Der Linguist Anton Schiefner (1817-1879) und sein Netzwerk - Briefe an Emil Schlagintweit, Leo Reinisch, Franz v. Miklosich, Vatroslav Jagi¿, K. S. Veselovskij, Eduard Pabst, Vilhelm Thomsen und andere 9783700183976, 3700183976

The correspondence of the linguist Anton Schiefner covers the years 1843 to 1879 and deals with a great variety of subje

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German Pages 937 [939] Year 2021

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Titelei
Inhalt
Abkürzungen
Vorwort
Briefe an Emil Schlagintweit (1835–1904)
E. Schlagintweit: Geschichte der Familie
Vorläufiges Schriftenverzeichnis von E. Schlagintweit
Schiefner und die Schlagintweits
Briefe an Leo Reinisch (1832–1919)
Briefe an Franz von Miklosich (1813–1891)
Briefe an Vatroslav Jagić (1838–1923)
Briefe an K. S. Veselovskij (1819–1901)
Briefe an Jakov Karlovič Grot (1812–1893)
Briefe an Eduard Pabst (1815–1882)
Briefe an Vilhelm Thomsen (1842–1927)
Brief an Hermann Brockhaus (1808–1877)
Brief an Ludwig Friedländer (1824–1909)
Brief an Karl Halm (1809–1882)
Brief an Robert Harrison (1827–1897)
Brief an Ludwig Holland (1822–1891)
Brief an Carl Justi (1832–1912)
Brief an Marcus Joseph Müller (1809–1874)
Brief an Reinhold Rost (1822–1896)
Brief an Friedrich Zarncke (1825–1891)
Brief an Maximilian von Goethe (1820–1883)
Namenregister und Themenliste
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Der Linguist Anton Schiefner (1817-1879) und sein Netzwerk - Briefe an Emil Schlagintweit, Leo Reinisch, Franz v. Miklosich, Vatroslav Jagi¿, K. S. Veselovskij, Eduard Pabst, Vilhelm Thomsen und andere
 9783700183976, 3700183976

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HARTMUT WALRAVENS, AGNES STACHE-WEISKE DER LINGUIST ANTON SCHIEFNER (1817–1879) UND SEIN NETZWERK

ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE SITZUNGSBERICHTE, 908. BAND BEITRÄGE ZUR KULTUR- UND GEISTESGESCHICHTE ASIENS, NR. 105 HERAUSGEGEBEN VOM INSTITUT FÜR KULTUR- UND GEISTESGESCHICHTE ASIENS UNTER DER LEITUNG VON BIRGIT KELLNER

Hartmut Walravens, Agnes Stache-Weiske

Der Linguist Anton Schiefner (1817–1879) und sein Netzwerk Briefe an Emil Schlagintweit, Leo Reinisch, Franz v. Miklosich, Vatroslav Jagić, K. S. Veselovskij, Eduard Pabst, Vilhelm Thomsen und andere

Angenommen durch die Publikationskommission der philosophischhistorischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: Michael Alram, Bert G. Fragner, Andre Gingrich, Hermann Hunger, Sigrid Jalkotzy-Deger, Renate Pillinger, Franz Rainer, Oliver Jens Schmitt, Danuta Shanzer, Peter Wiesinger, Waldemar Zacharasiewicz.

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

Diese Publikation wurde einem anonymen, internationalen Peer-Review-Verfahren unterzogen.

Die verwendete Papiersorte in dieser Publikation ist DIN EN ISO 9706 zertifiziert und erfüllt die Voraussetzung für eine dauerhafte Archivierung von schriftlichem Kulturgut.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-7001-8397-6 Copyright © Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2021 Druck und Bindung: Prime Rate, Budapest https://epub.oeaw.ac.at/8397-6 https://verlag.oeaw.ac.at Made in Europe

Inhalt Abkürzungen ................................................................................ 7 Vorwort ...................................................................................... 11 Briefe an Emil Schlagintweit (1835–1904) (HW) ......................... 21 E. Schlagintweit: Geschichte der Familie ................................. 24 Vorläufiges Schriftenverzeichnis von E. Schlagintweit .............. 43 Schiefner und die Schlagintweits .............................................. 58 Briefe an Leo Reinisch (1832–1919) (HW) ............................... 136 Briefe an Franz von Miklosich (1813–1891) (HW) .................... 201 Briefe an Vatroslav Jagić (1838–1923) (AW) ............................. 345 Briefe an K. S. Veselovskij (1819–1901) (AW) ......................... 557 Briefe an Jakov Karlovič Grot (1812–1893) (AW) .................... 685 Briefe an Eduard Pabst (1815–1882) (AW) ................................ 695 Briefe an Vilhelm Thomsen (1842–1927) (AW) ........................ 823 Brief an Hermann Brockhaus (1808–1877) (AW) ...................... 837 Brief an Ludwig Friedländer (1824–1909) (AW) ....................... 849 Brief an Karl Halm (1809–1882) (AW) ..................................... 855 Brief an Robert Harrison (1827–1897) (AW) ............................. 861 Brief an Ludwig Holland (1822–1891) (AW) ............................ 865 Brief an Carl Justi (1832–1912) (AW) ....................................... 871 Brief an Marcus Joseph Müller (1809–1874) (AW) ................... 877 Brief an Reinhold Rost (1822–1896) (AW) ............................... 881 Brief an Friedrich Zarncke (1825–1891) (AW) .......................... 885 Brief an Maximilian von Goethe (1820–1883) (HW) ................. 891 Namenregister und Themenliste ................................................ 895

Abkürzungen ABF ABI ADB Amburger AOH AW BaBA BBA BL Brokgauz/Efron Bull. de l’Acad. Bull. hist.-phil. CAJ CSBA DBA DBE DNB GGA Heissig HW IBA JA JBA JRAS Lenz LZB MS NAA NBG NDB

Archives biographiques françaises (Saur) Archivio biografico italiano (Saur) Allgemeine Deutsche Biographie Erik Amburger Datenbank: Ausländer im vorrevolutionären Russland. Online unter: http://dokumente.ios-regensburg.de/ amburger/ Acta Orientalia Hungarica Freundliche Mitteilung von Agnes Weiske Baltisches Biographisches Archiv (Saur) British Biographical Archive (Saur) The British Library, London Ėnciklopedičeskij slovaŕ. St. Petersburg 1890 ff. Bulletin de l’Académie impériale des sciences de St. Pétersbourg Bulletin historico-philologique de l’Académie des sciences de St. Pétersbourg Central Asiatic Journal Český biografický archiv a Slovenský biografický archiv (Saur) Deutsches Biographisches Archiv (Saur) Deutsche Biographische Enzyklopädie (Saur) Dictionary of National Biography Göttingische Gelehrte Anzeigen Walther Heissig: Mongolische Handschriften, Blockdrucke, Landkarten. Wiesbaden: Steiner 1961. Freundliche Mitteilung von H. Walravens Indian Biographical Archive (Saur) Journal asiatique Jüdisches Biographisches Archiv (Saur) Journal of the Royal Asiatic Society W. Lenz: Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710–1960. Köln, Wien 1970 Literarisches Zentralblatt Monumenta Serica Narody Azii i Afriki Nouvelle Biographie générale Neue Deutsche Biographie

8 ÖBL PAB Pfister PM RBA RBS SBA Schiefner I Schiefner II Schiefner III SOBA SPb UBA Wurzbach

Zagoskin

ZAS ZDMG

Abkürzungen Österreichisches Biographisches Lexikon Polnisches Biographisches Archiv (Saur) Louis Pfister: Notices biographiques et bibliographiques sur les jésuites de l’ancienne mission de Chine. Chang-hai 1932–1934. 2 Bde. Petermanns Geographische Mitteilungen Russisches Biographisches Archiv (Saur) Russkij biografičeskij slovaŕ Scandinavian Biographical Archive (Saur) A. Schiefner: Übersetzungen aus dem tibetischen Kanjur Anton Schiefner (1817–1879) und seine indologischen Freunde Anton Schiefner (1817–1879) Briefe und Schriftenverzeichnis Südosteuropäisches Biographisches Archiv (Saur) St. Petersburg Ungarisches Biographisches Archiv (Saur) Constant von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich: enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. Wien: Zamarski 1856–1923. Nikolaj P. Zagoskin: Biografičeskij slovaŕ professorov i prepodavatelej Imperatorskago Kazanskago Universiteta (1804–1904); v dvuch častjach. Kazań 1904. Zentralasiatische Studien Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft

Anton Schiefner, Bleistiftzeichnung von Ferdinand Justi Hessisches Staatsarchiv Marburg, 340 Justi, Nr. 610 Die türkische (scherzhafte) Überschrift lautet: Türkistan padischahi – Der Kaiser von Turkestan

Vorwort Der vielseitige Petersburger Linguist Anton Schiefner (1817–1879) war lange nur wegen seiner zahlreichen Veröffentlichungen bekannt, die wiederum wegen der Bandbreite der Themen: finnisch-ugrische Sprachen, Türksprachen (Tatarisch), Sanskrit, Tibetisch, kaukasische Sprachen, darüber hinaus estnische Geschichte, Mythologie und Folklore (Märchenforschung) und Bibliothekswesen, allenfalls in ihrer Disziplin gewürdigt wurden – ein adäquates Schriftenverzeichnis fehlte ebenso wie nähere Details über sein Leben und Wirken. Schiefner wurde als Sohn eines Einwanderers aus Böhmen in Reval (Tallinn) geboren, wo er aufwuchs und seine Schulbildung genoss. Auf den Rat seines Onkels Wilhelm Schneider studierte er in Petersburg Jura, dann in Berlin Sprachen und lehrte dann klassische Philologie in St. Petersburg, sowohl am Gymnasium wie an der Katholischen Geistlichen Akademie. Seit 1848 war er für die Akademie der Wissenschaften tätig, wo er 1852 seinem Vorgesetzten Karl Ernst von Baer als Leiter der II. Abteilung (Ausländische Literatur) nachfolgte und wo er bis zu seinem Tode 1879 tätig war. Dabei übernahm er als zusätzliches Fachgebiet die Tibetologie, die vordem Isaak Jakob Schmidt (1779– 1847) betreut hatte. Detailliertere Information findet sich in: Hartmut Walravens: Schiefner, Franz Anton. NDB 22.2005, 736–738 Hartmut Walravens: Anton Schiefner: Übersetzungen aus dem tibetischen Kanjur. Beiträge zur Buddhismuskunde und zur zentralasiatischen Märchenforschung. Wiesbaden: Harrassowitz 2007. XLI, 203 S. Hartmut Walravens: „Freilich lag in den zu überwindenden Schwierigkeiten ein besonderer Reiz …“ Briefwechsel der Sprachwissenschaftler Hans Conon von der Gabelentz, Wilhelm Schott und Anton Schiefner, 1834–1874. Wiesbaden: Harrassowitz 2008. 210 S. (Sinologica Coloniensia 26.) Hartmut Walravens: Letters of A. Schiefner about V. P. Vasil’ev.

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Vorwort

Piśmennye pamjatniki vostoka 8. 2008, 251–264. Hartmut Walravens: St. Petersburg und Livland – und die Entwicklung der estnischen Literatur. Anton Schiefner (1817–1879) und Friedrich Reinhold Kreutzwald (1803–1882) im Briefwechsel (1853–1879). Wiesbaden: Harrassowitz 2013. 396 S. (Orientalistik Bibliographien und Dokumentationen 22.) Anton Schiefner (1817–1879) und seine indologischen Freunde. Seine Briefe an die Indologen Albrecht Weber (1825–1901), Rudolf Roth (1821–1895) und William Dwight Whitney (1827–1894) sowie den Indogermanisten Adalbert Kuhn (1821–1881). Mit Anmerkungen, kleineren Arbeiten Schiefners und Register bearbeitet und herausgegeben von Hartmut Walravens und Agnes Stache-Weiske. Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften 2015. 455 S. (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse; Sitzungsberichte 868; Beiträge zur Kultur- und Geistesgeschichte Asiens 89.) Anton Schiefner: Briefe und Schriftenverzeichnis. Briefe an Bernhard Jülg (1825–1886), Karl Ernst von Baer (1792–1876), Reinhold Köhler (1830–1892), Victor Hehn (1813–1890), August Friedrich Pott (1802– 1887), Ernst Kuhn (1846–1920), Lorenz Diefenbach (1806–1883), Ernst Förstemann (1822–1906) und Karl Dziatzko (1842–1903). Ediert und herausgegeben von Hartmut Walravens und Agnes Stache-Weiske. Wien: Österr. Akademie der Wissenschaften 2017. 530 S. (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte 884; Beiträge zur Kultur- und Geistesgeschichte Asiens 94.) Der vorliegende Band der Sammlung der weitgestreuten wissenschaftlichen Korrespondenz Anton Schiefners belegt wiederum das ausgedehnte Netzwerk des Gelehrten. Die Briefpartner sind diesmal: Jakov Karlovič GROT (1812–1893), Linguist und Slawist an der Petersburger Akademie. Vatroslav JAGIĆ (1838–1923), Slawist und Linguist, Schüler und Nachfolger von Franz Miklosich auf dem Wiener Lehrstuhl. Eines der Hauptthemen der Briefe ist die Beschaffung von Büchern.

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Franz (von) MIKLOSICH (1813–1891) , Linguist, einer der Väter der modernen Slawistik. Eines der zentralen Themen der Briefe ist die Zigeunersprache. Eduard PABST (1815–1882), Lehrer, Altphilologe, Heimatforscher. Die Briefe betreffen vielfach Fragen der Geschichte Estlands und des Ostseeraums. Leo REINISCH (1832–1919), steirischer Orientalist, Ägyptologe und Amerikanist. Emil SCHLAGINTWEIT (1835–1904), Tibetologe, der jüngste der durch ihre Erforschung des Himalaya bekannten Schlagintweit-Brüder. Die Briefe und Dokumente belegen ausgiebige Unterstützung Schiefners bei der Bearbeitung von Dokumenten aus Ladakh. Vilhelm THOMSEN (1842–1927), dänischer Linguist; der Kontakt begann durch eine Rezension Schiefners von Thomsens Arbeit über den Einfluß der gotischen Sprachklasse auf das Finnische. Konstantin Stepanovič VESELOVSKIJ (1819–1901), Statistiker, langjähriger ständiger Sekretär der Petersburger Akademie der Wissenschaften. Die Briefe betreffen Angelegenheiten der Akademie und enthalten auch Reiseberichte Schiefners. Einzelne Briefe sind darüber hinaus gerichtet an: Hermann BROCKHAUS (1806–1877), Indologe in Leipzig. Ludwig FRIEDLÄNDER (1824–1909), Kulturhistoriker in Königsberg. Maximilian Wolfgang von GOETHE (1820–1883), Diplomat und Historiker. Karl HALM (1809–1882), Bibliothekar und Altphilologe, Leiter der Münchener Hof- und Staatsbibliothek. Robert HARRISON (1827–1897), Lehrer, Bibliothekar und Übersetzer in London. Ludwig HOLLAND (1822–1891), Germanist und Romanist in Tübingen. Carl JUSTI (1832–1912), Kunsthistoriker in Marburg, Bruder des Orientalisten Ferdinand Justi. Marcus Joseph MÜLLER (1809–1874), Orientalist in München. Reinhold ROST (1822–1896), Orientalist und Bibliothekar in London. Friedrich ZARNCKE (1825–1891), Germanist in Leipzig und Herausgeber des Literarischen Centralblatt für Deutschland.

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Vorwort

Die drei vorhergehenden Bände bieten Schiefners Briefe an: Karl Ernst von BAER (1792–1876), Naturforscher und Bibliothekar in St. Petersburg. Lorenz DIEFENBACH (1806–1883), Philologe und Dichter in Frankfurt a.M. Karl DZIATZKO (1842–1903), Bibliothekar, Altphilologe in Breslau. Ernst FÖRSTEMANN (1822–1906), Bibliothekar und Germanist in Dresden. Victor HEHN (1813–1890), Kulturwissenschaftler in Berlin. Bernhard JÜLG (1825–1886), Altphilologe, Mongolist in Innsbruck. Reinhold KÖHLER (1830–1892), Volkskundler und Bibliothekar in Weimar. Friedrich Reinhold KREUTZWALD (1893–1882), Arzt und Schriftsteller. Der umfassende Briefwechsel belegt Schiefners intensive Unterstützung Kreutzwalds bei seinen literarischen Arbeiten. Adalbert KUHN (1812–1881), Indogermanist und Mythenforscher in Berlin. Ernst KUHN (1846–1920), Indogermanist in München. August Friedrich POTT (1802–1887), Linguist in Halle. Rudolf ROTH (1821–1895), Indologe in Tübingen. Albrecht WEBER (1825–1901), Indologe in Berlin. William Dwight WHITNEY (1827–1894), Indologe in New Haven. Charakterisierung des Netzwerks Schiefners Kontakte weisen mehrere Kristallisationspunkte auf: – REVAL. Bedingt durch seine Heimatstadt und sein Interesse an der estnischen Sprache, die er offensichtlich vorzüglich beherrschte, hat Schiefner sich lebenslang mit Fragen der estnischen und finnischen Sprachen befasst. Von erhaltenen Korrespondenzen sind hier insbesondere die mit Friedrich Reinhold Kreutzwald und Eduard Pabst zu nennen. – BERLIN. Während seines Studiums dort hat Schiefner viele Kontakte geknüpft, von denen hier Albrecht Weber und Adalbert Kuhn genannt seien. Er hat auch zahlreiche Gelehrte kennengelernt, die ihn entweder direkt oder durch ihre Schüler beeinflusst haben. – ST. PETERSBURG. Der Ort seiner vieljährigen Tätigkeit und sein dauernder Wohnsitz haben ihm nicht nur durch die Akademie ein zusätzliches Netzwerk mit Gelehrten aus vielen Fachgebieten geliefert,

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sondern auch seine Tätigkeit in der Bibliothek mit ihrer Auskunftsfunktion und seine wissenschaftliche Arbeit (Castrén-Edition, RadloffEdition, Bearbeitung von Uslars kaukasischen Sprachforschungen, Czekanowskis u.a. tungusische Materialien) haben ihn mit vielen weiteren Gelehrten in Verbindung gebracht. Darüber hinaus war Schiefner ein geselliger Mensch, der leicht Bekanntschaft schloss und viele Informationen aufnahm. Eine gute Gelegenheit waren da seine regelmäßigen Reisen nach Westeuropa, nach Deutschland, Österreich, Paris und London, wo er Fachkollegen aufsuchte und in Bibliotheken arbeitete, um z.B. Sanskrit- und tibetische Texte durchzusehen. Mit der zunehmenden Zahl von Briefen und neuen Briefpartnern wird die Struktur des Netzwerks immer deutlicher und auch Schiefners Rolle als Vermittler zwischen verschiedenen Gelehrten (Beispiele sind die Kontakte zwischen Grot und Köhler sowie Müller und Schlagintweit, um nur einige zu nennen). Inhalt der Briefe Wichtige Themen der Briefe sind: Fragen an Kollegen bezüglich bestimmter Wörter oder Sachverhalte. Beantwortung von Fragen oder Erfüllung von Wünschen (Bücher, Texte) von Kollegen. Berichte über eigene Arbeiten und Publikationen. Nachrichten aus der wissenschaftlichen Welt; dank seines Netzwerkes wirkte Schiefner des Öfteren als Nachrichtenbörse, er konnte über Neuerscheinungen und aktuelle Arbeiten von Kollegen berichten. Die gerühmte Hilfsbereitschaft Schiefners zeigt sich immer wieder in Literaturlisten, dem Arrangement zum Ausleihen von Handschriften aus der Akademiebibliothek, seitenlangen Stellenexzerpten von seltenen Texten, eine Aktion zur Sammlung von Zigeunerwörtern aus verschiedenen Teilen Russlands (für Miklosich), die Beschaffung von Büchern aus Russland, die Versorgung von Forschern mit Akademiepublikationen über den Schriftentausch der Bibliotheken, Anfragen bei russischen Gelehrten im Interesse seiner Korrespondenten, Beschaffung von Adressen, Übersetzung von tibetischen Texten (so für Schlagintweit) – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Bei all diesen Aktivitäten fragt sich der Leser, woher Schiefner noch Zeit und Konzentration für seine zahlreichen Publikationen nahm. So waren etwa

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Vorwort

seine Sommerurlaube keineswegs nur der Erholung gewidmet; auch in Südtirol wurde an der linguistischen Beschreibung kaukasischer Sprachen gearbeitet und wurden die Korrekturen der laufenden Publikationen gelesen. Da an den Ferienorten keine Handbibliothek zur Verfügung stand, dürfte Schiefner ein stupendes Gedächtnis besessen haben. Biographisches Material Biographische Daten Schiefners sind in den früheren Publikationen über ihn geboten (s.o.). Das 2017 abgedruckte Schriftenverzeichnis darf als ziemlich vollständig angesehen werden, obwohl sicherlich einige Zeitungsbeiträge oder namentlich nicht gezeichnete Artikel fehlen. In biographischer Hinsicht mag noch der Eintrag im Verzeichnis der Zivilbeamten IV. Klasse von Interesse sein, das zufällig zu des Hrsg. Kenntnis kam: Spisok graždanskim činam IV klassa. Ispravlen po 31e dekabrja 1858. St. Peterburg: Prav. Senat 1879, Nr. 158: Anton Schiefner, außerordentlicher Akademiker Bibliothekar der ausländischen Abteilung der Akademiebibliothek, im Dienst seit 17. Aug. 1843.* Wirklicher Staatsrat 19. Nov. 1865 Orden: Hl. Vladimir 3. Klasse. 1869 Hl. Stanislaus 1. Klasse. 1873 Hl. Anna 1. Klasse. 1876 Sächs. Albert-Orden 1. Klasse. 1870 Bronzemedaille zur Erinnerung an den Krieg 1853–1856 [* Da Schiefner tatsächlich erst später in den Dienst der Akademie trat, dürfte es sich hier um die rückwirkende Dienstaltersberechnung handeln, bei der frühere Tätigkeiten, wie z.B. Studienzeiten, angerechnet werden.] Editionsprinzipien – Auswahlprinzip Die Zusammenstellung des Materials der einzelnen Bände der Briefedition folgt keinem festen Plan, eine eher ungewöhnliche Methode des Herangehens an eine solche Aufgabe. Der Grund liegt

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darin, dass es kaum Vorarbeiten gab – auch in St. Petersburg, wo Schiefner sein ganzes Berufsleben verbrachte, war er in Hinsicht auf biographisches Material, Briefe und Manuskripte ein Unbekannter: außer Schiefners Publikationen konnte auch das Archiv der Akademie der Wissenschaften über ihn nichts ermitteln. Lediglich das Estnische Literaturmuseum in Tartu (Dorpat) besaß Schiefners Korrespondenz mit Friedrich Reinhold Kreutzwald, die bereits 1956 im Rahmen einer Kreutzwald-Briefausgabe publiziert worden war, allerdings nur in estnischer Übersetzung. Auch ergaben Nachforschungen, dass die Wiedergabe im Druck gekürzt war, und überdies hatten sich seit der Veröffentlichung weitere Briefe angefunden. So machte sich der Herausgeber an die Publikation des vollständigen Schiefner-Kreutzwald-Briefwechsels. Weitere Recherchen ergaben, dass Schiefners Briefe an seinen alten Freund, den Indologen Albrecht Weber, in der Staatsbibliothek zu Berlin lagen. Die Transkription erwies sich als mühsam, und mitten in der Arbeit entschloss sich der Herausgeber, bedingt durch Berufspflichten und andere Aufgaben, das Projekt ruhen zu lassen. Da ergab es sich, dass die Herausgeberin, die Otto Böhtlingks Briefwechsel zum Petersburger Wörterbuch veröffentlicht hatte, mitteilte, dass sie, auf den Spuren Böhtlingks, auch die Schiefner-WeberBriefe gelesen und transkribiert hatte. So lag es nahe, diese Briefe und einige andere aus dem Kreis der Mitarbeiter des Petersburger Wörterbuchs, die sie aufgespürt hatte, zu bearbeiten und herauszugeben. Die zahlreichen Nachforschungen im Kontext dieser Editionsarbeit führten zur Ermittlung weiterer Briefe, so an den Altphilologen Jülg, den Naturforscher Baer und den Volkskundler Köhler, sodass sich wiederum ein Band ergab. Und so entstand schließlich auch das vorliegende Buch durch weitere Materialsammlung und neue Funde. – Vollständigkeit der Texte Ein wichtiger Grundsatz für die Herausgeber war die vollständige Präsentation der Texte. Von Auswahl oder Kürzung wurde von vornherein abgesehen. Was heute unerheblich erscheint, mag morgen in anderem Kontext wichtig sein. Und auch kleine Mosaiksteinchen erweisen sich immer wieder als nützlich für die Erklärung von Zusammenhängen. Schiefners Neigung, nicht nur über hochwissenschaftliche Dinge zu schreiben, sondern auch über „nebensächliche“ Personen und Dinge, und manchmal auch Klatsch zu erwähnen, trägt nicht nur zur Farbigkeit der Darstellung, sondern auch zur Erhellung

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mancher Details bei, die man in Biographien und Nachschlagewerken vergebens sucht. – Wiedergabe der Originale, Zitate und Schriften Bei der Herausgabe wurde Wert darauf gelegt, die Originaltexte, auch die Zitate aus anderen Sprachen und in anderen Schriften, wiederzugeben. Schiefners Schreibgewohnheiten wurden beibehalten (so auch die häufige Auslassung des Endpunktes), lediglich offensichtliche Schreibfehler wurden stillschweigend berichtigt. Von einer formalen Beschreibung der Schriftstücke wurde abgesehen, da fast durchweg nicht nach Originalen, sondern Kopien oder Scans gearbeitet wurde. – Auf ausgiebige Kommentierung wurde Wert gelegt. Viele der erwähnten Personen sind heute weitgehend unbekannt und erst die zusätzliche Information ebnet den Weg zu einem wirklichen Verständnis des Zusammenhangs. In zwei Fällen (Schlagintweit, Pabst) wurden eigens Schriftenverzeichnisse erarbeitet, um zur Identifikation und zum Verständnis der behandelten Texte zu gelangen. Auch werden die Präsentationen, selbst wenn es sich nur um einen Brief handelt, von meist ausführlichen Einleitungen begleitet. In mehreren Fällen wurden die ermittelten Bezugstexte (tibetische Inschrift, Wörtersammlungen) als Faksimile eingeblendet, um Missverständnisse auszuschließen. – Ein Register bietet die erwähnten Personennamen. Von einem umfassenden Sachregister wurde abgesehen, da ein solches wegen der zahlreichen angeführten Lemmata überaus umfangreich geworden wäre. Stattdessen wird ein kurzes Register von Termini und Themen zur schnelleren Navigation durch den umfangreichen Band geboten. Zitierweise Wie in den früheren Bänden ist die Zitierweise gestrafft – auf Anführungszeichen für Aufsatztitel ist verzichtet worden. Dafür sind die Quellen durchweg kursiv gesetzt; auf die Bandangabe folgt das Erscheinungsjahr, darauf, durch Komma getrennt die Seitenzahl; so bedeutet die Angabe Eduard Pabst: Die Überrumpelung von Mitau. Das Inland 14.1849:17, Sp. 273–278 Aufsatz: Die Überrumpelung von Mitau von Eduard Pabst, veröffentlicht in der Zeitschrift Das Inland, Band 14 erschienen 1849, Nummer 17, Spalte 273–278. Angaben wie „S[eite]“ oder „N[umme]r.“ werden

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nur in Ausnahmefällen verwendet, wenn die Gefahr einer Unklarheit besteht. Bei Online-Materialien ist das Abruf- bzw. letzte Kontrolldatum 14. Okt. 2019, soweit nicht anders angegeben. Transkription Für das Tibetische wird die Umschrift nach Helmut Hoffmann verwendet, wie sie traditionell auch in den deutschen Bibliothekskatalogen erscheint. Demgegenüber setzt sich heute die Umschrift nach Wylie durch, da sie ohne Diacritica auskommt. Bei seinen tibetischen Zitaten hat Schiefner den Schlusspunkt einer Silbe oft ausgelassen; in diesen Fällen ist er im Text nicht ergänzt worden. Für das Russische ist die sog. Wissenschaftliche Transkription verwendet, die in deutschen Bibliotheken Anwendung findet und auf der die neuere nach ISO aufsetzt, die jetzt allmählich in Gebrauch kommt. In Briefen an russische bzw. slawistische Kollegen verwendete Schiefner nur teilweise Transkription; häufig gab er der Einfachheit halber Namen, Titel und Termini in kyrillischer Schrift, naturgemäß in der „alten“ Orthographie, jedoch nicht konsequent – so ließ er in der Eile des Schreibens oder wenn es sich um einzelne Wörter handelte, nicht selten das Harte Zeichen als Abschluss nichtpalatalisierter Wörter weg. Da diese orthographische Eigenheit von keinem praktischen Belang ist, wurde in dieser Hinsicht keine Vereinheitlichung oder diplomatisch getreue Wiedergabe angestrebt. Im Text wurde bei kyrillischen Zitaten keine Umschrift beigefügt, im Register erscheinen dagegen die Namen sowohl in Originalschrift wie in Transkription. In den Anmerkungen wird in Zitaten die alte Genitivform beibehalten, ѣ als ě transkribiert; zwischen i und и wird nicht unterschieden, und das Harte Zeichen als Endmarke wird nicht wiedergegeben. Schwierigkeiten War zu Beginn der Schiefner-Forschungen noch ein Mangel an Briefen zu beklagen, so haben sich im Laufe der Arbeiten sukzessive weitere Materialien gefunden, zuletzt in russischen Archiven, und es besteht Hoffnung, diese für eine zukünftige Edition zu erhalten. Hinweise auf den Schiefner-Nachlass haben sich bislang nicht ergeben. Da Schiefners Sohn Meinhard als General der kaiserlichen

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Truppen 1918 von den Bolschewiki liquidiert wurde, ist davon auszugehen, dass sich kein Nachlassmaterial erhalten hat. Gewisse Schwierigkeit bietet Schiefners gelegentlich erratische Handschrift. Er schrieb seine Briefe zumeist in Eile, was zu Lasten der leichten Lesbarkeit ging. Auch wechselte er von lateinischer zu deutscher oder kyrillischer Schrift, je nach Adressat und Kontext. Danksagung Besonderer Dank gebührt Alexander Zorin (St. Petersburg), der die Wiedergabe der tibetischen Wörter im Schlagintweit-Briefwechsel korrigiert hat, eine wahrhaft mühevolle Aufgabe. Ausserdem hat er, zusammen mit Vjačeslav Zajcev (Viacheslav Zaytsev), den russischen Brief an Veselovskij transkribiert, der flüchtig geschrieben ist. Dank auch an Prof. Alexey A. Vigasin aus Moskau für die Durchsicht und Korrektur der russischen Literaturlisten sowie die Auflösung vieler Abkürzungen, die eine Identifikation des genannten Werkes erst ermöglichte, sowie an Frau Prof. Barbara Kellner-Heinkele für nützliche Auskünfte. Das Hessische Staatsarchiv Marburg und die Universitätsbibliothek München und die Universitätsbibliothek Leipzig haben freundlicherweise Porträts aus ihrem Bestand unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Briefe an Emil Schlagintweit (1835–1904) Über Emil Schlagintweit (München 7. Juli 1835–20. Okt. 1904 Zweibrücken), jüngerer Bruder der bekannteren Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden Hermann (13. Mai 1826–19. Jan. 1882), Adolf (9. Jan. 1829–26. Aug. 1857) und Robert Schlagintweit (27. Okt. 1833–6. Juni 1885), allesamt Söhne des renommierten Münchener Augenarztes Joseph August Schlagintweit und seiner Frau Rosalia Seidl, liegen wenig biographische Daten vor. Seine Brüder erregten Aufmerksamkeit durch ihre umfassende und genaue physikalisch-geographische und geologische Erforschung der Alpen 1 und wurden daher von Alexander von Humboldt für eine Forschungsreise nach Indien und Zentralasien empfohlen, die König Friedrich Wilhelm IV. im Verein mit der British East India Company finanzierte. Von 1854 bis 1857 durchreisten, vermaßen und beschrieben sie die Gebiete und trugen umfangreiche Sammlungen zusammen. Hermann und Robert reisten im Frühjahr 1857 nach Europa zurück, während Adolf auf einer weiteren Unternehmung im August d. J. in Kaschgar als angeblicher Spion exekutiert wurde. Die umfangreichen Expeditionsberichte wurden im Wesentlichen von Hermann Schlagintweit bearbeitet: Results of a scientific mission to India and High Asia undertaken between the years 1854 and 1858: by order of the court of directors of the Honourable East India Company. Leipzig: Brockhaus, London: Trübner 1862–1866. 4 Bde u. Atlas, sowie Reisen in Indien und Hochasien. Eine Darstellung der

Landschaft, der Cultur und Sitten der Bewohner, in Verbindung mit klimatischen und geologischen Verhältnissen. Jena: Costenoble 1869–1880. 4 Bde. Die Bearbeitung des historischen und sprachlichen Materials fiel dem Bruder Emil zu, der seine Brüder auf ihren Reisen nicht begleitet hatte. Auf Rat Humboldts wandte er sich dem Tibetischen zu, da Tibet 1

Untersuchungen über die physicalische Geographie der Alpen in ihrer Beziehung zu den Phænomenen der Gletscher, zur Geologie, Meteorologie und Pflanzengeographie. Leipzig: Barth 1850. 600 S.; Neue Untersuchungen über die physicalische Geographie und Geologie der Alpen. Leipzig: Weigel 1854. XVI, 630 S. Mit Atlas.

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ja ein wichtiges Forschungsgebiet seiner Brüder war. Er promovierte 1863 in Jura in Erlangen. Zwar wurde er 1866 auf ein Gutachten von Prof. Marcus Müller (das einem Schreiben Schiefners verpflichtet ist, s.u.) zum Korrespondenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt und erhielt ein Ehrendoktorat der Universität Würzburg, aber Hoffnungen auf eine tibetologische Professur zerschlugen sich, und so trat er 1867 in den bayerischen Verwaltungsdienst ein. Er war zunächst als Bezirksamtmann in Ebern, dann als Regierungsrat in Kitzingen und seit 1880 in Zweibrücken tätig. Er war (im Gegensatz zu den Brüdern) verheiratet und hatte sechs Kinder. Seine tibetologische und publizistische Tätigkeit übte er im Nebenberuf aus – es sind immerhin an die hundert Publikationen nachweisbar. Er hatte geplant, die Bearbeitung der Materialien seiner Brüder fortzusetzen, wie er sie in Ebern und Kitzingen betrieben hatte, aber seine Versetzungsgesuche nach Bamberg (wo er der Jägersburg nahe gewesen wäre) oder München (Nähe der Hofbibliothek) wurden von der vorgesetzten Behörde nicht genehmigt.

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Emil Schlagintweit: Geschichte der Familie Schlagintweit: S., eine Familie von Gelehrten (Arzt, Naturforscher, Orientalist), aus München. Die Familie stammt aus Oberösterreich. Confessionswechsel hatte eine Spaltung bewirkt; der evangelische Theil zog mit anderen Glaubensgenossen in das Gebiet des deutschen Ordens, Ballei Franken, und in den Kirchenbüchern des Pfarramts Weiboldshausen, Amtsgerichts Ellingen erscheint der Name von 1671– 1707. Im Quellgebiet des Regenflusses tritt die Familie Mitte des vorigen Jahrhunderts auf; als Sohn eines Bäckers wurde am 7. December 1791 zu Regen Joseph August Wilhelm Schlagintweit geboren. Durch Vermittlung des Benedictiner-Conventuals Wührmann kam der Knabe zum Studium und auf das Gymnasium zu Passau, dann ins Lyceum nach München und bezog [337] von hier die Universität Landshut. Als Studium wählte S. die Medicin; mit der Dissertation „de Cataractarum origine“ wurde die Doctorwürde erlangt. Ein staatliches Reisestipendium gewährte die Mittel zu einer Studienreise nach Wien und Prag; durch zahlreiche Staar- und andere Augenoperationen an Menschen und Thieren, die unterwegs auf Ersuchen der Herrschaften ausgeführt wurden, kamen die Gelder zusammen zu einer Rundreise über ganz Deutschland. Die Reise ging von Prag über Dresden nach Berlin, von hier nach Göttingen, Marburg, Gießen, um über Frankfurt a. M., Würzburg, Bamberg, Erlangen, Nürnberg und Augsburg wieder an ihrem Ausgangspunkte München zu schließen. Die Abreise von München fand am 17. November 1816 statt, die Rückkehr am 31. Juli 1818. Das 22 Bogen enthaltende Reisejournal voll reicher Einträge gibt durch seine eingehende Beschreibung der besuchten öffentlichen Anstalten ein werthvolles Bild von der Einrichtung der Heilstätten, wie sie damals an den Universitäten und in Landstädten bestanden. Als Ergebniß der Reisebeobachtungen erschien 1818 die Schrift: „Ueber den Zustand der künstlichen Pupillenbildung in Deutschland“ mit Beschreibung des vom Verfasser zu dieser Operation erfundenen Instrumentes „Regenbogenhaut-Häkchen, Iriankistron“. 1821 erhielt S. die Erlaubniß zur selbständigen Ausübung der Praxis in München. Bereits am 1. Mai 1822 gründete er seine Privat-Heilanstalt für Augenkranke; diese anfangs sehr einfach eingerichtete Anstalt begründete den Ruf des Inhabers als Augenarzt und wurde später in ein geräumiges Haus

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übergeführt. 1828 schrieb S. einen „Entwurf zur neuen Organisation des Medicinal-Armenwesens der Haupt- und Residenzstadt München“, 1836 wurde er leitender Arzt des Cholerahospitals des Grafen von Arco-Valley, das vom 7. November 1836 bis 1. Februar 1837 eröffnet war und legte die Ergebnisse der ärztlichen Behandlung nieder in der Schrift „Praktische Erfahrungen und Beobachtungen über die epidemische Brechruhr in München“. Auf Veranlassung der bairischen Medicinalbehörde wurde sodann 1852 für die Hebammen eine Anleitung zur Verhütung der bösartigen Augenentzündung bei Neugeborenen verfaßt. Für die Heilanstalt für Augenkranke gaben jährliche Berichte ausführliche und medicinisch lehrreiche Aufschlüsse über die behandelten Krankheiten. 32 Jahresberichte haben den Gründer der Anstalt zum Verfasser; nach seinem Tode wurde die Anstalt vom Staate als ophthalmologische Klinik der königlichen Ludwigs-MaximiliansUniversität übernommen und der bei diesem Anlasse veröffentlichten Denkschrift ist zu entnehmen, dass in der Anstalt von 1822–54 unter Schlagintweit’s Leitung 18 220 Augenkranke, darunter 718 am grauen Staar Erblindete behandelt wurden. Seit 1837 war S. dirigirender Arzt des königlichen Blindeninstituts, 1839 wurde ihm der Titel eines königlichen Rathes, 1842 der Verdienstorden vom heiligen Michael verliehen. Am 10. August 1854 machte ein Choleraanfall seiner segensreichen Wirksamkeit ein Ende. (Vgl. Dr. J. V. Zimmermann, Einleitung zum 33. Jahresbericht, München 1855.) Von seinen Söhnen haben sich als Gelehrte und Schriftsteller einen Namen gemacht: Hermann, Adolf und Robert v. S. Hermann wurde am 13. Mai 1826, Adolf am 9. Januar 1829, Robert am 27. October 1833, sämmtlich in München geboren. Die beiden älteren Brüder blieben von Jugend an eng aneinandergeschlossen und arbeiteten ihr ganzes Leben hindurch mit einer selbst bei Brüdern seltenen Neidlosigkeit zusammen. Zur Erziehung der Knaben, die ihre Mutter nach langem Krankenlager im Alter von 13 und 10 Jahren verloren, hatte der meist außer dem Hause beschäftigte Vater junge Philologen als Hauslehrer an sich gezogen. Die Wahl des Vaters fiel stets auf charakterfeste junge Männer und ihrer Pflichttreue ist es mit zum Verdienst anzurechnen, dass [338] sich ihre Zöglinge durch größte Ausdauer auszeichneten. Dieselben besuchten das Gymnasium, fanden aber unter dem steten Umgang mit fachgebildeten Erziehern Zeit, neben dem Lehrstoff der einzelnen Classen

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die neueren Sprachen sich anzueignen und der Neigung zu naturwissenschaftlichen Studien nachzugeben. Der Vater ließ die hervortretenden Anlagen durch Privatunterricht fördern; dieses frühzeitige Eintreten in Studien, die naturgemäß der Universitätszeit zufallen, hatte jedoch auch seine Schattenseiten und kaum konnte der ungeduldige Adolf dazu gebracht werden, sämmtliche Gymnasialklassen zu absolviren. Mit dem Uebertritt an die Universität waren beide Brüder zu litterarischen Arbeiten befähigt und bereits unterm 21. September 1847 begegnen wir ihrer ersten publicistischen Leistung; unter diesem Datum ist von Hermann in der Beilage Nr. 13 zur Allgemeinen Zeitung vom 13. Januar 1848 ein Aufsatz über „die Gletscher des Oetzthales“ veröffentlicht. Gemeinschaftlich zeichnen die beiden Forscher zum erstenmal im „Ausland“ vom 10. Juli 1848 ihre durch neun Nummern dieser Zeitschrift sich fortsetzenden Schilderungen aus den Hochregionen der Alpen. Diese Arbeiten sind das Ergebniß von zwei Reisen, welche in den Jahren 1846 und 1847 gemacht wurden; ihr Begleiter war dabei der jüngere Bruder Eduard, damals Zögling des königlich bairischen Kadettencorps, der auf diesen Reisen die Erfahrungen zu seinen späteren Beobachtungen in Marokko sammelte. Auf den Wunsch des Vaters war Hermann bei der medicinischen Facultät eingetreten, konnte aber dem Berufe als Arzt keinen Geschmack abgewinnen und wandte sich endgültig den naturwissenschaftlichen Fächern zu, als die Mitarbeit des jüngeren Bruders gesichert war. Unter dem 20. Juli 1848 promovirte Hermann in München mit einer Abhandlung über ein Instrument zur Winkelmessung, im nächsten Winter Adolf mit einer geognostischen Arbeit. Im Mai 1849 siedelten die Brüder nach Berlin über, wo sie sich durch zahlreiche Abhandlungen in Poggendorff’s Annalen und anderen Fachzeitschriften vortheilhaft einführten; am 24. Juni 1849 hatten sie die Ehre, zum erstenmale von Alexander von Humboldt empfangen zu werden. Humboldt schätzte an den jungen Forschern, daß sie ebenso glücklich im Erringen des Materials der Beobachtung sind, wie in der Verallgemeinerung des Materials (Brief aus dem Beginn des Jahres 1850) und stellt ihre Arbeiten über die östlichen Alpen dem Werke von Saussure an die Seite. „Gestaltung der Erdoberfläche und ihr Einfluß auf Temperatur der Luft, des Bodens und der Quellen, auf geographische Vertheilung und Physiognomie der Vegetation; Durchsichtigkeit der Luftschichten, Schneehöhe, Gletscher, chemische Analyse der

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in den Eisröhren enthaltenen Luft, – alles ist mit den Hilfsmitteln, welche der seit Saussure’s Tod so riesenhaft fortgeschrittene Zustand unseres physikalischen, geognostischen, botanischen Wissens darbietet, sorgsam durchforscht. Ich darf mich auch auf das Zeugniß des ersten Geologen unserer Zeit, Leopold v. Buch, der catonisch streng, nicht zu übermäßigem Lobe bereit ist, berufen. Meinem Lebensberufe als Gelehrter getreu, sind meine Hoffnungen immer auf die neuen Geschlechter gerichtet, auf daß unter dem Schutze deutsch gesinnter, edler Monarchen deutscher wissenschaftlicher Ruhm genährt und zu neuem Glanz erhoben werde.“ Mit diesen Worten empfahl Humboldt unter’m 4. April 1850 „die zwei noch sehr jungen, gründlich gelehrten und was jetzt so selten, mit anmuthiger Bescheidenheit auftretenden Naturforscher, die ein Jahr unter uns gelebt und hier eine Auszeichnung und Achtung genossen, die seit langer, langer Zeit keinem anderen jungen Gelehrten zu theil geworden ist“, der Huld und hilfreichen Aufmerksamkeit ihres Landesherrn, dem hochsinnigen Könige Maximilian II. von Baiern. Vom August 1850 datirt die Vorrede zu den „Untersuchungen über die physikalische Geographie der Alpen“. Mit 2 Karten, 11 Tafeln und zahlreichen in den Text gedruckten [339] Holzschnitten (Leipzig 1850). Dieses Werk bringt die bisherigen Beobachtungen in den östlichen Alpen zum Abschluß und ist A. v. Humboldt zugeeignet. Im Winter 1851 treffen wir die Brüder in England, wo sie sowohl in der dortigen Gelehrtenwelt, wie in der Gesellschaft hohe Gönner fanden. Unterm 28. Juni 1851 habilitirte sich Hermann an der Universität Berlin als Docent für physikalische Geographie und ging unmittelbar nachher mit seinem Bruder an die Erforschung der westlichen Alpen. Unterm 23. August 1851 gelang es den eifrigen Forschern, als die ersten die Spitze des Monte Rosa zu erklimmen; die um 7,1 Meter höchste Erhebung war wegen Einzahnungen des Kammes und Steilheit der Felsen nicht zu erreichen und ist unseres Wissens auch seither nicht gewonnen worden. (Die Besteigung ist beschrieben in der Illustrirten Zeitung Nr. 556 vom 25. Februar 1854.) Im Herbst 1852 gingen die Brüder in die bairischen Voralpen und lieferten ein Relief der Zugspitze, des höchsten Gipfels der deutschen Alpen. Am 12. März 1853 habilitirte sich Adolf an der Universität München als Docent für Geologie.

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Robert hatte die Brüder in das Gebiet der Zugspitze begleitet und unternahm im Herbste 1853 selbständig eine Erforschung der Gebirgsmassivs des Kaisergebirges. Die Gesammtergebnisse der Untersuchungen der drei Brüder in den schweizerischen, italienischen und bairischen Alpen sind vereinigt in dem Werke: „Neue Untersuchungen über die physikalische Geographie und die Geologie der Alpen. Mit einem Atlas von 22 Tafeln“ (Leipzig 1854). König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen nahm die Widmung des Werkes an. Im Atlas zeigt sich zum erstenmal die große künstlerische Ausbildung der Gelehrten; ihre Ansichten der wichtigsten Spitzen und Thäler der Monte Rosa-Gruppe zählen in der dortigen Gegend noch heute trotz der hohen Vollendung, welche die Photographie erfuhr, zu den treffendsten Alpenbildern. Von der Genauigkeit der örtlichen Beobachtung geben ehrendes Zeugniß die beiden Reliefs der Monte Rosa-Gruppe und der Zugspitze im Maßstabe von 1:50 000 (galvanoplastisch vervielfältigt, Leipzig 1854). Vgl. Dr. O. Funke, Die Schlagintweit’schen Reliefe (Leipzig 1855, 22 S.). Durch Vermittlung A. v. Humboldt’s wurde der geistreiche König Friedrich Wilhelm IV. auf das Brüderpaar aufmerksam, bezeichnete es ihrer Unzertrennlichkeit wegen scherzend als „das siamesische“ und wandte den Forschern sein ganzes Wohlwollen zu. Seitens der Directoren der Ostindischen Compagnie wurde auf Anstehen von Sabine und Murchison die Ausdehnung der 1846 von Elliot im indischen Archipel unternommenen magnetischen Untersuchungen auf die Halbinsel Indien hinauf bis zum 37. Grad nördlicher Breite in dem damals eben zugänglich gewordenen Himalayastaat Kaschmir in Aussicht genommen. Humboldt, zu Rath gezogen, machte auf seine Günstlinge als geeignete Gelehrte hierzu aufmerksam; der König nahm sich des Vorschlags an und wußte die Einwürfe, welche gegen die beiden Brüder wegen ihrer Jugend, wie wegen ihrer Nationalität erhoben wurden, dadurch zu beseitigen, daß er am 27. Februar 1853 eine „gemeinschaftliche“ Expedition vorschlug, zu deren Kosten König wie Compagnie beitrügen. Dieser Gedanke fand seitens des damaligen Gesandten Preußens am Hofe von St. James, Freiherrn Christian v. Bunsen, gleich ausgezeichnet als Gelehrter, wie als Diplomat, unermüdliche Förderung und schon unterm 23. April konnte Bunsen ein vorläufiges Abkommen dahin melden, daß die Compagnie zu den Kosten der Reise eine Summe von eintausend Pfund Sterling jährlich aussetze, während der

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hochherzige König diesen Betrag aus seiner Privatschatulle bis zu der damals veranschlagten Summe erhöhte. Bald darauf siedelte Adolf nach London über; seine Schritte wurden von Bunsen und Humboldt getragen, sowie wirksam unterstützt durch die Bemühungen des bairischen [340] Gesandten Freiherrn v. Cetto und die lebhafte Theilnahme, welche dem Unternehmen seitens der Vertreter der Wissenschaft die Royal Society und namens der Directoren der Ostindischen Compagnie der um die Eroberung wie die wissenschaftliche Erforschung der westlichen Provinzen von Indien gleich verdiente Oberst Sykes entgegen trugen. Ende Mai war die Entsendung der beiden Brüder nach Indien zur Durchführung einer magnetischen Aufnahme Vorderindiens gesichert. Mit großem diplomatischen Geschicke wurden von Adolf die Verhandlungen zur Erweiterung der Aufgabe der Reisenden weitergeführt und auch die Begleitung des jüngeren Bruders Robert als Assistenten erwirkt, obgleich einflußreiche Tagesblätter gegen die Bevorzugung der Fremden und die Entsendung „der ganzen Familie“ manches Unangenehme zu sagen wußten. Auf dem Dampfer „Indus“ schifften sich die Reisenden am 20. September 1854 in Southampton ein, nahmen den Weg zur See über Gibraltar und Malta nach Alexandrien, querten Unterägypten unter theilweiser Benutzung der neuen Eisenbahn in 3 Tagen, gingen in Suez auf dem Dampfer „Oriental“ wieder auf See, mußten in Aden das Schiff wechseln und landeten in Bombay am 26. October. Heute beansprucht eine Seereise aus London nach Bombay nur 20½ Tage. Die Ankunft wird an A. v. Humboldt in einem längeren Schreiben gemeldet, das die Eindrücke der Reise, wie die während der Seefahrt und auf dem Ueberlandwege angestellten Beobachtungen schildert und mit den Worten schließt: „Es weiß hier Jedermann so gut wie in England, daß Ew. Excellenz allein die Veranlassung unserer Entsendung nach Indien gewesen sind“. Die Reisenden verstanden es rasch, sich die Gunst der maßgebenden indischen Behörden zu erwerben; besondere Unterstützung lieh ihnen Lord Elphinstone, damals Gouverneur von Bombay, der große Reisen im nordwestlichen Indien ausgeführt hatte. Am 2. December brachen die Brüder von Bombay nach Madras auf. Adolf nahm den südlichen Weg über Mahabaleschwar, durchforschte die Klüftungen der Westghats und stieß in Puna mit seinen Brüdern zusammen, die nach dem Dekhan auf der großen Heerstraße emporgestiegen waren. Bis Bellari ging die Reise gemeinsam; dann studirte

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Adolf die nördliche Abdachung der Ostghats, während die beiden anderen Brüder sich südlich wandten und ab Bangalore verschiedene Wege nach Madras einschlugen. Auf dieser Reise, die ausschließlich zu Pferd zurückgelegt wurde, nehmen den breitesten Raum in den Tagebüchern die geologischen Aufzeichnungen ein. Calcutta erreichten die drei Brüder zu Schiff und stiegen nach den Gangesebenen empor. Von hier wurde Centralindien im Amarkantak-Gebirgsstock von Robert untersucht, während Adolf unaufhaltsam nach Süden drängte, um sich über die geologische Beschaffenheit der Gebirgszüge zu unterrichten, welche am oberen Rande des Dekhans den Gewässern ihre Ost-Westrichtung aufdrängen. Robert gehört zu den ersten Europäern, die sich in das gefürchtete, von Sagen umwobene Amarkantakgebirge wagten, dessen Bewohner zu den rohesten Völkern Indiens, wahren Wilden, gehören. Während Robert sich den Staaten Rewah und Gwalior zuwandte, überschritt Adolf das Vindhya-Gebirge, sowie die östlichen Fortsätze der Satpura-Kette und machte erst am Meere, im Deltagebiete des großen Godaveri-Stromes Halt. Die Reise gehörte zu den ausgedehntesten, welche in damaliger Zeit ausgeführt wurden; sie beanspruchte nur die kurze Frist von sieben Wochen (19. December 1855 bis 7. Februar 1856) und begründete durch die reiche geognostische Ausbeute das hohe Ansehen, dessen sich Adolf in Indien als Geologe erfreute. Eine wichtige Ergänzung erhielten diese Beobachtungen durch die Aufnahmen, die Adolf in den darauffolgenden Monaten im südlichen Indien anschloß. Vom Radschamandri segelte Adolf nach Madras und von hier nach kurzem Aufenthalt nach der französischen Besitzung Ponditscherri, trat von hier [341] im Palki oder der Tragbahre die Landreise über Tritschinapalli an – schon damals Station der seither mit so überraschenden Erfolgen wirkenden christlichen Missionen – und stieg nach dem Gebirgsstock der Nilgiris empor. Ueber das Tafelland Maissur kehrte Adolf in weitem Bogen nach Madras zurück und verließ dieses am 21. März 1856 zu Schiff für Calcutta. Assam, das Thal des Brahmaputra, suchte Hermann auf; im ersten Theil der Reise galten die Studien den Verästelungen, wie sie unter der Vereinigung der gewaltigen Wassermassen des Ganges und Brahmaputra im unteren Lauf dieser Ströme entstehen. Die Reise wurde vom Fuße des Himalaya am 15. August 1855 direct in Booten angetreten und darin fortgesetzt hinab bis Dacca und wieder aufwärts bis Silhet, wo der

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Südfuß der Khassia-Berge erreicht war. Die ruhige Bootfahrt war der Ausführung großer Zeichnungen und Aquarellgemälde günstig und gehören diese zu den farbenreichsten Stimmungsbildern, welche die Brüder zurückbrachten. Leider zog sich Hermann durch den 44tägigen Aufenthalt auf dem Wasser während der Regenzeit ein schleichendes Fieber zu, wozu sich ein bösartiger Karbunkel auf dem Rücken gesellte. Einem Eingeborenen mußte der nothwendige Schnitt überlassen werden und von dem Kräfteverlust, den Hermann durch diese Erkrankung erlitt, erholte er sich zeitlebens nicht mehr, wenn auch der Aufenthalt im Khassia-Gebirge vom 29. September bis 16. November 1855 in Höhen nicht unter 1200 Meter in der kalten und günstigsten Jahreszeit augenblickliche Stärkung brachte. Aufenthalt und Durchquerung der Khassia-Berge gestalteten sich für Hermann zu einem der erinnerungsreichsten Abschnitte der ganzen Reise; zu naturhistorischen Arbeiten aller Art und Anfertigung von Zeichnungen trat zum erstenmal in größerem Umfang die Beschäftigung mit anthropologischen Fragen (Menschenmessungen, Abgypsen des Vordergesichtes, Sammeln gut beglaubigter Menschenschädel und ganzer Skelette), sowie die Anlage ethnographischer und zoologischer Sammlungen. Ins Thal des Brahmaputra hinabgestiegen, verweilte Hermann 2 Monate in Assam und dehnte seine Reisen nördlich bis in den Himalaya, östlich bis zum Austritt des Brahmaputra aus dem Gebirge aus. Gestützt auf Bestimmungen der Wassermenge der bei Sadiya sich vereinigenden Gebirgsflüsse hielt sich Hermann für berechtigt, nach den Angaben der Eingeborenen den Lohit als Quellfluß des Brahmaputra zu betrachten; neuere Reisen anglo-indischer Kundschafter erweisen für den Lohit zu geringe Längenausdehnung, um ihm diese Ehre zuzuerkennen und jetzt gilt als Oberlauf des Stromes der Dihang, in Tibet Tsang-po genannt. Die Feststellung des Einflusses der Gesteinsarten und größeren Gebirgsmassen auf die Magnetnadel gehörte zur besonderen Aufgabe der Reisenden und konnte nur durch Eindringen in das größte Gebirgssystem der Erde, des Himalaya mit dem ihn nördlich abschließenden Künlün gelöst werden; eine Erforschung dieses Gebirges entsprach auch in hohem Grade den Neigungen der Brüder und waren sie zu einer solchen Aufgabe durch ihre Vorstudien in besonderer Weise befähigt. Demgemäß sehen wir die Reisenden mit der größten Ausdauer sich in diesem Gebirge bewegen.

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Zwischen 16. November 1855 und 30. Januar 1856 gelang Hermann ein Vorstoß von Gauhati, Assam, über Mangaldai und Udalguri in das Gebiet des Lamas oder Klosteroberen über Tawang. Die Erwartung, bis zur Wasserscheide des südlichen Hauptkammes des Gebirges vorzudringen, erfüllte sich nicht, die Lamas weigerten Träger und Führer. Hermann mußte in Narigun in 1110 Meter Höhe Halt machen, konnte aber von Aussichtspunkten einen Ueberblick über die Hochgipfel erhalten, deren nächstgelegene bereits den Montblanc überragen [342] und kehrte mit einer reichen Ausbeute an Kartenskizzen und Zeichnungen nach Tezpur in Assam zurück. Von Mai bis August 1855 führte Hermann einen äußerst lohnenden Besuch von Britisch Sikkim aus und verband damit die Erforschung der Ketten westlich davon: der Sandakphu-, Phallut- und Singalilaberge. Hermann entfaltete hierbei eine ganz staunenswerthe Thätigkeit. Lange Beobachtungsreihen, große Panoramen, 32 kleinere Zeichnungen und eine stattliche Sammlung der seltensten Gegenstände des buddhistischen Cultus aus den Klöstern Pemiongtschi, Saimonbong und den Vorräthen des gelehrten Tschibu Lama, der damals in Dardschiling seinen Landesherrn, den Fürsten von Sikkim, vertrat, sind die Frucht dieser Reise. Während Bhutan und das unabhängige Sikkim zu den verschlossenen Gebieten gehörten, so erfreute sich Hermann bei seinem Besuche von Kathmandu, der Hauptstadt des Königreiches Nepal, das den mittleren Theil des Himalayagebietes einnimmt, eines ParwânaGeleitsbriefes des Herrschers. Einen vollen Monat (14. Februar bis 13. März 1856) konnte Hermann in Nepal zubringen; zu den Feststellungen, die er dort mit Erfolg vornahm, gehört die Ermittelung von Gaurisankar, „der Siva und seine Gattin Gaurî einschließende Berg“, als den Eingeborennamen für den höchsten Berg der Erde von 8840 Meter Höhe. Die Engländer hatten den Berg Everest genannt nach dem verdienten Vorstande des indischen trigonometrischen Amtes und wollten Hermann zuletzt 1886 den Ruhm streitig machen, den Eingeborennamen bestimmt zu haben; die Sache ist aber inzwischen zu Gunsten des deutschen Forschers klargestellt (vgl. E. S. in Petermann’s Mittheil. 1888, S. 338 u. 1890; Survey of India Department, Dehra Dun 1890).

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Während Hermann im Osten des britisch-indischen Reiches Beobachtungen anstellte, nahmen Adolf und Robert das mittlere Indien, Hindustan und die Gebirge nördlich davon in Angriff. Die Reise von Calcutta über Patna, Benares, Allahabad, Fatehgarh und Bareli bis Bhabar am Fuße des Gebirges unterhalb Nainital beanspruchte damals mit der Eilpost – nur von Calcutta bis Bardwan waren 110 Kilometer Eisenbahnen eröffnet – volle vier Wochen; heute ist Bhabar Endpunkt der Bahn und die Eilzüge verkehren in 40 Stunden. In Nainital erforderten die magnetischen Beobachtungen und die Vorbereitungen zur Reise ins Hochgebirg einen Aufenthalt von fünf Wochen. Am 17. Mai 1855 brachen die Brüder auf nach Munschyari (Schimpti), dem Winterquartier der tibetischen Bevölkerung. Robert warb hier die erforderlichen Träger an und erwartete seinen Bruder in Milam, in 3439 Meter Sommeraufenthalt der Bewohner. Adolf führte inzwischen in der großartigen Gletscherwelt südwestlich von Milam seine erste Hochgebirgsfahrt aus. Auf dem Pindar wurde zum erstenmal Gletschereis betreten, in Höhen von 5000 Meter der Einfluß der verdünnten Luft empfunden; die Wirkung schrieben die Begleiter der Ungunst der Götter zu und hatte Adolf dagegen Schafe opfern zu lassen. Der Junimonat wurde von Milam aus mit unermüdlichem Fleiß zu Bergbesteigungen und Beobachtungen auf Hochjochen zugebracht, wobei die stattliche Höhe von 5675 Meter erklommen wurde. Nicht weniger als 63 Gletscher erster Ordnung waren auf den Karten einzutragen, darunter solche von 18 Kilometer Ausdehnung. Mit den von und nach Tibet verkehrenden Karawanen fand eifriger Verkehr statt; werthet doch der Handelsumsatz während der Sommermonate in diesem sonst einsamen Hochthale eine halbe Million Mark, weil die tibetische Regierung den dortigen Bhutias die Vergünstigung zugesteht, die den Hindus der Ebene noch heute verweigert wird, die Märkte in Tibet zu befahren. Die hier angestellten Menschenmessungen und gewonnenen Sammlungen tibetischer Handschriften wie Handelsgegenstände gehören zu den werthvollsten der ganzen Reise. Ebenso umfassend gestalteten sich die zoologischen [343] und botanischen Sammlungen. Am 4. Juli brachen die Reisenden zu einem Abstecher nach dem chinesischen Tibet auf. Zuerst wurde während drei Tagen Nachtlager in der gewaltigen Höhe von 5646 Meter genommen; dann sollte in die Ebene des Satledsch-Flusses hinabgestiegen werden. Eine chinesische Grenzwache nöthigte die Forscher anfangs zu einem beschwerlichen Marsche

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längs der Grenze in westlicher Richtung; nach zwei Tagen entzogen sie sich unter Verkleidung der Ueberwachung durch einen zwanzigstündigen eiligen Ritt, ihre Verfolger holten sie aber ein und erst nach längeren Verhandlungen mit dem chinesischen Mandarin in Daba, einer hochinteressanten Höhlenstadt, deren sämmtliche Häuser in den weichen Lößboden eingeschnitten sind, erwirkte ihr Reisevorstand, ein angesehener Bhutia aus Milam, die Weiterreise bis zum 5351 Meter hohen Tsako (Tschoko-)La, einem Passe in der Wasserscheide zwischen Satledsch- und Industhal. Die Reisenden suchten gegen die Vereinbarung Gartok zu erreichen, fanden sich aber unerwartet einer Abtheilung von mehr als hundert tibetischen Soldaten gegenüber und gingen nun in südwestlicher Richtung zurück, bestiegen noch mit Meßund Zeichentisch den 5702 Meter hohen Gunschankargipfel in der Trans-Satledsch-Kette, folgten im Thale dem Satledsch-Flusse bis zum großen buddhistischen Kloster Mangnang und kehrten dann nach Britisch Garhwal zurück. Der Aufenthalt in Tibet umfaßt die Zeit vom 4. Juli bis 12. August; zahlreiche astronomische und Höhenbestimmungen, reiche naturhistorische und ethnographische Sammlungen wie 20 Zeichnungen sind das Ergebniß dieser an Entbehrungen wie Anstrengungen denkwürdigen Ausbiegung nach Norden. Eine neue Leistung ersten Ranges knüpft sich an den Rückweg. Von Mangnang aus wurde das Gepäck auf dem 5606 Meter hohen Manapasse nach dem Pilgerort Badrinath vorausgeschickt, wo im Sommer an 50,000 Hindus zum Schrein des Gottes Wischnu wallfahren; die Forscher selbst stiegen östlich davon den Ibi-Gamin-Gletscher empor, der vom 7752 Meter hohen gleichnamigen, auch Kamot genannten Gipfel sich herabsenkt. In der gewaltigen Höhe von 5888 Meter wurde auf der Gletschermoräne das letzte Nachtlager genommen; am nächsten Morgen begünstigte festgefrorener Schnee den Anstieg und erst bei 6766 Meter machte die eigenthümliche Erschöpfung, welche unter dem verringerten Drucke der Luft eintritt, dem weiteren Anstiege ein Ende. Diese Höhe von 6766 Meter ist die größte Erhebung, zu der sich je eines Menschen Fuß zu wissenschaftlichen Zwecken erhob. Ueber einen Paß von 6234 Meter erfolgte der Abstieg nach Badrinath in 3169 Meter Höhe. Die großartige Natur ließ die Reisenden nicht zur Ruhe kommen. Mit dem ihm auszeichnenden Drang nach Klarheit kehrt Adolf verkleidet über den Nanapaß nach Tibet zurück, gewinnt am Bogo-La (südwestlich von Tsako-La) mit 5856 Meter Höhe wieder einen

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Ausblick auf die Trans-Satledsch-Kette, vervollständigt seine Karten und steigt voll befriedigt über den 5560 Meter hohen Nilangpaß in das Thal des Ganges-Quellflusses Bhagirati ab. Nach Uebertritt in das Tonsthal wird ein längerer Halt auf dem Kidarkanta gemacht, ein Gipfel von nur 3811 Meter, aber ein Aussichtspunkt ersten Ranges, von welchem aus eine umfassende Zeichnung der großartigen Rundsicht aufgenommen wurde. Durch die stete Uebung hatte sich Adolf eine solche Sicherheit in Wiedergabe der Gebirgslinien angeeignet, daß dieses Panorama wie die Mehrzahl der späteren Ansichten mit Feder und Tinte zu Papier gebracht ist. Ohne Aufenthalt ging es thalabwärts nach Masuri, wo zum erstenmal nach monatlangen ununterbrochenen Gebirgsreisen wieder Verkehr mit Europäern möglich wurde. Robert ging von Badrinath über Dschosimath thalabwärts bis Gopeswar (Tschamoli gegenüber), stieg dann über Ukimath nach Kedarnath auf und berührte auf dieser Reise die trotz ihrer abgeschiedenen Lage aus ganz Indien besuchten Wallfahrtsorte [344] im Quellgebiete des Ganges. Die Jahreszeit war indessen weit vorgerückt; auf beschneiten Hochjochen wurde der Uebergang nach Kharsali im oberen Dschamnathale erzwungen und den merkwürdigen heißen Quellen von Dschamnotri ein Besuch abgestattet. Am 21. October sind beide Brüder in Masuri vereint und eilen nun mit einem großen Troß von Beobachtungsmanuscripten und Sammlungen aller Art der hindustanischen Tiefebene zu, um die kühle Jahreszeit, die Hermann im Brahmaputrathale zugebracht hatte, zu den bereits beschriebenen Reisen hinab bis nach Madras in die Nilgiris auszunutzen. Erst im Monat April 1856 wird den drei Brüdern die Freude, in Simla vereinigt zu sein; die Instrumente werden verglichen und die Erforschung des westlichen Gebirges in Angriff genommen. Am 3. Mai 1856 brachen die drei Brüder nach Kulu auf, trennten sich aber schon nach dem zweiten Nachtlager. Hermann nahm die östlichste Route, folgte dem Satledschthale bis Vangtu, ging dann genau nördlich, durchschritt Spiti und betrat Westtibet, auch Ladakh genannt, über den 5637 Meter hohen Parangpaß. Mit den Ursachen und Wirkungen, welche abflußlose Seebecken in Tibet zu Salzseen gestalten, wurde Hermann bekannt am Tsomoriri, der bei 25 Kilom. Länge und 5–8 Kilom. Breite dem Starnbergersee an Form wie Wasserfläche gleichkommt, an Tiefe aber nur 75 Meter erreicht. Die hier gemachten Beobachtungen fanden 8 Tage später ihre Ergänzung am Pangkong-

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oder Tsomognalarisee, dem größten Wasserbecken im britischen Indien, das eine Ausdehnung von 150 Kilometer bei 8 Kilometer Breite hat. Hermann stieg von hier zum Industhal hinab, lernte in Himis zum erstenmal das buddhistische Klosterleben im großen Stil kennen und stieß am 23. Juli in Le, der Hauptstadt [WS 1] von Ladakh, mit Robert zusammen, der über den Baralatschapaß Tibet erreicht hatte und schon drei Wochen vorher in Le eingetroffen war. Adolf suchte Material für sein Lieblingsfach, hielt sich westlich, besuchte die Gletscher in Zanskar und überschritt dann unaufhaltsam einen Kamm nach dem andern, um möglichst bald die Hochthäler von Balti zu erreichen, oder die rauhe Provinz nördlich des Schayokflusses nach seinem Zusammenflusse mit dem Indus. Bereits am 15. Juli trifft Adolf dort ein und bleibt dort ein volles Vierteljahr, einen Gletscher nach dem andern vermessend und zeichnend. Das dortige Gebirge bildet den Südrand der als Dach der Welt bezeichneten Pamir-Hochsteppen und ist mehr vergletschert, als alle anderen Theile der Grenzgebirge der centralasiatischen Tiefebenen; der Boltorogletscher hat eine Länge von 65 Kilometer oder fünfmal mehr als die größten Gletscher der Schweiz. Am Tschorkondagletscher hielt sich Adolf eine ganze Woche in der unwirthlichen Höhe von 5900 Meter im Freien auf; von der Großartigkeit der dortigen Gletscherwelt gibt ein farbenreiches Blatt im 1. Band des Reisewerkes einen Begriff. Beim Ueberschreiten des Mustagpasses, in dessen nächster Nähe der zweithöchste Berg der Erde sich zur gewaltigen Höhe von 8619 Meter erhebt, kam Adolf als der erste Europäer mit den räuberischen Kundschut, einer tibetischen Colonie, in Berührung; er bedurfte hundert Mann, um auf dem Mustagpasse (5480 Meter) vor einem Ueberfalle sicher zu sein. Während Adolf hier mit Bienenfleiß wichtige Bausteine zur Lösung orographischer Fragen ersten Ranges zusammentrug, führten seine Brüder Hermann und Robert eine Reise nach Turkistan über Hochsteppen aus, die noch keines Europäers Fuß betreten hatte. Die Brüder brachen hierzu am 24. Juli 1856 von Le auf und erreichten ohne Zwischenfall die Höhe des Karakorumpasses bei 5568 Meter. Schon hier ließ sich durch Beobachtungen und Bergbesteigungen, die bis zu 6083 Meter Höhe ausgedehnt wurden, erkennen, daß die wasserscheidende Kette erreicht war und nicht erst der fernere Künlün die Wasser Centralasiens [345] von Indien abschließe. Hermann wollte diesen Punkt durch eine Ueberschreitung des Künlüns selbst über alle

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Zweifel erheben, und unter Verkleidung ritten die beiden Brüder am 10. August von nur wenigen Getreuen gefolgt in die „Steppen der großen Wildniß“ hinein, wie die Eingeborenen die Hochthäler bezeichnen, die Tagereisen weit den Raum zwischen den beiden Kämmen ausfüllen. Einen eigentlichen Pfad gab es nirgends, einige mitgetriebene Schafe lieferten die Nahrung. Bei empfindlicher Kälte, der manche Thiere erlagen, überstiegen die Reisenden den Künlün, erst am 15. Tage stießen sie wieder auf Menschen. Glücklich wurde die Rückkehr bewerkstelligt, in Le das zurückgebrachte hochwichtige Beobachtungsmaterial geordnet und nach Hause geschickt und der Abstieg nach dem viel besungenen Thal von Kaschmir angetreten. Hieher wandte sich auch Adolf; die letzten zwei Monate des Jahres 1856 brachten den Brüdern den Genuß gemeinschaftlicher Rückkehr nach der Pandschabebene, wo in Rawalpindi noch Standquartier genommen wurde. Am 17. December trennten sich die Brüder. Robert trat direct den Rückweg an, stieg längs des Dschehlam, Tschenab und Satledsch zum Indus hinab und folgte diesem bis zu seiner Mündung bei Karatschi; auch von hier ging es zu Land weiter. Die Insel Katsch, die Halbinsel Kathiawar wurden gequert und erst in Surat nach einem zu Pferd und auf Kameelen ausgeführten Marsch von 2400 Kilometer Länge, der 4½ Monate erforderte und in strenger Kälte begonnen, bei drückender Hitze vollendet wurde, ging es nach Bombay zu Schiff. Nach Ordnung der Angelegenheiten machte Robert einen Abstecher nach Ceylon und schiffte sich hier am 14. Mai 1857 nach Europa ein. Ebendahin gelangte Hermann einen Monat später von Calcutta aus, wohin er von Rawalpindi über Lahor, Agra und Patna mit einem Abstecher nach Nepal gegangen war. Am 30. Mai trafen sich die beiden Brüder in Kairo, schifften sich am 2. Juni in Alexandrien ein und landeten am 7. Juni in Triest. Adolf hatte bei der Trennung in Rawalpindi den Plan, nach seinem Besuche von Peschawar die Grenzgebirge gegen Afghanistan zu untersuchen. Durch die liebenswürdige Vermittelung von Sir John Lawrence wurde Adolf am 26. Januar 1857 nach Unterzeichnung des neuen Vertrages mit Afghanistan dem damals allmächtigen Emir von Kabul, Dost Mohammed, vorgestellt und er durfte vom Khaiberpaß jenseits der Grenze nach Kalabagh am Indus absteigen. In Dera Ismael Khan unterbricht Adolf den Weg nach Süden, wendet sich östlich und während ihn die Brüder auf einem Abstecher in das Biasthal (Kangra)

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vermutheten, hatte er sich bereits wieder dem Hochgebirge zugewandt. Ein Zusammentreffen in Peschawar mit Karawanenführern nach Turkistan hatte den Plan reifen lassen, den Künlün östlicher zu übersteigen, als es im Vorjahre seinen Brüdern gelungen war. In Lahor wurden die letzten Einkäufe an Tauschwaaren gemacht, Anfangs Mai sind in Sultanpur (nördlich von Simla) die Thiere und Lebensmittel beschafft und auf einsamen Wegen, um unbeachtet zu bleiben, ging es östlich des Karakorums zu den damals noch unbekannten LingtsiThang-Hochebenen empor. Der Karakorum wurde am Kisilpasse, der Künlün in den Kilianbergen überstiegen. Mit dem Uebertritt nach Turkistan beginnen die Widerwärtigkeiten. Pferde wurden gestohlen, verdächtiges Gesindel stellte sich ein; an Stelle rastlosen Vorwärtsdringens folgt Aufenthalt in versteckten Seitenthälern am Südabhang des Künlüns. Ende Juli entsendet Adolf Diener nach Yarkand, um verlässige Nachrichten über die Gerüchte von einer politischen Umwälzung in Kaschgar zu erhalten. Herr des Landes war Wali Khan geworden, Mitglied einer Khokandifamilie, die seit Jahrhunderten nach dem Besitz des inzwischen zur chinesischen Provinz gewordenen östlichen Turkistans strebte; den Sieg, der dem Abenteurer fast ohne Schwertstreich zufiel, feierte er nach alttatarischer Sitte [346] durch eine Pyramide aus den Schädeln der hingerichteten Gegner, die außerhalb der Hauptstadt Kaschgar zusammengetragen wurde. Seit 1. August sah sich Adolf unter Aufsicht gestellt; es gelang ihm aber noch, Yarkand unter den Wirren zu verlassen, die ein Sturm der Chinesen mit sich brachte, der eine Stunde nach seiner Ankunft begann. Mit der Ueberlegenheit, die Europäer auszeichnet, meldet sich Adolf, in Kaschgar angelangt, bei Wali Khan zur Audienz. Die Antwort war jedoch der Befehl zu seiner Enthauptung, die sofort am 27. Aug. 1857 vollzogen wurde; sein Kopf wurde zur Spitze der Schädelpyramide verwendet. So endete die letzte Reise der Brüder, auf welcher sie theilweise Wegen gefolgt waren, die seit Marco Polo kein Europäer mehr betreten hatte. Nach Europa zurückgekehrt, werden Hermann und Robert von regierenden Fürsten wie wissenschaftlichen Gesellschaften hohe Ehren zu Theil; am höchsten steht darunter ihre unterm 24. November 1859 vollzogene Erhebung in den erblichen Adelstand des Königreichs Baiern, dann die unterm 4. August 1864 ertheilte Genehmigung an Hermann, den Beinamen Sakünlünski (d. h. Uebersteiger des Künlün)

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führen zu dürfen, wozu eine Auszeichnung aus Rußland den Anstoß gab; ebenso treffend ist der Beiname Plinius Indicus III., mit welchem die altehrwürdige Leopoldino-Carolina-Akademie den Reisenden unter die Zahl ihrer Ehrenmitglieder aufnahm. 13 Orden zierten die Brust Hermann’s, 17 Orden und Medaillen Robert. Zur Ausarbeitung wurde das Beobachtungsmaterial einer genauen Sichtung unterworfen und in 106 Foliobände gebracht, davon enthalten 46 die eigenhändig geschriebenen Aufzeichnungen der Brüder, 38 vereinigen die magnetischen und meteorologischen Ablesungen, 22 die Pausen mit Erläuterungen von den Zeichnungen. An landschaftlichen Ansichten und Skizzen zur Festhaltung wissenschaftlich merkwürdiger Formationen wurden 749 mitgebracht; darunter befinden sich Panoramaaufnahmen von 4 Meter Länge; 484 sind als Aquarelle, als Kohlenzeichnung und selbst in Oelfarben ausgeführt. Ebenso umfassend waren die Sammlungen. Nach der endgültigen Bestimmung zählten die einzelnen Gruppen 14 777 Nummern; davon entfallen 9577 auf geologische Handstücke und Erdarten, 1800 Arten auf das Herbarium, 650 auf Baumdurchschnitte und Sämereien, 750 auf zoologische Präparate, 400 auf Menschenskelette und Schädel, wie Gesichtsmasken über Lebende, diese erläutert durch 202 Messungen an Kopf und Körper; 1400 Stück zählen die ethnographischen Gegenstände, an 200 die tibetischen und indischen Handschriften wie Drucke. – Die beiden Brüder gingen rüstig an die Herausgabe ihrer Beobachtungen; zur Ermöglichung der Arbeit unter steter Benützung der Sammlungen wurde das einst fürstbischöfliche Sommerschloß Jägersburg bei Bamberg erworben. Das Hauptwerk ist englisch verfaßt, hat Großquartformat und den Titel: „Results of a scientific Mission to India and High-Asia; with an Atlas of Panoramas, Views & Maps.“ Das ganze Werk war auf 9 Bände berechnet; davon erschienen 1861–63 in rascher Folge Bd. I: Astronomical Determinations and Magnetic Observations (494 S.); Vol. II: Hypsometry (549 S.); Vol. III: Glossary and Route-Book (292 S.). Erst 1876 folgte der IV. Bd.: Meteorology (497 S.). Zahlreiche Fachrecensionen besprachen das Werk sehr günstig; das Urtheil über die farbenreichen Atlasblätter ist dahin zusammengefaßt, „daß die Natur mit den Augen des Gelehrten betrachtet und mit der Fertigkeit des Künstlers mit Stift und Pinsel festgehalten ist“. In deutscher Sprache schrieb Hermann sodann „Reisen in Indien und Hochasien“ (4 Bde. 1869–80). Für die

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Fortführung der „Results“ wurde der Verlust von Adolf empfindlich störend; für die einzelnen Fächer mußten aus der Reihe der deutschen wie englischen Gelehrten Mitarbeiter gewonnen werden; Abhandlungen über verschiedene Theile der Sammlungen erschienen. Je länger sich die Herausgabe jedoch verzögerte, um so mehr wurden die eigenen Beobachtungen [347] durch die neuen Untersuchungen in Indien beeinflußt, zu denen Beamte und Gelehrte fortgesetzt ebenso umfassende wie bedeutende Beiträge liefern. Hermann fühlte sich bei dem zusehenden Schwinden seiner Gesundheit der Arbeit nicht gewachsen und die Aufgabe der Zusammenfassung der Einzelarbeiten zu einem harmonischen Ganzen blieb ungelöst. Robert hatte sich inzwischen ein anderes Gebiet der Thätigkeit gesucht. Mit Decret vom 23. Februar 1864 zum außerordentlichen Professor für Geographie an der großherzogl. hessischen Universität Gießen ernannt, wurden für ihn Einladungen seitens Gesellschaften in den größeren Städten Mitteldeutschlands und der Schweiz der Anstoß, Vorträgen vor dem erweiterten Kreis erwachsener Hörer den Vorlesungen vor wenigen wißbegierigen Universitätsstudenten den Vorzug zu geben. Bis zum 7. April 1868 hatte Robert die Ergebnisse seiner indischen Reise im Deutschen Reich, in Oesterreich-Ungarn, der Schweiz und den russischen Ostseeprovinzen in 74 Städten vorgetragen. Im August 1868 erhielt Robert von den Vorständen des Lovell Institutes in Boston, das 1836 mit dem Legat von ¼ Million Dollars zu dem Zweck gegründet wurde, durch wissenschaftlich gehaltene, öffentliche Vorträge Bildung zu verbreiten, die Einladung zu zwölf Vorlesungen. Robert verblieb 9 Monate in den Vereinigten Staaten, dehnte seine Reisen bis nach dem Stillen Ocean aus und hielt in 20 Städten 76 Vorträge (davon 21 in englischer Sprache, die er meisterhaft beherrschte) mit beispiellosem Erfolge. Als Beiträge zur Kenntniß von Amerika erschienen: „Die Pacifische Eisenbahn“ (1870), „Californien“ (1871), „Mormonen“ (1874), „Prairien“ (1876). Im Sommer 1878 erschien ein eigenartiges Buch: „Robert von Schlagintweit’s 1000 Vorträge“ ; zu dieser Leistung an öffentlichen Vorträgen in zwei Welttheilen an 400 Orten hatte es der Verfasser damals gebracht! Zur Vervollständigung seiner Kenntniß des amerikanischen Westens hielt sich Robert vom 4. März bis 6. Sep-

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tember 1880 zum zweiten Mal in Amerika auf und schrieb: „Eisenbahneinrichtungen“ (1882), „Santa Fe und Südpacificbahn“ (1884), „Pacifische Eisenbahnen“ (nach seinem Tode 1886 veröffentlicht). Hermann’s Gesundheit war durch die Reisen in Indien untergraben; am 19. Januar 1882 unterlag er in München einem langwierigen Leiden. Aus seiner letztwilligen Verfügung ist bemerkenswerth, daß er seinen Schädel und sein Gehirn der eigenartigen Sammlung dieser Ueberreste berühmter Männer in der königl. Anatomie dortselbst bestimmte. Robert hatte sich 1880 in San Francisco eine Rippenfellentzündung zugezogen, die sich später wiederholte und am 6. Juni 1885 zu Gießen nach schwerem Siechthum Ursache seines frühzeitigen Todes wurde. Beide Forscher starben unvermählt. Nach ihrem Tode ehrte ihre Vaterstadt München das Andenken der drei Brüder durch eine Gedenktafel an ihrem Vaterhause, die im October 1886 zur Aufstellung gelangte. Zu einer großen internationalen Feier gestaltete sich am 30. November 1888 die Einweihung des Denkmals, das auf Betreiben des kaiserlich russischen Consuls Nicolai Feodorowitsch Petrowsky seitens der kaiserlich russischen geographischen Gesellschaft unter Mitwirkung der kaiserlich chinesischen Regierung und Unterstützung der deutschen Gesandtschaft zu Peking in Kaschgar gesetzt wurde; der Feier wohnte auch ein Deutscher bei, der österreichische Forscher Dr. Josef Troll aus Wien. Aus den zahlreichen Nekrologen über die drei Brüder seien erwähnt: Prof. Dr. Lauth, Allg. Zeitung vom 25. Januar 1882. – Köln. Zeitung vom 9. Juni 1885. – Deutscher Jugendfreund. 1883. – R. v. S. von Dr. Zierndorf (Cincinnati 1885). – Die Sitzungsberichte der k. b. Akad. der Wissenschaften enthalten zwei Aufsätze über Adolf: 1869: Todestag von A. S.; 1890: Denkmal für A. S. in Kaschgar mit 1 Tafel und 1 Karte.2 Emil Schlagintweit

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Es handelt sich um Nr. 106 des folgenden Schriftenverzeichnisses.

Vorläufiges Schriftenverzeichnis von Emil Schlagintweit 1 Die Erwerbung auf den Todesfall (mortis causa capio) nach römischen Rechte. (Abgedr. aus den Jahrbüchern für die Dogmatik des heutigen röm. u. deutschen Privatrechts. Hrsg. v. Gerber u. Ihering. Bd. VI. Heft 3. [1863, 318–377]) Jena: Mauke 1863. 48 S. 2 Über das Mahāyāna Sūtra Digpa thamchad shagpar terchoi. Tibetische Texte (Ein buddhistisches Beichtgebet.) Aus dem Tibetanischen übersetzt und erläutert. (Mit einer Textes-Beilage aus der Wiener Staatsdruckerei.) (Aus den Sitzungsberichten der k. bayr. Akademie der Wissenschaften, 1863.) München 1863, S. 81–99 u. 4 Bl. Text München 1863, S. 149–152 (Sitzungsberichte 1863, 2, 10.)

!ིག་པ་ཐམས་ཅད་བཤགས་པར་གཏེར་ཆོས་

Zugrunde liegt das Manuskript der Sammlung Schlagintweit. 3 On the bodily proportions of Buddhist idols in Tibet. By Emil Schlagintweit [read 15th June, 1863]. Journal of the Royal Asiatic Society 20.1863, 437–444 4 Buddhism in Tibet, illustrated by literary documents and objects of religious worship; with an account of the Buddhist systems preceding it in India; with a folio atlas of twenty plates and twenty tables of native print in the text. Leipzig: Brockhaus 1863. XXIV, 404 S. 2. Buddhism in Tibet. Atlas of objects of Buddhist worship. Leipzig 1863. XX Bl.

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Buddhism, Preface, X 5 Die Zeitrechnung der Tibetaner. Westermanns Ill. Monatshefte 15.1863–1864, 391–394 6 Der Gottesbegriff des Buddhismus. München: Franz in Komm. 1864, 83–102 (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Sitzungsberichte. 1864, 1,8.) 7 Tibetische Inschrift aus dem Kloster Hémis in Ladák. München: Franz in Komm. 1864, 305–318 (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Sitzungsberichte. 1864, 2,18.) 8 Die Heldensage der Mongolen. Das Ausland 1864, 601–606 9 Die Zustände in Bhutan. Globus 6.1864, 330–333 10 Die katholischen Missionen nach Lhassa bis zum Jahre 1867. Globus 6.1864, 104–106 Gez.: ..t.

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11 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn in den heiligen Schriften des Buddhismus. Sonderdruck 1864. 4 S. [Quelle nicht erm.] 12 Der Buddhismus, sein Ursprung, seine Dogmen und gegenwärtige Form in Tibet. Westermanns Ill. Monatshefte 16.1864, 386–407 13 Astrology in Tibet. Journal of the literary Society of Madras 1864 (Madras journal of literature and science.) Dort nicht ermittelt. 14 Indien, seine Bewohner, Herrscher und die Zustände seiner Cultur, von der Einwanderung der Arier bis auf die neueste Zeit. Westermanns Ill. Monatshefte 17.1865, 387–396, 498–508, 627–642 15 Geschichtliche Entwicklung des indischen Kastenwesens. Globus 8.1865, 51–52, 118–122 16 Rußland und Englands Interessen in Central-Asien. Kölnische Zeitung 17.8.1865 17 Die Gottesurtheile der Indier. Rede gehalten in der öffentlichen Sitzung der königl. Akademie der Wissenschaften am 28. März 1866 zur Erinnerung ihres einhundert und siebten Stiftungstages. München: Verl. der Akad. der Wiss. 1866. 36 S. 18 Die Bon-pa Sekte in Tibet. München: Franz in Komm. 1866, 1–12 (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Sitzungsberichte. 1866, 1,1.) 19 Die Könige von Tibet, von der Entstehung königlicher Macht in Yárlung bis zum Erlöschen in Ladák (Mitte des 1. Jahrh. vor Chr. Geb. bis 1834 nach Chr. Geb.) München: Akad. der Wiss. 1866, [793]–879, 1–20 (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse: Abhandlungen 10,13: Abth. 3.)

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[Übersetzung eines rGyal-rabs-Ms., mit Abdruck des tibetischen Textes.] Zugrunde liegt das Ms. (ལ་4གས་5ལ་རབས་) der Sammlung Schlagintweit. Eine vollständige Edition und Übersetzung des Werkes unter Einbeziehung des obigen Manuskripts wurde von August Hermann Francke vorgenommen: Antiquities of ancient Tibet. Vol. II. Calcutta: Superintendent of Government Printing 1926, 1–148, vgl. besonders S. 3–4. 20 Neuestes aus dem östlichen Tibet: Handelswege – Die PansiRevolution – Bonga, die katholische Missionsstation in Tibet – Reste des vorbuddhistischen Cultus. Das Ausland 1866, 994–997, 1017–1021 21 Die Märchen über den Thron des Königs Vikramâditya in Malva. Globus 9.1866, 240–242, 273–276. 22 Die Lage von Bonga, der katholischen Missions-Station in Tibet. Globus 9.1866, 171–172 23 Der Nordrand von Berma und der neue Handelsweg nach dem Innern von China. Globus 10.1866, 118–122 24 Theatralisches aus Tibet. Globus 10.1866, 176–177 25 Die großen Völker-Epopöen. Westermanns Ill. Monatshefte 20.1866, 214–216 26 Die Gottesurtheile der Inder. Westermanns Ill. Monatshefte 20.1866, 628–638 27 Tibet. Johann Caspar Bluntschli: Deutsches Staats-Wörterbuch 10.1867, 581– 590

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28 Notes in reference to the question of the origin of the aborignal tribes of India. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal 1867, 127–132 29 Die Verwaltung Britisch-Indiens. Globus 14.1868, 331–334, 375–378 30 Centralasien westlich vom Belurtagh. Westermanns Ill. Monatshefte 23.1868, 375–384, 505–518, 636–641 31 Verwaltungsstatistik. Blätter für die administrative Praxis zunächst in Bayern 19.1869, 225– 232 32 [Rez.] H. A. Jäschke, Moravian Missionary: 1. A short practical grammar of the Tibetan language with special reference to the spoken dialects. Kyelang in British Lahoul 1865. 56 S. 2. Über die Phonetik der tibetischen Sprache. Monatsberichte der K. Pr. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1867, S. 148–182. 3. Romanized Tibetan and English dictionary. Kyelang in British Lahoul 1866. 158 S. ZDMG 24.1870, 243–245 33 Vorschläge zur Geschäftsvereinfachung. Blätter für die administrative Praxis zunächst in Bayern 20.1870, 120– 127 34 Das neue Maß und Gewicht. Eberner Wochenblatt 26.1.1870 35 Die deutsche Herrnhuter-Mission in Tibet. Globus 19.1871, 331–334 36 Über das Handwörterbuch der tibetischen Sprache von H. A. Jäschke. München: Franz in Komm. 1871, 702–706 (Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1871, 25.)

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37 [Rez.] H. A. Jäschke: Handwörterbuch der tibetischen Sprache. Gnadau: Unitätsbuchhandlung 1871. 1. Lieferung. 153 S., autographirt. ZDMG 26.1872, 821–826 38 Englische Forschungsreisen in Centralasien. Globus 25.1874, 365–366 39 Die Eisenbahnlinien nach Centralasien. I. Die Produkte Centralasiens. Deutsche Warte 1874:1, 385–396 II. Der Handel in Centralasien. III. Die Eisenbahnen nach Indien und China. Deutsche Warte 1874:1, 467–482 40 Behar, Schauplatz des Nothstandes in Bengalen. PM 20.1874, 265–273 41 Das Himalaja-Künlüngebirge, der Grenzwall Indiens gegen Centralasien. Unsere Zeit 10.1874, 166–189 42 Die geographische Verbreitung der Volkssprachen Ostindiens; nach amtlichen Quellen. München: Franz 1875, 326–373, 1 Bl. (Sitzungsberichte der Philosophisch-Philologischen und Historische Classe der K.B. Akademie der Wissenschaften zu München 1875,2,8.) 43 Die tibetischen Handschriften der königl. Hof- und Staatsbibliothek zu München. München: Franz 1875, 67–88 (Sitzungsberichte der Philosophisch-Philologischen und Historischen Classe der K.B. Akademie der Wissenschaften zu München 1875,2,2.) 44 Sprachenkarte von Britisch-Vorderindien entworfen von Emil Schlagintweit 1875. 1:16 500 000. München: Wolf 1875. 1 Kt.; mehrfarb. 20 x 27 cm (Sitzungsberichte der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München 1875, II. Band, III. Heft.)

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45 Die englischen Himalaya-Besitzungen. Globus 28.1875, 234–235, 248–251 Globus 29.1876, 248-251, 281–284, 314–318, 376–379 46 Indiens Grenznachbarn gegen Afghanistan. Globus 30.1876, 105–107, 123–125 47 Die Uferstaaten des Persischen Golfs. Globus 30.1876, 363–365, 379–381 48 Kelat. Das Brahnireich am Südrande Irans. Das Ausland 49.1876, 281–286 49 Ostindien. Meyers Konversations-Lexikon 1877. 27 S. 50 Die Völker Ost-Turkistans. Globus 31.1877, 236–238, 251–254, 263–265 51 Die Besitzungen des Amir von Afghanistan. Globus 32.1877, 43–47, 55–60 52 Seistan, Persiens Grenzprovinz gegen Afghanistan. Globus 32.1877, 170–173, 186–189, 200–202 53 Physikalische Geographie Britisch-Indiens. Globus 33.1878, 91–94, 119–122 54 Die neuesten Reisen nach Sikkim. Globus 33.1878, 150–152, 167–169, 190–191 55 Zeitungswesen in Britisch-Indien. Globus 34.1878, 11–13, 29–31 56 Die Garo-, Khassia- und Naga-Völker an der indisch-birmanischen Grenze. Globus 34.1878, 262–265, 279–282

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57 England und Afghanistan. Neue illustrirte Zeitung 1878:10. 58 Englands indischer Vasall. Deutsche Revue 3.1879, 364–370 59 Ostindische Kaste in der Gegenwart. ZDMG 33.1879, 549–607 60 Die Hindukusch-Alpen. Globus 35.1879, 204–206, 231–233, 249–251 61 Der indische Kaufmann. Österreichische Monatsschrift für den Orient 5.1879, 68–74 62 Tibetische Handschriften. Gesammelt von A., H. und R. von Schlagintweit in Tibet 1854–58, verzeichnet unter Übersetzung der Titel von Emil Schlagintweit. [Zweibrücken, Pfalz]: [ca. 1880–1884]. (autographiert) 8 S. 63 Leben und Sitten der Eingeborenen in Bombay. Deutsche Blätter für erzieh. Unterricht 7.1880, 10 64 Indien in Wort und Bild. Eine Schilderung des indischen Kaiserreiches; in zwei Bänden. Leipzig: Schmidt & Günther 1880–1881. VI, 253;VII–IX, 227 S. 65 Die Konkan-Küste Britisch-Indiens. Österreichische Monatsschrift für den Orient 7.1881, 173–176 66 Le bouddhisme au Tibet précéde d’un résumé des précédents systèmes bouddhiques dans l’Inde par Émile de Schlagintweit. Traduit de l’anglais par L. de Milloué. Lyon: Leroux 1881. XXXVIII, 292 S., XLI Bl. (Annales du Musée Guimet 3.) 67 Die indischen Schulen und die Schulverwaltung. Pädagogische Reform 5. 1881

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Allgemeine Dt. Lehrerzeitung 33.1881 Beilage zu Die Mädchenschule [Wien], 1881, Nr. 5 Pädagogisches Archiv 23.1881, 449–453 Deutsche Blätter für erzieh. Unterricht 8.1881, 40 Deutsche Schulpraxis 1.1881, 214 68 Die indischen Studenten und die Hochschulen. Pädagogisches Archiv 23.1881, 453–457 69 Handel und Händler mit der Insel Katsch, Britisch Indien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 8.1882, 177–180 70 Der Handel im Persischen Golf. Österreichische Monatsschrift für den Orient 9.1883, 97–100 71 Kalkutta, eine asiatische Weltstadt. Deutsche Revue 8.1883, III, 230–239 72 Ersteigung des Takht-i-Soliman im indisch-afghanischen Grenzgebiet. Das Ausland 57.1884, 531 73 Die Hindu-Wittwe in Indien. Globus 43.1883, 246–248 74 Die Himalaya-Völker. Globus 44.1883, 151–154 75 Der Handel mit Britisch-Birma. Österreichische Monatsschrift für den Orient 9.1883, 185–188 76 Britisch-Indiens Grenznachbarn gegen China. Globus 45.1884, 71–74, 88–90 77 Handel und Gewerbe in Ahmedabad. Österreichische Monatsschrift für den Orient 10.1884, 160–162 78 Wanderer- und Zigeunerstämme im nordwestlichen Indien. Globus 46.1884, 55, 71

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79 Volk und Fürst der Afghanen. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 7.1884, 396 80 Religiöse Neuerungen in Britisch-Indien. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 7.1885, 155–160, 204–208 81 Schulwesen in Britisch-Indien. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie 5.1885, 399–404 82 Volk und Fürst der Afghanen. Deutsche Revue 10.1885, II, 347–356 83 Die Parsi-Kaufleute in Bombay. Österreichische Monatsschrift für den Orient 11.1885, 35–39 84 Ober-Birma, die neue englische Provinz in Hinterindien. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 8.1885, 242 85 Europäer in Indien. Deutsche Revue 10.1885, II, 68–78 86 Die pacifischen Eisenbahnen in Nordamerika; mit einer Karte. Die pazifischen Eisenbahnen in Nordamerika von Robert v. Schlagintweit. [Beendet von Emil Schlagintweit.] Gotha: Perthes 1886. 31 S. (Petermanns geographische Mitteilungen. Ergänzungsheft 82 = Ergänzungsband XVIII, 1886–1887.) 87 Wirthschaftliche Aussichten in Oberbirma. Österreichische Monatsschrift für den Orient 12.1886, 117–120 88 Die Indische Abtheilung der Londoner Kolonialausstellung. Österreichische Monatsschrift für den Orient 12.1886, 191–198 89 Ober-Birma unter englischer Verwaltung. Österreichische Monatsschrift für den Orient 13.1887, 42–44

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90 [Rez.] [Friedrich Ratzel:] Naturvölker Oceaniens, Amerikas und Asiens. Österreichische Monatsschrift für den Orient 13.1887, 9–12 91 Die Schreiberkaste in Ostindien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 13.1887, 67–74 92 Die Ghilzaistämme in Afghanistan. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 10.1888, 1–6 93 Sikkim, das Durchgangsland von Indien nach Tibet. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 10.1888, 337–347 94 Die Christianisierung Vorderindiens. Österreichische Monatsschrift für den Orient 14.1888, 125–130, 139– 147 95 Travankor, Küstenstaat an Indiens Südküste. Österreichische Monatsschrift für den Orient 14.1888, 85–91 96 Englands Außenhandel mit Innerasien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 14.1887/88, 7–11, 33–36 97 Nepal. Globus 54.1888, 273–275, 289–292 98 Die Juden in Indien. Westermanns Ill. Monatshefte 1888. 2, 785–792 99 Der Name des höchsten Berges der Erde. PM 34.1888, 338–341 100 Die Christen in Indien. Deutsche Revue 14.1889, IV, 195–204, 332–345 101 Der indische Dschaina-Kaufmann. Österreichische Monatsschrift für den Orient 15.1889, 147–151

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102 Die Schan-Staaten. Ein neues Handelsgebiet in Hinterindien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 15.1889, 54–57 103 Bericht über das Denkmal für Adolf Schlagintweit in Kaschgar. München: Franz in Komm. 1890, 457–472 (Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1890,1,7.) 104 Geographische Forschungs-Ergebnisse aus Ober-Birma. Globus 58.1890, 145–150 105 Fabrikindustrien in Indien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 16.1890, 1–4, 19–22 106 Nachrichten über die Familie Schlagintweit. Sonderabdruck aus der Allgemeinen Deutschen Biographie. Bd. 31. S. 366 ff. Leipzig: Dunker & Humblot 1890. 16 S. = S. 336–348 107 Indiens Nordwestgrenze. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 12.1890, 1–7, 56–63 108 Der Name des höchsten Berges der Erde. PM 36.1890, 251–252 109 Bengalische Jute. Österreichische Monatsschrift für den Orient 16.1890, 170–173 110 Französische Ehrung für Adolf Schlagintweit. Globus 59/60.1891, 44 111 Bergbau und Hüttenwesen in Indien. Österreichische Monatsschrift für den Orient 17.1891, 65–72 112 Buddhistische Heiligtümer auf Ceylon. Vom Fels zum Meer 1891/92, 493–500

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113 Manipur. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 14.1891/92, 97–105, 171–176 114 Britisch-Balutschistan. Globus 62.1892, 66–70, 83–87 115 Bombay. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 13.1891/92, 6–13, 68–75 116 Die russisch-englischen Grenzansprüche auf die Pamirs. Globus 61/62.1892, 249–252 117 [Rez.] E. E. Oliver: Across the border, or, Pathan and Biloch. PM 1892, Litber. 97–98 118 Die Berechnung der Lehre; eine Streitschrift zur Berichtigung der buddhistischen Chronologie verfasst im Jahre 1591 von Sureçamatibhadra. Aus dem Tibet. übers. von Emil Schlagintweit; mit 1 Textbeilage. München: Verlag d. k. Akademie (G. Franz) 1896. 82 S. (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse: Abhandlungen 20, Abt. 3.) Verf.: Lha-dbang-blo-gros. Zugrunde liegt das Manuskript der Sammlung Schlagintweit. 119 Forschungen zur Sicilia sotterranea. / Joseph Führer, Emil Schlagintweit. München 1897, 671–863, 14 Taf. (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse Abth. III, 20, 11.) 120 Die Lebensbeschreibung von Padma Sambhava, dem Begründer des Lamaismus 747 n. Chr. 1. Die Lebensbeschreibung von Padma Sambhava, dem Begründer des Lamaismus 747 n. Chr. Die Vorgeschichte enthaltend die Herkunft und Familie des Buddha Çâkyamuni.

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München 1899, 420–444 (Abhandlungen der philosophisch-philologischen Classe der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften 21,[6]: 2. Abth.) 2.Wirken und Erlebnisse in Indien. S. 517–576 121

Der Name des höchsten Berges der Erde. PM 47.1901, 40-43

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Mount Everest od. Jomo-kangkar. PM 48.1902, 14

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Englands Grenzen in Birma. PM 49.1903, 267–268, 1 Kt.

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Bericht über eine Adresse an den Dalai Lama in Lhasa (1902) zur Erlangung von Bücherverzeichnissen aus den dortigen buddhistischen Klöstern; mit 2 Tafeln. München: Akad. der Wiss. 1904, S. [657]–674 (Bayerische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse: Abhandlungen 22,[11]: 3. Abt.)

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Tibet. Gotha 1904. 6 S., 1 Kt. (Dr. A. Petermann’s Mitteilungen aus Justus Perthes’ Geographischer Anstalt Bd. 50, 1904 Heft V.)

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Verzeichnis der tibetischen Handschriften der Königlich Württembergischen Landesbibliothek zu Stuttgart. München: Franz in Komm. 1905, 245–270 (Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1904, 5.)

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Chibetto no Bukkyō 西藏の佛教 ; Kannon no eraberu rakudo 觀音の 選べる樂土 genchosha 原著者 E. Schlagintweit; shōyakusha Kusunoki Motomichi 抄譯者楠基道. Kyōto: Nagata Bunshōdō; Shōwa 33 [1958]. 2, 4, 109 S., [3] leaves of plates (Tōnan bunko 東楠文庫 2.)

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Hermann (1826–1882), Adolph (1829–1857), Robert (1833–1885) und Emil (1835–1904) Schlagintweit, Nachlass: The Hindu type of mankind – BSB Schlagintweitiana VI.1.34 [S.l.]; [ca. 1850–1880]. 18 S. Ms.

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Catalogue of the Tibetan manuscripts in the Bodleian Library. Ms., ca. 1885–1895. Über Emil Schlagintweit Emil Schlagintweit: Schlagintweit. ADB 31.1890, 336–348. (mit Zusatz über Emil Schlagintweit am Ende des Familienartikels) Henri Cordier: Émile Schlagintweit. Nécrologie. TP 1904, 625 F. W. Thomas: Emil Schlagintweit. JRAS 1905, 215–218 Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog 10.1905,*102 Hans Körner: Die Brüder Schlagintweit – Hermann, Adolph, Robert und Emil – ; Familie, Forschungreise in Indien und Hochasien, Werke, Sammlungen und Nachlaß, Bibliographie. In: Der Weg zum Dach der Welt. Hrsg. v. Claudius Müller und Walter Raunig. München: Staatl. Museum für Völkerkunde 1982, 62–75 [S. 74–75 ein Verzeichnis der wichtigsten Schriften.] Helmut Mayr: Schlagintweit, Emil. NDB 23.2007, 24–25 Anne Büchler, Rolf Schumacher: Die Nachlässe von Martius, Liebig und den Brüdern Schlagintweit in der Bayerischen Staatsbibliothek. Wiesbaden: Harrassowitz 1990. XIV, 232 S. Über den Himalaya. Die Expedition der Brüder Schlagintweit nach Indien und Zentralasien 1854 bis 1858. Hrsg. von Moritz von Brescius, Friederike Kaiser, Stephanie Kleidt. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2015. 388 S.

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Schiefner und die Schlagintweits Über seine Bekanntschaft und seine Eindrücke hat sich Schiefner in einem Brief an Rudolf Roth ausführlich geäußert. Er fand ihr Auftreten zu direkt, charmant unverschämt und argwöhnte, dass es ihnen weniger um die Wissenschaft, als um andere Ziele ginge. Er konnte ihnen ihre Wünsche nicht völlig abschlagen und leistete einige Hilfe, nicht zuletzt dadurch, dass er den Kontakt zu Galsang Gomboev vermittelte. „Im Jahre 1860 war Hermann von Schlagintweit in Paris u[nd] zeigte den Herren in der Akademie seine tibetischen Bilder und Schriftstücke. Ad[olphe] Regnier2 wies ihn schon damals an mich, ich hatte aber das Vergnügen in Paris nicht heimgesucht zu werden. Bald nach meiner Rückkehr hierher mußte ich jedoch durch Vermittelung Spiegels3 zu der Ehre kommen die ganze Sammlung in meine Hände zu 1

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Galsang Gomboev, Selenginsk um 1818–1863 St. Petersburg (?), war seit 1842 Lektor am 1. Kasaner Gymnasium und gab auch Sprachunterricht an der Geistlichen Akademie von Kasan. Als die Orientalische Fakultät 1855 nach St. Petersburg umzog, wurde er Adjunkt an der dortigen Universität. Er trat durch eine Anzahl von Veröffentlichungen hervor, die Schiefner weiter unten nennt und von denen insbesondere das Altan tobči (Text und Übersetzung) und eine Übersetzung des Arǰi Borǰi (beide 1858) hervorzuheben sind. Vgl. Rossijskie mongolovedy (XVIII – načalo XX vv.). Ulan-Udė: BNC 1997, 40–46 (D. Ulymžiev, A. Šofman); H. Walravens: Von Rußland über die Mongolei nach China. Berichte aus dem frühen 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz 2002. XIV–XVII. Jacques Auguste Adolphe Régnier, Sprachwissenschaftler, Mainz 7. Juli 1804– 1884 Fontainebleau, war Professor für Literatur und Rhetorik an verschiedenen Colleges in Frankreich und lernte von 1835 bis 1838 an der Société Asiatique unter Eugène Burnouf Sanskrit. Von 1843 bis 1853 war er Erzieher des französischen Thronanwärters Louis Philippe Albert von Orléans, folgte diesem nach der Revolution von 1848 ins Exil und begleitete ihn auf seinen Reisen durch Europa. 1853 durfte er nach Paris zurückkehren, wo er als Professor für deutsche Sprache unterrichtete. Er veröffentlichte ein Französisch-Deutsches Wörterbuch und eine deutsche Grammatik. 1855 wandte er sich wieder dem Sanskrit zu und veröffentlichte zwei Werke über die Sprache des Ṛgveda. Vgl. ABF I 880, 262– 272. Friedrich Spiegel, Iranist, Kitzingen 11. Juli 1820–15. Dez. 1905 München, promovierte 1842 mit einer Übersetzung aus dem Pāli, und ging im selben Jahr nach Kopenhagen, um die dortigen Pāli-Handschriften zu studieren. Dort wurde er durch Justus Olshausen mit dem Avesta bekannt gemacht und wandte sich danach der Iranistik zu. Er wurde 1852 ordentlicher Professor für Orientalistik.

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bekommen. Man bat mich zu erklären und zu commentiren. Da das meiste sich auf den spätesten Buddhismus bezog und namentlich viel auf das Ritual und die geistliche Praxis, so konnte ich zu dieser Arbeit den im Juni dieses Jahres verstorbenen Lama Galsang Gombojew in Vorschlag bringen. Dieser machte sich auch alsbald an die Arbeit und gegen ein Honorar von 200 Thalern lieferte er den Herren Schlagintweit eine Beschreibung u[nd] Erläuterung der meisten Bilder und Schriftstücke, welche letztere er zum Theil aus der Cursivschrift in die Uncialschrift transkribirte. Das Manuscript, welches nach Schloß Jägersburg4 ging, war rußisch, verdeutscht wurde es in Erlangen durch den dasigen aus St. Petersburg gebürtigen Prof. der Theologie Theodosius Harnack;5 dann mußte das von diesem Gelieferte zu Spiegel in die Schmiede. Im Frühling 1863 erhielt ich den größten Theil des nun erschienenen englischen Werkes in seinen Aushängebögen mit der Bitte dasselbe in unserem Bulletin anzuzeigen, wie ich es ja früher mit dem Wassiljewschen Werke6 gethan. Ich antwortete nicht und wollte es auch nicht. Als ich in der zweiten Hälfte des Juli-Monats aus Oxford nach London zurückkehrte, erfuhr ich, daß die Gebrüder Hermann u[nd] Emil mich in ganz London vergeblich gesucht u[nd] sogar nach Oxford telegraphirt hätten. Ich fand im British Museum, im India Office u[nd] in der Asiatic Society Briefe von ihnen vor, welche mich um ein

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Seine Hauptwerke sind die Einleitung in die traditionellen Schriften der Parsen, die von 1856–1862 erschien, und die Erânische Altertumskunde. Rüdiger Schmitt: Spiegel, Friedrich von. NDB 24.2010, 680–681. Das Schloss Jägersburg bei Forchheim kauften die Brüder Hermann und Robert Schlagintweit vom väterlichen Erbe, um dort ihre umfangreichen Sammlungen unterzubringen. Emil musste das Schloss 1890 wieder verkaufen. Theodosius Harnack, St. Petersburg 3. Jan. 1817–23. Sept. 1889 Dorpat, lutherischer Theologe, studierte in Dorpat Theologie und ging dann nach Berlin, Bonn und Erlangen, um sein Studium fortzusetzen. 1843 wurde er Privatdozent für Kirchengeschichte in Dorpat, 1847 wurde er Universitätsprediger und im folgenden Jahr erhielt er eine ordentliche Professur für Theologie. Von 1853 bis 1866 war er Professor in Erlangen, danach wieder in Dorpat. Sein Hauptwerk Luther’s Theologie erschien 1862. Er hatte tiefgreifenden Einfluss auf die Ausrichtung der evangelischen Kirche in Livland, indem er gegen die Herrnhuter Einflüsse eintrat und das reine Luthertum stärkte. Vgl. Martin Doerne: Harnack, Theodosius Andreas. NDB 7.1966, 690–691. Vgl. Bericht über Herrn Professor Wassiljew’s Werk über den Buddhismus, seine Dogmen, Geschichte und Litteratur. Von A. Schiefner. Bulletin de l’Académie Impériale de St. Petersbourg 13.1856, 348–352.

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Stelldichein ersuchten. So kam es, daß ich sie besuchte. Nun ließen sie mich nicht los. Ich mußte noch an demselben Abend mit ihnen in eine großartige Restauration, wo die Herren mich gründlichst bewirtheten und während des Mahles mit der größten Naivität den Wunsch aussprachen, ich möchte meine Ansicht über das neue Werk wenigstens in einem Brief an Marc Joseph Müller7 in München aussprechen. Es wäre ihnen eine Anerkennung von Seiten ihres Vaterlandes sehr erwünscht, da Emil die Absicht habe – sich der diplomatischen Laufbahn zu widmen. Ich rieth ihm dann hieher zu kommen und unsere Tibetica zu benutzen. Doch schien ihm dieß nicht zu schmecken und Paris ihn mehr anzuziehen. Einstweilen ist er aber noch in Würzburg, wo er, wie ich von Khanikoff8 erfahren habe, die Handschrift des Geser-

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Marcus Joseph Müller, Kempten 3. Juni 1809–28. März 1874 München, Orientalist, studierte in München orientalische Sprachen und bestand 1830 sein Examen für Gymnasiallehrer. 1833 ging er nach Paris, um Pahlavi-Handschriften zu studieren, und veröffentlichte dort seine ersten Arbeiten über das Pahlavi. 1839 erhielt er eine außerordentliche Professur für Nichtbiblische Orientalische Literatur in München, und 1847 wurde er zum ordentlichen Professor befördert. Seit 1841 war er Mitglied der Bayerischen Akademie, deren Sekretär er von 1852–1870 auch war. 1856 reiste er im Auftrag König Maximilians nach Spanien, um arabische Handschriften zu studieren. Vgl. C. Siegfried: Müller, Marcus Joseph. ADB 22.1885, 651–652. Nikolaj Vladimirovič Chanykov, Gvt. Kaluga 24. Okt. 1822–15. Dez. 1878 Rambouillet, Orientalist und Forschungsreisender, nahm 1841 an einer diplomatischen Mission nach Buchara teil und veröffentlichte anschließend einen Reisebericht und mehrere Karten. 1845 trat er in den diplomatischen Dienst ein und war als Übersetzer im Asiatischen Departement tätig. Von 1850 bis 1855 leitete er die kaukasische Sektion der Russischen Geographischen Gesellschaft. Von 1855 bis 1859 war er russischer Konsul in Täbriz. 1858 unternahm er eine weitere Expedition nach Zentralasien und Afghanistan, die auch mit diplomatischer Mission betraut war, da er nach dem ersten Britisch-Afghanischen Krieg Kontakt zum afghanischen Herrscher Dost Mohammed aufnahm. Später lebte er in Paris und vermachte mehr als 400 Werke zur russischen Geschichte und Ethnographie der Bibliothèque Nationale. Er veröffentlichte mehrere geographische und ethnographische Untersuchungen über Persien und Zentralasien. Vgl. Naftula A. Chalfin, Ekaterina Fedorovna Rassadina: N. V. Chanykov: vostokoved i diplomat. Moskva: Izd. Nauka 1977. 276 S. Vgl. Russkij biografičeskij slovaŕ 21.1901, 277–279 (N. Veselovskij).

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Chan 9 (s. m[einen] gedruckten Reisebericht im Bulletin 10 ) für mich copiert. Hermann, das Haupt des Hauses, zählt 33 Sommer und sein jüngster Bruder Emil, der ursprünglich Jurist ist, 27. Alex[ander] v[on] Humboldt11 bewog ihn als er in Berlin studirte, sich dem Tibetischen zuzuwenden, da seine Brüder sich dem Studium Tibets gewidmet hätten. Verbindlich u[nd] gefällig sind diese Herren, trotz ihrer bei den Deutschen nicht oft vorkommenden u[nd] wohl von den Engländern u[nd] Franzosen entlehnten Aufrichtigkeit in Betreff ihrer Zukunftspläne, in einem sehr hohen Grade, so daß ich ihnen die Bitte an M[arcus] J[oseph] Müller zu schreiben, nicht abschlagen konnte. Mein 9

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Die Heldensagen vom König Gesar Chan sind ein zentralasiatisches Epos. Sie wurden u.a. von Isaak Jakob Schmidt übersetzt: Die Thaten Bogda Gesser Chan’s, des Vertilgers der Wurzel der zehn Übel in den zehn Gegenden. Eine ostasiatische Heldensage. St. Petersburg: Gräff; Leipzig: Voss 1836. 191 S. Die im Privatbesitz der Brüder Schlagintweit befindliche Fassung war die erste bekannte tibetische Version (6ང་8ིང་ག9ར་འ;ེད་ལ་བཟང bskal-bzang = Sanskrit = bhadrakalpa, Sohn des མགོན་པོ mgon-po = Sanskrit nâtha) aus dem TimniDistrict (Burjatisch Kimni, Name des Flusses) etwa drei Meilen (20 Werst) von Selenginsk auf dem rechten Selenga-Ufer ward im Jahre 1842 23 Jahre alt und als Gets‘ul34 (དགེ་Aལ) nach Kasan berufen, um die dortigen Studirenden in der mongolischen Umgangssprache zu üben. Seit dem Jahre 1856 befindet er sich in gleicher Eigenschaft an der Universität hieselbst u. ist jetzt Lector der mongolischen Sprache. Auf

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dge-tshul, Novize.

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meinen Antrieb stellte er der Akademie folgende ursprünglich russisch geschriebene Aufsätze vor 1) Randbemerkungen zu Plano Carpini (am 6 Juni 1856) abgedruckt Bulletin histor. philol. T. XIII N° 23–24 Spalte 374–386 2) Sechzig burjätische Räthsel, mitgetheilt von Galsang Gombojew (2 Aug. 1856) Bullet. histor. philol. T. XIV N° 11 Spalte 169–174 In den Arbeiten der hies. Archäolog. Gesellschaft, Oriental. Section B. VI erschien von ihm 1858 eine Textes-Ausgabe der mongolischen Chronik Altan tobtschi, nebst russ. Übersetzung. 35 Eine Anzeige W. Schotts davon existirt in Erman’s Archiv für die wiss. Kunde v. Rußland.36 In den „Anzeigen“ der orient. Section der Archäol. Gesellschaft ferner B. I. Lief. 5 p. 128–136 Bemerkungen zu dem Briefe Ilminskij’s über die alte, bei den Kirgisen erhaltene Sitte der Fleischzerstücklung oder Zertheilung (auch in den „Nachrichten“ derselben Gesellschaft B. II Lief. 3 S. 176).37 Am letzteren Ort Lief 4 S. 207 Erklärung der Semipalatinschen Alterthümer38. In einer russ. Zeitschrift eine Übersetzung der mongolischen Erzählungen, welche unter dem Namen Ardschi-Bordschi39 bekannt sind; s. Benfey, Pantschatantra I, S. 23.

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Altan-Tobči. Mongol’skaja letopiś, v podlinnom tekste i perevode, s priloženiem kalmyckogo teksta Istorii Ubaši-chuntajdžija i ego vojny s ojratami. Trudy Vostočnogo otdelenija imperatorskogo archeologičeskogo obščestva 6.1858. 234 S. Wilhelm Schott: Über historische Werke der Mongolen, insonderheit die Chronik Altan Tobtschi. Archiv für die wissenschaftliche Kunde von Rußland 19.1860, 567–576. Drevnij obyčaj raspredelenija kuskov mjasa, sochranivšijsja u kirgizov. Izvestija vostočnago otdelenija imperatorskago archeologičeskago obščestva 1.1860:5, 109–127. Ob-jasnenie Semipalatinskich drevnostej. Izvestija vostočnago otdelenija imperatorskago archeologičeskago obščestva 1859:4, 209–219. Ardži-Burdži. Mongol’skaja povest’, perevedennaja s Mongol’skago Lamoju Galsan-Gomboevym. Obščezanimatel’skij vestnik 1858:1. 19 S.

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Sowohl für das Asiatische Museum unserer Akademie als für die Pariser Bibliothek und für H. Foucaux40 hat Gombojew außerdem mongolische und tibetische Werke copirt, hauptsächlich um seine Existenz zu fristen. Jetzt ist er pecuniär bessergestellt. Er ist ein Schatz für die Kunde burjatischen Lebens und Alterthums. Was das Gottesdienstliche und Praktische des Lama-Berufs anbelangt, ist er völlig orientirt und kann über solche Dinge besser Auskunft geben als ich und Wassiljew 41 welche wir unsere Weisheit aus älteren, gedruckten Quellen schöpfen müssen. Eine hübsche Notiz mit dem Munde Gombojews finden Sie in einem Briefe an Weber in den Monatsberichten der Preuß. Akademie 1859 Februar S. 160.42 Alles – das sage ich Ihnen im Voraus – wird Gombojew nicht erklären können, aber doch sehr vieles. Kann ich von meinem Wissen etwas hinzufügen, so werde ich es gern u. nach Kräften thun. Viel versprechen kann ich jedoch nicht. Professor Wassiljew ist seit mehreren Wochen auf sein Gut nach dem Gouv. Kasan abgegangen u. kehrt erst Ende Aug. (alt. Stils) zurück.

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Philippe Édouard Foucaux, Angers 15. Sept. 1811–19. Mai 1894 Paris, Tibetologe. Nach anfänglichen Studien in seiner Heimatstadt kam er 1838 nach Paris und wurde Schüler von Eugène Burnouf. Er beschäftigte sich auch mit Tibetisch und gab 1842 den ersten Tibetischkurs an der Bibliothèque Royale. 1852 wurde er Burnoufs Nachfolger als Professor für Sanskrit und Orientalische Sprachen am Collège de France. Er begründete die tibetischen Studien in Frankreich und beschäftigte sich in erster Linie mit der Geschichte des Buddhismus in Tibet. Vgl. ABF sowie B. Le Calloc’h: Philippe-Édouard Foucaux, first Tibetan teacher in Europe. The Tibet journal 12.1987:1, 39–49. Vasilij Pavlovič Vasil’ev, Nižnij Novgorod 20. Febr. 1818–27. April 1900 St. Petersburg, Sinologe, Mongolist und Tibetologe an der Universität Kasan, seit 1856 an der Universität von St. Petersburg. Er war Schüler von Józef Kowalewski in Kasan und hatte seine praktische Ausbildung bei der Russischen Geistlichen Mission in Peking erhalten. Schiefner hat einige seiner Arbeiten ins Deutsche übersetzt oder dies veranlasst und ihn dadurch auch in Westeuropa bekannt gemacht. Vgl. H. Walravens: Vasilij Pavlovič Vasil’ev (1818–1900). Zu Leben und Werk des russischen Sinologen. Oriens Extremus 48.2010, 199–249; Walravens: Letters of A. Schiefner about V. P. Vasil’ev. Piśmennye pamjatniki vostoka 8. 2008, 251–264. Die betreffende Stelle lautet: „Als ich den Lama Gombojew neulich fragte, ob er solche Werke, die es mit Vorbedeutungen zu thun hätten, aus eigener Anschauung kenne, antwortete er mir lächelnd ‹Ob ich sie kenne! Habe ich doch so manche Einnahme durch dieselben gehabt.›“

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Hiemit muß ich heute schließen. Bis zum 24 Juni erreichen mich Ihre Briefe hier, von 1/13 Juli schreiben Sie, falls es nöthig sein sollte nach Reval, Langstraße N° 288 bei Frau Christiane Schiefner geb. Schneider.43 Ihr Ihnen ergebener A. Schiefner Ich bitte ergebenst um Besorgung der Einlage nach Erlangen. 2 An Herrn Emil v. Schlagintweit in Jägersburg44 St. Petersburg den 9/21 August Hochgeehrter Herr, Gestern aus Reval zurückgekehrt fand ich bei meiner Ankunft das russische Manuscript Gombojew’s (Гомбоевъ) vor, das 81 Blätter in Fº. umfaßte à 37–38 Zeilen auf der Seite.45 Ich habe nur den Anfang durchlesen können u. gefunden, daß das Ganze mit größter Sachkenntniß und vielem Fleiße ausgearbeitet zu sein scheint. Wenigstens habe ich in dem bisher Durchgenommenen vielfache Belehrung gefunden. Heute früh war er bei mir, und ich nöthigte ihn sich endlich über das ihm zukommende Honorar zu erklären. Da gab er mir den Bescheid, daß er für seine Arbeit nicht weniger als 200 Thaler erwarte. Er hat nicht allein die ganze Ferienzeit, d.h. 6 Wochen, darangesetzt, sondern bereits früher mehrere Wochen daran gearbeitet. Es liegt ihm daran baldmöglichst in den Besitz der Summe zu kommen, da er dieselbe zu einem bestimmten Zweck verwenden will. Sie könnten dieselbe durch irgend ein Berliner Handelshaus, etwa Anhalt Wagner46 der mit Asmus Simonsen47 hieselbst in Abrechnung steht, entweder auf meinen Namen oder den des Lama Galsang Gombojew (–ew) übermachen. 43 44 45

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Schiefners Mutter, gest. 18. Nov. 1867 in Reval. Wohl die Jägersburg in Eggolsheim, ein Barockschloss der Bamberger Fürstbischöfe. Das Manuskript wurde im gedruckten Nachlassverzeichnis Schlagintweit nicht ermittelt. Frau Dr. Ingrid Rückert, die Leiterin des Nachlassreferats der Bayerischen Staatsbibliothek, hat dankenswerterweise darüber hinaus weitere Nachforschungen angestellt – leider ohne Erfolg. Anhalt & Wagener, Banquiers, Brüderstr. 5. So steht es im Berliner Adressbuch von 1861, S. 7. (Nachweis AW) Herrnhuter Handelshaus in St. Petersburg, 1773–1892.

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Was die Übersetzung anbetrifft, so könnten Sie dieselbe vielleicht selbst veranstalten lassen, da Sie Kenntnisse im Russischen besitzen, wie Sie mir mittheilen. Wünschen Sie aber, daß die Arbeit hier gemacht werde, so werde ich einen Studirenden der hiesigen Universität dieselbe unter meiner Leitung ausführen lassen. Über das Honorar kann ich Ihnen jedoch heute keine Auskunft geben, doch glaube ich nicht, daß ich unter 50 Thalern abkommen (?) würde. Baldiger Antwort entgegensehend Ihr Ihnen ergebener A. Schiefner 3 An Herrn Emil v. Schlagintweit auf Schloß Jägersburg St. Petersburg den 21 Sept./4 Oct. 61 Hochgeehrter Herr, Sogleich nach Empfang Ihres Schreibens vom 10 September nahm ich die Gombojewsche Handschrift nochmals vor, um wenigstens einige Puncte in derselben mit Bemerkungen zu versehen, da Sie das russische Original selbst ohne eine hier unter meiner Aufsicht angefertigte Übersetzung zu haben wünschten. Ich hatte vorläufig mit einem Studirenden der hiesigen Universität Rücksprache genommen, diesen aber noch nicht beginnen lassen. Obwohl die Hand Gombojews sehr deutlich ist und von einem Kenner der russischen Handschrift leicht gelesen wird, so fürchte ich doch, daß seine häufig vorkommenden Abweichungen von der gewöhnlichen Orthographie nicht gleich verstanden werden könnten. Doch bei einiger Ausdauer lassen sich diese kleinen Schwierigkeiten leicht überwinden, namentlich in Berlin, wo sich immer studirende Russen aufhalten und in Erlangen wird wohl auch Prof. Harnack48 der, wenn ich nicht irre, hieselbst geboren ist, das Russische nicht ganz vergessen haben. Was nun die Anmerkungen anbetrifft, so habe ich mehrmals auf C. F. Köppen’s49 verdienstliches Werk über den Buddhismus verwiesen; es sind die einzelnen Artikel leicht in dem Registro beim zweiten Bande 48 49

Theodosius Harnack, St. Petersburg 3. Jan. 1817–23. Sept. 1889 Dorpat, lutherischer Theologe. (s.o.) Karl Friedrich Köppen, Nieder-Görne bei Arneburg 26. Apr. 1808–19. Juli 1863 Berlin, Gymnasiallehrer, Philosoph und Publizist. (s.o.)

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aufzufinden; einige Mal citire ich auch Burnoufs Introduction à l’histoire du Buddhisme50 u. Pallas Sammlung histor. Nachrichten über die mongol. Völkerschaften 51 , welche Werke Sie in Erlangen, sicher aber in Berlin finden werden. Das Sanskrit, das in den einzelnen Capiteln vorkommt, muß von einem Sanskritisten z.B. Prof. Weber in Berlin revidirt werden, bevor es unter die Presse kommt, oder auch bei dem Druck vielleicht von Prof. Brockhaus 52 in Leipzig. Mit dem Tibetischen steht es etwas schwerer, da die Correctur wohl nur von mir hier besorgt werden könnte. Gern übernehme ich dieselbe, wenn Sie mir die mögl. Bogen unter Kreuzband zusenden oder wenn die Sache wenige Eile hat, durch die Buchhandlung Leopold Voß53 in Leipzig. Die Transcription des Tibetischen ist wohl am besten nach Lepsius neuestem Vorschlag einzurichten. Seine mir kürzlich zugekommene 50

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Eugène Burnouf [1801–1852]: Introduction à l’histoire du Bouddhisme indien. Paris: Imprimerie nationale 1844. V, 647 S. – Zu Burnouf: Jules BarthélemySaint-Hilaire: Eugène Burnouf, ses travaux et sa correspondance. Paris, Chartres: Durand 1891. XIII, 158 S. Peter Simon Pallas, Berlin 22. Sept. 1741–8. Sept. 1811 Berlin, Naturforscher und Geograph, studierte Medizin in Berlin, dann Physik und Mathematik in Halle und Göttingen und promovierte in Leiden. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Holland erhielt er 1767 eine Professur in St. Petersburg. Hier leitete er eine von der Akademie der Wissenschaften finanzierte Expedition nach Innerasien, die sechs Jahre, von 1768–1774, dauerte. Später ließ er sich auf der Krim nieder. Um die Drucklegung seines Werkes Zoographica Rosso-Asiatica zu vollenden, begab er sich zurück nach Berlin, wo er kurze Zeit später starb. Vgl. Folkwart Wendland: Peter Simon Pallas (1741–1811): Materialien einer Biographie. Berlin: de Gruyter 1992. XVIII, 1176 S. Vgl. Rainer W. Gärtner: Pallas, Peter Simon. NDB 20.2001, 14–16. Hermann Brockhaus, Amsterdam 28. Jan. 1806–5. Jan. 1877 Leipzig, Indologe, der Sohn des Verlegers, studierte orientalische Sprachen und wurde 1839 außerordentlicher Professor in Jena und 1841 Professor in Leipzig, wo er 1872 zum Rektor der Universität gewählt wurde. Seine besonderen Arbeitsgebiete waren das indische Drama und das Märchen; sein Hauptwerk ist die Edition des Kathāsaritsāgara. Vgl. Willibald Kirfel: Brockhaus, Herrmann. NDB 2.1955, 626–627. Leopold Voß, Leipzig 17. Dez. 1793–26. Nov. 1868 Leipzig, Buchhändler und Verleger, der Sohn eines Buchhändlers, ging 1809 nach Braunschweig und begann bei Vieweg seine Buchhändlerlehre, die er 1812 bei Campe in Hamburg fortsetzte. 1818 übernahm er das väterliche Geschäft in Leipzig. 1832 wurde er zum Kommissionär der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg ernannt. Vgl. Karl Friedrich Pfau: Voß, Leopold. ADB 54.1908, 777; Lexikon des gesamten Buchwesens 2. Ausg. 8.2010, 561–562 (H. Buske).

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Arbeit „Über Chinesische u. tibetische Lautverhältnisse u. über die Umschrift jener Sprachen. Berlin 1861. 4°“54 transcribirt S. 474 also ཀ k ཁ kh ག g ང ṅ ཅ tš ཆ tšh ཇ dž ཉ ń ཏ t ཐ th ད d ན n པ p ཕ ph བ b མ m ཙ ts ཚ tsh ཛ dz J w ཞ ž ཟ z འ ’ ཡ y ར r ལ l ཤ š ས s ཧh ཨa Da ich meine Transcription am Rande der Handschrift meist vor Empfang der Lepsiusschen Schrift gemacht habe, so werden Sie fast durchgängig statt ཟ་ – s, statt ཡ – j finden, wo nun lieber z u. y zu schreiben sind. S. 43 der Handschrift steht im Tib. Oོ་བ་P་གསོལ das in der Übersetzung irgendwie ausgedrückt ist, es muß heißen: Oོ་རབ་Q་གསོལ d. h. zündet an. S. 71 finden Sie bei красные rothe ein Fragezeichen. Gombojew sagte mir, daß die Sache richtig sei; die grüne Fußbekleidung welche Ihre Tafel darbiethet, soll falsch sein. S. 73 gri gug ist kein „Rasirmesser“, sondern nur einem solchen ähnlich. Die meisten der Fragen welche Sie auf einem besonderen Blatte notirt hatten, erledigen sich durch Gombojews Arbeit; einige allgemeine hat er noch zu beantworten u. diese erhalten Sie in ganz kurzer Zeit. Gestern erhielt ich von Asmus Simonsen & Comp. Nachricht, daß der Banquier Gutmann aus Nürnberg 200 Thl. Preuß. hieher zur Auszahlung an Gombojew geschickt habe. Heute früh wollte Gombojew sich das Geld erheben; ich habe ihn später nicht zu Hause getroffen. Heute früh habe ich der Kanzellei der hiesigen Preuß. Gesandtschaft den Packen mit Gombojews Handschrift u. Ihren Tafeln mit Ausnahme der Karten, mit welchen Gombojew nichts anfangen konnte, übersandt oder vielmehr ihn selbst dort abgegeben. Morgen geht er mit dem Preußischen Adler nach Stettin u. ist also wohl Dienstag oder Mittwoch in Berlin, wo er vom auswärtigen Ministerium an Prof. Albrecht Weber 54

Richard Lepsius, Naumburg 23. Dez. 1810–10. Juli 1884 Berlin, Ägyptologe und Linguist, verbrachte die Jahre 1842–1846 bei Grabungen in Ägypten und wurde 1855 Direktor des Ägyptischen Museums in Berlin. Außerdem leitete er die Königliche Bibliothek. Vgl. Jürgen Settgast: Lepsius, Karl Richard. NDB 14.1985, 308–309.

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(Oranienstraße 129) gesandt wird. Diesen letzten bitte ich den Packen entweder in Berlin an einen etwa dort anwesenden Herrn Bruder von Ihnen abzugeben oder falls keiner dort ist, den Packen nach Schloß Jägersburg zu befördern. Falls Ihnen in Leipzig tibetische Typen fehlen, so müßten Sie dieselben aus Paris oder von unserer Akademischen Druckerei besorgen lassen. In Berlin hat man zwar jetzt auch tibetische Typen, jedoch weiß ich [nicht], ob vollständig. Mit den besten Wünschen Ihr Ihnen ergebener A. Schiefner 4 An Herrn E. v. Schlagintweit in Jägersburg St. Petersburg den 10/22 Nov 1861 Hochgeehrter Herr, Endlich komme ich dazu Ihnen die noch nicht erledigten Fragen mit den Antworten Gombojews zuzusenden. Er hatte seine Antworten mit Bleistift auf ein zu dickes Papier geschrieben u. dabei so undeutlich, daß ich es für das beste hielt, Ihnen sofort die Sache deutsch wiederzugeben. Allerlei Umstände hielten mich in Erledigung dieser kleinen Arbeit auf, die ich heute endlich zur Abfertigung bringen konnte. Gern hätte ich Ihnen über die Gebetflaggen55 genügende Auskunft gegeben; allein die jetzige Volkssprache hat so manche Ausdrücke, die man in keinem Wörterbuch findet. Wünschen Sie das Original, welches Ihre Fragen enthält zurück, so sende ich es Ihnen auf dem Wege des Buchhandels, um Ihnen nicht unnütze Kosten zu verursachen. Hochachtungsvoll Ihr Ihnen ergebener A. Schiefner

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Heute meist rechteckige Fahnen mit Darstellung des Windpferdes Rང་S, das die Gebete und Wünsche in die Welt hinausträgt.

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5 An Herrn E. von Schlagintweit auf Schloß Jägersburg St. Petersburg den 23 Dec. 61 / 4. Jan. 62 Hochgeehrter Herr, Endlich kann ich Ihnen meine Antworten auf die mir von Ihnen vorgelegten Fragen senden. Ich hoffte noch manche Auskunft für die Schreibart einiger Namen aus einem in Köke nôr 56 gedruckten tibetischen Werke über die Geschichte des Buddhismus sowie auch einer tib. Geographie Tibets 57 zu bekommen. Meine Ausbeute war gering, der Zeitaufwand dabei aber größer. Gombojew sieht sich außer Stand, die beiden Urkunden zu übersetzen. Hinsichtlich des Tractats: mit dem chines. Beamten in Gártok58 muß ich bemerken, daß seine Transcription getreu ist; nur ist der Sinn schwer zu ermitteln. Theils ist die neuere tibet. Sprache reich an Ausdrücken, welche nicht in den religiösen Werken vorkommen, theils sind es unbekannte Verhältnisse, welche den Sinn zu errathen unmöglich machen. Können Sie mir etwas über den muthmaßlichen Inhalt mittheilen, so werde ich noch einen letzten Versuch selbst machen. Sogar die Orthographie ist höchst unrichtig. Ebenfalls unrichtig sind eine Anzahl von Wörtern in der lithographirten Stiftungsurkunde des Klosters Himis 59 geschrieben. Diese habe ich jedoch so ziemlich entziffert u. habe nur noch die chronologischen Daten zu ermitteln. Wissen Sie jedoch noch auf anderem Wege etwas 56 57

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Chinesisch: Qinghai 青海. D.i. sMin-grol-sprul-sku ’Jam-dpal chos-kyi bstan-’dsin-’phrin-las „’Dsam-gliṅspyi-bśad me-loṅ“. Vgl. A. I. Vostrikov: Tibetan historical literature. Surrey: Curzon Press 1994, 230–231. 1889 veröffentlichte V. P. Vasil’ev eine Übersetzung: Geografija Tibeta. Perevod iz Tibetskago sočinenija Mińčžul-chutukty. Doloženo v zasědanii Istoriko-filologičeskago otdělenija 2 maja 1889 g. SPb: Akad. nauk; I. Glazunov, Eggers & Co.; K. L. Rikker; Riga: N. Kimmel in Komm. 1895. [4], 95 S. Gartok, heute Garyarsa 噶尔雅沙村, in Westtibet, war ein Handelsplatz an der Karawanenstraße von Shigatse nach Lhasa. Das Hemiskloster, südöstlich von Leh in Ladakh gelegen, das Hermann Schlagintweit 1856 besuchte und eine Zeichnung anfertigte. Später besuchte der Herrnhuter Missionar August Hermann Francke das Kloster, das eines der bedeutendsten in Ladakh ist. Vgl. Ein Besuch im buddhistischen Kloster Hemis (Ladâk). Von Missionar H. Francke in Leh. Mit Einleitung und Anmerkungen von G. Th. Reichelt. Globus 73.1898, 1–8, 9 Abb.

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über dieses Kloster, so theilen Sie es mir gütigst mit. Den Namen Himis haben Sie wohl nicht tibetisch geschrieben gesehen? Offenbar hat das Kloster einen anderen Namen. Sollte er nicht Tིན་Uོལ་8ིང་ sMin-grol-gling lauten? Was Ihre Transcription des འ་ anbelangt, so ist das von Schmidt gebrauchte a dafür unbequem, besser ist ’ der Spiritus lenis, durch welchen man das Ain ausdrückt; es ist aber offenbar འ nichts anderes. Ihre Originalpapiere kann ich Ihnen sobald Sie es wünschen auf dem Wege des Buchhandels zukommen lassen. Über das Mani Gambum60 ist nirgends eine ausführliche Abhandlung zu finden, weshalb Gombojews Artikel mit größtem Danke aufgenommen werden würde. Hochachtungsvoll Ihr Ihnen ergebener Schiefner 6 An Herrn Emil v. Schlagintweit auf Schloß Jägersburg St. Petersburg den 11/23 Februar Hochgeehrter Herr, Endlich ist es mir möglich eine getreue möglichst buchstäbliche Übersetzung der Inschrift von Himis zu senden. 61 Der tibetische Text ist durchaus nicht correct und es giebt eine Unzahl von Wörtern die ich nur vermuthungsweise behandelt habe. Da mir alle andern geschichtlichen Details außer den von Cunningham 62 Ladak S. 316 folgende mit-

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Maṇi bka’ ’bum མ་ཎི་བཀའ་འWམ „die hunderttausend kostbaren Gebote“; Texte mit Bezug auf König Srong-btsan sgam-po und Bodhisattva Avalokiteśvara. Schlagintweit hat Gomboevs Notizen darüber in seinem Buddhism, 84–88: Analysis of the Mani Kambum, abgedruckt. Vgl. Matthew Kapstein: Remarks on the Maṇi bKa’-’bum and the cult of Avalokiteśvara in Tibet. Tibetan Buddhism: reason and revelation. Steven Goodman and Ronald Davidson, eds. Albany: SUNY 1992, 79–93. Vgl. Schriftenverz. Nr 17 sowie die Facsimilia aus den Veröffentlichungen Schlagintweits im Anschluss an die Briefe. Alexander Cunningham (London 23. Jan. 1814–28. Nov. 1893 London): Ladák, physical, statistical, and historical: with notices of the surrounding countries. London: Allen 1854. XII, 485 S.

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getheilten fehlen, so ist es möglich, daß ich einiges nicht richtig aufgefaßt habe. Auch muß ich erklären, daß ich diese Übersetzung nur angefertigt habe, damit Sie einen Einblick in den Sinn dieser Inschrift erhalten, nicht aber damit dieselbe veröffentlicht werde. Zu letzterem Zweck müßte ich mehrere ähnliche Inschriften haben, durch deren Vergleichung ich in manchen zweifelhaften Puncten größere Sicherheit erlangen würde. Von großer Wichtigkeit ist es, daß wir den von Cunningham p. 324 genannten Singge’ Namgyal in unserer Inschrift finden, sowie den p. 325 namhaft gemachten Stak tshang-Badpa, so daß über das Alter der Inschrift kein Zweifel mehr sein kann. Die chronologischen Daten sind wenn wir der Cunninghamschen chronol. Methode folgen: Cunningham Kowalewsky Wasser Tiger Jahr 1664 1662 Wasser Pferde Jahr 1644 1642 Eisen Hunde Jahr 1672 1670 Kowalewsky hat seiner mongol. Chrestomathie eine chronol. Cykelntabelle angehängt, welche ganz mit der chinesischen Zeitrechung, welche Sie bei Ideler über die Zeitrechnung der Chinesen Berlin 1839. 4° finden können, übereinstimmt. Cunningham hat die um zwei Jahre divergirende Zeitrechnung Csoma’s64. 63

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Józef Szczepan (Joseph Etienne, russ. Osip Michajlovič) Kowalewski, Brzostowica Wielka 9. Jan. 1801–7. Nov. 1878 Warschau, Mongolist und Historiker, studierte in Wilna klassische Sprachen und wurde 1824 wegen der Mitgliedschaft in einer politischen Verbindung verhaftet und nach Kasan verbannt. Dort beschäftigte er sich mit den innerasiatischen Sprachen und bereiste die Mongolei und China. 1837 wurde er Professor für Mongolistik an der Universität von Kasan, wo er bis 1860 blieb. Von 1862 an lehrte er Geschichte in Warschau. Sein Hauptinteresse galt der Sprache und Geschichte der Mongolen, und er veröffentlichte ein umfangreiches Lexikon und eine Grammatik der mongolischen Sprache. Seit 1837 war er korrespondierendes Mitglied und seit 1847 ordentliches Mitglied der Petersburger Akademie. (BaBA; PAB.) Alexander Csoma de Kőrös (Sándor Csoma), Kovaszna (Siebenbürgen) 27. März 1784–11. April 1842 Darjeeling, Forschungsreisender und Tibetologe, studierte erst Theologie an der Priesterschule in Nagyenyed, dann in Göttingen orientalische Sprachen. Um die Herkunft des ungarischen Volkes zu erforschen, reiste er 1819 mit einer Karawane über Armenien, Persien, Kaschmir bis nach Ladakh, wo er viele Jahre in buddhistischen Klöstern lebte, Tibetisch lernte und sich mit dem Buddhismus beschäftigte. Ab 1831 lebte er als Bibliothekar der Asiatic Society of Bengal in Calcutta, wo 1833 seine Tibetische Grammatik und

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Was den ’Brug-pa anbetrifft, so finden Sie darüber Auskunft bei Köppen65 im 2ten Bande, woselbst auch die Notizen aus Cunningham wenigstens zum Theil wiederholt worden sind. In Betreff der Zeile 3 vorkommenden drei Geheimnisse kann ich nur auf Cunningham pag. 321 Not.‡ verweisen. Mehr würde man in einem Werke über die einzelnen Religions- und Philosophenschulen finden, das näher anzusehen es mir jetzt an Zeit gebricht. Über den dPalmnyam-med-’brugpa66 (Z. 3 und 12) weiß ich anderswoher nichts; Z. 3–4 Dshambudvîpa ist die Bezeichnung des Welttheils in welchem Indien liegt. Z. 7 rGod-ts‘ang-pa muß nach dem Kloster rGod-ts‘ang benannt sein. Z. 9 rTag-ts‘ang-ras-pa-tsh’en67 cf. Cunningham S. 325. Z. 11 glaube ich den Namen des Klosters Himis zu finden སངས་5ས་ེམ་ཟམ „trockene Brücke“. 93 ˜ང་འ…ར „Dohlen-Flug“. 94 ལམ་ˆང Wege-Thal, nicht „der Weg im Thal“. 95 {་ཟབ་} „tiefes Wasser der Götter“. 96 {་ས Land, Stelle, Sitz der Gottheit, der Götter. 97 དམར་པོ་རི rother Berg. 98 Mei-gsum-mdo glaube ich མ་ཧེ་གYམ་མདོ་ Mahe-gsum-mdo schreiben zu müssen wenn nämlich Mei eine Büffel Art ist. (= མ་ཧེ). 99 Migmet kár ließe sich auf མིག་མེད་མཁར d.h. „augenlose Festung“ zurückführen. Vielleicht ist es also aus མིང་མེད་མཁར Ming med mkhar d.h. „namenlose Festung“ corrumpirt.

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Vgl. Schlagintweit: Die Könige von Tibet, 802.

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100 མི་qམ „Mann-Krüppel“ heißt wohl wenig;་sehe མི་qམ an, so denke ich an འPམ་པ „Einigung“ neben བ™མ་པ sammeln, woher die Aussprache von Milum zu erklären; Sie wollten aber wohl མི་Pབ་པ schreiben. 101 Phuse-thang; ich finde kein Wort, das diese Species d. Maulwurf bezeichnet; es müßte denn aus ”་ཆེན langhaarig corrumpirt sein. Das Gegentheil ist ”་šག (sprich pu-schuk) kurzhaarig. 102 Pimo-la „Knee-Pass“ Schröter hat p. 131 richtig པི་› knee; es ist also wohl jetzt statt des alten †ས་མོ in Gebrauch. 103 [ོའི་ལ་ཙ•་ Gipfel-Haufen. 104 Sie haben རི་བ Zelt von Gewebe; es müßte རེ་བ heißen, was jedoch nur das Gewebe bezeichnet, རེ་Šར aber das Zelt aus solchem Gewebe s. Schmidt Lexic. 550; 548 finden wir jedoch auch ƒ་བ, aus welchem sich རི་བ rechtfertigen ließe. 105 རིང་མོ་ཤོས wird Ringmo Chos ? ausgesprochen, wie geht das zu? Obwohl རིང་མོ weit, lang bedeutet, u. ཤོས den Superlativ ausdrückt, kann ich doch nicht für die Richtigkeit der Bedeutung [?] einstehen, da mir der in der Mitte befindliche Artikel མོ störend ist. 106 སེམས་Ž་ནོམ freudiger / zufriedener Sinn, wenn diese tibet. Bezeichnung richtig ist. 107 ཤ་œོང „Aufstehen der Hirsche“, wenn es Ihnen so von den Einheimischen erklärt worden ist. 108 ཞང་•ང richtig; soll ich vermuthen, so könnte •ང aus ཞོང Vertiefung entstanden sein, ཞང་ཞོང würde dann ein Tiefland begreifen; doch geht dieß vielleicht gar nicht u. alles Etymologisiren ist fruchtlos. 109 Über Sínka-sthong wage ich nichts zu sagen. 110 In Betreff von Sle-sgo muß ich bemerken daß ich eine Ortschaft œེས་མཁར in der tib. Geographie gefunden habe. 111 གYམ་ཟམ་པ „trium pons“. 112 ... གསེར་བdོ Gold-Gruben, sollte sur nicht aus ž „Rand, Kannte“ entstanden sein. 113 deest 114 ཐང་ཆེན་མོ große Wiese, kann richtig sein.

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115 མཐོན་པོ, der Erhabene. 116 བ•ི་གYམ་ „drei Haltplätze“. 117 གཙང་པོ „der Heilige, der Reine“. 118 ཡར་འཁོར obere Umgebung. Sie schreiben „Niederlassung“ ist es Ihnen so erklärt worden? 119 ཡར་མི་} kann heißen „Wasser der Oberländer“ viz. Obermänner. 120 wäre ཟེད་ཐང dennoch tibetisch so heißt es „Bürstenwiese“, vielleicht konnte eine mit Binsengras bewachsene Stelle zu einem solchen Vergleich Anlaß geben. 7 Herrn Dr. Emil Schlagintweit d. Z. in Berlin St. Petersburg den 28 März/9 April 1865 Hochgeehrter Herr, Ich darf es Ihnen nicht verhehlen, daß es mir unbegreiflich gewesen ist, wie Sie in Ihrer Abhandlung über den Gottesbegriff 77 in einer Anmerkung haben sagen können, daß Ihre Erörterungen in Folge einer Besprechung mit mir zu Stande gekommen seien. Mein Gedächtniß, das mir recht treu ist, weiß mir von keiner solchen Besprechung zu melden, welche ähnliche Resultate, wie die von Ihnen ausgesprochenen gehabt haben könnte. Es kann nicht anders als höchst unwillkommen sein, wenn man für Ansichten, die man durchaus nicht theilen kann, gewissermaßen verantwortlich gemacht wird. Ich werde nicht ermangeln, gegen diese Ihre Bemerkung in gehöriger Art u. zu rechter Zeit Protest einzulegen und bitte Sie nur in Zukunft das, was nur Ihnen gehört, mir nicht zuzuschieben. Beiliegend sende ich Ihnen meine Antworten auf Ihre Fragen, insoweit ich dieselben liefern konnte. Ich bin weit davon entfernt alles wissen zu wollen und, offen gestanden, hätte ich mich an die Herausgabe einer ähnlichen Handschrift nicht gewagt.

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Emil Schlagintweit: Der Gottesbegriff des Buddhismus. München 1864, 84–102 (Sitzungsberichte der k. bayerischen Akademie der Wissenschaften 1864, 1, 8.) – Vgl. dort Fußn. 9, S. 96.

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Das in unserem Asiatischen Museum befindliche Exemplar des 5ལ་ རབས་ ist ein sehr unleserlicher Abdruck u. ich habe deshalb das bessere Exemplar der hiesigen Universitätsbibliothek benutzen müssen. Eine Übersendung wäre nur auf diplomatischem Wege möglich, wobei freilich Wochen und Monate zu vergehen pflegen. Das Werk von W་•ོན welches den kürzeren Titel ཆོས་འŸང་རིན་ཆེན führt und im Jahre }་‘ི des V Cyclus verfaßt ist, haben wir 1860 in Tübingen aus dem Nachlasse von Häberlin78 erstanden. Das größere Werk von ཡེ་ཤེས་དཔལ་འ;ོར ist im Jahre ས་འ ག des XIII Cyclus verfaßt und befindet sich unter N. 286a des Asiat. Museums, s. Bulletin hist. phil. T. IX p. 12. Von meinen tibet. Studien I.II.III. habe ich keine Separatabdrucke mehr zur Vertheilung, N. IV sende ich Ihnen nächstens. N. I–III sind erschienen in den Mélanges asiatiques T. I livr. 3, welche Lieferung nur 15 Ngr. kostete und noch drei werthvolle Aufsätze von Böhtlingk79 enthält. Sie ist durch Leopold Voß in Leipzig zu beziehen.

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Johannes Häberlin, Tuttlingen 19. Sept. 1808–12. Nov. 1849 auf dem Hugly bei Calcutta, Missionar, war Mitglied der Basler Missionsgesellschaft, die mit der englisch-kirchlichen Missionsgesellschaft ein Abkommen hatte, sodass Häberlin 1831 nach London kam, um Sanskrit und Hindustani zu lernen. 1832 reiste er nach Indien, wo er bis 1836 südlich von Calcutta als Missionar wirkte. 1839 berief ihn die Britische Bibelgesellschaft zu ihrem Agenten in Calcutta. Er ebnete den Weg für die ersten Basler Missionare, die ins Ostbengalische Bergland gingen. 1838 hatte Häberlin der Universität Tübingen elf Handschriften geschenkt, die den Grundbestand der Handschriftenabteilung bildeten. 1857 kaufte Rudolf Roth weitere 222 Handschriften aus dem Nachlass Häberlins. Vgl. Karl Friedrich Ledderhose: Häberlin, Johannes. ADB 10.1879, 276–278; Friedrich Wilhelm Bautz: Häberlin, Johannes. BBKL 2.1990, Sp. 430–431. Über die Ankäufe der Petersburger Bibliothek aus dem Nachlass Häberlin siehe PW-Briefe. (AW) Otto Böhtlingk, St. Petersburg 11. Juni 1815–1. April 1904 Leipzig, bedeutender Indologe, 1842 Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften und Herausgeber des „Petersburger [Sanskrit-]Wörterbuchs“. Vgl. K. Salemann, S. Oldenburg: Böhtlingks Druckschriften. Bulletin de l’Académie impériale des sciences de St. Pétersbourg. NS 3.1892, 97–106; B. Delbrück: Otto Böhtlingk. Indogermanische Forschungen 17.1904/5, 131–136; Otto Böhtlingk an Rudolf Roth: Briefe zum Petersburger Wörterbuch 1852–1885. Herausgegeben von Heidrun Brückner und Gabriele Zeller. Bearbeitet von Agnes Stache-Weiske. Wiesbaden: Harrassowitz 2007. XI, 870 S. (Veröffentlichungen der Helmuth von Glasenapp-Stiftung 45.); Agnes Stache-Weiske: „…für die Wissenschaft, der ich

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In Eile Ihr Ihnen ergebener A. Schiefner 8 Herrn Dr. Emil Schlagintweit d. Z. in Berlin St. Petersburg den 23 April / 5 Mai 1865 Geehrter Herr, Da ich heute an Herrn Prof. Weber schreibe, benutze ich die Gelegenheit Ihnen den Empfang Ihres Schreibens vom 24 April [zu bestätigen]. Ich verbinde damit die Nachricht, daß ich མང་ཇ nicht richtig aufgefaßt habe. Wo die Lexika schweigen, muß man lebende Quellen befragen. Prof. Wassiljew der mich am 6/18 April aber zu sehr ungelegener Stunde besuchte, theilte mir mit, daß es eine Theespende sei, welche bei Gelegenheit eines allgemeinen Gebets von reichen Personen an die Priester der einzelnen Vihāras veranstaltet werden. Noch muß ich bemerken, daß auch er ཅོབ་དར für verderbt ansieht. Was Sie als Titel des Werkes ansehen, sind nur Verse, welche den Eingang schmücken. Ich habe diese Verse so gut ich konnte aus Sanskrit übersetzt und sie auch Böhtlingk vorgelegt. Allein es ist ein ziemlich verworrenes Zeug. Wenn man einerseits geneigt sein sollte Pantschaçîkha für den Gandhareser König zu halten, weil auch Mrgâkhschû als Name eines Apsarasa vorkommt, so muß man doch wiederum sagen, was haben diese beiden Gestalten gemein. Daß གེ་སར der Name des Helden sein soll, scheint mir nicht ausgemacht zu sein; Z. 4 ist wohl darauf zu achten, daß wir lེན་ པར་འཆར་བའི་;ེད་པོ u. nicht འཆར་བར་;ེད་པོ haben. Hochachtungsvoll Schiefner

von ganzer Seele lebe“. Otto Böhtlingk (1815–1904) – ein Gelehrtenleben rekonstruiert anhand seiner Briefe. Wiesbaden: Harrassowitz 2017, XV, 583 S.

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980 Herrn Emil Schlagintweit d. Z. in Berlin St. Petersburg den 22 Juni/4 Juli 1865 Hochgeehrter Herr, Kurz vor meiner Abreise nach Reval muß ich Ihnen noch melden, daß mich schon vor einiger Zeit, als ich den Commentar zu Daṇḍin’s Kāvjādarça durchnahm, die zu Anfang desselben befindlichen Verse an die einleitenden Verse des von Ihnen zur Herausgabe begleitenden Werkes erinnert haben. Es sind dieselben Verse, welche Sie für den Titel des Werks gehalten u. als solche in den Sitzungsberichten vorläufig mitgetheilt hatten.81 Leider habe ich das Heft nicht zur Hand, ebenso wenig den mir wahrscheinlich von Ihnen zugesandten Separatabdruck. Im tib[etischen] Commentar lauten diese Verse: Blatt 3a Z[eile] 1 …ལ་Ÿང་མ‘ེན་པའི་མེ་ལོང་གཙང་མར་Uངས་མེད་ཆོས་