Der Feldzug des Prinzen Eugen gegen die Österreicher in Illyrien und Italien im Jahre 1813, historisch dargestellt und kritisch beleuchtet , nach den Grundsätzen des, von dem Verfasser in dessen "Napoleon im Jahre 1813" entwickelten centrigualen [zentrigugalen] Operationssystems


126 86 3MB

German Pages 96 Year 1847

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Der Feldzug des Prinzen Eugen gegen die Österreicher in Illyrien und Italien im Jahre 1813, historisch dargestellt und kritisch beleuchtet , nach den Grundsätzen des, von dem Verfasser in dessen "Napoleon im Jahre 1813" entwickelten centrigualen [zentrigugalen] Operationssystems

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Der Feldzug des Prinzen Eugen gegen die Desterreicher

in

Illyrien

und

Italien

im Jahre 1813,

hiſtoriſch dargestellt und

kritisch beleuchtet nach den Grundsäßen des , von dem Berfaffer in deffen „ Napoleon im Jahre 1813" entwickelten

centrifugalen Operationssystems,

von

C. Bade.

Altona 1847. Verlag von Georg Blatt.

nude &

cada

Suho vydal

목동조합

,,Ce n'est pas de mes pensées , que j'ai tiré mes la nature des choses." de la principes, mais de 201 Montesquieu. step 2 7 1

ONALUSTEE WIEN

.34 A

Vorwort.

Motto : „O glücklich, wer noch hoffen kann, Aus diesem Meer des Irrthums aufzutauchen ! Was man nicht weiß, das eben brauchte man, Und was man weiß, kann man nicht brauchen." Göthe. Borstehende Worte des Dichters finden auf keinen Gegenstand des Wissens treffendere Anwendung , als auf die Wissenschaft des Krieges in der höheren Bedeutung des Wortes : die Strategie in dem Sinne der Griechen : die Wissenschaft des Feldherrn. Die Ursachen dieser Erscheinung find theils zarter Natur, theils liegen sie auf flacher Hand ; jedenfalls kann hier auf eine Erörterung derfelben nicht eingegangen werden; die unbestreitbare Thatsache aber will ich ans Licht stellen. Das am scharfsinnigsten durchgeführte kriegswissenschaftliche System ist das von H. v. Bülow. Es wird in demselben aber alles auf den Begriff der Operationsbafis zurückgeführt, und derjenige Staat foll sich dem Ideal dieser Operationsbasis am meisten genähert haben, der die mehrsten und größten Festunger bat. Nun ist aber leicht begreiflich , daß , wenn zwei benachbarte Staaten, bei denen wir alle übrigen Verhältnisse als gleich vorausseßen, sich in einen Wett kampf einlassen, wer von ihnen die meiſten und größten Festungen erbaut, natürlich beide in denjenigen glückſeligen Zustand verfeht werden müſſen, in welchem ihre zerrütteten Finanzen Friedensliebe ihnen zur Nothwen-

IV

digkeit machen, ein Zustand, der vielleicht durch Beiſpiele aus der gegenwärtigen Zeit sich erläutern ließe. Das ganze System beruht also auf falschen Prämiſſen. Nach dem Bülowschen System trat Jomini mit feiner Theorie des Operirens auf den innern Linien auf. Das Ideal dieser Theorie ist die Stellung im Mittelpunkte , dem die Peripherie des Kreiſes behauptenden Feinde gegenüber. Diese Theorie basirt sich auf die Vorausseßung , daß der Feind entweder ganz planlos operire, oder nach der Jominischen Theorie. Diese Theorie ftüßt sich also auf etwas ganz zufälliges, und ist von dem Verfasser in seiner Schrift : „ Napoleon im 3. 1818", genügend in ihrer Nichtigkeit dargestellt worden. In neuester Zeit trat nun noch der preußische General v . Willisen mit seiner Theorie des großen Krieges" hervor. Seiner Theorie liegt eben so wohl wie der Jomini's als Ideal die Concentrirung zum Grunde , aber er will nicht, wie leßterer, immer das Centrum des Feindes durchbrechen , sondern er will immer mit concentrirter Gesammtmacht die Flanke, schwache Seite des Feindes , über den Haufen werfen. Vorausgesezt wird bei dieſer Theorie nur immer, daß man einen Feind vor sich habe, der in unbeweglicher Stellung uns eine schwache Seite darbietet , und sich wie ein Zaunpfahl auf den Kopf schlagen läßt. Nun frage ich jeden denkenden Leser , was solche auf bloße Zufälligkeiten sich ftüßenden Theorien in aller Welt nüßen können . Andere Schriftsteller, welche die Militairwissenschaft bereichern wollten , haben, die Unhaltbarkeit solcher, fich auf Zufälligkeiten stüßenden Theorien einsehend, fich darauf beschränkt , einzelne kriegerische Ereignisse

zu besprechen und zu kritisiren , so z. B. Scharnhörst, und in neuester Zeit der Verfasser der "Briefe eines Verstorbenen." Leßtere haben , der gefälligen Form wegen und weil der Verfasser seine öft ganz irrigen Ideen großen Kriegshelden , als Hannibal , Cäsar, Friedrich II., Napoleon u. f. w., in den Mund legt, natürlich großen Beifall bei Denjenigen gefunden , die fich lieber, was allerdings bequemer ist , auf Autoritätsglauben , als auf durch eigenes Forschen erlangtes Wissen ftüßen mögen. Eine Bereicherung der Kriegswissenschaft wird durch solche Schriften, in welchen der Verfasser in jedem speciellen Falle bald diese bald jene, ihm eben durch den Kopf fahrende Idee als Regel aufstellen will, nicht bewirkt, denn selbst da, wo diese Idee die richtige ist, ist sie es doch eben nur für diefen, mit allen seinen , die Richtigkeit der Idee bedingenden Momenten, sich nie wiederholenden speciellen Fall. Wer aus einer ganzen Bibliothek folcher Schriften für die Praris Belehrung suchen will, gleicht in der That einem Kranken , der in einem großen mit für andere Kranke geschriebenen Recepten angefüllten Sacke Hülfe fuchen wollte. Die Geschichte würde überall nicht ein Spiegel der Zukunft und eine Lehrerin für das Menschengeschlecht fein , wenn der menschliche Verstand nicht befähigt wäre , aus erwiesenen Thatsachen durch richtige Schlußfolgerungen allgemeine und ewig gültige Wahrheiten zu abstrahiren. Dies ist die Aufgabe der wahren Wissenschaft. Für die Kriegswissenschaft bilden die auf diesem Wege gewonnenen großen und unumstößlichen ewigen Wahrheiten die Grundfäße, auf welche sie sich nothwendig basiren muß. Diese Grundfäße a

VI

müffen, eben weil sie immer wahr sind, auch für jeden im Gebiete der Möglichkeit liegenden Fall eine feste Richtschnur abgeben. Eben deshalb aber, weil fie nicht blos für diesen oder jenen Fall , sondern allgemein zur Richtschnur dienen sollen , müssen sie auch nothwendig in ihrer Allgemeinheit zur Anschauung gebracht werden. Dies kann nur durch Aufstellung eines Ideals geschehen, und hierin besteht eben die Schwierigkeit, der wahren Wissenschaft bei der Menge Eingang zu verschaffen. Viele Leute , und gewiß alle Diejenigen, die ihr Urtheil lieber durch Autoritäten als durch Selbstdenken, bestimmen lassen, erschrecken schon, wenn fie, in wissenschaftlicher Beziehung, von einem Jdeale hören. Das ist sehr natürlich. Ein Ideal , d. h. ein Gefeß, welches uns immer zur Nichtschnur dienen soll, ist nur für Selbstdenker , die zu combiniren, d. h. die das durch das Ideal ausgedrückte Gefeß auf teden vorkommenden Fall anzuwenden wiffen; dahingegen die Nichtdenker, bei denen sich alle eingefogenen Bes griffe immer gleich firiren , nicht einmal zu begreifen vermögen, daß das aufgestellte Ideal nicht immer Dasjenige ist , was in jedem vorkommenden Falle erreicht werden soll, sondern nichts weiter, als die Veranschaulichung der in jedem speciellen Falle zu befolgenden Richtschnur. Solche große, ewig wahre Grundfäße aufzufinden, und durch Veranschaulichung zu verbreiten, ist die Sache der Wissenschaft; die Anwendung solcher Grundfäße auf besondere Fälle, ist die Sache der Kunft. Ein Gelehrter sagt irgendwo : " Sobald eine Wissen schaft sich zum allgemein verständlichen System ausge bildet hat, hört sie auf Wiſſenſchaft zu sein. “ Es findet aber in 7 der That der umgekehrte Fall statt. Da die

VII

Wissenschaft nur in der Erkenntniß des Wahren beftehen, das Wahre aber von jedem , mit gefundem Menschenverstande Begabten , begriffeu werden kann, so darf auch nur da von einer wahren und vor Allem von einer nußenbringenden Wissenschaft die Rede sein, wo durch ein immer gültiges und leicht verständliches System gewisse große wichtige Wahrheiten Jedermann zugänglich gemacht werden. Ein Jeder kann sich freilich einen Mann der Wissenschaft nennen ; wenn aber seine Wissenschaft nur eine solche ist, die Niemand be. greifen kann , so ist sie jedenfalls eine sehr unnüße Wissenschaft. Außer dem Eigendünkel der Sachgelehrten hat nichts der Verbreitung wahrer Wissenschaft so sehr geschadet, als der Umstand , daß das Publikum dasjenige, was durch Unverständlichkeit sich als Nichtwiffenschaft beurkundete, eben deshalb, weil es daffelbe nicht begreifen konnte, für Wissenschaft hielt. Eben so auch der blinde Autoritätsglaube , der mit Recht die Amme der Dummheit genannt worden ist. Die Thaten der großen Feldherrn bestätigen die großen Wahrheiten der Kriegswissenschaft , aber keine der leßteren kann um eines Strohhalmes Gewicht durch das , was fie etwa gesagt haben oder gesagt haben föllen , bestärkt oder geschwächt werden. Hiernach mag man die Ab. furdität derer ermessen, die sogar auf dem Gebiete der Wissenschaft , nach der Logik von „ Damons kleinem Sohne ihre Autorität auf den Umfang ihrer Epaulets oder das Alter ihrer Generalspatente füßen wollen, ganz vergessend, daß die Kutte nicht den Mönch und die grauen Haare nicht den Weisen machen. Der Verfasser hat im „Napoleon im J. 1813,» die Kriegswissenschaft auf ihre einfachsten Principien

VIII

zurückgeführt und zu einem allgemein verständlichen Systeme abgerundet. Es sind diefer Principien nur zwei, die eben durch ihre ewige Wahrheit und Untrennbarkeit das System bilden. Wir wollen versuchen, ſie beide hier philoſophiſch zu entwickeln. Den Menschen wie den Thieren ist es durch den ihnen angebornen Trieb der Selbſterhaltung eigenthümlich, daß fie bei jeder ihnen drohenden Gefahr dem Streiche, der gegen fie geführt werden soll, zu entgehen ſuchen, ſei es durch die Flucht ins Weite oder durch Versteck hinter einen schüßenden Gegenstand. Dieser , den Menschen sowohl wie den Thieren angeborne Instinct, leitet auch bei ihnen drohender. Gefahr eines Angriffs, als erster Eindruck, die Menschen. Es bedarf erst der Ideencombination , um sie dahin zu bringen , die Gefahr auf eine mehr sichere und zweckmäßige Weiſe abzuwenden. Wenn ich durch rasche Vollführung eines Streiches den gegen mich erhobenen Arm lähmen kann , so habe ich mich dadurch in jeder Beziehung besser als durch Aufsuchung eines Verstecks vertheidigt, indem ich dadurch vielleicht auch dem Gegner die Luft und die Fähigkeit zur Wiederholung eines solchen Angriffs benommen habe : die Moral ist, daß ich immer, selbst meiner Vertheidigung wegen , auf den Angriff bedacht sein muß. Hieraus erhellt auch die Unge reimtheit der Theorien Herrn v. Williſens und Anderer, die sich auf eine Trennung zwischen Angriff und Vertheidigung , als zwei ganz verschiedenen Species der Kriegführung, bafiren. Derselbe hier erwähnte Grundſaß findet auch bei der Kriegführung zwischen Völkern statt. Wenn ich durch einen Einfall in das feindliche Gebiet, das meinige vor den Drangfalen des Krieges ſchüßen kann , so ist dies gewiß eine beffere Art der

IX

Vertheidigung , als diejenige , welche ich etwa dadurch erreichen möchte , daß ich mich zwischen den Wällen von Riesenfeftungen , oder wie Hr. v . Williſen gar will, zwischen ganzen Gruppen von Festungen aufstelle, und dem Feinde dadurch Gelegenheit gebe , sich in meinem Lande umherzutummeln und die Hülfsquellen, welche etwa die Erbaunng besagter Festungen noch übrig gelaffen haben , gegen mich zu benußen. Auf diese ewig gültige Wahrheit bafirt sich der erste Grundsaß des centrifugalen Operationssystems : der Grundsaß, daß ich in jedem Augenblicke der Kriegführung über die Frage mit mir im Klaren sein muß, ob sich mir nicht irgendwo ein ftabiler Punkt darbietet , gegen den ich nur zu operiren , vielleicht nur zu demonftriren brauche , um den Feind , weil er denselben durchaus nicht preisgeben darf, an Of= fensivbewegungen gegen mein Gebiet zu verhindern. Weil in solchem Falle alle Bewegungen des Feindes durch diesen Punkt bestimmt werden, habe ich ihn das Subject seiner Operationen genannt. . Hierbei kömmt aber alles darauf an, daß ich entweder kein, oder doch ein weniger empfindliches Operationssubject habe als der Feind. In dem Feldzuge von 1812 war Moskau, bis zur Schlacht bei Boródino, das Operationsſubject der Ruffen, und demzufolge auch der Centralpunkt für ihre rückgängigen Bewegungen. Nachdem sie auf den gefcheidten Einfall gekommen waren, Moskau den Flammen preis zu geben , hatten sie kein Operationssubject mehr, und sie operirten mun centrifugal.

X

Wir schreiten jest zur Entwickelung des zweiten Grundfaßes des centrifugalen Operationssystems . Auch das hat der Inſtinct der Menschen mit dem der Thiere gemein, daß fie, bei ihnen drohender Gefahr, in große Haufen sich zusammendrängen. Dies ist auch bei den Menschen die Folge des ersten Eindrucks , indem jeder Schuß bei dem andern sucht. Nun ist aber, um uns hier der Kürze halber nur auf einen Grund zu beschränken, schon der mörderischen Wirkung des concentrischen Feuers wegen , die Massenstellung inmitten des umzingelnden Feindes die schlechteste von allen. Ich muß immer darnach trachten, im Verhältniß zum Feinde die äußeren Linien zu behaupten oder zu gewinnen. Bin ich der Stärkere, so habe ich nur so Aussicht, den Feind ganz zu vernichten, und kämpfe ich auch nur mit zwei gegen Hunderttausend, so habe ich auch nur so Aussicht, der Vernichtung zu entgehen. Die Art der Ausführung dieser ewig gültigen Regel habe ich ausgedrückt durch ein Ideal. Es ist dies : Ein Bienenschwarm, der irgend ein les bendes Wesen verfolgt , und vor ihm zu rückweicht , ohne daß er aufhört dasselbe zu umschwärmen . Wollen wir der Wirklichkeit ein Beispiel entlehnen, wie diesem Ideale am besten nachgestrebt wird , so müssen wir unsere . Blicke auf die Kriegführung der Kaukasier gegen die Russen werfen. Sie operiren immer centrifugal. Suchen die Ruſſen irgendwo einen Punkt auf, von dem sie vorausseßen, daß ihn die feindliche Hauptmacht vertheidigen werde, so finden sie ftatt deffen einen Aschenhaufeu und sich selbst in die Mitte des Bienenschwarms verſeßt. Aber, kann man sagen,

XI

wir sind keine Tscherkessen, und der Krieg, der mit ge regelten Heeren geführt wird , muß natürlich ein an. derer sein. Hierauf diene zur Antwort : das durch unser Ideal ausgedrückte Gefeß ist ewig und für alle Verhältnisse gültig. Es kam ja gerade darauf an, durch das Umfassende des Ideals die Allgemeingül tigkeit des Gesezes , also auch für die unähnlichsten Fälle, zu versinnlichen. Als Archimedes sagte: " Gebt mir einen festen Punkt außerhalb der Erde , und ich will fie aus ihrer Bahn schleudern" wollte er hiermit nur die unbegrenzte Gültigkeit und Anwendbarkeit des Gefeßes , auf welches sich die Anwendung des mechanischen Hebels stüßt, ausdrücken. Er war der Entdecker und Verkündiger dieses allgemeinen Gefeßes, obwohl Jahrtausende vor ihm schon der einfältigste Bauer den Hebel in einzelnen Fällen angewendet hatte. Aber, je einfacher und gewöhnlicher die einzelnen Erscheinungen find, welche ein allgemeines , sei es ein physisches oder moralisches Gefeß beurkunden, um so weniger wird der menschliche Geist angeregt, den Ursachen dieser Erscheinungen nachzuforschen , und so das ihnen zum Grunde liegende allgemeine Gefeß zu entdecken. So konnten die Menschen während sechstehalbtausend Jahren alle die einfachen Erscheinungen täglich sich wiederholen sehen, die dem Kopernikus genügten , der Entdecker des wahren Weltsystems und in dieser Beziebung der Schöpfer der neuen Aftronomie zu werden. Noch später wurde Newton , in Folge einer ihm auf die Nase fallenden Eichel, der Entdecker der wahren Gefeße der Schwerkraft, obwohl in den voraufgehenden Jahrtausenden Manchem eine Eichel auf die Nase gefallen fein mochte.

XII

Eben so haben sich, seitdem Krieg geführt wird, Viele durch Nichtbefolgung des centrifugalen Operationssystems die Nase zerstoßen , aber sie wurden dadurch eben so wenig zur Entdeckung des demselben zum Grunde liegenden ewig gültigen allgemeinen Gefeßes veranlaßt, als es Diejenigen wurden, die bei zufälliger Befolgung desselben , sich wohl befanden. Erklärlich wird dies dadurch , daß das System sich eben dann nur in seinem ganzen Umfange bewähren kann , wenn dasselbe als Princip, d . h . als allgemeine und unwandelbare Richtschnur befolgt wird. 3. B. , wenn ein Feldherr seinen Feind zufällig noch so vollständig umzingelt, also das Ideal des centrifugalen Operationssystems erreicht hat, dabei aber nur immer an die mög lichste Concentrirung seiner Heerabtheilungen denkt, so ist jene umzingelnde Stellung für ihn eine sehr schlechte. Ich will jezt noch über die Wichtigkeit des Systems sprechen. Wer keinem bestimmten Hafen zusteuert, — d. h. wer sein Ziel nicht fest im Auge behält - - dem ist kein Wind günstig. Der Eifer aber, mit dem wir ein gewisses Ziel verfolgen , ist um so ausdauernder, je mehr er sich auf ein Wissen : auf eine Wissenschaft, stüßt. Nur weil Columbus es wußte, daß die Erde ein runder Körper sei, er hatte dies entdeckt und verkündet, worüber damals freilich Niemand stärker lachte, als die Männer der Wiſſenſchaft, d . h . die gelehrten Geographen , in deren Lehrbüchern die Erde noch als eine flache runde Scheibe beschrieben war nur weil er dies wußte, erreichte sein Eifer in Ent deckung eines neuen Welttheils eine faft übermenschliche Stärke und Ausdauer. Weil die oben angedeuteten instinctartigen Schwächen, die den Feldherrn und Krieger

XIII

immer verleiten wollen , rückwärts zu blicken und auf Concentrirung zu denken , als etwas der menschlichen Natur Anhaftendes immer ihre Wirkung äußern , so kann gegen sie , als Gegengift , auch nur ein immer gültiges Princip sich bewähren. Die angebliche Kriegswissenschaft hat aber bisher gerade das Uebel noch verstärkt, und zwar durch die Lehre von der Operationsbasis, welche sie als das Subject, die Operation aber nur als das Prädicat betrachtet, während es doch gerade umgekehrt sein sollte, da ich bei jeder Operation mich erst fragen muß , ob und welche Basis zu derfelben ich zu behaupten nöthig habe. Aber , wie die Kriegsgeschichte zeigt, hat sich die Idee von der absoluten Nothwendigkeit einer durch Festungen geschüßten Operationsbasis in den Köpfen der meisten Generäle so verknöchert, daß sie, von Hause aus eine solche immer als das Subject ihrer Operationen betrachtend, fich die oben erörterte Frage, hinsichtlich des Verhältnisses des gegenseitigen Operationssubjectes , gar nicht vorlegen. Nie ist , wie dies von dem Verfasser anderswo erörtert worden *), gegen dieſes Gefeß ärger gefündigt, als von den Verbündeten in dem ewig denkwürdigen Feldzuge von 1814. Anstatt mit ihrer Ge ſammtmacht in confequenter Weise gegen das nothwendige Subject des Feindes Paris - zu pointiren, lief das Hauptheer während zwei Monaten jedesmal gegen seine Operationsbasis zurück, oder verharrte in völliger Unthätigkeit , sobald Napoleon die geringste Demonstration gegen deffen Verbindungen machte. *) In der "" Skizze des Feldzugs von 1814" in der ,,Minerva" 1842. B. 2. und in der Befestigung von Paris “ in der „ Minerva“ 1844 B. 1. u. 2.

XIV

Wäre dies wohl möglich gewesen , wenn jeder Fähn drich des verbündeten Heeres mit den einfachen Grundfäßen des cencrifugalen Operationssystems, die eben ihrer Einfachheit wegen von Jedem begriffen und deshalb ein Allgemeingüt werden können, und, damit fich das System in seiner ganzen Ausdehnung bewähre, auch werden müffen, vertraut gewesen wäre. Man ersieht aus diesem Beispiele, außer der Wichtigkeit des Systems, wie wenig die Anwendung in einzelnen Fällen vermochte, dasselbe als allgemeines Gefeß erkennen zu laffen, denn gerade die unmittelbar vorhergehenden Feldzüge von 1812 und 1813 bieten Beispiele einer mit mehr oder minderer Consequenz statt gefundenen Anwendung desselben. " Am conſequensten wurde das System durchgeführt von dem österreichischen General Hiller in Illyrien und Italien. Ich habe deshalb meine in der " Minerva" von 1843 abgedruckte Geschichte dieses Feldzuges , als befonders lehrreiches Beispiel zur Erläuterung der Grundsäße des Systems , jeßt in weiteren Kreisen verbreiten wollen. General Hiller hatte richtig erkannt, daß der Feind das empfindlichere Operationssubject habe. Da zu Anfange des Feld. zuges sein Heer noch seine Ergänzungen erwartete, und er deshalb nicht gleich gegen das feindliche Oper rationssubject operiren wollte, so benußte er die Vortheile feiner. ftrategischen Lage dazu, daß er den Feind auf allen Seiten umging und so deffen Bewegungen paralisirte. So zeigt dieses Beispiel auch , wie die beiden Ideale des centrifugalen 1 Operationssystems, 1) kein lähmendes Operationsfubject zu haben , und 2) wie ein Bienenschwarm den Feind zu umzingeln, sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Habe ich kein

XV

und ich habe keines, fo lange ich Operationssubject, dadurch, daß ich das Operationsſubject des Feindes bedrohe, dieſen von Operationen gegen das meinige nothwendig abhalte - so kann ich von der Peripherie aus in getrennten Abtheilungen gegen das feindliche pointiren , und so den Feind auf sein Operationssubject zurück operiren. Eben so bin ich auch befähiget, ihm dadurch, daß ich ihn von allen Seiten umschwärme, Verlegenheiten zu bereiten. Das hier aufgestellte Beispiel aus der neueren Kriegsgeschichte mag auch dazu dienen, die schon oben berührte Frage zu beantworten, ob denn, da wir doch keine Bienen find, das aufgestellte Ideal für uns Stich haltend sein könne. Ein Kriegsheer soll sich, um dem Gefeße des Ideals zu genügen , nicht gerade immer ganz so wie ein Bienenschwarm zersplittern, aber doch soweit , als es durch die strategische Lage der Dinge dazu veranlaßt, und, wohl verstanden, durch die Bes kanntschaft aller Führer des Heeres , vom obersten bis zum unterften, mit den Gefeßen des Systems , auch dazu befähigt ist , da die fehlende Einheit des Commando's durch die Einheit des Allen zur Richtschnur dienenden Princips erseßt werden muß. Hier haben wir zugleich den Hauptpunkt berührt , welcher der Anwendung des centrifugalen Operationssystems bisher hauptsächlich im Wege stand , der zugleich aber auch die unendliche Wichtigkeit deſſelben beurkundet und zeigt, wie allein nur dasselbe eine Garantie bietet, daß das Geschick der Völker nicht von der Unfähigkeit, vielleicht felbft nur von einer augenblicklichen: Unverdaulichkeit dieſes oder jenes Feldherrn abhänge, ſondern von eines Volkes Intelligenz, Freitheit- und Vaterlandsliebe. Es

XVI

genügt nicht allein leßtere zu bewähren. Die Merikaner ließen sich , heldenmüthig kämpfend , zu Taufenden von einem Häuflein Spanier hinschlachten, das sie , durch einfache Anwendung der Grundsäße des centrifugalen Operationssystems , bequem hätten. zu Tode steinigen können. So bewährt sich in allen Verhältnissen die Richtigkeit des Systems , seine Wichtigkeit aber steigt in dem Grade, wie die neuern Erfindungen die Kunst, Menschen in Massen zu tödten auf einen höhern Grad der Vollkommenheit bringen. In dieser Beziehung ist die neueste Erfindung der Schießbaumvolle von unberechnender Wichtigkeit. Die Wichtigkeit des Systems beruht darin, daß es, auf ewige Wahrheiten fich ftüßend, dem Staatsmanne sowohl als dem Krieger eine feste Richtschnur für alle Fälle darbietet. Wegen seiner Neuheit hat dieses Syftem, so einfach und klar es ist, doch einige Schwierigkeiten zu überwinden , um sich allgemein Bahn zu brechen. Die militärischen Schriftsteller ftüßten bisher ihre sogenannten Theorien nicht auf allgemeine Wahrs heiten , also nicht auf das Nothwendige, sondern auf Zufälligkeiten. Sie sagten dann etwa, sie wollten sich nur mit dem militärischen , nicht mit dem politiſchen Elemente befassen. Das ist eben so , als wenn Je mand ein allgemeines medicinisches System aufstellen, fich aber nur mit dem physischen, nicht mit dem pſychischen Elemente der menschlichen Natur befassen wollte. Da es, wie der Verfasser aus eigener Erfahrung weiß, gar nicht so leicht ist, den ganzen aus sölchen Büchern eingefogenen Wuft unnüßer und falscher Gelehrsamkeit wieder aus dem Kopfe zu bringen , so werden Dieje nigen, welche sich ganz davon entfernt gehalten haben,

XVII

d. h. die Laien in der sogenannten Kriegswissenschaft, nur um so empfänglicher für die ewig gültigen Lehren des centrifugalen Operationssystems sein. Und dies ist sehr wichtig, da es in der That eine Nothwendigkeit ist , daß dieselben ein Eigenthum aller gebildeten Männer werden . Ist es nicht eine betrübende Erscheinung , wenn z. B. in Holland , wo seit 1830 funfzig Mill. Fr. nußlos auf Feftungswerke verschwendet wurden, und hierdurch, so wie durch Haltung eines ungeheuren Militäretats , ein ungeheurer Druck des Volkes und fast ein Staatsbankerott herbeigeführt wurde, jeder in den Kammern etwa auftretende Redner , der diesen Krebsschaden zur Sprache bringen wollte , von dem General- Kriegsminister mit der Bemerkung zur Ruhe sich verweisen laſſen mußte : dies beträfe militärische Angelegenheiten, die von Nichtmilitärs nicht beurtheilt werden könnten. Dies ist kein allein dastehender Fall, denn allenthalben , wo es repräsentative Verfaſſungen giebt, führen die Generäle - Kriegsminister dieselbe Sprache. Die militärwiſſenſchaftliche Logik ist in der That recht sonderbar. Erst heißt es : wir haben es nur mit dem militärischen , nicht mit dem politiſchen Elemente zu thun, d. h. also, wir bekümmern uns gar nicht um das Verhältniß der Bürger zum Staate oder der Staaten zu einander ; dann aber, wann es sich. um diese Intereſſen handelt, heißt es wieder : wir , weil wir Militärs sind , die sich nie um jene Interessen bekümmert haben, vermögen nur allein diefelben richtig zu beurtheilen, nicht aber Diejenigen, die durch das Vertrauen des Volkes zur Vertretung derselben berufen sind. Die Wurzel des Vorurtheils beruht in dem selbst von vielen sonst aufgeklärten Männern

XVIII

getheilten Vorurtheil, welches glaubte , daß durch den ungeheuren Wust der sogenannten militärwissenschaftlichen Literatur, eine Kriegswiſſenſchaft in der wahren Bedeutung des Wortes begründet worden sei. Es bedarf bloß der allgemeinen Verbreitung der einfachen Grundsäße des centrifugalen Operationssystems , um das Uebel mit der Wurzel auszurotten. Der Verfasser bittet deshalb alle aufgeklärte und wohldenkende Männer, ihm hierbei hülfreiche Hand zu leiſten. In einem Volkskriege kann nur die , auf die Einheit des Princips sich stüßende Einheit des nach einem Ziele strebenden Willens Aller , ein glück liches Resultat herbeiführen. Dieses Princip wird uns durch das centrifugale Operationssystem gegeben, so wie letteres überhaupt uns die allgemeine Nichtschnur nicht nur zur Führung eines Volkskrieges , sondern auch für alle Vorbereitungen zu demſelben während des Friedens darbietet. Daß es bei diesen Vors bereitungen zu einem wahren Volkskriege auf etwas ganz anderes ankömmt , als auf die Erbauung einer Unzahl von Festungen , hat der Verfasser gezeigt in Bülau's Jahrbüchern der Geschichte und Po litik, 1845 Heft 1 , und in der oben citirten Abhandlung : Die Befestigung von Paris. " Es wird von gewissen Seiten her freilich Bedenken gegen die Führung eines Volkskrieges erhoben , und der raschen Entſcheis dung durch eine Hauptschlacht, wie z. B. bei Jena und Austerliß , der Vorzug gegeben , aber es heißt dann auch oft: kurzer Krieg, lange Knechtschaft.

Hamburg, im Januar 1847. C. Bade.

I.

Geschichte

des

Feldzugs in Illyrien und Italien

im Jahre 1813.

1.

Geschichte des Feldzugs in Illyrien und Italien im Jahre 1813.

Napoleon hatte schon am 10. Juli den Prinzen Eugen, Vicekönig von Italien, aus Dresden nach Italien zurückgesandt, um in dieſem durch die Verluste in Rußland und durch die Entsen= dungen

der

neugebildeten

Truppencorps

zur

großen Armee nach Deutschland fast ganz von Truppen entblößten Lande eine neue Armee zu organisiren, durch deren für Desterreich bedrohliche Stellung die schon wankend werdende Treue dieses Staates erhalten , oder im Falle eines Krieges mit demselben, ein bedeutender Theil von dessen Streitkräften auf dieser Seite im Schach gehalten werden könnte. Gegen Ende des Monats Juli hatte der Vicekönig

ein

größtentheils aus

Conſcribirten 1*

4

des Königreichs Italien, theilweiſe aber auch aus den Conſcribirten der dem französischen Reiche einverleibten italienischen Provinzen gebildetes Heer zusammengebracht, welches 73 Bataillons und 12 Schwadronen zählte , und dessen wirkliche Stärke ſich auf 45,000 Mann belief, unter welcher Zahl sich nur 1500 Cavalleriſten befanden, dessen Stärke eber, nach Napoleons ge= wöhnlicher Politik, um Oesterreich zu schrecken, seinem ausbrücklichen Befehle zu Folge, auf dem Papiere viel bedeutender, nämlich zu 94 Bataillons und 20 Schwadronen angegeben werden mußte.

Aber schon hatten die Verbündeten den richs tigen Maßstab für die wirklichen Kräfte des französischen Reichs , und schon war ihnen das Mißverhältniß bekannt, das zwischen den Projecten und Befehlen Napoleons und deren wirk-› lichen Ausführung: obwaltete.

Selbst um nur die: italienische Armee auf den angegebenen wirk

lichen Bestand zu bringen, war schon die Anwendung energischer Maßregeln nothwendig geworden, denn die jungen Conscribirten entzogen sich so viel als möglich der Militairpflicht und zwar unter der Begünstigung ihrer Verwandten, gegen welche. strenge Maßregeln ergriffen werden. mußten.

So schrieb ein vom Vicekönige unterm

5

27. Juni erlassenes Decret eine bis dahin in Italien nicht erhörte allgemeine Maßregel vor, nach welcher den widerspenstigen Verwandten der Conscribirten Soldaten wurden.

in die Häuſer gelegt

In den ersten Tagen des August , als der zwischen den kriegführenden Mächten geschlossene Waffenstillstand ſeinem Ende nahte und die während desselben gepflogenen Verhandlungen nichts weniger, als die Aussicht auf ein freundliches oder auch nur friedliches Verhältniß mit Oesterreich gewährten , näherte sich der Vicefönig mit ſeinem Heere, indem er mit demselben von den Ufern der Etsch gegen die des Iſonzo vorrückte und ſein Hauptquartier nach Udine verlegte, den südwestlichen Grenzen des österreichischen Reichs. Bekanntlich war der Umfang dieser Grenzen, den sie zur Zeit unserer Geschichte hatten, in wunderbarem Verhältnisse, abweichend von dem jenigen, den sie durch den Friedensſchluß von Paris wiedergewonnen haben.

Nicht nur die

früher Desterreich angehörenden italienischen Provinzen , sondern auch Theile der früheren österreichischen Erblande waren dem französischen Reiche einverleibt

worden , so daß theilweise

durch den Lauf der Flüsse Drau und Sau die Grenze zwischen den beiden Kaiserreichen in nicht

6

gar zu großer Entfernung von der Haupstadt des einen dieser Reiche bezeichnet wurde. Dalmatien, Istrien, das Littorale, Kräin und ein Theil von Kärnthen bildeten damals unter der Gesammt benennung ,,illyrische Provinzen“ einen Theil des französischen Kaiserreichs , so daß dasselbe, in monströser Gestalt, mit langen, im Norden bis an das Gestade der Ostsee, im Süden bis zur Grenze des türkischen Reichs ausgestreckten Armen Deutschland umklammert hielt.

Indem nur beiläufig hier bemerkt werden mag, daß Oesterreich, indem dasselbe durch diese Gestalt seiner Grenzen von einer der hauptsäch lichsten Lebensquellen des Wohlstandes der Völker, von der Berührung und Benußung des Meeres, gänzlich abgeschnitten war, nothwendig nach der Wiedererlangung derselben trachtend, ein unversöhnlicher Feind dessen, der es dersels ben beraubt hatte, bleiben mußte, springt von selbst in die Augen, daß Oesterreich in einem Kriege mit Frankreich nach dieser Seite hin sehr ungünstig gestellt war, wenn die dasselbe umklammernden Theile des franzöſiſchen Reichs den Bedingungen einer guten Operationsbasis für die Franzosen entsprochen hätten *) .

Indessen

*) " Julyrien," sagte Napoleon auf St. Helena, "bildete in unsern Händen eine Avantgarde im Herzen

7

bedarf es nur einer kurzen Darstellung der Sachy lage, um darzuthun , daß in solcher Beziehung Desterreich keine ernstliche Gefahr drohte.

Der

schmale, zwischen den Grenzen Desterreichs und dem adriatischen Meere sich hinziehende Theil des französischen Reichs war von Völkerschaften bez wohnt, die, der Herrschaft Napoleons im hohen Grade überdrüssig ,

weit entfernt, der Sache

desselben Opfer zu bringen , vielmehr geneigt waren , die Feinde desselben als Freunde zu empfangen; ein Beweis , daß , wenn, wie von französischen Schriftstellern behauptet worden ist, in früheren Kriegen gegen Desterreich, als diese 1 Provinzen noch einen Theil desselben bildeten, es von Napoleon abgehangen haben sollte, die Bes völkerung derselben gegen ihren damaligen Bez herrscher zu insurgiren, Napoleon während der kurzen Dauer seiner Herrschaft über dieselben besser als die österreichische Regierung ſelbſt es verstanden haben mußte, sie der letzteren geneigt zu machen. In diesem schmalen Landstriche gab es keine haltbaren Festpläge von Bedeutung, und die größtentheils aus Söhnen des Landes gebildeten Besagungen derselben theilten t die Desterreichs, wodurch man es im Zaume halten konnte, eine Schildwache an den Thoren Wiens , um es zu nöthigen, den geraden Weg nicht zu verlaffen ."

Gesinnungen des Volks .

Von der Seeseite her

drohte überdieß den Franzosen eine andere Gefahr ; denn die Engländer, die auf allen Seiten an dem coloſſalen, aber deßhalb um so leichter zugänglichen, morſchen Gebäude des franzöſiſchen Kaiserreichs rüttelten, hielten zu solchem Zwecke auch 瀑 eine Flotte im adriatischen Meere bereit. Schon vor dem Beitritte Osterreichs zur Sache der Feinde Napoleons unternahmen ſie Landungen an der Küste Illyriens , bei welchen Gelegenheiten sich deutlich zeigte, auf wie bedeutenden Beistand von Seiten des Volks und der eingebornen Soldaten gegen ihren derzeitigen Bes herrscher, für den Fall bedeutenderer Unternehmungen, zu rechnen seyn würde. So standen die Sachen, als, nach dem Beitritte Oesterreichs zur Sache der Verbündeten , ein Theil dieser Provinzen der Schauplatz des Kriegs wurde. In den ersten Tagen nach Ablaufe des Waffenſtillſtands, dem unmittelbar die factiſche Kriegserklärung der Desterreicher folgte ,

indem sie

schon am 17. Aug. die Sau, den Grenzfluß, überschritten , und gegen Carlstadt vorrückten, führte der Vicekönig von Italien { sein aus 6 Infanteriedivisionen und einer Cavalleriediviſion bestehendes Heer über den Isonzo ,

marſchirte

mit dem Gros desselben längs dem Fluſſe auf-

9

wärts , und über Pleß nach Larvis , während der rechte Flügel des Heeres , bestehend aus 3 Infanteriebrigaden und einer Cavalleriebrigade, unter General Pino , nach Laibach vorrückte. Am 27. August waren diese Bewegungen beendigt, indem der Vicekönig sich mit einer bedeutenden Abtheilung seines, durch die Hauptmacht des Heeres gebildeten, linken Flügels in einem, den wichtigen Engpaß von Tarvis deckenden, verschanzten Lager aufgestellt hatte, während andere Abtheilungen sich zur Rechten ausdehnten, um die Verbindung mit dem rechten Flügel unter General Pino zu erhalten. Die Vordertruppen des Heeres schoben.

waren bis

an die Drau vorge-

Die Desterreicher hatten während des Waffenstillstandes in Steiermark ein Heer von 50,000 Mann unter General Feldzeugmeister Hiller zusammengezogen.

Gleich nach Beendigung des

Waffenstillstandes setzte sich dieses Heer in Bewegung. Der Operationsplan des österreichischen Feldherrn war folgender:

Das etwa aus der

Hälfte des Heeres bestehende Centrum desselben concentrirte sich am linken Ufer der Drau bei Klagenfurt.

Eine auf das rechte Ufer der Drau

unter General Vecsey vorgeschobene Truppenabtheilung deckte in einem verschanzten Lager bei

10

Feistriß die Draubrücke bei Höllenburg , hielt den befestigten Paß

des Leobel

und

besetzt.

Villach und der Brückenkopf bei Rosseck wurden nach einigen unerheblichen Gefechten in den leßten Tagen des August den Italienern überlaſſen, ſo daß diese von Paternion bis Rossect sich im Besiße des rechten Ufers des Drauflusses befan den. Während nun Hiller ſich mit ſeinem Centrum ruhig verhielt, waren zur Rechten und Linken desselben mehrere Corps detaſchirt, die, in einer sehr ausgedehnten Linie operirend, allmälig eine Umgehung und Einſchließung des feindlichen Heeres vollführen sollten.

Eine ſtarke, den lin-

ken Flügel des Heeres bildende Truppenabtheis lung, unter Befehl des Generals Radiwojewich , war, nachdem sie schon am 17. Aug., indem sie über die Sau ging , das feindliche Gebiet bes treten hatte, gegen Carlstadt vorgerückt.

Mit

leichter Mühe nahmen die Desterreicher Carlſtadt, da der dort befehligende franz. General Jeannin, von seinen Soldaten verlassen , nur mit Noth fliehend Fiume erreichen konnte. Von Carlstadt aus entsandte Radiwojewich den Gen. Nugent mit einer Brigade nach Fiume, um so in größerem Bogen die Umgehung des feindlichen Heeres zu bewirken und sich auf deſſen Commu nicationen zu werfen.

Mit dem Gros seines

11

Corps rückte Radiwojewich von Carlſtadt gegen Laibach vor, und stellte dasselbe an der Straße zwischen beiden Städten en échelon senkrecht auf die Verlängerung der feindlichen Vertheidis gungslinie auf, eine སྒྲ Abtheilung bei Neustädl, eine andere, die unter General Rebrowich seine Vorhut bildete , bei Weichselburg nur wenige Meilen von Laibach. Als Zwischencorps zwischen dem linken Flü gel und dem Centrum der Osterreicher war un ter General Fölseis zwischen Eilly und Laibach eine Truppenabtheilung aufgestellt , die bis auf wenige Meilen von letterer Stadt vorrückte und, indem sie hier Stellung nahm , ihre Vorposten bis an die Sau vorschob, so daß General Pino, der Laibach und die Saubrücke bei Tschernüß besezt hielt, durch die Truppenabtheilungen der Generäle Fölseis und Rebrowich umſtellt wurde. Der rechte Flügel der Desterreicher rückte unter General Fenner über Spital und Sachs senburg im Thale der Drau aufwärts gegen Tyrol. Diese Bewegung wurde zur Rechten durch den General Stanislavlewitsch r gedeckt, der mit einer Truppenabtheilung , ohne Widerſtand zu finden, in das Thal der Salzach vorgedrungen war, da die Baiern, durch das Vorrücken › einer österreichischen Armee gegen ihre

12

öftliche Grenze gezwungen, sich am untern Inn zu..concentriren , das ganze falzburgiſche Gebiet von Truppen entblößt hatten. Als Zwischencorps zwischen dem rechten Flügel der Oester, reicher unter General Fenner , und ihrem Centrum war General Eckhardt bei Spital aufgestellt, der Streifpartieen gegen Saint-Hermagor vorschob.

Unter diesen Bewegungen und eini-

gen nichtsbedeutenden Gefechten war die lette Hälfte des Monats Auguſt verſtrichen. General Nugent, der am 27. in Fiume ein* gerückt war , hatte eine sich ihm entgegenstellende feindliche Truppenabtheilung gegen Triest zurückgedrängt und sich hierauf bei Lippa, wo die von Triest und Laibach und Fiume führenden Straßen zuſammenfallen, aufgestellt , so zugleich den Rücken des feindlichen Heeres und dessen Communicationen bedrohend. Als

nun

der

Vicekönig

die umgehenden

Bewegungen des linken Flügels der Desterreicher gewahrte, ertheilte er in den ersten Tagen des Septembers dem General Pino den Befehl, eine Brigade des rechten Flügels, um den Bewegungen des Generals Nugent Einhalt zu thun, ges gen Adelsberg marſchiren zu lassen ;

und in

Betracht, daß sein rechter Flügel bei Laibach zu schwach war, den ihn umstellenden feindlichen

13

Truppencorps die Spise zu bieten, beschloß gleichzeitig der Vicckönig, mit einem bedeutenden Theile seines linken Flügels eine Rechtsziehung längs der obern Sau, abwärts gegen Laibach hin, zu vollführen , um so mehr befähigt zu sein, den auf dieser Seite sich entwickelnden Streitkräften des Feindes die Spiße zu bieten.

Da er zus

gleich aber auch die Straße von Villach über Larvis mit ſeinem linken Flügel behaupten wollte, zu welchem Zwecke die Division Gratien bei Villach stehen blieb , der Verbindung beider Flügel aber durch das Centrum der Desterreicher, wenn dasselbe über die durch das verschanzte Lager bei Feistriß gedeckte Brücke bei Höllenburg über die Donau vorrückte, Gefahr drohte, so beschloß der Vicekönig die Beſtürmung jenes Lagers und die Vernichtung der Brücke. Zu dem Zwecke unternahm er am 6. Septbr. mit ſo bedeutenden Streitkräften und mit solcher Ausdauer einen Angriff gegen die Abtheilung des Generals Vecſey, daß dieser gezwungen wurde, das Lager bei Feistriß preiszugeben und sich auf das linke Ufer der Drau zurückzuziehen, worauf er die Brücke bei Höllenburg vernichtete , so daß jeßt das italienische Heer sich von Paternion bis Feiſtriß im unbestrittenen Besiße des rechten Drauufers befand.

14

Nach der Einnahme des verschanzten Lagers bei Feistritz sezte nun der Vicekönig die Rechtsziehung mit einem Theile seines Heeres fort. Am 8. Septbr. marschirte General Belloti mit einer Truppenabtheilung

von Krainburg

auf

General Fölseis , der schon bis Stob, wo die von Cilly und von Völkermarkt nach

Tschernüß.

Laibach führenden Straßen zusammenfallen, vors gerückt war, glaubte, als er den Marsch jener Truppen gewahrte, die, des bequemeren Weges wegen, den längs dem Ufer der Sau hinfüh renden Weg verlassend, sich mehr links gewendet hatten, daß sie einen Angriff auf seine Stellung bezweckten.

Dieser General beschloß nun, dem

vermutheten Angriffe des Feindes zuvorzukom men.

Rasch zur Offensive übergehend , griff er

den Feind an, den er mit umsichtiger Benutzung des Terrains zwischen dem Gallaberge und den dortigen Dörfern so einengte, daß derselbe volls kommen geschlagen wurde, und 600 Gefangene, worunter General Belloti selbst, 2 Kanonen und 2 Fahnen verlor. Am 11. Septbr. kam der Vicekönig mit dem Hauptquartiere und den Garden nach Laibach ; General Pino hatte sich schon am Tage vorher mit dem Reste der Division Palombini nach Adelsberg, zur Unterstützung der gegen General

15

Nugent entsendeten Brigade dieser Diviſion in Marsch geseßt.

Das übrige Heer des Vice-

königs war um diese Zeit folgendergestalt auf 4 gestellt. Eine Abtheilung , bestehend aus zwei Divisionen ,

unter

General

Verdier ,

stand,

zur Vertheidigung der Drauübergänge beſtimmt, ihre Rechte an Höllenburg und Feistriß lehnend, hinter

der

Drau

und

der

Gail

aufgestellt.

Kleine Detaſchements dieser Abtheilung hielten. Villach und Paternion beseßt.

Das Haupt-

quartier des Corpscommandos befand sich in Finkenstein. Der Rest des Heeres war zur Vertheidigung des oberen Saufluffes bestimmt.

Die

Division Quesnel hielt Neumarkt, Krainburg und den Leobel besest ; die Division Marcognet hielt Laibach und den Brückenkopf bei Tschernüß beſeßt. General Rebrowich stand noch immer bei Weichselburg in der rechten Flanke des italienis schen Heeres. bedacht, sich

Der Vicekönig war jezt darauf nach dieser Seite hin Luft zu

machen, und dadurch zugleich die Bewegung der gegen General Nugent entſandten Diviſion ſicher zu stellen.

Er setzte sich demnach mit den Garden und der Division Marcognet, welche jedoch ein Regiment an der Brücke von Tschernüß zus rückließ , am 14. gegen General Rebrowich in

16

Bewegung.

Dieser, die vom Vicekönige einge-

leiteten umgehenden Bewegungen des überlegenen,

etwa 12,000 M. starken Feindes gewäs

rend , zog sich aus der Stellung bei Weichselburg in eine andere auf dem Bärenberge vor dem Dorfe Treffen zurück.

Als der Vicekönig

die Absicht des österreichischen Generals , einem Gefechte gegen überlegene Streitkräfte auszuweichen, gewahrte, ging er, um nicht bei weiterem Vordringen gegen Carlstadt die Verbin dung mit ſeinem linken Flügel preiszugeben, mit der Division Marcognet nach Laibach zurück und ließ 4000 Mann Garden in der Position bei Weichselburg stehen.

Diesen Umstand benußte

General Rebrowich, der am 15. einige Verstårkungen erhalten hatte, um , sogleich wieder zur Offensive übergehend, den Feind am 16. anzu greifen. Zu dem Zwecke ließ er in der Nacht vorher denselben umgehen, und der Oberst Milus tinowich faßte mit einem Bataillone den Feind in der rechten, der Major Reinbach mit drei Compagnien in der linken Flanke ,

während

General Rebrowich die Hauptabtheilung in der Fronte gegen Weichselburg führte.

Um 5 Uhr

Morgens geschah der Angriff von allen Seiten zugleich .

Das Resultat dieses Angriffs

war,

daß das italienische Corps mit einem Verluste

17

von 600 Mann, 3 Geſchüßen und 3 Fahnen gegen Laibach zurückgeworfen wurde. Als der Vicefönig , von der Verfolgung des

Generals Rebrowich

abstehend ,

die Di-

vision Marcognet nach Laibach zurückzog, hatte er die Absicht, vermittelst eines von dieser Division , in Gemeinschaft mit

einer

andern

Truppencolonne, die von Krainburg über Fernick gegen die österreichische Truppenabtheilung des Generals Fölseis bei Stob marſchiren ſollte, gegen lettere zu vollführenden Angriffs sich der lästigen

Nähe

Truppencolonne

derselben zu entledigen. kehrte

nach

Jene

unbedeutendem

Scharmüßel nach Krainburg zurück, da sie nicht von der Diviſion Marcognet unterſtüßt werden konnte, die in Folge der von der Garde erlittenen Niederlage zurückberufen und wieder nach St. Marein vorgeschoben wurde, wo sie, dem bei Großlup stehenden Corps von Rebrowich gegenüber, Stellung nahm.

An ihrer Stelle rückte eine Brigade der Division Quesnel nach

Tschernüß zur Brückenkopfes .

Vertheidigung

des

dortigen.

Inzwischen dieser Ereignisse war der in größes rer Entfernung überflügelnd operirende General Nugent nicht müssig geblieben. Nachdem dieser General in den ersten Tagen des Septbr. Fiume

18

besetzt hatte, war derselbe, während er zur Linken eine Abtheilung nach Istrien , um diesen Landstrich zu insurgiren, entſandte, wie oben erwähnt, bis Lippa vorgerückt.

Er wurde hier

am 7. Septbr. von einer über Adelsberg heranrückenden Brigade der Division Palombini angegriffen. Die Italiener wurden mit bedeuten dem Verluste zurückgeschlagen, und zogen sich bis hinter Adelsberg zurück. An demselben Tage wurde später Nugent auch noch von einer andern, von Triest herans rückenden Truppenabtheilung angegriffen. Dieser Angriff geschah mit ſolchem Nachdrucke, daß das Centrum der Desterreicher durchbrochen wurde; indeſſen ließ General Nugent in demselben Augenblicke mittelst einer geschickten Bewegung den Feind umgehen und ihn im Rücken angreifen. Der Erfolg war entscheidend, die Italiener wurden auch hier zurückgeſchlagen, und auf ihrem Rückzuge ununterbrochen mit solchem Nachdrucke angegriffen, daß ihre Colonnen größtentheils vers sprengt und mit bedeutendem Verluste an Lodten und Gefangenen bis Bazaviza, unweit Triest, In Folge dieses Gefechtes verfolgt wurden. wurde Triest schon am 10. Septbr. durch eine Abtheilung der Truppen des Generals Nugent befeht, jedoch wegen der jetzt eintretenden rück-

19

gängigen Bewegung des Letteren in den nächsten Tagen wieder verlassen.

Als nämlich General

Nugent, der sich mit dem Gros seiner Brigade bei Felszane zwiſchen Lippa und Adelsberg aufgestellt hatte, hier am 14. von General Pino, der jeßt die ganze Division Palombini und eine Cavalleriebrigade

vereinigt hatte,

angegriffen

wurde, zog er sich vor solcher Uebermacht in der Richtung gegen Fiume bis Saint Mattia zurück. Dann begann derselbe am 15. eine vors treffliche Operation , indem er, zu durchaus ercentrischem Rückzuge schreitend , ſich mit dem Gros seiner Brigade über Castua nach Istrien wandte, um dort, in Erwartung des zum Wies dervorrücken günstigen Augenblickes , die Inſurrection jenes Landstriches vollends zu organisiren , während er den Major Gavenda mit einer Truppenabtheilung vor Fiume stehen ließ, mit dem Befehle, wenn er mit Uebermacht an gegriffen würde, seinen Rückzug über Fiume auf der

alten Straße nach Carlstadt zu nehmen.

Major Gavenda, am 15. durch überlegene Sreit kräfte angegriffen und zur Räumung von Fiume gezwungen, zog sich auf der Straße nach Carlstadt gegen Kameniak zurück. Kaum hatte die Vorhut der Italiener Fiume besetzt , als unter der Bevölkerung der ganzen Gegend ein Aufſtand

20

ausbrach, der bei denselben nicht geringe Bes stürzung hervorbrachte. General Pino hielt es unter den obwaltenden Umständen nicht für zweckmäßig, der rückgängigen ercentrischen Bewegung der Desterreicher zu fols gen. Die bis Fiume vorgedrungene Brigade verließ schon am 15. diese Stadt wieder, und am 16., an welchem Tage General Pino für ſeine Person vom Heere nach Italien zurückging, zog sich General Palombini, indem er ein Regis ment nach Trieſt entſandte und ſeine Vorhut in einer Stellung bei Lippa zurückließ, mit dem Reste der Truppen nach Adelsberg zurück. Der Zweck der, wie oben berichtet, vom Ges neral Nugent

früher

nach Istrien entsandten

Truppenabtheilung war glücklich erreicht worden. Die Reihen der Oesterreicher

wurden schnell

durch die ſich unter ihre Fahnen ſtellenden Iſtrier verstärkt.

Mit dieser Verstärkung und unter

dem Beistande des die Waffen ergreifenden Landvolkes hatte der Hauptmann von Lazarich schon in der Nacht vom 3. auf den 4. Septbr. eine auf dem Marsche von Pola und Rovigno nach Mitterburg begriffene, 900 Mann starke Colonne der Italiener angegriffen , und 600 Gefangene und 3 Geschütze erbeutet.

Als nun der General

Nugent sich nach Istrien zurückzog, bemächtigte

21

er sich sofort der festen Plätze Pola , Capo d'Istria und Monte Magiore, wodurch ihm Geſchüße und bedeutende Munitionsvorräthe in die Hände fielen.

Dieser General beschloß hierauf,

ſeine Operationen im Rücken des Feindes fortzusetzen, wozu ihm die demselben abgenommene Provinz selbst die ་ Mittel hergeben sollte. Er unterstüßte demnach aufs Thätigste die Bewaffnung der Istrier , unter ersprießlicher Mitwirkung der Engländer, welche nicht nur ihre Marineartilleristen zur Bemannung des auszurüstenden Geſchüßes hergaben, sondern auch in reichlichem Maße Waffen und Munition zur vollständigen Bewaffnung des istrischen Landsturmes herbeischafften. Die Stellung Nugents in Istrien war vors trefflich. Er konnte von hier aus, je nach den Umständen, die Offensive gegen den Rücken des italienischen Heeres , oder gegen deſſen Communicationen und Operationsbasis ergreifen. Wurde er aber selbst durch überlegene Streitkräfte in Istrien angegriffen, so konnte er sich in die schön in seiner Gewalt befindlichen Festpläge werfen, oder die englischen Kriegsschiffe besteigert. War gleich durch den Rückzug des Generals Nugent nach Istrien der eigentliche Zweck der Operation der Division Palombini verfehlt, da,

22

wie schon erwähnt , Ersterer nach wie vor und mit

vermehrten

Streitkräften

des italieniſchen

Heeres Communicationen bedrohte , so wurde durch deſſen größere Entfernung doch einstweilen die Division Palombini wieder zu andern Zwekken disponibel, und der Vicekönig , der immer darauf bedacht seyn mußte, sich auf seiner vom General Rebrowich umstellten rechten Flanke Luft zu machen, beschloß jest wieder einen Angriff gegen dessen Stellung bei Weichselburg. Dieser sollte von der, seit dem 17. bei St. Mas rein stehenden Division Marcognet gegen des Feindes Fronte vollführt werden, während die Diviſion Palombini, von Adelsberg in der Richtung auf Treffen und Seißenberg vorrückend, die Communication der Desterreicher zwischen Weichselburg und Neustädl bedrohen sollte. Am 21. seßte sich die Division Marcognet von St. Marein aus in Bewegung , während General Palombini, bis Zirkniß und Studenz vorrückend, seine Vorhut in der Richtung auf Seißenberg vorschob.

General Rebrowich, solchergestalt in + der Flanke bedroht , zog sich ercentriſch gegen

Treffen und Littay zurück, unverfolgt vom Feinde, denn die Division Palombini blieb bei Zirkniß und Studenz stehen, und die Division Marcognet, die nicht über Weichſelburg hinaus vorgerückt

23

war, kehrte am 23. in ihre frühere Stellung bei Weichselburg zurück, worauf General Rebrowich sogleich wieder. bis in seine frühere Stellung bei Großlup vorrückte. Seine linke Flanke war jest gedeckt durch den Oberst Stahremberg, der mit 3000 M. nach Obergurk vorgerückt war. Um diese Zeit rückte überdieß General Nus gent aus Istrien im Rücken der Division Pas lombini wieder gegen Lippa vor. So endete die gegen den linken Flügel der Osterreicher ers griffene Offensive, als dieselbe kaum erst begonnen hatte. Dieselbe konnte um so weniger fortgeführt. werden, da jezt auch das Centrum der Desterreicher die Offensive ergriffen hatte. 12.

Schon am.

Septbr. hatte Hiller das unter General

Eckhardt bei Spital aufgestellte Zwischencorps gegen den Gailfluß hin vorrücken laſſen. Ges neral Verdier, der den linken Flügel des italie nischen Heeres befehligte, hatte, um ſeine linke Flanke sicher zu stellen, hierauf St. Hermagor beſehen lassen, so daß jezt der linke Flügel die ausgedehnte Linie von St. Hermagor bis Feiſtriß einnahm.

Hiller , um die Aufmerksamkeit

des Feindes noch mehr auf deſſen linke Flanke zu ziehen, ließ am 18. Septbr. die zu St. Hers

} magor stehende, vom General Piat befehligte ?

24

Truppenabtheilung durch General Eckhardt angreifen,

in Folge dessen General Piat,

mit

einem Verluste von 300 Gefangenen aus ſeiner Stellung bei St. Hermagor vertrieben, sich nach Tarvis zurückzog . Hierauf ergriff endlich der österr. Feldherr mit seinem so lange zurückgehat: tenen Centrum die Offensive. Am. 19. ging er mit demſelben in zwei Colonnen bei Roſſeck und Höllenburg über die Drau, und brachte der auf dem rechten Ufer sich ihr entgegenstellenden Division Gratien eine Schlappe bei, worauf General Verdier, der sich nun auf beiden Flanken bedroht fah, eilends die in Villach und Paternion stehenden Detaſchements zurückrief und seine bei den Divisionen weiter rückwärts bei Arnoldstein concentrirte, in einer Stellung zwischen der Gailund Tarvis. Das Centrum der Desterreicher rückte nun bis in das Thal der obern Sau vor, während die als Zwiſchencorps hier aufgestellt gewesene italienische Brigade Campi sich gegen den linken Flügel des italienischen Heeres hint, 2 nach Wurzen zurückzog. Inzwischen hatte General Eckhardt, der längs der Gail gegen die linke Flanke Verdiers manöv

rirte, Truppen bis Mautien vorgeschoben, die von hier aus Streifcorps über die kärnischen Alpen in den Rücken des Feindes und selbst bis

25

Ponteba vorgehen ließen, welche die Besatzung dieser Stadt gefangen nahmen. Nachdem Hiller fich des obern Sauthals bes mächtigt hatte, von wo er Streifcorps bis Lolmino und Caporetta verschob, beschränkte er die Offensive seines Heeres während einiger Zeit wieder

auf die

desselben.

Thätigkeit der beiden Flügel

Während der rechte Flügel der Ita-

liener nun auf drei Seiten , zur Linken durch das Centrum der Desterreichher , in der Fronte durch General Fölseis und zur Rechten durch General Rebrowich umstellt blieb, rückte auf dem linken Flügel der Oesterreicher General Czivitsch von Neustädl mit einem Truppencorps gegen die bei Zirking stehende Division Palombini vor, griff dieselbe am 27. Septbr. an , und brachte ihr nach hartnäckigem Kampfe eine Niederlage bei, worauf dieselbe am 28. bis in eine Stel lung bei Abelsberg zurückging. Die Lage des Vicekönigs wurde, jezt mißlich. ** Durch das Vorrücken des Generals Ezivitsch war jest die rechte Flanke des Heeres völlig umgangen.

italieniſchen

Es stand nicht zu ers

warten , daß die weiteren Operationen deſſelben im

Rücken des italienischen Heeres durch Ge

neral

Palombini

würden

aufgehalten werden

können , da Lesterer selbst schon durch General 2

20

Nugent im Rücken bedroht wurde.

So sah

jezt der Vicekönig seinen rechten Flügel von allen Seiten umstellt und mit dem Verluste aller Communicationen ,

nicht nur der mit seinem

linken Flügel, sondern auch der mit seiner Operationsbasis bedroht, während andererseits seinem linken Flügel, der ebenfalls durch die Generale Fenner und Eckhardt umgangen war, gleiche Gefahr drohte.

Unter diesen Umständen entschloß sich der Vicekönig , seine bisherige Vertheidigungslinie längs den östlichen Debouchés der kärnischen und juliſchen Alpen zu verlaſſen, und den rechten Flügel seines Heeres bis hinter den Isonzo, den linken Flügel bis an den obern Tagliamento zuDemnach verließ derselbe am 28.

rückzuziehen.

und 29. Septbr. mit seinem rechten Flügel Laibach und die Stellung bei St. Marein, und führte ihn über Adelsberg , wo die Vereinigang mit der Division Palombini Statt fand, bis hinter den Isonzo zurück.

Am. 6. Detbr. war

diese rückgängige Bewegung des rechten Flügels beendet, indem derselbe von Görz bis zur Küste des adriatischen Meeres sich am rechten Ufer aufgestellt hatte. General Radis

des Isonzo

wojewich war mit allen Truppen, die den linken Flügel der Desterreicher bildeten, dieſer rückgängigen

27

Bewegung sofort gefolgt , und entwickelte dieselben der feindlichen Stellung

gegenüber am

linken Ufer des Flusses. Den Dispositionen sollte der Rückzug Heeres

unmittelbar

des Vicekönigs gemäß

des

linken Flügels seines

dem

des rechten Flügels

Am 5. Octbr. hatte General Grenier, der dem General Verdier im Oberbefehle über folgen.

den linken Flügel gefolgt war, alle Truppen deſselben in dem verschanzten Lager bei Larvis concentrirt, mit Ausnahme der Brigade Campi, die sich von Weißenfels über Pletz an den Iſonzo zurückzog , wo sie sich mit dem rechten Flügel vereinigte. General Grenier trat vom 6. bis zum 8. Octbr., an welchem leßtern Tage schon die noch bei Tarvis stehende Diviſion Gratien durch die umgehenden Bewegungen der in vier Colonnen zum Angriffe vorrückenden Oesterreicher bedroht wurde, seinen Rückmarsch en échelon an, und setzte denselben , durch das Thal des Fellaflusses marſchirend, bis in das des TagliaAm 11. war diese Bewegung mento fort. beendet, als General Grenier in diesem Flußthale am Debouché , das in die Ebene von Friaul führt, seine beiden Divisionen bei Vens zone und Gemona aufstellte. 2

28

Die umgehenden Bewegungen der Desterreicher hatten

ihren nächsten Zweck erreicht.

Das italienische Heer hatte seine Vertheidigungslinie an den juliſchen und kärniſchen Alpen verlaſſen, und einen Theil des von ihm zu bez Der schüßendes Gebietes preisgeben müssen. linke Flügel der Desterreicher konnte , da der Feind , den er jetzt am Isonzo vor der Fronte hatte, seinen rechten Flügel an das Meer lehnte, die bisher so erfolgreich vollführte Umgehung von dessen rechter Flanke nicht fortseßen. Wollte der österr. Feldherr in dem bisher von ihm bez folgten Systeme der Umgehungen fortfahren, so waren es der rechte Flügel und das Centrum seines Heeres , denen diese Aufgabe zu Theil werden mußte. Es faßte nun General Hiller den Entschluß, ´mit den Truppen , die bisher ſein Centrum gebildet hatten, in größerem Bogen die neue Vertheidigungslinie des Feindes zu umgehen und dieselben in den Rücken und gegen die Operationsbasis des Feindes zu führen.

Der hierzu

ausersehene Weg war der schon so oft von österreichischen nach Italien vordringenden Heeren betretene, der durch die Flußthäler der Eiſach und der Etsch führt. Genauer bezeichnet, führte dieser Weg die Oesterreicher aus ihrer Stellung

29

an der Drau im Thale dieses Flusses aufwärts bis zu den Quellen der Riency, und dann, den Lauf dieses Flüßchens , der Eicha, der Eisack und der Etsch begleitend, in diesen Flußthälern abwärts. Es war dieser Marsch eine vortreffliche Operation , durch welche die Quellen des Isonzo, der Livenza, des Tagliamento, der Piave und der Brenta umgangen, dem Feinde die Stellungen, die er hinter diesen, zu damaliger Jahreszeit

stark

angeschwollenen Flüssen

nehmen

konnte, unnüß gewacht, und zu gleicher Zeit ſein Rücken, seine Communicationen und sein Ope rationssubject bedroht wurden.. General Fenner , der, wie früher berichtet worden, schon zu Anfange des Feldzugs mit einer Truppenabtheilung nach Tyrol entsendet worden war , hatte in der ersten Hälfte des Octobers den General Gifflenga, der mit einer etwa 3000 M. starken italienischen Brigade in dem eben bezeichneten Flußthale aufwärts bis über Brunecken hinaus vorgedrungen war , big hinter Trient zurückgedrängt , und sich am 16. dieser Stadt bemächtigt, deren durch eine Garnison von 400 m. vertheidigtes Castell er blofiren ließ. So war dieser Weg nach Italien dem General Hiller völlig gebahnt, als derselbe in der Mitte des Octobers seinen Marsch auf

30

demselben antrat, während nur eine Truppenabtheilung unter General Vecſay ,

um diesen

Marsch zu maskiren , über Tarvis dem feindlichen linken Flügel bis an die Fella gefolgt war, und während General Eckhardt, ſeine früher begonnene umgehende Bewegung fortſeßend, von Mauten und St. Hermagor nach Ampezzo , in das Thal des obern Tagliamento und von da in das Thal der Piave nach Pieve di Cadore marſchirte. Hier durch 1500 M. verſtärkt, die General Fenner am 6. Detbr. von Toblach aus hierher entsendet hatte, marschirte er Anfangs , im Thale der Piave abwärts und dann von den Ufern der Piave an die der Brenta nach Bassano, welche Stadt er, von den Einwohnern mit lautem Jubel empfangen, am 24. Ocebr. beſeßte, und von dort gegen Castel Franco, Citadella und Vicenza detaschirte. Der Vicekönig von Italien, als er von dem Marsche Hillers gegen das obere Thal der Etſch Kunde erhielt, begriff sehr wohl, daß nunmehr die Zeit seines Bleibens am Isonzo nicht lange ſeyn durfte, wollte er anders nicht ganz Oberitalien , das von Truppen entblößt , bei der zu aufopfernder Selbstvertheidigung keineswegs günſtigen Stimmung seiner Bevölkerung keinen Widerstand

verhieß,

ohne Schwertstreich in die

31

Gewalt der Oesterreicher fallen sehen.

Da in-

dessen General Hiller auf dem von ihm eingeschlagenen Wege in einem bedeutenden Bogen marschiren mußte, während der Rückzug des Vicekönigs nur eine Sehne dieses Bogens bil dete, ſo zögerte dieser noch, seine Stellung am Isonzo zu verlassen. Er hatte am 11. Dctbr. eine neue Aushebung von 15,000 Conſcribirten aus dem Königreiche Italien decretirt , und die Italiener zu

Anstrengungen für die Vertheis

digung ihres Landes aufgefordert.

Da der turch

einen plößlichen Rückzug des Heeres hervorges brachte moralische Effect leicht hemmend auf die kaum beginnende Truppenaushebung

einwirken

konnte, und ſie jedenfalls in dem nun preiszugebenden Gebiete verhindern mußte, so suchte er den nun unvermeidlich gewordenen Rückzug an die Etsch wenigstens so lange als möglich zu verzögern. Sobald er indeſſen gewahrte, daß schon durch General Eckhardt seine Rückzugslinie bedroht wurde, ließ er am 19. Octbr. General Grenier mit den beiden den linken Flügel bildenden Divisionen aus

ihrer Stellung

am

obern Tagliamento aufbrechen, und über St. Daniel, Treviso und Castel Franco gegen Bassano marſchiren, um auf dieser Seite die Bewegungen der Desterreicher zu beobachten und die

32

Rückzugslinie des Heeres sicherzustellen .

Am 23.

Octbr. verließ der Vicekönig auch die Stellung am Isonzo. Er marschirte über Codroipo, Vals vonſone und Sacile, woselbst die Armee 2' Tage verweilte, und ließ sie dann am 30. eine Stel ung auf dem rechten Ufer

der Piave nehmen,

in der sie bis zum 1. Novbr. stehen blieb . Der Rückzug des italieniſchen Heeres geschah in vollkommenster Ordnung. Zwar war General Ras diwojewich mit dem linken Flügel der Desterreicher der rückgängigen Bewegung des Vicekönigs gefolgt, jedoch mit solcher Behutsamkeit, daß troß der Langfamkeit, mit der Letzterer ſeinen Rückzug vollführte , stets eines Tagemarsches Entfernung die beiden Heere trennte, und ſelbſt die Vor- und Nachhut derselben selten Geles genheit hatten, Flintenschüsse zu wechseln , so daß ersichtlich ist, wie nicht die Bewegungen des Vicekönigs von denen der Oesterreicher, sondern die der leztern von jenen geregelt wurden. Aber schon hatte der Vicekönig eine von anderer Seite her drohende Gefahr zu beseitigen. Es ist oben berichtet, daß General Eckhardt schon am 24. Detbr. Bassano besetzt hatte. General Grenier, der mit zwei Infanteriedivisionen und einer Cavalleriebrigade die Vorhut des Heeres bildete, hiervon benachrichtigt, als er am 25. bei Treviſo

33

angekommen war, hatte am 26. seine Bewegung bis Castel-Franco fortgeseßt.

Er nahm hierauf

eine Stellung bei Rozana, in der er bis zum 30. verblieb, in welcher Zeit es zwiſchen seinen Vorposten und denen der Desterreicher, die vor Bassano Stellung genommen hatten, zu einigen nicht erheblichen Gefechten kam. Als nun der Vicekönig am 30. die Armee am rechten Ufer der Piave hatte Stellung nehmen laſſen , begab er sich für seine Person an demselben Tage nach Rozana.

Durch die Stellung des

Generals

Eckhardt vorwärts von Bassano war in zu großer Nähe die Rückzugslinie feines Heeres bez droht, und besonders konnte der in nicht großer Entfernung von derselben zu vollführende Uebergang über die Brenta gefährdet werden. Der Vicekönig ließ deshalb am 31. den Ge-

neral Eckhardt in ſeiner Stellung vor Baſſano durch General Grenier mit überlegenen Streitkräften General Eckhardt hatte, dem Befehle des Oberbefehlshabers gemäß , für diesen Fall angreifen.

schon Alles zu seinem Rückzuge in das Defilé der Brenta vorbereitet , und bewerkstelligte denselben fechtend bis in eine Stellung bei Cismone.

Am 1. Novbr. unternahm die Vorhut

Greniers einen Angriff auf die Brücke von Cismone. Durch ein mörderisches Kartätschen- und

34

Kleingewehrfeuer wurden die Anstrengungen der Italiener, die Brücke zu erſtürmen, vereitelt, und der Abend brach herein, ohne daß sie ihres großen Menschenverlustes ungeachtet, ihren Zweck erreichen konnten, worauf sie sich auf ihr bis Cavallino vorgerücktes Haupscorps zurückzogen . Am 1. Novbr. und an den folgenden Tagen seßte nun das italienische Heer den Rückmarsch an die Etſch fort, und am 4. hatte es diesen Fluß überschritten, hinter welchem es eine zu beiden Seiten von Verona sich ausdehnende Stellung nahm.

So weit aber auch der Vicekönig ſeine neue Vertheidigungslinie zurückverlegt hatte, indem er die in den kärnischen und jülischen Alpen mit der hinter dem Iſonzo und dann diese mit der an der Etſch vertauschte, so sah er doch schon wieder die linke Flanke dieser neuen Aufstellung bedroht.

Es ist früher erwähnt , daß General

Hiller in der Mitte des Octobers seinen Marsch nach dem Thale der Etsch antrat. General Sommariva , der eine starke Vorhut desselben befehligte, war in den letzten Tagen des Octobers bis über Trient hinaus vorgerückt.

In Ver-

bindung mit General Fenner drängte er jeßt die schwache italienische Truppenabtheilung unter General Gifflenga, der vergeblich in den Engässen des Etschthals dem Vordringen der Oesterreicher

35

Einhalt zu thun versuchte, am 27. October bis über Ala hinaus zurück , worauf Letterer am 28. feinen Rückzug bis in den Engpaß von La Chiusa fortsette, wo er sich auf beiden Seiten der Etsch in einer schon früher befestigten Stellung

aufstellte und auch Rivoli besezt hielt.

General Palombini, vom Vicekönige mit einer Brigade entsendet, traf an jenem Lage mit derselben in dem verschanzten Lager von La Chiusa ein und übernahm den Oberbefehl der dort vers sammelten Truppen. Die Generäle Fenner und Sommariva, die mit dem Gros ihrer Truppen bei Ala und Roveredo stehen geblieben waren, hatten ihre Vorhut auf beiden Seiten der Etsch bis Assenigo und Belluno vorgeschoben, und General Sommariva entsendete Streifpartieen über Lodrone in das Brescianische.

Somit hatten die Desterreicher

in bedrohlicher Nähe in der Verlängerung der neuen Vertheidigungslinie des

Vicekönigs eine Stellung genommen, aus der sie, wie es denn

auch geschah, die ihnen zur Seite liegenden feindlichen Provinzen beunruhigen konnten. Wenn die Desterreicher mit bedeutenden

Streitkräften die Bewegung im Etschthale fortſeßten, so lief der Vicekönig Gefahr, bei Behauptung seiner ausgedehnten Vertheidigungslinie

36

in derselben von seinem linken Flügel her aufgerollt zu werden.

So von der Nothwendigkeit,

sich auf seiner linken Flanke Luft zu machen, überzeugt, beſchloß der Vicekönig , ſelbſt raſch die Offensive auf dieser Seite zu ergreifen. Aus der Langsamkeit, mit der General Radiwojewich, der noch am 8. November sein Hauptquartier zu Vicenza hatte, sich der Etsch näherte, mochte auch der Vicekönig folgern, daß von dieser Seite her so bald kein ernstlicher Angriff zu befürchten ſein dürfte. Der Vicekönig marschirte nun mit der Hälfte seines Heeres, während er die andere Hälfte bei Verona und Legnano zurückließ , im Thale der Etsch aufwärts , und rückte am 9. Octbr. auf beiden Seiten des Flusses gegen die Vordertruppen der Oesterreicher vor, griff dieſelben an und drängte sie aus ihren Stellungen bei Aſſonigo und Belluno zurück.

Am 10. seßte

er seine

Operation fort , indem er die Oesterreicher auf dem linken Ufer der Etsch nach mehreren Ges fechten, indem diese alle durch das Terrain dargebotenen günstigen Stellungen zu hartnäckiger Vertheidigung benußten, bis Marani, und auf dem rechten Ufer des Flusses bis Pilcante zurückdrängte.

Obwohl durch diese zweitägige Offen-

sive nur wenig

Terrain gewonnen war , so

37

gestatteten doch die von den Oesterreichern auf andern Puncten ausgeführten Bewegungen keine längere Fortsetzung derselben.

General-Feldzeugmeister Hiller war in den ersten Tagen des Novembers

mit dem Gros

seiner Truppen bis Trient, deſſen Castell durch Capitulation übergeben worden war, vorgerückt. Er seßte am 6. Novbr. seinen Marsch weiter fort, jedoch nicht im Thale der Etsch, sondern er zog sich in das Thal der Brenta und marschirte, den Lauf dieses Flusses begleitend, über Bassano und Vicenza in der Richtung auf Ve= Diese Bewegung und die Nachricht, daß General Radiwojewich den Fluß Alpon über

rona.

schritten und Truppen bis Caldiero und Colognola vorgeschoben habe, mußten dem Vicekönige Befüchtungen wegen seines rechten Flügels einflößen. Er ließ nun am 11. und 12. die Truppen seines linken Flügels in ihre früheren Stellungen bei Chiusa und Rivoli rücken, worauf auch die Desterreicher die Stellungen, aus denen sie vers drängt worden waren, wieder einnahmen . Der Vicekönig concentrirte jeßt einen bedeutendén Theil seines Heeres bei Verona , indem er beabsichtigte , dem Generale Radiwojewich, der den Alpon überschritten und bei Caldiero

38

Stellung genommen hatte, einen Streich zu vers feßen, bevor der österreichische Oberfeldherr, der am 12. sein Hauptquartier zu Vicenza hatte, Der auf den 14.

zu ihm gestoßen sein würde. Novbr.

eingeleitete Angriff wurde durch die

Schlechtigkeit des Wetters verzögert; er erfolgte am 15. auf die befestigte Stellung der Desterreicher bei Caldiero.

Ein heftiger Kampf auf

diesem, schon so oft in früheren Kriegen mit Blut getränkten Boden endigte mit dem Rückzuge der Desterreicher, die fechtend bei Suoave und Villa- Nova auf das linke Ufer des Alponflusses zurückgingen. unterstüßt durch

das

Die Italiener versuchten, Feuer

ihrer

Artillerie,

mehrere Male die Brücke über den Alpon bei Villa- Nova zu forciren.

Indessen wurde ihre

Artillerie durch das Feuer der auf den Dämmen am linken Ufer des Alpon aufgestellten, vortrefflich bedienten Batterieen der Oesterreicher bald unwirksam gemacht, und ihre Angriffscolonnen sahen ihre wiederholten ,

unter dem

mörderischen Kreuzfeuer des feindlichen groben Geſchüßes und dem Kleingewehrfeuer mit bedeutendem Menschenverluste unternommenen Angriffe erfolglos . Die Italiener überdies durch eine vom Ges nerale Sommariva detaschirte Truppenabtheilung

39

in ihrer linken Flanke bedroht, gingen in den nächstfolgenden Tagen unter fortwährenden Gefechten mit den in der Fronte wieder über den Alpon vorgedrungenen Oesterreichern nach Verona zurück, worauf Hiller, jest mit Radiwojewich vereinigt , eine concentrirte Stellung zwischen dem Alpon und der Etsch nahm, indem er zur Linken gegen Ronco und Legnano detaschirte, bei welchen Uebergangspuncten der Etsch schwache Abtheilungen der italieniſchen Armee aufgestellt waren. Wahrend nun der Vicekönig noch fortfuhr, die Etsch vom Paſſe bei La Chiusa bis Legnano als Vertheidigungslinie zu behaupten, vermochte er doch nicht, das Eindringen des Feindes weiter südlich am Po in das von ihm zu schützende Gebiet zu verhindern . Es war dieß der General Nugent.

Dieser

hatte nach der oben berichteten Expedition in Istrien das Castell von Triest belagert und durch Capitulation am 31. Detbr. eingenommen, worauf er sich am 9. Novbr. mit seinen und einigen englischen Truppen einschiffte und gegen die italienische Küste steuerte.

Eine Abtheilung

des Geschwaders schlug die Richtung nach Venedig ein und hielt diesen Plaß von der Seeseite blokirt, während derselbe auf der Landseite von

40

den vom Generale Radiwojewich dorthin ents sendeten Truppen der Generäle Rebrowich und Meyer cernirt wurde. Mit der andern Abtheilung der Flotte Steuerte General Nugent gegen die Mündungen des Po und ging am 14. Novbr. in der Bucht von Goro vor Anker.

Er ließ sogleich seine Truppen

ans Land ſehen, und nachdem er sich der Küstenforts bemächtigt hatte, rückte er mit einer Truppenabtheilung am Po aufwärts bis Ferraro vor, welche Stadt er am 18. Novbr. beſeßte, während eine andere Colonne gegen die Etsch in der Richtung auf Rovigo vorrückte, um die Vers bindung mit der vor Legnano stehenden österreichischen Truppenabtheilung zu bewirken. Auch gegen Süden detaſchirte General Nugent Streifcorps , welche die dort stehenden französischen Truppenabtheilungen , die bei ihrer Annäherung gegen Ravenna und Forli zurückwichen, bis über den Lamonefluß verfolgten , unterſtüßt von den inſurgirten Landleuten der Gegend, die jene französischen Truppen auf ihrem Rückzuge zwischen Mantone und dem Flusse Rocco angriffen.

General Nugent marſchirte dann nach Ras venna, wo er am 10. Decbr. einrückte und in einer Proclamation die Völker Italiens zur Ins ſurrection und zur Errichtung einer National

41

regierung

aufforderte .

Diese

blieben nicht ohne Wirkung.

Aufforderungen Zahlreiche Freiz

willige strömten den österreichischen Fahnen zu, die Insurrection griff in den Gebirgen

und

zwischen Rimini und Faenza um sich . Inzwischen hatte ein Theil des linken Flügels der Desterreicher, unter den Generälen Marschall und Stahremberg, bei Boara die untere Etsch

überschritten ,

und die vom

Vicekönige

gegen dieſe entsendete Division Marcognet zurückgeschlagen , worauf die Desterreicher sich zwischen der untern Etsch und dein Porauss .d dehnten dehnten. Es verblieben nun die Stellungen der beiden feindlichen Heere während einiger Zeit unver ändert.

Die Italiener blieben auf ihre Verthei-

digungslinie an der Etsch , deren Centralpunct Verona war , beschränkt. Das Centrum der Desterreicher stand jener Centralstellung in der Fronte gegenüber am Alponflussfe; ihr "linker Flüs gel hielt Ravenna und den Landstrich zwiſchen der untern Ersch und dem Po besetzt, und blokirte Venedig. Der rechte Flügel der Desterreicher stand bei, Roveredo und 4Ala, 1 und die von demselben entsendeten Streifcorps rückten gegen das Brescianische und den Veltlin vor,

42

Der Vicekönig, dessen Heer durch die in Gefechten und durch Desertion erlittenen Verluste bis auf den Bestand von weniger als 30,000 M. zusammengeschmolzen war , so daß er die sechs Divisionen, mit denen er den Feldzug eröffnet hatte, auf vier reducirte, war genöthigt, sich auf die Behauptung einer so wenig ausgedehnten und schon auf beiden Seiten umgangenen Vertheidigungslinie zu beſchränken. Die Desterreicher, einstweilen mit den durch ihre überflügelnde Stellung ihnen gewährten Vortheilen sich begnügend , erwarteten vor dem Beginne weiterer Offensive die Ankunft der aus dem Innern Deutschlands herbeieilenden bedeutenden Verstärkungen, zu welchen der größte Theil derjenigen österreichischen Truppen gehörte, ་ die zur Blocade Dresdens verwendet gewesen ivaren. Wir schließen hiermit die Schilderung der Hauptbegebenheiten und in Italien. renden

des

Feldzugs

in Illyrien

Bevor wir zu einer räfonni-

Gesamnitübersicht

derselben

schreiten,

müſſen wir noch, sowohl in zeitlicher, als örtlicher Beziehung unsere Brücke rückwärts wenden, indem noch die Eroberung Dalmatiens mit Angabe derjenigen Details zu berichten ist , die deutlich den Geist der Truppen characteriſiren,

43

denen die Vertheidigung dieses Landes -anvertraut war.

Dalmatien, dieser lange und schmale Landstrich längs der östlichen Küste des adriatischen Meeres, der mit ſeinen Inseln damals zu demjenigen Theile des franzöſiſchen Kaiserreichs gehörte, welcher mit der Benennung General- Gouvernement Illyrien bezeichnet wurde, durch die gleich bei Eröffnung des Feldzugs von dem linken Flügel der Oesterreicher ausgeführte umgehende Bewegung , und durch die längs den Küsten kreuzende englische Flotte aller Communicationen, sowohl zu Lande, als zur See mit dem italienischen Heere und mit Italien beraubt, war fortan hinsichtlich seiner Vertheidigung auf eine eigenen Kräfte beschränkt , welche sich auf die größtentheils aus Eingeborenen des Landes gebildeten Besatzungen einiger Festplätze be schränkte, deren bedeutendster Zara war. General Tomassich , vom österreichischen Heere mit einer Brigade nach Dalmatien entsendet, hatte schon in der Mitte des Octobers den Lieutenant Herakowich vorausgesandt, um die Bevölkerung des Landes zum Aufstande zu reizen. Dieser war bis in die Gegend von Cattaro gegangen, woselbst er sich mit den Bes ſaßungen der diese Stadt umgebenden Forts in

44

Correspondenz seßte, welche den Erfolg hatte, daß 350 Croaten mit ihren Officieren die öster reichische Fahne aufpflanzten und ihm die Forts Spanien, Castelnuovo , Perasto und Saints George übergabent.

General Tomassich rückte

am 30. Detbr. vor Knin und ließ die Stadt erstürmen, worauf sich das Fort ergab.

Das

starke Fort Sebenico, an einer Bucht des adriatischen Meeres, wurde am 1. Novbr., nicht von dem Commandanten, sondern von der Beſaßung des Plates , nachdem diese jenen füsilirt hatte, den Desterreichhern übergeben.

Am 2. Novbr.

nahm der englische Capitän Hoste Spalatro und am 3 der österreichische Oberst " Danese das starke

Fort

Saint- Nicolo.

Der

englische

Major Staffor landete mit einer aus Engländern und

oguliner

Grenztruppen bestehenden

Abtheilung am 10. Novbr. auf der Insel Lessina , überfiel die Stadt gleiches Namens und nahm die Garnison gefangen, worauf das Fort di Napoleone von der Besaßung ohne Weiteres und das Fort di Spagna mittelst Capitulation übergeben wurde.Si 1.

" Es blieb nur noch die Hauptfestung Zara

zu erobern und am 22. Novbr. begann die Bes lagerung derselben. $ Schon am 2. Decbr. zogen drei Compagnien Likkaner von der Besazung mit gewaffneter Hand aus der Festung und

45

stellten sich unter die österreichischen Fahnen . Die noch zurückgebliebenen drei Compagnien Likkaner folgten am andern Tage diesem Beiſpiele. Da die Besatzung durch diesen 800 Mann be= tragenden Verlust um mehr als die Hälfte ihres Bestandes verringert worden war, so kam am 6. Decbr. eine Capitulation zu Stande, nach welcher der noch übrige Theil der Besaßung, aus etwa 700 Mann bestehend , sich kriegsge= fangen ergab, und mit Hinterlassung aller Geschüße und der Munitionsvorräthe, sowie der im Hafen liegenden Flotille, unter der Bedingung , bis zur erfolgten Auswechselung nicht gegen Desterreich zu dienen, bis zu den Vorposten der italienischen Armee geführt wurde. Die Zahl der in der Festung vorgefundenen Kanonen belief sich auf 286. So war gegen das Ende des Jahres 1813 das Resultat dieses Feldzugs ,

ohne daß eine

einzige Schlacht geliefert worden war, für Napoleon der Verlust aller illyrischen und der östlich der Etsch liegenden italienischen Provinzen. Schon hatten die Desterreicher auch die vom italienischen Heere genommene Defenſivſtellung an der Etsch umgangen, und bewirkten hierdurch eine Lähmung der vom Vicekönige zur Vermehrung seis ner Streitkräfte in Bewegung gefeßten Triebfedern.

II.

Betrachtungen

über den

Feldzug in Illyrien und Italien

im Jahre 1813.

“ འདོ {

II .

Betrachtungen über den Feldzug in Julyrien und Italien im Jahre 1813.

Werfen wir zuvörderst einen Blick auf die Operationen der Desterreicher.

Indem sie, ihr

Centrum zurückhaltend , beide Flügel gegen die Communicationen und die Operationsbasis des Feindes vorschoben, hatten sie, begünstigt durch 圜 die Stimmung der Bevölkerung der jenem zur Seite und im Rücken liegenden Provinzen, deren Beschüßung des Feindes nächster Zweck war, denjenigen Operationsplan erwählt, durch welchen, unfehlbarer , als durch eine Hauptſchlacht, und ohne daß sie sich den Chancen einer solchen zu unterwerfen brauchten, bei der doch in hohem Grade mehr, als bei strategischen Combinationen dem Zufalle sich Spielraum darbietet, unter den obwaltenden Verhältnissen der Zweck des Krieges 3

50

3 erreicht werden mußte. ganzen

Die Entwerfung des

Operationsplanes

gereicht dem

östers

reichischen Feldherrn , die Ausführung desselben den die detaſchirten Corps befehliegenden Generälen zur Ehre.

Diese, welche die Flügel des

feindlichen Heeres umstellt haben, ziehen sich mit Geschicklichkeit, d. h. ercentrisch zurück, wenn sie durch überlegene Streitkräfte bedroht werden. Der gegen sie vorrückende Feind kann ihnen nicht weit folgen, weil er die Verbindungen seiner Vertheidigungslinie erhalten und sich überdieß durch

Detaschirungen

nach

andern bedrohten

Puncten seiner Communicationen ſchwächen muß. Alsobald rückten dann die Desterreicher wieder vor und setzen sich wieder in Besitz des nur augenblicklich preisgegebenen Terrains . Wir sehen den General Nugent, wie er,

durch einen ganz im Geiſte des centrifugalen Operationssystems

ausgeführten

ercentrischen

Rückzug die Thätigkeit eines überlegenen Feindes lähmend und fortfahrend, im Rücken desselben zu operiren, zugleich des Feindes Hülfsquellen für denselben versiegen und sich dienstbar macht.

Vor

Ausführung dieser schönen ſtrategiſchen Operation hat dieser General auch tactisch die richtigen Principien des centrifugalen Operationssystems angewendet, in dem Gefechte bei Glina,

51

in welchem er, als sein Centrum vom Feinde durchbrochen ist, anstatt nach der früher üblichen Weise, nun auf den Rückzug bedacht zu sein oder sich verloren zu geben, des Feindes Flügel umfaßt und denselben mit Verlust zurückſchlägt. Wir sehen überhaupt die Angriffe der Oesterreicher durch glückliche Erfolge gekrönt , weil Lettere durch zweckmäßige Umgehungen des Der Vortrefflichkeit Feindes vorbereitet sind. der Operation Hillers durch das Thal der Drau und der Eisack gegen das feindliche Operationssubject ist schon Erwähnung geschehen.

Es wur-

den hierdurch alle die Menschenopfer erspart, die Frontalangriffe gegen die Stellungen des Feindes, die er am Iſonzo und am Tagliamento genommen hatte und die er, wenn aus diesen zurückgeworfen, hinter der Livenza, Piave und Brenta nehmen konnte, gekostet haben würden, und zugleich wurde nicht nur der Zweck, das Zurückweichen des Feindes bis hinter die Etsch, schneller erreicht, sondern es wurde durch dieſe Operation auch schon die Umgehung der vom Feinde an der Etsch zu nehmenden VertheidiR gungslinie vorbereitet, indem Alles , was von den Desterreichern im Etschthale vorrückte, schon senkrecht auf der Verlängerung jener Vertheidigungslinie stand. 3*

52

Werfen wir nun einen Blick auf das Operationssystem des Vicekönigs von Italien.

Einige

Schriftsteller beschuldigten denselben eines Mangels an Kühnheit in diesem Feldzuge.

Unter-

ſuchen wir, ob dieſe Beſchuldigung gegründet ist. Die Armee Hillers war des Vicekönigs an materieller Kraft , obwohl nicht bedeutend , und da leştere

aus jüngst ausgehobenen Conscribirten

aus den italienischen Provinzen bestand , die nichts weniger als enthusiasmirt für Napoleons Sache waren, auch vielleicht an moralischer Kraft überlegen.

Da indeſſen Hiller mehrere

Corps in bedeutender Entfernung von seinem Centrum operiren ließ, so fand allerdings eine materielle Ueberlegenheit auf Seiten des italienischen Heeres gegen das beim Beginn des Feldzuges an der Drau stehende Centrum der Desterreicher Statt.

Der Vicekönig konnte nun, wenn

er, die Offensive ergreifend, mit Nichtbeachtung der seinen Communicationen drohenden Gefahr, in das Gebiet des Feindes vordringen wollte, schnell sein Heer concentriren und über die Drau gegen das Centrum der Desterreicher vorrücken. In solchem Falle nun würde Feldzeugmeister Hiller, einem entſcheidenden Zuſammentreffen mit überlegenen Streitkräften ausweichend, sich gegen die Donau zurückgezogen haben. Dieser Rückzug

53

konnte, unter Begünstigung der Defilées

der

Gebirge Kärnthens und Steiermarks , mit dem jenigen Zeitgewinne geschehen , welcher der an den Ufern der Donau, bei Presburg und Wien, unter dem Feldmarschall - Lieutenant Herzog von Würtemberg sich organisirenden österreichischen Reservearmee von 50-60,000 Mann es ge= ſtattet hätte, zum Succurs herbeizueilen .

Wenn

auch diese Vereinigung Hillers mit jenen Res serven erst vor den Thoren Wiens erfolgt wäre, so war dann die Lage des Vicekönigs, wenn er dem weichenden Feinde bis dahin gefolgt war, um so mißlicher. Während er dann einen ihm ſehr überlegenen Feind vor sich hatte, waren durch die österreichischen Corps, die er in seinem Rücken gelassen hätte, alle rückwärts liegenden Provinzen genommen und inſurgirt , und seine Communicationen waren gänzlich abgeſchnitten. Mochte er alsdann ſein Heil in einer Schlacht oder im Rückzuge suchen, seine Lage war in gleichem Grade verzweifelt und würde ſchwerlich einen andern Ausgang , als völligen Untergang seines Heeres gehabt haben.

Eine solche Ope

ration des Vicekönigs würde also in der That eine kühne, aber keineswegs eine verständige ge wesen sein.

54

Hätte Napoleon eine Offensivoperation gegen Wien beabsichtigt, so hätte diese Hauptstadt das gemeinschaftliche Operationsobject für das große Heer Napoleons, für die baierische Armee, die durch das bei Würzburg stehende Reservecorps Augereaus hätte verstärkt werden können und für die Armee des Vicekönigs sein müssen. Bei einem solchen allgemeinen offensiven Ope rationsplane wäre sive die ,

die vorbesprochene Offen-

Vicekönigs

des eine

Desterreichs

größe

motivirt

Entscheidung

bezweckende

meinen Operationssystems. mit der

großen

gewesen durch

Tendenz

im des

Herzen allges

Da aber Napoleon

Armee nach

der den östers

reichischen Staaten zugekehrten Seite seines ſtrategischen Feldes , von Anbeginn bis zum Ende des Feldzuges , ſich ſtrategiſch in der Defenſive hielt, so handelte der Vicekönig ganz dem Geiste des von Napoleon befolgten Operationsplanes gemäß, indem er, ſich gleichfalls auf die Defens sive beschränkend, so lange als möglich das ihm zur Vertheidigung anvertraute Gebiet zu decken und einen ihm überlegenen Feind im Schach zu halten bemüht war.

Was würden wohl jene

Kritiker gesagt haben, wenn der Vicekönig durch eine unzeitige Offensive seine Armee einer entscheidende Niederlage entgegengeführt hätte? Dann

55

würde es, und zwar mit mehrerem Rechte ges heißen haben: Eugen, anstatt sich nach der Lage der Dinge auf die Vertheidigung zu beschränken und die Entscheidung des Krieges an der Elbe abzuwarten, ergriff eine Offensive , zu der er weder Beruf, noch hinreichende Mittel hatte, und compromittirte so Napoleons Angelegenheiten. Der eben erwähnte doppelte Zweck des Vicekönigs konnte auch in keiner zweckmäßigeren, als in der von ihm befolgten Weise erreicht werden, indem er

eine

ausgedehnte Defensivstellung

an dem

rechten Ufer der Drau und an den Debouchés der kärnischen und julischen Alpen nahm.

Daß

er in Folge fortwährender Umgehungen seiner Flanken von Seiten des Feindes , durch starke Detaſchirungen geſchwächt, und allmälig bis an die Etsch zurück manövrirt wurde, war nur ein fast allen Defensivstellungen , vorausgeseßt, daß der Feind die Kriegsführung versteht, gemeinsamer Nachtheil, welchem im vorliegenden Falle der Vicekönig nicht anders, als es geschah, bez gegnen konnte. Jomini *),

indem er von Hillers Marsch

nach dem Etschthale spricht , meint : *) Napoleons Leben von Jomini. feßung B. 4. S. 437.

„ Eugen

Deutsche Ueber-

56

hätte mit seiner gesammten Macht über den linken Flügel der Osterreicher (Radiwojewich) herfallen, ihn vernichten und sich über die Drau in feines Gegners Rücken ziehen können. "

Frei-

lich befand sich Eugen, in Folge der excentrischen Bewegungen der Desterreicher, im Besize aller derjenigen vermeintlichen Vortheile, die nach Jominis Theorie derjenige hat, der auf den innern Linien operirt . Er konnte einen der getrennten Flügel der Oesterreicher angreifen und glücklichen Falles denselben vernichten, ebenso wie Napoleon, dem bei seinen Operationen in Sachsen noch vollständiger die Vortheile der innern Linien zu Gute kamen , die ihn umstellenden getrennten Heere Blüchers, Schwarzenbergs und des Kronprinzen von Schweden einzeln angreifen und vers nichten konnte.

Es geschah aber von Napoleon

nichts dergleichen, aus dem einfachen Grunde, weil die Verbündeten, den Marschall ,„,„Vorwärts “ mit einbegriffen , zur rechten Zeit einige Tages märsche rückwärts für kein Unglück ansahen ; dagegen aber ereignete es sich, daß Nopoleon durch der Verbündeten umgehende Bewegungen zuerst aus der Lausitz nach der Elbe, und dann von der Elbe nach Leipzig zurück operirt wurde, weil er seine Communicationen nicht verlieren durfte.

Aus gleicher Ursache würde er von der

57

Pleiße bis über den Rhein zurück operirt worden sein, wenn die Verbündeten nicht , im Vers trauen auf ihre Uebermacht , es vorgezogen hätten, die von Napoleon ihnen dargebotene Gelegenheit, dasselbe Reſultat auf dem kürzeren Wege einer Hauptſchlacht zu erreichen ,

beim

Schopfe zu ergreifen. Dem österreichischen linken Flügel, der, wie wir gesehen haben , überdieß der rückgängigen Bewegung des Vicekönigs vom Iſonzo nach der Etsch nur sehr behutsam folgte, konnten, wenn der Vicekönig mit seiner ganzen Macht sich auf denselben werfen wollte, einige Märſche rückwärts keinen Schaden bringen, wohl aber die Verfolgung deſſelben dem Vicekönige, der, bei längerem Verweilen, ganz Cberitalien dem Ein falle des rechten Flügels der Oesterreicher hätte preisgeben müſſen.

Zu dergleichen Unterneh

mungen aber,

Jomini

sagt

weiter ,

gehören

rasches Temperament und sichere Truppen, die Eugen nicht hatte. "

Der wahre, aus dem Vors

gesagten sich ergebende Grund , der das Vers fahren des Vicekönigs motivirte und rechtfertigt, schließt freilich einen Beitrag zur Widerlegung von Jominis Systeme von dem Operiren auf den innern Linien in sich, und stand also dessen Angabe von ihm nicht zu erwarten.

Dagegen

58

gibt derselbe irrige Gründe für das Verfahren des Vicekönigs an. Der Vicekönig hat bei früheren, wie bei spåteren Gelegenheiten hinlängliche Beweise der einem Feldherrn nöthigen Entſchloſſenheit abgelegt. Was aber die Unsicherheit seiner Truppen betrifft, so ist es ein bewährter Erfahrungssaß, daß auf solche noch am meisten zu rechnen ist , so lange sie zu rascher Offensive geführt werden.

Die

Truppen des Rheinbundes fochten bei Lüßen, Baußen und Groß-Beeren noch so leidlich unter Napoleons Panieren ; erst in Folge langwieriger und beschwerlicher Hin

und Hermärsche lösten

sich die Bande des militärischen Gehorsams. Wenn den Soldaten eines Heeres Liebe und Eifer für die Sache fehlen , für die sie ihre Brust dem feindlichen Geschosse entgegenstellen sollen, so ist dieß mehr noch , als auf dem Schlachtfelde, von schlimmer Vorbedeutung für einen langwierig geführten Krieg , zumal wenn dieser, wie es denn häufig der Fall ist, mit großen Anstrengungen und Entbehrungen für die Soldaten verknüpft ist. Auf dem Schlachtfelde wird

oft auch

der

leidenschaftlos

Krieger durch Ehrgefühl

kämpfende

und seiner

eigenen

Sicherheit wegen, da hier das Zurücklaufen für ihn

gefährlicher

ist ,

als sich

vom

Strome

59

forttreiben laſſen,

zur Tapferkeit

angespornt.

Bei der Ertragung der Beschwerden eines langs wierigen Feldzuges aber werden die Reihen eines Heeres auch ohne Schlachten in dem mit der Dauer des Krieges in steter Progreſſion ſteis genden Grade gelichtet werden, in welchem den Krieger das belebende Feuer des Eifers für die Sache, für welche sie kämpfen sollen , und in Folge dessen die nur auf jenen ausdauernd ſich stüßende Energie fehlen, welche lettere allein zur Ausdauer in Ertragung langwieriger Beſchwerden und Mißgeschicks nachhaltend befähigt. Wie weit der Mangel an moralischer Kraft bei den Individuen führen kann, liegt außer aller Beaber als Resultat dieses Mangels

rechnung , zeigt

sich zunächst Lichtung der Reihen des Desertion in 3 die Heimath und

Heeres durch

zum Feinde, und durch Füllung der Hofpitäler. Erfahrungen im entgegengeseßten Sinne hat man da zu machen Gelegenheit gehabt, wo moralische Ideen den geistigen , und durch diese auch den körperlichen Kräften einen Aufschwung gaben, der die Einwirkungen der größten Anstrengungen und Entbehrungen neutralisirte.

Der americas

nische und der französische Freiheitskrieg haben nach der Bemerkung aufmerksamer Beobachter mehrere Krankheiten, welche ſonſt die gewöhnlichen

60

Begleiter der Läger ſind, nicht bei solchen Heeren zum Ausbruche kommen lassen, die durch die ers habenen Ideen für Recht und Freiheit beseelt waren. Es bethätigte sich hierdurch die natürliche Herrschaft des Geistes über die Materie, Wenn also des Vicekönigs strategische Lage überhaupt nur von der Art gewesen wäre, daß ein kühnes Vorrücken gegen eine der getrennten Abtheilungen der Desterreicher ein für ihn günstiges Resultat hätte herbeiführen können , so wäre der moraliſche Zuſtand ſeiner Soldaten, die in den gelieferten Gefechten nicht ohne alle Bravour gefochten hatten, bei denen aber der höhere moralische Muth, der sich in der Ausdauer bei Ertragung langer Beschwerden bewähren muß , nicht erwartet werden konnte, fein triftiges Motiv gewesen, von ſolchem Angriffe abzustehen. Als der Vicekönig mit seinem durch Verluſte in Gefechten, durch Krankheit und Deſertion, einiger erhaltenen Verstärkungen ungeachtet, bis auf 25-30,000 Mann verminderten Heere die Etsch erreicht hatte, ging er sogleich zu raſcher Offensive über.

Sein Zug gegen Sommariva

längs der Etsch aufwärts, sowie der demselben folgende gegen Radiwojewich führten aber zu keinem für ihn günstigen Resultate, weil die

61

österreichischen Generäle jezt besser zu manöve riren verstanden ,

als ihre unglücklichen Vor-

gånger, die in den italienischen Kriegen der Jahre 1796 u. 1797 gleichsam einen Wettkampf zu beste hen schienen, wer von ihnen Napoleon am meisten Gelegenheit geben würde , jene Europa in Erstaunen verſeßenden Resultate zu erringen, mit denen er beim Beginn seiner Feldherrnlaufbahn debutirte. Nach diesen vergeblichen Angriffen von Seiten des Vicekönigs blieb demselben nichts Anderes übrig, als sich mit seiner fast auf 25,000 Mann zuſammengeschmolzenen Armee in der Linie an der Etsch von Rivoli bis Legnano in der Defensive zu behaupten, in einer allerdings precären Lage, da schon die Endpuncte / dieſer Linie vom Feinde umgangen waren.

Von

den

vielfältigen

Betrachtungen ,

zu

welchen dieser Feldzug den Stoff bietet, ſei nur noch den nachfolgenden Raum gestattet. 1) Der allgemeine Operationsplan der Desterreicher war in der Hauptsache derselbe, wie der, nach welchem die großen Heere gegen Napoleon operirten :

Umgehung

des Feindes

auf beiden Flügeln, um gegen feine Communicationen gleiche Begünsti zu 1 operiren ; . gung dieser Art , zu operiren , auf beiden

62

Kriegstheatern durch die den Feinden Napoleons günstige Stimmung der Bevölkerung der im Rücken der französischen Heere liegenden Pros vinzen; Abfall der verbündeten øder der aus den neuen französischen Provinzen ausgehobenen Trup pen von der Sache Napoleons. Was die ita lienischen Conscribirten betrifft, die den größten Theil der vom Vicekönige befehligten Armee bildeten , so wird von französischen Schriftstellern über die Lauigkeit derselben für Napoleons Sache geklagt.

Es muß zugegeben werden, daß ihr

Eifer nicht demjenigen gleich kam, den in den früheren italienischen Feldzügen die ron Napoleon befehligten republicanischen Heere Frankreichs gezeigt hatten. Es hat * aber keinen Sinn, wenn, wie irgendwo durch die Behauptung : ,,Eugen verstand es nicht, die Soldaten zu electrisiren," geschehen, diesem davon die Schuld beigemessen wird. Wenn die aufregende Sprache des Feldherrn von Wirksamkeit auf die Soldaten seyn foll, so muß bei diesen schon eine Stimme vorhanden sein, bei der jene Anklang zu finden vers mag ; so z. B. hatte Napoleon in seinen ersten italienischen Feldzügen den republicaniſchen Kriegern Frankreichs besser predigen, als Eugen den Conscribirten, die aus der Napoleons Herrschaft überdrüssigen Bevölkerung Italiens durch Zwangs

63

maßregeln zusammengetrieben worden waren . Den Soldaten einen mit ihrer Grundstimmung im Widerspruche stehenden Geiſt einzuhauchen, vermag kein Feldherr.

An einer, Begeisterung des

Heeres bezweckenden Proclamation ließ es auch der Vicekönig nicht fehlen, als er demselben beim Beginne des Krieges ankündigte, es sei berufen zur Theilnahme an dem Ruhme, der unter Napos leon kämpfenden großen Armee. Solche Sprache war aber von ebenso geringem Erfolge, als Napoleons Anrede an die ſächſiſchen Truppen, gehalten 8 Tage vor ihrem Uebergange zum Feinde. Dasselbe gilt auch von dem Heiste der Völker. In einer aus seinem Hauptquartiere zu Gradisca unterm 11. Octbr. an die Völker Italiens erlassenen Proclamation sagt der Vicekönig : ,,Ein Feind, der während langer Zeit Euch nach der Reihe unterjocht hat, der am meiſten dazu beigetragen hat, Euch zu entzweien, um Euch nicht fürchten zu müſſen , hat nicht ohne Unruhe und

Eifersucht Eure Wiedererhebung

und den Ruhm, der Euch umgibt, ſehen können.“ ,,Er wagt jest zum dritten Male, Euer Ge-

biet und Eure Unabhängigkeit zu bedrohen. Ihr habt muthig mitgewirkt, ſeine ersten Angriffe zu überwinden; bald werdet Ihr ihn diesen dritten 11 24 bereuen machen."

64

,,Wie viel neue Gründe erwecken nicht gez Eure Vaterlandsliebe und Euren

genwärtig

Muth ! Ihr habt nicht vergessen, was Ihr vor 12 Jahren waret. Ihr seid würdig, zu fühlen, was Ihr seitdem geworden seid. Die Hand, die Euch in Eure Rechte wieder einseßte , hat Euch die edelsten und die großmüthigsten Instis tutionen gegeben.

Dieſe Inſtitutionen sind zus

gleich Euer Stolz und Eure Glück; Ihr werdet nicht dulden, daß man es wage, sie Euch zu rauben." Italien ! Italien ! Dieser geheiligte Name, der sonst so viele Wunder hervorrief, ſei heute Eure Losung. Mögen bei diesem Namen unsere jungen Krieger sich erheben ; mögen sie herbeiströmen in Menge und einen zweiten Wall bils den um ihr Vaterland, vor dem der Feind nicht wage, sich zu zeigen. ".

Wenn eine solche Sprache von so geringer Wirksamkeit auf die Italiener war, daß, anstatt in Masse unter die Fahnen des Vicekönigs zu eilen, sie vielmehr in den Provinzen , bis zu welchen die Desterreicher vordrangen, den Proclamationen des Feindes unter dessen

Gehör gebend, sich

Panier stellten ,

eines

Feindes,

welcher, ſagte der Vicekönig ,,,lange Zeit die Italiener unterjocht und am thätigsten auf die

65 1 Trennung derselben hingewirkt hatte“, ſo iſt einleuchtend, daß tiefer liegende Ursachen als Mangel anfenernder Beredsamkeit solches Phänomen bes wirkt haben müssen, und je weniger frühere Erfahrungen den Italienern eine Gewährleistung für die Aufrichtigkeit der in den Proclamationen ertheilten Verheißungen

dieses Feindes

geben

konnten, um so ersichtlicher ist es, daß Liebe und Vertrauen zu Napoleons Herrschaft nicht in den Herzen der Italiener Wurzel geſchlagen hatten, und daß die Erinnerung späterer Läus ſchungen die Erinnerung

an frühere Beleidi-

gungen in den Hintergrund gedrängt hatte. Die Sache war , daß die Völker Italiens getäuscht, wie sie seit ihrer früheren Begrüßung der republicanischen französischen Heere es hine ſichtlich ihrer Hoffnungen auf Nationalunabhängigkeit waren, zugleich mißmuthig über die unaufhörlich von Napoleon erheischten Opfer an Geld und Menschen, um so weniger von den befeuernden Worten des Stiefsohnes Napoleons gerührt werden konnten , da die „ edelſten und großmüthigsten Institutionen“, die sich nach denselben Napoleon zu verdanken haben sollten, feine Wahrheit waren.

In wie weit jene Juftitutionen Schein oder Wirklichkeit

waren ,

mag

følgende. Thatsache

66

erläutern. habender der

,,Ein auf das Enregistrement Bezug Geſeßentwurf,

sagt

der

Verfaſſer

Schrift: ,,Prinz Eugen und sein Hof,“

war

angekommen;

der

Vicekönig

legte

ihn

dem geſeßgebenden Körper vor , und dieſem fiel es, indem er ven seinem Rechte Gebrauch zu machen glaubte, ein, ihn genau durchzugehen und Beschränkungen in dem Tarife zu verlangen. Man theilte die Bemerkungen dem Kaiſer mit, der, als er sie erhielt, in Wuth gerieth.

Er

schrieb an deu Vicekönig und fragte ihn, wie er nur habe vermuthen können, daß er auf die Ges genvorstellungen einer Bande von Straßenbuben hören würde ; er wiſſe wohl nicht, daß man eher den Mond in seinem Laufe rückgängig machen, als ihn von seinem Vorhaben abbringen fönne." Fragt man nun nach den hauptsächlichſten Ursachen, durch welche, als eine nothwendige Folge,

das

der Sache Napoleons

lige Resultat dieses Feldzugs bedingt

nachtheis wurde,

so stellt sich als erste und hauptsächlichste ders ſelben der Umstand hervor, daß das Heer.des Vicekönigs, dessen numerische Stärke der des Feindes wenig oder gar nicht nachſtand, obwohl nicht dem Scheine nach, doch aber in der Wirk lichkeit schlecht, in hohem Grade schlechter, als

67

das

österreichische

Armee

basirt

war.

Obwohl die

des Vicekönigs in Napoleons Gebiete

Krieg führte, und alles ihr zur Seite und im Rücken liegende Land dem Scepter Napoleons oder deſſen Bundesgenossen unterworfen war, so war doch die Stimmung der Bevölkerung dieſer Länder dem Intereſſe Napoleons so wenig günstig , daß es nur des Erscheinens feindlicher Truppenabtheilungen bedurfte, um die Thatkraft dieser Bevölkerung zu Gunsten des Feindes zu beleben.

Wir haben oben dem Operationsplane

Hillers

Gerechtigkeit widerfahren lassen ; aber eben dieser Operationsplan wurde größtentheils

bedingt, und deſſen ſchneller und günſtiger Erfolg wurde nur garantirt durch die eben anges deuteten Verhältnisse, die , wie gesagt, für den Vicekönig eine schlechte Operationsbasis begrün deten. Denn die im Rücken des italienischen Heeres liegenden Provinzen , deren Bevölkerung mehr mit den Feinden, als mit den Vertheidis gern der Sache Napoleons sympathisirte, boten den Desterreichern ebenso viele Objecte für Ope rationen dar, durch welche sie gleichzeitig des Feindes Kraft schwächen, die eigene verstärken konnten, und durch welche endlich : als das Herz des feindlichen Gebietes durch den MarschHillers nach der Etsch bedroht wurde, der Vicekönig, dem

68

dieses nothwendig das Subject ſeiner Operationen bleiben mußte, zunt Rückzuge gezwungen wurde. .

Nicht so begünstigt, wie die Oesterreicher,

wurde der Vicekönig, wenn er den Krieg in das feindliche Gebiet spielen wollte.

Mochte er nun

Streifcorps in dasselbe vorſchieben , oder mit seine Armee in dasselbe eindringen, bei der Stime mung der Bevölkerung würde von demselben immer nur so viel Grund und Boden erobert worden sein, als eben von dem Fuße seiner Truppen berührt wurde.

Es war , wenn der

Vicckönig Wien zum Objecte seiner Offensivopes ration hätte nehmen wollen, bei der oben geschilderten Lage der Dinge, überall keine Aussicht vorhanden, dasselbe erreichen zu können.

Aber

angenommen auch den Fall, der Vicekönig hätte sich der Hoffnung des Gegentheils hingegeben, so wäre doch selbst in diesem Falle eine Offen sivoperation gegen Wien nur dann richtig moti virt gewesen, wenn der Vicekönig zugleich die Ueberzeugung

gehabt hätte ,

der Besiß dieser

Hauptstadt würde von so unmittelbar entſcheis dender Einwirkung auf das Geſchick des Krieges sein, daß der durch diese Operation unfehlbar herbeigeführte Verlust Italiens dagegen nicht in die Wagschaale zu legen sei. Die Sachen standen aber anders und so, daß dem Vicekönige das

69

Ungereimte einer solchen Operation einleuchten mußte. Aus dem Umstande mun, daß des Vicekönigs Operationsbasis schlecht, die der Oesterreicher verhältnißmäßig gut war, indem lettere keine, erstere aber

viele leicht

verwundbare Puncte

darbot , die, indem sie für des Angegriffenen Operationen ' das nothwendige Subject bildeten, sich dem Feinde als Objecte seiner Operationen indicirten, folgte für den Vicekönig auch der Nachtheil, daß die Oesterreicher, für ihre Operationsbasis unbesorgt , den bedeutendsten Theil ihrer Streitkräfte zur Offensive verwenden konnten, während der Vicekönig , seine Communicationen und seine Operationsbasis auf allen Seiten bes droht sehend , nothwendig auf die Defensive bez schränkt wurde.

Wir haben oben gesehen, daß er im Anfange des Feldzuges eine Defensivstellung vor den Des bouchés der kärniſchen und juliſchen Alpen nahm, deren Stüßpuncte Villach und Laibach waren. Er hatte hier mit dem allen solchen Defensivstellungen in der Regel eigenen Nachtheile zu kämpfen, der darin besteht, daß dem, welcher sich in solcher Defensive halten muß, nur die Alternative bleibt, entweder, um eine Umgehung zu

vermeiden , seine Vertheidigungslinie zum

70

Nachtheile ihrer inneren Stärke zu weit auszu dehnen, oder unter Nichtbeachtung der umgehenden Bewegungen des Feindes sich zu concens Steht man aber einem richtig operis

triren.

renden Feinde gegenüber, so wird derselbe im ersteren Falle aus den ihm dargebotenen vers wundbaren Stellen der Vertheidigungslinie Nußen zu ziehen verstehen, und im andern Falle wird ihm die Ausführung der Absicht, uns zu ums gehen, um so mehr erleichtert, je mehr wir uns concentriren. Sind wir nun in der Lage, daß wir weder die Verbindung mit unserer Operas tionsbasis verlieren dürfen und sich uns auch fein Object für solche Offensivoperationen dars bietet, durch welche der Feind veranlaßt werden könnte, von seinen umgehenden Bewegungen abzustehen, d. h. mit andern Worten : wenn sich kein Object für unsere Operationen darbietet, das zugleich nothwendiges Subject der Operas tionen des Feindes ist, so führt die Concentris rung nothwendig zum Rückzuge. Denn bei solcher Lage der Dinge sind alle Vortheile auf Seiten des Angreifenden, der sich vom Anfange bis Ende immer in der Initiative befindet, und für den es oft bloßer Demonstrationen bedarf, den Feind irre zu leiten und zu falschen Schritten zu veranlassen.

Alles , was auch der, welcher

71

unter solchen Umständen sich in der Defensive behauptet, einem richtig operirenden Feinde gegenüber thun mag , erreichen kann, beschränkt sich auf einigen Zeitgewinn → eine trübselige Frist. In solcher Lage befanden sich Napoleon in Sachsen, der Vicekönig von Italien in Illyrien und in Friaul; und überdieß war der von Beiden durch ihre Defensive gewonnene Zeitgewinn ein sehr kurzer, denn 8 Wochen nach dem Beginne der Feindseligkeiten sah Ersterer sich zum Rückzuge bis hinter den Rhein , Leßterer bis hinter die Etsch gezwungen. Sowie der Vicekönig durch die Umgehungen des Feindes von den Ufern der Drau und Sau bis hinter den Isonzo , wurde Napoleon, indem die Feinde von Hause aus ihre Hauptmacht auf dem linken Ufer der Elbe aufstellten, aus der Lausiß bis hinter die Elbe zurückoperirt. Die strategische Parallele würde sich weiter fortführen lassen, wenn Napoleon, als die Feinde ihn in seiner Stellung an der Elbe zu umgehen fortfuhren, sowie der Vicekönig seine Vertheidigungslinie an den Isonzo und die Etsch, die ſeinige an die Saale, und dann ferner, wenn auch hier umgangen, an den Rhein zurücks verlegt hätte, anstatt daß er, dem Feinde die von demselben jedoch keineswegs in ihrem ganzen Umfange benußte Gelegenheit zu vollständiger

72

Umgehung gewährend, ſich auf eine rückgängige Concentrirung seiner Gesammtmacht bei Leipzig - mit Ausnahme der bedeutenden, an der Elbe zurückgelassenen Streitkräfte Diese

Abweichungen

beschränkte.

in den

Operationen

führten nicht minder wichtige in den Reſultaten herbei . Während der Eine, vollständig Herr feiner Bewegungen bleibend , sein Heer in vollkommener Ordnung an die Etsch zurückführte, mußte der Andere, in allen seinen Bewegungen gelähmt, es als ein Glück betrachten, nicht gänz lich

von den ihn umstellenden überwiegenden

Massen des Feindes erdrückt zu werden , und auf dem einzigen Rückwege nach Frankreich, den die Großmuth oder die Nachlässigkeit des Feindes

frei

gelassen

hatte,

mit der einen

Hälfte des Heeres in einer daffelbe desorganiz sirenden und vernichtenden Eile entweichen zu können, während die andere Hälfte des Heeres

eine sichere Beute des Feindes

im Rücken

desselben zurückgelassen werden mußte. Fernere Abweichung in den Resultaten war denn auch noch, daß, während dem Einen noch Streitkräfte genug verblieben, um schon an der Etschy wieder, der sehr ungünstigen Verhältnisse ungeachtet, während längerer Zeit dem Feinde die Spitze bieten zu können, der Andere, als die Verbündeten,

73

erst 3 Monate nach der Catastrophe bei Leipzig, in Frankreich einfielen , sich darauf beschränken mußte, erst zwiſchen Marne und Seine, gleichsam vor den 3 Thoren seiner Hauptstadt , ihnen mit einer Streitmacht entgegen zu treten, die in ebenso großem Mißverhältnisse stand zu dem, was die französische Nation, wäre ihr Eifer für die derzeitige Regierung nicht erkaltet gewesen, würde geleistet haben, als zu den Streits kräften des Feindes, ein Mißverhältniß, welches, als es nun galt, den Sturm zu beschwören, sich zu bedeutend ergab , als daß es selbst durch die in jener Crisis sich verjüngende Thatkraft und Energie Napoleons hätte ausgeglichen werden können. Französische Schriftsteller, z. B. Fain und Baudoncourt, haben den Rückzug des Vicekönigs bis hinter die Etsch nur als eine Folge des Abs falls Baierns von der Sache Napoleons darzustellen gesucht, sowie durch jenen Abfall auch die Bewegungen Napoleons vor der Schlacht bei Leipzig herbeigeführt worden sein sollen. Schrifte steller, die solchergestalt einzelnen und noch dazu nach der Lage der Dinge nothwendigen Ereignissen den Sturz des colossalen Gebäudes von Napoleons Macht beimessen, indem sie die wahren, tiefer liegenden und weit verzweigten Ursachen dieses 4

74

Sturzes zu bemänteln suchen, gleichen in der That Einem , der da behaupten möchte, ein zu ſammengestürztes Gebäude ſei nicht baufällig gewesen, weil diese oder jene zur Erhaltung seiner morschen Theile angebrachte Stüße vor der Zeit eingestürzt und dadurch der Umsturz des ganzen Gebäudes veranlaßt worden sei.

Dies heißt frei-

lich im Allgemeinen schon die Baufälligkeit des ganzen Gebäudes eingestehen , indeffen kann es dennoch, um das gewählte Gleichniß beizubehalten, hinsichtlich der Imputation des Baumeiſters von Intereſſe ſein, zu unterſuchen, ob nicht dem Einsturze jener Stüße eine nothwendige innere, vorherzuſehende Ursache zum Grunde lag und ferner , ob sich nicht nachweiſen läßt, daß das Gebäude in allen seinen Theilen zu morsch war, als daß der Einsturz desselben selbst durch die längere Ausdauer jener Stüße hätte verzögert werden können ? Der Verfasser hat in der Schrift: ,, Napoleon im Jahre 1813 c.“ das Ungereimte der Behauptung , der Abfall Baierns habe die Bes wegung Napoleons vor der Catastrophe bei Leipzig und

mithin leßtere selbst herbeigeführt ,

dar-

gethan, sowie auch , daß dieser Abfall ein aus der Lage der Dinge nothwendig hervorgehendes Ereigniß war , dessen Eintreten Napoleon

75

keineswegs überraschen konnte.

Es wird einer

bloßen Hinweisung auf die Thatsachen bedürfen, um darzuthun, daß das Resultat des Feldzugs des Vicekönigs, ganz abgeſehen von dem Abfalle Baierns, ein nothwendiges Ergebniß der strategischen Combinationen war. 2. Als der Vicekönig, nach verschiedenen erfolglosen Versuchen, einen Theil des ihn umſtellenden Feindes zu schlagen , von allen Seiten ſeine Communicationen und zugleich die Verbindung seiner beiden Flügel bedroht ſah , war, wenn er Herr seiner Bewegungen bleiben wollte, die Zurückverlegung seiner

Vertheidigungslinie

eine Nothwendigkeit geworden.

Der Vicekönig

gab dieser Nothwendigkeit nach, indem er in den letten Tagen des Septembers und ersten des Octobers den Rückzug bis hinter den Iſonzo und den obern Tagliamento antrat. Schon am 6. Detbr. hatte der rechte Flügel des italieniſchen Heeres diesen Rückzug vollführt und Stellung hinter dem Isonzo genommen, d. h. zwei Tage früher, als der Abfall Baierns durch den am 8. abgeschlossenen Vertrag von Ried besiegelt wurde. 3. Als nun der Vicekönig die Nachricht von dieſem Abfalle erhielt, verließ er noch keineswegs ſeine neue Vertheidigungslinie; der weitere Rückzug desselben wurde nicht durch diesen Abfall, sondern 4*

76

durch den Marsch der Desterreicher nach der Etsch und gegen die Communicationen der Italiener motivirt. Ohne diese umgehenden Bewegungen der Desterreicher drohte dem Vicekönige von dieser Seite keine Gefahr, da von Baiern aus keine Streitkräfte sich gegen ihn in Bewegung seßten. Hätte also Hiller seine Streitkräfte zu einem Frontalangriffe gegen die Stellung des Vicekönigs concentrirt, so hätte Leßterer noch immer es auf den Versuch , sich in derselben zu behaupten, ankommen lassen können. 4. Andern Falls aber, wenn die Oesters reicher, wie es denn geschah, jene umgehenden Bewegungen ausführen wollten, so konnten diese auch sehr wohl ohne den Abfall Baierns Statt finden.

Die baierische Armee, durch eine ihr an

Stärke gleiche österreichiſche in Schach gehalten, hatte schon längst das Salzburgiſche und Tyrol preisgegeben.

Der Weg durch Tyrol war den

Desterreichern gebahnt, ſobald sie unter Begün= stigung der mit ihnen sympathisirenden Bevölke rung des Landes die schwache, längs der Eisack vorgeschobene Truppenabtheilung des Generals Gifflenga zurück getrieben hatten. So muß man denn zugestehen, daß der Vicekönig Illyrien und den zwischen dem Iſonzo und der Etsch liegenden Theil Italiens preisgeben

77

mußte, weil die ihm zu Gebote stehenden Mittel in sich selbst zu schwach waren, dieses Geſchick abzuwenden, und daß dieses Resultat durch von dem Abfalle Baierns unabhängige Ursachen herbeigeführt wurde. Der König von Baiern besaß, in Betracht der Stimmung des baierischen Volkes und der Truppen,

und

in Betracht

der

auf Seiten

Desterreichs gegen ihn disponiblen Streitkräfte, nicht die Macht, den Abfall von der Sache Napoleons zu vermeiden. Es war dieß ein nothwendiges , vorherzusehendes Ereigniß , leßteres aber war ohne Einfluß auf den Ausgang des Feldzuges in Illyrien , sowie daſſelbe auch keine Einwirkung auf die Catastrophe des Feldzugs in Sachsen hatte.

Und somit ſieht man,

daß das napoleonische Machtgebäude nicht deßhalb zuſammenſtürzte , weil dieſe oder jene verwundbare Stelle desselben den Ruin des Ganzen herbeigeführt hätte, sondern deßhalb, weil es durch und durch in sich selbst zu schwach war, um dem sich wider dasselbe erhebenden Sturme widerstehen zu können. Fassen

wir

nun

endlich

die

eigentlichen

Grundursachen ins Auge, die solches Resultat herbeiführten, so finden wir, daß es auf allen

78

Seiten des großen Kriegstheaters die Napoleon abgeneigte Stimmung der Völker war, welche, im Vereine mit folgten,

einem von dessen Feinden bes

durch eine solche Stimmung ſehr bes

günstigten Operationsplane, jenen Sturz herbeiführte.

WIEN