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German Pages 38 [36]
Denkmäler der Entstehungsgeschichte des byzantinischen Ritus
Analecta Gorgiana
467 Series Editor George Anton Kiraz
Analecta Gorgiana is a collection of long essays and short monographs which are consistently cited by modern scholars but previously difficult to find because of their original appearance in obscure publications. Carefully selected by a team of scholars based on their relevance to modern scholarship, these essays can now be fully utilized by scholars and proudly owned by libraries.
Denkmäler der Entstehungsgeschichte des byzantinischen Ritus
Anton Baumstark
1 gorgias press 2010
Gorgias Press LLC, 180 Centennial Ave., Piscataway, NJ, 08854, USA www.gorgiaspress.com Copyright © 2010 by Gorgias Press LLC Originally published in All rights reserved under International and Pan-American Copyright Conventions. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, scanning or otherwise without the prior written permission of Gorgias Press LLC. 2010
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ISBN 978-1-60724-922-1
ISSN 1935-6854
Extract from Oriens Christianus 24 (1927)
Printed in the United States of America
ERSTE
ABTEILUNG
AUFSÄTZE DENKMÄLER DER ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES BYZANTINISCHEN RITUS VON
PROF. ANTON BAUMSTARK
Aus der ursprünglichen Mannigfaltigkeit lokalen liturgischen Brauches hat sich in Abend- und Morgenland je eine Form altkirchlichen Gottesdienstes zu überragendster Bedeutung erhoben. Der „römische" Ritus ist schlechthin die Liturgie des abendländischen Katholizismus, der „byzantinische" diejenige der morgenländischen Orthodoxie geworden. Was entscheidend sich hier auf kultischem Gebiete durchsetzte, ist zunächst zweifellos das Ansehen der alten und der neuen Roma. Aber was durch dieses Ansehen zum Siege geführt wurde, ist doch keineswegs schlechthin die bodenständige liturgische "Weise Roms und Konstantinopels, sondern das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung, durch die jene Weise starken Modifikationen unterworfen worden war. Eine doppelte Spannung ist für diese Entwicklung zunächst im Westen bestimmend gewesen: die Spannung zwischen dem durch die Gräber der Apostelfürsten und den Sitz des Papsttums bezeichneten Pietätszentrum des christlichen Abendlandes und dem — im Sinn spätmittelalterlicher Terminologie — „ultramontanen" Machtbereich nördlicher Staatsgewalt und die Spannung zwischen Bischofskirche und Kloster. Eine Ausbreitung römischer Liturgie im Norden hatte zunächst bei Angelsachsen und Franken stattgefunden und schien durch die Kirchenpolitik Karls des Großen für dessen junges Großreich ihre endgültige Besiegelung finden zu sollen. Aber auf dem einst vom gallischen Ritus beherrschten fränkischen Neulande hat die liturgische A r t des Südens sich nicht in ORIENS CHRISTIANUS.
Dritte Serie II,
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der Reinheit zu erhalten vermocht, die mindestens ursprünglich von Karl angestrebt werden mochte. Was bald schon im Karolingerreiche und was späterhin im Deutschland der Ottonen und Salier als „römische" Liturgie gefeiert wurde, war vielfach etwas nicht unwesentlich Anderes als der echt stadtrömische Kultus der lateranensischen und der vatikanischen Basilika, und nun hat, vom Einfluß der politischen Macht getragen, dieses neue Nordisch-,,Römische" auch wieder südwärts über die Alpen hinüber und sogar auf jenen stadtrömischen Kultus selbst eingewirkt. Bs sind charakteristische Exponenten der Sachlage, wenn im Jahre 1014 Heinrich IL bei einem Papste deutschen Blutes die Einfügung der ihm aus dem Norden geläufigen Rezitation des nicäno-konstantinopolitanischen Symbols in den stadtrömischen Meßordo erwirkte 1 oder rund zwei Menschenalter später Gregor VII. bittere Worte für den Schaden hatte, den das böse Deutschtum im Heiligtum römischer Liturgie angerichtet habe. 2 Vor allem ist aber, was hier in Betracht kommt, die soeben von mir in eingehenden Untersuchungen 3 neubeleuchtete Entwicklung, die von der echt gregorianischen Gestalt des „römischen" Sakramentars über das sog. Gelasianum saec. VIII zur Grundlage des heutigen Missale Romanum führt. Auf dem Gebiete des Offiziums kommt demgegenüber in älterer Zeit vorzugsweise die zweite Spannung zwischen Bischofskirche und Kloster zur Geltung. Aus dem Chorgebet des benediktinischen Mönchtums hat der Hymnengesang seinen Einzug schließlich auch in dasjenige der großen päpstlichen Basiliken Roms gehalten, die sich ihm mit Zähigkeit verschlossen hatten. Andere Klosterleute waren es an den Söhnen des Poverello von Assisi alsdann zuletzt, die in Missale und Breviarinm curiae die abschließende Gestalt des neurömischen 1 Nach dem zeitgenössischen Zeugnis des Berno von Reichenau: P L . C X I I I , 8p. 1060f. 2 Die Stelle bei Gr. M o r i n , Etudes, textes, découvertes I. MaredsousParis 1913. S. 460, Z. Si. 3 K. M o h l b e r g — A . B a u m s t a r k , Die älteste erreichbare Gestalt d. Liber sacramentorum anni circuii d. römischen Kirche. Münster i. W. 1927. (Liturgiegeschichtl. Quellen. H e f t 11/12.)
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Ritus schufen, dessen Siegeslauf noch am Ausgang des 14. Jahrh.s der bedeutende Niederländer Radulph de Rivo umsonst sich entgegenzustemmen versuchte. Es bedeutet nun einen ebenso auffälligen als seltenen Parallelismus geschichtlichen Verlaufes, daß die nämliche Doppelspannung auch für das Werden des im orthodoxen Orient zur Alleinherrschaft gelangten „byzantinischen" Ritus maßgeblich war. Auch im Orient stehen, durch das Wechselspiel ihrer Kräfte, die liturgische Entwicklung bestimmend, ein südliches Pietätszentrum von universaler religiöser Bedeutung und eine nördliche Sphäre politischer Gewalt sich gegenüber: Jerusalem und Byzanz. Noch stärker sogar als im Abendland hat auch hier die endgültige Prägung des Ritus auf Kosten älteren Brauches der bischöflichen Gemeindeliturgie der Einfluß des Mönchtums bedingt. Nur ein wesentlich anderes Kraftverhältnis zwischen Pietätszentrum und politischer Machtsphäre war von vornherein im Osten gegeben, als im Westen. Jenes entbehrte hier, mit seiner ganzen Bedeutung wirk] ich nur der Welt der Frömmigkeit angehörend, die Stärkung durch eine auch juristische Gewalt wenigstens geistlichen Charakters, die Rom in so entscheidendem Maße zu Gebote stand. Seinen Gegenspieler aber bildete nicht ein ausgedehntes nördliches Liturgiegebiet mit im einzelnen naturgemäß mannigfach lokal differenziertem Brauche, sondern die eine oströmische Reichshauptstadt mit dem Gepränge ihres höfisch-kirchlichen Zeremoniells. Dieser Sachlage entspricht es, daß im Osten Jerusalem doch nicht die volle liturgische Bedeutung Roms gewinnen konnte, für die abschließende Gestaltung der Dinge die der seinigen gegenüberstehende epichorische Weise Konstantinopels sich in einem Maße Geltung bewahrte, zu dem der völlige Untergang der altgallischen Liturgie des merowingischen Frankenreiches in denkbar schroffstem Kontrast steht. Den Verlauf der abendländischen Entwicklung ließen bereits etwa L. D u c h e s n e s 1889 erstmals ausgegebene Origines du culte chrétien und S. B a u m e r s Geschichte des Breviers vom Jahre 1895 mit vollster Klarheit erkennen. Für den Orient l*
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vermögen wir heute auf Grund der Erschließung zahlreicher hochbedeutsamer Quellen ungleich deutlicher zu sehen als dies vor annähernd vier Jahrzehnten möglich gewesen wäre. Besonders sind es die beiden 1895 bzw. 1917 erschienenen Toirixd-Bände I und III von A. D m i t r i e w s k i j s russischer Beschreibung der liturgischen Handschriften in den Bibliotheken des orthodoxen Orients, denen wir eine völlig neue Grundlage unserer Erkenntnis bezüglich der Entstehungsgeschichte des „byzantinischen" Ritus verdanken. Das liegt an einer zweiten in den andersartigen Verhältnissen des Ostens bedingten Eigentümlichkeit seiner Entwicklung. Während im Westen vermöge der Yariabilität seiner Meßformulare in hervorragendem Maße die Geschichte des Sakramentars den Spiegel der Gesarntentwicklung bilden konnte, die vom stadtrömischen Kult der christlichen Antike zur abendländisch-lateinischen Einheitsliturgie der Gegenwart führt, ist eine entsprechende Rolle den unveränderlichen eucharistischen Formularen des Ostens naturgemäß versagt. Zwar fällt auch ihre Geschichte aus dem Rahmen der liturgischen Gesamtentwicklung selbstverständlich nicht heraus. Die schließlich eben doch nur mit derjenigen Roms vergleichbare einzigartige liturgiegeschichtliche Bedeutung Jerusalems kommt nicht zuletzt in der Verbreitung zum Ausdruck, die sein dem Herrenbruder Jakobus beigelegtes eucharistisches Formular gefunden hat, und diese Verbreitung erfolgte nicht nur in mannigfachen Ubersetzungen im nichtgriechischen Orient. Auch dem griechischen Original ist sie, wenn nicht zeitweilig sogar bis nach Konstantinopel selbst, so doch tief in dessen nähere Sphäre hinein zuteil geworden. Daß es noch im 12. Jahrh. in Thessalonike gebraucht wurde, wird durch die Pariser Hs. Bibl. Nat. Gr. 2509 sicher gestellt, und bis in die Gegenwart hinein hat sein Gebrauch auf der Insel Zante sich erhalten. 1 Andererseits kann kaum etwas heller den für den Osten bezeichnenden schließlichen Sieg des politischen Machtzentrums auch auf liturgischem Gebiete beleuchten als 1 Vgl. über beides: F. B. B r i g h t m a n , Litwrgies Oxford 1896. 8. Lff.
Eastern and Western I.
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die Tatsache, daß die beiden konstantinopolitanischen Formulare der Chrysostomos- und Basileiosliturgie dann doch so sehr die Alleinherrschaft im gesamten orthodoxen Orient gewannen, daß schon Theodoros Balsamon die These ihrer ausschließlichen Zulässigkeit auch gegenüber der Markus- und Jakobusliturgie vertreten konnte 1 und es einer modernen Kepristination bedurfte, um der letzteren wieder eine gelegentliche Verwendung in ihrer Heimat Jerusalem selbst zu sichern. Aber hier handelt es sich eben wesentlich um ein äußerliches Entweder-Oder. Nur der außeranaphorische Ordo der griechischen Jakobusliturgie zeigt mit einer Art innerer Auseinandersetzung beider Riten seinem bodenständig palästinensischen Gefüge einzelne Elemente konstantinopolitanischer Herkunft eingebettet. Den eigentlichen Ort der Entstehung des „byzantinischen" Liturgietypus bilden in der Hauptsache doch diejenigen Seiten des kultischen Lebens, welche durch das Typikon — oder, altertümlicher gesprochen, das Kanonarion — ihre Regelung erfahren: der Heiligenkalender und das kirchliche Festjahr mit seinen außerordentlichen Feiern, die Perikopenordnung und die veränderlichen Gesangstücke der Messe, das kirchliche Tagzeitengebet und die Durchflechtung seiner Psalmodie mit liturgischer Dichtung. 1. In erster Linie war es hier der aus dem christlichen Altertum erwachsende vorbyzantinische Ritus Jerusalems, mit dem eine Reihe sprachlich nichtgriechischer Urkunden in einzigartiger "Weise vertraut machten. In seinen großen Umrissen hatte das Bild dieses Ritus vor allem nach der Seite der liturgischen actio und des Aufbaus seiner Feiern schon der unschätzbare Wallfahrtsbericht der heute ziemlich allgemein Aetheria genannten abendländischen Palästinapilgerin des ausgehenden 4. Jahrh.s mit überraschender Greifbarkeit uns vor Augen gestellt. Geradezu als ein Kommentar der hier gebotenen Schilderung nach der Seite des skripturären Textes der Liturgie wirkt mit seinen hierosolymitanischen Stationsangaben das 1905 durch F. 0. G o n y b e a r e 2 bekannt 1 PGr. C X X X V I I I , Sp. 953. Oxford 1905.
2 Bituale Armenorum.
S. 5 1 6 — 5 2 7 .
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gemachte altarmenische Lektion ar, in dem ich 1 eine Spiegelung der Verhältnisse bald nach der Mitte des 5. Jahrh.'s nachzuweisen vermochte. In enger Beziehung zu diesem stehen alsdann wieder, wie schon vor mir A. R a h l f s 2 zeigte und eingehender ich in meinem Buche über Nichtevangelische syrische Perikopenordnungen des ersten Jahrtausends3 dargetan habe, das bereits 1897 von A. S m i t h L e w i s 4 veröffentlichte außerevangelische christlich-palästinensische Lektionar. Unmittelbar liegt da allerdings erst eine Uberlieferungsgestalt des frühchristlich-hierosolymitanischen Lesesystems vor, die unter dem Namen eines solchen „der Flüche" bereits den erstmals 843 in Konstantinopel gefeierten „Sonntag der Orthodoxie" kennt 5 und überdies auf die kultischen Verhältnisse einer mehr oder weniger obskuren Landgemeinde zurückgeht. 6 Es kann daher nicht befremden, wenn sie deutlichste Spuren einer weitgehenden Verarmung und Entstellung gegenüber einer vorauszusetzenden älteren Gestalt aufweist, die ich rund auf das zweite Jahrzehnt des 6. Jahrh.s glaubte datieren zu dürfen. In der Tat hat in Ergänzung meiner Arbeit F. C. B u r k i t t 7 auf eine Reihe von mir übersehener christlichpalästinensischer Fragmente hingewiesen, in denen für die alttestamentliche Schriftlesung der Quadragesima eine noch bessere und genauer mit der armenischen übereinstimmende Uberlieferung zum Ausdruck kommt. 8 Auch ihm noch ent1 2. Serie dieser Zeitschrift I, S. 64 f., in dem Aufsatz über Das Alter der Peregrinatio Aetheriae und in dem alsbald zu nennenden Buche, S. 1 39. 2 Mitt. d. Septuaginta-TJnternehmens. Heft 5. Die alttestamentl. Lektionen d. griecli. Kirche. Berlin 1913. S. [59] —[67]. 3 Münster i . W . 1921 (Liturgiegeschichtl. Forschungen. H e f t 3), S. 131 —172. •» Studio, Siniatica. V I . London 1897. 5 Nr. 37 (Studio, Sinaitica VI, S. 40ff.). Vgl. Nichtevangel. syr. Perikopenordnungen, S. 135. 6 F. C. B u r k i t t t r a t schon J T S t . II, S. 1 74—185, für das palästinensische ' A b u d ein und hält auch jetzt noch an dieser Auffassung fest. Vgl. J T S t . X X I V , S. 418. Meinesteils muß ich an dem a. a. 0., S. 135f.. wegen des auf die Nilsegnung gehenden Textes geäußerten Gedanken vielmehr an eine lokal ägyptische Gemeinde festhalten. 7 The old lectionary of Jerusalem, J T S t . X X I V , S. 4 1 5 - 4 2 7 . s Bei J . P. N. L a n d , Anecdota Syriaca I., Leiden 1862, L e w i s , a.a.O., S. C X X X V I I I f . , und H. D u e n s i n g , Christi.-palästinisch-aramäische Texte u. Fragmente. Güttingen 1906, S. 126, 152—156. I n Betracht kommen hier
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gangen sind weitere in gleicher Richtung liegende Bruchstücke, die sich unter den 1919 durch Miß L e w i s edierten Palimpsesttexten ihres Codex Climaci rescriptus1 finden. Sie entstammen einem Buche, das nach Art des altarmenischen Lektionars den gesamten Perikopenstoff einschließlich der evangelischen Texte vereinigte, und erstrecken sich sicher auf die Epiphanieoktav 2 , die beiden ersten Wochen der Quadragesima 3 und den in den byzantinischen ¡j.z~¡á),aïa und S. 188ff. vom dritten Fastensonntag bis Palmsonntag ein textlich den Evangelien entnommenes letztes Gesangstück der Messe, das unter der Bezeichnung XopoaT(Î3i[jLOt noch auf das Koivumxov folgt.
2 V g l . P r o k o p i o s , 11 uni xrinpûtnv V , 8 {ed. Dindorf I I I , S. 326 f.) bzw. über den erhaltenen Justinianischen Mosaikschmuck zuletzt M. v a n B e r c h e m — É t . C l o u z o t , Mosaïques chrétiens du IVme au Xme siècle, Genf 1924, S. 183-188. 3
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^CA/VLOYIUG
I I , Petersburg 1894, S. 1—254,
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zehnt nach dem Erscheinen dieser Ausgabe als Erster nachdrücklich auf die Bedeutung dieser Urkunde zunächst unter dem archäologischen Gesichtspunkte hingewiesen1 und konnte dabei feststellen, daß die vorliegende Hs. eine Gottesdienstordnung wesentlich früherer Zeit wiedergibt, die auf dem Golgothaareal noch die spätestens durch die Zerstörungswut Häkims im J. 1009 endgültig vernichteten baulichen Verhältnisse voraussetzt.2 Liturgiegeschichtlich ist das Stück von geradezu unschätzbarem Werte vermöge der Mitteilung des Volltextes fast aller poetischer Gesangstexte und nicht weniger umfangreicher Prosagebete. Eine eigentümliche Sachlage wird durch den Umstand geschaffen, daß im einzelnen sich zwei Schichten verschiedenen Alters unterscheiden lassen3, von denen die jüngere sich offenbar auf gewisse rubrizistische Nachträge beschränkt und dadurch charakterisiert ist, daß, als toi Äytot x(äv "Äfiiov bezeichnet, die Felsenmoschee ' Abd al-Maliks dem Kreise christlicher Kultstätten einbezogen erscheint.4 Ich glaubte diese jüngere Schicht demgemäß auf das J. 975 datieren zu dürfen, in dem die Waffenerfolge des Zimiskes vorübergehend die Heilige Stadt den siegreichen byzantinischen Feldzeichen und den Haram as-sarif dem byzantinischen Kultus geöffnet hätten. 6 Mit der älteren schien mir demgegenüber wegen der am Abhang des Olbergs vorausgesetzten Sanktuarien bis über die Zeit hinaufgegangen werden zu müssen, als um 725 der hl. Willibald als Pilger in Jerusalem weilte.ß 1 In dieser Zeitschrift V, S. 229—258. Vgl. nun auch H. V i n c e n t und F.-M. A b e l , Jerusalem. Bécherches de topographie, d'archéologie et d'histoire. II. Jérusalem, Nouvelle. Paris 1 9 1 4 - 1 9 2 6 . 8.218 -242. ^ Vgl. a. a. 0 . S. 285. 3 Vgl. meine Einzelnachweise a. a. 0 . S. 283ff. Am bezeichnendsten ist das den Brauch der Gegenwart einem älteren gegenüberstellende: ourot Ô TÜTtOC, 8. 99, Z. 12. -i Vgl. S. 19, Z. l f . : oXX' r^ASi; -jûv XtTavsûo|j.sv Iv. ttjv a-jtav To 'Ispöv Tp(oov xa 'A"/ta t&v 'A^icuv. f Vgl. a. a. 0 . S. 285. e A. a. 0 . S. 286f. Sodann habe ich auch noch in meinem Büchlein Vom geschichtl. Werden d. Liturgie, Freiburg i. B. 1823, S. 50, den Grundstock des Anastasis-Typikons wenigstens noch „dem späteren 8, Jahrhundert" zugewiesen.
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Beide Ansätze waren jedoch zweifellos zu hoch gegriffen. Zu einer wirklichen Einnahme Jerusalems durch Zimiskes ist es im J. 975 überhaupt nicht gekommen. Die jüngere Schicht der liturgischen Urkunde wird mithin doch als mit der Entstehung der Hs. gleichzeitig zu gelten haben und angenommen werden müssen, daß die fränkische Herrschaft den zu einem Gotteshause unmittelbar allerdings des lateinischen Bitus umgewandelten Felsendom auch der großen Karfreitagsprozession der Griechen nicht verschloß. Auf der anderen Seite gehören gewiß schon der älteren Schicht die mitgeteilten liturgischen Volltexte an. Hier spielt nun aber nicht nur die Kanones- und Triodiendichtung eines Kosmas und Johannes von Damaskus eine Hauptrolle, sondern wir begegnen da auch schon dem Ausbau zu einem vollen Kanon, den am Karsamstag das ursprüngliche Tetraodion des Kosmas durch einen Markos von Hidrus erfahren hatte 1 , und — vielmehr als Schöpfung des Photios bezeichnet — dem sonst der Dichterin Kasia beigelegten Idiomeion Kupie q sv iroXXat? ¿|xapxiaic des Mittwochs der Karwoche.2 Erst die Zeit des Photios bildet also den Terminus post quem für die Entstehung der Urgestalt unseres Typikons, als deren Terminus ante quem die Ereignisse des J.s 1009 zu betrachten waren. Wesentlich die hierosolymitanische Liturgie etwa des 10. Jahrh.s ist es also, was uns hier entgegentritt. Dies ist nun aber ein höchst merkwürdiges Gewebe aus alteinheimischem Zettel und konstantinopolitanischein Einschlag. Die Sachlage gestattet vorab für das Perikopenwesen ein Vergleich einerseits mit dem armenischen Lektionar, den christlich-palästinensischen Urkunden und dem georgischen Kanonarion, anderseits mit dem Patmos-Typikon sehr handgreiflich festzustellen.3 Doch selbst auf dem Gebiete der 1 S. 165 — 168. S. 78, Z. 3 —18. Uber die angebliche Verfasserschaft der Kasia vgl. K r u m b a c h e r , Gesch. d. byzantin. Litteratur, S. 715. s Den Zusammenhang mit dem altpalästinensischen Lesesystem verraten abgesehen von den auf den alten Lese- und Gebetsgottesdienst des Karfreitags zurückgehenden und auch in den endgültigen byzantinischen Ritus übergegangenen prophetisch-apostolischen Perikopen die vierfache Evangelien2
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liturgischen Poesie ist eine konstantinopolitanische Beeinflussung nicht zu verkennen. Im allgemeinen ist, was wir da vor uns haben, allerdings gewiß und naturgemäß das üppigreiche Erbe Jerusalems selbst, das seit den Tagen, deren Verhältnisse das georgische Kanonarion spiegelt, seine entscheidende gewaltige Vermehrung erfahren hatte. Insbesondere die nicht wenigen dem gemeinbyzantinischen Ritus der Folgezeit fremden Texte, welche — wie etwa eigene Kanones für jeden Tag der Osterwoche — die Urkunde aufweist, dürften als ältere bodenständige Schöpfungen palästinensischer Kunst zu gelten haben, die aber über die Grenzen ihrer Heimat nicht hinausdrangen. Aber nicht nur sind Dinge wie die Karsamstags-Oden des Markos oder das zwischen Kasia und Photios strittige Idiomeion Elemente, die in verhältnismäßig jüngster Zeit auf dem Boden Konstantinopels erwachsen waren. Es begegnen auch einzelne Liedstrophen die als Erbe älteren vielmehr stadtkonstantinopolitanischen Brauches durch das Patmos-Typikon erwiesen werden.1 Als besonders belesung der Palmenprozession u n d die Gen., Prov. und prinzipiell Is. entnommene j e dreifache alttestamentliclie L e k t ü r e im ( Opßpoi und) 'EarcepiMo; von M o n t a g bis Mittwoch der Karwoche. Dazwischen t r i t t dann an K o n stantinopolitanischem an diesen Tagen und erscheint auch noch am Gründonnerstag die prinzipiell Ez. entnommene Lesung der Tpi&£XT/| u n d , auf die Non zurückverschoben, die aus Ex., J o b und Is. geschöpfte des 'EtrirEpivoi. Konstantinopolitanisch sind ferner die Meßperikopen des Palmsonntags, die Texte zum 'Eairepivos des K a r f r e i t a g s und — mit einer einzigen "Variante — diejenigen zum "Opilpo; des K a r s a m s t a g s , die alttestamentliche Lektionenreihe der Ostervigil und abgesehen von geringen Reminiszenzen an den älteren einheimischen B r a u c h das gesamte Material der Osterwoche. Bezüglich des Meßevangeliums des Gründonnerstags wird S. 106, Z. 18—24 dem altpalästinensischen tuirot xrj; iyictt ' Ava