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German Pages 70 [137] Year 1878
Der
Methodismus tit Deutschland. Weitrag zur neuesten Kirchengerichte
von Johannes Jüngst, Pfarrer in Siegen.
Zweite Auflage.
Gotha. Friedrich Andreas PertheS. 1877.
Uus dem Vorwort zur ersten Auflage. Einer
Empfehlung
wer nur irgend
bedarf
es
eigentlich
nicht;
denn
ein Jnteresfe für die innerkirchlichen Be
wegungen innerhalb der
verschiedenen
deutsch-evangelischen
Landeskirchen hegt, wird sich gerne über die planmäßig unter
nommene Invasion und Aggression des amerikanisch-englischen
Methodismus und seiner Verzweigungen Belehrung verschaffen wollen.
Diese wird ihm hier aus den Quellenschriften in
authentischer Weise zu Theil. Bonn, Anfangs Juli 1875.
Dr. W. «rafft.
Vorwort zur zweiten Auflage. Die Arbeit
des Methodismus
in Deutschland
unser Thema zeitgemäß und läßt hoffen,
erhält
daß auch diese
Uus dem Vorwort zur ersten Auflage. Einer
Empfehlung
wer nur irgend
bedarf
es
eigentlich
nicht;
denn
ein Jnteresfe für die innerkirchlichen Be
wegungen innerhalb der
verschiedenen
deutsch-evangelischen
Landeskirchen hegt, wird sich gerne über die planmäßig unter
nommene Invasion und Aggression des amerikanisch-englischen
Methodismus und seiner Verzweigungen Belehrung verschaffen wollen.
Diese wird ihm hier aus den Quellenschriften in
authentischer Weise zu Theil. Bonn, Anfangs Juli 1875.
Dr. W. «rafft.
Vorwort zur zweiten Auflage. Die Arbeit
des Methodismus
in Deutschland
unser Thema zeitgemäß und läßt hoffen,
erhält
daß auch diese
IV Sie unter
erweiterte Auflage Theilnahme findet.
neue,
scheidet
sich
mehrfach von
der
ersten*).
Der Abschnitt
Statt dessen
„Robert Pearsall Smith" ist fortgefallen.
haben zwei einleitende Abhandlungen **) Aufnahme gefunden;
denn es wird
manchem Leser
lieb sein,
das Wesen des
Methodismus kennen zu lernen, ehe er seine Propaganda
in Deutschland betrachtet.
Beides hängt
auch
enge
zu
sammen.
Außer Schöll, Jackson, Jacoby,
Schneckenburger
und
den Methodisten
Stevens, Sulzberger ist die kleine und
periodische methodistische Litteratur berücksichtigt.
*) „Amerikanischer Methodismus in Deutschland und Robert Pear sall Smith. Skizze aus der neuesten Kirchengeschichte. Mit einem Vorwort von W. Krafst, Doktor der Theologie, Consistorialrath und Profestor in Bonn." Gotha, Friedr. Andr. Perthes. Herbst 1875. **) Die erste erschien 1876 bei Friedr. Andr. Perthes in Gotha. Siegen, Mai 1877.
Johannes Jüngst
Inhalt. Seite
Erste Abtheilung: Einleitendes. I. Wesen des Methodismus.................................. [1] n. Die methodistischen Kirchen. Wesleyaner, bischöf liche Methodisten, Albrechtsbrüder........................ [42] Zweite Abtheilung: Der Methodismus in Deutschland. I. Amerikanischer Methodismus in Deutschland . 1 II. Neueste Wirksamkeit der deutsche«Methodist«. 48 HL Rückblick . 61
Liste Abtheilung. Einleitendes.
Wesen des Methodismus. Die Berechtigung des Methodismus innerhalb der kirchlichen Entwicklung richtet
sich nach
seinem Wesen.
Indem wir
das letztere an der Hand der Geschichte und der Thatsachen darstellen, dürfen wir das schließliche Urtheil dem Leser über lassen.
Das soll uns aber nicht entbinden, da, wo es geeignet
ist, unser« eigene Kritik in die Schilderung aufzunehmen. Wir sind uns bewußt, neben dem Schatten auch das Licht gesehen
und zur Anschauung gebracht zu haben, und schildern zunächst
geschichtlich die Entstehung und Entwickelung des Methodismus. Zur Gliederung des Gesammtftoffes schlage ich vor, als
dann der Theilung zu folgm, welche die methodistischen Ge
meinschaften selbst in ihren symbolischen Schriften beobachten, indem wir erst von der Lehre und dann
ordnung reden.
von der Kirchen
Beide verdienm unsere Theilnahme in hohem
Grade, obschon der praktisch gerichtete Methodismus selbst sich
bei Weitem vorwiegend mit der systematischen Ausbildung der
Kirchenordnung beschäftigt, wofür es ganz bezeichnend ist, daß das Symbol der bischöflichen Methodistenkirche (1841) der Lehre
zwölf Seiten widmet, aber der Kirchenordnung zweihundert. Was
die vielfachen, verschiedenen Denominationen des
Jüngst, Methodismus in Deutschland.
1
[2] Methodismus angeht, so haben alle mehr oder weniger ein
kirchengeschichtliches Interesse; aber von kirchengeschichtlicher Bedeutung sind nur die beiden größten Gemeinschaften, die
weSleyanische Methodistenkirche in England und die bischöf liche Methodistenkirche in den Bereinigten Staaten.
Wenn
wir an dieser Stelle den englischen Methodismus besonders
in das Auge fassen, so geschieht es deshalb, weil die von ihm in
originaler Weise geschaffenen Grundzüge
in allen
Vereinigungen der großen methodistischen Familie dem Wesen
nach wiederkehren.
Wer aber das Wesen des Methodismus
schildern will, darf an seiner geschichtlichen Entstehung nicht
vorübergehen, besonders nicht an der Person seines Stifters
John Wesley.
Er ist der treueste Repräsentant des Metho
dismus, dem er seine eigenen Licht- und Schattenseiten ausge
prägt hat, wie kein anderer Reformator seinem Werk.
Wenn
ihn Professor Schaff (von MerceSburg aus) den englischen Spener
und zugleich
oder Zinzendorf
den protestantischen
Ignatius Loyola genannt hat, so werden uns manche Züge
der folgenden Darstellung an dieses geflügelte Wort erinnern. Wir zeichnen kurz den kirchlichen Hintergrund, auf dem sich
die charakteristische
Gestalt des Methodismus
Die reformatorische Lehre Englands
von der Londoner Synode des
allgemeinen Gebetbuchs
1562 und
abhebt.
war festgestellt in den
beschlossenen 39 Artikeln in
dem schottischen Be
kenntniß des heldenmüthigen John Knox 1560.
Die refor
matorische Strömung Britanniens theilte sich von vorn herein in zwei Hauptarme, die hochkirchliche
und die puritanische.
Vergebens bemühte sich Elisabeth, beide zu vereinigen durch
die
UniformitätSakte
1563.
Ihre
grausame
Härte
ver
größerte nur den Riß und trieb einen Theil der Puritaner zu
den
selbstständig
geordneten
Gemeinschaften
der
conformisten, Independenten, Congregationalisten.
Non-
So ist
[3] daS kirchliche Leben des reformirten England von vorn herein zwiespältig,
ein entschieden
entschieden freikirchliches.
staatskirchliches und ein ebenso
Augenblicklich sind beide Richtungen
fast gleich groß, denn nach der letzten Statistik ist das Ver hältniß der Dissenters zur Staatskirche wie 48 zu 52. dieses Resultat ist mühsam errungen.
Aber
Nach jener Londoner
Synode folgten zunächst lange, schwere Glaubensstreitigkeiten. So waren 170 Jahre nach ihrer Aufstellung des book of common prayer dahingegangen.
Zu dieser Zeit, um 1750,
bieten weder die- Puritaner oder Presbyterianer, Hochkirchlichen
ein
erfreuliches Bild.
Duldungsakte Wilhelms
Nachdem
noch die
durch
die
von Oranien (1689) den Puri
tanern endlich Religionsfreiheit gewährt und das von hundert
jährigem Religionskrieg blutige Schwert in die Scheide ge stoßen war, erlahmte zugleich mit dem Kampf auch die reli
giöse Kraft des Puritanismus.
Die Puritaner, sonst bis
zum Fanatismus lebendig, wurden in der Zeit der Ruhe bald schlaff und unthätig und bewegten sich großentheils in den breiten und seichten Gewässern des in der Zeit liegenden
Deismus. aus.
Biel schlimmer sah es freilich in der Hochkirche
Die Predigtweise war zum Theil trocken und gelehrt,
zum Theil rationalisusch.
Aber die Mehrzahl der niedern
Geistlichen leistete dieses nicht ein Mal, sondern war gleich
gültig, träge und unendlich unwissend, welcher Uebelstand nur verstärkt wurde durch die nachtheiligen Folgen des bekannten englischen Pfründensystems.
So gab es denn eine Menge
von Geistlichen, die mit der Bibel völlig unbekannt waren
und nicht ein Mal den Katechismus wußten. In diese Zeit hinein fällt die Entstehung des Metho
dismus, der auf dem Boden der Staatskirche erwachsen das gesammte kirchliche Leben Englands erneuern wollte und dieses
Ziel zum Theil erreicht hat.
ES ist eine imponirende Macht 1*
[4] Leuchtend tritt
im Methodismus.
subjektiver Frömmigkeit
sein Bild hervor auf dem dunkeln Hintergrund seiner Zeit und kirchlichen Umgebung.
Wie ein lange gestauter Strom
plötzlich den Damm zerreißt, so durchbricht diese Frömmig
keit gewaltsam alle hemmenden Schranken
und trägt
mit
sich dahin die Trümmer der bisherigen kirchlichen Formu-
lirungen und Gewohnheiten.
Ein frischer,
torischer Hauch weht uns hier entgegen.
fast
reforma
Bewundernd stehen
wir still vor den Brüdern Wesley, jenen Dioskuren Christi. Sie haben es verstanden, die zerstreuten Glieder ihrer Er
weckten zu einer lebensfähigen., kirchlichen Gemeinschaft zu sammen zu schließen.
vor Allem
Hier zeigte sich
weiser Geist und organisatorisches Genie.
John's
Er hat nicht nur
ein Feuer entzündet, sondern seine Einrichtungen boten auch
in treffender Weise den Stoff dar, dieses Feuer brennend zu erhalten bis
auf unsere Tage.' Die Gebrüder Wesley
können wir passend mit Spener, Francke, Zinzendorf ver
gleichen.
Wie die
collegia pietatis
in Deutschland,
so
wurden die anfangs verachteten Methodistenclubs in England der Ausgangspunkt eines erneuten religiösen Lebens. Die beiden Pfarrerssöhne in Epworth verdankten ihren
Eltern viel, besonders der Mutter, Susanne geb. AnneSley, welche den Namen einer Mutter des Methodismus trägt.
Charles, um fünf Jahre jünger als sein Bruder John, hat zuerst einen Methodistenclub gebildet, einen asketischen Verein
frommer Studenten in Oxford.
Er hatte ein tiefes Gemüth
und große dichterische Begabung. des Methodismus.
englischen
Lieder
Gesangbüchern
von
Er wurde ihm
Aufnahme
sammtheit derselben spiegelt neben
haben
der Sänger
fast in
gefunden.
Die
allen Ge
inniger Frömmigkeit die
spezifischen Lehren des Methodismus
auf das getreueste ab.
Ragt er auch in organisatorischer Begabung lange nicht an
[5] die Höhe seines Bruders, so ist doch nicht zu vergessen, daß gerade das Lied die Samenkörner einer religiösen Bewegung weiterträgt und ihr gleichsam Flügel verleiht. nur an die Wirkung der Lieder Luther's.
Man denke
In kirchenpolitischer
Hinsicht vertrat der fromme, ruhige Mann die conservative Richtung im Methodismus.
Trotz des gesunkenen Zustande»
seiner Mutterkirche hielt er an ihr fest und verzweifelte nicht
an ihrer Besserungsfähigkeit.
blieb ihm- unerschütterlich.
Die englische Successionslehre Seinem Bruder fehlte es bald
an ordinirten Geistlichen, die das heilige Abendmahl auS-
thetlen durften. niren
durch
Erasmus.
Da ließ John einen seiner Gehülfen ordi-
einen
gerade
anwesenden
griechischen
Bischof
Das erregte gewaltigen Unwillen bei den Hoch
kirchlichen, aber auch Charles sprach sich entschieden dagegen Als nun John selbst 1784 den Dr. Coke als Super
aus.
intendenten nach Amerika ordinirte,
rief er
aus:
„Mein
Bruder hat einen unauslöschlichen Schandfleck auf seinen Namen
gebracht."
Aber er war nicht im Stande, die gewaltige
Fluth der religiösen Bewegung in ihrem Laufe
zu regieren
und in den Ufern der Landeskirche dahin strömen zu lassen.
Besser wäre das gewesen.
Landeskirche geblieben,
Wäre der Methodismus in der
so hätte
er sein Feuer
in weitere
Kreise tragen können und wäre selbst gezügelt worden, nicht bis zu den letzten Consequenzen seiner excentrischen Neigungen
fortzuschreiten.
Aber es lag in der kräftigen Bewegung der
methodistischen Frömmigkeit
und
es wuchs
in ihr immer
mehr der gewaltige Trieb, sich selbstständig kirchlich zu ge
stalten. chen.
Der neue Wein rief gebieterisch nach neuen Schläu Bis heute können eS die Methodisten der verwandten
Bewegung des deutschen Pietismus nicht verzeihen, daß sie
ohne
ein
große»,
kirchenbildendes
Resultat
abschloß.
In
ihren Schriften begegnet uns öfter der Vorwurf, die Kirche
[6] habe bei uns den Pietismus in ihrem Schooße erstickt.
Viel
leicht gründen sie auf diese Auffassung das Recht, die metho
distischen Kirchen in Deutschland aufzurichten, indem sie das jenige vollenden wollen, was der Pietismus unausgeführt Charles Wesley aber sah seiner Zeit den Methodismus
ließ.
tiefem
mit
Schmerz
Kirche
die
Gruppe Dissenters bilden.
und
verlassen
eine
neue
sich ganz zurück und
Er zog
überließ das Werk seinem Bruder John.
Dieser war geboren am 17. Juni 1703 und starb im 88. Lebensjahre nach einem unermüdlich thätigen und tadel losen
Lebenswandel am 2. März 1791.
Von dem Vater
erbte er den Geist, von der Mutter die fromme Pflichttreue. Schon als Jüngling im Christchurch College zu Oxford las er mit Vorliebe die Nachfolge Christi und sträubte sich mit Herz und Verstand gegen die kirchliche Lehre von
absoluten
Prädestination.
Kempen angeregt,
fing
Besonders
er schon
durch
Thomas
1725 an, sich
der
von
von den
weltlich Gesinnten abzusondern und ernster Heiligung nach zustreben.
Nachdem
er
als Diakon geweiht
worden und
einige Jahre Gehülfe seines Vaters gewesen war, kehrte er 1729 nach Oxford zurück, um sofort die Seele des frommen Vereins zu werden, den sein Bruder Charles daselbst in zwischen gegründet hatte.
Die Glieder dieses Vereins wurden
spottend Sakramentarier, der fromme Club oder Methodisten genannt, weil sie nach strenger Methode ihr religiöses Leben und ihren sittlichen Wandel regelten.
Der Name hat also
einen ähnlichen Ursprung wie unser Wort Pietisten.
Seine
indem sie
sagten,
Träger nahmen
ihn als ehrenvoll
an,
Methodist sei der, welcher nach der Methode der Bibel lebe.
Die
ersten
Methodisten
strenge Ascese,
übten
in
fast
mönchischer
Weise
studirten das neue Testament und besuchten
fleißig die Armen, Kranken und Gefangenen.
Im October
[7]
1735 schifften sich
die Gebrüder WeSley nach Georgien in
Nordamerika ein, John als Missionar unter den Indianern,
Charles
als Prediger für diese neue Colonie.
bedeutsam für ihre innere Entwickelung,
daß
ES wurde
sie auf dem
Schiff mit 26 Herrenhutern zusammentrafen, welche unter David Nitschmann
dieselbe Reise machten.
Die Demuth,
Ruhe und Todesfreudigkeit dieser Männer machte auf John Wesley einen tiefen Eindruck, der sich noch steigerte, als er
in Savannah Spangenberg und die apostolischen Eigenschaften seiner Gemeinde kennen
lernte.
ihm der Krieg das
Da
Missioniren wehrte, wirkte er an der Gemeinde in Savannah und
theilte
die
Gesinnten
ernst
kleine
in
Gesellschaften,
welche sich wöchentlich zu vertrauterem Umgang versammelten. Hieraus entstanden die
den Herrnhutern nachgebildeten und
später für das Wesen des Methodismus so charakteristischen
Klassen.
Im Jahr
1738 kehrte er zurück.
Er sprach:
„Ich ging nach Amerika,'um Andere zu bekehren und war selbst nicht bekehrt."
gelernt,
Denn von den Herrnhutern
hatte er
die Nichtigkeit seiner selbstgemachten Werkheiligkeit
einzusehen.
Im engen Anschluß an den Herrnhuter Peter
Böhler in London gründete er nun nach den Regeln der Brüdergemeinde eine Gesellschaft zur gemeinsamen Erbauung, zum
gegenseitigen Sündenbekenntniß
des Seelenzustandes.
und
zur Besprechung
Böhler war es, der John und Charles
zum ersten Suchen' brachte nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.
Diese
Gerechtigkeit
selbst
fanden
beide
durch
Luther und zwar John durch Luther's Vorrede zum Römer briefe,
Charles
durch .die
Erklärung
des
Galaterbriefes.
Wenn auch die methodistische Bewegung bald ihre besonderen Wege einschlug, wenn sie in unseren Tagen mächtig bemüht
ist, diese Wege den evangelischen Christen Deutschlands an zubieten,
so darf sie doch nie vergessen,
daß die deutsche
[8] Reformation an ihrer Wiege gestanden hat durch den per
sönlichen Einfluß deutscher Herrnhuter und durch die Wahr heit der Lehre Luther's.
keit,
Wesley begann mit äußeter Heilig
schritt fort bis zur inneren Heiligkeit und fand dann „Aber Heiligkeit", sagt er,
die Gnade Gottes in Christo.
„war noch unser Ziel, Heiligkeit nach innen und nach außen und Gott trieb uns an, ein heiliges Volk zu sammeln."
Wir werden später
diesen Grundton in dem Methodismus
Zunächst aber lag auf diesem
wieder durchklingen hören.
Gebiet die Ursache zum vollständigen Bruch mit den Herrn hutern.
Zwar besuchte Wesley noch 1735 erst Zinzendorf
in Marienborn und dann Herrnhut.
Aber schon hier tritt»
sirte er die Brüder ziemlich scharf,
„sie seien nicht ernst
genug, fasteten zu wenig, seien nicht offen und gerade, seien zu stolz auf ihre Kirche und machten zu
Grafen".
Im Jahre
immer abgebrochen.
1740 wurde
viel aus ihrem
die Gemeinschaft für
Um des Lichtes willen, das
von hier
aus auf eine Hauptlehre des Methodismus fällt, kann ich
mir einige Worte über diesen. Bruch nicht versagen. Differenz beider
Zinzendorf
sich
großen Männer
auf
Seite
der
daß
stellte
und
Rechtfertigung
Wesley aus Seite der Heiligung. wurde nicht gefunden.
Im
Die
lag nämlich darin,
Die versöhnende Brücke
Ganzen
hielt Zinzendorf fest
an der Allgenugsamkeit des Blutes und den Wunden Jesu und der Stifter des Methodismus
vollkommenen Heiligung.
ebenso
tember 1741 in London ist uns aufbewahrt.
sagte Wesley:
fest
an seiner
Ihre Disputation vom 3. Sep
„Ich fürchte,
Unter Anderem
daß die Brüder
falsch lehren
über das Ziel unseres Glaubens in diesem Leben d. h. über die christliche Vollkommenheit."
Zinzendorf:
„Ich erkenne keine einwohnende (inhaeren-
tem) Vollkommenheit in diesem Leben an.
Dies ist der
[9] größte aller Irrthümer,
den ich
Uber die ganze Erde mit
Feuer und Schwert verfolge, zertrete, ist unsere einzige Vollkommenheit.
vernichte.
Wer eine
Christus
einwohnend«
Vollkommenheit sucht, verwirft Christum/'
Wesley:
„Aber ich
glaube, daß der Geist Christi die
Vollkommenheit in den wahren Christen wirkt."
Zinzendorf: „Keineswegs.
Unsere ganze Vollkommenheit
Die ganze christliche Vollkommenheit steht
ist in Christo.
im Glauben an das Blut Christi.
Sie ist eine zugerechnete,
Wir sind vollkommen in Christo,
keine einwohnende.
in
uns selbst aber niemals." Wesley:
„Ich glaube, wir streiten um Worte."
Wie mit der Bruderkirche von Herrnhut, so brach der
Methodismus
In
der
auch bald mit der Mutterkirche in England. dachten freilich
ersten Zeit
beide Wesleys
nicht
daran, die Hochkirche zu verlassen, und Charles hat den Ge
Aber
danken nie gebilligt.
als die heftiger werdende Be
wegung getadelt und mit Ausschluß gedroht wurde, sah sich
John vor die Entscheidung gestellt, die Kirche zu verlassen, oder den Charakter seines Werkes zu ändern. das Erstere.
Er wählte
Am 12. Mai 1739 wurde die erste metho
distische Kapelle in Bristol gegründet.
Die Aufnahme gar
nicht ordinirter Prediger und die selbstständig ertheilte Or
dination
machten
den
Bruch
Wesley noch ausgerufen:
vollständig.
Anfangs
hatte
„Die Mission des Methodismus
geht an die verlorenen Schafe
in der englischen Kirche."
Als er aber Versammlungen von 20- bis 80,000 Menschen sich schaarcn sah, brachen die Schranken der englischen Kirche für ihn zusammen.
Er sprach:
„Kirche
oder nicht Kirche,
wir müssen Seelen retten", und sein bekanntes Wort: „Die ganze Welt ist meine Pfarrei, und Seelen zu retten ist mein
Beruf."
So stellte er denn seine Kapellen und Prediger
[10] unter den Schutz der Duldungsakte des oranischen Wilheltn und einigte sich durch das Band einer großartig gedachten
und weise eingerichteten Kirchenordnung mit aristokratischem
In seineck persönlichen Wesen zeigt sich aber
Grundzug.
Nichts von diesem Zuge.
Den Umgang mit den Vornehmen
überließ er mehr seinem
Freunde Whitcfield.
Er entsetzte
sich, als Dr. Coke in Amerika den Titel Bischof annahm und damit den Grund legte zu der bischöflichen Methodisten kirche, der bedeutendsten der Gegenwart.
Damals schrieb er:
„Ich schaudere, ich erschrecke bei dem bloßen Gedanken.
Die
Leute mögen mich einen Narren oder Schurken nennen, aber Bischof nimmermehr."
Da sein Freund Whitefield
entschiedenen Einfluß übte
auf Weckung der methodistischen Frömmigkeit diesseits und jenseits deS Oceans, so dürfen wir an ihm nicht ganz vor übergehen.
gewesen
Schon in Oxford war er Mitglied
und
London an.
schloß
sich
1738
den
Brüdern
des Clubs
Wesley
in
Er gehört zu den ergreifendsten Predigern, die
je gelebt haben.
Wie ein zündender Blitz fuhr seine Buß
predigt in die verdunkelte Kirche.
Jetzt begann die beispiel
lose Wirksamkeit des Methodismus. • DaS lange unterdrückte religiöse Bedürfniß des Volkes richtete sich
Es be
auf.
gegnete der sprühenden Predigt der Methodisten, und ein ge waltiges Feuer flammte empor.
Die Kirchenbesucher stürzten
zu Boden und riefen unter Thränen und lautem Geschrei,
oft mit krampfhaften Zuckungen nach Erlösung. sehen
war unbeschreiblich.
sich gegenüber.
Whitefield aber stellte sich bald der erweckten,
reichen Gräfin Huntingdon zur Verfügung,
weise Methodistenkönigin nannte. Methodismus
Eingang
in
die man spott
In Trevecca in Wales
gründete sie ein eigenes Predigerseminar.
der
Das Auf
Begeisterung und Haß standen
die
Durch
englische
sie fand
Aristokratie.
[11] Im Unterschied von Wesley stellte sie ihren Candidaten frei, sich den Dissenters oder der Staatskirche anzuschließen. So leitete sich die methodistische Erweckung in die Staatskirche über. Die mit ihr befreundeten staatskirchlichen Geistlichen wurden die Gründer der niederkirchlichen oder evangelischen Partei (evangelical party), welche ein Mittelpunkt wurde für religiöses Leben in der Hochkirche. In der Kirchenzucht viel weitherziger als der strenge Wesley, hielt Whitefield in der Lehre ganz die unbedingte Gnadenwahl fest. So spaltete sich der Methodismus in die calvinistischen Whitefieldianer und die arminianischen Wesleyaner. Nur die letzteren haben kirchengeschichtliche Bedeutung gewonnen. Seitdem gehört es zum Wesen des Methodismus, daß er über die Prädestination arminianisch lehrt. Dieses ist die einzige bedeutende Lehr streitigkeit, welche der Methodismus durchgemacht hat. WeSley's Lehre von der Vollkommenheit hatte bald ihre bedenk lichen Consequenzen gezeigt. Jnspirirte traten auf, be anspruchten die Vollkommenheit der Engel und sagten, sie hätten weder Selbstprüfung noch Gebet mehr nöthig. Der Vollkommene sei über das Gesetz erhaben. Wesley's Adler auge erkannte die Gefahr, und gleichsam zum Gegengewicht hob er auf der Conferenz zu London 1770 die Nothwendig keit der guten Werke hervor. Da entbrannte der gewaltige calvinistische Streit, der besonders von Fletcher geführt wurde gegen die calvinistische Partei der Lady Huntingdon. Beide Theile zogen einen Segen daraus, denn Wesley brach seiner Vollkommenheit die äußerste Spitze ab und die Gründer der evangelischen Partei ihrer Lehre van der unbedingten Vor herbestimmung. Aber neben dieser einen Lehrstreitigkeit hat der Methodismus eine ganze Reihe von inneren Gährungen, Spaltungen, Secessionen erleben müssen. Es waren sämmtlich Verfassungsstreitigkeiten. Die von Wesley gegebene Kirchen-
112] ordnung hatte einen aristokratischen, hierarchischen Charakter. Schon zu seinen Lebzeiten wurde er von seinen Gegnern der
Papst
genannt.
Alle inneren Kämpfe
des Methodismu-
wurzeln in dem Streben, die Alleinherrschaft der Geistlichen
zu brechen und den Laien eine Berechtigung in der Kirchen
So entstanden in England: 1) die
verwaltung zu geben.
neue Methodistengemeinschaft oder Kilhamiten 1797; 2) die
primitive Methodistengemeinschaft 1810; 3) die Bibelchristen
oder Bryaniten
1815;
4)
die
primitiven
weSleyanischen
Methodisten 1816; 5) die independentistischen Wesleyaner 1827;
6)
die
weSleyanischen protestantischen Methodisten
1827; 7) die wesleyanische Methodisten - Association 1834;
8) die vereinigte methodistische Freikirche 1856.
Der ame
rikanische Methodismus hat sich ebenfalls mannigfach zer
splittert und stellt sich uns dar in acht anderen verschiedenen Gemeinschaften, die ich an einem anderen Orte genannt habe
(„Amerikanischer Methodismus" rc., S. 4).
Der englische
Methodismus ist verbreitet in England, Schottland, Irland,
Gibraltar, arbeitet in Frankreich und Deutschland (besonders in Würtemberg), ist in Cornwall die herrschende Kirche und
in Fabrikgegenden der Staatskirche an Zahl gleich oder überlegen. Die Schulamtspräparanden des Seminars in Westminster
werden von einem Commissar der Regierung geprüft. Predigerseminare in
Didsbury
und
Richmond
höchstens dreijähriger Studienzeit ähnlichen Unterricht,
Australien.
die Mission.
Sierra Leone,
wie
Die Hauptmissionen sind
ihn unsere Missionare empfangen.
in Westindien,
Die
gebm mit
Südafrika,
Ostindien und
Auch die bischöflichen Methodisten thun viel für
Leider ist es stehende methodistische Missions
praxis geworden,
die Ausbreitung
des Methodismus unter
evangelischen Glaubensgenossen für ebenso wichtig zu halten
und ebenso eifrig zu betreiben, wie unter den Heiden.
Die
[13] kleine aber rührige „Evangelische Gemeinschaft", welche unter
dem Namen Albrechtsbrüder bekannt ist, hat schon seit 25
Jahren mit Eifer und Erfolg in dem evangelischen Deutsch land missionirt,
aber erst im vorigen Jahr einen kleinen
Sie arbeitet in der
Anfang mit der Heidenmission gemacht.
Schweiz, in Würtemberg, Baden, Elsaß, Sachsen, Schlesien,
Lippe, Westfalen, Rheinland.
Am Niederrhein ist sie thätig
in Duisburg, Mülheim a. d. Ruhr,
Dortmund u. s. w.
und baut bald ihre erste Kirche in Essen. wirken von Frankfurt
Am Oberrhein
aus besonders die
und Dillenburg
bischöflichen Methodisten aus Amerika, deren Predigerseminar
in Frankfurt am Main auch die Pfalz und den Hunsrücken mit Evangelisten versorgt.
Ihr Organ, der „Bremer Evan
gelist", hat augenblicklich 11,313 Abonnenten und ihr „Kinder freund" 8785. Der „Evangelische Botschafter" der Albrechts
leute
erscheint in Nürtingen (Würtemberg) und hatte am 1875
3. Februar
10,500 Abonnenten.
der amerikanische Methodismus etwas
englischen.
Im Ganzen ist
verschieden von dem
Er ist nicht so ehrwürdig und ruhig.
In seiner
Predigt ist er freier, kühner, oufrcgenber, in seiner Be kehrungsweise
wilder.
Er
weckungen oder revivals.
veranstaltet
gerne
große
Er
Hiezu müssen die „neuen Maß
regeln" (new measures) dienen, Lagerversammlungen, Wach nächte' und Bußbank.
Diese mourner’s bench oder anxious
beuch ist eine vor den Altar gestellte Bank, zu der die
Bußfertigen gerufen werden, zu knieen, und von der bald
das Schluchzen der Büßer, bald das Hallelujah der Be gnadigten ertönt.
Gehen wir nun
näher ein
auf die Darstellung der
methodistischen Lehre, so muß uns vorwiegend die Frage be
schäftigen, wie diese Kirche ihre Lehre in das Bewußtsein ihrer Glieder überleitet.
Denn in dieser Praxis und Methode
[14] Nur bei der Wieder
liegt das Eigenartige des Methodismus. geburt und Vollkommenheitslehre müssen Erörterungen treten.
wir in dogmatische
Der Methodismus
und seine ganze
Theologie ist vorwiegend praktisch gerichtet.
Abgewendet von
aller Spekulation beschäftigt sie sich in erster Linie stets mit dem Heilsverlust
und
der Heilsaneignung
und
zwar um
ersteren zum schmerzlichen Bewußtsein zu bringen und letztere zu bewirken.
Methodismus ist Christenthum im Ernst — in
Chalmers in Schottland liegt
diesem Wort des frommen
etwas Wahres. Sündengefühl und Gnadenbewußtsein, zwischen diesen beiden Polen bewegt
keit.
sich die methodistische Frömmig
Dennoch darf sie Chalmers' Satz nicht umkehren und
sagen: Alles Christenthum im Ernst ist Methodismus —- wie sie fast immer thut.
Denn ruht in der gefühlsmäßigen
Erfahrung der Sünde und Gnade die
Kraft des Metho
dismus, so liegt in der einseitigen Bewirkung und Betonung des
Gefühls auch feine
stellungen von Sünde
beibehalten.
Die orthodoxen Vor
Schwäche.
und Sündenfall werden im Ganzen
Doch hat die bischöfliche Methodistenkirche die
Lehre von der Erbsünde auch symbolisch abgeschwächt. Interesse richtet sich aber darauf, Sündenelends zu wecken.
Alles
das tiefste Gefühl deS
Dabei dürfen wir historisch nicht
vergessen, wie sittlich verwildert das niedere Volk war, an
welches sich der
verkennen wir
Methodismus in
vorwiegend
der Betonung des
wandte.
Auch
Sündengefühls nicht
eine gesunde Reaktion gegen einen Irrthum, dem die angli kanische Kirche
in Liturgie
und Predigt Vorschub leistete.
ES ist der Irrthum, daß jeder Getaufte schon wiedergeboren sei und zu seinem ferneren christlichen Leben nur kirchlicher
Gebete und Ermahnungen bedürfe.
Dem gegenüber
schrieb
der Methodismus mit Recht
auf seine Fahne:
erfahrene Sünde und Gnade.
Aber er weckt mehr plötzliche
Persönlich
[15] Sündenangst und bis zum höchsten Grad gesteigertes Sünden»
gefühl, als Sündenerkenntniß.
So gab es denn schon zu
Wesley's Zeiten bei den Bekehrungen oft Auswüchse.
Kinder
und Greise fielen in Krämpfe, Männer und Weiber brachen in ein überlautes Brüllen oder gellendes Geschrei auS, Einige sanken ohne Regung wie todt nieder, Andere schluchzten still
vor sich hin.
Wenn der Lärm aufhörte, vernahm man eine
Zeit lang Nichts, als tiefes, schweres Athemholen.
Leider
fing man bald an, diese Erscheinungen als wesentlich zu be
sichere Merkmal für die Echtheit
trachten, als das einzige, der Bekehrung.
seelische
triebene
Wohl mußte man oft sehen, wie die über Erregung
sich
rächte
durch
religiöse Lauheit und Rückfall in alte Sünden.
ließ sich nicht irre machen. blieb.
nachfolgende Aber man
Das übermäßige GefühlStreiben
Es ist ein wesentlicher Zug des Methodismus, daß
ohne gewaltige Erschütterung des Gemüthes und der Regel nach auch des leiblichen Daseins Buße, Glaube, Wieder geburt nicht eintreten können.
Diese drei concentriren sich
in jener heftigen, inneren Erregung.
Das ist der Moment,
der die Erlösung, bringt.
Diese besteht negativ in der Be
freiung von der Schuld
und der Macht der Sünde und
positiv in einer wahrhaften Bereinigung mit Gott durch die Liebe zu Vater, Sohn und Geist.
Diese Liebe wird aber
nicht geweckt durch den gewissermaßen psychologischen Eindruck, welchen die in Christo erschienene und gekreuzigte Liebe auf
uns macht (lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt), sondern durch unmittelbare Offenbarung des heiligen
Geistes,
der uns gleichsam im Sturm aus dem Tod der
Sünde hineinreißt in die neue Geburt.
Wir werden also
erlöst nur durch diese unmittelbare, göttliche, plötzliche Ver änderung unseres
plötzliche
Herzens.
Bekehrung
Wer wollte leugnen,
biblisch begründet
daß die
und individuell oft
[16] segensreich ist!
Aber daS ist das Verkehrte, daß man sie
zur allgemeinen Norm für Jeden macht, daß man den nicht als bekehrt betrachtet,
der
Proceß innerlich erfuhr.
nicht gerade
die Frömmigkeit des Methodismus
durch
mäßigen Charakter.
diesen bestimmten
Trotz aller Erregung gewinnt da einen schablonen
Der Herr führt die Seinen zu einem
seligen Ziel, aber nicht in der vorgeschriebenen, eintönigen Richtung einer geraden Landstraße, sondern auf verschiedenen Neben der Führung eines David und Paulus steht
Wegen.
die eines Josef und Johannes,
thon,
fehlt
neben Wesley
neben Luther ein Melanch-
ein Zinzendorf.
Dem Methodismus
jedes Verständniß für die Seelen, welche allmählich
zum inneren Leben erwachen und darin erstarken, von denen der Herr Mark. 4,
26 — 28 redet.
Er zerstört oft durch
seinen Bekehrungsapparat mit rauher Hand die zarte, keimende
Saat des göttlichen Geistes und bringt blöde, schüchterne Gemüther
in innere Zweifel und große Verwirrung.
will das Christenthum „machen".
Er
Aber wie alle gute und
vollkommene Gabe, so ist besonders die Frömmigkeit eine Schenkung und Wirkung Gottes. tochter.
Sie ist eine Himmels
So oft sie menschlich gemacht wird, entsteht ihr
Zerrbild.
Cs gilt als Verdienst des Methodismus, daß er
gewisse Härten
der reformirten Kirchenlehre gemildert hat,
die absolute Gnadenwahl,
die unwiderstehliche Wirkung der
Gnade und ihre Unverlierbarkeit. den Ernst,
Auch verkennen wir nicht
der ihn durchweht, das gewaltige Ringen nach
dem Eingehen durch die enge Pforte, das Schaffen der Selig
keit mit Furcht und mit Zittern.
Aber er ist nicht freizu
sprechen von einer gewissen Unruhe und Ueberstürzung. Bekehrungseifer wird oft zur Bekehrungshast. Gefühlserregung bleibt das Ziel, hinarbeilet.
Der
Die heftige
darauf man unaufhörlich
Darüber wird das mühsamere Aufbauen ver-
[17] säumt.
Die Pflege des inneren Lebens und seines gesunden
Wachsthums kommt oft zu kurz. Doch wir besuchen ein Mal
eine
verlängerte methodistische
meeting) in Amerika.
(protracted
Versammlung
Tage ja
Wochen lang vereinigen
sich Tausende auf freiem Felde, um Erweckungen (revivals) hervorzubringen.
Den ganzen Tag wird gepredigt, gebetet,
Die Predigten sind planmäßig darauf eingerichtet,
gesungen.
die Gemüther in eine sich steigernde Erregung zu bringen.
Die gefühligen, weltlichen Melodieen, das Stöhnen, Aechzen,
Schreien,
gräßlichen
die
Schilderungen
ewigen
der
dammniß regen Nerven und Sinne gewaltig auf.
BerEs ist
ein malerisches Bild, wie Tausende von Menschen im Freien sich gruppiren um die Prediger, die oft eine gewaltige Stimme haben, wenn sie ihren Ruf zur Buße erschallen lassen.
Bon
John JnSkip, dem Pearsall Smith seine innere Erfahrung verdankt, wird von Methodisten behauptet, daß er mit Leichtig
keit ein Auditorium von 15,000 Zuhörern beherrsche und
fast die Stimme eines brüllenden Löwen habe.
Die Pre
digten werden nun immer stärker, den milderen Predigern
folgen gewaltigere. Wenn
sich die Dämmerung hernieder
senkt auf den camp, pflegt die Aufregung den höchsten Grad erreicht
zu
haben.
Dann geschieht
ein Aufruf,
daß die
Sünder hervorkommen sollen, welche sich bekehren wollen.
Die schnellsten Melodieen werden gesungen, man trägt die Sünderangstbank vor die Kanzel.
den Aufruf.
Ein Prediger
erneuert
Er erzählt dabei meist einige kurze Geschichten.
Es sind theils Lockgeschichten, welche den unendlichen Frieden und Segen preisen, den andere Seelen durch plötzliche Um
wandelung auf der Bußbank gefunden haben.
Theils sind
es Schreckgeschichten, welche die zeitlichen und ewigen Strafen
derer schildern,
welche den rechten Augenblick versäumten.
Das Ganze beabsichtigt und bewirkt auch oft den Eindruck: Jüngst, Wesen d. Methodism.
2
[18] Jetzt, in diesem Augenblick
Spiele.
steht deine
Seligkeit auf dem
zwischen die Zu
Alsbald stürzen andere Prediger
hörer und überreden di« Einzelnen
mit heftigen Geberden
und schreiender Stimme, daß sie kommen möchten, um dem
ewigen Zorn zu entrinnen.
Bald ist die Bank mit Knieen
Die Verwirrung erreicht den höchsten Grad.
den gefüllt.
Viele beten mit lauter Stimme für die, welche schluchzend
Die Prediger eilen wieder umher, noch Andere
da knieen.
Die Zahl der beim Meeting Bekehrten wird
zu gewinnen.
später in den Kirchenzeitnngen jedesmal genau berichtet.
Gefühle sind jetzt aus das Höchste gestiegen.
Die
Manche Haufen
fangen an zu fingen, di« verschiedensten Lieder und Melodiem
durcheinander.
Einzelne stöhnen, schreien, seufzen oder klat
schen in die Hände.
Da ist es denn kein Wunder, wenn Viele
von den weinend da Knieenden in völlige Verzückung fallen
und die heftigsten Gefühle empfinden, die alle dahin gedeutet werden, Christus habe sie nun erhört und in seine vergebende
Gnade ausgenommen.
Oft fehlt es auch nicht an wider
wärtigen Ausschreitungen.
Nicht selten sieht man, daß die
Bußfertigen wie todt hinsinken und ohne Regung liegen, bis
sie plötzlich erwachen Hallelujah!"
oder:
und unter
„Glory!
dem Ruf:
„Hallelujah!
glory! “ fußhoch in die Höhe
springen, wie in besinnnngslosem Rausch und getrieben von einer
geheimnißvollen Macht.
Oft zeigen sich die schreck
lichsten, krampfartigen Verrenkungen und Zuckungen, oder eS bricht ein Gelächter aus, welches sich ansteckend weiter ver
pflanzt.
Gerade der ärgste Gottesleugner und Spötter wird
oft erfaßt
und fällt wie todt nieder.
sammeln sich die
Geschieht das,
so
Begnadigten um ihn, singen und beten
über ihm, bis er erwacht und, erschüttert von den Schrecken
der Hölle,
die man ihm vormalt, seine Bekehrung findet.
All dieses aufregende und aufgeregte Wesen wird nun für
[19] ein Werk
des heiligen Geistes
großer Irrthum.
mit dabei
und
daS
Pneumatische
Psychischen überwuchert.
steigert
ausgegeben.
DaS
ist
ein
Denn offenbar ist viel seelische Erregung Die in
zusammengedrängten
Glaubens verwirren
wird vielfach von dem den einen Moment ge
Gefühle
der Buße nnd
sich mannigfach untereinander
einer geistlichen Berauschung.
deS
wie in
Darauf folgt oft innere Mat
tigkeit und Leere oder die Begierde, die nächste Gelegenheit
zu benutzen, um denselben bittersüßen Gefühlsrausch durchzumachen.
wieder
Auch die vom Worte Gottes heilsam Ge-
troffenen erhalten
durch wiederholtes Einstürmen oft nicht
Zeit und Ruhe, die empfangenen Eindrücke zu verarbeiten und zu einer gesunden Sünden- und Heilserkenntniß zu ge
langen.
Die Erkenntniß kommt überhaupt bei dem Gefühls
treiben nicht zu ihrem schriftmäßigen Rechte. Gefahr einer unbewußten,
liegt nicht ferne.
Aber auch die
feinen, inneren Selbstgerechtigkeit
Die Methodisten reden so gerne von ihren
Sündenschmerzen, ihren Bußkämpfen und GlaubenSentzückun-'
gen.
Sie halten eö für Pflicht, öffentlich stets zu bekennen,
wie sie in dieser oder jener Nacht, bei diesem oder jenem knieenden Gebet im Kämmerlein
oder im Walde die Nähe
des Heilandes so tief gefühlt haben, und schauen leicht mit
leidig auf Alle,
welche
von besonderen Erfahrungen
Geistestaufen nicht so viel zu sagen wissen.
und
Daher kommt
dann die Gefahr, seinen eigenen Bußschmerzen eine Art mit wirkenden Verdienstes zuzuschreiben für die späteren Glaubens
genüsse,
statt in der nüchternen Art des Apostels Paulus
zu bleiben,
der sich einer höheren Offenbarung
doch nicht
überhebt und an der Gnade genügen läßt (2. Cor. 12, 1—9).
Ferner ist die Werthschätzung der Bußbank offenbar über
trieben.
Bußfertig sein und
doch nicht dasselbe.
an die Bußbank kommen ist
Pfarrer Dr. W. Sihler in Fort Wayne 2*
[20] (Indiana) schreibt 1867 in einer Brochüre von dem „Strdhfeuer und der Flughitze dieser himmelstürmenden Bußbänkler, denen die Bußbank zur Taufe, zum Beichtstuhl, zum dies
seitigen Fegfeuer, zum Ablaß, zur Maria und zum goldenen Doch wir billigen nicht
Kalbe werde". Polemik.
den Ton solcher
Möchten die lutherischen und methodistischen Brüder
jenseits des Oceans anfangen, sich in anderer Weife zu be fehden. Dem tief erschütternden Bußgefühl
tritt nun auf der
anderen Seite als gleichberechtigt das Gefühl der Bersöhnung
und Begnadigung hinzu.
Ruft das
eine: „Pity! pity!“
so jubelt das andere: „ Glory! gloryl“
Wie einst WeSley,
so muß jeder Bekehrte genau die Zeit und Art seiner Wieder
geburt angeben können.
Es ist eine sehr gewöhnliche Frage
unter den Methodisten: Wie alt bist du? d. h. wie lange ist eS her, daß du diesen Proceß
durchgemacht hast?
Die
Zahl der bei irgend einer Gelegenheit Wiedergeborenen wird
stets genau angegeben Blättern berichtet.
und
jedes Mal
in
den
kirchlichen
Die Art dieser Berichte ist fast stereotyp,
wovon sich Jeder durch Beachtung derselben
distischen Tageslitteratur überzeugen kann.
in der metho Da mag denn
freilich manches Strohfeuer für echt angesehen und manche Bekehrung gezählt werden, die sich später als eine Null er weist.
Aber dem Methodismus ist das augenblickliche Gefühl
seliger Begnadigung der alleinige Maßstab und das sichere Kennzeichen der
erlangten Seligkeit.
Seine Heilsgewißheit
unterscheidet sich nämlich wesentlich von unserer Kirchenlehre. Nach der kirchlichen Lehre besteht sie in der Gewißheit, daß
ich ewig selig werde,
daß ich mich
nach
dem Methodismus aber darin,
jetzt selig fühle,
genommen bin.
daß ich
DaS auch durch
jetzt von Gott an
Deutschland erschallende
„Jesus errettet mich jetzt!" der aus dem Methodismus ent-
[21] sprossenen Heiligungsbewegung ist ja noch frisch int Andenken.
So
sucht
denn
Methodist nur
der
nach einem momentanen,
gewißheit,
einer
nach
Gefühls
inneren Zeugniß des
Unser kirchliches Bewußtsein aber faßt die
heiligen Geistes.
certitudo salutis tiefer, nämlich als die Gewißheit meines
Darum fordert es zur Be
seligen Looses in der Ewigkeit.
währung auch mehr, als
das augenblickliche Gefühl, das
Es fordert die Bezeugung der erlangten
sich täuschen kann. Gnade durch einen
geheiligten Wandel,
die Beharrlichkeit
(perseverantia) im Glauben oder anders ausgedrückt die christlichen Charakters.
Ausprägung eines
geben ist, der liebet Biel. bewährende
täglich
Wem Biel ver
Diese in Wesen und Wandel sich Liebe
göttliche
ist
freilich
niemals
die
Ursache der Rechtfertigung, die aus lauter Gnade geschieht
und im Glauben ergriffen wird. Folge
und
das
einzig
Aber sie ist die nothwendige
Kennzeichen dafür,
sichere
ob
die
Empfindung der Kindschaft Wahrheit war, oder subjektive Täuschung.
Der Methodist freilich braucht solchen That
beweis nicht, sein Gnadengefühl ist ihm ein sicherer, völlig
genügender Beweis seiner Erlösung.
Wie schnell diese auch
Nicht nur die
geschieht, so ist sie doch eine vollständige.
Schuld, vernichtet.
sondern auch die Macht der Sünde wird völlig „Bei uns findet
sich volle Erlösung,
volles,
gegenwärtiges Heil, vollkommene Heiligkeit" — so rühmen
die methodistischen Schriftsteller.
stellung einer Hauptlehre
Das führt uns zur Dar
des Methodismus.
Es
ist die
Lehre von der christlichen Boükommenheit. Nach der obigen Schilderung des methodistischen Sünden
bewußtseins mag es gewagt erscheinen, wenn ich sage, daß
die
Sündenerkenntniß
des
Methodismus
oberflächlich
ist.
Dennoch kann ich diese Behauptung besonders in Bezug auf
die Erbsünde nicht zurücknehmen.
ES ist eigenthümlich, wie
[22] bei den gewisseren, methodistischen Christen das Bewußtsein der ihnen noch anklebenden Sünde völlig verschwindet.
Sie
ein für alle Mal abgeschlossen durch
haben damit gleichsam
Nunmehr
die gewaltige Sündenangst vor der Bekehrung. halten sie die Sünde für überwunden.
Schon in diesem
Leben kann es der Christ bis zu einer sündlosen Vollkommen Diese Lehre nähert sich in demselben Maße
heit bringen.
der römischen Heiligenlehre, als sie abweicht von
der ge
sunden Lehre der evangelischen Kirche, nach welcher die Erb sünde kraft ihrer tenacitas auch dem Wiedergeborenen noch anhängt,
selbst wenn
Kirchenlehre
von der
klebenden Sünde richtiger
und
ausgeführt,
er
der Schuld
aber
begründet,
jedem
von
frei ist.
tiefer,
was
erfahrungsgemäß
hier
näher
nicht
Schriftkundigen
Fragen wir aber,
Die
noch an
den Wiedergeborenen
ist psychologisch
biblisch
werden kann.
von
auch
weßhalb sich
eingesehen
die Boll-
kommenheitslehre gerade bei dem Methodismus finde, so sehe
Er vernachlässigte
ich in ihr eine gewisse Selbstcorrectur.
ganz die objektive Seite der Rechtfertigung (actus forensis).
Er machte die Wahrheit der erlangten Gnade lediglich von
ihrer subjektiven, inneren Erfahrung abhängig,
Grundsatz: So lange ich
nach
dem
die Gnade nicht empfinde, habe
ich sie auch nicht; so lange ich mich als verlorenen Sünder fühle, bin ich es auch.
Diese lediglich gefühlsweise empfun
dene und durch das bloße Gefühl vollgültig bewiesene Recht
fertigungsgnade weckte in weiten Kreisen
einen gefährlichen
AntinomismuS derer, die sich innerlich ein für alle
begnadigt fühlten dünkten.
und nun über
Dieser selbst
daS Sittengesetz
herbeigerufene
und
dem
Mal
erhaben sonstigen
sittlich ernsten Wesen des Methodismus verhaßte Feind sollte
durch
Betonung
der Heiligung
So rief ein Uebergewicht auf
wieder
vertrieben
werden.
der einen Wagschaale
daS
[23] Gegengewicht auf der anderen hervor.
Was in der Recht
durch die Alleinberechtigung
des Gefühls gefehlt
fertigung
war, sollte in der Heiligung corrigirt werden durch die Lehre von dem vollkommen heiligen Willen.
Dadurch wird das
rechte, innere Verhältniß von Rechtfertigung und Heiligung
übersehen und in der Praxi« der Gläubigen leicht die erstere gering
geachtet
kommenen
gegenüber
Heiligkeit.
höheren
dem
WeSley
gibt
Stand
freilich
zu
der voll-
(„Christi.
Vollkommenheit", S. 98), daß ausnahmsweise unmittelbar nach der Rechtfertigung auch die Heiligung eintreten könne.
Aber es bleibt auch Ausnahme.
Für
gewöhnlich
ist
die
Heiligung, die er erstrebt, ein von der Rechtfertigung zeitlich
und wesentlich scharf geschiedener, plötzlicher, innerer Vor gang.
Er kennt zwar auch ein allmähliches Werk der Hei
ligung, das mit der Wiedergeburt beginnt.
bleibt gering geachtet.
Aber sie ist und
Darum sagt er: „Mit all der Gnade,
die unS in der Rechtfertigung gegeben wird, können wir die Sünde nicht ausrotten.
dem Herrn rein?"
Wir können es gewiß nicht, bis eS
zum zweiten Mal
(Pred., Thl. I, S. 47.)
gefällt zu sprechen:
,Sei
Darum ist ihm die mit
der Wiedergeburt begonnene stufenweise Heiligung nichts
Anderes, als eine Wartezeit auf die völlige Heiligung, die plötzlich geschieht, und auf das Zeugniß des heiligen Geistes,
welches diese so klar wie die Rechtfertigung bezeugt. sagt a. a. O. ferner:
änderung,
Er
„Wenn es keine solche zweite Ver
keine augenblickliche Befreiung nach der Recht
fertigung gibt, wenn nichts Anderes zu erwarten ist, als
ein allmähliches Werk Gottes in der Seele, dann müssen wir bis zum Tod voll Schuld bleiben."
Er braucht in
die christliche Vollkommenheit S. 63
seiner Schrift
über
das Gleichniß
eines sterbenden Menschen,
schauung höchst treffend darstellt.
das seine An
Er sagt: „Ein Mensch
[24] kann einige Zeit am Sterben sein, doch er stirbt nicht, bis zu dem Augenblick, da die Seele vom Körper getrennt wird,
und in demselben Augenblick lebt er das Leben der Ewigkeit. Auf gleiche Weise kann der Mensch lang ab st erb end
der Sünde einige Zeit
sein, doch ist er nicht todt der Sünde,
bis sie von seiner Seele getrennt wird, und in demselben Augenblick lebt er das Leben der Liebe."
Diese methodistische Lehre von der christlichen Vollkommen
heit oder der Sündlosigkeit der Wiedergeborenen behauptet nun freilich nicht, daß jeder Methodist diese Vollkommenheit
habe.
Oft träte sie erst kurz vor dem Tode ein, aber sie
solle und könne auch schon vorher erlangt werden, wofür es
manche Beispiele gäbe,
wie Jane Cooper (nach Wesley)
oder in neuerer Zeit Miß Phöbe in New-Aork u. s. w.
Wer sie hat, ist auch nicht frei von menschlichen Gebrechen, von
Schwachheiten, Irrthümern und Versuchungen.
Aber
das Alles ist keine Sünde mehr für den Geheiligten, denn er hat keinen inneren Reiz mehr zum Sündigen, läßt keine bösen Gedanken mehr in das Herz, hat die völlige Liebe
Gottes in sich.
Vollkommenheit ist also der Zustand, wo
die völlige Liebe
Gottes
Sünde verschlungen hat.
und des Nächsten alle Lust zur
Wichtig ist, daß diese Vollkommen
heit nicht unmittelbar mit der erlangten Gnade oder mit der Rechtfertigung eintritt, sondern derselben erst später folgt, gleichsam eine höhere Stufe derselben bildet.
Auch wird sie
nicht von den Wiedergeborenen errungen, sondern vom Herrn in
einem Augenblick gegeben und gewirkt,
Wiedergeburt.
ähnlich wie die
Hier ist die offene Thüre für den Irrthum
und den Vorwurf einer sogenannten zweiten Bekehrung, für
die methodistischen Ausdrücke:
„Ich hgbe nun den zweiten
Segen oder den vollen Heiland"
und für die Heiligungs
bewegung, welche gerade die Wiedergeborenen zu dem höheren
[25] Leben (higher life) der plötzlich erlangten Heiligung führen will.
In jedem Augenblick kann der Gläubige diese Hei
ligung erwarten.
Der berühmteste deutsche Methodist, Jacoby,
sagt (nach Wesley):
„Es ist keine Gefahr dabei, du kannst
durch diese Erwartung nicht schlimmer werden,
nicht besser dadurch werden solltest.
so du auch
Wenn du dich in deiner
Hoffnung betrügen solltest, verlierst du dennoch Nichts.
Aber
du wirst nicht betrogen sein in deiner Hoffnung, es wird
kommen und nicht ausbleiben. Stunde, jede Minute.
Erwarte eS jeden Tag, jede
Warum nicht diese Stunde? diesen
Du kannst es gewiß jetzt erwarten, wenn du
Augenblick?
überzeugt bist, cs komme durch den Glauben."
liche Art der
Diese plötz
vollkommenen Heiligung widerspricht unserer
Kirchenlehre und unserem deutschen, evangelischen Bewußtsein.
Wie sehr aber auch der Methodismus die Vollkommen
heit seiner Heiligung betont, schließt er doch ein Wachsen in ihr
nicht
aus.
Der von
Sünden völlig Gereinigte kann
noch immer vollkommener werden
in der
göttlichen Liebe.
Auch ist dieser hohe Gnadenstand nicht völlig unverlierbar. Es bleibt möglich, von der Vollkommenheit auf die niedrigere Stufe der bloßen Wiedergeburt zurückzusinken.
meiden durch
Darum ist
beständiges Gebet um wahre
Sicherheit
zu
Demuth.
Die Mängel aber bei den Vollkommenen rühren
nicht mehr von der Sünde her und entspringen lediglich der allgemeinen,
Schwäche
menschlichen
des
Körpers,
Beschränktheit,
die
ihren
Worte und Thaten übt (defectus,
der
Einfluß
hemmenden
auf
Gefühle,
nicht peccata).
Im
Uebrigen ist der Vollkommene frei von jeder bewußten Ueber-
tretung eines bekannten Gebotes. Wesley) auf 1. Joh. 3, 4. Sünde ist
Jacoby
eine Uebertretung des Gesetzes.
nicht umgekehrt:
beruft sich (nach
Dort heiße eS freilich: Jede Aber eS laute
Jede Uebertretung des Gesetzes ist Sünde.
[26] Wenn also auch die Vollkommenen das göttliche Gesetz übtrtreten, sie thun es unwissentlich, ohne jegliche Schuld, ohne
Sünde.
Diese
völlige
Subjektivirung
Sünde ist eine gefährliche Lehre.
des
Begriffs
der
ermöglicht es, an
Sie
das Vorkommen völlig heiliger Christen
zu glauben,
wie
denn Jacoby unleugbare Beispiele davon noch heute findet,
und zwar Fälle, in denen dieser Segen ohne irgend Unterbrechung
viele
Jahre
lang,
(Jacoby, Gesch. des Meth., Die Plötzlichkeit
zum
bis
Bd. II,
1870,
der völligen Heiligung
eine
währte
Tode
S. 458).
und zugleich
das
Bedürfniß ihres Wachsens finde ich am klarsten ausgesprochen in
einem Wort, des betagten W. Arthur, Missionssekretär
der wesleyanischen Kirche in England, aus der neuesten Zeit.
In einer Ansprache über die besondere Mission des Metho dismus
sagt
er:
„Der
Methodismus
legte
von
Anfang
ebenso viel Nachdruck auf die Heiligung, als auf die Recht
fertigung und unterschied klar und bestimmt den Akt Gottes,
durch welchen die bereits zum geistigen, göttlichen Leben wieder
geborene Seele von aller dieses Leben hindernden Unreinig keit
befreit wird,
von der allmählich fortschreitenden Reife
der in dem völlig gereinigten Herzen erzeugten Früchte des Geistes.
DaS Erstere ist die unsichtbare und augenblickliche
Berührung des unsichtbaren Arztes,
Gesundheit und Kraft der noch
wodurch
vollkommene
nicht völlig geheilten Seele
auf ein Mal mitgetheilt wird, so daß sie nun fühlt, sie
vermag Alles durch Christum, der sie stärket; das Andere ist
die
durch
die
Uebung
immer
Offenbarung der empfangenen
vollkommener
Kraft."
werdende
(Evangelist
1876,
S. 68.)
Abschließend über diese Lehre können wir nunmehr sagen:
Die Vollkommenheit ist eine Art von zweiter Wiedergeburt. Sie bedarf zu ihrem Beweise nur die innerliche Bezeugung
[27]
durch
heiligen
den
Haben
Geist.
dieses
Christen
innere
Zeugniß, so müssen sie im Stande sein und sind verpflichtet, „einen bestimmten Bericht von der Zeit und
stets öffentlich
Weise zu geben,
diese Veränderung vorging"
welcher
in
Denn ein Haupthinderniß ist
(Wesley).
die Möglichkeit eines solchen Zustandes.
sollen Andere
der Vollkommenen auf
stets
die
Macht
rettende
der Unglaube an
Die Selbstzeugnisse
zum völligen Vertrauen
Jesu
In diesem
bringen.
Sinne sagte ein methodistischer Geistlicher in Brighton, er lebe seit 35 Jahren rein wie Jesus, und behauptete Pearsall
daß er seit 30 Jahren nie
von seinem Freund Boordman,
den Sabbath seiner Seele gebrochen habe.
Bei dieser Sach
lage können wir es Schneckenburger nicht verdenken, wenn er
bei
den
Methodisten
Reproduktion
eine
der
römischen
Heiligenlehre findet, nur daß diese methodistischen Heiligen nicht nach ihrem Tode gemacht werden,
durch das
offene Bekennen
schon
bei
Solche Heiligkeit mag subjektiv wahr
Lebzeiten kanonisiren.
sein, sie ist aber nicht wirklich. geistlicher
sondern sich selbst
ihrer Sündlosigkeit
Erfahrungen
wollen
Die subjektive Wahrheit
wir
Aber Spangenberg gefällt uns mehr.
hier
nicht
Am
bezweifeln.
13. November
1791 bei einer Gedenkfeier in Berthelsdorf hörte der 87jäh-
rige Bischof,
wie ein Bruder ihn öffentlich rühmte wegen
seines geheiligten Lebens und gesegneten Wirkens binnen 56 Jahren unter Christen und Heiden.
endet, erhob
Als der Redner ge
der ehrwürdige Greis, winkte dem Or
sich
ganisten und befahl:
„Wir singen den Vers: , Schau her,
hier steh' ich Armer, der Zorn verdienet hat, gib mir, o
mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad'!'" Es wird nach
dem bisher Gesagten verständlich
sein,
daß die Gnadenmittel für den Methodismus ihre Bedeutung
verloren haben.
Bußpredigt und Bekehrung
ersetzen Alles.
[28] Die Bedeutung der Sakramente ist verblaßt.
Was könnten
Taufe und Abendmahl dem Gläubigen noch bieten? als Gebote Christi.
sind nur beibehalten
Sie
Classenversamm-
lungen zur Steigerung der religiösen Gefühle,
Meetings,
Revivals und Wachnächte sind die Sakramente des Metho
Jacoby nennt die Classen geradezu ein Gnaden
dismus.
mittel.
Die
amerikanischen
Methodisten
haben
nach
der
Kirchenordnung das Recht, den Modus der Taufe selbst zu bestimmen als Untertauchen, Besprengung oder Begießung.
Schon lassen Manche ihre Kinder
gar nicht mehr taufen
und so gehl der Methodismus zuweilen in den Baptismus über.
Bietet
die
bisher
betrachtete
Lehre des Methodismus
nach ihrer durchweg praktischen Richtung kein
geschlossenes
System, so ist seine Kirchenverfassung desto systematischer
auSgebaut.
Die Kenntniß derselben ist unerläßlich,
wenn
wir einen Blick thun wollen in Wesen und kirchliche Be
deutung des Methodismus.
Zu ihr gehören zunächst einige
Einrichtungen von vorwiegend erbaulichem Charakter.
sind die Liebesmahle, und die Wachnächte.
ES
die vierteljährlichen Versammlungen Die öiebesmahle wurden von den
Herrnhutern angenommen und finden meist alle drei Monate
bei Wasser und Brot statt.
Die vierteljährigen Versamm
lungen haben ihre verfassungsmäßige Seite vielfach verloren
und
dienen
dazu,
bei
ihren festlichen
weckungen hervorzurufen. Verpflanzung
auf
Daher
deutschen
Gottesdiensten Er
nennt man
Boden
geradezu
sie bei der Quartalfest.
Lagerversammlungen im Freien (campmeetings) und Quar
talfeste werden von den Methodisten mit Erfolg in Deutsch-
[29] land eingeführt.
Zu letzteren hat die bischöfliche Kirche auf
Frankfurter
ihrem
Distrikt
für
folgende
Sommer
diesen
Punkte bestimmt: Speyer, Rheinböllen, Straßburg, Freuden stadt, Pforzheim, Pirmasenz, Karlsruhe, Dillenburg, Kassel,
Frankfurt.
Das christliche Kirchenjahr mit seiner Feier der
Erlösungsthatsachen
wird
Hintergrund gedrängt.
durch
die
in
Quartalfcste
den
Die sogenannten Wachnächte fanden
anfangs jeden Monat statt und sind zu Silvester regelmäßig
und allgemein.
Die Stille der Nacht begünstigt den Ein
druck des Gesanges und Gebetes.
Dandy
in
nächtlicher Stunde
Gelage heimkehrt,
Wenn in New-Aork der einem ausschweifenden
von
führt ihn nicht selten sein Weg vorüber
an einer erleuchteten Methodistenkapelle, aus welcher mahnend
ein ernstes Lied
erschallt oder die Stimme des Beters und
das Seufzen der Büßenden. Besonders wichtig sind sodann die der Erweckung, Er bauung und Lehre gewidmeten Sonntagsschulen.
Hier liegt
ein unbestreitbares Verdienst des Methodismus.
Er ist auf
diesem Gebiet unermüdlich
thätig und bahnt sich
auch auf
seinen Missionen in Deutschland durch
die Kinder den Weg
In Bezug
auf die Reform der
zum Herzen der Eltern.
Schule überhaupt war Wesley allerdings nicht glücklich. hatte
ihn sein
psychologischer Scharfblick
verlassen.
Da Nicht
ohne Grund sagt man von ihm, er habe die Erwachsenen wie Kinder und die Kinder wie Erwachsene behandelt.
Nur
in strengem Ernst sollten die Kinder gehalten und besonders
zur Bekehrung hingedrängt werden. verboten.
Jedes Spiel war streng
Aber trotz der erzielten Kindererweckungen in seiner
Schule zu Kingswood mußte er später mit Trauer erkennen,
daß diese Schule fast in lichen Schulen zurückblieb. Bekehrungsapparat zu
allen Stücken hinter den gewöhn
Für Kinder ist der methodistische
schwerfällig und
ganz besonders un-
[30.] ist
Seine Anwendung
geeignet.
Das höhere Schulwesen
ein pädagogischer Fehler.
bei den Methodisten
Bildung wurden durchweg verachtet.
schaft in unserem nicht.
lag anfangs
Gelehrsamkeit und besonders auch theologische
ganz darnieder.
Eine theologische Wissen
Sinne hat der Methodismus bis heute
Aber die treibende Natur der Sache hat eine ge
waltige Bresche gelegt in das methodistische Vorurtheil gegen
die tüchtige Ausbildung
Denominationen
haben
Alle methodistischen
der Prediger.
jetzt
ihre
theologischen
Seminare.
In Deutschland haben bis jetzt die bischöflichen Methodisten ein solches in Frankfurt am Main, kürzlich
eine
neue
theologische
doch werden bald die
In Amerika wurde noch
Albrechtsleute ein zweites gründen.
Schule
für
die
nördlichen
Methodisten in Madison (New-Jersey) gegründet, und für
die südlichen
wurde am 4. Oktober vorigen Jahres eine
vollständige Universität (Tenessee) eröffnet.
mit
26 Professoren
in
Nashville
Doch bleibt die Hauptmission des Metho
dismus unter dem niederen Volk in England und Amerika,
wo er Großes gewirkt hat und noch wirkt durch seine Christianisirung der Volksmassen.
verkleinern.
Dies Verdienst soll ihm Niemand
Seine Arbeit nach dieser Seite wird durch die
Sonntagsschulen wesentlich gefördert. dismus die Kinder erst dann
Doch sieht der Metho
als Glieder der Kirche an,
wenn sie seine Bekehrung durchgemacht haben und förmlich ausgenommen
draußen.
worden
sind.
dahin stehen
Bis
So hofft man oft mehr
sie völlig
auf ihre plötzliche Be
kehrung, als /ruf die Erziehung und den Einfluß der Eltern. Die Folge ist, daß in England viele junge Leute, besonders
auch viele Predigersöhne, zur Hochkirche übergehen.
Sobald
die Kinder 10 Jahre alt sind, oder noch früher, werden sie
in besondere Klassen zu je 12 eingetheilt und passende Ge meindeglieder zu
deren
Führern
ernannt.
Diese
Kinder«
[31] klassen versammeln
sich wöchentlich gerade wie die der Er
wachsenen, um in den Heilswahrheiten unterrichtet und er
muntert zu
werden,
„ernstlich
nach
der Vergebung ihrer
Sünden durch den Glauben an Jesum Christum zu ringen".
Zur Ausnahme in
die Kirche sind Beweise echter Herzens
frömmigkeit und mindestens sechsmonatlicher Besuch der Klasse erforderlich.
volle
Die bei dieser Gelegenheit auch
Verbindung
aufzunehmenden
von den in
Erwachsenen
zu
beant
wortenden Fragen sind denen bei unserer Konfirmation ähn
lich, die sonst im Methodismus fehlt.
Denn nach den metho
distischen Kirchenordnungen gibt es nur eine Bedingung zur Aufnahme in die Gemeinde (society).
ES ist das Ver
langen, dem zukünftigen Zorn zu entfliehen unb von Sünden erlöst zu werden.
Nach Wesley'S Erklärung ist eine metho
distische Gemeinde „ein Verein von Leuten, welche die äußere Gestalt der Gottseligkeit besitzen, nun aber der wahren Kraft
derselben theilhaftig zu werden suchen, zu dem Zweck ver einigt, um gemeinschaftlich und für einander zu beten, das Wort der Ermahnung anzunehmen und über
einander in
Liebe zu wachen, damit sie einander helfen schaffen, daß sie
selig werden".
Drei Regeln gelten als Pflichten eines Ge
meindegliedes: Vermeidung alles Bösen, Gutes thun und Gebrauch der Gnadenmittel.
meinden
oder
Dieses gilt also für die Ge
vereinigten Gesellschaften
(united
society).
Strenger sind die Forderungen an die Glieder der sogenannten Bandgesellschaften, welche den Glauben haben sollen, der die Welt überwindet.
Ihre Rede soll „ja, ja" sein, sie sollen sich
aller geistigen Getränke, alles
Schmucks und des Tabaks
enthalten, jeden Morgen zur Predigt kommen, jeden Freitag
fasten, alle freie Zeit zum Gebet und für die Bibel be-
nutzen u. s. w.
Anfangs waren nämlich die Gesellschaften
in vier verschiedene Arten eingetheilt:
1) erweckte. oder ver-
[32] einigte Gesellschaften; 2) begnadigte oder Bandgesellschafttn; 3) erleuchtete oder auserlesene Gesellschaften;
welche aus der Gnade gefallen
waren.
4) büßende,
Doch wurde diese
Eintheilung nicht streng aufrecht erhalten, so daß man bald
nur noch Erweckte und Begnadigte unterschied.
Piel wichtiger
und höchst bedeutsam für Wesen und Wirken des Metho
dismus ist die Eintheilung der Gesellschaften oder Gemeinden in einzelne Klassen.
In ihnen ruht die Kraft der metho
distischen Kirchenordnung.
Darum nennt Wesley
die erste
Einrichtung der Klassen, die er in der Gemeinde zu Sa vannah traf, den zweiten Anfang des Methodismus.
In
den großen Gesellschaften kann der Prediger unmöglich die Einzelnen überwachen und eS sind Erkaltungen, Rückfälle,
Irrthümer zu besorgen.
Darum sind alle Gesellschaften in
Klassen von je etwa 12 Personen eingetheilt, die sich wöchentlich
unter ihrem Klassenführer (classleader) ein Mal versammeln,
ihren Herzenszustand zu besprechen, Ermunterung oder Tadel zu empfangen und ihre freien Beiträge zur Gemeindekasse
Die Klassen sind geschlechtlich gesondert und also
zu zahlen.
auch darin verschieden von
unseren
Konventikeln, die aus
freiem Drang zur frommen Gemeinschaft entstehen und mit der kirchlichen Ordnung gar keinen organisirten Zusammen
hang haben.
Die
Klassenführer
wöchentliche Zusammenkunft lichen,
selbst haben
wieder ihre
unter dem Vorsitz des
Geist
wobei sie über den Zustand ihrer Klassen und deren
Glieder berichten und das Gesammelte abliefern, da es eine Kirchensteuer nicht gibt.
führer zu wählen
Männer
Der Prediger hat auch die Klassen
und soll nur tiefgegründete und erfahrene
zu seinen Gehülfen in der Seelsorge bestimmen.
Es liegt eine wunderbare Macht in diesen Klassen des Metho dismus.
Man denke sich
lauter solche
Kreise
von mehr
oder weniger religiös angeregten Gemüthern in regelmäßigem
[33] christlichen
Austausch
und
Verkehr,
von
einem kirchlichen
Gemeinschaftsband umschlungen — eS gibt keine Kirche, die zur Pflege brüderlichen Sinnes, speziellster Seelsorge und seelsorgerlicher Kirchenzucht eine so praktische Handhabe bietet.
Aber wir wollen auch nicht die hier
obwaltenden Gefahren
Wir Deutsche find geneigt zu einer übergroßen
übersehen.
Zurückhaltung über unseren inneren Stand und unsere christ
lichen Erfahrungen.
Das mag nicht gut sein.
Aber ebenso
wenig ist das leichte und häufige Kundmachen des im Herzen ruhenden inneren Heiligthums zu billigen.
Wenn man nun
in den wöchentlichen Klassen von inneren Erlebnissen Nichts zu berichten weiß, so kommen oberflächliche Gemüther in die
Gefahr, kleine Erfahrungen zu etwas Großem aufzubauschen, und gerathen so nach und nach in ein gewisses geistliches
Schwatzen, unter dessen Wasserfluthen das innere Leben bald völlig erstirbt.
Auch ist nicht zu übersehen, daß die wöchent
lichen Besprechungen in den Klassen gleichsam eine Ohren beichte sind,
da das Gesprochene
und
Entdeckte von dem
Klassenführer dem aufstchthabenden Geistlichen stets berichtet
wird.
Schneckenburger nennt darum nicht ohne Grund die
Klassen auf
bedenklich
den ersten Anblick ansprechend,
aber in praxi
und sieht in ihnen ein Surrogat des katholischen
Beichtinstituts in kollegialischv Form. Die geschickte Art und der Umfang, in dem die Metho
disten jede Lehrgabe
von Geistlichen wie von Laien, fördern
und für das kirchliche Leben benutzen, steht einzig da.
In
jeder Gemeinde gibt eS dreierlei Laienprediger: Klassenführer
(classleader), Ermahner (exhorter) und seßhafte Prediger oder
Ortsprediger
(local
preacher).
Die Klassenführer
wirken in ihrer Klasse, die Ermahner halten größere Gebets
und Erbauungsstunden, wozu sie einen Erlaubnißschein von der Quartalconferenz haben müssen. Jüngst, Wesen d. Methodism.
Einen solchen müssen 3
[34] Sie arbeiten in der Woche
auch die Ortsprediger haben.
in ihrem Geschäft und bleiben in ihrem Beruf und in ihrer Heimath.
Seßhafte Prediger sind also Nichts weiter,
Glieder einer Gemeinde, predigen.
als
welche die Erlaubniß haben, zu
Doch können sie nach vierjähriger Bewährung als
Diakonen ordinirt werden.
Es gibt zwei Ordinationen, die
der Aeltesten und der Diakonen.
Schon die Diakonenweihe
verleiht das Recht, zu taufen, Ehen einzusegnen und bei der
Austheilung des heiligen Abendmahls zu helfen.
Niemand
aber kann Prediger werden, der nicht vorher.ein volles Glied der Gemeinde war und die Ueberzeugung hat, vom heiligen
Geist zum Predigen angetrieben zu sein.
Finden sich diese
Stücke, so wird er vom Vorsitzenden der Quartalversamm
lung geprüft und ist dann ein nicht ordinirter Ortsprediger. Nach vier Jahren kann er auf Empfehlung von der Quartal-
conferenz durch die große, jährliche Conferenz als Diakon geprüft, gewählt und ordinirt werden.
nationen verfügt die letztere allein.
Ueber alle Ordi
Sind dann nochmals
vier Jahre treuer Amtserfüllung vergangen, so kann der Prediger in ganz derselben Weise auch die Ordination zum
Aeltesten erlangen.
Dann wird er in volle Verbindung aus
genommen, d. h. in den sogenannten Reiseplan, der für alle
Gemeinden von der großen Conferenz festgestellt wird. ist nun ein
Reiseprediger
jährlichen Conferenz.
und als solcher
Er
ein Glied der
Während die Ortsprediger aus dem
Laienstande oft ganz einfache, arme Leute sind, aber durchweg feurig und von populärer, packender Beredsamkeit, bilden
die Reiseprediger den Augenblicklich haben
eigentlichen Klerus der Methodisten.
viele eine
theologische Ausbildung
in
einem Seminar genoffen, was in der ersten Zeit des Metho
dismus nicht der Fall war.
Diese Prediger werden also
immerfort nach einem bestimmten Reiseplan gewechselt.
Am
[35]
Schluß der jährlichen, sitzende,
meist
großen Conferenz verliest der Vor
in einem öffentlichen Gottesdienst,
die An
Es ist ein feierlicher Augenblick,
stellungen der Prediger.
denn nur Wenige wissen vorher, wohin sie für das nächste
Jahr gesandt werden.
Aber fast immer gehen die Prediger
schweigend nnd gehorchend werden
von
genommen.
den
an ihren Bestimmungsort
und
gut
aus
Gemeinden
betreffenden
meist
Keiner aber soll länger, als höchstens 2 bis 3
Jahre vor denselben Zuhörern predigen.
So sind also die
Reiseprediger eine glaubensmuthige Schaar, durch den steten
Wechsel frisch erhalten, durch weltliche Vortheile nicht gelockt, mit Wittwen- und Unterstützungskassen reich versorgt.
Aber
dieses allzeit schlagfertige, stets wandernde Heer, ohne Heimath, seinen Oberen unbedingt gehorsam, durch strenge Regel
gebunden, bietet auch
römischen Orden.
überraschende Aehnlichkeit mit einem
Denn
in ihren Gemeinden.
diese Geistlichen sind nur Gäste
Die eigentliche Seelsorge ruht in den
Händen der Klassenführer. seine Vortheile.
Dieser Predigerwechsel hat zwar
Die Predigt bleibt
der Kirchenbesuch wird belebt.
kann sich nicht aus-
frisch und anregend,
Ein methodistischer Prediger
oder leerpredigen.
Alle paar Jahre
hat er ja eine andere Gemeinde, was oft um so erwünschter
sein mag, als sich die methodistische Predigt in einem wich tigen, aber immerhin beschränkten Kreisausschnitt der Schrift wahrheit zu bewegen pflegt.
Aber durch den steten Wechsel
wird auch jener unruhige Hang der methodistischen Gemeinden
gefördert, alle zwei bis drei Jahre neue Würze und Genüsse mit dem neuen Prediger zu empfangen.
Der im Barmer
Missionshaus gebildete deutsche Pastor Dalies berichtet eine
für den Predigerwechsel bezeichnende Thatsache, einer
schaft
methodistischen Conferenz
in Wisconsin
selbst
die er auf
der Evangelischen Gemein
erlebte.
Er erzählt:
„Bischof
[36]
Escher trat mit der Uhr in der Hand auf den Altar uni>
sagte: , Lieben Brüder und Schwestern! wenn ihr in fünf Minuten 50 Dollar für die Mission aufbringt, dann sage ich euch,
was für einen Prediger ihr
Als die
bekommt/
der Summe erreicht war, sagte der Bischof: ,Jhr
Höhe
bekommt einen guten Prediger!1
rief man enttäuscht.
, Den Namen! den Namen! ‘
Aber es blieb bei der ersten Antwort."
Dalies fügt hinzu: „Entsetzt über diese Auktion in der Kirche
verließ ich dieselbe.
völligem
Heil
Und das ist die.Gemeinschaft, die nach
strebt!"
der
(Jahresbericht
Evangelischen
Gesellschaft für die deutschen Protestanten in Nordamerika. Langenberg und Elberfeld 1876.)
Das mag ja wohl selten
vorkommen, daß man in dieser Weise die Neugier der Ge meinde auf den neuen Prediger
Mission herauszuschlagen.
dazu benutzt, Beiträge zur
Aber eö muß doch
Neugier sein, der man das zumuthen kann.
eine starke
So müssen wir
denn sagen, daß der rasche Wechsel dem Methodismus wohl eifrige Evangelisten gibt; aber es fehlt die allmähliche, segens reiche Einwirkung eines treuen Dieners am Wort, der in
seinem Amte lebt
und
und webt
fürbittender Liebe
und unter
die Täuflinge
dessen erziehender
zu Lehrkindern,
Lehrkinder zu selbstständigen Christen heranwachsen.
die
Diese
liebliche und gedeihliche Einwirkung, die allmählich und doch mit stiller Kraft so Großes thut für die geistliche Wohlfahrt,
diese Bertrauensstellung der Gemeindeglieder zu ihrem Seel sorger, der Heerde zu ihrem Hirten, ist bei den Methodisten durch das Gesetz unmöglich gemacht.
Doch wir kehren zurück zur Gliederung der methodistischen Kirche.
Den Mittelpunkt bilden also die Klassen.
Um sie
herum gruppiren sich in immer größeren concentrischen Kreisen
die Gesellschaften, Bezirke, Distrikte.
Die vorhandene An
zahl der Distrikte bildet eine methodistische Kirche.
An ihrer
[37]
Spitze steht
die große jährliche Conferenz.
Schöll sich ausdrückt,
Sie ist, wie
das Herz des Methodismus.
müssen ihr noch besondere Aufmerksamkeit schenken.
Wir
Doch
ist zu bemerken, daß diese oberste Kichenbehörde des Metho
dismus bei den bischöflichen Methodisten bloß alle 4 Jahre
zusammentritt unter dem Namen Generalconferenz.
Bei der
Größe dieser Gemeinschaft und der weiten Entfernung der Arbeitsfelder konnte man nicht alle Prediger zur Conferenz nehmen, noch
dieselbe jedes Jahr zusammenkommen lassen.
So theilte man denn die ganze Kirche ein in jährliche Conferrnzen, deren die bischöflichen Methodisten seit 1868 71 zählten.
Auf je
30 Glieder
dieser jährlichen Conferenzen
kommt ein Deputirter zur Generalconferenz, Delegatenconferenz ist.
die also eine
Diese Einrichtung besteht seit 1808.
Im Wesentlichen entspricht
den englischen Wes
aber Alles
leyanern. Wenn wir von der großen Conferenz der Methodisten
hören, liegt es uns nahe, sie in Analogie zu setzen zu unseren Wir würden aber darin sehr irren.
Generalsynoden.
eigentliche Vertretung
der Gemeinden
Eine
in Presbyterien und
Synoden ist dem Methodismus völlig fremd.
Er ist darin
wesentlich verschieden von seinen presbyterianischen Nachbar kirchen.
Durch
die Organisation Wesley's geht
ein
ent
schieden hochkirchlicher Zug; so lange er lebte, war er der Monarch
des
Methodismus.
Seit
seinem Tode
hat
Verfassung einen aristokratisch-hierarchischen Charakter.
die
Der
selbe ist uns schon in kleinen Zügen entgegengetreten, findet aber seine Vollendung in der Machtstellung der jährlichen
Conferenz.
Nur Geistliche werden zu ihr zugelassen.
erste Conferenz
fand
rühmten Gießhausc
1744 in London
(Foundery).
statt
in
Die
dem be
Wesley dachte nicht im
Entferntesten daran, eine Synode mit Sitz und Stimmrecht
[38] zu
schaffen.
Er berief nur,
wen
er
wollte von
seiiien
Freunden, um sie zu hören über die beste Methode für das Reich Gottes.
Aber aus dieser bloß berathenden Versamm
lung wurde immer mehr die oberste Behörde für die ganze Gemeinschaft, welche gesetzgebende und vollziehende Gewalt,
Oberaufsichtsrecht und DiSciplinarverfahren übte. Als nämlich Wesley sah, daß sein Bruder Charles sich dauernd zurück
gezogen hatte und die Zeit seines eigenen Abscheidens nahe sei,
wünschte er dem Methodismus zur Sicherung seines
eigenartigen Fortbestandes Gesetz und Verfassung zu geben.
Er übertrug alle feine Rechte auf die Prediger der Conferenz,
deren Zahl er für immer auf 100 festsetzte.
Diese gericht
liche Urkunde, welche besonders auch die Eigenthumsrechte gegenüber dem Staate ordnete, wurde am 25. Februar 1784
im Oberkanzleigerichtshof deponirt.
ES ist die magna Charta
des Methodismus und hat den Namen Deklarations-Urkunde,
deed of declaration. liche
zu
Die Conferenz hat also nur Geist
Mitgliedern und
ergänzt sich
durch
Cooptation.
Sie tritt jedes Jahr zusammen und ist im Vollbesitz aller kirchlichen Rechte, übt unbeschränkten Einfluß aus die Ge
meindeglieder, nimmt Prediger auf und kann sie nach Gut
dünken entlassen.
Reisepläne für
Hier werden die Candidaten geprüft, die
die
Prediger
entworfen,
die Gesetze und
Regeln für sie und die Glieder aufgestellt, die dogmatischen
Fragen entschieden, die Vermögensverhältnisse geregelt. Prompt
und geschickt führt die Conferenz ihre Beschlüsse ans durch die
untergeordneten Organe
der Distriktcomitös,
vorstände, Gesellschaften und Klassen.
Bezirks
Die Beschlüsse werden
im Protokollbuch vom Präsidenten und Sekretär unterzeichnet. Die gesammelten Protokolle (minutes) bilden das Gesetzbuch für Kirchenlehre
und
gehören 40 Glieder.
Kirchenzucht.
Zur Beschlußfähigkeit
Sollte ein Mal die Gliederzahl unter
[39] 40 sinken,
so ist die Conferenz als aufgelöst zu betrachten
und das Eigenthumsrecht an Kapellen, Predigerwohnungen
u. s. w. fällt den Curatoren anheim» welche an den
ein
zelnen Orten wohnen und etwa unseren Kirchmeistern oder den Bauherren der Gemeinden Bremens entsprechen. Diese Urkunde
dem wesleyanischen
gab
Methodismus
sein unauslöschliches Gepräge und er hat bisher mit großer Zähigkeit an ihr festgehalten.
Aber sie rief einen Sturm
des Unwillens und eine Fluth von Streitigkeiten in seiner
Mitte hervor.
Schon bei der ersten Mittheilung entbrannte
der Streit, denn es gab 190 Prediger und nur 100 waren zur
Conferenz
auserlesen.
Nur
konnte er nicht.
innige Fletcher
der
mochte es, den Streit zu vertagen.
ver
Aber vermieden werden
War doch auch die eigentliche Gemeinde in
In diesem Mangel
keiner Weise zu ihrem Recht gekommen.
der Verfassung und keineswegs in irgend einem Dogma haben die vielfachen Separationen des Methodismus ihre Ursache.
Aber der englische Methodismus ist durch seine Urkunde ge
bunden und hat auch mitgetheilt.
dem amerikanischen seinen Charakter
Dieser will aber
dazu übergehen,
Anzahl Laien zur Conferenz zuzulassen.
conferenz hat diese Angelegenheit schon berathen.
auch
eine
Die dortige General1860, 64 und
68
Es ist natürlich eine aller methodistischen Tradition
widersprechende Maßregel.
Darum sand im Juni 1869 in
allen Gotteshäusern der bischöflichen Methodistenkirche eine
Abstimmung aller ihrer Glieder statt, für oder gegen die Laiendelegation.
Die große Majorität,
folgenden jährlichen Conferenzen, sprach
tretung der Laien aus.
auch in den bald sich für eine Ver
So ist eine segensvolle Aenderung
in der Constitution dieser Kirche angebahnt.
Dieselben Be
strebungen in England hatten bisher keinen Erfolg.
Hier
ist die Geistlichkeit in der großen Conferenz noch allein be-
[40] rechtigt und im vollen Machtbesitz.
Selbst die auswärtigen
Conferenzen sind ihr untergeordnet.
Eine Woche vor Beginn
der Conferenzen versammelt sich schon der Ausschuß, der die Vorschläge
zur
Besetzung
der
Predigerstellen
macht
(das
stationing Comittee), zu dem jeder Distrikt einen geistlichen
Delegaten sendet.
Ueberhaupt ist die Berwaltungsmaschinerie
Alle einzelnen Zweige
ganz trefflich und sorgsam geordnet.
haben ihre besonderen Comitös, wodurch der Geschäftsgang
wird.
sehr erleichtert
Wir nennen hier
nur die Comites
für Wahrung der Gesellschaftsrechte, für den Verkehr der Regierung, für die Controlc
mit
der Verwaltung, für die
Presse und die Buchanstalten, für das Erziehungswesen, für die Predigerseminare, für die Schulen der Predigerkinder,
für den Kapellenbau, die Unterstützungskasse, den Emeriten
fonds, die Wittwenkasse, den Kinderfonds. So ist also das Verfassungsgerüst des Methodismus be
schaffen.
Aber
dieses
Organismus umgeben.
Gerippe
ist
So wird
von
einem
lebendigen
z. B. die im Metho
dismus geübte Wohlthätigkeit von keiner anderen Kirche über
troffen.
Die
milden Beiträge in
der bischöflichen Metho-
distenkirche betrugen im vorigen Jahr 1,112,318 Dollars. Der Methodismus ist reich an Werken der inneren Mission. Manche nennen Wesley
ihren Vater.
Ich erinnere an die
Armen- und Gefangenenpflege, an die Stadtmissionen, die Sonntagsschulen,
die Traktatlitteratnr, die Straßenpredigt.
Die Liebesthätigkeit des Methodismus ist im wahren Sinne
eine großartige. —
Doch wir eilen zum Schluß. wesentlich beigetragen zur Weckung
Der Methodismus
hat
eines neuen, religiösen
Lebens in der englischen Kirche, wie unter den Dissenters.
Augenblicklich strömt dasselbe anerkanntermaßen viel breiter und tiefer, als in den Tagen Wesley's.
Ist aber damit die
[41] kirchenhistorische Aufgabe des Methodismus gelöst? wird er noch in die Kirche zurückkehren, die jetzt mit ihm befreundet ist? oder wird er als Sonderkirche noch lange dauern und immer größere Wirksamkeit entfalten, immer wachsende Er folge erzielen? Die Zukunft wird es lehren. Aber der Herr wird auch dieses lenken. In seiner Hand ruht nicht nur das Geschick der Einzelnen, sondern auch der staatlichen und kirchlichen Bildungen. Ueber ihnen allen steht das End ziel aller Welt- und Kirchengeschichte, das Reich Gottes. Seinen Zwecken muß auch der Methodismus dienen. In Deutschland ist seine Mission erfüllt durch den Pietismus. Das deutsche Charisma ist verschieden von dem anglo-amerikäntschen, aber mit ihm gleichberechtigt. Daß der Metho dismus die anderen evangelischen Kirchen als sein Missions gebiet behandelt, offenbart einen unberechtigten kirchlichen Partikularismus. Seine Arbeit in den evangelischen Kirchen Deutschlands, die mit bedeutenden Mitteln planmäßig be trieben wird und täglich wächst, wird nur insoweit kirchen geschichtliche Bedeutung erlangen, als die deutsche evangelische Kirche ihre Pflicht versäumt. Diese Pflicht ist Pflanzung und Pflege lebendiger Frömmigkeit aus dem unerschöpflichen Born der Schrift, der Reformation und des deutschen Ge müthes.
II.
Die methodistischen Kirchen. Wesleyaner, bischöf liche Methodisten, Älbrechtsbrüder.
„Ich sah (und ach, ich hoffe wohl vergebens
Vor meinem Ende Gleiches noch zu sehn),
Ich sah den alten Krieger auf dem Kampfplatz Der Christen, dem kein Schwert zu schwer. Ernst, doch nicht düster, ohne Stolz gelehrt,
Bestimmt, nicht förmlich, sanft, doch kühnen Blickes; Ein Mann, so reich begabt, daß er manch Dutzend
Moderner Selbstlinge ausstatten könnte; Dem's, wo es Noth that, nicht an Witz gebrach, An blitzeshellem, leicht und schnell gewandtem;
Der von der Kindheit ftühstem Dämmermorgen
Und von der Weisheit lichterfüllten Werken Mit reichem Stoffe euer Ohr entzückte,
Daß sich der Lauscher hochbegünstigt hielt;
Doch dessen höchster, seligster Genuß Und dessen schönster Ruhm das Evangelium.
Da überströmte seine Rednerfülle Vom alten Griechenland, vom alten Rom,
Da war er ganz in seiner heitern Heimath.
[43] Nicht glänzen wollt' er und nicht überragen, Nur treu dem dienen, was ihn ganz erfüllte/ So redet der Dichter Cowper von Wesley. lebt seine Wirksamkeit im Andenken der Nachwelt.
Noch heute Im An
fang des Jahres 1876 wurde in der Westminster-Abtei ein schönes Denkmal für
Relief desselben
die
Brüder Wesley
stein seines Vaters auf dem Stanley, Dean
sagte,
enthüllt.
Ein
zeigt uns John predigend von dem Grab Kirchhof zu
Epworth.
Mr.
von Westminster, hielt die Weiherede und
auf den im
Grabe Ruhenden deutend,
daß John
WeSley auf den ehrwürdigen Ueberlieferungen der englischen
Kirche gestanden und nicht Streit, sondern neues, christliches
Leben gewollt habe. zertheilt.
Der
Dasselbe ist äußerlich freilich vielfach
Methodismus Englands stellt sich uns jetzt
dar in den oben genannten acht verschiedenen Gemeinschaften. Mindestens
achtfach
ist
(s. u. 2. Abth., S. 4).
auch
der
amerikanische
zergliedert
Für uns erfordern nur die Kirchen
gemeinschaften eine genauere Betrachtung, welche in Deutsch
land arbeiten, die Wesleyaner, die bischöflichen Methodisten und die Albrechtsleute*).
*) Doch will ich eine spezielle Notiz über den Stifter der Otter-
beinianer hier nicht verloren gehen lassen. Stahlschmidt, der Verfasser der „Pilgerreisen zu Wasser und zu Lande" (herausgeg. von Jung-Stil-
ling 1799), verkehrte in Baltimore mit Otterbcin und redet sehr freund lich von ihm.
Dem gründlichen Kenner heimischer Kirchengeschichte, Herrn
Canzleirath Fr. Göbel in Siegen, verdanke ich noch folgendes Biogra phische: Philipp Wilhelm Otterbein, geboren 1726 in Frohnhausen bei
Dillenburg, war der zweite Sohn des Pfarrers Otterbein.
Seine fünf
Brüder wurden evangelische Geistliche in Bürbach, Herborn, Berleburg,
Duisburg und Mühlheim a. d. Ruhr.
Er studirte 1742 in Herborn,
fungirte als Candidat im Bergischen und als Lehrer des Pädagogiums
in Herborn, ging aber 1762 nach Dorktown in Pensylvanien und von da nach Baltimore, wo die Otterbeinskirche noch steht.
[44] Ehe wir sie aber einzeln betrachten, fragen wir noch ein Mal nach dem letzten, tiefsten Unterschied zwischen den me thodistischen Kirchen überhaupt und unserm deutschen, kirch
lichen Wesen.
dabei auch
Wir berücksichtigen
die neueste
Dogmatü deS deutschen Methodismus von Dr. A. Sulz berger, Lehrer an der Martins-Missionsanstalt der bischöf lichen Methodistenkirche zu Frankfurt a. M. (Christliche Glau
benslehre vom methodistischen Standpunkt, 1876 u. 1877). Nach ihm ist der Methodismus gegenüber dem Katholicismus protestantisch, gegenüber dem Calvinismus und seiner Gnaden
wahl entschieden verneinend, gegenüber dem Lutherthum und
seiner Sakramentslehre entschieden reformirt und ist durch ferne gesunde, biblische Lehre über allen ConfessionalismuS
erhaben, von wahrhaft apostolisch-katholischem Charakter. Sein einziges, anerkanntes
Glaubensbekenntniß
ist das,
welches
Wesley in 25 Artikeln aus den 29 Glaubensartikeln der englischen Kirche entnommen hat.
Aber die Lehre von der
christlichen Vollkommenheit gilt als
methodistischen
Theologie"
„Kern und Stern der
(Sulzberger).
der verschiedenen Verfassung,
Abgesehen
von
haben in der That alle Kir
chen des Methodismus zum treibenden Ideal ihrer Fröm
migkeit die vollkommene Heiligkeit. für uns hier in Betracht kommen.
Auch die drei, welche
Wir hören auf ihre
Vertreter. Die Lehre und Kirchenordnung der bischöflichen Metho-
distenkirche sagt: „Welches ist der wirksamste Weg, Christum zu predigen? . . .
Lasset uns kräftig und bestimmt äußere
und innere Heiligkeit in allen Stücken aufdringen."
Sie
fragt ihre Prediger vor der Aufnahme in volle Verbindung:
„Jagst du der Vollkommenheit nach? erwartest du in diesem Leben in der Liebe vollkommen gemacht zp werden? seufzest zu darnach?"
[45] In der Kirchenordnung der evangelischen Gemeinschaft
heißt es: „Wir sind darin einstimmig, daß wir alle gänzlich
von aller Sünde erlöst werden können — versteht sich von allen bösen Neigungen und Begierden."
Der Delegirte der Wesleyaner, Rev. Prof. Pope, sagt
(Baltimore, Mai 1876):
„Wir dürfen uns nicht fürchten,
Vollkommenheit in Christo und Vollkommenheit in uns durch
Bereinigung mit ihm zu lehren und zu predigen. Doch muß diese Vollkommenheit eine christliche und evangelische sein und zugesehen werden, daß nicht alles Gewicht auf den Glauben,
die Bedingung und zu wenig Gewicht auf die Werke, als Früchte, gelegt werde.
Wir müssen uns davor hüten, gänz
liche Weihung zum Dienste Gottes an die Stelle der Voll kommenheit zu setzen, da dieselbe vielmehr der Anfang und
ihre Bedingung, aber nicht ihre volle Realisation ist.
völliger Weihe an Gott sollte angefangen und Vollkommenheit gefahren werden."
Mit
dann
zur
Dr. Steele widmet in
seinen Betrachtungen über evangelische Vollkommenheit einen
besondern Abschnitt der Liebe, welche auch die Erbsünde über windet (Love triumphant over Original Sin).
Schon
im Jahre 1764 faßte Wesley seine Vollkommenheitslehre in kurze Sätze zusammen:
1) Es gibt eine Vollkommenheit, denn die heilige Schrift spricht wiederholt davon. 2) Sie geht nicht btt Rechtfertigung voraus, denn die
Gerechtfertigten
sollen
zur
Vollkommenheit fahren.
Hebr.
6, 1. 3) Sie wird nicht beim Sterben bewirkt; denn Paulus
redet von
Christen,
welche im Leben vollkommen
waren,
Phil. 3, 15. 4) Sie ist nicht
allein.
unbegrenzt.
Eine
solche
hat
Gott
[46] 5) Sie macht den Menschen nicht unfehlbar.
Das ist
Niemand hier im Fleisch.
6) Besteht sie nicht in Sündlosigkeit? nicht,
über
Worte
zu
streiten.
Sie ist:
ES lohnt sich
Erlösung
von
Sünde. 7) Sie ist „völlige Liebe".
Diese ist ihr Wesen, 1 Joh.
4, 8. 1 Thess. 5, 16. 8) Sie ist des Wachsthums fähig.
9) Sie ist verlierbar, denn davon haben wir zahlreiche Beispiele.
10) Es geht ihr immer ein stufenweises Werk voran und auch folgt ihr dasselbe. 11) Sie wird in der Regel plötzlich bewirkt.
Derselbe Ton klingt durch das methodistische Kirchenlied. Die BollkommenheitSlehre findet hier ihren Wiederhall. Da
her alle die bezeichnenden Ausdrücke: „To perfect health restore my soul,
to perfect holiness and love; the
law of liberty from sin, the perfect law of love; per-
fected in
love,
throughly
purify;
restored
to our
unsinning state; now let me gain perfection’s height, now let me into nothing fall; o find the perfect holi
ness, the righteousness divine; what is our calling’s
glorious hope, hüt inward holiness“ u. s. w. die Verse:
„ The word of God is sure And never can remove; We shall in heart be pure And perfected in love: Rejoice in hope, rejoice with me We shall from all our sin’s be free.“ Oder:
„I shall, a weak and helpless worm Through Jesus strengthening me
Daher
[47] Iinpossibilities perform And live from sinning free." Oder:
„Speak the second time ,be clean ‘! Take away my inbred ein; Every stumbling-block remove, Cast it out by perfect love. “ Oder:
„From all iniquity, from all He shall my soul redeem; In Jesus I believe and shall Believe myself to him. “ (Vgl. ferner die Abtheilung: Seeking kor full Redemp
tion in A collection of hymns kor the use ok the people called Methodist’s by Rev. Wesley, M. A.)
Dem Allen gemäß bezeichnet Jakoby mit vollem Recht
als unterscheidendes methodistisches Dogma die Lehre von der christlichen Vollkommenheit (Handb. des Method., S. 239)
und sagt später:
„Mein Glaube steht fest, daß der Herr
den Methodismus gebrauchen wird, evangelische Heiligkeit in
Deutschland verbreiten zu helfen" (Geschichte des Methodis
mus, Bd. II, S. 260).
Die Ausdrücke sind verschieden:
christliche Vollkommenheit, völlige Liebe, gänzliche Heiligkeit, volles Heil, volle Erlösung, völlige Uebergabe; oder auch: ich habe nun einen ganzen Heiland, oder: ich habe den zweiten
Segen erlangt. Soll einmal ein Vergleich gezogen werden zwischen deutscher und englischer Reformation, zwischen Luther (Calvin, Zwingli,
Spener, Zinzendorf) auf
der einen und Wesley auf der
andern Seite, so erkennen wir bei uns in demselben Grade
ein gewisses Vorwiegen der Rechtfertigung, wie bei Wesley deutlich die Heiligung hervortritt.
Das Richtige ist da, wo
[48] beide zu ihrem vollen Rechte kommen und die Rechtfertigung
in der Heiligung ihre göttliche, treibende Kraft entfaltet und bewährt.
Vor einigen Jahren sagten wir (in einer Ab
handlung über die Böhme'schen Stillen im Lande):
„Es
zeigt sich, wie die Kirche mit glücklichem Griff die Extreme vermeidet, wenn sie Rechtfertigung und Heiligung in einen
immer mehr organischen, inneren Zusammenhang bringt." Gerade darum bleibt uns die Rechtfertigung die reichste Erb
schaft, weil sie den gesunden Keim und Lebenstrieb der Hei
ligung in
viel.
uns pflanzt.
Wem viel vergeben ist, der liebet
Wer will diese beiden auseinanderreißen?
Sichtlich
hat das neue Leben bei Luther seinen Mittelpunkt in der
vergebenden Gnade, bei Wesley in der züchtigenden.
Die
Kirchen der deutschen und der wesleyschen Reformation tragen
den Geist ihrer Stifter. Doch wir betrachten genauer die drei methodistischen Kir In Bezug auf die englischen
chen, die uns hier interessiren.
Wesleyaner, die jetzt 2596 Prediger haben (Conferenzbericht
Juli 1876), ist zunächst eine inzwischen geschehene,
same Thatsache nachzutragen. aus
aristokratische Verfassung,
regieren hatten.
bedeut
Sie besaßen bisher eine durch
da nur die Geistlichen
zu
Diese wehrten alle Laienvertretung ab, die
Amerika doch schon längst einführte.
So waren z. B. auf
der bischöflichen Generalconferenz in Baltimore im Mai 1876
138 Laiendeputirte: Advokaten, Fabrikanten, Farmer, Kauf leute, Bankiers, Lehrer, Aerzte, Baumeister, Elsenbahnbeamte u. s. w.
Aber das Verlangen der Laien, welche die Kirche
durch ihre Beiträge zu erhalten haben, in der Jahrescon-
ferenz Sitz und Stimme zu erhalten, trat auch in England eben so oft wieder hervor, als es abgewiesen wurde.
End
lich wurde ein Ausschuß für diese Frage eingesetzt, der sich
im Frühjahr 1876 dafür entschied.
Darnach ist denn das
[49] Princip der Laicnvertretung auf der
131. Jahresconferenz
der wesleyanischen Methodisten in Nottingham im September 1876 endlich angenommen worden.
Der mit 369 gegen 49
Stimmen gefaßte Beschluß besagt, daß auf allen Stufen
der kirchlichen Verfassung die Laien gleiche Rechte Commission berathen, von
den Distriktsversammlungen er
örtert und von der Conferenz bestimmt werden.
greifende,
für
wird den
englischen Methodismus
das Jahr
breiten Grundlage eines
mit den
Das Nähere wird noch von der
Geistlichen haben sollen.
1878 beschlossene
Diese durch Umgestaltung
neu beleben.
willigen Laienelementes
Auf der
wird
die
Opferfreudigkeit und Missionslust der Wesleyaner wachsen.
Sie brachten
1875 bloß für Bauten 6,000,364 Mark auf
und beschlossen für
Kirchengebäuden.
1876
die Errichtung von
Ihr Verhältniß zur
jetzt durchweg ein freundliches.
130 neuen
englischen Kirche ist
Ihre Abendsmahlsordnung
(herausgegcben von John Barrat, Waiblingen 1873) ent hält treffliche Gebete der englischen Liturgie.
Die Spende
formel heißt: „Der Leib unseres Herrn Jesu Christi, der für
dich dahingegeben ward, erhalte deine Seele und deinen Leib zum ewigen Leben.
Nimm und iß dieses
zum Gedächtniß,
daß Christus für dich gestorben ist, und genieße ihn in deinem Herzen im Glauben mit Danksagung. — Das Blut unsers Herrn Jesu Christi,
welches für dich vergossen ist, erhalte
deine Seele und deinen Leib zum ewigen Leben.
Trink dieses
zum Gedächtniß, daß Christi Blut für dich vergossen wurde, und sei dankbar." —
Doch wir wenden uns zu dem amerikanischen Methodis mus.
Sein Wachsen ist noch weit großartiger.
Vor einem
Jahrhundert dort kaum dem Namen nach bekannt, bildet er
jetzt die mächtigste religiöse Organisation in den Vereinigten Staaten.
Die Statistik von 1875 zählt über 6| Millionen
[50] Methodisten gegen 4| Millionen Baptisten, fast 3 Millionen Presbyterianer und beinahe 2 Millionen Katholiken. Daneben
gibt es bedeutende Missionen im Ausland.
Die erste jähr
liche Conferenz in Norwegen z. B. fand im August 1876
in Christiania statt.
Glieder.
Dort sind 20 Prediger
und 2798
Kürzlich wurde auch in Rom die erste protestan
tisch-italienische Kirche eingeweiht.
Das dortige theologische
Seminar wird von Rev. Pigott geleitet. Zu den 16 Predigt
plätzen in Italien kamen 1875 noch neun andere Stationen. In
Neapel haben sie ein eigenes Gotteshaus und Blatt, die Civiltä evangelica.
Die bischöfliche Methodistenkirche des Nordens
hat überhaupt nach den Conferenzberichten von 1875: 15,633
Kirchen im Werthe von 71,350,234 Dollars.
Die Ursachen
dieses riesenhaften Wachsthums sind leicht erkennbar.
Der
Strom der Einwanderung aus Europa schlug an die Ost
küste des Landes und drang in demselben immer weiter nach
Westen vor.
Da war nun gerade der Methodismus mit
seinem System von Reisepredigern und Ortspredigern ge eignet, die religiösen Bedürfnisse der schnell wachsenden Be
völkerung zu befriedigen.
Er war auch
stets zur Stelle.
Sobald eine neue Ansiedelung gegründet wurde, waren auch
die methodistischen Reiseprediger da.
Sie sind eine treffliche
Einrichtung für eine so fluctuirende Bevölkerung. Nützlichkeit in festen Verhältnissen, tauchen jetzt unter Friedensbote der
Nr. 1).
Ueber ihre
besonders für Städte,
den Methodisten selber Zweifel auf (s.
evangelische Synode
des Westens 1877,
Denn Thom. Jacksons Begründung erweist sich
keineswegs überall stichhaltig: „der besondere Geschmack von
Allen wird befriedigt und das Interesse der Neuheit wird dem Christenthum dienstbar" (Geschichte des Methodismus, S. 97).
Die Sklavenfrage, deren Lösung Ströme von Blut ge-
[51]
lostet, verursachte auch eine kirchliche Trennung der bischöf lichen Methodisten. ES war die größte unter den vielen Separationen, als im Mai 1845 dreizehn Conferenzen der Südstaaten die bischöfliche Methodistenkirche des Südens gründeten. Trotzdem die Ursache der Trennung fortgefallen ist, hat doch noch 1870 Jakoby (Geschichte des Methodismus, Bd. II, S. 142) sehr wenig Hoffnung auf eine Versöhnung zwischen den feindlichen Schwestern. Dennoch findet neuer dings eine Annäherung statt, die zu einer Versöhnung Aus sicht bietet. Ein von beiden Seiten zusammengesetztes Comits tagte im August 1876 sieben Tage lang zu Cape May und arbeitete eine „völlige Fraternität" in genauen Paragraphen aus, die noch von beiden Generalconferenzen genehmigt werden muß. Ueberhaupt geht eine kräftige Unionsbewegung durch die methodistischen Kirchen. Im Mai 1876 erwog die bischöfliche Generalconferenz in Baltimore ernstlich die Frage, ein ökumenisches Concil aller Zweige der großen Methodistenfamilie zu berufen. „Die Aufmerksamkeit der ganzen Welt wird durch ein solches General-Concil in einem Grade auf den Methodismus und seine geschichtliche Ver gangenheit gerichtet werden, wie es noch nie der Fall ge wesen." Wir sagten schon, daß der amerikanische Methodismus geräuschvoller wirke, als die würdigen Wesleyaner Englands, und schilderten ein verlängertes Meeting in Amerika. Aller dings fordert die methodistische Kirchenlehre nirgends die Bußkrämpfe als einziges Merkmal einer wahren Bekeh rung (Sulzberger, Bd. II, S. 381). Aber die kirchliche Praxis zielt auf die gewaltigen Gemüthserschütterungen hin, und stehend notiren die kirchlichen Blätter die Zahl dieser „Bekehrungen", die ein Meeting hervorbrachte. Die An wendung der „neuen Maßregeln" ist bis heute wesentlich die-
[52]
Das zeigt auch der Bericht eines Augenzeugen von«
selbe.
1876.
September
New-Jork liegt der
Im
nördlichen
Theile
des
runde See (Round lake).
Staates Dort hat
eine Gesellschaft einen schönen, großen Hain erworben und
eingefriedigt.
Auf demselben stehen in
Gassen
etwa
kleine, zierliche Sommerwohnungen, die von stillen, habenden Leuten werden.
150
wohl
auf einige Monate familienweise bezogen
In der Zeit der Lagerversammlung werden eben
so viele Zelte errichtet, deren jedes eine Familie oder Gesell
Dann wird die offene Holzkirche in der Mitte
schaft faßt.
des Lagers durch ein angesetztes Zeltdach und Sitze zur Seite
im Freien
etwa fünffach
vergrößert und die Züge halten
dort mit ermäßigtem Fahrgeld. ganze Zeit oder auch
Sie bringen Gäste für die
für einzelne Tage.
Doch wir lasse«
den Augenzeugen über ein dortiges Meeting der bischöflichen
Methodisten
richten!
vom August und September
„Man
1876
selbst be
ist in der Luft amerikanischer Frömmigkeit.
Beim Läuten einer Glocke setzt mau sich still mit dem Ge sicht nach dem erhöhten Altar zu, Farben drapirt ist.
der in die amerikanischen
Dahinter steigen Sitze für die metho
distischen Prediger auf, deren ich 28 zählte.
hinter dem Altar?
Mutter einer dreizehnjährigen Tochter.
Times vom
Wer aber saß
Die dicke Frau van Cott, Wittwe und
8. September
Die Albany Evening
1876 berichtet:
, Sie ist eine
nette, wohlerhaltene Frau von 46 Jahren, über 250 Pfund wiegend, mit einer tiefen, männlichen Stimme und unbegränzter Kraft der Ausdauer.
ungünstig — bald
Der erste Eindruck, den sie macht, ist
sie scheint unweiblich;
aber dies vergißt man
bei der Bewunderung ihrer großartigen
Gewalt und
dann bei Unterwerfung unter den religiösen Einfluß, der ihr ohne Frage zu Gebote steht/
singen ohne Instrument.
Sie bat, zuerst ein Lied zu
Nun, diese englischen Lieder sind
[53] sehr schön, innig, aber die Melodiken sind weltlich, arien
mäßig.
Dann las sie 1. Cor. 13 etwas theatralisch, wobei
schon einige Leute merklich seufzten.
Hiernach hielt ein Geist
licher ein schönes, langes Gebet um Erweckung und Segen
für die Bersammlung.
Dann sang man, und Mrs. van
Cott erwähnte das paulinische , Eure Weiber lasset schweigen in der Gemeindeum sich ziemlich gut darüber hinaus zu helfen.
Sie hielt eine lange, in ihrer Art ausgezeichnete
Rede über das Kleine, das groß ist vor Gott und große Dinge thut.
Nun stöhnten viele Leute und riesen: , Amen,
o Lord' ii. s. w.
und zwar jetzt.
Sie forderte auf, zu Jesu zu kommen
Es wurde mir doch ein wenig bunt.
Einige
20 bis 30 von den etwa 1200 Anwesenden kamen von selbst
auf die betreffenden Bänke, andere holte sie bei ihrem Rund gang. durch die Reihen.
Ich studirte unter furchtbarem Herz
klopfen einige englische, zart ausweichende, der Sache selbst
zustimmende Redensarten, als ich merkte, daß sie doch nur
Frauenzimmer heranholte.
Indeß
ließ sie immer heftiger
singen und beten, bis offenbar ein allgemeines Ergriffensein ausbrach.
Die Leute warfen sich nieder, keuchten, weinten,
frohlockten u. s. w.
Doch empfing man nirgends den Ein
druck des Unsinns oder gar der Heuchelei.
Daun traten
Leute auf, welche beteten oder ihre Bekehrung kurz erzählten, oder sie ließ Alle, die Jesus liebten, die Hände erheben u. s. w., bis nach kurzem Lied und Segen geschloffen wurde,
um bei Licht wieder anzufangen. digten der Geistlichen.
waarm und Obstläden,
Abends sind meist Pre
Man hat im Lager feine Colonial-
Postamt, Telegraph, Polizeiamt',
Buchhandlung und mehrere Restaurationen, natürlich ohne geistige Getränke." Nach diesem Genrebild aus dem kirchlichen Leben des bischöflichen Methodismus bleibt noch Einiges zu sagen über
[54] die kleine, deutsch-amerikanische Gemeinschaft der Albrechts leute. Eine zusammenhängende Darstellung derselben fehlte bisher. Selbst Dr. theol. Graul in Leipzig rechnet in der fünften Auflage seiner „Unterscheidungölehren" die Albrechts leute zu den Baptisten und verwechselt sie mit den Springern (Jumpers). Doch wir werden auf sie hingewiesen nicht durch ein bloßes historisches, sondern durch das praktische Interesse, eine genaue Kenntniß derjenigen Gemeinschaft zu ermöglichen, welche aus allen Kräften bemüht ist, in Deutschland ihre Kirche zu pflanzen. Diese kleine, ursprünglich rein deutsche „Evangelische Ge meinschaft" hat jetzt 1300 Prediger. „Sie sind nicht ein gelehrtes, aber ein bekehrtes Ministerium. Doch kann aus dem letztern das erstere werden" — sagte Bischof Escher auf der Conferenz in Kirchheim im Juni 1875. Ohne Verbindung mit den Wesleyanern lehnt sich die Evangelische Gemeinschaft enge an die bischöflichen Methodisten an. An ihnen hat sie eine starke Stütze. Bon Anfang an schlug sie deren Wege ein in Verfassung, Erziehungssache, Verlags Litteratur und Lehre. So herrscht denn bis heute ein brüder liches Verhältniß. Vielleicht geschieht noch einmal eine Ber einigung trotz Jakoby's Zweifel (Geschichte des amerikanischen Methodismus, S. 233). Die beiderseitigen Conferenzeu werden gegenseitig beschickt, und bei dieser Gelegenheit wird stets die Uebereinstimmung und Zusammengehörigkeit beider Gemeinschaften betont. Hievon zeugen auch die Verhand lungen der Deutschland - Conferenz der Albrechtsbrüder in Kirchheim und der bischöflichen Conferenz in Heilbronn 1875. Ebenso wünscht die brüderliche Zuschrift der evangelischen Gemeinschaft an die General-Conferenz der bischöflichen Kirche 1876 eine Union, besonders, damit das deutsche Missionswerk diesseits und jenseits nicht ein getheiltes bleibe. „Viel erfolg-
[55] reicher würde die Streiterschaar unter einem Banner kämpfen. Bereinigt würde unsere Macht und unser Einfluß sofort um'S Vierfache wechsen.
Der Unglaube, Rom und seine Cohorten,
das todte Formchristenthum vieler deutschen Kirchen würden
die Kraft unsers geistigen Lebens spüren."
Gerade die Arbeit der Albrechtsbrüder in
Deutschland
fordert es, im folgenden Abschnitt noch Näheres über ihre Gemeinschaft mitzutheilen.
Bail,
der
frühere
Wir werden dann sehen, ob Dr.
amerikanische
Consul
Recht hat, wenn er im Februar 1877
in Ludwigshafen,
sagt:
„Das Werk
wächst beständig in der Weise, daß wir alle Ursache haben,
zu glauben, daß auch für Deutschland geschehen wird, waS John Wesley und der Methodismus für England und Ame
rika that."
Hier bemerken wir im Allgemeinen nur noch, daß das Ungeeignete
der
Bekehrungsmethode
für Schulkinder
auch
darin sich zeigt, daß man dieselben in zwei Klassen scheidet,
Die zweite Klasse, die so
eine weitere und eine engere.
genannten „ernsten Kinder" (earnest children), werden nach Schluß der Schule dabehalten und zu engeren Bekehrungs Versammlungen
vereinigt.
Bei
den Versammlungen
für
Erwachsene läßt man dem Weckruf des Bußpredigers gern die Ansprache eines Bekehrten folgen,
der die Erfahrung
seines Sündenelends wie seines Gnadenstandes schildert.
predigte in
einer Londoner Methodistenkirche im Frühjahr
1876 ein Schuster mit großem Erfolg.
ladenden großen Plakaten hieß eö:
glücklichen Schuhmacher! macher
So
predigen!"
Auf den dazu ein
„Kommet und höret den
So kann nur ein glücklicher Schuh
Neben
der Absicht
auf solche augen
blickliche Resultate zeigen übrigens die meisten Methodisten im
sind
Leben
einen
durchweg
bleibenden,
oft
asketischen
Enthaltsamkeitsmänner
Ernst.
Sie
(abstinence-men),
[56]
Nur-Thee-Trinker (teatotallers) und verwerfen den Tabak. In Bezug auf die sogenannten Adiaphora sind sie sehr streng und darin wesentlich verschieden von den in dieser Hinsicht meist weitherzigen Independenten und Presbyte rianern.
Zweite Abtheilung. Methodismus in Deutschland.
Amerikanischer Methodismus in Deutschland. Im
Jahre
New-Jork
mit
1764
begann
fünf
Personen
Im Jahr 1864 zählte sie
die
auf
Methodistenkirche
einer
in
Dachkammer.
12,000 Prediger, 447 Mis
sionare und Gebäude im Werthe von 60 Millionen Dol
lars.
sie
Der Methodismus
immer
zunächst
die
mehr
nach
Hauptpunkte
und
her Methodismus
hat Missionskraft.
Deutschland. zu
Uns
bezeichnen,
deutsche
Er wendet
liegt
es
auf denen
Nationalität
sich
ob, bis
berührt
haben.
Der Methodismus wird unter uns oft lediglich als Sektirerthum und Schwärmerei betrachtet.
Mit Unrecht.
In
seiner Entstehungszeit stand er sogar zum damaligen Kirchen-
thum freundlich. kirche.
John Wesley starb als Glied der Hoch
Er konnte sich schwer dazu entschließen, seine Gemein
schaft außerhalb der
englischen Staatskirche zu stellen; es
kostete ihn viel Ueberwindung, im Freien zu predigen, als Jüngst, Methodismus in Deutschland.
1
2 ihm die englischen Kirchen verschlossen
dann wünschte
er noch,
daß
wurden, und selbst
die hochkirchlichen
Geistlichen
über seine Bekehrten wachen und sie fördern sollten, wovon
allerdings das
In seiner letzten Bro
Gegentheil geschah.
schüre „Vatikanismus" sagt Gladstone, daß die theilweise
Abkehr, der Verlust John Wesley's für die englische Kirche der einzig namhafte sei seit der Reformation (ausgenommen Dr. Newman's Uebertritt zur römischen Kirche).
Während
John Wesley, durch die Verhältnisse gedrängt, das Band
mit der Staatskirche allmählich löste
und endlich zerschnitt,
hielt sein gleichgesinnter Bruder Charles, der Sänger des
Methodismus, bis zu seinem Ende die englische SuccessionS-
lehre fest.
(Jakoby, Gesch. des Method., 1870, S. 177.)
Aber auch
von John heißt es noch in
„Dieses große Licht
ging auf
seiner Grabschrift:
durch die besondere Fügung
Gottes, um dieses Volk zu erleuchten und die reinen, aposto lischen Lehren der Landeskirche zu erneuern, einzuschärfen und zu vertheidigen."
Einen großen Theil der Schuld an der
im Ganzen wohl zu niedrig gegriffenen deutschen Schätzung trägt der Methodismus selbst durch die Art, wie einzelne
Denominationen unter uns auftreten, wovon später
mehr.
Im Großen angesehen, dürfen wir ihm aber ein Doppeltes nicht absprechen.
und
Ein Mal hat er einen höchst erweckenden
belebenden Einfluß
auf bie ■ kirchliche Entwickelung in
England und Amerika ausgeübt.
Nicht unpassend hat man
nach dieser Seite seine Wirksamkeit verglichen mit der des
Pietismus in Deutschland.
wurf
bloßer Sektirerei
Sodann widerlegt er den Bor
faktisch
durch
seine kirchenbildende
Kraft, wie sie uns achtenswerth entgegentritt in den großen, geordneten
und gut verwalteten Kirchenkörpern in
England
und Amerika, die durch Eintheilung der Gemeinden in kleinere Abtheilungen oder Klassen, die von Führern geleitet und ver-
sammelt werden, Kirchenzucht wie spezielle Seelsorge trefflich üben. Wir denken hier besonders an die Wesleyaner in Eng
land, die 1853 schon 16,676 seßhafte Prediger hatten, augen 7485 Kapellen mit 1,723,495 Sitzen zählen, und
blicklich
an die bischöfliche Methodistenkirche in Amerika mit etwa
8 Millionen Gliedern, deren erste Kapelle am 30. Oktober
1768 in New-Uork durch Embury eingeweiht wurde. beim hundertjährigen Jubiläum wurden
Aber
nach dem Bericht
des Comitö's von 1868 schon über 8| Millionen Dollars
freiwillig geschenkt für hohe Schulen und theologische Semi nare.
Die bischöfliche Methodistenkirche besteht organisirt seit
1784, wo Wesley den dortigen Methodistenvereinen vr. Thomas
Coke als Bischof sendete, und übt mächtigen Einfluß auf alle kirchlichen Verhältniffe.
Wenn
die
Zahl
der Protestanten
auf der Erde richtig auf 80 Millionen angegeben wird, so
tritt
der
amerikanische Methodismus
mit
seinen 8 Mil
lionen Seelen ein „für ein Zehntel der Interessen der pro
testantischen Welt"
(Stevens, Hist, of the Meth. Ep.
church, p. 490).
Die zahlreichen kleineren methodistischen Gemeinschaften
stimmen mit Ausnahme der calvinistischen in den Haupt stücken der Lehre fast alle überein,
differiren aber in dem
größeren oder geringeren Maße sektirerischen Charakters. Ihre
Separation von dem Hauptkörper geschah häufig wegen ganz geringfügiger Abweichungen, besonders in Verfassungsfragen.
Wir geben hier nur ihre Namen und nennen in England;
1) die wälischen calvinistischen Methodisten; nistischen
Whitefieldianer
oder
die
2) die calvi
Verbindung
der
Lady
Huntingdon; 3) die neue Methodistenverbindung oder Kilhamiten 1797; 4) die primitive Methodistenverbindung 1810; 5) die Bibelchristen oder Bryaniten 1815; 6) die primitiven
wesleyanischen Methodisten 1816; 7) die independentistischen 1*
4
Methodisten
1827;
Methodisten 1827;
8)
die
wesleyanischen
protestantischen
9) die wesleyanischen Associations-Me
thodisten oder Warreniten 1834, die sich im Jahre 1856
mit 19,000 sich separirenden methodistischen Reformern ver
einigten und die vereinigte methodistische Freikirche bildeten; 10) die mit den englischen Wesleyanern vereinigte Metho
distenkirche in Canada. In Nordamerika finden wir: 1) die reformirten Metho
disten
mit
schwärmerischer
Heiligungslehre
1813;
2)
die
afrikanische bischöfliche Methodistenkirche oder Bethelgemein
schaft, mit Zulassung der Neger zum Kirchenregiment 1816; 3) die dieser ähnliche zionbischöfliche Methodistenkirche 1820; 4) die protestantischen Methodisten 1830; 5) die wesleya-
nische Methodistenkirche, in der Sklavenfrage streng abolutionistisch
6) deren entgegengesetzte Strömung, die
1843;
bischöfliche Methodistenkirche des Südens 1845, die mit ihrer nördlichen Schwester um das Kirchenvermögen Prozeß führte; 7) die Albrechtsleute; 8) die Otternbeinianer.
(L. S. Ja
coby, Handb. des Meth., S. 94 ft., und Gcsch. des Meth.
1870, Ii S. 209ff.; II, S. 334.) Mit einiger Uebertreibung
nennt Stevens (Hist, of Meth. III, p. 4) den Methodismus
im Allgemeinen die wirksamste missionirende Kirche unseres Zeitalters, indem er daran erinnert, wie derselbe sein Banner
aufgepfianzt habe in vielen Gegenden des europäischen Continents, in den britischen Colonieen Westindiens, im Festland
von Südamerika und Afrika,
in Ceylon und Indien, in
China, den Inseln des südlichen Oceans und fast an allen Enden der Erde.
Uns interessirt
es
vor Allem,
unter unseren Landsleuten und
Boden gewinnt.
wie der Methodismus
zwar jenseits des Oceans
Der kirchliche und religiöse Zustand der
selben schrie nach Hülfe.
Da übernahm der Methodismus
5 die Lösung dieser Aufgabe, die rechtmäßig unseren heimischen Es war im Jahre 1835,
deutschen Kirchen obgelegen hätte.
als Dr. Nast in Cincinnati die Leitung der deutschen Mission begann.
Derselbe wurde geboren am 15. Juni
1807 in
Stuttgart und wiedergeboren am 18. Januar 1835 in New-
Aork, nachdem er zuvor in Würtemberg einer rationalistischen Theologie und dem Kirchendienst entsagt hatte.
Sein „Christ
licher Apologete" hatte 1869 schon über 15,000 Abonnenten. Durch ernstes und eifriges Wirken zählten die bischöflichen
Methodisten unter den Deutschen Amerika's im Jahr 1852 schon 113 Missionen, 138 Missionare und 9476 Glieder, aber 1869 schon 25,340 Glieder, 4272 Probeglieder, 315 Lokalprediger,
451
Kirchen
und
514
Sonntagsschulen.
Stevens berichtet (Hist, of the M. E. ch. 1867), daß be sonders viele Katholiken gewonnen wurden und daß die frische Kraft des ursprünglichen Methodismus aufgelebt sei in dem
Eifer, der Einfachheit, der Selbstopferung und der Frömmig
keit der deutschen Methodisten.
Die Uebernahme dieser Ar
beit unter den Deutschen sei eins der denkwürdigsten Ereig nisse in der Geschichte der modernen Missionen.
Jedenfalls
sei es die erfolgreichste und vielleicht wichtigste (the most
successful, if not the Mission.
most
important)
methodistische
Die weSleyanische Mission unter den Deutschen
Londons wurde 1864 durch Pope und Böttcher begonnen. Aber bald trat auch der Gedanke an ein missionirendes Auf
treten in Deutschland selbst an die nordamerikanischen Kirchen gemeinschaften heran.
Und zwar in natürlicher Weise.
Unter
den zahlreich auswandernden Deutschen waren Viele zu solchem
Entschluß getrieben durch politische Unzufriedenheit, politische oder sittliche Vergehungen, sociale oder private Nothstände.
Wenn nun die Schiffe diese unsere Landsleute an die ameri kanische Küste trugen, so erschienen sie dort mannigfach als
6 religiös verwilderte, glaubenslose Massen, von Atheismus
und Materialismus zerfressen.
Der Rückschluß auf Mängel
heimischen kirchlichen und christlichen Zustandes lag
unseres
ebenso nahe, wie
das Bestreben,
den Deutschen schon im
eigenen Lande die Wahrheit zu bringen und auf sie den Ein
gewinnen, den unsere Kirchen nicht geübt hatten.
fluß zu
So gründeten die englischen Baptisten (Oncken, 1834) in Hamburg
eine
ihrer
Centralstelle
Wirksamkeit.
aber nach der
hatten 1861 in Preußen erst 5452 Glieder, neuesten Statistik zählen
Dieselben
sie deren jetzt schon über 12,000
in geordneten, theilweise sehr wohlhabenden Gemeinden, wie
der dem
über
ihre
vorliegende Gesetzentwurf
preußischen Herrenhaus
Cyrporationsrechte
nachweist.
bischöflichen
Die
Methodisten Amerika's wählten Bremen (1849) und arbei
teten durch den dortigen, sehr eifrigen Missionar 8. S. Ja
coby.
Sie verfolgten anfangs nur den Zweck, „durch Ver
breitung von Bibeln, neuen Testamenten, guten evangelischen
Büchern und Traktaten das
Reich Gottes in Deutschland
aufbauen zu helfen" (1. Jahresbericht der meth. Trakt.-Ges. für Deutschland 1853). wenn dieser Zweck sich meinschaft
Es war
eine naturgemäße Folge,
bald auf eine Ausdehnung der Ge
selbst erweiterte, so
daß Stevens (1867) sagen
kann, die Mission breche gewaltig Bahn für einen deutschen
Methodismus in Europa (it is laying broad foundations
for a European
German
beiden Seiten des Oceans
Methodism).
fast
kanten und 300 deutsche Missionare. sind
deutsche
Kirchenkreise
deutsche Buchgeschäfte
Er
zählt
auf
30,000 deutsche Communi-
gebildet,
Diesseits und jenseits deutsche
mit ihren Zeitschriften,
Conferenzen, deutsche Pre
digerseminare oder Missionsanstalten (Bremen 1858, später Frankfurt 1868) sind gegründet.
In Bremen erscheint der „Evangelist" mit 10,386 und der
7
„Kinderfreund" mit 8013 Exemplaren und Traktathaus mit Kapelle der bischöflichen Methodisten laden in Bremen und
Bremerhafen durch große goldene Buchstaben zum Eintritt Diese haben in Deutschland jetzt 64 Prediger und bei
ein.
nahe 9000 Mitglieder, die sich vertheilen auf den Bremer, Oldenburger (Hamburg), Berliner, Frankfurter (Dillenburg,
Rheinprovinz, Heidelberg, Elsaß), Würtemberger, Züricher und Baseler Distrikt. In Waiblingen (WUrtemberg) ist der Mittel punkt und Verlag der englischen weSleyanischen Methodisten-Ge-
meinschaft.
Der dortige Superintendent general liefert regel
mäßige Berichte nach England, läßt seit einigen Jahren die Gottes dienste zu derselben Stunde wie die landeskirchlichen abhalten und trachtet, die Leute von der evangelischen Kirche abwendig
zu machen, rote mir aus zuverlässigster Quelle in Würtemberg berichtet wird.
Im Jahre 1870 hatte die wesleyanische
Missionsgesellschaft in Würtemberg 8 Kapellen, 133 Predigt plätze , 11 Missionare, 34 seßhafte Prediger, 7 Sonntags schulen (Jacoby, Gesch. des Meth. II, S. 253).
Ihr
erster Missionar daselbst war C. G. Müller in Winnenden 1831—1858, der in gutem Andenken steht, aber die Landes kirche nicht achtete.
Ebenso sind die dortigen amerikanischen
Methodisten ganz antikirchlich, feiern das heilige Abendmahl
selbst und suchen die Leute zum Austritt aus der Kirche zu veranlassen.
Ganz entsprechend wirken die Albrechtsbrüder,
die in die Arbeit der englischen Wesleyaner hineingekommen sind.
Wir wollen nun kein tadelndes Wort sprechen über die Thätigkeit der Methodisten unter den Deutschen Amerika'S.
Im Blick auf deren faktische religiöse Verwahrlosung und unsere ihr gegenüber vorliegende Bersäumniß kann ich mich
nicht eines aufrichtigen Dankgefühls entschlagen für die unter ihnen geschehene Liebesarbeit.
Anders ist eS freilich mit der
8
Propaganda auf deutschem Boden. Wir können sie iticht mit denselben Empfindungen betrachten. Sind unsere Lands leute und die Methodisten jenseits des Oceans in unzähligen Berührungspunkten naturgemäß einander zugeführt und auf einander angewiesen, so ist das bei uns nicht der Fall. Wir müssen dagegen protestiren, von den Methodisten in dem selben Maße als Missionsgebiet betrachtet zu werden, wie China und Polynesien. Freilich ist diese Anschauung in England und Amerika neuerdings nicht selten. Rev. Boyce stellt in seiner neuen Missionsstatistik die Arbeit der Metho disten und Baptisten in unseren Landeskirchen als vollberech tigte „Mission" ganz auf eine Linie mit ihren Bekehrungs versuchen unter Hindus und Kaffern. „Wiewohl fremde Dazwischenkunft unerwünscht sein mag, schien eS natürlich, daß das protestantische England und Amerika veranlaßt wurden, rechtgläubige und geistliche Religion in Deutschland wieder zu beleben." Mit Recht weist dem gegenüber die Neue evangelische Kirchenzeitung (1875, Nr. 10) darauf hin, daß das sittliche Leben in England keineswegs besser, in Amerika aber schlechter sei, als bei uns, und daß die bei uns weit verbreitete religiöse Gleichgültigkeit nicht aufgehoben werden könne durch die paar Emissäre angloamerikanischer Sekten. Wir können hinzufügen, daß diese Bekehrungsver suche von außen nachweislich selten gemacht werden an den erstorbenen, sondern fast durchweg an den lebendigen Gliedern der Landeskirchen. Auch die Herrnhuter senden zu solchen ihre Brüder. Aber wohlthuend berührt es, zu sehen, wie sie weit entfernt sind, für sich Propaganda zu machen, son dern geäußerten Uebertrittswünschen gegenüber einfach er klären: „Damit ist uns nicht gedient und Ihnen nicht ge holfen." So selbstlos in dienender Liebe sind die Metho disten nicht, wie Folgendes beweist. Die südliche bischöfliche
9 Methodistenkirche,
die Sklavenfrage separirt, widmet
durch
sich auch den Deutschen im
Sie klagt sehr über Eingriffe dieses ihr Missionsgebiet.
Süden Amerika's
mit Eifer.
der nördlichen Methodisten in
Deren großer Erfolg in Schweden,
Dänemark und Deutschland solle sie mehr Rücksicht lehren.
ist sogar (Nashville, einem hemmenden,
Proselytenthum der Agenten
gehässigen
der nördlichen Kirche
Es
Christian advocate) die Rede von mit Taschen
voll Misfionsgeld (Auf
kaufsystem), worüber viele Kapitel mitgetheilt werden könnten.
Wir können
darüber
Nichts
sagen
und
sehen unparteiisch
zu, wie beide Gemeinschaften sich unsere Landsleute jenseits des Oceans streitig machen.
häuslichen
Streit
über
Wir constatiren einfach diesen
Proselytenthum
zwischen
beiden
Schwesterkirchen, knüpfen aber daran die Frage, ob es ver wunderlich ist, wenn auch in unseren heimischen evangelischen
Kirchen Klagen laut werden über transatlantisches Werben
in
unserer Mitte?
Noch ist das
heilige Feuer
auf
Altar unserer evangelischen Kirche nicht verglommen.
dem
Noch
hat unsere Kirche Lebenskraft zu reicher und großer Liebes
arbeit innerer und äußerer Mission.
So lange das der Fall
ist, halten wir es für nöthiger und nützlicher, amerikanischen
Kirchengemeinschafteu
für
ihren
wenn
die
bedeutenden
und berechtigten Missionstrieb Befriedigung bei den Heiden suchen.
Mit Recht sagt Grundemann:
auswärtiger Denominationen in
„Alles Missioniren
einem evangelischen Lande,
in dem das lebendige Christenthum noch wirksam ist, können
wir nur
mißbilligen"
(Allg. Miss. - Zeitschr., Febr.
1875)
und Professor Christlieb hatte guten Grund, auf der Evan
gelischen Alliance in New-Jork dagegen zu protestiren, daß
amerikanische Evangelisation unter den Protestanten Deutsch lands gerade so betrieben und betrachtet würde, als die Ar beit in heidnischer Finsterniß.
Doch wird dieselbe besonders
10 in unseren Tagen von
verschiedenen Seiten mit erneuten
Eifer und mit Macht angegriffen.
„Wir stehen geradezu
einer englisch-amerikanischen Invasion gegenüber, gegen welche unsere Gemeinden nicht
hinlänglich gerüstet sind."
(Neue
evang. Kirchenztg.)
Offenbar bietet kein Land für Sektenbildung einen gün
stigeren
Boden,
als Nordamerika.
Auch unsere
Landsleute sind für dieselbe in nicht geringem pfänglich.
dortigen
Grade
em
ES war dem Methodismus vorbehalten, die ge
waltigste Bewegung unter ihnen hervorzurufen.
Dafür spricht
nicht sowohl die große Zahl derer, welche durch die amerika nischen Methodisten
gewonnen
besonders der
wurden, als
Umstand, daß die deutsche Nation in Amerika mehrere selbst ständige methodistische Gemeinschaften aus eigenem Schooße
geboren hat.
Dahin
gehören
die
vereinigten Brüder
in
Christo oder Otternbeinianer mit 500 Predigern (Ottern
bein f
1813),
die Kirche
Gottes
oder Weinbrennerianer
(1839) und besonders die für uns zur Betrachtung kom
mende „Evangelische Gemeinschaft". Schon ist man hie und da aufmerksam geworden auf die auch in Deutschland organi-
sirten Bestrebungen dieser methodistischen sogenannten Albrechts
Da ihr Wesen
leute (Albrightsmen, auch Albrechtsbrüder).
vielfach unbekannt ist, auch ihr Wirken unter uns neuerdings
in großem Maßstabe wächst, so sind die nachstehenden Mit
theilungen bestimmt, über ihre neueste Entwickelung nnd über ihr Arbeiten
in Deutschland Nachricht zu geben.
1800 entstanden,
1803
und
Sie sind
organisirten sich zuerst am 3. November
nennen
sich
Evangelical Association.
selbst
Evangelische
Den
Namen
Gemeinschaft,
„Albrechtsleute"
betrachten sie jetzt als Scheltwort, weisen ihn ab und fühlen
11 sich durch seinen Gebrauch beleidigt.
Da sie in Amerika zu
weilen auch in anderer Weise unrichtig benannt werden, so
ist unter ihnen der Vorschlag gemacht, den Namen „Evan gelische Kirche" zu adoptiren (Christi. Botsch. 1875, S. 28) wählen zwischen den
oder zu
Bezeichnungen
„Evangelische
Bischöfliche Kirche", „Evangelische Methodistenkirche", „Evan
gelische
Brüderkirche" (Christl. Botsch.
1875, S.
153).
Wir halten uns an den.offiziellen Namen „Evangelische Ge meinschaft", ohne das Wort „Albrechtsleute" zu meiden, welches
im Volksmund wie im theologischen Gebrauch sich allgemein
eingebürgert hat.
Selbst der Methodist Jacoby sagt: „Man
kennt sie in Amerika noch immer unter dem Namen die Albrechtsbrüder." Jacob Albrecht, der Stifter der Denomi nation, geboren im Kreis Douglas, Grafschaft Montgomery
im Pennsylvanien 1759, wurde unter Aufsicht seiner Eltern, die aus WUrtemberg stammten, lutherisch erzogen und con-
firmirt.
Nachdem er durch die Methodisten bekehrt war, be
schränkte er sich nicht mehr auf Ackerbau und Ziegelbrennen, sondern predigte seinen deutschen Stammgenossen.
Er wurde
darin unterstützt durch Johannes Walter und Georg Miller, erhielt 1803 von seinen eigenen Anhängern die Ordination,
wurde am 16. November 1807 von der ersten Conferenz zum Bischof gewählt, starb aber schon 1808.
Die alt
orthodoxen Glieder stellen ihn in eine Linie mit Paulus und Luther.
Die zweste Conferenz 1809 stellte die Glaubens
lehre und Kirchenordnung fest, welche Miller ganz nach dem
Muster der Bischöflichen Methodistenkirche verfaßt hatte und gestimmte selbst den Namen der Gemeinschaft „Die soge nannten Albrechtsleute", der aber von der ersten General-
conferenz
1816
Gemeinschaft".
verändert
wurde
in
„Die
Evangelische
Ihre Repräsentativbehörde ist eine General-
conferenz, die 1875 wieder zusammentreten wird, an deren
12 Seine kirchlichen Machtbefugnisse
Spitze ein Bischof steht.
sind aber nicht groß, auch geschieht bei jeder Generalconferenz
eine neue Wahl,
wobei
Johannes Seybert war
jedoch
Wiederwahl
gestattet
ist.
der zweite Bischof nach Albrecht.
Er wurde von der fest constituirenden Generalconferenz im
Mär; 1839 erwählt
und
bekleidete
das
Amt mehr
als
20 Jahre lang. In ihrer kirchlichen Haushaltung wollen sie weder
römisch, noch presbyterianisch sein, sondern verbinden das episko pale Moment mit dem synodalen.
Von dieser Regierungsform
— nach ihrer Angabe einfach methodistisch — sagen sie, daß
sie mit ihrer Eigenthümlichkeit einzig in der Welt dasteht und nur sich selbst gleichsieht.
Im Juli 1870 zählten sie 70,800
Glieder, 587 Reiseprediger, 401
905
Kirchen
und
notirten
eine
festangestellte
Prediger,
Missions-Einnahme
55,842 Dollar (Christl. Botsch. 1870, S. 236).
haben augenblicklich nach ihrer eigenen Angabe
von
Sie
1000 Pre
diger und 100,000 Mitglieder, während sie 1816 nur 1400
und 1835 nur 5119 Mitglieder zählten.
Auf der General
conferenz 1835 in Orwigsburg (Pennsyloanien) wurde das Blatt gegründet, welches vertreten sollte.
die Interessen
der Gemeinschaft
Zur Zeit wird dasselbe redigirt von R. Dubs
in Cleveland (Ohio;
am
südlichen Ufer
des Erie-See's;
150,000 Einwohner) und neuerdings wird es auch in Deutsch
land eifrig verbreitet.
Cs ist eine sehr umfangreiche Wochen
zeitung von mindestens vier großen Bogen, die außer religiösen Aufsätzen und Mittheilungen, Erläuterungen biblischer Ab
schnitte für Sonntagsschulen, christlichen Romanen u. s. w. auch politische Ereignisse bespricht und Tagesgeschichte, Anek doten und Annoncen verschiedenster Art bringt.
Mit aus
führlicher Sorgfalt werden besonders die biblischen Abschnitte für die Sonntagsschule besprochen.
Denn in den staatlichen
Volksschulen der Vereinigten Staaten wird kein Religions-
13 unterricht ertheilt,
Katholiken und Lutheraner be
weßhalb
sondere Gemeindeschulen
eingerichtet haben.
Alle
übrigen
kirchlichen
Gemeinschaften aber geben Religionsunterricht in
den sehr
gepflegten Sonntagsschulen.
Die Zeitschrift hat
den Titel „Der Christliche Botschafter, evang. Kirchen- und
Familienblatt" und ist wohl das größte evangelische Kirchen
Im Anfang und in der ersten
blatt in deutscher Sprache.
Entwickelung war nämlich die Evangelische Gemeinschaft aus
schließlich deutsch.
Jetzt ist sie schon so von amerikanischem
Staatsbewußtsein durchdrungen, daß der „Botschafter" (Nr. 50, 1874) sagt: Wer das große 100jährige Jubelfest der nord amerikanischen Republik (4. Juli 1876) nicht von
ganzem
Herzen mitfeiern wolle, sei sicherlich kein Patriot und auch
kein Christ, denn jeder wahre Christ sei auch ein guter Pa
deutsche Abstammung
triot.
Trotzdem verleugnet sich
nicht.
Während des Krieges mit Frankreich geht durch die
die
Presse der Albrechtsleute ein frischer Hauch deutsch-patrio
tischer Begeisterung.
Da
die Kinder
der
eingewandertcn
Deutschen die Landessprache bald lieben lernten, auch englisch sprechende Personen in den Predigt- und Betversammlungen
bekehrt und gewonnen wurden, denen man dienen wollte, so beschloß die Generalconferenz schon 1843, auch eine Zeitung
in englischer Sprache herauszugeben, die unter dem Titel „ Evangelical Messenger ■* bis heute erscheint und anfangs
nebst dem „Christlichen Botschafter" von Rev. Nikolas Gehr redigirt
wurde.
Dieser erste
Redakteur
trennte
sich
aber
schon nach einem Jahre gänzlich von der Gemeinschaft wegen
dogmatischer Differenzen, schloß sich der reformirten Kirche an und ist
zeitung.
augenblicklich Editor
der reformirten Kirchen
Ueberhaupt treten öfter die besten Sprecher und
Klassenführer zu der deutsch-reformirten Kirche über.
Diese
achtet die Albrechtsleute so wenig, daß die Synode, die Gehr
14 aufnahm, vor seiner Aufnahme beschloß, daß die Evangelische Gemeinschaft kein Zweig der christlichen Kirche sei und ihn von Neuem ordinirte.
Gehr vertheidigte den Albrechtsleuten
zu wenig die spezifischen Lehren der Gemeinschaft, billigte
nicht
ihre Grundsätze
von
„völligen Heiligung"
der
und
empfing den Vorwurf übertriebener Liberalität gegen Anders
denkende.
Die Editoren beider Blätter wechselten vielfach.
Im Jahre 1867 hatte der „Messenger“ 6576 Abonnenten. Der deutsch geschriebene „Botschafter" dagegen hatte im Jahr
1838 erst 1500 Abnehmer, 1840 schon 2070, 1850 schon 4000, 1863 schon 13,248, 1874 aber 19,966, und am 9. Dezember 1874 waren schon 1400 neue Abonnenten pro
1875
Außerdem
angemeldet.
„Christliche
Kinderfreund",
erscheinen
seit
1869
seit
das
1856
der
„Evangelische
Magazin", anfangs redigirt non I. I. Escher, Bischof der Es ist eine Monatsschrift für
Evangelischen Gemeinschaft.
wissenschaftliche
Praxis
der
Joh. 17, 3.
und
praktische Theologie
Evangelischen
nach
Gemeinschaft mit
Lehre dem
und
Motto
Ferner die „Living Epistle“ und der „Sun-
day School Messenger“.
jetzige Redakteur:
Bei ihrer Nennung sagt der
„Die Brüder
in
Deutschland
sind
ein
BiSchen zu weit von hier, um hier aufgezählt zu werden." Wen er
damit meint, weiß ich nicht.
Doch ist wohl an
den in Deutschland erscheinenden „Evangelischen Botschafter"
gedacht, der am 3. Februar dieses Jahres 10,500 Abon
nenten zählte.
Derselbe ist das eigentliche Organ der Evan
gelischen Gemeinschaft in Deutschland, entnimmt Manches
aus dem viel umfangreichern „Christlichen Botschafter", er
scheint bei Raiger in Nürtingen monatlich zwei Mal unter der Redaktion von I. Küchele in Reutlingen und berichtet
unter Anderm von den Fortschritten in Deutschland, Kapelleneinweihungen u. s. w.
den
Er trägt das Motto: „Im
15 im Unwesentlichen Freiheit
Einheit,
Wesentlichen
Die jenseitige Druckerei in
Ganzen Liebe."
in der 1874 neu
und
im
Cleveland ist
erbauten Buchanstalt, „eins der feinsten,
elegantesten und besteingerichtetsten Geschäftshäuser der Stadt", welches schuldenfrei dasteht, obschon sein Bau 35,000 Dollar
erfordert hat.
So kennen die Albrechtsleute sehr wohl die
Macht der Presse
Maßstabe, so
brauchen
und
sie in
daß Bischof Escher
einem großartigen
der Meinung ist,
ihr
deutsches Buchgeschäft könne zum ersten in Amerika erhoben werden gerade durch
die Verzweigung ihres Agentensystems
in
alten
neuen
der
und
Welt
(Christl.
Botsch.
18.70,
S. 268).
Ueber den Zweck des
kommenden
besonders in Betracht
„Christlichen Botschafters"
Derselbe
nähere Auskunft.
stimmt gewesen, das Heil
für uns
gibt uns
sei von Anfang an
R. Dubs dazu 6e«
die Grundwahrheiten der heiligen Schrift,
in Christo zu vertheidigen, die Glieder der Ge-
memschaft in ein inniges Verhältniß zu einander zu bringen, aber auch durch Mittheilungen von Erweckungen (Revivals) und überhaupt zur Ausdehnung des Werkes und zur Ver
mehrung festhaltend
ihres
Einflusses
beizutragen.
Hieran
wesentlich
solle er fernerhin als Organ der Evangelischen
Gemeinschaft vor allem die Interessen derselben nach Maß
gabe ihrer Glaubenslehren und Kirchenordnung wahren und vertheidigen, solle conservativ-kirchlich geführt werden und
unwandelbar festhalten
lichen Lebens,
an den Grundprincipien ihres
ohne die Interessen
kirch
des Reiches Gottes und
die echte, christliche Weitherzigkeit zu vergessen.
Jedes Blatt
bringt ausführliche Berichte von den hin und her im Freien gehaltenen erweckenden Versammlungen oder campmeetings,
Laubhütten genannt, und lungen
(protracted
über die
meetings).
verlängerten Versamm
Die geschehenen
Bekeh-
16 rungen werden gezählt und wird auch jede- Mal genau an
gegeben, wie nommen
Biele noch
„am
Suchen"
Hiervon
nur
ein
sind.
Beispiel,
kleine,
„eine
Eine Familie
himmlische Geschichte".
gottselige,
oder schon ausge hatte in
eine Zweitagversammlung und die Schwester
ihrem Haus
ließ nebst anderm Backwerk 30 Laibe Brot backen.
„Mit
diesem aber war es der guten Schwester nicht gethan — sie
betete auch und gewiß im Glauben, daß doch für jeden Laib Brot eine Seele zu Gott bekehrt werden geschah es" u. s. w. (1875; S. 17).
möchte.
Und so
Bei diesen Berichten
werden ferner nicht nur die Ansprachen der Redner vielfach
wiedergegeben, sondern
—
ganz amerikanisch — auch
oft
ihre Stimme, Geberden, Haltung, Nase, Mund, Haare be Da es zur Charakterisirung dient, kann ich mir
schrieben.
nicht versagen, auch hiervon ein Beispiel aus dem Oktober Es betrifft den zeitigen Präsidenten der
1874 anzuführen.
National-Lagerversammlungs-Gesellschaft,den zur bischöflichen
Methodistenkirche gehörigen Rev. John Jnskip, an
dem die
Albrechtsleute das besonders anerkennen, daß er
die Lehre
von der völligen
weltlichung
Heiligung,
großen
der
die in Folge
Kirchenkörper
der Ver
vernachlässigt
war,
wieder hervorhebt, eine Lehre, „durch welche sich der Metho dismus vor allen protestantischen Kirchen seit seiner Existenz auszeichnete".
in
Der Mann, der Solches int Ange hat, wird
folgender Weise verherrlicht:
„Der geniale Hauptführer
der National-Lagerversammlungs-Gesellschaft ist eine von allen
ihren Mitgliedern beim bare Erscheinung.
Rev.
ersten Blick auffällige
I. S.
Jnskip ist
und erkenn
seiner Person
nach etwa 5 Fuß 6 Zoll hoch, mit stark untersetztem, rund artigem
Körperbau
und
mag
60
Jahre
alt
sein.
Die
vordere Höhe seines Kopfes verräth äußerlich nicht die Breite
der Intelligenz wie bei Rev. Mc. Donald, denn
die Stirn
17 breit und schräge ablaufend, die Nase
ist weder hoch noch
ist breit und hat ziemlich große Nüstern, ist auch beständig be
lastet mit der feinen, außerordentlichen
und
goldenen Brille
mit
Luthermund
seinen
ist von einem
schön
Gliedmaßen vom Haupt bis zu Fuß im zu einander gegliederte Positur.
selber sagen:
geformten
Er ist eine recht compakt gebaute, alle
Winkeln untcrziert.
stelle mir oft
,Jch
besten Ebenmaß
Ich hörte ihn über dieses
vor, wenn ich all' die
schwere Arbeit betrachte, welche ich an unsern Lagerversamm
lungen zu verrichten habe, daß ich der am besten und dauer
haftesten gebaute Mensch Schöpfung
geboren
sein
wurde/
muß, Und
der
seit
dennoch
ist
Auch
schön, noch auch abstoßend zu nennen.
der
großen
er
weder
seine Stimme
lavirt zwischen Alto und Baß dahin, ist mehr stark, als wohlklingend, und wenn im feurigen Tempo dahin rauschend, ist sie fast wie die Stimme eines brüllenden Löwen, welche
Er ist fesselnd im Predigen,
alles Widerstrebende bannt.
Erzählen und Ermahnen; nie ist er. verlegen, seine Gedanken in Worte und Sätze einzukleiden, die immer dem guten An
stand entsprechen.
Sein Verhalten auf der Kanzel ist leb
haft und beweglich natürlich.
und
Fühlt er
froh
aller Excentricität,
trotz
immer,
sich
und
gesegnet in Gott, so
jubelt er öfters wie ein Kind ein Hallelujah um das andre von
der Kanzel herunter.
Mit
seiner gewaltigen Stimme
beherrscht er mit Leichtigkeit ein Auditorium
beherrschenden
ihn
Kraft
von
15,000
mit dem geheimen Zauber der
Zuhörern und clektrisirt sie
Gottes."
Entsprechend
dieser
Schilderung wird sodann die Art beschrieben, wie bei dem
betreffenden campmeeting Rev. Jnskip seine Aufmerksamkeit auch
den beiwohnenden Deutschen schenkte, deren Gebet ein
deutscher
Laienbruder
Grunde hörte".
leitete,
„den
„Jnskip fing
Jüngst, Amerik. Methodism.
man
auf
dem
an, darüber
ganzen
zu jauchzen;
2
18 auch unser Valentin rauschte tüchtig zwischen durch."
Beim
Aufstehen von den Knieen sangen sie ein deutsches Lied und Einer legte ein deutsches Bekenntniß von Christo ob, welches
sofort übersetzt wurde.
„Während dieses Vorganges jubelte
Jnskip ein Hallelujah um das andere, auf dem Stande hin-
und herlaufend, daß es weithin hallte."
Noch Stärkeres und
zwar über die Albrechtsbrüder bietet der Bericht eines preußi schen Reisepredigers aus der neuesten Zeit, den Hollenberg
in Herzogs Realencyclopädie mittheilt und dem ich folgende Sätze entnehme:
„Mit Entrüstung erzählte man mir, wie
bei der letzten , Bekehrung' die Weiber so an der Erde ge-
wirthschaftet, daß die Brüste schamlos entblößt wurden und wie ein wildes Durcheinander von Weibern und Männern stattgefunden habe.
Die Bußbank spielt eine große Rolle.
Bekehrungen sind nur dann anerkannt, wenn sie an der Buß
bank mit Geschrei, Stöhnen, Verdrehen der Augen geschehen."
(Relata refero.)
Ueber solche Art von Erweckung und Er
bauung braucht wohl Nichts bemerkt zu werden. Es ist aber ganz unzweifelhaft, daß
wir in den Al
brechtsleuten eine Gemeinschaft auch mit bestimmtem kirch lichen Gepräge vor uns haben, die nicht nur auf religiöse
Erweckung im Allgemeinen auögeht, sondern auch sich selbst auSdehnen will, wie der „Christliche Botschafter" es offen
sagt:
„Ich halte es für unseren Beruf, die Evangelische Ge
meinschaft mit ihren Eigenthümlichkeiten auch in Europa zu gründen und auszubreiten" (Bischof Escher, Chr. B. 1870,
Nr. 30).
1850.
Das Missionswerk in Deutschland begann um
Anfangs zwar sollte es bloß „Seelen retten"'.
Aber
bald beschloß man die Organisirung selbstständiger Gemeinden
(Reutlinger Conferenz 1868 und schon früher), angeblich um dem Loos des Pietismus zu entgehen, den die Kirche in
ihren Schooß genommen und großentheils erstickt habe.
Die
19 Bildung der Deutschland-Conferenz war der erste, aber auch
epochemachende Schritt in dieser Richtung hin. „Es muß Einem
fast Wunder nehmen, daß man überhaupt je den Gedanken hegte, unser Missionswerk werde auf die Dauer fortbestehen, so dasselbe nicht in gutgegründeten, selbstständigen Gemeinden eine Festung
und Pflegstätte habe" (Bischof Escher im Evang. Mag. 1870,
S. 63.)
Doch ist ihr kirchliches Wesen nicht so starr, daß es
nicht in seinem Schooße Raum hätte für verschiedene Strö
mungen, die theils friedlich neben einander hergehcn, theils sich leise oder lauter an einander reiben.
Im Jahr 1870 z. B.
vertrat ber „Messenger“ Anschauungen über Glaubensartikel der Gemeinschaft, besonders über Heiligung, die der „Christliche
Botschafter"
als revolutionär und grundstürzend bezeichnet
(Chr. B. 1870, Nr. 50). Wir bemerken zunächst eine or-
thodox-conservative Richtung, die am meisten an der Person Albrechts und
und Berfaffung
unerschütterlich an
der ursprünglichen Lehre
Sie ist die einflußreichste, pole-
festhält.
misirt auch gegen andere Kirchlichkeit,
wacht über aas Be
kenntniß der Väter von der Heiligung und christlichen Voll kommenheit und beklagt es, daß von verschiedenen Richtungen
her in die Gemeinschaft Mißbegriffe, Abweichungen, unrich tige Auslegungen, wenn nicht gar Bezweiflung dieser köst
lichen Lehre sich hätten einschleichen wollen.
Ein Vertreter
„In Bezug auf Gelehrsamkeit, in
dieser Richtung schreibt:
der Schulsache, im Kirchenbauen, in der Unterstützung der
Prediger, der Missions- und Waisensache u. s. w. hat die
Evangelische Gemeinschaft warten gute Fortschritte
seit
mehreren Jahren über Er
gemacht.
Ob die Gemeinschaft bei
diesem in dieser Hinsicht sichtbaren Gedeihen,
in der Lehre,
im Leben und in der Praxis nach dem Sinne des Evange
liums und der heiligen Religion auf ihrem guten, alten Grunde fest geblieben und keine Erschütterung erlitten
2*
20 hat, will ich hier nicht beurtheilen."
Er klagt auch über die
Vernachlässigung der Kirchenzucht (Chr. B. 1875, S. 17). Ein Anderer will nur ganz Bekehrte und gründlich Erneuerte
in die Gemeinschaft aufnehmen, nicht ein Mal wahrhaft Er weckte, denn gerade in der Gliederaufnahme drohe ihrer Kirche
große Gefahr, Babel entgegen zu treiben, zu viel Spreu
unter den Waizen zu bekommen u. s. w. (Chr. B. S. 48.)
1875,
Gerade diese Anschauung findet bei den Baptisten
lauten Beifall.
In und neben dieser Richtung findet sich
eine weitherzigere Strömung, die von Unionsgedanken durch zogen ist, welche in Bezug auf andere methodistische Deno minationen
auch
offenbar
ernstlich
gemeint sind.
Andere
wieder treiben die HelligungSlehre bis zu der Spitze, daß der Wiedergeborene, aber nicht völlig Geheiligte, unvermeid
lich ewig verloren gehe (Evang. Mag. 1870, S. 15 u. 19)
und Einzelne endlich befürworten eine Gleichberechtigung ver
schiedener Lehransichten (Chr. B. 1870, Nr. 31) oder erlauben
sich auch kritische Zweifel, z. B. über Erbsünde und Tri nität.
Wir sehen ein Mal ihr Kirchenthum etwas näher an. Nachdem der Engländer John Wesley (f 1791) den Me
thodismus gestiftet, spaltete sich derselbe sofort in zwei Strö
mungen, die wir noch heute verfolgen können.
Trennung war die Prädestinationslehre.
Anlaß zur
Die Einen folgten
Wesley und der milderen Lehrfassung des Arminius,
die
Andern folgten Whltefield und seinem strengen Calvinismus. Die Albrechtsleute,
welche
von
einer
gewissen Gereiztheit
gegen die Reformirten nicht frei sind, gehören mit der großen Mehrzahl zu den arminischen Wesleyanern.
bensbekenntniß ist ein arminischeS.
„Unser Glau
Wir waren von Anfang
an wesleyanisch und sind es sitzt noch." (Chr. B., Nov. 1874.)
Sie legen auf ihre besondere Kirchenlehre großes Gewicht.
21
Die jungen Leute in dem biblischen Institut oder Prediger seminar sollen vor allem
die Lehre von Grund aus ver
stehen lernen, die unverändert fest bleiben muß bis an das Ende der Welt.
Sie sollen lernen, wo der arminische Be
dem calvinischen scheidet und wie und wo
griff sich von
sich die weSleyanische Lehre von der Ansicht der andern pro
testantischen Benennungen trennt.
Die Lehrer des Instituts
sollen beim Amtsantritt und nachher sogar
jährlich
sich
schriftlich verpflichten, Nichts zu lehren, daS mit der Lehre
und der Kirchenordnung unvereinbar ist oder dieselbe unter graben könnte.
derstellung
ist
Neben dieser scharf betonten kirchlichen Son
die
jedoch
Evangelische
auch
Gemeinschaft
bereit, mit verwandten Kirchen zu gemeinsamen Zwecken Hand
in Hand zu gehen.
Ihr Organ sagt beim Jahreswechsel,
Union und Mission sei die Signatur unserer Zeit.
Eigen
thümlich ist die günstige Auffassung der kirchlichen Lage, im Vergleich zu den trüben Farben, mit denen manche Christen
Gegenwart
die
und
Zukunft
der
Kirche
johanneische Zeitalter der Liebe ist gekommen.
Ausgießung des
malen.
„Das
Eine gewaltige
heiligen Geistes wird die Folge sein.
Die
Betonung der völligen Liebe in Lehre und Leben, wie es in neuester Zeit fast an allen Enden *) der Erde geschieht,
ist
höchst
bezeichnend
Reiches Gottes.
lichen
für
die
Entwickelungsgeschichte
Heiligung muß den Anbruch der großen Friedenszeit
der Kirche Christi auf Erden herbeiführen. Kirche gewaltige Dinge bevor.
naht.
des
Diese Lehre von der völligen Liebe oder christ
ES stehen der
DaS Pfingsten der Völker
Auf der ganzen Erde ist eine Bewegung nach Christo
im Gange.
Der Herr kommt bald."
Im Predigerseminare werden zur Einführung
*) Anmerkungen s. im Anhang.
in die
22 Christologie auch gelesen, in
Geß, Dörner, ThomasiuS und Delitzsch
der Journalistik
werden gelegentlich
auch
der
„große" Schleiermacher und R. Rothe citirt, eine genaue
Beschreibung der Bonner Professoren Lange und von der
Goltz wird gern ausgenommen (Christi. Botsch. 1875, Nr. 9). Die Kenntniß der deutschen, englischen, lateinischen, griechischen
und hebräischen Sprache ist für die Prediger erwünscht, doch bleiben Lehre und Regierungsform immer
die Hauptsache.
Besonders aber kann kein Prediger ohne die Heiligung sein
Amt recht verwalten, d. h. ohne daß er durch den heiligen
Geist über alle Sünden innerlich und äußerlich vollkommenen Sieg habe (Christi. Botsch. 1875, S. 17).
Die Kirchen
zucht erstreckt sich bis auf eine Beschränkung des weiblichen Luxus.
„Keinem Gliede der Evangelischen Gemeinschaft sollen
gestattet werden zu tragen: „Ohren- und Fingerringe, Krollen
und Pudern der Haare, ungeziemende Rössels (?), Spitzenund Bändergebüsch an einigem Stück der Kleidung."
„Ein
Prediger soll von dem schändlichen Gebrauch des unreinen
und giftigen Tabaks frei sein.
Wer noch mit diesem Uebel
befangen ist, der hat, das Mindeste gesagt, eS noch nicht sehr
weit
gebracht
mit
seiner
moralischen
(Christi. Botsch. 1875, Nr. 14).
Ausbildung"
Bei den Predigerver
sammlungen und SonntagSschul-Conferenzen werden vorwiegend
praktische Gegenstände der Seelsorge und Schule erörtert. Doch geht man auch auf theologische Fragen gern ein.
Auf
der Ohio-Conferenz (27. October 1874) zeugten die Arbeiten der Prediger von Fleiß und gesunder, klarer Ansicht.
Vorstand
empfiehlt zum Studium
zwei
Punkte:
Der
1)
welchem Sinne ist Gott mit dem Menschen versöhnt? welchem Sinne ist der Mensch mit Gott versöhnt?
In
2) In Auf
der Saginaw-Conferenz (Michigan) wurde die Frage aufge
worfen: „Muß ein Kind, welches noch keine wirkliche Sünde
23 gethan hat, auch erneuert werden zur Seligkeit?" Bruder antwortete
ergab ein
entschieden nein,
fast einstimmiges Ja.
Ein junger
aber die Abstimmung
Dieselbe Conferenz
ver
handelte über die ökonomische und ontologische Trinität, wie ihre Frage zeigt: „Ist die Offenbarung stets ein und dieselbe Person, bloß unterschieden in der Offenbarungsform, oder sind es drei verschiedene Personen auch in drei verschiedenen Offen
Es gaben sich verschiedene Ansichten kund,
barungsformen?"
doch „wurde Licht darüber verbreitet".
Die Detroit-Conferenz
(Mich.) behandelte u. A. die Themata: Rechtfertigung und Hei
ligung ; die Stellung des Weibes in Kirche und Staat.
Die
am 1. October 1874 für Deutschland abgehaltene Distriktver
sammlung in Stuttgart hatte für jedes ihrer zehn Themata einen
besonderen Referenten und Correferenten.
Dieselben lauten:
1) Was ist von dem Gebrauch fremder Predigtentwürfe
zu halten?
2) Das Benehmen des Predigers auf der Kanzel. 3) Extreme Predigtweisen nach Wesen und Wirkung.
4) Spezielle Seelsorge.
5) Sollen unsere Vorgänger predigen? 6) Das richtige Verfahren bei der Gliederaufnahme. 7) Die Handhabung der Kirchenzuchtordnung.
8) Warum
sollen unsere Mitglieder bei uns (!) zum
heiligen Abendmahl gehen? 9) Ist es
apostolisch und
dem Sinne Christi gemäß,
verschiedene Zweige der Kirche Christi zu gründen? 10) Exegese über Joh. 10, 16.
In solchen und
manchen anderen Verhandlungen tritt
uns immerhin ein reges Leben entgegen,
teresse
zuschauen.
Aber
ihr
dem wir mit In
kirchenzerstörendes
Auftreten
unter uns müssen wir beklagen, wovon später mehr.
gesund zeigt sich ferner schon ihre Lehre.
Un
Neben ihren for-
24
cirten Erweckungen übertreiben sie die Macht der Heiligung. Dieselbe soll eine vollkommene sein.
„Ein Prediger, welcher
die Lehre von der gänzlichen Heiligung und christlichen Vollkommenheit nicht glaubt, versteht den Heilsplan und
die Heilslehre nicht gründlich
ober nicht recht, — verräth,
daß er in feiner christlichen Erfahrung noch sehr mangelhaft
ist, und erweist sich auch in seinem ganzen Amtswesen als
(Evang. Mag. 1870, S. 61.)
ebenso mangelhaft."
Diese Lehre von der völligen Uebergabe ober vollkom
menen
Heiligung
wird schon seit Jahren in Amerika mit
großem Eifer getrieben, war aber in Deutschland bisher nur
Eigenthum der kleinen methodistischen Gemeinschaften. Gegen wärtig aber wird sie uns von Amerika gebracht und bricht sich bei uns gewaltig Bahn in größere Kreise hinein.
Albrechtsleute sind voll
Anregung und wegung.
hoher Anerkennung
Die
der Smith'schen
stehen schon längst mitten in derselben Be
Uebertreibungen und Irrthümer in
dieser Ange
legenheit liegen bei ihnen offen vor. Ich erinnere an
die abschätzige Beurtheilung des refor-
mirten Gehr, weil er die Lehre der vollkommenen Heiligung
verwarf,
und an das überschwengliche Lob des Methodisten
Jnskip, der einer Gesellschaft präsidirt, welche von dem Grund satz geleitet wird:
„Die Lehre schriftmäßiger Heilig
keit, welche den Methodismus zu dem machte, was er heute ist, die Donner- und Feuerstimme der alten Eliaspredigten,
welche die Glieder zu schriftmäßiger Heiligkeit hinleiteten und drängten, muß wieder erwachen, wenn die Kirche nicht in die Dämmernacht einer todten Orthodoxie versinken will."
So heißt eS im Evangelischen Magazin (1870, S.
29):
„Wir müssen unseren Willen dem Willen Gottes ganz unter
werfen, daß derselbe jeden Augenblick gegen alle satanischen
Einflüsse, Kräfte und Mächte geharnischt, gestählt, verschlossen,
25 ja unter allen Umständen, jeden Augenblick vollständig Sieger über dieselben sei"
und der Christliche Botschafter
(1874,
Nr. 41) sagt: „Der Weise ringt nur, wo sein Ringen einen
Begeisterung ist nur für
vollkommenen Sieg erringen kann. ein erreichbares Ziel."
„Die Sünde nach ihrer Kraft und
Macht kann schon mitten in der zeitlichen Entwickelung durch
die Kraft Christi
in
dem Menschen
aufgehoben
und sein
ganzes Wesen und Leben von der himmlischen Heilsherrlich
keit durchklärt und verklärt werden." seiner
Heil
eigenen in
völligen Genesung
Christo
bezweifelt,
Christi zur Welterneuerung."
der
„Wer die Möglichkeit
von
Sünden
durch
das
schmälert auch die Kraft
Von der frommen und thä
tigen Methodistin Frau Phöbe Palmer in New-Jork wird
„vollständige Verkörperung
gerühmt
die
ligung".
In dem Evangelischen Magazin findet sich zwischen
der
völligen Hei
seinen verschiedenartigen religiösen und theologischen Aufsätzen das folgende Rezept, dessen Beurtheilung „Ein bewährtes Mittel,
heimgeben darf:
ich dem Leser an schön zu werden.
1) Nimm die Wurzel wahrer Gottesfurcht, Liebe und Auf
Barmherzigkeit
und
willigen
richtigkeit;
2)
Almosen;
3) Blumen der Demuth, Gottseligkeit, Keusch
Blätter der
heit, Geduld und Mäßigkeit; 4) Kräuter der wahren Buße, Bekenntniß der Sünde, Verachtung der Welt und Besserung des Lebens.
Schütte dieses Alles zusammen
in dein Herz,
zerstoße es in dem Mörser deines Gewissens, seihe es durch das Gedächtniß des bitteren Leidens Jesu, zerlasse es in dem Zucker der göttlichen Liebe, benetze es mit den heißen Thränen deiner Augen, stelle es zu dem Feuer der Trübsal, rühre es
oft
den Vorsatz
durch
endlich stelle es destillire es
fechtung.
zur wahren Buße unter einander;
an die Sonne des göttlichen Wortes und
in der Hitze des lieben Kreuzes und der An
Darnach nimm das weiße Leintuch deines Jesu
26 und wasche dich täglich damit, so hast du ein versichertes Mittel, deinem Heiland zu gefallen, welches über alle Schön
heit geht.
Jesu, segne den Gebrauch an allen denen, die
innen und außen recht schön an der Seele zu werden ver
langen." Vor einiger Zeit hat der Rev. Mc. Donald bei einem
campmeeting über das Wort gepredigt: „Wenn euere Sünden
blutroth sind, sollen sie schneeweiß werden."
Der Bericht
erstatter sagt darüber, er habe richtig ausgeführt,
daß das
Blut Christi alle Schlacken sammt der Schuld austilge; sei auch
eine musterhafte Predigt gewesen, die
es
einen tiefen
Eindruck machte, so daß Biele sich aufmachten, die Heiligung zu suchen, auch Sünder weinend hervorkamen, um sich zu
bekehren.
Aber doch fügt er hinzu:
„Ein Punkt blieb mir
unaufgeklärt, nämlich was des Redners Ansicht sei, wenn
nach der Rechtfertigung und Wiedergeburt Solche, die noch nicht das Werk gänzlicher Heiligung erfahren haben, unterdessen sterben."
Mir fiel beim Lesen der Schächer am
Kreuze ein, dem die „gänzliche Heiligung" fehlte, der aber
doch das Wort erfuhr: Paradiese sein."
„Heute noch wirst du mit mir im
Es offenbart sich in dem Allem eine Ver
wandtschaft mit einigen Baptisten, die Röm. 8, 1: „So ist
nun nichts VerdammlicheS an denen, die in Christo Jesu
sind"
—
von der Heiligung
deuten,
statt von der Recht
fertigung. Nach dem bisher Gesagten wird eS von Interesse sein, zu hören, welches Urtheil die in Deutschland thätigen Send
boten der Gemeinschaft über unsere kirchlichen Verhältnisse
fällen und
wie sie unter uns zu wirken angefangen haben.
Was daS Erstere angeht, so werden die deutschen Geistlichen ermahnt: anstatt die
„Sekten" zu drangsaliren,
sollten die
27 Herren Pfarrer den Unglauben aus ihren Herzen, aus ihren Gemeinden und
von
ihren
Kanzeln
vertreiben suchen.
zu
Deutschland solle die gläubigen Laien mehr in den Dienst der Kirche ziehen und sich darin die amerikanischen Kirchen zum
Muster nehmen.
DaS allgemeine Priesterthum der Gläu
bigen des neuen Bundes werde zwar in kirchlichen Kreisen
bei uns betont, im praktischen, kirchlichen Leben trete eS aber nur in Privatversammlungen und der Vereinsthätigkeit einiger
maßen
„Dies ist ohne Zweifel den
in die Erscheinung.
Geistlichen auf die Rechnung zu schreiben.
Viele von ihnen
sind selbst keine wahren, gläubigen Priester deS neuen Testa mentes."
Wir sollten demnach erwarten, daß die evangelische
Gemeinschaft wenigstens an unseren einheimischen Stunden haltern aus Laienkreisen Gefallen haben würde. sie finden keine Anerkennung.
den Stunden ist keine rechte, frische Pflanze, vielen
Stücken
einseitig
Aber auch
„Selbst die Laienthätigkeit in
und
verkümmert.
sondern in Deutschland
braucht nicht nur mehr gläubige Pastoren, sondern auch recht viel gläubige Laien, die frisch und freudig zugreifen."
Die
evangelische Gemeinschaft, nicht zufrieden mit ihrem trans
atlantischen Wirkungsgebiet, wird es nun wohl übernehmen, uns immer mehr mit solchen Kräften zu versorgen. hat die Neigung und den Muth dazu.
Sie
„Die lieben AmtS-
brüder sder Stuttgarter Conferenz 1870] bilden eine Schaar,
die nicht nur Willens-, sondern auch Thatkraft zur Geltend machung ihres hohen Berufes an den Tag legt."
1870, Nr. 31.)
In
einem
Gedicht aus
heißt eS: „Und ob auch Albrechtsleut' Sie unsre biedern Alten, Verrückte Betbrüder Und Muckerköpfe schalten;
(Chr. B.
ihren
Kreisen
28 Was lag den wackern Kämpfern dran? Ging nur des Herren Werk voran Trotz Feindeswuth und Spötterwahn, So war ihr Ziel erreicht. Und sieh! es ging voran, Mit Gott voran zum Siege! So ist das Losungswort In diesem heil'gen Kriege. Und vor dem Tage weicht hie Nacht, Das Heer des Herrn gewinnt die Schlacht, Die Kämpfer stehn vertausendfacht, Zu Boden liegt der Feind/
Wir wenden uns nunmehr zur Betrachtung der Propa
Sie ist keineswegs
ganda der Albrechtsleute in Deutschland.
unbedeutend 2).
Zu Anfang dieses Jahres berichtet der Christ
liche Botschafter, daß im verflossenen Missionsjahr überhaupt bei 6000 Seelen gewonnen wurden.
„Unser Missionswerk
in Deutschland machte mächtige Fortschritte."
lich wurde wieder Bruder Gülich
Ganz kürz
der Wisconsin-Con-
von
ferenz dorthin deputirt „ein entschiedener, ernster und hoch
begabter
Das
Gottesmann".
Exekutiv-Comitö
weitere Verstärkungen zu senden. nach
Deutschland schicken.
Großes
Größeres will er noch thun."
bereit,
ist
-„Wir sollten mehr Männer
hat
der Herr gethan;
(Chr. B. 1875, Nr. 7.)
Die
Propaganda hat ihre Hauptstationen zur Zeit in der Schweiz,
in Würtemberg (Baden, Elsaß), Westfalen
dieser
in der Rheinprovinz, in
(Lippe) und in Sachsen.
Reihenfolge,
indem
wir
Wir schildern
zuerst
nach
der
sie in
Schweiz
blicken.
Der Anstoß zur methodistischen Bewegung in der west
lichen Schweiz überhaupt ist in
das Jahr 1839 zu setzen,
da die schwärmerischen Lardonistcn in Iverdon (1835) nicht
hieher gezählt werden
dürfen.
Heinrich Olivier, erst Mis-
29 sionar in Canada, dann Dissidentengeistlicher in Nyon, trat offen zum Methodismus über.
Bald wurde die Lehre von
der Heiligung überspannt bis
zu einer sündenfreien Voll
kommenheit nach dem buchstäblichen Sinne von 1 Joh. 3, 9,
und die Bitte „Vergib
uns unsere Schulden" wurde von
den Anhängern der neuen Bewegung nicht mehr auf selbst, sondern nur auf Andere bezogen.
sich
„Diese Geständnisse
und Lehren mit mystisch-aScetischer Gefühlständelei vorge tragen, erhitzten die Gemüther und die Gemeindeglieder, von
jedem Wind der Lehre bewegt, zerspalteten sich in mehrere Sekten" (Leopold in Stud. u. Krit. 1848, S. 1019).
ES
war einer anderen, mächtigen Persönlichkeit vorbehalten, diese erste schweizerische methodistische Bewegung fast ganz in ihre Geleise zu ziehen.
John Darby, erst Advokat, dann Geist
licher der Hochkirche, dann Stifter der Plymouthsbrüder in Plymouth, London, Exeter u. s. w., von seinen Erfolgen in
England nicht befriedigt, kam nach Paris, verweilte zwei Jahre in Genf und erschien Ende März 1840 in Lausanne
und schon im Frühjahr 1841 ging Olivier, der eifrigste Vor kämpfer des Methodismus, mit allen seinen Anhängern zu
ihm über.
Die gebliebenen Methodisten vereinigten sich unter
dem würdigen Geistlichen Cook, der noch nach der alten weS«
leyanischen Sitte verfuhr und es vermied, die waadtländische Nationalkirche zu beunruhigen, aber von den Darbysten bitter
angefochten wurde.
Noch heute finden wir den Methodismus
hie und da in der Schweiz verbreitet.
Die Evangelische Ge
meinschaft begann dort sofort mit der Organisation selbst ständiger Gemeinden, „was sich durch die herrlichsten Folgen als die richtige Verfahrungsweise bewährte und die Brüder in Würtemberg und Baden zur Nachahmung kräftig reizte"
(Bischof Escher im Evang. Magazin).
In den Bekenntniß
stunden berichten die Glieder einzeln vor der Versammlung
30
über Wesen und Gang ihres inneren religiösen Lebens.
Unter
Anderm sagte Jemand dabei von einem Gottesdienst in der
Staatskirche:
„Als
es an's Predigen ging, wurde ich böS
über die Staatspfaffen, daß
sie so lange studiren und doch
nicht besser predigen können, sagte rein ab,
In demselben Bericht heißt es:
mahl" u. s. w.
Leute
dem todten Kirchenwesen
nahm bei unserer Gemeinschaft das heilige Abend
sind
keine Glieder
mehr von der
„Unsere
Staatskirche
und
wollen keine mehr sein. In Zofingen wurde bei einer Conferenz Klage eingereicht gegen eine Schwester, weil sie in der Kirche das heilige Abendmahl genommen und habe sich so fremder
Sünde theilhaftig gemacht."
„Im Anfang unseres Hierseins
gingen wir bisweilen zu sogenannten gläubigen Pfarrern, aber die meisten von ihnen haben uns tüchtig abgekappt und nun fragen wir keinen Pfarrer mehr, wenn wir irgendwo Gottesdienst halten
wollen" (Chr. B. 1870, S.293). In der Ostschweiz (Glarus, Mollis, Schwanden, Zofingen, Burgdorf, Schwendi, Leuggel-
bach u. s. w.) ist Bruder A. Halmhuber thätig.
Er berichtet
(3. Dez. 1874), daß „hin und wieder sich Seelen zu Gott bekehrt
haben und die Gläubigen sind meistentheils nicht nur von der Möglichkeit wahrer, schriftmäßiger Herzensheiligkeit über zeugt, sondern eö ist auch ein ernstes Suchen nach der prak
tischen
Erfahrung
derselben
vorhanden."
Die
Gemeinden
haben wenig an Zahl, aber an innerer Festigkeit gewonnen.
„Es ist rührend, wahrzunehmen, daß diejenigen der Freunde, die durch mehr in staatskirchlichem Sinne wirkende Prediger
zu Gott bekehrt wurden und sich
deßhalb mit unserer Hei
ligungslehre anfangs gar nicht vertraut machen konnten, die
selbe jetzt mit Begeisterung befürworten suchen."
Gebetsversammlungen,
Kirchenzucht können freudig
sei
nahe,
wo
die
Gebete
und die Heiligung
Erfahrungsstunden
eingerichtet werden.
für
die Ostschweiz
Die
und
Zeit
30-, 60-,
31 lOOfältige Früchte tragen.
Es genügt also den Albrechts
leuten noch lange nicht, daß Christen durch „staatskirchlich" wirkende Prediger bekehrt werden; sie sind dahin zu bringen,
daß sie die Heiligkeitslehre
„mit Begeisterung befürworten",
mit anderen Worten: sie müssen zu Gliedern der Evange lischen Gemeinschaft geworben werden.
Wir sehen auch hier
ein entschieden separatistisches Auftreten, das außer den ge
nannten Orten noch von Erfolgen zu reden weiß in Trimstein, Zimmerwald, Helgisried, Schwarzenburg, Thun, Bern, Erlenbach, Basel u. s. w., in Bern z. B. im Juli 1870
eine Zahl von 185 Abendmahlsgästen zuwege brachte. Blicken wir nun von der Schweiz nach dem nahen Würso finden wir dort die Evangelische Ge
temberg hinüber,
und
meinschaft schon seit Jahren thätig
fest
eingewurzelt.
Bei der Kapellenweihe zu Kirchheim z. B. nahmen 3- bis 400
Personen am Abendmahl Theil.
Der Nürtinger „Ev. Bot
schafter" berichtet bei der Kapellenweihe in Feuerbach bei Stutt
gart eine Kirchencollekte von 304 Gulden und notirt unter anderen zahlreichen Einzelgaben aus Süddeutschland und der Schweiz Kirchenbaubeiträge von 1000 Fr., 500 Fl., 200 Fl.
Das
u. s. w.
Bersammlungshaus
30,000 Gulden.
In
Stuttgart
in
an
Reutlingen kostete
einer
sehr
gelegenen
Straße haben die Albrechtsleute für 17,000 Gulden einen
Bauplatz zu einer Kirche gekauft.
Wir nennen als Stätten
der Wirksamkeit nur Stuttgart, Wengen, Eßlingen, Nürtingen,
Kirchheim, Reutlingen, Beuren, Owen, Ulm, Gerstetten, Heidenheim.
Aus
einer zweiten,
ebenfalls
zuverlässigsten
Quelle in Würtemberg wird mir berichtet, daß sie dort von
den
überall
scheiden sind. gleiche.
verbreiteten Methodisten
fast
nicht
zu unter
Lehre, Cultus und Lebensform ist ganz die
Sie sind der Zahl nach
fast
so
stark,
wie
die
eigentlichen von Amerika und England abhängigen Metho-
32 triften, haben fast ebenso viele Reiseprediger und zahlreiche
Sie stehen auch in brüderlichem Verkehr mit den
Kapellen.
Methodistenpredigern und bei ihren Festen treten gewöhnlich
auch einige Methodistenprediger
als Redner auf.
Mit den
Pietisten und Michelianern stehen sie in keinem Verkehr und sind eher alö Gegner derselben zu betrachten, da sie sich sehr
häufig aus diesen Kreisen rekrutiren. Mit den Baptisten standen
sie ehedem gut, zur Zeit ist das Verhältniß wohl nicht mehr ganz so freundlich.
Der Agent in Stuttgart (Chr. B. 1874,
Nr. 52) berichtet,
thätigkeit
noch
in seiner zwölfjährigen Amts
er
daß
nie
einen
segensreichern Anfang hatte, als
ES bestehen 9 Filialgemeinden.
hier.
sammlungen wächst.
Der Besuch der Ver
Der Herr bekennt sich
„auf'S fühl
barste" zu ihnen mit überschwänglichen Gnaden- und Segens
mittheilungen. sieht
man
Die
Buß-
Sonntagsschule
blüht.
und Freudenthränen
Aeuglein der Kinder perlen." Freude darüber, daß
„Nicht den
in
selten
strahlenden
Auch berichtet der Agent seine
er neulich mit drei Bänken voll buß
fertiger Kinder gerungen habe.
Ein ganz besonderes Geistes
leben unter den Kindern sei in Wengen bei Canstatt.
„Sie
halten Betstündchen unter einander und führen einander zum
lieben Heiland."
Dort hat die Versammlung in einem Jahr
um das Drei- bis Vierfache zugenommen und ein Kirchlein
gebaut.
Sie bildet eine organisirte, selbstständige Gemeinde.
Ferner sagt der Bericht: leins hat ein besonders
gewaltige Predigten
„An der Einweihung dieses Kirch
wirksamer Pfingstwind durch einige
des theueren Bruder Kächele das Feuer
Gottes noch viel mächtiger angeschürt, so
Himmel lodert.
Es
sind
schon
junge
daß es hoch zum
und alte Männer,
Mütter und Töchter aus der Welt herausgetreten, die der
Wirbelwind des
Geistes schnell
erfaßt
und
herumgedreht hat, und so geht'S immer fort.
nur
geschwind
Dort sind wir
33 siegreich eingedrungen in's feindliche Lager. die Leute nur alle drei Wochen
Schade, daß ich
besuchen kann.
Da sollte
jede Woche mehrmals gepredigt werden, dann könnten wir
dort Alles in Brand stecken, füllen.
um
ein zweites Kirchlein zu
Aber der schmerzliche Mangel an Arbeitern, Kräften
und Mitteln!
O was könnten wir hier und allenthalben auf
unserem so äußerst fruchtbaren europäischen Missionsgebiet ausrichten, wenn wir jetzt hätten, was uns vornämlich fehlt:
eigene, entsprechende Gotteshäuser!
Sobald wir diese
besitzen, haben unsere Leute ein concreteS Bild von dem, was
wir sind, sein wollen und sein müssen — die Kirche der Evangelischen Gemeinschaft."
Sowohl die Aversion vor dem
Stundenwesen als auch
die Verliebtheit darin würde durch
Kirchbauten aufgehoben.
Zu dem Allem wiederholen wir nur
die Bemerkung, daß die Albrechtsleute offenbar als Kirche neben unserer evangelischen Kirche festen Fuß. fassen und fassen
wollen.
Wir sollten sie dazu nicht durch öffentliche und nutz
lose Polemik stärken. erkennung.
Aber auch nicht durch öffentliche An
Wir können nicht beurtheilen, ob es sich in Wahr
heit so verhält, wenn die Albrechtsleute berichten von den
„anerkennenden Zeugnissen, die der ehrwürdige, fromme und
weitherzige Herr Prälat Kapff von der Kanzel herunter unserer Evangelischen Gemeinschaft zu ertheilen
nimmt" (Chr. B. a. a. O.). daran betheiligen.
gar keinen Anstand
Aber wir würden uns nicht
Da scheint es doch gerathener, mit einem
„Würtembergischen Pfarrer" uns im Sinne Gamaliels aus zusprechen.
Die an Würtemberg sich anschließende Betrachtung der Propaganda in der Rheinprovinz zeigt uns dieselbe wieder
als eine recht wohl überlegte, die keineswegs die Gegenden aufsucht, wo daS religiöse Leben erstorben ist.
„Die Send
boten englischer und amerikanischer Gesellschaften gehen sehr Jüngst, Ameril. Methodism.
3
34 geschickt den Bächlein des fließenden Wassers nach nnd leiten
dasselbe in ihre Behältnisse, was natürlich weniger mühsam ist, als dürres Land zu bewässern" (Grundemann).
Die
Gegend von Mühlheim a. d. Ruhr, Essen, Ruhrort ist z. B. gewählt, weil dort „die Winde des Geistes wehen und daS für das Göttliche
Volk im Allgemeinen noch einen Sinn
hat", eine Folge der Erweckungen, die im vorigen Jahr
hundert durch Candidat Hoffmann, nach ihm besonders durch G. Tersteegen und
„am kräftigsten"
vor 30 Jahren durch
zwei Laien dort geschahen, als man singen konnte:. „Auf Mülheims glücklichen Revieren Da läßt der Herr so nah stch spüren, Wohl dem, der es erfahren hat!"
(Chr. B. 1874, S. 413.)
Die angebliche Anknüpfung an den Tersteegen'schen Geist ist aber eine faktische Alteration desselben.
Ein neuerer Bio
graph des frommen, innigen Sängers an der Ruhr ruft auS:
„Wie himmelweit verschieden ist Tersteegens Auftreten
von der oft hochmüthigen und zudringlichen Propaganda mo
derner baptistischer oder methodistischer Sendboten nnd Col (Thikötter, Borträge 1862, S. 169.) Schon
porteure."
predigte der Agent der Albrechtsleute in Mülheim vor etwa
1000 Menschen, freut sich, daß Pastor Heuser in Elberfeld, der längst aus der Landeskirche schied, ihm noch im Herbst
wegen der Heiligung in „hartem Zusammenstoß" opponirte, jetzt die Reinigung von aller Sünde mit Kraft und Sieg predigt und ihn als Bruder begrüßt (Chr. B. 1875, Nr. 11). Einer von den Berichten dieses Predigers, Joh. Berger aus
Essen, vom Herbst vorigen Jahres wirft in mehrfacher Be ziehung so helles Licht auf die Arbeit der Albrechtsleute, daß
ich
ihn
wörtlich
mittheile:
„Endlich
durften
wir
unsere
Mission in Essen beziehen und kamen am 11. August Abends
35 spät hier an."
Die erste Nacht blieben sie in einer elenden
Bon hier an lasse ich den Bruder wieder selbst reden:
Herberge.
„Am nächsten Morgen bezogen wir gleich unser Haus, wozu
uns Herr H
behülflich war, und nachdem wir ein
wenig eingerichtet waren, ging ich an die Arbeit, um Leute zu besuchen
hatte
ich
und mit ihnen zu beten.
gleich
eine
Betstunde
um
Am ersten Sonntage die
gewöhnliche
Kirch en zeit in meinem Hause und am Nachmittag eine
Predigtversammlung in der von Herrn H
sionszwecke
erbauten
Kapelle.
für Mis
Die Versammlungen waren
gut besucht und reichlich gesegnet, wofür dem Herrn alle Ehre gebühret.
Ich habe nun seither meine Versammlungen
so fortgesetzt und halte nebst Sonntag auch noch jeden Dinstag abend Versammlung in meinem Hause.
Die Versammlungs
lokale sind immer gedrängt voll andächtiger Zuhörer und das Wort macht einen sichtbaren Eindruck auf die Herzen.
Ja,
Viele haben mir schon von Herzen gedankt, daß ich gekommen
bin, denn das, sagen sie, ist gerade, was wir noch brauchen und worauf wir schon lange gewartet haben.
Auch habe ich
schon an zwei verschiedenen Plätzen außerhalb Essen gepredigt
und bin auf's dringendste eingeladen worden, wiederzukommen. An einem dieser Plätze sagte ich den Leuten am Schluß der
Versammlung, wenn sie nun glaubten Bedürfnisse für solche
Predigten zu haben
und es begehrten, so sei ich bereit, sie
regelmäßig zu besuchen; worauf der
Hausherr hervorkam,
mich mit bewegtem Herzen in seinen Arm nahm und sagte:
,Jck, ja, Herr Missionar, kommen Sie nur nächste Woche wieder; ich denke, Sie bekommen noch eine große Arbeit mit uns, denn das ist's, was wir noch brauchen/ Ich habe auch schon einige der angrenzenden Städte be
sucht und fand überall viel, viel Arbeit; aber die geeigneten Lokale zur Abhaltung
der Gottesdienste zu bekommen, hält
3*
36 sehr schwer.
So hatte ich auch das Vergnügen, diese Woche
dem jährlichen Stiftungsfest des BereinshauseS in Mülheim a. d. Ruhr beizuwohnen.
Dies ist nämlich der Ort, wo
der selige Gottesmann Tersteegen lebte und wirkte und dessen Aussaat, obwohl schon
100 Jahre nach ihm, doch immer
noch die gesegnetsten Früchte trägt.
Mit besagtem Vereins-
Haus sind auch eine Schule, ein Waisenhaus und ein Zög lingsinstitut verbunden, wovon Pastor Stursberg in Mül
heim die leitende Seele zu sein scheint.
Aus dem jährlichen
Bericht war ersichtlich, daß des Herrn Segen reichlich auf
diesem Werke ruht, es ging aber auch durch viel Kampf und Hindernisse.
Das Waisenhaus ist dem Bericht zufolge erst
in's Dasein getreten
120,000 Thlr.
und zwar durch
ein Vermächtniß von
Ich dachte, wann werden doch auch mal
unsere wohlhabenden Glieder zu so edeln Gedanken und großen Thaten kommen?
Eö waren an
diesem Feste wohl 4 bis
5 Tausend Menschen zusammen, die Herren Pastoren Sturs
berg, Schwabe, Vohwinkel, Rink, Hörnemann u. A. m. waren die erkorenen Festredner.
Die Reden, die gehalten wurden,
waren nicht leer und machten einen sichtbar tiefen Eindruck
auf die versammelte Menge. derben
der Kirche
wurden
Die Sünden und das Ver schonungslos
angegriffen;
nur
mit dem Arzt und einzigen völligen Heilmittel dieses Ver
derbens,
nämlich
mit
der vollen Heilkraft des von allen
Sünden reinigenden Blutes Jesu Christi, hielt man etwas
zurück.
Jetzt löste sich bei mir vollständig das Geheimniß,
daß nämlich unter der Wirksamkeit dieser landeskirchlichen Ver
eine so Biele nur erweckt werden
und nur Wenige zu einer
klaren und gründlichen Bekehrung kommen; denn wo sollen
die armen Leute hin,
wenn ihnen der Zustand der Ge
rechten und Heiligen so mit dem Zustand der Unge rechten und Gottlosen vermengt wird, daß man ja doch am
37 Ende sie alle unter eine Rubrik
der ,Sünder' bringt?
Wie
sollen die erweckten Seelen zum Frieden mit Gott und zu einer lebendigen
Gewißheit ihrer Annahme kommen, wenn
man ihnen nicht den Heilsplan in allen Theilen kräftig aus einander setzt und erklärt?
Und endlich, wie sollen Gläubige
zu der Heiligkeit, die zum Anschauen der Herrlichkeit un
umgänglich nöthig
ist, herangebildet werden, so man eine
völlige Erlösung von Sünden in diesem Leben trotz den
deutlichen Aussprüchen der heiligen Schrift geradezu leugnet? Würden diese kirchlichen Vereine geradezu die Lehre des Evan geliums rein und lauter,
heiligen
in der Kraft und Beweisung des
verkündigen,
Geistes
so
ja
könnte,
würde
ohne
Zweifel ihr Wirken zur gründlichen Reformation der Kirche führen,
anderenfalls bleibt
eS immer nur ein Flicken deS
alten Kleides mit einem neuen Lappen und
ein Fassen des
Mostes in die alten und verdorbenen Schläuche Matth. 9, 16.
Und
17.
danken,
in
dennoch
muß
man
sich
freuen
und Gott
der Landeskirche noch so viel Geistesregung und
Leben zu finden,
Kirche und das
denn
da ist sicherlich noch das Salz der
Licht der Welt;
und
wenn es auch gleich
unter einem Scheffel steht, wird es doch zu seiner Zeit noch von seiner Umschränkung frei werden und dann
auch
im
vollen Glanz hervorbrechen.
Auch sind diese Bereinshäuser,
die man hier in Nord
deutschland sehr häufig in den größeren Städten findet, eine
segensreiche Anstalt,
würden
es aber noch viel mehr sein,
wenn man sie von den Schenkstuben und Rauchzimmern rei nigen würde.
Es ist einem Amerikaner sehr auffallend, ja
wohl ganz widerlich,
eine Kapelle, die für gottesdienstliche
Zwecke bestimmt und eingeweiht ist, mit langen und vielen Biertischen angefüllt zu sehen, wo man zwischen den gottes
dienstlichen Uebungen dann gemüthlich
seine Cigarre raucht
38
und sein Bier, seinen Wein oder Kaffee trittst. Und ein solches Unwesen habe ich bis jetzt noch bei allen Vereins häusern, als Sammelplätzen der .Gläubigen' gefunden. Da geschieht es dann nicht selten, was auch Pastor Stursberg in seiner Eröffnungsrede bei dem Fest beklagte, ,daß Leute sich ebenso lieb im Vereinshaus, wie in einer Kneipe voll saufen' und dann große Ruhestörung verursachen. Run ja, was ist denn auch der Unterschied zwischen einer Kneipe und einem Vereinshaus, wenn man in beiden ein Geschäft treibt? Aber warum treibt man das Schenkgeschäft in Verbindung mit diesen Vereinshäusern? Könnte man es nicht ebenso gut den Wirthschaften überlassen, wo es doch eigentlich hin gehört? Nun ja, der Ursachen gibt es wohl viele, die ich selbst nicht alle kenne; aber mir scheint's, eS geschieht haupt sächlich deßhalb, um auch in den Bereinshäusern etwas .An ziehendes' und eine gute Einnahmequelle zu haben. Denn der Vorwand, daß dadurch besonders die Jünglinge von dem bösen Einfluß der Wirthschaften unter den bessern Einfluß der Vereinshäuser und der Religiösgesinnten gebracht werden, scheint mir nicht nur ein grundloser, sondern auch ein zweck widriger zu sein. Man reinige die Vereinshäuser von diesen Uebeln und dann erst wird ihr Einfluß ein recht gesegneter sein. Daß unter solchen Umständen auch die Evangelische Ge meinschaft eine große und wichtige Aufgabe hier hat, wird unsern Freunden aus dem Gesagten nun recht völlig klar werden; und mein Gebet ist: .Herr, hilf uns unsere Pflicht zu thun und die Wahrheit des Evan geliums in der Kraft unseres Meisters vorzutragen!' An heilsverlangenden Seelen fehlt eS hier nicht; bereits darf ich täglich mit solchen im Familienkreise und auch in meinem Hause um Gnade beten und der Herr wird ohne
39 Zweifel
seine
Sache
siegreich
hinausführen.
Freunde,
gedenket unser! Achtungsvoll Dein u. s. w.
I. B." Zur
Ergänzung
für
augenblicklichen
den
Stand
in
Essen bemerken wir noch, daß nach der Ansicht der dortigen
Brüder wenigstens noch zwölf Missionare dorthin müssen.
Die Aussichten seien dort so versprechend, daß man an der
nächsten Jahres - Conferenz einen
sollte.
sormiren
Verhältnisse
in
Rücksichtlich
Rheinpreußen
eigenen Preußen-Distrikt
dieser
hat
»äußerst
dringenden"
Bau - Somit«
das
in Bern am 3. November 1874 folgenden Beschluß gefaßt: „Da in Essen und Umgegend
unsere Aussichten in Bezug
auf das Missionswerk sich über alles Erwarten günstig ge
staltet haben, so daß wir in Besitz von eigenen Gottes häusern in dieser Gegend bald die überraschendsten Siege feiern könnten, da wir aber dieses Vortheils ermangeln und
nur
sehr schwer Etwas miethen,
noch
viel
weniger aus
eigenen Kräften kaufen können: daher beschlossen, daß
wir
unsere theuern Preußen-Brüder in Amerika herzlich bitten, daß sie uns zur Errichtung eines Gotteshauses in Essen die nöthige
Nr.
Unterstützung
52.)
Die
leisten."
(Christi.
erbetenen Beiträge fließen
Botsch.
1874,
schon.
Etwa
5000 Dollar werden zu dieser ersten Kapelle der sehr ver sprechenden Preußenmission erforderlich sein.
(Christl. Botsch.
1875, Nr. 12.) 3)
Blicken wir nun nach dem benachbarten Westfalen, so hören wir, daß die Kapelle in Dortmund besonders Abends gut besucht
ist und mehr Bekehrungen erwartet werden.
In Gelsenkirchen
nehmen an den Versammlungen des Br. Küchele und Anderer
auch kirchliche Gemeindeglieder Theil.
Unter dem annoncirten,
unbekannten und einfachen Titel „Evangelische Gemeinschaft"
40 sie keinen solchen Methodismus und gewiß geht es
ahnen
In Bochum
an anderen Orten ebenso. Lokal gesucht und es Ganzen gab es
an
fängt
wurde ein neues
„Etwas zu
bei den Bekehrungen
Im
tagen".
„ganz herrliche, er
Hierzu wird unter Anderm Folgendes
greifende Vorfälle".
gerechnet: Ein bekehrtes Mädchen wurde von Jemand
er
mahnt, doch nicht aus der Landeskirche zu treten, erwiederte
„Die Kirche ist nicht der Tempel Gottes, sondern
aber:
ein bloßer Steinhaufen; den Tempel Gottes habe ich nun
in meinem Herzen."
DaS östliche Westfalen und besonders
Lippe werden von den Essener Brüdern zunächst bloß flüchtig
ES
besucht.
uns
treten
Nieenhagen, Lieme,
Namen
die
Bielefeld,
Lüdenhausen,
Heiden,
Heeben,
Wattenhausen,
Lemgo, Detmold, Wellentrog, Wackenbruch u. s. w. ent
gegen.
In Bielefeld wirkt seit einem Jahr der bischöfliche
Methodistenprediger
Spille.
Er wünscht
einen
Gehülfen.
ES wird dm Leuten dort schwer, eigentliche Methodisten zu
werden, doch glaubt man, daß die „lieben Seelen ihre Be denklichkeiten S. 158). das
sie
fallen
lassen
werden"
(Evangelist
1875,
Die Albrechtsleute wenden sich mehr nach Lippe,
„mit Ernst in Angriff nehmen wollen" und wo,
wie sie „vollständig
überzeugt"
sind, der Herr
Arbeit und herrliches Werk schaffen
will.
eine große
Der Agent be
richtet, daß er bei seinen Privatbesuchen kein Geld genommen habe, „allein die Leberwürste und Brot mit Kaffee wurden mit herzlichem Dank um so bereitwilliger angenommen, da
ich gerade durch die vielen Fußtouren oft reichliche Bedürf nisse für dieselben empfand.
Lippeschen!" geldliebend
Wahrlich, eö ist gut reisen im
Die Lippeschen Geistlichen werden dagegen als geschildert
und
Botsch. 1875, Nr. 11) 4). Werk im Ganzen heißt eS:
„Schwämme"
genannt (Christl.
Von dem rheinisch-westfälischen „Täuschen uns nicht die An-
41 ztichen, so stehen wir im Anfang
einer großen Erweckung,
welche uns der Herr in Gnaden schenken wolle" (Christi. Ueber die Propaganda in Preußen
Botsch. 1875, Nr. 7).
überhaupt aber schreibt A. Hülster (W.'S Conf.) an den
„Christlichen Botschafter" (1875, Nr. 10) u. A. Folgen des: „Wer hätte noch vor wenigen Jahren geahnt, daß ge lehrte Theologen Deutschlands einen
schlichten Amerikaner
(Smith) einladen würden, um unter ihnen von dem - vollen
Welche gewaltigen, tiefgrei
Heil^ in Christo zu zeugen?
fenden Veränderungen das sind! hast du uns unlängst von
Welche herrlichen Berichte
unserer jungen Preußenmission
Welcher MissionSfreund wird da nicht zum Lobe
gebracht!
Gottes ermuntert, aber auch zum Beten und Geben veran
laßt?
mit
Tausende rufen
mir: Es lebe
die Preußen
Lasset uns dem Herrn ein Extraopfer bringen.
mission!
Einliegende 10 Dollar sind für die erste Kapelle in Essen." In
dem
Kirchenkreise
des
Verfassers,
int
südlichen
Westfalen, ist die versuchte Propaganda des Methodismus
Die Grundstimmung des hiesigen
bisher erfolglos gewesen.
christlichen und
Lebens ist reformirt und hält mit Bewußtsein
Entschiedenheit
die
Rechtfertigung
Glauben als Cardinalpunkt fest.
allein
durch
den
Daher werden sämmtliche
separatistisch gerichteten Elemente bei unS von den besonders in
diesem
Dogma
streng
calvinischen
Plymouthsbrüdern
(Darbysten) absorbirt, während die Versuche der vorzüglich
die Heiligung betonenden Methodisten bisher scheiterten. darbystische
Bewegung
in
Deutschland
und
besonders
Die
in
den westlichen Provinzen Preußens hat zur Zeit einen Um fang
erreicht,
daß
sie
verdiente,
es
und dargestellt zu werden.
besonders
untersucht
UnS kommt es hier nur darauf
an, ihr Verhältniß zum Methodismus unter Angabe ihrer
hervortretenden Charakterzvge
kurz
zu zeichnen.
Bei Be-
42
sprechung der methodistischen Bewegung in der Schweiz wiesen wir schon darauf hin, sich gegenseitig abstoßen.
daß Darbysmus und Methodismus
Für Darby ist der methodistische
Kirchenbegriff noch viel zu consistent.
Irre geworden an der
apostolischen Successionslehre der anglikanischen Kirche schritt er fort bis zur Verwerfung jedes kirchlichen Bestandes und wollte nur die Heiligen
der letzten Tage formiren, da für
die zerstreuten Kinder Gottes Nichts weiter übrig bleibe, als sich im Vertrauen auf die Verheißung des
Herrn (Matth.
18, 20) in kleinen Gesellschaften zu vereinigen. hat das Recht, zu predigen walten.
Jeder Christ
und die Sakramente zu ver
Schon hieraus geht hervor, daß der allgemeine
Borwurf
des
sektirerischen,
separatistischen Wesens,
der
oft dem Methodismus überhaupt, ohne Kenntniß und Unter scheidung seiner mannigfachen Denominationen gemacht wird,
bei den Darbysten langt.
allerdings
an
eine richtigere Adresse ge
Wo diese Richtung des „religiösen Radikalismus und
der kirchlichen Demokratie"
(J. J. Herzog:
Les freres
de Plymouth et John Darby, Lausanne 1845) Wurzel
schlügt, läßt sie den Methodismus so leicht nicht aufkommen, dem Darby sogar vorwirft, daß er in Lehre und Disziplin die theuersten Heilswahrheiten bei Seite setze, so daß in ihm
beinahe keine wahren Christen zu finden seien.
So sehr wir
uns nun abgestoßen fühlen von dem ordnungsfeindlichen Ge bühren der Darbysten, finden wir sie bei der Rechtfertigungs
lehre doch im Vorzug gegen die Methodisten, welche dieselbe zwar auch haben, aber praktisch vor der großen Aufgabe der
Heiligung ganz zurücktreten lassen. (De la doctrine des
Darby wirft diesen vor
Wesleyens ä l’egard de la per-
fection et de leur emploi de l’Ecriture Sainte ä ce
sujet), daß sie über die Quelle des Friedens und des Heils im Irrthum seien, da sie
anstatt eines einfachen
Gefühls
43 von der Liebe Gottes eine völlige Aufhebung der sündlichen Natur verlangten und den Begriff der Sünde schwächten und
auf Nichts zurückführten, um ihn ihrer Vollkommenheit anzu Auf die wahre Empfindung der Gnade Gottes
bequemen.
gründe sich hienieden
auch
immerdar das Bewußtsein der
Seine Anhänger nennen sich einfach Brüder oder
Sünde.
Christen und feiern das Abendmahl so,
und Wein selbst nehmen.
daß sie sich
Zwei oder drei Personen
Brot nahen
sich einem Tische, auf welchem eine Flasche mit Wein nebst
einigen Gläsern und ein Teller mit Brot stehen, und ge
nießen so
das heilige Mahl ohne Vorbereitung,
nicht einmal
wobei oft
die Einsetzungsworte gesprochen werden.
Diese
Darbysten ziehen also unsere hiesigen Gemeindeglieder an sich, die dem Separatismus zuneigen, und wehren bis letzt dem Methodismus den Eingang.
Jedoch ist ein in meiner Ge
meinde geborener, früh ausgewanderter Mann, der jetzige Rev. F. W. S., seit 1851 Mitglied der Evangelischen Ge
meinschaft in Amerika, seit 1858 Prediger, seit 1870 Haupt agent der Buchanstalt in Cleveland. Schauen wir endlich noch nach Sachsen, so finden wir, daß die Evangelische Gemeinschaft jetzt auch in Dresden sich einen Mittelpunkt für ihre Missionsthätigkeit zu schaffen sucht,
einen Prediger angestellt hat, ein Grundstück erwerben will und viele Leute
aus den niederen Ständen an
sich
zieht.
Sie gibt als den einzigen Zweck ihrer Arbeit die Förderung der inneren Mission an, „aber ihre Absonderung von Allen,
die das
gleiche Ziel verfolgen,
wenn nicht Mißtrauen 14. Nov. 1874).
muß mit Recht
erwecken"
(N. evang.
befremden,
K.-Ztg. vom
Es ist bezeichnend, neben dieses
Urtheil
das zu stellen, was die deutschen Arbeiter der Albrechtsleute
über die Lage in Dresden sagen:
„Höret den Hülferuf un
seres theueren Missionars in Dresden.
Dort steht dieser
44
Mann Gottes ganz allein in einem stockfinsteren Land, in
einer der volkreichsten, aber auch hülfsbedürftigsten Städte
Deutschlands, von einer herrschsüchtigen Priesterkaste verfolgt, von verrotteten, dem Geist mittelalterlicher Hierarchie ent
sprungenen Gesetzen gebannt und auf'S schlimmste in seinem segensreichen Wirken gehemmt.
Wir mußten ihm ein Gottes
haus kaufen, wollten wir die ganze, wichtige Position unseres
Vorkämpfers in Sachsen nicht aufgeben."
(Chr. B. 1874,
S. 409.)
Wir sind am Schluß.
Ich habe im Obigen die Kenntniß
des Wesens dieser Gemeinschaft fördern wollen, die nun doch
einmal unter uns in Wirksamkeit
steht.
Noch gibt es auf
deutschem Boden keine großen Campmeetings
der Albrechts
leute mit ihren convulsivischen Bußkrämpfen, mit dem Seufzen
und
Stöhnen
Knieenden,
Gekommenen.
auf
der
der
Angstbank
dem schallenden
mit
(anxious
bench)
Jubel der zur Bekehrung
Aber schon schreiben die Würtemberger Me
thodisten Lagerversammlungen
im Freien mit
„sehr vielen"
Predigern aus (6. oder 17. Mai 1875 bei Baihingen) und deutsche Stimmen rühmen
geistliche Badereisen.
Frage liegt vor.
die Campmeetings als treffliche
Eins vergesse man nicht.
Doch zeigt sich
Die soziale
in den Kreisen der Ar
beiter, die bei ihr in erster Linie stehen, an einzelnen Stellen
und zwar b.ei den
besseren
Elementen eine gewisse Ueber»
sättigung an sozialistischen Phrasen und religiöser Negation,
em
Ueberdruß,
der in gute Bahnen geleitet werden kann
(Evang. Arbeiterverein in Stuttgart), aber auch leicht dahin zu bringen ist,
in
eine energische,
Frömmigkeit umzuschlagen.
erregte,
außerkirchliche
Auf der anderen Seite
haben
separatistische Belleitäten schon an manchen Orten den Boden
geschaffen, in dem der Same der Albrechtsleute aufgehen und
üppig gedeihen kann.
Auch bei unseren Stundenhaltern finden
45 sich hie und da methodistische Neigungen, welche die Fäden bieten, daran die transatlantischen Prediger anknüpfen können. Unseren christlichen Nothständen kann keine Abhülfe geschafft
werden durch starre, confessionelle Kirchlichkeit.
Vor den ge
waltigen, religiös principiellen Differenzen der Zeit, die den tiefsten Grund aufwühlen und die Christen mächtig zur Ein tracht rufen, steht die Exklusivität der Dogmatik einflußlos Ferner sollte auch Roms gewaltiges Rüsten und
zur Seite.
Ringen unsere Herzen etwas weiter und wärmer machen und festeren Zusammenschluß der Kräfte lehren.
Unsere evange
lische Kirche hat Raum für Wittenberg, Zürich und Genf, sie schaut mit dem Auge des Glaubens durch die verschiedene
Lehrform hindurch auf das, was
bei allen Dreien als das
Eine, was noth ist, im Grunde ruht.
Aber mit diesem weit
herzigen Sinn können wir wohl vereinigen eine warme Pietät für Alles, was sich uns erweist als geboren aus dem Geist
unserer evangelischen Väter.
Wir wollen nicht undankbar
den historischen Faden zerschneiden, der uns mit ihnen.ver
bindet, nicht ohne Noth die Lebenslust der evangelischen Kirche
verleugnen,
die wir von Jugend auf einathmen.
thum und Kirchenthum sind nicht dasselbe.
Christen
Aber es sind auch
bei uns, Gott sei Dank, noch keine sich ausschließenden Gegen sätze.
Die christliche Gemeinschaft soll die kirchliche durch
dringen, aber nicht aufheben.
Wir können den übertriebenen
Kirchenschmerz nicht verstehen, der angesehene Männer der Kirche in öffentlicher Versammlung zu dem Wort veranlaßt: „Wir
haben noch nicht die Freudigkeit, aus der Landeskirche auszu
treten."
Dankbar freuen wir uns der reichen Lebensquelle,
die in ihr doch noch sprudelt, daraus die Dürstenden noch
jeden Tag
mit
vollen
Zügen Erfrischung
trinken
können.
Daneben reichen wir gerne anderen Kirchen des Evangeliums die Hand.
Die verschiedenen presbyterianischen Kirchengemein-
46 schäften Amerika'S einigen sich jetzt in einer Generalconvention, „ohne Regiment und Wirken der einzelnen Kirchen anzutasten".
Sie beabsichtigen unter Anderem, sämmtliche protestantische Kirchen des Erdballs dahin zu bringen, daß sie vereinigt und
gemeinschaftlich gegen die Anmaßungen und Irrthümer Roms
Front machen.
Wir sehen keinen Grund,
der die evange
lischen Kirchen Deutschlands hindern könnte, daran Theil zu nehmen.
sein.
Die Betonung des Gemeinsamen soll unsere Freude
Unser Kirchenthum soll durch unser Christenthum ge
weiht und von Engherzigkeit geläutert werden.
verstehen eS nicht,
sicht auf ausländisches Wesen unsere eigene, siognomie gar Nichts
soll. s)
Aber
wir
wenn hie und da in übertriebener Rück
mehr gelten,
kirchliche Phy
ganz ausgelöscht werden
„Wir wollen gern von unseren
amerikanischen und
englischen Brüdern lernen; aber unsere deutsche Eigenart ist
ein Pfund, das
wir nicht
K.-Ztg. über Moody und
verzetteln dürfen"
(N. evang.
Sankey 1875, Nr. 16).
Die
Individualität wird durch den heiligen Geist nicht verachtet
und vernichtet, sondern geweiht und verklärt.
Das gilt von
den Aposteln und Christen, das gilt auch von den auf evan gelischem Grunde stehenden kirchlichen Gemeinschaften.
Ihre
eigenthümliche Art bildet und entwickelt sich nicht ohne pro-
videntielle Leitung nach der besonderen religiösen Anlage und
Begabung, welche den
verschiedenen Nationen verliehen ist.
Es gibt eine berechtigte Kirchen-Individualität und zwar bei
den Gemeinschaften, die frei von Separatismus sich im Prü fungsprozeß der göttlichen Reichsgeschichte als wahrhaft kirchen
bildend legitimiren. Offenbar
können
wegung Etwas lernen.
wir
auch
aus der dargestellten Be
Aber bei tieferem Eindringen wird
uns dieses importiere Wesen im Ganzen nicht ansprechen. Denn so entschieden eine Belebung und Vertiefung unseres
47
christlichen und kirchlichen Lebens noth thut, so wenig gesund erscheint uns die Frömmigkeit der Albrechtsleute, so wenig geeignet, im Großen reformirende Kraft und Wirkung an unserem Volke zu offenbaren. Sie entspricht weder dem demü thigen und doch glaubensfrischen Hauch unserer reformato rischen Väter, noch überhaupt dem deutsch-christlichen Cha risma. Andere mögen anders urtheilen.
Arunerkurrgeir. 1. (Zu S. 21.)
Man vergleiche den Artikel: Große Heiligkeits
bewegung in China im „Evangelischen Botschafter", Nürtingen, 1. Aug. 1874.
2. (Zu S. 28.) Die Bedeutung der Propaganda zu schätzen, beachte
man noch die Mittheilungen des folgenden Abschnittes.
3. (Zu S. 39.)
Desgleichen.
4. (Zu S. 40.)
Desgleichen.
5. (Zu S. 46.)
Man vergleiche den Rückblick am Schlüsse.
II.
Neueste Wirksamkeit -er deutsche» Methodisten. Sowohl die auswärtigen (foreign) als heimischen (do-
mestic) Arbeiter der Methodisten werden als Missionare in
die Gebiete anderer christlicher Kirchen entsendet.
Der aus
führliche Jahresbericht der bischöflichen Mission erscheint in jedem Januar.
In einem solchen sind neben einander zwei
Bilder zu sehen, von denen das eine chinesische Schulkinder,
das andere Berliner Sonntagsschüler dargestellt, wie sie ihr Jahresfest feiern (Allg. Miss.-Ztschr. 1875, S. 358). Die
selbe Auffassung haben die AlbrechtSbrvder.
„Während der
englische Methodismus mehr nur überhaupt belebend auf den Continent einwirkte, legt es der amerikanische — mitunter
positiv kirchenstürmerisch — geradezu auf eine vollständige Reformation
der
deutschen
Kirchen
an."
Diese
Schneckenburger'S gelten noch heute (Borlesungen
Worte
über die
Lehrbegriffe der kleinen protestantischen Kirchenparteien, 1863,
S. 107).
Besonders eifrig erweisen sich die deutschen Pro
selyten in Amerika.
Schon junge Knaben brennen vor Be
gierde, nach Deutschland zu kommen und die armen Gemein-
49 den zu bekehren, welche von ihren Hirten in Dummheit ge
halten und betrogen werden.
Passende Anknüpfungspunkte
sollen die deutschen Conventikel werden. für Prot. u. Kirche 1843.)
(Harleß, Zeitschrift
Allerdings bringen die Metho
distenblätter regelmäßige Verzeichnisse reicher Liebesgaben für
die
„Mission"
in Deutschland und dem übrigen Europa.
So kommt es oft vor, daß Deutsche, Albrechtsleute in Ame rika, einen Geldbeitrag in die Missionskasse unter der Be dingung geben, daß dafür in ihrem Geburtsort von den in
Deutschland wirkenden Boten eine Stunde gehalten werde.
Von einem andern Methodisten erhielt Dr. Rast noch kürzlich
35 Dollars mit der Bemerkung, das Geld sei für die west fälische Mission in Deutschland und solle helfen, daß sie in
der Richtung
von
Osnabrück
nach
Minden
werde. Die bischöflichen Methodisten haben
vorgeschoben
jetzt vier
deutsche
und einen schweizerischen Distrikt mit 87 verschiedenen Be Nach dem Bericht der Jahresconferenz in Zürich
zirken.
(Juli 1876) vertheilen sich diese, wie folgt: 1) Der Bremer Distrikt mit den Bezirken: Bremen, Vegesack, Hannover, Bremerhaven, Hamburg, Kiel, Flens
burg, Delmenhorst, Neerstedt. 2) Der Berliner Distrikt
mit
den Bezirken:
Berlin,
Neu-Ruppin, Colberg, Danzig, Zwickau, Plauen, Schwarzen
berg,
Dörtendorf,
Waltersdorf,
Leutenberg,
Oldenburg,
Edewecht, Westrhauderfehn, Neuschoo, Accummersiel, Norden, EsenS, Aurich, Emden, Bielefeld, Minden.
3) Der Frankfurter Distrikt mit den Bezirken: Frank
furt, Darmstadt, Friedrichsdorf, Dillenburg, Gießen, Kassel, Göttingen, Rheinpreußen, Speyer, Kaiserslautern, Pirmasens,
Karlsruhe, Pforzheim, Straßburg, Bischweiler, Lahr, Freu
denstadt.
so 4) Der Würtemberger Distrikt mit den Bezirken: Lud» Stuttgart, Plieningen, Bietigheim, Heilbronn,
wigsburg,
Sinsheim, Oehringen, Neuenstein, Marbach, Win^rhausen, Beilstein, Happenbach, Baihmgen, Knittlingen, Calw, Heims» heim, Herrenberg, Nagold, Ebingen. 5) Der Schweizer Distrikt mit den Bezirken: Zürich,
Affoltern, Bülach, Uster, Winterthur, Horgen, Thalweil, Schaffhausen,
Schleitheim,
Rheineck,
Chur, St. Gallen,
Lenzburg, Aarau, Basel, Listal, Wüthausen, Bern, Biel, La-chaux-de-Foud, Lausanne.
An der Spitze jedes Distriktes steht der betreffende Di»
striktSälteste.
Die Quartalversammlungen in Würtemberg
waren 1876 in Marbach, Oehringen, Herrenberg, Cal«,
Heimsheim, Bietigheim, Heilbronn,
Vaihingen, Ebingen, Geilstein, Ludwigsburg.
Die Zahl der vollständigen Glieder in Deutschland beträgt zur Zeit 10,224, welche 1875 die Summe von 195,606 Mark aufbrachten, sich um 610 Glieder vermehrten, 6 neue Capellen bauten und 3 neue Häuser kauften.
Kircheneigenthum
in
Deutschland
hat
einen
Werth
Das von
1,644,491 Mark, die Predigtplätze belaufen sich auf 555,
die
301
Sonntagsschulen
167 Bekehrungen,
zählen unter 13,355 Schülern
die BibliMheken besitzen 6923 Bände.
Gerühmt wird dar Wachschum in Pommern und Westfalm während der letzten fünf Jahre.
Diese Thatsache lehrt uns
„unser Augenmerk auf diese Felder zu richten" (Evangelist 1876, S. 134).
Auf der Couferenz in Heilbronn (1875)
erhielten 70 Prediger Bestellungen, 7 Prediger wurde» auf
Probe ausgenommen, 2 für «die Mission in Jtallrn; 13
Plätze werden durch Lokulprrdiger bedient.
Ans Westfalen
bekämpft Prediger A. Locher die Meinung der „Pfarrhernm",
daß die Arbeit des Methodismus in Westfalen überflüssig
51
fei.
Er berichtet über Fortschritte in Bielefeld,
Teenhausen, Minden
Mtrup,
fernen Bericht
Metten,
und Umhegend und schließt
(vom 4. März 1876)
mit den Wörtern
„Wie ich vernommen habe, so will dir Evangelische Gemein
schaft dvr ganzen Rhein von Düsseldorf bis Straßburg be
setzen.
Gott segne ihre unb unsere Arbeit und lasse unS
von noch größern Siegen fingen." Mr sehen, daß die Albrechtsbrüder, deren neueste Thätig
keit noch zu schildern ist, muthig und voll Unternehmungs
lust find.
gart sagt:
Ihr Misstonsbericht vom Juni 1875 aus Stutt „Siegreich ging das Werk Gottes voran, und
unsere kleine Streiterschaar, ihrer so hohen Aufgabe bewußt, Hal sich wüthig unb' unverdrossen in das feindliche Gebiet
hineingewagt und eine schöne Anzahl theurer, blutserkaufter Seelen für ihren himmlischen König erobert und znm An
schluß an unsere Kirche gewonnen."
Doch bleibt der Wunsch:
„Fünfzig Prediger und eine halbe Million Dollars sollten
uns jetzt für unser Werk in Europa zur Verfügung stehen-!" (Chr. Botsch. 1875, Nr. 29).
Wenn die Brüder ouftreten,
sagen sie natürlich niemals: „Wir wollen an diesem Orte
eine methodistische Kirche gründen", Sünder zum Heiland führen."
sondern: „Wir wollen
Erst nach einiger Zeit tritt
ihre Absicht immer deutlicher hervor.
Dann sagen sie offen:
die Landeskirche sei Israel, sie seien die Apostel; die Landes kirche sei Rom, sie seien Luther; die Landeskirche sei heidnisch,
sie
seien die Missionare
Ihre Generalversammlung
(Ev. Botsch. 1876, tagte
im Juni
Zionskapelle zu Kirchheim und 1876 lokale in Stuttgart.
S. 110).
1875 in der
im Versammlungs
In dem einen Jahr waren 1269, in
dem folgenden 1154 neue Glieder ausgenommen.
Die Ge
meinschaft hat in Deutschland 42 Reiseprediger, 9 Orts
prediger, 33 Kirchen,
theils mit Predigerwohnungen,
im
52
von
Werthe
463,804
144
Mark,
mit
Sonntagsschulen
7241 Schülern, 455 Beamte und Lehrer.
Der Evangelische
Botschafter wird in Deutschland jetzt in nahe 12,000 Exem plaren gelesen.
Die Collekten in Deutschland betrugen 1876
für Kirchbauten 24,182 Mark,
für Mission unter evan
gelischen Christen 38,677 Mark, für Heidenmission
1212
Ueberhaupt brachte die ganze Gemeinschaft in den
Mark.
letzten vier Jahren nur 5469 Dollars für die Heidenmission auf, aber 255,154 Dollars für die Mission unter andern
Christen.
Ein
guter Theil
der letztern Summe ist auf
Auf der Generalconferenz
Deutschland verwendet worden.
in Philadelphia, auf der zum ersten Mal vier Bischöfe ge wählt wurden
(I. I. Escher, R. Jäckel, R. Dubö, Th.
Baumann, October 1875) bildete die Mission in Deutschland einen hervorragenden Gegenstand der Verhandlungen.
kam auch die Heidenmission zum Beschluß. mung
ist
ihr
nicht
günstig.
Der
„Dürfen wir eine Heidenmission
Zwar
Aber die Stim
Botschafter
bemerkte:
gerade jetzt wagen,
wo
Deutschland und die Schweiz so große Ansprüche an uns
machen und eine allgemeine, gewaltige Kraftanstren gung dort nöthig ist?"
land, als in Japan.
Leichter ist die Mission in Deutsch Aber unberechtigt bleibt es, daß Pro
testanten ihre „Kraftanstrengung" darauf richten, Glieder aus andern evangelischen Kirchen zu sich herüberzuziehen.
Ueber
Deutschland sagte der Bericht: „Unser Werk dort entwickelt und dehnt sich zu einem Umfang und einer Bedeutung aus,
wie man es bei seinem Anfang kaum geahnt hat.
Es sind
Maßnahmen nothwendig, die über den engen Gesichtskreis
der Gegenwart hinausreichen.
Die Deutschland-Conferenz
hat es im Vorschlag, eine Erziehungsanstalt, ein biblisches
Institut für Prediger zu gründen (Christi. Botsch. Nr. 40).
1875,
Nach Beschluß derselben vom Juni 1876 soll
53
das
deutsche Predigerseminar
unter
dem
Direktorat von
I. Küchele nunmehr in der Ebenezer-Kapelle in Reutlingen
errichtet werden.
Bon jetzt an wird also Deutschland selbst
die jungen Prediger liefern, die seine Bewohner dem Schooß der Albrechtskirche zuführen.
das
Civllstandsgesktz
und
Zu großen Hoffnungen berechtigt der
Wegfall
des
Taufzwangs.
„Manche steife Kirchengesctze werden dadurch verändert oder abgeschafft werden, die Jugend werden wir zahlreicher unter unsern Einfluß bekommen, unsre Glieder werden unsere Kinder bei unS taufen und in der Religion unterrichten lassen, unser
Werk wird sich mit Riesenschritten ausdehnen." Aufruf:
Daher der
„Lasset durch unsre Prediger eure Kinder taufen
und unterrichten, eure Ehen einsegnen und eure Todten be
erdigen, und Gott wird seine Genehmigung dazu geben!"
(Ev. Botsch. 1876, S. 38.) Die Frucht dieses heiligen Eifers ist eine wachsende Pro paganda.
Deutschland ist jetzt in vier Distrikte getheilt, von
denen zwei von Würtemberg aus verwaltet werden und je einer auf die Schweiz und Norddeutschland fällt. Sie heißen: 1) Reutlingen - Distrikt mit
Nürtingen,
Eßlingen,
den Bezirken:
Kirchheim,
Reutlingen,
Böblingen,
Tübingen,
Bezirken:
Stuttgart,
Schwarzwald, Göppingen. 2) Stuttgart-Distrikt
mit
den
Nordheim, Hohenlohe, Heidenheim, Bretten, Eppingen, Durlach, Straßburg, Barr.
3) Schweiz-Distrikt mit den Bezirken: Bern, Thun,
Berner Oberland, Simmenthal, Frutigthal, Schwarzenburg, Emmenthal, Zofingen, Basel, Thurgau, Ostschweiz, Mül hausen, Colmar.
4) Norddeutschland-Distrikt mit den Bezirken:
Essen,
Duisburg, Dortmund, Minden-Lippe, Dresden, Schlesien
(Reichenbach), Hessen.
54
Außerdem hat Predigtplätze.
jeder Distrikt
noch
eine ganze Anzahl
„Da» Werk hat sich seit vier Jahren mehr
als verdoppelt", sagt Bischof Escher am 17. August 1875.
„Der König des Himmels hat die Evangelische Gemeinschaft berufen, unserm alten Baterlande einen lebendigen Christus,
eine völlige, gegenwärtige Erlösung zu predigen.
Wir wären
unserer Pflicht untreu, wollten wir die Erretteten im Babel des todten StaatskirchenthumS lassen, wo sie naturgemäß
wieder ersterben müßten."
Höher freilich können die Albrechts»
brüder ihren Missionsberuf für Deutschland nicht gründe«,
als auf einen göttlichen Auftrag.
Möchten sie dann aber
auch ihrer Missionsarbeit einen würdigeren Charakter geben.
Oft läßt sie ihn vermissen.
eine
zur Mission geschenkte
Im Bezirk Hohenlohe hatte
Gans Nacheiferung
und ein Kalb ward dargebracht.
gesunde«,
Diese Thatsache feiert, der
Evangelische Botschafter: „Laßt das Misstonskalb leben Dort im Hohenloher Land! Und der Landmann, der's gegeben, Der hat wahrlich auch Verstand, Weil er einsiehl: Gottes Sache Kann man auch vom Stalle aus Unterstützen und es mache Doch kein Loch in's liebe Haus — Mag das Kälble bald als Mutter Milch ihm schenken viel und Butter. Doch da fällt mir ein geschwind: Wer gibt jetzt ein Missionsriud?"
Das Eingreifen der Evangelischen Gemeinschaft wird att* mählich
auch
in Deutschland
empfunden.
Bischof lecher
schreibt am 25. August 1875: „Unser Kommen und Wirken,
bis eine religiöse Auflebung eingetreten ist, daS läßt ma«
gelten; aber dann sollen wir wieder gehen, sollen's mach«»»
55 wir Pearsall Smith es machte: wem, gehalten sind, wieder weiter ziehen.
di« Versammlungen
Nun wir das aber nicht
Mimen, so läßt man uns empfinden, daß wir lästige Gäste
Doch soll sie das in keiner Weise irre machen.
find *
Die
Brüder werden als vorsichtige und erfahrungsreich« Arbeiter
weiter wirken. —
Wir beschließen diesen Abschnitt mit einer Uebersicht über die neuesten Erfolge und Alrssichten
der Akbrechtsbrüder in
Deutschland, indem wir der Reihenfolge nach daö Wichtigste berichten.
Schweiz. In Thun und Beru sind die Brüder daran, sich zweckeutsprechettde Gotteshäuser herzurichten.
In Basel ist fetzt
ein großes, massives Gebäude in der Stadt erwarben, das umgebaut wird.
Elsaß. Im Elsaß ist eine Mission in Colmar und Straßburg
Das Werk geht hier nicht so voran, wie in der
thätig.
Schweiz und in Würtemberg.
Baden. In Baden kommen die Glieder mit Freuden zum Gottes dienst, während des gleichzeitigen Gottesdienstes der Landes
kirche.
In Karlsruhe wurde die Wirksamkeit begonnen, m
Durlach Frühjahr
ein Versammlungshaus- errichtet. 1876
eine
Dort
war im
größere Predigerversammlung.
Im
Bericht heißt eS: ,Vom stillen Seufzen des Herzens gingen
wir
zum
lauten,
öffentlichen
Gebet
über.
Das
heißtz
brünstige Flehen Aller drang durch die Wolken hindurch und
fand ein Echo im Herzen unsers lieben, himmlischen Vaters, was sich auch in
der herzzerschmelzenden Wirkung und der
fühlbaren Nähe des heiligen Geistes kundthat.
Der Drang
56 der Herzen wurde immer feuriger, der Glaube kühner, der
Strom
des
lebendigen
fing an
Wassers
zu fließen,
der
Himmel stand offen über uns, und der ewige, barmherzige
Hohepriester verrichtete
sein Amt
treulich
er uns vertrat beim Vater und
an uns, indem
mit seinem theuern Ber-
söhnblute unsere Herzen besprengte und seine Segnungen in
ungemessene Strömen mittheilte.
Bis Mittag wurde diese
segensreiche Uebung fortgesetzt; ein kleiner Spaziergang
in
der freien, schönen Natur, wo der holde Lenz" u. s. w. Würtemberg. I. Küchele sagt in seinem Bericht auf der Generalcon-
ferenz in Philadelphia im October 1875: „Unsere Leute in Würtemberg hängen noch eine Anzahl an der äußern Form der Landeskirche; allein im Allgemeinen
geht das Werk da
selbst sicher vorwärts." Am 12. November 1876 wurde eine neue Kirche in Eß
lingen geweiht.
Die Distriktversammlung in Kirchheim be
eine besondere Kirche und
schloß am 29. November 1876,
Buchdruckerei in Stuttgart zu bauen.
Es wurden sofort
2645 Mark gezeichnet. Preußen. Die Losung für Preußen heißt:
Capellen, mehr Missionsgeld!"
„Mehr Arbeiter, mehr
Früheroder später wird die
Evangelische Gemeinschaft den „alten Schlendrian der StaatSkirche mit ihren todten und ertödtenden Formen aus dem
Sattel heben" (Chr. Botsch. 1875, Nr. 38 u. 39).
„Das
Herz lacht ihnen im Leibe über die herrlichen Berichte aus
Preußen, wo Gott ihnen Herzen, Länder, Städte und Dörfer
öffnet
und
wo
, Jesuwidern‘, kann"
das noch
Heil
von
nicht der
(Christ!. Botsch. 1875,
von
den
rabenschwarzen
todten Staatskirche S.
125).
kommen
„Unter unser»
57
vielen in- und ausländischen Missionsgebieten wird nicht eins gefunden, das in so kurzer Zeit mehr Erfolge hatte, als unsere Preußenmission. Ihr Frucht beweist, daß die Evan gelische Gemeinschaft einen göttlichen Auftrag hat, in Europa und somit auch in Preußenland zu missioniren." Rheinprovinz. Die erste preußische Kapelle wurde am 12. November 1876 in Mühlheim a. d. Ruhr eingeweiht. Sie kostet etwas über 18,000 Mark und erhielt den Namen „Zionskirche". Am Festgottesdienst nahmen etwa 700 Per sonen Theil. In Essen „hat der Herr Großes gethan. Auch dort" — so berichtet Bischof Escher — „muß eine Kirche gebaut werden, es unterliegt dies keinem Zweifel mehr." Die Schätzung, daß zum allerwenigsten sechs Missionare nach Essen kommen müssen und bald diese Zahl verdoppelt und wieder verdoppelt werden muß, ist in Anbetracht der Um stände noch „sehr zahm". Gründe anzuführen, sei über flüssig. Doch bemerkt er gerne, daß er einen Hausvater Folgendes erzählen hörte: „Gestern haben wieder neun Mann Jesum gefunden. Wir sind gekommen und haben angefangen zu singen das Lied: ,Wie bist du mir so innig gut1; und da haben die gleich zu schreien, zu beten und in größter Noth die Hände zu ringen angefangen und sie haben mit Ringen und Flehen und Weinen angehalten, bis alle neun Jesum gefunden hatten. Da waren sie aber so selig! O Brüder, es war merkwürdig — eine solche Kraft, daß ich noch heute bebe von derselben. In einem andern Hause fanden ihrer vier Andere um dieselbe Zeit den Herrn. Aehnliches kommt hier seit einiger Zeit oft vor, und es mehrt sich täglich die Zahl derer, die da glauben und selig werden. Der Herr ist mächtig, mächtig am Wirken." (Christl. Botsch. 1875, Nr. 27.)
SS
Ja Duisburg war Bruder Gülich's Eingang „höchst 6© friedigend; es winkt uns auch hier eine reiche Sternte“.
Doch
muß Hülfe kommen, besonders für die Städte und Ort» schafteo zwischen Ruhrort und Rheydt, wo der Herr „.eine
große Thür anfgethan hat". In Wesel ist alle 14 Tage Gottesdienst.
Als der Aus
rufer mit der Schelle auf Straßen und Gassen btt Ankunft
des amerikanischen Missionars bekannt machte, füllte sich drr große Saal des BereinshauseS am Abend mit fchr aufmerk
samen Zuhörern.
Der Prediger hält regelmäßige Versamm
lungen in Duisburg, Richrort, Weiderich, Wesel und Rheydt
nebst
Umgegend.
Dringende Einladungen erhielt er aus
Düsseldorf, Elberfeld und aus dem Siegener Lande.
fehlt
es auch an Widerstand nicht von den
Doch
„sogenannten
Gläubigen". Das Wirken de» „BrüdervereinS" in der Rhein provinz und Westfalen wird zwar anerkannt.
Dieser Verein
sammelt nämlich durch seine sehr thätigen Lehrbrüder überall christliche Gemeinschaften, deren eigentllche Glieder Indepen denten werden und das Abendmahl unter sich feier»».
Organ dieser Richtung ist der
DaS
„Säemann" in ElberfÄd.
Sie arbeitet stets dm Darbysten in die Hand, nicht mit ihnen verwechselt werden.
darf aber
Unangenehm ist den
Methodisten aber, daß dieser Verein „eine etwas starke cal-vinistische Färbung hat, was bei uns Arminianerrr öfters anstößt" (Chr. Botsch. 1875, Nr. 38).
Sie selbst habm
natürlich das Recht, an einer andern Lehre Anstoß zu nehmen.
Aber die evangelische Kirche darf das nicht und begeht eine große Sünde, ihre Kirchen nicht sofort den mechodistischm Botw zur Verfügung zu stellen.
leute:
Doch meinen die Albrechts-
„Es muß und wird noch dahin kommen, daß Bap
tisten, Methodisten, Evangelische (d. h. sie selbst) und StaatSkirchliche mit einander häufig die Kanzeln wechseln werden."
59
In Düsseldorf hielt der berühmte Mittler aus Bristol einen Vortrag
im
Februar 1877
und sagte
mit
großer
Personalkenntniß, daß zu seiner Leit von 900 Theologen in Halle nur vier gläubig gewesen
Die Albrechtsleute
seien.
deuten diesen Tadel sofort auf „einige seiner Zuhörer mit den weißen Halsbinden".
Westfalen. voll.
Für Dortunmd ist man sehr hoffnungs
Ein Bruder hat iu Wiuden Wohnung genommen, wo
rings umher fast Alles „im Todesschlafe liegt" und von wo
man nach verschiedenen Richtungen hinaus wirken kann.
unser Siegener
Auch
Land ist von
den Predigern
Die Evangelische Gemeinschaft glaubt,
durchstreift worden.
hier eine Aufgabe zu haben.
Wir theilen die Meinung nicht.
Wir haben reges Leben, aber genug Zerrissenheit.
Kirchliche,
BereinSleute,
Böhme'sche.
Brüdervereinler,
ES gibt
Darbysten
und
ES ist kein Bedürfniß da, daß auch noch die
AlbrechtSbrüder ihr Fähnlein aufpflanzen. Hessen.
Dort
„reif zur Aernte" ist.
wird
ein Arbeitsfeld angeboten,
das
In diesem kleinen und schönen Lande
muß eine Mission begonnen werden, da dort noch viele treue
und redliche Seelen sind, die gerettet werden können.
sind 10,000 Thaler nöthig, um festen Fuß zu fassen.
Schabacker verspricht von
Doch Bruder
sich 100 Thlr. und erbittet das
Uebrige von den Kurhessen in Amerika (Chr. Botsch. 1875, Nr. 32).
Lippe. In Lippe sind viele offene Herzen.
Besonders auffallend
ist eS Bruder Berger, daß hier der Teufel auch „gläubige
Leute" zu Werkzeugen der Verfolgung für die Albrechtsleute macht.
Trotzdem sind die Aussichten derart,
daß Bischof
Escher unter dem
5. Juni 1875 für Lippe 6» bis 7000
Dollars verlangt.
Von Lippe und Hessen muß er sagen:
60 ,Wo wir's kaum gewagt zu hoffen. Stehn uns weit die Thüren offen." Sachse«. Auf der General - Conferenz in Philadelphia wird bitter geklagt über einen Erlaß des Evangelischen LandeSconsistoriumS vom 4. Mai 1875, nach welchem die Gemeinschaft nur Versammlungen veranstalten darf, aber weder Gemeinden organisiren, noch das heilige Abendmahl auStheilen.
III.
Rückblick. Das häufige Betonen der besondern Vorzüge, die eine protestantische Kirche vor der andern hat, ist ein unfrucht bares Ding.
Jede bewahre die ihr verliehenen, besondern
Gaben, lasse sie sich auswirken zur vollen Entfaltung und
halte mit den Brüdern die Einigkeit im Geiste, ohne deren
etwas anders geartete christliche Erfahrung gleich niedrigere Stufe zu betrachten. mus
seine Anerkennung.
Hat
als eine
Wir geben dem Methodis er sich
doch
durch äußere
Erfolge, sowie durch tiefe Frömmigkeit vieler seiner Glieder
legitimirt.
Wir sind nicht seine Anhänger.
einen Eindruck
Kirchen.
von
der Bedeutung
Aber wir haben
Wesley'S
und
Sie ist in Deutschland nicht genug anerkannt.
seiner Von
ihm und Whitefield datirt ein neues Leben im Protestan
tismus englischer Zunge.
Das Wesen
des Methodismus
wird durch zwei Stücke constituirt, seine Kirchenverfassung
und sein christliches Leben.
Beide traten uns bei ihm in
scharfer Ausprägung entgegen.
Die kirchlichen Bewegungen
der Gegenwart geschehen allenthalben um diese beiden Pole.
62 Sie müssen auch zu einander in Beziehung treten und wechsel seitig auf einander wirken. „Hoevel de kerkform beteekent voor de ontwikkeling van bet gemeenteleven, leert de kerkgeschiedenis op iedere bladzijde “ — bemerkt Professor Dr. Cramer in Groningen. Aber die beste Verfassung ohne christliches Leben ist eine Hülle ohne Kern. „Van binnen naar buiten! Zoo moet bet ook met onze kerk gaan. Opwekking en versterking van bet echt - godsdienstige leven in de kerk moet bet voornaamste middel wezen, om tot en beteren kerk form te körnen “ (Nieuwe Bijdragen op bet gebied van godgeleerdheid en wijsbegeerte fAmsterdam 1877] I, 4). Für solche kirchliche Entwickelung dürfen wir von auswärts lernen. Aber man soll uns ausländische Art nicht auf zwingen. Das evangelisch-kirchliche Leben Deutschlands hat dunkle Schatten. Aber es fehlt auch nicht an Licht. Sv steht es doch mit unserm geistlichen Leben noch nicht, daß eS nur in methodistischen Kirchen Zuflucht und Nahrung finden könnte. So bankerott sind wir nicht, daß nur transatlan tisches Glaubenskapital uns retten kann. Hat uus Gott vergebens geweckt aus dem Schlaf der Orthodoxie iutb des Rationalismus? Soll die deutsche, fromme Art, soll die groß artige deutsche Liebesarbeit, sollen unsere Gottrsmänner und Gotteslieder Nichts mehr gelten? Kaim unfern Christenchum nur durch importirteS methodistisches Kirchen thum Kraft und Schwung verliehen werden? Jene glauben es. Ein anderer Dr. Cramer, nämlich der amerikanische Gesandte in Kopen hagen, schreibt (im Christi. Apologeten), daß sich die Staats kirche in Deutschland vor dem Wachschum des AkthodismuS fürchte. Nach seiner Meinung wird es gehen wie in Eng land. Dir Geistlichen der Staatökirche Englands iynorirtm oder verfolgten Wesley uub die Methodisten. Jetzt bereuen
63
sie eS, da der englische und amerikanische Methodismus zu
einer Welt-
Kirchenmacht
oder
wird eS noch
herangewachsen
in Deutschland gehen."
ist.
So
Wir erinnern dem
gegenüber daran, daß die deutschen Kirchen anders stehen,
als die Hochkirche dem Methodismus entgegentrat, daß seine Mission bei uns wesentlich schon erfüllt ist von dem Pietis
Wer freilich
mus.
die Fortschritte des Methodismus
in
Deutschland übersieht, dem ist eS erklärlich, daß die Metho
disten Gott preisen für den breiten und tiefen Grund ihrer Kirche, den die Brüder in Deutschland legen und die Hoff
nung haben, „daß der Sauerteig des Methodismus das ganze große, deutsche Reich
Conferenz Herbst
der
1876).
durchsäuern werde" (Central-deutsche
bischöflichen
Methodisten
in
Nordamerika,
Sollte daS allerdings geschehen, daß die
vielfach unbeachtete, imposante Macht des Methodismus sich
bei uns
so lieben
entfaltet und dem bewährten und uns
deutschen Charakter unserer reformatorischen Kirchen noch den englischen, wesleyanischen Stempel aufdrückt, so ist eS Gottes
Wille, der eine so bedeutende Thatsache schafft.
Vorläufig
aber wollen wir mehr darauf sinnen, die Lebenskräfte unserer eigenen deutschen Reformation, die noch lange nicht erschöpft
sind, uns immer mehr anzueignen und sie immer reichlicher für Geist und Leben unserer evangelischen Kirche zu ver werthen.
uns nicht
DaS methodistische Treiben an.
Wir
und Rennen spricht
stehen nun einmal auf dem Boden
einer dreihundertjährigen, nicht nur kirchlichen, sondern auch christlichen Entwickelung und Erfahrung. verlassen
Nicht ohne Noth
wir diesen Boden, der von dem Blut und den
Thränen unserer Glaubensväter getränkt ist, der zu unserer
nationalen Eigenart paßt. Eine andere Frage aber ist die, ob wir von den ame
rikanischen Brüdern Nichts
lernen sollen.
Jüngst, Methodismus in Deutschland.
Warum nicht? 5
64
Doch nicht in der Weise und Ausdehnung, wie
es mein
gütiger Recensent am Erie-See wünscht (Reform. Kirchenz.
Man hat uns Deutschen noch nie
Cleveland 1876, Nr. 7).
vorgeworfen, daß wir zu abgeschlossen seien, zu von Ausländern zu lernen.
Eher
abgeneigt,
Auch
das Gegentheil.
haben wir ein Auge für eigenthümliche Vorzüge des ameri
kanischen
Christenthums.
freundlicher
Ein
Verkehr,
ein
gegenseitiger, internationaler Geistesaustausch kann nur segens
reich wirken.
Mit Recht sagt Dörner (in der Gesch. d. prot.
„Amerika sicht noch in seinen theologischen An
Theologie):
fängen, aber die Zukunft des Protestantismus hängt großen-
theils von der weitern Entwickelung dieses kräftigen Volkes
ab, daher die Erhaltung und Mehrung des Verkehrs mit dem deutschen Protestantismus und seinen Gütern von un berechenbarer Bedeutung
ist."
Wesentlich
verschieden
von
diesem freundschaftlichen Geistesverkehr ist aber die selbstbe Weise,
wußte
wie
di»
amerikanischen Brüder
in
unsere
Mitte dringen, uns von vornherein als das zu erobernde „feindliche Gebiet" bezeichnen, uns ihr Kirchenthum und als erstrebenSwertheS Ziel auch
nöthigen.
weissagt
ihre politische Verfassung auf
Dagegen müssen wir protestiren. für Deutschland:
loSgerissene Stein des
„Der
wahrhaft
Bischof Escher
ohne Hände vom Berg
freien KirchenthumS und
BürgerstaatSthumS bewegt sich mit göttlicher Allgewalt immer
weiter und zermalmt Alles zu Staub, das sich ihm wider
setzen will." Lust.
Wir aber haben zu seinem Kirchenthum keine
Auch nicht zu seiner amerikanischen Verfassung mit
ihren Präsidentenwahlen.
Wir danken Gott, daß wir eine
Monarchie und ein erbliches Kaiserthum haben, und bitten,
er möge es erhalten und segnen.
Wir billigen ganz die vom
Christlichen Botschafter angegriffenen, aber nicht widerlegten
Worte H. KrummacherS: „Wenn man in Amerika zu sagen
65 Pflegt:
.Auch in Deutschland wird Staat und Kirche erst grünen Zweig
auf einen
kommen,
wenn der Kaiserthron
durch einen Präsidentenstuhl ersetzt sein und wenn das Landes-
kircheuthum einem vielgestaltigen Konfessionen» und Sekten gewimmel Platz gemacht haben wird', so sage ich nein und abermals nein und berufe mich für dieses Nein darauf, daß
Gottes reiche Regierung gerade so gut die deutsche, wie die nordamerikanische Geschichte gemacht und daß er der dentschen
Nation wie
der nordamerikanischen
thümlichkeit gegeben hat,
die beide
mit der sie vielmehr als mit
wuchern sollen.
ihre
berechtigte Eigen
nicht wegwerfen dürfen,
einem unvertrauten Pfunde
Wie jeder Mensch, so hat auch jedes Volk
von Gottes Gnade das Recht, nach feiner Fa?on zu existireu
und sich zu geriren."
(Deutscher Volksfreund.)
Im Ganzen sind wir nicht gerade sehnsüchtig nach den
amerikanischen kirchlichen Verhältnissen, wo trotz aller Revi
vals und
Massenmeetings
das
sittliche Leben
in Familie
und Staat niedriger steht, als bei uns, und unter den ver
schiedenen großen und
Meinen Denominationen vielfach ein
Krieg Aller gegen Alle herrscht.
Wohl ist es fast guter
Ton in manchen Kreisen geworden, die kirchliche Lage mög lichst vom Gesichtspunkt der Verzagtheit aus zu betrachten,
das Freikirchenthum
als das wünschenSwerthe
und unver
meidliche Ziel unserer Entwickelung darzustellen und in Amerika'S kirchlichen Verhältnissen das Eldorado zu sehen.
Dessen
sind wir freilich sicher, daß der Sieg und die endliche Herr
schaft des Evangeliums nicht gebunden ist an diese oder jene kirchliche Form, sie sei Volkskirche oder Freikirche, sind auch
bereit,
wirkliche Vorzüge
der letztem
willig anzuerkennen.
Doch vorläufig halten wir fest, nicht an einer Staatskirche, aber an unserer Volkskirche.
Wir verlassen sie nicht, wie
ein sinkendes Schiff, sondern wollen sie lieben und durch
66 Liebe retten. Sie ist eine bei uns historisch erwachsene Thatsache, ist seit drei Jahrhunderten mit Leben und Sitte in so zahlreichen Adern verwachsen, daß unser Volksleben aus vielen Wunden bluten würde, wollten wir die Kirche aus ihm herausnehmen. Gar leicht ist es, ihre offenbaren Mängel zu tadeln und ausländisches Kirchenthum als letztes, höchstes Heilmittel für deutsche Kirchenschäden zu preisen; auch sind Viele bereit, sie mit leichter Hand zu zertrümmern, mit leichtem Herzen zu verlassen. Wer aber unser deutsches Volk herzlich lieb hat, der halte an ihr fest so lange, bis Gott selbst sie auflöst. Denn wer unsere deutsche Volks kirche aufgibt, der gibt auch unser evangelisches Volk im Ganzen auf. Das aber wollen wir nicht.
J
Druck von Friedr. Andr. Perthes in Gotha.