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German Pages 355 Year 1992
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 615
Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat Von
Thomas Mayen
Duncker & Humblot · Berlin
THOMAS MAYEN
Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 615
Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat Von Thomas Mayen
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Mayen, Thomas Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat / von Thomas Mayen. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 615) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07387-8 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-07387-8
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde i m Sommersemester 1991 von der Rechts wissenschaftlichen Fakultät der Universität zu K ö l n als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde i m Februar 1991 abgeschlossen; Rechtsprechung und Schrifttum sind bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. M e i n besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Stern. I m Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Institut und der Mitarbeit am Band I I I / 1 seines Werks „Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland" fand ich die Gelegenheit zur vertieften Befassung m i t den Problemen der allgemeinen Grundrechtsdogmatik; ohne die Anregungen, die ich hierdurch erhielt, und den gleichzeitig gewährten Freiraum zu eigenständiger wissenschaftlicher Arbeit hätte die Untersuchung in der vorliegenden Form nicht entstehen können. Wichtige Anregungen gab m i r auch Herr Universitätsprofessor Dr. Michael Sachs; in zahlreichen Diskussionen mit i h m hatte ich Gelegenheit zur Überprüfung meiner Thesen. Danken möchte ich auch Herrn Dr. Wolfram Höfling und Herrn Richter am Verwaltungsgericht Dr. M a x Jürgen Seibert, die für mich ebenfalls wichtige Gesprächspartner waren. Ferner gilt mein Dank Herrn Bernd Köbele, Frau Andrea Kretschmann sowie den anderen Kollegen und Mitarbeitern am Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität zu K ö l n , die m i r durch fachliche Diskussionen, durch inhaltlichen Rat und praktische Tat geholfen haben. Danken möchte ich schließlich ganz besonders herzlich meiner Frau Barbara, die vor allem durch ihre Anregungen als „erste Leserin" des Rohmanuskripts und durch ihre Hilfe in der mühevollen Schlußphase einen wesentlichen A n t e i l an dieser Arbeit hat. Die Veröffentlichung der vorliegenden Untersuchung wurde gefördert durch einen Druckkostenzuschuß des Bundesministeriums des Innern, dem ich hierfür herzlich danken möchte. Bonn, i m Januar 1992
Thomas Mayen
Inhaltsverzeichnis Einleitung
27
§1
28
Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen Untersuchungsansatzes .... I. Der tatsächliche Konflikt um den Zugang der Forschung zu staatlichen Daten 1. Der Bedarf der Forschung an staatlichen Daten — einige ausgewählte Beispiele a) Historische Forschung b) Empirische Sozialforschung c) Epidemiologische Forschung 2. Berichte über Forschungsbehinderungen durch Zugangsverweigerung II. Der Schutz des wissenschaftlichen Datenzugangs durch das einfache Recht
§2
Präzisierung der Fragestellung
28 29 29 30 31 34 37
I. Zum Begriff des „Anspruchs"
37
II. Die „Information" als Anspruchsgegenstand 1. Die Unterscheidung von unmittelbarem (direktem) und mittelbarem (indirektem) Informationsanspruch 2. Die Abgrenzung von der Öffentlichkeitsarbeit des Staates III. Die grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen als Anspruchsgrundlage IV. Eingrenzungen in bezug auf den Anspruchsverpflichteten V. Präzisierung in bezug auf die Person des Anspruchsberechtigten Erster
28
38 38 40 40 41 41
Teil
Die verfassungsrechtliche Problematik der Fragestellung
43
§3
Keine unmittelbare Verbürgung eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken
43
§4
Der Stand von Rechtsprechung und Schrifttum I. Die ablehnende Haltung in der Rechtsprechung 1. Der „typische" Argumentationsverlauf a) Die gemeinsamen Prämissen aa) Die Forschungsfreiheit als maßgeblicher verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt bb) Der Informationsanspruch als Problem originärer grundrechtlicher Leistungsansprüche cc) Die Doppelnatur des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Abwehrrecht und als objektive Wertentscheidung
45 45 46 46 46 47 47
nsverzeichnis
10
b) Die Argumente gegen die Anerkennung des Informationsanspruchs
48
aa) Die restriktive Position des Bundesverwaltungsgerichts: nur Anspruch auf derivative Teilhabe am Wissenschaftsbetrieb
49
bb) Das Kriterium der Unerläßlichkeit der staatlichen Informationsleistung
50
cc) Keine Sonderrolle des Staates beim Informationsanspruch
51
dd) Die Grundrechte anderer
52
2. Abweichende Argumentationsmuster
52
II. Der Meinungsstand im Schrifttum
53
1. Die Gegner eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken — Argumente a) Die Unbestimmtheit im Anspruchsobjekt
54
b) Der Vorbehalt des Möglichen
55
c) Die Beschränkung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auf die traditionellen Dimensionen der allgemeinen Informationsfreiheit 2. Die Befürworter eines prinzipiellen Informationsanspruchs Forschungszwecken gegenüber dem Staat
zu
55 56
a) Der „traditionelle" Ansatz: Die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Grundlage eines Leistungsrechts auf Information zu Forschungszwecken
58
b) Der „ParadigmenWechsel": Alternativen zum verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt und zur leistungsrechtlichen Konstruktion
60
aa) Alternativen punkt
im
verfassungsrechtlichen
Anknüpfungs60
bb) Der Informationsanspruch als Reaktion auf den abwehrrechtlichen Gehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG §5
54
Bilanz und kritische Würdigung
61 63
I. Zur Frage originärer Leistungsrechte bei Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
63
1. Die Eignung der „Wertentscheidung" des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Grundlage eines originären Leistungsanspruchs
64
2. Begründungsdefizite bei der Handhabung des Merkmals der „Unerläßlichkeit"
65
II. Berechtigung der Einordnung des Informationsanspruchs als Problem grundrechtlicher Leistungsansprüche
65
III. Unklarheiten über das Verhältnis von Wissenschaftsfreiheit und Informationsfreiheit
70
1. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als thematisch einschlägiges Grundrecht?
71
2. Sperrwirkungen aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit?
74
...
nsverzeichnis §6
Konsequenzen und Fortgang der Untersuchung I. Die Notwendigkeit der Erweiterung der Fragestellung gegenüber dem bisher typischen Argumentationsablauf II. Zur Rolle der Grundrechtstheorie
11 74 74 75
1. Grundrechtstheorie als notwendige Offenlegung des Vorverständnisses bei der Grundrechtsinterpretation
76
2. Grundrechtstheorie als „Deduktionsprinzip"?
77
3. Konsequenzen
78
III. Zum Fortgang der Untersuchung Zweiter
79 Teil
Der Anspruch auf Information zu Forschungszwecken durch den Staat als Gewährleistungsdimension der Wissenschaftsfreiheit
80
Erstes Kapitel
§7
Die Wissenschaftsfreiheit als thematisch primär einschlägiges Grundrecht
80
Die wissenschaftliche Informationsfreiheit als Bestandteil der Wissenschaftsfreiheit: Z u m Verhältnis von Wissenschaftsfreiheit und Informationsfreiheit
81
I. Vorgaben im Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG II. Das Prinzip der Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft als zentrale Auslegungsmaxime für Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
85 85
1. Der Inhalt des Prinzips der Eigengesetzlichkeit
86
2. Die Begründung des Prinzips der Eigengesetzlichkeit
87
a) Die Unabgeschlossenheit und Vielgestaltigkeit des tatsächlichen Phänomens „Wissenschaft"
87
b) Die bewußte Respektierung der Vielgestaltigkeit und Unabgeschlossenheit der Wissenschaft durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
88
3. Die Ausklammerung der „Vorarbeiten" als Verstoß gegen das Verbot staatlichen Wissenschaftsrichtertums
89
III. Keine Notwendigkeit zur Ausklammerung der Vorarbeiten aus dem Gesichtspunkt hinreichender Abgrenzbarkeit des Normbereichs von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
92
1. Zur Notwendigkeit positiver Abgrenzung
92
2. Untauglichkeit der Konkretisierung nach Gattungstypen
93
3. Die Einordnung in den wissenschaftlichen Denk- und Handlungskomplex
94
a) Eckdaten für eine Präzisierung der Begriffe „Wissenschaft" und „Forschung"
95
aa) Die Unbrauchbarkeit materialer im Sinne von wertender Begriffsbestimmung
95
bb) Kein (außerwissenschaftliches) Definitionsverbot
95
cc) Zum Ziel eines „neutralen" Wissenschaftsbegriffs
98
12
nsverzeichnis b) Versuch einer Begriffsbestimmung aa) Wahrheitsfindung und Erkenntnis als Ziel bb) Versuch cc) Methodengeleitetheit des Strebens um Erkenntnis dd) Nachprüfbarkeit des Vorgehens ee) Das Bemühen um Einfügung in übergeordnete Gesetzmäßigkeiten c) Die Einordnung in den wissenschaftlichen Denk- und Handlungskomplex als Kriterium zur Abgrenzung zwischen wissenschaftlicher und nicht-wissenschaftlicher Informationsbeschaffung IV. (Zwischen-)Ergebnis
§8
§9
99 100 101 102 103 103
104 105
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als lex specialis für den Schutz der wissenschaftlich benötigten Informationen
105
I. Keine Verdrängung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG im Falle der Existenz eines allgemeinen Informationsanspruchs
106
II. Keine Sperrwirkung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG 1. Keine Anhaltspunkte im Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG 2. Fehlende Überzeugungskraft der Gegenargumente a) Das Argument der fehlenden Abgrenzbarkeit b) Das Privilegierungs-Argument
106 106 107 107 108
Ergebnis des ersten Kapitels und Fortgang der Untersuchung
109
Zweites Kapitel Der Informationsanspruch zu Forschungszwecken als Folge der abwehrrechtlichen Seite des A r t . 5 Abs. 3 Satz 1 GG
111
§ 10 Z u r Bedeutung der abwehrrechtlichen Dimension des A r t . 5 Abs. 3 Satz 1 GG
112
I. Zur thematischen Reichweite des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Abwehrrecht
112
II. Der Abwehranspruch als Bestandteil der abwehrrechtlichen Dimension des Art. 5 Abs. 3 Satz 1
113
§ 1 1 Ansatzmöglichkeiten für eine abwehrrechtliche Begründung des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken
115
I. Allgemeine Voraussetzungen für die Eröffnung des grundrechtlichen Abwehranspruchs 1. Unbeachtlichkeit der äußeren Form des beanspruchten staatlichen Verhaltens 2. Der Grundrechtseingriff als Mindestvoraussetzung 3. Grundrechtseingriff und Grundrechtsverletzung — zur Bedeutung der Rechtswidrigkeit des Grundrechtseingriffs a) Die Unterscheidung von Schutzbereich und effektivem Garantiebereich der Grundrechte aa) Der grundrechtliche Schutzbereich bb) Der effektive Garantiebereich b) Die Bedeutung von Grundrechtseingriff und Grundrechtsverletzung für den Abwehranspruch
115 115 115 116 116 117 118 119
nsverzeichnis II. Begründungsanforderungen für eine abwehrrechtliche Konstruktion des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken 1. Zum Begriff des Grundrechtseingriffs a) Der traditionelle Eingriffsbegriff b) Die Ausweitung des traditionellen Eingriffsbegriffs aa) Die Ausdehnung auf sog. faktische und mittelbare Grundrechtseingriffe bb) Unterlassen als Grundrechtseingriff 2. Drei denkbare Ansätze für eine abwehrrechtliche Begründung des Informationsanspruchs a) Das Unterlassen der Informationsgewährung als Grundrechtseingriff b) Die Informationsverweigerung als faktisches (indirektes) Forschungsverbot c) Die Informations-"Leistung" als Beseitigung eines vorausgegangenen Verbots wissenschaftlicher Eigeninformation (Zwischen-)Ergebnis: § 12 Problemabschichtung: Nicht-tragfähige Begründungsansätze I. Das Unterlassen der Information als Grundrechtseingriff 1. Unterlassen als Grundrechtseingriff — eine nur nominell abwehrrechtliche Konzeption 2. Beibehaltung der grundsätzlichen Trennung von Abwehr- und Leistungsanspruch Ergebnis: II. Die Informationsverweigerung als faktisches Forschungsverbot? § 13 Berechtigung der abwehrrechtlichen Konstruktion für die Fälle des indirekten Informationsanspruchs I. Die Schlüssigkeit des Konzepts 1. Die (indirekte) Informationsgewährung als abwehrrechtlich gebotene Störungsbeseitigung 2. Mögliche Einwände a) Die Behörde oder der Gesetzgeber als Anspruchsgegner? b) Der grundsätzliche Spielraum des Staates bei der Erfüllung der Beseitigungspflicht c) Untrennbare Verbindung zwischen direkter und indirekter Information? d) Informationsanspruch und Gesetzesvorbehalt (Zwischen-) Ergebnis II. Berechtigung der Prämisse 1. Die Problematik der Prämisse a) Die Eigeninformation aus staatlichen Datenbeständen als Sonderform der Nutzung öffentlicher Einrichtungen und Sachen b) Die überwiegend leistungsrechtliche Betrachtungsweise für die Fälle der Nutzung öffentlicher Einrichtungen und Sachen c) Die Gründe für die Zurückweisung abwehrrechtlicher Konstruktionen für die Fälle der Nutzung öffentlicher Einrichtungen und Sachen aa) Natürliche Freiheit oder staatlich geschaffenes Recht? ....
13
119 120 120 122 122 123 125 125 125 126 128 128 128 129 130 132 132 134 136 136 137 138 139 140 142 145 145 146 147 148
151 152
nsverzeichnis bb) Die fehlende Einwilligung des öffentlichen Sachherrn .... 152 cc) Das „Wann" und „ W o " der Freiheitsbetätigung 153 dd) Das Argument der Anstaltsgewalt 154 2. Stellungnahme 155 a) Ist die Benutzung öffentlicher Einrichtungen und Sachen als Ausübung „natürlicher" Freiheit darstellbar? 155 aa) Die Unerheblichkeit des staatlichen Zulassungsaktes für die Frage der „natürlichen" Freiheit 156 bb) „Natürliche" Freiheit als voraussetzungslose Freiheit? .... 157 (Zwischen-)Ergebnis: 160 b) Begrenzung des Schutzbereichs auf „erlaubte" Nutzungen? ... 161 aa) Das zugrundeliegende Konzept einer engen Tatbestandstheorie 161 (1) Allgemeine grundrechtsdogmatische Konzepte 161 (2) Enge Tatbestandskonzeptionen speziell für Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG 162 (a) Die Position von Pieroth / Schlink 162 (b) Die Position von Lerche 163 (c) Die Position von Wahl 164 (3) Bedeutung für die Fälle des indirekten Informationsanspruchs zu Forschungszwecken 165 bb) Die Gegenkonzeption eines weiten Tatbestandskonzepts 165 cc) Kritik und Stellungnahme 166 (1) Die allgemeine Rechtsordnung als Grenze des grundrechtlichen Schutzbereichs bei Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG? 167 (2) Verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen Dritter als Grenze des grundrechtlichen Schutzbereichs? 169 (3) Zur Sonderposition von Wahl 173 Ergebnis: 173 c) Zur Möglichkeit der Ausgrenzung des „Wann" und „ W o " der Freiheitsbetätigung aus dem grundrechtlichen Schutzbereich 173 aa) Friedrich Müllers „Theorie der sachspezifischen Modalitäten" 174 bb) Würdigung 176 Ergebnis: 178 d) Keine Einengung des grundrechtlichen Schutzbereichs unter dem Gesichtspunkt des „besonderen Gewaltverhältnisses" 178 3. (Zwischen-) Ergebnis: 179 III. Zusammenfassung der Ergebnisse von § 13 § 14 Voraussetzungen und Schranken anspruchs zu Forschungszwecken
des
(indirekten)
180 Informations-
I. Die Voraussetzungen des indirekten Informationsanspruchs zu Forschungszwecken 1. Information durch aktive Informationsbeschaffung 2. Die Einfügung der Informationsbeschaffung in ein konkretes Forschungsvorhaben 3. Keine Einschränkungen in Hinblick auf die Person des Anspruchsberechtigten
181 181 182 182 182
nsverzeichnis II. Die Schranken des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken bei Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG 1. Zu den Schranken der Forschungsfreiheit im allgemeinen 2. Die Schranken des aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG abgeleiteten Informationsanspruchs a) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aa) Inhalt und Schranken bb) Kollisionsfälle (1) Scheinkollisionen (a) Anonymisierung als Grenze des Schutzbereichs (b) Die Einwilligung als Schutzbereichsgrenze (c) Kein Schutz für bestimmte Datenarten? (2) Fälle „echter" Kollision zwischen Forschungsfreiheit und informationeller Selbstbestimmung cc) Einige Leitlinien zur Kollisionslösung (1) Das Gefahrenpotential für den Betroffenen (a) Der Verwendungszusammenhang als Indikator für das zu erwartende Gefahrenpotential (b) Besonderheiten des Verwendungszwecks beim Informationszugriff zu Forschungszwecken (c) Hypothetische Verwendungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten (d) Die Mißbrauchsgefahr (e) Die Sensibilität der Daten als abwägungsrelevanter Gesichtspunkt? (2) Das Ausmaß der Behinderung des Forschungsvorhabens (3) Die Bedeutung eines Forschungsvorhabens für die Allgemeinheit (4) Zur Rolle des Gesetzesvorbehalts b) Die Sicherheit des Staates als Schranke des Informationsanspruchs c) Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung als Schranke des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken d) Die Bestimmungsbefugnis des Staates über seine Datenbestände als Schranke des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken Ergebnis
15
184 184 190 191 192 193 193 193 196 199 199 200 200 201 202 204 204 206 207 208 210 210 212 214 217
Drittes Kapitel Der Informationsanspruch zu Forschungszwecken als Folge leistungsrechtlicher Gehalte des Art. 5 Abs. 3 Satz I GG? § 15 Die Information zu Forschungszwecken als „Leistung" I. Die Beschränkung der leistungsrechtlichen Problematik auf die Fälle der direkten Information 1. Zum Begriff des „Leistungsanspruchs" 2. Konsequenzen für die Einordnung des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken II. Weitere Eingrenzungen 1. Der Informationsanspruch als materieller Leistungsanspruch i.e.S. 2. Originärer oder derivativer Leistungsanspruch?
218 218 218 218 219 220 221 222
16
nsverzeichnis
§ 16 Die besondere Problematik eines „Leistungsrechts auf staatliche Information zu Forschungszwecken" I. Die allgemeine Fragestellung II. Rechtsprechung und Schrifttum im Überblick 1. Der Stand der Diskussion um die leistungsrechtliche Seite der Wissenschaftsfreiheit a) Das Hochschul-Urteil des Bundesverfassungsgerichts b) Die zurückhaltende Rezeption der Entscheidung 2. Die allgemeine Diskussion um die Leistungsrechte a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts b) Die Stellungnahmen im Schrifttum III. Die Schwierigkeiten einer Begründung grundrechtlicher Leistungsansprüche 1. Die Unterscheidung zwischen der Realisierung von Freiheit als Staatsaufgabe und als Anspruchsgegenstand 2. Sachliche Bedenken a) Die spezifische Unbestimmtheit verfassungsunmittelbarer Leistungsansprüche b) Die Knappheit der staatlich verfügbaren Mittel c) Die Unvereinbarkeit mit der Freiheit des Leistungsempfängers 3. Zum Stellenwert der Schwierigkeiten 4. (Zwischen) Ergebnis IV. Konsequenzen für den Informationsanspruch zu Forschungszwecken 1. Modifikation der leistungsrechtlichen Problematik beim Informationsanspruch zu Forschungszwecken a) Die prinzipielle Verfügbarkeit der Ressource „Information" ... b) Bestimmtheitsprobleme aa) Keine ausreichende Festlegung der Art der zur Gewährleistung realer Forschungsfreiheit einzusetzenden Mittel bb) Unbestimmtheit des Anspruchsobjekts „Information"? .... cc) Zusammenfassung 2. Begründungsanforderungen für die Ableitung eines Informationsanspruchs aus der Wissenschaftsfreiheit V. Zum Fortgang der Untersuchung § 17 Der objektiv-rechtliche Gehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Grundlage eines Leistungsrechts auf Information zu Forschungszwecken I. Inhalt und Eigenart des objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalts 1. Der objektiv-rechtliche Grundrechtsgehalt als normierter Inhalt der Grundrechtsbestimmung 2. Inhalt und Wirkungsweise: Der objektiv-rechtliche Gehalt der Grundrechtsbestimmungen als verbindliche Grundentscheidung für das jeweils grundrechtlich geschützte Rechtsgut a) Allgemeines b) Die Pflicht zur Gewährleistung realer Freiheit im besonderen II. Die Eignung des objektiv-rechtlichen Gehalts der Grundrechtsbestimmungen als Grundlage eines Leistungsanspruchs auf Information zu Forschungszwecken
224 225 225 226 226 228 229 229 230 232 232 235 235 238 240 240 242 243 243 243 244 245 247 247 247 249 250 251 252
253 253 255
256
nsverzeichnis 1. Bedingungen für die Begründung eines solchen Leistungsanspruchs a) Die prinzipielle Offenheit und Unbestimmtheit des objektivrechtlichen Gehalts der Grundrechtsbestimmungen b) Die Frage der Subjektivierbarkeit des objektiv-rechtlichen Gehalts der Grundrechtsbestimmungen c) Zum Verhältnis beider Voraussetzungen zueinander 2. Zur Möglichkeit einer Präzisierung des objektiv-rechtlichen Gehalts der Wissenschaftsfreiheit a) Bedingungen einer Präzisierung b) Erste Möglichkeit: Staatliche Pflicht zur Gewährleistung eines Optimums freier Forschungstätigkeit (sog. Optimalstandard)? ... c) Zweite Möglichkeit: Verpflichtung des Staates zur Herstellung eines (absoluten) Mindeststandards freier Forschung d) Dritte Möglichkeit: Staatliche Verpflichtung zur Herstellung eines bestimmten qualitativen und / oder quantitativen Zustands von Forschung III. Ergebnis § 18 Das Leistungsrecht auf Information zu Forschungszwecken als Folge einer in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Einrichtungsgarantie? I. Der Zusammenhang zwischen Leistungsrechten und Einrichtungsgarantien 1. Rechtsprechung und Schrifttum im Überblick 2. Zum Begriff der Einrichtungsgarantie a) Berechtigung der „klassischen" Bedeutung der Einrichtungsgarantien b) Ablehnung der erweiternden Konzeptionen aa) Ablehnung eines institutionellen Grundrechtsverständnisses bb) Keine Ausdehnung der Garantieobjekte auf gesellschaftliche Sachverhalte cc) Keine Erweiterung der Einrichtungsgarantien auf künftig zu schaffende Garantieobjekte 3. Konsequenzen für den Zusammenhang von Einrichtungsgarantien und Leistungsansprüchen II. Der Informationsanspruch zu Forschungszwecken als Institutionsgewährleistungsanspruch? 1. Die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Einrichtung 2. Die Information als notwendiges Mittel der Funktionsgewährleistung? III. Ergebnis § 19 Das Leistungsrecht auf Information zu Forschungszwecken als Folge eines Zusammenspiels von A r t . 5 Abs. 3 Satz 1 GG mit dem Demokratieprinzip? I. Das Demokratiegebot als Grundlage einer durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG subjektivierten Informationspflicht 1. Die unbestreitbaren Bezüge des Demokratiegebots zur Öffentlichkeit des Staatshandelns 2. Die fehlende Gleichsetzung von Öffentlichkeit und Informationsanspruch 2 Mayen
17 256 257 258 260 261 261 262 269
270 273 274 274 274 277 277 279 279 281 282 282 283 283 284 285
285 286 287 288
nsverzeichnis
18
II. Demokratisch-funktionale Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
289
1. „Vorbilder" bei den Befürwortern eines Informationsanspruchs der Presse
289
2. Übertragbarkeit auf die Wissenschaftsfreiheit?
290
3. Kann diese Argumentation einen konkreten Anspruch auf direkte Information begründen?
291
§ 20 Die Verbindung von Wissenschaftsfreiheit und Sozialstaatsprinzip als Grundlage?
291
§ 21 Das Leistungsrecht auf Information zu Forschungszwecken als Folge einer „öffentlichen Aufgabe" der Wissenschaft?
292
I. Wissenschaft als „öffentliche Aufgabe" II. Die „öffentliche Rechtsfigur?
Aufgabe"
als anspruchsbegründende
293 normative 293
Zusammenfassung der Ergebnisse des 3. Kapitels
Dritter
295
Teil
Weitere Anspruchsgrundlagen § 22 Zensurverbot und Petitionsrecht I. Das Zensurverbot (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG) II. Das Petitionsrecht (Art. 17 GG)
296 297 297 298
§ 23 Die Informationsfreiheit als Grundlage eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken?
299
I. Die Offenheit der Informationsfreiheit für den Informationszweck „Forschung"
299
II. Vorrang des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für die Fälle des indirekten Informationsanspruchs
300
III. Die Informationsfreiheit als Grundlage eines direkten Informationsanspruchs zu Forschungszwecken?
301
1. Keine Begründung eines Auskunftsanspruchs durch den Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG
302
2. Anhaltspunkte für eine rein abwehrrechtliche Konzeption der Informationsfreiheit in der Entstehungsgeschichte
304
3. Zur Möglichkeit eines Auskunftsanspruchs als ungeschriebenem Bestandteil des Normbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG
305
a) Zum Stellenwert von Wortlaut und Entstehungsgeschichte ....
305
b) Bedingungen für die Anerkennung einer leistungsrechtlichen Seite des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG
306
c) Zum Merkmal der „allgemein zugänglichen Quellen"
307
d) Gründe gegen die Ableitung eines auf Auskunfterteilung gerichteten Leistungsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG IV. Ergebnis
309 310
nsverzeichnis
19
§ 24 Die Meinungsfreiheit als Grundlage eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken?
310
Gesamtergebnis des dritten Teils
312 Vierter
Teil
Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung
313
Literaturverzeichnis
317
Stichwortverzeichnis
347
Abkürzungsverzeichnis a. Α.
anderer Ansicht
aaO
am angegebenen Ort
ABL
Amtsblatt
Abs.
Absatz
AfK
Archiv für Kommunalwissenschaften
AfP
Archiv für Presserecht
AK-GG
Alternativkommentar zum Grundgesetz
allgem.
allgemein(e)
Alt.
Alternative
Anm.
Anmerkung
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts (bis 2.6.1910: für öffentliches Recht)
Art.
Artikel
ASchO
Allgemeine Schulordnung
Aufl.
Auflage
BArchG
Bundesarchivgesetz
Bay Archi vG
Bayerisches Archivgesetz
BayKrG
Bayerisches Krankenhausgesetz
BayVBl.
Bayerische Verwaltungsblätter
BayVerfGH
Bayerischer Verfassungsgerichtshof
BayVGH
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
BayVGH n. F.
amtliche Entscheidungssammlung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs — neue Fassung
Bd. BDSG
Band Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung — Bundesdatenschutzgesetz
bes.
besonders
Beschl.
Beschluß
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Β undesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BK
Bonner Kommentar
BremKHDSG
Bremisches Krankenhausdatenschutzgesetz
BremSchulDSG
Bremisches Schuldatenschutzgesetz
Bspr.
Besprechung
Abkürzungsverzeichnis
21
BStatG
= Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz)
BT-Drucks. BVerfG BVerfGE
= Drucksachen des Deutschen Bundestages = Bundesverfassungsgericht = Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerfGG
bzw.
= Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) = Bundesverwaltungsgericht = Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts = Baden-Württemberg = bezüglich = Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) = beziehungsweise
CuR DDR dems./dens.
= Computer und Recht = Deutsche Demokratische Republik = demselben / denselben
ders. DGfE
= derselbe = Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft
d. h. dies. diff. Diss. DJT DJZ DÖV Dok.BArchG
= = = = = = = =
DtscherBTag DuD DV
= Deutscher Bundestag = Datenschutz und Datensicherung = Die Verwaltung
DVB1. DVR d. w. E ebda. EGGVG Erl. EuGRZ EvStL f. FamRZ FAZ ff.
= = = = = = = = = = = = =
BVerwG BVerwGE BW bzgl. BZRG
das heißt dieselbe(n) differenzierend Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Die Öffentliche Verwaltung Gesetzesdokumentation zum Bundesarchivgesetz (= Veröffentlichte Gesetzesmaterialien Nr. 23 des Parlamentarchivs des Deutschen Bundestages)
Deutsches Verwaltungsblatt Datenverarbeitung im Recht des weiteren Entscheidung ebenda Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Erläuterung(en) Europäische Grundrechte-Zeitschrift Evangelisches Staatslexikon folgend(e) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende
22
Abkürzungsverzeichnis
FGO Fn.
= Finanzgerichtsordnung
G GA GBO GewArch
= = = = =
GG
= Fußnote Gesetz Goldammer's Archiv für Strafrecht Grundbuchordnung Gewerbearchiv Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949
GGO
= Gemeinsame Geschäftsordnung für die Bundesministerien
GOO
= Gemeinsame Geschäftsordnung der Obersten Bundesbehörden
grds. GVB1.
= grundsätzlich = Gesetz- und Verordnungsblatt
GVB1.NW
= Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land NordrheinWestfalen = Gerichtsverfassungsgesetz = Hauptausschuß = Herrenchiemseer Entwurf = Handbuch des Deutschen Staatsrechts
GVG HA HChEntw. HdbDStR HdbStR HdbVerfR HdbWissR HDSW Hess. / hess. Hess. DSchG HessLPG Hess. V G H HGB HKWP HRG Hrsg. HS. i. e. i. E. i. e. S. i. Grds. insbes. i. O. i. S. (d.) (v.) i. ü. IuR i. V. m. i. w. S. JA
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
Handbuch des Staatsrechts Handbuch des Verfassungsrechts Handbuch des Wissenschaftsrechts Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Hessisch, hessisch(er) Hessisches Datenschutzgesetz Hessisches Landespressegesetz Hessischer Verwaltungsgerichtshof Handelsgesetzbuch Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis Hochschulrahmengesetz Herausgeber Halbsatz im einzelnen im Ergebnis im engeren Sinne im Grundsatz insbesondere im Original im Sinne (der, des) (von) im übrigen Informatik und Recht in Verbindung mit im weiteren Sinn Juristische Arbeitsblätter
Abkürzungsverzeichnis JB1. jew.
= Juristische Blätter = jeweils
Jg. JK JöR n. F.
= Jahrgang = Jura-Kartei = Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Neue Folge (1951 ff.) = Juristische Schulung = Juristenzeitung = Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz — Informationen zum Hochschulrecht = Konkursordnung = Krebsregistergesetz = Krebsregistergesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12.2.1985 = Kritische Justiz = Landesarchivgesetz = Landesdatenschutzgesetz Rheinland-Pfalz = Landesdatenschutzgesetz = Landgericht = Landesmediengesetz = Landespressegesetz = linke Spalte = Landesstatistikgesetz = Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28.6.1950 = mit anderen Worten = Meldegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen = Mitteilungen des Hochschulverbandes = Melderechtsrahmengesetz = mit weiteren Nachweisen = Nachweis(e) = Niedersachsen / niedersächsisch = neue Fassung / neue Folge = Neue Juristische Wochenschrift = Natur und Recht = Nummer = Nordrhein-Westfalen = Neue Zeitschrift für Strafrecht = Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht = NVwZ-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht = Nordrhein-Westfalen = Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter = Öffentliche Verwaltung und Datenverarbeitung = Oberlandesgericht = Oberverwaltungsgericht
JuS JZ KMK-HSchR KO KRG KRG N W KritJ LArchG LDatG Rh.-Pf. LDSG LG LMedienG LPG 1. Sp. LStatG LVerfNW m. a. W. MG NW MittHV MRRG m. w. N. Nachw. Nds. n. F. NJW NuR Nr. NRW NStZ NVwZ NVwZ-RR NW NWVB1. ÖVD OLG OVG
23
24
Abkürzungsverzeichnis
OVGNW
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
OVG Rh.-Pf. Pari. Rat Pari. Rat, GrdsA. Pari. Rat, HA, Sten. Ber.
Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz Parlamentarischer Rat Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Grundsatzfragen Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Stenographische Berichte) 1948/49
PRG Hessen PStG RdJ Rdnr. Rh.-Pf. RiStBV
Hessisches Gesetz über Freiheit und Recht der Presse Personenstandsgesetz Recht der Jugend und des Bildungswesens Randnummer Rheinland-Pfalz Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren
r. Sp. Rspr. S. s.
rechte Spalte Rechtsprechung Seite siehe Saarländisch Saarländisches Gesetz über das Krebsregister vom 17.1.1979 scilicet (= nämlich) Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz sogenannt Spalte subjektiv sub voce (= unter dem Stichwort) Schleswig-Holstein Schulordnungsgesetz Schulgesetz Zeitschrift für Standesamtswesen Stenographische Berichte Strafgesetzbuch Straßenverkehrsgesetz und andere / unter anderem und ähnliche(s) umstritten unstreitig Umwelt- und Planungsrecht und so weiter unter Umständen und viele andere vom/von Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg
Saarl. Saarl. KRG seil. SGB SGG sog. Sp. subj. s. V. Schi. Holst. SchOG SchulG StAZ Sten. Ber. StGB StVG u. a. u. ä. umstr. unstr. UPR usw. u. U. u. v. a. V.
VB1BW
Abkürzungsverzeichnis VersR
Versicherungsrecht
VerwArch
Verwaltungsarchiv
VerwR
Verwaltungsrecht
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
vglbar
vergleichbar
Vorb(em).
Vorbemerkung
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WissR
Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, Wissenschaftsförderung. Zeitschrift für Recht und Verwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen und der wissenschaftspflegenden und -fördernden Organisationen und Stiftungen
w. Nachw.
weitere Nachweise
WRV
Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919 (Weimarer Reichsverfassung)
WuV
Wirtschaft und Verwaltung
zahlr.
zahlreich(en)
ζ. B.
zum Beispiel
ZfP
Zeitschrift für Pädagogik
ZfS
Zeitschrift für Soziologie
Ziff.
Ziffer
zit.
zitiert
ZPO
Zivilprozeßordnung
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
Zschr.
Zeitschrift
ζ. T .
zum Teil
25
Ergänzend wird auf H. Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl. 1983, verwiesen
Einleitung Die i n den 70er Jahren verstärkt aufkommende Diskussion u m den Datenschutz hat — neben vielem anderen — auch einer Frage zum Durchbruch verholfen, die bis dato nur in Ansätzen diskutiert worden war: der Frage nach der Existenz von Informationsansprüchen für die wissenschaftliche Forschung gegenüber dem Staat. Die Bezeichnung „Informationsanspruch" wurde bald als gemeinsamer Begriff für eine Reihe recht unterschiedlicher Fallgruppen verwendet 1 , angefangen von der Auskunft durch staatliche Institutionen über die Einsichtnahme i n Behördenakten 2 , Register und A r c h i v e 3 bis hin zum Zutritt i n staatliche Schulen 4 , Justizvollzugsanstalten 5 usw. zum Zwecke der Durchführung eigener Erhebungen (durch Befragung, teilnehmende Beobachtung und anderes mehr). Synonym hierzu verwendete man teilweise auch die Bezeichnung „Recht auf Datenzugang" 6 . I n der vorliegenden Arbeit w i r d versucht, der Frage nach der Existenz derartiger Ansprüche unter einem speziellen B l i c k w i n k e l , nämlich dem des Verfassungsrechts, systematisch nachzugehen. Dieser Aspekt wurde zwar bislang i n nahezu allen einschlägigen Stellungnahmen—einschließlich der Äußerungen von betroffener nicht-juristischer Forschungsseite 7 — angesprochen; monographische Un1 In diesem übergreifenden Sinne findet sich der Begriff etwa bei W. Berg, JöR n. F. Bd. 33 (1984), S. 63 (90 f.); ders., in: J.-M. Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, 1987, S. 30 (38); ders., CuR 1988, 234 (237); G. Borchert, DVR Bd. 6 (1977), S. 345 (348); Bull / Damman, DÖV 1982, 213 (214, 216); H. H. Klein, DÖV 1962, 41 (44); W. Schmitt Glaeser, in: Eser / Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt, 1976, S. 77 (82, 86); ders., WissR Bd. 7 (1974), S. 107 (121, 133); Chr. Starck, in: v. Mangoldt / Klein, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 229; B. Ziegler-Jung, DVR Bd. 8 (1979), S. 193 (194, 197). 2 So etwa W. Bayer, JuS 1989, 191 (192). 3 Vgl. etwaM. Lepper, DVB1. 1963, 315 (316). 4 Insofern verwendet den Terminus „Informationsanspruch" etwa Quilisch / Schober, Bildungsforscher in der Schule, S. 39, 40 und öfter; J. Scherer, in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 92. 5 Hierfür u. a. verwendet bei W. Berg, JöR n. F. Bd. 33 (1984), S. 63 (90). 6 J. Scherer, in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 92; C.E. Eberle, ZfS Jg. 10 (1981), S. 196 (205); ähnlich Bull ! Dammann, DÖV 1982, 213 (215). 7 Vgl. etwa K. Ingenkamp, in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 52 (61 ff.); ders., in: Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (Hrsg.), Die Behinderung der erziehungswissenschaftlichen Forschung, 1980, S. 171 (173 ff.); G. Otto, in: Avenarius / Ingenkamp / Otto, Forschung und Lehre sind frei, 1980, S. 7 ff.; Β ick / Müller, Probleme der Nutzung prozeß-produzierter Daten, S. 44; E. K. Scheuch, in: Kaase u. a. (Hrsg.), aaO., 1980, S. 252 (266). Vgl. femer die Nachweise über entsprechende Argumentationen bei den in der Studie von M. Brüsten u. a. (Freiheit der Wissen-
28
Einleitung
tersuchungen zu diesem Thema gerade unter dem spezifisch verfassungsrechtlichen Aspekt, wie sie etwa für die Informationsansprüche
der Presse
in
vergleichsweise großer Zahl durchgeführt wurden 8 und wie sie nunmehr etwa für datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche 9 zunehmend zu registrieren sind, fehlen hingegen immer n o c h . 1 0
§ 1 Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen Untersuchungsansatzes Abgesehen von dieser literarischen „ L ü c k e " rechtfertigt sich eine Untersuchung der Frage nach einem verfassungsrechtlichen Informationsanspruch zu Forschungszwecken auch durch die Sache selbst. Ursache für die Reklamation eines solchen Informationsanspruchs ist der i n der Forschungspraxis häufig zu beobachtende K o n f l i k t zwischen dem zunehmenden Bedarf der Forschung an staatlichen Daten auf der einen und einer insoweit oft restriktiven Behördenpraxis auf der anderen Seite, die i n vielen Fällen zum Scheitern von Forschungsprojekten führte (I); da das „einfache" Recht unterverfassungsrechtlicher Qualität insoweit — i m Unterschied etwa zu den speziellen Informationsansprüchen der Landespressegesetze — bis auf wenige Ausnahmen einen speziellen Informationsanspruch für die Forschung nicht vorsieht (II), kann hier allein das Verfassungsrecht als Anspruchsgrundlage i n Betracht kommen.
I. Der tatsächliche Konflikt um den Zugang der Forschung zu staatlichen Daten 1. Der Bedarf der Forschung an staatlichen — einige ausgewählte Beispiele
Daten
A u f den Zugang zu staatlichen Datenbeständen sind Wissenschaft und Forschung heute i n vielfältiger Weise und i n zunehmendem Umfang angewiesen. V o r allem für die empirisch arbeitende Forschung zählt die Arbeit m i t staatlichen Daten der oben umschriebenen A r t mittlerweile zum methodischen Standard; ohne Nutzung solcher Daten könnten viele Fragestellungen nicht untersucht schaft — Mythos oder Realität?, S. 180 ff., 248 ff.) befragten Wissenschaftlern. Siehe schließlich auch den besonderen Stellenwert, den die Wissenschaftsfreiheit in den Thesen der Abschlußberatung im Rahmen der Kolloquienreihe „Datenzugang und Datenschutz" einnahm (Abdruck bei Kaase u. a. [Hrsg.], Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 283 ff. [bes. S. 285]). s Vgl. hierzu die Nachw. in § 5 I I (Fn. 10). 9 Vgl. hierzu die Nachw. in § 5 I I (Fn. 11). w Zu den eingehenderen verfassungsrechtlichen Erörterungen der Thematik vgl. die Nachw. unten § 4 I I (Fn. 46).
§ 1 Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen Untersuchungsansatzes
29
werden. U m das Ausmaß, i n dem heute von der Forschung auf staatliche Daten zugegriffen wird, vor Augen zu führen, sollen hier zunächst einige Beispiele vorangestellt werden. a) Historische Forschung Seit jeher vertraut ist die Arbeit m i t staatlichen Datenbeständen von der historischen Forschung. Die in den öffentlichen Archiven, dem „Gedächtnis des Staates" (Novalis),
verwahrten Archivalien — aus dem Verwaltungsgang ausgesonderte
Behördenakten, Urkunden, Lichtbilder usw. — lieferten schon immer eine wichtige Grundlage für die Erforschung der Geschichte. 1 1 Insbesondere Forschungen zur Gegenwartsgeschichte — etwa über Entnazifizierung, Wiedergutmachung und Lastenausgleich — sind ohne Rückgriff auf staatliche Akten nicht möglich; von besonderem Interesse dürften künftig auch die umfangreichen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der D D R sein. Für die sozialgeschichtliche Forschung sind ζ. B. die in den Personenstandsbüchern geführten Heiratsund Geburtenbücher wichtige Forschungsquellen.
b) Empirische Sozialforschung Ein wichtiger Datenlieferant ist die öffentliche Verwaltung auch für die empirische Sozialforschung
12
.
Während dies für die Methode der Eigen- oder Primärer-
hebung in staatlichen Institutionen (ζ. B. durch Befragungen und Tests von Schülern in der Schule, durch sog. teilnehmende Beobachtung am Unterricht oder an staatlichen Entscheidungsprozessen wie etwa der Beratung eines gerichtlichen Spruchkörpers) bereits eine vergleichsweise längere Tradition hat, ist die Nutzung sog. prozeß-produzierter
Daten erst seit den 70er Jahren verstärkt zu beobach-
t e n 1 3 . Hierbei handelt es sich u m Aufzeichnungen öffentlicher oder privater Organisationen, die i m Rahmen ihrer Tätigkeit — und nicht (nur) zum Zwecke wissenschaftlicher bzw. statistischer Auswertung — erhoben wurden. 1 4 Diese Daten werden von der wissenschaftlichen Forschung auf zwei unterschiedliche Arten genutzt: 11 Dies wurde auch in der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum BArchG so niedergelegt (Vgl. Dok. BArchG, S. 14) und kommt in § 3 BArchG unmittelbar zum Ausdruck. 12 Dazu zählen alle Wissenschaften, die gesellschaftliche Sachverhalte mit empirischen Methoden untersuchen (ζ. B. Kriminologie, empirische Psychologie, Rechtssoziologie). Insofern ist auch von einem „Wandel im Datenbedarf 4 die Rede; vgl. P. J. Müller, in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 10. 14 Zum Begriff der prozeß-produzierten Daten vgl. Bich! Müller, in: P. J. Müller (Hrsg.), Die Analyse prozeß-produzierter Daten, 1977, S. 42; dies., Probleme der Nutzung prozeß-produzierter Daten, 1982, S. 9; P. J. Müller, in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 10.
Einleitung
30
— Die sog. Akten- oder auch Dokumentanalyse:
Bei dieser Form werden die
Verwaltungsdaten als Beschreibung des v o m Forscher untersuchten Sachverhalts, m. a. W . als Analyse-Daten anstelle eigener Erhebungen genutzt. 1 5 Diese Nutzungsform findet sich besonders häufig i n der politikwissenschaftlichen und i n der Rechtstatsachenforschung, namentlich auch i n der K r i m i n o l o gie 1 6 . Typische Forschungsdesigns bestehen etwa darin, i m Wege der Aktenanalyse
Erkenntnisse
über
die
Kriterien
zu
gewinnen,
nach
denen
beispielsweise die Staatsanwaltschaften über Anklageerhebung oder Verfahrenseinstellung entscheiden 1 7 . — Die Nutzung prozeß-produzierter Daten als Ausgangsmaterial benziehung und nachfolgende
Befragung
18
:
für
Stichpro-
Derartige Stichproben sollen i n
bezug auf die jeweils interessierenden Merkmale ein möglichst wirklichkeitsgetreues A b b i l d der (nur durch eine Vollerhebung zu ermittelnden) Grundgesamtheit darstellen; 1 9 hierfür müssen die einzelnen Elemente der Stichprobe bestimmte Eigenschaften aufweisen, die sie i n diesem Sinne als „repräsentat i v " erscheinen lassen. U m eine ausreichende Zahl von Mitgliedern einer solchen Merkmalsgruppe (ζ. B. Schüler der Schule X oder Schüler der Schulen aus dem Räume X m i t Eltern einer bestimmten Altersgruppe Y ) zum Zwecke späterer Befragung ermitteln zu können, bedarf es sehr häufig des Rückgriffs auf Daten der Melderegister bzw. der Statistiken der statistischen Ämter.20 c) Epidemiologische Forschung A l s letztes Beispiel sei hier die epidemiologische
Forschung
21
genannt. A u c h
diese Forschungsrichtung greift neben der Eigenerhebung i n zunehmendem Maße
is Vgl. hierzu Bick / Müller, in: P. J. Müller (Hrsg.), Die Analyse prozeß- produzierter Daten, 1977, S. 42 ff.; dies., Probleme der Nutzung prozeß- produzierter Daten, 1982, S. 47; P. J. Müller, in: Kaase (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 10 (11, 12 f.); D. Dölling, in: Kury (Hrsg.), Methodologische Probleme in der kriminologischen Forschungspraxis, 1984, S. 265 (266 ff.). 16 Hierzu unmittelbar etwa W. Steffen, in: P. J. Müller (Hrsg.), Die Analyse prozeßproduzierter Daten, 1977, S. 89 ff.; D. Dölling, in: Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, 1987, S. 273 (274 ff.). π Weitere Beispiele bei W. Steffen, aaO, S. 97 ff., und D. Dölling, in: Jehle (Hrsg.), aaO, S. 275. is Zu dieser zweiten Nutzungsform vgl. P. J. Müller, DSWR 1974, 1 (5 ff.); ders., in: Kaase (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 10 (10f.); Bick!Müller, Probleme der Nutzung prozeß-produzierter Daten, 1982, S. 46. C- E. Eberle bezeichnet diese Daten als „Verwaltungsdaten" (ZfS Jg. 10 [1981], S. 196 [199]). 19 Vgl. etwa Haagen / Seifert, Methoden der Statistik für Psychologen, Bd. II, S. 18. 20 Bick / Müller, Probleme der Nutzung prozeß-produzierter Daten, S. 46; P. J. Müller, in: Kaase (Hrsg.), aaO, S. 11; C.-E. Eberle, ZfS Jg. 10 (1981), S. 196 (199); Blien! Papastefanou, CuR 1988, 935 (937).
§ 1 Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen U n t e r s u c h u n g s a n s a t z e s 3 1 auf prozeß-produzierte Daten zurück. 2 2 So können aus den gesundheitsrelevanten Daten, die bei den staatlichen Krankenkassen und Rentenversicherungen anfallen — ζ. B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Rezepte usw. —
Informationen
über einzelne Krankheitsfälle, deren Diagnostik und Behandlung gewonnen werden; es ergeben sich hieraus aber auch Daten über die Verteilung bestimmter Erkrankungen in wohldefinierten Regionen und / oder Personenpopulationen. 23 V o n besonderer Bedeutung sind zudem die Krankheitsregister, in denen i n großem Umfange Daten über alle Fälle einer bestimmten Krankheit i n einer Region gesammelt werden. Aus der öffentlichen Diskussion bekannt sind vor allem die Krebsregister, die mittlerweile i n einigen Bundesländern als staatliche Register bei den statistischen Landesämtern oder von speziellen juristischen Personen des öffentlichen Rechts geführt werden. 2 4 Sie sind kraft ausdrücklicher Zweckbestimmung für die Nutzung durch die Forschung eingerichtet 2 5 . Infolge der staatlichen Trägerschaft stellt sich die Nutzung dieser Register durch epidemiologische Forscher rechtssystematisch als Fall der Nutzung staatlicher Datenbestände dar; in Anbetracht der forschungsorientierten Zweckbestimmung sind hier gewisse Parallelen zur Archivnutzung unverkennbar. 2. Berichte
über Forschungsbehinderungen
durch
Zugangsverweigerung
Der vorstehende, notwendig kursorische Überblick sollte einen gewissen Eindruck darüber vermitteln, i n welchem Umfang heutzutage wissenschaftliche Forschung bei ihrer Arbeit auf staatliche Datenbestände zugreift. V o r allem der — durch neuere Methoden der empirischen Sozialforschung bedingte — verstärkte Bedarf an sog. prozeß-produzierten Daten der öffentlichen Verwaltungen hat hieran erheblichen Anteil. Dies eröffnet auf der einen Seite der Forschung wesentlich erweiterte Erkenntnismöglichkeiten, begründet auf der anderen Seite aber auch die Gefahr zunehmender Abhängigkeit der betreffenden Wissenschaftsdiszi-
21 Verstanden als Wissenschaft, welche die Verteilung von Krankheiten beim Menschen und ihre Determinanten untersucht (zum Begriff Pflanz / Greiser, in: Kaase u. a. [Hrsg.], Datenzugang und Datenschutz, 1980, S. 23 m. w. N.). 22 Vgl. zum Folgenden: Pflanz / Greiser, aaO, S. 23 ff.; E. Greiser, in: Kilian / Porth (Hrsg.), Juristische Probleme der Datenverarbeitung in der Medizin, 1979, S. 78 ff.; W. Kilian, Rechtsfragen der medizinischen Forschung mit Patientendaten, S. 35 f., 65 ff.; Blohmke / Kniep, NJW 1982, 1324 f. 23 Pflanz / Greiser, in: Kaase u. a. (Hrsg.), aaO, S. 28 f. 24 Vgl. § 3 Saarl. KRG; anders in NW, wo Träger der Krebsregister „juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie die Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten e. V." sind (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KRG NW). Zu den Bemühungen um die Einführung eines bundesweiten Krebsregisters vgl. etwa Hoffmeister / Lingk (Hrsg.), Krebsregistrierung in der Bundesrepublik Deutschland, BGA-Berichte 1 / 1981, S. 37 f., 67 f.; Scherer, ZRP 1982, 291 (Fn. 6 und 7). 25 Vgl. die Zweckbestimmungen der §§ 2 Saarl. KRG und des § 1 Abs. 2 KRG N W sowie die ausschließlich auf die Zwecke der Forschung abgestellten Übermittlungsvorschriften der §§ 6 Satz 1 und 2 Saarl. KRG, 5 Abs. 1 und Abs. 2 - 4 KRG NW.
32
Einleitung
plinen von der staatlichen Bereitschaft zur Informationsgewährung. Über den Datenzugang läßt sich also leicht die Forschungsmöglichkeit insgesamt regulieren.
26
Daß diese Befürchtungen nicht nur hypothetischer Natur sind, belegen konkrete Beispiele, i n denen es zu Konflikten zwischen wissenschaftlichem Datenbedarf und staatlicher Zugangsverweigerung kam. Recht frühzeitig schon wurde für den Bereich der Bildungsforschung i n der Schule von restriktiven Genehmigungspraktiken der zuständigen Schulverwaltungen berichtet. 2 7 A u c h wenn hier manche aus der Heftigkeit der Debatte erklärliche Übertreibung zu konstatieren sein mag, belegt allein die Zahl der dokumentierten Fälle rein quantitativ eine erhebliche Einengung der pädagogisch-psychologischen Forschung. 2 8 V o n spektakuläreren Beispielen der Zugangsverweigerung weiß die historische Forschung zu berichten. Der verweigerte Einblick in die Personenstandsakten des Schinderhannes 29 oder der Fall einer Schülerin, der der Zugang zum Stadtarchiv Passau zunächst gänzlich versperrt und dann nur für begrenzte Materialien eröffnet w u r d e 3 0 , gingen durch die Presse. Andere Fälle beschäftigten nicht nur die Öffentlichkeit und die betroffene wissenschaftliche Fachwelt, sondern auch die Justiz: So der vergebliche Versuch eines Sozialhistorikers, zum Zwecke der Erforschung sozialer Mobilität die Heirats- und Geburtenbücher mehrerer Jahrgänge statistisch auszuwerten 3 1 oder die Verweigerung der Einsicht i n die beim Bundesarchiv in Koblenz aufbewahrten Ordensverleihungsvorschläge aus dem 2. W e l t k r i e g 3 2 . 26 G. Kaiser, in: Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, 1987, S. 78 (80). 27 Vgl. etwa die Nachweise bei Quilisch / Schober, Bildungsforscher in der Schule, S. 9 Fn. 1; Κ . Ingenkamp, Die Deutsche Schule Heft 3 / 1978, S. 161 ff.; ders., in: Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, S. 52 ff.; ders., in: Avenarius / Ingenkamp / Otto, Forschung und Lehre sind frei, 1980, S. 45 (52 ff.); ders., ZfP, Beiheft 18 (1983), S. 403 ff.; G. Otto, in: Avenarius / Ingenkamp / Otto, Forschung und Lehre sind frei, 1980, S. 9 (16 ff.). Vgl. femer die Dokumentation der DGfE vom März 1980 (Die Behinderung der erziehungswissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik, 1980). 2 « So auch die Stellungnahme der DGfE vom 14.4.1978 (abgedruckt in DGfE [Hrsg.], Die Behinderung der erziehungswissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik, S. 96 ff.). 29 Vgl. dazu den Bericht in der Frankfurter Rundschau vom 27.11.1980. Dieses Beispiel wird im Schrifttum häufig angeführt; vgl. etwa Bull / Dammann, DÖV 1982, 213 (214 Fn. 2); R. Morsey, in: J. Weber (Hrsg.), Datenschutz und Forschungsfreiheit, 1986, S. 61 (62). 30 Dieser Fall hat — neben der Film weit — auch die Justiz beschäftigt (BayVGH n. F. 38, 26 = CuR 1988, 244 = NJW 1985, 1663). Auch er wird häufig als Beispiel für Forschungsbehinderung durch staatliche Zugangsverweigerung angeführt (nicht zuletzt auch in der Sachverständigen-Anhörung im Deutschen Bundestag zum Entwurf des BArchG; vgl. DtscherBTag, Dokumentation, S. 197 [Prof. Dr. H. Grebing]). 31 Dazu LG Frankenthal, NJW 1985, 2539 = StAZ 1985, 310; J. Kocka, MittHV 34 (1986), S. 193; W. Bayer, FamRZ 1986, 642 ff.
§ 1 Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen U n t e r s u c h u n g s a n s a t z e s 3 3 Gerichtskundig — und namentlich i m rechtswissenschaftlichen Schrifttum vielbeachtet — wurde schließlich auch der Fall eines Gesellschaftswissenschaftlers, der zur Erforschung des Entscheidungsverhaltens der Bundeszentrale für Politische Bildung Einsicht i n deren Verwaltungsakten begehrte; der von i h m gegen die Ablehnung dieses Begehrens angestrengte Rechtsstreit ist bislang der einzige, der von der Eingangsinstanz 3 3 bis zum Bundesverfassungsgericht gelangte34. Daß diese Beispiele keineswegs nur Einzelfälle sind, belegt schon eine i m Jahr 1976 durchgefühlte Befragung von 550 Wissenschaftlern 3 5 . Nach den Ergebnissen dieser Studie zählten die Zugangsprobleme zu den häufigsten Forschungskonflikten; von ihnen wußten immerhin 56 % der befragten Forscher zu berichten. 3 6 A u c h die Auswirkungen auf die jeweiligen Forschungsprojekte wurden ermittelt; sie führten i n einer vergleichsweise hohen Zahl der Fälle zum Unterbleiben oder zur — teilweise sogar erheblichen — Modifizierung des Vorhabens. 3 7 W i e ernst die betroffenen Wissenschaftler die Problematik der Zugangsbehinderung sehen, belegt das Maß an Aktivität, das von Seiten der betroffenen Wissenschaften entfaltet wurde. Zahlreiche interdisziplinäre Tagungen wurden veranstaltet 38 , empirische Studien über den Datenbedarf der Wissenschaft und Behinderungen des Datenzugangs wurden durchgeführt 3 9 , die betroffenen Fach-
32 Dazu OVG Rh.-Pf., DVB1. 1983, 600 ff. 33 V G Köln, CuR 1986, 833. 34 BVerfG, CuR 1986, 832 = NJW 1986, 1243 = KMK-HSchR 1986, 1192. 35 M. Brüsten u. a., Freiheit der Wissenschaft — Mythos oder Realität?, 1981. 36 AaO, S. 152 f. In den Fächern der empirischen Sozial Wissenschaften lagen die Zahlen nochmals deutlich höher, nämlich bei bis zu 70 %. 37 AaO, S. 153 ff. 38 Vgl. die Dokumentationen von Eser / Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt mit Recht und Ethik, 1976 (zusammenfassend hierzu J. Möllering, ZRP 1977, 7 ff.); Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Wissenschaftsfreiheit und ihre rechtlichen Schranken. Ein Colloquium, 1978; Kilian / Forth (Hrsg.), Juristische Probleme der Datenverarbeitung in der Medizin, 1979; M. Kaase u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, 1980; M. Broszat, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Bd. 29 (1981), S. 673 ff.; Reichertz / Kilian (Hrsg.), Arztgeheimnis — Datenbanken — Datenschutz, 1982; J. Weber (Hrsg.), Datenschutz und Forschungsfreiheit, 1986; J.-M. Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologische Forschung, 1987. Tagungsthema war die Problematik auch auf dem 8. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft im März 1982 (vgl. insoweit den Abdruck der Beiträge in: ZfP, Beiheft 18 [1983], S. 381 ff.) sowie auf dem zweiten deutsch-polnischen Kolloquium über Wirtschaftsrecht und das Recht des Persönlichkeitsshutzes (vgl. hierzu die Beiträge bei J. F. Wae hier [Hrsg.], Deutsch-polnisches Kolloquium, 1985, S. 87 ff. [Simitis] und S. 125 ff. [Kuhn]). 39 Vgl. die Studie von M. Brüsten u. a., Freiheit der Wissenschaft — Mythos oder Realität?, 1981; vgl. auch die Dokumentation der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (Die Behinderung der erziehungswissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik — eine Dokumentation — , 1980) sowie die Dokumentation der Ergebnisse einer Umfrage des Instituts für Zeitgeschichte aus dem Jahre 1981 bei M. Broszat, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Bd. 29 (1981), S. 673 ff. 3 Mayen
Einleitung
34
gesellschaften und -verbände meldeten sich zu W o r t 4 0 ; die European Foundation
Science
erarbeitete eigens Grundsätze und Richtlinien zum Zwecke der Har-
monisierung von Datenschutz und Forschung 4 1 . A u c h an Temperament mangelte es der Debatte nicht. Vorwürfe wie die, der Datenschutz werfe die Wissenschaft um Jahre zurück, bringe ganze Wissenschaftsbereiche zum Erliegen 4 2 , ebne den W e g i n die Geschichtslosigkeit 4 3 oder treibe die Forscher ins A u s l a n d 4 4 , waren wohl nicht nur rhetorische Akzente. 4 5
II. Der Schutz des wissenschaftlichen Datenzugangs durch das einfache Recht Bei dieser Sachlage drängt sich zumindest für den Juristen die Frage nach einer rechtlichen Absicherung des wissenschaftlichen Informationszugangs geradezu auf. Die sachliche Nähe zur Information der Presse legt die Frage nach der Existenz eines Informationsanspruchs für die Forschung nahe. Jedenfalls der juristische Praktiker w i r d eine solche Frage zunächst mit Hilfe der einschlägigen Gesetze und sonstigen unterverfassungsrechtlichen Normen beantworten wollen. Verbürgen sie einen Informationsanspruch, der der wissenschaftlichen Forschung den Zugang zu den staatlichen Datenbeständen eröffnet? Durchmustert man unter diesem B l i c k w i n k e l die als einschlägig i n Betracht kommenden Vorschriften des Unterverfassungsrechts, so ist das Ergebnis freilich ernüchternd. A u f f ä l l i g ist vor allem eines: Eine Regelung, die — dem i n den Landespressegesetzen 46 verbürgten Auskunftsanspruch der Presse vergleichbar — einen einheitlichen und zugleich bereichsspezifischen Informationsanspruch für die Forschung verbürgt, ist nicht vorhanden. 40
Vgl. etwa die Stellungnahme des Wissenschaftsrats „zu Forschung und Datenschutz" vom November 1982 (in: Wissenschaftsrat [Hrsg.], Empfehlungen und Stellungnahmen 1982, 1983, S. 93 ff.), die Erklärung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 14.4.1978 (abgedruckt bei Avenarius / Ingenkamp / Otto, Forschung und Lehre sind frei, 1980, S. 99) oder die Erklärung des Bundesverbandes Deutscher Soziologen e. V. zu Fragen des Datenbedrafs und Datenschutzes (in: ZfS, Jg. 17 [1988], S. 158 ff.). 41 European Science Foundation, Statement concerning the protection of privacy and the use of personal data for research vom 12.11.1980 (deutsche Übersetzung in DuD 1982, 50 ff.). 42 Vgl. die Nachweise bei Bull I Dammann, DÖV 1982, 213 (214 Fn. 2). 4 3 Vgl. etwa v. Hippel I Bayer, FAZ vom 19.3.1986, S. 33. 44 So H. Häfner, bild der Wissenschaft, S. 88. 45 Vgl. i. ü. die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen zu dem Entwurf des BArchG (Dtscher BTag, Dokumentation BArchG, 85 ff.) sowie das stenographische Protokoll über die öffentliche Anhörung der Sachverständigen (ebda, S. 175 ff.). 46 So die jeweiligen §§ 4 der Landespressegesetze von BW, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, NRW, Rh.-Pf., Saarland und Schi. Holst, sowie § 3 HessLPG. Ebenso für die Funkmedien: §§25 LPG BW, Bremen, Niedersachsen, Schi. Holst., § 23 LPG Berlin, § 24 LPG Rh.-Pf., § 26 LPG NW, § 51 LMedienG BW, § 19 PRG Hessen.
§ 1 Rechtfertigung des verfassungsrechtlichen Untersuchungsansatzes
35
Die bisherige Debatte u m das Thema „Datenschutz und Forschungsfreiheit" hat zwar dazu beigetragen, daß nunmehr zunehmend spezielle Forschungsklauseln in den jeweils einschlägigen Gesetzen normiert sind. 4 7 Bis auf einige wenige Ausnahmen 4 8 normieren sie aber keinen Informationsanspruch oder auch nur eine Informationspflicht der datenbesitzenden Behörde, sondern stellen die Informationsgewährung lediglich in das Ermessen der Behörde. Bei den Datenschutzgesetzen erklärt sich dies schon daraus, daß diese Vorschriften nur als Befugnisnormen der Behörden ausgestaltet sind, welche diese lediglich zu einer (zulässigen) Datenübermittlung ermächtigen, dem Forscher aber keinen Anspruch gewähren. 4 9 Andere Gesetze wie etwa die Archivgesetze differenzieren deutlich zwischen dem grundsätzlichen Zugangs recht 50
und der in das Ermessen der
Archivverwaltungen gestellten Sperrfristenverkürzung für jüngeres Archivgut, die nur i n besonderen Fällen — insbesondere auch für wissenschaftliche Zwecke — vorgesehen i s t 5 1 .
47 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hiervon genannt (es handelt sich um die jeweiligen Übermittlungsregelungen) : Datenschutzgesetze: §§15 Abs. 1 Nr. 2, 16 Abs. 1 Nr. 1 (jeweils i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSG), 28 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2 Ziff. 2, 40 BDSG (beachte auch die Ausnahme vom Einwilligungserfordernis in § 4 Abs. 3 BDSG); § 20 Abs. 1 Satz 2 LDSG BW, § 16 a Brem. DSG, § 27 Hmb. DSG, § 33 Abs. 1 Satz 1 Hess. DSchG; § 28 LDSG NW; § 25 Abs. 1 Satz 2 LDatG Rh.-Pf.; § 75 Abs. 1 Ziff. 1 SGB-X; Art. 26 Abs. 4 BayKrG, § 7 BremKHDSG. Register und öffentliche Bücher: § 42 Abs. 2 BZRG (Bundeszentralregister); § 1 Saarl. KRG, § 1 Abs. 1 KRG N W (Krebsregister); §§ 2d Abs. 1,38 Abs. 1 StVG (Fahrzeugregister); § 63 a Abs. 5 StrahlenschutzVO. Akteneinsicht (soweit nicht in den Datenschutzgesetzen geregelt): Nr. 185 a RiStBV; § 85 GOO sowie § 80 GGO I. Schulerhebungen: § 13 BremSchulDSG, § 90 BayASchO, § 47 Abs. 8 ASchONW, § 54 Abs. 3 SchulG Rh.-Pf., § 48b SchulG Schl.-Holst., § 20c Abs. 3, 4 Saarl. SchOG (vgl. die hierzu ergangene „Verordnung über die Durchführung von Erhebungen zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung in Schulen vom 14.4.1986 [Amtsbl. S. 351] [Genannt werden hier nur die gesetzlichen Grundlagen; Verwaltungsvorschriften bestehen bislang noch in Bad.-Württ., Berlin und Hessen]) Archive: § 5 Abs. 5 BArchG; Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayArchivG, § 14 Satz 2 Hess. ArchivG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ArchivG NW, § 3 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 3 LArchG Rh.-Pf. Statistiken: § 16 Abs. 6 BStatG, § 9 Abs. 2 Brem. LStatG, § 16 Abs. 3 Hess. LStatG, § 19 Saarl. DSG. 48 Vgl. den Art. 10 BayArchivG sowie Nr. 185 a RiStBV („wird gewährt"). 49 So auch die Charakterisierung bei C.-E. Eberle , ZfS Jg. 10 (1981), S. 196 (204); ebenso Ruckriegel / v. d. Groeben / Flunsche, § 12 LDSG N W (alte Fassung) Erl. 5. Dementsprechend gehen sie auch über die Formulierung „ist zulässig" bzw. „darf 4 (vgl. die oben Fn. 47 genannten Regelungen) nicht hinaus. Ebenso gilt dies etwa für die §§75 SGB-X, §§ 5 KRG NW, 6 Satz 1 und 2 Saarl. KRG. 50 Dieses ist meist als von einem berechtigten Interesse abhängig gemachtes Zugangsrecht für Jedermann ausgestaltet; als berechtigtes Interesse wird meist die wissenschaftliche Nutzung hervorgehoben (Art. 10 Abs. 2 BayArchivG, § 14 HessArchivG). 51 Vgl. etwa die Regelungen der §§ 5 Abs. 5 BArchG, 3 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 3 LArchG Rh.-Pf., 15 Abs. 4 Hess. ArchivG
3*
36
Einleitung
Der Einigungsvertrag hat in dieser Hinsicht freilich zu einer für die wissenschaftliche Forschung noch restriktiveren, weil den wissenschaftlichen Datenzugang vollständig ausschließenden Regelung geführt. Sie betrifft die vom ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR gewonnenen Unterlagen. Für diese Unterlagen finden sich Sonderregelungen in Anlage I Kapitel II, Sachgebiet B, Abschnitt I I Nr. 2 zum Einigungsvertrag. Danach werden diese Unterlagen nunmehr zwar grundsätzlich dem BArchG unterstellt 52 . Soweit sie personenbezogene Daten enthalten, gelten hierfür aber nach Maßgabe von Nr. 2 b der Anlage Sonderregelungen. Hiernach werden diese Unterlagen durch einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung in Verwahrung genommen; die Übermittlung der in ihnen enthaltenen personenbezogenen Daten wird — in Abweichung von den allgemeinen Regelungen des BDSG und des BArchG — auf einige wenige, besonders wichtige Zwecke beschränkt, die unerläßlich und unaufschiebbar sind 5 3 . Sie sind in § 2 Abs. 1 abschließend aufgezählt; die Übermittlung zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung findet sich hierin nicht. Allerdings steht zu erwarten, daß diese für die Forschung unbefriedigende Regelung nicht von Dauer sein wird. In der Vereinbarung zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages vom 18.9.1990 ist in Art. 1 Ziff. 3 niedergelegt, daß in der notwendigen Regelung des gesamtdeutschen Gesetzgebers „ein angemessener Ausgleich zwischen [ . . .] der politischen, historischen und juristischen Aufarbeitung, [. ..] der Sicherung der individuellen Rechte der Betroffenen und [. . .] dem gebotenen Schutz des einzelnen vor unbefugter Verwendung seiner persönlichen Daten geschaffen w i r d . " 5 4 Soweit Forschungsklauseln nicht existieren, könnte der Forscher hieraus sein Informationsrecht immerhin gewissermaßen als „Trittbrettfahrer" aus den einschlägigen allgemeinen Vorschriften ableiten 5 5 . Dies setzt freilich voraus, daß diese Regelungen grundsätzlich einen Informationsanspruch gewährleisten und daß die Anspruchsvoraussetzungen auch gerade i m Falle eines zu Forschungszwecken gestellten Informationsbegehrens erfüllt sein können. Diese Anforderungen sind indes nur für einen kleinen T e i l der Vorschriften erfüllt. Das sind zum einen diejenigen (seltenen) Normen, die für jedermann ohne jedes weiter qualifizierende Interesse einen Informationsanspruch verbürg e n 5 6 . Denkbar ist auch, daß diejenigen Vorschriften, welche einen Informationsanspruch v o m Vorliegen eines qualifizierenden, d. h. „rechtlichen", „berechtigten" oder „öffentlichen" Interesses abhängig machen 5 7 , dem Forscher zugute kommen; dies setzt freilich voraus, daß das Forschungsinteresse als ein solches
52 Vgl. die Nr. 2 a (Änderung des § 2 Abs. 8 BArchG). 53 Stern / Schmidt-Bleibtreu, Einigungsvertrag, S. 219. 54 Vgl. hierzu auch K. Stern, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu, Einigungsvertrag, S. 55. 55 So die Charakterisierung für die Presse bei R. Stürner, 58. DJT, Bd. I, S. A 50. 56 Dies gilt für das Handelsregister (§ 9 Abs. 1 HGB), das Güterrechtsregister (§ 1563 BGB), das Schuldnerverzeichnis (§§ 915 Abs. 3 ZPO, 107 Abs. 2 KO), das Musterregister (§11 Satz 1 GeschmacksmusterG) sowie für einige Archive (z. B. § 5 Abs. 1 Satz 1 BArchG, ). 57 So die §§ 12 GBO (Grundbucheinsicht), § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG (Personenstandsbücher); s. auch — für die erweiterte Auskunft aus dem Melderegister — § 21 Abs. 2 MRRG und die entsprechenden Meldegesetze der Länder (z. B. § 34 Abs. 2 M G NW).
§ 2 Präzisierung der Fragestellung
37
qualifiziertes Interesse anzuerkennen ist, was vor allem m i t B l i c k auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G vorstellbar erscheint, indes näherer Begründung bedarf. 5 8 Anders ist die Rechtslage hingegen bei der Mehrzahl der allgemeinen Vorschriften. Dies gilt namentlich für die Normen über die Akteneinsicht in A k t e n der Verwaltungsbehörden und Gerichte. Die meisten von ihnen beschränken einen Einsichtsanspruch auf die Verfahrensbeteiligten 5 9 — zu denen der Forscher nicht gehört — und stellen die Gewährung der Akteneinsicht für Dritte
—
ausdrücklich 6 0 oder stillschweigend 6 1 — i n das Ermessen der Behörde. Zusammenfassend läßt sich somit festhalten, daß die Vorschriften der unterverfassungsrechtlichen Rechtsordnung dem Forschungsinteresse allenfalls punktuell weiterhelfen können. Ist dies aber so, dann kann i n der Tat allein das Verfassungsrecht Grundlage eines übergreifenden, nicht auf punktuelle Einzelfälle beschränkten Informationsanspruchs zu Forschungszwecken gegenüber dem Staat sein. Dies bestimmt den Rahmen der i n der vorliegenden Untersuchung zu behandelnden Fragestellung.
§ 2 Präzisierung der Fragestellung M i t diesen Darlegungen allein ist der Untersuchungsgegenstand freilich noch nicht hinreichend präzisiert. Fest steht bislang lediglich, daß es u m Informationsansprüche gegenüber dem Staat geht — und nicht gegenüber Privaten — und daß als mögliche Anspruchsgrundlagen allein Vorschriften des Verfassungsrechts untersucht werden sollen. Damit sind aber bislang nicht mehr als Konturen gewonnen. Weitere Eingrenzungen sind notwendig.
I. Zum Begriff des „Anspruchs" Sie betreffen zunächst den hier verwendeten Begriff des „Anspruchs". I n Anlehnung an die Legaldefinition des § 194 B G B w i r d hierunter das subjektive Recht verstanden, von einem anderen ein bestimmtes T u n oder Unterlassen zu verlangen. 1
58 Für die Presse befürworten die Gerichte immerhin ein solches berechtigtes Interesse (vgl. OLG Hamm, AfP 1988, 267 ff.; L G Frankfurt, Rechtspfleger 1978, 316 = AfP 1979, 245). 59 So die §§ 29 VwVfG, 100 VwGO, 120 SGG, 78 FGO. 60 So § 299 Abs. 2 ZPO. 61 Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung zur Akteneinsicht, die sich insofern auf (ungeschriebene) allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts berief (vgl. BVerwGE 61, 15 [22 f.]; 69, 278 [280]. Aus der Lit. F. Kopp, VwVfG, § 29 Rdnr. 11; Knack-Clausen, VwVfG, § 29 Rdnr. 4; G. Lübbe-Wolff, DÖV 1980, 594 [595]; K. Obermayer, VwVfG, § 29 Rdnr. 5).
Einleitung
38
Der Zusatz des „bestimmten" Tuns oder Unterlassens kennzeichnet den A n spruch als ein materielles
subjektives Recht, das sich — i m Gegensatz zu dem
bloß formellen subjektiven Recht — nicht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, sondern darüberhinaus auf ein bestimmtes inhaltliches Verhalten
richtet,2
i m vorliegenden Fall eben auf die Informationsgewährung. Inwieweit ein subjektives Recht „auf die Einhaltung der Spielräume, auf die NichtÜberschreitung ihrer Grenzen" 3 des Staates besteht, ist daher nicht das Thema dieser Arbeit.
II. Die „Information" als Anspruchsgegenstand A u c h in bezug auf den Anspruchsgegenstand des Informationsanspruchs, die „Information", sind Präzisierungen notwendig. 1. Die Unterscheidung von unmittelbarem (direktem) mittelbarem (indirektem) Informationsanspruch
und
Legt man den allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde, so bedeutet „Informat i o n " — in Anlehnung an den klassischen lateinischen Sprachgebrauch des „mente formare" — Belehrung, Unterweisung, das In-Kenntnis-Setzen durch eine Mitteilung, wobei die Vermittlung neuen Wissens für den Empfänger wichtig ist. 4 Gemessen hieran wäre der Informationsanspruch in einem strikten Sinne zu definieren als Anspruch auf Mitteilung, auf Benachrichtigung durch einen anderen; der Informationsanspruch wäre dann beschränkt auf die Fallgruppe der Auskunft, die eben als Wissensmitteilung definiert w i r d 5 , und der Datenübermittlung durch unmittelbare Weitergabe von Daten. 6 Die Fälle der Akteneinsicht
1 In Anlehnung an § 194 BGB wird dieser Begriff auch für das öffentliche Recht — und hier speziell für die Grundrechte — definiert bei Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 168; M. Sachs, in: K. Stem, Staatsrecht I I I / 1, § 65 I I I 1, S. 554. 2 Zur grds. Unterscheidung von materiellem und formellem subjektiven Recht vgl. W. Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung, S. 116; O. Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 161 f.; M. Hoffmann- Becking , DVB1. 1970, 850; J. Pietzcker, JuS 1982, 106 ff.; O. Bachof, Gedächtnisschrift W. Jellinek, 1955, S. 287 (295); K. Stern , Staatsrecht Bd. I I I / 1, § 69 V I 4 c ß, S. 992. 3 M. Sachs, in: K. Stem, Staatsrecht I I I / 1, § 65 I I 4 b ß γγ, S. 545. 4 Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 10,19. Aufl. 1989, S. 496 f.; Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 12, 1974, S. 581; Ritter / Gründer, Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4, 1976, Sp. 356; Duden, Bd. 5, s. v. 5 Zum Begriff der Auskunft vgl. Κ . Krieger, Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft, S. 28 ff.; K. Zeidler, 44. DJT, 1962, Bd. I, Teil 2, S. 15; A. Monreal, Auskünfte und Zusagen von Finanzbehörden, S. 15. 6 Hierauf beschränkt denn auch D. Trachsel, Über die Möglichkeiten justiziabler Leistungsforderung, S. 203 ff., seine Untersuchung der Frage nach der Existenz grundrechtlicher Informationsansprüche.
§ 2 Präzisierung der Fragestellung
39
und des Zutritts in den staatlichen Bereich zum Zwecke der Eigeninformation des Empfängers, die j a — wie erwähnt 7 — in der bisherigen Debatte ebenfalls unter dem Oberbgeriff des Informationsanspruchs behandelt wurden, wären dann von diesem Begriff nicht mehr umfaßt; denn bei ihnen gibt der Staat keine Mitteilungen, er setzt nicht selbst einen anderen „ i n Kenntnis", sondern ermöglicht nur dessen eigene In-Kenntnis-Setzung. 8 Eine solche, strikt am allgemeinen Sprachgebrauch verhaftete Sichtweise des Wortes „Informationsanspruch" w i r d hier indes nicht befürwortet. Denn bei aller Notwendigkeit, die strukturellen Unterschiede zwischen Auskunft und Einsicht bzw. Zutritt zu betonen 9 , ist doch jedenfalls für die Festlegung des Gegenstands der Untersuchung der inhaltliche, wertungsbedingte Zusammenhang zwischen diesen Fallgruppen zu beachten. 1 0 Oft spielt es für den Informationsinteressenten keine Rolle, i n welcher Weise seiner Wissbegier Genüge getan w i r d 1 1 ; entscheidend ist, daß er i m Ergebnis Zugang zu den ihn interessierenden Daten erhält. Es kommt hinzu, daß die bisherige Debatte um den wissenschaftlichen Informationsanspruch zwischen den verschiedenen Möglichkeiten des Datenzugangs nicht strikt unterschieden h a t 1 2 ; es wäre daher eine Verkürzung der Diskussion, wollte man insoweit thematische Beschränkungen vornehmen. Damit ist nicht gesagt, daß die rechtliche Behandlung der Fallgruppen gleich verlaufen m u ß 1 3 . Vielmehr ist zunächst nur eine Entscheidung für die thematische Gleichbehandlung getroffen. U m den strukturellen Unterschied zwischen der Auskunft einerseits und den Fällen der Einsicht bzw. des Zutritts andererseits nicht zu vernachlässigen, sollte aber zwischen dem unmittelbaren Informationsanspruch
oder direkten
— er eifaßt die Fälle, in denen der Staat selbst die Informa-
tion unmittelbar durchführt (indem er sie durch Auskunft und direkte 1 4 Datenüber-
7
Oben vor § 1. s Zu dieser Unterscheidung: G. Beinhardt, DÖV 1965, 480 (481); K. Krieger, Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft, S. 31. 9 Dazu etwa K. Krieger, Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft, S. 31. Näher dazu unten § 11 I I 2 c, § 13 (vor I.). 10 So auch W. Perschel, JuS 1966, 231 (232); H. Windsheimer, Die „Information" als Interpretationsgrundlage, S. 143 f. Dies muß freilich nicht auch ohne weiteres für die imhaltliche oder dogmatische Behandlung gelten. Dazu näher unten §§ 13-21. 11 Freilich nicht immer, wie nicht zuletzt die Diskussion um die Öffnung der Archive des Ministeriums für Staatssicherheit in der ehemaligen DDR gezeigt hat. Hier legten die Befürworter gerade Wert darauf, ihre Akte selbst einsehen zu können und sich nicht auf Auskünfte hierüber verlassen zu müssen. 12 Vgl. dazu näher unten § 4. Sehr deutlich etwa J. Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 201, 238 Fn. 62a; W. Schmitt Glaeser, WissR Bd. 7 (1974), S. 107 (133); ders., in: Eser/ Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt, 1977, S. 77 (77,92). 13 Dazu eingehend unten §§ 13, 15-21. ι 4 Dieser Zusatz ist angebracht, weil der Begriff der Datenübermittlung im Sinne der Datenschutzgesetze auch die Einsichtgewährung umfaßt (vgl. § 3 Abs. 5 Ziff. 3 b BDSG; ebenso auch die LDSGe).
Einleitung
40
mittlung weitergibt) — und dem mittelbaren
oder auch indirekten
Information-
sanspruch, bei dem der Staat dem Bürger nur die Kenntnisnahme oder Erhebung von Daten ermöglicht (durch Gewährung von Akteneinsicht oder Zutritt), unterschieden werden. 2. Die Abgrenzung
von der Öffentlichkeitsarbeit
des Staates
Gemeinsam ist beiden Formen des Informationsanspruchs, daß hier die Information aufgrund eines Begehrens des Bürgers an den Informanten, d. h. i n der Relation Frage — A n t w o r t 1 5 erfolgt. Durch dieses gemeinsame M e r k m a l unterscheiden sich alle Fälle des Informationsanspruchs von dem Bereich der sog. Öffentlichkeitsarbeit des Staates, dessen Charakteristikum es gerade ist, daß hier die Information von selbst und ohne ein entsprechendés Informationsbegehren des Rezipienten erfolgt. 1 6
III. Die grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen als Anspruchsgrundlage Näherer Präzisierung bedarf des weiteren die untersuchte Anspruchsgrundlage. Bislang ist sie nur unzureichend m i t der Eingrenzung „Verfassungsrecht" umschrieben worden. Dies grenzt zwar gegenüber den hier ausgeblendeten einfachrechtlichen Informationsansprüchen ab, bringt aber nicht hinreichend die i m T i t e l dieser Arbeit vorgenommene Beschränkung auf den „grundrechtlichen" Informationsanspruch zum Ausdruck. Dementsprechend muß ergänzend Folgendes hinzugefügt werden: A l s mögliche Anspruchsgrundlagen werden hier nicht sämtliche Vorschriften verfassungsrechtlicher A r t untersucht, sondern nur die Grundrechtsbestimmungen. Dementsprechend sind die i m Zusammenhang m i t der Diskussion u m Informationsansprüche diskutierten Vorschriften des Amtshilferechts 1 7 nicht Gegenstand dieser Untersuchung; die ebenfalls i n der Debatte u m den wissenschaftlichen Informationsanspruch erörterten Leitprinzipien des Demokratie- und des Sozialstaatsgebots sollen hier allenfalls insoweit erörtert werden, wie sie geeignet sind, in Verbindung gründen.
mit Grundrechtsbestimmungen
einen Informationsanspruch zu be-
18
A u c h innerhalb der untersuchten Grundrechtsbestimmungen ist eine weitere Eingrenzung notwendig. Nicht untersucht w i r d i m vorliegenden Zusammenhang is H.-U. Jerschke, Informationsrecht der Presse, S. 158. i6 Zu den Fällen der Öffentlichkeitsarbeit vgl. W. Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, passim. π Dazu C.-E. Eberle, ZfS Jg. 10 (1981), S. 196 (204). ι» Dazu unten §§ 19, 20.
§ 2 Präzisierung der Fragestellung
41
die Frage, inwieweit der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 G G geeignet ist, einen Informationsanspruch zu begründen. D e m liegt die Überlegung zugrunde, daß ein derartiger Anspruch nur bei entsprechender Verwaltungspraxis begründet und bei erfolgter Änderung der Verwaltungspraxis auch wieder entkräftet werden könnte. Welche Bindungen dem Staat aber in bezug auf sein Informationsverhalten durch die Grundrechte erwachsen, w i r d durch den Gleichheitssatz gerade nicht beantwortet.
IV. Eingrenzungen in bezug auf den Anspruchsverpflichteten Weitere Eingrenzungen sind i n bezug auf den Anspruchsgegener zu machen. Nach den vorstehenden Ausführungen steht fest, daß i n der vorliegenden Untersuchung nur die Frage nach Informationsansprüchen gegen den Staat untersucht werden soll; die schwierige Frage einer Drittwirkung grundrechtlicher Ansprüche gegenüber Privaten soll hier also ausgeklammert werden. A u c h die Bezeichnung „Staat" ist freilich noch zu weit. Da es — wie erwähnt 1 9 — vorliegend allein u m die Frage materieller Informationsansprüche geht, soll die Frage ausgeklammert werden, inwieweit der Gesetzgeber durch die Grundrechte zur Schaffung von Vorschriften verpflichtet ist, die den Behörden und Gerichten eine Information zu Forschungszwecken verbindlich vorschreiben. Untersucht werden soll vielmehr allein die Frage, ob schon qua Verfassungsrecht ein solcher Anspruch gegenüber den Behörden unmittelbar begründet werden kann. Allerdings ist der Behördenbegriff insofern sehr weit, nämlich i n einem funktionalen Sinne zu verstehen: A u c h die Gerichte sind somit als Anspruchsverpflichtete anzusehen, sofern sie — wie bei der Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht gegenüber Dritten — als Behörde tätig werden. 2 0
V. Präzisierung in bezug auf die Person des Anspruchsberechtigten Der strikt auf Grundrechtsbestimmungen als untersuchte Anspruchsgrundlage beschränkte Untersuchungsansatz bedingt schließlich eine weitere Einschränkung, die den Kreis der potentiellen Anspruchsberechtigten betrifft. Wenn hier i m Rahmen der weiteren Untersuchung von „Forschung" oder dem „Forscher" die Rede ist, so sind damit nur Grundrechtsträger
gemeint. Ausgeblendet w i r d
somit der — noch weithin unerschlossene — Bereich der sog. behördeneigenen 19 Oben I. 20 Die Entscheidung nach § 299 Abs. 2 ZPO ist ein Justizverwaltungsakt gem. § 23 EGGVG, die der Präsident des jeweiligen Gerichts als Gerichtsbehörde trifft (vgl. etwa Thomas / Putzo, § 299 ZPO Anm. 2; Zöller-Stephan, § 299 ZPO Rdnr. 6).
Einleitung
42
Forschung, bei dem die Verwaltung selbst — außerhalb
des Hochschulbereichs
— Forschung treibt. 2 1 Denn hier handelt der Staat als Staat und kann sich insoweit nicht auf Grundrechte berufen. 2 2 I m übrigen aber, d. h. innerhalb des Kreises der Grundrechtsträger, werden keine Differenzierungen vorgenommen. Untersucht weden also gleichermaßen die Ansprüche für private wie für „beamtete" Forscher an den Hochschulen — für die der Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G wie auch anderer Grundrechte g i l t 2 3 — ; auch unter dem Aspekt des jeweiligen Forschungszweigs werden keine Einschränkungen vorgenommen. Dieser insoweit übergreifende, die (verfassungsrechtlichen) Gemeinsamkeiten betonende Ansatz macht freilich eine Schwerpunktsetzung erforderlich. Die Frage nach dem Informationsanspruch zu Forschungszwecken läßt sich grundsätzlich i n die Frage nach dem Ob und die Frage nach dem Wie unterteilen, d. h. konkret in die grundsätzliche Frage, ob überhaupt ein solcher Anspruch aus den Grundrechtsbestimmungen abgeleitet werden kann und die Frage nach Umfang und Grenzen eines solchen Anspruchs. Da die Frage nach Umfang und Grenzen des Anspruchs maßgeblich von den Besonderheiten des Einzelfalles, namentlich auch von der Datenbedarfslage der jeweils betroffenen Forschungsrichtung abhängt, können hierzu i m Rahmen einer übergreifenden Betrachtung keine detaillierten Aussagen erwartet werden. 2 4 I m Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung soll deshalb die Frage nach dem Ob stehen. Hiermit soll die Notwendigkeit von Differenzierungen i m Einzelfall nicht geleugnet werden; sie zu leisten ist aber Aufgabe von Spezialuntersuchungen; i m Rahmen der vorliegenden übergeifend angelegten Arbeit sind insoweit Beschränkungen notwendig.
21 Vgl. hierzu kritisch aus Sicht der Fachwissenschaften H.-D. Schwind, in: Kury (Hrsg.), Perspektiven und Probleme kriminologischer Forschung, 1981, S. 80 ff.; M. Brüsten, ebda, S. 135 ff. Vgl. hierzu speziell aus juristischer Sicht etwa Quilisch / Schober, Bildungsforscher in der Schule, S. 80 ff. (namentlich auch zu ihren rechtlichen Grenzen [S. 82 ff.]); U. Dammann, DVR Bd. 4 (1975), S. 201 (212). 22 Zur Frage der fehlenden Grundrechtsberechtigung des Staates vgl. statt aller K. Stern, Staatsrecht Bd. I I I / 1, § 71 V I I 2-6; weitere Nachw. unten § 14 I I 2d (Fn. 164). Speziell in bezug auf die behördeneigene Forschung vgl. etwa Quilisch / Schober, Bildungsforscher in der Schule, S. 81 23 Vgl. nur etwa Chr. Starck, in: v. Mangoldt / Klein, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 255; R. Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 5 Abs. I I I Rdnr. 141. 24 Vgl. zu den tieferen grundrechtsdogmatischen Ursachen hierfür unten § 14 I I 2 (vor a).
Erster
Teil
Die verfassungsrechtliche Problematik der Fragestellung
§ 3 Keine unmittelbare Verbürgung eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken Nach dieser Eingrenzung der Fragestellung kann man sich nunmehr der (verfassungsrechtlichen Problematik selbst zuwenden. Durchmustert man die Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes, so zeigen sich relativ rasch die Schwierigkeiten der Thematik. Unmittelbar
läßt sich aus dem Grundgesetz jedenfalls
nicht ablesen, ob dort ein Anspruch auf Information zu Forschungszwecken gegenüber dem Staat verankert ist. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G verbürgt zwar für „Wissenschaft, Forschung und Lehre" grundrechtlichen Schutz. V o n einem Informationsanspruch ist aber weder i m Wortlaut,
der m i t seiner Formulierung „Wissenschaft, Forschung und Lehre
sind frei" ohnehin i n besonderem Maße unbestimmt i s t 1 , die Rede noch ermöglichen die übrigen klassischen Auslegungsregeln, also Entstehungsgeschichte, Systematik und Telos, insoweit unmittelbare Rückschlüsse. Die Entstehungsgeschichte des Art. 5 Abs. 3 G G ist allenfalls aufschlußreich i n bezug auf die sog. Treueklausel des Satzes 2; sie allein wurde i m Parlamentarischen Rat näher erörtert 2 , i m übrigen knüpfte man an das V o r b i l d des Art. 142 W R V und die hierzu in Schrifttum und Rechtsprechung entwickelten Vorstellungen an 3 ; da seinerzeit aber die spezielle Frage eines Anspruchs auf Gewährung forschungsre-
1
J. v. Kirchbach, Arzneimittelkontrolle, S. 7, meint plastisch, die Merkmale „Wissenschaft" und „Forschung" seien „eher [ . . . ] Wort [ . . .] als Begriff. 2 Vgl. Pari. Rat, GrdsA, 6. Sitzung v. 5.10.1948, Sten. Ber. S. 7 ff.; 25. Sitzung ν. 24.11.1948, Sten. Ber. S. 54 ff.; Pari. Rat, HA, S. 210, 361 ff., 547, 614; Sten. Ber., 9. Sitzung, S. 176 ff. W. Nachw. in: JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 89 ff. 3 Die Regelung des Art. 142 WRV war zunächst wörtlich in Art. 15 Abs. 1 HChEntw. aufgenommen worden; im Schriftlichen Bericht des Parlamentarischen Rates wurde für den Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in seiner dann geänderten Form ausdrücklich auf Art. 142 WRV Bezug genommen, wenn es heißt, gegenüber Weimar sei die Freiheit der Wissenschaft und Lehre nunmehr um die Forschungsfreiheit erweitert worden (Schriftlicher Bericht, S. 9).
44
1. Teil: Verfass.rechtl. Problematik des Themas
levanter Informationen durch den Staat nicht erörtert wurde, 4 sind für dieses Problem ergiebige Vorstellungen nicht vorhanden. Die systematische
Stellung
des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G i m Gesamtgefüge des Art. 5 G G kann allenfalls Gegenargumente liefern 5 ; unmittelbare positive Anhaltspunkte für die Existenz eines Informationsanspruchs lassen sich hieraus hingegen ebensowenig gewinnen wie aus einer teleologischen,
den Sinn und Zweck der Freiheit von Wissenschaft
und Forschung ermittelnden Auslegung. Der Sinn der Verbürgung von Freiheit für Wissenschaft und Forschung ist schon für sich so wenig greifbar 6 , daß hieraus für solch spezielle Fragen wie die nach der Existenz eines gegen den Staat gerichteten Informationsanspruchs ohne weitere interpretative Zwischenschritte keine Aussagen getroffen werden können. Erschwert w i r d diese Interpretation zusätzlich dadurch, daß der Informationsanspruch in allen seinen oben 7 vorgestellten Ausprägungen stets nur durch ein positives Tun des Staates erfüllt werden kann. Dies gilt für die Erteilung staatlicher Auskünfte ebenso wie für die „Gewährung", d. h. Gestattung 8 der Einsicht i n Behördenakten oder i n öffentliche Bücher und Register, für die Zulassung zur Nutzung von Archiven ebenso wie für die Genehmigung zur Durchführung von Erhebungen i n Schulen, Justizvollzugsanstalten usw. Zumindest intuitiv w i r d man daher schnell die Verbindung zum Problem grundrechtlicher Leistungsansprüche herstellen, einer Thematik, die — wie i n einer einschlägigen Monographie 9 schon i m Vorwort festgestellt wurde — außerordentlich „hohe methodisch-dogmatische Anforderungen" stellt. A u c h die Verbürgung der Informationsfreiheit i n Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. A l t . G G gibt keine Hinweise, die unmittelbare Rückschlüsse für die Frage des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken ermöglichen. Diese Grundrechtsbestimmung schützt zwar nach ihrem Wortlaut den thematischen Bereich des Informationszugangs; sie offenbart aber nicht, ob dies auch für die Forschung gilt. Zudem ist i m Wortlaut nur von einer „ungehinderten" Unterrichtung die Rede; dies könnte ein Indiz dafür sein, daß hier der grundrechtliche Schutz v o m Verfassunggeber möglicherweise auf staatliches Unterlassen — und nicht auf ein T u n — ausgerichtet i s t . 1 0 4 Dies mag sicher auch dadurch bedingt sein, daß die Forschung unter Ausnutzung staatlicher Datenbestände erst in neuerer Zeit in größerem Maßstab praktiziert wird (oben § 111 b). Für Art. 142 WRV wurde allenfalls das Problem des Zugangs zu privaten Erkenntnisquellen diskutiert (Vgl. hierzu W.A.E. Schmidt, Die Freiheit der Wissenschaft, 1929, S. 117 f.; A. Röttgen, Deutsches Universitätsrecht, 1933, S. 114.). 5 Näher dazu unten § 5 I I I sowie § § 7 und 8. 6 Vgl. zur Unbestimmtheit des Telos von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG etwa J. v. Kirchbach, Arzneimittelkontrolle, S. 8 f.; K. Hailbronner, Funktionsgrundrecht, S. 30. 7 Vor § 1 und § 2 I I 1. » So schon der Wortlaut des § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. 9 Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 5 (Vorwort). 10 So denn auch etwa Chr. Starck, in: v. Mangoldt / Klein, Art. 5 Abs. 1 Rdnr. 35. Näher dazu unten § 23 I I I 1.
§ 4 Der Stand von Rechtsprechung und Schrifttum
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Noch weniger sind unmittelbare Bezüge zur Frage eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken i n den übrigen Grundrechtsbestimmungen zu entdecken. I n den allgemein i m Zusammenhang m i t Informationsansprüchen genannten Vorschriften, etwa der Meinungs- oder der Pressefreiheit, ist unmittelbar weder von Informationen noch vor allem von Wissenschaft oder Forschung die Rede. Die Frage nach einem Informationsanspruch zu Forschungszwecken kann daher allenfalls nach vorheriger interpretatorischer „Aufbereitung" der i n Betracht kommenden Grundrechtsbestimmungen beantwortet werden. Dies ist keineswegs ungewöhnlich, da gerade i m Verfassungsrecht infolge seiner hohen Unbestimmtheit die klassischen Auslegungsmittel wie Wortlaut und Entstehungsgeschichte oft nur von geringer unmittelbarer Ergiebigkeit sind. 1 1 Notwendig ist aber i n jedem Fall, die jeweiligen Grundrechtsvorschriften soweit interpretativ zu erschließen, bis für die Lösung des Problems „passende" Prämissen gefunden werden, die Schlußfolgerungen i n H i n b l i c k auf die Frage zulassen, ob ein Informationsanspruch zu Forschungszwecken anerkannt werden kann oder nicht.
§ 4 Der Stand von Rechtsprechung und Schrifttum W i e stellen sich nun Rechtsprechung und Schrifttum dieser Aufgabe? Eine Analyse ihrer Argumente zur Frage des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken ist insofern interessant, als sie erste Aufschlüsse über die hiermit aufgeworfenen rechtlichen Fragestellungen sowie über den verbliebenen Klärungsbedarf vermitteln können. Sie sollen deswegen nunmehr einer eingehenderen Betrachtung unterzogen werden. Dabei lassen sich vorab bereits zwei Grundtendenzen festhalten: I n der Rechtsprechung w i r d die Existenz eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs auf Information zu Forschungszwecken durch den Staat durchgängig abgelehnt (I); das Schrifttum hingegen ist jedenfalls i n Teilen bereit, einen solchen Anspruch zumindest i m Prinzip zu bejahen (II).
I. Die ablehnende Haltung in der Rechtsprechung Zur Konsistenz i n der Behandlung der Thematik seitens der Gerichte mag beigetragen haben, daß von den wenigen bisher veröffentlichten Entscheidungen allein vier i n derselben Sache ergangen sind, nämlich der schon erwähnten (oben § 1 I 2) Klage eines Forschers auf Einsicht i n A k t e n der Bundeszentrale für
il Vgl. dazu etwa K. Hesse, Grundzüge, Rdnr. 55 ff.; E.-W. Böckenförde, 1529 (1529 f.).
NJW 1974,
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1. Teil: Verfass.rechtl. Problematik des Themas
Politische B i l d u n g 1 ; die Gerichte knüpften hierbei an Vorentscheidungen und Argumente anderer Judikate an, die bereits zur Frage der Benutzung von behördlichem Archivgut zu Forschungszwecken ergangen waren 2 , wobei sich in all diesen Entscheidungen eine geradezu als „typisch" zu bezeichnende Argumentationslinie feststellen läßt (unten 1). Etwas abseits dieses „typischen" Argumentationsmusters, das sich auch i m Schrifttum häufig nachweisen läßt (unten I I 1), liegt die ebenfalls schon angesprochene 3 Entscheidung des L G Frankenthal, die sich mit der Frage der Einsicht in Personenstandsbücher befaßte 4 (unten 2). 1. Der „typische "
Argumentationsverlauf
Der hier als „typisch" bezeichnete Argumentationsverlauf ist i m wesentlichen durch drei gemeinsame Prämissen gekennzeichnet, die dann freilich i m Detail m i t unterschiedlichen Erwägungen und i n unterschiedlicher dogmatischer Dichte ausgefüllt werden. a) Die gemeinsamen Prämissen aa) Die Forschungsfreiheit verfassungsrechtlicher
als maßgeblicher Anknüpfungspunkt
Die erste der drei gemeinsamen Prämissen betrifft den für maßgeblich gehaltenen verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt. Für erfolgversprechend und deshalb erörterungsbedürftig w i r d allein das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gehalten. Daneben w i r d allenfalls noch, wenn auch nur sehr vereinzelt, das Grundrecht der Informationsfreiheit angesprochen, 5 dann aber auch nur i n wenigen Sätzen abgehandelt. Maßgeblich ist hierbei jeweils die — der traditionellen Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. A l t . G G entsprechende 6 — Erwägung, Behördenakten bzw. behördliches Archivgut seien als staatliche
Informations-
1 Vgl. VG Köln, CuR 1986, 833; OVG NW, CuR 1986, 834; BVerwG, CuR 1986, 835 = BayVBl. 1986, 121 f. = NJW 1986, 1277 = JuS 1986, 728; BVerfG, CuR 1986, 832 = KMK-HSchR 1986, 1192 = NJW 1986, 1243 = JuS 1986, 728; vgl. femer zu allen Entscheidungen in dieser Sache die Anm. von H.-U. Gallwas, CuR 1986, 836. 2 Vgl. hierzu die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, NJW 1984, 1135 = DVB1. 1983, 600 (auch abgedruckt in Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, Dokumentation zum BDSG, 19. Lieferung, Stand: Juli 1988, E l zu Art. 2 Abs. 1 GG) (für das Bundesarchiv in Koblenz) sowie das Urteil des BayVGH n. F. 38, 26 = CuR 1988, 244 = NJW 1985, 1663 (betreffend das Stadtarchiv Passau) (mit Bspr. von R. Heydenreuter, CuR 1988, 241 ff.; erläutert auch von S. Langer, JA 1985, 545 ff.). 3 Oben § 1 I 2 (Fn. 31). 4 L G Frankenthal, NJW 1985, 2539 (mit Anm. W. Bayer, FamRZ 1986, 642 ff.; M. Hartmer, MittHV 1985, 322 f.; G. Rübsam, Das Standesamt 1986, 137). 5 Dies geschieht nur in den Entscheidungen BVerfG, CuR 1986, 832; BayVGH n. F. 38, 26 (31); VG Köln, CuR 1986, S. 833. 6 Vgl. dazu näher unten § 23 I I I 3 c.
§ 4 Der Stand von Rechtsprechung und Schrifttum
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quellen nicht „allgemein zugänglich" i m Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. A l t . GG, eine Verpflichtung zur „Zugänglichmachung" solcher nicht allgemein zugänglicher Quellen aber werde durch die Informationsfreiheit für den Staat nicht begründet. 7 bb) Der Informationsanspruch als Problem grundrechtlicher Leistungsansprüche
originärer
A u c h in bezug auf die grundrechtsdogmatische Verortung der Problematik sind sich die Gerichte einig: Sowohl bei der Nutzung von Archiven wie auch bei der Einsicht i n Behördenakten gehe es nicht um die Abwehr staatlicher Eingriffe, sondern u m die Teilhabe an staatlichen Leistungen. 8 Die Frage nach der Existenz eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken w i r d hiernach übereinstimmend als Sonderfall der sehr strittigen Frage nach der Existenz originärer Leistungsansprüche,
d. h. verfassungsunmittelbarer — von bereits vorhan-
dener staatlicher Leistungsgewährung unabhängiger - grundrechtlicher Ansprüche auf Gewährung staatlicher Leistungen 9 behandelt; der Informationsanspruch wäre insofern ein Sonderfall der i m Mittelpunkt der Leistungsrechtsdiskussion stehenden Ansprüche auf staatliche Gewährung von „Realisierungshilfe" 1 0 , von Voraussetzungen, welche — wie die Information über forschungsrelevante Dat e n 1 1 — die tatsächliche Ausübung eines Grundrechts erst ermöglichen. cc) Die Doppelnatur des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als Abwehrrecht und als objektive Wertentscheidung Aus den beiden vorstehenden Prämissen ergibt sich recht zwanglos der dritte gemeinsame Ausgangspunkt: Da nach dem bisherigen Gedankengang das Problem des Informationsanspruchs zu Forschungszwecken die Frage nach der Verbürgung originärer grundrechtlicher Leistungsansprüche durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G aufgeworfen hat, liegt es nahe, jene Aussagen des Bundesverfassungsgerichts aus dem sog. Hochschulurteil v o m 2 9 . 5 . 1 9 7 3 1 2 zum Ausgangspunkt der 7
So die oben Fn. 5 zitierten Entscheidungen. s Vgl. OVG Rh.-Pf., DVB1. 1983, 600 (601); BayVGH n. F. 38, 26 (31); VG Köln, CuR 1986, 833; OVG NW, CuR 1986, 834; BVerwG, CuR 1986, 835; BVerfG, CuR 1986, 832. 9 Zum Begriff des originären Leistungsrechts und seiner Abgrenzung zum derivativen Leistungsrecht vgl. i. e. unten § 15 .11 2. 10 Der Begriff „Realisierungshilfe" wird von der Rspr. freilich nicht verwendet; er stammt aus der allgemeinen Leistungsrechtsdiskussion (vgl. etwa W. Schmitt Glaeser, DÖV 1980, 1 [6]; W. Rüfner, Festschrift Wannagat, 1981, S. 379 [387 f.]; M. Sachs, in: K. Stern, Staatsrecht I I I / 1, § 67 V 3, S. 745). 11 Zur Bedeutung der Information als Forschungsressource vgl. oben § 1 I 1. 12 BVerfGE, 35, 79 (114 ff.). Fortgeführt in BVerfGE 43, 242 (267); 47, 327; 51, 369; 54, 363 (388 f.); 55, 37; 57, 70 (91 ff.); 66, 155 (177 f.); 66, 270 (290); 67, 1 (16 f., 20); 67, 202 (207).
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1. Teil: Verfass.rechtl. Problematik des Themas
weiteren Argumentation zu machen, die immer w i e d e r 1 3 i m Zusammenhang m i t der Frage nach einer leistungsrechtlichen Seite des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G bemüht werden. 1 4 Das Bundesverfassungsgericht hatte seinerzeit ausgeführt, dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G komme neben einer abwehrrechtlichen Dimension auch die Funktion einer objektiv-rechtlichen „ W e i t entscheidung" zu, die unter anderem auch eine Verpflichtung des Staates begründe, Wissenschaft und Forschung „durch die Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen M i t t e l n zu ermöglichen und zu fördern" 1 5 ; insbesondere i m Bereich des m i t öffentlichen M i t t e l n eingerichteten Wissenschaftsbetriebs, hinsichtlich dessen der Staat „ e i n faktisches M o n o p o l " innehabe und i n dem eine Ausübung der Grundfreiheiten des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G notwendig m i t einer Teilhabe an staatlichen Leistungen verbunden sei, verstärke diese Wertentscheidung — so das Bundesverfassungsgericht — „die Geltungskraft des Freiheitsrechts i n Richtung axxï Teilhabeberechtigungen"
16
;
dem „einzel-
nen Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G " erwachse so „aus der Wertentscheidung ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer A r t , die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerläßlich sind, w e i l sie i h m freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen"17. b) Die Argumente gegen die Anerkennung des Informationsanspruchs O b w o h l dieses obiter d i c t u m 1 8 aus dem Hochschulurteil recht weitgehend klingt und jedenfalls auf den ersten B l i c k auch die Befürwortung eines Informationsanspruchs zu Forschungszwecken nahezulegen scheint — schließlich zählen auch forschungsrelevante Informationen vielfach zu jenen Forschungsressourcen, die „freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen" — , vollzog man i n der Rechtsprechung diesen Schritt nicht. Das überrascht nicht, wenn man sich die zurückhaltende Rezeption der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor Augen führt. Über die Berechti!3 So etwa im Streit um die sog. Grundausstattung von Hochschullehrern (vgl. hierzu etwa BVerwGE 52, 339 [343 f., 346 ff.]; H. J. Schuster, in: Elstermann / v. Mutius / Schuster, Grundausstattung, 1976, S. 37 ff.). 14 Vgl. OVG Rh.-Pf., DVB1. 1983, 600 (601); BayVGH n. F. 38, 26 (31); V G Köln, CuR 1986, 833; OVG NW, CuR 1986, 834; BVerwG, CuR 1986, 835; BVerfG, CuR 1986, 832. is BVerfGE 35, 79 (114 f.). 16 AaO, S. 115 — Hervorhebung nicht im Original. 17 AaO, S. 116. 18 Daß es sich insofern lediglich um ein obiter dictum handelt, wird im Schrifttum vielfach betont; vgl. etwa G. Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, 1983, S. 87; E. Friesenhahn, 50. DJT 1974, Bd. II, S. G 1 (G 34).
§ 4 Der Stand von Rechtsprechung und Schrifttum
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gung, vor allem aber auch über die präzise Bedeutung und Reichweite seiner Aussagen ist i n der Folgezeit lebhaft gestritten worden. Es gab zahlreiche zustimmende, aber auch nicht minder zahlreiche ablehnende Stimmen. 1 9 I n Anbetracht dieser grundsätzlichen Kontroverse n i m m t es nicht wunder, daß das betreffende obiter dictum i m Hochschulurteil auch von der Rechtsprechung durchweg nicht als klares Vorzeichen zugunsten der Existenz leistungsrechtlicher Gehalte bei Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G verstanden und aufgegriffen wurde. Interessant sind indes die Gründe, die von der Rechtsprechung für ihre ablehnende Haltung zur Frage des Informationsanspruchs ins Feld geführt wurden. Bei näherem Hinsehen weisen sie nämlich einige Unterschiede auf, die darauf hindeuten, daß — trotz des einhelligen Ergebnisses — i n der Sache selbst grundsätzlichere Unsicherheiten bestehen. aa) Die restriktive Position des Bundesverwaltungsgerichts: nur Anspruch auf derivative Teilhabe am Wissenschaftsbetrieb Die i n der prinzipiellen Haltung w o h l restriktivste Position n i m m t das Bundesverwaltungsgericht ein. I n konsequenter Anwendung seiner i m sog. „Grundausstattungs-Urteil" 2 0 eingeschlagenen Linie, auf die es ausdrücklich Bezug nimmt, reduziert es die Bedeutung der Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G auf das derivative Recht „auf verhältnismäßige, am Gleichheitssatz ausgerichtete Teilhabe an Leistungen und Einrichtungen", die der Staat dem Wissenschaftsbetrieb bereits tatsächlich zur Verfügung gestellt hat; originäre, unabhängige
d. h. bereitstellungs-
Leistungsrechte seien hiervon hingegen nicht erfaßt. 2 1 Beansprucht
werden könnten demnach allenfalls solche Mittel, die zur — v o m Staat schon bewilligten — „Forschungsausstattung eines Wissenschaftlers gehören". 2 2 Behördenakten, die nicht nur für den Wissenschaftsbetrieb, sondern auch für die Allgemeinheit unzugänglich sind, scheiden nach dieser Auffassung daher notwendigerweise als Gegenstand eines Leistungsrechts aus; Anspruchsgegner dürften bei diesem Ansatz i m übrigen w o h l nur die Universitäten und allenfalls noch die Archive sein 2 3 , nicht aber die außerhalb des Wissenschaftsbetriebs stehenden Behörden der allgemeinen Verwaltung. 2 4 19 Zum Streitstand i. e. vgl. unten § 16 I I l b . 20 BVerwGE 52, 339 ff. 21 BVerwGE 52, 339 (348 f.) (unter Bezugnahme auf W. Martens, VVDStRL Heft 30 [1972], S. 7 [21], und E. Friesenhahn, 50. DJT, 1974, Bd. II, S. G 1 [G 29]). 22 BVerwG, CuR 1986, 835. 23 So später im Schrifttum K. Oldenhage, in: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Wissenschaftsfreiheit und ihre rechtlichen Schranken, 1978, S. 27 (30); ders., in: Festschrift Bundesarchiv, S. 187 (196); R. Heydenreuter, Der Archivar Jg. 32 (1979), Sp. 157 (161); S. König, Der Archivar Jg. 38 (1985), Sp. 193 (198); skeptisch hingegen A. Freys, Recht der Nutzung von Archiven, 1989, S. 74, 76. 24 Erwogen, freilich nicht weiter verfolgt wird dieser zuletzt genannte Gedanke auch in BayVGH n. F. 38, 26 (31) sowie in OVG NW, CuR 1986, 834. 4 Mayen
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1. Teil: Verfass.rechtl. Problematik des Themas
bb) Das Kriterium der Unerläßlichkeit der staatlichen Informationsleistung Eine etwas andere Akzentsetzung w i r d demgegenüber i n den Entscheidungen des O V G Rheinland-Pfalz 2 5 und des Bayerischen V G H 2 6 (zur Archivnutzung) sowie i n der Entscheidung des O V G Nordrhein-Westfalen 2 7 (zur Akteneinsicht) deutlich. Zwar w i r d auch hier — jedenfalls teilweise — die Frage aufgeworfen, ob Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G bereits einen Anspruch gegenüber staatlichen Stellen außerhalb des Hochschulbereichs begründen könne. 2 8 Für w i r k l i c h durchschlagend w i r d aber ein anderer Gesichtspunkt gehalten, nämlich der, daß die betreffende Informationsleistung nicht „unerläßlich"
sei für „sinnvolle Forschung und
Lehre".29 Hiermit wird zugleich eine vorsichtige Ablösung von einem nur derivativ verstandenen Teilhaberecht angedeutet. Vor allem in der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen wird dies sehr deutlich. In bezug auf die „für sinnvolle Forschung unerläßlichen" Forschungsmittel spricht es ausdrücklich von einem „Recht des Hochschullehrers auf Schaffung der tatsächlichen (seil. Forschungs-)Voraussetzungen", das von vorheriger staatlicher Leistungsgewährung „unabhängig" sein soll. 3 0 Bei diesem Ausgangspunkt k o m m t es insbesondere darauf an, i n welchen Fällen man das Kriterium der „Unerläßlichkeit" als erfüllt ansehen w i l l . Für die ablehnende Haltung der Verwaltungsgerichte ist ausschlaggebend, daß sie als Bezugspunkt für das Kriterium der Unerläßlichkeit einen überindividuellen, über den jeweiligen Einzelfall, das jeweils einzelne Forschungsziel hinausreichenden Maßstab gewählt haben. Konkret: Maßgeblich ist nicht, ob die begehrte Informationsleistung i m Einzelfall für die Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens unerläßlich ist — dies kann i m Einzelfall durchaus der Fall sein 3 1 — ; das Kriterium der Unerläßlichkeit ist vielmehr bereits dann nicht erfüllt, wenn ohne die begehrte Informationsleistung noch die Grundrechtsausübung eines einzelnen Wissenschaftlers schlechthin
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oder gar die „Aufrechterhaltung eines
25 DVB1. 1983, 600 (601). 26 Bay VGH n. F. 38, 26 (31). 27 CuR 1986, 834. 28 Vom BayVGH n. F. 38, 26 (31) und vom OVG NW, CuR 1986, 834. Der Bay V G H scheint hier stärker auf der — dies ablehnenden — Linie des BVerwG zu liegen; deutlicher offengehalten bleibt die Frage hingegen bei der Entscheidung des OVG NW. 29 So die Formulierung des OVG NW, aaO. 30 Ebda (Hervorhebung nicht i. O.); auch das OVG Rh.-Pf. nimmt keinerlei Einschränkungen vor, die auf ein nur derivatives Verständnis hindeuten würden (DVB1. 1983, 600 [601]). 31 Dies wird deutlich in den Ausführungen des V G Köln, CuR 1986, 833, sowie des OVG NW, CuR 1986, 834, wenn sie feststellen, es genüge nicht, wenn „