss gewäschen Und fartz im dristund in den mund; Also ward der minner gsunt. 1525 Doch was ein wunder, daz er gnas, So hart und er gevallen was. Dem artzet gab er einen schlag Ze lon, das er am ruggen glag. Zur hintertür er trumpelt aus; 1530 Den wirt den liess er in dem haus. Fritzo der ward wüeten ser; Wie laut er schre: ‘Wo schilt, wo sper?’ Fechtens hiet er do begunnen: Do was im der veint endrunnen. 1535 Die rach do über Mätzen gie: Pei den zöpfen er sei vie Und warff sei dreistund wider derd; Er sprach: ‘Des bist du alles werd. Ich bin gestochen und geschlagen 1540 In daz maul und in den magen; Daz tach das ist zerprochen mir: Sich, daz hab ich alz von dir!’ Dar zuo gab er ir ein stoss Und sei in ein speicher schloss; 1545 Er sprach zuo ir: ‘Da sitz und scheiss! Der ars ist dir ze dik und feiss.’ Mätzel ward behalten. ‘Des müess ein fist walten!’ Sprach do Triefnas an der stund, 1550 Do im die mär so wurden kunt. ‘Noch liebt sei mir ie bas und bas,’ Sprach er aber, ‘das ist ist das. Ich han gesworn: ich muoss sei haben, Wär sei joch in derd vergraben.’ 1555 Ditz was im zorn und ungemach. Wie oft er gen dem speicher sach Und gedacht im: ‘Hailiger Christ! Beschlossen prot, wie süess du pist!’ Mätzlein mainet Triefnas 1560 So ser, daz im des nicht enwas, Sein hertz in seinem leibe Wolt presten nach dem weibe. Mätzli sas allaine, Sei schawt ir weissen paine. 1565 Do sach sei ir vil praunen mutzen: Sölich zuchen, rupfen, smutzen Huob sich auf den rauhen fleken,
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– mit dem heißen Rübenwasser gewaschen wie er war – und furzte ihm dreimal in den Mund: So kam unser Minnediener wieder zu sich. Allerdings grenzte es an ein Wunder, dass er sich überhaupt wieder erholte, so böse, wie er gestürzt war. Seinem Retter versetzte er als Dank einen solchen Schlag, dass der sich auf den Rücken legte. Er selbst humpelte zur Hintertür hinaus; den Hausherrn ließ er dort liegen. Fritz wurde mächtig wütend und schrie so laut er konnte: „Wo ist mein Schild, wo ist mein Speer?“ Er hätte den Kampf gern aufgenommen, doch war ihm sein Gegner entwischt. Seine Rache traf deshalb nur Mätze allein. Er packte sie bei ihren Zöpfen, schleuderte sie dreimal auf den Boden und schrie: „Das geschieht dir gerade recht! Mir wurde aufs Maul und in den Magen geschlagen und getreten, das Hausdach wurde mir zerstört. Das hab ich alles nur dir zu verdanken!“ Damit gab er ihr einen Stoß, sperrte sie auf dem Speicher ein und sagte zu ihr: „Da hock dich hin und scheiß! Der Arsch ist dir doch viel zu dick und fett.“ So wurde Mätzli gefangengehalten. „Da soll doch gleich der Furz dreinschlagen!“, rief Triefnas aus, als er von der Sache erfuhr. Und weiter: „Ich liebe sie doch immer mehr, so steht’s nun mal mit mir. Ich hab’s geschworen: Sie wird mein, sollt sie auch in der Erde vergraben sein.“ Sobald er zum Speicher hinaufsah, brachte ihm das Zorn und Verdruss, und er dachte bei sich: „Heiliger Sohn Gottes, du verborgenes Brot, wie süß du bist.“ Triefnas liebte Mätzli so sehr, dass ihm war, als ob ihm das Herz im Leibe vor Verlangen zerspringen wollte. Mätzli saß unterdessen allein und starrte ihre weißen Beine an. Da fiel ihr Blick auf ihre tiefbraune Muschi, und nun begann an dem haarigen Lappen ein solches Ziehen, Zerren und Schlagen,
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Pey¢¢en chleuken vnd ayn zweken Dar zu fluchen trewen ¢chelten Das des jamers ghortman ¢elten Mäczel zu der fuczen ¢prach Got geb dir laid vnd vngemach Vnd dar zu allen ¢merczen Den ich an meinem herczen So pitterleichen dulde Nür von deiner ¢chulde Al¢o ¢chlug ¢ey aber dar Bis daz ir das maul ge¢war Vnd ¢p~ch ¢e hin das gib ich dir Das man vmb dich hat gebn mir Dar zu ¢o mu¢¢ er ¢terben Der nàch dir wil verderben Do hiet Mäczel langes här Vnd churczen mut ja daz i¢t war Wie ¢chier ¢o ward die taydıg chrumb Mfczli chert ¢ich wider vmb Hiet ¢ey vor ge¢chultn ¢er Zartend ward ¢ey drey¢tund mer Mit ¢treichen vnd auch mit ¢alben Die muczen allenttalben Hin wider ¢p~ch ¢ey zu dem plecz Got dich alles laydes dergecz Vnd pü¢¢ dir deinen ¢merczen Des bitt ich in von herczen Dar zu wil ich dich auch pitten Ha bi¢t von mir ichcz gelitten Vergib mirs auf mein rechte äid Es rewt mich ¢er vnd i¢t mir läid Der plecz der wolt geantwùrt haben Da worend ym die zend aus g¢chlagen Daz maul waz im ge¢wullen Er hiet verlorn die wullen Doch ward ein frid gemachet Dar zu ¢p~ch ¢ey vnd lachet Sälich mü¢¢ er werden Der nach dir wil verderben Daz waz auf Pert¢chin do gedacht Der ir fröd vnd wune pracht Yo¢o ¢chier in irem herczen Al¢o daz ¢ey alles ¢merczen Gar vnd ganczleich do verga¢¢ Hiecz im vor getragen ha¢¢ Daz ward alles do verchert
Text nach Ed. Wießner Reissen, chlenken und ainzweken, 1570 Dar zuo fluochen, trewen, schelten, Das des jamers ghort man selten. Mätzel zuo der futzen sprach: ‘Got geb dir laid und ungemach Und dar zuo allen smertzen, 1575 1575 Den ich an meinem hertzen So pitterleichen dulde Nür von deiner schulde!’ Also schluog sei aber dar, Bis daz ir das maul geswar, 1580 Und sprach: ‘Se hin! Das gib ich dir, Das man umb dich hat geben mir. Dar zuo so müess er sterben, Der nach dir wil verderben!’ Do hiet Mätzel langes har 1585 Und churtzen muot: ja, daz ist war! Wie schier so ward die taiding chrumb! Mätzli chert sich wider umb: Hiet sei vor geschulten ser, Zartend ward sei dreistund mer 1590 1590 Mit streichen und auch salben Die mutzen allenthalben. Hin wider sprach sei zuo dem pletz: ‘Got dich alles laids dergetz Und püess dir deinen smertzen: 1595 1595 Des bitt ich in von hertzen! Dar zuo wil ich dich auch pitten: Habist von mir ichtz gelitten, Vergib mirs! Auf mein rechten aid: Es rewt mich ser und ist mir laid!’ 1600 Der pletz der wolt geantwürt haben: Do warend im die zend aus gschlagen, Daz maul was im geswullen, Er hiet verlorn die wullen. Doch ward ein frid gemachet; 1605 1605 Dar zuo sprach sei und lachet: ‘Sälich müess er werden, Der nach dir wil verderben!’ Daz was auf Pertschin do gedacht, Der ir fröd und wunne pracht 1610 1610 Ieso schier in irem hertzen, Also daz sei alles smertzen Gar und gäntzleich do vergass. Hietz im vor getragen hass, Daz ward alles do verchert:
1584 Doppelstrich vor dem Vers. 1590 ¢treichen: i über dem Wort zwischen e und c. talben: erstes t über nt. 1607 nach: noch?
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ein solches Kneifen, Ziepen und Zwicken, und dies unter Flüchen, Drohungen und Geschimpfe, dass ein derartiges Gezeter wohl nur selten zu hören war. Mätzli sagte zu ihrer Fotze: „Gott soll dir Kummer und Verdruss bringen und außerdem all die Schmerzen, die ich in meinem Herzen nur deinetwegen qualvoll ertrage.“ Dann schlug sie wieder drauf, bis ihr der Fotzenmund anschwoll und sagte dazu: „Schau her! Ich zahl dir nur zurück, was man mir deinetwegen angetan hat. Soll er doch krepieren, der sich nach dir zugrunde richten will.“ Doch hatte Mätzli tatsächlich lange Haare und kurzen Verstand. Wie rasch nahm doch die Verhandlung einen ganz anderen Verlauf! Mätzli wurde nun eine ganz andere: Hatte sie bislang böse geschimpft, fuhr sie nun dreimal zärtlicher mit sanftem Streicheln über ihre Muschi hin und sagte zu dem Pelzchen: „Möge Gott dich für allen Kummer entschädigen und dich von deinem Schmerz befreien. Darum bitte ich ihn von Herzen! Dich aber bitte ich: Vergib mir, wenn du durch mich gelitten hast. Ich schwöre, es reut mich sehr und tut mir leid.“ Das Pelzchen hätte schon antworten wollen, doch waren ihm die Zähne ausgeschlagen, das Maul war ihm geschwollen und die Haare ausgerissen. Dennoch wurde nun Frieden geschlossen. Dabei sagte sie lachend: „Selig sei er, der sich nach dir zugrunde richten will!“ Das war auf Bertschi gemünzt, der ihr in ihrem Herzen solche Wonne und solche Freude bescherte, dass sie all ihren Kummer vollständig vergaß. Hatte sie ihn bislang mit ihrem Hass verfolgt, so wurde der nun ins Gegenteil verkehrt.
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Der mine feur ¢ich al¢o mert Daz ¢ey dem g¢ellen ward ¢o hold Vnd hölder dann dem liechen gold Er¢t do hub ¢ich mäczig¢chaft Chlìngeln chlangeln vnd ein gprächt Zwù¢chen päyden ¢eyten Die minn die ward ¢eu reyten Al¢o ¢er daz ¢eu verga¢¢en Was ¢eu trunken oder a¢¢en Diz leben ward in gar ze ¢aur Seu hietens päydeu von natur Ye minr man lieb zu libe lie¢¢ Yemer ¢ich hercz zu herczen ¢tie¢¢ An e¢¢en ¢eu ab namen Vnd chùrczleich dar zu chamen Daz ¢eu die ärs nicht mohte wegen Dar vmb ¢o mu¢ten ¢eu ¢ich legen Nider auf die benke Jr ¢inn vn auch ir gdenke Wàrend nach ver¢unken Doch hiet do Bert¢chi gtrunken Gü¢¢en met vnd pier vn wein Daz er noch pey den chreften ¢ein Beleib vn gedaht ı ¢eine mut J¢t ¢ey nu ¢o wol behut Daz ich mit ir nicht greden gtar So ¢end ich doch ein briefel dar Des ward do Triefnas ¢o ze ràt Al¢o ¢chier vnd auch gedrat Sant er nàch des torfes ¢chreiber Der hie¢¢ Henricze Nabelreiber Mein tächen ¢chreiber ye¢o zhant Cham in Bert¢chins haus gerant Triefnas der lag auf der bank Ach vn we daz waz ¢ein g¢ank Do dicz der Nabelreiber ¢ach Es waz ym läid vnd vngemach Won in Bert¢chi ghöret an Hat dir iemant iht getan Sprach er zu dem armen Daz mü¢¢ er von mir armen Näyn du ¢prach do Berchtold Mäczlein bin ich al¢o holt Daz ich nach ir verderben
Text nach Ed. Wießner 1615 1615 Der minne feur sich also mert, Daz sei dem gsellen ward so hold Und hölder dann dem liechten gold. Erst do huob sich mätzigschäft, Chlüngeln-chlangeln und ein gprächt 1620 1620 Zwüschen paiden seiten. Die minn die ward seu reiten Also ser, daz seu vergassen, Was seu trunken oder assen. Diz leben ward in gar ze sur; 1625 1625 Seu hietens paideu von natur: Ie minr man lieb zuo liebe liess, Ie mer sich hertz zuo hertzen stiess. An essen seu ab namen Und chürtzleich dar zuo chamen, 1630 Daz seu die ärs nicht mohten wegen; 1630 Dar umb so muosten seu sich legen Nider auf die benke. Ir sinn und auch ir gdenke Warend nach versunken. 1635 1635 Doch hiet do Bertschi gtrunken Süessen met und pier und wein, Daz er noch pei den chreften sein Beleib und gdoht in seinem muot: ‘Ist sei nu so wol behuot, 1640 1640 Daz ich mit ir nicht greden gtar, So send ich doch ein briefel dar.’ Des ward do Triefnas so ze rat. Also schier und auch gedrat Sant er nach des torfes schreiber: 1645 1645 Der hiess Henritze Nabelreiber. Mein tächenschreiber ieso zhant Cham in Bertschins haus gerant. Triefnas der lag auf der bank: Ach und we daz was sein gsank. 1650 1650 Do ditz der Nabelreiber sach, Es was im laid und ungemach, Won in Bertschi ghöret an. ‘Hat dir iemant iht getan?’ Sprach er zuo dem armen. 1655 1655 ‘Daz müess von mir arnen!’ ‘Nain du!’ sprach do Berchtold; ‘Mätzlein bin ich also holt, Daz ich nach ir verderben
1626 Doppelstrich vor dem Vers. 1644 ¢chreiber: zweiter i-Punkt durch Strich getilgt. 1645 Nabelreiber: Superskript i über zweitem e durch Strich getilgt. 1646 ¢chreiber: erstes e korrigiert aus i. 1649 vn we: zwischen den Wörtern radiert. 1650 Nabelreiber: zwischen l und r radiert und Tilgungszeichen. 1653 dir iemant: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden.
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Das Feuer der Liebe loderte so hoch auf, dass ihr Liebster ihr immer begehrenswerter erschien: begehrenswerter jedenfalls als leuchtendes Gold. Nun also begann ein Herumgeschmuse, ein Techtelmechtel und ein Getue auf beiden Seiten. Die Minne trieb sie so sehr, dass sie nicht mehr merkten, was sie aßen oder tranken. Dieses Leben wurde ihnen allzu bitter, doch hatten sie es ja ihrer Natur zu verdanken: „Je weniger man Liebe zur Liebe ließ, desto mehr drängte sich Herz an Herz.“ Sie aßen immer weniger, und schließlich kam es mit ihnen soweit, dass sie ihre Ärsche nicht mehr bewegen konnten. Deshalb mussten sie sich auf die Bänke niederlegen. All ihr Sinnen und Trachten war nun beinahe dahin. Bertschi allerdings hatte Honigmet, Bier und Wein getrunken so dass er noch bei Kräften blieb und bei sich dachte: „Wenn sie nun schon so sicher verwahrt ist, dass ich nicht mit ihr zu reden wage, so kann ich ihr wenigstens ein Briefchen schicken.“ Gesagt – getan! Umgehend schickte er nach dem Dorfschreiber. Der hieß Henritze Nabelreiber. Unser Gemeindeschreiber kam auch sogleich in Bertschis Haus gelaufen. Triefnas lag auf der Bank und sang nur lauter „Ach und Weh“. Als Nabelreiber das sah, da tat es ihm sehr leid, denn Bertschi gehörte zu seiner Verwandtschaft. „Hat dir jemand etwas angetan?“, fragte er den Ärmsten. „Dafür müsste er mir bezahlen.“ „Nein, nein“, entgegnete Berthold, „doch liebe ich Mätzli so sehr, dass ich für sie zugrunde gehen
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Wil vnd dar zu ¢terben Wilt du mir dicz vertreyben Ein briefel mu¢t dù ¢chreyben Haymleich zu der frawen min Oder ich mu¢¢ leiden peyn Des antwurt im der ¢chreiber do Vnd ¢p~ch dem ding i¢t nit al¢o Sam du wän¢t mein lieber g¢ell Welher reht hofieren well Der ¢ey ein chnecht pey jung’ zeit Fri¢ch vn ¢auber an dem leib Vnd der wel im ein allayn Vnter allen frawen gmäyn Die ı aller pe¢t behag Mit niemant nicht z¢chaffen hab Die auch ¢ein geleiche ¢ey An jugent vnd auch art da pey Von der ze höh im ¢tigen wil Der fleugt jnn graben ze de zil Sey ¢chol auch we¢en ¢underbar Jn allen deinen ¢innen zwàr Won die rechte liebe¢chaft Zwù¢chent zwayen hät ir chraft Vnd wil ir auch nicht mèr haben Al¢o vil chan ich dir ¢agen Wilt den bul de werben dir Ze deiner chàn nàch rechter gìr So vind in an der minne new Wilt daz es dich nicht gereuw Won die witwen vnd die alten Sind von rehter min ge¢chalten An die er¢ten man gedenket Daz die andern prüder chrenket Nu dar ha¢t du dann au¢derkorn Ein lieb ze ¢älden dir gporn So derzäig dich nufer gar Fröleich chupplig hin vnd dar Wo ¢ey ¢icze oder ¢te Da ¢cholt du allweg we¢en e Vnd dein necze ¢treken hin Daz i¢t du ¢cholt nach meine ¢in Oft vnd dik ¢ey ¢mieren an Mit ¢pilnden augen hin vn dan Daz ¢ey jnnen werd die guet Waz du mäine¢t in dem mut Won die er¢te ange¢icht J¢t ein anvang ze der ge¢chicht
Text nach Ed. Wießner Wil und dar zuo sterben. 1660 Wilt du mir ditz vertreiben, Ein briefel muost du schreiben Haimleich zuo der frawen min Oder ich muoss leiden pin.’ Des antwurt im der schreiber do 1665 Und sprach: ‘Dem ding ist nit also, Sam du wänst, mein lieber gsell. Welher reht hofieren well, Der sei ein chnecht pei junger zeit, Frisch und sauber an dem leib 1670 Und derwel im ein allain Unter allen frawen gmain, Die im aller pest behag, Mit niemant nicht ze schaffen hab, Die auch sein geleiche sei 1675 An jugent und auch art da pei; Won der ze höch im stigen wil, Der fleugt inn graben ze dem zil. Sei schol auch wesen sunderbar In allen deinen sinnen zwar; 1680 Won die rehte liebeschaft Zwüschent zwaien hat ir chraft Und wil ir auch nicht mer haben. Also vil chan ich dir sagen: Wilt den buol derwerben dir 1685 Ze deiner chan nach rechter gir, So vind in an der minne new, Wilt, daz es dich nicht gereuw! Won die witwen und die alten Sind von rehter minn geschalten: 1690 An die ersten man gedenket, Daz die andern prüeder chrenket. Nu dar, hast du dann aus derkorn Ein lieb ze sälden dir geporn, So derzaig dich nuofer gar, 1695 Fröleich, chupplig hin und dar! Wo sei sitze oder ste, Da scholt du alweg wesen e Und dein netze streken hin: Daz ist, du scholt nach meinem sin 1700 Oft und dik sei smieren an Mit spilnden augen hin und dan, Daz sei innen werd, die guot, Waz du mainest in dem muot; Won die erste angesicht 1705 Ist ein anvang ze der gschicht.
1660 dicz: Korrektur aus daz, az verkleckst, icz über dem Wort.
1680 rechte: c über dem Wort.
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und am liebsten sterben möchte. Wenn du mir dagegen helfen willst, musst du meiner Minnedame in aller Heimlichkeit ein Brieflein schreiben, oder ich muss weiter leiden.“ Der Schreiber antwortete: „Die Sache liegt nicht so einfach, wie du dir das vorstellst, mein Bester. Wer einer Dame korrekt den Hof machen will, der sollte ein junger, gepflegter und sauberer Bursche sein und sich unter allen Damen eine einzige erwählen, die ihm am besten gefällt, mit keinem anderen Mann etwas zu tun hat und die ihm auch an Jugend und Herkunft entspricht. Denn wer zu hoch emporsteigt, stürzt auch wieder in den Graben. Diese allein soll nun auch wirklich alle deine Gedanken beherrschen. Denn die richtige Liebe entfaltet nur zwischen zwei Menschen ihre ganze Kraft; weitere will sie nicht dabei haben. Soviel kann ich dir verraten: Willst du unbedingt deine Geliebte zu deiner Ehefrau machen, so sollte sie in der Liebe noch unerfahren sein, wenn dich dein Schritt nicht reuen soll. Denn die Witwen und alten Frauen sind von echter Liebe schon weit entfernt. Sie denken nur an ihren ersten Mann, und das setzt dessen Nachfolger natürlich herab. Nun denn: Wenn du dir eine Geliebte gewählt hast, die für deine Glückseligkeit geboren ist, so zeig dich ihr immerfort munter, fröhlich und allseits um sie bemüht. Wo sie auch sitzt oder steht: Immer solltest du schon vor ihr da sein und dein Netz nach ihr auswerfen. Das bedeutet: Meiner Meinung nach solltest du sie möglichst oft mit leuchtenden Augen anlächeln, damit diese wundervolle Frau auch merkt, wonach dir der Sinn steht. Denn der erste Blick ist auch der Anfang der Liebesgeschichte.
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Text nach Ed. Wießner
Tanczen macht du pflegen vil Dönens auf dem ¢äyten¢pil Dar zu ¢ingens vn auch ¢pringens Sagens vn auch anders dinges Doch ge¢chech daz mit der m䢢 Jn dem haus vnd an der ¢tra¢¢ Mit geleych¢nen haymleich gar Daz es nicht werd ze offenbar Von frawen gun¢t derwirbt d’ man Allayn . der taugen minnen chan Dar vmb ¢o ¢üche dir vil leis Ein zementragerinen weys Der du mùg¢t getrauwen wol Vnd ¢chenk ir etwas ¢am man ¢chol Daz ¢ey zu der rainen var Vnd ¢ag ir die wörte gar Got grü¢¢ dich blünder ro¢e zart Chayn junkfraw nie ¢o ¢älich wart Jn langen zeiten ¢am du bi¢t Won dich ¢o hat ze di¢er fri¢t Der ¢chone¢t jungling di¢er welt Jm ze ¢einem lieb gezelt Der i¢t ¢o hofleich vn ¢o chlug Seyn gleich die muter nie getrug Nie kayn weib ¢ein wirdig mag Gewe¢en nach der waren ¢ag Der von gro¢¢er diemutchayt Embeut dir ¢einen dien¢t berayt Vnd pitt dich auch von herczen gir Daz du äntwùr¢t im pey mir Ob es yemer mùg ge¢ein Daz er gewim die hulde dein Dar zu daz du auch g’muni¢t im Ze offenen allen ¢einen ¢yn Dir in einer lieben ¢tund Allayn von ¢eines ¢elber¢ mund Daz wil er ewechleych gen dir Verdienen gern gelaub es mir Vnd ob die rayn des er¢ten ¢pricht Deiner red behabt mir nicht L䢢 die mare al¢o bald Daz ¢ein der vbel gai¢t gewalt Wàyn¢t ich ¢ei ein heub¢cherin Du bi¢t es ¢elber an dem ¢in Ge da hin vn chùm nicht me
Tantzens macht du pflegen vil, Dönens auf dem saitenspil, Dar zuo singens und auch springens, Sagens und auch anders dinges. Doch geschech daz mit der mass 1710 In dem haus und an der strass, Mit geleichsnen haimleich gar, Daz es nicht werd ze offenbar; Won frawen gunst derwirbt der man Allain, der taugen minnen chan. 1715 Dar umb so suoche dir vil leis Ein zementragerinen weis, Der du mügst getrauwen wol, Und schenk ir etwas, sam man schol, Daz sei zuo der rainen var 1720 Und sag ir die worte gar: “Got grüess dich, blüender rose zart! Chain junkfraw nie so sälich wart In langen zeiten, sam du bist; Won dich so hat ze diser frist 1725 Der schönest jungling diser welt Im ze seinem lieb gezelt. Der ist so hofleich und so chluog: Sein gleich die muoter nie getruog. Nie kain weib sein wirdig mag 1730 Gewesen nach der waren sag. Der von grosser diemuotchait Embeut dir seinen dienst berait Und pitt dich auch von hertzen gir, Daz du äntwürtst im pei mir, 1735 Ob es iemer müg gesein, Daz er gewinn die hulde dein, Dar zuo, daz du auch günnist im, Ze offnen allen seinen sin Dir in einer lieben stund 1740 Allain von seines selbers mund. Daz wil er ewechleich gen dir Verdienen gern, gelaub es mir!” Und ob die rain des ersten spricht: “Deiner red behagt mir nicht; 1745 Lass die märe also bald! Daz sein der übel gaist gewalt! Wänst, ich sei ein heubscherin? Du bist es selber an dem sin. Ge da hin und chüm nicht me! 1750
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1734 dich: Wort über der Zeile eingefügt. 1738 g’muni¢t: wie gùnnu¢t, jedoch Haken bzw. Diakritikum sehr weit links. 1739 offenen: erstes n mit Schlussbogen. 1743 Verdienen: nach d zwei i-Haken, einer durch Punkt getilgt.
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Du kannst fleißig tanzen, deine Laute ertönen lassen, auch singen und vor Freude springen, ihr Geschichten erzählen und anderes mehr treiben. Doch darf das im Haus nur maßvoll geschehen und auf der Straße sogar nur in aller Heimlichkeit und Verstellung, damit es nicht allzu offensichtlich wird. Denn nur der Mann erwirbt die Gunst der Damen, der heimlich zu lieben versteht. Deshalb suche dir ohne viel Aufhebens eine umsichtige Kupplerin, der du völlig vertrauen kannst, und mach ihr, wie es Brauch ist, ein Geschenk, damit sie zu der Makellosen geht und so zu ihr spricht: ‚Gegrüßet seiest du, lieblich blühende Rose. Noch nie war eine Jungfrau so selig zu preisen, wie du es bist, denn dich hat der schönste Jüngling dieser Welt zu seiner Liebsten erwählt. Der ist so wohlerzogen und so klug, dass einen wie ihn noch keine Mutter geboren hat. Es ist wohl wahr, dass ihm keine Frau je ganz wird entsprechen können. Dir jedoch bietet er in aller Ergebenheit bereitwilligst seine Minnedienste an und bittet dich auch von ganzem Herzen, ihm durch mich zu antworten, ob es jemals dazu kommen kann, dass er deine Gunst erlangt. Und außerdem, ob du es ihm wohl erlauben könntest, dass er dir zu einer glücklichen Stunde ganz allein all seine Gedanken im Gespräch selbst offenbaren dürfte. Damit würdest du ihn dir für immer verpflichten, das kannst du mir glauben.‘ Vorausgesetzt, die Schöne würde erst einmal so antworten: ‚Deine Worte gefallen mir nicht, hör sofort mit diesen Geschichten auf. Soll ihn doch der Teufel holen! Glaubst du denn, ich wäre so eine? Du bist doch so eine, wenn du das denkst. Verschwinde und komm bloß nicht wieder,
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Text nach Ed. Wießner
Anders wi¢¢ ich ¢chaff dir we Oder andrer red ¢ey tut Durch ¢cham vn ere die vil guet Dar vmb vil wenig du verzag Vnd ge die ga¢¢en auf vnd ab Ze fröden ¢ingend deinem lieb Sunderleich daz hofelied Ze dienen hab ich ir ge¢worn Wil ¢eis joch niem’ han vergut Vält es mir heut es trifft leicht morn Dar auf der freuwet ¢ich mein mut Vnd harren ie auf guten wan Ze dienen hab ich ir ge¢worn Wil ¢eis joch niemer han vergut Dar vm wil ich nicht abelan Hin wider vmb der botten bhend Zu ir dik vn ofte ¢end Vnd hàt mans vor gebeten ¢er So fleh man ¢ey noch drei¢tud mer Bis daz ¢ei¢t von ir geert Won chayn hercz ward nie ¢o hert Daz man nicht mocht gmache lind Mit ¢tätem gpett . das way¢¢ ein kind Nu dar ge¢chicht die gnàde dir Daz du ¢cholt chùmen hin zu ir So ¢aum dich nit vn mach dich dar Taugenleich vor neyder ¢char Vnd nayg dich ir du grü¢¢ ¢ey ¢o Got der mach euch gmütes fro Vn geb euch glùks vn hayles vil Nicht anders ich nu pitten wil Dar nàch ¢o macht du ¢piehen ¢chier Höch¢ter hord o maygen zyer Bgenad mich lieb der gnàden vol Zferhörren tugentleichen wol Da mit ¢o hay¢¢ ¢ey ¢iczen hin Vnd ¢icz zu ir daz i¢t der ¢in Vnd heb dein tayding an da mit Zùchtichleich daz i¢t der ¢itt Du ¢prich vil ¢enfticleich vn leys O holder pul mein paradeis Daz ich da her ¢o mangen tag Taugen lieb¢chaft gen euch trag Mit ganczen trüwen leident fro Des la¢¢t mich heut genie¢¢en ¢o Vnd verhay¢¢t mir ze der vart
Anders, wiss, ich schaff dir we!” Oder andrer red sei tuot Durch scham und ere, die vil guot, Dar umb vil wenig du verzag Und ge die gassen auf und ab, 1755 Ze fröden singend deinem lieb Sunderleich daz hofelied: “Ze dienen hab ich ir gesworn, Wil seis joch niemer han verguot. Vält es mir heut – es trifft leicht morn: Dar auf derfreuwet sich mein muot Und harren ie auf guoten wan. Ze dienen hab ich ir gesworn, Wil seis joch niemer han verguot: Dar um wil ich nicht abelan.” 1765 Hin wider umb der botten bhend Zuo ir dik und ofte send! Und hat mans vor gebeten ser, So fleh man sei noch dreistund mer, Bis daz du seist von ir geert; 1770 Won chain hertz ward nie so hert, Daz man nicht möht gmachen lind Mit stätem gpett: das waiss ein kind. Nu dar, gschicht die gnade dir, Daz du scholt chümen hin zuo ir, 1775 So saum dich nit und mach dich dar Taugenleich vor neider schar Und naig dich ir! Du grüess sei so: “Got der mach euch gmüetes fro Und geb euch glüks und hailes vil! 1780 Nicht anders ich nu pitten wil.” Dar nach so macht du sprechen schier: “Höchster hord, o maigen zier, Begnad mich, lieb der gnaden vol, Zferhörren tugentleichen wol!” 1785 Da mit so haiss sei sitzen hin Und sitz zuo ir (daz ist der sin) Und heb dein taiding an da mit Züchtichleich (daz ist der sitt)! Du sprich vil senfticleich und leis: 1790 “O holder puol, mein paradeis, Daz ich da her so mangen tag Taugen liebschaft gen euch trag, Mit gantzen trüwen leident fro, Des lasst mich heut geniessen so 1795 Und verhaisst mir ze der vart
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1752 andrer: zweites r Korrektur aus n durch Rasur. 1758 ge¢worn: n auf Rasur. über dem Wort. 1781 Am unteren Rand der Seite Kustode: ij.
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sonst wirst du meinen Zorn zu spüren bekommen! Merk dir das!‘ Es kann auch sein, dass die Edle aus Gründen der Scham und der Ehre irgend etwas anderes sagt. Dann darfst du aber trotzdem nicht verzagen, sondern geh in der Gasse auf und ab und sing zur Freude deiner Liebsten dieses Minnelied: ‚Nur ihr zu dienen hab ich ihr geschworen, Auch wenn sie’s mir nicht lohnen will. Missglückt’s mir heut – mag’s morgen mir gelingen. Mich daran zu erfreuen, drauf steht mein ganzer Sinn. Die Hoffnung geb ich niemals auf: Denn ihr zu dienen hab ich ihr geschworen, auch wenn sie’s mir nicht lohnen will. Drum lass ich davon nimmermehr.‘ Du solltest auch immer wieder wortgewandte Liebesboten zu ihr schicken! Und hast du sie bislang schon inständig gebeten, so fleh sie nun noch dreimal inständiger an, bis sie dir die Ehre gibt. Denn noch nie war ein Herz so hart, dass man es nicht durch ständiges Bitten erweichen könnte. Das weiß doch jedes Kind. Nun denn: Erfährst du die Gnade, dass du zu ihr kommen sollst, dann zögere nicht lange, sondern geh unbemerkt von allen Neidern zu ihr, verneige dich vor ihr und begrüße sie mit diesen Worten: ‚Gott mache Euch von Herzen froh, und schenke Euch viel Glück und Heil! Nichts anderes möchte ich erbitten.‘ Dann kannst du gleich so fortfahren: ‚Du schönster Schatz, du Maienzier, du Liebliche voller Gnade, sei so gnädig und erhöre mich, du Tugendreiche.‘ Dann bitte sie, sich zu setzen. Setz dich zu ihr – das ist der Zweck der Sache – und beginn wohlerzogen – so verlangt es der Anstand – deine Ansprache. Nun sprich sanft und leise: ‚Oh holde Liebste, Ihr, mein Paradies: Dass ich Euch schon so viele Tage heimlich Liebe entgegenbringe und unbeirrt diesen Kummer froh erleide, dafür gewährt mir heute meinen Lohn. Und verheißt mir nun
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Text nach Ed. Wießner
Ganczeu trkw ı lieber art Daz i¢t mir fraw die höch¢te gab Die may¢te ¢ald die gro¢te gnad Won chain ding ward nie ¢o gut Sam herczen zwai in einem mut Ver¢triket gar mit ¢tätichait Jn treuwer liebe gancz berait So ¢p~cht ¢ey leicht daz wi¢¢e got Der mein geruchet ane ¢pot Dem mag ich auch nicht h䢢 gt~ge Des ¢cholt ir ye¢o danche ¢agen Vnd ¢prechen we wie gut Wie frölech got was ı dem mut Do er ym ¢chuff des men¢che art Sunderleichen euch ¢o zart Jn ¢o rechter mࢢ vn geng An der chùrcz vn der leng Aus ew’m mundlein ein rubein Prinnet ¢älich mus er ¢ein Dem ir eins chù¢¢ens woltin gune Dar vmb mich daucht ich hiet gwune Tau¢ent march vn dannocht vil Mocht ich chùme zu dem spil So i¢t ¢ey leyicht der li¢ten vol Vnd chan dir dicz ver ¢age wol Durch er ¢ey wil dir nicht v’iehn Daz ¢ey wolt yet es wär g¢chehe Dar vmb h’ g¢ell nim dir nit laid Greyff ir ley¢leich an dz chlaid Mit ¢eufczen ¢prich o we mı hord Töt¢cht du mich dz i¢t ein mord Nu wai¢t du wol dz ich verderben Mü¢¢ al¢o vn dar zu ¢terben Da mit ¢o mach der red nicht vil Vnd mach dich zu der mine ¢pil Jn ¢ü¢¢en werchen es i¢t zeit Mit ku¢¢en merk vn andern ¢treyt Bis daz die rayn der warmet ¢ey So macht du muten ¢orgen frey Die e ob ir dein hercz begert Des wir¢t du ¢icher dann gwert Dar nach ¢o tu ¢am ander leut
Gantzeu treuw in lieber art! Daz ist mir, fraw, die höchste gab, Die maiste säld, die gröste gnad; Won chain ding ward nie so guot 1800 Sam hertzen zwai in einem muot Verstriket gar mit stätichait, In treuwer liebe gantz berait.” So spricht sei leicht: “Daz wisse got: Der mein geruochet ane spot, 1805 Dem mag ich auch nicht hass getragen!” Des scholt ir ieso danche sagen Und sprechen: “We, wie guot, wie guot, Wie fröleich got was in dem muot, Do er im schuoff des menschen art, Sunderleichen euch so zart, In so rehter mass und geng An der chürtz und an der leng! Aus ewerm mundlein ein rubein Prinnet; sälich mües er sein, 1815 Dem ir eins chüssens woltin gunnen! Dar umb mich däucht, ich hiet gewunnen Tausent march und dannocht vil, Möcht ich chümen zuo dem spil.” So ist sei leicht der listen vol 1820 Und chan dir ditz versagen wol: Durch er sei wil dir nicht verjehen, Daz sei wolt ieso, es wär geschehen. Dar umb, her gsell, nim dir nit laid, Greiff ir leisleich an daz chlaid; 1825 Mit seuftzen sprich: “O we, min hord, Tötscht du mich, daz ist ein mord: Nu waist du wol, daz ich verderben Muoss also und dar zuo sterben.” Da mit so mach der red nicht vil 1830 Und mach dich zuo der minne spil In süessen werchen (es ist zeit) Mit küssen, merk, und anderm streit, Bis daz die rain derwarmet sei! So macht du muoten sorgen frei 1835 Die e, ob ir dein hertz begert: Des wirst du sicher dann gewert. Dar nach so tuo sam ander leut!
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1797 art: auf Rasur. 1798 Vers reicht bis an Spalte b. 1804 ¢p cht: t über dem Wort. 1806 Vers reicht bis an Spalte b. 1810 Vers reicht bis an Spalte b. 1812 rechter: c über dem Wort. 1816 Blatt 12 an der unteren Außenseite beschnitten, Text ist daher bis zum Ende der Spalte (1827) zunehmend eingerückt, eng geschrieben und reicht an Spalte b heran. 1817 hiet gwune: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 1822 wil: w undeutlich, scheint korrigiert aus v. 1830 red: rred?
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Eure beständige Treue und Liebe. Das, oh Herrin, wäre für mich das schönste Geschenk, das höchste Glück, die größte Gnade, denn es gibt nichts Schöneres als zwei Herzen, die eines Sinnes sind und für immer und ewig in treuer Liebe verbunden nur noch füreinander leben.‘ Darauf sagt sie vielleicht: ‚Gott ist mein Zeuge: Wenn sich einer so ehrlich um mich bemüht, dann kann ich ihn auch nicht hassen!‘ Dafür müsst Ihr Euch gleich bedanken und sagen: ‚Ach, wie wohl und froh war Gott gewiss zumute, als er das Menschengeschlecht erschuf und insbesondere Euch: so zierlich und so wohlgeformt, nicht zu klein und nicht zu groß. Aus Eurem Mündchen leuchtet ein Rubin. Wie selig müsste der sein, dem Ihr einen Kuss schenken würdet! Ich könnte meinen, dass ich tausend Mark oder noch viel mehr gewonnen hätte, wenn ich dieses Glück erreichen würde.‘ Mag sein, dass sie eine ganz Kluge ist und dir diesen Wunsch nicht erfüllt. Aus Rücksicht auf ihr Ansehen kann sie vielleicht nicht zugeben, dass auch sie sich wünscht, es wäre schon so gekommen. Deshalb mein Freund, sei nicht traurig, sondern berühre zart ihr Kleid und sag unter Seufzen: ‚Oh je, mein Schatz, tötest du mich, dann ist das Mord. Denn du weißt doch sehr genau, dass ich zugrunde gehen und sterben werde.‘ Dann mach nicht mehr so viele Worte, sondern beginn endlich mit den süßen Werken der Liebe (es wird langsam Zeit): mit Küssen und – achte darauf – auch weiterem Geplänkel, bis die Tugendsame richtig heiß ist. Dann endlich kannst du ihr getrost die Ehe antragen, wenn du sie denn so begehrst. Die wird sie dir nun nicht mehr abschlagen. Und dann treib es mit ihr so, wie es alle Menschen tun!
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Nicht mer ich dir ye¢o beteut Des ¢prach Bert¢chi öhäin mein Daz vil ¢alich mu¢¢i¢t ¢ein Wai¢t nicht daz ze di¢er fri¢t Mäczli ¢o ver¢chlo¢¢en i¢t Daz niemand kömen mag zu ir Ze ¢agen meines herczen gir Des mu¢t du ¢elber nemen war Vn machen dich zum ¢peych’ dar Mit dem briefel g¢elle mein Vnd werffen irs zum ven¢ter in Des wirt ¢ey vindent eine fund Daz ir die mär leicht werdent künd Nabelreiber der ward iehen Waz du wilt daz ¢ey ge¢chehen Sein feder er do fürher nam Vnd ¢p~ch nu ¢ag auf gut’man Wie du den brief wilt haben Der mine ¢ich ward ¢agen Nach dem vn er ¢ich be¢t ver¢ach Al¢o hub er an vn ¢p~ch Got grü¢¢ dich lindentolde Lieb ich pin dir holde Du bi¢t mein morgen ¢terne Pey dir ¢o ¢chlieff ich gerne Mich hat ¢o ¢er verdro¢¢en Daz du bi¢t ¢o ver¢chlo¢¢en Jn dem speicher vber tag Daz ich nit g¢chlaffen mag Dar zu han ich much verme¢¢en Daz ich furbas nit wil e¢¢en Noch gdrinken dehain’ ¢tund Mich trö¢tj dann dein roter mund Dar vmb ¢o ¢ag mir an od’ ab Daz got dein lieben ¢ele hab Trun Henreycze der waz chlug Sym hörr auf lieber ¢ein i¢t gnug Sprach er zu dem tichter do Ein andern brief den ¢chraib er ¢o Nach wn¢ch ¢o mü¢¢ der zarten mein Gelùk ¢äld vn hayl be¢cheret ¢ein Daz mir nu alles i¢t entwert Vnmut hàt mich gar ver¢ert Den ich ¢o ¢endecleichen duld Vmb anders nicht dann ew’ huld Dar vmb fraw o maigen plüt
Text nach Ed. Wießner Nicht mer ich dir ieso beteut.’ 1840 Des sprach Bertschi: ‘Öhain mein, 1840 Daz du vil sälich müessist sein! Waist nicht, daz ze diser frist Mätzli so verschlossen ist, Daz niemand kömen mag zuo ir, 1845 Ze sagen meines hertzen gir? 1845 Des muost du selber nemen war Und machen dich zum speicher dar Mit dem briefel, gselle min, Und werffen irs zum venster in; 1850 Des wirt sei vindent einen fund, 1850 Daz ir die mär leicht werdent kund.’ Nabelreiber der ward jehen: ‘Waz du wilt, daz sei geschehen!’ Sein feder er do fürher nam 1855 Und sprach: ‘Nu sag auf, guoter man, Wie du den brief wilt haben!’ Der minnesiech ward sagen Nach dem, und er sich best versach; Also huob er an und sprach: 1860 ‘Got grüess dich, lindentolde! 1860 Lieb, ich pin dir holde. Du bist mein morgensterne; Pei dir so schlieff ich gerne. Mich hat so ser verdrossen, 1865 Daz du bist so verschlossen 1865 In dem speicher über tag, Daz ich nit geschlaffen mag. Dar zuo han ich mich vermessen, Daz ich fürbas nit wil essen 1870 Noch gedrinken dhainer stund, 1870 Mich trösti dann dein roter mund. Dar umb so sag mir an oder ab! Daz got dein lieben sele hab!’ Trun, Henreitze der was chluog! 1875 ‘Sim, hörr auf lieber: sein ist gnuog!’ Sprach er zuo dem tichter do. Ein andern brief den schraib er so: ‘Nach wunsch so müess der zarten mein Glük, säld und hail bescheret sein, 1880 Daz mir nu alles ist entwert! 1880 Unmuot hat mich gar versert, Den ich so sendecleichen duld Umb anders nicht dann ewer huld. Dar umb, fraw, o maigenplüet,
1871 trö¢tj: j Korrektur aus e. 1873 ¢ele hab: zweites e nachträglich eingefügt, Worte daher nah beieinander, durch Haarstrich getrennt. 1874 Doppelstrich vor dem Vers.
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Mehr will ich dir dazu nicht erklären.“ Daraufhin sprach Bertschi: „Lieber Onkel, selig möchte ich dich preisen! Weißt du denn nicht, dass Mätzli zu dieser Stunde eingesperrt ist, so dass niemand zu ihr gelangen kann, um ihr das Verlangen meines Herzens zu übermitteln? Du, mein lieber Freund, müsstest dir das selbst ansehen und dich mit einem Briefchen zum Speicher aufmachen und es ihr zum Fenster hineinwerfen. Sie wird es finden und die Geschichte dann leicht verstehen.“ Nabelreiber antwortete ihm: „So wie du es willst, so soll es auch geschehen!“ Er nahm seine Schreibfeder vor und meinte: „Nun sag an, mein Bester, wie du den Brief haben möchtest!“ Darauf fing der Liebeskranke so an, wie er es eben am besten konnte, und er sagte: „Gott grüße Dich, Du Lindenkrone! Mein Lieb, Dir bin ich hold. Nur Du bist mir mein Morgenstern: Bei Dir schlief ich so gern. Dass Du den ganzen Tag im Speicher eingeschlossen bist, hat mich so sehr mitgenommen, dass ich nicht mehr schlafen kann. Auch habe ich mir vorgenommen, nichts mehr zu essen und nichts mehr zu trinken, bis mich Dein roter Mund tröstet. Deshalb sag mir ja oder nein, auf dass sich Gott Deiner lieben Seele erbarme!“ Also wirklich, Henritze war schon sehr gewandt: „Komm, hör auf, mein Lieber, es reicht!“ unterbrach er unseren Dichter und schrieb einen anderen Brief: „Mögen doch meiner Schönen Glückseligkeit und Heil zuteilwerden! Das ist mein einziger Wunsch. Mir jedoch ist das alles verwehrt! Denn mir tut der Kummer sehr weh, den ich so sehnsuchtsvoll nur in Hoffnung auf Eure Huld ertrage. Deshalb, Herrin – Ihr meine Maienblüte,
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Text nach Ed. Wießner
1885 1885 Süesseu tugend, zarteu güet, O meins hertzen paradeis, Bit ich euch mit allem fleiss, Daz ir es tuot durch frawen zucht, Durch mannes er, durch minne gnucht 1890 1890 Und mich begert zbegnaden Mit treier laie gaben: Die erst ist, daz mir sei berait Guoter will mit stätikait In ewerm hertzen sicherleich: 1895 1895 Daz wil ich gdienen ewencleich. Die ander ist, daz ir den fund Vinden schölt in churtzer stund, Daz sich hertzen, mündel, augen Zemen füegen sunder taugen. 1900 Zum dritten mal so wil ich flehen, 1900 Daz ir mir seit ein söleichs lehen, Wan ich ewer pin allaine, Daz niemand hab mit mir gemaine. Und wurd, daz nicht schol werden, 1905 1905 Daz ich auf diser erden Die gnad enmöcht erwerben, So wist, daz ich verderben Mües und dar zuo sterben! Da mit (Euch geseg in steg und weg) Euch ge¢eg in ¢teg vn weg (Jesus in seinr güeti!) 1910 Da mit Jhe¢us in ¢einr güti vn and 1910 (Ewer phleg in leb und sweb) Ew’ phleg ı leb vn ¢web ers nit (Venus in irm gemüeti!’) Venus in irm gmüti Und anders nit! Do der brief geschlossen ward, Do der brief ge¢chlo¢¢en ward Der schreiber huob sich an die vart. Der ¢chreiber hub ¢ich an die vart 1915 Zu dem ¢peich’ er ¢ich kert 1915 Zuo dem speicher er sich kert, Da fro Mätzel was verspert. Da fro Mäczel was ver¢pert Daz briefel pand er an ein stain Daz briefel pand er an ein ¢täyn Und warf es hin zum fensterlein; Vnd warf es hin zum fen¢terleyn Er sprach: ‘Nu ge hin ane füess! Er ¢p~ch nu ge hin ane fü¢¢ 1920 Dich vmb¢chlahend armen ¢ü¢¢ 1920 Dich umbschlahend armen süess. Var hin, brief, dar ich dich sende! Var hin brief dar ich dich ¢ende Dich enphahend weisse hende.’ Dich enphahend wei¢¢e hende Min briefel daz ward fliegen, Mein briefel daz ward fliegen Zum fenster in hin stieben Zum fen¢ter in hin ¢tieben 1925 Und cham her, da es Mätzen vand. 1925 Vnd cham her da er Mäcze vand Es verfaillet payder hand Es verfället paider hand
Sü¢¢eu tugend zarteu güt O meins herczen paradeis Bit ich euch mit allem fleizz Daz ir es tüt durch frawen zucht Durch manes er durch mine gnucht Vnd mich begert ze gnaden Mit treyer laye gaben Die er¢t i¢t daz mir ¢ey berayt Guter will mit ¢tätikayt Jn ew’m herczen ¢icherleich Daz wil ich gdyenen ewecleich Die ander i¢t daz ir den fund Vinden ¢chölt ı churczer ¢tund Daz ¢ich herczen mundel augen Zemen fügen ¢under taugen Zum dritten màl ¢o wil ich flehen Daz ir mir ¢eyt ein ¢oleichs lehen Won ich ewer pin allaine Daz niemand hab mit mir gemayne Vnd wurd daz nicht ¢chol werden Daz ich auf di¢er erden Die gnad enmöcht erwerben So wi¢t daz ich verderben Mü¢¢ vnd dar zu ¢terben
1895 gdyenen: auf Rasur. 1906 erwerben: erstes r mit w-Ansatz verlaufen, über dem Wort wiederholt. 1909–1912 Dünne Linien verlaufen zwischen diesen vier Zeilen und Da mit sowie vn anders nit, dieses reicht bis an Spalte b. 1914 ¢chreiber: über e wohl i angesetzt. 1920 ¢ü¢¢: am Ende des Wortes e radiert. 1923 Mein: e über dem Wort.
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süße Tugend und zarte Güte, Ihr, meines Herzens Paradies – bitte ich Euch inständigst, dass Ihr mich um der Sittsamkeit der Frauen, der Ehre der Männer und der Freude der Liebe willen mit dreierlei Gaben beschenken möget: Die erste wäre, dass mich in Eurem Herzen stets die beste Absicht erwartet. Dafür will ich Euch immerfort zu Diensten sein. Die zweite Gabe wäre, dass Ihr recht bald einen Weg findet, dass sich unsere Herzen, Münder und Augen im ganz Verborgenen zusammenfinden. Und drittens erbitte ich von Euch, dass Ihr mir ein solches Lehen zusagt, das ich mit niemandem teilen muss, denn ich gehöre Euch ganz allein. Sollte es aber dazu kommen, dass ich in diesem Leben Eure Huld nicht mehr erlangen kann, so sollt Ihr wissen, dass ich dann zugrunde gehen und sterben muss. Damit segne Euch Jesus in all seiner Güte auf all Euren Wegen und bewahre Euch Venus in ihrem Herzen, bei all Eurem Leben und Treiben – und anders nicht.“ Sobald der Brief fertiggeschrieben war, machte sich der Schreiber auf den Weg zu dem Speicher, in welchem Mätzli eingesperrt war. Er wickelte das Briefchen um einen Stein, warf es zum Fensterchen hinein und rief ihm nach: „Lauf nun ohne Füße, dich umfassen bald süße Arme. Geh, mein Brief, wohin ich dich sende. Dich empfangen weiße Hände.“ Mein Briefchen flog also los, wirbelte zum Fenster hinein und fand zu Mätze. Es verfehlte ihre beiden Hände
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Text nach Ed. Wießner
Vn dar zu lieber armen Es mocht da nicht erwarmen Al¢o es der choph emphieng So ¢chon daz ym daz plut aus gieng Da was der brief nicht ¢chuldig an Es hiet ¢ein g¢ell da pey getan Zu dem es waz ge¢trichet Der ¢o die men¢chen zwiket Für daz grü¢¢en an der vart So er zu ym g¢endet wart Mäczli was geuallen Mit ärs vnd mit allem Ab dem banch da ¢ey do ¢as Daz ¢ey irs gemucz vergas Do nu vergie daz ¢treken Die oren ward ¢ey reken Vnd denken wie i¢t mir g¢chehen Al¢o wol ¢ei vmb ¢ich ¢ehen Vnd der ¢ach den brief gpunden Mit dem ¢tayn der ir die wunden Hiet ge¢chlagen ı den chopf Des nam ¢ey wunder ı dem kropf Doch ¢ey zu ir ¢elben ¢p~ch Dicz i¢t nicht g¢chehen ane ¢ach Hie mit vnd ¢ey den brief entpand Den ¢tayn den warff ¢ey widerd wand Woy wie gern ¢ey hiet gele¢en Wär dhayn kun¢t in ir gewe¢en Sey wolt ¢ich ztod erfre¢¢en Daz ¢ey der g¢chrift verge¢¢en Hiet in iren jungen tagen Daz ward ¢ey ruwenchleichn clagen Vnd ¢prechend we mir heut den tag Daz ich ¢o wench gelernet hab Le¢en vnd auch ¢chreiben Daz pringt mir jamere leyden Vnd macht mir ¢chaden ¢cha vn laid Wie ¢chol ich meinew haymleichait Offnen einem fremden man Dem ich layder nicht enkan Getrauwen aigenleichen wol Die werlt i¢t bö¢er li¢ten vol Owe chun¢t du werdes gut Du höch¢ter hord du edler mut
Und dar zuo lieber armen; Es mocht da nicht erwarmen. Also es der choph emphieng So schon, daz im daz pluot aus gieng. Da was der brief nicht schuldig an: Es hiet sein gsell da pei getan, Zuo dem er was gestrichet, Der so die menschen zwiket Für daz grüessen an der vart, 1935 So er zuo in gsendet wart. Mätzli was gevallen Mit ars und mit allem Ab dem banch, da sei do sas, Daz sei irs gemüetz vergas. 1940 Do nu vergie daz streken, Die oren ward sei reken Und denken: ‘Wie ist mir geschehen?’ Also wolt sei umbsich sehen Und dersach den brief gepunden 1945 Mit dem stain, der ir die wunden Hiet geschlagen in den chopf. Des nam sei wunder in dem kropf. Doch sei zuo ir selben sprach: ‘Ditz ist nicht gschehen ane sach.’ 1950 Hie mit und sei den brief entpand, Den stain den warff sei widerd wand. Woi, wie gern sei hiet gelesen, Wär dhain kunst in ir gewesen! Sei wolt sich ztod erfressen, 1955 Daz sei der gschrift vergessen Hiet in iren jungen tagen. Daz ward sei rüwenchleichen clagen Und sprechend: ‘We mir heut den tag! Daz ich so wench gelernet hab 1960 Lesen und auch schriben, Daz pringt mir jamers liden Und macht mir schaden, scham und laid. Wie schol ich meineu haimleichait Offnen einem fremden man, 1965 Dem ich laider nicht enkan Getrauwen aigenleichen wol? Die werlt ist böser listen vol. Owe, chunst, du werdes guot, Du höchster hord, du edler muot, 1970
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1928 mocht: macht? 1960 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iij. 1961 ¢chreiben: ursprünglich ¢criben, h und e über dem Wort geschrieben. 1963 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 1964 haymleichait: it über dem Wort. 1965 Offnen: ursprünglich Offenen, e durch Strich getilgt. 1970 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende.
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und ihre süßen Arme auch. An denen konnte es sich nicht wärmen! Dafür nahm ihr Kopf es so vollendet in Empfang, dass er zu bluten begann. Den Brief allerdings traf daran keine Schuld, denn das hatte sein Gefährte bewirkt, an den er angebunden war. Der ist es, der den Menschen bei derartigem Grüßen weh tut, wenn er zu ihnen geschickt wird. Mätzli war mit ihrem Arsch und allem Übrigen von der Bank, auf der sie saß, gefallen und ohnmächtig geworden. Als sie wieder zu sich kam, spitzte sie die Ohren und dachte: „Was ist denn mit mir passiert?“ Dabei sah sie sich um und fand den Brief an den Stein gebunden, der ihr das Loch in den Kopf geschlagen hatte. Das erstaunte sie bis tief in ihren Kropf. Jedoch sagte sie zu sich selbst: „Das ist doch wohl nicht ohne Grund passiert.“ Damit band sie den Brief los, den Stein aber warf sie gegen die Wand. Ach je, wie gern hätte sie den Brief gelesen, wenn sie nur zu so etwas fähig gewesen wäre. Zu Tode hätte sie sich ärgern können, dass sie in ihrer Jugend nicht an Lesen und Schreiben gedacht hatte. Voll Reue begann sie deshalb zu klagen und rief: „Weh mir, heute an diesem Tage! Dass ich vom Lesen und Schreiben so wenig gelernt habe, das bringt mir Kummer, Schaden, Scham und Leid. Wie soll ich denn meine Geheimnisse einem wildfremden Mann eröffnen, dem ich doch leider gar nicht richtig trauen kann? Die Welt ist doch voller Gemeinheiten. Ach Bildung – du teures Gut, du schönster Hort, du edle Gesinnung,
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Text nach Ed. Wießner
Ge wizzer ¢chacz du blündeu frucht Der ¢ele hayl des leibes zucht Hiet ich deine ¢ame g¢ayt Mit sorgen vnd auch arbayt So möcht ich ieczo ¢neyden Mit fröden ane leiden Hiet ich g¢aczt der wurczen dein Die mich ¢o bitter dauchten ¢ein So lä¢ ich iecz in meinen ¢ak Öpfel ¢ü¢¢ vn wol ge¢mak Secht der han ich kains getan Des mu¢¢ ich di¢en jamer han Do nu die red was vollepraht Jn irem herczen ¢ey gedacht Wie ¢eys ¢cholte legen an Daz ¢ey chaym zu einem man Der jr ¢aget an gebär Was am brief ge¢chriben wär Al¢o kam ir in den mut Dar zu ¢o wär ein ¢chreyen gut Vnd ein rüffen durch den gatter Zu meinem alten toben vatter Vnd zaygen ym daz plut der wuden Vnd wie mir was vo we g¢wudn So wirt er mich leicht neme aus Vnd füren mich zus arczecz haus Vil ¢chier vn auch ge¢winde Daz er mich verpinde Wie ¢chier waz daz ge¢chehen Sam ¢ey ¢ich hiet ver¢ehen Der arczet was ein wei¢er man Dar vmb er fragen do began Wie pi¢t du maget ¢o g¢chlagen Mit we vnd wan daz ¢cholt mir ¢agn Das tet er alles vmb’ daz Daz er derfürj de¢ter bas Mit we ir zhelfen wäre Mäczelein dem was ¢wäre Ze ¢agen im mit gancze wàr Vor den leuten offenbar Des antwùrt ¢ey trun ich enwai¢¢ Die leut die tun mir al¢o hai¢¢ Die hie ¢o nahent pey mir ¢ten
Gewisser schatz, du blüendeu frucht, Der sele hail, des leibes zucht, Hiet ich deinen samen gsait Mit sorgen und auch arbait, So möcht ich ietzo sneiden 1975 Mit fröden ane leiden. Hiet ich gsatzt der wurtzen dein, Die mich so bitter dauchten sein, So läs ich ietz in meinen sak Öpfel süess und wol gesmak. 1975 Secht, der han ich kains getan: Des muoss ich disen jamer han!’ Do nu die red was vollepraht, In irem hertzen sei gedacht, Wie seis scholte legen an, 1985 Daz sei chäm zuo einem man, Der ir saget an gevär, Was am brief geschriben wär. Also kam ir in den muot: ‘Dar zuo so wär ein schreien guot 1990 Und ein rüeffen durch den gatter Zuo meinem alten toben vatter Und zaigen im daz pluot der wunden Und, wie mir was von we geswunden: So wirt er mich leicht nemen aus 1995 Und füeren mich zuos artzetz haus Vil schier und auch geswinde, Daz er mich verpinde.’ Wie schier was daz geschehen, Sam sei sich hiet versehen! 2000 Der artzet was ein weiser man, Dar umb er fragen do began: ‘Wie pist du, maget, so geschlagen? Mit we und wan? Daz scholt mir sagen!’ Das tet er alles umbe daz, 2005 Daz er derfüeri dester bas, Mit we ir zhelfen wäre. Mätzlein dem was swäre, Ze sagen im mit gantzem war Vor den leuten offenbar; 2010 Des antwürt sei: ‘Trun, ich enwaiss! Die leut die tuon mir also haiss, Die hie so nahent pei mir sten:
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1978 mich: in blasser Tinte vor der Spalte geschrieben, durch Einfügungszeichen gekennzeichnet. 1983 Doppelstrich vor dem Vers; Vers reicht bis an Spalte b. 1993 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die drei folgenden. 2004 ¢agn: unter der Zeile bzw. Spalte geschrieben. Vers reicht bis an Spalte b. 2005 er: über der Zeile eingesetzt. 2007 we ir: nah beieinander, durch Haarstrich getrennt, Diakritikum über ir.
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sicherer Schatz, du blühende Frucht, du Heil der Seele und Erzieherin des Leibes. Hätte ich doch nur deinen Samen mit Sorgen und Mühe gesät, so könnte ich jetzt froh und ohne Kummer die Ernte einholen. Hätte ich deine Wurzeln, die mir so bitter schienen, eingepflanzt, so würde ich jetzt süße und wohlschmeckende Äpfel einsammeln. Stellt euch vor, nichts von beidem habe ich getan. Deshalb muss ich nun in diesem Jammer leben!” Als sie mit ihrer Rede fertig war, dachte sie bei sich, wie sie es wohl anstellen sollte, einen Mann zu finden, der ihr den Inhalt des Briefes ganz unverfälscht mitteilen würde. Und so kam ihr dies in den Sinn: „Dafür wäre es gut, zu schreien und durch das Gittertor nach meinem alten, grantigen Vater zu rufen, ihm die blutende Wunde zu zeigen und zu erzählen, wie ich vor Schmerz ohnmächtig geworden bin. Vielleicht holt er mich dann hier raus und bringt mich auf der Stelle zum Arzt, damit der mich verbindet.“ So wie sie sich das gedacht hatte, geschah es dann auch gleich. Der Arzt war ein erfahrener Mann und fragte sie deshalb sofort: „Mädchen, wie bist du denn so geschlagen worden? Womit und wann ist das geschehen? Das musst du mir sagen!“ Das tat er natürlich nur, um genauer zu erkunden, wie er ihr helfen könnte. Mätzli aber fiel es schwer, ihm vor all den Leuten die volle Wahrheit zu sagen. Deshalb antwortete sie ihm: „Ganz ehrlich, das weiß ich nicht. Auch machen mir die Leute Angst, die mir hier so nahe auf den Leib rücken.
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Jch fùrcht mir well die ¢el engen Chrippenchra der ward des jnnen Wes die junchfraw wol beginnen Er ¢narchet gen den leuten Sym was wil dicz beteuten Welt ir vns der¢teken Der ¢tenken vnd der ¢meken Vn dar zu mir die chun¢t ableren Daz tut mir zorn vn ¢ichs nit gern Jch mag ir nicht generen Man well ¢ie dann ver¢perren Jn di¢er cam’ sunderbar Daz ¢eit die kun¢t vn i¢t auch war Da wirt man ir der wurcze geben Wil mans behalten pey dem leben Des ¢chreuwens all hin für hin für Wir ¢chùllen tretten für die tür Mein tür die ward ver¢chlo¢¢en Der arczt was vnuerdro¢¢en Zum andern mal er fràget do Sag an liebes diernel ¢o Vnd ¢ag mir freileich dein gemut Wilt daz got dirs leben bhüt Mäczli die hub an vn ¢prach So wol mir daz ich euch ge¢ach Jr ¢eit ¢o gar ein biderman Daz ich dehainen zwiuel han Wie irs yemant furbas ¢agen Werdint mein vil ¢endes klagen Des ¢p~ch der arczt du ¢cholt nit ¢orgen Wenn waz du ¢äy¢t daz pleibt verporgen Sicher was der mai¢ter do Waz er tet daz lai¢t er ¢o Die mayt hub an zferiehen Mein herr dicz i¢t ge¢chehen Mit einem ¢tayn der geworffen was An die ¢tat do ich do ¢a¢ Den hab ich al¢o funden Mit di¢em brief ver wunden Den zaig ich euch in rehter peyicht Sam ir ze phaffen wärd geweicht Vnd pit euch durch den rechen got Daz ir mir ¢agent àne ¢pot Was dar inn ge¢chriben ¢ey Des mu¢t ir we¢en laydes frey Der arczet nam den brief ind hand
Text nach Ed. Wießner Ich fürcht, mir well die sel engen.’ 2015 Chrippenchra der ward des innen, 2015 Wes die junchfraw wolt beginnen; Er snarchet gen den leuten: ‘Sim, was wil ditz beteuten? Welt ir uns dersteken, 2020 2020 Derstenken und dersmeken Und dar zuo mir die chunst ab lern? Daz tuot mir zorn und sichs nit gern. Ich mag ir nicht generen, Man well sie dann versperren 2025 In diser camer sunderbar: 2025 Daz seit die kunst und ist auch war. Da wirt man ir der wurtzen geben, Wil mans behalten pei dem leben.’ Des schreuwens all: ‘Hin für, hin für! 2030 2030 Wir schüllen tretten für die tür!’ Mein tür die ward verschlossen. Der artzt was unverdrossen; Zum andern mal er fraget do: ‘Sag an, liebes diernel, so 2035 Und sag mir freileich dein gemüet, 2035 Wilt, daz got dirs leben bhüet!’ Mätzli die huob an und sprach: ‘So wol mir, daz ich euch gesach! Ir seit so gar ein biderman, 2040 Daz ich dehainen zwivel han, 2040 Wie irs iemant fürbas sagen Werdint, mein vil sendes klagen.’ Des sprach der artzt: ‘Du scholt nit sorgen! Wenn waz du saist, daz pleibt verporgen.’ 2045 Sicher was der maister do, 2045 Waz er tet, daz laist er so. Die mait huob an zferjehen: ‘Mein herr, ditz ist geschehen Mit einem stain, der gworffen was 2050 An die stat, da ich do sas. 2050 Den hab ich also funden Mit disem brief verwunden. Den zaig ich euch in rehter peicht, Sam ir ze phaffen wärd geweicht, 2055 Und pit euch durch den reichen got, Daz ir mir sagent ane spot, Was dar inn geschriben sei. Des müest ir wesen laides frei!’ Der artzet nam den brief ind hand
2015 der: unvollständige Korrektur aus des. 2029 Doppelstrich vor dem Vers. vor dem Vers. 2050 ¢a¢: davor ¢achs durch Punkte getilgt.
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Beinahe fürchte ich, dass mir die Seele aus dem Leib fahren könnte!“ Grapschkrähe merkte nun, worauf das Fräulein hinauswollte. Er ranzte die Leute an: „Zum Teufel, was soll denn das hier? Wollt ihr uns ersticken oder uns in eurem Gestank umkommen lassen und mir außerdem noch meine Heilkünste abschauen? Das hab ich gar nicht gerne, und wütend macht es mich auch. Ich kann sie nicht retten, wenn man sie nicht hier in dieser separaten Kammer allein lässt. In vollem Ernst: Die ärztliche Kunst verlangt das so. Nur wenn man ihr dort die richtige Wurzel gibt, wird man ihr Leben retten können.“ Daraufhin schrien alle: „Raus, bloß raus! Kommt, wir gehen vor die Tür!“ So wurde die Tür hinter ihnen verschlossen. Der Arzt war guten Mutes und fragte Mätzli ein zweites Mal: „Du schönes Kind, wenn du möchtest, dass Gott dein Leben bewahrt, so erzähle mir offen all deine Gedanken und Wünsche.“ Mätzli fing an und sagte: „Wie froh bin ich, dass ich Euch getroffen habe! Ihr seid doch ein richtiger Ehrenmann. So kann ich mir wohl sicher sein, dass Ihr niemandem von meinem Liebeskummer erzählen werdet.“ Darauf antwortete der Arzt: „Da mach dir mal keine Sorgen. Denn was du mir erzählst, das bleibt auch unter uns.“ Damit konnte unser Magister sicher sein, dass alles, was er tun würde, verborgen bliebe. So fing das Mädchen an zu erzählen: „Herr, es ist durch einen Stein passiert, der an die Stelle geworfen wurde, wo ich gerade saß. Den habe ich in diesen Brief eingewickelt gefunden. Den zeige ich Euch, als wären wir hier bei der Beichte und als hättet Ihr die Priesterweihe erhalten. Ich bitte Euch um Gottes, des Allmächtigen willen, dass Ihr mir ganz ehrlich vorlest, was in dem Brief geschrieben steht. Möget Ihr dafür Euer Glück finden!“ Der Arzt nahm den Brief in die Hand
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Vn ¢ayt ir waz er dar inn vand Des dankecz ym vn was ¢ein fro Zu dem arczet ¢p~ch ¢ey do Lieber herr ¢o ¢chreibet mir Hin wider vmb auch mein begir Daz wil ich euch vergelten Mit treuwen ane ¢chelten Der arczet ¢p~ch daz ¢ei ge¢chehen Doch wil des er¢ten ¢ehen Zu deinem haubt gelaub es mir Dar nach zu deines herczen gir Des ward er ¢ey do wä¢chen Mit e¢¢eich vnd mit ä¢chen Mit zwiuel vnd mit mer¢alcz Daz daucht ¢ey ¢ü¢¢er dann ein ¢malcz Die minn ward ir geuallen Die hönich gemacht au¢ gallen Vn dar nach au¢ dem hönich gpirt Gallen die ze pitter wirt Ze den ¢elben ¢tunden Mäczli ward verpunden Des hub ¢ey an vn ¢p~ch zu ym Herr vernemet meinen ¢in Schreibt vn là¢t die feder gen Al¢o ¢chol mein briefel ¢ten Got grü¢ dich lieb von hoher ärt Chäim pulen ich nie lieber wart Dan dir mein tro¢t daz ¢ag ich dir An allen ¢pot gelaub es mir Deinen brief han ich gele¢en Des mu¢¢ ich iemer froleich we¢en Chùm zu mir pey di¢er nacht Jns arczecz haus vn gib mir chraft Vnd waz du wilt daz wil ich tun Jch acht der andern nicht ein hun Da mit ¢o phleg dein vn¢er herr Du ¢eygi¢t nahent oder ferr Do dicz nu Crippenchra der ¢ach Zu ym ¢elber er do ¢prach Trun du macht ein hürrel ¢ein Mich triegin dann die ¢inne mein Vn gedacht ym an die ge¢chrift Die von weiben al¢o ¢pricht Den frawen i¢t der ärs ze prayt Daz hercz ze¢mal daz i¢t ge¢ayt So vil vnd ich euchs betuten wil
2076 au¢: vor dem Wort v durch Strich getilgt. getilgt. 2097 Doppelstrich vor dem Vers.
Text nach Ed. Wießner 2060 2060 Und sait ir, waz er dar inn vand. Des danketz im und was sein fro; Zuo dem artzet sprach sei do: ‘Lieber herr, so schreibet mir Hin wider umb auch mein begir! 2065 2065 Daz wil ich euch vergelten Mit treuwen ane schelten.’ Der artzet sprach: ‘Daz sei geschehen! Doch wil ich des ersten sehen Zuo deinem haubt, gelaub es mir, 2070 Dar nach zuo deines hertzen gir!’ 2070 Des ward er sei do wäschen Mit esseich und mit äschen, Mit zwivel und mit mersaltz: Daz daucht sei süesser dann ein smaltz. 2075 2075 Die minn ward ir gevallen, Die hönich gmacht aus gallen Und dar nach aus dem hönich gpirt Gallen, die ze pitter wirt. Ze den selben stunden 2080 2080 Mätzli ward verpunden. Des huob sei an und sprach zuo im: ‘Herr, vernemet meinen sin! Schreibt und last die feder gen! Also schol mein briefel sten: 2085 “Got grües dich, lieb von hoher art! Chaim puolen ich nie lieber wart Dan dir, mein trost: daz sag ich dir An allen spot, gelaub es mir! Deinen brief han ich gelesen; 2090 Des muoss ich iemer fröleich wesen. Chüm zuo mir pei diser nacht Ins artzetz haus und gib mir chraft! Und waz du wilt, daz wil ich tuon: Ich acht der andern nicht ein huon. 2095 2095 Da mit so phleg dein unser herr, Du seigist nahent oder ferr!”’ Do ditz nu Crippenchra dersach, Zuo im selber er do sprach: ‘Trun, du macht ein hüerrel sein, 2100 Mich triegin dann die sinne mein!’ 2100 Und gedacht im an die gschrift, Die von weiben also spricht: ‘Den frawen ist der ars ze prait, Daz hertz ze smal.’ Daz ist gesait 2105 So vil, und ich euchs btüten wil: 2105
2092 chraft: Korrektur aus crhraft, erstes r durch Punkt 2103 Rechts neben der Zeile ein waagerechter Strich.
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und las ihr vor, was darin stand. Dafür bedankte sie sich, freute sich darüber und sagte zu ihm: „Lieber Herr, bitte setzt mir meine Wünsche nun auch in einem Brief auf! Dafür will ich Euch dann auch ehrlich und ohne Feilschen entlohnen.“ Der Arzt erwiderte: „So soll es sein! Doch will ich mich zuerst einmal um deinen Kopf kümmern, anschließend um deinen Herzenswunsch.“ Er begann, ihre Wunde mit Essig und Asche, mit Zwiebelsaft und mit Meersalz einzureiben. Ihr hingegen erschien das lieblicher als Butterfett. Sie war der Liebe verfallen, die Galle in Honig verwandelt, anschließend aber den Honig in Galle, die noch bitterer schmeckt. Nun also wurde Mätzli verbunden, und sie sagte zu dem Arzt: „Hört nun, lieber Herr, was ich mir gedacht habe. Schreibt und lasst die Feder eilen. Dies soll in meinem Briefchen stehen: „Gott grüße Dich, mein edler Geliebter! Keinen Liebsten hatte ich bislang lieber als Dich, Du meine Freude. Das bekenne ich Dir ganz ehrlich, bitte glaub es mir! Deinen Brief habe ich gelesen. Der wird mich immer froh machen. Komm in dieser Nacht zu mir ins Arzthaus und stärke mich! Was Du willst, das werde ich tun. Die anderen interessieren mich nicht die Bohne. Damit Gott befohlen, seist Du nun nah oder fern!“ Als Grapschkrähe das verstanden hatte, sprach er zu sich selbst: „Oh, là, là! Wenn mich nicht alles täuscht, könntest du ein Flittchen sein!“ Und er erinnerte sich an den Text, der von den Frauen sagt: „Den Frauen ist der Arsch zu groß und das Herz zu klein.“ So sagt man ja. Und ich will es euch ausdeuten:
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Frawen trew der i¢t nicht vil Frawen vnkeu¢ch i¢t ein vinden Den chan roch mag vberwinden Waz ¢ag ich euch es i¢t nicht new Wie ¢mal ¢ey aller weilten trew Vnd dar zu churcz ir ¢tätichait Jr ¢ùnde michel vn auch prayt Man möcht es ewencleichen treyben Be¢¢er i¢t wir la¢¢ins pleyben Vnd kern wider zu dem arczet Der ward do lachent daz er farczet Vnd ¢prechen Mäczli Rürenzumph Dein nam ghoret wol zu meinem ¢tumph So ghört mein ¢tumph zu deine mut Vn¢er dinch mocht werden gut Vnd wilt meinen willen tun Jch mach dir gen dem vatter ¢un Gen deinem herwen vatt’ Friczen Der dich ¢o oft macht ¢er ¢wiczzen Vnd tu¢t dus nicht ich mach dir ¢chand Die brief die fa¢¢t er ı die hant Sich die wil ich Friczen zaygen Gib¢t du dich mir nicht ze aygen Maczli wi¢t nit was er ¢ayt Dar vmb waz ir die rede layd Vnd ¢prach ich pin in ewer hand Welt ir mich pringen ¢o ze¢chand Daz ¢tet euch werleich vbel an Scholt ir ¢ein ein bider man Ewers willens ich enwäi¢¢ Des ¢tumphen bkenn ich auch ein ¢chäi¢¢ Daz waz vil zùchtichleichen geret Des arczet macht es alles wett Er ¢ängelt da da nù¢¢li da Mäczli ¢ta ¢ta hägili ¢ta Der ¢tumphe daz ¢ein wurczen Ein langeu mit zwayn kurczen Dar zu ¢o i¢t mein wille Daz du dich habi¢t ¢tille Vnd la¢¢ dich nicht verdrie¢¢en Der wurczen mu¢t du nie¢¢en Wilt du ¢o nicht verderben Jn deinen ¢ùnden ¢terben Nu dar mein lieber herr daz ¢ey
Frawen trew der ist nicht vil; Frawen unkeusch ist ein vinden, Den chain roch mag überwinden. Waz sag ich euch? Es ist nicht new, Wie smal sei aller werlten trew 2110 Und dar zuo churtz ir stätichait, Ir sünde michel und auch prait. Man möcht es ewencleichen treiben; Besser ist, wir lassins pleiben Und kern wider zuo dem artzet. 2115 Der ward do lachent, daz er fartzet, Und sprechen: ‘Mätzli Rüerenzumph, Dein nam ghört wol zuo meinem stumph: So ghört mein stumph zuo deinem muot. Unser dinch möcht werden guot; 2120 Und wilt meinen willen tuon, Ich mach dir gen dem vatter suon, Gen deinem herwen vatter Fritzen, Der dich so oft macht ser switzen. Und tuost dus nicht, ich mach dir schand.’ Die brief die fasst er in die hant: ‘Sich, die wil ich Fritzen zaigen, Gibst du dich mir nicht ze aigen!’ Mätzli wist nit, was er sait; Dar umb was ir die rede laid 2130 Und sprach: ‘Ich pin in ewer hand: Welt ir mich pringen so ze schand, Daz stet euch werleich übel an, Scholt ir sein ein bider man. Ewers willens ich enwaiss, 2135 Des stumphen bkenn ich auch ein schaiss.’ Daz was vil züchtichleichen gret. Der artzet macht es alles wett; Er sängelt: ‘Da, da, nüssli, da, Mätzli! Sta, sta, hägili, sta! 2140 Der stumphe daz sein wurtzen, Ein langeu mit zwain kurtzen. Dar zuo so ist mein wille, Daz du dich habist stille, Und lass dich nicht verdriessen: 2145 Der wurtzen muost du niessen, Wilt du so nicht verderben, In deinen sünden sterben.’ ‘Nu dar, mein lieber herr, daz sei!’
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2107 vnkeu¢ch: ¢ über dem Wort. 2110 weilten: i über dem Wort. 2117 Rürenzumph: n mit Schlussbogen. 2124 ¢wiczzen: zweites z scheint korrigiert aus i. 2128 ze: davor Ansatz eines Buchstabens gestrichen. 2131 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iiij. 2140 ¢ta ¢ta: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 2149 Doppelstrich vor dem Vers.
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Treue der Frauen gibt es so gut wie nie; ihre Unkeuschheit ist wie ein Bauer, den kein Turm schlagen kann. Aber was soll ich noch sagen! Es ist ja kein Geheimnis, wie wenig die Treue in der Welt gilt, wie gering ihr Wille zur Beständigkeit ist und wie übergroß ihre Sünde. Endlos könnte man darüber räsonieren. Besser, wir lassen das bleiben und kehren zum Arzt zurück. Der musste so lachen, dass er einen Furz ließ und meinte: „Mätzli Schwanzgrapscherin, dein Name passt bestens zu meinem Stummel und mein Stummel zu deiner Absicht. Unser Handel wird schon noch klappen: Wenn du mir zu Willen bist, söhne ich dich mit deinem strengen Vater Fritz aus, der dich so oft in Angstschweiß versetzt hat. Wenn du es aber nicht bist, bringe ich dir Schande.“ Beide Briefe nahm er in die Hand: „Schau, die werde ich Fritz zeigen, wenn du mir nicht zu Willen bist!“ Mätzli verstand nicht, was er meinte. Deshalb erschrak sie über seine Worte und sagte: „Ich bin in Eurer Hand. Wenn Ihr mich aber in Schande bringen wollt, so steht Euch das schlecht zu Gesicht, der Ihr doch als Ehrenmann gelten wollt. Ich weiß nicht, was Ihr vorhabt. Von Stummeln jedenfalls versteh ich einen Scheißdreck.“ Das war wirklich formvollendet ausgedrückt! Der Arzt aber brachte alles wieder ins Lot. Er säuselte: „Zeig doch, zeig dein Fötzchen Mätzli! Steh doch, steh mein Schwänzchen, steh! Der Stummel besteht aus Wurzeln, einer langen und zwei kurzen. Dabei wünsche ich, dass du stillhältst und dich nicht grämst. Von der Wurzel musst du genug nehmen, wenn du nicht zugrunde gehen und als Sünderin sterben willst.“ „Nun denn, bester Herr, dann soll es geschehen!“,
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Sprach die junchfraw ¢orgen frey Da mit ward ¢ey der wurczen e¢¢en Al¢o ¢er vn vnuerme¢¢en Daz ¢ey ye¢o hiet verge¢¢en Wo ¢ey ge¢tanden was vn g¢e¢¢en Des wolt der arczet fuder ziehen Daz fräwel ¢p~ch ir ¢cholt nit fliehen Arczet mich en wenig me Jch derläid es bas dan e Hie mit ¢o viels ym an den ¢tekken Vnd hielt jn pey den päyden ¢tekken Sey ¢p~ch ir mugt mirs nicht ent~ge Der wurcze wil ich aber haben Des gab er ir der wurcze do Auf dem banch vn in dem ¢tro Do ¢ey des ¢makes jnnen ward Jr mu¢t ge¢winden an der vard Der pfeffer was ir ¢elczen Des mu¢t der arczet engelten Er mocht es läider nicht gefügen Daz ¢ei ¢ich wölt des ¢tumphes gnüge Er wolt ¢ich von ir brechen Mäczli die ward ¢prechen Salbend mich in di¢er fri¢t Zum drittel màl alz recht i¢t Jch pin läider vngene¢en Wet der tiefel mag dicz we¢en Sp~ch der mäi¢ter ¢o ze ¢tund Dich müs der ¢emr machen g¢unt Benügt dich nicht ¢o ge zum ¢e Jch mag nicht pöllen ymer me Da mit ¢o hub er ¢ich von ¢tat Sam ein bok demd hùrner ab Neuleich ¢ein geuallen Es was ym aus dem ¢challen Doch hiet fra Mäczel iren tail Wie wol ¢ey vor hin wär ze gäil Sey ward ¢ich ı der ¢eiten chlagen Jn dem pauch vn ı dem magen Daz wa¢¢er ¢chlug ir auf zum maul Jr glider wurden al¢o faul Daz ¢ei ¢ich wenich moht gerüren Man mu¢t ¢ey zwi¢chen arme füren Weil vnd zeit die ward ir lanch
Text nach Ed. Wießner 2150 2150 Sprach die junchfraw sorgen frei. Da mit ward sei der wurtzen essen Also ser und unvermessen, Daz sei ieso hiet vergessen, Wo sei gestanden was und gsessen. 2155 2155 Des wolt der artzet fuder ziehen; Daz fräwel sprach: ‘Ir scholt nit fliehen! Artzet mich en wenig me: Ich derlaid es bas dan e!’ Hie mit so viels im an den stekken 2160 Und hielt in pei den paiden sekken; Sei sprach: ‘Ir mügt mirs nicht entragen: Der wurtzen wil ich aber haben.’ Des gab er ir der wurtzen do Auf dem banch und in dem stro. 2165 2165 Do sei des smakes innen ward, Ir muost geswinden an der vart. Der pfeffer was ir seltzen: Des muost der artzt engelten; Er mocht es laider nicht gefüegen, 2170 Daz sei sich wölt des stumphes gnüegen. Er wolt sich von ir brechen; Mätzli die ward sprechen: ‘Salbend mich in diser frist Zum dritten mal, als recht ist: 2175 2175 Ich pin laider ungenesen!’ ‘Wet der tiefel, mag ditz wesen!’ Sprach der maister so ze stund; ‘Dich mües der Semper machen gsunt! Begnüegt dich nicht, so ge zum se: 2180 2180 Ich mag nicht nollen imer me!’ Da mit so huob er sich von stat Sam ein bok, demd hürner ab Neuleich sein gevallen: Es was im aus dem schallen. 2185 2185 Doch hiet fro Mätzel iren tail, Wie wol sei vor hin wär ze gail. Sei ward sich in der seiten chlagen, In dem pauch und in dem magen. Daz wasser schluog ir auf zum maul. 2190 2190 Ir glider wurden also faul, Daz sei sich wenich moht gerüeren: Man muost sei zwischen armen füeren. Weil und zeit die ward ir lanch.
2161 mugt: verkleckstes e oder o über u. Vers reicht bis an Spalte b. 2165 jnnen: Korrektur aus jnnan, a durch Punkt getilgt, e darüber geschrieben. 2166 Waagerechter Strich vor der Zeile. 2170 gnüge: Superskript weit links über n; Vers reicht bis an Spalte b. 2174 recht: t über dem Wort. 2185 Doppelstrich vor dem Vers.
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sagte die Jungfrau gänzlich arglos. Damit begann sie die Wurzeln so heftig und maßlos zu verschlingen, dass sie beinahe vergessen hätte, wo sie stand und saß. Schließlich wollte der Arzt sich zurückziehen. Das Frauchen aber sprach: „Ihr sollt noch nicht verschwinden! Verarztet mich noch etwas mehr. Ich halte es schon viel besser aus!“ Damit packte sie ihn an seiner Stange, hielt ihn an seinen beiden Hoden fest und sagte: „Die dürft Ihr mir nicht entziehen. Ich möchte die Wurzeln noch einmal haben.“ Und so gab er ihr auf der Bank und im Stroh seine Wurzeln. Als sie auf den Geschmack gekommen war, verlor sie die Besinnung. Diese Pfefferbrühe war ihr zu ungewohnt. Letztendlich aber musste der Arzt dafür bezahlen, denn er schaffte es nicht, sie mit seinem Stummel zu befriedigen. Er wollte sich von ihr losreißen, doch protestierte Mätzli: „Reibt mich ein drittes Mal ein, so wie es sich gehört, denn gesund bin ich leider noch nicht geworden.“ „Da schlag doch der Teufel drein, ist das denn die Möglichkeit?“, rief daraufhin der Doktor. „Dann soll dich doch der Zemper kurieren! Wenn es dir nicht reicht, dann geh doch zum Meer. Ich jedenfalls kann nicht mehr bollern.“ Damit machte er sich davon wie ein Bock, dem gerade die Hörner abgefallen waren. Nun war ihm der Spaß vergangen. Die Dame Mätze allerdings hatte ihren Teil abbekommen. So sehr sie vorher vor Freude von Sinnen gewesen war, so klagte sie nun über Schmerzen in der Seite, im Bauch und im Magen. Sie erbrach alles Flüssige, und die Glieder wurden ihr so schwer, dass sie sich kaum mehr rühren konnte. Sie musste auf beiden Seiten gestützt werden. Auch wurde ihr nun die Zeit lang.
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Herwer e¢¢eich waz ir getranch Amphern vn nit mandelreis Äphel ¢aur daz was ir ¢pi¢¢ Die rehten varw hiet ¢ey verlorn Jr prù¢tel wärczel warend g¢worn Vnd der ¢warczet all vmb vn vmb Dis dink ward ¢chletleich al¢o chrup Daz der arczet ¢ich ver¢int Juncfraw Mäczel trüg ein chind Des ward er ¢ich vil ¢ere b¢orgen Vnd bhielt ¢ey bis an dritten morge Er ¢p~ch zu ir waz duncht dich gut Ha¢t du Bert¢chin ı deinem müt Vnd wilt in nemen zu der e Sey ¢waig er fraget aber me Sey ¢p~ch nu pin ich nicht ein mäyt Wai¢¢ er daz er tuet mir laid Dar zu antwurt ir Chrippenchra Nimp er dich ¢o ¢prich nür ja Dar noch ¢o tu ¢am ich dich ler Wilt tu bhalten noch dein er Ge zu Strauben deinem vetter Vnd hai¢¢ dir geben lilienbletter Dar zu zirn vn auch gallen Mit ein ander häi¢¢ gewallen Du wäi¢t wol Meczel pey dem päyn Vnd leg es dik vn oft dar ein Vnd ¢prich daz glùk verhenge Die mucz die wirt dir enge Vn ver¢te mich wilt du eben Der appenteker ¢chol dir geben Gallen ¢am er vil wol wäy¢¢ Von dem paum vn nicht d’ gai¢¢ Vnd häi¢¢ dirs wegen aigenleich Älleu dreu in einr geleich Dar nach ¢o hab gewi¢che Ein plàter von dem vi¢che Vnd fùll ¢ey mit einr tauben plut Daz wirt dir an dem abent gut So man dich nu wirt legen zu Mäczel was ich ¢ag daz tu Jn den ¢elben zeiten Scholt du nicht erpeyten Du legi¢t hin daz pläterlein
Text nach Ed. Wießner Herwer esseich was ir gtranch; 2195 2195 Amphern und nit mandelris, Äphel saur daz was ir spis. Die rehten varw hiet sei verlorn. Ir prüstel wärtzel warend gsworn Und derswartzt all umb und umb. 2200 Dis dink ward schlechtleich also chrump, Daz der artzet sich versint, Juncfraw Mätzel trüeg ein chind. Des ward er sich vil sere bsorgen Und bhielt sei bis an dritten morgen; 2205 Er sprach zuo ir: ‘Waz duncht dich guot? Hast du Bertschin in deim muot Und wilt in nemen zuo der e?’ Si swaig; er fraget aber me; Sei sprach: ‘Nu pin ich nicht ein mait: 2210 2210 Waiss er daz, er tuot mir laid.’ Dar zuo antwurt ir Chrippenchra: ‘Nimp er dich, so sprich nür: “Ja!” Dar nach so tuo, sam ich dich ler, Wilt tu bhalten noch din er! 2215 2215 Ge zuo Strauben, deinem vetter, Und haiss dir geben liljenbletter, Dar zuo zipern und auch gallen Mit ein ander haiss gewallen Und leg es dik und oft dar ein 2220 (Du waist wol, Metzel, pei dem pain) Und sprich: “Daz glük verhenge!” Die mutz die wirt dir enge. Und verste mich, wilt du, eben: Der appenteker schol dir geben 2225 Gallen, sam er vil wol waiss, 2225 Von dem paum und nicht der gaiss! Und haiss dirs wegen aigenleich Älleu dreu in einr geleich! Dar nach so hab gewisse 2230 2230 Ein plater von dem vische Und füll sei mit einr tauben pluot! Daz wirt dir an dem abent guot, So man dich im wirt legen zuo. Mätzel, was ich sag, daz tuo! 2235 2235 In den selben zeiten Scholt du nicht erpeiten, Du legist hin daz pläterlein,
2203 Des: mit roter Farbe korrigiert aus Der. 2208 Sey: e zwischen S und y über der Zeile, nach y Rasur. 2214 dein: e über dem Wort zwischen d und i. 2219 Verse von Wießner umgestellt. 2225 ¢am: Punkt über dem ersten Schaft, ¢ain? 2237 legi¢t: Korrektur aus lege¢t, zweites e durch Punkt getilgt, i darüber geschrieben.
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Sauren Essig begann sie zu trinken, Sauerampfer – nicht süßen Mandelreis – und saure Äpfel zu essen. Ihre gesunde Farbe hatte sie verloren, während ihre Brustwarzen angeschwollen und ganz schwarz geworden waren. Die Sache verlief jedenfalls so besorgniserregend, dass der Arzt auf die Idee kam, Jungfrau Mätze könnte ein Kind tragen. Darüber sorgte er sich, behielt sie bis zum dritten Morgen bei sich und sagte zu ihr: „Was hältst du für richtig? Hast du Bertschi lieb und willst ihn heiraten?“ Sie schwieg, doch fragte er weiter nach, bis sie antwortete: „Ich bin ja nun keine Jungfrau mehr. Wenn er das erfährt, tut er mir etwas an!“ Grapschkrähe antwortete ihr darauf: „Bittet er dich um die Ehe, so sag nur einfach: ‚Ja‘. Anschließend tu das, was ich dir jetzt sage: Wenn du deine Ehre bewahren willst, geh zu deinem Vetter Straub und lass dir einen heiß aufgekochten Sud aus Lilienblättern, Schlehen und Galle geben: Den stopf dir möglichst oft dort hinein – du weißt schon, Mätzel, dort am Bein – und sprich dabei: ‚Bring Glück!‘ Dann wird deine Fotze wieder enger werden. Aber bitte, versteh mich richtig: Der Apotheker soll dir, wie er natürlich weiß, Galläpfel vom Baum und nicht Ziegengalle geben. Und lass dir alle drei Mittel zu gleichen Teilen abwiegen. Anschließend besorg dir eine Fischblase und füll sie mit Taubenblut. Die wird dir an dem Abend von Nutzen sein, wenn man dich dann zu ihm legen wird. Mätzel tu, was ich dir sage! Zu diesem Zeitpunkt darfst du nicht mehr zögern, sondern steck das Bläschen dorthin,
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Text nach Ed. Wießner
Da die mäytum ¢chol da ¢ein Vnd chùmpt er in ¢einr h’ren land Daz pläterlein zerpri¢t ze hand Daz plut wirt hin ¢o flie¢¢en Des mu¢t du ymer genie¢¢en An dem gut vnd an den eren Sich ob ich dich chùn geleren Wilt du dannocht ¢icher ¢ein So zappel va¢t vnd dar zu greyn So wäint er er¢t du ¢ei¢t ein mayt Hör¢t waz ich dir han ge¢äit Ja da antwùrt ¢ei ym do Seines rates was ¢ei fro Vnd ¢p~ch daz tät ich alles gern Wolt er mich der e gewern Der mäi¢ter ¢p~ch l䢢 mich es treibn Ein ¢öleichs briefel chan ich ¢chriben Mit guten wörten vnd auch ¢ü¢¢en Daz er dich mit hend vn fü¢¢en Nement wirt ye¢o ze ¢tund So ym die märe werden chunt Des nam er ¢o die federn do Sein briefel hub er an al¢o Got der obre¢t vn der mäi¢t Vatt’ ¢ùn vn hailiger gäi¢t Der in ¢einer magenchraft H`ymel hat vnd erd ge¢chaft Wa¢¢’ luft vn auch daz feur Vogel vi¢ch mit ¢einer ¢teur Vich vnd dar laub vn gras Vmb anders nichti dann vmb daz Daz der men¢ch mit zuht vn er Auf erd ¢ein leben hie verzer Der mu¢¢ euch liebes lieb bgnaden Mit ¢einen ¢ayligen siben gaben Mit ¢yben hailikait Dar zu ¢ey euch mein dien¢t berayt Ein briefeleyn han ich vernomen Mich daucht es wär von himel komen So wunecleich kam es geflogen Da herin einem regenbogen Einr wulchen ¢wanch ¢ein vmbehanch Dar inn der chlanch der fröden ge¢anch Mit worten in ¢einer ange¢icht Sam es ein engel hiet geticht
Da die maituom scholdet sein; Und chümpt er in seinr herren land, Daz pläterlein zerprist ze hand, 2240 Daz pluot wirt hin so fliessen: Des muost du imer gniessen An dem guot und an den eren. Sich, ob ich dich chün geleren! Wilt du dannocht sicher sein, 2245 So zappel vast und dar zuo grein! So wänt er erst, du seist ein mait. Hörst, waz ich dir han gesait?’ ‘Ja do!’ antwürt sei im do. Seines rates was sei fro 2250 Und sprach: ‘Daz tät ich alles gern, Wolt er mich der e gewern.’ Der maister sprach: ‘Lass mich es triben! Ein söleichs briefel chan ich schriben Mit guoten worten und auch süessen, Daz er dich mit hend und füessen Nement wirt ieso ze stund, So im die märe werden chunt.’ Des nam er so die federn do; Sein briefel huob er an also: 2260 ‘Got, der obrest und der maist, Vatter, sun und hailiger gaist, Der in seiner magenchraft Himel hat und erd geschaft, Wasser, luft und auch daz feur, 2265 Vogel, visch mit seiner steur, Vich und dar zuo laub und gras Umb anders nichti dann umb daz, Daz der mensch mit zuht und er Auf erd sein leben hie verzer, 2270 Der müess euch, liebes lieb, begnaden Mit seinen säligen siben gaben, Mit den siben hailikait! Dar zuo sei euch mein dienst berait! Ein briefelein han ich vernomen: 2275 Mich daucht, es wär von himel komen, So wunnecleich kam es geflogen Da her in einem regenbogen, Einr wulchen swanch sein umbehanch, Dar inn derchlanch der fröden gsanch, Mit worten in seinr angesicht, Sam es ein engel hiet geticht.
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2244 geleren: drittes e über der Zeile. 2251 tät: a korrigiert aus e. 2253 Doppelstrich vor dem Vers. 2254 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 2259 ¢o: ¢ verkleckst. 2278 einem: Korrektur aus einen.
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wo eigentlich dein Jungfernhäutchen sein sollte. Wenn er dann in sein Herrschaftsgebiet eindringt, zerplatzt das Bläschen sofort und das Blut läuft aus. Für deinen Besitz und deine Ehre wird dir das von größtem Nutzen sein. Nun sag doch bloß, ob ich dich nicht gut unterweise! Willst du ganz sicher gehen, dann wehre dich heftig und heul’ dazu. Er wird dann annehmen, dass du noch Jungfrau seist. Hast du verstanden, was ich dir gesagt habe?“ „Ja, sicher“, antwortete sie ihm. Sie freute sich über seinen Rat und sagte: „Das will ich alles genau tun, wenn er mich nur heiratet!“ Unser Doktor sagte: „Lass mich mal machen! Ich werde dir so ein Briefchen in freundlichen und süßen Worten aufsetzen, dass er sich mit Händen und Füßen um dich reißen wird, sobald er die Botschaft nur erhält.“ Damit ergriff er seine Schreibfeder und begann sein Briefchen folgendermaßen: „Der höchste und der allmächtige Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist, der in seiner Majestät Himmel und Erde geschaffen hat, ebenso Wasser, Luft und Feuer, Vögel, Fische, Vieh sowie das Laub und das Gras, nach seinem Plan. Und das alles zu keinem anderen Zweck, als dass der Mensch sein Leben auf Erden in Zucht und Ehren verbringe. Dieser Gott also möge Euch, mein Geliebter, mit seinen sieben Gnadengaben, den sieben Sakramenten, beschenken! Meiner Hilfe dazu dürft Ihr ganz gewiss sein! Ich habe ein Briefchen erhalten, das, so scheint mir, vom Himmel geflogen kam, so herrlich kam es auf einem Regenbogen daher: In eine Wolke war es eingehüllt, aus der Freudenlieder erklangen, und mit Worten auf seinem Angesicht, als ob ein Engel sie geschrieben hätte.
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Text nach Ed. Wießner
Die ¢ü¢¢ichait mich vber want Al¢o ¢er daz ich ze hant Verlo¢ des tages liechten¢chein Ein ¢chlaff begraiff die augen mein Ein traum geuie die ¢inne Dar inn die obre¢t mine Ein chùngin allen fràwen gmäin Aigenleichen mir der ¢chain Nackent was ¢ey vnd auch blo¢¢ Einr pey zwinczich jaren gno¢¢ Auf dem haubet trugs ein chron Von glas da ¢tund ge¢chriben ¢chon Jch pins ein wunecleicheu ¢tim Junchfraw Venus von der minn Dar vnter ¢tund ir harel leys Geflochten in einr keiten weis An den augen was ¢ey plind Jn ir gepärden gar ze ge¢wind Ein pogen fürt ¢ey in der hand Mit glünder ¢tral ¢am ich es vand Sei was ge¢e¢¢en in ein wagen Mit gold vnd ¢ilber ¢chon be¢chlagen Dem ein bach von rotem plut Flo¢¢ hin nach in ¢ender flut Sey ward mich nenent ¢o zehant Mich wudert wie ¢ey mich der kant Dar zu naigt ¢ey ¢ich gen mir Vn grü¢t mich ¢chon des dankt ich ir Do ¢p~ch ¢ey wai¢t du war vmb ich Chemen pin zu dir vergich Nayndu truwen ¢ait ich do Des hub ¢ey an vnd ¢p~ch al¢o Jch gepeut dir pey dem pan Daz du Bert¢chin deinen man Gewer¢t alles des er wil Sein ¢eig wenich oder vil Vnd leb mit fröden ¢ampt mit ym Das chumpt dir alles ze gewin Du vin¢t noch wol daz dich da ¢irt So dich daz alter reitent wirt Ein ¢warczer gai¢t zür tenken ¢eiten Sprach der volg ze allen ziten Da mit die ge¢pen¢t ver¢wand
Die süessichait mich überwant Also ser, daz ich ze hant Verlos des tages liechten schein. 2285 Ein schlaff begraiff die augen mein, Ein traum gevie die sinne, Dar inn die obrest Minne, Ein chüngin allen frawen gmain, Aigenleichen mir derschain. 2290 Nakent was sei und auch bloss, Einr pei zweintzich jaren gnoss. Auf dem haubet truogs ein chron Von glas; da stuond geschriben schon: “Ich pins ein wunnecleicheu stim 2295 Junchfraw Venusen, der Minn.” Dar unter stuond ir härel leis, Geflochten in einr ketten weis. An den augen was sei plind, In ir gepärden gar ze gswind. 2300 Ein pogen fuort sei in der hand Mit glüender stral, sam ich es vand. Sei was gesessen in ein wagen Mit gold und silber schon beschlagen, Dem ein bach von rotem pluot 2305 Floss hin nach in sender fluot. Sei ward mich nennent so zehant (Mich wundert, wie sei mich derkant), Dar zuo naigt sei sich gen mir Und gruost mich schon; des dankt ich ir. Do sprach sei: “Waist du, war umb ich Chümen pin zuo dir? Vergich!” “Nain du, truwen!” sait ich do. Des huob sei an und sprach also: “Ich gepeut dir pei dem pan, 2315 Daz du Bertschin, deinen man, Gewerest alles, des er wil, Sein seig wenich oder vil, Und leb mit fröden sampt mit im! Das chumpt dir alles ze gewin: 2320 Du vinst noch wol, daz dich da sirt, So dich daz alter reitent wirt.” Ein swartzer gaist zuor tenken siten Sprach: “Der volg ze allen ziten!” Da mit die gespenst verswand 2325
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Diese Lieblichkeit überwältigte mich so sehr, dass des Tages heller Glanz von mir wich. Schlaf fiel mir auf die Augen und ein Traum umfing mich, in welchem mir Frau Minne, eine Königin über allen gewöhnlichen Frauen, höchstpersönlich erschien. Nackt und bloß war sie und glich einer Zwanzigjährigen. Auf dem Kopf trug sie eine gläserne Krone, auf der kunstvoll geschrieben stand: ‚Ich bin die herrliche Stimme der Jungfrau Venus, der Herrin über die Minne.‘ Das Haar unter der Krone war locker und als Zopf geflochten. Ihre Augen waren blind, ihre Bewegungen allzu heftig. In der Hand hielt sie einen Bogen mit einem glühenden Pfeil: Das sah ich wohl. Sie hatte sich in einen Wagen gesetzt, der prächtig mit Gold und Silber beschlagen war und dem ein Bach roten Blutes nachfolgte. Sogleich sprach sie mich an – ich wunderte mich, woher sie mich kannte –, verneigte sich vor mir und grüßte mich angemessen: Dafür dankte ich. Dann sprach sie: ‚Weißt du, warum ich dir erschienen bin? Sprich!‘ ‚Nein, beim besten Willen nicht!‘, antwortete ich. Und so begann sie und sagte: ‚Bei der Strafe des Bannes befehle ich dir, dass du Bertschi, deinem Mann, all das zugestehst, was er von dir verlangt – sei es wenig oder viel – und dass du in Freuden mit ihm lebst. Das wird für dich von Vorteil sein. Du wirst schon noch sehen, was dich alles plagen wird, wenn dich das Alter so richtig drückt.‘ Und ein schwarzer Geist auf ihrer linken Seite sagte: ‚Seid ihr jederzeit gehorsam!‘ Sogleich verschwanden diese Traumbilder
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Vor meinen augen ¢o zehand Des wär mir ¢o ge¢wunden Hiet ich do nit funden Ein ander frawen ¢chon vnd räyn Die mir auch in dem traum der¢chain Vnd cham für meineu ange¢icht Al¢o clar dz mich des nicht Endaucht es wär der ¢unne glancz Auf irem haubet trugs ein krancz Mit dreien chronen ¢chon gemacht Obenander vnd gedakt Mit einem ¢ternen der was vein Er ¢chain ¢am ein karuukel¢tayn Von ey¢en was die er¢te chron Vnd ¢tund dar vmb ge¢chriben ¢chon Jch pins ein chron der ve¢tichait Der vnreht tut dz i¢t mir läid Die ander chron von ¢ilber was Darinn man auch ge¢chribn lä¢ Jch pins ein chron der kü¢chichait Die ¢o rayn i¢t vnd gmayt Die dritte chron was guldin gar Vnd auch ge¢chriben al¢o dar Jch pins ein chron der ¢älichait Ze gnaden was ich ie berait Vnt’m kränczel was verwunden Jr harel ¢auber auf gepunden Der augen hiet ¢ey viereu do So ¢chön vnd al¢o zveren ¢o Daz mir jo des ¢o nicht en was Jch ¢chauwet in ein ¢piegel glas Sey hiet ein mantel der waz prayt Vn manich varw dar an gelayt Sey tant in auf mit einer hand Er daucht mich weit dann ein land Ein kind ¢ey an der andern trug Daz was ¢o wunechleich vnd chlug Daz ich alles vngemach Verclayt wan ich es ange¢ach Jn einer chirchen ¢ey do ¢as Auf dem alter ¢am mir was Die was gemalet vber al Mit zarten bildern anezal Dar zu hiet die ¢elbig chilch
Vor meinen augen so zehand. Des wär mir so geswunden, Hiet ich do nit funden Ein ander frawen schön und rain, Die mir auch in dem traum derschain Und cham für meineu angesicht Also clar, daz mich des nicht Endaucht, es wär der sunnen glantz. Auf irem haubet truogs ein krantz, Mit dreien chronen schon gemacht 2335 Ob enander und gedaht Mit einem sternen, der was vein: Er schain sam ein karvunkelstain. Von eisen was die erste chron Und stuond dar umb geschriben schon: “Ich pins ein chron der vestichait; Der unreht tuot, daz ist mir laid.” Die ander chron von silber was, Dar inn man auch geschriben las: “Ich pins ein chron der küschichait, Die so rain ist und gemait.” Die dritte chron was guldin gar Und auch geschriben also dar: “Ich pins ein chron der sälichait; Ze gnaden was ich ie berait.” 2350 Unterm kräntzel was verwunden Ir härel sauber auf gepunden. Der augen hiet sei viereu, So schön und also ziereu, Daz mir jo des so nicht enwas, 2355 Ich schauwet in ein spiegelglas. Sei hiet einn mantel, der was prait Und manich varw dar an gelait. Sei tant in auf mit einer hand: Er daucht mich weiter dann ein land. Ein kind sei an der andern truog: Daz was so wunnechleich und chluog, Daz ich alles ungemach Verclait, wan ich es an gesach. In einer chirchen sei do sas 2365 Auf dem alter, sam mir was. Die was gemalet über al Mit zarten bildern ane zal; Dar zuo hiet die selbig chilch
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2327 Doppelstrich vor dem Vers. 2329 Ein: E aus A korrigiert. 2330 Vers reicht bis an Spalte b. 2333 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die beiden folgenden. 2340 Vers reicht bis an Spalte b. 2344–2347 Zeilen auf Rasur. 2364 ange¢ach: ge über der Zeile eingefügt. 2368 bildern: r über dem Wort. 2369 ¢elbig chilch: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden, chilch auf Rasur.
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vor meinen Augen. Ich wäre ohnmächtig geworden, wenn ich nicht eine andere Frau gesehen hätte, schön und ohne Makel, die mir nun ebenfalls im Traum erschien und mir so leuchtend vor die Augen trat, dass ich glaubte, es sei der Glanz der Sonne. Auf ihrem Kopf trug sie einen Kranz, der aus drei aufeinandergesetzten herrlichen Kronen geschaffen und mit einem leuchtenden Stern versehen war: Der strahlte wie ein Karfunkelstein. Die erste Krone bestand aus Eisen. Auf ihr stand in zierlicher Schrift geschrieben: ‚Ich bin eine Krone der Standhaftigkeit, jedes Unrecht schmerzt mich.‘ Die zweite Krone war aus Silber. Auf ihr konnte man lesen: ‚Ich bin eine Krone der Keuschheit, sie ist rein und ohne Makel.‘ Die dritte Krone war ganz aus Gold und auf ihr stand geschrieben: ‚Ich bin eine Krone der Seligkeit, Gnade zu schenken war ich immer bereit.‘ Unter dem Kränzchen war ihr Haar geflochten und sorgfältig hochgesteckt. Vier Augen hatte sie, die waren so schön und so herrlich, dass mir ganz war, als ob ich in einen Spiegel schaute. Einen weiten Mantel hatte sie um, der aus verschiedenfarbigen Stoffen gefertigt war. Mit einer Hand öffnete sie ihn: Da schien er mir weiter als ein ganzes Land. Mit der anderen trug sie ein Kind. Das war so herrlich und schaute so verständig, dass ich alle Sorgen vergaß, wenn ich es nur ansah. Sie saß in einer Kirche auf dem Altar, so schien mir. Diese war mit vielen zierlichen Fresken ausgemalt. Außerdem stand diese Kirche
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Ein ¢e vmb ¢ich mit hònk vn milch Der was vil michel vn auch grö¢¢ Jn ¢älder wüt er vmb ¢ey flö¢¢ Sey ¢ach mich mit eim augen an Vnd ¢egnet mich die wol getan Des naigt ich ir mit zùchten Vnd wolt mich gebn zflùchen Des rufcz mich an vn redet do Beleib bi mir vn fleuch nicht ¢o Tu ¢am ich dir ¢agen wil Wilt tu glùkes haben vil Vnd folg nicht fal¢cher min gepott Wonn das ¢treket wider got Es wär dann daz dein lieber man Der e dich wölti muten an Des macht du ìn gar wol geweren Mit ¢älden treuwen vn mit eren Won got ¢elb von ¢eine rät Die hailigen e ge¢chaffen hat Dar nach ¢p~ch daz kindelein Volg der lieben muter mein Wilt du leib vn ¢el behalten Von vns nimer werden ge¢chalten Ein wei¢¢er gai¢t zur rehten ¢eyten Sprach den dien ze allen zeiten Hie mit ¢egent es mich ¢o Mit einem chreucz daz macht mich fro Von fröden ich der wachet Vil dràt mich aufmachet Vnd gie zu meinem payichtigär Jch ¢agt ym ganczleich di¢eu mär Vnd patt in durch den reiche got Vnd durch älleu ¢ein gebott Daz er mich wolti des be¢chaiden Vnd ¢einen rat da mit derzaigen Des wundert er ¢ich gnug vn vil Doch ¢am ich euchs kurczen wil Er ¢p~ch wir mugen ¢chauwen Daz pey der er¢ten frawen Vnd dunckt mich auch ı meine ¢inn Sei i¢t die fal¢ch betogen minn Fro Venus mit irm bö¢en rat Die oft ein ¢el verdampnet hat Gen zwainczich jaren hà¢t ¢ey gzelt
Text nach Ed. Wießner 2370 Ein se umb sich mit hönk und milch. Der was vil michel und auch gross; In sälder wuot er umb sei floss. Sei sach mich mit eim augen an Und segnet mich, die wol getan. 2375 2375 Des naigt ich ir mit züchten Und wolt mich geben zflüchten. Des ruoftz mich an und redet do: “Beleib bi mir und fleuch nicht so! Tuo, sam ich dir sagen wil, 2380 Wilt tu glükes haben vil, 2380 Und folg nicht falscher minn gepott (Wonn das strebet wider got), Es wär dann, daz dein lieber man Der e dich wölti muoten an! 2385 Des macht du in gar wol geweren 2385 Mit sälden, truwen, und mit eren; Won got selb von seinem rat Die hailigen e geschaffen hat.” Dar nach sprach daz kindelein: 2390 “Volg der lieben muoter mein, 2390 Wilt du leib und sel behalten, Von uns nimer werden gschalten.” Ein weisser gaist zur rehten seiten Sprach: “Den dien ze allen zeiten!” 2395 2395 Hie mit segent es mich so Mit einem chreutz: daz macht mich fro. Von fröden ich derwachet, Vil drat mich auf machet Und gie zuo meinem paichtigär. 2400 2400 Ich sagt im gäntzleich diseu mär Und patt in durch den reichen got Und durch älleu sein gebott, Daz er mich wolti des beschaiden Und seinen rat da mit derzaigen. 2405 Des wundert er sich gnuog und vil; 2405 Doch, sam ich euchs kürtzen wil, Er sprach: “Wir mügen schauwen Daz pei der ersten frawen Und dunckt mich auch in meinem sinn: 2410 Sei ist die falsch, betrogen minn, 2410 Fro Venus mit irm bösen rat, Die oft ein sel verdampnet hat. Gen zwaintzich jaren hast sei gzelt:
2375 zùchten: c über dem Wort. 2384 e durch Haarstriche isoliert. 2388 e durch Haarstriche isoliert. 2395 ¢egent: erstes e über verkleckstem Buchstaben. 2396 Vers reicht bis an Spalte b. 2397 wachet: e über dem Wort. 2398 aufmachet: e über dem Wort. 2408 pey: korrigiert aus pay. 2409 Vers reicht bis an Spalte b. 2410 betogen: o über dem Wort. 2413 Vers reicht bis an Spalte b.
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inmitten eines Sees aus Milch und Honig. Dieser war riesig groß und umfloss sie mit glückseligem Wellenschlag. Sie, die so prachtvoll anzusehen war, schaute mit einem ihrer Augen auf mich und segnete mich. Ehrerbietig verneigte ich mich vor ihr und wollte schon fliehen. Da rief sie mich an und sprach: ‚Bleib bei mir und fliehe nicht. Wenn du glücklich werden willst, dann handle danach, was ich dir sagen werde, und höre nicht auf die Lehren der falschen Minne, denn das wendet sich gegen Gott, es sei denn, dass der von dir geliebte Mann dir die Ehe anträgt. Dann kannst du ihm aufrichtig und freudig dein Jawort geben und dennoch deinen guten Ruf bewahren. Denn Gott selbst hat in seinem Ratschluss die heilige Ehe gestiftet.‘ Daraufhin sagte das Kindlein: ‚Folge meiner lieben Mutter, wenn du Leib und Seele bewahren und von uns niemals getrennt werden willst.‘ Ein weißer Geist zur Rechten sagte: ‚Diene diesen alle Zeit!‘ Und damit segnete mich das Kindlein mit dem Kreuzzeichen: Das machte mich froh. Vor Freude wachte ich auf und machte mich sogleich auf den Weg zu meinem Beichtvater. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte und bat ihn um Gottes des Allmächtigen und aller seiner Gebote willen, dass er mir dieses Traumbild deuten und mir so seinen Rat schenken möge. Das erstaunte ihn über alle Maßen, doch sprach er, um es Euch kurz zu erzählen: ‚Wir können bei der ersten Frau davon ausgehen, wie ich sicher annehme, dass es sich um die falsche und trügerische Minne handelt: Frau Venus mit ihrem fatalen Rat, die schon so viele Seelen ins ewige Verderben gestürzt hat. Als etwa Zwanzigjährige sahst du sie an?
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Sey i¢t noch elter dann die welt Doch zaigt ¢ei ¢ich pey junge tagen Die minn die wil nicht alt’ haben Nakent ¢pricht¢t du daz ¢ey wär Daz chan nicht we¢en an geväre Die minn die wil daz ¢cho¢¢ ze ¢cho¢¢ Sich zemen fügin al¢o blo¢¢ Die gle¢in chron die ¢ey da trayt Vnd die ge¢chrift dar an gelait Daz mag vns nicht beteuten mer Dann vpig fröd zergänclech er Jr har ge¢trichen al¢o leis Geflochen in einr ketten weis J¢t nicht anders dann ein ¢trik Der vns leib vn ¢el ver¢chlik J¢t ¢ey an den augen plind Daz weteut ¢am ich es vind Daz oft ein ¢chones men¢ch von art Minnet einen grau¢en part An den gepärden i¢t ¢ey ring Daz i¢t daz · das ich do ¢ing Die minner habend wilden mut Was ¢eu tund das dunkt ¢eu gut Den poge fürt ¢eu in der hand Mit der ¢tral durch älleu land Da ¢cheu¢t ¢ey jungen h’czen mit Zu irem er¢ten ange¢icht Daz pheil i¢t ¢charff vn hei¢¢ ze vil Won ¢ey ¢chùrphen brenne wil Siczt ¢ey dann jn eine wagen Mit reichem g¢mid al durch b¢chlagen Da pey ¢ich mein hercz ver¢icht Der minner ¢chaft an phenıg nicht Der blütent bach rint aus den wunden Die da ge¢chehent ze den ¢tunden So der miner vmb ein ¢chaden Wirt ge¢tochen vn ge¢chlagen Den swarczen gai¢t zur tenken hand Tun ich dir ye¢o bekant Ein bö¢er engel i¢t er zwar Deiner ¢ele gar zgeuar Darum liebeu tocher mein Daz du ¢älich mü¢¢i¢t ¢ein Volg nit einem bö¢en rat Wilt du meiden mi¢¢etät
Text nach Ed. Wießner Sei ist noch elter dann die welt; 2415 Doch zaigt sei sich pei jungen tagen: Die minn die wil nicht alter haben. Nakent, sprichst du, daz sei wär: Daz chan nicht wesen an gevär; Die minn die wil, daz schoss ze schoss 2420 2420 Sich zemen füegin also bloss. Die glesin chron, die sei da trait, Und die gschrift dar an gelait Daz mag uns nicht betüten mer Dann üpig fröd, zergäncleich er. 2425 2425 Ir har gestrichen also leis, Geflochten in einr ketten weis, Ist nicht anders dann ein strik, Der uns leib und sel verschlik. Ist sei an den augen plind, 2430 2430 Daz weteut, sam ich es vind, Daz oft ein schönes mensch von art Minnet einen grausen part. An den gepärden ist sei ring; Daz ist daz, das ich do sing: 2435 2435 Die minner habend wilden muot; Was seu tuond, das dunkt seu guot. Den pogen füert seu in der hand Mit der stral durch älleu land: Da scheust sei jungeu hertzen mit 2440 2440 Zuo irer ersten angesicht. Daz pheil ist scharff und heiss ze vil, Won sei schürphen, brennen wil. Sitzt sei dann in einem wagen Mit reichem gsmid al durch beschlagen, 2445 Da pei sich mein hertz versicht: 2445 Der minner schaft an phenning nicht. Der blüetent bach rint aus den wunden, Die da geschehent ze den stunden, So der minner umb einn schaden 2450 Wirt gestochen und geschlagen. 2450 Den swartzen gaist zur tenken hand Tuon ich dir ieso bekant: Ein böser engel ist er zwar, Deiner sele gar zgevar. 2455 Dar um, liebeu tochter mein, 2455 Daz du sälich müessist sein, Volg nit einem bösen rat, Wilt du meiden missetat!
2416 Vers reicht bis an Spalte b. 2419 Vers reicht bis an Spalte b. 2420 zemen: Korrektur aus zamen, a durch Strich getilgt, e darüber geschrieben. 2423 beteuten: zweites e über dem Wort zwischen t und u. 2454 zgeuar: e über dem Wort. 2455 Doppelstrich vor dem Vers.
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Die ist doch noch älter als die Welt. Allerdings präsentiert sie sich als jugendliche Frau; die Minne mag nämlich kein Alter zeigen. Ferner sagst du, sie sei nackt gewesen. Das kann nicht zufällig so gewesen sein, denn die Minne will ja, dass sich Schoß mit Schoß in solcher Nacktheit vereinigt. Die gläserne Krone, die sie trägt, sowie der Schriftzug darauf können nichts anderes bedeuten als eitles Vergnügen und ein Ansehen, das rasch vergeht. Ihr lockeres, wie ein Zopf geflochtenes Haar ist nichts anderes als ein Strick, der uns Leib und Seele fesselt. Ist sie blind, dann bedeutet das meiner Ansicht nach, dass nur zu oft ein hübsches Mädchen guter Herkunft einen grauslichen alten Kerl lieb gewinnt. Du sagst, sie zeige ein heftiges Gebaren? Das ist doch das, was ich Euch immer sage: Liebende sind unberechenbar. Was auch immer sie anstellen, sie halten es für richtig. Pfeil und Bogen hält sie bei ihrem Weg durch die Welt in der Hand? Damit schießt sie die Liebe auf den ersten Blick in junge Herzen. Der Pfeil ist scharf und glühend heiß, weil sie das Feuer entfachen und lodern lassen will. Sie sitzt in einem Wagen, der überall mit Gold und Silber reich verziert ist. Das verstehe ich so, dass ein Verliebter ohne Geld nichts erreicht. Der Blutbach fließt aus den Wunden, die ein Verliebter empfängt, wenn auf ihn wegen irgendeiner Missetat eingestochen und er geschlagen wird. Den schwarzen Geist zur Linken deute ich dir so: Er ist ganz sicher ein böser Engel, der deiner Seele sehr gefährlich werden kann. Aus diesem Grunde, liebe Tochter, folge, wenn du die Sünde vermeiden und die Seligkeit erlangen willst, keinem bösen Ratschlag
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Acht nicht fal¢cher mine geböt Daz rat ich dir an allen ¢pot Do ich des prie¢ters red vernam Jn mir ¢elber ich der cham Vn we¢t nicht was ich ¢agen ¢cholt Doch cham ich zred ¢am got do wolt Vnd ¢prach der ler euch got vergelt Jch wil tun alles daz ir welt Sagt mir herr in di¢er ¢chaw Waz beteut die ander fraw Des anwurt er mir zùchticleich Mich dunkt es ¢y die ¢äldenreich Muter gocz vn rayneu mayt Maria tro¢t der cri¢tenhayt Daz chränczel mit den chrone drey Dunkt mich da¢¢ nicht ¢ey Dann ¢am da ge¢chriben i¢t Mit hailiger hand in tieffer li¢t Doch ¢o mag ich nicht vergen Den ¢ternen da pey man ver¢ten Schol ir güt in liechtem ¢cheyn Jn hymel vn auch erd gemayn Jr har daz hiet ¢ey auf gepunden Daz i¢t daz ¢ey ze allen ¢tunden Rainer cheu¢chikait was vol Vnd leypleich glù¢t verdilgget wol Der augen hat ¢ey viereu Daz ¢ag ich dir ¢o ¢chiere Es ¢int die vier rät vil gut Die ¢ey dem guten men¢chen tut Daz i¢t ¢chlecht dich der ans wang So peut daz ander dar zehant Nym ein fràwen zu der chànd Macht du nicht ¢ein wibes an Verkauff dein habe gancz vn gar Vnd gib es armen leuten dar Vergib in die dich ha¢¢ent ¢er Vnd pit got daz er ¢eu beker Der werlt ¢ey ¢icht in viertail Vnd geu¢t ir tugend vns mit hail Jr der barmherczichait Manichualtigen vnd brayt Merke pey dem mantel weit Mit ¢o manger varw berait So wi¢¢ auch das / dz chindel i¢t
Text nach Ed. Wießner Acht nicht falscher minn gebot: 2460 2460 Daz rat ich dir an allen spot!” Do ich des priesters red vernam, In mir selber ich dercham Und west nicht, was ich sagen scholt. Doch cham ich zred, sam got do wolt, 2465 Und sprach: “Der ler euch got vergelt! Ich wil tuon alles, daz ir welt. Sagt mir, herr, in diser schaw Waz beteut die ander fraw?” Des äntwurt er mir züchticleich: 2470 “Mich dunkt, es si die säldenreich 2470 Muoter gotz und raineu mait, Maria, trost der cristenhait. Daz chräntzel mit den chronen drei Dunkt mich, dass nicht anders sei, 2475 Dann sam da geschriben ist 2475 Mit hailiger hand in tieffer list; Doch so mag ich nicht vergen Den sternen, da pei man versten Schol ir güet in liechtem schein 2480 2480 In himel und auch erd gemain. Ir har daz hiet sei auf gepunden: Daz ist, daz sei ze allen stunden Rainer cheuschikait was vol Und leipleich glüst verdilgget wol. 2485 2485 Der augen hat sei viere; Daz sag ich dir so schiere: Es sint die vier rät vil guot, Die sei dem guoten menschen tuot; Daz ist: der dich schlecht ans wang, 2490 2490 So peut daz ander dar zehant! – Nim ein frawen zuo der chan, Macht du nicht sein wibes an! – Verkauff dein habe gantz und gar Und gib es armen leuten dar! – 2495 Vergib in, die dich hassent ser, 2495 Und pit got, daz er seu beker! – Der werlt sei sicht in vier tail Und geust ir tugend aus mit hail. Ir derbarmhertzichait 2500 Manichvaltigen und brait 2500 Merke pei dem mantel weit Mit so manger varw berait! So wiss auch, das daz chindel ist
2473 Vers reicht bis an Spalte b. 2479 liechtem: i und t über dem Wort. 2480 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 2484 Vers reicht bis an Spalte b. 2489 Vers reicht bis an Spalte b. 2491 chànd: n mit Schlussbogen. 2497 werlt: r über dem Wort.
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und achte nicht auf die Befehle der falschen Minne: Das rate ich dir aus treuem Herzen!‘ Als ich die Worte des Priesters hörte, erschrak ich im Innersten, und wusste nicht, was ich sagen sollte. Dann aber fand ich, weil Gott es so wollte, meine Sprache doch wieder und sagte: ‚Gott möge Euch Eure Unterweisung vergelten. Ich will all das tun, was Ihr von mir verlangt. Doch, Herr, erklärt mir auch noch, was in meiner Vision die andere Frau bedeutet.‘ Darauf antwortete er mir zuvorkommend: ‚Mir scheint, dass es die seligmachende Mutter Gottes und unbefleckte Magd ist: Maria, der Trost der Christenheit. Das Kränzchen mit den drei Kronen bedeutet, so scheint mir, nichts anderes, als was ihnen ohnehin von heiliger Hand und mit tiefer Weisheit eingeschrieben ist. Allerdings darf ich den Stern nicht übergehen, den man als ihre gütige Huld deuten muss, die Himmel und Erde hell erleuchtet. Ihr Haar hatte sie hochgesteckt? Das bedeutet, dass sie jederzeit dem Gebot makelloser Keuschheit folgte und körperliche Begierden vollständig abgetötet hatte. Vier Augen besaß sie? Das lege ich dir sofort aus: Sie bedeuten die vier wertvollen Ratschläge, die sie dem guten Menschen erteilt. Diese sind: Wenn dich einer auf die eine Backe schlägt, so streck ihm sogleich auch die andere hin! Wenn du nicht ohne Frau auskommen kannst, dann solltest du auch heiraten! Verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen! Vergib denen, die dich hassen und bitte Gott, dass er sie auf den rechten Weg zurückbringe. In vier Richtungen schaut sie in die Welt und gießt über uns ihre segenspendende Tugend aus. Ihre vielfältige und reiche Barmherzigkeit kannst du an dem weiten Mantel erkennen, der mit so vielen Farben geschmückt ist. Dann musst du auch wissen, dass das Kindchen
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Vn¢er ¢chepfer Jëu Cri¢t Vn¢er lö¢er vn¢er behalter Vn¢er herr vnd vn¢’vatter Pay der chirchen ¢ey dir ge¢ait Es i¢t die hailich cri¢tenhait Daz gemäld zu anders nit enfügt Den zgutem ¢inn des got bnügt Der alter da die maide ¢a¢¢ Glaub daz es der gelaube was Des ¢ey vil ¢elten ye vergas Vn ¢tercht ı noch ye bas vn bas Was bezaichnet nu der ¢e Daz plut daz in der neuwen e Mit ¢ampt de wa¢¢’ i¢t grunen Von dem lebendigen brunen Augen zähern vn daz plut Die vergo¢¢en ¢ein in gut Vnd nu verchert in ¢ü¢¢ichait Sa vns ¢ein milch vn hönk d’zaygt Der wei¢¢e gai¢t zur rechte hand Sey dir al¢o ¢chier genant Es i¢t ein güter engel zart Der dich wehnet ze aller vart Hie pey maget ¢älden vol Macht du merchen ¢under wol Was du la¢¢en ¢cholt vnd tun Wilt du behalten gotes ¢un Al¢o ward ich aufgericht Nach meines herczen zu uer¢icht Nu gedenk mein höh¢ter hort An des grö¢ten mai¢ters wort Daz er zu vns allen ¢pricht Mit ¢einer hailigen ler vn g¢chrift Waz hulffi ob du die welt Gewunnen hiet¢t mit allem gelt Vnd dein ¢el wurd leiden haben Daz ¢cholt du in deim hercze t~gen Vnd mࢢen dich des ¢chreibens Des trumbels vn des treybens Es ¢ey dann mit den eren mein Wilt du von mir geweret ¢ein Hie mit ¢o gib ich ym ein end Got dir alles trauren wend Vnd bü¢¢e deinen ¢merczen Die obre¢t kùngin ¢chirme dich
Text nach Ed. Wießner Unser schepfer Jesus Crist, 2505 Unser löser, unser bhalter, 2505 Unser herr und unser walter! Pai der chirchen sei dir gsait: Es ist die hailich cristenhait! Daz gmäld zuo anders nit enfüegt 2510 Den zguotem sinn, des got benüegt. Der alter, da die maide sass, Glaub, daz es der glaube was, Des sei vil selten ie vergas Und stercht in noch ie bas und bas! 2515 Was bezaichnet nu der se? 2515 Daz pluot, daz in der neuwen e Mit sampt dem wasser ist gerunnen Von dem lebendigen brunnen, Augen zähern und daz pluot, 2520 Die vergossen sein in guot 2520 Und nu verchert in süessichait, Sam uns sein milch und hönk derzaigt. Der weisse gaist zur rehten hand Sei dir also schier genant! 2525 Es ist ein guoter engel zart, 2525 Der dich wehüet ze aller vart. Hie pei, maget sälden vol, Macht du merchen sunder wol, Was du lassen scholt und tuon, 2530 Wilt du behalten gotes suon.” 2530 Also ward ich ausgericht Nach meines hertzen zuoversicht. Nu gedenk, mein höhster hort, An des grösten maisters wort, 2535 Daz er zuo uns allen spricht 2535 Mit seiner hailigen ler und gschrift: “Waz hulffi, ob du dir die welt Gewunnen hietst mit allem gelt Und dein sel wurd leiden haben?” 2540 Daz scholt du in deim hertzen tragen Und massen dich des schreibens, Des trumbels und des treibens, Es sei dann mit den eren mein, Wilt du von mir geweret sein! 2545 Hie mit so gib ich im ein end. 2545 Got dir alles trauren wend Und büesse deinen smertzen! Die obrest küngin schirme dich,
2517 ¢ampt: vor dem Wort ¢anft, durch Strich getilgt. 2520 ¢ein: e korrigiert aus a. 2523 rechte: c über dem Wort. 2526 ze: Korrektur aus zu, u durch Punkte getilgt, e aus o korrigiert. 2531 Doppelstrich vor dem Vers. 2533 Doppelstrich vor dem Vers. 2538 Gewunnen: ein n über dem Wort. 2543 dann: nn wohl aus mi korrigiert.
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unser Schöpfer Jesus Christus ist: unser Erlöser und unser Retter, unser Herr und unser Vater. Über die Kirche sollst du wissen, dass sie die heilige Christenheit bedeutet. Die Bilder verweisen auf nichts anderes als auf eine fromme Gesinnung, die allein auf Gott vertraut. Der Altar, auf dem die Jungfrau saß, das sei dir versichert, war der Glaube, den sie niemals vergessen hat, sondern im Gegenteil immer weiter festigt. Doch was bedeutet der See: das Blut des neuen Testaments, das zusammen mit dem Wasser aus dem lebendigen Brunnen geflossen ist. Er bedeutet aber auch die Tränen und das Blut, die zum Heil vergossen wurden und nun in Süße verwandelt sind, wie uns Milch und Honig des Sees deutlich machen. Den weißen Geist zur Rechten will ich ebenfalls sogleich deuten: Es ist ein sanfter Engel, der nur Gutes will und dich auf all deinen Wegen behüten möge! Daran, du Jungfrau voller Gnaden, kannst du genau ablesen, was du tun und lassen sollst, wenn du deinen Frieden mit Gott bewahren willst.‘ Auf diese Weise wurde ich darüber belehrt, was ich mir von Herzen wünschen soll. Erinnere Dich nun, mein liebster Schatz, an das Wort unseres Herrn und Meisters, das er uns allen in seiner heiligen Lehre und Schrift verkündet hat: Was hülfe es, wenn du mit allen deinen Schätzen die ganze Welt gewönnest und nähmest doch Schaden an deiner Seele? Das sollst Du – wenn Du von mir erhört werden willst – in Deinem Herzen bewahren und weiteren Liebesbriefen sowie dem Ständchenbringen und lärmender Werbung entsagen, es sei denn, dass sie meinem Ruf nicht abträglich ist. Somit mach ich dem Brief ein Ende. Gott möge Dir alle Trauer wenden und Deine Schmerzen heilen! Die Himmelskönigin beschütze Dich,
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Ob du in treuwen maini¢t mich Des bit ich ¢ey von herczen Dirr brief i¢t ge¢criben ¢am ich ¢ag Jn ¢älder ¢tund in fröden tag Mit lieber hand an guten ¢tad Getichet auf daz glùkrad Do dicz nu ¢o ge¢chehen was Daz briefel er ir vber la¢¢ Des dancht ¢ey ym von hercze do Vnd ¢p~ch wie ¢chol mich reuwen ¢o Mein ¢chand die ¢ich von euch der hub Jr ¢eicz ein mai¢ter al¢o chlug Wer ¢chol in tragen hub ¢ey an Lࢢ mich ¢chaffen ¢p~ch der man Al¢o vand er ¢o zehand Ein altes weib daz er derkant Die chond wa¢chen vn auch reyben Chauffman¢chaft mit ¢chloern treiben Da mit jungen mägeteyn Helfen von den eren ¢ein Vnd mochtman nicht geuaren bas So viel ¢ey ¢elber ı daz gras Den brief den bott er ir al do Vnd vnderwei¢t daz weib al¢o Gehin taugenleichen aus Vnd mach dich hin in Bert¢chins haus Den brief den gib ym ı die hand Vnd ¢prich den hat euch Mäcz ge¢ant Vnd grü¢¢ in von ir tau¢ent¢tund Nicht anders ¢ag ym mit dem mund Woy wie was ir dicz ¢o g¢mak Sey ¢tob hin ¢am ein ¢preuwer ¢ak Bis daz ¢ey zu Bert¢chin kam Sey ¢p~ch got grü¢¢ euch junger man Sälich mü¢t ir yemer ¢ein Daz briefel ¢ent euch Mäczli vein Mit mangem minechleichen grü¢¢ Von dem haubt bis auf den fü¢¢ Wer waz fröer dann der chnecht Er ¢p~ch nu i¢t meim dinge recht Se hin die zwen ¢chilling Vertrinks dùrch meinen willen Vnd ge zu vn¢erm ¢chreiber Henreiczen Nabelreiber
Text nach Ed. Wießner Ob du in treuwen mainist mich! 2550 2550 Des bit ich sei von hertzen. Dirr brief ist gschriben, sam ich sag, In sälder stund, in fröden tag, Mit lieber hand an guotem stab Gestichet auf daz glükrad.’ 2555 2555 Do ditz nu so geschehen was, Daz briefel er ir überlas. Des dancht sei im von hertzen do Und sprach: ‘Wie schol mich reuwen so Mein schand, die sich von euch derhuob? 2560 Ir seitz ein maister also chluog.’ – 2560 ‘Wer schol in tragen?’ huob sei an. ‘Lass mich schaffen!’ sprach der man. Also vand er so zehand Ein altes weib, daz er derkant. 2565 Die chond waschen und auch reiben, Chauffmanschaft mit schloern treiben, Da mit jungen mägetein Helfen von den eren sein; Und mocht man nicht gevaren bas, 2570 2570 So viel sei selber in daz gras. Den brief den bott er ir al do Und underweist daz weib also: ‘Ge hin taugenleichen aus Und mach dich hin in Bertschins haus! 2575 2575 Den brief den gib im in die hand Und sprich: “Den hat euch Mätz gesant.” Und grüess in von ir tausentstund! Nicht anders sag im mit dem mund!’ Woi, wie was ir ditz so gsmak! 2580 Sei stob hin sam ein spreuwersak, 2580 Bis daz sei zuo Bertschin kam; Sei sprach: ‘Got grüess euch, junger man! Sälich müest ir iemer sein! Daz briefel sent euch Mätzli vein 2585 Mit mangem minnechleichen gruoss Von dem haubt bis auf den fuoss.’ Wer was froer dann der chnecht? Er sprach: ‘Nu ist meim dinge recht. Se hin die zwen schilling! 2590 2590 Vertrinks durch meinen willen Und ge zuo unserm schriber Henreitzen Nabelriber
2555 Doppelstrich vor dem Vers. 2566 Chauffman¢chaft: ¢ über dem Wort. 2574 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso Vers 2576 und 2578. 2579 Doppelstrich vor dem Vers. 2580 Strich vor der Zeile. 2588 Strich vor der Zeile; meim: Korrektur aus mein. 2591 ¢chreiber: erstes e über dem Wort zwischen r und i.
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wenn Du mich nur getreulich liebst; darum bitte ich sie von Herzen. Mein Brief ist geschrieben, wenn ich’s doch sag, in seliger Stund, an einem Freudentag; mit liebender Hand, an guter Statt gestecket an des Glückes Rad.“ Als er den Brief auf diese Weise vollendet hatte, las er ihn ihr vor. Von ganzem Herzen dankte sie ihm dafür und sagte: „Wie sollte mich denn wohl meine Schande reuen, die mir durch Euch entstand? Ihr seid doch ein so überaus gebildeter Mann. Wer aber soll den Brief überbringen?“, fragte sie weiter. „Lass mich mal machen“, antwortete der Mann, und fand auch sogleich ein altes Weib, das er kannte. Die konnte baden, trockenreiben und mit Schleiern Handel treiben, damit aber auch junge Mädchen um ihr Ansehen bringen. Und wenn ihr das nicht gelang, so ließ sie sich auch selbst ins Stroh fallen. Nun also übergab er der Frau den Brief und instruierte sie folgendermaßen: „Mach dich heimlich fort von hier und troll dich in Bertschis Haus. Überreich nur ihm selbst den Brief und sag dazu: ‚Den schickt Euch Mätze‘. Und grüß ihn tausendmal von ihr. Kein Wort mehr sollst du ihm sagen!“ Oh, là, là, das war nach ihrem Geschmack! Sie stob davon wie ein Sack voll Spreu, bis sie zu Bertschi gelangte. Sie sagte zu ihm: „Gott zum Gruße, junger Mann, möget Ihr doch immer glücklich sein! Dies Briefchen hier schickt Euch die schöne Mätzli, und dazu viele Liebesgrüße, die Euch ganz von Kopf bis Fuß umfangen sollen.“ Wer war da wohl glücklicher als unser Jüngling? Er antwortete: „Nun läuft meine Sache gut. Hier, nimm die beiden Schillinge, vertrink sie auf mein Wohl, geh zu unserem Dorfschreiber Henritze Nabelreiber
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Text nach Ed. Wießner
Vnd ¢ag ym daz er chum zu mir Won ich ¢ein vil chäum embir Die riffianin lieff da hin Sam ein andreu heub¢cherin Vn ¢agt dem ¢chreiber wie ym ware Dem geuielent auch die mhr Er gab der zementragerin Einen phening ze gewin Vnd traft ¢ich do er Bert¢chin vand Auff der banch pey einer wand Schre wol auf ¢o frödenreich Der käy¢er i¢t vns vngeleich Triefnas da von ¢chanden Vil gern wer auf ge¢tanden Da was er worden al¢o chranch Daz er ¢torczet ab der banch Die minn die pracht ı zu der not Daz er was nahent jungers töt Des halff ym doch die fröd al¢o Vnd ein halbeu ku aldo Die er jo fra¢¢ ze einer ¢tund Daz er echt wider ward ge¢und Vnd alles ¢eines laides vergas Do man ym den brief gelas Da wi¢t er wenich waz er ¢ayt Bis ym es Nabelreiber zaigt Der ¢p~ch es mag nicht ander¢ ¢ein Sey ¢pricht ¢ey tät den willen dein Vnd dar zu vil vn dannocht me Nämi¢t du ¢ey zu der e Es ward Bert¢chi fröden vol Es geuiel ym alles wol Vn ¢p~ch ich wil vnd mü¢¢ ¢ey haben Hiecz mir all mein freunt er¢chlagen Wie ich mag ¢ey mü¢¢ mir werden Scholt ein ganczes land verderben Des nam er ¢einen freunt dar zu Engelmaren Far ind Ku Vnd ¢einen vetter Gumpo¢t Herman den Rürenmo¢t Niggeln Fe¢afögellin Jän¢eln Snellagödellin Hafen¢chleken Nagenfleken Schlind den Spek vnd Ofen¢teken
Und sag im, daz er chum zuo mir, Won ich sein vil chaum embir!’ Die riffianin lieff da hin 2595 Sam ein andreu heubscherin Und sagt dem schreiber, wie im wär. Dem gevielent auch die mär; Er gab der zementragerin Einen phenning ze gewin 2600 Und traft sich, da er Bertschin vand Auff der banch pei einer wand; Schre: ‘Wol auf so frödenreich! Der kaiser ist uns ungeleich!’ Triefnas do von schanden 2605 Vil gern wär auf gestanden: Do was er worden also chranch, Daz er stortzet ab der banch. Die minn die pracht in zuo der not, Daz er was nahent hungers tot. 2610 Des halff im doch die fröd also Und ein halbeu kuo aldo, Die er jo frass ze einer stund, Daz er echt wider ward gesund Und alles seines laids vergas. 2615 Do man im den brief gelas, Do wist er wenich, waz er sait, Bis im es Nabelreiber zaigt; Der sprach: ‘Es mag nicht anders sein: Sei spricht, sei tät den willen dein 2620 Und dar zuo vil und dannocht me, Nämist du sei zuo der e.’ Des ward Bertschi fröden vol; Es geviel im alles wol Und sprach: ‘Ich wil und muoss sei haben, Hietz mir all mein freunt erschlagen. Wie ich mag, sei muoss mir werden, Scholt ein gantzes land verderben.’ Des nam er seinen freunt dar zuo: Engelmaren Farindkuo 2630 Und seinen vetter Gumpost, Herman den Rüerenmost, Niggeln Fesafögellin, Jänseln Snellagödellin, Hafenschleken, Nagenfleken, 2635 Schlinddenspek und Ofensteken
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2597 ware: ursprünglich was, s gestrichen, re hinzugefügt. 2607 chranch: r über dem Wort. 2613 fra¢¢: über dem Wort Superskript e durchgestrichen. 2617 Da: korrigiert aus Do. 2619 ander¢: nach dem Wort e begonnen und durchgestrichen. 2622 der e: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 2623 Es: E auf Rasur, Zeilen 33–35 eingerückt, Platz für Initiale freigelassen.
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und richte ihm aus, er solle zu mir kommen, weil ich dringend seine Hilfe brauche.“ Das alte Luder lief dorthin, wie eben eine Kupplerin läuft, und erzählte dem Schreiber, wie die Sache steht. Dem gefielen diese Geschichten ebenfalls. Er gab der Kuppelmutter einen Pfennig zum Lohn, trabte los, bis er Bertschi auf der Bank vor einer Mauer fand, und schrie: „Los, los du Glücklicher, nicht mal der Kaiser kann uns das Wasser reichen!“ Weil es sich so gehörte, wäre Triefnas gern aufgestanden, doch war er so geschwächt, dass er von der Bank fiel. Die Liebe hatte ihn dahin gebracht, dass er vor Hunger beinahe gestorben wäre. Davor bewahrten ihn jetzt aber die Freude und auch eine halbe Kuh, die er auf einmal verschlang, so dass er wieder völlig gesund wurde und all seinen Kummer vergaß. Als man ihm den Brief vorlas, verstand er nur wenig von seinem Inhalt, bis er ihm von Nabelreiber erklärt wurde. Er sagte: „Es kann doch gar nicht anders sein: Sie meint, sie werde dir zu Willen sein und sei zu noch sehr viel mehr bereit, wenn du sie zur Ehefrau nimmst.“ Bertschi war darüber sehr froh. Das alles passte ihm bestens, und so sagte er: „Ich will und muss sie besitzen, auch wenn sie meine ganze Familie umgebracht hätte. Unbedingt muss sie die meine werden, auch wenn daran ein ganzes Land zugrunde gehen sollte. Deshalb zog er seine ganze Sippe hinzu: Engelmar Kuhficker sowie seinen Vetter Sauerkraut, Hermann Rührimmost, Niggel Vogelrupf, Jänsel Gurgelreißer, Krugschlecker, Nagdenfleck, Speckfresser, Schürhaken
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Text nach Ed. Wießner
Vnd den alten Colman Den ¢cholt ich vor genennet han Nabelraybern mit dem ¢til Vnd anderer erb’er leute vil Er rüffet ¢einen mumen Jùczin Schey¢¢ ind Plumen Vnd El¢bethen Völlipruch Engeldrauden Erenfluch Snatereinen Töreleynen Juncfrawn Feynen mit der ¢eynen Vnd die alten Laich den Man Mit dem blöden reffzan Die ¢ich daucht ¢o wiczich ¢ein Die chàmend all zu im hin ein Seu wurden alleu vmb in ¢ten Vnd fràgen wes er wolt begen Daz ¢cholt er freileich in veriehen Bert¢chi ¢p~ch daz ¢ey ge¢chehen Sein parlament ¢o hub er an Hört ir frawen vnd auch man Lieben freunt vernempt mich eben Vnd gerucht mir ràt ze geben Jch mag nicht lenger ¢ein an weib Scholcz mich cho¢ten meinen leyb Jch han mir eineu au¢derkorn Die mir ze ¢älden i¢t geporn Jch mu¢¢ ¢ey han es tut mirr not Anders ich würd ligen tot Daz i¢t ein dink daz ich euch bitt Vn trauw ir ¢ayt mir treuleich mit An ràt vn auch an hilff dar zu Des antwùrt ym do Far indie Ku Der ¢ein näch¢ter öhaym was Jch chan dir nicht geraten bas Tu ein dink daz we¢en mu¢¢ Vnd acht nicht vmb einr henne fü¢¢ Was man ¢ing vn was man ¢ag Des hilf ich dir ¢o vil ich mag Des wunders mich ioch gar beuilt Daz du von vns nu haben wilt Ràt vmb ¢ach nach deiner ¢ag Die ander¢ nit gewe¢en mag Hin wider ¢p~ch do Triefnas Wetter zieggel was i¢t das Wer chan iedeman geuallen
Und den alten Colman (Den scholt ich vor genennet han), Nabelraibern mit dem stil Und andrer erbrer leuten vil; 2640 Er rüeffet seinen muomen, Jützin Scheissindpluomen Und Elsbethen Völlipruoch, Engeldrauden Erenfluoch, Snatereinen, Töreleinen, 2645 Juncfrawn Feinen nit der seinen Und die alten Laichdenman Mit dem blöden reffzan, Die sich daucht so witzich sein. Die chamend all zuo im hin ein; 2650 Seu wurden alleu umb in sten Und fragen, wes er wolt begen: Daz scholt er freileich in verjehen; Bertschi sprach: ‘Daz sei geschehen!’ Sein parlament so huob er an: 2655 ‘Hört, ir frawen und auch man! Lieben freunt, vernempt mich eben Und geruocht mir rat ze geben! Ich mag nicht lenger sein an weib, Scholtz mich chosten meinen leib. 2660 Ich han mir eineu ausderkorn, Die mir ze sälden ist geporn. Ich muoss sei han, es tuot mir not: Anders ich würd ligen tot. Daz ist ein dink, daz ich euch bitt, 2665 Und trauw, ir sait mir treuleich mit An rat und auch an hilf dar zuo.’ Des äntwürt im do Farindkuo, Der sein nächster öhaim was: ‘Ich chan dir nicht geraten bas: 2670 Tuo ein dink, daz wesen muoss, Und aht nicht umb einr hennen fuoss, Was man sing und was man sag! Des hilf ich dir, so vil ich mag. Des wunders mich joch gar bevilt, 2675 Daz du von uns nu haben wilt Rat umb sach nach deiner sag, Die anders nit gewesen mag.’ Hin wider sprach do Triefnas: ‘Wetter zieggel! Was ist das? 2680 Wer chan iedem man gevallen
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2644 Erenfluch: am Wortende t radiert. 2646 Doppelstrich vor dem Vers. 2668 Doppelstrich vor dem Vers; Ku: auf Rasur. 2672 acht: c über dem Wort; Vers reicht bis an Spalte b. 2681 iedeman: ursprünglich iederman, r gestrichen, neben Spalte Korrektur wiederholt.
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und den alten Colman, (den ich natürlich vorher hätte nennen müssen), dann auch Nabelreiber mit seinem Schreibgriffel und viele andere, ehrbare Leute mehr. Anschließend ruft er seine Tanten Jütze Scheißindblumen und Elsbeth Hosenvoll, Engeltraud Ehrenfluch, Schnatterine, Toreline, Fräulein Fine mit der ihren und die alte Täuschdenmann mit dem tauben Raffzahn, die sich so ungeheuer schlau vorkommt. Sie alle kamen zu Bertschi ins Haus, stellten sich um ihn herum und fragten, was er vorhabe. Ganz offen solle er es ihnen sagen. Bertschi erwiderte: „So soll es geschehen“, und begann seine Ansprache: „Ihr Männer und Frauen, meine lieben Verwandten, hört mir genau zu und gebt mir bitte euren Rat. Ich kann nicht mehr länger ohne Frau leben, auch wenn ich dafür mit dem Leben bezahlen sollte. Ich habe mir schon eine erwählt, die mich glücklich machen würde. Ich muss sie gewinnen, das muss wirklich sein. Alles andere wäre mein Tod. Das also ist der Grund, warum ich euch hergebeten habe und darauf vertraue, dass ihr mir dann auch mit Rat und Tat zur Seite steht.“ Darauf antwortet ihm Kuhficker, der sein nächster Verwandter war: „Ich kann dir keinen besseren Rat geben als diesen: Pack die Sache an, die getan werden muss, und scher dich einen Dreck darum, was man so erzählt und schwatzt. Ich helfe dir dabei, soweit ich es vermag. Allerdings wundere ich mich darüber, dass du jetzt von uns einen Rat in einer Angelegenheit hören willst, die – so sagst du jedenfalls – anders gar nicht laufen kann.“ Dagegen rief Triefnas: „Da schlag doch gleich der Teufel drein, was soll denn das nun? Wer kann wohl jedem Menschen
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Text nach Ed. Wießner
Jn ern¢t in ¢chymph vn auch ı ¢challen Nie chayn dinck daz ward ¢o ¢chlecht Güter rat der chäm ym reht Dar vmb Cumpo¢t wiczen vol Ràt mir wie ich faren ¢chol Gumpo¢t der hub an vnd ¢ayt Jch brüf daz in der cri¢tenhäyt Dreu ding man vindet gut von art Zu den nie guet ze raten wart Durch der gro¢¢en flüchen wegen Die man geyt den rategeben Daz i¢t zu einem mùnch ze werden Weyt ze farn auf di¢er erden Vnd auch zu der hailigen e Al¢o ¢ag ich dir nicht me Doy was wunders was i¢t das Sp~ch do Bert¢chi Triefnas Wie mag yemer mi¢¢elingen Wei¢em rät zu guten dingen Nu dar mein lieber Rürenmo¢t Gib mir warm ı di¢em fro¢t Mach mir chül ı di¢er hicz Mit deinem ràt von chluger wicz Rürenmo¢t der ¢p~ch aldo Dein dink daz i¢t ge¢talt al¢o Daz do jo reuwich mu¢t beleiben Welhen weg du dich wilt ¢cheiben Nimp¢t ein weib dicz we¢en mus Daz dir wirt ¢orgen niemer bu¢¢ Arbayt get dir ¢elten ab Merk vil eben was ich ¢ag Hä¢t du danne weibes nicht Chäin ¢älde deinen leib ge¢chicht So wilt dein aygen plut verderben Ein frömder ga¢t d’ wirt dich erben Do daz nu Bert¢chi ¢o vernam Von laid er von ym ¢elber cham Er ¢prach nu we mir heut den tod Vmb vn vmb i¢t ang¢t vnd not Fe¢afögili ¢ag an Was tät noch ein cri¢ten man Des hub der gut man an vn ¢prach Wir horrend daz in di¢em bach
In ernst, in schimph und auch in schallen? Nie chain dinch daz ward so schlecht, Guoter rat der chäm im reht. Dar umb, Gumpost witzen vol, 2685 Rat mir, wie ich faren schol!’ Gumpost der huob an und sait: ‘Ich brüef, daz in der cristenhait Dreu ding man vindet guot von art, Zuo den nie guot ze raten wart 2690 Durch der grossen flüechen wegen, Die man geit den rategeben: Daz ist, zuo einem münch ze werden, Weit ze farn auf diser erden Und auch zuo der hailigen e. 2695 Also sag ich dir nicht me.’ ‘Woi, was wunders! Was ist das?’ Sprach do Bertschi Triefnas. ‘Wie mag iemer misselingen Weisem rat zuo guoten dingen? 2700 Nu dar, mein lieber Rüerenmost, Gib mir warm in disem frost, Mach mir chüel in diser hitz Mit deinem rat von chluoger witz!’ Rüerenmost der sprach aldo: 2705 ‘Dein dink daz ist gestalt also, Daz du jo reuwich muost beleiben, Welhen weg du dich wilt scheiben. Nimpst ein weib, ditz wesen muoss, Daz dir wirt sorgen niemer buoss; 2710 Arbait get dir selten ab. Merk vil eben, was ich sag! Hast du danne weibes nicht, Chain sälde deinem leib geschicht; So wilt dein aigen pluot verderben, 2715 Ein frömder gast der wirt dich erben.’ Do daz nu Bertschi so vernam, Vor laid er von im selber cham; Er sprach: ‘Nu we mir heut den tod: Umb und umb ist angst und not! 2720 Fesafögili, sag an: Was tät noch ein cristen man?’ Des huob der guot man an und sprach: ‘Wir hörrend, daz in disem bach
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2683 Doppelstrich vor dem Vers; dinck: k aus h korrigiert. 2689 Doppelstrich vor dem Vers; ding: über der Zeile eingefügt. 2695 hailigen: erstes i mit Superskript e zwischen a und l eingefügt. 2697 ¶-Zeichen links neben dem Vers. 2699 Doppelstrich vor dem Vers; yemer: nach y i gestrichen. 2717 Doppel2715 wilt: t über der Zeile; verderben: Nasalstrich über der ganzen zweiten Worthälfte. strich vor dem Vers. 2724 horrend: auf Rasur.
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im Ernst, im Spaß oder sogar in ausgelassener Freude gefallen? Eine so unwichtige Angelegenheit gibt es gar nicht, dass ihr ein guter Rat nicht von Nutzen wäre. Deshalb, Sauerkraut, du kluger Mann, rate du mir, was ich machen soll!“ Sauerkraut fing also an und sagte: „Ich gehe davon aus, dass es in der Christenheit drei wichtige Angelegenheiten gibt, in denen ein Rat noch nie angebracht war, schon allein wegen der Verwünschungen, die den Ratgebern drohen: ob jemand ein Mönch werden, auf weite Reisen gehen oder in den heiligen Stand der Ehe eintreten soll. Aus diesem Grund sage ich dir nichts weiter.“ „Teufel auch, du meine Güte, was ist denn das nun wieder?“, fragte daraufhin Bertschi Triefnas. „Wie soll denn ein kluger Rat in wichtigen Angelegenheiten danebengehen? Nun los, mein lieber Rührimmost, wärme mich in dieser Kälte und kühle mich in dieser Hitze mit deinem klugen Ratschlag.“ Rührimmost also sagte: „Deine Sache steht so, dass du, welchen Weg du auch wählst, es später immer bereuen wirst: Heiratest du eine Frau, dann ist es sicher, dass du aus den Sorgen und Mühen nicht mehr herauskommst. Hör gut zu, was ich dir sage! Wenn du aber nicht heiratest, gerätst du ebenfalls ins Unglück: Dein eigener Stamm wird zugrunde gehen und ein Fremder wird dein Erbe antreten.“ Als Bertschi das hörte, geriet er vor Kummer außer sich. Er sagte: „Weh mir, das bringt mich noch ins Grab, nur Angst und Not sind um mich herum. Vogelrupf, nun sag du: Was soll ein Christenmensch denn tun?“ So begann der Ehrenmann und sagte: „Wir haben gehört, dass in diesem Fluss
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Jeder furt i¢t bös ze reyten Dar vmb ¢o la¢¢en wir die ¢eitten Die / die bö¢er i¢t genant Vnd kerin zu der be¢¢ern hand Daz i¢t du ¢cholt al¢o beleiben Àn eim weib dein zeyt vertriben Schey¢¢ind Plumen dicz vernam Wie ¢chier ¢ey hub ir chläffen an Des auch nicht zfer¢weigen was Sey ¢p~ch her Niggel wi¢¢et das Ein wei¢er man der chan her zellen Alleu ¢tuk vn dar au¢ wellen Was daz be¢¢er we¢en ¢chol Dar inn man ¢pürt ¢ein wicze wol Daz bö¢er habt ir au¢ gele¢en Des mu¢t ir vn¢er narr we¢en J¢t nicht wäger daz ein man Hab ein frawen wolgetan Die ¢ein phlege nacht vnd tag Mit fli¢¢e ¢o ¢ey be¢te mag Dann daz er al¢o beleib Arm vnd ellend an ein weib Was ¢orgen wil er dame haben Der ¢ich vekent mag betragen Daz ym ge¢und i¢t an dem leben Wil er gutter ¢innen phlegen Snellagödili vil drat Sp~ch dicz dink wil haben ràt Vnd bedarff noch wiczen vil Es i¢t nicht ein chinden ¢pil Wi¢¢ das bf¢¢er i¢t ze ¢terben Dann ein bö¢es weib erwerben Die dich ¢irtet durch daz jar Taugenleich vn offenbar Mit ¢chelten vn mit fluchen Mit ¢traffen vn ver¢uchen Nieman mag vor ir gene¢en Pi¢t du aus dem haus gewe¢en So ¢narchelcz her in irem zorn Vn ¢pricht du ha¢t dein trew verlorn Gen mir des mu¢t du liden Du ge¢t zu andern weiben Ste¢t du auer in dem haus So ¢prichcz die nunn kùmpt niem’ aus
Text nach Ed. Wießner 2725 Ieder furt ist bös ze reiten; 2725 Dar umb so lassen wir die seiten, Die die böser ist genant, Und kerin zuo der bessern hand! Daz ist, du scholt also beliben, 2730 An ein weib die zeit vertriben!’ 2730 Scheissindpluomen ditz vernam; Wie schier sei huob ir chläffen an, Des auch nicht zfersweigen was! Sei sprach: ‘Her Niggel, wisset das! 2735 Ein weiser man der chan her zellen 2735 Alleu stuk und dar aus wellen, Was daz besser wesen schol, Dar inn man spürt sein witze wol. Daz böser habt ir aus gelesen; 2740 Des müest ir unser narr wesen. 2740 Ist nicht wäger, daz ein man Hab ein frawen wol getan, Die sein phlege nacht und tag Mit flisse, so sei beste mag, 2745 Dann daz er also beleib, 2745 Arm und ellend, an ein weib? Was sorgen wil er danne haben, Der sich würkent mag betragen, Daz im gesund ist an dem leben, 2750 Wil er guoter sinnen phlegen?’ 2750 Snellagödili vil drat Sprach: ‘Ditz dink wil haben rat Und bedarff noch witzen vil; Es ist nicht ein chindenspil. 2755 Wiss, das besser ist ze sterben 2755 Dann ein böses weib erwerben, Die dich sirtet durch daz jar Taugenleich und offenbar Mit schelten und mit fluochen, 2760 Mit straffen und versuochen! 2760 Nieman mag vor ir genesen: Pist du aus dem haus gewesen, So snarcheltz her in irem zorn Und spricht: “Du hast dein trew verlorn 2765 Gen mir; des muost du liden! 2765 Du gest zuo andern wiben.” Stest du aver in dem haus, So sprichtz: “Die nunn kümpt niemer aus;
2730 zeyt: Korrektur aus zeut, u durch Strich getilgt, y darüber geschrieben. 2735 Doppelstrich vor dem Vers, Vers reicht bis an Spalte b. 2738 Vers reicht bis an Spalte b. 2748 vekent: erstes e über der Zeile. 2755 Doppelstrich vor dem Vers; Wi¢¢: korrigiert aus Wicz. 2761 Nieman: i über dem Wort zwischen N und e. 2763 irem: e über dem Wort.
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eine jede Furt gefährlich zu durchschreiten ist. Deshalb sollten wir auf das üble Ufer gleich ganz verzichten und nur auf dem besseren bleiben. Das bedeutet: Du sollst so bleiben, wie du bist, und dir deine Zeit ohne Frau vertreiben.“ Das hörte Scheißindblumen und begann ein Gekeife, das sich nicht mehr überhören ließ. Sie sagte: „Nun hört mal gut zu, Herr Niggel! Ein kluger Mann versteht es, in einer Frage alle Punkte aufzuzählen und dann zu entscheiden, welche von ihnen die wichtigsten sind; eben daran merkt man seine Schlauheit. Ihr jedoch habt die unwichtigsten Punkte ausgesucht und kommt uns deshalb wie ein Narr vor. Ist es nicht viel besser, wenn ein Mann eine hübsche Frau hat, die ihn voll Eifer und – soweit es in ihren Kräften steht – Tag und Nacht umsorgt, als wenn er, ohne Frau, so armselig und einsam bliebe wie bisher? Was für Sorgen wird einer schon haben, der zu schaffen versteht, was er zum Leben braucht, und dann auch noch (in der Wahl seiner Frau) seine Klugheit beweist?“ Gurgelreißer antwortete sogleich: „Diese Angelegenheit muss noch weiter bedacht werden und verlangt noch viel mehr Verstandeskraft. Schließlich handelt es sich um kein Kinderspiel. Glaub mir: Es ist allemal besser zu sterben, als ein böses Weib zu heiraten, das dich das ganze Jahr hindurch zu Hause und in aller Öffentlichkeit quält, indem sie dich beschimpft und verwünscht, auf dir herumhackt und dir nachspioniert. Niemand kann sich vor ihr retten. Bist du einmal fort gewesen, faucht sie dich wütend an: ‚Du hast mir die Treue gebrochen dafür musst du büßen! Du treibst es doch mit anderen Frauen!‘ Bleibst du aber zu Hause, dann sagt sie: ‚Der Waschlappen kommt niemals vor die Tür.
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Mich duncht es ¢ey ein ¢tubenritter Er ¢tinkt ¢o ¢aur er fei¢t ¢o bitter Jn der ä¢chen bi dem feur Daz mir alleu fröd i¢t teur Emphilh¢t du ir das haus mit ¢apt So wil ¢ey her¢chen ı dem ampt Wilt du dir ein tail behalten So ¢prichcz ¢ein mü¢¢ der tiefel walten Getar er mir getruwen nicht Jch ¢tift im gift dem bo¢en wicht Seczt ¢ey dir dann hùrn’ an So mu¢t du tun recht ¢am ein man Der ¢ein la¢ter ¢chol ver¢wigen Vnd ¢am ein wolf gefangen lygen Dar zu ¢prach fro Folliprüch Mich zympt du ¢ei¢t d’ weibn fluch Wai¢tu nicht daz in aller hab Gut vnd bö¢ man vinden mag Dar vmb ¢pricht ein wi¢er man Such ein weib nicht verr hin dan Wilt du aber einen herren Sich den vinde dir von verren Von de dich mùge¢t brechen wol Halt er dich nicht ¢am er ¢chol Hie pey macht du merken gar Wie ein man ym reht der var Ein weib ge¢chikt von guter art Vor der kain dink nie be¢¢er ward Wenn beleib¢t du in dem haus Sey i¢t dein phleg ¢ey wart dir aus Ver¢t du aus · ¢ey i¢t dein ¢egen Ge¢t du ein ¢ey kùmpt hin gegen Mit irem minechleichen grus Er tut dir alles leides bu¢¢ So hàcz mit trewen ¢chon behut Haus vnd er vn ander gut Haffen¢chlek enmocht dicz nit leiden Er ¢prach waz ¢chol ich fürbas ¢weigen Si ha wunder was die chlaft Sey wil vns leren kauffma¢chaft Zu weiben dar an ieder man Betrogen wirt wie vil er chan Man ver¢üchet älle dinch E daz man den chauff volprinch
Text nach Ed. Wießner Mich duncht, es sei ein stubenritter. 2770 Er stinkt so saur, er feist so bitter 2770 In der äschen bi dem feur, Daz mir alleu fröd ist teur.” Emphilhst du ir das haus mit sampt, So wil sei herschen in dem ampt; 2775 2775 Wilt du dir ein tail behalten, So sprichtz: “Sein müess der tiefel walten! Getar er mir getruwen nicht, Ich stift im gift, dem bosen wicht.” Setzt sei dir dann hürner an, 2780 So muost du tuon reht sam ein man, Der sein laster schol verswigen, Und sam ein wolf gefangen liden.’ Dar zuo sprach fro Follipruoch: ‘Mich zimpt, du seist der weiben fluoch. 2785 Waist nicht, daz in aller hab 2785 Guot und bös man vinden mag? Dar umb spricht ein wiser man: “Suoch ein weib nicht verr hin dan! Wilt du aver einen herren, 2790 Sich, den vinde dir von verren, 2790 Von dem dich mügest brechen wol, Halt er dich nicht, sam er schol!” Hie pei macht du merken gar, Wie ein man im reht dervar 2795 Ein weib geschikt von guoter art, 2795 Vor der kain dink nie besser ward; Wenn beleibst du in dem haus, Sei ist dein phleg, sei wart dir aus; Verst du aus, sei ist dein segen, 2800 Gest du ein, sei kümpt hin gegen 2800 Mit irem minnechleichen gruoss: Er tuot dir alles leides buoss; So hatz mit trewen schon behuot Haus und er und ander guot.’ 2805 Havenschlek mocht ditz nit leiden; 2805 Er sprach: ‘Waz schol ich fürbas sweigen? Siha wunder, was die chlaft! Si wil uns leren kauffmanschaft Zuo weiben, dar an ieder man 2810 Betrogen wirt, wie vil er chan. 2810 Man versuochet älleu dinch, E daz man den chauff volprinch,
2778 gift: t verkleckst. 2780 recht: c über dem Wort; nach dem Wort alz durch Punkte und Strich getilgt. 2782 lygen: wohl korrigiert aus leiden. 2783 Doppelstrich vor dem Vers. 2789 aber: korrigiert aus auer. 2795 Doppelstrich vor dem Vers. 2805 Haffen¢chlek: ff korrigiert aus u. 2808 Sey: e über dem Wort zwischen S und y.
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Ich glaube, er ist ein Stubenritter. Er riecht so scharf und lässt in der Asche vorm Feuer solch stinkende Furze, dass mir alle Freude vergangen ist.‘ Wenn du ihr das ganze Haus anvertraust dann will sie auch uneingeschränkt herrschen. Willst du dir nur einen Teil der Hausgewalt sichern, so schimpft sie: ‚Soll ihn doch der Teufel holen! Wenn er mir nicht vertraut, dann wird er von mir Gift fressen, der Mistkerl!‘ Wenn sie dir Hörner aufsetzt, dann musst du dich wie ein Mann geben, der seine Schande totschweigen muss und leben wie ein gefangener Wolf.“ Dagegen sagte Frau Hosenvoll: „Ich glaube, du bist der Fluch der Frauen! Weißt du denn nicht, dass man in jedem Besitz Gutes und Böses finden kann? Darum sagt ein kluger Mann: ‚Such dir keine Frau von weit her. Deinen Dienstherrn aber, den such dir in der Ferne, damit du leicht verschwinden kannst, wenn er dich nicht so behandelt, wie es sich gehört.‘ Daran kannst du erkennen, wie ein Mann zu einer passenden Frau mit gutem Charakter kommt, die von nichts übertroffen wird. Bleibst du zu Hause, so pflegt und versorgt sie dich. Verlässt du das Haus, dann begleitet dich ihr Segen; kommst du nach Hause, dann begrüßt sie dich so liebevoll, dass alle Mühen vergessen sind. Und dabei hat sie getreulich Haus, Ansehen und anderes Gut bewahrt.“ Krugschlecker konnte das nicht mehr hören und sagte: „Warum soll ich noch länger den Mund halten? Nun hört doch bloß, was die da Wunder was zusammenschwatzt! Sie will uns beibringen wie man um Frauen feilscht, wobei doch jeder Mann, wie schlau er auch sein mag, übers Ohr gehauen wird. Bevor man ein Geschäft abschließt, probiert man doch alle Dinge erst einmal aus,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Dann allain die faigen frawen Die ¢ich ¢o ¢elten lࢢen ¢chauwen Aigenchleichen vor der e Daz pringt vil mangem jamer¢ we Der im da lernet gar ze ¢pàt Die tädel die ¢ein weibe hàt Erenfluch der ward ¢o gàch Ze reden daz ¢ey ¢ich vil nach Be¢aichet hiet ze ¢tunde Ser ruft aus irem ¢chlunde Her Hafen¢chlek ir ¢eicz ein chnecht Der wider got vn widers recht Wü¢ten wil die hailigen e Daz mut mich ¢er vn tut mir we Sagt mir wo habt irs gele¢en Daz yecleich weib ¢chol vbel we¢en Habt ir noch nicht daz ge¢ehen Daz man jedem wol ¢chol jehen All die wil er nicht eni¢t Bewert ein men¢ch mit bö¢er li¢t Dis verhörret Nagenflek Er ¢chre ¢im ¢iha durch ein zwek Die hat gelernt nach irm ver¢ehen Der siben chùn¢te vierzehen Noch wai¢¢ ¢ey wenich daz die ¢chrift Für wàrs von allen frawen ¢pricht Von natür i¢t iecleich weib Vnkeu¢ch gar an irem leib Snattereyna dicz verreit Sey ¢p~ch vn i¢t es noch nicht wett So hörr noch eins daz ¢ag ich dir Wer nach ¢eines h’czen gir Leben wil der tut nicht recht Es ¢ey ritter oder knecht Dar vmb ¢o hat vns got gegeben Be¢chaidenhait nach der wir leben Gmaynchleich vnd nit ¢am die hud Den kayn er i¢t worden chùnt Schlindden¢pek ¢ich macht herfür Er ¢prach hy yo was ich noch ¢pür Mü vnd zerung pey der e Gnug vnd vil vn dannoht me Haben mu¢t du ¢o zehant Gelt vnd reiches pettgewant
Dann allain die faigen frawen, Die sich so selten lassen schauwen Aigenchleichen vor der e. 2815 Daz pringt vil mangem jamers we, Der im da lernet gar ze spat Die tädel, die sein weibe hat.’ Erenfluoch der ward so gach Ze reden, daz sei sich vil nach 2820 Besaichet hiet ze stunde; Seu ruoft aus irem schlunde: ‘Her Hafenschlek, ir seitz ein chnecht, Der wider got und widers recht Wüesten wil die hailigen e: 2825 Daz müet mich ser und tuot mir we. Sagt mir, wo habt irs gelesen, Daz iecleich weib schol übel wesen? Habt ir noch nicht daz gesehen, Daz man iedem wol schol jehen, 2830 All die wil er nicht enist Bewärt ein mensch mit böser list?’ Dis verhörret Nagenflek; Er schre: ‘Sim, siha, durch ein zwek! Die hat gelernt nach irm versehen 2835 Der siben chünste vierzehen. Noch waiss sei wenich, daz die schrift Für wars von allen frawen spricht: “Von natur ist iecleich weib Unkeusch gar an irem leib.”’ 2840 Snattereina ditz verredt; Sei sprach: ‘Und ist es noch nicht wett, So hörr noch eins: daz sag ich dir! Wer nach seines hertzen gir Leben wil, der tuot nicht recht, 2845 Es sei ritter oder knecht; Dar umb so hat uns got gegeben Beschaidenhait, nach der wir leben Gmainchleich und nit sam die hund, Den kain er ist worden chunt.’ 2850 Schlinddenspek sich macht her für; Er sprach: ‘Hi jo! Was ich noch spür Müe und zerung pei der e: Gnuog und vil und dannoht me! Haben muost du so zehant 2855 Gelt und reiches pettgewant,
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2819 Doppelstrich vor dem Vers. 2832 Bewert: wohl korrigiert aus Bewart, a in e korrigiert, dazu e über dem Wort wiederholt. 2833 Doppelstrich vor dem Vers. 2837 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso in der folgenden Zeile. 2840 Vnkeu¢ch: ¢ über der Zeile; irem: e über dem Wort. 2842 Vers reicht bis an Spalte b. 2844 Vor der Zeile no in blasser Tinte sowie ¶-Zeichen; h’czen: vor dem Wort begir durchgestrichen. 2849 Vers reicht bis an Spalte b.
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nur mit Ausnahme der verdammten Weiber, die sich vor der Ehe selten so geben, wie sie wirklich sind. Viele Männer stürzt das in Jammer und Klage, wenn sie viel zu spät die Mängel ihrer Frauen mitbekommen.“ Frau Ehrenfluch hatte es mit ihrer Antwort so eilig, dass sie sich beinahe auf der Stelle bepisst hätte. Und so ruft sie aus voller Kehle: „Herr Krugschlecker, Ihr seid ein Lump, der gegen Gott und Recht den heiligen Stand der Ehe in den Dreck ziehen will. Das quält und schmerzt mich sehr. Sagt mal: Wo habt Ihr denn gelesen, dass jede Frau böse sein soll? Habt Ihr noch nicht mitbekommen, dass man jeden Menschen so lange für anständig halten soll, bis er als Übeltäter überführt ist?“ Nagdenfleck hörte sich das an, dann schrie er: „Verdammt, hört euch doch diesen Scheiß an. Die bildet sich wohl ein, sie habe von den sieben Künsten vierzehn erlernt! Dennoch ahnt sie nicht einmal, dass die Heilige Schrift über alle Frauen als wahr verkündet: ‚Aufgrund ihrer Natur ist jede Frau gänzlich von Wollust beherrscht.‘“ Schnatterine wandte sich entschieden dagegen und sagte: „Das ist überhaupt noch nicht klar. Jetzt hör mir mal gut zu: Ob einer nun Ritter oder Knecht ist, wer nur seinen Leidenschaften folgt, der lebt falsch. Deshalb hat Gott uns die Vernunft geschenkt, damit wir alle so leben, wie sie es verlangt, und nicht wie die Hunde, die von Ehre noch nie etwas gehört haben.“ Nun trat Speckfresser vor und jammerte: „Oh je, oh je, wieviel Verdruss und welche Kosten sehe ich bloß mit der Ehe entstehen: erst schon so viel, dann immer mehr und mehr! Denn aus dem Stand musst du ja über Geld und reichlich Bettzeug verfügen,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Frawenclaynet hau¢ge¢chier Clayder vil für ander vier Wein vn brot vn flai¢ch vn vi¢ch Vnd anders ghört zum ti¢ch Haus vn hof vn knecht vn vich Äker wi¢en Bert¢chi ¢ich Merk vnd höre waz ¢eyir wirt Daz vns armen leute ¢yrt Töreleyna ¢im ¢o Mich dunkt du ¢ey¢t gmacht v¢ ¢tro Al¢o get dir von dem mund Toren red ze di¢er ¢tund Du ¢prich¢t wil er ein frawen haben So mu¢¢ er gelt im pautel tragen Dar zu gewand vnd ander ding Hörr ein anders daz ich ¢ing Sag mir wie tet Adam Der dhain phennıg nie gwan Vnd lebt neunhundert jar vn mer Mit eren in der alten e War zu i¢t daz bette gut Sich¢tu nit wie ein Vnger tut Der nie kain vedergwand ge¢ach Vnd ¢chaft im dannocht gut gmach Wilt du haben ander gewand Sich ein weib von Spangen land Die kain andreu chlaider hat Ein leinlachen i¢t ir wat Ge¢trichet ob der ach¢eln zu Da mit ¢o hütet ¢ey der ku Vnd get zu fu¢¢ wie ¢chon ¢ey ¢pint Vnd trayt ein wiegen mit eim kint Frawen chläynet was i¢t daz Daz i¢t ir tugend die vil b䢢 Zierent ¢chon ein yecleich weib Dan mit perlen chrönter leib Hau¢ge¢chier daz i¢t wol gut So tu ¢am oft ein ¢oldner tut Der ym vmb einen ¢chilling vint Kùchıgrait zu ¢eim ge¢int Mag er dan nicht wein gehaben So ¢chol er ¢ich mit w䢢er laben Sam ein man von Preu¢¢enland Dem chäyn weinreb i¢t derkant
Frawenclainet, hausgeschier, Claider vil für ander vier, Wein und brot und flaisch und visch Und anders, daz gehört zum tisch, 2860 Haus und hof und knecht und vich, Aker, wisen: Bertschi, sich, Merk und hör, waz ghei dir wirt, Daz uns armen leute sirt!’ Töreleina sprach: ‘Sim so? 2865 Mich dunkt, du seist gemacht us stro: Also get dir von dem mund Torenred ze diser stund. Du sprichst: “Wil er ein frawen haben, So muoss er gelt im päutel tragen, 2870 Dar zuo gewand und ander ding.” Hörr ein anders, daz ich sing! Sag mir, wie tet Adam, Der dhain phenning nie gewan Und lebt neun hundert jar und me 2875 Mit eren in der alten e? War zuo ist daz bette guot? Sichst nit, wie ein Unger tuot, Der nie kain vedergwand gesach Und schaft im dannocht guot gemach? Wilt du haben ander gwand, Sich ein weib von Spangenland, Die kain andreu chlaider hat: Ein leinlachen ist ir wat, Gestrichet ob der achseln zuo; 2885 Da mit so hüetet sei der kuo Und get zuo fuoss, wie schon sei spint, Und trait ein wiegen mit eim kint. Frawenchlainet, was ist daz? Daz ist ir tugend, die vil bass 2890 Zieren scholt ein iecleich weib Dan mit perlen chrönter leib. Hausgeschier daz ist wol guot: So tuo, sam oft ein söldner tuot, Der im umb einen schilling vint 2895 Küchingrät zuo seim gesint! Mag er dan nicht wein gehaben, So schol er sich mit wasser laben Sam ein man von Preussenland, Dem chain weinreb ist derkant! 2900
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2862 Äker: vor dem Wort Aller durch Punkte getilgt. 2863 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand no in blasser Tinte. 2869 er ein: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 2891 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand no in blasser Tinte. 2900 weinreb: i über dem Wort zwischen e und n.
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über Frauenschmuck und Hausrat, über Kleider gleich für vier, über Wein und Brot, Fleisch und Fisch und alles andere, das noch auf den Tisch gehört; schließlich auch über Haus und Hof, Knecht und Vieh, Äcker und Wiesen. Los, Bertschi, sieh her und hör dir genau an, woran es dir alles mangelt, und was uns Arme so quält!“ Darauf Toreline: „Spinnst du? Besteht dein Kopf nur aus Stroh? Denn ganz so klingt das närrische Gerede, das ich hier von dir höre. Du behauptest: ‚Wenn er eine Frau nehmen will, dann muss er Geld besitzen, dazu noch Kleider und andere Dinge. Hör zu, ich sing dir mal ein anderes Lied; das geht so: Was machte denn bloß Adam, der nie auch nur einen Pfennig besaß und doch nach dem Alten Testament über neunhundert Jahre lang in Ehren lebte? Wozu soll denn ein Bett gut sein? Siehst du nicht, wie ein Ungar lebt, der niemals irgendein Bettzeug gesehen hat und es sich dennoch gut gehen lässt? Wenn es dir aber um Kleider geht, so stell dir eine Spanierin vor, die nur ein einziges Kleid besitzt: Es ist ein einfaches Leinentuch, das über den Schultern zusammengebunden wird. In diesem Kleid hütet sie die Kühe und erledigt ihre Wege, ebenso wie sie darin spinnt und ihr Kind trägt. Frauenschmuck, was ist denn das? Es ist doch ihre Tugend, die eine Frau viel besser schmückt, als wenn sie sich mit Perlen herausputzen würde. Hausrat ist sicher nützlich, deshalb halte es ruhig wie ein Söldner, der manchmal schon für einen Schilling für sich und seine Leute Küchengerät erwirbt. Wenn man keinen Wein bekommen kann, dann soll man sich eben, wie einer aus dem Land der Preußen, der keine Weinreben kennt, mit Wasser erfrischen.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Wem i¢t dann des flai¢ches not Ein prediger hat wangel rot Dar zu fai¢¢eu ange¢icht Vnd doch kains och¢en nicht Du ret¢t vmb vi¢ch du bi¢t nicht weis Wis es i¢t ein herren ¢peis Der wein vn pfeffer nichenhab Der tü ¢ich aller vi¢chen ab Haus vnd hoff daz i¢t ein er Hörr wie tut ein Lamparter Der in eins andern herberch ¢tet Vnd ¢ich noch drei¢tund bas beget Mit ¢einem gelte fru vnd ¢pat Dan der daz hau¢ ge¢chaffet hat So ¢prich¢t du wo i¢t knecht vn dirn Mich dunkt du ¢ei¢t ein tabigs hirn Wer nicht haben mag en knecht Der dien ym ¢elber daz i¢t recht Nu mu¢¢ oft einr eim andern dienen Vnd ym ı ¢eine drù¢¢el gienen Vich i¢t nùcz nach deiner ¢ag Ja 䢢 es weder nacht noch tag Ge¢chäch im von kaym ¢chalmen layd Noch von wolfen auf der häid Acker wi¢en wärind gut Bhielt ¢eu got vorm ¢chaur behut Vnd vor frömder ¢ichel gar Vor mau¢en vn vor vogel ¢char Procz des i¢t vns allen not Gelobt ¢ey er der vns es bot Doch bedarff man ¢ein nicht vil Der nach der m䢢e leben wil Nach der wei¢en lerer ¢ag Kainem man gebre¢ten mag Der ¢ich benügt die weil er wert Des da die ¢ein nataur begert Ofen¢tek dar vber ¢prach Jamer not vnd vngemach J¢t noch an den weiben vil Sam ich euchs be¢chaiden wil J¢t ¢ey ¢chön vn junger tagen Kain gut du macht vo jr gehaben Du pi¢t ver¢macht ¢o kans auch niht
Wem ist dann des flaisches not? Ein prediger hat wängel rot, Dar zuo faissü angesicht Und isst doch kains ochsen nicht. Du retst umb visch? Du bist nicht weis. Wiss, es ist ein herren speis! Der wein und pfeffer nicht enhab, Der tuo sich aller vischen ab! Haus und hoff daz ist ein er; Hörr, wie tuot ein Lamparter, 2910 Der in eins andern herberch stet Und sich noch dreistund bas beget Mit seinem gelte fruo und spat, Dan der daz haus geschaffet hat? So sprichst du: “Wo ist knecht und dirn?” Mich dunkt, du seist ein tobigs hirn. Wer nicht haben mag en knecht, Der dien im selber: daz ist recht! Nu muoss oft einr eim andern dienen Und im in seinen drüssel gienen. 2920 Vich ist nütz nach deiner sag: Ja, äss es weder nacht noch tag, Geschäch im von kaim schalmen laid Noch von wolfen auf der haid. Aker, wisen wärind guot, 2925 Bhielt seu got vorm schaur behuot Und vor frömder sichel gar, Vor mäusen und vor vogel schar. Protz des ist uns allen not: Gelobt sei er, der uns es bot! 2930 Doch bedarff man sein nicht vil, Der nach der masse leben wil. Nach der weisen lerer sag Kainem man gebresten mag, Der sich benüegt, die weil er wert, 2935 Des da die sein nataur begert.’ Ofenstek da wider sprach: ‘Jamer, not und ungemach Ist noch an den weiben vil, Sam ich euchs beschaiden wil. 2940 Ist sei schön und junger tagen, Kain guot du macht von ir gehaben. Du pist versmacht, so kans auch niht;
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2903 fai¢¢eu: zweites e über dem Wort zwischen ¢ und u. 2907 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand no in blasser Tinte; pfeffer: vor ff Anstrich eines i sichtbar. 2917 Zwischen diesem und 2919 Vers reicht bis an Spalte b. 2920 Vor dem folgenden Vers links am Rand no in blasser Tinte. der Zeile no in blasser Tinte, davon ausgehende Klammer markiert Zeilen 2919–2921. 2925 Acker: c über dem Wort. 2929 Vor der Zeile no in blasser Tinte. 2937 Doppelstrich vor dem Vers. 2943 ver¢macht: m scheint korrigiert, a über dem Wort.
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Wer braucht denn unbedingt Fleisch zum Leben? Einer aus dem Predigerorden hat doch auch rote Backen und ein feistes Gesicht, obwohl er noch nicht einmal einen Ochsen besitzt. Was sagst du vom Fisch? Du bist wohl nicht bei Trost! Weißt du nicht, dass Fisch eine Herrenspeise ist? Wenn einer keinen Wein und keinen Pfeffer hat, dann soll er auch auf alle Fische verzichten! Haus und Hof bringen zwar Ehre, aber hör doch, wie es ein lombardischer Geldhändler anstellt, der im Haus eines anderen wohnt, und jederzeit dreimal soviel aus seinem Geld herausholt, wie jener, der das Haus erbaut hat. Und du fragst: ‚Wo sind Knecht und Magd?‘ Ich glaube, jetzt bist du endgültig verrückt geworden! Wer keinen Knecht halten kann, der bediene sich eben selbst. So ist es recht und billig. Heutzutage aber muss einer oft einem anderen zu Diensten sein und ihm sogar noch ins offene Maul starren. Vieh ist von Nutzen – so behauptest du jedenfalls. Das könnte schon so sein, wenn es nicht Tag und Nacht fräße, von keiner Seuche befallen und auf der Weide von keinen Wölfen gerissen würde. Äcker und Wiesen wären auch nicht schlecht, wenn Gott sie nur vor Hagelschauern und Erntedieben sowie vor der Mäuse- und Vogelplage bewahren würde. Brot brauchen wir doch alle zum Leben: Deshalb sei er gelobt, der es uns geschenkt hat! Doch braucht man davon nicht so viel, wenn man nur maßvoll lebt. Nach Meinung der Weisen wird niemand Mangel leiden, der sich zeitlebens damit begnügt, was seine Natur verlangt.“ Schürhaken widersprach sofort: „Unglück, Schmerz und Elend bringen gerade Frauen mit sich. Warum das so ist, werde ich euch nun erläutern: Ist eine Frau noch jung und schön, dann kannst du von ihr nichts Gutes erwarten. Sie verachtet dich nur, kann selbst aber nichts.
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So i¢t es ¢wär nach meinr ver¢icht Ein dinch ze halten ¢underbar Nach dem man ¢tellet durch daz jar J¢t ¢ey alt vnd vnge¢chaffen So mag ¢ey anders nicht dan klaffen Du bi¢t ver¢aumpt ¢ey fröwt dich nicht So i¢t auch hart ¢am man da ¢pricht Ewekleich ein dinch ze halten Des da niemant wil gewalten Hat ¢ey dann der freunden vil So träy¢t du ¢org zu allem ¢pil Ob ir einer richt ¢cand Vnd pring dich ¢ampt mit ym vom land Die armen nagend dich aufs payn Die reichen achtend dein vil klayn Wilt du leben vnge¢chlagen So mu¢t ¢ey für ein frawen haben J¢t ¢ey vngefreund vn arm So ha¢t du wir¢er nie geuarn Wie oft man dirs ind augen ¢chlecht Du ha¢t dich gnidert vnd g¢wecht Dù bi¢t ze einem bettler worden Mit weib vnd kindern gar verdorben Junchfraw Fina ¢p~ch zehant Yederman der ¢ayt ¢ein tant So wil ich auch den meinen an Heuen ¢o ich be¢te kan Ofen¢tech noch pi¢t ein gpaur Waz ¢ayt der mai¢ter von nataur Spricht er nicht daz ¢eubreu g¢talt Rains gemüt in ir behalt Dar vmb ¢chol kain wei¢er man Schones weib für v` bel han J¢t ¢ey jung vnd chan nicht vil Dar zu ich dir ¢agen wil Daz ¢ey noch gelernet wol Was ein hau¢fraw kunne ¢chol Sey làt ¢ich piegen vn auch ¢miegen Sam ein kindel in der wiegen Mu¢t du dann ein alteu haben Daz ¢cholt du dannocht wol verklagen Sey i¢t dein amm vn peut dirs wol Sey tut dir alles das ¢ei ¢chol Mag ¢ey dann nit kinder tragen So ¢cholt ¢ey für ein muter haben
Text nach Ed. Wießner So ist es swär nach meinr versicht, 2945 2945 Ein dinch ze halten sunderbar, Nach dem man stellet durch daz jar. Ist sei alt und ungeschaffen, So mag sei anders nicht dan klaffen. Du bist versaumpt, sei fröwt dich nicht; 2950 So ist auch hart, sam man da spricht, Ewekleich ein dinch ze halten, Des da niemant wil gewalten. Hat sei dann der freunden vil, So traist du sorg zuo allem spil, 2955 2955 Ob ir einer richt ein schand Und pring dich sampt mit im vom land. Die armen nagend dich aufs pain, Die reichen ahtend dein vil klain. Wilt du leben ungeschlagen, 2960 So muost sei für ein frawen haben. 2960 Ist sei ungefreund und arm, So hast du wirser nie gevarn. Wie oft man dirs ind augen schlecht: “Du hast dich gnidert und geswecht: 2965 2965 Du bist ze einem bettler worden, Mit weib und kindern gar verdorben!”’ Junchfraw Fina sprach zehant: ‘Iederman der sait sein tant: So wil ich auch den meinen an 2970 2970 Heven, so ich beste kan. Ofenstech, noch pist ein gpaur. Waz sait der maister von nataur? Spricht er nicht, daz seubreu gstalt Rains gemüet in ir behalt? 2975 2975 Dar umb schol kain weiser man Schönes weib für übel han! Ist sei jung und chan nicht vil, Dar zuo ich dir sagen wil, Daz sei noch gelernet wol, 2980 2980 Was ein hausfraw kunnen schol; Sei lat sich piegen und auch smiegen Sam ein kindel in der wiegen. Muost du dann ein alteu haben, Daz scholt du dannocht wol verklagen. 2985 Sei ist dein amm und peut dirs wol, Sei tuot dir alles, das sei schol. Mag sei dann nit kinder tragen, So scholt sei für ein muoter haben.
2953 Doppelstrich vor dem Vers. 2958 achtend: c über dem Wort. 2964 g¢wecht: e über dem Wort. 2966 verdorben: ursprünglich verlorn, lorn durchgestrichen, dorben hinzugefügt. 2967 Doppelstrich vor dem Vers.
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Auch meine ich, dass es sehr schwierig ist, etwas unberührt aufzubewahren, das ständig von anderen begehrt wird. Ist sie aber alt und hässlich, so kann sie nichts anderes als keifen. Du wirst vernachlässigt, und Freude hast du auch nicht an ihr. Denn, wie man so sagt, es ist sehr hart, für alle Ewigkeit auf etwas sitzenzubleiben, das niemand mehr haben will. Hat sie zudem eine große Verwandtschaft, so musst du zu allem Überfluss noch aufpassen, dass keiner von denen eine Schweinerei begeht und dich so – zusammen mit ihm selbst – aus dem Lande jagt. Die armen Verwandten fressen dich ratzekahl, für die reichen dagegen bist du Luft. Wenn du nicht ständig Prügel beziehen willst, musst du sie als Herrin im Hause anerkennen. Ist sie ohne große Verwandtschaft und arm, dann geht es dir besonders schlimm. Immer wieder wird man es dir an den Kopf werfen: ‚Du hast dich selbst so weit erniedrigt, dass du zu einem Bettler geworden und mit Frau und Kindern ins Elend geraten bist.‘“ Fräulein Fine entgegnete sofort: „Hier bringt ja jeder sein Gelaber vor. So will ich auch meins dazugeben, so gut ich kann: Schürhaken, du bist und bleibst ein Bauer. Was sagt denn der Meister der Naturkunde? Lehrt er nicht, dass in einem schmucken Leib auch ein edles Gemüt stecke? Deshalb sollte kein kluger Mann eine hübsche Frau für böse halten. Ist sie jung und kann nicht viel, dann möchte ich dir dazu sagen, dass sie ja noch lernen kann, worauf sich eine Hausfrau verstehen muss. Man kann sie ja noch zurechtbiegen und formen wie ein Kindchen in der Wiege. Wenn du eine alte Frau haben musst, dann kannst du das auch leicht verschmerzen. Denn die ist wie eine Amme zu dir, sorgt für dein Wohl, und erfüllt ihre Pflichten vorbildlich. Wenn sie keine Kinder mehr bekommen kann, dann musst du sie eben als Mutter ansehen.
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J¢t ¢ey dann nicht hùb¢ch daz ¢ey So ¢cheynt ¢ey de¢ter bas da pey Wie ¢chon ich das bewaren mag Nach der chlugen logich ¢ag Ye vnge¢talter i¢t ein weib Ye mer ¢ey zieret iren leib Mit b¢treychen vn aufmachen Mit gwand vn andern ¢achen Ye mer ¢ei dann gezieret i¢t Ye ¢chöner ¢cheynt ¢ey ze der fri¢t Warta warta durch ein ¢chai¢¢ Was ¢ey der sophi¢trey way¢¢ Sprach do Ofen¢tech vil drat Der tiefel dichs geleret hat Nu dar daz ¢ey des tages gut So ¢ag wie er des nachtes tut Wann ¢ey ¢o nakent pey im leit Vngetan recht ¢am ein scheit Des antwurt ¢ey im ¢o ze ¢tet Kain liecht ¢o l䢢 er pey dem pett Des mag er auch geraten wol Ze ligen da man ¢chlaffen ¢chol J¢t nu daz er wenich ge¢icht Jr vnge¢talt die ¢chadet nicht Wan an dem griff ¢ind älleu weib Des einen leders wie mans treib Ze gelicher weis i¢t es ge¢talt Vmb die hünr die manichualt Federn tragen in der heut Vnd ¢o mans prıget für die leut Auf den ti¢ch gepraten hai¢¢ So zaygents doch nur ein flä¢ch So waynn ich auch ı mine mut Du ¢prechi¢t es werd ¢elten gut Ze hoh ze weiben vn ze nider Dar vmb ¢o ¢ag ich dir hin wider Welher wil mit ¢älden reichen Der füg ¢ich zu den ¢ein geleichen Do nu die red ein end gewan Die alt fro Berchta Laychden Man Ruft vil laut o jungeu kinder Ez ¢eczt den wagen für die rinder Wi¢¢t ir nicht daz alter hat Für die andern wei¢en ràt Dar vmb ¢o was ze heuen an Pey vn¢erm vattern Colman
2999 Doppelstrich vor dem Vers. 3022 Doppelstrich vor dem Vers.
Text nach Ed. Wießner Ist sei dann nicht hübsch, daz sei! 2990 2990 So scheint sei dester bas da pei. Wie schon ich das bewären mag Nach der chluogen logich sag! Ie ungestalter ist ein weib, Ie mer sei zieret iren leib 2995 Mit bstreichen und auf machen, 2995 Mit gwand und andern sachen; Ie mer sei dann gezieret ist, Ie schöner scheint sei ze der frist.’ ‘Warta, warta, durch ein schaiss! 3000 Was sei der sophistrei waiss!’ 3000 Sprach do Ofenstech vil drat. ‘Der tiefel dichs geleret hat. Nu dar, daz sei des tages guot: So sag, wie er des nachtes tuot, 3005 Wann sei so nakent pei im leit, 3005 Ungetan recht sam ein scheit!’ Des antwurt sei im so ze stet: ‘Kain liecht so lass er pei dem pett! Des mag er auch geraten wol 3010 Ze ligen, da man schlaffen schol. 3010 Ist nu, daz er wench gesicht, Ir ungestalt die schadet nicht; Wan an dem griff sind älleu weib Des einen leders, wie mans treib. 3015 Ze glicher weis ist es gestalt 3015 Umb die hüenr, die manichvalt Federn tragend in der heut: Und so mans pringet für die leut Auf den tisch, gepraten haiss, 3020 So zaigents doch nur ein flaisch. 3020 So wän ich auch in minem muot, Du sprechist, es werd selten guot, Ze hoh ze weiben und ze nider; Dar umb so sag ich dir hin wider: 3025 Welher wil mit sälden reichen, 3025 Der füeg sich zuo den sein geleichen!’ Do nu die red ein end gewan, Die alt fro Berchta Laichdenman Ruoft vil laut: ‘O jungen kinder, 3030 Es setzt den wagen für die rinder! 3030 Wisst ir nicht, daz alter hat Für die andern weisen rat? Dar umb so was ze heven an Pei unserm vattern Colman
3013 Vor der Zeile no in blasser Tinte. 3025 Vor der Zeile no in blasserer Tinte.
3021 mut: müt?
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Und ist sie nicht mehr hübsch, was soll’s? Dafür ist sie bald umso hübscher, wie ich das mithilfe eines zwingenden logischen Schlusses beweisen kann: Denn je hässlicher eine Frau ist, desto mehr verschönt sie sich durch Schminken und Schmücken, mit hübschen Kleidern und anderen Dingen. Und je mehr sie sich aufgeputzt hat, desto schöner erscheint sie dann auch.“ „Mensch, jetzt aber Schluss mit dem Scheiß! Was die für sophistische Finten beherrscht“, rief Schürhaken da sogleich. „Das hat dich wohl der Teufel gelehrt! Nun gut, für den Tag mag das stimmen. Aber sag mir mal, was er nachts machen soll, wenn sie nackt neben ihm liegt und dabei so unförmig wie ein Holzklotz ist?“ Darauf antwortete sie ihm sofort: „Dann soll er eben am Bett kein Licht brennen lassen. Darauf kann er ja dort verzichten, wo man sich schlafen legt. Wenn er nur noch wenig sieht, spielt ihre Hässlichkeit auch keine Rolle mehr. Denn bei dem Griff fühlt sich die Haut aller Frauen gleich an, wie man’s auch immer mit ihnen treibt. Ganz genauso verhält es sich bei den Hühnern: Zwar haben sie verschiedene Federn, wenn man sie aber den Leuten frisch gebraten vorsetzt, zeigen sie doch nur ein und dasselbe Fleisch. Außerdem sagtest du, glaube ich, dass es nicht gut ausgeht, wenn man zu hohen oder zu niederen Standes heiratet. Darum will ich es auch noch einmal sagen: Wer an Glück reich werden will, halte sich an seinesgleichen.“ Als Schürhaken seine Rede beendet hatte, rief die alte Frau Berchta Täuschdenmann richtig laut: „Oh, du unreife Jugend, du spannst ja den Wagen vor die Ochsen! Wisst ihr denn nicht, dass die Alten vor allen anderen kluge Ratschläge geben können? Aus diesem Grund hätte man die Beratung mit Vater Colman beginnen sollen
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Text nach Ed. Wießner
Vnd nit ze rau¢chen ı dem rat 3035 Sinr fürn andern vngefragt Darzu ¢p~ch do Engelmar o.Z. Dar zu ¢p~ch do Engelmar Die red i¢t an ir ¢elben war Doch ¢prich¢t ¢ey mit neyd’ li¢t Won du die aller elte¢t bi¢t 3040 Der ràt wär graten ze ¢chanden Hiet mans nit vnder¢tanden Mit ¢tangen vn mit rechen Bert¢chi hub an ze ¢prechen Jr herren wi¢¢t es i¢t nicht recht 3045 So man daz chrumb ¢chol mache ¢chlecht Daz man es noch dane chruber mach Da mit vn er zu Colman ¢prach Du wai¢t wol daz ze aller zit 3050 Jn dem ràt vn ı dem ¢trit Die er¢ten vn die le¢ten Schùllen ¢ein die be¢ten Dar vmb ¢ag an vil güter man Was daz waygi¢t ¢ey getan S Colman ¢p~ch aus chlugem ¢in 3055 Wi¢¢t daz her chùmen pin Lù¢ens vn nicht claffens wegen Won mir got gerucht ze geben Oren zway vnd einen mund Da pey ¢chol euch auch we¢en kund 3060 Daz einer wenich reden ¢chol Hören vil ¢o tut er wol Hin wider ¢ayt do Triefnas Wi¢¢ daz mir geuellet bas Wey¢eu red in guter zùngen 3065 Dann ein sweigen von dem ¢tumen Mas i¢t gut zu allen dingen Be¢¢ers chan ich dir nicht ¢ingen Al¢o hub der grawe man Sein red vil zùchtichleichen an 3070 Daz ¢prùch wart i¢t mir oft g¢ait Alter part hat wei¢¢hait Dar zu bin ich worden jnnen Junges hirn phligt cluger ¢innen So duncht mich auch ¢am gwi¢¢en i¢t 3075 Die frawen ¢ind nicht ane li¢t Daz hab ich ¢under leichen ge¢ehen Jn di¢em ràt des mu¢¢ ich jehen
Und nit ze rauschen in dem rat Einr fürn andern ungefragt.’ Dar zuo sprach do Engelmar:
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‘Die red ist an ir selben war; Doch sprichst sei mit neider list, Won du die aller eltest bist.’ 3040 Der rat wär graten zschanden, Hiet mans nit understanden Mit stangen und mit rechen. Bertschi huob an ze sprechen: ‘Ir herren, wisst, es ist nicht recht, 3045 So man daz chrumb schol machen schlecht, Daz mans noch danne chrumber mach!’ Da mit und er zuo Colman sprach: ‘Du waist wol, daz ze aller zit In dem rat und in dem strit 3050 Die ersten und die lesten Schüllen sein die besten; Dar umb sag an, vil guoter man, Was daz wägist sei getan!’ Colman sprach aus chluogem sin: 3055 ‘Wisst, daz ich her chümen pin Lüsens und nicht claffens wegen, Won mir got geruocht ze geben Oren zwai und einen mund! Da pei schol euch auch wesen kund, Daz einer wenich reden schol, Hören vil: so tuot er wol.’ Hin wider sait do Triefnas: ‘Wiss, daz mir gevellet bas Weiseu red in guoter zungen 3065 Dann ein sweigen von dem stummen! Mas ist guot zuo allen dingen; Bessers chan ich dir nicht singen.’ Also huob der grawe man Sein red vil züchtichleichen an: 3070 ‘Daz sprüchwart ist mir oft gesait: Alter part hat weisshait. Dar zuo bin ich worden innen: Junges hirn phligt cluoger sinnen. So duncht mich auch, sam gwissen ist, Die frawen sind nicht ane list. Daz hab ich sunderleichen gsehen In disem rat; des muoss ich jehen.
3036 vngefragt: a über dem Wort. 3037 ¢p ch: wie ¢pech. 3055 Doppelstrich vor dem Vers. 3063 Doppelstrich vor dem Vers. 3069 Doppelstrich vor dem Vers. 3070 zùchtichleichen: Korrektur aus zùchtichleichan, letztes e über durchgestrichenem a.
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und nicht die einen oder anderen ungefragt durcheinanderlärmen lassen.“ Darauf erwiderte Engelmar: „Zwar ist das, was du hier äußerst, völlig richtig, doch hast du es mit heimtückischen Hintergedanken gesagt, weil du ja die älteste von allen bist.“ Beinahe hätte die Beratung noch im Chaos geendet, wenn das nicht mit Stangen und Rechen verhindert worden wäre. So begann Bertschi erneut: „Also, Herrschaften, das ist nicht in Ordnung, dass man, wenn man Krummes gerade biegen soll, es nur noch umso krummer macht.“ Und zu Colman sagte er: „Natürlich weißt du, dass in der Ratsversammlung wie im Kampf immer die ersten und die letzten die Besten sein sollten. Darum sag uns, Verehrtester, was am besten zu tun wäre.“ Nach reiflicher Überlegung sagte Colman: „Ihr müsst wissen, dass ich hierher gekommen bin, um zuzuhören und nicht um zu schwatzen, weil Gott in seiner Güte mir zwei Ohren, aber nur einen Mund gegeben hat. Daraus könnt ihr entnehmen, dass man wenig reden, aber viel zuhören soll: Nur dann handelt man richtig.“ Triefnas entgegnete: „Du sollst aber auch wissen, dass mir kluge Rede in gepflegter Sprache besser gefällt als das Schweigen eines Stummen. Das rechte Maß ist in allen Dingen nützlich: Besser kann ich es nicht ausdrücken.“ Und so begann der Graubart seine Ansprache höchst formvollendet: „Dieses Sprichwort habe ich oft gehört: Weißer Bart zeigt Weisheit an. Außerdem habe ich noch gelernt: Junger Kopf hat klugen Verstand. Ebenso scheint mir, wie ja schon bekannt ist, dass die Frauen gar nicht so dumm sind. Das habe ich gerade in dieser Beratung festgestellt: Ich muss das wirklich zugeben.
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Hie i¢t gerürt ¢o manger punt Vn auch ge¢chayt ¢o gar von grunt Daz ich euch nichcz ge¢agen chan Dan kindel red die heb ich an Nu hin daz ¢ey das yecleich weib From vnd erber ¢ey von leib Daz doch laider nicht gewe¢en Mag ¢am ich es han gele¢en Dannocht fügt dir d haine nicht Hört was vns die warhait ¢pricht Niemant zwain hern gedienen mag Schon vn eben nacht vn tag So macht du nicht geuallen Deinem weib mit ¢challen Vnd mit andacht deinem got Daz ¢ag ich dir au¢ kaynem ¢pot Wie gleich es töut ze einem zil Der p¢alter mit dem saiten¢pil Dar zu hab ich auch gele¢en Wil ein man behalten we¢en So bedarff er weibes nicht Daz i¢t auch war nàch meinr ver¢icht Hie mit legt ¢ey ¢ich da nider Auf die benk vnd ı daz gefider Du mu¢t ¢ey für ein ¢iechen halten Vnd von ir nimer dich ge¢chalten Vnd voll wan ¢ey nu ¢wanger wirt Wann ¢ey nu dann daz kind gepirt So ¢prichtman daz ¢ey gene¢en ¢ey Hörr was ich ver¢ten da pey Sey i¢t gene¢en glich ¢am der Dem zergangen i¢t ein ge¢wer Vnd der rut i¢t an geuallen Das ¢wer ich allen pey ¢ant Gallen Secht ir nicht daz er¢t ¢ich hebt Kindel ge¢chray vn kindel pett Windel wa¢chen kindelpaden Dar zu mu¢¢ man ammen haben Chamerweib die getrunkend me Dann man wa¢¢ers vind ym ¢e Seu fre¢¢ent vil vnd ¢agent an Es hab daz kindel alz getan Di¢¢ i¢t dannocht alz ein wind Bis daz jo nu gewach¢t daz kind Er¢t ¢o mu¢¢man leiden haben
Text nach Ed. Wießner Hie ist gerüert so manger punt 3080 Und auch geschait so gar von grunt, Daz ich euch nichtz gesagen chan Dann kindelred; die heb ich an: Nu hin, daz sei, das iecleich weib From und erber sei von leib 3085 (Daz doch laider nicht gewesen 3085 Mag, sam ich es han gelesen): Dannocht füegt dir dhaine nicht. Hörr, was uns die warhait spricht: Niemant zwain gedienen mag 3090 Schon und eben nacht und tag; 3090 So macht du nicht gevallen Deinem weib mit schallen Und mit andacht deinem got. Daz sag ich dir aus kainem spot: 3095 Wie gleich es tönt ze einem zil, 3095 Der psalter mit dem saitenspil! Dar zuo hab ich auch gelesen: Wil ein man behalten wesen, So bedarff er weibes nicht; 3100 Daz ist auch war nach meinr versicht. Hie mit legt sei sich da nider Auf die benk und in daz gfider; Du muost sei für ein siechen halten Und von ir nimer dich geschalten 3105 Und voll, wan sei nu swanger wirt. 3105 Wann sei nu dann daz kind gepirt, So spricht man, daz sei gnesen sei. Hörr, was ich versten da pei! Sei ist genesen glich sam der, 3110 Dem zergangen ist ein gswer 3110 Und der rüt ist an gevallen: Das swer ich allen pei sant Gallen. Secht ir nicht, daz erst sich hebt Kindelgschrai und kindelpett, 3115 Windelwäschen, kindelpaden? 3115 Dar zuo muoss man ammen haben: Chamerweib die gtrinkend me, Dann man wassers vind im se; Seu fressent vil und sagent an, 3120 Es hab daz kindel alz getan. 3120 Diss ist dannocht alz ein wind, Bis daz jo nu gewächst daz kind: Erst so muoss man leiden haben,
3089 hern: Wort über der Zeile eingefügt. 3094 Zwischen diesem und dem folgenden Vers vor der Zeile no in blasserer Tinte. 3100 Vers reicht bis an Spalte b. 3102 benk: vor dem Wort ke durchgestrichen. 3117 Zwischen diesem und dem folgenden Vers vor der Zeile no in blasserer Tinte.
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Viele Punkte sind hier so grundlegend und vernünftig erörtert worden, dass ich euch nichts anderes bieten kann als jedes Kind schon weiß; und damit beginne ich gleich: Es mag ja sein, dass jede Frau von Natur aus hilfreich und ehrbar ist (was allerdings, wie ich gelesen habe, gar nicht sein kann): Dennoch will keine so recht zu dir passen. Darum hört, was uns die wahre Lehre verkündet: Niemand kann zwei Herren gleichermaßen und jederzeit dienen. Ebenso wenig kannst du gleichzeitig deiner Frau mit lautem Gepränge und deinem Herrgott mit stiller Andacht gefallen. Ich sage dir das in vollem Ernst, wie harmonisch auch sonst Psalter und Harfe zusammenklingen mögen. Außerdem habe ich noch gelesen, dass ein Mann, um seine Seele zu retten, keiner Frau bedarf. Das ist auch meiner Überzeugung nach richtig. Also: Sie legt sich auf die Bank oder ins Bett, du musst sie wie eine Kranke umsorgen und darfst sie keine Sekunde mehr allein lassen, vor allem nicht, wenn sie schwanger wird. Hat sie das Kind zur Welt gebracht, dann sagt man, sie sei wohlauf. Hört her, wie ich das verstehe: Sie ist ebenso wohlauf wie einer, dessen Geschwür zwar geheilt, den das Fieber aber befallen hat. Das schwöre ich beim heiligen Gallus! Seht ihr denn nicht, dass jetzt erst Wochenbett und Kindergeschrei, Windelwaschen und Babybaden beginnen? Dazu muss man Ammen haben, die mehr saufen, als Wasser im See ist, und die übermäßig fressen und dann behaupten, das Kindchen habe das alles verschlungen. Das ist aber noch gar nichts, denn wächst das Kind heran, muss man sich erst recht abrackern,
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Wie mans erleich mug bet~gen Mit chlaidern vnd mit nerung Mit ge¢chüch vnd ander zerung Den knaben mu¢¢ man be¢orgen Den abent vn den morgen Vor ¢telen vn vor rauben Offenbar vn taugen Vor ¢chlahen vn vor ¢techen Vor knu¢ten vn auch brechen Die tocher mu¢¢ man behuten Vor la¢ter vn vor wüten Vor ¢chulern vn vor phaffen Jn heu¢ern vn in g䢢en Nu dar daz ¢ei der litten So hat daz kind den ¢itten Wenn nu der leib vn ¢el Gewaget hat vmb gut vn er Jm ze fröden vnd ze gewin Daz es ym ¢pricht ı ¢einem ¢in Zarter vatter wäri¢t begraben Daz ich das erbe mocht gehaben Des jamers wirt man ¢elten an Wie ¢chön daz kindel ¢ey getan Wirt es auer gar verlorn Oder lam vn plint geporn Zum narren oder z¢tummen So i¢t vns er¢t zrunnen Älleu fröd vn ¢älichait Die mär ¢ein euch vo mir ge¢ayt Doch hiet ich vch ze ¢agen mer So matrent mich der hü¢t ¢o ¢er Daz ich es nicht volpringen mag Waz ich ı den ¢innen trag Do die rede ¢o vergie Kayner kond gewi¢¢en wie Man ¢cholt da wider ¢prechen Seu warend gar der lechen Vnd woltens älleu mit ym han Dann die alt frow Laichen Man Die ¢ich je¢o furher macht Wie laut ¢ie ¢pächt wie ¢er ¢ey pracht Vnd tätin mir die zend nicht we Jch hiet euch wol geantwurt e Mit vrlaib ¢prich ichs lieben kinder Aus kelbern werdent ¢tärkeu rinder Mit dem man pauwet vnd auch ert
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Text nach Ed. Wießner Wie mans erleich müg betragen 3125 3125 Mit chlaidern und mit nerung, Mit gschüech und ander zerung. Den knaben muoss man bsorgen Den abent und den morgen Vor stelen und vor rauben 3130 3130 Offenbar und taugen, Vor schlahen und vor stechen, Vor knüsten und auch brechen. Die tochter muoss man bhüeten Vor laster und vor wüeten, 3135 3135 Vor schuolern und vor phaffen In heusern und in gassen. Nu dar, daz sei derlitten! So hat daz kind den sitten, Wenn nu der vatter leib und sel 3140 Gewaget hat umb guot und er 3140 Im ze fröden und ze gwin, Daz es im spricht in seinem sin: “Zarter vatter, wärist bgraben, Daz ich das erbe möcht gehaben!” 3145 3145 Des jamers wirt man selten an, Wie schon daz kindel sei getan. Wirt es aver gar verlorn Oder lam und plint geporn, Zum narren oder zstummen, 3150 3150 So ist uns erst zerunnen Älleu fröd und sälichait. Die mär sein euch von mir gesait! Doch hiet ich üch ze sagen mer: So martret mich der huost so ser, 3155 3155 Daz ich es nicht volpringen mag, Waz ich in den sinnen trag.’ Do die rede so vergie, Kainer kond gewissen, wie Man scholt da wider sprechen 3160 3160 (Seu warend gar derlechen Und woltens älleu mit im han) Dann die alt fraw Laichdenman, Die sich ieso fürher macht. Wie laut sie spacht, wie ser sei pracht! 3165 3165 ‘Und tätin mir die zen nicht we, Ich hiet euch wol geantwurt e. Mit urlaub sprich ichs, lieben kinder: Aus kelbern werdent stärkeu rinder, Mit den man pauwet und auch ert,
3149 narren: über a Haken, wie . 3154 ¶-Zeichen neben der Zeile am rechten Blattrand. 3162 alt frow Laichen: sehr eng beieinander. 3165 zend: über n mit Schlussbogen ein d in blasser Tinte.
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um es angemessen mit Kleidung und Nahrung zu versorgen, mit Schuhzeug und was man sonst zum Leben braucht. Seinen Sohn muss man den lieben langen Tag davon abhalten, vor aller Augen oder heimlich zu stehlen und zu rauben, sich zu prügeln und zu fechten, sich zu schlagen und sogar die Knochen zu brechen. Eine Tochter aber muss man im Haus und auf der Straße vor Schmach und Schande, vor Studenten und Pfaffen bewahren. Nun gut, das hätten wir durchgestanden! Wenn ein Vater seinem Kind zuliebe und zu dessen Nutzen Leib und Seele für Besitz und Ansehen riskiert hat, dann erdreistet sich das Kind noch, bei sich zu sagen: ‚Liebster Vater, wärest du doch nur schon unter der Erde, damit ich endlich mein Erbe antreten kann!‘ Dieser Enttäuschung entgeht man so gut wie nie, wie prächtig das Kindchen auch gedeihen mag. Sollte es aber tot geboren werden, verkrüppelt oder blind, schwachsinnig oder taubstumm, dann sind für uns erst recht jegliche Freude und alles Glück dahin. Soweit sollt ihr meine Meinung hören! Zwar hätte ich euch noch viel mehr zu sagen, doch quält mich mein Husten so sehr, dass ich nicht vollständig herausbringen kann, was ich im Kopf habe.“ Als seine Ansprache auf diese Weise endete, wusste niemand etwas dagegen zu sagen. Alle hatten einen trockenen Hals und keiner wollte es sich mit ihm verderben, nur die alte Frau Täuschdenmann drängte sich nach vorne – wie aufdringlich sie schwatzte und wie laut sie dabei wurde! „Hätten mich nicht meine Zähne gequält, hätte ich euch schon früher geantwortet. Mit Verlaub, meine Lieben, ich sage es so: Aus Kälbern werden starke Rinder, mit denen man pflügt und ackert,
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So in die hurner werdent hert Hie pei ¢cholt es merken das Die wil ich chlainer tagen was Do ver¢tund ich mich auch chläyn Do red ich ¢am die kind gemäin Vnd tet auch nach der jungen orden Nu pin ich ¢echt zum men¢chen worden Vnd han verworffen kindel ¢pil Dar vmb ¢o wi¢¢t daz ich nicht wil Volgen eines manes ¢ag So ich daz be¢¢er haben mag Jr ¢cholt mirs nicht für vbel haben Her Colman daz ich euch wil ¢agen Do ir es ¢choltent heben an Ze raten ¢am ein wei¢er man Daz ertrich ward ¢ich wegen Vnd v` ber¢ich derheben Jch forcht ein drak ¢cholt kume her Do ¢ach ich zu es was ein ¢cher Plint vnd plöd vnd vnge¢talt Den wil ich temen al¢o bald Vnd heuen an den le¢ten an So ich nu aller be¢te chan Jr ¢precht ir hiet vns mer ge¢ayt Do mocht ir nicht vor hu¢tes laid Nu dar der hu¢t der i¢t do hin Sagt waz hiet ir in dem ¢in Des äntwört ¢o her Colman Lengeu red ¢tet vbel an Dar vmb ¢o ¢ag ich ander¢ nicht Dann kùrzeu wörter die man ¢pricht Daz gware¢t ¢pruchwart daz i¢t daz Einiger vatter füret bas Syben kinder durch ein gatter Dann siben kinder eine vatter Hie mit fraw von hoher li¢t Tut es durch den ¢ü¢¢en Cri¢t Vnd zaigt vns ewer wiczichäit Ze lernen was ich ie berayt Do ¢p~ch Laychden Man zehant Her Colman wi¢¢t es i¢t ein ¢chand Ze lernen einen grey¢en partt Syben vnd ¢ibenczig jaren alt Doch i¢t bö¢er wann ein man Pey alten zeiten nicht enkan Vnd ym auch lernen nicht enwil Des hat er ¢chand vnd la¢ters vil
3201 gware¢t: a über wr.
Text nach Ed. Wießner 3170 So in die hürner werdent hert. 3170 Hie pei scholt es merken das: Die wil ich chlainer tagen was, Do verstuond ich mich auch chlain; Do redt ich sam die kind gemain 3175 Und tet auch nach der jungen orden. Nu pin ich, secht, zum menschen worden Und han verworffen kindelspil; Dar umb so wisst, daz ich nicht wil Volgen eines mannes sag, 3180 3180 So ich daz besser haben mag. Ir scholt mirs nicht für übel haben, Her Colman, daz ich euch wil sagen: Do ir es scholtent heben an Ze raten sam ein weiser man, 3185 3185 Daz ertrich ward sich wegen Und übersich derheben; Ich forcht, ein drak scholt kumen her: Do sach ich zuo – es was ein scher Plint und plöd und ungestalt. 3190 Den wil ich temmen also bald 3190 Und heven an dem lesten an, So ich nu aller beste chan. Ir sprecht, ir hiet uns mer gesait: Do mocht ir nicht vor huostes laid. 3195 Nu dar, der huost der ist da hin! 3195 Sagt, waz hiet ir in dem sin?’ Des äntwürt so her Colman: ‘Lengeu red stet übel an; Dar umb so sag ich anders nicht 3200 Dann kürtzeu wörter, die man spricht. Daz gwärest sprüchwart daz ist daz: Einiger vatter füeret bas Siben kinder durch einn gatter Dann siben kinder einen vatter. 3205 Hie mit, fraw von hoher list, 3205 Tuot es durch den süessen Crist Und zaigt uns ewer witzichait! Ze lernen was ich ie berait.’ Do sprach Laichdenman zehant: 3210 ‘Her Colman, wisst, es ist ein schand Ze lernen einem greisen palch Siben und sibentzig jaren alt! Doch ist böser, wann ein man Pei alten zeiten nicht enkan 3215 Und im auch lernen nicht enwil; 3215 Des hat er schand und lasters vil.
3209 Doppelstrich vor dem Vers.
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sobald ihre Hörner hart werden. Das sollt ihr so verstehen: Als ich ein Kind war, hatte ich auch den Verstand eines Kindes, sprach wie ein Kind und verhielt mich wie ein Kind. Doch schaut, nun bin ich zum Menschen geworden, und habe die Kinderspiele aufgegeben. Deshalb, so müsst ihr wissen, will ich auch nicht der Rede eines Mannes folgen, wenn ich selbst Vernünftigeres zustande bringe. Herr Colman, nehmt mir nicht übel, was ich Euch jetzt sagen werde: Da Ihr als Weiser mit Eurem Rat beginnen solltet, begann die Erde zu beben und aufzubrechen, so dass ich schon fürchtete, ein Drache würde herauskriechen. Doch als ich genau hinsah, da war es ein kleiner, blinder, hässlicher Maulwurf. Dem will ich sogleich entgegentreten und mit dem zuletzt Gesagten beginnen, so gut ich es eben kann: Ihr sagt, dass Ihr uns noch mehr mitgeteilt hättet, wenn Euch der Husten daran nicht gehindert hätte. Also gut, der Husten ist nun vorbei. Was aber wolltet Ihr noch sagen?“ Herr Colman antwortete folgendermaßen: „Langes Reden macht einen schlechten Eindruck. Darum beschränke ich mich auf knappe Sätze, die man eben so sagt. Das wahrste Sprichwort ist das folgende: Ein einziger Vater führt eher sieben Kinder durch ein vergittertes Tor als sieben Kinder einen Vater. Ihr seid doch eine Frau mit scharfem Verstand. Beweist uns also – um unseres lieben Heilands willen – Eure Klugheit! Zu lernen war ich schon immer bereit.“ Täuschdenmann antwortete sogleich: „Hört mal, Herr Colman: Es ist schon schändlich genug, wenn ein alter Bock von siebenundsiebzig Jahren noch etwas lernen will. Noch schlimmer ist es aber, wenn einem Mann trotz seines Alters sogar die Fähigkeit oder der Wille zum Lernen fehlt. Das bringt ihn doch erst so richtig in Verruf.
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Text nach Ed. Wießner
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Dar vmb ¢o merk die rede mein Welt ir bas geleret ¢ein Got do er ge¢chaffen hiett Daz er¢te men¢ch in rechter lieb Vnd ym verpott des öpfels mas Die ge¢chepht ¢ein trew vergas Vnd des ¢chepfers gpott zerprach Dar vmb ¢o hab kain vngemach Ob dir deineu kinder nicht Dankin nach deinr zu uer¢icht Won du deinen vordern ¢o Gelonet ha¢t mit haber¢tro Doch ¢o mu¢¢ ich dir des ¢prechen Ein man i¢t ¢neller vil ze rechen Seinen vatter dann daz kind Ob ¢eu ym payden g¢mähet ¢ind So ¢prich¢t der rede ¢ey genug Claffen vil ¢ey narren fug Daz möcht ¢ich alles wol vegen Wolti¢t du die red ver¢ten Für vppig vn verdro¢¢en Für ¢chedleich vngeno¢¢en Auer i¢t die zunge gut Vnd nùcz ¢ey kaynen ¢chaden tut So mags auch nicht zlang ge¢ein Daz leg dir ı daz hercze dein Ha¢t di nie gehöret das Gro¢¢es vich wil michel gras Da vor ¢o ha¢t du vns ge¢ayt Den gro¢ten jamer vn daz laid Die wir tragin auf vnd nider Hat daz kind nicht älleu gelider Hier zu ¢ag ich die ge¢wind Wi¢¢ daz edler i¢t ein kind Hacz ein we¢en in der hell Dan daz mans für nichti zell Hörr auf ¢p~ch da Colman Mich duncht der aller vile¢t kan Der leugt vn faillet aller may¢t Wider got vnd ¢einen gai¢t Wai¢t nicht daz die warhayt ¢pricht Von Jaude¢¢en dem fal¢chen wicht Sein dink hiet ym vil bas gedigen Wär er vngeporn beliben
Dar umb so merk die rede mein, Welt ir bas geleret sein! Got do er geschaffen hiet Daz erste mensch in rechter lieb 3220 Und im verpott des öpfels mas, Die geschepht sein trew vergas Und des schepfers gpott zerprach. Dar umb so hab kain ungemach, Ob dir deineu kinder nicht 3225 Dankin nach deinr zuoversicht, Won du deinen vordern so Gelonet hast mit haberstro! Doch so muoss ich dir des sprechen: Ein man ist sneller vil, ze rechen 3230 Seinen vatter dann daz kind, Ob seu im paideu gsmähet sind. So sprichst, der rede sei genuog: Claffen vil sei narren fuog. Daz möcht sich alles wol vergen, 3235 Woltist du die red versten Für üppig und verdrossen, Für schedleich, ungenossen; Aver ist die zunge guot Und nütz, sei kainen schaden tuot; 3240 So mags auch nicht ze lang gesein: Daz leg dir in daz hertze dein! Hast du nie gehöret das: Grosses vich wil michel gras? Da vor so hast du uns gesait 3245 Den grösten jamer und daz laid, Die wir tragin auf und nider, Hat daz kind nicht älleu glider. Hier zuo sag ich dir geswind: Wiss, daz edler ist ein kind, 3250 Hatz ein wesen in der hell, Dan daz mans für nichti zell!’ ‘Hörr auf!’ sprach do Colman; ‘Mich duncht, der aller vilest kan, Der leugt und fället aller maist 3255 Wider got und seinen gaist. Waist nicht, daz die warhait spricht Von Jaudessen, dem falschen wicht, Sein dink hiet im vil bas gedigen, Wär er ungeporn beliben?’ 3260
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3220 rechter: c wohl aus bereits angesetztem h korrigiert. 3225 deineu: u über durchgestriche~ 3238 vngeno¢¢en: korrigiert aus vngemo¢¢en, erster nem n. 3234 narren: über a Haken, wie . Schaft des m durchgestrichen. 3241 zlang: am Ende des Wortes e durchgestrichen. 3258 fal¢chen wicht: zwischen den Wörtern man durchgestrichen und durch Punkte getilgt. 3260 Zwischen diesem und dem folgenden Vers vor der Zeile no in blasserer Tinte.
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Hört mir deshalb genau zu, wenn Ihr besser unterrichtet sein wollt: Als Gott in seiner Güte den ersten Menschen geschaffen und ihm verboten hatte, vom Apfel zu essen, da fiel sein Geschöpf in Ungehorsam und brach Gottes Gebot. Nimm es deshalb nicht so schwer, wenn dir deine Kinder nicht so danken, wie du es dir erhofft hast, weil du ja deinen Eltern ebenfalls nur mit Haferstroh gedankt hast. Allerdings muss ich dir dazu folgendes sagen: Ein Mann ist schneller bereit, seinen Vater zu rächen als sein Kind, wenn ihm beide beleidigt worden sind. Weiter sagst du, es sei genug geredet worden, viel Geschwätz zeichne den Narren aus. Das könnte ja zutreffen, wenn man das Gesagte für überflüssig und langweilig hielte, ja für unnütz oder gar schädlich. Ist die Rede aber brauchbar und nützlich, dann richtet sie keinen Schaden an. Und dann kann sie auch nicht zu lang sein. Das solltest du dir mal zu Herzen nehmen. Hast du nie das Sprichwort gehört: Großes Vieh braucht auch viel Gras? Davor hast du uns weismachen wollen, dass der schlimmste Schicksalsschlag, den wir zu ertragen hätten, darin bestünde, dass ein Kind verstümmelt geboren werden würde. Dem widerspreche ich sofort. Nimm zur Kenntnis, dass ein Kind, auch wenn es in der Hölle wäre, immer noch so wertvoll wäre, dass man es keinesfalls für nichtig erachten dürfte.“ Colman erwiderte darauf: „Sei doch still. Mir scheint, dass derjenige, der am meisten versteht, auch am ehesten lügt und zum Verräter an Gott und seinem Heiligen Geist wird. Weißt du denn nicht, dass die Bibel von Judas, dem hinterhältigen Kerl, sagt, es wäre für ihn besser gewesen, wäre er nie geboren worden?“
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Text nach Ed. Wießner
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Sech daz tet fraw Leichdema zorn Wie nàch ¢ey hiet ir ¢in verlorn Sey ¢p~ch verhört her Colman Mich duncht ir leugt euch ¢elber an Jr ¢precht daz lernen euch behag Vn wolt mich ¢traffen nacht vn tag Daz ¢tet nicht wol es i¢t kain recht Von eine ¢chuler oder knecht Wolt ir lernen ¢wigt vnd hörrt Mit ganczer dyemut hie vnd dört Des ¢p~ch do Cholman zùchtichleich Genad vil liebeu ¢ädenreich Hab ich wider euch giehen Daz i¢t vmb anders nicht ge¢chehen Dann daz ich die wàrhayt gar Mit red vnd wider red der var Jch zweiueln in der vin¢ter ler Helft mir fraw durch ewer er Ja du ¢ayt do Laychdenman Noch ¢o wilt mirs gewinnen an Wolti¢t ¢olicheu rede tun Du möchti¢t chomen noch ze ¢unn Wi¢¢ ich pin da wider nicht Waz got tut vn was er ¢pricht Jch ¢ich es mit der warhait gen Der es gar eben mag ver¢ten Dar zu i¢t die glos vil gut Wan der text vns zwiuel tut Daz ¢ey vns be¢chayde ¢chon Rechtes ¢inns in chlugem don Nu ¢pricht mein text das bö¢te i¢t Nichcznicht we¢en älleu fri¢t So ¢ayt der dem daz be¢¢er wär Dem goczuerräyter nicht ¢o ¢wär Ob er gewe¢en wär vngporn Wan ¢ein ¢el i¢t gar ver lorn Hie pei ¢o dunkt dein wiczichäit Es ¢i ein widerwartikayt Daz wil ich ¢o geleichen dir Es i¢t auch wär gelaub es mir Wäger war ym das daz er ge¢nitten Von ¢einer muter wär emmitten Dan daz er geporn wart Vnd die muter nicht en¢tarb
Secht, daz tet fraw Berchta zorn: Vil nach sei hiet ir sin verlorn! Sei sprach: ‘Verhört, her Colman! Mich duncht, ir leugt euch selber an. Ir sprecht, daz lernen euch behag, 3265 Und welt mich straffen nacht und tag: Daz stet nicht wol, es ist kain recht Von einem schuoler oder knecht. Wolt ir lernen, swigt und hörrt Mit gantzer diemuot hie und dört!’ 3270 Des sprach do Cholman züchtichleich: ‘Genad, vil liebeu säldenreich! Hab ich wider euch gejehen, Daz ist umb anders nicht geschehen, Dann daz ich die warhait gar 3275 Mit red und widerred dervar. Ich zweiveln in der vinster ler: Helft mir, fraw, durch ewer er!’ ‘Ja du’, sait do Laichdenman, ‘Noch so wilt mirs gwinnen an. 3280 Woltist sölheu rede tuon, Du möchtist chomen noch ze suon; Wiss, ich pin da wider nicht! Waz got tuot und was er spricht, Ich sich es mit der warhait gen, 3285 Der es gar eben mag versten. Dar zuo ist die glos vil guot, Wan der text uns zwivel tuot, Daz sei uns beschaide schon Rechtes sinns in chluogem don. 3290 Nu spricht mein text: “Das böste ist Nichtznicht wesen älleu frist.” So sait der dein, daz besser wär, Dem gotzverräter nicht so swär, Ob er gewesen wär ungporn; 3295 Wan sein sel ist gar verlorn. Hie pei so dunkt dein witzichait, Es si ein widerwärtikait. Daz wil ich so geleichen dir: Es ist auch war, gelaub es mir! 3300 Wäger wär im, daz er gsnitten Von seiner muoter wär emmitten, Dan daz er geporn wart Und die muoter nicht enstarb;
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3261 tet: über der Zeile geschrieben; Leichdema: auf Rasur, von anderer Hand, noch Unterbogen erkennbar. Unter dem Vers in blasser Tinte und sehr kleiner Schrift Notiz von anderer Hand in Abkürzung (Berchta cum Colman in duobus). Am unteren Rand der Seite Reklamante: Wie nach. 3267 Vers reicht bis an Spalte b. 3282 ¢unn: nn korrigiert aus m. 3304 en¢tarb: nach e r oder n mit ¢ verlaufen, durchgestrichen, n über dem Wort.
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Das aber, stellt euch vor, brachte Frau Täuschdenmann so sehr in Zorn, dass sie beinahe ihren Verstand verloren hätte! Sie antwortete: „Hört zu, Herr Colman. Ich habe den Eindruck, dass Ihr Euch selbst belügt. Ihr behauptet, dass Ihr gern lernt, und dennoch wollt Ihr mich in einem fort kränken. Das ist nicht in Ordnung und steht einem Schüler oder Lernenden nicht zu. Wenn Ihr etwas lernen wollt, dann schweigt und hört erst mal in aller Bescheidenheit zu.“ Colman antwortet darauf formvollendet: „Halten zu Gnaden, Ihr Quell meiner Glückseligkeit! Wenn ich gegen Euch gesprochen habe, dann ist das nur deswegen erfolgt, um die vollständige Wahrheit durch Rede und Gegenrede in Erfahrung zu bringen. Die Lehre ist mir dunkel und ich bin verunsichert. Helft mir gnädige Frau, um Eurer Ehre willen.“ „Du bist mir ja der Richtige.“, entgegnete ihm da Täuschdenmann. „So also willst du es mir jetzt entlocken! Wenn du allerdings so weitersprichst, dann könnten wir uns schon wieder vertragen. Jedenfalls sollst du wissen, dass ich dagegen gar nichts habe! Denn was Gott tut und was er spricht, das liegt meiner Ansicht nach auf einer Linie mit der Wahrheit für den, der es richtig verstehen kann. Wenn uns der Text nun aber im Unklaren lässt, dann ist eine Auslegung durch Glossen sehr nützlich, die uns mit klugen Worten im richtigen Verständnis unterrichtet. Nun sagt mir der Text: ‚Am schlimmsten ist es, überhaupt nicht zu existieren.‘ Demgegenüber sagt dir der Text, dass es besser und somit für den Gottesverräter auch nicht von so schrecklichen Folgen gewesen wäre, wenn er nie geboren worden wäre, denn seine Seele sei vollständig verworfen. Dir in deiner Klugheit erscheint das als Widerspruch. Doch will ich ihn dir folgendermaßen auflösen, ohne dabei, das darfst du mir glauben, von der Wahrheit abzuweichen. Besser wäre es für ihn in der Tat gewesen, wenn er aus seiner Mutter Leib herausgeschnitten und nicht geboren worden wäre, auch wenn seine Mutter dabei gestorben wäre.
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Text nach Ed. Wießner
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Won er ¢ey b¢chlieff dar nach vil tag 3305 Den hals er ¢chlug dem vatter ab Ein anders glö¢el al¢o ¢pricht Wäger wär ym daz er nicht Pey Cri¢tes zeiten wär geporn Won daz ¢chuff im di¢en zorn 3310 Doch schol di¢¢ ein end haben Alleu mär ¢ein nicht ze ¢agen Vnd ¢chùllen cheren zu der ¢ach Die dein torhait vor dem ¢prach Vmb die chinder die da geporn 3315 Werdent tod vn gar velorn Hie verleu¢t der vatter an Ze geleicher weis recht ¢am d’ man Dem man ye¢o gebent wirt Ein paum der taubeu nu¢¢el gepirt 3320 So hà¢t gerett gar àne not Daz kind beger des vatters tod Was ¢chad mir daz ¢am man da ¢pricht Gedench vn wùn¢ch mich chrenkent nicht 3325 So ¢pricht man leide fru vn ¢pat Von gwach¢ner kinden mi¢¢etàt Hie für ¢o i¢t daz lernen gut Vnd daz ¢traffen daz man tut Jungen kinden nacht vnd tag Die wil man ¢eu gepegen mag 3330 Waz ¢ay¢t danne von der zerung Von den chlaydern vnd von nerung Way¢t nicht daz der men¢che werden Schol derzogen auf dirr erden Mit einem ¢ach mit gfüger ¢peis 3335 Wil man in machen from vnd weis Jn ¢eiden alten werdend Vil reich vnd ¢alich ¢terbend So i¢t kain gelt dem jungen gut Dem die zerung ¢chaden tut 3340 Macht dann alter weiben nicht Gehalten nach der ammen phlicht So emphilch der muter zart Jr kind daz ¢ey ¢ein ¢elber wart Mit ¢augen hüten vnd auch phlegen 3345 Daz i¢t dir von nataur gegeben Was chlafft von windelen vn vo wä¢chen
Won er sei bschlieff dar nach vil tag, Den hals er schluog dem vatter ab. Ein anders glösel also spricht: “Wäger wär im, daz er nicht Pei Cristes zeiten wär geporn; Won daz schuoff im disen zorn.” 3310 Doch schol diss ein end haben (Älleu mär sein nicht ze sagen) Und schüllen cheren zuo der sach, Die dein torhait vordem sprach Umb die chinder, die da gporn 3315 Werdent tod und gar verlorn. Hie verleust der vatter an Ze gleicher weis recht sam der man, Dem man ieso gebent wirt Ein paum, der taubeu nüssel gpirt. 3320 So hast gerett gar ane not, Daz kind beger des vatters tod. Was schadt mir daz? Sam man do spricht: Gedench und wünsch mich chrenkent nicht. So sprichst, man leide fruo und spat Von gwachsner kinden missetat. Hie für so ist daz lernen guot Und daz straffen, daz man tuot Jungen kinden nacht und tag, Die wil man seu gepiegen mag. 3330 Waz saist danne von der zerung, Von den chlaidern und von nerung? Waist nicht, daz der mensche werden Schol derzogen auf dirr erden Mit einem sach, mit gfüeger speis, 3335 Wil man in machen from und weis, In seiden alten werdend, Vil reich und sälich sterbend? So ist kain gelt dem jungen guot, Dem die zerung schaden tuot. 3340 Macht dann alter weiben nicht Gehalten nach der ammen phlicht, So emphilch der muoter zart Ir kind, daz sei sein selber wart Mit säugen, hüeten und auch phlegen! Daz ist dirr von nataur gegeben. Was chlafft von windeln und von wäschen,
3323 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand Doppelstrich. 3325 ¢pricht: korrigiert aus ¢prich¢t. 3328 Vnd: V aus anderem Buchstaben, wohl D, hergestellt. 3329 Jungen: n ohne Schlussbogen, Jungeu? 3331 Kleiner Doppelstrich vor dem Vers. Waz: korrigiert aus Was. 3336 from: wohl korrigiert aus frum. 3339 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand Doppelstrich.
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Denn so schlief er mit ihr viele Male und schlug seinem Vater auch noch den Kopf ab. Eine andere Textglosse aber erläutert die Stelle so: ‚Besser für ihn wäre es gewesen, wenn er nicht zu Christi Lebzeiten geboren worden wäre, denn das erst hat ihm diesen göttlichen Zorn eingebracht.‘ Doch Schluss nun mit diesem Disput – alle Dinge kann man einfach nicht zu Ende diskutieren. Wir sollten zu dem Punkt zurückkehren, den du vorhin in deiner Verwirrtheit über die Kinder entwickelt hast, die tot geboren werden oder sonstwie verloren sein sollen. Dabei erleidet der Vater doch nur insofern einen Verlust, als er dem Mann gleicht, dem ein Baum geschenkt wird, der nur taube Nüsse trägt. Außerdem hast du ohne jeden erkennbaren Grund behauptet, das Kind wünsche des Vaters Tod. Doch was geht denn mich das an? Wie sagt man doch gleich: Wünsche und Gedanken können mich nicht kränken. Auch behauptest du, dass man ständig unter den üblen Streichen der Jugendlichen zu leiden habe. Dagegen sind Unterricht und Strafen gute Mittel, die man bei kleinen Kindern jederzeit nutzen sollte, solange man sie noch zurechtbiegen kann. Und was erzählst du da von Kosten, Kleidung und Nahrung? Hast du denn noch nie gehört, dass der Mensch hier auf Erden in grobem Tuch und mit schmaler Kost erzogen werden muss, wenn er zu einem nützlichen und klugen Menschen werden, in Kleidern aus Seide alt werden und reich und glückselig sterben soll? Deshalb tut Geld Jugendlichen niemals gut, zu große Ausgaben bringen ihnen nur Schaden. Und wenn du alte Frauen nicht dazu bringen kannst, ihren Pflichten als Amme tatsächlich nachzukommen, dann empfiehl der zärtlichen Mutter, dass sie ihr Kind selbst versorgt, also stillt, hütet und pflegt. Schon von Natur aus sollte das so sein! Was schwatzt du von Windel- und Kinderwäsche,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Die weil daz wa¢¢er vn die ä¢chen Mit holcz vnd altem leingewand Sind ¢o wolfayl in dem land Da pey ¢o wilt vns auch der ¢chrechn Mit kindel ge¢chray vnd kind’petten Mit ¢iechtum vn mit arebayt So hab dir daz von mir ge¢ayt Aigen hau¢ vn aigen chind Machend gro¢¢eu mü ze wind Vn klayneu fröd ze radeys Der red ich dich al¢o beweis J¢t der ¢mid ı ¢einem hau¢ So ¢tet er von ym ¢elber auf Vnd ¢midet lu¢tleich vbertag Daz er den gewin im peutel hab J¢t er in eines ¢mitten ı duncht Er hab ein jar gelitten So er gearbayt einen tag Wie chlain er ¢ich geheuen mag Aus dem pett des morgens fru Wan daz gelt get ym nicht zu Greynt mein kind mich dunkt es ¢ing So wol geuellet mir die ¢timm Es i¢t dem nach gepauren ¢chad Der da bey nicht ge¢chlaffen mag Hab ich dann aiger in dem haus Da mach ich grö¢¢en hümer aus Die mich dunchent fay¢¢er ¢ein Dann des mullners me¢te ¢wein Nu¢¢ vn prott auf meine ti¢ch Smekend bas dann all die vi¢ch Die der Marchgraf von Ferrär Gäb mir ob ich pey ym wär Sprich¢t du auer daz ein man An ein weib mùg haus ghan Das i¢t nicht ¢tät nach meinr v’¢icht Won es enhat des grundes nicht Die gruntfe¢t i¢t ein bider weib Die daz haus mit irem leib Aufenthalt mit manigen ¢achen Mit kochen vnd mit kindermachen Wirt ¢ey ¢iech vnd dar zu blöd So wircz auch ge¢unt daz i¢t ein fröd Du ha¢t gele¢en in der g¢chrift
Die weil daz wasser und die äschen Mit holtz und altem leingewand Sind so wolfail in dem land? 3350 Da pei so wilt uns auch derschrechen Mit kindelgschrai und kinderpetten, Mit siechtuom und mit arebait; So hab dir daz von mir gesait: Aigen haus und aigen chind 3355 Machend grosseu müe ze wind Und klaineu fröd ze paradeis! Der red ich dich also beweis: Ist der smid in seinem haus, So stet er von im selber auf 3360 Und smidet lustleich über tag, Daz er den gwin im peutel hab. Ist er in eines andern smitten, In duncht, er hab ein jar gelitten, So er gearbait einen tag. 3365 Wie chlain er sich geheven mag Aus dem pett des morgens fruo! Wan daz gelt get im nicht zuo. Greint mein kind, mich dunkt, es sing: So wol gevellet mir die stimm; 3370 Es ist dem nachgepauren schad, Der da bei nicht gschlaffen mag. Hab ich dann aiger in dem haus, Da mach ich grosseu hüener aus, Die mich dunchent faisser sein 3375 Dann des müllners mesteswein. Nuss und prott auf meinem tisch Smekend bas dann all die visch, Die der marchgraf von Ferrär Gäb mir, ob ich pei im wär. 3380 Sprichst du aver, daz ein man An ein weib müg haus gehan, Das ist nicht stät nach meinr versicht; Won es enhat des grundes nicht. Die gruntfest ist ein bider weib, 3385 Die daz haus mit irem leib Auf enthalt mit manigen sachen, Mit kochen und mit kindermachen. Wirt sei siech und dar zuo blöd, So wirtz auch gsunt: daz ist ein fröd. Du hast gelesen in der gschrift,
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3350 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: j. 3358 Doppelstrich vor dem Vers. 3369 Doppelstrich vor dem Vers, vor dem folgenden ein einfacher Strich; mich: m mit vier Schäften. Vers reicht bis an Spalte b. 3371 Doppelstrich vor dem Vers. 3377 Doppelstrich vor dem Vers. 3385 Doppelstrich vor dem Vers; bider weib: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden.
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während doch Wasser und Asche, Holz und altes Leinen bei uns so billig zu haben sind? Auch willst du uns Angst einjagen vor Kindergeschrei und Kindbett, vor möglicher Krankheit und Mühe. Doch lass dir dazu von mir gesagt sein: Eigen Kind und eigen Haus macht den Sorgen den Garaus und kleinste Freud zum Paradies. Diesen Spruch beweise ich dir so: Arbeitet ein Schmied in seinem eigenen Haus, so wacht er morgens von selbst auf und schmiedet fröhlich den Tag über, um dann seinen Verdienst einstecken zu können. Arbeitet er aber in einer fremden Schmiede, dann glaubt er schon nach einem Tag Arbeit, er habe ein Jahr lang geschuftet. Und wie schwer fällt es ihm, sich früh am Morgen aus dem Bett zu schrauben! Denn das erarbeitete Geld geht ja nicht in seine Tasche! Schreit mein Kind, dann tönt mir das doch wie Gesang, so gut gefällt mir seine Stimme! Für den Nachbarn jedoch ist das von Nachteil, weil er dabei nicht schlafen kann. Und wenn ich im Hause Eier finde, dann bilde ich mir ein, besonders große Hühner zu haben, die mir besser genährt scheinen als des Müllers Mastschwein. Und Nüsse und Brot von meinem Tisch schmecken mir besser als alle Fische, die mir der Markgraf von Ferrara auftischen würde, wenn ich sein Gast wäre. Wenn du schließlich behauptest, dass ein Mann auch ohne eine Frau einen Haushalt führen kann, so hat dies meiner Ansicht nach keinen Bestand, denn dann fehlte die rechte Grundlage. Die Grundlage aber ist eine tüchtige Frau, die dem Haushalt mit ihrer eigenen Person und mit vielen Dingen, vor allem mit Kochen und Kinderkriegen, Bestand gibt. Und ist sie wirklich einmal krank und schwach, wird sie zu aller Freude auch wieder gesund. Auch hast du in der Heiligen Schrift gelesen,
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Text nach Ed. Wießner
Ein man bedorff des weibes nicht Ob er gottes reichs geruch Waz ghort daz zu grawem tuch J¢t nit da ge¢chriben pey Daz ym daz weibe ¢chedleich ¢ey So hört ich pey der er¢ten ¢ag Niemant zwaien gdienen mag Das merke zwain ¢am ich es vind Die enander wider ¢ind So i¢t dein weib der tiefel nicht Dar vmb ¢o acht ich wenich d’ g¢chrift Vnd ker mich lieber an daz wort Daz ich hab funden an eim ort Vn ¢pricht daz nicht allayn die mait We¢izent ewich ¢älichait Es mag auch ¢ein daz gmähelt leut Wehalten werden mit der heut Wie gewär es i¢t vn nicht ein trom Sant Eu¢tächi purger ze Rom Hiet ein weib vnd dar zu kind Die ¢ampt mit ym wehalten ¢ind Vnd ander grö¢¢er hailigen vil Claff nu wer dergaffen wil Do die red ¢ich hiet verdrapt Der an Cholman ¢ich gehabt Hiet der warff ¢ich wider vmb Da mit ¢o ward die tädinch krumb Dennocht rurt ¢ich alter part Hin wider vmb ein ander vart Er ¢p~ch dis mu¢¢ der tiefel gebn Oder got mit ¢inen ¢egen Daz ein weib zu di¢en ¢tunden So genczleich hat mich vberwuden An be¢chaidenhäit vn an d’ g¢chrift Doch ¢o mag ich gelauben nicht Daz Mäczli fug de hainem man Dem die welt der eren gan Die ¢o flach i¢t dar zu hinkt Der / der aten al¢o ¢tinkt Sey i¢t ¢o bugglocht vn ¢o churcz Der eren acht ¢ey nit ein fùrcz Wie ¢warcz ¢ey i¢t vn vngeuar Vor ¢chand ¢ey niempt genenen tar Do hacz auch nicht daz i¢t d’ galg War zu i¢t vns di¢er balg
Ein man bedorff des weibes nicht, Ob er gottes reichs geruoch: Waz ghört daz zuo grawem tuoch? Ist nit da geschriben pei, 3395 Daz im daz weibe schedleich sei? So hort ich pei der ersten sag: Niemant zwaien gdienen mag. Das merke, zwain, sam ich es vind, Die enander wider sind! 3400 So ist dein weib der tiefel nicht; Dar umb so aht ich wench der gschrift Und ker mich lieber an daz wort, Daz ich hab funden an eim ort Und spricht, daz nicht allain die mait Wesitzent ewich sälichait: Es mag auch sein, daz gmähelt leut Wehalten werden mit der heut. Wie gwär es ist und nicht ein trom! Sant Eustächi, purger zRom, 3410 Hiet ein weib und dar zuo kind, Die sampt mit im wehalten sind, Und ander grosser hailigen vil. Claff nu, wer der gaffer wil!’ Do die red sich hiet verdrapt, 3415 Der an Cholman sich gehabt Hiet, der warff sich wider umb: Da mit so ward die tädinch krumb. Dennocht ruort sich alter part Hin wider umb ein ander vart; 3420 Er sprach: ‘Dis muoss der tiefel geben Oder got mit sinem segen, Daz ein weib zuo disen stunden So gentzleich hat mich überwunden An bschaidenhait und an der gschrift. Doch so mag ich glauben nicht, Daz Mätzli füeg dehainem man, Dem die welt der eren gan, Die so flach ist, dar zuo hinkt, Der der aten also stinkt. 3430 Sei ist so bugglocht und so churtz; Der eren aht sei nit ein furtz. Wie swartz sei ist und ungevar! Vor schand sei niempt genennen tar. Do hatz auch nicht: daz ist der galg. War zuo ist uns diser balg,
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3394 Waz: z aus s korrigiert. 3402 acht: c über dem Wort. 3414 dergaffen: er verlaufen, darüber e geschrieben. 3415 Doppelstrich vor dem Vers. 3421 dis mu¢¢: dazwischen i¢t durchgestrichen. 3432 acht: c über dem Wort.
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dass ein Mann, wenn er das Reich Gottes erlangen wolle, einer Ehefrau nicht bedürfe. Wieso aber verlangt das unbedingt nach einer grauen Kutte? Steht denn dabei wirklich geschrieben, dass ihm jede Frau Schaden bringe? In deiner ersten Behauptung jedenfalls habe ich gehört, dass niemand zwei Herren dienen könne. Das gilt natürlich nur, wenn sie miteinander verfeindet sind. Deine Frau ist nicht der Teufel. Deshalb halte ich mich in diesem Fall weniger an die Heilige Schrift und lieber an ein Wort, das ich an anderer Stelle gefunden habe. Dieses besagt, dass nicht allein Jungfrauen die ewige Seligkeit erlangen, sondern auch Eheleute ganz und gar gerettet werden können. Das ist gewiss wahr und keineswegs geträumt. Der heilige Eustachius, ein Bürger Roms, besaß Frau und Kinder, die zusammen mit ihm gerettet worden sind, wie es auch vielen anderen Heiligen widerfuhr. Sagt was dagegen, Ihr werdet Euch später schon umgucken!“ Als dieser Beitrag beendet war, schlugen sich jene, die zu Colman gehalten hatten, nun auf die andere Seite, womit der Ausgang des Streits wieder offen war. Dennoch eröffnete der Widerpart erneut eine Runde und sagte: „Es muss mit dem Teufel zugegangen sein oder sogar mit Gottes Segen, dass eine Frau mich hier und heute mit ihrer Klugheit und anhand der Heiligen Schrift vollständig besiegt hat. Dennoch kann ich nicht glauben, dass Mätzli zu einem Mann passen soll, der in der Welt hohes Ansehen genießt. Diese flachbrüstige Mätzli, die außerdem noch hinkt und deren Atem stinkt! Sie ist so bucklig und so klein und gibt auf ihr Ansehen ohnehin keinen Furz. Wie schwarz sie bloß ist und wie hässlich! Aus Scham wagt schon niemand mehr, sie auch nur zu erwähnen, und sie hat ja auch nichts zu bieten: Hol’s der Henker! Was sollen wir bloß mit dieser faulen Haut anfangen,
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Den die fliegen ¢o be¢chi¢¢en Hant vn auch die hund zerri¢¢en Laychdenman hub wider an Sym was er chan d’ ¢chymlig zan 3440 Wi¢¢ ich ¢ag dirs vnterd augen Wilt du der warhait nit gelauben So gelaubt man auer das von dir Du ¢ey¢ts ein e¢el vn ein ¢tir Was ¢ai¢t du vns mit deiner li¢t 3445 Du wai¢t noch wenich wer du pi¢t J¢t ¢ey chrofecht kumph vn lam Do ¢chol man ¢ey für edel han Stincht ir äten vbertag Kain fròmder ¢ey gehù¢¢en mag 3450 J¢t ¢ey kurcz vn hogrocht vil De¢t minr tuchs ¢ey haben wil Ge¢icht ¢ey wenich an den augen So machs auch kind daz ¢cholt du gelaube
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Der ¢warczen frawen michil i¢t gut Gro¢¢es tuttli gypt ir gnug Ro¢en wängel roter mund Sind vil ¢cheder dann ge¢und Wan ¢ey oft die jungen chnaben Machent alt ı kurczen tagen Schones har die fràwen irt An dem gepett die man es ¢iert Nùczer i¢t ein gärnel ¢pinnen Dann mit pùr¢ten härli ¢wingen Rürenzumph i¢t ¢ey genant Daz i¢t allaine dem ein ¢chand Der ¢ey al¢o hai¢¢en wolt Do man ¢ey zcri¢tan machen ¢cholt Chan ¢ey dan geparen nicht Von rechten treuwen daz ge¢chicht Vnd hiet ¢ey ioch die wol geporn Jr er ı ¢ü¢¢er min verlorn So gdient er antlࢢ nach d’ ¢chrift Der ¢ich zur e mit ir verphlicht J¢t ¢ey arm nu hin daz ¢ey Dannocht lebt ¢ey noch da pey Sey ¢chlaft de¢t bas vn furcht ir nit Vor teupen vn vor feur¢ch g¢chicht Es i¢t behut ir leib vnd gut
Den die fliegen so beschissen Hant und auch die hund zerrissen?’ Laichdenman huob wider an: ‘Sim, was er chan, der schimlig zan! Wiss, ich sag dirs unterd augen: Wilt du der warhait nit gelauben, So glaubt man aver das von dir, Du seists ein esel und ein stir! Was chaist du uns mit deiner list? 3445 Du waist noch wenich, wer du pist. Ist sei chropfecht, krumph und lam, Do schol man sei für edel han. Stincht ir aten über tag, Kain frömder sei gechüssen mag. 3450 Ist sei kurtz und hogrocht vil, Dest minner tuochs sei haben wil. Gesicht sei wenich an den augen, So machts auch kind, daz scholt du glauben! Der swartzen frawen milch ist guot: Grosses tüttli gipt ir gnuog. Rosenwängel, roter mund Sind vil scheder dann gesund, Won sei oft die jungen chnaben Machent alt in kurtzen tagen. 3460 Schönes har die frawen irt, An dem gepett die man es siert; Nützer ist ein gärnel spinnen Dann mit pürsten härli swingen. Rüerenzumph ist sei genant: 3465 Daz ist allaine dem ein schand, Der sei also haissen wolt, Do man sei zcristan machen scholt. Chan sei dan geparen nicht, Von rehten treuwen daz geschicht. 3470 Und hiet sei joch, die wol geporn, Ir er in süesser minn verlorn, So gdient er antlass nach der schrift, Der sich zuor e mir ir verphlicht. Ist sei arm, nu hin, daz sei! 3475 Dannocht lebt sei noch da pei; Sei schlaft dest bas und fürcht ir nicht Vor teupen und vor feursch geschicht. Es ist behuot ir leib und guot:
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3454 gelaube: laube über der Zeile; Vers reicht bis in Spalte b. 3455 Doppelstrich vor dem Vers. Vers reicht bis in Spalte b. 3459 Strich vor dem Vers, ebenso vor dem folgenden. 3470 rechten: c über dem Wort. 3473 ¢chrift: t korrigiert aus a. Vers reicht bis an Spalte b. 3474 e: durch Punkte isoliert. 3477 nit: Wort über der Zeile, diese reicht bis zur Spalte b, ebenso die folgende.
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die von den Fliegen beschissen und von den Hunden zerbissen worden ist?“ Da setzte auch Täuschdenmann wieder an: „Mann, was weiß der denn, der alte Gammelzahn! Hör mal, das sage ich dir ins Gesicht: Wenn du die Wahrheit nicht glauben willst, dann wird man von dir denken, du seiest ein Esel und ein Rindvieh! Was belästigst du uns eigentlich mit deiner Schlauheit? Du weißt doch noch nicht einmal, wer du selbst bist. Hat sie einen Kropf und ist sie krumm und lahm, so sollte man gerade daran ihren Adel erkennen! Stinkt sie fortwährend aus dem Mund, dann wird eben kein Fremder sie küssen. Ist sie sehr klein und bucklig, dann verlangt sie umso weniger Kleiderstoff. Und fehlt’s ihr an den Augen, so bringt sie trotzdem Kinder zur Welt, das darfst du mir glauben! Die Milch hässlicher Frauen ist gut. In ihren großen Titten hat sie genug davon. Rosige Bäckchen und ein roter Mund sind eher schädlich als vorteilhaft, weil sie oft die jungen Männer in kurzer Zeit recht alt aussehen lassen. Schönes Haar führt die Frauen doch nur in die Irre, und die Männer hält es vom Gebet ab. Viel nützlicher ist es doch, ein Knäuel Garn zu spinnen, als mit Bürsten seine Haare zu kämmen. Sie heißt Schwanzgrapscherin. Das ist höchstens für den eine Schande, der sie auf diesen Namen taufen wollte. Wenn sie sich nicht richtig benehmen kann, dann zeigt sie damit nur, wie unverfälscht sie ist. Und sollte sie, die aus anständigen Verhältnissen kommt, ihre Ehre im Liebesglück verloren haben, so hat sich derjenige, der sie heiratet, nach kirchlichem Recht die Vergebung der Sünden verdient. Ist sie arm, nun gut, was soll’s? Schließlich lebt sie ja trotz alledem, schläft bestens und fürchtet sich weder vor Dieben noch vor einer Feuerbrunst. Leib und Gut sind ihr sicher.
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So hats vergut wie man ir tut Neid ir auch nicht kan ge¢chaden Daz recht wir ¢ehend armut haben Von der noch vil ze ¢agen wär Wurd daz püchel nicht ze ¢wär Hörr zu was der weis gepeut Von rechter lieb¢chaft ¢ich die leut Nemen ¢chollen nit vmb gelt So ¢ein ¢eu ¢älig ı der welt Nu dar ¢o hat ¢eu Bert¢chi lieb Dar vmb ¢o ¢ing ich ym das lieb Pert¢chi mäczen nemen ¢chol Zu ¢einem weib ¢o tut er wol Do ¢ängelt junker Triefnas Jch gehòret nie ge¢ingen bas Noch ward der tädinch al¢o vil Hin vnd wider ze dem zil Dz in ¢windelt in den ¢innen Jeder ¢chre ich wil verprinen Vnd der trinken ı der wicz Jn dem ràt vn ı dem ¢wicz Wir mochtens ewicleichen treiben Dar vmb ¢o la¢¢in wirs weleiben Oder hörrin all gemain Des torffes ¢chreiber muters äin Der hat der bücher vil gele¢en Vnd was er ¢ag daz ¢ej ge¢chehen Henricze der ward au¢derwelt Ze einem gemainen man ge¢telt Daz er die vrtail ¢cholte geben Der ¢p~ch nu dar vernempt mich eben Jr hietind wol ein wei¢ern funden Doch ge¢chicht es ze den ¢tunden Daz ein närrli vindt ein li¢t Die dem wei¢en ¢elczen i¢t Jch ¢ich wol war vmb es geuält Habt vn ganczleich nichcz dertailt Es ¢eyt ge¢tanden ze den wiczen So man mit ruwen ¢cholte ¢iczen Jr habt gereimet vnd geticht Chlugeu ¢ach wil reymens nicht Wer mag ein di¢putyeren Mit gme¢¢ner red florieren Dar vmb ¢o ¢ecz ich mich da hin Vn ¢ag euch ¢chlechleich mine ¢in
Text nach Ed. Wießner 3480 3480 So hats verguot, wie man ir tuot. Neid ir auch nicht kan geschaden: Daz recht wir sehend armuot haben, Von der noch vil ze sagen wär, Wurd daz püechel nicht ze swär. 3485 3485 Hörr zuo, was der weis gepeut! Von rehter liebschaft sich die leut Nemen schüllen, nit umb gelt, So sein seu sälig in der welt. Nu dar, so hat seu Bertschi lieb! 3490 3490 Dar umb so sing ich im das lied: Pertschi Mätzen nemen schol Zuo seinem weib, so tuot er wol!’ Do sängelt junker Triefnas: ‘Ich ghöret nie gesingen bas.’ 3495 3495 Noch ward der tädinch also vil Hin und wider ze dem zil, Daz in swindelt in den sinnen; Ieder schre: ‘Ich wil verprinnen Und dertrinken in der witz, 3500 In dem rat und in dem switz. 3500 Wir möhtens ewicleichen treiben; Dar umb so lassin wirs weleiben Oder hörrin all gemain Des torffes schreiber muoters ain! 3505 Der hat der büecher vil gelesen 3505 Und, was er sag, daz sei geschehen!’ Henritze der ward aus derwelt, Ze einem gmainen man gestelt, Daz er die urtail scholte geben; 3510 Der sprach: ‘Nu dar, vernempt mich eben! Ir hietind wol ein weisern funden; Doch geschicht es ze den stunden, Daz ein närrli vindt ein list, Die dem weisen seltzen ist. 3515 3515 Ich sich wol, war umb es gevält Habt und gäntzleich nichtz dertält: Es seit gestanden ze den witzen, So man mit ruowen scholte sitzen. Ir habt gereimet und geticht: 3520 Chluogeu sach wil reimens nicht; 3520 Wer mag ein disputieren Mit gmessner red florieren? Dar umb so setz ich mich da hin Und sag euch schlechtleich minen sin:
3482 Vers reicht bis an Spalte b. 3486 rechter: c über dem Wort. Superskript durchgestrichen. 3501 mochtens: c über dem Wort.
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Und was ihr auch geschieht, sie ist es zufrieden. Der Neid der anderen kann sie nicht anfechten. Wir wissen ja, dass Armut diesen Vorteil hat, worüber noch viel zu sagen wäre, wenn die Rede darüber nicht zu lang würde. Hör gut zu, was der Weise empfiehlt: Nur wenn die Menschen sich aus echter Zuneigung und nicht um des Geldes willen füreinander entscheiden, werden sie glücklich werden. Genau so ist es hier doch, denn Bertschi liebt sie ja! Und so sing ich ihm was Liebes: Bertschi die Mätze zu seinem Weibe nehmen soll, dafür muss er sich nicht schämen.“ Dazu säuselte Junker Triefnas: „Ein schöneres Lied habe ich noch nie gehört.“ Allerdings ging die Auseinandersetzung noch so lange hin und her, dass ihnen ganz schwindlig wurde. Ein jeder schrie: „Ich könnte vor lauter Klugheit, Ratschlägen und Anstrengung verbrennen und ersaufen. Und wir könnten das endlos so weitertreiben. Gerade das aber sollten wir nicht tun, sondern miteinander dem einzigen Sohn der Mutter des Dorfschreibers zuhören. Der hat viele Bücher gelesen und was er sagt, so wird es dann auch sein.“ Henritze also wurde zum Schiedsmann ernannt, um das Urteil zu sprechen. Und so sagte er: „Also gut, hört alle mal zu! Zwar hättet ihr sicher einen Schlaueren finden können, doch manchmal hat auch ein Narr eine Idee, auf die manch Weiser nicht käme. Ich weiß schon, warum ihr bislang nichts erreicht und überhaupt noch nichts entschieden habt. Erstens habt ihr bei der Urteilsfindung gestanden, obwohl man dabei in aller Ruhe sitzen soll. Und zweitens habt ihr in Reimen gesprochen und somit gedichtet. Schwierige Dinge aber kann man nicht in Reimen ausdrücken. Und wer würde denn einen Disput mit Versen ausschmücken? Deshalb setze ich mich jetzt einfach da hin und sage euch meine Meinung in schlichter Prosa:
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Text nach Ed. Wießner
Jn gottes namen amen 3524,1 Hie mag man ein fràg ¢chephen Ob ein man ein weib ¢chùl nemen Dar zu wil ich al¢o ¢prechen J¢t daz ein man wil vn mag ¢tät be 5 leiben chinder machen weib vn chinder Furen mit rechtuertigem gut Noch got wil dienen ¢am ein engel keu ¢chechleich der nem ein hau¢frawen 10 Ze einer chan die ym geuallen vn frucht per ¢ey weis vn from vn ¢ein geleich Der vrteil ward do Bert¢chi fro 3525 Er ¢prach mein dinch daz ¢tet al¢o Ze geleicher weis nach deine ¢age Dar vmb ¢o wil ich Mäczen haben So hab ¢ey ¢prach do Varind Ku 3530 Got geb dir gluk vn häil dar zu Colman ¢p~ch la¢¢ mich dir ¢agen Glùk vn ¢äld daz mag er haben Sich nur daz er ir geuall Vnd iren freunden vber al Da mit ¢o wurden aus gezelt 3535 Zwen der be¢ten vn der welt Daz was der ¢chreib’ ¢innereich Vnd Rürenmo¢t im ¢elber gleich Daz ¢eu zu Friczen giengin Die red mit ym an viengin 3540 Von verremher mit worten ¢chelben Sam ¢eu es tätin von in ¢elben Vn al¢o prittlen zemen machen Die ee an ¢chuler vn an phaffen Al¢o traften ¢eu da hin 3545 Zu Friczen haus ¢tund in der ¢in Mer ¢eu fràgt wol hin al¢o Vm ein ¢ach ¢ey ¢prachent do La¢¢ vns gen Henricze ¢p~ch Wis es i¢t ein endleich ¢ach 3550 Es i¢t ein ¢ach vn i¢t ¢o gros Kain ¢ach die ward nie jr geno¢ Ruren Mo¢t ¢ich ward be¢innend Eines andern vn beginnend 3555 Er ¢p~ch mich dunkt vns ¢ey zegach
In gottes namen! Amen. 1 Hie mag man ein frag schephen, ob ein man ein weib schül nemen. Dar zuo wil ich also sprechen: Ist, daz ein man wil und mag stät be5 leiben, chinder machen, weib und chinder füeren mit rechtvertigem guot noch got wil dienen sam ein engel keuschechleich, der nem ein hausfrawen ze einer chan, die im gevallen und fruchtper sei, weis und from und sein geleich!’ Der urteil ward do Bertschi fro; 3525 Er sprach: ‘Mein dinch daz stet also, Ze gleicher weis nach deinem sagen; Dar umb so wil ich Mätzen haben.’ ‘So hab sei!’ sprach do Varindkuo; ‘Got geb dir glük und hail dar zuo!’ Colman sprach: ‘Lass mich dir sagen! Glük und säld daz mag er haben: Sich nur, daz er ir gevall Und iren freunden über al!’ Da mit so wurden aus gezelt 3535 Zwen der besten und derwelt (Daz was der schreiber sinnereich Und Rüerenmost im selber gleich), Daz seu zuo Fritzen giengin, Die red mit im an viengin 3540 Von verrem her mit worten schelben, Sam seu es tätin von in selben, Und also prittlen zemen machen Die ee an schuoler und an phaffen. Also traften seu da hin: 3545 Zuo Fritzen haus stuond in der sin. Der seu fragt: ‘Wo hin also?’ ‘Um ein sach!’ sei sprachent do. ‘Lass uns gen!’ Henritze sprach: ‘Wis, es ist ein endleich sach! 3550 Es ist ein sach, und ist so gros: Kain sach die ward nie ir genos.’ Rüerenmost sich ward besinnend Eines andern und beginnend; Er sprach: ‘Mich dunkt, uns sei ze gach.
3524,1 amen: abgesetzt und größer. 3524,8 ein engel: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 3525 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: ij. 3527 Vers reicht bis an Spalte b. 3531 Doppelstrich vor dem Vers. 3535 Doppelstrich vor dem Vers. 3539 giengin: korrigiert aus giengen, i über durchgestrichenem e. 3540 viengin: korrigiert aus viengen, i über durchgestrichenem e. 3541 ¢chelben: b ohne obere Schlinge; Vers reicht bis an Spalte b. 3552 jr: r auf Rasur; Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 3555 zegach: ch über dem Wort geschrieben; Vers reicht bis an Spalte b.
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In Gottes Namen! Amen. Man kann durchaus die Frage aufwerfen, ob ein Mann überhaupt eine Frau heiraten soll. Dazu nehme ich wie folgt Stellung: Steht es so, dass ein Mann die eheliche Treue bewahren, Kinder zeugen und Frau und Kind mit rechtmäßig erworbenem Gut ernähren will und kann, aber nicht keusch wie ein Engel allein Gott dienen will, der soll eine Frau zur Gattin nehmen, die ihm gefällt, ihm Kinder gebären kann, klug und tüchtig und gleichen Standes ist.“ Über diese Entscheidung freute sich Bertschi sehr und sagte: „Bei mir steht es genau so, wie du sagst. Darum will ich Mätze jetzt haben!“ „Dann nimm sie dir“, antwortete ihm Kuhficker, „und Gott gebe dir Glück und Segen dazu!“ Colman meinte: „Ich will dir mal was sagen: Glück und Segen sollst du haben, doch sieh zu, dass du ihr und ihrer Familie auch rundum gefällst!“ Und nun wurden zwei der Besten ausgewählt, um zu Fritz zu gehen: der kluge Schreiber und Rührimmost, der diesem in nichts nachstand. Mit allgemeinsten Worten sollten sie weit ausholend ein unverfängliches Gespräch beginnen, so als ob sie es nur von sich aus täten, und somit die Ehe ganz geziemend und ohne Beistand von Studierten oder Geistlichen stiften. So trabten sie also dorthin. Ihr einziges Ziel war Fritzens Haus. Wenn einer sie fragte: „Wo soll’s denn hingehen?“, dann antworteten sie: „Wir sind in einer bestimmten Sache unterwegs. Lass uns also gehen.“ Und Henritze sagte noch: „Du musst wissen, dass es eine dringende Angelegenheit ist. Sie ist so wichtig, dass ihr bislang keine andere Sache gleichkommt.“ Rührimmost allerdings besann sich eines anderen und sagte: „Mir scheint, dass wir die Sache übereilen.
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Text nach Ed. Wießner
Vnd gen wir ¢o dem Friczen nach Mit eillen vn mit lauffen Wie teur wir mu¢¢end kauffen Daz wir von ym nu wellin haben Dar vmb l䢢 dir ein ander¢ ¢agen Wir ¢chùllen cheren zùr tauern Fricz der trincht des abents gern Wir mùgent mit ym zechen So heb du an ze ¢prechen Warleich Fricz du pi¢t ein man Dem ich er vnd gutes gan Dein freut¢chaft gfiel mir allweg wol Won du pi¢t from vn eren vol Nu dar ¢o ha¢t ein tochter da Die wirt dir vntern henden gra Es wär vil langes zeit gewe¢en Daz ¢ey an einem chind gene¢en Wär vn ¢tünd mit er auf erd Won ¢ey i¢t gro¢¢ vnd mannes werd Dar vmb ¢o han ich in dem mut Ein dinch das möcht wol we¢en gut Ob mir ¢o wurd gelingen Daz ich es zu möcht prıgen Daz Triefnas der vil ¢auber knecht Maczen nemen wolt ze recht Der i¢t jung vn dar zu reich Einem fromen man geleich So i¢t er auch von guten ge¢chlacht Sam man im dorff gehaben mächt Vnd ¢o du dann ge¢prich¢t daz dein So leg ich auch dar zu daz mein Vn rat ym ¢o daz er das tu Vn was ich gehelffen mag dar zu Daz wil ich werben nacht vn tag Won mir ¢ein màg¢chaft auch wehag Hie mit wir werdent innen Wes es ym wil beginnen Der ¢chreiber reden do began Vnd ¢p~ch nu hin daz ¢ey getan Wie ¢chier ¢ie hieten vollepracht Des Rürenmo¢t ym do gedocht Des dankt ym Friczo zùchticleich Vnd ¢prach got mach euch ¢älden reich Ewer lieb¢chaft gfiel mir wol Die ¢üch ich gern mit we man ¢chol Doch mich dunkt er ¢ey mir zwäch
Und gen wir so dem Fritzen nach Mit eillen und mit lauffen, Wie teur wir müessend kauffen, Daz wir von im nu wellin haben! Dar umb lass dir ein anders sagen: 3560 Wir schüllen cheren zur tavern! Fritz der trincht des abents gern; Wir mügent mit im zechen. So heb du an ze sprechen: “Wärleich, Fritz, du pist ein man, 3565 Dem ich er und guotes gan! Dein früntschaft gfiel mir alweg wol; Won du pist from und eren vol. Nu dar, so hast ein tochter da, Die wirt dir untern henden gra! 3570 Es wär vil langes zeit gewesen, Daz sei an einem chind genesen Wär und stüend mit er auf erd; Won sei ist gross und mannes werd. Dar umb so han ich in dem muot 3575 Ein dinch, das möcht wol wesen guot, Ob mir so wurd gelingen, Daz ich es zuo möcht pringen, Daz Triefnas, der vil sauber knecht, Mätzen nemen wolt ze recht. 3580 Der ist jung und dar zuo reich, Einem fromen man geleich; So ist er auch von guotem gschlächt, Sam man im dorff gehaben mächt.” Und so du dann gesprichst daz dein, So leg ich auch dar zuo daz mein Und rat im so, daz er das tuo, Und was ich ghelffen müg dar zuo, Daz well ich werben nacht und tag, Won mir sein magschaft auch wehag. Hie mit wir werdent innen, Wes er im wil beginnen.’ Der schreiber reden do began Und sprach: ‘Nu hin, daz sei getan!’ Wie schier sie hieten vollepracht, 3595 Des Rüerenmost im do gedacht! Des dankt in Fritzo züchticleich Und sprach: ‘Got mach euch sälden reich! Ewer liebschaft gfiel mir wol: Die suoch ich gern, mit we man schol. Doch mich dünkt, er sei mir zwäch,
3562 Vers reicht bis an Spalte b. 3574 Vers reicht bis an Spalte b.
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3567 freut¢chaft: e über dem Wort. Vers reicht bis an Spalte b. 3590 màg¢chaft: vor dem Wort t durchgestrichen.
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Denn wenn wir so überstürzt zu Fritz rennen, dann müssen wir ja noch teurer für das bezahlen, was wir von ihm haben möchten. Deshalb mache ich dir einen anderen Vorschlag: Wir sollten ins Wirtshaus gehen. Fritz hebt doch abends gern noch einen. Wir könnten mit ihm trinken, und dann fängst du an zu sprechen: ‚Also wirklich, Fritz, du bist ein Mann, der Ansehen und Besitz tatsächlich verdient hat! Deine Freundschaft war mir schon immer wichtig, denn du bist rechtschaffen und sehr angesehen. Also dann: Du hast doch eine Tochter zu Hause, die in deiner Obhut alt und grau wird. Längst wäre es Zeit gewesen, dass sie in Ehren ein Kind zur Welt gebracht hätte, denn sie ist erwachsen und durchaus für die Ehe geeignet. Deshalb beabsichtige ich eine Sache, die von Vorteil sein könnte, wenn sie mir nur gelänge. Ich möchte erreichen, dass Triefnas, der hübsche Bursche, Mätze zur Frau nimmt. Denn er ist jung, außerdem noch reich, offensichtlich rechtschaffen und auch noch von solch vornehmer Herkunft, wie es im Dorf nur möglich ist.‘ Wenn du deine Meinung gesagt hast, äußere ich mich anschließend auch dazu und rate ihm dringlich, dem Vorschlag zuzustimmen. Und was ich dazu beitragen könnte, darum würde ich mich Tag und Nacht bemühen, weil auch mir eine verwandtschaftliche Verbindung mit ihm gut gefiele. Dann werden wir ja sehen, was er zu unserem Vorschlag sagt.“ Der Schreiber nahm das auf und sagte: „Nun los, so machen wir es!“ Wie rasch haben sie in die Tat umgesetzt, was Rührimmost vorher durchgespielt hatte! Fritz dankte ihnen höflich und sagte: „Möge Gott euch seinen Segen schenken! Ich hätte gegen eine engere Verbindung mit euch nichts einzuwenden und will mich gern – soweit ich das vermag – um sie bemühen. Allerdings erscheint mir Triefnas noch zu ungeschliffen
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
An ¢einen ¢innen gar ze gäch Enruch ¢o wurden ¢eu ym ¢agen Wie grö¢¢ er i¢t er làt ¢ich gehaben Acht vmb deiner freunden willen Wir getrauwet in wol ¢tillen Da mit ¢o hub er auf vn tranch Vn ¢p~ch der red habt ymer danch Dar zu ¢o ¢chol man haben ràt Des morgens fru vn nit ¢o ¢pàt Got der mu¢¢ des ewern phlegen Trinkt hin ¢ant Johan¢en ¢egen Der wein ¢ey euch g¢chenkt von mir Des danktens ym mit herczn gir Vnd ¢chieden von enander do Fricz der was der rede fro Er ¢chlieff bis an den morgen fru Vnd nam auch ¢einen dar zu Der er¢te was der Och¢onchroph Der ander hai¢¢et Lärenchoph Den dritten nemptman La¢ter¢ak ` belg¢mak Der vierd ¢ey Wcz der V Straub vn Härtel Säich in Chrug Vn ander erber leut genug Sein freundin chamend auch dar zu Daz was fro Hilda Leugafru Schürenprand vn Nimindhand Richt ein Schand vn Syertda¢land Vnd ander frome frawen gar Der ich doch nicht genenen gtar Fricz der hie¢¢ ¢ey nider ¢iczen Vn ¢p~ch al¢o von ¢eine wiczen Lieben mumen freunt vn màg Wi¢¢t daz ich vil vngern wàg Gro¢¢eu dink an ew’n ràt Won der weis ge¢prochen hat Niemant i¢t ym ¢elber genug Jn ¢einer ¢ach mit rechtem fug Man hat mir zu ge¢prochen Von wan es ¢ey gerochen Des wai¢¢ ich nicht mich dunckt al¢o Triefnas war meinr tochter fro Der ym ¢ey gäb ze ein’ chan Sagt mir waz i¢t gut gtan Och¢enchropf was namhaft Dar zu hiet er ¢in vn chraft Er ¢p~ch des ¢ein wir ¢chuldig dir
An seinen sinnen gar ze gäch.’ ‘Enruoch!’ so wurden seu im sagen, ‘Wie gross er ist, er lat sich ghaben. Acht umb deiner freunden willen: 3605 Wir getrauwent in wol stillen!’ Da mit so huob er auf und tranch Und sprach: ‘Der red habt imer danch! Dar zuo so schol man haben rat Des morgens fruo und nit so spat. 3610 Got der müess des ewern phlegen! Trinkt hin sant Johansen segen: Der wein sei euch geschenkt von mir!’ Des danktens im mit hertzen gir Und schieden von enander do. 3615 Fritz der was der rede fro; Er schlieff bis an den morgen fruo Und nam auch seinen freunt dar zuo: Der erste was der Ochsenchroph, Der ander haisset Lärenchoph, 3620 Den dritten nempt man Lastersak, Der vierd sei Uotz der Übelgsmak, Straub und Härtel Saichinchruog Und ander erber leut genuog. Sein freundin chamend auch dar zuo: Daz was fro Hilda Leugafruo, Schürenprand und Nimindhand, Richteinschand und Siertdasland Und ander frome frawen gar, Der ich doch nicht genennen gtar. 3630 Fritz der hiess sei nider sitzen Und sprach also von seinen witzen: ‘Lieben muomen, freunt und mag, Wisst, daz ich vil ungern wag Grosseu dink an ewern rat! 3635 Won der weis gesprochen hat: “Niemant ist im selber gnuog In seiner sach” mit rechtem fuog. Man hat mir zuo gesprochen (Von wan es sei gerochen, 3640 Des waiss ich nicht): mich dunckt also, Triefnas wär meinr tochter fro, Der im sei gäb ze einer chan. Sagt mir, waz ist guot getan?’ Ochsenchropf was namhaft, 3645 Dar zuo hiet er sin und chraft; Er sprach: ‘Des sein wir schuldig dir,
3628 Schand: zwischen c und h a durchgestrichen. Punkte getilgt. 3631 Doppelstrich vor dem Vers.
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3630 doch: o wie a; gtar: vor dem Wort kan durch 3645 Doppelstrich vor dem Vers.
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und in seinem Wesen zu ungestüm.“ „Da sei mal unbesorgt“, entgegneten sie ihm, „wie großspurig er auch auftritt, er lässt sich noch formen. Kümmere du dich um die Zustimmung deiner Sippe, wir trauen uns schon zu, ihn zu mäßigen.“ Darauf hob Fritz seinen Krug, trank und sagte: „Ich danke für euren Vorschlag. Über ihn muss morgen früh – nicht zu spät – ein Sippenrat tagen. Gott schütze euch. So trinkt zum Abschied den Johannestrunk: Diesen Wein gebe ich euch aus!“ Dafür dankten sie ihm von Herzen und trennten sich von ihm. Fritz freute sich über ihren Vorschlag. Er schlief bis zum nächsten Morgen und rief dann seine Sippe zusammen. Der erste war Ochsenkropf, der zweite heißt Leerdenkrug, den dritten nennt man Lastersack, den vierten Utz den Stinker, dann noch Straub und Härtel Krugpisser sowie noch verschiedene andere, ehrbare Leute. Seine weiblichen Verwandten kamen ebenfalls. Das waren Frau Hilda Lügsofort, sodann Schürenbrand und Fassihnan, Bringtinschand und Schänddasland und noch andere treffliche Frauen, deren Namen ich aber nicht wiederzugeben wage. Fritz bat sie alle sich zu setzen, und sagte wohlüberlegt zu ihnen: „Meine lieben Tanten und Verwandten! Ich versichere euch, dass ich ohne euren Rat nur sehr ungern wichtige Entscheidungen treffe.“ Denn schon der Weise lehrt: Niemand ist in seiner Sache sich selbst genug – und das mit Fug und Recht. Mir ist zu Ohren gekommen – woher das Gerücht stammt, weiß ich nicht – und mir scheint, dass Triefnas sich darüber freuen würde, wenn er meine Tochter zur Frau bekäme. Bitte sagt mir, was hier am besten zu tun ist.“ Ochsenkropf war angesehen, außerdem klug und stark. Er sagte: „Wir sind dazu verpflichtet,
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Text nach Ed. Wießner
Ze helfen nàch deins herczen gir Vn auch ze ràten ze allem ¢pil So wi¢¢ dein tochter haben wil Einen man der cri¢tan ¢ey Jung vn fri¢ch vn ge¢unt da pey Starch vn ¢auber an de leib Nicht ze lind reht ¢am ein weib Die aller be¢te varw daz i¢t Wei¢¢ ein täil mit rotem gemi¢t Hàrr vnd part die ¢chùllen ¢ein Einwenich ¢traublocht an irm ¢chein Nicht ze ¢warcz ze rot ze hert Einwenich auf daz praun geferwt Daz haubt ¢chol haben hohes hirn Nicht ze grò¢¢ mit gefuger ¢tirn Prauneu augen prauwen leis Mund vn na¢ ze mittler weis Starker hals vn nicht ze lang Nochze weibi¢ch ¢ey daz ge¢anch Weiteu pru¢t vn ¢tärkeu päin Enmitten ı der wü¢ti chlayn Hend vnd armen lanch vnd grö¢¢ Die finger ¢ein auch ir genö¢¢ Negel churcz die ¢tend vil wol Der fü¢¢ ze dik nicht we¢en ¢chol Sein ganch der ¢ey vil rö¢ch vn ¢chlecht Mittel man der kumpt vns recht J¢t nu Bert¢chi ¢o ge¢talt So ràt ich daz ¢ein Mäcz gewalt Larenchoph des nicht benügt Schönes haus vns wenig fügt Sp~ch er da ein bö¢er wirt Die ge¢te auf vn nider ¢yert J¢t nu Bert¢chi ¢auber gar An dem leib vn wol geuar Vn hat der frumkhait nit dar zu Jch ¢chäcz ı bö¢er dann ein ku Dar vmb ¢o mu¢¢ er ¢ein ein knecht Da mit vil erber vn gerecht Der wenig ¢chlaff nit mü¢¢ig ¢te Noch gern mit bö¢en leuten ge Der reden kùnn vn doch nicht liegen Noch den freunt mit li¢ten triegen Dem der wein ¢ey vnderchant Noch der wùrffel ı der hand Der den frࢢ auf ym nicht trag Won der gieng ym niemer ab
Ze helfen nach deins hertzen gir Und auch ze raten zallem spil. So wiss, dein tochter haben will 3650 Einen man, der cristan sei, Jung und frisch und gsunt da pei, Starch und sauber an dem leib, Nicht ze lind reht sam ein weib. Die aller beste varw daz ist 3655 Weiss, ein tail mit rotem gmist. Harr und part die schüllen sein Ein wenich straublocht an irm schein, Nicht ze swartz, ze rot, ze hert, Ein wenich auf daz praun geferwt. 3660 Daz haubt schol haben hohes hirn, Nicht ze gross, mit gfüeger stirn, Prauneu augenprauwen leis. Mund und nas ze mittler weis; Starker hals und nicht ze lang, 3665 Noch ze weibisch sei daz gsanch; Weiteu prust und stärkeu pain, Enmitten in der wüesti chlain; Hend und armen lanch und gross: Die finger sein auch ir genoss; 3670 Negel churtz die stend vil wol; Der fuoss ze dik nicht wesen schol. Sein ganch der sei vil rösch und schlecht! Mittel man der kumpt uns recht. Ist nu Bertschi so gestalt, 3675 So rat ich, daz sein Mätz gewalt.’ Lärenchoph des nicht benüegt; ‘Schönes haus uns wenig füegt,’ Sprach er, ‘da ein böser wirt Die geste auf und nider siert: 3680 Ist nu Bertschi sauber gar An dem leib und wol gevar Und hat der frümkhait nit dar zuo, Ich schätz in böser dann ein kuo. Dar umb so muoss er sein ein knecht Da mit vil erber und gerecht, Der wenig schlaff, nit müessig ste Noch gern mit bösen leuten ge; Der reden künn und doch nicht liegen Noch den freunt mit listen triegen; 3690 Dem der wein sei underchant Noch der würffel in der hand; Der den frass auf im nicht trag, Won der gieng im niemer ab;
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dir zu helfen, wenn du es wünschst, und dich in allen Angelegenheiten zu beraten. So hör also: Deine Tochter sollte sich einen Mann wählen, der Christ ist, dazu jung, gesund und munter, kräftig und gutaussehend, aber nicht so zart wie eine Frau. Die beste Hautfarbe wäre mit etwas Rot vermischtes Weiß. Haare und Bart sollten lockig aussehen, nicht zu schwarz, zu rot, zu borstig, sondern eher bräunlich. Der Kopf sollte ein hoher, nicht zu großer Schädel sein, mit einer passenden Stirn, braune, nicht zu starke Augenbrauen, Mund und Nase von mittlerer Größe, ein kräftiger, nicht zu langer Hals, die Stimme nicht – wie bei Frauen – zu hoch, eine breite Brust und kräftige Beine, dazwischen eine schlanke Taille, Hände und Arme sollten lang und groß sein, dementsprechend auch die Finger. Die Fingernägel sehen kurzgeschnitten am besten aus. Die Füße sollten nicht zu breit sein. Sein Gang sei lebhaft und ungeziert. Ein Mann von mittlerer Größe wäre uns gerade recht. Wenn Bertschi so aussieht, dann rate ich, dass Mätze ihn sich wählt.“ Leerdenkrug reichte das nicht aus. Er sagte: „Ein schönes Haus nützt uns wenig, wenn darin ein böser Wirt seine Gäste nur betrügt. Wenn Bertschi ein gutaussehender Mann mit der richtigen Hautfarbe ist, aber keinen Anstand besitzt, dann ist er meiner Meinung nach noch weniger wert als eine Kuh. Deshalb soll er ein angesehener und rechtschaffener Bursche sein, der wenig schläft, nicht faul herumsteht und sich nicht mit schlechten Leuten abgibt; der sich ausdrücken kann, dabei aber nicht lügt oder gar seinen Verwandten übers Ohr haut; der den Wein ebenso wenig kennt wie die Würfel in der Hand; der nicht der Gefräßigkeit erliegt, denn die würde er niemals wieder los;
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Text nach Ed. Wießner
Der mit dem ¢einen müg be¢ten 3695 Vn lࢢ der leuten rinder gen Dem daz hercz ¢ey nicht ze hellig Noch daz haubet gar ze ¢chellig Der leid vn tü ¢am einer ¢chol 3700 Dem zücht vn er behaget wol Vn hiet er alles daz an im So daucht mich des in meinem ¢in Mäczen der ge¢chäch nicht we Nem ¢ey Bert¢chi zu der e Fullen Magen her ¢ich rekt 3705 Er ¢p~ch di¢¢ dinch vil wenich klecht Was hilft daz einer ¢auber ¢ey Erber vnd auch from da pey J¢t er nicht weis vn chlug da mit Won es i¢t nu der welte ¢it 3710 Daz die e¢el vn die narren Zeuhent bäid ı einem charren Der mit raynvail i¢t geladen Vnd mu¢¢ent doch ¢ich des wa¢¢ers laben Fro Leugafru mit vnfug 3715 Die red ym ye¢o vnder ¢chlug Sey ¢prach verge¢t des ewern nicht Vnd hört des er¢ten was ma ¢pricht Der älleu dink der grunden wil 3720 Der ¢iert ¢ich ¢elb vn ¢chafft nit vil D hain e die wär noch nie ge¢chehe Hiet man ens vn dicz be¢ehen D hain weltleichs men¢ch ward nie ¢o rain Es hunch an einem v` ber payn Secht ich ¢ag euchs recht her aus 3725 Triefnas i¢t mir nicht ein laus Dar vmb ¢o wil ich nicht enliegen Noch die fromen tochter triegen Er i¢t ein junger grader knecht 3730 From vn erber dar zu ¢chlecht Dann daz er mich dunchet faul Vnd hàt ein vber weites mul Dem wil ich ¢elber antwùrt geben Chleiner mund chumpt fràwe eben Vnd nit dem man ich ¢ag euchs vor 3735
Der mit dem seinen müg besten 3695 Und lass der leuten rinder gen; Dem daz hertz sei nicht ze hellig Noch daz haubet gar ze schellig; Der leid und tuo, sam einer schol, Dem zucht und er behaget wol. 3700 Und hiet er alles daz an im, So däucht mich des in meinem sin, Mätzen der geschäch nicht we, Näm sei Bertschi zuo der e.’ Füllenmagen her sich rekt; 3705 Er sprach: ‘Diss dinch vil wenich klecht. Was hilft, daz einer sauber sei, Erber und auch from da pei, Ist er nicht weis und chluog da mit? Won es ist nu der welte sit, 3710 Daz die esel und die narren Zeuhent baid in einem charren, Der mit rainvail ist geladen, Und müessent sich des wassers laben.’ Fro Leugafruo mit unfuog 3715 Die red im ieso underschluog; Sei sprach: ‘Vergest des ewern nicht Und hört des ersten, was man spricht! Der älleu dink dergründen wil, Der siert sich selb und schafft nit vil. Dhain e die wär noch nie geschehen, Hiet man ens und ditz besehen: Dhain weltleichs mensch ward nie so rain, Es hunch an einem überpain. Secht, ich sag euchs recht her aus: 3725 Triefnas ist mir nicht ein laus! Dar umb so wil ich nicht enliegen Noch die fromen tochter triegen. Er ist ein junger, grader knecht, From und erber, dar zuo schlecht, 3730 Dann daz er mich dunchet ful Und hat ein überweites mul. Dem wil ich selber antwürt geben. Chleiner mund chumpt frawen eben Und nit dem man; ich sagt euchs vor:
3711 Je ein Strich vor diesem und dem folgenden Vers. 3713 raynvail: v in blasser Tinte korrigiert aus u. Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iij. 3714 ¢ich: über der Zeile in blasser Tinte. 3715 Doppelstrich vor dem Vers. 3717 Vers reicht bis zur Spalte b, ebenso die vier folgenden. 3719 Doppelstrich vor dem Vers. 3721 Doppelstrich vor dem Vers. 3723 rain: aus Platzmangel über der Zeile; Vers reicht bis an Spalte b. 3724 Doppelstrich vor dem Vers. 3725 Vers reicht bis an Spalte b. 3727 Vers reicht bis an Spalte b. 3733 antwùrt: über w Superskript durchgestrichen; Vers reicht bis an Spalte b. 3735 Vers reicht bis an Spalte b.
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der mit seinem Besitz zufrieden ist und das Vieh anderer Leute in Frieden lässt; der weder ein Hasenherz noch ein Tollkopf ist. Der alles hinnimmt und sich aufführt wie einer, der Anstand und Ansehen schätzt. Wenn ihn dies alles auszeichnen würde, dann könnte ich mir vorstellen, dass Mätze keinen Schaden davon hätte, wenn sie Bertschi heiraten würde.“ Fülldenbauch streckte sich vor und sagte: „Das alles reicht noch nicht aus. Was hilft es denn, wenn einer gut aussieht, auch ehrbar und rechtschaffen ist, aber nicht klug und vernünftig? Denn so ist nun einmal der Lauf der Welt, dass Esel und Narren gemeinsam einen Karren ziehen, der mit Rainfalwein beladen ist, sie trotzdem aber nur Wasser schlürfen dürfen.“ Frau Lügsofort fiel ihm gegen alle Regeln ins Wort und meinte: „Vergesst nicht, was Ihr sagen wolltet, aber hört erst einmal, wie es im Sprichwort heißt: Wer alle Dinge ergründen will, der quält sich nur und schafft nicht viel. Es wäre noch nie eine Ehe zustande gekommen, wenn man erst alles hätte erklären wollen. Denn kein Mensch auf der Welt war jemals so vollkommen, dass ein Überbein ihn nicht zum Stolpern brächte. Nun denn, ich sage es Euch ohne Umschweife: Triefnas ist für mich nicht irgendwer. Deshalb will ich nichts Falsches sagen oder die brave Tochter hinters Licht führen. Er ist ein junger, hübscher Bursche, rechtschaffen, ehrbar und gradlinig, nur dass er mir zu faul erscheint und ein übergroßes Maul hat. Das möchte ich gleich selbst erläutern. Ein kleiner Mund passt eher zu Frauen als zu Männern. Ich habe Euch schon einmal gesagt:
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Gro¢¢eu ¢tat wil weites tor J¢t er faul vn ¢chlaffet gern Des wirt er alle¢¢ampt enbern So daz chindel wirt von nöt Singent änte gib mir prott Was ¢chol er dann der wicze haben Ein jung’ knab pey chlaynen tagen Der auch ge¢chrift in im nit hàt Dar vmb ¢o wi¢¢t es i¢t mein ròt Daz wir nu ¢enden hin zu ym Vnd auch der farin ¢einen ¢in Chluch leich ¢am er hat getan Vnd wil er vn¢er mumen han So hai¢¢ man chömen ¢o zehand Vnd ¢eczt ı nider zu der want Vnd ¢agt ym alles ¢under wol Was er tun vn meiden ¢chol Vnd i¢t daz er gelernen mag Vnd auch getun nach ewer ¢ag So ¢chol man ym ¢ey gebn ¢o Des ràtes wurdens alleu fro Dann der vatt’ Fricz allain Der ¢p~ch es wi¢¢t all gemain Was mir Bert¢chi hat getan Vnd meiner tocher vor an Daz verredt ym je¢o zhant Junchfraw Hächel Schurenprand Vn ¢p~ch du ¢ai¢t ¢am einr der ¢chaft Hat dir Bert¢chi ¢chande pracht Won er hofieren kan ¢o wol D e¢t e man ym ¢ey geben ¢chol So behalcz ir er de¢ter bas Wai¢t nicht daz man ¢pricht daz Maus ı ¢ak vn laus im nak Mäcz ym haus vn feur ı kùbel Die bezalent iren wirten v` bel Jch wai¢¢ es ¢elber wol an mir Do ich nu cham zu manes gir Vnd wär mir ¢chier ze hilf nicht komen Jch hiet mir ¢elber vier genomen Alteu junch fraw i¢t ein gift Nieman haus ¢am man da ¢pricht Seu ¢prachent all du rede¢t recht Wir ¢chùllen ¢enden nach dem chnecht Vnd tun ¢am vns geraten i¢t
Grosseu stat wil weites tor. Ist er faul und schlaffet gern, Des wirt er allessampt enbern, So daz chindel wirt von not Singent: “Ätti, gib mir prott!” 3740 Was schol er dann der witzen haben, Ein junger knab pei chlainen tagen, Der auch geschrift in im nit hat? Dar umb so wisst, es ist mein rat, Daz wir nu senden hin zuo im 3745 Und auch derfarin seinen sin Chluochleich, sam er hat getan. Und wil er unser muomen han, So haiss man’n chömen so zehand Und setzt in nider zuo der want 3750 Und sagt im alles sunder wol, Was er tuon und meiden schol! Und ist, daz er gelernen mag Und auch getuon nach ewer sag, So schol man im sei geben so.’ 3755 Des rates wurdens alleu fro Dann der vatter Fritz allain; Der sprach: ‘Es wisst wol all gemain, Was mir Bertschi hat getan Und meiner tochter vor an.’ 3760 Daz verredt im ieso zhant Junchfraw Hächel Schürenprand Und sprach: ‘Du saist sam einr, der schlaft. Hat dir Bertschi schande pracht, Won er hofieren kan so wol, 3765 Dest e man im sei geben schol: So behaltz ir er dest bas. Waist nicht, daz man sprichet daz: Maus im sak und laus im nak, Mätz im haus und feur im kübel, 3770 Die bzalent iren wirten übel? Ich waiss es selber wol an mir: Do ich nu cham zuo mannes gir, Und wär mir schier ze hilf nicht komen, Ich hiet mir selber vier genomen. 3775 Alteu junchfraw ist ein gift Iedem haus, sam man da spricht.’ Seu sprachent all: ‘Du redest recht; Wir schüllen senden nach dem chnecht Und tuon, sam uns geraten ist 3780
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Eine große Stadt braucht ein weites Tor. Wenn er faul ist und gerne schläft, so wird er das schon ändern, wenn das Kindchen vor Hunger schreit: ‚Vater, gib mir Brot.‘ Und was soll ein junger Kerl schon groß an Verstand besitzen, wenn er nicht einmal lesen und schreiben kann? Deshalb wäre mein Rat, dass wir Gesandte zu ihm schicken und versuchen, seine wahren Absichten ebenso geschickt herauszubekommen, wie er es bei uns getan hat. Und wenn er unsere Nichte zur Frau haben will, dann soll man ihn sofort hierher bestellen, ihn dort an die Wand setzen und ihm alles einzeln vortragen, was er zu tun und zu lassen hat. Wenn er das dann tatsächlich lernen und sich nach Eurer Lehre richten kann, dann soll man sie ihm zur Frau geben.“ Über diesen Rat freuten sich alle außer Vater Fritz. Der sagte: „Ihr wisst alle ganz genau, was Bertschi mir und meiner Tochter bisher angetan hat.“ Das aber redete ihm Fräulein Hechel Schürenbrand sofort aus, indem sie sagte: „Du sprichst wie im Schlaf. Wenn Bertschi dir Schande gebracht hat, weil er so formvollendet werben kann, sollte man sie ihm erst recht zur Frau geben. Dann bewahrt sie umso leichter ihr Ansehen. Kennst du nicht das Sprichwort: Die Maus im Sack und die Laus im Schopf, das Mädel im Haus und das Feuer im Topf bezahlen ihre Wirte schlecht. Von mir selbst kenne ich das gut genug. Wäre mir, als ich Lust auf Männer bekam, nicht schnell geholfen worden, dann hätte ich mir selbst gleich vier gegriffen. Es heißt ja auch: Eine alte Jungfer ist Gift für jedes Haus.“ Dem stimmten alle zu: „Du hast recht. Wir sollten den Burschen holen lassen und genau das tun, was uns
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Text nach Ed. Wießner
Von Leugafru ze di¢er fri¢t Des ¢tunden Fricz vn Härtel auf Vn traten gen des ¢chreibers haus Den fundens da zu irm gewin Er gru¢¢t ¢eu ¢chon des danchtens ym Da mit ¢o hub an Fricz vn ¢p~ch Vmb die red die nächt ge¢chach Wis wir ¢ein des vberain Wir wollen wi¢¢en wie er¢ mäin Vnd wil er tun nach deinem rat So chùm mit ym vn nicht ze ¢pàt Haym her freunt in ewer haus Da wöllen wir ym legen aus Waz er tü vn l䢢 da pey Henricze ¢prach daz ¢ei daz ¢ey We wie ¢chier dicz was ge¢chehen Einr der hiet nit vmb ge¢ehen Do nu Pert¢chi chomen was Man gru¢¢t in ¢chon er dankt vil bas Seu ¢prachen wes ha¢t du ze mut Des äntwùrt er mich deuchti gut Es gebt mir Mäczen zù der e · e Jch tät ir wol vn dannocht me La¢ter¢ak hub an zu jehen Daz dinch möcht alle¢¢ampt ge¢chehen Wolti¢t ¢tellen nach der er Vnd dar zu volgen vn¢er ler Bert¢chi ¢p~ch es gefelt mir wol Jch tun alles das das man ¢chol So ¢icz da nider ¢p~ch do Fricz Vnd ¢ag vns etwas deiner wicz Chan¢t den paterno¢ter ¢o Ja do äntwurt Perchi do Daz auemarj vn de glauben Auch da mit an alles laugen So ¢ag auf eben nicht enlach Triefna¢ hub an vn ¢prach Pater no¢ter herrgot vatt’ vn¢er der du pi¢t ı dem hymel / gehaliget werd dein nam / zu chùm vns dein reich dein will werd hie ı der erd ¢am ı dem hymel / du verleich vns vn¢er tägleich prot / vnd vergib vns vn¢er ¢chuld ¢am
Von Leugafruo ze diser frist!’ Des stuonden Fritz und Härtel auf Und traten gen des schreibers haus: Den fundens da zuo irm gewin. Er gruosst seu schon: des danchtens im. Da mit so huob an Fritz und sprach: ‘Umb die red, die nächt geschach, Wis, wir sein des überain: Wir wollen wissen, wie ers main! Und wil er tuon nach deinem rat, 3790 So chüm mit im und nicht ze spat Haim, her freunt, in ewer haus! Da wöllen wir im legen aus, Waz er tuo und lass da pei.’ Henritze sprach: ‘Daz sei, daz sei!’ 3795 We, wie schier ditz was geschehen: Einr der hiet nit umb gesehen! Do nu Pertschi chomen was, Man gruosst in schon: er dankt vil bas; Seu sprachen: ‘Wes hast du ze muot?’ Des äntwürt er: ‘Mich deuchti guot, Es gäbt mir Mätzen zuo der ee; Ich tät ir wol und dannocht me.’ Lastersak huob an ze jehen: ‘Daz dinch möcht allessampt geschehen, Woltist stellen nach der er Und dar zuo volgen unser ler.’ Bertschi sprach: ‘Es gfelt mir wol: Ich tuon alles, das man schol.’ ‘So sitz da nider,’ sprach do Fritz, 3810 ‘Und sag uns etwas deiner witz! Chanst den paternoster so?’ ‘Ja do,’ äntwurt Pertschi do. ‘Daz avemari und den glauben Auch da mit an alles laugen? 3815 So sag auf eben, nicht enlach!’ Triefnas der huob an und sprach: ‘Pater noster, Herrgot vatter unser, der 1 du pist in dem himel, gehailiget werd dein nam! Zuo chüm uns dein reich! Dein will werd hie in der erd sam in dem himel! Du verleich uns unser tägleich 5 prot und vergib uns unser schuld, sam
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3790 wil: über der Zeile nachgetragen. 3808 mir: vor dem Wort Ansatz eines w durchgestrichen. 3810 Doppelstrich vor dem Vers. 3812 Doppelstrich vor dem Vers. 3817,1 3817,1–45 Prosa, durch Virgeln strukturiert. Die Anfangsbuchstaben von Pater (1), Aue (10), Credo (15) rot gekennzeichnet und größer, dazu sind die einzelnen Glaubenssätze des Credo rot markiert und haben meist Majuskeln. Rote Strichelung findet sich bei jch (19) vn (22), jch (26), vn (28), vnd (30), jch (33), jch (36), an die (37), vnd (38), vnd (39), jch (42), vnd (43) sowie bei den beiden ersten amen in Zeile 45.
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Lügsofort eben geraten hat.“ Damit standen Fritz und Härtel auf und begaben sich zum Haus des Schreibers, den sie glücklicherweise auch antrafen. Er begrüßte sie höflich, sie dankten ihm dafür und Fritz begann zu sprechen: „Im Hinblick auf unser Gespräch gestern Abend sind wir folgendermaßen übereingekommen: Wir wollen wissen, was er so im Sinn hat. Wenn er deinem Rat folgen will, dann komm mit ihm, aber nicht zu spät, bester Freund, hierher in dein Haus. Dann wollen wir ihm darlegen, was er zu tun und zu lassen hat.“ Henritze antwortete: „Genau, genau!“ Holla, man hätte sich kaum umdrehen können, da war es schon passiert. Als Bertschi angekommen war, begrüßte man ihn höflich, und er bedankte sich umso mehr. Sie fragten: „Was also hast du im Sinn?“ Darauf antwortete er: „Ich würde mich freuen, wenn ihr mir Mätze zur Frau geben würdet. Ich will ihr gut und noch viel mehr sein.“ Nun begann Lastersack zu sprechen: „Die Sache könnte schon zustande kommen, wenn du dich um Ansehen bemühen und zu diesem Zweck unsere Lehren befolgen würdest.“ Bertschi entgegnete: „Ich bin damit zufrieden und werde alles tun, was man tun soll.“ „Dann also“, sagte Fritz, „setz dich hin und gib uns eine Probe deines Könnens. Kannst du das Paternoster?“ „Aber gewiss“, antwortete Bertschi. „Und das Ave Maria und das Glaubensbekenntnis ebenfalls ganz ohne Fehler? Dann sag es auf, lach aber nicht dabei!“ Und so begann Triefnas: „Pater noster. Herr Gott, Vater unser, der du bist im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch
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Text nach Ed. Wießner
wir tun ¢chùllen vn¢ern ¢chuldigern vnd verlࢢ vns nicht in bö¢er ver¢uch ung / sunder lö¢ vns von allem vbel am Aue Maria gegru¢¢et ¢ei¢t du raineu 10 maget Maria / vol aller gnaden / got i¢t mit dir / du pi¢t ge¢egnet v` ber alleu weib / ge¢egnet i¢t der frucht deines leibes vn¢’ herr Jhe¢us Cri¢tus amen Credo in deum jch gelaub an einen 15 got vatter almächigen der ¢chepfer i¢t hymelrichs vnd ertreichs / vnd ge laub an ¢einen eingepornen ¢un vn¢ern herre Jhe¢u Cri¢t / jch gelaub daz der ¢elbig gottes ¢un emphangen wart vo 20 dem hailigen gai¢t vnd auch geporn ward von der rainen mayt Marien vn gelaub daz er gemartrert ward vntter dem richter Pylaten an dem hailigen cre ucz der ¢tarb dar zu auch beg~ben ward 25 jch gelaub daz ¢ein hailigeu ¢el ı die vor helle fur vn nam alle die dar aus die seinen willen hieten getan vn daz er an dem dritten tag er¢tund von dem tod 30 gewarer got vn gewarer men¢ch / vnd gelaub daz er auf ze hymel fur vn da siczet ze der rechten hand des almä chigen gocz ¢eines vatters jch glaub daz er dar nach chùnftic i¢t ze ric then vber die toten vn vber die lebentigen 35 jeden man nach ¢einen werchen / jch gelaub
wir tuon schüllen unsern schuldigern, und verlass uns nicht in böser versuochung, sunder lös uns von allem übel! Amen. Ave Maria. Gegrüesset seist du, raineu 10 maget Maria, vol aller gnaden! Got ist mit dir. Du pist gesegnet über alleu weib, gesegnet ist die frucht deines leibes, unser herr Jesus Cristus. Amen. Credo in deum. Ich gelaub an einen 15 got, vatter almächtigen, der schepfer ist himelrichs und ertreichs, und gelaub an seinen eingepornen sun, unsern herren Jesum Cristum. Ich gelaub, daz der selbig gottes sun emphangen wart von dem hailigen gaist und auch geporn ward von der rainen mait Marien, und gelaub, daz er gemartert ward untter dem richter Pilaten, an dem hailigen creutz derstarb, dar zuo auch begraben ward. Ich gelaub, daz sein hailigeu sel in die vorhelle fuor und nam alle die dar aus, die seinen willen hieten getan, und daz er an dem dritten tag erstuond von dem tod, gewärer got und gewärer mensch, und gelaub, daz er auf ze himel fuor und da sitzet ze der rechten hand des almächtigen gotz, seines vatters. Ich glaub, daz er dar nach chünftig ist, ze richten über die toten und über die lebentigen, ieden man nach seinen werchen. Ich gelaub auch an den hailigen ga¢t / an die hailigen auch an den hailigen gaist, an die hailigen kyrchen der cri¢tenhäit / vnd an die vnd kirchen der cristenhait und an die gemain aller hailigen // vnd gelaub an die gemain aller hailigen und gelaub antl䢢 aller meiner ¢ùnden ze gewinen 40 antlass aller meiner sünden ze gewinnen, ob seu mich reuwent von gantzem hertzen ob ¢eu mich reuwet von ganczem herczen meinem // jch gelaub an der toten vr¢tend meinem. Ich gelaub an der toten urstend // vnd gelaub nach di¢em leben daz ewig und gelaub nach disem leben daz ewig leben ze be¢iczend werden ob ich es verdient leben ze besitzend werden, ob ich es verdient han amen amen amen & amen 45 han. Amen, amen, amen, amen.’ 45 Horr auf lieber ¢ein i¢t gnug 3818 ‘Hörr auf lieber: sein ist gnuog!’
3817,9 Text reicht bis an Spalte b, ebenso die gesamte untere Hälfte der Spalte. 3817,16 almächigen: almäcthigen? 3817,17 hymelrichs: am Wortende radiert; ertreichs: zweites e aus i korrigiert. 3817,19 Cri¢t: eventuell Abkürzung (Cri¢tum) am Wortende von folgendem Trennstrich und Wortanfang verdeckt. 3817,23 gemartrert: zweites r über te geschrieben. 3817,27 aus: korrigiert aus raus. 3817,32 almä: ä korrigiert aus e. 3817,34 chùnftic: letztes c unvollständig durch Rasur aus g hergestellt. 3817,37 hailigen: erstes i über dem Wort zwischen a und l. 3817,39 gemain: am Wortende e radiert. 3817,45 amen: jeweils verschiedene Ausführungen des a bzw. A. 3818 Doppelstrich vor dem Vers.
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wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vor allem Bösen. Amen. Ave Maria. Gegrüßet seist du, Maria, du reine Magd und voll aller Gnaden. Gott ist mit dir. Du bist gesegnet vor allen Weibern und gesegnet ist die Frucht deines Leibes: unser Herr Jesus Christus. Amen. Credo in deum. Ich glaube an den einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erden. Und ich glaube an seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus. Ich glaube, dass der Sohn Gottes empfangen ward von dem Heiligen Geist und geboren von der keuschen Jungfrau Maria. Ich glaube, dass er gemartert ward unter dem Richter Pilatus, an dem heiligen Kreuz verschied und dann begraben wurde. Ich glaube, dass seine heilige Seele in die Vorhölle fuhr und all jene von dort holte, die seinen Willen getan hatten, und dass er am dritten Tag von dem Tode auferstanden ist: wahrer Gott und wahrer Mensch. Und ich glaube, dass er zum Himmel aufgefahren ist und dort sitzt zur Rechten des allmächtigen Gottes, seines Vaters. Ich glaube, dass er danach kommen wird, um zu richten die Toten und die Lebenden, jedermann nach seinen Werken. Und ich glaube an den Heiligen Geist, an die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft aller Heiligen und an die Vergebung meiner Sünden, wenn sie mich denn reuen von ganzem Herzen. Ich glaube an die Auferstehung der Toten und daran, dass ich nach diesem Leben das ewige Leben erwerben werde, wenn ich es denn verdient habe. Amen, Amen und noch einmal Amen.“ „Hör auf mein Bester, das reicht ja schon!“,
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Sp~ch do Fricz du pi¢t ¢o chlug Daz mich des dukt du ¢ei¢t ge¢tanden Manich jar in frömden landen Pert¢chi wand ym war al¢o Vn hie¢¢ ym Mäczen geben do Secht daz wär do nicht vermitten Hiet es La¢ter¢ak gelittten Dem geuiel daz eyllen nicht Gro¢¢eu ¢ach wil zu ver¢icht Sprach er do vn voll die e · e Sag mir ge¢ell kan¢t du icht me Des äntwurt Pert¢chi al¢o ¢chier Jch alz wol ¢am ander vier Erren trö¢chen vn auch ¢äyn Hakken ¢neiden vnd auch mäyn Vn was zu prott gehoren ¢chol Daz tun ich gern vn kans auch wol La¢ter¢ak hub wider an Vnd ¢p~ch der men¢che nicht enkan Geleben mit dem prott alläin An lib vn an der ¢el gemain Sunder mit des gottes wort Des leibes häil der ¢ele hort Daz ym da fleu¢t aus ¢eine mund Vnd tüt vns alle ¢alde kunt Dar vmb ¢o mu¢t du lernen bas Daz tun ich gern ¢p~ch Triefnas Des er¢ten ich doch hören wolt Wie ein junger lernen ¢cholt Daz i¢t vil wei¢echleich geredet Sp~ch do La¢ter¢ak ze ¢tet Dar vmb ¢o wi¢¢ daz ich da wai¢¢ Zehe nocz ¢ind dem ¢chuler gemäi¢¢z Der ze mai¢ter werden wil Nùcz vn er gewinen vil Daz er¢t i¢t daz er dienen ¢chol Vn¢erm herren be¢under wol Der ¢elb mit ¢einen hailigen mund Sprach gen vns ze einer ¢tund Des er¢ten ¢chùlt es geruchen Gottes reich ze ¢uchen So wirt euch dar zu auch gegebn Was man haben ¢chol ze leben
Text nach Ed. Wießner Sprach do Fritz. ‘Du pist so chluog, 3820 Daz mich des dünkt, du seist gestanden Manich jar in frömden landen.’ Pertschi wand, im wär also, Und hiess im Mätzen geben do. Secht, daz wär do nicht vermitten, 3825 3825 Hiet es Lastersak gelitten! Dem geviel daz eillen nicht. ‘Grosseu sach wil zuoversicht,’ Sprach er do, ‘und voll die ee. Sag mir, gesell, kanst du icht me?’ 3830 3830 Des äntwurt Pertschi also schier: ‘Ich als vil sam ander vier: Erren, tröschen und auch sän, Hakken, sneiden und auch män Und, was zuo prott gehören schol, 3835 Daz tuon ich gern und kans auch wol.’ Lastersak huob wider an Und sprach: ‘Der mensche nicht enkan Geleben mit dem prott allain An lib und an der sel gemain, 3840 3840 Sunder mit dem gottes wort, Des leibes hail, der sele hort, Daz im da fleust aus seinem mund Und tuot uns alle sälde kunt. Dar umb so muost du lernen bas.’ 3845 ‘Daz tuon ich gern’, sprach Triefnas. ‘Des ersten ich doch hören wolt, Wie ein junger lernen scholt.’ ‘Daz ist vil weisechleich geredt,’ Sprach do Lastersak ze stet. 3850 ‘Dar umb so wiss, daz ich da wäss! Zehneu sind dem schuoler gmäss, Der ze maister werden wil, Nutz und er gewinnen vil. Daz erst ist, daz er dienen schol 3855 3855 Unserm herren sunder wol, Der selb mit seinem hailigen mund Sprach gen uns ze einer stund: “Des ersten schült es gruochen, Gottes reich ze suochen: 3860 So wirt euch dar zuo auch gegeben, Was man haben schol ze leben.”
3845 Doppelstrich vor dem Vers. 3849 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iiij. 3850 Vor dem Vers auf dem Rand no von anderer Hand; wai¢¢: a auf Rasur. 3851 Vor dem Vers ¶-Zeichen; Zehe nocz ¢ind: zwischen Zeh und ¢ind von anderer Hand auf Rasur in blasser Tinte e nocz; gemäi¢¢z: z in sehr blasser Tinte hinzugefügt. 3853 vil: v durch Rasur wohl aus w korrigiert. 3854 Vor dem Vers sehr klein Im, dazu Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3855 be¢under: be in blasser Tinte über der Zeile nachgetragen.
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meinte Fritz. „Du bist so gebildet, dass ich den Eindruck habe, als hättest du viele Jahre in fremden Ländern studiert.“ Bertschi selbst nahm das für bare Münze und forderte ihn auf, ihm Mätze endlich zu geben. Stellt euch vor, das wäre beinahe geschehen, wenn Lastersack es zugelassen hätte! Dem gefiel die Eile überhaupt nicht. „Wichtige Dinge wollen gut überlegt sein“, sagte er, „und insbesondere die Ehe. Sag an, mein Freund, kannst du nicht noch was anderes?“ Darauf antwortete Bertschi ohne Umschweife: „Ich schaffe so viel wie vier andere zusammen. Pflügen, dreschen und säen, hacken, schneiden und mähen, sowie alles, was noch zur Brotherstellung gehört. Das tue ich gern und verstehe auch etwas davon.“ Lastersack begann ein weiteres Mal und sagte: „Für Leib und Seele gilt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern vom Wort Gottes – der Rettung seines Leibes, dem Schatz der Seele –, das diesem aus dem Munde strömt und uns den Weg zur Seligkeit verkündet. Deshalb musst du noch mehr lernen.“ „Das tue ich gern“, sagte Triefnas. „Zuerst möchte ich hören, auf welche Weise ein junger Mensch lernen soll.“ „Das ist schon klug bemerkt“, entgegnete Lastersack umgehend. „Deshalb präg dir ein, was ich davon weiß. Zehn Punkte sind für einen Schüler grundlegend, der ein Gelehrter werden und Nutzen und Ansehen erlangen will. Der erste Punkt ist, dass er vor allem unserem Herrn dienen soll, der uns aus seinem heiligen Mund einst selbst verkündet hat: ‚Bemüht euch zuallererst darum, Gottes Reich zu suchen, dann wird euch auch das gegeben, was ihr zum Leben braucht.‘
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Text nach Ed. Wießner
Salomon auch dar zu ¢pricht Jn bö¢eu ¢el kumpt wei¢¢hait nicht Ein anuanch aller wiczen i¢t Gottes forcht mit ¢älger li¢t Daz ander daz er haben ¢chol J¢t ein frömdes land daz fügt ym wol Nach der vil gewaren lere ¢ag Niemand wol gewe¢en mag Ein sphet ı ¢einem land Won er i¢t ze wol bekant Freunt vn ge¢ellen dar zu weib Saument in an ¢el vnd an leib An gut an nucz vn auch an er An kun¢t an zucht vn dar zu ler Doch wolt er ¢ich ir mࢢen Bö¢eu ge¢ell¢chaft la¢¢en Er mocht gelernen ane zal Die chun¢t i¢t offen vber al Daz drit i¢t daz er hab da pey Ein ge¢undes haubt das gelirnig ¢ey Vn wil er chomen vber all So lerne daz im be¢t geuall Daz vierd i¢t ¢am ich han gele¢en Daz er vil dyemütich ¢chol we¢en Won hat er hochfart in dem mut Käin ¢chuler wil er han ver gut Er duncht ¢ich ¢einem mai¢ter gleich Dar vmb ¢o wirt er ¢elten reich An chun¢t vn auch an wei¢er hab Won niemant grö¢¢ gewe¢en mag Der vor nicht klainer i¢t ge¢ein Daz leg dir in daz haubet dein Wi¢¢ der men¢che wirt geporn Kun¢tlo¢ ¢am ein permet ge¢chorn Daz fùnft i¢t daz ym hilfet ¢er Stätes harren pey der ler Emp¢chleichs lernen daz i¢t gut Vn¢tates allen ¢chaden tut Daz ¢ech¢t i¢t daz hie pey ¢chol we¢en Sein leczgen mu¢¢ er vber le¢en Oft vnd auch der grunden wol Wil er wiczen werden vol
Salomon auch dar zuo spricht: “In böseu sel kumpt weisshait nicht.” Ein anvanch aller witzen ist Gottes forcht mit sälger list. 3865 Daz ander, daz er haben schol, Ist frömdes land: daz füegt im wol. Nach der vil gwären lere sag Niemand wol gewesen mag Ein prophet in seinem land; 3870 Won er ist ze wol bekant. Freunt und gsellen, dar zuo weib Saument in an sel und leib, An guot, an nutz und auch an er, An kunst, an zucht und dar zuo ler. 3875 Doch wolt er sich ir massen, Böseu gsellschaft lassen, Er möcht gelernen ane zal: Die chunst ist offen über al. Daz drit ist, daz er hab da pei, 3880 Ein gsundes haubt, das glirnig sei. Und wil er chomen über all, So lerne, daz im best gevall! Daz vierd ist, sam ich han gelesen, Daz er vil diemüetich schol wesen; 3885 Won hat er hochfart in dem muot, Kain schuoler wil er han verguot: Er duncht sich seinem maister gleich; Dar umb so wirt er selten reich An chunst und auch an weiser hab; 3890 Won niemant gross gewesen mag, Der vor nicht klainer ist gesein: Daz leg dir in daz haubet dein! Wiss, der mensche wirt geporn Kunstlos sam ein permet gschorn! 3895 Daz fünft ist, daz im hilfet ser, Stätes harren pei der ler. Empschleichs lernen daz ist guot, Unstätes allen schaden tuot. Daz sechst ist, daz hie pei schol wesen: Sein letzgen muoss er überlesen Oft und auch dergründen wol, Wil er witzen werden vol.
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3863 nicht: korrigiert aus nit in sehr blasser Tinte. 3866 Am Rand links sehr klein 2m, dazu Doppelstrich vor dem Vers. 3867 ein: über der Zeile in sehr blasser Tinte hinzugefügt. 3880 Am Rand links sehr klein 3m, vor dem Vers Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3884 Am Rand links sehr klein 4m, vor dem Vers Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3894 Rechts am Rand no, sehr blass. 3896 Vor dem Vers sehr klein 5m, dazu Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3899 Rechts am Rand 3900 Vor dem Vers sehr klein 6m, dazu Markierung mit kleinem Doppelstrich. no.
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Und Salomon sagt dazu: ,In eine böse Seele kommt keine Weisheit.‘ Gottesfurcht in seligmachendem Gedenken ist der Anfang aller Weisheit. Das Zweite, was der Schüler beherzigen soll, ist ein Aufenthalt in der Fremde, der ihn weiterbringt. Nach Aussage der Heiligen Schrift kann niemand Prophet im eigenen Land sein, weil er dort zu gut bekannt ist. Verwandte, Freunde und auch Frauen halten ihn von der Sorge um Leib und Seele, Besitz, Nutzen und Ansehen, Wissenschaft, Erziehung und Ausbildung ab. Doch wenn er sich in seinen Vergnügungen beschränkt und jede anrüchige Gesellschaft meidet, dann kann er unermesslich viel lernen. Schließlich kann man sich der Wissenschaft überall widmen. Der dritte Punkt ist, dass er dabei einen klaren Kopf hat, der auch lernen will. Und wenn er weit kommen will, dann soll er lernen, was ihm am meisten Freude macht. Der vierte Punkt ist – so habe ich es jedenfalls gelesen –, dass er lernen soll, bescheiden zu sein. Denn wenn er überheblich wird, dann will er auch nicht mehr Schüler sein, sondern sieht sich schon mit seinem Lehrer auf einer Stufe. Daraus wird er nicht gerade einen großen Fundus an Gelehrsamkeit und soliden Kenntnissen gewinnen. Denn niemand kann groß werden, der vorher nicht klein gewesen ist. Das musst du dir einprägen! Schau, der Mensch wird ohne jedes Wissen, wie ein unbeschriebenes Blatt, geboren. Das Fünfte, das ihm weiterhilft, ist Ausdauer im Lernen. Emsiges Lernen ist gut, nachlässiges dagegen sehr schädlich. Der sechste Punkt gehört mit dazu. Seine Lektion muss er immer wieder lesen und ihr auch auf den Grund gehen, wenn er neue Erkenntnisse gewinnen will.
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Daz sibend ¢am der lerer ¢pricht J¢t daz zweiueln ı der g¢chrift J¢t daz er ¢ich nicht betragen Lat an fundlen vn an fragen Daz ächt daz ich euch ¢agen wil J¢t guteu ko¢t vn der nicht vil Wärmeu chleider wein mit fug Daz macht in hub¢ch vn dar zu chlug Daz neund i¢t daz ym kumpt geleich Nicht ze arm vn nicht ze reich Gro¢¢eu armut ¢iert ı ¢er So ¢aumpt in reichtum dannocht mer Daz le¢t daz i¢t vernempt mich wol Daz er ym ¢elb entleiben ¢chol Vnterweilen nicht ze vil Mit ¢ingen vn mit ¢ayten¢pil Oder halt mit andern ¢achen Die ym mùgen fròde machen Doch mit zùchten daz ¢tet wol Hie mit wirt er ¢innen vol Vnd verdirbt nit an dem leben Wil er ¢ich der kun¢t her geben Do ¢p~ch Trifnas gar mit gir Secht daz han ich als an mir Guten willen auch da mit Dar vmb ich ewer tugend pitt Sagt mir herr zu di¢er fri¢t All die kùn¢t die yendert i¢t La¢ter¢ak do lachent wart Er ¢p~ch daz wär ein langeu vart Nie kain man der ward ¢o weis Der aller kùn¢ten hiet den preis Wen vn¢er herrgot Jëu Cri¢t Dem kain dinch verporgen i¢t Die chun¢t i¢t lang daz leben chlain Dar vmb ¢o lerne dir allain Des ein laig nicht ¢chol embern Daz ¢ag ich dir von herczen gern Vn heb ¢o an dem be¢ten an Wi¢¢ daz yeder chri¢tan man Vber alles daz du wai¢t
Text nach Ed. Wießner Daz sibend, sam der lerer spricht, 3905 3905 Ist daz zweiveln in der gschrift, Ist, daz er sich nicht betragen Lat an fündlen und an fragen. Daz ächt, daz ich euch sagen wil, Ist guoteu kost und der nicht vil, 3910 3910 Wärmeu chleider, wein mit fuog: Daz macht in hübsch und dar zuo chluog. Daz neund ist, daz im kumpt geleich, Nicht ze arm und nicht ze reich: Grosseu armuot siert in ser, 3915 So saumpt in reichtuom dannocht mer. Daz lest daz ist, vernempt mich wol, Daz er im selb entleiben schol Unterweilen, nicht ze vil, Mit singen und mit saitenspil 3920 Oder halt mit andern sachen, 3920 Die im mügen fröde machen, Doch mit züchten: daz stet wol. Hie mit wirt er sinnen vol Und verdirbt nit an dem leben, 3925 Wil er sich der kunst hergeben.’ 3925 Do sprach Triefnas gar mit gir: ‘Secht, daz han ich als an mir, Guoten willen auch da mit! Dar umb ich ewer tugend pitt: 3930 Sagt mir, herr, zuo diser frist 3930 All die kunst, die iendert ist!’ Lastersak do lachent wart; Er sprach: ‘Daz wär ein langeu vart. Nie kain man der ward so weis, 3935 Der aller künsten hiet den preis, 3935 Wen unser herrgot Jesus Crist, Dem kain dinch verporgen ist. Die chunst ist lang, daz leben chlain; Dar umb so lerne dir allain, 3940 Des ein laig nicht schol embern! 3940 Daz sag ich dir von hertzen gern Und heb so an dem besten an: Wiss, daz ieder christan man Über alles, daz du waist
3904 Vor dem Vers sehr klein 7m und wohl Markierung mit kleinem Doppelstrich, sehr blass. 3905 zweiueln: erstes e korrigiert aus i, i-Punkt über e. 3908 Vor dem Vers sehr klein 8m und wohl Markierung mit kleinem Doppelstrich, sehr blass. 3912 Vor dem Vers sehr klein 9m und Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3914 Vor dem Vers no. 3916 Vor dem Vers sehr klein 10m und Markierung mit kleinem Doppelstrich. 3922 zùchten: Unterbogen am ersten Schaft des n, n korrigiert aus y? 3925 her geben: zwischen den Wörtern wegen durchgestrichen. 3926 Doppelstrich vor dem Vers. Trifnas: e links über i. 3934 man: n korrigiert. Zwischen diesem und dem folgenden Vers rechts am Rand 3937 Links vor dem Vers Notiz, sehr klein, unleserlich. 3938 Vor dem Vers no. no.
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Der siebente Punkt ist, wie der Lehrer sagt, der Zweifel am Geschriebenen, so dass er nicht damit aufhört, es bis ins letzte zu überprüfen und zu hinterfragen. Der achte Punkt, den ich euch nennen will, gilt reichhaltiger, nicht zu üppiger Kost, warmer Kleidung, maßvollem Weingenuss. Das macht den Schüler ansehnlich und klug zugleich. Der neunte Punkt, der diesem gleichkommt, verlangt, dass er nicht zu arm und nicht zu reich sei. Große Armut plagt ihn sehr, während ihn Reichtum noch mehr am Lernen hindert. Der letzte Punkt, hört nur genau her, besagt, dass er sich zwischendurch – aber nicht zu ausgiebig – mit Gesang und Saitenspiel oder eben mit anderen Dingen, die ihn erfreuen könnten, entspannen soll, dies jedoch in angemessener Form: Dann ist es in Ordnung. Mit all dem wird er genug Weisheit erlangen und das Leben meistern, auch wenn er sich der Wissenschaft verschreibt.“ Voller Eifer antwortete Triefnas darauf: „Nun seht doch, das beherrsche ich schon alles und ich habe auch die feste Absicht, es weiter zu beherzigen. Deshalb bitte ich Euer Ehren: Nennt mir doch bitte hier und jetzt alles Wissen, das es überhaupt gibt.“ Lastersack musste darüber lachen und sagte: „Das wäre eine lange Geschichte. Denn noch nie war jemand so umfassend gebildet, dass er das gesamte Wissen überblickt hätte, mit Ausnahme vielleicht unseres Herrn Jesus Christus, dem nichts in der Welt verborgen bleibt. Lang währt die Kunst, nur kurz das Leben. Darum beschränke dich einfach auf die Bereiche, die ein Laie unbedingt kennen sollte. Die nenn ich dir von Herzen gern und fang auch gleich mit dem Wichtigsten an: Du sollst wissen, dass jeder Christ über alles Wissen
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Oder wain¢t in deinem gay¢t Schol ze glauben ¢ein werait Daz die gewär triualtichait Hat vil aygenleich vn ¢chon Jn einem we¢en drey r¢on Die ein i¢t nàch der gerechten zal Der vatter gwaltig vber al Die ander die ich nennen ¢chol J¢t der ¢un der wei¢¢häit vol Die dritt i¢t merk in deine gmüt Der häilig gay¢t mit ¢einer güt Von niempt der vatt’ kome i¢t Noch chömen mag de hainer fri¢t Stäts der ¢un vom vatt’ fleu¢t Vn ¢ich mit lieb zu ym ver¢chleu¢t So get der haylig gay¢t von päyden Sunderleich an alles ¢chaiden Des gib ich dir ein pey¢chaft Die ällen ler ver¢tenleich macht Wi¢¢ daz kol vn hicz vn ¢chein Mügend in einer glüte ¢ein Die hicz die chùmet von dem kol Der ¢chein get von in päyden wol Vnd wie daz ¢ey daz mans der kenne Nàcheinander oder nenne Oder joch dem vater kraft Geb zu einer aygen¢chaft Dem ¢un die wicz dem haligen gay¢t Die gütichait ¢o aller mäy¢t Doch ¢o wis ¢ey ¢ein geleich Auf erd vnd in dem hymelreich An mugent vn an wei¢¢häit An gut vnd an der ewichayt Hiezu wi¢¢ daz an den glauben Niemant kùmpt fùr gottes augen Hiet er joch gewurket vil Guter werch ze allem zil So i¢t dir auch der gelaub enwicht An die werch ¢am man do ¢pricht Dar vmb behalt an allen ¢pot Die vil häiligen zehen gebott Daz i¢t hab got ı deinem ¢in Vnd swer nit v` ppichleich pey ym Feyrr auch ¢o man feyrren ¢chol
Text nach Ed. Wießner 3945 3945 Oder wänst in deinem gaist, Schol ze glauben sein werait, Daz die gewär trivaltichait Hat vil aigenleich und schon In einem wesen drei person! 3950 3950 Die ein ist nach der grechten zal Der vatter gwaltig über al; Die ander, die ich nennen schol, Ist der sun der weisshait vol; Die dritt ist (merk in deinem gmüet!) 3955 3955 Der hailig gaist mit seiner güet. Von niempt der vatter komen ist Noch chömen mag dehainer frist; Stäts der sun vom vatter fleust Und sich mit lieb zuo im verschleust; 3960 So get der hailig gaist von paiden 3960 Sunderleich an alles schaiden. Des gib ich dir ein peischaft, Die älleu ler verstenleich macht: Wiss, daz kol und hitz und schein 3965 3965 Mügend in einer glüete sein! Die hitz die chümet von dem kol, Der schein get von in paiden wol. Und wie das sei, daz mans derkenne Nach einander oder nenne 3970 3970 Oder joch dem vater kraft Geb zuo einer aigenschaft, Dem sun die witz, dem hailigen gaist Die güetichait so aller maist, Doch so wis, sei sein geleich 3975 3975 Auf erd und in dem himelreich An mugent und an weisshait, An güet und an der ewichait! Hie zuo wiss, daz an den glauben Niemant kümpt für gottes augen, 3980 3980 Hiet er joch gewürket vil Guoter werch ze allem zil! So ist dir auch der glaub enwicht An die werch, sam man da spricht. Dar umb behalt an allen spot 3985 3985 Die vil hailigen zehen gbott! Daz ist: hab got in deinem sin Und swer nit üppichleich pei im! Feirr auch, so man feirren schol!
3955 güt: e korrigiert aus o. 3956 niempt: i über dem Wort zwischen n und e. 3961 ¢chaiden: n aus u korrigiert. 3964 Vor dem Vers no. 3968 wie daz: z korrigiert aus s. 3976 an: dahinter t durchgestrichen. 3985 Vor dem Vers Markierung mit kleinem Doppelstrich, rechts am Rand sehr klein no sowie Notiz in Abkürzung (10 praecepta).
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und über alle Spekulationen hinaus fest daran glauben soll, dass die wahre Dreifaltigkeit im ureigensten Sinn drei Personen in einem Wesen vereint. Nach der wahren Lehre ist die eine der allmächtige Vater, die zweite, die ich nennen muss, ist der Sohn, voller Weisheit. Die dritte ist – das merk dir genau – der Heilige Geist in seiner Güte. Der Vater stammt von niemandem ab, noch wird er jemals von irgendjemandem abstammen. Immerdar kommt der Sohn vom Vater und vereint sich in Liebe mit ihm. Dementsprechend kommt der Heilige Geist von beiden gemeinsam her, ohne sich je von ihnen zu trennen. Dafür gebe ich dir ein Beispiel, das die ganze Lehre besser verständlich macht. Du musst wissen, dass Kohle, Hitze und Licht in einem Stück Glut vereinigt sein können. Die Hitze kommt von der Kohle, das Licht geht von beiden aus. Doch wie dem auch sei: Ob man sie nun nacheinander erkennt oder nennt, oder ob man dem Vater als besondere Eigenschaft die Allmacht zuweist, dem Sohn die Weisheit, dem Heiligen Geist zuallererst die Güte, so musst du dabei gleichwohl davon ausgehen, dass sie auf Erden und im Himmelreich in ihrer Allmacht und ihrer Weisheit, ihrer Güte und ihrem ewigen Leben einander völlig gleich sind. Außerdem musst du wissen, dass ohne Glauben niemand vor Gottes Angesicht kommt, und hätte er auch noch so viele gute Werke getan. Andererseits ist – wie man sagt – auch der Glaube ohne Werke nichtig. Darum sollst du die heiligen zehn Gebote uneingeschränkt befolgen. ‚Du sollst Gott in deinem Herzen bewahren und nicht leichtfertig bei seinem Namen schwören! Du sollst ruhen, wenn der Feiertag es erlaubt!
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Vatter muter ere wol Kain men¢che ¢cholt du töten Noch dich mit vnkeu¢ch nötten Huet dich auch vor ¢telen Vor fal¢cher zeuggnù¢¢ helen Des andern weibes beger auch nicht Nach frömdes gucz die wàrhayt ¢pricht Dar zu bis ze tunn berayt Die ¢ech¢werck der barmherczikait Speys daz hungerig men¢che Daz dür¢tig dar zu trenche Daz nachent ¢cholt dù be¢chlaiden Dem fròmden herberch zaygen Den ¢iechen man ge¢ehen ¢chol Vnd die geuangen tro¢ten wol So mu¢t du haben dir ze häil Der siben hailichäit ein täil Daz i¢t den tauff ze aneuang Vnd den Cri¢em leb¢t ¢o lang Ha¢t ge¢ùnt die rew i¢t gut Gottes lichnam vn ¢ein plut Vn auch daz haylig öl da pey Wie ¢älich prie¢ter orden ¢ey Vn wie gut die hailig ee Doch lat mans an der ¢ele we Tauff vn cri¢em vn der orden Sind dir die nür eine¢t worden So ¢chol man dirs nich geben me Die andern geyt man nu ¢am e Di¢¢ i¢t dannocht als enwicht Wilt du dich dar zu hüten nicht Vor den siben ¢ùnden gar Die tötleich ¢ind vn ¢alden bar Daz i¢t vor bö¢er hohfart Vor geytikhit der argen art Vor neyd vn zorn vn keu¢chait Vor dem fra¢¢ vn trachait Hier nach lerne dir ze le¢t Daz nùcze¢t dir vn auch dz be¢t Mine got vor allen dingen So mag dir nimer mi¢¢e linge Dar zu deinen ebencri¢tan Jn ganczer lieb ze allen fri¢ten
Text nach Ed. Wießner Vatter, muoter ere wol! 3990 3990 Kain mensche scholt du töten Noch dich mit unkeusch nötten! Hüet dich auch vor stelen, Vor falscher zeuggnüss helen! Des andern weibes bger auch nicht 3995 Noch frömdes guotz! die warhait spricht. Dar zuo bis ze tuonn berait Die sechs werck der barmhertzikait! Speis daz hungrig mensche, Daz dürstig dar zuo trenche! 4000 4000 Daz nachent scholt du bchlaiden, Dem frömden herberch zaigen! Den siechen man gesehen schol Und die gevangen trösten wol! So muost du haben dir ze hail 4005 4005 Der siben hailichait ein tail: Daz ist den tauff ze anevang Und den crisem, lebst so lang; Hast gesünt, die rew ist guot, Gottes lichnam und sein pluot 4010 4010 Und auch daz hailig öl da pei; Wie sälich priester orden sei Und wie guot die hailig ee, Doch lat mans an der sele we. Tauff und crisem und der orden, 4015 Sind dir die nür einest worden, 4015 So schol man dirs nicht geben me. Die andern geit man nu sam e. Diss ist dannocht als enwicht, Wilt du dich dar zuo hüeten nicht 4020 Vor den siben sünden gar, 4020 Die tötleich sind und sälden bar: Daz ist vor böser hohfart, Vor geitikait, der argen art, Vor neid und zorn, unkeuschait, 4025 4025 Vor dem frass und trachait. Hier nach lerne dir ze lest Daz nützest dir und auch daz best: Minne got vor allen dingen (So mag dir nimer misselingen), 4030 Dar zuo deinen ebencristen 4030 In gantzer lieb ze allen fristen!
3993 helen: zweites e verrutscht, wie ie, durch das Wort verläuft ein Querstrich. 3996 Doppelstrich vor dem Vers, rechts am Rand sehr klein Notiz in Abkürzung (VII opera mi¢ericordiae). 4003 Rechts am Rand sehr klein Notiz in Abkürzung (VII ¢acramenta). 4004 Doppelstrich vor dem Vers, dir: dahinter d zetal, durchgestrichen. 4018 Doppelstrich vor dem Vers. 4020 Rechts am Rand sehr klein Notiz in Abkürzung (VII mortalia peccata). 4023 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: v.
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Du sollst Vater und Mutter ehren! Du sollst keinen Menschen töten und nicht der Fleischeslust verfallen. Hüte dich auch davor, zu stehlen oder falsches Zeugnis abzulegen. Begehre auch nicht eines anderen Weib oder fremdes Gut: So fordert es die Heilige Schrift. Darüber hinaus sollst du auch dazu bereit sein, die sechs Werke der Barmherzigkeit zu tun. ‚Den Hungrigen sollst du speisen, und dem Durstigen zu trinken geben! Den Nackten sollst du kleiden und den Fremden beherbergen! Den Kranken sollst du besuchen und die Gefangenen trösten!‘ Ebenso musst du für dein Seelenheil an den sieben Sakramenten teilhaben, also gleich zu Beginn des Lebens an der Taufe, sodann, wenn du so lange lebst, an der Firmung. Hast du gesündigt, ist die Buße erforderlich, dann auch Gottes Leib und Gottes Blut und schließlich auch die heilige Ölung. Wie seligmachend aber die Priesterweihe und wie hilfreich die heilige Ehe sein mögen, für das Seelenheil sind sie nicht notwendig. Und wenn du das Sakrament der Taufe, Firmung oder Priesterweihe einmal erhalten hast, sollst du es kein zweites Mal bekommen. Die anderen Sakramente aber kann man immer wieder spenden. Die Sakramente sind so gut wie wirkungslos, wenn du dich nicht auch noch vor den sieben Todsünden hütest, die das Seelenheil verhindern. Das heißt also vor der schlimmen Hoffart, vor der Raffgier, die dem Geiz verwandt ist, vor Neid, Zorn und Wollust, vor der Fresssucht und der Trägheit im Dienst an Gott. Und zuletzt lerne noch, was für dich am sinnvollsten und am besten ist: Du sollst Gott über alles lieben – so wird dir nichts mehr fehlschlagen –, aber auch deinem Nächsten stets in wahrer Liebe begegnen.
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Text nach Ed. Wießner
Tu auch was die kirch gepeut Daz i¢t ¢am ich es dir beteut Va¢ten ¢under ane ¢potten Allen häiligen zwelffpotten Doch ¢ant Jacob vn Philipp Sant Johans ewangeli¢t Die prıgent vns kain va¢ten we Daz ¢elbig tut ¢ant Barthlome Wo man ¢ein gewonet i¢t Ze va¢ten im ı kainer fri¢t Da mit ¢o va¢te al¢o ¢chier Die fron fa¢ten alle vier Die langen fa¢ten bis ze o¢tfrn Den phing¢tabent vn ym aug¢ten Vn¢’ liebn frawen ¢terben Vnd gocz gepùrt der reine werden Tägleich me¢¢man hören ¢chol Mit rainem gpett daz frumet wol Wer daz nicht volpringen mag Der fùll es an dem fèyrtag Hier zu du gepunden pi¢t Vnd yecleich men¢ch daz cri¢tan i¢t Dem rechten pharrer ¢under bar Eine¢t zpeichten ı dem jar Vn da mit gottes lichnam Emphahen ¢o man ¢chone¢t kan Wer daz nit tät vn ¢turb al¢o Den ¢chol man beg~ben alz ein ¢tro Jn den aker daz i¢t war Hat er vb’ vierzehn jar Gehabt vn ¢inn v’nuft da mit Sich daz i¢t der kirchen ¢itt Des ¢p~ch Triefnas ze der vart Nu we mir daz ich gporn wart Jch wai¢¢ nit wie man peychten ¢chol Dar vmb ich ¢endn ¢mercze dol La¢ter¢ak der chond ¢ein vil Hörr was ich dir ¢agen wil Sprach er zu dem Triefnas Wi¢¢ ich wil dir ¢agen daz Du ¢cholt dich noch vil wol gehaben Vnd nicht ¢o törleich gar verzagen Daz du nicht kan¢t daz lerne Nu lert man dich doch gerne
Tuo auch, was die kirch gepeut: Daz ist, sam ich es dir weteut, Vasten sunder ane spotten Allen hailigen zwelffpotten! 4035 Doch sant Jacob und Philipps, Sant Johans ewangelist, Die pringent uns kain vastenwe; Daz selbig tuot sant Barthlome, Wo man sein gewonet ist, 4040 Ze vasten im in kainer frist. Da mit so vaste also schier Die fronfasten alle vier, Die langen fasten bis ze ostern, Den phingstabent und im ogsten 4045 Unser lieben frawen sterben Und gotz gepürt, der reinen, werden! Tägleich mess man hören schol Mit rainem gpett: daz frumet wol. Wer daz nicht volpringen mag, 4050 Derfüll es an dem feirtag! Hier zuo du gepunden pist Und iecleich mensch, daz cristan ist, Dem rechten pharrer sunderbar Einest zpeichten in dem jar 4055 Und da mit gottes lichnam Emphahen, so man schonest kan. Wer daz nit tät und sturb also, Den schol man bgraben als ein stro In den aker, daz ist war, 4060 Hat er über vierzehn jar Gehabt und sinn, vernuft da mit: Sich, daz ist der kirchen sitt!’ Des sprach Triefnas ze der vart: ‘Nu we mir, daz ich gporn wart! 4065 Ich waiss nit, wie man peichten schol: Dar umb ich senden smertzen dol.’ Lastersak der chond sein vil: ‘Hörr, was ich dir sagen wil!’ Sprach er zuo dem Triefnas. 4070 ‘Wiss, ich wil dir sagen daz: Du scholt dich noch vil wol gehaben Und nicht so törleich gar verzagen! Daz du nicht kanst, daz lerne! Nu lert man dich doch gerne. 4075
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4032 die: e scheint durchgestrichen, di? 4033 beteut: Wortanfang auf Rasur, b von anderer Hand aus w korrigiert. 4041 im: korrigiert aus in. 4048 Vor dem Vers no. 4055 zpeichten: am Wortende radiert. 4064 Doppelstrich vor dem Vers. 4066 Vers reicht bis an Spalte b. 4067 vmb ich: dazwischen ¢ich durchgestrichen. 4074 lerne: n mit Schlussbogen.
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Und du sollst die Gebote der Kirche erfüllen, die ich dir nun nenne: In aller Strenge sollst du zu den Gedenktagen der heiligen Apostel fasten! Lediglich der heilige Jakob und der heilige Philipp sowie der Evangelist Johannes bringen uns keine Entbehrungen durchs Fasten. Ebenso steht es mit dem heiligen Bartholomäus. Wo man mit ihm vertraut ist, wird für ihn nicht gefastet. Außerdem faste ebenso streng zu den vier Zeiten des Herrenfastens, sowie zur langen Fastenzeit vor Ostern, am Vorabend von Pfingsten und im August zum Todestag Unserer Lieben Frau, sowie zur unbefleckten und herrlichen Geburt Gottes. Höre täglich in frommer Andacht die Messe, das ist hilfreich. Wer das nicht schafft, soll es wenigstens am Feiertag tun. Außerdem bist du, ebenso wie jeder andere Christ, dazu verpflichtet, vor dem zuständigen Pfarrer einmal pro Jahr allein die Beichte abzulegen und anschließend, wenn es nur irgendwie möglich ist, Gottes Leib zu empfangen. Wenn einer das nicht tut und stirbt, dann soll man ihn, das ist mein voller Ernst, wie Stroh im Acker vergraben, vorausgesetzt, er ist älter als vierzehn Jahre und besitzt bereits Sinn und Verstand. Das ist eben kirchlicher Brauch.“ Triefnas antwortete darauf: „Dann weh mir, dass ich je geboren wurde. Ich weiß nicht, wie man richtig beichtet. Das bereitet mir schlimme Qualen.“ Lastersack allerdings verstand sich sehr gut darauf. „Hör zu, was ich dir sage“, meinte er zu Triefnas. „Pass auf, ich will dir sagen, dass du viel zuversichtlicher sein und nicht so kopflos verzagen solltest. Lern doch einfach, was du noch nicht kannst. Schließlich unterrichtet man dich gerne.
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Text nach Ed. Wießner
Hörr ich pin noch vngewicht Vn han gelernt die offen peicht Pey der ¢elben lernt man wol Wie einer häymleich peychten ¢chol Die ¢prich nùr nach ¢am ich dir ¢ag 4080 Vn behalt ¢ey auf den le¢ten tag Jch sundiger men¢ch ich gib mich 1 ¢chuldig vn¢erm h’ren got meiner frawen sant Marien vn allen gottes häiligen vn auch euch prie¢ter an gocz ¢tat / daz ich grö¢¢leich ge¢ùndet 5 han mit worten vn mit werken / mit gedenchnù¢¢ vn auch mit verlay¢¢echayt an den zehen gepotte vn¢ers ¢chepfers daz ich die nicht behalten han an den sechs werchen der erbärmde daz ich 10 die nicht begange han / an den siben häylichäyt daz ich die nicht geeret han mit den siben töt¢ùnden / an den siben gaben des häiligen gäy¢tes / daz i¢t an gottes forcht / an gütichait / an kùn¢t / an ¢terk 15 wider die ¢ùnd / an rat / an ¢in / vn auch an wei¢¢häyt / jch der ken auch daz ich ge¢undet han mit meine fùnf ¢innen daz i¢t mit ge¢icht mit gehörd / mit ¢ma 20 kung mit co¢tung vn auch mit der rü rung / vn auch mit andern dingen / dz i¢t mit vntugend mit ¢pot mit hinterred mit h䢢 mit liegen mit triegen / vnd auch mit zer ganchleichn fröden / mit vppiger mit zweiflen an cri¢tem ge 25 lauben mit vngedultikayt / mit vng naden / mit vngehor¢am ı meine obren mit vn¢tätichayt an gütem fur¢acz / mit vbergen der häiligen gpött der kyrchen wie ich mich ver¢chult han es ¢ey 30 wi¢¢end oder verge¢¢en daz i¢t mir läid vn rüwet mich von ganczen meinem herczzen vn pitt mein frawe ¢ant Mari vn alle gottes häiligen vn euch prie¢t’ 35 daz ir mir gnad vn antl䢢 meiner ¢ùnd vmb got derwerbn vn nach di ¢em leben die ewigen ¢älichäit amen Do nu di¢¢ ¢o ge¢prochen was 4082
Hörr, ich pin noch ungewicht Und han gelernt die offen picht! Pei der selben lernt man wol, Wie einer haimleich peichten schol. Die sprich nür nach, sam ich dir sag, Und bhalt sei auf den lesten tag! Jch sündiger mensch, ich gib mich schuldig unserm herren got, meiner frawen sant Marien und allen gottes hailigen und auch euch, priester, an gotz stat, daz ich grössleich gesündet 5 han mit worten und mit werken, mit gedenchnüss und auch mit verlässechait an den zehen gepotten unser schepfers, daz ich die nicht behalten han; an den sechs werchen der erbärmde, daz ich 10 die nicht begangen han; an den siben hailichait, daz ich die nicht geeret han; mit den siben totsünden; an den siben gaben des hailigen gaistes, daz ist an gottes forcht, an güetichait, an kunst, an sterk wider die sünd, an rat, an sin und auch an weisshait. Ich derken auch, daz ich gesündet han mit meinen fünf sinnen, daz ist mit gesicht, mit gehörd, mit smakung, mit costung und auch mit der rüerung, und auch mit andern dingen, daz ist mit untugend, mit spot, mit hinterred, mit hass, mit liegen, mit triegen und auch mit zergänchleichen fröden, mit üppig er, mit zweiflen an cristem ge- 25 lauben, mit ungedultikait, mit ungnaden, mit ungehorsami meinen obren, mit unstätichait an guotem fürsatz, mit übergen der hailigen gpott der kirchen. Wie ich mich verschult han, es sei 30 wissend oder vergessen, daz ist mir laid und rüwet mich von gantzem meinem hertzen und pitt mein frawen sant Marien und alle gottes hailigen und euch, priester, daz ir mir gnad und antlass meiner 35 sünd umb got derwerbent und nach disem leben die ewigen sälichait. Amen.’ Do nu diss so gesprochen was,
4080 nùr: mir? Zwischen diesem und dem nächsten Vers links neben der Spalte Abkürzung vermerkt. 4081,1 Rote Initiallinie läuft bis in die folgende Zeile. 4081,27 vngehor¢am ı: ı undeutlich wegen Unterlänge aus der vorhergehenden Zeile; obren: r über dem Wort. 4081,29 gpött: o aus e korrigiert. 4081,33 herczzen: c über dem Wort. 4081,36 nach: vor dem Wort ac, durch Strich getilgt. 4082 Doppelstrich vor der Zeile.
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Weißt du, ich bin zwar noch ungeweiht, habe aber die öffentliche Beichtformel schon gelernt. An der kann man lernen, wie man die Einzelbeichte sprechen soll. Sprich mir den Text nach, wie ich ihn dir vorspreche, und merk ihn dir, bis zum Ende deines Lebens. ‚Ich sündiger Mensch, ich bekenne mich schuldig vor Gott, unserem Herrn, meiner Herrin Sankt Marien und allen Heiligen Gottes und auch vor Euch, dem Priester an Gottes statt, dass ich in Worten und Taten, bewusst und unbewusst, schwer gesündigt habe an den zehn Geboten unseres Schöpfers, weil ich sie nicht gehalten habe; an den sechs Werken der Barmherzigkeit, weil ich sie nicht vollbracht habe; an den sieben Sakramenten, weil ich sie nicht in Ehren gehalten habe; mit den sieben Todsünden; an den sieben Gaben des Heiligen Geistes, also: Gottesfurcht, Güte, Erkenntnis, Kraft, der Sünde zu widerstehen, Lehre, Verstand und Weisheit. Ich bekenne auch, dass ich mit meinen fünf Sinnen gesündigt habe, also durch Sehen und Hören, durch Riechen, Schmecken und Tasten, aber auch mit anderen Dingen, wie z.B. Laster, Spott, übler Nachrede, Hass, Lug und Trug und auch Vergnügungen, die rasch vergehen. Mit eitler Ehrsucht, Zweifel am christlichen Glauben, Ungeduld, Hartherzigkeit, Ungehorsam gegen die Obrigkeit, mit Unbeständigkeit in guten Vorsätzen und Verstößen gegen die heiligen Gebote der Kirche. Worin ich nun schuldig geworden bin, bewusst oder unbewusst, das tut mir leid, und es reut mich von ganzem Herzen. Und so bitte ich meine Herrin Sankt Marien und alle Heiligen Gottes und Euch, den Priester, dass Ihr mir um Gottes willen Gnade und Vergebung meiner Sünden erwerben möget und nach diesem Leben die ewige Seligkeit. Amen.‘“ Als das nun so vorgetragen war,
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Text nach Ed. Wießner
La¢ter¢ak ¢p~ch Triefnas Wi¢¢ daz i¢t die peyicht gemain Vn wilt du peychten joch allain Deinem prie¢ter all dein ¢ùnd So tu ¢am ich dir han gechùnt Vn ¢ag ym ¢ùnderleich da pey Dein mi¢¢etät vn wie ym ¢ey Aigenleich mit ganczer rew Vn ¢ecz dir für mit recht’ trew Die pu¢¢ ze tun an wider¢tellen Vn furbas nicht mer ¢ùnden wellen Tu¢t daz alles ¢amet nicht So wi¢¢ dein peychten i¢t ein wicht Du wir¢t ver¢chuldent gottes zorn Vn ¢am eins juden ¢el verlorn Dar vmb vil lieber junger mein Daz du vil ¢ailich mü¢¢i¢t ¢ein Gedench vil eben wie die welt J¢t geleich dem ray¢gezelt Daz man da ruchet alle tag Noch gancz vn ¢ich bleiben mag Sey i¢t ein ellend ane laugen Dar vmb ¢cholt du dich ir glauben Vn trachten haym ze radeis So bi¢t du gerecht vn dar zu weis Gedench auch wie die weltleich er Wütet ¢am daz wilde mer Auf vn nider vn hin vnd her Vnd nimpt ein au¢ganch ¢am dz g¢wer Wo i¢t der weis her Salamon Mit ¢einer ¢choni Ab¢olon Sam¢on mit der gro¢¢en chraft Des hohen Alexanders macht Ari¢totel mit ¢einr li¢t Seu ¢ind ver¢wunden ¢am ein mi¢t Vnd i¢t in nichcz auf erd beliben Dan ir namen vnge¢wigen Daz hilft ¢eu an den ¢elen chlein Sein ¢ey nicht an ¢ùnden rain Dar vmb ¢o acht des lobes nicht Daz dir zu ¢älden chlain ge¢chicht Gedench daz got dich hat ge¢chaffen Ze eine men¢chen nicht züm affen
Lastersak sprach: ‘Triefnas, Wiss, daz ist die peicht gemain! Und wilt du peichten joch allain 4085 Deinem priester all dein sünd, So tuo, sam ich dir han gechünt, Und sag im sünderleich da pei Dein missetat und, wie im sei, Aigenleich mit gantzer rew 4090 Und setz dir für mit rechter trew, Die puoss ze tuon an widerstellen Und fürbas nicht mer sünden wellen! Tuost daz alles sament nicht, So wiss, dein peichten ist ein wicht: Du wirst verschuldent gottes zorn Und sam eins juden sel verlorn! Dar umb, vil lieber junger mein, Daz du vil sälich müessist sein, Gedench vil eben, wie die welt 4100 Ist geleich dem raisgezelt, Daz man da ruchet alle tag Noch gantz und sicher bleiben mag! Sei ist ein ellend ane laugen; Dar umb scholt du dich ir glauben 4105 Und trachten haim ze paradeis: So bist du grecht und dar zuo weis. Gedench auch, wie die weltleich er Wüetet sam daz wilde mer Auf und nider und hin und her 4110 Und nimpt einn ausganch sam daz gswer! Wo ist der weis her Salamon, Mit seiner schöni Absolon, Samson mit der grossen craft, Des hohen Alexanders macht, 4115 Aristotel mit seinr list? Seu sind verswunden sam ein mist Und ist in nichtz auf erd beliben Dan ir namen ungeswigen. Daz hilft seu an den selen chlain, 4120 Sein sei nicht an sünden rain; Dar umb so acht des lobes nicht, Daz dir zuo sälden chlain geschicht! Gedench, daz got dich hat geschaffen Ze einem menschen, nicht zum affen,
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4086 Deinem: DEinem. 4089 mi¢¢etät: Diakritikum über ä. 4091 trew: vor dem Wort riw durchgestrichen. 4108 Zwischen diesem und dem folgenden Vers links am Rand no. weltleich er: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 4114 chraft: h über dem Wort. 4116 ¢einr li¢t: Dazwischen kùn¢t durchgestrichen. 4120 Zwischen diesem und dem folgenden Vers rechts am Rand no.
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sagte Lastersack: „Triefnas, du sollst wissen, dass dies die allgemeine Beichtformel ist. Wenn du deinem Priester jedoch all deine Sünden allein beichten willst, dann handle so, wie ich es dir schon angekündigt habe, und bekenne ihm in vollständiger Reue jede deiner Sünden, welche es auch sein mögen. Sei dabei ganz aufrichtig und ohne jedes Widerwort zur Buße bereit. Aber auch dazu, die Sünde in Zukunft zu vermeiden. Hältst du dich nicht daran, dann musst du wissen, dass deine Beichte nichts wert ist. Du wirst Gottes Zorn hervorrufen und wie die Seele eines Juden verworfen sein. Deshalb, mein lieber Junge, denke daran, damit du die Seligkeit erlangst, dass die Welt einem Zeltlager gleicht, das man täglich versetzen und das dennoch keine Sicherheit bieten kann. Sie bleibt dir ganz sicher fremd. Deshalb solltest du ihr auch entsagen und einzig zurück zum Paradies streben. So handelst du ohne Schuld und außerdem noch weise. Bedenke auch, dass weltlicher Ruhm wie das wilde Meer auf und ab und hin und her tobt und schließlich wie ein Geschwür zerplatzt. Wo ist denn der weise König Salomon geblieben, wo Absalom in seiner Schönheit, Samson mit seiner großen Stärke, wo die Macht des erhabenen Alexanders oder Aristoteles in seiner Klugheit? Wie ein Häufchen Dreck sind sie hinweggefegt worden und nichts ist von ihnen auf Erden übrig geblieben, als bloß noch ihre Namen. Für ihr Seelenheil hilft ihnen das wenig, wenn sie nicht von Sünden frei sind. Bemühe dich also nicht um weltliche Ehren, die dir für deine Seligkeit nur wenig einbringen. Denk daran, dass Gott dich als Menschen und nicht als Affen geschaffen hat,
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Text nach Ed. Wießner
Ze chri¢tan nicht ze eine hayden Ze eine ge¢ùnten vn be¢chäiden Des ¢cholt ym danchen flei¢¢echleich Die weil du lep¢t auf ertreich Vn hüten dich vor mi¢¢etät Vn sunderleich daz i¢t mein rat Fleuch daz vnrechtvertich gut Wan dir kain bü¢¢e wir¢er tut An deine le¢ten ende Dann wider geben behende Gednk aùch wie her kome i¢t Vn¢er herr Jhe¢u Cri¢t Jn eim ¢o ¢trenge orden Er i¢t zu men¢chen worden Vn hat derlitten tur¢t vn hung’ Fro¢t im winter hicz im ¢umer Er hat geprediget vn gelert Mit arbayt hie ¢ein tag verzert Plutes ¢wai¢¢ hat er ge¢wiczzet Won er ¢ein mart’ vor hin wi¢¢t Er i¢t ge¢chlagen vn geuangen Genegelt ¢am ein deup der hangen An dem chrücz i¢t er verdorben Jämerleichen vn der ¢torben Sich daz was ym alles vail Vmb anders nicht dann vn¢er häil Won er den ¢ùnder vo dem tod Er lö¢en wolt mit ¢ölher not Dar vmb ¢o bitt in ¢ùnderbar Daz er dich ¢chirme durch daz jar Vn helfe ¢o mit ¢einer begir Daz dicz nicht werd verlorn an dir Gedench zu le¢ten daz du pi¢t Nicht anders dann ein fauler mi¢t An deinem leib daz ¢ich¢t du wol Won du pi¢t ge¢maks vn ayters vol Dar vmb ¢o ¢cholt nicht gar vmb ¢u¢t Dein ¢chonen ¢el mit bo¢em lu¢t Ewecleichen gar verderben Vnd ¢ey irs ¢chepfers reychs enterben Wi¢¢ daz du von ertreich pi¢t Ze ertreich wir¢t ¯ı chlhiner fri¢t Dar vmb ¢o acht pey ge¢unthait Daz dù ze ¢terben ¢ei¢t berait Won nichcz i¢t gewi¢¢er todes ¢chlund
Ze christan, nicht ze einem haiden, Ze einem gsunten und beschaiden! Des scholt im danchen fleissechleich, Die weil du lepst auf ertreich, Und hüeten dich vor missetat. 4130 Und sunderleich (daz ist mein rat) Fleuch daz unrechtvertich guot, Wan dir kain buosse wirser tuot An deinem lesten ende Dann wider geben bhende! 4135 Gedenk auch, wie her komen ist Unser herre Jesus Crist In eim so strengen orden! Er ist zuo menschen worden Und hat derlitten turst und hunger, 4140 Frost im winter, hitz im sumer. Er hat geprediget und gelert, Mit arbait hie sein tag verzert. Pluotes swaiss hat er geswist, Won er sein marter vor hin wisst. 4145 Er ist geschlagen und gevangen, Genegelt, sam ein deup derhangen; An dem chrütz ist er verdorben Jämerleichen und derstorben. Sich, daz was im alles vail 4150 Umb anders nicht dann unser hail, Won er den sünder von dem tod Erlösen wolt mit sölher not! Dar umb so bitt in sunderbar, Daz er dich bschirme durch daz jar 4155 Und helfe so mit seinr begir, Daz ditz nicht werd verlorn an dir! Gedench ze lesten, daz du pist Nicht anders dann ein fauler mist! An deinem leib daz sichst du wol; 4160 Won du pist gsmaks und aiters vol. Dar umb so scholt nicht gar umb sust Dein schönen sel mit bosem lust Ewencleichen gar verderben Und sei irs schepfers reichs enterben. Wiss, daz du von ertreich pist, Ze ertreich wirst in chlainer frist! Dar umb so acht pei gsunthait, Daz du ze sterben seist berait! Won nichtz ist gwisser todes schlund,
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4135 Rechts neben der Zeile no, kaum noch sichtbar. 4155 ¢chirme: vor dem Wort wohl b eingefügt, schlecht leserlich. 4159 Nicht: t über dem Wort. 4166 Vor dem Vers no. 4168 Vor dem Vers no. 4170 Vor dem Vers no; ¢chlund: nach l drei Schäfte, Versuch einer Korrektur erkennbar, n darüber geschrieben.
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als Christen und nicht als Heiden, als gesundes und vernünftiges Wesen. Dafür sollst du ihm, solange du auf Erden lebst, immer wieder danken und dich vor Missetaten hüten. Vor allem aber – das rate ich dir – meide unrecht erworbenes Gut, weil dir vor deinem Tode keine Buße schwerer fallen wird, als dieses Gut schnell zurückzugeben. Bedenke auch, in welche Erniedrigung unser Herr Jesus Christus hier auf Erden gekommen ist. Er ist zu einem Menschen geworden und hat Durst und Hunger erlitten, im Winter Frost, im Sommer Hitze. Er hat gepredigt und gelehrt und hier auf Erden seine Tage in Armut und Mühe verbracht. Blutigen Schweiß hat er geschwitzt, weil er seine Marter vorher kannte. Er wurde geschlagen und gefangen, ans Kreuz genagelt und wie ein Dieb aufgehängt. Und am Kreuz ist er auch jämmerlich umgekommen und gestorben. Siehe, das alles tat er für nichts anderes als für unser Seelenheil, weil er den Sünder mit solchem Leiden vom ewigen Tod erlösen wollte. Deshalb bitte ihn inständig, dass er dich immer beschützen und so in seiner Liebe dazu verhelfen möge, dass dieses Heil an dir nicht verlorengeht. Bedenke zu guter Letzt, dass du nichts anderes als ein stinkender Dreck bist. An deinem Körper kannst du das schon gut erkennen, denn du steckst ja voller Gestank und Eiter. Deshalb solltest du deine schöne Seele nicht umsonst durch böses Verlangen für alle Ewigkeit zugrunde gehen lassen und sie um ihr Erbe im Reich ihres Schöpfers bringen. Denn wisse: Aus Erde bist du geworden und zu Erde wirst du nach kurzer Zeit wieder werden. Deshalb sorge dafür, solange du noch gesund bist, dass du zum Sterben bereit bist! Denn nichts ist sicherer als der Rachen des Todes,
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Text nach Ed. Wießner
Nichcz vngewi¢¢er ¢einer ¢tund Er ¢chleycht da her vil ¢icherleich Ym i¢t der arm recht ¢am der reich Er lat ¢ich vber niempt derparme Vn ¢chleicht den reichn ¢am den arme Wer mag ¢ich dann vor ym behaltn Er niempt die jungen mit den altn Jm i¢t der chrunp recht ¢am d’ ¢chlet Es kumpt ym alles ¢ampt recht Dein ¢el enphil ¢am ich dir ¢ag Nicht einem der dich liebe hab Durch leybes od’ gütes wegen Sunder la¢¢ den deiner phlegen Der die ¢einen liebe hat Doch ¢o i¢t der obre¢t rat Tu wol pey dem leben dein Wilt du gotes chindel ¢ein Do nun die red ein end gewan Fro Leugafru her fürher kam Vn ¢p~ch ich han mir oft gehört Der den leib mit va¢ten ¢tört Pey dem weleibt die ¢ele nicht Dar vmb ¢o tu ¢am man da ¢pricht Halt dich eben an dem leib Wilt daz dir die ¢ele beleib Vnd voll ze¢tunden glaub es mir Ha¢t dù mut ze weiben dir Dar vmb her Straub ir ¢eycz ein ma Der / der ercz ney ¢o vil chan Sag dem jungen gancz vn eben Waz ym gut ¢ey zu dem leben Daz er ge¢ùnt vn fri¢ch weleib Starch vnd gerürich lange zeit Straubel antwùrt ¢am ein ge¢ell Niemant reit ¢ich gern ind hell Sp~ch er wi¢¢t ich pin ein man Der ¢ich nicht wol bet~gen chan Dann mit leuten vnge¢ùnten Mit ge¢chlagnen vn gewunten Dar vmb tun ich dir nicht enchunt Wie du ¢cholt beleiben ge¢unt Die chùn¢t die wurd mir gar enwicht Vn auch mein appentech zù nicht Bert¢chi ¢prach du pi¢ts ein knecht Dem der phening füget recht
Nichtz ungewisser seiner stund. Er schleicht da her vil sicherleich, Im ist der arm recht sam der reich; Er lat sich über niempt derparmen Und schlecht den reichen sam den armen. Wer mag sich dann vor im behalten? Er nimpt die jungen mit den alten; Im ist der chrump recht sam der schlecht: Es kumpt im alles sament recht. Dein sel enphil, sam ich dir sag, 4180 Nicht einem, der dich liebe hab Durch leibes oder guotes wegen, Sunder lass der deinen phlegen, Der die seinen liebe hat! Doch so ist der obrest rat: 4185 Tuo wol pei dem leben dein, Wilt du gottes chindel sein!’ Do nu die red ein end gewan, Fro Leugafruo her fürher kam Und sprach: ‘Ich han mir oft gehört: Der den leib mit vasten stört, Pei dem weleibt die sele nicht; Dar umb so tuo, sam man da spricht: Halt dich eben an dem leib, Wilt, daz dir die sel beleib, 4195 Und voll ze stunden, glaub es mir, Hast du muot, ze weiben dir! Dar umb, her Straub (ir seitz ein man, Der der ertznei so vil chan), Sag dem jungen gantz und eben, 4200 Waz im guot sei zuo dem leben, Daz er gesunt und frisch welib, Starch und gerüerich lange zit!’ Straubel antwürt sam ein gsell. ‘Niemant reit sich gern ind hell,’ 4205 Sprach er; ‘wisst, ich pin ein man, Der sich nicht wol betragen chan Dann mit leuten ungesunten, Mit geschlagnen und gewunten! Dar umb tuon ich dir nicht enchunt, Wie du scholt beleiben gsunt; Die chunst die wurd mir gar enwicht Und auch mein appentech zuo nicht.’ Bertschi sprach: ‘Du pists ein knecht, Dem der phenning füeget recht: 4215
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4186 Vor dem Vers no. 4189 Kleiner Doppelstrich vor dem Vers. 4197 Bemerkung vor der Spalte, sehr klein geschrieben, z. T. unleserlich (… regimen). 4203 zeit: e über dem Wort zwischen z und i. 4214 Kleiner Doppelstrich vor dem Vers.
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nichts aber ist ungewisser als die Stunde seines Kommens. Ganz sicher wird er sich einmal heranschleichen, und der Arme ist ihm ebenso recht wie der Reiche. Über niemanden erbarmt er sich, sondern trifft den Reichen wie den Armen. Wer könnte sich vor ihm bewahren? Er greift die Jungen wie die Alten, und der Krumme gilt ihm ebenso viel wie der Gerade. Sie alle sind ihm gleichermaßen recht. Und dann sage ich dies noch: Vertraue niemandem deine Seele an, der dich nur wegen deines Körpers oder wegen deines Besitzes liebt, sondern lass nur den für dich sorgen, der auch seine eigene Seele liebt. Der wichtigste Rat jedoch ist: Tue Gutes in deinem Leben, wenn du ein Kind Gottes sein willst.“ Als diese Ansprache beendet war, trat Frau Lügsofort wieder vor und sagte: „Ich habe oft gehört: Wer den Leib durch Fasten ruiniert, der bewahrt auch die Seele nicht. Deshalb handele so, wie man ja auch sagt, willst du deine Seele retten, dann pflege sorgfältig deinen Leib. Und dies besonders – glaubs mir –, wenn du für dich eine Frau finden willst. Deshalb, Herr Straub: Ihr seid ein Mann, der sich in Heilkunde gut auskennt. Sagt dem Jungen geradeheraus, was seinem Leben gut tut, wenn er für lange Zeit gesund und frisch, kräftig und munter bleiben will.“ Straubel – der gerissene Kerl – antwortete darauf: „Niemand“, sagte er, „reitet sich ja gern in die Hölle. Ihr müsst wissen, dass ich ein Mann bin, der, abgesehen von kranken, geschlagenen und verwundeten Menschen, kein rechtes Auskommen hat. Aus diesem Grund werde ich dir auch nicht verraten, wie du gesund bleiben kannst. Meine Kenntnisse würden mir dann ja ganz abhanden kommen und meine Apotheke zunichte gemacht.“ Bertschi meinte dazu: „Du bist ein Typ, der nur aufs Geld aus ist.
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Nù ¢e hin alt’ haller drej Vnd ¢ag mir ganczleich wie ym ¢ey Da mit der arczt ze ¢inne kam Vn hub ¢ein taydinch al¢o an Chayn erczney die ward nie ¢o gut Sam ¢ich gehalten ¯ı der hut Vor ze wenich vn ze vil Die g¢unthayt ma¢¢e haben wil Sùnderleich ¢cholt du geruchen Dir ein guten luft ze ¢uchen Der ym hab ein claren ge¢talt Nicht ze hai¢¢e noch ze kalt Vn i¢t der winde gar ze ¢charff Da wider man der klaider bdarff Von ¢eiden dick vn wol gemacht Von leyn vn pauwull manig¢lacht Der luft i¢t auch den ¢chlaffn gut Dar vmb der men¢ch vil vnrecht tut Der ym ¢chlaffet an der ¢tat Da kain luft hin komen mag Ob du aber wonet pi¢t Pey der erd die temphich i¢t Daz bü¢¢e dir ze winter zit Mit clarem feur daz hicze geit Des ¢umers ¢o tu auf die tür Daz die feuchteu chum hin für Vn der luft her wider in Dar zu ¢chol ge¢traùwet ¢ein Mit chraut die chamer ¢und’ wol Daz nicht ¢ey mö¢ich wa¢¢ers vol Daz ander i¢t der ge¢ùnthait gut e Die vbung die der men¢ch tut Dar vmb ¢o wi¢¢ daz gefüget ¢peis Wil einer haben ¢pricht der weis Der im chlainen arbait hat Hin wider vmb man geit den ràt Gro¢¢eu ¢peis er haben wil Der ¢ich da v` bt vn arbayt vil So wi¢¢ auch daz dir vor dem e¢¢en J¢t be¢¢er gangen dan ge¢e¢¢en Vn doch nicht auf die mudi gar Daz macht dich vberflu¢¢en bar Nach dem e¢¢en macht du ¢ten
Nu se hin alter haller dri Und sag mir gäntzleich, wie im si!’ Da mit der artzt ze sinnen kam Und huob sein taidinch also an: ‘Chain ertznei die ward nie so guot 4220 Sam sich gehalten in der huot Vor ze wenich und ze vil: Die gsunthait masse haben wil. Sünderleich scholt du geruochen, Dir ein guoten luft ze suochen, 4225 Der im hab ein claren gstalt, Nicht ze haisse noch ze kalt; Und ist der winde gar ze scharff, Da wider man der klaider bdarff Von seiden dick und wol gemacht, 4230 Von lein und paumwull manigslacht. Der luft ist auch den schlaffern guot; Dar umb der mensch vil unrecht tuot, Der im schlaffet an der stat, Da kain luft hin komen mag. 4235 Ob du aber wonent pist Pei der erd, die temphich ist, Daz büesse dir ze winterzit Mit clarem feur, daz hitze git! Des sumers so tuo auf die tür, 4240 Daz die feuchteu chum hin für Und der luft her wider in! Dar zuo schol gesträuwet sin Mit chraut die chamer sunder wol, Daz nicht sei mösich, wassers vol. 4245 Daz ander ist, der gsunthait guot, Die üebung, die der mensche tuot. Dar umb so wiss, daz gfüegeu speis Wil einer haben, spricht der weis, Der im chlaineu arbait hat! 4250 Hin wider umb man geit den rat: Grosseu speis er haben wil, Der sich da üebt und arbait vil. So wiss auch, daz dir vor dem essen Ist besser gangen dan gesessen 4255 Und doch nicht auf die müedi gar! Daz macht dich überflüssen bar. Nach dem essen macht du sten
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4216 drej: e über dem Wort zwischen r und j. 4220 Kleiner Doppelstrich vor dem Vers. 4231 manig¢lacht: in blasserer Tinte korrigiert aus maniguacht. 4239 geit: e über dem Wort zwischen g und i. 4243 ge¢traùwet: ¢ mit blasser Tinte durch e geschrieben; e darüber wiederholt. 4244 Unter der Spalte am Blattrand Anmerkung (lateinische Inhaltsangabe), sehr klein geschrieben, weitgehend unleserlich. 4245 mö¢ich: i über dem Wort. 4246 Vor dem Vers 2m vermerkt. 4253 vil: i mit l verlaufen, über der Zeile wiederholt.
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Schau her, hier sind drei Heller alter Währung. Nun berichte mir in allen Einzelheiten, wie es sich damit verhält.“ Erst jetzt besann sich der Arzt und begann seine Unterweisung so: „Nie gab es eine bessere Arznei, als den Rat, dass man sich vor Mangel und Übertreibung hüten soll. Gesundheit verlangt das rechte Maß. Vor allem solltest du für frische Luft sorgen, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Wenn der Wind allerdings sehr rauh bläst, dann braucht man dagegen verschiedene Kleider aus Seide, Leinen und Baumwolle, die fest und solide genäht sind. Frische Luft tut gerade auch im Schlaf gut. Deshalb handeln jene Menschen falsch, die an Orten schlafen, zu denen keine frische Luft gelangt. Wenn du hingegen auf ebener, feuchter Erde wohnst, dann hilf dir im Winter mit einem hell lodernden Feuer, das Hitze gibt. Im Sommer dagegen lass die Tür offenstehen, damit die Feuchtigkeit aus dem Haus kommt und die frische Luft wieder hinein. Außerdem sollte die Schlafkammer noch mit reichlich Kräutern bestreut sein, die aber nicht moosartig – voller Wasser – sein dürfen. Zweitens ist für die Gesundheit entscheidend, welche Arbeiten ein Mensch verrichtet. Deshalb pass auf: Wer einer leichten Arbeit nachgeht – so der Weise –, benötigt auch nur entsprechend leichte Kost. Andererseits gibt man auch diesen Rat: Wer sich viel abrackert, der will natürlich auch kräftige Kost. Außerdem solltest du wissen, dass es vor dem Essen für dich besser ist, noch etwas zu laufen und nicht zu sitzen, dies allerdings nicht bis zur völligen Erschöpfung. Das befreit dich von überflüssigen Stoffen. Nach dem Essen kannst du stehen
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Oder dich en wenig dergen Daz i¢t dir gut ze aller fri¢t Bis daz die ¢pis ge¢eczet i¢t Daz drit daz die nataur wil haben J¢t daz twahen vn daz paden Hie ¢o ¢cholt du mercken pey Daz man da vindet zwayer lay Peder nach der gmainen ¢ag Sway¢¢pad vn auch wa¢¢erpad Sway¢¢pad daz ¢ey dir berayt Ha¢t du vberflù¢¢ichait Zwù¢chen flay¢ch vn auch d’ haut Wa¢¢erpad mit edelm chrawt Daz lawich ¢ey vn nicht ze hay¢¢ Macht dich ¢chön vn dar zu fay¢¢ Vnd halt dich allweg da pey warm J¢t daz dich dein leib derparm Jn der wuchen ze dem may¢ten Eine¢t ¢cholt daz twahen lay¢ten Deinem haubt ¢o tu¢t du wol Vnd ze dem min¢ten tzwahen ¢chol Der men¢ch ¢ein haubt an wider¢pecht Jn einem mänat daz i¢t recht Die fu¢¢e nach der lere mein Schùllent oft geraingo ¢ein Mit lawen wa¢¢er ¢under wol Vnd alles wä¢chen ge¢chehen ¢chol So der men¢che nüchter i¢t Des driten ¢tuks be¢chaiden pi¢t Zum vierden mal ¢cholt wi¢¢en daz Daz die ¢peis dir fuget bas So der hunger mit dir vicht Dann dehayn’ andern g¢chicht Doch ¢o fùlle dich nicht ¢att La¢¢e der ¢peis ein läreu ¢tat Jn dem magen vmbe daz Daz er gedewen mùg de¢tbas Wilt daz dichs ma¢ nicht werdgereuwen So ¢olt dus wol vnd endleich keuwen Manich tracht dir laide ¢chafft Es nimpt dir kraft vn dar zu macht Vn wilt du ir geraten nicht So nim vil ¢chier daz andergericht Auf daz er¢t an vnderla¢¢
Text nach Ed. Wießner Oder dich enweng dergen: 4260 4260 Daz ist dir guot ze aller frist, Bis daz die spis gesetzet ist. Daz drit, daz die nataur wil haben, Ist daz twahen und daz paden. Hie so scholt du mercken pei, 4265 4265 Daz man da vindet zwaierlai Peder nach der gmainen sag: Swaisspad und auch wasserpad! Swaisspad daz sei dir berait, Hast du überflüssichait 4270 Zwüschen flaisch und auch der haut! Wasserpad mit edelm chraut, Daz lawich sei und nicht ze haiss, Macht dich schön und dar zuo faiss; Und halt dich allweg da pei warm, 4275 4275 Ist, daz dich dein leib derparm! In der wuchen ze dem maisten Einest scholt daz twahen laisten Deinem haubt, so tuost du wol; Und ze dem minsten zwahen schol 4280 Der mensch sein haubt an widerspächt In einem mänat: daz ist recht. Die füesse nach der lere mein Schüllent oft gerainget sein Mit lawem wasser sunder wol 4285 Und alles wäschen gschehen schol, 4285 So der mensche nüechter ist. Des driten stuks beschaiden pist. Zuom vierden mal scholt wissen daz, Daz die speis dir füeget bas, 4290 4290 So der hunger mit dir vicht, Dann dehainer andern gschicht. Doch so fülle dich nicht satt! Lass der speis ein läreu stat In dem magen umbe daz, 4295 4295 Daz er gedewen müg dest bas! Wilt, daz dichs mas nicht werd gereuwen, So scholt dus wol und endleich keuwen. Manich tracht dir laide schafft: Es nimpt dir kraft und dar zuo macht; 4300 Und wilt du ir geraten nicht, 4300 So nim vil schier daz ander gricht Auf daz erst an underlass!
4259 wenig: i über dem Wort. 4262 Vor dem Vers 3m. 4274 Vers reicht bis an Spalte b. 4277 Doppelstrich vor dem Vers. 4280 wider¢pecht: zweites e über dem Wort; Vers reicht bis an Spalte b. 4283 geraingo: gerainge? 4285 Vers reicht bis an Spalte b. 4288 Kleiner Doppelstrich vor dem Vers. 4294 vmbe: e klein über der Zeile.
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oder ein wenig spazierengehen. Das ist solange für dein Wohlbefinden gut, bis sich das Essen etwas gesetzt hat. Das Dritte, was die Natur verlangt, sind Waschen und Baden. Hier solltest du daran denken, dass man im allgemeinen zweierlei Bäder unterscheidet: das Schwitzbad und das Wasserbad. Ein Schwitzbad sollte für dich angesetzt werden, wenn du zwischen Haut und Fleisch zuviel Flüssigkeit angesammelt hast. Ein Wasserbad mit erlesenen Kräutern hingegen, das lauwarm und nicht zu heiß sein soll, macht dich schön und gibt dir ein gesundes Aussehen. Halte dich dabei immer schön warm, wenn dir deine Gesundheit lieb ist! Höchstens einmal in der Woche solltest du deinen Kopf waschen, dann handelst du richtig. Aber jeder sollte mindestens einmal im Monat seinen Kopf waschen, das sollte klar sein. Nach meiner Auffassung sollten die Füße häufig noch einmal extra mit lauwarmem Wasser gewaschen werden. Im übrigen sollte jede Körperwäsche nur dann erfolgen, wenn man nicht gerade gegessen hat. Damit hast du den dritten Punkt erfahren. Viertens sollte man wissen, dass die Mahlzeit dir besser bekommt, wenn du schon Hunger verspürst, als zu irgendeiner anderen Gelegenheit. Allerdings solltest du dir nicht einfach den Bauch vollschlagen, sondern der Speise im Magen etwas Platz lassen, damit er sie umso besser verdauen kann. Und wenn du möchtest, dass dich das Essen nicht belastet, dann solltest du es sehr gründlich kauen. So manches Gericht macht dir Beschwerden, nimmt dir Kraft und Stärke. Wenn du darauf nicht verzichten möchtest, dann greif doch nach dem ersten Gericht gleich ohne Pause zum zweiten.
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Text nach Ed. Wießner
Jn den e¢¢en hab die ma¢¢ Das / daz gröbi¢t ¢ey daz er¢t Vn daz zerti¢t nim ze le¢t Es ¢ey dann ops vil lind getan Daz ¢cholman gebn vor hin an Sam ker¢¢en feygen weinper Nach dem ti¢ch ¢o i¢t mein ler Daz man der herter frucht h’trag Die / die ¢pei¢e truk hin ab Daz ¢ind pher¢ich pyeren gut Vnd anders daz / daz ¢elbig tut Chäs nach flai¢ch vn nu¢¢ zu fi¢chen Geb man vns ze allen ti¢chen Daz fùnft i¢t daz man haben mu¢¢ Trinken zu des tur¢tes bu¢¢ Wi¢¢ den rechten tur¢t ich mayn Der den g¢ùntten chùmpt allain Nach dem e¢¢en vn nicht vor Von hicze ı des magens tor Wie ¢chol auer ¢ein daz gtranch Trun mit fuge nit ze lang Jn dem ¢umer wei¢¢ vn clar Oder ro¢enleicht nicht ¢wàr Des winters lat ¢ich trinken bas Starker wein vnd rot ı glas Vnd i¢t er liepleich wolge¢mak So fügt es recht in deinem ¢ak Ge laub auch daz ein neuwer wein Der lauter i¢t vnd dar zu vein J¢t vil be¢¢er dann der alt Sey dir dann der mag ze kalt So trink enwenk des morges fru Hohen wein daz ghört dar zu Doch huet dich wilt du g¢unt ¢ein Mit flei¢¢ vor allem gmachte wein Des ¢ech¢ten i¢t vns allen not Daz i¢t der ¢chlaff den vns gepott Die nataur ze ruwen wol Doch pi¢t du geäczet vol So volg dem ¢chlaff nit ¢am ein vich Ob er joch chomen i¢t an dich Du ¢cholcz mit kurcz weil vbergen Siczen tretten oder ¢ten Bis daz dich zur andern ¢tund Der ¢chlaff begreiff ¢o i¢t ge¢unt
In den essen hab die mass, Das daz gröbist sei daz erst, Und daz zertist nim ze lest, 4305 Es sei dann ops vil lind getan (Daz schol man geben vor hin an) Sam kerssen, feigen, weinper. Nach dem tisch, so ist mein ler, Daz man dir herter frucht her trag, 4310 Die die speise truk hin ab: Daz sind phersich, pieren guot Und anders, daz daz selbig tuot. Chäs nach flaisch und nuss zuo fischen Geb man uns ze allen tischen! 4315 Daz fünft ist, daz man haben muoss, Trinken zuo des turstes buoss. Wiss, den rechten turst ich main, Der den gsuntten chümpt allain Nach dem essen und nicht vor 4320 Von hitze in des magens tor! Wie schol aver sein daz gtranch? Trun, mit fuoge, nit ze lang, In dem sumer weiss und clar Oder rosenlecht, nicht swar; 4325 Des winters lat sich trinken bas Starker wein und rot im glas; Und ist er liepleich, wol gesmak, So füegt es recht in deinen sak. Gelaub auch, daz ein neuwer wein, 4330 Der lauter ist und dar zuo vein, Ist vil besser dann der alt! Sei dir dann der mag ze kalt, So trink enwenk des morgens fruo Hohen wein, daz ghört dar zuo! 4335 Doch hüet dich, wilt du gsunt sein, Mit fleiss vor allem gmachten wein! Des sechsten ist uns allen not: Daz ist schlaff, den uns gepott Die nataur ze ruowen wol. 4340 Doch pist du geätzet vol, So volg dem schlaff nit sam ein vich, Ob er joch chomen ist an dich! Du scholtz mit kurtzweil übergen, Sitzen, tretten oder sten, 4345 Bis daz dich zur andern stund Der schlaff begreiff: so ist gesunt
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4315 Links neben dem Vers 5m und Markierung durch kleinen Doppelstrich (vor der folgenden Zeile kaum Platz). 4338 Vor dem Vers 6m sowie Markierung durch kleinen Doppelstrich. 4342 Vers reicht bis an Spalte b. 4344 ¢cholcz mit: Worte eng beieinander, durch Haarstrich getrennt.
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Beim Essen solltest du überhaupt nach der Regel verfahren, dass du mit der festen Speise beginnst und mit der weichsten schließt, außer wenn weiches Obst angeboten wird, wie Kirschen, Feigen oder Weintrauben. Die sollten als Vorspeise gereicht werden. Nach meiner Überzeugung sollen nach Tisch feste Früchte gereicht werden, welche die Speisen in den Magen befördern. Besonders gut sind Pfirsiche, Birnen und andere Obstsorten, die dasselbe bewirken. Nach Fleisch soll man uns bei jeder Mahlzeit Käse, nach Fisch Nüsse reichen! Fünftens sollte man nur trinken, um den Durst zu löschen. Dabei meine ich nur den richtigen Durst, den ein gesunder Mensch nach dem Essen – und nicht davor – aufgrund der Hitze in der Speiseröhre verspürt. Wie aber sollte das Trinken vonstattengehen? Nun, nicht zu ausgiebig, sondern maßvoll. Im Sommer sollte es ein Weißwein oder ein nicht zu schwerer Rosé sein, im Winter passt ein kräftiger Rotwein besser. Ist er dann auch lieblich und wohlschmeckend, so ist das für den Magen besonders bekömmlich. Du darfst mir auch glauben, dass ein junger, reiner und leichter Wein besser als ein alter ist. Wenn dein Magen zu kalt ist, dann nimm am Morgen einen Schluck von einem starken Wein, das hilft dagegen. Jedoch hüte dich, wenn du gesund bleiben willst, vor jeglichem gepanschtem Wein! Den sechsten Punkt sollten wir alle beherzigen. Er betrifft den Schlaf, den uns die Natur verordnet hat, um uns richtig auszuruhen. Jedoch solltest du auch nach einem guten Essen nicht einfach wie ein Ochse dem Schlaf nachgeben. Vielmehr solltest du dich im Sitzen, Spazierengehen oder Stehen solange ablenken, bis dich die Müdigkeit ein weiteres Mal überkommt. Erst dann ist es gesund,
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Text nach Ed. Wießner
Ze ¢chlaffen ruwechleichen gar Bis daz dein aug werd ¢chlaffrens bar Dar nach tracht dir auf ze ¢ten Ze dem ¢tule dich zdergen Lࢢ daz wa¢¢er von dir rinnen Hu¢tens ¢cholt du auch beginnen Rù¢pel ¢er vn wa¢ch dich drat Wirff aus allen vnflat Strayl dirs haubt vn chrecz die pain Dar zu mach die oren rayn Ob dir auer pey dem tag Voll des ¢umers ¢chlaffens bhag So leg dich nider ¢orgen frey Da es aller fri¢che¢t ¢ey Vnd dar zu vin¢ter ¢am die nacht Vnge¢chucht vn wol bedacht Dar zu ¢cholman wi¢¢en daz Daz haubt ¢chol ¢ein gedeket bas Jn dem ¢chlaff dan in de wachen So ¢chol man ¢ich des er¢ten mache Nur auf die rechten ¢eiten So lobt man d haine zeiten Ze ¢chlaffen auf dem ruggen ¢o Hangt daz haubet ı daz ¢tro Auf dem pauch mag einr gelige J¢t ym der magen chalt gedigen Daz sibend daz dir füget wol J¢t ein hercz mit fröden vol Da leit der g¢unthäit gar vil an Dar vmb ¢o ¢chol ein iecleich man Sich hüten gar vor vngemüt Vnd zorn der ym daz plut verprät Vnmut dert der zorn der pert Vnd machent flai¢ch vn pain ze hert Doch i¢t klainer zorn wol gut So er dem man der kùkt daz plut Daz feur kùmpt auch zu di¢em eben Won es geyt fröd vn ¢teurt daz leben Doch ¢o ker dich gen ym nicht Es i¢t zum antlùcz gar einwicht Vn wir¢t du gar von ym ze warm Es macht dich an den chreften arm Ze le¢ten wi¢¢ daz eins von mir Waz der man von herczen gir
Ze schlaffen rüewechleichen gar, Bis daz dein aug werd schlaffrens bar. Dar nach tracht dir auf ze sten, 4350 Ze dem stuole dich zdergen! Lass daz wasser von dir rinnen! Huostens scholt du auch beginnen; Rüspel ser und wasch dich drat, Wirff aus allen unflat! 4355 Sträl dirs haubt und chretz die pain, Dar zuo mach die oren rain! Ob dir aver pei dem tag, Voll des sumers, schlaffens bhag, So leg dich nider sorgen frei, 4360 Da es aller frischest sei Und dar zuo vinster sam die nacht, Ungeschuocht und wol bedacht! Dar zuo schol man wissen daz: Daz haubt schol sein gedeket bas 4365 In dem schlaff dann in dem wachen; So schol man sich des ersten machen Nur auf die rechten seiten; So lobt man dhaine zeiten, Ze schlaffen auf dem ruggen so, 4370 Hangt daz haubet in daz stro. Auf dem pauch mag einr geligen, Ist im der magen chalt gedigen. Daz sibend, daz dir füeget wol, Ist ein hertz mit fröden vol: 4375 Da leit der gsunthait gar vil an. Dar umb so schol ein iecleich man Sich hüeten gar vor ungemüet Und zorn, der im daz pluot verprüet. Unmuot dert, der zorn derpert 4380 Und machent flaisch und pain ze hert. Doch ist klainer zorn wol guot, So er dem man derkükt daz pluot. Daz feur kümpt auch zuo disem eben; Won es geit fröd und steurt daz leben. Doch so ker dich gen im nicht: Es ist zum antlütz gar ein wicht! Und wirst du gar von im ze warm, Es macht dich an den chreften arm. Ze lesten wiss daz eins von mir: 4390 Waz der man von hertzen gir
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4349 Vers reicht bis an Spalte b. 4356 Vers reicht bis an Spalte b. 4357 rayn: y aus i korrigiert. 4371 haubet: e über dem Wort. 4374 Vor der Zeile 7m. 4376 g¢unthäit: th wie ch. 4380 der zorn: der korrigiert aus den, n durch Strich getilgt, r über der Zeile. 4386 ¢o: ¢e? 4390 Vor dem Vers ¶-Zeichen, schräg darüber sehr klein vltim vermerkt.
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solange zu schlafen, bis du wieder vom Schlaf erwachst. Dann steh möglichst bald auf und begib dich aufs Klosett. Hier leere zuerst einmal deine Blase, fang an abzuhusten, lass einen guten Rülpser, wasch dich rasch. Befrei dich so von allem Schmutz. Anschließend kämm dir die Haare, kratz dir die Glieder und putz dir die Ohren aus. Und wenn du tagsüber, vor allem im Sommer, müde wirst, dann vergiss deine Sorgen und leg dich ohne Schuhe und gut zugedeckt dort nieder, wo es besonders frische Luft gibt und es dunkel ist wie in der Nacht. Außerdem sollte man noch Folgendes wissen: Der Kopf sollte im Schlaf unbedingt bedeckt sein – eher noch, als wenn man wach ist. Zum Einschlafen sollte man sich ausschließlich auf die rechte Seite legen. Noch nie war es ratsam, auf dem Rücken zu schlafen, wenn dabei der Kopf ins Stroh hinunterhängt. Auf dem Bauch kann jemand liegen, der sich den Magen verkühlt hat. Siebtens ist es sehr günstig für dich, wenn du dir ein fröhliches Herz bewahrst. Deiner Gesundheit jedenfalls ist das sehr förderlich. Deshalb sollte sich jeder vor Ärger oder Zorn hüten, der ihm das Blut zum Kochen bringt, denn Ärger trocknet die Glieder aus, während Zorn sie überstrapaziert. Beide jedoch lassen Fleisch und Glieder erstarren. Ein bisschen Zorn allerdings kann hilfreich sein, wenn er einem das Blut etwas erfrischt. Das Feuer dient ebenfalls diesem Zweck, weil es Freude schenkt und das Leben voranbringt. Doch solltest du dich dem Feuer nicht direkt zuwenden, weil das für die Augen sehr schädlich ist. Und wenn du von ihm zu sehr erhitzt wirst, dann schwächt dich das ebenfalls. Als letztes sollst du noch Folgendes wissen: Was einer von Herzenslust gern singt,
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Text nach Ed. Wießner
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Gerne ¢ingt daz i¢t ¢ein ge¢ank Lu¢tleich trinkt daz i¢t ¢ein gtrank Willkleich i¢¢t daz i¢t ¢ein ¢peis Dar vmb ¢o saget vns der weis 4395 Wollu¢t vnd gewonhait Fal¢chent kun¢t vn gerechikäit Vnd verkeret die nataur Daz au¢¢ dem edeln wirt ein gpaur Ein gepaur der wirt ein edelman 4400 Der ¢ich dar noch gewenen chan Richt ein Schand die merket eben Daz Straub ym wolt ein ende geben Vnd ¢p~ch noch han ich nichcz vernomen
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Dann daz ein mùnche mocht gefrome Der chnecht wil vn¢er mumen haben Vnd ¢ich mit di¢er welt bet~gen Dar vmb ¢o ziment ¢einer jugent Gut gepard vn ander tugend Vbelg¢mach des nam ¢ich an Vnd ¢p~ch ein vberwei¢er man Der ¢pricht er kùnn ein faulen ¢chlehen Vn lat ¢ich pitten vn auch flehen Vmb ein wörtel oder z way Des aht ich alles nicht ein ay Vnd ¢ag dir ¢am ich mich ver¢ich Der be¢¢ers kùn der trett für mich Lern vn hòrr was ich chan ¢ingen Tugend i¢t vor allen dingen Niemant ¢älig we¢en mag Ane tugent i¢t mein ¢ag So geyt allain dem adel chraft Den ¢ein tugend edel macht So wil ¢ey anders von dir nicht Dann guten willen ¢am ¢ey ¢pricht Won der ym gerne tugend ¢chaft Der i¢t ye¢o tugenthaft Doch ¢cheint ¢ey an dem reichn bas Won ein ¢prùchwort ¢aget daz Dem der ¢eckel ¢teket vol Den hört man gern vn gelaubt ym wol Dannocht hab dir daz von mir Ha¢t du tugend vil ı dir
Gerne singt, daz ist sein gsank, Lustleich trinkt, daz ist sein gtrank, Willkleich isst, daz ist sein speis! Dar umb so saget uns der weis: 4395 Wollust und gewonhait Fälschent kunst und grechtikait Und verkerent die nataur, Daz auss dem edeln wirt ein gpaur; Ein gpaur der wirt ein edelman, 4400 Der sich dar nach gewenen chan.’ Richteinschand die merket eben, Daz Straub im wolt ein ende geben, Und sprach: ‘Noch han ich nichtz vernomen, Dann daz ein münche möcht gefromen. Der chnecht wil unser muomen haben Und sich mit diser welt betragen; Dar umb so ziment seiner jugent Guot gepärd und ander tugend.’ Übelgsmach des nam sich an 4410 Und sprach: ‘Ein überweiser man Der spricht, er künn ein faulen schlehen, Und lat sich pitten und auch flehen Umb ein wörtel oder zwai. Des aht ich alles nicht ein ai 4415 Und sag dir, sam ich mich versich; Der bessers kün, der trett für mich! Lern und hörr, was ich chan singen! Tugend ist vor allen dingen: Niemant sälig wesen mag 4420 Ane tugent, ist mein sag. Seu geit allain dem adel chraft, Den sein tugend edel macht. So wil sei anders von dir nicht Dann guoten willen, sam sei spricht; Won der im gerne tugend schaft, Der ist ieso tugenthaft. Doch scheint sei an dem reichen bas; Won ein sprüchwort saget daz: Dem der seckel steket vol, 4430 Den hört man gern und glaubt im wol. Dannocht hab dir daz von mir: Hast du tugend vil in dir,
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das ist sein Gesang, was er fröhlich trinkt, sein Getränk, was er gern isst, seine Speise. Deshalb lehrt uns der Weise, Maßlosigkeit und Gewöhnung verderben das Können und den Sinn für Anstand. Sie stellen die Natur so weit auf den Kopf, dass aus dem Edelmann ein Bauer wird. Dagegen kann der Bauer zu einem Edelmann werden, wenn er entsprechend aufzutreten versteht.“ Bringtinschand merkte genau, dass Straub mit seiner Ansprache zu Ende kommen wollte und sagte: „Bislang habe ich nur Dinge gehört, die für einen Mönch von Nutzen sein könnten. Der Junge hier aber will unsere Kusine heiraten und sich in dieser Welt einrichten. Deshalb gehört es sich für seine Jugend, dass er sich gut benehmen kann und auch noch andere Vorzüge besitzt.“ Da nahm sich Stinker der Sache an und antwortete: „Ein Schlaumeier mag sagen, dass er von der Sache keinen blassen Schimmer hat und lässt sich für ein oder zwei Wörtchen bitten und beknien. Mich hingegen interessiert das nicht die Bohne. Und ich sage dir einfach, wie ich die Sache sehe. Wenn es einer besser kann, dann soll er vortreten! Hör zu und merk’s dir: Davon kann ich dir ein Lied singen. Es gibt nichts Wichtigeres als die Tugend. Und ich behaupte: Niemand kann ohne Tugend glücklich werden. Sie allein macht den Vorrang des Adels aus, und nur sie legitimiert ihn. Wie sie selbst sagt, erwartet sie nichts anderes von dir, als guten Willen, denn wer sich aus freien Stücken um Tugend bemüht, der ist dann auch tugendhaft. Allerdings leuchtet sie an einem Reichen besonders hell. Denn schon ein Sprichwort sagt: Wer den Beutel hat voll Geld, dem hört zu die ganze Welt. Dennoch bitte ich dich, mir dieses zu glauben: Auch wenn dein Geldbeutel leer ist,
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Vnd i¢t dir ioch der pautel lär Er wirt dir vol vn dar zu ¢wär Hie ¢o ¢cholt du wi¢¢en pey Waz die obre¢t tugend ¢ey Sich es i¢t ein muter alt Von tag ze tag ye bas ge¢talt Tochtren hat ¢ey ¢choner vier Merch die nennj ich dir ¢o ¢chier Die er¢te die hai¢¢et die wei¢hayt Die ander i¢t die gerechtikait Die ¢terki vnd die ma¢¢ichait Sein dir auch für zwo gerait Nu dar gedenk wie gar behend Sind die hohen tugend gnempt Daz frùmpt dir dannocht alz ein wicht Hör¢t ir gpott vn lere nicht So get dir hören nit ze handen Vnd daz le¢en vnuer¢tanden Waz hulffi dann daz funden golt Ob man es nicht behalten wolt Dar vmb mein lieber ¢un vil gern Was die tugend ¢ingin lern Hörr vnd merk vn behalt ir gepot Jr ler dar zu an allen ¢pot Daz ¢ag ich nach enander dir Vnd wi¢¢ des er¢ten daz von mir Die wei¢¢hait i¢t ein erczetugent Vn leret vns mit jr vermuget Der kennen was i¢t bö¢ vn gut Daz kain andreu tugent tut Sey i¢t die er¢t nach rechter ¢ag Won niemant tugend gehaben mag An die wei¢¢hait gelaub es mir Dar zu ¢o wil ich ¢agen dir Die wei¢¢hait macht ein täil geleich Den men¢chen got von hymelreich Vil me dann ander tugent zwo Dar zu ¢o ¢pricht die ler al¢o Her Salomon ym au¢derwelt Hat die wei¢hait vn gezelt Für reichen ¢chacz vn langes leben Dar vmb ¢o hat ym got gegebn Mit der wei¢hait alles gut
Text nach Ed. Wießner Und ist dir joch der päutel lär, 4435 4435 Er wirt dir vol und dar zuo swär! Hie so scholt du wissen pei, Waz die obrest tugend sei: Sich, es ist ein muoter alt, Von tag ze tag ie bas gestalt! 4440 4440 Tochtren hat sei schöner vier: Merch, die nenn ich dir so schier! Die erst die haist die weishait, Die ander ist die grechtikait; Die sterki und die mässichait 4445 4445 Sein dir auch für zwo gerait. Nu dar, gedenk, wie gar behend Sind die hohen tugend gnent! Daz frümpt dir dannocht alz ein wicht, Hörst ir gpott und lere nicht; 4450 4450 So get dir hören nit ze handen Und daz lesen unverstanden. Waz hulffi dann daz funden golt, Ob man es nicht behalten wolt? Dar umb, mein lieber sun, vil gern, 4455 4455 Was die tugend singin, lern! Hörr und merk und bhalt ir gpot, Ir ler dar zuo an allen spot! Daz sag ich nach enander dir Und wiss des ersten daz von mir: 4460 4460 Die weisshait ist ein ertzetugent Und leret uns mit ir vermugent Derkennen, waz ist bös und guot, Daz kain andreu tugent tuot. Sei ist die erst nach rechter sag; 4465 Won niemant tugend gehaben mag 4465 An die weisshait, glaub es mir! Dar zuo so wil ich sagen dir: Die weisshait macht ein tail geleich Den menschen got von himelreich, 4470 4470 Vil me dann ander tugent zwo. Dar zuo so spricht die ler also: Her Salomon im ausderwelt Hat die weishait und gezelt Für reichen schatz und langes leben; 4475 Dar umb so hat im got gegeben 4475 Mit der weishait alles guot;
4440 Vor der Zeile in blasser Schrift sehr klein pa. 4442 Vor der Zeile sehr klein Ia sowie die Notiz: vier 4443 Vor der Zeile in blasser Schrift sehr klein 2a. 4444 Vor der Zeile in blasser angel toget. Schrift sehr klein 3a und 4a. 4458 enander: korrigiert aus anander, erstes a durch Strich getilgt, e darüber geschrieben. 4459 Zwischen dieser und der nächsten Zeile rechts am Rand in sehr kleiner, heute fast verblasster Schrift Notiz in Abkürzung (prudentia). 4474 reichen: i über dem Wort zwischen e und c.
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so wird er schon bald wieder prall gefüllt sein, wenn du nur tugendhaft genug bist. Zuerst solltest du die höchste Tugend kennenlernen. Schau, sie ist eine betagte Matrone, die von Tag zu Tag würdiger aussieht. Sie hat vier schöne Töchter. Pass auf, die nenne ich dir jetzt gleich. Die erste von ihnen heißt Weisheit, die zweite ist die Gerechtigkeit. Und auch Stärke und Mäßigung will ich dir noch als dritte und vierte Tugend nennen. Nun denn, denk bitte immer daran, wie schnell diese Kardinaltugenden aufgezählt sind, dass dir das aber nicht im Geringsten nützt, wenn du nicht auf ihre Gebote und Lehren hörst. Dann nämlich bleibt das Gehörte ohne Folgen und das Gelesene ohne Sinn. Was würde denn wohl ein Goldfund nutzen, wenn man ihn nicht behielte? Deshalb, mein Bester, solltest du fleißig lernen, was die Tugenden fordern! Hör zu und präge dir ihre Gebote und Lehren sehr genau und gewissenhaft ein! Die werde ich dir jetzt nacheinander aufzählen. Zuallererst sollst du dies von mir erfahren: Die Weisheit ist eine Kardinaltugend. Sie lehrt uns mit ihrer Macht, Gut und Böse zu unterscheiden, was sonst keine andere Tugend vermag. Zurecht sagt man, dass sie die erste Tugend sei, denn niemand kann ohne Weisheit irgendeine Tugend besitzen, das darfst du mir glauben. Außerdem will ich dir noch Folgendes sagen: Die Weisheit macht den Menschen ein wenig zum Ebenbild Gottes im Himmelreich, viel eher jedenfalls als zwei andere Tugenden zusammen. Darüber hinaus heißt es in der Heiligen Schrift: König Salomon hat für sich die Weisheit gewählt und sie dem Reichtum oder einem langen Leben vorgezogen. Aus diesem Grund hat ihm Gott zusammen mit der Weisheit noch alle anderen Güter geschenkt.
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Text nach Ed. Wießner
Won daz volget wei¢em mut Bey der swar verkauft man swein Den men¢chen nach den wiczzen ¢ein Hier nach ¢cholt du wi¢¢en ¢chier Die wei¢häit hat der diernen vier Die er¢t gedenknù¢¢ i¢t genant Pey der gepeut ¢ey dir zehant Vier gepott die ¢cholt du bhalten Von in nimer dich ge¢chalten Daz i¢t du ¢cholt gedenchen eben An der bö¢en men¢chen leben Wie hart es oft geendet hat Vn hüten dich vor mi¢¢etät Gedenk hin wider an daz leben Daz den güten i¢t gegeben Wie es mit ¢älden nimpt ein ende Vn dich ze rainen werken wende Gedenk waz man dir ¢chuldik ¢ey Gedenk auch waz du ¢cholt da pey Daz du gehaben mùg¢t daz din Dem andern geben auch daz ¢ein Die ander hai¢¢et v’¢ichtikait Pey der gepott ¢ey dir berait Viereu die man lernen ¢chol Vnd den zu volgen ¢under wol Daz i¢t be¢ich wer i¢t der man Der mit dir wil ze ¢chaffen han Daz dir nicht ge¢chech ¢am den gemayn Die chaffent pech für aug¢tain Be¢ich ein dinch daz dich an trift Von welher ¢ach es ¢ei ge¢tift Waz auch dar v¢ mùg werden Wilt du bhentkleich nit verderben Be¢ich an welher ¢tat du ge¢t Lige¢t ¢icze¢t oder ¢te¢t Vnd wo die ¢chelke habent gewalt Da la¢¢ dich ¢elten werden alt Be¢ich in welhem zeit du pi¢t Dar zu wie daz weter i¢t Daz du deinen mantel g¢wind Muge¢t keren gen dem wind Die dritte diern die hai¢¢et die li¢t Pey der dir auch gepotten i¢t
Won daz volget weisem muot. Bei der swär verkauft man swein, Den menschen nach den witzen sein. Hier nach scholt du wissen schier: 4480 Die weishait hat der diernen vier. Die erst gedenknüss ist genant. Pei der gepeut sei dir zehant Vier gepott, die scholt du bhalten, Von in nimer dich geschalten: 4485 Daz ist, du scholt gedenchen eben An der bösen menschen leben, Wie hart es oft geendet hat, Und hüeten dich vor missetat. Gedenk hin wider an daz leben, 4490 Daz den guoten ist gegeben, Wie es mit sälden nimpt ein ende, Und dich ze rainen werken wende! Gedenk, waz man dir schuldik sei, Gedenk auch, waz du scholt, da pei, Daz du gehaben mügst daz din, Dem andern geben auch daz sin! Die ander haist versichtikait. Pei der gepott sei dir berait Viereu, die man lernen schol 4500 Und dar zuo volgen sunder wol. Daz ist: besich, wer ist der man, Der mit dir wil ze schaffen han, Daz dir nicht gschech sam den gemain, Die chaffent pech für augstain! 4505 Besich ein dinch, daz dich an trift, Von welher sach es sei gestift, Waz auch dar us müg werden, Wilt bhentkleich nit verderben! Besich, an welher stat du gest, 4510 Ligest, sitzest oder stest! Und wo die schelke habent gewalt, Da lass dich selten werden alt! Besich, in welhem zeit du pist, Dar zuo, wie daz weter ist, 4515 Daz du deinen mantel gswind Mügest keren gen dem wind! Die dritte diern die haist die list. Pei der dir auch gepotten ist,
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4481 Rechts neben der Zeile heute blasse Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (quattuor filiae prudentiae). 4482 Vor dem Vers ¶-Zeichen, rechts neben der Zeile heute blasse Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (Ia memoria) 4488 oft: vor o radiert. 4493 rainen: zweites n korrigiert aus m durch Rasur, dahinter leben, durch Strich getilgt. 4498 Vor dem Vers ¶-Zeichen, rechts neben der Zeile Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (providentia 2a). 4518 Vor dem Vers Doppelstrich und Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (Wießner liest: 3a filia prudentiae Austutia).
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So also ergeht es dem, der auf Weisheit baut. Schweine bewertet man beim Kauf nach ihrem Gewicht, den Menschen aber nach seinem Verstand. Ferner sollst du noch wissen: Die Weisheit hat vier Dienerinnen. Die erste heißt ‚Gedächtnis‘. Durch die lässt sie dir vier Gebote verordnen: Die sollst du erfüllen und niemals missachten. Das eine ist, dass du dich fortwährend an das Leben böser Menschen erinnerst, und daran, wie schlimm es oft zu Ende gegangen ist. Und dass du dich vor jedem Vergehen hütest. Andererseits stell dir doch das Leben vor, das den guten Menschen geschenkt ist und das glücklich zu Ende geht. Und wende dich frommen Werken zu. Vergiss nicht, was man dir schuldet. Vergiss aber auch nicht, was du schuldig bist, damit du deinen Besitz bewahren, aber auch deinem Mitmenschen geben kannst, was ihm zusteht. Die zweite Dienerin heißt ‚Vorsicht‘, durch die sie dir vier weitere Gebote auferlegt, die man beherzigen und die man gewissenhaft befolgen soll. Das erste Gebot lautet: Schau dir jeden Menschen genau an, der etwas mit dir zu tun haben will, damit es dir nicht wie all jenen geht, die Pech für Bernstein kaufen. Das zweite ist: Betrachte jedes Ding, das dich angeht, ganz genau. Vor allem, welche Ursache es hat und welche Wirkungen es haben könnte, damit du nicht in dein Verderben rennst. Das dritte: Achte darauf, wo du gehst, liegst, sitzt oder stehst. Und dort, wo Gauner das Sagen haben, da verdrückst du dich besser sofort. Schließlich: Achte darauf, in was für einer Zeit du lebst und vor allem, wie das Wetter ist, damit du deinen Mantel rasch nach dem Wind hängen kannst! Die dritte Dienerin heißt ‚List‘. Durch sie wird dir ebenfalls verordnet,
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Daz dù vernemi¢t di¢eu viereu Vnd auch v’pringi¢t al¢o ¢chiere Daz i¢t geleich dich eine man Der dir mit worten gley¢nen chan Hie pey merke vn der kenn Wie man li¢t mit li¢ten tenn Dar zu ¢o dank betrogenleich Einem der vnwillechleich Gàbet dir vn dienet wol So hat er das er haben ¢chol Hier nach ha¢t du mu¢¢en ¢weren Eim ze trö¢chen vn ze eren So ¢cholt du ym den naken peren Wilt dù dich mit li¢ten neren Dannocht vns die wei¢en ¢agend Wo die toren be¢¢ers habend Da ¢cholt du dich ze narren machen Li¢techleich an allen ¢achen Die vierde i¢t der lere fund Bey der gepeut man dir ze¢tund Viereu die dir chomend wol Wil du lernen ¢am man ¢chol Daz i¢t du ¢cholt dich dunken arm An der chùn¢t ¢am ein lärer darm Vnd an der ler der zaig dich reich So tu¢t eim wei¢en mai¢ter geleich Lerr den junger nach dem ¢in Mit rechter lieb daz i¢t ¢ein gewin Nach diner ¢terki hebe den tramen Nach dem ertreich ¢ay den ¢amen Wilt dù haben ¢chuler gun¢t So ler die aller be¢ten chun¢t Mit kurczer weis der ¢cholt du phlegen Vnd la¢¢ daz ander vnder wegen Schol die lere ¢ein gemain So bis mit deinem leben gezäm Wan des ler vns gar verdreu¢t Der ¢ich mit ¢einer zùngen ¢cheu¢t Die gerechtikait ein tugent i¢t Die dich lert ze aller fri¢t Wie du niemant ¢chaden ¢cholt An leib an er noch an dem golt Sùnder jedem ¢cholt du eben Daz ¢ein vil willechleichn geben
Text nach Ed. Wießner 4520 4520 Daz du vernemist diseu viere Und auch verpringist also schiere; Daz ist: geleich dich einem man, Der dir mit worten gleisnen chan! Hie pei merke und derkenn, 4525 4525 Wie man list mit listen temm! Dar zuo so dank betrogenleich Einem, der unwillechleich Gabet dir und dienet wol! So hat er, das er haben schol. 4530 Hier nach, hast du müessen sweren, Eim ze tröschen und ze eren, So scholt du im den naken peren, Wilt du dich mit listen neren. Dannocht uns die weisen sagend: 4535 Wo die toren bessers habend, 4535 Da scholt du dich ze narren machen Listechleich an allen sachen. Die vierde ist der lere fund. Bei der gepeut man dir zestund 4540 Viereu, die dir chomend wol, 4540 Wil du lernen, sam man schol; Daz ist: du scholt dich dunken arm An der chunst sam lärer darm Und an der ler derzaig dich reich! 4545 So tuost eim weisen maister gleich. Lerr den junger nach dem sin Mit rechter lieb! Daz ist sein gwin. Nach der sterki hef den tramen, Nach dem ertreich sä den samen! 4550 Wilt du haben schuoler gunst, 4550 So ler die aller besten chunst Mit kurtzer weis: der scholt du phlegen Und lass daz ander under wegen! Schol die lere sein genäm, 4555 So bis mit deinem leben gezäm! 4555 Wan des ler uns gar verdreust, Der sich mit seiner zungen scheust. Die grechtikait ein tugent ist, Die dich lert ze aller frist, 4560 Wie du niemant schaden scholt 4560 An leib, an er noch an dem golt, Sunder iedem scholt du eben Daz sein vil willechleichen geben.
4538 Vor dem Vers ¶-Zeichen, darüber blasse Notiz in Abkürzung (4a filia), sehr klein, auch rechts neben dem Vers (di¢ciplina). 4543 ein: in blasser Tinte über der Zeile eingefügt. 4546 Vor dem Vers sehr dünner Doppelstrich. 4548 diner: über der in sehr kleiner, blasser Schrift in geschrieben; hebe: korrigiert, be auf Rasur. 4558 ¶-Zeichen vor dem Vers; daneben von anderer Hand die and’ angel toget; rechts neben der Zeile blasse Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (Ju¢titia …).
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dass du die folgenden vier Lehren hörst und sogleich befolgst. Es sind dies: Verhalte dich ebenso wie ein Mann, der dich mit seinen Worten blenden kann, und erkenne daran, dass man List nur durch List bekämpft! Außerdem sollst du einem, der dir nur widerwillig etwas schenkt und zu Diensten ist, ironisch danken. Dann bekommt er, was ihm zusteht. Und musstest du schwören, einem beim Dreschen und Ackern zu helfen, dann solltest du vor ihm den Nacken beugen, wenn du es zu deinen Gunsten drehen willst. Und schließlich lehren uns die Weisen noch: Wo es Narren besser geht, da sollst auch du dich, schlau wie du bist, in allen Dingen zum Narren machen. Die vierte Dienerin ist die ‚Kunst der Unterweisung‘. Durch die werden dir vier Gebote auferlegt, die für dich von Vorteil sind, wenn du sie nur so lernst, wie man das soll. Es sind dies: An Weisheit sollst du dir so armselig vorkommen wie ein entleerter Darm. In der Kunst der Lehre aber erweise dich erfindungsreich, so wirst du einem weisen Gelehrten gleichen. Unterrichte deinen Schüler mit Engagement und entsprechend seiner Auffassungsgabe. Erst dann ist es für ihn von Vorteil. Heb also den Balken nur, soweit deine Kraft reicht, und säe den Samen nur in passenden Boden. Wenn du die Begeisterung der Schüler wecken willst, dann leg ihnen die wichtigsten Wissensgebiete möglichst knapp dar. Um diese Kunst bemühe Dich. Alles andere kannst du sein lassen. Und wenn dein Unterricht überzeugend sein soll, so richte auch dein Leben danach aus, denn uns ärgert die Lehre von einem, der offensichtlich seinen eigenen Worten zuwiderhandelt. Die Gerechtigkeit nun ist eine Tugend, die dich dazu bringen will, keinem Menschen jemals einen Schaden an Leib, Ehre und Besitz zuzufügen, sondern jedem aus freien Stücken das zukommen zu lassen, was ihm zusteht.
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Die tugent ¢chaczman für die gro¢ten Jn got von hymelreich dem höch¢ten Ricther / der mit ¢eine gewalt Die gerechtikait vor allen bhalt Wer möcht dann auf erd gelebn War die rechtikait nicht geben Nu chondin rauber nicht beleibn Jr zeyt mit ge¢ell¢chaft ¢tacz v’¢treibn Hieltins vnter enander nicht Daz ge¢eczt daz zwù¢chen in ge¢chicht Die hat der dienerinen zehen Die wir¢t du nach enander ¢ehen Jecleicheu be¢und’ ¢chiere Mit ir gepotten der ¢ein viereu Es ¢int die ¢trengeu / vn die gnad Die warhäit / vn die eregabe Frid vn minn mit freunt¢chaft Gehor¢am / treuw / vn¢chadhaft Pey der ¢trengeu gepeut man dir Daz du ¢cholt legen dein begir Die bö¢en leut ze nöten Mit ¢tumbeln vn mit töten Haubt gen haubt vn fu¢¢ gen fu¢¢ Sich daz i¢t die rechti¢ch pu¢¢ Der frömdes gut mit gewalte hat Das ¢chaff hin wider a¢¢o drat Mit allen nùczen die man gnomen Hat vn mochten da von chomen Al¢o ¢cholt du an ge¢igen Einem hat er vmb getriben Den andern pö¢chleich an dem gricht An aller zerung die da ge¢chicht Wil auch der man vngehor¢am ¢ein So gib ym nùr die ¢elben pein Die er aller mai¢te fürcht Vn voll hat ers vil oft verwùrcht Pey der gnad man dir gepeut Hörr wie eben ¢ey dirs beteut Käin vrtäil ¢chol geuallen dir Die nicht en hàt derbàrmd in ir J¢t die ¢ach v’ worren gar So volg nicht bö¢er juden ¢char
Text nach Ed. Wießner Die tugend schätz man für die grösten 4565 In got von himelreich, dem höchsten Richter, der mit seinem gwalt Die grechtikait vor allen bhalt! Wer möcht dann auf erd geleben, Wär die rechtikait nicht geben? 4570 Nu chöndin rauber nicht beleiben, 4570 Ir zeit mit gsellschaft stätz vertreiben, Hieltins unter enander nicht Daz gsetzt, daz zwüschen in geschicht. Die hat der dienerinen zehen; 4575 Die wirst du nach enander sehen, 4575 Iecleicheu besunder schiere, Mit ir gepotten, der sein viere: Es sint die strengeu und die gnad, Die warhait und die eregab, 4580 Frid und minn mit freuntschaft, 4580 Gehorsam, treuw, unschadhaft. Pei der strengeu gpeut man dir, Daz du scholt legen dein begir, Die bösen leut ze nöten 4585 4585 Mit stumbeln und mit töten. Haubt gen haubt und fuoss gen fuoss: Sich, daz ist die rechtisch puoss! Der frömdes guot mit gwalte hat, Das schaff hin wider also drat 4590 Mit allen nützen, die man gnomen 4590 Hat und mochten da von chomen! Also scholt du an gesigen Einem, hat er umb getriben Den andern pöschleich an dem gricht, 4595 An aller zerung, die da gschicht. 4595 Wil auch der man unghorsam sein, So gib im nür die selben pein, Die er aller maiste fürcht, Und voll, hat ers vil oft verwürcht! 4600 Pei der gnad man dir gepeut 4600 (Hörr, wie eben sei dirs beteut!): Kain urtail schol gevallen dir, Die nicht enhat derbärmd in ir. Ist die sach verworren gar, 4605 So volg nicht böser juden schar, 4605
4566 Ricther: c über it. 4571 v’¢treibn: v’¢creibn? 4574 Doppelstrich vor der Zeile. 4578 ¢trengeu: u aus n korrigiert; unleserlicher Vermerk rechts neben der Zeile, sehr klein. 4579 eregabe: zweites e über rg geschrieben, drittes e in anderer Tinte, wohl nachträglich. 4582 Vor dem Vers sehr kleiner Doppelstrich, rechts neben der Zeile sehr klein Ia und unleserlicher Vermerk. 4597 nùr: u wie a, Diakritikum mit u verbunden. 4600 Vor dem Vers Doppelstrich sowie sehr klein 2a und unleserlicher Vermerk. 4603 Loch im Pergament zwischen en und hàt, ebenso in der nächsten Zeile zwischen v’ und worren.
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Diese Tugend nun solltest du dir in ihrer Vollkommenheit bei Gott, dem höchsten Richter, im Himmelreich vorstellen, der in seiner Herrlichkeit die Gerechtigkeit mehr noch als alles andere bewahrt. Wer könnte denn auf Erden leben, wenn es hier keine Gerechtigkeit gäbe? Selbst Räuber könnten nicht Räuber bleiben und ihre Zeit ständig miteinander verbringen, wenn sie sich nicht an ein Gesetz hielten, das ihr Zusammenleben regelt. Die Gerechtigkeit hat zehn Dienerinnen. Die wirst du nun jede für sich mit ihren vier Geboten vorgestellt bekommen: Es sind die Strenge und die Nachsicht, die Wahrheit und die Freigebigkeit, Friede, Liebe und Freundschaft, Gehorsam, Redlichkeit und Schadlosigkeit. Mit der Strenge verlangt man von dir, dass du danach trachtest, die Übeltäter mit der Strafe der Verstümmelung und der Hinrichtung zu verfolgen: Kopf um Kopf und Fuß um Fuß. Sieh, das ist die gerechte Sühne. Wenn sich einer fremdes Gut gewaltsam angeeignet hat, dann bring das rasch und mit allen Vorteilen, die man daraus gezogen hat oder hätte ziehen können, wieder zurück. Desgleichen sollst du einen, der einen anderen in böser Absicht vor Gericht belangt hat, zur Übernahme aller entstandenen Kosten verurteilen. Wenn ein einfacher Mann nicht gehorchen will, so verabreiche ihm ruhig die Körperstrafe, die er am meisten fürchtet. Dies vor allem, wenn er sich oft versündigt hat. Die Nachsicht nun verlangt Folgendes von dir, hör doch, wie einfach sie dir das erläutert: Kein Urteil soll vor dir Bestand haben, das völlig auf Barmherzigkeit verzichtet. Ist die Angelegenheit aber gänzlich unübersichtlich, dann folge nicht den bösen Juden,
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Sund’ ker dich auf daz be¢t Vn auf daz gnädigo¢t ze le¢t Hier zu ¢cholt du dich der parmen Vber wittwen vn die armen Vber wäy¢en gay¢tleich leut Vnd vber getruwer wirker heùt Dennocht macht genade tun Vmb frid ze haben oder ¢un Einem der joch ¢chuldig wär J¢t er an der macht ze ¢wär Pey der warhait gepeutman eben Daz du durch kainer ¢ach wegen Leugen ¢cholt ge¢elle ¢ich Wilt du vor ¢ùnden hùten dich Wer ¢ich leugens nit kan mࢢen Den ¢cholt du niemer ¢weren la¢¢en Won der die zùngen fel¢chen wil Der acht des aides auch nicht vil Huet dich vor lugner her Wilt behalten gut vn er Won kain flai¢ch ward nie ¢o bö¢e Sam die liegent zung die lö¢e Ha¢t du yemant ichcz ver¢prochen Daz ¢cholt du läi¢ten vngeprochen Er wärr dann daz er an dir bräch Oder daz mit ¢ùnden ge¢chäch Bey der ergab wil ¢ey daz Daz du ¢cholt eben wi¢¢en was Du gebi¢t warum vn auch wem Es ¢ey di¢em oder dem Gib daz dine vn anders nicht Wan die warhäit al¢o ¢pricht Got der wil nicht opher haben Mit de¢ andern men¢chen ¢chaden Gib auch freileich wilt du geben Vnd lࢢ verziehen vnt’wegen Won gi¢t du ¢chier ¢o gei¢t du zwyr Pleybts pey dir ¢o nimp¢t es mir Lࢢ dich auch vil wench betragen Gab zegeben wider gàben Niemant lࢢ dich vberwinden Es ¢ey mit gaben od’ ¢chinden Pey dem frid man dir gepeut Daz du nicht ha¢¢en ¢cholt die leut Won wo nicht frid i¢t ı dem haus
Sunder ker dich auf daz best Und auf daz gnädigost ze lest! Hier zuo scholt du dich derparmen Über wittwen und die armen, Über waisen, gaistleich leut 4610 Und über gtrüwer wirker heut. Dennocht macht genade tuon, Umb frid ze haben oder suon, Einem, der joch schuldig wär, Ist er an der macht ze swär. 4615 Pei der warhait gpeut man eben, Daz du durch kainer sache wegen Leugen scholt, geselle, sich, Wilt du vor sünden hüeten dich! Wer sich leugens nit kan massen, 4620 Den scholt du niemer sweren lassen; Won der die zungen felschen wil, Der acht des aides auch nicht vil. Hüet dich auch vor lügner her, Wilt behalten guot und er! 4625 Won kain flaisch ward nie so böse Sam die liegent zung, die löse. Hast du iemant ichtz versprochen, Daz scholt du laisten ungeprochen, Es wär dann, daz er an dir bräch 4630 Oder daz mit sünden gschäch. Bei der ergab wil sei daz, Daz du scholt eben wissen, was Du gebist, war um und auch wem, Es sei disem oder dem. 4635 Gib daz din und anders nicht! Wan die warhait also spricht: Got der wil nicht opher haben Mit des andern menschen schaden. Gib auch freileich, wilt du geben, 4640 Und lass verziehen unterwegen! Won geist du schier, so geist du zwir, Pleibts pei dir, so nimpst es mir. Lass dich auch vil wench betragen, Gab ze geben wider gaben! 4645 Niemant lass dich überwinden, Es sei mit gaben oder schinden! Pei dem frid man dir gepeut, Daz du nicht hassen scholt die leut; Won wo nicht frid ist in dem haus, 4650
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sondern nimm die günstigste und schließlich auch barmherzigste Möglichkeit an. Außerdem sollst du dich der Witwen und Armen annehmen, der Waisen, Geistlichen und all derer, die einer ehrlichen Arbeit nachgehen. Darüber hinaus kannst du einem, der sich schuldig gemacht hat, dessen Macht aber zu groß ist, Gnade erweisen, um Frieden und Versöhnung zu erreichen. Die Wahrheit verlangt von dir, aus keinem Grunde zu lügen. Beachte das, mein Bester, wenn du der Sünde entgehen willst. Wer mit dem Lügen nicht aufhören kann, den darfst du niemals schwören lassen, denn wer schon seine Zunge verfälscht, dem ist dann auch ein Meineid egal. Hüte dich vor den Scharen von Lügnern, wenn du Besitz und Ansehen bewahren willst. Denn kein Körperteil war jemals so böse, wie die falsche Zunge, die lügt. Wenn du jemandem etwas versprochen hast, dann sollst du das auch ohne Abstriche einhalten, es sei denn, dass er selbst schon wortbrüchig geworden oder das Versprechen auf sündige Weise zustande gekommen ist. Mit der Freigebigkeit will die Gerechtigkeit erreichen, dass du genau weißt, was du schenken sollst, warum und auch wem, sei es nun dieser oder jener. Schenk nur von deinem, nicht von fremdem Besitz, denn die Wahrheit sagt, Gott will kein Opfer zum Nachteil anderer Menschen. Wenn du schenken willst, dann schenk auch frohen Herzens und schieb es nicht unnötig auf! Denn wenn du gleich schenkst, so schenkst du zweimal. Wenn du es aber festhältst, nimmst du es mir weg. Sperr dich auch nicht dagegen, deine Gabe mit einer Gegengabe zu beantworten. Allerdings solltest du dich von niemandem, weder durch Geschenke noch Gewalt, überwältigen lassen. Der Frieden verlangt von dir, dass du die Menschen nicht hassen sollst. Denn wo kein Frieden im Hause ist,
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Text nach Ed. Wießner
Da hat man got vertriben aus Wilt du han frid gen jedem man So tu ¢am einer hat getan Der dancket allem gut ze ¢tett Vnd ¢wäig ¢o man ym vbel tett Wilt du ¢täts mit fride ¢ein Bsùnd’ mit dem ge¢ellen dein Emphilch ym wenig deiner ¢ach Noch ¢te mit ym vnter eine tach Wilt du krieg zu fride machen So wi¢¢ daz du in allen ¢achen Scholt vil ¢ü¢¢er red phlegen Daz fügt ¢ich zu dem ¢un vil eben Pey rechter minn i¢t dir gepotten Daz du niemants welli¢t ¢potten Anders ¢wer ich dir pey gott Sich’leich du wir¢t ze ¢pott Wilt du we¢en lieb gehabt So tu ¢am vns die lere ¢aget Vnd halt in gancz’ lieb die leut Horr was ¢ey dir me gepeut Wilt du haben radeis Auf di¢er erd an helleweis So tracht daz dù dein eleich weib Habi¢t lieb ¢am deine leyb Hab auch liebe zu andern dingen Wilt daz ¢eu dir ¢älde pringen Won kain ¢ach die macht dich frey Ha¢t nicht liebeu minn da pey Pey der frünt¢chaft daz vernim Du ¢cholt den freunt zu deine gwin Ver¢uchen lang der wei¢e ¢pricht Den bewärtten halt vn la¢¢ i nicht Dem freuntleichen tu wol auf erd Daz er de¢t freuntleich’ dir werd Dem veint dem ¢cholt nicht vbeltun Vmb freunt¢chaft vn vmb liebn ¢un Hilf dem freumt ze aller fri¢t Vngerüft ¢o ym gebri¢t Der ¢ein mag gehaben ràt Dem hilf ¢o er dich gepetten hat Tu dem freunt vn iedem man Das dù von ym begere¢t han
Da hat man got vertriben aus. Wilt du han frid gen iedem man, So tuo, sam einer hat getan: Der danchet allem guot ze stett Und swaig, so man im übel tett! 4655 Wilt du stäts mit fride sein Sunder mit dem gsellen dein, Emphilch im wenig deiner sach Noch ste mit im unter einem tach! Wilt du krieg zuo fride machen, 4660 So wiss, daz du in allen sachen Scholt vil süesser rede phlegen: Daz füegt sich zuo dem suon vil eben! Pei rechter minn ist dir gepotten, Daz du niemants wellist spotten; 4665 Anders, swer ich dir pei gott, Sicherleich du wirst ze spott. Wilt du wesen lieb gehabt, So tuo, sam uns die lere sagt, Und halt in gantzer lieb die leut! 4670 Hörr, was sei dir me gepeut! Wilt du haben paradeis Auf diser erd an helleweis, So tracht, daz du dein eleich weib Habist lieb sam deinen leib! 4675 Hab auch lieb zuo andern dingen, Wilt, daz seu dir sälde pringen! Won kain sach die macht dich frei, Hast nicht liebeu minn da pei. Pei der früntschaft daz vernim! 4680 Du scholt den freunt zuo deinem gwin Versuochen lang; der weise spricht: Den bwärtten halt und lass in nicht! Dem freuntleichen tuo wol auf erd, Daz er dest freuntleicher dir werd! 4685 Dem veint dem scholt nicht übel tuon Umb freuntschaft und umb lieben suon. Hilf dem freunt ze aller frist Ungeruoft, so im gebrist! Der sein mag gehaben rat, 4690 Dem hilf, so er dich gpetten hat! Tuo dem freunt und iedem man, Das du von im begerest han,
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4652 han: über der Zeile eingefügt. 4654 dancket: k aus h korrigiert. 4657 Bsùnd’: B in blasser Tinte nachträglich vor Sùnd’ geschrieben. 4664 Vor dem Vers Doppelstrich und sehr klein 6a. 4669 ¢aget: e blass über dem Wort. 4676 liebe: e am Ende blasser, wohl nachträglich. 4680 Vor dem Vers 7a, ¶-Zeichen und Doppelstrich. 4681 gwin: auf Rasur; Vers reicht bis an Spalte b. 4686 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende.
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da hat man Gott daraus vertrieben. Willst du gegenüber allen Menschen Frieden halten, so nimm dir einen zum Vorbild, der sich sofort für alle guten Taten bedankte, jedoch schwieg, wenn man ihm übel mitspielte. Besonders wenn du mit deinem Freund in Frieden leben willst, vertrau ihm möglichst wenig von deinen Angelegenheiten an und wohne mit ihm auch nicht unter einem Dach! Wenn du Krieg in Frieden verwandeln willst, so musst du wissen, dass du auf alle Fälle sehr freundlich und zuvorkommend sprechen musst. Für dein Ziel, Versöhnung zu stiften, ist das sehr nützlich. Mit der richtigen Liebe ist gemeint, dass du niemanden verspotten sollst. Andernfalls, das schwöre ich dir bei Gott, wirst du ganz sicher selbst zum Gespött werden. Willst du hingegen geliebt werden, dann musst du, wie uns die Bibel lehrt, auch deine Mitmenschen lieben. Hör weiter, was die Liebe noch von dir verlangt. Willst du anstatt der Hölle das Paradies auf Erden haben, so sieh zu, dass du deine Ehefrau liebst wie dich selbst. Und wenn du willst, dass dir auch andere Dinge Glück bringen, dann musst du sie ebenfalls lieben, denn keine Sache lässt dich ganz froh werden, wenn nicht Liebe mit im Spiel ist. Über die Freundschaft hör Folgendes: In deinem eigenen Interesse solltest du deinen Freund gründlich prüfen. Der Weise sagt: ,Deinen alten Freund halte fest und lass ihn nicht gehen.‘ Gutes tu dem, der dir freundlich begegnet, damit er noch freundlicher wird. Auch deinem Feind sollst du – in der Hoffnung auf Freundschaft und wirkliche Versöhnung – nichts Böses antun. Hilf deinem Freund umgehend und ungerufen, sobald er deine Hilfe braucht! Wenn sich einer selbst zu helfen weiß, dann hilf ihm nur, wenn er dich darum gebeten hat! Tu deinem Freund und allen anderen Menschen nur das an, was du dir selbst von ihnen wünschen würdest.
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Vn mࢢ dich des / des ¢eu beuilt Noch du von ynen nit haben wilt Pey der gehor¢am ¢chreibt ma dir Daz dù ¢cholt volgen mit begir Deinem herren wer er ¢ey An guten gebotten ¢ùnden frey Deinen eltern vn irm rat Scholt du volgen fru vn ¢pàt Ob ¢eu treuleich mäynent dich Vnd auch die ¢ach wol füget ¢ich Deinen may¢ter volg noch mer Dan dir ¢elber an der ler An gpott vn allen dingen Wilt du nach eren ringen Dannocht wilt du ¢ein gerecht Volg der dirnen horr den knecht Bis gehor¢am einem chind An ¢achen die dir nuczze ¢ind Pey der trew man rüfft dich an Bis getrew o werder man Die treuw ein ¢chlu¢¢el i¢t der er Wer den verleu¢t der taugt nit mer Der wùrffel d’ i¢t gar enwicht Vnd hat der treuwe in im nicht Dar vmb ¢o ¢pil nicht ¢o es gilt Mit dem du treuwe halten wilt Hat dir einr ¢eyn haimlichait Auf getan vnd für gelayt Daz ¢cholt du behalten ¢und’ taugen Mit ganczen treuwein ¢am dein augen Doch ¢cholt du getrauwen ¢wach Einem ı vil gro¢¢er ¢ach Hà¢t du noch nit mit ym ge¢¢en Ein vierding ¢alcz wol aufgeme¢¢en Pey der vn¢chad man dich mant Daz du dir ¢elb’ nicht tügi¢t ant Bis auch niemant anderm ¢wär Daz macht dich werd vn dar zu mär Wilt du ¢ein vn¢chadleich gar So hüt dich vor der ¢chedleich ¢char Daz i¢t vor dienern andern dingen Die den ¢chaden mugen pringen Ner din leben vnd din gut
Text nach Ed. Wießner Und mass dich des, des seu bevilt 4695 4695 Noch du von inen haben wilt! Pei der gehorsam schreibt man dir, Daz du scholt volgen mit begir Deinem herren, wer er sei, An guoten gbotten sünden frei. 4700 4700 Deinen eltern und irm rat Scholt du volgen fruo und spat, Ob seu treuleich mainent dich Und auch die sach wol füeget sich. Deinem maister volg noch mer 4705 4705 Dan dir selber an der ler, An gpott und allen dingen, Wilt du nach eren ringen! Dannocht, wilt du sein gerecht, Volg der dirnen, hörr den knecht, 4710 4710 Bis gehorsam einem chind An sachen, die dir nütze sind! Pei der trew man rüefft dich an: Bis getrew, o werder man! Die treuw ein schlüssel ist der er: 4715 Wer den verleust, der taugt nit mer. 4715 Der würffel der ist gar enwicht Und hat der treuwen in im nicht; Dar umb so spil nicht, so es gilt, Mit dem du treuwe halten wilt! 4720 4720 Hat dir einr sein haimlichait Auf getan und für gelait, Daz scholt du bhalten sunder taugen Mit gantzen treuwen sam dein augen. Doch scholt du getrauwen swach 4725 4725 Einem in vil grosser sach, Hast du noch nit mit im gessen Ein vierding saltz wol auf gemessen. Pei der unschad man dich mant, Daz du dir selb nicht tüegist ant. 4730 4730 Bis auch niemant anderm swär: Daz macht dich werd und dar zuo mär! Wilt du sein unschädleich gar, So hüet dich vor der schedleich schar, Daz ist vor dienern an den dingen, 4735 Die den schaden mügen pringen! 4735 Ner dein leben und dein guot,
4695 nit: über der Zeile eingefügt. 4696 Vor dem Vers 8a, ¶-Zeichen und Doppelstrich. Vers reicht bis 4715 Vers reicht bis in den Raum von Spalte b. an Spalte b. 4712 Vor dem Vers 9a und ¶-Zeichen. 4716 d’ über der Zeile eingefügt. 4728 Vor dem Vers sehr kleiner Doppelstrich, rechts neben der Zeile 10a. 4734 Loch im Pergament trennt dienern und andern, in den beiden folgenden Zeilen mug-en sowie vnd und din. 4736 din leben vnd din gut: din jeweils durch Rasur aus dein korrigiert.
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Hör aber umgekehrt auch mit allem auf, was ihnen missfällt oder was du von ihnen nicht erfahren möchtest. Durch den Gehorsam schreibt man dir vor, dass du deinem Herrn, wer auch immer es sein mag, in all seinen Geboten freudig gehorchen sollst, soweit sie legitim sind und niemanden in Sünden verstricken. Auch deinen Eltern und ihrem Rat sollst du jederzeit folgen, wenn sie dich wirklich lieben und das, was sie sagen, rechtens ist. Wenn du Ansehen erlangen willst, solltest du deinem Lehrer in Fragen des Unterrichts, der Gebote und aller anderen Dinge eher als dir selbst vertrauen. Schließlich: Willst du immer recht handeln, so folge einer Magd, hör auf den Knecht, oder gehorche sogar einem Kind, in Fragen, die nützlich für dich sind. Durch die Redlichkeit ruft man dir zu: Bleibe redlich, du edler Mann, denn die Redlichkeit ist ein Schlüssel zur Ehre. Wer den verliert, der ist nichts mehr wert. Alles Würfelspiel ist nichtig, weil es keinerlei Redlichkeit zulässt. Deshalb spiel auch nicht mit jemandem um Geld, dem gegenüber du redlich bleiben möchtest. Wenn dich einer in seine Geheimnisse eingeweiht hat, dann sollst du die besonders sorgfältig für dich behalten und sie so treu und redlich wie deinen Augapfel hüten. Andererseits sollst du einem in wichtigen Angelegenheiten eher misstrauen, wenn du mit ihm noch kein gestrichenes Viertelmaß Salz gegessen hast. Durch die Rücksichtnahme wirst du daran erinnert, dass du weder dir selbst noch einem anderen ein Leid zufügen sollst. Das fördert dein Ansehen und macht dich beliebt. Und wenn du jeglichen Schaden vermeiden willst, dann hüte dich vor Leuten, die Schaden stiften wollen, also sich gerade mit solchen Angelegenheiten beschäftigen, die Schaden bringen können. Bewahre dein Leben und deinen Besitz
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Text nach Ed. Wießner
Halt dine ere mit rechter hut Ge¢ige¢t ioch den veinten an Dannocht pi¢t kain ¢chädleich man Pi¢t du richter ha¢t den gewalt Hörr den andern tail vil bald Richt nach recht daz i¢t mein rät Niemant dich für ¢chedleich hat Die ¢terkeu nimpt man zwiualtkleich Die er¢te macht dye lijbe reich Die ¢chol man ¢chäczen für kein tugend Wan oft ein ¢chak hat die vermugend Die ander ve¢tnet gar den mut Seu i¢t ein zarteu tugent gut Vnd wei¢t vns v` bergent mit kraft Alle bö¢hayt vnge¢chlacht Die i¢t die vordre¢t vn die be¢t An edelchäyt mit ganczer ve¢t Won wer ir nit en wil gewalten Der mag die andern wench behalten Vnd hat fùnf mägettein gemayt Die er¢t daz i¢t die ¢icherhäyt Die ander hai¢¢et hoher mut Die dritt daz gedinge gut Der fùnften ¢pricht man gedultikäyt Die vierd die i¢t genennet ¢tät Die er¢te chùmpt vn ¢pricht zu dir Fùrch¢t dir daz ¢cholt ¢agen mir Sprich¢t du das ¢cholt ¢agen mir Sprich¢t du ja · jch pin in ¢orgen Jch köm ze armut bis auf morgen Des antwürt ¢ey dir ane zorn Jch wolt du hiet¢t da mit verlorn Die geytikayt die dich da reyt So wari¢t reich ze aller zeit Fùrch¢t du hinder red ¢o ¢prichcz Tu daz be¢t vn be¢org dein nichs Die bö¢en val¢cheu màre ¢agend Vn nicht daz wir verdienet habet Be¢orge¢t auer ¢iechtagen
Halt dein er mit rechter huot! Gesigest joch den veinten an, Dannocht pist kain schädleich man. Pist du richter, hast den gwalt, 4740 Hörr den andern tail vil bald! Richt nach recht, daz ist mein rat! Niemant dich für schedleich hat. Die sterkeu nimpt man zwivaltkleich: Die erste macht den leibe reich; 4745 Die schol man schätzen für kain tugend, Wan oft ein schalk hat die vermugend. Die ander vestnet gar den muot; Seu ist ein zarteu tugent guot Und weist uns übergen mit kraft 4750 Alle böshait ungeschlacht. Die ist die vordrest und die best An edelchait mit gantzer vest (Won wer ir nit wil gewalten, Der mag die andern wench behalten) Und hat fünf mägettein gemait: Die erst daz ist die sicherhait, Die ander haisset hoher muot, Die dritte daz gedinge guot, Die vierd die ist genennet stät, 4760 Der fünften spricht man gdultikät. Die erste chümpt und spricht zuo dir: “Fürchst dir, daz scholt sagen mir!”
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4765 Sprichst du: “Ja, ich pin in sorgen, 4765 Ich köm ze armuot bis auf morgen”, Des antwürt sei dir ane zorn: “Ich wolt, du hietst da mit verlorn Die geitikait, die dich da reit, 4770 So wärist reich ze aller zeit.” 4770 Fürchst du hinderred, so sprichtz: “Tuo daz best und bsorg dein nichts! Die bösen valscheu märe sagend Und nicht, daz wir verdienet habent.” 4775 Besorgest aver siechtagen, 4775
4737 dine ere: beide Schluss-e in blasser Tinte, wohl nachträglich; dine korrigiert aus dein. 4739 Rechts neben der Zeile unleserliche Notiz, sehr klein geschrieben. 4744 Vor dem Vers ¶-Zeichen in blasser Tinte. Rechts neben der Zeile Notiz in Abkürzung, sehr klein geschrieben (fortitudo). 4745 dye lijbe: von anderer Hand auf Rasur, dye korrigiert aus den, ij korrigiert aus y. 4750 v` bergent: en auf Rasur, darüber t. 4754 nit en wil: en über der Zeile eingefügt. 4758 Rechts neben der Zeile sehr klein und blass unleserlicher Vermerk. 4761 Reihenfolge bzw. Zählung von Wießner geändert. 4760 30r ist Palimpsest, Seite besonders im oberen linken Teil stark beschabt und Schrift verlaufen, auch auf 30v durchscheinende Stellen. genennet: das zweite e über dem Wort, wohl aus genuget hergestellt. 4766 Jch: wie Jcch, p aus vorangegangener Zeile reicht in das Wort hinein, c er4762 Vor dem Vers pm. neut angesetzt.
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und achte sorgfältig auf dein Ansehen. Wenn du jedoch deine Feinde besiegst, dann giltst du nicht als schädlicher Mann! Wenn du Richter bist, also über die rechtliche Gewalt verfügst, dann sollst du möglichst schnell die Gegenseite anhören. Deshalb lautet mein Rat: Richte gerecht, und niemand wird dich für schädlich ansehen. Bei der Stärke werden zwei Arten unterschieden. Die eine stärkt den Körper. Die sollte man nicht als Tugend ansehen, weil über sie oft auch ein Übeltäter verfügt. Die andere hingegen gibt innere Stärke. Sie ist eine feine und nützliche Tugend, die uns zeigt, wie wir auch die übelste Boshaftigkeit tatkräftig überwinden können. Für eine vornehme Stellung von Dauer ist sie die wichtigste und beste Voraussetzung. Denn wer nicht über sie verfügt, der wird auch kaum die anderen bewahren. Sie hat fünf tüchtige Dienerinnen. Die erste ist die Zuversicht, die zweite heißt Großherzigkeit, die dritte feste Hoffnung, die vierte Beständigkeit, die fünfte nennt man Geduld. Die erste kommt und sagt zu dir: ‚Wenn du Angst hast, dann sag es mir!‘ Und wenn du dann sagst: ‚Ja, ich fürchte, dass ich schon morgen arm sein könnte‘, dann antwortet sie dir ganz ruhig: ‚Ich würde mir wünschen, dass du damit auch die Habgier verlieren würdest, die dich antreibt. Dann wärst du für immer reich.‘ Wenn du böse Nachrede fürchtest, so sagt sie: ‚Tu das Beste und mach dir keine Sorgen! Böse Menschen setzen nur falsche Gerüchte in die Welt, verbreiten aber nicht unsere wirklichen Verdienste.‘ Wenn du hingegen das Kranksein fürchtest,
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Text nach Ed. Wießner
Dar zu kans ein anders ¢agen Der ¢iechtum mag nit ewechleich Pey dir ge¢ein vn du geleich Fùrch¢t den tod ¢o bi¢t ein chind Spricht ¢ey zu dir gar ge¢wind 4780 Er i¢t kain ¢chand ¢o mu¢t auch ¢terbn Niemant mag ¢ein vbrig werden Die ander get her mutes fro Vnd ¢pricht mein fraw die wil al¢o Ze gro¢¢en dingen ¢cholt dich piegen 4785 Won chäin adler vahet fliegen Streit vil e vmb die gemain Dan du vechti¢t vmb dich äyn Gemäiner nucz der get hin für Äyniger beleibet pey der tür 4790 Ha¢t ein hercz mit hohem mut Der peut den leuten er vn gut Vnd ob man dein nicht achen wil Schlach hintnan auf vn ¢org nit vil 4795 Pi¢t ein man du ¢cholt nit fliehe Es ¢ey dann daz du fuder ziehen Mü¢¢i¢t in ¢o gro¢¢er not Daz beleiben war dein tod Die dritt die ¢aumpt ¢ich auch nit lang Sey vert gen dir mit irem ge¢ang 4800 Daz ¢pricht hab tro¢t in deinem mut Daz i¢t dir zu dem leben gut Verzag nicht held daz i¢t mein ràt Wie oft ein man verloren hàt All ¢ein hab in einem ¢pil 4805 Vnd dar nach gewinnen zwir alz vil Hab geding vnd lࢢ es nicht Ob dir ioch niemer gut ge¢chicht Won oft ein Swàb der nimpt ¢ein end Mit gutem tro¢t der ¢mercze went 4810 Sùnderleichen hab geding Ob dich der wind mit regen zwing Vnd kùmpt der ¢unen ¢chein enczwi¢chen So macht die fröd mit ¢orgen mi¢chen Die vierd beräyt ¢ich auf die vart 4815 Jn blàwem gewand ir red i¢t zart Vn ¢pricht jn deinem gedenchen Huet dich vor willwenchen
Dar zuo kans ein anders sagen: “Der siechtuom mag nit ewenchleich Pei dir gesein” und dügeleich. “Fürchst den tod, so bist ein chind,” Spricht sei zuo dir gar geswind. 4780 “Er ist kain schand, so muost auch sterben: Niemant mag sein übrig werden.” Die ander get her muotes fro Und spricht: “Mein fraw die wil also: Ze grossen dingen scholt dich piegen; Won chain adler vahet fliegen. Streit vil e umb die gemain, Dan du vechtist umb dich ain! Gemainer nutz der get hin für, Ainiger bleibet pei der tür. 4790 Hast ein hertz mit hohem muot, Derpeut den leuten er und guot Und, ob man dein nicht achten wil, Schlach hintnan auf und sorg nit vil! Pist ein man, du scholt nit fliehen, 4795 Es sei dann, daz du fuder ziehen Müessist in so grosser not, Daz beleiben wär dein tod.” Die dritt die saumpt sich auch nit lang: Sei vert gen dir mit irem gsang; 4800 Daz spricht: “Hab trost in deinem muot! Daz ist dir zuo dem leben guot. Verzag nicht, held, daz ist mein rat! Wie oft ein man verloren hat All sein hab in einem spil 4805 Und dar nach gwunnen zwir als vil! Hab geding und lass es nicht, Ob dir joch niemer guot geschicht! Won oft ein Swab der nimpt sein end Mit guotem trost, der smertzen went. Sünderleichen hab geding, Ob dich der wind mit regen zwing! Und kümpt der sunnen schein entzwischen, So macht die fröd mit sorgen mischen.” Die vierd berait sich auf die vart 4815 In blawem gwand (ir red ist zart) Und spricht: “In deinem gdenchen Hüet dich vor willwenchen!
Vor dem Vers kleine Kreuzmarkierung. 4783 Vor dem Vers 2a und, sehr blass, ¶-Zeichen. e scheint durch Punkte isoliert. 4791 Kleiner Doppelstrich vor der Zeile. 4793 achen: c dem Wort. 4794 ¢org nit vil: sehr eng geschrieben, durch sehr feine Haarstriche getrennt. Vor der Zeile 3a und, sehr blass, ¶-Zeichen. Vers reicht bis an Spalte b, ebenfalls der folgende. Vor der Zeile Doppelstrich und sehr klein 4a.
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kann sie dir dazu noch anderes sagen: ‚Die Krankheit kann nicht ewig dauern und dein Leben auch nicht. Fürchtest du dich aber vor dem Tod, dann bist du kindisch‘, fügt sie dann noch rasch hinzu. ‚Er bringt ja keine Schande, auch du musst sterben, niemand kann ihm entkommen.‘ Die zweite Dienerin kommt frohgemut daher und sagt: ‚Meine Herrin meint Folgendes: Um große Dinge sollst du dich kümmern, denn ein Adler fängt keine Fliegen. Setz dich eher für die Gemeinschaft ein, als nur für dich allein! Denn der gemeine Nutz kommt herein, der Eigennutz bleibt vor der Tür. Wenn du großherzig bist, so biete den Leuten Ansehen und Besitz an. Wenn man dir aber nicht die rechte Anerkennung entgegenbringt, dann schlag sofort zurück und sei nicht groß bekümmert. Wenn du ein Mann bist, dann sollst du nicht fliehen, es sei denn, dass du in größter Not verschwinden müsstest, weil hierzubleiben deinen sicheren Tod bedeuten würde.‘ Die dritte Dienerin lässt nun auch nicht mehr lange auf sich warten, sondern eilt mit ihrem Lied zu dir, das lautet: ‚Bewahr dir deine Zuversicht! Für dein Leben ist das nur von Vorteil. Gib nicht auf, du tapferer Mann, das rate ich dir! Wie oft hat schon ein Mann seinen gesamten Besitz in einem Spiel verloren und danach zweimal so viel wieder gewonnen. Halte die Hoffnung hoch und gib sie nicht auf, auch wenn dir niemals etwas Gutes widerfährt. Denn oft bleibt ein Schwabe sogar noch an seinem Lebensende voll guter Hoffnung, die dann auch seine Schmerzen lindert. Insbesondere gib die Hoffnung nicht auf, wenn dich auch Wind und Regen ärgern. Wenn die Sonne dann mal wieder hervorkommt, dann kannst du dich in deinem Kummer schon wieder freuen.‘ Die vierte Dienerin tritt in einem blauen Kleid auf, sie redet geziert und sagt: ‚In deinem Sinnen und Trachten hüte dich vor jedem Wankelmut
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Bis jn end varwe ¢tät Jn fraden vn ı herczeläid Mit dem er¢ten dich nicht weg Noch dich pey dem andern leg Ein recht daz hat die ¢täytichayt Daz du ¢cholt ze tun ¢ein berait Pleib nit pey den bö¢en dingen Von gutten lࢢ dich niemant prıgen Doch ¢o war nicht vngezäm Ob ein man daz be¢¢er näm Vn lie¢¢ daz gut da ers hiet funden Er ¢ey dann anders dar zu gpuden Die fùnft nicht lat ¢ey chöm zu dir Vnd pring der ¢eken vier mit ir Die iedem ¢under fugent wol Der ze hof beleiben ¢chol Der er¢te ¢ak ¢chol chlaider haben Die ¢cholt du ¢auberleichen tragen Won pi¢t reich mit deiner wat De¢t bas man dich ı eren hat Der ander ¢ak i¢t phennıg vol Der kùmpt dir ¢und’leichen wol Er ¢chafft dir freunt vn dar zu g¢ellen Niemant tar dir wider ¢tellen Der dritte ¢ak i¢t gtür¢tikait Der i¢t dir auch dar zu beräit Daz du dich freileich machi¢t her Nicht ¢am ein plauger wint’per Der le¢te ¢ak i¢t gedultichayt Der all dem leiden vbertrayt An peyten va¢ten vn an wachen An sweigen vn an andern ¢achen Ze ¢tett do ¢prach fro Richtein¢chand Jch merch ir ¢eicz ze hof bekant Dar vmb ich euwer wirda pitt Lert in hofzucht auch da mit Des äntwùrt La¢ter¢ak vil drat Begert er daz ¢o i¢t mein ràt Daz er ¢ich ¢elb ze hofe mach Da lernt er zucht an manig’ ¢ach Pey hünren lernt man gachczgen Pey ¢weine ¢euwi¢ch ¢macz gen Doch ¢o ¢pricht man oft vn vil Wer ein hofman werden wil
Text nach Ed. Wießner Bis in endvarwe stät 4820 4820 In fröden und in hertzeläd: Mit dem ersten dich nicht weg Noch dich pei dem andern leg! Ein recht daz hat die stätichait, Daz du scholt ze tuon sein brait: 4825 4825 Pleib nit pei den bösen dingen, Von guoten lass dich niemant pringen! Doch so wär nicht ungezäm, Ob ein man daz besser näm Und liess daz guot, da ers hiet funden, 4830 Er sei dann anders dar zuo gpunden.” Die fünft nicht lat, sei chöm zuo dir Und pring der seken vier mit ir, Die iedem sunder füegent wol, Der ze hof beleiben schol. 4835 Der erste sak schol chlaider haben: 4835 Die scholt du sauberleichen tragen; Won pist reich mit deiner wat, Dest bas man dich in eren hat. Der ander sak ist phenning vol. 4840 Der kümpt dir sunderleichen wol: 4840 Er schafft dir freunt und dar zuo gsellen, Niemant tar dir wider stellen. Der dritte sak ist gtürstikait. Der ist dir auch dar zuo berait, 4845 Daz du dich freileich machist her, 4845 Nicht sam ein plauger winterper. Der leste sak ist gdultichait, Der all dein leiden übertrait An peiten, vasten und an wachen, 4850 An sweigen und an andern sachen.’ Ze stett do sprach fro Richteinschand: ‘Ich merch, ir seitz ze hof bekant; Dar umb ich euwer wirdü pitt: Lert in hofzucht auch da mit!’ 4855 Des äntwürt Übelgsmach vil drat: 4855 ‘Begert er daz, so ist mein rat, Daz er sich selb ze hofe mach: Da lernt er zucht an maniger sach; Pei hüenren lernt man gatzgen, 4860 4860 Pei sweinen seuwisch smatzgen. Doch so spricht man oft und vil: Wer ein hofman werden wil,
4831 Vor der Zeile ¶-Zeichen, Doppelstrich und sehr klein 5a. fùnft: danach ¢ey radiert, ebenso ein über der Zeile geschriebenes Wort. 4843 gtür¢tikait: ¢ in blasser Tinte hinzugefügt. Rechts neben der Zeile sehr klein Vermerk (Wießner liest: audacia). 4851 Vor der Zeile ¶-Zeichen, sehr blass. 4853 wirda: da auf Rasur, etwas verlaufen und undeutlich.
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und bleibe wie das Indigoblau in Freud und Leid gleich beständig. Ändere bei einem freudigen Anlass nicht gleich deine Meinung und gib bei einem traurigen auch nicht gleich nach. Insbesondere verpflichtet die Beständigkeit zu folgendem Gebot, das auch du beherzigen solltest: Verharre nicht bei Übeltaten, von guten Werken aber lass dich durch niemanden abbringen! Allerdings wäre es keineswegs unangemessen, wenn jemand das Bessere an sich nähme und das Gute dort ließe, wo er es gefunden hat, es sei denn, dass er diesem anderweitig verpflichtet ist.‘ Die fünfte Dienerin schließlich verzichtet nicht darauf, dir vier Säcke mitzubringen, die für jeden von Nutzen sind, der bei Hofe auftreten soll. Der erste Sack enthält Kleider, die du dann auch angemessen tragen sollst. Denn je teurer deine Kleidung aussieht, desto höher ist auch dein Ansehen. Der zweite Sack ist mit Geld gefüllt, und der kommt dir in besonderem Maße zugute. Er verschafft dir Freunde aller Art, so dass niemand wagt, dir entgegenzutreten. Der dritte Sack stellt die Beherztheit dar. Er dient dazu, dass du entschlossen auftrittst und nicht wie ein trotteliger Bär, der aus dem Winterschlaf geweckt wird. Der letzte Sack schließlich stellt die Geduld dar, die dich alle Mühen ertragen lässt, die mit Beten, Fasten und Wachen, mit Schweigegelübden und anderen Forderungen einhergehen.“ Frau Bringtinschand reagierte umgehend darauf: „Ich sehe, dass Ihr mit den höfischen Gewohnheiten vertraut seid. Aus diesem Grund bitte ich Euer Hochwohlgeboren, dass Ihr ihn auch noch in die Hofzucht einführt.“ Der Stinker antwortete sofort: „Wenn er das will, dann rate ich ihm, dass er sich selbst zu Hofe begibt. Dort kann er dann für viele Situationen gutes Benehmen lernen. Schließlich lernt man auch bei Hühnern das Gackern und bei Schweinen, säuisch zu schmatzen. Allerdings sagt man auch immer wieder, wenn einer ein Höfling werden will,
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Text nach Ed. Wießner
Der hab einn pauren in dem ¢inn Vn wes der gepäuri¢chen beginn So tü daz widerwartich ¢chier Des wirt er hofleich vnd gezier Al¢o mag ich Bert¢chin ¢agin Wil er ¢ich nach zùchten haben Daz mug er lernen ¢am man ¢pricht Bey ¢einer hochzeit ob ¢ey ge¢chicht Hie mit ker ich mein vermugend Hin wider ze der le¢ten tugend Die i¢t die m䢢ichait genant Mangem herczen vnd’kant Won ¢elten yemant phligt d’ ma¢¢ Stäticleich an vnderlࢢ Dar vmb ¢o wi¢¢ wann yedeu ¢ijt Vor vn hintnan alle zeit Verwùrchet i¢t mit bö¢en ¢itten So leit die m䢢ichayt enmitten Des nim ein bey¢chaft an d’ vart Hie i¢t der gouder · dort der karg Der goüder i¢t ein ¢ölich man Der nichcznit ym behalten kan Der karg verpirgt es alle¢¢ampt Vnd mag nicht geben aus der hand Die habend payde bö¢eu weis Dar vmb ¢o trayt der milt den preis Der lebt nach mittlen mࢢen An haben vn an la¢¢en Daz i¢t er geyt hin daz er ¢chol Vnd behalt daz v` berig wol Dar zu wi¢¢t daz m䢢ichait J¢t ein tugend ¢o gemayt Daz niemant ¢ey verla¢¢en ¢chol Durch ander ¢ach ¢o tüt er wol Sey hàt der zarten junchfrawe Drey vnd ein die ¢cholt du ¢chàwen Daz i¢t die dyemut gottes chlayt Schamug gefurug cheu¢chäyt Pey den wir¢t du je¢o ¢ehen Punden wol auf ¢ech¢zehen Was die er¢te ¢agen well Daz merk vil eben lieber ge¢ell
Der hab einn pauren in dem sinn Und, wes der gpäurisch im beginn, So tuo daz widerwärtich schier: 4865 Des wirt er hofleich und gezier. Also mag ich Bertschin sagen: Wil er sich nach züchten haben, Daz müg er lernen, sam man spricht, Bei seiner hochzeit, ob sei gschicht. Hie mit ker ich mein vermugend Hin wider ze der lesten tugend: Die ist die mässichait genant, Mangem hertzen underkant; Won selten iemant phligt der mass 4875 Stäticleich an underlass. Dar umb so wiss, wann iedeu sit Vor- und hintnan alle zit Verwürchet ist mit bösen sitten, So leit die mässichait enmitten! 4880 Des nim ein beischaft an der vart! Hie ist der geuder, dort der charg: Der geuder ist ein sölich man, Der nichtznit im behalten kan. Der karg verpirgt es allessampt 4885 Und mag nicht geben aus der hand. Die habend paide böseu weis; Dar umb so trait der milt den preis: Der lebt nach mittlen massen An haben und an lassen; 4890 Daz ist, er geit hin, daz er schol, Und behalt daz überig wol. Dar zuo wiss, daz mässichait Ist ein tugend so gemait, Daz niemant sei verlassen schol 4895 Durch ander sach: so tuot er wol! Sei hat der zarten junchfrawen Drei und ein: die scholt du schawen. Daz ist die diemuot, gottes chlait, Schamung, gfuorung, cheuschait. 4900 Pei den wirst du ieso sehen Punden wol auf sechszehen. Was die erste sagen well, Daz merk vil eben, lieber gsell!
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4870 hochzeit: i durch Unterlänge eines n undeutlich, über e wiederholt; ob: dahinter er durch Strich getilgt. 4872 Vor der Zeile klein die verde angel togent von anderer Hand. 4873 Vor der Zeile ¶-Zeichen. 4876 vnderlࢢ: r über el. 4877 ¢ijt: von anderer Hand auf Rasur, ij korrigiert aus y. 4882 gouder: o scheint korrigiert aus e; karg: k auf Rasur, aus ch korrigiert. 4883 goüder: blasses e über u, o scheint korrigiert aus e; ¢ölich: korrigiert aus ¢äilich, i durch Strich getilgt. 4885 Diese und die folgenden vier Zeilen im rechten Teil der Spalte stark verlaufen. 4899 dyemut: y über dem Wort. 4903 Vor dem Vers ¶-Zeichen, sehr blass.
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dann soll er sich einen Bauern vorstellen und genau das Gegenteil von dem tun, was Bauern so treiben. So wird er höfisch und elegant. Deshalb kann ich Bertschi raten, wenn er sich vornehm benehmen will, kann er das ja, wie man so sagt, anlässlich seiner Hochzeit lernen, wenn die dann mal stattfindet. Ich jedoch wende mich mit meinen Kenntnissen nun der letzten Tugend zu. Sie heißt die Mäßigung und ist vielen Menschen fremd, denn selten bewahrt einer ganz konsequent das rechte Maß. Weil nun jedes Verhalten in seinen Extremen zu etwas Falschem wird, musst du wissen, dass die Mäßigung in der Mitte liegt. Stell dir zum Beispiel Folgendes vor: Hier steht ein Verschwender, dort ein Geizhals. Der Verschwender ist ein Mensch, der nichts zusammenhalten kann. Der Geizhals hingegen versteckt alles, was er besitzt und kann nichts abgeben. Beide leben sie verkehrt, der Freigebige aber gewinnt Anerkennung. Denn der handelt nach dem Gebot der Mitte. Maßvoll gibt er weg und hält er zusammen. Das bedeutet: Er gibt, was er soll, den Rest hebt er gut auf. Außerdem musst du wissen, die Mäßigung ist eine solch wichtige Tugend, dass niemand sie für etwas anderes aufgeben soll. Dann handelt er richtig. Sie hat vier zierliche Jungfrauen bei sich, die sollst du kennenlernen. Diese sind: die Demut – das Kleid Gottes –, die Scham, die Angemessenheit und die Keuschheit. An denen wirst du nun insgesamt sechzehn Punkte dargestellt sehen. Was dir gleich die erste sagen will, das merk dir gut, mein Lieber.
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Sey ¢prichet wilt du han den preis Für ander gar gezellet weis So wil ich dich des eine be¢chayden Du mu¢t dich diemütich derzaigen Wilt du chömen an gewalt Hab ein dyemütigen ge¢talt Won der ¢ich höcht der kumet nider Vn der ¢ich nidert der get wider Wilt du daz man dein nicht ¢pott So hörr die andern zway gepott Wi¢¢ du ¢cholt dich ¢elten Loben oder ¢chelten Bis auch nicht ze dyemütig Daz dir der narr nicht an ge¢ig Was wil die ¢chamug hai¢¢en dich Do ¢pricht ¢ey ¢am ich mich ver¢ich Scham dich aller mi¢¢etät Wilt du nicht ¢chand dz i¢t mein rat Schame dich auch andrer vart Die nicht gar erleich ¢ey vo art Won der ¢ich nit kan haben jnn Der i¢t ein tor in meinem ¢in Schämich mach auch deineü kinder Daz ¢eu nicht leben ¢am die rinder Wan man oft des kindes ¢chand Zelt dem vatter ı die hand Doch ¢o wi¢¢ ein wei¢er man Der mächtig i¢t vn altgetan Schol nicht gar ze ¢chamig ¢ein Daz er ze kindi¢ch nicht en¢chein Was kan die dritte dir derzaigen Des lࢢ dich auch von mir be¢chaiden Hörr du ¢cholt gefuggig ¢ein An haus vnd an den chlaydern dein Bis gefürig an der ko¢t An dem wein vn an dem mo¢t Won daz vberig ¢chaden tüt An ¢el vn an leib vn an de gut Pi¢t du eines erbern ¢ins So lࢢ dich benùgen kleines gwins Chlayner gwin i¢t got mär Den gro¢¢en ¢uchent wuchrer Doch ¢o macht du vil wol haben Grò¢¢es gut pey deinen tagen Kùmpt es alz von rechtem gwin
Text nach Ed. Wießner 4905 Sei sprichet: “Wilt du han den preis, Für ander gar gezellet weis, So wil ich dich des einn beschaiden: Du muost dich diemüetich derzaigen. Wilt du chomen an gewalt, 4910 4910 Hab ein diemüetigen gstalt! Won der sich höcht, der kumet nider, Und, der sich nidert, der get wider. Wilt du, daz man dein nicht spott, So hörr die andern zwai gepott! 4915 4915 Wiss, du scholt dich selten Loben oder schelten! Bis auch nicht ze diemüetig, Daz dir der narr nicht an gesig!” Was wil die schamung haissen dich? 4920 Do spricht sei, sam ich mich versich: “Scham dich aller missetat, Wilt du nicht schand! Daz ist mein rat. Schame dich auch andrer vart, Die nicht gar erleich sei von art! 4925 4925 Won der sich nit kan haben inn, Der ist ein tor in meinem sin. Schämich mach auch deineu kinder, Daz seu nicht leben sam die rinder, Wan man oft des kindes schand 4930 Zelt dem vatter in die hand! 4930 Doch so wiss, ein weiser man, Der mächtig ist und alt getan, Schol nicht gar ze schämig sein, Daz er ze kindisch nicht enschein!” 4935 4935 Was kan die dritte dir derzaigen? Des lass dich auch von mir beschaiden! Hörr, du scholt gefüeggig sein An haus und an den chlaidern dein! Bis gefüerig an der kost, 4940 4940 An dem wein und an dem most! Won daz überig schaden tuot An sel und leib und an dem guot. Pist du eines erbern sins, So lass dich bnüegen kleines gwins! 4945 Chlainer gwin ist got mär, 4945 Den grossen suochent wuochrer. Doch so macht du vil wol haben Grosses guot pei deinen tagen, Kümpt es alz von rechtem gwin
4905 ¢prichet: e über dem Wort. 4907 eine: e aus n korrigiert. 4921 mi¢¢etät: Superskript e in blasser Tinte. 4925 jnn: j korrigiert. 4926 Am unteren Ende der Seite Reklamante Schämich mach. 4935 Doppelstrich vor der Zeile. 4945 Chlayner: l mit blasser Tinte.
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Sie sagt: ‚Wenn du Anerkennung gewinnen und vor anderen als weise gelten willst, dann will ich dir vor allem eines klarmachen: Du musst dich ganz demütig geben. Und wenn du Macht erlangen willst, dann musst du ebenfalls demütig erscheinen. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Wenn du nicht verspottet werden willst, dann hör noch die beiden anderen Gebote. Zum einen: Du sollst dich nicht selbst loben oder tadeln. Zum anderen: Du sollst dich aber nicht zu sehr erniedrigen, damit der Narr dich nicht übertrifft.‘ Was will die Schamhaftigkeit dir auftragen? Meiner Ansicht nach sagt sie: ‚Schäm dich aller deiner Vergehen, wenn du nicht in Schande geraten willst. Und schäm dich auch solcher Verhaltensweisen, die nicht sehr ehrenhaft sind. Denn jeder, der sich nicht beherrschen kann, ist in meinen Augen ein Narr. Bring auch deinen Kindern bei, sich zu schämen, damit sie nicht leben wie die Rindviecher, denn oft macht man für die Schande der Kinder den Vater verantwortlich. Allerdings sollst du auch wissen, dass ein weiser Mann, der über Einfluss verfügt und alt geworden ist, nicht allzu verschämt auftreten sollte, damit er nicht kindisch wirkt.‘ Was kann die Dritte dir deutlich machen? Lass dir das ebenfalls von mir erklären! Beachte, dass du dich in Haus und Kleidung angemessen zeigst, und dass du beim Essen, beim Wein und beim Most das rechte Maß hältst. Denn alles, was über das Notwendige hinausgeht, ist schädlich für Leib und Seele, und für den Besitz. Willst du ein Ehrenmann sein, dann gib dich mit einem bescheidenen Gewinn zufrieden. Ein bescheidener Gewinn ist Gott willkommen, um einen großen bemühen sich die Wucherer. Allerdings darfst du in deinem Leben ruhig zu ansehnlichem Eigentum gelangen, wenn es nur rechtmäßig erwirtschaftet worden ist
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Vnd hilfft den armen auch mit ym Was ¢ingt vns dann die keu¢chait Anders nichcz wenn daz ein mayt Schol keu¢che ¢ein mit iren augen Wil ¢ie ¢ich bö¢er gdenken gelauben Sey ¢chol auch keu¢ch ¢ein an gedenken Wil ¢ey mit werchen ¢ich nit krenken Minner werch ¢chol ¢ey nicht kie¢en Wil ¢ey daz krenczel nicht verlie¢en Dennocht i¢t ein men¢che keu¢ch Treybt es ander kayn geteu¢ch Dann allaine bey der e · e Da mit ¢o ¢ag ich dir nicht me Syert daz Land die was behend Mich duncht der rede ¢ey ein end Sprach ¢ey noch i¢t eins beliben Da hintnan nit gar wol ver¢wigen Vn daz einer mu¢¢ halt kùmen Dem wir vn¢’mumen gunen Daz i¢t hort mich all geleich Haus ze haben wiczechleich Waz hilf daz weibe daz ir man Au¢renthalb ioch gar vil kan Vnd ein narr i¢t in dem haus Dar vmb ¢agt ym es gar her aus Was ym nùcz ¢ey zu dem leben Wellen wir ym Mäczen geben Daz was auf Saychinkrug geredt Wenn die andern ¢prachen z ¢tett Dicz kan niemand al¢o wol Sam Härtel hau¢ge¢chäftes vol Er hat wol ¢echczig jar vn me Haus gehalten pey der ee Saychinkrug in antwùrt do Vil zuchticleich vn ¢p~ch al¢o Es wi¢¢t wol ¢am ich wi¢¢ent pin Alz manich haubt alz manger ¢in Dar vmb ¢o hat auch iecleich haus Seinen ¢itten ¢einen ¢aus Al¢o lerts ¢ich ¢elber wol Wie einr ¢ein haus bewaren ¢chol So i¢t des men¢chen gemut ¢o blind Wes er ¢ich für wars ver¢int Daz get ym oft nach ¢telczer fu¢¢ Dar vmb ich ı nicht leren mu¢¢
Text nach Ed. Wießner 4950 Und hilfft den armen auch mit im. 4950 Was singt uns dann die keuschait? Anders nichtz, wenn daz ein mait Schol keusche sein mit iren augen, Wil sie sich böser gdenken glauben. 4955 Sei schol auch keusch sein an gedenken, Wil sei mit werchen sich nit krenken. Minner werch schol sei nicht kiesen, Wil sei daz krentzel nicht verliesen. Dennocht ist ein mensche keusch, 4960 4960 Treibt es ander kain geteusch Dann allaine bei der ee. Da mit so sag ich dir nicht me.’ Siertdazland die was behend; ‘Mich duncht, der rede sei ein end,’ 4965 4965 Sprach sei; ‘noch ist eins beliben Da hintnan nit gar wol verswigen Und, daz einer muoss halt künnen, Dem wir unser muomen günnen: Daz ist (hört mich all geleich!): 4970 Haus ze haben witzechleich. 4970 Waz hilf daz weibe, daz ir man Ausrenthalb joch gar vil kan Und ein narr ist in dem haus? Dar umb sagt im es gar her aus, 4975 Was im nütz sei zuo dem leben, 4975 Wellen wir im Mätzen geben!’ Daz was auf Saichinkruog geredt; Wenn die andern sprachen zstett: ‘Ditz kan niemand also wol 4980 Sam Härtel hausgeschäftes vol. 4980 Er hat wol sechtzig jar und me Haus gehalten pei der ee.’ Saichinkruog in antwürt do Vil züchticleich und sprach also: 4985 ‘Es wisst wol, sam ich wissent pin: 4985 Als manich haubt, als manger sin; Dar umb so hat auch iecleich haus Seinen sitten, seinen saus. Also lerts sich selber wol, 4990 Wie einr sein haus bewaren schol. 4990 So ist des menschen gmüet so blind: Wes er sich für wars versint, Daz get im nach auf steltzer fuoss; Dar umb ich in nicht leren muoss.’
4951 Doppelstrich vor der Zeile. 4955 Vers reicht bis an Spalte b. 4963 Doppelstrich vor der Zeile. 4972 Au¢renthalb: h über dem Wort. 4993 fu¢¢: Diakritikum über u. 4994 ı: über der Zeile; mu¢¢: Diakritikum über u.
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und auch den Armen zugute kommt. Und was trägt uns die Keuschheit vor? Nichts anderes, als dass ein Mädchen unkeusche Blicke vermeiden soll, wenn sie sich vor schändlichen Gedanken hüten will. Auch in ihren Gedanken soll sie keusch sein, wenn sie sich nicht durch Taten in Verruf bringen will. Auf Liebeshändel jedenfalls soll sie sich nicht einlassen, wenn sie ihr Jungfernkränzchen nicht verlieren will. Allerdings können die Menschen keusch bleiben, wenn sie solche Art von Getue allein auf die Ehe beschränken. Mehr habe ich dir nicht zu sagen.“ Schänddasland reagierte rasch: „Ich habe den Eindruck, dass diese Rede zu Ende ist“, sagte sie, „doch sollte schließlich eins nicht verschwiegen werden, in welchem sich der auskennen muss, dem wir unsere Verwandte anvertrauen. Ich meine damit – hört gut zu –, wie man vernünftig seinen Haushalt führt. Was hat denn eine Frau davon, wenn ihr Mann außerhalb des Hauses sehr erfolgreich ist, im Haus aber ein Narr? Sagt ihm deshalb ganz direkt, was für sein häusliches Leben von Nutzen ist, wenn wir ihm Mätze überlassen sollen.“ Das zielte auf Härtel Krugpisser, denn alle anderen riefen sofort: „Das kann niemand so gut, wie Härtel, der mit den Fragen des Haushalts am besten vertraut ist. Schließlich hat er während seiner Ehe über sechzig Jahre lang seinem Haus vorgestanden.“ Krugpisser antwortet ihnen sehr höflich und sagte: „Ihr wisst doch selbst, was ich auch weiß. Wie viele Köpfe, so viele Meinungen. Daher herrscht auch in jedem Haus eine eigene Ordnung und Betriebsamkeit. Insofern lernt man ganz gut von selbst, wie man sein Haus führen soll. Denn der Verstand der Menschen ist ja blind. Sogar was er als wahr erkannt hat, setzt er unbeholfen, wie auf Stelzen, in die Tat um. Deshalb muss ich ihn nicht eigens unterrichten.“
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Fro Siert daz Land hin wider vmb Sp~ch euch i¢t daz maul ze chrumb Secht ir nicht daz alles ¢pil Chùn¢t vn wicze haben wil Oft chan einr für ander ächt Springen tanczen mäczig¢chäft So mu¢¢ man lernen ¢cheiter ¢palten Daz lichter i¢t dann haus zehalten Was täute¢t dann von ¢telczer pain Wai¢¢t nicht daz man ¢pricht gemäyn Hilf dir ¢elb ¢o hilft dir got Mich dunkt du redi¢t aus eim ¢pott Der nicht wolt lernen für ¢ich ¢ehen Dem wurd ze geleicher weis ge¢chehen Sam der fleugen g¢ach hie vor Pey der wei¢en ämbe¢¢ tor Die von hùnger mu¢¢et va¢ten Do hiet die ämbe¢¢ vollen ca¢ten Dar vmb ¢o ¢agt dem guten ge¢ellen Wie er ¢ein hau¢e ¢chùll be¢tellen Daz chùmpt ym recht vn i¢t ¢ein fug Do ¢p~ch Härtel Saichinkrug Wol an daz ¢ey ¢o ler ich dich Daz be¢ten ¢o ich mich ver¢ich Wilt du halten haus mit eren Das ¢cholt des er¢ten ¢o an keren Ze tragen in der tä¢chen tracht Ein ander haus von ¢ilber gmacht Daz du dir chauffen mùge¢t ¢o Haw vnd futer dar zu ¢tro Wein vn korn vn holcz da mit Hirs vn kraut daz i¢t der ¢itt Bonen ärwe¢¢ ger¢ten ¢malcz Lyn¢en fläy¢ch ze terren ¢alcz Hau¢ge¢chier vn bettgewand Käs vnd ops vn mang’ hand Yecleichs pey den ¢einen zeiten Daz i¢t dir nùcz ze allen ¢eiten Vnd chauff daz be¢t mit ganczer treuw Wilt du daz es dich nicht geruw Hochzeit vn das tägleich laden Hat ein er vn zwen ¢chaden Mit ge¢ten nicht dez dein verzer Wilt du behalten gut vn er
Text nach Ed. Wießner 4995 4995 Fro Siertdazland hin wider umb Sprach: ‘Euch ist daz maul ze chrumb. Secht ir nicht, daz alles spil Chunst und witze haben wil? Oft chan einr für ander ächt 5000 Springen, tantzen, mätzigschäft. 5000 So muoss man lernen scheiterspalten, Daz lichter ist dann haus ze halten. Was täusest dann von steltzer pain? Waisst nicht, daz man spricht gemain: 5005 Hilf dir selb, so hilft dir got? 5005 Mich dunkt, du redist aus eim spott. Der nicht wolt lernen fürsich sehen, Dem wurd ze gleicher weis geschehen, Sam der fleugen gschach hie vor 5010 Pei der weisen ämbess tor, 5010 Die von hunger muosset vasten: Do hiet die ämbess vollen casten. Dar umb so sagt dem guoten gsellen, Wie er sein hause schüll bestellen! 5015 Daz chümpt im recht und ist sein fuog.’ Do sprach Härtel Saichinkruog: ‘Wol an, daz sei! So ler ich dich Des besten, so ich mich versich. Wilt du halten haus mit eren, 5020 Das scholt des ersten so an keren: 5020 Ze tragen in der täschen tracht Ein ander haus von silber gmacht, Daz du dir chauffen mügest so Häw und fuoter, dar zuo stro, 5025 5025 Wein und korn und holtz da mit, Hirs und kraut (daz ist der sitt), Bonen, ärwess, gersten, smaltz, Linsen, flaisch ze terren, saltz, Hausgeschier und bettgewand, 5030 Käs und ops und manger hand, 5030 Iecleichs pei den seinen zeiten! Daz ist dir nütz ze allen seiten. Und chauff daz best mit gantzer trüw, Wilt, daz es dich nicht gerüw! 5035 Hochzeit und daz tägleich laden 5035 Hat ein er und zwen schaden. Mit gesten nicht daz dein verzer, Wilt du behalten guot und er!
4995 Doppelstrich vor der Zeile. 5002 haus: h aus z korrigiert. 5010 Rechts neben der Zeile Kreuzmarkierung. 5012 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: j. 5016 Doppelstrich vor der Zeile. 5033 Sehr blasses no vor der Zeile. 5035 Blasses no vor der Zeile. 5037 Zwischen diesem und dem folgenden Vers no links am Rand. dez: korrigiert aus daz, a durchgestrichen, e über dem Wort.
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An pheyffern vn an chläynet Sam es die lere maynet Zerung vmb die ritter¢chaft Wi¢¢ die i¢t vil erhaft Sund’leich la¢¢ dich herparmen Vber deinen freunt vil armen Pauw nicht heu¢er durch den tod Dich zwingi dann die ¢tarke not Won gemachecz haus ge¢cribes buch Be¢chlaffens weib ver¢nitten tuch Dar zu hefen alter plunder So wolfeil ¢ind es i¢t ein wunder Triefens tach man be¢¢ern mag Schadli wager dann ein ¢chad Erber gwand vn nicht ze reich Wi¢¢ daz i¢t gar lobeleich J¢t ¢auber nicht be¢chi¢¢en Wol vernäyt noch ¢o zerri¢¢en Vnd daz gewönleich ¢ey der zeit Neuwer ¢itt die narren reyt Hünren ge¢chray vn gen¢en g¢anch Hòrr vil gern des gwin¢t du danch Dein hund daz ¢ey ein rud vil gut Der dir daz dein be¢chirm mit hut Co¢t i¢t gut vmb kinder ler Mit haym¢teur auch daz dein verczer Täyl¢t den armen mit dein hab Daz volgt dir nach bis ı dein grab Doch be¢ich ı deinem ¢in Daz dir vil grö¢¢er ¢ey der gwin Dann die zerung alle tag Won ein ge¢chicht dir chomen mag Die dir zucht ı einem zeiten Deinen gwin von langen zeiten Wie man auer gewinne ¢chol Bewaren ¢ich vor ¢chaden wol Daz ¢ag ich dir vil recht her aus Bis du herr ı deine haus Wi¢¢ vnd träyt dein weib die pruch Sey wirt dein hagel vn dein fluch Wider got vnd ¢ein gepott Hier zu wir¢t der leuten ¢pott Dar vmb ¢o ¢icz ir auf dem nak Vnd halt ¢ey ¢am den fuchs im ¢ak Schaff daz ¢ey behalt vil eben
Text nach Ed. Wießner An pheiffern und an chlainet, 5040 5040 Sam es die lere mainet, Zerung umb die ritterschaft, Wiss, die ist vil erhaft! Sunderleich lass dich herparmen Über deinen freunt vil armen! 5045 5045 Pauw nicht heuser durch den tod, Dich zwingi dann die starke not! Won gmachetz haus, geschribens buoch, Beschlaffens weib, versnitten tuoch, Dar zuo hefen alter plunder 5050 So wolfeil sind, es ist ein wunder. 5050 Triefends tach man bessern mag: Schädli wäger dann ein schad. Erber gwand und nicht ze reich, Wiss, daz ist gar lobeleich, 5055 Ist es sauber, nicht beschissen, 5055 Wol vernait noch so zerrissen Und daz gewönleich sei der zeit; Neuwer sitt die narren reit. Hüenren gschrai und gensen gsanch 5060 Hörr vil gern! Des gwinst du danch. Dein hund daz sei ein rüd vil guot, Der dir daz dein beschirm mit huot! Cost ist guot umb kinder ler; Mit haimsteur auch daz dein verzer! 5065 Tailst den armen mit dein hab, 5065 Daz volgt dir nach bis in dein grab. Doch besich in deinem sin, Daz dir vil grösser sei der gwin Dann die zerung alle tag! 5070 Won ein geschicht dir chomen mag, Die dir zucht in einem zeisen Deinen gwin von langen zeiten. Wie man aver gwinnen schol, Bewaren sich vor schaden wol, 5075 Daz sag ich dir vil recht her aus: 5075 Bis du herr in deinem haus! Wiss, und trait dein weib die pruoch, Sei wirt dein hagel und dein fluoch Wider got und sein gepott! 5080 Hier zuo wirst der leuten spott. 5080 Dar umb so sitz ir auf dem nak Und halt sei sam den fuchs im sak! Schaff, daz sei behalt vil eben,
5044 no vor der Zeile. 5045 no vor der Zeile. Schräg links darunter eine – sechsfingrige – Zeigehand. 5047 gemachecz: zweites e über dem Wort. 5051 Triefens: ens auf Rasur. 5064 dein: ohne i-Punkt, ebenso in der folgenden Zeile, wie dem. 5077 Blasses no vor der Zeile.
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an Musikanten und für wertvolle Geschenke verschwenden – so lautet die Lehre. Aufwendungen für ein ritterliches Leben dagegen bringen, das musst du wissen, viel Ansehen ein. Dabei solltest du vor allem mit deinen verarmten Standesgenossen Mitleid haben. Bau keine Häuser für nichts und wieder nichts, sondern nur dann, wenn es wirklich notwendig ist. Denn: Ein gebautes Haus und ein geschriebenes Buch, eine beschlafene Frau und ein verschnittenes Tuch und außerdem noch Krüge mit altem Kram – die sind so wunderbar billig! Ein tropfendes Dach kann man schließlich ausbessern, und ein Schädlein ist besser als ein Schaden. Anständige, nicht zu aufwendige Kleidung, auch das solltest du wissen, ist ebenfalls erwünscht, wenn sie nur sauber und nicht vollgeschissen, solide vernäht und nicht zerrissen und auch der Jahreszeit angemessen ist. Der Wunsch nach immer neuer Mode treibt nur die Narren an. Hühnergegacker und Gänsegeschrei solltest du gern hören, bringt dir doch beides etwas ein. Dein Hund soll ein tüchtiger Wachhund sein, der dir dein Eigentum wohl bewahrt. Für die Ausbildung der Kinder ist Aufwand durchaus angebracht. Auch ihre Aussteuer solltest du dich etwas kosten lassen, und wenn du den Armen etwas abgibst, dann wird dir das bis zum Tode nicht vergessen. Allerdings solltest du immer darauf achten, dass dein Gewinn deine Ausgaben übersteigt. Schließlich kann dir etwas zustoßen, das dir in einem Zug deine Ersparnisse aus langer Zeit entzieht. Wie man aber seinen Gewinn vermehren und sich vor Schaden schützen kann, sage ich dir jetzt ganz offen: Sei du allein der Herr im Haus! Sollte nämlich deine Frau die Hosen anhaben, dann wird sie ganz gewiss dein Verderben und dein Fluch – gegen Gott und seine Gebote. Überdies wirst du zum Gespött der Leute. Deshalb musst du ihr im Nacken sitzen und sie so fest halten wie den Fuchs im Sack! Setz durch, dass sie auch wirklich bewahrt,
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Was ir ı die hend wirt geben Schaff auch mit ir ¢o ze¢tett Daz ¢ey kuchi vi¢ch vn pett Schon beräyt vn ¢auber halt Wol ¢ey pey dir werden alt Häi¢¢ ¢ey fùrben nayn vn ¢pinnen Melchen ¢augen wilt du gwinnen L䢢 ¢ey ¢elten mü¢¢ig gen Daz ¢elbig ¢cholt du auch ver¢ten Von deinen tochtren ¢o ze hant Vnd i¢t es inen vnderchant So tracht daz ¢ey es lernin ¢chier Tag vn nacht für ander vier Won was dein weib dir kunen ¢chol Daz fügt eim andern auch vil wol Dem sun emphilh daz ¢täbli nicht Sam lieb ¢ant Bernhart ¢pricht Ler in dràt nach deiner macht Hant werch oder chauffman¢chaft Vnd die g¢chrift vor allen dingen Wilt du in ze ¢elden pringen Mag er pey dir nicht werden teur So ¢chik in aus daz i¢t ¢ein ¢teur Ha¢t du knecht ı deiner hut Vertrag ir keinem vber mut Getrauw dem geleich¢ner auch nit wol Merk ein diener we¢en ¢chol Ghor¢am getreuw beleypleich Cheu¢ch vn gdultig nit gar reich Sinnig endleich ane chlagen So ¢chol er auch ein herren haben Der erber ¢ey vnd geb genug Doch grober ¢peis daz i¢t ¢ein fug Vnd der ym ¢einen lon mit macht Nichzen vorhab vber nacht Dar vmb bezal vn mach ¢eu vol Vn tracht daz ¢eus verdienen wol Vn wilt du habe ¢icher gewin So ¢te vil fru auf ¢ampt mit in Vnd ¢ich auch ¢elber zu dem vich Wilt du nit reichen hinter¢ich Wai¢¢t nicht noch daz ich da wai¢¢ Dein ¢elbers aug daz vich macht fay¢¢ Pi¢t aber faul in deiner ¢ach Dein ge¢ind ym ¢chaffet auch gmach
Text nach Ed. Wießner Was ir in die hend wirt geben! 5085 5085 Schaff auch mit ir so ze stett, Daz sei küchi, tisch und pett Schon berait und sauber halt, Wol sei pei dir werden alt! Haiss sei fürben, nän und spinnen, 5090 Melchen, säugen, wilt du gwinnen! Lass sei selten müessig gen! Daz selbig scholt du auch versten Von deinen tochtren so ze hant; Und ist es inen underchant, 5095 5095 So tracht, daz sei es lernin schier Tag und nacht für ander vier! Won was dein weib dir kunnen schol, Daz füegt eim andern auch vil wol. Deim sun emphilh daz stäbli nicht, 5100 Sam der lieb sant Bernhart spricht! 5100 Ler in drat nach deiner macht Hantwerch oder chauffmanschaft Und die gschrift vor allen dingen, Wilt du in ze selden pringen! 5105 5105 Mag er pei dir nicht werden teur, So schik in aus! Daz ist sein steur. Hast du knecht in deiner huot, Vertrag ir keinem übermuot! Getrauw dem gleichsner auch nit wol! 5110 5110 Merk, ein diener wesen schol Ghorsam, gtreuw, beleipleich, Cheusch und gdultig, nit gar reich, Sinnig, endleich ane chlagen! So schol er auch ein herren haben, 5115 5115 Der erber sei und geb genuog (Doch grober speis: daz ist sein fuog) Und der im seinen lon mit macht Nichtzen vorhab über nacht. Dar umb bezal und mach seu vol 5120 Und tracht, daz seus verdienen wol! Und wilt du haben sicher gwin, So ste vil fruo auf sampt mit in Und sich auch selber zuo dem vich, Wilt du nit teichen hintersich! 5125 Waisst nicht auch, daz ich da waiss? Dein selbers aug daz vich macht faiss. Pist aber faul in deiner sach, Dein gsind im schaffet auch gemach
5086 kuchi: zwischen k und u Tinte verlaufen. 5094 inen: erstes n mit Schlussbogen. werch: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. 5103 Vnd: V wohl aus D korrigiert. vor der Zeile. 5108 Vor der Zeile Kreuzmarkierung. 5126 macht: c über dem Wort.
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was ihr anvertraut wird, und sorg dafür, dass sie Küche, Tisch und Bett in Ordnung und sauber halten muss, wenn sie neben dir alt werden will. Lass sie putzen, nähen und spinnen, melken und die Kinder säugen, wenn du es zu etwas bringen willst. Erlaube ihr keinen Müßiggang! Deine Töchter sollst du ebenso von klein auf dazu anhalten. Sollte es ihnen noch nicht vertraut sein, so achte darauf, dass sie bald lernen, Tag und Nacht für vier andere zu arbeiten! Denn was deine Frau für dich zu schaffen vermag, das könnte noch einem anderen von Nutzen sein. Deinen Sohn schick nicht auf Wanderschaft, wie ja auch unser teurer Sankt Bernhard empfiehlt. Wenn du sein Glück fördern willst, dann bilde ihn, soweit du es vermagst, in einem Handwerk oder als Kaufmann und vor allem im Lesen und Schreiben aus. Wenn er bei dir nichts Rechtes lernen kann, dann schick ihn aus dem Haus! Das ist seine Aussteuer. Wenn du Gesinde im Haus hast, so dulde bei keinem Hochmut! Trau dem Heuchler nicht über den Weg, sondern denk immer daran, dass ein Diener gehorsam, treu und zuverlässig sein soll, ebenso enthaltsam, geduldig und nicht zu vermögend, klug und flink, ohne sich zu beklagen. Umgekehrt sollte sich auch sein Herr anständig verhalten und ihn ausreichend versorgen, aber nur mit einfacher Kost: Die passt zu ihm. Und seinen Lohn soll er ihm nicht willkürlich von heute auf morgen vorenthalten. Also gib den Dienern ihren Lohn und mach sie satt, achte aber darauf, dass ihnen das auch wirklich zukommt. Wenn du erfolgreich wirtschaften willst, dann steh frühmorgens mit ihnen auf und schau selber nach dem Vieh, wenn du nicht ins Hintertreffen geraten willst! Ist dir denn nicht bekannt, was ich weiß? Nur dein Blick macht das Vieh fett! Wenn du allerdings dein Tagwerk träge angehst, dann wird auch dein Gesinde nachlässig
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Vn gedeycht daz wir¢er i¢t Jn bö¢ gedench ze kurczer fri¢t So du dich von dem hau¢e trabe¢t Bedench waz du ze ¢chaffen habe¢t Kùm¢t du wider in dein haus Be¢ich was dir ¢ey genumen draus Vnd hat ¢ich nicht gemert dein chorn So wi¢¢ du ha¢t den tag verlorn Sein dein nach gepauren gut Des fröwe dich in deinem mut Tu in dien¢t nach deiner macht So b¢tet dein haus in langer kraft Wilt du wein vn korn verkauffen So ¢cholt zu in des er¢ten lauffen Vn geben b䢢 dann andern leuten Dar zu wil ich dir beteuten Gib auch deinen veinten hin Ze dem teur¢ten daz i¢t gewin Vn pi¢t gerochen an daz plut Daz i¢t ein ràch vor allen gut Wilt verkauffen huben täyl Oder kauffen i¢t es väyl So hut dich vor eim gemainen man Der reicher i¢t vn mer kan Oder nicht gar erber ¢ey Wilt du we¢en ¢orgen frey Doch ¢o ¢ag ich dir be¢under Be¢¢er i¢t dir zleiden hunger Dann z ferchauffen deyneu hab Dennoch be¢¢er i¢t noch ¢ag Ein täil des erbes geben dar Dann dein wuchrer ¢eczen gar Leich nicht gern du ¢ech¢t dann wem Entlehen vng’ner vil von dem Won wer ¢ich leyhens tro¢ten wil Der jo verdirbt mit ¢chanden vil Hie pey macht du ¢ehen wol Wie gern man wider gelten ¢chol Dar vmb wilt du der wicze phlegen So tu dein ge¢chäft pey g¢ùntem leben Daz du daz ¢chuldig mùge¢t ¢chaffen Deinem gùltern vor den phaffen Deynen dienern auch gedanchen Des verge¢¢ent oft die kranchen Lࢢ dim weib daz ¢ey ¢chol haben
Text nach Ed. Wießner Und gedeicht, daz wirser ist, 5130 5130 In bös gedench ze kurtzer frist. So du dich von dem hause trabest, Bedench, waz du ze schaffen habest! Kümst du wider in dein haus, Besich, was dir sei gnumen draus! 5135 Und hat sich nicht gemert dein chorn, So wiss: du hast den tag verlorn! Sein dein nachgepauren guot, Des fröwe dich in deinem muot! Tuo in dienst nach deiner macht, 5140 So bstet dein haus in langer kraft! 5140 Wilt du wein und korn verkauffen, So scholt zuo in des ersten lauffen Und geben bass dann andern leuten! Dar zuo wil ich dir beteuten: 5145 Gib auch deinen veinten hin 5145 Ze dem teursten: daz ist gwin! Und pist gerochen an daz pluot, Daz ist ein rach vor allen guot. Wilt verkauffen huoben tail 5150 Oder kauffen, ist es vail, 5150 So hüet dich vor eim gmainen man, Der reicher ist und mer kan Oder nicht gar erber sei, Wilt du wesen sorgen frei! 5155 Doch so sag ich dir besunder: 5155 Besser ist dir, zleiden hunger Dann zferchauffen deineu hab. Dennoch besser ist nach sag, Ein tail des erbes geben dar 5160 Dann dem wuochrer setzen gar. 5160 Leich nicht gern, du sechst dann, wem! Entlehn ungerner vil von dem! Won wer sich leihens trösten wil, Der jo verdirbt mit schanden vil. 5165 Hie pei macht du sehen wol, 5165 Wie gern man widergelten schol. Dar umb, wilt du der witzen phlegen, So tuo dein gschäft pei gsuntem leben, Daz du daz schuldig mügest schaffen 5170 Deinen gültern vor den phaffen, 5170 Deinen dienern auch gedanchen, Des vergessent oft die kranchen! Lass dim weib, daz sei schol haben!
5132 Bedench: zweites e über dn. 5135 Vers reicht bis an Spalte b. 5137 Zwischen diesem und dem folgenden Vers no links am Rand. 5157 deyneu: ursprünglich dieyneu, i durchgestrichen. 5162 Entlehen: Wortende auf Rasur. 5173 dim: auf Rasur, i verlaufen.
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und neigt – was die Sache schlimmer macht – schon nach kurzer Zeit zu Lug und Trug. Wenn du das Haus verlässt, überlege dir, was du alles erledigen willst. Wenn du aber nach Hause zurückkommst, schau nach, was dir alles gestohlen worden ist! Und wenn sich dein Korn nicht vermehrt hat, kannst du davon ausgehen, dass dies für dich ein verlorener Tag ist. Wenn deine Nachbarn anständige Leute sind, dann kannst du wirklich froh sein! Sei ihnen nach deinen Möglichkeiten gefällig, so wird auch dein Haus lange bestehen! Wenn du Wein und Korn verkaufen willst, solltest du beides zuerst deinen Nachbarn anbieten und es ihnen günstiger als fremden Leuten überlassen. Außerdem will ich dir noch mit auf den Weg geben: Deinen Feinden verkaufe zum höchsten Preis, das bringt dir Gewinn! So hast du dich ohne Blutvergießen gerächt, und das ist die beste Rache von allen. Wenn du einen Teil deines Landes verkaufen oder neues hinzukaufen willst, sofern es angeboten wird, dann hüte dich vor einem Makler, der reicher ist und mehr davon versteht als du und überdies in einem zweifelhaften Ruf steht: Nur so kannst du weiteren Sorgen entgehen. Ganz besonders aber gebe ich dir zu bedenken: Es ist für dich allemal günstiger, Hunger zu leiden, als dein Hab und Gut zu verkaufen. Allerdings ist es nach allgemeiner Überzeugung besser, einen Teil des Erbes zu versetzen, als es vollständig einem Wucherer zu verpfänden. Verleih dein Gut nicht leichten Herzens, es sei denn, du weißt, wem. Erst recht aber vermeide selbst etwas zu leihen, denn wer seine Hoffnung auf Leihgeschäfte setzt, der wird schließlich in Schande untergehen. Daran kannst du deutlich erkennen, wie bereitwillig man seine Schulden zurückzahlen soll. Wenn du also klug bist, setz dein Testament auf, solange du noch bei voller Gesundheit bist, damit du deinen Gläubigern – bevor die Pfaffen zugreifen – ihr Eigentum rückerstatten und dich auch deinem Gesinde erkenntlich zeigen kannst: Das vergessen die Todkranken oft genug. Überschreib auch deiner Frau, was ihr zusteht.
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Dar zu ¢cholt ir freuntleich ¢agen Ob got geputte vber dich Daz ¢ey mit eren halte ¢ich Vn daz ¢ie durch der kinder wegen Durch andàcht vn vmb be¢¢er leben Gerüch zbeleiben àn ein chan Mùg ¢ey manes we¢en an Doch ¢chol du ¢ie des nicht zwingen Mit sweren gelt noch andern dingen Won be¢¢er i¢t ein wirt mit recht Dem weib dann herr oder knecht Hilf auch ba¢ vnd gar ge¢wind Der tochter vn dem chlainen chind Dann denn ge¢untten ¢tarken knaben Die ¢ich ¢elber mugent betragen Ze le¢ten rat de ¢unen dein Ob ¢eu kauffleut wellent ¢ein Daz ¢eu ¢ich täyllin vnter in So ¢tellend¢ de¢ter ba¢ nach gwin Schullens we¢en hantwerch g¢ellen So lࢢ ¢eu tun nach irem wellen Trachtend ¢eu nach mü¢¢ig gen So hai¢¢ ¢eu pey ein ander ¢ten Vngetäylt daz i¢t ı gut Won jedes haubt daz wil ¢ein hut Yeleich haus daz wil ¢ein feur Nicht mer ¢o ¢ag ich dir ze¢teur Do nu der ler ein end ward Friczo der ¢p~ch an der vart Nu dar herr Perchtolt hör¢t du das Wilt es tun vnd dannoht bas Das ¢ag vns auf die treuwe dein So gib ich dir die tochter mein Triefna¢¢ andacht die was grö¢¢ Gen ¢eines lieben Mäczleins ¢cho¢¢ Vnd tett recht ¢am Fuchs Raynhart Der vmb die fay¢¢en hennen warb Vnd verhie¢¢ pey ¢einem äid Ze allen dingen ¢ein berayt Die ein fromer wei¢er knecht Lay¢ten ¢cholt vn tun von recht Da mit ¢o wurden ¢o behent Zwo der be¢ten hin ge¢ent Jn die kùchi aus dem ràt Vmb die praut die eylten dràt
Text nach Ed. Wießner Dar zuo scholt ir freuntleich sagen, 5175 5175 Ob got gepütte über dich, Daz sei mit eren halte sich Und daz sie durch der kinder wegen, Durch andacht und umb besser leben Geruoch zbeleiben an ein chan, 5180 5180 Müg sei mannes wesen an. Doch schol du sie des nicht zwingen Mit sweren, gelt noch andern dingen; Won besser ist ein wirt mit recht Dem weib dann herr oder knecht. 5185 5185 Hilf auch bas und gar geswind Der tochter und dem chlainen chind Dann den gesuntten starken knaben, Die sich selber mugent betragen! Ze lesten rat den sünen dein, 5190 Ob seu kauffleut wellent sein, 5190 Daz seu sich taillin unter in! So stellends dester bas nach gwin. Schüllens wesen hantwerchgsellen, So lass seu tuon nach irem wellen! 5195 Trachtend seu nach müessig gen, 5195 So haiss seu pei ein ander sten Ungetailt! Daz ist in guot; Won iedes haubt daz wil seinn huot, Ieleich haus daz wil sein feur. 5200 Nicht mer so sag ich dir ze steur.’ 5200 Do nu der ler ein end ward, Fritzo der sprach an der vart: ‘Nu dar, herr Perchtolt, hörst du das? Wilt es tuon und dannoht bas, 5205 Das sag uns auf die treuwe dein: 5205 So gib ich dir die tochter mein!’ Triefnass andacht die was gross Gen seines lieben Mätzleins schoss Und tett recht sam fuchs Rainhart, 5210 Der umb die faissen hennen warb, 5210 Und verhiess pei seinem aid, Ze allen dingen sein berait, Die ein fromer, weiser knecht Laisten scholt und tuon von recht. 5215 Da mit so wurden so behent 5215 Zwo der besten hin gesent In die küchi aus dem rat Umb die praut. Die eilten drat
5182 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: ij. 5201 Zeigehand in blasser Tinte auf dem linken Rand, Doppelstrich vor der Zeile. 5209 Vers reicht bis an Spalte b. 5215 Doppelstrich vor der Zeile.
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Außerdem solltest du sie freundlich ermahnen, ihr Leben, wenn Gott dich zu sich nimmt, in Anstand zu führen und um der Kinder willen, aber auch im Gedenken an Gott und für das ewige Leben, künftig ohne Ehemann zu leben, wenn sie es denn vermag. Allerdings solltest du sie dazu nicht mit Schwüren, Geld oder noch anderen Mitteln zwingen. Denn ein rechtmäßiger Gatte wäre für die Frau noch besser als ein illegitimes Verhältnis mit ihrem Herrn oder Knecht. Schließlich solltest du in deinem Testament Töchter und kleine Kinder großzügiger bedenken als gesunde und kräftige Söhne, die sich selbst ernähren können. Zu guter Letzt rate deinen Söhnen, dass sie, wenn sie Kaufleute werden wollen, das Erbe unter sich aufteilen. Ihre Chance auf Gewinn wird damit umso größer. Werden sie Handwerksgesellen, dann sollten sie selbst aussuchen, wie sie verfahren wollen. Wenn sie den Müßiggang vorziehen, fordere sie dazu auf, das Erbe ungeteilt zu lassen: Das ist vorteilhafter für sie. Denn jeder Kopf will seinen eigenen Hut und jedes Haus braucht seine eigene Feuerstelle. Weiteres habe ich zu deiner Anleitung nicht beizusteuern.“ Als die Unterweisung damit abgeschlossen war, fragte Fritz sogleich: „Nun, mein lieber Herr Berthold, hast du das alles gehört? Wenn du ehrlich versprichst, das alles zu befolgen und noch zu übertreffen, dann will ich dir meine Tochter geben!“ In Andacht versunken, waren Triefnas’ Gedanken allein auf den Schoß seiner lieben Mätzli gerichtet. Und so machte er es genauso wie der Fuchs Reinhart, der um eine fette Henne warb, und schwor, dass er jederzeit all das erfüllen wolle, was von einem anständigen jungen Mann zu Recht erwartet werde. Darauf wurden schnell zwei der Angesehensten aus dem Rat in die Küche nach der Braut geschickt. Die beeilten sich,
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Vnd kament ze den ¢elben ¢tunden An die ¢tat da ¢eu ¢ey funden Vnd ¢prachent wi¢¢ wir ¢chullen han Daz pettenprot du ha¢t einn man Des was fro Mäczli ¢under fro Wer i¢t der dann ¢p~ch ¢eu do Daz i¢t trun Pert¢chi Triefna¢¢ Der dein ¢elten ye verga¢¢ Was Mäczel vor hin fro gewe¢en Von fröden mocht ¢ey kaum gene¢en Jn ammacht viel ¢ey ye¢o nider Des hulffend ir die andern wider Vnd machten ¢ey vil ¢chön da her Mit ¢alben von capponer ¢mer Mit pür¢ten vn auf machen Sam ¢itt i¢t ze den ¢achen Da mit ¢o furten ¢eis da hin Des ¢p~ch fro Mäczel ¢o zu in Jch wai¢¢ nicht wie ich gèpare ¢chol Die ein die ¢agt ich ler dich wol So man dir heuet al¢o an Wilt du Pert¢chı ze dem man So ¢cholt du dich des er¢te weren Enwench daz ¢tet dir wol ze eren Do ¢eu nu zu den andern chamen Hort in gottes name amen Sprach Och¢enchropf hie ¢chol g¢chehen Ein ee des ¢chölt es mir veriehen Sag an Percholt pey deinr treuw Got woll daz es dich nicht geruw Wilt du Mäczen zu der ee Bert¢chim dem was al¢o we Von fröden in dem herczen ge¢chehen Do er ¢ey hiet komen ¢ehen Dar zu was er vngewàn Ze einer ¢ach al¢o getan Daz ym die härel giengen ze perg Wie chaum be¢tund er auf der erd Vn mocht recht ge¢prechen ja Dar vmb ¢o was ¢ein antwurt gra Des ward do nicht geachtet ¢o Zu Mäczen chert er ¢ich aldo Vnd ¢p~ch nu ¢ag nu ¢ag auch Mäczel an
Text nach Ed. Wießner Und kament ze den selben stunden 5220 5220 An die stat, da seu sei funden, Und sprachent: ‘Wiss, wir schüllen han Daz pettenprot: du hast einn man.’ Des was fro Mätzli sunder fro. ‘Wer ist der danne?’ sprach seu do. 5225 5225 ‘Daz ist, trun, Pertschi Triefnas, Der dein selten ie vergass!’ Was Mätzel vor hin fro gewesen, Von fröden mocht sei kaum genesen. In ammacht viel sei ieso nider; 5230 Des hulffend ir die andern wider 5230 Und machten sei vil schön da her Mit salben von capponer smer, Mit pürsten und auf machen, Sam sitt ist ze den sachen. 5235 5235 Da mit so fuorten seis da hin. Des sprach fro Mätzel so zuo in: ‘Ich waiss nicht, wie ich gparen schol.’ Die ein die sagt: ‘Ich ler dichs wol. So man dir hevet also an: 5240 “Wilt du Pertschin ze dem man?” 5240 So scholt du dich des ersten weren Enwench: daz stet dir wol ze eren.’ Do seu nu zuo den andern chamen, ‘Hört in gottes namen! Amen,’ 5245 Sprach Ochsenchropf. ‘Hie schol geschehen Ein ee; des scholt es mir verjehen: Sag an, Perchtolt, pei deinr trüw (Got woll, daz es dich nicht gerüw!), Wilt du Mätzen zuo der ee?’ 5250 Bertschin dem was also we 5250 Von fröden in dem hertzen gschehen, Do er sei hiet komen sehen (Dar zuo was er ungewon Ze einer sach also getan), 5255 Daz im die härel giengen zperg. 5255 Wie chaum bestuond er auf der erd Und mocht recht gesprechen: ‘Ja!’ Dar umb so was sein antwurt: ‘Gra!’ Des ward do nicht geachtet so. 5260 5260 Zuo Mätzen chert er sich aldo Und sprach: ‘Nu sag auch, Mätzel, an:
5223 Doppelstrich vor der Zeile. 5224 der: d über dem Wort eingefügt. 5228 Doppelstrich vor der Zeile. 5235 Doppelstrich vor der Zeile. 5243 Doppelstrich vor der Zeile. 5245 Doppelstrich vor der Zeile. 5246 ee: auf Rasur. 5256 er: über der Zeile. 5261 ¢ag nu ¢ag: zwischen den Worten Haarstriche.
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kamen umgehend dorthin, wo sie sie auch fanden, und sagten zu ihr: „Hör zu, wir haben uns das Botenbrot verdient: Du hast einen Mann!“ Darüber war Frau Mätzli überglücklich. „Wer ist’s denn?“, fragte sie. „Mensch, es ist Bertschi Triefnas, der dich nie vergessen hat.“ Hatte sich Mätzel bislang schon gefreut, so wusste sie sich jetzt vor Freude nicht zu halten. Ohnmächtig fiel sie zu Boden, doch halfen ihr die anderen wieder auf die Beine, richteten sie mit Salben aus Hahnenfett und mit Bürsten schön her und machten sie so zurecht, wie es zu solchen Anlässen üblich ist. Und so geleiteten sie sie zurück in den Rat. Die Dame Mätzel allerdings sagte zu ihnen: „Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mich verhalten soll.“ Darauf antwortete ihr eine: „Das kann ich dir erklären. Wenn man dich fragt: ‚Willst du Bertschi zum Mann haben?‘, dann musst du dich erst noch etwas zieren, denn das ist gut für deinen Ruf.“ Als sie bei den anderen angelangt waren, sagte Ochsenkropf: „Hört her, in Gottes Namen, amen, hier soll eine Ehe geschlossen werden. Nun also sollt ihr mir bekennen: Du, Berthold, sag mir ganz ehrlich – und möge Gott geben, dass es dich niemals reut – willst du Mätze zur Frau haben?“ Schon als er sie hatte kommen sehen, war Bertschi vor Freude im Herzen so weh zumute überhaupt war er mit einer Angelegenheit wie dieser nicht vertraut –, dass ihm sämtliche Haare zu Berge standen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten und deutlich ‚Ja!‘ sagen; deshalb wurde seine Antwort zu einem ‚Gra!‘. Doch fand das keine Beachtung. Nun wandte sich Ochsenkropf an Mätze und fragte sie: „Sag mal, Mätzel, sag mal:
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Text nach Ed. Wießner
Wilt du Pert¢chin ze dem man Mäcz gedacht ir an daz lerren Vnd ward ¢ich heuen an ze werren Mit fü¢¢en vn mit elnpogen Schlug ¢ey vmb ¢o wol gezogen Daz der frawen wol auf vier Vielend nider al¢o ¢chier Do ¢p~ch Friczo an der vart Tochter ¢cham dich nicht ¢o hart Vnd nim du Bert¢chin zu der ee Sey ¢wayg er fràget auer me Do ¢p~ch ¢ey ¢ta geuelt es dir Al¢o ward mit payder gir Die ee ye¢o ge¢chaffen An ¢chüler vnd an phaffen Des nam ¢o Per¢chi fürher do Ein fingerli geworcht al¢o Es was von pley vn vberzint Mit einem ¢tain ¢am ich es vind Der hie¢¢ ein ¢apheyr von glas Dar vmb von harcz ein g¢melcze was Mit na¢wa¢¢er dùrch la¢eurt Dar zu was es auch ge¢teurt Mit zwain perlen von den augen Aus dem vi¢ch daz ¢chùlt es glauben Er ¢tie¢¢ irs ye¢o an die hand Secht do hub ¢ich ¢oleich ¢chand Den preutgon ane zelauffen Jm har vn part aus rauffen Al¢o daz er an der vart Mit enander glaczocht ward Bert¢chi wäint die andern ¢ungen Vnd für die tür her aus drungen Seu ¢chreuwet va¢t vn dannocht me Pert¢chi Mäczen hat zur ee Genomen heut vil fru fru fru Da ¢chlach geluk vn hayle zu Die mär die chament ¢o zehant Gen Glaris vn in Sweiczerland Gen Appenczell jns Lauental Vn auf daz Marchuelt vberal Jn Prettengö vn auf die Alben Auf die Scherr vn allenthalben Man lud die nàch gepauren Dar zu die vil ¢auren
Wilt du Pertschin ze dem man?’ Mätz gedacht ir an daz lerren Und ward sich heven an ze werren: Mit füessen und mit elnpogen 5265 Schluog sei umb so wol gezogen, Daz der frawen wol auf vier Vielend nider also schier. Do sprach Fritzo an der vart: ‘Tochter, scham dich nicht so hart 5270 Und nim du Bertschin zuo der ee!’ Sei swaig; er fraget aver me. Do sprach sei: ‘Sta, gevelt es dir.’ Also ward mit paider gir Die ee ieso geschaffen 5275 An schuoler und an phaffen. Des nam so Pertschi fürher do Ein fingerli geworcht also: Es was von plei und überzint, Mit einem stain, sam ich es vind, 5280 Der hiess ein sapheir von glas; Dar umb von hartz ein gsmeltze was, Mit naswasser durch laseurt; Dar zuo was es auch gesteurt Mit zwain perlen von den augen 5285 Aus dem visch: daz schült es glauben. Er stiess irs ieso an die hand. Secht, do huob sich söleich schand, Den preutgon an ze lauffen, Im har und part aus rauffen, 5290 Also daz er an der vart Mit enander glatzocht ward! Bertschi waint, die andern sungen Und für die tür her aus drungen; Seu schreuwent vast und dannocht me: ‘Pertschi Mätzen hat zuor ee Genomen heut vil fruo, fruo, fruo: Da schlach gelük und haile zuo!’ Die mär die chament so zehant Gen Glaris und in Sweitzerland, 5300 Gen Appentzell, ins Lauental Und auf daz Marchvelt überal, Ins Prettengö und auf die Alben, Auf die Scherr und allenthalben. Man luod die nachgepauren 5305 Dar zuo, die vil sauren,
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5263 Doppelstrich vor der Zeile. 5264 werren: das zweite r über dem Wort. 5268 Über der Spalte am Blattrand Vermerk, sehr klein geschrieben, unleserlich. 5269 Doppelstrich vor der Zeile. 5277 Doppelstrich vor der Zeile. Per¢chi: ¢ über dem Wort. 5286 es: s undeutlich.
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Willst du Bertschi zum Mann haben?“ Mätze erinnerte sich an die Ratschläge und begann sich zu wehren. Mit Füßen und Ellenbogen schlug sie so überaus graziös um sich, dass sogleich an die vier Frauen zu Boden fielen. Fritz sagte darauf zu ihr: „Tochter, nun schäm dich nicht so heftig und nimm Bertschi zum Mann!“ Sie aber schwieg. Da wiederholte Ochsenkropf seine Frage und erst dann antwortete sie: „Nja, wenn es dir denn gefällt.“ So wurde ihrer beider Wunsch erfüllt und die Ehe geschlossen, ohne Studierte oder Pfaffen. Nun zog Bertschi einen Ring hervor, der so gearbeitet war: aus Blei, mit Zinn überzogen und mit einem Stein versehen, der Glassaphir heißt. Eingelassen war er in Harzschmelz und mit einer Lasur aus Nasenrotz überzogen, außerdem geschmückt mit zwei Perlen, die Fischaugen waren: Das dürft ihr ruhig glauben! Er steckte ihr den Ring an die Hand. Doch seht: Nun begann man, so heftig auf den Bräutigam loszugehen und ihm Haar und Bart auszureißen, dass er dabei zu einem Glatzkopf wurde. Bertschi heulte, die anderen sangen und drängten aus dem Haus heraus. Dabei schrien sie nach Leibeskräften: „Bertschi Mätz zur Frau nun hat seit morgens in der Früh-üh-üh. Das Glück, das folge ihnen nach, verbanne alle Müh!“ Die Nachricht gelangte umgehend nach Glarus und ins Land um Schwyz, nach Appenzell, ins Lauental und auf das Marchfeld, in den Prättigau und auf die Alb, auf die Scheer und sonst noch wohin. Nun lud man die Nachbarn ein, darunter auch ziemlich üble:
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Text nach Ed. Wießner
Aus dem dorff von Ni¢¢ingen Von Seurren¢torff vn Rùczingen Der machten ¢ich vil ¢chier dar Mit gro¢¢em ge¢chray ein michel ¢char Mit iren dorffmäczen Die ¢chùlt es alle ¢chäczen Nach dem vn ¢eu auch ¢eyn genat Hört ¢eu ¢ein mir all bechant Von Ni¢¢ingen was Galgen¢wanch Sein fromer vber ¢eine danch Dar zu Gerwig Schind den Nak Mit ¢eine ge¢ellen Scheub in Sak Dietreych von dem Gatter Vn Guggin¢ne¢t ¢ein gefatter Storchenpayn vn Arnolt Harn¢täin vn Chriembolt Vn ¢u¢t vil junger drappen Die man da zalt für chnappen Der diernen was ein micheltayl Die er¢t hie¢¢ Chùczeldarin die gayl Die ander Gredul Vngem䢢 Die dritte Ändel Pfeffer Ray¢¢ Die reudig wa¢¢er¢chepferin Vn die ¢chön fro Gnepferin Von Seurren¢törff ir chamen vier Daz was der Pal¢ter¢ach der zyer Teufel¢gaden Schabenloch Vn der grindig Gùggoch Der tochtren trun der warent zwo Daz waz fro Lena Vall ins Stro Vnd Sophya ir ge¢pil Der andern der was nicht gar vil Dann von Rùczingen ein g¢ell Den hie¢¢man Jächel Reu¢ch ind Hell Vnd ¢ein prüder Varind Wand Mit einer tochter Hùdel genant Su¢t ¢o mocht ich nicht her kennen Von andern landen noch genenen Dann einen der hie¢¢ Popphart Von Appenzell ein fie¢¢ von art Seu chament her geritten Auff e¢eln vn auch schlitten Yeder mit ¢eym wambe¢ch gut Zwäyn roten ho¢en vn ein hut Mit iren präyten ¢wingen Vn auch mit andern dingen
Aus dem dorff von Nissingen, Von Seurrenstorff und Rützingen. Der machten sich vil schiere dar Mit grossem gschrai ein michel schar Mit iren dorffmätzen. Die schült es alle schätzen Nach dem, und seu auch sein genant. Hört, seu sein mir all bechant! Von Nissingen was Galgenswanch, 5315 Ein fromer über seinen danch, Dar zuo Gerwig Schinddennak Mit seinem gsellen Scheubinsak, Dietreich von dem gatter Und Gugginsnest, sein gfatter, 5320 Storchenpain und Arnolt, Harnstain und Chriembolt Und sust vil junger drappen, Die man da zalt für chnappen. Der diernen was ein michel tail: 5325 Die erst hiess Chützeldarm die gail, Die ander Gredul Ungemäss, Die dritte Ändel Pfefferräss, Die reudig Wasserschepferin Und die schön fro Gnepferin. 5330 Von Seurrenstorff ir chamen vier: Daz was der Palstersach der zier, Teufelsgaden, Schabenloch Und der grindig Guggoch. Der tochtren, trun, der warent zwo: 5335 Daz was fro Lena Vallinsstro Und Sophia, ir gespil. Der andern der was nicht gar vil Dann von Rützingen ein gsell (Den hiess man Jächel Reuschindhell) Und sein pruoder Varindwand Mit einer tochter, Hüdel gnant. Sust so mocht ich nicht herkennen Von andern landen noch genennen Dann einen, der hiess Popphart, 5345 Von Appenzell ein fiess von art. Seu chament her geritten Auff eseln und auch schlitten Ieder mit seim wambesch guot, Zwain roten hosen und eim huot, 5350 Mit iren praiten swingen Und auch mit andern dingen.
5310 Vers reicht bis an Spalte b. dem Wort zwischen h und e.
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5311 iren: vor dem Wort ie durchgestrichen.
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die aus den Dörfern Nissingen, Schlimmdorf und Rotzingen. Von denen machte sich alsbald unter viel Geschrei eine große Schar mit ihren Dorfmädels auf den Weg. Die könnt ihr alle nach ihren Namen beurteilen. Passt auf, ich kenne sie allesamt: Aus Nissingen kam Galgenvogel, der nur ganz aus Versehen mal tüchtig war, dazu Gerwig Schlagdochzu mit seinem Kumpanen Schiebinsack, Dietrich vom Gatter und seine Verwandten Guckinsnest, Storchenbein und Arnold, Harnstein und Chriembold und noch weitere junge Trampel, die man dort als Knappen betrachtete. Auch viele Mädchen waren dabei: Die erste hieß die fröhliche Juckdenarsch, die zweite Gretel Maßlos, die dritte Anne Pfefferscharf, sowie die räudige Wasserschöpferin und die schöne Frau Hinkefuß. Aus Schlimmdorf kamen vier: Es waren der feine Polstersack, ferner Teufelshaut, Mottenloch und Kuckuck mit der Krätze. Und, weiß Gott, zwei Mädels waren auch dabei: Es waren die Damen Lena Fallinsstroh und Sophia, ihre Freundin. Von den anderen kam kaum jemand mit, außer einem Burschen aus Rotzingen – der hieß Jäckel Fahrzurhölle – sowie seinem Bruder Kopfgegendiewand und dessen Tochter, namens Schlampe. Ansonsten könnte ich aus anderen Gegenden niemanden nennen, nur einen einzigen, der hieß Bopphart und war ein Draufgänger hohen Standes aus Appenzell. Sie kamen auf Eseln angeritten und auch auf Schlitten, ein jeder in seinem Wams, mit roten Hosen und einem Hut bekleidet, dazu mit ihren breiten Messern und anderem Zeug versehen.
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Text nach Ed. Wießner
Etleich chament gangen Mit iren hùlczin ¢tangen Die mäczel warent all bechlayt Mit wei¢¢en chitteln ¢chon berayt Jr ¢chäppel hieten plumen glancz Jr ¢chùhel nebent den lùchern gancz Seu zogten her mit ir vermacht An der ¢elben ¢amp¢tag znacht Jn daz dorff ze Lappenhau¢en Mit iren ¢ùmbern jn dem ¢au¢en Dem nicht enward des hau¢es gmach Der nam den hymel für ¢ein tach Vnd die ¢tra¢¢e für daz gefider Secht die vegtens auf vn nider Mit wüten all die langen nacht Daz niemant vor in g¢chlaffen macht Auf dem häw noch in dem ¢tro Dis tribens bis ann tag al¢o Seu lie¢¢end keinen kerczen tragen Des cham der preutgòm do ze¢chaden Der ¢eynn e¢el hiet ge¢chunden Für die ku ze denen ¢tunden Vn hiet daz flai¢ch ze kuchi pracht Der wär ioch dannocht nie gedacht Hiet er zu dem andern tag Den e¢el funden an der ¢tät Do er die haut do ligen ¢ach Zu ¢eine gro¢¢en vngemach Do nu die nacht ¢ich ¢o vergieng Vnd der liechte tag an vieng Gùnterfay ¢ein bek der¢chal Ze Lappenhau¢en v` ber al Yeder man ¢ich macht her für Für des jungen Pert¢chis tür Die fràwen vnd die magetteyn Machten ¢ich zur praut hin eyn Da mit ¢o laut man zu der me¢¢ Daz ich des pe¢ten nicht verg袢 Sprach do Pert¢chi Trieffnas Jch han nicht phenn¯ıg daz i¢t daz Ze opfern ¢am ich pilleich ¢chol Do ¢prachent ¢eu dem tun wir wol Häi¢¢ dirs an einn raba¢ch ¢neiden Wilt tu nicht die ¢chande leiden Al¢o giengen ¢eu da mit
Etleich chament gangen Mit iren hültzin stangen. Die mätzel warent all bechlait 5355 Mit weissen chitteln schon berait (Ir schäppel hieten pluomen glantz), Ir schüehel nebent den lüchern gantz. Seu zogten her mit ir vermacht An der selben sampstags nacht 5360 In daz dorff ze Lappenhausen Mit iren sümbern in dem sausen. Dem nicht enward des hauses gmach, Der nam den himel für sein tach Und die strasse für daz gfider. 5365 Secht, die vegtens auf und nider Mit wüeten all die langen nacht, Daz niemant vor in gschlaffen macht Auf dem häw noch in dem stro! Dis tribens bis ann tag also. 5370 Seu liessend keinen kertzen tragen; Des cham der preutgom do ze schaden, Der seinn esel hiet geschunden Für die kuo ze denen stunden Und hiet daz flaisch ze küchi pracht. Des wär joch dannocht nie gedacht, Hiet er zuo dem andern tag Den esel funden an der stat, Da er die haut do ligen sach Zuo seinem grossen ungemach. 5380 Do nu die nacht sich so vergieng Und der liechte tag an vieng, Gunterfai sein bek derschal Ze Lappenhausen über al. Ieder man sich macht her für 5385 Für des jungen Pertschis tür; Die frawen und die mägettein Machten sich zuor praut hin ein. Da mit so laut man zuo der mess. ‘Daz ich des pesten nicht vergess’, 5390 Sprach do Pertschi Triefnas, ‘Ich han nicht phenning (daz ist daz) Ze opfern, sam ich pilleich schol.’ Do sprachent seu: ‘Dem tuon wir wol; Haiss dirs an einn rabasch sneiden, 5395 Wilt du nicht die schande leiden!’ Also giengen seu da mit
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5356 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iij. 5362 iren: n korrigiert aus m. 5370 ann: Wortanfang durch Unterlänge aus der vorhergehenden Zeile verdeckt, inn? 5386 tür: vor dem Wort h durchgestrichen.
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Einige kamen mit ihren hölzernen Stangen daher. Die Mädels trugen hübsche weiße Kittel, ihre Haarkränze leuchteten von Blumen und ihre Schühchen waren bis auf die Löcher noch ganz. Sie alle zogen, so gut sie eben konnten, an diesem Samstagabend mit ihren Pauken unter mächtigem Getöse in das Dorf Lappenhausen ein. Wer in keinem Haus Unterschlupf fand, der nahm den Himmel als Dach und die Straße als Federbett. Stellt euch vor, die ganze lange Nacht sausten sie lärmend rauf und runter, so dass ihretwegen niemand Schlaf fand, sei es nun auf Heu oder Stroh. Das trieben sie so bis zum nächsten Morgen. Niemanden ließen sie Lichter tragen, was dem Bräutigam Schaden brachte: Der hatte in der Nacht seinen Esel anstelle der Kuh geschlachtet und das Fleisch zur Küche gebracht. Das mit der Kuh wäre gar nicht bemerkt worden, wenn er am nächsten Tag den Esel an der Stelle gefunden hätte, wo er nun zu seinem Entsetzen die Eselshaut liegen sah. Als die Nacht zu Ende ging und der helle Tag heraufzog, ließ Konterfax überall in Lappenhausen sein Becken erschallen. Alle Männer zogen vor das Haus des jungen Bertschi, die Frauen und Mädchen in das Haus der Braut. Da begann es zur Messe zu läuten. „Ich will das Wichtigste nicht vergessen“, sagte Bertschi Triefnas, „die Sache ist: Ich habe überhaupt kein Geld für den Opferstock, obwohl der Brauch das ja verlangt.“ Sie antworteten: „Das regeln wir schon. Lass es dir einfach aufs Kerbholz schreiben, wenn du nicht ins Gerede kommen willst.“ Und nun gingen sie alle zusammen
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Text nach Ed. Wießner
Ze chirchen do das was der ¢itt Die jungen man die giengen vor Die alten nach durch alleu tör Die jungen frawen giengen nàch Die alten vorhin gar ze gach Do nu die me¢¢ ein end genam Der pharrer hub ze ¢agen an Hört ir frauwen vn jr knecht Wi¢¢t es i¢t der kyrchen recht Daz einr ein chan im nemen ¢chol Offenleich ¢o tüt er wol Nicht ¢o haymleich ane pfaffen Dar zu i¢t mit vns ge¢chaffen Daz wir chùndin vberlaut Von dem prautgonn vn d’ praut Vnd vor allem volk dar zu Jn der kyrchen ¢pàt vn fru Ob yemant wär vn we¢en ¢cholt Der da wider ¢prechen wolt Dar vmb gepeut ich pey dem pan Wer der i¢t der bewaren chan Daz die ee nicht redleich ¢ey Der ¢ag es ze der vart hie pey Des chroch ein altes weib her für An einem ¢tab ¢ey ¢p~ch ich ¢pür Daz Pert¢chi mit des tiefels ràt Sein treuw an mir geprochen hat Es i¢t ein jar vn nicht vil me Daz er mir ¢chlechcz verhie¢¢ der ee Des wurdens älleu lachent do Vnd gen pharrer ¢prechent ¢o Wi¢¢t die e was ge¢chaffen Vor mùnchen vn vor phaffen Dar vmb ¢o nem ym yeder ge¢ell Ein fràuwen do er gerne¢t well Vmb die red die da ge¢chach Von dem weib die in an ¢prach Ward hertäilt ze Lappenhau¢en Daz ¢ey ¢cholt ein bruche lau¢en Vn ge¢äch ¢ey noch ¢o wol Sam ein eweib ge¢ehen ¢chol Daz ¢ey möcht der kennen Die laus vn dar zu prennen Vnd lie¢¢ die knöpfe ¢til ¢ten
Ze chirchen do: das was der sitt. Die jungen man die giengen vor, Die alten nach durch alleu tor. 5400 Die jungen frawen giengen nach, Die alten vorhin gar ze gach. Do nu die mess ein end genam, Der pharrer huob ze sagen an: ‘Hört, ir frauwen und ir knecht! 5405 Wisst, es ist der kirchen recht, Daz einr ein chan im nemen schol Offenleich (so tuot er wol), Nicht so haimleich, ane pfaffen! Dar zuo ist mit uns geschaffen, 5410 Daz wir chündin überlaut Von dem preutgom und der praut Und vor allem volk dar zuo In der kirchen spat und fruo, Ob iemant wär und wesen scholt, 5415 Der da wider sprechen wolt. Dar umb gepeut ich pei dem pan: Wer der ist, der bwären chan, Daz die ee nicht redleich sei, Der sag es ze der vart hie pei!’ 5420 Des chroch ein altes weib her für An einem stab; sei sprach: ‘Ich spür, Daz Pertschi mit des tiefels rat Sein treuw an mir geprochen hat. Es ist ein jar und nicht vil me, 5425 Daz er mir schlechtz verhiess die ee.’ Des wurdens älleu lachent do Und gen dem pharrer sprechent so: ‘Wisst, die e was gschaffen Vor münchen und vor phaffen! 5430 Dar umb so nem im ieder gsell Ein frauwen, do er gernest well!’ Umb die red, die da geschach Von dem weib, die in an sprach, Ward hertailt ze Lappenhausen, 5435 Daz sei scholt ein bruoche lausen Und, gesäch sei noch so wol, Sam ein eweib gsehen schol, Daz sei möcht derkennen Die läus und dar zuo prennen 5440 Und liess die knöpfe stille sten,
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5399 Doppelstrich vor dem Vers. 5401 frawen: w mit einem überzähligen Bogen. 5405 Hört: H korrigiert aus J. 5412 prautgonn: ursprünglich prautgom, e über a geschrieben, a durchgestrichen, e und Teil des Tilgungsstrichs wieder radiert, m durch Anhängen eines Bogens in nn korrigiert. 5421 Doppelstrich vor der Zeile. 5427 lachent: n mit Schlussbogen. 5432 well: e aus o korrigiert.
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zur Kirche, wie es Brauch war. Die jungen Männer kamen zuerst, die alten folgten ihnen durch alle Tore. Die jungen Frauen kamen am Ende des Zugs, während die alten sich nach vorn drängten. Als die Messe dann zu Ende ging, begann der Pfarrer mit einer Ansprache: „Hört her, ihr Frauen und Burschen! Ihr müsst wissen: Das Kirchenrecht verlangt, die Ehe öffentlich einzugehen. So ist es richtig – nicht heimlich und ohne Pfarrer. Wir Pfarrer sind beauftragt, jederzeit und vor allen Leuten in der Kirche das Aufgebot von Braut und Bräutigam zu verkünden, damit jeder, der es möchte, dagegen Widerspruch einlegen kann. Deshalb fordere ich nun bei der Strafe des Banns: Wenn es jemanden gibt, der nachweisen kann, dass diese Ehe nicht rechtmäßig zustande kommt, der soll es hier und jetzt sagen.“ Daraufhin schleppte sich ein altes Weib an ihrem Stock nach vorn und sagte: „Nun erst merke ich, dass Bertschi auf den Teufel gehört hat und sein Treueversprechen gebrochen hat. Es ist nicht viel länger als ein Jahr her, dass er mir einfach so die Ehe versprochen hat.“ Darüber brachen alle in Gelächter aus und sagten zum Pfarrer: „Nehmt bitte zur Kenntnis, dass die Ehe gestiftet wurde, bevor es Mönche oder gar Pfaffen gab. Deshalb sollte jeder Bursche die Frau heiraten, die er am liebsten hätte.“ Über den Einspruch der alten Frau wurde in Lappenhausen das Urteil gesprochen: Sie solle eine Hose entlausen, und wenn sie noch so gut sehen sollte – wie es von einer Ehefrau verlangt werden dürfe –, dass sie die Läuse erkennen und abbrennen könne, ohne dabei die Fadenknoten zu versengen,
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Daz ¢ey ¢chölt für ¢ey alle gen Vnd bewären iren dant Wolt ¢ey Pert¢chin han zehant Des zoch der preutgonn ab ¢ein bruch Vnd ¢prach nu ¢e hin hürr nu ¢uch Vnd prenn¢t du mir des fadens knöpf Jch rei¢¢ dir aus die grawen zöph Was ¢cholman lengren di¢es le¢en Sey lie¢¢ die pey¢¢er all gene¢en Vnd graffelt an hin mit der hant Vn wo ¢ey einen ¢trike vand Der hiet ¢ein leben da verlorn Des lachtens all von rechtem zorn Der pheyffer hie¢¢ man ¢chlahen auf Vn draten hin gen Pert¢chis haus Do ¢ey nu kome zu der tür Die praut man ¢eczet ¢chon hin für Der preutgonn zu ir nider ¢a¢ Sam do des dorffes ¢itte was Des kam do Fricz vn ¢prach al¢o Euwer eren bin ich fro Vngelùk daz hau¢e ¢cheuch Dar zu wil ich geben euch Syben hennen vn ein hann Ze haym¢teur da gedenket an Dar zu gib ich euch ge¢trak Einn choczen vn ein ¢tro¢ak Vn auch einen kyttel fri¢ch Da mit i¢t ¢ey werayt ze ti¢ch Vnd auch ze pett nach vn¢erm recht Pi¢t du dann ein ¢öleich knecht Der leynlachen gerne hab So hai¢¢ ¢ey ¢pinne nacht vn tag Engelmar der kam ze ¢tund Vnd ¢chancht ym einen hau¢e hund Er ¢prach got behut euch payde Vnd auch der hund vor laide Och¢enchroph der kam hin nàch Mit einer kaczen die hie¢¢ Vach Vn ¢prach daz habt zu andr’ hut Es i¢t euch für die meu¢e gut Cholman drang do für die gemäyn Mit einem kicz daz was vil chläin Vn ¢p~ch daz ¢end ich euch ze haus
Daz sei schölt für sei alle gen Und bewären iren dant, Wolt sei Pertschin han zehant. Des zoch der preutgon ab sein pruoch Und sprach: ‘Nu se hin, hüerr, nu suoch! Und prennst du mir des fadens knöpf, Ich reiss dir aus die grawen zöph.’ Was schol man lengren dises lesen? Sei liess die peisser all genesen 5450 Und graffelt an hin mit der hant Und, wo sei einen strike vand, Der hiet sein leben da verlorn; Des lachtens all von rechtem zorn. Den pheiffer hiess man schlahen auf Und draten hin gen Pertschis haus. Do sei nu komen zuo der tür, Die praut man setzet schon hin für; Der preutgon zuo ir nider sas, Sam do des dorffes sitte was. 5460 Des kam do Fritz und sprach also: ‘Euwer eren bin ich fro. Ungelük daz hause scheuch! Dar zuo wil ich geben euch Siben hennen und ein hann 5465 Ze haimsteur: da gedenket an! Dar zuo gib ich euch gestrak Einn chotzen und ein strosak Und auch einen kittel frisch. Da mit ist sei werait ze tisch 5470 Und auch ze pett nach unserm recht. Pist du dann ein söleich knecht, Der leinlachen gerne hab, So haiss sei spinnen nacht und tag! Engelmar der kam ze stund 5475 Und schancht im einen hausehund; Er sprach: ‘Got bhüet euch paide Und auch der hund vor laide!’ Ochsenchroph der kam hin nach Mit einer katzen, die hiess Vach, 5480 Und sprach: ‘Daz habt zuo andrer huot! Es ist euch für die meuse guot.’ Cholman drang do für die gmain Mit einem kitz, daz was vil chlain, Und sprach: ‘Daz send ich euch ze haus:
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5442 Die ersten drei Zeilen zunächst rot markiert, dann grün korrigiert. 5445 Doppelstrich vor der Zeile. 5447 Vers reicht bis an Spalte b. 5448 rei¢¢: korrigiert aus rei¢¢e, e am Ende gestrichen. 5472 ¢öleich: ¢öl- korrigiert aus ¢ey. 5475 Doppelstrich vor der Zeile. 5479 Doppelstrich vor der Zeile. 5483 Doppelstrich vor der Zeile.
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dann solle sie es vor ihnen allen tun und somit ihr Geschwätz unter Beweis stellen, wenn sie Bertschi für sich gewinnen wolle. Sogleich ließ der Bräutigam seine Hose runter und rief: „Nun schau genau hin, du alte Hure, und such! Wenn du mir aber die Knoten versengst, dann reiße ich dir die grauen Zöpfe aus!“ Was soll ich noch mehr davon erzählen? Sie ließ die Quälgeister alle überleben, fingerte in der Hose hin und her und machte, wo sie einen Faden fand, diesem den Garaus. Darüber brachen sie alle in höhnisches Gelächter aus. Man forderte den Pfeifer auf, sein Becken zu schlagen, und so eilten sie zu Bertschis Haus. Als sie vor der Haustür angekommen waren, setzte man die Braut formvollendet dorthin. Der Bräutigam hingegen setzte sich zu ihr, denn so war es im Dorf Brauch. Nun kam auch schon Fritz und sagte: „Über euren Ehrentag freue ich mich sehr: Möge euer Haus von Unglück verschont bleiben! Als Aussteuer möchte ich euch sieben Hühner und einen Hahn geben, vergesst das nicht. Außerdem schenke ich euch jetzt auf der Stelle eine Decke, einen Strohsack und einen neuen Kittel. Damit ist die Braut – wie es bei uns Brauch ist – für Tisch und Bett ausgerüstet. Wenn du aber ein solcher Knabe bist, der Bettlaken schätzt, dann lass sie doch Tag und Nacht spinnen!“ Nun kam Engelmar an die Reihe und schenkte Bertschi einen Haushund und sagte dazu: „Gott möge euch vor Kummer bewahren, und der Hund auch.“ Ochsenkropf folgte mit einer Katze, die ‚Fang‘ hieß, und sagte: „Die nehmt ebenfalls zu eurem Schutz: Sie ist gut gegen Mäuse.“ Daraufhin drängelte sich Colman mit einem winzigen Zicklein vor die anderen und sagte: „Dies bringe ich euch ins Haus:
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Text nach Ed. Wießner
Da wirt ein gäy¢¢ mit hùrnern aus Jächels treuw waz nicht verlorn Er pracht ein kälbel er¢t geporn Vn ¢prach daz gehört auch wol dar zu Es mag geraten zu einer ku Do hie¢¢ einer Öttel Kriech Der trug ein äntten die was ¢iech Vnd ¢chre ym ¢e hin junger man Jch wolt ¢ie ¢elber fre¢¢en han Ein ander der hie¢¢ Bla¢ind Ä¢chen Ward do greyffend ı die tä¢chen Die phennıg nimpt man gerner Sprach er ¢e den perner Straub der hiet des gelaiches vil Vn gab dem preutgom ze dem zil Stendelwùrczen chranichper Vn ¢p~ch daz pringt man vber mer Es wirt dir zu den nöten gut Wi¢¢ ¢o man daz dinge tut Fro Läychdenman was gemütes frey Vnd ¢chancht der praut der nadelen drey Einn wierten vn zwo ¢pindlen Einn feurzeug vn zwo windelen Sey ¢prach nu mü¢¢i¢t gewinnen Mit nayggen vn auch spinnen Do gab fro El¢bet Folli Pruch Der praut ein hänfin ermeltuch Vn ¢prach daz i¢t ein genameu ¢teur Won der hanff i¢t heur ze teur Snatereyna räycht ir dar Einen ha¢pl ru¢¢ig gar Einen ¢ekel hent¢chuch zwen Die warend ¢chymlich ¢am ir zen Dannocht ward des dringens vil Einer gab einn pe¢men¢til Der ander her eim hafen trug Der dritt der bott einn e¢¢ichchrug Der fùnft einn korb der ¢ech¢t ein ¢ib Der sibend gab ein vberlid Ze einem ¢alczuas daz waz gut Der ächt ver¢chenchet einen hut Den hiet er drey¢¢ich jär getragen Dennocht mocht ern kaum verclagen Noch ¢o gab man ane zal
Da wirt ein gaiss mit hürnern aus.’ Jächels treuw was nicht verlorn; Er pracht ein kälbel erst geporn Und sprach: ‘Daz ghört auch wol dar zuo: Es mag geraten zeiner kuo.’ 5490 Do hiess einer Öttel Kriech; Der truog ein äntten, die was siech, Und schre: ‘Nu se hin, junger man! Ich wolt sie selber fressen han.’ Ein ander, der hiess Blasindäschen, Ward do greiffend in die täschen. ‘Die phenning nimpt man gerner,’ Sprach er, ‘se den Perner!’ Straub der hiet des glaiches vil Und gab dem preutgom ze dem zil 5500 Stendelwürtzen, chranichper Und sprach: ‘Daz pringt man über mer. Es wirt dir zuo den nöten guot, Wiss, so man daz dinge tuot!’ Fro Laichdenman was gmüetes frei Und schancht der praut der nadeln drei, Einn wierten und zwo spindlen, Einn feurzeug und zwo windlen; Sei sprach: ‘Nu müessist gwinnen Mit nägen und auch spinnen!’ 5510 Do gab fro Elsbet Follipruoch Der praut ein hänfin ermeltuoch Und sprach: ‘Daz ist ein gnämeu steur; Won der hanff ist heur ze teur.’ Snatereina raicht ir dar 5515 Einen haspel ruossig gar, Einen sekel, hentschuoch zwen, Die warend schimlich sam ir zen. Dannocht ward des dringens vil: Einer gab einn pesmenstil, 5520 Der ander her einn hafen truog, Der dritt der bott einn essichchruog, Der fünft einn korb, der sechst ein sib, Der sibend gab ein überlid Ze einem saltzvas (daz was guot), 5525 Der ächt verschenchet einen huot: Den hiet er dreissich jar getragen; Dennocht mocht ern kaum verclagen. Noch so gab man ane zal
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5486 hùrnern: das zweite r über dem Wort. 5488 pracht: davor ¢p ch durchgestrichen; kälbel: auf Rasur. 5495 Doppelstrich vor der Zeile. 5499 Doppelstrich vor der Zeile. 5505 Doppelstrich vor der Zeile. 5506 nadelen: das zweite e über n. 5516 ha¢pl: ursprünglich ha¢pel, e durchgestrichen. 5519 Doppelstrich vor der Zeile. 5527 Am unteren Ende der Seite mittig Kustode: iiij. 5529 Doppelstrich vor der Zeile.
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Das wird noch einmal eine richtige Ziege mit Hörnern.“ Jäckels Zuneigung hatte auch nicht nachgelassen. Er brachte ein frisch geborenes Kälbchen mit und meinte: „Das gehört auch noch hierher: Es kann sich ja durchaus zu einer Kuh auswachsen.“ Ein anderer hieß Öttel Kriech. Er trug eine kranke Ente herbei und rief: „Schau her, mein Bester, die hätte ich gut selber verdrücken können!“ Ein anderer hieß Blasindieasche. Der griff in seine Taschen und sagte: „Geld nimmt man lieber. Schau, hier hast du einen Berner Pfennig.“ Straub brachte ähnliches Zeug, schenkte dem Bräutigam Stendelwurz und Moosbeeren und behauptete: „Die bringt man aus Übersee. Sie helfen dir, musst du wissen, wenn du bei so gewissen Dingen Schwierigkeiten hast.“ Frau Täuschdenmann war ausgesprochen großzügig und schenkte der Braut drei Nadeln, einen Spindelring mit zwei Spindeln, einen Feueranzünder und zwei Windeln. Dazu meinte sie: „Nun müsstest du mit Nähen und Spinnen etwas dazuverdienen können.“ Daraufhin überreichte die Dame Elsbeth Hosenvoll der Braut ein Stück Hanftuch für Kleiderärmel mit den Worten: „Das ist doch ein passendes Geschenk, weil der Hanf in diesem Jahr viel zu teuer ist!“ Schnatterine überreichte ihr eine völlig verrußte Garnwinde, einen Beutel sowie zwei Handschuhe, die ebenso verrottet waren wie ihre Zähne. Aber es gab noch mehr Andrang: Einer schenkte einen Besenstiel, ein anderer schleppte einen Topf herbei, der dritte einen Essigkrug, der fünfte einen Korb, der sechste ein Sieb, der siebte einen Deckel für ein solides Salzfass. Der achte schenkte einen Hut, den er dreißig Jahre lang getragen hatte und den er dennoch kaum entbehren mochte. Und so schenkte man noch zahllose andere
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Schu¢¢len täller kercze¢tal Gablen rechen löffel vil Wi¢¢t daz ich euchs kùrczen wil Die weil ¢cholt man getanczet haben Do mochten ¢ey die fü¢¢ nicht tragen Von hùngers not dar vmb vil ¢chier Machten ¢ich hin auf ir vier Die ze ti¢che dienen wolten Vn ¢prachent daz ¢eu haben ¢cholten Die er¢ten ¢uppen nach ir gwan Daz was al¢o ¢chier getàn Ze fre¢¢en ward dem einn ¢o not Daz er vil nahent ¢ich ze tod Verprüget hiet ı ¢einem ¢chlund Auf ¢o ¢prang er do ze¢tund Vn ¢chlug die ¢chù¢¢el mit d’ fau¢t Daz die ¢upp her au¢¢her tau¢t Mit ¢ampt dem prot bis auf die erd Yeder ¢p~ch e ich verderb Alz gar vor hùnger e wil ich Es le¢en aus dem kàt in mich Vn wär es joch noch ba¢¢ be¢chi¢¢en Dennoch pleybt ¢eyn nicht en bi¢¢en Trun daz g¢chach es was in g¢mak Dar nàch yeder nam einn ¢ak Vnd ¢trauwt ı nider in daz gras Secht wie ¢chon ir ti¢chtuch was Man wu¢ch es äyne¢t ı dem jàr Ze dem min¢ten daz i¢t war Chöpf vn gle¢er wàren krüg Ze hefen auf gar vngefug Salcz vn wädel wärind pràcht Hieten ¢eu dar an gedacht Me¢¢ern vn durch ¢nitten Der ward da gar vermitten Ger¢tin läyb vn häbrin prot Trugens her daz was in not Ruggins ward auch dar geläyt Al¢o was der ti¢ch berayt Daz gaben auch ein ende nam Da mit ¢o hub ¢ich frauw vn man Hin zum ti¢ch ¢am ¢äw zum nu¢ch Kayner do ¢ein hende wu¢ch Dann fro Els vn Farind Ku Den was gewe¢en znot hin zu Daz ¢eu von eyllen al¢o dràt
5552 Dennoch: ursprünglich Dennocht, t gestrichen. giert aus m.
Text nach Ed. Wießner 5530 5530 Schüsslen, täller, kertzestal, Gablen, rechen, löffel vil. Wisst, daz ich euchs kürtzen wil! Die weil scholt man getantzet haben: Do mochten sei die füess nicht tragen 5535 Von hungers not; dar umb vil schier Machten sich hin auf ir vier, Die ze tische dienen wolten, Und sprachent, daz seu haben scholten Die ersten suppen nach ir gwon. 5540 Daz was also schier getan. 5540 Ze fressen ward dem einn so not, Daz er vil nahent sich ze tod Verprüeget hiet in seinem schlund. Auf so sprang er do zestund 5545 Und schluog die schüssel mit der faust, Daz die supp her aussher taust Mit sampt dem prot bis auf die erd; Ieder sprach: ‘E ich verderb Als gar vor hunger, e wil ich 5550 5550 Es lesen aus dem kat in mich. Und wär es joch noch bass beschissen, Dennoch pleibt sein nicht ein bissen. Trun, daz gschach! Es was in gsmak. Dar nach ieder nam einn sak 5555 Und strauwt in nider in daz gras. 5555 Secht, wie schön ir tischtuoch was! Man wuosch es ainest in dem jar Ze dem minsten: daz ist war. Chöpf und gleser waren krüeg 5560 Ze hefen auf gar ungefüeg. 5560 Saltz und wädel wärind pracht, Hieten seu dar an gedacht. Messern und durchsnitten Der ward da gar vermitten. 5565 Gerstin laib und häbrin prot 5565 Truogens her: des was in not; Ruggins ward auch dar gelait. Also was der tisch berait. Daz gaben auch ein ende nam. 5570 Da mit so huob sich frauw und man Hin zum tisch sam säw zum nuosch: Kainer do sein hende wuosch Dann fro Els und Farindkuo. Den was gewesen znot hin zuo, 5575 Daz seu von eillen also drat 5575
5572 wu¢ch: ¢ über c.
5574 Den: n korri-
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Schüsseln, Teller und Leuchter, Gabeln, Rechen und viele Löffel. Ihr müsst wissen, dass ich das für euch abkürzen will. Inzwischen sollte der Tanz auch schon begonnen haben, doch konnten ihre Füße sie wegen ihres quälenden Hungers nicht tragen. Aus diesem Grund rappelten sich sogleich vier von ihnen auf, die bei Tisch aufwarten wollten, und meinten, dass sie dann auch als erste ihre Suppe erhalten sollten, wie es Brauch ist. Genau so geschah es auch. Einer von ihnen war so scharf aufs Fressen, dass er sich beinahe seinen Rachen verbrüht hätte und so zu Tode gekommen wäre. Hastig sprang er auf und schlug mit der Faust so gegen die Schüssel, dass die Suppe mitsamt dem Brot zu Boden platschte. Da riefen sie alle: „Bevor ich vor Hunger verrecke, schlecke ich die Suppe lieber aus dem Dreck auf. Hier jedenfalls bleibt kein Bissen liegen, auch wenn er noch so mistig ist.“ So geschah es tatsächlich, und es schmeckte ihnen. Dann griff sich jeder einen Sack und breitete ihn im Gras aus: Nun schaut bloß, was für ein hübsches Tischtuch sie hatten. Mindestens einmal im Jahr wusch man es ganz sicher. Als Becher und Gläser dienten Krüge, die aber beinahe zu schwer waren, um sie auch nur hochzuheben. Sogar Salz und Salzstreuer hätten sie bereitgelegt, wenn sie nur daran gedacht hätten. Auf Brotmesser und geschnittenes Brot wurde hier ganz verzichtet. Vielmehr schleppten sie ganze Brotlaibe aus Gerste und Hafer herbei: Das war es, was sie brauchten. Auch Roggenbrote wurden bereitgelegt, so war der Festtisch bald gedeckt. Die Schenkerei war nun auch zu Ende. Damit drängte die ganze Gesellschaft zu Tisch wie die Schweine zum Trog: Niemand, außer der Dame Else und Kuhficker, wusch sich die Hände. Sie hatten es so eilig gehabt, an den Tisch zu kommen, dass sie vor lauter Hast sofort
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Text nach Ed. Wießner
Warend geuallen in daz kàt Die mu¢ten do des wa¢¢ers haben Daz ward in ye¢o dar getragen Farindku für El¢en ¢prang Mich duncht ym war die weile ze lang Vn hie¢¢ ym ye¢o wa¢¢er geben Daz gö¢¢ der diener ym vil eben Von höhend auf die ermel ¢ein Nicht jns pek ennit hin eyn Daz haubet er aufreket Die payn auch drichcz er ¢treket Jr bek was ein ¢ib vil wit Daz kaufft man zur hohzeit Junchfra El¢en des verdro¢¢ Vnd lieff auch zu hin da man gö¢¢ Jr ermel wurden geneczet Niemat ¢eis dergeczet Mit einer zwähel die man ¢cholt So einer die hende zwahen wolt Zwù¢chem gwand vnd pek enmitten Ge¢treket han nach hofes ¢itten So warent auch der diener negel Lang vnd ¢piczig ¢am die kegel Al¢o gtor¢t ir kayir dar ge¢mechen Jr daumen auf daz bekj ¢treken Zemen gefügt daz ¢ib auch heben Dar vmb ¢o mu¢t mans nider legen Farindku der hiet kain tuch Ze truknen dar vmb er die pruch Zu ¢einer zwähel do gewan Die was vil weit vn auf getan Er lieff da her mit ¢challe Vn ¢aczt ¢ich vber alle Fro Els ir hend ¢o lange twug Bis man daz ander gericht hertrug Woy wie ¢chier ¢ey daz der ¢ach Es tet ir läid vn vngemach Sey hiet kain pruch ¢o wolts auch nicht Das hembd mit wù¢chen tun enwicht Es was ir zlanch vn ane frucht Die hend ze winden an dem luft Vn kam gelauffen al¢o na¢¢ Wie ¢chier ¢ey auf dem är¢ ge¢a¢¢ Die fü¢¢ warent ir nicht chrumb Chrüg vn ti¢chuch ¢tie¢¢ ¢ey vmb
Warend gvallen in daz kat. Die muosten do des wassers haben: Daz ward in ieso dar getragen. Farindkuo für Elsen sprang (Mich duncht, im wär die weil ze lang) Und hiess im ieso wasser geben. Daz goss der diener im vil eben Von höhend auf die ermel sein, Nicht ins pek enmit hin ein. Daz haubet er auf reket, 5585 Die pain auch drichtz er streket. Ir bek daz was ein sib vil wit; Daz kauffet man zuor hohzit. Junchfra Elsen des verdross Und lieff auch zuo hin, da man goss. Ir ermel wurden gnetzet; Niemant seis dergetzet Mit einer zwähel, die man scholt, So einr die hende zwahen wolt, Zwüschen gwand und pek enmitten Gestreket han nach hofes sitten. So warent auch der diener negel Lang und spitzig sam die kegel. Also gtorst ir kainr dar gsmechen, Ir daumen auf daz beki streken 5600 Zemen gfüegt, daz sib auch heben; Dar umb so muost mans nider legen. Farindkuo der hiet kain tuoch Ze trüknen; dar umb er die pruoch Zuo seiner zwähel do gewan: 5605 Die was vil weit und auf getan. Er lieff da her mit schalle Und satzt sich über alle. Fro Els ir hend so lange twuog, Bis man daz ander gricht her truog. Woi, wie schier sei daz dersach, Es tet ir laid und ungemach! Sei hiet kain pruoch; so wolts auch nicht Das hembd mit wüschen tuon enwicht; Es was ir zlanch und ane frucht, 5615 Die hend ze winden an dem luft, Und kam gelauffen also nass. Wie schier sei auf dem ars gesass! Die füesse warent ir nicht chrumb: Chrüeg und tischtuoch stiess sei umb.
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5583 ermel: vor dem Wort r durchgestrichen. 5593 zwähel: vor l e oder o verkleckst, e darüber geschrieben. 5594 wolt: ursprünglich wolte, e radiert. 5596 nach: vor dem Wort Haarstrich. 5599 kayir: zwischen y und r nur ein Schaft, darüber Punkt. 5601 daz: vor dem Wort Haarstrich.
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in den Dreck gefallen waren und deshalb Wasser brauchten. Das wurde ihnen gleich gebracht. Kuhficker drängelte sich vor Else – wahrscheinlich dauerte es ihm einfach zu lange – und verlangte nach Wasser. Das goss ihm der Diener ganz sorgfältig von oben auf die Ärmel und nicht ins Waschbecken und hielt dabei den Kopf empor sowie die Beine kerzengerade gestreckt. Das Waschbecken war ein weitmaschiges Sieb, das man eigens für die Hochzeit gekauft hatte. Fräulein Else passte das alles nicht und sie rannte ebenfalls dorthin, wo man Wasser goss. Dabei wurden auch ihre Ärmel nass, doch reichte ihr niemand ein Handtuch, das man nach höfischer Sitte zwischen Kleid und Waschbecken spannen soll, wenn sich jemand die Hände waschen will. Hinzu kam, dass die Fingernägel der Diener lang und spitz wie Eiszapfen waren. Aus diesem Grund wagte es niemand, sich ihnen zu nähern, die Daumen nebeneinander auf den Rand des Beckens zu legen oder dieses Sieb sogar anzuheben. Deshalb musste man es auf den Boden stellen. Kuhficker fand kein Handtuch, um sich abzutrocknen; also benutzte er dazu seine Hose: Die stand sperrangelweit offen. Laut krakeelend rannte er herbei und setzte sich an die Spitze der Festtafel. Frau Else wusch ihre Hände so lange, bis man den zweiten Gang auftrug. Holla! Sobald sie das bemerkte, stank es ihr ganz gewaltig. Eine Hose hatte sie nicht an und ihr Hemd wollte sie beim Abwischen auch nicht einsauen. Die Hände aber im Wind zu reiben, schien ihr zu langwierig und nutzlos. So kam sie denn nass angerannt und pflanzte sich sogleich auf ihren Arsch. Ihre Beine waren dabei auch nicht faul: Krüge und Tischtuch riss sie einfach weg.
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Text nach Ed. Wießner
So ¢au / ¢o ¢au ¢o Sprach her Och¢enchroph aldo Wi¢¢ dein ¢chimph mir nicht behagt Wan er vns ı dem magen ¢chadt Vnd hietin ¢eu getruken ba¢¢ Es wär ze ¢to¢¢en komen das Al¢o ward es nider gelayt Vnd der ti¢ch hin wider brayt Els die hie¢¢ ir do her tragen Daz er¢t gericht ¢ey wolt es haben Des was einr ir diener gar Vnd pracht in blo¢¢en henden dar Opfel pieren nu¢¢ vnd chäs Er was gehai¢¢en Spiegelmäs Den chäs den legt er für ¢ey do Al¢o gancz des was ¢ey fro Vnd fra¢¢in gar mit ¢ampt den rinden Was ¢cholt ¢ey an ym furbas ¢chinden Die nu¢¢e pay¢¢ er mit dem zan Daz ym daz plut hin nach da ran Die öpfel hub der ¢elbig man Pey dem ¢til ze be¢chnaydän an Vnd die pieren pey dem haubt Er i¢t ein gepaur der an in gelaubt Dar nach gugt er in den chrug Vnd ¢ach dar eym ¢ein was nich gnug Des nam er do ein ¢chenchfas ¢wär Vnd ¢chùtleczs ob dar in ichcz wär Do ¢wanczt der mo¢t daz gefiel ym wol Er gò¢¢ inn krug vn macht ı vol Vn al¢o vol ver¢tet mich wie Daz er vber vn vber gie Daz was doch alles nicht ze vil Nach dem vn ich euch ¢agen wil Sey wolt den wirt nit ¢chenden Vn fa¢¢t den chrug peynn henden Mund vn na¢¢ ¢tie¢¢ ¢ey dar in Al¢o wol ¢makt ir der wein Die weil ¢ie drinn ein rufli vand Daz zuchcz her aus mit blo¢¢er hand Vn drank ¢o treuleich vn ¢o fa¢t Bis daz ir des àtens gpra¢t Wie ¢chier ¢ey des wider kam Secht da hub ¢ey aber an Ze ¢chilen auf da hin vn her Nicht anders ¢am ein wilderper
‘So, sau, so, sau, so, du, so?’ Sprach her Ochsenchroph aldo; ‘Wiss, dein schimph mir nicht behagt, Wan er uns in dem magen schadt!’ Und hietin seu getrunken bass, 5625 Es wär ze stössen komen das. Also ward es nider gelait Und der tisch hin wider brait. Els die hiess ir do her tragen Daz erst gericht: sei wolt es haben. 5630 Des was einr ir diener gar Und pracht in blossen henden dar Öpfel, pieren, nuss und chäs; Er was gehaissen Spiegelmäs. Den chäs den legt er für sei do 5635 Also gantz; des was sei fro Und frass in gar mit sampt den rinden: Was scholt sei an im fürbas schinden? Die nusse paiss er mit dem zan, Daz im daz pluot hin nach da ran. 5640 Die öpfel huob der selbig man Pei dem stil zbeschnaiden an Und die pieren pei dem haubt. Er ist ein gpaur, der an in glaubt. Dar nach gugt er in den chruog 5645 Und sach, dar inn sei mosts nicht gnuog. Des nam er do ein schenchfas swär Und schütletz, ob dar in ichtz wär. Do swantzt der most: daz gfiel im wol. Er goss inn kruog und macht in vol: Und also vol (verstet mich, wie!), Daz er über und über gie. Daz was doch alles nicht ze vil Nach dem, und ich euch sagen wil: Sei wolt den wirt nit schenden 5655 Und fasst den chruog peinn henden; Mund und nas stiess sei dar in: Also wol smakt ir der win. Die weil sie drinn ein rüfli vand, Daz zuchtz her aus mit blosser hand Und drank so treuleich und so fast, Bis daz ir des atens gprast. Wie schiere sei des wider kam, Secht, do huob sei aber an, Ze schilen auf da hin und her 5665 Nicht anders sam ein wilder per.
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5646 Vers reicht bis an Spalte b. 5649 Vers reicht bis an Spalte b. rung bzw. Strich. 5658 wol: ursprünglich wolt, t radiert.
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„Du Sau, du Sau, du“, rief da Ochsenkropf, „kapier gefälligst, dass mir dein Späßchen nicht passt, weil es unseren Mägen nicht gut tut.“ Wenn sie mehr getrunken hätten, dann wäre es schon jetzt zu Rempeleien gekommen. Doch wurde die Sache noch einmal gütlich beigelegt und das Tischtuch erneut ausgebreitet. Nun aber verlangte Else, dass man ihr den ersten Gang servieren solle: Den wolle sie schon noch haben. Einer der Diener widmete sich ganz ihrem Wohl und bot ihr Äpfel, Birnen, Nüsse und Käse mit bloßen Händen dar. Er hieß Kohlmeise und servierte ihr den Käse im ganzen Stück. Darüber freute sie sich und fraß ihn samt Rinde auf: Was sollte sie daran noch groß abziehen? Die Nüsse biss er mit den Zähnen auf, so dass ihm das Blut aus dem Mund lief. Die Äpfel begann er am Stil zu schälen, die Birnen an der Blüte. Wer ihm das nachmacht, ist ein ebensolcher Flegel! Dann schaute er in den Mostkrug, und stellte fest, dass nicht genug darin war. Deshalb griff er ein schweres Einschenkfass und schüttelte es, um zu sehen, ob da noch etwas zu finden wäre. Dabei schwappte der Most hin und her: Wie ihm das gefiel! Er goss ihn in den Krug, machte den voll und immer voller – stellt euch das nur vor –, dass er immer weiter überlief. Das aber reichte noch nicht, sondern es kam noch besser – das erzähle ich jetzt: Else wollte dem Wirt keine Schande machen und ergriff den Weinkrug mit beiden Händen, dabei steckte sie Mund und Nase hinein: So gut schmeckte ihr der Wein! Und als sie darin einen Brotkrümel fand, fischte sie ihn mit bloßer Hand heraus und trank dann weiter mit so kräftigen Zügen, bis ihr beinahe die Luft wegblieb. Sobald sie wieder zu Atem gekommen war, schaut doch nur, da verdrehte sie ihre Augen nach allen Seiten wie ein wilder Bär.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Daz haubet lie¢¢ ¢ey ¢inchen Vnd tranch daz von dem trinken Die augen ir vergiengen Die oren nider hiengen Dannocht was der feuchti mer Dar nach ¢o wand ¢ey ¢ich vil ¢er Vn näygt ir haubt mit ¢ampt dem chrug Hint’¢ich daz was ir fug Den ruggen laynt ¢ey an den paum Vn ¢chre da her ¢am aus dem trcm We mir we es i¢t ge¢tigen Der chrug i¢t truchen vn der ¢igen Schench mir in vn trag da her Daz ander gericht des ich beger Spiegelmäys der ¢aumpts nit lanch Vnd g䢢 ir eyn daz öpfelgtrank Vollen chrug nach ¢einem ¢in Vnd macht ¢ich nach e¢¢en hin Er pracht daz gepraten von dem e¢el Daz daucht ¢ey ¢ein ein willprät edel Sey zucht ein läyb her an ir pru¢t Vnd ¢nayd da durch recht ¢am vmb ¢u¢t Alweg dar nur pey der mitten Secht daz wurdent erber ¢nitten Die legt ¢ey an einn hauffen ¢tolcz Ze ¢ame ¢am ein peyg mit holcz Niemant wolt irs me¢¢er zuchen Daz flai¢che prach man ir ze¢tuken Daz was ir alle¢¢ampt gemäyn Sey ¢chland daz gepröt vn nug die payn Sey nug vnd zerret al¢o fa¢t Daz ir ein zan ym drù¢¢el pra¢t Wes ¢cholten do die hund genie¢¢en Des nagens ward ¢eu auch verdrie¢¢en Al¢o tet ir einr einn ¢prung Vnd zucht daz päyn ir aus dem mùnd Doch ¢o ࢢ ¢ey an vnd an Bis ¢ey zu den andern cham Die hieten auch irn ¢chymph get’ben Vncz daz in nichcznicht was beliben Des ¢chreuwes greuleich pring vns me Wir 䢢in gerner vil dann e Hiet fro Els gedruken wol Jr kainer der mocht werden vol Hie mit do was daz chraut beräyt Mit ¢pek vn greuben vb’lait
Daz haubet liess sei sinchen Und tranch, daz von dem trinken Die augen ir vergiengen, Die oren nider hiengen. 5670 Dannocht was der feuchti mer: Dar nach so wand sei sich vil ser Und naigt ir haubt mit sampt dem chruog Hintersich; daz was ir fuog. Den ruggen laint sei an den paum 5675 Und schre da her sam aus dem traum: ‘We mir; we! Es ist gestigen, Der chruog ist truchen und dersigen. Schench nür in und trag da her Daz ander gricht, des ich beger!’ 5680 Spiegelmais der saumpts nit lanch Und goss ir ein daz öpfelgtrank, Vollen chruog nach seinem sin, Und macht sich nach dem essen hin. Er pracht daz gpraten von dem esel: Daz daucht sei sein ein willprät edel. Sei zucht einn laib her an ir prust Und snaid da durch recht sam umb sust, Alweg dar, nur pei der mitten. Secht, daz wurdent erber snitten! 5690 Die legt sei an einn hauffen stoltz Ze samen sam ein peig mit holtz. Niemant wolt irs messer zuchen: Daz flaische prach man ir ze stuken. Daz was ir allessampt gemain; 5695 Sei schland daz gpröt und nuog die pain. Sei nuog und zerret also fast, Daz ir ein zan im drüssel prast. Wes scholten do die hund geniessen? Des nagens ward seu auch verdriessen; Also tet ir einr einn sprung Und zucht daz pain ir aus dem mund. Doch so ass sei an und an, Bis sei zuo den andern cham. Die hieten auch irn schimph getriben, Untz daz in nichtznicht was beliben; Des schreuwens greuleich: ‘Pring uns me! Wir ässin gerner vil dann e’. Hiet fro Els gedrunken wol, Ir kainer der mocht werden vol. 5710 Hie mit do was daz chraut berait Mit spek und greuben überlait.
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5687 ein: eim, jedoch ein Schaft von der Unterlänge eines ¢ verdeckt. Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: v.
5694 flai¢che: a korrigiert aus e.
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Schließlich fiel ihr der Kopf herunter, doch trank sie weiter so viel, dass ihr die Augen übergingen und sie die Ohren hängen ließ. Dennoch war im Krug immer noch etwas Feuchtes. Um das zu bekommen, verrenkte sie sich mächtig und bog ihren Kopf mitsamt dem Krug zurück: Das fand sie wohl angemessen! Mit dem Rücken lehnte sie sich an den Baum und schrie wie von Sinnen: „Oh Gott, oh Gott, das ist ja wie verhext! Der Krug ist trocken und leer. Schenk nach und trag den zweiten Gang auf, den muss ich jetzt haben!“ Kohlmeise zauderte nicht lange, sondern schenkte ihr – auf seine Art – einen vollen Krug Apfelmost ein und kümmerte sich dann um das Essen. Zuerst servierte er Eselsbraten, der Else wie zartes Wildbret vorkam. Darauf drückte sie sich einen Brotlaib an die Brust und schnitt ihn mir nichts, dir nichts in der Mitte durch. Schaut nur, das waren vielleicht ordentliche Schnitten! Die baute sie wie einen Holzstoß zu einem prächtigen Haufen auf. Das Messer wollte ihr niemand wegnehmen: So riss man das Fleisch für sie in Stücke. Das alles gehörte jedenfalls ihr, und so verschlang sie das Brot und nagte die Knochen ab. Dabei biss und riss sie so heftig an den Knochen, dass ihr ein Zahn aus dem Maul herausbrach. Was blieb denn da noch für die Hunde übrig? Denen passte das Abnagen überhaupt nicht, und so sprang einer von ihnen an Else hoch und schnappte ihr den Knochen aus dem Mund. Sie jedoch aß weiter und weiter, bis sie die Anderen eingeholt hatte. Die hatten inzwischen ebenfalls ihren Spaß gehabt, so dass bei ihnen rein gar nichts übriggeblieben war. Deshalb schrien sie drohend: „Bring uns mehr! Jetzt würden wir noch lieber in uns hineinschaufeln als vorher!“ Und hatte die Dame Else schon ordentlich getrunken, so konnte von ihnen erst recht niemand genug bekommen. Auch das Kraut war nun fertig und mit Speck und Grieben belegt.
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Text nach Ed. Wießner
Daz trug man her vn vi¢ch da mit Hofleich was der diener ¢itt Die ¢chù¢¢len hieltens an dem pauch Die finger laytens auch dar auf Ein täyl dar eyn verzettet halb Vnd wurfens für recht ¢am einn kalb Man gab daz gras ı einem ¢tal Jn die chripp vn vberal Des danchen ı die herre do Des fay¢¢ens chrautes wàrens fro La¢ter¢ak hiet gro¢¢ begir Er ¢ach dar eyn recht ¢am ein ¢tir Des hie¢¢ er ym ein löffel geben Die andern ¢prachend vn vns eben Des gewunen etleich löffel do Etleich nicht die taten ¢o Seu machtend yre hend ze kellen Vnd a¢¢end ¢am zerleich ¢am die g¢elln Secht do hub ¢ich ¢öleich mü Vmb daz chraut vn ı der prü Daz daz eyllen vn daz jagen G¢acht es nie pey ewern tagen Man hiet ı ein’ ¢chù¢¢el ge¢ehen Hend vn löffel mer dann zehen Mit enander varen her Durch daz chraut recht ¢am di ¢per Nach den greuben waz ı gach Den furens mit den rudern mach Des cham der Tw’g ze einer ¢tund Vn warff des ¢peckes ı den mùnd So eben ¢echt daz ym ¢ein part Mit enander ¢malczich wart Gràf Purkhart tet in allen ¢chaden Er hiet ein hand mit kraut geladen Vnd für do her zu ¢eine mùnd Got den ruft er an ze ¢tund Daz er behielt daz wetter genäm Bis daz / das fuder eyn chäm Wie ¢chier ¢ich Chnocz an ym do rach Vn rupelt daz der loffel prach Des für er her mit payden henden Jn daz chraut zu allen enden Er fa¢¢t der ¢peys ein gauffen vol Nù wetter vbel oder wol
Daz truog man her und visch da mit. Hofleich was der diener sitt: Die schüsslen hieltens an dem pauch, Die finger laitens auch dar auf, Ein tail dar ein, verzettents halb Und wurfens für recht, sam eim kalb Man gäb daz gras in einem stal In die chripp und überal. 5720 Des danchten in die herren do; Des faissen chrautes warens fro. Lastersak hiet gross begir: Er sach dar ein recht sam ein stir. Des hiess er im ein löffel geben; 5725 Die andern sprachend: ‘Und uns eben!’ Des gwunnen etleich löffel do, Etleich nicht; die taten so: Seu machtend ire hend ze kellen Und assend zierleich sam die gsellen. Secht, do huob sich söleich müe Umb daz chraut und in der prüe, Daz daz eillen und daz jagen Gsacht es nie pei ewern tagen! Man hiet in einer schüssel gsehen 5735 Hend und löffel mer dann zehen Mit enander varen her Durch daz chraut recht sam die sper. Nach den greuben was in gach: Den fuorens mit den ruodern nach. 5740 Des cham der Twerg ze einer stund Und warff des speckes in den mund So eben, secht, daz im sein part Mit enander smaltzich wart! Graf Purkhart tet in allen schaden: 5745 Er hiet ein hand mit kraut geladen Und fuor do her zuo seinem mund. Got den ruoft er an ze stund, Daz er behielt daz wetter genäm, Bis daz das fuoder ein chäm. 5750 Wie schier sich Chnotz an im do rach Und rumpelt, daz der löffel prach! Des fuor er her mit paiden henden In daz chraut zuo allen enden; Er fasst der speis ein gauffen vol. 5755 ‘Nu witter übel oder wol,’
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5721 danchen: n mit c verlaufen. 5728 ¢o: ursprünglich al¢o, al durchgestrichen und durch Punkte getilgt. 5730 a¢¢end: n über verlaufenem n wiederholt. Vers reicht bis an Spalte b. 5738 Durch: r über u. 5740 mach: davor gach durchgestrichen. 5745 Doppelstrich vor der Zeile. 5750 eyn: n aus m korrigiert, unvollständig radiert.
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Das servierte man zusammen mit Fisch, dabei waren die Bräuche der Diener formvollendet: Sie hielten die Schüsseln vor den Bauch, fassten mit den Fingern darauf, zum Teil sogar hinein und verschütteten die Hälfte. Sie warfen ihnen das Essen so hin, wie man einem Kalb im Stall das Gras in die Futterkrippe oder sonst wohin schütten würde. Dafür dankten ihnen die Herren und freuten sich über das fette Kraut. Lastersack packte die Gier: Wie ein Stier glotzte er darauf und rief nach einem Löffel. „Wir wollen auch einen!“, forderten die anderen. Darauf bekamen einige einen Löffel, andere nicht, doch behalfen sie sich so: Sie machten ihre Hände zu Schöpfkellen und aßen genauso gepflegt wie ihre Kumpanen. Schaut doch nur: Jetzt begann eine solche Schlacht um das Kraut und in der Brühe, dass ihr wohl zeitlebens ein solches Hetzen und Jagen nicht gesehen habt. Leicht hätte man mehr als zehn Hände und Löffel in einer Schüssel sehen können, die wie Speere durch das Kraut sausten. Auf die Grieben waren sie besonders scharf: Die fischten sie mit ihren Rudern heraus. Auf einmal kam Zwerg dazu und stopfte sich – schaut doch bloß – den Speck gerade so in den Mund, dass er sich seinen ganzen Bart vollschmierte. Durch Graf Burkhart hatten sie alle das Nachsehen: Eine Hand hatte er mit Kraut beladen, fuhr sie in seinen Mund ein und rief Gott dabei um Beistand an, dass sich das Wetter solange halten möge, bis er diese Fuhre eingefahren hätte. Fettsack rächte sich sofort an ihm und tobte so los, dass sein Löffel zerbrach. Deshalb grapschte er mit beiden Händen in das Kraut, fasste sich zwei Hände voll und erklärte:
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Text nach Ed. Wießner
Sp~ch er zu der ¢elben ¢tund Du mu¢t da her in ı meine ¢chlund Gery hub die ¢chù¢¢len auf Vnd drank ein ¢tarken trunch dar aus Sey ¢prach got geb es mü¢¢t d’¢tinke Habt irs fra¢¢ ¢o wil ichs trinken Vnd ¢aczt ¢ey wider nider ¢o Daz des vbrigen aldo Ein michel tail au¢ ¢prùczet We wie ¢ey do kùczet Des warend do die andern hie Vn ¢auftens auf ich wais nit wie Daz / das ti¢chtuch al¢o truken Belaib do pey vo irem ¢upfen Aber was des andern was Es wàr joch laub od’ gras Pro¢em rinden oder payn Daz lie¢¢es ligen all gemäin Erleich ¢a¢¢en auch gepogen Vber die ¢chù¢¢eln gar gezogen Daz die vart de¢t churczer wär Won die pùrdin warent ¢wär Seu hieten auch ein andern ¢in Ob ı ichcz emphiel da hin Von dem löffel vn dem drù¢¢el Daz / daz wider kam ind ¢chù¢¢el Won die maulr in warend weit Vnd offen gar ze aller zeit Dar vmb ¢o taten ¢eu auch daz Won in die finger wurdent na¢¢ So der ¢wangen ¢eu die hend Vber¢ chraut vil gar behend Daz vberig wu¢chten ¢eu vil drat An die ¢tifel vnd die wat Daz mu¢tens tun vmb die ge¢chicht Daz hanttuch hietens vor in nicht Des furens her ein ander vart Der ward dann lenger nicht g¢part Dar zu in auch ayns geuil Wan dem e¢¢er ichcz emphiel Auf die erden ab dem ti¢ch Es wär gekaùwen oder fri¢ch Daz ¢cholt man wider auf heben Vnd es hin für ¢eu alleu legen Es wär dann daz es gtroffen wär
Sprach er zuo der selben stund, ‘Du muost her in in meinen schlund.’ Geri huob die schüsslen auf Und drank ein starken trunch dar aus; Sei sprach: ‘Got geb, es müesst derstinken! Habt irs frass, so wil ichs trinken.’ Und satzt sei wider nider so, Daz des übrigen aldo Ein michel tail aus sprützet. 5765 We, wie sei do kützet! Des warend do die andern hie Und sauftens auf (ich wais nit wie), Daz das tischtuoch also truken Belaib da pei von irem supfen. 5770 Aber was des andern was, Es wär joch laub oder gras, Prosem, rinden oder pain, Daz liessens ligen all gemain. Etleich sassen auch gepogen 5775 Über die schüsseln gar gezogen, Daz die vart dest churtzer wär; Won die pürdin warent swär. Seu hieten auch ein andern sin: Ob in ichtz emphiel da hin 5780 Von dem löffel und dem drüssel, Daz daz wider käm ind schüssel; Won die mäulr in warend weit Und offen gar ze aller zeit. Dar umb so taten seu auch daz: 5785 Wan in die finger wurdent nass, So derswangen seu die hend Übers chraut vil gar behend. Daz überig wüschten seu vil drat An die stifel und die wat. 5790 Daz muostens tuon umb die geschicht: Daz hanttuoch hietens vor in nicht. Des fuorens her ein ander vart: Der ward dann lenger nicht gespart. Dar zuo in auch ains geviel: 5795 Wan dem esser ichtz emphiel Auf die erden ab dem tisch, Es wär gekauwen oder frisch, Daz scholt man wider auf heben Und es hin für seu alleu legen, 5800 Es wär dann, daz es gtroffen wär
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5759 Doppelstrich vor der Zeile. 5765 Ein: e links neben undeutlichem, wohl aus S korrigiertem E wiederholt. 5787 die: davor ¢ durchgestrichen. 5789 wu¢chten: t über dem Wort. 5800 alleu: allen?
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„Ob wir nun gutes oder schlechtes Wetter haben du musst r-r-rein in meinen Schlund!“ Geri hob die ganze Schüssel an den Mund, nahm einen kräftigen Schluck daraus und rief: „Soll euch Gott doch in eurem Gestank ersticken lassen: Wenn ihr das Kraut gefressen habt, dann will ich es eben trinken.“ Dann setzte sie die Schüssel so heftig ab, dass ein großer Teil des restlichen Krauts herausspritzte. Meine Güte, wie sie da losprustete! Die anderen jedenfalls waren sofort zur Stelle und schlürften es auf – ich weiß nicht, wie das ging –, so dass das Tischtuch durch ihr Gelecke völlig trocken wurde. Alles andere jedoch, also Laub und Gras, Brotkrumen, Brotrinden oder Knochen, ließen sie einfach liegen. Einige von ihnen saßen auch gut erzogen, wie sie waren, tief über die Schüsseln gebeugt, damit der Weg in den Mund kürzer würde. Schließlich war die Last so schwer. Auch ging es ihnen darum, dass all das, was ihnen vom Löffel oder aus dem Schlund fiel, in die Schüssel zurückgelangte. Denn ihre Mäuler waren die ganze Zeit über weit aufgerissen. Und auch aus diesem Grund machten sie das: Wenn ihnen die Finger nass geworden waren, dann schüttelten sie die Hände über dem Kraut rasch aus. Den Rest wischten sie sich an Stiefeln und Kleidern ab. Dazu waren sie gezwungen, weil sie keine Serviette bekommen hatten. Ohne Zögern konnten sie sich dann den nächsten Bissen greifen. Noch etwas gefiel ihnen sehr: Wenn einem der Esser etwas vom Tisch auf die Erde gefallen war, dann musste er es, ob es nun gekaut war oder nicht, wieder aufheben und allen erneut servieren, es sei denn, dass es zufällig
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Text nach Ed. Wießner
Auf daz gwand ym an geuär Daz mocht er behalten anezol Gevielin ym die ¢pängli wol Al¢o gieng es in dem ¢aus Jn dem ¢maczgen vn dem jaus Bis die ¢chù¢¢len wurden wan Vnd ¢am die gwä¢chnen ¢chön getan Hùngers was in doch entliben Hiettens vor von not ge¢wigen Secht do ward do yeder ¢chreien Jch ¢yrt dirs weib mit ¢ampt d’ g¢weign Triefnas pring¢t du vns nit ¢chier Wein vn mett vn dar zu pier Da mit verleu¢t du vn¢er huld Daz was do niemant ander¢ ¢chuld Dann deren die da dyenten Vn ı die fre¢¢er gienten Mit den augen gar von verren Oder vil ze nach den herren Jr kainer eben ¢ehen wolt Waz der ti¢che haben ¢cholt Des hiet der preutgòm do wol acht Vnd wolt der zäygen auch ¢ein macht Er nam den einen pey dem part Vnd rauft ı daz er ¢chreient wart Des chament her die and’n drey Vn namet Pert¢chin auch da pey Vnd ¢tie¢¢end in daz er gelag Die pruch die zùgens ym do ab Seu gu¢¢en ym des wa¢¢ers her Jn den ärs vn auch enzwer Pey den paynen namend in Vnd po¢¢ten ¢einen hint’n hin An eim paum daz es der knal Der ¢tö¢¢en tàtens ane zal Die andern frawten ¢ich der ge¢chicht Vnd hiettens für die pe¢t gericht Des kam er wider auf die payn Vn ¢prach es wi¢¢t wol all gemayn Daz ich mich nicht enkond erweren Drey ¢ein alweg eines herren Al¢o ward nicht mer dar aus Aller mo¢t der ı dem haus Mocht ge¢ein den trugens dar Den ver¢chancht man ye¢o gar Do trunchens her vn ¢uffend
Auf daz gwand im an gevär. Daz mocht er bhalten ane zol, Gevielen im die spängli wol. Also gieng es in dem saus, 5805 In dem smatzgen und dem jaus, Bis die schüsslen wurden wan Und sam die gwäschnen schon getan. Hungers was in doch entliben. Hiettens vor von not geswigen, 5810 Secht, des ward do ieder schreigen: ‘Ich sirt dirs weib mit sampt der gsweigen, Trifnas, pringst du uns nit schier Wein und mett und dar zuo pier; Da mit verleust du unser huld.’ 5815 Daz was do niemant anders schuld Dann deren, die da dienten Und in die fresser gienten Mit den augen gar von verren Oder vil ze nach den herren; 5820 Ir kainer eben sehen wolt, Waz der tische haben scholt. Des hiet der preutgom do wol acht Und wolt derzaigen auch sein macht; Er nam den einen pei dem part 5825 Und rauft in, daz er schreient wart. Des chament her die andern drei Und nament Pertschin auch da pei Und stiessend in, daz er gelag. Die pruoch die zugens im do ab; 5830 Seu gussen im des wassers her In den ars und auch enzwer; Pei den painen namends in Und possten seinen hintern hin An einn paum, daz es derknal. 5835 Der stössen tatens ane zal. Die andern fräwten sich der gschicht Und hiettens für die pest gericht. Des kam er wider auf die pain Und sprach: ‘Es wisst wol all gemain, Daz ich mich nicht enkond erweren: Drei sein alweg eines herren.’ Also ward nicht mer dar aus. Aller most, der in dem haus Mocht gesein, den truogens dar: 5845 Den verschancht man ieso gar. Do trunchens her und suffend,
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5812 Vers reicht bis in Spalte b. 5815 huld: davor ¢chuld durchgestrichen. 5823 Zwischen diesem und dem folgenden Vers Doppelstrich vor der Zeile. 5834 hint’n hin: auf Rasur. 5837 frawten: t über dem Wort.
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auf seine Kleider gefallen war. Dann durfte er diese Schmuckstückchen, wenn sie ihm denn so gut gefielen, ohne Wenn und Aber behalten. So lebten sie in Saus und Braus und schmatzten genüsslich vor sich hin, bis die Schüsseln leer und sauber waren wie abgewaschen. Dem Hunger war so nicht beizukommen. Hatten sie bisher notgedrungen geschwiegen, fingen sie nun – hört euch das an – alle an zu schreien: „Triefnas, ich bespring dir deine Frau, und deine Schwägerin gleich mit, wenn du nicht sofort Wein, Met und Bier herbeischaffst. Sonst sind wir geschiedene Leute!“ Daran waren ausschließlich jene schuld, die dort aufwarten sollten, statt dessen aber die Fresser mit offenem Maul von weitem anglotzten oder aber den Herren viel zu nahe kamen. Keiner von ihnen wollte darauf achten, was auf dem Tisch fehlte. Der Bräutigam hatte das bemerkt und wollte auch mal zeigen, wer hier der Herr war. Er schnappte sich einen Diener beim Bart und riss ihn so heftig daran, dass er zu schreien anfing. Deshalb kamen die anderen drei angerannt, stürzten sich auf Bertschi und warfen ihn zu Boden. Sie rissen ihm die Hose herunter, schütteten ihm Wasser in den Arsch und kreuzweise drüber, packten ihn an den Beinen und klatschten seinen Hintern so heftig an einen Baum, dass es knallte. So schlugen sie ihn viele Male dagegen. Die anderen freuten sich an diesem Ereignis und hielten es für die beste Lösung. Bertschi kam wieder auf die Beine und meinte: „Ihr habt ja wohl alle gesehen, dass ich mich gar nicht wehren konnte: Drei sind nun mal stärker als einer.“ So entstand nichts Größeres daraus. Sie schleppten jeden Tropfen Most herbei, den man im Haus finden konnte und schenkten ihn ganz und gar aus. Da tranken und soffen sie,
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Text nach Ed. Wießner
Daz in die augen truffend Pencza Trinka Vil der trank Vber aller ge¢ellen danch Den er¢ten chrug vncz an den dritten Vnd den dritten bis enmitten Secht do ward er cheychent Den ¢way¢¢ ans ti¢chtuch ¢treichent Er läyt ¢ich auf den ti¢ch gezogen Mit henden vn auch elnpogen Da mit ¢o hiet ers vberwunden Des tranch auch ze den ¢elben ¢tunden Junchfraw Feyna aus eim chrug Al¢o ¢ofrent vnd ¢o gfug Daz ¢ey da der hu¢t an kam Daz vberig durch den pu¢em ran Dem lekt ¢ey mit der zùngen nach Vmb die ¢eurj was ir gach Die andern trunken al¢o fa¢t Daz oft ir eim der gùrttel pra¢t Das doch den wei¢en nicht ge¢chach Die gurten ¢ich des er¢ten gmach Vn drukend da pey fùr ¢ich an Bis ı der gurtel rechte cham Dar nach ¢o gieng es an die vi¢ch Die da warent auf dem ti¢ch Seu wolt der Straub chredenczet haben Des ¢ach er do ein ¢öleichs jagen Auf dem täller vnd ein ¢treken Das cho¢ten lie¢¢ er vnterwegen Vnd grayff hin an zu einem ¢tuk Das was daz grö¢t zu ¢eim gelùk Wie ¢chier daz was ver ¢wunden ¢o Wer ¢cholt ze di¢en ¢tunden do Des andern gepayten legen für Es was nicht zeit ¢am ich es ¢pür Die diener hietten g¢nitten Die vi¢ch für ¢eu enmitten Do mochten ¢eu gepayten nicht Al¢o ¢ü¢¢ was ı daz gericht Reu¢ch ind Hell der tet ein druch Hin an nach einem haubet ¢tuk Das was vil ¢chleymig gut vmb in Des gedacht er in dem ¢in Chifle¢t du daz haubt ¢o pi¢t Sich gar ver¢aumpt ze di¢er fri¢t La¢t dus dann ¢o ha¢t chäyn glü¢t
Daz in die augen truffend. Pentza Trinkavil der trank Über aller gesellen danch 5850 Den ersten chruog untz an den dritten Und den dritten bis enmitten. Secht, do ward er cheichent, Den swaiss ans tischtuoch streichent! Er lait sich auf den tisch gezogen 5855 Mit henden und auch elnpogen; Da mit so hiet ers überwunden. Des tranch auch ze den selben stunden Junchfraw Feina aus eim chruog Also sorfent und so gfuog, 5860 Daz sei da der huost an kam. Daz überig durch den puosem ran; Dem lekt sei mit der zungen nach: Umb die seuri was ir gach. Die andern trunken also fast, 5865 Daz oft ir eim der gürttel prast, Das doch den weisen nicht geschach: Die gurten sich des ersten gmach Und drunkend da pei fürsich an, Bis in der gürtel rechte cham. 5870 Dar nach so gieng es an die visch, Die da warent auf dem tisch. Seu wolt der Straub chredentzet haben; Des sach er do ein söleichs jagen Auf dem täller und ein streben – 5875 Das chosten liess er unterwegen Und graiff hin an zuo einem stük: Das was daz gröst zuo seim gelük. Wie schier daz was verswunden so! Wer scholt ze disen stunden do 5880 Des andern gpaiten legen für? Es was nicht zeit, sam ich es spür. Die diener hietten gsnitten Die visch für seu enmitten: Do mochten seu gepaiten nicht: 5885 Also süess was in daz gricht. Reuschindhell der tet ein duch Hin an nach einem haubetstuk: Das was vil schleimig, guot umb in; Des gedacht er in dem sin: 5890 ‘Chiflest du daz haubt, so pist, Sich, gar versaumpt ze diser frist! Last dus dann, so hast chain glüst
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5856 elnpogen: n vor p mit Schlussbogen. 5874 ¢öleichs: ursprünglich ¢öleiches, e vor s getilgt. 5879 ¢o: davor do getilgt. 5887 druch: r über dem Wort.
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bis ihnen die Augen überliefen. Gegen den Protest seiner Kumpanen trank Benz Saufdichvoll den ersten und zweiten Krug ganz allein und den dritten bis zur Hälfte aus. Seht doch nur, wie er dabei ins Keuchen kam! Seinen Schweiß schmierte er ans Tischtuch und sackte schließlich mit Händen und Ellenbogen graziös auf den Tisch: Damit hatte er es überstanden. Zur gleichen Zeit schlürfte Fräulein Fine so gepflegt aus einem Krug, dass sie davon einen Hustenanfall bekam. Der Rest floss ihr in den Busen, doch leckte sie ihm mit der Zunge nach, so scharf war sie auf den sauren Most. Die Anderen tranken so hastig, dass häufig mal einem der Gürtel platzte. Den Schlauen jedoch passierte das nicht. Sie banden den Gürtel erst einmal weit und soffen sich dann so lange voll, bis er ihnen richtig passte. Anschließend machten sie sich über die Fische her, die auf dem Tisch bereitstanden. Straub wollte sie noch vorgekostet haben, doch als er in der Schüssel ein solches Grapschen und Wegschnappen sah, da ließ er die ganze Vorkosterei bleiben und griff sich selbst ein Stück: Zu seinem Glück war es das größte von allen. Im Handumdrehen war das verschwunden! Wer hätte in dieser Situation abwarten sollen, dass erst den anderen serviert wird? Dafür war, wie ich wohl sehe, gar keine Zeit. Die Diener hätten die Fische durchaus für sie in der Mitte zerteilt, doch konnten sie nicht darauf warten: Dazu war ihnen dieses Gericht zu lecker. Fahrzurhölle schnappte nach einem Kopfstück. Es war sehr glitschig, das war ihm gerade recht. So überlegte er sich: „Wenn du nur den Kopf benagst, dann bist du doch bestimmt im Nachteil. Lässt du ihn aber liegen, dann hast du überhaupt nichts zum Freuen
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Vnd pi¢t her chomen ¢am vmb ¢u¢t Des zoch ers drey¢tund durch den mud Vn läyt es wider ze der ¢tund Fùr¢ich dannocht al¢o gancz Vnd cham ze einer be¢¢ern ¢chancz Sin mittel¢tuch derwù¢cht er do Daz was vil dràt ver¢chlunden ¢o Die weil der ¢nelle Varind Wand Daz haubt¢tuch zucht mit ¢einer hand Er wand es gfiel ¢eim pruder nicht Wie ¢chier ers hiet hin eyn ver¢chlicht Des chond er doch vil wench genie¢¢en Die grät ym ¢einen hals ab ¢tie¢¢end Dar zu ¢p~ch do Galgen¢wanch Zarter got hab ymer danch Al¢o fur do Farind Wand Da hin gen Schläuraffen land Mit ¢einer ¢el daz was ir fug Den leib man in den Neker trug Was ¢cholt den ge¢ellen ¢chaden das Mich dunkt ¢eu 䢢ind nür de¢t bas Won die gnug in e¢¢en wellen Die hütin ¢ich vor vil ge¢ellen Der aber vechten wil mit häyl Der hab der freunt ein micheltayl Dar an gedacht auch Wcz vom Hag Er wolt eim fre¢¢er legen ab Vn ¢prach her Guggoch i¢t ein man Der selber lieder tichten chan Von Dyetreychem dem Perner Den hòrtten wir vil gerner Dann daz wir al¢o ¢a¢¢in Die toten fi¢ch da a¢¢in Des daucht ¢ich Guggach do gemäyt Er hub ¢ein tädinch an vn ¢äyt Es ¢à¢¢en held in einem ¢al Die ࢢen wunder vber al &c bis an ein end Die weil die lo¢er warend behend Vnd a¢¢en auf die vi¢che gar E ¢ein der ¢inger ward gewar Do nu daz lied ein end gewan Gugggoch der wolt heben an Ze e¢¢en nàch ¢einr zuuer¢icht Do ¢ach er vmb da vand er nicht
Text nach Ed. Wießner Und pist her chomen sam umb süst.’ 5895 Des zoch ers dreistund durch den mund Und lait es wider ze der stund Fürsich dannocht also gantz Und cham ze einer bessern schantz. Ein mittelstüch derwüscht er do; 5900 Daz was vil drat verschlunden so. 5900 Die weil der snelle Varindwand Daz haubtstüch zucht mit seiner hand. Er wand, es gfiel seim pruoder nicht; Wie schier ers hiet hin ein verschlicht! 5905 Des chond er doch vil wench geniessen: Die grät im seinen hals ab stiessen. Dar zuo sprach do Galgenswanch: ‘Zarter got, hab imer danch!’ Also fuor do Farindwand 5910 5910 Da hin gen Schläuraffen land Mit seiner sel: daz was ir fuog; Den leib man in den Neker truog. Was scholt den gsellen schaden das? Mich dunkt, seu ässind nür dest bas; 5915 5915 Won die gnuog in essen wellen, Die hüetin sich vor vil gesellen! Der aber vechten wil mit hail, Der hab der freunt ein michel tail! Dar an gedacht auch Uotz vom hag; 5920 Er wolt eim fresser legen ab 5920 Und sprach: ‘Her Guggoch ist ein man, Der selber lieder tichten chan Von Dietreichen dem Perner; Den hörtten wir vil gerner, 5925 Dann daz wir also sässin, 5925 Die toten fisch da ässin.’ Des daucht sich Guggoch do gemait; Er huob sein tädinch an und sait: ‘Es sassen held in einem sal, 5930 Die assen wunder über al’ 5930 Et cetera bis an ein end. Die weil die loser warend bhend Und assen auf die vische gar, E sein der singer ward gewar. 5935 Do nu daz lied ein end gewan, 5935 Guggoch der wolt heben an, Ze essen nach seinr zuoversicht: Des sach er umb – do vand er nicht.
5895 den mud: eng beieinander, durch Haarstrich getrennt. Vers reicht an Spalte b. 5903 Vers reicht an Spalte b, ebenso der folgende. 5915 gnug: wie gung. 5916 Zwischen 5916 und 5917 Doppelstrich links am Rand. 5919 Hag: a über zerflossenem Buchstaben geschrieben.
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und bist ganz umsonst hierhergekommen!“ Deshalb zog er ihn dreimal durch den Mund und legte ihn dann völlig unversehrt vor sich hin. Anschließend hatte er mehr Glück, und erwischte ein Mittelstück; das hatte er im Nu verschlungen. Unterdessen hatte sich der flinke Kopfgegendiewand das Kopfstück geschnappt, er meinte, dass das seinem Bruder Fahrzurhölle nicht passe. Ruckzuck hatte er es verschlungen. Allerdings hatte er keine rechte Freude mehr daran, da die Gräten ihm den Hals brachen. Galgenvogel kommentierte das mit: „Lieber Gott, wir danken dir“, und so fuhr Kopfgegendiewand mit seiner Seele ins Schlaraffenland: Da gehörte sie schließlich hin. Seinen Körper schleppte man in den Necker. Was sollte das seinen Kumpanen groß schaden? Ich vermute mal, die fraßen jetzt um so mehr, denn wer beim Essen satt werden will, der hüte sich vor zu vielen Tischgenossen! Wer aber im Kampf gewinnen will, der sollte viele Freunde haben! So dachte auch Utz vom Hag, der einen weiteren Fresser vom Essen abhalten wollte und deshalb rief: „Herr Kuckuck kann doch Lieder von Dietrich von Bern singen: Dem würden wir viel lieber zuhören, als weiter hier zu hocken und toten Fisch zu kauen!“ Kuckuck ging das glatt runter, er erhob seine Stimme und sang: „In einem Saal die Helden saßen, die über alle Maßen fraßen“, und so weiter bis zum Ende. Währenddessen waren die Zuhörer nicht faul und hatten alle Fische verdrückt, bevor der Sänger das mitbekam. Als nun das Lied zu Ende gegangen war, wollte Kuckuck mit dem Essen anfangen, so hatte er es zumindest vor. Jedoch schaute er sich um und fand nichts mehr.
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Des nikket er ¢ich in dem grind Er ¢chre vil laut ich pins ein kind Vnd du Wcz ein rechter wicht Daz prüftman wol ze di¢er g¢chicht Was er vor mit ¢ingen fro Des traurt er ¢o mit wainen do Daz was der andern aller ¢chimph Triefnas ¢ach den vngelimph An e¢¢en vn an trinken Daz haubet ward ym ¢inken Die zerung b¢waret in vil ¢er Vnd gedacht ym an die ler Chlayneu hochzeit ¢chol er haben Der ¢ich huten wil vor ¢chaden Dar vmb ¢o was ¢ein fröd zer¢tört Des hiet er ärczney auch gehort Vn gie da hin vil may¢terleich Hört ir herren ärm vn reich Rufft er ze der ¢elben ¢tund Daz e¢¢en i¢t euch nicht gar g¢unt So tut euch auch daz trinchen we Dar vmb ¢tet auf vn e¢¢t nit me Des ¢neuczt her Chnocz ¢ein na¢en gro¢ Durch ¢ein hende al¢o blo¢¢ Vnd warfs dem preutgòm vnt’d augen Nu lek du das ¢o wil ichs gelauben Sprach er zu dem Pert¢chin do Des waren ¢o die andern fro Vn ¢prachen zu dem preutgonn Vns dunkt du redi¢t aus dem traum Trag her wür¢t mit ¢ampt dem bachen Welli¢t du vns g¢unde machen Oder wir gend wider häym Vn e¢¢in ¢am vns i¢t gezam Wilt du vns derhungern hie Du pi¢t ein chnecht du wei¢t nit wie Ein rechter arczet daz gelaubt Auf vollem pauch ¢tet fröleychs haubt Des ¢prach ¢o Arnolt ¢underbar Dein red war gut vn gänczleich war Täti¢t ¢ey auf meine ti¢ch Gib vns etwas auf die vi¢ch Pert¢chi ¢p~ch es i¢t ge¢orten Vmb vn vmb ze allen orten Er fullt ein ¢chalen von der nu¢¢
Text nach Ed. Wießner Des jukket er sich in dem grind; 5940 Er schre vil laut: ‘Ich pins ein kind 5940 Und du, Uotz, ein rechter wicht; Daz prüeft man wol ze diser gschicht.’ Was er vor mit singen fro, Des traurt er so mit wainen do. 5945 Daz was der andern aller schimph. 5945 Triefnas sach den ungelimph An essen und an trinken. Daz haubet ward im sinken; Die zerung bswäret in vil ser 5950 Und gedacht im an die ler: 5950 Chlaineu hochzeit schol er haben, Der sich hüeten wil vor schaden. Dar umb so was sein fröd zerstört. Des hiet er ärtznei auch gehört 5955 Und gie da hin vil maisterleich. 5955 ‘Hört, ir herren arm und reich,’ Ruofft er ze der selben stund, ‘Daz essen ist euch nicht gar gsunt! So tuot euch auch daz trinchen we: 5960 Dar umb stet auf und esst nit me!’ 5960 Des sneutzt her Chnotz sein nasen gross Durch sein hende also bloss Und warfs dem preutgom unterd augen. ‘Nu lek du das, so wil ichs glauben!’ 5965 5965 Sprach er zuo dem Pertschin do. Des waren so die andern fro Und sprachen zuo dem preutgom: ‘Uns dunkt, du redist aus dem trom. Trag her würst mit sampt dem bachen, 5970 Wellist du uns gsunde machen, 5970 Oder wir gend wider häm Und essen, sam uns ist gezäm! Wilt du uns derhungern hie, Du pist ein chnecht, du weist nit wie. 5975 Ein rechter artzet daz gelaubt: 5975 Auf vollem pauch stet fröleichs haubt.’ Des sprach so Arnolt sunderbar: ‘Dein red wär guot und gäntzleich war, Tätist sei auf meinem tisch. 5980 Gib uns etwas auf die visch!’ 5980 Pertschi sprach: ‘Es ist gesorten Umb und umb ze allen orten.’ Er fullt ein schalen von der nuss
5951 no vor der Zeile. 5963 vnt’d augen: d über der Zeile eingefügt. 5967 preutgonn: nn korrigiert aus m. 5971 wider: d verkleckst, eventuell davor Korrektur. 5975 Vor der Zeile Kreuzmarkierung. Ein: davor A durchgestrichen. 5976 Vers reicht bis an Spalte b.
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Da kratzte er sich seinen Schorfkopf und schrie überlaut: „Was bin ich für ein Dussel und du, Utz, ein richtiger Betrüger. Das kann man an dieser Geschichte wirklich sehen!“ Hatte er bislang fröhlich gesungen, so war er nun am Weinen und Klagen. Alle anderen hatten ihre diebische Freude daran. Triefnas sah ihre maßlose Verschwendung beim Essen und Trinken. Er ließ den Kopf hängen, weil die Kosten schwer auf ihm lasteten und er sich an die Lehre erinnerte: „Wer große Verluste vermeiden will, muss bescheidene Feste feiern.“ Die Festfreude war ihm nun gründlich verleidet, doch hatte er auch von einem Heilmittel dagegen gehört und trat nun wie ein richtiger Studierter auf. Er rief: „Liebe Gäste, hört mal her! Das Essen ist gar nicht gesund für euch, und auch das Trinken eher schädlich. Steht deshalb lieber auf und esst nicht weiter.“ Da rotzte Herr Fettsack aus seiner Riesennase in die bloße Hand, warf dem Bräutigam den Schnodder ins Gesicht und meinte zu ihm: „Ich glaube das nur, wenn du das aufleckst!“ Die anderen freuten sich darüber und sagten zum Bräutigam: „Sag mal, bist du nicht ganz bei Trost? Wenn du uns richtig verarzten willst, lass lieber Würste und Schinken auftragen oder wir gehen wieder nach Hause und essen, wie es uns passt! Wenn du uns hier verhungern lassen willst, dann bist du ein richtiger Mistkerl. Ein guter Arzt ist davon überzeugt: Auf einem vollen Bauch sitzt ein fröhlicher Kopf.“ Und Arnold fügte noch extra hinzu: „Du hättest ja völlig recht, wenn du das bei mir zu Hause sagen würdest; gib uns zu den Fischen noch etwas dazu!“ Bertschi antwortete: „Jetzt ist doch sowieso alles für’n Arsch!“ Er füllte eine Nussschale
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Mit mo¢t daz was ein erleich gu¢¢ Kochvn¢auber trag den wein Sprach er zu den knechten ¢ein Vnd ¢prich daz er vier äyger pràt Verderben daz wil haben rat Sich daz was ¢o ¢chier getan Die weil die herren hubend an Ze ¢chreygen trag vns her den wein Die vi¢che wellent g¢wemmet ¢ein Des hieten ¢eu do keinen danch Piermo¢t vnd daz öpfel gtranch Vnd daz ¢chlechenwa¢¢er gar Waren vor vergeben dar Doch pracht man in einn eimer vol Der ¢auren milch die trukens wol Rüfli ze der ¢elben ¢tund Saczt den eymer an den mund Vn chert ¢ich gen der wand von in Daz ¢tund ym wol nach ¢eine ¢in Er tranch ym ein ¢o lengi vart Daz es die praut verdrie¢¢en ward Vnd hub in an ze ¢traffen Sey ¢prach du pi¢t en ¢chlaffen Jn dem vas nach meinen dunken Oder in der milch der trunken Des ward do Rüfel lachen Was hiet die milch ze ¢chaffen Sey für ym in daz hirn hin auf Vnd ran ym zu der na¢en au¢ Wider in den chùbel ¢o Er pot den andern zetrinken do Der chùbel der gie vmb vn vmb Lärenchopf der macht es chrumb Der ym nicht gnug der milche vand Vn warff den chubel an die wand Da mit die äyger warent bräyt Vnd für die ge¢ellen all gelayt Er¢t do was das zeit do chomen Daz man da chrepfen ¢cholt ze fromen Des ward auch trauwen nicht v’mitten Seu tàten nach irem alten ¢itten Vnd drugen nach den äygern her Nicht anders ¢am die wilden per Mit henden vn mit fü¢¢en Des chond in niemant gpü¢¢en
Text nach Ed. Wießner Mit most: daz was ein erleich guss. 5985 5985 ‘Kochunsauber trag den wein,’ Sprach er zuo den knechten sein, ‘Und sprich, daz er vier aiger prat! Verderben daz wil haben rat.’ Sich, daz was so schier getan! 5990 5990 Die weil die herren huobend an Ze schreigen: ‘Trag uns her den wein! Die vische wellent gswemmet sein.’ Des hieten seu do keinen danch; Piermost und daz öpfelgtranch 5996 5995 Und daz schlechenwasser gar Waren vor vergeben dar. Doch pracht man in einn eimer vol Der sauren milch: die trunkens wol. Rüefli ze der selben stund 6000 6000 Satzt den eimer an den mund Und chert sich gen der wand von in: Daz stuond im wol nach seinem sin. Er tranch im ein so lengi vart, Daz es die praut verdriessen ward 6005 6005 Und huob in an ze straffen; Sei sprach: ‘Du pist enschlaffen In dem vas nach meinem dunken Oder in der milch dertrunken.’ Des ward do Rüefel lachen. 6010 6010 Was hiet die milch ze schaffen? Sei fuor im in daz hirn hin auf Und ran im zuo der nasen aus Wider in den chübel so. Er pot den andern ztrinken do: 6015 Der chübel der gie umb und umb. 6015 Lärenchopf der macht es chrumb, Der im nicht gnuog der milche vand, Und warff den chübel an die wand. Da mit die aiger warent brait 6020 6020 Und für die gsellen all gelait. Erst do was das zeit do chomen, Daz man da chrepfen scholt ze fromen. Des ward auch, trauwen, nicht vermitten; Seu taten nach irm alten sitten 6025 Und drungen nach den aigern her 6025 (Nicht anders sam die wilden per) Mit henden und mit füessen; Des chond in niemant gpüessen.
5984 mo¢t daz: zwischen den Worten zweites mit mo¢t geschrieben, durch va…cat getilgt; gu¢¢ über der Zeile, Vers reicht bis an Spalte b. 5989 ¢o: davor ¢ie durchgestrichen. 6006 Sey ¢prach: S korrigiert aus E, ¢prach sehr nah, durch Haarstrich geschieden. 6026 per: ursprünglich ¢per, ¢ radiert.
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mit Most: Das war ein anständiger Schluck! „Schmuddelkoch soll den Wein servieren“, trug er seinen Dienern auf, „und sagt ihm, dass er vier Eier braten soll, schließlich soll hier niemand zugrunde gehen!“ Das wurde auch gleich erledigt. Inzwischen begannen die Herren zu schreien: „Wein her, Wein her, die Fische wollen schwimmen!“ Das half ihnen aber überhaupt nichts: Birnenmost, Apfelsaft und Schlehenwasser waren vorher schon vollständig ausgeschenkt worden. Lediglich einen Eimer saurer Milch bot man ihnen an, und die tranken sie gern. Rüefli hob sogleich den Eimer an den Mund und drehte sich von ihnen weg zur Wand. Das passte ihm so richtig in den Kram! Er nahm einen solch riesigen Schluck, dass die Braut schlechte Laune bekam und zu meckern anfing: „Sag mal, bist du in dem Eimer eingeschlafen oder in der Milch ertrunken?“ Rüefel musste darüber lachen. Was aber machte nun die Milch? Sie schoss ihm bis ins Hirn hinauf, lief ihm dann aus der Nase und wieder in den Eimer zurück. Erst jetzt bot er den anderen davon zu trinken an: Nun ging der Eimer von Hand zu Hand. Nur Leerdenkrug tanzte aus der Reihe. Da für ihn nicht genug Milch übrig blieb, schmiss er den Eimer an die Wand. Inzwischen waren die Eier fertig und der Festgesellschaft serviert. Nun wurde es aber auch Zeit, dass man sich eins schnappen musste, wenn man nicht zu kurz kommen wollte. Und, meine Güte, niemand hielt sich zurück. Wie sie es von jeher gewohnt waren, grapschten sie wie wilde Bären mit Händen und Füßen nach den Eiern. Niemand konnte sie nun mehr aufhalten!
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Der er¢t der was der pe¢te Der erge¢t vnd der le¢te Chrimbolten dem ward ein äy Scheubin¢ak gewan ir zway Chnocz vnd Troll die hieten gfangen Daz vierd des was der tayl der gangen Graff Purkhart mit dem Vberpain Sprach der ¢chinnph i¢t vns nit gmäyn Mir vnd meinen ge¢ellen hie Die pö¢ten tayler daz ¢ind die Die einen la¢¢end trunchen werden Vnd den andern dur¢tes ¢terben Da mit gräyff er hin ge¢trak Vn zucht ein äy dem Scheubin Sak So ve¢tech leich vn vngetan Daz ym daz wäych durch hende ran Die finger ¢tie¢¢ er in den mund Vn ¢chlikts es ab daz waz ym g¢und Do ¢prach Jän¢el gib mir auch Sweig ¢prach dirr du pi¢t ein gauch Die negel lang an ¢einem taumen Hulfend ym daz äy ze raumen Scheubin¢ak daz ander hielt Wie ¢chier ers von ein ander ¢pielt Vn für her mit einr gro¢¢en ¢nitten Durch vn durch daz äy enmitten Des mu¢t das totter rinnen hin Mit ¢ampt dem clar àn allen gwin Wan es die kaczen begriffend Jr zùngen da mit ¢chliffend Es i¢t verclayt ¢prach do d’ man Dem daz gelùk nicht gutes gan Der mù¢¢ verlie¢en vbernacht Kùnges hord vn kay¢ers macht Des nam do Chrymbolt eben wär Vn fa¢¢t daz äy ¢o gancz vn gar Er warff es ye¢o ı den mùnd Vn ¢chlikt es eyn in ein’ ¢tund Des wär er g¢torben an der zeit Do was ym der ¢chlund ¢o weit Daz / das äy ym dùrch den kragen Gänczleich fur bis in den magen Des ¢p~ch er hie wie gut wie gut Nu i¢t mein täyl vor euch behut Chnocz vn Troll die ware ge¢ellen Niemant gtor¢t ¢ich gen in ¢tellen
Text nach Ed. Wießner Der erst der was der peste, 6030 6030 Der ergest und der leste. Chrimbolten dem ward ein ai, Scheubinsak gewan ir zwai, Chnotz und Troll die hieten gfangen Daz vierd: des was der tail dergangen. 6035 6035 Graff Purkhart mit dem überpän Sprach: ‘Der schimph ist uns nit gnäm, Mir und meinen gsellen hie. Die pösten tailer daz sind die, Die einen lassend trunchen werden 6040 6040 Und den andern durstes sterben.’ Da mit graiff er hin gestrak Und zucht ein ai dem Scheubinsak So vestechleich und ungetan, Daz im daz waich durch dhende ran. 6045 6045 Die finger stiess er in den mund Und schlekets ab: daz was im gsund. Do sprach Jänsel: ‘Gib mir auch!’ ‘Sweig!’ sprach dirr, ‘du pist ein gauch.’ Die negel lang an seinem taumen 6050 Hulfend im, daz ai ze raumen. 6050 Scheubinsak daz ander hielt. Wie schier ers von einander spielt Und fuor her mit einr grossen snitten Durch und durch daz ai enmitten! 6055 Des muost das totter rinnen hin 6055 Mit sampt dem clar an allen gwin, Wan es die katzen bgriffend, Ir zungen da mit schliffend. ‘Es ist verclait,’ sprach do der man; 6060 ‘Dem daz glük nicht guotes gan, 6060 Der muoss verliesen über nacht Künges hord und kaisers macht.’ Des nam do Chrimbolt eben war Und fasst daz ai so gantz und gar; 6065 Er warff es ieso in den mund 6065 Und schlikt es ein in einer stund. Des wär er gstorben an der zeit: Do was im der schlund so weit, Daz das ai im durch den kragen 6070 Gäntzleich fuor bis in den magen; 6070 Des sprach er: ‘Hie, wie guot, wie guot! Nu ist mein tail vor euch behuot.’ Chnotz und Troll die waren gsellen: Niemant gtorst sich gen in stellen;
6044 hende: vor dem Wort wohl d radiert. 6046 ¢chlikts: c zwischen i und k radiert. fend: n mit Schlussbogen. 6066 es eyn: dazwischen ye¢o durchgestrichen.
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Der Erste war der Beste, der Ärgste und der Letzte. Chriembold schnappte sich ein Ei, Schiebinsack sogar zwei, während Fettsack und Trollpatsch das vierte ergattert hatten. So gab es nun nichts mehr zu verteilen. Graf Burkhart mit dem Überbein meinte dazu: „Ein solcher Scherz passt mir und meinen Kumpels hier überhaupt nicht. Am ungerechtesten teilen all jene, die den einen besoffen machen und den anderen verdursten lassen.“ Blitzschnell langte er hin und schnappte Schiebinsack ein Ei weg, allerdings so heftig und ungehobelt, dass ihm das Weiche durch die Finger quoll. Er steckte sie in den Mund und leckte sie ab: Das bekam ihm bestens. Darauf forderte Jänsel: „Lass mir auch was übrig!“ Der aber fuhr ihn an: „Halt’s Maul, du Idiot!“ Dabei halfen ihm seine langen Daumennägel das Ei auszukratzen. Schiebinsack hielt das zweite fest, zerbrach es und wischte mit einer großen Brotscheibe mitten durch das Ei hindurch. Dabei tropften Dotter und Eiweiß völlig nutzlos hinunter, so dass es nur noch die Katzen ergatterten und ihre Zungen damit polierten. „So ist es eben“, meinte er dazu, „wem das Glück nicht lacht, der wird über Nacht Königsschatz und Kaiserherrschaft verlieren.“ Chriembold beobachtete das alles ganz genau, und so nahm er das ganze Ei, stopfte es sich in den Mund und schluckte es auf einmal hinunter. Daran wäre er beinahe erstickt, wenn er nicht so einen weiten Rachen gehabt hätte, dass ihm das Ei in einem Rutsch durch den Hals in den Magen sausen konnte. Dazu sagte er zufrieden: „Mensch, das ging ja bestens! Nun ist mein Anteil vor euch sicher.“ Fettsack und Trollpatsch waren Freunde. Niemand wagte mit ihnen Streit anzufangen.
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Text nach Ed. Wießner
Des tro¢ten ¢eu ¢ich ¢under wol 6075 Dar zu ¢o wares ¢innen vol Daz äy ¢eu va¢¢ten bäyd geleich Vnd tatens auf vil rüwetcleich Seu ࢢen hofeleichn gar Die ¢nitten ¢tie¢¢ens gemächleich dar 6080 Vnd naczten ¢eu enwench da vor Daz wurffens in des mudes tör Die ¢nitten ¢chlunden ¢eu nicht gar Daz v` berig ¢tie¢¢ens wider dar Vn furen zgleycher weis ¢am vor 6085 Vmb hin ze des ¢chlundes tör Yeder daz ¢o lange träyb Daz auf dem ti¢ch kain brot beläyb Die andern all die ¢ahent zu Recht ¢am die wolf gen ainer ku 6090 Dennocht was des äys ein täyl Daz hieltens va¢t es was nicht väyl Nàch zwayn layben was in we Do vand man in dem haus nit me Was ¢cholten do die armen haben 6095 Trun daz kan ich euch nit ¢agen Do ¢chùlten ¢eu den wirte do Daz äy den dienern gabens ¢o Daz ¢eu dar an gedächtin Vnd in ze trinken prächten 6100 Do mochtens nicht der milch gehaben Des mu¢t man in des wa¢¢ers trage Er¢t ¢chanktens her mit eren Die wirt¢chaft ward ¢ich meren Won der tur¢t ¢eu ¢tätes ¢art 6105 Secht bis an die ¢elben vart Man gab ins vngeme¢¢en dar Daz macht ¢eu vol vn läydes bar Al¢o hub do yeder man Ze ¢ingen vn ze ¢agen an 6110 Vnd was der herr hiet an gehaben Es wär von ¢ingen oder ¢agen Daz chond der chnecht mit zuchten ¢torre Niemant wolt den andern hörren Yeder wolt verhoret ¢ein 6115 Vn ¢chre vernemet die rede mein So lange wert der vnfug Bis daz man in daz le¢te trug Daz warent ker¢¢en weinper Feygen kriechen vn nicht mer 6120 Hieten ¢ey daz er¢t gericht
Des trosten seu sich sunder wol, 6075 Dar zuo so warens sinnen vol. Daz ai seu vassten baid geleich Und tatens auf vil rüewenchleich. Seu assen hofeleichen gar; Die snitten stiessens gmächleich dar Und natzten seu enwench da vor: Daz wurffens in des mundes tor. Die snitten schlunden seu nicht gar, Daz überig stiessens wider dar Und fuoren zgleicher weis sam vor 6085 Umb hin ze des schlundes tor. Ieder daz so lange traib, Daz auf dem tisch kain brot belaib. Die andern all die sahent zuo Recht sam die wolf gen ainer kuo. 6090 Dennocht was des ais ein tail: Daz hieltens vast; es was nicht vail. Nach zwain laiben was in we: Do vand man in dem haus nit me. Was scholten do die armen haben? 6095 Trun, daz kan ich euch nit sagen. Des schulten seu den wirte do; Daz ai den dienern gabens so, Daz seu dar an gedächtin Und in ze trinken prächtin. 6100 Do mochtens nicht der milch gehaben; Des muost man in des wassers tragen. Erst schanktens her mit eren: Die wirtschaft ward sich meren, Won der turst seu stätes sart, 6105 Secht, bis an die selben vart! Man gab ins ungemessen dar: Daz macht seu vol und laides bar. Also huob do ieder man Ze singen und ze sagen an 6110 Und, was der herr hiet an gehaben, Es wär von singen oder sagen, Daz chond der chnecht mit züchten störren. Niemant wolt den andern hörren, Ieder wolt verhöret sein 6115 Und schre: ‘Vernempt die rede mein!’ So lange wert der unfuog, Bis daz man in daz leste truog; Daz warent kerssen, weinper, Feigen, kriechen und nicht mer. 6120 Hieten sei daz erst gericht
6108 Daz: D korrigiert aus M.
6111 herr hiet: dazwischen Haarstrich.
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Das ließ sie sehr sicher auftreten; und recht schlau waren sie außerdem. Gemeinsam nahmen sie ihr Ei, brachen es ganz ruhig auf und begannen höchst manierlich zu essen. Die Brotscheiben stippten sie in aller Ruhe hinein, feuchteten sie dabei nur ein bisschen an der Spitze an und stopften sie so ins Maul. Dabei fraßen sie die Brotscheiben nicht ganz auf, sondern stippten den Rest wiederum ins Ei und steckten ihn sich ebenso wie vorher in den Rachen. Das trieben sie beide so lange, bis auf dem Tisch kein Brot mehr übrig war. Alle anderen starrten darauf wie Wölfe auf eine Kuh. Zwar war noch immer ein Teil des Eies übrig, doch hielten sie es ganz fest und rückten es nicht heraus. Gern hätten sie noch zwei Brotlaibe bekommen, doch waren in dem Haus keine mehr zu finden. Was sollten die Ärmsten nun essen? Mein Gott, das kann ich euch auch nicht sagen. Dem Hausherrn machten sie heftige Vorwürfe, den Dienern aber schenkten sie das Ei, damit sie daran dächten, ihnen zu trinken zu bringen. Milch konnten sie nicht mehr bekommen, so musste man ihnen Wasser servieren. Zuerst schenkte man es ihnen noch maßvoll ein. Dann jedoch schluckten sie immer mehr, weil der Durst sie bis jetzt – stellt euch das vor – ununterbrochen gequält hatte. Nun goss man ihnen hemmungslos nach, so dass sie bald voll waren und alle Sorgen vergaßen. Da fing jeder zu singen und zu sagen an. Und was auch immer ein Herr singen oder sagen wollte, das konnte der Knecht ordentlich unterbrechen. Keiner wollte dem anderen zuhören, sondern nur selber beachtet werden und schrie: „Hört mir mal zu!“ Dieser Tumult dauerte so lange, bis ihnen der Nachtisch serviert wurde. Es gab Kirschen, Weintrauben, Feigen, Pfläumchen und sonst nichts. Hatten sie schon das Hauptgericht
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Sauberleichen auf gezücht Daz le¢te ward zu der ge¢chicht Vil mächticleicher gar ver¢chlucht Doch ¢o tet die praut ir recht 6125 Vnd frࢢ nicht ¢chlindent ¢am die knecht Sey bäi¢¢ ab einer ker¢¢en mer Dann siben¢tund daz was ein er Do ¢ach Pert¢chi Trieffnas Daz kayn ¢alcz vor jnen was 6130 Des pracht er in den geren vol Vn ¢prach daz gehört zùn kriechn wol
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Jn den ¢elben ¢tunden Ein flo die was ge¢prungen Fro Hudeln zwù¢chen yreu payn 6135 Vnd päi¢¢ ¢ey daz ¢ey dar zu gräyn Des wolt ¢ey ¢ich do puken Die floh ze tot ertruken Secht do ward ird haut ze kürcz Jr ge¢chach nicht recht ¢ey lie¢¢ einn fùrcz 6140 Der ¢chanden wolt ¢ey ¢ich der geczen Vnd ward ¢ich mit den fü¢¢en kreczen Dar vmb daz man ¢cholt glauben han Die fü¢¢e hietens alz getan Des was Henricze ir ze ¢chlug 6145 Vn ¢p~ch daz i¢t nicht enes fug Jch ¢ing dir eins vil wol geticht Creczen geleycht ¢ich ferczen nicht Hùdeln tett der ¢pot vil we Vnd lie¢¢ einn gro¢¢en furcz ¢am e 6150 Vnd dar nach drey der waren vier Sey ¢chre hin ze dem ¢chreyber ¢chier Set hin ir vercleiter knecht Clinglent auer die icht recht Da mit ¢o was der ¢chreyber bezalt 6155 Graf Purkhart doch des g¢maks engalt Oder leycht ¢ein äy was faul Die ¢peis die ¢chlug ym zu dem maul Des mu¢t er ¢peiben ze der vart Auf den ti¢ch durch ¢einen part 6160 Do hiet der alt her Gumpo¢t Getrunchen wa¢¢er milch vn mo¢t Daz ¢ich der pauch ward playgend ¢er Wütend plodrent ¢am daz mer Die vi¢che wurden ¢wimmend 6165 Vn ı ¢o harte grimmend Daz er von dem ti¢ch mu¢t ¢ten
Sauberleichen auf gezücht, Daz leste ward zuo der geschicht Vil mächticleichen gar verschlicht. Doch so tet die praut ir recht 6125 Und frass nicht schlindent sam die knecht; Sei baiss ab einer kerssen mer Dann siben stund: daz was ein er. Do sach Pertschi Triefnas, Daz kain saltz vor inen was; 6130 Des pracht er in den geren vol Und sprach: ‘Daz ghört zuon kriechen wol.’ In den selben stunden Ein flo die was gesprungen Fro Hüdeln zwüschen ireu pain 6135 Und paiss sei, daz sei dar zuo grain. Des wolt sei sich do puken, Die floh ze tot ertruken. Secht, do ward ird haut ze kurtz, Ir gschach nicht recht – sei liess einn furtz! Der schanden wolt sei sich dergetzen Und ward sich mit den füessen kretzen Dar umb, daz man scholt glaubet han, Die füesse hietens alz getan. Des was Henritze ir ze chluog 6145 Und sprach: ‘Daz ist nicht enes fuog. Ich sing dir eins vil wol geticht: Cretzen gleicht sich fertzen nicht.’ Hüdeln tett der spot vil we Und liess einn grossen furtz sam e 6150 Und dar nach drei: der waren vier. Sei schre hin ze dem schreiber schier: ‘Set hin, ir vercleiter knecht! Clinglent aver die icht recht?’ Da mit so was der schreiber bzalt. 6155 Graf Purkhart doch des gsmaks engalt, Oder leicht sein ai was faul: Die speis die schluog im zuo dem maul; Des muost er speiben ze der vart Auf den tisch durch seinen part. 6160 Do hiet der alt her Gumpost Getrunchen wasser, milch und most, Daz sich der pauch ward plägend ser, Wüetend, plodrent sam daz mer. Die vische wurden swimmend 6165 Und in so harte grimmend, Daz er von dem tisch muost sten;
6156 Vers reicht bis an Spalte b.
6163 playgend: n mit Schlussbogen, d darüber.
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ordentlich abgeräumt, so wurde nun auch der Nachtisch hastig und vollständig verschlungen. Die Braut aber befolgte die Benimmregeln und fraß nicht so hektisch wie die Knechte. Mehr als siebenmal biss sie von einer Kirsche ab. Das war richtig vornehm! Bertschi Triefnas stellte nun fest, dass kein Salz auf dem Tisch war. Deshalb brachte er es in seinen Rocktaschen herbei und sprach: „Das gehört zu den Pfläumchen nun mal dazu.“ Zur gleichen Zeit war Fräulein Schlampe ein Floh zwischen die Beine gesprungen und hatte sie gebissen, so dass sie aufschrie. Deshalb wollte sie sich bücken, um ihn zu zerquetschen. Seht, da wurde ihr die Haut zu knapp; es gelang ihr nicht recht, sie ließ einen Furz fahren! Zwar versuchte sie diese Blamage zu vertuschen und begann, sich mit den Füßen zu kratzen, damit die anderen annähmen, es seien die Füße gewesen. Henritze aber konnte so nicht getäuscht werden und meinte: „Das passt doch nicht zusammen! Ich werd’ dir mal einen guten Vers dazu singen: Kratzen und Furzen ist zweierlei.“ Schlampe wurmte dieser Spott. So ließ sie noch einen Riesenfurz und anschließend noch drei: Das waren dann schon vier. Sogleich schrie sie den Schreiber an: „Passt nur auf, Ihr verwichster Kerl. Hören die sich denn jetzt richtig an?“ Damit hatte sie es dem Schreiber ordentlich gegeben. Doch auch Graf Burkhart bezahlte noch für den Gestank. Vielleicht war aber auch sein Ei schon faul gewesen. Jedenfalls fuhr ihm das Essen wieder aus dem Maul und er kotzte es durch seinen Bart mitten auf den Tisch. Der alte Herr Sauerkraut hatte inzwischen Wasser, Milch und Most getrunken, so dass sich sein Bauch mächtig blähte und tobte und rumorte wie das Meer. Die Fische begannen zu schwimmen und ihn so sehr zu peinigen, dass er vom Tisch aufstehen musste.
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Text nach Ed. Wießner
Er ¢p~ch ich wil gen ¢mey¢¢en gen Jch chùm her wider päytend hie Die andern auf ich way¢¢ nicht wie Vnd leuffen all dem Gumpo¢t nach Ze ¢äychen waz in al¢o gàch Dennocht playb fro Laych den Man Sey hiet es vnter¢ich getan Jn daz phäyt daz ward ir na¢¢ Won ¢ey dez ¢wams do häym vèrga¢¢ Des macht ¢ey ¢ich doch auf die payn Vnd wolt nicht ¢iczen da alläyn Da nun die herren chament wider Sey hieten ¢ich ge¢eczet nider Do was daz ti¢chtuch auf gehaben Daz konden ¢eu do nie verclagen Wàrens ge¢e¢¢en an den ¢egen Wenn wolten ¢eu dann danke geben Die diener wu¢chend do ir hend Da mit ¢o nam der ti¢ch ein end Secht do was nù tanczens zeit Jn der wi¢en die was weyt Gunt’fay ¢ich hub ein ge¢chray Nym hin ein ay vn pheiff zwäy Der ¢pilman was des weines vol Des emphand er an ym wol Doch gedacht er in dem ¢in Ob ich ioch nù gar trunken pin So ¢ein ¢eu trauwe auch nich lär Dar vmb i¢t es mir nicht ¢war Ze pfeyffen hin ein narren vart Won ¢eu ver¢tend es auch einn ¢art Da mit vn er ¢ein bek der ¢chal Daz es io in dem perg der hal Ofen¢tek do furher ¢prang Vnd nam fro Juczen an die hand Er tanczt da hin ¢ey vegt ym nach Die andern auf vnd an vil gach Daz gzöder michel ward vn lang Jeder ¢under leichn ¢prang Auf vnd nider in dem traum Sam die äpfel von dem paum Gunt’fay der ¢chlug vn ¢chlug Solange weil vn ane fug Des was do Ofen¢tek ze fay¢¢ Vnd hiet ge¢wanczt daz ym d’ ¢wäi¢¢
Er sprach: ‘Ich wil gen smeissen gen. Ich chüm her wider; paitend hie!’ Die andern auf (ich waiss nicht wie) Und leuffen all dem Gumpost nach: Ze saichen was in also gach. Dennocht plaib fro Laichdenman: Sei hiet es untersich getan In daz phait; daz ward ir nass, 6175 Won sei des swams da haim vergass. Des macht sei sich doch auf die pain Und wolt nicht sitzen da allain. Do nu die herren chament wider, Sei hieten sich gesetzet nider: 6180 Do was daz tischtuoch auf gehaben; Daz konden seu do nie verclagen. Wärens gsessen an den segen, Wenn wolten seu han danke geben? Die diener wuoschend do ir hend; 6185 Da mit so nam der tisch ein end. Secht, do was nu tantzens zeit In der wisen, die was weit! ‘Gunterfai,’ sich huob ein gschrai, ‘Nim hin ein ai und pheiff uns zwai!’ Der spilman was des weines vol: Des emphand er an im wol. Doch gedacht er in dem sin: ‘Ob ich joch nu gar trunken pin, So sein seu, trauwen, auch nicht lär. Dar umb ist es mir nicht swär, Ze pfeiffen hin ein narrenvart; Won seu verstend es auch einn sart.’ Da mit und er sein bek derschal, Daz es jo in dem perg derhal. 6200 Ofenstek do fürher sprang Und nam fro Jützen an die hand. Er tantzt da hin, sei vegt im nach, Die andern auf und an vil gach. Daz gzöder michel ward und lang. 6205 Ieder sunderleichen sprang Auf und nider in dem traum Sam die äpfel von dem paum. Gunterfai der schluog und schluog So lange weil und ane fuog: 6210 Des was do Ofenstek ze faiss Und hiet geswantzt, daz im der swaiss
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6176 dez: korrigiert aus daz. Vers reicht bis an Spalte b. 6187 Doppelstrich und rötlicher Querstrich vor dem Vers. 6188 Dieser und die folgenden drei Verse wurden offenbar erst rot und dann grün markiert, heute bräunlich; da auf Rasur, ist die Linie verlaufen. 6192 Rötlicher Querstrich vor dem Vers.
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Er sagte: „Ich will aufs Scheißhaus gehen, komme aber wieder, wartet hier auf mich!“ Da sprangen alle anderen auf – ich weiß nicht, wie das geschah – und liefen Sauerkraut nach, denn auf einmal mussten sie alle dringend pissen. Frau Täuschdenmann aber blieb sitzen. Sie hatte sich bereits ins Hemd gemacht. Das war nun ganz nass, weil sie ihre Schwammeinlage zu Hause vergessen hatte. Dann aber sprang sie doch auf die Beine, sie mochte dort nicht allein sitzen bleiben. Als die Herren zurückkamen, wollten sie sich wieder hinsetzen, doch die Tafel war schon aufgehoben. Darüber konnten sie überhaupt nicht mehr aufhören zu schimpfen. Hatten sie sich schon ohne Tischsegen hingesetzt, warum sollten sie dann ein Dankgebet sprechen? Die Diener wuschen ihnen noch die Hände, damit war das Festessen vorbei. Nun aber war es Zeit zum Tanzen auf der großen Wiese. „Konterfax“, wurde geschrien, „schnapp dir ein Ei und pfeif uns dafür zwei Tänze!“ Zwar merkte der Spielmann, dass er randvoll mit Wein war, dennoch dachte er sich: „Auch wenn ich schon ganz schön besoffen bin, so sind sie ja, weiß Gott, auch nicht gerade nüchtern. Da wird es mir wohl nicht schwer fallen, zu einem Narrenzug aufzuspielen, denn davon verstehen sie ja nur einen Dreck!“ Und so ließ er sein Becken erschallen, dass es in den Bergen widerhallte. Schürhaken sprang als erster vor und griff Frau Jütze bei der Hand. Er tanzte vorneweg, sie sauste ihm nach. Und auch die anderen sprangen auf und nichts wie hinterher. So wurde die Reihe lang und länger. Ein jeder sprang für sich und wie in Trance auf und nieder, so wie Äpfel, wenn sie vom Baum fallen. Dabei schlug Konterfax ununterbrochen und ohne Sinn und Verstand auf sein Becken. Schürhaken war dafür aber einfach zu fett. So wild hatte er getanzt, dass ihm der Schweiß
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Text nach Ed. Wießner
Dùrch ¢einen diken ¢choppen ran Des ward er auch ¢o müd d’ man Daz er nicht furbas mocht ge¢ten Des mu¢t er ab dem tancze gen Er legt ¢ich in daz gras vn ¢prach Gott geb ym alles vngemach Die dich pfeiffen geleret ie So we i¢t mir ge¢chehen hie Schabenloch den haber trug Den lie¢¢ er ¢ten vn was ¢o chlug Daz er die er¢ten begraiff aldo Vn ¢prach vil höh mit ir hyo Do was der rek ze mager gar Die pruch ze wäeit des ward er gwar Dar nach vnd ¢ey ym was geuallen Für die chnie vor inen allen Des mu¢t er ¢trauchen ı daz gras Jùcz auf in ¢am billeich was Chuncz auf Juczen Els hin nach Ze vallen was in al¢o gach Jn den ¢achen es ge¢chach Daz Els den iren ¢piegel brach Ein ¢tuk daz gieng ir ı die haut Daz tet ir we ¢ey ¢chrey vil laut Hòr auf fayger Gunt’fay Won mein ¢piegel i¢t enzway Der spilman ge¢waig d’ Gumpo¢t ¢chre Got geb ym läid vn alles we Der an dem ¢piegel ¢chuldig ¢ey Hie ver¢tund man vil wol pey Wer den ¢piegel kauffet hiet Vnd wen er mit dem fluch erryet Des lachet man es was nicht zeit Daz ¢ich derheben ¢cholt ein ¢treyt Des ward nu von dem tancz gela¢¢en Die man von müdi nider ¢a¢¢en Die frawen ¢tunden daz was wol Won tanczes werdens niemer vol Sey hieten für die knaben g¢ùngen Stayn geworffen vn ge¢prungen Da was es in nicht gar gewon Dar vmb ¢o lie¢¢en ¢eu dar von Was ¢cholt man in dann zetrıken t~ge Die chrug die warend all zer¢chlage
Durch seinen diken schoppen ran; Des ward er auch so müed, der man, Daz er nicht fürbas mocht gesten; 6215 Des muost er ab dem tantze gen. Er legt sich in daz gras und sprach: ‘Gott geb im alles ungemach, Der dich pfeiffen gleret ie! So we ist mir geschehen hie.’ 6220 Schabenloch den haber truog; Den liess er sten und was so chluog, Daz er die ersten bgraiff aldo Und spranch vil höch mit ir hin jo. Do was der rek ze mager gar, 6225 Die pruoch ze weit: des ward er gwar Dar nach, und sei im was gevallen Für die chnie vor inen allen. Des muost er strauchen in daz gras, Jütz auf in, sam billeich was, 6230 Chuontz auf Jützen, Els hin nach: Ze vallen was in also gach. In den sachen es geschach, Daz Els den iren spiegel brach. Ein stuk daz gieng ir in die haut. 6235 Daz tet ir we; sei schre vil laut: ‘Hör auf, faiger Gunterfai, Won mein spiegel ist enzwai!’ Der spilman gswaig, der Gumpost schre: ‘Got geb im laid und alles we, 6240 Der an dem spiegel schuldig sei!’ Hie verstuond man vil wol pei, Wer den spiegel kauffet hiet Und wen er mit dem fluoch erriet. Des lachet man: es was nicht zeit, 6245 Daz sich derheben scholt ein streit. Des ward nu von dem tantz gelassen; Die man von müedi nider sassen, Die frawen stuonden: daz was wol; Won tantzens werdens niemer vol. 6250 Sei hieten für die knaben gsungen, Stain geworffen und gesprungen: Do was es in nicht gar gewon; Dar umb so liessen seu dar von. Was scholt man in dann ztrinken tragen? Die chrüeg die warend all zerschlagen.
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6228 inen: erstes n mit Schlussbogen. 6230 billeich: erstes i wohl aus e korrigiert. 6239 Vers reicht bis an Spalte b. 6244 erryet: ursprünglich erreyt, e vor y getilgt und dahinter über dem Wort wiederholt. 6253 gar: über der Zeile eingefügt. 6255 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso in der nächsten Zeile.
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durch seine dicke Joppe rann. Davon war der Mann so erschöpft, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und den Tanz verlassen musste. Er legte sich ins Gras und sagte: „Gott soll den strafen, der dich das Musizieren gelehrt hat! Oh je, hat mich das schlimm erwischt!“ Mottenloch trug den Stab des Vortänzers, ließ ihn dann allerdings stehen und war so schlau, sich die erste Beste zu greifen. Mit der hüpfte er in hohen Sprüngen los. Jedoch war der Recke viel zu mager und seine Hose zu weit. Das merkte er aber erst, als sie ihm vor aller Augen bis in die Kniekehlen gerutscht war. Darum stolperte er und fiel ins Gras, Jütze natürlich auf ihn drauf, Kunz auf Jütze, und Else noch hinterher. Richtig eilig hatten sie es hinzufallen. Dabei passierte es nun, dass Else ihren Spiegel zerbrach. Ein Splitter davon fuhr ihr in die Hand. Das tat ihr weh, und so schrie sie lauthals: „Hör auf, du verdammter Konterfax, mein Spiegel ist zerbrochen!“ Da unterbrach der Spielmann sein Spiel, Sauerkraut aber schrie: „Mit all seinen Plagen soll Gott den strafen, der diesen Spiegel auf dem Gewissen hat!“ Daraus konnte man leicht ersehen, wer den Spiegel gekauft hatte und wen er mit seinem Fluch meinte. Alle lachten darüber, noch war es nicht soweit, dass daraus eine Schlägerei erwachsen sollte. Mit der Tanzerei hörten sie nun auf. Die Männer sanken erschöpft zu Boden, die Frauen aber blieben stehen. Das war auch ganz in Ordnung, vom Tanzen können die schließlich nie genug bekommen. Sie hätten den Jungs sogar im Singen, im Steinestoßen und Weitsprung etwas vorgemacht, doch waren sie darin überhaupt nicht geübt, und so ließen sie es bleiben. Was sollte man ihnen aber jetzt zu trinken bringen? Die Krüge waren doch alle zerschlagen.
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Al¢o kam daz ander ge¢chray Pheiff auf lieber Gunt’fay Des antwùrt er ich mag nicht me Wi¢¢t mir tùet der ¢chedel we Daz i¢t mir läid nu hab es dir Sprach do Pert¢chi mit begir So ¢chullen wir eins ¢ingen Ze ring vmb älleu ¢pringen Der red warend ¢ey vil fro Des hub do Pert¢chi an al¢o Daas ¢chaffet alz die mim die minn Daas ¢chaffet als die minn die minn Daz wir leben ane ¢`yynn Daz wir leben aneee ¢ynn Daz ¢chaffet als der wein der wein Daz wir mù¢¢en froleich ¢ein Daz ¢chaffet alz daz gold daz gold Daz niemand i¢t dem andern holt Daz ¢chaffet alz daz phand daz phand
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Daz man porget ¢o ze hand Daz ¢chaffet alz daz ¢pil daz ¢pil Daz ich nit mag behalten vil Et cetera daz ward ¢o lang Daz yeder auf ze le¢ten ¢prang Mit einem fü¢¢ dar vmb daz Daz er geruwen mocht de¢ter ba¢ An dem andern ¢o er gelag An tretten ¢am ein fauler mag Söleich gnepfen vn ein hopphen Hupfen lupfen vn ein zoppen Hiet ¢ich an dem ring der haben Jr g¢acht es nie pey ewern tagen Des gie dem ¢inger dar nach ab Er ¢prach nù we mir heut den tag Daz ich nicht kan des liedes me Daz tut mir in der ver¢enn we Die andern warend tanczens vol Yeder ¢prach ¢o tucz mir wol Seu vielent nider ı daz gras Vn ruwten da das fugt in bas Des nam do Galgen¢wanch ein äy Vn ¢prang her gen dem Gunt’fay Er ¢prach ¢e hin vn mach ein gucz Jch pin nicht eines chranchen mucz Do nu der pfeiffer hiet ¢ein lon
Also kam daz ander gschrai: ‘Pheiff auf, lieber Gunterfai!’ Des antwurt er: ‘Ich mag nicht me: Wisst, mir tuot der schedel we!’ 6260 ‘Daz ist mir laid; nu hab es dir!’ Sprach do Pertschi mit begir. ‘So schüllen wir eins singen, Ze ring umb älleu springen.’ Der rede warend sei vil fro. 6265 Des huob do Pertschi an also: ‘Da-as schaffet alz die minn – die minn, Da-as schaffet alz die minn – die minn, Daz wir leben ane si-inn, Daz wir leben ane-e-e sinn. 6270 Daz schaffet alz der wein – der wein, etc. Daz wir müessen fröleich sein. etc. Daz schaffet alz daz gold – daz gold, etc. Daz niemand ist dem andern holt. etc. Daz schaffet alz daz phand – daz phand, etc. Daz man porget so ze hand. etc. Daz schaffet alz daz spil – daz spil, etc. Daz ich nit mag behalten vil.’ etc. Et cetera. Daz ward so lang, Daz ieder auf ze lesten sprang 6280 Mit einem fuoss: dar umbe daz, Daz er geruowen mocht dest bas An dem andern, so er glag An tretten sam ein fauler mag. Söleich gnepfen und ein hoppen, 6285 Hupfen, lupfen und ein zoppen Hiet sich an dem ring derhaben: Ir gsacht es nie pei ewern tagen. Des gie dem singer dar nach ab; Er sprach: ‘Nu we mir heut den tag! Daz ich nicht kan des liedes me, Daz tuot mir in der versen we.’ Die andern warend tantzens vol; Ieder sprach: ‘So tuotz mir wol.’ Seu vielent nider in daz gras 6295 Und ruowten da: das fuogt in bas. Des nam do Galgenswanch ein ai Und sprang her gen dem Gunterfai; Er sprach: ‘Se hin und mach ein guotz! Ich pin nicht eines chranchen muotz.’ Do nu der pfeiffer hiet sein lon,
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6267 Doppelstrich vor dem Vers. 6271 Rechts neben dem Vers dünn in blasser Tinte &c al¢o. 6301 nu: auf Rasur verkleckst, über der Zeile wiederholt.
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So hörte man wieder das alte Geschrei: „Spiel auf, bester Konterfax!“ Der aber antwortete: „Jetzt kann ich nicht mehr. Wisst ihr, mir dröhnt nur noch der Schädel.“ „Das tut mir leid; dann lass ihn dröhnen!“, meinte Bertschi darauf voller Tatendrang. „Dann lasst uns eben singen und alle im Kreise springen.“ Darüber freuten sich alle sehr, und so fing Bertschi zu singen an: „Da-as macht doch nur die Minn’ – die Minn’, Da-as macht doch nur die Minn’ – die Minn’, Dass wir so leben ohne Si-inn, Dass wir so leben ohne-e Si-inn. Da-as macht doch nur der Wein – der Wein … etc. Dass wir nun müssen fröhlich sein … Das macht doch nur das Gold – das Gold … Dass niemand ist dem andern hold … Das macht doch nur das Pfand – das Pfand … Dass man nun borgt mit leichter Hand … Das macht doch nur das Spiel – das Spiel … Dass kein Gut bei mir bleiben will …“ Und so weiter und so weiter. Das dauerte so lange, bis sie schließlich alle nur noch auf einem Bein herumsprangen. Sie taten das, um das andere Bein besser ausruhen zu können, wenn es beim Tanzen wie schlaffer Mohn herabhing. Im Kreis hatte ein solches Hinken und Hopsen, ein solches Hüpfen, Springen und Schieben begonnen, dass ihr das euern Lebtag noch nicht gesehen habt. Da verstummte der Sänger und jammerte: „Oh, was für ein schlimmer Tag ist heut, dass ich das Lied nicht weiter weiß. Das tut mir am Hacken weh.“ Die Anderen hatten genug vom Tanzen und erwiderten: „Uns ist das schon ganz recht.“ Sie fielen ins Gras und ruhten sich aus. Das passte ihnen viel besser. Galgenvogel jedoch schnappte sich ein Ei, sprang zu Konterfax und sagte: „Sieh zu, dass du was Anständiges spielst. Ich jedenfalls fühl’ mich noch nicht so schlapp!“ Als der Spielmann seinen Lohn erhalten hatte,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
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Er ¢chlug dar an es donet ¢chon Galgen¢wank fro Schürenprand Nam pey ir ¢newei¢¢en hand Vnd ¢pranch da hin mit ¢eine ge¢ellen Rö¢chleich gar an alles ¢tellen Er feget vmb vn vmb vnd vmb Daz ¢eu vil ¢chiere warind tumb Wor den von der ¢elben ge¢chicht Do was der pheiffer nach der ¢ticht Von dem ¢tcb der in in kam Vnd leczet ¢o den guten man Daz er mu¢t la¢¢en vo dem gäyl Daz cham den andern auch ze hayl Den von trùmelen ¢windlent wart Vnd vielent nider an der vart Daz tet dem vor ¢pringer zorn Er ¢chre ich han ein ay verlorn An dem choczen spilman Des mu¢¢ er heut den hog’ han Dar zu geb ym got den rampf Daz ¢chol er han von mir zedanch Warens vor ym gras gelegen Er¢t do mu¢tens ¢chlaffens phlegen Doch ¢o ¢narchelt Wcz ¢o ¢er Vnd ¢tanch ¢o ¢aur dùrch frowen er Daz ym daz gnafczgen gar vergieng Da mit der ¢chreiber ane vieng Vn ¢prach ¢tet auf wir mu¢¢en ¢pringen
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Jch chan ein hub¢chs daz wil ich ¢ingen 6330 Seiner red der warens fro Da mit hub er an al¢o Wem ¢chol ichs geben · ze fröden ¢eine leben
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Was i¢t das ¢agt vns herre was
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Es i¢t fro Gredel Erenfluch we fugt ¢ey bas
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Es i¢t fro Gredel Erenfluch we fugt ¢ey bas
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Anders niempt dann mir ¢ey i¢t
Er schluog dar an; es dönet schon. Galgenswank fro Schürenprand Nam pei ir sneweissen hand Und spranch da hin mit seinem gsellen Röschleich gar an alles stellen. Er feget umb und umb und umb, Daz seu vil schiere wärind tumb Worden von der selben gschicht. Do was der pheiffer nach dersticht 6310 Von dem staub, der in in kam Und letzet so den guoten man, Daz er muost lassen von dem gail. Daz cham den andern auch ze hail, Den von trümelen swindlent wart 6315 Und vielent nider an der vart. Daz tet dem vorspringer zorn; Er schre: ‘Ich han ein ai verlorn An dem chotzenspilman; Des müess er heut den hoger han, 6320 Dar zuo geb im got den rampf! Daz schol er han von mir ze danch.’ Warens vor im gras gelegen, Erst do muostens schlaffens phlegen. Doch so snarchelt Uotz so ser 6325 Und stanch so saur durch frawen er, Daz in daz gnaftzgen gar vergieng. Da mit der schreiber ane vieng Und sprach: ‘Stet auf! Wir müessen springen. Ich chan ein hübschs: daz wil ich singen.’ Seiner red der warens fro; Da mit huob er an also: ‘Wem schol ichs geben Ze fröden seinem leben? – Was ist das? 6335 Sagt uns, herre, was?’ – ‘Es ist fro Gredel Erenfluoch. Wem füegt sei bas?’ – ‘Es ist fro Gredel Erenfluoch. Wem füegt sei bas?’ – ‘Anders niempt dann mir; Sei ist meins hertzen gir.’ – 6340
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6314 ze: z wohl Korrektur aus anderem Buchstaben. 6333/34 Doppelstrich vor der Zeile. Vers reicht bis an Spalte b. Die Wießnersche Verszählung trennt die in der Handschrift auf jeweils einer Zeile stehenden Reimpaare 6333/6334, 6335/6336, 6339/6340, 6345/6346, 6347/6348, 6351/6352. 6337 Vers reicht bis an Spalte b, bas über der Zeile. 6339/40 Vers reicht bis an Spalte b, niempt: i über dem Wort zwischen n und e; i¢t und meins sehr eng, durch Haarstrich geschieden.
Übersetzung
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schlug er wieder los. Das klang wunderschön. Da fasste Galgenvogel die Dame Schürenbrand bei ihrer schneeweißen Hand und hopste mit den Anderen ohne Zögern munter dahin. Er wirbelte immer wieder herum und um und um, dass sie davon fast durchgedreht wären. Der Spielmann wäre an dem Staub, den er einatmen musste, beinahe erstickt. Er behinderte unseren Freund so sehr, dass er den Spaß abbrechen musste. Für die anderen war das die Rettung. Ihnen war vom dauernden Drehen ganz schwindelig geworden, und so fielen sie zu Boden. Ihr Vortänzer geriet darüber in Wut und schrie: „Ein ganzes Ei habe ich an den Hurenbock von Spielmann verloren. Da soll ihm doch gleich ein Buckel wachsen. Und möge Gott ihm obendrein noch Krämpfe schenken! Das soll mein Dank sein.“ Hatten sie bislang nur im Gras gelegen, so fielen ihnen nun die Augen zu. Utz jedoch schnarchte so laut und verbreitete zu Ehren der Frauen einen so beißenden Gestank, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. So fing der Schreiber an und sagte: „Steht auf! Wir müssen weiter tanzen. Ich kenne ein Lied vom Hofe, das werde ich für euch singen.“ Darüber freuten sie sich und er begann zu singen: „Wem soll ich das hier geben zur Freud in seinem Leben?“
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„Was ist denn das? Sagt, Herre, was?“
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„Es ist Frau Gretchen Ehrenfluch. Wer passt zu ihr?“ „Es ist Frau Gretchen Ehrenfluch. Wer passt zu ihr?“ „Niemand außer mir allein; nur sie wünscht sich das Herze mein.“
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
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Jächel Gupo¢t sey¢ts ein ge¢ell ¢o hab ¢ie dir
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Jächel Gupo¢t ¢ey¢ts ein ge¢ell ¢o hab ¢ey dir
g g r r
Nù mu¢¢ mirs got ge¢egen Wie ¢chon wil ich ir phlegen Wem ¢chol ichs geben ze fröden 6345/6346 ¢eine leben Waz i¢t daz ¢agt vns herre was
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Es i¢t die ¢chon fro Genepf’in we fugt ¢ey bas
r r
Es i¢t die ¢chon fro Genepf’in we fugt 6350 ¢ey bas Anders niempt dann mir ¢ey i¢t meins h’cze gyr
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Rüfli Lech¢pi¢¢ pi¢t ein ge¢ell ¢o hab ¢ey dir
r r g g g g g g g g g g g g g g g g g g g g g g g g
Nu mü¢¢ mirs got ge¢egen Wie ¢chon wil ich ir pflegen Et cetera ¢o gie daz lied Bis daz yeder ¢einen hiet Die da warent an dem tancz Da mit ¢o was die fröde gancz Do ¢prungen plümlen durch den cle Von liebe ¢chayden daz tut we Sungen ¢ey da in dem gras Des cham do Pert¢chi Trieffnas Vn macht ¢ich hin zu Gunt’fay Er ¢p~ch pfeiff auf vnd nim daz äy Da mit her Colman cham der alt Vnd fro Perchta mit gewalt Se hin zway der i¢t vil me Vnd pfeiff vns nach der alten ee Eines ¢prachen ¢eu zu im Pert¢chi hiet einn hohen ¢inn Vnd ¢prach ¢o hab dir dreu von mir Vnd pheiff mir nach meines herczen gir Nach dem neuwen ¢itten eins Der alten chan ich aller cheins Der ¢to¢¢ was gro¢¢ von inen payden Doch warts ze le¢ten al¢o ge¢chayden Daz Colman vn fro Laychdenman Hofieren ¢cholten vor hin an
‘Jächel Gumpost, seists ein gsell, so hab sie dir!’ – ‘Jächel Gumpost, seists ein gsell, so hab sei dir!’ – ‘Nu müess mirs got gesegen! Wie schon wil ich ir phlegen!’ – ‘Wem schol ichs geben 6345 Ze fröden seinem leben? – Waz ist daz? Sagt uns, herre, was?’ – ‘Es ist die schön fro Gnepferin. Wem füegt sei bas?’ – ‘Es ist die schön fro Gnepferin. Wem füegt sei bas?’ – ‘Anders niempt dann mir; Sei ist meins hertzen gir.’ – ‘Rüefli Lechspiss, pist ein gsell, so hab sei dir!’ – ‘Nu müess mirs got gesegen! Wie schon wil ich ir pflegen!’ 6355 Et cetera. So gie daz lied, Bis daz ieder seineu hiet, Die da warent an dem tantz. Da mit so was die fröde gantz. ‘Do sprungen plüemlen durch den cle, Von liebe schaiden daz tuot we,’ Sungen sei da in dem gras. Des cham do Pertschi Triefnas Und macht sich hin zuo Gunterfai; Er sprach: ‘Pfeiff auf und nim daz ai!’ Da mit her Colman cham, der alt, Und fro Perchta mit gewalt. ‘Se hin zwai (der ist vil me) Und pfeiff uns nach der alten ee Eines!’ sprachen seu zuo im. 6370 Pertschi hiet einn hohen sinn Und sprach: ‘So hab dir dreu von mir Und pheiff mir nach meins hertzen gir Nach dem neuwen sitten eins! Der alten chan ich aller cheins.’ 6375 Der stoss was gross von inen paiden; Doch warts ze lesten also gschaiden, Daz Colman und fro Laichdenman Hofieren scholten vor hin an
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6341 Vers reicht bis an Spalte b, sey¢ts: s nach t über der Zeile eingefügt. 6345/46 Vers reicht bis an Spalte b. 6349 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die folgenden drei. fro Genepf’in sehr eng, durch Haarstrich getrennt, ebenso in der folgenden Zeile. 6353 Auslassungszeichen am linken Rand unterhalb der Zeile. Verse 6354 und 6355 unter der Spalte nachgetragen. 6361 ¢chayden: y über a.
Übersetzung
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„Jäckel Kraut: Bist du ein Kerl, dann nimm sie dir!“ 25
„Jäckel Kraut: Bist du ein Kerl, dann nimm sie dir!“ „Nun denn mit Gottes Segen! Gut soll’s ihr bei mir gehen!“ „Wem soll ich das hier geben zur Freud in seinem Leben?“
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„Was ist denn das? Sagt, Herre, was?“ 30
„Es ist die schöne Frau Hinkefuß. Wer passt zu ihr?“ „Es ist die schöne Frau Hinkefuß. Wer passt zu ihr?“
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„Niemand außer mir allein; nur sie wünscht sich das Herze mein.“ „Rüefli Leckdenspieß: Bist du ein Kerl, dann nimm sie dir!“
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„Nun denn mit Gottes Segen! Gut soll’s ihr bei mir gehen!“ Und so weiter und so weiter. So ging das Lied, bis sich alle, die beim Tanz mitmachten, gefunden hatten. Nun erreichte das Vergnügen seinen Höhepunkt. „Es drangen Blümlein durch den Klee, von Herzlieb scheiden, das tut weh.“ So sangen sie im Gras. Dann kam Bertschi Triefnas, wandte sich an Konterfax und sagte: „Los, spiel und nimm dafür das Ei hier!“ Unterdessen drängten der alte Herr Colman und Frau Berchta heran und sagten zu ihm: „Schau, hier hast du zwei Eier – das sind viel mehr – und spiel uns ein Lied im alten Ton.“ Bertschi wiederum war sehr spendabel und sagte: „Dann nimm von mir eben drei und spiel mir ganz nach meinem Wunsch eins im neuen Ton. Von den alten Liedern kenne ich kein einziges.“ Der Streit wurde von beiden Seiten sehr heftig geführt. Schließlich jedoch wurde so entschieden, dass Colman und Frau Täuschdenmann vorneweg den Reigen eröffnen,
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Vnd der preutgòm tanczen vor Mit der praut vil hohenbor Die Genepferin vn Grabinsgaden Scholten in den zagel haben Secht do hub ¢ich er¢t ein ¢wingen Och¢endringen kelber¢pringen Der spilman pfeyff daz nie ge¢taub Nie gedont noch nie geflog Do chnatens hin do trattens her Nicht anders ¢am die wilden per We wie wie höh ¢eu ¢prungen Jr armen auf ¢wungen Der ein der ¢chre hie ju hy io Der ander io wie get es ¢o Storkenpäyn der waz vil jung Vnd ma¢¢ ym ¢elber einen ¢prung Al¢o höh in daucht er flug Dez tet er wider einen zug Al¢o ge¢wind daz er ge¢a¢¢ Mit dem hintern in dem gras Die mäczli warent al¢o rüg Vnd ¢prungen her ¢o gar gefüg Daz man in oft ich way¢¢ nicht wie Hin auf ge¢ach bis an die knie Hilden haubtloch was ze weyt Dar vmb ir an der ¢elben zeit Daz tùttel aus dem pü¢em ¢prang Tanczens gyr ¢ey dar zu twang Hùdellein der ward ¢o hay¢¢ Daz ¢ey den kyttel vor auf ray¢¢ Des ¢ach man ir die iren do Vnd machtt vil mängeu h’czen fro Seu ¢chreuwen all ¢ey wil ein man Sey hat ein maul vnd har dar an Chnopfeln ne¢tell prachent vil Vnd recht ¢am ich euchs kurcze wil Von dem gumpen vnd gedreng Ward der tancz ¢o v` brigs eng Daz der preutgom wi¢¢t nicht wo Er was vn keren ¢cholt aldo Er was ge¢teket in der mitt Sam in dem ¢ne ein andrer ¢chlitt Was ¢cholt daz do die g¢ellen btragen Die der minn mit grifflen phlagen Pert¢chi zu dem trùller ¢chre L䢢 dar von vn pfeiff nicht me
Text nach Ed. Wießner 6380 6380 Und der preutgom tantzen vor Mit der praut vil hoch enbor; Die Gnepferin und Grabinsgaden Scholten in den zagel haben. Secht, do huob sich erst ein swingen, 6385 6385 Ochsendringen, kelberspringen! Der spilman pfeiff, daz nie gestob, Nie gedont noch nie geflog. Do chnatens hin, do trattens her Nicht anders sam die wilden per. 6390 6390 We, wie höch seu sprungen, Ir armen auf swungen! Der ein der schre: ‘Hi ju, hi jo!’ Der ander: ‘Jo, wie get es so!’ Storkenpain der was vil jung 6395 6395 Und mass im selber einen sprung Also höch – in daucht, er flug. Des tet er wider einen zug Also geswind, daz er gesass Mit dem hintern in dem gras. 6400 6400 Die mätzli warent also rüeg Und sprungen her so gar gefüeg, Daz man in oft (ich waiss nicht wie) Hin auf gesach bis an die knie. Hilden haubtloch was ze weit; 6405 6405 Dar umb ir an der selben zeit Daz tüttel aus dem puosem sprang: Tantzens gir sei dar zuo twang. Hüdellein der ward so haiss, Daz sei den kittel vor auf raiss; 6410 6410 Des sach man ir die iren do Und macht vil mängeu hertzen fro; Seu schreuwen all: ‘Sei wil ein man: Sei hat ein maul und har dar an.’ Chnöpfeln, nestel prachent vil 6415 Und (recht sam ich euchs kürtzen wil) Von dem gumpen und gedreng Ward der tantz so übrigs eng, Daz der preutgom wisst nicht, wo Er was und keren scholt aldo. 6420 6420 Er was gesteket in der mitt Sam in dem sne ein andrer schlitt. Was scholt daz do die gsellen btragen, Die der minn mit grifflen phlagen? Pertschi zuo dem trüller schre: 6425 ‘Lass dar von und pfeiff nicht me!’ 6425
6397 Dez: korrigiert aus Daz, e über a geschrieben, a durchgestrichen. dem Wort.
6421 andrer: das erste r über
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Bräutigam und Braut dann mit hohen Sprüngen den Tanz anführen sollten. Hinkefuß und Steigindiekammer sollten ihn beschließen. Nun schaut euch das an: Jetzt erst begann ein Gedrehe, ein Gedränge wie von Ochsen; ein Gehopse wie von Kälbern! Der Spielmann pfiff, dass noch nie soviel Staub aufgewirbelt und noch nie solche Töne gehört worden waren. Ganz wie wilde Bären stampften sie vorwärts und trampelten sie zurück. Mein Gott, wie hoch sie bloß sprangen und ihre Arme schwangen! Der eine schrie: „Heißa juche!“ Der andere: „Holla, wie ist das schön!“ Storchenbein war noch sehr jung und traute sich einen solch gewaltigen Luftsprung zu, dass er glaubte zu fliegen. Deshalb kehrte er wohl auch so plötzlich um, dass er mitten im Gras auf seinem Hintern landete. Die Mädels wiederum waren so aufgedreht und sprangen so sittsam, dass man ihnen so manches Mal – ich weiß gar nicht, wie das kam – bis hinauf zu den Knien schauen konnte. Hildas Ausschnitt war zu weit. Deshalb sprang ihr auch die eine Titte heraus: Die Tanzlust hatte sie dazu gebracht. Schlampe wurde sogar so heiß, dass sie ihren Kittel vorne aufriss. Deshalb konnte man ihre Fotze sehen, was so manchen von Herzen freute. Sie alle schrien: „Sie ist doch nur auf einen Mann scharf! Sie hat ein Maul mit Haaren dran!“ Noch viele Knöpfe und Riemen rissen ab. Außerdem wurde es – ich mache es kurz – von dem Gehüpfe und Gedränge beim Tanzen so eng, dass der Bräutigam nicht mehr wusste, wo er war und wohin er sich wenden sollte. Er steckte wie ein Schlitten in einer Schneewehe mitten in dem Haufen fest. Doch was störte das die Burschen, die mit ihren Fingern das Liebesspiel schon begonnen hatten. Da schrie Bertschi dem Musikanten zu: „Nun hör doch endlich mit deinem Gedudel auf!“
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
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Der spilman tet nach ¢einem ¢in Da mit ¢o was der tancz da hin Do woltens ge¢e¢¢en ¢ein da nider Des ¢chre her Troll hin wider wider Die weil es ı der hicze ¢ey Macht euch an den ring hie pey Jch wil euch ¢underleichen ¢ingen Eins daz füget wol ze ¢pringen Der red wurdens alle fro Da mit ¢o hub er an al¢o Es a¢¢ mein vatter Eberhart Vnd tranch meyn ein Rympart Es ¢chlieff mein vetter Oll h’ oll hol h’
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Oll h’ / oll / h’ oll / h’ / oll / h’ oll h’ oll / h’ oll
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/ Es ¢chlie ie / ief / h’ Oll oll oll oll 6440 Es ¢ang mein ¢un der Perchtold Vnd ¢prang mein nef h’ Hylpold Es tanczt h’ Scholl / lo / lo / lo / loll / lo / lo Lo / lo / lo / lo / loll / lo / lo / lo / lo / lo / lo / lo / loll/ Es ¢wanczt her Scho o /o / o / o / o o ll 6445 Et cetera er ¢ang ye bas Vnd do es an dem be¢ten was Da ¢àt der tiefel a¢chen dreyn Daz ¢chuff der laidig Ey¢engreyn 6450 Der wolt in Greduln minn verprıne Vnd ¢ey des la¢¢en werden jnnen Mit chraczlen haymleich in d’ hand Daz ¢tund nicht wol es waz ein ¢cand Won die junchfraw an der vart Von dem chreczen plütend wart 6455 Dar vmb ¢o cham der gpauren ¢chimph Nach ir gewon ze vngelymph DO nu dis ge¢chehen was Schinden Nak hiet ge¢ehen das Es mut in ¢er vnd ward ¢ich rymphen 6460 Er ¢p~ch es i¢t mir au¢ dem ¢chimphen Her Ey¢engreyn daz ¢chùlt ir wi¢¢en Mich dùncht ir habt die fröd ver¢chi¢¢en Wes habt ir ¢o mein niftel gezigen Jr hend verwù¢tet vn ver¢tigen 6465 Die ge¢t man erleich halten ¢chol
Der spilman tet nach seinem sin: Da mit so was der tantz da hin. Do woltens gsessen sein da nider; Des schre her Troll hin wider: ‘Die weil es in der hitze sei, 6430 Macht euch an den ring hie pei! Ich wil euch sunderleichen singen Eins, daz füeget wol ze springen.’ Der rede wurdens alle fro. Da mit so huob er an also: 6435 ‘Es ass mein vatter Eberhart Und tranch mein öhein Rimpart, Es schlieff mein vetter Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, her Oll, Es schlie-ie-ief her Oll, Oll, Oll, Oll. Es sang mein sun, der Perchtold, Und sprang mein nef, her Hilpold, Es tantzt her Scholl-lo-lo-lo-loll-lo-loLo-lo-lo-loll-lo-lo-lo-lo-lo-lo-lo-loll, Es swantzt her Scho-o-o-o-o-o-oll.’ Et cetera. Er sang ie bas; Und do es an dem besten was, Do sat der tiefel äschen drein. Daz schuoff der laidig Eisengrein; Der wolt in Greduln minn verprinnen Und sei des lassen werden innen Mit chratzlen haimleich in der hand. Daz stuond nicht wol, es was ein schand, Won die junchfraw an der vart Von dem chretzen plüetend wart. 6455 Dar umb so cham der gpauren schimph Nach ir gewon ze ungelimph. Do nu dis geschehen was, Schindennak hiet gsehen das; Es muot in ser und ward sich rimphen; Er sprach: ‘Es ist mir aus dem schimphen, Her Eisengrein, daz schült ir wissen! Mich düncht, ir habt die fröd verschissen. Wes habt ir so mein niftel gzigen, Ir hend verwüestet und verstigen? 6465 Die gest man erleich halten schol
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6428 Doppelstrich vor der Zeile. 6436 a¢¢: über der Zeile zwischen Es und mein eingefügt. 6437 meyn: Punkt über dem Wort, wie ineyn. 6438 Vers reicht bis an Spalte b. 6450 Vers reicht bis an Spalte b. 6456 gpauren ¢chimph: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. Vers reicht bis an Spalte b. 6458 Die rote Initiale erstreckt sich über den Raum der Verse 6458–6461, die eingerückt sind. Die grüne Linie geht durch O. 6461 mir au¢: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden.
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Der Spielmann folgte seinem Wunsch, und so war es mit dem Tanz zu Ende. Doch als sie sich gerade hinsetzen wollten, schrie nun wieder Herr Trollpatsch los: „Ihr seid doch noch vom Tanzen erhitzt. So schließt euch gleich zu einem neuen Kreis zusammen. Ich werde euch ein Lied singen, das gut zum Tanzen taugt.“ Alle freuten sich darüber. Und so fing er an: „Es aß mein Vater Eberhard, Es trank mein Onkel Rimpart, Es schlief mein Vetter Oll, Herr Oll, Herr Oll, Herr
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Oll, Herr Oll, Herr Oll, Herr Oll, Herr Oll, Herr Oll, Herr Oll,
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Es schlie-ie-ief Herr Oll, Oll, Oll, Oll. Es sang mein Sohn, der Berthold, Es sprang mein Neff’, Herr Hilpold, Es tanzt’ Herr Scholl-lo-lo-lo-loll-lo-loLo-lo-lo-loll-lo-lo-lo-lo-lo-lo-lo-loll, Es tänzelte Herr Scho-o-o-o-o-o-oll.“ Und so weiter und so weiter. Er sang immer schöner, und als es am schönsten war, da streute der Teufel Asche dazwischen. Das erledigte der fürchterliche Eisenbeißer: Der drohte schier an seiner Liebe zu Gretel zu verbrennen und wollte sie das mit einem heimlichen Kratzer in der Hand spüren lassen. Das war nicht in Ordnung, sondern eine schlimme Geschichte, denn das Mädchen fing von dem Kratzer zu bluten an. Und so geriet die Bauernposse, wie üblich bei ihnen, zum Trauerspiel. Als das passiert war, hatte Schlagdochzu es gleich gesehen; es machte ihn wütend, sein Gesicht verzerrte sich, und er schnauzte: „Nun ist es mit dem Spiel vorbei Herr Eisenbeißer, merkt Euch das! Ich glaube, die Festfreude habt Ihr versaut. Was hat Euch denn meine Nichte getan, dass Ihr ihre Hände zerschunden und missbraucht habt? Gäste soll man doch höflich behandeln
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Vnd nicht en¢chenden daz ¢tet wol Was chlaff¢t du ¢prach do Y¢engreyn Jch ¢iert dir noch die muter dein Mit ¢ampt der niftel hör¢tu das Wilt ¢ein nicht geraten bas Schind den Nak ¢chre Ey¢engrein Vn ¢iert¢t du mir die muter mein Jch ¢iert dich ¢elb vn als dein g¢chlecht Da mit ¢o griet der dörpel pracht Zu einem rauffen daz i¢t war Einr dem andern viel ins har Die frauwen machten ¢ich ze flucht Die knecht derzäigten ire zucht Yeder zu ¢eym freunde ¢prang Mit rauffen durch die andern drang Fe¢afögili be¢ùnder Rauffet ¢o es was ein wunder Er fa¢¢t der löken nur enchlain Vnd zucht daz wider¢ich ¢o räyn Daz ym die hand ward hares vol Dicz vergalt ym Dyetreych wol Er nam in pey ¢eym langen part Vn zucht in ¢o daz an der vart Der kinnpagg viel zer erden Des mu¢¢t er ye¢o ¢terben Daz tribens lang ye bas vn bas Bis daz der löken nicht en was Jn dem haubt noch ı dem part Al¢o daz / das rei¢¢en wart Geraten ze den feu¢ten do Do ¢chlugens vmb ¢o wercleich ¢o Daz oft ir eim die na¢e plut Daz maul dar zu daz waz ym gut Für daz ader la¢¢en do Snellagödel hielt ¢ich ¢o Er want den taumen vmb die fau¢t Vn ¢chlug zun oren daz es tau¢t Er ¢piczt der finger chnoden Vnd ¢tie¢¢ vil vngezogen Auf zur na¢en gen dem herczen An die chropf daz ¢chuff in ¢merczen Vnd tet dem Scheubin¢ak vil ant Der vmb ¢ein fau¢t die gugel want Vn ¢tye¢¢ ims ı den weyte ¢chlund Daz er der ¢tiket ¢o ze ¢tund Der feu¢ten ward ¢eu do ver drie¢¢en
Und nicht enschenden: daz stet wol.’ ‘Was chlaffst du?’ sprach do Isengrein. ‘Ich siert dir noch die muoter dein Mit sampt der niftel (hörstu das?), 6470 Wilt sein nicht geraten bas.’ Schinddennak schre: ‘Eisengrein, Und siertst du mir die muoter mein, Ich siert dich selb und alz dein gschlächt.’ Da mit so griet der dörpel prächt 6475 Zuo einem rauffen, daz ist war: Einr dem andern viel ins har. Die frauwen machten sich ze flucht. Die knecht derzaigten ire zucht: Ieder zuo seim freunde sprang, 6480 Mit rauffen durch die andern drang. Fesafögili besunder Rauffet so – es was ein wunder. Er fasst der löken nur enchlain Und zucht daz widersich so rain, 6485 Daz im die hand ward hares vol. Ditz vergalt im Dietreich wol: Er nam in pei seim langen part Und zucht in so, daz an der vart Der kumpagg viel zer erden; 6490 Des muosst er ieso sterben. Daz tribens lang ie bas und bas, Bis daz der löken nicht enwas In dem haubt noch in dem part, Also daz das reissen wart 6495 Geraten ze den feusten do. Do schluogens umb so wercleich so, Daz oft ir eim die nase pluot, Daz maul dar zuo; daz was im guot Für daz ader lassen do. 6500 Snellagödel hielt sich so: Er want den taumen umb die faust Und schluog zun oren, daz es taust. Er spitzt der finger chnoden Und stiess vil ungezogen 6505 Auf zuor nasen, gen dem hertzen, An die chröpf; daz schuoff in smertzen Und tet dem Scheubinsak vil ant, Der umb sein faust die gugel want Und stiess ims in den weiten schlund, Daz er derstiket so ze stund. Der feusten ward seu do verdriessen
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6490 kinnpagg: fünf Schäfte ohne Punkt, wie kumpagg. 6497 wercleich: wertleich? 6506 zur: zür? 6510 ¢tye¢¢: davor hie¢¢ durchgestrichen. Vers reicht bis an Spalte b. 6512 feu¢ten: u wie n.
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und nicht noch mit Dreck bewerfen. Das wäre Anstand!“ „Was quatschst du da?“ fragte Eisenbeißer. „Ich schände dir noch deine Mutter und deine Nichte gleich mit, wenn du damit nicht gleich aufhörst, verstehst du?“ Schlagdochzu schrie: „Eisenbeißer, wenn du mir meine Mutter schändest, dann schände ich dich und deine ganze Sippe.“ Damit wuchs sich das Bauerngeschrei immer deutlicher zu einer Rauferei aus, und alle gerieten sich in die Haare. Die Frauen ergriffen die Flucht, die Männer hingegen bewiesen ihre Erziehung. Ein jeder sprang seinen Freunden und Verwandten bei und drängelte sich prügelnd durch die anderen hindurch. Vogelrupf tat sich hierin ganz besonders hervor – es war unglaublich! Er schnappte sich nur ein paar Locken, riss die aber fein säuberlich an sich, so dass er die Hand voller Haare hatte. Dafür ließ ihn Dietrich büßen. Er griff ihn bei seinem langen Bart und riss so heftig daran, dass sein Kinnladen zu Boden ging und er darüber zu Tode kam. Das trieben sie immer doller und doller, bis in Haar und Bart keine Locke mehr zu finden war und die Reißerei zu einem Faustkampf wurde. Nun schlugen sie so gekonnt um sich, dass immer häufiger dem einen oder anderen nicht nur die Nase, sondern auch das Maul blutete. Als Aderlass war das für sie bestens geeignet! Gurgelreißer machte es so: Er legte den Daumen um die Faust und schlug damit auf die Ohren, dass es knallte. Er spitzte die Knöchel der Finger und zielte gegen alle Regeln auf die Nase, aufs Herz und auf die Gurgeln. Das tat sehr weh und verletzte Schiebinsack sehr. Der wickelte seine Kapuze um die Faust und stopfte sie ihm ins aufgerissene Maul, dass er daran auf der Stelle erstickte. Doch auch die Fäuste reichten ihnen jetzt nicht mehr,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Vnd grieffen her zu iren ¢pie¢¢en Seu wurden ¢chirment her von tach Mit iren ¢wingen vngemach Dar zu mit den ¢tangen gro¢¢en Sö leich ¢chlahen vn ein ¢to¢¢en Hiet ¢ich auch von in der haben Jr ge¢acht es nie pey ewern tagen Seurren¢torffer Rùczinger Sàhend zu von verrem her Der andern ¢chaden wàrens fro Vn ¢prachent zu enander ¢o Die herren ¢ind vns z¢tark gewe¢en Sterken ¢eu / ¢o ¢ein wir gene¢en Die weil des vechtens vil ge¢chach Vnd Arnolt in den mùlipàch Was geworffen an der ¢tund Daz wa¢¢er gie ym ı den mund Dannocht tay¢chet er her aus Er lieff ı des mullners haus Der lech ym ye¢t einen ¢pie¢¢ Secht do vacht er ¢am ein fie¢¢ Er ¢tach den Chnoczen pey dem nabel Vn ¢prach nu ¢e da lig vn zabel Daz was hern Trollen do kain danch Der ward do vechtend daz er ¢tanch Mit ¢einer helmparten Schlug er her ein ¢charten Dem Arnolten daz ym der mag Vnter ¢eine fü¢¢en glag Da mit ¢o was der Chnocz gerochen Vn die helmpart auch zeprochen Wie ¢chier der Troll eim mantel vand Vn wand in drey¢tund vmb die hand Er zucht ein brayte ¢wingen aus Vn facht ¢am ı dem grind ein laus Da hiet daz me¢¢er nicht ¢ein zeit Won daz velt was ym ze weit Daz füget ¢peren ¢tangen Dar vmb kam er gegangen Mit eine ¢pie¢¢ h’ Galgen¢wanch Vn ¢tach in vber ¢einen danch Daz er an dem ärs gelag Bis an ¢einen le¢ten tag Juncher Troll der was verlorn Do kam der Twerg vil hoh geporn Mit ¢einer li¢t ein chlainer wicht
Und griffen her zuo iren spiessen. Seu wurden schirment her von tach Mit iren swingen ungemach, 6515 Dar zuo mit den stangen grossen. Söleich schlahen und ein stossen Hiet sich auch von in derhaben: Ir gsacht es nie pei ewern tagen. Seurrenstorffer, Rützinger 6520 Sahend zuo von verrem her. Der andern schaden warens fro Und sprachent zuo enander so: ‘Die herren sind uns zstark gewesen; Streiten seu, so sein wir gnesen.’ 6525 Die weil des vechtens vil geschach Und Arnolt in den mülipach Was geworffen an der stund. Daz wasser gie im in den mund; Dannocht tätschet er her aus. 6530 Er lieff in des müllners haus: Der lech im ieso einen spiess. Secht, do vacht er sam ein fiess! Er stach den Chnotzen pei dem nabel Und sprach: ‘Nu se, da lig und zabel!’ Daz was hern Trollen do kain danch; Der ward do vechtend, daz er stanch. Mit seiner helmparten Schluog er her ein scharten Dem Arnolten, daz im der mag 6540 Unter seinen füessen glag. Da mit so was der Chnotz gerochen Und die helmpart auch zeprochen. Wie schier der Troll einn mantel vand Und wand in dreistund umb die hand! Er zucht ein braite swingen aus Und facht sam in dem grind ein laus. Da hiet daz messer nicht sein zeit; Won daz velt was im ze weit: Daz füeget speren stangen. 6550 Dar umb kam her gegangen Mit einem spiess her Galgenswanch Und stach in über seinen danch, Daz er an dem ars gelag Bis an seinen lesten tag. 6555 Juncher Troll der was verlorn. Do kam der Twerg vil hoch geporn Mit seiner list, ein chlainer wicht.
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6521 verrem: m korrigiert über n, dieses gestrichen. 6527 mùlipàch: i über dem Wort. 6539 Schlug: Schlag? 6547 grind: aus grund korrigiert durch Rasur.
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und sie packten ihre Spieße. Nach oben hin schützten sie sich mit ihren schrecklichen Schwertern und ihren riesigen Stangen. Daraus erwuchs ein solches Geprassel von Schlägen und Stößen, wie ihr es zeitlebens noch nie gesehen habt. Die Schlimmdorfer und die Rotzinger schauten sich das von weitem an, sie freuten sich über den Schaden der anderen und besprachen sich so: „Die Herren waren uns überlegen, wenn sie aber nun sterben, dann ist das sicher gut für uns.“ Die Kämpfe waren schon voll entbrannt, als Arnold in den Mühlbach gestoßen wurde. Zwar lief ihm das Wasser bereits in den Mund, doch patschte er wieder heraus. Er rannte in das Haus des Müllers, der ihm auf der Stelle einen Spieß lieh. Schaut nur, nun focht auch er wie ein ganzer Kerl! Er stach Fettsack in den Bauchnabel und sagte: „Bleib da ruhig liegen und zappel!“ Das wiederum passte Herrn Trollpatsch überhaupt nicht. Er fing so heftig an zu fechten, dass er stank. Mit seiner Hellebarde schlug er Arnold eine solche Wunde, dass dem der Magen unter die Füße flog. Damit war Fettsack gerächt, die Hellebarde aber auch zerbrochen. Wie schnell Trollpatsch einen Mantel fand und ihn sich dreimal um die Hand wickelte! Er zückte ein breites Messer und focht wie eine Laus im Kopfschorf. Auch für das Messer war es noch nicht an der Zeit, denn der Kampfplatz war viel zu weitläufig. Der passte besser zu Speeren und Stangen. Und so kam denn auch Herr Galgenvogel mit einem Spieß daher und stach Trollpatsch gegen dessen Willen nieder, so dass er bis zum Jüngsten Gericht auf seinem Arsch liegen blieb. Damit war Herr Trollpatsch verschieden. Nun kam der hoch oben geborene Zwerg daher. In all seiner Verschlagenheit war er ein kleiner Unhold.
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Der ¢tangen mocht er getragen nicht Des mu¢t er ¢eine veinde zwingen Mit wurgen chreczen vn mit ringen Galgen¢wanken lief er an Peyder mitt er in gewan Vnd hub in auf vn warff in nider Daz er noch nie der¢tund h’wider Dar zu hiet dirr ander wicz Er tratt dem Harn¢tayn auf die ¢picz Die er an den ¢chuhen trug Vnd ¢tie¢¢ in hin ¢o vngefug Daz er gelag an ¢einer ¢tat Jn den drù¢¢el er in trat Vnd hielt in ¢o ich way¢¢ nicht wie Bis daz ym die ¢el vergie Des lie¢¢ er ¢ich benùgen nicht Vn lieff da her der ¢elbig wicht Hern Dyetrichen den gro¢¢en man Es pey ¢einen päynen gwan Vn ¢chwancht in vmb al¢o ge¢wind Daz er ¢ich ¢treket ¢am ein rind Doch ¢o ¢chiermpt er ¢eine chragen Daz in der gfüg nicht mocht gehaben Des ward ein anders gehebet an Wie ¢chier er kam der gaggelman Vn her vber den vil gro¢¢en Mit ¢eine henden al¢o blo¢¢en Woy wie hiet er in ¢o ge¢wind Gemacht an einem augen plind Mit ¢chùrpfen vnd mit kreczen Kond er die veinde leczen Das maul wolt er ym rei¢¢en Des hub dir an ze pey¢¢en Vnd be hub in mit dem zan Bis er ym den gùrtel gwan Do ¢tie¢¢ er den vil künen Tw’g Mer dann drey¢tund widerd erd Vn warff in vber Pert¢chis tach Daz man in niemer me ge¢ach Der zorn hiet ı begriffen Er zucht ¢ein ¢wert daz ge¢chliffen Vnd ¢chlug vmb daz von einem ¢chlag Ein michel diet vor ym gelag Niemant getor¢t ym genahen Ze fliehen mu¢tens gahen Do dicz der preutgòm ¢o der ¢ach Es ¢chuff ym laid vn vngemach
6600 Vers reicht bis an Spalte b.
Text nach Ed. Wießner Der stangen mocht er gtragen nicht; 6560 Des muost er seine veinde zwingen Mit würgen, chretzen und mit ringen. Galgenswanken lief er an: Pei der mitt er in gewan Und huob in auf und warff in nider, 6565 Daz er noch nie derstuond her wider. Dar zuo hiet dirr ander witz: Er tratt dem Harnstain auf die spitz, Die er an den schuohen truog, Und stiess in hin so ungefuog, 6570 6570 Daz er gelag an seiner stat. In den drüssel er in trat Und hielt in so (ich waiss nicht wie), Bis daz im die sel vergie. Des liess er sich benüegen nicht 6575 6575 Und lieff da her der selbig wicht: Hern Dietrichen, den grossen man, Er pei seinen painen gwan Und schwancht in umb also geswind, Daz er sich streket sam ein rind. 6580 Doch so schiermpt er seinen chragen, Daz in der gfüeg nicht mocht gehaben; Des ward ein anders ghebet an. Wie schier er kam, der gaggelman, Und her über den vil grossen 6585 6585 Mit seinen henden also blossen! Woi, wie hiet er in so gswind Gemacht an einem augen plind! Mit schürpfen und mit kretzen Kond er die veinde letzen. 6590 6590 Das maul wolt er im reissen; Des huob dirr an ze peissen Und behuob in mit dem zan, Bis er im den gürtel gwan. Do stiess er den vil küenen Twerg 6595 6595 Mer dann dreistund widerd erd Und warff in über Pertschis tach, Daz man in niemer me gesach. Der zorn hiet in begriffen. Er zucht sein swert, daz gschliffen, 6600 Und schluog umb, daz von einem schlag Ein michel diet vor im gelag. Niemant gtorst im gnahen: Ze fliehen muostens gahen, Do ditz der preutgom so dersach, 6605 Es schuoff im laid und ungemach. 6605
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Stangen konnte er nicht tragen, deshalb musste er seine Feinde mit Würgen, Kratzen und im Ringkampf bezwingen. Er griff Galgenvogel an, packte ihn um den Leib, hob ihn hoch und warf ihn so heftig zu Boden, dass er niemals wieder aufstand. Andere Kunststücke konnte er ebenfalls. So trat er Harnstein auf die Spitzen seiner Schuhe und stieß ihn so ungestüm zu Boden, dass er erst einmal liegenblieb. Dann trat er ihm auf die Gurgel und würgte ihn so lange – ich weiß nicht wie –, bis ihm die Seele aus dem Leib fuhr. Doch reichte ihm das noch nicht. Und so kam dieser Unhold schon wieder angelaufen. Den großen Herrn Dietrich packte er bei den Beinen und schleuderte ihn so heftig herum, dass er wie ein Rind alle viere von sich streckte. Allerdings konnte er seinen Hals schützen, so dass ihm unser geschickter Held nicht beikommen konnte. Deshalb versuchte er es einmal anders: Blitzschnell fiel der komische Wicht über den riesigen Mann mit seinen bloßen Händen her. Oh weh, wie schnell hatte er ihn auf einem Auge geblendet! Mit Schaben und Kratzen konnte er seine Feinde verletzen. Auch das Maul wollte er ihm aufreißen. Doch da biss Dietrich richtig zu und hielt ihn mit seinen Zähnen fest, bis er ihn am Gürtel fassen konnte. Dann schlug er den tolldreisten Zwerg dreimal und mehr auf die Erde und warf ihn schließlich über Bertschis Dach, so dass man ihn nie wiedersah. Der Zorn hatte ihn nun gepackt. Er zog sein scharfes Schwert und schlug um sich, so dass er mit einem Streich viele Leute zu Boden streckte. Niemand wagte mehr, sich ihm zu nähern. Schleunigst mussten sie alle das Weite suchen. Als der Bräutigam das alles sah, überfielen ihn Ärger und Trauer.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Er lieff hin in den wendel¢tain Vn laut die gloggen all gemayn Ze ¢turm daz macht ein gro¢¢en ¢chal Jn dem pofel vber al Seu furen auf wo ¢chilt vn ¢per Mit vngewù¢chten är¢en her Vn chament vngezogen Mit armbru¢ten vnd pogenn Mit pölczen vn mit pfeyllen Machtig was ir eyllen Auf die von Ni¢¢ingen die fie¢¢en Mit ¢techen ¢chlahen ¢chie¢¢en Mit werffen vn mit ¢to¢¢en Mit ¢taynen ¢tangen gro¢¢en Gablen vn auch rechen Sach man vil da brechen Al¢o daz die frömden ge¢te Wurden jnen des ze le¢te Daz / das ¢chayden was ze¢wär Yerem leben gar zgeuär Vnd huben ¢ich ze ¢amen ¢o Mit den ruggen chechleich do Seu ¢chlugen ire lancze für Des kam do einr ¢am ich es ¢pür Der was der Fladenranft gnant Auf eine e¢el her gerant Vn wolt ¢ich an yn rechen Jr maur vil gar zerprechen Da ¢eczet einr dem e¢el an Der ander hub ¢ich gen dem man Al¢o daz mein Fladenranf Viel da hin ym was nicht ¢anft Vn der e¢el ¢ampt mit ym Tod daz was ¢ein vngewin Do daz die andern ¢ahen Er¢t hub ¢ich ein gahen Mit werffen vn mit ¢chie¢¢en Des ward die ge¢t verdrie¢¢en Al¢o ¢er daz ¢ey nicht wolten Leiden me noch pleiben ¢cholten Des tro¢ten ¢eu ¢ich ha¢enwer Vn lieffent ¢nell daz was ir er Do ge¢ach man nie kayn flieh’ An ¢einen nahezieher
Er lieff hin in den wendelstain Und laut die gloggen all gemain Ze sturm; daz macht ein grossen schal In dem pofel über al. Seu fuoren auf: ‘Wo schilt und sper?’ Mit ungewüschten ärsen her Und chament ungezogen Mit armbrusten und pogen, Mit pöltzen und pfeillen. Mächtig was ir eillen 6615 Auf die von Nissingen, die fiessen, Mit stechen, schlahen und mit schiessen, Mit werffen und mit stossen Mit stainen, stangen grossen. Gablen und auch rechen 6620 Sach man vil da brechen, Also daz die frömden geste Wurden innen des ze leste, Daz das schaiden was ze swar, Ierem leben gar zgevar, 6625 Und huoben sich ze samen so Mit den ruggen chechleich do; Seu schluogen ire lantzen für. Des kam do einr, sam ich es spür, (Der was der Fladenranft genant), 6630 Auf einem esel her gerant Und wolt sich an in rechen, Ir maur vil gar zerprechen. Do setzet einr dem esel an, Der ander huob sich gen dem man, 6635 Also daz mein Fladenranft Viel da hin (im was nicht sanft) Und der esel sampt mit im: Tod daz was sein ungewin. Do daz die andern sahen, 6640 Erst huob sich ein gahen Mit werffen und mit schiessen. Des ward die gest verdriessen Also ser, daz sei nicht wolten Leiden me noch pleiben scholten. 6645 Des trosten seu sich hasenwer Und lieffent snell: daz was ir er. Do gsach man nie kain flieher An seinen nahezieher.
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6608 Vers reicht bis an Spalte b. 6610 furen: füren? 6611 vngewù¢chten: t über dem Wort. 6617 ¢techen: h korrigiert, wohl aus k. 6622 Doppelstrich vor dem Vers. 6630 Fladenranft: wie Fladenrauft. 6632 yn: korrigiert aus ym. 6636 Fladenranf: wie Fladenrauf. 6649 ¢einen: korrigiert aus ¢einem. Rechts neben dem Vers *-Markierung.
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Er rannte zur Wendeltreppe und läutete mit allen Glocken Sturm. Das machte bei den Lappenhausenern einen Riesenkrach. Sie schreckten auf: „Wo sind Schild und Speer?“ Mit ungewischten Ärschen kamen sie in wildem Getümmel daher, mit Armbrüsten und Bögen, mit Schießbolzen und Pfeilen. Gegen die Teufelskerle aus Nissingen hatten sie es sehr eilig anzutreten – mit Stechen, Schlagen, Schießen, um sie mit Steinen zu bewerfen und mit riesigen Stangen zu stoßen. Man sah dort viele Mistgabeln und Rechen zerbrechen, so dass den Gästen von auswärts klar wurde, dass ein Aufbruch inzwischen viel zu schwierig, ja sogar lebensgefährlich für sie wäre. Da stellten sie sich tapfer Rücken an Rücken auf und streckten ihre Lanzen vor. Wenn ich das richtig sehe, kam dann ein gewisser Fladenrand auf einem Esel herbeigaloppiert, wollte sich an ihnen rächen und ihre Mauer durchbrechen. Da zielte einer auf den Esel, ein anderer auf den Mann, so dass unser Fladenrand mitsamt dem Esel und kein bisschen sanft zu Boden stürzte. Schade, dass er dabei starb. Als das die anderen sahen, hatten sie es mit den Schleudern und Spießen noch eiliger. Das verärgerte die Gäste so gewaltig, dass sie nicht länger dableiben und noch mehr Schmerzen ertragen wollten. So machten sie es wie die Hasenfüße und rannten schnell davon. Das bewies ihre Ehre. Da sah man keinen fliehen, dem nicht schon einer auf den Fersen war,
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Ze jochen ward den andern gach Al¢o ward in geeyllet nach Gen Ni¢¢ingen bis an daz tor So habt es wol ge¢ehen vor Daz yeder hund auf ¢eine mi¢t Für ander drey geherczer i¢t Der min¢t erbey¢¢t den may¢ten So taten auch die er¢ten Die kerten ¢ich hin vmb ze wer Vnd fachten wol vn dannocht mer Dann ¢eu hiettin vor getan Da mit man ¢chlug ze ¢turme an Mit ¢chlegen vnuerdro¢¢en Die glogg was noch nicht go¢¢en Mäncleich auf vn an die prugg Do ward der jäger macht ze lugg Hietens vor geeyllet ¢er Des mu¢tens gahen drei¢tut mer Wider vmb auf halben weg Bis daz ¢eu chament vbern ¢teg Den wurffens ab da wares frey Vnd köment häym gar gmach da pey Seu viengen pey den henden Die mäcznen ellenden Ze ¢ertenn vn ze¢chenden Des chonnd in niemant gewenden Des warent doch von Saurre¢torff Vn von Rùczingen dem dorff Die diernen all gefùret hin Daz was ir er vnd auch gewin Die Ni¢¢inger auch wider vmb Seu wutten ¢er vn machtens krùmb Der purgermay¢ter ¢chre vil drat Auf ir herren ı den rat Wir ¢chùllen wi¢¢en wie ym ¢ey Vnd was ze¢chaffen auch da pey Des chamen zwelff der g¢wornen Die allerpe¢t gepornen Jn den ràt gegangen Parfu¢¢ hin vnd dannen Den er¢ten hie¢¢man Strùdel ¢o Der was der was ir purg’mai¢ter do Dem andern ¢p~ch man Pachenflä¢ch Dem dritten Egghart Rindtay¢ch Der vierd was Snegg d’ fùnft d’ Zing Dem sech¢ten ruffman Schilawingg
6664 Mäncleich: erstes c wie t. nen: erstes n über dem Wort.
Text nach Ed. Wießner 6650 6650 Ze jöchen ward den andern gach; Also ward in geeillet nach Gen Nissingen bis an daz tor. So habt es wol gesehen vor, Daz ieder hund auf seinem mist 6655 6655 Für ander drei gehertzer ist: Der minst erbeisst den mersten. So taten auch die ersten: Die kerten sich hin umb ze wer Und fachten wol und dannocht mer, 6660 6660 Dann seu hiettin vor getan. Da mit man schluog ze sturme an Mit schlegen unverdrossen: Die glogg was noch nicht gossen. Mäncleich auf und an die prugg: 6665 Do ward der jäger macht ze lugg. 6665 Hietens vor geeillet ser, Des muostens gahen dreistunt mer Wider umb auf halben weg, Bis daz seu chament übern steg. 6670 6670 Den wurffens ab: do warens frei Und kament haim gar gmach da pei. Seu viengen pei den henden Die mätznen ellenden Ze sertenn und ze schenden; 6675 6675 Daz chond in niemant gwenden. Des warent doch von Seurrenstorff Und von Rützingen dem dorff Die diernen all gefüeret hin: Daz was ir er und auch gewin. 6680 6680 Die Nissinger auch wider umb, Seu wuotten ser und machtens krumb. Der purgermaister schre vil drat: ‘Auf, ir herren, in den rat! Wir schüllen wissen, wie im sei 6685 Und was ze schaffen auch da pei.’ 6685 Des chamen zwelff der gswornen (Die allerpest gepornen) In den rat gegangen – Parfuoss hin und dannen. 6690 6690 Den ersten hiess man Strudel so, Der was ir purgermaister do; Dem andern sprach man Pachenflaisch, Dem dritten Egghart Rindtaisch; Der vierd was Snegg, der fünft der Zing, 6695 Dem sechsten ruoff man Schilawingg;
6678 Am unteren Rand der Seite Reklamante Das was. 6686 g¢wor6694 Vers reicht bis an Spalte b. 6695 Schilawingg: nach gg radiert.
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die anderen hatten es mit ihrer Verfolgungsjagd sehr eilig. Und so rannten sie ihnen bis zum Tor von Nissingen hinterher. Ihr wisst ja, dass jeder Hund auf seinem eigenen Mist den Mut von dreien hat. Dann beißt der kleinste Hund auch noch den größten tot. So machten es auch die Nissinger. Sie wandten sich zur Gegenwehr und fingen viel heftiger an zu kämpfen, als sie es bislang getan hatten. Da schlug man auch schon mit heftigen Schlägen zum Sturm, eine Glocke hatte man noch nicht gegossen. Nun strömten viele auf und vor die Brücke. Die Überlegenheit der Verfolger ging damit verloren. Waren sie bislang schon schnell gerannt, so mussten sie nun den halben Rückweg noch dreimal schneller rennen, bis sie über den Grenzsteg gelangten. Den rissen sie ab. Nun waren sie in Sicherheit und kamen ganz gemächlich nach Hause. Die Mädchen von auswärts aber packten sie, um sie zu vergewaltigen und zu schänden. Niemand konnte sie daran hindern. Die Mädchen aus Schlimmdorf und aus dem Dorf Rotzingen hatte man schon fortgebracht, zum Glück für sie und ihre Ehre. Die Nissinger hingegen tobten und rasten. Sogleich rief ihr Bürgermeister: „Los, meine Herren, auf in den Rat! Wir müssen wissen, wie die Lage ist und was sie erfordert.“ Deshalb kamen zwölf Geschworene aus den besten Familien in den Rat gelaufen – barfuß hin und zurück. Der erste hieß Strudel. Der, der war ihr Bürgermeister. Den zweiten nannte man Schinkenfleisch, den dritten Eckart Kuhfladen, der vierte war Schneck, der fünfte Zink. Den sechsten nannte man Schieldochmal.
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Wütreich vn der Ludrer Pùtreich vnd der Marner E¢elpagg vn Fùlzan Machent auch wol ¢echs man Jr ràuthaus was ein ¢cheur mit ¢tro Da ¢a¢¢ens ein vn ¢prachen ¢o Wir ¢chùllen ¢enden nach den knaben Daz ¢eu vns vil eben ¢agen Wie daz dinch ¢ey an geuangen Dar zu wie es ¢ey der gangen Des ruffens ¢o dem Deupenpain Der was do / ¢chrey der gemain Vn ¢antten nach dem Chraymbolt Der cham vil endleich ¢am er ¢cholt Vn ¢ayt vil eben wie ym was Do nù Egghart gehöret daz Vn wie Arnolt was der ¢chlagen Secht do hub ¢ich jàmer¢ chlagen Von dem vatt’ vmb ¢ein knaben Jr gehort es nie pey ewern tagen Er ¢prach owe du pitt’ tod Du greuleichs end · du ¢ende not Wie ha¢t du mir mein liebes kind Emphùret hin ¢o gar ge¢wind Daz layd ich nimer mer ver¢chlag Die weil ich leb nùr einen tag Da mit ¢o viel er ye¢o hin Vnd lag ge¢wunden in dem ¢in Er tett ¢am vatters treuwe tut Dem ¢eins herczen äygen plut Vergo¢¢en i¢t ¢o gar ze drat Daz er ¢o lang derzogen hat Mit gro¢¢er mü pey ¢einen tagen Doch was ym vil me ze clagen Daz ¢ein ¢un recht ¢am ein perg Ein man der¢tarb von einem tw’g La¢terleych vn ane peicht Seiner er vn ¢el vnleycht Des hiet auch Snegg verhört daz äyn Daz ¢ein vatter Harren¢tayn Hiet den ¢einen leyb verlorn Do zittert er von rechtem zorn Daz wolt er ye¢o ¢chiere rechen Des hub er an al¢o ze ¢prechen Jr herren ich wi¢¢t langes wol Wie ¢ich einr bedenken ¢chol
Wüetreich und der Luodrer, Pütreich und der Marner, Eselpagg und Fülizan Machent auch wol sechs man. Ir rathaus was ein scheur mit stro; 6700 Da sassens ein und sprachen so: ‘Wir schüllen senden nach den knaben, Daz seu uns vil eben sagen, Wie daz dinch sei an gevangen, Dar zuo, wie es sei dergangen.’ 6705 Des ruoffens so dem Deupenpain (Der was do schreiber der gemain) Und santten nach dem Chraimbolt. Der cham vil endleich, sam er scholt, Und sait vil eben, wie im was. 6710 Do nu Egghart ghöret daz Und, wie Arnolt was derschlagen, Secht, do huob sich jamers chlagen Von dem vatter umb sein knaben – Ir ghort es nie pei ewern tagen! 6715 Er sprach: ‘O we, du pitter tod, Du greuleichs end, du sende not, Wie hast du mir mein liebes kind Emphüeret hin gar so geswind? Daz laid ich nimer mer verchlag, 6720 Die weil ich leb nür einen tag.’ Da mit so vil er ieso hin Und lag, geswunden in dem sin. Er tett, sam vatters treuwe tuot, Dem seins hertzen aigen pluot 6725 Vergossen ist so gar ze drat, Daz er so lang derzogen hat Mit grosser müe pei seinen tagen. Doch was im vil me ze clagen, Daz sein sun (recht sam ein perg 6730 Ein man) derstarb von einem twerg, Lästerleich und ane peicht, Seiner er und sel unleicht. Des hiet auch Snegg verhört daz ain, Daz sein vatter Harnstain 6735 Hiet den seinen leib verlorn. Do zittert er von rechtem zorn. Daz wolt er ieso schiere rechen; Des huob er an also ze sprechen: ‘Ir herren, ich wisst langes wol, 6740 Wie sich einr bedenken schol
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6697 Marner: e über dem Wort, darunter a durchgestrichen. und i. 6735 Harren¢tayn: ein r über dem Wort.
6732 peicht: e über dem Wort zwischen p
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Dazu machten Wüterich und Lotterbube, Dickwanst und Seefahrer, Eselsbacken und Fülldenzahn noch einmal sechs Männer aus. Ihr Rathaus war eine Scheune voller Stroh. Darin saßen sie nun und sprachen: „Wir sollten unsere Jungs holen lassen, dass sie uns genau erzählen, wie die Sache angefangen und wie sie sich dann abgespielt hat.“ Deshalb riefen sie Diebsknochen, den Gemeindeschreiber, und schickten nach Chriembold. Der kam schließlich pflichtschuldig herbei und erzählte im Einzelnen, wie es ihm ergangen war. Als Eckart das hörte, und dazu noch, wie Arnold erschlagen worden war, da erhob sich eine solch jämmerliche Klage des Vaters um seinen Sohn, wie ihr sie euren Lebtag noch nicht gehört habt. Er rief: „Wehe, du grausamer Tod, du schreckliches Ende, du schmerzliches Leid. Warum hast du mir mein liebes Kind so rasch wieder genommen? Diesen Schmerz verwinde ich niemals mehr, auch nicht einen Tag meines Lebens.“ Damit fiel er zu Boden und lag ohnmächtig da. Er bewies die Liebe eines Vaters, dessen eigenes Herzblut, das er sein Lebtag so lange und mit solcher Mühe aufgezogen hat, viel zu schnell vergossen worden ist. Noch schlimmer war es für ihn, dass sein Sohn – dieser Berg von einem Mann – von der Hand eines Zwergs gestorben war, schändlich und ohne Beichte, für Ehre und Seelenheil eine schwere Last. Ebenso hatte auch Schneck gehört, dass sein Vater Harnstein zu Tode gekommen war. Da zitterte er vor rechter Wut und wollte das auf der Stelle rächen. So fing er seine Ansprache an: „Meine Herren, schon längst wusste ich genau, dass man lange Zeit überlegen,
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Text nach Ed. Wießner
Langeu zeit vn ¢chaffen drat Des er ¢ich ¢o hat bedacht Won zorn vn eyllen ¢int dem rat Wider wartig fru vnd ¢pat Die regel falt daz ¢echt es wol So einr ¢eynn ¢chaden rechen ¢chol Mit ¢chlahen rauben vn prennen Des mùgt ir auch da pey d’kennen Hat mich einer yecz verwnt Vnd rich ich daz nicht ¢oze¢tund So köment ander leut ze ¢tett Vnd machent frid ¢o i¢t es wett Seu ¢prechet nicht ¢tich in hin wider Da mit ¢o leyt min er da nider Min plut verrert daz fläy¢ch ge¢tochen Beleybt ¢o ganczleich vngerochen Dar vmb verhört daz i¢t mein ràt Die weil daz dinch ¢ein zeite hat Daz wir gepeuten auf ein pu¢¢ Yedem man ze rö¢¢ vnd zfu¢¢ Vn tügin z¢tetts ein rennen Ze ¢chlahen vn ze prennen Ze rauben vnd z ¢chalmùczen Mit ¢pie¢¢en für vnd ¢chùczen Auf die von Lappenhau¢en Daz wirt ein erleich ¢au¢en Vnd ¢chol dis haben fùrgang So tut es ¢chier vn machcz nit lang Secht daz wär g¢chehen ¢o Des gedacht ym Putreich do An ¢ein tochtren Kùczeldarmen Er mu¢t ¢ich vber ¢ey der parmen Vnd ¢prach her Snegg daz tät ich gern So mu¢¢ man ¢ein vmb ¢ach enbern Way¢t nicht daz geuangen ¢eind Vn¢er tochtren pi¢t du plind Dar vmb ¢o volgt es meine ràt Vn eyllt nit zu der rach ¢o drat La¢¢t vns e mit clugen ¢innen Vn¢reu kinder wider gewinnen Daz i¢t wir ¢chùllen trachten eben Den veinten ¢u¢¢eu red ze geben Vnd verhai¢¢en wol mit ¢agen Bis daz wir daz vn¢er haben Dar nach rürens vns ein tahen
Langeu zeit und schaffen drat, Des er sich so hat bedacht; Won zorn und eillen sint dem rat Widerwärtig fruo und spat. 6745 Die regel fält (daz secht es wol), So einr seinn schaden rechen schol Mit schlahen, rauben und mit prennen. Des mügt ir euch da pei derkennen: Hat mich einer ietz verwunt 6750 Und rich ich daz nicht so ze stund, So köment ander leut ze stett Und machent frid – so ist es wett. Seu sprechent nicht: “Stich in hin wider!” Da mit so leit min er da nider; 6755 Min pluot verrert, daz flaisch gestochen Beleibt so gäntzleich ungerochen. Dar umb verhört! Daz ist mein rat: Die weil daz dinch sein zeite hat, Daz wir gepieten auf ein puoss 6760 Iedem man ze ross und zfuoss Und tüegin zstetts ein rennen, Ze schlahen und ze prennen, Ze rauben und zschalmützen Mit spiessen, feur und schützen, 6765 Auf die von Lappenhausen; Daz wirt ein erleich sausen. Und schol dis haben fürgang, So tuot es schier und machtz nit lang!’ Secht, daz wär geschehen so! 6770 Des gedacht im Pütreich do An sein tochtren Kützeldarmen; Er muost sich über sei derparmen Und sprach: ‘Her Snegg, daz tät ich gern; So muoss man sein umb sach enbern. Waist nicht, daz gevangen sind Unser tochtren? Pist du plind? Dar umb so volgt es meinem rat Und eillt nit zuo der rach so drat! Lasst uns e mit cluogen sinnen 6780 Unsreu kinder wider gewinnen! Daz ist, wir schüllen trachten eben, Den veinten süesseu red ze geben, Und verhaissen wol mit sagen, Bis daz wir daz unser haben. 6785 Dar nach, rüerens uns ein tahen,
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6750 einer: ne ineinander geschrieben. 6756 fläy¢ch: y von breitem ¢ verdeckt. 6764 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: j. 6772 tochtren: korrigiert aus tochtern, e vor r getilgt und über rn gesetzt. 6776 ¢eind: n mit Schlussbogen, d wohl nachträglich.
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dann aber sofort in die Tat umsetzen soll, was man sich ausgedacht hat. Denn Zorn und Eile sind dem Rat stets hinderlich. Diese Regel – werdet Ihr einsehen – gilt allerdings nicht, wenn jemand einen Schaden mit Gewalt, Raub und Brand rächen muss. Das könnt Ihr schon an Folgendem erkennen: Wenn mich einer verwundet hat und ich räche das nicht sofort, dann kommen vielleicht andere Leute dazu und schließen Frieden – und schon ist alles in Ordnung. Sie sagen eben nicht: ‚Gib ihm einen Hieb zurück!‘ Damit aber wird meine Ehre beschädigt. Mein Blut, das vergossen, und mein Körper, der verletzt worden ist, bleiben so gänzlich ungesühnt. Deshalb hört genau zu. Mein Rat ist, dass wir unverzüglich jeden Mann zu Pferde oder zu Fuß bei Strafe aufbieten und auf der Stelle einen Feldzug beginnen, um mit Gewalt und Brand, mit Raub und Scharmützeln, mit Spießen, Feuer und Schützen gegen die Lappenhausener loszuschlagen. Das gibt ein hübsches Getümmel. Und wenn das Erfolg haben soll, dann legt gleich los und beratet nicht lange!“ Stellt euch vor, beinahe wäre das so geschehen! Dickwanst aber dachte voller Mitleid an seine Tochter Juckdenarsch und sagte: „Herr Schneck, das täte ich gern. Doch dürfen wir es aus gutem Grund nicht tun. Weißt du etwa nicht, dass unsere Töchter gefangen sind? Bist du denn blind? Folgt deshalb lieber meinem Rat und drängt nicht so voreilig auf Rache! Lasst uns lieber genau darüber nachdenken, wie wir unsere Töchter zurückbekommen! Das heißt, wir sollten genau abwägen, ob wir mit den Feinden nicht freundlich reden und ihnen Versprechungen machen sollten, bis wir wiederhaben, was uns gehört. Erst dann können wir beim geringsten Anlass
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Text nach Ed. Wießner
So ¢chol man eins zùm andern ¢chlahen Dar mit ¢mùczen vber ¢eu her Ze ro¢¢ vnd z fü¢¢ mit ¢chilt vn sper Mit ¢chlahen hawen vn mit ¢techen Vnd al¢o alten ¢chaden rechen Do nu der das ¢ein ge¢prach Wùtreich auf gen hymel ¢ach Er wolt ¢ich zaygen erber ¢ein Vnd ¢prach her freunt die rede dein J¢t wol nùcz nach meiner ver¢icht Doch hant ¢ey der eren nicht Des ¢prachet do die andern all Gemaincleich auf in lautem ¢chall Was nicht enhat der eren ¢cheyn Daz mag auch nimer nùcz ge¢ein Hie mit was des ràtes ge¢wigen Vnd auch die ¢ach in ir beliben Strudel fragen do began Was noch wàre gut getan Des antwurtent ¢eu ym gemäyn Vn ¢prachent herr jr ¢eyts der äyn Der vber vns ge¢aczet i¢t Ze rat vnd ¢chirm ze aller fri¢t Daru ¢o ¢chullt ir heuen an Vn was ir welt daz ¢ey getan Strudel rù¢pelt ¢einen chragen Vn hub ¢ein tadinch an ze ¢agen Er ¢p~ch der ¢treyt ge¢chaffen was Vmb anders nichti dann vmb das Daz man an v` nzucht ¢chon vn eben Möcht mit ganczem frid geleben Dar vmb wir mùgen vechten Mit got vn mit dem rechten Wider yedem der vns tut Ze kùrcz an leibe oder gut Nù dar ¢o habts vernomen wol Des ich vil gro¢¢en chumb’ dol Wie die Lappenhau¢er heut Gemùrdet habent vn¢’ leut Geuangen g¢chlagen gar vnleys Jn irem dorff nach ¢chelcher weis Etleich gflohet vf der häid Daz ¢chol vns pilleich we¢en layd Won be¢¢er i¢t noch wei¢er ler Fri¢leich ¢terben vmb die er
So schol man eins zum andern schlahen, Dar mit smutzen über seu her Ze ross und zfuoss mit schilt und sper Mit schlahen, hawen und mit stechen Und also alten schaden rechen.’ Do nu der das sein gesprach, Wüetreich auf gen himel sach. Er wolt sich zaigen erber sein Und sprach: ‘Her freunt, die rede dein Ist wol nütz nach meinr versicht, Doch hat sei der eren nicht.’ Des sprachent do die andern all Gemaincleich auf in lautem schall: ‘Was nicht enhat der eren schein, 6800 Daz mag auch nimer nütz gesein.’ Hie mit was des rates gswigen Und auch die sach in ir beliben. Strudel fragen do began, Was noch wäre guot getan. 6805 Des antwurtent seu im gemain Und sprachent: ‘Herr, ir seits der ain, Der über uns gesetzet ist Ze rat und schirm ze aller frist; Dar umb so schült ir heven an 6810 Und, was ir welt, daz sei getan!’ Strudel rüspelt seinen chragen Und huob sein tädinch an ze sagen; Er sprach: ‘Der streit geschaffen was Umb anders nichti dann umb das, 6815 Daz man an unzucht schon und eben Möcht mit gantzem frid geleben. Dar umb wir mügen vechten Mit got und mit dem rechten Wider ieden, der uns tuot 6820 Ze kurtz an leibe oder guot. Nu dar, so habts vernomen wol (Des ich vil grossen chumber dol), Wie die Lappenhauser heut Gemürdet haben unser leut, 6825 Gevangen, gschlagen gar unleis In irem dorff nach schelcher weis, Etleich gflöhet uf der haid. Daz schol uns pilleich wesen laid; Won besser ist nach weiser ler 6830 Fraischleich sterben umb die er
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6787 Vers reicht bis an Spalte b. 6789 Vers reicht bis an Spalte b. 6792 Doppelstrich vor dem Vers. 6822 habts: t über dem Wort. 6825 habent: n mit Schlussbogen, t nachträglich. 6830 ler: davor ràt durchgestrichen. 6831 Fri¢leich: zwischen ¢l Buchstabe eingeschoben, undeutlich.
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das neue dem alten Unrecht zuschlagen und über sie herfallen, zu Pferde und zu Fuß, mit Schild und mit Speer, mit Schlagen, Hauen und Stechen, und so auch den alten Schaden rächen. Als Dickwanst zu Ende gesprochen hatte, blickte Wüterich zum Himmel hinauf. Er wollte besonders ehrenhaft erscheinen und sagte: „Herr Nachbar, nach meinem Eindruck ist deine Rede durchaus von Nutzen, dient aber nicht unserer Ehre.“ Da riefen alle anderen laut im Chor: „Was nicht nach Ehre aussieht, kann auch niemals Nutzen bringen.“ Danach herrschte Stille im Rat, und die Angelegenheit geriet ins Stocken. Nun fragte Strudel, was weiter zu unternehmen sei. Darauf antworteten ihm alle zusammen und sagten: „Herr, Ihr als Einziger seid über uns für alle Zeit zu Rat und Schutz eingesetzt. Deshalb sollt Ihr anfangen zu sprechen. Und wie Ihr wollt, so soll es dann auch geschehen!“ Strudel räusperte sich und begann mit seiner Ansprache. Er sagte: „Der Krieg war zu keinem anderen Zweck geschaffen, als dass man ohne Rechtsbruch, angenehm, ruhig und in völligem Frieden leben kann. Deshalb dürfen wir mit Gott und dem Recht auf unserer Seite gegen jeden kämpfen, der uns an Leben oder Besitz schädigt. Nun zu uns: Ihr habt genau gehört, und auch mich erfüllt das mit großem Schmerz, dass die Lappenhausener sich heute in ihrem Dorf wie Verbrecher aufgeführt und unsere Leute ermordet, gefangengesetzt, unter lautem Geschrei verprügelt und manche übers Feld gejagt haben. Es wird jeder verstehen, dass uns das empört. Denn ihr wisst ja, was die Weisen lehren: Besser ist ein grausamer Tod in Ehren,
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Text nach Ed. Wießner
Dann mit ¢chanden leben ¢echt Nu hat auch got die ¢einen knecht Moy¢en vnd Jo¢ue Gehai¢¢en in der alten ee Streyten wider fal¢che ¢char Vn half in dar zu gancz vn gar So mag ein volk auch ¢treiten wol So man daz ¢ein be¢chirmen ¢chol Den gewalt wir vo de kay¢er habn Doch ¢o lat euch eines ¢agen Des men¢chen gro¢¢er vbermut Vil oft eim ¢olhen ¢chaden tut Daz einem wirdet an ge¢iget Wie wol er ¢ù¢t des rechten phliget Dar vmb ¢o ¢chùllen wir die ¢ach Gütleich heuen an mit gmach Jn ganczer diemut wellen wir Daz end er¢ehen nach begir Vnd ¢enden vn¢’ boten hin Gen Lappenhau¢en in dem ¢in Daz ¢eu vns wider¢endin ¢chier Vn¢er~ tochtren alle vier Vnd auch die wa¢¢er ¢chepferin Dar zu allen vngewin Vnd ¢chaden widertügin Fürbas chaymen mügin Der von di¢em dorff ¢ey Wollens we¢en ¢treytes frey Daz ràt ich euch vn dùnkt mich ¢o Vil gut des wurdens alle fro Des wurden ye¢o au¢derwelt Zwen der be¢ten vn gezelt Daz was der weis her Albrecht Zingg Vnd auch juncher Schilawingg Zu der pot¢chaft in der ¢ach Daz geuiel dem Zinggen nit vn ¢p~ch Der häbch vn ¢parwer vahen wil Der ¢chol mich des nicht bitten vil Daz ich der ¢ein neczfogel ¢ey Hie ¢o ¢chült es merken pey Daz ich nicht gecheren gtar Zu einer vngeheuren ¢char Die ¢o ¢cheidlich i¢t vns bö¢ So vnge¢chlacht vn auch ¢o lö¢ Dar zu ¢eyn ¢eu truken auch Waynt ir daz ich ¢ey ein gauch
Dann mit schanden leben, secht! Nu hat auch got die seinen knecht Moisen und Josue Gehaissen in der alten ee 6835 Streiten wider falsche schar Und half in dar zuo gantz und gar; So mag ein volk auch streiten wol, So man daz sein beschirmen schol: Den gwalt wir von dem kaiser haben. Doch so lat euch eines sagen! Des menschen grosser übermuot Vil oft eim sölhen schaden tuot, Daz einem wirdet an gesiget, Wie wol er süst des rechten phliget; Dar umb so schüllen wir die sach Güetleich heven an mit gmach. In gantzer diemuot wellen wir Daz end ersehen nach begir Und senden unser boten hin 6850 Gen Lappenhausen in dem sin, Daz seu uns wider sendin schier Unser tochtren alle vier Und auch die Wasserschepferin, Dar zuo allen ungewin 6855 Und schaden wider tüegin, Fürbas chainen müegin, Der von disem dorffe sei, Wollens wesen streites frei. Daz rat ich euch und dunkt mich so Vil guot.’ – Des wurdens alle fro. Des wurden ieso aus derwelt Zwen der besten und gezelt (Daz was der weis her Albrecht Zingg Und auch juncher Schilawingg) 6865 Zuo der potschaft in der sach. Daz gviel dem Zinggen nit und sprach: ‘Der häbch und spärwer vahen wil, Der schol mich des nicht bitten vil, Daz ich der sein netzfogel sei! 6870 Hie so schült es merken pei, Daz ich nicht gecheren gtar Zuo einer ungeheuren schar, Die so schedleich ist und bös, So ungeschlacht und auch so lös; 6875 Dar zuo sein seu trunken auch. Wänt ir, daz ich sei ein gauch,
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als ein Leben in Schande! Auch Gott hat seinen Knechten Moses und Josua im Alten Testament befohlen, gegen die Heere der Gottlosen zu kämpfen, und ihnen mit starker Hand geholfen. Ebenso kann ein Volk auch Krieg führen, um seinen Besitz zu schützen. Dieses Recht hat uns der Kaiser zugesprochen. Doch will ich euch eines dazu sagen: Oft bringt der grenzenlose Hochmut eines Menschen ihm solchen Schaden ein, dass er besiegt wird, obwohl er im Recht ist. Aus diesem Grund sollten wir uns der Angelegenheit in Ruhe und auf Ausgleich bedacht zuwenden. Ganz nüchtern sollten wir uns das Ziel vor Augen halten, das wir erreichen wollen, und unsere Boten in der Absicht nach Lappenhausen schicken, dass sie unverzüglich unsere vier Töchter sowie die Wasserschöpferin zurückschicken, außerdem für alle Verluste und jeden Schaden Wiedergutmachung leisten und fortan niemandem aus unserem Dorf mehr Leid zufügen, wenn sie Krieg vermeiden wollen. Das rate ich euch, und so scheint es mir am besten.“ – Damit waren alle einverstanden. Also wurden zwei der Besten von ihnen ausgewählt. Der weise Herr Albrecht Zink und dazu der Junker Schieldochmal, um in dieser Angelegenheit als Boten tätig zu werden. Dem Zink passte das nicht und er sagte: „Wer Habicht oder Sperber fangen will, der sollte mich nicht zu sehr bitten, für ihn den Lockvogel zu spielen! Ihr könnt das ruhig so verstehen, dass ich es nicht wage, zu solch üblen Typen zu gehen, die so schlimm und so bösartig sind, so brutal und so verschlagen. Und betrunken sind sie auch noch. Glaubt ihr wirklich, ich wäre so blöd,
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Text nach Ed. Wießner
Daz ich ¢o ¢wäre bot¢chaft werben Well vn ane wer verderben Des was do Schilawingg vil jung Er macht ¢ich auf vn tett einn ¢prug Vn ¢p~ch ¢chol ich der zag nu ¢ein Welt ir ichcz bedorft es mein Jch tro¢t mich meiner ¢ü¢¢en ¢o Daz ich ¢ein pin vo herczen fro Ob ich die bot¢chaft werben ¢chol Alters äyn daz gefiel in wol Er hiet die ¢chönen Gnepferim Ze einem lieb in ¢einem ¢inn Daz was die ¢ach dar vmbe daz Daz ¢o gar gehor¢am was Des lieff er hin der fröleich man Bis er gen Lappenhau¢en cham Da vand ers all nach pey dem tancz Springen höh von rechter ¢chancz Er machet ¢ich gen in zu dem ¢pil Hört was ich euch ¢agen wil Sprach der bott zum herren do Jr ¢eyt des ewern la¢ters fro Dunchet mich ı meine mut Daz heut ¢o manger helde gut Verloren hat ¢ein leben hie Vnd ir noch tüt ich wai¢¢ nit wie Secht da lie¢¢ens von dem tancz Niemat hiet vernomen gancz Was der pott in hiett ge¢ayt Des waren ¢eu do hie berayt Vn ¢prachen was wil di¢er gauch Sag vns daz wirs hören auch Schilawingg was vnuerzäyt Sein bot¢chaft hub er an vn ¢ayt Jr habt vil recht ich pins ein gauch Ein chind dar zu vn tobig auch Dar vmb kan ich auch liegen nicht Die leut betriegen ¢am ein wicht Won liegen daz wil haben li¢t Al¢o ¢ag ich wie ym i¢t Gewarleich in eim ¢chlechten ¢chein Von Ny¢¢ingen die herren mein Der purgermay¢ter vn d’ ràt Enpeuten euch pey gedrat Daz ir die tochtren alle vier
Daz ich so swäre botschaft werben Well und ane wer verderben?’ Des was do Schilawingg vil jung; 6880 Er macht sich auf und tett einn sprung Und sprach: ‘Schol ich der zag nu sein? Welt ir ichtz? Bedorft es mein? Ich tröst mich meiner süessen so, Daz ich sein pin von hertzen fro, 6885 Ob ich die botschaft werben schol Alters ain.’ – Daz gfiel in wol. Er hiet die schönen Gnepferin Ze einem lieb in seinem sinn: Daz was die sach, dar umbe daz, 6890 Daz er so gar gehorsam was. Des lieff er hin, der fröleich man, Bis er gen Lappenhausen cham. Da vand ers all noch pei dem tantz Springen höch von rechter schantz. 6895 Er macht sich gen in zuo dem spil. ‘Hört, was ich euch sagen wil!’ Sprach der bott zuon herren do. ‘Ir seit des ewern lasters fro, Dunchet mich in meinem muot, 6900 Daz heut so manger helde guot Verloren hat sein leben hie Und ir noch tuot, ich waiss nit wie.’ Secht, do liessens von dem tantz! Niemant hiet vernomen gantz, 6905 Was der pott in hiett gesait; Des waren seu da hie berait Und sprachen: ‘Was wil diser gauch? Sag uns, daz wirs hören auch!’ Schilawingg was unverzait; 6910 Sein botschaft huob er an und sait: ‘Ir habt vil recht, ich pins ein gauch, Ein chind dar zuo und tobig auch. Dar umb kan ich auch liegen nicht, Die leut betriegen sam ein wicht; 6915 Won liegen daz wil haben list. Also sag ich, wie im ist, Gewärleich, in eim schlechten schein. Von Nissingen die herren mein, Der purgermaister und der rat, 6920 Enpeuten euch pei mir gedrat, Daz ir die tochtren alle vier
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dass ich eine solch schwierige Botschaft übermitteln und wehrlos krepieren wollte?“ Schieldochmal allerdings war sehr jung. Er sprang auf und rief: „Soll ich etwa ein Feigling sein? Wollt ihr was erreichen? Braucht ihr mich dazu? Schon der Gedanke an meine Liebste gibt mir so viel Stärke, dass ich überglücklich bin, wenn ich die Botschaft ganz allein übermitteln soll.“ – Das hörten die anderen gern. Die schöne Hinkefuß liebte er von ganzem Herzen. Das war der Grund, warum er so eifrig zustimmte. So rannte er los, der Glückliche, bis er nach Lappenhausen kam. Dort fand er alle noch beim Tanz, sie sprangen, so hoch sie konnten. Der Bote begab sich zu ihrem Tanzvergnügen und rief zu den Herren: „Hört, was ich Euch sagen will! Ich habe den Eindruck, Ihr freut Euch über Eure Schandtaten, dass heute so viele tapfere Helden ihr Leben verloren haben, und Ihr es trotzdem noch so weitertreibt – ich fass’ es nicht.“ Na, da hörten sie mit dem Tanzen auf! Niemand hatte so ganz gehört, was der Bote ihnen gesagt hatte. Nun aber waren sie dazu in der Lage und riefen: „Was will denn dieser Blödmann? Sag es uns, dass wir es auch hören.“ Schieldochmal zögerte nicht, sondern brachte seine Botschaft mit den Worten vor: „Ihr habt schon ganz recht, ich bin ein Blödmann und ein Kind und Narr obendrein. Deshalb kann ich auch nicht lügen oder die Leute wie ein Lump betrügen, denn zum Lügen muss man durchtrieben sein. Also sag ich offen und direkt, worum es geht. Die Oberen von Nissingen, der Bürgermeister und der Rat, fordern Euch durch mich in aller Eile auf, dass Ihr alle vier Töchter
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Text nach Ed. Wießner
Gebin wider al¢o ¢chier Vn auch die wa¢¢er ¢chepferin Dar zu allen vngewin Vnd ¢chaden wider tügind Fürbas niemant mùgin Der von irem dorffe ¢ey Welt es we¢en ¢treytes frey Do nu das verhöret was Der do ¢chelten chondet bas Daz was ir mayger Rüfli do Der hub es an vn ¢prach al¢o Her g¢ell jch wl¢¢ nit wer du pi¢t Doch gäb man vmb dich nit ein fi¢t Noch vmb dein herren von dem kàt Den pauren mäy¢ter der dich hat Ge¢ant ¢o töri¢ch zu vns her Noch vmb alle Ni¢¢ing’ Wi¢¢ er was dir nicht gar holt Der dich al¢o her ¢enden wolt Vn war es nicht ¢o gar ein ¢chand Botten fräueln ¢o zehand Sterben mu¢¢i¢t vmb dein ¢pil Des tro¢te dich doch nicht ze vil Vnd cher vil endleich wider häym Ald dir wä¢cht ein vberpäin Schylawinggen ward ¢o hay¢¢ Ze fliehen jm enphür ein ¢chay¢¢ Daz was der ¢egen den er gab Den leuten an dem ¢unetag Daz wär ym alles ein getrencht Hiet er ¢ich enwench verrencht An ¢einen löffern den was gàch So veintleich eyllten ¢eu ym nàch Des cham er doch vo jnen häym Vn ¢agt die mär in allen gemäyn e Da mit ¢eu ¢antten vberal Gen Aurach in Sweiczer Tal Vnd zu den von Gaygenhofen Jn Gadubrj zu dem ofen Gen Kenelbach vn Leybingen Gen Hofen vn gen Vettringen Gen Ruczingen vn Fùczen¢wille Gen Seurren¢torff vn Wattwille Dar zu abhin an den Reyn
Gebin wider also schier Und auch die Wasserschepferin, Dar zuo allen ungewin 6925 Und schaden wider tüegind, Fürbas niemant müegind, Der von irem dorffe sei, Welt es wesen streites frei.’ Do nu das verhöret was, 6930 Der do schelten chondet bas (Daz was ir maiger Rüefli do), Der huob es an und sprach also: ‘Her gsell, ich waiss nit, wer du pist; Doch gäb man umb dich nit ein fist 6935 Noch umb dein herren von dem kat, Den paurenmaister, der dich hat Gesant so törisch zuo uns her, Noch umb alle Nissinger. Wiss, er was dir nicht gar holt, 6940 Der dich also her senden wolt! Und wär es nicht so gar ein schand, Botten fräveln, so ze hand Sterben müesist umb dein spil. Des tröste dich (doch nicht ze vil) 6945 Und cher vil endleich wider haim, Ald dir wächst ein überpain!’ Schilawinggen ward so haiss Ze fliehen – im enphuor ein schaiss; Daz was der segen, den er gab 6950 Den leuten an dem sunnentag. Daz wär im alles ein getrencht, Hiet er sich enwench verrencht An seinen löffern, den was gach: So veintleich eillten seu im nach. 6955 Des cham er doch von inen haim Und sagt die mär in allen gmain. Da mit seu santten überal Gen Aurach in Sweitzer tal Und zuo den von Gaigenhofen, 6960 In Gadubri, zuo dem Ofen, Gen Kenelbach und Leibingen, Gen Hofen und gen Vettringen, Gen Rützingen und Fützenswille, Gen Seurrenstorff und Wattwille, 6965 Dar zuo abhin an den Rein,
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6927 mùgin: vor i e getilgt. 6928 irem: e über dem Wort. 6930 Doppelstrich vor dem Vers. 6934 du pi¢t: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 6936 Am unteren Rand der Seite Kustode: ij. 6944 Sterben: zweites e über durchgestrichenem i. 6947 wä¢cht: ¢ nachträglich, über dem Wort eingesetzt. 6954 ¢einen: zweites n korrigiert aus m.
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unverzüglich übergebt, dazu auch die Wasserschöpferin, außerdem für alle Verluste und Schäden Wiedergutmachung leistet und fortan niemandem aus unserem Dorf mehr ein Leid zufügt, wenn Ihr Krieg vermeiden wollt.“ Als man das angehört hatte, fing einer, der am besten pöbeln konnte – das war ihr Dorfvorsteher Rüefli – an und sagte: „Mein bester Freund. Zwar weiß ich nicht, wer du bist, doch würde man weder für dich, noch für deine ‚Herren vom Kack‘, noch für den Bauernmeister, der dich blödsinnigerweise zu uns geschickt hat, oder für alle Nissinger auch nur einen Furz geben. Der jedenfalls, der dich zu uns schicken wollte, hat es mit dir gar nicht gut gemeint! Wenn es nicht so besonders abscheulich wäre, sich an einem Boten zu vergreifen, müsstest du wegen deines Auftritts hier auf der Stelle sterben. Freu dich darüber, aber nicht zu doll, und scher dich endlich wieder nach Hause oder dir wächst noch ’ne Beule.“ Schieldochmal war nur noch scharf darauf abzuhauen – da ließ er einen Furz. Das war sein Segen, den er den Menschen an diesem Sonntag spendete. Es wäre ihm teuer zu stehen gekommen, wenn er auch noch über seine flinken Beine gestolpert wäre – so wutentbrannt rannten sie ihm hinterher. Doch kam er noch vor ihnen zu Hause an und erzählte allen diese Geschichte. Darauf schickten sie überall Boten hin. Nach Uri ins Schwyzer Tal sowie zu den Bewohnern von Gaienhofen, zum Ofen von Cadober, nach Kengelbach und Libingen, nach Hofen und Vettringen, nach Rotzingen und Fotzenswil, nach Schlimmdorf und nach Wattwil und weiter abwärts bis zum Rhein,
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Text nach Ed. Wießner
Da ir freunde ¢cholten ¢ein Daz ¢eu ze hilf kämin in Won ze ¢treytten ¢tund ir ¢in Des waren ¢o die botten bhend Daz bis morges hiet ein end Jr pot¢chaft gwunnen daz i¢t daz Die weil ze Lappenhau¢en was Daz hochzeit ¢chon begangen Von frauwe vn von manen Seu hietten ¢er ge¢prungen Getrunchen vn ge¢ungen Daz nacht màl wol gefre¢¢en Man ¢chol auch nicht verge¢¢en Des daz Bert¢chi Triefnas Tet do er pey Maczen was Jn dem pett der ¢elben nacht Daz ¢ag ich euch nàch meinr vermacht Er hyels ¢ey mit den armen ¢ein Vn kù¢¢t ¢ey ı das maul hin ein Siben ¢tund nach ¢eine lu¢t Vn trücht ir pru¢tli an ¢ein pru¢t Des wol er fürbas ¢ein geuarn Mäczli chond den weg verwarn Vnd hub ze ¢chreyen an ¢o va¢t Man hört es vber ein halben rà¢t Die payn ¢eu hub ze¢amen ¢er Daz was der junchfrawen er Des lie¢¢ der preutgom von dem ¢treyt Vnd gedacht ym anderzeyt Wie mit ¢pächten ¢cholt der man Daz dinch den frauwen gewinen an Da mit ¢o hub er an vn ¢prach Wol mir daz ich ie ge¢ach Die ¢tat da mundel ¢ich ze mund Gefuget hat ı ¢ü¢¢er ¢tund Deineu prù¢tel zu minr pru¢t Getruket ¢ind ¢o gar mit lu¢t Jn rechter lieb vn auch ¢o geleich Des lob ich got von hymelreich Der die wun ge¢chaffen hat Sunderleich mit ¢einem ràt Daz die men¢chäyt wach¢en ¢chol Dar vmb mein lieb nù tu ¢o wol Gedench daz got ge¢prochen hat Ein men¢che ¢einen vatt’ lat
Da ir freunde scholten sein, Daz seu ze hilfe kämin in: Won ze streitten stüend ir sin. Des waren so die botten bhend, 6970 Daz bis morgens hiet ein end Ir potschaft gwunnen: daz ist daz. Die weil ze Lappenhausen was Daz hochzeit schon begangen Von frauwen und von mannen. 6975 Seu hietten ser gesprungen, Getrunchen und gesungen, Daz nachtmal wol gefressen. Man schol auch nicht vergessen Des, daz Bertschi Triefnas 6980 Tet, do er pei Mätzen was In dem pett der selben nacht. Daz sag ich euch nach meinr vermacht: Er hiels sei mit den armen sin Und küsst sei in das maul hin in 6985 Siben stund nach seinem lust Und trucht ir prüstli an sein prust. Des wolt er fürbas sein gevarn: Mätzli chond den weg verwarn Und huob ze schreien an so vast, – 6990 Man hort es über ein halben rast. Die pain seu huob ze samen ser: Daz was der junchfrauwen er. Des liess der preutgom von dem streit Und gedacht im an der zeit, 6995 Wie mit spächten scholt der man Daz dinch den frauwen gwinnen an. Da mit so huob er an und sprach: ‘Wol mir, daz ich ie gesach Die stat, da mündel sich ze mund 7000 Gefüeget hat in süesser stund! Deineu prüstel zuo minr prust Getruket sind so gar mit lust In rechter lieb und auch so gleich: Des lob ich got von himelreich, 7005 Der die wunn geschaffen hat Sunderleich mit seinem rat, Daz die menschait wachsen schol. Dar umb, mein lieb, nu tuo so wol, Gedench, daz got gesprochen hat: 7010 “Ein mensche seinen vatter lat,
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6973 Doppelstrich vor der Zeile. 6983 vermacht: ver über der Zeile eingefügt. 6985 ein: e vor i über dem Wort. 6992 Die: i über dem Wort zwischen D und e; ¢eu: nach u Buchstabe radiert. 6993 junchfrawen: nach a vier Striche.
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wo mögliche Verbündete wohnen könnten, damit sie ihnen zu Hilfe kämen. Denn nun wollten sie nur noch Krieg. Aus diesem Grund waren die Boten so schnell, dass sie bis zum nächsten Morgen ihre Botschaft schon überbracht hatten: soviel dazu. Währenddessen hatten in Lappenhausen Frauen und Männer das Hochzeitsfest prächtig gefeiert. Sie waren hoch gesprungen, hatten getrunken und gesungen und auch das Abendessen verschlungen. Darüber sollte man auch nicht vergessen, was Bertschi Triefnas in dieser Nacht mit seiner Mätze im Bett trieb. Davon erzähl ich euch, soweit ich das kann. Er umschlang sie mit beiden Armen, küsste sie in seiner Begierde siebenmal in ihr Maul hinein und drückte ihre Brüstchen an seine Brust. Dann wollte er einen Schritt weitergehen, doch konnte Mätzli diesen Weg versperren und fing so fürchterlich zu schreien an, dass man es noch eine halbe Meile weit hörte. Ihre Beine drückte sie ganz fest zusammen. Es ging schließlich um ihre Jungfrauenehre. Deshalb ließ der Bräutigam von diesem Kampf ab und überlegte sich dabei, dass die Männer ihr Ziel bei den Frauen ja ohnehin mit süßen Worten erreichen sollen. So fing er also zu sprechen an: „Ich Glücklicher, dass ich sehen durfte, wie Mündchen sich mit Mund vereinigt hat in süßer Stund! Deine Brüste sind so begehrlich, so liebevoll und so fest an meine Brust gedrückt, dass ich Gott im Himmel dafür lobpreise, der in seinem Ratschluss die Lust eigens dazu erschaffen hat, dass die Menschheit sich mehren soll. Deshalb, mein Liebchen, sei so gut und denk daran, was Gott gesprochen hat: ‚Ein Mann wird Vater
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Text nach Ed. Wießner
Er tut ¢ich auch ¢einr mut’ an Vn haltet ¢ich zu ¢einer chàn So werdent zway ı eine flä¢ch Nach der glos die ich da wai¢¢ Daz i¢t ze einem chind zgeperen Vn geruch mich des zgeweren Daz die gens tund in dem bach Liebes lieb daz i¢t ein ¢ach Daz ich ewecleichen dich Halten mu¢¢ vn wil ¢am mich Mäczli do mit vngemach Wäinent zu dem knechte ¢p~ch Ja ich wäy¢¢ wol wie ym i¢t Du pi¢ts ein ge¢ell mit falcher li¢t Sam einr der vogel vahen wil Der pfeiffet ¢ü¢¢ vn macht ¢ein vil Vnd ¢o ¢eu koment ı ¢ein hab So würgt er in die chragen ab Näna Mäczli ¢o ¢p~ch dirr Mich dunkt du ¢eygi¢t worden jrr Jn di¢em bett daz ¢ag ich dir Way¢t nicht daz von payder gir Zwù¢chen vns ge¢chehen i¢t Die häylig ee an bo¢en li¢t So ley¢t auch in dem prautpett Dar vmb ¢o trachtin wir ze ¢tett Daz die / ee / werd vollepracht Der ¢o mit willen ward gedacht Secht do tett er ¢am ein man Vnd grayff ¢ey chrefti cleichen an Wie ¢chier er ir die päyn auf kert Sam inder ¢chreiber hiet gelert Vn macht ¢ich zwù¢chen ¢eu enmitten Er tet nach ¢einer vordern ¢itten Mäczli was auch nicht ze träg Wie ¢ey an dem ruggen läg Sey hùczret va¢t vn zappelt ¢er Vnd bhielt auch wol des arczzets ler Do nu daz er¢t vergangen was Daz wi¢¢t man wol vn machet das Daz die pett¢tat was ze chranch Vnd hiet getan daz be¢t ge¢anch Daz man joch yemer mag ge¢ingen Da mit der preutgom wolt v’prine Von gro¢¢em dur¢t des ruffet er
Er tuot sich auch seinr muoter an Und haltet sich zuo seiner chan: So werdent zwai in einem flaisch” (Nach der glos, die ich da waiss, 7015 Daz ist: ze einem chind zgeperen) Und geruoch mich des zgeweren, Daz die gens tuond in dem bach! Liebes lieb, daz ist ein sach, Daz ich ewecleichen dich 7020 Halten muoss und wil sam mich.’ Mätzli do mit ungemach Wainent zuo dem knechte sprach: ‘Ja, ich waiss wol, wie im ist: Du pists ein gsell mit falscher list 7025 Sam einr, der vogel vahen wil: Der pfeiffet suoss und macht sein vil Und, so seu koment in sein hab, So würgt er in die chragen ab.’ ‘Näna, Mätzli!’ so sprach dirr, 7030 ‘Mich dunkt, du seigist worden irr In disem bett, daz sag ich dir. Waist nicht, daz von paider gir Zwüschen uns geschehen ist Die hailig ee an boseu list? 7035 So leist auch in dem prautpett: Dar umb so trachtin wir ze stett, Daz die ee werd vollepracht, Der so mit willen ward gedacht!’ Secht, do tett er sam ein man 7040 Und graiff sei chrefticleichen an! Wie schier er ir die pain auf kert, Sam in der schreiber hiet gelert, Und macht sich zwüschen seu enmitten! Er tet nach seiner vordern sitten. 7045 Mätzli was auch nicht ze träg, Wie sei an dem ruggen läg: Sei hützret vast und zappelt ser Und bhielt auch wol des artzets ler. Do nu daz erst vergangen was, 7050 Daz wisst man wol und machet das, Daz die pettstat was ze chranch Und hiet getan daz best gesanch, Daz man joch iemer mag gesingen. Da mit der preutgom wolt verprinnen Von grossem durst; des rüeffet er:
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7014 flä¢ch: ¢ über dem Wort. 7022 Doppelstrich vor dem Vers. 7044 zwù¢chen: ¢ über dem Wort eingesetzt. 7049 Vers reicht bis an Spalte b. 7055 Vers reicht bis an Spalte b. 7056 ruffet: e über dem Wort.
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und Mutter verlassen und seinem Weibe folgen: So werden die zwei ein Fleisch.‘ Nach der Auslegung, die ich kenne, bedeutet das: um ein Kind zu zeugen. Und so gesteh mir das zu, was schließlich auch die Gänse im Bach treiben! Herzliebchen, das ist etwas, für das ich dich in alle Ewigkeit so liebhaben werde wie mich selbst.“ Mätzli aber sagte weinend und vorwurfsvoll zu dem Burschen: „Also, wie das geht, weiß ich nur zu gut. Du bist ein hinterhältiger Kerl, ganz wie einer, der Vögel fangen will. Der flötet süß und lockt fortwährend, dreht ihnen aber trotzdem, wenn er sie zu fassen kriegt, den Hals um!“ „Nein, nein, Mätzli“, entgegnet er, „ich glaube, du verwechselst dieses Bett, das ist jedenfalls mein Eindruck. Hast du denn immer noch nicht kapiert, dass wir beide aus Verlangen, nicht aber in betrügerischer Absicht in den heiligen Stand der Ehe eingetreten sind? Deshalb liegst du hier in deinem Brautbett, und so wollen wir gleich damit beginnen, die Ehe zu vollziehen, die wir uns so sehnlich gewünscht haben.“ Schaut euch das an: Nun kehrte er den Mann raus und packte sie heftig. Er drückte ihr die Beine auseinander, so wie es ihn der Schreiber gelehrt hatte, und brachte sich dazwischen, ganz nach dem Brauch seiner Vorfahren. Mätzli war auch nicht faul, als sie auf dem Rücken lag. Sie rutschte heftig hin und her und zappelte wie wild und beherzigte somit bestens die Anweisungen des Arztes. Als es nun das erste Mal vorüber war, merkte man das ganz sicher daran, dass ihr Bett so wacklig war und deshalb die schönsten Töne von sich gegeben hatte, die man überhaupt singen könnte. Der Bräutigam drohte, an einem Riesendurst zu verbrennen. Deshalb schrie er:
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Text nach Ed. Wießner
Wa¢¢er her jo wa¢¢er herr Des pracht man in do von Venedj Ein ¢uppen gemachet von Tragedj Vnd auch von Malua¢ey da mit Daz was ir aller pe¢ter ¢itt Do a¢¢en ¢eu vn trunkend dar Bis daz ¢ey wider chamen gar Da mit die ge¢te bald hin für Die praut ¢tund auf vn b¢chlu¢¢ die tür Jnrentalb vil gar ze ¢tett Vn legt ¢ich wider ı daz bett Doch chond ¢ey ¢ich vil vbel ghabn Den plumen in irn froden chlagn Des ¢p~ch der preutgom wäynn nicht mer Gehab dich wol daz i¢t mein ler Hà¢t den plumen nù verlorn Da wider wirt ein chind geporn Daz i¢t ein ¢äylich dinch vil gut Dar zu nym dir in den mut Daz du in treuwen mäyni¢t mich Vnd tügi¢t was ich hay¢¢e dich Daz doch mit nùczen ¢ey vn eren Sich ¢o wil ich dir daz ¢weren Dich ı rechter lieb ze halten Vnd vo dir auch niemer mich g¢chalten Der rede danket ¢ey ym do Vn verhie¢¢ auch tun al¢o Des ward do lenger nicht g¢part Er tett irs noch enander vart Des wären ¢eu do müde worden Vn ¢chlieffend hin bis an den morgen Hiet die praut nùr einen man Kùczeldarin ir vier gewan Annen ärs der ward zerriben Sey hiet der g¢ellen mer dann siben Zehner phlag die Gnepferin Yecleichem nach ¢einem ¢in Vngem䢢 die hiet ir ächt Die veilten all die langen nacht Die wö¢cherin ¢o reudich was Daz ¢ey vor jnen allen genas Do nu der liechte tag h’prach Der wachter an der zinnen ¢p~ch Wer an lieben armen leit
‘Wasser her jo, wasser her!’ Des pracht man in do von Venedi Ein suppen gmachet mit tragedi Und auch von malvasei da mit: 7060 Daz was ir aller pester sitt. Do assen seu und trunkend dar, Bis daz sei wider chamen gar; Da mit die geste bald hin für. Die praut stuond auf und bschloss die tür Inrentalb vil gar ze stett Und legt sich wider in daz bett; Doch chond sei sich vil übel ghaben, Den pluomen in irn fröden chlagen; Des sprach der preutgom: ‘Wainn nicht mer, Gehab dich wol, daz ist mein ler! Hast den pluomen nu verlorn, Da wider wirt ein chind geporn: Daz ist ein sälich dinch vil guot. Dar zuo nim dir in den muot, 7075 Daz du in treuwen mainist mich Und tüegist, was ich haisse dich, Daz doch mit nützen sei und eren! Sich, so wil ich dir daz sweren, Dich in rechter lieb ze halten, 7080 Von dir auch niemer mich geschalten.’ Der rede danket sei im do Und verhiess auch tuon also. Des ward do lenger nicht gespart: Er tett irs noch ein ander vart. 7085 Des waren seu do müede worden Und schlieffend hin bis an den morgen. Hiet die praut nür einen man, Kützeldarm ir vier gewan. Annen ars der ward zerriben: 7090 Sei hiet der gsellen mer dann siben. Zehner phlag die Gnepferin, Iecleichem nach seinem sin. Ungemäss die hiet ir acht: Die veilten all die langen nacht. 7095 Die wöscherin so reudich was, Daz sei vor inen allen gnas. Do nu der liechte tag her prach, Der wachter an der zinnen sprach: ‘Wer an lieben armen leit, 7100
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7065 tür: über der Zeile; Vers reicht bis an Spalte b. 7068 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 7081 vo: in blasser Tinte, über der Zeile eingefügt. 7088 die: i über dem Wort zwischen d und e. 7094 ächt: c über dem Wort.
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„Wasser her, so bringt doch Wasser her!“ Deshalb servierte man ihnen eine venezianische Suppe, die mit Tragant und dazu noch mit Malvasier zubereitet war. Das war ihr vornehmster Brauch. Nun also aßen und tranken die beiden, bis sie wieder zu Kräften kamen. Und jetzt hinaus mit den Gästen! Die Braut stand auf, schloss die Tür hastig von innen zu und legte sich wieder ins Bett. Allerdings verstand sie es prächtig, so zu tun, als ob es ihr schlecht ginge und trotz aller Freude den Verlust ihrer Jungfräulichkeit zu beklagen. Deshalb sagte der Bräutigam: „Lass das Weinen und sei guten Muts; so hör doch auf mich! Wenn du auch deine Jungfräulichkeit verloren hast, so wird dafür schließlich ein Kind geboren. Das ist doch eine herrliche und wunderschöne Sache. Außerdem denk immer daran, dass du nur mich getreulich liebst und tust, was ich dir sage, wenn es nicht gegen Nutz und Ehr verstößt. Schau, dann will ich dir auch versprechen, dich richtig lieb zu haben und dich niemals zu verlassen.“ Für dieses Versprechen dankte sie ihm und versprach, sich danach zu richten. Nun wurde nicht mehr länger gefackelt. Er besorgte es ihr ein weiteres Mal. Davon waren sie müde geworden und schliefen bis in den Morgen hinein. Während die Braut nur mit einem Mann zusammen war, hatte Juckdenarsch vier von ihnen abbekommen. Annes Arsch wurde wundgerieben. Sie hatte mehr als sieben Liebhaber. Hinkefuß kümmerte sich um zehn – um jeden so, wie es ihm gefiel. Maßlos hatte insgesamt acht, die nagelten sie die ganze lange Nacht hindurch. Nur die Wäscherin war so räudig, dass sie von ihnen allen verschont blieb. Als nun der helle Tag anbrach, rief der Wächter von der Zinne: „Wer in geliebten Armen ruht,
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Text nach Ed. Wießner
Der mach ¢ich auf won es i¢t zeyt Die ¢une hat den morgen ¢treyt Mit chreften vberwunden Der man entweycht ich wäy¢¢ nicht war Die ¢ternen ¢ein verblichen gar Die nacht ir ¢till i¢t worden bar Daz bruf ich ze den ¢tunden Et cetera daz ¢ang er gar Des ward fro Mäczli do gewar Vn gedacht ir in dem ¢in Wär daz ich der weket in So tät er mirs zùr dritten ¢tund E man vns in dem bette funde Des ward ¢ey ¢ich do rüren Daz bettgwand alz dùrch fùren Bis er doch mu¢¢t der wachen do Pert¢chi auf vn ¢prach wie ¢o Jch hiet mein fingerli verlorn Antwùrt ¢ey daz tett mir zörn Vn han ge¢ücht bis an den tag Der macht daz ich es funden hab We wie ¢chier do ward vollpracht Des ¢o ir Mäczli hiet gedacht Dar nach die g¢ellen kament all Mit pheiffern vnd mit gro¢¢em ¢chall Jn daz gaden ze dem zil Vnd wun¢chten in des glùkes vil Du ¢cholt vns nicht ver¢weygen Mocht ¢ey es der leyden Geuelts dir an der ¢neiden Sprachen ¢eu zu Pert¢chinn do Des antwùrt er vn ¢p~ch al¢o Mir geuiel nie kayni bas Wi¢¢t daz ¢ey ein junchfraw was Dar vmb ¢o gib ich ir vil dràt Ein par ¢chuch ze morgen gab Do hubmans von dem bette auf Secht do was die hochzeit aus Won in wàren chùmen mär Notleich gar vn dar zu ¢wär Daz Ny¢¢inger ze denen zeiten Hieten mut mit in ze ¢treyten Vn wie ir botten ı die land Warent hin vmb hilf ge¢ant Des machten ¢ich die jungen fro Vn die alten nicht al¢o Die wi¢ten wol ı iren ¢innen
Der mach sich auf! Won es ist zeit. Die sunne hat den morgenstreit Mit chreften überwunden. Der man entweicht, ich waiss nicht war, Die sternen sein verblichen gar, 7105 Die nacht ir still ist worden bar: Daz brüef ich ze den stunden.’ Et cetera. Daz sang er gar. Des ward fro Mätzli do gewar Und gedacht ir in dem sin: 7110 ‘Wär, daz ich derweket in, So tät er mirs zuor dritten stund, E man uns in dem bette fund.’ Des ward sei sich do rüeren, Daz bettgwand alz durchfüeren, 7115 Bis er doch muosst derwachen do. Pertschi auf und sprach: ‘Wie so?’ ‘Ich hiet mein fingerli verlorn,’ Antwürt sei, ‘daz tett mir zorn Und han gesuocht bis an den tag: 7120 Der macht, daz ich es funden hab.’ We, wie schier do ward vollpracht, Des so ir Mätzli hiet gedacht! Dar nach die gsellen kament all Mit pheiffern und mit grossem schall In daz gaden ze dem zil Und wunschten in des glükes vil. ‘Du scholt uns nicht versweigen: Mocht sei es derleiden? Gevelts dir an der sneiden?’ 7130 Sprachen seu zuo Pertschin do. Des antwürt er und sprach also: ‘Mir geviel nie kaini bas. Wisst, daz sei ein junchfraw was! Dar umb so gib ich ir vil drat 7135 Ein par schuoch ze morgengab.’ Do huob mans von dem bette auf: Secht, do was die hochzeit aus! Won in waren chümen mär Nötleich gar und dar zuo swär, 7140 Daz Nissinger ze denen zeiten Hieten muot, mit in ze streiten, Und wie ir botten in die land Wärent hin umb hilf gesant. Des machten sich die jungen fro 7145 Und die alten nicht also: Die wisten wol in iren sinnen,
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der mache sich auf! Es ist genug. Die Sonne hat im Morgenstreit das Dunkel ganz vertrieben. Der Mond entflieht; weiß ich wohin? Die Sterne sind nun ganz dahin. Die Nacht den Frieden nicht mehr find’: Das seh’ ich nun entschieden.“ Et cetera. Alle Strophen sang er. Das hörte die Dame Mätzli und dachte bei sich: „Wenn ich Bertschi wecken würde, dann könnte er es mir ein drittes Mal besorgen, bevor man zu uns ans Bett kommt.“ Deshalb begann sie so sehr zu rumoren und die Laken zu durchwühlen, dass er davon aufwachen musste. Bertschi schreckte auf und rief: „Was ist denn?“ „Ich hatte meinen Ring verloren“, antwortete sie, „das hat mich so geärgert, dass ich ihn bis zum Tagesanbruch gesucht habe. Nun endlich habe ich ihn wiedergefunden.“ Holla, wie schnell ging’s da zur Sache, genau wie Mätzli es sich vorgestellt hatte! Darauf kamen alle Dorfburschen mit Musikanten und einem Riesenlärm zum Brautgemach und wünschten ihnen viel Glück. „Du darfst uns nichts verschweigen. Hat sie es sich gefallen lassen? Und gefällt es dir in ihrer Schneide?“, fragten sie Bertschi. Darauf antwortete er und sagte: „Nie hat mir eine besser gefallen. Wisst ihr, sie war noch Jungfrau. Deshalb schenke ich ihr jetzt sofort ein Paar Schuhe als Morgengabe.“ Darauf trug man sie aus dem Bett. Seht, nun war die Hochzeit vorbei, denn sie hatten bedrohliche und schlimme Nachrichten erhalten, dass die Nissinger jetzt mit ihnen Krieg führen wollten und dass sie bereits ihre Boten in andere Länder um Unterstützung geschickt hätten. Die Jüngeren machten sich darüber lustig, die Älteren aber überhaupt nicht. Die wussten nur zu genau,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Was man mocht mit krieg gwinnen Al¢o leutet man ze ràt Des chamen her der herre dràt Wol auf zwaynzig vn auch me Etleich ¢eint genenet e Die andern wàrent Ruprecht Gagg¢imachs vn Nieman¢knecht Hilprand Grämpler vn d’ Gnä¢t Gumprecht vn der Hellegay¢t Kùnchel¢til vn Och¢enchäys Fuczenpart vn Fleugen¢chäy¢¢ Peter Stùmph vnd Ryffyan Vnd der werd her Pylyan Dar zu Lyenhart mit dem Phlegel Symon Kegel Jaudas Schlegel Vn der Hö¢eller der gra Da mit ¢o warens alle da Jn einem ¢tadel auf dem tan Des hub do Rüfli mayg’ an Vn ¢prach jr herre arm vn reich Es habt ge¢ehen all geleich Wie die von Ny¢¢ingen die bö¢en Mit iren faygen hercze lö¢en Ge¢tern ¢chulten vns ym gras Vmb ander¢ nicht dann vmb daz Daz Ey¢engreyn geiuket hiet Greduln hand ı ganczer lieb Nù lekt der hund den h’ren ¢ein Von treuwe ym ze fröden¢cheyn Dar vmb ¢o taten ¢ey nicht wol Vnd namend daz einr neme ¢chol Der ane recht vn ane ¢ach Wil ym ¢chaffen vngemach Des wolt ¢eu noch benüge nicht Vnd ¢antten vns eim argen wicht Mit bö¢er täydinch vnd mit treuwe Sam die mau¢e tund den leuwen Dar zu habent ¢eu ge¢ant Vmb hilf vnd ràt in älleu land Vnd habend gir mit vns ze¢treyten Wes ¢chùllen danne wir gepeyten Wi¢¢t es i¢t vns nicht ze leyden Fùrbas al¢o lange sweygen Dar vmb ¢o i¢t der ràte mein Daz wir die er¢ten ¢chullen ¢ein Jn des ¢treytes an ze muten Vnd warnen vns mit wappe guten
Was man möcht mit krieg gewinnen. Also leutet man ze rat; Des chamen her der herren drat 7150 Wol auf zwainzig und auch me. Etleich seint genennet e; Die andern warent Ruoprecht, Gaggsimachs und Niemansknecht, Hilprand, Grämpler und der Gnaist, Gumprecht und der Hellegaist, Künchelstil und Ochsenchäs, Futzenpart und Fleugenschäss, Peter Stumph und Riffian Und der werd her Pilian, 7160 Dar zuo Lienhart mit dem phlegel, Simon Kegel, Jaudas Schlegel Und der Höseller der gra. Da mit so warens alle da In einem stadel auf dem tan. 7165 Des huob do Rüefli maiger an Und sprach: ‘Ir herren arm und reich, Es habt gesehen all geleich, Wie die von Nissingen die bösen Mit iren faigen hertzen lösen 7170 Gestern schulten uns im gras Umb anders nichti dann umb daz, Daz Eisengrein gejuket hiet Greduln hand in gantzer lieb. Nu lekt der hund den herren sein 7175 Von treuwen, im ze fröden schein: Dar umb so taten sei nicht wol Und namend, daz einr nemen schol, Der ane recht und ane sach Wil im schaffen ungemach. 7180 Des wolt seu noch benüegen nicht Und santten uns einn argen wicht Mit böser taidinch und mit treuwen, Sam die mäuse tuond den leuwen. Dar zuo habent seu gesant 7185 Umb hilf und rat in älleu land Und habend gir, mit uns ze streiten. Wes schüllen danne wir gepeiten? Wisst, es ist uns nicht ze leiden, Fürbas also lange sweigen! 7190 Dar umb so ist der rate mein, Daz wir die ersten schüllen sein, In des streites an ze muoten, Und warnen uns mit wappen guoten,
7148 krieg: i über dem Wort zwischen r und e.
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was ein Krieg bringen kann. So läutete man zur Ratsversammlung. Daraufhin kamen schnell zwanzig oder noch mehr Herren herbei, von denen ich einige schon vorher genannt habe. Die anderen waren: Ruprecht, Stottermax und Niemandsknecht, Hilbrand, Trödler und der Krätz, Gumbrecht und der Höllengeist, Rockenstiel und Ochsenkäs, Fotzenbart und Fliegenschiss, Peter Stumpf und Hurenwirt sowie der ehrliche Herr Falschmünzer, außerdem noch Lienhart mit dem Dreschflegel, Simon Knüppel, Judas Prügel und der alte Hosenvoll. Nun also waren sie alle auf der Tenne einer Scheune versammelt. Meier Rüefli begann zu sprechen: „Meine Herren, ob arm oder reich, Ihr alle zusammen habt gesehen, wie diese üblen Nissinger in ihrer verfluchten Verschlagenheit uns gestern auf der Wiese einzig und allein deswegen beschimpft haben, weil Eisenbeißer Gretels Hand vor lauter Liebe gekitzelt hat. Nun leckt auch ein Hund seinen Herrn, um ihm seine Treue und seine Freude zu zeigen. Deshalb handelten sie nicht richtig, sondern benahmen sich wie jemand, der ohne jeden Rechtsanspruch ist und sich damit ins Unglück stürzen will. Doch auch das reichte ihnen noch nicht. Und so schickten sie einen üblen Typen mit wüsten Anschuldigungen und Drohungen zu uns, so wie es die Mäuse gegenüber den Löwen machen. Außerdem haben sie in alle Länder Boten geschickt, die um Unterstützung werben sollen, denn sie brennen darauf mit uns Krieg zu führen. Worauf sollen wir denn noch warten? Hört zu: Wir können es nicht ertragen, noch länger zu allem zu schweigen. Deshalb rate ich, dass wir als erste ihnen den Krieg erklären und uns mit starken Waffen ausrüsten sollten,
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Ze reytten auf die meu¢e Ze rüren in die leu¢e Sam die löwen vnuerzayt Die mär habt euch vo mir g¢äyt Die red geuiel den junge wol Won ¢eu irs gemutes waren vol Dar vmb daz in gelungen was Des vordern tags auf irem gras Vn wanden daz in yemant icht Ge¢chaden mocht dhayner g¢chicht Vnd ¢prachent all daz ¢ey getan Wer be¢¢ers wi¢¢ der ¢ag es an Dar zu für do Ryffian Der was der alten einer do Vn ¢prach dem ding i¢t nicht al¢o Sam ir nù wäynt nach euw’ ¢ag Won ich oft daz vernome hab Daz niemat mag einn velde¢treyt Gefüren recht pey ¢ein’ zeit Dann ein hoher für¢t ge¢talt Oder einr von ¢einem gewalt Dar vmb mùgt es ge¢treyten nicht Sam des käy¢ers rechte ¢pricht Lyenhart ¢prechent ward vil drat Sag mir eins des ich dich frag War aus ¢ein die fùr¢ten gmacht Von wanen chùmpt die her¢chaft Sein ¢eu nicht alz wol ¢am wir Adams kinder daz ¢ag mir Trauwen ¢prach do Riffian Es i¢t wol war daz yederman Chömen i¢t von Adams leib Vnd von Euan ¢einem weib Doch ¢ein etleich ¢underbar So from gewe¢en daz i¢t war Daz ¢eu von dem volk derwelt Seyn ze herren vnd gezelt Etleich warent tugenthaft Etleich auch gar vnge¢chlacht Die tugend die prach alweg für Die bo¢¢häyt chrangelt vor der tür Sam her Noes ¢ùnen ge¢chach Do einr ¢ein vater trunke ¢ach Do hub er ¢ein ze¢potten an Dar vmb ward er ein äygen man Vn die den vatter erten do
Text nach Ed. Wießner 7195 7195 Ze reitten auf die meuse, Ze rüeren in die leuse, Sam die löwen unverzait. Die mär habt euch von mir gesait!’ Die red geviel den jungen wol, 7200 7200 Won seu irs gmüetes waren vol Dar umb, daz in gelungen was Des vordern tags auf irem gras, Und wanden, daz in iemant icht Geschaden möcht dehainer gschicht, 7205 Und sprachent all: ‘Daz sei getan! 7205 Wer bessers wiss, der sag es an!’ Dar zuo fuor do Riffian (Der was der alten einer do) Und sprach: ‘Dem ding ist nicht also, 7210 7210 Sam ir nu wänt nach euwer sag, Won ich oft daz vernomen hab, Daz niemant mag einn veldestreit Gefüeren recht pei seiner zeit Dann ein hoher fürst gestalt 7215 7215 Oder einr von seinem gwalt. Dar umb mügt es gestreiten nicht, Sam des kaisers rechte spricht.’ Lienhart sprechent ward vil drat: ‘Sag mir eins, des ich dich frag! 7220 7220 War aus sein die fürsten gmacht? Von wannen chümpt die herschaft? Sein seu nicht als wol sam wir Adams kinder? Daz sag mir!’ ‘Trauwen,’ sprach do Riffian, 7225 7225 ‘Es ist wol war, daz iederman Chomen ist von Adams leib Und von Evan, seinem weib! Doch sein etleich sunderbar So from gewesen (daz ist war), 7230 7230 Daz seu von dem volk derwelt Sein ze herren und gezelt. Etleich warent tugenthaft, Etleich auch gar ungeschlacht. Die tugend die prach alweg für, 7235 Die bosshait chrangelt vor der tür, 7235 Sam her Noes sünen gschach: Do einr sein vater trunken sach, Do huob er sein ze spotten an; Dar umb ward er ein aigen man; 7240 Und die den vatter erten do, 7240
7205 all daz: zwischen den Worten Loch im Pergament. nem a. 7224 Doppelstrich vor dem Vers.
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um gegen die Mäuse zu ziehen und ihnen die Läuse aufzuscheuchen, so wie es die tapferen Löwen tun. Das lasst Euch von mir gesagt sein.“ Diese Ansprache gefiel den Jüngeren gut, weil sie darüber voller Stolz waren, was ihnen am Vortag auf ihrer Festwiese gelungen war, und meinten, dass ihnen niemand mehr Schaden zufügen könne. Und so stimmten sie zu: „Genauso machen wir es. Wer es besser weiß, soll es sagen.“ Dagegen trat nun Hurenwirt auf – er war einer von den Älteren – und sagte: „Die Sache steht keineswegs so, wie ihr offensichtlich annehmt. Denn oft genug habe ich gehört, dass mit Ausnahme eines Fürsten oder eines Mannes, dem dieser die Macht dazu übertragen hat, niemand einen Feldzug führen darf, wenn es ein rechtmäßiger Feldzug sein soll. Aus diesen Gründen könnt ihr, nach kaiserlichem Recht, gar nicht Krieg führen.“ Lienhart reagierte sofort: „Dann beantworte mir eine Frage: Woraus sind die Fürsten geschaffen? Woher stammt ihre Herrschaft? Sind sie nicht ebenso wie wir auch Adams Kinder? Antworte!“ „In der Tat“, sagte Hurenwirt, „ein jeder Mensch ist aus Adams Leib und aus Eva, seinem Weib, erwachsen. Einige wenige jedoch sind so tüchtig gewesen – das stimmt tatsächlich –, dass sie vom Volk zu Herren auserwählt und ernannt worden sind. Einige führten ein tugendhaftes Leben, einige blieben roh und ungebildet. Der Anstand setzte sich immer durch, während die Gemeinheit vor der Tür bettelte, wie es mit Noahs Söhnen geschah. Als einer von ihnen seinen Vater betrunken sah, da fing er an, ihn zu verspotten. Deshalb wurde er ein Leibeigener. Die beiden hingegen, die ihrem Vater Ehrerbietung zollten,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Die wurden erber frien ¢o Al¢o ¢ein wir nicht geleich Einr i¢t arm der ander reich Einr ein gpaur der ander edel Do ¢prach Lienhart mit dem Phlegel Nu dar daz fügt vns allen wol Won wir ¢ein from vnd tugend vol Dar zu wir haben auch ein g¢ä¢¢ Allen dörffern mit vberm䢢 Mit einem zaun gemauret wol Dar vmb ein pach rint wa¢¢ers vol Zwäy tor vn hùtten vier Mit einem teuffen graben zier Hat daz dorff zu ¢einer maur Allen veinten gar ze ¢aur So machtig ¢ein wirr vn ¢o reich Nie käyn volk ward vns geleich Dar vmb ¢o mag ich ¢prechen ¢o Sind ¢ein meyn g¢ellen fro Bis du Rüfel Lechden Spi¢¢ Kay¢er vber all gewi¢¢ Vnd du Walther Fleugen Schay¢¢ Kùnig ı der Grau¢ner chrai¢¢ Dar zu ¢ey auch Fuczenpart Herczog zu des ¢treites vart Vnd sunderleich zu einem rum Hab er ¢ein herzogentum Jn dem Anter tal dem land Daz machtt in vber all derkant Vnd du Pert¢chi Triefnas Jch kan dir nicht geraten bas Marchgràf bis von Nyenderthäym Vb’ als daz gepyet gemayn Gràf Purkhart i¢t gewe¢en vor Ein gràf geporn von Nydrentor Jn Vngern i¢t ¢ein gràf¢chaft Da man vil der gràfen macht Wir andren ¢eygin freyge herren Secht daz kan vns niempt der weren Wer dann zritter werden wil Der chu zùm ¢treyt da machit manr vil Vn¢er diener ¢eygin knecht Die jungen ¢prachet daz i¢t recht Ruprecht des ward lachent do Er ¢prach nu hin dem ¢ey al¢o
Die wurden erber frien so. Also sein wir nicht geleich: Einr ist arm, der ander reich, Einr ein gpaur, der ander edel.’ Do sprach Lienhart mit dem phlegel: ‘Nu dar, daz füegt uns allen wol! Won wir sein from und tugend vol. Dar zuo wir haben auch ein gsäss Allen dörffern mit übermäss Mit einem zaun gemauret wol, 7250 Dar umb ein pach rint wassers vol. Zwai tor und hütten vier Mit einem teuffen graben zier Hat daz dorff zuo seiner maur, Allen veinten gar ze saur. 7255 So mächtig sein wir und so reich: Nie kain volk ward uns geleich. Dar umb so mag ich sprechen so, Sind sein mein gsellen fro: Bis du, Rüefel Lechdenspiss, 7260 Kaiser über all gewiss Und du, Walther Fleugenschaiss, Künig in der Grausner chraiss! Dar zuo sei auch Futzenpart Hertzog zuo des streites vart 7265 Und sunderleich zuo einem ruom Hab er sein hertzogentuom In dem anter tal dem land! Daz macht in über all derkant. Und du, Pertschi Triefnas, 7270 (Ich kan dir nicht geraten bas) Marchgraf bis von Nienderthaim Über alz daz gpiet gemain! Graf Purkhart ist gewesen vor Ein graf geporn von Nidrentor. 7275 In Ungern ist sein grafschaft, Da man vil der grafen macht. Wir andren seigin freige herren: Secht, daz kan uns niempt derweren! Wer dann zritter werden wil, 7280 Der chum zuom streit! Da macht manr vil. Unser diener seigin knecht!’ Die jungen sprachent: ‘Daz ist recht.’ Ruoprecht des ward lachent do; Er sprach: ‘Nu hin, dem sei also, 7285
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7245 Doppelstrich vor dem Vers. Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 7246 allen: vor dem Wort v durchgestrichen. 7248 g¢ä¢¢: erstes ¢ mit Superskript verlaufen. 7268 tal: korrigiert aus tayl. 7269 machtt: das zweite t sehr klein. 7282 knecht: über n Diakritikum.
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wurden zu angesehenen freien Herren. Deshalb sind wir Menschen keineswegs gleich. Einer ist arm, der andere ist reich, einer ist Bauer, der andere ist Adliger.“ Darauf antwortete Lienhart mit dem Dreschflegel: „Na bitte, das passt doch wunderbar zu uns. Denn wir sind tüchtig und sehr tugendhaft und außerdem haben wir auch einen Wohnsitz, der allen Dörfern überlegen und mit einem Zaun solide befestigt ist. Auch umfließt ihn noch ein mächtiger Bach, es gibt zwei Tore und vier Türme sowie – zusätzlich zum Zaun – noch einen schönen tiefen Graben. Das dürfte keinem Feind so richtig schmecken. Wir sind so mächtig und so reich, dass uns niemals ein Volk gleichkam. Deshalb kann ich, wenn meine Freunde damit einverstanden sind, hier erklären: Du, Rüefel Leckdenspieß, sollst unser aller Kaiser sein. Und du, Walter Fliegenschiss, König im Grausener Bezirk. Außerdem soll Fotzenbart beim Feldzug unser Herzog sein und sein Herzogtum zu seinem besonderen Ruhm im Land ‚Andertal‘ besitzen. Das macht seinen Namen überall bekannt. Und du, Bertschi Triefnas, sollst Markgraf von Nirgendheim sein, – besseres kann ich dir nicht raten – und zwar über das ganze Land. Graf Burkhart ist bislang schon ein Graf gebürtig von Niedertor gewesen. Seine Grafschaft liegt in Ungarn, wo man schon rasch mal zum Grafen gemacht wird. Wir anderen sollen Freiherren sein. Seht selbst, das kann uns niemand verwehren! Und wer Ritter werden will, der soll nur in den Krieg ziehen, da werden viele dazu geschlagen. Unsere Knechte aber sollen zu Knappen werden.“ Die Jüngeren stimmten dem zu: „So ist es recht!“ Darüber fing Ruprecht an zu lachen und sagte: „Meinetwegen, nehmen wir das mal an,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Daz doch nicht gewe¢en mag Die weil du lebe¢t einen tag Dennocht ¢chùllen wir nicht ¢treyten Mit Ni¢¢ingern ze di¢en zeiten Wellen wir vil recht hie pey Sehen was der ¢treyte ¢ey Vnd des ¢treytes manig vach Des vngerehten krieges ¢ach Das ¢ag vns ¢prach do Farind Ku Wir hòrren dir vil gerne zu Do ¢p~ch Ruprecht ze der fri¢t Wi¢¢t der ¢treyt ein chriege i¢t Der an ¢chlahen leyt vn ¢techen An ¢chie¢¢en mu¢ten vn auch brechen So i¢t der ¢treyt auch manigualt Etleichen man gay¢tleich halt Etleicher i¢t leypleich gar Gay¢tleichs ¢treyts ¢ein zwo ¢char Die er¢te i¢t daz himelher Die ¢ich vil chrefteleich ze wer Stellet wider Lucifern Vn alle die ym volgten g’n Al¢o daz er mu¢¢et vallen Jn die hell mit ¢einen allen Die peyn er billeich leyden ¢cholt Won er für got ¢ich ¢eczen wolt So leyt die ander gay¢tleich ¢char Des ¢treytes an den pfaffen gar Die / die leut an gottes ¢tat Pannend ¢chedleich nacht vn tag Die kirchen in dar zu ver¢chlahent Vnd auf von nucz vn eren habend Der ¢treyt mag et¢wen we¢en gut Et¢wen bö¢¢ dar nach man tut Leypleichs ¢treyts i¢t zwaygerhand Der er¢t i¢t gemayn ı allem land Gen dem andern daz ge¢chicht So der hohe für¢te vicht Oder volk von ¢eim gewalt Das ding i¢t auch al¢o ge¢talt Daz der ¢treit mit recht be¢tet Oder nur von gewalte get Der ander ¢treyt i¢t tayl¢am Vn ge¢chicht oft ¢o der man Seynes lebens ¢ich der nert Daz i¢t von glùk vn recht be¢chert
Daz doch nicht gewesen mag, Die weil du lebest einen tag! Dennocht schüllen wir nicht streiten Mit Nissingern ze disen zeiten, Wellen wir vil recht hie pei 7290 Sehen, was der streite sei, Und des streites manig vach, Des ungerehten krieges sach.’ ‘Das sag uns!’ sprach do Farindkuo; ‘Wir hörren dir vil gerne zuo.’ 7295 Do sprach Ruoprecht ze der frist: ‘Wisst, der streit ein chriege ist, Der an schlahen leit und stechen, An schiessen, müsten und auch brechen! So ist der streit auch manigvalt: 7300 Etleichen man gaistleich halt, Etleicher ist leipleich gar. Gaistleichs streits sein zwo schar: Die erste ist daz himelher, Die sich vil chrefteleich ze wer 7305 Stellet wider Lucifern Und alle, die im volgten gern, Also daz er muosset vallen In die hell mit seinen allen. Die pein er billeich leiden scholt, 7310 Won er für got sich setzen wolt. So leit die ander gaistleich schar Des streites an den pfaffen gar, Die die leut an gottes stat Pannend schedleich nacht und tag, 7315 Die kirchen in dar zuo verschlahent Und auf von nutz und eren habend. Der streit mag etswen wesen guot, Etswen böss, dar nach man tuot. Leipleichs streits ist zwaigerhand: 7320 Der erst ist gmain in allem land; Gen dem andern daz geschicht, So der hohe fürste vicht Oder volk von seim gewalt. Das ding ist auch also gestalt, 7325 Daz der streit mit recht bestet Oder nür von gwalte get. Der ander streit ist tailsam Und geschicht oft, so der man Seines lebens sich dernert. 7330 Daz ist von glük und recht beschert.
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obwohl es nicht einmal einen Tag deines Lebens Bestand haben kann. Trotzdem sollten wir nicht mit den Nissingern kämpfen, solange wir nicht klarer sehen, was das Wesen des Kampfes ist, welches seine verschiedenen Formen sind und was die Ursache eines ungerechten Krieges ist.“ „Erkläre uns das“, meinte darauf Kuhficker, „wir hören dir dabei sehr gerne zu.“ Darauf begann Ruprecht: „Ihr müsst wissen, dass Krieg ein Kampf ist, der aus Schlagen und Stechen, aus Schießen, Stoßen und Brechen besteht. Außerdem gibt es auch verschiedene Formen. Die einen sind geistlich, die anderen weltlich. In geistlichen Kämpfen gibt es zwei Heerscharen. Die erste ist das himmlische Heer, das sich mit all seinen Kräften gegen Luzifer und seine Gefolgsleute zur Wehr setzte, so dass er mit all seinen Anhängern in die Hölle stürzen musste. Damit erlitt er seine gerechte Strafe, denn er wollte sich über Gott erheben. Die zweite geistliche Heerschar sind die Pfaffen, die an Gottes statt die Menschen zu ihrem Schaden Tag und Nacht mit dem Bann belegen, sie aus den Kirchen aussperren und um jeglichen Gewinn und all ihr Ansehen bringen. Der Kampf kann, je nachdem, was man tut, entweder gut oder böse sein. Von weltlichen Kämpfen gibt es zwei Arten. Die erste betrifft das ganze Land. Sie richtet sich gegen ein anderes Land, wenn der Fürst selbst oder das Volk, an das er seine Macht delegiert hat, Krieg führt. In diesem Fall steht die Sache so, dass der Kampf entweder aus Rechtsgründen oder aus bloßer Gewalt erwächst. Die zweite Art des Kampfs betrifft einen Einzelnen, und zwar immer dann, wenn er sein Leben verteidigt. Sein Anspruch auf Glück und Recht bietet ihm diese Möglichkeit.
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Text nach Ed. Wießner
Tayl¢am ¢treyt auch heuet an An dem ¢einen ¢o ein man Ge¢chadigot i¢t von eim allain Vnd wil ¢ich rechen an d’ gemayn Das mag auch nimer recht ge¢ein Won allayn ¢chol leyden peyn Die ¢ele die auch ¢underbar Hat ge¢undet daz i¢t wàr Ze dem dritten man in ¢icht So einer mit dem andern vicht Sund’leich ı einem champf Got geb ym läyd mit ¢ampt dem rampf Der in des er¢ten ye der dacht Vnd ¢o mange man hàt pracht Vmb ¢ein leben ane ¢ùnd Doch ficht man ¢am ich euchs kùnd Daz der grechte ob geleyt Ofter ze der ¢elben zeit Dan der ¢chuldig vmbe daz Won er ¢eins rechten getruwet bas Daz gibt ym hercz vnd darzu ¢terk Doch ¢o hörr noch eins vn merk Ander ¢ùnd die machend dik Daz er beleybet in dem ¢trik So kumpt der ¢treyt vo mang’ ¢ach Doch daz ich es kurczer mach Die ¢ach der ¢achen i¢t vil wol Fùnferlay die man euch ¢chol Kunden eben ze dirr fri¢t Dar vmb ¢o wi¢¢t die er¢te i¢t Daz man nicht be¢¢ert vbeltät Nach dem vn ¢eu verdienet hat Die ander daz i¢t voller chä¢t Die den chriege ¢teuret fa¢t Die dritte i¢t vernim mich eben Daz wir den zehenden nicht geben Wellen vn¢erm pfarrer Dar vmb ¢o nimpt der ¢öldner Die vierd i¢t daz daz wir nicht enwollen Vns dem tiefel wider¢tellen Won wer vmb die ¢ele vicht Der achtt des leybes ¢treytes nicht Die le¢te ¢ach darube wir Habent zu der tàt begir Die kriege ¢chaffet vn auch ¢treyt
Tailsam streit auch hevet an, An dem seinen so ein man Geschadgot ist von eim allain Und wil sich rechen an der gmain. 7335 Das mag auch nimer recht gesein; Won allain schol leiden pein Die sele, die auch sunderbar Hat gesündet, daz ist war. Ze dem dritten man in sicht, 7340 So einer mit dem andern vicht Sunderleich in einem champf. Got geb im laid mit sampt dem rampf, Der in des ersten ie derdacht Und so mangen man hat pracht 7345 Umb sein leben ane sünd! Doch ficht man, sam ich euchs künd, Daz der grechte ob geleit Ofter ze der selben zeit Dan der schuldig umbe daz, 7350 Won er seins rechten gtruwet bas: Daz gibt im hertz und dar zuo sterk. Doch so hörr noch eins und merk! Ander sünd die machend dik, Daz er beleibet in dem strik. 7355 So kumpt der streit von manger sach; Doch, daz ich es kurtzer mach, Die sach der sachen ist vil wol Fünfer lai, die man euch schol Künden eben ze dirr frist. 7360 Dar umb so wisst, die erste ist, Daz man nicht bessert übeltat Nach dem, und seu verdienet hat. Die ander daz ist voller chast, Die den chriege steuret fast. 7365 Die dritte ist (vernim mich eben!), Daz wir den zehenden nicht geben Wellen unserm pfarrer; Dar umb so nimpt der söldner. Die vierd ist, daz wir nicht enwellen Uns dem tiefel widerstellen; Won wer umb die sele vicht, Der achtt des leibes streites nicht. Die leste sach, dar umbe wir Habent zuo der tat begir, 7375 Die kriege schaffet und auch streit,
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7333 Links am Rand Kreuzmarkierung. 7336 zwischen auch und nimer Loch im Pergament. 7341 mit: Schlaufe für einen weiteren Buchstaben angesetzt. 7354 dik: vor dem Wort l durchgestrichen. 7356 Doppelstrich vor dem Vers.
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Ein Einzelkampf beginnt auch dann, wenn jemandem in seinen persönlichen Interessen von einem Einzelnen Schaden zugefügt wird, er sich dafür aber an dem ganzen Gemeinwesen rächen will. Das kann niemals rechtens sein, denn auch die Seele, die einzeln gesündigt hat, soll – so ist das doch wohl – dafür allein ihre Strafe erleiden. Die dritte Art des Kampfes betrifft den Fall, dass jemand mit einem anderen einen Zweikampf austrägt. Wer sich das als erster ausgedacht und damit viele Männer, die bis dahin ohne Sünde waren, zu Tode gebracht hat, den soll Gott strafen und mit Krämpfen schlagen! Allerdings kann ich euch versichern, wer im Recht ist, siegt häufiger als ein Schuldiger, weil er mehr auf sein Recht vertraut. Das gibt ihm Mut und obendrein noch Stärke. Doch hört weiter und passt gut auf! Denn es gibt noch mehr Sünden, aus deren Schlingen der Schuldige sich nicht befreien kann. So entsteht Krieg aus den unterschiedlichsten Ursachen. Um es jedoch kurz zu machen, es sind fünf Hauptursachen die man euch jetzt gleich nennen sollte. Hört also: Die erste besteht darin, dass ein Verbrechen nicht entsprechend seiner Schwere gesühnt wird. Die zweite Ursache ist eine volle Geldtruhe, die den Krieg sofort anheizt. Die dritte Ursache ist – hör genau zu – dass wir unserem Pfarrer nicht den Zehnten geben wollen. Stattdessen bekommt ihn dann der Söldner. Die vierte Ursache ist, dass wir dem Teufel nicht widerstehen wollen, denn wer um die Seele ficht, den interessiert der weltliche Kampf überhaupt nicht. Die letzte Ursache, die uns dazu treibt, Kriege und Kämpfe zu beginnen,
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Text nach Ed. Wießner
J¢t daz wir nicht rechter zeit Wi¢¢en mugen allen ¢chaden Den man von dem krieg mag habn An ¢el vn leyb vnd an dem gut Al¢o hab auch in dem mut Von dem varen vber mer Vnd vmb daz lant ze pauwen verr Won wer daz leyden wi¢¢t eben Der lie¢¢ es alles vnterwegen Hie ¢o mugt es merken pey Ob euch gut ze¢treyten ¢ey Daz verredt vil ¢chiere do Ey¢engreyn vn ¢agt al¢o Lech¢pi¢¢ vns des er¢ten ¢prach Wie recht wir hietin zu der ¢ach Haben wir nu recht dar zu So ¢chol man trachten ¢pat vn fru Daz wir es treyben an ein end Da von vns auch niemand wend Won wir ¢chùllen er beyagen Was ¢chadens ¢chùllen danne haben Die ¢o mächtig ¢ein vn kek Daz ¢eu vmb niemant eine zwek Gàbind ¢o es not tut Die rede daucht die jungen gut Da mit ¢o hub her Pylian Auch ¢ein wider rede an Won er auch ein alter was Der ¢ich verwi¢¢t auf kriege bas Vn ¢prach wi¢¢t daz niemant ¢chol Ym ¢elb ¢o gar getruwen wol Won kaynr ¢o ¢tark i¢t noch ¢o reych Er vinde dannocht ¢ein geleich So ¢pricht man auch nach har¢ch’ ler Der veld¢treyt haben wil ein her Ze fu¢¢ auf sibentau¢ent man Vnd hundert ob mans zelle kan Vnd sybehundert ¢chùllen ¢ein Geritten nach der zale mein Dannocht mer auf neunzehen Die ¢chol man pey enander ¢ehen Schon gewappent gancz vn gar Der ¢chùczen ¢ey ein michel ¢char Die ¢ich machin vor hin an
Ist, daz wir nicht rechter zeit Wissen mügen allen schaden, Den man von dem krieg mag haben An sel und leib und an dem guot. 7380 Also hab auch in dem muot Von dem varen über mer, Umb daz lant ze pauwen verr! Won wer daz leiden wisset eben, Der liess es alles unterwegen. 7385 Hie so mügt es merken pei, Ob euch guot ze streiten sei.’ Daz verredt vil schiere do Eisengrein und sagt also: ‘Lechspiss uns des ersten sprach, 7390 Wie recht wir hietin zuo der sach. Haben wir nu recht dar zuo, So schol man trachten spat und fruo, Daz wir es treiben an ein end. Da von uns auch niemand wend! 7395 Won wir schüllen er bejagen. Was schadens schüllen danne haben, Die so mächtig sein und kek, Daz seu umb niemant einen zwek Gäbind, so es not tuot?’ 7400 Die rede daucht die jungen guot. Da mit so huob her Pilian Auch sein widerrede an, Won er auch ein alter was, Der sich verwisst auf kriege bas, 7405 Und sprach: ‘Wisst, daz niemant schol Im selb so gar getruwen wol, Won kainr so stark ist noch so reich, Er vinde dannocht sein geleich! So spricht man auch nach harscher ler: Der veldstreit haben wil ein her Ze fuoss auf siben tausent man Und hundert, ob mans zellen kan. Und siben hundert schüllen sein Geritten nach der zale mein, 7415 Dannocht mer auf neunzehen: Die schol man pei enander sehen Schon gewappent gantz und gar. Der schützen sei ein michel schar, Die sich machin vor hin an, 7420
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7380 vn: v korrigiert aus a; leyb: lieyb, i durchgestrichen. 7388 Doppelstrich vor dem Vers. 7399 vmb: davor vns oder und durchgestrichen, dort letzter Buchstabe verkleckst. 7402 Doppelstrich vor dem Vers. 7408 Zwischen dieser und der folgenden Zeile links am Rand no. Vers reicht bis an Spalte b. 7413 hundert: danach ¢chùllen durchgestrichen. Vers reicht bis an Spalte b.
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liegt darin, dass wir nicht rechtzeitig den gesamten Schaden für Seele, Leib und Besitz überblicken, den der Krieg mit sich bringen kann. Denk auch an die Fahrten über die Meere, um fern von hier das Land zu bebauen. Denn wer dieses Leiden genau kennen würde, der ließe es gleich ganz bleiben. Daraus könnt ihr lernen, ob es für euch vorteilhaft wäre, zu kämpfen!“ Eisenbeißer widersprach sofort und sagte: „Leckdenspieß hat uns von Anfang an gesagt, dass wir in dieser Angelegenheit im Recht sind. Wenn wir aber im Recht sind, dann soll man ausschließlich darüber nachdenken, wie wir sie zu einem Ende führen können. Davon sollte uns niemand abbringen! Schließlich wollen wir Ehre erlangen! Was für einen Schaden sollen denn die schon erleiden, die so stark und draufgängerisch sind, dass sie sich, wenn es sein muss, einen Dreck um ein Menschenleben scheren.“ Die Jüngeren stimmten dieser Rede zu. Daraufhin begann Herr Falschmünzer mit seiner Gegenrede, weil er auch zu den Älteren gehörte, die sich mit Kriegen besser auskannten, und sagte: „Bedenkt, dass sich niemand ausschließlich auf sich selbst verlassen sollte, weil niemand so mächtig und so reich ist, dass er nicht noch einen fände, der ihm ebenbürtig wäre. Nach der Kriegslehre geht man von Folgendem aus: Für eine Feldschlacht sollte ein Heer siebentausendeinhundert Mann zu Fuß umfassen, wenn man sie überhaupt zählen kann. Siebenhundert Mann sollten nach meiner Berechnung beritten sein und dazu noch neunzehn weitere. Die soll man vollständig und bestens gewappnet beieinander sehen. Von Schützen braucht man eine große Schar, die vor dem Heer postiert sind,
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Text nach Ed. Wießner
Die veint ze ¢chlahen verr hin dan Nu dar daz habt ir alles nicht Dar vmb ¢o i¢t der ¢treyt enwicht Jùncher Hayncz ¢prang auf von zorn Vn ¢prach ¢ym ¢iha durch ein hòrn Wil vns nù der geme¢¢ens geben Wie man ¢chol ze ¢treytten leben Jch han von reken ¢treyt gehört Von Alexanders hie vnd dört De Troyaner gancz vn gar Mit Kriechen hin vn dar Vn der Römer dort vn hie Jch vernam des zellens nie Dar vmb ¢o wi¢¢t vn i¢t mein ràt Der nicht auf zehen tau¢ent hàt Gewàppenter zu ¢einem ¢treyt Der chäm gegangen mit eim ¢cheyt Mag er nicht geuaren bas Vnd ¢chlach die veinde ı das gras Ein pfefferchorn vil h䢢er i¢t Dann ein gro¢¢er hauffen mi¢t Da mit ¢o kam fro Laych den Man Für die tür vnd chlochet an Des ward ¢ey in gela¢¢en do Sey gie hin für vn ¢prach al¢o Vorhin wi¢¢t ich alweg wol Daz chäyn wei¢er chomen ¢chol Von ym ¢elber zu dem ràt Da man in nicht gepetten hàt So wäy¢¢ ich nu hin wider daz Ob einer mag geraten bas Dann ein andrer zu der ge¢chicht Die in an ¢o grö¢¢leich trifft Des hàt er recht vn dar zu er Dar vmb ¢o pin ich chomen her Vnd ¢ag euch auch die tayding mein Mit mang’ clag von gro¢¢er peyn Den ich an meinem herczen trag Vn¢er mayger i¢t ein knab Vn der ràt von jungen leuten Daz mag vns anders nichcz beteuten Dann ¢am ich es ge¢chribens vind We dem lande daz ein kind Haben mu¢¢ ze einem herren Won das wil ich ye¢o ¢weren
Die veint ze schlahen verr hin dan. Nu dar, daz habt ir alles nicht: Dar umb so ist der streit enwicht.’ Juncher Haintz sprang auf von zorn Und sprach: ‘Sim, siha, durch ein horn! Wil uns nu der gemessens geben, Wie man schol ze streitten leben? Ich han von reken streit gehört, Von Alexanders hie und dört, Der Trojaner gantz und gar 7430 Mit den Kriechen hin und dar Und der Römer dort und hie: Ich vernam des zellens nie. Dar umb so wisst und ist mein rat: Der nicht auf zehen tausent hat 7435 Gewappenter zuo seinem streit, Der chüm gegangen mit eim scheit, Mag er nicht gevaren bas, Und schlach die veinde in das gras! Ein pfefferchorn vil rässer ist 7440 Dann ein grosser hauffen mist.’ Da mit so kam fro Laichdenman Für die tür und chlochet an; Des ward sei in gelassen do. Sei gie hin für und sprach also: 7445 ‘Vorhin wisst ich alweg wol, Daz chain weiser chomen schol Von im selber zuo dem rat, Dar man in nicht gepetten hat. So waiss ich nu hin wider daz: 7450 Ob einer mag geraten bas Dann ein andrer zuo der gschicht, Die in an so grössleich trifft, Des hat er recht und dar zuo er. Dar umb so pin ich chomen her 7455 Und sag euch auch die taiding mein Mit manger clag von grossem pein, Den ich an meinem hertzen trag. Unser maiger ist ein knab Und der rat von jungen leuten; 7460 Daz mag uns anders nichtz beteuten, Dann sam ich es geschribens vind: We dem lande, daz ein kind Haben muoss ze einem herren! Won das wil ich ieso sweren: 7465
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7422 ir: über der Zeile eingefügt. 7440 Vor dem Vers no. h䢢er: h korrigiert aus r. 7443 Für: F wohl durch Initialenlinie unleserlich geworden, vor dem Zeilenanfang wiederholt. 7465 das: davor was durchgestrichen.
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um die Feinde bereits aus weiter Distanz zu treffen. Aber, was soll’s, das habt ihr ja alles nicht. Darum ist euer Kampf unsinnig!“ Junker Heinz sprang zornig auf und rief: „Mann oh Mann, so hört euch doch diesen Scheiß an! Will der uns etwa genau vorrechnen, wie man es im Kampf halten soll? Ich habe von Heldenkämpfen gehört, überall von den Taten Alexanders, immer wieder alles von den Kämpfen der Trojaner mit den Griechen, und dauernd von den Kämpfen der Römer. Aber von einer solchen Zählerei ist mir nie was zu Ohren gekommen. Darum passt auf; das ist mein Rat: Wer zu seinem Kampf keine zehntausend Bewaffneten hat, der soll zur Not mit einem Holzknüppel daherkommen und seine Feinde zu Boden schlagen! Ein einziges Pfefferkorn ist ja auch viel schärfer als ein großer Misthaufen.“ Bei diesen Worten kam Frau Täuschdenmann an die Tür und klopfte an. Darauf wurde sie eingelassen. Sie ging nach vorn und sagte: „Bislang war ich mir immer völlig im Klaren darüber, dass kein Weiser von sich aus vor den Rat treten sollte, wenn man ihn nicht dazu aufgefordert hat. Andererseits bin ich aber auch von Folgendem überzeugt: Wenn jemand in einer Angelegenheit, die ihn ganz besonders betrifft, besser als ein anderer raten kann, dann hat er dazu das Recht und das nötige Ansehen. Deshalb bin ich hierher gekommen, um euch mein Anliegen vorzutragen und mein Leid zu klagen, das mein Herz beschwert. Unser Dorfvorsteher ist ein Knabe, und der Rat voll von jungen Leuten. Das kann für uns nichts anderes bedeuten, als ich auch schon geschrieben finde: Wehe dem Lande, das ein Kind zum Herrn haben muss. Denn das schwöre ich euch hier und jetzt:
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Text nach Ed. Wießner
Schol daz ¢treyten für ¢ich gen Di¢¢ dorff vil wenich mag be¢ten Einen tag daz way¢¢ ich wol Es wirt verprent zu eine köl Dar zu daz gut geraubet gar Vnd ob ich es ge¢prechen gtar Daz kind ı ¢einer muter leib Der mùrdet wirt mit ¢ampt de weyb Die man der ¢chlagen vn geuangen Dar zu höh embor derhangen Daz hab ich alle¢¢ampt gele¢en Jn der ge¢crift vn mu¢ auch we¢en Won die Ny¢¢inger die ¢ind Des planeten Marten kind Das mugt es dar an ¢pùren wol Won ir dorff i¢t ¢unden vol Der flä¢chhaker ¢eu habent vil Die der ¢terne haben wil Da mit ¢o wirts ain eritag Der i¢t auch ¢einn ¢am ich euch ¢ag So i¢t dar zu der ¢elbig ¢tern Jn ¢eine haus do ¢tet er gern Daz i¢t in dem hymel Stir Da i¢t er auch wol ¢terker zwir Trun dann ob des nicht enwär Dar zu ¢o ¢ag ich euch die mär Dem ¢ternen Venus i¢t gegeben Sund’leichn vn¢er leben Daz mugt es ¢ehen al¢o dràt Won di¢¢ dorff nùr weyber hat Vnd auch ¢neyder vber all Die ¢chaczet man ı ¢einer zall Dicze ¢üne ¢ein kinder ¢chullen ¢eyn So hat der ¢tern auch den peyn Daz er wider ¢ùmigs get Vn ı dem hymel Tarant ¢tet Er hat ein bö¢eu ange¢icht Daz ¢aumpt euch zu der ge¢chicht Dar vmb vil lieben kinder meyn Daz ir vil ¢älich mu¢¢in ¢ein Ma¢¢ent euch des ¢treytes Vnd wartent be¢¢ers zeytes Wol ir behalten leib vn ¢el Chinder weyber gut vn er Do nu di¢eu red ge¢chach Wie greuleich Niggel gen ir ¢ach Vnd ¢prach get aus ir alteu hür
Schol daz streiten fürsich gen, Diss dorff vil wenich mag besten Einen tag, daz waiss ich wol. Es wirt verprent zuo einem kol, Dar zuo daz guot geraubet gar 7470 Und, ob ich es gesprechen gtar, Daz kind in seiner muoter leib Dermürdet wirt mit sampt dem weib, Die man derschlagen und gevangen, Dar zuo höch embor derhangen. 7475 Daz hab ich allessampt gelesen In der gschrift und muoss auch wesen; Won die Nissinger die sind Des planeten Marten kind. Das mügt es dar an spüren wol, 7480 Won ir dorff ist smiden vol; Der fläschhaker seu habent vil, Die der sterne haben wil. Da mit so wirts am eritag: Der ist auch sein, sam ich euch sag. So ist dar zuo der selbig stern In seinem haus (da stet er gern), Daz ist in dem himelstier: Da ist er auch wol sterker zwier, Trun, dann ob des nicht enwär. 7490 Dar zuo so sag ich euch die mär: Dem sternen Venus ist gegeben Sunderleichen unser leben. Daz mügt es sehen also drat, Won diss dorff nür weber hat 7495 Und auch sneider über all; Die schätzet man in seiner zall, Daz seu sein kinder schüllen sein. So hat der sterne auch den pein, Daz er widersinnigs get 7500 Und in dem himeltarant stet. Er hat ein böseu angesicht: Daz saumpt euch zuo der geschicht. Dar umb, vil lieben kinder mein, Daz ir vil sälich müessin sein, 7505 Massent euch des streites Und wartent bessers zeites, Wolt ir behalten leib und sel, Chinder, weiber, guot und er!’ Do nu diseu red geschach, 7510 Wie greuleich Niggel gen ir sach Und sprach: ‘Get aus, ir alteu hüer!
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Sollte der Kampf tatsächlich beginnen, dann wird dieses Dorf kaum einen Tag lang bestehen bleiben, das weiß ich sicher. Es wird zu einem Haufen Kohle verbrannt und sein ganzer Besitz geraubt werden. Außerdem wird – ich wage kaum es auszusprechen – das Kind in seiner Mutter Leib zusammen mit der Frau ermordet werden. Die Männer hingegen werden erschlagen oder gefangen und aufgehängt. Das alles habe ich in der Schrift gelesen, und so wird es auch geschehen. Denn die Nissinger sind Kinder des Planeten Mars. Das könnt ihr schon daran sehen, dass ihr Dorf voller Schmiede ist. Und auch viele Metzger, die der Planet ebenfalls liebt, gibt es dort. Auch wird dies alles am Dienstag geschehen: Der gehört ebenfalls zu ihm, das sage ich euch. Und schließlich steht dieser Planet gerade in dem Sternbild, in welchem er sich besonders gern befindet: dem Sternbild des Stiers. Dann ist seine Gewalt doppelt so groß, als wenn er dort nicht stünde. Dagegen setze ich folgende Geschichte: Unser Leben ist besonders vom Planeten Venus abhängig. Das könnt ihr ganz leicht daran sehen, dass in unserem Dorf nur Weber und auch Schneider wohnen. Die rechnet man zu seinem Gefolge, – als Söhne – zu seinen Kindern. Dieser Planet hat auch den Nachteil, dass seine Bahn entgegen der natürlichen Richtung verläuft und im Sternbild des Skorpions steht. Er schaut grimmig drein. Das ist für euch in dieser Sache kein gutes Zeichen. Deshalb, meine lieben Kinder, zügelt eure Kampfeslust, wenn ihr glücklich bleiben wollt, und wartet bessere Zeiten ab, wenn ihr Leib und Seele, Kinder und Frauen, Besitz und Ansehen bewahren wollt.“ Als Frau Täuschdenmann ihre Rede beendet hatte, schaute Niggel sie bitterböse an und fauchte: „Haut ab, alte Hure!
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Text nach Ed. Wießner
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Daz euch der vbel gay¢t enphür Mit ewerm ¢ternen ¢ehen Jch wil dir des vergehen Wär ein ¢tieg ı di¢em haus Dù mü¢¢i¢t vallen ab vn auf Laychdenman die lieff da hin Vnd lie¢¢ den jùngen iren ¢in Colman was ein wei¢er pach Dar vmb er hay¢¢e waynend ¢prach Nù dar vil liebeu herren gut Sagt wes habt ir noch ze mut Des ¢prachen do die jùngen gmäyn Wir wellen ¢treyten vmb daz äin Daz wir der alten keczern tant Mùgin pringen ze einr ¢chand Dis ¢eu der haher mu¢¢e ¢treken Schullens vns al¢o der ¢chreken Colman ¢p~ch ¢o tut ¢o wol Vn ¢ent vmb hilfe ¢am man ¢chol Tun in ¢ölher gro¢¢en not Daz ding i¢t nicht ze verr dem tod Es i¢t nicht vmb einn ryemn alläin Wi¢¢t es gilt die haut gemäyn Secht das mag euch ¢chaden nicht Won die wey¢hayt al¢o ¢pricht Den freund man ı den noten mag Ver¢üchen bas dann ander tag So tut vns bitten auch nicht vil Ob einr vns nicht her hören wil Dar vmb ¢o tut er vns kayn we Vnd wi¢¢ent dar zu bas dann e Wer vns getreuw i¢t od’ nicht Daz man ¢ich auch dar nach v’richt Dar zu i¢t des ¢treytes recht Daz man den veinten ¢end ein knecht Jn einem ro¢envarwen tuch Mit ¢wert vn auch mit hant¢chuch Ge¢prenget ¢er mit rotem plut Daz i¢t ze einem zaychn gut Daz man vechten mit in well Dar zu wider¢ayt der ge¢ell Yrem leyb vn yrem gut Daz ¢eu ¢ich de¢ter bas ı hut Haben ¢chùllen ¢o tut ir Welt ir habn ¢treytes gir Di¢¢ geuiel den jùngen allen
Daz euch der übel gaist enphüer Mit ewerm sternensehen! Ich wil dir des verjehen: 7515 Wär ein stieg in disem haus, Du müessist vallen ab und aus.’ Laichdenman die lieff da hin Und liess den jungen iren sin. Colman was ein weiser pach, 7520 Dar umb er haisse wainend sprach: ‘Nu dar, vil lieben herren guot, Sagt, wes habt ir noch ze muot?’ Des sprachen do die jungen gmain: ‘Wir wellen streiten umb daz ain, 7525 Daz wir der alten ketzern tant Mügin pringen zeiner schand. Das seu der haher müesse streken, Schüllens uns also derschreken!’ Colman sprach: ‘So tuot so wol 7530 Und sent umb hilfe, sam man schol Tuon in sölher grossen not! Daz ding ist nicht ze verr dem tod: Es ist nicht umb einn riem allain, Wisst, es gilt die haut gemain! 7535 Secht, das mag euch schaden nicht! Won die weishait also spricht: Den freund man in den nöten mag Versuochen bas dann ander tag. So tuot uns bitten auch nicht vil; 7540 Ob einr uns nicht herhören wil, Dar umb so tuot er uns kain we Und wissent dar zuo bas dann e, Wer uns getreuw ist oder nicht, Daz man sich auch dar nach verricht. Dar zuo ist des streites recht, Daz man den veinten send ein knecht In einem rosenvarwen tuoch Mit swert und auch mit hantschuoch, Gesprenget ser mit rotem pluot. 7550 Daz ist ze einem zaichen guot, Daz man vechten mit in well. Dar zuo widersait der gsell Irem leib und irem guot, Daz seu sich dester bas in huot 7555 Haben schüllen: so tuot ir, Welt ir haben streites gir!’ Diss geviel den jungen allen
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7520 Doppelstrich vor dem Vers. 7558 Doppelstrich vor dem Vers.
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Hol Euch doch der Teufel mit Eurer Sternguckerei! Ich will dir eins sagen: Wenn es in diesem Hause eine Treppe gäbe, dann müsstest du die hinabfallen und wieder hinauf.“ Die Täuschdenmann lief fort und überließ die jungen Leute ihrer eigenen Schlauheit. Colman war ein weiser Alter, deshalb sagte er unter heißen Tränen: „Nun also, meine lieben guten Herren, sagt, wie soll es jetzt weitergehen?“ Darauf antworteten die Jungen gleichermaßen: „Wir wollen schon allein aus dem Grunde kämpfen, um dieses Ketzer- und Greisengeschwätz zu Schanden zu machen. Da soll sie doch gleich der Henker aufs Streckbett spannen, wenn sie uns so in Schrecken versetzen!“ Colman antwortete: „Dann macht aber wenigstens eins und schickt um Hilfe, wie man es in einer solchen Notlage tun muss, denn diese Sache ist vom Tod nicht weit entfernt. Bedenkt, es geht nicht nur um einen Streifen, sondern um die ganze Haut! Und schaut: Das schadet euch ja auch nicht. Schon die Spruchweisheit sagt: ‚In der Not kann man den Freund besser auf die Probe stellen als in anderen Zeiten.‘ Und so schadet es auch gar nicht zu bitten, denn wenn uns jemand nicht beistehen will, so trifft er uns damit nicht allzu sehr. Doch wissen wir dann umso genauer, wer zu uns hält und wer nicht, und können uns danach richten. Ebenso gehört es zu den Regeln des Krieges, dass man einen Boten zu den Feinden schickt, rosenfarben gekleidet und mit Schwert und Handschuh versehen, die über und über mit Blut bespritzt sind. Das dient als Zeichen dafür, dass man mit ihnen kämpfen will. Dazu erklärt der Bote ihrem Leben und Besitz den Krieg, und dass sie sich besser in Acht nehmen sollen. So sollt ihr verfahren, wenn ihr Lust habt zu kämpfen.“ Das gefiel allen Jüngeren
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Vnd ¢chreuwen auf mit gro¢¢e ¢challen Sim daz wär ioch vns ein gnad Daz Colman ¢o ge¢prochen hat Vnd ¢antten drat den me¢ner hin Zu den veinten in dem ¢in Daz er die märe ¢cholte ¢agen Vnd daz er von in wùrd zer ¢chlagen Won ¢ey trugen ha¢¢ gen ym Das cham ym alles zegewin Won er gen Ny¢¢ingen do kam Vnd hub al¢o ein red an Mein herr der mayger vnd d’ rat Von Lappenhau¢en ye¢o dràt Haben mich zu euch ge¢ant Daz ich euch machen ¢chol bekant Yren gru¢¢ nàch dem vn ir Verdienet habt daz gelaubet mir Dar zu ich euch wider ¢ag Ewerm leyb vn euwer hab Von meinen herren alle¢ampt Den hänt¢chuch nempt ı ewer hand Vnd auch daz plutig ¢wert dar zu Ze weren euch des morgens fru Auf dem Ny¢¢uelt pey der linden Da wellen ¢eu ¢ich l䢢en vinden Do die pot¢chaft was ge¢agt Strudel der was vnuerzagt Vn ¢prach du macht ein g¢elle ¢ein Se hin den e¢el der ¢ey dein Ze pottenprot den gib ich dir Von meinen purgern vn von mir Won du ha¢t vns wol gmut Ge macht mit deinen mären gut Trag hin ¢wert vn hant¢chuch Vnd ¢ag in auch den vn¢ern fluch Won mit vn¢ern äygnen ¢werten Wellen wir ¢eu all zer¢erten Kämin ¢eu nùr an die ¢tat Da ¢eu vns / hin habend gladt Der ràche ward der botte fro Gienger vor des räyt er do Gen Lappenhau¢en wider häym Vnd ¢ayt die antwùrt alle gmäyn Des warden ¢eu von fröden ¢prıgend Wütend ¢er vnd dar zu ¢ingend Vnd ¢antten hin von gemayne ràt
Text nach Ed. Wießner Und schreuwen auf mit grossem schallen: 7560 7560 ‘Sim, daz wär joch uns ein gnad, Daz Colman so gesprochen hat!’ Und santten drat den mesner hin Zuo den veinten in dem sin, Daz er die märe scholte sagen 7565 Und daz er von in würd zerschlagen; Won sei truogen hass gen im. Das cham im alles ze gewin, Won er gen Nissingen do kam Und huob also sein rede an: 7570 ‘Mein herr, der maiger, und der rat 7570 Von Lappenhausen ieso drat Haben mich zuo euch gesant, Daz ich euch machen schol bekannt Iren gruoss nach dem, und ir 7575 Verdienet habt: daz glaubent mir! 7575 Dar zuo ich euch widersag, Ewerm leib und euwer hab, Von meinen herren allen sampt. Den häntschuoch nempt in ewer hand 7580 Und auch daz pluotig swert dar zuo, Ze weren euch des morgens fruo! Auf dem Nissvelt pei der linden Da wellen seu sich lassen vinden.’ Do die potschaft was gesagt, 7585 7585 Strudel der was unverzagt Und sprach: ‘Du macht ein gselle sein: Se hin den esel, der sei dein! Ze pottenprot den gib ich dir Von meinen purgern und von mir; 7590 7590 Won du hast uns wol gemuot Gemacht mit deinen mären guot. Trag hin swert und hantschuoch Und sag in auch den unsern fluoch! Won mit unsern aignen swerten 7595 Wellen wir seu all zerserten, 7595 Kämin seu nür an die stat, Da seu uns hin habend gladt.’ Der rache ward der botte fro. Gieng er vor, des rait er do 7600 Gen Lappenhausen wider haim 7600 Und sait die antwürt allen gmain. Des wurden seu von fröden springend, Wüetend ser und dar zuo singend Und santten hin von gmainem rat
7560 Sim: i verkleckst oder korrigiert aus a. 7595 Wellen: erstes e undeutlich. vor dem Vers. 7601 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende.
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und sie schrien unter großem Getöse: „Mann, das war doch toll für uns, dass Colman so gesprochen hat!“ Und sofort schickten sie den Küster mit der Absicht zu den Feinden, dass er ihnen die Botschaft ausrichte und dass er von ihnen erschlagen werde, denn sie hassten ihn. Ihm jedoch geriet gerade das zum Vorteil, denn er kam nach Nissingen und begann mit seiner Rede: „Mein Herr, der Dorfvorsteher, und der Rat von Lappenhausen haben mich umgehend zu Euch geschickt, damit ich Euch ihren Gruß überbringe, ganz so, wie Ihr ihn verdient habt, das sollt Ihr mir glauben! Damit erkläre ich Euch, Eurem Leben und Besitz, im Namen all meiner Herren den Krieg. Nehmt den Handschuh auf und auch das blutige Schwert und wehrt Euch morgen früh Eurer Haut! Auf dem Nissfeld bei der Linde werden sie sich Euch zum Kampf stellen.“ Als die Botschaft überbracht war, blieb Strudel völlig unbeeindruckt und sagte: „Du bist vielleicht ein toller Bursche! Siehst du diesen Esel hier? Er gehört dir. Meine Bürger und ich schenken ihn dir als Botenlohn. Denn mit deiner schönen Geschichte hast du uns sehr erfreut. Nimm Schwert und Handschuh gleich wieder mit und überbring auch ihnen unseren Fluch! Denn wir wollen sie alle mit unseren eigenen Schwertern zerschlagen, wenn sie nur zu der Stelle kommen, zu der sie uns bestellt haben.“ Über so eine Rache freute sich der Bote. Während er vorher gelaufen war, ritt er nun zurück nach Lappenhausen und überbrachte ihnen allen die Antwort. Da begannen sie vor lauter Freude wie toll und mit Geschrei herumzutoben und schickten vom Gemeinderat
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Al¢o ¢chier vn auch gedràt Jn die pe¢ten ¢tete ¢o Die man vinden mocht aldo Ròm die er¢te was genant Gelegen in Campanier lant Venedy ¢ey die ander Vnd dar zu Prugg in Flander Galiczi hat Compo¢tellàn Nauarr allayne Pampilon Jn Cathalonj Bar¢alon Die grö¢t in Spangen i¢t Sibili Vnd in Suincia Mar¢ili Palerm der jn¢el ze Scycili Nàpels in dem chùngreich Parrlitt in Püllen die geleich Ligend alle an dem mer Daz ¢elbig tund auch Januer Mit äyner ¢tatt die hay¢¢t Schauon Dar zu in der March Ancon Die ligend auch dar an vil ¢chon Con¢tantinopol ¢ey der kant Den kindern dört ze Chriechenland Ze Zyppern in der jn¢eln i¢t Famago¢t ze aller fri¢t Mayorica mit ¢eine ¢trich Hat ein jn¢el auch für¢ich Das ertreych ker ich wider an Es i¢t Florencz in Tu¢can Paraus vn auch A¢¢eys Lougg die hohe Syen vnd Peys Bolony Pern vnd Mäylan Ein Lamparter dyr zaigen chan Dar zu Padaw vn Ferrär J¢t dir fràgen nicht ze ¢wär Jn Freyaul i¢t Weyden Der was auch nicht zefer¢weygen Peu¢chendörff an vnderl䢢 Phligt der be¢ten lant¢tr䢢 Poczen daz leyt an der Et¢ch Tyrol dar zu die herre fe¢t Jn Sophoy i¢t Lo¢an Pareys in Franchreich wolgetan Tolo¢en vn auch Montpalier Sein der ¢teten drey vil zyer Leuden in Pra banden Köln in nider landen
7605 auch: davor al¢o durchgestrichen. andergeschrieben, Laugg?
Text nach Ed. Wießner 7605 Also schier und auch gedrat In die pesten stete so, Die man vinden mocht aldo. Rom die erste was genant, Gelegen in Campanier lant. 7610 Venedi sei die ander Und dar zuo Prugg in Flandern. Galitzi hat Compostellan, Navarr allaine Pampilon, In Cathaloni Barsalon; 7615 Die gröst in Spangen ist Sibili Und in Provincia Marsili, Palerm der insel ze Scicili, Napels in dem chüngreich; Parr litt in Püllen: die geleich 7620 Ligend alle an dem mer; Daz selbig tuond auch Januer Mit ainer statt, die haisst Schavon, Dar zuo in der March Ancon: Die ligend auch dar an vil schon. 7625 Constantinopol sei derkant Den kindern dört ze Chriechenland. Ze Zippern in der inseln ist Famagost ze aller frist. Majorica mit seinem strich 7630 Hat ein insel auch für sich. Das ertreich ker ich wider an: Es ist Florentz in Tuscan, Paraus und auch Asseis, Laugg, die Hohe Sien und Peis. 7635 Boloni, Pern und Mailan Ein Lamparter dir zaigen chan, Dar zuo Padaw und Ferrär, Ist dir fragen nicht ze swär. In Freiaul ist Weiden: 7640 Der was auch nicht zfersweigen. Peuschendorff an underlass Phligt der besten lantstrass. Potzen daz leit an der Etsch, Tirol dar zuo, die herrenfest. 7645 In Sophoi ist Losan; Pareis in Franchreich wol getan, Tolosen und auch Montpalier Sein der steten drei vil zier. Leuden in Prabanden, 7650 Köln in Niderlanden,
7617 jn¢el: jn¢ol?
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umgehend und ohne Zeitverzug Boten in die mächtigsten Städte, die man ausmachen konnte. Die erste hieß Rom, gelegen in der Campagna, Venedig die zweite und außerdem noch Brügge in Flandern. In Galizien liegt Santiago de Compostela, in Navarra nur Pamplona, in Katalonien Barcelona. Die größte Stadt in Spanien ist Sevilla und in der Provence Marseille, auf der Insel Sizilien Palermo, Neapel in dem gleichnamigen Königreich, Bari in Apulien. Alle diese Städte liegen am Meer. Dasselbe gilt für Genua, ebenso für eine Stadt namens Savona, und für Ancona in den Marken. Die liegen auch direkt am Meer. Dass Konstantinopel in Griechenland liegt, weiß schließlich jedes Kind. Und auf der Insel Zypern liegt Famagusta. Mallorca mit seinen Ländereien ist auch eine Insel für sich. Nun kehre ich wieder an Land zurück. Da sind in der Toskana Florenz, Perugia und außerdem noch Assisi, Lucca, das hoch gelegene Siena und Pisa. Bologna, Verona und Mailand kann dir ein Lombarde zeigen, und zudem noch Padua und Ferrara, wenn es dir nicht zu schwerfällt zu fragen. In Friaul liegt Udine, das man nicht übergehen darf. Und Venzone unterhält noch immer die beste Landstraße. Bozen liegt an der Etsch, ebenso Burg Tirol, der Herrensitz. In Savoyen liegt Lausanne, im schönen Frankreich sind Paris, Toulouse und auch Montpellier drei sehr hübsche Städte. Leiden liegt in Brabant, Köln in den Niederlanden;
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Text nach Ed. Wießner
Wrms vn Speyr Triel Mäncz vn Àch Die ligend all enander nàch Pey dem Rein ¢am Ba¢el tut Dar zu Co¢tencz die vil gut Liget in dem land ze Swaben Von Vlme ¢chol man dar zu fràgen Vnd von Aug¢pùrg auch da pey Welheu da die be¢te ¢ey Vnd Zùrich auf der Lintmag Jn der Steyrmarch Neuwen¢tät Jn El¢ay¢¢ Ra¢tet Stra¢¢pùrg Vnd in Turing Erdfürdt Jn Franchen vint man Wirczpùrg Vnd den markt ze Frankenfürt Pabenberg ¢chol man da kie¢en Vnd Mùn¢ter ¢uchen pey den Frie¢en Jn Spenuelden Nürenperg Prag daz leyt auf Pehmer erd Prùnn in Märhern an der March Jn Päiern Regen¢pùrg die ¢tarch Salczpùrg Mùnchen die vil reich Pa¢¢aw i¢t doch ir geleich Wyen in O¢tereich i¢t gewach¢en Halber¢tät daz ¢tet ı Sach¢en Meych¢en i¢t ein ¢tat allain Vnd hat ein march für ¢ich gemayn Ofen Gràn vn Pre¢purg Ligent auf der Vngern fùrt Chrakaw i¢t in Polner reich Vnd auch Pre¢¢law ¢ein geleych Jn Kärn dern vintman Villach Nicht gar verr von Frie¢ach Preu¢¢en vn auch ändreu land Sein mir nicht ¢o wol bekant Dar vmb ich nicht genennen chan Jr ¢tett vn ker hin wider an Da ich der gepauren botten lie¢¢ Chürczleich daz euch nicht verdrie¢¢ Die ¢tett die brief vernament Wie ¢chier ¢ey zemen kàment Ze bedenken ¢ich vil eben Wem man ¢cholte hilfe geben Vn do der tayding vil ge¢chach Der senador von Ròm der ¢prach Lampart’ ¢ein weis genug Die von Franchreich ¢underchlug Teut¢cher man i¢t auch gelert
Wurms und Speir, Triel, Mäntz und Ach Die ligend all enander nach Pei dem Rein, sam Basel tuot. Dar zuo Costentz die vil guot Liget in dem land ze Swaben 7655 (Von Ulme schol man dar zuo fragen Und von Augspurg auch da pei, Welheu da die beste sei) Und Zürich auf der Lintmag, In der Steirmarch Neuwenstat, 7660 In Elsäss Rastet, Strasspurg Und in Türing Erdfurt. In Franchen vint man Wirtzpurg Und den markt ze Frankenfurt. Pabenberg schol man da kiesen 7665 Und Münster suochen pei den Friesen, In Spenvelden Nürenperg. Prag daz leit auf Pehmer erd, Prünn in Märhern an der March, In Paiern Regenspurg die starch, 7670 Saltzpurg, München die vil reich; Passaw ist doch ir geleich. Wien in Osterreich ist gwachsen, Halberstat daz stet in Sachsen. Meichsen ist ein stat allain 7675 Und hat ein march für sich gemain. Ofen, Gran und Prespurg Ligent auf der Ungern furt. Chrakaw ist in Polner reich Und auch Presslaw sein geleich. 7680 In Kärndern vint man Villach Nicht gar verr von Friesach. Preussen und auch ändreu land Sein mir nicht so wol bekant; Dar umb ich nicht genennen chan 7685 Ir stett und ker hin wider an, Da ich der gpauren botten liess, Chürtzleich, daz euch nicht verdriess. Die stett die brief vernament. Wie schier sei zemen kament, 7690 Ze bedenken sich vil eben, Wem man scholte hilfe geben! Und do der taiding vil geschach, Der senador von Rom der sprach: ‘Lamparter sein weis genuog, 7695 Die von Franchreich sunder chluog, Teutscher man ist auch gelert;
7663 Franchen: a nicht vollständig geschlossen.
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7664 Frankenfürt: zweites n mit Schlussbogen.
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Worms und Speyer, Trier, Mainz und Aachen liegen alle nah beieinander am Rhein, wie es auch für Basel gilt. Außerdem liegt das prächtige Konstanz in dem Land Schwaben. Beim Vergleich von Ulm und Augsburg kann man fragen, welche Stadt dort die mächtigste sei. Und Zürich liegt an der Limmat, in der Steiermark Wiener Neustadt, im Elsass Rastatt und Straßburg, in Thüringen Erfurt. In Franken findet man Würzburg und den Markt zu Frankfurt. Auch Bamberg kann man da suchen, Münster im Land der Friesen, Nürnberg im Schwanfeld. Prag liegt im Böhmerland, Brünn in Mähren an der March, in Bayern das mächtige Regensburg, Salzburg sowie das überaus reiche München, doch ist Passau ihm gleich. Wien ist in Österreich entstanden, Halberstadt in Sachsen. Meißen ist eine Stadt für sich und hat noch eine eigene Mark. Ofen, Gran und Pressburg liegen in Ungarn an Flussübergängen. Krakau und auch Breslau liegen beide im polnischen Reich. In Kärnten findet man Villach nicht sehr weit von Friesach entfernt. Preußen und noch andere Länder sind mir nicht so genau bekannt. Deshalb kann ich ihre Städte nicht nennen, sondern kehre dorthin zurück, wo ich vor kurzem die Boten der Bauern verlassen habe, um euch nicht weiter zu langweilen. Die Städte nahmen die Briefe zur Kenntnis und kamen rasch zusammen, um sich darüber zu verständigen, wem man Unterstützung gewähren sollte. Nach langen Verhandlungen sagte der Senator aus Rom: „Die Lombarden sind sehr gebildet, die Franzosen besonders klug, und die Deutschen sind ebenfalls gelehrt.
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Text nach Ed. Wießner
Dar vmb ¢ey in die er be¢chert Was der pol von Florencz Vnd der amman vo Co¢tencz Von Pareys der haubtman Sprechent daz ¢ey als getan Der priol des i¢t mir ze vil Sprach doch nicht ¢am ich da wil Sùnder was ir wellt daz ¢ey Vnd leg ein wortli aus da pey Daz ein wei¢er ¢p~ch daz i¢t Be¢¢er i¢t ze aller fri¢t Ze richten zwù¢chen veintten zwäyn Danne zwù¢chen freuntten gemäin Won der freunden ich verleur Ainen des chùm ich ze teur Der veintten mag ich gwine äyn Ze freunt daz i¢t dz ich da mäyn Al¢o mag ich ¢prechen hie Yederman der way¢¢ wol wie Vn¢er freunt ¢ein Ni¢¢inger Als wol ¢am Lappenhau¢er Die schol man nicht al¢o verlie¢en Vnd den andern tayl der chye¢en Zu vn¢erm gro¢¢en vngewin Das dunket mich in meinem ¢in Der haubtman auch gefraget ward Der äntwùrt ze der ¢elben vart Vnd ¢prach her priol hat geredt Al¢o wey¢leich hie ze ¢tett Daz ich nicht be¢¢ers han ze ¢inne Dar vmb ¢o wil ich volgen yme Vnd beweren ¢ein geticht Mit andrer red die al¢o ¢pricht J¢t ein man auf häylem eys Der ge vil gmach ¢o i¢t er weis Vnd hab ¢ich auf entwedern täyl So vert er ¢eine ¢tr䢢 mit häyl Al¢o ràt ich ze der ¢ach Daz wir beleiben mit gemach Daz mùgen wir auch ¢anft getun Won wir weder frid noch ¢un Prechent an den dorffge¢ellen Ob wir in nicht envolgen wellen Vnd behalten ane ¢chuld Den andern täyl in ganczer huld
Dar umb sei in die er beschert: Was der priol von Florentz Und der amman von Costentz, 7700 Von Pareis der haubtman Sprechent, daz sei alz getan!’ Der priol ‘Des ist mir ze vil’ Sprach, ‘doch nicht, sam ich da wil, Sunder, was ir wellt, daz sei! 7705 Und leg ein wörtli aus da pei, Daz ein weiser sprach, daz ist: Besser ist ze aller frist, Ze rechten zwüschen veintten zwain Danne zwüschen freuntten gmain; 7710 Won der freunden ich verleur Ainen: des chüm ich ze teur; Der veintten mag ich gwinnen ain Ze freunt: daz ist, daz ich da main. Also mag ich sprechen hie: 7715 Iederman der waiss wol, wie Unser freunt sein Nissinger Also wol sam Lappenhauser; Die schol man nicht also verliesen Und den andern tail derchiesen 7720 Zuo unserm grossen ungewin: Das dunket mich in meinem sin.’ Der haubtman auch gefraget ward: Der äntwürt ze der selben vart Und sprach: ‘Her priol hat geredt 7725 Also weisleich hie ze stett, Daz ich nicht bessers han ze sin; Dar umb so wil ich volgen im Und bewären sein geticht Mit andrer red, die also spricht: 7730 Ist ein man auf hälem eis, Der ge vil gmach, so ist er weis, Und hab sich auf entwedern tail, So vert seine strass mit hail! Also rat ich ze der sach, 7735 Daz wir beleiben mit gemach. Daz mügen wir auch sanft getuon, Won wir weder frid noch suon Prechent an den dorffgesellen, Ob wir in nicht envolgen wellen, 7740 Und behalten ane schuld Den andern tail in gantzer huld.
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7704 da: über der Zeile eingefügt. 7709 richten: weiteres n am Ende radiert. 7727 ¢inne: korrigiert aus ¢in, ne Zusatz in blasser Tinte. 7728 yme: korrigiert aus ym, e Zusatz in blasser Tinte. 7729 beweren: Buchstabe nach w auf Rasur, bewaren? 7740 Am Ende des Verses Kreuzmarkierung.
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Deshalb werde ihnen diese Ehre zuteil: Was der Prior von Florenz, der Amtmann von Konstanz und der Hauptmann von Paris entscheiden, danach soll verfahren werden!“ Dazu meinte der Prior: „Zwar übersteigt das meine Möglichkeiten, doch soll es nicht nach meinem, sondern nach Eurem Willen geschehen! Dazu will ich eine Spruchweisheit auslegen, die folgendermaßen lautet: Es ist allemal besser, zwischen zwei Feinden als zwischen zwei Freunden zu entscheiden. Denn einen meiner beiden Freunde zu verlieren, wäre ein schlimmer Verlust für mich. Von den Feinden hingegen könnte ich einen sogar zum Freund gewinnen: Das ist es, was ich sagen will. Für unseren Fall heißt das: Wir alle wissen sehr genau, dass sowohl die Nissinger als auch die Lappenhausener zu unseren Freunden zählen. Von denen soll man nicht die einen preisgeben und nur noch die anderen gelten lassen. Das wäre, wie mir scheint, von großem Nachteil für uns.“ Der Hauptmann wurde ebenfalls befragt. Er antwortete ohne zu zögern und sagte: „Der Herr Prior hat sich so klug zu der Sache geäußert, wie ich es gar nicht besser könnte. Deshalb will ich ihm folgen und seine Ausführungen mit einer anderen Redensart bestätigen. Sie lautet: Wenn jemand auf glattem Eis geht, dann sollte er sich vorsichtig bewegen, wenn er klug ist, und dabei beide Seiten genau ausbalancieren, dann wird er seinen Weg ohne Sturz überstehen. Also rate ich in dieser Angelegenheit, dass wir uns abwartend verhalten. Das können wir auch ruhig tun, weil wir weder ein Friedens-, noch ein Sühneversprechen gegenüber den Dörflern brechen, wenn wir ihrem Hilfegesuch nicht folgen, und uns außerdem die andere Seite weiterhin gewogen halten, ohne dabei schuldig zu werden.
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Text nach Ed. Wießner
Doch ¢o leg ich eins dar zu Daz man da ¢prichet ¢pàt vn fru Verflüchet ¢ey die may¢t’¢chaft Die chùpfer aus dem ¢ilber macht Dar vmb ¢o ¢chùllen wir die botten Schon enphahen ane ¢potten Vnd in es auch der bieten wol Sam man frömden ge¢ten ¢chol Vnd voll die al¢o ¢ein ge¢ant Mit bot¢chaft ı ferreu lant Da mit ¢o Lappenhau¢er ¢ag Zùchticleichen ¢agen ab Vnd ¢prechen wie ir alteu treuw Jn vn¢ern herczen i¢t ¢o neuw Daz wir tätin an geuar Alles das / das billeich wär So i¢t der edeln leuten mut So häy¢¢ auf vn¢er leib vn gut Daz wir von vn¢ern ¢tetten nicht Varren mugen ze der ge¢chicht Dar vmb wir bitten ire huld Daz ¢eu vns halten ane ¢chuld Dar nach man vil ¢ere batt Den gelerten amman von d’ ¢tat Ze Co¢tencz an dem Podem ¢e Ob er ichzit wi¢¢et me Für die andern daz er das Saget wol vn rietj bas Des hub der amman an vn ¢prach Die vorhin rieten zu d’ ¢ach Seyn ¢o gerechte an ir ¢ag Daz ich es nicht verbe¢¢ern mag Von nataur ı meinem ¢in Doch ¢am ich geleret pin Von einem der was ein juri¢t Sprich ich daz die hilfe i¢t Zwiualtich nach rechter chùn¢t Daz i¢t der ¢chirm vn auch d’ gùn¢t Ze ¢chirmen ¢ein wir alle gepunde Einen cri¢tan ze den ¢tunden So man ym vil vnrecht tut An leib an er ald an dem gut Doch ge¢chech das in der mࢢ Daz man allermanchleich l䢢 Vnge¢chlagen vnd ge¢tochen
Doch so leg ich eins dar zuo, Daz man da sprichet spat und fruo: Verfluochet sei die maisterschaft, 7745 Die chupfer aus dem silber macht! Dar umb so schüllen wir die botten Schon enphahen ane spotten Und in es auch derbieten wol, Sam man frömden gesten schol 7750 Und voll, die also sein gesant Mit botschaft in ferreu lant, Da mit so Lappenhauser sag Züchticleichen sagen ab Und sprechen, wie ir alteu treuw 7755 In unsern hertzen ist so neuw, Daz wir tätin an gevär Alles das, das billeich wär; So ist der edeln leuten muot So haiss auf unser leib und guot, 7760 Daz wir von unsern stetten nicht Varren mügen ze der gschicht. Dar umb wir bitten ire huld, Daz seu uns halten ane schuld.’ Dar nach man vil sere batt 7765 Den glerten amman von der stat Ze Costentz an dem Podemse, Ob er ichzit wisset me Für die andern, daz er das Saget wol und rieti bas. 7770 Des huob der amman an und sprach: ‘Die vorhin rieten zuo der sach, Sein so gerechte an ir sag, Daz ich es nicht verbessern mag Von nataur in meinem sin; 7775 Doch, sam ich geleret pin Von einem, der was ein jurist, Sprich ich, daz die hilfe ist Zwivaltich nach rechter chunst: Daz ist der schirm und auch der gunst. Ze schirmen sein wir alle gpunden Einen cristan ze den stunden, So man im vil unrecht tuot An leib, an er ald an dem guot; Doch geschech das in der mass, 7785 Daz man allermänchleich lass Ungeschlagen und -gestochen:
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Doch füge ich noch eine geläufige Redensart hinzu: Verflucht sei die Handwerkskunst, die aus Silber Kupfer macht! Deshalb sollten wir die Boten höflich und ohne sie zu kränken empfangen und ihnen so gegenübertreten, wie es Gäste aus der Fremde erwarten können, die mit einer Botschaft in ferne Länder gesandt werden. Zugleich aber sollten wir das Lappenhausener Ersuchen in aller Form ablehnen, allerdings auch darauf hinweisen, dass ihre altbewährte Treue uns nach wie vor so bewusst sei, dass wir unbesehen alles tun würden, was recht und billig wäre. Nun trachte uns aber der Adel so unerbittlich nach unserem Leben und unserem Besitz, dass wir uns wegen dieser Angelegenheit zur Zeit nicht von unseren Städten entfernen könnten. Dafür bäten wir um ihr Verständnis sowie darum, uns nichts weiter nachzutragen.“ Anschließend bat man noch den gelehrten Amtmann aus der Stadt Konstanz am Bodensee nachdrücklich, das, was er noch über die beiden Anderen hinaus wisse, hier mitzuteilen und somit noch besser zu raten. Und so begann der Amtmann mit seiner Ansprache: „Meine Vorredner haben diese Angelegenheit rechtlich so angemessen gewürdigt, dass ich es mit meinem naturgegebenen Verstand gar nicht besser ausdrücken könnte. Doch da ich von einem Rechtsgelehrten unterrichtet worden bin, stelle ich fest, dass es zwei rechtmäßige Möglichkeiten gibt, Hilfe zu leisten: Schutz und Begünstigung. Wir alle sind verpflichtet, einem Christen in dem Fall Schutz zu gewähren, dass man ihm an Leib, Ehre oder Besitz großes Unrecht zufügt. Dies darf jedoch nicht dahin ausarten, dass wir auf einen anderen einschlagen oder auf ihn einstechen.
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Text nach Ed. Wießner
Won daz wùrd an vns gerochen Ob der ¢o ge¢chlagen man Wär eins andern vndertan Des gun¢tes vint man dreyerlay Daz ¢ein der ràt der gewalt die zwäy Mitworchen i¢t daz dritt Ràtes scholman helfen mit Yedem man der ¢ein begert J¢t ¢ein ¢ache rates werd Tut dann einer daz er ¢chol Dem ¢chùllen wir mithellen wol Vnd ym geben al¢o bald Vn¢ern gùn¢t vnd vn¢ern gewalt So mùgen wir auch wirchen mit Einem phligt er gutter ¢itt Vn ¢chafft es wol ze rechten ¢tunden Doch ¢ein wir ¢ein nit gepunden Wen die hilfe haben wil Mü vn auch der zerung vil Er war dann daz der ¢elbig man Vns ein ¢oleyichs hiet getan Oder tät von herczen gern Woltin wir ¢ein nicht enbern Die täding ¢cholman doch ver¢ten Ob ¢ich das dinch mag ¢o vergen Daz wir auch weder er noch leben Mù¢¢in mit der hilfe geben Ald daz äyner nicht da pey Wolt der pfaffhayt werden frey Oder ob das helfen wär Vn¢ern freunden nicht ze ¢war Den ¢chùllen wir mi¢¢euallen nicht Sam die tugent vns vergicht Warind aber paydeu täyl Vn¢’ freunt ze geleichem häyl So ¢chùllen wir daz ¢chaiden Zwù¢chen jnen payden Mag mans dann nicht vnt’¢ten So ¢chol man zu dem ermern gen Vnd in ¢chirmen hàt er recht Secht das duncht mich alles ¢chleht Seyn ¢eu aber bayd geleich An iren willen gar ze reich So la¢¢en wir ¢eu al¢o rüg Bis ¢eu ¢elber werden müd Vn was ich von den freunden ¢prich
Won daz würd an uns gerochen, Ob der so geschlagen man Wär eins andern undertan. 7790 Des gunstes vint man dreier lai: Des sein der rat, der gwalt die zwai, Mitwürchen ist daz dritt. Rates schol man helfen mit Iedem man, der sein begert, 7795 Ist sein sache rates werd. Tuot dann einer, daz er schol, Dem schüllen wir mithellen wol Und im geben also bald Unsern gunst und unsern gwalt. 7800 So mügen wir auch würchen mit Einem, phligt er guotter sitt Und schafft es wol ze rechten stunden. Doch sein wir sein nit gepunden, Wen die hilfe haben will 7805 Müe und auch der zerung vil, Es wär dann, daz der selbig man Uns ein söleichs hiet getan Oder tät von hertzen gern, Woltin wir sein nicht enbern. 7810 Die täding schol man doch versten, Ob sich das dinch mag so vergen, Daz wir auch weder er noch leben Müessin mit der hilfe geben, Ald daz ainer nicht da pei 7815 Wolt der pfaffhait werden frei, Oder ob das helfen wär Unsern freunden nicht ze swär; Den schüll wir missevallen nicht, Sam die tugent uns vergicht. 7820 Wärind aber paideu tail Unser freunt ze gleichem hail, So schüllen wir daz schaiden Zwüschen inen paiden. Mag mans dann nicht untersten, 7825 So schol man zuo dem ermern gen Und in schirmen, hat er recht. Secht, das duncht mich alles schleht! Sein seu aber baid geleich An irem willen gar ze reich, 7830 So lassen wir seu also rüeg, Bis seu selber werden müed! Und was ich von den freunden sprich,
7801 wirchen: für wùrchen fehlt ein Schaft.
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Denn das würde an uns gerächt werden, wenn der so Geschädigte einem anderen unterworfen wäre. Die Begünstigung gibt es in drei Formen. Zwei davon sind der Rat und der Einfluss, das dritte die tatkräftige Unterstützung. Mit Rat soll man jeden Menschen unterstützen, der darum bittet, jedenfalls wenn seine Sache Rat verdient. Verhält er sich dann richtig, sollen wir ihm zustimmen und ihm rasch unsere besondere Gunst und unseren Einfluss zugutekommen lassen. Ebenso können wir jemanden unterstützen, der zur rechten Zeit wirklich das Rechte tut. Dazu sind wir allerdings nicht verpflichtet, falls die Unterstützung uns zu große Lasten und Kosten abverlangen würde; es sei denn, dass der Hilfesuchende uns die gleiche Unterstützung schon einmal gewährt hätte oder von Herzen gern gewähren würde, wenn wir einmal darauf angewiesen sein sollten. Das Gesagte gilt allerdings nur in dem Sinne, dass wir mit solcher Hilfe weder unser Ansehen noch unser Leben gefährden; dass einer damit nicht seinen klerikalen Stand verliert und dass unsere Hilfsbereitschaft unsere Freunde nicht verärgert. Wie die Regeln des Miteinanders lehren, sollten wir deren Unwillen gerade nicht provozieren. Wenn uns aber beide Seiten als Freunde gleichviel bedeuten, dann sollten wir den Streit zwischen ihnen gütlich beizulegen versuchen. Falls das allerdings nicht gelingt, sollte man den Schwächeren beschützen, vorausgesetzt, er ist im Recht. Das scheint mir völlig korrekt zu sein. Wenn sie aber von ihrem Willen durch überhaupt nichts abzubringen sind, dann sollten wir sie so lange herumtoben lassen, bis sie von selbst müde werden. Und was ich von den Freunden sage,
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Daz macht dù merken hinter¢ich Von den veinten nàch der welt Die die ¢el verkauft vm gelt Al¢o wi¢¢t daz i¢t mein ràt Daz wir ¢enden je¢o dràt Mit ir pot¢chaft vn¢er zwen Die mit worten vnter¢ten Schùllen gütleich ob ¢eu mugen Yren ¢treyt mit ganczer tugend Vn ob ir tading nicht enklek So lࢢin wir die ¢preuwer¢ek Vechtens werden vberuol Ob es euch geuellet wol Der herczog von Venedy ¢prach Be¢¢er red noch nie ge¢chach Dar zu ¢agt der pote¢tat Von Padaw daz i¢t mein ràt Von Pràg der ¢chepfer warend drey Die ¢prachen all daz ¢ey daz ¢ey Al¢o ward ye¢o ze hand Jr erber pot¢chaft hin ge¢ant Gen Lappenhau¢en zu dem ràt Jr taydinch hubens an vil dràt Vmb den frid ze reden do Des geantwùrt in al¢o Sagt den ewern von den ¢teten Wir haben ¢eu vmb hilf gepetten Vnd nicht vmb frid ze machn Dar vmb wir in den ¢achen Zu allen heiligen ¢weren Yr gepeit auch nicht ze eren Die botten hin was ¢choltens ¢age Seu möchten vor gwi¢¢et haben Daz ein gpaur vil ¢elten tät Wes man in mit zùchten pät Dem daz haubet gro¢¢er gar So man in gebitten gtar Vn tüt alläine daz er mus Gewalt der i¢t ¢ein rechteu bu¢¢ Daz ward dem Hö¢eller ze ¢wär Vnd gedàcht wie be¢¢er wär Ym auf frömder erde leben Dann da haym des todes phlegen
Text nach Ed. Wießner Daz macht du merken hintersich 7835 Von den veinten nach der welt, Die die sel verkauft um gelt. Also wisst, daz ist mein rat, Daz wir senden ieso drat Mit ir potschaft unser zwen, 7840 Die mit worten untersten Schüllen güetleich, ob seu mugend, Iren streit mit gantzer tugend. Und ob ir täding nicht enklek, So lassin wir die spreuwersek 7845 Vechtens werden übervol, Ob es euch gevellet wol!’ Der hertzog von Venedi sprach: ‘Besser red noch nie geschach.’ Dar zuo sagt der potestat 7850 Von Padaw: ‘Daz ist mein rat.’ Von Prag der schepfen warend drei; Die sprachen all: ‘Daz sei, daz sei!’ Also ward ieso ze hand Ir erber potschaft hin gesant 7855 Gen Lappenhausen zuo dem rat. Ir taidinch huobens an vil drat Umb den frid ze reden do. Des ward geantwürt in also: ‘Sagt den ewern von den steten, 7860 Wir haben seu umb hilf gepetten Und nicht umb frid ze machen! Dar umb wir in den sachen Zuo allen heiligen sweren, Ir gpiet auch nicht ze eren.’ 7865 Die botten hin was scholtens sagen? Seu möchten vor gewisset haben, Daz ein gpaur vil selten tät, Wes man in mit züchten pät, Dem daz haubet grosset gar, 7870 So man in gebitten gtar, Und tuot allaine, daz er muoss; Gewalt der ist sein rechteu buoss. Daz ward dem Höseller ze swär Und gedacht, wie besser wär 7875 Im auf frömder erde leben Dann da haim des todes phlegen;
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7834 macht: korrigiert aus machet, e durchgestrichen. 7847 Doppelstrich vor dem Vers. 7851 Vers reicht bis an Spalte b. 7856 an: über der Zeile eingefügt. 7861 Vnd nicht: danach weiteres vnd nicht durch Punkte getilgt. Vers reicht bis an Spalte b. 7865 Doppelstrich vor dem Vers; Die: i über dem Wort zwischen D und e. 7872 rechteu: korrigiert aus rechte, e radiert, eu über der Zeile geschrieben, durch Haarstrich vom nahen bu¢¢ geschieden.
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das kannst du von den Feinden umgekehrt sagen, gehören sie doch zu der Welt, die ihre Seele für Geld verhökert! Deshalb rate ich Euch, dass wir sogleich zwei von uns mit einer Botschaft zu ihnen schicken, die sich in Unterredungen dafür einsetzen sollen, ihren Streit gütlich beizulegen, wenn es nur irgendwie geht. Falls aber ihre Verhandlung überhaupt nichts nützt, dann sollten wir, wenn Euch das recht ist, die Strohsäcke solange kämpfen lassen, bis sie selbst die Schnauze voll haben!“ Der Herzog von Venedig meinte dazu: „Eine bessere Rede hat man noch nie gehört.“ Und auch der Podestà von Padua stimmte zu: „Mein Rat ist ganz derselbe!“ Aus Prag waren drei Ratsherren da, die sagten übereinstimmend: „Ja, ja, so soll es sein!“ So wurde ihre hochkarätige Gesandtschaft umgehend zum Rat von Lappenhausen geschickt. Dort begannen sie ihre Verhandlung ohne Umschweife damit, dass sie vom Frieden sprachen. Darauf antwortete man ihnen: „Teilt Euren Leuten aus den Städten mit, dass wir sie um Hilfe gebeten haben, nicht aber darum, Frieden zu stiften. Deshalb schwören wir in dieser Angelegenheit bei allen Heiligen, dass wir die Empfehlung der Städte nicht beachten werden.“ Was sollten die Boten darauf antworten? Sie hätten vorher wissen können, dass ein Bauer so gut wie nie das tut, worum man ihn höflich bittet, sondern einen immer größeren Dickschädel bekommt, wenn man ihn überhaupt zu bitten wagt, und dass er ausschließlich das Nötigste tut. Gewalt ist die einzige Sprache, die er versteht. Dem alten Hosenvoll wurde die Lage zu brenzlig und er dachte bei sich, dass es für ihn besser sei, in der Fremde zu leben als zu Hause zu sterben.
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Text nach Ed. Wießner
Des macht er haymleich ¢ich dar von Sam noch die wei¢en ¢ein gewon Die andern ¢anten ye¢o hin Zu den dorffen ı dem ¢in Daz man in ze hilfe chäm Daz er¢te dorff was Narrehäym Da hiettens mangen ohäym jnn Daz ander dorff hie¢¢ ¯l d’ Chrinn Seu ¢anten hin zùm weyler Den hie¢¢man Rupfengeyler Gen Torenhofen in dem tal Zu iren freùnden vber al Gen Leu¢aw vnt’m Höperg Da ¢a¢¢en herre vn auch twerg Vil nach da pey auf grune wi¢en Sa¢¢en reken vn auch ri¢en Da hietens vmb vn vmb ge¢ant Dar zu ı der hayden land Die Juden vn die Chriechen Hielten ¢ey für ¢iechen Vn für nunnen zu der ge¢chicht Darum ¢o wolten ¢eu ir nicht Des dauchten ¢ich die häxen gmät We wie ¢chier ¢eu waren beräyt Yecleicheu ¢a¢¢ auf ein gäy¢¢ Vnd flog da her daz ich nicht wäy¢¢ Weder tiefel in ir wär Jn einem phät daz was nicht ¢wär Dar an ir gemaynes zaychen was Pel¢abuken chrumbe na¢ Ze Lappenhau¢en furens ein Mit langen pùr¢ten vo dem ¢weyn Vnd mit pùch¢en vol mit ¢alb Das mu¢tens haben allenthalb Daz wi¢¢ten nù vil wol die twerg Ge¢e¢¢en in dem Höperg Vnd wolten mit den häxen nicht We¢en ze der ¢elben ge¢chicht Won ¢eu mäynten ¢ey nicht wol Des warens auch d’ ¢innen vol Vnd yeder mit ¢eym mantel veh Ward ¢ich ¢eczent auf ein reh Die ¢prungen höh den häxen zdracz Bis gen Ny¢¢ingen an placz Die wàppen furt man in vil gàch Auf hohen chämeltyeren nach Jr zaichen was ein chront’ löw
Des macht er haimleich sich dar von, Sam noch die weisen sein gewon. Die andern santen ieso hin Zuo den dorffen in dem sin, 7880 Daz man in ze hilfe chäm. Daz erste dorff was Narrenhäm: Da hiettens mangen ohaim inn. Daz ander dorff hiess In-der-Chrinn. Seu santen hin zuom weiler, 7885 Den hiess man Rupfengeiler, Gen Torenhofen in dem tal Zuo iren freunden über al, Gen Leusaw unterm Höperg: Da sassen häxen und auch twerg. 7890 Vil nach da pei auf grüenen wisen Sassen reken und auch risen. Do hietens umb und umb gesant, Dar zuo in der haiden land. Die Juden und die Chriechen 7895 Hielten sei für siechen Und für nunnen zuo der gschicht; Dar um so wolten seu ir nicht. Des dauchten sich die häxen gmait: We, wie schier seu waren brait! 7900 Iecleicheu sass auf ein gaiss Und flog da her, daz ich nicht waiss, Weder tiefel in ir wär, In einem phät, daz was nicht swär, Dar an ir gmaines zaichen was: 7905 Pelsabuken chrumbe nas. Ze Lappenhausen fuorens ein Mit langen pürsten von dem swein Und mit püchsen vol mit salb: Das muostens haben allenthalb. 7910 Daz wissten nu vil wol die twerg, Gesessen in dem Höperg, Und wolten mit den häxen nicht Wesen ze der selben gschicht; Won seu mainten sei nicht wol. 7915 Des warens auch der sinnen vol Und ieder mit seim mantel veh Ward sich setzent auf ein reh. Die sprungen höch, den häxen zdratz, Bis gen Nissingen ann platz. 7920 Die wappen fuort man in vil gach Auf hohen chämeltieren nach. Ir zaichen was ein chronter löw
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7895 Chriechen: Mitte des Wortes auf Rasur, verlaufen.
7899 gmät: Diakritikum über ä.
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Deshalb machte er sich heimlich aus dem Staub, wie es kluge Leute immer noch zu tun pflegen. Die übrigen Lappenhausener aber schickten in die Dörfer, um dort Unterstützung zu finden. Das erste dieser Dörfer war Narrenheim. Dort wohnten viele Verwandte von ihnen. Das zweite Dorf hieß In-der-Ritze. Auch schickten sie zu dem Weiler mit dem Namen Gaunerwinkel, ins Tal nach Torenhofen zu all ihren Freunden und nach Läusau unterhalb des Heubergs. Dort wohnten Hexen und Zwerge. Ganz in der Nähe, mitten im Grünen hatten sich Recken und Riesen niedergelassen. Überallhin hatten sie ihre Boten geschickt, sogar in die Länder der Heiden. Die Juden und die Griechen hingegen hielten sie in dieser Angelegenheit für zu lahm und für Betschwestern. Aus diesem Grund wollten sie mit denen nichts zu tun haben. Demgegenüber kamen sich die Hexen wunder wie toll vor. Oh weh, waren die schnell zum Kampf bereit! Eine jede hockte auf einer Ziege und kam so angeflogen, dass ich gar nicht sagen kann, welcher Teufel wohl in ihr steckte. Sie alle hatten ein leichtes Hemd an, auf dem jeweils das gleiche Zeichen war: Beelzebubs krumme Nase. In Lappenhausen fielen sie mit langen Schweineborsten und mit Büchsen voller Hexensalbe ein. Die brauchten sie, wo sie auch waren. Die Zwerge, die im Heuberg hausten, wussten das nur zu gut und wollten mit den Hexen nicht gemeinsame Sache machen, denn sie konnten sie nicht ausstehen. Sie waren auch so schlau, dass sich jeder von ihnen in seinem bunt gefleckten Mantel auf ein Reh setzte. Die sprangen, den Hexen zum Hohn, in hohen Sätzen bis zum Sammelplatz nach Nissingen. Ihre Waffen wurden ihnen sogleich auf großen Kamelen hinterhergetragen. Ihr Feldzeichen war ein gekrönter Löwe
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Mit einem ¢prùch · mir niemat tröw Vor jnen farnder leuten vil Mit pfeyffen vn mit ¢ayten ¢pil Dönten ¢und’leichen wol Die freunt ¢eu machten fröden vol Hie mit vn auch die ri¢en her Yder furt ein y¢en ¢per Vn mit irem chlaynet ¢chon Daz was ein drake al¢o hön Des dràtten ¢eu ı siben ¢chritten Gen Lappehau¢en bis enmitten Auf den plan des was man fro Daz sàhent ¢o die reken do Den die ri¢en trugend h䢢 Vnd bedachten ¢ich auch b䢢 Ze Ny¢¢ingen ze varen ein Secht daz ge¢chach vn ¢cholt auch ¢ein Jecleichs swert waz lang vn präyt Dar an des ¢tahels vil geläyt Daz ¢eu do furten zu eym ¢chein Daz was einr maget bild ¢o vein Die häyden wi¢ten auch vil wol Mit we der man ¢ich rechen ¢chol Vnd do ¢ey hieten ¢o gehört Wie der cri¢tan minn zer¢tört Was des wurden ¢eu vil fro Vnd ¢prachen gen enander ¢o Veint mit veinten temmen ¢chol Ein man der ¢ich wil rechen wol Des zoh ir her ein michel dyet Bis in Lappenhau¢er gepyet Etleich ze fu¢¢ die andern ze rö¢¢ Mit iren krölen vn irm ge¢chö¢¢ Mit eine ¢ternen ¢ampt dem màn Der wappe wurdens ¢elten an Wes ¢cholten do die Sweyczer warte Mit iren ge¢chliffen helmparten Cham ir her ein michel täyl Nùr den Ny¢¢ingern ze häyl Etleich do ze fu¢¢e giengend Die andern auf den ¢ätteln hiengend Seu waren frays vn dar zu vbel Jr paner hiet einn melchkùbell Von dem dorff ze Aurach Daz allweg fur die andern prach Narrenhäymer auch da hin
Text nach Ed. Wießner Mit einem spruch: ‘Mir niemant tröw!’ 7925 7925 Vor inen farnder leuten vil Mit pfeiffen und mit saitenspil Dönten sunderleichen wol; Die freunt seu machten fröden vol. Hie mit und auch die risen her 7930 7930 (Ieder fuort ein isensper) Und mit irem chlainet schön: Daz was ein drake also hön. Des dratten seu in siben schritten Gen Lappenhausen bis enmitten 7935 7935 Auf den plan; des was man fro. Daz sahent so die reken do, Den die risen truogend hass, Und bedachten sich auch bass, Ze Nissingen ze varen ein. 7940 Secht, daz gschach und scholt auch sein! Iecleichs swert was lang und prait, Dar an des stahels vil gelait. Daz seu do fuorten zuo eim schein, Daz was einr maget bild so vein. 7945 7945 Die haiden wisten auch vil wol, Mit we der man sich rechen schol, Und do sei hieten so gehört, Wie der cristan minn zerstört Was, des wurden seu vil fro 7950 7950 Und sprachen gen enander so: ‘Veint mit veinten temmen schol Ein man, der sich wil rechen wol.’ Des zoh ir her ein michel diet Bis in Lappenhauser gpiet, 7955 7955 Etleich zfuoss, die andern zross, Mit iren krölen und irm gschoss, Mit einem sternen sampt dem man: Der wappen wurdens selten an. Wes scholten do die Sweitzer warten? 7960 7960 Mit iren gschliffenn helmparten Cham ir her ein michel tail Nür den Nissingern ze hail. Etleich do ze fuosse giengend, Die andern auf den sätteln hiengend. 7965 Seu waren frais und dar zuo übel. 7965 Ir paner hiet einn melchkübel Von dem dorff ze Aurach, Daz allweg für die andern prach. Narrenhaimer auch da hin
7931 Am linken Rand Lücke im Pergament, dadurch dieser Vers und die folgenden vier eingerückt. 7932 hön: am Anfang des Wortes ¢c radiert. 7959 Vers reicht bis an Spalte b.
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mit dem Wahlspruch: ‚Mir drohe niemand!‘ Vor ihnen her lief viel fahrendes Volk und ließ seine Pfeifen und Saiteninstrumente herrlich erklingen. Ihre Freunde versetzten sie damit in beste Stimmung. Zugleich kamen auch die Riesen herbei. Ein jeder von ihnen trug einen Spieß aus Eisen. Dazu sah man ihr prächtiges Bannerzeichen: einen grimmigen Drachen. In sieben Riesenschritten stampften sie nach Lappenhausen bis mitten auf den Dorfplatz. Das freute alle. Als das die Recken, die verhassten Feinde der Riesen, sahen, beschlossen sie umgehend, nach Nissingen zu marschieren. Und seht bloß: Das geschah und musste ja auch so kommen! Ihre Schwerter waren lang und breit, und viel Stahl war für sie verwandt worden. Als Wappenzeichen führten sie das prächtige Bild einer Jungfrau. Die Heiden wussten ebenfalls ganz genau, wie man Rache üben soll. Als sie gehört hatten, dass der innere Frieden der Christenheit zerstört sei, freuten sie sich darüber sehr und sagten zueinander: „Wenn ein Mann sich rächen will, dann soll er Feinde mit Feinden bekämpfen.“ Und so zog ein großer Haufen von ihnen bis in das Gebiet von Lappenhausen. Ein Teil zu Fuß, der Rest zu Pferde, mit ihren Wurfhaken und Geschossen sowie einem Feldzeichen mit Stern und Mond. Ohne das traf man sie so gut wie nie an. Worauf sollten die Schwyzer da noch warten? Mit ihren geschliffenen Hellebarden kam ein großer Teil ihres Heeres allein den Nissingern zu Hilfe. Ein Teil ging zu Fuß, der Rest hing in den Sätteln. Schreckenerregend waren sie und böse. Ihr Wappenzeichen zierte ein Melkkübel aus dem Dorf Uri, das immer schon den anderen voraus gewesen war. Die Narrenheimer, die sich mit ihren Eselsohren
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Gen Lappenhau¢en ¢tund ir ¢in Mit iren oren von dem e¢el Der dauchtens ¢ich nicht wenig edel Hakken trugen ¢eu ze wer Die ¢chlugen fa¢t vn heuwen ¢er Torenhofner auch hin zu Den zagel furtens von d’ ku Vn kamer her gegangen Mit eim vn drei¢¢ig mannen Jecleicher mit ¢einem ¢tab Mit dem er gro¢¢e peullen gab Fùnfzig waren chömen dar Von Narrenhayme ¢und’bar Der hayden tau¢ent was vn me Chömen auf der cri¢tan we Jr haubtman hie¢¢ her Mägeron Gewappet all mit leder ¢chon Der ri¢en warend ¢iben Den er¢ten hie¢¢ man Sigen Den andern nampman Egg Der dritte was der Wegg Der vierd Golyas was genant Dem fùnften ¢prach man Rulant Neymprecht vn her ¢chön Syren Warend do die le¢ten zwen Hächel zaubermay¢terein Hiet der faygen fräwelein Einlfhùndert gzöhet dar Da was der Lappenhau¢ner ¢chär Zwelff vn dreu hundert So gerad daz mich des wudert Was ¢eu hyetin ge¢¢en Seu waren vnuerme¢¢en Yeder mit ¢einr lancze hie Ze ro¢¢ vn ze fu¢¢ ich wai¢¢ nicht wie Al¢o daz ir vber al Warend da nach meiner zal Zway tau¢ent ¢treyt frey Vnd fùnf hùndert auch da pey Die ander dörffer koment nicht Vn ¢prachent daz zu d’ ge¢chicht Be¢¢er wär ein lugen zu Rùwecleichen ¢pat vn fru Al¢o ¢chlaffent pey d’ want Dann selb’ spilen mit d’ hant Doch ¢o ward in zu ge¢ant Von Jndercrinn dem teuffen land
8009 Doppelstrich vor dem Vers.
Text nach Ed. Wießner 7970 (Gen Lappenhausen stuond ir sin) 7970 Mit iren oren von dem esel: Der dauchtens sich nicht wenig edel. Hakken truogen seu ze wer: Die schluogen fast und heuwen ser. 7975 7975 Torenhofner auch hin zuo. Den zagel fuortens von der kuo Und kamen her gegangen Mit eim und dreissig mannen, Iecleicher mit seinem stab, 7980 7980 Mit dem er grosse peullen gab. Fünfzig waren chomen dar Von Narrenhaime sunderbar. Der haiden tausent was und me Chomen auf der cristan we 7985 (Ir haubtman hiess her Mägeron), 7985 Gewappent all mit leder schon. Der risen warend siben: Den ersten hiess man Sigen, Den andern namp man Egge, 7990 7990 Der dritte was der Wegge, Der vierd Golias was genant, Dem fünften sprach man Ruolant; Reimprecht und der schön Siren Warend do die lesten zwen. 7995 7995 Hächel zaubermaisterein Hiet der faigen fräwelein Einlfhundert gzöhet dar. Do was der Lappenhausner schar Zwelff und dreu hundert 8000 8000 So grad, daz mich des wundert, Was seu hietin gessen. Seu waren unvermessen Ieder mit seinr lantzen hie Ze ross und zfuoss, ich waiss nicht wie, 8005 8005 Also daz ir über al Warend da nach meiner zal Zwai tausent streiter frei Und fünf hundert auch da pei. Die ander dörffer koment nicht 8010 Und sprachent, daz zuo der geschicht Besser wär ein luogen zuo Rüewecleichen spat und fruo Also schlaffent pei der want Dann selber spilen mit der hant. 8015 Doch so ward in zuo gesant 8015 Von In-der-Crinn, dem teuffen land,
8016 Jndercrinn: c wie t.
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ganz schön adlig vorkamen, eilten ebenfalls dorthin. Sie wollten unbedingt nach Lappenhausen. Als Waffen trugen sie Äxte, mit denen sie vernichtend zuschlagen konnten. Dazu kamen noch die Torenhofener. Als Wappenzeichen führten sie den Kuhschwanz. Sie kamen mit einunddreißig Mann daher, ein jeder mit seinem Knüppel bewaffnet, mit dem sie dicke Beulen austeilten. Fünfzig waren allein aus Narrenheim gekommen; tausend Heiden und wohl noch mehr waren angelangt, um den Christen zu schaden. Ihr Hauptmann hieß Herr Mageron, gewappnet waren sie mit festem Leder. Sieben Riesen waren gekommen: Der erste hieß Sige, der zweite Ecke, der dritte Wecke, der vierte Goliat, der fünfte Roland. Reimbrecht und der schöne Siren waren die beiden letzten. Hechel, die Oberhexe, hatte elfhundert ihrer verfluchten Jungfrauen dorthin geführt. Zum Lappenhausener Heer gehörten auch dreihundertundzwölf so kerzengerade Kämpfer, dass ich mich verwundert frage, was sie wohl verschluckt hatten. Sie waren verwegene Kerle, ein jeder mit seiner Lanze, und entweder zu Pferde oder zu Fuß – was weiß denn ich –, so dass nach meiner Rechnung insgesamt zweitausend freiwillige Kämpfer und wohl auch noch fünfhundert mehr zusammenkamen. Die anderen Dörfer waren nicht vertreten, sondern meinten, dass es bei dieser Angelegenheit wohl besser wäre, dem Kampf lediglich mit Bedauern zuzuschauen oder sich zum Schlafen zur Wand zu drehen, als selber Hand anzulegen. Allerdings wurde ihnen aus In-der-Ritze im Niederland
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Text nach Ed. Wießner
Ein alt’ man vn dar zu gra Nicht mer ¢o vand man ir auch da Der wolt auch ¢ein ze ritter worden Al¢o wol gefiel ym der orden Des ward verworffen er ze¢tund Sym was ¢chol vns d’ ¢chebig hund Sprachen ¢eu ker wider häym Du pi¢t den jùngen vngenäm Des wär auch chömen her Galuan Ein ritter werd von Montalban Lanczelott vn her Tri¢täm Stolff vn and’ h’ren gmäyn Do mu¢ten ¢eu ir ¢chlo¢¢e retten Vn andreu güter vor den steten Her Rùggel doch von Elrpach Den man nie der ligen ¢ach Hiet ze ¢treyten ym der korn Da was er dannacht vngeporn Des waren chömen in der zeit Den Ny¢¢ingern zu irem ¢treyt Mäczendorffer vngebetten Die ¢ach man grimmelechn tretten Sam die zieren fie¢¢en Mit ba¢lern vn auch ¢pie¢¢en Yeder auf ¢eim wappenroch Furt einn ygel auf eim ¢tok Seu wàren chòmen vmb ein ¢ach Die vor hundert jaren g¢chach Daz was ein ¢chad vn ein v’ratten Daz die Lappenhau¢er taten Jren vordren vmb ein ¢tro Daz wolten die er¢t rechen ¢o Der andern dörffern kainer chäm Dan von Leybingen ein man Vil jägerleichen mit eim horn Er hiet der veinten tod ge¢worn Ein ro¢tigs panczer trug er an Ein furggen auch da mit d’ man Gab ¢o er wolt rüren ¢ich Wunden drey ı einem ¢tich Mäczendorffer der was vil Vnd ¢am ich euch es ¢agen wil Wol auf neun vn sibenczig do Daz wurden eben achczig ¢o Der Sweiczer was auf hundert knecht
Ein alter man und dar zuo gra; Nicht mer so vand man ir auch da. Der wolt auch sein ze ritter worden: Also wol gfiel im der orden. 8020 Des ward verworffen er ze stund. ‘Sim, was schol uns der schebig hund?’ Sprachen seu. ‘Ker wider häm! Du pist den jungen ungenäm.’ Des wär auch chomen her Gawan, 8025 Ein ritter werd von Montalban, Lantzelott und her Tristan, Stolff und ander herren gmain: Do muosten seu ir schlosse retten Und andreu güeter vor den steten. 8030 Her Büggel doch von Ellerpach, Den man nie verligen sach, Hiet ze streiten im derkorn: Do was er dannocht ungeporn. Des waren chomen in der zeit 8035 Den Nissingern zuo irem streit Mätzendorffer ungebetten. Die sach man grimmeleichen tretten Sam die zieren fiessen Mit baslern und auch spiessen. 8040 Ieder auf seim wappenroch Fuort einn igel auf eim stok. Seu waren chomen umb ein sach, Die vor hundert jaren gschach; Daz was ein schad und ein verratten, Daz die Lappenhauser taten Iren vordren umb ein stro: Daz wolten die erst rechen so. Der andern dörffern kainer cham Dan von Leibingen ein man 8050 Vil jägerleichen mit eim horn; Er hiet der veinten tod gesworn. Ein rostigs pantzer truog er an, Ein furggen auch, da mit der man Gab, so er wolt rüeren sich, 8055 Wunden drei in einem stich. Mätzendorffer der was vil Und, sam ich euch es sagen wil, Wol auf neun und sibentzig do: Daz wurden eben achtzig so. 8060 Der Sweitzer was auf hundert knecht,
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8027 Tri¢täm: m korrigiert aus n, Superskript undeutlich. 8041 ¢eim: m aus n korrigiert. 8042 auf eim: dazwischen a durchgestrichen. 8047 vordren: wie wrdren. 8054 furggen: u sehr klein, vielleicht fehlt ein Schaft.
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ein alter, grauhaariger Mann zugeschickt. Mehr Kämpfer waren dort nicht aufzutreiben. Der wollte auch noch Ritter werden, so gut gefiel ihm dieser Stand. Jedoch wurde er brüsk zurückgewiesen: „Mann, was sollen wir denn mit dem Lumpenhund anfangen?“, fragten sie. „Geh wieder nach Hause, du passt den Jungen nicht!“ Außerdem wäre wohl auch Herr Gawan gekommen, ein edler Ritter von Montalban, auch Lanzelot und Herr Tristan, Astolf und noch andere Herren. Jedoch mussten sie ihre Burgen und weiteren Besitzungen gegen die Städte schützen. Herr Ruggel von Ellerbach aber, den man nie hatte unterliegen sehen, wäre sicherlich zum Kampf entschlossen gewesen. Allerdings war er zu der Zeit noch nicht geboren. Inzwischen waren zu den Nissingern Leute aus Mätzendorf gestoßen, ohne das man sie bitten musste. Die sah man, wie sich das für schmucke Kerle gehört, mit Baslermessern und Spießen recht grimmig herbeimarschieren. Auf seinem Wappenrock führte jeder von ihnen einen Igel auf einem Baumstumpf. Sie waren wegen einer Geschichte gekommen, die bereits vor hundert Jahren passiert war. Dabei ging es darum, dass die Lappenhausener ihre Vorfahren um nichts und wieder nichts geschädigt und auch noch verraten hatten. Das wollten sie jetzt endlich rächen. Aus anderen Dörfern kam niemand. Nur aus Libingen kam ein Mann, der wie ein richtiger Jäger ein Horn umhängen und seinen Feinden den Tod geschworen hatte. Er trug einen rostigen Panzer und eine Forke, mit der er, wenn er erst einmal loslegte, auf einen Streich drei Wunden austeilen konnte. Mätzendorfer waren viele da, bestimmt, das kann ich euch sagen, neunundsiebzig. Daraus wurden nun genau achtzig. Von den Schwyzern waren etwa hundert Kriegsknechte dort,
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Text nach Ed. Wießner
Dannocht zwänczich daz macht recht Zwirent hundert alz ein hàr Do was der reken sund’bar Vier alläin die nenn ich dir Es was der Perner glaub es mir Vn ¢ein mäy¢t’ Hiltprant Dyetleib von Steyrland Vnd d’ werd Wolffdyetreich Secht do was d’ twergen gleich Tau¢ent neunczig vn auch ächt Nù ¢echt vil eben waz dz macht Der vo Ny¢¢ingen man hie¢¢ Rechter har¢cher ¢echczig ¢pie¢¢ Reiten auf den placz da her Da zeller man ze yedem ¢per Dreu phert beräytet wol Sam ein lancze haben ¢chol Secht do hiet ein man ge¢ehen Ze hundert malen dreyzehen Vnd ¢echzig erbrer vber al Der andern warent ane zal Ze payden taylen kömen dar Von sakman vn preganten ¢chàr Vo ¢chùcze vn ¢chilt knèchten Die hulfend auch ze fechten Die ge¢te wurden ¢chone enphangen Von den fràuwen vn den manen Man hie¢¢ ı allen ze drinken geben Wes ¢cholten ¢eu do fùrbas pflegen Der wein in zu den ¢tirnen ¢chlug Des wu¢tens auf vil vngefug Vnd wolten ze der ¢elben ¢tund Die veint erwùrgen ¢am die hund Trun daz wär leycht do getan Da zugen ¢eu die alten von Die Ny¢¢inger mit gro¢¢em ¢chall Her zu ir herren ¢chreuwens all Seyt ze ¢treytten nicht ¢o gäch Wir ¢chùllen haben ein ge¢präch Vnd auch kùmen vber äyn Was vns ¢ey ze tün gemayn Des waren ¢eu gehor¢am do Strùdel machet ¢ich aufhin ¢o Vber¢ich bis auf ein tach Er hub ¢ein rede an vn ¢prach Hòrt ir herren arm vn reich
Dannocht zwäntzich: daz macht recht Zwirent hundert als ein har. Do was der reken sunderbar Vier allain; die nenn ich dir: 8065 Es was der Perner (glaub es mir!) Und sein maister Hiltprant, Dietleib von Steirland Und der werd Wolffdietreich. Secht, do was der twergen gleich 8070 Tausent neuntzig und auch acht! Nu secht vil eben, waz daz macht! Der von Nissingen man hiess Rechter harscher sechtzig spiess Reiten auf den platz da her. 8075 Da zellet man ze iedem sper Dreu phert beraitet wol, Sam ein lantze haben schol. Secht, do hiet ein man gesehen Ze hundert malen dreizehen 8080 Und sechzig erbrer über al! Der andern warent ane zal Ze paiden tailen komen dar Von sakman und preganten schar, Von schützen und schiltknechten: 8085 Die hulfend auch ze fechten. Die geste wurden schon enphangen Von den frauwen und den mannen. Man hiess in allen zdrinken geben. Wes scholten seu do fürbas pflegen? Der wein in zuo den stirnen schluog; Des wüstens auf vil ungefuog Und wolten ze der selben stund Die veint erwürgen sam die hund. Trun, daz wär leicht do getan! 8095 Da zugen seu die alten von. Die Nissinger mit grossem schall ‘Her zuo, ir herren!’ schreuwens all, ‘Seit ze streitten nicht so gäch! Wir schüllen haben ein gespräch 8100 Und auch kümen über ain, Was uns sei ze tuon gemain.’ Des waren seu gehorsam do. Strudel macht sich aufhin so Übersich bis auf ein tach; 8105 Er huob sein rede an und sprach: ‘Hört, ir herren arm und reich,
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8086 Doppelstrich vor dem Vers. 8092 auf: davor v durchgestrichen. 8098 zu: Ansatz zu einem weiteren Buchstaben durchgestrichen. 8100 ge¢präch: Diakritikum über ä.
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dazu noch einmal zwanzig: Das macht dann haargenau zweihundert Kämpfer. Einzelne Recken waren nur vier da; die stell ich dir vor: Es waren – das kannst du mir ruhig glauben – der Berner sowie sein Waffenmeister Hildebrand, Dietleib von Steiermark und der vornehme Wolfdietrich. Schaut euch nur die Zwerge an. Von denen waren gleich eintausendundneunzig und noch einmal acht gekommen. Nun rechnet gleich aus, wieviele das zusammen sind. Von den Nissingern ließ man sechzig voll gerüstete Ritter auf den Sammelplatz reiten. Zu jedem von ihnen gehörten noch drei weitere fertig gesattelte Pferde, wie das bei Rittern üblich ist. Schaut, da hätte man insgesamt hundertmal dreizehn und noch einmal sechzig vornehme Streiter sehen können. Außerdem kamen auf beiden Seiten unzählige andere hinzu: Trossknechte und Fußsoldaten, Schützen und Schildknechte, die zum Kampf auch erforderlich waren. Die Gäste wurden allseits freundlich empfangen, und man ließ ihnen zu trinken geben. Was sollten sie nun noch groß tun? Der Wein stieg ihnen zu Kopf, deshalb tobten sie völlig wild herum und wollten sofort die Feinde wie tolle Hunde erschlagen. Mensch, das hätte leicht auch geschehen können! Die Älteren aber brachten sie davon ab. Die Nissinger schrien aus vollem Hals: „Kommt hierher, Ihr Herren, mit dem Kämpfen eilt es doch gar nicht so! Wir sollten darüber reden und uns auch darauf verständigen, was nun gemeinsam zu tun ist.“ Dem folgten sie alle. Anschließend stieg Strudel auf ein Dach hinauf und begann seine Rede mit den Worten: „Hört, Ihr Herren, ob arm oder reich,
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Text nach Ed. Wießner
Chläin vn grö¢¢ vn all geleich Got der alleu ding tut Vns ze hayl vn auch ze gut Geyt dem ¢ùnd’ oft ein pein An dem leib vn an dem ¢eyn Daz er ¢ich de¢t e beker Dar vmb ¢o wi¢¢t es i¢t mein ler Daz wir alle cri¢tan gemäyn Peychtig werdin gancz vn rayn Das pin ich nicht ze ¢agen worden Daz wir die veinde ¢chùllen b¢orgen Die ¢o lö¢¢ ¢ein vn ¢o zag So bös vn narri¢ch alle tag Jch ¢prich es nùr alläyn vmb das Daz wir got behagin bäs Won i¢t er mit vns alläin Niemand zeucht vns vmb die päyn Dar nach ¢chùllen wir auch all Fröleich e¢¢en vn mit ¢chall Pröt vn flay¢ch vo einem ¢wein Dar zu trinken roten wein Daz git vns chraft vn dar zu macht Nach dem ¢cholman gen der nacht Ziehen au¢¢ hin auf hin auf daz veld Ze richten hùtten auf vn zelt Da ¢chùllen wir auch all beleyben Die nacht vil rüwechleich vertreybn Doch mit guter wart vn feur Bis an den liechten tag geheùr Dar nach ¢o mach ¢ich iederman Auf vnd leg ¢ein härnä¢ch an Vn ¢egen ¢ich / er ¢auff äin äy Dreu ald viereu oder zway Mit einem gla¢¢ von gutem wein Das hilft ym zu den nöten ¢ein Des mach er ¢ich ye ¢o hin an Zu ¢einem rechten haubtman Der hie fùnfe ¢chullen ¢ein Der er¢te ¢ey her Laureyn Ein kùnich lobe¢am vnd werd Gewaltig vber alle perg Der ander i¢t her Dyetreich Vo pern dem nie kayn man geleich Ward an tugend vn an macht Des haben auch die reken acht Doch ¢ein ¢eu all ¢o wol getan Daz yeder möcht ein haubet man
Chlain und gross und all geleich! Got, der alleu ding tuot Uns ze hail und auch ze guot, 8110 Geit dem sünder oft ein pin An dem leib und an dem sin, Daz er sich dest e beker. Dar umb so wisst, es ist mein ler, Daz wir alle cristan gmain 8115 Peichtig werdin gantz und rain! Das pin ich nicht ze sagen worden, Daz wir die veinde schüllen bsorgen, Die so lös sein und so zag, So bös und närrisch alle tag; 8120 Ich sprich es nür allain umb das, Daz wir got behagin bas; Won ist er mit uns allain, Niemand zeucht uns umb die pain. Dar nach schüllen wir auch all 8125 Fröleich essen und mit schall Prot und flaisch von einem swein, Dar zuo trinken roten wein: Daz git uns chraft und dar zuo macht. Nach dem schol man gen der nacht 8130 Ziehen auss hin auf daz veld, Ze richten hütten auf und zelt. Da schüllen wir auch all beleiben, Die nacht vil rüewechleich vertreiben, Doch mit guoter wart und feur, 8135 Bis an den liechten tag geheur. Dar nach so mach sich ieder man Auf und leg sein härnäsch an Und segen sich; er sauff ein ai, Dreu ald viereu oder zwai 8140 Mit einem glas von guotem wein: Das hilft im zuo den nöten sein! Des mach er sich ie so hin an Zuo seinem rechten haubtman, Der hie fünfe schüllen sein! 8145 Der erste sei her Laurein, Ein künich lobesam und werd, Gewaltig über alle perg. Der ander ist her Dietreich Von Pern, dem nie kain man geleich Ward an tugend und an macht; Des haben auch die reken acht! Doch sein seu all so wol getan, Daz ieder möcht ein haubetman
8108 Chläin: l über dem Wort.
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8109 alleu: u über dem Wort eingefügt.
8154 haubet: e über dem Wort.
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klein oder groß, hört alle miteinander! Gott, der alle Dinge zu unserem Heil und Nutzen vollbringt, fügt dem Sünder oft einen Schaden an Leib oder Hab und Gut zu, damit er umso eher umkehre. Deshalb wisst: Es ist meine feste Überzeugung, dass wir Christen alle miteinander aufrichtig beichten sollen und uns damit von der Sünde befreien. Damit habe ich nicht gesagt, dass wir die Feinde fürchten sollen, die sich ständig so frech und feige, so verschlagen und unberechenbar verhalten. Ich sage das einzig und allein, damit Gott eher Gefallen an uns hat. Denn wenn er nur auf unserer Seite ist, zieht uns niemand die Beine weg. Nach der Beichte sollen wir auch alle miteinander fröhlich und mit lautem Getöse Brot und Schweinefleisch vertilgen, und dazu einen Rotwein trinken. Das gibt uns Kraft und Überlegenheit dazu. Anschließend soll man zur Nacht hin hinaus, hinaus auf das Feld ziehen, um Hütten und Zelte aufzurichten. Dort sollen wir dann auch bleiben und die Nacht in aller Ruhe verbringen, dabei jedoch genug Wachen aufstellen und Feuer entzünden, bis der helle, freundliche Tag anbricht. Dann soll sich jeder aufrappeln, seinen Harnisch anlegen und seinen Segen sprechen. Er soll ein Ei schlürfen, oder drei oder vier oder zwei, dazu noch ein Glas guten Wein. Das stärkt ihn, wenn er in Not gerät. Dann soll er sich zu seinem ihm zugewiesenen Hauptmann aufmachen, von denen es fünf geben sollte. Der erste soll Herr Laurin sein, ein hoch gerühmter und angesehener König, der über alle Berge herrscht. Der zweite ist Herr Dietrich von Bern, an dessen Tugendhaftigkeit und Macht keiner herankam. Das sollen vor allem die Recken beachten! Allerdings sind sie alle so stattlich, dass jeder von ihnen ein Hauptmann
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Vber all die welt ge¢ein Das ¢prich ich auf die treuwe mein Der dritte haubtman i¢t gerayt Der fräydige¢t der cri¢tenhait Er i¢t ein fie¢¢ vil wol der kant Her Paggenzan von Sweyczerland Der von Aurach hie mein herren Hat gefüret ¢o von verren Der vierde haübtman i¢t d’ ¢tark Von Mäczendorffe au¢ der March Der des ¢treitens gar vil phligt Vnd in allen ange¢igt Der von Leybingen der ¢ey Sein ¢elbers herr ein degen frey So pin ich auch dirr purger hie Haubt vn may¢ter got wi¢¢ wie Gar vnwirdig ich ¢ein pin Sam mich dùnkt ı meinem ¢in So mü¢¢ meim nefen auch glingen Der i¢t der be¢t von Ny¢¢ingen Vnd i¢t gehai¢¢en Fùlizan Des rüm ich nicht er ghört mich an Man mag es ¢ehen an ¢einr tàt Was der man ym hercze hat Der i¢t von vns dar zu der welt J¢t daz es euch auch geuelt Daz er dùrch ewer nucz vn er Fürer ¢ey vnd weis daz her Mit vn¢erm paner an daz zil Da man des morgens ¢treyten wil Won er der ¢trࢢen kùn¢t i¢t vol Seu ¢prachen all daz gefelt vns wol Wer ¢chòl auer pilleich haben Den vor¢treyt daz ¢chùlt ir vns ¢age Trùn des antwurt Strudel do Vn¢er ordnug ¢ey al¢o Hie ¢ind cri¢tan twerg vn reken Die ¢chùllen ¢ich ze velde ¢treken Ze ro¢¢ vn fu¢¢e gancz vn gar Sund’leich auf fùnf ¢char Alz vil ¢am auch der haubtleut Dar zu wi¢¢t ¢am ich euchs beteut Der veinten g¢ind daz i¢t g¢chaiden Jn häxen ri¢en vn in häyden Dar zu habens cri¢tan her Wol auf ¢ech¢e ¢char vn mer
8173 meim: das zweite m korrigiert aus n. pelstrich vor dem Vers.
Text nach Ed. Wießner 8155 8155 Über all die welt gesein: Das sprich ich auf die treuwe mein. Der dritte haubtman ist gerait Der fraidigest der cristenhait; Er ist ein fiess vil wol derkant: 8160 Her Paggenzan von Sweitzer land, 8160 Der von Aurach hie mein herren Hat gefüeret so von verren. Der vierde haubtman ist der stark Von Mätzendorffe aus der March, 8165 8165 Der des streitens gar vil phligt Und in allen an gesigt. Der von Leibingen der sei Sein selbers herr, ein degen frei! So pin ich auch dirr purger hie 8170 Haubt und maister – got wiss wie! 8170 Gar unwirdig ich sein pin, Sam mich dunkt in meinem sin. So müess meim nefen auch gelingen! Der ist der best von Nissingen 8175 8175 Und ist gehaissen Fülizan. Des rüem ich nicht: er ghört mich an. Man mag es sehen an seinr tat, Was der man im hertzen hat. Der ist von uns dar zuo derwelt, 8180 8180 Ist, daz es euch auch gevelt, Daz er durch ewer nutz und er Füerer sei und weis daz her Mit unserm paner an daz zil, Da man des morgens streiten wil, 8185 8185 Won er der strassenkunst ist vol.’ Seu sprachen all: ‘Daz gfelt uns wol. Wer schol aver pilleich haben Den vorstreit? Daz schült ir uns sagen!’ Trun, des antwürt Strudel do: 8190 8190 ‘Unser ordnung sei also: Hie sind cristan, twerg und reken; Die schüllen sich ze velde streken Ze ross und fuosse gantz und gar Sunderleich, auf fünf schar, 8195 8195 Als vil sam auch der haubtleut. Dar zuo wisst, sam ich euchs bteut: Der veinten gsind daz ist geschaiden In häxen, risen und in haiden, Dar zuo habens cristan her, 8200 Wol auf sechse schar und mer. 8200
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über die ganze Welt sein könnte; davon bin ich wirklich fest überzeugt. Der dritte Hauptmann gilt als der Kühnste der Christenheit. Der Kerl ist bestens bekannt: Herr Backenzahn aus dem Schwyzer Land, der seine Leute von weit her, nämlich von Uri, hierher geführt hat. Der vierte Hauptmann ist der Starke aus Mätzendorf, in der Ebene der March gelegen, der fortwährend in Kämpfe verwickelt ist und alle seine Gegner besiegt. Der aus Libingen schließlich soll sein eigener Herr sein, ein freier Held! Und so bin auch ich der Hauptmann und Anführer dieser Bürger hier – weiß Gott, wie das gehen soll. Denn ich habe den Verdacht, dass ich dieser Würde nicht entspreche. Mein Neffe aber dürfte sich hier behaupten. Er ist der Beste aus Nissingen und heißt Fülldenzahn. Den preise ich aber nicht weiter, er gehört ja zu meinem Geschlecht. An seinen Taten kann man erkennen, was der Mann für eine Gesinnung hat. Wir haben ihn dazu auserwählt. Es sollte Euch doch auch gefallen, dass er zu Eurem Vorteil und zur Mehrung Eures Ansehens Heerführer sei und das Heer mit unserem Banner dorthin führt, wo man morgen früh kämpfen will, denn er hat die beste Ortskenntnis.“ Sie riefen alle: „Das gefällt uns auch sehr gut. Wer aber soll das Recht zum Vorstreit haben? Das müsst Ihr uns noch sagen!“ Nun denn, darauf antwortete Strudel: „Unsere Kampfordnung soll folgendermaßen aussehen: Hier stehen Christen, Zwerge und Recken. Auf dem Kampffeld sollen die sich alle zu Pferde und zu Fuß auf fünf einzelne Haufen verteilen, so viele, wie wir auch Hauptleute haben. Dazu müsst Ihr wissen, was ich Euch jetzt noch erläutere: Das Gefolge der Feinde ist in Hexen, Riesen und Heiden unterteilt. Außerdem haben sie ein Christenheer, zusammen wohl sechs Haufen oder mehr.
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Text nach Ed. Wießner
Nù ¢agt mir an daz wi¢¢t ir bas Wen habt es allermäy¢t ı h䢢 Dem ¢chùlt ir auch des ¢treytes gebn Das ghört dar zu vn fugt euch eben Jch wäy¢¢ wol daz ze aller zeit Der Sweyczer i¢t der vor ¢treyt Von iren alten rechten Wann ¢eu mit cri¢tan vechten Der twergen gwonhäyt way¢¢ ich nit Noch der helden ¢o man vicht Seu ¢ein aller eren vol Got geb was in fügi wol Der rede wurdens alle fro Des ¢prachen do die twerg al¢o Kayn häxe noch kayn vnhold Ward vns nie mit trüwen holt Nù dar ¢o macht euch an den ¢treyt Wan ¢eu chöment welher zeit Sprach do Strudel an der vart Der reken tayl auch ¢chreyent wart Die ri¢en mayne wir nicht wol Won ¢eu ¢ind aller bö¢¢häyt vol Der ¢chùlt ir auch gepeyten Bis daz ¢eu werden ¢treyten Antwùrt Strudel ze der ¢tund Die Sweiczer ruften aus de mùnd So wi¢¢t wir ¢eigin cri¢tan leut Vnd lu¢t vns wol der häyden heut So nemps auch hin ¢prach Strudel do Doch ¢o ràt ich euch al¢o Daz yecleicher ein segen hab Vnd ¢neid die payn den kaczern ab Mäczendorffer auch hin zu So wi¢¢t wir ha¢¢ent spat vn fru Lappenhau¢er daz i¢t war Do ¢p~ch Strudel offenbar Die ¢chùllen werden vns ze täyl Seu ¢ind vns vmb käin gelte väyl Doch ¢o mag ich al¢o ¢prechen Wolt es euch an jnen rechen So greyfft die Narrenhäymer an Won es ¢pricht d’ wei¢e man Wer die diener füret hin Der fürt den herren ¢ampt mit in Mäczendorffer ¢prachent do
Nu sagt mir an (daz wisst ir bas): Wen habt es allermaist in hass? Dem schült ir auch des streites geben: Das ghört dar zuo und füegt euch eben. Ich waiss wol, daz ze aller zeit 8205 Der Sweitzer ist der vorstreit Von iren alten rechten, Wann seu mit cristan vechten. Der twergen gwonhait waiss ich nicht Noch der helden, so man vicht. 8210 Seu sein aller eren vol; Got geb, was in füegi wol!’ Der rede wurdens alle fro; Des sprachen do die twerg also: ‘Kain häxe noch kain unhold 8215 Ward uns nie mit trüwen holt.’ ‘Nu dar, so macht euch an den streit, Wan seu chöment welher zeit!’ Sprach do Strudel an der vart. Der reken tail auch schreient wart: 8220 ‘Die risen mainen wir nicht wol; Won seu sind aller bösshait vol.’ ‘Der schült ir auch gepeiten, Bis daz seu werden streiten,’ Antwürt Strudel ze der stund. 8225 Die Sweitzer ruoften aus dem mund: ‘So wisst, wir seigin cristan leut Und lust uns wol der haiden heut!’ ‘So nemps auch hin!’ sprach Strudel do. ‘Doch so rat ich euch also, 8230 Daz iecleicher ein segen hab Und sneid die pain den kätzern ab.’ Mätzendorffer auch hin zuo: ‘So wisst, wir hassent spat und fruo Lappenhauser, daz ist war!’ 8235 Do sprach Strudel offenbar: ‘Die schüllen werden uns ze tail: Seu sind uns umb kain gelte vail. Doch so mag ich also sprechen: Wolt es euch an inen rechen, 8240 So greifft die Narrenhaimer an! Won es spricht der weise man: Wer die diener füeret hin, Der füert den herren sampt mit in.’ Mätzendorffer sprachent do: 8245
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8203 gebn: e über dem Wort geschrieben. Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 8209 ich: senkrechter Haarstrich durch h. 8221 mayne: nach e t radiert. 8227 ¢eigin: erstes i über dem Wort zwischen e und g. 8243 Rechts am Rand neben dem Vers no.
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Nun sagt mir, denn das wisst Ihr besser als ich: Wen hasst Ihr am meisten von ihnen? Gegen den sollt Ihr auch im Kampf antreten. So macht man das, und es wird Euch auch gerecht. Ich weiß genau, dass seit jeher der Vorstreit zu den alten Rechten der Schwyzer gehört, sofern sie mit Christen kämpfen. Die Gewohnheit der Zwerge beim Kampf kenne ich nicht und die der Helden auch nicht. Doch verdienen sie jede Ehrerbietung. Möge Gott ihnen schenken, was ihnen gut zupass kommt.“ Über diese Rede freuten sich alle. Und so sagten die Zwerge: „Keine Hexe und kein anderer Unhold war uns jemals tatsächlich wohlgesonnen.“ „Na denn, so beginnt doch den Kampf mit ihnen, wenn sie dann irgendwann kommen“, sagte Strudel dazu. Die Recken schrien nun auch los: „Die Riesen lieben wir überhaupt nicht, denn die stecken voller Bosheit.“ „Dann sollt auch Ihr auf sie warten, bis sie in den Kampf eingreifen“, antwortete Strudel darauf. Die Schwyzer wiederum riefen wie aus einem Mund: „So wisst denn, dass wir Christen sind und heute so richtig Lust auf Heiden haben.“ „So schnappt sie Euch doch“, sagte Strudel dazu. „Jedoch rate ich Euch, dass jeder von Euch eine Sense habe und den Ketzern die Beine abschneide.“ Dann auch noch die Mätzendorfer: „So wisst, dass wir die Lappenhausener von morgens bis abends hassen: Das ist nicht gelogen.“ Dazu sagte Strudel deutlich vernehmbar: „Die werden wir uns greifen. Für kein Geld der Welt geben wir sie wieder her. Allerdings kann ich noch dies sagen: Wenn Ihr Euch an ihnen rächen wollt, müsst Ihr die Narrenheimer angreifen! Denn der Weise sagt: Wer die Diener wegführt, der führt auch ihren Herrn mit ihnen fort.“ Darauf erwiderten die Mätzendorfer:
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Das ¢elbig ¢chùlt es tun al¢o Sam ir von vns halten welt Daz haben wir für recht gezelt Strudel der hiet wei¢en mut Daz wär vil pilleich vn auch gut Sprach er so i¢t ir ze vil Dar vmb man euch nicht la¢¢en wil So verderben noch en¢chol Won wir wi¢¢en alle wol Wer euch ¢chlügi auf den tod Der prächt vns ı die ¢elben not Des lie¢¢en ¢eu ¢ich auch benügen Fùlzan der ward ¢ich rügen Vnd ¢prach vil lieber vetter mein Daz dù ¢älich mü¢¢i¢t ¢ein Du ¢prich¢t ich ¢chùll das paner t~gen Vnd dem her den wege ¢agen Ghört daz nicht einn haubtman an Dem das ge¢ind i¢t vndertan Nayn dù ¢prach her Strudel do Dù pi¢ts der panermay¢ter ¢o Vn ha¢t ze ¢chaffen ander¢ nicht Dann den sturmfan ¢o man vicht Tragen ve¢tecleich hin an Hohembor ¢o bi¢t ein man Vn tracht daz nicht ker¢t wider Oder daz mans truk da nider Da geit man dir auch hilffen zu Die dein gaument ¢pat vn fru Ein anders ghört einn haubtman an Der ¢chol des er¢ten ¢ein ein man Frey des gemütes vnuerzäyt Daz er ze trö¢ten ¢ey berayt Das ander volk vn pring auch an Mit heczen ¢o er be¢te kan Won der fröd in ym nicht hàt Der trö¢t die andren gar ze ¢pàt Daz ander i¢t daz er ¢chol ¢ein Li¢tig in den ¢innen ¢ein Daz er ¢ich halt recht ¢am d’ man Der ¢chaffzagel spilen kan Mit greyffen an vn hüten ¢ich Vor ¢chaden nemen merk¢t du mich Dar vmb ¢o tü des er¢ten das
‘Das selbig schült es tuon also, Sam ir von uns halten welt: Daz haben wir für recht gezelt.’ Strudel der hiet weisen muot. ‘Daz wär vil pilleich und auch guot,’ Sprach er, ‘so ist ir ze vil; Dar umb man euch nicht lassen wil So verderben noch enschol; Won wir wissen alle wol: Wer euch schlüegi auf den tod, 8255 Der prächt uns in die selben not.’ Des liessen seu sich auch benüegen. Fülizan der ward sich rüegen Und sprach: ‘Vil lieber vetter mein, Daz du sälich müessist sein! 8260 Du sprichst, ich schüll das paner tragen Und dem her den wege sagen; Ghört daz nicht einn haubtman an, Dem das gesind ist undertan?’ ‘Nain du,’ sprach her Strudel do, 8265 ‘Du pists der panermaister so Und hast ze schaffen anders nicht Dann den sturmfan, so man vicht, Tragen vestecleich hin an Hoh embor: so bist ein man; 8270 Und tracht, daz du nicht kerest wider Oder daz mans truk da nider! Da geit man dir auch hilffen zuo, Die dein gaument spat und fruo. Ein anders ghört einn haubtman an. Der schol des ersten sein ein man Frei des gmüetes, unverzait, Daz er ze trösten sei berait Das ander volk und pring auch an Mit hetzen, so er beste kan; 8280 Won der fröd in im nicht hat, Der tröst die andren gar ze spat. Daz ander ist, daz er schol sein Listig in den sinnen sein, Daz er sich halt recht sam der man, Der schaffzagel spilen kan, Mit greiffen an und hüeten sich Vor schaden nemen: merkst du mich? Dar umb so tuo des ersten das
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8255 ¢chlügi: Diakritikum über ü. 8257 benügen: Diakritikum über ü. 8261 ¢chùll: e am Ende durchgestrichen. 8264 Vor dem Vers Kreuzmarkierung. 8273 geit: i über dem Wort zwischen e und t; hilffen: l über dem Wort. 8277 vnuerzäyt: u korrigiert aus e, e über dem Wort. 8281 Vor dem Vers am Rand no.
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„Genauso wie Ihr es von uns erwartet, sollt Ihr Euch nun verhalten. Das halten wir jedenfalls für richtig.“ Strudel war ein kluger Mann. „Das wäre sicher richtig und angemessen“, sagte er, „doch sind sie einfach in der Überzahl. Deshalb sollen und wollen wir Euch nicht einfach vernichten lassen. Denn wir alle wissen doch sehr genau: Wer Euch erst einmal totschlüge, würde uns dann in dieselbe Gefahr bringen.“ Das genügte ihnen. Nun rührte sich Fülldenzahn und sagte: „Mein lieber Vetter, dich möchte ich selig preisen! Du sagst, ich solle das Banner tragen und dem Heer den Weg weisen. Aber gehört das nicht zu den Aufgaben eines Hauptmanns, dem sein Gefolge unterstellt ist?“ „Keineswegs“, erwiderte Strudel darauf, „denn du bist der Herr über die Fahne und hast keine andere Aufgabe, als beim Kampf die Sturmfahne vorwärts zu tragen und dabei hoch empor zu halten. Dann bist du ein ganzer Mann. Und setze alles daran, dass du nicht umkehrst oder man sogar die Fahne herunterzerrt. Dafür teilt man dir auch Helfer zu, die ununterbrochen auf dich achten. Ein Hauptmann hat ganz andere Pflichten. Zuallererst soll er in seinen Empfindungen ganz unabhängig und ohne Furcht sein, so dass er den anderen Kämpfern Mut zusprechen und sie auch so antreiben kann, wie er es am besten vermag. Denn wer keine Zuversicht ausstrahlt, wird den anderen erst Mut zusprechen, wenn es zu spät ist. Die zweite Bedingung ist, dass er besonders klug ist und sich wie ein guter Schachspieler verhält, der angreift, aber sich auch vor Nachteilen bewahrt. Verstehst du mich? Deshalb soll er bereits in Friedenszeiten – das entspricht ihm eher –
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Ze frides zeit daz fügt ym bas Vnd hay¢¢ ¢ein g¢inde tag vn nacht Vben ¢ich in ritter¢chaft Mit ¢techenn vn turnieren Vnd anderm jubilieren Won der vngelert den gelerten Mag ¢o wenig vber herten Sam d’ blö¢¢ mag einen man Der ganczen härne¢ch füret an Dar vmb des er¢ten kùnnen ¢chol Yecleicher vil ¢under wol Schon vn ¢aub’leichen reyten Auf vn ab zder tenchen ¢eyten Sicz der man an vnder lࢢ Dar zu ¢ey der ¢tegräyff mࢢ Daz ¢ich ¢o einer mug d’heben Jn dem ¢attel daz man legen Möcht ein kugel vnter in Die payne ¢chol man ¢treken hin Vn die knie doch zemen haben Die sporn nicht gen dem phärde t~gen Den zaume hab ı ¢einer gewalt Sicz aufrecht in ¢chlechter g¢talt Der dann mit dem ¢per wil reyten Der trachti daz z der andern ¢eyten Der ¢tegräyff vmb ein halbeu ¢pang Für den andern ¢tegräyff hang Smukt er ¢ich ein tail hin an De¢t minr man ym ge¢chäden kan Des er¢ten ¢chol er ¢tapfen hin Darnach bald daz i¢t der ¢in Vnd wil er treffen alle zeit So nem den lauffe nit ze weyt Pey frid ¢o ¢chol man wàppen chauffen Der nicht enwelle nakend laùffen Vor dem veinde an der zeit So der haben i¢t der ¢treyt Jn den ¢elben ¢achen Der haubtman ¢chol auch wachen Nicht en¢chlaffen daz i¢t recht Er ¢chol die ritter vn die knecht Nicht ¢o füren gar verwegen Des ge¢indes leben mu¢¢ er phlegen Vn zùhen ¢ich ze velde ¢o Da man haber vind vn ¢tro Holcz vn wa¢¢er des i¢t not Daz die phärt nicht liegen tod
8321 treffen: korrigiert aus trieffen, i gestrichen.
Text nach Ed. Wießner 8290 8290 Ze frides zeit (daz füegt im bas) Und haiss sein gsinde tag und nacht Üeben sich in ritterschaft Mit stechenn und turnieren Und anderm jubilieren; 8295 8295 Won der ungelert den glerten Mag so wenig überherten Sam der bloss mag einen man, Der gantzen härnesch füeret an. Dar umb des ersten künnen schol 8300 8300 Iecleicher vil sunder wol Schon und sauberleichen reiten. Auf und ab zder tenchen seiten Sitz der man an underlass! Dar zuo sei der stegraiff mass, 8305 8305 Daz sich so einer müg derheben In dem sattel, daz man legen Möcht ein kugel unter in! Die paine schol man streken hin Und die knie doch zemen haben, 8310 Die sporn nicht gen dem phärde tragen. Den zaume hab in seiner gwalt, Sitz aufrecht in schlechter gstalt! Der dann mit dem sper wil reiten, Der trachti, daz zder andern seiten 8315 Der stegraiff umb ein halbeu spang 8315 Für den andern stegraiff hang! Smukt er sich ein tail hin an, Dest minr man im geschaden kan. Des ersten schol er stapfen hin, 8320 Dar nach bald: daz ist der sin; 8320 Und wil er treffen alle zeit, So nem den lauffe nit ze weit! Pei frid so schol man wappen chauffen, Der nicht enwelle nakend lauffen 8325 Vor dem veinde an der zeit, 8325 So derhaben ist der streit. In den selben sachen Der haubtman schol auch wachen, Nicht enschlaffen: daz ist recht. 8330 8330 Er schol die ritter und die knecht Nicht so füeren gar verwegen. Des gsindes leben muoss er phlegen Und zühen sich ze velde so, Da man haber vind und stro, 8335 Holtz und wasser: des ist not, 8335 Daz die phärt nicht ligen tod
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mit seinen Aktivitäten beginnen und seinen Leuten befehlen, sich ohne Unterlass in ihren Ritterkünsten, mit Stechen, Turnieren und Belustigungen dieser Art weiter auszubilden. Denn ein Ungeübter kann einen Geübten ebenso wenig überwinden, wie ein Ungeschützter jemanden, der einen vollständigen Harnisch trägt. Deshalb soll jeder Kämpfer insbesondere die Reitkunst perfekt beherrschen. Immer wieder soll der Mann auf der linken Seite auf- und absitzen. Außerdem soll der Steigbügel dazu dienen, dass sich einer so aus dem Sattel heben kann, dass man ihm eine Kugel unterlegen könnte. Die Beine soll man ausstrecken, die Knie jedoch eng anlegen, dabei die Sporen aber nicht zum Pferd hinstrecken. Den Zaum soll er sicher führen und aufrecht in lockerer Haltung reiten. Wer sodann mit dem Speer reiten will, der achte darauf, dass der Steigbügel auf der anderen Seite eine halbe Spanne länger als auf der Gegenseite herunterhängt. Wenn er sich dann auch noch an das Pferd anschmiegt, kann man ihm umso weniger schaden. Zunächst soll er im Schritt reiten, dann im Galopp: So ist es richtig. Und wenn er sicher treffen will, dann sollte er keinen zu weiten Anlauf nehmen. Bereits in Friedenszeiten soll man seine Waffen erwerben, wenn man nicht zu Beginn des Kampfes vor dem Feind völlig schutzlos sein will. Bei allen diesen Dingen soll der Hauptmann wachsam sein und sie nicht verschlafen: So ist es richtig. Auch soll er seine Ritter und Kriegsknechte nicht in Risiken führen, sondern muss das Leben seiner Leute bewahren und sich im Kampfgebiet dort aufhalten, wo man Hafer und Stroh, Holz und Wasser findet. Das ist dringend notwendig, damit die Pferde nicht tot liegen bleiben
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Text nach Ed. Wießner
Noch der men¢che gepre¢ten hab Das er an creften neme ab Das wa¢¢er das man trinken ¢chol Schol man vor credenczen wol Vnd auch die frömden speys da pey Wil man we¢en giftes frey Jn chaym wald ¢chol er beleyben Noch pey mös die nacht vertreiben Dar zu ¢chol er ¢peher haben Die ym tägleich mùgin ¢agen Der veinten willen vn ir macht Secht daz geyt die be¢ten craft Vn i¢t der veinten gar ze vil So wi¢¢ daz ich ym ràten wil Daz er häymleich ¢eu der ¢chleych Wil er werden ¢iges reich Oder mag daz nicht ge¢ein So tü noch / nach der lere meyn Vnd warti ir an ¢ölcher ¢tat Da ers am ertreich be¢¢ers hab Sein ¢eu krencher oder geleich So mag ein haubtman gmütes reich Freyleich la¢¢en lauffen dar Schlahen rùmpeln ı die ¢char Doch ¢ag ich ob eins ge¢chäch Daz man an dem le¢ten ¢äch Anders nichczit dann den tod So mag er fliehen in der not Daz i¢t d’ aller be¢te ¢treyt Den man da vindet ze der zeyt Der ¢eu auer haben wolt Ze geuangen ¢am man billeich ¢cholt Doch àn töten ¢o ràt ich Daz yeder geb ze gefangen ¢ich Lieber dann ym werd ge¢ant Ha¢en¢wancz ze ¢einer ¢chand Sund’leichen daz er werd Vberhaben des auf erd So ¢chol er ¢ich ze ¢treyten heben Mit dem rò¢¢uolk auf die eben Mit dem fu¢¢uolk auf die perg Daz ym der obertayle werd J¢t das gpirgig ¢ey daz land Die ¢chùczen ¢chik er doch ze land Hin für die andren daz i¢t gut Das ge¢cho¢¢ den er¢ten ¢chaden tut Dar zu ¢o ¢chol er auch die ¢char
Noch der mensche gpresten hab, Das er an creften neme ab. Das wasser, das man trinken schol, Schol man vor credentzen wol 8340 Und auch die frömden speis da pei, Wil man wesen giftes frei. In chaim wald schol er beleiben Noch pei mos die nacht vertreiben. Dar zuo schol er speher haben, 8345 Die im tägleich mügin sagen Der veinten willen und ir macht: Secht, daz geit die besten craft! Und ist der veinten gar ze vil, So wiss, daz ich im raten wil, 8350 Daz er haimleich seu derschleich, Wil er werden siges reich; Oder, mag daz nicht gesein, So tuo noch nach der lere mein Und warti ir an sölcher stat, 8355 Da ers am ertreich bessers hab! Sein seu krencher oder geleich, So mag ein haubtman gmüetes reich Freileich lassen lauffen dar, Schlahen, rumpeln in die schar. 8360 Doch sag ich: ob eins geschäch, Daz man an dem lesten säch Anders nichtzit dann den tod, So mag er fliehen in der not. Daz ist der aller beste streit, 8365 Den man da vindet ze der zeit. Der seu aver haben wolt Ze gfangen, sam man billeich scholt, Doch an töten, so rat ich, Daz ieder geb ze gfangen sich 8370 Lieber, dann im werd gesant Hasenswantz ze seiner schand. Sunderleichen, daz er werd Überhaben des auf erd, So schol er sich ze streiten heben 8375 Mit dem rossvolk auf die eben, Mit dem fuossvolk auf die perg, Daz im der obertaile werd. Ist, das gpirgig sei daz land, Die schützen schik er doch ze hand Hin für die andren: daz ist guot! Das gschoss den ersten schaden tuot. Dar zuo so schol er auch die schar
8352 werden: d verkleckst, eventuell Korrektur.
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oder der Mensch solchen Mangel erleidet, dass er immer kraftloser wird. Das Wasser, das man trinken will, soll man ebenso vorkosten lassen wie die unbekannten Speisen, wenn man sich gegen Giftanschläge schützen will. Der Hauptmann soll in keinem Wald bleiben und auch nicht im Moor die Nacht verbringen. Außerdem soll er über Kundschafter verfügen, die ihm täglich die Absichten und die Macht der Feinde mitteilen können. Schaut, das erst verschafft wirkliche Überlegenheit. Wenn die Feinde allerdings in der Überzahl sind, dann rate ich ganz entschieden, dass er sich heimlich an sie heranschleicht, wenn er den Sieg gewinnen will. Oder aber, wenn das nicht möglich ist, dann soll er meiner Überzeugung folgen und sie an einer solchen Stelle abpassen, wo er günstigere Bodenbedingungen für sich findet. Wenn die Feinde schwächer oder gleich stark sind, dann allerdings kann ein mutiger Hauptmann diese offen angreifen lassen, in Verwirrung bringen und gegen sie losschlagen. Doch sage ich auch: Wenn es dazu kommen sollte, dass man letzten Endes nur noch den Tod vor Augen hat, dann kann man sich in dieser Notlage auch zur Flucht wenden. Das alles sind die am ehesten anerkannten Formen des Kampfes, die man derzeit finden kann. Wenn es nun aber unvermeidlich ist, dass sie gefangen genommen werden, ohne dabei getötet zu werden, dann ist mein Rat, dass sie sich lieber gefangen nehmen lassen, als dass ihnen als Zeichen ihrer Schande ein Hasenschwanz übermittelt würde. Wenn der Hauptmann das vermeiden will, dann sollte er mit seiner Reiterei in ebenem Gelände kämpfen, mit seinem Fußvolk aber auf die Berge steigen, damit er auf diese Weise Überlegenheit erlangt. Wenn das Land gebirgig ist, sollte er die Bogenschützen sofort vor den anderen Stellung beziehen lassen: Das ist von Vorteil. Denn die Geschosse richten den ersten Schaden an. Außerdem muss er seine Truppe
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Zemen halten fe¢t vn gar Vnd die / die krench¢ten mü¢¢en ¢ein Die machin ¢ich enmitt hin ein Niemand für den andern l䢢 Tretten hin daz i¢t die mࢢ J¢t das lande alles eben So ¢cholt du nach den ¢chùcze legen Die reyter die / die langen ¢per Rennen dùrch die veinde her Dar nàch die mit den ¢werten Daz ¢eu die helm zer ¢erten Die zfu¢¢en ¢eygin auch da pey Ob ein reyter gefallen ¢ey Aus dem ¢attel vn da nider Das ¢eu ym helffin wider Der veinten phärt ¢eu ¢chùllen ¢techen Vnd der gfallner drù¢¢el brechen Ringen ¢chlahen dar zu wùrgen Daz ander fu¢¢uolk nider mùrden Vnd ob der ¢ige wär der gangen So nemin ¢eu daz v` berig zgfangen J¢t es aber alles gepirggig So hab daz obertäyl vil wirdig Die ¢chùczen für die reyter ab Die phert ¢eu pinden zu dem hag Vnd ¢chie¢¢in mit den lanczen dar Daz ir die veinde werdin gewar Die ¢chùllen ¢eu aùch vberdrıgen So mag in de¢ter bas gelingen Vn ob in got daz glùk verhengt Daz man die veinde ¢chint vn pfendt So ¢chol der haubtman taylen hin Yedem man nach rechtem gewin Ze allen zeiten gehört dar zu Daz der haubtman ¢pàt vn fru Sehen ¢chol zu ¢einem ge¢ind Ob er de häinen chriege vind Vnt’ inn daz er daz pring Ze äynem ¢un mit de geding Daz der ¢chùldig gepe¢¢ert ¢ey So bleybt daz volke ¢chanden frey Won chäyn chrieg daz land ¢o ¢iert Dann der zwùch¢chen freunde gpirt Do ¢p~ch Paggenzan der man We wie wench ich rechtens kàn
Text nach Ed. Wießner Zemen halten fest und gar 8385 Und, die die krenchsten müessen sein, Die machin sich enmitt hin ein! Niemand für den andern lass Tretten hin: daz ist die mass! Ist das lande alles eben, 8390 So scholt du nach den schützen legen Die reiter, die die langen sper Rennen durch die veinde her, Dar nach die mit den swerten, Daz seu die helm zerserten. 8395 8395 Die zfüessen seigin auch da pei, Ob ein reiter gfallen sei Aus dem sattel und da nider, Das seu im des helffin wider. Der veinten phärt seu schüllen stechen 8400 Und der gfallnen drüssel brechen, 8400 Ringen, schlahen, dar zuo würgen, Daz ander fuossvolk nider mürden; Und ob der sige wär dergangen, So nemin seu daz überig zgfangen! 8405 8405 Ist es aber alles gpirggig, So hab daz obertail vil wirdig, Die schützen für, die reiter ab: Die phert seu pinden zuo dem hag Und schiessin mit den lantzen dar, 8410 Daz ir die veinde werdin gwar! 8410 Die schüllen seu auch überdringen: So mag in dester bas gelingen. Und ob in got daz glük verhengt, Daz man die veinde schint und pfendt, 8415 8415 So schol der haubtman tailen hin Iedem man nach rechtem gwin. Ze allen zeiten ghört dar zuo, Daz der haubtman spat und fruo Sehen schol zuo seinem gsind, 8420 8420 Ob er dehainen chriege vind Unter inn, daz er daz pring Ze einem suon mit dem geding, Daz der schuldig gpessert sei: So bleibt daz volke schanden frei; 8425 Won chain chrieg daz land so sirt, 8425 Dann der zwüschen freunden gpirt.’ Do sprach Paggenzan der man: ‘We, wie wench ich rechtens kan!
8387 l䢢: Diakritikum über ä. 8394 die: davor dich gestrichen. 8401 Strichmarkierung vor dem Vers. 8412 mag in: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 8427 Doppelstrich vor dem Vers.
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fest zusammenhalten, wobei die Schwächsten in ihrer Mitte eingebunden bleiben sollen. Lass nicht zu, dass einer sich vor die anderen stellt: Das ist die Regel! In ebenem Gelände musst du auf die Bogenschützen die Berittenen folgen lassen, die mit ihren langen Speeren die feindlichen Reihen durchbrechen, danach jene, die mit ihren Schwertern den Feinden die Helme zerschlagen. Das Fußvolk soll auch bereitstehen, um den Reitern, die aus dem Sattel gestürzt sind, wieder aufs Pferd zu helfen. Die Pferde der Feinde aber sollen sie erstechen, den vom Pferd Gefallenen die Gurgel zertreten, sie niederringen, erschlagen oder erwürgen, aber auch das feindliche Fußvolk ermorden. Und wenn sie schließlich den Sieg errungen haben, sollen sie die Übriggebliebenen gefangen nehmen. Im gebirgigen Gelände hingegen soll man die höhere Position bevorzugen, die Bogenschützen vorausstellen, die Reiter absitzen lassen. Ihre Pferde sollen sie am Gebüsch anbinden, aber ihre Lanzen dorthin schleudern, wo die Feinde sie zu spüren bekommen. Wenn sie sie dabei noch überraschen, werden sie umso erfolgreicher sein. Und wenn ihnen Gott dann noch das Glück schenkt, dass sie die Feinde bis aufs Hemd ausplündern und als Geiseln nehmen, dann soll der Hauptmann jedem Mann seinen gerechten Anteil davon zukommen lassen. Zu den zeitlich nicht befristeten Aufgaben des Hauptmanns gehört, dass er fortwährend bei seinem Gefolge darauf achtet, ob es irgendwelche Streitereien unter ihnen gibt, und dass er diese in der Hoffnung schlichtet, dass der Schuldige gebessert wird. Auf diese Weise bleibt seiner Truppe Schande erspart. Denn kein Krieg zerstört das Land so sehr, wie der zwischen Freunden.“ Darauf sagte Backenzahn, der Mann aus Schwyz: „Oh je, wie wenig ich vom Recht verstehe!
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Jich wäi¢¢ vil chläine waz die g¢chrift Singet ¢aget oder ¢tift Des antwùrt Strudel do vn ¢prach Dar vmb nempt euch kayn vngemach Nach ewer gwonhäit halt dz gricht Vn acht vil wench der and’r g¢chrift Tut ¢am euch gewi¢¢en i¢t Secht daz i¢t die be¢te li¢t Von Mäczendorff der haubtman Hub ein andreu fràg do an Sagt mir was i¢t ewer ràt Ob mir einr gelihen hat Phärt ald här ne¢ch ze de ¢treyt Das verleur ich ze der zeyt Mu¢¢ ich es icht wider geben Nayn du ¢prach do Strudel eben Won er wi¢¢et vor hin wol Daz der ¢treyt i¢t scades vol Won vier gemochten nie d’¢treyten So vil daz einer hiet ze reyten Mit got vn mit dem rechten Den nùcze hat daz vechten Dar vmb daz rechte ¢ich ver¢icht Er wolt dirs geben leyhen nicht Es ¢ey dann daz er gedinget hab Ym ¢ein ¢chäden ze nemen ab Laureyn der lag an der làg Vnd tet dem Strudel auch ein fràg Wey¢er may¢ter ¢agt vns an Wie tun wir dem gefangen man Strudel hiet geantwùrt do Des wolt er Laureynn eren ¢o Vn ¢prach die fràg i¢t hoh’ mär Meinen ¢innen gar ze ¢war Dar vmb ¢o mu¢¢ ich ¢uchen Ayn antwurt an den buchen Des cham er pey einr weil her vmb Vn ¢p~ch es i¢t mir noch ze chrùmb Do ¢am ich der kennen chan Jch vind daz all guangen man Mag man temmen ze der ge¢chicht Ob man ¢ich für wàrs ver¢icht Daz ir leben ¢chaden tät Yr verhay¢¢en nicht wär ¢tät Es war dann daz in offem ¢treyt Ver¢ichert war des manes leyb Der ¢ù¢t ein bo¢wicht nicht enwär
Text nach Ed. Wießner Ich waiss vil chlaine, waz die gschrift 8430 8430 Singet, saget oder stift.’ Des antwürt Strudel do und sprach: ‘Dar umb nempt euch kain ungemach! Nach ewer gwonhait halt daz gricht Und acht vil wench der ander gschrift! 8435 8435 Tuot, sam euch gewissen ist: Secht, daz ist die beste list!’ Von Mätzendorff der haubtman Huob ein andreu frag do an: ‘Sagt mir, was ist ewer rat: 8440 8440 Ob mir einr gelihen hat Phärt ald härnesch ze dem streit, Das verleur ich ze der zeit, Muoss ich es icht wider geben?’ ‘Nain du,’ sprach do Strudel eben, 8445 8445 ‘Won er wisset vor hin wol, Daz der streit ist schadens vol; Won vier gemochten nie derstreiten So vil, daz einer hiet ze reiten Mit got und mit dem rechten: 8450 8450 Den nutze hat daz vechten. Dar umb daz rechte sich versicht: Er wolt dirs geben, leihen nicht, Es sei dann, daz er gdinget hab, Im sein schaden ze nemen ab.’ 8455 Laurein der lag an der lag 8455 Und tet dem Strudel auch ein frag: ‘Weiser maister, sagt uns an: Wie tuon wir dem gefangen man?’ Strudel hiet geantwürt do; 8460 Des wolt er Laureinn eren so 8460 Und sprach: ‘Die frag ist hoher mär, Meinen sinnen gar ze swär; Dar umb so muoss ich suochen Ein antwurt an den buochen.’ 8465 Des cham er pei einr weil her umb 8465 Und sprach: ‘Es ist mir noch ze chrumb; Doch, sam ich derkennen chan, Ich vind, daz all gevangen man Mag man temmen ze der gschicht, 8470 Ob man sich für wars versicht, 8470 Daz ir leben schaden tät, Ir verhaissen nicht wär stät, Es wär dann, daz in offem streit Versichert wär des mannes leib, 8475 Der süst ein boswicht nicht enwär: 8475
8453 Am unteren Rand der Seite Reklamante: Ym ¢ein ¢chaden.
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Und nur bruchstückhaft weiß ich, was das Geschriebene singt, sagt oder sonst veranlasst.“ Darauf antwortete Strudel und sagte: „Da macht euch mal nichts draus! Das Gericht soll euer Gewohnheitsrecht zugrunde legen und die anderen Schriften nur wenig berücksichtigen! Handelt so, wie es euch bekannt ist. Das ist sicher am vernünftigsten!“ Der Hauptmann von Mätzendorf warf nun eine Frage auf. „Sagt, was ist Euer Rat: Wenn mir einer für den Kampf Pferd oder Harnisch geliehen hat, und ich verliere sie dabei, muss ich sie ihm dann erstatten?“ „Nein“, sagte Strudel eindeutig, „denn er hat vorher genau gewusst, dass ein Kampf vielerlei Schaden mit sich bringt. Denn noch nie konnten vier so miteinander kämpfen, dass einer von ihnen Gott und das Recht ganz auf seiner Seite hatte. Nur diesen Nutzen bringt der Kampf! Darum ist die Rechtslage ganz eindeutig. Er wollte dir Pferd oder Harnisch schenken, nicht nur leihen. Es sei denn, dass er die Bedingung genannt hat, dass ihm sein Schaden zu vergüten sei.“ Laurin lag auf der Lauer und stellte Strudel auch eine Frage: „Weiser Meister, teilt uns mit: Wie behandeln wir die Gefangenen?“ Strudel hätte gleich antworten können, doch wollte er Laurin eine Ehre erweisen und sagte: „Diese Frage ist von größter Bedeutung, für meinen Verstand viel zu hoch. Deshalb muss ich eine Antwort in den Büchern suchen.“ Und so kam er erst nach einer Weile zurück und sagte: „Es ist mir noch nicht ganz klar. Doch wenn ich richtig sehe, so darf man alle Gefangenen in dem Fall töten, dass man davon überzeugt ist, dass ihr Weiterleben schädlich wäre und ihre Versprechungen nichts wert sind. Das trifft aber dann nicht zu, wenn einem Mann in offener Schlacht das Leben versprochen worden ist, der auch sonst nicht als Übeltäter gilt.
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Text nach Ed. Wießner
Den ¢cholman la¢¢en ane swär Daz gut daz hat er doch verlorn Ym wär dann auch da für ge¢worn Doch ¢o i¢t des kay¢ers recht Daz ¢ein geuangen äygen chnecht Werden ¢o er ¢elber vicht Nach der alten püch’ gericht Einn hürren¢un den ¢cholman vahen Wie man mag vn dar zu gahen Vnd wùrgen ym den drù¢¢el ab Wie wol man ym verhai¢¢en hab Mocht er an ver¢ichern nicht Geuangen werden ob er ¢pricht Halten mir die rechte mein Dar zu ¢chol ym geantwurt ¢ein Wie macht daz recht nu ruffen an Vn ha¢t ¢o oft da wider getan Dein recht daz i¢t ein galgen ¢trik Der dich pey deinem hals ver ¢chlik Hie pey mùgt es wi¢¢en wol Wie man Lappenhau¢er ¢chol Richten aus in ¢ölher not Won ir fröd i¢t vn¢er tod Die frömden ¢chol man la¢¢en gen Daz ir auch mùgt de¢t bas be¢ten Her Dyetreich da von Perne Der wolt auch hòren gerne Wie es vmb die geuangen wär Den daz ley¢ten daucht ze ¢wär Do ¢prach der Strudel ye¢o dràt Daz i¢t nicht die myn¢te frag Hie ¢chol man trachten pey Ob ein man geuangen ¢ey Von bö¢en leuten vmb ¢ein hab So mag er wol nach rechter ¢ag Prechen an dem läy¢ten ¢o Wie vil er hiet verhai¢¢en do Won niemant von ¢einr mi¢¢etät Gewinnen ¢chol das ¢ag ich dràt So i¢t der ¢itt ı offem ¢treyt Ob ein man geuangen leyt Vnd ¢ich wil der bitten aus Häym zefaren in ¢ein haus Dar zu auch ver¢prechen wil Sich antwùrten ze eine zil Daz er vil billeich lay¢ten ¢chol
Den schol man lassen ane swär. Daz guot daz hat er doch verlorn, Im wär dann auch da für gesworn. Doch so ist des kaisers recht, Daz sein gevangen aigen chnecht 8480 Werden, so er selber vicht, Nach der alten püecher gricht. Einn hüerrensun den schol man vahen, Wie man mag, und dar zuo gahen Und würgen im den drüssel ab, 8485 Wie wol man im verhaissen hab, Mocht er an versichern nicht Gevangen werden. Ob er spricht: “Halten mir die rechte mein!” Dar zuo schol im geantwurt sein: 8490 “Wie macht daz recht nu rüeffen an Und hast so oft da wider getan? Dein recht daz ist ein galgenstrik, Der dich pei deinem hals verschlik!” Hie pei mügt es wissen wol, 8495 Wie man Lappenhauser schol Richten aus in sölher not; Won ir fröd ist unser tod. Die frömden schol man lassen gen, Daz ir auch mügt dest bas besten.’ 8500 Her Dietreich da von Perne Der wolt auch hören gerne, Wie es umb den gvangen wär, Den daz leisten däucht ze swär. Do sprach der Strudel ieso drat: 8505 ‘Daz ist nicht die minste frag. Hie so schol man trachten pei, Ob ein man gevangen sei Von bösen leuten umb sein hab: So mag er wol nach rechter sag 8510 Prechen an dem laisten so, Wie vil er hiet verhaissen do; Won niemant von seinr missetat Gewinnen schol: das sag ich drat. So ist der sitt in offem streit, 8515 Ob ein man gevangen leit Und sich wil derbitten aus, Haim ze faren in sein haus, Dar zuo auch versprechen wil, Sich antwürten zeinem zil, 8520 Daz er vil billeich laisten schol,
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8482 alten: t korrigiert aus l. 8483 Einn: E Korrektur, links neben der Spalte e vermerkt. 8489 rechte: am Ende des Wortes Buchstabe radiert.
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Den jedenfalls soll man nicht weiter verfolgen. Seinen Besitz allerdings hätte er auch dann verloren, wenn der ihm per Eid zugesagt worden wäre. Allerdings legt das kaiserliche Recht auch fest, dass Eigenknechte, die im Kampf gegen den Kaiser gefangen werden, auch gefangen bleiben, so jedenfalls das Urteil alter Rechtsbücher. Einen Hurensohn hingegen soll man gefangen nehmen, wie auch immer man es hinbekommt, und ihn eilends erwürgen, auch wenn man ihm versprochen hat, sein Leben zu schonen, falls er nur unter dieser Zusicherung gefangen genommen werden konnte. Wenn er ruft: ‚Achtet meine Rechte!‘, dann soll man ihm darauf antworten: ‚Wie kannst gerade du dich auf das Recht berufen, der du so oft dagegen verstoßen hast? Dein Recht ist ein Galgenstrick, der deinen Hals verknoten soll!‘ Daraus könnt ihr genau entnehmen, wie man die Lappenhausener in einer solchen Situation fertigmachen soll. Denn was sie freut, ist unser Tod. Die fremden Kämpfer hingegen sollt ihr ziehen lassen, damit auch ihr umso eher überlebt.“ Herr Dietrich von Bern wollte sehr gern noch hören, wie man sich gegenüber einem Gefangenen verhalten soll, der das zu leisten als zu schwierig ansähe. Darauf antwortete Strudel jedoch: „Das ist doch überhaupt nicht die Frage! In diesem Fall muss man berücksichtigen, ob jemand von Verbrechern wegen seines Eigentums gefangen genommen worden ist: Dann jedenfalls kann er nach allgemeiner Rechtsauffassung die Einlösung dessen, was er zu leisten versprochen hat, verweigern. Denn niemand darf aus seinem Verbrechen einen Gewinn ziehen: Das sage ich sogleich dazu. Demgegenüber ist allgemein anerkannt, dass ein Mann, sofern er im offenen Kampf gefangen genommen worden ist und den Wunsch äußert, in sein Haus zurückzukehren, das Versprechen, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder einzufinden, auch tatsächlich einlösen soll,
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Er war dann daz er wi¢¢ti wol Daz er des lay¢tens mü¢¢e ¢terben Oder an eim lid verderben Vn hiet ein andrer joch ver¢prochen Das ¢chol beleibn vngerochen Dar nach ¢o chàment etleich leut Von Ni¢¢ingen in alt’ heut Vn ¢prachent zu dem Strudel do Wir habent recht die ¢prechent ¢o Daz alter nicht gepunden i¢t Zu dem ¢treyt dehainer fri¢t Dar vmb wir bitent euch ze ¢tett Daz ir vns ¢treytens vberhebt Strùdel in die red verwarff Die alten ¢ind der ich bedarff Sprach er zu den grey¢en do Wär ir vil das tät mich fro Jch wäy¢¢ wol das des ¢treytes macht J¢t nicht alläin an leybes craft An gemüte pfärden vnd an ey¢en Der be¢te tayl leit an den wei¢en Die mit einer zùngen chläin Schlahent durch die veint gemäyn Doch so ¢chol man merken das Von den alten die vil bas Dar zu chùmin dan die jùngen Von den andern ¢ey euch g¢ungen Daz vor ¢echzehn jàrn ein knab Vnd wer ir vber ¢echzig hab Rùwen ¢chol ze chrieges zeyt Nyemat zu jùng in zu dem ¢treyt Dar zu wer ym mag gehaben Lebentiger fùnf knaben Pey der e vn dannocht ¢o Ob ir einr tod wer do Do man den gemaynen nùcze warb Ob er doch mit eren ¢tarb Die frauwen ¢ein auch au¢genomen Seu wollen dann mit ¢taynen fromen Kayn ¢iecher ¢chol auch ¢treyten nicht Das was ein e¢el der das ¢pricht Sprachent do die andern ¢o Vnd wie da was ge¢prochen do
Es wär dann, daz er wissti wol, Daz er des laistens müese sterben Oder an eim lid verderben; Und hiet ein andrer joch versprochen, Das schol beleiben ungerochen.’ Dar nach so chament etleich leut Von Nissingen in alter heut Und sprachent zuo dem Strudel do: ‘Wir habent recht, die sprechent so, Daz alter nicht gepunden ist Zuo dem streit dehainer frist. Dar umb wir bitent euch zestett, Daz ir uns streitens überhebt.’ Strudel in die red verwarff. 8535 ‘Die alten sind, der ich bedarff,’ Sprach er zuo den greisen do, ‘Wär ir vil, das tät mich fro. Ich waiss wol, das des streites macht Ist nicht allain an leibes craft, 8540 An gmüete, pfärden und an eisen: Der beste tail leit an den weisen, Die mit einer zungen chlain Schlahent durch die veint gemain. Doch so schol man merken das 8545 Von den alten, die vil bas Dar zuo chümin dan die jungen. Von den andern sei euch gsungen, Daz vor sechzehn jarn ein knab Und, wer ir über sechzig hab, 8550 Ruowen schol ze chrieges zeit (Niemant zwing in zuo dem streit!), Dar zuo, wer im mag gehaben Lebentiger fünf knaben Pei der e und dannocht so, 8555 Ob ir einer tod wär do, Do man den gmainen nutze warb, Ob er doch mit eren starb. Die frauwen sein auch aus genomen, Seu wollen dann mit stainen fromen. Kain siecher schol auch streiten nicht.’ ‘Das was ein esel, der das spricht,’ Sprachent do die andern so. Und wie da was gesprochen do,
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8525 ver¢prochen: ¢ auf p korrigiert, p wiederholt. 8536 Rechts neben der Zeile Kreuzmarkierung. 8546 Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: j. 8553 wer: da8542 no rechts neben der Zeile. vor radiert. 8557 nùcze: e am Ende des Wortes kleiner hinzugefügt. 8560 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso der folgende. 8561 Zwischem diesem und dem folgenden Vers links am Rand no. 8562 was: s korrigiert aus anderem Buchstaben.
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es sei denn, er wüsste genau, dass er mit dem Einlösen seines Versprechens sterben müsste oder an einem Körperteil verletzt würde. Dann soll, auch wenn ein anderer sich dafür verbürgt hätte, der Bruch des Versprechens ungesühnt bleiben.“ Anschließend kamen einige aus Nissingen, die schon älter aussahen, zu Strudel und sagten: „Wir haben Rechtssatzungen, die verordnen, dass Alte unter keinen Umständen am Kampf zu beteiligen sind. Aus diesem Grund bitten wir Euch hier und jetzt, uns vom Kampf zu befreien.“ Strudel jedoch lehnte das ab: „Es sind doch gerade die Alten, die ich brauche“, sagte er zu den Graubärten. „Wenn wir viele von ihnen hätten, würde mich das freuen. Ich weiß sehr gut, dass die Überlegenheit im Kampf nicht allein von Körperkraft, Mut, Pferden oder Eisen abhängt. Den größten Anteil an ihr haben vielmehr die Klugen, die mit ihrer kleinen Zunge die feindlichen Reihen durchschlagen. Dies also soll man von den Alten lernen, die das viel leichter erreichen als die Jungen. Von den anderen will ich euch mitteilen, dass die Jungen unter sechzehn und über Sechzigjährige sich an Kämpfen nicht beteiligen sollen. Niemand zwinge sie zum Kampf! Außerdem: Wenn jemand in seiner Ehe und auch darüber hinaus fünf Söhne am Leben hat, so hätte er bereits dem gemeinen Nutzen gedient, wenn einer von ihnen, und dies auch noch in Ehren, stürbe. Auch die Frauen sollen vom Kampf ausgenommen werden, es sei denn, dass sie sich mit Steineschleppen nützlich machen. Und auch kein Kranker soll sich am Kampf beteiligen.“ „Wenn einer so spräche, dann wäre er ein Esel“, sagten darauf die anderen. Und annähernd so,
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Vil nahent ¢aytent ze der ¢tund Lappenhau¢er wider vmb Das hielten auch bis morgens fru Paydeu täyl daz gehort dar zu Doch belibend ane peycht Lappenhau¢er won der gewicht Seu do nicht verhorren wolt Sam er auch nicht hörren ¢cholt Sech do ¢prachens aus eim ¢pott Nù helf vns doch d’ alt got Do nu dertag ward er¢t geporn Der Leybinger er¢chiel ¢ein hòrn Das hiet man für daz her horn do Des tages warens alle fro Rüfli dar vn Saych in Chrug Der Lappenhau¢er paner trug Dar an ich wainn daz gemalet war Mit einem ¢pul ein ¢neyder ¢chär Vn prachent auf von irm gezelt Gen der linden auf daz daz veld Da ¢ey da wolten ¢treyten Jn den ¢elben zeiten Der mäger zu dem here ¢prach Wol mir daz ich ie ge¢ach Ein her ¢o ¢chon mit gancz’ mùgend Jn ¢o wunecleicher jugent Sam es ¢eit des machtt euch fro Vn haltend euch noch heut al¢o Daz wir gewinen er vn gut Daz ein freyer har¢ch wol tut Wil er legen ¢einen ¢in Auf er vnd gut vnd auf gewin Dar vmb gepeut ich pey dem haubt Saylich ¢ey der mir es gelaubt Allen rittern vn auch knechten Daz ¢eu ¢ich ¢tellen heut ze vechten Ritter leich an alles fliehen Dar zu ¢chol auch kayner ziehen Für den andern an mein wort Vnd ¢chüff er ioch einn gro¢¢en hord Vn¢erm her daz hulff in nicht Jch tät ym ¢am einn hürrenwicht Gunt’fay nu ¢chlach dar an So fröwt ¢ich ro¢¢ mit ¢ampt de man Yeder ¢chre al¢o ich ¢werr Vber ¢eu herr vn vber ¢eu herr
Text nach Ed. Wießner 8565 8565 Vil nahent saitent ze der stund Lappenhauser wider umb. Das hielten auch bis morgens fruo Paideu tail: daz ghört dar zuo. Doch belibend ane picht 8570 8570 Lappenhauser; won der gwicht Seu do nicht verhörren wolt, Sam er auch nicht hörren scholt. Secht, do sprachens aus eim spott: ‘Nu helf uns doch der alt got!’ 8575 8575 Do nu der tag ward erst geporn, Der Leibinger erschiel sein horn: Das hiet man für daz herhorn do. Des tages warens alle fro. Rüefli dar und Saichinchruog, 8580 8580 Der Lappenhauser paner truog, Dar an ich wän daz gmalet wär Mit einem spuol ein sneiderschär, Und prachent auf von irm gezelt Gen der linden auf daz veld, 8585 8585 Da sei do wolten streiten. In den selben zeiten Der mäger zuo dem here sprach: ‘Wol mir, daz ich ie gesach Ein her so schön, mit gantzer mugend, 8590 8590 In so wunnecleicher jugent, Sam es seit! Des macht euch fro Und haltend euch noch heut also, Daz wir gewinnen er und guot, Daz ein freier harsch wol tuot, 8595 8595 Wil er legen seinen sin Auf er und guot und auf gewin! Dar umb gepeut ich pei dem haubt (Sälich sei, der mir es glaubt!) Allen rittern und auch knechten, 8600 Daz seu sich stellen heut ze vechten Ritterleich, an alles fliehen. Dar zuo schol auch kainer ziehen Für den andern an mein wort. Und schüeff er joch einn grossen hord 8605 8605 Unserm her, daz hulff in nicht: Ich tät im sam eim hüerrenwicht. Gunterfai, nu schlach dar an! So fröwt sich ross mit sampt dem man. Ieder schrei, also ich swerr: 8610 “Über seu herr und über seu herr!”’
8569 Doppelstrich vor dem Vers. 8577 Das: a wohl aus e korrigiert. zwischen a und n. 8587 mäger: Superskript weit rechts über ge.
8581 wainn: i über dem Wort
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wie hier geredet wurde, sprachen zur gleichen Zeit auch die Lappenhausener darüber. Beide Seiten hielten es so bis zum frühen Morgen. Das gehört nun mal dazu. Allerdings hatten die Lappenhausener keine Gelegenheit zur Beichte, denn ihr Pfarrer wollte ihnen die Beichte nicht abnehmen, wie es ja auch völlig korrekt war. Und sieh doch bloß, wie spöttisch sie riefen: „Nun möge uns der alte Gott helfen!“ Mit dem ersten Morgengrauen ließ der Libinger sein Horn erschallen. Das galt als Zeichen für das Heer. Über diesen Tagesanbruch waren sie alle froh. Rüefli und Krugpisser trugen das Kriegsbanner der Lappenhausener, auf dem, wenn mich nicht alles täuscht, eine Spule und eine Schneiderschere abgebildet waren. Von ihrem Lager zogen sie los zur Linde auf dem Feld, wo sie kämpfen wollten. Der Dorfvorsteher hielt nun vor dem Heer folgende Ansprache: „Wie froh bin ich, dass ich hier vor mir ein so prächtiges Heer sehe: so voller Kraft und in jugendlichem Frohsinn, wie ihr es seid. Zeigt eure Freude nun aber auch und erhaltet sie euch heute, damit wir Ehre und Gut gewinnen. So stellt sich jedenfalls ein ritterlicher Haufen dar, wenn er auf Ehre, Gut und Gewinn aus ist. Deshalb befehle ich allen Rittern und Kriegsknechten bei Strafe des Geköpftwerdens – und selig möge sich preisen, wer mir folgt –, dass sie sich heute zum ritterlichen Kampf stellen und an Flucht nicht einmal denken. Auch soll sich keiner von ihnen ohne meinen ausdrücklichen Befehl vor die anderen drängen. Denn selbst wenn er dadurch unserem Heer einen erheblichen Vorteil einbrächte, würde ihm das nicht helfen. Ich würde ihn dennoch wie einen verdammten Hurensohn behandeln. Konterfax, nun schlag doch los, dann freuen sich Ross und Reiter. Und jeder soll den Schlachtruf schreien, mit dem ich euch beschwöre: Los, auf sie los, auf sie los!“
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Handschriftennaher Abdruck
Text nach Ed. Wießner
Trieffnas hiet ¢eynn mayden gࢢ Dar vmb er lauffen mu¢t die ¢tr䢢 Die weil cham auch her Fülizan Mit ¢eine paner da ¢tund an Ein ¢tok auf einem ambo¢¢ Mit einem ¢chindme¢¢er blo¢¢ Strudel der was nicht der bö¢t Er hiet ¢ein ge¢inde auch getrö¢t Er zoch hin gen der linden Der mayger lie¢¢ ¢ich vinden Die veinde warent nahent Daz ¢eu enander ¢ahent Kay¢er Lech¢pi¢¢ was ein ge¢ell Wer nù ze ritter werden well Sprach er do zu ¢einem ge¢ind Der mach ¢ich fürher ¢o ge¢wind Des cham da her ¢am aus eim traum Perchtold von dem Ker¢¢enpaum Ein edelman vn fechper gar Dar nàch ¢o cham geritten dar Chüni von Stochach Vnd der Tyrawät¢ch hin nach Häym von Greczingen Cham auch zu denen dingen Des zoch der kay¢er au¢ ¢ein ¢wert Vn ¢prach jr ¢eyts der eren werd Er ¢chlug ¢eu mit d’ chling entw’chs Vn ward in ¢ingend di¢en ver¢ Hie be¢¢er ritter danne knecht Die andren ¢prachent daz i¢t recht Doch ¢cholt es nicht reiten an Vor den frömden ¢prach d’ man Des hiet man in ge¢chenchet do Swert vn hent¢chùch gùrtlen ¢o Dar zu guldin ritter¢porn Da was es hie vn dort verlorn Des wart er rüffent ze d’ vart Die frauwen ¢ein vil rayn vn zart Dar vmb man ¢ey auch eren ¢chol Nù dar fro Hächel tüt ¢o wol Vnd machtt euch an den er¢ten ¢treyt Mit ewern tochtren des i¢t zeit Halt euch ¢am die zieren fie¢¢en Lࢢt euch ¢chie¢¢ens nicht verdrie¢¢en Fro Hächel was ir eren fro
Trieffnas hiet seinn maiden gass; Dar umb er lauffen muost die strass. Die weil cham auch her Fülizan Mit seinem paner; da stuond an Ein stok auf einem amboss 8615 Mit einem schindmesser bloss. Strudel der was nicht der böst: Er hiet sein gsinde auch getröst. Er zoch hin gen der linden: Der maiger liess sich vinden. 8620 Die veinde warent nahent, Daz seu enander sahent. Kaiser Lechspiss was ein gsell. ‘Wer nu ze ritter werden well,’ Sprach er do zuo seinem gsind, 8625 ‘Der mach sich fürher so geswind!’ Des cham da her sam aus eim traum Perchtold von dem Kerssenpaum, Ein edelman und fechper gar. Dar nach so cham geritten dar 8630 Chuoni von Stochach Und der Tirawätsch hin nach; Haini von Gretzingen Cham auch zuo denen dingen. Des zoch der kaiser aus sein swert 8635 Und sprach: ‘Ir seits der eren werd.’ Er schluog seu mit der chling entwerchs Und ward in singend disen vers: ‘Hie besser ritter danne knecht!’ Die andren sprachent: ‘Daz ist recht.’ ‘Doch scholt es nicht reiten an Vor den frömden,’ sprach der man. Des hiet man in geschenchet do Swert und hentschuoch, gürtlen so, Dar zuo guldin rittersporn: 8645 Do was es hie und dort verlorn. Des wart er rüeffent ze der vart: ‘Die frauwen sein vil rain und zart; Dar umb man sei auch eren schol. Nu dar, fro Hächel, tuot so wol 8650 Und macht euch an den ersten streit Mit ewern tochtren! Des ist zeit. Halt euch sam die zieren fiessen, Lasst euch schiessens nicht verdriessen!’ Fro Hächel was ir eren fro. 8655
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8611 Doppelstrich vor der Zeile. 8613 Fülizan: i über dem Wort über z. 8628 Ker¢¢enpaum: n mit Schlussbogen. 8633 Häym: m ohne Schlussbogen, eventuell i ohne Punkt, Häyni? 8647 Doppelstrich vor dem Vers. 8654 Vers reicht bis an Spalte b.
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Triefnas hatte sein Streitross aufgefressen, darum musste er zu Fuß gehen. Unterdessen kam auch Ritter Fülldenzahn mit seinem Banner daher. Auf dem waren ein Knüppel auf einem Amboss und ein blankes Schindermesser abgebildet. Strudel war auch nicht faul gewesen und hatte seinem Gefolge ebenfalls Mut zugesprochen. Auch er zog hin zur Linde und traf hier auf den anderen Dorfvorsteher. Inzwischen waren die Feinde einander schon so nahe, dass sie sich gegenseitig erkennen konnten. Kaiser Leckdenspieß war ein toller Kerl: „Wer noch Ritter werden will“, rief er seinen Leuten zu, „der soll rasch vor die Linien treten.“ Wie im Traum kam da Berthold von Kirschenbaum herbei, ein Edelmann und tapfer dazu. Nach ihm ritten noch Kuoni von Stockach und der Hauihmeine herbei. Auch Haym von Gretzingen folgte der Aufforderung. Nun zog der Kaiser sein Schwert und sprach: „Ihr seid aller Ehren wert.“ Dann schlug er sie mit der flachen Klinge und stimmte diesen einen Vers an: „Besser Ritter als Knecht!“, und die anderen sekundierten: „So ist es recht.“ „Dennoch“, so der Kaiser weiter, „sollt ihr die Fremden nicht als erste angreifen.“ Zwar hätte man ihnen ansonsten auch noch Schwert, Handschuhe und Gürtel sowie goldene Sporen geschenkt, doch waren die hier nirgends aufzutreiben. Und damit rief er zum Kampfbeginn auf: „Die Damen sind doch so rein und zart, deshalb soll man sie ja auch in Ehren halten. Nun denn, Frau Hechel, seid so gut und tretet mit Euren Töchtern zum ersten Kampf an. Es wird Zeit. Schlagt Euch wie tüchtige Kerle und lasst Euch auch das Schiessen nicht verleiden!“ Frau Hechel freute sich über diesen Ehrbeweis.
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Text nach Ed. Wießner
Wie ¢chier ¢ey macht ¢ich fürher do Den andern ¢prang ¢ey allen vor Auf einem wolf vil hoh embor Die tochtren alle her mit jr Zu den veinten hietens gir Vn ¢chù¢¢en mit den pur¢ten dar Aus den fingern gen der ¢char Strudel in den ¢elben ¢achen Lie¢¢ von ¢einem rittermachen Vn rufft der twergen herren an Wie wol ich euch der eren gan Daz die deupin vn ir ge¢inder Geligin nider ¢am die rinder Her Laurein macht ¢ich gen d’ mit Tro¢tleich gar daz was ¢ein ¢itt Den ¢einen manen ward vil gach Yrem chùng ze ziehenn nach Yeder mit ¢einr ¢chlingen g¢wind Ze werffen ı das frauwen ge¢ind Die pfeyffer vn die farnden leut Wàren ¢icher an der heut Vnd huben ¢ich ze ¢amen ¢o An ein ort mit fröden do Seu blie¢end dreyn vn ¢chlugend dran Bis der ¢treyt ein end gewan Die paner gen enander zùgend Die weyber flùgend die twerge ¢tùbed Auff gay¢¢en vn auf rehen Wer ¢cholt den andern flehen Es was do flùchens ¢cheltens zeit Al¢o geleichert was der ¢treyt Des tet auch Hächel ¢o vn ¢prach He her Nùrggel vnt’m Tach Yr seycz ein maniggeyn vom Reyn Von mir ¢o mü¢¢t ir leyden peyn Her Laureins mut was ob der erd Er ¢prach dù hürr du pi¢t nicht werd Daz ich mit dir nu klaffen well Wer dich ald dù mu¢t ind hell Da mit er werffen ¢er began Er vn alle ¢eine man Die häxen mit irn ¢chö¢¢en Warend vnuerdro¢¢en Des ward des bolens al¢o vil Sam ich es euch nù ¢agen wil Daz es ¢o an der ¢elben vart Der tag von pfeyllern tunkel wart
Wie schier sei macht sich fürher do! Den andern sprang sei allen vor Auf einem wolf vil hoch embor. Die tochtren alle her mit ir (Zuo den veinten hietens gir) 8660 Und schussen mit den pürsten dar Aus den fingern gen der schar. Strudel in den selben sachen Liess von seinem rittermachen Und ruofft der twergen herren an: 8665 ‘Wie wol ich euch der eren gan, Daz die deupin und ir gsind Geligin nider sam die rind!’ Her Laurein macht sich gen der mit Trostleich gar: daz was sein sitt. 8670 Den seinen mannen ward vil gach, Irem chüng ze ziehenn nach, Ieder mit seinr schlingen gswind Ze werffen in das frauwen gsind. Die pfeiffer und die farnden leut 8675 Waren sicher an der heut Und huoben sich ze samen so An ein ort mit fröden do. Seu biessend drein und schluogend dran, Bis der streit ein end gewan. 8680 Die paner gen enander zugend, Die weiber flugend, die twerge stubend Auff gaissen und auf rehen. Wer scholt den andern flehen? Es was do fluochens, scheltens zeit: Also geleichert was der streit. Des tet auch Hächel so und sprach: ‘He, her Nürggel unterm tach, Ir seitz ein maniggein vom Rein! Von mir so müesst ir leiden pein.’ 8690 Her Laureins muot was ob der erd; Er sprach: ‘Du hüerr, du pist nicht werd, Daz ich mit dir nu klaffen well. Wer dich, ald du muost ind hell!’ Da mit er werffen ser began, 8695 Er und alle seine man. Die häxen mit irn schossen Warend unverdrossen. Des ward des bolens also vil, Sam ich es euch nu sagen wil, 8700 Daz es so an der selben vart Der tag von pfeillern tunkel wart.
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Sogleich war sie bereit und sprang vor allen anderen auf einem Wolf in die Höhe, die Töchter alle hinter ihr her, voller Angriffslust gegen die Feinde. Aus der Hand schossen sie mit Schweineborsten gegen den feindlichen Haufen. Strudel seinerseits ließ vom Ritterschlagen ab und rief dem Anführer der Zwerge zu: „Nun erweist Euch auch der Ehre als würdig und schießt die Diebin und ihr Gefolge wie Rindviecher zusammen!“ Und so machte sich Herr Laurin voller Siegesgewissheit zur Mitte des Kampfplatzes auf. Das war so seine Art. Seine Leute hatten es besonders eilig, ihrem König nachzufolgen und möglichst gleich mit ihren Schleudern in den Trupp der Frauen hineinzuschießen. Die Musikanten und anderes fahrendes Volk hingegen waren ihrer Haut sicher und begaben sich allesamt und höchst vergnügt an einen bestimmten Platz. Dort bliesen und trommelten sie drauflos, bis dieser Kampf sein Ende fand. Die Kriegsfahnen also eilten aufeinander zu, die Frauen wie im Flug auf ihren Ziegen, die Zwerge so rasch wie Staub im Wind auf ihren Rehen. Wer hätte hier schon den anderen um Gnade anflehen sollen? Es war doch der Augenblick, ihn zu beschimpfen und zu verfluchen. Darin jedenfalls waren beide Parteien einander ebenbürtig. Genau das tat auch Hechel und rief: „He, Herr Wurzelzwerg vom Dach, Ihr seid doch nur ein Männeken vom Rhein! Jetzt geht es Euch so richtig an den Kragen.“ Herrn Laurin allerdings war sein Herz keineswegs in die Hose gerutscht. Er konterte: „Du Nutte, du bist es doch nicht wert, dass ich mich mit dir herumstreite. Wehr dich oder du fährst gleich zur Hölle!“ Damit begannen er und seine Leute mit aller Kraft ihre Schleudern zu gebrauchen. Die Hexen mit ihren Geschossen hingegen ließen sich davon überhaupt nicht beeindrucken. Vielmehr schossen sie so viele ihrer Pfeile ab, dass sich davon – wenn ich euch das doch sage – sogar das Tageslicht verfinsterte.
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Text nach Ed. Wießner
Die pür¢te traffend mangen twerg Daz er hin vallen mu¢t zur erd Seu warend ¢piczig vn ¢o ge¢wind Daz mànger ward ann augen plind Vil oft ein man cham vmb ¢ein augen Vnd vmb den hals daz ¢chùlt es glaubn Won die pfeyl ze der ge¢chicht Hietens vornen all vergift Hern Laureyn ward ein bott ge¢ant Daz ym ge¢wal die tengge hand Der häxen vil vn dannocht mer Geworffen wùrden al¢o ¢er Daz vil mangeu in der not Ward geleczet auf den tod Der ¢treyt ı payden herte leyt Dar zu ¢o reyt zder ¢elben zeit Ein wilder man mit mangem ¢to¢¢ Durch ¢eu auf einem hyer¢¢en gro¢¢ Mit ¢einem cholben vngetan Vn ¢chlecht das weyb mit ¢ampt de man Mangen auf den tod ze ¢tund Er warff ir vil in ¢einen ¢chlund Er hiet zwen zan ¢o lang vnd r䢢 Daz er vil mangen ztod erbäy¢¢ Vn wol die ¢treyter all gemäyn Nider legen ¢o alläyn Won er gedacht ı ¢einem ¢inn Jr vechten daz i¢t mein gewin Daz ¢eu vnt’ enander tund Laureyn auch den ¢chalch ver¢tund Vn fro Hächel trun da mit Des tatens nach der wey¢en ¢itt Vnd lie¢¢end von irm für¢acz Nùr dem wilden man ze dracz Vn auch ze ¢chaden vn ze ràch Auf in ward in allen gàch Mit werffen vn mit ¢chie¢¢en Das lie¢¢ ¢eu nicht verdrie¢¢en Des ward er in doch gar zbehend Ze reyten dùrch ir payder wend Mit ¢chlahen vn mit lauffen Mit ¢techen vn mit rauffen Er ¢chlug die vnholden Mit ¢einem ey¢encholben Daz ¢eu auf die erde ¢chier Vielend hin ye vier vnd vier
Die pürste traffend mangen twerg, Daz er hin vallen muost zuor erd. Seu warend spitzig und so gswind, 8705 Daz manger ward ann augen plind. Vil oft ein man cham umb sein augen Und umb den hals: daz schült es glauben; Won die pfeil ze der geschicht Hietens vornen all vergift. 8710 Hern Laurein ward ein bott gesant, Daz im geswal die tengge hand. Der häxen vil und dannocht mer Geworffen wurden also ser, Daz vil mangeu in der not 8715 Ward geletzet auf den tod. Der streit in paiden herte leit. Dar zuo so reit zder selben zeit Ein wilder man mit mangem stoss Durch seu auf einem hierssen gross Mit seinem cholben ungetan Und schlecht das weib mit sampt dem man, Mangen auf den tod ze stund. Er warff ir vil in seinen schlund. Er hiet zwen zen so lang und räss, 8725 Daz er vil mangen ztod erbäss Und wol die streiter all gemain Nider legen so allain; Won er gedacht in seinem sinn: ‘Ir vechten daz ist mein gewin, 8730 Daz seu unter enander tuond.’ Laurein auch den schalch verstuond Und fro Hächel, trun, da mit; Des tatens nach der weisen sitt Und liessend von irm fürsatz 8735 Nür dem wilden man ze dratz Und auch ze schaden und ze rach. Auf in ward in allen gach Mit werffen und mit schiessen: Das liess seu nicht verdriessen. 8740 Des ward er in doch gar zbehend, Ze reiten durch ir paider wend Mit schlahen und mit lauffen, Mit stechen und mit rauffen. Er schluog die unholden 8745 Mit seinem eisencholben, Daz seu auf die erde schier Vielend hin ie vier und vier.
8703 twerg: davor man durchgestrichen. bogen am zweiten n nachträglich gesetzt.
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Die Schweineborsten trafen dann auch so manchen Zwerg, dass er zur Erde stürzen musste, sie waren so spitz und so schnell, dass viele durch sie erblindeten. Und wie oft, das könnt ihr mir glauben, verlor einer Augen und Leben, da die Hexen sie alle, und nur zu diesem Zweck, an der Spitze vergiftet hatten. Auch Herrn Laurin wurde ein solcher Bote zugeschickt, so dass ihm die linke Hand anschwoll. Umgekehrt wurden immer mehr Hexen so heftigem Beschuss ausgesetzt, dass viele von ihnen lebensgefährlich verletzt wurden. Der Kampf brachte beiden Seiten schlimme Verluste. Außerdem kam zur gleichen Zeit noch ein wilder Mann daher, der auf einem großen Hirsch durch sie alle hindurchritt und mit seiner unförmigen Keule so manchen Schlag austeilte. Dabei trifft er wahllos Männer und Frauen. Viele von ihnen erlitten dabei sofort den Tod, viele von ihnen stopfte er sich aber auch in seinen Rachen. Er hatte zwei lange und scharfe Zähne, mit denen er sie einfach totbiss. Ganz allein wollte er die Kämpfer beider Seiten zur Strecke bringen. Denn er kalkulierte so: „Schließlich ist der Kampf, den sie da miteinander ausfechten, doch nur von Vorteil für mich.“ Laurin und ebenso Frau Hechel, hatten – das dürft ihr mir glauben – den Teufel auch sofort durchschaut. Deshalb taten sie das einzig Vernünftige, ließen von ihrem ersten Vorhaben ab, und setzten nur noch dem „wilden Mann“ zu, um ihm zu schaden und sich an ihm zu rächen. Gemeinsam fielen sie alle mit Schleudern und Schießen über ihn her und waren davon nicht mehr abzubringen. Allerdings war er ihnen dann doch zu fix, wenn er mit Schlägen und in raschem Lauf, mit Stechen und Reißen durch ihre beiden Kampflinien ritt. Auf die Teufelsweiber schlug er mit seinem Eisenkolben so sehr ein, dass sie bald schon in Viererpaaren zur Erde stürzten.
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Der hyer¢¢ auch mit den huln’n ¢ein Schuff den veinten mangen peyn Er zucht die chleynen twerge Vil hoch auf von der erde Vnd ¢chùrpfecz dùrch / er ¢tach ı ¢eu Des vielen hin ye dreu vn dreu Das was ein wildes geferte Es lag in trauwen herte Vnd warind ¢ein vil wench gene¢en Wär ein chüner twerg nit gewe¢en Der was ¢o ¢nell vnd dar zu chlayn Dem hyer¢¢en chäm er zwù¢chent payn Den zagel begräyff er pey der hand Er was her Ä¢chenzelt genant Vnd hub mit gewalt den läuffer ¢o Das er beleyben mu¢¢t aldo Ein andrer zucht ein degan aus Vn ¢tach dem hier¢¢en ı den pauch Das er auf den fü¢¢en gelag Der wilde held viel vber ab Da mit die häxen alle hie Vnd zamptend in ich wäy¢¢ nicht wie Daz er do ¢am ein lämbel g¢a¢¢ Vnd ¢eines lebens da verg䢢 Di¢¢ was doch dannocht nicht an nòt Maniger viel ¢ich vber in ztod Dar zu ward jr auch vil verlorn An des toten hyr¢¢en horn Do nu dis dinch al¢o vergieng Ein neuwer ¢treit ¢ich ane vieng Zwù¢chen häxen vn den twergen Des mu¢t ir dannocht vil verderben We was plucz do ward vergo¢¢en Von den g¢taynen vn den g¢cho¢¢en Vnd do der ¢tràlen nicht mer was Des lie¢¢ens lauffen de¢ter bas Auf die gfügen leute do Vn ¢tie¢¢en mangen nider ¢o Mit wolfen vn auch gay¢¢en Von magren vn auch fäy¢¢en Die ¢prùngen auf bis an die lùft Vn vielend auf die armen chrùft Al¢o gefüg vn al¢o leis Geleich in eines falchen weis
Text nach Ed. Wießner Der hierss auch mit den hülnern sein 8750 Schuoff den veinten mangen pein. 8750 Er zucht die chleinen twerge Vil hoch auf von der erde Und schürpfetz durch; er stach in seu: Des vielen hin ie dreu und dreu. 8755 8755 Das was ein wildes gferte: Es lag in, trauwen, herte Und wärind sein vil wench genesen, Wär ein chüener twerg nit gwesen. Der was so snell und dar zuo chlain: 8760 Dem hierssen cham er zwüschend pain; Den zagel begraiff er pei der hand (Er was her Äschenzelt genant) Und huob mit gwalt den läuffer so, Das er beleiben muosst aldo. 8765 8765 Ein andrer zucht ein degan aus Und stach dem hierssen in den pauch, Das er auf den füessen glag. Der wilde held viel über ab. Da mit die häxen alle hie 8770 Und zamptend in, ich waiss nicht wie, Daz er do sam ein lämbel gsass Und seines lebens da vergass. Diss was doch dannocht nicht an not: Maniger viel sich über in ztod; 8775 8775 Dar zuo ward ir auch vil verlorn An des toten hirssen horn. Do nu dis dinch also vergieng, Ein neuwer streit sich ane vieng Zwüschen häxen und den twergen; 8780 Des muost ir dannocht vil verderben. We, was pluotz do ward vergossen Von den gstainen und den gschossen! Und do der stralen nicht mer was, Des liessens lauffen dester bas 8785 8785 Auf die gfüegen leute do Und stiessen mangen nider so Mit wolfen und auch gaissen Von magren und auch faissen. Die sprungen auf bis an die lüft 8790 8790 Und vielend auf die armen chrüft Also gefuog und also leis – Geleich in eines falchen weis,
8751 twerge: am Ende n radiert. 8754 ye: davor ein kurzer senkrechter Haarstrich. 8757 Vers reicht bis an Spalte b, ebenso die folgenden drei. 8770 Vers reicht bis an Spalte b. 8772 ¢eines: das zweite e über dem Wort. 8780 dannocht: o nicht geschlossen, dannecht? 8792 eines: das zweite e über dem Wort.
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Auch setzte der Hirsch den Feinden mit seinen Hörnern schwer zu. Er schleuderte die Zwerge hoch in die Luft, stach in sie und riss sie auf. Dabei stürzten sie in Dreierpaaren zur Erde. Das war vielleicht ein wirres Durcheinander! Es stand wirklich schlimm um sie, und es wären noch viel weniger von ihnen lebend davongekommen, wenn es nicht einen kühnen Zwerg gegeben hätte. Der war besonders fix und auch noch klein, er hieß Herr Aschenkuchen. Dem Hirsch kam er zwischen die Beine, schnappte sich dessen Schwanz und hob den Renner mit aller Gewalt so hoch, dass er dort bleiben musste. Ein weiterer Zwerg aber zog seinen Degen und stach dem Hirsch so heftig in den Bauch, dass er stürzte und den wilden Helden dabei abwarf. Da kamen alle Hexen über ihn und zähmten ihn – was weiß ich, wie –, so dass er wie ein Lämmchen dasaß und darüber vergaß weiterzuleben. Ganz gefahrlos allerdings war das für sie auch nicht. So mancher stürzte über ihn noch zu Tode. Und auch durch das Geweih des toten Hirsches gingen noch viele von ihnen drauf. Als das nun geschafft war, begann der Kampf zwischen Hexen und Zwergen wieder von neuem. Viele von ihnen mussten noch dran glauben. Oh, mein Gott, wie viel Blut wurde da durch die Steine und andere Geschosse vergossen! Und als die Hexen keine Pfeile mehr hatten, ließen sie umso heftiger ihre Tiere auf die Kleinen los und stießen viele, Dünne und Dicke, mit Wölfen und Ziegen zu Boden. Diese sprangen hoch in die Luft und fielen so elegant und unverhofft auf die armen Wichte, wie es ein Falke tut,
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Text nach Ed. Wießner
Der die vogel mit d’ prù¢t Sto¢¢t vn von enander mù¢t Die twerge ¢prangten auch ir bök Vn ¢tie¢¢ens nider ¢am die ¢tök Die häxen mägten ¢ich zer erd Jr phärde vber Höperg Flugend hin ze aller vart Wann ir äynes ledich ward Do dicz her Laureyn ¢o der ¢ach Wie ¢chier er zu den ¢eine ¢prach Stet ze fu¢¢ ab des i¢t not Vn ¢techt der hürren phärt ze tod Dar nach ¢o yeder ¢chlach die weyb Wil er behalten ¢einen leyb We wie ¢chier ward vollepracht Des ym Laureyn hiet gedacht Doch was fro Hächeln wolff al¢o Bezaubert daz man in nicht do Noch ¢ey dar zu mit kayner ¢ach Ver ¢neyden mocht dar vmb ge¢chach Hern Laureyn dannocht häy¢¢ genug Sey lieff in an ¢o vngefug Daz er ¢ich viel vil oft da nider Des hulfend ym die andern wider Anders er wär gar verlorn Die ¢chand tet dem fùr¢ten zorn Vn begrayff des paners sper Er hielt es gen fro Hächlen her Vn der raycht ¢ey an d’ prù¢t Secht daz was vmb gar vmb ¢ù¢t Niemant ¢ey geuellen macht Das hiet ¢ey mit irm zaubren g¢chaft Des ¢chlug ¢ey ab dem man ¢ein sper Vnd macht ¢ich zu ym nider her Sey ¢peybt ym an die wangen ¢eyn So ¢ere pey der treuwe mein Daz ym blàtren wuch¢en auf Gro¢¢er dann ein ¢neggen haus Des gab der wolff von ym ein taun¢t Aus dem mund recht ¢am ein brùn¢t Wenn er gen dem herczen ¢chlug Der mu¢¢t ¢ich plagen ¢am ein chrug Das pracht vil mangen vmb den hals Dar nach das irs wi¢¢ind als Kùmpt ein twerg was Trint¢ch genant Vn furt ein necz ı ¢einer hand Er macht ¢ich hintnan an daz weib
Der die vogel mit der prüst Stosst und von enander müst. Die twerge sprangten auch ir bök 8795 Und stiessens nider sam die stök. Die häxen mägten sich zer erd. Ir phärde übern Höperg Flugend hin ze aller vart, Wann ir aines ledich ward. 8800 Do ditz her Laurein so dersach, Wie schier er zuo den seinen sprach: ‘Stet ze fuoss ab (des ist not) Und stecht der hüerren phärt ze tod! Dar nach so ieder schlach die weib, Wil er behalten seinen leib!’ We, wie schier ward vollepracht, Des im Laurein hiet gedacht! Doch was fro Hächeln wolff also Bezaubert, daz man in nicht do 8810 Noch sei dar zuo mit kainer sach Versneiden mocht; dar umb geschach Hern Laurein dannocht haiss genuog. Sei lieff in an so ungefuog, Daz er sich viel vil oft da nider; 8815 Des hulfend im die andern wider: Anders er wär gar verlorn. Die schande tet dem fürsten zorn Und begraiff des paners sper. Er hielt es gen fro Hächlen her 8820 Und derraicht sei an der prüst. Secht, daz was nu gar umb süst! Niemant sei gevellen macht: Das hiet sei mit irm zaubren gschaft. Des schluog sei ab dem man sein sper Und macht sich zuo im nider her: Sei speibt im an die wangen sein So sere, pei der treuwe mein, Daz im blatren wuochsen auf Grösser dann ein sneggenhaus. 8830 Des gab der wolff von im ein tunst Aus dem mund recht sam ein brunst. Wem er gen dem hertzen schluog, Der muost sich plägen sam ein chruog: Das pracht vil mangen umb den hals. Dar nach (das irs wissind alz) Kümpt ein twerg, was Trintsch genant, Und fuort ein netz in seiner hand. Er macht sich hintnan an daz weib
8803 fu¢¢: Superskript wohl aus e korrigiert.
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der die Vögel mit der Brust niederstößt und sich dann erst auf sie stürzt. Die Zwerge ließen ebenfalls ihre Rehböcke in die Höhe springen und sie wie Baumstämme niederstürzen. Allerdings vermehrten sich die Hexen auf dem Boden. Denn immer wenn eines ihrer „Tiere“ seine Reiterin verloren hatte, flog es hinüber zum Heuberg. Als Herr Laurin das begriff, befahl er seinen Leuten umgehend: „Los, ab, auf die eigenen Füße und stecht doch endlich die Hurengäule ab! Und dann schlagt die Weiber selbst tot, wenn ihr hier lebend herauskommen wollt!“ Oh weh, Gott, wie rasch wurde das durchgesetzt, was Laurin sich ausgedacht hatte! Jedoch war der Wolf der Frau Hechel so sehr verhext, dass man weder ihn noch sie irgendwie verletzen konnte. Herr Laurin allerdings geriet darüber erst so richtig in Wut. Zunächst griff sie ihn so ungestüm an, dass er mehrfach zu Boden ging und seine Leute ihm wieder aufhelfen mussten – andernfalls wäre er verloren gewesen. Diese Schande wiederum stachelte den Zorn des Fürsten an. Zwar ergriff er den Speer mit der Kriegsfahne, streckte ihn Frau Hechel entgegen und traf sie auch an der Brust, doch, denkt euch bloß, das war völlig zwecklos, denn niemand konnte sie zu Fall bringen. Soweit hatte sie es mit ihren Zauberkünsten gebracht! Und so schlug sie dem Mann einfach seinen Speer aus der Hand und machte sich über ihn her. Sie spuckte ihm so heftig auf die Backe, dass ihm dort – ungelogen – Blattern wuchsen, die größer als ein Schneckenhaus waren. Dazu stieß der Wolf einen Atem wie Feuer aus seinem Rachen. Wenn dieser einem gegen das Herz schlug, dann musste der sich aufblähen wie ein Krug. Das brachte so manchen um. Dann aber – damit ihr auch die ganze Geschichte erfahrt – erschien ein Zwerg, mit Namen Trintsch, der ein Netz in der Hand hielt. Er machte sich von hinten an die Frau heran
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Vn warff daz necz vmb iren leyb Vn vmb den wolff ich wäy¢¢ nit wie Des wàrend do die andren hie Vn wurgtens päydeu in irm plut Sam man noch den fuch¢en tut Da mit dis auf vn an hin wider Der häxen paner gie da nider Ein vngluk daz ander reyt Helfend jo won es i¢t zeit Schreuwend die vnholden ¢o Gen der lindentolden do Wir ¢ein verlorn vn vertriben Das vn¢er wenig i¢t beliben Gefòchen was do das man wut Bis an die ver¢inn jn dem plut Do ruft der kay¢er in dem gras Nù dar her ry¢en hört ir das Yr ¢eycz die minner ı dem her Get hin an durch frauwen er Vn làt der twergen nicht ein bi¢¢en Vnzerrürt vnd vnzerri¢¢en Jch ¢chäcz der euwern einen wol Gen einem perg der twergen vol Der rum die ri¢en machet fro Vn ¢chritten ye¢o hin aldo Gen den twerglin an den ¢treyt Die hietin ze der ¢elben zeit Gele¢en auf der ¢taynen vil Vn wùrffen all ze einem zil Das was in die ry¢en ¢echt Do ¢p~ch der wùtend Reymprecht Wetter tyefel wer i¢t der Der vns da ¢iert ¢o ferr da her Wie wirt vns er¢t gelingend So wir hin zubas dringend Das mu¢¢ ich doch ver¢uchen ¢o Hin zu ir herren ¢prach er do Des chamen ¢eu bis nàch hin an Her Gyggenfi¢t hub ein’ an Zu hern Laureyn wie gturt ir Beleyben vnd genahen mir Wäy¢t du nicht daz ich vermag Als dein ge¢ind in einem ¢chlag Legen tod bis in die erd Des antwùrt ym der chùnig vo’d Jch wäy¢¢ nicht wol waz du v’macht
Text nach Ed. Wießner 8840 8840 Und warff daz netz umb iren leib Und umb den wolff, ich waiss nit wie. Des warend do die andren hie Und wurgtens paideu in irm pluot, Sam man noch den füchsen tuot. 8845 8845 Da mit dis auf und an hin wider: Der häxen paner gie da nider – Ein unglük daz ander reit. ‘Helfend jo, won es ist zeit!’ Schreuwend die unholden so 8850 8850 Gen der lindentolden do. ‘Wir sein verlorn und auch vertriben, Das unser wenig ist beliben.’ Gefochten was do, das man wuot Bis an die versin in dem pluot. 8855 Do ruoft der kaiser in dem gras: 8855 ‘Nu dar, her risen, hört ir das? Ir seitz die minner in dem her: Get hin an durch frauwen er Und lat der twergen nicht ein bissen 8860 Unzerrüert und unzerrissen! 8860 Ich schätz der euwern einen wol Gen einem perg der twergen vol.’ Der ruom die risen machet fro Und schritten ieso hin aldo 8865 Gen den twerglin an den streit. 8865 Die hieten ze der selben zeit Gelesen auf der stainen vil Und wurffen all ze einem zil: Das was in die risen, secht! 8870 Do sprach der wüetend Reimprecht: ‘Wetter tiefel! Wer ist der, Der uns da siert so ferr da her? Wie wirt uns erst gelingend, So wir hin zuo bas dringend! 8875 Das muoss ich doch versuochen so: Hin zuo, ir herren!’ sprach er do. Des chamen seu bis nach hin an. ‘Her Giggenfist,’ huob einer an Zuo hern Laurein, ‘wie gturt ir 8880 8880 Beleiben und genahen mir? Waist du nicht, daz ich vermag Alz dein gsind in einem schlag Legen tod bis in die erd?’ Des antwürt im der chünig werd: 8885 ‘Ich waiss nicht wol, waz du vermacht:
8844 fuch¢en: Superskript verkleckst. 8858 er: korrigiert aus her, h durchgestrichen. rürt: Diakritikum über ü. 8863 rum: Diakritikum über u.
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und warf ihr und dem Wolf ein Netz über, ich weiß nicht, wie. Die anderen waren dann auch gleich zur Stelle, erschlugen und erstickten sie in ihrem Blut, wie man es bis heute mit Füchsen macht. Damit gewannen die Zwerge die Oberhand und griffen weiter an, bis die Kriegsfahne der Hexen niedersank – ein Unglück kommt selten allein. „Nun helft uns doch, es ist höchste Zeit!“, schrien die Teufelsweiber zur Linde hin. „Wir sind verloren und auch schon beinahe aufgerieben, nur noch wenige sind von uns übrig!“ Und es wurde weitergekämpft, so dass man schließlich bis an die Fersen im Blut watete. Da ruft der Kaiser im Gras: „Nun aber nichts wie hin, meine Herren Riesen, habt Ihr das gehört? Ihr seid doch in unserem Heer die Minneritter. So geht denn auch um der Ehre der Damen willen und lasst von den Zwergen keinen Fetzen heil und unzerrissen. Nur einer von Euch wiegt doch einen ganzen Berg Zwerge auf.“ Dies Lob machte die Riesen froh, und sie marschierten sogleich gegen die Zwerglein in den Kampf. Währenddessen hatten diese schon einen Haufen Steine aufgesammelt, die sie nur auf ein Ziel schleuderten. Das waren natürlich die Riesen. Voller Wut rief Reimbrecht: „Teufel noch eins. Wer ist denn das, der uns da von weitem so zusetzt? Und wie wird es uns denn gehen, wenn wir noch näher an sie herankommen? Genau das aber muss ich jetzt versuchen. Also drauf und dran, Ihr Herren“, schrie er. So kamen sie direkt vor die Zwerge. „Herr Hühnerfurz“, sprach da einer von den Riesen den edlen Laurin an, „wie könnt Ihr es wagen, hier zu bleiben und sogar noch in meine Nähe zu kommen? Weißt du denn nicht, dass ich dein gesamtes Gefolge auf einen Schlag tot zu Boden strecken kann?“ Darauf antwortete ihm der stolze König: „Ich weiß nicht so richtig, wozu du in der Lage bist.
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Text nach Ed. Wießner
Jch trö¢t mich wol d’ meine chraft Wie wol ich ¢ey äin chlayner twerg Jch wird dir noch ze einem perg Jn deinen augen glaub es mir Dar zu wil ich ¢agen dir Mich duncht du ¢eygi¢t vngezogen Vn was du ¢prich¢t das ¢ey gelogen Das wil ich nù bewären ¢o Seyne ¢chlingen lud er do Vnd traff den ry¢en pey der ¢tirn Daz ym der ¢tayn gie dùrch daz hirn Golie mu¢t des ligen tod Das tet ¢eine ge¢ellen zorn von not Die weil ir drey reken Gen in ¢ich wolten ¢treken Nicht ¢o ¢prach her Hyldprand das Der ir haubtmans may¢ter was Haltin wir enwenich hie Bis wir nu ba¢ der ¢ehhin wie Chlainer man ¢ich mùg geweren Gen dem gro¢¢en vnd ern~eren Hie pey lernen wir auch wol Gen wem man gerner vechten ¢chöl e So wi¢¢end daz von di¢er vb Werdent auch die ry¢en müd Des varen wir ¢o fri¢ch hin an Vnd ¢chlahins nider auf den plan Her Dietreich ¢prach her may¢t’ mein Was ir gepietend das ¢chol ¢ein Da mit der hùrnyn Reymprecht Sprang do für die andern ¢echt Bis enmitten dùrch die twèrg Vn ¢chlug ir mangen zu der erd Des mu¢ten ¢eu von in hin weychen Niemant getor¢t ¢ich an in ¢treichn Des ward ym doch ein brief g¢ant Daz ym die ¢tang viel au¢ der hand Das was ein ¢täyn der ¢einen taumen Chond ym von der hende raumen Des waren ¢o die andern hie Dem ri¢en zu ich way¢¢ nicht wie Vnd an die päyn daz er do hin Viel zu ¢einem vngewin Yeder drang ym auf ¢eine pauch
Ich tröst mich doch der meinen chraft. Wie wol ich sei ein chlainer twerg, Ich wird dir noch ze einem perg In deinen augen, glaub es mir! Dar zuo wil ich sagen dir: 8890 Mich duncht, du seigist ungezogen Und, was du sprichst, das sei gelogen: Das wil ich nu bewären so.’ Seine schlingen luod er do Und traff den risen pei der stirn, 8895 Daz im der stain gie durch daz hirn. Golie muost des ligen tod: Das tet seinn gsellen zorn von not. Die weil ir drei reken Gen in sich wolten streken. 8900 ‘Nicht so!’ sprach her Hildprand das, Der ir haubtmans maister was. ‘Haltin wir enwenich hie, Bis wir nu bas dersehhin, wie Chlainer man sich müg geweren 8905 Gen dem grossen und erneren! Hie pei lernen wir auch wol, Gen wem man gerner vechten schol. So wissend, daz von diser üeb Werdent auch die risen müed: 8910 Des varen wir so frisch hin an Und schlahins nider auf den plan!’ Her Dietreich sprach: ‘Her maister mein, Was ir gepietend, das schol sein.’ Da mit der hürnin Reimprecht 8915 Sprang do für die andern, secht, Bis enmitten durch die twerg Und schluog ir mangen zuo der erd! Des muosten seu von im hin weichen; Niemant gtorst sich an in streichen. Des ward im doch ein brief gesant, Daz im die stang viel aus der hand: Das was ein stain, der seinen taumen Chond im von der hende raumen. Des waren so die andern hie, 8925 Dem risen zuo (ich waiss nicht wie) Und an die pain, daz er do hin Viel zuo seinem ungewin. Ieder drang im auf seinn pauch
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8890 Rechts neben der Zeile ein kleines Kreuz. 8902 Doppelstrich vor der Zeile. 8904 nu ba¢: eng beieinander, durch Haarstrich geschieden. 8912 den: vor dem Wort d verkleckst. Am unteren Rand der Seite mittig Kustode: iij. 8921 brief: i über dem Wort zwischen r und e. 8922 au¢: vor dem Wort v durchgestrichen.
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Allerdings vertraue ich ganz auf meine eigene Kraft. Denn obwohl ich nur ein kleiner Zwerg bin, werde ich auch in deinen Augen noch zu einem Berg erwachsen, das kannst du mir glauben. Überdies darf ich dir sagen: Mir scheint, dass du keine Manieren hast und dass alles, was du hier erzählst, erlogen ist – und das will ich dir beweisen.“ Damit lud er seine Schleuder und traf den Riesen so an der Stirn, dass ihm der Stein durchs Hirn schoss. Dadurch fand Goliat den Tod. Kein Wunder, dass das seine Kampfgenossen in Wut brachte. Unterdessen wollten drei der Recken gegen sie antreten. „Nicht doch“, meinte da Herr Hildebrand, der Waffenmeister ihres Hauptmanns. „Lasst uns hier noch etwas warten, bis wir besser absehen können, wie sich ein kleiner Mann gegen einen großen behaupten und sein Leben retten kann. Dabei kriegen wir auch mit, gegen wen man eher kämpfen sollte. Versteht doch: Von diesem Verlauf werden sogar die Riesen müde. Demgegenüber treten wir dann mit frischer Kraft an und schlagen sie zu Boden.“ Herr Dietrich sagte: „Mein lieber Waffenmeister, wie Ihr es vorschlagt, so soll es geschehen!“ Damit, seht doch bloß, sprang Reimbrecht in seiner Hornhaut vor den anderen Riesen mitten durch die Schar der Zwerge und schlug so manchen von ihnen zu Boden. Deshalb mussten sie vor ihm zurückweichen. Niemand wagte es, sich an ihn heranzumachen. Jedoch wurde ihm schließlich ein solcher Brief zugesandt, dass ihm die Stange aus der Hand fiel. Das war ein Stein, der ihm seinen Daumen von der Hand riss. Sogleich waren die anderen Zwerge hier: ran an den Riesen – was weiß ich, wie das geschah –, und an seine Beine, dass er zu seinem Unglück niederstürzte. Jetzt drängten alle auf seinen Bauch
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Vnd zukt ¢ein fau¢tme¢¢er aus Do was er al¢o gancz von horn Daz alz ir ¢tupfen was verlorn Des was her Rymprecht auch nit träg Wie er an dem rùken lag Er bäy¢¢ ir vil vn räy¢¢ ir me Das cham vil mangem twerg ze we An die augen ¢chreuwens ¢o Des ward er ¢chier geplendet do Dannocht was er nicht ze faul Vnd gyent vil weyt her mit de maul Er wolt ¢ey han ver¢chlunden Des cham ze denen ¢tunden Einer mit dem me¢¢er ¢ein Vnd ¢tie¢¢ yms in den ¢chlund hin ein Do mit ¢o hiet der auch ¢ein end Die andren ry¢en warend behend Vnd lieffend her mit irem gedens Recht ¢am die wolff in ander gens Seu ¢chlùgend mit irn ¢tangen Vnd wen ¢ey mochten gelangen Vmb den ¢o was der gangen Wer ¢cholt den helden genahen Ze weychen mu¢t man gàhen An her Laureyn der ¢ich ¢champt Des fliehens vn cham her gerant Entwerichs auf den gro¢¢en Sigen Das der auch viel vn mu¢t gligen Des ¢prang er auf vn was gene¢en Er ¢prach ich pin ¢ein nicht gewe¢en Hiet er vor gefohten ¢er Er ¢chlug ir dannocht drey¢tud mer Her Trinch der hiet ¢ein ro¢¢ verlorn Dar vmb ¢o ¢ä¢¢ der hoh geporn Auf einen andern twerg hin wider Won ym ¢ein haubet ¢tund ze nider Das necz er aber zù ym nam Vn lieff den Weggen hintnan an Er warffes vberin aldo Des was d’ ry¢¢ nicht träge ¢o Er zerräy¢¢ es mit den zenden Dùrch vnd dùrch ze allen wenden Vn ¢prach daz ich dein muter cley Wayn¢t daz ich ein vogel ¢ey Die red macht mai¢tern Trint¢chen we Vnd lieff den Weggen an ¢am e Er grayff ym zu den augen hin
8948 wolff: am Ende des Wortes radiert.
Text nach Ed. Wießner 8930 8930 Und zukt sein faustmesser aus. Do was er also gantz von horn, Daz alz ir stupfen was verlorn. Des was her Reimprecht auch nit träg, Wie er an dem rüken läg: 8935 8935 Er baiss ir vil und raiss ir me; Das cham vil mangem twerg ze we. ‘An die augen!’ schreuwens so; Des ward er schier geplendet do. Dannocht was er nicht ze faul 8940 Und gient vil weit her mit dem maul. Er wolt sei han verschlunden. Des cham ze denen stunden Einer mit dem messer sein Und stiess ims in den schlund hin ein: 8945 8945 Da mit so hiet der auch sein end. Die andren risen warend bhend Und lieffend her mit irm gedens Recht sam die wolff in ander gens. Seu schluogend mit irn stangen 8950 8950 Und, wen sei mochten glangen, Umb den so was’s dergangen. Wer scholt den helden gnahen? Ze weichen muost man gahen – An her Laurein, der sich schampt 8955 Des fliehens und cham her gerant 8955 Entwerichs auf den grossen Sigen, Das der auch viel und muost geligen. Des sprang er auf und was genesen; Er sprach: ‘Ich pin der sein nicht gwesen.’ 8960 8960 Hiet er vor gefohten ser, Er schluog ir dannocht dreistund mer. Her Trintsch der hiet sein ross verlorn; Dar umb so sass der hohgeporn Auf einen andern twerg hin wider, 8965 Won im sein haubet stuond ze nider. Das netz er aber zuo im nam Und lieff den Weggen hintnan an: Er warff es über in aldo. Des was der ris nicht träge so: 8970 8970 Er zerraiss es mit den zenden Durch und durch ze allen wenden Und sprach: ‘Daz ich dein muoter clei! Wänst, daz ich ein vogel sei?’ Die red macht maistern Trintschen we 8975 Und lieff den Weggen an sam e. 8975 Er graiff im zuo dem augen hin
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und zückten ihre Messer. Er war jedoch ganz mit Hornhaut überzogen, so dass all ihre Messerstöße vergeblich waren. Unterdessen war Herr Reimbrecht auch nicht faul, als er auf dem Rücken lag. Viele von ihnen zerbiss er, noch mehr zerriss er. So mancher Zwerg erlitt da große Schmerzen. „Ran an die Augen“, schrien sie schließlich, und schon war er geblendet. Dennoch ruhte er sich keineswegs aus, sondern gähnte mit weit aufgerissenem Maul, um sie alle zu verschlingen. Genau in diesem Moment nun kam einer mit seinem Messer und stieß es ihm in den Rachen. Damit war der auch erst mal erledigt. Die anderen Riesen reagierten schnell und liefen polternd herbei, wie reißende Wölfe unter die Gänse. Sie schlugen mit ihren Stangen um sich, und wen sie erreichen konnten, um den war es auch schon geschehen. Wer sollte sich denn den Helden nähern? Vielmehr musste man sich schnell zurückziehen – mit Ausnahme von Herrn Laurin, der sich schämte zu fliehen und der von der Seite her gegen den riesigen Sige anrannte, so dass auch der stürzte und liegenbleiben musste. Dann jedoch sprang er auf, war frisch und munter und meinte: „Mich jedenfalls hat er nicht erwischt.“ Hatte er vorher schon gewaltig gekämpft, erschlug er jetzt noch dreimal so viele von ihnen. Herr Trintsch hatte sein Streitross verloren. Deshalb hockte Hochwohlgeboren auf einem anderen Zwerg, weil ihm sonst sein Kopf zu weit unten gewesen wäre. Abermals fasste er sein Netz, griff den Riesen Wecke von hinten an und warf es über ihn. Der Riese aber war auch nicht faul. Er zerriss es ganz und gar in alle Richtungen mit seinen Zähnen und sagte: „Da sollte ich doch deine Mutter ficken! Glaubst du, dass ich ein Vogel sei?“ Diese Worte schmerzten Meister Trintsch, und so griff er Wecke erneut an. Er griff ihm nach den Augen
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Text nach Ed. Wießner
Vnd zùkt yms zu ¢eym vngewin Das es ym gen der na¢en hieng Da mit der ry¢ ¢ein aug gevieng Vnd zoch es gancz vn gar her aus Er ¢p~ch des acht ich nit ein laus Jch ge¢ich mir noch genug Hie mit er do vmb¢ich ¢chlug Gen den veinten àn gevärd Vnd träff den Trint¢chen mit ¢eim pfard Das entwerdrer fùrbas wolt E¢¢en ¢o man trinken ¢chölt Des was der twergen hilf verlorn Das tet dem Ä¢chenzelten zorn Vn lieff da her der degen chlayn Er cham dem ri¢en zwu¢chend päyn Vnd wolt in ¢techen vntnan auf Mit eine me¢¢er in den pauch Des was der held ¢o gar behut Mit ¢einer ey¢enpruch vil gut Daz man ym nicht enmocht getun Da mit er trùkt er ¢am ein hun Mit ¢einem ¢chinggen Ä¢chenzelten Des mu¢ten alleu twerg engelten Den des ¢merczens ward genug Dar zu eins zùm andern ¢chlug Her Rulant macht ¢ich bas hin an Vnd warff ir paner auf den plan Des nam her Hylprand ye¢o war Nù dar ir zieren helden gar Macht euch freyleich an den ¢treit Auf vn an ¢eu es i¢t zeit Her Dyetreich ward der rede fro Vnd lieff her mit dem ¢einen ¢o Das do von der ¢elben vart Das ertreich vnt’ in bidment wart Die päyme zuchtens von der erd Vnd ¢chlugend in die ry¢en werd Des ¢prach her Egg do wàffen waffen Mit gerten ¢chol man kinder ¢traffen Vnd nam eim grò¢¢en berg auf in Er warff in gen den reken hin Syha i¢t daz nicht der Geyr Sprach her Dietlayb do von Steyr Wilt du vns al¢o beg~ben Nù ¢ein wir noch nit ztod er¢chlagen Erd ¢chollen vn auch mi¢t Wirfft ein weib das zornig i¢t
Und zukt ims zuo seim ungewin, Das es im gen der nasen hieng. Da mit der ris sein aug gevieng Und zoch es gantz und gar her aus; 8980 Er sprach: ‘Des acht ich nit ein laus; Ich gesich mir noch genuog.’ Hie mit er do umbsich schluog Gen den veinten an gevärd Und traff den Trintschen mit seim pfärd, Das entwedrer fürbas wolt Essen, so man trinken scholt. Des was der twergen hilf verlorn. Das tet dem Äschenzelten zorn Und lieff da her der degen chlain. 8990 Er cham dem risen zwüschend pain Und wolt in stechen untnan auf Mit einem messer in den pauch. Des was der held so gar behuot Mit seiner eisenpruoch vil guot, 8995 Daz man im nicht enmocht getuon. Da mit ertrukt er sam ein huon Mit seinen schinggen Äschenzelten. Des muosten alleu twerg engelten, Den des smertzens ward genuog, 9000 Dar zuo eins zum andern schluog. Her Ruolant macht sich bas hin an Und warff ir paner auf den plan. Des nam her Hilprand ieso war: ‘Nu dar, ir zieren helden gar, 9005 Macht euch freileich an den streit! Auf und an seu: es ist zeit!’ Her Dietreich ward der rede fro Und lieff her mit den seinen so, Das do von der selben vart 9010 Das ertreich unter in bidment wart. Die päme zuchtens von der erd Und schluogend in die risen werd. Des sprach her Egg do: ‘Waffen, waffen, Mit gerten schol man kinder straffen!’ Und nam einn grossen berg auf in: Er warff in gen den reken hin. ‘Siha, ist daz nicht der geir?’ Sprach her Dietlaib do von Steir. ‘Wilt du uns also begraben? 9020 Nu sein wir noch nit ztod erschlagen. Erdschollen und auch mist Wirfft ein weib, das zornig ist.
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9013 ¢chlugend: Diakritikum über u.
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und riss ihm zu seinem Schaden eines so heraus, dass es ihm auf die Nase hinunterhing. Da schnappte sich der Riese sein Auge, zog es ganz und gar heraus und meinte: „Das interessiert mich doch einen Dreck. Schließlich sehe ich auch so noch genug.“ Damit schlug er ziellos gegen seine Feinde um sich und traf den Trintsch mitsamt seinem Pferd, so dass beiden künftig auch beim Trinken die Lust auf Essen verging. Jedenfalls kam für beide Zwerge jede Hilfe zu spät. Das wiederum versetzte den Aschenkuchen in Wut, und der kleine Held rannte herbei. Er geriet zwischen die Beine des Riesen und wollte ihm von unten mit einem Messer in den Bauch stechen. Jedoch war dieser mit seiner festen Eisenhose so gut geschützt, dass man ihm nichts anhaben konnte. Vielmehr war er es, der Aschenkuchen nun wie ein Huhn zwischen seinen Schenkeln zerdrückte. Dafür mussten alle Zwerge bezahlen, die schon genug Schmerzen ertragen hatten, und die ein Schlag nach dem anderen traf. Nun kam Herr Roland näher heran und riss ihre Kriegsfahne zu Boden. Das bemerkte Herr Hildebrand sofort: „Jetzt aber nichts wie hin, ihr tapferen Helden, und frisch auf zum Kampf! Ran und auf sie los, es ist Zeit!“ Herr Dietrich freute sich sehr über diese Aufforderung und kam mit seinen Leuten so angerannt, dass die Erde unter ihren Schritten bebte. Sie rissen Bäume aus der Erde und schlugen damit auf die tapferen Riesen ein. Deshalb rief Herr Ecke: „Oh je, oh je, mit Ruten soll man doch Kinder strafen.“ Und so hob er einen großen Berg auf und warf ihn den Recken entgegen. „Schaut mal, kommt da nicht der Geier?“, fragte Herr Dietleib von Steiermark. „Willst du uns so begraben? Aber noch sind wir nicht totgeschlagen. Erdschollen und Mist wirft ein Weib, das zornig ist.
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Hà¢t icht ey¢ens daz zäig her Ja du ¢prach Egger Vnd pott ¢einn ¢tahlein ¢tangen dar Das ir her Dyetleib ward gewar So ¢er an ¢einem ¢tarchen gyel Das er für tod do nider viel Der ¢chimpf tet dem perner zorn Er wànd ¢ein g¢ell der war verlorn Vnd ¢chlug hern Eggen pey d’ mitt Enzway das was her Dyetreichs ¢itt Seyn swert das hiet ein ¢neyden Vnd ¢nayd an alles leyden Dùrch fläi¢ch vn päyn vn was es vand Sprach h’ zaig das i¢t ein ¢chand Das du dein ¢wert ¢o gar an layd Ha¢t gezogen aus der ¢chäyd Narren me¢¢er hürren pru¢t Sicht man bleken oft vmb ¢ù¢t Des lacht der Perner in dem ¢in Vn ¢chlug zùm andern mal dahin Des Eggen er verfaylet do Vnd traff hern Rulanden ¢o Das er auf dem ärs ge¢a¢¢ Egg des ¢eynen ¢traichs verga¢¢ Vnd wolt ¢ich nach dem Perner tùken Des viel er auch da hin ze ¢tuken Al¢o das der ¢elben ri¢en Gelagend vier auf einer wi¢en Dannocht waren ir wol drey Der reken auch ¢o vil da pey Die ¢chlugen in enander do Al¢o fe¢techleichen ¢o Das ein ¢traich in perg vn tal Vber siben meyl der hal Sich hub ein nebel von dem ¢treyt Einr halben meyle hoh vn weyt Jr tämer ward ¢o vngeheur Das man do ¢ach das wilde feur Her durch den nebel dringen Das gye von iren swingen Vnd auch von iren äten ¢o Den ¢eu ¢o hiczig taten do Hie was hert vn wider hert Des cham auch zu dem ¢elben gfert Her Dyetleyb zu ym ¢elber do Er machtt ¢ich auf vn rach ¢ich ¢o
Text nach Ed. Wießner Hast icht eisens, daz zaig her!’ 9025 9025 ‘Ja du’, sprach der Egger Und pott sein stählein stangen dar, Das ir her Dietleib ward gewar So ser an seinem starchen giel, Das er für tod do nider viel. 9030 Der schimpfe tet dem Perner zorn 9030 (Er wand, sein gsell der wär verlorn) Und schluog hern Eggen pei der mitt Enzwai: das was her Dietreichs sitt. Sein swert das hiet ein sneiden 9035 9035 Und snaid an alles leiden Durch flaisch und pain und, was es vand. Sprach her Egg: ‘Das ist ein schand, Das du dein swert so gar an laid Hast gezogen aus der schaid: 9040 9040 Narren messer, hüerren prüst Sicht man bleken oft umb süst.’ Des lacht der Perner in dem sin Und schluog zum andern mal da hin. Des Eggen er verfälet do 9045 9045 Und traff hern Ruolanden so, Das er auf dem ars gesass. Egg des seinen straichs vergass Und wolt sich nach dem Perner tuken: Des viel er auch da hin ze stuken, 9050 9050 Also das der selben risen Gelagend vier auf ener wisen. Dannocht waren ir wol drei, Der reken auch so vil da pei. Die schluogen in enander do 9055 9055 Also festechleichen so, Das ein straich in perg und tal Über siben meil derhal. Sich huob ein nebel von dem streit Einr halben meile hoh und weit. 9060 9060 Ir tämer ward so ungeheur, Das man do sach das wilde feur Her durch den nebel dringen: Das gie von iren swingen Und auch von irem aten so, 9065 9065 Den seu so hitzig taten do. Hie was hert und wider hert. Des cham auch zuo dem selben gfert Her Dietleib zuo im selber do. Er macht sich auf und rach sich so
9026 pott: korrigiert aus patt, a durch Punkt getilgt, o über a. 9040 Vor dem Vers no am Rand. pru¢t: Superskript verkleckst, prü¢t? 9044 verfaylet: das zweite e über dem Wort.
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Wenn du was aus Eisen hast, dann zeigs her.“ „Kannst du haben“, antwortete der Ecker und streckte ihm seine Stange aus Stahl so hin, dass Herr Dietleib sie heftig an seinem großen Maul spürte und davon wie tot zu Boden stürzte. Diese Schmach brachte den Berner in Rage. Er glaubte, dass sein Kampfgenosse gefallen sei und schlug Herrn Ecke in der Mitte entzwei. Das war so Herrn Dietrichs Art. Sein Schwert hatte eine solche Schneide, dass es, ohne irgendeinen Schmerz zu verursachen, durch Fleisch, Knochen und, was ihm sonst noch unterkam, schnitt. Herr Ecke allerdings meinte: „Es ist wirklich eine Schande, dass du dein Schwert so ganz umsonst aus der Scheide gezogen hast. Narrenmesser und Hurenbrüste sieht man oft vergeblich aufblitzen.“ Darüber lachte der Berner sich eins und schlug ein zweites Mal nach ihm. Den Ecke allerdings verfehlte er diesmal, und traf Herrn Roland, so dass dieser auf seinem Arsch landete. Ecke hatte den Schlag gegen ihn völlig vergessen und wollte sich zum Berner hinunterbeugen. Dabei zerfiel er auch in zwei Teile, so dass allein von diesen beiden Riesen nun vier auf einer Wiese lagen. Allerdings waren immer noch drei von ihnen und drei Recken am Leben. Die schlugen nun so heftig aufeinander ein, dass jeder Hieb in Berg und Tal über sieben Meilen weit zu hören war. Von ihrem Kampf erhob sich eine Staubwolke, die eine halbe Meile hoch und breit war. Ihr Getöse war so gewaltig, dass man zuckenden Feuerschein durch die Wolke hindurch leuchten sah. Der kam von ihren Schwertern, aber auch von ihrem Atem, den sie so feurig ausstießen. Hier stand Härte gegen Härte. Mitten in diesem Geschehen kam auch Herr Dietleib wieder zu sich. Er rappelte sich auf und rächte sich so
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Vnd ¢am ich euch es kurczen wil Das die ri¢en ze dem zil Der vbel tod an ¢ich gevie Jr paner mit in nider gie Do ¢chre der käy¢er àne chron Her zu hin an her Mageron Mit ew’m ge¢ind won des i¢t gnug Vnd ¢cheubt die reken in ein chrug Des furen do die hayden dar Ze rö¢¢ vn ze fu¢¢en alle gar Vnd ¢chù¢¢end in die reken her Mit iren pogenn dik vn ser Des hiet Wolffdyetreich do ge¢prochen Jch wänn mich hab ein fleug ge¢tochen Do in der pölczen einer traff Des wi¢¢ten ¢eu nicht was er ¢prach So chament die ze rö¢¢ aldo Die hietin ¢eu gewent al¢o Das ¢eu hin zu vn auch hin wider Sprungend auf vn dar zu nider So snellechleichen her vnd dar Das ¢ein niemant ward gewar E das er der kröl emphant Die ¢eu wurffen mit der hand Behendecleichen in die leut Vnd zuchtens an ¢ich pey d’ heut Da mit ¢eu tàten ¢chadens vil Doch ¢am ich euchs kùrczen wil Her Hildprand nam den ¢chilt für ¢ich Vnd lieff ¢o inder hayden vich Daz der phärt ¢ich mu¢ten legen Eins vnd ¢echczig von den ¢chlegen Vnd ir herren auch da pey Des chament do die andren drey Vnd ¢chlugend hin das v` berig gar Bis an des fu¢¢uolkes ¢char Der was ¢o vil ¢am ich es mäyn Ye zway tau¢ent wol an äynn Die hieten gro¢¢en ¢chaden ge¢chaft An der muden helden macht Won wa¢¢er das pricht durch de ¢tayn J¢t ¢ein lauff da hin gemäyn Do drungen her ye¢o zehand Die zieren fie¢¢ von Sweyczer land Vnd ¢chlugend ¢oleich ¢charten
Text nach Ed. Wießner 9070 9070 (Sam ich euch es kürtzen wil), Das die risen ze dem zil Der übel tod an sich gevie: Ir paner mit in nider gie. Do schre der kaiser ane chron: 9075 9075 ‘Her zuo, hin an, her Mageron, Mit ewerm gsind (won des ist gnuog) Und scheubt die reken in ein chruog!’ Des fuoren do die haiden dar Ze ross und zfüessen alle gar 9080 9080 Und schussend in die reken her Mit iren pogen dik und ser. Des hiet Wolffdietreich do gesprochen: ‘Ich wän, mich hab ein fleug gestochen,’ Do in der pöltzen einer traff: 9085 Des wissten seu nicht, was er sprach. So chament die ze ross aldo. Die hieten seu gewent also, Das seu hin zuo und auch hin wider Sprungend auf und dar zuo nider, 9090 9090 So snellechleichen her und dar, Das sein niemant ward gewar, E das er der kröl emphant, Die seu wurffen mit der hand Behendecleichen in die leut 9095 Und zuchtens an sich pei der heut. 9095 Da mit seu taten schadens vil. Doch, sam ich euchs kürtzen wil, Her Hildprand nam den schilt für sich Und lieff so in der haiden vich, 9100 Daz der phärt sich muosten legen 9100 Eins und sechtzig von den schlegen Und ir herren auch da pei. Des chament do die andren drei Und schluogend hin das überig gar 9105 9105 Bis an des fuossvolkes schar. Der was so vil (sam ich es main): Ie zwai tausent wol an ainn. Die hieten grossen schaden gschaft An der müeden helden macht 9110 (Won wasser das pricht durch den stain, Ist sein lauff da hin gemain): Do drungen her ieso zehand Die zieren fiess von Sweitzer land Und schluogend söleich scharten
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– ich will das abkürzen –, dass der schreckliche Tod die Riesen ergriff. Ihre Kriegsfahne sank mit ihnen nieder. Da schrie der Kaiser ohne Krone: „Hierher und ran mit Eurem Gefolge, Herr Mageron, denn das ist groß genug, und stopft die Recken in den Krug!“ Damit stürmten alle Heiden zu Pferde und zu Fuß dorthin und schossen ununterbrochen und voller Kraft mit ihren Bogen auf die edlen Recken. Wenn allerdings Wolfdietrich von einem Pfeil getroffen wurde und dazu rief: „Ich glaube, mich hat eine Bremse gestochen“, dann wussten sie nicht, wovon er sprach. Jetzt kamen die Reiter. Die hatten ihre Pferde so trainiert, dass diese hin und her und hoch und auch wieder runter springen konnten. Das ging so schnell, dass niemand sie wahrnahm, bevor er nicht den Dreizack verspürte, den sie geschickt mit der Hand unter die Leute warfen und diese an ihrer eigenen Haut zu sich heranzogen. Damit verursachten sie erheblichen Schaden. Herr Hildebrand jedoch – auch das will ich abkürzen – hielt seinen Schild vor sich und rannte so unter die Viecher der Heiden, dass einundsechzig Pferde durch seine Schläge zu Boden gehen mussten und ihre Herren gleich mit dazu. Dann kamen noch die drei anderen Recken und erschlugen den Rest bis hin zum Fußvolk. Das war so zahlreich, dass – so meine ich – zweitausend auf einen Recken kamen. Die hätten sogar der Übermacht der müden Helden großen Schaden zugefügt. Denn: Ist der Wasserlauf nur stetig genug, bricht er durch den Stein. Deshalb kamen nun die schmucken Kerle aus dem Schwyzer Land nach vorn und schlugen
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Mit iren helmparten Das der hayden vil gelag Paggenzan tet einen ¢chlag Das ir ¢ech¢ vn zwaynzig do Vielen nider ¢am das ¢tro Do was d’ hayden klayde hert Secht das von dem ¢elben gfert Das leder poch¢lent ward ¢o fa¢t Man hört es vber zehen ra¢t Der Leybinger mit ¢einer furggen Reu¢¢en Hayden vn auch Tùrggen Stach er all in eine ¢tich Das ¢eu ¢torczten vnter ¢ich Des huben ¢ich der keczer dar An die weit ein michel ¢char Vnd ¢chù¢¢end her zùm andern mal Das vil mangeu ¢charffe ¢tral Den Sweyczern in dem fläi¢ch gelag Das tet ı we das was ir ¢chad Do lieffend dis mit iren ¢egen Den hayden auf das veld engegen Vnd hubend an ze mäyen do Der häyden päyn ¢am häw vn ¢tro Da mit was es der gangen Das vberig floh von dannen Mit irem paner vb’ mer Des habend noch die Sweiczer er Secht do was es ve¢rzeit Dar zu wi¢¢t das an dem ¢treyt Yeder do ze fu¢¢en wut An die knie auf in dem plut Do die reken wi¢¢ten das Das ir täyl der be¢¢er was Vnd ir veinde ¢o gelegen Des namen ¢eu der freunden ¢egen Vn zugend fuder von dem plan Sam vor Laureyn hiet getan Der mäger auch das ¢elbig ¢ach Es tett ym laid vn vngemach Das Sweyczer hieten mit ir macht Vertriben ¢o die hayden¢chaft Vnd daz velde hielten ¢o Des ¢prach er zu den ¢einen do Nù wol auf es i¢t zeit Das wir auch ziehin an den ¢treit Vn la¢¢in ir enkeinen leben Daz wird ir ¢chäd vn kùmpt vns eben
9126 Stach: ch verlaufen.
Text nach Ed. Wießner 9115 9115 Mit iren helmparten, Das der haiden vil gelag. Paggenzan tet einen schlag, Das ir sechs und zwainzig do Vielen nider sam das stro. 9120 9120 Do was der haiden klaide hert, Secht, das von dem selben gfert Das leder pochslent ward so fast: Man hort es über zehen rast! Der Leibinger mit seiner furggen, 9125 Reussen, haiden und auch Turggen 9125 Stach er all in einem stich, Das seu stortzten untersich. Des huoben sich der ketzer dar An die weit ein michel schar 9130 Und schussend her zum andern mal, Das vil mangeu scharffe stral Den Sweitzern in dem flaisch gelag: Das tet in we, das was ir schad. Do lieffend dis mit iren segen 9135 9135 Den haiden auf das veld engegen Und huobend an ze mäjen do Der haiden pain sam häw und stro. Da mit was es dergangen. Das überig floh von dannen 9140 9140 Mit irem paner über mer. Des habend noch die Sweitzer er. Secht, do was es vesperzeit! Dar zuo wisst, das an dem streit Ieder do ze füessen wuot 9145 9145 An die knie auf in dem pluot! Do die reken wissten das, Das ir tail der besser was Und ir veinde so gelegen, Des namen seu der freunden segen 9150 9150 Und zugend fuder von dem plan, Sam vor Laurein hiet getan. Der mäger auch das selbig sach: Es tett im laid und ungemach, Das Sweitzer hieten mit ir macht 9155 9155 Vertriben so die haidenschaft Und daz velde hielten so; Des sprach er zuo den seinen do: ‘Nu wol auf! Won es ist zeit, Das wir auch ziehin an den streit 9160 9160 Und lassin ir enkeinen leben. Daz wird ir schad und kümpt uns eben.’
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mit ihren Hellebarden solche Wunden, dass viele der Heiden zu Boden gingen. Backenzahn führte einen solchen Schlag aus, dass sechsundzwanzig von ihnen umfielen wie Stroh. Dabei war das Lederzeug der Heiden so hart, dass es in diesem Getümmel dumpf widerhallte und man das noch über zwanzig Meilen hören konnte. Der Libinger stach Russen, Heiden und Türken mit einem einzigen Stich seiner Forke nieder, so dass sie alle übereinander stürzten. Darauf machte sich nun ein großer Haufen Ketzer zum Kampffeld auf und begann mit einem zweiten Beschuss, so dass den Schwyzern viele scharfe Pfeile im Fleisch stecken blieben. Das brachte ihnen Schmerzen und Schaden. Da liefen sie auch schon mit ihren Sensen den Heiden auf das Schlachtfeld entgegen und begannen damit, die Beine der Heiden wie Heu und Stroh abzumähen. Damit war das auch geschafft. Der Rest der Heiden floh mit ihrem Kriegsbanner übers Meer. Bis heute sind die Schwyzer deswegen besonders angesehen. Inzwischen war es Abend geworden. Außerdem müsst ihr wissen, dass jeder, der in dieser Schlacht zu Fuß war, bis zu den Knien in Blut watete. Als die Recken sicher waren, dass sie gesiegt hatten und ihre Feinde geschlagen waren, verabschiedeten sie sich von ihren Kampfgefährten und zogen vom Schlachtfeld fort, so wie es vorher schon Laurin getan hatte. Der Meier sah das alles auch, und es schmerzte ihn maßlos, dass die Schwyzer kraft ihrer Überlegenheit die Heiden vertrieben und somit das Feld behauptet hatten. Deshalb rief er seinen Leuten zu: „Nun aber los! Denn es wird Zeit, dass auch wir in den Kampf ziehen und keinen von ihnen am Leben lassen. Das wird ihr Verderben und kommt uns zugute.“
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Text nach Ed. Wießner
Da mit ¢o richt er ¢eine ¢char Jn einen ¢picz vn macht ¢ich dar Die ¢chùczen vor vn dar nach er Auf einem e¢el mit ¢eim sper Vnd die ¢pie¢¢er all hin nach Zu iren veinten was in gach Mit ¢chie¢¢en vnd mit ¢techen Mit mu¢ten dar zu brechen Die ze fu¢¢en hintnan ¢o Der ¢treyt der kùcht ¢ich ab’ do Vnd ward auch ¢chlech leich al¢o hert Das ir zu dem ¢elben gfert Mer dann siben hundert tod Gelagen da von rechter not Des was der Lappenhau¢er gnug Der Sweyczer ¢turbend ane fug Swert die hortman chlingen Helm vnd ring zer ¢pringen Das velte ward von plute nas Wer bas mocht der tett auch bas Die ritter augten auch ir macht Jn irer nüwen ritter¢chaft Bis das ¢eu alle¢ament ¢o Der ¢tikten in der hicz aldo Das ge¢chach nicht ane ¢ach Won der weis vil ofte ¢prach Alter part der hat die wicz Nüwer palg der hat die hicz Wes ¢cholt der Strudel warten do Zu ¢eine har¢che ¢prach er ¢o Nù dar ir herren wol gemäyt Gedenkt vil eben an das läyd Das die Lappenhau¢er lös Mit irem willen al¢o bös Habent vns ¢o oft der zäigt Dar vmb wir ¢chùllen ¢ein beräyt Schand ze rechen vn auch ¢chaden Dar zu ¢o hört was ich wil ¢agen Welt ir haben er vn gwin So ¢chölt es legen euwern ¢in An frùntleich gar ze ¢treyten Mit ¢chlahen zbayden ¢eyten Vnd nicht verzagen de haynen fri¢t Die weil ein äten in euch i¢t Vnd ¢icherleichen tüt ir das Vns gelinget wol vn bas
Da mit so richt er seine schar In einen spitz und macht sich dar, Die schützen vor und dar nach er Auf einem esel mit seim sper 9165 Und die spiesser all hin nach (Zuo iren veinten was in gach Mit schiessen und mit stechen, Mit müsten, dar zuo brechen), Die ze füessen hintnan so. 9170 Der streit derkücht sich aber do Und ward auch schlechtleich also hert, Das ir zuo dem selben gfert Mer dann siben hundert tod Gelagen da von rechter not. 9175 Des was der Lappenhauser gnuog: Der Sweitzer sturbend ane fuog. Swert die hort man chlingen, Helm und ring zerspringen. Das velte ward von pluote nas. 9180 Wer bas mocht, der tett auch bas. Die ritter augten auch ir macht In irer nüwen ritterschaft, Bis das seu allesament so Derstikten in der hitz aldo. 9185 Das geschach nicht ane sach; Won der weis vil ofte sprach: ‘Alter part der hat die witz, Nüwer palg der hat die hitz.’ Wes scholt der Strudel warten do? 9190 Zuo seinem harsche sprach er so: ‘Nu dar, ir herren wol gemait, Gedenkt vil eben an das laid, Das die Lappenhauser lös Mit irem willen also bös 9195 Habent uns so oft derzaigt! Dar umb wir schüllen sein berait, Schand ze rechen und auch schaden. Dar zuo so hört, was ich wil sagen! Welt ir haben er und gwin, 9200 So scholt es legen euwern sin An frümcleich gar ze streiten Mit schlahen zbaiden seiten Und nicht verzagen dehaineu frist, Die weil ein aten in euch ist. 9205 Und sicherleichen, tuot ir das, Uns gelinget wol und bas
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9163 ¢picz: c verkleckst. 9180 plute: Superskript verkleckst. 9195 irem: m aus n korrigiert. genden Vers links am Rand no.
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Damit richtete er seinen Haufen keilförmig aus und zog dorthin: die Bogenschützen vorneweg, danach er selbst auf einem Esel mit seinem Speer, die anderen Speerkämpfer alle hinterher – sie lechzten danach, ihren Feinden mit Schiessen und Stechen, mit Stoßen und Brechen beizukommen – und schließlich das Fußvolk zum Schluss. So kochte der Kampf ein weiteres Mal hoch und wurde auch so gnadenlos ausgetragen, dass in diesem Kampfgetümmel mehr als siebenhundert Kämpfer zu Tode kommen mussten. Von den Lappenhausenern waren es schon viele, von den Schwyzern aber starb eine unermesslich große Zahl. Man hörte die Schwerter klingen, Helme und Kettenringe zerspringen. Das Schlachtfeld wurde nass von Blut. Wer mehr vollbringen konnte, tat auch mehr. Auch die Ritter zeigten ihr Können in ihrem neuen Ritterstand, bis sie allesamt in der Hitze erstickt waren. Das geschah nicht ohne Grund. Denn der Weise sagte oft genug: ,Ein Graubart hat Verstand, ein Milchbart aber hat Feuer.‘ Worauf sollte Strudel noch warten? Seinem Kriegshaufen hielt er folgende Rede: „Nun los, Ihr tüchtigen Herren, Vergesst niemals all das Leid, das uns diese üblen Lappenhausener so oft und voll böser Absicht zugefügt haben. Deshalb sollten wir bereitstehen, Schande und Verlust zu rächen. Und hört, was ich Euch noch sagen will: Wenn Ihr Ehre und Vorteil erringen wollt, dann sollte es Euch nur darum gehen, so tapfer wie möglich zu kämpfen, Eure Schläge nach beiden Seiten zu führen und keinen Moment den Mut sinken zu lassen, solange Ihr noch atmet. Ganz sicher werden wir, wenn Ihr das befolgt, gewinnen
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Text nach Ed. Wießner
Vnd beleibent pey dem leben Da mit gewinent wir vil eben Er vn gut vn rö¢¢ vn rinder Das wir vnd vn¢ren lieben kinder Der fräuwet werdent vo de ¢treyt Jn ganczem frid vil lange zeit Ze le¢ten wi¢¢t tun wir das nicht Das vns das widerwärtig g¢chicht Des furen ¢eu mit ¢challe dar Veintleich in die andren ¢chär Mit ¢chlahen ¢techen vn auch ¢chie¢¢en Was ¢cholt die helde des verdrie¢¢en Die ¢o wol mit aygner hand Mochen rechen do ir ¢chand Hieten Sweyczer ¢chaden getan Lappenhau¢ern ¢ùnderwan Das her fulten die vil gäncz Jn irem zorn von rechter ¢chancz Vnd ¢ùnder leychen ze d’ g¢chicht Her Snegg hiet verge¢¢en nicht Seines fromen vatters tod Des ¢chuff er jamer ang¢t vn not An den Lappenhau¢ern ¢o Sein sper das ¢chlug er vnt’ do Vnd ¢o veintleich in die ¢chär Auf ein’ ¢tarchen ru¢¢inn dar Das ir zwelf vo einem ¢tich Mu¢ten gagen vnt’¢ich Siben blibend an dem ¢pie¢¢ Die hub er auf der ¢elbig fie¢¢ Sam die hüner an eim ¢pi¢¢ Niemat was vor in gewi¢¢ Er wär eim tür¢ten gnug gwe¢en Wer ¢cholt do vor in gene¢en Des hercz ¢o hiczig was ze ¢treyt Har an die grö¢te ¢terkj leit Secht der verte tett er vil Egghart ze dem ¢elben zil Hiet auch nichcz verge¢¢en das Wie ¢ein lieber ¢un vor was Der ¢chlagen von der veinten ràch Des was ym auch ze rechen gàch Vnd sùnd’leichen an den be¢ten Er rant vom er¢ten bis ann le¢ten Das was der er¢t der chùnig ¢o Der ander was ir herrczog do Der drit der gràf & cetera
Und beleibent pei dem leben. Da mit gewinnent wir vil eben Er und guot und ross und rinder, 9210 Das wir und unsreu lieben kinder Derfräuwet werdent von dem streit In gantzem frid vil lange zeit. Ze lesten wisst, tuon wir des nicht, Das uns das widerwärtig gschicht!’ Des fuoren seu mit schalle dar Veintleich in die andren schar Mit schlahen, stechen und auch schiessen. Was scholt die helde des verdriessen, Die so wol mit aigner hand 9220 Mochten rechen do ir schand? Hieten Sweitzer schaden getan Lappenhausern sunder wan, Das herfulten die vil gantz In irem zorn von rechter schantz 9225 Und sünderleichen ze der gschicht Her Snegg der hiet vergessen nicht Seines fromen vatters tod. Des schuoff er jamer, angst und not An den Lappenhausern so: 9230 Sein sper das schluog er unter do Und so veintleich in die schar Auf einer starchen rüssin dar, Das ir zwelf von einem stich Muosten gagen untersich. 9235 Siben blibend an dem spiess: Die huob er auf, der selbig fiess, Sam die hüener an eim spiss. Niemant was vor im gewiss: Er wär eim türsten gnuog gewesen. Wer scholt do vor im genesen, Des hertz so hitzig was ze streit, Dar an die gröste sterki leit? Secht, der verte tett er vil! Egghart ze dem selben zil 9245 Hiet auch nichtz vergessen das, Wie sein lieber sun vor was Derschlagen von der veinten rach; Des was im auch ze rechen gach Und sünderleichen an den besten: 9250 Er rant vom ersten bis ann lesten. Des was der erst der chünig so, Der ander was ir hertzog do, Der drit der graf et cetera;
9240 tür¢ten: Diakritikum über ü.
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und am Leben bleiben. Außerdem werden wir Ehre und Gut, Pferde und Rinder erstreiten, so dass wir und unsere geliebten Kinder für lange Zeit und in sicherem Frieden die Früchte des Kampfs genießen werden. Zuletzt sollt Ihr wissen, dass uns das Gegenteil droht, wenn wir nicht so handeln.“ Und so griffen sie den anderen Haufen unter lautem Gebrüll mit Schlägen, Stichen und Schüssen an. Warum auch hätten die Helden das lustlos beginnen sollen, die jetzt eigenhändig ihre Schande rächen konnten? Hatten schon die Schwyzer den Lappenhausenern ohne Zweifel großen Schaden zugefügt, so setzten das die Nissinger jetzt voller Wut und wegen der guten Gelegenheit fort. Insbesondere Herr Schneck hatte bis jetzt den Tod seines tüchtigen Vaters nicht vergessen. Deshalb verbreitete er bei den Lappenhausenern Leid, Angst und Not. Er brachte seinen Speer in Anschlag und rannte auf einer mächtigen Stute so heftig gegen den feindlichen Haufen an, dass bei einem Stich zwölf von ihnen übereinanderstürzten. Sieben spießte er auf seinen Speer. Der Kerl hob sie hoch wie Hühner am Spieß. Niemand war vor ihm sicher, und er hätte schon fast als Riese gelten können. Wer sollte sich denn vor ihm retten, da sein Herz doch so sehr auf Kampf und Streit brannte? Darin liegt schließlich die größte Stärke. Stellt euch vor: Solche Angriffe ritt er mehrfach! Ebenso wenig hatte Eckart jemals vergessen, wie sein geliebter Sohn schon vorher von den Feinden in ihrer Rachsucht erschlagen worden war. Deshalb ging es auch ihm nur noch um Rache, und dies gerade an den Vornehmsten. Er griff sie alle vom ersten bis zum letzten an: zuerst den König, dann ihren Herzog, als dritten den Grafen usw.
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Die vielend all vor ym alda Vnd do er Ruflinn kay¢er vand Das ¢wert das fa¢¢t er in die hand Vnd gab dem haubtman hine ¢chlag Das er do auf der erd gelag Des cham do her der fu¢¢en ¢chär Vn ¢aczten in hin wider dar Dem Egghart ¢tachens ¢eine mayden Das er ¢ich dar von mu¢¢te ¢chäiden Des cham er auf der wol geporn All ¢ein wer hiet er verlorn Den rechten fu¢¢ den hub er auf Vnd ¢tie¢¢ des kay¢ers heng¢t in pauch Das er an der ¢eyten gelag Do mu¢¢t der herr auch hinab Egghart der was nicht ze träg Wie herticleichen es ym läg Das ¢wèrt dem Lech¢pi¢¢ zùcht er do Vnd ¢chlug in auf den grind al¢o Das in der lange ¢chlaff geuie Der ym auch nimer mer vergie Man hiet ym geholffen auf ¢am e Da mocht er nicht ge¢iczen me Man hiet den Eggharten zer¢orten Vmb vnd vmb ze allen orten Da hieten ¢eu des glùkes nicht Das macht vn craft vn wicz z’pricht Dar nach cham der ¢einen dar Der fromen diet ein michel ¢char Die ym do hùlfend von der nöt Die veint auch ¢chlugend ı den tod Al¢o das mit mangem jagen Des maygers leyb ward hin get~gen Gen der Lappenhau¢er gezelt Do hub ¢ich leyden in der welt Strudel der hiet wiczen gnug Sald vn chraft daz was ¢ein fug Er macht ¢ich hin ¢elb dritter dar Jn der härwen veinten ¢chär Gen irm paner drang er do Vnd begrayff die ¢tang al¢o Daz ¢ey auff die erde gie Sein arm der negel ¢picz gvie Das er do zu der ¢elben vart Mit enander blütend wart Des achtet er vil wenig do Wan er des ¢eges was ¢o fro
Text nach Ed. Wießner 9255 9255 Die vielend all vor im alda. Und do er Rüeflinn kaiser vand, Das swert das fasst er in die hand Und gab dem haubtman einen schlag, Das er do auf der erd gelag. 9260 Des cham do her der zfüessen schar Und satzten in hin wider dar. Dem Egghart stachens seinen maiden, Das er sich dar von muosste schaiden. Des cham er auf, der wol geporn: 9265 9265 All sein wer hiet er verlorn. Den rechten fuoss den huob er auf Und stiess des kaisers hengst in pauch, Das er an der seiten glag; Do muosst der herre auch hin ab. 9270 9270 Egghart der was nicht ze träg, Wie herticleichen es im läg: Das swert dem Lechspiss zucht er do Und schluog in auf den grind also, Das in der lange schlaff gevie, 9275 9275 Der im auch nimer mer vergie. Man hiet im gholffen auf sam e: Do mocht er nicht gesitzen me. Man hiet den Eggharten zersorten Umb und umb ze allen orten: 9280 9280 Do hieten seu des glükes nicht, Das macht und craft und witz zerpricht. Dar nach cham der seinen dar Der fromen diet ein michel schar, Die im do hulfend von der not, 9285 Die veint auch schluogend in den tod, Also das mit mangem jagen Des maigers leib ward hin getragen Gen der Lappenhauser gzelt. Do huob sich leiden in der welt. 9290 Strudel der hiet witzen gnuog, 9290 Säld und chraft: daz was sein fuog. Er macht sich hin selb dritter dar In der härwen veinten schar. Gen irm paner drang er do 9295 Und begraiff die stang also, 9295 Daz sei auf die erde gie. Sein arm der negel spitz gevie, Das er do zuo der selben vart Mit enander blüetend wart. 9300 Des achtet er vil wenig do, 9300 Wan er des siges was so fro.
9278 Am Zeilenanfang Loch im Papier, Zeile daher eingerückt.
9290 gnug: Superskript weit links.
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Sie alle stürzten vor ihm nieder. Und als er auf den Kaiser Rüefli stieß, da ergriff er sein Schwert und verpasste dem Hauptmann einen solchen Schlag, dass auch der am Boden lag. Allerdings kam ein Trupp Fußsoldaten herbei, die ihn wieder aufs Pferd setzten. Eckart erstachen sie seinen Gaul; von dem musste er Abschied nehmen. Zwar rappelte sich Hochwohlgeboren wieder auf, doch hatte er alle seine Waffen verloren. So hob er nur seinen rechten Fuß hoch und trat dem Hengst des Kaisers so kräftig in den Bauch, dass der auf die Seite stürzte. Damit ging auch sein Herr zu Boden. Eckart war nicht faul, mochte es auch noch so ungünstig für ihn stehen. Er entriss Leckdenspieß sein Schwert und schlug es ihm so über die Birne, dass ihn der lange Schlaf überfiel, der niemals mehr enden sollte. Wie vorher hätte man ihm wieder aufs Pferd geholfen, doch konnte er sich da nicht mehr halten. Den Eckart hätten sie in tausend Stücke gerissen, doch war das Glück nicht auf ihrer Seite, das Kraft, Stärke und Klugheit zunichte macht. Dann kam von seiner Partei ein großer Haufen tapferer Kämpfer hinzu, die ihm aus der Bedrängnis halfen und seine Feinde auch in den Tod trieben, so dass die Leiche des Meiers nur unter heftigen Verfolgungen zu den Zelten der Lappenhausenern getragen werden konnte. Damit begann ein Jammern in der Welt! Strudel besaß, wie es zu ihm passte, genügend Klugheit, Glück und Stärke. Zusammen mit zwei anderen ging er nun selbst auf den wilden Haufen der Feinde los. Er drang bis zu ihrer Kriegsfahne vor und griff nach ihr, so dass sie auf die Erde fiel. Dabei drangen spitze Nägel in seinen Arm ein und er begann sogleich zu bluten. Doch achtete er nicht darauf, weil er sich so sehr über den Sieg freute.
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Text nach Ed. Wießner
Lappenhau¢er vielent nider Ze geleicher weis ¢am ¢chaff vn wider Die noch hierten weder hund Habend ze der ¢elben ¢tund So die wolfe hungrig gar Chömend in ir bloden ¢char Ze gefangen hieten ¢eu ¢ich geben Des wolt man kainen la¢¢en leben Vnd wärind auch verdorben ¢o Des chàmet Narrenhaymer do Mit äxen vn mit pyellen Vnd auf die veinde viellen Dis hieten be¢¢er gelùk dann ¢eu Vnd ¢chlugend oft ein man ı dreu Secht do ward die tayding chrùmb Das glùkrad kert ¢ich wider vmb Vn hiet es vor gehùlfen ¢er Do ¢chadigot es dri¢tud mer Von Lappenhau¢en Saychinchrug Ein hercz gewan zu ¢eine fug Des cham er auch ze ¢inne drat Ein vännli hiet er in der wàt Da was ¢eins dorffes zäychen an Gemalet ¢echt das ¢tie¢¢ d’ man An ein ¢per vn warff es höch Auf do hub ¢ich ein gezöch Das was vil ¢tark dem paner nach Vnd machten ¢ich hin an vil gàch Do ir veinten ¢tùrm van was Seu drugen fa¢t vn ¢chlugend bas Bis das der Fùlzan ze hart Mit ¢ampt d’ ¢tang zerhaket wart Do gieng es an hern Strùdel do Zu dem Gràf Purkhart ¢p~ch al¢o He ir ge¢ell ir g¢ell ir g¢ell Jr mu¢¢t nù reu¢chen ı die hell Jr habt ¢o manig mort ge¢tift Daz man euchs ¢chol vertragen nit Des äntwùrt in der werde doch Wi¢¢ das ich mich rure noch Vnd pin an meine herczen warm Wie mag ich dann ze helle varn Des zòch er aus ein me¢¢er do Vnd ¢tach Gràf Purcharten al¢o Das er ye¢o tod gelag Nù var dù in die hell hin ab
Lappenhauser vielent nider Ze gleicher weis sam schaff und wider, Die noch hierten weder hund Habend ze der selben stund, 9305 So die wolfe hungrig gar Chömend in ir blöden schar. Ze gfangen hieten seu sich geben: Des wolt man kainen lassen leben Und wärind auch verdorben so; 9310 Des chament Narrenhaimer do Mit äxen und mit piellen Und auf die veinde viellen. Dis hieten besser glük dann seu Und schluogend oft ein man in dreu. Secht, do ward die taiding chrumb! Das glükrad kert sich wider umb, Und hiet es vor gehulfen ser, Do schadigot es dristund mer. Von Lappenhausen Saichinchruog 9320 Ein hertz gewan zuo seinem fuog; Des cham er auch ze sinnen drat. Ein vännli hiet er in der wat (Da was seins dorffes zaichen an Gemalet): secht, das stiess der man 9325 An ein sper und warff es höch Auf! Do huob sich ein gezöch (Das was vil stark) dem paner nach Und machten sich hin an vil gach, Da ir veinten sturmvan was. 9330 Seu drungen fast und schluogend bas, Bis das der Fülzan ze hart Mit sampt der stang zerhaket wart. Des gieng es an hern Strudel do, Zuo dem graf Purkhart sprach also: ‘He, ir gsell, ir gsell, ir gsell, Ir müesst nu reuschen in die hell! Ir habt so manig mort gestift, Daz man euchs schol vertragen nicht.’ Des äntwürt im der werde doch: 9340 ‘Wiss, das ich mich rüere noch Und pin an meinem hertzen warm! Wie mag ich dann ze helle varn?’ Des zoch er aus ein messer do Und stach graf Purcharten also, 9345 Das er ieso tod gelag. ‘Nu var du in die hell hin ab!
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9320 Saychinchrug: n mit Schlussbogen. 9324 Da: am Wortende s radiert. skript verkleckst. 9341 mich: über der Zeile eingefügt.
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Unterdessen wurden die Lappenhausener wie Schafe und Böcke niedergerissen, die weder Hirt noch Hund bewachen, während hungrige Wölfe in die schutzlose Herde einbrechen. Sie hätten sich ja durchaus ergeben, doch wollten die Nissinger keinen überleben lassen. So wären sie auf jeden Fall umgekommen. Nun kamen aber die Narrenheimer und fielen mit Äxten und Beilen über die Feinde her. Diese hatten mehr Glück als jene und zerstückelten so manchen Mann in drei Teile. Seht, nun war der Ausgang wieder offen. Das Glücksrad drehte sich weiter, und wo es bislang viel geholfen hatte, da brachte es nun dreimal größeren Schaden. Der Lappenhausener Krugpisser fasste sich, ganz wie es zu ihm passte, ein Herz und hatte dazu auch gleich einen guten Einfall: Er hatte eine kleine Fahne bei sich, auf die das Wappen seines Dorfes gemalt war. Die spießte der Mann auf einen Speer und streckte sie in die Höhe. Nun entstand ein wildes Gewühl der Kriegsfahne nach, und die Lappenhausener drängten dorthin, wo die Sturmfahne ihrer Feinde stand. Sie griffen heftig an und schlugen noch fester zu, bis Fülldenzahn mitsamt der Fahnenstange in Stücke gehauen war. Nun war Herr Strudel an der Reihe, zu dem Graf Burkhart sagte: „He, Freundchen, Freundchen, Freundchen, jetzt geht es ab in die Hölle. Ihr habt so viele Morde zu verantworten, dass man Euch nicht vergeben kann.“ Darauf entgegnete ihm der tüchtige Mann: „Pass auf, noch bewege ich mich und mein Herzblut ist auch noch warm. Wie kann ich da zur Hölle fahren?“ Damit zückte er ein Messer und traf Graf Burkhart so gut, dass der auf der Stelle tot war und liegen blieb. „Nun fahr du in die Hölle hinab“,
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Text nach Ed. Wießner
Das i¢t dein haus vn ghört dich an Sp~ch er zu dem toten man Des wärd doch Strùdel da beliben Mit ¢eine har¢ch vil gar ge¢tigen Da waret Maczendorffer hie Al¢o ¢chier ich wäy¢¢ nicht wie Wie laut ¢eu ¢chreuwet auf die ¢chär Es i¢t noch nicht des io ¢o gar Sam ir nu wänt ir hürren ¢chelch Es mü¢¢t vns la¢¢en hie die pelg Vnd gearnen auf dem plan Das ewer vordren haben getan Des ¢tachens her mit iren ¢pie¢¢en Jn der Lappenhau¢er fie¢¢en Ny¢¢inger auch wider dar Jn der Narrenhaymer ¢char Al¢o ¢er mit payder chràft Das der veinten hilf vn macht Aber do gechrenket ward Al¢o das ı einer vart Narrenhaymer haubtman Lappenhau¢er sturmvan Vielent nider auf den tan Der van von Ni¢¢ingen vil ¢chier Auf geworffen al¢o zier Des mù¢tes ¢chreyen ı de ¢treyt Gen Torenhofnern an d’ zeit Die das hieten vb’¢ehen So gro¢¢eu vin¢treu was ge¢chehen Von dem puluer auf dem plan Do das ge¢chrey nu was getan Vmb die hilf das hortens wol Vn ranten her gemutes vol Wol geruwt vil ¢tark vn fri¢ch Sam die färli von dem ti¢ch Vnd lieffend Mäczendorffer an Seu ¢chlugend in vil mangen man Mit iren ¢teken daz ¢eu hin Vielen zu irm vngewin Jn was der men¢ch recht ¢am äyn äye Vnd knu¢tend flay¢ch vn payn enzway Seu füren her gemutes frey Auch mit chùglen von dem pley An die chlaider fe¢t gepunden Mit ey¢en ketten ze den ¢tùnden Vnd wurffend gen den herczen
Das ist dein haus und ghört dich an,’ Sprach er zuo dem toten man. Des wär doch Strudel da beliben, 9350 Mit seinem harsch vil gar gestigen: Do warent Mätzendorffer hie Also schier, ich waiss nicht wie. Wie laut seu schreuwent: ‘Auf die schar! Es ist noch nicht des jo so gar, 9355 Sam ir nu wänt, ir hüerrenschelch! Es müesst uns lassen hie die pelg Und gearnen auf dem plan, Das ewer vordren haben getan.’ Des stachens her mit iren spiessen 9360 In der Lappenhauser fiessen, Nissinger auch wider dar In der Narrenhaimer schar Also ser, mit paider chraft Das der veinten hilf und macht 9365 Aber do gechrenket ward Also, das in einer vart Narrenhaimer haubtman, Lappenhauser sturmvan Vielent nider auf den tan. 9370 Der van von Nissingen vil schier Ward auf geworffen also zier. Des muostens schreien in dem streit Gen Torenhofnern an der zeit, Die das hieten übersehen: 9375 So grosseu vinstreu was geschehen Von dem pulver auf dem plan. Do das geschrei nu was getan Umb die hilf, das hortens wol Und ranten her gemüetes vol, 9380 Wol geruowt, vil stark und frisch Sam die färli von dem tisch Und lieffend Mätzendorffer an. Seu schluogend in vil mangen man Mit iren steken, daz seu hin 9385 Vielen zuo irm ungewin. In was der mensch recht sam ain ai Und knustend flaisch und pain enzwai. Seu fuoren her gemüetes frei Auch mit chüglen von dem plei 9390 An die chlaider fest gepunden Mit eisenketten ze den stunden Und wurffend gen den hertzen:
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9371 van: korrigiert aus von, o gestrichen, a darüber. 9376 gro¢¢eu: ursprünglich gro¢¢en, n gestrichen, u hinzugefügt. 9387 recht: über der Zeile eingefügt. 9388 Vers reicht bis an Spalte b.
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sagte er zu dem Toten, „das ist dein Zuhause, und da gehörst du hin.“ Da hätte es Strudel mit seiner verfickten Bande beinahe noch erwischt. Doch waren plötzlich, ich weiß nicht wie, die Mätzendorfer da. Laut schrien sie: „Los, rauf auf den Haufen! Es ist noch lange nicht so weit, wie ihr glaubt, ihr Hurenböcke! Eure Haut müsst ihr uns hier lassen und auf dem Schlachtfeld dafür büßen, was eure Vorfahren verbrochen haben. Dann stachen sie mit ihren Spießen auf die Kerle aus Lappenhausen ein. Auch die Nissinger gingen so heftig gegen den Narrenheimer Haufen vor, dass unter diesem doppelten Druck die Hilfstruppe und die Streitmacht ihrer Feinde geschwächt wurden und der Narrenheimer Hauptmann zusammen mit der Lappenhausener Sturmfahne zu Boden ging. Die Fahne von Nissingen wurde unverzüglich und prächtig wieder aufgezogen. Deshalb mussten sie bei dieser Gefechtslage nach den Torenhofenern schreien, die das sonst nicht mitbekommen hätten. Vor lauter Staub war es auf dem Schlachtfeld völlig finster geworden. Als die Torenhofener die Hilfeschreie genau gehört hatten, rannten sie voller Tatendrang los, frisch, stark und ausgeruht wie Ferkel, die gerade vom Trog kommen, und griffen die Mätzendorfer an. Viele ihrer Männer erschlugen sie mit ihren Knüppeln, so dass diese – unglücklicherweise – zu Boden gingen. Für sie war der Mensch wie ein Ei, und so zerschlugen sie Fleisch und Knochen. Unbeschwert kamen sie nun dahergerannt mit Bleikugeln, die sie an ihren Kleidern mit Eisenketten festgebunden hatten. Diese schleuderten sie gegen die Herzen:
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Des machet mangen ¢merczen Seu ¢muczten gen den haubtern dar Das ¢eu die ¢inn verluren gar Was der vorderr ¢treyt verlorn Des ward ein neuwer do geporn So ¢tark vn vngeheur aldo Vnd ¢am ichs kùrczen wil al¢o Des Strudels van die ¢wär gevie Vnd drei¢tund auf vn nider gie Des hieltens doch ir veld vn macht Vnd ¢tryten in die vein¢tren nacht So verr daz ieder tayl ye¢o Selber höret auf aldo Vnd ¢prachent ¢am auch ghört dar zu Einen frid bis morgens fru Da hört ich daz man ı dem plut Bis vncz an den gürtel wut Wie vil auer wär der ¢chlagen Der mär getar ich euch nicht ¢agen Der da glegen was der glags Der da gen mocht der trats Vnd gie hin wider in ¢ein gezelt Oder läyt ¢ich auf das veld Ze ¢chlaffen ¢am ein rind da hin Fro Laych den Man in irem ¢in Gedacht vil eben an die tàt Die ir in Lappenhau¢er ràt Wider fur von Niggels wort Dar vmb ¢ey ¢tiften wolt ein mord Vnd macht ¢ich haymleich aus de haus Fùr des dorffes tor hin aus Vnd lieff hin zu der veinten ¢chär Die ¢chlieffend da von mùdi gar Sey wakt ¢eu auf vn ¢p~ch al¢o Ewer eren pin ich fro Vnd ewers gùts ze aller ¢tund Dar vmb ¢o trachtend vmb einn fùnd Das ir all des morgens fru Reytt ze Lappenhau¢en zu Die weil ¢o wil ich legen ¢chier Feur ins dorff an ¢teten vier Vnd euch ein tor auch geben eyn Das ¢ag ich auf die treuwe meyn Der rede warens alle fro Vnd dankten ir vil fley¢¢echleych do Seu verhie¢¢en ir da mitt
Text nach Ed. Wießner Das machet mangen smertzen. 9395 Seu smutzten gen den häubtern dar, Das seu die sinn verluren gar. Was der vorder streit verlorn, Des ward ein neuwer do geporn So stark und ungeheur aldo 9400 9400 Und (sam ichs kürtzen wil) also, Das Strudels van die swär gevie Und dreistund auf und nider gie. Des hieltens doch ir veld und macht Und striten in die vinstren nacht 9405 9405 So verr, daz ieder tail ieso Selber höret auf aldo, Und sprachent, sam auch ghört dar zuo, Einen frid bis morgens fruo. Da, hort ich, daz man in dem pluot 9410 9410 Bis untz an den gürtel wuot. Wie vil aver wär derschlagen, Der mär getar ich euch nicht sagen. Der da glegen was, der glags, Der da gen mocht, der trats 9415 9415 Und gie hin wider in sein gezelt Oder lait sich auf das veld Ze schlaffen sam ein rind do hin. Fro Laichdenman in irem sin Gedacht vil eben an die tat, 9420 9420 Die ir in Lappenhauser rat Widerfuor von Niggels wort; Dar umb sei stiften wolt ein mord Und macht sich haimleich aus dem haus Für des dorffes tor hin aus 9425 Und lieff hin zuo der veinten schar: Die schlieffend da von müedi gar. Sei wakt seu auf und sprach also: ‘Ewer eren pin ich fro Und ewers guots ze aller stund; 9430 Dar umb so trachtend umb einn fund, Das ir all des morgens fruo Reitt ze Lappenhausen zuo! Die weil so wil ich legen schier Feur ins dorff an steten vier 9435 Und euch ein tor auch geben ein. 9435 Das sag ich auf die treuwe mein.’ Der rede warens alle fro Und dankten ir vil fleisschleich do. Seu verhiessen ir da mit
9399 ¢tark: k scheint aus b korrigiert, undeutlich. 9404 ¢tryten: vor y e durchgestrichen. ~ davor al¢o durchgestrichen. 9428 Ewer: Strich über dem Wortende, Ew er?
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Das verursachte schlimme Schmerzen. Sie schlugen damit auch auf die Köpfe, so dass sie völlig die Besinnung verloren. Als der erste Kampf verloren war, entstand sogleich ein neuer, und zwar so heftig und schrecklich, dass – ich will es kurz machen – Strudels Kriegsfahne schwer wurde und dreimal auf und nieder ging. Allerdings behaupteten beide Parteien das Feld und kämpften auch im Dunkel der Nacht so lange weiter, bis sie von selbst aufhörten und einen Waffenstillstand bis zum nächsten Morgen verabredeten, wie es üblich ist. Da, so hörte ich, watete man schon bis zum Gürtel im Blut. Wie viele aber erschlagen worden waren, dazu wage ich mich nicht zu äußern. Wer dort einmal lag, der blieb liegen, wer noch gehen konnte, der ging und zog sich in sein Zelt zurück oder legte sich wie ein Rind aufs Feld zum Schlafen nieder. Frau Täuschdenmann erinnerte sich genau daran, was ihr im Rat zu Lappenhausen durch Niggels Worte angetan worden war. Deshalb sann sie auf Mord, schlich heimlich aus dem Haus vor das Dorftor und lief hinüber zu den feindlichen Haufen, die dort vor lauter Müdigkeit eingeschlafen waren. Sie weckte sie auf und sagte: „Euer Ansehen und Wohlergehen liegen mir stets am Herzen. Denkt deshalb über folgenden Vorschlag nach: Ihr alle reitet morgen früh nach Lappenhausen. Währenddessen werde ich an allen vier Ecken des Dorfes Feuer legen und euch dann auch durch ein Tor einlassen. Das verspreche ich euch – vertraut mir nur!“ Über dieses Angebot freuten sich alle und dankten ihr überschwänglich dafür. Außerdem versprachen sie ihr
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Gutes vil das i¢t der ¢itt Des fur ¢eu hin fro Laychden Man Bis ¢en gen Lappenhau¢en chäm Vnd pracht ze ¢amen was ¢eu ¢prach Mit welhen dingen das ge¢chach Jch noch niemant ¢agen ¢chol Bo¢¢hayt lert ¢ich ¢elber wol Die weil auch Ny¢¢inger vil drat Chòmend zamen all ze ràt Vmb die rèd die da getan Was des hub ein alter an Vn ¢prach dis dinch wil haben wicz Wir ligend auf des todes ¢picz Vn¢er veint ¢ein ¢terker vil Dann wir ¢am ich ¢agen wil Dar vmb ¢o ¢chùllen wir mit li¢ten Vn¢er ¢ü¢¢es leben fri¢ten Vn taylen vns ze vn¢erm häyl Vil eben gar in zway tayl Das er¢t mit den veinden ¢treytt Das ander häymleich an hin ritt Gen Lappenhau¢en zu dem tor Vnd halte da enwenig vor Vnd làt man vns dann ¢chier hin eyn So ¢chùllen wir vil endleich ¢ein Mit rauben vn mit ¢techen Hie mit wir mùgend rechen Alles vn¢er läyd vn ¢chaden Nicht mer ¢o kan ich euch ge¢agen Do ¢prach der alt her Pùtreich Dein ràt der i¢t vns nicht geleich Vn pi¢t dir ¢elben wider auch An deiner red recht ¢am ein gàuch Du ¢prich¢t der veinten ¢ey ze vil Vnd wilt dann daz wir halb daz ¢pil Treyben mit in allen aus We wie kämin wir ze haus Dar vmb wil ich ein anders ¢agen Wir ¢chùllen vn¢er wägen laden Mit plùnder vn mit härne¢ch gär Vn ¢chiken vn¢ers täyls ein ¢chär Vil taugenleichen ı den wald Den andern täyl wir ¢enden bald Mit dem paner auf die weyt Da ¢ich der heben ¢chol der ¢treyt Vnd wann die veint¢chär zeucht gen ı So trachten dis ze fleuhen hin
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Text nach Ed. Wießner 9440 9440 Guotes vil: das ist der sitt. Des fuor seu hin, fro Laichdenman, Bis seu gen Lappenhausen cham, Und pracht ze samen, was seu sprach. Mit welhen dingen das geschach, 9445 9445 Ich noch niemant sagen schol: Bosshait lert sich selber wol. Die weil auch Nissinger vil drat Chomend zamen all ze rat Umb die red, die da getan 9450 9450 Was. Des huob ein alter an Und sprach: ‘Dis dinch wil haben witz: Wir ligend auf des todes spitz. Unser veint sein sterker vil Dann wir, sam ich euch sagen wil. 9455 Dar umb so schüllen wir mit listen 9455 Unser süesses leben fristen Und tailen uns ze unserm hail Vil eben gar in zwai tail: Das erste mit den veinden stritt, 9460 9460 Das ander haimleich an hin ritt Gen Lappenhausen zuo dem tor Und halte da enwenig vor! Und lat man uns dann schier hin ein, So schüllen wir vil endleich sein 9465 Mit rauben und mit stechen. 9465 Hie mit wir mügend rechen Alles unser laid und schaden. Nicht mer so kan ich euch gesagen.’ Do sprach der alt her Pütreich: 9470 9470 ‘Dein rat der ist uns nicht geleich Und pist dir selben wider auch An deiner red recht sam ein gauch. Du sprichst, der veinten sei ze vil, Und wilt dann, daz wir halb daz spil 9475 9475 Treiben mit in allen aus: We, wie kämin wir ze haus? Dar umb wil ich ein anders sagen: Wir schüllen unser wägen laden Mit plunder und mit härnesch gar 9480 Und schiken unsers tails ein schar 9480 Vil taugenleichen in den wald. Den andern tail wir senden bald Mit dem paner auf die weit, Da sich derheben schol der streit. 9485 Und wann die veintschar zeucht gen in, So trachten dis ze fleuhen hin
9485 Vers reicht bis in den Raum von Spalte b.
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eine hohe Belohnung. Das ist nun mal so üblich. So zog sie wieder ab, die Frau Täuschdenmann, bis sie nach Lappenhausen kam und das in die Tat umsetzte, was sie versprochen hatte. Wie sie das schaffte, will ich aber niemandem sagen: Bosheit erklärt sich selbst am besten! Unterdessen kamen die Nissinger wegen dieses Angebots eilig zu einer Beratung zusammen. Ein alter Mann sprach als erster: „Diese Sache will bedacht sein, schließlich geht es um Leben und Tod. Unsere Feinde sind, das versichere ich euch, viel stärker als wir. Deshalb sollten wir unser teures Leben mit kluger Überlegung zu schützen suchen und uns zu unserem eigenen Nutzen in zwei gleich große Haufen aufteilen. Während der erste mit den Feinden kämpft, soll der zweite heimlich nach Lappenhausen ans Tor reiten und davor kurz warten. Wenn man uns dann schließlich einlässt, dann darf es aber nur noch Rauben und Todstechen geben! Damit könnten wir all unser Leid und unseren Schaden rächen. Mehr kann ich euch nicht raten.“ Darauf antwortete der alte Herr Dickwanst: „Dein Rat ist uns zu nichts nutze. Und außerdem widersprichst du dir selbst, genau wie ein Narr. Du sagst, die Zahl der Feinde sei zu hoch und schlägst dann vor, dass nur die Hälfte von uns dieses Spiel mit ihnen allen austragen soll. Mein Gott, wie sollen wir denn jemals wieder heil nach Hause kommen? Deshalb will ich euch einen anderen Vorschlag machen: Wir sollten unsere Wagen mit vielerlei Kram und Rüstungen beladen und einen Teil unserer Truppen heimlich in den Wald verlegen. Den anderen Teil schicken wir bald darauf mit unserer Kriegsfahne aufs Feld, wo der Kampf ausgefochten werden soll. Wenn ihnen die feindliche Streitmacht dann entgegenzieht, so sollen sie versuchen, in Richtung Wald zu fliehen,
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Text nach Ed. Wießner
Gen dem holcz die wagen nach So wirt den veinten al¢o gàch Ze jagen vn ze rauben ¢er Das ¢eu ¢ich ¢tròwent in dem her Einer her der ander hin Secht ¢o i¢t der be¢te ¢in Das vn¢er hauff mit allem gar Mach ¢ich auff die ierren ¢chär Mit ¢chie¢¢en ¢chlahen vn mit ¢techen Sto¢¢en mù¢ten vn auch brechen Mùgen wirs auch an geuahen Die ¢chùldigen wir ¢chullen hohen Kaynen la¢¢en wir gene¢en Vnd i¢t das es al¢o mag we¢en So reyten wir in einem trùk Gen Lappenhau¢en auf die prùgg Vnd wär ioch das die morderin Nicht wolt tun nach vn¢erm ¢inn Sam eim men¢chen mordes vol Niemand mag getrauwen wol Dannocht mù¢¢en ¢eu der zaygen Wan ¢eu ¢ehent ¢o der ¢chlagen Jr vormacht vn ir ge¢ind Vnd der geben ¢ich ge¢wind Wolten ¢eu des nicht entun Des achtin wir recht ¢am ein hun Vn lauffin an die hulczinn maur Mit feur das wirt in gar ze ¢aur Wär aber das / dz weib Tät vns auf ze rechter zeit So ¢chùllen wir berayte ¢ein Vns ze machen all hin ein Vnd nicht ze ga¢len ı den ¢trࢢen Won man mocht her abher la¢¢en Von den heu¢ern holcz vn ¢täyn Vnd vns der ¢chlahen all gemayn Wir ¢chùllend in das er¢te haus Prechen dràt vn dar nach aus Jn das ander yemer dar Vnd töten was da lebet gar An die vn¢ern freund allayn Dar nàch ¢o nemin wir gemayn Alles das man genemen mag Vnd tayllins ganczleich pey de tag Vnd was vns nicht ze nùcze wèrd Das verbrenn man gar in herd Nicht anders ¢aget er in do
Gen dem holtz, die wägen nach! So wirt den veinten also gach, Ze jagen und ze rauben ser, Das seu sich ströwent in dem her, 9490 Einer her, der ander hin. Secht, so ist der beste sin, Das unser hauff mit allem gar Mach sich auf die ierren schar Mit schiessen, schlahen und mit stechen, Stossen, müsten und auch brechen! Mügen wirs auch an gevahen, Die schuldigen wir schüllen hahen, Kainen lassen wir genesen. Und ist, das es also mag wesen, 9500 So reiten wir in einem truk Gen Lappenhausen auf die prugg: Und wär joch, das die morderin Nicht wolt tuon nach unserm sinn (Sam eim menschen mordes vol 9505 Niemand mag getrauwen wol), Dannocht müessen seu derzagen, Wan seu sehent so derschlagen Ir vormacht und ir gesind, Und dergeben sich geswind. 9510 Wolten seu des nicht entuon, Des achtin wir recht sam ein huon Und lauffin an die hültzin maur Mit feur: das wirt in gar ze saur! Wär aber, das daz weib 9515 Tät uns auf ze rechter zeit, So schüllen wir beraite sein, Uns ze machen all hin ein Und nicht ze gaslen in den strassen; Won man möcht her abher lassen 9520 Von den heusern holtz und stain Und uns derschlahen all gemain. Wir schüllend in das erste haus Prechen drat und dar nach aus In das ander iemer dar 9525 Und töten, was da lebet, gar An die unsern freund allain. Dar nach so nemin wir gemain Alles, das man gnemen mag, Und taillins gäntzleich pei dem tag; Und, was uns nicht ze nutze werd, Das verbrenn man gar in herd!’ Nicht anders saget er in do.
9491 Einer: korrigiert aus Seiner, S gestrichen.
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und die Wagen hinterher. Die Feinde werden dann nur noch darauf brennen, sie zu erreichen und auszurauben, so dass sich ihre Streitmacht auflöst und der eine hierher, der andere dorthin rennt. Schaut, dann ist der Zeitpunkt gekommen, dass unsere Truppenteile mit vereinter Kraft über ihren Haufen herfallen, mit Schießen, Schlagen und Stechen, mit Stoßen, Quetschen und Zerstören. Wenn wir einige von ihnen gefangen nehmen können, dann sollten wir die Schuldigen hängen und keinen mit dem Leben davonkommen lassen. Wenn es tatsächlich so kommt, dann reiten wir in einem Zug nach Lappenhausen auf die Brücke. Und auch wenn die Mörderin nicht in unserem Sinne handeln sollte – schließlich kann niemand einem Menschen mit Mordabsichten so richtig trauen –, so müssen sie dann doch den Mut verlieren, wenn sie erkennen, dass ihre Streitmacht mitsamt dem Gefolge erschlagen ist, und müssen sich auf der Stelle ergeben. Sollten sie das nicht tun, dann interessiert uns das einen Dreck und wir greifen ihre hölzernen Palisaden mit Feuer an: Das wird ihnen ganz schön stinken! Sollte uns aber die Alte das Tor rechtzeitig öffnen, dann müssen wir auch bereitstehen, dass wir alle in das Dorf eindringen, aber nicht ziellos auf den Gassen hin und her rennen. Denn es könnte durchaus sein, dass man Holzkloben und Steine von den Häusern auf uns herabwirft und uns alle erschlägt. Stattdessen sollen wir gleich in das erste Haus eindringen, dann in das nächste und immer so fort, und alles abschlachten, was sich regt. Nur unsere Freunde sollten wir am Leben lassen. Anschließend raffen wir alles zusammen, was wir greifen können, und teilen es, wenn es Tag geworden ist. All das jedoch, was uns nichts nutzt, soll man bis auf den Erdboden niederbrennen.“ Darüber hinaus sagte er nichts mehr zu ihnen.
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Des ràtes wurdens alle fro Vnd was her Pùtreich hiet gedacht Daz ward auch alles vollepràcht Des wurdes ¢älich vn auch reich Vnd machten ¢ich auch all geleich Wider häym hin auf den weg Vnd do ¢eu chamend zu dem ¢teg Do ¢ahens wie der Triefnas Der von dem ¢treyt geflohen was Sa¢¢ auf einem birlinch höh Secht do hub ¢ich ein gezòch Gen dem hö¢chochen Das blayb nicht vngerochen An den er¢ten buben Die vielend in die gruben Die Per¢chi vor mit ¢einer craft Vmb die fe¢ti hiet gemacht Vnd bedeket ¢chon mit gras Das er ge¢chaden mocht de¢t bas Er hiet vil dornen ¢picz gericht Vber¢ich auch zu der ge¢chicht Ob ¢eu chämin ze der ¢tunde Das mans mit den fü¢¢en fùnde Das ge¢chach ¢ich ¢tie¢¢ dar an Vil oft ein blo¢¢er ¢akman Das tet in we vn macht in zorn Hietens Pert¢chins tod ge¢worn Das wolten ¢eu do er¢te enden Vnd wùrden her vn dorthin ¢enden Vmb làytern mäntel vn auch pleyden Vnd vmb ein chaczen die ¢eu treyben Scholten an die maur hin an Dar zu woltens pikel han Ze vnt’graben hie vn dört Vnd anders daz zu ¢tùrmen ghört Secht das pràcht man ye¢o dar Do ruft der Strùdel ze der ¢chär Jr herre merkt was ich wil ¢agen Jch han gehört pey meinen tagen Mit werffen man das haus der wert Mit ¢chie¢¢en man es nider zert Dar vmb ¢chùlt es die armbrù¢t lade Vnd an hin ¢chie¢¢en nicht verzagen Al¢o mag er ¢ich nicht gerùren Die kaczen ¢chol man an hin fùren Vnd ¢tò¢¢en in die maur enzway Secht das halff nicht vmb ein ay
9549 Per¢chi: ¢ über rc.
Text nach Ed. Wießner Des rates wurdens alle fro; 9535 Und, was her Pütreich hiet gedacht, Daz ward auch alles vollepracht. Des wurdens sälich und auch reich Und machten sich auch all geleich Wider haim hin auf den weg. 9540 Und do seu chamend zuo dem steg, Do sahens, wie der Triefnas, Der von dem streit geflohen was, Sass auf einem birlinch höch. Secht, do huob sich ein gezöch 9545 9545 Gen dem höschochen! Das blaib nicht ungerochen An den ersten buoben: Die vielend in die gruoben, Die Pertschi vor mit seiner craft 9550 9550 Umb die festi hiet gemacht Und bedeket schon mit gras, Das er geschaden möcht dest bas. Er hiet vil dornen spitz gericht Übersich auch zuo der gschicht, 9555 9555 Ob seu chämin ze der stunde, Das mans mit den füessen funde. Das geschach: sich stiess dar an Vil oft ein blosser sakman. Das tet in we und macht in zorn: 9560 Hietens Pertschins tod gesworn, 9560 Das wolten seu do erste enden Und wurden her und dorthin senden Umb laitern, mäntel und auch pleiden Und umb ein chatzen, die seu treiben 9565 Scholten an die maur hin an. 9565 Dar zuo woltens pikel han, Ze untergraben hie und dört, Und anders, daz zuo stürmen ghört. Secht, das pracht man ieso dar! 9570 Do ruoft der Strudel ze der schar: 9570 ‘Ir herren, merkt, was ich wil sagen! Ich han gehört pei meinen tagen: Mit werffen man das haus derwert, Mit schiessen man es nider zert. 9575 Dar umb schült es die armbrüst laden Und an hin schiessens nicht verzagen: Also mag er sich nicht gerüeren. Die katzen schol man an hin füeren Und stossen im die maur enzwai.’ 9580 Secht, das halff nicht umb ein ai! 9580
9556 fü¢¢en: Diakritikum über ü.
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Diesem Rat stimmten alle freudig zu. Und so wurde das, was Herr Dickwanst ihnen vorgeschlagen hatte, auch tatsächlich ausgeführt. Das brachte ihnen Glück und Reichtum, und anschließend machten sie sich gleich wieder auf den Weg nach Hause. Als sie nun an den Steg kamen, da sahen sie, dass Triefnas, der aus dem Kampf geflohen war, hoch oben auf einem Heuschober saß. Mann, da begann vielleicht ein Gedränge zu diesem Heuschober! Gleich die ersten Burschen mussten dafür böse bezahlen: Die fielen in die Grube, die Bertschi vorher unter Aufbietung all seiner Kraft um seine Festung gegraben und vollständig mit Gras bedeckt hatte, damit er ihnen umso besser schaden konnte. Außerdem hatte er bis zum Dach viele Zweige mit spitzen Dornen aufgeschichtet, damit sie diese, wenn sie dann angreifen sollten, an ihren Füssen zu spüren bekämen. Und so geschah es: So mancher Trossknecht mit nackten Füßen verletzte sich daran. Das tat ihnen weh und machte sie wütend. Hatten sie bislang schon geschworen, Bertschi zu töten, wollten sie das nun tatsächlich zu Ende bringen. So forderten sie von überallher Sturmleitern, Schutzschirme, Steinschleudern und auch einen Sturmbock an, den sie gegen die Mauer rammen wollten. Außerdem verlangten sie nach Spitzhacken, um sie hier und dort zu untergraben, und was man sonst noch zum Erstürmen braucht. Glaubt mir, das wurde sofort herbeigeschafft. Da ruft Strudel dem Haufen zu: „Meine Herren, hört, was ich Euch sagen will! Zu meiner Zeit habe ich es so gelernt: Mit Würfen von oben verteidigt man das Haus, mit Geschossen zerstört man es. Deshalb solltet Ihr Eure Armbrüste laden und mit Schüssen auf das Haus nicht zimperlich sein. Dann kann er sich überhaupt nicht mehr rühren. Währenddessen soll man den Sturmbock heranführen und seine Mauer aufbrechen.“ Genau das aber, glaubt mir, klappte kein bisschen!
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Text nach Ed. Wießner
Der tùrne der was jnnan vol Vnd nicht ¢am die andern hol Des hie¢¢ er do die laytren prıge Werffen an vn auffhin chlimen Vnd ver hie¢¢ mit ¢einem mùnd Dem er ¢ten zgebenn zehen phut Dar zu ¢chie¢¢en ymer dar Des ward der Triefnas do gewar Vnd macht ¢ich aus dem haw h’ auf Er warff den er¢ten in den pauch Das er ab der laytern viel Al¢o hart auf ¢einen gyel Das er ye¢o mu¢t beleiben Den le¢ten tag alda vertreiben Triefnas wi¢¢t er vor hin wol Vn hiet den ¢einen geren vol Ge¢amlet an dem morgen fru Vnd ein paue¢en auch dar zu Die ¢chyrmpt in vor den ge¢cho¢¢en gar Des ¢tayg der aller rö¢che¢t dar Einer der hie¢¢ Spöcz inn Kùbel Den warff er auf ¢ein gy¢¢ùbel Das die layter ¢ampt mit ym Vielent al¢o zpro¢ten hin Do nù das die andren ¢ahen Niemant gtor¢t ym furbas nahen Al¢o wolten ¢eu in haben Mit den pikkeln vnt’graben Vnd erröchet von dem haus Sam man mangen rauchet aus Da was daz ertreich gar ze lind Vnd ertrukt ein michel ge¢ind Secht das ¢chuff in mü vn leiden Des wurdens werffent mit d’pleyden Die ¢täyn ge¢tekten in dem gras Vnd ve¢tneten die maur de¢t bas Wie gern ¢eu hieten ge¢cho¢¢en do Aus der bùch¢en gen ym ¢o Da hieten ¢eu des puluers nicht Dar vmb ir ¢turmen was enwicht Do huben ¢eu ze tröwen an Mit den worten gen dem man Des fluchet er in ¢o ze¢tett Mit ferczenn das er gen in tett Noch woltens in mit kinden worten Aus dem ne¢t do han ge¢orten Do mocht er in getrauwen nicht
Der turne der was innan vol Und nicht sam die andern hol. Des hiess er do die laitren pringen, Werffen an und auffhin chlimen (Und verhiess mit seinem mund, 9585 Dem ersten zgebenn zehen phunt), Dar zuo schiessen imer dar. Des ward der Triefnas do gewar Und macht sich aus dem häw her auf. Er warff den ersten in den pauch, 9590 Das er ab der laitern viel Also hart auf seinen giel, Das er ieso muost beleiben, Den lesten tag alda vertreiben. Triefnas wisst ez vor hin wol 9595 Und hiet den seinen geren vol Gesamlet an dem morgen fruo Und ein pavesen auch dar zuo: Die schirmpt in vor den gschossen gar. Des staig der aller röschest dar, 9600 Einer, der hiess Spötzinnkübel. Den warff er auf sein gissübel, Das die laiter sampt mit im Vielent also zprosten hin. Do nu das die andren sahen, 9605 Niemant gtorst im fürbas nahen. Also wolten seu in haben Mit den pikkeln untergraben Und erröchet von dem haus, Sam man mangen räuchet aus: 9610 Do was daz ertreich gar ze lind Und ertrukt ein michel gsind. Secht, das schuoff in müe und leiden! Des wurdens werffent mit der pleiden; Die stain gestekten in dem gras 9615 Und vestneten die maur dest bas. Wie gern seu hieten gschossen do Aus der büchsen gen im so! Do hieten seu des pulvers nicht; Dar umb ir stürmen was enwicht. 9620 Do huoben seu ze tröwen an Mit den worten gen dem man. Des fluochet er in so zestett Mit fertzenn, das er gen in tett. Noch woltens in mit kinden worten Aus dem nest do han gesorten: Do mocht er in getrauwen nicht;
9620 Dar: am Ende des Wortes zweites r gestrichen.
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Denn dieser Turm war massiv gebaut und nicht wie andere innen hohl. Deshalb ließ Strudel Leitern herbeischaffen, befahl, sie an die Mauer anzulegen und hinaufzuklettern, und versprach, dass der erste auf der Leiter von ihm zehn Pfund bekommen würde. Dabei sollten sie immer weiterschießen. Das merkte Triefnas und kroch aus dem Heu heraus. Den ersten traf er am Bauch, so dass er böse von der Leiter auf die Schnauze flog, dort liegen blieb und seinen letzten Tag erleben durfte. Triefnas hatte das vorausgesehen, bereits früh am Morgen seine Rocktasche mit Steinen gefüllt und sich einen Schutzschild besorgt, der ihn vollständig gegen die Pfeile abschirmte. Es stieg also der Kühnste hinauf: ein gewisser Rotzineimer. Dem warf er so heftig auf seine Rübe, dass die Leiter und er selbst auf dem Boden zerschellten. Als das die anderen sahen, wagte niemand mehr, ihm nahe zu kommen. Deshalb wollten sie ihn nun fassen, indem sie das Haus mit ihren Spitzhacken unterhöhlten und ihn dort ausräucherten, so, wie man das ja häufig versucht. Allerdings war der Boden viel zu weich, stürzte über vielen von ihnen zusammen und erstickte sie. Mensch, das brachte ihnen Not und Leid! Deshalb versuchten sie es nun mit Steinschleudern. Da blieben die Steine im Heu stecken und stabilisierten so die Mauer immer weiter. Wie gern hätten sie mit dem Geschütz auf ihn geschossen, doch hatten sie kein Pulver. So wurde nichts aus dem Erstürmen. Schließlich begannen sie nur noch Drohungen gegen den Mann auszustoßen. Auf der Stelle gab er ihnen seine Flüche mit Fürzen zurück, die er gegen sie losließ. Oder sie wollten ihn mit süßen Worten aus seinem Nest treiben, doch konnte er ihnen nicht trauen.
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Text nach Ed. Wießner
Won ein ¢prùch wort al¢o ¢pricht Vor alter veinten ¢ü¢¢en botten Vnd vor fi¢chen zwir ge¢otten Hüte dich àn alles ¢potten Des chàmen ¢eu da v` beräyn Das ¢eu alle¢ampt gemayn Läyten ¢ich hin vmb das haus Bis in der hùnger trib hin aus Des wàren ir der ¢charen drey Yeden ¢chlug auf ein ba¢tey Vnd lagend da mit ¢tarker macht Hin bis an die vierden nacht Mit gro¢¢er zerug vn auch wart Trùn do hungert Pert¢chinn hart Do was der held be¢e¢¢en Was ¢cholt der arman e¢¢en Secht des was er doch nicht faul Er ¢chlug des häws in ¢ein maul Vnd bäy¢¢ dar in ercheuwet ¢er Das ¢ach der Strudel in dem her Er ¢chre dar von es i¢t ein wicht Wir mugen hie ge¢chaffen nicht Er i¢¢t das häw mit ¢ampt de ¢tro Des flùhen ¢eu da hin aldo Vnd drafften ¢ich hin vberin ¢teg Pert¢chi nam ein andern weg ` berd häyd der ¢elben zeit V Vn kam da hin da ¢ich der ¢treit Hiet der haben vn der gangen Des ¢ach er da von tòten mànnen Mangen grò¢¢en hauffen ligen Die warend auf enander gdigen Von des plutes gu¢¢en ¢o Ge Lappenhau¢en cham er do Vn ¢ach wie da verderbet was Haus vn hoff daz laub mit gras Man vn weib mit ¢ampt de kind Er vn gut al¢o ge¢wind Vnd ¢ein liebeu hau¢frauw tod Das pràcht ym jamer ang¢t vn nöt Das wࢢer ym zùm augen gie Ein ¢tärkeu dannocht in gevie Das er wol ein halben tag Sam ein andrer toter gelag Des cham er zu ym ¢elber do Ein ¢endes ge¢chray der hub er ¢o
Won ein sprüchwort also spricht: Vor alter veinten süessen botten Und vor fischen zwir gesotten 9630 Hüete dich an alles spotten! Des chamen seu da überain, Das seu allesampt gemain Laiten sich hin umb das haus, Bis in der hunger trib hin aus. 9635 Des waren ir der scharen drei: Iedeu schluog auf ein bastei Und lagend da mit starker macht Hin bis an die vierden nacht Mit grosser zerung und auch wart. 9640 Trun, do hungert Pertschin hart! Do was der held besessen. Was scholt der arman essen? Secht, des was er doch nicht faul! Er schluog des häwes in sein maul 9645 Und baiss dar in, er cheuwet ser. Das sach der Strudel in dem her; Er schre: ‘Dar von! Es ist ein wicht: Wir mügen hie geschaffen nicht; Er isst das häw mit sampt dem stro.’ Des fluhen seu da hin aldo Und drafften sich hin übern steg. Pertschi nam ein andern weg, Überd haid, der selben zeit Und kam da hin, da sich der streit 9655 Hiet derhaben und dergangen. Des sach er da von toten mannen Mangen grossen hauffen ligen. Die warend auf enander gdigen Von des pluotes güssen so. 9660 Gen Lappenhausen cham er do Und sach, wie da verderbet was Haus und hoff, daz laub mit gras, Man und weib mit sampt dem kind, Er und guot also geswind 9665 Und sein liebeu hausfrauw tod: Das pracht im jamer, angst und not. Das wasser im zum augen gie, Ein stärkeu ammacht in gevie, Das er wol ein halben tag 9670 Sam ein andrer toter glag. Des cham er zuo im selber do; Ein sendes gschrai derhuob er so:
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9629 Zwischen diesem und dem folgenden Vers rechts am Rand no. durchgestrichen, a über i. 9671 andrer: das erste r über dem Wort.
9657 ¢ach: korrigiert aus ¢ich, i
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Denn ein Sprichwort sagt: Hüte dich besonders vor freundlichen Boten alter Feinde und vor zweimal gekochten Fischen! Deshalb verabredeten sie, dass sie alle zusammen das Haus belagern sollten, bis ihn der Hunger hinaustreiben würde. Sie bildeten drei Gruppen, und jede von ihnen baute ein eigenes Bollwerk auf, wo sie mit starken Verbänden und erheblichem Aufwand bis in die vierte Nacht auf der Lauer lagen. Mein Gott, da hat Bertschi schlimm gehungert. Unser Held wurde schließlich belagert, was sollte der Ärmste also essen? Aber schaut bloß, er war nicht faul, sondern stopfte sich Heu ins Maul, biss darauf herum und kaute heftig. Das sah Strudel, der mitten in seinem Heer stand, und schrie: „Weg hier, es ist ein Dämon. Hier können wir nichts mehr ausrichten, wenn er Heu und sogar Stroh frisst!“ Damit flohen sie alle und hasteten über den Steg davon. Bertschi nahm zur gleichen Zeit einen anderen Weg, der über die Heide führte, und kam schließlich an die Stelle, wo der Kampf begonnen und geendet hatte. Dort sah er Berge toter Männer liegen. Die waren durch die Ströme von Blut übereinander geschwemmt worden. Schließlich kam er nach Lappenhausen und sah, wie Haus und Hof, Laub und Gras, Mann, Frau und Kind, Ehr und Gut in so kurzer Zeit vernichtet worden waren. Auch seine geliebte Ehefrau fand er tot. Das brachte ihm Leid, Angst und Not. Seine Augen liefen ihm über und er fiel in eine so tiefe Ohnmacht, dass er bestimmt einen halben Tag lang wie ein Toter dalag. Dann kam er wieder zu sich und begann kläglich zu schreien:
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Owe jamerleicher tag Das ich dich ie gelebet häb Des mus ich ymer leyden pein Mit chlagen an dem hercze mein Vnd mangen pittern jamer dùlden Nicht anders dann von meine ¢chulden Das ich ¢o wey¢leich was gelert Vnd mich ¢o wenig dar an chert Wie chläine wolt ich es gelauben Nù ¢ich ich ¢elber mit den augen Wer heut lebt der ¢tirbet morn Wie ¢chier ein man auch hat verlorn Alles das er ie gewan Da mit gedacht er auch dar an Wie ¢ich älleu dinch vergend Die an vn¢ern werchen ¢tend Dann alläine gottes vorcht Gottes minne vnuerwòrcht Al¢o für er hin ¢o bald Enmitten in den Swarczwald Da verdienet er vil gwär Jn ganczer andàcht àn gevär Nàch di¢em layd das ewig leben Das well vns aùch der ¢elbig geben Der wࢢer aus dem ¢täin be¢chert Hàt vnd aùch ze wein bekert Amæn
9697 ¢elbig: ig über der Zeile.
Text nach Ed. Wießner ‘Owe, jämerleicher tag, 9675 Das ich dich ie gelebet hab! 9675 Des muoss ich iemer leiden pein Mit chlagen an dem hertzen mein Und mangen pittern jamer dulden Nicht anders dann von meinen schulden, 9680 9680 Das ich so weisleich was gelert Und mich so wenig dar an chert. Wie chlaine wolt ich es gelauben – Nu sich ich selber mit den augen: Wer heut lebt, der stirbet morn! 9685 Wie schier ein man auch hat verlorn Alles, das er ie gewan!’ Da mit gedacht er auch dar an, Wie sich älleu dinch vergend, Die an unsern werchen stend, 9690 9690 Dann allaine gottes vorcht, Gottes minne unverworcht. Also fuor er hin so bald Enmitten in den Swartzwald. Da verdienet der vil gwär 9695 9695 In gantzer andacht an gevär Nach disem laid das ewig leben. Das well uns auch der selbig geben, Der wasser aus dem stain beschert Hat und auch ze wein bekert! Amen.
9700 Amæn: von anderer Hand in blasser Tinte.
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„O weh, schrecklicher Tag, warum musste ich dich noch erleben? Von nun an muss ich Schmerzen und Klagen in meinem Herzen erleiden und bitteren Jammer erdulden, und daran bin ich ganz allein schuld. Bin ich doch klug unterwiesen worden, habe mich aber nur wenig darum geschert. Wie wenig wollte ich es glauben, sehe es nun aber mit eigenen Augen: „Wer heute lebt, stirbt morgen schon! Und wie schnell hat ein Mann alles verloren, was er je gewonnen hat.“ Auch dachte er daran, dass alle Dinge vergehen, die aus unseren Taten entstehen, außer allein die Furcht vor Gott und Gottes unvergängliche Liebe. Damit machte er sich sogleich in den tiefsten Schwarzwald auf. Da errang dieser wahre Mensch in tiefer Frömmigkeit nach all diesem Leid das ewige Leben. Das möge er auch uns schenken, der Wasser aus dem Fels hat fließen lassen und auch in Wein verwandelt hat. – Amen –
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Kommentar 4 Preis: Wittenwiler beginnt seinen Text mit dem Anruf des dreieinigen Gottes, der Gottesmutter Maria und der himmlischen Heerscharen. Das Wort dienst ist hier von diesem Kontext geprägt. Ich übersetze es mit „Lobpreis, Verehrung“. 8 Ring: Zu den verschiedenen Bedeutungen von ring als (Um-)Kreis (lat. orbis, griech. kyklos) – der einerseits auf den lawff der Welt (V. 11) und andererseits auf den enzyklopädischen Charakter des Textes verweist – und als Fingerring (lat. anulus, mhd. vingerlîn) vgl. Lexer 2, Sp. 442f. sowie die Angaben bei Ortrun Riha: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers ‚Der Ring‘ 1851–1988 (1990), S. 93f. 17 höfische Eleganz: Das für die Kultur des hohen Mittelalters zentrale, ausschließlich auf die soziale Gruppe des Adels bezogene Konzept der Courtoisie bzw. Höfischkeit umfasst ethische Orientierung und soziale Praxis, es fordert von einem Mitglied der höfischen Gesellschaft bestimmte Handlungsweisen, Eigenschaften und Fähigkeiten (z.B. milte, mâze, triuwe). Vgl. LexMA 5, Sp. 1565–1568 und Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986). 18 Ritterspiel und Turnier: Der Begriff (aus frz. tournoi) bezeichnet einen Wettkampf zwischen bewaffneten Parteien. Diese kämpfen zu Pferde mit Lanze oder Schwert gegeneinander, vgl. LexMA 8, Sp. 1113–1118 sowie Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 347f. Die ritterliche Turnierkultur erfordert Stärke und Geschicklichkeit im Umgang mit Waffen. 19 mit Sagen und mit Singen: Die Formel sagen unde singen „bezieht sich gewöhnlich auf den gegensatz zwischen lyrischer und epischer dichtung“, vgl. BMZ II, 2, S. 17f. Sowinski weist darauf hin, dass „mit dieser recht alten alliterierenden Formel alle Arten geformter (und oft gesungener) Rede bezeichnet werden“. Vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 418, sowie Julius Schwietering: Singen und Sagen. Diss. Göttingen (1908). Hier ist wohl der Vortrag von Minneliedern und -romanen bei Hofe gemeint, doch auch schon die Vorausdeutung auf Bertschis und Mätzlis Liebesbriefe (VV. 1860ff. u. VV. 2085ff.). 36 Geschrei der Bauern: Das Bauernbild des Mittelalters ist widersprüchlich. Einem verächtlichen, ihre Primitivität und Triebhaftigkeit behauptenden Bild von Bauern, das sie eher den Tieren als den Menschen vergleichbar macht, steht die Überzeugung gegenüber, dass ihre Arbeitsleistung für alle Stände gleichermaßen wichtig, ja unverzichtbar sei. Vgl. dazu Reinhard Wenskus (Hrsg.): Wort und Begriff ‚Bauer‘ (1975), Helga Schüppert: Der Bauer in der deutschen Literatur des Spätmittelalters – Topik und Realitätsbezug. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters (1984), S. 125–144 (bzw. S. 176), LexMA 1, Sp. 1563–1604, sowie DWb 1, Sp. 1176f. 40 rote Linie (41) grüne: Die Auszeichnung mit Farblinien bzw. die farbliche Kennzeichnung von einzelnen Abschnitten und Buchstaben ist nicht neu, die farbliche Markierung als Interpretationsvorgabe jedoch schon. Zu Sinn und Verlässlichkeit dieser Farbmarkierungen der RING-Handschrift vgl. u.a. Edmund Wießner: Heinrich Wittenwiler. In: ZfdA 64 (1927), S. 145–160; Helmut Funke: Die graphischen Hinweise Heinrich Wittenwilers (1973), zuletzt Hans-Jürgen Bachorski: Irrsinn und Kolportage (2006), S. 246–252, Hartmut Bleumer u. Caroline Emmelius: Vergebliche Rationalität. In: Klaus Ridder u.a. (Hrsg.): Reflexion und Inszenierung von Rationalität in der mittelalterlichen Literatur (2008), S. 177–204 u. Christine Putzo: Komik, Ernst und Mise en page. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 246 (2009), S. 21–49. Allgemein zur Farbdeutung und Farbsymbolik im Mittelalter vgl. Sigmund Skard: The Use of Color in Literature (1946), S. 163–249; Christel Meier u. Rudolf Suntrup: Zum Lexikon der mittelalterlichen Farbenbedeutungen. In: Frühmittelalter-
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liche Studien 21 (1987), S. 390–478; „Farben, Farbsymbolik“, In: EM 4, Sp. 840–853. Nach Rudolf Suntrup sind „pauschale Aussagen zu den Farbendeutungen […] ohne Hinweis auf Bedeutungsträger, Proprietäten und Kontext beliebig“. Allein für die rote Farbe seien die unterschiedlichsten Bedeutungen belegt: Rot als Blutfarbe (Passion Christi, Martyrien, Christenverfolgungen), als Farbe glühenden Feuers (Heiliger Geist, Gnade, Liebe, Intensität verschiedener Tugenden), als Farbe natürlicher Schamröte usw. Vgl. dazu LexMA 4, Sp. 290. Zur liturgischen Bedeutung der Farben Rot und Grün vgl. RDK 7, Sp. 54ff. 41 Fröhlichkeit: In der Handschrift steht frölichleben, das im Nachhinein aus törpelleben korrigiert worden ist. Wießner stellt dagegen das ursprünglich Geschriebene wieder her. Ich folge der Korrektur in der Handschrift und übersetze frölichleben mit „Fröhlichkeit“. 43 Bauer: Zum nichtständischen, sondern moralischen und hässlichen Bauernbild in der Literatur des Mittelalters vgl. Hilde Hügli: Der deutsche Bauer im Mittelalter (1929), S. 64ff.; John Margetts: Das Bauerntum in der Literatur und in der Wirklichkeit und in den Neidhart-Spielen. In: Wolfgang Harms u. Leslie Peter Johnson (Hrsg.): Deutsche Literatur des späten Mittelalters (1975), S. 153–163; Werner Röcke: Bilder vom Bauern, vom Untergang und vom glücklichen Landleben. In: Horst Wenzel (Hrsg.): Typus und Individualität im Mittelalter (1983), S. 103–122; Christoph Cormeau: Der Bauer als Negativfolie für andere Lebensweisen in der deutschen Literatur des Mittelalters. In: Willi Hirdt (Hrsg.): Der Bauer im Wandel der Zeit (1986), S. 49–61. Vgl. auch Christa Maria Puchta-Mähl: Wan es ze ring umb uns beschait (1986), S. 122f. 44 dummdreist: Das Adjektiv läppi¢ch ist wohl vom Substantiv lapp abzuleiten, einem Schimpfwort, das einen Einfaltspinsel, aber auch einen Bösewicht bezeichnet. Dazu BMZ I, S. 939, Lexer 1, Sp. 1833 sowie SI 3, Sp. 1349–1351. Es ist vor allem in oberdeutschen Mundarten und seit dem späten Mittelalter belegt und mit dem Substantiv laffe eng verbunden. Beide Wörter gehen von der Vorstellung eines leckenden, naschenden Kindes aus (mhd. laffen: lecken, schlürfen), wobei der Begriff in die Bezeichnung „eines schlaffen, weichlichen, und hernach geradezu thörichten menschen um so leichter umschlägt, als neben dem verbum lappen (schlürfen) ein in der form ganz gleiches lappen („schlaff hängen“) steht“, vgl. DWb 12, Sp. 192. Im Fastnachtspiel des 15. und 16. Jahrhunderts verbreitete Bezeichnung für die Fastnachtsnarren. Sowinski weist zu Recht auf das Wortspiel lept und läppi¢ch hin, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 419. Zum Gebrauch von „Lapp“ als Schimpfbezeichnung vgl. auch Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 3, S. 928f. 48 glücklich: Die Verse 46–48 könnten im Anschluss an einen Teil des „Haussegens“ – Ps 128 (127), 2 – formuliert sein: „Was deine Hände erarbeitet haben, darfst du genießen, wohl dir, du hast es gut.“ Dementsprechend übersetze ich sälich mit „glücklich“. 50 weder Nutzen noch Unterhaltung: Wittenwiler beruft sich wohl auf die traditionelle Formel des Horaz zur Funktionsbestimmung von Literatur („aut prodesse volunt aut delectare poetae“), denkt sie jedoch weiter und bietet als dritte Möglichkeit, den Text als mär zu verstehen, d.h. als fiktionale Erzählung. Vgl. dazu Quintus Horatius Flaccus: EPISTULA AD PISONES: DE ARTE POETICA, V. 333. Zum antiken und mittelalterlichen Wirkungszusammenhang der Formel vgl. Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter (1973), S. 471f. 51 erfunden: Lexer 1, Sp. 2045f. bietet für mär: „kunde, nachricht, bericht, erzälung“, aber auch: „dichterische erzälung, erzälende dichtung“ sowie „erdichtung, märchen“. Wießner führt zahlreiche Belege für die pejorative Bedeutung des Wortes mär im Sinne einer erlogenen Geschichte an, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 12. Vgl. dazu auch DWb 12, Sp. 1615 sowie zum RING Kristina Jürgens-Lochthove: Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ im Kontext hochhöfischer Epik (1980), S. 53–59 u. Christa Maria Puchta-Mähl: Wan es ze ring umb uns beschait (1986), S. 208–210. Brunner übersetzt das Wort als „Quatsch, Nonsens, Unsinn, Spinnerei“: „Wenn mein Werk weder Nutzen noch Vergnügen bietet, so seht es einfach als Unsinn an, als meine persönliche Spinnerei – es kommt nicht darauf an.“, vgl. Brunner Ring-Ausgabe, Anm. zur Stelle, S. 562. Auch wenn Brunner zu Recht Wittenwilers „zynische Sicht auf die von ihm erschaffene Welt“ ausdrücken will, ist diese Deutung wohl nicht vom Text gedeckt. Wittenwiler will seinen Text nicht als Un-
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sinn abtun, sondern sprengt mit seiner Verwendung des Wortes mär die traditionelle Funktionsbestimmung von Literatur als nucz und tagalt. Bei ihm wird ein Bild der Welt entworfen, vor dem die verbindlichen Zweckbestimmungen versagen und die Leser sich ihren eigenen Reim machen können. Problematisch ist deshalb auch Lutz, der unter mär die „eigentliche Geschichte“, die „überlegene Auseinandersetzung mit dieser gegenwärtigen Welt […] unter eschatologischen Aspekten“ versteht. Vgl. dazu Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 347. Sowinski deutet das Wort hier als literarische Gattung, die im Gegensatz zu nucz und tagalt steht und auf „frei erfundene, nicht funktional gebundene Erzählungen bezogen ist“, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 420. Ich folge Sowinski und schlage folgende Deutung vor: „Wenn Ihr in meinem Buch weder Nutzen noch Unterhaltung seht, wenn es sich Euren tradierten Kriterien entzieht, dann könnt Ihr es ja für erfunden halten und Euch selbst Euren Reim darauf machen.“ Vgl. dazu auch Hans-Jürgen Bachorski: Irrsinn und Kolportage (2006), S. 224–226 und das Nachwort zu dieser Ausgabe. 52 Heinrich Wittenwiler: Diese Namensnennung hat zu verschiedenen Versuchen geführt, eine historische Person – den Konstanzer Juristen Hainrich von Wittenwil oder den Stadtweibel Haini Wittenwiler – als Autor zu identifizieren. Vgl. dazu u.a. Gustav Scherrer (Hrsg.): Kleine Toggenburger Chroniken (1874), S. 112–132; Josef Nadler: Wittenweiler? In: Euphorion 27 (1926), S. 172–184; Edmund Wießner: Heinrich Wittenwiler. In: ZfdA 64 (1927), S. 145–160; Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), bes. Kap. 2 u. 3. Kritisch gegenüber einer eindeutigen Autorzuweisung zuletzt HansJürgen Bachorski: Irrsinn und Kolportage (2006), S. 75–86. Die im RING diphthongierte Form des Namens, die von den undiphthongierten urkundlichen Belegen abweicht, hat Fragen zum bayrischen Einfluss auf den Text aufgeworfen. Vgl. dazu die Deutung als eine „bairische Verfremdung des eigenen Namens“ bei Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 92. 53 Geschichte: Die Bedeutung von tayding ist vielschichtig und nicht eindeutig zu klären. Das Wort tagedinc bzw. taidinc kann einen anberaumten Gerichtstag bzw. -termin, eine (Gerichts-)Verhandlung selbst oder eine jegliche Beratung bezeichnen, ebenso aber auch allgemein eine Rede, Erzählung oder Gerede. Vgl. dazu BMZ I, S. 334 u. DWb 21, Sp. 233f. Zur Diskussion, ob das Wort hier auf den rechtlichen Diskurs verweist, vgl. Hartmut Bleumer u. Caroline Emmelius: Vergebliche Rationalität. In: Klaus Ridder u.a. (Hrsg.): Reflexion und Inszenierung von Rationalität in der mittelalterlichen Literatur (2008), S. 177–204 u. Frank Fürbeth: nutz, tagalt oder mär. In: DVjs 76 (2002), S. 497–541. 58 Lappenhausen: Zu „Lapp“ bzw. „läppisch“ vgl. Anm. 44. Im Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten findet sich der Versuch der geographischen Zuordnung eines Tölpels in der Bezeichnung „Lappländer“ für „einen bald liederlichen, auch wunderlich gekleideten, bald auch ungeschickten Menschen“ sowie in der sprichwörtlichen Redensart: „Er ist von Lappenhausen.“, vgl. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 3, S. 928f. 59 Bauern von I-A-del: Das Wortspiel mit edel und esel ist im Mittelalter nicht selten; dazu DWb 3, Sp. 1148. Vgl. dazu auch V. 128. 64 aus Holz gedrechselt: Zum mhd. Verb draejen, das transitiv „drehen, drechseln“ und intransitiv „sich drehend bewegen, wirbeln“ bedeutet, vgl. BMZ I, S. 387. Unklar scheint, ob hier, wie Wießner vorschlägt, an einen sprichwörtlichen Vergleich mit einem „hölzernen Kreisel“ zu denken ist, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers Ring (1936), S. 14. 75 Mätzli: Der Name der weiblichen Hauptfigur Mätzli/Mätz(i) ist eine familiäre Verkleinerungsbzw. Koseform von Mechthild. Der häufig vorkommende, besonders typische Name dient jedoch auch als allgemeine Bezeichnung von Mädchen und jungen Frauen. Seit dem späten Mittelalter wird das Wort Metze zunehmend abfällig gebraucht, die Bedeutung Metze – Hure ist im Neuhochdeutschen dominant, vgl. DWb 12, Sp. 2149–2152. 76ff. adlige Schönheit: Die nachfolgende Beschreibung folgt – in ihrem Inhalt gegenbildlich – den Regeln mittelalterlicher descriptio personarum, d.h. sie erfolgt entsprechend der zeitgenössischen Vorstellung von der Erschaffung des Menschen von oben nach unten, also von Kopf bis Fuß. Vgl. dazu Edmond Faral: Les arts poétiques du XIIe et du XIIIe siècle. Recherches et documents sur la technique littéraire du Moyen Age (1958), S. 81.
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97 Preislied: tagewîse meint das tageliet, also einen bestimmten Liedtypus, der die Trennung des Liebespaares am Morgen beklagt und häufig die Schönheit der nackten Geliebten preist. Im Anschluss an die Topoi von Mätzlis Hässlichkeit deute ich tagewîse hier als ironische Wendung und übersetze das Wort als „Preislied“. 107 zwölf: In der Heldenepik ist die Zwölfzahl der Recken topisch. Vgl. Michael Müller: Namenkataloge (2003), S. 121–132. 113 Wappenzeichen: Die Lappenhausener führen Stall-, Nutz- und Jagdtiere sowie Utensilien des bäuerlichen Arbeitsalltags in ihren Wappen. Im Vergleich mit literarisch überlieferten Adelsemblemen zeigt sich eine gegenbildliche Gestaltung der bäuerlichen Wappen: Gebrauchsgüter des ländlichen ersetzen die Attribute des kultivierten höfischen Lebens, konkrete Gegenstände die Allegorien adliger Tugend. Es gibt Mistgabeln, Rechen und Rüben anstelle von Harfen, Hörnern und Rosen, Ackerfrüchte anstelle von Zierpflanzen, Nutzvieh steht edlen Fabeltieren, exotischen Vögeln und allegorischen Tierdarstellungen gegenüber. Vgl. Jürgen Belitz: Studien zur Parodie in Heinrich Wittenwilers Ring (1978), S. 131–137. 115 Scheunen-Kunz: Kunz gilt als Name des gemeinen Mannes, ist oft bloßer Begriff des „Jedermann“, vgl. dazu DWb 11, Sp. 2746–2755, SI 3, Sp. 379f. sowie Jürgen Belitz: Studien zur Parodie in Heinrich Wittenwilers Ring (1978), S. 131–137, hier S. 129. 119 Fettsack: Der Name bezeichnet einen dicken, trägen, tolpatschigen Kerl. Vgl. die Einträge zu knoutze bei KärntWB, S. 163 „ein lästiger, träger Mensch“ sowie BWB 1, Sp. 1356: „Knotzer, Ofenhocker, Geizhals“. Als „Spottname eines großen, dicken, runden und damit drollig aussehenden Burschen“ findet sich „Chnôzi“ im SI 3, Sp. 772. 122 Kirschhaken: Bei der Kirschernte verwendet man Haken zum Ergreifen und Herunterziehen der Äste. 123 Trollpatsch: troll bedeutet nach Lexer 2, Sp. 1523 „ungetüm, unhold“ oder „ungeschlachter mensch, tölpel“, nach dem BWB 1, Sp. 661 „gespenstisches Ungetüm“ oder „grober, starker Kerl“. Das Wort ist im Spätmittelalter als Schimpfwort für Bauern bzw. als Bauernname im Fastnachtspiel verbreitet, vgl. Wilhelm Arndt: Die Personennamen der deutschen Schauspiele des Mittelalters (1904), S. 69; auch „grober, plumper, bäurischer Mensch“, in dieser Bedeutung seit dem 15. Jahrhundert belegt, häufig in Anwendung auf Bauern selbst oder „dämon, kobold“ in Anlehnung an den skandinavischen Sprachgebrauch, vgl. DWb 22, Sp. 798f. 124 Butterrolle: Ein zylinderförmiges Butterstück, vgl. Lexer 1, Sp. 74 sowie SI 1, Sp. 341f. 127 Ziegenheinz: Heinz gilt wie Kunz als „häufig vorkommender name für bauren, knechte, gemeine leute“ und wird ebenfalls allgemein verwendet, vgl. DWb 10, Sp. 889 sowie SI 2, Sp. 1313–1315. Die Verbindung „Hinz und Kunz“ für „Jedermann“ ist seit dem 14. Jahrhundert belegt. Vgl. dazu Wilhelm Wackernagel: Die deutschen Appellativnamen (1874), S. 59–177 u. S. 146–152. 128 verflucht: Rrittigmaiss spielt mit den Wörtern riterlich und rit(t) bzw. ritec, Fieber bzw. fieberkrank. Nach dem SI 6, Sp. 1722–1725 wird das Wort ritt häufig in Verwünschungen gebraucht und bedeutet „Unglück, Verderben“. Eine derartige Verwendung ist im 15. und 16. Jahrhundert sehr häufig („dasz dich der ritt schütt“), dazu DWb 14, Sp. 1051–1053. Lutz verweist auf das verdoppelte „r“ am Wortanfang, diese Graphie deute das Zittern des Fiebernden an, vgl. Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 425, Anm. 56. 136 Eisenbeißer: Eisengrein ist als Figurenname in METZEN HOCHZIT, in MEIER BETZ, in Neidhartspielen und auch in Passionsspielen belegt und bezeichnet Figuren, die sich durch unkontrollierte Wut und Gewalttätigkeit auszeichen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Eisengrein die Verkehrung des Hochzeitsfestes in eine Explosion der Gewalt bewirkt, die zum Krieg und damit zur Schlusskatastrophe des RING führt. Zugrunde liegt das Wort Isengrim, der Name des Wolfs in der lateinischen und deutschsprachigen Tierepik, der auch als Bauernname verwendet wird. Vgl. DWb 3, Sp. 370 u. DWb 10, Sp. 2181 sowie Wilhelm Arndt: Die Personennamen der deutschen Schauspiele des Mittelalters (1904), S. 42 u. 47. 137 Gurgel: drüzzel bedeutet nach Lexer 1, Sp. 473 „gurgel, schlund, kehle“. Auch Wießner über-
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setzt „Kehle, Gurgel“, vgl. dazu auch Edmund Wießner: Der Wortschatz von Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1970), S. 43. Brunner und Sowinski übersetzen „Schild“ bzw. „Wappenschild“, vgl. aber Brunner Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 564: „wörtl. ,auf seiner Gurgel‘, d.h., auf dem Schild, den er vor dem Hals trägt“. Ich übersetze: „vor seiner Gurgel“. 145 im Schilde führte: Die Redensart bezieht sich auf die Abzeichen, die der Turnierritter auf seinem Schild führt und die für Zuschauer oft ein Rätsel sind. Ursprünglich fehlt der Unterton des Hinterhältigen und Heimlichen, der sich im Verständnis der Redewendung erst im 16. Jahrhundert durchsetzt. Hier sehe ich diesen Aspekt nicht, vielmehr offenbart Bentz-sauf-dich-voll nur seine tatsächliche bäuerliche Profession, Rinder vor einem Pflug zu führen, vgl. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 4, S. 1333–1336 sowie DWb 15, Sp. 120f. 148 Steigindiekammer: Der Name Jächel Grabinsgaden wird von Brunner als „Jäckel Schlupfindkammer“ übersetzt. Das Wort gaden bezeichnet allgemein einen abgetrennten Raum bzw. eine Kammer, häufig eine Schlafkammer, dazu BMZ I, S. 455f., Lexer 1, Sp. 723 sowie SI 2, Sp. 114–117. Im RING erscheint es noch einmal in V. 7126, als Bertschi Mätzli ins Brautgemach führt. Im Fastnachtspiel hat gaden häufig eine obszöne Färbung, siehe DWb 4, Sp. 1134 sowie DWb 3, Sp. 1758 (zu fleischgaden). 150 Hürde: Eine aus Flechtwerk bestehende Ablage oder Abtrennung, Lexer 1, Sp. 1397 übersetzt hurt mit „flechtwerk von reisern, hürde“, das DWb 10, Sp. 1956f. mit „flechtwerk von reisig oder stäben“, vgl. auch SI 2, Sp. 1603–1605. 158 Herr Neithart: Die „Neidhart-Tradition“ des Spätmittelalters ist außerordentlich komplex: Im Anschluss an die Liedproduktion des Minnesängers Neidhart, genannt „von Riuwental“, umfasst sie Nachahmungen und Fortsetzungen von Neidhartliedern, den Entwurf schwankhafter Erzählungen aus dem (fiktiven) Leben eines Ritters Neidhart, dessen Feindschaft zu den Bauern besonders ausgeprägt gewesen sein soll, die Dramatisierung dieser Schwankerzählungen zu den im Spätmittelalter sehr beliebten Neidhartspielen sowie bildliche Darstellungen. Am Ende dieser „Neidhart-Tradition“ steht eine Kompilation von Liedern und Schwänken aus der Neidhart-Überlieferung, die mit dem Titel NEITHART FUCHS in drei Druckfassungen vorliegt und das Abenteuerleben eines Neithart Fuchs aus Meißen nachzeichnet. Wittenwilers „pauren hagel“ entstammt wohl dieser „Neidhart Tradition“. Vgl. dazu Jörn Bockmann: Translatio Neidhardi (2001), außerdem zu „Neithart Fuchs“ EM 9, Sp. 1338–1342. 162 ein Kalb in einem Storchennest: Belitz vermutet in diesem Bild „eine Allegorie des bäuerlichen Emporkömmlings“, vgl. Jürgen Belitz: Studien zur Parodie in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1978), S. 135. 168 Kornschwingen: wanne bei Lexer 3, Sp. 681 „getreide-, futterschwinge“, das DWb 27, Sp. 1884 erläutert: „es ist ein eirundes, nach unten flach gewölbtes geflecht aus ruten, binsen, stroh oder auch dünnen holzspänen, aus dem spreu und staub durch hin- und herschwingen und aufwerfen des inhalts von den körnern weggeweht wird“. 176 Sogar einem Juden hätte das sehr missfallen: Die Stelle, die in ihrer Bedeutung nicht ganz klar ist, bezieht sich wohl auf eine sprichwörtliche Redensart: „(Hin ist hin,) da leiht kein Jude mehr drauf.“ Vgl. dazu Wander-DSL 2, Sp. 1039, Nr. 106 u. 112 sowie TPMA 6, S. 102 u. SI 3, Sp. 12. Grundlage ist das antijüdische Stereotyp, dass die Juden – die bis in die Neuzeit nur Handel treiben durften – alles zu Geld machen wollten. Dazu allgemein Stefan Rohrbacher u. Michael Schmidt (Hrsg): Judenbilder (1991), S. 41–147. Die Stelle ist wohl so zu verstehen, dass die ritterliche Ausrüstung der Bauern – wenn sogar jüdische Trödler diese geringschätzten – völlig wertlos sei. 179 Ofenkrücken: Nach DWb 11, Sp. 2428 „eine stange mit einem haken vorn, der aber zum brete verbreitert ist […], um aus den groszen alten öfen feuer, kohlen, asche hervorzuziehen“. Vgl. auch BWB 1, Sp. 1362 sowie SI 3, Sp. 806f. 181 Konterfax: Der Name des Spielmanns ist abgeleitet von frz. contrefait. Vgl. BMZ I, S. 914, kunterfeit als „nachgemacht, falsch“, als „gegensatz“, als „das nachgemachte, falsche“, kunterfie als „verstellung, betrug“. Dazu auch Lexer 1, Sp. 1782f. Der Name des Spielmanns bedeutet also soviel wie „Nachmacher, Nachahmer, Fälscher, Täuscher, Falschmünzer, Schwindler“.
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182 Becken kaputtgeblasen: Zur Art des Musikinstruments, bzw. der Musikinstrumente, die Gunterfai zugleich bläst und schlägt, vgl. Horst Brunner: Gunterfai sein bek derschall. In: Johannes Janota (Hrsg.): Festschrift Walter Haug/Burghart Wachinger (1992), S. 625–640. Brunner erklärt: „Unter Gunterfais bek(i) hat man sich die im Mittelalter und in der Neuzeit in einer Fülle vor allem bildlicher Zeugnisse belegte Kombination von Einhandflöte (Schwegel) und Schlaginstrument vorzustellen. Als Schlaginstrument bediente sich der dörfliche Spielmann jedoch vermutlich keiner mit Fell bespannten Trommel, sondern einfach eines flachen Beckens aus Holz oder Metall, das er zu seiner Pfeife mit einem Stock schlug. Der Name bek(i) bezeichnete dabei sowohl die Instrumentenkombination als auch die beiden Instrumente im einzelnen.“ (Brunner, S. 640). Vgl. auch MGG Sachteil, Bd. 3, Sp. 568 mit Abb.; außerdem David Munrow: Musikinstrumente des Mittelalters und der Renaissance (1980), S. 72ff. 203 Becken: Vgl. Anmerkung zu 182. 224 Jetzt langt’s mir aber: Mit mir ist das jar ze lanc scheint eine sprichwörtliche Redensart vorzuliegen, vgl. TPMA 2, S. 752. 243 singen oder sagen: Ironisches, ja höhnisches Zitat der alten Formel „singen unde sagen“, vgl. Anm. zu V. 19. Corinna Laude sieht im RING einen „inflationären“ Gebrauch der Formel. Darin werde – so ihre Deutung – der „Kunstcharakter“ der Personen unterstrichen, da sich „die Figuren […] als literarische Konstrukte selbst literaturgemäß“ äußern, vgl. Corinna Laude: „Daz in swindelt in den Sinnen …“ (2002), S. 158. 262 Lauge und Asche: Zum Waschen wurde bis weit in die Neuzeit Asche im Waschwasser bzw. durch Holzasche geseihtes Wasser eingesetzt, da Asche mit Wasser alkalisch reagiert. 273 Ketzern: Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ketzer, also eine vom rechten christlichen Glauben abgefallene Person, kann hier nicht zum Tragen kommen, da sich Heinz als haiden und damit als ungetauft bezeichnet. Heinz gibt hier wohl zu, bisher von der Norm abweichende Sexualpraktiken gepflegt zu haben. Als ketzerei wurden Masturbation, Homosexualität, Zoophilie sowie alle ‚ungehörigen‘ Arten des Geschlechtsverkehrs in der Ehe bewertet. Vgl. dazu DWb 11, Sp. 639–640 sowie LexMA 7, Sp. 1812–1813. 289 Lehre kluger Theologen: Die christliche Taufe ist keine Selbsttaufe, Jesus wird von Johannes getauft. Vgl. dazu auf der Grundlage von Mt 28,19 das BHH 3, Sp. 1937: „[…] man tauft sich nicht selbst.“ Zur Taufe allgemein vgl. LThK3 9, Sp. 1282–1295. 300 nicht taufen will: Die Absicht zur Taufe ist erforderlich, vgl. Thomas von Aquin: SUMMA THEOLOGICA III, 64, § 8. 302ff. aus Liebe zu Gott hast du dein Blut …: Scheunen-Kunz verweist hier auf die theologische Unterscheidung von Wasser-, Blut- und Geisttaufe, die z.B. bei Thomas von Aquin thematisiert wird, vgl. Summa theologica III, 66, besonders §§ 11–12. Dementsprechend tritt der sakramentale Effekt der Taufe auch im Falle ungetaufter Märtyrer ein, die aus Liebe zu Gott ihr Blut vergießen bzw. sterben (Bluttaufe), sowie bei Menschen, die vom Heiligen Geist ergriffen werden (Geisttaufe). ScheunenKunz verdeutlicht, dass keine der drei Möglichkeiten bei Ziegenheinz in Frage kommt. Vgl. dazu LThK3 9, Sp. 1282–1295 u. 2, Sp. 541 sowie LexMA 8, Sp. 495–498. 306 Jude im Geiste: Scheunen-Kunz behauptet die Ungültigleit der hier im Bach vollzogenen Taufe; Ziegenheinz ist also nicht „Christ geworden“ (V. 274), sondern Ungetaufter, „Jude“, geblieben. Die Taufe gilt der katholischen Kirche als wichtigstes Sakrament der Sündenvergebung und damit als heilsnotwendig. Grundlage dieser Auffassung ist Mk 16,15–16: „Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ Der Gegensatz zwischen dem christlichen Glauben, zu dem der Täufling durch die Taufe befreit werde, und dem alten, dem die Juden verhaftet blieben, ist insbesondere in den paulininischen Briefen unterstrichen worden. Vgl. Röm 2,28: „Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; sondern der ist ein Jude, der es inwendig verborgen ist, und das ist die Beschneidung des Herzens, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht.“
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312 Kirchenjurist: Es wird zwischen Zivilrecht und Kirchenrecht unterschieden. Das kanonische Recht besaß im Mittelalter jedoch nicht nur für alle Belange innerhalb der Institution der Kirche, sondern in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Geltung; es war u.a. für Ehe, Familie und Schule relevant. Neben dem Studium des Zivilrechts oder des kanonischen Rechts gibt es das Studium beider Rechte, das studium utriusque iuris. Vgl. zum kanonischen Recht LexMA 5, Sp. 904–907. 321 und um Namens willen: Wießner konjiziert „numer dumen amen“, um eine der durch mangelnde Lateinkenntnisse verformten Formeln für „In nomine domini, amen“ herzustellen. Diese Konjektur ist angesichts der Handschrift, die ja schon eine von Unverständnis geprägte, ruinenhafte Formel bietet, denkbar, aber nicht zwingend. BMZ II,1, S. 423 sowie Lexer 2, Sp. 119f. verzeichnen verschiedene derartige Formulierungen, u.a. „ey numenâmen“ und „nummerdume namen“. Ich lese: nu we mı– vnd vmbnamen – „weh mir und um Namens willen“. 327 sprang: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 336 außer: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 398 aus: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 403 Abenteuer: Hier wird mit dem âventiure-Konzept höfischer Epik gespielt. Das aus dem Französischen (aventure = Zufall, Begegnung) entlehnte mhd. Wort âventiure bezeichnet ein zufälliges Ereignis, eine Begebenheit mit ungewissem Ausgang, auch einen Bericht bzw. eine Geschichte; in der Epik des Mittelalters werden nicht nur die in der arthurischen Epik zentralen Zufallsbegegnungen und die daraus enstehenden Ritterkämpfe âventiuren genannt, sondern auch allgemein derartige literarische Erzählungen bzw. Vorlagen. Vgl. dazu BMZ I, S. 67–72 sowie LexMA 1, Sp. 1289f. 422 das Kalb aus dem Nest gestürzt wäre: In V. 161 ist das Wappen der Lappenhausener genannt worden, ein Kalb im Storchennest, offenbar nicht nur ein Bild, sondern eine Nachbildung, die nun auseinanderfällt. Vgl. dazu auch George Fenwick Jones: Wittenwiler‘s Ring and the Anonymous Scots Poem Colkelbie Sow (1956), S. 193. 425f. Troll dich, Uli mit der Nasen …: Vermutlich liegt der Bezug auf ein (Kinder-)Spiel vor. Vgl. dazu Johann Fischart: GESCHICHTKLITTERUNG, S. 240, 36f.: „Burckhart mit der Nasen, komm, helff mir grasen.“ Aufgeführt unter „namen einzelner spiele ohne erklärung“ im DWb 16, Sp. 2289. Rausch ordnet das Spiel in die Rubrik „Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten. Die Wortspiele“ ein und vermutet „eine spöttische Redensart der Kinder über die langen Nasen“, vgl. Heinrich A. Rausch: Das Spieleverzeichnis im 25. Kapitel von Fischarts „Geschichtklitterung“ (Gargantua) (1908), S. 82. Ob es sich hier, wie Bachorski vermutet, auch um eine obszöne Anspielung handelt, muss offenbleiben, vgl. Hans-Jürgen Bachorski: Irrsinn und Kolportage (2006), S. 112f. 437 Spannen: Das Maß der Spanne umfasst die von den gespannten Fingern einer Hand begrenzte Strecke, ca. 20 cm. 487 Zehn Schilling auf ein Pfund: Man rechnet zwanzig Schilling auf ein Pfund, vgl. DWb 15, Sp. 151. Da der Müller zehn Schilling zugrundelegt, unterläuft er den üblichen Kurs um fünfzig Prozent, nutzt also Eisenbeißers Notlage skrupellos aus. Der Müller gilt allgemein „als eigennützig und als dieb“, so das DWb 12, Sp. 2654f. 493 Hagen: Mit dem Namen des Esels liegt offenbar ein ironisches Wortspiel vor: Hagen bezeichnet einen (Zucht-)Stier. Vgl. DWb 10, Sp. 151, SI 2, Sp. 1077f. u. SchwäbWB 3, Sp. 1035f. 527ff. Er schnaubte durch die Nase: Das Motiv körperlicher Zeichen von Wut und Kampfbereitschaft kommt im Text häufiger vor. In der Heldenepik wird vor allem von Dietrich von Bern berichtet, dass er einen feurigen Atem habe, wenn er zornig sei. Auch anderen Figuren, z.B. dem König Laurin, wird ein solcher Atem nachgesagt. Vgl. dazu Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik (1999), S. 9 u. 47. 551 außerhalb der Schranken: Der Vers ist unklar, gemeint ist wohl ein Ort außerhalb der Schranken, wohingegen ein Turnierkampf nur innerhalb der Turnierschranken stattfinden darf. Wießner vermutet eine Redensart: „er wollte mit ihm abrechnen“, vgl. Wießner Ring-Ausgabe, Worterklärung zur Stelle, S. 332. Auf der Grundlage des Verbs reiten (zählen, rechnen) vgl. auch Lexer 2, Sp. 398: „mit
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einem r., mit ihm abrechnen“. Allerdings ist die übliche Verbindung „mit jmdm. reiten“ oder aber „jemanden reiten“; reiten mit an nur im BWB 2, Sp. 171 verzeichnet, jedoch ohne Beleg. Eher ist deshalb wahrscheinlich wohl die Bedeutung „anreiten, zu Pferde angreifen“. Die Bedeutung von herberg ist für diese Stelle nicht eindeutig zu klären. Es ließe sich vermuten, dass herberg hier einen dem fremden Gast Sicherheit verheißenden Bereich bezeichnet, also den Sicherheitsbezirk im Turnier, für den Bumke vride, hâmit sowie litze (von frz. lice) als Benennungen aufführt, vgl. Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 351. Das Wort herberg ist in diesem Kontext nicht belegt. Bertschis Angriff auf Neithart würde damit einen Regelbruch im Turnier darstellen. 660 Nun reute sie ihre Sünde: Zur Beichte der Bauern vor Neithart siehe Anm. zu V. 158, sowie den Beichtschwank im NEITHART FUCHS, vgl. Felix Bobertag (Hrsg.): Narrenbuch (1884), S. 174–180. Der Beichtschwank gehört zu den beliebtesten Teilen der Neidhart-Überlieferung, er ist außer im NEITHART FUCHS und in Wittenwilers RING auch in zwei Liedern und im GROSSEN NEIDHARTSPIEL belegt. Ausführlich dazu Jörn Bockmann: Translatio Neidhardi (2001), S. 286–292. 675 Reue, Sündenbekenntnis und Buße: Neithart verweist auf reuw vnd peicht vn pu¢¢ als die für die Absolution notwendigen Voraussetzungen. Zu einer echten Beichte gehören contritio bzw. attritio (Reue), confessio (ein aufrichtiges Sündenbekenntnis), sowie satisfactio (Buße und der feste Vorsatz, nicht mehr zu sündigen), vgl. RGG4 1, Sp. 1914. 709f. der Heu und Stroh …: Diese Anrufung (invocatio) richtet sich zwar an Gott und den heiligen Geist, die Nennung von Jesus Christus unterbleibt aber. Desweiteren wird gegen die Tradition Gott nicht als der Schöpfer von „Himmel und Erde“ (In nomine domini qui fecit coelum et terram …), sondern als der Schöpfer von haw vn ¢tro genannt. Heu und Stroh sind hier nicht nur Hinweis auf die bäuerlichen Lebensumstände des Beichtenden, sie stehen in dieser formelhaften Verbindung für das Leere, Wertlose, Nichtige. Vgl. dazu Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 2, S. 708f. 722 herumerzählt: Leckspieß bittet um eine Selbstverständlichkeit, die Wahrung des Beichtgeheimnisses. 729f. mein Priesteramt …: Beichtverrat ist eines der schwersten Amtsvergehen eines Priesters. Das kanonische Recht sieht bei einer direkten Verletzung des Beichtgeheimnisses die Exkommunikation vor. Vgl. LThK3 2, Sp. 160f. 763 beschmutzt: Das Wort verstîgen hat hier wohl eine sexuelle Konnotation. Es lässt sich durchaus vom Verb stîgen ableiten, wie Lexer es tut, der verstîgen als „über etwas steigen und es dadurch verletzen“ erklärt, einziger Beleg ist der RING, V. 6465, vgl. Lexer 3, Sp. 252. Für Wießner gehört das Wort jedoch – wie auch die Stellen V. 867, V. 5677 und V. 9351 – nur „scheinbar“ zu verstîgen: „Tatsächlich liegt wohl eine vermummte Form des verrufenen verhîwen vor.“; vgl. Wießner Ring-Ausgabe, Worterklärung zur Stelle, S. 332. Verhîen bzw. verheien bedeutet vergewaltigen, schänden, misshandeln, zu Grunde richten; das Partizip verheit stellt eine starke Beleidigung dar, vgl. Lexer 3, Sp. 130 sowie DWb 25, Sp. 550f. 767 zum Bischof: Neithart gibt vor, die Sünde sei so schwerwiegend, dass nur ein Bischof sakramental von ihr lossprechen könne. Zu den bischöflichen Reservationen vgl. LexMA 7, Sp. 754. 775f. geistlich weder binden …: Neithart verweist hier auf die Binde- und Lösegewalt der Kirche – d.h. des Priesters – im Anschluss an Christi Binde- und Lösegewalt. Zur Übertragung dieser Gewalt an Petrus vgl. Mt 16,19: „Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Vgl. auch LThK3 2, Sp. 463–465. 818 nach Rom: Eine Romfahrt stellt eine sehr schwere Buße dar, die hier in Bezug auf die läppische Tat maßlos überzogen und komisch wirkt. Vgl. LexMA 2, Sp. 1135: „In gewissen Fällen wird eine Pilgerfahrt nach Rom auferlegt; es sind die sog. päpstl. Reservatfälle […].“ Es handelt sich dabei um besonders schwere Vergehen, vor allem gegen Angehörige des Klerus bzw. die Autorität der Kirche. Zu den päpstlichen Reservatfällen vgl. RGG4 1, Sp. 1910–1918 u. LexMA 7, Sp. 754. 829 Laienbruder: Laienbrüder besaßen keine geistlichen Weihen, also auch keine priesterliche Kompetenz. Sie lebten in Askese und arbeiteten für das Kloster, standen jedoch in der klösterlichen
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Hierarchie weit unter den Mönchen. Vgl. LexMA 5, Sp. 1423f. (zu „Konversen“) sowie RGG4 5, Sp. 33. 840 singen und sagen: Vgl. dazu Anm. zu V. 19 u. zu V. 243. 853 du freier Held: Neithart benutzt hier Bertschi gegenüber ironisch ein Adels-Epitheton (dt. frei, lat. liber, d.h. von privilegierter Geburt). 860 zur Frau nehmen wolle – in Ehren: Hier findet sich wohl ein Wortspiel: zun eren = zur Ehefrau, z uneren = in Unehren [nehmen]. Vgl. dazu Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 429. 868 höfischen Dienst (Vgl. auch Anm. zu V. 17): Bertschi orientiert sich an der Adelskultur, vor allem am Konzept der courtoisie, das ritterliche Wettkämpfe im Dienste und zur Ehre angesehener Damen einschließt. 896 Turniergruppe: Turnierkämpfer wurden üblicherweise in zwei Lager aufgeteilt, vgl. dazu Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 349f. 916 Wir: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 922 Zäumer: Die Zäumer versuchen vom Rand des Turnierfeldes aus, die Pferde des Gegners am Zaumzeug zu ergreifen und wegzuziehen. Vgl. Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 354f. 938 keine schlechten: Eine Anspielung auf die stetige Münzverschlechterung – in der Regel nahm der Edelmetallanteil einer Münzsorte mit den Jahren ab. Vgl. dazu und auch zu Münzverrufungen LexMA 4, Sp. 149 u. Sp. 245–246 sowie 6, Sp. 936f. Der Pfennig, eine Kleinmünze, war bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts die dominierende Silbermünze des mittelalterlichen Europas; seit dem 11. Jahrhundert entstanden immer mehr regionale Varianten. 1021f. einer Katze mit der linken Hand …: Der Vorwurf an Bertschi ist nicht ganz klar. Die Katze, zum Mäusefangen als Haustier gehalten, ist im Mittelalter ein verachtetes und keineswegs wertvolles Tier. Katzenfelle sind leicht verfügbar und durchaus begehrt, vgl. dazu TPMA 6, S. 458. Sie werden jedoch „nur von sozial Niederen getragen“, vgl. LexMA 5, Sp. 1079. Das Katzenschinden – eine technisch nicht ganz leichte Tätigkeit, vgl. TPMA 10, S. 93 – scheint, obwohl nicht explizit verboten, in die Nähe der Unehrlichkeit zu führen, vgl. auch DWb 11, Sp. 300. Zudem nehmen Katzen einen großen Platz im Aberglauben ein; der gewaltsame und grausame Umgang mit Katzen soll böse Folgen haben, beispielhaft die Sprichwörter bei Wander-DSL 2, Sp. 1194, Nr. 581, Nr. 582, Nr. 585. Zur Bedeutung der linken Hand als „weniger gebrauchte, ungeschicktere, weniger geltende“ und ihre Beziehung zu Unglück und Zauberei im Aberglauben vgl. DWb 12, Sp. 1044–1049, dort die erweiterte Bedeutung von „tengg“ in Appenzell als „langsam, schleppend, sich langsam und träge bewegend, zauderhaft, mauszlich“ verzeichnet. Ob der Vorwurf das in Verruf bringende Schinden eines verachteten Tieres, zudem mit der falschen Hand, oder aber die mögliche Beschädigung des – in den Augen der anderen Bauern vielleicht kostbaren – Katzenfells durch das fahrlässige Benutzen der linken, falschen Hand betrifft, bleibt unklar. 1035f. ein Zaun …: Turniere fanden auf einem gesonderten Turnierplatz statt. Seit dem 13. Jh. war es üblich, den Turnierplatz abzustecken bzw. zu begrenzen, vgl. Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 351. 1074 Turnierwärter: Die chäpher (Zuschauer bzw. Aufseher, von kapfen o. gaffen, vgl. BMZ I, S. 786 sowie DWb 4, Sp. 1136–1138) haben die Aufgabe, die Einhaltung der Turnierregeln zu überwachen und für Ordnung zu sorgen. 1075 dick gepolstert: Wießner ändert das be¢chlayt der Hs. in blait. Ich folge dem nicht, sondern verstehe be¢chlayt im Sinne von V. 4000 (be¢chlaiden) als „bekleidet, verkleidet“. 1083 Säue aus Flandern: Für diese Formulierung gibt es keine Belege. Wilde Schweine bzw. Eber werden häufig zum Vergleich herangezogen, wenn es um besonders wildes und tapferes Verhalten im Kampf geht, dazu Belege bei Otto Batereau: Das Tier in der mittelhochdeutschen Literatur (1909), S. 36f.; vgl. weiterhin den Eintrag im Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 2, S. 455: „Von (aus) Flandern sein: in der Liebe unbeständig, flatterhaft sein. Die Redensart war früher wohl das beliebteste der zahlreichen Wortspiele mit Ortsnamen; sie vermischt den Ländernamen Flandern mit
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dem gleichklingenden Zeitwort ,fländern, flandern, flanieren‘ = ,herumflattern, umherschweifen.‘“ Das Bild soll hier wohl die Bewegung des Hin und Her und des dementsprechenden Durcheinanders beschreiben. 1149 Pfeifenlutscher: Vgl. die hier offenbar nicht zutreffende Übersetzung für lüller als „tanz“ bei Lexer 1, Sp. 1981, ebenso DWb 12, Sp. 1288. Nach dem SI 3, Sp. 1262 bezeichnet das Wort einen süßen Lutscher für Kinder, auf erwachsene Personen übertragen einen, der lutscht, einen Einfaltspinsel oder einen Trinker. Das Wort leitet sich vom lautmalenden Verb lullen ab, das vielerlei Bedeutungen besitzt, die jedoch stets von einem Geräusch ausgehen. Das DWb 12, Sp. 1288 gibt „saugen“, „lutschen“, „lecken“, „eine Melodie vor sich hin singen“, „lallen“ und „heulen“ an und verweist auf die Verwandtschaft mit den ebenfalls lautmalenden Wörtern lallen und löll DWb 12, Sp. 81f. sowie Sp. 1143f. Vgl. zur Stelle auch den Eintrag zu lullenpfeife als Bezeichnung eines Musikinstruments, DWb 12, Sp. 1288. Das Verb trüllen bedeutet nach BMZ III, S. 113 und Lexer 2, Sp. 1543 gaukeln, spielen und betrügen, nach dem SI 14, Sp. 945–951 ist trüllen ein Verb der Bewegung („bewegen“, „drehen“, „aufwickeln“), das nur auf die RING-Stelle bezogen als „pfeifen“ gedeutet wird. Das Wort ist an dieser Stelle vermutlich als abfällige Bezeichnung des Aufspielens zu verstehen. 1153 Was denn, was denn, was denn: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der sim statt sun liest. 1160 Nachturnier: Beim Nachturnier wird mit anderen Regeln und Waffen als im Hauptturnier gekämpft. Hier folgt auf das mithilfe von Gruppen und Zäumern geregelte Kolbenturnier ein allgemeines regelloses Jagen und Verprügeln aller gegen alle. Vgl. dazu Richard Barber u. Juliet Barker: Die Geschichte des Turniers (2001), S. 237. 1185 jammerte: Abweichung von der Handschrift, die Übersetzung folgt hier Wießner. 1242 Neithart: Die Übersetzung folgt in V. 1242 der Konjektur Wießners, in V. 1243 jedoch dem Text der Hs. 1248 hoher muot: Bertschi maßt sich eine edle Gesinnung an, die ihm in seiner sozialen Position nicht zusteht: Die Fügung hoher muot bezeichnet zum einen das höfische Selbstbewusstsein einer Person, d.h. eine edle Gesinnung, vornehme Absicht, stolze Einstellung und Hochstimmung. Dabei ist von einer Kongruenz des sozialen und ethischen Adels auszugehen. Zum anderen bezieht sich hoher muot auf Übermut, Hochmut und Arroganz. Vgl. dazu BMZ II,1, S. 242f. 1252 den Leitstab vorantragen: Wießner deutet haber hier als „Halter“ und sieht darin den Leitstab des Vortänzers, vgl. Wießner Ring-Ausgabe, Worterklärung zur Stelle, S. 332 u. zu V. 6221, S. 336. Wießner nimmt also an, haber würde heber im Sinne eines Halters, Griffs, Henkels o.ä. meinen. Diese Deutung ist nicht vollkommen überzeugend, da nur wenige Belege für eine derartige Verwendung von haber existieren (vgl. SI 2, Sp. 889–891 u. 938–940). Wießner erklärt selbst: „Für haben = heben bieten unsere Wbb. nur wenige Nachweise […].“, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 61, Anm. zu V. 1199. Es ist außerdem unsicher, ob der Vortänzer stets mit einem Leitstab auftrat, und nicht belegt, dass er als haber bezeichnet wurde. Das Problem betrifft zwei der drei orthographisch gleichen Belege für haber im RING (V. 1252, V. 6221, V. 8334), diese stehen neben haberstro (V. 3228) und häbrin (V. 5565). 1264 Füße: Die Übersetzung weicht hier vom Text der Handschrift ab und liest fü¢¢. 1323 Du falsches Biest: Das Wort teuscherin ist außer im RING erst im Neuhochdeutschen belegt, Wießner vermutet daher Herkunft von teusslerin, Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 67. Vgl. jedoch DWb 21, Sp. 210f., dort Belege zu teuschen im Fastnachtspiel des 15. Jh. 1354 seine Hose, die verschwunden war: Der Vers enthält eine im Text noch häufiger wiederkehrende Anspielung auf ein in Schwankliteratur und Fastnachtspiel beliebtes Motiv, den Verlust der Hose als Zeichen der Unterlegenheit des Mannes im Kampf der Geschlechter um die Macht im Haushalt. Vgl. Anm. zu V. 5077, der in diesem Kontext steht. 1422ff. Sei still, mein Liebchen …: Wießners Änderung folge ich nicht. Dazu auch Jürgen Belitz, der die Konjektur ebenfalls ablehnt: „Hinter ‚dir‘ ist ein Komma zu setzen. Der Gebrauch einer chiastischen Formel wie ‚Minn dir/nit laid‘ kann vom gelehrten RING-Autor erwartet werden.“, vgl. Jürgen
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Belitz: Studien zur Parodie in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1978), S. 395. In der Begrüßung lässt sich ein Bezug auf die Verkündigung des Engels an Maria (Lk 1,28–30) erkennen: „Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden.“ Vgl. dazu Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 322–327 u. Hans-Jürgen Bachorski: Irrsinn und Kolportage (2006), S. 218. 1483 aufs Dach steigen: Dass Bertschi sich vornimmt, seiner Liebsten aufs Dach zu steigen, stellt möglicherweise eine Anspielung auf entsprechende Bräuche und Redensarten dar: Im mittelalterlichen Strafrecht ist das Dachabdecken eine Maßnahme gegen Geächtete: Man steigt aufs Dach, um es abzudecken, d.h. um den schützenden Hausfrieden aufzuheben. Als Rügebrauch bei Verstößen gegen gesellschaftliche Normen – besonders in Bezug auf das Verhältnis von Mann und Frau – existiert es teilweise bis weit in die Neuzeit, vgl. dazu LexMA 7, Sp. 1090f. Zahlreiche Redensarten sind darauf zurückzuführen. So steigt man jemandem aufs Dach (um ihn zu beschimpfen oder zu bestrafen), sitzt jemandem auf dem Dach (d.h., man hat ihn unter Kontrolle oder bedrängt ihn) und man geht jemandem zu Dache (wenn man streiten will). Vgl. dazu Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 1, S. 296–299 sowie DWb 2, Sp. 661f. 1513 im Stall: Wießners Ansicht, bei ¢tadel sei von einem Versehen oder einer Verschreibung auszugehen, weil die Szene sich ja im Stall abspiele, folge ich nicht. Vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 73. Das Wort ¢tadel bezeichnet nicht nur speziell eine (Getreide-)Scheune, sondern auch eine als Stall genutzte Scheune, ganz allgemein ein nicht von Menschen bewohntes, landwirtschaftlichen Zwecken dienendes Gebäude, vgl. dazu DWb 17, Sp. 416–419 sowie den Verweis auf intertextuelle Bezüge bei Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 324 (Anm. 143). 1517f. Glut kam zu Glut und Feuer zu Feuer: Nicht als Redewendung nachgewiesen. Sprichwörtlich ist, dass Liebe brennt wie Feuer, dazu TPMA 7, S. 434f. 1522ff. durch die Asche …: Fritzos Handlungen stellen eine Art Exorzismus an Bertschi dar, der wie der tiefel vngeheur durch den Kamin gefallen ist. Nach der ‚Waschung‘ werden die reinigenden und vermeintlich apotropäischen Kräfte der Asche genutzt. Das Anfurzen erinnert an das exorzistische Anblasen (exsufflatio) zur Vertreibung dämonischer Kräfte, das Teil der Taufliturgie ist. Vgl. dazu LThK3 3, Sp. 1125–1129. 1559 du verborgenes Brot, wie süß du bist: Sprichwörtlich – und meist auf Ehebruch bezogen – in Anlehnung an Spr 9,17: „Gestohlenes Wasser ist süß, und heimliches Brot schmeckt fein.“ Vgl. Carl Schulze: Die biblischen Sprichwörter der deutschen Sprache (1987), S. 45. 1579 Fotzenmund: Das DWb 12, Sp. 1795 verzeichnet für maul eine entsprechende Verwendung, „obscön auf das weibliche geschlechtsglied bezogen“, jedoch keinen früheren Beleg als den RING. Vgl. auch die Stelle im WEISSEN ROSENDORN: „Da ¢prach die fud: ‚Da han ich / Ain wurcz in meinem mund […]‘.“ In: Hanns Fischer (Hrsg.): Die deutsche Märendichtung des 15. Jahrhunderts (1966), S. 444–461. Vgl. dazu die Angaben im VL2 8, Sp. 182–185. Zur Dissoziation von Frau und Vulva im Gespräch vgl. Monika Gsell: Die Bedeutung der Baubo (2001), besonders das Kapitel „Die Zirkulation der Genitalien in den volkssprachlichen Erzählungen des Spätmittelalters“, S. 215–335. Außerdem vgl. Edith Wenzel: Zers und fud als literarische Helden. In: Claudia Benthien u. Christoph Wulf (Hrsg.): Körperteile. Eine kulturelle Anatomie (2001), S. 274–293. 1584f. lange Haare und …: Dass Frauen im allgemeinen lange Haare und kurzen Verstand hätten, ist sprichwörtlich. Vgl. TPMA 3, S. 344–346. 1601 die Zähne ausgeschlagen: Hier wird auf die Vorstellung der „vagina dentata“, einer gezähnten Vagina angespielt, die sich als Ausdruck männlicher Kastrationsangst interpretieren lässt. Vgl. dazu Wolfgang Beutin: Wittenwilers ‚Ring‘ in psychoanalytischer Lektüre. In: Jahrbuch der Oswaldvon-Wolkenstein-Gesellschaft 8 (1994/95), S. 185–199, besonders S. 189f. 1615 Feuer der Liebe: Die Metaphorik von brennender Liebe, entflammten Herzen und Liebesglut ist seit der Antike verbreitet, vgl. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 3, S. 963f.
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1618 Herumgeschmuse: SI 8, Sp. 412 gibt „Buhlerei, Hurenwerk, auch Kuppelei“ an und zitiert auch diese Stelle. Dagegen deutet das BWB 2, Sp. 1702 mätzengeschäftig als „über die Maßen geschäftig, in fast lästiger Weise“. Hier ist an eine pejorative Bezeichnung für das ‚Getue‘ der beiden Verliebten zu denken. 1626f. Je weniger man Liebe zur Liebe ließ …: Nicht sprichwörtlich; zum Thema der durch Verbote noch gesteigerten Liebe vgl. die analogen Wendungen TPMA 7, S. 456 u. 12, S. 146f. 1636 Honigmet: Met, das älteste belegte alkoholische Getränk, spielte in den Regionen ohne Weinanbau bis ins späte Mittelalter eine Rolle, wurde aber zunehmend von (importiertem) Wein verdrängt. 1645 Henritze Nabelreiber: Henritze ist abgeleitet von der lat. Form des Vornamens Heinrich, Henricus, wahrscheinlich ein Hinweis auf seine Gelehrsamkeit. Zur sexuellen Anspielung, die sein Zuname darstellt, vgl. Oswald von Wolkenstein: „reib mich, knäblin,/ um das näblin!“, vgl. DIE LIEDER OSWALDS VON WOLKENSTEIN, Nr. 75, V. 36f. 1646 Gemeindeschreiber: Das Wort tächen ¢chreiber ist den Wörterbüchern unbekannt. Naheliegend scheint die Verwandtschaft mit den Formen techen, dechant, techan für das nhd. Dekan, vgl. BMZ III, S. 19 sowie SI 12, Sp. 203f. Das FWB 5, Sp. 327f. gibt für techen neben „Vorsteher einer geistlichen Institution“ auch „Vorsteher einer Zunft“ an; das Wort lässt sich auch allgemein als „einer, der magister oder doctor macht“, verstehen, vgl. DWb 2, Sp. 880. Die Übersetzung stellt die Funktion des Schreibers im Dienst der Dorfbewohner in den Vordergrund. Die von Heinrich Rückert vorgeschlagene Herleitung von dahe bzw. tahe (Lehm, Dreck) und die von Oskar Jänicke vorgenommene Deutung des Wortes als „spöttische bezeichnung des dorfschreibers“ im Sinne von „mistschreiber oder dreckschreiber“ ist hier wohl nicht zugrunde zu legen, vgl. Oskar Jänicke: Worterklärungen. In: ZfdPh 4 (1873), S. 30f. u. Heinrich Rückert: Bericht über deutsche, mundartliche Literatur. In: ZfdPh 3 (1871), S. 178. 1676f. wer zu hoch emporsteigt …: Angelehnt an das Sprichwort „Wer hoch steigt, fällt tief.“ Vgl. TPMA 6, S. 119–122 u. TPMA 3 S. 140–146. 1782 fortfahren: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 1784 Liebliche voller Gnade: Die Begrüßung erinnert an das gratia plena des ‚Ave Maria‘ (Lk 1,28). Vgl. dazu Anm. zu 1422ff. 1860 Lindenkrone: Bertschi verwendet die an die Naturmetaphern der Minnelyrik angelehnte lindentolde, die jedoch als Anrede keineswegs typisch, sondern eher ungewöhnlich ist. 1862 Morgenstern: Bertschi benutzt hier eine Bezeichnung, die ein emblematisches Symbol der Jungfrau Maria (besonders in der Marienlyrik) darstellt, die – wie der Morgenstern den Tag – der Menschheit Christus ankündigt, dazu LThK3 6, Sp. 1332 sowie Marienlexikon 4, S. 517, aber auch in der Minnelyrik zur Anrede der Geliebten dient. Im astronomischen Sinn ist Venus der Morgenstern, vgl. das BUCH DER NATUR Konrads v. Megenberg, S. 62–64. 1919 Lauf nun ohne Füße: Wießner verweist auf die vielfach belegte Schlussformel eines Liebesbriefs, die dem Brief Eile gebietet und ihm den Empfang in den weißen Händen der Geliebten in Aussicht stellt, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 87. Der Zusatz „ohne Füße“ gehört jedoch nicht dazu. Lutz sieht darin eine „ironische Charakterisierung des Sprechers“, vgl. Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 231. 1936 er: Abweichung von der Handschrift, dort steht es, auf brief bezogen. Offenbar liegt eine Verwechslung von brief und briefel vor. 1968 Die Welt ist doch voller Gemeinheiten: Sprichwörtlich, vgl. dazu TPMA 13, S. 45f. 2015 Grapschkrähe: Der Name des Arztes enthält anscheinend das Verb gripfen/grippen („greifen, raffen, stehlen“), vgl. BMZ I, S. 573 u. DWb 9, Sp. 38f. bzw. Sp. 383f., sowie einen Verweis auf die Krähe, vgl. BMZ I, S. 869. Bruno Boesch deutet den Namen als „zupackende Krähe“, als sprechenden Namen, der die Gier des Arztes anzeigt, vgl. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 143. Gleichzeitig lässt er sich als grobe Entstellung aus dem Namen Hip-
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pokrates verstehen, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, S. 516 u. ders.: Der Sinn des Realismus in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1960), S. 41. 2045 Magister: Das Wort mai¢ter bezeichnet den Arzt als Gelehrten, d.h. als jemanden, der studiert hat und sein Fach versteht. 2072f. Essig und Asche …: Die Wunde wird – zeitgenössischem medizinischem Wissen entsprechend – mit leicht ätzenden und desinfizierenden Mitteln behandelt, die die Verschorfung und Heilung der Wunde beschleunigen sollen. Die Behandlung mit den vier Mitteln soll offenbar im Sinne der mittelalterlichen Humoralpathologie ausgleichend wirken (Essig gilt als feucht und kalt, Asche als trocken und kalt, Salz als trocken und warm, die Zwiebel als feucht und warm). Vgl. dazu u.a. Claudia Richter: Phytopharmaka und Pharmazeutika in Heinrichs von Pfalzpaint „Wündarznei“ (2004). 2076ff. die Galle in Honig verwandelt …: Galle und Honig sind „als das bitterste und süszeste“ typische Gegensätze, DWb 4, Sp. 1183ff. Dass die Minne süß sei, aber auch bzw. vor allem am Ende Galle enthalte, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 6, S. 176–178 u. 7, S. 443. Zur Stelle, die gleich zwei Transformationen beschreibt und damit zwei Redensarten koppelt, findet sich keine entsprechende Vorlage. 2103 Den Frauen ist der Arsch zu groß: Der Wankelmut und die Untreue der Frau ist sprichwörtlich, doch ist die hier vorliegende Redewendung nicht belegt, vgl. TPMA 3, S. 341–343. 2106ff. Treue der Frauen gibt es so gut wie nie …: Nicht sprichwörtlich, vgl. aber den Eintrag unter „Die Frauen sind treulos und unzuverlässig“, vgl. TPMA 3, S. 341f. Einen venden nennt man den Bauern, einen roch den Turm im Schachspiel, vgl. Lexer 3, Sp. 63 sowie 2, Sp. 479. Da im Text vinden steht, die Wörterbücher jedoch vende aufweisen, sieht Wießner den Text hier als entstellt an und erklärt: „[…] aus dem Gesagten [ist] das Echte nicht herstellbar.“, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 92, Anm. zu V. 2107f. Ich verstehe die Stelle entsprechend der Schachmetaphorik: Die Unkeuschheit der Frauen ist wie ein Bauer – d.h. ein auf den ersten Blick schwacher und leicht zu schlagender Gegner –, den kein Turm, also keine noch so überlegene Figur schlagen kann. Obwohl ein solch unüberwindlicher Bauer als ein Ding der Unmöglichkeit erscheint und man den Turm für stärker und fähiger, sich selbst also für fähiger und klüger als die Frauen hält, scheitert man dennoch an ihrer Unkeuschheit. In Betracht käme eventuell ebenfalls ein Wortspiel mit vinden, das auch als Substantiv belegt ist, vgl. dazu BMZ III, S. 319. 2139f. Zeig doch, zeig dein Fötzchen …: Vgl. die Belege für nuss (nusz) als weibliches Geschlechtsteil, SchwäbWB 4, Sp. 2090, SI 4, Sp. 827, 5 u. DWb 13, Sp. 1014; zu hägili als männliches Genitale vgl. SI 2, Sp. 1081, 4. 2178 Zemper: Offenbar eine böse Koboldgestalt, auch Knecht Ruprecht, vgl. BWB 2, Sp. 285, DWb 31, Sp. 631, KärntWB, S. 231 sowie Karl Meisen: Nikolauskult und Nikolausbrauch im Abendlande (1981), S. 423. 2179 dann geh doch zum Meer: Eine Redewendung lässt sich hier nicht nachweisen. Es gibt aber zahlreiche Sprichwörter mit Bezug auf die unermessliche Wassermenge im Meer, meist in Bezug auf die Sinnlosigkeit bestimmter Handlungen oder auf Unersättlichkeit (z.B. „das Meer austrinken wollen“), dazu die Einträge bei Wander-DSL 3, Sp. 556, Nr. 67. u. Sp. 557, Nr. 90 ebenso TPMA 3, S. 384 sowie 8, S. 163f. Der Text zitiert hier offensichtlich den Topos der sexuellen Unersättlichkeit der Frau, der im Mittelalter meist im Zusammenhang mit Prv 30,15–16 der lateinischen Vulgata steht, die signifikant vom masoretischen Text abweicht: Tria sunt insaturabilia et quartum quod numquam dicit suffici infernus et os vulvæ et terra quæ non satiatur aqua ignis vero numquam dicit sufficit. (Drei Dinge sind unersättlich, und das vierte sagt nicht: Es ist genug. Die Hölle, der Mund der Vulva und die Erde, die nicht satt wird an Wasser, und das Feuer sagt nie: Es ist genug.). Vgl. dazu TPMA 2, S. 169 sowie zur Wirkungsgeschichte dieser Stelle in Mittelalter und Früher Neuzeit Wayne Andersen: Os vulvae in Proverbs and the Malleus maleficarum. In: History of European Ideas 14 (1992), S. 715–722. 2180 bollern: Wießner ändert das pöllen der Handschrift in nollen, diese Konjektur ist jedoch nicht notwendig, vgl. die Einträge zu den miteinander verwandten Wörtern bolen, bollen, bollern Lexer 1, Sp. 324, SI 4, Sp. 1174 u. 1177, DWb 2, Sp. 230–233 und die angeführten Bedeutungen („sto-
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ßen, poltern, rumpeln, lärmen, sich herumwälzen, -werfen, -treiben“), die durchaus in den Rahmen obszöner Metaphorik passen. Vgl. dazu auch George Fenwick Jones: Wittenwiler‘s Ring and the Anonymous Scots Poem Colkelbie Sow (1956), S. 193. 2182f. ein Bock, dem gerade …: Worauf diese Stelle anspielt, ist nicht ganz klar. Sowinski vermutet, hier sei ein Hirsch- oder Rehbock gemeint, der regelmäßig (einige Monate nach der Brunft) sein Geweih verliert. In der Regel bezeichnet bok jedoch den Ziegenbock, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 435. Der Rehbock gilt schon in der Antike als Inbegriff der Geilheit; in der christlichen Ikonographie symbolisiert er die sexuelle Ausschweifung – luxuria. Isidor von Sevilla nennt ihn ein lascivum animal, sein Blut gilt als so heiß, dass es Diamanten schmelzen könne, vgl. ETYMOLOGIAE XII, 1, 14. Vgl. dazu LCI 1, Sp. 314–316 sowie Lexikon der Tiersymbole, S. 571–581. In jedem Fall setzt der Text hier den Verlust der sexuellen Potenz ins Bild. 2187 so klagte sie nun: Die aufgeführten Zeichen der Schwangerschaft und die rasche Diagnose des veränderten Status entsprechen durchaus dem naturwissenschaftlichen Allgemeinwissen des ausgehenden Mittelalters, das in Texten wie DE PASSIONIBUS MULIERUM (Pseudo-Trotula) und SECRETA MULIERUM (Pseudo-Albertus-Magnus) überliefert ist. Vgl. Karl Zaenker: Zur Arzt-Szene in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Seminar: A Journal of Germanic Studies Vol. 15, 1 (1979), S. 1–14; außerdem: Kristian Bosselmann-Cyran: ‚Secreta mulierum‘ – mit Glosse in der deutschen Bearbeitung von Johann Hartlieb (1985), S. 225f. 2218 Lilienblättern, Schlehen und Galle: Galläpfel (Gallae) und die Früchte der Schlehenpflaume (Prunus spinosa bzw. insititia) haben mit ihrem hohen Gehalt an Gerbstoffen adstringierende Wirkung, die Lilie (Lilium candidum) ist seit der Antike als Heilpflanze gerade in der Frauenheilkunde bekannt und wird auch bei Verletzungen eingesetzt. In zeitgenössischen frauenheilkundlichen Texten sind solche Rezepte zur Vortäuschung der Virginität überliefert, ebenso das Einführen von Taubenblut zur Erzeugung eines typischen Blutflecks in der Hochzeitsnacht. Vgl. dazu Karl Zaenker: Zur ArztSzene in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Seminar: A Journal of Germanic Studies Vol. 15, 1 (1979), S. 1–14; Britta-Juliane Kruse: „Die Arznei ist Goldes wert“ – Mittelalterliche Frauenrezepte (1999), S. 127–129 sowie Kristian Bosselmann-Cyran: ‚Secreta mulierum‘ – mit Glosse in der deutschen Bearbeitung von Johann Hartlieb (1985), S. 228–230 sowie S. 232–234. 2272f. sieben Gnadengaben …: Die sieben Sakramente werden hier als sieben seligmachende Gaben bezeichnet. Die sieben Gaben des Heiligen Geistes sind davon zu unterscheiden. Seit dem 12. Jahrhundert hat sich ein fester Sakramentsbegriff herausgebildet und die Siebenzahl der Sakramente (Taufe, Firmung, Buße, Abendmahl, Priesterweihe, Ehe, letzte Ölung) durchgesetzt. 1439 wurden sie durch Papst Eugen IV. zum Dogma erhoben. Vgl. dazu RGG4 7, Sp. 752ff. (zu „Sakramente“). 2276 vom Himmel geflogen: Himmelsbriefe, also Briefe, die als schriftliche Offenbarung einer Gottheit vom Himmel gefallen oder gesandt sein sollen, begegnen religionsgeschichtlich schon in den ältesten Schriftkulturen. Zahlreiche Himmelsbrief-Texte sind in mittelalterlichen Predigten, Chroniken, eschatologischen Sammlungen oder als eigenständige Gedichte erhalten. Vgl. LexMA 5, Sp. 26f., VL2 4, Sp. 28–33, EM 2, Sp. 784–789. 2281 mit Worten auf seinem Angesicht: Der Brief wird hier als Person gedacht, die beschriebene Seite erscheint so als Antlitz des Briefes. 2288 Frau Minne: Die MINNELEHRE des Johannes von Konstanz gilt als Vorlage für diesen Teil des Textes. Die Vorstellung von Frau Minne dient hier zur Umschreibung der Göttin Venus. Zur Figur der Frau Minne vgl. Otto Lauffer: Frau Minne in Schrifttum und bildender Kunst des deutschen Mittelalters (1947), Tilo Brandis: Mittelhochdeutsche, mittelniederdeutsche und mittelniederländische Minnereden (1968) sowie Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 235–240. 2293 eine gläserne Krone: Die gläserne Krone der Frau Venus spielt wohl auf die bereits antike Vorstellung vom gläsernen Glück an. Dass das weltliche Glück vergänglich und zerbrechlich wie glänzendes Glas sei, ist auch im Mittelalter sprichwörtlich, vgl. TPMA 5, S. 80. 2299 blind: Die Blindheit der Venus ist Ursache für die Liebe zwischen überaus ungleichen, also alten und jungen oder schönen und hässlichen Menschen; generell gelten Verliebte als blind vor Liebe.
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In der MINNELEHRE des Johannes von Konstanz wird nicht Frau Minne, sondern Cupido als blind beschrieben (V. 211 u. VV. 382–414). Dass Liebe blind mache, ist sprichwörtlich seit der Antike, vgl. TPMA 7, S. 425–427. 2305 ein Bach roten Blutes: Auch in der MINNELEHRE des Johannes von Konstanz ist von einem blutigen See die Rede, der das Blut der ‚durch die Minne’, also aus enttäuschter Liebe bzw. aus Eifersucht getöteten Liebenden sammle, vgl. DIE MINNELEHRE DES JOHANNES VON KONSTANZ, V. 172f. u.a. 2323 ein schwarzer Geist auf ihrer linken Seite: Die Vorstellung, dass jedem Menschen zwei Engel, ein guter und ein schlechter zur Seite stehen, findet sich im SPECULUM NATURALE des Vinzenz von Beauvais, eines Enzyklopädisten des 13. Jh.: Duo enim sunt Angeli permanentes in hominibus, bonus & malus (Liber primus, Cap. LXX, Col. 66). Augustinus: DE CIVITATE DEI, XI, 9 beantwortet die Frage nach der Erschaffung der Engel mit einem Verweis auf den ersten Schöpfungstag, an dem Gott das Licht erschaffen und es von der Finsternis getrennt habe. Die Existenz guter und böser Engel wird auf diese Scheidung von Licht und Finsternis bezogen. Das Weiß gilt als die dem Licht ähnlichste Farbe und steht für die Reinheit der Engel und das Licht Gottes, das Schwarz verweist auf die Zugehörigkeit der gefallenen Engel zur Finsternis. Vgl. auch Mt 28,3: „Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee.“ 2329 eine andere Frau: Die Figur der Maria tritt in der MINNELEHRE des Johannes von Konstanz nicht auf. Zur Beschreibung der Figur Marias vgl. allgemein LCI 3, Sp. 154–210, Klaus Schreiner: Maria: Jungfrau, Mutter, Herrscherin (1994) sowie Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 241–245. 2335 aus drei aufeinandergesetzten herrlichen Kronen: Die hier dargestellte Krone besteht aus drei aufeinandergesetzten Reifen aus Eisen, Silber und Gold und ist gekrönt mit einem Stern. Nach Wießner wurde Maria häufig mit einer Tiara dargestellt, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 102 zu V. 2334. Die Darstellungen Marias mit Krone orientieren sich in der Regel an zeitgenössischen Kronen weltlicher Herrscher. Daneben existiert der Bildtypus der Ecclesia, bzw. der Maria als Ecclesia, die manchmal mit einer Tiara dargestellt wird. Vgl. dazu Marienlexikon 3, S. 680–683, sowie LCI 1, Sp. 562–569. 2353 Vier Augen: Mittelalterliche Darstellungen einer Madonna mit vier Augen sind nicht belegt. Die von Sowinski angeführte Marienfigur im Altenberger Dom, die auf den Anfang des 16. Jh. datiert wird, zeigt zwar von beiden Seiten eine Madonna mit dem Kind, jedoch ist die gesamte Figur verdoppelt. Diese Madonna erscheint keinesfalls vieräugig, wie hier im Text beschrieben wird; vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 437. 2357 Einen weiten Mantel: Der weite Mantel Marias ist zentral für den Darstellungstypus der Schutzmantelmadonna (Mater misericordiae). Die Darstellung der meist stehenden, selten thronenden Madonna mit einem weiten, oft bunten Mantel, unter welchem die Gläubigen Schutz und Schirm finden, war seit dem 13. Jahrhundert und vor allem im 14. Jahrhundert verbreitet. Vgl. dazu Alois Thomas: Schutzmantelmaria. In: Leonhard Küppers (Hrsg.): Die Gottesmutter (1974), S. 227–242, sowie Marienlexikon 6, S. 82–87. 2360 weiter: Abweichung von der Handschrift, ich folge Wießner. 2370 eines Sees aus Milch und Honig: Dieser See steht gegenbildlich zum Blutsee der Minne. Die biblische Wendung von Milch und Honig steht für Überfluss im verheißenen Land bzw. für eine paradiesische Landschaft. Moses führt das Volk Israel in ein „Land, darin Milch und Honig fließt“ (2. Mose 3,8). 2382 wendet sich gegen Gott: Die Handschrift hat streket, die Konjektur Wießners „strebet“ ist nicht notwendig. Das Verb strecken umfasst ein breites Spektrum an Bedeutungen und lässt sich auch im Sinne von „wenden“, „richten“, „streben“ verstehen. Vgl. Lexer 2, Sp. 1228, SI 11, Sp. 2156–2164, SchwäbWB 5, Sp. 1841 sowie DWb 19, Sp. 1100–1134. 2393 Ein weißer Geist zur Rechten: Vgl. Anm. 2323. 2474 nichts anderes: Abweichung von der Handschrift, die Übersetzung folgt hier Wießner.
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2487 die vier wertvollen Ratschläge: Die Ratschläge beziehen sich auf Mt 5,39: „[…] wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“, 1. Kor 7,9: „Wenn sie sich aber nicht enthalten können, sollen sie heiraten […].“, Mt 19,21: „Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib‘s den Armen […].“, Mt 5,44: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen“. Die Kombination ist anderweitig nicht belegt. 2516 das Blut des neuen Testaments: Bezug auf Joh 19,34: „[…] sondern einer der Soldaten stieß mit dem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus“. 2537ff. Was hülfe es, wenn du mit allen deinen Schätzen …: Bezug auf Mt 16,26: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ 2554 gestecket an des Glückes Rad: Die Übersetzung folgt hier Wießner. Das von der (Göttin) Fortuna beständig angetriebene Schicksalsrad ist Symbol für die Wechselhaftigkeit und Unbeständigkeit menschlichen Lebens. Typische Darstellungen zeigen auf- und absteigende (Herrscher-) Figuren, die sich auf oder in dem Rad befinden bzw. vom Rad hinunterstürzen, das von der Fortuna bewegt wird. Zum mittelalterlichen Bild des Rads der Fortuna vgl. LexMA 4, Sp. 665–666 sowie Alfred Doren: Fortuna im Mittelalter und in der Renaissance. In: Fritz Saxl (Hrsg.): Vorträge der Bibliothek Warburg (1922/23), S. 71–144; Howard R. Patch: The goddess Fortuna in mediaeval literature (1927), Ehrengard Meyer-Landrut: Fortuna (1997), S. 37–134. 2566 mit Schleiern Handel treiben: Gemeint sind Kupplerinnen. Der Schleier gilt als Attribut der verheirateten Frau bzw. der Braut. Die Stelle wird im DWb 15, Sp. 579f. als Beleg für die Bedeutung des Schleiers „als zeichen verlorner jungfrauschaft“ aufgeführt. Jones vermutet dagegen einen Bezug auf das Wort „schlôre“, das ein „unstetes, unordentliches Frauenzimmer“ bezeichne, vgl. George Fenwick Jones: Wittenwiler‘s Ring and the Anonymous Scots Poem Colkelbie Sow (1956), S. 192f. sowie SI 9, Sp. 640. 2610 vor Hunger: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 2630 Kuhficker: Engelmar trägt einen Schimpfnamen, der wohl nicht nur seine Ehre, sondern auch die seiner Landsleute beschädigen soll. Entgegen der Gewohnheit in vielen anderen europäischen Regionen obliegt die Arbeit mit dem Milchvieh im Bergland Männern; daran knüpft die denunziatorische Unterstellung an, diese Leute würden nicht nur Kühe melken, sondern seien kuegyer, Kuhschänder, würden also Geschlechtsverkehr mit Tieren praktizieren. Dieser Vorwurf gegen die ländlichen Bewohner der Alpenregion wird im Spätmittelalter zu einem zentralen Bestandteil der antieidgenössischen Polemik. Vgl. Guy P. Marchal: Die frommen Schweden in Schwyz (1976), S. 76–77, Claudius SieberLehmann u. Thomas Wilhelmi (Hrsg.): In Helvetios – Wider die Kuhschweizer (1998), S. 7–13. 2633 Vogelrupf: Der Name fe¢afögellin enthält wohl das Verb vasen/vesen/fäsen („Fäden ziehen, zerzupfen, zerfasern“), vgl. SI 1, Sp. 1064. Vgl. auch Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 135. Der Name ist parallel zum folgenden ¢nellagödellin als Satzname aus Imperativ und Substantiv gebildet. Birkhans Verweis auf die Bedeutung vesel/visel = „Penis“ (dazu Lexer 3, Sp. 373) ist hier wohl eher zu vernachlässigen, vgl. Birkhan Ring-Ausgabe, S. 295, Anm. 60. 2634 Gurgelreißer: Hier ist die Deutung von Lutz gegenüber der Boeschs vorzuziehen; vgl. Eckart Conrad Lutz: Spiritualis fornicatio (1990), S. 364, Anm. 57, sowie Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 143. Lutz vermutet eine Kopplung des Verbs snellen („heftig reißen, fortschnellen“) mit dem Diminutiv von goder („Gurgel, Kehle“) und übersetzt als „Schlagdiegurgel“. Vgl. DWb 15, Sp. 1294–1300 u. 8, Sp. 668f. 2635 Nagdenfleck: Dieser Name ist wohl obszön zu deuten, vgl. auch die Einträge bei Ernest Bornemann: Sex im Volksmund (1971), S. 231. 2637 Colman: Ein Heiligenname, hier wohl in Bezug auf den heiligen Coloman, im Mittelalter Schutzpatron des babenbergischen Österreich, vgl. die Einträge zu „Col(o)man(n)us“ bzw. „Kol(o)man“. In: Vollständiges Heiligen-Lexikon 1, S. 644–646 sowie 3, S. 632f. sowie LexMA 3, Sp. 48–49.
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2646 Fräulein Fine mit der ihren: Der Vers ist unklar. Im Anschluss an Jones verstehe ich das Wort „seynen“ hier als Possessivpronomen und übersetze „mit der ihren“, also analog zum obszönen V. 6410, vgl. dazu George Fenwick Jones: Wittenwiler‘s Ring and the Anonymous Scots Poem Colkelbie Sow (1956), S. 193. Das possessive sein wird vereinzelt nicht nur auf männliche Substantive bezogen, vgl. im RING V. 2568. Zu diesem unregelmäßigen Gebrauch vgl. BMZ II, S. 292 sowie DWb 16, Sp. 350–352. Wießner ändert unter Hinweis auf einen Vers im JÜNGEREN TITUREL mit in nit, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 110. Damit würde Bertschi rufen: „Jungfrau Feina (nicht die Langsame)“; das Adjektiv sein(e) bedeutet langsam, träge oder auch klein und gering. Ohne diese Änderung lässt sich der Zusatz auch als „mit der Lahmen bzw. Trägen, Kurzen, Kleinen“ verstehen. 2680 schlag doch gleich der Teufel drein: Das Wort wetter ist dem BMZ und dem Lexer nur in der Bedeutung „Wetter“ bekannt, vgl. jedoch das DWb 29, Sp. 662f. zu wett: „interjektion (meist in verbindung mit teufel). die herkunft ist unsicher“. Dort sind zahlreiche Belege für wett der teufel bzw. wetter teufel aufgeführt, ebenso SI 12, Sp. 692f. Die Stelle ist also analog zu V. 2176 („Wet der tiefel“) als Ausdruck der Verblüffung, Verwunderung bzw. Verärgerung zu verstehen. Das Wort zieggel lässt sich hier als verhüllende Bezeichnung für tieffel lesen. 2697 Teufel auch: Die Interjektion doy ist im Text nur einmal vertreten. Das SI 12, Sp. 671 stellt doy zu Teufel. 2748 schaffen: Abweichung von der Handschrift, die Übersetzung folgt Wießner. 2755f. besser zu sterben …: Vielleicht eine Anlehnung an Pred 7,26: „Und ich fand, bitterer als der Tod sei eine Frau, die ein Fangnetz ist und Stricke ihr Herz und Fesseln ihre Hände.“ Die nun folgenden ehe- und frauenfeindlichen Aussagen sind Bestandteil der Topik des übelen wîp, sie stammen wohl aus Theophrasts LIBER DE NUPTIIS, das Hieronymus gemeinsam mit weiteren Texten in seiner Schrift ADVERSUS IOVINIANUM überliefert. In der Debatte vertreten die Männer Positionen, die aus dem klerikalen ehefeindlichen Diskurs stammen; die Aussagen der Frauen zugunsten der Ehe finden sich in homiletischer, moraldidaktischer und vor allem ökonomischer Literatur. Vgl. dazu Rainer Helfenbein: Zur Auffassung der Ehe in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1976) u. Detlef Roth: Von der „dissuasio“ zur „quaestio“. In: Euphorion 91 (1997) S. 377–396. 2787ff. Darum sagt ein kluger Mann …: Aufgenommen in TPMA 6, S. 50f., dort ähnliche Belege. Vgl. auch 2, 349f. 2836 den sieben Künsten: Die sieben Künste – lat. septem artes liberales – stellen im Mittelalter den Kanon und die Ordnung der höheren Bildung dar. Sie umfassen das Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) sowie das Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie). 2839f. Aufgrund ihrer Natur ist jede Frau …: Dieser Vorwurf, der sich nicht in der Bibel findet, könnte auf die Schrift DE AMORE des Andreas Capellanus zurückgehen. Dort werden verschiedene Laster erläutert, die in der ‚Natur‘ der Frau liegen sollen, so z.B.: „Luxuriosa est etiam omnis femina mundi […].“ Vgl. Andrea Capellani Regii Francorum De Amore Libri Tres (1972), S. 353. In Bezug auf die misogyne Tradition des Mittelalters weist Knapp auf den häufig kolportierten, angeblich in der Bibel zu findenden Spruch des Königs Salomo hin, wonach keine Frau gut sei. Vgl. dazu Andreas Capellanus: Von der Liebe. Übers.u. m. Anmerkungen u. einem Nachwort v. Fritz-Peter Knapp (2006), S. 292. 2863 woran es dir alles mangelt: Die Handschrift ist hier unklar, ich folge Wießners Konjektur. 2889ff. Frauenschmuck, was ist denn das …: Bezug auf Spr 31,10: „Wem eine tüchtige Frau beschert ist, die ist viel edler als die köstlichsten Perlen“. 2902 Predigerorden: Der im 2. Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts von Dominikus gegründete Predigerorden (Ordo Fratrum Praedicatorum) wurde später meist Dominikanerorden genannt. Der Orden forderte von seinen Mitgliedern neben der Einhaltung allgemeiner monastischer Speiseeinschränkungen eine ständige Fleischabstinenz. Vgl. LexMA 3, Sp. 1193f. 2904 einen Ochsen besitzt: Das Verb fehlt in der Handschrift. 2906 Fisch eine Herrenspeise: In den zentraleuropäischen Regionen war Fisch nicht unbegrenzt
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verfügbar, das Fischereirecht war reglementiert; zudem hatten Klöster aufgrund der Fastenregelungen einen hohen Bedarf. Insofern stellte Fisch ein Merkmal für gehobene Ernährung dar, vgl. dazu LexMA 3, Sp. 2166–2168. 2910 lombardischer Geldhändler: Da im Kreditgeschäft tätige Kaufleute bzw. Kaufmannsgesellschaften häufig aus dem oberitalienischen Raum stammten, wurde die Herkunftsbezeichnung seit dem 13. Jahrhundert immer mehr allgemein im Sinne ausländischer Geldhändler und Wucherer verstanden, vgl. dazu LexMA 5, Sp. 2098f. 2920 ins offene Maul starren: Das Wort gienen bedeutet „gähnen“, jedoch auch „gaffen“ und „mit offenem Mund starren“. Wander-DSL 3, Sp. 511, Nr. 238, vermerkt: „Andern ins Maul sehen müssen. Ihrer Gnade leben müssen.“ 2937 widersprach: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 2950ff. wie man so sagt, es ist sehr hart …: Nicht sprichwörtlich, vgl. jedoch TPMA 5, S. 367. 2955 eine Schweinerei: Die Handschrift hat richt scand, ohne Artikel. 2972 Meister der Naturkunde: Ob diese Bezeichnung auf Aristoteles, Avicenna oder Albertus Magnus abzielt, bleibt offen. Die angeführte Aussage ist wohl als Anspielung auf das (unvollständige) Juvenal-Zitat „mens sana in corpore sano“ zu verstehen. 3028 Berchta: In dem Namen dieser alten Lappenhausenerin liegt wohl eine Anspielung auf die Berchta- bzw. Perchta-Figur: ein weiblicher Dämon, der in der Sagen- und Mythenwelt des oberdeutschen Raums eine wichtige Rolle spielt. Perchta gilt als Anführerin einer ganzen Schar dämonischer Wesen und kann unterschiedliche Ausprägungen zwischen unheimlicher Frauengestalt, Hexe, guter Fee, hässlichem Ungeheuer und Nachtgespenst annehmen. Sie bestraft Nachlässige und Faule, belohnt Fleißige und Gütige und tritt als grausamer Kinderschreck auf, mit dem sich drohen lässt. Das Erscheinen Perchtas fällt zusammen mit dem Epiphanias-Tag, also dem 6. Januar, der als der bërhte tac bzw. berhtentac (von ahd. peraht = leuchtend, glänzend, weiß) bezeichnet wird. Vgl. dazu LexMA 1, Sp. 1931f., HWDA 6, Sp. 1478–1492 sowie ausführlich Erika Timm: Frau Holle, Frau Percht und verwandte Gestalten (2003). 3030 du spannst ja den Wagen vor die Ochsen: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 12, S. 312–314. 3067 Das rechte Maß ist in allen Dingen nützlich: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 8, S. 129–131. 3072 Weißer Bart zeigt Weisheit an: Zu dieser Stelle lässt sich kein Sprichwort als Vorlage nachweisen. Zur Verknüpfung von Haartracht und Weisheit vgl. die Belege TPMA 6, S. 377f. Demgegenüber ist auch die Aussage sprichwörtlich, dass ein weißer Bart gerade kein verlässliches Anzeichen von Weisheit sei, dazu TPMA 1, S. 344f. 3074 Junger Kopf hat klugen Verstand: Nicht als sprichwörtliche Wendung belegt und eher im Widerspruch zu zahlreichen Sprichwörtern, die gegenüber den Fähigkeiten der Jugend Skepsis und Misstrauen ausdrücken, vgl. dazu TPMA 6, S. 376f. sowie 13, S. 23. 3089f. Niemand kann zwei Herren …: Sprichwörtlich in Anlehnung an Mt 6,24: „Niemand kann zwei Herren dienen …“ Vgl. TPMA 2, S. 236–239. 3096 Psalter und Harfe: Zu den Instrumenten vgl. LexMA 6, Sp. 960–962, die Verbindung der beiden stellt einen Bezug zu Ps 57,9 („ […] wacht auf, Psalter und Harfe, ich will das Morgenrot wecken!“) sowie Ps 150,3 („Lobet ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen!“) her. 3112 beim heiligen Gallus: Der besonders in Süddeutschland und in der deutschsprachigen Schweiz verehrte Heilige gilt als Patron der Fieberkranken, vgl. LexMA 4, Sp. 1098. 3172ff. Als ich ein Kind war …: Bezug auf 1. Kor 13,11: „Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.“ 3202ff. Ein einziger Vater führt eher …: D.h., der Vater ernährt eher die Kinder als die Kinder ihren Vater, vgl. dazu TPMA 12, S. 119. 3244 Großes Vieh braucht auch viel Gras: Nicht als sprichwörtliche Wendung belegt, vgl. jedoch analoge Wendungen TPMA 5, S. 223, u.a. dort unter 2.1.: „Dem Grossen kommt Grosses zu.“ 3257ff. dass die Bibel …: Verweis auf Mt 26,24: „Der Menschensohn geht zwar dahin wie von
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ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.“ 3291f. Am schlimmsten ist es …: Die hier zitierte Glosse ist bislang nicht nachgewiesen. 3305 Denn so schlief er mit ihr viele Male: Durch die LEGENDA AUREA ist überliefert, die Mutter des späteren Verräters Jesu habe vor seiner Geburt ahnungsvolle böse Träume gehabt und das Kind deshalb nach der Geburt ausgesetzt, Judas dann später – ohne die verwandtschaftlichen Beziehungen zu kennen – seinen Vater erschlagen und seine Mutter zur Frau genommen. Vgl. Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Aus dem Lat. übers. v. Richard Benz (1984), S. 213–217. 3324 Wünsche und Gedanken können mich nicht kränken: Nicht als sprichwörtliche Wendung belegt, ähnlich jedoch der Gedanke „Worte schlagen nicht tot (keine Wunde)“, vgl. TPMA 13, S. 238. 3355ff. Eigen Kind und eigen Haus …: So nicht sprichwörtlich, vgl. aber die ähnlichen Einträge TPMA 5, S. 447f. 3363 fremden: Die Übersetzung folgt Wießners Konjektur. 3374 große Hühner: Abweichung von der Handschrift, die Übersetzung folgt hier Wießner. 3379 der Markgraf von Ferrara: Ferrara entwickelte sich seit dem 13. Jh. zu einer wichtigen europäischen Kulturstadt, der Hof der Markgrafen von Este war Zentrum der provenzalischen Poesie, später des Rinascimento. Der Hof galt als besonders prachtvoll. Das benachbarte Comacchio war wegen seiner Fischerei wirtschaftlich bedeutend. Vgl. dazu Luciano Chiappini: La vicenda estense a Ferrara nel Trecento. In: Storia di Ferrara (1987), S. 199–239. 3392f. dass ein Mann, wenn er das Reich Gottes erlangen wolle …: Bezug auf 1. Kor 7,32f.: „Wer ledig ist, der sorgt sich um die Sache des Herrn, wie er dem Herrn gefalle …“ 3394 grauen Kutte: Die Ordenskleidung der Mönche des Franziskanerordens, vgl. zu „Farbe“ und „Ordenstracht“ LexMA 6, Sp. 1431f. 3404 an anderer Stelle: Wahrscheinlich ein Bezug auf die LEGENDA AUREA, wo sich die in der Anm. zu V. 3410 angeführte Eustachiuslegende findet. 3410 Eustachius: Der heilige Eustachius wurde im Mittelalter als Nothelfer verehrt. Der heidnische Heermeister Placidus [Eustachius] wird durch eine Christuserscheinung bekehrt und lässt sich mitsamt seiner Frau und seinen Söhnen taufen, nach vielen Wirrnissen sterben alle vier unter Kaiser Hadrian den Märtyrertod. Vgl. Die „Legenda aurea“ des Jacobus de Voragine aus dem Lat. übers. v. Richard Benz (1984), S. 821–828 sowie Heiligen-Lexikon 2, S. 128f. 3445 belästigst: Wießner ändert ¢ai¢t in chaist, doch ist diese Konjektur nicht notwendig, da die Verbform mehrmals im Text belegt ist (V. 2044, V. 3331, V. 3763) und für V. 3445 durchaus Sinn ergibt. 3455 Milch: Abweichung von der Handschrift, die Übersetzung folgt hier Wießner. 3485ff. was der Weise empfiehlt …: Vgl. TPMA 2, S. 350–352, dort ähnliche Belege. 3508 zum Schiedsmann ernannt: Der gemaine man ist eine von beiden Seiten akzeptierte Mittelsperson, ein Unparteiischer, vgl. dazu BMZ II,1, S. 97f. sowie Lexer 1, Sp. 839f. 3518 in aller Ruhe sitzen: Zum Sitzen des Richters während der Urteilsfindung vgl. HRG 4, Sp. 1679–1682. 3520 Schwierige Dinge aber kann man nicht in Reimen ausdrücken: Die mittelalterliche Diskussion um Vers und Prosa kreist vor allem um die Frage, ob gebundene Rede wahr sein könne. Die Verbindung von Versform und Lüge sowie von Prosa und Wahrheit spielt auch im gereimten Vorwort des ungereimten Sachsenspiegels eine Rolle. Im Prolog des LUCIDARIUS wird die Versform verworfen, „wan sie ensolden nicht schriben wan die wahrheit“ (V. 10–23), vgl. dazu auch Walter Haug: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter (1992), S. 241–254, sowie Max Wehrli: Literatur im deutschen Mittelalter (1984), S. 190–193. 3612 Johannestrunk: Seit dem 12. Jahrhundert ist der Johannessegen bzw. die Johannesminne als ein von Segenswünschen begleiteter Abschiedstrunk belegt. Der nach dem Evangelisten Johannes benannte Trunk wurde als Abschiedstrunk vor der Abfahrt eines Reisenden, als Schlusstrunk beim Aus-
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einandergehen einer Festgesellschaft oder bei Hochzeiten gereicht. Vgl. dazu DWb 10, Sp. 2333f. u. HWDA 4, Sp. 746–760 sowie LexMA 6, Sp. 651 (zu „Minnetrunk“). 3620 Leerdenkrug: Ich übersetze choph als Becher, Trinkgefäß, dazu BMZ I, S. 860 u. auch Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 145. Der Name lärenchoph lässt sich so als Hinweis auf besondere Trinkfreude verstehen (dazu passt V. 6016), vgl. Lexer 1, Sp. 1835. 3637f. Niemand ist in seiner Sache …: Es ist unklar, ob hier ein Rechtssprichwort anklingt, das für unmöglich erklärt(e), ein Zeugnis für sich selbst abzulegen. Wießner verweist auf Singer: Alte schweiz. Sprichw. Nr. 92, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 142 sowie Samuel Singer: Alte schweizerische Sprichwörter. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 20 (1916), S. 389–419, hier S. 398. Ähnliche Redensarten sind z.B. in Bezug auf Unzufriedenheit und stetigen Ehrgeiz des Tätigen belegt, ebenfalls kann es um die Notwendigkeit gehen, bei anderen Rat einzuholen. Vgl. dazu TPMA 4, S. 385. 3713 Rainfalwein: Ein edler Südwein aus dem westlichen Istrien, der älteste deutsche Beleg gibt vinum rivale mit raival wieder. Auch wenn zahlreiche Vermutungen über die Herkunft des Namens angestellt worden sind, ist eine genaue Herleitung wohl nicht möglich, vgl. dazu Lexer 2, Sp. 392 u. DWb 14, Sp. 700–701. Zur möglichen Verwechslung mit anderen Rebsorten und zur zeitgenössischen Bewertung vgl. Rolf Sprandel: Von Malvasia bis Kötzschenbroda (1998), S. 27 u. 95–102. 3719f. Wer alle Dinge ergründen will …: Dass man nicht alle Dinge ergründen kann, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 3, S. 24. 3723 kein Mensch auf der Welt war jemals so vollkommen: Nicht sprichwörtlich belegt, jedoch aufgenommen in TPMA 6, S. 106. Vgl. auch TPMA 12, S. 282. 3736 Eine große Stadt braucht ein weites Tor: Aufgenommen in TPMA 11, S. 98, jedoch keine übereinstimmenden Belege; vgl. allerdings Wander-DSL 4, Sp. 762, Nr. 37. 3762 Hechel: Der Name bietet mehrere Möglichkeiten der Herleitung. Vgl. zum einen die Bedeutungen des Wortes Hechel (Stachel, Gerät mit Drahtspitzen zur Reinigung von Flachs, übertragen für Scharfes, Spitzes – auch spitzzüngige Personen – und Böses), dazu DWb 10, Sp. 735f.; vgl. auch V. 7995, wo Hächel zaubermay¢terein das Hexenheer anführt. Boesch schlägt eine auf beide Geschlechter anwendbare Ableitung (hächel) von hach (Bursche, Kerl) vor, vgl. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 154; vgl. ebenso DWb 10, Sp. 96f. 3769ff. Die Maus im Sack und die Laus im Schopf …: Dass die Maus im Sack es ihrem Wirt übel lohnt, ist sprichwörtlich, hier liegt jedoch eine sehr spezielle Form des Sprichworts vor. Aufgenommen in TPMA 8, S. 156, vgl. zum ersten Teil auch Wander-DSL 3, Sp. 540, Nr. 157. 3776f. Eine alte Jungfer ist Gift …: Die Stelle ist unklar, die Übersetzung folgt Wießners Änderung. Nicht als Sprichwort nachzuweisen, da andere Belege fehlen, dennoch aufgenommen in TPMA 6, S. 390f. 3827 Wichtige Dinge wollen gut überlegt sein: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 5, S. 227. 3837ff. Der Mensch lebt …: Sprichwörtlich nach Lk 4,4 (bzw. 5. Mose 8,3): „Der Mensch lebt nicht allein vom Brot.“ Vgl. TPMA 2, S. 112–114. 3858ff. Bemüht euch zuallererst darum …: Bezug auf Lk 12, 29–31: „[…] fragt nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und macht euch keine Unruhe. Nach dem allen trachten die Heiden in der Welt; aber euer Vater weiß, daß ihr dessen bedürft. Trachtet vielmehr nach seinem Reich, so wird euch das alles zufallen.“ 3863 In eine böse Seele kommt keine Weisheit: Sprichwörtlich nach Weish 1,4: „Denn die Weisheit kommt nicht in eine arglistige Seele und wohnt nicht in einem Leibe, der der Sünde verfallen ist.“ Vgl. TPMA 13, S. 22. 3864f. Gottesfurcht in seligmachendem Gedenken …: Im Anschluss an Ps 111,10: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.“
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3869f. kann niemand …: Sprichwörtlich nach Mt 13,57: „Ein Prophet gilt nirgends weniger, als in seinem Vaterland und in seinem Hause.“ Vgl. TPMA 9, S. 153–155. 3895 wie ein unbeschriebenes Blatt: Der Vergleich geht von einer enthaarten, abgeschabten, getrockneten und gespannten Tierhaut, also von einem noch nicht beschriebenen Pergament aus. Vgl. den Eintrag zu „Pergament“ in LexMA 6, Sp. 1885–1887. 3938 Lang währt die Kunst, nur kurz das Leben: Sprichwörtlich seit der Antike, vgl. TPMA 7, S. 151f. 3943 Du sollst wissen, dass jeder Christ: Der Text bietet hier eine Art Katechismus, wobei seit der frühen Kirche mit diesem Wort vor allem die mündliche Glaubensunterweisung gemeint ist, vgl. RGG4 4, Sp. 861–868 (zu „Katechismus“). Behandelt werden der Glaube an die heilige Trinität, die zehn Gebote, die Übung der sechs Werke der Barmherzigkeit, die sieben Sakramente, die Vermeidung der sieben Todsünden, die Erfüllung der beiden Gebote der Liebe sowie der Kirchengebote und die Beichte, die Unterweisung endet mit einem memento mori. In der Forschung ist bisher meist von einem „Laiendoktrinal“ die Rede gewesen, stattdessen sollte besser von einer „Glaubensunterweisung“ gesprochen werden, vgl. Kurt Ruh: Ein Laiendoktrinal in Unterhaltung verpackt. In: Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann (Hrsg.): Literatur u. Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit (1984), S. 344–355. 3982f. der Glaube …: Vgl. Jak 2,17: „So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.“ 3985 heiligen zehn Gebote: Zum Dekalog vgl. 2. Mos 20, 1–17 sowie LexMA 3, Sp. 649–651. 3997 sechs Werke der Barmherzigkeit: Im Anschluss an Mt 25,35–36, jedoch in der Reihenfolge abweichend: „Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.“ 4005 sieben Sakramenten: Vgl. Anm. zu 2272f. 4020 sieben Todsünden: Nach 1. Joh 5,16 („Sünde zum Tode“) Sünden, die den Verlust des Gnadenstandes zur Folge haben. Die Siebenzahl der peccata mortalia ist ebenso wie die Unterscheidung in Todsünden und lässliche Sünden in der katholischen Kirche stets umstritten gewesen. Auf der Grundlage von im frühchristlichen Mönchtum entstandenen Lasterkatalogen stellte Papst Gregor d. Gr. (590–604) einen Katalog von sieben principalia vitia zusammen, der sich nach einigen Veränderungen durchsetzte. Im Mittelalter war dieser Katalog als SALIGIA-Reihe bekannt, er umfasste Superbia (Hochmut), Avaritia (Geiz), Luxuria (Wollust), Ira (Zorn), Gula (Völlerei), Invidia (Neid) und Acedia (Trägheit des Herzens). Vgl. dazu Carla Casagrande: I sette vizi capitali (2000), besonders S. 181–217. 4028ff. Du sollst Gott über alles lieben …: Im Anschluss an Mt 22,37–39: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ 4032 die Gebote der Kirche: Der Text bietet einen frühen Beleg der Gebote der katholischen Kirche. Seit dem frühen Mittelalter in der katechetischen Literatur präsent, zunächst noch mit Unterschieden in Inhalt, Anzahl und Reihenfolge, bestehen die Kirchengebote seit dem Katechismus des Petrus Canisius (1555) aus fünf noch heute im Katechismus der Katholischen Kirche zentralen Vorschriften. Die Kirchengebote definieren das Minimum an religiösen Aktivitäten eines Kirchenmitglieds: 1. das Einhalten der Feiertage, 2. die Teilnahme an der heiligen Messe an Sonn- und Feiertagen, 3. das Einhalten der gebotenen Fasten- und Abstinenztage, 4. die Beichte mindestens einmal im Jahr sowie 5. den Kommunionsempfang wenigstens einmal im Jahr, zur Osterzeit. Vgl. dazu LThK3 5, Sp. 1513 sowie RGG3 3, Sp. 1420f. u. RGG4 4, Sp. 1167–1168 (jeweils zu „Kirchengebote“). 4035 zu den Gedenktagen der heiligen Apostel fasten: Die Rede ist vom Fasten an den Vortagen (Vigilien) der Gedenktage der Apostel, hier mit Ausnahme der Gedenktage der Apostel Jakobus (des
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Jüngeren), Philippus und Johannes. Da die Fastentage durch die jeweilige Diözese geregelt werden, gibt es regionale Unterschiede. 4039 heiligen Bartholomäus: Der heilige Bartholomäus ist einer der zwölf Apostel Jesu, vgl. Mk 3,18 sowie Martin Bocian: Lexikon der biblischen Personen (1989), S. 65–67. Bartholomäustag ist der 24. August. Auf diesen Tag werden im deutschsprachigen Raum oft Kirchweihfeste o.ä. gelegt, er wird häufig als Herbstanfang gewertet. 4043 vier Zeiten des Herrenfastens: Gemeint sind die in der katholischen Kirche vorgeschriebenen dreitägigen Fastentage (ieiunia quattuor temporum), die das Jahr in vier Jahreszeiten teilen. Gregor VII. führte die Quatember-Fasten ein, die auch als Fron- bzw. Herrenfasten bezeichnet wurden, da an den Quatemberterminen die Fron zu leisten bzw. der Pachtzins zu zahlen war. Diese Fasttage umfassen den jeweils 1. Mittwoch, Freitag und Samstag nach Aschermittwoch, nach Pfingsten sowie in der 3. September- und der 3. Adventwoche, dazu RGG4 6, Sp. 1863 (zu „Quatember“). Die weiterhin im Text aufgezählten Fastenzeiten beinhalten die langen fa¢ten vor Ostern (schon im Nicaenum als Quadragesima, d.h. als vierzigtägiges Fasten bezeichnet) und das Vigilfasten vor Pfingsten, Mariä Himmelfahrt sowie am Weihnachtsabend, vgl. dazu RGG4 3, Sp. 40ff. (zu „Fasten“). 4054 vor dem zuständigen Pfarrer: Seit dem 4. Laterankonzil 1215 ist die Beichtpraxis umfassend geregelt und die jährliche Beichtpflicht des Gläubigen vor dem zuständigen Pfarrer (sacerdos proprius) festgelegt. Der Beichtvater verfügt über die priesterliche Weihegewalt (potestas ordinis) und hoheitliche Hirtengewalt (potestas iurisdictionis), er hört die Beichte und verwaltet und spendet das Sakrament der Buße, dazu LexMA 1, Sp. 1819, LThK3 2, Sp. 130f. sowie RGG3 1, Sp. 969–970 u. RGG4 1, Sp. 1220–1224 (jeweils zu „Beichte“). 4077 öffentliche Beichtformel: Die offen peicht ist die im öffentlichen Gottesdienst für alle gesprochene Beichtformel, vgl. auch peyicht gemäin in V. 4084. Vgl. dazu RGG4 6, Sp. 487 (zu „Offene Schuld“), sowie LexMA 1, Sp. 1812–1818. Den Gegensatz bildet das in V. 4079 genannte häymleich peychten. 4097 wie die Seele eines Juden verworfen: Sprichwörtlich, vgl. Sebastian Franck, SPRICHWÖRTER, S. 262 u. Belege im SI 3, Sp. 12. Das Bußsakrament verleiht dem reuigen Sünder wieder die Gnade Gottes. Ist die Buße jedoch wegen mangelnder Reue unvollständig und damit ungültig, so befindet sich der Sünder – wie die Ungetauften bzw. die Juden – außerhalb der Gnade, er ist unversöhnt mit Gott und der Kirche. 4100f. dass die Welt …: Wohl im Anschluss an 2. Kor 5,1: „Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“ Vgl. zu Unsicherheit und stetem Wandel in der Welt TPMA 13, S. 39–42 sowie Wander-DSL 5, Sp. 162, Nr. 141 o. Sp. 163, Nr. 158. 4112ff. Wo ist denn der weise König Salomon geblieben …: Die Zusammenstellung der Namen dieser alttestamentlichen und antiken Gestalten ist in der mittelalterlichen Literatur im Zusammenhang mit dem vanitas-mundi-Motiv gängig; die Figuren stehen sowohl exemplarisch für bestimmte Qualitäten (vgl. dazu Hartmanns EREC, VV. 2815ff.) als auch für die Vergänglichkeit eben dieser irdischen Größe, d.h. für die Vergänglichkeit der Stärke Samsons, der Schönheit Absaloms, der Weisheit Salomos, der Macht Alexanders und der Wissenschaft des Aristoteles. Auch Wießner bietet zahlreiche Belege, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 155f. 4125 als Menschen und nicht als Affen: In Theologie und Kunst des Mittelalters gelten Affen als Sinnbilder des Bösen, der Sünde und des Sünders, ja des Teufels selbst, vgl. LexMA 1, Sp. 194f. „Simiae peccatis fetidos homines significant“ (Affen bezeichnen die von Sünde stinkenden Menschen), schreibt schon Hrabanus Maurus in DE UNIVERSO bzw. DE RERUM NATURIS, S. 225, was schon früh auf die Triebhaftigkeit, das sexuelle Begehren u.ä. bezogen wird. In der südfranzösischen Kapitellplastik des 12. Jahrhunderts werden Affen in Fesseln oder angekettet dargestellt und verweisen so auf den Menschen in den Schlingen seiner sündigen Triebe; am Dom zu Pisa essen sie den Apfel und wiederholen so den Sündenfall; Affenmütter tragen in Gestalt ihrer Jungen die fleisch-
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liche Lust „vor sich her“, vgl. LCI 1, Sp. 77f. im Anschluss an Johannes Scotus Eriugenas Kommentar zu Boethius – u. Horst Woldemar Janson: Apes and Ape Lore in the Middle Ages and the Renaissance (1952). 4144 Blutigen Schweiß: Bezug auf Jesus in Gethsemane, vgl. Lk 22,44: „Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.“ 4166f. Aus Erde bist du geworden …: Im Anschluss an 1. Mose 3,19: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du gekommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“ 4191f. Wer den Leib durch Fasten ruiniert …: Dass man durch Fasten nicht die Gesundheit ruinieren soll, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 3, S. 162. 4198 Straub: Straubs Name, als Zu- und Familienname belegt, bezieht sich wohl auf sein struppiges Haar, vgl. dazu SI 11, Sp. 1941. Interessant ist hier, dass er als Apotheker und auch als Arzt (V. 4218) bezeichnet wird. Arzt- und Apotheker-Beruf sind seit dem hohen Mittelalter durch verschiedene Ausbildungswege und von der Obrigkeit geregelte Zulassungen getrennt. Eine weitere Trennung besteht jedoch zwischen akademisch gebildeten, also lateinkundigen Ärzten (medici) und den handwerklich ausgebildeten, nicht immer des Lateins mächtigen Wundärzten (chirurgi), die im späten Mittelalter den größten Anteil an der medizinischen Versorgung tragen und auch ihre eigenen Arzneimittel zubereiten. Im süddeutschen Raum findet das Wort arzt „besonders für den Wundarzt“ Verwendung sowie für diejenigen, die „auf Jahrmärkten ihre Apotheke aufschlagen“, vgl. SchwäbWB 1, Sp. 335 sowie BWB 1, Sp. 153f. Hier geht es also offenbar um eine Tätigkeit Straubs als Wundarzt; dazu passt seine Angabe, er würde seinen Lebensunterhalt mit „kranken, geschlagenen und verletzten Menschen“ verdienen (V. 4208), vgl. dazu LexMA 1, Sp. 794–801, Sp. 1098–1101 sowie 2, Sp. 1845–1859 (zu „Chirurg“). 4216 drei Heller alter Währung: Der Heller, 1189 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, ist eine nach Schwäbisch Hall benannte Pfennigmünze, die bis zum Ende des 15. Jahrhunderts geprägt und in zahlreichen Münzstätten nachgeschlagen wurde. Der Heller erreichte seine größte Ausbreitung im 14. Jahrhundert, vgl. LexMA 4, Sp. 2122 sowie Albert Raff: Die Münzen und Medaillen der Stadt Schwäbisch Hall (1986), S. 6–12. Bertschi weist ausdrücklich darauf hin, dass er mit alten Hellern bezahlt, was wohl als Anspielung auf den besonderen Wert alter Münzen zu verstehen ist, die in der Regel einen höheren Feingehalt (Edelmetallanteil) als neugeprägte besaßen. 4219 Unterweisung: Die hier einsetzende Lehre gibt einen Überblick über das zeitgenössische Wissen zur gesunden Lebensführung, das z.B. in dem weit verbreiteten REGIMEN SANITATIS SALERNITANUM sowie in dem im Mittelalter Aristoteles zugeschriebenen SECRETUM SECRETORUM enthalten war. Zu den Quellen vgl. Melitta Weiss-Amer: „Straubs Gesundheitslehre“. In: Albrecht Classen (Hrsg.): Medieval German Literature (1989), S. 171–180 u. Trude Ehlert: Doch so fülle dich nicht satt. In: ZfdPh 103 (1990), S. 68–85, außerdem Christa Hagenmeyer: Das Regimen sanitatis Konrads von Eichstätt (1995). 4249 der Weise: Zu vermuten ist, dass der Text hier auf Aristoteles verweist, dem das SECRETUM SECRETORUM zugeschrieben wurde, vgl. die Anm. zu V. 4219. 4368 auf die rechte Seite legen: Die rechte Seite gilt als die richtige, vollständige, kräftige und für den Menschen wichtigere Seite, während die linke Seite als minderwertig gedacht wird. Dies wird z.B. in der Vorstellung deutlich, die Zeugung von Jungen geschehe auf der rechten Seite der Frau mit Samen von der rechten Seite des Mannes, dazu Konrad von Megenberg: BUCH DER NATUR, S. 39–40. Ebenso wird die linksseitige Lage des menschlichen Herzens damit erklärt, es müsse den Mangel an Körperwärme auf der linken Seite ausgleichen. Zur Empfehlung, zuerst auf der rechten und danach auf der linken Seite zu schlafen, vgl. Christa Hagenmeyer: Das Regimen sanitatis Konrads von Eichstätt (1995), S. 77 u. 232. 4412 keinen blassen Schimmer: Der Ausdruck ein faulen ¢chlehen bezeichnet etwas sehr Wertloses, eine wildwachsende, daher zahlreich vorhandene und kostenlose, noch dazu verfaulte Frucht, und bedeutet soviel wie „nichts“. Ob das Wort schlehe hier feminin – wie Wießner findet – oder maskulin
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verwendet wird, wie vereinzelt belegt ist, ist wohl nicht zu klären, vgl. DWb 15, Sp. 556–558 u. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 165. 4419 Tugend: Die hier beginnende Tugendlehre ist systematisch an den vier Kardinaltugenden Weisheit (sapientia), Gerechtigkeit (iustitia), Stärke (fortitudo) und Mäßigkeit (temperantia) ausgerichtet. Vgl. TPMA 12, S. 19f. vgl. auch z.B. LexMA 6, Sp.829–831. 4420f. Niemand kann …: Vgl. dazu TPMA 8, S. 200f. u. TPMA 12, S. 19. 4422f. Sie allein macht den Vorrang des Adels aus …: Die Übersetzung folgt hier Wießner. Vgl. TPMA 1, S. 33–39 zu diversen sprichwörtlichen Belegen zur Verknüpfung von Tugend und Adel. Zum Begriff des Tugendadels vgl. Otto Gerhard Oexle: Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. In: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.): Europäischer Adel 1750–1950 (1990), S. 19–56, besonders S. 52–55; weiterhin Karl-Heinz Borck: Adel, Tugend und Geblüt. Thesen und Beobachtungen zur Vorstellung des Tugendadels in der deutschen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Literatur 100 (1978), S. 423–457 sowie Volker Honemann: Aspekte des ‚Tugendadels‘ im europäischen Spätmittelalter. In: Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann (Hrsg): Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit (1984), S. 274–286. 4429ff. ein Sprichwort sagt …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 1, S. 457f. 4447 aufgezählt: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 4452f. Was würde denn wohl ein Goldfund nutzen …: Nicht sprichwörtlich, vgl. aber ähnliche Einträge TPMA 5, S. 365f. sowie 8, S. 382. 4472ff. König Salomon hat für sich …: Bezug auf 1. Kön 3,5–15. 4516f. damit du deinen Mantel rasch …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 7, S. 79. 4525 bekämpft: Dass man List nur mit List beikommen kann, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 8, S. 6. Wießner, dem die Übersetzung hier folgt, ändert tenn in das häufig für (kriegerische) Auseinandersetzungen gebrauchte temm und deutet das Wort als „hindern“, beendigen“, „Einhalt gebieten“. 4535ff. Wo es Narren besser geht …: Die Empfehlung, sich in der Gesellschaft von Narren zu verstellen, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 8, S. 354–356. 4571 verbringen: Die Übersetzung folgt Wießner. 4586 Kopf um Kopf und Fuß um Fuß: Die aus 2. Mose 21,23–25 stammende Forderung nach einer angemessenen, spiegelbildlichen Vergeltung findet sich im Landrecht des Schwabenspiegels und ist sprichwörtlich. Vgl. HRG 5, Sp. 114–118 sowie TPMA 1, S. 300f. u. 5, S. 436. Zum ius talionis vgl. LexMA 8, Sp. 446–447. 4605 folge nicht den bösen Juden: In der Forderung, „Gnade vor Recht“ walten zu lassen, findet sich das antijüdische Stereotyp der blinden Gesetzeshörigkeit und Verstocktheit der Juden; der Gegensatz zwischen Judentum und Christentum wird im Mittelalter häufig als Gegensatz von lex und gratia, von Gesetz und Gnade formuliert. Die Überzeugung von einer jüdischen Gesetzeshörigkeit, der stets die christliche Orientierung an Gnade und Barmherzigkeit gegenübergestellt wird, spielt gerade im Zusammenhang mit dem christlichen Vorwurf des Gottesmords der Juden im mittelalterlichen Antijudaismus eine zentrale Rolle, dazu Winfried Frey: Das Bild des Judentums in der deutschen Literatur des Mittelalters. In: Karl E. Grözinger (Hrsg.): Judentum im deutschen Sprachraum (1991), S. 36–59 u. allgemeiner Stefan Rohrbacher u. Michael Schmidt (Hrsg.): Judenbilder (1991). Zum Begriff des ‚Gnadenrechts‘ vgl. LexMA 4, Sp. 1521–1522. Zu mittelalterlichen Darstellungen der blinden, die Gesetzestafeln tragenden Synagoge vgl. LCI 1, Sp. 569–578. 4626f. Denn kein Körperteil war jemals so böse …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 13, S. 431. Zur Beurteilung der Lüge im Mittelalter vgl. Ulrich Ernst: Homo Mendax (2004). 4628f. Wenn du jemandem etwas versprochen hast …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 12, S. 211–212. 4642 Denn wenn du gleich schenkst, so schenkst du zweimal: Dass Geschenke, die nicht erst erbeten wurden, doppelten Wert haben, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 4, S. 225f. 4665 dass du niemanden verspotten sollst: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 11, S. 83f. 4683 Deinen alten Freund halte fest und lass ihn nicht gehen: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 4, S. 64f.
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4692f. Tu deinem Freund und allen anderen Menschen …: Sprichwörtlich in Anlehnung an Mt 7,12: „Wie immer ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um!“ Vgl. TPMA 12, S. 42–45. 4726f. noch kein …: Seit der Antike sprichwörtlich, vgl. TPMA 9, S. 434–435. 4736 dein Leben und deinen Besitz: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 4764 Ein Schreibervers, den ich in der Übersetzung nicht berücksichtige. 4786 denn ein Adler fängt keine Fliegen: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 1, S. 42. 4789f. Denn der gemeine Nutz kommt herein …: Aufgenommen in TPMA 4, S. 374, jedoch ohne übereinstimmende Belege; vgl. auch die Anm. zu V. 8556. 4809 ein Schwabe: Die Zuversicht der Schwaben ist wohl sprichwörtlich, vgl. dazu die (wenigen) Belege TPMA 10, S. 270. 4819 wie das Indigoblau: Im Zusammenhang mit der Minnethematik steht das Blau für die staete, die beständige Treue. Zu zahlreichen Minnereden, die Farballegorien zum Inhalt haben vgl. Tilo Brandis: Mittelhochdeutsche, mittelniederdeutsche und mittelniederländische Minnereden (1968), S. 141–146. Zur Form „end varwe“ vgl. Lexer 1, Sp. 552 („endit“) bzw. Sp. 1430 („indich“) sowie DWb 3, Sp. 461 („endich“). Im mittelalterlichen Mitteleuropa ist Indigoblau vor allem aus der einheimischen Pflanze Waid hergestellt worden, echtes Indigo, ein wertvoller, aus dem asiatischen Raum importierter Farbstoff, wurde erst ab ca. 1500 in großem Umfang zum Färben von Textilien verwendet, vgl. LexMA 8, Sp. 1929–1930 (zu „Waid“) sowie 5, Sp. 405 (zu „Indigo“). 4855 Stinker: In der Handschrift steht la¢ter¢ak, doch führt hier sicher der unterbrochene Redner Vbelg¢mach seine Lehre fort (vgl. V. 4410). Die Übersetzung folgt daher Wießner. 4911f. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden …: Bezug auf Mt 23,12: „Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht.“ 4967 auskennen: Die Übersetzung folgt Wießner. 4986 Wie viele Köpfe, so viele Meinungen: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 10, S. 426–427. 5005 Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 6, S. 13–15. 5009ff. der Fliege …: Bezug auf die äsopische Fabel von der fleißigen Ameise und der Grille bzw. das Streitgespräch zwischen Ameise und Fliege (vgl. etwa Phädrus IV, 25), die Bestandteil zahlreicher mittelalterlicher Fabelsammlungen sind, vgl. dazu die Nachweise bei Gerd Dicke u. Klaus Grubmüller (Hrsg.): Die Fabeln des Mittelalters und der frühen Neuzeit (1987), Nr. 35, 58, 60, 150 u. 434. 5052 ein Schädlein ist besser als ein Schaden: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 9, S. 466. 5071 in einem Zug: Der Eingriff Wießners ist nicht notwendig, ist das Wort zît doch als Femininum, aber auch als Neutrum u. Maskulinum belegt – (so auch V. 6021 u. V. 7507); vgl. dazu BMZ III, S. 910–916 sowie DWb 31, Sp. 522f., dort der Hinweis auf „bedeutungsunterschiede derart, dasz das neutr. den zeitpunkt, das fem. den zeitabschnitt ausdrückt“. Zudem stellt Wießner durch die Änderung einen unreinen Reim her. 5077 Sollte nämlich deine Frau die Hosen anhaben: Die Hose ist Symbol für die Herrschaft im Haus. Vgl. dazu TPMA 6, S. 202–203, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 2, S. 747f., EM 3, Sp. 1100f. sowie DWb 10, Sp. 1839. Vgl. auch Anm. zu V. 1354. 5082 wie den Fuchs im Sack: Füchse werden im Mittelalter in der Regel durch Heraustreiben aus ihrem Bau, d.h. lebendig gefangen, man benutzt Netze oder Säcke als Fallen. Der gefangene Fuchs wehrt sich, ist rasend und bissig, daher das Festhalten am Nacken. Eine entsprechende Redewendung ist nicht belegt. 5086 Küche, Tisch und Bett: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der vi¢ch in tisch ändert. 5099 Deinen Sohn: Wießner liest dein und ändert in deim, die Handschrift hat jedoch dem. 5124 ins Hintertreffen geraten: Die Handschrift hat reichen, Wießner ändert in teichen. Diese Konjektur scheint unnötig, hinter sich, eine erstarrte Form, die auch mit der 1. und 2. Pers. gebraucht wird, kann im Zusammenhang mit Verben „nach hinten“, „zurück“, „rückwärts“ oder „fehl-“ bedeuten. Die Stelle lässt sich also im Sinne von „zurückfallen“, „bergab gehen“ o.ä. verstehen. Vgl. die Einträge zu „hinter sich“ und „reichen“ DWb 10, Sp. 1493f., 14, Sp. 584–591.
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5126 Nur dein Blick macht das Vieh fett: Sprichwörtlich seit der Antike, vgl. TPMA 6, S. 43–44. 5160 einem Wucherer: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 5198f. jeder Kopf will seinen eigenen Hut …: Aufgenommen in TPMA 6, S. 320, jedoch ohne übereinstimmende Belege. 5209 Fuchs Reinhart: Reinhart Fuchs, eine zentrale Figur aus der europäischen Tierepik, ist Protagonist des frz. ROMAN DE RENART, des mittelhochdeutschen REINHART FUCHS (Heinrich der Glichesaere), des mittelniederländischen VAN DEN VOS REYNAERDE sowie des mittelniederdeutschen REYNKE DE VOS, vgl. LexMA 7, Sp. 720–724 (zu „Renart“). Diese Stelle spielt auf die Fähigkeit des Fuchses an, sich listig zu verstellen, Freundlichkeit und Entgegenkommen zu heucheln, um sein Ziel zu erreichen; Brunner sieht eine ungenaue Anlehnung an die Episode mit dem Hahn Scantecler, vgl. Brunner Ring-Ausgabe, Anm. zur Stelle, S. 575. 5222 Botenbrot: Der Überbringer einer (guten) Nachricht erbittet bzw. erhält als Belohnung ein Geschenk, das Botenbrot. Vgl. BMZ I, S. 264 u. DWb 2, Sp. 274–275. 5245 hier soll eine Ehe geschlossen werden: Die Eheschließung erfolgt durch Konsens der Brautleute vor den anwesenden Familienangehörigen, allerdings wird mit dem Vollzug der Ehe noch bis nach dem Kirchgang am nächsten Tag gewartet. Zur Eheschließung im RING vgl. Charles Gervase Fehrenbach: Marriage in Wittenwiler‘s Ring (1970), Elmar Mittler: Das Recht in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1967), Michael Schröter: „Wo zwei zusammenkommen in rechter Ehe …“ (1985), S. 113–116, Monika Schulz: Eherechtsdiskurse (2005), S. 161–183. 5292 Glatzkopf: Für einen Mann ist die Beschädigung von Haartracht und Bart mit einem Verlust an Ehre verbunden, vgl. LexMA 4, Sp. 1813 (zu „Haartracht“) sowie 1, Sp. 1490–1491 (9 zu „Bart“). Belege für das Verprügeln des Ehemanns bzw. Raufereien innerhalb der Hochzeitsgesellschaft in der frühen Neuzeit bei Emil Friedberg: Das Recht der Eheschließung in seiner Entwicklung (1965), S. 87. 5300ff. nach Glarus und ins Land um Schwyz …: Die Aufzählung beinhaltet sowohl Ortsnamen wie glaris (Glarus), sweiczerland (Schwyz), appenczell (Appenzell) und pretteng= (Prättigau, ein Tal im Kanton Graubünden), die sich heute noch zuordnen lassen, als auch eher unspezifische Orts- bzw. Flurnamen wie lauental (Lawinental), marchuelt (Grenzebene) und alb (Gebiet in den Bergen), deren Zuordnung unsicher ist. Wießner verwirft Scherrers Deutung von lauental als Lauis/Lugano und weist auf mehrere Orte ähnlichen Namens hin, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 190. laui findet sich als Bestandteil unzähliger Orts- und Flurnamen wieder, vgl. SI 3, Sp. 1540–1541. marchvelt deutet Wießner auf die March im Kanton Schwyz und verweist auf march in V. 8164. Der Begriff marchvelt ist jedoch in den zeitgenössischen Belegen – so z.B. in Neidhart-Liedern – auf das österreichische Marchfeld westlich des Flusses March/Morava bezogen, wo 1278 die Schlacht von Dürnkrut stattfand, vgl. Birkhan Ring-Ausgabe, S. 299, Anm. 115, BMZ III, S. 296 sowie Lexer 1, Sp. 2051. Die Bezeichnung alb könnte sich konkret auf die schwäbische Rauhe Alb, aber auch allgemein auf höhergelegene Weidegebiete überhaupt beziehen, vgl. dazu Gustav Scherrer (Hrsg.): Kleine Toggenburger Chroniken (1874), S. 8 sowie Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 190, außerdem SI 1, Sp. 193–195 u. SchwäbWB 1, Sp. 125. Für die Rauhe Alb spricht die anschließende Nennung der ¢cherr, die Brunner als südwestlich der Rauhen Alb gelegenen Landstrich der Scheer deutet, vgl. Brunner Ring-Ausgabe, Anm. zur Stelle, S. 575. Im Mittelalter werden Orte als „an der Scherre“ bzw. „an der Alb“ liegend bezeichnet, vgl. „Baden-Württemberg“. In: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 6, S. 698. Der Name ist heute nur noch in den Ortsnamen der Städte Scheer und Harthausen auf der Scheer lebendig. 5316 der: Die Übersetzung folgt hier Wießners Änderung. 5323 Trampel: Hier klingen zwei Bedeutungen an; drappe oder trappe kann entweder einen schweren Feldvogel (Nhd. Trappe) oder einen Tropf bzw. Trampel bezeichnen, vgl. Lexer 2, Sp. 1497, DWb 21, Sp. 1178ff. u. auch das Verb trappen (treten, trampeln, traben), dazu DWb 21, Sp. 1264–1268. Eine Entscheidung ist hier schwierig, da auch eine Anspielung auf den Feldvogel im übertragenen Sinn auf die Bauern bezogen werden kann. In jedem Fall geht es um deren plumpen und ‚trampeligen‘ Eindruck.
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5326 Juckdenarsch: Von den drei Belegen im Text stehen zwei im Versinneren V. 5326 chùczeldarin, V. 7089 Kùczeldarin und einer am Versende V. 6772 kùczeldarmen (dort im Reim auf parmen). Die Übersetzung erfolgt im Anschluss an V. 6772. 5330 Hinkefuß: Der Name der Lappenhauserin leitet sich vom Verb gnepfen ab (schwanken, schaukeln, wackeln, hinken), vgl. Lexer 1, Sp. 1042 u. DWb 8, Sp. 641f. 5333 Teufelshaut: Der Name Teufelsgaden bezeichnet die Person als Gefäß bzw. Wohnung des Teufels (gaden – Kammer). Mottenloch: Da das Wort schabe bis weit in die Neuzeit im oberdeutschen Raum vor allem die Motte und weniger die (Küchen-)Schabe bezeichnet, geht es hier wohl um ein Mottenfraßloch, vgl. DWb 14, Sp. 1946f. u. 12, Sp. 2601f. 5342 Schlampe: Das Wort hudel bzw. hüdel bezeichnet Lumpen, Lappen und Fetzen. Wird es auf Personen – insbesondere auf Frauen – bezogen, denunziert es diese als Nichtsnutze mit einer unordentlichen und verachtenswerten Lebensweise bzw. mit einer verwerflichen Sexualmoral, vgl. Lexer 1, Sp. 1374 sowie DWb 10, Sp. 1860f. 5395 Kerbholz: Ein Kerbholz dient als Merkzeichen. Auf einem Holzstäbchen werden Rechnungen und insbesondere Schulden eingekerbt. Vgl. zum aus dem slawischen Raum stammenden Wort raba¢ch den Eintrag zu rabusch Lexer 2, Sp. 330 und rabisch DWb 14, Sp. 12 sowie zur regionalen Verbreitung des Worts („östr. und im bergbau“) DWb 11, Sp. 565. 5406 Kirchenrecht: Der Pfarrer rügt hier die im Kreis der Familien erfolgte Eheschließung als haymleich ane pfaffen und erklärt die Mitwirkung der Kirche für notwendig. Das IV. Laterankonzil (1215) forderte das kirchliche Aufgebot und die Mitwirkung des Pfarrers für eine nicht nur durch Konsens und Vollzug, sondern auch kirchenrechtlich gültige Ehe. Zahlreiche Erneuerungen dieses Gebots zeigen den Fortbestand der alten Praxis bis ins 16. Jahrhundert, vgl. LexMA 3, Sp. 1623f. sowie Sp. 1635–1636. Weiterhin vgl. Rino Siffert: Verlobung und Trauung (2004), besonders S. 21–30. 5414 Aufgebot: Hier erfolgt die Aufforderung an die Gemeinde, eventuelle Ehehindernisse (z.B. Verwandtschaft) öffentlich kundzutun. Die in der Regel erforderliche Wartezeit zwischen Aufgebot (publicatio, denuntiatio matrimonii) und Eheschließung gibt es hier nicht. Seit dem IV. Laterankonzil 1215 war das kirchliche Aufgebot eine gemeinrechtliche Verpflichtung, bei deren Nichtbeachtung Strafen drohten. Vgl. zum Aufgebot LexMA 1, Sp. 1203. 5498 Berner Pfennig: Der Berner bzw. Perner, auch Veroneser Denar, eine Kleinmünze, vgl. BMZ I, S. 107, Lexer 1, Sp. 196, SchwäbWB 1, Sp. 878, BWB 1, Sp. 279. Ursprünglich (11. Jh.) in Verona (das sogenannte „Welsch-Bern“) geprägt, wurde die Münze später auch in anderen Regionen nachgeschlagen; als Handelsmünze gelangte sie im 13. u. 14. Jh. bis ins südliche Bayern. In Tirol stellte sie lange eine Grundlage des Münzwesens dar, in der Ostschweiz belegen Münzfunde den Umlauf der Kleinmünze. Berner waren vom 11. bis ins 15. Jh. in Gebrauch, im Laufe der Zeit wurde ihr ohnehin geringer Silberanteil sehr stark gemindert. Vgl. Wörterbuch der Münzkunde, S. 71f., Benedikt Zäch: Fremde Münzen im Geldumlauf der mittelalterlichen Schweiz (11.–15. Jh.), S. 401–442 u. Ulrich Klein: Bemerkungen zum Anteil italienischer Münzen des Mittelalters am Geldumlauf in Südwestdeutschland, S. 285–310, beide in: Lucia Travaini (Hrsg.): Moneta locale, moneta straniera (1999). Wießner verweist auf Scherrer, der jedoch als perner eine Berner Münze annimmt und von einem Verbot und damit der Unbrauchbarkeit der geschenkten Münze ausgeht. Hier ist aber wohl einfach vom Schenken einer relativ minderwertigen, alltäglichen Kleinmünze auszugehen, vgl. Gustav Scherrer (Hrsg.): Kleine Toggenburger Chroniken (1874), S. 114 sowie Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 196, Anm. zu V. 5497f. 5501 Stendelwurz und Moosbeeren: Stendelwurz, auch Knabenkraut genannt, bezeichnet verschiedene Pflanzen aus der Familie der Orchidaceae. Schon in der Antike und bis in die Neuzeit galten Orchis-Arten wegen ihrer hodenförmigen Knollen als Aphrodisiaka. Vgl. Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen 3, Sp. 437f. sowie Sp. 843, DWb 17, Sp. 739–740, HWDA 4, Sp. 1555–1564 sowie zur Signaturenlehre LexMA 7, Sp. 1889. Die Bezeichnung „Kranichbeere“ meint in der Regel die Gemeine Moosbeere; als Heilpflanze sorgt diese für gesunde Harnwege. Eine mittelalterliche Anwen-
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dung als Aphrodisiakum ist nicht belegt. Beide Pflanzen sind in Mitteleuropa heimisch; die Anmerkung des Schenkenden, die Mittel kämen vber mer, soll das Geschenk wohl aufwerten. 5571 wie die Schweine zum Trog: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 10, S. 332. 5599 zu nähern: Zur Form ge¢mechen vgl. SI 9, Sp. 897 u. 902f., das DWb 15, Sp. 964 erklärt, damit werde „ein ganz flüchtiges, unzureichendes nahekommen“ ausgedrückt. 5600 die Daumen nebeneinander auf den Rand des Beckens zu legen …: Die Diener sollen den Gästen das Wasser aus einem Krug von oben über die Finger gießen, die wiederum möglichst eng nebeneinander an der Schüssel anliegen, damit nichts verschüttet wird. Eine dritte Person soll das Becken festhalten. Da hier jedoch alle aus Angst vor den gefährlich langen Nägeln der Diener auf Distanz gehen, steht das Becken auf dem Boden, und die Hände werden in gehörigem Abstand davon gehalten. Vgl. dazu Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 200. 5621 Du Sau, du Sau, du: Wießner ergänzt den Vers metrisch und schwächt so den Eindruck völliger Verwirrung ab. 5634 Kohlmeise: Name einer Meisenart (parus major), vgl. dazu DWb 16, Sp. 2257. Die Kohlmeise hat einen schwarzen Kopf, weiße Wangen, einen gelben Bauch und einen grünlichen Rücken. Ob es sich um eine Anspielung auf übermäßig bunte Kleidung des Dieners handelt, ist unklar. 5646 darin: Die Übersetzung folgt der Änderung Wießners. 5803 Schmuckstückchen: Auf die Kleidung gefallene Essensreste werden hier ironisch als ¢pängli bezeichnet, also als etwas, das zur Kleidung gehört und diese verziert, vgl. DWb 16, Sp. 1880. 5842 Drei sind nun mal stärker als einer: Dass mehrere stärker als einer sind, ist sprichwörtlich, vgl. dazu TPMA 2, S. 427f. 5912 Necker: Der Necker ist ein Fluss im östlichen Toggenburg. 5923 Dietrich von Bern: In der Sagenüberlieferung des Mittelalters erinnert Dietrich von Bern (Verona) an den Ostgotenkönig Theoderich d. Gr. Er ist die bekannteste Figur der germanisch-deutschen Heldensage. Sie erzählt von Dietrichs Vertreibung aus seinem oberitalienischen Erbreich, von seinem Exil am Hof des Hunnenkönigs Etzel und seiner Rückkehr nach Oberitalien. In der deutschen Literatur wird der Dietrich-Stoff zunächst in Nibelungenlied und Nibelungenklage literarisiert, dann in mehreren mhd. Epen, die in zwei Gruppen unterteilt werden: die historische Dietrichepik und die „aventiurehafte“ Dietrichepik. Vgl. LexMA 3, Sp. 1016–1018. 5929 In einem Saal die Helden saßen: Die Verse parodieren den Beginn des aus mehr als 200 13-zeiligen Strophen bestehenden ECKENLIEDES, das vom Kampf Dietrichs von Bern mit dem Riesen Ecke erzählt: „Es sasen held in ainem sal/ si rettont wunder ane zal“. Vgl. DAS ECKENLIED, V. 2,1f. 5951f. Wer große Verluste vermeiden will …: Aufgenommen in TPMA 6, S. 138, jedoch ohne übereinstimmende Belege. 5976 Auf einem vollen Bauch sitzt ein fröhlicher Kopf: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 1, S. 358–359. 5992 die Fische wollen schwimmen: Dass Fische (dreimal) schwimmen wollen (nämlich in Wasser, Fett o. Brühe u. Wein), ist sprichwörtlich, vgl. dazu Wander-DSL 1, Sp. 1029, Nr. 33. u. TPMA 3, S. 264f. 6029f. Der Erste war der Beste …: Keine gleichlautenden zeitgenössischen Belege, vgl. aber Wander-DSL 5, Sp. 1237, Nr. 19 u. Nr. 23. 6110 zu singen und zu sagen: Vgl. Anm. zu V. 19 u. V. 243. 6221 den Stab des Vortänzers: Vgl. Anm. zu V. 1252. 6234 ihren Spiegel zerbrach: Anspielung auf das Motiv des Spiegelraubs, das in zahlreichen Liedern Neidharts (von Riuwental), in mehreren Neidhartliedern des 13. u. 14. Jahrhunderts und im GROßEN NEIDHARTSPIEL präsent und oft von zentraler Bedeutung ist. Vgl. NEIDHARTS LIEDER, Bd. 2, S. 155. Zum Spiegelraub bei Neidhart vgl. Hans-Dieter Mück: Ein ,politisches Eroticon‘ (1986), S. 169–207, Elisabeth Lienert: Spiegelraub und Rote Stiefel. In: ZfdA (1989), S. 1–16, sowie Jan-Dirk Müller: Auf dem Weg zum Schwank. Der Spiegelraub im Berliner Neidhart. In: Hedda Ragotzky, Gisela Vollmann-Profe u. Gerhard Wolf (Hrsg.): Fragen der Liedinterpretation (2001), S. 91–102, in Be-
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zug auf den RING bes. Bernhard Sowinski: Wittenwilers ‚Ring‘ und die Neidharttradition. In: Jahrbuch der Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft (1994/95), S. 3–11. 6341 Jäckel Kraut: Die hier genannte Figur habe ich nur in VV. 6341 u. 6342 als „Jäckel Kraut“ bezeichnet, an den übrigen Stellen mit „Sauerkraut“. 6370 ein Lied im alten Ton: Dass die alte Frau Laichdenman den Spielmann auffordert, doch ein Stück nach der alten ee zu spielen, wirkt komisch. Die Wortwahl zeigt ihr Bemühen, der Bitte Gewicht zu verleihen, aber auch ein gewisses Unvermögen, das angemessene Register zu wählen: Das Wort ee bedeutet Norm, Recht bzw. Gesetz, die Schrift, in der dies enthalten ist, Sitte, Bund (auch Ehe), es wird in der Regel im religiösen Kontext gebraucht (die alte und neue E, d.h. der alte und der neue Bund, das Alte und Neue Testament); Frau Laichdenman geht es hier jedoch nur um ein Lied in alter Weise bzw. nach alter Mode. 6448 da streute der Teufel Asche dazwischen: Die Stelle könnte als Hinweis auf das biblische Gleichnis vom Teufel verstanden werden, der Unkraut zwischen den Weizen sät, vgl. Mt 13, 24–30 bzw. 36–43. Redensarten vom Samen des Teufels sind belegt, vgl. Wander-DSL 4, Sp. 1104, Nr. 1045 u. Sp. 1115, Nr. 1316, die Aussaat von Asche passt allerdings nicht genau zum Kontext der UnkrautMetapher; warum hier davon die Rede ist, bleibt unklar. Vermutlich ist die Asche hier als Vorausdeutung auf Brand und Unglück gebraucht. 6515 schrecklichen Schwertern: Die Stelle ist uneindeutig: Das Wort ¢winge bezeichnet verschiedenste Geräte, die in schwingender Bewegung gebraucht werden, vornehmlich ein messerähnliches Schlagwerkzeug aus Holz oder Metall, das bei der Flachsgewinnung Verwendung findet, eine sogenannte Flachsschwinge bzw. ein Schwingmesser. Abgesehen davon, ob die Bedeutung „Schwert“ durch die Ähnlichkeit mit diesem Werkzeug hervorgerufen worden ist, lässt sich für diese Stelle nicht klären, ob Schwerter – eventuell abwertend – als Schwingmesser bezeichnet oder Flachsschwingen wie Schwerter eingesetzt werden. Des Weiteren könnten hier auch Futterschwingen gemeint sein, breite, flache Körbe, mit denen sich die Kämpfer von oben schützen. Vgl. dazu SI 9, Sp. 1971–1973 u. DWb 15, Sp. 2683–2686. 6547 focht wie eine Laus im Kopfschorf: Zur Redewendung „stolz wie eine Laus im Grind“ vgl. TPMA 7, S. 292f. 6646 Hasenfüße: Das schnelle Fliehen des Hasen hat Anlass für verschiedene Redensarten geboten. Das Mittelalter kennt die Bezeichnung hase bzw. hasen genoz für einen Feigling, vgl. Lexer 1, Sp. 1192. Später spricht man von einem „Hasenfuß“, „Hasenherz“ oder „Angsthasen“. Wer flieht, „ergreift das Hasenpanier“. Das Panier des Hasen ist sein – bei der Flucht in die Luft gerecktes und weit sichtbares – weißes Schwänzchen. Vgl. dazu DWb 10, Sp. 529 u. Sp. 539 sowie Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 2, S. 667–669. und Anm. zu V. 8372. 6654f. Dass jeder Hund auf seinem eigenen Mist …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 6, S. 228f. 6686 zwölf Geschworene: Geschworene sind beeidigte Personen, die nicht nur eine zentrale Rolle im Gerichtswesen spielen, sondern auch als Inhaber eines Amtes in einer dörflichen oder städtischen Gemeinschaft Verantwortung tragen können. Vgl. dazu HRG 1, Sp. 1602 sowie LexMA 4, Sp. 1385. Zur idealen Zwölfzahl der Geschworenen vgl. HRG 5, Sp. 1869–1871. 6694 Zink: Der – wohl aufgrund einer auffallenden Nase – vergebene Übername zinge bzw. zinke (Haken) ist belegt, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 235f. 6696 Lotterbube: Vgl. zur Bedeutung des von luoder (Lockspeise für Tiere) abgeleiteten Wortes ludrer BMZ I, S. 1052 („der ein lockeres leben führt“) sowie DWb 12, Sp. 1234. 6697 Dickwanst: Vgl. zu büterich Lexer 1, Sp. 402 („Gefäß, Schlauch“) sowie SI 4, Sp. 1924 („fetter Mensch“), auch Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 140. 6698 Eselsbacken: Der Eselsbacken ist ein langer und stabiler Knochen der Kinnlade des Esels. Mit einem Eselsbacken erschlägt Samson tausend Philister, vgl. Ri 15,15–17. 6707 Gemeindeschreiber: Die Übersetzung folgt hier Wießner.
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6744f. Denn Zorn und Eile sind …: Dass guter Rat Weile braucht, ist sprichwörtlich, vgl. dazu TPMA 9, S. 185f.; ebenso, dass Zorn guten Rat verhindert, dazu TPMA 13, S. 407f. 6814 Krieg: Strudel rechtfertigt einen möglichen Krieg der Nissinger gegen die Lappenhausener hier als bellum iustum. Das durch Augustinus in das Christentum integrierte antike Konzept des bellum iustum rechtfertigt den Krieg zwischen Gemeinwesen unter bestimmten Voraussetzungen. Der Krieg muss Mittel zum Frieden sein und darf nicht aus bloßer Herrschsucht oder Lust an der Gewalt geführt werden. Zudem muss ein ‚gerechter’ Grund, die iusta causa, vorliegen, etwa die Verletzung des Friedens oder die Wegnahme rechtmäßiger Güter. Die Gefangennahme der Nissinger Mädchen stellt einen solchen Grund dar, die Lappenhausener haben damit den Frieden verletzt und sich ins Unrecht gesetzt. Vgl. zum bellum iustum LexMA 1, Sp. 1849–1851, Elmar Mittler: Das Recht in Heinrich Wittenwilers ‚Ring’ (1967), bes. S. 115–123, Pamela Kalning: Kriegslehren in deutschsprachigen Texten um 1400 (2006), bes. S. 32–35 sowie Frederick H. Russell: The Just War in the Middle Ages (1975). Als Vorlage für die Kriegslehre kann wohl der TRACTATUS DE BELLO, DE REPRESALIIS ET DE DUELLO des Bologneser Rechtsgelehrten Giovanni da Legnano gelten, dazu Elmar Mittler (s.o.). 6831f. Besser ist ein grausamer Tod in Ehren …: Seit der Antike sprichwörtlich, vgl. TPMA 11, S. 360–364. 6916 denn zum Lügen muss man durchtrieben sein: Aufgenommen in TPMA 8, S. 61, jedoch ohne übereinstimmende Belege. Vgl. die inhaltlich verwandten Belege zum guten Gedächtnis als Voraussetzung des Lügens in TPMA 8, S. 66f. 6959 Uri: Der Ortsname aurach, den auch einige Ortschaften im süddeutschen Raum tragen, lässt sich nicht völlig sicher bestimmen. Wegen des folgenden Zusatzes in sweiczer tal ist wohl mit Birkhan u. Boesch vom schweizerischen Uri auszugehen, vgl. Helmut Birkhan: Das Historische im ‚Ring‘ des Heinrich Wittenwiler (1973), S. 17, Anm. 50 u. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 148. Beide beziehen die unspezifische Bezeichnung sweiczer tal auf das Reusstal. Die Schreibung aurach ist allerdings für Uri nicht belegt, wohl aber urach. Vgl. dazu Hermann Oesterley: Historisch-geographisches Wörterbuch des deutschen Mittelalters (1883), S. 35 u. 706f. Denkbar wäre auch, dass der Vers zwei Richtungen aufzählt, also die Boten zum einen gen aurach, zum anderen in sweiczer tal gesandt werden. 6960 Gaienhofen: Ein Ort Gaienhofen am Untersee (Bodensee) ist 1418 urkundlich als Gaigenhofen belegt. Vgl. Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden Bd. 1, Sp. 668. 6961 Ofen von Cadober: Mit gadubrj ist wohl die italienische Region Cadore (lat. Catubrium) gemeint, die deutsch Cadober hieß. In dieser Gegend wurden bereits im 13. Jahrhundert Metallvorkommen abgebaut. Das Hüttenwesen prägte auch zahlreiche Ortsnamen (it. forno = dt. Ofen). Vgl. dazu Jörg Bismark: Adlige Lebensformen in Wittenwilers ‚Ring‘ (1976), S. 38 sowie Allessandro Cucagna: Le industrie minerarie, metallurgiche e meccaniche del Cadore, Zoldano e Agordino durante i secoli passati (1961), S. 6–8. 6962ff. Kengelbach und Libingen …: Hier werden tatsächlich existierende mit fingierten Ortsnamen vermischt. Kengelbach, Libingen und Hofen liegen westlich, Wattwil südlich von Lichtensteig. Der Ortsname vettringen verweist wohl auf das heutige Vettigen, wohingegen fùczen¢wille eine obszön entstellte Form des 1413 urkundlich nachgewiesenen Bützenswille – des heutigen Bütschwil nördlich von Lichtensteig – darzustellen scheint. Die sprechenden Ortsnamen ruczingen und seurren¢torff sind fingiert. 7011ff. Ein Mann wird Vater …: Bezug auf Mt 19,5 bzw. 1. Mose 2,24: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.“ 7048 rutschte heftig hin und her: Vgl. zu hùczret DWb 10, Sp. 2001–2002, dort verschiedene Bedeutungen von hutzen, darunter „rutschen“, „locken“, „rennen“ und „stoßen“ sowie „schütteln“. In Lexer 1, Sp. 1410 wird nur der RING-Beleg geliefert. Vgl. auch SI 2, Sp. 1801 zu hutsch(e)len, BWB 1, Sp. 1195 u. DWb 10, Sp. 1847 zu hotzen („sich auf und nieder bewegen“). Ausgedrückt wird eine hastige Bewegung, die sowohl eine körperliche Auseinandersetzung als auch sexuelle Aktivität impliziert.
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7059 Tragant: Tragant (von gr. tragakantha, lat. tragacantum), Name verschiedener AstragalusArten, aber vor allem der gummihaltigen Substanz, die – meist nach Einschnitten – aus Stamm und Ästen der Pflanzen gewonnen wird, vgl. dazu Ralf Vollmuth: Traumatologie und Feldchirurgie an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit (2001), S. 143; als deutsche Namen der Pflanze sind Bocksdorn, Bockshorn, Bocksdistel und Knollenwurz belegt, vgl. DWb 21, Sp. 1026. Zu vermuten ist, dass der Zutat hier eine besondere Bedeutung zukommt, etwa eine stärkende Wirkung. 7060 Malvasier: Hier wird ein sehr edler, teurer Südwein serviert. Malvasia war ursprünglich Herkunftsbezeichnung, die zum einen auf die griechische Stadt Monembasia, die im Mittelalter ein bedeutender Exporthafen für Weine war, zum anderen auf Malvasia di Lipari bezogen werden kann, entwickelte sich jedoch zur Bezeichnung verschiedener Rebsorten, die im ganzen Mittelmeerraum angebaut wurden. Vgl. Lexer 1, Sp. 2019 u. Nachträge sowie genauer zur zeitgenössischen Bewertung Rolf Sprandel: Von Malvasia bis Kötzschenbroda (1998), S. 25 u. 95–102. 7078 Nutz und Ehr: Formelhafte Wendung. 7096 Wäscherin: Die in V. 5329 erstmals genannte reudig wa¢¢er¢chepferin wird hier als Wäscherin bezeichnet. 7098 Als nun der helle Tag anbrach: Hier wird auf die Tradition des Tagelieds angespielt, zu dessen Personal der Wächter gehört, der bei Tagesanbruch das unverheiratete und in Heimlichkeit vereinigte Liebespaar weckt und es zur Trennung auffordert. Die Platzierung im Text zwischen der Vergewaltigung der Nissinger Mädchen und dem Erwachen der Eheleute konterkariert jedoch die Tagesliedsituation, vgl. dazu Jürgen Belitz: Studien zur Parodie in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1978), S. 199–203, sowie Elisabeth Lienert: Das Tagelied in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Jahrbuch der Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft 8 (1994/95), S. 109–124. 7136 Morgengabe: Die Morgengabe ist das Geschenk des Mannes an die Frau nach der Eheschließung bzw. nach dem Vollzug der Ehe, also der Hochzeitsnacht. Sie soll einen Ausgleich für die von der Frau in die Ehe gebrachten Vermögenswerte darstellen und bleibt im Falle des vorzeitigen Todes des Ehemannes bei der Witwe, also von der Vererbung ausgeschlossen, vgl. LexMA 6, Sp. 837–838. 7154 Stottermax: Die Bedeutung des Namens Gagg¢imachs ist unklar. Er kann sowohl auf das Geräusch gackernder Hühner oder krächzender Vögel anspielen (und den Namensträger damit als Stotterer und Stammler bezeichnen) als auch fäkalisch und damit beleidigend orientiert sein. Das SI kennt gaggen und auch gaxen als lautmalende Verben und das Wort Gâggi als Bezeichnung eines Stotterers bzw. Stammlers, vgl. SI 2, Sp. 164–167 u. 568. Zugleich jedoch steht das Wort Ga˘gg für einen dummen, ungeschickten Menschen, außerdem für Kot, dazu die Verbindung Ga˘ggi machen und das Verb gaggen. Wießner zieht eine Verschreibung von gaggismach in Betracht, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 249. 7157 Rockenstiel: Ein aus Holz gedrechseltes, längliches Zubehörteil des Spinnrads, auf das die Fasern zum Spinnen gewickelt werden. Als Name bezeichnet es spöttisch eine lange, dünne Person (jedoch nur für Frauen belegt), vgl. DWb 11, Sp. 2658. 7159 Hurenwirt: Die Bezeichnung riffian oder ruffian für einen Zuhälter kommt aus dem Italienischen (ruffiano), vgl. Lexer 2, Sp. 533. 7160 Falschmünzer: Lexer führt billian, pillian, pilian, bilian als Bezeichnung für „eine mit kupfer vermischte silbermünze“ auf, vgl. Lexer 2, Sp. 270 u. 1, Sp. 276 sowie SI 4, Sp. 1170. Der Name kann also eine Anspielung auf die Falschheit der Person oder auf eine Tätigkeit als Falschmünzer darstellen. 7162 Simon Knüppel, Judas Prügel: Diese Namen bieten zahlreiche Deutungsmöglichkeiten. Das Wort kegel kann einen Kegel, einen Knüppel, einen Haufen (auch Kothaufen) oder einen Eiszapfen bezeichnen. Auf Menschen angewandt, bezeichnet es einen dicken, kurzen Mann, zudem trägt es die Bedeutung „grober, roher mensch“ oder „unehelicher sohn“, vgl. dazu DWb 11, Sp. 383–391 u. SI 3, Sp. 179–181. Auch ¢chlegel lässt sich nicht eindeutig erklären; das Wort kann ein Werkzeug (Hammer, Schlegel) oder eine Waffe (Keule, meist aus Metall), aber auch ein Schlachthaus oder einen „groben menschen“ bezeichnen. Vgl. zu ¢chlegel DWb 15, Sp. 339–344 u. SI 9, Sp. 253–262. Beide Namen sind als Bei- bzw. Familiennamen belegt, vgl. SI 3, Sp. 180 u. 9, Sp. 262.
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7163 Hosenvoll: Als hö¢eller wird ein kleiner Junge bezeichnet, der die erste Hose trägt und gerade erst – trippelnd – laufen kann, das Wort wird jedoch auch – abwertend – auf Erwachsene angewandt und bedeutet dann „armseliger Tropf, Laffe, Stümper, schwächlicher, furchtsamer Mensch“, vgl. SI 2, Sp. 1699. 7166 Meier: Der Meier (von lat. maior), ursprünglich der Verwalter eines Fronhofes, ist der Dorfvorsteher. In der Regel übt er administrative Funktionen aus und besitzt richterliche Befugnisse. Vgl. dazu LexMA 6, Sp. 470–471 u. 3, Sp. 1277. 7225ff. ein jeder Mensch ist …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 1, S. 25–27. 7236 Noahs Söhnen: Der Bezug auf 1. Mose 9,18–27 (die Episode handelt vom Verhalten der drei Söhne Noahs angesichts von dessen Trunkenheit und Blöße) ist ein zentraler Topos in den mittelalterlichen Ständelehren. In der vom Bibeltext abweichenden mittelalterlichen Überlieferung wird zwischen Ham, der auf die Blöße hinweist und sogar darüber lacht, Sem, der sich zurückhält, und Japhet, der den Vater bedeckt, unterschieden, wodurch eine hierarchische Dreiteilung möglich wird, entweder in oratores, bellatores und laboratores oder in Adel, Freie und Unfreie. Vgl. dazu LexMA 8, Sp. 44–53 u. Klaus Grubmüller: Nôes Fluch. In: Dietrich Huschenbett u.a. (Hrsg.): Medium Aevum Deutsch (1979), S. 99–119. 7239 Leibeigener: Der Begriff Leibeigenschaft wird heute für verschiedene historische Formen der dauerhaften persönlichen Abhängigkeit gebraucht. Im Mittelalter werden persönlich Unfreie oder dienstverpflichtete Hörige als „Eigenleute“ bezeichnet, vgl. dazu LexMA 5, Sp. 125f. (zu „Hörigkeit“), Sp. 1845–1848 (zu „Leibeigenschaft“) sowie 8, Sp. 1219–1221 (zu „Unfreiheit“). 7268 Andertal: Die Ortsbezeichnung anter tal ist offenbar ein Phantasiename. 7276f. Seine Grafschaft liegt in Ungarn …: Hier liegt wahrscheinlich ein Verweis auf Veränderungen in der ungarischen Adelsgesellschaft vor, in deren Zentrum die Goldene Bulle Andreas’ II. von 1222 steht, vgl. LexMA 4, Sp. 1540 u. 1, Sp. 140f. Diese gilt als Grundlage für die Entstehung eines einheitlichen Adelsstandes in Ungarn; in ihrer Folge verlor sich der kategoriale Unterschied zwischen aufgestiegenen servientes regis und etablierten nobiles immer mehr. Letztere nahmen daraufhin aus Gründen der Distinktion für sich den Titel barones in Anspruch. Auch eine generelle Anspielung auf die im Laufe des 13. u. 14. Jh. zunehmend unscharfe bzw. unberechtigte Verwendung des Adelstitels ist denkbar: „[…] in a second and much wider sense meaning anyone who was a landowner. […] Throughout the Middle Ages it was uncertain in Hungary just what constituted a nobleman.“ Martyn Rady: Nobility, Land and Service in Medieval Hungary (2000), hier S. 43. u. S. 58. 7293 ungerechten Krieges: Der ungerechte Krieg ist das Gegenteil des bellum iustum, dessen Voraussetzungen Strudel in V. 6814–6821 erläutert. Er kann nicht auf eine iusta causa gegründet werden. 7299 Stoßen: Das Wort mu¢ten/mù¢ten (auch V. 9169, V. 9496 bzw. V. 8794) ist den Wörterbüchern nicht bekannt, vgl. jedoch SI 4, Sp. 603 zu mütsche(n) sowie BWB 1, Sp. 1685. 7400 einen Dreck: Durch zwek wird hier eine sehr geringe Sache ausgedrückt. Das Wort bezeichnet einen kleinen spitzen Nagel bzw. Stift aus Holz oder Eisen, kann aber auch für einen Haufen Kot gebraucht werden. Vgl. dazu BMZ III, S. 957, DWb 32, Sp. 955 u. BWB 2, Sp. 1172. 7408f. weil niemand so mächtig und so reich ist …: Dass auch der Stärkste noch seinesgleichen findet, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 11, S. 110. 7425 Scheiß: Mit Wießner wird hier eine (wohl des Reimes wegen) verhüllende Verschreibung des Wortes hor gesehen, das Kot und Schmutz bezeichnet, vgl. BMZ I, S. 710, DWb 10, Sp. 1801 sowie Wießner Ring-Ausgabe, S. 337, Anm. zur Stelle. 7440 viel schärfer: Wießner macht die Korrektur der HS h䢢er rückgängig und liest rässer. Dies ist nicht notwendig, um den Vers zu verstehen. Entweder wird die Eigenschaft des Pfeffers, Hitze zu erzeugen, mit der Wärme eines Misthaufens verglichen oder aber die Schärfe des Pfeffers mit dem beißenden Gestank eines Misthaufens. Vgl. dazu DWb 10, Sp. 907 u. 14, Sp. 154. In jedem Fall wird die im Verhältnis zur Größe überaus starke Wirkung eines Pfefferkorns ausgedrückt und damit auf die potentielle Kampfesstärke zahlenmäßig unterlegener Kämpfer hingewiesen. Vgl. dazu die ähnlichen
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Redewendungen bei Wander-DSL 3, Sp. 1256, Nr. 1 u. 2 sowie Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 4, S. 1158–1160. 7447ff. dass kein Weiser …: Sprichwörtlich, vgl. dazu TPMA 9, S. 202f. 7463f. Wehe dem Lande, das ein Kind …: Nach Pred 10,16 („Weh dir, Land, dessen König ein Kind ist […]“) sprichwörtlich, vgl. TPMA 7, S. 40–42. 7479 Kinder des Planeten Mars: In Antike und Mittelalter wurden bestimmte Götter mitsamt ihren Eigenschaften den einzelnen Planeten zugeordnet, denen man einen Einfluss auf die Menschen zuschrieb. Auf Grundlage der Rezeption vor allem arabischer astrologischer Literatur, in der das Verhältnis der Planeten zu den unter ihrem Einfluss stehenden Menschen thematisiert wurde, erlebte die Astrologie im späten Mittelalter in Europa einen Aufschwung. Zahlreiche Planetentraktate und Planetenkindertexte überliefern eine laienastrologische Vorstellung, die jeden Menschen demjenigen Planeten ‚genealogisch‘ zuordnet, dessen Eigenschaften ihn am meisten geprägt haben. In der bildenden Kunst entwickelten sich vom 14. bis zum 16. Jh. die „Planetenkinderbilder“, die weit verbreitet waren und den einzelnen Planeten unterschiedliche Berufe zuordnen. So gehören zum Planeten Jupiter Richter und Herrscher, zu Merkur Kunsthandwerker und zu Saturn die Bauern, Bettler und Verbrecher. Die Kinder des Mars, zu denen die Nissinger gehören sollen, sind von Krieg und Gewalt geprägt; die aufgeführten Berufe haben mit Eisen, Waffen, Messern und Blut zu tun. Vgl. dazu Raymond Klibansky, Erwin Panofsky, Fritz Saxl: Saturn und Melancholie (1990), S. 303ff., Anton Hauber: Planetenkinderbilder und Sternenbilder (1916), S. 52 u. Dieter Blume: Regenten des Himmels (2000), S. 159–164. 7484 Dienstag: Die Bezeichnung eritag (auch erchtag) für den Dienstag, dies martis, war im süddeutschen Raum lange gebräuchlich, vgl. DWb 2, Sp. 1120–1120 u. 3, Sp. 861, sowie BWB 1, Sp. 127–128. 7488 Sternbild des Stiers: Wenn ein Planet in seinem Haus steht, also in einem Tierkreiszeichen, das ihm zugeordnet wird, so verstärkt sich sein Einfluss. In der Regel gilt der Widder als Haus des Mars, der Stier gilt als Haus der Venus. Die Zuordnung weicht hier – wie in zahlreichen astrologischen Texten – von dieser Regel ab. Vielleicht liegt eine Verwechslung von Stier und Widder vor, eventuell sollen auch die Aussagen der Sprecherin als unstimmig dargestellt werden. Vgl. dazu Otto Mazal: Die Sternenwelt des Mittelalters (1993), S. 156f. 7493 Planeten Venus: Nach der Planetenlehre des Mittelalters gilt die Venus als Gegenkraft zu Saturn und Mars. Während diese mit Gewalt, Krieg und Zerstörung verbunden sind, repräsentiert Venus die Kräfte des Lebens, die Schönheit und den Liebreiz und gilt deshalb als „guter“ Planet. Auf Planetenkinderbildern der Venus finden sich Liebespaare, dazu Musikanten, teilweise Angehörige bestimmter Berufe des Textilgewerbes. Vgl. dazu Anton Hauber: Planetenkinderbilder und Sternenbilder (1916), S. 98f. u. Otto Mazal: Die Sternenwelt des Mittelalters (1993), S. 145–154. Die Zuordnung textiler Handarbeiten wie auch des Schneiderberufs zum Bereich der Venus beruht wohl auf der Herstellung von schmückender Kleidung; verschiedentlich werden Schneider und Weber auch als Kinder des Merkur dargestellt. 7495 Weber: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der das weyber der Handschrift in weber ändert. Vielleicht liegt hier aber ein Spiel mit den ähnlichen Wörtern weyber und weber vor, das die Textilhandwerker als weibisch denunziert, ein Vorwurf, der wegen „Stubenhockerei“ und Schwächlichkeit gebräuchlich war, vgl. dazu Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 4, S. 1386–1388 (zu „Schneider“). 7498 – als Söhne – zu seinen Kindern: Wießner verändert den etwas sperrigen Vers, was aber nicht zwingend ist. Hier scheint nur noch einmal die Zuweisung an den Planeten Venus expliziert zu werden. 7500 entgegen der natürlichen Richtung: Die Übersetzung folgt hier Wießner. Der Vers ist nicht ganz klar: Offenbar steht die Venus in Opposition zu Mars, was zu Unruhe und Konflikten führt. Außerdem befindet sich die Venus im Zeichen des Skorpions, also in einem Haus des Mars, was ihre Kraft schwächt. Vgl. dazu Otto Mazal: Die Sternenwelt des Mittelalters (1993), S. 156f. 7508 wollt: Die Übersetzung folgt Wießner in der Änderung von Wol zu Wolt. 7520 Alter: Die Stelle ist unklar. Das Wort pach/bache bezeichnet die Speckseite des Schweins bzw. den Schinken, vgl. BMZ I, S. 76 u. DWb 1, Sp. 1061. Vielleicht wird Colman hier „Schinken“
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genannt, weil er ein beleibter alter Mann ist. Vgl. den Namen eines Nissingers, der pachenflä¢ch heißt (V. 6692). Wießner vermutet mit Singer eine Verschreibung aus dem Wort hach („Bursche, Kerl“), vgl. dazu DWb 10, Sp. 96–98, BWB 1, Sp. 1041 sowie Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 257f. Dies bleibt allerdings widersprüchlich, weil zum einen Colman als alter Mann vorgestellt wird, zum anderen das Wort hach im Text nicht belegt ist. 7528 soll sie doch: Die Übersetzung folgt Wießner, der dis in das ändert. 7534f. es geht nicht nur um einen Streifen …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 5, S. 463. 7538f. In der Not kann man den Freund …: Sprichwörtliche Aussage, vgl. dazu TPMA 4, S. 26–35. 7547ff. dass man einen Boten zu den Feinden schickt …: Die Absage bzw. Kriegserklärung ist die Voraussetzung einer ordentlichen Fehde. Sie bedeutet die Aufhebung aller Verpflichtungen zwischen den Gegnern und macht die Anwendung gewaltsamer Handlungen möglich. Ohne Absage setzt sich ein Angreifer ins Unrecht. Die formelle Absage wird seit dem 13. Jahrhundert meist schriftlich übermittelt. Vgl. dazu LexMA 1, Sp. 54–55 u. 4, Sp. 331–334 sowie Elmar Mittler: Das Recht in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1967), S. 88–93. Dem Boten sind hier die Zeichen der bevorstehenden Aggressionen augenfällig mitgegeben, er trägt rote Kleidung sowie ein Schwert und einen Handschuh, die mit Blut befleckt sind. Zur Stellvertreterfunktion des durch Boten übersandten Handschuhs vgl. LexMA 4, Sp. 1909–1910. Zur Verbindung der Absage mit einem blutigen Messer oder Schwert vgl. Otto Brunner: Land und Herrschaft (1959), S. 64. 7582 Nissfeld: Das Nissfeld, ein (zu Nissingen gehörendes?) offenes Feld, soll als Kampfplatz dienen. 7629 Mallorca: Der Name majorica bezeichnet nicht nur die entsprechende Insel, sondern auch ihre Hauptstadt, das heutige Palma. 7639 Udine: Der deutsche Name Weiden für die Stadt Udine im Friaul ist heute nicht mehr in Gebrauch. Die Stadt war seit 1258 Residenz des lange Zeit mit Deutschen besetzten Patriarchats von Aquileia und ein wichtiger Handelsplatz. Vgl. LexMA 8, Sp. 1176 u. LThK3 1, Sp. 898–900. 7641 Venzone: Obwohl im Text Peu¢chendörff steht, ist hier von Peuscheldorf bzw. Peuschelsdorf, also der Stadt Venzone im Friaul auszugehen, die auch diesen deutschen Namen trug. Der Ort bei Udine spielte lange Zeit eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Handelswege, da er auf dem Weg zwischen dem deutschsprachigen Alpenraum und Venedig lag. Vgl. Jörg Bismark: Adlige Lebensformen in Wittenwilers ‚Ring‘ (1976), S. 39. 7644 Burg Tirol, der Herrensitz: In der Aufzählung der Städte findet sich hier eine Ausnahme, die Burg Tirol ist keine Stadt. Die Burg war seit dem 12. Jh. Stammsitz der Grafen von Tirol und namengebend für das Land, ab 1363 im Besitz der Habsburger. Vgl. Jörg Bismark: Adlige Lebensformen in Wittenwilers ‚Ring‘ (1976), S. 40. 7650 Köln in den Niederlanden: Die Bezeichnung nider landen meint noch nicht die heutigen Niederlande, sondern allgemein die gesamte bei Köln beginnende Rheinebene, vgl. dazu BMZ I, S. 936 sowie DWb 13, Sp. 771. 7667 Schwanfeld: Ein weiterer Beleg für spenvelden ist nicht bekannt. Das BWB 2, Sp. 674 fragt: „[…] was ist das? Sollte etwa Pleinvelden als Gegend angenommen werden?“ Wießner vermutet dagegen „einen Landschaftsnamen“, etwa das u.a. auch in den Handschriften A (Str. 1465, V. 1) und B (Str. 1525) des NIBELUNGENLIEDES erwähnte Swanevelde und gibt weitere Belege an, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 263. Vgl. dazu auch das bis heute so bezeichnete Schwanfeld zwischen Würzburg und Schweinfurt. 7675 Meißen: Auf der von Heinrich I. am Westufer der Elbe gegen die Slawen errichteten Burg Meißen waren sowohl die Markgrafen von Meißen als auch das Bistum Meißen ansässig; die Siedlung am Fuße der Burg besaß wohl seit dem Ende des 13. Jh. das Stadtrecht. Die Mark Meißen wurde im Zuge der deutschen Ostsiedlung deutlich erweitert. Vgl. dazu LexMA 6, Sp. 476–480. 7699 Prior: Offenbar verschrieben, Wießner liest priol, eine neben prior belegte Form, vgl. Lexer 2, Sp. 296. Die Übersetzung folgt Wießner. 7708ff. Es ist allemal besser …: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 9, S. 301.
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7731f. Wenn jemand auf glattem Eis geht …: Ähnlich TPMA 2, S. 440. 7745f. Verflucht sei die Handwerkskunst …: So nicht als Redewendung belegt, nur ähnlich in Bezug auf Gold und Kupfer bzw. Zinn, vgl. TPMA 5, S. 129 f. und auch Wander-DSL 4, Sp. 1078, Nr. 453. 7807 es: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 7849 Podestà: In italienischen Stadtkommunen des späten Mittelalters war der Podestà (von lat. potestas = Macht, Amtsgewalt) der oberste Amtsträger, der für eine begrenzte Zeit gewählt wurde. Vgl. LexMA 7, Sp. 30–32. 7867ff. dass ein Bauer so gut wie nie das tut …: Dass Bauern vor lauter Eitelkeit der Kopf schwillt, wenn man sie bittet, ist sprichwörtlich, vgl. TPMA 1, S. 372. 7874ff. dass es für ihn besser sei …: Aufgenommen in TPMA 3, S. 464, jedoch keine weiteren nahen Belege. 7884 In-der-Ritze: Das Wort krinne bedeutet Ritze, Kerbe, Einschnitt – vgl. dazu DWb 11, Sp. 2318 u. SI 3, Sp. 827 – und ist Bestandteil zahlreicher Orts- und Flurnamen im Schweizer Alpenraum. Gustav Scherrer denkt an Krinnen bei Goldingen, Bruno Boesch deutet auf Krinau westlich von Lichtensteig. Vgl. Gustav Scherrer (Hrsg.): Kleine Toggenburger Chroniken (1874), S. 113 sowie Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 135. 7886 Gaunerwinkel: Der Ortsname ist wohl aus rupfen (im Sinne von ‚stehlen‘, ‚wegschnappen‘) und g(e)îlære (‚Halunke‘ bzw. ‚Bettler‘) zusammengesetzt, vgl. DWb 5, Sp. 2598–2604. 7889 des Heubergs: Wahrscheinlich ist hier der Heuberg in Schwaben gemeint, der – ähnlich dem Blocksberg im Harz – als Treffpunkt von Hexen betrachtet wurde. Vgl. dazu HWDA 3, Sp. 1818. Der Ortsname leu¢aw ist fingiert. 7890 Hexen: Die Übersetzung folgt hier Wießners Konjektur. 7894 Heiden: Als Heiden werden hier offenbar nur die Muslime und nicht alle Ungetauften bezeichnet, wie der gesonderte Verweis auf die Juden zeigt; ebenso ist denkbar, dass nur die Türken gemeint sind. Dass die Lappenhausener Hilfe von den Heiden bekommen, spielt vielleicht schon auf den Vorwurf – der später Bestandteil der antieidgenössischen Polemik wird – an, die Eidgenossen seien Heiden. Die Schwyzer treten auf der Seite der Nissinger gegen die Heiden zum Kampf an, was wiederum auf das Heidenkampfmotiv im Identitätsdiskurs der Schwyzer verweist. Vgl. dazu: Guy P. Marchal: Die frommen Schweden in Schwyz (1976), S. 40–45 sowie Claudius Sieber-Lehmann u. Thomas Wilhelmi (Hrsg.): In Helvetios – Wider die Kuhschweizer (1998), S. 10–11. 7957 Feldzeichen mit Stern und Mond: Die Mondsichel tritt (z.T. mit einem Stern) im vorderasiatischen Raum sehr früh als (dekoratives) Emblem auf, das häufig, jedoch nicht in standardisierter Form und in der Regel mit anderen Bildelementen gemeinsam verwendet wird. Im (Spät-)Mittelalter und in der Frühen Neuzeit fungieren Mondsichel und Stern keineswegs als das zentrale Symbol des Islam; erst in der Neuzeit lässt sich ein formalisierter Gebrauch von Stern und Mondsichel als offizielle Wappenzeichen für islamisch-arabische Staaten bzw. Heere nachweisen. Auch auf Kriegsflaggen des Osmanischen Reiches tritt die Mondsichel zunächst nur als ein – freilich gängiges – Motiv unter anderen auf. Dass hier explizit Stern und Mond(-sichel) als Wappen der Heiden angeführt werden, ist daher eher auf die Wahrnehmung von Europäern zurückzuführen, die – wohl ein Äquivalent zum christlichen Kreuz erwartend – in Mond und Stern das religiöse Symbol der Heiden zu sehen meinten. Vgl. dazu EI2 III, S. 381–385. 7967 Uri: Vgl. Anm. zu V. 6959. 7985 Herr Mageron: Die Herkunft des Namens mägeron/mageron ist bisher ungeklärt, die Übersetzung folgt V. 9075. Auffällig ist die Nähe zu den zahlreichen ähnlichen Namen heidnischer, d.h. in der Regel muslimischer Könige bzw. Kämpfer in der europäischen Karlsepik (z.B. Margon, Magrans, Magraine, Amargon). Vgl. André Moisan: Répertoire des noms propres de personnes et de lieux cités dans les chansons de geste françaises et les oeuvres étrangères dérivées (1986), vol. 1, tome I, S. 663–685 sowie vol. 3, tome II, S. 102 u. 449.
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7988 Sige: Nach dem Riesen Sigenot ist eine Heldendichtung aus dem Stoffkreis um Dietrich von Bern benannt. Vgl. dazu LexMA 7, Sp. 1880 u. VL2 8, Sp. 1236–1239. 7989 Ecke: Der Riese Ecke ist Protagonist des ECKENLIEDES, einer aus dem Kreis der aventiurehaften Dietrichepik stammenden Heldendichtung. Ecke fordert Dietrich zum Kampf heraus und wird von diesem besiegt. Vgl. LexMA 3, Sp. 1547 u. Anm. zu V. 5929. 7990 Wecke: Eine literarische Figur mit diesem Namen ist nicht belegt. Bruno Boesch vermutet in wegge eine Neuschöpfung im Reim auf egge, vgl. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 154. 7991 Goliat: Der Philister Goliat wird in 1. Sam 17,4 als Riese beschrieben, er ist sechs Ellen und eine Spanne groß. 7992 Roland: Dieser Riese trägt einen bekannten Namen: Roland, der ideale Ritter, Vasall Karls des Großen und Gottesstreiter gegen die Heiden, stellt eine der bekanntesten literarischen Figuren der Literatur des europäischen Mittelalters dar. Die schriftliche – sowohl lateinische als auch volkssprachliche – Überlieferung umfasst Chroniken, legendarische Texte, unzählige Heldenepen und Romane. Hervorzuheben sind darunter der sogenannte PSEUDO-TURPIN und die CHANSON DE ROLAND, im deutschsprachigen Raum das ROLANDSLIED DES PFAFFEN KONRAD, Vgl. LexMA 7, Sp. 952–957. 7993 Reimbrecht: Obwohl die Handschrift hier Neymprecht hat, ist wohl von Reymbrecht die Rede, vgl. auch V. 8870, V. 8915 u. V. 8933. Siren: Dieser Figurenname ist wohl auf die Sirenen der griechischen Mythologie bezogen; von diesen Meeresungeheuern ist in zahlreichen mittelalterlichen Texten die Rede. Im Mittelhochdeutschen ist siren vereinzelt als mask. belegt, vgl. dazu DWb 16, Sp. 1231. 7995 Hechel: Vgl. Anm. zu V. 3762 zum Namen der zaubermay¢terein. 8007 Kämpfer: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der streyt in streyter ändert. 8016 In-der-Ritze im Niederland: Vgl. V. 7650 u. die Anmerkung zu V. 7884. 8026 Ritter von Montalban: Der Ritter von Montalban ist wohl Renaut de Montauban bzw. Reinhold von Montalban, eine Figur aus der Karlsepik. Der feudale Empörer gegen die tyrannische Alleinherrschaft Karls ist der zentrale Held des gleichnamigen sowie des unter dem Titel VIER HAIMONSKINDER überlieferten Erzählstoffs, der in vielen europäischen Literaturen bekannt ist und auch mit der Legende des Hlg. Reinold verbunden wurde. Vgl. LexMA 7, Sp. 726f., 8, Sp. 1653f. sowie 6, Sp. 385–396. 8028 Astolf: Hier wird wahrscheinlich auf Astolf verwiesen, eine Figur aus der Karlsepik. Dieser Gefährte Rolands führt in der französischsprachigen Überlieferung den Namen Estout (bzw. Estous, Estols, Estolt) de Langre. In franko-italienischen und italienischen Karls-Epen, z.B. dem Epos LA SPAGNA aus dem 14. Jh., wird Estout Astolfo genannt. Vgl. dazu André Moisan: Répertoire des noms propres de personnes et de lieux cités dans les chansons de geste françaises et les oeuvres étrangères dérivées (1986), tome I, vol. 1, S. 390 sowie tome II, vol. 3, S. 255 u. zugehörige Register. 8031 Ruggel von Ellerbach: Ein schwäbisches Geschlecht derer von Ellerbach ist historisch belegt. Wießner begründet seine Änderung des Vornamens mit dem Vorherrschen des Namens Burkhard und auch der Namensform Buppeli in den betreffenden Quellen, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 272f. Die Zahl dieser möglichen Namensvettern und der Hinweis des Textes, rùggel sei im Hinblick auf das erzählte Geschehen „dannacht vngeporn“, also eine historisch spätere Figur, erleichtern keineswegs die Zuordnung. Da Wießners Änderung nicht zwingend ist, bleibt die Übersetzung bei der Form der Handschrift. Diese lässt sich durchaus als Name verstehen: Boesch sieht in rùggel eine Kurzbildung zu Ruodger, vgl. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 152. 8032 unterliegen: Wießners Konjektur erscheint unnötig, vgl. zum Verb erligen in der Bedeutung „darnieder liegen, erliegen“ Lexer 1, Sp. 652.
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8040 Baslermessern: Halblange, dolchähnliche Messer, in der Regel zweischneidige Stichwaffen, vgl. FWB 3, 82f. sowie BWB 1, Sp. 286. 8067 Waffenmeister Hildebrand: Hildebrand gehört zum Sagenkreis um Dietrich von Bern, insbesondere im Zusammenhang mit Dietrichs Rückkehr aus dem Exil und dem Kampf gegen Odoaker um die Vorherrschaft in Italien. Im Nibelungenlied sowie in der Heldenepik um Dietrich von Bern wird Hildebrand stets als dessen älterer Lehrmeister im Hinblick auf Kampftechniken und Taktik dargestellt und mit der Anrede bzw. Bezeichnung may¢ter versehen, neuhochdeutsche Übersetzungen nennen ihn häufig „Waffenmeister“. 8068 Dietleib von Steiermark: Dietleib ist einer der Protagonisten des Heldenromans BITEROLF UND DIETLEIB aus dem Stoffkreis um Dietrich von Bern. Nachdem seine Suche nach seinem Vater Biterolf erfolgreich am Hof des Hunnenkönigs Etzel geendet hat, werden Vater und Sohn von diesem mit der Steiermark beschenkt, vgl. dazu LexMA 2, Sp. 253. 8069 Wolfdietrich: Wolfdietrich ist Hauptfigur einer gleichnamigen Heldendichtung. Der in seiner Jugend verleumdete und verstoßene Herrschersohn kehrt nach zahlreichen Aventiuren als siegreicher Rächer in seine Heimat zurück. Vgl. LexMA 9, Sp. 303–304. 8076 gehörten noch: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der zeller in zellet ändert. 8112 Hab und Gut: Wießner verändert ¢eyn zu sin, also „Gemüt“ (vgl. Brunner Ring-Ausgabe) oder „Geist“ (Sowinski Ring-Ausgabe), und im Anschluss daran noch das Reimwort im vorausgehenden Vers: pein zu pin. Diese Änderung ist m.E. nicht erforderlich, da ¢eyn auf den Besitz verweisen kann. 8116 der Sünde befreien: Strudel fordert alle auf zu beichten, um durch das Bußsakrament bzw. die damit ermöglichte Absolution rayn zu werden. 8131 hinaus, hinaus auf das Feld ziehen: Wießner verkürzt die Zeile, wohl aus metrischen Gründen. Diese Änderung ist jedoch nicht zwingend. Die Zeile passt in Strudels etwas redundante pathetische Rede vor der Schlacht, deren Formulierungen durchweg über das Nötige hinausgehen. 8146 Laurin: In der gleichnamigen mhd. Heldendichtung ist der Zwergenkönig Laurin Herr über den Rosengarten in Südtirol. Sie ist der aventiurehaften Dietrichepik zuzurechnen und erzählt, dass Dietrich von Bern und seine Helden den Rosengarten Laurins zerstört und die Schwester Dietleibs, die Laurin entführt hatte, aus dessen Reich befreit hätten, vgl. LexMA 5, Sp. 1762 u. VL2 5, Sp. 625–630. 8152 Recken: Das Wort bezeichnet ursprünglich einen Verfolgten oder Verbannten, dann auch einen umherziehenden Kämpfer, in der Heldendichtung dann überhaupt einen Krieger und tapferen Helden, vgl. DWb 14, Sp. 443f. Es verweist in der Regel auf überragende Körpergröße und Kraft. 8188 Vorstreit: Der Vorstreit, also das Recht und die Ehre, den Kampf zu beginnen, spielt in mittelalterlichen Kämpfen eine wichtige Rolle, vgl. dazu Volker Schmidtchen: Kriegswesen im späten Mittelalter (1990), S. 90, sowie Pamela Kalning: Kriegslehren in deutschsprachigen Texten um 1400 (2006), S. 176. 8208 Christen: Brunner ersetzt das handschriftliche cristan durch haiden. Ich folge an dieser Stelle der Handschrift, vgl. dazu auch Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 277, Anm. zu V. 8205ff. 8215 Unhold: Die ursprüngliche Bedeutung des Adjektivs mhd. unholt liegt auf der sozialen Ebene („ungnädig, ungeneigt“), später verliert es den Bezug auf das Herr-Diener-Verhältnis („abgeneigt, feindlich, böse“). Die dämonologische Deutung findet sich dann vor allem im Substantiv unhold, das den Teufel, Hexen sowie männliche und weibliche Dämonen bzw. böse Geister bezeichnen kann. Vgl. DWb 24, Sp. 1066–1071. 8243f. Wer die Diener wegführt …: Wohl nicht sprichwörtlich. Zwar ähnlich in TPMA 2, S. 264 nachgewiesen, aber keine übereinstimmenden Belege. 8271 nicht umkehrst: Wießner fügt das Personalpronomen ein. Das Verb widerkeren schließt die Bedeutungen „von etwas abkommen“ bzw. „umkehren“ ein, vgl. dazu Lexer 3, Sp. 840. 8281f. Denn wer keine Zuversicht ausstrahlt …: Wohl nicht sprichwörtlich, jedoch ähnlich aufgeführt in TPMA 3, S. 485.
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8286 guter Schachspieler: Im Wort ¢chaffzagel findet sich eine vermutlich durch Unverständnis entstellte Form von schachzabel. Das Wort bezeichnet ein Schach-, eventuell auch ein Mühlespiel, vgl. dazu BWB 2, Sp. 383 sowie zu den zahlreichen Varianten DWb 14, Sp. 1967f. 8315 auf der anderen Seite: Hier ist wohl die rechte Seite gemeint, vgl. V. 8302. Aufgrund des Umstands, dass der Steigbügel auf der vom Gegner abgewandten Seite tiefer hängt, wird beim Speerkampf mehr Stabilität für den Reiter erreicht. 8372 Hasenschwanz: Die Furchtsamkeit des Hasen hat Anlass für verschiedene Redensarten geboten, vgl. TPMA 5, S. 410–412. Einen Feigling nennt man ‚Hasenfuß‘, ‚Hasenherz‘ oder einen ‚Angsthasen‘. Wer flieht, „ergreift das Hasenpanier“. Das Panier des Hasen ist sein – bei der Flucht in die Luft gerecktes und weit sichtbares – weißes Schwänzchen. Ein angehängter Hasenschwanz scheint als Spottzeichen gedient zu haben, vgl. den späteren Beleg DWb 10, Sp. 541; vgl. dazu auch Anm. zu V. 6646. 8380 sofort: Die Übersetzung folgt hier der Änderung Wießners. 8480 Eigenknechte: Vgl. Anm. zu V. 7239. 8522 es sei denn: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 8543 mit ihrer kleinen Zunge: Zu Grunde liegt wohl das Verständnis der Zunge als Mittel der Abwehr, der sprachlichen Aggression und Überwindung anderer, das sich in Jak 3,5 äußert: „So ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet große Dinge an.“ Zahlreiche Redensarten belegen dieses Verständnis, vgl. dazu TPMA 13, S. 427–440 u. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten 5, S. 1778–1781. Die Alten werden also gebraucht, um die Truppen durch den Gebrauch des Verstandes bzw. rhetorisch zu unterstützen. 8552 zwinge sie zum Kampf: Die Übersetzung folgt hier Wießners Änderung. 8556 gemeinen Nutzen: Der „gemeine Nutz“, also das bonum commune, stellt einen zentralen Begriff der scholastischen Rechtsphilosophie und kirchlichen Moraltheologie, aber auch des politischen Denkens im Mittelalter dar. Der Begriff bezeichnet das für alle Angehörigen einer Gemeinschaft Notwendige und Nützliche, das „nur durch die Gemeinschaft erhalten und entwickelt werden kann“. Vgl. LexMA 2, Sp. 435 sowie Anm. zu V. 4789f. 8574 alte Gott: Die Stelle kann verschieden gedeutet werden. Angesichts der fehlenden Beichte zweifeln die Kämpfer offenbar am Beistand des christlichen Gottes und rufen deshalb sicherheitshalber den Gott des Alten Testaments um Beistand an. Der Bezug auf den alten Gott ist in Sprichwörtern belegt, vgl. Wander-DSL 2, Sp. 6, Nr. 124 u. Nr. 125. Zugleich ist der Bezug auf den „alten“ Gott der Schweizer polemisch gegen die Eidgenossen verwendet worden, vgl. dazu Claudius Sieber-Lehmann u. Thomas Wilhelmi (Hrsg.): In Helvetios – Wider die Kuhschweizer (1998), S. 12. 8579 Krugpisser: In V. 4981 ist Härtel Krugpisser schon weit über 60 Jahre, hier hingegen fungiert er als Bannerträger der Lappenhausener. 8584 auf dem: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der das doppelt geschriebene Wort daz nur einmal stehen lässt. 8586 Dorfvorsteher: Rüefli Leckdenspieß ist der magfr von Lappenhausen. 8607 schlag doch los: Der Spielmann soll zur Eröffnung des Kampfes offensichtlich sein Becken schlagen, vgl. Anm. zu V. 181f. 8611 sein Streitross aufgefressen: Triefnas hat zuvor – weil ihm Kerzenlicht fehlte – aus Versehen seinen Esel statt der Kuh geschlachtet und dessen Fleisch zur Küche gebracht (VV. 5373–5375). Das Wort meiden bezeichnet einen Hengst bzw. Wallach, es wird hier also wohl ironisch gebraucht. 8613 Ritter Fülldenzahn: Herr Fülldenzahn ist der Bannerträger der Nissinger, vgl. dazu V. 8175ff. 8631 Kuoni von Stockach: Der Text spielt hier mit Kuoni von Stockach auf eine Figur an, die wohl nicht historisch, sondern im Bereich der Legende anzusiedeln ist. Im Zusammenhang mit der Schlacht von Morgarten 1315 zwischen Eidgenossen und österreichischen Truppen wird seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Kuoni von Stocken verschiedentlich als Hofnarr des Herzogs Leopold I. erwähnt. Er habe den Herzog vor dem Angriff warnend darauf hingewiesen, dass er nach all den Beratungen zwar wisse, wie man in das Land hinein-, nicht aber, wie man hinauskomme. Vgl. Hermann Baier:
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Kuoni von Stockach und sein Narrenprivileg. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 9 (1935), S. 90–100. 8632 Hauihmeine: Boesch vermutet eine Zusammensetzung aus dem bei der Annäherung von Flugwild gebrauchten waidmännischen Warnruf „Tiroo“ (aus frz. tire haut) und dem Wort wätsch, das eine Ohrfeige bezeichnet, sowie eine Anpassung von o zu a, vgl. Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 144. Diese wäre gerade angesichts zahlreicher Satznamen, die mit Imperativ auf a gebildet sind, nicht ungewöhnlich. Der Name bedeutete dann in etwa: „Achtung, eine Ohrfeige!“ Der Träger des Namens soll damit entweder als aggressiver Schläger oder als „Backpfeifengesicht“ benannt werden. 8633 Haym von Gretzingen: Wießner korrigiert seine Änderung von Häym zu Haini: „Haim ist wohl festzuhalten […].“, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 284. Der Ortsname greczingen kann auf einen tatsächlich existierenden Ort namens Grötzingen verweisen (drei Orte im süddeutschen Raum, bei Karlsruhe, Nürtingen und Ehingen). Möglich wäre auch eine Anspielung auf die Bedeutung(en) des Wortes grecz, womit die Einwohner als widerspenstig, kratzbürstig, besonders zornig oder aber als von der Krätze befallen beschrieben würden. Vgl. zu den zahlreichen Bedeutungen DWb 8, Sp. 2070f. u. 9, Sp. 203 sowie SI 2, Sp. 836, außerdem Bruno Boesch: Die Namenwelt in Wittenwilers ‚Ring‘ und seiner Quelle. In: Rudolf Schützeichel u. Matthias Zender (Hrsg.): Namenforschung (1965), S. 127–159, hier S. 148. 8639 Besser Ritter als Knecht: „Kaiser“ Leckdenspieß verbindet den Vollzug des Ritterschlags mit diesem formelhaften Satz, der performativ zu verstehen ist: Der mit dem Schwert Berührte wird zum Ritter und über den Status des Knechtes emporgehoben. Vgl. zum Ritterschlag und zur Formel Joachim Bumke: Höfische Kultur 1 (1986), S. 330. 8655 Ehrbeweis: Die Anführerin der Hexen freut sich über die Ehre, den Kampf beginnen zu dürfen, also über die Ehre des Vorstreits. 8667 ihr Gefolge: Die Übersetzung folgt Wießners Änderung. 8679 bliesen: Die Übersetzung folgt der Handschrift. Wießner ändert in biessend (d.h. ‚stoßen‘, ‚hauen‘), er bezieht den Vers offensichtlich auf die Kämpfer, nicht auf die Musikanten. 8688 Wurzelzwerg: Das Wort nörggel bezeichnet laut SI 4, Sp. 789 einen kleinen, verwachsenen Menschen, vgl. auch DWb 13, Sp. 899. 8689 Männeken vom Rhein: Die niederdeutsche Diminutivform maniggeyn, die hier herablassend für den Zwerg gebraucht wird, passt zum Zusatz vom reyn. Wießner deutet die Stelle als Verweis auf das „Geckentum rheinischer Ritter“, das „im bayr. Gebiete besonders bewundert und verspottet“ wurde, vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 286. Sowinski vermutet eine falsche Annahme einer rheinischen Herkunft des Zwergenkönigs Laurin aufgrund der Verwechslung zweier Rosengärten aus der aventiurehaften Dietrichepik, d.h. des Rosengartens in Südtirol, der Schauplatz der Heldendichtung LAURIN ist, mit dem Rosengarten Kriemhilds in Worms, um den es im ROSENGARTEN geht, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zu V. 8688f., S. 486. Zu LAURIN vgl. auch LexMA 5, Sp. 1762 u. 7, Sp. 1034–1035 zu ROSENGARTEN. 8719 wilder Mann: Der wilde Mann stellt ein Motiv der mittelalterlichen Epik und der Volkssage dar, das auch in der bildenden Kunst besonders des Spätmittelalters beliebt war. Der riesige Waldmensch, der in der Regel ganz behaart und nackt ist und meist eine Keule als Waffe mit sich trägt, fungiert als zivilisationsfernes Gegenbild zur höfischen Welt. Vgl. dazu LexMA 9, Sp. 120–121 sowie ausführlich Lise Lotte Möller: Die wilden Leute des Mittelalters (1963), Timothy Husband: The wild man (1980) und Leonie v. Wilckens: Das Mittelalter und die „Wilden Leute“. In: MüJB 45 (1994), S. 65–82. 8760 Aschenkuchen: Der Name des Zwerges leitet sich von einem flachen Kuchen ab, der in der Asche gebacken wird, vgl. BMZ IV, S. 870, Aschenbrot DWb 1, Sp. 582. 8800 Heuberg: Zu möglichen Deutungen des Heubergs vgl. Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936), S. 268, Anm. zu V. 7889.
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8829 Blattern: Wörtlich „Blasen“, von mhd. blatere (f.), Blase; die Pocken, eine ansteckende Infektionskrankheit, die mit Bildung eitriger Bläschen einhergeht. Zur Schwierigkeit der Abgrenzung dieser Infektionskrankheit von anderen im Mittelalter vgl. LexMA 7, Sp. 29–30. 8831f. einen Atem …: Vgl. Anm. zu V. 527 zum feurigen Atem in der Heldenepik. 8847 ein Unglück kommt selten allein: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 12, S. 87f. 8878 Hühnerfurz: Vgl. zu diesem Namen den Eintrag gigkinn („Hennenafter“) BWB 1, Sp. 884. 8884 stolze: Die Übersetzung folgt Wießners Konjektur. 8897 Goliat: Die Figur wird hier durch einen Stein aus der Schleuder getötet, genau wie ihr biblischer Namenspatron, der riesige Philister Goliat, der von David mit einem Stein erschlagen wird. Vgl. dazu 1. Sam 17,49: „Und David […] traf den Philister an der Stirn, und der Stein drang in seine Stirn, und er fiel zur Erde, auf sein Gesicht.“ 8915 Reimprecht in seiner Hornhaut: Sowinski bezieht Reimprechts Hornhaut auf die Siegfrieds im NIBELUNGENLIED, vgl. Sowinski Ring-Ausgabe, Kommentar zur Stelle, S. 488. 8919 vor ihm: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 8948 reißende Wölfe unter die Gänse: In der Tierepik werden meist Wölfe und Schafe bzw. Füchse und Gänse gegenübergestellt. 8998 zwischen seinen Schenkeln: Da Aschenkuchen dem Riesen zwu¢chend päyn (vgl. V. 8991) gerät und dann erdrückt wird, stellt Wießner auch in Bezug auf schinggen den Plural her. Die Übersetzung folgt dieser Änderung. 9016 einen: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 9018 der Geier: Im Obertoggenburg gibt es einen Berggipfel, der „Gir“ genannt wird. Drei weitere Gipfel der Appenzeller Alpen heißen „Girenspitz“. 9037 Herr Ecke: Die Übersetzung folgt hier Wießners Konjektur. 9040f. Narrenmesser und Hurenbrüste …: Nicht als Sprichwort belegt; zur Voreiligkeit der Narren vgl. TPMA 8, S. 383. 9064f. Atem …: Vgl. Anm. zu V. 527. 9077 und stopft die Recken in den Krug: Wohl parallel zur Redewendung „jmd. in den Sack stecken (schieben, stoßen)“ gebildet, vgl. dazu TPMA 9, S. 408f. 9110f. Ist der Wasserlauf nur stetig genug …: So nicht sprichwörtlich. Jedoch ist seit der Antike sprichwörtlich, dass steter Tropfen Stein aushöhlt: „Wasser wäscht Steine weg, und seine Fluten schwemmen die Erde weg“, vgl. Hiob 14,19 u. TPMA 11, S. 129–133. 9123 zwanzig Meilen: Die Angabe ist übertreibender Art. Das Wort rast bezeichnet die Wegstrecke, nach deren Zurücklegen eine Pause eingelegt wird. Das Streckenmaß lässt sich nicht genau definieren, doch beträgt es wohl mehr als eine Meile, vgl. LexMA 6, Sp. 471f. u. Lexer 2, Sp. 344. 9169 Stoßen und Brechen: Das sonst unbezeugte Verb, das im Text in verschiedenen Schreibweisen auftaucht (mu¢ten, mù¢ten), ist wohl eine Nebenform zu müschen, das „stoßen“, „zerschlagen“, „zerquetschen“ bedeutet, vgl. dazu Lexer 1, Sp. 2257. 9183 Ritterstand: Die Lappenhausener sind erst kurz vor dem Kampf von ihrem Dorfvorsteher Rüefli zu Rittern geschlagen worden, vgl. VV. 8637–8639. 9188f. Ein Graubart hat Verstand …: In dieser Form nicht sprichwörtlich, jedoch gibt es Redensarten, die die Weisheit mit dem grauen Haar in Beziehung setzen, vgl. TPMA 6, S. 378. 9202 tapfer: Die Übersetzung folgt hier Wießner, der das frùntleich der Handschrift in frümcleich ändert. 9214 Gegenteil: Zum Bedeutungshorizont von widerwärtig (entgegengesetzt, feindlich, zuwider) vgl. Lexer 3, Sp. 871. 9240 Riese: Das Wort türse, das einen Riesen bezeichnet, ist im Schweizerischen auch in der Form türste belegt, jedoch mit wenigen Belegen für diese Bedeutung, vgl. SI 13, Sp. 1692–1695, dort auch spätere Belege im Zusammenhang mit der „wilden Jagd“. Vgl. jedoch auch das (zweifelhafte) Adjektiv türste („kühn, verwegen“) bei Lexer 2, Sp. 1587. In jedem Fall handelt es sich um eine besonders wilde, unheimliche Figur.
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9317 Das Glücksrad drehte sich weiter: Vgl. Anm. zu V. 2554. 9359 was eure Vorfahren verbrochen haben: Vgl. V. 8043ff.: Die Mätzendorfer sind wegen einer 100 Jahre zurückliegenden Angelegenheit in den Krieg eingetreten. Damals sollen die Lappenhauser die Vorfahren der Mätzendorfer „vmb ein ¢tro“ (V. 8047) verraten und geschädigt haben. 9442 sie: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 9446 Bosheit erklärt sich selbst am besten: Sprichwörtlich, vgl. TPMA 10, S. 141. 9507 den Mut verlieren: Die Übersetzung folgt hier Wießners Änderung. 9573f. Mit Würfen von oben verteidigt man das Haus …: Während werffen hier das Abwärtsschleudern von Geschossen meint, bezeichnet ¢chie¢¢en im Gegensatz dazu eine schnelle und kraftvolle Aufwärtsbewegung. 9595 das: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 9602 Rübe: Die Herkunft des Wortes Gieß(h)übel ist unklar, verschiedene Bedeutungen fallen darin zusammen, vgl. DWb 7, Sp. 7417f. Im süddeutschen, schweizerischen und österreichischen Raum ist das Wort als Orts- und Flurname belegt, dabei liegt die süddeutsche Form Hübel für Hügel zu Grunde. Hier liegt wohl nahe, die Bedeutung ‚Hügel, Erhebung, (Berg-)Vorsprung‘ auf den hervorstehenden Kopf des Angreifers zu beziehen. Falls die Stelle jedoch nur noch einmal die bereits in VV. 9590–9594 berichtete Episode aufgreift, müsste gy¢¢ ûbel auf den dort erwähnten pauch bezogen werden. 9618 Geschütz: Im 14. u. 15. Jh. werden alle Arten von Feuerwaffen als büchsen bezeichnet. Derartige mit Schießpulver betriebene Geschütze kamen im mitteleuropäischen Raum in der ersten Hälfte des 14. Jh. in Gebrauch, vgl. LexMA 7, Sp. 327–328. 9629ff. Hüte dich besonders …: So nicht sprichwörtlich, vgl. jedoch zum Misstrauen gegenüber alten Feinden TPMA 3, S. 206 sowie Sir 12,9–10: „Trau niemals deinem Feinde; denn wie das Eisen immer wieder rostet, so läßt auch er nicht von seiner Niedertracht.“ 9637 jede: Die Übersetzung folgt hier Wießners Korrektur. 9669 Ohnmacht: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 9684 Wer heute lebt, stirbt morgen schon: Sprichwörtlich, dazu mit zahlreichen Belegen TPMA 6, S. 85–87. Vgl. auch Sir 10,12: „Heute König, morgen tot!“ 9694 dieser: Die Übersetzung folgt hier Wießner. 9698f. Wasser aus dem Fels hat fließen lassen …: Offenbar verweist die Stelle auf das Zeichen Gottes in der Wüste, 4. Mose 20,11: „Und Mose erhob seine Hand und schlug den Felsen mit dem Stab zweimal. Da kam viel Wasser heraus, so dass die Gemeinde trinken konnte und ihr Vieh.“ Außerdem bezieht sie sich wohl auf das Weinwunder zu Kana, Joh 2,1–11.
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Nachwort Es gibt wohl nur wenige Texte in der Literatur des Spätmittelalters, die bis heute so irritierend wirken und einen Konsens zumindest über die Grundzüge ihrer Interpretation so nachhaltig ausschließen wie Heinrich Wittenwilers RING. Zwar schien es zunächst so, als ob mit der großen Studie von Eckart Conrad Lutz zur historischen Situierung des RING in der politischen und gesellschaftlichen Krise des Bodenseeraums um 14001 eine allseits akzeptierte Grundlage für ein historisches und poetologisches Verständnis dieses höchst widersprüchlichen Textes gefunden worden sei. Die weitere Forschungsgeschichte zeigte aber, dass dies nicht der Fall war. Während die zweite große Untersuchung von Wittenwilers RING in den neunziger Jahren, die Habilitationsschrift von Hans-Jürgen Bachorski,2 Lutz‘ Ansatz in nahezu allen Punkten widersprach und anstelle eines kohärenten allegorisch-lehrhaften Sinnzusammenhangs von Text, Autor und historischem Kontext gerade die Destruktion jeder Möglichkeit von Lehre oder Sinn im RING herausarbeitete, ist auch die RING-Forschung insgesamt von einem Konsens der Antworten auf die wichtigsten Fragen der Textdeutung weiter denn je entfernt. Wittenwilers RING, so das Fazit im zweiten Forschungsbericht Ortrun Rihas von 1998, ist nach wie vor so „rätselhaft“ und „in seiner Gesamtheit genauso umstritten“3 wie seit Beginn seiner wissenschaftlichen Erforschung.
1. Didaxe und komische Unterhaltung. Struktur und Intention des RING Rätsel verweisen auf Fragen. Zwar sind die Antworten auf diese Fragen noch offen, doch ist die Art und Weise, wie die Fragen gestellt werden, eine wichtige Voraussetzung für ihre Lösung. Im Fall von Wittenwilers RING sind die Fragen an den Text meist dualistisch angelegt. So z.B. wird gefragt,4 ob der Text moralischdidaktisch oder komisch-unterhaltend, affirmativ oder destruktiv angelegt sei; ob 1
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Lutz, Eckart Conrad: Spiritualis fornicatio. Heinrich Wittenwiler, seine Welt und sein ‚Ring‘. (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 32). Sigmaringen 1990. Bachorski, Hans-Jürgen: Irrsinn und Kolportage. Studien zum ‚Ring‘, zum ‚Lalebuch‘ und zur ‚Geschichtklitterung‘. (LIR: Literatur-Imagination-Realität 39). Trier 2006 (Kap. 2., S. 74–258). Riha, Ortrun: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ 1988–1998. (Mit einer Bibliographie). In: Vom Mittelalter zur Neuzeit. FS für Horst Brunner. Hrsg. v. Dorothea Klein, zusammen mit Elisabeth Lienert u. Johannes Rettelbach. Wiesbaden 2000, S. 423–430, hier S. 423. Riha, Ortrun: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ 1988–1998 (wie Anm. 3), S. 424f.
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Wittenwiler eher – wie Lutz umfassend begründet5 – einen allegorischen Begründungszusammenhang des ganzen „Rings der Welt“ oder aber – wie Bachorski plausibel macht – in einem kunstvollen „System (von) Negationen“ eben diese Welt zugrunde gehen lässt;6 ob der RING also eher auf die Wissens- und Denkordnungen des Mittelalters rückverweise oder auf die der frühen Neuzeit, des Frühhumanismus o.ä. vorausdeute. Diese (und andere) Fragen gehen von klaren Oppositionen aus. Sie folgen einer Logik des Entweder-Oder, des sic et non, erwägen aber nicht die Möglichkeit einer dritten Option. Das gilt auch und vor allem für die wichtigste Frage des RING, die Wittenwiler im Prolog seines Romans ausführlich entfaltet und auf die bis heute jede RING-Deutung hinausläuft: wie die Textebenen von Lehre und Erzählung; Lehr- und Wissenssystemen, die einerseits im Text ausführlich referiert werden, aber in einer wahren Explosion von Gewalt und Gelächter, Obszönität und Begehren, Krieg und Zerstörung zugrunde gehen, einander zuzuordnen sind.7 Didaktischer Ernst und Lust an der Destruktion; der klare Appell zur rationalen Planung von Haus und Gesellschaft und die Verkehrung jeder sozialen oder individuellen Ordnung stehen im RING in einer Härte und Ausschließlichkeit nebeneinander, wie das kein anderer Text der deutschen und europäischen Literatur des Mittelalters und wohl auch der Neuzeit kennt. In der RING-Forschung ist diese Besonderheit des Textes in der Regel nicht festgehalten, sondern lediglich eine der beiden Seiten berücksichtigt worden. In den meisten Fällen erfolgt diese Vereinseitigung des RING so, dass er als „Lehrbuch der Lebensführung“,8 d.h. ausschließlich didaktisch verstanden wird. Zwar wird die Erzählung vom Liebeswerben des Bertschi Triefnas um Mätzli Rüerenzumph in all ihrer grotesken Hässlichkeit; vom Hochzeitsfest, das in Gewalt und Krieg; vom Krieg, der in einen Kampf aller gegen alle, die Ermordung nahezu aller Beteiligten und eine ungeahnte Entgrenzung der Gewalt mündet, durchaus gesehen. Ihr wird aber jeder Eigenwert abgesprochen und sie lediglich als „exemplum e contrario“9 akzeptiert. Damit aber ist das gesamte Textgeschehen negativdidak-
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Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), Abschnitte 6–10. Bachorski, Hans-Jürgen: „per antiffrasin“: Das System der Negationen in Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘. In: Monatshefte 80 (1988), H. 4, S. 469–487. Im Anschluss an Huber, Christoph: „der werlde ring“ und „was man tuon und lassen schol“. Gattungskontinuität und Innovation in moraldidaktischen Summen. Thomasin von Zerklaere – Hugo von Trimberg – Heinrich Wittenwiler und andere. In: Mittelalter und frühe Neuzeit. Umbrüche, Übergänge und Neuansätze. Hrsg. v. Walter Haug. (Fortuna vitrea 16). Tübingen 1999, S. 187–212, hier S. 209. Heinrich Wittenwilers Ring. Nach der Meininger Handschrift hrsg. v. Edmund Wießner. (Deutsche Literatur. Sammlung literar. Kunst- u. Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen, Realistik des Spätmittelalters 3). Darmstadt 1964 (ND der Ausgabe Leipzig 1931), Einführung, S. 7. Ruh, Kurt: Ein Laiendoktrinal in Unterhaltung verpackt: Wittenwilers ‚Ring‘. In: Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenbüttel 1981. Hrsg. v. Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann. (Germanistische Symposien, Berichtsband 5). Stuttgart 1984, S. 344–355, hier S. 351.
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tisch gebändigt und d.h., darauf beschränkt, Verhaltensweisen und Kommunikationsformen zu illustrieren, vor denen gewarnt werden soll. Eine strukturell vergleichbare, nur umgekehrte Vereinseitigung des Textes liegt dann vor, wenn Wittenwilers didaktische Ambitionen weitgehend zurückgenommen und das Textgeschehen lediglich als Abfolge je neuer Formen „karnevalesker Zerstörung und Diffusion eines vergebenen Sinnsystems“ verstanden wird.10 Zwar scheint es mir völlig richtig, dass in Wittenwilers RING die Kunst der Negation und des Scheiterns jeglicher Form moralischer Orientierung, von sozialer, rechtlicher und religiöser Ordnung, von ethischem, kulturellem und Alltagswissen im Mittelpunkt steht, doch ist dazu von der didaktischen Absicht Wittenwilers auszugehen. Denn – in dieser Hinsicht ist Wittenwiler ganz eindeutig – sein Buch „… ze ringumb vns be¢chayt Der welte lawff vnd lert auch wol Was man tun vnd làzzen ¢chol.“ (V. 10–12) (Es „erklärt den Lauf der Welt, der sich rings um uns vollzieht, und unterweist uns darin, was man tun und lassen soll.“)11 Es soll höfisches Benehmen und höfische Eleganz („hofieren“, V. 17) sowie die rechte Kunst des Turnierens (V. 18) und der Minnewerbung vermitteln. Es informiert über das Für und Wider der Ehe, bietet eine Gesundheits-, Tugend- und Haushaltslehre und erläutert, „Wie man allerpe¢t geuar Ze nöten · chrieges zeyten Jn ¢türmen · vechten · ¢treyten“ (V. 26–28) („wie man in Not- und Kriegszeiten am besten fährt: beim Stürmen, beim Fechten und im Kampf.“) Alle diese Lehren und Lehrsysteme sind Ausgangspunkt und integraler Bestandteil des RING. Sie werden nicht von Anfang an in Frage gestellt oder destruiert, sondern – und dies im Wortsinn – durchgespielt. Die Art und Weise dieses Spiels und seiner Begründung ist der Dreh- und Angelpunkt der Frage, wie das Verhältnis von Lehre und Erzählung, didaktischem Ernst und komisch-närrischem Textgeschehen zu denken ist. Wittenwiler argumentiert zunächst pragmatisch: Da Menschen fortwährende Belehrungen nicht ertrügen, müssten diese durch komische Erzählteile („¢chympfes ¢age“, V. 34) erträglich gemacht werden. Aus diesem Grund habe er seine Leh10 11
Bachorski: Irrsinn und Kolportage (wie Anm. 2), S. 120. Ich zitiere – entsprechend dem Ansatz dieser Ausgabe – den frühneuhochdeutschen Text nach der Handschrift, die Übersetzung nach meinem Übersetzungsvorschlag.
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ren mit bäuerlichem Geschrei verbunden, beides aber: den Ernst der Lehre und die Fröhlichkeit bäuerlicher Tölpel, durch zwei verschiedene Farblinien am Rand gekennzeichnet: „Die rot die i¢t dem ern¢t gemäyn Die grün erczaygt vns frölichleben.“ (V. 40f.) („Die rote Linie steht für den Ernst, die grüne für Fröhlichkeit.“) Offensichtlich – so verstehe ich dieses Deutungsangebot an den Leser – dient Wittenwiler die Unterscheidung von Ernst der Lehre und fröhlicher Unterhaltung der Erzählung einem poetologischen Zweck: Schon Horaz hat in seiner für das ganze Mittelalter verbindlichen Formulierung den lehrhaften Nutzen und die Unterhaltung als die beiden Zwecke der Dichtkunst unterstrichen, zugleich aber auch – was nicht immer berücksichtigt wird – eine darüber hinaus gehende dritte Perspektive poetischen Schreibens eröffnet. Wittenwiler scheint ihm darin zu folgen. Vor allem in seiner EPISTULA AD PISONES: DE ARTE POETICA (Brief an die Pisonen: Über die Dichtkunst) hat Horaz die Zwecke der Dichtkunst in den im Mittelalter immer wieder zitierten Sätzen zusammengefasst: „aut prodesse volunt aut delectare poetae aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.“ („Entweder nützen oder erfreuen wollen die Dichter oder zugleich, was erfreut oder was nützlich fürs Leben, sagen“),12 diese dann aber dahingehend ergänzt, dass die Dichter in ihren Lehren kurz und präzise sein sollten. Was sie allerdings des Vergnügens wegen erfänden, solle dicht an der Wahrheit bleiben („ficta voluptatis causa sint proxima veris“).13 Nur so sei gewährleistet, dass das Süße mit dem Nützlichen vermischt, der Leser also gleicherweise erfreut und belehrt würde („lectorem delectando pariterque monendo“).14 Ich lese diese Sätze so, dass Horaz neben der traditionellen Unterscheidung von Lehre und Unterhaltung als dritte Möglichkeit auch beider Verbindung anbietet und dass diese Verbindung von Lehre und Unterhaltung durchaus mit poetischen Erfindungen einhergehen kann. Wittenwiler ist, so meine These, dieser Aufwertung der Fiktion gefolgt. In einer der schwierigsten (und umstrittensten) Sequenzen des RING hat Wittenwiler seinen Lesern die Möglichkeit eröffnet, dass sie, sofern sie in seinem Buch etwas entdecken sollten, das weder Nutzen noch Unterhaltung bringen würde, sie dieses auch „für erfunden halten“ könnten: 12
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Quintus Horatius Flaccus: EPISTULA AD PISONES: DE ARTE POETICA. Lateinisch u. deutsch. Übersetzt u. mit einem Nachwort hrsg. v. Eckart Schäfer. Stuttgart 1972, VV. 333f. Quintus Horatius Flaccus: ARS POETICA (wie Anm. 12), V. 338. Ebd., V. 344.
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„Secht er aber ichts hieinn Das weder nucz noch tagalt pring So mügt irs haben für ayn mär“ (V. 49–51). („Solltet ihr in diesem Buch aber etwas entdecken, das weder Nutzen noch Unterhaltung bringt, so könnt ihr das für erfunden halten […].“) Dabei ist vor allem umstritten, ob dem Begriff mär notwendigerweise eine pejorative Bedeutung („erlogenes Zeug“,15 „Quatsch, Nonsens, Unsinn“16) zukommt oder nicht. Ich verstehe mär hier als „frei erfundene […] Erzählung[en]“,17 und d.h. als „Fiktionssignal“,18 das den traditionellen Dualismus von Lehre oder Unterhaltung der Dichtung unterläuft und eine dritte Möglichkeit poetischer Praxis und Zwecksetzung eröffnet. Damit wäre, die Richtigkeit dieser Deutung einmal vorausgesetzt, schon in den letzten Versen des Prologs der Versuch gescheitert, „dem Projekt des ‚Ring‘ eine binär strukturierte Ordnung zu verleihen“.19 Dessen Besonderheit läge dann nicht in der Alternative von Lehre oder Unterhaltung, Didaxe oder komischer Entgrenzung oder gar in der Vereinseitigung des Textes zum bloßen Lehrbuch, sondern in dem Versuch, ganz im Sinne Horaz‘, das „Süße mit dem Nützlichen zu mischen“,20 Didaxe und narratio zusammenzudenken. Fraglich ist nur, wie Wittenwiler in dieser Hinsicht verfährt. In einem persönlichen Brief hat Hugo Kuhn schon 1974 einen Weg angedeutet, wie der RING gelesen werden könnte. Im RING – so Kuhn – werde „alle ernsthafte Didaxe (positive wie negative) auf die Grenze ihrer VerwirklichungsUnmöglichkeit“ geführt, „so daß dem Leser seine eigene Reflexion über NormenSumme und Normen-Verwirklichung zugeschoben wird“.21 Der Akzent liegt dabei auf der „Verwirklichungs-Unmöglichkeit“ von Didaxe. Was ist damit gemeint? Jede lehrhafte Dichtung ist auf Verwirklichung der Lehre, also auf Praxis angelegt. Sie begnügt sich nicht mit dem moralischen Imperativ (‚Du sollst‘), sondern 15
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Wießner, Edmund: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘. (Deutsche Literatur. Sammlung literar. Kunst- u. Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen, Realistik des Spätmittelalters, Kommentar zu Band 3). Leipzig 1936, S. 12 (Kommentar zu V. 51). Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Edmund Wießner ins Neuhochdeutsche übers.u. hrsg. v. Horst Brunner. Durchges. u. bibliogr. erg. Ausg. Stuttgart 2007, S. 563 (Komm. zu V. 51). Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Hrsg., übersetzt u. kommentiert v. Bernhard Sowinski. (Helfant Texte 9). Stuttgart 1988, S. 420 (Komm. zu V. 51). Bachorski: Irrsinn und Kolportage (wie Anm. 2), S. 226. Bleumer, Hartmut u. Emmelius, Caroline: Vergebliche Rationalität. Erzählen zwischen Kasus und Exempel in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Reflexion und Inszenierung von Rationalität in der mittelalterlichen Literatur. Hrsg. v. Klaus Ridder u.a. Blaubeurener Kolloquium 2006. (Wolfram-Studien 20). Berlin 2008, S. 177–204, hier S. 184. Quintus Horatius Flaccus: ARS POETICA (wie Anm. 12), V. 343. Hugo Kuhn an Bernward Plate, zit. n. Plate, Bernward: Narren- und Ständesatire in Wittenwilers ‚Ring‘. In: DVjs 48 (1974), S. 47–71, hier S. 63.
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versteht ihn als Anstoß zu praktischem Handeln. Insofern findet Didaxe ihren Bezugspunkt und den Maßstab ihres literarischen Werts immer außerhalb ihrer selbst. Sie ist in dem Sinn performativ, dass die Lehre, insbesondere die moralische Lehre, in dem Maße, wie sie geäußert wird, auch vollzogen werden will: „Art und Grad der Wirksamkeit und literarischer Wert der (didaktischen) Dichtung […] sind nahezu miteinander identisch.“22 Jeder Versuch der praktischen Umsetzung der Lehre aber enthält auch die Möglichkeit des Scheiterns. Denn moralische Appelle, Verhaltensregeln oder -normen mögen ihre praktische Realisierung voraussetzen, doch erfolgt diese keineswegs selbstverständlich. Vielmehr ist sie erheblichen Risiken ausgesetzt, da sie von den unterschiedlichsten subjektiven und objektiven Bedingungen abhängig ist. Wittenwilers RING ist in dieser Hinsicht besonders interessant, da seine Helden Bertschi Triefnas, Mätzli Rüerenzumph und die anderen Bauern Lappenhausens und Nissingens die praktische Realisierung der unterschiedlichsten Lehren je neu versuchen. Sie sehen die praktische Dimension der vorgetragenen Lehren durchaus, sind keineswegs unwillig oder gar widerborstig, sondern ganz im Gegenteil darauf bedacht, die Terminregeln in ihrem Turnier, die Minneregeln in ihrer Liebeswerbung, die Regeln des gerechten Kriegs und einer vernünftigen Kriegsführung auch umzusetzen. Dennoch scheitern sie und gelangen in dem Maße, wie sie die Belehrungen zu realisieren trachten, in die größten Konfusionen, in die aberwitzigsten Inversionen ihrer ursprünglichen Absicht, schließlich auch in die groteskesten Verwirrungen ihrer Sprache und Deformationen ihrer Leiber. Es ist diese „Verwirklichungs-Unmöglichkeit“23 der Lehren im RING, die seine Besonderheit ausmacht und wohl auch bis heute seine Faszination begründet. Er ist als „Lehrbuch“24 angelegt, führt aber auch vor, wie dessen Lehren in dem Maße, wie sie umgesetzt werden, in Widersprüche geraten, verkehrt und verlacht werden. Damit aber erweisen sich die didaktische und die „karnevaleske“25 Deutung des RING als zwei Seiten der gleichen Medaille. Wittenwiler will belehren und unterrichten, zeigt aber auch in ebenso komischen wie erschreckenden Bildern, dass die Voraussetzungen für den praktischen Vollzug der Lehre nicht mehr gegeben sind. Auffällig daran ist vor allem der Umstand, dass dieses Scheitern der Lehre im RING ästhetisch außerordentlich produktiv gestaltet ist. Denn mit dem Übertreten der Norm und der Verkehrung der Lehre eröffnet der RING eine neue und überraschende Welt, in welcher die bislang selbstverständlichen sozialen und kulturellen Grenzen: die Grenzen zwischen Mensch und Tier, Schönheit und Hässlichkeit, Gelächter und Gewalt, Leben und Tod durchlässig werden und die bislang ge22
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Lämmert, Eberhard: Reimsprecherkunst im Mittelalter. Eine Untersuchung der Teichnerreden. Stuttgart 1970, S. 300. Kuhn: Brief an Plate (wie Anm. 21), S. 63. Ruh: Ein Laiendoktrinal (wie Anm. 9), S. 345. Bachorski, Hans-Jürgen: Karneval. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Bd. II (2000), Sp. 237–239, hier Sp. 237.
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trennten Seiten ineinander übergehen. In dieser Welt agieren Bauern wie ritterliche Herren, veranstalten Turniere, führen Wappen und sind doch nur „e¢le[r] pauren“ (V. 59), wobei das Wortspiel von ‚esel‘ und ‚edel‘ über die Vermischung der sozialen Stände hinaus auch die Aufhebung der Grenze zwischen Mensch und Tier indiziert. Um die Aufhebung dieser und anderer Grenzen geht es im Roman immer wieder, so z.B., wenn die bäuerlichen Herren im Turnier „wie die Säue aus Flandern“ („die ¢äw von Flander“, V. 1083) aufeinander losgehen; beim Hochzeitsfest zu Ehren von Bertschi und Mätzli im Kampf um die wenigen Speisen einen Krieg der Hände und Löffel beginnen, die „Mit enander varen her Durch daz chraut recht ¢am di ¢per“ (V. 5737f.) („die wie Speere durch das Kraut sausten“); oder wenn der Krieg, in den ihre latente Gewalttätigkeit schließlich eskaliert, mythische Vorzeit und Gegenwart, Riesen und Helden des heroischen Epos, Hexen, Zwerge und die Bewohner der Schweizer Urkantone durcheinander wirbelt und die Unterschiede zwischen ihnen zunehmend verwischt. Dieser fiktive Raum schafft Figuren des Übergangs zwischen verschiedenen sozialen, anthropologischen und habituellen Räumen, die in der Alltagswelt strikt getrennt sind, in der fiktiven Welt des literarischen Texts aber miteinander verbunden werden. Dabei scheint mir besonders wichtig, dass diese Transgression der Grenzen im RING als narrativer Prozess entfaltet wird. Wittenwiler entwirft nicht Figuren, die aus dem Bauern- in den Ritterstatus wechseln, aus Menschen zu Tieren oder aus Sagenfiguren zu Menschen werden, sondern die beides zugleich sind: Bauerntölpel und ritterliche Helden, Esel und Bauern, Minnediener und Repräsentanten sexueller Lust. Sie agieren nicht diesseits oder jenseits der Grenze, sondern gewissermaßen auf der Grenze oder Schwelle selbst, die zu einem „dritten Ort“,26 einem Schwellenraum erweitert wird. Dieser Raum ist in Wittenwilers RING äußerst kunstvoll konzipiert, wobei Kunstformen der kulturellen Vermischung wie die Hybridisierung; der Entgrenzung des menschlichen Körpers, wie die Groteske; der verschiedenen Möglichkeiten des Hässlichen und andere „Nicht-mehr-schöne[n]-Künste“ im Mittelpunkt stehen.27 Hybridisierungen sind „Zusammenführungen von Elementen aus unterschiedlichen Systemen oder Strukturen, aus denen nichts Stabiles oder Homogenes resultiert, sondern Zustände des Übergangs, in denen etwas Neues entsteht […].“28
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Im Anschluss an Bhabha, Homi: Die Verortung der Kultur. Mit einem Vorwort v. Elisabeth Bronfen. Tübingen 2000 (engl. Original: The location of culture. London 1994). Im Anschluss an Jauß, Hans Robert (Hrsg.): Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Ästhetischen. (Poetik und Hermeneutik 3). München 1968. Audehm, Katrin u. Velten, Hans Rudolf (Hrsg.): Transgression-Hybridisierung-Differenzierung.
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Die Gestaltung dieses Neuen ist überaus variabel, dauernd in Bewegung, nie festgelegt und bedarf deshalb auch je neu der Deutung. Dementsprechend liegt die Identität dieser hybriden Figuren auch in ihrer fortwährenden Verwandlung. Sie kämpfen geifernd vor Zorn und Hass gegen den „Bauernfeind“ Neithart,29 stilisieren ihn aber auch zu ihrem Beichtvater und fallen vor ihm mit allen Zeichen der Reue auf die Knie.30 Sie wollen ihrer Liebsten – und sei es auch im Kuhstall – ihre Liebe kundtun, verwandeln die Szene aber gleichwohl in eine Explosion von Lärm und Gewalt, Schlägen und Tritten, wobei auch in diesem Fall die Grenzen zwischen Kuh und Liebhaber, Mensch und Tier verschwimmen.31 Sie entziehen sich jeder eindeutigen Zuordnung und sind extrem ambivalent, weil sie fortwährend auf etwas Anderes bezogen werden, das ihnen aber nicht äußerlich bleibt, sondern in sie eindringt und sie verändert. Dabei ist es erst der Transgression der Lehren und Normen im RING geschuldet, dass diese Welt der hybriden Vermischungen und grotesken Entgrenzungen entstehen kann. Insofern macht es gerade seinen besonderen Reiz aus, dass er die Lehren und Normen des Turniers, der Minnewerbung, des Alltags oder des Krieges noch einmal zusammenstellt, zugleich aber auch ihre Übertretungen entwirft. Wird eine der beiden Seiten zurückgenommen oder – wie häufig in der Forschung – in ihrem Gegenteil aufgehoben, wird dem Text die wichtigste Möglichkeit seiner Wirkung genommen. Damit ist noch nicht darüber entschieden, worin Ziel und Zweck dieser Übertretungen der Lehren und Normen bestehen. Denkbar wäre, so hat es Hans-Jürgen Bachorski gesehen, dass sie destruktiv verstanden werden, d.h. als Infragestellungen und Negationen von Sinn, der in den moralischen, rechtlichen oder religiösen Normen ausgedrückt und bewahrt wird.32 Denkbar wäre aber auch, dass die Transgression affirmativ wirken, d.h. dass gerade die Übertretung der Normen deren Bestand sichern soll. „Transgression[en]“, schreibt Alois Hahn, „folg[en] der Norm wie ein Schatten“.33 Sie sind nicht nur unvermeidlich, sondern auch unverzichtbar, weil nur in ihrer Übertretung die Norm jenes Maß an Plausibilität und Akzeptanz gewinnt, das zu ihrer Geltung unabdingbar ist. Denn „eine Norm er-
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Zur Performativität von Grenzen in Sprache, Kultur und Gesellschaft. (Rombach-Wissenschaften: Reihe Scenae 4). Freiburg i. Br./Berlin/Wien 2007, S. 34. Zur Neidhart-Überlieferung im Spätmittelalter vgl. Bockmann, Jörn: Translatio Neidhardi. Untersuchungen zur Konstitution der Figurenidentität in der Neidhart-Tradition. (Mikrokosmos 61). Frankfurt/Berlin/Bern 2001. Heinrich Wittenwiler: DER RING, VV. 680ff. Heinrich Wittenwiler: DER RING, VV. 1426ff. Bachorski: Irrsinn und Kolportage (wie Anm. 2), Zweites Kapitel: „Ein trügerischer Text, der Sinn nur setzt, um ihn zu zerstören: Der ‚ring des Haynreich wittenweylär‘.“ Hahn, Alois: Transgression und Innovation. In: Poetologische Umbrüche. Romanistische Studien zu Ehren von Ulrich Schulz-Buschhaus. Hrsg. v. Werner Helmich, Helmut Meter u. Astrid PoierBernhard. München 2002, S. 452–465, hier S. 452.
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kenne ich erst als solche, wenn sie verletzt wurde“.34 Die Entscheidung darüber, ob eine Transgression von Normen destruktiv oder affirmativ intendiert ist, ist nur sehr schwer, vielleicht gar nicht endgültig zu treffen. Das gilt auch für Wittenwilers RING. Zwar haben Eckart Conrad Lutz und mit ihm ein Großteil der Forschung diese Entscheidung schon getroffen und legen Wittenwiler und seinen RING auf eine Position fest, der es ausschließlich um die Bewahrung der traditionellen Ordnung und die Sicherung von deren Regeln, Normen und Lehren geht. Dafür spricht Vieles, endgültige Gewissheit aber ist nicht gegeben.
2. Der Autor und sein Werk Schon in ihrem Forschungsbericht von 1990 hat Ortrun Riha bedauernd festgestellt, „daß man über den Verfasser (des RING, W. R.) nichts wirklich Gesichertes sagen kann“.35 Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Zwar ist die Identität des Autors des RING mit dem adligen Advokaten am Konstanzer Bischofshof, „Maister Heinrich von Wittenwile“, der in vier Urkunden des späten 15. Jahrhunderts bezeugt ist, durchaus „wahrscheinlich“,36 doch sind damit Intention und Zweck, die er mit dem RING verfolgt, keineswegs abschließend geklärt. Als advocatus curie gehörte Wittenwiler zur obersten Beamtenschicht im Umfeld des Konstanzer Bischofs. Er dürfte juristische Aufgaben in Gericht und Kurie wahrgenommen haben, war vielleicht – worauf die Bezeichnung her in einer Urkunde hinweisen könnte – adliger Herkunft und hat wohl auch – was der magister-Titel in einer Urkunde anzeigt – studiert. Ob er ein juristisches Studium, vielleicht sogar in Bologna, absolviert hat, ist vermutet worden, aber nicht gesichert. Darüber hinaus ist auch die Frage, ob es sich bei dem im Wurmsbacher Nekrologium (1483–1510) genannten „heinrich von wittenwil hoffmeister zuo Kostentz“ um den Konstanzer Advokaten Heinrich Wittenwiler handelt, bislang nicht endgültig geklärt.37 Dementsprechend unklar ist auch die Datierung des RING. Terminus post quem ist 1360, das Jahr, in welchem der von Wittenwiler für das Kriegsgeschehen des RING verwendete Kriegstraktat des Bologneser Juristen Giovanni da Legnano
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Hahn, Alois: Transgression und Innovation (wie Anm. 33), S. 454. Riha, Ortrun: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ 1851–1988. (Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie 4). Würzburg 1990, S. 19. Brunner, Horst: Wittenwiler, Heinrich. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. VL 102, Sp. 1281–1289. Vgl. die jüngste Zusammenfassung und Wertung der Befunde bei Fürbeth, Frank: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ seit 1998. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 160 (245) (2008), S. 352f.
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entstanden ist.38 Weitere Datierungsversuche schwanken zwischen 1370/71 und der Zeit des Konstanzer Konzils 1414–1418. Da die Autorfrage und die Datierung nach wie vor von großen Unsicherheiten besetzt sind, ist in der neueren RINGForschung durchaus umstritten, ob und inwieweit auf dieser Quellengrundlage überhaupt belastbare Aussagen über soziale und politische Interessen Wittenwilers; über Interessenverbünde innerhalb Konstanz‘ und in der Nordschweiz; über mentale Dispositionen, soziale Wünsche und Ängste möglich sind. Eckart Conrad Lutz hat dies in einer groß angelegten Synthese von politischer Krise im Bodenseeraum des frühen 15. Jahrhunderts, sozialen und kulturellen Ambitionen Wittenwilers und einer Deutung des RING als eines allegorisch-exemplarischen Lehrtextes, der vor blinder Diesseitsverhaftetheit, der Liebe zur Frau Welt und der Gefährdung des sozialen, politischen und religiösen ordo warnen soll, versucht, hat sich aber vor allem mit seiner allegorischen Deutung des RING nicht durchgesetzt. Zwar ist es unbestreitbar, dass Wittenwiler in seinem Prolog zum RING das folgende Textgeschehen allegorisch deutet, „Wan es ze ringumb vns be¢chayt Der welte lawff vnd lert auch wol Was man tun vnd làzzen ¢chol“ (V. 10–12) („Denn dieses Buch erklärt den Lauf der Welt, der sich rings um uns vollzieht, und unterweist uns darin, was man tun und lassen soll.“) Auch darüber hinaus sind allegorische Schreibweisen im RING, nicht zuletzt die große Traumallegorie in Chrippenchras Brief (V. 2261–2396), die Lutz zur „allegorischen Mitte der Dichtung“ und zum „gedanklichen Fluchtpunkt des ganzen Werks“ erklärt,39 längst anerkannt. Strittig ist nur, ob es einer derartigen Vereinheitlichung und Vereindeutigung des ganzen Texts im Rahmen einer „allegorischen Gesamtkonzeption“40 des RING tatsächlich bedarf,41 zumal der RING auf diese Weise ein weiteres Mal didaktisch verkürzt und seiner eigentlichen Leistung: der Dynamisierung des höchst kontroversen Verhältnisses von Lehre und narratio, Unterweisung und Transgression in eine Welt der hybriden Vermischungen, der grotesken Entgrenzungen und anderer „Nicht-mehr-schöne[r]-Künste“, beraubt würde.42 Nicht die wechselseitige Entsprechung von Text, Mentalität und politischem Interesse Wittenwilers macht das Faszinosum dieses einzigartigen Textes aus, sondern der Versuch, wichtige Lehrsysteme und ihre „Verwirk-
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Vgl. dazu die Angaben im Kommentar zu V. 6814. Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), S. 227. Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), S. 370. Tomasek, Tomas: Zur Funktion der allegorischen Elemente in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Jahrbuch der Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft 8 (1994/95), S. 171–184, hier S. 172ff. Vgl. Jauß: Die nicht mehr schönen Künste (wie Anm. 27).
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lichungs-Unmöglichkeit“43 zusammenzudenken. Wittenwiler bedient sich dazu der radikalsten Bilder, der groteskesten Gewaltphantasien und irritierendsten Sprachspiele, die auch mithilfe seiner roten und grünen Lesehilfen nicht mehr zu ordnen sind. Bereits Richard Brinkmann hatte vor der „Albernheit“ gewarnt, die Verteilung der Farblinien im Einzelnen ausdeuten zu wollen. Darüber hinaus aber betonte auch er schon anstelle einer sauberen Trennung einen „verwirrenden Wirbel“ im RING, wenn Textfolgen des didaktischen Ernstes und der religiösen Unterweisung mit der grünen Farbe des Scherzes und Szenen der komischen Zerstörung von Sinn mit der roten Farbe des Ernstes versehen würden.44 Nicht „Zuverlässigkeit“ und eindeutige Unterscheidung zeichnen die Deutungsangebote der Farblinien aus,45 sondern ganz im Gegenteil eine Lust an der Verwirrung, die in den Ordnungsmustern von Wissen, Lehre und Erzählung die Irritationsstrategien noch fortsetzt, obwohl gerade diese Ordnungsmuster die Verwirrung ja entwirren sollten. Eine eindeutige Wirkungsabsicht Wittenwilers ist hier ebenso wenig auszumachen wie die Zuordnung des RING zu einer bestimmten literarischen Gattung.
3. Gattungsprobleme und Komikformen des RING Dabei versuchen die meisten Gattungsbezeichnungen die Verbindung von Didaxe und Erzählung zu berücksichtigen, die für Wittenwilers RING konstitutiv ist. Demgemäß spricht Horst Brunner von einem „komisch-didaktischen Epos“, aber auch einem „Werk sui generis“,46 Bernhard Sowinski von einer „episch-didaktischen Mischdichtung“,47 Walter Haug allerdings schon vom „letzten bedeutenden mittelhochdeutschen Roman“.48 Wichtiger als die eine oder andere Gattungsbezeichnung aber ist wohl der Umstand, dass der RING als Kompilation verschie-
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Kuhn: Brief an Plate (wie Anm. 21), S. 63. Brinkmann, Richard: Zur Deutung von Wittenwilers ‚Ring‘. In: DVjs 30 (1956), S. 201–231, hier S. 220f. Einen Vorschlag für eine kodikologisch-buchgeschichtliche Lektüre der Farblinien hat zuletzt Christine Putzo vorgenommen, vgl. Putzo, Christine: Komik, Ernst und Mise en page. Zum Problem der Farblinien in Heinrich Wittenwilers ‚Der Ring‘. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 246 (2009), S. 21–49. So Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), S. 419. Brunner: Wittenwiler, Heinrich (wie Anm. 36), Sp. 1281 u. 1287. Sowinski, Bernhard: Kompositions- und Gattungsfragen zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘. In: Sprachgeschichte als Textsortengeschichte. Festschrift zum 65. Geburtstag von Gotthard Lerchner, Hrsg. v. Irmhild Barz u.a. Frankfurt a. M. 2000, S. 133–146, hier S. 133. Haug, Walter: Von der Idealität des arthurischen Festes zur apokalyptischen Orgie in Wittenwilers ‚Ring‘. In: Das Fest. Hrsg. v. Walter Haug u. Rainer Warning. (Poetik und Hermeneutik 14). München, 1989, S. 157–179, hier S. 171 (gleichzeitig in: Haug, Walter: Brechungen auf dem Weg zur Individualität. Kleine Schriften zur Literatur des Mittelalters. Tübingen 1995, S. 312–331).
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dener Gattungen, Textformen und Schreibweisen angelegt ist. Neben der Vorlage für die Erzählung von Liebeswerben, Hochzeit und Gewalt: dem Bauernhochzeitsschwank in der Fassung von METZEN HOCHZEIT oder einer verwandten Fassung,49 integriert er auch Lehrtraktate, katechetische Texte, Sprichwörter, Tanzlieder. Auch im Hinblick auf das Gattungsproblem des Textes gilt deshalb, dass seine literarische Form nicht durch Eindeutigkeit, d.h. durch Zuordnung zu einer bestimmten Gattung gekennzeichnet ist, sondern durch eine „Verwilderung“ des Erzählens, die sich um eindeutige Gattungsgrenzen nicht schert, sondern die Verschränkung der unterschiedlichsten Schreibweisen zu ihrem Leitprinzip macht. Gattungsmischung und „Verwilderung“ des Erzählens sind – zunächst von Michail Bachtin, dann von Karlheinz Stierle – als zentrale Kriterien romanhaften Erzählens beschrieben worden.50 Im Anschluss daran scheint es mir am sinnvollsten, Wittenwilers RING als komischen Roman zu verstehen, der sein komisches Potenzial aus den Transgressionen der Lehren und Normen und aus der Verflüssigung der bislang festen Grenzen zwischen Herren und Bauern, Menschen und Tieren, Schönem und Hässlichem, Heiligem und Profanem gewinnt. Dabei realisiert Wittenwiler die unterschiedlichsten „Gründe des Vergnügens am komischen Helden“.51 Sein RING ist ein wahrer Thesaurus komischer Inszenierungen und Techniken, die mit größter Kunstfertigkeit erprobt und durchgespielt, ineinander und gegeneinander verschoben und variiert werden. Wittenwiler ist ein Meister parodistischer „Komik der Gegenbildlichkeit“,52 in der z.B. im Vergleich mit dem weiblichen Schönheitsideal der höfischen Kultur Mätzlis exemplarische Hässlichkeit (V. 73–94) oder im Vergleich mit der festlichen Repräsentationskunst des ritterlichen Turniers das Turnier der Lappenhausener Bauern der Lächerlichkeit preisgegeben wird (V. 103ff.). Souverän spielt Wittenwiler aber auch auf der Klaviatur einer grotesken Komik: sei es einer körperlichen Entgrenzung menschlichen Normalmaßes zu Riesen und Zwergen, Hexen und Tieren, sei es einer Partialisierung des Körpers, wenn der aus der Heldenepik bekannte Heros Dietreich von Bern zunächst den Riesen Egge, dann auch den – aus dem ROLANDSLIED vertrauten – Heidenkämpfer Ruoland, ohne dass beide dies merken, in der Mitte durchhaut. Erst als Egge sich nach Dietreich bücken will, 49
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DER BAUERNHOCHZEITSSCHWANK. MEIER BETZ UND METZEN HOCHZIT. Hrsg. v. Edmund Wießner. (Altdeutsche Textbibliothek 48). Tübingen 1956. Vgl. dazu u.a. Bachtin, Michail M.: Das Wort im Roman. In: Ders.: Die Ästhetik des Wortes. Hrsg. u. eingeleitet v. Rainer Grübel. Aus dem Russ. übers. v. Rainer Grübel u. Sabine Reese. Frankfurt a. M. 1979, S. 144–300, hier: S. 209ff.; Stierle, Karlheinz: Die Verwilderung des Romans als Ursprung seiner Möglichkeit. In: Die Literatur in der Gesellschaft des Mittelalters. Hrsg. v. Hans Ulrich Gumbrecht. (Begleitreihe zum GRMLA 1). Heidelberg 1980, S. 253–313. Im Anschluss an Jauß, Hans Robert: Über den Grund des Vergnügens am komischen Helden. In: Das Komische. Hrsg. v. Wolfgang Preisendanz u. Rainer Warning. (Poetik und Hermeneutik 8). München 1976, S. 103–132. Ebd., S. 105.
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„[…] viel er auch da hin ze ¢tuken Al¢o das der ¢elben ri¢en Gelagend vier auf einer wi¢en.“ (V. 9049–51) („Dabei zerfiel er auch in zwei Teile, so dass allein von diesen beiden Riesen nun vier auf einer Wiese lagen.“) Die Bedrohlichkeit einer schon nahezu hypertrophen Gewaltphantasie, dass ausgerechnet zwei Riesen – auch Ruoland wird hier als Riese gedacht – von Dietreichs Schwert in jeweils zwei Hälften zerteilt werden, mündet in die überaus lapidare, gerade dadurch aber komische Feststellung, dass auf diese Weise aus den zwei Riesen nun vier geworden seien, die auf der Wiese herumliegen. Oder aber der Riese Egge wirft auf den Recken Dietleib von Steiermark einen ganzen Berg, was dieser allerdings leicht tadelnd so kommentiert: „Erd ¢chollen vn auch mi¢t Wirfft ein weib das zornig i¢t“ (V. 9022f.) („Erdschollen und Mist wirft ein Weib, das zornig ist.“) In beiden Fällen wird die unheimliche Entgrenzung der Gewalt dadurch komisch unterlaufen, dass sie an einer Alltagssituation gemessen wird: „[D]er Übergang aus der grotesken in die gewohnte Welt bezeichnet die Grenze, an der das Groteske seine Irrealität nicht mehr verbergen kann und in das Komische umschlagen muß.“53 Andere Komikformen betreffen höchst raffinierte Sprachspiele, eine wahre Lust an der Verkehrung von Lauten und Sinn, Erhabenem und Niederem, Heiligem und Profanem. Wittenwiler ist ein überaus gebildeter Autor. Er kennt die literarische Tradition, die unterschiedlichsten Wissensbereiche und Wissensformen, gibt sie aber nicht nur wieder, sondern reißt sie auch aus ihrem ursprünglichen Deutungs- und Wirkungszusammenhang und verschiebt sie in ganz neue Handlungs- und Verstehenszusammenhänge, die Irritation und Gelächter hervorrufen. Dabei handelt es sich – sofern wir über die Reaktion der Zeitgenossen auf Wittenwilers Text überhaupt etwas aussagen können – wohl eher um ein Lachen aus Verunsicherung als aus Überlegenheit. Denn Lehre und Lehrdichtung sind auf praktisches Handeln angelegt (s.o.). Sie vermitteln nicht nur Regeln und Gebote, sondern fordern auch dazu auf, sie umzusetzen und auf diese Weise zu realisieren. Wittenwilers RING ist zunächst als ein solcher Lehrtext angelegt, zeigt dann aber auch das Scheitern seiner praktischen Umsetzung. Das Gelächter darüber zieht die Konsequenz aus diesem Scheitern der Didaxe. Es ist auch ein Handeln, aber ein Handeln aus einem 53
Jauß, Hans Robert: Die klassische und die christliche Rechtfertigung des Hässlichen in mittelalterlicher Literatur. In: Ders.: Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur. Gesammelte Aufsätze 1956–1976. München 1977, S. 385–410, hier S. 397.
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„Status der Ohnmacht“54 heraus: „So antwortet man auf die […] sichtbar werdende Veränderlichkeit der Verhältnisse nicht mit Ändern oder Stabilisierung, also nicht mit einer Aktion, sondern einzig mit einer Aktion statt der Aktion: mit Lachen.“ In diesem Falle also ist komisch etwas, mit dem man „nicht fertig wird, schon gar nicht durch eine Theorie.“55 Es ist Ausdruck der Resignation angesichts der Einsicht, dass die Gewissheit eines geordneten Welt- und Sinnzusammenhangs, der gesicherte Lehren und dementsprechend selbstverständliche Verhaltensmuster generiert, nicht nur nicht mehr gegeben ist, sondern droht, in sein Gegenteil verkehrt zu werden. Wittenwilers RING ist ein Text der Verunsicherung, nicht der didaktischen Gewissheit. Er stellt die literarischen Traditionen, Wissenskonzepte und vormals gesicherten Lehrmeinungen noch einmal auf den Prüfstand, inszeniert zugleich aber auch ein höchst artifizielles Spiel ihrer Transformationen in neue Bedeutungszusammenhänge. Eben in dieser Kunst der Transformation überkommener Poesieund Wissensbereiche erweist sich Wittenwilers RING als „Haupt- und Schlüsselwerk des Spätmittelalters“,56 insbesondere des 15. Jahrhunderts. Zwar hatte noch Hugo Kuhn in seinem „Versuch über das 15. Jahrhundert“ auf die EpochenProblematik nicht eingehen wollen, da sie „merkwürdig blaß gegenüber strukturellen Aspekten der Literatur-Typen, -Gattungen, -Funktionen usw.“ bleibe.57 Im Gegensatz dazu scheint mir ein Epochenbegriff, der „das Problem der Epoche […] von der Frage nach der Möglichkeit ihrer Erfahrung her aufrollt“,58 sehr gut geeignet, gerade den literarischen Besonderheiten des 15. Jahrhunderts auf die Spur zu kommen. Denn auch für das Spätmittelalter gilt, dass das Neue in der Geschichte nur im Hinblick auf bestimmte Erwartungen verstanden werden kann, vor deren Hintergrund erst neue Antworten auf alte Fragen oder alte Antworten auf neue Fragen kenntlich gemacht werden können. Hans Blumenberg schlägt für dieses System alter/neuer Fragen und Antworten den Begriff „Umbesetzung“ vor: Er bedeutet, „daß differente Aussagen als Antworten auf identische Fragen verstanden werden können“, aber auch, dass „alte“ Fragen nicht mehr gestellt werden oder „alte“ Antworten auf „neue“ Fragen als schiere Dogmatik erscheinen.59 In der Literatur des 15. Jahrhunderts sind diese verschiedenen ‚Umbesetzungen‘ möglicher Fragen und Antworten poetischen, didaktischen oder enzyklopädischen Wissens auf die vielfältigste Weise durchgespielt worden. Wittenwilers 54 55 56
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Marquard, Odo: Exile der Heiterkeit. In: Das Komische (wie Anm. 51), S. 133–151, hier S. 143. Ebd. Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur vom frühen Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Stuttgart 1980, S. 724. Kuhn, Hugo: Versuch über das fünfzehnte Jahrhundert in der deutschen Literatur. In: Die Literatur in der Gesellschaft des Mittelalters (wie Anm. 50), S. 19–38, hier S. 19. Blumenberg, Hans: Aspekte der Epochenschwelle. Cusaner und Nolaner. Frankfurt a. M. 1982, S. 17. Ebd., S. 17.
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RING repräsentiert dabei eine, wenn auch sehr radikale Weise, wie das erfolgen kann. Denkbar ist durchaus, dass Wittenwiler damit weit über die Verstehensmöglichkeit seiner Zeitgenossen hinausgegriffen und diese überfordert hat. Sehr auffällig jedenfalls ist der Umstand, dass wir bislang in späterer Literatur keinerlei Referenzen auf den RING kennen, er also wohl lange Zeit, vermutlich bis zu seiner Wiederentdeckung und Herausgabe durch Ludwig Bechstein im 19. Jahrhundert,60 – von wenigen Ausnahmen abgesehen – „ohne Leser“61 geblieben ist.
4. Handschrift und Ausgaben Wittenwilers RING ist nur in einer Handschrift überliefert (codex unicus). Dabei handelt es sich um eine – in einer alemannisch-bairischen Mischsprache verfasste – sorgfältig gefertigte Abschrift, die möglicherweise sogar „noch in der unmittelbaren Umgebung“ des Autors entstanden ist.62 Sie wird auf die Zeit „um 1410“ datiert.63 Auf Bl. 1v erscheint in der Initiale D das Brustbild eines Mannes, der einen überdimensionalen Ring in der linken Hand hält und mit der rechten auf ihn zeigt; denkbar wäre, dass mit ihm der Erzähler Wittenwiler gemeint ist. Unter der Initiale ist ein Wappen mit einem steigenden Steinbock – das Wappen der Familie Wittenwiler – abgebildet. Ebenfalls auf Bl. 1v rechte Spalte findet sich eine Federzeichnung von Bertschi Triefnas und Mätzli Rüerenzumph in enger Umarmung, wobei Bertschis ,kühner Griff‘ nach Mätzlis Geschlechtsteil deutlich in den Bildmittelpunkt gerückt ist. Die Handschrift wurde von einem Benutzer durchgesehen, der offensichtlich vor allem an den Lehrsequenzen des Texts interessiert war; ein weiterer vermutlich mitteldeutscher Leser hat den Text dann ebenfalls noch benutzt und „gelegentlich ‚überarbeitet‘“.64 Über die weitere Geschichte der Handschrift im 15. und 16. Jahrhundert ist nichts Gesichertes bekannt. Im 17. Jahrhundert befand sie sich im Besitz des Patriziers Jacob Marquard von Glauburg (1602–1650) in Frankfurt am Main. Um 1750 kaufte sie Herzog Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen für seine Büchersammlung, die später in die ‚Herzogliche S(achsen) Meiningische Bibliothek‘ integriert wurde. Von 1785 bis 2002 wurde die Perg. HS 502 zunächst in der Herzoglichen Bibliothek, seit den fünfziger Jahren im Thüringischen Staatsarchiv in Meiningen aufbewahrt. 2002 konnte die Bayerische Staatsbibliothek die wertvolle Handschrift erwerben, wo sie unter der 60
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Der Ring von Heinrich Wittenwiler. Hrsg. v. Ludwig Bechstein, eingeleitet durch Adelbert Keller (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 23). Amsterdam 1968 (ND der Ausg. Stuttgart 1851). Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), S. 436. Ebd., S. 429. Ebd. Ebd.
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Signatur Cgm 9300 für wissenschaftliche Forschung zur Verfügung steht. Den Anfang wissenschaftlicher Erschließung von Wittenwilers RING markiert Ludwig Bechstein mit seiner Ausgabe von 1851, in der er sich um eine buchstabengetreue Wiedergabe der Handschrift bemüht.65 Darin liegt zweifellos – trotz einiger Abschreibfehler, die ihm unterlaufen sind – ein wichtiges Verdienst. Bechstein, der in Meiningen als Bibliothekar tätig war und vor allem als Sagen- und Märchensammler bekannt wurde,66 hat den wissenschaftlichen Kommentar zu seiner Ausgabe allerdings Adelbert von Keller überlassen. Die für die neuere Forschung maßgebliche Ausgabe von Wittenwilers RING wurde 1931 von Edmund Wießner (Wien) vorgelegt,67 der auch darüber hinaus mit einem umfangreichen Kommentar (1936),68 einem Wörterbuch zu Wittenwilers RING (posthum hrsg. von Bruno Boesch 1970)69 und zahlreichen Einzelaufsätzen70 der RING-Forschung wichtige Impulse vermittelt hat. Allerdings ist in der jüngeren Forschung zurecht kritisiert worden, dass Wießner die Prinzipien seiner Textausgabe nicht – obwohl angekündigt – weiter erläutert hat, gleichwohl aber in den Text eingegriffen, ihn „normalisiert, in [vielen] Zweifelsfällen interpretiert [hat] und […] immer wieder entgegen seinen Angaben von den ‚Schreibgebräuchen‘ der Handschrift abgewichen [ist], ohne dies in seinem Apparat zu vermerken.“71 Aus diesem Grund schien es geboten, bei der Neuausgabe auf den Text der Handschrift selbst zurückzugreifen und sie auch der Übersetzung zugrunde zu legen, daneben aber auch Wießners Text noch einmal wiederzugeben, um den Anschluss an die jüngere RING-Forschung – die ausschließlich nach Wießner zitiert – zu sichern. Mehrere Übersetzungen haben inzwischen dazu beigetragen, Wittenwilers RING einem breiteren Lesepublikum bekannt zu machen. Das gilt insbesondere wohl für Horst Brunners und Bernhard Sowinskis zweisprachige Ausgaben, die beide auf Wießners Ausgabe von 1931 fußen.72 Die hier vorgelegte Neuübersetzung schließt daran an, geht aber auch – hinsichtlich ihrer Textgrundlage, ihres ausführlichen Sachkommentars u.a. – über sie hinaus. Gemeinsam ist allen drei Ausgaben das Ziel, „das erstaunlichste und überwältigendste Erzählwerk, das die
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Der Ring des Heinrich Wittenwiler. Hrsg. v. Ludwig Bechstein (wie Anm. 60). Vgl. dazu Scherf, Walter: Bechstein, Ludwig. In: Literaturlexikon. Begr. v. Walther Killy. 2. vollst. überarb. Aufl. Hrsg. v. Wilhelm Kühlmann. Bd. 1. Berlin 2008, S. 390–393. Wießner Ring-Ausgabe (wie Anm. 8). Edmund Wießner: Kommentar zu Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘ (1936) (wie Anm. 15). Edmund Wießner: Der Wortschatz von Heinrich Wittenwilers ‚Ring‘. Hrsg. v. Bruno Boesch. Bern 1970. Vgl. dazu die im Literaturverz. genannten Titel. Lutz: Spiritualis fornicatio (wie Anm. 1), S. 420. Vgl. dazu die Angaben zu Horst Brunner (Anm. 16) u. Bernhard Sowinski (Anm. 17) sowie die Übersetzung v. Helmut Birkhan: Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Nach d. Ausg. Edmund Wießners übertr. u. m. einer Einleitung vers. v. Helmut Birkhan. (Fabulae Mediaevales 3). Wien 1983 u. Der Ring oder Wie Bertschi Triefnas um seine Mätzli freite. Hrsg. u. übertr. v. Rolf Bräuer. Berlin 1983 (beide ohne frühneuhochdeutschen Text).
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deutsche Literaturgeschichte zwischen der Blüte der mittelhochdeutschen Epik um 1200 und Grimmelshausens SIMPLICISSIMUS TEUTSCH von 1668 aufzuweisen hat“,73 möglichst vielen Lesern – Studierenden und literarisch Interessierten unterschiedlichster Couleur – zu öffnen und ihnen ein literarisches Vergnügen zu ermöglichen, das seinesgleichen sucht.
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Brunner, Horst: Vorwort zu seiner Ring-Ausgabe (wie Anm. 16), S. 3.
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Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis Siglen: BHH BMZ BWB DWb DVjs EI2 EM
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