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German Pages 201 Year 1975
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 23
Das Vorkaufsrecht im Privatrecht Geschichte, Dogmatik, ausgewählte Fragen
Von
Klaus Schurig
Duncker & Humblot · Berlin
KLAUS SCHURIG
Das Vorkaufsrecht im Privatrecht
Schriften zum B ü r g e r l i c h e n Recht Band 23
Das Vorkaufsrecht i m Privatrecht
Geschichte, Dogmatik, aasgewählte Fragen
Von Dr. Klaus Schurig
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1975 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1975 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany I S B N 3 428 03341 8
Meiner Frau
Vorwort Die Arbeit wurde Anfang 1974 abgeschlossen und hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu K ö l n als Dissertation vorgelegen. Sie entstand während meiner Assistententätigkeit am K ö l ner Institut für internationales und ausländisches Privatrecht. Angeregt wurde sie durch meinen verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Gerhard Kegel, der auch meinen Arbeitsstil geprägt hat. I h m gilt mein aufrichtiger Dank. K. S.
Inhalt Einleitung
15 Teill
Geschichte A. Vorbemerkung
18
B. Römisches Recht
20
I. H i n t e r g r u n d
20
I I . „Gesetzliche" Vorkaufsrechte 1. Vorrecht bei „venditio bonorum" 2. Vorrecht bei „ i n diem addictio" 3. Vorrecht bei „emphyteusis" 4. Ostrom
21 21 22 22 24
I I I . Rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte
25
C. Deutsches Recht I. H i n t e r g r u n d I I . Näherrechte 1. Erblosung 2. Andere Näherrechte a) Marklosung b) Bürgerretrakt, Territorialretrakt c) Ritterschaftliche Retrakte d) Miteigentümerretrakt, Ganerbenretrakt e) Grundherrenretrakt, Lehnsretrakt f) Teillosung, Gespilderecht, Zins- u n d Fronlosung, losung g) Nachbarlosung 3. Rechtsgeschäftliche Näherrechte
27 27 29 29 32 32 32 32 33 33 Dach34 34 34
D. Gemeines Recht und Partikularrechte I. Näherrechte u n d Rezeption I I . Streit u m die Rechtsnatur I I I . Näherrecht u n d Vorkaufsrecht I V . Bedeutungswandel des Angebots V. Rechtsgeschäftliche Näherrechte V I . Niedergang
36 36 38 41 44 45 46
E. Zum Bürgerlichen Gesetzbuch I. Ausgangspunkte I I . Kodifikationen 1. Bayern
49 49 50 50
10
Inhalt 2. Preußen
51
3. Österreich
53
4. Französische Rechtsgebiete
54
5. Sachsen
54
I I I . BGB-Entstehungsgeschichte
55
1. Obligatorisches Vorkaufsrecht 2. Dingliches Vorkaufsrecht I V . Wurzel der BGB-Vorkaufsrechte
55 57 59
Teil 2 Rechtsnatur A. Das Vorkaufsrecht
im allgemeinen
I. Meinungsstand 1. „Theorien" 2. „Eintrittstheorie" 3. „Vorvertragstheorie" 4. „Ermächtigungstheorie" 5. „Offertentheorie" 6. „Bedingungstheorie" 7. „Gestaltungsrechtstheorie" I I . Stellungnahme u n d Lösung 1. Vorkaufsrecht u n d Gestaltungsrecht a) Das Vorkaufsrecht als Gestaltungsrecht b) Bedeutung c) Vereinbarkeit von Gestaltungsrechtscharakter u n d den „Theorien" aa) „Bedingungstheorie" bb) „Offertentheorie" aaa) Recht des Angebotsempfängers als Gestaltungsrecht bbb) Einwände ccc) Widerlegung cc) Andere „Theorien" aaa) „Vorvertragstheorie" bbb) „Ermächtigungstheorie" dd) Ergebnis
61 61 61 61 62 63 63 64 64 65 65 65 66 66 67 67 67 68 68 70 70 71 71
2. „Gestaltungsrechtstheorie"
71
3. Andere „Theorien" a) „Eintrittstheorie" b) „Vorvertragstheorie" c) „Ermächtigungstheorie"
73 73 73 74
Inhalt 4. „Bedingungstheorie"
74
a) Argumente aus Gesetzeswortlaut u n d Hechtsfolgen
75
b) Interessenmaßstab c) Dogmatische Bedenken
76 79
d) Beurteilung
81
5. „Offertentheorie"
81
a) Gebräuchliche Gegenargumente
81
b) Vorkaufsrecht als Optionsrecht
83
c) Rechtsnatur des Optionsrechts aa) „Bedingungstheorie", „Gestaltungsrechtstheorie" bb) „Offertentheorie" aaa) Vertragsangebot wesentliches M e r k m a l bbb) Gegenargumente u n d Widerlegung
84 85 85 85 86
d) Schlußfolgerung
89
e) Brauchbarkeit der „Offertentheorie"
89
B. Abgrenzungen C. Das dingliche
92 Vorkaufsrecht
96
I. Zweifelsfragen I I . Obligatorisches u n d dingliches Vorkaufsrecht 1. Das dingliche Vorkaufsrecht als Sicherung eines obligatorischen a) Sicherung eines bestehenden Vorkaufsrechts b) Gesetzgebungstechnik 2. Das dingliche Vorkaufsrecht als selbständiges Sachenrecht
96 96 96 96 97 98
I I I . Merkmale der Dinglichkeit 1. Vormerkungswirkung gegen Dritterwerber 2. Andere Merkmale a) Eigentümer als solcher betroffen b) Subjektiv dingliche Bestellung c) Begründung u n d Gutglaubensschutz d) A b w i c k l u n g zwischen Berechtigtem u n d Erwerber I V . Causa V. Vorkaufsrecht als Anwartschaft
99 99 101 101 102 102 104 104 105
V I . Ergebnis
106
Teil 3 Einzelfragen A. Zur Begründung des Vorkaufsrechts I. Formfragen (§ 313 BGB) 1. F o r m des Vorkaufsvertrags a) Die Formfrage u n d die „Theorien"
107 107 107 107
12
Inhalt b) Rechtspolitische Entscheidung aa) Die dem § 313 B G B zugrunde liegenden Interessen bb) Systematische Möglichkeit einer Subsumtion unter § 313 B G B cc) Rechtspolitische Notwendigkeit einer Subsumtion unter § 313 B G B aaa) Meinungsstand bbb) Schutzbedürftigkeit des Vorkaufsrechtsgebers ccc) Ergebnis c) Vereinbarkeit m i t der „Offertentheorie" d) F o r m bei einseitigem Angebot 2. Dingliches Vorkaufsrecht a) F o r m der Bestellung b) F o r m des Kausalvertrags c) H e i l u n g I I . Begründung durch Verfügung von Todes wegen 1. Dingliches Vorkaufsrecht 2. Obligatorisches Vorkaufsrecht a) Meinungsstand b) Begründung eines K a u f Verhältnisses durch Verfügung c) Ergebnis d) Umdeutungsmöglichkeiten
111 111 112 114 114 115
120 120 121 121 letztwillige
1. Meinungsstand 2. Begründung eines Kaufverhältnisses m i t einem D r i t t e n a) „Bedingungstheorie" b) „Gestaltungsrechtstheorie" c) „Offertentheorie" 3. Begründung zugunsten eines jeweiligen Grundstückseigentümers der Ausübung
110
115 115 116 119
I I I . Vorkaufsrecht zugunsten D r i t t e r
B. Voraussetzungen
109 109
— Vorkaufsfall
I. Einleitung 1. Fälle 2. Vorbemerkung I I . K a u f u n d andere Veräußerungsverträge — „interessengerechte Betrachtungsweise" 1. Die herrschende Auffassung 2. Interessengerechte Betrachtungsweise 3. A n w e n d u n g a) Kauf, Schenkung b) Tausch c) Übereignung erfüllungshalber u n d an Erfüllungs Statt d) Einbringen i n Gesellschaft e) Gemischte Schenkung u n d Freundschaftskauf f) „Ringtausch"
122 124 124 125 125 125 126 126 126 127 128 128 128 129 130 130 132 134 134 134 136 136 137 138
Inhalt I I I . Nichtige, vernichtbare u n d unvollkommene Kaufverträge; V e r kauf durch D r i t t e n 1. Grundregel 2. Bedingter K a u f a) Auflösend b) Aufschiebend 3. K a u f unter Rücktrittsvorbehalt 4. Anfechtbarer K a u f 5. Schwebend unwirksamer (genehmigungsbedürftiger) K a u f 6. Nichtiger K a u f 7. Verkauf durch D r i t t e n a) Obligatorisches Vorkaufsrecht b) Dingliches Vorkaufsrecht
138 139 139 139 140 142 143 145 146 148 148 150
I V . Vereitelung u n d Erschleichung 1. Allgemeines 2. Der Versuch, dem Berechtigten die Ausübung zu verleiden a) V o r der Veräußerung b) Bei der Veräußerung 3. Umgehung a) Grundsätzliches b) Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r c) K r i t i k u n d eigene Lösung 4. Erschleichung
151 151 152 152 154 157 157 158 159 161
V. Der „ D r i t t e " 1. Die Rechtsprechung des B G H 2. K r i t i k a) Der Begriff des D r i t t e n b) Interessenwertung c) Aufhebungszweck des VersteigerungsVerfahrens
162 162 165 165 166 167
V I . Nachträgliche Änderung des Kaufvertrages 1. Die herrschende Auffassung 2. K r i t i k C. Zur Beendigung: übung
Verzicht
auf
das Vorkaufsrecht
169 169 170 oder
seine
Aus172
I. Obligatorisches Vorkaufsrecht 1. Meinungsstand 2. Eigene Lösung
172 172 174
I I . Dingliches Vorkaufsrecht 1. Verzicht auf das Recht 2. Verzicht auf die Ausübung
175 175 175
Ergebnisse
177
Z u T e i l 1 — Geschichte
177
Z u T e i l 2 — Rechtsnatur
178
Z u T e i l 3 — Einzelfragen
179
Literaturverzeichnis
182
Entscheidungsverzeichnis
195
Einleitung Die Ende vorigen Jahrhunderts totgesagten Vorkaufsrechte erleben eine neue Blüte. I n seinem Bemühen, zwischen sozialer Eigentumsgebundenheit und Eigentümerfreiheit namentlich i m Grundstücksverkehr einen mittleren Weg zu finden, nimmt der Gesetzgeber immer häufiger Zuflucht zu gesetzlichen Vorkaufsrechten als der mildesten Form des Eingriffs i n die Verfügungsfreiheit einzelner zugunsten der Allgemeinheit, zuletzt z. B. i m Städtebauförderungsgesetz vom 27. 7.1971 1 . Diese gesetzlichen Vorkaufsrechte sind trotz mancher Abweichungen an das Vorbild der BGB-Vorkaufsrechte angelehnt. Beide stehen i n Wechselbeziehungen zueinander: „Gesetzliche" Vorkaufsrechte sind älter; der Rechtsverkehr ahmt sie nach. I m BGB steht das rechtsgeschäftliche Vorkaufsrecht i m Vordergrund 2 und ist Modell für spätere gesetzliche. Gesetzliche Vorkaufsrechte regen den Rechtsverkehr wiederum an, von den gewillkürten Formen häufiger Gebrauch zu machen. So haben auch die BGBVorkaufsrechte größere Bedeutung erlangt, als ihre Schöpfer vermuteten 3 . Vorkaufsrechte engen die Verfügungsfreiheit ein. Ist eine Sache m i t einem Vorkaufsrecht belastet, so kann ihr Eigentümer sie nicht mehr veräußern, an wen er w i l l : Der Vorkaufsberechtigte kann sich dazwischen drängen und die Sache zu den Bedingungen des m i t dem D r i t ten geschlossenen Kaufvertrags verlangen. Vorkaufsrechte dienen unmittelbar nur den Interessen des Berechtigten, und zwar auf zweierlei A r t : Es kann sein, daß der Berechtigte den Gegenstand w i r k l i c h haben, seinem Vermögen einverleiben w i l l ; der Erwerb scheitert nur am zur Zeit (noch) fehlenden Veräußerungswillen des Eigentümers. Der Berechtigte möchte aber zugreifen können, sobald der Eigentümer doch einmal veräußern sollte: Darum vereinbart er mit i h m ein Vorkaufsrecht. 1
Vgl. hierzu Clasen, Vorkr. nach StBauFG. Gesetzliches Vorkaufsrecht nach B G B ist n u r das der Miterben, § 2034. 8 Z. B. auch i m Wertpapierrecht. E i n G r u n d sind die i m m e r enger werdenden wirtschaftlichen Verflechtungen. 2
Einleitung
16
E i n solches Vorkaufsrecht ist ein Minus gegenüber dem an sich angestrebten unmittelbaren Erwerb der Sache, eine Erwerbschance. Es dient einem „positiven" Interesse des Berechtigten, einem „Erwerbsinteresse". Ein solches Interesse kann häufig rechtsgeschäftlich bestellten Vorkaufsrechten zugrunde liegen 4 . Häufig w i r d es auch so sein, daß dem Berechtigten am Erwerb des Gegenstands unmittelbar wenig liegt. Er w i l l lediglich die Möglichkeit haben, den Erwerb der Sache durch einen Dritten zu verhindern, etwa u m den Einbruch eines Fremden i n eine Gemeinschaft abzuwehren 5 oder u m den Erwerb durch eine aus anderen Gründen nicht genehme Person nicht zuzulassen6. Der eigene Erwerb w i r d als M i t t e l i n Kauf genommen. Das Vorkaufsrecht ist dann ein Minus gegenüber einem — den Erwerber zu sehr einengenden — Veräußerungsverbot oder einer Veräußerungsbeschränkung (etwa durch Zustimmungsbedürftigkeit), deren Erfolg eigentlich gewünscht wird. I h m liegt ein „negatives" Interesse zugrunde, ein „ K o n t r o l l - " oder „Abwehrinteresse" . Viele gesetzliche Vorkaufsrechte dienen diesem Interesse. Meist sind beide Interessen mehr oder weniger vorhanden, häufig w i r d eines überwiegen. Die gewillkürten Vorkaufsrechte des BGB — m i t denen sich diese Arbeit befaßt 7 — waren bereits bei ihrer Geburt problembeladen. Die dogmatische Struktur beider Formen ist bis heute unsicher geblieben. I n manch anderen Fragen scheinen Praxis und Lehre keine optimalen Lösungen gefunden zu haben. Solche teils alte, immer noch ungelöste, teils neuere Zweifelsfragen sind Gegenstand dieser Arbeit. Sie versucht, sie aufzuhellen durch Besinnung auf Herkunft und Wurzeln unseres Vorkaufsrechts, auf die zugrunde liegenden Interessen und die systematischen Zusammenhänge. Die — i n letzter Zeit mitunter i n Mißkredit geratene — Frage nach dem dogmatischen Standort des Rechtsinstituts erscheint notwendig; sie klärt den Blick auch da, wo sie nicht unmittelbare praktische Folgerungen nach sich zieht, und wenn sie auch nur mitunter die Erkenntnis erleichtert, daß ein Problem unabhängig von der Rechtsnatur zu beurteilen ist 8 . 4
Aber auch manchen gesetzlichen, z. B. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BBauG. Z. B. § 2034 BGB. 6 Z . B . §§ 11, 16 RHeimStG. 7 Das BGB-Vorkaufsrecht ist nicht die einzige Lösung zur Wahrung der gekennzeichneten Interessen, aber eine der ältesten u n d bedeutendsten. V e r w a n d t sind z. B. Option, Vorhand, Rückkauf, Wiederkauf, schuldrechtliche Verfügungsbeschränkungen u. a. Näher unten T e i l 2, B. 8 Z. B. bei der Formfrage; T e i l 3, A I 1. 5
Einleitung
A n ausgewählten Einzelfragen sollen schließlich typische Interessenkonflikte aufgezeigt und mögliche Fehlentwicklungen gekennzeichnet werden.
2 Schurig
Teil 1
Geschichte A. Vorbemerkung Vorkaufsrechte beschneiden die Verfügungsfreiheit zugunsten anderer. Sie spielen daher eine u m so größere Rolle, je mehr eine Rechtsordnung eine Gemeinschaftsbindung des Eigentums bejaht. Diese Bindung kann horizontal sein (Genossenschaftscharakter) oder vertikal (Feudalcharakter) oder beides. Vorkaufsrechte 9 finden sich demgemäß früh i n germanischen, slawischen 10 und jüdischen 11 Rechten. I m islamischen Recht 12 haben sie große Bedeutung, und auf Malta bestehen bis heute alte Familienretrakte 1 3 . Die ältesten Nachweise finden sich i n Urkunden aus dem ptolemäischen Ägypten 1 4 , das bereits eine feudale Entwicklung hinter sich hatte. Die Bedeutung von Vorkaufsrechten sinkt, je individualistischer eine Rechts- und Eigentumsordnung ist, je mehr sie also die unbeschränkte Verfügungsmacht des Eigentümers anstrebt 15 . Vorkaufsrechte gehören nicht zu den archaischen Rechtsinstituten. Man begegnet ihnen erst auf einer bestimmten Entwicklungsstufe. Das primitive Recht kennt zunächst Verfügungsverböte: die unerwünschte 9 Der Begriff w i r d hier zunächst w e i t gefaßt und bedeutet das Recht einer Person, bei einem Verkauf die Sache an Stelle des vorgesehenen Käufers zu denselben Bedingungen zu erwerben. 10 Schnitzer, Vergl. Rechtsl. I I , S. 564. 11 Schnitzer, Vergl. Rechtsl. I, S. 327. Vgl. auch Walch, Näherrecht, S. 2: „Die älteste A r t des Näherrechts, von der w i r einige Nachricht haben, ist w o h l diejenige, welche von Gott selbst bey den Juden eingeführet worden." 12 Vgl. hierzu Tyabji, M u s l i m L a w , S. 629 - 701. 13 Schnitzer, Vergl. Rechtsl. I, S. 306. 14 Rostowzew, Kolonat, S. 19, 145. 15 E i n Beispiel aus der neueren Rechtsgeschichte ist der A b b a u alter V o r kaufsrechte i n der Zeit des Liberalismus u n d die Einführung neuer gesetzlicher Vorkaufsrechte parallel zu der wieder verstärkten Eigentumsbindung, w i e sie i n der Weimarer Verfassung zum Ausdruck gekommen ist. Vgl. Schnitzer, Vergl. Rechtsl. I I , S. 584. Insoweit auch interessant RG (10. 4.1937) Z 154, 304 (308), wo (unter Berufung auf nationalsozialistische Vorstellungen) der Schutz des Einzelnen gegenüber dem Wohl der Volksgesamtheit zugunsten der Anwendbarkeit eines gesetzlichen Vorkaufsrechts f ü r nachrangig erklärt w i r d (Genossenschaftsgedanke).
A . Vorbemerkung
19
Veräußerung ist unwirksam. Später kann sich die Unwirksamkeit relativieren, abschwächen und w i r d schließlich zum „Vorkaufsrecht" zugunsten eines geschützten Personenkreises 16 . A u f dieser Stufe entstehen dann auch neue „gesetzliche" Vorkaufsrechte. Schließlich nimmt sich der Rechtsverkehr das Institut zum Vorbild und schafft Vorkaufsrechte durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung 1 7 : Das rechtsgeschäftliche Vorkaufsrecht ist jünger als das „gesetzliche".
iß Vergl. z.B. die Entstehung der „Erblosung"; unten C I I 1. Dazu auch Renaud, Näherrecht, S. 243. 17 Vgl. auch Gierke, Privatrecht I I , S. 767, 770. 2*
B. Römisches Recht I. Hintergrund Das frühe römische Recht hatte bäuerlichen Charakter, ähnlich den frühen germanischen und griechischen Rechten 18 . Wenn auch die bäuerliche Struktur eine starke Eigentumsbindung wenigstens an den das frühe Recht beherrschenden Familienverband nahelegt 19 , so fehlte diesem Recht doch die Verfeinerung, u m kompliziertere Rechtsgebilde wie Vorkaufsrechte hervorzubringen. Genauere Quellen über das altrömische Recht sind kaum vorhanden 2 0 , doch weisen auch spätere Vorkaufsrechte nicht auf einen Ursprung i m ältesten römischen Recht hin. M i t der Entwicklung zum klassischen Recht entstand ein individualistischer Eigentumsbegriff. Die Verfügungsfreiheit war dem römischen Recht ein oder der wesentliche Bestandteil des Eigentums 2 1 ; sie lag i n der natürlichen Freiheit des römischen Bürgers begründet 22 . Gewiß gab es immer Einschränkungen aus polizeilichen Gründen; auf den Vorrang des Gemeinwohls werden Beschränkungen des Eigentums aber z.B. erst unter hellenistischem Einfluß gegründet 23 . Bis zur Zeit des Absolutismus scheuen die Römer Enteignungen 24 . Innerhalb der Familie ist alle Rechtsmacht auf den Familienvater konzentriert; eine genossenschaftsähnliche Bindung des Familieneigentums gibt es jedenfalls i n klassischer Zeit nicht mehr. Daß, wie behauptet wird, das älteste römische Recht noch keine gesetzliche Erbfolge gekannt hat 2 5 , der Intestatnachlaß vielmehr schlechthin herrenlos 18
Käser, Rom. Privatrecht, S. 1 f.; ders., Handbuch I, S. 19, 22. Vgl. das altrömische Miterbenconsortium; näher Käser, Rom. P r i v a t recht, S. 264, 286 (auch S. 121 f.); ders., Handbuch I, S. 92, 99 - 101. 20 Vgl. Käser, Rom. Privatrecht, S. 2; ders., Handbuch I, S. 191, 91 f.; Rabe l, Grundzüge, S. 200 - 202. 21 Käser, Handbuch I, S. 125; Seidl, Rom. Privatrecht, S. 66. 22 Schmidt, Unterschied, S. 2231; Sohm / Mitteis / Wenger, Institutionen, S. 43. 23 Käser, Rom. Privatrecht, S. 91 f. 24 Käser, Handbuch I, S. 3741; s. auch Gierke, Privatrecht I I , S. 466. Wegen Ähnlichkeiten zwischen Vorkaufs- (bzw. „Retrakt"-)Rechten u n d Enteignung vgl. Laband, Retract, S. 166 - 169 (sonst aber zu w e i t gehend) u n d dazu Heusler, Institutionen, S. 63 u n d Beseler, System, S. 403, Fn. 15 a. E. 25 Schmidt, Unterschied, S. 308 f. Vgl. aber auch Bonfante, Famiglia, S. 19
I I . „Gesetzliche" Vorkaufsrechte
21
war, ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich, wenngleich für diese Ansicht angeführt werden kann, daß noch i n der Kaiserzeit bei entfernteren Erben (heredes extranei) die Erbschaft bis zu ihrer A n nahme herrenlos (res nullius) w a r 2 6 . Der zweifelhaften Frage braucht hier nicht nachgegangen zu werden 2 7 . Jedenfalls war, soweit bekannt, immer die testamentarische Übertragung des Nachlasses die Regel, i n der der Hausvater ursprünglich nahezu völlig frei w a r 2 8 . Die später zugelassene Klage gegen „pflichtwidrige" Testamente scheint auf griechischem Einfluß zu beruhen 2 9 . I n einer derart individualistischen Rechtsordnung können Vorkaufsrechte schlecht gedeihen. Damit mag es zusammenhängen, daß sie i m römischen Recht nur eine unbedeutende Rolle spielen. Wo Vorkaufsrechte vorkommen, sind sie meist nur Anhängsel anderer Rechtsinstitute; selbständig treten sie zunächst kaum auf und nehmen erst später unter dem Einfluß der Vulgarrechte zu. Wieweit auch vergleichsweise ältere Formen auf griechischen Einfluß zurückgehen, ist unklar 3 0 . I I . „Gesetzliche" Vorkaufsrechte 1. Vorrecht bei „venditio bonorum"
Einer der frühsten Fälle gesetzlicher Bevorrechtigung beim K a u f findet sich i m Zwangsvollstreckungsverfahren des römischen Formularprozesses. Bei der „venditio bonorum" — der Versteigerung des gesamten Schuldnervermögens durch den „magister bonorum" — war ein gewisser Personenkreis berechtigt, den Zuschlag vor anderen zu erhalten 3 1 . Bevorrechtigt waren zunächst die Gläubiger i n der Reihenfolge der Höhe ihrer Forderungen, sodann die Verwandten des Schuldners nach ihrer Gradnähe 32 . Wahrscheinlich wurden die Privilegierten 101 -151, insbes. S. 1061, 113, 116, der die testamentarische Erbfolge aus der ursprünglichen Übertragung der souveränen Familiengewalt herleitet; h i e r zu Käser, Handbuch I, S. 92 f. m i t Nachweisen. 26 So Schmidt, Unterschied, S. 309. Vgl. auch Käser, Rom. Privatrecht, S. 282; Rabel, Grundzüge, S. 224 f., 227 f. 27 M a n n i m m t i m allgemeinen an, daß auch i m frühen römischen Recht das gesetzliche Erbrecht aus der Hausgenossenschaft hervorgegangen und später von der testamentarischen Erbfolge zurückgedrängt worden ist. A l l e Ansichten beruhen weitgehend auf Hypothesen; vgl. Käser, Handbuch I, S. 92 f.; Rabel, Grundzüge, S. 200 - 207. 28 Rabel, Grundzüge, S. 220 f.; Käser, Handbuch I, S. 254. 29 Rabel, Grundzüge, S. 222 f. 30 Beispielsweise erweist sich die später m i t einem Vorkaufsrecht v e r sehene Emphytheuse ihrem Namen wie ihrer Rechtsnatur nach als u n r ö misch; Schmidt, Unterschied, S. 249. 31 Vgl. auch Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 8 - 11. 32 Gaius, D. 42, 5, 16: „ C u m bona veneunt debitoris, i n comparatione(m)
22
Teil 1: Geschichte — B. Römisches Recht
nach Feststellung des Höchstgebotes der Reihe nach befragt, ob sie dieses Gebot halten wollten, anderenfalls wurde dem Meistbietenden zugeschlagen 33 . Es dürfte sich also nicht nur um eine Verfahrensvorschrift gehandelt haben, sondern u m ein echtes Recht, einen Gegenstand (oder ein Vermögen) vor einem anderen zu den gleichen, von diesem gebotenen Bedingungen zu erwerben. Die Regelung stammt aus prätorischen Edikten, galt aber wahrscheinlich schon vorher gewohnheitsrechtlich 34 . 2. Vorrecht bei „in diem addictio"
Ein zweites „gesetzliches" Vorkaufsrecht trat i m Gefolge der „ i n diem addictio" auf 3 5 , des Verkaufs einer Sache unter dem Vorbehalt eines besseren Angebots. Sie berechtigte den Verkäufer, i m Vorbehaltsfalle vom Kaufvertrag zurückzutreten 36 ; nach anderer Ansicht wurde der Kauf bereits durch auflösende Bedingung hinfällig 3 7 . Das neue Angebot war aber dem ersten Käufer mitzuteilen. Er konnte verlangen, daß ihm die Sache zu denselben Bedingungen überlassen würde, die der „bessere" Käufer geboten hatte 3 8 . I n diesem Fall wurde dann nicht etwa der ursprüngliche Vertrag geändert. Es bestand vielmehr ein Anspruch auf vorrangigen Abschluß eines neuen Kaufvertrages zu den vom zweiten Käufer gebotenen Bedingungen 3 9 : Der erste Käufer hatte (im weiteren Sinne) ein Vorkaufsrecht 40 . 3. Vorrecht bei „emphyteusis"
I n nachklassischer Zeit entstand unter vulgarrechtlichem Einfluß das Erbpachtverhältnis der „emphyteusis" 4 1 , das sich i n Ostrom zu einem veräußerlichen und verpfändbaren, dem Eigentum verwandten extranei et eius, q u i creditor cognatusve sit, potior habetur creditor cognatusve, magis tarnen creditor quam cognatus, et inter creditores potior is, cui (-us) maior pecunia debebitur." 33 Käser, Zivilprozeß, S. 309, Fn. 17. 34 Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 260. Es handelte sich dann w o h l u m das älteste i m römischen Recht bekannte „gesetzliche Vorkaufsrecht".' 35 A . A. Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 14 f. 36 Dernburg, Pandekten, S. 263; Arangio-Ruiz, Compravendita, S. 401. 37 So z. B. Sohm / Mitteis / Wenger, Institutionen, S. 231. Jetzt vermittelnd Käser, Handbuch I, S. 561 f. 38 Paulus, D. 18, 2, 7: Licet autem venditori meliore allata condicione addicere posteriori, nisi p r i o r paratus sit plus adicere. D. 18, 2, 8: Necesse autem habebit venditor meliore condicione allata priorem emptorem certiorem facere, ut, si quid alius adicit, ipse quoque adicere possit. 39 Arangio-Ruiz, Compravendita, S. 402, unter Bezugnahme auf Ulpian, D.
18, 2, 11.
40 "Wegen der von Henrich, Vorvertrag, S. 15 f., gegen diese Bezeichnung geäußerten Bedenken vgl. unten T e i l 2, B. 41
Vgl. auch Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 5 - 8.
I I . „Gesetzliche" Vorkaufsrechte
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dinglichen Sonderrecht entwickelte. I m Grunde genommen war die Emphyteuse bereits ein Fremdkörper i m römischen Recht 42 . Da die freie Veräußerlichkeit dem Interesse des Eigentümers, den „Erbpächter" seines Grundstücks selbst zu bestimmen, zuwiderlief, erhielt er unter Justinian ein „Vorkaufsrecht", das folgendermaßen geregelt w a r 4 3 : Der beabsichtigte Kaufvertrag war dem Eigentümer mit allen Bedingungen mitzuteilen. Dieser hatte zwei Monate Zeit, sich zu entscheiden. Er konnte die Genehmigung erteilen (gegen eine Gebühr) oder sie aus triftigen Gründen ablehnen 44 . Er konnte aber auch — ohne Angabe eines Grundes — verlangen, daß das emphyteutische Recht zum selben Preis an ihn verkauft würde. Sein „Vorkaufsrecht" lag wiederum in dem Anspruch, beim Verkauf der Emphyteuse vorgezogen zu werden, wenn er i n die Vertragsbedingungen eintrat 4 5 . Wurden diese Vorschriften nicht eingehalten, so konnte freilich der Eigentümer sein Gut auch von dem Dritten herausverlangen. Diese Tatsache darf aber nicht mit einer „dinglichen" Wirkung des Vorkaufsrechts verwechselt werden 4 6 . Vielmehr hatte die Nichtbeachtung der Vorschriften über den Verkauf (neben einer ganzen Reihe von anderen Gründen) den „ H e i m f a l l " 4 7 der Emphyteuse an den Eigentümer zur Folge, so daß dieser lediglich sein Eigentum geltend zu machen brauchte, und zwar ohne Zahlung des Kaufpreises 48 . Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß i n diesem Fall der Heimfallsanspruch denselben Interessen diente, wie ein — den Römern unbekanntes — dingliches Vorkaufsrecht, weswegen wohl auch unter dem gemeinen Recht einige Autoren eine Umwandlung des Rechtsinstituts angenommen haben 49 . 42
Schmidt, Unterschied, S. 249. C. 4, 66, 3: „(1) . . . disponimus attestationem domino t r a n s m i t t i et praedicere, quantum p r e t i u m ab alio re vera accipit. (2) Et si quidem dominus hoc dare maluerit et tantam praestare quantitatem, quantam ipsa veritate emphyteuta ab alio accipere potest, ipsum dominum omnimodo haec comparare: (3) Sin autem duorum mensuum spatium fuerit emensum et dominus hoc facere noluerit, licentia emphyteutae detur, u b i voluerit, et sine consensu domini suas meliorationes vendere, . . . " (Es folgen nähere Bestimmungen; so die Verpflichtung des Eigentümers, den neuen Emphyteuta — gegen Gebühr — anzuerkennen. Der Verkauf der „meliorationes" w i r d teils neben dem Verkauf des Rechts genannt, scheint aber auch dafür zu stehen, vielleicht w e i l beim Verkauf i n erster L i n i e die Verbesserungen des Grundstücks, m i t denen es der Emphyteuta versehen hat, bezahlt werden. Die Verbesserungen könnten k a u m ohne das Recht veräußert werden.) 44 Der Genehmigung gleichgestellt wurde der A b l a u f der Frist. 45 So auch Henrich, Vorvertrag, S. 15. 48 Wie vereinzelt i n der älteren gemeinrechtlichen L i t e r a t u r ; Nachweise: Glück, Pandecten, S. 173, Fn. 88. 47 C. 4, 66, 3 (a. E.): „Sin autem aliter fuerit versatus, quam nostra constitutio disposuit, iure emphyteutico cadat." 48 Glück, Pandecten, S. 173. 49 Vgl. Glück, Pandecten, S. 174 m i t Nachweisen Fn. 90. 43
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T e i l 1 : Geschichte — B. Römisches Recht
Damit sind die „gesetzlichen Vorkaufsrechte" des klassischen und nachklassischen römischen Rechts bereits erschöpft. 4. Ostrom
I n Ostrom entwickelte unter fremdem Einfluß das römische Vulgarrecht gesetzliche Vorkaufsrechte, die teilweise auch dinglichen Charakter angenommen zu haben scheinen 50 . Bereits etwa zur Zeit Kaiser Konstantins war ein Vorkaufsrecht zugunsten der Verwandten (oder aber der nächsten Nachbarn) 51 auch i m F a l l eines freiwilligen Verkaufs eingeführt, von den Kaisern Valentinian, Theodosius und Arcadius aber bereits 391 wieder aufgehoben worden 5 2 . Genaueres weiß man nicht 5 3 . Ob dann das spätere (415 u. 468) Verbot, Grundbesitz i n den Metrokomien an Auswärtige zu verkaufen, schon m i t einem Vorkaufsrecht zugunsten der Einheimischen verbunden war, ist zweifelhaft, aber wohl zu verneinen 54 . Spätestens 922 wurden aber durch eine Novelle des Kaisers Romanus Lacapenus Vorkaufsrechte zugunsten von M i t besitzern und Nachbarn i m weiten Rahmen — und nunmehr endgültig — eingeführt und rasch weiter ausgestaltet 55 . Der Grund hierfür mag i n der Haftungsgemeinschaft aller Eigentümer von Teilen einer Gemeindeflur für die gesamte auf ihr liegende Steuerlast zu sehen sein 56 , deren Folge ein dringendes Interesse der Bewohner war, fremde und vielleicht zur Tragung des Steueranteils unfähige M i t Eigentümer fernzuhalten (Abwehrinteresse) 57 . 50
Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 239. „Proximis consortibusque". Die Bedeutung ist zweifelhaft, vgl. Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 237, Fn. 770. 52 C. 4, 38, 14 = C. Theod. 3, 1, 6. 53 Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 237. 54 So schon Glück, Pandecten, S. 179, Fn. 4; Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 13 f. Vgl. auch Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 237 f.; Heimbach, V o r kaufsrecht, S. 261. Andererseits aber Levy, Vulgär L a w , S. 119. 55 Uber die fünf Grade des Vorkaufsrechts u n d die Klassen der Berechtigten vgl. eingehend Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 238 - 248 u. 277. 56 So Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 236 - 238. Levy, Vulgär L a w , S. 119, wendet sich gegen diese — sonst anscheinend nicht vertretene — These m i t dem Hinweis auf die weite Verbreitung v o n Vorkaufsrechten. Aber dort ist regelmäßig auch eine A r t genossenschaftlicher oder feudalistischer B i n d u n g zu finden. Letztere ist den Byzantinern fremd; Zach. v. Lingenthal, Griech.-röm. R., S. 277. 57 E r w ä h n t sei noch der sog. „Silberkauf": Nach einer Verordnung des Kaisers Valentinian w a r derjenige, der ein Bergwerk betrieb, verpflichtet, das gewonnene M e t a l l zunächst dem Staat anzubieten. Daraus entwickelte sich später i n Deutschland ein Vorkaufsrecht des Landesherrn als Bergherrn bezüglich der i n seinem L a n d gewonnenen Münzmetalle. Glück, Pandecten, S. 176 f., insbes. Fn. 99. Es ist eines der wenigen alten „Vorkaufsrechte", bei denen eindeutig das Erwerbsinteresse i m Vordergrund steht. 51
I I I . Rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte
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I I I . Rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte Infolge des weitgehenden Fehlens gesetzlicher Vorkaufsrechte wurde der römische Rechtsverkehr kaum zur Bildung ähnlicher rechtsgeschäftlicher Institute angeregt. Einem selbständigen vereinbarten Vorkaufsrecht stand schon der numerus clausus der klagbaren Verträge i m Wege. Theoretisch hätte vielleicht eine ähnliche Verpflichtung mittels „stipulatio" geschaffen werden können. Theoretisch hätte auch der — formlos gültige — Kaufvertrag von aufschiebenden Bedingungen (Vorkaufsfall und Ausübung) abhängig gemacht werden können; denn das römische Recht ließ i m Grundsatz wahrscheinlich Potestativbedingungen zu 5 8 . Beides ist aber — soweit ersichtlich — praktisch nicht vorgekommen 59 . Den „bonae-fidei"-Kontrakten (zu denen auch der Konsensual-Kauf gehört) konnten jedoch sog. pacta adiecta hinzugefügt werden, Nebenabreden, die nicht zum wesentlichen Inhalt des Vertrags gehörten, sondern Zusätze waren. Sie wurden von der Klagbarkeit des Hauptvertrags umfaßt und hierdurch ihrerseits klagbar; die Klage, m i t der sie geltend gemacht wurden, war immer die des Hauptvertrags (z. B. beim Verkäufer die actio venditi) 6 0 . Zu den pacta adiecta des Kaufs gehören 61 das pactum de retrovendendo (Rückkaufsrecht), de retroemendo (Rückkaufspflicht) 62 , de non alienando (Veräußerungsverbot) 63 und das pactum protimiseos (Vorkaufsrecht) 64 . A l l e diese pacta w i r k t e n obligatorisch. Das Rückkaufsrecht verpflichtete den Käufer, die Kaufsache an den Verkäufer zu verkaufen, wenn dieser es wollte, i m Zweifel zum ursprünglichen Kaufpreis 6 5 . Das pactum protimiseos verpflichtete ihn, sie dem Verkäufer auf dessen Verlangen zu den mit einem dritten Kaujinteressenten ausgehandelten Bedingungen zurückzuverkaufen. 68
Vgl. Rabel, Grundzüge, S. 177; Käser, Handbuch I, S. 254. Den letzteren Gedanken zu entwickeln, ist der heutigen herrschenden Meinung vorbehalten gewesen; vgl. unten T e i l 2, A I 6. 60 Näher z. B. Sohm / Mitteis / Wenger, Institutionen, S. 377. 61 Eine vollständige Aufzählung befindet sich bei Vering, Rom. Pr. R., S. 414 - 416. 62 Gestützt auf D. 19, 5, 12 u n d C. 4, 54, 2. Vgl. Arndts, Pandekten, S. 596. Die Unterscheidung fehlt bei Vering, Rom. Pr. R., S. 415. 63 Vering, a.a.O. 04 Paulus, D. 19, 1, 21, 5: „Sed et si ita f u n d u m t i b i vendidero, u t n u l l i a l i i eum quam m i h i venderes, actio eo nomine ex vendito est, si a l i i vendideris." Hermogenian, D. 18, 1, 75: „ Q u i f u n d u m vendidit, u t eum certa mercede conductum ipse habeat vel, si vendat, non alii, sed sibi distrahat vel simile aliquid paciscatur: ad complendum id, quod pepigerunt, ex vendito agere poterit." 65 Dernburg, Pandekten, S. 262. 59
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T e i l 1: Geschichte — B. Römisches Recht
Durch die Koppelung dieses Vorkaufsvertrags m i t einem Kaufvertrag umgekehrten Vorzeichens war i h m von vornherein der Weg zu größerer Bedeutung versperrt. Praktisch handelte es sich um einen modifizierten, etwas abgeschwächten Wiederkauf. Er war kaum geeignet, einem positiven (Erwerbs-)Interesse Rechnung zu tragen 66 , diente vielmehr dazu, das verkaufte Gut innerhalb eines bestimmten Personenkreises zu halten 6 7 (Abwehrinteresse). Selbst dieses Vorkaufsrecht war aber i m Grunde nicht römisch 68 .
69 Denkbar ist der Fall, daß jemand i n Not veräußert u n d sich ein V o r kaufsrecht ausbedingt, i n der Hoffnung, später wieder zu Geld zu kommen. Doch auch i n solchem F a l l ist der Wiederkauf das geeignetere I n s t i t u t ; vgl. Dernburg, Pandekten, S. 262, Fn. 15. 87 Arangio-Ruiz, Compravendita, S. 403. Das bringt das jus protimiseos i n die Nähe schuldrechtlicher Verfügungsverbote, m i t denen es die ältere L i t e r a t u r auch gelegentlich i n Verbindung brachte, s. Glück, Pandecten, S. 168. 68 Arangio-Ruiz, ebd.: „ . . . non romano neppure nel nome, . . . " (römisch nicht einmal dem Namen nach).
C. Deutsches Recht I. Hintergrund War i m römischen Recht schon allein wegen dessen Grundeinstellung nicht m i t einer bedeutenden Ausgestaltung von Vorkaufsrechten zu rechnen, so gilt für das deutsche (germanische) Recht das Gegenteil. Anders als i m römischen ist i m deutschen Recht das Eigentum kein i n sich geschlossenes abstraktes Recht. Eigentum ist der Inbegriff der an einer Sache möglichen Herrschaftsrechte 69 . Einzelne Merkmale können fehlen, es bleibt dennoch Eigentum (Mindereigentum) 70 . Mehrschichtiges, abgestuftes Eigentum ist möglich und häufig (Ober- und Untereigentum) 71 . Zwischen öffentlichem und privatem Recht w i r d zunächst nicht unterschieden 72 : Auch die spätere Gebietshoheit w i r d als eine A r t von (Ober-)Eigentum aufgefaßt 73 . So entstehen vertikale Eigentumsbindungen 7 4 . Ursprünglicher noch sind genossenschaftliche (horizontale) Bindungen. Grundeigentum war anfangs immer kollektiv: Es gehörte den Gesippen oder den Genossen eines größeren Verbandes zur gesamten Hand 7 5 . Auch nachdem die Entwicklung zum grundsätzlichen I n d i v i 69
Gierke, Privatrecht I I , S. 356. Gierke, Privatrecht I I , S. 358 f. Vgl. auch Brunner, Quellen, S. 135; Hübner, Grundzüge, S. 224. Das ältere germanische Recht unterschied noch nicht zwischen Eigentum u n d beschränkten dinglichen Rechten; es kannte n u r stärkere u n d schwächere Formen desselben Herrschaftsrechts, Gierke, Privatrecht I I , S. 351 f., 355. 71 Gierke, Privatrecht I I , S. 359, 368 f. Über den Übergang dieser Vorstellungen i n das gemeine Recht trotz der Unverträglichkeit m i t dem römischen Eigentumsbegriff S. 370 - 373. 72 Hierzu Gierke, Privatrecht I, S. 28 f. 73 Gierke, Privatrecht I I , S. 356; Hübner, Grundzüge, S. 224 f. Vgl. auch Schmidt, Unterschied, S. 240 f. 74 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 352 (insbes. auch Fn. 17); Hübner, G r u n d züge, S. 227 - 229. Auch die Lehensordnung beruht letztlich auf diesem Gedanken, Gierke, ebd., S. 353 f.; Hübner, ebd. 75 v. Amira / Eckhardt, Germ. R., S. 89, 93. Vgl. auch Hübner, Grundzüge, S. 222; Mitteis / Lieberich, Privatrecht, S. 74, 96; Brunner, Quellen, S. 148; Walch, Näherrecht, S. 19 a. E. f., 104 f. Manche leugnen aber auch die E x i stenz einer solchen ursprünglichen Gesamtberechtigung, so Stobbe, P r i v a t recht, S. 108, Fn. 5 (mit weiterer Literatur), w e i l sie n u r bei den Slaven u n d allenfalls Friesen nachgewiesen sei. Aus dem Fehlen sicherer Nachweise k a n n man aber noch nicht auf das Fehlen eines solchen Rechtsinstituts schließen. Vgl. auch Walch, Näherrecht, S. 22 - 26. 70
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T e i l 1: Geschichte —
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sches Recht
dualeigentum vollzogen w a r 7 6 , wurde „insbesondere alles Sonderrecht an Grund und Boden durch mannigfach abgestuftes Gesamtrecht oder Herrenrecht teils zurückgeschoben und ergänzt, teils überhöht und gebunden" 77 . Das alte Gemeinschaftseigentum durchzog i n vielerlei Beschränkungen weiterhin den Eigentumsbegriff 78 . Bindungen sind somit dem deutschrechtlichen Eigentum wesenseigen. Anders als das römische ist es kein absolutes und abstraktes, allenfalls i m einzelnen belastbares Recht, auch nicht ein Inbegriff nur von Rechten, sondern untrennbar verbunden m i t Herren und Mitgenossen gegenüber bestehenden Pflichten 7 9 . I n ein solches System fügen sich „Vorkaufs-" und verwandte Rechte ein als Beschränkungen der Freiheit, Sachen (Grundstücke) nach Belieben an Dritte zu veräußern. M i t ihrer Hilfe kann die Sache i m Kreis der Genossen gehalten, kann die Kontrolle eines Obereigentümers ausgeübt werden. Somit findet man i m deutschen Recht eine Vielzahl von dem Vorkaufsrecht verwandten Näherrechten oder „Retrakten" 8 0 , bei denen derjenige, der einer Sache „näher" steht (wegen Genossenschaftszugehörigkeit oder Herrschaftsrecht), sie i m Falle ihrer Veräußerung gegen Erstattung des Kaufpreises „an sich ziehen" kann 8 1 . Vorkaufs-(Näher-)rechte sind historisch keine unmittelbaren Erscheinungsformen solcher Bindungen. Sie begegnen erst auf einer Entwicklungsstufe, auf der eine Rechtsordnung beginnt, den absoluten Geltungsanspruch der Bindungen i m Interesse des Rechtsverkehrs zurückzudrängen. Denn anders als ein (ursprünglich absolutes) Veräußerungsverbot kettet das Vorkaufs-(Näher-)recht nicht Eigentum und Eigentümer zusammen; es läßt dem Eigentümer die Freiheit zu veräußern, schafft nur die Möglichkeit, an die Stelle des Erwerbers 76
Über diesen Vorgang v. Amira / Eckhardt, Germ. R., S. 92 - 95. Gierke, Privatrecht I I , S. 357. 78 Vgl. v. Amira / Eckhardt, Germ.R., S. 9 3 1 ; Hübner, Grundzüge, S. 2221; auch Gierke, Privatrecht I I , S. 405, 352. 79 „Die Grundeigentumsordnung spiegelt den sozialen A u f b a u des gesellschaftlichen Körpers w i d e r u n d bringt i n den ineinandergreifenden Sachherrschaftssphären von Verbänden u n d Einzelnen die genossenschaftlichen u n d herrschaftlichen Zusammenhänge zum Ausdruck." Gierke, Privatrecht I I , S. 357. Z u r Pflichtgebundenheit des Eigentums s. ferner a.a.O., S. 358; Schmidt, Unterschied, S. 249 f. 80 Zeugnis f ü r die weite Verbreitung geben auch die vielfältigen anderen Benennungen: Näherkauf, Einsprache, Einstand, Abtrieb, Beisprache, Beispruch, Besprechung, Losung, Nähergeltung, Anstand, Zugrecht, Beschüttung, Geltung, Anfall, Vorkauf, Retrakt. Vgl. Walch, Näherrecht, S. 15. Über die Bedeutung einzelner Benennungen Gierke, Privatrecht I I , S. 766. Über landschaftliche Verschiedenheiten Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 259, Fn. 3. 81 So allgemein. Näheres über Rechtsnatur u n d Verhältnis zum Vorkaufsrecht unten D I I u. I I I . 77
I I . Näherrechte
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e i n e n anderen, B e g ü n s t i g t e n , z u setzen. U n d es h i l f t so auch d e m K ä u f e r : W e n n er schon n i c h t d i e Sache b e h a l t e n d a r f , so b r a u c h t er sie doch n u r gegen E r s t a t t u n g des K a u f p r e i s e s herauszugeben.
I I . Näherrechte 1. Erblosung V e r f o l g e n l ä ß t sich diese E n t w i c k l u n g a n der ä l t e s t e n A r t des N ä h e r rechts82, der
Erblosung.
I h r e n U r s p r u n g h a t sie i m a l t e n G e s a m t e i g e n t u m d e r S i p p e — später der Hausgemeinschaft — a m V e r m ö g e n , insbesondere a m G r u n d v e r mögen, aber auch a n der F a h r n i s 8 3 . A u s dieser G e s a m t b e r e c h t i g u n g g i n g das germanische Erbenwartrecht B4c hervor 85, ein Anwartschaftsrecht der E r b e n a u f d i e k ü n f t i g e E r b s c h a f t . Das W a r t r e c h t erfaßte u r s p r ü n g l i c h das gesamte V e r m ö g e n m i t A u s n a h m e eines b e s t i m m t e n (zeitlich u n d ö r t l i c h verschiedenen) B r u c h t e i l s ( F r e i t e i l ) . Ü b e r diesen
82 Walch, Näherrecht, S. 18; Gerber / Cosack, System, S. 311; MittermaAer, Grundsätze, S. 466. 83 Hübner, Grundzüge, S. 386 f., 300 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 262; Gierke, Privatrecht I I , S. 786; Renaud, Näherrecht, S. 241 f.; Planitz, P r i v a t recht, S. 99. Nach Walch, Näherrecht, S. 104 - 107, 309, beruht die Erblosung auf dem „stillschweigenden Miteigentum" der Verwandten, das sich aber nur bei Veräußerung oder E r b f a l l bemerkbar macht. Hierzu Gierke, P r i v a t recht I I , S. 770, Fn. 16. Vgl. auch Schmidt, Unterschied, S. 306 f. Geleugnet w i r d eine solche Gesamtberechtigung z. B. von Stobbe, vgl. Fn. 75 u n d 85. 84 Z u r Ausgestaltung des Erbenwartrechts i n Köln vgl. Werner, Erbenwartrecht. 85 Renaud, Näherrecht, S. 242; Hübner, Grundzüge, S. 301; v. Amirai Eckhardt, Germ. R., S. 93; vgl. auch Schmidt, Unterschied, S. 231 f. A. A. insbesondere für das „Beispruchsrecht" Stobbe, Privatrecht, S. 108, Fn. 5, w e i l sich das alte Gesamteigentum nicht generell nachweisen lasse. Doch k a n n man aus dem Fehlen von Nachweisen nicht zwingend auf das Fehlen des Rechtsinstituts schließen; oben Fn. 75. Da es keine vollständigen K o d i f i kationen aus germanischer Zeit gibt, müssen Lücken durch Hypothesen geschlossen werden. Neue Rechtsinstitute entstehen nicht aus dem Nichts, sondern sind Ausdruck bestimmter Grundanschauungen u n d Tendenzen. Sozialbindungen sind aber dem germanischen Recht wesenseigen, u n d die Vermutung spricht eher für einen stufenweisen A b b a u der Bindungen. Das Fehlen von Uberlieferungen k a n n auf den geringen Grundstücksverkehr (so auch Stobbe, ebd., S. 108) zurückzuführen sein. Daß, w i e manche annehmen (vgl. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 262, Fn. 17; Beseler, System, S. 394), die Berücksichtigung der Interessen von Erben ursprünglich eine Forderung der Sitte u n d nicht des Rechts war, braucht ebenfalls nicht zu w i d e r sprechen. Denn gerade i m germanischen Recht gehen Sitte u n d Recht ineinander über (vgl. z. B. Schmidt, Unterschied, S. 2181); die K r a f t der Sitte w a r ähnlich stark. Es k a n n sich i n jedem F a l l u m eine aus dem alten Gesamteigentum abgeleitete Regel handeln, die, nachdem sie durch die Sitte nicht mehr genügend durchsetzbar war, zu einer solchen des Rechts erhoben wurde.
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Teil 1 : Geschichte —
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sches
echt
k o n n t e d e r Erblasser f r e i v e r f ü g e n 8 6 . A l l e s andere d u r f t e er d e n w a r t berechtigten Erben nicht entziehen87. E i n e a n d e r e (spätere?) F o r m 8 8 des W a r t r e c h t s erfaßte n u r G r u n d stücke, b e k a m aber d e n C h a r a k t e r eines a u f diesen r u h e n d e n d i n g l i c h e n Rechts ( „ B e i s p r u c h s r e c h t " ) 8 9 . Es besagte, daß e i n G r u n d s t ü c k n u r m i t Z u s t i m m u n g d e r nächsten E r b e n v e r ä u ß e r t w e r d e n k o n n t e ( „ E r b e n l a u b " ) . W u r d e es v e r b o t s w i d r i g v e r ä u ß e r t , d a n n k o n n t e n sich d i e E r b e n b i n n e n J a h r u n d T a g „ m i t U r t e i l e n u n t e r w i n d e n " , d. h., es i m K l a gewege h e r a u s v e r l a n g e n 9 0 . Dieses Recht h a t t e s o m i t z w e i B e s t a n d teile: E i n m a l konnte der Erbe mittels Klage die V e r f ü g u n g „anfecht e n " 9 1 , d. h. i h r e U n w i r k s a m k e i t h e r b e i f ü h r e n . A u ß e r d e m k o n n t e er aber Herausgabe des v e r ä u ß e r t e n G r u n d s t ü c k s a n sich selbst v e r l a n g e n u n d es b e h a l t e n , so als ob der E r b f a l l b e r e i t s e i n g e t r e t e n w ä r e 9 2 ; 86 Zuerst nach „ A b t e i l u n g " der Söhne, später ohne diese. Z u m T e i l durfte er i h n auch n u r zu seinem Seelenheil an Kirchen u n d Klöster vergeben („Seelgabe"); vgl. Hübner, Grundzüge, S. 301; Adler, Erbenwartrecht, S. 2 3 91 (besonders eingehend). 87 Näher Hübner, Grundzüge, S. 301; Gierke, Privatrecht I I , S. 785 f.; Brunner, Quellen, S. 1481; Wesener, Beschränkung, S. 571; ders., Vorkaufsrecht, S. 537. 88 Das Verhältnis beider Formen zueinander ist zweifelhaft. Gewöhnlich sieht man sie als ältere u n d jüngere F o r m des Wartrechts an, z. B. Gierke, Privatrecht I I , S. 786, Brunner, Quellen, S. 148, oder als zwei verschiedene Rechtsinstitute, das ältere auf dem Gesamteigentum der Hausgenossen, das jüngere (Beispruchsrecht), auf dem Sippeneigentum beruhend, wobei das ältere i n das jüngere eingemündet u n d i n diesem aufgegangen ist, vgl. Hübner, Grundzüge, S. 302; Mitteis / Lieberich, Privatrecht, S. 96, halten dagegen das Beispruchsrecht für ein älteres, selbständiges Recht. 89 Dagegen sicherte die ältere F o r m n u r einen A n t e i l am Vermögen, vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 786. Die Bezeichnung „Beispruch" k o m m t auch für Näherrechte vor. Der Z e i t p u n k t des ersten Auftretens von Beispruchsrechten ist unklar. E r w i r d i m Mittelalter — vor der Zeit der Rechtsbücher — liegen, bei den Sachsen früher, vgl. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 262, Fn. 17 m i t Nachweisen; Hübner, Grundzüge, S. 302. Allgemein f ü r einen früheren Zeitpunkt Walch, Näherrecht, S. 2 2 - 3 1 , sowie Kohler, Bürg. R. I I 2, S. 350 („Jahrtausende"). 90 Vgl. z.B. Sachsenspiegel, Landrecht I 52 § 1: „ A n e erven gelof unde âne echt d i n k ne m û t nieman sîn eigen noch sîne lûte geben. (...) Gibt her iz weder rechte sunder erven gelof, die erve underwindet sich m i t ordêlen, alze ob her dôt si, jene der iz dare gab, sô her iz nicht geben ne mochte." — Ohne Erbenlaub u n d ohne echtes D i n g (Gericht) k a n n niemand sein Grundeigentum oder seine Leute veräußern. (...) Veräußert er es rechtswidrig ohne Erbenlaub, so unterwindet sich der Erbe m i t Urteilen (bemächtigt sich der Sachen durch Urteil), als ob der tot sei, der veräußerte, obwohl er es nicht veräußern durfte. — Vgl. w e i t e r h i n Walch, Näherrecht, S. 33 - 3 6 ; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 2 6 2 1 Das Klageerfordernis ist bereits eine deutliche Abschwächung gegenüber der schlichten U n w i r k s a m k e i t von Individualverfügungen über Kollektiveigentum, das ursprünglich bestanden zu haben scheint. Über die sonstige Verbreitung vgl. Stobbe, P r i v a t recht, S. 109 - 112 m i t Nachweisen (einschränkend). 91 Z u r Rechtsnatur Gierke, Privatrecht I I , S. 786, Fn. 5. 92 Hierzu Stobbe, Privatrecht, S. 119; Beseler, System, S. 394; Heimbach,
I I . Näherrechte
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der Erbfall wurde fingiert, w e i l der Erblasser sein Recht gegenüber dem Erben v e r w i r k t hatte. Die Kaufsumme brauchte der Erbe nicht zu zahlen 93. Diese Fessel des Eigentümers wurde durch Ausnahmen gelockert: I n Fällen echter Not durfte der Erblasser Grundvermögen dann veräußern, wenn er es zuvor seinen nächsten Erben erfolglos zum Kauf angeboten hatte 9 4 . Da auch diese Regelung „das Interesse der Erben an der Erhaltung des Familienguts vollständig wahrte" 9 5 , andererseits aber dem wachsenden Bedürfnis nach größerer wirtschaftlicher Freiheit Rechnung trug, wurde die Ausnahme allmählich zur Regel; das Erfordernis der „echten Not" trat zurück 9 6 . Nunmehr brauchte der Erblasser sein Gut nur noch den Berechtigten („zum Vorkauf") anzubieten. Lehnten sie ab, so war er frei, es zu veräußern. Bot er nicht an, so konnten die Erben ihr Recht freilich noch immer geltend machen, und zwar nach wie vor auch gegen den Erwerber 9 7 , allmählich aber nur unter Zahlung des Kaufpreises: Das Beispruchsrecht (Wartrecht) war zum Näherrecht geworden. Die alten Beispruchsrechte hielten sich zum Teil daneben noch einige Zeit 9 8 , wurden aber insbesondere i n Bezug auf ihren Gegenstand weiterhin eingeschränkt, namentlich i n den Städten 9 9 . Sie betrafen jetzt vielfach nur noch „Erbgut", nicht mehr „Kaufgut". Das „Näherrecht" der „Erblosung" breitete sich weiter aus und wurde zum Teil auch dort übernommen, wo es keine eigene Entwicklung vom Wartrecht gegeben hatte. Sein Umfang unterlag den verschiedensten Regeln; insbesondere war der Kreis der Berechtigten, aber auch der betroffenen Grundstücke von Ort zu Ort verschieden 100 . Vorkaufsrecht, S. 262 f. Daß nach dem Text des Sachsenspiegels I 52 § 1 (oben Fn. 90) die zweite Folge n u r bei A r g l i s t u n d dgl. eintrete, ist äußerst fragwürdig. So aber Heimbach, ebd. 93 Gierke, Privatrecht I I , S. 787; Stobbe, Privatrecht, S. 119. 94 So bereits die L e x Saxon. Nachweise bei Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 263 f. Vgl. auch Brunner, Quellen, S. 149; Gierke, Privatrecht I I , S. 787, Fn. 10; Hübner, Grundzüge, S. 387; Stobbe, Privatrecht, S. 116; Beseler, System, S. 394 f.; Wesener, Einstandsrecht, S. 535 f.; Renaud, Näherrecht, S. 242; Eichhorn, Einleitung, S. 288 f.; Werner, Erbenwartrecht, S. 255 f. 95 Heusler, Institutionen, S. 60. 96 Vgl. Hübner, Grundzüge, S. 387; Gierke, Privatrecht I I , S. 788; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 264; Beseler, System, S. 395. 97 Vgl. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 264; Renaud, Näherrecht, S. 212. 98 Hübner, Grundzüge, S. 387; Heusler, Institutionen, S. 60; Gerber! Cosack, System, S. 311 f. 99 Vgl. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 264; Gierke, Privatrecht I I , S. 788 790; Stobbe, Privatrecht, S. 117; Beseler, System, S. 395; Renaud, Näherrecht, S. 212 f.; Wesener, Beschränkungen, S. 571. 100 Nachweise bei: Beseler, System, S. 395 f.; Gierke, Privatrecht I I , S. 788790; Stobbe, Privatrecht, S. 117 f.
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Teil 1: Geschichte —
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sches Recht
Regelmäßig konnte die Erblosung jetzt nur noch i m Falle der entgeltlichen Veräußerung geltend gemacht werden, nicht aber i m Fall der Schenkung oder der bloßen Belastung 1 0 1 . 2. Andere Näherrechte
Neben und analog der Erblosung entstanden andere Näherrechte 102 : a) Marklosung Aus der ursprünglich erforderlichen Zustimmung der Markgenossen zur Veräußerung eines zur Mark gehörigen Grundstücks — ein Ausfluß der alten Markgemeinschaft — entstand durch Abschwächung das Näherrecht der Markgenossen bei Veräußerung an einen Fremden, die Marklosung. Bei i h r steht wieder eindeutig das Abwehrinteresse der Markgenossen i m Vordergrund: Die Marklosung erfüllt die Funktion des durch Widerspruch eines Genossen ausgelösten Veräußerungsverbots, an dessen Stelle sie getreten ist 1 0 3 . b) Bürgerretrakt,
Territoriairetrakt
A u f höherer Ebene kehrte die Marklosung wieder als Stadtlosung (Bürgerretrakt) und Landlosung (Territoriairetrakt). c) Ritterschaftliche
Retrakte
Ebenfalls genossenschaftlichen („standesgenossenschaftlichen") 104 U r sprungs waren die ritterschaftlichen Retrakte, die den Mitgliedern einer ritterlichen Körperschaft bei Veräußerung von Gütern an Nichtmitglieder zustanden. Es gab sie insbesondere zugunsten der Reichsritterschaft, aber auch zugunsten des landsässigen Adels bei Veräußerung eines Rittergutes an Nichtadlige. Es kamen sogar Retrakte zugunsten der Bürger und Bauern gegenüber dem Adel bei Veräußerung von Bürger- und Bauerngütern v o r 1 0 5 und Näherrechte zugunsten Chri101 Gierke, Privatrecht I I , S. 788; Hübner, Grundzüge, S. 390; Stobbe, Privatrecht, S. 132. Der G r u n d dieser Beschränkung ist zweifelhaft; vgl. Heusler, Institutionen, S. 64. 102 Z u m folgenden insbesondere: Gierke, Privatrecht I I , S. 791 -797; Hübner, Grundzüge, S. 391 -393; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 281 -283; Walch, Näherrecht, S. 380-496; Stobbe, Privatrecht, S. 122-124, 144- 148; Beseler, System, S. 394 - 399. Vgl. auch v. Amira / Eckhardt, Germ. R., S. 94. 103 E i n Widerspruchsrecht findet sich i n Tit. 45 der L e x Salica; vgl. Hübner, Grundzüge, S. 391. 104 Gierke, Privatrecht I I , S. 792. 105 Gierke, Privatrecht I I , S. 792, Fn. 39, u n d Stobbe, Privatrecht, S. 123, unter Berufung auf die K u r k ö l n . V. v. 1729, A r t . 24.
I I . Näherrechte
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sten bei Veräußerung von Grundstücken an Juden 1 0 6 . Überall ging es i n erster Linie darum, außerhalb einer Gemeinschaft Stehenden den Erwerb von Grundstücken aus dem Kreise dieser Gemeinschaft zu verwehren. War Eigentum gespalten, so gaben häufig Näherrechte die Möglichkeit, die Teile wieder zu vereinigen: d) Miteigentümerretrakt,
Ganerbenretrakt
Miteigentümern stand beim Verkauf eines ideellen Bruchteils das Näherrecht an diesem Bruchteil zu (retractus ex iure condominii). Dieses Näherrecht war aus der Unveräußerlichkeit der alten Gesamthandsanteile entstanden. Eine Sonderform war das Ganerbenrecht der Miterben 1 0 7 . e) Grundherr enretrakt,
Lehnsretrakt
War das Eigentum i n Ober- und Untereigentum geteilt, so stand meist dem Obereigentümer bei Veräußerung des Untereigentums — manchmal auch dem Untereigentümer bei Veräußerung des Obereigentums 1 0 8 — das Näherrecht zu. Die Wurzel liegt i n der (vertikalen) Gebundenheit des Eigentums durch Herrenrecht. Erscheinungsformen sind der grundherrliche Retrakt (retractus ex iure dominii directi) und der Lehnsretrakt (retractus feudalis), der dem Lehnsherren, aber auch den Lehnsfolgern zustand. Für den Lehnsherren dürfte er allerdings nur wenig praktische Bedeutung gehabt haben, denn er bestand neben dem lehnsrechtlichen Heimfallanspruch bei unberechtigter Veräußerung 1 0 0 . Soweit der Lehnsretrakt den Agnaten zustand, ähnelt er der Erblosung, soweit er den Mitbelehnten zustand, erwuchs er aus dem gemeinschaftlichen Recht 1 1 0 . 106
Gierke, ebd.; Planitz, Privatrecht, S. 100. Daraus hervorgegangen sind die gesetzlichen Vorkaufsrechte der A r t . 841 Code civ. u n d §§ 2034 - 2037 B G B . 108 Z . B . W ü r t t . L . R . I I , 16; vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 793, Fn. 44. E i n Näherrecht des Untereigentümers schließt aus Walch, Näherrecht, S. 398. 109 Regelmäßig erfolgte die Veräußerung m i t Zustimmung des Lehnsherren: dann gab es kein Näherrecht. Oder sie erfolgte ohne Zustimmung: dann hatte der Lehnsherr den strengeren Heimfallanspruch. Vgl. Walch, Näherrecht, S. 400 f. Nach Ansicht anderer ließ aber die lehnsrechtliche Z u stimmung die Berechtigung zum Retrakt unberücksichtigt, so daß der Lehnsherr trotz Zustimmung den Retrakt ausüben konnte; Glück, Pandekten, S. 191; Holzschuher, Civilrecht, S. 848. E i n Nebeneinander von Vorkaufsrecht u n d Heimfallanspruch gab es übrigens auch bei der spätrömischen „Emphytheuse"; vgl. oben B I I 3 u n d Sohm / Mitteis / Wenger, Institutionen, S. 337. 110 Gierke, Privatrecht I I , S. 793, Fn. 48. 107
3 Schurlg
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Teil 1: Geschichte —
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sches Recht
f) Teillosung, Gespilderecht, Zins- und Fronlosung, Dachlosung Auch i m Falle der realen Teilung eines Grundstücks konnten Näherrechte als Reste der ursprünglichen Einheit den Zusammenhang wahren. Als „Teillosung" oder "Gespilderecht" standen sie den Eigentümern der Teile des ehemals einheitlichen Grundstücks zu, wenn ein anderer Teil verkauft wurde. Bestand auf dem geteilten Grundstück noch eine gemeinsame Zins- oder Fronpflicht, so hieß das Näherrecht Zins- oder Fronlosung. Bei der Dachlosung handelte es sich u m das Recht beim Verkauf eines Gebäudeteils unter gemeinsamem Dach 1 1 1 . Zweck dieser Vorkaufsrechte war sowohl, die Spaltung des Eigentums wieder rückgängig zu machen (Erwerbsinteresse), als auch, unerwünschte Dritte fernzuhalten (Abwehrinteresse) 112 . g) Nachbarlosung Auch ohne frühere Grundstückseinheit konnte i n einigen Gegenden dem Inhaber des angrenzenden Grundstücks ein Näherrecht zustehen (Nachbarlosung, Fürnossenrecht). Es mag sich hierbei ursprünglich um ein Vorzugsrecht i m Rahmen der Marklosung gehandelt haben 1 1 3 , die aber später vielfach verselbständigt wurde. Die Nachbarlosung trug dem Interesse des Nachbarn Rechnung, sein Grundstück zu vergrößern und damit wertvoller zu machen (Erwerb) oder aber gewisse Erwerber fernzuhalten (Abwehr). Alle diese Näherrechte — deren Verbreitung und Ausgestaltung in den einzelnen deutschen Gegenden ganz unterschiedlich w a r 1 1 4 — ähnelten i n der Struktur der Erblosung. Entweder waren sie ihr (später) nachgebildet, oder sie waren — wie diese — durch Abschwächung älterer Veräußerungsverbote entstanden 115 . 3. Rechtsgeschäftliche Näherrechte
Nach dem Vorbild der „gesetzlichen" Näherrechte konnten schon i m Mittelalter Näherrechte auch rechtsgeschäftlich begründet werden. Das 111 E i n moderner Verwandter ist das dem Enteigneten am enteigneten Grundstück eingeräumte Vorkaufsrecht; vgl. z. B. schon § 57 des preußischen Enteignungsgesetzes v o m 11. 6.1874 (bei Rehbein / Reincke, A L R , S. 450). 112 So auch bei der Zins- oder Fronlosung. Vgl. die Parallele zu oben B I I 4. 113 Gierke, Privatrecht I I , S. 795. 114 Hierzu insbes. Walch, Näherrecht, S. 380-496; Stobbe, Privatrecht, 5. 122 - 124, 144 - 148. 115 Daneben kamen vorkaufsähnliche Bevorrechtigungen beim Pfandverkauf vor, w i e die der Mitbürger gegenüber Fremden; vgl. Planitz, Pfändung, S. 673, Fn. 161.
I I . Näherrechte
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Näherrecht wurde i n diesem Fall bei der Übereignung oder Verleihung eines Grundstücks durch Gedinge dem Veräußerer oder einem Dritten eingeräumt, und da der Erwerber nur das durch dieses Gedinge beschränkte Eigentum erhielt und weitergeben konnte, entstand das Näherrecht als gegen jeden wirksames dingliches Recht 116 .
116 Vgl. Hübner, Grundzüge, S. 393; Gierke, Privatrecht I I , S. 797. A.A. w o h l auch für die ältere Zeit Stobbe, Privatrecht, S. 130 f. Wegen des späteren Streits über die Rechtsnatur vgl. unten D I I u. I I I . 3*
D. Gemeines Recht und Partikularrechte I. Näherrechte und Rezeption Z u Beginn der Rezeption gab es i n Deutschland Näherrechte überall und i n den verschiedensten Ausgestaltungen. Das einströmende römische Recht brachte sie nicht zum Verschwinden; sie gehörten zu den deutschrechtlichen „Widerstandsinseln" 1 1 7 . Zwar wurden sie i n manchen Gegenden zurückgedrängt 118 , i m allgemeinen entstanden aber eher mehr und neue Näherrechte 119 . Die Territoriallosung zum Beispiel und die Retrakte zugunsten der Reichsritterschaft und des landsässigen Adels traten erst etwa u m diese Zeit auf 1 2 0 . Verschiedene Umstände haben hierzu beigetragen. Näherrechte waren früher aus den germanischen Rechten i n den romanischen Rechtskreis eingedrungen. I m oströmischen Recht gab es dingliche Vorkaufsrechte 121 . I n Süditalien waren ähnliche i n einer Friedrich II. zugeschriebenen Konstitution 1 2 2 geregelt. Das langobardische Lehensrecht besaß Näherrechte des Lehnsherrn und der Lehnsfolger 123 . Zusammen m i t dem römischen Recht flössen diese Vorstellungen nach Deutschland und ließen ein Nebeneinander als möglich erscheinen 124 . Hinzu kam der allgemeine Widerstand, den die landbesitzende Bevölkerung der Romanisierung des Liegenschaftsrechts entgegenbrachte. Freilich läßt sich so zwar das Beharrungsvermögen der Näherrechte erklären, weniger aber ihr weiteres Aufblühen während und nach der Rezeption. Es scheint, als sei gerade dem römischen Recht eine A r t katalytische Wirkung zugekommen. 117
Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 197. Stobbe, Privatrecht, S. 124, insbes. Fn. 29; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 197; Renaud, Näherrecht, S. 248; Gierke, Privatrecht I I , S. 768, insbes. Fn. 11; jeweils m i t Nachweisen. 119 Renaud, Näherrecht, S. 243 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 265; Planitz, Privatrecht, S. 100; vgl. auch Hübner, Grundzüge, S. 388. 120 Stobbe, Privatrecht, S. 122 f.; Renaud, Näherrecht, S. 244. 121 Oben B I I 4. 122 Unten zu Fn. 132. 123 I I F. 9 § 3, 26 § 14. 124 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 767 f.; Hübner, Grundzüge, S. 388; Stobbe, Privatrecht, S. 122; Wesener, Einstandsrecht, S. 538; Renaud, Näherrecht, S. 244. 118
I. Näherrecht
und
e t
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Es wurde bereits darauf hingewiesen 125 , daß Näherrechte — und damit verwandt Vorkaufsrechte — erst entstehen, wenn sich gegenüber alten, starren Eigentumsbindungen eine Individualisierung durchzusetzen beginnt 1 2 6 . Sie sind Ergebnis eines Kompromisses zwischen absoluter Gebundenheit und Verfügungsfreiheit. Dieser Vorgang der I n dividualisierung wurde durch den Einfluß des römischen Rechts sicherlich begünstigt. Möglicherweise hatte es schon vor der Rezeption zur Schwächung der Bindungen und damit zum Entstehen der Näherrechte beigetragen; denn Kontakte zwischen dem deutschen und dem römischen Rechtskreis gab es seit langem 1 2 7 . Die eigentliche Rezeption bestand nicht einfach i n der Verpflanzung des gesamten römischen Rechtssystems nach Deutschland. Das römische Recht mußte noch mit den anderen sozialen, geschichtlichen und sittlichen Grundlagen Deutschlands zusammenwachsen 128 . Verschiedene Elemente mußten angepaßt werden, mußten sich i m Laufe der Zeit gegen Überlieferungen durchsetzen oder müßten verschwinden. War das römische Recht den i m deutschen Rechtsleben verwurzelten Bindungen dem Grundsatz nach auch feindlich gesonnen, so schienen doch aus damaliger Sicht gerade Vorkaufs- und Näherrechte m i t i h m vereinbar; wie sonst hätten derartige Bestimmungen m i t rezipiert werden können? Was lag unter diesen Umständen näher, als überall dort, wo das deutsche Rechtsgefühl nach wie vor Bindungen verlangte, zu diesen vom römischen Recht doch anscheinend tolerierten Instituten Zuflucht zu nehmen. Sie garantierten dem geschützten Personenkreis die Möglichkeit zur Einflußnahme und ließen doch dem Eigentümer die Freiheit, zu veräußern, wenn er es wollte. Freilich führte der Versuch, ein Rechtsinstitut aus einem System in ein anderes einzupassen, zu Spannungen und Zweifelsfragen, die bis ins 19. Jahrhundert dauerten 1 2 9 . A m Anfang suchte man den Ursprung der Näherrechte i m römischen Recht nachzuweisen. Mißverstandene Stellen des römischen Rechtes 125
Oben A . Vgl. auch Renaud, Näherrecht, S. 243. Dasselbe gilt übrigens auch u m gekehrt, wenn sich eine B i n d u n g durchzusetzen beginnt, w i e i n den r ö m i schen Vulgarrechten. 127 Über diese sog. Frührezeption z.B. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 114 -124. Wieweit w i r k l i c h der Einfluß des römischen Rechts eine bestimmte Entwicklung begünstigte oder einfach der Fortgang der Zeit u n d die Veränderung der sozialen Gegebenheiten, ist heute, wie oft, nicht mehr festzustellen; vgl. Wieacker, ebd., S. 240 f. A m wahrscheinlichsten sind gegenseitige Wechselwirkungen. 128 Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 129. 129 Vgl. z.B. Beseler, System, S. 401 u n d 403 a.E.; Renaud, Näherrecht, S. 244. 126
T e i l 1: Geschichte — D. Gemeines Hecht und Partikularrechte
38
wurden herangezogen 130 . Teils wurde behauptet, Näherrechte seien in „göttlichen, geistlichen und weltlichen Rechten begründet" 1 3 1 . Häufig führte man als Quelle der Näherrechte eine — angebliche oder echte 132 — Konstitution Friedrichs I I . „de jure protomiseos" an. Die Konstitution hat aber — w e i l nicht rezipiert — für Deutschland niemals gesetzliche Geltung gehabt. Sie wurde wahrscheinlich für Neapel und Sizilien erlassen 133 . I I . Streit um die Rechtsnatur Später besann man sich auf die unterschiedliche Herkunft von Näherrecht und Vorkaufsrecht. Doch begann nun der Streit u m die Rechtsnatur des Näherrechts, ein Streit, der gekennzeichnet war durch Versuche, das Näherrecht an die Systematik des römischen Rechts anzupassen oder aber neue — teils künstliche — Unterschiede zu konstruieren, u m es schärfer vom römischen Recht abzusetzen. Grob gesehen standen sich zwei Meinungen gegenüber: Die eine hielt das Näherrecht für ein dingliches Recht 134 , die andere für obligatorisch 1 3 5 . Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat sich die dingliche Auffassung durchgesetzt 136 . Wohl zu Recht; doch war Richtiges i n beiden Ansichten, wenn auch der Blickwinkel verschieden war. Die dingliche Auffassung hatte den Vorzug, daß sie an alte deutschrechtliche Vorstellungen anknüpfen konnte 1 3 7 . Sie sah i n dem Näherrecht nicht nur den Anspruch des Berechtigten bei E i n t r i t t des Näherrechtsfalles. Für sie w a r das Näherrecht das Rechtsverhältnis, das 130
Näheres bei Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 261 u. 265. Vgl. Stobbe, Privatrecht, S. 122 (Nachweise Fn. 15); Hübner, Grundzüge, S. 3. Vgl. auch die oben Fn. 11 zitierte Stelle bei Walch. 132 Gierke, Privatrecht I I , S. 767 a. E. M i t der Entstehung der Konstitution befaßt sich eingehend Wesener, Einstandsrecht, S. 540 f. m i t weiteren Nachweisen. Er hält sie m i t v. Brünneck f ü r eine private Übersetzung einer Novelle des byzantinischen Kaisers Romanus Lacapenus. 133 Vgl. Walch, Näherrecht, S. 2 9 - 3 1 ; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 266; Gierke, Privatrecht I I , S. 767; Stobbe, Privatrecht, S. 122, Fn. 13; Beseler, System, S. 401, Fn. 8; Wesener, Einstandsrecht, S. 540 f. 134 Z . B . : Beseler, System, S. 403; Heusler, Institutionen, S. 62 f.; Hübner, Grundzüge, S. 3891; Gierke, Privatrecht I I , S. 769-772; Walch, Näherrecht, S. 235 -238; jeweils m i t zahlreichen weiteren Nachweisen; Gerber / Cosack, System, S. 3 1 0 1 (gegen Gerber i n Vorauflage, vgl. a.a.O., Fn. 3); Förster ! Eccius, Pr. Priv. R., S. 438. Über weitere Auffassungen vgl. unten. 135 Z. B. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 286, der sich jedoch i n erster L i n i e m i t der Retraktsklage befaßt u n d dingliche Elemente des Rechts nicht leugnet; Mittermaier, Grundsätze, S. 411. 136 Vgl. Hübner, Grundzüge, S. 389 f.; Gierke, Privatrecht I I , S. 770. 137 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 769 f. 131
I I . Streit u m die Rechtsnatur
39
zwischen dem Berechtigten — dem Nähergelter — und dem fraglichen Gegenstand bestand 138 . So wie die Erben i n früheren Zeiten i m „Wartrecht" bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein echtes Anwartschaftsrecht am Grundvermögen hatten (das seinerseits wahrscheinlich wieder die Abschwächung eines noch älteren Gesamteigentums war) 1 3 9 , so hatten sie jetzt schon zu seinen Lebzeiten ein durch Veräußerung bedingtes Erwerbsrecht am Grundvermögen. Und so wie das Wartrecht ein dingliches Recht am Grundstück war, eben eine Anwartschaft, so war auch seine abgeschwächte Form, das Näherrecht, ein dingliches Recht, das gegen jedermann wirkte. Davon zu unterscheiden war freilich die Natur des Anspruchs, den der Berechtigte i m Retraktsfalle gegen den Erwerber hatte. Es kann heute kaum bezweifelt werden, daß es sich hierbei um einen obligatorischen Anspruch auf Übereignung handelte 1 4 0 . Darin unterschied sich z. B. gerade der Retraktsanspruch vom lehnsrechtlichen Heimfallanspruch 141 . Dennoch gab es Deutungsversuche, nach denen der Berechtigte durch die Veräußerung der belasteten Sache an einen Dritten bereits Eigentümer geworden sein und folglich gegen den Erwerber m i t der Vindikationsklage vorgehen können sollte 1 4 2 . Diese Ansicht ging sicherlich zu weit und verkannte, daß die Besonderheit des Näherrechts gerade i n der Verdinglichung eines Schuldverhältnisses lag 1 4 3 . Die Auffassung, der oder die Näherberechtigten hätten bereits vor E i n t r i t t der Bedingung ein dingliches Recht an den betroffenen Grundstücken, wurde heftig bekämpft. Stobbe 1 4 4 hielt die Vorstellung, daß z. B. bei der Marklosung jedes Mitglied der Gemeinde ein dingliches Recht an allen Grundstücken des Gemeindebezirks habe, für so widersinnig, daß sich daraus die Unhaltbarkeit dieser Theorie ohne weiteres 138
Vgl. z. B. Beseler, System, S. 403; Hübner, Grundzüge, S. 390. Oben C I I 1. 140 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 772; Beseler, System, S. 403. 141 Gierke, Privatrecht I I , S. 772, Fn. 24. 142 Heusler, Institutionen, S. 62 f.; anscheinend auch Thudichum, Privatrecht, S. 89. 143 V o n dieser Ansicht Heuslers ausgehend kann man auch i m heutigen Sinn von einer echten Anwartschaft sprechen. Anders bei Gierke: auch er zählt freilich das Näherrecht zu den „anwartschaftlichen Sachenrechten" (Privatrecht I I , S. 771). Doch versteht man heute unter Anwartschaft eine V o r f o r m des eigentlichen Rechts (vgl. Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 11 u n d 14), was nicht zutrifft, wenn man — m i t Gierke — annimmt, daß das Näherrecht n u r einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung i m Retraktsfalle gibt. Vgl. auch unten Teil 2, C V. 144 Privatrecht, S. 131, Fn. 10. 139
4 0 T e i l
1: Geschichte
D. Gemeines
echt u n d Partikularrechte
ergebe; ein gefühlsmäßiges Argument, das von anderen 145 mit Recht zurückgewiesen worden ist. Statt dessen sprach er — i m Anschluß insbesondere an Laband 146 — dem Berechtigten die Befugnis zu, sich im Retraktsfall das Eigentum an dem Grundstück einseitig anzueignen, analog dem Eigentumserwerb an einer res nullius durch Okkupation, jedoch gegen Erfüllung der Verpflichtungen des ersten Käufers. Gewöhnlich erkannten die Gegner der dinglichen Auffassung das Recht des Retrahenten — insoweit richtig — als obligatorischen A n spruch auf Übereignung gegen Übernahme der Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrag. Nur leugneten oder übersahen sie häufig das zugrunde liegende Rechtsverhältnis 147 . I h r Interesse galt dem Anspruch des Retrahenten nach E i n t r i t t des Retraktsfalles 148 . Die römisch-rechtliche Figur, die ihnen bei der Systematisierung dieses Anspruchs zu Hilfe kam, war die „actio i n rem scripta" 1 4 9 . Sie bezeichnete nach gemeinrechtlicher Differenzierung einen obligatorischen Anspruch, bei dem der Schuldner durch den Besitz einer Sache bestimmt wurde 1 5 0 . Einer solchen Einordnung ist wenig entgegenzuhalten, soweit sie den aktuellen Retrakts-Anspruch betrifft 1 5 1 . N u r darf darüber nicht das zugrunde liegende Retrakts-Verhältnis übersehen und nicht verkannt werden, daß sich auch hinter der vom gemeinen Recht solcherart weit gefaßten „actio i n rem scripta" ein dingliches Element verbirgt. 145 Z . B . von Heusler, Institutionen, S. 62 f., Gerber / Cosack, System, S. 310, Fn. 3, u n d Gierke, Privatrecht I I , S. 771, Fn. 21, der auch auf das dingliche Nutzungsrecht an der Allmende hinweist. Freilich leugnet Stobbe konsequenterweise auch die ursprüngliche Gesamtberechtigung (Privatrecht, S. 108 f., insbes. Fn. 5). 146 Stobbe, Privatrecht, S. 131; Laband, Retract, S. 188 f. Vgl. hierzu auch Gierke, Privatrecht I I , S. 770, Fn. 19. 147 Vgl. z. B. die Nachweise bezüglich der älteren L i t e r a t u r bei Walch, Näherrecht, S. 233 - 235. Walch selbst t r a t f ü r die Dinglichkeit ein — damals noch eine Mindermeinung —, freilich m i t nicht recht überzeugenden G r ü n den. Insbesondere befaßt auch er sich anscheinend n u r m i t der Rechtsnatur der RetraktsJclage, deren dingliche N a t u r n u n allerdings schwer zu beweisen ist. 148 Bei späteren Autoren wurde freilich die doppelte Rechtsnatur meist erkannt u n d bei näherem Hinsehen ging der Streit meist n u r darum, ob die Retraktsfclage trotz des dinglichen Grundverhältnisses obligatorisch w a r (so z.B. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 286; Mittermaier, Grundsätze, S. 471) oder ob die Dinglichkeit des Grundverhältnisses auf die Klage — trotz ihrer an sich obligatorischen N a t u r — abfärbte (so z. B. Beseler, System, S. 403). 149 So vor allem die älteren Autoren. Vgl. z. B. Mittermaier, Grundsätze, S. 471; Eichhorn, Einleitung, S. 297 u n d die Nachweise bei Stobbe, P r i v a t recht, S. 131, Fn. 11, bei Walch, Näherrecht, S. 233 - 237 (selbst a. A.), u n d bei Gierke, Privatrecht I I , S. 770, Fn. 17 u n d 18 (selbst a. A.); Heimbach, V o r kaufsrecht, S. 286, spricht n u r noch von Analogie zur actio i n rem scripta. 150 Vgl. Stobbe, Privatrecht, S. 131, Fn. 11. 151 Vgl. auch Beseler, System, S. 403.
I I I . Näherrecht u n d Vorkaufsrecht
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I I I . Näherrecht und Vorkaufsrecht Das rezipierte römische Vorkaufsrecht (jus protimiseos) 152 gab es natürlich ebenfalls noch. Es war i n seiner Ausgestaltung weitgehend gleichgeblieben. Das gemeine Recht hatte sich vom numerus clausus der klagbaren Ansprüche gelöst 1 5 3 . Damit war das Vorkaufsrecht von der römischen Fessel des pactum adiectum befreit, und einer freien Vereinbarung hätte an sich nichts mehr i m Wege gestanden. Dennoch scheint es i m Rechtsverkehr eher ein Schattendasein geführt zu haben. Der Grund leuchtet ein: regelmäßig erfüllte der stärkere und populärere deutschrechtliche Retrakt dieselben Aufgaben besser als das römische Vorkaufsrecht. Näherrechte waren so verbreitet, daß neben dem Lehensretrakt später auch die Erblosung von einigen Autoren für gemeinrechtlich gehalten wurde, was bedeutete, daß ihr Bestehen zu vermuten w a r 1 5 4 . Freilich konnten dem Vorkaufsrecht auch bewegliche Sachen unterliegen, den Näherrechten regelmäßig nur Grundstücke 156 . Doch wie heute Vorkaufsrechte an beweglichen Gegenständen vergleichsweise selten sind, so waren sie es erst recht früher, als Grundbesitz gegenüber Fahrnisbesitz eine ungleich wichtigere Rolle spielte. Übrigens kam es vor, daß kraft Gesetzes Näherrechte auch an beweglichen Gegenständen begründet wurden 1 5 6 . Der bescheidenen praktischen Bedeutung des römischen Vorkaufsrechts entsprach nicht die Stellung, die die — überwiegend romanistische — Rechtswissenschaft i h m einräumte. Zwar befaßte sie sich weniger m i t dem Vorkaufsrecht selbst; doch maß sie an i h m das deutschrechtliche Näherrecht und bemühte sich, letzteres als etwas anderes darzustellen, vornehmlich indem sie die Eigenschaften des Vorkaufsrechts beim Näherrecht leugnete. Verstand man unter einem Vorkaufsrecht das Recht, von dem Verpflichteten verlangen zu können, daß er dann, wenn er eine bestimmte Sache veräußern wollte, sie vor allen anderen an den Berechtigten veräußerte, sofern dieser i n die von einem Dritten gebotenen Bedingun152
Oben B I I I . Z u r gemeinrechtlichen Ausgestaltung eingehend Jaeger, Vorkaufsrecht. 153 Windscheid / K i p p , Pandektenrecht, S. 278 - 280. 154 So z.B. Walch, Näherrecht, S. 361 -363, m i t Nachweisen; Renaud, N ä herrecht, S. 247 f.; dagegen z.B. Glück, Pandecten, S. 180 f. m i t weiteren Nachweisen; Gierke, Privatrecht I I , S. 768; Beseler, System, S. 405; eingehend Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 267 - 269. 155 Vgl. f ü r alle Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 276 f. 158 Näheres bei Walch, Näherrecht, S. 181-184; Gerber / Cosack, System, S. 314, Fn. 2; Stobbe, Privatrecht, S. 124. Vgl. auch Holzschuher, Civilrecht, S. 840, Fn., u n d Gierke, Privatrecht I I , S. 766.
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1: Geschichte
D. Gemeines
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gen eintrat 1 5 7 , so mußte man den Retrakt als etwas wesensmäßig anderes definieren. Wenn das Vorkaufsrecht die Beziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Veräußerer regelte, dann konnte der Retrakt nur das Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem D r i t ten, dem Erwerber der Sache, regeln. Zwar waren die Näherrechte historisch daraus hervorgegangen, daß der Berechtigte eine Sache vom Dritten zurückholen konnte, weil sie i h m nicht zuvor, wie das Recht es vorschrieb, zum K a u f angeboten worden w a r 1 5 8 . Weil er berechtigt war, die Sache vor dem Dritten zu erwerben, w e i l er ihr „näher" war, darum durfte der Berechtigte auch gegen den Dritten vorgehen, wenn sein Recht verletzt worden war. Das Näherrecht war ein verdinglichtes Vorrecht zum Erwerb der Sache, ein verdinglichtes Vorkaufsrecht 1 5 9 i m hier verwandten weiteren Sinne 1 6 0 . Natürlich richtete es sich i n erster Linie gegen den ursprünglichen Eigentümer, den Veräußerer der Sache. Dieses — als „Vorkaufsrecht" umschriebene — Element des Näherrechts wurde jetzt aber eliminiert. Was ursprünglich nur die Dinglichkeit des Rechts ausmachte, wurde von vielen verselbständigt. Näherrecht oder Retrakt war jetzt nur noch das Recht, die Sache nach Veräußerung an einen Dritten von diesem herauszuverlangen 161 . Und da der Dritte nicht herausgeben konnte, was er nicht hatte, folgerte man, daß der Retrakt erst ausgeübt werden könne nach Erfüllung des Kaufvertrages m i t dem Dritten 1 6 2 . Nicht so dagegen beim Vorkaufsrecht, das sich ja gegen den Veräußerer richtete; hier mußte der Berechtigte sein Recht vor Erfüllung durchsetzen, anderenfalls blieb ihm 157 Vgl. z.B. Glück, Pandecten, S. 157; Stobbe, Privatrecht, S. 128: Der Berechtigte k a n n fordern, daß der Verpflichtete i h m das Gut „ z u m V o r k a u f anbiete"; Windscheid / Kipp, Pandektenrecht, S. 646; Holzschuher, Civilrecht, S. 839 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 276 (vgl. aber den Widerspruch zu S. 259); Walch, Näherrecht, S. 90; Renaud, Näherrecht, S. 242 f. 158 Beseler, System, S. 399 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 264, 283 f., 286; Gierke, Privatrecht I I , S. 773; Wesener, Einstandsrecht, S. 537; Eichhorn, Einleitung, S. 292. Auch Stobbe, Privatrecht, S. 129 u n d 135, gibt zu, daß dies der „ursprüngliche Grundgedanke des Instituts" sei. Vgl. audh oben C I I 1 . 150 Beseler, System, S. 395, 402; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 260, 265; Gierke, Privatrecht I I , S. 772. Kuhlenbeck, BGB, S. 613, nennt dies „ f ü r die romanistische Begriffseleganz ein Monstrum, ein gothisches Bauwerk". 160 Vgl. oben Fn. 9. 161 So z.B. Stobbe, Privatrecht, S. 128; Walch, Näherrecht, S. 88; Renaud, Näherrecht, S. 243, 267; Gerber / Cosack, System, S. 311; Mittermaier, Grundsätze, S. 470; Buchka, BGB, S. 217 (s. auch u. Fn. 167). Vgl. ferner Gierke, Privatrecht I I , S. 775 m i t weiteren Nachweisen. Gelegentlich w u r d e auch noch zwischen Näherrecht u n d dinglich w i r k e n d e m Vorkaufsrecht unterschieden, vgl. Gierke, ebd., S. 799, Fn. 10; Laband, Retract, S. 152. 162 Stobbe, Privatrecht, S. 131; Renaud, Näherrecht, S. 267; Gerber! Cosack, System, S. 310f. Dagegen z.B. Beseler, System, S. 402; Eichhorn, E i n leitung, S. 292.
I I I . Näherrecht u n d Vorkaufsrecht
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n u r e i n Schadensersatzanspruch w e g e n d e r V e r l e t z u n g des V o r k a u f s v e r t r a g e s 1 6 3 . E i n e w e i t e r e S c h l u ß f o l g e r u n g w a r , daß d i e A u s ü b u n g des Näherrechts vereitelt w e r d e n konnte durch Rückgängigmachung
des
V e r t r a g e s , w e i l er i n d e m F a l l n i c h t z u r E r f ü l l u n g k a m u n d das Recht gegen d e n D r i t t e n n i c h t g e l t e n d gemacht w e r d e n k o n n t e 1 6 4 . A n d e r s b e i m Vorkaufsrecht 165. F r e i l i c h gab es d e m g e g e n ü b e r z u j e d e r Z e i t eine G e g e n m e i n u n g , d i e d a r a n f e s t h i e l t , daß d e r R e t r a k t als das s t ä r k e r e Recht e i n V o r k a u f s recht i m m e r m i t u m f a s s e 1 6 6 . S i e ü b e r w o g z u l e t z t a n s c h e i n e n d 1 6 7 . D o c h f a n d d i e A u f f a s s u n g v o m N ä h e r r e c h t als i s o l i e r t e m d i n g l i c h e n Recht d e m D r i t t e n g e g e n ü b e r — n e b e n der A u f f a s s u n g v o m N ä h e r r e c h t als d i n g l i c h e m V o r k a u f s r e c h t — A u f n a h m e i n die Gesetzgebung deutscher G e b i e t e 1 6 8 u n d t r u g d a m i t z u d e r v e r w i r r e n d e n V i e l f a l t d e r gesetzlichen N ä h e r - u n d V o r k a u f s r e c h t e bei.
163 Holzschuher, Civilrecht, S. 840; Stobbe, Privatrecht, S. 128; vgl. auch Glück, Pandecten, S. 169. 164 Renaud, Näherrecht, S. 268; Walch, Näherrecht, S. 281 f. Vgl. auch Holzschuher, Civilrecht, S. 840 f. m i t Nachweisen. Dagegen z. B. Gierke, Privatrecht I I , S. 773, 775 m. N. Fn. 44; Glück, Pandecten, S. 197 f., m i t w e i teren insbesondere älteren Fundstellen Fn. 60 - 64. Differenzierend: Beseler, System, S. 402 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 295 f. 165 Glück, Pandecten, S. 196 f.; Holzschuher, Civilrecht, S. 840 f. 166 So sieht etwa Glück, Pandecten, S. 157 u n d insbes. S. 198 f., den U n t e r schied darin, daß der eigentliche Retrakt auch gegenüber dem D r i t t e n wirke, i m übrigen aber ein „anerkanntes stärkeres Recht" sei. Ä h n l i c h Beseler, System, S. 402; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 259, 276, 295 (mit weiteren Nachweisen Fn. 110, 111); Gierke, Privatrecht I I , S. 773; Eichhorn, Einleitung, S. 292; Kuhlenbeck, BGB, S. 614; anscheinend auch Crome, System I I I , S. 566 f. Nachweise auch bei Holzschuher, Civilrecht, S. 295. Stobbe, Privatrecht, S. 128, meint, Vorkaufs- u n d Näherrecht stünden regelmäßig (wenn auch nicht notwendig) miteinander i n Verbindung. Ä h n l i c h Gerber / Cosack, System, S. 311 („stillschweigende Vereinbarung"); jedoch w i r d wenigstens der historische Zusammenhang m i t dem Vorkaufsrecht zugegeben. 167 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 772 f. Das gilt jedoch n u r f ü r die A u t o ren der historischen deutschen Rechtsschule. Erläuterungswerke zum geltenden deutschen Recht (BGB) erklärten i n ihrer historischen Einleitung zum Vorkaufsrecht den Retrakt meist als das bloße Recht gegen den Erwerber. Ob sie damit den Retrakt nach den Partikulargesetzen oder den historischen Retrakt meinten, blieb häufig offen. (Eine Unterscheidung findet sich aber bei Gerber / Cosack, S. 311.) Gelegentlich meinte man, das gemeine Recht habe i n den Retrakt ein Vorkaufsrecht hineininterpretiert, während es i n W i r k l i c h k e i t umgekehrt war. Vgl. z. B. Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 118; Endemann, Bürg. R. I I , S. 692; Buchka, BGB, S. 217; Mot. I I I , S. 447. 168 Z . B . Wormser Reform, Anhang (Ausg. v. 1561), 161b; Lüneb. Ref. I I 4 § 1; Sponheimsches Landrecht c. 106 §§ 11, 12; K u r k ö l n . Landr. X V § 1; T r i e rer Landr. X X §§ 1, 3 (nach Stobbe, Privatrecht, S. 131 f., Fn. 12). Cod. Max. Bav. I V 5 § 1: „Das Einstands-Recht, K r a f t dessen der Käufer das erkaufte Gut auf die nämliche Weise, wie er es an sich gebracht hat, einem D r i t t e n überlassen muß . . . "
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IV. Bedeutungswandel des Angebots M i t der Verselbständigung des Retrakts änderte sich die Bedeutung des Angebots an den Berechtigten. Der ursprüngliche Inhalt des Näherrechts bestand i n der Pflicht, das Grundstück dem Berechtigten anzubieten 1 6 9 . Nahm dieser das Angebot nicht binnen einer kurzen Frist an, dann war der Verpflichtete frei zu veräußern. K a m ein größerer Kreis von Berechtigten i n Betracht, so trat an die Stelle des Angebots die öffentliche Bekanntmachung 1 7 0 . Nachdem das Näherrecht zum selbständigen Erwerbsrecht wurde, wandelte sich das Angebot zur bloßen Benachrichtigung, die die Ausübung des Rechts ermöglichen sollte 1 7 1 . Folglich bestand auch keine Pflicht des Berechtigten mehr, sich zu äußern. Er konnte sein Recht nur verlieren, wenn er verzichtete — wobei an den Verzicht hohe Anforderungen gestellt w u r d e n 1 7 2 — oder wenn er m i t der Ausübung nach allgemeinen Grundsätzen infolge Fristablaufs ausgeschlossen war (Verjährung) 1 7 3 . Dies war dann die alte deutschrechtliche Frist von Jahr und Tag 1 7 4 . Aus der Umwandlung des Angebots i n eine bloße Benachrichtigung läßt sich übrigens auch eine Erklärung dafür herleiten, daß die Ausübung des Näherrechts die gegenseitigen Verpflichtungen zur Übereignung und Kaufpreiszahlung bereits hervorbrachte 175 , während das 169 Beseler, System, S. 400, m i t Nachweisen Fn. 3; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 283, 286; Gierke, Privatrecht I I , S. 774; Renaud, Näherrecht, S. 242 f., 264; Wesener, Einstandsrecht, S. 537. Vgl. auch Fn. 158. 170 Beseler, System, S. 400, m i t Nachweisen Fn. 4; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 283. 171 Beseler, System, S. 401, 407; Heimbach y Vorkaufsrecht, S. 284; vgl. auch Gierke, Privatrecht I I , S. 774 - 776. 172 Vgl. i m einzelnen z.B. Glück, Pandecten, S. 191 f.; Holzschuher, C i v i l recht, S. 848 f.; Beseler, System, S. 407; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 310; Walch, Näherrecht, S. 250-260, 549 f.; Renaud, Näherrecht, S. 281 -283. Nach einigen Partikularrechten verlor der Retraktsberechtigte noch i m m e r sein Recht, wenn i h m das Grundstück zuvor angeboten worden w a r u n d er sich binnen angemessener Frist nicht geäußert hatte; vgl. Stobbe, Privatrecht, S. 140 m i t Nachweisen Fn. 51. Auch das w i r d dann aber als Verzicht gedeutet; Walch, Näherrecht, S. 250 - 257; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 310 f. 173 Glück, Pandecten, S. 190; Beseler, System, S. 407; Heimbach, V o r kaufsrecht, S. 284; Gierke, Privatrecht I I , S. 783; Walch, Näherrecht, S. 260280. 174 Glück, Pandecten, S. 190; Stobbe, Privatrecht, S. 139; Heusler, I n s t i tutionen, S. 64; Holzschuher, Civilrecht, S. 847; Beseler, System, S. 401, 407; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 284, 309; Gierke, Privatrecht I I , S. 783; Walch, Näherrecht, S. 260, 268; Renaud, Näherrecht, S. 280. Diese Frist von Jahr u n d Tag w a r nach altem Recht n u r dann von Bedeutung, w e n n das Gut dem Berechtigten widerrechtlich nicht zuvor angeboten worden w a r ; vgl. Beseler, System, S. 394 u. 400. N u n galt sie generell. Über die Bedeutung von „ J a h r u n d Tag" vgl. Walch, Näherrecht, S. 268 - 270. 175 Vgl. z. B. Glück, Pandecten, S. 172, 178 (ein Recht, die Sache „ a n sich zu bringen"), 181 ( „ t r i t t vermöge seines Rechts i n die Stelle des Käufers ein");
V. Rechtsgeschäftliche Näherrechte
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römische Vorkaufsrecht auch später nur einen Anspruch auf vorzugsweisen Vertragsabschluß gab 1 7 6 . Denn ursprünglich bedurfte es beim Retrakt nur einer Annahme des pflichtgemäßen Angebots; die Annahme, d. i. die Erklärung des Berechtigten, ließ dann die Verpflichtung entstehen. Unterblieb das Angebot, so gab man, nachdem der „ungehörige" Verkauf nicht mehr schlechthin nichtig war, dem Berechtigten die Möglichkeit, das pflichtwidrig unterlassene Angebot gleichwohl „anzunehmen", also durch einseitige Erklärung das Schuldverhältnis zum Entstehen zu bringen. Das blieb so, auch als aus dem Angebot eine bloße Mitteilung geworden war: Schon die Erklärung des Berechtigten ließ die gegenseitigen Verpflichtungen entstehen. Beim römisch-rechtlichen Vorkaufsrecht dagegen blieb die Verpflichtung auf ein vorzugsweises Angebot gerichtet; es entwickelte sich nicht weiter. V. Rechtsgeschäftliche Näherrechte Einen weiteren Streitpunkt bildeten die gewillkürten Näherrechte. Aus der Sicht des römischen Rechts konnten sie nicht zugelassen werden, w e i l sie sich nicht i n das System der beschränkten dinglichen Rechte einfügten 1 7 7 . Die Möglichkeit, dingliche Näherrechte allein durch Vertrag zu begründen, wurde mehr und mehr geleugnet. Man nahm an, solche gewillkürten Näherrechte könnten nur obligatorische Wirkung haben 1 7 8 , und behandelte sie teilweise analog dem schuldrechtlichen Veräußerungsverbot 179 . Die Grenze zwischen pactum protimiseos und gewillkürtem Näherrecht verwischte sich 180 , teils wurde beides miteinander gleichgesetzt 181 . Einige ältere Gesetze ließen freilich die vertragliche Begründung dinglich wirkender Näherrechte noch z u 1 8 2 ; neuere Gesetze führten sie wieder ein i m Zusammenhang m i t der NeueinHübner , Grundzüge, S. 390; Renaud, Näherrecht, S. 258; Gerber f Cosack, System, S. 310. 176 So auch Henrich , Vorvertrag, S. 16; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 570; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 117; Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 25; Binder , Rechtsstellung, S. 118 f., Fn. 107. 177 Heimbach , Vorkaufsrecht, S. 289; Gierke y Privatrecht I I , S. 770. 178 Glück , Pandecten, S. 167 - 169; Stobbe, Privatrecht, S. 130; Holzschuher, Civilrecht, S. 842; Beseler , System, S. 404; Heimbach , Vorkaufsrecht, S. 287, 290; Walch, Näherrecht, S. 303 f.; Mittermaier, Grundsätze, S. 471; Eichhorn, Einleitung, S. 293. Vgl. auch Hübner, Grundzüge, S. 393. 179 So anscheinend Glück, Pandecten, S. 168; vgl. auch Heimbach, V o r kaufsrecht, S. 287. 180 Vgl. Gierke , Privatrecht I I , S. 798. 181 So z.B. bei Glück, Pandecten, S. 156 f., 167 f.; Walch, Näherrecht, S. 303 f.; vgl. auch Förster / Ecoius, Pr. Priv.R., S. 429, u n d noch Mot. I I I , S. 447. 182 Hohenlohisches Landrecht I I I 5 § 4; W ü r t t . L R I I 16 § 12; Bd. L R 1701 aa, am; Cod. Max. Bav. I V 5 § 17. Nachweise bei Stobbe, Privatrecht, S. 130, Fn. 6; Beseler , System, S. 404, Fn. 18; Gierke, Privatrecht I I , S. 798, Fn. 4.
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richtung der Grund- und Hypothekenbücher 183 und der Wiederbelebung des Publizitätsprinzips 1 8 4 , indem sie neben dem Vertrag die Eintragung verlangten 1 8 5 . Es gab auch Versuche, das vertragliche dingliche Näherrecht gemeinrechtlich zu retten. Renaud 186 sah eine Analogie zum „Unterpfandrecht", bei dem gleichfalls u. U. der Eigentümer zugunsten eines dinglich Berechtigten auf sein Eigentum verzichten müsse. Nach dem Grundsatz der freien Verfügungsmacht des Eigentümers müsse es i h m erlaubt sein, ebenso durch Vertrag ein dinglich wirkendes Näherrecht zu begründen, da eine solche Belastung nicht ausdrücklich verboten sei. Die Auffassung ist jedoch vereinzelt geblieben 187 . Ähnliche Probleme gab es beim testamentarisch begründeten dinglich wirkenden Retrakt; doch hatte er mehr Befürworter 1 8 8 und hielt sich länger 1 8 9 . VI. Niedergang Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts begann sich allmählich die Stimmung gegen Retrakt und Näherrecht zu richten. Bei ihrer Entstehung waren die Retrakte Ausdruck und Instrument mannigfaltiger Bindungen genossenschaftlicher oder herrschaftsrechtlicher A r t gewesen. Diese Bindungen waren i m Volk verwurzelt gewesen; die Beschränkung des Verkehrs war eine natürliche und allgemein gebilligte Folge. Aber die Zeit war darüber hinweggegangen. Sippe und Großfamilie hatten ihre Bedeutung weitgehend eingebüßt, der Nachbarschaftsverband hatte sich gelockert, die Bedeutung des Adels und damit lehnsrechtlicher und lehnsähnlicher Verhältnisse sowie besonderer 183 Vgl. Stobbe, Privatrecht, S. 129 f.; Hübner, Grundzüge, S. 393; Beseler, System, S. 404; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 287. 184 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 798. 185 Z. B. Const. Sax. I I 32: „ . . . Derowegen ist auch der Käuffer nicht anzusprechen; aber, der Verkäuffer, welcher die Convention nicht gehalten, ist ad interesse obligiret; do aber das Gut vor die Nähergeltung gebührlich h y potheciret, i n diesen u n d dergleichen Fällen, kan der Käuffer angesprochen werden." (nach Stobbe, Privatrecht, S. 129, Fn. 5). Kursächs. Konstitution v. 1572 P I I c 32; Bayreuther Landesconstitution v. 1722 V § 10; (nach Beseler, System, S. 404, Fn. 19). Pr. A L R I 20 §§ 569 - 572; A B G B § 1073; Sächs. B G B § 1124. 186 Näherrecht, S. 259 - 261. 187 Vgl. Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 288 - 290. Gegen die schon früher versuchte Analogie zum Unterpfandrecht auch Walch, Näherrecht, S. 303 f. 188 So z. B. auch Glück, Pandecten, S. 169 - 172 (im Gegensatz zum vertraglichen Näherrecht); Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 290f., m i t weiteren Nachweisen Fn. 9 0 - 9 2 ; Walch, Näherrecht, S. 303, 497-506; Renaud, Näherrecht, S. 261 a. E. f.; Mittermaier, Grundsätze, S. 471. Dagegen Stobbe, Privatrecht, S. 130; Holzschuher, Civilrecht, S. 842. 189 Vgl. Gierke, Privatrecht I I , S. 798.
V I . Niedergang
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Herrschaftsverhältnisse schwand. Liberale und individualistische Ideen kamen auf; die „Bodenbefreiung" setzte ein 1 9 0 . Was zunächst blieb, waren die Näherrechte. I n ihrer partikularrechtlichen Ausgestaltung hatten sie sich zu einer bunten Vielfalt entwickelt; ihnen i m einzelnen nachzugehen, lohnt heute nicht mehr. So verschieden sie i n den einzelnen Landesteilen waren, so lückenhaft waren sie meist geregelt 1 9 1 . Sie waren zu sinnentleerten Gebilden geworden, die hunderterlei Regeln gehorchten und den Grundstücksverkehr i n hohem Maße verunsicherten: Konnte doch bei jeder Veräußerung von irgendwoher ein entfernter Erbe oder ein — vielleicht unbekannter — Verwandter auftauchen und dem Erwerber das Grundstück wieder abnehmen, mitunter noch nach langer Frist 1 9 2 . Und da die Rangverhältnisse der verschiedenen Näherrechte oder auch nur der verschiedenen Berechtigten innerhalb ein und derselben A r t des Näherrechts — z. B. der Erblosung — alles andere als geklärt waren 1 9 3 , bildeten diese Näherrechte immer neuen Anlaß für Familienstreit und waren Tummelplätze juristischer Spitzfindigkeiten 1 9 4 . Je mehr man das Vorhandensein der so sinnlos wie kompliziert gewordenen Retraktrechte als unerträgliche Last für den freien Grundstücksverkehr und die Erfordernisse moderner Wirtschaft empfand, desto stärker wurde der Ruf nach ihrer Beseitigung, für den ein besonders lebhaftes Beispiel die mitreißende Polemik von Runde i n seinem „Schreiben an den Geh. Justizrath Walch" bildet 1 9 5 und dem nach und nach die Gesetzgeber folgten. So erklärt eine schleswig-holsteinische Verordnung von 1794, der Retrakt sei „eine i m Ganzen gemeinschädliche, mit mehrerem Nachteil als Nutzen für den Staat verbundene, Einrichtung, die das Wohlgefallen des Eigenthümers an dem Seinigen schwächet, den Untersuchungsgeist ebensooft niederschlägt als ermuntert, die Gewinnsucht unterhält, und unter Blutsfreunden, Nach190 Hierzu eingehend Hedemann, Fortschritte, S. 35 - 47 (insbes. 39 - 42). Vgl. auch Hübner, Grundzüge, S. 388. 191 Heusler, Institutionen, S. 63, 64 a. E.; Runde, Patriotische Phantasien, S. 20. Vgl. auch Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 279. 192 Vgl. Runde, Patriotische Phantasien, S. 23 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 275. 193 Vgl. Beseler, System, S. 396 f., 408; Heusler, Institutionen, S. 63; Hübner, Grundzüge, S. 390 f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 278-281, 312 f.; Gierke, Privatrecht I I , S. 781 f.; Walch, Näherrecht, S. 507-540; Eichhorn, Einleitung, S. 303 f. 194 Runde, Patriotische Phantasien, S. 20 f. Wegen häufiger Mißbräuche mußte der Berechtigte z. T. schwören, nicht i m fremden Interesse zu handeln, z. T. durfte er das Grundstück binnen einer bestimmten Frist nicht weit er veräußern; vgl. Stobbe, Privatrecht, S. 138, u n d Runde, ebd., S. 21 f. 195 Runde, Patriotische Phantasien, S. 17 - 28. Hierzu ferner Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 271 f.; Gierke, Privatrecht I I , S. 768.
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D. Gemeines
echt und Partikularrechte
barn und Mitbürgern häufige Zwistigkeiten und verderbliche Prozesse nach sich zieht" 1 9 6 . Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren fast überall i n Deutschland Gesetze erlassen, die die Retraktrechte ganz oder teilweise abschafften 1 9 7 , z. B. i n Preußen ein Edikt von 1807 (Erblosung) und ein Gesetz von 1850 (alle übrigen Näherrechte außer aus gemeinschaftlichem Eigentum und aus Enteignung), i n Österreich verschiedene Gesetze von 1781 bis 1787. Trotz einiger Versuche zur Ehrenrettung der Näherrechte 198 konnte Stobbe 1875 feststellen 199 : „Heut zu Tage hat er (der Retrakt) nur noch vereinzelte Geltung und w i r d er fortwährend immer mehr aus dem Rechtsleben verdrängt." Erst die neue Gebundenheit des Eigentums i m Interesse der Allgemeinheit, die nach einer Periode des Ideals unbeschränkter Eigentümerfreiheit an die Stelle der alten Bindungen trat, erweckte den Retrakt — i n der Gestalt des gesetzlichen Vorkaufsrechts — zu neuem Leben.
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Nach Renaud, Näherrecht, S. 249. Nachweise bei Beseler, System, S. 401, Fn. 9; Hübner, Grundzüge, S. 388f.; Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 269, 270 f.; Gierke, Privatrecht I I , S. 769, Fn. 13; Stobbe, Privatrecht, S. 125, Fn. 31; Renaud, Näherrecht, S. 248 251; Hedemann, Fortschritte, S. 40 f. Vgl. für Österreich Wesener, Einstandsrecht, S. 549 f. — Die letzten landesrechtlichen Retraktrechte w u r d e n bei uns erst durch das Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse von 1938 aufgehoben (RGBl. I, 825). 198 Insbesondere von Renaud, Näherrecht, S. 253 - 256. Weitere Nachweise bei Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 272. 199 Privatrecht, S. 125. 197
E. Zum Bürgerlichen Gesetzbuch I. Ausgangspunkt Die Geschichte des Vorkaufsrechts war seit der Rezeption gekennzeichnet durch das Nebeneinander zweier ähnlicher Rechtsinstitute. Beide waren dazu angelegt, i m wesentlichen denselben Interessen zu dienen. Daß sie beide existierten, war kein Ergebnis rechtlicher oder wirtschaftlicher Bedürfnisse, sondern zufällige Folge historischer Ereignisse. Das römische, gemeinrechtliche Vorkaufsrecht, das „jus protimiseos", hatte nur schuldrechtliche Wirkungen, und es gab nur einen Anspruch auf vorrangigen Abschluß eines Kaufvertrages, also auf ein Vertragsangebot 200 . Das deutschrechtliche Vorkaufsrecht, der Retrakt, das Näherrecht in seinen mannigfaltigen Ausgestaltungen, unterschied sich hiervon i n erster Linie durch seine dingliche Wirkung. Der zweite wesentliche Unterschied war der, daß durch die Ausübung des Rechts ein den Regeln des Kaufs unterliegendes Rechtsverhältnis bereits zustande kam, so als ob ein Kaufangebot angenommen würde. Es bedurfte also nur einer Erklärung des Berechtigten; beim gemeinrechtlichen Vorkaufsrecht war dagegen ein Angebot des Verpflichteten (auf das der Berechtigte einen Anspruch hatte) und die Annahme durch den Berechtigten erforderlich, u m einen Kaufvertrag zustande zu bringen. Beide Formen kamen auf gesetzlicher und vertraglicher Grundlage vor. Auch als von manchen Autoren das Näherrecht um das i h m innewohnende Vorkaufsrecht kupiert worden war, das gemeinrechtliche Vorkaufsrecht das nur obligatorisch gegen den Verpflichteten w i r kende, meist gewillkürte, das Näherrecht das meist nur dinglich gegen den Dritten wirkende, gewöhnlich gesetzliche, Recht sein sollte, blieb diese Duplizität dem Grunde nach unberührt, lediglich der Anwendungsbereich wurde verschoben. Außerdem war diese Ansicht niemals unangefochten und ging zu Ende des 19. Jahrhunderts anscheinend zurück. Sie war auch aus den überlieferten Rechtsgrundsätzen kaum herzuleiten. 200
Oben, Fn. 176.
4 Schurig
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Teil 1: Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
Die Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts machten ein Ende mit der Zweigleisigkeit. I I . Kodifikationen 1. Bayern
Das gilt freilich noch nicht für den Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis — das Bayrische Landrecht von 1756 —, der das gemeine Hecht subsidiär weiter bestehen ließ 2 0 1 . Dieses Gesetz beschränkte sich weitgehend darauf, den bisherigen Rechtszustand darzustellen, wie auch sein S t i l eher ein berichtender als ein bestimmender ist. Das 5. Kapitel des 4. Teils handelt „Von dem Einstände (retractu) sowohl überhaupt als insonderheit bey dem Kaufe"; es folgt dem Kapitel „Von allerhand besonderen Käufen", i n dem u. a. auch das Wiederkaufsrecht geregelt ist 2 0 2 . Zunächst wurden Einzelfragen des Retrakts behandelt 2 0 3 , der als dingliches Recht gegen den Erwerber aufgefaßt wurde 2 0 4 . § 17 ließ die rechtsgeschäftliche Bestellung eines dinglichen Näherrechts zu 2 0 5 . Daneben regelte § 18 das gemeinrechtliche Vorkaufsrecht, das jus protimiseos: „ M i t dem Jure Retractus w i r d zwar auch öfters l m o Jus Protimiseos, 2do das Widerrufungs-Recht i n verbothenen Veräußerungen, 3tio Jus Reluitionis vel Retrovenditionis, u n d endlich 4to Jus Delendi vermischt. Es differ i r t aber ad l m u m Jus Protimiseos oder das Vorkaufs-Recht von dem Jure Retractus darin, daß das letztere allezeit einen bereits geschehenen K a u f voraussetzt; jenes hingegen zielt n u r auf die Verhinderung eines bevorstehenden Kaufes, oder anderer Veräußerung, u n d w e n n solche dessen ungeachtet geschehen ist, so t h u t es die nämliche W i r k u n g wie das Einstands-Recht, k o m m t auch übrigens allen jenen zu Guten, welche sich dessen entweder ex Pacto oder Lege speciali zu erfreuen haben, w i e z. E. M
Die Bestimmung ist ein plastisches Beispiel für die aus dem Nebeneinander sich ergebende Verwirrung. Sie geht aus von der erwähnten Scheinabgrenzung: Retrakt = Recht gegen Erwerber, Vorkaufsrecht 201
Cod. Max. Bav. I 2 § 9. I V 4 § 15. 203 i v 5 §§ 1 - 16. Viele dieser Bestimmungen w u r d e n hinfällig, als 1861 i n Bayern die meisten Näherrechte aufgehoben wurden. 204 i v 5 § 1, oben Fn. 168. Dazu Kreittmayr, Anmerkungen, S. 247. 202
205 I V 5 § 17: „ W i r d das Einstands-Recht n u r durch besonderes Geding oder letzten W i l l e n eingeräumt, so . . . Ist aber 3tio der Modus retrahendi hierunter nicht allenthalben reguliert, so w i r d es, w i e m i t Retractu Consanguinitatis, hierin gehalten, so w e i t sich solcher auf gegenwärtigen Einstand nach seiner besonderen A r t schicklich appliciren läßt. 4to W e i l dergleichen Pacten u n d Dispositionen die Sache selbst afficiren, so kann hieraus auch ein d r i t ter Inhaber belangt werden. 5to . . . " Dazu Kreittmayr, Anmerkungen, S. 275 - 278.
I I . Kodifikationen
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= Recht gegen Veräußerer. M i t „Verhinderung des bevorstehenden Kaufes" dürfte das Recht auf vorzugsweisen Kauf gemeint sein; verhindert werden soll die Veräußerung, die Erfüllung des Kaufvertrages mit dem Dritten. Und nach Erfüllung des Vertrages m i t dem Dritten soll das jus protimiseos plötzlich die (dingliche?) Wirkung des Näherrechts bekommen, das i m übrigen nach § 17 ohnehin schon selbständig bestellt werden kann 2 0 6 . 2. Preußen
Schon das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 war dagegen konsequent. Es ersetzte Näherrecht und jus protimiseos durch das einheitliche Institut des „Vorkaufsrechts", das als persönliches und als dingliches (nur bei Immobilien) vorgesehen w a r 2 0 7 . Systematisch siedelte es das Vorkaufsrecht, auch das persönliche, bei den dinglichen Belastungen an 2 0 8 . Beim Kaufrecht brachte es lediglich eine Verweisung 2 0 9 , desgleichen neben einigen Sonderbestimmungen beim „Näherrechte auf Familiengüter" 2 1 0 . Diese Technik wurde von der ersten BGBKommission später kritisiert 2 1 1 , sie verdeutlicht aber den historischen Zusammenhang. Das A L R definiert zurückhaltend. I 20 § 568: „Das Vorkaufsrecht ist die Befugniss, eine von dem Eigenthümer an einen D r i t t e n verkaufte Sache, unter den Bedingungen des geschlossenen Kaufs, oder unter gewissen i m voraus bestimmten Bedingungen, käuflich zu übernehmen."
Das Vorkaufsrecht setzt somit einen geschlossenen Kaufvertrag m i t dem Dritten voraus 2 1 2 . Es richtet sich i n erster Linie gegen den Veräußerer, den Verpflichteten 2 1 8 . Bei einem dinglichen Vorkaufsrecht — das durch Eintragung eines persönlichen Vorkaufsrechts i n das Hypo206
Auch bei Kreittmayr, Anmerkungen, S. 278, findet man keine Klärung. A L R I 20 §§ 568 - 657 ( = 3. Abschnitt). Unrichtig daher Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 280: Das A L R behandelt nicht „beide Institute i m gleichen Titel", sondern ersetzt sie durch ein neues. U n k l a r auch Koch, A L R , S. 823. Zutreffend dagegen Fischer, Pr. Priv. R., S. 288; Förster l Eccius, Pr. Priv. R., S. 429. 208 1. Teil, 20. T i t e l : „ V o n dem Rechte auf die Substanz einer fremden Sache." 209 I 11 § 295. Dagegen ist das Wiederkaufsrecht hier geregelt: §§ 296-332. 210 I I 4 §§ 227 - 250. Die Errichtung künftiger Familiennäherrechte w i r d v e r boten (§§ 227, 228). F ü r bestehende w i r d i m wesentlichen auf I 20 Abschn. 3 verwiesen (§ 250). 211 Mot. I I , S. 344 f. 212 Dernburg, Pr. Priv. R., S. 974, 976; Fischer, Pr. Priv. R., S. 289; Förster! Eccius, Pr. Priv. R., S. 429, 432. 213 v g l . Fischer, Pr. Priv. R., S. 289; Förster! Eccius, Pr. Priv. R., S. 429; Mot. I I , S. 345, Fn. 4. 207
4*
T e i l 1: Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
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thekenbuch entsteht 2 1 4 — kann der Berechtigte die dem Käufer bereits übergebene ( = aufgelassene) 215 Sache auch von dem Erwerber herausfordern 2 1 6 . Das gilt i n beschränktem Maße auch beim persönlichen Vorkaufsrecht, dann nämlich, wenn der Erwerber bösgläubig w a r 2 1 7 ; eine Folge der (vom BGB nicht aufgegriffenen) preußischen Konzeption des „jus ad r e m " 2 1 8 . Die preußische Regelung des Vorkaufsrechts ist stark am deutschrechtlichen Näherrecht — i n seiner ursprünglichen, nicht von der gemeinrechtlichen Lehre verstümmelten Form — ausgerichtet 210 . Es hat von i h m die dinglichen Elemente übernommen, lediglich eine Eintragung i m Hypothekenbuch wurde neu vorausgesetzt. Bei Grundstücken galt das Vorkaufsrecht i m Zweifel als dinglich gewollt 2 2 0 ; ursprünglich war nicht einmal eine besondere Eintragungsbewilligung des Eigentümers erforderlich 2 2 1 . Auch beim „persönlichen" Vorkaufsrecht war die dingliche Wirkung i m Grunde nur abgeschwächt (Gutglaubensschutz). Weiter war vom Näherrecht übernommen, daß die Erklärung des Berechtigten bereits das Kauf-Rechtsverhältnis hervorbrachte 222 . Es bestand also nicht nur, wie beim gemeinrechtlichen Vorkaufsrecht, ein Anspruch auf vorzugsweises Angebot 2 2 3 . 214
I 20 § 570. Vgl. Förster / Eccius, Pr. Priv. R., S. 437, Fn. 58. sie x 20 § 631: „ W e r ein gesetzliches oder dingliches Vorkaufsrecht hat, ist befugt, die ohne gehörige Bekanntmachung, oder vor A b l a u f der gesetzmäßigen Frist, einem anderen Käufer übergebene Sache von demselben gerichtlich zurückzufordern." 215
217 I 20 § 630: „ K a n n der Käufer überführt werden, vor erhaltener Übergabe gewußt zu haben, daß einem A n d e r n ein persönliches Vorkaufsrecht zustehe: so kann er, zum Nachtheile desselben, die erfolgte Übergabe nicht vorschützen." 218 Vgl. zum „ j u s ad rem" Dernburg, Pr. Priv. R., S. 450 - 453. 219 Dernburg, Pr. Priv. R „ S. 971; Mot. I I , S. 344. 220 Förster / Eccius, Pr. Priv. R., S. 432. 221 I 20 § 571. Vgl. Dernburg, Pr. Priv. R., S. 973; Koch, A L R , S. 824. 222 Förster / Eccius, Pr. Priv. R., S. 436: „Die E r k l ä r u n g des Berechtigten, den Vorkauf ausüben zu wollen, verpflichtet den Belasteten dem Vorkaufsberechtigten gegenüber zur E r f ü l l u n g des Kaufvertrags, als ob dieser i h m als Käufer gegenüberstände." Unrichtig Koch, A L R , S. 823: Das Vorkaufsrecht unterscheide sich v o m Retrakt dadurch, „daß das Vorkaufsrecht dem Berechtigten n u r die Befugnisse giebt, den Eigentümer, welcher veräußern w i l l , zu nöthigen, m i t i h m zu kontrahieren", wogegen der Retrakt n u r das Recht gegen den Dritterwerber, „ein der V i n d i k a t i o n ähnliches Recht", sei (ebenso S. 826). Diese Unterscheidung, von Koch aus seinem „Recht der Forderung" entnommen, gilt f ü r das preußische Recht nicht. Der erste T e i l kennzeichnet das gemeinrechtliche Vorkaufsrecht, nicht das preußische; w e gen des zweiten Teils vgl. oben D I I . 223 Allerdings erloschen nach A L R I 20 §§ 623, 624 m i t der Ausübung die Rechte des Käufers, was auch f ü r ein echtes Eintrittsrecht des Berechtigten sprechen könnte; vgl. hierzu Förster / Eccius, Pr. Priv. R., S. 436 f.
I I . Kodifikationen
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3. Österreich
Das österreichische ABGB von 1811 schlug einen anderen Weg ein. Seine §§ 1072 - 1079, die das Vorkaufsrecht behandeln, sind stark an das gemeine Recht angelehnt. § 1072: „ W e r eine Sache m i t der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen w i l l , i h m die Einlösung anbieten soll, der hat das Vorkaufsrecht."
Alle Elemente des römisch-rechtlichen Vorkaufsrechts sind übernommen. I m Vordergrund steht das obligatorische Recht; es hat zum Inhalt, daß der Verpflichtete „die Einlösung anbieten" soll. Sogar die Eigenschaft des jus protimiseos als „pactum adiectum" ist mit übernommen worden, obwohl dies nach gemeinrechtlicher Auffassung gar nicht mehr erforderlich war: Das Vorkaufsrecht ist als Neben vertrag zum Kauf geregelt. Eine „dingliche" Version des Vorkaufsrechts gibt es freilich auch nach dem ABGB. § 1073: „Das Vorkaufsrecht ist i n der Regel ein persönliches Recht. I n Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch Eintragung i n die öffentlichen Bücher i n ein dingliches verwandelt werden."
Damit weiß man aber so recht nichts anzufangen. So hatte und die „Verdinglichung" lediglich zur Folge, daß das Grundbuch für Eintragung eines Neuerwerbers so lange gesperrt wird, bis das löschen des Vorkaufsrechts nachgewiesen i s t 2 2 4 ; das dingliche kaufsrecht w i r k t als Veräußerungsverbot 225 . Von der dinglichen kung der Näherrechte ist dies weit entfernt.
hat die ErVorWir-
Die römisch-rechtlichen Eigenschaften des Vorkaufsrechts erwiesen sich bald als unzweckmäßig. Das jus protimiseos war ja auch — wegen des Übergewichts der Näherrechte — kaum weiterentwickelt worden. Als erstes erklärte die Rechtsprechung die Verbindung mit einem (Haupt-)Kaufvertrag für unnötig und ließ — wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit — selbständig vereinbarte Vorkaufsrechte zu 22 *. Ferner ist der Anspruch auf ein Angebot des Verpflichteten eine zu schwerfällige Konstruktion. Die herrschende Meinung nimmt heute in Österreich — i n Anlehnung an das ganz anders geartete deutsche Recht — an, das Kaufrechtsverhältnis komme bereits mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zustande 227 . 224 Schey, A B G B , § 1073, A n m . 1; Faistenberg er, Vorkaufsrecht, S. 223-228 (kritisch); Feil, Grundbuchsrecht, S. 186 f. 225 Faistenberger, Vorkaufsrecht, S. 223. 226 Näher Faistenberg er, Vorkaufsrecht, S. 15 f. m i t Nachweisen; Feil, Grundbuchsrecht, S. 182. 227 Vgl. Faistenberger, Vorkaufsrecht, S. 168 - 173 m i t Nachweisen u n d einer Auseinandersetzung m i t den i n Österreich vertretenen Theorien. Die
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T e i l 1: Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch 4. Französische Rechtsgebiete
Das französische Recht, das i n einigen deutschen Gebieten galt 2 2 8 , hatte sämtliche Näherrechte bereits zur Zeit der Revolution abgeschafft 229 . I m Code civil von 1804/1807 gibt es nur ein gesetzliches, dinglich wirkendes Vorkaufsrecht der Miterben (Art. 841), über dessen Eigenschaft als Retrakt heftig gestritten wurde 2 3 0 . Sonst regelt der Code civil das Vorkaufsrecht überhaupt nicht. Man ließ jedoch die rechtsgeschäftliche Begründung eines gemeinrechtlichen Vorkaufsrechts (jus protimiseos) mit rein schuldrechtlicher Wirkung zu 2 3 1 . 5. Sachsen
Das sächsische BGB von 1863 ging einen Mittelweg. Es regelte das Vorkaufsrecht als besonderen Fall des Kauf rechts 232 . Grundform ist das persönliche Vorkaufsrecht, dessen Ausübung einen Kaufvertrag mit einem Dritten voraussetzt 233 . Doch kann das Vorkaufsrecht bei Grundstücken i n das Grundbuch eingetragen werden, es w i r k t dann auch gegen den Dritterwerber 2 3 4 . Das persönliche Vorkaufsrecht w i r k t gegen den Dritterwerber, wenn dieser bösgläubig ist 2 3 5 . Der Inhalt des Vorkaufsrechts ist nach dem Gesetzestext nicht klar. § 1118 klingt, als ob i h m die gemeinrechtliche Vorstellung zugrunde läge: „Vermöge des Vorkaufsrechts k a n n der Berechtigte verlangen, beim V e r kaufe der Sache einem anderen Käufer vorgezogen zu werden."
Die Rechtslehre nahm aber anscheinend an, daß schon die Ausübung des Rechts das Kaufverhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem zustande bringe 2 3 6 . Auffassung steht m. E. contra legem. Vgl. auch Feil, Grundbuchsrecht, S. 183 -186. 228 Vgl. hierzu Brunner, Quellen, S. 161. 229 Vgl. Hedemann, Fortschritte, S. 40 f. 230 Vgl. z.B. einerseits Gierke, Privatrecht I I , S. 769, Fn. 13; Crome, Franz. CivilR., S. 524-526 (für Retrakt); andererseits Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 270; Renaud, Näherrecht, S. 250, m i t weiteren Nachweisen (gegen Retrakt). 231 Crome, Franz. CivilR., S. 468, insbes. Fn. 3 m i t Nachweisen. 232 K a u f §§ 1082 - 1137; Vorkauf §§ 1118 - 1130. — Gesetzliche Vorkaufsrechte gibt es i m sächs. B G B nicht, w o h l aber einige neben i h m ; vgl. Schmidt, V o r lesungen, S. 429 f.; Sintenis, Sächs. BGB, S. 315. 233 Sintenis, Sächs. B G B , S. 316; Siebenhaar, Sächs. PrivR., S. 610. 234 § 1124 u n d dazu §§ 114, 133 Nr. 4 oder V O betr. das Verfahren i n nichtstreitigen Rechtssachen v. 9.1.1865 (bei Francke, Sächs. BGB, S. 476 f., 482). 235 § 1124; vgl. Schmidt, Vorlesungen, S. 431. Die Regelung entspricht der des A L R . Grützmann, Sächs. PrivR., S. 158 f., sieht h i e r i n m i t Recht eine Annäherung an den deutsch-rechtlichen Retrakt. 236 Allerdings sind die Formulierungen nicht ganz klar. Vgl. Sintenis,
I I I . BGB-Entstehungsgeschichte
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I I I . BGB-Entstehungsgeschichte Die Verfasser des BGB empfanden die Zusammenfassung von persönlichem und dinglichem Vorkaufsrecht, wie sie i n den meisten neueren Gesetzbüchern — am deutlichsten wohl i m A L R — erfolgt war, als „verwirrend" 2 3 7 . Es sollten wieder zwei selbständige — auch optisch getrennte — Rechtsinstitute geschaffen werden 2 3 8 . Vielleicht stand dahinter noch die Vorstellung vom römisch-rechtlichen persönlichen Vorkaufsrecht und dem deutsch-rechtlichen dinglichen Näherrecht 2 3 9 . Der gemeinrechtliche Dualismus zwischen beiden wurde aber auf jeden Fall aufgegeben: Das dingliche und das persönliche Vorkaufsrecht des BGB sind zwei Formen derselben neu ausgestalteten Rechtsfigur. 1. Obligatorisches Vorkaufsrecht
Der Entwurf von 1888 enthält bei der Definition des Vorkaufsrechts allerdings noch Anklänge an gemeinrechtliche Vorstellungen. § 481 Abs. 1 lautet: „ I s t Jemand verpflichtet, i n dem Falle, daß er einen gewissen Gegenstand verkaufen w i r d , einem Anderen als Käufer den Vorzug zu geben, so k a n n der Andere das hieraus für i h n sich ergebende Recht (Vorkaufsrecht) ausüben, sobald der Verpflichtete m i t einem D r i t t e n einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat."
Doch § 482 stellt klar, daß nur die Ausübungserklärung des Berechtigten das Schuldverhältnis zustande bringt. „ M i t der gegenüber dem Verpflichteten abgegebenen E r k l ä r u n g des Berechtigten, daß er das Vorkaufsrecht ausübe, gelangt der Kaufvertrag z w i schen Beiden unter den i n dem Kaufvertrage zwischen dem Verpflichteten u n d dem D r i t t e n enthaltenen Bestimmungen zum Abschlüsse."
Die Definition des § 481 Abs. 1 blieb zwar i n der 2. Kommission inhaltlich unbeanstandet 240 , fiel aber bei der späteren Redaktion; mit
Sachs. BGB, S. 316: „ . . . , so ist m i t seiner E r k l ä r u n g gegen den Verkäufer auf die von diesem geschehene Anzeige der K a u f i n der Tat perfect . . . Die »Verpflichtung des Vorkaufsverpflichteten zum Abschluß des Kaufs m i t dem Berechtigten' ist also von Vollziehung desselben zu verstehen, da die Elemente des Consensus m i t der Erklärung, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, bereits feststehen." (Soll das heißen, daß die Anzeige als Angebot gilt?); Siebenhaar, Sächs. PrivR., S. 611: Der Verpflichtete ist „verbunden . . . den E i n t r i t t des Vorkaufsberechtigten i n den m i t dem Anderen geschlossenen K a u f geschehen zu lassen." 237 Mot. I I , S. 345. 238 Vgl. auch Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 282; Gierke, E n t w u r f , S. 237; Mot. I I , S. 344. 239 Die Abgrenzung bereitete der Kommission Schwierigkeiten, vgl. Mot. I I I , S. 447. 240 Prot. I I , S. 94 a. E.
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T e i l 1: Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
Recht, denn über den Inhalt des Vorkaufsrechts sagte sie zugestandenermaßen nichts 2 4 1 . Bei der Beratung i n der 2. Kommission stieß sich eine Minderheit daran, daß erst ein rechtsgültiger Kaufvertrag die Ausübung des Rechts ermöglichen solle 2 4 2 . Sie war der Meinung, dies widerspreche den natürlichen Anschauungen des Verkehrs und des gemeinen Rechts. Vielmehr sollte der Verpflichtete dem Berechtigten bereits die Bestimmungen des in Aussicht genommenen Vertrages mitteilen können. Die der Kommission gestellten Anträge 2 4 3 sahen dann verschiedene mögliche Rechtsfolgen vor. Der Berechtigte sollte nach der Mitteilung sein Recht ausüben können oder es andernfalls verlieren; er sollte sich zum Vorkauf bereit erklären können und auf Verlangen den Kauf abschließen oder aber binnen eines Monats nach Ablauf seiner Erklärungsfrist bei einem mit einem Dritten unter den mitgeteilten Bedingungen geschlossenen Kaufvertrag sein Recht nicht mehr ausüben dürfen. Schließlich wurde noch vorgeschlagen, neben der Mitteilung sollte der Verpflichtete dem Berechtigten einen formgültigen (z. B. bei Grundstücken notariellen) Antrag auf Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrags machen; dessen Annahme solle ebenfalls formbedürftig sein. Die Kommission lehnte diese Anträge ab 2 4 4 : Solange m i t einem Dritten noch kein bindender Vertrag abgeschlossen sei, laufe der Berechtigte nicht Gefahr, sein Vorkaufsrecht zu verlieren, und könne deshalb noch nicht zur Entscheidung genötigt werden. Die vorgeschlagenen Regeln böten Gelegenheit zum Mißbrauch, w e i l sie zu unscharf seien. Falsche Kaufinteressenten könnten vorgeschoben werden, um den Berechtigten zur Ausübung des Vorkaufs — vielleicht zu ungünstigen Bedingungen — zu nötigen. Schließlich sei auch für den Berechtigten „die Person des Erwerbers keineswegs gleichgültig". Dieses letztere Argument erkennt das „Abwehrinteresse" des Berechtigten an und verdient besondere Beachtung: Wenn das Vorkaufsrecht (auch) ein M i t t e l ist, bestimmte Personen fernzuhalten, dann darf der Berechtigte erst i m letzten Moment zur Entscheidung gezwungen sein; dann nämlich, wenn der Erwerb der Sache durch den Dritten aufgrund eines gültigen Kaufvertrages unmittelbar bevorsteht 2 4 5 . 241
Vgl. Mot. I I , S. 346 f. Prot I I , S. 93 - 96; vgl. hierzu auch Henrich, Vorvertrag, S. 17 - 19. 243 Prot I I , S. 93 f. Die Anträge sind i m Wortlaut abgedruckt bei Henrich, Vorvertrag, S. 17 f. Hier k a n n darauf verzichtet werden. 244 Prot I I , S. 96 f. 245 Ä h n l i c h könnte das Argument der Kommission gemeint sein, der Berechtigte laufe vor Abschluß des Vertrages nicht Gefahr, sein Vorkaufsrecht (und damit seine Kontrollmöglichkeit) zu verlieren. 242
I I I . BGB-Entstehungsgeschichte
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2. Dingliches Vorkaufsrecht
Das dingliche Vorkaufsrecht verfolgt nach dem Willen des Gesetzgebers den „Zweck, das obligatorische Vorkaufsrecht dinglich zu sichern" 2 4 6 . Der Inhalt des dinglichen Rechts ist somit grundsätzlich derselbe, lediglich die dingliche Wirkung t r i t t hinzu. Der Entwurf v. 1888 erklärte für das Verhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem die schuldrechtlichen Regeln für maßgebend; für das Verhältnis des Berechtigten zum Dritten die besonderen sachenrechtlichen 247 . Den D r i t ten, der das belastete Grundstück bereits erhalten hatte, sollte eine dingliche Haftung m i t dem Grundstück treffen, und zwar auf Herausgabe des Grundstücks. Die Haftung sollte akzessorisch sein, vom Bestand der Hauptschuld (des Verpflichteten) abhängig; der Dritte sollte die Einwendungen des Verpflichteten erheben können 2 4 8 . Der Berechtigte hatte dem Dritten dessen Zahlungen an den Verkäufer (den Verpflichteten) zu erstatten bzw. ihn von den Ansprüchen des Verkäufers zu befreien 2 4 9 . Die 2. Kommission beschrieb die dingliche Wirkung neu. Sie machte sich die gerade eingeführte Vormerkung zur Sicherung obligatorischer Rechte 250 zunutze und gab dem dinglichen Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung 2 5 1 . Dadurch entfielen nähere ausdrückliche Regelungen der dinglichen Wirkung. Lediglich das Erstattungsverhältnis zwischen Drittem und Berechtigtem war zu regeln neben einigen Auswirkungen i m Verhältnis zwischen Drittem (Käufer) und Verpflichtetem (Verkäufer). Der Dritte behielt das Recht, nachdem er Eigentümer geworden war, die Erklärungsfrist i n Gang zu setzen. Der Berechtigte brauchte aber nicht mehr — wie nach dem ersten Entwurf — auch i h m gegenüber das Vorkaufsrecht auszuüben. Er konnte — und kann — es jetzt entweder insgesamt ausüben oder insgesamt verlieren, nicht aber nur dem Dritten gegenüber verlieren 2 5 2 . Der Einführung des dinglichen Vorkaufsrechts wurde übrigens teilweise erheblicher Widerstand entgegengebracht; war doch der Zug der 248 Mot. I I I , S. 450. Das rechtliche Verhältnis zwischen obligatorischem u n d dinglichem Vorkaufsrecht w i r d später zu erörtern sein (Teil 2, C). 247 § 954 E 1888. 248 §§ 955, 957 E 1888; Mot. I I I , S. 456, 457 f. Vgl. zu dieser K o n s t r u k t i o n Gierke, E n t w u r f , S. 354 f., der kritisiert, daß „einfache Rechtssätze . . . i n eine so überaus künstliche F o r m gegossen" seien infolge der romanisierenden Grundhaltung des Entwurfs. 249 § 957 Abs. 2 E 1888. 250 D e r i E n t w u r f kannte eine solche V o r m e r k u n g nicht; die V o r m e r k u n g des § 844 E 1888 w a r ein Widerspruch. Vgl. Gierke, E n t w u r f , S. 320 a. E. f. 251
Prot. I I I , S. 758. Diese nach dem E 1888 bestehende Möglichkeit hätte nach Ansicht der 2. Kommission zu „mißlichen Verwicklungen" geführt, Prot. I I I , S. 764. 252
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T e i l 1: Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
Zeit auf Abschaffung der Näherrechte und ähnlicher Belastungen gerichtet. Schon die erste Kommission hat das dingliche Vorkaufsrecht nur unter Bedenken zugelassen. Sie ist davon ausgegangen, daß Reste früherer Näherrechte nur noch i n Nebengebieten vorkämen, die der Landesgesetzgebung zugewiesen waren. Es wurde ausdrücklich abgelehnt, bei der Fassung der Bestimmungen auf eventuelle gesetzliche Vorkaufsrechte Rücksicht zu nehmen 2 5 3 . Auch das gewillkürte dingliche Vorkaufsrecht sah die Kommission i m Grunde als Belastung an, die den „modernen Bestrebungen nach Entlastung des Grundeigentums" w i dersprach. Doch sollte die „Veräußerung von Land seitens der Großgrundbesitzer an Kleingrundbesitzer" gefördert werden zwecks „Erhaltung eines angesessenen Arbeiterstandes", und dabei wolle der Veräußerer Einfluß behalten, „ i n welche Hände das veräußerte Land gelange". So sollte ein Ersatz für die beseitigten Formen der Landleihe geschaffen werden 2 5 4 . Hier werden i m K e i m die sozialen Gesichtspunkte erkennbar, die später zur Wiederbelebung der gesetzlichen Vorkaufsrechte i n den Siedlungsgesetzen geführt haben 2 5 5 . Doch sollten die einzelnen Länder die Übernahme des dinglichen Vorkaufsrechts ablehnen dürfen (!) 2 5 6 . I n der zweiten Kommission gab es wieder Streit. Eine Minderheit wollte die Beseitigung des dinglichen Vorkaufsrechts. Sie sprach von einem „Sprung i n das Mittelalter zurück" und erhob den Vorwurf, es solle ein „unfreier von dem Arbeitgeber abhängiger Arbeiterstand geschaffen" werden 2 5 7 . Die Mehrheit hielt das dingliche Vorkaufsrecht jedoch für nützlich. Die Belastung für Grund und Boden werde „vielfach überschätzt". Gefahren für das Gemeinwohl seien nicht ersichtlich, vielmehr sei bezweckt, „die Liebe der landwirtschaftlichen und industriellen Arbeiter zu ihrer engeren Heimat zu wecken" 2 5 8 . Ein A b lehnungsrecht der Länder wurde als mit der Autorität der Reichsgesetzgebung unvereinbar verworfen 2 5 9 .
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Mot I I I , S. 448. Mot. I I I , S. 448 f. 255 Es kündigten sich freilich auch andere Motive an, die später noch bedrohlich wuchern sollten. Vgl. Kuhlenbeck, BGB, S. 615, Fn. 2: Das V o r kaufsrecht soll hauptsächlich Werkzeug einer „neuen Colonisation" i m Osten u n d dazu bestimmt sein, die „Ueberfluthung des Landes m i t undeutschem (slawischem) Arbeiterproletariat" zu verhindern. Deutlicher k a n n die A b w e h r f u n k t i o n k a u m herausgestellt werden. 256 Mot. I I I , S. 449. 257 Prot I I I , S. 754 f. 258 Prot I I I , S. 757. 259 Prot I I I , S. 756. 254
I V . Wurzel der BGB-Vorkaufsrechte
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IV. Wurzel der BGB-Vorkaufsrechte Welches ist nun die historische Wurzel der BGB-Vorkaufsrechte? I m allgemeinen w i r d das dingliche Vorkaufsrecht als Nachfolgeinstitut der deutsch-rechtlichen Näherrechte angesehen 260 . Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Doch muß die Verwandtschaft anhand der wesentlichen rechtlichen Merkmale nachgewiesen werden. Grundform ist i m BGB das obligatorische Vorkaufsrecht; beim dinglichen t r i t t die dingliche Wirkung hinzu. Dieses obligatorische Vorkaufsrecht gibt dem Berechtigten die Befugnis, durch Ausübungserklärung ein Schuldverhältnis (Kauf) zustande zu bringen. Darin unterscheidet sich das BGB-Vorkaufsrecht wesentlich vom gemeinrechtlichen Vorkaufsrecht, das lediglich einen Anspruch auf vorzugsweisen Vertragsabschluß gab 2 6 1 . Die oben erwähnten von der zweiten Kommission abgelehnten Anträge zielten dahin, die Regelung an das gemeine Recht anzugleichen 262 ; die Formbedürftigkeit des „Angebots" des Verpflichteten und der „Annahme", der Ausübungserklärung, wäre nur logische Folge gewesen. Die BGB-Regelung entspricht der beim Näherrecht geltenden Regel: Auch hier brachte lediglich die Ausübungserklärung des Berechtigten das Schuldverhältnis zum Entstehen, und zwar nach richtiger Ansicht nicht nur nach Übereignung dem Dritten gegenüber, sondern (jedenfalls ursprünglich) auch dem ersten, verpflichteten Eigentümer gegenüber. Der einzige wesentliche Unterschied zwischen dem obligatorischen Vorkaufsrecht nach BGB und dem Näherrecht ist die dingliche Wirkung des letzteren. Aber diese t r i t t gemeinhin erst nach Übereignung an den Dritten i n Erscheinung; i n der ersten Phase ändert sie nichts an der strukturellen Ähnlichkeit. Das obligatorische Vorkaufsrecht des BGB ist somit ein Näherrecht mit bloß schuldrechtlicher Wirkung 263. Aber müßte dann das dingliche Vorkaufsrecht des BGB nicht mit dem Näherrecht identisch sein? — Tatsächlich w i r d diesem „obligato260 Z . B . Gierke, E n t w u r f , S. 353, der bedauert, daß m a n nicht die Bezeichnung Näherrecht beibehalten hat (S. 49); Kuhlenbeck, BGB, S. 613-615; Crome, System I I I , S. 568; Endemann, BürgR. I I , S. 692 f. M i t Einschränkungen auch Buchka, BGB, S. 217; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 281. Kohler, Bürg. R. I I 2, S. 350 - 355, spricht noch immer v o m „Näherrecht". 281 Näher oben, Fn. 176. 262 Sie wurden auch damit begründet, die vorgesehene Regelung entspreche u. a. nicht den Anschauungen des gemeinen Rechts. 263 Daß die neue Regelung an das Näherrecht anschließt, liegt schon darum nahe, w e i l vor dem B G B Näherrechte eine w e i t wichtigere Rolle spielten als die römisch-rechtlichen Vorkaufsrechte.
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T e i l 1 : Geschichte — E. Z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
rischen Näherrecht" wieder eine dingliche Wirkung beigelegt. Nur ist es eine andere. Denn nach BGB ist die dingliche Wirkung nicht die, daß der neue Eigentümer nunmehr Adressat des Rechts wird, sondern der ursprünglich Verpflichtete bleibt es. Der Käufer ist aber nach den Regeln über die Wirkung einer Vormerkung verpflichtet, der Übereignung an den Berechtigten zuzustimmen; die Übereignung an i h n ist dem Berechtigten gegenüber relativ unwirksam. Darin unterscheidet sich das dingliche Vorkaufsrecht des BGB vom Näherrecht 2 6 4 , und das ist der einzige wesentliche Unterschied. Beim Vorkaufsrecht nach BGB hat man also dem Näherrecht (in seiner ursprünglichen, nicht verstümmelten Form) die dingliche Wirkung zunächst genommen und so die Grundform, das obligatorische Vorkaufsrecht, geschaffen. Diesem hat man wiederum eine neue, andere dingliche Wirkung gegeben und damit das dingliche Vorkaufsrecht geschaffen. Die Einpassung eines solchen Instituts i n eine i m wesentlichen römisch-rechtliche Schuldrechtssystematik bereitet naturgemäß Schwierigkeiten. Darum hat bereits die erste Kommission jeden solchen Versuch unterlassen und lediglich einen Katalog von Möglichkeiten zur Auswahl gestellt 2 6 5 . Das von ihr aufgegebene Rätsel beschäftigt die Rechtswissenschaft bis heute.
264 265
Vgl. auch Gierke, Privatrecht I I , Fn. 38. Mot. I I , S. 346 f.
Teil 2
Rechtsnatur A. Das Vorkaufsrecht im allgemeinen 1. Meinungsstand 1. „Theorien"
Die Deutungsversuche zum Vorkaufsrecht sind mannigfaltig. Keine Anregung der Motive blieb unaufgegriffen. Neues wurde versucht. Es ist üblich geworden, die einzelnen Meinungen i n Gruppen zusammenzustellen und als verschiedene „Theorien" zu etikettieren. Diese Methode erscheint oftmals als gewaltsam; denn innerhalb einer „Theorie" kann es recht unterschiedliche Auffassungen geben. Sie ist, wie sich zeigen wird, eher geeignet, den Blick für rechtliche Zusammenhänge zu verstellen. Gleichwohl folgt auch der hier gegebene Überblick dieser Einteilung, unter dem Vorbehalt freilich späterer Ergänzung und Richtigstellung. 2. „Eintrittstheorie"
Abgelehnt w i r d i m allgemeinen 2 6 6 die sog. Eintrittstheorie, nach der der Vorkaufsberechtigte i n den Kaufvertrag zwischen dem Käufer und dem Verpflichteten i m Wege der Vertragsübernahme eintrete. Indessen ist es zweifelhaft, ob es — jedenfalls nach Inkrafttreten des B G B 2 6 7 — eine solche „Theorie" überhaupt gibt. Zwar sprechen einige Autoren vom „ E i n t r i t t " i n den Kauf oder i n die Bedingungen des Kaufes 2 6 8 . Erkennbar ist dies jedoch nicht i m rechtstechnischen Sinne gemeint 2 6 0 . 286 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 572 -574; Lang, Vorkaufsrecht, S. 20 f.; Laue, Begriff, S. 1 7 1 ; Oertmann, vor § 504, Anm. 3 b. Vgl. auch: Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 4; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 2; RG (24.1.10) Z 72, 385 (387); RG (4. 3.11) J W 1911, 448; RG (10. 5. 28) Z 121, 137 (138); BGH (27. 4. 60) Z 32, 225 (227). 287 Unter dem preußischen Recht lag die Annahme eines E i n t r i t t s näher, vgl. oben Fn. 223. 288 Z . B . Esser, Schuldrecht, S. 77; Gierke, Privatrecht I I , S. 801; Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 391; Stoll, Vorkaufsrecht, S. 49; Warney er, § 504, A n m . I ; Wieacker, Bodenrecht, S. 129; Lent / Schwab, Sachenrecht, S. 302. 269 v g l . auch Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 572, Fn. 17; Lang, V o r kaufsrecht, S. 21, Fn. 38.
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T e i l 2: Rechtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
Wirtschaftlich t r i t t d e r V o r k a u f s b e r e c h t i g t e aber tatsächlich a n die S t e l l e des K ä u f e r s : D i e m i t diesem a u s g e h a n d e l t e n Rechte u n d P f l i c h t e n g e l t e n n u n — i n f o l g e d e r V o r k a u f s a u s ü b u n g — (auch) i h m gegenü b e r ; d e r erste K a u f v e r t r a g w i r d g e w ö h n l i c h n i c h t m e h r e r f ü l l t 2 7 0 . L e d i g l i c h b e i Kretzschmar 271 k ö n n t e auch rechtstechnisch v o n e i n e m E i n t r i t t i n d e n V e r t r a g d i e Rede s e i n 2 7 2 . Doch auch h i e r s i n d Z w e i f e l a m P l a t z . D i e b e t r e f f e n d e n F o r m u l i e r u n g e n f i n d e n sich b e i d e r E r ö r t e r u n g des F o r m p r o b l e m s ; sie k ö n n e n sich auch a u f d e r L i n i e d e r ( v e r e i n z e l t gebliebenen) E n t s c h e i d u n g des Reichsgerichts v o m 4. 3 . 1 9 0 5 2 7 3 bewegen, w o f ü r d e n V o r k a u f s v e r t r a g d i e F o r m des § 313 B G B f ü r ü b e r f l ü s s i g e r k l ä r t w o r d e n w a r , w e i l sich a l l e V e r p f l i c h t u n g e n des G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r s aus d e m d e n V o r k a u f s f a l l b i l d e n d e n , f ö r m lichen K a u f v e r t r a g ergäben 274. 3. „Vorvertragstheorie" M i t u n t e r w i r d d e r das V o r k a u f s r e c h t b e g r ü n d e n d e V e r t r a g als eine A r t V o r v e r t r a g a n g e s e h e n 2 7 5 , b e i d e m jedoch — anders als sonst — d e r H a u p t v e r t r a g d u r c h einseitige E r k l ä r u n g des B e r e c h t i g t e n zustande k o m m t . M a n s p r i c h t v o n e i n e m „ e i n s e i t i g e n " V o r v e r t r a g 2 7 6 . L e t z t l i c h ist 270 D a r u m w i r d z. B. von der h. M. dem Makler des Käufers die Provision verweigert, w e n n ein Vorkaufsrecht ausgeübt w i r d ; vgl. hierzu Rust, M a k lerlohn, S. 452. 271 Sachenrecht, S. 405 (Bern. 3 vor § 1094). 272 „Das Vorkaufsrecht ist ein Erwerbsrecht, dessen Ausübung den E i n t r i t t des Berechtigten i n die Verpflichtungen des Käufers zur Folge hat . . . , w e n n er das Grundstück verkauft, k a n n sich der Vorkaufsberechtigte das Ergebnis des Kaufvertrags aneignen u n d i n den K a u f eintreten. E i n neuer K a u f zwischen dem Eigentümer u n d dem Vorkaufsberechtigten w i r d diesenfalls nicht abgeschlossen; vielmehr bildet die Grundlage für die Rechtsbeziehungen, die sich durch die Ausübung des Vorkaufsrechts ergeben, der zwischen dem Eigentümer u n d dem D r i t t e n abgeschlossene Kaufvertrag, der seinerseits der F o r m des § 313 bedarf u n d damit die Erreichung des v o m Gesetz m i t der Vorschrift des § 313 verfolgten Zweckes sicherstellt." 273 RGZ 60, 225, 230 - 234. 274 Es ist daher bedenklich, Kretzschmar als „Begründer der E i n t r i t t s theorie" (Lang, Vorkaufsrecht, Fn. 36) zu bezeichnen. Z u r Begründung einer derartigen — übrigens bereits i n den Protokollen (II, S. 100) verworfenen — „Theorie" hätte es sicherlich weiterer Ausführungen bedurft. 275 Insbesondere von Dernburg, vgl. Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 119, 123 f. (Text; a. A . die Fn. 20 von Raape); Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 93, Fn. 13. Siehe auch Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 389, 393, der von einem Beispiel eines „vertragsmäßigen Kontrahierungszwangs" spricht. Die ältere L i t e r a t u r zum gemeinen Recht, z. B. L. Goldschmidt, K a u f a. P., S. 272 f., kann wegen des Bedeutungswandels des Vorkaufsrechts i m B G B hier nicht herangezogen werden; so aber fälschlich Oertmann, vor § 504, A n m . 3 a. M i t u n t e r w i r d der Begriff Vorvertrag offenbar untechnisch verwandt (z. B. bei Stampe, Freirechtslehrbuch, S. 69); vgl. hierzu Lorenz, Vorzugsrechte, S. 112 f. 276 Lorenz, Vorzugsrechte, S. 112 f. Vgl. i n dem Zusammenhang Walsmann, Wollensbedingung, S. 277, betr. K a u f auf Probe.
I. Meinungsstand
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dies nur eine Frage der Bezeichnung und der Definition des Begriffs „Vorvertrag" 2 7 7 . Wichtiger ist, wie sich die „Vorvertragstheorie" das einseitige Zustandekommen des Hauptvertrags erklärt. Nach Dernburg 278 ist die Ausübungserklärung ein Vertragsantrag, dessen Annahme es aber nicht bedarf, weil das BGB „aus praktischen Gründen" auf die Annahme verzichte, um einen „zweckwidrigen Umweg" zu vermeiden. Das Gesetz ersetze also „die Einwilligung, zu welcher der Verpflichtete gebunden ist, nicht anders wie nach C. P. O. § 894 das rechtskräftige Urteil die Einwilligung des Verurteilten ersetzt" 2 7 9 . 4. „Ermächtigungstheorie"
Nach einer nur von Laue280 vertretenen „Ermächtigungstheorie" soll der Vorkaufsvertrag eine der Vollmacht ähnliche unwiderrufliche Ermächtigung an den Berechtigten enthalten, i m Vorkaufsfalle durch Selbstkontrahieren den Kaufvertrag zustande zu bringen. Die Ausübungserklärung enthält hiernach einen kompletten Kaufvertrag: den Vertragsantrag des Berechtigten und die Vertragsannahme des Verpflichteten, abgegeben für ihn aufgrund der „Ermächtigung" ebenfalls vom Berechtigten. 5. „Offertentheorie"
Die sog. Offertentheorie 281 deutet die Ausübung des Vorkaufsrechts als die Annahme eines i m Vorkaufsvertrag enthaltenen unwiderruf277 Lorenz, ebd. Wenn Henrich (Vorvertrag, S. 230 — f ü r die Option) meint, es handele sich nicht u m eine Frage der Terminologie, sondern der rechtlichen Qualifikation, so ist das n u r richtig, w e n n man von einer festen Definition des Vorvertrags ausgeht. Die genannten Autoren erweitern aber den Begriff des Vorvertrags; vgl. auch Blomeyer, Promesse, S. 270. 278 Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 123 f. 279 Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 93, Fn. 13, sieht dagegen i n der Ausübungserklärung eine Annahme, bei welcher der A n t r a g gesetzlich fingiert w i r d . Das ähnelt insoweit der „Offertentheorie". 280 Begriff, S. 24 - 32. 281 Vertreten von Endemann, Bürg. R. I, S. 1015 f., insbes. Fn. 38; Planck bis zur 3. Aufl., vgl. 1./2. Aufl., vor § 497, Bern. 3 (Wiederkauf), vor § 504, Bern. 4 (Vorkauf); Stampe, Freirechtslehrbuch, S. 69 (allerdings zu Unrecht ebenso für den Vorvertrag); Schloßmann, Vorvertrag, S. 8 f . (Wiederkauf); Hellmann} Literatur, S. 227; Henle, Sdhuldrecht, S. 44 f.; Goldmann / Lilienthal, B G B l , S. 525, Fn. 21; (wohl auch) Eck / Leonhard, Vorträge I, S. 467 f. (vgl. aber unten Fn. 284). Dieser Vorstellung nahe kommen: Raape, Wollensbedingung, S. 79: „Dementsprechend ist die Erklärung, daß man das Vorkaufsrecht ausübe, i m Grunde nichts wie eine Akzeptation, wenn auch von besonderer A r t , . . . " ; Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 389, 393; Henrich, V o r v e r trag, S. 274 (Wiederkauf); u n d w o h l auch Reineke, Anm., S. 212. — Nichts zu t u n m i t der Offertentheorie hat es, w e n n i m Einzelfall die Mitteilung in eine Offerte u n d die Ausübung des Vorkaufsrechts i n die Annahme dieser Offerte umgedeutet w i r d ; vgl. etwa RG (12.12.42) Z 170, 208 (215); O G H (27.1. 49) Z 1, 327 (330); OGH (2.11. 49) Z 3, 44 (50 f.).
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T e i l 2: Rechtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
l i e h e n V e r t r a g s a n t r a g s . N a c h Endemann 282 setzt sich dieser A n t r a g „ a u s d e m b e s t e l l t e n V o r k a u f s r e c h t u n d d e r V e r e i n b a r u n g des m a t e r i e l l e n I n h a l t s des Z w i s c h e n v e r t r a g s . . . z u s a m m e n . " Das s o l l w o h l h e i ß e n : Der i m Vorkaufsvertrag enthaltene A n t r a g w i r d durch die B e s t i m m u n g e n des K a u f v e r t r a g e s k o n k r e t i s i e r t . D i e „ O f f e r t e n t h e o r i e " w e i t g e h e n d a u f g e g e b e n 2 8 3 ; ob z u Recht, w i r d sich f i n d e n .
ist heute
6. „Bedingungstheorie" I n n e u e r e r Z e i t f i n d e t d i e D i s k u s s i o n n u r noch zwischen z w e i „ T h e o r i e n " statt. D i e eine ist die „Theorie des doppelt bedingten Kaufvertrags". I h r z u f o l g e ist b e r e i t s der V o r k a u f s v e r t r a g e i n K a u f v e r t r a g , d e r u n t e r d e n B e d i n g u n g e n geschlossen w i r d , e i n m a l , daß d e r V e r p f l i c h t e t e e i n e n K a u f v e r t r a g m i t e i n e m D r i t t e n abschließt, z u m anderen, daß der B e r e c h t i g t e d i e A u s ü b u n g des V o r k a u f s r e c h t s e r k l ä r t . Diese A n s i c h t w i r d w e i t g e h e n d i n d e r L i t e r a t u r 2 8 4 u n d i n d e r Rechtsprechung a u s s c h l i e ß l i c h 2 8 5 v e r t r e t e n . 7. „Gestaltungsrechtstheorie" I h r gegenüber steht die i m w e s e n t l i c h e n a u f Schollmeyer 286 zurückgehende „Gestaltungsrechtstheorie" 297. Sie b e g r e i f t das V o r k a u f s r e c h t 282
A.a.O. Vgl. Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 4. 284 Palandt / Putzo bis zu 32. Aufl., § 504, A n m . 2; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 4; Soergel / Ballerstedt, vor § 497, Rdn. 8 (Wiederkauf), vor § 504, Rdn. 5; Staudinger / Ostler, vor § 497, Rdn. 10 (Wiederkauf), vor § 504, Rdn. 8; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 1; Warney er, § 504, A n m . 1; Fikentscher, Schuldrecht, S. 405; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 470 (Wiederkauf), 473; Leonhard, Schuldrecht, S. 98 f. (Wiederkauf), 101; Heck, Schuldrecht, S. 284 (mit Einschränkungen); Crome, System I I , S. 494 f.; Langheineken, Anspruch, S. 7; ten Hompel, Verständigungszweck, S. 190 f.; Seuffert, Wiederkaufsrecht, Sp. 25 f.; Henrichs, Ausübung, S. 642; Titze, Schuldverhältnisse, S. 152; Wieacker, Bodenrecht, S. 129; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 490; vielleicht auch Esser, Schuldrecht, S. 77, u n d m i t Einschränkungen Flume, Rechtsgeschäft, S. 687. — L. Goldschmidt bringt diesen Gedanken bereits i m gemeinen Recht, K a u f a. P., S. 273. Vgl. f ü r die Schweiz Salzgeb er-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 12 f. m. Nachw. 285 RG (5.11. 07) Z 67, 42; RG (17.10. 08) Z 69, 281; RG (24.1.10) Z 72, 385; RG (25.2.22) Z 104, 122; RG (21.3.25) Z 110, 327; RG (13.6.32) Z 137, 29 (33); BGH (17.12. 58) Z 29, 107 (109 f.); BGH (15. 6. 60) Z 32, 375 (377); B G H (15. 6. 60) Z 32, 383; BGH (21.1.65) W M 1965, 356 (Wiederkaufsrecht). O L G Jena (28.8. 00) O L G 1, 293; K G (7.1.01) O L G 2, 73; OLG Celle (1.3.49) N J W 1949, 548; L G Oldenburg (3.12.58) N J W 1959, 1090 (Wiederkaufsrecht). Vgl. auch RG (2. 7. 28) Z 121, 367 (betr. Wiederkaufsrecht; Anspruch auf Zahlung des Wiederkaufspreises g i l t als bedingt entstanden u n d aufrechenbar i m nachfolgenden Konkurs). — A. A . n u r O L G Colmar (2. 6. 05) O L G 11, 304 (305). 286 Schuldverhältnisse, S. 40 f. (Wiederkauf), 42. 287 I h r folgen insbesondere: Seckel, Gestaltungsrechte, S. 23; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 585-592; Planck I Knoke (ab 4. Aufl.), vor § 497, A n m . 3 (Wiederkauf), vor § 504, A n m . 3; Larenz, Schuldrecht, S. 105 f. (Wiederkauf), 283
I I . Stellungnahme u n d Lösung
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als ein Gestaltungsrecht auf Herstellung eines vertraglichen — oder doch wenigstens vertraglichen Regeln gehorchenden — Rechtsverhältnisses durch einseitige, rechtsgestaltende Erklärung. Der Vorkaufsvertrag ist die vertragliche Einräumung eines solchen Rechts. Nach Larenz 288 ist diese Ansicht „anscheinend i m Vordringen". I I . Stellungnahme und Lösung 1. Vorkaufsrecht und Gestaltungsrecht Welche Lösung ist die richtige? Oder gibt es, wie Heck 289 meint, gar keine „richtige" und sind i m Grunde „alle zulässig"? a) Das Vorkaufsrecht
als Gestaltungsrecht
Viele Autoren glauben, m i t der Feststellung, das Vorkaufsrecht sei ein Gestaltungsrecht, die Lösung des Problems gefunden zu haben. Ist das Vorkaufsrecht ein Gestaltungsrecht? Ein Gestaltungsrecht gibt nach der Definition von Seckel (dem Schöpfer dieses Begriffs) die Macht, „durch einseitige Willenserklärung eine rechtliche Wirkung herbeizuführen", oder aber „konkrete Rechtsbeziehungen zu gestalten" 2 9 0 . Die Definition ist i m wesentlichen bis heute dieselbe geblieben 2 9 1 ; z. T. w i r d auf die Willenserklärung auch verzichtet, dann genügt jede Rechtshandlung oder sogar der Erwerb eines Rechts ohne eine solche eigene Handlung 2 0 2 . So gesehen, kann das Vorkaufsrecht eigentlich gar nichts anderes sein: Es gibt das Recht, durch einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung ein zuvor nicht bestehendes Kauf-Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten zustande zu bringen. Das Vorkaufsrecht ist ein Gestaltungsrecht. 108 f.; ders., Allg. T., S. 173; Oertmann, vor § 497, A n m . 2 (Wiederkauf), vor § 504, A n m . 3 e ; Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 45 - 4 7 ; Lang, Vorkaufsrecht, S. 3 0 - 3 3 ; Walsmann, Verzicht, S. 109, 1931, 2431; ders., Wollensbedingung, S. 302; Cosack / Mitteis, Bürg. R., S. 572; Raape, Wollensbedingung, S. 5 5 1 ; Würdinger, Anwartschaft, S. 73 - 7 5 ; Binder, Rechtsstellung, S. 118 f., Fn. 107; Schmidt, Bürg. R. I I , S. 92; Kreß, Schuldrecht, S. 54, Fn. 266; Georgiades, Optionsvertrag, S. 421; neuerdings auch Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 1. Ferner sprechen von einem Gestaltungsrecht: v. Tuhr, A l l g . T. I, S. 162, I I 1, S. 458, I I 2, S. 278 Fn. 53; Esser, Schuldrecht, S. 76 (Wiederkauf). 288 Schuldrecht, S. 105. 289 Schuldrecht, S. 249, 284. 290 Gestaltungsrechte, S. 12, 45. 291 VgL etwa Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 441; v. Tuhr, Allg. T. I, S. 1611; Larenz, A l l g . T., S. 172. I m Ausgangspunkt auch Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 43, 45. 292 Enneccerus / Nipper dey, ebd. Ebenso w o h l schon Seckel, Gestaltungsrechte, S. 49. Vgl. hierzu auch Forkel, Grundfragen, S. 127. 5 Schuxig
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Teil 2:
echtsnatur — A . Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
b) Bedeutung Aber: Was ist mit dieser Feststellung gewonnen? Gestaltungsrechte gibt es viele; auch das Rücktrittsrecht, das Kündigungsrecht sind Gestaltungsrechte. Die Einordnung mag systematisch von Interesse sein; über die eigentliche Rechtsnatur sagt sie wenig. Die wesentliche Frage ist: Wie kommt es zu diesem Gestaltungsrecht, welches sind seine rechtlichen Bausteine? Die systematische Einordnung des fertigen Vorkaufsrechts interessiert weniger als seine rechtliche Begründung. Wer das Problem m i t der Feststellung, hier handele es sich u m ein Gestaltungsrecht, beiseite legt, gibt einen Namen anstelle einer Lösung. Zunächst muß man sich fragen, ob die Polarisierung zwischen der „Gestaltungsrechtstheorie" einerseits und insbesondere der „Theorie des doppelt bedingten Vertrags" aber auch den anderen „Theorien" andererseits 293 überhaupt sinnvoll ist, ob diese überhaupt alternativ zueinander stehen. Es dürfte jedenfalls nicht genügen, in der Hauptsache die Theorie des bedingten Kaufs als „wenn auch denkmöglich, so doch außerordentlich gekünstelt" 2 9 4 zu bezeichnen und damit schon die „Gestaltungsrechtstheorie" für erwiesen zu erachten. Das Argument der Gekünsteltheit — das übrigens gerade i n der Diskussion um das Vorkaufsrecht bemerkenswert häufig auftaucht und eigentlich gegen jede Theorie erhoben w i r d 2 9 5 — ist i m übrigen auch allzu rasch zur Hand, um großes Gewicht zu haben. c) Vereinbarkeit
von Gestaltungsrechtscharakter und den „Theorien"
Man muß sich vor Augen halten, daß es sich bei der Einordnung des (bestehenden) Vorkaufsrechts und der Struktur seiner Begründung um zwei verschiedene Dinge handelt 2 9 6 . Die „Gestaltungsrechtstheorie" be293 Ausgeprägt z. B. bei Soergel / Ballerstedt, vor § 497, Rdn. 8, 9, vor § 504, Rdn. 4, 5, u n d Larenz, Schuldrecht, S. 1051, 1081; jetzt auch bei Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 1. 294 Larenz, Schuldrecht, S. 109. 295 Vgl. außer der bei Larenz, ebd., angeführten Stelle: Oertmann, vor § 497, A n m . 2 b (Offertentheorie ist „verkünstelt u n d bedenklich"); Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 470 („die überaus künstliche A n n a h me" eines Gestaltungsrechts); Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 581 u n d i h m folgend Lang, Vorkaufsrecht, S. 23 ( „ V o r w u r f der Künstelei" gegenüber E r mächtigungstheorie); Laue, Begriff, S. 20 ( „ V o r w u r f der Künstelei" gegenüber Offertentheorie); Walsmann, Verzicht, S. 194 (Bedingungstheorie „geschroben u n d künstlich"). I n der Schweiz Salzgeb er-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 90 (Offertentheorie „doch reichlich konstruiert"), sowie Meier-Hayoz, Vorkaufsvertrag, S. 68. 296 So zutreffend auch Forkel, Grundfragen, S. 133 - 142. Letztlich ist dies auch die Ansicht Würdingers (Anwartschaft, S. 73 f.), w e n n er auch anscheinend n u r Begründung eines Gestaltungsrechts durch besondere Rechtsnorm
I I . Stellungnahme u n d Lösung
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t r i f f t die erstere, die übrigen Theorien i m wesentlichen die letztere Frage. Dann erscheint es keineswegs mehr ausgeschlossen, daß das Vorkaufsrecht ein Gestaltungsrecht ist und zugleich eine der anderen Erklärungen zutrifft. aa) „Bedingungstheorie" N i m m t man einmal an, der Vorkaufsvertrag sei ein doppelt bedingter Kauf und die zweite Bedingung sei die Ausübung des Vorkaufsrechts, so hat doch der Vorkaufsberechtigte das Recht, diese Bedingung nach seinem Belieben herbeizuführen. Die Erklärung hat auch nach dieser Ansicht die Natur einer Willenserklärung 2 9 7 : Die einseitige Abgabe der Willenserklärung bringt (zwar als Bedingung, aber immerhin) die W i r kungen des Kaufrechtsverhältnisses hervor. Die Befugnis, durch A b gabe einer Willenserklärung die Bedingung für das „Wirksamwerden" des Vorkaufsvertrages zu erfüllen, das Wirksamwerden also herbeizuführen, ist nichts anderes als ein Gestaltungsrecht 298 . bb) „Offertentheorie" aaa) Recht des Angebotsempfängers als Gestaltungsrecht Schwieriger w i r d die Frage, wenn man die Ausübungserklärung als Annahme einer Offerte ansieht. Hat der Empfänger eines Vertragsangebots ein Gestaltungsrecht, durch Annahme den Vertrag zustande zu bringen? Beurteilt man die Situation unbefangen, so ergibt sich auch hier: Der Angebotsempfänger hat das Recht, die Offerte anzunehmen; erst auf diese — i n seinem Belieben stehende — Annahme hin kommt das Vertragsverhältnis zustande. Das entspricht der Struktur eines Gestaltungsrechts, und viele Autoren bezeichnen dieses Recht des Angebotsempfängers auch ausdrücklich so 2 9 9 . zulassen w i l l . F ü r das schweizerische Recht Salzgeb er-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 12, 13, m i t weiteren Nachweisen. 297 y g i Palandt / Putzo, 32. Aufl., § 505, A n m . 1; Erman / Weitnauer, § 505, Rdn. 1; Soergel / Ballerstedt, § 505, A n m . 2; Staudinger / Ostler, § 505, A n m . 1; Fikentscher, Schuldrecht, S. 407. 298 Das hatte bereits v. Tuhr, A l l g . T. I, S. 162, insbes. Fn. 9, erkannt. Ä h n lich Henrich, Vorvertrag, S. 238; Blomeyer, Promesse, S. 300 („Unterschied n u r i m Ausdruck"), Forkel, Grundfragen, S. 135; Soergel / Lange, vor § 145, Rdn. 50, sowie Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 13 (mit weiteren Nachweisen für die Schweiz). Bemerkenswert BGH (17.12. 58) Z 29, 107 (110), wo die Ausübung des Wiederkaufsrechts bei ausdrücklicher Anwendung der Bedingungstheorie als Ausübung eines Gestaltungsrechts bezeichnet w i r d . 299 Schon Seckel, Gestaltungsrechte, S. 9, Fn. 6. Ebenso: Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 442, 993; Oertmann, § 145, A n m . 3 a; RGRK / Krüger-Nieland, § 145, A n m . 7; Staudinger / Coing, § 145, Rdn. 12; v. Tuhr, Allg. T. I, S.
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bbb) Einwände Gegen diese Vorstellung haben sich i n neuerer Zeit Stimmen erhoben 3 0 0 . Insbesondere Böttvcher hält die Einreihung des Rechts des Offertenempfängers unter die Gestaltungsrechte für unvereinbar mit deren rechtlicher Natur. I n seiner „Besinnung auf das Gestaltungsrecht" 3 0 1 bringt er eine Fülle von Argumenten. Das Charakteristische am Gestaltungsrecht ist für i h n der „Einbruch i n das materielle Vertragsbzw. Mitwirkungsprinzip" 3 0 2 . Zwar sei eine „Verwandtschaft" eines langfristigen Kaufangebots m i t einem vertraglich eingeräumten Optionsrecht nicht zu leugnen; dies fördere „die Versuchung, von Gestaltungsrechten zu sprechen". Doch führe „das Gestaltungsrecht des Empfängers einer Offerte zu einer Zerfaserung des Vertrages i n einseitige Rechtsgeschäfte". Man gerate i n Widerspruch zu den §§ 111, 180 BGB, denn „wäre die Annahme der Offerte . . . durch einen Minderjährigen oder vollmachtlosen Vertreter ein einseitiges Rechtsgeschäft, dann wäre sie unwirksam, während der Vertrag nach §§ 108, 177 BGB schwebend wirksam ist". Es störe die „Symmetrie des Vertrages", wenn aus den Vertragserklärungen „letztlich einseitige Rechtssetzungen m i t Zustimmungen der anderen Vertragspartei" gemacht würden. Die Bindung des Offerenten diene nur der Technik des Vertragsschlusses, sie sei i n Wahrheit nur „Selbstbindung". Schließlich verlange § 305 BGB sinngemäß auch für die Einräumung eines Gestaltungsrechts einen Vertrag und nicht nur eine „einseitige Ermächtigung" 3 0 3 . ccc) Widerlegung Der Begriff „Gestaltungsrecht" war lich plastischer Oberbegriff für eine men systematisch erfaßter Rechte mit weniger, aber auch nicht mehr 3 0 4 . Bei
von Seckel gemeint als sprachGruppe bisher nur unvollkombesonderer Charakteristik; nicht Bötticher w i r d dieser Begriff nun
162 (der i r r t ü m l i c h meint, Seckel habe diesen F a l l nicht erwähnt); Palandt/ Heinrichs, § 145, A n m . 3; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 4 d a a ; Walsmann, Verzicht, S. 106; Lorenz, Vorzugsrechte, S. 106 f.; Lehmann / Hübner, A l l g . T., S. 236; Wolf, A l l g . T., S. 295; Forkel t Grundfragen, S. 130; Blomeyer, Promesse, S. 300; Röser, Ankaufsrecht, S. 29; w o h l auch Lange, A l l g . T., S. 245; auch noch Larenz, Option, S. 209. Ferner RG (9. 2. 31) Z 132, 6 (7). 800 Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 52 - 54, u n d ders., Unterwerfung, S. 13 f. I h m folgend nunmehr auch Larenz, A l l g . T., S. 437, Schumann, Option, S. 17 22, u n d Georgiades, Optionsvertrag, S. 420 f. Vorläufer dieser Ansicht ist Würdinger, Anwartschaft, S. 75 f. 801 S. 52 - 54. 802 Gestaltungsrecht, S. 45. 303 Gestaltungsrecht, S. 53; Einbruch, S. 14. 304 Vgl. Seckel, Gestaltungsrechte, S. 10 - 12, u n d dazu Dölle, Entdeckungen, S. B 10 - B 12, w i e auch Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 41.
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von seinem Unterbau gelöst und isoliert betrachtet; er ist nicht — wie bei Seckel — Endpunkt, sondern Ausgangspunkt der Überlegung, etwa wie ein noch zu interpretierender Gesetzesbegriff. Das ist er aber nicht. Ob man das Recht des Offertenempfängers als Gestaltungsrecht sieht oder nicht, hat darum mit der Anwendbarkeit der §§ 111, 180, 108, 177 nichts zu tun. Denn die Annahme einer Offerte bringt den Vertrag „einseitig" in dem Sinne hervor, daß keine weitere Willenserklärung mehr erforderlich ist, die rechtlichen Wirkungen herbeizuführen. Daß die Annahme damit auch „einseitges Rechtsgeschäft" i m Sinne anderer Vorschriften sein muß, ist damit nicht gesagt. Tatsächlich ist sie es nicht, weil für sie die Regeln des Vertragsrechts gelten. Ebenso geht es m i t den übrigen Argumenten. Wieso soll die „Symmetrie des Vertrages" gestört sein? Das BGB geht von der — leider oft illusionären — Vorstellung aus, daß die Parteien die Vertragsbedingungen i n freiem Interessenwiderstreit aushandeln. Dann aber — das ist nun einmal die gesetzliche Vorstellung vom Zustandekommen des Vertrags — faßt eine Partei das Ergebnis i n ein Angebot zusammen 3 0 5 , und die andere Partei kann es annehmen und den Vertrag damit zustande bringen. Eine Änderung gilt als Ablehnung mit neuem Antrag (§ 150 Abs. 2 BGB)! Durch übereinstimmenden Beschluß schließt man nach dem BGB gemeinhin keinen Vertrag 3 0 6 . Und wenn das Gesetz dem Angebotsempfänger das Recht gibt, anzunehmen oder abzulehnen, dann kann man die Frage, ob dies ein Gestaltungsrecht ist, nicht mit der Behauptung verneinen, ein Gestaltungsrecht könne gemäß § 305 BGB nur vertraglich begründet werden. Denn das ist es ja, was erst bewiesen werden sollte. Wenn man, wie Bötticher, von einem losgelösten Begriff „Gestaltungsrecht" ausgeht und hieraus folgert, verliert man den Boden. Entscheidend ist vielmehr nur, wie man diese Gruppe von Rechten definiert und welche Rechte diese Merkmale erfüllen. Natürlich kann man den Begriff mit Bötticher beschränken auf „Eingriffe i n das materielle Vertragsprinzip"; man kann sich auch auf einen anderen Inhalt eini305 Vgl. Lehmann / Hübner, Allg. T., S. 235; Wolf, A l l g . T., S. 293, 297 ( „ . . . rechtsgeschäftliche E r k l ä r u n g des Einverständnisses m i t . . . Vertragsantrag"); Flume, Rechtsgeschäft, S. 635, 650; Staudinger / Coing, § 145, Rdn. 2; Larenz, Allg. T., S. 439 („uneingeschränkte Zustimmung zu dem Vertragsangebot"). 308 Auch wenn ein „schriftlich formulierter Vertrag von beiden Parteien unterschrieben" w i r d , ist das — entgegen Georgiades, Optionsvertrag, S. 421, Fn. 40 — nichts anderes. Natürlich kann man noch andere Entstehungsgründe f ü r Schuldverhältnisse erfinden. Doch muß man sie dem System aufpfropfen, u n d es sind dann keine „Verträge" mehr. Die „faktischen V e r träge" etwa wären, sollten sie sich durchsetzen, n u r Tatbestandsformen neuer „gesetzlicher" Schuldverhältnisse.
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gen 3 0 7 : Letztlich handelt es sich doch nur um eine zweitrangige Frage der Bezeichnung. Doch kann man nicht einen einfachen Ordnungsbegriff — mehr ist das „Gestaltungsrecht" nicht — mystifizieren und dann zur Grundlage ausgedehnter Schlußfolgerungen machen. A n solcher Argumentation scheint die Interessenjurisprudenz spurlos vorbeigegangen zu sein! Für solche Differenzierungen ergibt sich auch kaum eine Notwendigkeit. Grob gesehen gibt es neben der Gruppe der Ansprüche und der Herrschaftsrechte eine Gruppe von Rechten auf unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsänderung, sei es durch Rechtsgeschäft, sei es — nach anderer Ansicht — auch durch sonstige Handlungen. Das sind die Gestaltungsrechte 308 . Die Frage, ob ein Vertragsangebot ein solches Recht gibt, kann man nur bejahen 3 0 9 . Denn nachdem das Angebot bereits i n der Welt ist, bedarf es nur noch der Annahme, u m das Vertragsverhältnis zum Entstehen zu bringen. Das Recht zur Annahme ist ein Gestaltungsrecht 310. Es ist also das Vorkaufsrecht auch dann ein Gestaltungsrecht, wenn die „Offertentheorie" zutrifft 3 1 1 . Gestaltungs Wirkung ist dann das Zustandebringen, nicht (wie bei der „Bedingungstheorie") das Wirksamwerden-Lassen des Vertrages. cc) Andere „Theorien" Ähnlich ist es, wenn man sich eine der anderen „Theorien" zu eigen macht: aaa) „Vorvertragstheorie" Ist — nach Dernburgs Vorvertragstheorie 3 1 2 — die Ausübung des Vorkaufsrechts ein Vertragsantrag, dessen Annahme es nicht mehr bedarf, so bleibt auch ein solches Recht, ein Vertragsverhältnis herbeizuführen, ein Gestaltungsrecht. 307 Das g i l t z.B. auch für die Auffassung von Würdinger, Anwartschaft, S. 73 f. 308 Vgl. Seckel, Gestaltungsrechte, S. 7 - 1 2 : „Dagegen fehlt i m Gesetz ein Terminus für den zusammenfassenden Oberbegriff . . . Ich möchte v o r schlagen, die fraglichen Rechte als Gestaltungsrechte zu benennen." 309 M i t den oben, Fn. 299, Genannten. 310 Nicht dagegen das Recht zur Abgabe eines Vertragsantrages; es ist Ausfluß der allgemeinen Freiheit, rechtswirksam zu handeln. Vgl. auch Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 588, m. Nachw. 311 So w o h l auch für Option u n d Wiederkaufsrecht Henrich, Vorvertrag, S. 238, 241 f. Über die Zusammenhänge vgl. unten 5 b. 312 Oben A I 3.
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bbb) „Ermächtigungstheorie" Hält man — m i t Laue 3 1 3 — den Vorkaufsberechtigten zum Selbstkontrahieren für ermächtigt, so gilt dasselbe 314 . Könnte der Vorkaufsberechtigte schließlich eine Vertragsübernahme einseitig herbeiführen 3 1 5 , wäre dies erst recht ein Gestaltungsrecht. dd) Ergebnis Es zeigt sich somit bereits, daß die Polarisierung i n der Literatur zwischen der „Gestaltungsrechts-" und den übrigen „Theorien" zu Unrecht besteht. Daß das Vorkaufsrecht ein Gestaltungsrecht ist, erklärt nicht seine rechtliche Struktur. Andererseits nötigen die verschiedenen Erklärungen nicht dazu, seinen Charakter als Gestaltungsrecht zu leugnen. Es handelt sich — was gewöhnlich verkannt w i r d — u m zwei verschiedene Aspekte desselben rechtlichen Erscheinungsbildes. Nur ist die Frage nach dem inneren Grund die wichtigere und interessantere 316 . 2. „Gestaltungsrechtstheorie"
Gibt es unter den Erklärungen überhaupt eine „richtige"? Heck bezweifelt dies, entscheidet sich aber doch 317 . Zu Recht: Unter den Erklärungen ist diejenige die „richtige", welche der Interessenlage, den systematischen und den historischen Zusammenhängen am ehesten entspricht und aus der sich dann die rechtspolitisch erwünschten Folgerungen möglichst widerspruchslos herleiten lassen. Die nächstliegende Lösung wäre die: Das Gestaltungsrecht des Vorkaufsrechts beruht auf dem Gesetz; eine weitere Erklärung ist daher überflüssig. Das Gesetz legt die Tatbestandsmerkmale fest, deren Folge ein Vorkaufsrecht ist. Diese sind verschieden bei den verschiedenen Vorkaufsrechten: bei den gesetzlichen, beim dinglichen und beim schuldrechtlichen. Beim letzteren ist Tatbestand der Abschluß eines Vertrages eigener A r t , des Vorkaufsvertrages; Folge ist die Entstehung 813
Oben A I 4. Vgl. die Beispiele bei v. Tuhr, Allg. T. I, S. 163 (Befugnis, eine BlancoUrkunde auszufüllen u n d dadurch eine Verpflichtung des Ausstellers zu schaffen) u n d Fn. 11: „Das Recht des Adressaten einer Offerte hat eine gewisse Ähnlichkeit m i t der Befugnis eines Bevollmächtigten . . . " Ferner Walsmann, Verzicht, S. 107. 315 Vgl. oben A I 2. 316 Begriffsverwirrung findet sich auch bei Fikentscher, Schuldrecht, S. 407: „Das Vorkaufsrecht ist (!), wie das Wiederkaufsrecht, eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Berechtigten." 317 Schuldrecht, S. 284: Die „Bezeichnung als bedingtes Kaufgeschäft" sei „ a m meisten zu empfehlen". 314
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des Vorkaufsrechts. Es hat seinen inneren Grund i m Gesetz, das die Begründung eines solchen Rechtes durch Vertrag vorsieht. Diese Vorstellung dürfte sich zum Teil hinter der „Gestaltungsrechtstheorie" verbergen, soweit diese nicht bei der bloßen Namensgebung stehen bleibt. Einige Autoren haben dies auch mehr oder minder deutlich zum Ausdruck gebracht 818 . Soweit es sich u m gesetzliche Vorkaufsrechte handelt, kann man sich mit dieser Erklärung gewiß zufrieden geben; ebenso beim dinglichen Vorkaufsrecht wegen des numerus clausus der Sachenrechte. Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht aber ist nach einhelliger Auffassung kein spezielles, gesetzlich zugelassenes Sonderrecht. Es ist vielmehr gesetzliche Konkretisierung einer allgemeinen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeit, Unterfall eines „allgemeinen Einlösungsrechts" 319 mit großer Variationsbreite 3 2 0 . Wenn dies so ist, reicht die enge gesetzliche Normierung des Vorkaufsrechts aber als Grund für die Entstehung eines solchen Gestaltungsrechts nicht mehr aus; sie ist nur Ausgestaltung eines allgemeineren Prinzips i n einem wichtigen Einzelfall. Das Vorkaufs-Gestaltungsrecht kann daher nur unmittelbar 821 aus dem zugrunde liegenden Vorkaufsvertrag hergeleitet werden. Das bedeutet: Dieser Vertrag muß die Vertragsbausteine unseres Schuldrechts in solcher Weise enthalten, daß für den Berechtigten das Gestaltungsrecht „Vorkaufsrecht" entsteht. Die Erklärung, infolge unseres Prinzips der Vertragsfreiheit stünde es den Parteien frei, nach § 305 BGB ein Gestaltungsrecht wie das Vorkaufsrecht zu vereinbaren 3 2 2 , einer besonderen Analyse bedürfe es da818
I n voller Sdiärfe w o h l n u r erkannt von Walsmann, Wollensbedingung, S. 225: „Der i m Vertrag zum Ausdruck gebrachte Parteiwille vermag die einseitige E r k l ä r u n g m i t dieser K r a f t zu versehen, w e n n u n d soweit das Gesetz dem Partei w i l l e n die Macht dazu einräumt." — Siehe auch S. 277. Vgl. ferner Seckel, Gestaltungsrechte, S. 23; Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 41; Oertmann, vor § 497, A n m . 2 d; Würdinger, Anwartschaft, S. 73 - 75, 79; Binder, Rechtsstellung, S. 118 f., Fn. 107. 819 Nipperdey, Vorhand, S. 302; Henrich, Vorvertrag, S. 296 f.; Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 2, § 504, Rdn. 1; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 1; Kreß, Schuldrecht, S. 50 - 54. 820 Vormiete, Vorpacht, Vortausch, u m die einfachsten zu nennen. Vgl. Nipperdey, Vorhand, S. 302; Henrich, Vorvertrag, S. 297. Denkbar wäre z.B. auch ein Einlösungsrecht bezüglich jedes einen Gegenstand betreffenden Vertrages; hierzu auch Kreß, Schuldrecht, S. 50 - 54. 821 Georgiades, Optionsvertrag, S. 422, u n d neuerdings Larenz, Schuldrecht, S. 105, sowie A l l g . T., S. 437 f., w o l l e n diese Konsequenz umgehen, indem sie behaupten, das spätere, einseitig ins Leben gerufene Vertragsverhältnis beruhe „wenigstens m i t t e l b a r " auf dem Vorkaufs- (bzw. Options-)Vertrag. Das ist unklar. Woher soll diese „mittelbare" W i r k u n g kommen, w i e f u n k tioniert sie, w i e erklärt sie sich, was w i r d wodurch „ v e r m i t t e l t " ? 322 Sie liegt offenbar den Ausführungen von Larenz, Schuldrecht, S. 105 f., 108 f., zugrunde. Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 53, u n d Unterwerfung, S. 14,
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her nicht, ist einfach, aber unrichtig. Die Vertragsfreiheit gibt die Befugnis, Schuldverhältnisse beliebigen Inhalts durch Vertrag zu begründen (§ 305 BGB). Sie ist eine rechtliche Handlungsfreiheit innerhalb des Systems unseres Schuldrechts. Die vertragliche Begründung eines abstrakten Gestaltungsrechts, das selbst m i t dem zugrunde liegenden Vertrag nichts mehr zu tun hat, — wie die neuere Gestaltungsrechtstheorie es sieht, — sprengt aber das System. Hier w i r d kein Schuldverhältnis begründet, sondern das Recht, später durch rechtsgeschäftliche Erklärung ein Schuldverhältnis einseitig herbeizuführen. Wenn sich ein solches Recht aus vertragsrechtlichen Elementen nicht erklären ließe, bliebe nur die Berufung auf das (spezielle) Gesetz. Die allgemeine Vertragsfreiheit jedenfalls gewährt diese Möglichkeit nicht 3 2 3 . 3. Andere „Theorien"
Es bleibt daher nichts anderes übrig: Wenn das schuldrechtliche Vorkaufsrecht Erscheinungsform eines allgemeinen Einlösungsrechts ist, muß eine der anderen Theorien zutreffen. a) „Eintrittstheorie" Von vornherein auszuscheiden ist die „Eintrittstheorie" — sollte es sie je gegeben haben. Denn sie erklärt nicht, sondern sie verfälscht den Inhalt des Vorkaufsrechts: Daß das Rechtsverhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem nicht m i t dem zwischen Verpflichtetem und Drittkäufer identisch ist, kann schon nach der gesetzlichen Regelung keinem Zweifel unterliegen 3 2 4 . b) „VorVertragstheorie" Die Dernburgsche Vorvertragstheorie erklärt die Ausübung des Vorkaufsrechts als einen Vertragsantrag, dessen Annahme durch gesetzfolgert geradezu, wegen § 305 müsse dem Gestaltungsrecht ein Vertrag zugrunde liegen; daher könne das Recht aus einer Offerte kein Gestaltungsrecht sein! Dazu oben A I I 1 c bb ccc. Auch die Zwitterlösung von Georgiades, Optionsvertrag, S. 410 - 424, bei der Option k a n n nicht überzeugen; oben Fn. 321. 323 Ebenso w o h l Soergel / Ballerstedt, vor § 497, Rdn. 8, vor § 504, Rdn. 5, u n d vielleicht Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 470 (Wiederkauf). Z w e i felnd auch schon Seckel, Gestaltungsrechte, S. 23: „Die Frage, ob . . . auch die Z a h l der Gestaltungsrechte geschlossen ist, w i r d man anscheinend eher zu bejahen als zu verneinen haben. A m leichtesten noch w i r d m a n geneigt sein, auf dem Gebiet des Schuldrechts private Neuschöpfungen von Gestaltungsrechten zuzulassen;..." 324 § 482 Satz 2 des Entwurfs wurde gestrichen, u m ein solches „ M i ß v e r ständnis" auszuschließen: Prot. I I , S. 100. Diese Vorschrift sollte lauten: „ V o n dem Berechtigten sind insbesondere alle Verbindlichkeiten zu erfüllen, w e l che der D r i t t e i n dem m i t i h m geschlossenen Vertrage übernommen hat."
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T e i l 2: Rechtsnatur — A . Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
liehe Anordnung ersetzt werde 3 2 5 . Sieht man einmal davon ab, daß schon der Zusammenhang mit dem „Vorvertrag" nicht recht ersichtlich ist, so läuft auch diese Theorie darauf hinaus, daß letztlich der Grund in einer speziellen gesetzlichen Anordnung zu finden ist, nämlich i n der (nicht einmal ausgesprochenen) 326 Ersetzung der sonst notwendigen Annahme, „nicht anders wie nach C. P. O. § 894". Bereits aus den oben dargelegten Gründen muß man diese Theorie ablehnen 3 2 7 . c) „Ermächtigungstheorie" Laue328 arbeitet wiederum mit einem unklaren Ermächtigungsbegriff, der Vollmacht ähnlich, aber doch anders. A u f Grund dieser Ermächtigung soll der Berechtigte bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch Selbstkontrahieren auch für den Verpflichteten handeln und so einen Kaufvertrag zustande bringen. Diese Vorstellungen, denen sich — zu Recht — bis heute niemand angeschlossen hat 3 2 9 , stecken voller Widersprüche. Bereits die hier beschriebene „Ermächtigung" scheint eine Zweckerfindung zu sein, die es sonst i n dieser Form nicht gibt. Außerdem: Wenn der Berechtigte den Vorkauf erklärt, so w i l l er damit sein eigenes Recht ausüben; es fehlt i h m jedes Bewußtsein, (auch) für einen anderen, den Verpflichteten, zu handeln. Die Ausführungen Laues sind an anderer Stelle zutreffend i m einzelnen widerlegt worden 3 3 0 ; eine erneute eingehende Auseinandersetzung mit ihnen erübrigt sich hier. 4. „Bedingungstheorie"
Die Entscheidung hat nach dem bisher Gesagten zwischen der „Theorie des doppelt bedingten Kaufs" und der „Offertentheorie" zu fallen.
325
Oben A I 3. Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 580; Oertmann, vor § 504, A n m . 3 a f. 327 A I I 2. Weitere Gründe bei Lewandowski, ebd.; Oertmann, ebd.; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 469 f. (Wiederkauf); Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 39 (Wiederkauf); Endemann, Bürg. R. I., S. 617, Fn. 7. 328 Vgl. oben A I 4. 329 Y g i a b e r auch die — anders geartete — „Verpflichtungsermächtigung" Bettermanns, JZ 1951, S. 321 - 326, u n d hierzu Bötticher, Unterwerfung, S. 13. — Ähnlichkeit besteht freilich zu einer Variante der heutigen Gestaltungsrechtstheorie bei der Option; vgl. Schumann, Option, S. 25 f.: „Der Optionsberechtigte verfügt insoweit auch über das Mitwirkungsrecht des Partners, dessen sich dieser schon bei Einräumung der Option begeben h a t ; . . . " 326
330 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 580-585. F ü r eine solch hergeholte Lösung besteht kein Bedürfnis, jedenfalls solange einleuchtendere zur V e r fügung stehen.
I I . Stellungnahme u n d Lösung
a) Argumente aus Gesetzeswortlaut
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und Rechtsfolgen
Daß der Vorkaufsvertrag ein doppelt bedingter Kauf sei, bedingt nämlich durch Veräußerung und Ausübungserklärung, ist auch heute noch die am weitesten verbreitete Ansicht 3 3 1 . Diese „Theorie" ist hauptsächlich motiviert i m Bemühen der Gerichte, den Vorkaufsvertrag bei Grundstücken der Formvorschrift des § 313 BGB zu unterstellen 3 3 2 . Außerdem sollte der „bedingte Anspruch" des Berechtigten m i t der Vormerkung sicherbar sein, wofür insbesondere bei dem ähnlichen Wiederkaufsrecht ein Bedürfnis besteht, weil es nicht i n dinglicher Form vorkommt 3 3 3 . Beide Ergebnisse meinte man nur — oder am leichtesten — m i t der „Bedingungstheorie" erreichen zu können. Auch i n der Literatur tauchen diese „Gründe" auf 3 3 4 . Nun muß es aber bereits bedenklich erscheinen, Rechtsfolgen — wenn auch rechtspolitisch erwünschte — allein als Begründung für die Rechtsnatur eines Instituts anzuführen. Zwar ist auch die Vereinbarkeit m i t rechtspolitisch vernünftigen Folgerungen ein Anzeichen für die Richtigkeit einer Konstruktion. Beläßt man es aber dabei, so rückt die Argumentation i n die Nähe einer petitio principii. Ein solcher Schluß allein von den Rechtsfolgen könnte überhaupt nur dann zulässig sein, wenn jede andere dogmatische Deutung insoweit versagen würde. Das ist beim Vorkaufsrecht — wie sich zeigen w i r d — nicht der Fall, und es gibt auch keinen ernsthaften Versuch, dies nachzuweisen. Die „Bedingungstheorie" steht i m Einklang mit § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Ausübung des Vorkaufsrechts formfrei ist 3 3 5 . Aber: Bedarf man einer Begründung, wo das Gesetz die Formfreiheit selbst anordnet? Es kann dies auch tun, u m einen Grundsatz zu durchbrechen 336 . 331
Vgl. oben A I 6. So besonders RG (24.1.10) Z 72, 385 (entgegen der eigenen Behauptung S. 389); RG (13. 6. 32) Z 137, 29 (33: „ . . . n u r deshalb, w e i l sich der Eigentümer . . . bedingt verpflichtet"); ferner oben Fn. 285. Vgl. auch Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 47; Lorenz, Vorzugsrechte, S. 116 f.; Schumann, Option, S. 5. 333 RG (17.10.08) Z 69, 281; RG (25.2.22) Z 104, 122; Wittmaack, Vorkaufsrecht, Sp. 467 f.; Bendix, Vorkauf, S. 601 f. Vgl. auch R G (29.10.26) J W 1927, 1432, u n d Raape,Wollensbedingung, S. 54. 334 Z. B. bei Soergel / Ballerstedt, vor § 497, Rdn. 8, vor § 504, Rdn. 5. 335 Hierauf berufen sich z. B. Staudinger / Ostler, vor § 497, Rdn. 10, vor § 504, Rdn. 8; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 470 (Wiederkauf); Leonhard, Schuldrecht, S. 99 f. (Wiederkauf); Crome, System I I , S. 495. Vgl. auch Oertmann, vor § 504, A n m . 3 d. 336 Siehe auch Henrich, Vorvertrag, S. 238, Fn. 24, 274 (betr. § 497 Abs. 1 S. 2 B G B ) ; Larenz, Schuldrecht, S. 106. 332
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T e i l 2: Rechtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
Die „Bedingungstheorie" hat den Vorzug, daß es sich beim Vorkauf wirklich u m einen „ K a u f " handelt 3 3 7 . Dieser Vorzug besteht jedoch nur der „Gestaltungsrechtstheorie" gegenüber, die ihre Not hat, zu erklären, warum das Gesetz von einem „ K a u f " spricht, und die ein gesetzliches Rechtsverhältnis, einen Kauf nur den Rechtsfolgen nach 3 3 8 , annimmt. Entgegengehalten w i r d der „Bedingungstheorie" § 505 Abs. 2 BGB, wonach der Kauf mit Ausübung des Vorkaufsrechts „zustandekommt" 3 3 9 . Das deutet darauf hin, daß das „KaufVerhältnis" erst i n diesem Zeitpunkt tatbestandlich vollendet ist. „Was zustandekommt, war vorher nicht d a " 3 4 0 . Bei der Bedingung spricht das Gesetz dagegen gewöhnlich vom „ E i n t r i t t der Wirkung" (§ 158 BGB). Hinzu kommt, daß es sich beim gern als Beispiel herangezogenen Kauf auf Probe ebenfalls einer anderen Formulierung bedient 8 4 1 . Letztlich kann man wohl keinem der auf den Orakelsprüchen des Gesetzes basierenden Argumenten großes Gewicht beimessen: wollte doch der Gesetzgeber den Theorienstreit ausdrücklich offenlassen 342 . Wesentlich ist der Einklang m i t den Interessen der Beteiligten und mit der Systematik des BGB. b) Interessenmaßstab Es wurde schon erwähnt, daß Vorkaufsrechte zwei Arten von Interessen des Berechtigten dienen: einem positiven (Erwerbsinteresse) und einem negativen (Kontroll- oder Abwehrinteresse). Bereits bei den Näherrechten, auf die sich unser Vorkaufsrecht — auch das schuldrechtliche — i n gerader Linie zurückführen läßt 3 4 3 , überwog das letztere: Die Näherrechte sollten gewöhnlich helfen, Güter innerhalb eines bestimmten Personenkreises festzuhalten, ohne dabei ihre Veräußerung 337
Leonhard, Schuldrecht, S. 99 f. (Wiederkauf). Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 41, 42; Oertmann, vor § 497, A n m . 2 d, vor § 504, A n m . 3 e; Cosack / Mitteis, Bürg. R., S. 572; Larenz, Schuldrecht 9. A u f l . (1968), S. 105, Fn. 2. Nunmehr (S. 109, Fn. 2) abgeschwächt, da das Vorkaufs-Rechtsverhältnis jetzt doch („mittelbar"!) auf dem ursprünglichen Vertrag beruhen soll: S. 105 u n d Allg. T., S. 437 f. 339 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 578; Henrich, Vorvertrag, S. 237 f. (betr. § 497 B G B ) ; Planck / Knoke, vor § 497, A n m . 3 (Wiederkauf); Larenz, Schuldrecht, S. 105 (Wiederkauf), 109 („Obgleich die Ausdrucksweise des Gesetzes eindeutig f ü r ein Gestaltungsrecht spricht, . . . " ) ; Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 40 (Wiederkauf); Lorenz, Vorzugsrechte, S. 116. 340 Henrich, Vorvertrag, S. 238. 341 § 495 Abs. 1, S. 2 B G B : „Der K a u f ist i m Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der B i l l i g u n g geschlossen." 342 Vgl. auch Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 5; Mot. I I , S. 346 f. 343 Das wurde oben, T e i l 1, E I V , nachgewiesen. 338
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zu verbieten 3 4 4 . Näherrechte, die dem Interesse des Berechtigten am Erwerb, an der Vergrößerung seines Besitzes, dienten, waren ganz selten. Die Näherrechte waren entstanden aus der Pflicht, die Sache den Berechtigten zuvor anzubieten; daraus war ein Recht geworden, i m Retraktsfalle ein kaufähnliches Rechtsverhältnis selbständig zustandezubringen. I m Interesse des Berechtigten lag daher, ein Kaufrechtsverhältnis zu erzwingen, wenn der Fall eintrat, daß dies notwendig wurde. Solange es nicht soweit war, brauchte er die Möglichkeit, die Rechtsmacht, eine Überlassung des Gegenstandes an sich durchzusetzen, sei es dadurch, daß er — wie zu Anfang — die Sache schlicht von jedem her aus verlangen konnte, sei es, daß er später durch seine Erklärung ein Kaufrechtsverhältnis herbeiführen konnte. Ähnlich hatte er beim römischrechtlichen Vorkaufsrecht einen Anspruch auf Abschluß eines entsprechenden Verhältnisses. Vor diesem Zeitpunkt der Aktualisierung hatte (und hat) der Berechtigte kein Interesse an einem Anspruch auf Übertragung der Sache; auch nicht an einem „bedingten". Dient das Recht seinem A b wehrinteresse, so mag er sogar hoffen, es niemals ausüben zu müssen. Solange die Sache innerhalb des begrenzten Kreises bleibt, hat niemand ein Interesse an einer Veränderung; der oder die Berechtigten nicht, und der Verpflichtete schon gar nicht. Das Gleichgewicht i n der Rechtsordnung beruht darauf, niemandem mehr zu geben, als sein Interesse es verlangt. Warum sollte dem Berechtigten ein tatbestandlich abgeschlossener, nur noch bedingter A n spruch auf Übertragung der Sache aufgedrängt werden, an dem er kein Interesse hat, wenn er .lediglich das Recht braucht, dem Betreffenden ein solches Verhältnis später — falls erforderlich — notfalls aufzuzwingen? Gegen wen sollte ein solcher bedingter Anspruch beim dinglich wirkenden Retrakt — der auch und gerade gegen den Erwerber zielte — gerichtet sein? Einen bedingten Anspruch m i t unbestimmtem Schuldner gibt es nicht; zu jedem Anspruch gehören wenigstens zwei. Beim gemeinrechtlichen Vorkaufsrecht wurde die Zäsur ganz deutlich: Bis zum Vorkaufsfall gab es nur einen bedingten Anspruch auf Vertragsabschluß. Etwas anderes mag gelten, wenn das Näher- oder Vorkaufsrecht dem Erwerbsinteresse des Berechtigten dient. Ein bereits vorhandener bedingter Erwerbsanspruch wäre dem Berechtigten sicher recht. Aber einerseits kann man das Rechtsinstitut nicht aufspalten, und das A b wehrinteresse stand und steht wohl auch noch i m Rechtsleben weit i m Vordergrund, und andererseits dürfen die Interessen des Verpflichte344
Vgl. oben, T e i l 1, C I I .
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ten nicht außer Acht gelassen werden. Ein dem Erwerbsinteresse des Berechtigten dienendes Vorkaufsrecht w i r d meist eingeräumt, w e i l der Eigentümer zur gegenwärtigen Veräußerung nicht bereit ist, aber einem Sicherungsbedürfnis — etwa eines Pächters oder eines Nachbarn — entgegenkommen w i l l . I n seinem Interesse liegt es, eine möglichst wenig weitgehende Belastung auf sich zu nehmen. Er w i l l dem Berechtigten keinen bedingten Anspruch gegen sich geben, sondern er w i l l i h m die Gewißheit geben, bei einem möglichen späteren Verkauf vorgezogen zu werden, und eine Möglichkeit, dies durchzusetzen. A n dieser Interessenlage hat sich durch die Regelung i m BGB nichts geändert 3 4 5 . Z w a r w a r der Retrakt weitgehend ein gesetzlicher, während das BGB die gewillkürte Form des Vorkaufsrechts i n den Vordergrund stellt. Die Struktur der zugrunde liegenden Interessen berührt dies aber nicht; sie ist unabhängig von dem Entstehungsgrund und beim gesetzlichen und vereinbarten Vorkaufsrecht grundsätzlich gleich. Die „Konstruktion" des obligatorischen Vorkaufsrechts muß auf dieser Interessenlage aufbauen. Die Interessen, die unmittelbar einem Kauf zugrunde liegen, sind dagegen einfacher: Der Käufer w i l l die Sache (gegen Hingabe von Geld) erwerben; der Verkäufer w i l l das Geld (gegen Hingabe der Sache) bekommen. Nun muß man davon ausgehen, daß die zugrunde liegenden Interessen bei einem aktuellen und bei einem bedingten Vertrag grundsätzlich dieselben sind; die Bedingung bringt nur eine zusätzliche Ungewißheit oder zeitliche Verzögerung 346 . Das ist deutlich beim Kauf auf Probe (§ 495 BGB) zu sehen, wo die Kauf-Interessen unverfälscht erhalten geblieben sind. Dem Vorkaufsrecht liegen — wie gezeigt — ganz andere Interessen zugrunde als den Rechten aus einem Kaufvertrag. Das spricht dagegen, es als bedingte Form eines solchen Kaufvertrages anzusehen 347 . 345 So begründen die Motive ( I I I , S. 448 f.) die Zulassung eines dinglichen Vorkaufsrechts i n erster L i n i e m i t dem Kontrollinteresse des Großgrundbesitzers, der Boden an Landarbeiter veräußert hat. Endemann, Bürg. R. I I , S. 693, gibt weitere Erläuterungen u n d verweist auf andere Möglichkeiten, das dingliche Vorkaufsrecht zu nutzen, z. B. u m ein Gut i m Besitz einer Familie zu halten. Auch diese Beispiele zeigen, wie das Kontrollinteresse i m Vordergrund steht. Eine unerfreuliche Nuance findet sich bei Kuhlenbeck, BGB, S. 615, Fn. 2: Die „Ueberfluthung des Landes m i t undeutschem (slawischem) Arbeiterproletariat" sei zu verhindern (vgl. oben Fn. 255). — Von den neueren Autoren vgl. Westermann, Sachenrecht, S. 621: „Das bewilligte Vorkaufsrecht ist somit Folge der Interessenlage, die i m deutschen Recht zu den Näher rechten führte." 346 Vgl. auch Henrich, Vorvertrag, S. 239: „ I c h halte das Argument, eine Bedingung sei stets n u r als Modalität eines Vertrages denkbar, der auch ohne sie müsse bestehen können, i m m e r noch f ü r überzeugend." Ferner Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 577. 347 Larenz spricht davon, ein bedingter Vertrag widerspräche der „psycho-
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c) Dogmatische Bedenken Die anderen Bedenken sind dogmatischer Natur. Nach der „Bedingungstheorie" handelt es sich bei der Ausübungserklärung des Vorkaufsrechts um die Erfüllung einer Wollensbedingung (nachdem die andere Bedingung, der Verkauf an einen Dritten, eingetreten ist). Nun ist es schon eine merkwürdige Sache, daß jemand sich (jetzt) verpflichtet für den Fall, daß er später einmal w i l l . Die Zweifel um die Zulässigkeit einer solchen Bedingung ziehen sich denn auch vom römischen Recht bis i n unsere Zeit 3 4 8 . Ihre grundsätzliche Klärung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Einige Erwägungen können aber angestellt werden. Als Beweis für die Zulässigkeit von Wollensbedingungen w i r d immer auf das Beispiel des § 495 BGB (Kauf auf Probe) verwiesen 3 4 9 . Demgegenüber meinen andere, es handele sich beim Kauf auf Probe um eine gesetzliche Ausnahme vom Prinzip, die auf den ausdrücklich geregelten Fall beschränkt bleiben müsse 350 . Wie dem auch sei: Es bestehen i n jedem Fall Unterschiede zwischen der „Bedingung" des § 495 und der angeblichen des § 505 BGB. Das Gesetz spricht i m ersten Fall von einer „Billigung des gekauften Gegenstands". Diese Billigung w i r d zwar als rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Käufers angesehen, die den Kaufvertrag wirksam werden läßt. Trotzdem ist sie nicht identisch mit der Vertragserklärung des Käufers. Bei einem gewöhnlichen Kauf ist die Billigung des Kaufgegenstandes schon i n der Vertragserklärung des Käufers unausgesprochen enthalten; sonst würde er nicht kaufen. Diese inhärente B i l l i gung fehlt, wenn beim Kauf auf Probe der Käufer sich die Prüfung vorbehält. Die Billigungserklärung holt dies nach. Sie beruht letztlich logischen Situation" der Beteiligten; Schuldrecht, S. 102 (Wiederkauf). M i r scheint es richtiger, auf die Interessen abzustellen: m i t ihnen hat die Rechtswissenschaft zu tun, nicht m i t Psychologie. I n der Sache ist das Richtige gemeint: keine bedingte Verpflichtung, sondern lediglich eine Gebundenheit ist gewollt. Vgl. auch Henrich, Vorvertrag, S. 237; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 575 - 577; Kretzschmar, Sachenrecht, S. 405. 348 Vgl. n u r v. Tuhr, Allg. T. I I 2, S. 277; Raape, Wollensbedingung (insbes. S. 17-29); Walsmann, Wollensbedingung (insbes. S. 197 -211, 273-278); ten Hompel, Verständigungszweck, S. 109- 126; Blomeyer, Promesse, S. 297 -300; Flume, Rechtsgeschäft, S. 684-687; Schumann, Option, S. 9 - 1 6 ; Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 1190; Larenz, A l l g . T., S. 414. F ü r das gemeine Recht z. B. Goldschmidt, K a u f a. P. 349 RG (9.11. 07) Z 64, 42; RG (24.1.10) Z 72, 385; RG (23.11.11) Z 77, 415; ten Hompel, Verständigungszweck, S. 1091; Blomeyer, Promesse, S. 297; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 175; Flume, Rechtsgeschäft, S. 6841; Schumann, Option, S. 13 - 16 (kritisch); Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 1191. 350 Z . B . Walsmann, Wollensbedingung, S. 273, 288; Raape, Wollensbedingung, S. 51; Henrich, Vorvertrag, S. 237.
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auf dem Ergebnis einer Sachprüfung 851 , auch wenn diese Tatsache — weil die Billigung i m Belieben des Käufers steht — rechtlich ohne Konsequenzen bleibt. Die erste Erklärung heißt: „Ich w i l l die Rechte und Pflichten eines Käufers bezüglich eines bestimmten Kaufgegenstandes übernehmen, wenn und sobald ich erkläre, diesen Kaufgegenstand haben zu wollen." Die zweite: „Ich w i l l diesen Kaufgegenstand haben." Anders beim Vorkaufsrecht, wenn man es als Folge eines doppelt bedingten Kaufs ansieht. Die erste Erklärung i m Rahmen des Vorkauf svertragsschlusses lautet dann: „Ich w i l l die (durch den D r i t t vertrag konkretisierten) Rechte und Pflichten eines Käufers auf mich nehmen, sofern ich später erkläre, diese Rechte und Pflichten auf mich nehmen zu wollen." Und die zweite, die Ausübungserklärung: „Ich w i l l die (durch den Drittvertrag konkretisierten) Rechte und Pflichten eines Käufers auf mich nehmen." Die zweite Erklärung ist also ihrem Inhalt nach genau dieselbe wie die, die zum Abschluß des „bedingten" Vertrages erforderlich war. M i t anderen Worten: Der Vorkaufsberechtigte macht bei Abschluß des Vorkaufs Vertrages ( = des bedingten endgültigen Kaufvertrages!) die Wirksamkeit von der Bedingung abhängig, daß er denselben rechtsgeschäftlichen Willen nochmals erklärt 3 5 2 . Die darin liegenden Widersprüche hat am deutlichsten Walsmann 3 5 3 erkannt. Er hält generell für unzulässig eine Bedingung, „deren Inhalt ein zweiter rechtsgeschäftlicher Wille bildet, der auf dieselben Folgen gerichtet ist wie der das Geschäft begründende W i l l e " 3 5 4 . Zumindest ist sie unsinnig; denn es bedarf nur einer Willenserklärung dieses Inhalts als Grundlage für die Verpflichtung. 351 I n diesem Sinn schon Walsmann, Wollensbedingung, S. 259, 273 f.; w e i t gehend Schumann, Option, S. 14 - 16 (Billigungserklärung von Prüfungsergebnis abhängend!). Dies kann auch der innere G r u n d sein, w a r u m das Gesetz gerade an dieser Stelle eine „Wollensbedingung" zuläßt. Eine k r i t i k lose Verallgemeinerung verbietet sich. Vgl. auch Flume, Rechtsgeschäft, S. 684 f., Fn. 25. 352 Daß er beim zweitenmal die Bestimmungen des Drittvertrages kennt, ist unerheblich, w e i l dieser schon beim erstenmal m i t einbezogen ist u n d dem Vertrag erst seine — noch ungewisse — Ausgestaltung gibt. Es handelt sich hier auch nicht etwa u m eine „ B i l l i g u n g " des Drittvertrages, sondern u m die bloße Erklärung, ob man vertraglich gebunden sein w i l l oder nicht. 353 Wollensbedingung, S. 259, 275 f., 302. 354 Ebenso Raape, Wollensbedingung, S. 18-22, 25; z . T . auch Blomeyer, Promesse, S. 296-303; Schumann, Option, S. 9 - 1 6 (Wollensbedingung zugelassen, aber keine „Bedingung"). Vgl. dagegen aber v. Tuhr, A l l g . T. I I 2, S. 277, Fn. 49; er sieht „keine Schwierigkeiten bei der Vorstellung, daß das Rechtsgeschäft u n d die zur Bedingung gemachte Willenserklärung zusammenwirken, u m die gewollte Rechtslage herbeizuführen." E i n solches „ Z u sammenwirken" gibt es, w i e dargelegt, beim K a u f auf Probe, nicht aber hier, ten Hompel, Verständigungszweck, S. 120 f., w i l l unterscheiden zwischen dem „Verständigungswillen" beim Vertrag u n d dem „ W i r k u n g s w i l l e n " , w o -
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Das bedeutet: Entweder ist bei der „Bedingungstheorie" die Ausübung keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung; diese Möglichkeit ist wegen des Wortlauts der §§ 504, 505 BGB auszuscheiden. Dann bleibt nur, daß die erste Erklärung des Vorkaufs berechtigten i m Rahmen des Vorkaufsvertrages eben noch keine auf Abschluß des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung enthält, es einen solchen Vertrag folglich auch noch nicht bedingt 3 5 5 gibt 3 5 6 . Damit ist der „Bedingungstheorie" der Boden entzogen. d) Beurteilung Festzustellen bleibt, daß die „Bedingungstheorie" erhebliche Schwächen aufweist. Einige vernünftige Folgerungen lassen sich m i t ihr vereinbaren, setzen sie aber nicht — wie noch zu zeigen ist — voraus. Gegen sie sprechen der Gesetzeswortlaut (§ 505 Abs. 2 BGB: „kommt zustande"), die typische Interessenlage und dogmatische Gesichtspunkte. Es war das Unbehagen an dieser Theorie, das letzten Endes der „Gestaltungsrechtstheorie" ihren Zulauf gebracht hat 3 5 7 . 5. Offertentheorie
Diese Reaktion war jedoch, wie dargelegt, verfehlt. Es bleibt zu prüfen, ob die sog. Offertentheorie mit Recht i n Vergessenheit geraten ist oder ob sie plausiblere Erklärungen liefern kann. a) Gebräuchliche
Gegenargumente
Die gegen diese Theorie vorgebrachten Vorwürfe sind bemerkenswert stereotyp und wiegen nicht schwer. Es handelt sich i m wesentlichen u m zwei Argumente: bei sich die Bedingung auf den letzteren beziehe. Diese Unterscheidung läßt sich k a u m begründen, u n d sie ist rasch i n Vergessenheit geraten. Ä h n l i c h keiten heute jedoch bei Larenz, Allg. T., S. 414 (Erklärung i n zwei Stufen: I n h a l t — Geltung). 355 Vgl. Walsmann, Wollensbedingung, S. 276. 356 I m Grunde dasselbe meinen die Autoren, die argumentieren, eine Bedingung müsse außerhalb des Vertragstatbestandes stehen, z. B. Henrich, Vorvertrag, S. 239: „ I c h halte das Argument, eine Bedingung sei stets n u r als Modalität eines Vertrages denkbar, der auch ohne sie müsse bestehen k ö n nen, i m m e r noch f ü r überzeugend. E i n Wesensmerkmal des Vertrages, n ä m lich die Annahme, zur Bedingung zu machen, scheint m i r m i t dem Wesen des Vertrags nicht vereinbar zu sein." Auch Lewandowski, V o r kauf svertrag, S. 577, sieht (mit Kretzschmar) i n der Bedingung eine Beschränkung, „durch welche die m i t dem Rechtsgeschäft verbundene Folge von dem E i n t r i t t eines äußeren, nicht i n dem Wesen des Rechtsgeschäfts begründeten ungewissen Ereignisses abhängig gemacht w i r d " , eine „äußere Nebenbestimmung". 357 y g L Z . B . Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 46 f.; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 574-578; Walsmann, Wollensbedingung, S. 278 f.; Larenz, Schuldrecht, S. 105 f., 109. 6 Schurig
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Einmal w i r d gesagt, wenn die Ausübungserklärung die Annahme eines Vertragsangebots sei, dann müsse sie auch der für den Vertrag vorgeschriebenen Form unterliegen. § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimme das Gegenteil; daher könne die Offertentheorie nicht zutreffen 3 6 8 . Doch ist das Gesetz nicht Sklave seiner selbst 369 . Es kann ein einmal aufgestelltes Formerfordernis durchbrechen, wo es w i l l . Das Argument ist unbrauchbar: Die gesetzliche Regelung kann ihren Grund haben i n systematischen Folgerungen, sie kann aber auch deswegen erfolgt sein, w e i l sich i h r Inhalt eben nicht von selbst ergibt 3 6 0 . Die Protokolle lassen erkennen, daß keine konstruktiven Erwägungen zugrunde lagen 3 6 1 . Die Mehrheit der 2. Kommission ging vielmehr als selbstverständlich davon aus, daß bereits der Vorkaufsvertrag der Form des § 313 BGB unterläge 3 6 2 , und hielt daher eine besondere Form für die Ausübung für überflüssig. Es sei „der Hauptzweck des Formzwanges, geschäftsunkundige und unerfahrene Parteien bei der Veräußerung von Grundstücken vor Übereilung zu schützen, bereits in einer Weise erfüllt, daß nicht abzusehen sei, weshalb auch noch die Wirksamkeit der späteren Erklärung des Vorkaufsberechtigten, daß er von seinem Recht Gebrauch mache, von der Beobachtung einer Form abhängig gemacht und die Parteien durch Verdoppelung der Vertrags» und Stempelkosten belastet werden sollen." Das zweite Argument geht dahin, daß man eine Bindung an einen Antrag über lange Zeit, „30 Jahre" oder „für ein ganzes Leben" als „befremdlich" empfindet 3 6 3 . Sie widerspreche dem „Wesen der Offerte". Dem römischen Recht sei die bindende K r a f t der Offerte überhaupt unbekannt gewesen; erst das moderne Recht habe sie m i t Rücksicht auf die Sicherheit des Verkehrs eingeführt. Dieselben Interessen des Rechtslebens geböten es, diese Gebundenheit nicht zu lang auszudehnen. Dem habe das Gesetz i n § 147 BGB Rechnung getragen 364 . Dazu ist zu sagen: Die Bestimmungen über die Annahmefrist i m BGB gelten für den Normalfall. Abweichungen sind möglich (z. B. § 148 BGB). 868 Z . B . Oertmann, vor § 497, A n m . 2 b ; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 470; Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 40. 869 Oertmann, vor § 497, A n m . 2 d (in anderem Zusammenhang). 860 Vgl. oben A I I 4 a. 361 Prot I I , S. 99. Vgl. auch Lorenz, Vorzugsrechte, S. 109. 382 A.a.O. Vgl. aber auch unten Fn. 535. 363 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 579, i h m folgend Lang, Vorkaufsrecht, S. 22 f.; Oertmann, vor § 497, A n m . 2 b („verkünstelt u n d bedenklich"); Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 470 („befremdlich" — betr. Wiederkaufsrecht). Ebenso für die Schweiz Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 90 („doch reichlich konstruiert"). Ebenso bei der Option Georgiades, Optionsvertrag, S. 412 - 414; hierüber unten A I I 5 c bb bbb. 364 y g L insbesondere Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 579.
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Wenn nun der Rechtsverkehr solcher Institute wie des Vorkaufsrechts bedarf, und wenn ein langfristig bindender Antrag Baustein eines solchen Rechts ist, dann entspricht das natürlich auch den Interessen des Rechtsverkehrs, die i n diesem Zusammenhang eben andere sind als bei § 147 BGB. Und daß ein über lange Zeit bindender Vertragsantrag hier „befremdlich" erscheinen kann, mag daran liegen, daß diese Zusammenhänge nicht genügend erkannt und nur die Fälle des § 147 BGB gesehen wurden 8 6 5 . b) Vorkaufsrecht
als Optionsrecht
Der Einsicht i n die Struktur des Vorkaufsrechts kann man näher kommen, wenn man sich die rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisse, die übergeordnete Gruppe von Rechten, vor Augen führt. Vorkaufsrecht ist das Recht, durch einseitige Erklärung i m Vorkaufsfalle ein Kauf-Rechtsverhältnis zum Entstehen zu bringen. Läßt man die Besonderheit „ i m Vorkaufsfalle" fort, so bleibt das Recht, ein Kaufverhältnis einseitig zustande zu bringen. Solche Rechte sind seit langem bekannt und waren Gegenstand vielfältiger Erörterungen. Man nennt sie Optionsrechte. Versteht man unter Option das Recht, ein Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung und ohne M i t w i r k u n g der Gegenseite zustande zu bringen 8 6 6 , so kann man eigentlich nicht daran zweifeln, daß es sich beim Vorkaufsrecht um eine besondere Form der Option handelt. Das ist auch i m Schrifttum anerkannt worden 3 6 7 . Gleichwohl wendet sich Henrich gegen eine solche Zuordnung. Getreu seiner Einteilung der Rechte dieser Klasse in solche aus Vorverträgen, Optionsverträgen und Vorrechtsverträgen hält er zwar das Wiederkaufsrecht für eine besondere, gesetzlich ausgeprägte Form der Option 3 8 8 . Das Vorkaufsrecht w i l l er jedoch nicht dieser, sondern 365 wegen weiterer i n der L i t e r a t u r erhobener Einwände vgl. unten A I I 5 c bb bbb. 366 Vgl. Henrich, Vorvertrag, S. 229; Larenz, A l l g . T., S. 437; ders., Schuldrecht, S. 113; ders., Option, S. 209, 211; Georgiades, Optionsvertrag, S. 410; Soergel! Lange, vor § 145, Rdn. 49; Oertmann, § 154, A n m . 4; Lange, A l l g . T., S. 243; Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 998; BGH (17.5.67) W M 1967, 935. 367 Larenz, A l l g . T., S. 173, 437; ders., Schuldrecht, S. 113; ders., Option, S. 210 f.; Fikentscher, Schuldrecht, S. 406; Esser, Schuldrecht, S. 76 (Wiederkauf), 77 („Vorkaufsrecht ist . . . ein Options- oder Eintrittsrecht unter einer Bedingung"); Georgiades, Options vertrag, S. 421, Fn. 41. Ä h n l i c h w o h l auch Oertmann, § 145, A n m . 4, u n d vor § 504, A n m . 5 („Das Optionsrecht ist beim K a u f dem Vorkaufsrecht ähnlich, geht aber weiter: es verleiht, dem Wiederkaufsrecht ähnlich, ein unbedingtes Gestaltungsrecht"); Soergel / Lange, vor § 145, Rdn. 50; Soergel / Knopp, vor § 158, Rdn. 29. 368 Vorvertrag, S. 237. 6»
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der Gruppe der „Vorrechtsverträge" zurechnen 369 . Von letzterer behandelt er aber nur die „Vorrechtsverträge i m engeren Sinn", welche sich dadurch auszeichnen, daß — i m Gegensatz zu den Optionsrechten — nicht nur eine Erklärung des Berechtigten, sondern auch noch eine solche des Verpflichteten erforderlich ist 3 7 0 . Das t r i f f t nun allerdings wieder für das Vorkaufsrecht i n keiner Weise zu. Hier zeigen sich die Schwächen der von Henrich gewählten Systematisierung. Sie beruhen — das sei am Rande bemerkt — darauf, daß die Unterteilung i n die drei Gruppen nicht nach einheitlichen Kriterien erfolgt: Vorvertrag und Option werden nach ihrer rechtlichen Struktur unterschieden, der Vorrechtsvertrag dagegen nach seinem Zweck (Einräumung des Vorrechts vor einem Dritten). Dazu kann man sich aber der beiden ersteren Formen bedienen: unser heutiges Vorkaufsrecht z. B. (und allgemein das Einlösungsrecht) ist eine besondere Form der Option, das (von Henrich behandelte) Recht auf vorzugsweises Angebot z.B. (wie etwa auch das gemeinrechtliche Vorkaufsrecht) entspringt einer besonderen A r t des Vorvertrags 3 7 1 . Das Vorkaufsrecht ist also — ebenso wie das nah verwandte Wiederkaufsrecht — ein Optionsrecht. Nur ist es ein bedingtes; bedingt durch den E i n t r i t t des Vorkaufsfalles. Hier gibt es keine Schwierigkeiten: Dem Berechtigten w i r d schon jetzt das Recht eingeräumt, bei Bedingungseintritt (im Vorkaufsfall) das Vertragsverhältnis zustande zu bringen. Es ist gerichtet auf Herstellung eines Kaufverhältnisses mit dem Inhalt des Drittvertrages. c) Rechtsnatur des Optionsrechts Wie erklärt sich das Optionsrecht rechtlich? Da gegenüber dem Vorkaufsrecht einige Besonderheiten fehlen, sind die Alternativen klarer: Entweder der Optionsvertrag ist ein unter einer Wollensbedingung geschlossener Kaufvertrag (Bedingungstheorie) oder er enthält ein langfristiges Vertragsangebot (Offertentheorie) oder die Option ist schlicht ein vertraglich geschaffenes Gestaltungsrecht (Gestaltungsrechtstheorie) 372 .
369
A.a.O., S. 230. S. 308. 371 Kritisch zu der Einteilung von Henrich auch Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 9. Georgiades, Optionsvertrag, S. 410, übernimmt sie dagegen ohne weiteres. 370
372
Vgl. BGH (28. 9. 62) M D R 1963, 37, der jedoch alles offen lassen w i l l .
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aa) „ B e d i n g u n g s t h e o r i e " , „ G e s t a l t u n g s r e c h t s t h e o r i e " Gegen die B e d i n g u n g s t h e o r i e 8 7 3 i s t dasselbe e i n z u w e n d e n w i e oben: D e r Gegenstand w i r d nicht bereits jetzt v e r k a u f t u n t e r der Bedingung, daß d e r B e r e c h t i g t e w i l l , s o n d e r n d e r V e r p f l i c h t e t e w i l l sich l e d i g l i c h binden, d e m B e r e c h t i g t e n d i e Möglichkeit einräumen, ein Vertragsv e r h ä l t n i s e i n s e i t i g zustande z u b r i n g e n 8 7 4 . L e t z t e r e s e r k e n n t auch d i e G e s t a l t u n g s r e c h t s t h e o r i e 3 7 5 , z i e h t n u r w i e d e r u m daraus d e n d o g m a t i s c h u n h a l t b a r e n Schluß eines z w a r v e r t r a g l i c h b e g r ü n d e t e n , v o n diesem V e r t r a g l e t z t l i c h aber losgelösten Gestaltungsrechts a u f H e r s t e l l u n g eines V e r t r a g s v e r h ä l t n i s s e s 3 7 6 . Daß dies n i c h t m ö g l i c h ist, w u r d e b e r e i t s oben n a c h g e w i e s e n 3 7 7 . bb) „ O f f e r t e n t h e o r i e " aaa) V e r t r a g s a n g e b o t wesentliches M e r k m a l B l e i b t d i e „ O f f e r t e n t h e o r i e " 3 7 8 . D i e W i r k u n g des Optionsrechts gleicht schon a u f d e n ersten B l i c k d e m Recht des E m p f ä n g e r s eines V e r t r a g s 373 Auch hier w o h l überwiegend vertreten: Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 56; Soergel / Lange, vor § 145, Rdn. 50 (doch auch Offerte zugelassen); Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 476 (Ankaufsrecht); Reineke, Anm., S. 212. RG (23.11.11) Z 77, 415; RG (15.4.32) Z 136, 132 (aber „Tatfrage"; w e n n Berechtigter i n der Entschließung v ö l l i g frei sein soll, dann Vertragsofferte!). 374 Henrich, Vorvertrag, S. 237. 375 Vertreten z.B. von Bötticher, Gestaltungsrecht, S. 52 f.; Larenz, A l l g . T., S. 173, 437 f.; Georgiades, Optionsvertrag, S. 410-424; Schumann, Option, S. 2 3 - 2 7 ; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 4 d cc (neben anderen Möglichkeiten) ; grundsätzlich auch Oertmann, vor § 504, A n m . 5. 378 Bötticher, ebd.; Larenz, ebd. Natürlich handelt es sich nach den oben A I I 1 dargestellten Grundsätzen auch hier i m m e r u m ein Gestaltungsrecht. Entscheidend ist jedoch der innere Grund. Das übersieht anscheinend Henrich, Vorvertrag, S. 238. 377 A I I 2. Z u m Lösungsversuch von Georgiades unten A I I 5 c bb bbb. 378 Z . B . vertreten von Henrich, Vorvertrag, S. 241 f. (grundsätzlich); Lorenz, Vorzugsrechte, S. 105 ( „ . . . liegt der Vergleich m i t der Ausübung eines Gestaltungsrechts durch denjenigen, der die Annahme einer i h m gemachten Offerte erklärt, besonders nahe"), S. 116 ( „ . . . Optionsrecht i m Grunde nichts anderes als eine langfristig bindende Offerte ist, . . . " ) . Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 12; Nipperdey, Vorhand, S. 300; Enneccerus / Nipperdey, A l l g . T., S. 989; Lehmann / Hübner, A l l g . T., S. 245; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 127, s. aber auch S. 175; Baur, Sachenrecht, S. 192 (neben anderen Möglichkeiten); Soergel / Lange, vor § 145, Rdn. 50 (aber hauptsächlich Bedingungstheorie); Röser, Ankaufsrecht, S. 28 f., 42; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 4 d aa (neben anderen Möglichkeiten); w o h l auch Staudinger/Coing, § 145, Rdn. 9. I n diesem Sinne auch noch Larenz, Schuldrecht, 9. A u f l . 1968, S. 109, u n d Option, S. 209 f., anders jetzt Schuldrecht, S. 113 f. u n d A l l g . T., S. 504 (im Anschluß an Bötticher). Schumann, Option, S. 17, bezeichnet die Ansicht als herrschend, ebenso Georgiades, Optionsvertrag, S. 411. — M a n sieht: Die „Offertentheorie" lebt. Sie hat sich n u r i n andere Gebiete zurückgezogen. Doch hält anscheinend Henrich (Vorvertrag, S. 274) sie außer f ü r die Option zumindest auch f ü r das Wiederkaufsrecht f ü r zutreffend.
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T e i l 2: Rechtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
angebots, durch Annahme den Vertrag zustande zu bringen. Was liegt näher, als anzunehmen, auch die Option beruhe letztlich auf einem solchen Angebot? Zwar ist sie nicht identisch m i t einem (einseitigen) langfristig bindenden Angebot, denn sie beruht — vielleicht notwendig 3 7 9 , jedenfalls regelmäßig — auf einem Vertrag, dem Optionsvertrag. Dieser Vertrag regelt die wechselseitigen Beziehungen des Optionsgebers und des Optionsberechtigten, z. B. auch die Frage des Entgelts. Er enthält aber — wie insbesondere Henrich nachgewiesen h a t 8 8 0 — als Bestandteil ein unwiderrufliches Vertragsangebot auf Abschluß des i n Aussicht genommenen Vertragsverhältnisses. Die Ausübung der Option ist die Annahme dieses i n den Optionsvertrag eingebetteten Vertragsangebots. Der Hinweis der Gegenmeinung auf die Formlosigkeit der Ausübung des Wiederkaufsrechts — eines gesetzlichen Falles der Option — (§ 497 Abs. 1 Satz 2 BGB) zieht auch hier nicht; denn es ist eben völlig offen, ob das Gesetz damit einen Grundsatz bestätigen oder einen Grundsatz durchbrechen wollte 3 8 1 . bbb) Gegenargumente und Widerlegung Jüngst hat Georgiades 382 noch einmal einen Versuch unternommen, die „Offertentheorie" zu widerlegen und die Richtigkeit der „Gestaltungsrechtstheorie" zu beweisen. Schon der Angelpunkt seiner Beweisführung ist indessen zugleich der schwächste Punkt: Das Optionsrecht sei ein Gestaltungsrecht; das Recht zur Annahme eines Antrags sei dies hingegen nicht. „Erst wenn man sich diese Erkenntnis zu eigen macht, w i r d der Weg zu einer eigenständigen Auffassung von Optionsrecht und Optionsvertrag freigemacht 8 8 8 ." Z u r Begründung w i r d vornehmlich auf Bötticher verwiesen,
379
Vgl. Henrich, Vorvertrag, S. 231. 380 Vorvertrages. 241 f.; vgl. aber auch Lorenz, Vorzugsrechte, S. 109: „Der Offertvertrag, w e n n man die Einkleidung der Offerte i n eine vertragliche Vereinbarung so nennen w i l l , ist also auch i m deutschen Recht eine Realität." — Henrich (S. 239) hält einen Optionsvertrag als einen unter Wollensbedingung geschlossenen K a u f allerdings i n ganz seltenen (dem K a u f auf Probe angenäherten) Ausnahmefällen noch für „vielleicht" möglich. F ü r die hier untersuchten Vorkaufsrechte k a n n eine solche Möglichkeit jedenfalls ganz beiseite gelassen werden; denn es handelt sich hier u m einen bestimmten Vertragstyp, dem typische Interessen zugrunde liegen. 881
Die nähere Bedeutung dieser Vorschrift f ü r die Option, insbesondere die Frage der Zulässigkeit einer Analogie, interessiert hier nicht. Vgl. insow e i t Henrich, Vorvertrag, S. 274 f., u n d unten Fn. 525. 882 Optionsvertrag, S. 409 - 426. Vgl. auch schon Schumann, Option, S. 17 20, 28 - 32. 383 Optionsvertrag, S. 420 f.
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dessen Argumente schon oben 3 8 4 widerlegt wurden. Das Recht zur A n nahme soll nur eine „Möglichkeit" sein, „die jedem Rechtssubjekt i n gleicher Weise wie die Abgabe einer Offerte zusteht". — Der Unterschied dürfte doch wohl sein, daß ein Angebot jeder jedem abgeben kann, eine Annahme aber nur der Empfänger dem Anbietenden! Wenn man — so weiterhin Georgiades — die Hauptwirkung des Optionsrechts auf eine Vertragsofferte zurückführe, so übersehe man dabei, daß es sich u m ein Rechtsinstitut handele, das die Praxis herausgebildet habe, und „die Schöpfung eines besonderen Vertragstypus durch die Praxis hat nur dann Berechtigung, wenn durch ihn andere oder weitergehende Ergebnisse erzielt werden können, als durch ein bloßes Vertragsangebot" 386 . Die Interessenlage sei jeweils verschieden: Werde eine längere Annahmefrist gewährt, dann liege das Interesse „überwiegend" (!) auf der Seite des Anbietenden, bei der Option werde die „Initiative meistens" (!) vom Berechtigten ausgehen 386 . Überhaupt sei zweifelhaft, ob eine so sehr lange Annahmefrist nicht zum Wesen des Vertrags i n Widerspruch stünde, zum „Bestreben des Gesetzes, die Gebundenheit des Antragenden i n engen Grenzen zu halten". Die lange Gebundenheit könne „den Geboten des redlichen Verkehrs" widersprechen, „der klare Verhältnisse und ungeschmälerte Handlungsfreiheit des Rechtssubjekts verlangt", usw. 3 8 7 . Das ist voller Widersprüche. Daß ein Institut von der Praxis ausgebildet wird, muß zunächst einmal gewiß nicht heißen, daß es das System sprengt. Denn die praktischen Ergebnisse sind — entgegen Georgiades — keine anderen. Auch der angebliche Unterschied i n der Interessenlage ist nicht überzeugend dargestellt und, wenn vorhanden, unbedeutend. Bei jedem Vertrag kann ein überwiegendes Interesse, die „Initiative", mal auf der einen, mal auf der anderen Seite liegen. Wer z. B. nur zur Abgabe von Angeboten auffordert, hat sicher auch ein Interesse am Vertrag, auch wenn er nicht selbst der Anbietende ist. I m übrigen: Hätten nicht beide ein Interesse, so käme der Vertrag nicht zustande, auch der Optionsvertrag nicht 3 8 8 . Auch die — nicht neuen 3 8 9 — Bedenken gegen eine lange Bindung an den Vertragsantrag sind nicht stichhaltig. Ein systemsprengendes Rechtsinstitut herauszubilden, soll der Praxis möglich sein, nicht aber, systemkonforme Vertragselemente i n ihrer Anwendung etwas zu ver384 386 389 387 388 389
A I I 1 c bb ccc. Optionsvertrag, S. 411 f. Ebd., S. 412 f. Ebd., S. 413 f. Das muß auch Georgiades zugeben: ebd., S. 413. Oben A I I 5 a.
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T e i l 2:
echtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
schieben (und zwar ohne Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut!), u m zum selben Ergebnis zu kommen. Und wie könnte eine solche Bindungswirkung dem Sinn des Gesetzes widersprechen, wenn die zugegebenermaßen 390 gleichwertige Bindungswirkung der Option dies nicht tut? Wer sich an der langen Bindung an einen i m Optionsrecht liegenden Vertragsantrag stößt, der muß sich logischerweise an der Bindung aus dem Optionsrecht überhaupt stoßen. U m den Normalfall des § 147 BGB handelt es sich hier eben gerade nicht! Der praktische Unterschied beider Lösungen soll nun i m wesentlichen darin liegen, daß man bei der Gestaltungsrechtstheorie Vertragsrecht anwenden könne, sich dagegen bei der Offertentheorie m i t den §§ 160 ff. BGB und culpa i n contrahendo begnügen müsse 391 . Auch das stimmt nicht; denn das Angebot ist eingebettet i n den Optionsvertrag, der für alles übrige (Entgelt, Nebenpflichten, Schutzpflichten) den vertraglichen Rahmen gibt. Dogmatisch sucht Georgiades — wie gesagt —, das Optionsrecht als losgelöstes Gestaltungsrecht zu begründen 3 9 2 . Dieses Recht kann natürlich nicht auf das Gesetz gegründet werden, denn das sieht eine Option nicht vor. Doch regele das Gesetz nur einen F a l l der Vertragsentstehung, den durch Angebot und Annahme. Daneben seien andere möglich 3 9 3 . So werde hier durch Vertrag ein Gestaltungsrecht begründet, und dann wiederum entstehe ein Vertrag durch einseitige Erklärung aus dem Gestaltungsrecht. Andererseits soll nun aber doch wieder der Optionsvertrag die Grundlage des späteren Vertragsverhältnisses sein 3 9 4 . Es ist die Rede davon, der Hauptvertrag werde durch die Ausübung der Option „ i n Geltung gesetzt", die Gestaltungserklärung setze „die vertragliche Regelung i n Kraft, die bereits von beiden Kontrahenten durch den Optionsvertrag getroffen worden i s t " 3 9 5 . Eine W i l lenserklärung für den Hauptvertrag sei bei Abschluß des Optionsvertrages abgegeben, die andere sei „sowohl i n dem Abschluß des Optionsvertrages als auch i n der Ausübung des Optionsrechts zu erblikken". Daher unterlägen z. B. beide Erklärungen gegebenenfalls der Form des § 313 BGB. Warum aber sollte man all diese Ungereimtheiten i n Kauf nehmen, wenn i n der „Offertentheorie" eine einleuchtende, i n die Schuldrechts390
Ebd., S. 414. Ebd., S. 414 f., 418 f. So schon Schumann, Option, S. 19 f. 392 Ebd., S. 420 - 424. 393 Gegen solche Vorstellungen Wolf, A l l g . T., S. 306 - 318. 394 Optionsvertrag, S. 422 f. Ausdrücklich gegen Bötticher: Fn. 44. Ähnlich schon Schumann, Option, S. 24 - 27, u n d ebenso jetzt auch Latenz, Schuldrecht, S. 105, u n d A l l g . T., S. 437 f. Vgl. hierzu oben Fn. 321. 395 Nichts anderes behauptet die „Bedingungstheorie"! 391
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systematik sich nahtlos einpassende, alle Fragen zufriedenstellend beantwortende Lösung bereitsteht. Auch hier gilt das Gesetz des geringsten Widerstandes (oder des geringsten Aufwandes)! Aus der anderen Konstruktion ergeben sich nicht einmal rechtspolitisch erwünschte Rechtsfolgen, die sich nicht anders ebenso begründen ließen. Den Versuch von Georgiades, die Offertentheorie zu widerlegen, kann man als mißlungen ansehen. Sie bleibt die zutreffende Lösung. d) Schlußfolgerung Wenn somit das Optionsrecht seinem Wesen nach durch ein i n den Optionsvertrag eingebettetes unwiderrufliches Vertragsangebot bestimmt w i r d und wenn das Vorkaufsrecht eine Abart der Option ist, dann kann es sich i n seiner Rechtsnatur von dieser nicht wesentlich unterscheiden: Auch i n den Vorkaufs vertrag ist eingebettet ein Vertragsangebot auf Abschluß eines Kaufvertrages. Dieses Angebot ist zwar bei Abschluß des Vorkaufsvertrages noch nicht bestimmt, w e i l die vertragliche Gegenleistung noch nicht feststeht. Es kann aber ohnehin noch nicht angenommen werden. Sobald es angenommen werden kann, nämlich bei Eintritt der Bedingung 3 0 6 — dem Abschluß eines Kaufvertrages m i t einem Drittkäufer — ist es auch bestimmt, w e i l die Vereinbarungen des Kaufvertrages m i t dem Dritten kraft des Vorkaufsvertrages zur Ausfüllung herangezogen werden 3 0 7 . Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Annahme dieses Angebots; sie ist formfrei, w e i l das Gesetz es aus besonderen rechtspolitischen Gründen so anordnet 3 9 8 . e) Brauchbarkeit
der „Offertentheorie"
So ist es also die „Offertentheorie", die die Wirkungen des Vorkaufsrechts am vernünftigsten erklärt. Sie hält auch weiterer Nachprüfung stand. Sie steht i n Einklang m i t der Sprache des Gesetzes. M i t der Ausübung des Rechts kommt der Vertrag zustande; erst dann ist er tatbestandlich abgeschlossen. Und es ist tatsächlich ein Kauf, was da zustande kommt. Da der Vorkaufsvertrag m i t dem bei Ausübung des Rechts zustande kommenden Kaufvertrag nicht identisch ist, sondern i n ersteren nur 396 Das Vertragsangebot ist kein bedingungsfeindliches Geschäft; vgl. Soergel / Lange, § 145, Rdn. 3. 397 Wenn sich i m übrigen die „Bedingungstheorie" nicht scheut, hier schon bei aller Unbestimmtheit einen bedingten Vertrag anzunehmen, dann muß erst recht ein bedingter Vertragsantrag m i t diesem I n h a l t (der ein Minus ist) möglich sein. 398 Vgl. oben zu Fn. 336.
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Teil 2: Rechtsnatur — A. Das Vorkaufsrecht i m allgemeinen
das entsprechende Angebot eingebettet ist, kann übrigens das Angebot zum Abschluß des Vorkaufvertrages durchaus auch von dem Berechtigten ausgehen, so daß i n einem solchen Fall der Sachverhalt nicht „auf den Kopf gestellt" würde, wie behauptet 8 0 9 worden ist 4 0 0 . Es gibt keinen Widerspruch zu den Interessen der Parteien. Der Berechtigte erhält die Möglichkeit, einen Vertrag einseitig zustande zu bringen, nicht mehr und nicht weniger; der „Verpflichtete" ist insoweit lediglich gebunden. Einen Kaufvertrag gibt es erst dann, wenn er gewollt ist, nämlich nach Ausübung des Rechts 401 . Führt man sich zudem wieder vor Augen, daß beim Retrakt die Ausübungserklärung gegenüber dem primär Gebundenen auch nichts anderes war, als die Annahme eines früher einmal erforderlichen, jetzt aber unnötig gewordenen Angebots 4 0 2 und daß das BGB-Vorkaufsrecht auf dem Retrakt aufbaut 4 0 8 , so spricht auch das für die Richtigkeit der Konstruktion. Man wende nicht ein 4 0 4 , hier würden für das gesetzliche und das gew i l l k ü r t e schuldrechtliche Vorkaufsrecht zwei verschiedene Theorien benötigt. Die Einheitlichkeit, die die Gestaltungsrechtstheorie für sich i n Anspruch nimmt, ist nur eine scheinbare. Natürlich handelt es sich beide Male u m (bedingte) Gestaltungsrechte 405 . Sie haben aber verschiedene Entstehungsgründe, und die Unterschiede zwischen ihnen beruhen auf diesen verschiedenen Entstehungsgründen. Beim rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrecht beruht das Gestaltungsrecht auf dem i m Vorkaufsvertrag enthaltenen Vertragsantrag, der bei E i n t r i t t der Bedingung angenommen werden kann; beim gesetzlichen beruht es auf dem Gesetz, das den Berechtigten stellt, wie den Empfänger eines solchen Vertragsantrags 408 . 899 Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 40. Vgl. auch Wolf, A l l g . T., S. 297: Antragserklärung braucht der Annahmeerklärung nicht zeitlich voranzugehen (gegen h. M.). 400 Diese K o n s t r u k t i o n läßt somit auch nicht die Zwischen- u n d Nebenw i r k u n g e n des Vorkaufsvertrages unerklärt, was Leonhard, Schuldrecht, S. 100, u n d neuerdings besonders Georgiades, Optionsvertrag, S. 415 - 421, bemängeln. Sie folgen — w i e gesagt — aus dem Vertrag, i n den das Angebot eingebettet ist. 401 Inwiefern hier „ein dem bedingten Rechte ähnelnder, an Gebundenheit der Parteien es aber noch übertreffender Rechtszustand" entstehen soll, w i e Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 579, (im Gegensatz zu Leonhard) behauptet, bleibt ein Geheimnis. 402 Oben T e i l 1, D I V . 408 Oben T e i l 1, E I V . 404 Wie z. B. Larenz, Schuldrecht, S. 109, u n d Lang, Vorkaufsrecht, S. 30, Fn. 56 (beide gegenüber der Bedingungstheorie). 405 Vgl. oben A I I 1 a. 406 Diese Gleichstellung sollte m a n konsequent durchhalten u n d deshalb auch i m gesetzlichen Vorkaufsverhältnis die Bestimmungen über gegensei-
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Es ist somit allein die sog. Offertentheorie i n der Lage, die Natur des obligatorischen Vorkaufsrechts zufriedenstellend zu erklären: I m Vorkaufsvertrag eingebettet ist ein unwiderrufliches Vertragsangebot des Verpflichteten an den Berechtigten auf Abschluß eines Kaufvertrages über einen Gegenstand zu den später mit einem Dritten über diesen Gegenstand eventuell vereinbarten Kaufbedingungen, das wirksam wird und angenommen werden kann im Falle eines solchen Verkaufs an einen Dritten.
tige Verträge anwenden; a. A. BGH (21.10. 54) Z 15, 102 (betr. § 326 B G B bei Vorkaufsrecht der Miterben).
B. Abgrenzungen Ist der systematische Standort eines Rechtsinstituts einmal festgelegt, so ergibt sich daraus auch die Abgrenzung zu verwandten Gebilden. Die zu einem Vertrag führenden Rechte zerfallen i n zwei Hauptgruppen: die Optionsrechte auf der einen und die vorvertraglichen Rechte auf der anderen Seite 4 0 7 . Die ersteren geben die Möglichkeit, durch einseitige Erklärung einen Vertrag zustande zu bringen; sie sind Gestaltungsrechte 408 . Die anderen geben Ansprüche: meist Ansprüche auf ein Vertragsangebot, zuweilen auf Annahme eines Angebots. Eine schwächere Form kann einen Unterlassungsanspruch geben: Der Berechtigte kann verlangen, daß der Verpflichtete die Sache, wenn nicht ihm, so auch keinem anderen verkauft 4 0 9 . Dagegen ist die Verpflichtung, dem anderen zunächst Gelegenheit zu einem Angebot zu geben, m. E. überhaupt keine vorvertragliche Verpflichtung m e h r 4 1 0 ; sie läßt sich weder mittelbar noch unmittelbar erzwingen und gebietet dem Verpflichteten weder, m i t dem Berechtigten, noch verbietet sie ihm, mit einem anderen abzuschließen 411 . Beim Begriff „Vorkaufsrecht" w i r k t verwirrend, daß er aus der einen Gruppe i n die andere übergewechselt ist. Bis zum BGB bezeichnete er i m gemeinen Recht einen Anspruch auf vorrangigen Kaufabschluß 412 , ein Recht also, das zu den vorvertraglichen gehört, danach 407 Ä h n l i c h Lorenz, Vorzugsrechte, S. 110 - 119; Henrich, Vorvertrag, S. 230, 296 - 300, v e r w i r r t das Bild, indem er als dritte Gruppe die sog. Vorrechtsverträge hinzustellt. Wie bereits oben (A 5 b) nachgewiesen, ist dies logisch falsch: die erstere Unterscheidung (um die es auch hier geht) ist systematischer A r t ; die dritte Gruppe w i r d charakterisiert durch ihren rechtlichen Zweck. Das ist kein Gegensatz; ebenso könnte m a n sagen, es gibt drei A r t e n Bücher: dicke, dünne u n d juristische. Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 107 110, scheitert folgerichtig bei dem Versuch, verwandte Rechte i n den drei Gruppen unterzubringen. 408 Vgl. hierzu oben A 5 b. 409 Henrich, Vorvertrag, S. 304 - 307. Vgl. auch BGH (14.12. 56) Z 22, 347. 410 So aber Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 10, u n d vielleicht auch Henrich, Vorvertrag, S. 304. Vgl. auch RG (14.10. 32) HRR 1932, Nr. 913. 411 Das vertragliche Veräußerungsverbot dient dagegen dem Zweck, bestimmte Veräußerungen u. U. ganz zu verhindern. Es dient dem A b w e h r interesse des Berechtigten unmittelbarer, w e i l es ohne dessen eigenen E r werb funktioniert, belastet aber den Verpflichteten auch stärker. 412 Oben T e i l 1, E I V .
B. Abgrenzungen
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das Recht, durch einseitige Erklärung i m Vorkaufsfall einen Kauf zustande zu bringen, eine Option. Ein solches Recht hatte es vorher auch schon gegeben, nur hieß es nicht Vorkaufsrecht, sondern Näherrecht, Retrakt usw. „Vorkaufsrecht" kann also etwas anderes bedeuten, je nachdem für welche Zeit der Begriff gebracht w i r d : früher das Recht auf vorzugsweisen K a u f 4 1 3 , heute das vom BGB modifizierte Recht, das früher Retrakt u. ä. geheißen hat 4 1 4 . Rechte auf vorzugsweisen Kauf- und sonstigen Vertragsschluß gibt es natürlich heute auch noch. Sie werden Vorhand 415 genannt und gehören zur Gruppe der vorvertraglichen Rechte: I m Falle eines — geplanten oder vorgenommenen — Verkaufs besteht einer der oben genannten Ansprüche auf ein Angebot, Annahme des eigenen Angebots oder Unterlassung der Veräußerung an den Dritten. A u f der anderen Seite bildet den Oberbegriff die Option. Sie w i r d gewöhnlich durch einen Vertrag begründet, der bereits — wie dargelegt — eine Hälfte des endgültigen Vertrages, nämlich das Angebot, enthält. Aufschiebend bedingte Verträge sind i m Gegensatz dazu tatbestandlich abgeschlossen, nur ihre Wirkung ist von einem zusätzlichen Ereignis abhängig 4 1 6 . Unter den Optionen gibt es solche, bei denen der Berechtigte jederzeit oder unter bestimmten Voraussetzungen durch seine Erklärung den Vertrag zustande bringen kann. Handelt es sich dabei um einen 413
Henrich, Vorvertrag, S. 15 f., kritisiert darum zu Unrecht den Gebrauch des Begriffs „Vorkaufsrecht" f ü r derartige Rechtsgebilde vor dem BGB. Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 25, nennt den gemeinrechtlichen Vorkaufsvertrag zutreffend einen Vorvertrag. 414 Oben, T e i l 1, E I V . Diese Tatsache w i r d allgemein verkannt. Unrichtig z.B. auch Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 15 (Vorkaufsrecht sei aus gemeinrechtlichem Vorkaufsrecht hervorgegangen). 415 Henrich, Vorvertrag, S. 297 f.; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 4 b; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 10; Warney er, § 504, A n m . 1; Larenz, Schuldrecht, S. 113; ders., Option, S. 210; Nipperdey, Vorhand, S. 300; Hueck, Erwerbsvorrechte, S. 752; Blomeyer, Promesse, S. 297; Röser, Ankaufsrecht, S. 1 8 1 ; RG (17.9.27) SeuffA 81 (1927), S. 360 (Nr. 217). Vgl. auch den „ V o r rechtsvertrag" i n RG (27.3.12) Z 79, 156, u n d R G (5.11.29) Z 126, 123. Das „Ankaufsrecht" i n RG (21.4.37) Z 154, 355 (359), ist gleichfalls eine V o r hand („Recht auf ein Kaufangebot"), ebenso die „Option" i n BGH (14.12. 56) Z 22, 347 (349), u n d anscheinend OLG München (4. 6.18) J W 1919, 257. Z u treffend an sich OLG München (7.7.41) HRR 1942, Nr. 346, aber fälschlich wieder m i t Ankaufsrecht gleichgesetzt. Vgl. ferner O L G Hamburg (23.1.14) O L G 33, 288; RG (14.10.32) H R R 1933, Nr. 913. U n k l a r Soergel I Lange, vor § 145, Rdn. 49; Hedemann, Sachenrecht, S. 265. F ü r die Schweiz: Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 117. 418 Schwierig w i r d die Abgrenzung zu den Verträgen unter einer Wollensbedingung. Vgl. dazu oben A I I 4 c. Sie begegnen grundsätzlich Bedenken (die hier auszuführen nicht der Platz ist), dürften aber auch k a u m v o r k o m men. — Vgl. z. B. Henrich, Vorvertrag, S. 235 - 241.
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Teil 2: Rechtsnatur — B. Abgrenzungen
Kauf, so spricht man zweckmäßig von einem Ankauf srecht* 17; allerdings hat sich ein solcher fester Begriffsinhalt noch nicht allgemein durchgesetzt 418 . Entsprechend könnten andere Rechte dann m i t „ A n mietrecht", „Anpachtrecht" usw. bezeichnet werden. Das Rück- oder Wiederkaufsrecht ist solch ein Ankaufsrecht, dem ein Kaufvertrag m i t umgekehrtem Vorzeichen vorausgegangen ist und das i m wesentlichen dessen Bestimmungen zum Inhalt hat. Beim Einlösungsrecht nähert man sich bereits dem Vorkaufsrecht. Es ist ein bedingtes Optionsrecht des Inhalts, daß der Berechtigte befugt ist, i m Falle eines Vertragsschlusses des Verpflichteten m i t einem D r i t ten durch seine Erklärung einen ebensolchen Vertrag m i t dem Verpflichteten herbeizuführen 4 1 9 . Das Vorkaufsrecht ist die gesetzlich ausgestaltete Form des Einlösungsrechts beim Kauf. Ebenso möglich, wenn auch nicht geregelt, sind Vormietrecht, Vorpachtrecht 420 usw. oder auch ein von der gesetzlichen Regelung abweichendes „Vorkaufsrecht", etwa m i t zuvor bereits festgelegtem Inhalt (z. B. Fixpreis) 4 2 1 . Der systematisch eindeutigen Eingruppierung entsprechen nun freilich die Vereinbarungen der Parteien i n den seltensten Fällen. Es 417 Vgl. Henrich, Vorvertrag, S. 229; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 11; Larenz, Option, S. 211; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 476; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 16; Hueck, Erwerbsvorrechte, S. 752; Lent/Schwab, Sachenrecht, S. 304; BGH (9.1.70) W M 1970, 493. Dem entspricht i n der Schweiz das „Kaufsrecht"; vgl. Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 89, 107; Henrich, Vorvertrag, S. 229. Das „Ankaufsrecht" i n RG (21.4.37) Z 154, 355 (359), ist i m hier gebrauchten Sinne keins. Zutreffend dagegen R G (30. 3.42) Z 169, 65 (70); OGH (31. 5. 50) DNotZ 1951, 124; O L G Colmar (2. 6.05) O L G 11, 304 (305). 418 Henrich, Vorvertrag, S. 229 f.; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 9; Hense, Anm., S. 130 f.; Baur, Genehmigungsfälle, S. 313. Anders als hier ( u . m . E . unrichtig) z.B.: Pikart, Vorkaufsrecht, S. 490 („gewährt . . . lediglich den Anspruch auf Abschluß eines Kaufvertrages"); Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 11; Röser, Ankaufsrecht, S. 15. Nach BGH (31.1. 61) W M 1961, 353, BGH (28. 9. 62) M D R 1963, 37, u n d BGH (21. 4. 67) N J W 1967, 1605, soll es überhaupt der Auslegung i m Einzelfall überlassen bleiben, welche Rechtskonstrukt i o n jeweils zu wählen ist; i m Ansatz auch schon RG (15. 4. 32) Z 136, 132. Auch Merten, Ankaufsrecht, w i l l beide Formen zulassen. 419 Vgl. Nipperdey, Vorhand, S. 301 - 303; Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 2, § 504, Rdn. 1; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 14; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, S. 476; Röser, Ankaufsrecht, S. 21. Das Eintrittsrecht ist dasselbe, w i r d z. T. aber gesondert aufgeführt, z. B. bei Soergel / Ballerstedt, ebd., Rdn. 13. I n RG (12.2.25) Z 110, 184, w i r d ein erweitertes gemeinrechtliches Vorkaufsrecht als Einlösungsrecht bezeichnet; nach der hier empfohlenen Systematisierung handelt es sich u m eine A r t der Vorhand. 420 Vgl. Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 15; RG (8.6.28) Warn. 1928, S. 242 (Nr. 123); RG (14. 2. 29) Z 123, 265; RG (17. 6. 29) Z 125, 123; BGH (14.1. 58) M D R 1958, 234; BGH (4.3.64) L M § 505, Nr. 5. Schon gemeinrechtlich Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 32 - 36. 421 Vgl. Henrich, Vorvertrag, S. 297; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 10, § 505, Rdn. 4.
B. Abgrenzungen
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werden unklare und mehrdeutige Formulierungen gebraucht, Begriffe, denen keine konkrete rechtliche Vorstellung oder aber eine von der gebräuchlichen oder zu empfehlenden abweichende Vorstellung zugrunde liegt. Solche Erklärungen müssen ausgelegt werden. Doch sollte man i n der Dogmatik nicht davor resignieren 4 2 2 : Eine systematische Durchdringung ist Voraussetzung der Auslegung, und sind Begriffe i n der Rechtswissenschaft erst einmal konkretisiert, so w i r d der Verkehr sich ihrer auch bedienen. Eine Auslegung der Parteierklärungen und Wertung der Interessen i m Einzelfall kann dem Richter bei der Feststellung, u m was für ein Recht es sich handelt, niemand abnehmen. Allgemeingültige Regeln lassen sich, scheint mir, insoweit nicht aufstellen 4 2 3 .
422 Wie anscheinend Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 9; auch BGH (28. 9. 62) M D R 1963, 37. 423 Die Vorschläge von Henrich, Vorvertrag, S. 233, dürften i n der Praxis k a u m standhalten.
C. Das dingliche Vorkaufsrecht I. Zweifelsfragen Beim dinglichen Vorkaufsrecht ist die Verwirrung kaum geringer. Wie ist sein Verhältnis zum obligatorischen Vorkaufsrecht, wie zur Vormerkung? Ist es überhaupt ein „echtes" dingliches Recht? Was ist dinglich am dinglichen Vorkaufsrecht? Der Gesetzgeber hat den Boden für solche Zweifelsfragen zum Teil selbst bereitet, indem er i n § 1098 BGB bestimmt, daß sich das Verhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem nach den §§ 504 bis 514 richte und daß „Dritten gegenüber . . . das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechtes entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums" habe. II. Obligatorisches und dingliches Vorkaufsrecht 1. Das dingliche Vorkaufsrecht als Sicherung eines obligatorischen
a) Sicherung eines bestehenden Vorkaufsrechts Die Verweisung auf die Vorschriften des persönlichen Vorkaufsrechts hat die Auffassung begünstigt, das dingliche Vorkaufsrecht habe gar keine selbständige Bedeutung; es habe lediglich die Aufgabe, ein persönliches Vorkaufsrecht dinglich zu sichern, ähnlich wie die Vormerkung, auf die ja auch verwiesen ist, einen schuldrechtlichen Anspruch dinglich sichert 424 . Wie es zu dem persönlichen Recht kommt, ob es bei der Bestellung des dinglichen von allein entsteht oder ob es vorher oder zugleich vereinbart werden muß, w i r d nicht immer k l a r 4 2 5 . I m ersteren Sinne hatte sich anscheinend das Reichsgericht entschieden, nach dessen Auffassung die Bestellung des dinglichen Vorkaufsrechts 424 So besonders deutlich Crome, System I I I , S. 569: „Das dingliche V o r kaufsrecht beruht also auf einem Vertrage: dem obligatorischen Vorkaufsgeschäft, das zugleich den Rechtsgrund der dinglichen Einigung . . . bildet." S. 570: Das dingliche Recht setzt „stets zugleich das Dasein des obligatorischen voraus."; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 284 f.; Stillschweig, Anm., S. 1113. RG (21.3.25) Z 110, 327. U n k l a r Hedemann, Sachenrecht, S. 266; O L G Celle (1. 3. 49) N J W 1949, 548. 425 So etwa bei Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 125, 128; Crome, System I I I , S. 596 f.; Wieacker, Bodenrecht, S. 131; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 600 - 602.
I I . Obligatorisches u n d dingliches Vorkaufsrecht
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das dinglich gesicherte obligatorische Recht ( = „kein eigentliches dingliches Recht") entstehen läßt 4 2 6 . Weiter geht Immerwahr, der besonders deutlich die zweite Version vertritt: Durch das dingliche Rechtsgeschäft entsteht das dingliche Vorkaufsrecht nicht wirklich, sondern einem zuvor oder zugleich begründeten persönlichen Vorkaufsrecht w i r d lediglich die dingliche Wirkung verliehen 4 2 7 ; d. h. es w i r d umgewandelt. Es findet sich auch die Vorstellung, jedem dinglichen Vorkaufsrecht müsse ein persönliches als causa zugrunde liegen 4 2 8 . b) Gesetzgebungstechnik Das neuere Schrifttum weist zumeist den — bereits von den Motiven 4 2 9 gebrachten — Gedanken, das dingliche Vorkaufsrecht sei ein dinglich gesichertes schuldrechtliches, weit von sich 430 . Das muß häufig als zu pauschal erscheinen. Wenn etwa die M o t i v e 4 3 1 ausführen, der Entwurf folge „dem Zweck, das obligatorische Vorkaufsrecht dinglich zu sichern", so braucht dies keineswegs — wie aber gewöhnlich angenommen w i r d 4 3 2 — zu bedeuten, daß i m Einzelfall ein „dingliches Vorkaufsrecht" ein schuldrechtliches ist, das dinglich gesichert wird. V i e l näher liegt doch, hierin lediglich die Erläuterung des gesetzgeberischen Vorgehens zu sehen: Bei der Schaffung des Instituts „dingliches Vorkaufsrecht" bedient sich das Gesetz zunächst des Instituts „persönliches Vorkaufsrecht" als eines Bausteins und wandelt es durch zusätzliche Bestimmungen i n das dingliche um. Hierzu paßt, daß die Motive es i n dem Zusammenhang ablehnen, einen Retrakt gegen den Dritterwerber einzuführen, w e i l dem Verhältnis zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem das entscheidende Gewicht beigelegt bleiben soll. Es sei an die damals verbreitete Unterscheidung zwischen „Retrakt" und „Vorkaufsrecht" erinnert 4 3 3 . So, d. h. vom gesetzgeberischen Prozeß her, gesehen, ist das dingliche Vorkaufsrecht wirklich nichts anderes als — wer könnte dies ange426 RG (24.1.10) Z 72, 385 (390); RG (21.3.25) Z 110, 327; RG (28.3.25) L Z 1925, 546. Ebenso schon Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 600, 602. Z u rückhaltend KG (16.1.19) J 51, A 273. 427 Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 292 f. 428 Endemann, Bürg. R. I I , S. 694; OLG Celle (1. 3. 49) N J W 1949, 548. 429 Mot. I I I , S. 450. 430 So etwa Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502, Fn. 19. Palandt l Degenhardt, vor § 1094, A n m . 1; Staudinger I Dittmann, § 1094, Rdn. 1; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 1 c; Eichler, Institutionen, S. 414 f. 431 Mot. I I I , S. 450. 432 vgL Palandt / Degenhart, vor § 1094, A n m . 1; Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 2; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 1 c; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502, Fn. 19; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 596; Eichler, I n s t i t u tionen, S. 414. 433 Vgl. oben T e i l 1, D I I I .
7 Schurig
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T e i l 2: Rechtsnatur —
. Das
Vorkaufsrecht
sichts des § 1098 Abs. 1 leugnen — ein „verdinglichtes obligatorisches Vorkaufsrecht". Daraus folgt aber überhaupt nichts über die Abhängigkeit des dinglichen Vorkaufsrechts vom persönlichen. Es kann ein völl i g neues, unabhängiges dingliches Recht sein — und ist es auch. 2. Das dingliche Vorkaufsrecht als selbständiges Sachenrecht
Bereits aus der Stellung i m Gesetz (zwischen den Dienstbarkeiten und den Reallasten) folgt, daß das dingliche Vorkaufsrecht (trotz der Verweisung auf die Vormerkung, über die noch zu sprechen sein wird) als eigenständiges Sachenrecht gemeint war, m i t allen Folgen der Begründung, Aufhebung, des Gutglaubensschutzes usw. Daß die Vorschriften für Sachenrechte gelten, w i r d eigentlich auch nicht bestritten 4 3 4 . Diese Vorstellung und Absicht des Gesetzgebers sollte man nicht ohne Not zu durchkreuzen versuchen. Das RG hat geglaubt, seine Bedingungstheorie auch auf das dingliche Vorkaufsrecht übertragen zu sollen, und es somit letztlich als einen dinglich gesicherten doppelt bedingten Kauf angesehen 435 . Abgesehen von den unüberwindlichen Schwierigkeiten, die dies i n anderen Fragen 4 3 6 m i t sich bringt, und abgesehen davon, daß i n casu das Ergebnis (Formbedürftigkeit des Verpflichtungsvertrages) auch durch eine sinnentsprechende Auslegung des § 313 BGB hätte erreicht werden können 4 3 7 , ist eine solche „Erklärung" des dinglichen Vorkaufsrechts überflüssig, ja falsch. Das Gesetz ist frei, an bestimmte Rechtsfolgen bestimmte Tatbestände zu knüpfen. I m Schuldrecht läßt es i m Rahmen der Vertragsfreiheit beliebige Rechte und Pflichten entstehen durch die Tatbestandsmerkmale Vertragsantrag und Vertragsannahme 438 . I m Sachenrecht bildet es Rechte m i t vorgeformtem, festgelegtem Inhalt. Sie sind Rechtsfolgen eines auf sie gerichteten dinglichen Grundgeschäfts; dieses ist Tatbestand. Eines dieser Sachenrechte ist, wie dargelegt, das dingliche Vorkaufsrecht. N u n entspringen diesem Vorkaufsrecht auch gewisse obligatorische Rechte und Pflichten, jedenfalls i m Verhältnis zwischen bestellendem Eigentümer und Verpflichtetem und zumindest nach Ausübimg des Rechts 439 . Eines Heranziehens schuldrechtlicher Tatbestandselemente — 434 Vgl. Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 289; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 125, 127. Doch werden Abweichungen beim Gutglaubensschutz vertreten; unten Fn. 463. 435 RG (21.3. 25) Z 110, 327. 436 Unten C I I I 2 a. 437 Näher unten T e i l 3, A I 2 b. 438 N U r hierauf erstreckt sich die Vertragsfreiheit; vgl. näher oben A I I 2. 439 Der Anspruch des Vorkaufsberechtigten auf Übereignung des G r u n d stücks ist i m m e r ein obligatorischer, u n d zwar unabhängig von der streitigen
I I I . Merkmale der Dinglichkeit
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wie beim persönlichen Vorkaufsrecht 4 4 0 —, u m dies zu begründen, bedarf es (entgegen der Ansicht des Reichsgerichts) trotzdem nicht. Denn diese Rechtsfolgen hat das Gesetz an einen sachenrechtlichen Tatbestand (Einigung und Eintragung) geknüpft. Hier bewährt sich wieder die oben 4 4 1 durchgeführte Unterscheidung zwischen dem rechtlichen Erscheinungsbild des Vorkaufsrechts und seinem rechtlichen Grund: Sowohl das persönliche wie das dingliche Vorkaufsrecht sind Gestaltungsrechte auf einseitige Herbeiführung eines den Regeln des Kaufs gehorchenden Rechtsverhältnisses; aber ersteres hat seinen Grund i n einer besonderen Anordnung schuldrechtlicher Tatbestandselemente, letzteres i n der Erfüllung eines sachenrechtlichen Tatbestandes, an den das Gesetz u. a. diese Rechtsfolgen k n ü p f t 4 4 2 . Daß die Erfüllung sachenrechtlicher Tatbestände obligatorische Rechte und Pflichten nach sich ziehen kann, ist i m BGB kein Sonderfall. Auch bei der Reallast, auf die schon die Motive hinweisen 4 4 3 , t r i f f t den Eigentümer eine obligatorische Schuld (§ 1108 Abs. 1). Die Reallast verpflichtet zu Leistungen aus dem Grundstück; das Vorkaufsrecht verpflichtet (mittelbar, d. h. nach Bedingungseintritt und Ausübung des Gestaltungsrechts) zur Leistung des Grundstücks 444 . Das dingliche Vorkaufsrecht ist danach zunächst ein Sachenrecht, dem ein inhaltlich ebensolches Gestaltungsrecht auf Herbeiführung eines Kaufverhältnisses entspringt, wie es das persönliche Vorkaufsrecht beinhaltet 4 4 6 . I I I . Merkmale der Dinglichkeit Aber was ist dann das Dingliche an diesem dinglichen Recht? 1. Vormerkungswirkung gegen Dritterwerber
Gerade das zunächst ins Auge Fallende, nämlich die Regelung der Wirkung gegen einen Dritterwerber, war Anlaß für weitere Zweifel an der Dinglichkeit 4 4 6 . Nach der Aufnahme des Instituts der VormerFrage, ob der Verpflichtete n u r m i t dem Grundstück oder auch persönlich haftet. 440 Vgl. oben A I I 2. 441 A I I 1 c, a. Anf. 442 Dafür, daß es sich letztlich u m ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt, vgl. auch Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 504; w o h l ebenso Lange, B o den, S. 67; ders., Sachenrecht, S. 123. U n k l a r dagegen Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 1 („Befugnis . . . zu kaufen"); Erman / Ronke, vor § 1094, Rdn. 1 (ebenso); Westermann, Sachenrecht, S. 630 ( „ e n t s t e h t . . . ein Kaufvertrag"). 443 Mot. I I I , S. 450 f. 444 Vgl. Mot. I I I , ebd.; Staudinger / Dittmann, § 1094 Rdn. 1. 445 Insoweit zutreffend Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 601 f. 446 So etwa die Ansicht des Reichsgerichts (oben Fn. 426), es handele sich 7*
100
T e i l 2:
echtsnatur —
. Das
Vorkaufsrecht
kung ins BGB hat die 2. Kommission dem dinglichen Vorkaufsrecht Dritten gegenüber 447 kurzerhand die Wirkung einer Vormerkung beigelegt. Aber die Vormerkung ist kein dingliches Recht 4 4 8 ; kann dann das Vorkaufsrecht eins sein? Zunächst einmal ist die Vormerkung darum kein dingliches Recht, w e i l der Gesetzgeber sie nicht als solche gewollt hat 4 4 9 . Die Vormerkung ist nicht unter die Rechte an Grundstücken eingereiht, sie findet sich bei den „allgemeinen Vorschriften". Sie w i r d nicht begründet wie ein Recht; es genügt einseitige Bewilligung oder sogar eine einstweilige Verfügung. Sie kann nicht gutgläubig erworben werden wie ein Recht 450 . Sie „steht und fällt m i t dem zu sichernden schuldrechtlichen Anspruch" 4 6 1 . Anders beim Vorkaufsrecht: Hier hat der Gesetzgeber zunächst ein dingliches Recht geschaffen, m i t allen Konsequenzen. Aus diesem fließt unmittelbar ein Gestaltungsrecht, mittelbar auch die m i t diesem auslösbaren schuldrechtlichen Rechte und Pflichten. Sie sind Dritten gegenüber durchsetzbar, wie wenn sie mit einer Vormerkung gesichert wären. Die Verweisung auf die Regeln der Vormerkung war für den Gesetzgeber nichts anderes, als eine technische Vereinfachung, nachdem die Vorschriften des ersten Entwurfs als zu kompliziert kritisiert worden waren 4 5 2 . A u f diesem begrenzten Gebiet der Wirkung Dritten gegenüber (und sonst nicht!) paßte die Regelung bei der Vormerkung; daher konnte man auf sie verweisen. Daß mehr nicht gewollt war, insbesondere nicht — wie das Reichsgericht annahm 4 5 3 — der Charakter des Rechts von Grund auf geändert werden sollte, sieht man schon daran, daß diese Änderung den Protokollen einen ganzen Halbsatz Begründung wert w a r 4 5 4 . u m „ k e i n eigentliches" (ein „uneigentliches"?) dingliches Recht. Ebenso Palandt / Degenhardt, bis 32. Aufl. (1973), vor § 1094, A n m . 1, jetzt offengelassen; RGRK / Denecke, § 1094, Anm. 3. 447 „ D r i t t e r " ist hier jeder, der nicht selbst Verpflichteter ist; Staudinger I Dittmann, § 1098, Rdn. 20. 448 H.M., i m einzelnen sehr streitig; vgl. Staudinger I Seufert, § 883, Rdn. 39 m. N.; Soergel / Baur, § 883, Rdn. 2 m. N.; Dulckeit, Verdinglichung, S. 2 4 27; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 599. Dagegen z.B. Wolf, Sachenrecht, S. 395 - 398; Lent / Schwab, Sachenrecht, S. 63 f. 449 Vgl. v. Tuhr, A l l g . T. I, S. 136 f. 450 H. M. — A. A. Wolf, Sachenrecht, S. 401 - 403. 451 Lange, Boden, S. 67; Staudinger I Seufert, § 883, Rdn. 39; Soergel / Baur, § 883, Rdn. 5. Vgl. auch Wolf, Sachenrecht, S. 391; Lent / Schwab, Sachenrecht, S. 62 f. 452 So z. B. von Gierke, E n t w u r f , S. 353 f. 453 R G (21.3.25) Z, 110, 327. Ebenso schon Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 287. 454 Prot. I I I , S. 758.
I I I . Merkmale der Dinglichkeit
101
Der Unterschied kann daher folgendermaßen festgestellt werden 4 5 5 : Die Vormerkung ist unselbständige Sicherung eines obligatorischen Rechts und steht und fällt mit ihm. Das dingliche Vorkaufsrecht ist eines aus der begrenzten Zahl der Sachenrechte. Aus ihm fließen letztlich obligatorische Rechte und Pflichten, die Dritten gegenüber wie durch Vormerkung gesichert wirken. 2. Andere Merkmale
Wäre diese Vormerkungswirkung die einzige „dingliche" Wirkung, dann könnte man sich allerdings mit Recht fragen, was das dingliche Vorkaufsrecht eigentlich soll. Denn es kann — wie immer man das Vorkaufsrecht auch konstruiert — kein Zweifel sein, daß der aus der Ausübung sich ergebende Übereignungsanspruch bei einem persönlichen Vorkaufsrecht als ein „künftiger" (nach anderer Auffassung „bedingter") Anspruch bereits bei Bestellung des Vorkaufsrechts durch Vormerkung gesichert werden kann 4 5 6 . So wurde auch verschiedentlich gefolgert, das dingliche Vorkaufsrecht sei ein überflüssiges Rechtsinstitut457. Die „Dinglichkeit" macht sich aber i n zahlreichen Punkten bemerkbar458: a) Eigentümer als solcher betroffen Das dingliche Vorkaufsrecht beschränkt sich zwar grundsätzlich auf einen Vorkaufsfall; doch kann es für mehrere oder alle bestellt wer455 I n Anlehnung an die Unterscheidung von Lange, Boden, S. 67: „ B e i m dinglichen Vorkaufsrecht fließen schuldrechtliche Pflichten ebenso w i e bei der Reallast aus dem dinglichen Recht; die V o r m e r k u n g steht u n d f ä l l t m i t dem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht." 456 Vgl. RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 15; Erman / Ronke, vor § 1094, Rdn. 1; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 2 a aa; Warney er, § 1094, A n m . 1; Wolf, Sachenrecht, S. 391; Baur, Sachenrecht, S. 173; Bendix, Vorkauf, S. 601 f.; Lent /Schwab, Sachenrecht, S. 304; RG (22.11.13) Warn. 1914, S. 75; RG (23.2.24) Z 108, 91 (94). Anders aber Kretzschmar, Sachenrecht, S. 406, der annimmt, vor Ausübung des Rechts besteht „ein Anspruch überhaupt nicht, auch kein bedingter oder k ü n f t i g e r " (!). 457 Langheineken, Anspruch, S. 6, Fn. 3; Reichel, Vormerkung, S. 92-94. Anscheinend auch Fuchs, Grundbuchrecht, vor § 1094 BGB, A n m . 3; Goldmann/Lilienthal, B G B I, S. 523, Fn. 4; Endemann, Bürg. R. I I , S. 695 ( „ i m wesentlichen derselbe Rechtserfolg"). Kretzschmar, Sachenrecht, S. 406 h ä l t das dingliche Vorkaufsrecht m i t dem vorgemerkten persönlichen gleichfalls f ü r wesensgleich, verneint aber die Zulässigkeit einer V o r m e r k u n g f ü r letzteres. 458 Vgl. Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . l a - h ; Palandt / Putzo, vor § 504, A n m . 2 b; Palandt / Degenhart, vor § 1094, A n m . 1; RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 15; Westermann, Sachenrecht, S. 622; Biermann, § 1094, A n m . 1; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 125 - 127; Bendix, Vorkauf, S. 601 f.; Wolf, Sachenrecht, S. 407 f. K G (16.1.19) J 51, A 273 (A 275).
102
T e i l 2: Rechtsnatur —
. Das
Vorkaufsrecht
den (§ 1097). Es ist also wenigstens potentiell eine dauernde, vom Eigentumswechsel unabhängige Grundstücksbelastung. Das zeigt, daß auch bei der Bestellung für einen Fall der Eigentümer als solcher betroffen ist 4 5 9 . Übrigens geraten an dieser Stelle alle diejenigen i n Schwierigkeiten, die ein zugrunde liegendes schuldrechtliches Verhältnis annehmen. Denn wie kommt der neue Eigentümer i n z. B. einen bedingten Kaufvertrag zwischen dem Berechtigten und dem alten Eigentümer hinein 4 6 0 ? Durch Vertragsübernahme? Und wenn die Vertragsübernahme aus Versehen oder m i t Absicht unterlassen wird? Sollte es sich u m eine Vertragsübernahme kraft Gesetzes handeln? Dafür wäre die Grundlage „ . . . es kann jedoch auch für mehrere oder für alle Vorkaufsfälle bestellt werden" etwas dürftig. Oder bleibt das „persönliche Vorkaufsrecht" zwischen dem ersten Eigentümer und dem Berechtigten bestehen? Das wäre sinnlos. Die hier vertretene Auffassung dagegen paßt: Die aus dem Sachenrecht fließenden obligatorischen Wirkungen treffen den jeweils belasteten Eigentümer. b) Subjektiv
dingliche
Bestellung
Das dingliche Vorkaufsrecht kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks (subjektiv dinglich) bestellt werden (§ 1103 BGB). Auch das ist eine Besonderheit dinglicher Rechte. Die Vertreter der oben genannten Ansicht müssen sich m i t einem Vorkaufsvertrag zugunsten Dritter behelfen, eine i n diesem Zusammenhang sehr fragwürdige Konstruktion: Denn der „ D r i t t e " ( = der neue Eigentümer des begünstigten Grundstücks) soll nicht einfach eine Forderung (§ 328 BGB) erhalten, sondern ein Gestaltungsrecht auf Herstellung eines Kaufverhältnisses zwischen sich und dem Eigentümer des belasteten Grundstücks, das somit nicht nur einen Anspruch, sondern auch eine Zahlungspflicht enthält 4 6 1 . c) Begründung und Gutglaubensschutz Das dingliche Vorkaufsrecht w i r d durch Einigung und Eintragung begründet (§ 873 BGB), und zwar n u r 4 6 2 . Es genießt Gutglaubensschutz 459 Vgl. Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3, § 1094, Rdn. 1; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 1 b ; § 1098, A n m . 1 a. Das w i r k t sich insbesondere aus beim gutgläubigen Erwerb eines dinglichen Vorkaufsrechts; näher unten C I I I 2 c. 460 vgl z b Crome, System I I I , S. 573: „ . . . t r i t t der Erwerber des G r u n d stücks . . . i n die damit verbundenen obligatorischen Beziehungen zum V o r kaufsberechtigten ein. . . . Der E i n t r i t t des jeweiligen Grundeigentümers i n diese Verpflichtung erfolgt durch E r w e r b des belasteten Grundstücks"; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 307: „Jeder Rechtsnachfolger ü b e r n i m m t m i t der dinglichen auch die persönliche Verpflichtung" (warum?); Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 602 f. 461
Näher unten T e i l 3, A I I I .
I I I . Merkmale der Dinglichkeit
103
wie jedes dingliche Recht 463 . Ist das Vorkaufsrecht übertragbar (§ 514 BGB) 4 6 4 , so gilt der als Berechtigte Eingetragene nach § 892 BGB zugunsten des Erwerbers als der wirkliche Berechtigte, das nichtige Vorkaufsrecht gilt als gültig 4 6 5 . Dem gutgläubigen Erwerber eines nur vorgemerkten Vorkaufsrechts h i l f t nichts 4 6 6 . Bestellt der eingetragene Nichteigentümer ein dingliches Vorkaufsrecht, so erwirbt es der Gutgläubige nach § 892 BGB; und es w i r k t als dingliches Recht gegen den wahren Eigentümer 4 6 7 . Bewilligt der eingetragene Nichteigentümer eine Vormerkung für ein von i h m bestelltes schuldrechtliches Vorkaufsrecht, so ist der Berechtigte allerdings nach § 893 auch geschützt, weil die Bewilligung der Vormerkung als eine Verfügung angesehen w i r d 4 6 8 . Die beiden Fälle liegen aber i m Ergebnis nur scheinbar gleich. Denn das schuldrechtliche Vorkaufsrecht, auch das vorgemerkte, t r i f f t nur den Besteller. Nach § 504 t r i t t der Vorkaufsfall ein, wenn der Verpflichtete einen Kaufvertrag m i t einem Dritten schließt. Verpflichteter bleibt der das Vorkaufsrecht bestellende und die Vormerkung bewilligende Nichteigentümer. Ein Verkauf durch den wahren Eigentümer bildet keinen Vorkaufsfall. M. a. W.: der Vorkaufsfall t r i t t nur ein bei einem Kaufvertrag des vorkaufsverpflichteten Nichteigentümers; die Ausübung des Rechts schafft ein 482 RG (11.7.29) Z 125, 261; Wolff i Raiser, Sachenrecht, S. 501; Lange, Sachenrecht, S. 123; Erman / Ronke, § 1094, Rdn. 4; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 6; RGRK / Denecke, § 1094, A n m . 4; Palandt / Degenhart, § 1094, A n m . 5 a; Kretzschmar, Sachenrecht, S. 405; Stillschweig, Anm., S. 1113; Hedemann, Sachenrecht, S. 268. 483 Planck / Strecker, v o r § 1094, A n m . 1 a; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 505; Lange, Sachenrecht, S. 123; ders., Boden, S. 66. Anders Endemann, Bürg. R. I I , S. 697 f., Fn. 25, der das dingliche Vorkaufsrecht auch insoweit w i e ein vorgemerktes persönliches behandeln w i l l , u n d i h m folgend Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 607. N u r wegen der Verweisung auf die W i r k u n g der V o r m e r k u n g Dritten gegenüber w i r d das dingliche Vorkaufsrecht aber nicht selbst zur V o r m e r k u n g (so schon zutreffend Crome, System I I I , S. 571, Fn. 24). Es gibt keinen Grund, es hinsichtlich des Gutglaubensschutzes anders zu behandeln als jedes andere dingliche Recht. 484 Z u r Zulässigkeit der Vereinbarung der Übertragbarkeit vgl. RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 3; Erman l Ronke, § 1094, Rdn. 3; Staudinger / Dittmann, § 1098, Rdn. 1; Planck / Strecker, § 1098, A n m . 2 b. RG (29.5.35) Z 148, 105; RG (26.6.37) Z 155, 172. A. M. n u r Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 291. 486 Staudinger / Dittmann, v o r § 1094, Rdn. 3; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 505. 488 Staudinger / Dittmann, ebd.; Planck / Strecker, ebd.; Wolff / Raiser, ebd. 487 Vgl. Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3, § 1094, Rdn. 1; Planck / Strecker, v o r § 1094, A n m . 1 b, § 1098, A n m . 1 a; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 127. 488 Staudinger / Seufert, § 883, Rdn. 40, 56, m . N . ; Soergel / Baur, § 883, Rdn. 2; Baur, Sachenrecht, S. 183; Dulckeit, Verdinglichung, S. 25, Fn. 24.
104
Teil 2: Rechtsnatur —
. Das
Vorkaufsrecht
Kaufverhältnis zwischen dem Berechtigten und diesem Nichteigentümer, das aber nach Berichtigung oder Widerspruch i m Grundbuch nicht mehr erfüllt werden kann. Verkauft der wahre Eigentümer das Grundstück, so nützt dem Vorkaufsberechtigten seine nach § 893 BGB gutgläubig erworbene Vormerkung gar nichts, denn für ihn ist dies kein Vorkaufsfall. Das gutgläubig erworbene dingliche Vorkaufsrecht dagegen w i r k t — wie gesagt — gegen den Eigentümer. d) Abwicklung
zwischen Berechtigtem und Erwerber
Ist das belastete Grundstück bereits i n Besitz oder Eigentum des Käufers ( = des Dritten) übergegangen, so zeigt sich auch hier, daß die dingliche Wirkung doch weiter geht als bloß die einer Vormerkung. Hat der Käufer nämlich bereits bezahlt, so übt das Vorkaufsrecht i m wesentlichen Wirkungen zwischen dem Berechtigten und dem Käufer (Dritten) aus. Der Käufer kann die Herausgabe des Grundstücks oder die Zustimmung zur Eintragung solange verweigern, bis ihm der bezahlte Kaufpreis ersetzt w i r d (§ 1100 BGB). Seinem Verkäufer (dem verpflichteten Eigentümer) gegenüber braucht er nichts mehr zu bezahlen; er kann aber auch nichts mehr zurückverlangen (§ 1102 BGB). Der Berechtigte, der ja eigentlich i n einem Kaufverhältnis zu dem Verpflichteten (Verkäufer) steht, braucht diesem den Kaufpreis nicht mehr zu zahlen, soweit er ihn hat nach § 1100 BGB erstatten müssen (§ 1101 BGB). Das Gesetz weicht i n der Abwicklung also erheblich von den Folgen eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechts ab und verbindet sie m i t der dinglichen W i r k u n g 4 6 9 . Beim durch Vormerkung gesicherten persönlichen Recht bleibt alles beim alten: Der Verpflichtete (Verkäufer) hat sich wegen des Kaufpreises an den Berechtigten zu halten; der Kaufvertrag ist zwischen i h m und dem D r i t ten (Käufer) rückabzuwickeln. IV. Causa Mitunter findet man die Formulierung, ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht müsse zwar nicht, könne aber causa eines dinglichen sein, das dann als abstraktes Recht zu seiner Sicherung bestellt sei 4 7 0 . Ge469 v g l Wieacker, Bodenrecht, S. 132: „ A u c h die Forderung des Erstkäufers ist also nicht auf den Verkäufer beschränkt, sondern gleichsam verdinglicht; die Kaufpreisschuld haftet am Eigentum"; Gierke, Privatrecht I I , S. 805: „die Kaufpreisschuld (wird) i n die dingliche Wirksamkeit des V o r kaufsrechts verstrickt". Ferner RG (1.7.16) Z 88, 361: Verpflichteter kann m i t Rücksicht auf das ausgeübte Vorkaufsrecht E r f ü l l u n g des Kaufvertrages verweigern. 470 Z . B . Westermann, Sachenrecht, S. 622; w o h l auch Palandt f Degenhart, § 1094, A n m . 1; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 3; Warneyer, § 1094, A n m . I.
V. Vorkaufsrecht als Anwartschaft
105
nau genommen ist selbst das nicht richtig. Das dingliche Vorkaufsrecht ist zwar ein abstraktes Sachenrecht und bedarf eines rechtlichen Grundes; anderenfalls ist es kondizierbar 4 7 1 . Diese causa liegt i n der schuldrechtlichen Vereinbarung zur Bestellung eines solchen Rechts etwa i m Rahmen eines Miet-, Pacht- oder anderen Kaufvertrages. Sollte w i r k lich ein dingliches Vorkaufsrecht zur Sicherung eines obligatorischen bestellt sein 4 7 2 , so ist causa noch immer nicht das persönliche Vorkaufsrecht, sondern die Sicherungsabrede. V. Vorkaufsrecht als Anwartschaft Während die bisher genannten Ansichten den dinglichen Charakter des Vorkaufsrechts meist zu leugnen oder abzuschwächen suchen, schießen andere über i h r Ziel hinaus und bezeichnen das dingliche Vorkaufsrecht als ein dingliches Anwartschaftsrecht 473 . Das t r i f f t nicht zu. Als Anwartschaft bezeichnet man eine Vorform des eigentlichen Rechts, die unmittelbar i n das betreffende Recht übergehen kann, z.B. bei Eintritt einer Bedingung 4 7 4 . Auch aus dem dinglichen Vorkaufsrecht kann aber immer nur ein (kaufähnlicher) Anspruch auf Übertragung des Eigentums hervorgehen; ein Recht auf Eigentumsanfall ist das Vorkaufsrecht nicht 4 7 5 . Dagegen kann man bei beiden Arten des Vorkaufsrechts von einer schuldrechtlichen Anwartschaft sprechen 476 , weil die Ausübung für den Berechtigten ein obligatorisches Recht hervorbringt. Beim dinglichen Vorkaufsrecht ist diese schuldrechtliche A n wartschaft noch auf besondere Weise dinglich verknüpft; sie w i r d jedoch nicht selbst dinglich. 471 Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 501; Lange, Sachenrecht, S. 123, Fn. 13; Stillschweig , Anm., S. 1113. U n k l a r Palandt / Degenhart, v o r § 1094, A n m . 1 (Kausalgeschäft könne „auch ganz fehlen"). 472 Eine derartige Vereinbarung gibt normalerweise nicht v i e l Sinn. D e n k bar ist freilich z.B. die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts zur Sicherung eines (nur obligatorisch möglichen) Vorkaufsrechts m i t Festpreis. Dann wäre dieses Recht D r i t t e n gegenüber wenigstens m i t dem Preis des Drittvertrages durchsetzbar. Doch dürfte auch i n solchen Fällen eher zur V o r m e r k u n g gegriffen werden. 473 So Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 1 (unter unrichtiger Berufung auf Westermann i n Erman. Das dingliche Vorkaufsrecht ist dort aber nicht von Westermann bearbeitet, der auch sonst nirgends von dem Vorkaufsrecht als einem Anwartschaftsrecht spricht); Erman / Ronke, vor § 1094, Rdn. 2; Crome, System I I I , S. 571 („zur dinglichen Anwartschaft gesteigerte Obligation"); w o h l auch BGH (14.12. 56) Z 22, 347 (350). Dagegen schon überzeugend v. Tuhr Allg. T. I, S. 190. 474 Vgl. oben Fn. 143. 475 Vgl. Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 2; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502; Lange, Sachenrecht, S. 122; ders., Boden, S. 66; Mot. I I I , S. 452. A n ders aber Crome, System I I , S. 493 u. I I I , S. 568 („Recht auf Aneignung"). 476 So f ü r das obligatorische Vorkaufsrecht auch Esser, Schuldrecht, S. 78. Allgemein zur obligatorischen Anwartschaft Forkel, Grundfragen, S. 166.
106
T e i l 2: Rechtsnatur —
. Das
Vorkaufsrecht
VI. Ergebnis Faßt man zusammen, so ist das dingliche Vorkaufsrecht ein abstraktes Sachenrecht, das durch Einigung und Eintragung entsteht und allen Regeln für Sachenrechte gehorcht 477 . Aus ihm fließt ein Gestaltungsrecht auf einseitige Herbeiführung einer (letztlich i m Gesetz begründeten) kaufähnlichen schuldrechtlichen Beziehung zwischen dem Berechtigten (bei § 1103 Abs. 1 BGB dem berechtigten Eigentümer) und dem jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks, durch die letzterer zur Übereignung und der Berechtigte zur Zahlung des i m Drittvertrag vereinbarten Kaufpreises verpflichtet werden 4 7 8 . Dieser (künftige) Übereignungsanspruch ist Dritten gegenüber wie durch eine Vormerkung gesichert.
477 F ü r ein „echtes" dingliches Recht auch Planck / Strecker, v o r § 1094, A n m . 2; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 1, § 1094, Rdn. 1; Welff I Kaiser, Sachenrecht, S. 498 u. 502, Fn. 22; Westermann, Sachenrecht, S. 622; Lange, Sachenrecht, S. 123; ders., Boden, S. 67; Biermann, § 1094, A n m . 1; Lang, Vorkaufsrecht, S. 14; Wolf, Sachenrecht, S. 405-408; J. v. Gierke, Sachenrecht, S. 1531; w o h l auch Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 1; Erman/Ronke, vor § 1094, Rdn. 2; Dulckeit, Verdinglichung, S. 25 f. 478 Das Vorkaufsrecht ist also nicht „das künftige Recht, das Grundstück zu erwerben" (so z . B . Lang, Vorkaufsrecht, S. 14); es ist das gegenwärtige bedingte Recht, ein kaufähnliches Verhältnis hervorzubringen.
Teil 3
Einzelfragen A. Zur Begründung des Vorkaufsrechts I. Formfragen (§ 313 BGB) 1. Form des Vorkaufsvertrags
a) Die Formfrage und die „Theorien" A n der Formfrage begann sich frühzeitig der Streit um die Hechtsnatur des Vorkaufsrechts zu entzünden. Von „gerade und nur diese(r), die Erkenntnis der juristischen Natur des Vorkaufsrechts betreffendein) theoretischen Erörterung" sollte die Lösung der verschiedenen Fragen u m die Form des obligatorischen Vorkaufsrechts an Grundstücken sowie des dinglichen abhängen 479 . Auch das Reichsgericht war offenbar dieser Meinung und nahm die Formfrage zum Anlaß, die Theorie des doppelt bedingten Vertrages auf den Schild zu heben und fortan zum festen Bestandteil seiner Rechtsprechung zu machen 480 . N u r vereinzelt wurden Zweifel laut, ob es denn wirklich hierauf ankomme 4 8 1 . Versuche wurden unternommen — namentlich von Lewandowski 492 — unterschiedliche Ergebnisse bei den einzelnen „Theorien" nachzuweisen. Sie können aber nicht überzeugen, w e i l sie das Problem von der falschen Seite her angehen: Ob und inwieweit der Vorkaufsvertrag über ein Grundstück der Formvorschrift des § 313 BGB unterliegt, ist zunächst einmal eine Frage des § 313 BGB. Die Rechte und Pflichten, die m i t dem Vorkaufsrecht verbunden sind, stehen fest, gleich wel479
625 f.
Lewandowski,
Vorkaufsvertrag, S. 5681; f ü r das dingliche Recht: S.
480 Das kündigt sich an i n R G (5.11. 07) Z 67, 42, u n d gipfelt i n R G (24.1.10) Z 72, 385 (freilich w i r d S. 388 f. Formbedürftigkeit auch nach den anderen „Theorien" angenommen). — Ebenso schon vorher O L G Jena (28.8.1900) O L G 1, 293; KG (7.1. 01) O L G 2, 73. Weitere Nachweise Fn. 285. 481 Z. B. bei Goldmann / LiUenthal, B G B I, S. 525, Fn. 21. I m Ansatz auch RG (4.3. 05) Z 60, 225 (232), u n d R G (24.1.10) Z 72, 385 (389); dann aber doch auf die Bedingunstheorie abstellend. 482 Vorkaufsvertrag, S. 612 - 621. Vgl. auch Lang, Vorkaufsrecht, S. 34 - 39. Neuerdings meint wieder Georgiades, Optionsvertrag, S. 417, 425, diese u n d andere Fragen von der Rechtsnatur (der Option) abhängen lassen zu müssen.
108
Teil 3: Einzelfragen — A. Zur Begründung des Vorkaufsrechts
eher „Theorie" man folgt. Zu entscheiden ist vielmehr, ob nach dem gesetzgeberischen Zweck und dem rechtspolitischen Ziel des § 313 BGB ein solcher Vertrag, der solche Rechte und Pflichten begründet, der Form bedarf oder nicht. Ein Blick aufs Einzelne mag dies bestätigen: Die angebliche „Eintrittstheorie" muß man nach dem Gesagten beiseite lassen; unterstellt, es gäbe sie, würde sie den unter § 313 BGB zu subsumierenden Sachverhalt verfehlen 4 8 3 . Die „Bedingungstheorie" gibt angeblich eine eindeutige A n t w o r t : Handelt es sich um eine bedingte Verpflichtung, das Eigentum zu übertragen, so bedarf es eben der Form des § 313 B G B 4 8 4 . Die Schlußfolgerung erscheint indessen voreilig. Muß man nicht fragen, ob eine Verpflichtung zur Grundstücksübertragung nur unter der Bedingung, daß man sich ohnehin später formgerecht einem anderen gegenüber zur Übertragung eben desselben Grundstücks verpflichtet, und dazu noch unter diesen später beurkundeten Abmachungen, noch nach dem Zweck des § 313 BGB unter diese Vorschrift fällt oder ob nicht gerade hier für eine Form kein Bedürfnis besteht 485 ? Nach der „Offertentheorie" w i l l Lewandowski § 313 BGB ebenfalls angewandt wissen, w e i l der Vorkaufs vertrag „einen der beiden Vertragsbestandteile" enthalte 4 8 6 . Aber auch hier muß man die eben genannte Frage stellen 4 8 7 . Nach der „Ermächtigungstheorie" soll der Vorkaufsvertrag formfrei sein, w e i l auch die Vollmacht formfrei sei 4 8 8 . Letzteres t r i f f t aber schon bei der unwiderruflichen Vollmacht — die hier allenfalls vergleichsweise herangezogen werden könnte — nicht zu 4 8 9 . Wieder muß man nach dem Zweck des § 313 BGB fragen. Auch nach der „Vorvertragstheorie" soll — wie Lewandowski 490 i m Gegensatz zu den Vertretern dieser Theorie 4 9 1 meint — kein Form483
Oben, T e i l 2, A I I 3 a. Vgl. aber Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 612. Vgl. v o r allem die oben i n Fn. 480 angeführte RG-Rechtsprechung; ferner Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 613; Leonhard, Schuldrecht, S. 101; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 7; Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 16 a. 485 Dies hatte von den Vertretern der „Bedingungstheorie" w o h l als einziger Enneccerus gesehen, der sich zunächst i m letzteren Sinne f ü r eine „freiere Auslegung des § 313 B G B " entschied, sich später allerdings der sich festigenden Rechtsprechung beugte; vgl. Schuldverhältnisse, 6./8. A u f l . 1912, S. 340 f. Ähnliche Ansätze schon i n RG (4. 3. 05) Z 60, 225 (232 f.). Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 613, Fn. 139, findet das „eigenartig". 486 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 613 f., m i t Nachweisen. 487 Das t u t Endemann, Bürg. R. I, S. 1014 f., Fn. 28, u n d er verneint sie. 488 Laue, Begriff, S. 31 f.; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, ß. 615. 489 Soergel / Reimer Schmidt, § 313, Rdn. 10; Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 69 - 85. 490 Vorkaufsvertrag, S. 614 f. 491 Nachweise bei Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 615. 484
I. Formfragen (§ 313 BGB)
109
zwang bestehen. Zwar unterliege der Vorvertrag der Form des Hauptvertrages. Hier sei aber der „durch das Vorkaufsrecht entstehende Grundstücksveräußerungsvertrag" nicht formbedürftig; daher sei es auch der Vorvertrag nicht. Die Ansicht, gerade deshalb müsse für den Vorvertrag eine Form verlangt werden, sei „rechtlich inkonsequent". Diese merkwürdige Argumentation zeigt, wo es hinführt, bei der Formfrage nicht vom § 313 BGB auszugehen. Ganz abgesehen davon, daß es sich auch nach dieser „Theorie" u m keinen normalen Vorvertrag handelt 4 9 2 , bedarf ein Vorvertrag zu einem Grundstückskaufvertrag auch nicht deshalb der Form des § 313, weil der Hauptvertrag dieser Form bedarf, sondern deshalb, weil er ebenso wie der Hauptvertrag i n den Anwendbarkeitsbereich des § 313 fällt. Natürlich muß das auch geprüft werden, wenn der Hauptvertrag ausnahmsweise formfrei ist. Die Gründe, die beim „Haupt"-vertrag eine Form erübrigen, brauchen beim „Vor"-vertrag nicht automatisch zuzutreffen. Die „Gestaltungsrechtstheorie" schließlich führt nach Lewandowski dazu, die Formbedürftigkeit zu verneinen; denn der Vorkaufsvertrag schaffe nur ein Gestaltungsrecht und noch keine Übereignungsverpflichtung 4 0 3 . Andere vertreten das Gegenteil 494. Das nimmt nicht Wunder, denn, wie oben 4 9 5 nachgewiesen, erklärt die „Gestaltungsrechtstheorie" die rechtliche Struktur des Vorkaufsrechts i n gar keiner Weise, sondern systematisiert nur das Ergebnis, nämlich das Recht des Vorkaufsberechtigten. Für Schlüsse aus der Rechtsnatur ist daher gerade diese „Theorie" ganz besonders ungeeignet. Schließlich muß daher auch Lewandowski auf „rechtspolitische Erwägungen" zurückgreifen 496 . b) Rechtspolitische Entscheidung Es gilt somit zunächst, den Anwendungsbereich des § 313 BGB abzustecken, und zwar anhand der mit i h m verfolgten rechtspolitischen Zwecke. aa) Die dem § 313 BGB zugrunde liegenden Interessen öffentlichen Interessen dient der § 313 BGB nicht, wenn auch öffentliches Interesse sich die Formvorschrift mitunter zunutze macht 4 9 7 .
492
Vgl. oben T e i l 2, A I 3. 493 Vorkaufsvertrag, S. 616 - 621.
494
Vgl. unten Fn. 507. T e i l 2, A I I 2. 496 Vorkaufsvertrag, S. 620.
495
497
Häsemeyer, Form, S. 176.
110
T e i l 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
§ 313 BGB dient privaten Interessen, und zwar einmal dem der Parteien an der Sicherung des Beweises 498 , denn Grundstücksverträge sind meist kompliziert. I n der Hauptsache dient die Vorschrift aber dem Schutz des Veräußerers vor übereilten, unüberlegten Verträgen („Wirtshausverträgen") 4 9 9 . Wie dieser Zweck überwiegt, sieht man an § 313 Satz 2 BGB: Ein formnichtiger Kaufvertrag w i r d geheilt allein durch wirksame Übertragung des Grundstücks, obwohl gerade jetzt ein Beweisinteresse für die gegenseitigen Rechtsbeziehungen bestehen kann. A n Satz 2 sieht man aber auch, daß nur der Veräußerer geschützt w i r d ; denn daß die Gegenleistungen erbracht sind, ist für die Heilung nicht erforderlich 6 0 0 . Dem widerspricht nicht, daß der gesamte Vertrag formbedürftig ist, also einschließlich der Gegenleistung 601 . Auch das geschieht zum Schutze des Verkäufers, nicht des Käufers 6 0 2 : Die wirtschaftliche Bedeutung der Verpflichtung zur Grundstücksübereignung ist i n hohem Maße abhängig von Natur und Wert der dafür erworbenen Gegenansprüche. bb) Systematische Möglichkeit einer Subsumtion unter § 313 BGB Geht man von dieser Grundlage her an die hier behandelte Frage, so muß zuerst entschieden werden, ob eine Subsumtion des Vorkaufsvertrages unter § 313 BGB systematisch möglich, sodann, ob sie rechtspolitisch erforderlich ist. § 313 BGB betrifft zunächst Verträge, durch die sich ein Teil zur Eigentumsübertragung an einem Grundstück verpflichtet. Geht man — wie auch hier angenommen — davon aus, daß der Vorkaufs vertrag noch keine solche — auch keine bedingte — Verpflichtung schafft, so ändert dies dennoch nichts daran, daß später einmal der Berechtigte unter bestimmten Voraussetzungen vom Verpflichteten Übereignung des Grundstücks verlangen kann und daß dieser Anspruch seinen Rechtsgrund letztlich i m Vorkaufsvertrag hat 6 0 3 . Grundsätzlich ist es daher möglich, daß dieser Vertrag unter § 313 BGB fällt. 498
Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 1. Vgl. Prot I I , S. 99, 926; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 611. 500 Häsemeyer, Form, S. 188. 501 Vgl. RG (26. 6.18) Z 93, 219 (220 f.); RG (25.11.18) Z 95, 5 (7). 502 Häsemeyer, Form, S. 189. Zumindest mißverständlich Lorenz, V o r zugsrechte, S. 115. 503 Vgl. RG (5.11.07) Z 67, 42 (45f.); Larenz, Schuldrecht, S. 109; Häsemeyer, Form, S. 235. Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 618, findet diese naheliegende Einsicht „ v ö l l i g unverständlich" v o m Boden der Gestaltungsrechtstheorie aus, die aber nicht erklärt, w o der Anspruch denn sonst herkommt. 499
I. Formfragen (§ 313 BGB)
111
cc) Rechtspolitische N o t w e n d i g k e i t e i n e r S u b s u m t i o n u n t e r § 313 B G B Ausschlaggebend ist s o m i t , ob § 313 B G B auch nach s e i n e m r e c h t s p o l i tischen Z w e c k e i n e n solchen V e r t r a g erfassen soll. D e r B e w e i s z w e c k spielt, w i e gezeigt, n u r eine u n t e r g e o r d n e t e R o l l e ; entscheidend ist v i e l m e h r , ob d e r e i n V o r k a u f s r e c h t E i n r ä u m e n d e des g l e i c h e n S c h u t zes b e d a r f w i e e i n V e r k ä u f e r . aaa) M e i n u n g s s t a n d Das Reichsgericht h a t sich nach a n f ä n g l i c h e m S c h w a n k e n 6 0 4 seit d e r Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate v o m 24.1.1910606 dafür
ent-
schieden, d e n § 313 B G B a n z u w e n d e n . I h m i s t n a c h u n d n a c h auch d i e gesamte L i t e r a t u r 6 0 6 gefolgt, einschließlich d e r V e r t r e t e r d e r
„Gestal-
t u n g s r e c h t s t h e o r i e " 6 0 7 . Fast w i r d m a n v o n e i n e r i n z w i s c h e n g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e n G e l t u n g dieses Satzes ausgehen k ö n n e n . D o c h s o l l t e dies n i c h t d a v o n a b h a l t e n , seine i n n e r e B e r e c h t i g u n g z u p r ü f e n ; so h a t k ü r z l i c h n a c h l a n g e r Z e i t 6 0 8 d e r E i n t r a c h t z u diesem
und
Thema
604 R G (5.10.1886) Z 16, 155 (nein, betr. aber nicht BGB); RG (4.11. 04) Z 59, 132 (ja); R G (4. 3. 05) Z 60, 225 (nein; sehr gründlich begründet); R G (5.11. 07) Z 67, 42 (ja). Gegen den Formzwang ausgesprochen hatte sich auch schon O L G Colmar (2. 6. 05) O L G 11, 304 (anders aber beim Ankaufsrecht). 505 R G (24.1.10) Z 72, 385. Ferner: RG (25. 6.12) Z 79, 434 (435); R G (1. 6. 23) Z 107, 39 (Vorvertrag zu Vorkaufsrecht); RG (21. 3. 25) Z 110, 327; RG (1. 6.27) Recht 1927, Rspr. Nr. 1974; R G (16.2.28) H R R 1928, Nr. 1288; RG (13.6.32) Z 137, 29 (33); R G (14.2.34) J W 1934, 2545; R G (5.2.35) Warn. 1935, S. 112 (Nr. 54). Dem R G folgend die übrige Rechtsprechung: O L G Jena (28. 8.1900) O L G 1, 293; K G (7.1.01) O L G 2, 73; O L G München (22.2.12) O L G 25, 15; O L G München (7. 7.41) H R R 1942, Nr. 346. 608 Vgl. Esser, Schuldrecht bis 3. Aufl. 1969, S. 77; Larenz, Schuldrecht, S. 109; Fikentscher, Schuldrecht, S. 407; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473; Leonhard, Schuldrecht, S. 101; Heck, Schuldrecht, S. 283; Crome, System I I , S. 495, Fn. 15; Windscheid / Kipp, Pandektenrecht, S. 647; Eck / Leonhard, Vorträge I , S. 467; v. Tuhr, A l l g . T. I I 2, S. 278, Fn. 53; Raape, Wollensbedingung, S. 58; Seckel, Gestaltungsrechte, S. 23, Fn. 52; Staudinger/Ostler, § 504, Rdn. 2; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 7; RGRK/ Kuhn, § 504, A n m . 5; Planck / Knoke, vor § 504, A n m . 1; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 1; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 5; Warney er, § 504, A n m . I I ; Baur, Sachenrecht, S. 186; Rosenthal / Bohnenberg, § 504, Rdn. 1477. 507 Z . B . Larenz, ebd.; v. Tuhr, ebd.; Raape, ebd.; Seckel, ebd.; Planck/ Knoke, ebd. Kritisch hierzu Lorenz, Vorzugsrechte, S. 116. F ü r Formfreiheit aber Lewandowski, vgl. oben A 1 1 a. 508 V o n den älteren Autoren waren z. B. gegen ein Formerfordernis Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 616-621; Endemann, Bürg. R. I, S. 1014 f., Fn. 28, u n d I I , S. 694, Fn. 15; Kretzschmar, Sachenrecht, S. 405; Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 392 (unter Berufung auf die Entscheidung R G (5.10.1886) Z 16, 155, die aber ein braunschweigisches Gesetz, nicht das B G B betrifft). Weitere Nachweise daselbst. Rspr. oben Fn. 504.
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Teil 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
Häsemeyer 509 bezweifelt.
die Richtigkeit dieses Satzes mit gewichtigen Gründen
bbb) Schutzbedürftigkeit des Vorkaufsrechtsgebers I n der Tat: Die Schutzbedürftigkeit des Vorkaufsrechtsgebers ist nicht ohne weiteres einzusehen. Wenn § 313 BGB vor unüberlegter Weggabe von Grundvermögen schützen soll 5 1 0 , so bietet der Vorkaufsvertrag wenig Anlaß für solch einen Schutz. Denn, ob er das Grundstück überhaupt weggeben w i l l , steht dem Verpflichteten nach wie vor völlig frei. Kommt es aufgrund des Vorkaufsrechts zu einer Übereignungspflicht, so nur, nachdem sich der Vorkaufsverpflichtete ohneh i n — wenn auch einem anderen gegenüber — zur Weggabe des Grundstücks verpflichtet hat und diese Verpflichtung einschließlich der Gegenleistung formgültig ist 5 1 1 . Wovor also soll die Form des § 313 BGB beim Vorkaufsvertrag schützen? Das Reichsgericht hat hervorgehoben 512 , daß es auch obligatorische Vorkaufsrechte m i t i m voraus festgelegter Gegenleistung geben könne („limitierte" Vorkaufsrechte). Werden diese ausgeübt, so ist das synallagmatische Verhältnis ein anderes als i n dem den Vorkaufsfall bildenden beurkundeten Vertrag; die Übereignungspflicht kann ein ganz anderes wirtschaftliches Gewicht bekommen. Das ist sicher richtig, und die Folgerung erscheint zwingend, daß die Einräumung eines solchen Rechts stets der Form bedürfe 5 1 3 . Nur kann man daraus keine Rückschlüsse auf den normalen Vorkaufsvertrag ziehen 5 1 4 ; denn dieser ist eben anders. Schutzbedürftig könnte der Vorkaufsrechtsgeber aus anderen Gründen sein: Das Vorkaufsrecht kann, wenn der Verpflichtete beim Verkauf nicht auf der Hut ist, dazu führen, daß er zwei Personen zur Übereignung verpflichtet ist. Das muß dann rechtliche Verwicklungen und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen 515 . 509 Form, S. 235 f. Distanziert gegenüber der h. M. jetzt auch Esser, Schuldrecht, S. 77. 510 Oben A 1 1 b aa; Häsemeyer, Form, S. 235. 511 Vgl. Endemann, Bürg. R. I, S. 1014 f., Fn. 28; auch Raape, Wollensbedingung, S. 58 f.; RG (4. 3. 05) Z 60, 225 (233); OLG Colmar (2. 6. 05) O L G 11, 304. 512 RG (5.11. 07) Z 67, 42 (47); RG (24.1.10) Z 72, 385 (388, 392); auch schon O L G Jena (28. 8.1900) O L G 1, 293. 518 So auch Häsemeyer, Form, S. 236. 514 Häsemeyer, Form, S. 236. I m Ergebnis ebenso Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 618, 621. 515 Häsemeyer, Form, S. 236; RG (5.11.07) Z 67, 42 (46). Demgegenüber k a n n die Form W a r n f u n k t i o n haben. Z u Unrecht leugnet dies Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 621.
I. Formfragen (§ 313 BGB)
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Das Vorkaufsrecht, insbesondere das vorgemerkte oder das dingliche (über das noch zu sprechen sein wird), kann zu einer lästigen Fessel werden, zu einer erheblichen Behinderung bei der Veräußerung des Grundstücks; es kann potentielle Käufer von vornherein fernhalten und so die Erzielung eines günstigen Preises erschweren 516 . Schließlich kann die Person des Käufers, insbesondere seine Zahlungsfähigkeit und -moral, für den Veräußerer von erheblichem Gewicht sein. § 509 BGB verhindert zwar das Schlimmste, indem er vom Berechtigten verlangt, bei Inanspruchnahme einer m i t dem Dritten vereinbarten Stundung Sicherheit zu leisten. Immerhin bedarf es einer Sicherheit nicht, soweit für die Schuld eine Hypothek bestellt ist. Und so könnte es bei Formfreiheit des Vorkaufsvertrages passieren, daß ein Grundstücksveräußerer, der sich m i t Rücksicht auf die Person des Erwerbers weitgehend m i t Hypotheken begnügt hat, plötzlich an dessen Stelle eine Person vorfindet, der er vor vielen Jahren einmal am Stammtisch ein — inzwischen vielleicht vergessenes — Vorkaufsrecht eingeräumt hatte (um ein Beispiel von Raape517 aufzugreifen). Diese Erwägungen treffen natürlich nicht den K e r n des Schutzzwecks des § 313 BGB. Man kann argumentieren, andere Rechtsgeschäfte i n Bezug auf das Grundstück könnten auch lästig sein, ohne daß sie deshalb der Form des § 313 BGB bedürften. Man denke nur an langfristige Miet- und Pachtverträge, die nach § 566 BGB nur der Schriftform bedürfen und die nach § 571 BGB sogar gegen den Erwerber wirken; oder an die Verpflichtung zur Bestellung einer Hypothek 5 1 8 , einer Grunddienstbarkeit o. ä. (letzteres vor allem i m Vergleich m i t dem noch zu behandelnden „Vorvertrag" zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts). Einem Schutz vor rechtlichen Verwicklungen widerspricht vor allem Häsemeyer 519: Hätte § 313 BGB diesen Zweck, so müsse er auch den Käufer schützen, wie dies allerdings de lege ferenda — und teils sogar de lege lata — verlangt werde. Denn dann betreffe die Form nicht mehr nur die Weg gäbe des Grundstücks, sondern allgemeiner das „besondere Leistungs- und Haftungsrisiko" solcher Geschäfte. Nach geltendem Recht könne man diese Konsequenz aber „angesichts der einseitigen Heilung durch Leistung des Veräußerers" nicht ziehen. Daher müsse die Einräumung eines nicht limitierten Vorkaufsrechts formfrei bleiben. 516 Vgl. Westermann, Sachenrecht, S. 622; Leonhard, Schuldrecht, S. 101 f.; Eck / Leonhard, Vorträge I, S. 467, Fn. 2; Cosack / Mitteis, Bürg. R., S. 573; RG (5.11. 07) Z 67, 42 (46 f.). 517 Wollensbedingung, S. 59. 518 Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 628. 519 Form, S. 236.
8 Schurig
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T e i l 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
Mag besonders die letztere Argumentation manches für sich haben, so sollte man doch nicht außer Acht lassen, daß es sich hier nicht um einen Schutz auf der Käuferseite handelt und auch nicht u m einen Schutz i m Zusammenhang m i t Geschäften, die zwar belastend sein können, die aber mit einer Grundstücksveräußerung nichts zu tun haben. Hier geht es u m den Schutz auf der Veräußererseite, nämlich des Vorkaufsrechtsgebers. Der Schutz des Berechtigten spielt überhaupt keine Rolle 5 2 0 . A u f dieser Seite kann man auch nach geltendem Recht die Schutzfunktion eher erweitern, was ja anscheinend auch von Käsemeyer grundsätzlich für rechtspolitisch wünschenswert gehalten w i r d 5 2 1 . U n d andere belastende Rechtsgeschäfte können nicht vergleichsweise herangezogen werden, weil der Anwendungsbereich des § 313 BGB auf die Veräußerung i m weitesten Sinne festgelegt ist und der Vorkaufsvertrag — wie gezeigt — grundsätzlich hierunter fallen kann, die anderen Geschäfte aber nicht 5 2 2 . ccc) Ergebnis Nachdem die erste Frage, ob die Anwendung des § 313 BGB systematisch möglich ist, bereits bejaht war, kann man nunmehr also auch die zweite Frage, ob sie rechtspolitisch erforderlich ist, bejahen und damit der allgemeinen Praxis zustimmen. Die Entscheidung fällt aber, das sei Hohemey er zugegeben, knapp aus. c) Vereinbarkeit
mit der „Offertentheorie"
Dieses Ergebnis der Formbedürftigkeit läßt sich — wie bereits oben angedeutet — m i t der „Offertentheorie", wie sie hier vertreten wird, durchaus vereinbaren. Wenn in den Vorkaufsvertrag ein Kaufvertragsantrag eingebettet ist, so bestehen, nachdem die Formbedürftigkeit grundsätzlich bejaht ist, zwei Möglichkeiten. W i r d der gesamte Vorkaufsvertrag notariell beurkundet, so sind, wie § 313 es verlangt, beide Vertragserklärungen ausreichend formalisiert. Denn beide Parteien haben sich förmlich gebunden. Wenn der Vorkaufsvertrag hiernach auch nur das Angebot zum Abschluß des endgültigen Kaufvertrages (durch Ausübung des Vorkaufs) enthält — und nicht schon den ganzen Vertrag —, so legt er doch i m Zusammenhang mit dem notariellen Vertrag des Drittkäufers die gegenseitigen Verpflichtungen von Vorkaufsverpflichtetem und -berechtigtem vollständig und i n beur620 Das verkennt Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 621. Vgl. auch Soergel / Reimer Schmidt, § 313, Rdn. 1, u n d (einschränkend) Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 40. 621 Form, S. 236. 522 Das übersieht auch Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 628.
I. Formfragen (§ 313 BGB)
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kundeter Form fest. Der Gesetzgeber konnte darum i n diesem besonderen Fall auf eine — an sich erforderliche — Formalisierung der Ausübungserklärung ( = Vertragsannahme) zur Vermeidung einer „Verdoppelung der Vertrags- und Stempelkosten" ausdrücklich verzichten 5 2 3 . Die Protokolle 5 2 4 setzen die Formbedürftigkeit des gesamten Vorkaufsvertrages als selbstverständlich voraus 5 2 5 . d) Form bei einseitigem
Angebot
Eine ähnliche Wirkung könnte man natürlich auch erzielen, wenn anstelle eines förmlichen Vorkauf sv ertrag es vom Eigentümer nur ein notarielles Angebot auf Abschluß eines Kaufes zu den mit dem D r i t t käufer vereinbarten Bedingungen abgegeben würde. Das wäre möglich, entspräche aber nicht der Vorstellung des Gesetzgebers vom Vorkaufsuertragf. Man könnte das so entstandene Recht ein Quasi-Vorkaufsrecht nennen. Die gesetzlichen Bestimmungen wären nicht ohne weiteres anwendbar, insbesondere § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht; denn anderenfalls käme der Kauf zustande, ohne irgend eine notariell beurkundete Erklärung des Berechtigten. Die Ausübung eines solchen „Quasi-Vorkaufsrechts" bedürfte daher der Form des § 313 BGB. Es w i r d normalerweise kaum vorkommen, könnte aber eine Rolle spielen, wenn es gilt, ein Geschäft durch Umdeutung zu retten 5 2 6 . 2. Dingliches Vorkaufsrecht
a) Die Form der Bestellung Das dingliche Vorkaufsrecht entsteht als echtes dingliches Recht 5 2 7 durch Einigung und Eintragung 5 2 8 (§ 873 Abs. 1 BGB). Die Einigung über 523
Vgl. oben T e i l 2, A I I 5 a. Prot I I , S. 99. 625 Dann w i r d m a n § 505 Abs. 1 Satz 2 B G B analog anwenden können, w o die Situation eine vergleichbare ist; z.B. w e n n ein Ankaufsrecht oder ein sonstiges Optionsrecht an einem Grundstück durch gegenseitigen Vertrag i n der Form des § 313 B G B begründet ist (vgl. etwa RG [21. 2. 06] Z 62, 411). Lorenz, Vorzugsrechte, S. 116, bezweifelt bei der Option, daß eine förmliche, aber „zu nichts verpflichtende M i t w i r k u n g bei der vertraglichen Begründung der einseitigen B i n d u n g des Verpflichteten" genügt. Doch liegt, wie gesagt, das Gewicht auf der Verpflichtung zur Grundstücksübertragung u n d die Gegenleistung ist n u r i n die F o r m aufzunehmen, u m das synallagmatische Verhältnis festzulegen. Das k a n n schon beim Options-(Vorkaufs-)vertrag geschehen. — Vgl. aber auch Larenz, Schuldrecht, S. 114, u n d Georgiades, Optionsvertrag, S. 425 f., der solche rechtspolitischen Überlegungen gar nicht erst anstellt u n d (bei der Option) allein auf seine doch recht fragwürdige Auffassung von der „Rechtsnatur" abstellt. Ergebnis: Vertrag und A u s übung formbedürftig! 626 Vgl. z. B. unten A I I 2 d. 627 Oben Teil 2, C V I . 528 Westermann, Sachenrecht, S. 623; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 501; 524
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Teil 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
die Belastung m i t einem dinglichen Recht ist — wenn sie nicht bindend sein soll und abgesehen von der Ordnungsvorschrift des § 29 Abs. 1 GBO — grundsätzlich formfrei. Das gilt auch für das dingliche Vorkaufsrecht: § 313 BGB gilt nur für schuldrechtliche Verträge 5 2 9 , kommt daher lediglich für den Kausalvertrag zu dem dinglichen Vorkaufsrecht i n Betracht. Diese Ansicht wurde auch vom Reichsgericht geteilt 5 3 0 , obwohl es meinte, das dingliche Vorkaufsrecht enthalte auch ein obligatorisches. Eine andere Auffassung vertritt allein Lewandowski 531. Zwar hält auch er die Einigung als solche für nicht formbedürftig. Weil er aber nicht — wie es richtig wäre — das dingliche Vorkaufsrecht als ein Sachenrecht sieht, aus dem gewisse obligatorische Rechte erwachsen können 5 3 2 , sondern als ein obligatorisches Recht plus dinglicher Sicherung, nimmt er an, die Einigung enthalte stets auch einen obligatorischen Vorkaufsvertrag. Dieser ist allerdings nach seiner Meinung — wie sonst auch — nicht formbedürftig. Verlange man aber m i t der herrschenden Meinung für den Vorkaufsvertrag die Form des § 313, so müsse man sie auch hier verlangen. A u f diesem Boden kommt Lewandowski zu absonderlichen Schlußfolgerungen; so etwa, daß eine Einigung hier nur bindend sei, wenn sie sowohl der Form des § 873 Abs. 2 wie auch der des § 313 BGB genüge. Er hält „diese geradezu vernichtende Konsequenz der Gegenmeinung" für „unabweisbar" 5 3 3 . Sie ist es nicht, wenn man das dingliche Vorkaufsrecht dogmatisch richtig sieht; denn damit ist die Frage i m ersteren Sinne entschieden. b) Die Form des Kausalvertrag es Die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts zugunsten einer Person muß — wie jede andere Zuwendung — einen Rechtsgrund haben. Bedarf dieser Verpflichtungsvertrag zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts (fälschlich mitunter Vorvertrag genannt) 5 3 4 der Form des § 313 BGB? Lange, Sachenrecht, S. 121; Baur, Sachenrecht, S. 190; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 289, 294; Lang, Vorkaufsrecht, S. 34; Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 10; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 6; RGRK / Denecke, § 1094, A n m . 4; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 3; Hedemann, Sachenrecht, S. 268; Warneyer, § 1094, A n m . I V ; Biermann, § 1094, Anm. 3 b; R G (11.7.29) Z 125, 261 (262); O L G Breslau (21. 2. 29) J W 1929, 1997. 529 Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 4. Ältere Nachweise bei Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 628, Fn. 174. 530 Das ergibt sich aus der unten Fn. 536 angeführten Rechtsprechung. 631 Vorkaufs vertrag, S. 629 - 631. 632 Oben T e i l 2, C V I . 633 Ebd., S. 630 f., insbes. Fn. 180; ferner S. 634 f. (Heilung!).
I. Formfragen (§ 313 BGB)
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Die Protokolle erklären schlechthin Verpflichtungsgeschäfte zur Bestellung beschränkter dinglicher Rechte, auch dinglicher Vorkaufsrechte, für formfrei 5 3 5 . Das Reichsgericht 536 und i h m folgend die gesamte Rechtsprechung 537 und L i t e r a t u r 5 3 8 (soweit sie auch das obligatorische Vorkaufsrecht für formbedürftig hält) sind beim Vorkaufsrecht der entgegengesetzten Ansicht. Die Begründungen sind jedoch häufig i n sich widersprüchlich und können nicht recht überzeugen, weil hier erneut das Problem von der falschen Seite her angegangen wird, nämlich von der Rechtsnatur des dinglichen Vorkaufsrechts her statt vom Anwendungsbereich des § 313 BGB. Beispielhaft ist die Begründung des RG i n der Entscheidung vom 21. 3.1925 539 , der mehr oder weniger ausdrücklich jeder folgt. Nachdem beim obligatorischen Vorkaufsrecht das Reichsgericht sich auf die „Theorie des doppelt bedingten Vertrages" gestützt hatte, u m die Formbedürftigkeit zu begründen, mußte es w o h l oder übel auf diesem Wege weitergehen. Den Kausalvertrag zu einem dinglichen Vorkaufsrecht nun formfrei zu lassen, wäre ein rechtspolitisch unmögliches Ergebnis gewesen. So mußte die „bedingte ÜbereignungsVerpflichtung" auch ins dingliche Vorkaufsrecht hineingetragen werden: Das dingliche Vorkaufsrecht sei „doch durch die von der zweiten Kommission eingefügte Bestimmung des § 1098 Abs. 2 BGB zugleich der Sicherung des daneben bestehenden persönlichen Vorkaufsrechts gewidmet und insofern . . . kein eigentlich dingliches Recht geblieben" 5 4 0 . Nach diesem 884 Vgl. RG (24.1.10) Z 72, 385 (390). Von einem Vorvertrag k a n n m a n n u r reden, w e n n m a n der Auffassung ist, m i t dem dinglichen Vorkaufsrecht werde zugleich ein obligatorisches begründet. 586 Prot. I, S. 459, 463 f., u n d noch O L G Breslau (21. 2. 29) J W 1929, 1997. Ältere Nachweise derselben Ansicht bei Lewandowski, Vorkaufs vertrag, S. 625, Fn. 163; Biermann, § 1094, A n m . 3 b, u n d bei Reinhard, Anm., S. 1997; RG (24.1.10) Z 72, 385 (390) bezeichnet dies noch als herrschende Lehre. 536 Anklänge bereits i n RG (24.1.10) Z 72, 385 (390 - 393). Entschieden i n RG (21.3.25) Z 110, 327 (332 -334) u. RG (11.7.29) Z 125, 261 (263 f.); RG (16.2.28) H R R 1928, Nr. 1288; RG (14.2.34) J W 1934, 2545; RG (29.5.35) Z 148, 105 (108 f.). 537 Z . B . BGH (17. 5. 67) W M 1967, 935 (936); LG Verden (31.8. 55) N J W 1955, 1637. Gegen R G aber noch OLG Breslau (21.2.29) J W 1929, 1997, m. abl. Anm. Reinhard. 538 Heute: Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473, Fn. 2; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 501; Lange, Sachenrecht, S. 122; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 294; Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 11; Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 16; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 6; RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 9; RGRK / Denecke, § 1094, A n m . 4; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 3; Palandt / Degenhart, § 1094, A n m . 5 a; Erman / Ronke, § 1094, Rdn. 5; Warney er, § 1094, A n m . I V ; Biermann, § 1094, A n m . 3 a; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 494 f. 539 RGZ 110, 327 (332 - 334). 540 RG (21.3.25) Z 110, 327 (333); ebenso RG (11.7.29) Z 125, 261. Vgl. auch schon RG (24.1.10) 72, 385 (390).
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Teil 3: Einzelfragen — A . Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
Trick enthielt auch das dingliche Vorkaufsrecht die für nötig gehaltene „bedingte Verpflichtung", und der Kausalvertrag mußte (als Vorvertrag?) 5 4 1 formbedürftig sein. Woher das „daneben bestehende persönliche Vorkaufsrecht" kommen sollte, blieb ein Rätsel. Falls es mit der dinglichen Bestellung entstehen sollte, müßte doch auch diese der Form des § 313 BGB bedürfen, wie es von der verfehlten Ausgangsbasis her immerhin konsequent Lewandowski fordert 5 4 2 . I n Wahrheit ist die Lösung viel einfacher: Einer VerWässerung des dinglichen Vorkaufsrechts, wie sie das Reichsgericht aus einer rein technischen Änderung i m zweiten Entwurf herleitet, bedarf es nicht; es sei denn zur Ehrenrettung der Protokolle, die an einer Stelle den Vertrag auf Einräumung eines dinglichen Vorkaufsrechts für formfrei halten 5 4 8 . Hier hat sich die zweite Kommission eben geirrt! Ob das Reichsgericht w i r k l i c h den Vertrag für formfrei gehalten hätte, wenn es bei den Bestimmungen des ersten Entwurfes geblieben wäre? Wohl kaum; man sieht, die ganze Konstruktion ist ein Vorwand. Hier geht es schlicht u m die Frage, ob der Vertrag auf Einräumung eines dinglichen Rechts ausnahmsweise darum der Form des § 313 BGB unterliegt, w e i l sich aus dem dinglichen Recht ohne weiteres Zutun des Erklärenden (vom den Vorkaufsfall bildenden Drittvertrag einmal abgesehen) eine Übereignungsverpflichtung dem Berechtigten gegenüber ergeben kann. Daß diese Frage zu bejahen ist, daran kann kein Zweifel sein, wenn man auch sonst die nur mittelbar zu einer Veräußerungspflicht führenden Erklärungen (Vorvertrag, bindende Vollmacht) für formbedürftig hält. Daß letzteres der Fall ist, ist heute allgemein anerkannt 5 4 4 . Die Verpflichtung zur Einräumung eines dinglichen Vorkaufsrechts kann eben rechtspolitisch nicht anders beurteilt werden, als ein obligatorisches Vorkaufsrecht oder gar ein Vorvertrag 5 4 5 hierzu. Wichtig bei dieser Lösung ist, daß der Vertrag unter § 313 BGB fällt wegen des besonderen Inhalts des einzuräumenden Rechts, nicht etwa, weil bereits eine bedingte Übereignungspflicht i m Spiel ist. Man w i r d daher hier von einer analogen Anwendung des § 313 BGB sprechen kön-
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So Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 626. Oben A I 2 a. 548 Prot. I, S. 459, 463. A u f den Widerspruch zu Prot. I I , S. 99, weist schon R G (4.3.05) Z 60, 225 (229, 232) hin, w o allerdings die umgekehrte Schlußfolgerung gezogen w i r d . 544 Staudinger / Kaduk, § 313, Rdn. 8 m. N. Vgl. auch Häsemeyer, Form, S. 214 f. F ü r einen Ausschluß „extensiver u n d analoger Auslegung" dagegen Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 612. 545 Vgl. RG (1. 6. 23) Z 107, 39. 542
I. Formfragen (§ 313 BGB)
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nen. Der Unterschied zwischen beiden Auffassungen w i r d sogleich bei der Frage der Heilung deutlich. c) Heilung Die somit zu verlangende Form des § 313 BGB für den Kausalvertrag wurde und w i r d häufig nicht eingehalten 546 . Kann das dennoch eingetragene Hecht mangels eines Rechtsgrundes kondiziert werden? Ein solches Ergebnis hätte den Schutzzweck übertrieben, hätte zu bösen Überraschungen nach langen Jahren und zu Ungerechtigkeiten geführt. Als Ausweg bietet sich die Heilung des § 313 Satz 2 BGB an. Und so ist es einhellige Meinung i n Rechtsprechung 547 und L i t e r a t u r 5 4 8 , daß der Formmangel des Kausalvertrages durch Einigung 5 4 9 und Eintragung des Vorkaufsrechts geheilt werde. K a u m jemand w i r d sich der Inkonsequenz dieser Lösung bewußt; hier w i r d i n der Tat „der erste Fehler durch einen zweiten korrigiert" 5 5 0 . Denn wenn § 313 Satz 1 BGB anwendbar ist (und zwar direkt), weil hier eine bedingte Übereignungspflicht begründet wird, dann kann der Formmangel nach Satz 2 (direkt!) auch nur geheilt werden, „wenn die Auflassung und die Eintragung i n das Grundbuch erfolgen", m. a. W. wenn das Grundstück aufgrund des ausgeübten dinglichen Vorkaufsrechts übereignet worden 546
Der Grundbuchrichter hat die Wirksamkeit des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts nicht zu prüfen; vgl. Kretzschmar, Sachenrecht, S. 407; Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 10, 11; Soergel! Baur, § 1094, Rdn. 6; Erman/Ronke, § 1094, Rdn. 5. Anders indes O L G Celle (1.3.49) N J W 1949, 548, wo überdies (ohne weitere Nachweise) noch die wirksame Begründung von „persönlichen Vorkaufsberechtigungen" verlangt w i r d , ein Rückfall i n längst überholte Vorstellungen, der zurechtgerückt w i r d durch LG Verden (31. 8. 55) N J W 1955, 1637. 547 RG (11.7.29) Z 125, 261 (264f.); RG (14.2.34) J W 1934, 2545; BGH (17.5.67) W M 1967, 935; L G Verden (31.8.55) N J W 1955, 1637. Vgl. auch RG (16. 2. 28) H R R 1928, Nr. 1288 (Vertragsänderung nach Eintragung nicht mehr formbedürftig). 648 Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502; Lange, Sachenrecht, S. 122; Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473, Fn. 2; Crome, System I I I , S. 575, Fn. 58; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 294; Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 11; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 6; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 9; RGRK / Denecke, § 1094, A n m . 4; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 3; Palandt / Degenhart, § 1094, A n m . 5 a; Erman / Ronke, § 1094, Rdn. 5; Warney er, § 1094, A n m . I V ; Biermann, § 1094, A n m . 3 c; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 495. G r u n d sätzlich auch Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 633 (als Hilfslösung), jedoch praktisch dadurch sehr einschränkend, daß er f ü r Einigung F o r m des § 313 und des § 873 B G B verlangt (S. 634 f.). 649 Eine Einigung i n bindender F o r m (§ 873 Abs. 2 BGB) verlangen Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 634 f.; Warneyer, § 1094, A n m . I V ; Biermann, § 1094, A n m . 3 c (mit älteren Nachweisen); anscheinend auch Crome, System I I I , S. 575, Fn. 58, u n d Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 3. Auch RG (11.7.29) Z 125, 261 (265) spricht noch von bindender Einigung. Vgl. unten Fn. 552. 550 Häsemeyer, Form, S. 236 f., Fn. 22.
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T e i l 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
ist. A n dieser Konsequenz führt kein Weg vorbei, und sie kann auch nicht mit „praktischen" 5 5 1 Erwägungen beiseite geschoben werden. Anders nach der hier vertretenen Lösung: Wendet man § 313 Satz 1 BGB analog auf den Kausalvertrag zum dinglichen Vorkaufsrecht als solchen an, dann ist die Frage, ob auch Satz 2 analog auf die Eintragung dieses dinglichen Rechts anzuwenden ist. Diese Frage ist zu bejahen: Wenn schon das Schutzbedürfnis beim Vorkaufsvertrag bzw. Kausalvertrag kein besonders dringliches ist, dann muß jedenfalls die Warnfunktion der für eine Eintragung erforderlichen Förmlichkeiten ausreichen, auch soweit es sich (wie bei § 29 Abs. 1 GBO) nur u m Ordnungsvorschriften handelt. Darum ist es auch nicht nötig, daß es sich bei der Einigung u m eine bindende i m Sinne des § 873 Abs. 2 BGB gehandelt h a t 5 5 2 ; sonst käme man i m übrigen auch dazu, dieser Vorschrift eine materiell-rechtliche Bedeutung beizumessen (Heilung oder nicht), die ihr nicht zukommen sollte. II. Begründung durch Verfügung von Todes wegen 1. Dingliches Vorkaufsrecht
Die Entstehungstatbestände dinglicher Rechte sind i m BGB abschließend festgelegt; Verfügungen von Todes wegen gehören nicht hierzu. Durch sie kann Vermögen i n seiner Gesamtheit oder i n ideellen Bruchteilen seiner Gesamtheit übertragen und durch sie können A n sprüche begründet werden. Wem ein Gegenstand, ein Recht vermacht ist, der hat einen Anspruch auf Leistung des Gegenstandes, auf Einräumung des Rechts (§ 2174 BGB). Auch wenn die dingliche Rechtsnatur des dinglichen Vorkaufsrechts nicht allenthalben v o l l anerkannt ist, so ist doch, soweit ersichtlich, niemals vertreten worden, ein dingliches Vorkaufsrecht entstehe durch Verfügung von Todes wegen. Ist ein dingliches Vorkaufsrecht vermacht, so hat der Begünstigte lediglich einen Anspruch auf Einräumung 5 5 3 . Das geben auch diejenigen zu, die für das obligatorische Recht das Gegenteil vertreten. 651 Vgl. Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 633; Goldmann / Lilienthal, B G B l , S. 522, Fn. 3. M a n fragt sich, w a r u m bei der K o n s t r u k t i o n des R G die Eintragung einer V o r m e r k u n g f ü r ein persönliches Vorkaufsrecht dann nicht auch heilt. R G (14.2.34) J W 1934, 2545 (2546) jedenfalls gibt keinen A u f schluß hierüber. R G (11. 7. 29) Z 125, 261, spricht von einer „jedenfalls entsprechenden" A n w e n d u n g des § 313 Satz 2 B G B ; das ist nicht logisch. 652 v g l z.B. Staudinger I Dittmann, § 1094, Rdn. 11; w o h l auch Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473, Fn. 2; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 295; L G Verden (31. 8. 55) N J W 1955, 1637. — Anders die oben Fn. 549 Z i t i e r ten. 653
Wolff
/ Raiser, Sachenrecht, S. 501; Immerwahr,
Vorkaufsrecht, S. 289;
I I . Begründung durch Verfügung von Todes wegen
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2. Obligatorisches Vorkaufsrecht
Zweifelhaft w i r d die Frage erst, soweit es sich u m das obligatorische Vorkaufsrecht handelt. Gibt ein Vermächtnis auch hier nur einen A n spruch auf Abschluß eines Vorkaufsvertrages oder läßt es das Vorkaufsrecht unmittelbar entstehen, so daß es nur noch ausgeübt zu w e r den braucht? a) Meinungsstand Die erste und die zweite Kommission waren über die Frage offenbar uneins. Die M o t i v e 5 6 4 erwähnen beiläufig das „durch Vermächtnis begründete Vorkaufsrecht" (ohne daß die Stelle allerdings ganz eindeutig wäre); die Protokolle 5 5 5 dagegen meinen, der Bedachte „erhalte . . . nach den erbrechtlichen Grundsätzen des Entwurfs nur einen obligatorischen Anspruch gegen den Beschwerten auf Einräumung eines Vorkaufsrechts". Die Literatur geht, soweit sie zu der Frage Stellung nimmt, fast einhellig 6 5 6 davon aus, daß ein Vorkaufsrecht durch Vermächtnis „begründet" werden könne 5 5 7 . Dabei fällt freilich auf, wie zurückhaltend selbst umfangreiche Erläuterungswerke sich hinsichtlich der Begründung verhalten 5 5 8 . Wieder w i r d das Problem unter den verschiedenen „Theorien" hin und her geschoben. Seckel, der die letztwillige Begründbarkeit von der Gestaltungsrechtslehre her verneint, würde sie auf dem Boden der Bedingungs-(Vertrags-)theorie bejahen 5 5 9 . Oertmann dagegen meint, die Bedingungstheorie scheitere „an der Möglichkeit letztwilliger . . . Vorkaufsrechte" 6 6 0 , und hält daher die „GestalKretzschmar, Sachenrecht, S. 405; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 4, § 1094, Rdn. 10; anscheinend auch Crome, System I I I , S. 569, Fn. 4. Vgl. auch RG (21. 2. 24) Z 108, 83 (84). 554 Mot. I I , S. 345. 555 Prot. I I , S. 100. 556 Anders n u r Seckel, Gestaltungsrechte, S. 22. 557 Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473; Endemann, Bürg. R. I, S. 1014; Crome, System I I , S. 495; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 119; Cosack / Mitteis, Bürg. R., S. 571; Raape, Wollensbedingung, S. 59; Schollmeyer, Schuldverhältnisse, S. 42; Kuhlenbeck, BGB, S. 270; Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 296; Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 5, § 504, Rdn. 2; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 1, 2; RGRK / Kuhn, § 504, Anm. 4, 10; Planck / Knoke, vor § 504, A n m . 1; Erman / Weitnauer, § 504, A n m . 2; Oertmann, vor § 504, A n m . 2, 3 d.; Laue, Begriff, S. 20; Goldmann / Lilienthal, BGB I, S. 523. W o h l auch R G (22.11.13) Warn. 1914, S. 75 (Nr. 50). Vgl. f ü r die Schweiz Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 20 - 22. 558 Vgl. Staudinger / Ostler, ebd.; Soergel / Ballerstedt, ebd.; RGRK / Kuhn, ebd.; Erman / Weitnauer, ebd. 559 Gestaltungsrechte, S. 22, Fn. 46. Ebenso auf dem Boden der Bedingungstheorie Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 3; Lehmann (wie Fn. 562). 560 Oertmann, vor § 504, A n m . 3 d.
122
T e i l 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
tungsrechtstheorie" für richtig. Hiergegen verwahrt sich z.B. mann561.
Leh-
Soweit überhaupt dieses letztwillige Recht näher zu begründen versucht wird, heißt es, es handele sich hier u m ein Vermächtnis des Inhalts, „daß der Belastete wie ein Verkäufer verpflichtet sein soll, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt" 5 6 2 ; dem Beschwerten werde „auferlegt, sich unter den . . . erwähnten Bedingungen wie ein Verkäufer behandeln zu lassen" 563 , der Beschwerte werde „nur obligatorisch gebunden" 5 6 4 . Und Raape 565 zürnt gar, die Ansicht, man könne nur den Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts vermachen, heiße „nicht etwa Begriffsjurisprudenz treiben, sondern schlechte Begriffsjurisprudenz treiben"; denn „kann ich jemand eine Sache gegen Zahlung einer festen Summe an meinen Erben vermachen, so kann ich sie i h m auch unter der Bedingung vermachen, daß der Erbe die Sache einem anderen verkaufe". b) Begründung eines Kauf Verhältnisses durch letztwillige Verfügung Betrachtet man sich diese „Begründungen" genauer, so muß sogleich auffallen, daß sie alle nur eine Seite des Rechtsverhältnisses betreffen: Daß man durch Vermächtnis eine Verpflichtung wie die eines Verkäufers schaffen kann, dürfte (abgesehen von Haftungsfragen) grundsätzlich zutreffen; denn jeweils ist eine Sache zu leisten. Das ist aber nicht das Problem. Man erinnere sich daran, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts einen Kauf schafft; nach Ansicht der „Bedingungstheorie" besteht sogar von Anfang an ein bedingter Kauf. Ein Kaufrechtsverhältnis besteht aber eben nicht nur aus der Leistungspflicht des Verkäufers und einem entsprechenden Anspruch des Käufers, sondern es gibt auch eine Leistungs-(Zahlungs-)pflicht des Käufers und einen entsprechenden Anspruch des Verkäufers. Nicht anders ist es beim Vorkaufsrecht, nachdem es ausgeübt ist. Ob und wie ein solches synallagmatisches Verhältnis zwischen Beschwertem und Begünstigtem sich aus einer Verfügung von Todes wegen herleiten läßt, ist die hier entscheidende Frage. Ein Vermächtnisnehmer 566 kann auf verschiedene Weise zur Zahlung einer Geldsumme veranlaßt werden. Eine Möglichkeit wäre die Anord561
Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473, Fn. 3. Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 473. 663 Crome, System I I , S. 495. 564 Planck / Knoke, vor § 504, A n m . 1. 565 Wollensbedingung, S. 59. 662
566
Vgl. aber auch RG (21. 2. 24) Z 108, 83, wo ein Miterbe
(neben einem
I I . Begründung durch Verfügung von Todes wegen
123
nung einer Auflage. Daß aber die Beschwerung mit einer Auflage der Verpflichtung aus einem Kaufvertrag nicht vergleichbar ist, liegt auf der Hand, da der Begünstigte als solcher nicht einmal einen A n spruch erhält 5 6 7 . Das Vermächtnis des Grundstücks könnte von der Bedingung abhängig gemacht sein, daß der Kaufpreis gezahlt w i r d 5 6 8 . Auch das entspricht keinem gegenseitigen Vertragsverhältnis. Nach Ausübung des Vorkaufsrechts hat der Verpflichtete einen Anspruch auf den Kaufpreis. Bei einer Bedingung könnte er nur abwarten, ob die Bedingung (die Zahlung) erfüllt wird. Schließlich bestünde noch die Möglichkeit eines Untervermächtnisses. Doch abgesehen davon, daß ein bedingtes Untervermächtnis ( = Kaufpreis) i n Höhe der Kaufsumme des Drittvertrages zugunsten des mit dem Vermächtnis (Vorkaufsrecht) Beschwerten nicht gerade eine lebensnahe Konstruktion wäre, entspräche auch dies nicht dem gegenseitigen Kauf Verhältnis; es handelte sich um zwei isolierte Ansprüche. Der „Vorkaufsberechtigte" könnte die Bezahlung des Kaufpreises verweigern, soweit er den Wert des Grundstücks überstiege (§ 2187 BGB!); eine m i t den Grundsätzen des „Vorkaufsrechts", bei dem es auf die Höhe des Grundstückswertes nicht ankommt, unvereinbare Folgerung. Eine andere Möglichkeit, den Bedachten zu belasten, kennt das Erbrecht nicht. Eine Verpflichtung kann nicht „vermacht" werden 5 6 9 . Bezeichnenderweise ist es sonst auch anerkannt, daß dann, wenn ein Kauf recht vermacht ist, der Bedachte lediglich den Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrages verlangen kann 5 7 0 . Selbst auf der Seite der Übereignungspflicht bestehen Bedenken, die Pflicht aus einem „ K a u f " schlicht durch eine solche aus einem Vermächt-
Vorvermächtnis auf Einräumung eines dingl. Vorkaufsrechts) das Recht haben sollte, ein Grundstück zu einem Festpreis zu übernehmen; dies wurde als Teilungsanordnung angesehen. 687 Selbst wenn der m i t dem Vorkauf belastete Erbe derjenige wäre, der nach § 2194 B G B E r f ü l l u n g der Auflage ( = Zahlung des Kaufpreises) verlangen könnte, so wäre dies zufällig u n d entspräche i n keiner Weise der gegenseitigen Zug-um-Zug-Forderungssituation beim (Vor-)Kauf. 568 vielleicht ist es das, was Raape, Wollensbedingung, S. 59, meint. 599 Vgl. §§ 1939, 2174 B G B u n d dazu Staudinger / Seybold, vor § 2147, Rdn. 7, § 2174, Rdn. 1. 57 0 RFinH (14.7.23) 12, 278; RFinH (24.9.26) J W 1927, 1447. Staudinger / Lehmann, § 1939, Rdn. 11; Planck / Flad, vor § 2147, Anm. I I I . Nach Staudinger / Seybold, vor § 2147, Rdn. 7, braucht ein Vermächtnis „nicht unentgeltlich" zu sein. Doch w i r d hier bezug genommen auf BayObLG (13.10.15) O L G 32, 59, wo n u r von Auflage oder Untervermächtnis die Rede ist. Ist der Berechtigte Miterbe, k a n n man auch eine Teilungsanordnung annehmen, RG (21. 2. 24) Z 108, 83; RFinH (10. 7. 28) J W 1928, 3071.
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T e i l 3: Einzelfragen — A. Z u r Begründung des Vorkaufsrechts
nis zu ersetzen. Denn immerhin w i r d bei letzterem nach ganz anderen Gesichtspunkten gehaftet (§§ 2182 - 2185 BGB). c) Ergebnis Entgegen der i m Schrifttum 5 7 1 verbreiteten Ansicht ist somit festzuhalten: Die unmittelbare Begründung eines obligatorischen Vorkaufsrechts durch Verfügung von Todes wegen ist nicht möglich. Vermacht werden kann nur der Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts. d) Umdeutungsmöglichkeiten Enthält eine Verfügung von Todes wegen ausdrücklich die Anordnung, durch sie solle ein Vorkaufsrecht entstehen (etwa: „hiermit räume ich dem . . . ein Vorkaufsrecht ein"), so kann die Anordnung grundsätzlich in ein entsprechendes Vermächtnis umgedeutet werden. Geprüft werden muß i n solchen Fällen aber auch immer, ob das Vorkaufsrecht nicht durch ein i n der Verfügung enthaltenes Rechtsgeschäft unter Lebenden bereits entstanden ist, nur befristet auf die Zeit nach dem Tode des Bestellers. Das kann man regelmäßig annehmen bei Vorkaufsrechten, die in Erb Verträgen enthalten sind; sie werden auch die Form des § 313 BGB erfüllen (§ 2276 BGB). Ist das Vorkaufsrecht i n einer einseitigen Verfügung von Todes wegen bestellt, so kann hieraus kein echtes Vorkaufsrecht, das einen Vorkaufsv ertrag voraussetzt, entstehen. Wie aber oben 5 7 2 ausgeführt, kann eine ebensolche Wirkung durch Abgabe eines entsprechenden Vertragsangebotes erreicht werden („Quasi-Vorkaufsrecht"). Ein solches w i r d i n der letztwilligen Anordnung des Vorkaufsrechts regelmäßig liegen; es w i r d m i t dem Erbfall unwiderruflich. Der Berechtigte kann es i m Vorkaufsfall annehmen und damit unmittelbar das „Vorkaufsrecht" ausüben. Handelt es sich um ein Grundstück, muß das Angebot freilich die Form des § 313 BGB erfüllen; anderenfalls bleibt nur die Umdeutung i n ein Vermächtnis auf Einräumung des Vorkaufsrechts. Erfüllt das Angebot die Formvoraussetzung, so kann es der Berechtigte i m Vorkaufsfall unmittelbar annehmen; allerdings auch nur i n der Form des § 313 BGB. Er w i r d aber stattdessen auch als Vermächtnisnehmer Einräumung eines „echten" Vorkaufsrechts verlangen können.
571
Oben Fn. 557. Die allgemeine Verbreitung dieser Ansicht läßt sich n u r m i t den deutschrechtlichen Wurzeln auch des persönlichen Vorkaufsrechts i m Näherrecht erklären! 572 A 1 1 d.
I I I . Vorkaufsrecht zugunsten D r i t t e r
125
I I I . Vorkaufsrecht zugunsten Dritter 1. Meinungsstand
Die Frage, ob ein obligatorisches Vorkaufsrecht zugunsten Dritter vereinbart werden kann, ist i n der Rechtsprechung u. a. aufgetaucht, als es darum ging, als subjektiv dinglich gewollte Festpreis-Vorkaufsrechte wegen ihrer inhaltlichen Unzulässigkeit i n entsprechende obligatorische Rechte zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks umzudeuten 6 7 3 . Ein Bedürfnis für solche (regelmäßig vorgemerkte) obligatorischen Rechte kann auch primär bestehen, weil das dingliche Vorkaufsrecht inhaltlich nicht variabel ist. Die Zulässigkeit eines Vorkaufsvertrages zugunsten Dritter w i r d unter Berufung auf § 328 BGB regelmäßig bejaht 6 7 4 . Streitig ist nur, ob die Bestellung zugunsten eines jeweiligen Grundstückseigentümers zulässig ist 5 7 6 . Auch der erstere Grundsatz ist indessen nicht so selbstverständlich. 2. Begründung eines Kaufverhältnisses mit einem Dritten
Wieder w i r d i n der Literatur zu Unrecht nur die Übereignungspflicht des Vorkaufsverpflichteten gesehen. Natürlich kann sie nach § 328 BGB zugunsten eines Dritten begründet werden. Darum allein geht es aber nicht. Der Dritte soll ja nicht nur den Anspruch aus dem ausgeübten Vorkaufsrecht haben; er soll das Vorkaufsrecht selbst und i n eigenem Namen ausüben, das Kaufverhältnis zwischen sich und dem Verpflichteten herbeiführen können 6 7 6 .
57 3 BayObLG (13.3.26) J F G 4 (1927), 347. Vgl. auch RG (22.11.13) Warn. 1914, S. 75 (Nr. 50); BayObLG (29.10.26) J W 1927, 1432 m. A n m . Stillschweig, sowie RG (25. 2. 22) Z 104, 122. 674 K G (15.6.08) J 36 (1909), A212; Westermann, Sachenrecht, S. 622; Lorenz, Vorzugsrechte, S. 129 f., einschränkend aber S. 131; Raape, Wollensbedingung, S. 59; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 2; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 4, 15; Palandt / Degenhart, § 1098, A n m . 2; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 2; u n k l a r Staudinger I Dittmann, vor § 1094, Rdn. 3. Vgl. f ü r die Schweiz: Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 21 m. Nachw. — Teilweise w i r d aus diesem Grunde sogar die Begründung eines dinglichen Vorkaufsrechts zugunsten D r i t t e r zugelassen, vgl. BayObLG (27. 6. 58) DNotZ 1958, 639 (642) m. w . Nachw. Das ist m. E. nicht richtig, w e i l das dingliche Vorkaufsrecht kein persönliches enthält u n d weil, w i e unten dargelegt, § 328 B G B ohnehin nicht paßt. Ob man generell dingliche Verfügungen zugunsten D r i t t e r zulassen soll (so z. B. Westermann, Sachenrecht, S. 18) ist eine andere — hier nicht zu behandelnde — Frage. 575 Vgl. unten A I I I 3. 578 Vgl. auch die Bedenken von Lorenz, Vorzugsrechte, S. 131 (betr. hauptsächlich Option).
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T e i l 3: Einzelfragen — A . Z u r Begründung des Vorkaufsrechts a)
„Bedingungstheorie"
Vom Standpunkt der „Bedingungstheorie" aus kommt man hier zu nicht zu überwindenden Schwierigkeiten. Wenn der Vorkaufsvertrag bereits ein bedingter Kaufvertrag ist, besteht auch die (wenn auch zahlenmäßig noch nicht festgelegte) Zahlungspflicht des Käufers bereits bedingt. Nicht nur w i r d also der Übereignungsanspruch zugunsten des Dritten begründet; es w i r d auch die Zahlungspflicht zu Lasten des Dritten begründet; denn der Vertragspartner des Vorkaufsverpflichteten t r i t t ja weder als Vertreter des Dritten auf noch soll ihn die Verpflichtung jemals selbst treffen. Verträge zu Lasten Dritter gibt es aber nach der Systematik des BGB nicht 5 7 7 . Von der „Bedingungstheorie" her erscheint daher ein Vorkaufsvertrag zugunsten Dritter nicht möglich 57 8. b)
„Gestaltungsrechtstheorie"
Daß die sog. Gestaltungsrechtstheorie für solche Fragen nichts hergibt, wurde bereits ausgeführt. c)
„Offertentheorie"
Die hier vertretene „Offertentheorie" dagegen löst das Problem zwangloser: Wie der Vorkaufsvertrag normalerweise eine Offerte an eine Partei enthält, enthält dieser Vertrag eine Offerte an einen D r i t ten. Übt der Dritte das Recht aus, kommt folglich der Kaufvertrag mit i h m zustande. Zweifelhaft kann nur sein, ob auch hier der förmliche Vorkaufsvertrag eine genügende Grundlage bildet, u m auf eine Form der Ausübungserklärung des Dritten gem. § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB verzichten zu können. Wie oben dargelegt, beruht § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB auf dem Gedanken, daß die gegenseitigen Rechtsbeziehungen der Parteien des schließlich zustande kommenden Kaufes bereits i m formentsprechenden Vorkaufsvertrag ausreichend fundiert sind, und zwar beide. Das t r i f f t nicht zu, wenn das Vorkaufsrecht einem Dritten zustehen soll. A u f § 328 BGB kann man sich, wie gesagt, nicht berufen, w e i l er nur den Anspruch, nicht die Zahlungspflicht erfaßte. Bei formloser Ausübung des Vorkaufsrechts käme es hier zu einem „ K a u f " zwischen 677
H G (21. 4. 37) Z 154, 355 (361). — Das übersieht K G (15. 6. 08) J 36, A 212 (A 214). Auch Bettermann, Verpflichtungserm., S. 324, w i l l übrigens Verträge zu Lasten D r i t t e r n u r aufgrund einer Verpflichtungsermächtigung zulassen. 878 Ähnliche Schwierigkeiten sieht v. Tuhr, Allg. T. I I 2, S. 278, Fn. 53, bei der Übertragung des Vorkaufsrechts. Doch könnte m. E. i n der Übertragbarkeitsabrede eine E i n w i l l i g u n g des Vorkaufsverpflichteten i n eine p r i vative Übernahme der künftigen Schuld aus dem Vorkaufsrecht durch einen D r i t t e n gesehen werden, w o m i t sich die Übertragbarkeit erklären ließe.
I I I . Vorkaufsrecht zugunsten D r i t t e r
127
dem Berechtigten und dem Dritten, ohne daß der Dritte je eine der Form des § 313 BGB entsprechende Verpflichtung abgegeben hätte. Darauf kann man aber — obwohl nur der Veräußerer geschützt werden soll — nach herrschender Meinung nicht verzichten 579 . Soll das Vorkaufsrecht also einem anderen als dem Vertragspartner des ursprünglichen Vorkaufsvertrages zustehen, so w i r d man verlangen müssen, daß die Ausübungserklärung i n der Form des § 313 BGB erfolgt 5 8 0 . 3. Begründung zugunsten eines jeweiligen Grundstückseigentümers
Ob das Vorkaufsrecht zugunsten eines jeweiligen Grundstückseigentümers eingeräumt werden kann, ist eine andere Frage und streitig. Das BayObLG hat dies (anscheinend auf dem Boden der Bedingungstheorie) verneint 5 8 1 , weil § 241 BGB nur von „dem" Gläubiger spreche und es sich nicht u m „zurzeit völlig unbekannte, nicht näher zu bezeichnende Personen" handeln dürfe. Das RG und das KG haben die Frage bejaht 5 8 2 , weil ein bedingter Anspruch i n der Weise geschaffen werden könne, „daß die Person des Gläubigers jeweils durch ein sachliches Merkmal bestimmt w i r d " , und w e i l es sich auch bei einer Reihe möglicher Gläubiger i n Wahrheit nur u m einen Anspruch m i t wechselnden Subjekten handele. Letzterem ist beizupflichten, zumal wenn man — wie hier — noch überhaupt keinen bedingten Anspruch annimmt, sondern ein bedingtes Vertragsangebot an eine jeweils sachlich bestimmbare Person.
579
Oben A I 1 b aa. Die Stellung des Drittbegünstigten entspricht der eines aus einem „Quasi-Vorkaufsrecht" Begünstigten; oben A I 1 d. 681 BayObLG (13.3.26) J F G 4 (1927), 347 (348 f.); ferner OLG Dresden (3.8.19) O L G 40, 35. Ebenso: Staudinger / Dittmann, § 1094, Rdn. 13; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 2; w o h l auch Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 1 d. 582 R G (3. 5. 30) Z 128, 246 (248 - 250); KG (15. 6. 08) J 36 (1909), A 212. Ebenso: Westermann, Sachenrecht, S. 622; Soergel / Ballerstedt, vor § 504, Rdn. 3; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 15; Palandt / Degenhart, § 1098, A n m . 2. 680
B. Voraussetzungen der Ausübung — Vorkaufsfall I. Einleitung 1. Fälle 1. D e r Vorkaufsberechtigte
B h a t a m G r u n d s t ü c k des
Verpflichteten
V ein Vorkaufsrecht und möchte es ausüben. V tauscht das Grundstück gegen ein anderes des Dritten D, das er besser gebrauchen kann. 2. V möchte das Grundstück seinem Verwandten D zuschanzen. Er tauscht gegen ein anderes Grundstück und vereinbart, daß D dieses auf Verlangen zurückkauft 5 8 3 . 3. V tauscht das Grundstück i m Wert von 100 000,— D M gegen ein solches i m Wert von 20 000,— DM; D zahlt 80 000,— D M zu 5 8 4 . 4. V verkauft das Grundstück an D, macht diesen Vertrag aber abhängig davon, daß A (der dem D Geld schuldet) ein anderes Grundstück an ihn verkauft 5 8 5 . 5. V tauscht das Grundstück gegen eine Anzahl X-Aktien. B, der ebenfalls X - A k t i e n besitzt, w i l l das Vorkaufsrecht ausüben. 6. D und B sind Eigentümer eines Grundstücks je zur ideellen Hälfte. V tauscht sein Grundstück gegen den A n t e i l des D; B w i l l das Vorkaufsrecht ausüben. 7. V schuldet dem D Geld. A n Erfüllungs Statt übereignet er i h m das Grundstück. 8. V bringt das Grundstück als Einlage i n eine GmbH mit D ein. Dann verkauft er seine Anteile an den D 5 8 6 . 9. V verkauft seinem Neffen D das Grundstück zum halben Wert. B möchte das Vorkaufsrecht ausüben 587 . 10. Um seinem Onkel V zu helfen, kauft D das Grundstück zum doppelten Preis. B w i l l das Vorkaufsrecht ausüben, aber weniger zahlen 5 8 8 . 583
Vgl. RG (1. 7.16) Z 88, 361. Vgl. RG (1. 7.16) Z 88, 361. 585 BGH (27.10. 67) Z 49, 7. 586 Vgl. auch RG (4. 2. 22) Z 104, 42. 587 Vgl. RG (15.12. 20) Z 101, 99. «es V g L Walch, Näherrecht, S. 179. 584
I. Einleitung
129
11. V räumt dem D ein Erbbaurecht und den Nießbrauch ein. Später verkauft er i h m das Grundstück. 12. V u n d D haben dem B den geschlossenen Kaufvertrag mitgeteilt. Sie erfahren, daß B wider Erwarten sein Vorkaufsrecht ausüben w i l l . Bevor es dazu kommt, verdreifachen sie den Preis. 13. V und D täuschen einen Kaufvertrag vor, u m den B zur Ausübung des Vorkaufsrechts zu bringen. B übt aus 5 8 9 . 2. Vorbemerkung
Die Liste von Konfliktsfällen ließe sich verlängern. Der kritische Zeitpunkt beim Vorkaufsrecht ist der, wenn die Sache an einen D r i t t e n veräußert werden soll. Jetzt kann das Recht lästig werden, das lange Jahre nicht gestört hatte; jetzt w i r d die Dispositionsfreiheit des Eigentümers eingeengt. Aus mancherlei Gründen, die bei Begründung des Rechts vielleicht gar nicht übersehbar waren (gesetzliche Vorkaufsrechte fragen ohnehin nicht nach dem W i l l e n des Betroffenen), kann dem Eigentümer n u n sehr daran liegen, daß eine bestimmte Person die Sache (meist: das Grundstück) bekommt und nicht der Vorkaufsberechtigte sich dazwischenschieben kann. Sehr v i e l Phantasie ist schon darauf verwandt worden, dem Berechtigten sein Vorkaufsrecht zu vergällen, i h n durch besondere Vertragsgestaltung darum zu prellen oder i h n sonst an die Seite zu spielen. Andererseits finden sich Vorkaufsberechtigte mitunter auch schwer damit ab, wenn das Grundstück zu Recht den Eigentümer wechselt, ohne daß sie zum Zuge kommen. Die interessengerechte Trennlinie zu ziehen, das ist die Aufgabe. Die vorkaufsrechtlichen Regeln, wie sie sich i n der deutschen Literat u r u n d Rechtsprechung darstellen, sind leider denkbar schlecht geeignet, diese Aufgabe zu erfüllen. Sie klammern sich i n überholter Unbeweglichkeit am Begriff „ K a u f " fest: E i n K a u f und nichts als ein K a u f muß es ein — zumal ein vollgültiger —, der das Vorkaufsrecht ausübbar werden läßt 5 9 0 . Dieser stets verkündete Grundsatz w i r d allenfalls durch Randkorrekturen gemildert. Dabei hatte schon 1886 Heusler b e m e r k t 5 9 1 : „Eine weitere Singularität ist, daß die Gesetze meistens nur bei Verkauf das Retractrecht zulassen, . . . E i n dogmatischer Grund hierfür läßt sich nicht w o h l finden" (Was freilich übertrieben sein dürfte). Es scheint, als habe sich seit der schon zu Zeiten Walch's 592 üppig blühenden Kasuistik nichts geändert. Dazu, den „Kaufvertrag" i m 589 Vgl. RG (8. 3. 35) Seuff. A 89 (1935), S. 298 (Nr. 142). 590 Ygl. unten Fn. 598, 635. 591 592
Institutionen, S. 64. Vgl. Walch , Näherrecht, S. 154 - 181.
9 Schurlg
130
T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
§ 504 BGB als einen Vertragstyp m i t breiterem Hof zu betrachten und damit zu einer wirtschaftlichen — besser: interessengerechten — Betrachtungsweise zu kommen, hat sich die Rechtsprechung bisher nicht durchringen können — und das i n einer Zeit, i n der man wegen einer Parkgebühr das gesamte zivilrechtliche Vertragssystem erschüttert h a t 5 9 3 ! Die gegenwärtige Rechtslage ermuntert geradezu zum Katzund-Maus-Spiel zwischen Berechtigtem, Verpflichtetem und Drittem. Eine Ausnahme muß man freilich erwähnen. Wo die öffentliche Hand selbst betroffen ist, hat sie sich nämlich meist u m Abhilfe bemüht. Die zahlreichen gesetzlichen Vorkaufsrechte des öffentlichen Rechts 594 gehen i n der Regel von einer „wirtschaftlichen" Betrachtungsweise des Vorkaufsfalles aus 5 9 5 . Sollte es nicht an der Zeit sein, i m Privatrecht gleichzuziehen? II. Kauf und andere Veräußerungsverträge — „interessengerechte Betrachtungsweise" 1. Die herrschende Auffassung
Nach § 504 BGB kann der Berechtigte „das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag . . . geschlossen hat". Die M o t i v e 5 9 6 halten sich zurück: „Weitere positive Bestimmungen, auch Interpretationsregeln, wären überflüssig oder bedenklich." Dennoch folgt ein Fingerzeig: „Es hängt hiernach von der Prüfung des einzelnen Falles ab, ob ein Kaufvertrag abgeschlossen ist." W i r d eine solche Selbstverständlichkeit ausgesprochen, so muß sich dahinter mehr verbergen. Die reservierte Haltung der Motive ist erklärlich; wurden doch bei Schöpfung des BGB die Vorväter unseres Vorkaufsrechts, die Re693
BGH (14. 7. 56) Z 21, 319. Vgl. auch BGH (29.1. 57) Z 23, 175. Einen gründlichen Überblick gibt Haegele, Beschränkungen, Rdn. 339393 (Siedlungsrecht), 396, 400 (Landesrecht), 408, 495, 549, 556 (Heimstättenrecht), 600 - 654 (BBauG), 656 (Stockwerkseigentum nach Landesrecht). Z u m neuen gesetzlichen Vorkaufsrecht nach dem StädtebauförderungsG vgl. Clasen, Vorkaufsrecht. 595 vgL Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 4; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 10, 11, 14, § 1097, Rdn. 8, § 1098, Rdn. 4; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 3; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 6; Palandt / Degenhart, vor § 1094, A n m . 3; Westermann, Sachenrecht, S. 627, 628; Ebert, Vorkaufsrechte, S. 1623 f.; Herminghausen, GrdstVG, S. 155 - 159; Ehrenforth, Vorkaufsrecht; Reichardt, Vorkaufsrecht, S. 1 9 - 2 1 ; Schumacher, Vorkaufsrecht, S. 49; Kahlke, Vorkaufsrecht, S. 76; Alberty, Vorkaufsrecht, S. 35, 112- 149. — Die fehlende ausdrückliche Sonderbehandlung i m B B a u G beklagt Ebert, V o r kaufsrechte nach BBauG, S. 1434 f., anstatt allgemein die richtigen Folgerungen zu ziehen; ähnlich Kahlke, Vorkaufsvertrag, S. 76. 599 Mot. I I , S. 345 f. 594
I I . K a u f und andere Veräußerungsverträge
131
t r a k t e , f ü r i m G r u n d e überflüssige, u n e r w ü n s c h t e u n d aussterbende Erscheinungen gehalten597. Doch k e h r t die i n den M o t i v e n anklingende V o r s t e l l u n g b i s h e u t e i m m e r w i e d e r : Es w i r d fast ohne A u s n a h m e v e r b a l s t r i k t d a r a n festgehalten, daß n u r e i n w i r k l i c h e r K a u f v e r t r a g d e n V o r k a u f s f a l l auslösen k ö n n e 5 9 8 ; n i c h t so demnach: e i n T a u s c h 5 9 9 , auch e i n Tausch m i t B a r z u l a g e 6 0 0 ; eine S c h e n k u n g 6 0 1 , e i n e gemischte Schenkung602; ein Einbringen i n eine Gesellschaft 603; die Veräußerung e i n e r Gesellschaft, d e r e n a l l e i n i g e s E i g e n t u m das G r u n d s t ü c k i s t 6 0 4 ; e i n K a u f , d e r m i t d e m K a u f eines a n d e r e n G r u n d s t ü c k s g e k o p p e l t ist ( „ R i n g t a u s c h " ) 6 0 5 ; d i e Z u w e i s u n g i m R a h m e n der A u f h e b u n g e i n e r Gemeinschaft 606; Vergleich 607; Hingabe an Zahlungs S t a t t 6 0 8 ; Zusprec h u n g d u r c h richterliches U r t e i l 6 0 9 ; ü b e r h a u p t a l l e sonstigen e n t g e l t lichen u n d unentgeltlichen Veräußerungen 610. 697
Vgl. oben T e i l 1, D V I . Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 9, § 504, Rdn. 4; Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 1, § 1098, Rdn. 4; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 1, 1 6 - 2 3 ; RGRK / Denecke, § 1097, A n m . 1, 2, § 1098, A n m . 2; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 1, 3; Soergel I Baur, § 1097, Rdn. 3; Planck / Knoke, § 504, A n m . b ; Planck / Strecker, § 1098, A n m . 2 a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 6 f.; Erman/Ronke, § 1097, Rdn. 2; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . 1 b; Westermann, Sachenrecht, S. 624; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 474; Nipperdey, Vorhand, S. 302 f.; Mot. I I , S. 345 f.; Prot. I I , S. 102; O L G Nürnberg (26. 3. 69) DNotZ 1970, 39. Vgl. schon Walch, Näherrecht, S. 160 - 167. 599 Staudinger / Ostler, ebd.; Staudinger / Dittmann, ebd.; RGRK / Denecke, ebd.; Soergel / Ballerstedt, ebd.; Soergel / Baur, ebd.; Planck / Knoke, ebd.; Alberty, Vorkaufsrecht, S. 125 (für BGB); u.a. (Fn. 598). KG (31.10.1910) J 40, A133 (A134). A. A.: Kuhlenbeck, BGB, S. 272; Kohler, Bürg. R. I I 1, S. 300. 600 Z. B. Staudinger / Ostler, Staudinger / Dittmann, RGRK / Kuhn (Anm. 18), RGRK / Denecke, Soergel / Baur (alle w i e Fn. 598); RG (1.7.16) 7 88, 361; RG (11. 3. 43) DR 1943, 705; BGH (11.12. 63) N J W 1964, 540. 601 Z. B. Staudinger / Ostler, Staudinger / Dittmann, RGRK / Kuhn (Anm. 20), RGRK / Denecke, Soergel / Ballerstedt (alle wie Fn. 598). 602 Z . B . Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 4; StaudAng er / Dittmann, RGRK/ Kuhn (Anm. 20), RGRK / Denecke, Soergel / Ballerstedt (alle w i e Fn. 598). 603 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 4; Staudinger / Dittmann, RGRK / Kuhn (Anm. 22), Planck / Knoke, Palandt / Putzo (alle wie Fn. 598). 604 RG (4. 2. 22) Z 104, 42. Vgl. auch O L G Nürnberg (26. 3. 69) DNotZ 1970, 39, u. Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . 1 b. Dagegen allgemein Palandt / Degenhart, ebd., u n d für das Vorkaufsrecht nach RSG Ehrenforth, Vorkaufsrecht, S. 427, sowie Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 11; anders wieder Herminghausen, GrdstVG, S. 156. 605 BGH (27.10.67) Z 49, 7; Soergel / Baur, § 1097, Rdn. 3; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Palandt / Degenhart, § 1098, A n m . 2; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 491. 606 Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 1; Soergel / Baur, § 1097, Rdn. 3. 607 Walch, Näherrecht, S. 164 f. B e i m Vergleich muß dasselbe gelten w i e beim Urteil, unten Fn. 609. cos Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 120; Crome, System I I , S. 495. Anders Salzgeb er-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 33 (Schweiz). 598
9*
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Trotzdem: Ein Unbehagen scheint diese Regel zu begleiten; denn es folgt meist die Empfehlung (ähnlich wie bei den Motiven), es sei genau zu prüfen, ob dieses andere Geschäft nicht „als Kauf ausgelegt werden könne" 6 1 1 , der Kaufpreis brauche nicht i n Geld zu bezahlen sein, wenn tatsächlich Kaufcharakter bestehe 612 . So sei möglicherweise eine Schenkung unter Auflage als Kauf anzusehen 613 . Aber: eine Schenkung unter Auflage bleibt Schenkung unter Auflage und w i r d kein Kauf, und bei einem Kauf besteht die Gegenleistung immer i n einer Geldzahlung, es sei denn, daß etwas an Erfüllungs Statt gegeben wird. Auch eine H i n gabe des Grundstücks an Erfüllungs Statt ist kein Kauf. Die Empfehlungen helfen daher nicht viel weiter und bleiben unverbindlich wie etwa der salomonische Satz der Protokolle 6 1 4 , daß „der Schutz des Vorkaufsberechtigten nicht überspannt werden dürfe, andererseits . . . dem Vorkaufsverpflichteten nicht zu gestatten sei, das Vorkaufsrecht willkürlich zu vereiteln", woraus man „auch Fingerzeige für die praktische Handhabung" herleiten w i l l 6 1 5 . Angesichts dieser unbefriedigenden Lage flüchten manche Autoren i n die Auslegung. Es sei immer zu prüfen, ob nach dem Parteiwillen sich das Vorkaufsrecht nicht auch auf andere Fälle erstrecken solle 6 1 6 ; das sei sogar „häufig" (!) anzunehmen 617 . Diese Notlösung versagt aber i m wichtigsten Fall, nämlich beim dinglichen Vorkaufsrecht, das an das Gesetz gebunden ist 6 1 8 . 2. Interessengerechte Betrachtungsweise
W i l l man das Problem lösen, so w i r d man von der buchstäblichen Auslegung des § 504 BGB abrücken müssen. Das hat i n ganzer Schärfe eigentlich nur Oertmann erkannt, der diesen Schritt zwar noch nicht 609 So Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 35 (Schweiz). M a n w i r d jedoch auf den I n h a l t des Urteils abstellen müssen. Lautet es auf E r f ü l l u n g eines Vertrages, der einen Vorkaufsfall bildete, so ist das Recht ausübbar, selbst w e n n ein solcher Vertrag i n Wahrheit gar nicht geschlossen ist. 610 Vgl. Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 1; RGRK / Denecke, § 1097, A n m . 2; Soergel / Baur, § 1097, Rdn. 3. — Eine vereinbarte Aufrechnung des Kaufpreises hindert die Ausübbarkeit nicht: BGH (20. 6. 62) W M 1962, 1091. 611 Soergel / Baur, § 1097, Rdn. 3; Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . I b . Vgl. auch Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 9, u n d Prot. I I , S. 103. Angew a n d t w i r d diese Methode z. B. i n BGH (13. 7. 57) Z 25, 174. Allgemein zur Frage K a u f oder Tausch vgl. RG (19.11. 07) L Z 1908, 234. 012 Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 316 f.; Warneyer, § 504, A n m . I I I . 613 Soergel / Baur, § 1097, Rdn. 3; Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . 1 b. 614 Prot I I , S. 103. 615 Staudinger / Ostler, § 507, Rdn. 4. 616 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 4; Oertmann, § 504, A n m . 6. 617 RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 18. 618 Vgl. Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 6.
I I . K a u f und andere VeräußerungsVerträge
133
v o l l gehen wollte, aber hoffte, es werde sich vielleicht „überhaupt eine spätere freiere Auslegung über den bedenklichen Wortlaut wenigstens i n den Fällen hinwegsetzen, wo dieser den Interessen der Parteien nicht gerecht w i r d " 6 1 9 . I n der Schweiz bekennt man sich inzwischen offen zu einer „ w i r t schaftlichen" oder „materiellen" Betrachtungsweise und nennt als Vorkauf sf all „jedes Rechtsgeschäft, das auf Umsetzung des belasteten Objekts gegen ein von jedermann erbringbares Entgelt gerichtet i s t " 6 2 0 . Bei uns wurde die „wirtschaftliche" Betrachtungsweise bei den Vorkaufsrechten des öffentlichen Rechts gesetzlich angeordnet 621 ; das Vorkaufsrecht des BGB blieb davon unberührt 6 2 2 . Der erste Schritt zur Auslegung des § 504 BGB muß eine Besinnung auf den rechtspolitischen Grund sein; denn es besteht kein Anlaß, gerade hier am Wortlaut zu haften. Ursprünglich einmal mag der Retrakt beim Tausch deswegen ausgeschlossen gewesen sein, w e i l die Familie anstelle des weggegebenen Grundstücks ein anderes bekam und so nicht geschädigt w a r 6 2 3 . Heute aber ist die Bestimmung des § 504 BGB unvollkommener Ausdruck des dem Vorkaufsrecht wie den Retrakten zugrunde liegenden Kompromisses zwischen absoluter Gebundenheit und absoluter Verfügungsfreiheit. Der Berechtigte soll so weit wie möglich die Gelegenheit haben, den Gegenstand (das Grundstück) zu erwerben; der Verpflichtete soll eine so weit wie möglich gehende Dispositionsfreiheit behalten. Folge dieses Kompromisses ist, daß der Vorkaufsberechtigte den ausgehandelten Vertrag dann i n seiner Person zustandebringen kann, wenn der Verpflichtete den unmittelbaren Zweck seines Geschäfts über den belasteten Gegenstand auch so erreichen kann. N u r auf diesen unmittelbaren Zweck kommt es an, die Verwirklichung weiterer Zwecke muß hinter den Interessen des Berechtigten zurückstehen 624 . So ist etwa bei 819
Oertmann, § 504, A n m . 2. Meier-Hayoz, Vorkaufsvertrag, S. 74; Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 32 f., m i t weiteren Nachweisen. 821 Vgl. die Nachweise oben i n Fn. 595. 822 Bei V o r m i e t - u n d Vorpachtrecht ist man dagegen auch bei uns weiter; vgl. Soergel / Ballerstedt, § 507, Rdn. 3. Die unter dem gemeinen Recht gemachten Ansätze (Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 51 f.) sind nach I n k r a f t t r e t e n des B G B wieder i n Vergessenheit geraten. Etwas großzügiger i n einem F a l l des § 2034 B G B anscheinend R G (13. 8. 43) Z 171, 185 (192). 823 Vgl. Walch, Näherrecht, S. 162. 824 Dieser Grundsatz w i r d auch i n § 507 B G B deutlich: Gehört eine nicht i n Geld schätzbare Nebenleistung so wesentlich zum unmittelbaren Vertragszweck, daß der Vertrag ohne sie nicht geschlossen worden wäre, so ist das Vorkaufsrecht nicht ausübbar. Daß eine schätzbare Nebenleistung i m m e r abgegolten werden kann, widerspricht dem andererseits nicht, denn eine schätzbare Leistung ist meist auch ersetzbar (vgl. RG (10.5.28) Z 121, 137 820
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
einem Verkauf unmittelbarer Zweck die Erlangung der Gegenleistung i n Geld; auf den evtl. dahinter stehenden Zweck, einer bestimmten Person das Grundstück zu verschaffen, kommt es nicht an. Den unmittelbaren Zweck kann daher auch der Berechtigte erfüllen. W i r d das Grundstück verschenkt, so ist unmittelbarer Zweck die Zuwendung an den Dritten; dieser Zweck würde bei Eintritt des Berechtigten nicht mehr erfüllt. Geht man m i t h i n von den zugrunde liegenden Interessen aus („interessengerechte Betrachtungsweise"), so ist Vorkaufsfall jedes Veränißerungsgeschäft über den belasteten Gegenstand, dessen unmittelbarer Zweck genau so erfüllt wird, wenn es statt mit dem Dritten mit dem Berechtigten ausgeführt wird. Das ist allerdings regelmäßig beim Kauf der Fall; darum ist er i n § 504 BGB genannt. Doch können auch andere Geschäfte diese Voraussetzung erfüllen. Ist das zugrunde liegende Prinzip aber erkannt, so besteht kein Anlaß, § 504 BGB nicht auf diese anderen Fälle anzuwenden. Es wäre ungerecht und nutzlos, dem Berechtigten das Vorkaufsrecht zu verweigern, ohne daß das Interesse des Belasteten dies geböte! 3. Anwendung
Der soeben aufgestellte Grundsatz, verbunden m i t den i n § 507 BGB zum Ausdruck gekommenen Gedanken, erscheint geeignet, Grenzsituationen des Vorkaufsfalls gerecht zu entscheiden. a) Kauf, Schenkung Wie bereits erwähnt, bildet hiernach ein Kaufvertrag kauf sf all; eine Schenkung bildet keinen.
einen Vor-
b) Tausch Schon beim Tausch muß man aber differenzieren. Dabei sollen zunächst nur die „echten" Tauschverträge betrachtet werden, d. h. solche, bei denen der unmittelbare Zweck auf den Erwerb der Tauschsache gerichtet ist; es kann dies durchaus eine vertretbare Sache sein. Tauschverträge, bei denen der unmittelbare Zweck i n Wirklichkeit nicht auf die Erlangung der Tauschsache gerichtet ist, sondern (über den Umweg über die Tauschsache) auf die Erlangung eines Geldwertes wie beim Kauf, sollen hier einstweilen beiseite gelassen werden. (139f.): Pflege naher Verwandter nicht schätzbar). Gehört aber ausnahmsweise die E r f ü l l u n g einer schätzbaren Leistung i n N a t u r so stark zum u n mittelbaren Vertragszweck, daß er ohne sie nicht geschlossen worden wäre, dürfte es sich u m keine „Neben"-leistung mehr handeln. Vgl. auch OGH (2.11.49) Z 3, 44, betr. Einlösungsrecht.
I I . K a u f und andere Veräußerungserträge
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Nach dem Gesagten kommt es beim Tausch allein darauf an, ob der unmittelbare Zweck des Tauschvertrages bei „ E i n t r i t t " des Berechtigten noch erreichbar ist. Der Berechtigte muß folglich dieselbe Tauschleistung erbringen können 6 2 6 . Handelt es sich z.B. u m eine nur gattungsmäßig bestimmte, aus der Sicht des Verpflichteten (nicht unbedingt nach § 91 BGB!) vertretbare Sache, so w i r d auch der Berechtigte die Tauschleistung erbringen können ohne den Zweck zu gefährden. So z. B. oben i n Fall 5: Tauscht der Verpflichtete die belastete Sache gegen eine Anzahl X - A k t i e n (was durchaus ein echter Tausch sein kann, dann nämlich, wenn es i h m wirklich um den Erwerb dieser A k t i e n geht und sie nicht nur einen Geldwert verkörpern), so darf der Berechtigte das Vorkaufsrecht ausüben, wenn er i n der Lage ist, gleichfalls X - A k t i e n zu liefern. Dasselbe gilt etwa bei einem Tausch gegen Goldbarren, gegen eine sonstige, vom Berechtigten erfüllbare Gattungsschuld. Es muß schließlich genügen, wenn gerade der Berechtigte die Leistung ebenfalls erbringen kann, wie bei einem Tausch gegen einen Miteigentumsanteil, wenn der Berechtigte den anderen Anteil hat (Fall 6). Freilich, die Entscheidung, ob ein Vorkaufsfall gegeben ist oder nicht, erfordert so i n Grenzfällen eine nicht einfache Untersuchung, ob auch der Berechtigte die Gegenleistung erfüllen könnte oder nicht. Aber auch die Frage, ob ein Vertrag „Kaufcharakter" hat oder als Kauf „ausgelegt" werden kann, ist mitunter schwierig. Zugunsten eines interessengerechten Ergebnisses sollte man das i n Kauf nehmen. Ist nach dem Gesagten ein Tauschvertrag geschlossen, der das Vorkaufsrecht ausschließt, so bleibt es bei diesem Ergebnis auch dann, wenn die Zuzahlung einer Geldsumme ausbedungen ist 6 2 6 . Etwas anderes gilt nur, wenn die Leistung des „Tausch"-Gegenstandes tatsächlich eine Nebenleistung ist — dann ist § 507 BGB anzuwenden — sowie i m noch zu behandelnden Fall, daß es dem Verpflichteten auf den Erwerb der Tauschsache als solcher gar nicht ankommt.
625 Abgelehnt w i r d hier daher auch die Ansicht von Kuhlenbeck, BGB, S. 272, der den Tauschvertrag i m m e r genügen u n d die Tauschgegenleistung i n geschätzter Geldsumme erbringen lassen w i l l . Soweit Kuhlenbeck dies jedoch n u r annehmen w i l l , „ w o es der B i l l i g k e i t entspricht", w i r d die hier entwickelte Regel dem freilich nahe kommen. — Wie hier i m Ergebnis w e i t gehend Warneyer, § 504, A n m . I I I ; Oertmann, § 504, A n m . 2; Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 34, Fn. 11 (Schweiz). Anders grundsätzlich die Rechtsprechung; bemerkenswert aber die Einschränkung i n RG (1. 7.16) Z 88, 361 (364), wo auf die Unfähigkeit des Berechtigten abgestellt ist, die Tauschgegenstände zu beschaffen; ebenso K G (7.12.22) O L G 43, 50 (51); O L G Naumburg (17. 6. 24) J W 1924, 2055. 626
Vgl. oben Fn. 600.
136
T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
c) Übereignung erfüllungshalber
und an Erfüllungs
Statt
Zweifelhaft ist, wie die Hingabe der belasteten Sache zur Erfüllung einer Geldschuld — erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt — zu beurteilen ist 6 2 7 . A u f den ersten Blick ist ein solches Geschäft m i t dem Berechtigten nicht möglich; denn i h m gegenüber besteht die Schuld, die erfüllt werden soll, ja nicht. Eine solche Betrachtungsweise träfe freilich nicht den K e r n des Geschäfts. Die Leistung einer Sache an Erfüllungs Statt etwa könnte i n zwei Phasen zerlegt werden: den Verkauf der Sache an den Gläubiger und sodann die Tilgung der Schuld mit dem Kaufpreis 6 2 8 . Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es den Schuldner nach Kaufgrundsätzen haften läßt (§ 365 BGB). Der fiktive Kaufpreis verbleibt beim Gläubiger und tilgt die Schuld. Unmittelbarer Zweck des Geschäfts ist somit Tilgung der Schuld des Eigentümers. Dieser Zweck kann auch bei „ E i n t r i t t " des Berechtigten erreicht werden: Er hat als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks die Schuld des Verpflichteten bei dem Dritten nach § 267 BGB zu erfüllen 6 2 9 . d) Einbringen
in Gesellschaft
Ähnliche Überlegungen helfen, das Einbringen i n eine Gesellschaft zu beurteilen. Ist unmittelbarer Zweck das Einbringen der bestimmten Sache i n das Gesellschaftsvermögen — z. B. eines Grundstücks, auf dem das Geschäft betrieben werden soll —, so ist dieser Zweck bei Eintritt des Berechtigten nicht zu erreichen: Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ausgeschlossen. Ist unmittelbarer Zweck aber, dem Gesellschaftsvermögen einen Wert zuzuführen — es w i r d z. B. ein mit einem Vorkaufsrecht belastetes Schmuckstück eingebracht, das zwecks Beschaffung eines Anfangskapitals von der Gesellschaft veräußert werden soll —, so kann dieser Zweck auch bei E i n t r i t t des Berechtigten erreicht werden, sofern sich der Wert, der dem Gesellschaftsvermögen zugeführt werden sollte, exakt bestimmen läßt. Man wende nicht ein, daß solche Fälle zu unterscheiden häufig schwierig, ja unmöglich sein dürfte. Den Verpflichteten belasten solche Schwierigkeiten nicht, denn der Vorkaufsberechtigte muß alle Voraussetzungen für die Ausübung seines Rechts darlegen und beweisen. Zweifel gehen zu seinen Lasten. Wenigstens i n eindeutigen Fällen kann ihm aber so geholfen werden, während die herrschende Meinung auch 627
Vgl. oben Fn. 608. So schon Walch, Näherrecht, S. 154. 829 Es muß aber auch genügen, w e n n er die Summe an den Verpflichteten selbst zahlt. — § 576 I 20 A L R stellte übrigens die Hingabe an Zahlungs Statt ausdrücklich dem K a u f gleich. 828
I I . K a u f und andere Veräußerungserträge
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hier achselzuckend abseits stehen muß. Insbesondere muß sich das bei Umgehungsversuchen auswirken. e) Gemischte Schenkung und Freundschaftskauf Ein weiteres häufig wiederkehrendes Problem sind gemischte Schenkungen und Freundschaftskäufe. Die herrschende Meinung w i l l bei Freundschaftskäufen (wo der Preis aus Rücksicht auf persönliche Beziehungen besonders gestaltet ist) das Vorkaufsrecht schlechthin zulassen 630 , bei gemischten Schenkungen (wo der Preis schenkungshalber um einen Teil ermäßigt ist) dagegen schlechthin ausschließen 631 . Z w i schen Freundschaftskäufen und gemischten Schenkungen verläuft so eine bedeutsame Grenze; aber wer soll sie ziehen 632 ? Auch hier ermöglichen die aufgestellten Grundsätze — ergänzt durch den des § 507 — ein gerechteres Ergebnis: Betrachtet man von den „Freundschaftskäufen" vorweg den, wo ein überhöhter Preis gezahlt w i r d (oben, Fall 10), so ist festzustellen, daß unmittelbarer Zweck des Vertrages — der aus der Sicht des zu schützenden Verpflichteten zu sehen ist — die Erlangung dieser (überhöhten) Gegenleistung ist. Der Zweck w i r d nur weiterhin erreicht, wenn auch der Berechtigte diesen Preis zahlt. Eine Kürzungsmöglichkeit hat er nicht. Der häufigere Fall des „Freundschaftskaufs" ist der zu einem niedrigeren Preis. Steht fest, daß m i t Rücksicht auf die Person des Käufers ein niedrigerer Kaufpreis vereinbart ist, so kann man m. E. nicht m i t der h. M. zwischen „Freundschaftskauf" und „gemischter Schenkung" unterscheiden; jede solche Grenzziehung wäre w i l l k ü r l i c h 6 3 3 . Schon wenn der Verkäufer um 1/1000 des Kaufpreises schenkungshalber zurückgeht, ist der Vertrag „gemischt". Ein richtiger Gedanke mag freilich zugrunde liegen, nämlich der, daß hier Unklarheiten ausnahms630 Staudinger / Ostler, § 505, Rdn. 8; Planck / Knoke, § 505, Anm. 2; Heck, Schuldrecht, S. 283; Warneyer, § 505, A n m . ; Alberty, Vorkaufsrecht, S. 118, 123 (für RSG); Herminghausen, GrdstVG, S. 157 (für RSG); RG (15.12.20) Z 101, 99. F ü r entsprechende Zuzahlung aber Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 121; Crome, System I I , S. 500; vgl. auch RG (9.10.39) Recht 1940, Rspr. Nr. 427: Keine Ausübung der Vorhand zum Kaufpreis, w e n n zu Unterpreis ans Reich verkauft wurde. 631 Staudinger / Ostler, § 505, Rdn. 8; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Planck / Knoke, § 505, Anm. 2; Herminghausen, GrdstVG, S. 157; RG (15.12. 20) Z 101, 99; u n d oben Fn. 602. 632 Die Hilflosigkeit zeigt sich i n dem Vorschlag: „Es muß Sache der Verpflichteten sein, eine solche Folge (Vorkaufsausübung zu niedrigem Preis) durch entsprechende Festsetzung der Kaufbedingungen gegenüber dem D r i t t e n zu verhüten." (Staudinger / Ostler, a.a.O.; Planck / Knoke, a.a.O.) 633 R G (15.12. 20) Z 101, 99, überzeugt nicht.
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
weise zu Lasten des Verpflichteten gehen: Was i m Gewand eines Kaufvertrages abgeschlossen ist, ist bis zum Nachweis des Gegenteils als Kaufvertrag anzusehen. Ist aber erwiesen, daß m i t Rücksicht auf die Person des Käufers ein niedrigerer Kaufpreis gewählt wurde, so steht auch fest, daß eine teilweise unentgeltliche Zuwendung mit dem Vertrag verbunden ist; er ist dann immer „gemischt". Hieraus sofort auf die Nichtausübbarkeit des Vorkaufsrechts zu schließen, wäre indessen verfehlt. Die Absicht, dem Vertragsgegner etwas zuzuwenden, kann ein Nebenzweck des Vertrages sein, ebenso wie die Erlangung einer Nebenleistung Nebenzweck sein kann. F ü r letztere ordnet nun § 507 BGB an, daß der geschätzte Wert der Nebenleistung vom Vorkaufsberechtigten zu entrichten ist. Ist Nebenzweck beim Erstvertrag eine teilweise unentgeltliche Zuwendung, so kann dieser Fall genauso behandelt werden: Der Nebenzweck kann bei „ E i n t r i t t " des Berechtigten nicht mehr erreicht werden, denn die Zuwendung an den Käufer ist untrennbar m i t dem Erwerb der Sache verbunden. Es besteht aber kein Grund, nunmehr den Vorkaufsberechtigten i n den Genuß der gar nicht für i h n bestimmten Zuwendung kommen zu lassen. Vielmehr hat der Vorkaufsberechtigte analog § 507 BGB den Wert des nicht erreichten Nebenzwecks zu entrichten. M i t anderen Worten: Er hat beim (nachgewiesenen) „Freundschaftskauf" den zu schätzenden „eigentlichen" Kaufpreis zu zahlen, nicht den erniedrigten. Ist die Zuwendung an den Käufer ein Hauptzweck des Vertrages — neben der Erlangung des erniedrigten Kaufpreises —, so ist dieser wie bei der reinen Schenkung nicht erreichbar bei E i n t r i t t des Vorkaufsberechtigten: Das Vorkaufsrecht ist nicht ausübbar. f) „Ringtausch" I m Falle des Ringtausches (oben Fall 4) ist unmittelbarer Zweck des Vertrages nicht nur die Erlangung des Kaufpreises, sondern auch die Ermöglichung des m i t diesem Kaufvertrag verbundenen weiteren Kaufvertrags über den Erwerb eines anderen Grundstücks. Dieser weitere (Haupt-)Zweck ist bei „ E i n t r i t t " des Berechtigten nicht mehr zu erreichen; darum hat der B G H i m Ergebnis zu Recht i n solch einem Fall die Ausübung des Vorkaufsrechts für nicht möglich gehalten 6 8 4 . I I I . Nichtige, vernichtbare und unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch Dritten Betrifft die erste Frage die Abgrenzung, welche Gruppe von Verträgen überhaupt einen Vorkaufsfall bildet, so folgt als zweite Stufe, 834
BGH (27.10. 67) Z 49, 7 (insbes. 10 f.).
I I I . Unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch D r i t t e n
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welche Qualität solche Verträge haben müssen, u m einen Vorkaufsfall in concreto bilden zu können. Wie weit müssen sie gediehen sein, welche Fehler dürfen ihnen anhaften? 1. Grundregel
Die Grundregel ist, daß der den Vorkaufsfall bildende Vertrag — der Einfachheit halber künftig weiterhin „Kaufvertrag" genannt — tatbestandlich abgeschlossen und rechtsgültig sein muß 6 8 5 . Sie ist i m K e r n sicher zutreffend. Die Frage ist nur, ob und wie weit sie auch am Rande ausnahmslos zu gelten hat. 2. Bedingter Kauf
a) Auflösend Ein bedingter Kauf bildet nach allgemeiner Auffassung einen Vorkauf sf a l l 6 8 6 : Ein auflösend bedingter gewiß 6 3 7 , denn hier sind die W i r kungen erst einmal eingetreten, und ob und wann sie jemals wieder fortfallen, weiß man nicht. T r i t t die auflösende Bedingung nach Ausübung des Vorkaufsrechts ein, so entfällt — technisch gesehen — damit nicht der Vorkaufsfall, denn die Auflösung w i r k t nicht zurück. Die Bedingung ist aber nach § 505 Abs. 2 BGB auch Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen Vorkaufsverpflichtetem und -berechtigtem geworden. Dieses Verhältnis w i r d durch den E i n t r i t t der Bedingung aufgelöst; der Berechtigte hat den Gegenstand mangels Rechtsgrundes zurückzugeben 688 . 635 Einhellige Ansicht, vgl.: Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 6; Staudinger / Dittmann, § 1098, Rdn. 3; RGRK / Kuhn § 504, A n m . 25; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soergel l Ballerstedt, § 504, Rdn. 6; Planck / Knoke, § 504, Anm. a; Planck / Strecker, § 1098, A n m . 2 a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7; Erman f Ronke, § 1098, Rdn. 1; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Larenz, Schuldrecht, S. 110; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 120. RG (17.1. 20) Z 98, 44; RG (12.10. 21) J W 1922, 218; R G (24. 2. 23) Z 106, 320; BGH (9.1. 60) W M 1960, 551 (552); BGH (3.6.66) W M 1966, 891; BGH (15.5.68) W M 1968, 1088. Ausnahmen wieder f ü r öff.-rechtliche Vorkaufsrechte: vgl. z.B. Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 9; Ehrenforth, Vorkaufsrecht. 836 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 8; Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 3; RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 26; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soer gel / Bailer stedt, § 504, Rdn. 9; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7; Erman / Ronke, § 1098, Rdn. 1; Palandt / Degenhart, § 1098, A n m . 2; Westermann, Sachenrecht, S. -624; Crome, System I I , S. 495; Oertmann, § 504, A n m . 3; Warney er, § 504, A n m . I I I ; Mot. I I , S. 346; Alberty, Vorkaufsrecht, S. 40 (nach RSG); Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 42 (Schweiz). R G (17.1.20) Z 98, 44 (49); R G (24. 2. 23) Z 106, 320 (324); O L G Stuttgart (14. 5. 47) DNotZ 1950, 61. 637 Vgl. Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 8; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 26; RG (17.1. 20) Z 98, 44 (49). 638 Alberty, Vorkaufsrecht, S. 109, w i l l i m Rahmen des RSG die auflösende Bedingung nicht beachten, w e n n sie i m Interesse des Drittkäufers einge-
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Zweifelhaft ist, ob das Vorkaufsrecht des Berechtigten i n diesem Fall wiederauflebt. A n sich gilt der strenge Grundsatz, daß das Vorkaufsrecht für einen Fall (z.B. jedes schuldrechtliche) bei der ersten Veräußerung entweder durch Ausübung verbraucht oder durch Nichtausübung bzw. Nichtausübbarkeit (etwa wegen § 511 BGB oder w e i l es sich um keinen „ K a u f " handelt) verloren wird. Ein späterer Rückerwerb des Gegenstandes durch den Verpflichteten läßt es nicht wiedererstehen 639 . Doch auf den F a l l des Eintritts einer auflösenden Bedingung paßt dies nicht: Weder hat der Berechtigte ein Vorkaufsrecht ungenutzt fahren lassen, noch hat es sich u m eine solche A r t der Veräußerung gehandelt, bei der der Berechtigte kraft Gesetzes beiseitestehen muß. Durch den E i n t r i t t der auflösenden Bedingung steht der Berechtigte i m Ergebnis so, als sei ein Vorkaufsfall noch gar nicht eingetreten. I h n nun auch noch sein Vorkaufsrecht verlieren zu lassen, wäre ungerecht, und der Gesetzeswortlaut gebietet ein solches Ergebnis nicht 6 4 0 . b) Aufschiebend Als Vorkaufsfall w i r d einmütig auch der aufschiebend bedingte Kauf angesehen 641 . Das w i l l freilich nicht so ohne weiteres einleuchten. Das — beim Gesetzgeber und historisch i m Vordergrund stehende — A b wehrinteresse erfordert dies nicht; denn solange die Bedingung nicht eingetreten ist, kann der Gegenstand nicht an den unerwünschten D r i t ten geraten. Auch das Erwerbsinteresse dürfte nicht hinreichen; denn bis zum E i n t r i t t der Bedingung erhält der Berechtigte — außer vielleicht einer Anwartschaft — noch nichts. So w i r d denn auch gewöhnlich das formale Argument angeführt, auch der aufschiebend bedingte sei ein tatbestandlich abgeschlossener, vollgültiger Kauf. Läßt man dies gelten, so können weitere Schwierigkeiten auftreten. Angenommen, der Verpflichtete hat unter einer fernliegenden — gerade nicht unmögräumt ist. Das k a n n man indessen nur, wenn man lediglich auf das E r werbsinteresse sieht. F ü r das BGB-Vorkaufsrecht jedenfalls geht diese A n sicht generell zu weit, insbesondere w e n n der Vorkaufsverpflichtete keinen Einfluß auf den Bedingungseintritt hat. I m Einzelfall k a n n die Berufung auf eine solche Bedingung einmal unzulässige Rechtsausübung sein. 639 v g l z u r Frage des Auflebens (insbesondere bei Wiedererwerb der belasteten Sache nach einem Kindskauf): Haegele, Erlöschen, S. 330 f. Soergel! Baur, der i n der 8. Aufl. von Haegele f ü r ein Wiederaufleben zitiert w i r d , erwähnt das Problem nicht mehr (§ 1097, Rdn. 4, 5) u n d dürfte von dieser Ansicht abgerückt sein. Vgl. auch RGRK / Denecke, § 1097, A n m . 1. 840
265. 841
So i m Ergebnis w o h l auch RG (17.1.20) Z 98, 44; R G (14.2.29) Z 123,
Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 8; RGRK I Kuhn, § 504, A n m . 26 (mit gewissen Einschränkungen); Planck / Knoke, § 504, A n m . a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7. R G (17.1. 20) Z 98, 44 (49). Zumeist angeführte A u s nahme: N u r Käufer kann Bedingung erfüllen.
I I I . Unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch D r i t t e n
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liehen — Bedingung (Landung des ersten Menschen auf dem Mars) verkauft und der Berechtigte hat sein Recht ausgeübt. Wenn nun der Verpflichtete die Sache erneut — und diesmal ohne Bedingung — an einen anderen verkauft, muß sich dann der Berechtigte entgegenhalten lassen, sein Recht sei verbraucht 6 4 2 ? Besser stellt man bei der aufschiebenden Bedingung statt auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf den des Bedingungseintritts ab. Dann erst steht der Übergang der Sache auf einen Dritten unmittelbar bevor, dann erst muß man zur Abwehr eingreifen und dann erst kann man auch seinen Erwerbswillen verwirklichen. Erst vom E i n t r i t t der Bedingung an darf der Berechtigte gezwungen sein, sich zu entscheiden 6 4 3 ; denn zuvor hätte es ja noch sein können, daß die Bedingung niemals eintrat. So behält er auch die Möglichkeit, bei einem zwischenzeitlichen anderweitigen (unbedingten) Verkauf der Sache, sein Recht nun insoweit auszuüben. Ob der Berechtigte schon vor Bedingungseintritt sein Vorkaufsrecht für diesen Fall ausüben kann, ist eine andere Frage. Man sollte dies zulassen, denn der bedingte Vertrag ist tatbestandlich abgeschlossen, so daß der Berechtigte eine Entscheidung treffen kann, wenn er es auch noch nicht muß 6 4 4 . Die Mitteilung des Vertrages kann ebenso bereits nach Vertragsabschluß erfolgen; nur kann die Ausübungsfrist für den Berechtigten noch nicht zu laufen beginnen, bevor nicht feststeht, daß der mitgeteilte Kaufvertrag überhaupt i n Wirkung tritt. Da der Eintritt der Bedingung nicht selbst zum Vertrag gehört, unterliegt er nicht der M i t teilungspflicht. Jedoch w i r d man die Ausübungsfrist m i t der Kenntnis des Berechtigten vom Bedingungseintritt beginnen lassen müssen. Anders sind die Fälle zu beurteilen, i n denen der Käufer als solcher die Bedingung herbeiführen kann, etwa bei einem Kauf auf Probe, den die herrschende Meinung als Kauf unter einer Wollensbedingung ansieht. Eine solche Befugnis des Käufers ist tatsächlich ein 642 Vgl. LG Oldenburg (3.12.1958) N J W 1959, 1090: E i n 1941 vereinbartes Wiederkaufsrecht w i r d 1957 ausgeübt. Das so entstandene Kaufrechtsverhältnis werde v o m Vorkaufsrecht des Nieders. A u f b a u G nicht erfaßt, w e i l Kaufvertrag bereits 1941 bedingt geschlossen. — Freilich n i m m t die Rechtsprechung auch an, bei Nichteintritt der Bedingung entfalle auch die G r u n d lage f ü r die Vorkaufsausübung; RG (5. 7. 22) SeuffA 78 (1924), S. 25 (Nr. 14). Das k a n n aber Jahre dauern. 643 So w o h l auch Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 9. 844 Grundsätzlich hält man freilich eine bedingte oder befristete Ausübung des Vorkaufsrechts f ü r unzulässig, w e i l der Betroffene K l a r h e i t haben muß; vgl. z.B. Enneccerus / Nipper dey, A l l g . T., S. 1193; Soergel / Knopp, § 158, Rdn. 36. Dieser G r u n d entfällt jedoch, wenn der Vertrag m i t dem D r i t t e n selbst ebenso bedingt oder befristet ist.
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
i m Kaufvertrag eingeräumtes Gestaltungsrecht (oder kommt i h m doch sehr nahe). Sie gehört zu den vertraglichen Rechten, die nach § 505 Abs. 2 BGB auch dem Vorkaufsberechtigten zustehen: Er kann nun seinerseits die Bedingung herbeiführen (z. B. die Billigung nach § 496 BGB aussprechen). Diese Ausnahme rechtfertigt sich freilich nicht aus dem Abwehrinteresse — der Berechtigte könnte auch hier abwarten, bis und ob der Kauf m i t dem Dritten wirksam w i r d —, w o h l aber aus dem Erwerbsinteresse, denn sie ermöglicht dem Vorkaufsberechtigten den Erwerb der Sache. Für die merkwürdigen Folgen der h. M. ein weiteres Beispiel: Ein Eigentümer räumt an einem m i t einem dinglichen Vorkaufsrecht belasteten Grundstück einem Dritten noch ein persönliches Vorkaufsrecht ein. Für die herrschende Meinung wäre dies ja ein „bedingter" Verkauf und damit auch ein Vorkaufsfall. Der Berechtigte müßte — wenn sein Recht für einen Fall bestellt ist — sein Vorkaufsrecht bezüglich dieses schuldrechtlichen Vorkaufsrechts ausüben und darin „eintreten" 6 4 5 . Nach hier vertretener Auffassung ist die Einräumung eines Vorkaufsrechts noch kein Kaufvertrag. Beide Vorkaufsrechte bestünden nebeneinander, und i n einem künftigen Vorkaufsfall ginge das dingliche vor. 3. Kauf unter Rücktrittsvorbehalt
Ein Kaufvertrag m i t Rücktrittsvorb ehalt bildet einen Vorkaufsfall 8 4 6 . Der Rücktrittsvorbehalt geht nach § 505 Abs. 2 BGB auch i n das Verhältnis zwischen den Vorkaufsparteien über 6 4 7 . Steht dem Verkäufer das Rücktrittsrecht zu und übt er es aus, so ist auch hier die Frage, ob dem Berechtigten das Vorkaufsrecht verloren bleibt. Auch hier hat er weder sein Recht infolge Nichtausübung fahren lassen, noch handelte es sich um eine Veräußerung, die ihrem Wesen nach vom Vorkaufsrecht nicht ergriffen wird. Auch hier gebietet die Gerechtigkeit, dem Berechtigten sein Recht zu erhalten. Steht der Rücktritt dem Käufer zu und erklärt der ursprüngliche Käufer den Rücktritt, so berührt dies das ausgeübte oder ausübbare Vorkaufsrecht nicht 6 4 8 . Es ist allerdings sehr umstritten, ob der Rück645 Ebenso beim Ankaufsrecht; doch zieht das R G — von seiner Theorie her zu Unrecht — diese Konsequenz nicht; RG (13.10.08) Recht 1908, Rspr. Nr. 3777. 646 Vgl. Staudinger / Dittmann, § 1098, Rdn. 12; Planck / Knoke, § 504, A n m . a; Mot. I I , S. 346. 647 Vorbehaltlich § 506 B G B . Vgl. RGRK / Kuhn, § 506, A n m . 12; Planck! Knoke, § 506, A n m . 648 Vgl. z.B. RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 28; Erman / Weitnauer, § 505, Rdn. 3; Crome, System I I , S. 495. Anders anscheinend (für RSG) Alberty, Vorkaufsrecht, S. 109, u n d Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 11.
I I I . Unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch D r i t t e n
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t r i t t auf den Vertragsschluß zurückwirkt oder nicht, und wenn, auf welche Weise 649 . Auch wenn man von einer Rückwirkung ausgeht, bet r i f f t dies jedoch i m Grunde nur das Abwicklungsverhältnis zwischen den Vertragsparteien. Der Rücktritt beseitigt nicht ex tunc den Tatbestand eines Vertragsschlusses, wie etwa die Anfechtung 6 5 0 . Daher kann man davon ausgehen, daß der Vorkaufsfall als solcher bei einem Rückt r i t t nicht entfällt. Erklärt der Vorkaufsberechtigte den Rücktritt, so kann er nicht anders behandelt werden, wie wenn er sein Vorkaufsrecht anläßlich des Vorkaufsfalls gar nicht erst ausgeübt hätte: Sein Recht bleibt erloschen. 4. Anfechtbarer Kauf
Ist der Kauf anfechtbar, so ändert sich die Beurteilung. Die Anfechtung vernichtet den Vertragsschluß als solchen rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB), beseitigt daher grundsätzlich auch rückwirkend den Vorkaufsfall. Nach wirksamer Anfechtung ist auch der ausgeübte Vorkauf hinfällig; natürlich bleibt — w e i l es noch keinen Vorkaufsfall gegeben hat — das Vorkaufsrecht bestehen. Doch darf man — wie viele es t u n 6 5 1 — hierbei nicht stehen bleiben. So eindeutig die Wirkungen der Anfechtung sind, so zweifelhaft kann sein, ob und wann nach Ausübung des Vorkaufsrechts eine Anfechtung noch zulässig ist. Anders als i n den bisherigen Fällen kann es sich hier nur u m die Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags handeln. Denn das Anfechtungsrecht ist — anders als Bedingung und Rücktrittsvorbehalt — nicht Bestandteil der Vertragsvereinbarungen und ist darum auch nicht automatisch i m Verhältnis zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Berechtigtem enthalten. Zwar kann auch hier ein Anfechtungsrecht gegeben sein, doch ist es dann i n diesem Verhältnis primär begründet. 849
Vgl. z.B. Erman/H. P. Westermann, § 346, Rdn. 3, m. Nachw.; Soergel / Reimer Schmidt, vor § 346, Rdn. 4, 5; Palandt / Heinrichs, vor § 346, A n l . 1; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 164- 167; Esser, Schuldr. A l l g . T., S. 185 - 188. 850 Das ist bereits an der unterschiedlichen Formulierung des § 142 Abs. 1 B G B u n d des § 346 B G B zu erkennen; ferner können trotz Rücktritts die Vertragserklärungen noch angefochten werden. Vgl. Erman/H. P. Westermann, § 346, Rdn. 3 („Eine R ü c k w i r k u n g i m Sinne der Leugnung gültiger Willenserklärungen k o m m t nicht i n Betracht"); Palandt / Heinrichs, vor § 346, A n m . 1; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 166; Esser, Schuldr. Allg. T., S. 185 f.; w o h l auch Soergel I Reimer Schmidt, vor § 346, Rdn. 6, auch § 346, Rdn. 4 (Rechtsstellung eines D r i t t e n nicht beeinflußt). 851 Staudinger I Ostler, § 504, Rdn. 6; Soergel / Ballerstedt, § 504, A n m . 8; Planck / Knoke, § 504, A n m . a; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 120; Crome, System I I , S. 495 (sogar für n u r anfechtbare Käufe); Kretzschmar, Sachenrecht, S. 412; Salzgeber-Dürig, Vorkaufsrecht, S. 43. Einschränkend aber Staudinger I Dittmann, vor § 1094, Rdn. 11 (betr. RSG), 3; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 25 (zu weitgehend).
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Steht dem Verkäufer (dem Verpflichteten) das Anfechtungsrecht zu, etwa w e i l er durch Drohung zum Abschluß gebracht worden ist oder w e i l er sich i n einem I r r t u m 6 5 2 i. S. des § 119 BGB befand, so kann er den Kauf anfechten. Damit entfällt der Vorkaufsfall (§ 142 BGB), und der Ausübung ist der Boden entzogen, gleich, ob die Anfechtung vor oder nach der Ausübung erfolgte 6 5 3 . Schadensersatzpflichtig nach § 122 BGB ist der Verpflichtete (wenn überhaupt) nur dem Käufer gegenüber, denn die Vertragserklärung war nur diesem gegenüber abzugeben. I m Verhältnis zum Berechtigten macht sich jetzt aber bemerkbar, daß der Vorkaufsvertrag ein Vertrag ist, i n den die Offerte eingebettet ist, nicht etwa nur die Offerte allein oder (nach h. M.) ein doppelt bedingter Kaufvertrag. Aus diesem Vorkaufsvertrag kann der Verpflichtete dem Berechtigten i n den genannten Fällen wegen positiver Vertragsverletzung haften, allerdings nur bei Verschulden. Das Anfechtungsrecht des Verkäufers kann sich aber auf Gründe stützen, die m i t der Person des Käufers i n engem Zusammenhang stehen. Er kann über wesentliche Eigenschaften des Käufers (z. B. Kreditwürdigkeit) getäuscht worden sein oder sich über sie geirrt haben. I m Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten als neuem „Käufer" würde dies keinerlei Bedeutung mehr haben. Verstieße der Berechtigte, wenn er nach Ausübung des Vorkaufsrechts dennoch die Anfechtung erklärte, gegen den Sinn des Vorkaufsvertrages? Hier müssen wieder die zugrunde liegenden Interessen entscheiden. Diese können bekanntlich von zweierlei A r t sein. Dient das Vorkaufsrecht ganz eindeutig nur einem Abwehrinteresse, so w i r d dieses nicht berührt, solange die Sache nur i n der Hand des alten Eigentümers verbleibt: Er kann wirksam anfechten. Doch dürfte der Fall selten sein. I m Zweifel dient das Hecht i n mehr oder weniger starkem Maße auch dem Erwerbsinteresse. Dieses — und damit der Zweck des Vorkaufsrechts — würde verletzt, wenn der Verpflichtete den bereits eingetretenen Vorkaufsfall rückwirkend wieder beseitigen könnte, obwohl dem Berechtigten gegenüber keine anerkennenswerten Gründe bestehen. Abhilfe schafft hier der Gedanke des § 162 BGB, der — wie noch zu zeigen i s t 6 5 4 — beim Vorkaufsrecht nicht völlig unanwendbar ist. Die Anfechtung i n den genannten Fällen wäre eine gegen Treu und Glauben verstoßende — nachträgliche — Verhinderung des Bedingungseintritts, und die Bedingung gälte dem Berechtigten gegenüber gleichwohl als eingetreten. 852
M i t der unten genannten Ausnahme. Eine solche zeitliche Unterscheidung, wie z. B. Herminghausen beim Vorkaufsrecht nach HSG sie vornehmen w i l l (GrdstVG, S. 172 f.), ist dogmatisch unhaltbar. Die Anfechtung w i r k t immer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück. 853
I I I . Unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch D r i t t e n
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S c h w i e r i g e r ist d e r andere F a l l , daß d e m Käufer das A n f e c h t u n g s recht zusteht. Es k a n n z . B . d e r V e r p f l i c h t e t e d e n K ä u f e r ü b e r die G r u n d s t ü c k s g r ö ß e getäuscht h a b e n ; der Berechtigte, d e r d e n w a h r e n S a c h v e r h a l t k e n n t , ü b t t r o t z d e m aus. H i e r k a n n § 162 B G B n i c h t h e r a n gezogen w e r d e n , da d e r E i n t r i t t d e r Bedingung d e m Käufer nicht zum N a c h t e i l gereichen w ü r d e . H a t d e r K ä u f e r a l l e r d i n g s überhaupt kein Interesse a n d e r A n f e c h t u n g , da der K a u f v e r t r a g m i t i h m o h n e h i n n i c h t a b g e w i c k e l t w e r d e n w ü r d e u n d d e r B e r e c h t i g t e e t w a schon d e n K a u f g e g e n s t a n d h a t , so k a n n die A u s ü b u n g seines A n f e c h t u n g s r e c h t s — falls sie gegen d i e ( E r w e r b s - ) I n t e r e s s e n des V o r k a u f s b e r e c h t i g t e n verstößt — r e c h t s m i ß b r ä u c h l i c h u n d z. B . nach § 226 oder auch § 138 B G B 6 5 5 unwirksam sein656. 5. Schwebend unwirksamer (genehmigungsbedürftiger) Kauf Reicht e i n schwebend unwirksamer K a u f z u r A u s ü b u n g des V o r kaufsrechts? E i n solcher — e t w a noch e i n e r b e h ö r d l i c h e n oder sonstigen G e n e h m i g u n g b e d ü r f e n d e r — V e r t r a g w i r d e i n h e l l i g als u n f e r t i g a n gesehen; er b i l d e t noch k e i n e n V o r k a u f s f a l l 6 5 7 . D i e D i s k r e p a n z z u r B e h a n d l u n g des aufschiebend b e d i n g t e n V e r t r a g e s l i e g t a u f der H a n d . Z w a r ist e i n b e d i n g t e r V e r t r a g t a t b e s t a n d l i c h abgeschlossen u n d e i n 854
Unten B I V 2 b. § 138 ist auch bei einseitigen Rechtsgeschäften wie der Anfechtung anwendbar; vgl. Palandt / Heinrichs, § 138, Anm. 1 e. 656 Z u weitgehend RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 25; ferner Ehrenforth, Vorkaufsrecht, S. 424 (für gesetzl. Vorkaufsrechte): Berufung auf Anfechtung durch Käufer w ü r d e unzulässiger Einrede aus dem Recht eines D r i t t e n „gleichkommen". Das kann nicht sein. Ist w i r k s a m angefochten, so ist der Vorkaufsfall entfallen. I m m e r h i n dient das Vorkaufsrecht j a auch oder überwiegend dem Abwehrinteresse, das nach wirksamer Anfechtung nicht mehr berührt ist. Ferner Kahlke, Vorkaufsrecht, S. 107 - 111, u n d Alberty, Vorkaufsrecht, S. 86 - 89: Anfechtung betreffe n u r Verhältnis zwischen V e r käufer u n d Käufer. Das stimmt nicht, denn sie beseitigt den Vorkaufsfall. Herminghausen, GrdstVG, S. 172 f., w i l l die Ausübung „mangels Rechtsschutzbedürfnisses" versagen. Es handelt sich hier aber u m materiell-rechtliche, nicht u m prozessuale Fragen! 657 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 9; Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 11 (betr. RSG), 3; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 27; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 7; Planck / Knoke, § 504, A n m . a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 502, Fn. 25; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 474; Larenz, Schuldrecht, S. 110; Oertmann, § 504, A n m . 3; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 491; Lange, Genehmigung, S. 259; Lent / Schwab, Sachenrecht, S. 303. RG (17.1.20) Z 98, 44; R G (27.2.26) J W 1926, 2628; R G (3.5.26) L Z 1926, 698; RG (23.6.26) Z 114, 155 (158); R G (12.6.36) SeuffA 90 (1936), S. 330 (Nr. 155); R G (28.4.37) Z 154, 370 (377); BGH (4.6.54) Z 14, 1; BGH (3.10.56) DNotZ 1956, 16; BGH (20.2.57) Z 23, 342; BGH (15.6.60) Z 32, 383 (385); BGH (4.2.64) N J W 1964, 1677. K G (7.5.21) J 53, A 161; O L G Stuttgart (14.5.47) DNotZ 1950, 61; O L G Frankfurt (22.1.60) Rpfl. 1960, 298. E i n schränkend für das RSG Alberty, Vorkaufsrecht, S. 40-47. 655
io Schurig
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
schwebend unwirksamer bedarf noch der Genehmigung, aber wirksam sind eben beide noch nicht. A u f die Ähnlichkeit w i r d sonst auch hingewiesen 6 6 8 . Ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung ist nicht so recht ersichtlich. Doch hält nur Westermann beim genehmigungsbedürftigen Kauf das Vorkaufsrecht schon m i t Abschluß des Kaufes für ausübbar 6 6 0 . Eine Gleichbehandlung m i t dem aufschiebend bedingten Kauf empfiehlt sich allerdings, nur i n anderer Weise als von Westermann befürwortet. Wenn man — wie hier vorgeschlagen — auch beim aufschiebend bedingten Kauf auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts abstellt, dann löst sich die Diskrepanz ganz zwanglos. Wer i n beiden Fällen den Ausübungszeitpunkt des Rechts vor das endgültige Wirksamwerden des Kaufvertrages legen w i l l , verkennt die starke negative (Abwehr-)Interessenkomponente beim Vorkaufsrecht, die z. B. die zweite Kommission veranlaßt hat, einen i n Aussicht genommenen Vertragsschluß nicht genügen zu lassen 660 . Freilich sollte man auch hier eine frühere Ausübung mit Wirkung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kaufvertrages genügen lassen 661 . 6. Nichtiger Kauf
Eindeutiger sind die Fälle, i n denen der Kaufvertrag nichtig ist. Hier w i r d man — von den noch zu behandelnden Fragen der Umgehung oder Erschleichung eines Vorkaufsfalles abgesehen 662 — nicht umhin können, m i t der allgemeinen Meinung das Vorkaufsrecht für nicht ausübbar zu halten 6 6 3 . Denn einen wirksamen Kaufvertrag m i t einem D r i t ten gibt es eben noch nicht. 658 Z . B . Larenz, Allg. T., S. 14; Soergel / Knopp, vor § 158, Rdn. 7, 8 (zur sog. Rechtsbedingung); Staudinger / Coing, vor § 158, Rdn. 13. Vgl. auch RG (17.1. 20) Z 98, 44 (49). Z. B. erfaßt ein dingliches Vorkaufsrecht einen vor seiner Bestellung geschlossenen Kaufvertrag auch dann nicht, w e n n der Vertrag erst später genehmigt w i r d , BGH (10. 7. 57) DNotZ 1957, 657. — Alberty w i l l — f ü r das RSG — Bedingungen und ausstehende privatrechtliche Genehmigungen gleichbehandeln: Vorkaufsrecht, S. 40. 659 Westermann, Sachenrecht, S. 624; er f ü h r t hierfür Zweckmäßigkeitsgründe an (Vermeidung eines doppelten Genehmigungsverfahrens). 860 Prot. I I , S. 95 - 97. 881 Hiergegen w o h l (ohne Begründung) z.B. Palandt/Degenhart, §1098,Anm. 2; Fikentscher, Schuldrecht, S. 405. RG (17.1.20) Z 98, 44 (49); R G (28.4.37) Z 154, 370 (377); BGH (4.6.54) Z 14, 1; OLG Frankfurt (22.1.60) Rpfl. 1960, 297. Wie hier aber w o h l O L G Frankfurt (30.11.06) O L G 16, 412, u n d O L G Frankfurt (11.6.07) Recht 1908, Rspr. Nr. 488. Z u Unrecht w i r d die Frage i m m e r m i t der ganz anderen verquickt, ob die Parteien bis zur Genehmigung den Vertrag wieder aufheben können. T u n sie dies, so geht die (vorzeitige) Ausübungserklärung natürlich ins Leere. — Vgl. auch oben Fn. 644. 882 Unten B I V . 883 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 6; Planck / Knoke, § 504, A n m . a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7; Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 120;
I I I . Unvollkommene Kaufverträge; Verkauf durch D r i t t e n
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Das gilt auch i m Falle des § 313 BGB. W i r d das Grundstück dann aber an den Käufer übereignet, so w i r d der Kaufvertrag geheilt; ein Vorkaufsfall ist jetzt gegeben 664 . Der Berechtigte muß also danebenstehen und abwarten. Soweit er ein dingliches Vorkaufsrecht hat, kann i h m dabei nicht viel geschehen (§ 1098 Abs. 2 BGB). Hat er nur ein obligatorisches, so muß er seinen Anspruch schleunigst durch eine Vormerkung sichern, die er aufgrund einer einstweiligen Verfügung eintragen lassen kann. Gelingt i h m dies, kann er sein Recht gegen den Dritten durchsetzen, wenn nicht, bleibt i h m nur der Schadensersatz 665 . Handelt es sich u m eine bewegliche Sache und ist der Kaufvertrag aus irgendeinem Grunde nichtig, so kann das Vorkaufsrecht gleichfalls nicht ausgeübt werden. Der Berechtigte hat aber nach § 242 BGB einen Anspruch darauf, daß der Verpflichtete dieses nichtige Geschäft nicht „erfüllt" und kann i h n notfalls durch einstweilige Verfügung durchsetzen. Gelingt dies nicht, so bleibt dennoch das Vorkaufsrecht bestehen, denn die Übereignung aufgrund eines nichtigen Vertrages ist keine Veräußerung, die die Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließt und es erlöschen läßt. Bei einer Weiterveräußerung der Sache durch den neuen Eigentümer wäre das (schuldrechtliche) Vorkaufsrecht nun freilich nicht mehr ausübbar, w e i l es gegen den Verpflichteten geht (§ 504 BGB) 6 6 6 . Der Berechtigte wäre mit seinem Recht mattgesetzt, ohne es ausgeübt oder aus einem interessengerechten Grund (unmittelbarer Zweck des Veräußerungsvertrages nicht erreichbar) verloren zu haben. Dieser Zustand widerspricht dem Sinn des Vorkaufsvertrages. Daher ist — solange kein wirksamer Veräußerungsvertrag nachgeholt ist — der Vorkaufsverpflichtete dem Berechtigten gegenüber verpflichtet, die rechtsgrundlos übereignete Sache von dem Dritten zu kondizieren. Schadensersatzpflichtig wegen Verletzung des Vorkaufsvertrages ist er i m übrigen ohnedies. Crome, System I I , S. 495. RG (12.10.21) J W 1922, 218; RG (15.11.26) J W 1927, 1516; OGH (27.1.49) Z 1, 327 (330); BGH (9.1.60) W M 1960, 551 (552). Anders wieder u . U . das Vorkaufsrecht nach RSG (§ 4 Abs. 3); vgl. BGH (7.11. 69) Z 53, 52. 684 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 6; Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 3; Planck / Strecker, § 1098, A n m . 2 a; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 7; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 503, Fn. 32; Warneyer, § 1098, A n m . I. R G (15.11.26) J W 1927, 1516. Eine vorher erklärte unwiderrufene Ausübung des Vorkaufsrechts muß ausreichen. Anders aber (ohne Begründung) Wolff / Raiser, ebd. — Eine Heilung gibt es natürlich nicht, w o auch noch eine Genehmigung nötig gewesen wäre; OGH (27.1. 49) Z 1, 327. 885 Vgl. Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 392. RG (15.11. 26) J W 1927, 1516. 666 v g L u n t e n B I I I 7 a. Das Recht bleibt aber z. B. i m Falle eines späteren Rückerwerbs durch den Verpflichteten bestehen.
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung 7. Verkauf durch Dritten
a) Obligatorisches Vorkaufsrecht Verkauft ein Dritter die m i t dem Vorkaufsrecht belastete Sache, sei es als Nichtberechtigter, sei es als Eigentümer, so fragt sich, ob und wann dies als Vorkaufsfall angesehen werden kann. § 504 BGB spricht ja nur von einem Kaufvertrag des Verpflichteten m i t einem anderen. Hier sind wieder verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden. Schuldrechtliche Vorkaufsrechte können natürlich auch über Sachen geschlossen werden, die dem Verpflichteten nicht gehören; genauso, wie eine einem Dritten gehörende Sache verkauft werden kann. Ist dies geschehen und verkauft dann der Eigentümer die Sache, so versteht sich von selbst, daß hier der Berechtigte das Vorkaufsrecht nicht ausüben kann: Er hat mit dem verkauften Gegenstand oder dem Verkäufer überhaupt nichts zu t u n 6 6 7 . Verkauft der vorkaufsverpflichtete Nichteigentümer den i h m nicht gehörenden Gegenstand an einen Dritten, so w i r d der Berechtigte sein Recht zwar ausüben, regelmäßig aber nicht durchsetzen können, wenn der Verpflichtete zum Verkauf nicht befugt war. Zweifelhafter ist der umgekehrte Fall: Hat der Eigentümer (oder sonst Berechtigte) ein Vorkaufsrecht eingeräumt und verkauft ein Dritter diesen Gegenstand i m eigenen Namen, so ist der Tatbestand des § 504 Halbs. 2 BGB wiederum zunächst einmal nicht erfüllt. Der Vorkaufsberechtigte muß abwarten: Die Tatsache, daß Dritte über den belasteten Gegenstand einen Vertrag geschlossen haben, berührt das Verhältnis zwischen Vorkaufsberechtigtem und -verpflichtetem noch nicht. I n dieses Verhältnis w i r d aber eingegriffen, wenn der Dritte den Kaufvertrag erfüllt, sei es aufgrund einer Einwilligung des Eigentümers, sei es ohne eine solche als Nichtberechtigter, wobei der Eigentümer nachträglich genehmigen kann (§ 185 BGB) oder der Käufer kraft guten Glaubens Eigentümer werden kann. Willigt der Verpflichtete i n die Übertragung der Kaufsache ein oder genehmigt er sie nachträglich, so w i r d er damit noch immer nicht zum Verkäufer. Er hat nur eine Rechtslage herbeigeführt, die i m Ergebnis einer unmittelbaren Veräußerung der Sache durch ihn an einen Dritten entspricht. I n solchem Falle wäre aber das Vorkaufsrecht ausübbar gewesen. Hier muß wieder auf den — anwendbaren 6 6 8 — Rechts667 D a r u m nützt dem persönlich Vorkaufsberechtigten i n solch einem F a l l eine v o m Nichteigentümer vielleicht gutgläubig erworbene Vormerkung nichts; denn dem Nichteigentümer gegenüber k o m m t es gar nicht erst zum Vorkaufsfall. 668 Unten B I V 2 b.
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gedanken des § 162 BGB zurückgegriffen werden: Handelt es sich um ein Geschäft, das normalerweise das Vorkaufsrecht ausübbar machte („Kauf"), so verstieße es gegen Treu und Glauben und den Sinn des Vorkaufsvertrages, wenn der Verpflichtete anstatt den geraden, vorkaufsauslösenden Weg zu nehmen, einen nur rechtstechnischen Umweg über einen dritten Veräußerer einschlagen und damit — ohne sachlichen, d. h. interessengerechten Grund — den Eintritt der Bedingung (des Vorkaufsfalles) vermeiden könnte. Die Bedingung g i l t vielmehr als eingetreten; mehr noch, zur Ausfüllung des Vorkaufsrechts (§ 505 Abs. 2 BGB) muß der Kaufvertrag als vom verpflichteten Eigentümer abgeschlossen behandelt werden 6 6 9 . Verschafft der Dritte dem Käufer nur Eigentum durch gutgläubigen Erwerb, so fehlt die Verbindung zum Vorkaufs verpflichteten. Die Veräußerung kann nicht mehr als seine Veräußerung behandelt werden; daher kann der Berechtigte ihm gegenüber auch nicht das Vorkaufsrecht ausüben. Auch dem Dritten gegenüber kann er es nicht, denn zu ihm hat er keinerlei schuldrechtliche Beziehungen. Die Sache gelangt in das Eigentum des Käufers, ohne daß der Berechtigte sein Vorkaufsrecht ausüben könnte, ohne daß er es allerdings auch verlöre: Das macht sich z. B. bei einem eventuellen späteren Wiedererwerb durch den Verpflichteten bemerkbar. Es dürfte sich hier u m einen der seltenen Fälle handeln, i n denen ein obligatorisches Recht durch einen Dritten verletzt werden kann. Geht man davon aus, daß i n § 823 Abs. 1 BGB obligatorische Rechte i n der Regel nur darum keine „sonstigen Rechte" sind, weil (und soweit!) sie sich gewöhnlich i n den — abschließend geregelten — Beziehungen zwischen den Parteien erschöpfen, dann müßte eigentlich hier der dritte Veräußerer dem Vorkaufsberechtigten nach dieser Bestimmung haften. Angesichts der festgelegten allgemeinen Meinung, die auch solche Ausnahmen nicht anerkennt, bleibt dem Berechtigten als A n spruchsgrundlage gegen den Dritten evtl. § 826 BGB. Bei allem kann sich natürlich durch sein Verhalten der Vorkaufsverpflichtete dem Berechtigten wegen positiver Verletzung des Vorkaufsvertrages schadensersatzpflichtig machen. Ist ein Dritter Eigentümer geworden, ohne daß das Vorkaufsrecht erloschen ist, so bildet eine Veräußerung durch diesen Dritten gleichwohl keinen Vorkaufsfall; denn das obligatorische Vorkaufsrecht besteht nach wie vor nur dem ursprünglich Verpflichteten gegenüber.
669 Freilich w i r d der Berechtigte sich i m Falle der Genehmigung gewöhnlich m i t einem Schadensersatzanspruch zufrieden geben müssen.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
b) Dingliches Vorkaufsrecht Beim dinglichen Vorkaufsrecht ergeben sich Fragen anderer A r t . N u r der Eigentümer kann grundsätzlich das Vorkaufsrecht einräumen; tut dies ein Dritter, so kann es nur ein eingetragener Nichteigentümer sein, und der Berechtigte kann sein Vorkaufsrecht kraft guten Glaubens erwerben. Verkauft dagegen ein Dritter das Grundstück und ist der wahre Eigentümer eingetragen, so kann dieser Kauf nur unter M i t w i r k u n g des Eigentümers erfüllt werden; nach den soeben 670 aufgestellten Grundsätzen muß er sich dann behandeln lassen, als habe er selbst den Kaufvertrag abgeschlossen. Ist das Eigentum bereits übergegangen, so ist der Berechtigte durch § 1098 Abs. 2 BGB geschützt. Grundsätzlich ist aber auch hier der Berechtigte nur dem Eigentümer gegenüber zur Ausübung berechtigt — § 1094 Abs. 1 BGB — (so wie er es beim obligatorischen Recht nur dem Verpflichteten gegenüber ist). Ist ein Nichteigentümer i m Grundbuch eingetragen und verkauft dieser das Grundstück an einen Dritten, so h i l f t dem Berechtigten die Vermutung des § 891 BGB und der Gutglaubensschutz des § 892 BGB, sobald er das Grundstück aufgrund des Vorkaufsrechts übereignet bekommen hat. Erst von diesem Zeitpunkt an; denn den Übereignungsanspruch aus einem ausgeübten Vorkaufsrecht kann er nicht gutgläubig erwerben. Der Übereignungsanspruch folgt aus der einseitigen Ausübung des (nur dem Eigentümer gegenüber!) bestehenden Rechts; er ist nicht selbst ein rechtsgeschäftlich erworbenes Recht an einem Grundstück (§ 892 BGB), noch Folge eines Rechtsgeschäfts, das eine Verfügung des Eingetragenen enthält (§ 893 BGB). W i r d z.B. noch rechtzeitig ein Widerspruch eingetragen, so behält der Berechtigte w o h l sein Vorkaufsrecht, nicht aber einen Anspruch aus einem ausgeübten Vorkaufsrecht. Komplizierter w i r d der Fall, wenn der eingetragene Nichteigentümer das belastete Grundstück an einen Gutgläubigen verkauft, der Berechtigte aber die Rechtslage kennt, also nicht gutgläubig ist 6 7 1 . Erhält der Käufer das Grundstück übereignet, so erwirbt er endgültig Eigentum kraft seines guten Glaubens. Der Berechtigte dagegen kann sein Recht nicht ausüben, denn der Veräußerer ist nicht der Eigentümer. Und würde i h m das Grundstück mit Rücksicht auf sein Vorkaufsrecht „übereignet", so erwürbe er es gleichwohl nicht, w e i l er nicht gutgläubig ist. § 1098 Abs. 2 BGB h i l f t auch nicht, wenn das Recht nicht ausübbar ist und ein zu schützender „Anspruch auf Übertragung des Eigentums" noch gar nicht besteht. 970
B I I I 7 a. Hierbei sei unterstellt, daß er keine Möglichkeit hat, den D r i t t k ä u f e r bösgläubig zu machen. 671
I V . Vereitelung und Erschleichung
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Muß der Berechtigte nun hilflos zusehen, wie der Käufer gutgläubig das Grundstück erwirbt? Beim obligatorischen Vorkaufsrecht ließ sich diese Folgerung nicht umgehen: Der Käufer erwarb kraft guten Glaubens von einem Dritten, nicht kraft eines Kaufvertrages vom Verpflichteten. Hier muß sich indessen der Unterschied zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Recht auswirken. Nicht der Verpflichtete steht gegenüber, sondern der Eigentümer als solcher. Dieser ist durch den Kaufvertrag des eingetragenen Dritten natürlich zunächst i n keiner Weise gebunden. W i r d das Grundstück aufgrund eines solchen Vertrages aber gutgläubig erworben, so ist sein Eigentum übertragen, genauso als ob er es selbst verkauft hätte. I h m bleibt nur noch, vom Veräußerer die Herausgabe des Erlangten (evtl. neben anderen Ansprüchen) zu verlangen und damit die Lage einer Veräußerung durch ihn selbst noch mehr anzugleichen. Es ist der Sinn des dinglichen Vorkaufsrechts, den Vorrang des Berechtigten vor einem „ K a u f " des Grundstücks durch einen Dritten i n jedem Fall dinglich zu sichern. Darum kann es keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer selbst der Veräußerer ist oder ob er die Veräußerung gegen sich gelten lassen muß, weil er infolge des gutgläubigen Erwerbs vor vollendeten Tatsachen steht. Wenn das Grundstück für den Eigentümer aber erst einmal verloren ist — und zwar durch einen Kauf —, dann kann es auf den guten Glauben des Vorkaufsberechtigten nicht mehr ankommen. Er muß dem bisherigen Eigentümer gegenüber das Vorkaufsrecht ausüben können zu den Bedingungen des zwischen dem Drittkäufer und dem Nichteigentümer geschlossenen Kaufvertrages 6 7 2 . K o m m t man zu diesem Ergebnis, dann hat der Berechtigte nunmehr einen „Anspruch auf Übertragung des Eigentums", den er gem. § 1098 Abs. 2 BGB gegen den inzwischen eingetragenen Käufer durchsetzen kann. IV. Vereitelung und Erschleichung 1. Allgemeines
I n sehr vielen Fällen, i n denen es um ein Vorkaufsrecht zum Streit kommt, ist von der einen oder anderen Seite versucht worden, auf den Lauf der Tatsachen i n einer bestimmten Weise Einfluß zu nehmen, die i n das Bild, das dem Gesetzgeber vorgeschwebt hat, nicht recht paßt. 872 So w o h l auch (ohne Begründung): Staudinger / Dittmann, § 1098, Rdn. 6; Planck / Strecker, § 1098, A n m . 2 a. I n der zweiten Kommission w a r ein A n t r a g auf Einführung eines entsprechenden § 958 a gestellt, über den die Kommission i n der Sache nicht einig war. Er wurde abgelehnt, w e i l eine gesetzliche Entscheidung nicht f ü r erforderlich gehalten w u r d e ; Prot. I I I , S. 765.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Der Gesetzgeber ist offenbar (mit Ausnahme des § 506 BGB) von der Vorstellung ausgegangen, daß der Vorkaufsverpflichtete und später auch der Dritte i n Bezug auf den Gegenstand des Rechts ganz unbefangen handeln — ebenso als ob das Recht nicht bestünde —, während der Berechtigte geduldig abwartet. Ist dann ein Vertrag geschlossen, so kann man objektiv feststellen, ob es sich um einen „ K a u f " i m Sinne des § 504 BGB handelt und entsprechend verfahren. So ist nun aber die Rechts Wirklichkeit häufig nicht: Die Beteiligten handeln anders, gerade weil das Vorkaufsrecht besteht. Entweder es soll ein bei „normalem" Ablauf eintretender Vorkaufs fall verhindert oder dem Berechtigten von vornherein die Lust zur Ausübung genommen werden, oder aber — umgekehrt — er soll zu einer an sich nicht erforderlichen Ausübung verleitet werden. Aufgabe der Rechtswissenschaft muß es sein, diese nur m i t Rücksicht auf das bestehende Vorkaufsrecht zusätzlich eingebauten Elemente nach Möglichkeit auszuschalten, also zu einem Ergebnis zu kommen, das weitgehend dasselbe ist, wie bei einem „normalen", unbefangenen Ablauf. Eine strenge Ausrichtung an der vom Gesetz vorgezeichneten Interessenwertung ist hierbei erstes Gebot 6 7 3 . Bisher stehen Rechtsprechung und Lehre derartigen Umgehungsversuchen beim Vorkaufsrecht häufig beinahe hilflos gegenüber. A u f der einen Seite werden solche Versuche geradezu begünstigt durch eine unangemessen starre, am Wortlaut haftende Haltung in einzelnen Fragen; auf der anderen Seite w i r d auf die Umgehung m i t oft ungeeigneten M i t t e l n reagiert, die zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Dieses Unvermögen hat m i t dazu beigetragen, daß sich die gesetzlichen Vorkaufsrechte der öffentlichen Hand immer mehr von ihren BGB-Vorbildern entfernt haben, weil der Staat hier zu seinen Gunsten das gesetzlich durchsetzt, was den privaten Vorkaufsrechten verweigert wird. 2. Der Versuch, dem Berechtigten die Ausübung zu verleiden
a) Vor der Veräußerung Der Versuch, den Berechtigten in der Ausübung zu behindern, kann lange vor der eigentlichen Veräußerung begonnen haben. So kann der Eigentümer eines m i t einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks dieses grundsätzlich mit allen möglichen dinglichen Rechten belasten, ohne daß der Berechtigte sich hiergegen zur Wehr setzen könnte. Plant er nun, das Grundstück an den X zu verkaufen, so kann er i h m zunächst eine Grundschuld i n Höhe des Grundstückswertes einräumen, er kann 673
Vgl. allgemein Teichmann,
Gesetzesumgehung.
I V . Vereitelung und Erschleichung
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ihm einen Nießbrauch bestellen und das Grundstück m i t Dienstbarkeiten belasten, i n der Hoffnung, daß der Berechtigte dann bei einem späteren Verkauf von der Ausübung seines Rechts Abstand nehmen v/ird. Wie ist nun ein solches Verhalten zu beurteilen? Belastungen des Grundstücks mit beschränkten dinglichen Rechten sind grundsätzlich zulässig; der Berechtigte muß sie hinnehmen. Auch der Vormerkungsschutz des § 1098 Abs. 2 BGB setzt bei Belastungen des Grundstücks nach heute unangefochtener Ansicht erst mit dem Vorkaufsfall ein 6 7 4 . Diese Schwäche der Rechtsstellung des Berechtigten ist vom Gesetz gewollt; sie ändern hieße das Gesetz verfälschen. Beabsichtigt aber der Verpflichtete nur, das Vorkaufsrecht zu „umgehen" 6 7 5 , d. h. hier, dem Berechtigten die Ausübung seines Rechtes zu verleiden , und ist die Existenz eines beschränkten dinglichen Rechts i n Wirklichkeit gar nicht erwünscht, so fragt sich, wie dem entgegengetreten werden kann. Die Einräumung des beschränkten Rechts bereits als Vorkaufsfall anzusehen, w i r d praktisch nie möglich sein. Andererseits ist der spätere Verkauf, der zur Ausübung berechtigt, ein selbständiges Geschäft; bei der Bestimmung des Kaufpreises etwa sind die bestehenden Belastungen bereits berücksichtigt. Die Einräumung des Rechts und den Verkauf i m Verhältnis zum Berechtigten noch nachträglich zu einem (fiktiven) Geschäft zusammenzuziehen, wäre — von allen anderen Fragen abgesehen — viel zu kompliziert und nicht durchführbar. Hier bleibt nur als äußerstes M i t t e l die Nichtigkeit der vorangegangenen Bestellung des dinglichen Rechts 676 . Sie kann aber nur unter den strengen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB angenommen werden, hier also in der Hauptsache, wenn die Rechte ausschließlich zu dem Zweck eingeräumt sind, dem Berechtigten Schaden zuzufügen 677 . Das freilich dürfte selten der Fall und noch seltener nachzuweisen sein. Wenn der Verpflichtete z. B. nur dem Dritten auf jeden Fall wenigstens ein Nießbrauchsrecht sichern wollte, ist die Einräumung eines solchen Rechtes schon nicht mehr nichtig 6 7 8 . Nichtigkeit kommt dagegen in «74 y g i n u r Palandt / Degenhart, § 1098, A n m . 4; Lewandowski, Vorkaufsvertrag, S. 608 f. RG (21.4.37) Z 154, 355 (366); RG (28.4.37) Z 154, 370 (376); BGH (26.1. 73) Z 60, 275 (293 - 296). 675 Der Begriff „Umgehung" t r i f f t hier genau genommen nicht zu; näher unten B I V 3 a. 876 Vgl. Soergel / Ballerstedt, § 506, Rdn. 3; Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . 1 b ; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 496. BGH (25.1. 61) Z 34, 200 (205 f.). 877 Vgl. unten B I V 3 b. BGH (25.1. 61) Z 34, 200 (205 f.) wendet bei einem zur A b w e h r eines öff.-rechtlichen gesetzlichen Vorkaufsrechts bestellten Nießbrauch § 134 B G B an. Aber gegen welches „gesetzliche Verbot" soll die Nießbrauchsbestellung verstoßen? 878 Vgl. BGH (25.1. 61) Z 34, 200.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Betracht, wenn der Dritte gar kein eigenes Interesse an dem Recht hat, und die ganze A k t i o n nur den Berechtigten zum Verlust seines Rechtes bringen soll. Eine „Aushöhlung" des Vorkaufsrechts durch Einräumung beschränkter dinglicher Rechte zugunsten anderer erscheint hiernach durchaus möglich und unabwendbar, von den wenigen soeben genannten Fällen der Sittenwidrigkeit abgesehen. Hieran ist nichts zu ändern. Es sei daran erinnert, daß es eine Entscheidung des Gesetzgebers war, das Vorkaufsrecht so weitmaschig zu gestalten, daß es nur die Übertragung des Eigentums erfaßt, wie immer es i m Zeitpunkt seiner Übertragung auch belastet sein mag. Ein Interesse am Erwerb beschränkter dinglicher Rechte und besonders an der Abwehr bestimmter Rechtsinhaber kann zweifellos bestehen; das Gesetz erkennt es nicht an (sofern nicht ein entsprechend anders gestaltetes — und dann nicht dingliches — Einlösungsrecht vereinbart ist). b) Bei der Veräußerung Die Absicht, dem Berechtigten die Ausübung zu verleiden, kann sich in dem Kaufvertrag m i t dem Dritten selbst niederschlagen. Auch hier ist der Berechtigte grundsätzlich frei, zu vereinbaren, was er w i l l . Jeden vereinbarten Bestandteil des Vertrages — vorausgesetzt er ist wirklich gewollt — muß der Berechtigte gegen sich gelten lassen. Eine klare Grenze zieht § 506 BGB: Vereinbarungen, die den Kauf beseitigen oder Rücktrittsmöglichkeiten eröffnen für den Fall, daß der Berechtigte sein Recht ausübt, wirken diesem gegenüber nicht. A l l gemeine Bedingungen wirken, ebenso grundsätzlich ein genereller Rücktrittsvorbehalt, der nicht von der Ausübung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht w i r d 6 7 9 : das bloße Bestehen des Vorkaufsrechts verpflichtet nicht, auf die Möglichkeit eines Rücktrittsvorbehalts zu verzichten. Verfolgt ein solcher genereller Rücktrittsvorbehalt jedoch den Zweck, ein Hinausdrängen des Berechtigten zu ermöglichen — selbst wenn er auch dem Drittkäufer gegenüber dem Buchstaben nach besteht —, so ist § 506 BGB hierauf analog anzuwenden 680 . Den Beweis muß freilich der Berechtigte führen. Doch sollte man keine zu hohen Anforderungen stellen: wenn sich keine anderen Gründe feststellen lassen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Rücktrittsvorbehalt gegen den Vorkaufsberechtigten gerichtet war.
679
Vgl. Mot. I I , S. 346; Planck / Knoke, § 506, Anm. Vgl. Z . B . Palandt / Putzo, § 506, A n m . 2. Allgemein über die überragende Bedeutung der Analogie bei Umgehungsgeschäften vgl. Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 78 - 104. 680
I V . Vereitelung und Erschleichung
155
W i r d der Kaufvertrag m i t dem Dritten bewußt m i t solchem Inhalt abgeschlossen, der dem Berechtigten ungünstig ist, so muß man zweierlei Fälle unterscheiden: Sind die ungünstigen Bestimmungen wirklich gewollter Vertragsinhalt, so muß der Berechtigte sie hinnehmen und entweder unter diesen Bedingungen sein Recht ausüben oder davon Abstand nehmen 6 8 1 . Für Nebenleistungen g i l t § 507 BGB. Sind i n den Vertrag ungünstige Bestimmungen nur zum Schein aufgenommen, u m den Berechtigten abzuschrecken, so ändert das natürlich die rechtliche Beurteilung. Soweit zwischen den Kaufvertragsparteien der Vertrag mit dem wirklich gewollten Inhalt gilt, ist er auch mit diesem Inhalt Grundlage des Vorkaufsverhältnisses. Weitere Schwierigkeiten bestehen nicht — m i t Ausnahme der Beweisschwierigkeiten für den Berechtigten, die ihm keiner abnehmen kann. Anders ist die Lage, wenn infolge des Vereitelungsversuches der ganze Kaufvertrag nichtig ist, etwa weil bei einem Grundstückskauf die wirklich gewollten Vereinbarungen nicht beurkundet sind; es w i r d z. B. zur Abschreckung ein völlig überhöhter Preis beurkundet. Zunächst gilt hier dasselbe, wie sonst bei nach §§ 125, 313 BGB nichtigen Kaufverträgen: Da mit Eintragung des Käufers der Vertrag geheilt wird, ist ein Vorkaufsfall spätestens dann gegeben. Auch zwischen den Vorkaufsparteien gelten die wirklich gewollten Bestimmungen des Kaufs, die kraft Gesetzes inkorporiert sind, selbst wenn der Berechtigte nur die schlechteren Scheinbedingungen kennt und diese hinnehmen w i l l . Theoretisch könnte der Berechtigte seine Ausübung wegen Inhaltsirrtums dann anfechten, was er aber natürlich bei den günstigeren Bedingungen nicht tun wird. Hat der Berechtigte seine Ausübung bereits vor der Heilung durch Eintragung erklärt, so gibt es keinen Grund, die Ausübung nicht wenigstens m i t Wirkung zum Zeitpunkt der Heilung (d. h. des tatsächlichen Vorkaufsfalles) wirken zu lassen. Man sollte jedoch noch weiter gehen: Was z. B. soll geschehen, wenn der Kaufvertrag nur infolge der Vereitelungsabsicht nichtig ist und bleibt — etwa w e i l es aus irgendwelchen Gründen zu einer Heilung nach § 313 Abs. 2 BGB nicht mehr kommt?
681 Daß die absichtlich ungünstigen Vertragsbestimmungen w i r k l i c h gewollt, aber infolge der Benachteiligungsabsicht nach § 138 B G B nichtig sind, dürfte angesichts der strengen Nichtigkeitsvoraussetzungen selten sein. So aber die Lösung der Praxis. Vgl. z. B. Pikart , Vorkaufsrecht, S. 494. BGH (16.11. 65) W M 1966, 72 (74); BGH (2. 7. 70) W M 1970, 1315.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Die allgemeine Meinung scheint die Unausübbarkeit des Vorkaufsrechts in solch einem Fall hinzunehmen 6 8 2 . Das ist jedoch nicht nötig 6 8 3 : Eine angemessene Lösung läßt sich wieder dem Gedanken des § 162 Abs. 1 BGB entnehmen. Hinweise auf eine Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB i m Rahmen des Vorkaufsrechts findet man praktisch nicht 6 8 4 . Das erscheint nicht angemessen. Zwei Dinge muß man beachten: Einerseits ist § 162 BGB ausfüllungsbedürftig; er greift nur ein, wenn der Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann das so ist, hängt von den Umständen ab. Ein Verhalten, daß das Gesetz zuläßt und billigt, verstößt nicht gegen Treu und Glauben. A u f der anderen Seite läßt das Gesetz dem Vorkaufsverpflichteten volle Freiheit, über den belasteten Gegenstand auch solche Veräußerungsverträge zu schließen, die dem Vorkaufsrecht nicht unterliegen. Solange der Verpflichtete einfach von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist § 162 Abs. 1 BGB darum gewiß nicht anzuwenden. Doch darf das nicht den I r r t u m veranlassen, § 162 BGB gelte hier überhaupt nicht. Wenn auch nur ein kleiner Spielraum bleibt, so gibt es doch Fälle für eine Anwendung dieser Bestimmung. Ein solcher ist u. a. der hier behandelte: Der Verpflichtete will in Wirklichkeit einen Vertrag, der dem Vorkaufsrecht unterliegt, und nur weil er den Berechtigten prellen w i l l , führt er das Geschäft in einer Weise durch, die die Nichtigkeit und damit den Nichteintritt der Bedingung nach sich zieht. Daß die Handlungsweise des Verpflichteten hier gegen Treu und Glauben verstößt, ist ohne Frage, und zugleich w i r d der E i n t r i t t der Bedingung vereitelt 6 8 5 . Nach § 162 Abs. 1 BGB muß der E i n t r i t t der Bedingung daher fingiert werden. Aus demselben Rechtsgedanken kann auch zur Ausfüllung des Vorkaufsverhältnisses der eigentlich gewollte Kaufvertrag als gültig unterstellt werden. Zwar w i r d der Verpflichtete dann hier in ein Vertragsverhältnis gestellt, ohne daß die eigentlichen 682 Vgl. z. B. Erman / Weitnauer, § 507, Rdn. 1; Fikentscher, Schuldrecht, S. 405 f. 683 Ausnahmen werden wiederum empfohlen für gesetzliche Vorkaufsrechte des öff. Rechts, vgl. Alberty, Anm., S. 550-555; ders., Vorkaufsrecht, S. 7 9 - 8 2 (doch bei BGB-Vorkaufsrecht empfohlen, Berufung auf Nichtigkeit nach § 242 B G B zu versagen: S. 77 - 79); Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 6. 684 Das mag damit zusammenhängen, daß man i m allgemeinen diese B e stimmung bei Wollensbedingungen grundsätzlich nicht anwendet, vgl. z. B. Erman / Hefermehl, § 162, Rdn. 3, auch vor § 158, Rdn. 13 (Option). Ablehnend auch w o h l R G (17.1. 20) Z 98, 44 (51 f.). F ü r eine Anwendung des Rechtsgedankens des § 162 B G B („Treubindung") aber anscheinend Soergel / Bailerstedt, vor § 504, Rdn. 8; Oertmann, § 504, A n m . 2. 685 Die Bedingungsvereitelung braucht nicht beabsichtigt gewesen zu sein; Staudinger / Coing, § 162, Rdn. 2; Soergel I Knopp, § 162, Rdn. 6; Erman / Hefermehl, § 162, Rdn. 2.
IV. Vereitelung und Erschleichung
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Kaufbedingungen jemals formgültig beurkundet wären. Das kann man jedoch i n Kauf nehmen, weil er den Schutz der Formvorschrift nur infolge seines eigenen treuwidrigen Verhaltens verliert 6 8 6 . 3. Umgehung
a) Grundsätzliches Während bei der bisherigen Fallgruppe der Berechtigte von der Ausübung seines Rechts in irgendeiner Weise abgehalten werden sollte, kann mit der eigentlichen „Umgehung" der Versuch gekennzeichnet werden, ein „an sich" einen Vorkaufsfall bildendes Geschäft i n solcher rechtlichen Gestalt erscheinen zu lassen, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen ist 6 8 7 . Der Begriff der (Gesetzes-)Umgehung ist nicht unproblematisch. Werden solche Fälle richtig behandelt, so wendet man entweder die Norm, die umgangen werden sollte, auf den Sachverhalt gleichwohl an — dann handelt es sich u m einen mißlungenen Umgehungsversuch — oder man erkennt, daß die Norm hier nicht anzuwenden ist — dann kann man eigentlich auch nicht von einer Umgehung sprechen. Als Rechtsbegriff ist die Umgehung — wie spätestens Teichmann 688 nachgewiesen hat — nicht erforderlich; doch eignet sich der Begriff zur Umschreibung bestimmter Lebenssachverhalte , die gekennzeichnet sind durch das Bestreben, gewisse Gesetzestatbestände zu meiden, andere wegen ihrer Rechtsfolge herbeizuführen. Ob der Begriff eine subjektive Seite umfaßt (Umgehungsvorsatz 689 , Zweifel über die rechtlichen Folgen 690 ), ist streitig 6 9 1 , aber nicht so wichtig, weil es sich — wie gesagt — ohnehin nicht um einen rechtlich relevanten Begriff handelt. 886 Ist die Sittenwidrigkeit nicht gegen den Berechtigten gerichtet (z. B. bei fehlerhafter Beurkundung zur Steuerhinterziehung), so ist dieser Gedanke nicht anwendbar. Es bleibt bei der Nichtausübbarkeit. Anders aber w o h l Alberty, A n m , S. 553 (für Vorkaufsrecht nach RSG). 887 Die Unterscheidung w i r d selten streng durchgeführt; vgl. z.B. Palandt / Putzo , § 506, Anm. 2. Auch Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 50, zu Fn. 5 u n d 20, sieht i n der Bestellung eines Nießbrauchs kurz vor Verkauf des Grundstücks, u m dem Berechtigten sein Vorkaufsrecht zu „versauern", eine Umgehung. Das ist sie m. E. nicht. Treffend für die echte Umgehung ist die Bezeichnung „Tatbestandserschieichung", vgl. Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 48. «88 v g l die Zusammenfassung bei Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 105 f. 689 Vgl. hierzu Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 67 - 7 0 (S. 7 0 - 7 8 : Sittenw i d r i g k e i t u n d Rechtsmißbrauch als Kriterien) ; Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 53. 890 Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 54. 891 Nachweise bei Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 67 - 70.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Rechtlich konzentriert sich das Problem der (Gesetzes-)Umgehung auf die Frage des Anwendungsbereiches der „umgangenen" Rechtsnorm; sie w i r d gelöst durch Sachverhaltsauslegung, Gesetzesauslegung und Analogie 6 0 2 . Ob es neben der Gesetzesumgehung noch eine besondere „Vertragsumgehung" g i b t 6 9 3 oder ob die „Vertragsumgehung" zugleich die Umgehung des der Vertragsbestimmung zur Geltung verhelfenden Rechtssatzes ist, mag dahinstehen. Die Umgehung des Vorkaufsfalles jedenfalls ist immer auch Gesetzesumgehung bezogen auf § 504 B G B 6 9 4 . b) Rechtsprechung und Literatur Die soeben festgestellten Grundsätze findet man bei der Behandlung der Vorkaufs-Umgehung nicht bestätigt. Diese Fälle werden zwar ständig als „Umgehungs"-Fälle bezeichnet, nicht aber als solche behandelt. Steht die Umgehung eines Vorkaufsrechts i n Frage, so stellen sich Rechtsprechung und Literatur lediglich vor die Entscheidung: War der i n diese Form gekleidete Veräußerungsvertrag gültig oder war er infolge Sittenwidrigkeit nichtig 6 9 5 . Der § 138 BGB w i r d weit und breit als das einzige Instrument angesehen, m i t dem man solcher Umgehungsversuche Herr werden kann. Bezeichnenderweise ist die i n diesem Zusammenhang gebräuchliche Wortverbindung „sittenwidriges Umgehungsgeschäft" 696 . Die Folge ist, daß die Voraussetzungen einer solchen „Umgehung" ihren Schwerpunkt in moralisch wertenden Urteilen haben 6 9 7 . Nicht 692
Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 48 - 65, 79 - 104. So z. B. Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 50. 694 Allerdings f ü h r t Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 50, Fn. 20, als Beispiel f ü r „Vertragsumgehung" die Umgehung eines Vorkaufsrechts an. 695 Z . B . Staudinger / Ostler, vor § 504, Rdn. 9, § 504, Rdn. 5; Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 7; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 6; Erman/Ronke, § 1097, Rdn. 3; Palandt / Putzo, § 506, A n m . 2; Palandt / Degenhart, § 1097, A n m . l b ; Larenz, Schuldrecht, S. 110, Fn. 3; Warney er, § 504, Anm. I I I ; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 494; vgl. auch Ebert, Vorkaufsrechte, S. 1623. RG (1.7.16) Z 88, 361; R G (17.1.20) Z 98, 44 (51); BGH (13.2.57) Z 23, 293 (302); BGH (9.1.60) W M 1960, 551 (552; als Notlösung w i r d auf § 826 B G B verwiesen: 553); BGH (11.12. 63) N J W 1964, 540; B G H (14.11. 69) W M 1970, 321. A n ders aber anscheinend Crome, System I I , S. 495; Oertmann, § 504, A n m . 2; Baur, Sachenrecht, S. 190. I m Ansatz angedeutet ist eine Umgehungslösung (über § 242 BGB) i n BGH (15. 6. 57) W M 1957, 1162 (1165). 896 Z . B . Staudinger / Ostler, § 507, Rdn. 4; Palandt / Putzo, § 506, A n m . 2; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 475. 697 BGH (11.12.63) N J W 1964, 540 (541: „ . . . sich eines sittenwidrigen V e r haltens schuldig gemacht . . . " ; ferner die nachfolgend i m Text wiedergegebene Stelle); BGH (14.11.69) W M 1970, 321. Vgl. auch Erman/Ronke, § 1097, Rdn. 3; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 494. 693
I V . Vereitelung u n d Erschleichung
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nur müssen beide (!) Vertragsparteien i m Bewußtsein oder der A b sicht einer Vorkaufsrechts-Vereitelung gehandelt haben, es müssen noch „weitere, erschwerende Umstände hinzukommen", so daß „solche das Vorkaufsrecht vereitelnde Verträge . . . durch ihren Gesamtcharakter oder die A r t und Weise ihres Zustandekommens das Gepräge der Sittenwidrigkeit erhalten, sei es, daß sie auf verwerflichen Beweggründen oder der Anwendung unlauterer M i t t e l beruhen oder ausschließlich zu dem Zweck abgeschlossen werden, dem Vorkaufsberechtigten Schaden zuzufügen". Und hat der Berechtigte das Gericht von all diesem überzeugt, was hat er dann gewonnen? Der Veräußerungsvertrag ist nichtig, und er kann nicht etwa sein Recht ausüben, sondern muß sich i n Geduld fassen und den nächsten, vielleicht erfolgreicheren Umgehungsversuch abwarten. c) Kritik
und eigene Lösung
Daß hier m i t dem falschen Werkzeug hantiert wird, sollte auffallen. Was haben die ganzen moralischen Werturteile über den Verpflichteten und seinen Vertragspartner eigentlich m i t der Wertung der beteiligten Interessen zu tun? Und welch ein Aufwand für ein klägliches Ergebnis, nachdem zuvor die eigentlich interessierende Frage, ob der Berechtigte sein Recht nicht doch ausüben kann, kurz abgetan wird. Der Fehler liegt darin, daß der zweite Schritt vor dem ersten getan wird. Eine Nichtigkeit infolge von Sittenwidrigkeit mag man noch untersuchen, nachdem man den Sachverhalt nach Umgehungsgesichtspunkten geprüft hat. Die herrschende Meinung tut es stattdessen. Die herrschende Meinung verbaut sich eine sachgemäße Beurteilung der Umgehungsfälle bereits durch die schon oben kritisierte grundlos starre Haltung bei der Definition des Vorkaufsfalls. Hier liegt der eigentliche Schlüssel zum Problem. Selbst auf der Basis der allgemeinen Auffassung könnte man allerdings noch zu vernünftigen Lösungen kommen, wendete man den Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB (ein gesetzlich geregelter Umgehungsfall!) hier in der bereits beschriebenen Weise an. Wenn nämlich der Verpflichtete bei der Veräußerung an den Dritterwerber w i r t schaftlich einen „ K a u f " w i l l , dies aber i n einer rechtlichen Form verbirgt, die die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zuläßt, so handelt er dem Berechtigten gegenüber treuwidrig und muß sich so behandeln lassen, als hätte er verkauft 6 9 8 . 698 Ebert, Vorkaufsrechte, S. 1624, begrenzt diesen Gedanken zu Unrecht wieder auf öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte. Peßler, Einzelfragen, S. 1786,
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Doch auch solche Auswege sind nicht notwendig. Setzt man den Hebel früher an, nämlich bei einer nicht am Wortlaut haftenden interessengerechten Definition des Vorkaufsfalles, wie sie hier vorgeschlagen wurde 6 0 9 , dann entscheidet, ob der unmittelbare Zweck des Veräußerungsvertrages auch bei einem „ E i n t r i t t " des Berechtigten zu erreichen ist. Der unmittelbare Zweck z. B. eines Tauschvertrages ist normalerweise die Erlangung der Tauschsache; kann der Berechtigte sie nicht liefern, so ist er auch nach den hier aufgestellten Regeln m i t der Ausübung ausgeschlossen. Doch gibt es eine Ausnahme: Bezweckt der Verpflichtete wirtschaftlich das Ergebnis eines Kaufes, dann bekommt er die Tauschsache nur als Wertträger wie bei einer Leistung erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt. W i r d der Tausch zur Umgehung geschlossen, so hat der Verpflichtete kein Interesse am Erhalt der individuellen Tauschsache, sondern nur am Erhalt eines bestimmten Gegenwertes bei Vermeidung des Vorkaufsfalles. Letzteres ist natürlich unbeachtlich. Geht aber der unmittelbare Zweck bei einem Umgehungstausch nur auf Erlangung eines Gegenwertes für das Grundstück, so kann auch der Berechtigte diesen Gegenwert (in Geld) leisten. Er kann daher sein Recht ausüben: die „Umgehung" ist gescheitert. Dieses Prinzip ist bei allen Umgehungsgeschäften anwendbar. Der Beweis dieses Zweckes des Veräußerungsgeschäftes, der dem Berechtigten obliegt, kann i m einzelnen gewiß schwierig sein. Doch auch der Beweis der für die Sittenwidrigkeit vorausgesetzten inneren Tatsachen ist es. Nach der hier vertretenen Ansicht sind aber die Interessen der Beteiligten Gegenstand der Untersuchung, die allein Grundlage der Entscheidung sein können. Die herrschende Meinung dagegen untersucht Fragen, die mit diesen Interessen höchstens mittelbar zu tun haben. Die hier vertretene Lösung befaßt sich mit der Kernfrage der Umgehung: Ist die Norm, deren Umgehung versucht wurde, gleichwohl anzuwenden? Die herrschende Meinung befaßt sich mit der Nichtigkeit des Vertrages zwischen Verpflichtetem und Drittem; das eigentlich betroffene Recht des Vorkaufsberechtigten erscheint nur mittelbar und am Rande. Geht man von der hier vorgeschlagenen Auslegung des Vorkaufsfalles aus, so handelt es sich stets — Umgehung oder nicht — u m die Frage, ob der Vertrag mit dem Dritten unter diese Definition subsuw i l l , nachdem er das „Umgehungsgeschäft" für nichtig e r k l ä r t hat, die Rechtsfolgen der Ausübung über den Schadensersatzanspruch des § 826 B G B eintreten lassen. Das überzeugt nicht, w e i l das eigentliche Problem (Ausübbarkeit oder nicht) ungelöst bleibt. 699 Oben B I I 2.
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miert werden kann oder nicht. Alle Fragen sind durch Gesetzes- und Sachverhaltsauslegung zu lösen 7 0 0 ; die Probleme der Umgehungen passen sich i n das System ein und verlieren ihre rechtliche Sonderstellung. 4. Erschleichung
Die Erschleichung einer Rechtsfolge durch Simulation eines Sachverhalts 7 0 1 kann beim Vorkaufsrecht vorkommen, wenn ein Vorkaufsverpflichteter sein Grundstück veräußern w i l l , aber keinen geeigneten Käufer hat und nun einen Dritten vorschiebt, um den Berechtigten zur Ausübung seines Vorkaufsrechts zu veranlassen. Entscheiden kann nur, ob es sich um einen wirklichen, gültigen Kaufvertrag handelt oder nicht 7 0 2 . Handelt ein wirklicher Käufer aus Gefälligkeit, in der Erwartung, daß das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, aber gleichwohl m i t dem Willen, in jedem Fall den Gegenstand zu kaufen, so ist der Vorkaufsfall eingetreten. Wenn nun aber der Kaufvertrag nur für den Fall geschlossen wird, daß das Vorkaufsrecht ausgeübt wird? I n Wirklichkeit ist dann gar kein Kauf gewollt; es handelt sich um ein Scheingeschäft, das nach § 117 BGB nichtig ist. Das Abwehrinteresse des Berechtigten erfordert keine Ausübbarkeit. Der Berechtigte kann aber auch ein Erwerbsinteresse haben und den Verpflichteten gleichwohl am simulierten Vertrag festhalten wollen. Ein nichtiger Kauf bildet grundsätzlich keinen Vorkaufsfall. Nun ist aber anerkannt, daß auch die Berufung auf die Nichtigkeit eines Vertrages gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und dam i t unzulässig sein kann, insbesondere wo sie im Widerspruch zu einem früheren Verhalten stünde („venire contra factum proprium") 7 0 3 . Dieser Gedanke muß auch beim Vorkaufsfall gelten: Wer erst einen Kaufvertrag fingiert, u m den Berechtigten zur Ausübung zu veranlassen, kann — wenn dieser dann aufgrund der Täuschung ausübt und hieran festhalten w i l l — nicht später geltend machen, der erste Vertrag sei nur zum Schein und damit nichtig gewesen, und sich damit
700 Vgl. allgemein Teichmann , Gesetzesumgehung, S. 48 - 65, 79 - 104 u n d Zusammenfassung S. 105. 701 Vgl. hierzu allgemein Teichmann , Gesetzesumgehung, S. 48; Soergel / Kegel, vor A r t . 7 EGBGB, Rdn. 63. 702 Vgl. Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 7 (unklar); RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 3. 703 R G (24.11.41) Z 168, 204; R G (30.3.42) Z 169, 65 (73 f.); RG (4.12.42) Z 170, 203 (205). Vgl. auch BGH (16. 2. 54) Z 12, 286 (301 - 304).
11 Schurig
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
b e l i e b i g seinen V e r p f l i c h t u n g e n e n t z i e h e n 7 0 4 . D e r B e r e c h t i g t e k a n n i h n a m v o n i h m gesetzten Schein f e s t h a l t e n 7 0 5 . V. Der „Dritte" 1. Die Rechtsprechung des B G H D i e b i s h e r b e h a n d e l t e n F ä l l e w a r e n d a d u r c h gekennzeichnet, daß die Z w e i f e l d a r a n , ob das V o r k a u f s r e c h t ausgeübt w e r d e n k a n n , i n d e r N a t u r des Veräußerungsvertrages b e g r ü n d e t w a r e n . D i e neuere Rechtsprechung h a t eine w e i t e r e F r a g e a u f g e w o r f e n , d i e m i t d e r Person des Käufers z u s a m m e n h ä n g t : W e r ist Dritter i m S i n n e des § 504 BGB? D e m Gesetzgeber h a t diese F r a g e o f f e n b a r w e n i g K o p f z e r b r e c h e n b e r e i t e t . E r s t i m B u n d e s r a t w u r d e § 511 B G B e i n g e f ü g t , d e r — w e n n auch z u U n r e c h t 7 0 6 — als eine E i n s c h r ä n k u n g des B e g r i f f e s „ D r i t t e r " verstanden w i r d 7 0 7 . A l s e i n P r o b l e m t a u c h t e d i e F r a g e des D r i t t e n erst 1954 i n e i n e r E n t scheidung des B G H 7 0 8 auf. Z u m Z w e c k d e r A u f h e b u n g e i n e r G e m e i n schaft w u r d e e i n m i t e i n e m V o r k a u f s r e c h t belastetes G r u n d s t ü c k zwangsversteigert — was nach einhelliger Auffassung einem freihänd i g e n V e r k a u f g l e i c h z u s t e l l e n ist. E i n e r d e r M i t e i g e n t ü m e r ersteigerte das G r u n d s t ü c k , u n d n u n e r k l ä r t e d e r V o r k a u f s b e r e c h t i g t e , daß er sein Recht ausübe. 704 A . A . anscheinend Dernburg / Raape, Schuldverhältnisse, S. 120, Fn. 6. Ebert, Vorkaufsrechte, S. 1624, sieht eine solche Lösung zu Unrecht wieder n u r bei öffentl.-rechtlichen Vorkaufsrechten. RG (4.12. 42) Z 170, 203 (206), lehnt es ab, einen nichtigen Kaufvertrag nach Treu u n d Glauben als V o r kauf sf all zuzulassen; dort w a r das eventuelle treuwidrige Verhalten aber auch nicht gegen den Berechtigten gerichtet. — Der hier aufgestellte G r u n d satz g i l t nicht f ü r anderen Zwecken dienende Scheingeschäfte, z. B. nicht i m F a l l OGH (27.1.49) Z 1, 327 (Umgehung öff.-rechtl. Vorschriften); RG (12.10.21) J W 1922, 218 (Hintergehung des Fiskus). Demgegenüber w i l l Stampe, Anm., S. 218, die M i t t e i l u n g des nichtigen Kaufvertrages i n ein eigenes Kaufangebot umdeuten. Das ist zumindest bedenklich, da der rechtsgeschäftliche W i l l e fehlt. 705 Ä h n l i c h ist der F a l l zu beurteilen, daß der Vorkaufsberechtigte einen Käufer vorschiebt. Der K a u f ist freilich i m Grundsatz immer gültig, auch w e n n der Vorgeschobene i n Wahrheit nicht kaufen w i l l (§ 116 BGB). Doch k a n n schon dieser Kauf wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, w e n n dem V e r pflichteten i m Ergebnis besondere Nachteile erwachsen, an die er nicht gedacht hat; das w a r z. B. i n RG (8. 3. 35) SeuffA 89 (1935), S. 298 (Nr. 142), der Fall, nicht dagegen offenbar i n RG (21. 8. 36) DNotZ 1936, 904. — Auch damit der Verpflichtete der Ausübung des Vorkaufsrechts den E i n w a n d der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten kann, sind besondere Umstände nötig, bloßer Gefälligkeitskauf des D r i t t e n genügt nicht, vgl. z. B. RG (21. 8. 36), a.a.O. 706 Vgl. unten B V 2 b. 707 BGH (23. 4. 54) Z 13, 133 (137). U n k l a r Prot. I I , S. 104. 708 BGH (23. 4. 54) Z 13, 133.
V. Der „ D r i t t e "
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Der BGH, der über die Ausübbarkeit des Vorkaufsrechts zu entscheiden hatte, sah als ausschlaggebend an, ob ein Miteigentümer „ D r i t ter" i m Sinne des § 504 BGB sei. Er ging davon aus, daß schon § 511 BGB den Personenkreis der Dritten „ i m Wege der Vermutung" einschränke, „wenn der Verkauf mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an einen gesetzlichen Erben erfolgt". Betrachte man aber die Bestimmungen des BGB über Gemeinschafts Verhältnisse, so zeige sich überall, „daß das Gesetz zwischen dem Mitberechtigten innerhalb der Gemeinschaft und einem »Dritten 4 durchaus unterscheidet". Dies sei sowohl bei Gesamthands- wie auch bei Bruchteilsgemeinschaften so. Ein Beispiel sei das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miterben bei Verkauf eines Erbanteils an einen „Dritten", d.h. Außenstehenden. Nun hätten Miteigentümer zwar — anders als nach früherem Landesrecht — kein gesetzliches Vorkaufsrecht; doch: „Wenn die neue Gesetzgebung den einzelnen Teilhabern auch kein solches gesetzliches Vorkaufsrecht gewährt, drückt sie diese damit noch nicht i n die Stellung ,dritter 4 Personen herab." Der Wille des Gesetzgebers gehe „nach alledem" dahin, den Kreis der M i t berechtigten gegen das Eintreten einer fremden Person, eines „ D r i t ten", möglichst zu schützen — wenngleich der Miteigentümer über seinen A n t e i l frei verfügen dürfe. Daher sei ein Miteigentümer nicht „ D r i t t e r " i m Sinne des § 504 BGB; das Vorkaufsrecht könne nicht ausgeübt werden. Den Fall, daß nur der an einen Miteigentümer veräußerte Bruchteil m i t einem Vorkaufsrecht belastet ist, hatte der B G H damals nicht zu entscheiden 709 . Obiter bemerkte er hierzu: „Unterliegt nur ein einzelner Bruchteil . . . dem Vorkaufsrecht, dann müssen grundsätzlich die Eigentümer der anderen, nicht belasteten Bruchteile i m Verhältnis zum Eigentümer des belasteten Bruchteils als ,Dritte 4 angesehen werden." Denn an diesem belasteten Bruchteil seien sie eben nicht beteiligt. Als ein solcher Fall 1967 zu entscheiden war, wollte der B G H hiervon freilich nicht mehr viel wissen 7 1 0 . Hier hatte ein Grundstück je zur Hälfte dem Beklagten und einer OHG gehört. Als es zu Mißstimmigkeiten kam, bestellte die OHG an ihrem ideellen Anteil ein Vorkaufsrecht, wobei freilich — die besondere Pointe des Falles — der Berechtigte m i t der OHG wirtschaftlich identisch war. Als in der Zwangs709 Allerdings wurde i n der genannten Entscheidung bei Auflösung dieser Gemeinschaft auch ein Vs Bruchteil eines anderen Grundstücks versteigert, das m i t einem Vorkaufsrecht belastet w a r u n d den drei Gemeinschaftern zustand, so daß jeder Ve innehatte. Da jedes Vö aber demselben Vorkaufsrecht unterlag u n d einer der Gemeinschafter die 3/d ersteigerte, behandelte der B G H den F a l l genauso, als ob es sich u m ein ganzes Grundstück handelte, das von einem Miteigentümer ersteigert wurde. 710 BGH (28. 4. 67) Z 48, 1.
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Versteigerung zwecks Aufhebung der Gemeinschaft der Beklagte den Zuschlag erhielt, übte der Vorkaufsberechtigte hinsichtlich des vormals der OHG gehörigen Anteils sein Vorkaufsrecht aus. Das wollte der B G H nicht mitmachen. Die Entscheidung wendet sich zunächst der Frage zu, ob ein Miteigentümer „ D r i t t e r " sein könne, und würde nun offenbar diese Frage gern auch für den Fall verneinen, daß nur ein Bruchteil, nicht die ganze Sache, mit einem Vorkaufsrecht belastet ist; denn „die geltende Rechtsordnung" unterscheide „ k l a r . . . zwischen den Mitberechtigten innerhalb der Gemeinschaft einerseits und dritten Personen andererseits". Anscheinend u m nicht zu seinen früheren Äußerungen i n zu direkten Widerspruch zu geraten, verläßt der B G H diese Argumentationslinie wieder und wendet sich einer anderen zu: Nach § 749 BGB könne grundsätzlich jeder Teilhaber Gemeinschaftsaufhebung verlangen. Bestehende Vorkaufsrechte störten regelmäßig nicht. Schwierigkeiten träten erst auf, wenn nur ein Bruchteil mit einem solchen Recht belastet sei und ein anderer Teilhaber den Zuschlag erhalte. Wenn man hier die Vorkaufsrechts-Ausübung zulasse, so würde die Aufhebung der Gemeinschaft „praktisch für alle Zeiten" unmöglich. Die übrigen M i t eigentümer verlören die Möglichkeit, durch Abgabe des Meistgebots das Alleineigentum auf Dauer zu erwerben. Der Ersteigerer könnte erneut i n eine Miteigentumsgemeinschaft gezwungen werden, deren Auflösimg sich dann später ebenso erfolgreich verhindern ließe. Das Gesetz verweise aber die Gemeinschafter auf die Teilungsversteigerung und gebe damit „jedem von ihnen die Chance, die anderen zu überbieten und dadurch Alleineigentümer zu werden". Bei Zulassung der Vorkaufsausübung „wäre allen Teilhabern . . . diese Erwerbschance genommen". Eine solche Handhabe laufe „dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Aufhebung von Gemeinschaften (§§ 749 ff. BGB, § 180 ZVG) so offensichtlich zuwider, daß sie nicht rechtens sein" könne. Es sei m i t h i n „nicht angängig, bei Teilungszwangsversteigerungen die Ausübung eines auf Miteigentumsbruchteile beschränkten Vorkaufsrechts dann zuzulassen, wenn ein nicht vorkaufsverpflichteter Gemeinschafter das Grundstück ersteigert". I n solchen Fällen müsse es beim Grundsatz des § 512 BGB sein Bewenden haben 7 1 1 . 711 Den Grundsätzen dieser beiden Entscheidungen folgen: BGH (26.5.67) W M 1967, 938; BGH (15.6.57) W M 1957, 1162, und BGH (14.11.69) W M 1970, 321 (für Gesamthandsgemeinschaften); Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 10 a; Staudinger / Dittmann, § 1097, Rdn. 3, § 1098, Rdn. 5; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 24, 33; RGRK / Denecke, § 1094, A n m . 6; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 4; Soergel I Baur, § 1095, Rdn. 2; Erman / Weitnauer, § 504, Rdn. 8; Erman ) Ronke, § 1097, Rdn. 1; Westermann, Sachenrecht, S. 624; Fikentscher, Schuldrecht, S. 406; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 476; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 491, 495. Kritisch lediglich Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 503, Fn. 25, u n d Palandt / Degenhart, § 1095, Anm. 1, § 1097, A n m . 1 b.
V. Der „ D r i t t e "
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2. Kritik
a) Der Begriff
des Dritten
Sieht man vom Ergebnis dieser Rechtsprechung vorerst noch ab, so bietet allein die Begründung breiteste Angriffsflächen. Von einer w i r k lichen Begründung kann — zumal i m ersten Fall — eigentlich kaum die Rede sein; eher von einer Scheinbegründung, einem begriffsjuristischen Trick. Erstaunlicherweise nur w i r d i n der Literatur kaum Anstoß genommen 712 . Der B G H macht zum Angelpunkt seiner Entscheidung den Begriff des Dritten in § 504 BGB. Ein Blick auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zeige: Dritter ist, wer nicht zur Gemeinschaft gehört. Daraus w i r d flugs geschlossen: Miteigentümer sind nicht Dritte i m Sinne des § 504 BGB. Als ob es beim Begriff des Dritten nicht auf den jeweiligen Standpunkt ankäme! Dritter ist, wer außerhalb eines Verhältnisses zwischen anderen steht. Natürlich kommt es dabei auf das jeweilige Verhältnis an, das gerade Gegenstand der Betrachtung ist. W i r d eine Bruchteilsoder Gesamthandsgemeinschaft geregelt, so ist Dritter, wer außerhalb der Gemeinschaft steht. Geht es um die Ehe, ist Dritter, wer nicht Ehepartner ist; geht es um Prozeßparteien oder Vollstreckungsparteien, so ist Dritter, wer nicht Partei ist. Beim Vertrag zugunsten Dritter ist Dritter, wer nicht Vertragspartei ist, ebenso bei der Vertragsübernahme; beim Verein, wer nicht Vereinsmitglied ist. Bei der Übereignung ist Dritter, wer weder Übereigner noch Empfänger ist (§§ 931, 936 BGB), bei Hypothek und Pfandrecht, wer weder Besteller noch Inhaber ist. Beim Vorkaufsrecht schließlich ist Dritter, wer eben am Vorkaufsverhältnis nicht beteiligt ist. Der Begriff des Dritten ist relativ und nur aus dem jeweiligen Zusammenhang zu verstehen. Er kann nicht aus dem einen Zusammenhang gerissen und i n den anderen gestellt werden. Gerade das aber ist es, was der B G H tut: Weil ein Miteigentümer bei den Regeln der Gemeinschaft nicht „ D r i t t e r " ist, soll er es auch i m ganz anderen Zusammenhang des Vorkaufsrechts nicht sein 7 1 3 . Die Absurdität dieser Argumentation w i r d deutlich, wenn man sie konsequent weiterspinnt: Zugunsten eines Miteigentümers kann es dann keinen Vertrag zugunsten Dritter geben (§§ 328 - 335 BGB). Auch §§ 31, 68, 122, 123, 169 f., 267, 317, 362, 414, 822, 844, 931, 945, 949 BGB, 64 - 77, 299 Abs. 2, 771, 805, 809 712
Vgl. vorhergehende Fn. 711. Einzig beim gesetzlichen Vorkaufsrecht der Miterben findet man eine Übereinstimmung; denn dieses Vorkaufsrecht steht den Mitgliedern der E r bengemeinschaft als solchen zu. 713
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
ZPO z.B. wären alle nicht anwendbar, weil man den Miteigentümer „nicht i n die Stellung ,dritter' Personen herabdrücken" darf! b) Interessenwertung Statt dessen hätte man das Interesse des Miteigentümers am Erwerb des ganzen Grundstücks dem des Vorkaufsberechtigten gegenüberstellen und aufgrund der i m Gesetz zum Ausdruck gekommenen Wertung abwägen müssen 714 . Dies kommt i n der Entscheidung nur unvollkommen zum Ausdruck 7 1 5 . I m Ergebnis wägt der B G H die Rangfolge verschiedener „Näherberechtigungen" ab; er sagt nichts anderes, als daß der Miteigentümer dem Erwerb „näher" steht als der Vorkaufsberechtigte. Das ist genau das, was die Gerichte vor Abschaffung der Retrakte ständig beschäftigt hatte und was zum Ärgernis geworden w a r 7 1 6 . Es ist kein Zufall, daß der B G H an die früher bestehenden Miteigentümerretrakte erinnert. Aber solche Retrakte bestehen nicht mehr, und es ist eine unbewiesene Behauptung des BGH, daß der Vorrang dennoch erhalten bleiben sollte. Auch der Hinweis auf § 511 BGB geht fehl: Wäre der gesetzliche Erbe nicht „Dritter", dann würde ein Verkauf an ihn das Vorkaufsrecht niemals auslösen. Es ist die Besonderheit des Geschäfts, nicht des Erwerbers, die Grund des § 511 BGB ist 7 1 7 . Nur wenn der Verkauf an den gesetzlichen Erben „ m i t Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht" erfolgte, ist das Vorkaufsrecht nicht ausübbar. Dann nämlich ist der unmittelbare Zweck (im oben dargestellten Sinn) nicht nur Erlangung eines Kaufpreises, sondern eben auch vorweggenommene Erbregelung. Dieser Zweck ist bei E i n t r i t t des Berechtigten natürlich nicht mehr zu erreichen, und dem w i r d vom Gesetz beim gesetzlichen Erben Rechnung getragen. Es spricht i m Gegenteil vieles dafür, daß der Gesetzgeber dem Begriff des Dritten keine weitere Bedeutung beigemessen hat. Und wenn er bewußt die vielen Retrakte abgeschafft hat, warum sollte er dann ausgerechnet die ärgerlichen Rangfragen 718 beibehalten wollen, die nur 714 Der Einfluß der Tatsache, daß es sich u m eine Teilungsversteigerung handelte, w i r d weiter unten behandelt. 715 Nicht zu beanstanden dagegen O L G Nürnberg (26.3.69) DNotZ 1970, 39, das i m Wege individueller Auslegung zu einem solchen Ergebnis i n casu kommt. 716 Vgl. oben T e i l 1, D V I . 717 Zutreffend daher z.B. die Bemerkung bei Palandt / Putzo, § 511, Anm. 1: „ k e i n übl. V e r k a u f " ; ferner Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 297 f.; Oertmann, § 511, A n m . ; auch schon Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 54f. Aus demselben G r u n d ist deshalb auch der Ehegatte des Erben als M i t k ä u f e r privilegiert; vgl. RG (18. 2. 25) J W 1925, 2128. 718 Vgl. n u r Heimbach, Vorkaufsrecht, S. 312 f.
V. Der „ D r i t t e "
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ein Anhängsel dieser Retrakte waren? Es macht auch wenig Sinn, eine (wenn auch rudimentäre) Näherberechtigung der Miteigentümer nur hier anzuerkennen. Wenn jemand seinen Anteil an einen Außenstehenden verkauft, können die übrigen Gemeinschafter nichts daran ändern. Räumt er dem Außenstehenden nur ein Vorkaufsrecht ein und verkauft er später an einen anderen Miteigentümer, dann soll der Berechtigte plötzlich zurückstehen müssen, und das, obwohl doch nach Ansicht des B G H die Vorkaufsrechtseinräumung auch nichts anderes als ein Kaufvertrag — nämlich ein doppelt bedingter — ist! Folgt man dieser Linie, wo soll man dann die Grenze ziehen? Auch der Nachbar hatte früher oft ein Näherrecht, und ihm gegenüber gelten auch heute besondere Normen. Ist er in die Stellung eines Dritten „herabgedrückt" oder geht er dem Vorkaufsberechtigten auch noch vor? Bei Miteigentümern fehlt eben das Band eines besonderen gesetzlichen Vorkaufsrechts, das bei den Miterben besteht. Auch der Verkauf eines ideellen Anteils eines belasteten Gegenstandes löst daher insoweit das Vorkaufsrecht aus, und zwar auch dann, wenn Käufer ein anderer Miteigentümer ist, w e i l das Gesetz weder Regeln noch Anhaltspunkte enthält, denen man eine Begünstigung dieses Personenkreises entnehmen könnte. c) Aufhebungszweck
des Versteigerungsverfahrens
I n seiner zweiten Entscheidung verläßt der B G H rasch wieder seine Argumentation. Warum der Miteigentümer nur dann nicht Dritter sein soll, wenn sich das Vorkaufsrecht auch auf seinen Anteil erstreckt, wo doch angeblich das allein Entscheidende seine Mitberechtigung ist, scheint der B G H selbst nicht mehr recht einzusehen. Indem er nun i n erster Linie auf das Versteigerungsverfahren zur Aufhebung abstellt, vermeidet er, sich zu seinen früheren Äußerungen offen i n Widerspruch zu setzen. Doch vermag auch diese Begründung nicht recht zu überzeugen. Daß eine Zulassung des Vorkaufsrechts die Aufhebung der Gemeinschaft „praktisch für alle Zeiten unmöglich" machen soll, erscheint doch übertrieben. Gewiß, der Erwerber der Sache würde zunächst i n eine Gemeinschaft mit dem Vorkaufsberechtigten genötigt, aus der er sich nur durch erneute Teilungsversteigerung befreien könnte. Falls inzwischen ein neues Vorkaufsrecht am Anteil bestellt ist, könnte der neue Berechtigte auch wieder eintreten. Aber so häufig ist es nicht, daß ein Miteigentumsanteil m i t einem Vorkaufsrecht belastet w i r d ; und wenn dies nur geschieht, u m dem Erwerber zu schaden (dies anzunehmen, hätte der B G H i m konkreten Fall allerdings allen Anlaß gehabt), so ist
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T e i l 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
dem auch mit anderen Mitteln beizukommen (§§ 226, 826 BGB, Umgehungsgrundsätze). Dies ist nicht der Kern des Problems. Aus dem Recht des Gemeinschafters, Aufhebung zu verlangen (§§ 749, 753 BGB, 180 ZVG), folgert der B G H ein Recht (eine „Chance"), durch Abgabe des Meistgebots das Alleineigentum am Grundstück zu erlangen und „ f ü r die Dauer zu behalten". Man muß sich doch fragen, warum nur die bisherigen Miteigentümer eine solche — rechtlich geschützte — Erwerbschance haben sollen; der B G H w i l l die Vorkaufsausübung ja nur dann nicht zulassen, wenn einer der bisherigen Gemeinschafter das Grundstück ersteigert. Daß die Gemeinschafter ein besonderes Recht zum Erwerb des ganzen Gegenstandes hätten, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Die Versteigerung ist lediglich das Mittel, ein schwer teilbares Grundstück durch eine leicht teilbare Geldsumme zu ersetzen. Wenn es eine rechtlich geschützte Erwerbschance gibt, dann hat sie entweder jeder Mitbieter oder gar keiner. Damit schält sich die Frage heraus, um die es eigentlich geht: Ist bei einer Versteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft ein Vorkaufsrecht ausübbar, das sich nur auf einen Miteigentumsanteil bezieht? Die Person des Ersteigerers ist ohne Belang. Diese Frage ist rechtspolitischer A r t . Ihre Beantwortung hängt davon ab, was man als den Sinn der §§ 749, 753 BGB, 180 Z V G ansieht 7 1 9 . Wollte das Gesetz lediglich den Gemeinschaftern die Möglichkeit geben, sich aus der Abhängigkeit von den übrigen Gemeinschaftern zu lösen, dann besteht kein Grund, die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zuzulassen; auch dann nicht, wenn der Ersteigerer ein früherer Gemeinschafter ist. Denn die alte Gemeinschaft ist aufgelöst, und die neue mußte jeder Erwerber i n K a u f nehmen, der das Grundstück i n Kenntnis des Vorkaufsrechts ersteigerte. Geht man dagegen davon aus, die genannten Bestimmungen dienten auch dazu, dem Gesetz i m Grund unwillkommene Gemeinschaftsverhältnisse i n Einzeleigentum umzuwandeln, so kann man die Ausübung des Vorkaufsrechts an einem Anteil nicht zulassen, weil dieser Zweck vereitelt würde. M. E. steht das BGB der Frage, ob ein Grundstück i n Allein- oder Gemeinschaftseigentum steht, neutral gegenüber. Das Näherrecht der Miteigentümer z. B. — das auf eine Vereinigung der Anteile zielte — ist abgeschafft. Darum gibt es keinen Grund, die Ausübung eines nur an einem Bruchteil bestehenden Vorkaufsrechts zu verwehren, wenn 719 Daß das Vorkaufsrecht bei einer Teilungsversteigerung grundsätzlich ausübbar ist, ist unstreitig; vgl. für alle Staudinger / Ostler, § 512, Rdn. 3.
V I . Nachträgliche Änderung des Kaufvertrages
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man, wie unbestritten, Teilungsversteigerungen generell i n diesem Zusammenhang wie Verkäufe behandelt. Gegenüber Mißbrauchsversuchen muß man freilich wachsam sein; hier helfen die allgemeinen Regeln. VI. Nachträgliche Änderung des Kaufvertrages 1. Die herrschende Auffassung
Den Zeitpunkt des Vorkaufsfalles bestimmt das Gesetz exakt: Es ist der Zeitpunkt des Abschlusses eines gültigen „Kauf-Vertrages. N u n kann ein bereits gültiger Kaufvertrag nachträglich einverständlich geändert, auch aufgehoben werden. Was die letztere Frage betrifft, so ist die A n t w o r t eindeutig: Durch Aufhebung des Kaufvertrages kann der Vorkaufsfall nicht nachträglich beseitigt werden 7 2 0 . Das folgert man m i t Recht aus dem Gedanken des § 506 B G B 7 2 1 . Bei einer bloßen Vertragsänderung hingegen ist dem Gesetz kein so offensichtlicher Hinweis zu entnehmen. Welche Fassung g i l t i m Verhältnis der Vorkaufsparteien: die erste gültige, die mitgeteilte, die zur Zeit der Ausübung? Das Reichsgericht 722 hatte sich dahin entschieden, zu trennen zwischen dem Vorkaufsfall — der nicht rückgängig gemacht werden kann — und dem für „das Wirksamwerden des Vorkaufsrechts" (den Inhalt des Vorkaufsverhältnisses) maßgeblichen Zeitpunkt. Die Auffassung des damaligen Berufungsgerichts 723 , die Vertragsbedingungen könnten ebensowenig nachträglich verschlechtert werden, wie der Vorkaufsfall nachträglich beseitigt werden könne, verwarf es. M i t dem Vorkaufsfall habe der Berechtigte nicht „bereits ein Recht auf Übereignung" erlangt, vielmehr nur die Möglichkeit, „den Anspruch auf Erwerb des Grundstücks durch die vorgesehene Willenserklärung zur Entstehung zu bringen". Solange das Recht nicht ausgeübt sei, könnten die Kauf Vertragsparteien noch frei Änderungen und Zusätze vereinbaren.
720
Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 10; Staudinger I Dittmann, § 1098, Rdn. 12; RGRK/Kuhn, § 504, A n m . 28, § 506, A n m . 3; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soergel / Ballerstedt, § 506, Rdn. 1; Erman / Weitnauer, § 506, Rdn. 2; Errrian / Ronke, § 1098, Rdn. 1; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 475; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 492; Reichardt, Vorkaufsrecht, S. 90. RG (17.1.20) Z 98, 44 (50); RG (24.2.23) Z 106, 320 (323); RG (7. 7. 27) Z 118, 5 (8). 721 Vgl. Palandt / Putzo, § 506, A n m . 2; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 492; RG (7. 7. 27) Z 118, 5 (8). 722
R G (7.7.27) Z 118, 5. Vgl. aber schon BayObLG Rspr. Nr. 2524. 723 OLG Braunschweig.
(2.6.11) Recht 1911,
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Teil 3: Einzelfragen — B. Voraussetzungen der Ausübung
Diese Ansicht des Reichsgerichts fand fast einhellige Aufnahme in L i t e r a t u r 7 2 4 und Rechtsprechung, insbesondere auch des B G H 7 2 5 . Letzterer hatte folgenden F a l l 7 2 6 zu entscheiden: Ein Eigentümer hatte ein Grundstück verkauft. Nach Abschluß des Kaufvertrages besann man sich auf das bestehende gesetzliche Vorkaufsrecht eines Siedlungsunternehmens. Darauf vereinbarte man zusätzlich ein Veräußerungsverbot und belegte eine verbotswidrige Veräußerung m i t einer hohen Vertragsstrafe. Dem Käufer wurde die Zustimmung zu einer von ihm konkret beabsichtigten Veräußerung zugleich erteilt. Der B G H nahm den Fall zum Anlaß, den vom RG aufgestellten Grundsatz eingehend zu bestätigen; er hielt die Zusatzvereinbarung für wirksam gegenüber dem Vorkaufsberechtigten. Die Entscheidung ist von Winkler 727 mit Recht kritisiert worden, weil sie alle Grundsätze der „Umgehung" (der Verleidung) des Vorkaufsrechts mißachtet. Der Grundsatz, daß für den Vertragsinhalt der Zeitpunkt der Ausübung maßgibt, w i r d jedoch auch i n dieser K r i t i k ausdrücklich unangetastet gelassen und gutgeheißen. 2. Kritik
Warum eigentlich? Zwingende Gründe hierfür wurden noch nicht angeführt 7 2 8 . Wann der Berechtigte einen Übereignungsanspruch erhält, hat — entgegen dem RG — mit dieser Frage nichts zu tun. — Besteht nicht überhaupt nach Ansicht des RG ein solcher Anspruch bereits bedingt von Anfang an? — Andererseits fordert eine solche Regel zu Manipulationen geradezu heraus. Vertragsänderungen können vereinbart werden, die i m Innenverhältnis stillschweigend abbedungen sind. Zwar könnte dem mit den „Umgehungs"-Regeln beigekommen werden; doch wie schwerfällig hier die Rechtsprechung reagiert, zeigt gerade die erwähnte BGH-Entscheidung. Und was ist noch Vertrags724 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 10; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 6, 29, § 506, A n m . 3, § 510, Anm. 9; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 11, § 510, Rdn. 7; Erman / Weitnauer, § 505, Rdn. 3, § 510, Rdn. 5; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 2; Enneccerus / Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 475; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 492; Reichardt, Vorkaufsrecht, S. 90; Peßler, Einzelfragen, S. 1787. H i e r gegen am entschiedensten Oertmann, § 504, A n m . 5, u n d ders., Anm., S. 2413 f.; ferner Windscheid / Kipp, Pandektenrecht, S. 648; f ü r RSG: Alberty, Vorkaufsrecht, S. 47, und anscheinend auch Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 11. 726 BGH (11. 7. 69) W M 1969, 1176; BGH (23. 5. 73) N J W 1973, 1365. I m m e r h i n soll die Frist m i t der Änderung neu zu laufen beginnen: BGH (23. 5. 73), ebd.; Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 11; RGRK / Kuhn, § 511, A n m . 9. 726 BGH (11. 7. 69) W M 1969, 1176. 727 Anm., S. 98 f. 728 ygL schon Oertmann, § 504, A n m . 5: „ A b e r das ist unbewiesen, rechtspolitisch wie begrifflich bedenklich . . . " Ebenso Oertmann, Anm., S. 2413 f.
V I . Nachträgliche Änderung des Kaufvertrages
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änderung? W i r d statt des Grundstücks A das Grundstück B verkauft, so ist dies auch eine Vertragsänderung, aber das Vorkaufsrecht nicht mehr ausübbar. Ein besonderes Bedürfnis, dem Verpflichteten bis zur Ausübung die Vertragsänderung offenzuhalten, besteht nicht. Wer einen m i t einem Vorkaufsrecht belasteten Gegenstand verkauft, muß wissen, daß er sich damit nicht nur nach einer Seite bindet. Und wie soll man entscheiden, wenn der Berechtigte nur darum zu den späteren, ungünstigeren Bedingungen ausüben kann, weil der Verpflichtete entgegen § 510 BGB nicht rechtzeitig den Vertrag mitgeteilt hat; muß man dann nicht doch wieder auf die ursprüngliche Fassung zurückgreifen? Der Lösung der Frage kann man näherkommen, wenn man sich auf die Rechtsnatur des Vorkaufsrechts besinnt. Enthält der Vorkaufsvertrag nämlich ein bedingtes Kaufvertragsangebot, das durch den gültigen Kaufvertrag mit einem Dritten sowohl wirksam wie auch mit konkretem Inhalt erfüllt wird, so besteht mit Eintritt des Vorkaufsfalles ein solches Angebot, das nur noch durch die Ausübungserklärung anzunehmen ist. W i r d nun der Kaufvertrag geändert, so färbt das auch auf diesen Antrag durch, dessen Inhalt von dem des Kaufvertrages abhängig ist. Das dem Berechtigten einmal entstandene Gestaltungsrecht, den A n trag m i t seinem durch den ursprünglichen Vertrag konkretisierten Inhalt anzunehmen, kann ihm aber nicht mehr genommen werden. Andererseits besteht kein Grund, ihn hierauf festzunageln, wenn der Verpflichtete selbst eine vielleicht günstigere Vertragsgestaltung vereinbart. Die Folge muß sein: Der Berechtigte kann wählen, ob er das Vorkaufsrecht zu den ursprünglichen oder zu den geänderten Vertragsbedingungen ausüben w i l l . Diese Wahl kann schlüssig erfolgen; im Zweifel w i r d sich die Ausübung auf die zuletzt mitgeteilte Fassung beziehen 729 .
729 Ä h n l i c h w o h l Oertmann, Anm., S. 2413. N u r wenn die Vertragsänderung nach Treu u n d Glauben geboten war, w i r d der Berechtigte ein solches Wahlrecht nicht haben.
C. Zur Beendigung: Verzicht auf das Vorkaufsrecht oder seine Ausübung I. Obligatorisches Vorkaufsrecht 1. Meinungsstand
Der Mechanismus des Gesetzes — Kaufvertrag mit einem Dritten, dann Mitteilung, dann Entscheidung über die Ausübung — entspricht nicht immer dem Sachablauf i n der Wirklichkeit. Vernünftig ist der Versuch, die Lage unter den Beteiligten vorab zu klären. Der Vorkaufsverpflichtete, der die belastete Sache einem Dritten verkaufen möchte — oder auch der Dritte —, werden sich häufig m i t dem Berechtigten i n Verbindung setzen und zu klären versuchen, ob dieser sein Recht auszuüben beabsichtigt 730 . Der Berechtigte muß sich hierauf natürlich nicht einlassen; er kann schweigend abwarten, ob nun verkauft w i r d oder nicht. Oft w i r d er sich aber doch äußern, besonders, wenn er sein Recht nicht ausüben w i l l , etwa, w e i l das Recht seinem Abwehrinteresse dient und der neue Erwerber i h m genehm ist, oder auch aus wirtschaftlichen Gründen. Nach Eintritt des Vorkaufsfalles w i r d ein verständiger Vorkaufsberechtigter, der sein Recht nicht ausüben w i l l , dies auch erklären und nicht erst den Ablauf der Frist des § 510 Abs. 2 BGB abwarten. I n beiden Fällen hat dieser „Verzicht" auf das Vorkaufsrecht dogmatisch manche Schwierigkeiten bereitet 7 3 1 . Da die Rechtsprechung sich frühzeitig festgelegt hat, das Vorkaufsrecht als durch einen doppelt bedingten Vertrag begründet anzusehen, meinte sie, hieraus die Folgerung ziehen zu müssen, ein „Verzicht" auf das Vorkaufsrecht könne nur i m Wege eines Erlaßvertrages (§ 397 BGB) erfolgen. Die Entscheidungen werden nicht müde zu beteuern, ein einseitiger Verzicht sei nicht möglich, stets bedürfe es noch einer — wenn auch stillschweigenden — Annahme des Angebots auf Abschluß eines Erlaßvertrages durch den Vorkaufsverpflichteten 732 . Die Literatur folgt 730 Dies schon i m Kosteninteresse, vgl. Kuhlenbeck, Rechtsprechung, S. 392; ferner Prot. I I , S. 97. 731 Z u m seltenen F a l l einer vertraglichen Verpflichtung zur Nichtausübung bei gleichzeitigem Bestehenbleiben des Rechts vgl. BGH (23. 5. 62) Z 37, 147. 732 R G (14.6.12) J W 1912, 858; RG (28.3.25) L Z 1925, 546; RG (25.4.25) Z 110, 409 (418); R G (23. 6. 26) Z 114, 155 (158); RG (26. 8. 43) DR 1944, 31; BGH
I. Obligatorisches Vorkaufsrecht
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ganz überwiegend 7 8 3 . Erlassen werden nach dieser Vorstellung die Verpflichtungen, „die durch die Ausübung des Vorkaufsrechts eintreten w ü r d e n " 7 3 4 — obwohl der Berechtigte gerade erklärt, er wolle gar nicht ausüben. Eine weitere Folge findet man — freilich fast nirgendwo deutlich ausgesprochen: Nach Eintritt des Vorkaufsfalles kann der Berechtigte zwar einseitig erklären, daß er sein Recht ausübe, aber nicht einseitig erklären, daß er es nicht ausübe 735 . Denn hier kann nichts anderes gelten: Wieder müssen die Verpflichtungen erlassen werden, die durch die — soeben abgelehnte — Ausübung „eintreten würden". Dagegen kann der Berechtigte natürlich „einseitig" die Frist verstreichen lassen. Diese Unterscheidungen mögen zwar nur in Ausnahmefällen entscheidungserheblich werden 7 3 6 , sie sind aber ungereimt. Die Vertreter der „Gestaltungsrechtstheorie" — soweit sie überhaupt Stellung nehmen — stehen untereinander i n Widerspruch. Das verwundert nicht, wenn man sich daran erinnert, daß diese „Theorie" sich nur mit dem Erscheinungsbild, nicht mit dem rechtlichen Kern befaßt. So hält auch Seckel 737 einen Verzicht auf das Vorkaufsrecht nur durch Ver(1.2.61) W M 1961, 531 (Nr. 13); BGH (13.7.65) W M 1965, 1178 (die „zustimmende Entgegennahme" sei aber regelmäßig anzunehmen — ein halber Schritt); BGH (3.2.66) W M 1966, 511; BGH (26.1.73) Z 60, 275 (291); OLG Celle (23.10.62) N J W 1963, 352; OLG Düsseldorf (14.6.67) M D R 1967, 1014. F ü r das dingliche Vorkaufsrecht vgl. unten Fn. 745. 733 Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 17, § 505, Rdn. 11; RGRK / Löscher, § 397, Anm. 3; RGRK / Kuhn, § 504, A n m . 23, 30, § 505, A n m . 13, § 514, Anm. 5; Soergel / Ballerstedt, § 504, Rdn. 12; Erman / Weitnauer, § 505, Rdn. 7; Palandt / Putzo, § 504, A n m . 3; Warney er, § 505, A n m . ; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 492; Peßler, Einzelfragen, S. 1786. Auch für öff.-rechtl. Vorkaufsrechte: Haegele, Beschränkungen, Rdn. 614; dagegen (für RSG) Alberty, Vorkaufsrecht, S. 69 (einseitig möglich). Doch soll einseitiger Verzicht Einwand der T r e u w i d r i g k e i t / V e r w i r k u n g begründen: Palandt / Putzo, ebd.; BGH (3.2.66) W M 1966, 511; BGH (10.6.66) W M 1966, 893; O L G Celle (23.10.62) N J W 1963, 352; O L G Düsseldorf (14. 6. 67) M D R 1967, 1014. — Dies ist ein unnötiger Umweg, jedenfalls wo es sich u m den Vorkaufspartner, nicht u m den D r i t t e n handelt. Vgl. auch zur V e r w i r k u n g allgemein BGH (27. 6. 57) Z 25, 47 (52 f.). 734 RGRK / Löscher, § 397, A n m . 3; w o h l auch BGH (14.11. 56) W M 1957, 554. Generell gegen Gleichstellung von Erlaß u n d (vertraglichem) Verzicht Seckel, Gestaltungsrechte, S. 38. 735 Andeutungsweise aber bei Staudinger / Ostler, § 504, Rdn. 17; RGRK/ Löscher, § 397, A n m . 3; SoergeH Ballerstedt, § 504, Rdn. 12. Ausdrücklich Erman / Ronke, § 1098, Rdn. 3; Pikart, Vorkaufsrecht, S. 493. Anders aber anscheinend Mot. I I , S. 352. B e i m dinglichen Vorkaufsrecht lassen nach dem Vorkaufsfall ausdrücklich die einseitige E r k l ä r u n g der Nichtausübung genügen: SoergeH Baur, § 1094, Rdn. 9; Palandt / Degenhart, § 1094, A n m . 5 c. Das ist inkonsequent aber i m Ergebnis soweit richtig. 736 So möglicherweise i n RG (25.4.25) Z 110, 409 (418), u n d RG (23.6.26) Z 114, 155 (158). 737 Gestaltungsrechte, S. 38.
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Teil 3: Einzelfragen — C. Z u r Beendigung: Verzicht
trag für möglich, während die meisten anderen 7 3 8 einen einseitigen Verzicht für möglich halten, z. T. mit der Begründung, auch die Ausübung sei einseitig. Letzteres kann freilich nicht mehr als ein Indiz sein. 2. Eigene Lösung
Hat man als rechtlichen Kern des Vorkaufsrechts einen i n den Vorkaufsvertrag eingebetteten bedingten Kaufvertragsantrag erkannt, so lösen sich die Fragen zwanglos. Nach Eintritt des Vorkaufsfalles ist der Antrag unbedingt und inhaltlich ausgefüllt. Er kann wie jeder andere Antrag angenommen ( = Erklärung der Ausübung des Vorkaufsrechts) oder abgelehnt (Erklärung der Nichtausübung des Vorkaufsrechts) werden. Die Ablehnung eines Vertragsangebotes enthält zugleich auch den Verzicht auf das darin enthaltene Gestaltungsrecht 739 . Und darum geht es: Nicht i r gendwelche niemals entstehenden bedingten Ansprüche werden aufgegeben, sondern ein Recht, ein Vertragsverhältnis einseitig zustande zu bringen 7 4 0 . Nach Eintritt des Vorkaufsfalles beseitigt daher die einseitige Erklärung der Nichtausübung das Vorkaufsrecht ebenso, wie die Ablehnung eines Vertragsantrags einseitig das Recht beseitigt, den Vertrag zustande zu bringen 7 4 1 . Verzichtet der Berechtigte schon vor Eintritt des Vorkaufsfalles auf sein Recht, so kann i m Grundsatz nichts anderes gelten. Auch ein bedingtes Angebot kann man ablehnen. Der einseitige Verzicht ist daher schon vorher möglich. Es kann allerdings sein, daß der Berechtigte auf die Ausübung in einem bestimmten i n Aussicht genommenen Fall verzichtet 7 4 2 . Die A b 738 v. Tuhr, A l l g . T. I I 1, S. 271 m i t Fn. 219, vgl. auch I I 2, S. 278, Fn. 53; Walsmann, Verzicht, S. 1941, 243 f.; Wolp / Raiser, Sachenrecht, S. 506, Fn. 42; Oertmann, vor § 504, A n m . 6. Grundsätzlich gegen die „Übertreibung des Vertragsprinzips" beim Verzicht Esser, Schuldr. Allg. T., S. 179, u n d ausdrücklich f ü r einseitigen Verzicht beim Vorkaufsrecht noch 2. Aufl. 1960, S. 371. Vgl. auch Henrich, Vorvertrag, S. 359, Fn. 74 (offengelassen). 739 Wenn Walsmann, Verzicht, S. 106 f., hiergegen Bedenken hat, w e i l sich die Ablehnung auf den künftigen Vertrag, nicht auf das Gestaltungsrecht beziehe, so erscheint diese Unterscheidung zu subtil. Der Angebotsempfänger erklärt sowohl, keinen Vertrag zu wollen, als auch, einen Vertrag nicht zustande bringen zu wollen. D a m i t verzichtet er aber eben auch auf dieses Gestaltungsrecht. I m Ergebnis wie hier v. Tuhr, A l l g . T. I I 1, S. 266, Fn. 182, S. 473; SecJcel, Gestaltungsrechte, S. 38. 740 741
Zutreffend Walsmann, Verzicht, S. 194. Dieser Zusammenhang findet sich auch bei Oertmann,
5 u. 6. 742 y g L Palandt / Degenhart,
§ 1097, Anm. 2.
vor § 504, A n m .
I I . Dingliches Vorkaufsrecht
175
lehnung des bedingten Angebots ist dann ihrerseits bedingt durch das Zustandekommen dieses Vorkaufsfalles. Ob eine bedingte Ablehnung eines Vertragsangebots generell möglich ist, spielt i n diesem Zusammenhang keine Rolle. Denn i n dem Augenblick, in dem der Vertragsantrag infolge des Vorkaufsfalles wirksam und ausgefüllt wird, steht auch fest, ob das Angebot abgelehnt oder noch gültig ist. Eine Rechtsunsicherheit, die eine Bedingung verbieten könnte, gibt es hier nicht. Aus der Erkenntnis der rechtlichen Struktur des vertraglichen Vorkaufsrechts folgt somit, daß es in jedem Stadium und auch für bestimmte Fälle einseitig verzichtbar ist 7 4 3 . Möglich bleibt daneben natürlich auch eine vertragliche Aufhebung des ganzen vertraglichen Vorkauf srechtsverhältnisses; aber nötig ist sie nicht. I I . Dingliches Vorkaufsrecht 1. Verzicht auf das Recht
Da dingliche Vorkaufsrechte für mehrere Vorkaufsfälle bestellt sein können, muß man hier unterscheiden zwischen dem Verzicht auf das gesamte Recht und dem Verzicht (vor oder nach dem Vorkaufsfall!) auf die Ausübung i n einem einzelnen Fall. Daß auf das dingliche Vorkaufsrecht einseitig nach § 875 BGB verzichtet werden kann, ist heute unstreitig 7 4 4 . Für diejenigen, die hier „kein eigentliches dingliches Recht" sehen, ist dies eine gewisse I n konsequenz. 2. Verzicht auf die Ausübung
Soweit es dagegen u m den Verzicht auf die Ausübung geht, w i r d ganz allgemein einfach eine Parallele zum obligatorischen Recht gezogen: Wieder soll der Verzicht nur i m Wege eines zweiseitigen Erlaßvertrages möglich sein 7 4 5 . Auch hier also Ungereimtheiten: Einseitiger Ver743 Auch der Verzicht auf Ausübung des Näherrechts w a r offensichtlich einseitig, vgl. Walch, Näherrecht, S. 250. Dagegen bedurfte der Verzicht auf das gemeinrechtliche Vorkaufsrecht eines Vertrages, Jaeger, Vorkaufsrecht, S. 135 f. Das ist insofern folgerichtig, als es sich u m eine A r t des Vorvertrages handelte. Unser Vorkaufsrecht geht jedoch auf das Näherrecht zurück, wie oben dargelegt (Teil 1, E IV). 744 Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 5; RGRK / Denecke, § 1094, Anm. 4; Soergel / Baur, § 1094, Rdn. 8; Planck / Strecker, vor § 1094, A n m . 5; Erman / Ronke, § 1094, Rdn. 7; Westermann, Sachenrecht, S. 623; Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 506; Crome, System I I I , S. 580; Hedemann, Sachenrecht, S. 269; Mot. I I I , S. 461. 745 Staudinger / Dittmann, vor § 1094, Rdn. 5 (Fn.); § 1097, Rdn. 15; RGRK / Kuhn, § 505, A n m . 13; RGRK / Denecke, § 1098, A n m . 2; Soergel ! Baur, § 1094, Rdn. 8 (Folge des Verzichts lediglich unzulässige Rechtsausübung!); Erman/Ronke, § 1098, Rdn. 3; Palandt / Degenhart, § 1094, A n m . 5 c. RG
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T e i l 3: Einzelfragen — C. Z u r Beendigung: Verzicht
zieht auf das gesamte Recht, aber Verzicht auf die Ausübung i m Einzelfall nur durch Vertrag. Das Gesetz ist — wie erwähnt — frei, an Tatbestände Rechtsfolgen zu knüpfen. Die Rechtsfolge „Vorkaufsrecht" hat es geknüpft an die Tatbestände Vorkaufsvertrag, Begründung eines hierfür vorgesehenen dinglichen Rechts oder andere Tatbestände (gesetzliche Vorkaufsrechte) 746 . Die Rechtsstellung ist i m wesentlichen dieselbe: Immer steht der Berechtigte wie der Empfänger eines bedingten Vertragsangebotes. Daher kann auch der Berechtigte aus einem dinglichen oder gesetzlichen Vorkaufsrecht ebenso einseitig auf sein Recht verzichten, wie der obligatorisch Vorkaufsberechtigte.
(28.3.25) L Z 1925, 546; BGH (14. 11.56) W M 1957, 554; BGH (3.5.61) Z 35, 146 (149); BGH (10.6.66) W M 1966, 893. Anders w o h l Wolff / Raiser, Sachenrecht, S. 506, Fn. 42. Z u m T e i l w i r d nach dem Vorkaufsfall einseitige E r k l ä r u n g der Nichtausübung zugelassen, oben Fn. 735, und Immerwahr, Vorkaufsrecht, S. 339. 749 Vgl. oben T e i l 2, A I I 2.
Ergebnisse Zu Teil 1: Geschichte Die Bedeutung von Vorkaufsrechten steigt i n einem Rechtssystem, das Gemeinschaftsbindungen bejaht; sie sinkt i n einem System, das eine individualistische Eigentumsordnung anstrebt. „Gesetzliche" Vorkaufsrechte entstehen meist durch Abschwächung stärkerer Bindungen; gewillkürte sind ihnen nachgebildet (A). I m römischen Recht spielten Vorkaufsrechte eine untergeordnete Rolle als Vorrechte bei einzelnen Rechtsinstituten; größere Bedeutimg gewannen sie erst i n Ostrom. Gewillkürte Vorkaufsrechte wurden durch den numerus clausus der klagbaren Verträge behindert. Es gab nur als pactum adiectum das ius protimiseos, dessen Bedeutung gering war (B). I m deutschen Recht begünstigte die starke Gebundenheit des Grundeigentums das Entstehen von Näherrechten. Sie gingen hervor aus alten Gemeinschaftsverhältnissen und gaben das dingliche Recht, einen Gegenstand vor dem Käufer zu erwerben. Älteste und wichtigste Form war die Erblosung. Zahlreiche andere Näherrechte (Retrakte), auch rechtsgeschäftlicher A r t , bildeten sich heraus (C). Nach der Rezeption blieben die dinglichen Retrakte bestehen und verbreiteten sich weiter. Daneben wurde das römische schuldrechtliche Vorkaufsrecht (ius protimiseos) übernommen. I n der Praxis überwog die Bedeutung der Näherrechte bei weitem. Die Theorie hingegen wurde vom Vorhandensein des römischen Vorkaufsrechts stark beeinflußt; an i h m wurde das Näherrecht gemessen und bei Abgrenzungsund Anpassungsversuchen verzerrt. Viele Streitfragen entstanden. I n der liberalen Phase des 19. Jahrhunderts wurden die Näherrechte schließlich allgemein mißbilligt (D). Die Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts beendeten die Zweigleisigkeit auf unterschiedliche A r t . Die i n das BGB aufgenommenen beiden Formen des Vorkaufsrechts (obligatorisch und dinglich) haben ihre Wurzel i m optionsrechtlichen (dazu Teil 2, A I I 5 b) Retrakt, nicht i m vorvertragsmäßigen gemeinrechtlichen Vorkaufsrecht. Das obligatorische BGB-Vorkaufsrecht ist ein Retrakt, dem die dingliche Wirkung genommen ist; beim dinglichen Vorkaufsrecht ist eine anders geartete dingliche Wirkung hinzugefügt (E). 12 Schurig
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Zu Teil 2: Rechtsnatur Zur Rechtsnatur des Vorkaufsrechts gibt es eine Anzahl „Theorien". Heute stehen sich noch i m wesentlichen gegenüber die „Theorie des doppelt bedingten Kaufvertrags" und die „Gestaltungsrechtstheorie" (AI).
Das Vorkaufsrecht ist ein Gestaltungsrecht. Doch schließt das die Richtigkeit der übrigen „Theorien" nicht aus, w e i l sie auf anderes gerichtet sind. Dies gilt auch gegenüber der „Offertentheorie"; denn das Recht, ein Vertragsangebot anzunehmen, ist ein Gestaltungsrecht. Die hiergegen i n der Literatur erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig (A I I 1). Die Möglichkeit, ein Gestaltungsrecht des Typs „Vorkaufsrecht" zu schaffen, kann nicht allein aus speziellen gesetzlichen Bestimmungen hergeleitet werden; denn das i m Gesetz geregelte Vorkaufsrecht ist nur Sonderfall eines gesetzlich nicht geregelten, allgemeinen Einlösungsrechts. Sie beruht vielmehr darauf, daß der Vorkaufsvertrag Elemente des endgültigen Vertrages bereits i n einer Weise enthält, die für den Berechtigten das entsprechende Gestaltungsrecht entstehen läßt (A I I
2). I n Betracht kommen die „Bedingungstheorie" und die „Offertentheorie". Gegen die „Bedingungstheorie" sprechen die Wertung der beteiligten Interessen und dogmatische Gründe (A I I 4). Das Vorkaufsrecht ist eine Sonderform des Optionsrechts und teilt dessen rechtliche Natur. Ein Optionsrecht entsteht nach richtiger A n sicht durch ein i n den Optionsvertrag eingebettetes unwiderrufliches Vertragsangebot . Dann entsteht das Vorkaufsrecht entsprechend durch ein i n den Vorkaufsvertrag eingebettetes, durch Veräußerung des belasteten Gegenstandes an einen Dritten bedingtes Angebot auf Abschluß eines Kaufvertrages zu den m i t dem Dritten vereinbarten Bedingungen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Annahme des Angebots; sie ist auch bei Grundstücken formfrei kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes, und weil kein Formbedürfnis besteht (A I I 5). Das dingliche Vorkaufsrecht setzt kein obligatorisches Vorkaufsrecht voraus und läßt es auch nicht entstehen. Es ist ein abstraktes Sachenrecht, das durch Einigung und Eintragung entsteht und allen Regeln für Sachenrechte gehorcht. Aus i h m fließt ein Gestaltungsrecht auf einseitige Herbeiführung einer (letztlich i m Gesetz begründeten) kaufähnlichen schuldrechtlichen Beziehung zwischen dem Berechtigten und dem jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks, durch die letzterer zur Übereignung und der Berechtigte zur Zahlung des i m D r i t t vertrag vereinbarten Kaufpreises verpflichtet werden. Dieser Über-
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eignungsanspruch ist Dritten gegenüber wie durch eine Vormerkung gesichert (C). Zu Teil 3: Einzelfragen Ob ein Vorkaufsvertrag über ein Grundstück der Form des § 313 BGB unterliegt, ist allein aus dem Zweck dieser Bestimmung zu beurteilen. Welche der „Theorien" über die Rechtsnatur zutrifft, ist — entgegen verbreiteter Ansicht — ohne Belang. Systematisch ist es möglich, den Vorkaufsvertrag unter § 313 BGB zu subsumieren. Die rechtspolitische Notwendigkeit ist zweifelhaft und gerade noch zu bejahen (A11). Der Verpflichtungsvertrag zur Einräumung eines dinglichen Vorkaufsrechts ist ebenfalls formbedürftig; allerdings nicht, w e i l er bereits eine bedingte Übereignungsverpflichtung enthielte (§ 313 unmittelbar), sondern w e i l er ohne weiteres Zutun des Erklärenden zu einer Übereignungspflicht führen kann (§ 313 analog). Darum heilt bereits die Eintragung des Vorkaufsrechts (§ 313 Satz 2 analog), und nicht erst die spätere Übereignung des belasteten Grundstücks ( A I 2). Die unmittelbare Begründung auch von obligatorischen Vorkaufsrechten durch letztwillige Verfügungen ist nicht möglich, w e i l sich m i t letzteren kein synallagmatisches Verhältnis herstellen läßt. I m allgemeinen ist umzudeuten i n einen Vermächtnisanspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts oder i n ein Geschäft unter Lebenden (A II). Ein Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten kann nicht nach § 328 BGB entstehen, w e i l sich die spätere Zahlungspflicht des Berechtigten so nicht begründen läßt. Möglich ist aber, daß sich der i m Vorkaufsvertrag enthaltene Antrag an einen Dritten richtet. I n diesem F a l l bedarf die Ausübung durch den Dritten gegebenenfalls der Form des § 313 BGB (A III). Als Vorkaufsfall w i r d nach allgemein vertretener buchstäblicher Auslegung nur ein Kaufvertrag angesehen. Das ist zu starr, entspricht nicht den Interessen der Beteiligten und provoziert Umgehungsversuche. I m Wege interessengerechter Betrachtungsweise ist der Vorkaufsfall zu definieren als jedes Veräußerungsgeschäft über den belasteten Gegenstand, dessen unmittelbarer Zweck genauso erfüllt wird, wenn es statt m i t dem Dritten mit dem Berechtigten ausgeführt w i r d (BII).
I m Grundsatz ist daran festzuhalten, daß der den Vorkaufsfall bildende Vertrag rechtsgültig und tatbestandlich abgeschlossen sein muß. Für etwaige Mängel des Vertrages ist i m einzelnen zu prüfen, ob ein Vorkaufsfall eingetreten oder rückwirkend wieder weggefallen ist (näher B I I I 1 - 6 ) . Bei Verkauf durch einen Dritten kommt es darauf 12*
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an, wann dieser Verkauf dem Vorkaufsverpflichteten (Vorkaufsrechtsgeber bzw. Eigentümer) zuzurechnen ist. Unterschiede bestehen beim dinglichen und beim obligatorischen Vorkaufsrecht (B I I I 7). Bei den Versuchen, das Vorkaufsrecht zu vereiteln, ist zu unterscheiden zwischen Verleidung und Umgehung. Soll die Ausübung verleidet werden durch Belastung des Gegenstandes vor Veräußerung, so muß dies i n der Regel hingenommen werden. I n Ausnahmefällen ist die Belastung nichtig nach § 138 Abs. 1 BGB (B I V 2 a). Soll die Ausübung durch die Ausgestaltung des Kaufvertrages verleidet werden, so kann der Rechtsgedanke des § 506 BGB helfen. Nur zum Schein zwecks A b schreckung aufgenommene Bestimmungen sind nichtig. W i r d infolgedessen der ganze Kaufvertrag nichtig, so kann der Berechtigte nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB sein Recht gleichwohl ausüben (B I V 2 b). U m Umgehung handelt es sich, wenn nach dem Zweck ein Kaufvertrag gewollt ist, aber eine Vertragsgestaltung gewählt wird, die das Vorkaufsrecht „an sich" ausschließt. Solche Fälle sind zu lösen durch Anwendung der interessengerechten Betrachtungsweise. A u f dem Boden der herrschenden Ansicht müßten solche Verträge unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 162 Abs. 1 BGB als Vorkaufsfälle behandelt werden. Nur nach der Nichtigkeit des Veräußerungsvertrages infolge Sittenwidrigkeit zu fragen, wie die herrschende Auffassung es tut, ist verfehlt (B I V 3). Scheinverträge zur Erschleichung des „Eintritts" des Vorkaufsberechtigten sind nichtig und bilden keinen Vorkaufsfall. Die Nichtigkeit kann dem Berechtigten jedoch nicht entgegengehalten werden, wenn er auf der Ausübung beharrt (B I V 4). Das Vorkaufsrecht ist auch ausübbar bei Veräußerung von Bruchteilen an Miteigentümer, gleich, ob deren A n t e i l ebenfalls dem Vorkaufsrecht unterliegt oder nicht. Das gilt auch, wenn bei einer Teilungsversteigerung ein Gemeinschafter den Zuschlag erhält. Der Begriff des „Dritten" i n § 504 BGB hat keine weitergehende Bedeutung (BV). Bildet eine Veräußerung einen Vorkaufsfall, so braucht der Berechtigte eine nachträgliche Änderung nicht hinzunehmen. Er kann auch zu den zunächst wirksam vereinbarten Bedingungen ausüben (B VI). Ein Verzicht auf das obligatorische Vorkaufsrecht ist aufzufassen als die Ablehnung des i m Vorkaufsvertrag enthaltenen Angebots. Er ist daher stets einseitig möglich; eines Erlaß Vertrages bedarf es nicht (C I).
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Dasselbe gilt für den Verzicht auf die Ausübung eines dinglichen oder auch gesetzlichen Vorkaufsrechts, weil durch sie der Berechtigte dieselbe Rechtsstellung erhält wie der Adressat eines Vertragsangebots (CII).
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194 Wolff
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Würdinger, Hans: Die privatrechtliche Anwartschaft als Rechtsbegriff, München 1928. Zachariä v. Lingenthal, K a r l Eduard: Geschichte des griechisch-römischen Rechts, 3. Aufl., Berlin 1892.
Entscheidungsverzeichnis (z. T. m i t Parallelfundstellen)
1. RG III III V V V II II V V V
87/86 146/04 71/05 370/05 107/07 224/07 120/08 194/08 328/08 209/10
v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.
5.10.1886 4.11.1904 4. 3.1905 21. 2.1906 9.11.1907 19.11.1907 13.10.1908 17.10.1908 24. 1.1910 4. 3.1911
V I II II V
427/11 150/11 145/12 76/12 269/13
v. 23.11.1911 V. 27. 3.1912 v. 14. 6.1912 v. 25. 6.1912 v. 22.11.1913
V V VI V V V
140/16 50/18 254/18 323/19 320/20 158/21
v. 1. 7.1916 V. 26. 6.1918 v. 25.11.1918 v. 17. 1.1920 v. 15.12.1920 v. 12.10.1921
V V V V III IV V IV V
253/21 400/21 392/22 472/22 391/22 274/23 400/23 488/24 162/24
v. 4. v. 25. v. 5. v. 24. v. 1. v. 21. v. 23. V. 12. v. 18.
V
531/24
v. 21. 3.1925
V V V V
472/24 352/24 197/25 148/25
v. 28. 3.1925 V. 25. 4.1925 V. 4.11.1925 V. 27. 2.1926
RGZ 26, 155 RGZ 59, 132 RGZ 60, 225 = J W 1905, 230 RGZ 62, 411 RGZ 67, 42 = J W 1908, 68 L Z 1908, 234 Recht 1908, Rspr. Nr. 3777 RGZ 69, 281 RGZ 72, 385 J W 1911, 448 = SeuffA 66 (1911), S. 396 (Nr. 205) RGZ 77, 415 RGZ 79, 156 J W 1912, 858 = Recht 1912, Nr. 2523 RGZ 79, 434 Warn. 1914, S. 75 (Nr. 50) = SeuffA 69 (1914), S. 237 (Nr. 127) RGZ 88, 361 RGZ 93, 219 RGZ 95, 5 RGZ 98, 44 RGZ 101, 99 = D J Z 1921, Sp. 368 J W 1922, 218, m. A n m . Stampe = BayZ 1922, 18 = SeuffA 77 (1923), S. 112 (Nr.
66)
13*
2.1922 2.1922 7.1922 2.1923 6.1923 2.1924 2.1924 2.1925 2.1925
RGZ 104, 42 RGZ 104,122 SeuffA 78 (1924), S. 25 (Nr. 14) RGZ 106, 320 RGZ 107, 39 RGZ 108, 83 RGZ 108, 91 RGZ 110, 184 J W 1925, 2128, m. A n m . Stillschweig = HRR 25, 569 = B a y Z 1925, 245 RGZ 110, 327 = J W 1925, 1111, m. Anm. Jeschke, Stillschweig L Z 1925, 546 RGZ 110, 409 RGZ 112, 67 J W 1926, 2628
196
Entscheidungsverzeichnis
V V V
409/25 487/25 145/26
v. 3. 5.1926 v. 23. 6.1926 v. 15.11.1926
I VI
196/26 10/27
v. 1. 6.1927 v. 7. 7.1927
I VI VI III VI VIII VIII VI VII VB IV VII VIII II V II III
70/27 443/27 387/27 5/28 63/28 388/28 170/29 734/28 184/29 6/30 320/30 2/32 145/32 451/31 295/33 203/34 261/34
v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.
V V III V V V V IV II II VII VIII III VI III
488/34 294/35 339/35 251/36 297/36 296/36 26/37 6/39 97/41 96/41 94/92 96/42 117/42 27/43 48/43
v. 29. 5.1935 v. 12. 6.1936 v. 21. 8.1936 v. 10. 4.1937 v. 21. 4.1937 v. 28. 4.1937 v. 26. 6.1937 v. 9.10.1939 v. 24. 11.1941 v. 30. 3.1942 v. 4. 12.1942 v. 12. 12.1942 v . l l . 3.1943 v. 13. 8.1943 v. 26. 8.1943
17. 9.1927 16. 2.1928 10. 5.1928 6. 6.1928 2. 7.1928 14. 2.1929 17. 6.1929 11. 7.1929 5. 11.1929 3. 5.1930 9. 2.1931 15. 4.1932 13. 6.1932 14. 10.1932 14. 2.1934 5. 2.1935 8. 3.1935
L Z 1926, 698 RGZ 114, 155 J W 1927, 1516, m. A n m . Stoll = L Z 1927, 247 = JR-Rspr. 1927, Sp. 135 f. (Nr. 234 = 391) = SeuffA 81, S. 195 (Nr. 93) = Warn. 1927, S. 17 (Nr. 12) Recht 1927, Rspr. Nr. 1974 RGZ 118, 5 = J W 1927, 2413, m. A n m . Oertmann SeuffA 81 (1927), S. 360 (Nr. 217) HRR 1928, Nr. 1288 RGZ 121, 137 Warn. 1928, S. 242 (Nr. 123) RGZ 121, 367 RGZ 123, 265 = H R R 1929, Nr. 1007 RGZ 125, 123 = H R R 1929, Nr. 1906 RGZ 125, 261 = J W 1929, 3292 RGZ 126, 123 RGZ 128, 246 RGZ 132, 6 RGZ 136, 132 RGZ 137, 29 HRR 1933, Nr. 913 J W 1934, 2545 Warn. 1935, S. 112 (Nr. 54) SeuffA 89 (1935), S. 298 (Nr. 142) = Recht 1935, Rspr. Nr. 7909 RGZ 148, 105 = J W 1935, 2617 SeuffA 90 (1936), S. 330 (Nr. 155) DNotZ 1936, 904 RGZ 154, 304 RGZ 154, 355 RGZ 154, 370 = J W 1937, 2037 RGZ 155, 172 Recht 1940, Rspr. Nr. 427 RGZ 168, 204 RGZ 169, 65 RGZ 170, 203 RGZ 170, 208 DR 1943, 705 = D N o t Z 1943, 152 RGZ 171, 185 DR 1944, S. 31 (Nr. 13) = DNotZ 1944, 32
2.0GH II
ZS
51/48
v. 27. 1.1949
II Ha
ZS ZS
94/48 164/40
v. 2.11.1949 v. 31. 5.1950
O G H Z 1, 327 = N J W 1949, 425 = A c P 149, 545, m. A n m . A l b e r t y O G H Z 3, 44 = N J W 1950, 224 DNotZ 1951, 124, m. A n m . Hense
3. BGH V
BLw
60/53
v. 16. 2.1954
B G H Z 12,286
Entscheidungsverzeichnis V
ZR
145/52
v. 23. 4.1954
V
ZR
18/53
v. 4. 6.1954
IV V V V
ZR ZR ZR ZR
128/54 223/54 6/55 178/54
v. v. v. v.
I ZR V I I I ZR ZR IV
105/55 71/56 183/56
v. 14.12.1956 v. 29. 1.1957 v. 13. 2.1957
V
ZR
125/55
v. 20. 2.1957
V
ZR
198/55
v. 15. 6.1957
II V
ZR ZR
15/56 156/55
v. 27. 6.1957 v. 10. 7.1957
ZR IV V I I I ZR
93/57 2/57
v. 13. 7.1957 v. 14. 1.1958
V V V V
ZR ZR ZR ZR
51/57 103/58 29/59 191/58
v. v. v. v.
V
ZR
105/59
v. 15. 6.1960
V
ZR
80/59
v. 25. 1.1961
V ZR V I I I ZR
6/60 43/60
v. 31. 1.1961 v. 1. 2.1961
V
ZR
36/60
v. 3. 5.1961
V
ZR
123/60
v. 23. 5.1962
21.10.1954 14. 7.1956 3. 10.1956 14.11.1956
17. 12.1958 9. 1.1960 27. 4.1960 15. 6.1960
197
B G H Z 13, 133 = N J W 1954, 1035 = L M 504, Nr. 1 = B B 1954, 425 = D N o t Z 1954, 385 B G H Z 14, 1 = N J W 1954, 1442 = L M § 1 PrÜVO, Nr. 1 = L M § 504, Nr. 2/3 = B B 1954, 703 = D B 1954, 820 = DNotZ 1954, 532 B G H Z 15, 102 B G H Z 21, 319 DNotZ 1957, 16 W M 1957, 554 = L M § 1098, Nr. 2 = L M § 505, Nr. 1 = J Z 1957, 307 = B B 1957, 351 = DNotZ 1957, 306 B G H Z 22, 347 B G H Z 23, 175 B G H Z 23, 293 = N J W 1957, 672 = L M § 1204 Nr. 1 B G H Z 23, 342 = N J W 1957, 830 = L M § 510, Nr. 1 = B B 1957, 351 = D N o t Z 1957, 307 = W M 1957, 521 W M 1957, 1162 = L M § 1098, Nr. 3 = L M § 504, Nr. 4 = B B 1957, 731 = Betr. 1957, 967 = D N o t Z 1957, 654 B G H Z 25, 47 = N J W 1957, 1358 D N o t Z 1957, 657 = N J W 1957, 1476 = L M § 1098, Nr. 4 = JZ 1957, 578 = B B 1958, 1152 = W M 1957, 1161 B G H Z 25, 174 = W M 1957, 1184 M D R 1958, 234 = L M § 504, Nr. 5 = JZ 1958, 167 = Betr. 1958, 193 = W M 1958, 68 B G H Z 29, 107 = W M 1959, 350 W M 1960, 551 = D N o t Z 1960, 551 B G H Z 32, 225 B G H Z 32, 375 = N J W 1960, 1805 = M D R 1960, 751 = B B 1960, 887 B G H Z 32, 383 = N J W 1960, 1808 = M D R 1960, 751 = B B 1960, 807 = Betr. 1960, 1124 = W M 1960, 944 = L M § 504, Nr. 6 B G H Z 34, 200 = W M 1961, 543 = N J W 1961, 775 = B B 1961, 311 = Betr. 1961, 404 = Warn. 1961, Nr. 15 W M 1961, 353 W M 1961, 531 = M D R 1961, 498 = L M § 504, Nr. 7 B G H Z 35, 146 = N J W 1961, 1669 = M D R 1961, 672 = JZ 1961, 665 = B B 1961, 738 = DNotZ 1961, 544 = W M 1961, 755 u. 840 B G H Z 37, 147 = N J W 1962, 1344 = M D R 1962, 644 = L M § 1094, Nr. 5 = DNotZ 1963, 235 = W M 1962, 747
198
Entscheidungsverzeichnis
V
ZR
157/60
v. 20. 6.1962
V
ZR
8/61
v. 28. 9.1962
V
ZR
41/62
v. 11.12.1963
B L w 31/63 V V I I I Z R 143/62
v. 4. 2.1964 v. 4. 3.1964
II V V
ZR ZR ZR
32/62 62/63 26/63
v. 21. 1.1965 v. 13. 7.1965 v. 16.11.1965
II V V V V
ZR ZR ZR ZR ZR
230/63 116/65 177/64 75/65 163/65
v. v. v. v. v.
V V V
ZR ZR ZR
96/64 73/66 157/64
v. 17. 5.1967 v. 26. 5.1965 v. 27. 10.1967
V V
ZR ZR
7/65 25/67
v. 15. 5.1968 V . I I . 7.1969
V V V III V VIII
ZR ZR ZR ZR ZR ZR
148/66 115/66 30/67 42/67 2/71 57/72
v. v. v. v. v. v.
3. 3. 10. 21. 28.
2.1966 6.1966 6.1966 4.1967 4.1967
7. 11.1969 14.11.1969 9. 1.1970 2. 7.1970 26. 1.1973 23. 5.1973
W M 1962, 1091 = L M § 505, Nr. 3 = M D R 1963, 974 = Betr. 1962, 1241 M D R 1963, 37 = L M § 433, Nr. 16 = L M § 504, Nr. 8 = B B 1962, 1303 = DNotZ 1963, 230 = W M 1962, 1399 N J W 1964, 540 = L M § 1094, Nr. 6/7 = L M § 504, Nr. 9 = JR 1964, 344 = J Z 1964, 228 = M D R 1964, 309 = B B 1964, 100 = Betr. 1964, 1441 = W M 1964, 231 = Warn. 1963, Nr. 271 N J W 1964, 1677 W M 1964, 487 = L M § 505, Nr. 5 = M D R 1964, 748 = Betr. 1964, 839 = B B 1964, 449 W M 1965, 356 W M 1965, 1178 W M 1966, 72 = M D R 1966, 134 = B B 1965, 1426 = L M § 505, Nr. 6 W M 1966, 511 = B B 1966, 636 W M 1966, 891 W M 1966, 893 N J W 1967, 1605 B G H Z 48, 1 = W M 1967, 529 = N J W 1967, 1607 = M D R 1967, 662 = B B 1967, 648 = L M § 504, Nr. 10 = L M § 1095 Nr. 2 W M 1967, 935 W M 1967, 938 B G H Z 49, 7 = W M 1967, 1172 = N J W 1968, 104 = M D R 1968, 137 = J Z 1968, 22 = B B 1967, 1355 = L M § 504, Nr. 11 W M 1968, 1088 W M 1969, 1176 = N J W 1969, 1959 = N J W 1970, 98 m. A n m . W i n k l e r B G H Z 53, 52 = L M RSG, Nr. 14/15 W M 1970, 321 = D N o t Z 1970, 423 W M 1970, 493 W M 1970, 1315 B G H Z 60, 275 = W M 1973, 644 N J W 1973, 1365 = W M 1973, 1173 4. RFinH
II II II
A A A
136/23 211/26 93/28
v. 14. 7.1923 v. 24. 9.1926 v. 10. 7.1928
R F i n H 12, 278 J W 1927, 1447, m. A n m . Bergschmidt J W 1928, 3071
5. Obergerichte O L G Jena — o. Az. v. 28. 8.1900 K G - - o. Az.
v. 7. 1.1901
O L G 1, 293 = SeuffA 56 (1901), S. 125 (Nr. 72) O L G 2, 73
Entscheidungsverzeichnis O L G Colmar — o. Az. OLG Frankfurt — o. Az. OLG Frankfurt — o. Az. K G — I X 193/08 K G —1X395/10 BayObLG — I I I 42/11 O L G München — o. Az. O L G Hamburg — o. Az. BayObLG — o. Az. O L G München — L 167/18 K G —1X268/18 O L G Dresden — o. Az. K G —1X105/21 K G — 1 X329/22 O L G Naumburg — 7 U 235/25 BayObLG — I I I 18/26 BayObLG — I I I 86/26 O L G Breslau — 17 U 184/28 O L G München — 5 U 124/41 O L G Stuttgart — Rev. 13/47 O L G Celle — 1 W x 1/49 BayObLG — 2 Z 30 u. 31/58 OLG Frankfurt 1 W x 5/60 O L G Celle — 4 U 108/62 O L G Düsseldorf 9 U 63/65 O L G Nürnberg 4 U 146/68
199
v. 2. 6.1905
O L G 11, 304
v. 30.11.1906
O L G 16, 412
v. 11. 6.1907 v. 15. 6.1908 v. 31.10.1910
Recht 1908, Rspr. Nr. 488 K G J 36, A 212 K G J 40, A 133
v. 2. 6.1911
Recht 1911, Rspr. Nr. 2524
v. 22. 2.1912
O L G 25, 15
v. 23. 1.1914
O L G 33, 288
v. 13.10.1915
O L G 32, 59
v. 4. 6.1918 v. 16. 1.1919
J W 1919, 257 m. A n m . Feuchtwanger K G J 51, A 273
v. 3. 8.1919 v. 7. 5.1921 v. 7.12.1922
O L G 40, 35 K G J 53, A 161 O L G 43, 50 = J F G 1, 417
v. 17. 6.1924
JW 1924, 2055
v. 13. 3.1926
J F G 4, 347 = 1926, 155
v. 29.10.1926
JW 1927, 1432, m. A n m . Stillschweig = BayObLGZ 25, 390 = H R R 1927, Nr. 264
v. 21. 2.1929
JW 1929, 1997, m. A n m . Reinhard
v. 7. 7.1941
HRR 1942, Nr. 346
v. 14. 5.1947
DNotZ 1950, 61
v. 1. 3.1949
N J W 1949, 548 = Nds. Rpfl. 1949, 89
v. 27. 6.1958
DNotZ 1958, 639
v. 22. 1.1960
Rpfl. 1960, 297, m. A n m . Haegele
v. 23.10.1962
N J W 1963, 352 = Nds. Rpfl. 1963, 17
v. 14. 6.1967
M D R 1967, 1014
v. 26. 3.1969
DNotZ 1970, 39
O L G 45, 182 =
BayZ
200
Entscheidungsverzeichnis 6. Andere
Gerichte
L G Verden — 1 a T 310/55
v. 31. 8.1955
N J W 1955, 1637 = Rpfl. 1956, 129, m. A n m . Haegele
L G Oldenburg — 3 O 124/58
v. 3.12.1958
N J W 1959, 1090