Das römische Lager zu Kesselstadt bei Hanau

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Germ.sp.

Das

römische

308

y

Lager

zu

Kesselstadt

bei

Hanau

von

Georg

Wolff.

Mit 3 lithographierten Tafeln.

Nebst einem Anhang von Reinhard Suchier: Fundstücke von Kesselstadt,

Mit einer lithographierten Tafel.

Mittheilungen des Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Nr. 13. Selbstverlag des Vereins und in Commission der F. König'schen Buchhandlung (C. Pracht).

Hanau 1890. Druck der J. G. Kittsteiner'schen Buchdruckerei.

26a A

Das

römische

Lager

zu

Kesselstadt

bei

Hanau

von

Georg

Wolff.

Mit 3 lithographierten Tafeln.

Nebst einem Anhang von Reinhard Suchier : Fundstücke von Kesselstadt.

Mit einer lithographierten Tafel.

Mittheilungen des Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Nr. 13.

Bayerische Staatsbibliothek München Hanau 1890. Druck der J. G. Kittsteiner'schen Buchdruckerei .

DEMOTHECA REQIA ONAUTNSTC

Inhalt .

Vorwort I. Veranlassung und Zweck der Ausgrabungen II. Die Ausgrabungen des Jahres 1886 . 1. Das Terrain 2. Strassen in der Gemarkung Kesselstadt 3. Die Mainfurt . 4. Gebäude im Norden des Dorfes 5. Gräber auf dem Salisberge 6. Spuren des Kastells . III. Die Mainbrücke und ihre Zufuhrwege IV. Das Kastell Kesselstadt 1. Gang der Ausgrabungen . 2. Gesamtergebnis der Ausgrabungen am Kastell 3. Entstehungszeit und Bedeutung des Kastells . V. Die Niederlassung auf dem Salisberg 1. Die Villenanlagen 2. Die militärische Station . 3. Verbindungsstrassen nach den Kastellen Rückingen und Kesselstadt VI. Das Grenzland zwischen Kesselstadt und dem Pfahlgraben VII. Die Ergebnisse der Ausgrabungen im Lichte der neuesten Limesforschung Anhang : Fundstücke aus der Umgebung von Kesselstadt

Seite I-II 1 4 4 5 11 13 16 16 19 29 30 50 56 63 63 69 71 75 80 95

Vorwort.

Später als es ursprünglich beabsichtigt war , werden hiermit die Ergebnisse der Ausgrabungen veröffentlicht , welche auf Anregung und unter Leitung des Verfassers in den Jahren 1886 , 87 und 88 in der Gemarkung Kesselstadt und in der unmittelbaren Umgebung der Stadt Hanau auf Kosten des Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde vorgenommen worden sind. in

In den beiden ersten Jahren war der Verein noch

der Lage über den vom Herrn Minister

der geistlichen , Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten , Frhr. von Gossler Exc. , für diesen Zweck bewilligten Zuschuss verfügen zu können. Die letzten Arbeiten dagegen mussten aus den laufenden Einnahmen des Vereins bestritten und daher auf die zur Ergänzung der gewonneuen Resultate unbedingt notwendigen Untersuchungen beschränkt werden. Den zusammenhängenden Ausgrabungen wurden während der genannten 3 Jahre jedesmal die 14tägigen Herbstferien des Gymnasiums gewidmet , und es war ein glücklickes Zusammentreffen ,

dass

es in den Jahren 1886 und 1887

Herrn Architekten Gustav von

Rössler in Nienburg a . W. durch gleichzeitigen Urlaub möglich war , sich an der Leitung der Ausgrabungen wie in früheren Zeiten zu beteiligen . Im Herbst 1888 hielt denselben leider Krankheit den Arbeiten fern ; dagegen wurden dieselben in diesem Jahre durch Herrn Oberstlieutenant Dahm wesentlich gefördert.

Nach Beendigung der zusammenhängenden

Arbeiten hat dann in jedem Jahre der Verfasser , soweit es seine Zeit gestattete , die Ausgrabungen mit einer beschränkten Anzahl eingeübter Arbeiter bis zum Eintreten der ungünstigen Jahreszeit fortgesetzt , was ihm besonders

dadurch ermöglicht wurde ,

dass die

Herren Pfarrer Hufnagel , Bürgermeister Geibel und Lehrer Nuhn , sämtlich in Kesselstadt, ihn durch zeitweilige Ablösung bei der Aufsicht unterstützten . Bei der Aufdeckung der Gebäude auf dem Salisberge endlich hat der Konservator des Vereins , Dr. Suchier , der an derselben Stelle bereits die Ausgrabungen der Jahre 1879 und 1880 geleitet hatte ,

eifrig mitgewirkt.

Ihm ist es besonders zn verdanken , dass alle

dort gefundenen Antikaglien sofort sorgfältig registriert und geborgen wurden , um dem unter seiner Leitung stehenden Vereinsmuseum einverleibt zu werden, wie auch die Provenienz der aus früherer Zeit in dem letzteren vorhandenen Fundstücke zum Teil erst von ihm auf Grund der Akten und Kataloge genauer festgestellt worden ist .

Mit dankenswerter Bereit-

willigkeit hat er sich auf unsere Bitte auch der Aufgabe unterzogen , die in der Umgebung von Kesselstadt gefundenen römischen Münzen ,

Töpfer- und Ziegelstempel , sowie auch die

eingeritzten Inschriften in einem Anhang zu dieser Publikation zusammenzustellen , und , soweit dies nicht schon früher geschehen ist, in genauer Nachbildung wieder zu geben.

II

Von den drei beigegebenen Tafeln hat der Verfasser die erste dadurch hergestellt , dass er alle römischen Fundstätten in der

Umgebung Hanaus ,

soweit das Blatt dieselbe

umfasst , in die vorzügliche kurhessische Generalstabskarte im Massstab 1 : 25000 in roter Farbe eingetragen hat .

Erleichtert wurde

die

Herstellung der Tafel dadurch ,

dass

die

kartographische Abteilung der Kgl. preussischen Landesaufnahme dem Vereinsvorstand auf dessen Bitte die nötige Anzahl von Blättern ohne rote Höhenlinien zu ermässigtem Preise abgelassen hat , so dass nur der rote Ueberdruck nötig war .

Tafel II gibt ebenfalls in roter Farbe

den Grundriss des Kastells und der sonstigen Fundstätten in der unmittelbaren Umgebung von Kesselstadt, eingetragen in eine Kopie der Katasterkarte im Massstab 1 : 3000 , welche für diesen Zweck von der Kgl. Regierung zu Cassel , Abteilung für Domänen und Forsten , bezogen wurde , so dass dadurch der denkbar höchste Grad von Genauigkeit garantiert ist. Für die Originaleintragungen wurden die vom Kgl . Katasteramt zu Hanau bezogenen Blätter im Massstab 1 : 500 und 1 : 1000 benutzt und , wo es nötig war , besondere Messblätter in Grössere Schwierigkeiten grösserem Massstab (1:50 , 1 : 100 und 1 : 200) angefertigt. bereitete die Herstellung zum Teil auf den

der

dritten Tafel mit

den Detailaufnahmen.

Dieselben beruhen

Messungen , welche vom Verfasser gemeinsam mit Herrn von Rössler

im Herbst 1886 und 1887 vorgenommen wurden , einen grösseren Teil aber , besonders der Mauer- , Turm- und Grabenprofile und Grundrisse des Kastells musste der Verfasser allein mit seinen in dieser Hinsicht schwachen Kräften herstellen . Bei der Aufnahme des Grundrisses der Porta principalis sinistra und des nordwestlichen Eckturms durfte er sich der sachkundigen Unterstützung des Herrn Oberstlieutenant Dahm erfreuen. Bei den Messungen überhaupt unterstützten ihn die obengenannten Kesselstädter Herren und ausserdem seine Kollegen, die Herren Marxhausen und Eichenberg sowie Herr Ingenieur Jochmus mit Rat und That. Indem ich allen diesen Herren , sowie meinen Hanauer Freunden , Gymnasialdirektor

Dr. Braun ,

Förderung

meiner

Dr. med . Eisenach

Arbeit

den gebührenden

und

Rentier

Wiedersum

für

mannigfache

Dank ausspreche , führe ich in ihnen zugleich

Gewährsmänner für die Richtigkeit der Eintragungen sowie der Angaben des Textes an.

Frankfurt a. M. , im April 1890 .

Georg Wolff.

Bayerische Staatsbibliothek MUNCHEN

I.

Veranlassung und Zweck der Ausgrabungen .

Die Frage , ob an der Einmündung der Kinzig in den Main die Römer ein Kastell angelegt haben , beschäftigt die Lokalforscher seit dem Anfang dieses Jahrhunderts , ohne dass man in ihrer Lösung bis in die neueste Zeit weitergekommen wäre , als man vor Damals nahm Steiner ( 1834) , ohne irgend einen Anhalt in gemachten

50 Jahren war.

Funden zu haben , aus inneren Gründen an , dass in der Nähe von Kesselstadt eine locus castelli" seinen Namen erhielt. 1) Befestigung gelegen habe , von der das Dorf als Jahre später verwarf von Schlereth , obschon ihm römische Fundstücke aus Kesselstadt und seiner Umgebung bekannt waren , diese Annahme , weil sie seiner auf eine grundlose Sage gestützten Vermutung widersprach, dass das älteste Hanau auf den Trümmern. eines Römerkastells entstanden sei . 2)

Wenige

Im Jahre 1856 schrieb Calaminus seine handschriftlichen lungen zur Hanauischen Geschichte. " ")

Notizen und Abhand-

Inzwischen waren durch die Hochflut vom Jahre 1845

die römischen Fundamente auf der Mainspitze + ) gegenüber der Kinzigmündung und ein Jahr später bei den Erdarbeiten für die Hanau- Frankfurter Eisenbahn ein römisches Totenfeld. am Fusse des Salisbergs zwischen Kesselstadt und der Kinzig aufgedeckt worden.5)

Dies

gab Calaminus Veranlassung , ausser den beiden Kastellen seiner Vorgänger in Hanau und Kesselstadt noch ein drittes auf der ehemaligen Maininsel gegenüber der Kinzigmündung anzunehmen. Calaminus' thatsächliche Angaben sind von üppigen Ranken der Phantasie umwunden, die vor 30 Jahren noch umso besser gediehen , je weniger sichere Kenntnis man von dem System der römischen Befestigungen in Germanien hatte . Dieser Umstand hat die späteren Forscher verleitet, zu wenig Gewicht auf seine Ansichten zu legen , die denn doch auf sorgfältiger und gewissenhafter Beobachtung beruhten und in vielen Hauptpunkten durch unsere neuesten Ausgrabungen eine überraschende Bestätigung gefunden haben .

1) Geschichte und Topographie des Maingebiets und Spessarts zur Römerzeit. 2) In Arnd's Zeitschrift für die Provinz Hanau , I, 3, S. 205 ff.

Darmstadt 1834.

S. 160 .

3) Original in der Bibliothek des Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. 4) Vgl. A. Hammeran, Urgeschichte von Frankfurt a. M. und der Taunusgegend . Festschrift zur XIII. Jahresversammlung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1882. S. 42. 5) Vgl. Hammeran a. a. O. S. 43.

2

Einen neuen Impuls zur Wiederaufnahme der Streitfrage gab die im Jahre 1875 durch den Hanauer Geschichtsverein vorgenommene Nachgrabung auf der Mainspitze. ' )

Duncker

brachte die dort gefundenen römischen Fundamente in Verbindung mit einer zuerst von ihm für die Römerzeit angenommenen Furt über den Main , die er da suchte ,

wo ein Felsgrat

von den Steinheimer Basaltbrüchen her den Strom durchsetzt, der noch vor wenigen Jahren die Schiffahrt hier gegenüber dem Schlosse Philippsruhe gefährdete.2) Das Interesse für die Stätte seiner Nachforschungen verleitete Duncker, die gut verbürgten Nachrichten über Funde in der unmittelbaren Nähe des Dorfes Kesselstadt unbeachtet zu lassen und nur auf dem Salisberge einen mit der Mainspitze korrespondierenden "9 Wachthügel " anzunehmen, der nach ihm wiederum in Verbindung mit dem Kastell Rückingen stand.

Er führte für seine Ansicht

besonders strategische Gründe an, wie dies ebenso gleichzeitig Suchier für die umgekehrte Annahme that ,

dass das Kastell auf der rechten Seite des Main zu suchen sei.3)

Hatten

aber Suchier und mit ihm Rullmann 4 ) ihr Augenmerk vorher fast ausschliesslich auf den Salisberg gerichtet , so trat dieser gegenüber dem Dorfe und seiner Umgebung erst recht in den Vordergrund ,

als auf ihm in den Jahren

1879 und

bezweifelten massiven Fundamente aufgefunden wurden.

Als

1880

die von

aber trotz

Duncker

noch

eifrigen Suchens

sich dort keine Kastellmauern fanden , musste man sich mit der Feststellung der Thatsache begnügen, dass bei Kesselstadt, 99 wenn auch kein Kastell , doch allem Anschein nach eine für militärische Verbindung wichtige Anlage " sich befand. ") zu suchen sei , hatte ich von vornherein

Dass auf dem Salisberg kein Kastell

angenommen und bereits im

Jahre 1880 bei

Besprechung der dort aufgefundenen Gebäude deren nicht militärischen Charakter hervorgehoben. ")

Im Allgemeinen waren wir, wie schon bemerkt, in Beziehung auf die Frage , ob

und wo an der Kinzigmündung ein Kastell vorhanden gewesen sei , nicht weiter als Steiner und Calaminus, nur dass unsere Vermutungen mehr auf thatsächliche Funde gestützt waren . Inzwischen brachten die ersten 5 Jahre des neunten Jahrzehnts durch die endgültige Feststellung der römischen Reichsgrenze südlich und nördlich vom Main sowie durch die

1) Vgl. Hammeran S. 42. Suchier in den Mitteilungen des Hanauer Bezirksvereins Nr. 5 , 1876 , S. 214 ff. Duncker , der römische Mainübergang zwischen Hanau und Kesselstadt. Annalen für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung , XV. Band , S. 281 ff. Dort findet sich auch ein vollständiges Verzeichnis der älteren Litteratur über diese Fundstätte (S. 282). Vgl. auch Duncker , Beiträge zur Erforschung und Geschichte des Pfahlgrabens, 1879, S. 47 ff. 2) A. a. O. S. 281. 8) Mitteilungen des Han. Bezv. Nr. 5, S. 220.

Damals war Suchier der Wahrheit bereits ziemlich nahe

gekommen, indem er für den Fall , dass man auf dem Salisberge keine Kastellmauern finden sollte , es als wahrscheinlich bezeichnete , dass das Dorf Kesselstadt den Platz einnimmt, wo früher die römische Befestigung war (S. 222) . Doch kam er von dieser Vermutung später wieder ab. S. unten Anm . 5. 4) Versuch einer Geschichte des Pfarrdorfs Kesselstadt , 1881 , S. 9 ff. Obgleich Rullmann den Namen Kesselstadt mit Steiner als ,, locus castelli" erklärt, polemisiert er gegen Calaminus , der die nordwestlich vom Dorfe vorkommenden Flurbezeichnungen : ,,Burg",,,Burgrain" und ,,Burggraben" auf römische Anlagen zurückführte. 5) In der Festschrift des Vereins 4 für Hessische Gesch. u. Landesk, zur XXXI. Generalversammlung des Gesamtvereins. 1881 , S. 26. 6) Mitteilungen des Han. Bezv. Nr. 6. S. 200.

Vgl. v. Roessler a. ders. Stelle, S. 193 ff.

Aufdeckung einer ganzen Reihe von Kastellen mehr Licht in unsere Kenntnis der römischen Verteidigungsanlagen , Erfolge

am

als

Grenzwall

es die vorausgegangenen 50 Jahre gethan hatten .

eine Zeitlang

die

Hanauer

Forscher vom

Lenkten die

Hinterland

und

dem

interessanten Platze am Mainknie ab, so musste sich ihre Aufmerksamkeit dieser Stelle sofort wieder zuwenden ,

als

an der Grenze die Hauptarbeit gethan war , und es nun galt , die

rückwärtige Verbindung der Grenzkastelle mit den Centren römischen Lebens am Rhein und Taunus zu untersuchen. Ich habe

schon im Jahre 1884 in

einem im Hanauer Geschichtsverein

gehaltenen

Vortrag, der dann in der Didaskalia¹ ) seinem Hauptinhalte nach wiedergegeben wurde , aus dem ganzen System der Mainbefestigungen und einer Reihe von Thatsachen den Schluss dass vor der Anlage des Wetterauischen Grenzwalls , den ich nicht mit einigen Forschern 2 ) für einen der ältesten , sondern für den allerjüngsten Teil des ganzen Werkes halte , der Main bis Steinheim die Grenze bildete , und dass dann in seiner Verlängerung eine aus einer Strasse mit Kastellen und vielleicht auch Türmen bestehende Grenzlinie nach gezogen ,

Friedberg führte , sammenstiess .

in

dessen

Nähe

sie

mit der

sicher frühe

angelegten

Taunuslinie

zu-

War meine Hypothese richtig , so musste am Mainknie bei Hanau das Endkastell der Mainlinie zu suchen sein , ob auf der linken oder rechten Seite , bei Steinheim oder bei Kesselstadt , das wagte ich vorläufig nicht

zu entscheiden .

Doch war ich eine Zeitlang

geneigt , es mit Duncker auf der Mainspitze bei Steinheim zu suchen. Herbst 1886 Nachforschungen in der Gemarkung Kesselstadt begann , Absicht , ein Kastell Kesselstadt zu suchen , verbindung nach Norden zu forschen und

Als ich daher im

war es

nicht

meine

sondern vor allem nach Spuren der Strassendaneben Anhaltspunkte für die Lage und Aus-

dehnung der von mir nicht nur auf dem Salisberge, sondern vor allem auch in der unmittelbaren Umgebung des Dorfes Kesselstadt und in diesem selbst vermuteten römischen Niederlassung zu gewinnen . Zu meiner Freude fand ich mich darin in vollkommener Uebereinstimmung mit meinem Freunde Architekt G. von Rössler ,

der ,

wie früher

von Nienburg herbeigeeilt war , um an den Ausgrabungen teilzunehmen .

bemerkt ist,

Ueberzeugt , dass

bei den früheren Nachforschungen die detaillierte Untersuchung einzelner Fundstellen zwar sehr schätzenswerte Bereicherung des Museums , aber wenig Aufklärung über Grösse und Bedeutung der ganzen Anlage gebracht hatte, beschlossen wir , uns diesmal den am meisten versprechenden Fundstätten , über deren Anbau in römischer Zeit ja ohnehin kein Zweifel obwalten konnte , fernzuhalten und vielmehr die bisher zweifelhaften Stellen , Peripherie des in Betracht kommenden Gebiets ,

zumal an der

einer Untersuchung zu unterwerfen .

Wir

haben es nicht bereut , so nach einem bestimmten System gearbeitet zu haben : so wenig

1 ) Jahrgang 1884 , Nr. 171. Vgl . E. Hübner , Neue Studien über den römischen Grenzwall in Deutschland, 1885 , S. 59 (37 ) , und meine Berichte in der Berliner philologischen Wochenschrift, 1884 , Nr. 52 , S. 1654 und 1888, Nr. 10, S. 315. 2) So besonders Felix Dahn, Urgeschichte der germ . und roman. Völker , II , 442 ff.

Der Grund für diese

Annahme ist die zweifellos richtige Ansicht , dass das Maingebiet frühe von den Römern besetzt und durch eine befestigte Grenzlinie gesichert wurde. Verkehrt aber ist der Schluss , dass diese Grenzlinie gerade der von uns heute vorzugsweise als Limes bezeichnete Wetterauische Grenzwall war.

imponierend Art und Menge der für das Museum geeigneten Fundstücke sind , so erfreuliche Resultate

haben

wir

für

die

Bestimmung

der

Topographie

des

römischen

Kesselstadt

gewonnen.

II .

Die Ausgrabungen des Jahres 1886 .

1. Das Terrain . Während das Gebiet zwischen dem Main und der unteren Kinzig , auf dem die Stadt Hanau entstanden ist , vollkommen flach ist , und vor Alters von mehreren Armen des letzteren Flusses durchschnitten war, die man bei der Erbauung und Vergrösserung der Stadt für die Festungsanlagen verwendete , ist das rechte Kinzigufer nördlich und nordwestlich von der Stadt von einer Bodenanschwellung begleitet , welche ausserhalb der Hochwassergrenze noch zu Anfang dieses

Jahrhunderts

die

Frankfurt - Leipziger

der Aepfelallee ( Taf. I, 20) nach dem Neuhof hin ,

Strasse

trug und ,

wie die an

sowie östlich vom Teich und nahe der

Vorstadt (Taf. I, 18) aufgefundenen Reste bezeugen, auch von den Römern als Verbindungsweg zwischen

ihrer Niederlassung

am

Salisberg und

der bei Rückingen

benutzt wurde .

Westlich von der Stadt tritt die Bodenanschwellung mehr von der Kinzig zurück, in welche sich kurz vor ihrer

Mündung von Norden her der ( vulgo „ die " )

Unmittelbar westlich über demselben

erhebt

nur in

zu

einer so

flachen Landschaft

dem

„ Krebsbach "

ergiesst.

sich flach ansteigend der breite Rücken , der prunkhaften Namen „ Salisberg " (Taf. I , 10)

kommen konnte. ¹) Ueber ihn zieht sich von NO . her der Verbindungsweg zwischen der Altstadt Hanau und Kesselstadt , der sog. „ Salisweg. " Er überschreitet nordwestlich vom Dorfe auf einem Brückchen die „ Lache " , ( Taf. I zwischen 10 und 11 ) eine die Gemarkung von Kesselstadt in weitem Bogen von N.W. nach S.O. durchziehende sumpfige Niederung, in der man ein altes Flussbett erkennt . Jenseits derselben nach S. W. breitet sich eine zweite Anhöhe aus, die, ausgedehnter als der Salisberg , nahe an den Main herantritt und hier auf ihrer südlichen Hälfte das Dorf Kesselstadt trägt , während nach Norden hin gegenüber dem Salisberg sich Obststücke ganz allmählich zur Lache senken

(Taf. I, 11. ) .

Abgesehen vom

Salisweg wird die Lache noch an zwei andern Stellen von Strassen überdämmt , da wo die beiden am Ende des vorigen Jahrhunderts

angelegten

schnurgeraden Alleen von Schloss

Philippsruhe nach Norden, die Kastanienallee zur Fasanerie , die Pappelallee nach Wilhelmsbad führen. anf?

Der Damm

der Kastanienallee

ist

offenbar nur für diese

angelegt ;

neben der

Pappelallee aber fällt westlich noch ein ca. 5 Meter breiter Damm (Taf. I, 12) , durch den nur ein ehemals hier überbrückter Wassergraben den westlichen , „ Weiher " den östlichen Teil der Lache verbindet .

genannten , und

Nördlich von der Lacheniederung durchschneiden

1) Der ,,Salis" ist der bei den Ortsinsassen übliche Name , den ich daher beibehalte. Die Bezeichnung der Flurkarte ,,Sailochswiesen" ist mir bei meinem Verkehr an Ort und Stelle nicht entgegengetreten . Ueber die Etymologie ist viel gestritten (man vgl. bes . Duncker , Beiträge zur Erforschung und Geschichte des Pfahlgrabens, 1879 , S. 52 ff. und Hammeran, Urgeschichte, S. 45, Anm. 1 ) . Ich unterlasse es, zu den aufgestellten Hypothesen eine neue hinzuzufügen .

5

beide Alleen die alte Frankfurt - Leipziger Strasse und nach den Uebergängen über die Frankfurt - Hanauer Bahn die nach Kreuzungspunkt mit der

Hochstadt

Kastanienallee

an

führende

Chaussee ,

der westlichen

von der

Fasaneriemauer

nahe dem entlang die

Wilhelmsbader Allee (Taf. I, 4) führt , auf die wir bei unsern Ausführungen noch vielfach zurückkommen werden .

So ist die Feld- und Waldflur von Kesselstadt, die sich bis an die

Thore Hanaus und über Wilhelmsbad hinaus erstreckt , von Verkehrswegen durchschnitten wie wenige andere Striche unseres Vaterlandes.

Mehr noch aber als die modernen Land-

strassen , wenn auch sie häufig noch die Richtung uralter Verkehrswege einhalten , kommen bei Untersuchungen wie die unsrige die Wald- und Feldwege in Betracht , zumal wenn sie in ihrer Struktur und einer für ihre heutigen Zwecke unverhältnismässigen Breite Spuren einstiger grösserer Bedeutung zeigen.

2. Strassen in der Gemarkung Kesselstadt .

also

Den dicht dicht

Ausgang an

unserer

den

früher

Untersuchungen aufgedeckten

bildete

römischen

der

jenseits

Fundamenten ,

der vom

Lachebrücke , „ Saliswege "

abzweigende sog. „ Bäumelsweg. " (Taf. I, 1. ) Dieser , heute ein Feldweg , durchneidet das erhöhte Terrain zwischen der Lache und den Felsenkellern nach einer vorübergehenden Ausbiegung nach Westen in geradliniger nordwestlicher Richtung, deren Verlängerung jenseits der Frankfurter Strasse und des Bahnkörpers der Hess . Ludwigsbahn noch heute durch einen 10 Meter breiten ,

z. T.

als Ackerland bebauten ,

z. T.

als Trift brach liegenden

erhöhten Strich Landes (Taf. I, 2) markiert ist, während jenseits der Kastanienallee bis zur Hochstädter Strasse ein Feldweg (Taf. 1, 3) die Richtung geradlinig fortsetzt , welche von da an durch die an der Fasaneriemauer entlang führende Wilhelmsbader Allee (Taf. 1 , 4) aufgenommen wird. S.W. abbricht ,

Da , wo diese dicht am Wilhelmsbader Park im rechten Winkel nach

folgt an der Grenze des Parks zwischen diesem und den Sandgruben ein

chaussierter Weg (Taf. I, 6) der geradlinigen Richtung , der in seinem nördlichsten Teile durch Gruben unterbrochen ist.

Endlich wird dieselbe Richtung wieder aufgenommen von

dem von Wilhelmsbad zunächst fast nördlich nach Wachenbuchen führenden Waldwege , der da, wo er an der Grenze der Distrikte , Winkellache " und " Buchenhege " von einem west-östlich ziehenden Wege gekreuzt wird , in schnurgerade nordwestliche Richtung übergeht , der er 700 Schritte weit folgt.

Von der Stelle

an, wo er nahe den in der Karte als

Burg der

von Buchen" bezeichneten Burgresten nur einige Schritte nach Westen abbiegt , hält der ihn bisher östlich begleitende Wassergraben noch auf weitere 700 Schritte die alte Linie ein. Erst am Ende des Waldes wendet sich der Weg entschieden nach Westen , um das Dorf Wachenbuchen zu erreichen . letzteren wiederum

Höchst charakteristisch aber ist es, dass von dem Ostende des

ein Feldweg nach N.O. als Hochweg

die

Anhöhe hinauf zieht , der

wiederum in der Verlängerung unserer Strassenlinie in die Richtung derselben übergeht, und diese 2500 Schritte weit beibehält bis zu der Stelle , wo er die

Hohe Strasse" erreicht,

die, wiederum sehr bezeichnend, hier aus ihrer von Heddernheim über Bergen beibehaltenen nordöstlichen Richtung im stumpfen Winkel in eine mehr ost-nord-östliche übergeht .

Nun

liegt aber nahe dem Punkte, wo wir den Waldweg unsere Richtung wieder aufnehmen sahen, östlich mitten im Walde die Stelle (Taf. I, 8) ,

wo im Jahre 1880 ein Kistengrab gefunden

wurde , welches im Vereinsmuseum aufbewahrt wird.¹ )

Auf dieselbe Linie weist auch ein

Bericht des Hanauer Magazins vom Jahre 17802) über die bei Anlegung des neuen Mittelbuchener Weges gefundenen römischen Reste hin ( Taf. I, 7) . Die Kombination aller dieser Beobachtungen legte die Annahme nahe, dass eine römische Strasse vom Salisberge geradlinig nach N.W. zur

Hohen Strasse " geführt habe , welche letztere

allgemein als römische Verbindungsstrasse von Heddernheim nach dem Grenzwall angesehen wird , und dass im Bäumelswege , der nach alten Karten im vorigen Jahrhundert sich noch ununterbrochen bis zur Hochstädter Chaussee erstreckte , Reste dieser Strasse erhalten seien . Eine nähere Besichtigung dieses Bäumelsweges ergab, dass an seiner nordwestlichen Seite die Grenzsteine ihm in einer mehrere Schritte erklärte ,

dass

er

auf einem

schmälerten Wege hinführte ,

entfernten geraden Linie ehemals breiteren ,

parallel laufen ,

was

sich nur so

durch Ausdehnung des Ackerlandes ver-

dessen Breite von ca. 8-10 Meter sich noch durch die sicht-

bare Erhöhung des Bodens erkennen liess .

Für die Richtigkeit dieser Annahme sprach der

Umstand , dass die Stücke der Aecker zwischen den Grenzsteinen und dem Wege Gemeindeeigentum sind. erwarten ,

Die Erhöhung des

erwähnten

Striches gegen das umliegende

dass in ihm noch ein fester Strassenkörper zu finden sei .

Feld liess

War aber hier eine

alte chaussierte und auf so grosse Entfernungen hin geradlinig verlaufende Strasse vorhanden , so war ihr römischer Ursprung auch abgesehen von den Funden , die auf diese Vermutung geführt hatten, mehr als wahrscheinlich, da die Anfänge regelmässigen Strassenbaues in der Grafschaft Hanau nicht über das 7te Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts zurückreichen , die Benutzung des Bäumelsweges als Strasse aber sicher vor diese Zeit fallen muss.3) Die Untersuchung des Bäumelsweges war also unsere erste Aufgabe .

Auf der erwähnten

Trift dicht an der Kastanienallee ( Taf. I , 2) wurde am 28. Sept. 1886 der erste Einschnitt in die angenommene Strassenrichtung gemacht. Er ergab, dass ein chaussierter Weg vorhanden gewesen, aber in seinen oberen Lagen offenbar früher zerstört war . Die Stelle war insofern ungünstig, als hier Terrain abgehoben war, sei es dass es gedient hatte, um die nahe dabei befindlichen ehemaligen Lehmgruben auszufüllen , oder dass es beim Anlegen der Kastanienallee benutzt worden war. Daher war auch hier gerade die dammartige Erhöhung am wenigsten bemerkbar.

Näher dem Bahukörper , wo junge Bäumchen

an Stelle der früher

vorhandenen die Richtung des ehemaligen Weges anzeigen, tritt derselbe auf einem Kleeacker deutlich hervor.

Erst später haben wir dort graben können ,

und da fanden wir wirklich

einen festen Strassenkörper ganz ähnlich der Stelle gebaut, zu deren Beschreibung wir nunmehr übergehen. Dass der Bäumelsweg der letzte Rest einer alten chaussierten Strasse sei , war klar gestellt.

1) Vgl. Mitteilungen des Hanauer Bezirksvereins, Nr. 6, 1880, S. 216 . 2) Han. Magazin, Stück 25. Die Stelle ist ziemlich genau bestimmt durch die Angabe, dass die Sachen beim Bau der neuen Mittelbuchener Chaussee dicht hinter Wilhelmsbad gefunden sind . Diese Chaussee wird aber ebenfalls dicht hinter Wilhelmsbad von unserer Strasse gekreuzt. Besonders wichtig ist die bestimmte Angabe , dass zwei Münzen von Commodus gefunden wurden. Lässt nun auch bezüglich der übrigen Gegenstände, wie dies fast bei allen Fundberichten aus dem vorigen Jahrhundert der Fall ist , die Terminologie an Klarheit zu wünschen. übrig, so ist doch kein Grund vorhanden, ihren römischen Ursprung zu bezweifeln . 3) Vgl. Arnd's Zeitschrift für die Provinz Hanau I, 3, S. 239.

7

Inzwischen wurde uns die Mitteilung gemacht , dass auf dem westlich der Wilhelmsbader Allee gelegenen, zur Domäne Wilhelmsbad gehörigen Acker (Taf. I, 5 ) , an welchen sich jenseits des nach Wilhelmsbad führenden Fusspfads die Steinwiese " (zwischen 5 u. 6) anschliesst , dicht unter dem Boden ein breiter , steiniger Streifen hinziehe. Die von dem Pächter der Domäne , Herrn Schultheiss , bereitwillig gegebene Erlaubnis ermöglichte es, eine Untersuchung des angegebenen Ackers vorzunehmen .

Wir erkannten bald , dass die Längs-

richtung des steinigen Striches von der Wilhelmsbader Allee und der Fasaneriemauer , welche die Richtung des Bäumelsweges fortsetzen, in einem Winkel von 45° abwich, dessen Scheitel genau westlich vom Vereinigungspunkt des Wiesenpfades und der Allee an dem Brückchen des die Fasanerie durchschneidenden Wassergrabens lag. (Taf. III , 6a )

Fünf Querschnitte

ergaben im Wesentlichen dasselbe Profil (Taf. III , 6b) , nur dass der Strassenkörper nahe dem erwähnten Scheitelpunkte weit besser erhalten war als südlich in der Richtung der Hochstädter Strasse , was sich daraus erklärt, dass dort Terrain abgetragen ist , sumpfige

Stelle der

angrenzenden

Wiese

auszufüllen.

7,20 Meter breit war und zu beiden Seiten Strassensohle noch 0,50 Meter vertieften ,

Der

Strassenkörper ,

um eine

der

unten

einen je 1,80 Meter breiten und gegen die

unten flachen Graben hatte , ¹)

dessen Profil im

Querschnitt an den Bodenschichten deutlich erkennbar war, bestand in der Mitte 3,60 Meter breit, aus einer unmittelbar auf fettem Lettenboden aufgelegten Packung von 0,25 Meter hohen in der Breite von 0,10 bis 0,50 Meter wechselnden Basaltbruchsteinen , hohe Kante gestellt waren.

die auf die

Darüber lag eine ca. 0,20 Meter hohe Schicht von faustgrossen

1) 8 m (ohne Gräben , mit diesen 11 m) scheint die in unserem Grenzlande übliche durchschnittliche Breite der Militärstrassen gewesen zu sein. Nach von Cohansen (Grenzwall, S. 140) ist der vor der Saalburg nach Heddernheim verlaufende Pflasterweg ohne Gräben 7,50 m breit. Hammeran gibt die Breite der Hauptstrasse Castel-Praunheim-Okarben ,, an Stellen , wo sie noch in ihrer ganzen Mächtigkeit erhalten ist ," auf 11 m an. (Urgeschichte, S. 22. ) Der hinter dem Pfahlgraben verlaufende Weg wurde von uns als ein 7,50 m breiter Kiesweg festgestellt. (Wolff-Dahm, der römische Grenzwall bei Hanau, S. 22 ff. und Dahm, Uebergang des Limes über den Doppelbiergrabensumpf in der Bulau bei Hanau. Westd. Zeitschr. VII, S. 61 mit Tafel 1. ) Die dort gegebenen Profile zeigen , wie wenig die heute bemerkbaren Reste römischer Strassen massgebend für die Bestimmung der ursprünglichen Breite sind. Nur Durchschnitte und durch sie gewonnene Profile können hier entscheiden . Es ist eine der dringendsten Aufgaben der Lokalforschung , überall da , wo sich Gelegenheit bietet , die als römisch erkannten Wege nach ihrer Beschaffenheit gründlich zu untersuchen. Dann werden allmählich solche Gegensätze in der Auffassung dieser wichtigen Forschungsobjekte , wie sie sich neuerdings zwischen Näher (Die römischen Militärstrassen und Handelswege in Südwestdeutschland, in Elsass-Lothringen und in der Schweiz , Strassburg 1887, 2. Aufl . 1888 ) und Miller (Das römische Strassennetz in Oberschwaben , Schriften des Vereins für Gesch. des Bodensees, XIV. Heft, 1885 , S. 1 ff. ) geltend machen, allmählich schwinden. Man vgl . meine Besprechungen der Näher'schen Arbeit in der Berliner philologischen Wochenschrift 8. Jahrg. 1888 , Nr. 4 , S. 114 ff. und besonders 9. Jahrg. 1889, Nr. 6, S. 185 f. Die von Näher auf Grund der theoretischen Ausführungen Berger's ( Ueber die Heerstrassen des römischen Reiches. Programm der Luisenstädtischen Gewerbeschule. Berlin 1882 ) aufgestellte Forderung , nur solche Strassen als römische Militärstrassen anznerkennen , die in den bekannten Itinerarien vorkommeu, hat für das rechtsrheinische Gebiet keinen Sinn (vgl. Berl. ph. W. 9, Nr. 6, S. 189 ) , ebenso wenig die abstrakte Unterscheidung zwischen Militärstrassen und Handelswegen. Weit mehr bietet für unsere Zwecke Miller's Arbeit , in der wir nur umgekehrt statt der ,,5 (resp. 3) Qualitäten" von Strassen eine schärfere Unterscheidung zwischen Militärstrassen und Vicinalwegen wünschen möchten. Seine Profile zeigen uns Kieswege ohne Gräben ; bei einem (S. 11 , Fig. 4) ist aber deutlich neben dem ganz wie bei uns tiefer gebetteten Fahrweg, auf beiden Seiten der Ansatz zu einem freilich sehr schmalen Pfad für Fussgänger erkennbar.

x Rollsteinen gemischt mit Resten der Strassenbedeckung, die aus feinerem Kies, und , wie es schien, kleinen Basaltsteinen bestanden hatte, aber infolge des Eingriffs des Pfluges zerrissen und z. T. mit der zweiten Schicht vermischt war. Zu beiden Seiten der Packung liefen zwei ,

soweit die

erhaltenen Stellen

es

erkennen liessen ,

nur aus einer Kiesschotterung

bestehende Gehwege für Fussgänger her, von welchen der auf der westlichen Seite 2,50, der auf der andern nur 1,10 Meter breit war. )

Eine Erhöhung der Strasse nach der Mitte

hin war, da die obere Schicht, vielleicht sogar mehrere Schichten, offenbar abgetragen waren, nicht mehr zu erkennen.

Dagegen war die Packung des mittlern Hauptweges um 0,25 m

tiefer im Thon gebettet als die Rollschicht der Nebenwege.

An einer Stelle waren die hier

ziemlich grossen Zwischenräume der untersten Packung mit starken Kalkmörtelmassen ausgefüllt , während an andern Stellen in der zweiten aus Rollsteinen gebildeten Schicht sich verwitterte Mörtelreste zeigten , welche annehmen liessen , dass diese Schicht ursprünglich in Mörtel gebettet war. Die erstere Erscheinung fand sich gerade an der oben bezeichneten nördlichsten

Stelle

des Ackers,

nahe

dem Brückchen über

den Graben .

Dies legt die

Vermutung nahe, dass hier sich auch in römischer Zeit ein gemauerter Uebergang über den Graben für die Strasse befand , von dem sich vielleicht in der angrenzenden noch deutlichere Spuren

finden .

An

derselben Stelle

Steinwiese "

aber ging die Strasse im stumpfen

Winkel aus der nördlichen in eine nordwestliche Richtung über, so wieder die Richtung des Bäumelsweges aufnehmend , dessen Einmündung hart an der modernen Strasse auch festgestellt werden konnte (Taf. III , 6a) . Die vereinigten Strassen ziehen sich dicht neben , z. T. unter der heutigen Wilhelmsbader Allee an der „ Steinwiese " hin, die sicherlich von dem Strassenkörper ihren Namen hat. Auch südlich vom Kreuzungspunkte bis zur Hochstädter Strasse (Taf.I, 4) und dem auf diese stossenden , von mir oben als Teilstück der Römerstrasse angesprochenen Fusspfad (Taf. I , 3) liegt die letztere nicht genau unter der Wilhelmsbader Allee , sondern wenigstens teilweise westlich neben ihr, doch so, dass die moderne Strasse genau der Richtung

1 ) Die Unscheinbarkeit und höhere Lage dieser Gehwege , die sie der Zerstörung aussetzte, hat sicherlich in den meisten Fällen bewirkt , dass man sie übersehen , und infolge dessen auf die an ihren äusseren Seiten verlaufenden Gräben , welche an der Verschiedenheit der durchschnittenen Bodenschichten nur bei besonders aufmerksamer Beobachtung erkennbar sind , nicht geachtet hat. In unserem Fall wurde besonders der untere Teil der Gräben in seinen Umrissen dadurch deutlich erkannt, dass der von der Oberfläche der Strasse herabgeschwemmte Schlamm die Erde tief dunkel gefärbt hatte , so dass dieselbe von dem sie begrenzenden natürlichen Boden und dem über ihr befindlichen Humus sich scharf unterschied. Näher hatte , wie es scheint , von der Strasse CastelMainz ein ganz ähnliches Profil gewonnen ( 1. Aufl. Tafel, Profil im Zustand als Gewannweg), aber, weil es seiner vorgefassten Meinung von der geringen Breite römischer Strassen widersprach , die Gräben und damit auch die Fusswege als spätere Zuthaten betrachtet und nur die Fahrbahn als Strasse angesehen. In Beziehung auf die geringe Breite der letzteren stimmen auch unsere Beobachtungen mit der seinigen vollkommen überein. Sie dürfte ein charakteristisches Merkmal römischer Militärstrassen sein. Nach Kofler war die vom Kastell Oberflorstadt zum Pfahlgraben führende Strasse ,,3,80 m breit ohne bemerkbare Wölbung" (Quartalblätter des hist. Vereins für das Grossh. Hessen, 1887 Nr. 2 , S. 70) . Er sagt dann weiter: ,,Da zu beiden Seiten ausgefüllter Boden gefunden. ward, so vermuthe ich, dass sie von 3-32 m breiten Gräben begleitet war. " Von diesen angeblich so auffallend breiten Gräben dürfte der grösste Teil auf die Nebenwege für Fussgänger fallen , deren leichte Bedeckung nicht mehr vorhanden war oder nicht erkannt wurde. Die Gesamtbreite der Strasse stellt sich auch nach Kofler einschliesslich der Gräben auf 9-10 m (3,80 X 3 X 3 bzw. 32). Die reichliche Verwendung von Basalt bei unserer Strasse erklärt sich aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Steinbrüche von Wilhelmsbad und Steinheim .

9

der Römerstrasse, bzw. des aus ihr später entstandenen Weges, folgt und denselben wenigstens zur Hälfte bedeckt.

Eine dammartige Erhöhung neben dem westlichen Chausseegraben lässt

den Strassenkörper noch deutlich erkennen .

Gerade am Vereinigungspunkt der Wege waren

beide am Rande ausgebrochen , und hier fanden sich zerstörte Fundamente eines kleineren Bauwerks , welches ,

offenbar jünger als die Strassen ,

doch auch bereits in einer vor der

Erinnerung der ältesten Leute liegenden Zeit zerstört worden ist. packung ausser einem römischen Gefässfragment und in den

Während in der Strassen-

obersten Schichten mehreren

Hufeisen mit breitem, flachem Vorderteil und flachen Ballen sich keine chronologisch bestimmbaren Reste fanden , zeigten die erwähnten Trümmer Ziegel- und Gefässreste späterer Zeit. Das Bauwerk dürfte zur Fasanerie oder zu der im vorigen Jahrhundert erbauten Wilhelmsbader Strasse in Beziehung gestanden haben. scheinlichkeit nicht ausgeschlossen ,

dass

Doch ist damit die Möglichkeit, ja die Wahr-

an derselben Stelle

sich auch bereits früher ein

römisches Gebäude, etwa ein Strassenturm, befand . Das Vorhandensein des Gefässfragments spricht sogar entschieden dafür , dass ein Bauwerk irgend welcher Art hier stand . Wir kommen später auf diesen Punkt zurück. Was nun die Richtung des westlichen Strassenarms betrifft , so zog derselbe , soweit es die von uns gemachten Querschnitte erkennen liessen , schnurgerade nach S.S.W. , so dass er die Hochstädter Strasse nahe dem stumpfen Knie schnitt , welches dieselbe zwischen der Kastanien- und der Pappelallee macht. Die Verlängerung der abgesteckten Linie durch den Kesselstädter Wald (Taf. I, zwischen 5 u. 12) , in welchem ein Grenzgraben zwischen zwei Waldparzellen genau in der Richtung der Strasse verläuft, trifft dessen südlichen Rand , etwa 50 m westlich

der Stelle, wo ihn die Pappelallee verlässt ,

welche kurz vorher von der

genannten Linie im spitzen Winkel gekreuzt wird. (Taf. I, 12. ) Die uns zur Verfügung stehenden Karten aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zeigen keine Spur mehr von unserer Strasse .

Dagegen ist sie

ebenso

wie

der

Bäumelsweg als Nebenweg eingetragen auf einem als Handzeichnung im Gemeindearchiv von 66 Kesselstadt befindlichen „ Horizontall-Grundtriss des Kesselstadter gemeindtschaftlichen Waldes, der laut Randbemerkung des Bürgermeisters als Beilage Jahre 1729 gehört.

zu einer

Gemeinderechnung vom

Nach dieser Karte behält der Weg seine gerade südwestliche Richtung

auch jenseits der Hochstädter Strasse im Walde bei und bricht von derselben erst am Rande des letzteren , mehrere Waldwege WO von N.W. sich mit ihm vereinigen , im stumpfen Winkel ab , um nun wieder ebenfalls geradlinig über die Frankfurter Strasse nach S.S.O. zu ziehen , genau der Richtung folgend , in welcher in neuerer Zeit die damals noch nicht bestehende und auf der Karte daher auch nicht eingetragene Pappelallee nach der Westfront des Schlosses Philippsruhe verläuft.

Nun fiel uns bei der Begehung

des fraglichen Terrains zunächst auf, dass da , wo unmittelbar südlich von ihrem Kreuzungspunkte mit der Frankfurter Strasse die

Pappelallee die Lache

schneidet ,

sich

an den

Strassenkörper nach W. noch ein ca. 50 m breiter Damm anschliesst (Taf. I , 12) nur von dem Abzugsgraben des unter dem Namen „ Weiher "

bekannten westlichen Teils

durchschnitten , der unter der Pappelallee als Kanal zur östlichen Leute

erinnern sich ,

Graben führte .

dass hier früher

ein „ Brückchen "

Es ist heute nicht mehr vorhanden ; nur

frühere Existenz schliessen .

der Lache

Lache " führt .

Aeltere

dicht neben der Allee über den einzelne

Steine liessen auf seine

Dagegen tritt an beiden Seiten des Grabens in der Böschung

10

Es unterlag keinem Zweifel, des Dammes ein ca. 9 m breiter Strassenkörper zu Tage. wir unsere Wilhelmsbader Römerstrasse hier 1 Kilometer südlich von der zuerst

dass

Wir konnten denn auch im Felde , etwa 50 m

geschnittenen Stelle wieder gefunden hatten .

westlich von der Allee, einen dammartig erhöhten Streifen erkennen , der, jener fast parallel, auf den Park von Philippsruhe zuführte und , wenn unsere Annahme , dass in ihm die letzte verschwindende Spur der römischen Heerstrasse zu erkennen sei , richtig war , es zweifellos machte ,

dass

diese ,

die Stelle des heutigen Parks vor der Westfront des Schlosses durch-

schneidend, zu einem dort einst vorhandenen Mainübergange führte. Auffallend schien nur, dass der westliche Strassenarm, welcher bei dieser Annahme doch zweifellos der ältere und wichtigere war , Richtung von N.W. nach S.O. verliess ,

die

auf eine

während der

wir später eine überraschende Erklärung finden . ihrem

Ende

erinnert lebhaft

an die

grosse Strecke beibehaltene

östliche ,

Salisberg suchen mussten , dieselbe konsequent beibehielt.

vor

so

dessen Ende

wir auf dem

Für den letzteren Umstand sollten

Das doppelte Knie der Hauptstrasse kurz

gleiche Erscheinung

schwäbischen Limes an den Main bei Miltenberg¹ ) ,

bei

der

Annäherung

des

die sich in geringerem Grade auch bei

Grosskrotzenburg wiederholte und dort von mir als Beweis dafür bezeichnet wurde, dass der Dasselbe gilt auch für unsere Wetterauische Limes von N. nach S gebaut worden ist.2) ältere Grenzstrasse .

Von der Stelle an ,

wo dieselbe

nördlich von Wachenbuchen mit der

99„ Hochstrasse " zusammentrifft , kann man das Mainknie bei Hanau sehen . die dort

endende

Maingrenze wurde

die

Strasse geradlinig

geführt ,

Auf dasselbe und bis

man

bei

der

Annäherung an den Main durch die „ Lache " und die Lage der Furt genötigt wurde , diese Richtung

aufzugeben.

Dass wir

aber wirklich in der mehrfach gebrochenen Linie

Richtung der alten Grenze zu erkennen haben ,

dafür

spricht noch

die

folgende Beobachtung.

Die Stelle am Strassenknie, an der wir römische Gefässreste und sonstige Spuren von Anbau fanden , ist 925 m von dem Kreuzungspunkt unserer Strasse mit der Mittelbuchener Landstrasse entfernt , wo im Jahre 1780 römische Reste gefunden wurden.3) Ebenso weit Nehmen wir dasselbe von dieser Fundstätte liegt die des Kistengrabs vom Jahre 1880. Mass noch viermal, so kommen wir genau an die Stelle, wo unsere Strassenlinie mit der der „hohen Strasse " sich kreuzt .

Aber auch nach S. wiederholt sich dieselbe Teilung.

von der zuerstgenannten Stelle entfernt liegt Strassenknie .

925 m

der Uebergang über die Lache mit seinem

Von da bis zur Furt ist die Entfernung etwas grösser (etwa 1300 m) .

Da-

gegen trifft sie genau zu, wenn wir nur bis zur nordwestlichen Ecke , bzw. zur Porta principalis sinistra des später von uns gefundenen Kastells

rechnen .

Nun stimmt dieses Mass

aber

auffallend genau zur Durchschnittsentfernung der von uns am äusseren Limes zwischen den Kastellen Grosskrotzenburg und Rückingen aufgefundenen Türme, 4) die sich auch an anderen

1) Vgl. von Cohausen, Der r. Grenzwall, Atlas, Tafel I. 2) Vgl. Wolff-Dahm, Der r. Grenzwall bei Hanau , S. 6 und Tafel I, Fig. 3, sowie die Karte auf Tafel II . 8) Vgl. oben S. 6, Anm. 2. Dass die Münzen von Commodus dabei sind , vermindert die Bedeutung der Thatsache nicht. Denn wenn auch zur Zeit dieses Kaisers die Grenze bereits vorgerückt war , so behielt , wie wir weiter unten sehen werden, die alte Grenzstrasse doch ihre Bedeutung als Heerstrasse. 4) Vgl. Taf. I und Wolff-Dahm, Der r. Grenzwall, S. 18 ff.

11

Grenzabschnitten wiederholt .

Diese Thatsache

dürfte

immerhin der Beachtung

wert sein ,

wenn ich auch weit davon entfernt bin , ihr, so lange nicht weitere Anhaltspunkte gefunden werden, irgend welche Beweiskraft zuzuschreiben.

3. Die Mainfurt . In der Ansicht , dass unsere Strasse westlich von Schloss Philippsruhe endige, wurden wir dadurch noch bestärkt, dass auch die von Seligenstadt über Kleinkrotzenburg am linken Mainufer verlaufende Römerstrasse dieser Stelle gegenüber den Main zu erreichen schien . Unmittelbar oberhalb derselben durchzieht ein mit den Steinheimer Basaltbrüchen zusammenhängender Felsgrat den Fluss ,

dessen höchste Teile noch vor 30 Jahren sich über den

Wasserspiegel erhoben und die Schifffahrt gefährdeten, wie sie auch in neuerer Zeit derselben noch Schwierigkeiten bereitet haben und deshalb behufs Herstellung eines genügend tiefen Fahrwassers für die Kettenschifffahrt werden mussten .

in den letzten Jahren durch Sprengungen beseitigt

An diese Stelle dachte Duncker bei seiner Annahme einer die Ansiedelung

auf dem Salisberge und die Gebäude auf der Mainspitze verbindenden Furt.

Doch dürften

gerade diese Felsreihen mit ihren Stromschnellen wenig geeignet für eine solche gewesen sein.

Dass aber in der Nähe des Schlosses Philippsruhe eine wichtige Uebergangsstelle , sei

es Brücke oder Furt ,

r

anzunehmen sei , darauf wiesen unsere Strassenfunde und die durch

uns nachgewiesene Bedeutung der Kesselstädter Römerniederlassung gebieterisch hin .

Wir

suchten sie unterhalb der Stromschnellen und waren nicht wenig erstaunt ,

dort

beschäftigten Arbeiter uns die Mitteilung machten , unterhalb der Westfront des Schlosses Philippsruhe (Taf. I, 17)

14

als die

führe eine

Chaussee durch das Mainbett ,

erklärten, dass der Main früher näher bei Steinheim geflossen sei . ein

alter

Flussarm

zu

erkennen ,

an

dessen

südlichem

Rande

was

sie

sich daraus

Dort ist auch wirklich die

von

angenommene Römerstrasse so entlang läuft , dass sie den Strom da erreicht ,

uns

dort

wo sich die

beiden Arme wieder vereinigt haben, genau an der Stelle , auf welche sich die Angaben der Arbeiter bezogen.

Ueber die angebliche Strasse befragt, gaben dieselben, besonders der bei

der Vertiefung des Strombetts die Aufsicht führende Polier Emmerich , Folgendes an : „In der Breite einer ansehnlichen Strasse zieht sich durch das ganze Mainbett , welches hier überall zu durchschreiten ist , eine in Letten gebettete Lage kleiner Steine, die die Festigkeit eines Strassenkörpers hat und bei den Sprengungen dadurch , dass sie angrenzenden

felsigen

Teile

des Flussbettes

sich nicht wie

in grössere Bruchstücke ,

schmierige Masse auflöste, Schwierigkeiten bereitete .

sondern

die dicht in

eine

In diese Masse eingetrieben , fanden

sich an verschiedenen Stellen bis zu 20 cm. im Durchmesser haltende schwarze Eichenpfähle, die ,

an ihren oberen Teilen zerrissen und verwittert ,

Kern hatten. Reihen ,

Sie steckten

dicht

noch einen vollkommen gesunden

aneinander in senkrecht

gegen den Strom gerichteten

die mit den zwischen ihnen befindlichen Lett- und Kiesmassen den Eindruck von

Spundwänden machten " . Auf die Frage, ob zwischen je zwei solchen aus Pfählen und Steinpackungen bestehenden Körpern bestimmte Zwischenräume zu beobachten gewesen seien , gab der Polier in Uebereinstimmung mit mehreren Arbeitern an , betragen hätten .

Ferner befragt , ob

befunden hätten ,

erklärten sie ,

dass

dieselben

etwa 15 m

sich an einem der herausgeholten Pfähle Eisenteile

dass eine eiserne Spitze von ca. 20 cm. Länge mit 4 mit

12

Nagellöchern

versehenen,

ca. 25 cm.

langen Lappen gefunden sei.

Ausserdem hätten sie

mehrere Hufeisen mit flachem breitem Vordertheil und ohne Stollen gefunden, die mit Mainkies zu einer Masse zusammengerostet waren. Wiesen die letztgenannten Fundstücke auf eine in sehr früher Zeit benutzte Furt hin , so

eröffneten die andern Angaben sogar die Perspektive auf eine Mainbrücke, die , ähnlich konstruirt wie die bei Grosskrotzenburg im vorigen Jahre aufgefundene , noch grössere Bedeutung als diese haben würde . Je mehr aber die

Existenz einer solchen Brücke in das ganze System der Anlagen gepasst hätte , wie wir sie bei Beginn unserer Arbeiten bei Kesselstadt voraussetzten und bestätigt gefunden haben , umso mehr fühlten wir uns zu vorsichtiger Prüfung veranlasst, ehe wir uns der Freude über eine so wichtige Entdeckung hingaben . Bestärkt wurden wir in dieser Vorsicht dadurch , dass der Leiter der Stromarbeiten , Wasserbauaufseher Blumentritt , der die Grosskrotzenburger Untersuchungen so sehr gefördert hatte, von den angeblich vor zwei Jahren gemachten Funden nichts gehört hatte. Doch blieben die Arbeiter auch ihm gegenüber so bestimmt bei ihren Aussagen , dass auch er nicht zweifelte , dass dieselben irgend eine Grundlage haben müssten. Um die Sache womöglich klar zu stellen , verabredeten wir mit ihm Durchsuchung des Mainbetts an der fraglichen Stelle .

eine

genaue

Durch zwei vermittelst Brettern mit

einander verbundene Kähne wurde ein bewegliches Bassin gebildet und dasselbe so auf dem Main hin und her bewegt und verankert , dass wir die in Betracht kommenden Teile seines Bettes Schritt für Schritt mit eisenbeschlagenen Fahrbäumen und eisernen Stangen untersuchen konnten .

Bei der vom Morgen bis

zum Abend fortgesetzten Untersuchung fanden

wir keinen Pfahlkopf , überhaupt keinen Anhalt für die ehemalige Existenz einer Brücke. Die hier und da zu Tage geförderten Sandsteine können beim Transport stromabwärts hier ausgeworfen oder beim Zerschellen von Fahrzeugen an dem dicht oberhalb einst gefährlichen Felsen untergegangen sein ; dasselbe gilt für die aufgefundenen behauenen Basaltsteine aus den nahen Steinheimer Brüchen . Untersuchung

eine

Abgesehen von einzelnen grösseren Steinen ergab aber die

an der fraglichen Stelle fast überall gleiche Wasserhöhe und auf dem

Boden unter einer mehr oder weniger starken , an manchen Stellen ganz fehlenden Schicht von grobem Kies eine ca. 30-50 cm . dicke Lage von zähem, fettem Thon, dessen blau-grüne Farbe die Vermutung nahe legte , dass er das Verwitterungsprodukt des ehemals oberhalb Immerhin war die gleichmässig starke Lage zu Tage tretenden Basaltfelsen sein könne . dieser Schicht , unter der der eiserne Fühler auf 29 faulen Fels " stiess, auffallend . Nahe dem Darmstädtischen Ufer erhob sich an einer Stelle der Boden des Flussbetts in Strassenbreite zum Ufer hin und zeigte hier allerdings eine Beschaffenheit , welche die Aussage der Arbeiter, dass eine Strasse unter dem Wasser liege, rechtfertigen konnte. Wir kamen zu dem Resultat, dass die Beschaffenheit des Flussbetts eher auf das Vorhandensein einer ehemaligen Furt, bei der die Unebenheiten durch Steinschüttungen mit Thon ausgefüllt waren ¹) , als auf eine Brücke hinzudeuten schiene.

1 ) Spuren einer solchen künstlichen Einebnung und Befestigung des Flussbettes durch Steinschüttung (wahrscheinlich in Verbindung mit eingerammten Pfählen) behufs Herstellung einer Furt fand zu derselben Zeit Kofler bei den Uebergängen alter Strassen über die Horloff. Vgl. Quartalblätter des hist. Vereins für das Grossh. Hessen, 1887, Nr. 1 , S. 33.

13

4. Gebäude und Gräber im Norden des Dorfes . War durch die Auffindung der Hauptstrasse ein wichtiger Beweisgrund für die Richtigkeit der von uns aufgestellten Ansicht bezüglich einer alten Strassenverbindung und Grenzlinie vom Mainknie bei Hanau nach Norden gewonnen , so sprach das Vorhandensein dafür ,

des

dass die

an der Fasanerie

dort

abzweigenden östlichen Arms nach

dem Salisberge

vor Jahren aufgedeckten Fundamente und die bei der Anlage der

Hessischen Ludwigsbahn an der " Fallbach" gefundenen Gräber nicht zu vereinzelten Gehöften, sondern zu einer grössern Niederlassung

gehörten .

Diese Ueberzeugung hatte ich längst

auch dadurch gewonnen, dass bei öfteren Begehungen des Feldes ich nicht nur an den alten Ausgrabungsstellen , sondern auf der ganzen Anhöhe , die den hyperbolischen Namen „ Salisberg" trägt , rings um die beiden Felsenkeller Reste von terra sigillata und behauene Steine fand, die durch den Pflug zu Tage gefördert waren. Sehr bezeichnend ist es auch, dass die Grundstücke zwischen dem Bäumelsweg und dem Bahnkörper der Hessischen Ludwigsbahn Der Grund dieser Bezeichnung (Taf. I, östlich von 1 ) den Namen „ Steinritsche “ führen . lässt sich schon bei oberflächlicher Betrachtung des Terrains erkennen .

Von der Stelle an,

wo der Bäumelsweg von seiner bis etwa 200 m südlich von der Kreuzung mit der Dörnigheimer Landstrasse beibehaltenen südöstlichen Richtung nach S.W. abbiegt, sieht man in der Verlängerung der Strassenrichtung das Feld (Taf. II , 27) von runden Mainkieseln bedeckt , die dorthin zweifellos von Menschenhand und Bodens gebracht sind.

ebenso zweifellos nicht zur Verbesserung des

Unsere Annahme , dass die römische Strasse nicht die Biegung des

Bäumelswegs mitgemacht , sondern ihre alte Richtung beibehalten habe ,

fand sofort eine

weitere Bestätigung , als wir diese Richtung in die Flurkarte eintrugen. Dieselbe durchschnitt nämlich eine Stelle unmittelbar südlich von dem kleineren der beiden Felsenkeller, dicht nördlich vom

Saliswege " (Taf. II, 26 ) ,

an welcher wir gleich beim Beginn unserer

Untersuchungen einen Versuchsgraben gezogen hatten , dem Boden liegen sollte.

weil dort „altes Mauerwerk "

unter

Wir fanden davon keine Spur, wohl aber nach Art eines Pflasters

zusammengestellte grosse und daneben zahlreiche kleinere Kiesel , die dort ebenso wie nördlich. von dem genannten Felsenkeller auf das ehemalige Vorhandensein einer Strasse zu schliessen gestatteten. Das Zusammentreffen der Stelle mit unserer Strassenrichtung bewies denn auch die Richtigkeit des Schlusses und zugleich die Thatsache, dass die Strasse nicht mit dem Bäumelswege nach Kesselstadt abbog, sondern direkt auf die Salisbergansiedelung führte . Dass aber auch jenseits der Lache , in der unmittelbaren Umgebung von Kesselstadt, römische Reste zu finden seien, war aus einzelnen Angaben über dort vorhandene Fundamente , insbesondere auch über eine im sog. „ Hopfengarten " nördlich vom Dorfe vor langen Jahren Durch die Auffindung der gefundene grosse Ziegelplatte mit Buchstaben " zu schliessen. westlichen Strasse bekamen diese Notizen grösseren Werth, ebenso wie auch die Bezeichnung der Grundstücke zwischen dem Hopfengarten und der Kastanienallee als „ Steinäcker" und der zwischen der genannten Allee und der Pappelallee als „ Burgäcker " zu denken gab. Nördlich von den letzten, erst in neuerer Zeit entstandenen Häusern von Kesselstadt laufen die ehemals zu der Kesselstädter Domäne gehörigen , jetzt von der Gemeinde

an einzelne

Ortsbürger verpachteten Grundstücke grösstenteils in schmalen parallelen Streifen nach der Lache hin.

Dadurch war die Art der Ausgrabung geboten .

Da zwischen brach liegenden

14

Streifen sich andere befanden , auf welchen zu graben nicht gestattet war, liessen wir lange Versuchsgräben von S. nach N. ziehen , um die Beschaffenheit des Bodens zu untersuchen . Es zeigte sich, dass das ganze Feld zwischen dem Dorfe und der Lache unter der Ackerkrume in einer Schicht von 20 bis 70 cm einzelne behauene Steine und überall zerstreut römische Gefässreste barg , dass aber die nach Angabe der Bewohner hier vorhandenen Fundamente nirgends mehr zusammenhängend waren. Wohl fanden wir an einzelnen Stellen Fundamentgräben , die z. T. mit Bausteinen wieder ausgefüllt waren, aber keine im Mörtelverband stehende Mauern .

Die Reste zeigten , dass die Gebäude , welche hier gestanden ,

nur leichte Fachwerksbauten ohne Keller gewesen sein konnten.

Massive Mauerstücke fanden

sich nur dicht an dem vom Dorfe zum „ Salisberg" führenden „ Salisweg " ( Taf. II, 20 u . 21 ) , wodurch anfangs die alte Ansicht, dass derselbe dem römischen Verbindungswege vom Main nach Rückingen entspreche, bestätigt zu werden schien .

Eins aber wurde durch diese vor-

läufigen Untersuchungen , welche den Zweck hatten , die Topographie des römischen Kesselstadt im allgemeinen festzustellen , vollkommen sicher ermittelt : das Vorhandensein einer , wie es schien, ausgedehnten römischen Begräbnisstätte auf dem „ Hopfengarten " (Taf. II , 19) , welche den Schluss auf die Existenz einer bedeutenden Niederlassung an der Stelle des heutigen Dorfes und seiner unmittelbaren Umgebung gestattete.

mich

Ich gehe nun zur Beschreibung der einzelnen aufgefundenen Reste über und wende zunächst zu den am Saliswege aufgefundenen Fundamenten . Am nördlichen Rande

dieses Weges wurden

60 m südwestlich von dem über die

Lache führenden

Brückchen.

(Taf. II, 21 ) zwei Gussmauerklötze von quadratischem Horizontalschnitt aufgedeckt , welche , 1 m lang und breit ,

1,50 m von einander entfernt , hart am Weggraben lagen ,

Längsrichtung parallel ist.

dem ihre

Sie sind aus Basalthausteinen und grobkörnigem, sehr reichlichem

Mörtel hergestellt und entsprechen in ihrer Beschaffenheit ganz den Betonfundamenten römischer Kastelle und massiver Gebäude. Ganz besonders bemerkenswert ist der Umstand, dass die untersten Mörtelmassen auf einem Holzrost auflagen , der aus parallellen derben Latten und quer darüber genagelten Leisten gebildet war .

Die Abdrücke derselben waren

deutlich an den Mörtelklumpen zu bemerken , an welchen auch noch verwitterte Holzfaser und verrostete Nägel hingen.

Wozu dieser Rost diente, da doch nicht im Wasser fundiert

war, überlasse ich Sachkundigen zu entscheiden . die Mauerkörper

als Fundamente zweier

Ihrer ganzen Beschaffenheit nach können

Pfeiler gedient haben ,

die

am Eingang

eines

Gebäudes standen, welches über den heutigen Weg hinaus sich nach S.O. erstreckte . Darauf weist auch der Umstand hin , dass hier jenseits des Weges sich ein unebenes Rasenstück mit sehr hartem Boden und mangelhaftem Graswuchs befindet . Gelegenheit sich bietet, eine Ausgrabung vornehmen müssen.

Dort würde man , wenn die Für den römischen Ursprung

der Fundamente spricht abgesehen von der Beschaffenheit derselben der Umstand , dass an ihrem Fusse sich römische Scherben , besonders auch ein Amphorenhenkel, fanden , wie auch in den anliegenden Aeckern in Versuchsgräben zahlreiche Scherben von „ terra sigillata " zu Tage kamen . Das andere Fundament liegt 80 m westlich , dem Dorfe nahe (Taf. II, 20), unmittelbar östlich von der Stelle , wo der Fusspfad von den Bachwiesen herauf in

den Salisweg

mündet, der auf den Flurkarten hier als der ,,Tiefe Weg" bezeichnet ist . Der Zufall wollte es, dass diese Reste dem Südrande des Weges noch näher lagen als die eben beschriebenen

15

dem Nordrande, so dass nicht einmal ihre Flucht genau bestimmt werden konnte, doch schien dieselbe auch hier ziemlich genau der Richtung des Weges zu entsprechen .

Ob sie mit den

Fundamenten , die wenige Schritte westlich von ihnen , auf der anderen Seite des Pfades, wie der Besitzer des Grundstücks angibt , gefunden sind , nicht bestimmt werden . Resten ähnlich. Von dieser Stelle Hopfengarten (Taf. II , erkannt werden .

in Zusammenhang stehen , konnte

An Stärke und Beschaffenheit waren sie den zuerst

aufgedeckten

etwa 120 m westlich liegt die Fundstätte der Gräber 19) .

6 Brandgräber konnten noch mit vollkommener

auf dem Sicherheit

Sie boten den Schlüssel zur Erklärung anderer vorher rätselhafter Fund-

stellen , die zwischen und neben ihnen aufgedeckt wurden . Bei den am besten erhaltenen Gräbern fanden sich in dem bis 0,80 m unter der Oberfläche von Kohlenresten durchsetzten und geschwärzten Lehmboden noch die zerdrückten Krüge in ihrer ursprünglichen Stellung, schräg gegeneinander geneigt um die Knochenreste und die Asche gestellt. Zwischen und über ihnen aber lagen viele Gefässreste der verschiedensten Art : Trümmer von Urnen , Krügen ,

Näpfen

und

Sigillataschalen ,

darunter

eine

Scherbe

mit

dem

Töpferstempel

PECVLIAF ( Peculiaris fecit), besonders aber, und zwar meistens gut erhalten , Thonlampen, von welchen eine aus terra sigillata den Fabrikstempel IVNIANVS in archaistischen Formen trägt .

Neben den zuerst gefundenen Gräbern, von welchen je zwei so nebeneinander lagen ,

dass ihre Mittelpunkte etwa 2 m von einander entfernt waren ,

fand sich eine etwa 4 m

breite mehrfache Lage von dicken Rollsteinen , welche den zur Verfügung stehenden Acker in schräger Richtung als gepflasterter Weg zu schneiden schien . Da sie sich aber nur in einer Länge von 4 m erstreckte , vermuteten wir , dass sie als Fundierung eines Grabdenkmals gedient habe.

Die Packung eines oder mehrerer Gräber war sie nicht ,

durch Wegräumung der Steine überzeugten wir wieder

2

gut erhaltene

Gräber.

wie wir uns

Jenseits dieser Stelle , 15 m westlich , fanden

Dieselben waren ihrem Inhalt nach

den

vorher

erwähnten ganz gleich , nur dass bei dem einen alle Gefässe , auch die Lampen zerdrückt waren. Was sie aber von jenen unterschied, war der Umstand, dass sie von Mäuerchen aus starken Basalthausteinen und Rollsteinen umgeben waren , die zwei unregelmässige Vierecke so bildeten ,

dass dieselben eine Mauer gemeinsam hatten (Taf. III, 7. ).

An diese Wand

lehnten sich von beiden Seiten die Gräber, was die Vermutung nahe legt , dass wir es hier mit einer Familiengrabstätte zu thun hatten . Die Gräber scheinen auch von Steinen bedeckt. gewesen zu sein, welche aber vom Pfluge bereits auseinander gerissen waren. südlich von ihnen ist ,

wie uns von älteren Ortsbürgern ,

Unmittelbar

auch vom Besitzer des

Ackers ,

gesagt wurde , vor etwa 30 Jahren die oben erwähnte grosse Ziegelplatte gefunden worden, von der auch Rullmann berichtet. Legions- oder Cohortenstempel.

Nach der Beschreibung war sie eine römische tegula mit

Von besonderem Interesse war die Angabe , dass sie auf

einer ,,Steinkiste mit viereckigem Loch" lag.

Dass es sich um ein Kistengrab, ähnlich dem

im Mittelbuchener Walde gefundenen handelte, ist für Kenner klar.

So fügt sich auch dieser

bereits mythisch gewordene Fund in die Reihe der Thatsachen ein und zeigt , dass auf dem Hopfengarten nicht einzelne Gräber, sondern eine ausgedehnte Begräbnisstätte , ähnlich den bei Rückingen und an anderen Orten aufgedeckten , lag , die sich mit ihrer Längsrichtung von W. nach O. schräg gegen die Ackergrenzen zu erstrecken schien .

16

5. Gräber auf dem Salisberge. Diese Thatsache war aber umso auffallender , da , wie wir früher erwähnten , nach Calaminus auch am südlichen Fusse des Salisberges, wo die Erde für den über den Wiesengrund gelegten Damm ausgeschachtet wurde , gelegt wurde. (Taf. II , 24 ) .

ein weiter

Totenacker" im Jahre 1845 blos-

Die Stelle ist noch vollkommen genau zu erkennen ; sie liegt

auffallend tief, ganz dicht am Bach und ist dem heutigen Hochwasser ausgesetzt .

Trotzdem

ist bei der Bestimtheit der Angaben und der ausführlichen Beschreibung der von Calaminus selbst gesehenen und z. T. aufbewahrten Fundstücke weder an der Thatsache der Auffindung noch an dem Charakter der ersteren ein Zweifel möglich. Dass auch Calaminus' weitere Vermutung , "der ganze Salisberg und das Feld in der Nähe möge noch viele Gräber bergen " , begründet ist , sollte mir eine Grabung bestätigen , die ich nach Abschluss der zusammenhängenden Arbeiten tief unten auf dem Felde nahe dem Bach vornahm . Dicht an dem vom Kaiser'schen Felsenkeller nach dem Brückchen des Baches führenden Feldweg, (Taf. III , 25) waren nach Angabe des Besitzers des Ackers beim Pflügen Fundamente gefühlt , die "SO hoch lagen, dass der Pflug abrutschte. " Ich liess 40 m nördlich vom Brückchen einen Versuchsgraben von S. nach N. ziehen. Es ergab sich , dass der Boden bis 0,70 m unter der Oberfläche hier und da römische Gefässscherben enthielt. An 3 Stellen, die etwa je 2 m von einander entfernt waren , fanden sich 0,30 m unter

der

Oberfläche

Knochen- und Kohlenstücken .

Kieselsteine , wie sie , vom Pfluge auseinander und unter ihnen besonders viele Gefässreste nebst

dünne

gerissen, das Feld ringsum bedeckten ,

Die Erde war dunkel gefärbt .

Die Stellen machten den Ein-

druck zerstörter Gräber ; doch genügte ihr Aussehen nicht , um sich eine bestimmte Ansicht zu bilden. Als ich aber 8 m östlich von der Stelle, noch näher dem Salisbach einen zweiten Graben ziehen liess ,

fand sich ein völlig erhaltenes Grab.

Schon 20 cm. unter der Ober-

fläche stiessen wir auf eine etwa 1 m im Quadrat messende flach gewölbte Packung von starken Rollsteinen, die ohne Bindemittel dicht aneinander gelegt waren und sich am Rande bis zu 70 cm . unter der Oberfläche senkten . Unter und hinter ihnen lag harte, fast schwarze Erde , die sich in trockenen Lagen abhob. Sie. war von Kohlenresten und verwitterten Knochenteilen durchsetzt , und in ihr fanden sich besonders auf dem gewachsenen Boden" zahlreiche Fragmente von Thongefassen verschiedener Art , darunter Stücke eines Sigillatanapfes. Wenn auch keine Lampe gefunden wurde, so war es doch unzweifelhaft , dass wir ein Grab vor uns hatten, und dadurch wahrscheinlich , dass auch die anderen Stellen Reste zerstörter Gräber enthielten.

Dieselben lagen etwa 100 m von dem nächsten Rande der

Ausschachtung , in der vor 40 Jahren die Gräber gefunden waren. Mehr als Calaminus es ahnen konnte , sind wir also berechtigt , hier an der tiefsten Stelle des Salisberges ein ausgedehntes Totenfeld mit der Längsrichtung von S.W. nach N.O. anzunehmen .

6. Spuren des Kastells . a) Turmfundament an der Pappelallee . Während wir noch mit der Untersuchung der Gräber auf dem Hopfengarten beschäftigt waren , erhielten wir Mitteilung über einen neuen, vielversprechenden Fund.

An der Stelle

17

westlich des Dorfes ,

wo unserer Annahme nach der westliche Arm der römischen Strasse

sich dem Park von Philippsruhe nähern musste (Taf. II, 6), hatte der Bauunternehmer Wild den hinter seinem Hause an der Pappelallee gelegenen Garten bis an den Weg erweitern lassen ,

welcher vom südlichen Ende der genannten Allee in nordwestlicher Richtung ins

Feld führt.

Unmittelbar an diesem Wege wurde, als wir ihn untersuchten, in der südwest-

lichen Ecke der neugebauten Gartenmauer, bei deren Fundierung nichts Auffallendes gefunden war, eine Dunggrube ausgehoben ,

wobei man auf unterirdisches Mauerwerk stiess .

Dies

veranlasste uns, auch ausserhalb der Mauer auf dem südlich angrenzenden Acker zu graben . Auch da stiessen wir bald auf Mauerwerk; die Beschaffenheit der auf beiden Seiten blosgelegten Stein- und Mörtelmassen aber liess uns anfangs umso mehr annehmen , dass wir auf den allerdings ausserordentlich mächtigen Strassenkörper gestossen seien , da sie nach Osten in einer unserer Strassenlinie entsprechenden Flucht abbrachen , die sich unter der Gartenmauer geradlinig fortsetzte . liegen ,

Nach Westen schien der Feldweg auf der alten Strasse

da bis an ihn sich , wenn auch dünner werdend ,

die Steinlagen erstreckten .

zu

Eine

Grabung am westlichen Rande des Weges ergab , dass jenseits desselben keine Steine mehr waren ; nur unmittelbar am Rande wurde noch ein konischer , gefunden.

Die Entfernung von da

0,50 m hoher Basaltstein

über den Feldweg bis zum östlichen Rande der Stein-

massen betrug 9 m , entsprach also etwa der Breite unserer Strasse einschliesslich der Gräben. So verführerisch aber auch diese Annahme war, so mussten wir sie doch aufgeben , als sich herausstellte , dass die Steine sowohl nach S. im Acker als nach N. im Garten in einer Entfernung von etwa 22 m von der Gartenmauer aufhörten.

Klarheit konnte nur eine genaue

Untersuchung und teilweise Durchbrechung des ganzen Mauerkörpers bringen . aber ausserordentlich schwierig , dasselbe

sich

unter

die

teils

Dieselbe war

wegen der Festigkeit des Mauerwerks ,

Mauer und den

Weg

erstreckte.

Nur an seiner

teils

weil

südöstlichen

Ecke konnten wir ihm beikommen. Da zeigte es sich denn aber bald, dass wir es mit einem aussergewöhnlich tiefen und starken Gussmauerfundament zu thun hatten.

Dass dasselbe

einen Turm getragen hatte, ging aus der geringen Ausdehnung des, wie es schien , quadratförmigen Bauwerks hervor, dessen westliche Seite , weil sie vom Wege bedeckt war , leider nicht festgestellt werden konnte .

Ueber den Ursprung dieses Turmbaus gab kein Fund-

stück Auskunft, wenn auch wenige Schritte jenseits des Weges sich römische Gefässreste im Ackerboden fanden.

Das Gussmauerwerk entsprach den bei

römischen Turmfundamenten

gemachten Beobachtungen, doch schien mittelalterlicher Ursprung nicht ausgeschlossen .

Die

Lage machte aber den Zusammenhang mit der in der Nähe der Fundstelle zum Main verlaufenden Römerstrasse wahrscheinlich.

Sicherheit sollten

erst die späteren Ausgrabungs-

ergebnisse bringen , bei deren Darstellung daher auch die eingehendere Beschreibung der Fundamente ihre Stelle finden wird.

b) Kastellmauer an der Wilhelmsstrasse. Wir kommen nun an das wichtigste Ergebnis unserer Ausgrabungsthätigkeit vom Jahre 1886 ,

welches zugleich den Schlüssel zur Erklärung der ganzen Niederlassung zu

bieten versprach .

Schon früher war uns mitgeteilt , dass im Garten des Ortsbürgers Georg

Diehl im nordöstlichsten Teile des Dorfes (Taf. II , 1 ) sehr Boden lägen.

Der

genannte

feste Fundamente unter dem

Besitzer bestätigte das und erzählte , dass sein Vater vor

18

ca. 30 Jahren eine Nachgrabung veranstaltet habe und dabei auf eine sehr starke und feste Mauer und einen 5 Fuss tiefen Graben gestossen sei , auf dessen Sohle sich grosse Basalthausteine ganz regelmässig nebeneinander gestellt gefunden hätten. Zu einer Nachforschung gab er bereitwillig seine Zustimmung. Der Garten liegt in der Ecke zwischen der die Walz'sche (ehemals Christ'sche) Besitzung geradlinig

begrenzenden ,

von der Kesselstädter

Allee nach Norden führenden Querstrasse und der nördlichen Längsstrasse des Dorfes , die , an ihrer Nordseite erst in neuerer Zeit bebaut, am Friedhof vorüber nach dem Salisberg führt und sowohl am Diehl'schen Hofe als vor dem Dorfe nach der Karte den Namen „ der Tiefe Weg " führt . Das Gärtchen nimmt gerade die Ecke zwischen beiden Wegen ein und liegt gegenüber dem Strassenpflaster um 0,90 m erhöht , sodass die Gartenmauer als Futtermauer dient . (Taf. III , 2c ) . Wir zogen zunächst vom Wohnhaus aus einen Versuchsgraben senkrecht gegen die

östliche

hausteine

Mauer ,

dicht

in

welchem in der

aneinander

gelegt ,

Mitte

aber ohne

des

Gärtchens in 0,70 m Tiefe Basalt-

Verband

gefunden wurden . Schon wurde der Verdacht rege , dass sie irrtümlicher Weise für Mauerwerk gehalten seien. Gefässreste aus neuerer Zeit konnten wenig zur Fortsetzung der Nachforschung reizen ; aber der Besitzer blieb bei seiner Angabe und sprach die Ueberzeugung aus , dass in grösserer Tiefe sich festes Mauerwerk finden würde . Und er hatte recht . In 2 m Entfernung von der Gartenmauer stiessen wir 1 m unter der Oberfläche auf festes Gussmauerwerk, welches aus Basalthausteinen und grobkörnigem sehr reichlichem Mörtel mit faustgrossen Mainkieseln betonartig aufgeführt war und stahlhart dem Hieb der Spitzhacke widerstand. Es entsprach vollkommen den bei den Fundamenten römischer Kastelle gemachten Beobachtungen . Es handelte sich nun zunächst darum, die Flucht der Mauer festzustellen , was, da das Fundament unzerstört erhalten war, keine Schwierigkeiten bereitete. Sie lief der heutigen Gartenmaner fast genau parallel , und die Verlängerung des Versuchsgrabens bis zur Gartenmauer ergab, dass diese nicht neben, sondern auf dem Fundament sitzt, welches also mindestens 2 m stark Wir legten dasselbe in einer Länge von 6 m frei und fanden es vollkommen geradlinig verlaufend . Das Gussmauerwerk war 0,50 m tief (Taf. III , 2b) , und zwar war dies die ursprüngliche Tiefe, was wir daraus erkennen konnten, dass etwa in der ist (Taf. III , 2a) .

Mitte des blosgelegten Stückes

noch die unterste Lage der um 0,25 m zurückspringenden Obermauer aus 0,22 m hohen, 0,30 m breiten ganz regelrecht behauenen und geschichteten und fest im Mörtelverband haftenden Basaltsteinen erhalten war (Taf. III, 2c) . Was von unsern bei den Limeskastellen gemachten Beobachtungen abwich , war der Umstand , dass

unter dem Gussmauerfundament sich noch eine aus 0,35 m hohen Basalthausteinen , die regelrecht auf die hohe Kante gestellt waren, gebildete Stickung befand. 3 m von dem südlich an den Garten stossenden Wirtschaftsgebäude hörte der zusammenhängende Fundamentkörper auf, in seiner Verlängerung fanden sich aber die Bestandteile desselben, Steine und mehliger und unter ihnen die Stickung , nur teilweise zerstört. Wir hatten die Erklärung der Angabe, dass ein 5 Fuss tiefer Graben s . Zeit gefunden sei . Bei der damaligen Mörtel ,

Nachgrabung war die Mauer hier bereits zerstört, und so glaubte man an ihrem Ende einen finden , der mit dem erwähnten Geröll gefüllt war , unter dem die damals beobachteten regelrecht geschichteten Steine lagen. Beim Bau des erwähnten Wirtschaftsgebäudes hatte man den störenden Teil der Mauer und zwar , wie es scheint , durch Graben zu

Sprengung mit Pulver beseitigt ; seitdem hatte

sich die Tradition

von

einem unter dem

19

Boden des

Gartens vorhandenen

Mauerwerk erhalten ,

Besitzers zu seiner Nachgrabung veranlasste.

wurde durch folgende bei näherer Untersuchung des bestätigt.

Es ergab sich nämlich ,

dass

welche

den

Vater des heutigen

Die Annahme einer Sprengung durch Pulver Fundaments gemachte Beobachtung

der blosgelegte Fundamentkörper an zwei Stellen

geborsten war, so dass er in Wirklichkeit aus 3 Stücken bestand, von welchen 2 ein wenig aus ihrer horizontalen Lage gerückt waren und an den Enden sich um etwa 0,15 m gehoben hatten.

(Taf. III, 2a u. b.)

Nahe der nördlichen Gartenmauer zeigte sich das Fundament an der nach dem Innern des Gartens gerichteten Seite zerstört ; es wurde hier teilweise durch einen grossen Basaltstein von 50 ctm Höhe

und Breite gebildet.

Der römische Ursprung wurde noch zuletzt

durch 2 an der Sohle des Fundamentkörpers an vollkommen unverletzter Stelle gefundene , unzweifelhaft römische Gefässfragmente bestätigt , von welchen das eine einem Amphorenhalse, das andere dem entsprechenden Teile

eines Kruges

sprach die gewaltige Stärke des Fundaments ,

kastellen, und der Umstand , dass man auch anderwärts , trockene Stickung gefunden hat. recht gegen den Main ,

angehört hat.

die grösser ist

Für ein Kastell

als bei allen unsern Limes-

unter dem Gussfundament

eine

Es sprach dafür auch die Richtung des Fundaments senk-

die man bei der Schmalseite eines hier im Winkel zwischen Main

und Kinzig mit seiner Längenaxe dem Main parallel gelegenen Kastells voraussetzen musste.

III . Die Mainbrücke und ihre Zufuhrwege. Als ich nach Beendigung der Ausgrabungen im Spätherbst 1886 die Ergebnisse derselben aufzeichnete , konnte ich sie dahin zusammenfassen , dass die vermutete Fortsetzung der linksmainischen Grenzstrasse jenseits des Stromes in der Richtung nach Friedberg nachgewiesen ,

ausserdem aber das Vorhandensein

eines Kastells an der Stelle des

heutigen

Kesselstadt, zwischen den beiden Armen der Strasse und dicht am Ufer des Flusses , sowie eine Furt über den letzteren hinter dem Kastell mehr als wahrscheinlich gemacht war. Schwierigkeit machte nur noch die Erklärung des vor der Front des Kastells auf den Salisberg verlaufenden Strassenarms, weil derselbe für einen blossen Verbindungsweg der auf dem letzteren vorhandenen Ansiedelung mit der Hauptstrasse zu bedeutend erschien .

Da wurde

die Erklärung dieses Umstands durch eine Entdeckung geboten, welche der Zufall uns gerade in dem Moment machen liess ,

in welchem

sie einerseits

als willkommene Ergänzung der

Ergebnisse unrerer Ausgrabungen diente, und anderseits durch die letzteren ihre Erklärung fand, während sie ohne dieses günstige Zusammentreffen uns leicht auf Irrwege hätte führen können . Am 2. November liess mir Herr Wasserbauaufseher Blumentritt, der gerade oberhalb der Kinzigmündung Baggerarbeiten im Mainbette leitete , gefunden " .

sagen ,

es

seien

Ich fand den Bagger wenige Meter unterhalb der Mündung

Brückenpfähle

des Mainkanals ,

etwa 30 m vom rechten Ufer beschäftigt , und schon am Lande sah ich mehrere Eichenpfähle liegen, deren tiefschwarze Farbe ihr hohes Alter verriet . Man war gerade wieder damit beschäftigt einen grossen Pfahl herauszuziehen , was , obgleich er durch Baggerung ringsum frei gelegt

20

war, erst nach längeren vergeblichen Bemühungen gelang.

Am folgenden Tage wurden noch

mehrere Pfähle und eine grössere Anzahl horizontal liegender Balken mit rechteckigem Querschnitt zu Tage gefördert , ausserdem aber eine grosse Menge grober Basaltbruchsteine und Thonklumpen, sowie eine Anzahl eiserner Pfahlschuhe, von welchen einer noch an der Spitze des Pfahls festsitzt , während die meisten beim Herauswinden der Pfähle abgestreift waren und später ganz oder in Stücken mit den Steinen ausgebaggert wurden. Von besonderer Wichtigkeit aber ist es, dass grosse Stücke schöner Sigillatagefässe dicht neben den Pfählen. gefunden wurden , von welchen zwei die Stempel TOCCAF und VICTORF trugen.¹ ) Die Beschaffenheit aller dieser Fundstücke , sowie die Beobachtungen bei ihrer Hebung liessen keinen Zweifel daran aufkommen , dass sie einem Brückenpfeiler angehörten . Leider nötigte der Wasserstand nach zwei Tagen zur Einstellung der Arbeit , welche später wegen Eintritts des Frostes und im Frühling wegen anderweitiger Verwendung des Baggers nicht wieder aufgenommen wurde , da die für die Zwecke der Wasserbaubehörde nötigen Arbeiten gerade an dem Tage beendigt waren , an Brückenreste gefunden waren.

welchem in letzter Stunde die

Es wäre in hohem Grade wünschenswert, dass die genannte

Behörde im Einverständnis mit der Grossherzoglich Hessischen Regierung sowohl hier als auch bei Grosskrotzenburg auf Staatskosten eine gründliche Durchbaggerung des Flussbettes vornehmen könnte , um weitere Aufklärung über die Beschaffenheit der beiden gefundenen Brücken zu gewinnen. Die flüchtige Durchbaggerung des einen Pfeilers hat gerade nur genügt , um zu beweisen, dass er in seinen Bestandteilen und seiner Konstruktion den Pfeilern der Grosskrotzenburger Brücke genau entsprach und wie diese den in Mainz gefundenen sehr ähnlich war, so dass schon aus diesem Grunde der römische Ursprung der Reste mehr als wahrscheinlich ist. Die erkennbare Richtung des Pfeilers sowie der Umstand , dass wir bei einer Untersuchung des Strombettes, die durch den niedrigen Stand und die Klarheit des Wassers erleichtert wurde , die Lage mehrerer anderer Pfeiler erkennen konnten , machten es möglich ,

die Richtung

der Brückenaxe mit vollkommener Sicherheit zu bestimmen .

Sie

schneidet in der Verlängerung der am Mainkanal entlang zum Mainufer führenden Strasse den Fluss genau senkrecht , woraus hervorgeht, dass derselbe zur Zeit der Erbauung unserer Brücke

hier

dieselbe

Richtung hatte wie heute .

Die Brücke erreichte

also

das

rechte

Ufer unmittelbar unterhalb der Mündung des heutigen Mainkanals, dem, wie wir weiter unten sehen werden, ein alter Mündungsarm der Kinzig entsprochen hat , ein Umstand , der s. Z. für die Wahl des Platzes zweifellos nicht ohne Bedeutung war.

Bei der Feststellung dieser

Thatsachen wurde ich durch das sachkundige Urteil des Herrn Wasserbauaufsehers Blumentritt wesentlich gefördert.

Auf seinen Bericht an die vorgesetzte Behörde verfügte Herr

1) Bez. der näheren Umstände vgl. man den Anhang , III , 31 u. 35. Ueber die Thatsache der Auffindung bei den Baggerungen neben dem Brückenpfeiler kann nach den von mir und Dr. Eisenach bei der Erwerbung für das Museum angestellten Vernehmungen der Finder kein Zweifel bestehen. Dasselbe scheint auch bezüglich der Münze ( Anhang I , 25 ) der Fall zu sein , da auch der von Dr. Suchier vernommene Arbeiter im Jahre 1887 nicht ahnen konnte , welche Bedeutung die Thatsache der Auffindung der Münze gerade an dieser Stelle für uns habe. Dass die betr. Arbeiter aus Dörnigheim und Grosskrotzenburg bei den Baggerungen beschäftigt waren, wurde festgestellt.

16 21

Baurat Eckhardt in Frankfurt a. M. , dass die zu Tage geförderten Reste sorgfältig aufzubewahren und demnächst dem Hanauer Vereinsmuseum zu überweisen seien . Dieselben wurden mir denn auch im Dezember zu diesem Zweck durch den genannten Herrn persönlich übergeben , der bei dieser Gelegenheit auf meine Anfrage mir

die

freundliche Zusicherung

gab, dass, wenn die Verhältnisse es gestatteten , in besserer Jahreszeit eine Fortsetzung der Durchbaggerung der Pfeiler auf Kosten des Hanauer Bezirksvereins dürfe.

vorgenommen

werden.

Leider hat sich die hierdurch erweckte Hoffnung in der Zeit vor meinem Abgang

von Hanau nicht mehr erfüllt ,

so

dass ich mich auch jetzt

noch mit

der Mitteilung der

damals gewonnenen Resultate begnügen muss Die im Museum des Hanauer Bezirksvereins aufbewahrten Fundstücke sind, abgesehen von den bereits erwähnten Gefässresten aus

terra sigillata ,

folgende :

1 ) 4 Pfähle ,

deren

Länge zwischen 2,60 und 1,60 m (letzterer abgebrochen) schwankt, während der Querdurchschnitt, der bei den am besten erhaltenen Exemplaren fast kreisrund ist, oben einen Durchmesser von 0,45 , bzw. 0,38 und 0,35 m hat . Der noch am Pfahl festsitzende eiserne Schuh hat einen vierseitig pyramidalen massiven Kern von 0,30 m Länge, an welchen sich 4 nach oben breiter werdende Lappen mit je einem Nagelloch ansetzen, welche 0,27 m lang und am oberen Ende 0,22 m breit

sind .

Die

übrigen Reste

von Pfahlschuhen

sind

von gleicher

Form und ziemlich gleicher Grösse.

2 ) 6 Bruchstücke von den horizontal liegenden Latten,

welche bis auf eine ganz gleichen

rechteckigen Querschnitt mit 0,21

haben , während

ein kürzeres

0,14 m Seitenlänge

1,75 m langes Fragment 0,32 m breit ist .

Die am besten

erhaltene hat noch eine Länge von 3,45 m. Eine Vergleichung

dieser Fundstücke mit den

stammenden , soweit die letzteren Gleichartigkeit beider

Anlagen keinen

stammenden Pfahlreste ist

von der Grosskrotzenburger Brücke

sich noch im Hanauer Museum befinden , lässt über die der von

Grosskrotzenburg

3,05 m lang (ohne Spitze) und 0,37 m dick .

Die Pfahlschuhe

sind teils den oben beschriebenen gleich ,

Zweifel .

Der grösste

teils haben sie

schmälere Lappen

und kürzere

Spitzen ; einer hat nur zwei breite , oben abgerundete Lappen, die sich dutenförmig um eine abgerundete (nicht vierseitige ) Spitze legten.

Latten sind von Grosskrotzenburg nicht vor-

handen , doch wurde ein Stück eines eichenen Querbalkens " auch dort gefunden.¹ ) Der römische Ursprung der Grosskrotzenburger Reste und ihre Uebereinstimmung mit den Mainzer Fundstücken

ist s. Z.

durch eine von den beiden an den Mainbaggerungen beteiligten

Regierungen entsandte Kommission , welcher Oberst von Cohausen als Sachverständiger beigegeben war, ausdrücklich anerkannt worden 2) Sprach schon die Beschaffenheit der Fundstücke für einen gleichartigen Ursprung wie in Grosskrotzenburg und Mainz, so noch mehr die Lage der Brücke.

1) Vgl. O. Dalım , Die römische Mainbrücke bei Grosskrotzenburg. V, I, S. 65 ff.

Zwar auf den ersten

Westd . Zeitschr. für Gesch. u. Kunst.

2) Die sämtlichen Fundstücke waren ursprünglich durch die preussische Baubehörde dem Hanauer Bezirksverein, auf dessen Kosten die Untersuchungen fortgesetzt waren , überwiesen worden. Später wurden sie von der grossh. hessischen Regierung reklamiert, da die Fundstätten z. T. auf der hessischen Seite des Mainbettes lagen. Die oben erwähnte Kommission sprach den bei weitem grösseren Teil der Fundstücke dem hessischen Staate zu, der sie als wertvolle Proben römischen Brückenbaus den Museen zu Mainz, Worms und Darmstadt überwies.

26 22 Blick musste dieselbe auffallend erscheinen , Forschern bei Kesselstadt gesucht hatten .

da wir den Stromübergang mit allen älteren

Ein mit den topographischen Verhältnissen und

der Entstehungsgeschichte Hanaus unbekannter Leser, der sich nur durch das Studium einer modernen Landkarte eine Erklärung des Fundes bilden wollte, möchte die Brücke zweifellos mit der Neustadt Hanau in Verbindung bringen , deren letzte Häuser am Mainkanal entlang sich bis dicht an die Stelle erstrecken , anzunehmen ist.

wo das Ende der Brücke auf dem rechten Ufer

Nun lag aber die Stadt Hanau bis zu der hochherzigen That des Grafen

Philipp Ludwig, der am Ende des 16. Jahrhunderts für die von ihm aufgenommenen , ihres Glaubens wegen vertriebenen Wallonen und Niederländer in der von einem oder mehreren Kinzigarmen durchschnittenen Niederung die heutige Neustadt gründete , insel, mit ihrem nächsten Thore 1 Kilometer vom Main entfernt .

auf einer Kinzig-

Die alten Verkehrswege

hielten sich jener Niederung fern ; die durch das Kinzigthal herabkommende uralte Verkehrsund Heerstrasse, deren Richtung später die Leipzig- Frankfurter Strasse folgte, umging Hanau im Norden und trat erst im Westen der Stadt nahe an diese heran , wo die älteste Kinzigbrücke die Verbindung herstellte und an ihr sich Hanaus einzige Vorstadt entwickelte. Von dieser Stelle aus führte auch der alte Verbindungsweg zwischen Hanau und Kesselstadt am rechten Ufer der heutigen Kinzig entlang über den Salisberg. Der unter dem Namen von S.O. her

endigte

„ Birkenhainer Strasse " z. T. noch erkennbare

1 Kilometer

südlich von Althanau am Main da , wo

Verkehrsweg oberhalb des

heutigen Mainkanals das „ Kinzdorf" (Taf. I) als älteste Ansiedelung auf dem Boden des heutigen Hanau lag, dessen prähistorische Existenz durch Grabfunde bewiesen ist . Das Dorf, welches lange vor der Entstehung der Stadt eine Kirche hatte ¹ ) , Gemeinde später absorbiert .

Nur der Namen ist dem Felde

Main und dem Mainkanal geblieben .

wurde von der jüngeren

zwischen der Neustadt ,

dem

Dieser Namen aber weist darauf hin , dass nicht das

heutige, die Stadt Hanau im weiten Bogen umgehende Flussbett, sondern der vom Waldesel her das Terrain der heutigen Neustadt

durchziehende Arm

und damit den Anspruch auf die Bezeichnung der Gegend heisst, hatte. 2 )

den grösseren Wasserreichtum

Kinz " , wie die Kinzig noch heute im Dialekt

Dafür spricht auch die weitere Thatsache, dass von den Thoren

1 ) Vgl . 37te Nachricht von dem Evangelisch -Lutherischen Armen- und Waisenhause in Hanau , auf das Jahr 1805. Hanan 1806. Dort werden (S. 17) urkundliche Nachrichten über die Kirche aus den Jahren 1364, 1449 und 1460 angeführt , welche beweisen , dass damals die Kirche im Kinzdorf die Haupt- und Mutterkirche Hanaus war, in der z . B. 1499 der erste Sohn des Grafen Reinhard IV. in Gegenwart des Patenstelle vertretenden Erzbischofs von Mainz getauft wird. Neben dem Kinzdorf, nahe dem Steinheimer Thor, war auch der älteste Friedhof. Nicht weit davon wurde im Jahre 1877 ein , wie es in dem Bericht (Mitteilungen des Han. Bezirksvereins, Nr. 6, 1880, S. 214) heisst,,,germanisches Frauengrab mit verschiedenen Bronzesachen, Haarnadeln und Armringen (Spiralen)" gefunden. 2) Dass diese Thatsache noch im vorigen Jahrhundert als allgemein bekannt angesehen wurde , zeigt eine Stelle im Allgemeinen hydrographischen Lexikon aller Ströme und Flüsse in Ober- und Niederdeutschland, worinnen etc. Frankfurt a. M. 1742. Dort heisst es S. 216 : ,, Die Kinz oder Kinzing läuft durch diese Grafschaft (Hanau) . . . . bis sie endlich oberhalb Hanau sich in zwei Arme theilt und mit dem Linken durch Hanau fliesst, allda die alte und neue Stadt von einander absondert und endlich unter dem Namen des Canals in den Main fällt. Der rechte Arm aber fliesst durch die Brücke an der Vorstadt der alten Stadt Hanau hin und geht gleich unter der Kinzbrücke ohnweit dem Dorfe Kestadt und dem Lustschlosse Philippsruhe ebenfalls in den Main." Spuren

23

der Altstadt nicht das zur Kinzigbrücke führende nordwestliche , heutigen Fluss entlegenste

südliche ,

sondern gerade

das

dem

welches später die Alt- und Neustadt beim heutigen

Gasthaus zur Sonne verband , den Namen „ Kinzigthor " 1) führte.

Jener Arm , dessen Lauf

bei bedeutendem Hochwasser an manchen Stellen der Neustadt noch heute zu erkennen ist , wurde bei der Anlage der letzteren teils in den Hauptarm geleitet , gräben verwendet .

Sein unterster Teil wurde später

teils für die Festungs-

zum heutigen Mainkanal ausgebaut,

der auf Karten aus dem 17. Jahrhundert noch die unregelmässige Gestalt eines Flusslaufes zeigt.2)

Unmittelbar unterhalb der Einmündung dieses Arms in den Main fanden sich die

Reste der Brücke .

Es leuchtet

gestanden haben kann.

ein ,

dass sie zu dem

Etwa zur Neustadt ?

alten Hanau in keiner Beziehung

Während der Belagerung Hanaus im Jahre

1635/36 wurde der Main bei Steinheim überbrückt und bei Kesselstadt vermöge der oben erwähnten Furt überschritten . )

Von einer Brücke am Mainknie ist weder in den Berichten

über jenes denkwürdige Ereignis noch auf den gleichzeitig entstandenen Karten eine Spur zn finden .

In der Zeit nach dem grossen Kriege aber ist an eine Ueberbrückung des Mains

zwischen Hanauischem und Mainzischem Gebiet gar nicht zu denken, ganz abgesehen davon, dass die aus dieser Zeit vorhandenen Chroniken, die u. a. von der Ueberbrückung der Kinzig zwischen Neu-Hanau und Kesselstadt berichten , schwiegen haben würden.

Die Hauptsache

aber

ein

solches Ereignis

sicherlich nicht ver-

bleibt die Beschaffenheit

der

Pfahlreste

und Latten, welche den Gedanken an einen jüngeren Ursprung der Brücke bei einem Kenner gar nicht aufkommen lassen können . Aber auch für die römische Zeit schien eine Beziehung der Brücke auf das Terrain der Stadt Hanau absolut undenkbar. Die von Schlereth ausgesprochene Vermutung , dass das Hanauer Grafenschloss auf den Trümmern eines römischen Kastells entsanden sei , 4) war nach Duncker von allen Forschern verworfen worden .

Während rings um das Areal der

des alten Flussbettes wurden bei den im letzten Jahre vorgenommenen Kanalisationsarbeiten am Eingang der Fischergasse vor dem Gasthaus zur Post gefunden , wie mir mein Hanauer Kollege , Herr Gymnasiallehrer Schmitz , bestätigte, der auf meine Bitte die Stelle besichtigte. 1 ) Vgl. den oben angeführten 37ten Bericht des Waisenhauses, S. 15. Dort heisst es : ,,Das Kinzigthor war zwischen der lutherischen Inspektionswohnung und dem Hause der Frau Wittwe Hatzfeld erbauet. Es hatte seinen Namen von dem Kinzigfluss, der ganz nahe vorbeifloss ." Weitere Angaben zeigen, dass zwischen diesem Hauptarm und dem heutigen Kinzigbett noch eine Verbindung bestand ; doch war dies wohl nur der die Altstadt nach W. begrenzende Festungsgraben , der sich in der Nähe des Kinzigthors mit dem erwähnten Arm vereinigte. Dieser, ,,der Fluss nahm seinen Lauf nach der Gegend, wo jetzt das Zollhaus stehet und fiel allda in den Main" (a . a. O. ) . Darnach ist auch von Schlereth's Angabe (Arnd's Zeitschr. für die Provinz Hanau , I. Band , III. Heft , S. 204) zu ergänzen. 2) So z . B. auf der Ansicht von Hanau in Merians Topographia Hassiae et vicinarum regionum . 1646. Vgl. auch das Blatt des Schlachten-Atlas II, 26 bei Wille , Hanau im dreissigjährigen Kriege. Hanau 1886 , Plan III. Auf der Karte S. R. Imp. Comitatus Hanau etc. per Fr. Zollmannum curante Joh. Chr. Homanno. Noribergae MDCCVIII fliesst der linke Arm noch ununterbrochen zwischen Alt- und Neustadt hindurch zum Main. 3) Vgl. Wille, Hanau im dreissigjährigen Kriege. S. 215 und Plan II , III und V. Was Wille a . a. O. Anm . gegen die Annahme, dass Lamboy den Main bei Kleinsteinheim überbrückt haben könne, bemerkt , gilt natürlich in weit höherem Grade von unserer Stelle. 4) Vor v. Schlereth war diese Ansicht schon in dem oben erwähnten Bericht des Waisenhauses , S. S ausgesprochen worden.

24

Stadt herum ,

sobald

das

Terrain

Funde gemacht wurden , fehlten alten Kinzigarmen .

sich über

sie

die

Ufer

der

Kinzig

erhebt ,

römische

vollständig in dem Inundationsgebiet zwischen den

Es schien daher auch nicht denkbar, dass etwa von der Brücke aus durch

das heutige Hanau eine Strasse zum

Kastell Rückingen geführt habe.

Dagegen wies die

Lage der Pfeilerreste gebieterisch auf unsere von N.W. zum Salisberge führende Strasse hin.

Verlängern wir dieselbe über letzteren geradlinig nach S.O. , so trifft sie genau auf das

östliche Ende der Brücke .

Dass sie dabei die Kinzig kurz vor der Mündung derselben in

den Main überschreiten musste ,

kann umso weniger befremden ,

wenn wir annehmen , dass

dem heutigen Fluss damals nur ein , und zwar nicht der bedeutendste Arm der Kinzig entsprach.

Unsere Annahme bezüglich der Richtung des nördlichen Zufuhrwegs zur Brücke

musste zweifellos werden, wenn sich herausstellte , niederlassung hinaus zur Kinzig verlief.

dass unsere Strasse über die Salisbergs-

Dass es uns später gelang, auch diesen Beweis zu

erbringen, wird weiter unten berichtet werden . Eine Nachgrabung, die ich mit Erlaubnis der Wasserbaubehörde an dem Ufergelände Vornahm , führte zu keinem Resultate ; Schuttmassen aus mehreren Jahrhunderten zeigten, wie sehr hier die Terrainverhältnisse verändert sind. Weiter landeinwärts verbot der Anbau die Vornahme von Nachforschungen . Günstiger lagen die Verhältnisse auf dem südlichen grossherzoglich hessischen Ufer. Dasselbe wird von der von uns festgestellten Brückenaxe genau nördlich der Stelle getroffen, wo die im Jahre 1875 aufgedeckten Fundamentmauern eines grossen römischen Gebäudes begannen (Taf. I, 15 , Taf. II, 30) .

Das Terrain hat hier in prähistorischer Zeit eine Insel

gebildet ; denn 250 m südlich von dem nördlichsten Punkte des heutigen linken Stromufers erkennt man noch heute deutlich die Abböschung zu einem genau ost-westlich gerichteten Strombette ,

welches zu verschiedenen Deutungen Veranlassung gegeben hat ,

die

aber fast

alle das mit einander gemein haben , dass sie voraussetzen , es habe in römischer Zeit noch ständiges Wasser gehabt.

Duncker suchte

im Anschluss

an Dieffenbach's Vermutung es

wahrscheinlich zu machen, dass die in römischer Zeit auf einer Insel gelegenen Gebäude zu einer Militäranlage gehörten, welche den Zweck hatte, die etwa 700 m stromabwärts, unterhalb der Wiedervereinigung beider Arme gelegene Mainfurt zu decken . ') Insulare Lage jener Reste nahm auch Suchier an ) und suchte diese Annahme gegen Schenk zu Schweinsberg zu stützen, der die Vermutung ausgesprochen hatte, dass der alte Mainarm in römischer Zeit der einzige gewesen sei, so dass das auf der Mainspitze auch von ihm angenommene Kastell die militärisch richtige Lage am rechten Stromufer gehabt hätte.3)

Diese Annahme ist durch die Auffindung des Kastells zu Kesselstadt, von der weiter

unten ausführlich berichtet werden wird ,

widerlegt.

Aber

auch die den

Ausführungen

Duncker's zu Grunde liegende Voraussetzung scheint nach unseren neueren Beobachtungen unhaltbar und vielmehr die Ansicht berechtigt zu sein ,

dass das linke Mainufer bereits in

römischer Zeit im Ganzen dieselbe Beschaffenheit hatte wie heute , dass also der alte Arm

1) Der römische Mainübergang zwischen Hanau und Kesselstadt. S. 2 Anm . 1. 2) Mitteilungen des Han. Bezv. Nr. 5, 1876, S. 220, Anm. 1. 3) Vgl. Darmstädter Zeitung v. 7. Okt. 1875.

Nass. Ann. XV. Band , S. 291.

Vgl . oben S. 2 Anm. 1 u. 3.

Vgl. oben

25

damals für gewöhnlich trocken lag und nur bei besonders starkem Hochwasser ein Flutbett bildete, wie dies auch im Januar d. J. der Fall war. Duncker stützte sich besonders auf die Thatsache, dass auf dem im Jahre 1632 aufgenommenen Merian'schen Plane von Hanau 1 ) gegenüber von Kesselstadt eine langgestreckte Insel im Main liegt .

Aber dieselbe beginnt erst an der Kinzigmündung, erheblich unterhalb

der Stelle, wo das alte Mainbett einst sein Wasser aus dem Strom erhielt. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, dass die dort eingezeichnete Insel nichts anderes ist, als die früher erwähnten Felsen , die noch in diesem Jahrhundert Kesselstadt gegenüber sich über dem Wasserspiegel erhoben.

Sie sind auf einer anderen Karte aus derselben Zeit 2 ) als zwei

kleine Inselchen mitten im Main gezeichnet , welche nach ihrer Lage und Grösse nicht mit. unserer prähistorischen Insel verwechselt werden können .

So fasst auch Wille die Sache

auf, der auf dem von ihm hergestellten „ Plan der Gefechte bei Hanau am 23. und 24. Juni 1636 " den Main in demselben welches

Bette fliessen lässt

wie heute . " )

Ein kleines

Inselchen ,

er nach dem Schlachtenatlas unmittelbar vor der Mündung des Mainkanals ein-

gezeichnet hat, würde mit seiner unteren Spitze noch gerade bis an unsere Brücke reichen. Ob es bei der Erbauung derselben bereits vorhanden war und von den Römern wie anderwärts benutzt wurde, ) oder ob es nichts anderes ist als ein im 16. Jahrhundert noch vorhandener Pfeiler jener Brücke, hinter dem sich Geröll abgelagert hatte , wage ich nicht zu entscheiden. ) Dass bestand , südlich

aber in römischer Zeit

dafür daran

sprechen auch grenzende

Norden nach

Süden

nach Westen

abbricht.

die prähistorische Insel bereits nicht mehr als solche

folgende

höher

ein Feldweg , Aber

Umstände :

gelegene

in

der

Feld

am

der

Durch das

führt

nördlichen

Verlängerung

in

Ufer des des

alte Flussbett und das

schnurgerader ersteren

erstgenannten

Richtung rechtwinkelig Stücks

ver-

läuft durch die dort beginnenden Wiesen ein Fusspfad zum Main , den er da erreicht , wo an der Stelle ,

an der alljährlich

die Adam'sche Badeanstalt aufgeschlagen wird ,

römische Brücke das Land erreichte. Weges folgt ,

einst die

Dass aber auch dieser Pfad der Richtung eines alten

dafür spricht der Umstand ,

einem Abstand von etwa 8 m begleiten.

dass ihn an der östlichen Seite Grenzsteine in

Wichtiger aber ist , dass

dieser Weg unmittelbar

vor dem östlichen Ende der 1875 aufgedeckten Fundamente vorüberführt , deren Langseiten

1 ) Vgl . oben S. 23 Anm. 2. Der Plan ist 1646 herausgegeben. 2) Schlachtenatlas II, 26. a. a. O. 3) Hanau im dreissigj. Krieg.

Plan II.

4) Vgl. O. Dahm, Die römische Mainbrücke bei Grosskrotzenburg.

Westd. Zeitschr. V, I, S. 69.

5) Mit dieser Stelle möchte ich eine Angabe der im Archiv des Hanauer Bezirksvereins befindlichen Dheinschen Chronik in Zusammenhang bringen. Da heisst es zum Jahre 1716 beim Bericht über den Bau der Kinzigbrücke : ,War auch das Jagtschiff auff dem Mayn fertig. Und angefangen viele Steine , so im Strome gelegen herauszuschaffen ." Die hier erwähnte Kinzigbrücke liegt dicht an der Mündung des Flusses , unseren Pfeilerresten sehr nahe, die, wenn sie damals noch z . T. vorhanden waren, dem Schiff beim Einlaufen in den Mainkanal, wo es sicherlich seine Station hatte , hinderlich sein mussten. Vielleicht wurden erst damals die Pfahlköpfe nach Entfernung der oberen Steine so abgeschnitten , wie wir sie bei ihrer Hebung fanden. Doch ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die Stelle sich auf die Felsbarre bei Kesselstadt bezieht.

26

Dies konnten wir mit voll-

senkrecht gegen ihn gerichtet sind (Taf. I, 15 u. Taf. II, 30) .

kommener Sicherheit feststellen, da sich im Archiv des Hanauer Bezirksvereins die Aufnahme vorfand, welche nach den Arbeiten des Jahres 1875 von G. v. Rössler angefertigt war. ¹) Es kann schon jetzt keinem Zweifel unterliegen , dass wir den römischen Zufuhrweg zur Mainbrücke vor uns haben.

Jener Feldweg aber wird 200 m südlich vom Rande des

500 m vom Strom, rechtwinkelig gekreuzt von einer kaum bemerkbaren dammartigen Erhöhung , welche , der heutigen Landstrasse nach Dietesheim parallel die Ackergrenzen durchschneidend , geradlinig zum Main zieht und denselben da erreicht , wo alten Mainbetts ,

sich

mit

ihm

am südlichen Ende

der Furt

das

alte Strombett wieder vereinigt .

Vom

Vereinigungspunkt beider Linien folgt der Feldweg auf kurze Strecke der Richtung jener Erhöhung , um sich dann wieder südlich zur Landstrasse zu wenden . Unmittelbar östlich von diesem Knie aber fanden wir im Jahre 1883 ein römisches Totenfeld (Taf. I, 16) als Rest einer hier ehemals vorhandenen Ansiedelung. ") Ich glaubte in jener Erhöhung

den letzten Rest der linksmainischen Uferstrasse zu

erkennen, von welcher ich Spuren bereits früher in den Gemarkungen von Steinheim und Hainstadt gefunden hatte. Strasse beobachtet hatten.

Es wiederholte sich die Erscheinung, die wir bei der nördlichen Wo sich die Strasse der von Nebenarmen durchfurchten Fluss-

niederung nähert, spaltet sie sich in zwei Arme, von welchen der eine zur Furt, der andere zur Brücke führt. Hier am südlichen Ufer aber liess sich der erstere Arm durch seinen der Richtung des Flusses folgenden Verlauf deutlich als der ältere erkennen . Wir kommen auf diese Frage später zurück ; eins aber war nach den geschilderten Untersuchungen bereits zweifellos : die Gebäudereste auf der Mainspitze hatten nicht der Mainfurt bei

Philippsruhe , wie

Duncker gegen den Widerspruch militärischer Forscher

angenommen hatte ,

Mainbrücke bei Hanau ihren Ursprung

Ihr

zu verdanken .

sondern der

militärischer Charakter wird

durch ihre Lage unmittelbar an derselben nur wahrscheinlicher. Mit der Feststellung dieser Thatsache schwinden aber zugleich alle inneren Gründe, die man für die insulare Lage jener Gebäude vorgebracht hatte. aber entschieden auch die geradlinige alte Mainbett.

Gegen diese Annahme spricht

Fortsetzung des jüngeren

Strassenarms durch das

Immerhin war eine doppelte Ueberbrückung des Mains in zwei Armen nicht

ganz ausgeschlossen. Ich versuchte für die Lösung auch dieser Frage im November 1886 Anhaltspunkte durch Nachgrabungen zu gewinnen, freilich mit geringer Aussicht auf Erfolg.

Denn nicht

nur das alte Flussbett , sondern die ganze Mainspitze ist bei Hochfluten wiederholt überschwemmt und in ihrem Aussehen verändert worden. So sahen wir im Jahre 1882 die Wiesen und Aecker mit Sand und Kies bedeckt , während das Hochwasser vom Jahre 1845 sich ein Flutbett gerade in der Richtung der römischen Gebäude riss und diese dadurch zum ersten Mal wieder aufdeckte .

Dadurch erklärt es sich , dass alle ehemals vorhandenen Un-

1) Nach derselben sind auch die beiden Skizzen in Duncker's oben erwähntem Aufsatz angefertigt. Auch der Feldweg ist in seiner ungefähren Richtung eingetragen. Dass trotzdem niemand auf seine Beziehung zu den Fundamenten geachtet hatte , erklärt sich daraus , dass bei der Annahme eines Fortbestehens des alten Mainbettes jener Weg nur aus neuerer Zeit stammen konnte. An die Existenz einer Brücke an dieser Stelle aber konnte ja vor ihrer Auffindung niemand denken . 2) Vgl. Wolff, Römische Totenfelder in der Umgebung von Hanau.

Westd. Zeitschr. II, IV, 420 ff.

27

gleichheiten des Bodens bis auf kaum erkennbare Reste verschwunden sind, wie ja auch von der im Jahre 1635/36 auf der Mainspitze angelegten kleinen Schanze 1 ) keine Spur mehr zu finden ist.

Denn die nivellierende Wirkung des Wassers hat sich offenbar in den beiden

letzten Jahrhunderten hier mehr als in früheren Zeiten bemerkbar gemacht, da die Anlegung der

Philippsruher Allee

im vorigen

Jahrhundert

eine

bedeutende

Zurückdämmung und

Erhöhung des rechten Mainufers zwischen Hanau und Kesselstadt nötig ohne Nachwirkung auf die Flutverhältnisse bleiben konnte.

machte , die nicht

auf dem gegenüberliegenden

hessischen Ufer

Wenn ich unter diesen Umständen doch eine Reihe von Versuchsgräben senkrecht gegen die angenommene Richtung der Strasse ziehen liess, so geschah dies nicht in der Hoffnung, ebenso wie bei Kesselstadt noch einen erhaltenen Strassenkörper zu finden .

Derselbe

musste, da die Strasse durch die Niederung sicherlich auf einem Damm geführt war, bei der Zerstörung des letzteren durch die Fluten auf das umliegende Gelände zerstreut sein .

Nur

aus der Beschaffenheit der durchschnittenen Bodenschichten konnte man hoffen Anhaltspunkte zu gewinnen .

Auch sie waren ziemlich unbedeutend.

In der Wiese gegenüben den Gebäude-

resten ergab sich unter der Grasnarbe in der Breite des angenommenen Weges eine 0,50 m tiefe Schicht reiner Dammerde, während zu beilen Seiten in dem kiesigen Boden sich kleine Scherben römischer Gefässe fanden. Im alten Mainbett und südlich desselben war der Feldweg mit einer Kiesdecke versehen, die aber zweifellos neueren Ursprungs war und z. T. von dem Niederschlag der letzten grossen Ueberschwemmungen stammte , den man von den umliegenden Grundstücken abgefahren und hierher geschafft hatte.

Auffallender Weise aber

fanden sich unter dieser Kieslage mitten im alten Flussbette Reste einer groben germanischen Graburne in der Dammerde , die ihrer Beschaffenheit nach ebenso wohl aus vor- als aus nachrömischer Zeit stammen konnten.

Im ersteren Falle mussten sie mit der sie umgebenden

Erde s. Z. hierher verbracht sein ; nimmt man an, dass sie zu einem hier einst vorhandenen Grab gehörten, so setzt dies voraus, dass ein erhöhter Damm vorhanden war, welchen die unmittelbaren Nachfolger der Römer im Besitz des Landes aus denselben Gründen für die Beisetzung ihrer Toten wählten , die sie bestimmten , in den Niederungen mit Vorliebe die vor Ueberschwemmung geschützten Sanddünen

für diesen Zweck zu benutzen .

Jedenfalls sprach der

ganze Befund für eine Ueberdämmung des alten Strombettes und damit gegen die Annahme, dass die Mainspitze noch zu römischer Zeit eine Insel bildete .

Der eintretende Frost machte

meinen Nachforschungen auf hessischem Gebiete ein Ende ; in den beiden folgenden Jahren aber nahm die Fortsetzung der Ausgrabungen in Kesselstadt meine Zeit und die Mittel des Hanauer Bezirksvereins so

vollauf in Anspruch ,

grabungen am südlichen Ufer kam.

dass ich nicht zu umfassenderen Aus-

Es bleibt eine Aufgabe der beiden Nachbarvereine , im

Anschluss an die früheren Arbeiten die ganze Maininsel einer planmässigen Durchforschung zu unterwerfen .

Eine solche dürfte , abgesehen von neuen Anhaltspunkten für die Bestimmung

der linksmain'schen Strasse auch weitere Aufklärung über den Charakter der im Jahre 1875 nur teilweise aufgedeckten Gebäude bringen .

1) Vgl. Wille, Hanau im dreissigjährigen Kriege.

S. 222, Nr. 22, nebst Plan II, 22 u. III, 18.

28

Was nun endlich die betrifft ,

so

Lage der Brücke

zu der südlichen und nördlichen Strasse

entspricht sie genau der Beobachtung ,

welche

einer

der in diesen Dingen

berufensten Forscher , General Kalle e, in Beziehung auf römische Flussübergänge gemacht hat. Er sagt : ¹ ) „ Die Brücke selbst war stets senkrecht auf die Strombahn gelegt, aber die zur Brücke führenden Strassen laufen der Regel nach in schiefer Richtung zum und vom Ufer, ohne Zweifel, um das Enfilirtwerden auf längere Strecken während eines in Gegenwart des Feindes vorzunehmenden Truppenübergangs zu vermeiden. der Brücke bot überdies den Vorteil ,

dem

Die Direktionsänderung vor

die Ordnung gefährdenden Drängen der Mann-

schaft nach der Brücke leichter entgegentreten zu können. "

Den auffallenden Umstand, dass

die nördliche Strasse nahe der Brücke auch die Kinzig noch einmal überschreiten musste, erkläre ich mir folgendermassen :

Als die Römer das Gebiet am Taunus und Untermain bis

in die Gegend von Friedberg und Hanau ,

wie

oben gezeigt , )

durch eine Grenzstrasse

sicherten, die auf das Mainknie orientiert war , mussten sie von der im allgemeinen geradlinig eingehaltenen Richtung von N.W. nach S.O. bei der Annäherung an das Kastell Kesselstadt nach S. abbiegen, um hinter dem letzteren die Mainfurt zu erreichen. Nach demselben Punkte wurde auch die linksmainische Grenzstrasse am Ufer des alten Mainbettes entlang geführt.

Als man auch das untere Kinziggebiet in den Bereich der römischen Herrschaft

zog, war die Rücksicht auf das Mainkastell nicht mehr nötig .

Die alte Grenzstrasse war

zu einer der neuen Grenze parallellaufenden Hauptverkehrsstrasse geworden , für welche sich bald das Bedürfnis nach einer ständigen Brücke fühlbar machen musste.

Das Mainbett

unterhalb der Kinzigmündung war felsig, was das Einrammen von Pfählen erschwerte . Man entschloss sich daher zu der Stelle unmittelbar am Mainknie, unterhalb der Einmündung des linken Kinzigarms, welche auch den Vorteil bot, dass sie genau in der Hauptrichtung sowohl der südlichen als auch der nördlichen Strasse lag.

Nimmt man überdies an ,

was nach

Analogie der römischen Rheinstrassen an sich wahrscheinlich ist , und wofür ich auch bereits einige thatsächliche Anhaltspunkte gewonnen habe , dass nach Anlegung des Grenzwalls von Grosskrotzenburg nach Norden der Main begleitet war ,

auch auf seinem rechten Ufer von einer Strasse

die am Mainknie sich mit der den Strom überschreitenden linksmainischen

Strasse vereinigte , so verliert der doppelte Flussübergang vollends alles Auffallende. Dass von der linksmainischen Grenzstrasse der zur Brücke führende neuere Arm nicht von dem neben der oben erwähnten Begräbnisstätte (Taf. I, 16) anzunehmenden Knie ) an in geradliniger Verlängerung der Hauptrichtung weiter geführt wurde ,

wie wir es bei

der

nördlichen Strasse sahen, sondern erst 250 m weiter westlich sich fast rechtwinkelig an das letzte Stück anschloss , erklärt sich aus der Absicht , das alte Mainbett , welches bei Hochwasser überschwemmt war , auf dem kürzesten Wege , d. h. rechtwinkelig zu überdämmen . Es ist aber nicht unwahrscheinlich , dass

wir an der angedeuteten Stelle nicht nur eine

1) Das rätisch-obergermanische Kriegstheater der Römer. Eine strategische Studie von E. Kallee. 1889 , S. 29. 2) Vgl . oben S. 5 ff. 3) Nur nebenbei sei bemerkt, dass von diesem Knie, neben welchem, wie die Gräber zeigen , Anbau irgend welcher Art anzunehmen ist, bis zur Mainfurt die Entfernung wiedernm etwas mehr als 900 m beträgt, also genan den Abständen entspricht, in welchen wir an der nördlichen Strasse auf Spuren von Anbau, wahrscheinlich Türmen, trafen. Vgl . oben S. 10.

29

Gabelung, sondern eine Kreuzung von Strassen anzunehmen haben, da manche Spuren darauf hinweisen, dass das neue, von der Brücke nach S. führende Strassenstück jenseits der alten Uferstrasse eine geradlinige Fortsetzung am

Pfaffenbrunnen“ und „ Galgenfeld " vorüber, sei

es nach Dieburg oder sei es nach dem nördlichen Ende der älteren Mümmlinglinie bei Lützelbach hatte , in deren nördlicher Verlängerung über das nach Wörth zum Main führende Kniestück

hinaus

Friedrich

Kofler

römische

Niederlassungen

oder

möglicherweise

Befestigungen" vermutet und Spuren der ersteren gefunden hat, ¹ ) die genau in der Linie Steinheim -Lützelbach liegen.

Doch mit diesen Andeutungen habe ich über den Rahmen des

Berichts über unsere Arbeiten hinausgegriffen und kehre nunmehr zur Fortsetzung der Ausgrabungen bei Kesselstadt zurück.

Die

Arbeiten

der

Jahre

1887

und

88.

IV . Das Kastell Kesselstadt . Die Arbeiten des Jahres 1887 , welche ich wie im vorhergehenden Jahre gemeinsam mit Herrn von Rössler während der gleichzeitigen Herbstferien begann und dann allein bis in den Winter hinein fortsetzte , hatten zu ihrer Hauptaufgabe die Aufdeckung des an der Stelle des heutigen Dorfes von uns angenommenen Kastells . Es war umso notwendiger, möglichst zahlreiche und unzweifelhafte Reste desselben nachzuweisen , da nicht nur seine Lage noch problematisch war und für die Grösse alle Anhaltspunkte ausser der Schlussfolgerung aus der Analogie fehlten , sondern sogar seine Existenz von nicht wenigen Vereinsmitgliedern bezweifelt wurde ,

da ja

„ das gefundene Mauerstück wohl auch von anderen

Bauwerken herrühren könne und es doch wohl kaum anzunehmen sei, dass von einem Kastell alle Spuren so gänzlich verwischt seien , dass auch die ältesten Leute keine Erinnerung an das Vorkommen alter Fundamente bei Neubauten hätten . " Es gehörte der volle Glauben an die Stichhaltigkeit der Gründe für unsere Erklärung des aufgefundenen Mauerstücks dazu , um gegenüber diesem Misstrauen und der geringen Aussicht auf weitere Funde doch die Nachforschung nach denselben wieder aufzunehmen . Da aber diese bei der ungünstigen Beschaffenheit des in Betracht kommenden Terrains sich zunächst nur auf mehr tastende Versuche an verschiedenen Stellen innerhalb des Dorfes beschränken musste , andererseits aber wir die kurze Zeit gemeinsamer Arbeit möglichst auszunutzen wünschten, so beschlossen wir, gleichzeitig mit einer grösseren Anzahl von Arbeitern

die im Jahre 1880 abgebrochenen

Ausgrabungen auf dem Salisberge wieder aufzunehmen, von welchen wir hoffen durften, dass sie uns ausser einer Ergänzung und weiteren Erklärung der damals gewonnenen Resultate auch eine Bestätigung unserer Annahme bringen würden, dass der westliche Strassenarm auf den Salisberg , bzw. über diesen nach der Mainbrücke führe.

Wir werden später sehen,

1) Vgl. Quartalblätter des Hist. Vereins für das Grossherzogtum Hessen. Zeitschrift für Geschichte und Kunst. VIII, 1889, II, 152 ff.

1889, Nr. 2 , S. 57 u . Westdeutsche

30

dass diese Hoffnung uns nicht täuschte. Dagegen schienen die Nachforschungen nach der Umfassungsmauer des Kastells anfangs resultatlos zu verlaufen, da gerade da , wo wir sie zu finden gehofft hatten, und wo allein wir nach denselben zu suchen in der Lage waren , sich nicht die geringsten Spuren fanden.

1. Gang der Ausgrabungen . Bei der Wiederaufnahme unserer Arbeiten gingen wir , wie oben gezeigt ist , von der Voraussetzung aus, dass das im Diehl'schen Hofe aufgefundene Mauerfundament ein Teil der östlichen Schmalseite gelegene Teil sei .

des Kastells, und zwar der in unmittelbarer Nähe der Nordostecke

Bei dieser Annahme war es erklärlich, dass die „ Hintergasse, " welche in

ihrem nördlichen Teile genau in der Richtung unserer Kastellfront verläuft, um 0,60 m tiefer liegt als das Niveau des Diehl'schen Hofes , der nur durch die auf dem Kastellfundament stehende Hofmauer von ihr getrennt ist . (Taf. III, 2c) .

Die Gasse entspricht dem inneren

Kastellgraben und ist s . Z. in ihrer Lage und Richtung durch die noch stehende Kastellmauer bestimmt worden. Es lag nun nach den bei anderen Ausgrabungen gemachten Erfahrungen nahe, dasselbe auch bezüglich der auf die Hintergasse genau senkrecht stossenden nördlichen Haupstrasse des Dorfes , der " Wilhelmsstrasse " , anzunehmen ,

zumal da es

bekannt war , dass dieselbe noch vor ca. 40 Jahren das Dorf im N. ebenso begrenzt hatte , wie es bezüglich der Hintergasse nach O.

noch heute der Fall

ist.

Der ganze

von der

„Wilhelmsstrasse " bis zur „Augustastrasse " und über dieselbe hinaus sich erstreckende Teil von Kesselstadt ist nämlich erst in den letzten Jahrzehnten, z. T. in den letzten Jahren entstanden . Es schien demnach , dass das alte Dorf wenigstens in seinem nordöstlichen Teil noch genau die Form des Kastells erkennen liess . Dass dies in der That der Fall war, aber in etwas anderer Art, als wir damals glaubten, sollte sich später ergeben . Es lag nahe

anzunehmen , dass der Dorfplan noch weitere Anhaltspunkte zur Auf-

findung der übrigen Kastellfronten bieten würde .

Bedauerlich war es, dass ein in der Nord-

ostecke des Diehl'schen Gartens stehender Nussbaum uns verhindert hatte , die Aufdeckung des Fundaments bis zur nördlichen Umfassungsmauer fortzuführen , um festzustellen , ob das erstere dort in die Eckabrundung übergehe , und ob der am Ende unseres Versuchsgrabens gefundene grosse Basaltsein bereits dem Fundament eines Eckturms angehöre. Es blieb uns nichts anderes übrig als die Umrisse eines rechteckigen Kastells von der Grösse der benachbarten Limeskastelle (etwa 150 : 200 m) auf Grund unserer Annahme in den Dorfplan einzutragen und dann an denjenigen Stellen , an welchen es gestattet war, senkrechte Versuchsgräben gegen die angenommenen Fluchten der Kastellfronten zu ziehen. Da stellte sich denn alsbald die wenig tröstliche Thatsache heraus , dass fast das ganze in Betracht kommende Areal von den älteren , kompakten Teilen des Dorfes bedeckt war , dass es fast nirgends möglich war, den Spaten anzusetzen .

Nur ein Teil der angenommenen

Nordflucht verlief westlich von dem Knie , welches die Wilhelmsstrasse gerade an der Stelle macht ,

wo man das linke Prinzipalthor hätte annehmen können in offene Gärten , die hier

(Taf. II, 3) auf der Flurkarte den verlockenden Namen „ Steinäcker " führen. Dort begannen wir zu graben, aber das Ergebnis war ein vollkommen negatives . Die einzigen bemerkenswerten Fundstücke waren Scherben von Urnen , wie sie sich in germanischen Gräbern aus der Zeit der römischen Invasion und unmittelbar nachher finden,

31

deren Vorkommen gerade an dieser Stelle wir am wenigsten erwarten konnten . waren auch alle Erkundigungen bei den Dorfbewohnern nach Da kam uns der Zufall zu Hülfe .

Erfolglos

etwa aufgefundenen Mauer-

Gerade als wir an der hoffnungslosen Stelle die

Arbeit aufgeben wollten, sagte uns einer der Arbeiter mit der halbironischen Zurückhaltung, der man stets begegnet , so lange noch nicht handgreifliche Beweise der gesuchten Reste vorliegen , im Hofe des Besitzers der Mainbadeanstalt Dechert sei man beim Graben eines Brunnens auf starke Fundamentmauern gestossen. festgestellt ,

dass

die Stelle

bereits

während

der

war bald

genau in der südlichen Verlängerung des von uns im vorigen

Jahre gefundenen Mauerstücks (Taf. II, 2) lag. barten

An der Hand der Dorfkarte

vorjährigen

Wir hatten den Hof ebenso wie die benach-

Arbeiten

untersucht ,

dort

aber

weder

selbst

Fundamentmauern gefunden, noch ihr früheres Vorhandensein durch Vernehmen der Besitzer feststellen können .

Wie wenig man Ursache hat ,

durch solche ungünstige Resultate der

Erkundigungen sich abschrecken zu lassen, davon sollten wir uns hier aufs neue überzeugen. Schon der erste Blick in den frischgegrabenen Brunnenschacht überzeugte uns ,

dass die

Fundamente , die man an seinem östlichen Rande freigelegt , z . T. ausgebrochen hatte , wie sie genau in der Flucht der festgestellten östlichen Kastellfront lagen , so auch in jeder Hinsicht den früher aufgedeckten gleich waren .

Deutlich konnten

wir ,

nachdem wir in den

Schacht hinabgestiegen waren, unter der bis dicht unter das Hofpflaster reichenden noch gut erhaltenen Gussmauer die trockene Rollschicht und unter dieser den hellen Sand , der hier, nahe der Flussniederung, etwa 1,50 m unter dem Niveau beginnt, erkennen . Weitere Nachgrabungen konnten in dem engen , rings von Gebäuden umgebenem Höfchen nicht vorgenommen werden . Doch durften wir in 2 m Entfernung von dem erkennbaren Rande des Fundaments nach Osten, am Eingang der zur Strasse führenden Thorhalle ein Loch graben, welches uns in geringer Tiefe unter dem Pflaster auch den Ostrand des über 2 m starken Fundaments freilegte.

Wir waren dadurch in der Lage, die Genauigkeit unserer Eintragung

der im Diehl'schen Garten gewonnenen Innenflucht der östlichen Kastellfront in die Dorfkarte ( 1500) einer Kontrole zu unterwerfen , bestand.

welche

dieselbe in

erfreulichster

Weise

Das neugefundene Stück der Kastellfront lag 120 m vom nördlichen Ende des früher aufgedeckten Abschnitts entfernt. Damit war , wenn man auf beiden Seiten auch nur die durch die Abrundung der Ecken gegebenen Masse hinzufügte, bereits eine Ostflucht gewonnen , welche den Schmalseiten der gewöhnlichen Limeskastelle sehr nahe kam. südliche Langseite noch etwa 40 m weiter südlich angenommen dort machte sich in einer die Philippsruher Allee im spitzen

Doch schien die

werden zu müssen.

Denn

Winkel kreuzenden Linie in

den südnördlichen Quergassen und Höfen des Dorfes deutlich eine Abböschung bemerklich, deren Richtung auch die älteren Häuser dieses Teils des Dorfes und besonders die Kirche einhielten.

In der unmittelbaren Umgebung der letzteren schienen sich denn auch weitere

Anhaltspunkte zu bieten.

Doch führten die auf dem ehemaligen Friedhof vorgenommenen

Nachgrabungen umso weniger zum Ziele , da die Mauer desselben und weiterhin die Strasse ihnen Einhalt geboten. ungünstig .

Ueberhaupt waren die Verhältnisse hier den Nachforschungen äusserst

Nur an einer Stelle war es möglich , einen längeren Versuchsgraben senkrecht gegen die angedeutete

Böschung zu ziehen ,

in dem an der Nordseite

der Philippsruher Allee

32

gelegenen Garten des Gasthauses zum Anker

(Taf. II, 14).

Hier fanden

nahe der angenommenen Fluchtlinie schwache Fundamentmauern , der letzteren verliefen .

Dass sie nichts mit dem Kastell

römisch waren, liess sich leicht erkennen. hier vor Zeiten -

sich denn

welche in

zu thun hatten ,

der

Richtung

überhaupt nicht

Es konnte auch noch festgestellt werden ,

40 Jahre wurden angegeben

auch

dass

eine Scheune schräg gegen die Längs-

richtung des heutigen Gartens , der senkrecht auf die Philippsruher Allee gestanden habe. Die erhaltenen Fundamentreste dieses Gebäudes waren etwa 0,90 m stark.

verläuft, An ihrer

südlichen Seite bestand der Boden bis in eine Tiefe von 1 m aus Bauschutt , der den Eindruck machte ,

dass hier vor der Erbauung der Scheune ältere Fundamente bis zur Sohle

ausgebrochen seien

Etwa 2 m südlich von den modernen Mauerresten begann der natür-

liche Boden sich nach dem Mainufer hin schräg abzudachen , so dass hier die Schuttmassen bei 6 m Entfernung vom Rande der Böschung bis in eine Tiefe von 2,50 m reichten.

Es

liessen sich deutlich mehrere aus verschiedenen Perioden stammende Lagen unterscheiden , von welchen eine ,

etwa 0,70 m unter der heutigen Oberfläche beginnende

zweifellos

die

Abnutzungsschicht eines hier unterhalb der vermutlichen Mauer, dieser parallel verlaufenden ungepflasterten Weges war. Von der erwähnten tiefsten Stelle erhob sich der natürliche Boden wieder in südlicher Richtung.

Doch konnten wir den Versuchsgraben hier teils

mit Rücksicht auf die Gefahr

für die Arbeiter, teils wegen der Beschränkung des freien Raumes , da der Wirtsgarten an der Strasse mit Bäumen besetzt war, nicht in der nötigen Tiefe bis zum Rande der Strasse fortsetzen. Es blieb daher zweifelhaft, ob die Vertiefung von einem die Mauer begleitenden Spitzgraben oder von einer künstlichen Abböschung zum Mainufer herrührte. Doch schien die Form der Böschung und die Beschaffenheit der an ihrem Fusse gefundenen Schuttmassen mehr für die Annahme zu sprechen , dass auch die Südfront des Kastells von einem Graben begleitet war. Dass aber am nördlichen Rande der Böschung die Kastellmauer gestanden hatte, davon fanden sich auf der Sohle des Grabens so wollen wir der Kürze wegen sagen die deutlichsten Beweise .

Eingedrückt in den Sand , der hier unter der Lehm- und Kies-

schicht den natürlichen Boden bildet , lag an der tiefsten Stelle ein schwerer Basaltstein , ähnlich dem oben beschriebenen , Stickung im Fundament fand.

der

sich im Diehl'schen Garten neben der regelmässigen

Ueber demselben aber wurden neben kleineren Basaltbruch-

steinen Brocken von Gussmauerwerk gefunden , welches ganz

analog den an der Ostfront

gefundenen Resten aus grobkörnigem Mörtel mit runden Mainkieseln und scharfkantigen Basaltstücken bestand . So geringfügig die Funde auch waren , so genügten sie doch , um auch die Südfront. (genau Südostfront) senkrecht gegen die gewonnene Ostfront , zunächst hypothetisch , in die Dorfkarte einzutragen . Da ergaben sich sofort neue Anhaltspunkte . Die Wirtschaftsgebäude unmittelbar an unserer Ausgrabungsstätte und die Wohnhäuser südöstlich derselben

sind

sämtlich

neueren

der Philippsruher Allee bestimmt. die Front der Gasthäuser

Ursprungs

und

in

ihrer

Lage

Unmittelbar westlich von dem

zum Anker"

und

zur Mainlust , "

durch

die

Richtung

Ankergarten " aber ist

ebenso

weiter westlich die

Längenaxe der Kirche, schräg gegen jene Allee gerichtet , dagegen der Kastellfront genau

33

parallel.

Weiterhin

entspricht

die

letztere ,

nachdem

sie

die Philippsruher Allee

kreuzt hat , dem älteren Teil der Futtermauer des Wirtsgartens

ge-

zum Schwan " (Taf. II , 15).

In der Verlängerung ihrer Richtung aber böscht sich auch das Terrain südlich vom „ Kettenhofplatz " ab, während die Futtermauer des letzteren schräg gegen dieselbe und senkrecht gegen die Front des Schlosses gerichtet ist .

Jene Böschungen entsprechen ebenso

genannten älteren Gebäude und die Front

des Kastells

dem

alten Hochufer

während Philippsruhe ohne Rücksicht auf dieses seine Front den Neustadt Hanau zukehrt.

nächstgelegenen Teile der

Dieselbe Richtung gegen das natürliche Ufer des Flusses zeigt

auch die senkrecht

gegen die Mitte der Ostfront des Schlosses verlaufende Philippsruher Allee . dieselbe sich von der Südostecke des Kastells- nach unserer Eintragung Raum gelassen hat

für die in ihrer Frontstellung von

wie die

des Mains,

Denn

da ,

wo

entfernt und

den älteren Häusern des Dorfes

abweichenden Neubauten , war vor dem Anfang des vorigen Jahrhunderts der Main erheblich nach Norden ausgebuchtet.¹)

Sein rechtes Hochufer entsprach der Terrasse vor der Walz-

schen Villa (Taf. II, „ Neben dem Bangert") .

Noch heute bildet der tief gelegene Teil des

Parks zwischen dieser Terrasse und der Philippsruher Allee ein Flutbett, durch welches bei Hochwasser die Wogen eines in der Richtung des ,, Kunstgrabens " sich bildenden Kinzigarms dem Main mit solcher Gewalt zuströmen , dass die gewöhnlich trocken liegende Flutbrücke nicht genügt, wie denn z. B. bei einer der grossen Ueberschwemmungen im Anfange dieses Jahrzehnts

die Einfriedigung

des Parks

samt ihren

gemauerten

Pfeilern

auf die Allee.

geworfen wurde. Noch heute weiss man in Kesselstadt zu berichten , dass der alte Verbindungsweg zwischen der Neustadt Hanau und Kesselstadt nicht an der Stelle der heutigen " Hellerbrücke" , sondern weiter oberhalb zwischen den Flurstücken Auf der Aue" und „ In der alten Mühl " die Kinzig vermittelst einer Fähre überschritt, um sich dort , wo auch die südnördliche Römerstrasse den Fluss kreuzte, mit dem von der Altstadt her kommenden Hauptwege zu vereinigen und mit ihm vor der heutigen Walz'schen Villa vorüber genau in der Richtung der südlichen Front des Kastells dessen Südostecke und damit den ältesten Teil des Dorfes Kesselstadt zu erreichen )

Weiterhin mag er dann ebenso wie an der Ostfront,

der Richtung der Mauer an deren Aussenseite gefolgt sein, so dass wir im Ankergarten über alten Schuttmassen, die z . T. aus Resten der Kastellmauer bestanden, seine Abnutzungsschicht noch erkennen konnten . Dass also das Kastell unmittelbar am Rande des alten Hochufers und diesem mit seiner ganzen Südfront parallel lag, war kaum zu bezweifeln, dass es aber auch , wenn wir

1 ) Das lässt sich noch sehr deutlich erkennen auf dem mehrfach erwähnten Merian'schen Plan vom Jahre 1632 . Vgl. Wille, Hanau im dreissigjährigen Kriege. Plan V. 2) Auf die Veränderung der Wegrichtung bei der Anlage der Philippsruher Allee un die Zurückdämmung des Mains durch den Damm der letzteren weist auch eine Inschrift hin , welche an der Nordseite der am Garten der Walz'schen Villa befindlichen Flutbrücke angebracht ist. Sie lautet nach Rullmann (Versuch einer Geschichte des Pfarrdorfes Kesselstadt, S. 4) : ,, Guilelmus Princeps haered. Hass . com. Hanoviae ut utilitati publicae consuleret, coercito Moeno fluv. ripam firmavit , molem et pontes exstruxit, viam olim obliquam rectam duxit, arborumque umbra ornavit Anno MDCCLXVII. "

34

bezüglich der letzteren eine kleine Abweichung von der angenommenen Lage ,

die übrigens

kaum mehr als 2 m betragen könnte, als nicht unbedingt ausgeschlossen ansahen, an Grösse alle benachbarten Limeskastelle übertroffen haben müsse , das ergab sich schon aus dem Umstand , dass das nördlichste

bisher aufgefundene Stück der Ostfront an der Wilhelms-

strasse 180 m von der Südfront entfernt war , dass also die östliche Schmalseite mit wenigstens 180 m die entsprechende Front der Kastelle Rückingen und Marköbel bereits um 30 m übertraf. Trotzdem mussten wir bei der Erfolglosigkeit aller Nachgrabungen im nordwestlichen Teile des Dorfes Versuchsgräben in der Verlängerung der Ostfront nördlich der Wilhelmsstrasse ziehen.

War das Resultat, wie fast zu erwarten, ein negatives, so musste die Nord-

front unter der nördlichen Häuserflucht der Wilhelmsstrasse liegen ; eine Auffindung derselben war dann wenig wahrscheinlich. Den ersten Einschnitt machten wir im Garten unmittelbar hinter dem Hinterhause des Ortsbürgers Konrad Hestermann ( Taf. II, 12a), dessen Grundstück nördlich der Wilhelmsstrasse , gegenüber dem Diehl'schen Hofe von der Verlängerung der Ostfront geschnitten wird. Der Besitzer wusste nichts von Fundamenten zu berichten, und doch fand sich bereits 0,50 m unter der Oberfläche der Anfang des noch 0,40 m tief erhaltenen Gussmauerwerks , welches zwar durch Nässe und Frost in seinem Verband gelockert , aber doch noch vollkommen deutlich

erkennbar war und in Lage und Stärke (2,20 m) genau den gefundenen

Teilen entsprach, nur dass die trockene Stickung fehlte, wie dies weiter nördlich überall der Fall gewesen ist . Wir werden später diese Erscheinung zu erklären versuchen. Erfreulich war

es , dass wir an dieser Stelle den

Ostflucht, hinaus verlängern und

Versuchsgraben noch mehrere Meter über die

dadurch die Existenz

eines Grabens feststellen konnten,

dessen Böschung bei 2,40 m Entfernung vom östlichen Rande der Mauer 1,60 m unter der Oberfläche ,

0,70 m unter der Mauersohle lag , was

unter Voraussetzung einer nicht mehr

erkennbaren Berme die übliche Steigung der Eskarpe ergab.

Ein vollständiges Profil auf-

zunehmen war hier wegen der geringen Ausdehnung des zur Verfügung stehenden Raumes nicht möglich . Das beschriebene Stück der Kastellmauer war bereits über 200 m von der Südfront entfernt.

Unser

Staunen wuchs ,

als

auch alle

Untersuchungen

in der nördlichen Ver-

längerung der Fluchtlinie auf dem jetzt von den Gärten des neuen Dorfteils bedeckten ehemaligen Flursück „ Am tiefen Weg"

bis dicht

an die Häuser der Augustastrasse das Vor-

handensein der Mauerreste ergaben .

Ein weiteres Querprofil wurde im Garten der Wittwe

Emmerich (Taf. II, 12) genommen.

Es entsprach genau dem im Hestermann'schen Garten

gewonnenen.

Jetzt, als die Dorfbewohner erkannten ,

dass unsere Vermutungen bezüglich

der unter dem Boden ihrer Grundstücke vorhandenen Trümmer begründeter waren als ihre spöttischen Zweifel, wurden sie aufmerksamer, und infolge dessen stellte sich auch die früher vergeblich angerufene Erinnerung ein .

So wurde uns mitgeteilt, dass dicht neben der zuletzt

erwähnten Fundstätte beim Bau der neu angelegten Scheune tiefes und sehr festes Mauerwerk angetroffen sei . Die Scheune liegt mit ihrer nächsten , östlichen Front 1 m hinter der Mauerflucht . Es konnte sich also nur um einen Turm handeln . Wir notierten damals die Mitteilung und trugen die Fundstelle in die Flurkarte ein.

Als ich später die Existenz von

Zwischentürmen und deren Abstände von einander an der Westfront festgestellt hatte, stellte

35

es sich heraus, dass die Angabe auf Wahrheit beruhte ; denn genau an der fraglichen Stelle war nach Analogie der Westfront der zweite Zwischenturm Sicherheit anzunehmen .

Ich habe denselben ,

da der

südlich der Nordostecke mit

fragliche Neuban auf der Dorfkarte

noch nicht eingetragen ist, in der sonst aufgefundenen Grösse und Gestalt eingetragen.

Er

wird jetzt in seiner ganzen Länge von der Scheune bedeckt , die sich genau parallel der Kastellmauer an dieser entlang mit einem Abstand von 1 m erstreckt , wie denn überhaupt die sämtlichen Grundstücksgrenzen und Gebäudefluchten zwischen der

Augusta- und

Wilhelmsstrasse zur Ostfront des Kastells parallel oder senkrecht gerichtet

sind .

der

Diese

Thatsache würde uns bei unserem Suchen nach Anhaltspunkten beim Beginne unserer Arbeiten schwerlich entgangen sein , wenn wir damals an eine so aussergewöhnliche Ausdehnung des Kastells , wie sie sich jetzt herausstellte, überhaupt hätten denken können . Mit der zuletzt erwähnten Stelle hatte die Ostfront erreicht.

Die Hypothese ,

nicht bewährt.

dass die Wilhelmsstrasse

bereits eine Länge von 300 m

der Nordfront

Wie, wenn sie die Mittellinie des Kastells bildete ?

gang zum Dorf sich genau mit der Porta praetoria deckte ?

entspreche ,

hatte

sich

Wenn der heutige Ein-

Dann

war , da

dieses Thor

regelmässig genau in der Mitte der Angriffsfront liegt, die Nordostecke noch erheblich nördlich von der Augustastrasse auf dem offenen Felde nahe der Kastanienallee zu suchen. Breite des Kastells musste dann etwa 370-380 m betragen haben .

Als

wir

Die

zu diesem

Ergebnis gekommen waren es war am Abend nach einem Ausgrabungstage , wir sassen messend vor dem Flur- und Dorfplane , da sahen wir uns plötzlich fragend an. Dann griffen wir schweigend zum Massstab und massen die senkrechte Entfernung des im vorigen Jahre westlich von der Pappelallee gefundenen Turmfundaments von der Ostfront : 375 m ! Mit einem Seufzer der Befriedigung legten wir Zirkel und Massstab nieder .

Für uns war

die Frage nach Lage, Grösse und Gestalt des Kastells entschieden . Quadratische Gestalt kommt bekanntlich gerade bei den älteren Kastellen öfters vor ; sie stimmte also ebenso wie die abnorme Grösse aufs beste zu der Voraussetzung , von der ich bei den Nachforschungen in der Umgebung Kesselstadts ausgegangen war , nämlich dass sich dort Spuren einer älteren Grenzlinie finden möchten. Man wird sich vielleicht wundern, dass wir unter diesen Umständen nicht früher auf die Vermutung kamen , dass jener Turm zum Kastell gehörte .

Ich könnte mit der Hinweisung auf das Ei des Kolumbus antworten.

Wenn auch Gestalt und Grösse des gefundenen Kastells vortrefflich zu meiner Hypothese stimmt , so war beides doch nicht die notwendige Voraussetzung derselben. nächst nicht die geringste Veranlassung ,

Wir hatten zu-

eine so sehr von allen bisher östlich vom Rhein

beobachteten Verhältnissen abweichende Grösse zu vermuten , sondern mussten von den sonst im Grenzlande beobachteten Thatsachen ausgehen , wenn wir bei dem gänzlichen Mangel an Anhaltspunkten nicht ganz ins Blaue hinein suchen wollten .

Ferner ist es für den, welcher

unsere Arbeiten mit der für die Publikation hergestellten Dorfkarte in der Hand verfolgt, leicht , das Zusammentreffen neuerer Wege , Grenzen und Fluchten mit den Fronten des Kastells und seinen Wegen zu erkennen, nachdem die letzteren eingetragen sind . uns vorliegenden leeren Blättern der Dorf- und Flurkarte

Auf den

aber gab es sehr viele recht-

winkelig sich kreuzende Linien , die alle in Betracht kommen konnten .

Zudem waren diese

Blätter, Kopien der auf dem Katasteramte zu Hanau liegenden Originale , in verschiedenem Massstab gezeichnet ,

für die Feldflur 1 : 1000 ,

für das Dorf 1 : 500 ,

was fortwährende

36

Reduktion des einen Massstabs auf den anderen nötig machte und die Uebersicht erschwerte. So war das Ende der gemeinsamen Thätigkeit bereits nahe , als wir mit der Ueberzeugung von der quadratischen Gestalt des Kastells zugleich die Möglichkeit gewannen , den Grundriss desselben, zunächst wiederum hypothetisch, vollständig in die Karte einzutragen . Um nun noch vor der Abreise des Herrn von Rössler die Probe auf die Richtigkeit unserer Annahme zu machen , liessen wir in den folgenden Tagen nahe der vermeintlichen Nordostecke sowohl gegen die Ost- als gegen die Nordfront, von der wir bis jetzt noch keine Spur gefunden hatten, mehrere Versuchsgräben ziehen. An beiden Stellen war das Ergebnis ein

befriedigendes.

(Taf. II , 11 ) , tragungen.

Dass

wir die

war uns nur

eine

Ostfront genau in der eingetragenen Flucht fanden Bestätigung der Genauigkeit unserer bisherigen

Ein-

Aber auch bei der Nordfront (Taf. II , 10a, 9a , 9b), hatten wir die eingetragene

Linie für die Mitte der Kastellmauer nur um 0,50 m zu verrücken , eine Differenz , die sich später noch dadurch ein wenig verringerte , dass wir erkannten , dass die Nord- und Westmauer im Fundament um 0,40 m schwächer Resultat sprach zugleich in

hohem

waren als die Angriffsfront.

Grade für die

Dieses günstige

Richtigkeit unserer Bestimmung der

Südfront , da wir von ihr ja bei der provisorischen Festlegung der nördlichen Seite ausgegangen waren. An dieser Stelle wären nun die Ergebnisse der gleichzeitig mit den Nachforschungen nach dem Kastell vorgenommenen Ausgrabungen auf dem Salisberge zu berichten . Ich ziehe es aber vor, den chronologischen Gang der Darstellung aufzugeben und zunächst die weiteren während des Spätherbstes 1887 , sowie im Frühjahr und Herbst 1888 von mir allein geleiteten Ausgrabungen am Kastell zu schildern und so diesen Teil der Arbeiten in sachlichem Zusammenhang zu behandeln . Zunächst handelte es sich darum, die Lage und Beschaffenheit der durch Kombination gewonnenen Nord- und Ostflucht der Umfassungsmauer durch möglichst zahlreiche Querschnitte festzustellen . An zwei Punkten hatte ich dazu Gelegenheit Es gelang mir, an der Nordostecke die übliche Abrundung und die Existenz eines in Trapezform nach innen vorspringenden Eckturms (Taf. II, 10) nachzuweisen, wenn auch die unmittelbar auf und neben der Ecke stehenden Grenzsteine es nicht möglich machten, diesen ganzen Teil der Mauer so frei zu legen, wie ich gewünscht hätte und wie es mir im folgenden Jahre bei der Nordwestecke gestattet war. Doch genügten die gewonnenen Anhaltspunkte vollkommen , um später nachzuweisen ,

dass die Ecktürme

des Kastells in Gestalt und Grösse ganz gleich

gebaut waren. Ganz besonders erfreulich aber war das Ergebnis der Ausgrabungen an der Westfront. Hier wurde mir für den Herbst 1888 der Acker zur Verfügung gestellt , welcher sich von der Fundstätte des oben beschriebenen Turmfundaments an dem Feldwege entlang bis zur Dörnigheimer Landstrasse erstreckt.

Eine Reihe von Quergräben gegen die

Richtung der Westfront hatte die Lage derselben , Flurkarte, sofort ergeben .

entsprechend der Einzeichnung auf der

Der mehrfach erwähnte Feldweg entspricht dem inneren Kastell-

graben, doch so dass er sich von dem früher gefundenen dicht an der Aussenseite der Mauer liegt , derselben entfernt ,

angenommene

so dass

er kurz

Turm aus

(Taf. II , 6) ,

wo

er

gegen Süden in einem sehr spitzen Winkel von

vor der Vereinigung mit

der Dörnigheimer Strasse

(Taf. II, 4) gegenüber dem nördlichen Eingang zum Park von Philippsruhe etwa 3 m von

37

ihr entfernt ist. Dort war es daher möglich , wenigstens den Anfang eines Grabens mit Sicherheit zu erkennen , während sonst überall der viel benutzte Weg keine Untersuchung gestattete. Der Boden besteht hier überall unter der Ackerkrume bis in eine Tiefe von 0,90 bis 1 m aus sandigem Lehm, unter dem , ebenso wie auch an der ganzen Nordfront und dem nördlichen Teil der Ostfront, eine sehr feste Kiesschicht , für welche die eingeborenen Erdarbeiter den bezeichnenden Namen „ Erzkies " haben , sich ausbreitet. Gussmauerwerk des Fundaments aufgesetzt , horizontalen Lage sowohl der Oberfläche 1 m tief gefunden wurde.

als

dessen Sohle

auch jener Erdschichten regelmässig 0,90 bis

Erhalten waren von

in einer Höhe von 0,40-0,60 m.

Auf diese war das

daher bei der fast vollkommen

demselben überall nur die untersten Teile

Dass von ihrer Existenz so wenig Kunde vorhanden war,

erklärt sich offenbar daraus, dass die Grundbesitzer, wenn sie auf festen Untergrund stiessen, höhere

Teile jener

glaubten.

äusserst

schwer zu durchbrechenden

Kiesschicht vor sich zu haben .

Doch erwachte auch hier mit dem Vorschreiten der Aufdeckung die Erinnerung

an frühere Begegnungen mit den Fundamenten in den Köpfen der Einwohner. Dass diese Fundamentmauern hier überall nur eine Breite von 1,80 m hatten und ohne trockene Stickung direkt worden.

auf den festen Untergrund aufgesetzt waren ,

ist schon früher erwähnt

Da nach den bereits aufgefundenen Spuren die Existenz von Zwischentürmen an der Innenseite zweifellos schien ,

so glaubte ich über deren Beschaffenheit und Anordnung am

leichtesten dadurch mir Gewissheit verschaffen zu können , dass ich das ganze 100 m lange Stück der Kastellmauer an seiner Innenseite frei legte.

Ich liess den Versuchsgraben dicht

an der Stelle beginnen , wo im vorhergehenden Jahre die fundaments deutlich

südliche Aussenseite des Turm-

erkannt worden war , dessen Zugehörigkeit zur Kastellmauer damals

wegen der Nachbarschaft des Weges noch nicht bemerkt war , jetzt aber leicht festgestellt werden konnte . 39,10 m von dieser Stelle entfernt wurde denn auch ein Mauervorsprung gefunden, der sich bald als Seitenmauer eines Turmes erkennen liess , dessen Fundamente nach allen Seiten so freigelegt wurden, dass sein Grundriss genau aufgenommen und vermessen werden konnte.

Es ergab sich, dass seine Breite in der Richtung der Kastellmauer, der des zuerst

gefundenen vollkommen entsprechend, 5 m betrug.

Die Entfernung der östlichen Aussen-

kante von der inneren Flncht der Kastellmauer, welche wie oben erwähnt, dort nicht genau zu ermitteln war, betrug 3,04 m, so dass der ganze Turm unter Hinzurechnung des zu ihm gehörigen Stücks der Kastellmauer einen fast quadratischen Grundriss von rund 5 m Aussenlänge hatte (Taf. III, 1b.). Genau 39,10 m südlich von der südlichen Aussenkante dieses Turmes begann die nördliche

eines anderen von ganz gleicher Grösse und Form (Taf. II, 4) .

nun 3 aufeinanderfolgende Türme ,

die in Beziehung

Ich hatte also

auf ihre Breite (in der Richtung der

Kastellmauer) und in ihren Abständen von einander so vollkommen übereinstimmten , wie es äusserst selten bei anderen Kastellen , daher nahe , anzunehmen.

besonders

der späteren Zeit , der Fall ist .

Es lag

auch für die übrigen Teile der Umfassungsmauer die gleiche Regelmässigkeit Nach Eintragung der gefundenen Punkte in die Flurkarte ergaben sich denn

auch weitere Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Vermutung.

Der Abstand der Türme

38

von Mitte zu Mitte

betrug 44 m

(39,10 + 2 X 2,50 [ halbe Breite der Türme ]) .. Etwa

46 m nördlich von der Mitte des im Jahre 1886 gefundenen Turmes (Taf. II, 6) mussten an dem Feldwege nach unserer Einzeichnung die nördliche und die westliche Flucht der Kastellmauer zusammentreffen .

Der Eckturm war mit Rücksicht auf die Abrundung einige Meter

südöstlich von dieser Stelle zu

suchen.

Man

hatte bei der Feststellung der Interturrien

ganz erklärlicher Weise nicht die spätere wirkliche Gestalt des Kastells , möge der Absteckung des Cardo und

Decumanus gewonnene

sondern das ver-

Quadrat zu Grunde gelegt.

44 m südlich von Turm 4 schneidet die Kastellflucht jenseits der Dörnigheimer Strasse die nördliche Umfassungsmauer des Parks von Schloss Philippsruhe, bzw. das Thor, auf welches die von der Fasanerie geradlinig nach Philippsruhe führende Kastanienallee trifft (Taf. II , 16). Der Punkt liegt 6 m nördlich der von uns angenommenen Mittellinie des Kastells .

Nahm

man nun an, dass er die Mitte des nördlichen Flankenturms der Porta decumana bezeichnete, so ergab sich ,

wenn man für

die südliche Hälfte der Westfront genau dieselben Raum-

dispositionen voraussetzte wie für die nördliche , und die Breite der Thortürme gleich der der Zwischentürme ansetzte , für den ganzen Thorbau

eine

Breite von 17 m (2,50 [halbe

Turmbreite] +6 +6 [von Turmmitte zu Turmmitte ] + 2,50) .

Da wir nun auf der nörd-

lichen Hälfte (einschliesslich Thor- und Eckturm) 5 Türme und 4 Interturrien hatten , konnte ich aus diesen die Länge der ganzen Kastellfront berechnen .

so

Die Rechnung ergab :

8 X 44 + 2 X 2,50 + 12 (Abstand der Mitten beider Thortürme) = 369 im Innern , 373 aussen Die Abmessung auf der Katasterkarte ergab für die Entfernung der Aussenfluchten 375 m . Dass dieses fast absolute Zusammenstimmen der thatsächlichen Funde mit den hypothetischen Voraussetzungen der Arbeiten meine Ueberzeugung von der Richtigkeit der letzteren stärkte, dürfte erklärlich genug sein .

Dass aber auch für die gegenüberliegende

Ostfront dieselben Masse anzunehmen seien , dafür fand sich sogleich ein bemerkenswerter Anhalt. Wir haben oben gesehen, dass auf dem Grundstück der Frau Emmerich südlich der Augustastrasse (Taf. II , 12) angetroffen worden waren , konnten .

Die Abmessung

beim

Neubau

einer

feste

und

tiefe

Fundamente

welche nach der ganzen Situation nur einem Turm angehören ergab ,

dass die

Stelle genau

entfernt ist wie an der westlichen Seite Turm 5. diejenigen des

Scheune

ebenso weit von der Nordflucht

Wir haben also in jenen Fundamenten

zweiten Zwischenturms der Ostfront zu

erkennen .

Bei dieser Gelegenheit

will ich auch bemerken, dass uns bei der Untersuchung des Brunnenschachts im Dechert'schen Hofe (Taf. II , 2), an der südlichen Seite gewisse Unregelmässigkeiten aufgefallen waren , die auf einen Vorsprung der Mauer hinzudeuten schienen.

Die Stelle lag so dicht am Funda-

ment des südlich anschliessenden Hauses , dass eine Untersuchung nicht möglich war. Nun ergibt aber die Abmessung , dass wirklich unter diesem Hause die Fundamente des ersten Turmes der Ostfront von der Südseite aus zu suchen sind. Alle diese Schlusssfolgerungen drängten sich mir bereits in den Novembertagen auf, während deren ich bei immer feindseliger sich gestaltender Witterung die Aufdeckung der Turmfundamente fortsetzte .

Derselben stellten sich auch abgesehen von dem letzteren Um-

stand mannigfache Hindernisse benutzten Feldweges auf der

entgegen :

die Nähe

des

auch

in

dieser

Jahreszeit

viel

einen , der Grenze des uns zur Verfügung stehenden Engel-

mann'schen Ackers auf der anderen Seite erschwerten die Unterbringung der Schuttmassen und verminderten die Bereitwilligkeit des Besitzers, als, je tiefer wir gruben, umso stärkere

39

Basaltsteine aus den Fundamenten der Seiten- und Rückwände der Türme zu Tage gefördert, bzw. blosgelegt wurden. Als das entschiedene Verbot weiteren Grabens den Arbeiten an dieser Stelle ein Ziel setzte , waren die Turmfundamente bis in eine Tiefe von 1,70, bzw. 2 m unter der Oberfläche blosgelegt, nicht bis zur Sohle der Rückwand, immerhin aber weit genug , um feststellen zu können, dass auch die letztere in ganz gleicher Weise hergestellt war , wie wir es gerade an dieser Stelle bei Turm 6 im Herbste des vorhergehenden Jahres vollkommen genau hatten erkennen können. Andererseits konnte der Anschluss der Türme an die Kastellmauer , die dort wegen des Zusammenfallens mit dem Wege nicht genau festzustellen sorgfältigste untersucht werden . gestellten Aufnahmen liessen gewinnen ,

welche

für die

Aus der Vergleichung aller

sich die

(Taf. III ,

1,

war ,

hier

aufs

sofort bei den Arbeiten her-

c, d ,

e)

mitgeteilten Querschnitte

3 untersuchten Türme der Westfront gleichmässig gelten.

Die

unbedeutenden Differenzen, welche die thatsächlich gefundenen Reste erkennen liessen, werde ich im Text ausdrücklich angeben . In Gestalt und äusserem Umfang waren, wie bereits erwähnt , alle 3 Türme einander vollkommen gleich. Dagegen zeigten sich in der Stärke der Seiten- und Rückwände sowohl zwischen den einzelnen Türmen als innerhalb eines und desselben Verschiedenheiten . Turm 6 hatte bei 1,30 m Seitenwand im Fundament eine 1,20 m starke Rückwand, bei Turm 5 war die nördliche Seitenwand mit 1,40 m um 0,20 m stärker als 1,40 m an der nördlichen , Diese Unterschiede

sind ,

1,35 m an der südlichen Seite da ja

nur

die

aus trockener

Fundamentkörper gemessen werden konnten ,

bei

die

südliche ,

Turm 4 hatte

und 1,30 m an der Rückwand.

Füllung und Beton

bestehenden

welchen sich naturgemäss nicht so scharf

begrenzte Ränder ergeben wie bei regelmässig geschichteten Obermauern , zweifellos zufällige. Die Obermauern dürften überall die gleiche Stärke von etwa 1 m gehabt haben . wurden sie nirgends mehr.

Dass sie bei

diesem Material verblendet waren ,

den Türmen aus Sandstein

dafür könnte

Gefunden

aufgeführt , bzw. mit

ein in den Trümmern des nordöstlichen

Eckturms gefundener , an der rechteckigen , 0,30 m langen , 0,15 m hohen Vorderfläche mit dem Spitzhammer schräg behauener

Sandstein , der einzige seiner Art ,

sprechen .

Das

Material der Fundamente bestand abgesehen von dem Mörtel nur aus Basalthausteinen und Mainkieseln. Dass ich als normale Stärke der Turmfundamente 1,30 m angenommen und dem entsprechend den Grundriss (Taf. III, 1b) gezeichnet habe , dürfte umso weniger anzufechten sein, da sich diese Voraussetzung bei den später aufgefundenen Turmfundamenten der Nordflucht bestätigt hat.

Der Innenraum der Türme betrug im

Fundament durch-

schnittlich 1,85 : 2,30 (bzw. 2,40) m , über der Erde also etwa 2,15 : 2,70 m, was ziemlich genau den Grundrissen der Zwischentürme des Wiesbadener Kastells entsprechen würde. ¹) Ueberhaupt zeigen unsere Türme im Grundriss dieselben Verhältnisse , welche in den aus dem ersten und zweiten Jahrhundert stammenden Kastellen am Rhein sowohl als am Pfahlgraben mit geringen Abweichungen gefunden werden. Dagegen weicht die Fundierung der Kesselstädter Türme vollkommen ab von allem , was bezüglich der Pfahlgrabenkastelle bis jetzt veröffentlicht und von uns selbst bei den Kastellen Grosskrotzenburg , Rückingen und Marköbel beobachtet worden ist Ueberall

1) v. Cohausen, Der römische Grenzwall.

Atlas, Taf. XXII, Fig. 2.

40

waren bei den letzteren sowohl die Zwischen- als auch die Thor- und Ecktürme ,

soweit

solche vorhanden waren, gleich tief wie die Umfassungsmauer, an welche sie sich anlehnten , fundiert .

Dass dies in Kesselstadt nicht der Fall war, geht schon aus der Beschreibung der

im Jahre 1886

aufgefundenen Reste des

Turmes 6 hervor. )

Während die Kastellmauer

auch da, wo sie zugleich als Aussenmauer des Turmes diente , auf die hier überall 0,70 bis 0,90 m unter der heutigen Oberfläche beginnende Kiesschicht aufgesetzt war, senkte sich die Fundamentsohle der Seitenwände gegen die Rückwand , so dass die letztere, die Kiesschicht vollständig durchschneidend , erst 2,20 m unter der Oberfläche, 1,20-1,30 m unter der Sohle der Umfassungsmauer auf weissem Sand aufsass (Taf. III, 1 , c u. e) . Die Fundamentgräben waren in ihren unteren Teilen 1 m hoch mit unbehauenen grossen Basaltsteinen ohne jegliche

Verbindung

ausgefüllt ;

in

die

Lücken

waren

kleinere

Basaltsteine

geschüttet .

Darauf folgte eine 0,30 m hohe Lage regelmässig auf die hohe Kante gestellter Basalthausteine, die an der Oberfläche durch eine 0,08 m hohe Schicht runder Mainkiesel abgeglichen war. Ueber diesen letzteren begann das Gussmauerfundament zunächst mit einer reichlichen Mörtelschicht ,

welche die

obersten

Teile der Kiesfüllung zu einer festverbundenen Lage

vereinigt hatte, die sich von den darunter befindlichen trockenen Teilen in breiten Stücken abheben liess , welche dann nach Entfernung der auf ihnen aufsitzenden Gussmauerteile den Eindruck eines sehr groben Estrichs machen konnten. Dokumente dem Hananer Vereinsmuseum übergeben.

Ich habe Proben dieser Schicht als Dass die ausgleichende Kiesschüttung

den Zweck hatte, das Eindringen des weichflüssigen Mörtels in die Zwischenräume der Rollschicht und die Bildung hohler Räume im Gussfundament zu verhüten, dürfte sich von selbst verstehen.

Das letztere entsprach in jeder Hinsicht den bei anderen römischen Militärbauten

gemachten Beobachtungen.

Es erstreckte sich bei Turm 4 überall gleichmässig bis 0,40 m

unter der Oberfläche, bei Turm 5 lag es mit ungleicher 1 , e und d).

An diesen Stellen dürfte die erhaltene

Oberfläche Höhe

etwas tiefer (Taf. III,

ziemlich

genau dem

Sockel-

vorsprung und der alten Terrainhöhe entsprechen , so dass man die Mauer überall bis zum Anfang des

Betonfundaments

abgebrochen

hätte.

Dafür sprach auch der Anfang

eines

inneren Grabenprofils , welches ich mit 0,70 m breiter Berme südlich von Turm 4 , wo die Kastellmauer 3 m vom Wege entfernt bleibt , wenigstens bis auf diese Länge gewinnen konnte, während dies sonst überall durch den Weg unmöglich gemacht war. Bei dem zuerst aufgefundenen Turm 6 war von der Gussmauer nur noch eine

flache Schicht von 0,10 m

erhalten, deren Sohle dort 0,70 m unter der heutigen Oberfläche lag. Ich komme später , wenn ich über das Alter der Kesselstädter Anlagen spreche , auf die eigentümliche Konstruktion unserer Turmfundamente, deren Erklärung ich den technisch geschulten Forschern überlassen muss , zurück . Stelle betonen ,

dass ,

wie die Genauigkeit

Nur das eine möchte ich sogleich an dieser

der Abmessungen des ganzen Kastells und die

absolute Regelmässigkeit der Grundrisse und der Abstände der gefundenen Türme , so auch die von den bei unseren Wetterauischen Limeskastellen beobachteten Gepflogenheiten abweichende solide Fundierung der Türme dafür mit grosser Sorgfalt und unter der worden ist.

1) Vgl. oben S. 17.

spricht ,

dass das Kesselstädter Castrum.

Voraussetzung lange dauernder Benutzung angelegt

41

Als ich in der Mitte des November die Arbeit einstellen liess , Ergebnis der Nachkampagne zufrieden sein . Westfront ,

auch

konnte ich mit dem

Ich hatte gleichzeitig mit den Schürfungen an der

an der Ostseite graben lassen , um die Existenz und Beschaffenheit der

Gräben zu ermitteln .

Den Bericht über den Erfolg dieser Arbeit werde ich später nach-

holen, um jetzt zunächst den über die Fortsetzung der Ausgrabungen an den Kastellmauern im Jahre 1888 anzuschliessen .

Im April wurde mir die Mitteilung, dass Herr Silberfabrikant

Kurz in dem Raum zwischen seinen neu angelegten Fabrikgebäuden und der Kastanienallee (Taf. II, 9) einen grösseren Garten anlegen lasse .

Die Stelle wurde in ihrer ganzen Länge

von der Nordflucht des Kastells geschnitten ; im vorhergehenden Jahre hatten wir dort einige Quergräben ziehen dürfen, welche das Vorhandensein der Kastellfundamente in der von uns angenommenen Lage

ergeben hatten.

Jetzt

wurde mir durch das Entgegenkommen des

Besitzers die Gelegenheit zu einer umfassenden Nachgrabung geboten, die ich um so freudiger benutzte, da ich am südwestlichen Ende des Gartens oder jenseits der westlichen Umfassungsmauer des letzteren auf einem demselben Besitzer gehörigen Grundstück Spuren der Porta principalis sinistra zu finden hoffte, welche bekanntlich regelmässig nicht wie die Thore der Front- und Rückseite in der Mitte, sondern mehr oder weniger gegen die Angriffsfront vorgerückt liegt. )

So ungünstig für mich die Zeit am Anfange des Schuljahres war, so durfte

ich doch nicht zögern, da nach Vollendung der Gartenanlage voraussichtlich für immer die Möglichkeit einer umfassenden Nachgrabung ausgeschlossen war . Um so dankbarer war ich den im Vorwort genannten Kesselstädter Herren, dass sie bei der Beaufsichtigung der Arbeiten mich abwechselnd vertraten, so dass ich mich damit begnügen konnte, am Nachmittag jedesmal das Ergebnis der Tagesarbeit zu protokollieren und die letztere zu ergänzen. Wir verfuhren nach dem System ,

welches ich an der Westseite bewährt gefunden hatte .

Innenflucht der Kastellmauer war bald wieder festgestellt ; Länge des Gartens auf 50 m freigelegt ,

sie wurde dann

wobei sich bestätigte ,

dass

Die

in der ganzen

dieselbe

die

an der

Kastanienallee entlang führende östliche Einfriedigung des Gartens genau da schneidet , wo dieselbe im spitzen Winkel mit der nördlichen Umfassungsmauer zusammentrifft.

13 m von

dieser Gartenmauer fand sich der gesuchte Mauervorsprung, der Anfang eines in Gestalt und Grösse den früher gefundenen ganz gleichen Turmfundaments. Die der Kastellmauer parallele Breite betrug hier 4,80 m, die Entfernung der Ecken von der Innenflucht der Kastellmauer

1) Die meisten neueren Aufdeckungen, bei welchen die Lage dieser Thore und die Orientierung des Kastells sicher ermittelt sind , bestätigen die Gültigkeit dieser Regel. Wenn Conrady noch bei der Darstellung der Ausgrabungen von Walldürn (Korrespondenzblatt des Gesamtvereins , XXX . Jahrgang , 1887 , Nr. 2 , S. 11 ) , die dort und beim Miltenberger Kastell gemachte gleiche Beobachtung als abnorm bezeichnete , so liegt der Grund darin, dass man damals noch gewohnt war , die Raumdispositionen der Saalburg als die für die Limeskastelle normale zu betrachten. Dass dies keineswegs der Fall ist, habe ich schon an anderer Stelle (Wolff-Dahm, Der römische Grenzwall bei Hanau, S. 52, Anm. 1 ) betont und dort meine Ansicht näher begründet. Auch Conrady war durch seine Erfahrungen an anderen Kastellen bereits im Jahre 1885 , als er die Ergebnisse seiner Obernburger Ausgrabungen veröffentlichte , zu der Ansicht gekommen , dass die ,, Prinzipalpforte erfahrungsgemäss hierorts nicht in der Mitte der Flanke, sondern in einem der Lagergrösse entsprechenden Abstand näher nach der Frontseite zu liegen pflegte." (Westd. Zeitschr. IV, II, 1885, S. 161 ) , und so fand er es denn auch beim Obernburger Kastell. Der Abstand richtet sich jedoch nicht immer nach der Grösse des Kastells, öfters vielmehr nach der Gestalt oder auch nach uns unbekannten lokalen Bedürfnissen.

42

3 m, von der Aussenflucht also 4,80 m, so

dass

das ganze Fundament einschliesslich der

Kastellmauer wie dort einen quadratförmigen Grundriss mit 0,20 m geringerer Seitenlänge hatte . Die inneren Mauern hatten im Fundament die von uns als normal erkannte Stärke Bis zur Fundamentsohle zu graben war hier, wo dicht neben den Schutthaufen bereits die Rabatten des Gartens angelegt wurden , nicht möglich ; es ist dankbar genug anzuerkennen, dass wir überhaupt graben durften. Die Entfernung von der Mitte des Turms bis zum Durchschnittspunkte der Innenfluchten der nördlichen und östlichen Kastellmauer betrug 100 m. Da diese Zahl nicht durch 44 teilbar ist, so mussten die Türme weiter oder weniger weit von als an der Westfront.

einander

entfernt sein

Dies entsprach meiner Erwartung, die Porta principalis sinistra nicht

in der Mitte der Prinzipalseite zu finden .

Dass die Interturrien grösser

als

dort waren,

dafür fand sich sofort ein Anhaltspunkt. In der Mitte zwischen den genannten beiden Punkten trifft die Kastellmauer auf die Ecke des an der östlichen Seite der Kastanienallee gelegenen Hauses des Ortsbürgers Friedrich Geibel, auf dessen Grundstück hinter den Wirtschaftsgebäuden bereits im vorigen Jahre Teile der Eckabrundung und des an ihr gelegenen Turmes gefunden waren.

Unmittelbar vor seinem Hause aber hatte der Besitzer unter dem

Pfosten der Thüre seines Vorgärtchens ,

wie

Die Stelle entspricht genau der Lage des

er sagte ,

sehr starkes Mauerwerk gefunden.

ersten Turms von der Nordostecke aus nach

Westen, wenn wir den Abstand derselben von dem erwähnten Turm halbieren.

Dass aber

überall da, wo sich die Ortsinsassen nachträglich erinnerten, Fundamente gefunden zu haben, es sich um die tieferen Turmfundamente handelte, war mir längst klar geworden . Die Reste der Kastellmauer sind meistens unbeachtet geblieben , da in der Tiefe ,

in der sie sich

gewöhnlich, und zwar meistens von Frost und Nässe im Verband gelockert , finden , in der nordwestlichen und nordöstlichen Umgebung des Dorfes mehrfach erwähnte Kiesschicht nachsteht.

zu

stossen ,

die

an

man daran gewöhnt ist ,

Festigkeit

den

auf die

Fundamenten

kaum

Inzwischen war die Innenflucht der Kastellmauer von der westlichen Aussenkante des Turms 38 m weit blosgelegt , ohne dass sich eine Spur eines weiteren Turmfundaments fand. Da stiessen wir auf einen Vorsprung, der aber bereits nach 0,60 m wieder in die Richtung der Kastellmauer überging und den Eindruck eines 2,20 m breiten von der Mauer 0,60 bis 1 m vorspringenden Pfeilerfundaments machte.

Es lag nale , ihn mit dem gesuchten Thore

in Verbindung zu bringen ,

westlichen Seite des Vorsprungs die Mauer-

zumal da an der

fläche um 0,20 m zurücksprang .

Doch

zeigten sich hier so mannigfache Spuren früherer

Durchwühlung des Boden, dass es umso weniger möglich war , bestimmte Schlussfolgerungen zu ziehen, da die westliche Umfassungsmauer des Gartens den Arbeiten ein Ziel setzte . Machte aber schon die Beschaffenheit der Mauer es wahrscheinlich , dass wir in der Nähe eines Thores waren , so gewann diese Vermutung eine grössere Bestimmtheit durch die oben wiedergegebenen auf die Lage des gefundenen Kombinationen.

Turms zur Nordostecke gestützten

War die Annahme , dass zwischen jenen Punkten nur noch ein Turm lag,

richtig, so betrug der Abstand von Turmmitte zu Turmmitte unter Voraussetzung derselben Regelmässigkeit ,

wie sie an der Westseite hervorgetreten war ,

50 m.

Galt derselbe auch

für die Entfernung der Thortürme von den nächsten Zwischentürmen, dann musste der erste Turm der Porta principalis unmittelbar jenseits der Gartenmauer liegen.

Darin lag zugleich

43

auch die einzige Hoffnung, ein einigermassen ansehnliches Stück dieses Thores noch aufzufinden.

Denn 50 m jenseits der genannten Mauer mussten die Fundamente der Kastellmauer

unter den neu gebauten Wirtschafts- ,

Fabrik- und Wohngebäuden

schwinden, bei deren Fundierung im vorigen Jahre ,

des Herrn Kurz ver-

wie uns jetzt gesagt wurde ,

an einer

uns näher bezeichneten Stelle sich auch thatsächlich ein die Längsrichtung des Fabrikgebäudes in schräger Richtung schneidendes Fundament gefunden hatte . Eine vorläufige Untersuchung des in Betracht kommenden Terrains liess dicht an der Mauer tiefe Schuttmassen erkennen , musste aber abgebrochen werden , da frisch aufgrünende Kartoffelpflänzchen Schonung verlangten.

Doch sicherte mir

Herr Kurz

für den Herbst nach Aberntung

Erlaubnis zu einer Durchforschung desselben zu . mich vorläufig begnügen.

des Ackers

die

Mit dieser tröstlichen Aussicht musste ich

Indessen brachte der Frühling des Jahres 1888 noch eine weitere unverhoffte Gelegenheit zur Ergänzung früherer Resultate .

Wie oben erwähnt, hatte die Dörnigheimer Chaussee

der Aufdeckung der Westfront ein Ziel gesetzt .

Jenseits derselben genau unter dem Thor

zum Philippsruher Park mussten die Fundamente des nördlichen Turms der Porta decuman a liegen ,

wenn meine Kombination begründet war.

Dass eine Nachforschung im Park , wo

zudem möglicherweise längst alle Fundamente ausgebrochen waren, gestattet werden möchte , war kaum zu hoffen .

Weiterhin

deckte

dann das Schloss und seine

Trümmer des südlichen Flügels der Westfront wohl für immer.

Da

östliche Rampe die wurde im

Mai eine

Kanalisierung des ganzen Parks zum Zweck der Bewässerung vorgenommen. Ein Arm derselben lief zwischen dem nördlichen Flügel des Schlosses und der Parkmauer quer über die Kastellflucht.

Wirklich wurde bei dieser Gelegenheit auch da ,

Gussmauerwerk und ausser ihm grosse Basaltbruchsteine Doch hörte dasselbe

in der Richtung nach dem Parkthore

marschalls Sr. Kgl . Hoheit des Landgrafen ,

wo es zu erwarten war,

ohne

Mörtel zu Tage gefördert .

auf.

Mit Erlaubnis des Hof-

Herrn Major von Strahl ,

liess

ich an dieser

Stelle einen Graben senkrecht gegen die Richtung der Kastellfront ziehen : zum ersten Mal fand sich da, wo dieselbe auf der Karte eingetragen war ,

keine Spur.

zweifelhaft, dass ich gerade den Thoreingang geschnitten hatte .

Mir war es nicht

Die Stelle, an welcher sich

der erwähnte Fundamentkörper gefunden hatte , lag genau in der angenommenen Mittellinie des Kastells.

War dieselbe richtig

eingetragen , so musste

sein und jenes Mauerwerk dem Mittelpfeiler angehören.

der Thoreingang ein doppelter

Ich sollte später durch Auffindung

derselben Einrichtung bei der Porta principalis sinistra den Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme finden. Weitere Nachgrabungen im Park waren nicht thunlich ; doch wurde mir gesagt , dass im Sommer ein Kanalarm durch das Parkthor nach dem Garten des Herrn Kammerherrn von Rappard geführt werden

solle .

Dies geschah auch ,

und bei dieser

Gelegenheit konnte ich gemeinsam mit dem durch Hanau reisenden Herrn von Rössler unter dem Parkthor in

1 m Tiefe

eine trockene

Stickung ganz

analog der bei den Türmen

gefundenen besichtigen, welche durch die Thoranlage in dieser Form und Stärke keineswegs bedingt war.

Dass sie zu dem hier

anzunehmenden Thorturme gehört hatte ,

war umso

zweifelloser, da über ihr auch in Mörtel gelegte Steine ausgebrochen waren , welche ihren Ursprung erkennen liessen.

Da nur die Spuren des Thorbaues gefunden sind, ein Grundriss

aber nicht nachgewiesen werden konnte , so habe ich die Umrisse der Porta decumana , wie sie sich sich auf Grund der geschilderten Abmessungen , aber zugleich auch der

44

thatsächlichen

Funde

ergaben ,

nur

mit leichteren

eingetragen. Für die Herbstferien 1888 hatte ich mir Nordwestecke den Abrundungsbogen und die

Linien in den

Plan (Taf. II ,

16)

eine doppelte Aufgabe gestellt : 1 ) an der

Gestalt des Eckturms festzustellen , und

2) womöglich die Porta principalis sinistra aufzudecken . Die Lösung der ersteren Aufgabe gelang leicht . Nördlich von Turm 6 ist das Feld östlich des Weges in eine Anzahl schmaler, genau in der Richtung der Kastellmauer ziehender Ackerparzellen geteilt (Taf. III, 1 , a) , welche da , wo die Kastellecke zu suchen war, mit Kartoffeln bestellt waren , während in der Nähe der Pappelallee derjenige Ackerstreifen , unter dem die bereits geradlinig verlaufende Kastellflucht liegt , mit Klee bedeckt und für uns daher unzugänglich war. Beschränkt war auch hier der Raum , auf dem wir nach längeren Verhandlungen die Kartoffeln ernten und graben durften ; bei besonders grossem Abrundungsradius wäre er zu klein gewesen.

Doch ich wusste bereits durch die Untersuchung der Nordostecke, dass er in umzu der Grösse des Kastells stand. Wir markierten zunächst den

gekehrtem Verhältnisse

Schneidepunkt der beiden Kastellfronten ( Taf. III, 1 , a, A) , der hier auf den Feldweg fiel , durch einen Pflock , massen dann auf beiden Fluchtlinien eine Strecke von 9 m (die mutmassliche Länge des Abrundungsradius) ab und markierten den Durchschnittspunkt der auf den beiden Seiten in diesen Punkten errichteten Senkrechten . Die Verbindungslinie der beiden bezeichneten Schnittpunkte AD, die Diagonale des Quadrats ABCD, musste durch die Mitte des Abrundungsbogens und des innerhalb desselben befindlichen Turms führen. Unsere Erwartung bestätigte sich vollkommen . Wir hatten mit dem Schnittpunkt der Senkrechten fast mathematisch genau den Mittelpunkt des Abrundungsbogens getroffen, dessen Radius für Die geringen Masse des die Aussenflucht 9,30 m , für die Innenflucht 7,50 m betrug. Abrundungsradius, die an der Nordostecke meine Verwunderung erregt hatten , fanden sich also vollkommen bestätigt, zugleich aber auch hier wieder die absolute Regelmässigkeit aller Verhältnisse unseres Kastells , ohne welche es wohl kaum möglich gewesen wäre , bei dem Fehlen aller äusserlich

erkennnbaren Anhaltspunkte die Beschaffenheit der ganzen Anlage

und ihrer wichtigsten Teile so vollständig, als es gelungen ist, festzustellen . Derselbe diagonale Versuchsgraben , welcher zur Feststellung der Eckabrundung führte, schnitt in 2,10 m Entfernung von der Innenflucht der Kastellmauer auch die 1,35 m starke innere Wand des Eckturms , dessen Grundriss sich darauf leicht feststellen liess . Er hat die auch bei anderen Kastellen , wie Wiesbaden und Grosskrotzenburg, beobachtete Gestalt eines Trapezes , dessen parallele Seiten aber der Abrundung der Kastellmauer entsprechend gebogen sind, während die beiden anderen Wände mit den Aussenfluchten nach dem Mittelpunkte des Abrundungsbogens konvergieren .

Die Breite des Turms betrug an der Kastellmauer , aussen

gemessen , in gerader Linie 6,30 m ,

an der

schmalsten Aussenseite 3 m; die Entfernung

dieser Aussenseite von der inneren Kastellflucht 3,30 m, von der äusseren 5,10 m. Die entsprechenden Masse waren im Innern 3,50 m, 2 m, 1,95 m.

Er hatte also bei 3 m mittlerer

Breite in der Richtung der Kastellmauer und 1,95 m senkrecht gegen diese gerichteter Tiefe erheblich grösseren inneren Flächenraum als die Zwischentürme , Inneren des Fundaments massen.

die nur

2,30 : 1,75 m im

Von besonderem Interesse war es, dass der im Innern des Kastells der Mauer parallellaufende Wall weg , von welchem sich deutliche Spuren bereits bei dem ersten Versuchs-

45

graben zeigten , in einem der gegen die Umfassungsmauer gerichteten Gräben (BE) noch vollkommen deutlich erkennbar war. Er bestand 0,25 m unter der Oberfläche aus einer Schüttung von runden Flusskieseln , deren obere Teile vom Pflug zerrissen waren , so dass sich ihre Bestandteile auch in der Ackerkrume bemerklich machten. Die Oberfläche dieser Lagerstrasse dürfte

etwa 0,15-0,20 m

unter dem heutigen Niveau gelegen haben ; ihre

Breite betrug 4,50 m , die Entfernung von der inneren Flucht der Kastellmauer 4 m. Dieses Mass kann also die an der Innenseite der Mauer anzunehmende Wallanschüttung an der Basis nicht überschritten haben. Gleichzeitig mit der Aufdeckung des Eckturms war auch die Nachgrabung nach der Porta principalis sinistra auf dem Kurz'schen Grundstück östlich von der Pappelallee begonnen worden .

Es wurde

zunächst das Vorhandensein

der Umfassungsmauer an der

Stelle, wo sie an das nördlichste Gebäude des Kurz'schen Besitztums stösst (Taf. III, 3, A), festgestellt.

Die Fundamente fanden sich genau da ,

wo

sie

zu erwarten waren ,

in der

üblichen Beschaffenheit und wurden nun in östlicher Richtung auf beiden Seiten freigelegt . Das Gussmauerfundament war hier tiefer als sonst ausgebrochen , so dass nur die untersten Lagen , durchschnittlich 0,40 m hoch erhalten waren ; doch war es überall deutlich zu erkennen.

Aber 21 m vom Ausgrabungspunkt entfernt (Taf. III, 3, B) hörte es plötzlich

vollständig auf.

In der Verlängerung seiner Richtung fanden

Humusschicht Spuren früherer Durchwühlung ; aber dies

sich zwar überall unter der

war auch nach beiden Seiten hin

der Fall . Bestimmte Profile, etwa eines nach gänzlicher Beseitigung des Mauerwerks wieder ausgefüllten Fundamentgrabens, wie wir es wohl bei anderen Kastellen an Stelle der fehlenden Mauer gefunden hatten , waren nirgends zu gewinnen, obgleich die Versuchsgräben bereits erheblich tiefer geführt wurden, als sich sonst die Mauersohle fand.

Etwa 2 m östlich von

dem Ende des erhaltenen Fundamentstücks fand sich in der Richtung desselben bereits 0,50 m unter der Oberfläche unzweifelhaft natürlicher Boden, und diese Erscheinung wiederholte sich noch dreimal abwechselnd mit 2-3 m breiten Stellen , an welchen sich aufgefüllter Boden in grössere Tiefe erstreckte , ohne dass derselbe jedoch irgend welche charakteristische Bestandteile enthalten hätte. Vielfach fanden sich nur in den Schuttmassen runde Kiesel, wie sie zur Anlage des Wallweges benutzt waren .

Etwa 6 m jenseits

des Mauerrandes

schienen dieselben 0,30 m unter dem Boden noch eine dünne Schotterung zu bilden. Vermutung,

dass hier ein chaussierter Thorweg anzunehmen sei ,

Die

hat sich später bestätigt .

Weiterhin aber fand sich dieselbe Kieslage , schräg abgeböscht, als ob hier ein Strassenkörper abgetragen und zur Ausfüllung einer Vertiefung benutzt worden wäre. Auch diese Annahme hat sich später als richtig erwiesen . Zunächst aber fehlten alle Anhaltspunkte zur Aufklärung der Situation ,

die umso verwickelter schien ,

da ich bei den Nachforschungen von der An-

nahme ausgegangen war , dass auch die Thore von nur nach innen vorspringenden Türmen flankiert seien, wie dies gerade bei den dem Kesselstädter Kastell in Grösse und Form am nächsten kommenden Anlagen, wie in Wiesbaden und Bonn , und ebenso bei unseren Limeskastellen der Fall ist. Mit

dieser

Voraussetzung

würde

sich

ein

setzen der Kastellmauer vertragen haben , ja diese bei der Porta decumana für

das Vorhandensein

einmaliges Erscheinung

oder

zweimaliges

Aus-

würde gerade ebenso wie

des Thores gesprochen haben.

Das vier-

malige Vorkommen des natürlichen Bodens an Stelle des Mauerfundaments nötigte zu der

46

Annahme einer grösseren Anlage mit doppeltem Thorweg und nach beiden Seiten über die Mauerflucht vorspringenden grossen Türmen, ¹ ) So fest ich aber selbst von dem einstigen Vorhandensein einer Thoranlage an dieser Stelle überzeugt war, so wenig schienen meine Mitarbeiter oder gar die beschäftigten Erdarbeiter von der Unumstösslichkeit meiner Ansicht durchdrungen zu sein ", wie ich an ihren zweifelnden Mienen bemerken konnte , keine Fundamente zeigten , immer mehr dem

als auch in einer Tiefe von 12 m und mehr sich

vielmehr auch die Schuttmassen der

gewachsenen Boden " ähnlich wurden .

ausgefüllten Vertiefungen

Mir war es

ein Trost ,

dass sich

hin und wieder ein Basaltbruchstück oder eine (nichtrömische) Scherbe fand , durch welche ich der sinkenden Arbeitslust lassen konnte.

der Leute

eine zweifelhafte Aufmunterung zu teil

Mir selbst schwand fast die Hoffnung ,

Richtigkeit meiner Ansicht Beweise beizubringen , zeugen.

werden

dass es mir gelingen würde , für die

welche genügten ,

auch

andere

zu über-

Denn die Arbeit wurde immer schwieriger : die Leute steckten bis über die Köpfe

in den schmalen Versuchsgräben , an deren Rändern sich ausgeworfene Erdmassen meterhoch auftürmten ,

da der uns zur Verfügung gestellte Acker nur wenig über die äussere Flucht

der Kastellmauer hinausreichte. liches Gesicht ,

Machte schon der entgegenkommende Besitzer ein bedenk-

als an Stelle des Lehms immer grössere Massen von Kies und zuletzt Sand

sich anhäuften , so wollte der Nachbar , auf dessen Grundstück wir hinübergreifen mussten, sich auf nichts einlassen, kaum dass er gestattete, die immer hinderlicher werdenden Schuttmassen zeitweilig auf seinen Acker zu werfen . Da zeigten sich endlich nahe der Stelle , wo die Kastellmauer noch etwa 1 m weit unter der Gartenmauer hervorragte (Taf. III , 3 , C) , in einer Tiefe von 1,70 m Basaltsteine mit grobkörnigem Mörtel, zwar ohne Zusammenhang in der Schutterde zerstreut, aber doch zweifellos Spuren einst vorhandenen Gussmauerwerks . Kaum freudiger mag Kolumbus in dem Moment , da man

ihn zur Umkehr zwingen wollte,

das Land begrüsst haben, als ich die altvertrauten Zeugen römischen Anbaus in dem Moment begrüsste ,

als die Unlust der Arbeiter infolge des eingetretenen Oktoberregens den Höhe-

punkt erreichte .

Aber der Zweifel war bei einem derselben so tief gewurzelt, dass, als wir

nun endlich in einer Tiefe von fast 2 m nicht auf Gussmauerwerk im Verband, sondern auf unverbunden neben und über einander liegende unbehauene Basaltsteine

stiessen ,

er diese

für einen Zweig der von Steinheim herüber das Mainbett durchsetzenden Basaltader erklärte. Doch sah auch er seinen Irrtum bald ein ,

als sich allmählich die Fluchtlinien der überall

mit demselben Material ausgefüllten Fundamentgräben erkennen liessen und nach der Eintragung auf die vergrösserten Flurblätter sich bestimmte Formen

ergaben.

dieselbe Art der Ausfüllung von Fundamentgräben vor uns hatten , wie

Dass wir hier wir sie bei den

1) Solche Türme sind auch am Limes mehrfach gefunden , so bei den Kastellen zu Meinhard (v. Cohausen, Grenzwall , Atlas Taf. XLIX) und Osterburken (a. a. O. Taf. L). Als Conrady diese Beobachtung bei der Aufdeckung des Kastells Alteburg bei Walldürn machte , erschien sie ihm als eine ganz besonders bemerkenswerte Abweichung von der Regel,,,dass die Türme mit ihrem ganzen Umfange hinter der Wallmauer , die dann zugleich ihre Vorderseite bildet," liegen (Korrespondenzblatt des Gesamtvereins, XXX. Jahrg. 1882, Nr. 2, S. 11). Uebrigens findet sich dieselbe Eigentümlichkeit bei dem nordöstlichen Thore von Heddernheim (v. Cohausen, a . a. O. Taf. XVI, C) ; überhaupt weisen gerade die Thortürme auch bei sonst gleichartigen und gleichzeitigen Anlagen so verschiedene Formen auf, dass daraus an sich schwerlich Schlüsse auf frühere oder spätere Entstehung zu ziehen sind.

47

Türmen der Westfront gefunden , war mir beim ersten Blick klar geworden , zugleich auch der Grund, weshalb von allen Teilen der Turmfundamente nur diese übrig geblieben waren . Die Basaltblöcke waren z . T. so schwer, dass ihre Zutageförderung auch jetzt nur mit grosser Mühe und Gefahr für die Arbeiter möglich gewesen wäre. vielen Punkten die Steinmassen von der Seite aus

Wir liessen daher an möglichst

bis zur

Sohle frei legen .

Auch diese

Arbeit war bei strömendem Regen mühsam genug. Doch hatte der letztere die gute Seite , dass er den Besitzer des Nachbarackers abhielt , seinen uns durch die Arbeiter wiederholt . übermittelten Verboten der Berührung seines Eigentums in eigener verleihen.

Person Nachdruck zu

Wir benutzten die Gelegenheit zu einer energischen Invasion auf die Gefahr eines

Rechtsstreits hin, da nur so es möglich war, genügende Anhaltspunkte zur Feststellung eines vollständigen Grundrisses des ganzen Thorbaus — denn dass es ein solcher war, konnte nun nicht mehr zweifelhaft sein

zu gewinnen.

Es stellte sich nun heraus ,

dass die Stellen ,

wo die Fundamente der Umfassungs-

mauer , wie wir sahen , gänzlich aufhörten ( Taf. III, 3 bei B und östlich von C) sehr nahe den Aussenseiten des Thorbaus lagen. Der Grund war leicht erkennbar: das Gussmauerfundament der Umwallung mochte wenig zu vollständigem Ausbruch verlocken ; es wurde im Laufe der Jahrhunderte nur so weit beseitigt als es die Bestellung der Felder hinderte. Anders war es bei dem Thorbau : seine Mauern waren hier überall so gewaltig fundiert, wie es bei den übrigen Türmen nur an der Rückseite und einem Teil der Flanken der Fall war ; ja die Füllung reichte hier sogar in noch grössere Tiefe , fläche, wo sie in den weissen Sand gebettet war.

bis

zu 2,50 m unter der Ober-

Die oberen Lagen der Füllung und die

darüber befindliche Stickung von Basalthausteinen mochten wohl zur Hebung dieses guten Baumaterials — die Häuser Kesselstadts sind grösstenteils aus Basaltsteinen gebaut - auffordern .

Wie gründlich man es ausgenutzt hat, zeigte der Umstand, dass über den untersten

Schichten, die man wegen der Schwierigkeit ihrer Hebung liegen liess, die zur Ausgleichung des Bodens von den Seiten , hauptsächlich wohl von dem hinter der Mauer befindlichen Wall, entnommenen Erdmassen fast keine Spuren der alten Mauern mehr zeigten. in der diese praktischen Ausgrabungen stattfanden ,

Ueber die Zeit ,

oder wenigstens beendigt wurden , gab

ein unmittelbar über der erhaltenen Fundamentfüllung im westlichsten Teile des Gartens gefundener Kurmainzischer Kreuzer vom Jahre 1724 Auskunft. Der ganze Thorbau hatte eine Breite von 19,20 m , übertraf also die Prinzipalthore des Wiesbadener Kastells und die Porta decumanà der Saalburg um 1 m , während die übrigen Thore der genannten und die der Pfahlgrabenkastelle zwischen 15 und 17 m Gesamtbreite schwanken .

Zwei je 5,60 m breite und 7 m lange Türme, die nach beiden Seiten je

2,60 m über die Kastellfluchten vorsprangen , liessen eine im ganzen 8 m breite Thoröffnung zwischen sich ,

die

gänge geteilt war.

aber durch einen 2,20 m breiten Pfeiler in zwei je 2,90 m breite EinDie Mauern der Türme waren im Fundament 1,55 m stark, so dass ein

im Fundament 2,50 : 3,90 m messender Innenraum frei blieb, der sich in den über der Erde gelegenen Teilen nach allen Richtungen um etwa 0,30 m erweitert haben dürfte . Bei dieser Beschaffenheit der ganzen Anlage erklären sich die Erscheinungen, die uns bei den Ausgrabungen anfangs in Erstaunen gesetzt hatten , Turmfundamente musste sich der

sehr leicht :

gewachsene Boden " natürlich bis

Im Innern der

dicht unter der Acker-

krume finden, soweit er nicht bei dem Ausbrechen der Fundamente zur Erleichterung dieser

48

Arbeit durch Verbreiterung der Fundamentgräben durchwühlt war. geschehen ,

und daraus erklärt es sich ,

Dies war aber reichlich

dass die Stellen , an welchen der natürliche Boden

erhalten war , von den Schuttgruben nicht durch scharfe Ränder unterschieden waren , und daher in den oberen Schichten keine bestimmten Umrisse erkannt werden konnten . An den Stellen , an welchen sich die Thorwege befunden hatten , musste ebenfalls der natürliche Boden sich erhalten .

Dort war es

auch ,

wo die

Reste der Schotterung sich

zeigten, aber auch sie durch die erwähnten Arbeiten , sowie durch teilweises Hinabrutschen und Werfen in die wieder ausgefüllten Fundamentgruben der inneren Turmwände und des Mittelpfeilers in ihrer Lage und Beschaffenheit teilweise so verändert ,

dass bei ihrer Auf-

findung weder Niveau noch Begrenzung des Weges zu erkennen war. Durch die schliessliche Auffindung der untersten Teile

der Fundamentkörper

erhielten

auch diese unscheinbaren

Funde ihre Bedeutung für die Aufklärung der ganzen Situation .

Ohne sie würden dieselben

zwar mich selbst in der Ueberzeugung bestärkt haben , dass an dieser Stelle das Thor sich befunden habe ; schwerlich aber würde es mir gelungen sein , auch nur meinen Mitarbeitern dieselbe Ueberzeugung beizubringen. Unter allen Umständen aber wäre meine Hoffnung, sichere Anhaltspunkte für die Feststellung der Beschaffenheit jenes Thores zu gewinnen, vereitelt worden , wenn ich mich durch die mannigfachen Schwierigkeiten und die zeitweilig trostlose Ergebnislosigkeit der Arbeiten von deren Fortsetzung hätte abhalten lassen , Fall gewesen wäre, wenn ich die Ausgrabung

wie

es zweifellos der

nicht nach einem klar vorgezeichneten Plan

und mit sicherem Bewusstsein dessen , was gefunden werden konnte , bzw. gefunden werden . musste, begonnen hätte.

Zur Stärkung meiner Zuversicht aber trug es wesentlich bei , dass

gerade in den scheinbar hoffnungslosesten Tagen Oberstlieutenant Dahm sich an der Arbeit beteiligen

konnte ,

und

dass

dieser

kompetente

Beurteiler

nach

Darlegung der

bisher

gewonnenen Anhaltspunkte sich meiner Ansicht mit voller Bestimmtheit auschloss .

An ihm,

der wie bei dem

mit mir

oben beschriebenen Eckturm ,

so

auch hier

die Abmessungen

gemeinsam vornahm , habe ich zugleich den gewichtigsten Gewährsmann für die Richtigkeit der angegebenen Thatsachen und eingetragenen Masse . In einem Punkte mussten wir auf die Angabe des genauen Masses verzichten , nämlich für die Länge des Mittelpfeilers.

Die Knappheit des Raumes nötigte uns , um die Umrisse

der Türme feststellen zu können , die ausgegrabenen Schuttmassen zwischen denselben an der Gartenmauer und gegenüber an der Ackergrenze aufzutürmen , Zwischenmauer bedeckten. füllen müssen.

so

dass

sie die Enden der

Um auch diese frei zu legen, hätten wir die Gräben wieder aus-

Ehe wir aber dazu kamen , nötigte uns der Ablauf unserer Urlaubszeit und

die Ungunst des Wetters die Arbeit abzubrechen ; eine Wiederaufnahme derselben war aber später nicht möglich , weil die Bestellung des Ackers schon länger als wünschenswert verzögert war.

Darf man nach Analogie

der

bei von Cohausen und an anderen Orten mit-

geteilten Grundrisse von Thoren mit zwei Eingängen schliessen , so war der Zwischenpfeiler so lang oder weniger kürzer als die flankierenden Türme.

Von der Fundierung der Thor-

schwellen war, da sie sich naturgemäss nicht in grössere Tiefe erstreckt haben mochte, keine Spur vorhanden. Die geringe Ausdehnung des uns zur Verfügung stehenden Raumes gestattete es auch nicht , hier wo die Lage der Kastellmauer längeren Versuchsgraben die

im freien Felde dazu aufforderte ,

Profile der Gräben festzustellen .

durch einen

Dagegen war dies mit

49

genügender Vollständigkeit bereits im Spätherbst des vorhergehenden Jahres an der Ostseite , 30 m südlich von der Nordostecke (Taf. II, 11 ) geschehen . Dort hatte ich von der Innenseite aus durch die Kastellmauer einen 20 m langen und 2,50 m tiefen Versuchsgraben ziehen lassen , an dessen scharf abgestochenen Böschungen sich die Ränder des natürlichen Bodens und dadurch die Profile zweier Gräben deutlich abhoben.

Der Boden bestand hier bis 0,75 m

unter der Oberfläche aus Lehm , dann aus Kies , der aber feinkörniger und weniger tief als an der Westfront war. In die Kiesschicht eingebettet fand sich die Kastellmauer als Gussfundament ohne Rollschicht, die Sohle 1,50 m, die Oberfläche , die aber nicht mehr im Verband war, 0,45 m unter Terrainhöhe . Neben derselben war über der Kiesschicht noch der natürliche Lehm bis 0,75 m unter Terrainhöhe erhalten ,

so

dass die 0,70 m breite Berme

deutlich zu erkennen war. Im übrigen konnte das auf Tafel III wiedergegebene Profil festgestellt werden. Besonders gut war die Contreescarpe des inneren Grabens erhalten , während die Escarpe und die spitz zulaufende Oberkante des die beiden Gräben trennenden Erdwalls ",

wie

dies regelmässig der Fall

ist ,

undeutliche Umrisse zeigten .

Doch war zu

erkennen, dass der Schnittpunkt der beiden Böschungen in gleicher Höhe mit der Berme lag. Ihr entsprach die ursprüngliche Terrainhöhe. Die über derselben noch vorhandenen , nicht mehr im Verband befindlichen Teile

der

Kastellmauer rührten wohl von der Obermauer

her, die bis zum Anschluss an das Fundament ausgebrochen wurde , worauf man die unbrauchbaren Teile wieder in den Fundamentgraben warf, bzw. in demselben liegen liess .

An der

Sohle des inneren Grabens liess sich nicht mehr deutlich erkennen , ob er spitz oder flach auslief, da die dort befindlichen dunkleren Kieslagen ebenso wohl von der Böschung herabgerutscht als ursprünglich vorhanden und durch das Wasser in ihrem Aussehen verändert sein könnten .

Nimmt man spitzes Zusammenlaufen der Böschungen an, so lagen die Graben-

sohlen 2,53 m unter der heutigen Oberfläche , betrug die Tiefe etwa 0,10 m weniger.

1,78 m unter

der Berme , im anderen Fall

Die Breite beider Gräben von der Mauerkante an

liess sich auf 18 m berechnen , so dass auf jeden einzelnen nach Abzug der Breite der Berme etwa 8,50 m kommen . dieselben Masse. ¹ )

In Grosskrotzenburg fanden wir für die Gräben und die Berme etwa

In Rückingen betrug die Breite der Gräben je 7 m ,

die Tiefe

1,90 m

(bzw. 2,10 m) unter der jetzigen Oberfläche , nur 1,50 m unter dem ehemaligen Bauhorizont, 2) in Marköbel endlich war der innere Graben 9 m breit und 3 m tief, 2 m unter der Fundamentsohle, 3) die Berme berechneten wir in Rückingen

auf 1 m , und dasselbe Mass

finden wir auch bei den von v. Cohausen mitgeteilten Grabenprofilen für die Berme mehrfach wieder, wobei allerdings die Thatsache, dass der Verfasser bei der Wiedergabe des von mir nach v. Rössler's Aufnahme mitgeteilten Profils von Grosskrotzenburg die Berme auf dieses Mass vergrössert hat, dafür zu sprechen scheint , dass er die von ihm benutzten Aufnahmen anderer nach den Massen der Saalburg korrigiert hat. )

1) Vgl. Wolff, Das Römerkastell zu Grosskrotzenburg. 2) Vgl. Wolff-Dahm, Der röm. Grenzwall bei Hanau. 3) a. a. O. S. 68. 4) Vgl. v. Cohausen, Der römische Grenzwall.

S. 17 u. Tafel III , 5. S. 48 u. Tafel III, Fig. 7 .

Atlas Taf. IV.

Wolff, Grosskrotzenburg, Tafel III, 5.

50

2.

Gesamtergebnis der Ausgrabungen am Kastell.

Bevor wir den Versuch machen , über die Entstehungszeit

und die Bedeutung des

Kesselstädter Kastells , soweit dies auf Grund der sich bietenden Anhaltspunkte möglich ist, uns eine bestimmte Ansicht zu bilden ,

dürfte es zweckmässig sein ,

das Gesamtergebnis der Ausgrabungen am Kastell zu geben .

einen Ueberblick über

Von den 4 Seiten des Kastells

sind 3 durch eine grosse Anzahl Querschnitte, z. T. auch durch völlige Aufdeckung längerer Abschnitte, in ihrer Lage genau bestimmt .

An der vierten, südlichen Seite war dies wegen

der Beschaffenheit des in Betracht kommenden Terrains nicht möglich. für die ungefähre Lage so viele thatsächliche Anhaltspunkte gewonnen ,

Doch sind auch hier dass

selbst ,

man unseren Kombinationen keine zwingende Beweiskraft beimessen möchte ,

wenn

für die An-

setzung dieser Südfront sich nur ein Spielraum von höchstens 2 m südlicher oder nördlicher Abweichung bieten würde.

Da aber alle auf Grund jener Kombinationen vorgenommenen

Eintragungen in die Dorfkarte überall da, wo es möglich war, sie durch thatsächliche Funde zu prüfen, diese Probe bestanden haben, so nehme ich keinen Anstand auch für die südliche Kastellfront meine Ansetzung als sicher beglaubigt zu betrachten . ') Demnach lehnte sich das Kastell als ein vollkommen regelmässiges Quadrat mit 375 m langen Seiten (aussen gemessen) so an das alte Ufer des Mains , dass es mit seiner südlichen Front überall nur etwa um die doppelte Grabenbreite von dem eigentlichen Flussbette abstand.

Die Plattform des Kastells liegt in kaum merklicher nord - südlicher Abdachung

330 Fuss über dem Niveau der Nordsee ,

24 Fuss über dem

heutigen Ueberschwemmungen gerade entrückt. als auch das

unmittelbar anstossende

Mainpegel bei

Hanau ,

den

Da es sowohl das gegenüber liegende Ufer

Gelände nach N. , O. und W.

mit

Ausnahme des

1) Ein günstiges Geschick hat es gewollt, dass in dem Moment, in welchem der Druck der Arbeit bis dicht vor dieser Stelle vollendet ist, mir die Bestätigung der obigen Annahme geworden ist. Bereits vor dem Beginn des andauernden Frostes war in diesem Winter der Hauptarm der neuen Hanauer Quellwasserleitung an der Philippsruher Allee entlang bis in die Nähe der Stelle geführt worden , wo er die Kastellfront schneiden musste. Meine Hoffnung, von den Arbeiten noch für meine Publikation Nutzen ziehen zu können, schien durch die notgedrungene Einstellung der ersteren vereitelt zu werden. Da teilte mir am heutigen Tage, den 12. März , mein Freund , Gymnasialdirektor Dr. Braun, welcher meine Untersuchungen mit warmem Interesse verfolgt hatte , mit, dass der Kanal in den letzten Tagen bis an die Stelle geführt sei, an der nach meiner Annahme die Kastellfront sich finden müsse. Dort sei man auch wirklich auf altes Mauerwerk gestossen. Ich fuhr sofort nach Hanau und fand denn auch wirklich unterhalb des westlichen Teils der Kirche, nahe dem ,,Schwanengarten, " das Fundament der Kastellmauer von dem für die Wasserleitungsröhren bestimmten Graben quer durchschnitten. Es beginnt 1 m unter dem Strassenniveau mit der im Verband gelockerten untersten Lage des Gussmauerwerks, unter welchem sich eine sehr starke trockene Stickung noch 0,80-0,90 m tief bis zur Sohle des Grabens erstreckt. Die Mauer entspricht in ihrer Beschaffenheit ganz den südlichen Teilen der Ostfront und den Fundamenten der Türme. 8 m westlich von dem östlichen Ende des durchschnittenen Mauerstücks fanden sich Reste eines gleichartigen Mauerwerks mit einem gewaltigen Granitblock. Die Stelle liegt innerhalb der Kastellflucht da , wo nach meiner Einzeichnung die Porta principalis dextra beginnen müsste. Sie dürfte der Ecke des östlichen Thorturms angehören , dessen südliche Teile ebenso wie der westliche Flankenturm sich unter dem Fussweg der Allee in den Schwanengarten hinein erstrecken. Was die Lage der Reste betrifft, so entspricht sie genau meinen Einzeichnungen, ich habe daher von dem im Text Gesagten nichts zurückzunehmen. Die Stelle wird in den nächsten Tagen noch eingehender untersucht werden. Ueber das Ergebnis der Nachgrabungen werde ich, wenn es nötig sein sollte, in einem Nachtrag berichten.

51

„ Salisberges " nm einige Fuss überragte, musste man von seinen Wällen aus eine gute Ausschau stromauf- und abwärts und ebenso landeinwärts haben. Die Wallmauer war nach einer 0,70 m breiten Berme auf den 3 Landseiten von 2 je 8,50 m breiten und 1,95 m tiefen Gräben umgeben.

Ob

dies

auch an der Südfront der

Fall war, bzw. ob sich hier nur ein Graben befand , konnte nicht

ermittelt werden.

Die

Umfriedigung bestand aus einem Wall , der an der Aussenseite durch eine in der Angriffsfront 2,20 m, an der Nord- und Ostseite 1,80 m im Fundament starken Futtermauer gestützt war.

Die Obermauer

zu urteilen

dort

scheint nach dem im Diehl'schen Garten erhaltenen Sockelvorsprung

1,60 m

stark gewesen

zu sein und nach innen und aussen regelrecht

geschichtete Lagen behauener Basaltsteine gehabt zu haben. Das Fundament sass an der Nord- und Westfront sowie in der nördlichen Hälfte der Ostfront als einfache Gussmauer auf der ruhte

es

festen Kiesschicht , auf

einer

im

südlichen

Trockenstickung.

Teile

der

Ostfront

und

an

Der Grund lag in der ungünstigen

des Bodens , da hier im südöstlichsten Teile

des Kastells

der

Südfront

Beschaffenheit

das dem übrigen gleiche Niveau

erst durch Auffüllung gewonnen zu sein scheint. Der Wall war begleitet von einem Kiesweg. Der geringe Abstand desselben von der Mauer zeigt, dass der Wall an seiner Basis weniger breit als bei den benachbarten Limeskastellen war. Ob sich daraus auf eine geringere Höhe der Umwallung schliessen lässt , wage ich nicht zu entscheiden . Das Kastell hatte zweifellos die üblichen 4 Thore . Spur bemerkt.

Von sog . Quintanthoren ist keine

Ihr Vorhandensein ist wegen der oben festgestellten

genau symmetrischen

Verteilung der Zwischentürme an der Nordfront nicht wahrscheinlich.

Darf man nach dem

Grundriss der Porta principalis sinistra auf die Beschaffenheit der übrigen Thore schliessen, so waren es überall Doppelthore mit je zwei über die Mauer nach innen und aussen vorspringenden Türmen in der Gesamtbreite von 19,20 (bzw. 17 m).

Die Prinzipalthore lagen ,

wie dies sowohl bei den älteren als auch bei den Limeskastellen die Regel ist, ¹ ) der Angriffsfront näher als der Rückseite ,

so

dass

die

zwischen der

Via principalis

praetoria gelegene Praetentura erheblich kleiner war als die Retentura . nach Abzug der wie 4 : 3.

Via principalis

die

Länge der

letzteren

zu

der

der

und der

Porta

Hier verhält sich ersteren

genau

In die abgerundeten Ecken waren Türme mit trapezförmigem Grundriss eingebaut, deren schräge Seiten nach dem Mittelpunkt des Abrundungsbogens mit einem Radius von 9,30 m (Aussenflucht) konvergierten.

Etwas

kleinere rechteckige Türme waren in

regel-

mässigen Zwischenräumen an die Innenseiten der 4 Fronten angebaut, je 6 an der Ost- und Westseite , je 5 an der Süd- und Nordseite , dort mit Intervallen von je 39,10 m , hier mit solchen von je 46 m. Das ganze Kastel hatte also 4 Eck- , 8 Thor- und 22 Zwischentürme , im ganzen 34 Türme. Von den Thortürmen sind diejenigen der Porta principalis sinistra im Grundriss vollkommen nachgewiesen , von denjenigen der Porta • decumana sind deutliche Spuren gefunden. Ebenso sind die beiden nördlichen Ecktürme , der eine vollständig , aufgedeckt.

Die Gestalt und Verteilung der Zwischentürme ist durch die Aufdeckung der 3 in

der nördlichen Hälfte der Westfront und eines in der östlichen Hälfte der Nordfront gelegenen ermittelt .

Die

daraus gezogenen Schlussfolgerungen finden

1) Vgl. oben S. 41 Anm. 1.

ihre Bestätigung

in den beim

52

Fundieren von Häusern und Mauern gefundenen Ostfront.

Spuren von Türmen an der Nord- und

Die Lage der Porta decumana und der Porta praetoria , genau in der Mitte der Kastellfronten liegen , ¹ ) kann ,

symmetrischen Bau unseres Kastells nicht zweifelhaft sein. dies durch das Ergebnis

der im Park von

die regelmässig

zumal bei dem in allen Stücken so Sie ist bei der ersteren über-

Philippsruhe vorgenommenen Nachforschungen,

wenn dieselben auch leider sehr flüchtig sein mussten , bestätigt .

Nun wiederholt sich hier

aber dieselbe Erscheinung , die wir auch bei unseren Limeskastellen beobachtet haben : die Lage und Richtung wichtiger Teile des Kastells lassen sich im Dorfplan und in den Grenzen und Wegen der ringsumliegenden Aecker wieder erkennen.

Dass der östliche Eingang zum

Dorfe der Porta praetoria entspricht und die nördliche Häuserflucht genau in die Mittellinie des Kastells, den vom römischen Feldmesser abgesteckten Decumanus fällt, ist bereits gesagt . Aber noch weit über das Ende der Strasse hinaus lange

Grenzlinie

zwischen

setzt diese Richtung

den nach N. und S. bis

schmalen Streifen sich erstreckenden Gärten fort. nördliche Kastellmauer suchten .

eine über 100 m

zu den nächsten Häuserfluchten in

Es ist die Linie, in der wir anfangs die

Dass die Häuserflucht an der „ Hintergasse " in ihrer nördlichen Hälfte genau der Ostfront des Kastells und die Gasse selbst dem inneren Graben entspricht ist bekannt , ebenso , dass die älteren Häuser des südlichsten Dorfteils die Rücksicht auf die südliche Kastellmauer erkennen lassen .

An das westliche Ende der „ Wilhelmsstrasse " schliesst sich, aus südwest-

licher Richtung allmählich in fast südliche übergehend, die „ Bienengasse, " deren Fortsetzung, die "" Kirchgasse " gerade da auf die Philippsruher Allee stösst, wo einst sich die Porta principalis dextra zum Main öffnete.

In dem durch diese Strassen begrenzten südöstlichen Teil

des Kastells entwickelte sich das alte Dorf in zweifellosem Zusammenhang mit dem ersteren. Wenn auch in den nördlichen, erst in den letzten Jahrzehnten entstandenen Quartieren Häuserfronten und Strassenfluchten z. T. rechtwinkelig und parallel zu den Kastellfronten liegen, so erklärt sich dies teils

durch die Orientierung der südlichen älteren Teile , teils aber

daraus, dass die Besitzgrenzen und Wege hier uralte Beziehungen zum Kastell zeigten und ihrerseits wieder auf die Richtung der neuen Strassen und Fluchtlinien einwirkten . Wie der östliche Eingang zum Dorfe der Porta praetoria entspricht , so war dies in noch höherem Grade als heute ehemals auch bezüglich des westlichen und der Porta decu-

1) Wo Abweichungen von dieser Regel , die besonders bei den flüchtiger gebauten Kastellen der vorderen Linien und bei denjenigen, die überhaupt unregelmässige (nicht rechteckige) Gestalt haben, vorkommen , durch zuverlässige Aufnahmen nachgewiesen sind, betragen dieselben meistens nur wenige Meter und stellen sich als unbeabsichtigte Messfehler dar. In anderen Fällen beruht die scheinbare Abnormität auf falscher Orientierung seitens der Entdecker. Dies ist z. B. zweifellos der Fall bei dem Bonner Lager, (Vgl. Festschrift zu Winkelmann's Geburtstage am 9. December 1888. Herausgegeben vom V. v. Altertumsfr. im Rheinlande. Bonn 1888 , Taf. I und II.) wo alle Thore an der Stelle liegen, an welcher man sie erwarten musste , sobald man die nach den Quellenangaben einzig richtige und einzig mögliche Orientierung des Kastells nach Osten und dem Feindesland annimmt und das fälschlich als ,,Porta dextra" bezeichnete Thor als Porta praetoria betrachtet, wie dies auch Koenen (Bonner Jahrb. Heft LXXXVII S. 189) vorschlägt und durch Hinweisung auf die Vorschriften der Alten (a. a. O. S. 190 Anm. 1 ) begründet. Man vgl. meine Besprechung des Bonner Ausgrabungsberichts in der Berliner phil. Wochenschrift, 1890, Nr. 10, S. 318 ff.

53

mana der Fall .

Denn die Angabe der Ortsbewohner, auch des Bürgermeisters Geibel , dass

die Dörnigheimer Strasse früher, ehe der Park nach Norden erweitert wurde, mehrere Meter südlich zum Dorfe geführt habe, verdient umso mehr Glauben , da das alte Schloss , welches vor der Erbauung von Philippsruhe Ausdehnung hatte .

an derselben Stelle

stand ,

zweifellos

Nach Karten aus dem 17. Jahrhundert¹ ) scheint

weit geringere

es an der Stelle

der

heutigen Stall- und Dienerschaftsgebäude gelegen und in seiner Frontstellung mehr als das neue Schloss der Kirche, und demnach dem Kastell entsprochen zu haben. feste mittelalterliche Fundamente ,

die

neben

den leicht

Wenn man sehr

erkennbaren Resten der früheren

Thorwache bei den Kanalarbeiten im Sommer 1888 hinter dem heutigen Thore durchbrochen werden mussten , auf diese ältere Burg beziehen darf, so liefen ihre Mauern der westlichen Kastellfront

vollkommen

parallel .

Demnach

scheint

das

alte Schloss

geländen das südwestliche Viertel des Kastells eingenommen zu haben , das südöstliche. Wie Strassen- und Grenzlinien noch heute die Beziehung lassen, so auch Flurbezeichnungen.

mit

seinen

Neben-

wie das alte Dorf

auf das Kastell

erkennen

Bei den Namen „ Burgallee “ und „ Burgrain ,"

die

sich für die „ Pappelallee " und die an ihr liegenden Grundstücke im nordwestlichen Teil des Kastells fanden , kann man zweifelhaft sein , ob sie auf das an der Stelle von Philippsruhe gelegene ältere Schloss hinweisen oder auf die Reste des Kastells. Bekanntlich kommt der Name "7 Alte Burg " sehr oft gerade bei den Stätten römischer Kastelle vor. Wenn aber die Grundstücke unmittelbar neben der Porta principalis sinistra auf der Flurkarte als „ Steinäcker" bezeichnet sind, so ist die Beziehung auf die Stelle, wo noch im vorigen Jahrhundert das Baumaterial in Menge den Fundamenten jenes Baus und der Kastellmauer entnommen wurde , unzweifelhaft.

Nördlich von dieser Stelle , wo man

den Zufuhrweg von der Grenz-

strasse zur Porta principalis sinistra zu suchen hat , findet die Flurbezeichnung 66 Pfad in keinem heute vorhandenen Pfad oder Feldweg ihre Erklärung.2) Stimmten diese Erscheinungen dass die Riesenschrift , durch welche

zu der

' der lange

auch sonst von uns gemachten Beobachtung,

die Römer den von ihnen besetzten Boden gleichsam

für ewige Zeiten als ihr Eigentum gestempelt haben , für den Kenner , wenn auch in kaum merkbaren Linien , noch heute auffallend.

sichtbar ist ,

so war dagegen eine andere Thatsache höchst

Im ganzen Bereich des Kastells hat sich weder bei den Ausgrabungen noch, so-

1 ) Vgl. Wille, Hanau im dreissigjährigen Kriege. Plan III u. V. Auf diese Stelle sind zweifellos die bei Calaminus und Rullmann angeführten Nachrichten von dem Vorhandensein eines ,,burglichen Baus " der Herren, bzw. Grafen von Hanau lange vor Erbauung des Schlosses Philippsruhe zu beziehen , welche Rullmann (a. a. O. S. 25) mit den Besitzungen der Herrn von Kesselstadt in Zusammenhang bringt. Wenn derselbe aber durch Kombination dieser Nachrichten mit dem Vorkommen der Flurbezeichnungen : ,, Burg" (in dieser Form auf den Flurkarten nicht nachweisbar) und .,Burgrain “ (S. 20 ) zu beweisen sucht, dass eine nirgends erwähnte Burg der Herrn von Kesselstadt in dem durch jene Namen bezeichneten Terrain nördlich von Philippsruhe gelegen habe , so ist diese Vermutung grundlos, wie wir weiter unten zeigen werden. 2) Dass aus diesem Thore ein Weg ins Freie führte, versteht sich von selbst, ebenso, dass er sich zwischen dem Kastell und der Lache, wahrscheinlich in der Verlängerung der Via principalis, mit der Hauptstrasse vereinigte. Auf diesen Weg dürfte sich die Bezeichnung ,,der lange Pfad" beziehen. Dass ausserdem von dem genannten Thore wahrscheinlich auch am äusseren Graben entlang ein Weg nach dem Salisberge führte, wird weiter unten dargethan werden.

54

weit bekannt, jemals früher, ausser den Mauern, Wegen und Gräben auch nur die geringste Spur des für römische Militäranlagen so charakteristischen Nachlasses gefunden : kein Stück gestempelter Ziegel , nicht eine Münze.

Gefässreste wurden

an den wenigen Stellen

der Südostfront, an denen wir graben durften, gefunden ; an den langen Strecken im Norden und Westen, die wir aufdeckten, auch von ihnen keine Spur, nicht in dem Graben , nicht auf dem Wallweg ,

noch in den Trümmern der Türme.

Auch von Inschriftssteinen , die

man in einem so grossen Kastell, wenn es längere Zeit besetzt war , fand sich kein Fragment.

sicher erwarten sollte,

Ebenso blieben die Nachforschungen nach einem massiven Prae-

torium , wie es sich im Rückinger und anderen Limeskastellen hinter der Via principalis gefunden hat, ohne Erfolg.

Nirgends also fand sich, wenigstens in dem bei weitem grösseren

nördlichen und westlichen Teile ein Zeichen, dass die Truppenteile, welche das Kastell erbaut und besetzt hatten, sich so behaglich eingerichtet haben ,

wie sie es den Verhältnissen ent-

sprechend in den Limeskastellen und hinter ihnen an stärker bevölkerten Orten, wie Wiesbaden ,

Friedberg und Heddernheim offenbar gethan haben .

Die meisten Spuren solchen

Anbaus weisen auf den Salisberg und die dahin verlaufende westliche Strasse hin und sind, da sie vor der Front des Kastells , nach dem Feindesland hin liegen , jenes.

offenbar jünger als

Das gilt auch von den vor der Nordostecke desselben auf dem Hopfengarten gefundenen

Gräbern und den an sie sich anschliessenden Resten römischen Anbaus (Taf. II, 19, 20, 21 ) . Doch sind auch auf dem Felde westlich von dem Kastell und dem Dorfe zu verschiedenen Zeiten römische Scherben und , wie es scheint , auch Münzen gefunden worden ; ¹) und ich selbst habe mich bei wiederholten Untersuchungen von der Glaubwürdigkeit dieser Mitteilungen durch Auffindung zweifellos römischer Thonscherben auf dem um einige Fuss erhöhten Terrain nördlich der Dörnigheimer Strasse (Taf. I, 23) überzeugt.

Die Lage dieser

Fundstellen macht ihre Beziehung zum Kastell und zu der von Wilhelmsbad nach der Furt verlaufenden Strasse, vielleicht auch zu einem von letzterer Stelle in nordwestlicher Richtung an Hochstadt und Bischofsheim vorüber nach der Hochstrasse und Vilbel ziehenden Wege, unzweifelhaft.

Sie zeigt uns ,

dass auch dieses Kastell in der Zeit seiner Benutzung die

übliche Beigabe einer wenn auch ,

wie es scheint , kleinen und vorübergehenden bürger-

lichen Niederlassung hatte. Auch von der Begräbnisstätte des Kastells haben sich Spuren gefunden, und zwar da , wo man sie suchen müsste ,

wenn auch gar keine äusseren Anzeichen dafür sprächen .

Dass zu dem Kesselstädter Kastell eine das rechte Mainufer begleitende Militärstrasse von Mainz her führen musste , ist ebenso selbstverständlich wie dessen Verbindung mit dem nächsten Grenzkastell . Dass diese Strasse zur Porta decumana etwa in der Richtung der heutigen Dörnigheimer Landstrasse verlief, ist wahrscheinlich. Diese Wahrscheinlichkeit wird aber in hohem Grade vermehrt durch die Thatsache, dass auf den südlich von dieser Strasse gelegenen alten Weingärten (Taf. I, 23) beim Pflanzen der jetzt dort stehenden Bäume zahlreiche römische Krüge (sog . Thränenkrüge) und andere Reste gefunden wurden , die mit Sicherheit darauf schliessen lassen , dass dort in der Richtung der Dörnigheimer Strasse das Gräberfeld des Kastells sich ausdehnte.2) Nun ist die Dörnigheimer Strasse bei 1) Vgl. Suchier's Bericht in den Mittheilungen des Hanauer Bezirksvereins. 1876, Nr. 5, S. 221 . 2) Vgl. Suchier a. a. O. Ich habe durch Befragung des ehemaligen Besitzers die Lage der Fundstätte genau feststellen können .

55

der nördlichen Erweiterung des Philippsruher Parks vor dem Eingange zum Dorfe , ein Blick auf die Karte übereinstimmend mit Norden verlegt worden.¹) Zeit geschehen zu sein.

den Aussagen

Dasselbe scheint mit

der Ortsinsassen zeigt ,

wie nach

einem grösseren Stück schon in früherer

Denn deutliche Spuren weisen darauf hin ,

dass

die

alte Strasse

ebenso geradlinig, wie es bei den Militärstrassen unseres Grenzgebietes regelmässig der Fall ist, an den Gräbern vorüber zum Kastell führte.

Genau in der Richtung derselben scheint

noch dasjenige Stück der Dörnigheimer Landstrasse zu liegen , welches 425 m westlich vom Dorfe beginnt und auf 700 m geradlinig verläuft.

In seiner östlichen Verlängerung jenseits

des Knies , welches die Landstrasse am „ Oberfeld " bildet , macht sich eine auf 800 m ganz geradlinig verlaufende Böschung bemerkbar , die hier der Grenze zwischen Ackerland und Wiesen entspricht . An derselben Linie liegt weiter östlich die Fundstätte der Gräber ; von besonderem Interesse aber ist, dass dieselbe die Mittellinie des Kastells etwa 180 m hinter der Porta decumana

gerade

an dem Punkte schneidet ,

auf welchen

auch einerseits

die

Richtung der Mainfurt hinweist und anderseits unser westlicher Strassenarm von Wilhelmsbad her nach meiner Einzeichnung verlaufen müsste (Taf. I, 13) .

Von der Stelle an aber,

wo jenes geradlinige Strassenstück nach N.W. abbiegt, um sich nahe dem Dorfe Dörnigheim mit der Leipzig - Frankfurter Strasse zu vereinigen , behält ein Pfad die Richtung der alten Strasse bei , welche jenseits des Dorfes von der Frankfurter Strasse genau wieder aufgenommen und nach einer nördlichen Ausbiegung beim Uebergang über die Fallbach" auf eine grössere Strecke bis zu der Biegung des Mains beibehalten wird . Wie die Strasse weiter westlich verläuft, bleibt noch zu untersuchen. Ich war früher geneigt anzunehmen , dass sie an der Mainkur den Fluss verlassen habe , um, die tiefer gelegenen Teile der Stadt Frankfurt umgehend ,

in Heddernheim sich

mit der

bekannten

"9 Elisabethenstrasse " zu vereinigen und nach Mainz zu ziehen . Bestimmend für diese Voraussetzung war der Umstand, dass innerhalb der inneren Stadt Frankfurt bisher keine römischen Funde gemacht waren, wodurch sich in den Frankfurter Forschern die Ansicht gebildet und befestigt hatte ,

dass die Römer

die von alten Flussarmen durchschnittene Niederung ver-

mieden und sich mit ihren Ansiedelungen und Verkehrswegen auf der im Norden der Stadt zur Nidda ziehenden Anhöhe gehalten hätten.

Seitdem aber jene Ansicht durch die neuer-

dings erfolgte Auffindung einer , wie es scheint ,

nicht unbedeutenden militärischen Nieder-

lassung auf dem Domhügel zu Frankfurt sich als unhaltbar erwiesen hat ,

dürfte

auch die

Möglichkeit, dass eine rechtsmainische Uferstrasse, das alte Frankfurt durchschneidend , über die bekannte Römerstätte bei Höchst zur Elisabethenstrasse führte, nicht ausgeschlossen sein . ") Ja es ist auch der Fall ins Auge zu fassen, dass die über Steinheim ziehende linksmainische Strassse bei Bürgel, oberhalb Offenbach, den Fluss überschritt und nach ihrer Vereinigung mit unserer Kesselstädter Strasse in schnurgerader Richtung über Frankfurt nach Höchst zog.

Glaubt doch Friedrich Kofler bei Bürgel Reste

einer römischen Brücke gefunden zu

1) Man vgl. auch Rullmann, Gesch. des Pfarrdorfes Kesselstadt, S. 20. 2) Vgl. A. Hammeran im Westd. Korrespondenzblatt, VIII, 1889 , Nr. 10, 115 und Frankfurter Zeitung, 1889, Nr. 22, Erstes Morgenblatt, wo derselbe Forscher wenigstens eine rechtsmainische Strassenverbindung von Frankfurt nach Mainz als selbstverständliche Konsequenz der Frankfurter Funde annimmt.

56

haben, die nur so eine ungezwungene Erklärung finden würden ; ' ) genau

auf die von ihm bezeichnete Stelle führten mich die Spuren der linksmainischen Strasse , die ich bis nahe an Bürgel verfolgt habe. Dass der Main selbst von Mainz bis Hanau ein höchst wichtiges Verkehrsmittel zwischen jenem Centrum römischen Lebens in Germanien und der Grenze bildete , konnte nie zweifelhaft sein und wird durch die neuen Frankfurter Funde nur bestätigt. In der nächsten Umgebung dieser Stadt, stromaufwärts bis über die Mainkur hinaus und abwärts bis jenseits von Höchst dürften sich noch manche Anhaltspunkte für die Lösung der Beachtenswerte Winke enthalten in dieser Hinsicht die Mit-

noch offenen Fragen finden .

teilungen von Dr. Lotz in zahlreichen Nummern des Korrespondenzblattes des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Doch ist bei diesen Forschungen die grösste Vorsicht geboten . Ich möchte daher auch die obigen Ausführungen über die rückwärtige Verbindung des Kesselstädter Kastells, soweit sie sich auf das westlich von Dörnigheim gelegene Gebiet erstrecken, nur als Fingerzeige betrachtet sehen , welche eine Möglichkeit der Lösung jener Frage andeuten , ohne den Anspruch zu erheben , die einzig mögliche Lösung zu bieten.

3.

Entstehungszeit und Bedeutung des Kastells .

Was nun die Entstehungszeit und die Bedeutung unseres Kastells betrifft , ich meine Ansicht im Laufe angedeutet .

der Darstellung und besonders

so habe

in der Einleitung bereits

Sie besteht im Wesentlichen darin , dass ich das Kastell als Bestandteil einer

alten Grenzlinie betrachte , welche die Neckar - Odenwald - Mainlinie nach N. geradlinig auf Friedberg 2 ) fortsetzte, um sich dort, etwa bei der Capersburg an die ebenfalls alte Taunuslinie anzuschliessen .

Als ich diese Vermutung im Frühjahr 1884 aussprach, konnte ich mich

ausschliesslich auf innere Gründe

stützen ,

da

die Existenz

eines Kastells bei Kesselstadt

damals gerade, nachdem alle Nachforschungen nach einem solchen vergeblich geblieben waren, den Lokalforschern unwahrscheinlicher als je vorher war. Hatte man sich doch mit Recht daran gewöhnt ,

das Hauptverdienst Duncker's darin zu sehen ,

dass das komplizierte

System einer ganzen Reihe hinter einander liegender Grenzsperren an der Kinzigmündung als unhaltbar dargethan und der einheitliche und einzige römische Kern des Pfahlgrabens

1) Vgl . Frankfurter Journal von 8. August 1886. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins 1887 , Nr. 1 , S. 9. (Dr. Lotz). Westd . Zeitschr. für Gesch. u. Kunst , VIII, 1889, II, 159 (Kofler) . 2) Dass in Friedberg ein grösseres Kastell war, wird von fast allen Forschern angenommen , obgleich seine Lage, Grösse und Gestalt noch nicht nachgewiesen sind. Es spricht dafür die grosse Zahl und Mannigfaltigkeit der dort gefundenen Legions- und Cohortenstempel, sowie die Beziehung des oberhessischen Strassennetzes auf die grosse römische Ansiedelung , die sich dort ähnlich wie bei Heddernheim um den militärischen Kern gebildet hat. Das hohe Alter des Platzes wird durch die Anwesenheit von Truppenkörpern bewiesen, die, wie die 14. Legion, nur im ersten Jahrhundert in Obergermanien stationiert waren. Nach den Lokaluntersuchungen G. Dieffenbach's , deren Ergebnis mir derselbe mitzuteilen die Güte hatte , nahm das Kastell die Stelle der späteren Reichsburg ein. Ich konnte im Juli 1889 eine Vermessung der Abstände derjenigen Stellen , an welchen Dieffenbach Reste der Kastellmauer gefunden zu haben erklärt, mit ihm vornehmen. Sind seine Beobachtungen richtig , was bei seiner genauen Kenntnis des römischen Friedberg kaum zu bezweifeln sein dürfte, so hatte auch das Friedberger Kastell quadratischen Grundriss mit mehr als 350 m Seitenlänge, entsprach also dem Kesselstädter Kastell in jeder Hinsicht.

57

aus der Umhüllung prähistorischer Ringwälle und mittelalterlicher Landwehren bis herab zu den

Schwedenschanzen " herausgeschält sei .

Ueber das Wesen der

Mümmlinglinie " (Oden-

waldlinie) aber war man damals , obgleich gerade ihre Befestigungen besser als die des Limes erhalten und zum Teil ohne Nachgrabungen erkennbar waren, noch sehr im Unklaren . Ebenso waren die Untersuchungen über die Kastelle am Neckar , welche

auch dort, ein zu-

sammenhängendes mit dem schwäbischen Limes korrespondierendes System erkennen liessen, noch nicht abgeschlossen , jedenfalls noch kein abschliessender Bericht über ihr Ergebnis in die Oeffentlichkeit gedrungen. Die Gründe, welche es mir wahrscheinlich machten, dass das Maingebiet zunächst bis zu der Biegung des Flusses bei Hanau , nicht bis

zu der in keiner Weise ausgezeichneten

Stelle bei Grosskrotzenburg besetzt wurde, waren hauptsächlich folgende : Ich sagte mir, dass der Strom bis zu dieser Stelle geeignet wan als Operations- und Verkehrslinie von Mainz aus ins Feindesland zu dienen , während er von Hanau an aufwärts vermöge seiner der alten Rheingrenze parallelen Richtung als ein natürlicher Grenzabschluss dienen konnte , sei es bis zu dem neuen Knie bei Miltenberg ,

wo der badische Limes ihn wirklich verlässt , oder bis

zu der Stelle, wo der Kamm des östlichen Odenwaldes und mit ihm die Mümmlinglinie sich ihm nähern. Vor allem aber waren es gewisse Eigentümlichkeiten des Grenzwalls bei Hanau selbst und seines unmittelbaren Hinterlandes ,

die mich in meiner Absicht bestärkt hatten .

Dazu gehört die Lage des Grosskrotzenburger Kastells , welches von Seligenstadt , wo man das nächste Mainkastell annimmt, nur die Hälfte, von Stockstadt , wo ein solches nachgewiesen ist , das Anderthalbfache

der an diesem Teil des Limes

üblichen

Abstände

während bei normaler Entfernung das nächste Kastell nach Seligenstadt in Steinheim zu suchen wäre.

entfernt ist , der Nähe von

Die Lage von Grosskrotzenburg macht ganz den Eindruck, dass

hier eine neue Grenze sich an die alte anschloss , wobei die Rücksicht auf die Einverleibung der Wetterau bis zu den Ausläufern des Vogelsberges und der Kinzigmündung die auf die bisher bestehende symmetrische Anordnung der Kastelle überwog. Von besonderer Bedeutung aber erschien mir und scheint mir noch der Umstand , dass Truppenteile, deren Anwesenheit in Obergermanien nur im ersten Jahrhundert n. Chr. nachweisbar ist, wie die 14. Legion , in dem Gebiete zwischen Taunus und Main bis nach Friedberg durch zahlreiche Ziegelstempel und auch durch Inschriften vertreten sind ,

während an den nördlich von Friedberg und

östlich von Hanau gelegenen Teilen des Pfahlgrabens nicht nur jede Spur von jenem Truppenteile, ') sondern auch jegliches Zeugnis für die Existenz dieser Anlagen vor der Mitte des 2. Jahrhunderts fehlt . Diese Thatsache war natürlich auch von anderen Forschern bemerkt worden,

und es war ja wohl allgemeine Annahme ,

dass

die

Gegenden von Wiesbaden ,

Heddernheim und Friedberg die zuerst okkupierten Teile des Mainlands und der Wetterau seien. Aber Niemand hatte meines Wissens daraus die beiden Folgerungen gezogen : 1 ) dass dieses erheblich vor der Erbauung des Limes besetzte Gebiet eine fortifikatorisch gesicherte Grenze gehabt haben müsse und 2) dass die Annexion der Wetterau bis Friedberg zur notwendigen Voraussetzung eine gleichzeitige Besetzung der Mainlinie bis Hanan hatte.

Ich

darf diese Folgerungen jetzt , nachdem seit 1885 eine ganze Reihe , z . T. auch militärischer

1 ) Auf das erst in neuester Zeit konstatierte Vorkommen eines Stempels der Legion auf der Saalburg kommen wir später zurück . Vgl . Hammeran, Westdeutsche Zeitschr. VIII, IV, 293.

58

Autoritäten sich in gleichem Sinne ausgesprochen haben , betrachten .

wohl als

allgemein anerkannt

Dass ich durch das über Erwarten günstige Resultat der Arbeiten in meiner Ansicht bestärkt wurde, ist erklärlich .

Als ich in der Sitzung vom 10. November 1887 den ersten

zusammenfassenden Bericht über die Ausgrabungen des Jahres erstattete , sprach ich meine Ansicht dahin aus, dass besonders auch mit Rücksicht auf die „ aussergewöhnliche Grösse der Anlage ihre Gründung in die erste Zeit der römischen Herrschaft im unteren Maingebiet und in der Wetterau zu verlegen sei , als man noch grössere Truppenabteilungen in Grenzfestungen zusammenhielt ,

während man dieselben nach Anlegung des wetterauischen Pfahlgrabens in

die kleineren Kastelle

des letzteren verteilte . "

Als Zeit der Gründung des Kesselstädter

Kastells und der älteren Grenzlinie Hanau-Friedberg setzte ich das 9. Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts nach Chr. Geb. an und brachte die Vorschiebung der Reichsgrenze bis zu dieser Linie unter Hinweisung auf Mommsen's Ausführungen in Verbindung mit Domitians Chattenkrieg . )

Es gereichte

mir zu besonderer Genugthuung ,

dass Oberstlieutenant Dahm , der

ebenso wie meine übrigen Hanauer Mitforscher anfangs von meinen Untersuchungen wegen der geringfügigen Anhaltspunkte keinen grossen Erfolg Sitzung in

einer längeren Darlegung

punkte ganz

entschieden für

die

erwartet

hatte ,

sich in derselben

der in Betracht kommenden militärischen Gesichts-

Richtigkeit meiner

Auffassung

Beziehung auf die Bauzeit auch eine noch frühere Periode ,

aussprach

und

nur in

etwa den Anfang des ersten

Jahrhunderts als nicht ausgeschlossen betrachtete. ) Auch er legte ganz besonderes Gewicht auf die Grösse des Kastells , welches in dieser Hinsicht mit keinem der Limeskastelle , sondern nur mit den grossen , gewöhnlich auf Drusus zurückgeführten Anlagen am linken Rheinufer verglichen werden kann . Uebertrifft

doch

sein

Flächeninhalt

den der

Saalburg fast um das

Fünffache

und den

des grossen Kastells von Niederbiber fast dreimal, 3) die normalen Limeskastelle fast siebenmal. Nach den von ihm in Beziehung auf die Limeskastelle

aufgestellten und

gebenden Beurteilern gebilligten Grundsätzen berechnet Dahm die

von vielen mass-

Maximalstärke der Be-

satzung auf 18000 , die Minimalstärke der zur Verteidigung nötigen Mannschaft auf 1300 Mann und nimmt unter Berücksichtigung der verhältnismässig geringen Truppenzahl , welche auch im

ersten

Jahrhundert

für

diese

Grenzländer

nachweisbar

ist ,

eine

durchschnittliche

Besatzungsstärke von 4-5000 Mann an, d. i. eine halbe Legion mit Hülfstruppen. Es würde dies etwa zu den am Rhein vom Bonner Lager an ,

bekannten Garnisonsziffern

stimmen .

Nimmt man doch

z. B.

dass es für eine Legion bestimmt war, und kann sich dabei

1) Vgl. Mitteilungen an die Mitglieder des Vereins für hess. Gesch. u. Landeskunde. S. LXXXIV .

auf

Jahrgang 1 $ 87 ,

2) A. a. O. S. LXXXVII. 3) Nach v. Cohausen , Der r. Grenzwall , S. 107 misst die Saalburg 221,45 m Länge und 147,18 m Breite. Nach dem Grundriss Taf. XIII , Fig. 1 erhalte ich nur 214 : 143 m aussen gemessen. Niederbiber hat nach Taf. XXIX 257,29 : 197,92 m aussen gemessen. Bei der Berechnung des Flächeninhalts sind aber wohl überall die Mauerbreiten abzurechnen.

59

Quellenangaben berufen.¹)

Dasselbe hat aber bei 500 : 500 m nicht ganz

Flächeninhalt unseres Kastells.

Nach von Cohausen's Berechnung ,

den

doppelten

wie er sie z. B. bei der

Saalburg anwendet, 2) würde man auf die doppelte Stärke kommen .

Aber selbst wenn man

die obige Zahl als zu hoch gegriffen betrachtete, so wäre es doch für die Zeit des Bestehens des Pfahlgrabens absolut undenkbar , dass ein so ausgedehntes Kastell , dem dann natürlich noch andere , z . B. in Friedberg ,

entsprochen haben müssten ,

gleichzeitig mit den Limes-

kastellen gebaut wäre , um kaum eine Wegstunde hinter dem Limes in zweiter Linie besetzt zu werden.

Man hat grosse Not, um für die Kastelle und Türme des eigentlichen Limes die

nötige Truppenzahl herauszubringen ; fast alle Berechnungen kommen zu Resultaten , die nicht zu vereinbaren sind mit der geringen Zahl der im 2. Jahrhundert im Grenzland nachweisbaren Truppen.3) Und nun gar eine zweite Linie mit Kastellen von siebenfachem Flächeninhalt ! Man könnte einwenden, dass das Lager in dem Sinn als „ Aufnahmekastell " 4) gebaut. sei , dass es ohne Besatzung als Repli für die Garnisonen am Grenzwall dienen sollte . Gewiss konnte der aufgegebene, aber nicht demolierte Platz unter gewissen Umständen bei einer Forcierung der Grenze zurückweichende Truppen und flüchtende Kolonen aufnehmen. Aber schwerlich würde man ihn an dieser Stelle gleichzeitig mit dem Pfahlgraben gebaut haben. Ob die geringe Entfernung vom Pfahlgraben selbst, wodurch es kommt, dass Kesselstadt mit den Mainkastellen in gleicher Front liegt, es für einen solchen Zweck geeignet machte, wage ich nicht zu entscheiden.

Der Umstand aber, dass man nach Erbauung des Limes die Main-

brücke, welche doch wohl in erster Linie den Zweck hatte , hinter der Grenze den Verkehr der Truppen zu erleichtern , vor das Kastell legte und zwar so ,

dass sie von demselben

durch die oft unpassierbare Niederung der Kinzigmündung und der Krebsbach getrennt war, zeigt deutlich , dass man in dieser Zeit dem Kastell keine Bedeutung mehr beilegte. Gehörte dasselbe zum System des Limes, so musste auch die Brücke die allein zweckmässige und bei den Römern allein übliche Lage hinter dem Kastell , also an der Stelle der Furt , haben.5) Wie gut sich dagegen bei unserer Annahme die Lage unseres Kastells zur Furt einerseits und zur Brücke anderseits

erklärt ,

haben

wir oben gesehen .

Für die Zeit der

ersten

Besitzergreifung, in der noch die 39 natura loci " so wesentlich ins Gewicht fiel bei der Wahl

1 ) Vgl . Das römische Lager in Bonn. Festschrift zu Winkelmann's Geburtstage am 9. Dez. 1888. Herausgegeben vom Vorstande des Vereins von Freunden der Altertumskunde im Rheinlande. Bonn 1888. Besonders S. 7 ff. (General von Veith) und Vorwort (Schaaffhausen) ; dazu auch General Wolf, Wie gross war ein römisches Lager für 2 Legionen ? Bonner Jahrb. LXXXII, 1886, S. 94 ff. , bes. S. 105 mit Anmerkung. 2) Vgl. Grenzwall, S. 109. Dort wird die Kriegsstärke der Saalburg auf 1800 Mann berechnet. 3) Vgl. Mommsen , R. G. V. S. 142 , Aum. 1 und E. Hübner , Römische Herrschaft in Westeuropa , S. 106. 4) Vgl. Kallee , Das rätisch - obergermanische Kriegstheater der Römer. Eine strategische Studie. Stuttgart 1889 , S. 41. Ich komme auf diese für das Verständnis der römischen Militäranlagen in Germanien hochbedeutsame Schrift weiter unten zurück. 5) Dass dies , wenigstens in den beiden ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung , die bei den Römern gebräuchliche Stellung der Kastelle zu den Flussübergängen war, zeigt die lesenswerte Auseinandersetzung Kallee's (Kriegstheater S. 28) über den Unterschied der modernen und der römischen Methode. Damit stimmt überein, was Dahm in der erwähnten Versammlung über diesen Punkt sagte ( Mitteilungen S. LXXXVIII). Die Lage der Grosskrotzenburger Brücke zum Kastell entspricht ganz genau der der Furt zu dem unsrigen.

60

des Ortes für eine Grenzbefestigung , des Kesselstädter Kastells.

hätte man keine bessere Stelle finden können als die

Die rücksichtslose Durchquerung der sumpfigen Niederungen auf

beiden Seiten des Flusses bei der Anlegung der neueren Strasse und der Brücke entspricht dagegen ganz dem Urteil, welches Kallee über den Erbauer des schwäbischen Limes fällt ' ) und welches er ebenso über den des nördlich von Grosskrotzenburg verlaufenden Abschnitts hätte fällen können. Wie die Grösse und Lage so spricht aber endlich auch die Gestalt unseres Kastells und die Beschaffenheit der aufgefundenen Reste für unsere Ansicht. dasselbe

der

genau

quadratische Grundriss

und die

Charakteristisch ist für

sorgfältige Ausführung ,

die

sich

besonders auch in der aussergewöhnlich tiefen Fundierung der Türme und der Anwendung einer trockenen Stickung in den südlichen Teilen der Mauer zeigt. 2) Vollkommen quadratischer Grundriss findet sich bei den benachbarten Limeskastellen nirgends , kommt dagegen öfters bei den älteren Anlagen vor, so beim Bonner Castrum und annähernd auch bei dem zweifellos sehr frühe gebauten Wiesbadener sowie bei dem zur Odenwaldlinie gehörigen Wörther Kastell. )

Mit dem Wiesbadener Kastell hat das unsrige auch die sorgfältige Ausführung

und regelmässige Gruppierung der Türme gemeinsam, von welchen alle sonst vorkommenden Arten vereinigt sind , während bei den Limeskastellen sich meistens nur Thortürme finden. Insbesondere ist dies bei den benachbarten Kastellen zu Marköbel und Rückingen , die bei der Annahme gleichzeitiger Entstehung doch zunächst in Betracht kommen ,

der Fall .

Bei

dem Grosskrotzenburger und Miltenberger Kastell ) erklärt sich die sorgfältigere Ausführung und Ausstattung mit Eck- und Zwischentürmen aus ihrer singulären Lage an den Anschlüssen des Limes an die Mainlinie , bei dem ersteren noch besonders durch sein Verhältnis zur dortigen Mainbrücke . Unter keinen Umständen liesse sich diese Eigentümlichkeit des Kesselstädter Lagers unter Voraussetzung gleicher Bauzeit vereinbaren mit dem Charakter eines Aufnahmekastells olme ständige Besatzung.

1) Vgl . Kriegstheater S. 12. 2) Conrady, sicherlich der kompetenteste Beurteiler der unterscheidenden Merkmale der Kastelle der Odenwald- und der vorderen Limeslinie, hebt (Westdeutsche Zeitschrift III , III , 277) bei Besprechung des Wörther Kastells als wesentlich für die Bauwerke der ersteren ,,die saubere Bearbeitung und Stattlichkeit des Mauerwerks" hervor, die sich besonders auch in der Anwendung eines grösseren und besser behauenen Sandsteins für die Obermauer zeige. Die Beschreibung der von ihm in Wörth gefundenen Bekleidungssteine können wir genau auch auf den einzigen am nordöstlichen Eckturm gefundenen Sandstein anwenden , bei dem auch uns sofort der Unterschied von dem an unseren benachbarten Limeskastellen angewendeten Material auffiel. Wenn Conrady früher die sorgfältigere Arbeit der Odenwaldkastelle auf spätere Erbauung in einer durch die Existenz des äusseren Limes bereits gesicherten Zone zurückzuführen geneigt war (Westd. Zeitschr. III, III, 1884, S. 285 ) , so dürfte er diese Erklärung im Hinblick auf die immer allgemeiner werdende Auffassung der Odenwaldlinie aufgegeben haben. Die sorgfältigere Bauart scheint vielmehr ebenso wie die sorgfältigeren Stempelformen charakteristisch für die ältere Periode der Okkupation zu sein und die nachlässigere Ausführung der eigentlichen Limesbauten mit Kallee durch die Schnelligkeit der Ausführung dieses Werkes erklärt werden zn müssen . 3) Ueber das Kastell Oberflorstadt vgl. F. Kofler, Quartalblätter des Hist. Vereins für das Grossh . Hessen. 1887, Nr. 2, S. 63 ff. 4) Doch betont Conrady selbst (a. a. O. S. 277 ) auch bei diesem Kastell die nachlässigere Ausführung gegenüber ,,der Opulenz der Bauten der Mümmlinglinie. "

61

Eine weitere , höchst auffallende Eigentümlichkeit unseres Castrums war das gänzliche Fehlen gestempelter Ziegel.

Im Rückinger Kastell war , während auch dort die Um-

fassungsmauer fast überall ebenso gründlich wie in Kesselstadt ausgebrochen war, der Boden zwischen den Thortürmen und in ihrer Umgebung von Ziegelstücken bedeckt, welche zeigten , dass die ersteren mit Platt- und Hohlziegeln gedeckt waren . Wäre dasselbe in Kesselstadt der Fall gewesen , so hätte

sich dieses nach

seiner

Zertrümmerung wertlose

Material

unbedingt in den zwei Meter tiefen Schuttmassen der Porta principalis sinistra finden müssen . Sein gänzliches Fehlen lässt vermuten, dass diese Türme eine ungedeckte Plattform zur Aufstellung

schweren Geschützes hatten ,

eine

Annahme

die

mehr für die

Zeit

der

ersten

Eroberung spricht als für die Periode gesicherten Besitzes, wo man sich auch in den Limeskastellen so behaglich als möglich einrichtete.1) bei den Türmen ,

Dass aber an keiner Stelle , weder in und

noch im Kastellgraben mit Ausnahme des südöstlichen Quartiers , in dem

sich auch das älteste Dorf bildete, Brandschutt, Gefässreste, Münzen u. dgl . gefunden wurden , lässt vermuten, dass Kesselstadt nicht wie die meisten Limeskastelle von den Eroberern oder auch den die Grenze räumenden Besitzern zerstört , sondern lange vorher geräumt und ausgeräumt worden ist . Das Fehlen der hinterlassenen

sonst von den Römern

Dokumente

macht

es

auch

an den Stätten ihres Wirkens so reichlich

unmöglich

über

die

beim

Bau beschäftigten

Truppenteile und die Garnison unseres Platzes bestimmte Angaben zu machen . Wenn ich es trotzdem wage, in dieser Hinsicht eine Vermutung auszusprechen , so thue ich dies mit allem Vorbehalt und mit dem Bewusstsein, vielleicht durch spätere Funde eines Irrtums überführt zu werden.

Wir haben bereits früher erwähnt , dass innerhalb der Zone , deren Ein-

verleibung wir in die Zeit der flavischen Kaiser verlegen , bis nach Friedberg die 14. Legion durch Stempel und Inschriften vertreten ist , während die Beweise ihrer Anwesenheit am Limes mit Ausnahme der Saalburg fehlen . Man hat das letztere dadurch erklärt , dass sie zur Zeit seiner Anlegung am Bau der Rheinbrücke beschäftigt gewesen sei, 2) eine Erklärung die ebenso wenig für sich als gegen sich hat , so lange man über

die Bauzeit des Limes

im üblichen Sinn dieses Wortes so wenig weiss , wie es bis jetzt der Fall ist. licher aber ist es anzunehmen ,

Viel natür-

dass die Legion zur Zeit der Anlegung der äusseren und

letzten Grenzlinie nicht mehr in Germanien weilte .

Nun hat man vermutet , dass sie nur

bis zum Jahre 89 n . Chr. in Obergermanien stationiert war,3) während diejenigen , welche ein längeres Verweilen annehmen , auch nicht über das Ende des ersten Jahrhunderts hinaus-

1) Den Mangel an jeglichem gestempelten Ziegelmaterial beim Wörther Kastell bezeichnet Conrady (a. a. O.) wegen der gleichen Beobachtung, die Kapp bei dem nächstliegenden Kastell der Mümmlinglinie gemacht hat , als ,,ctwas Beachtenswertes, Charakteristisches" für die Anlagen der letzteren. Doch muss dabei bemerkt werden, dass sich bei der Porta praetoria dort ,, einzelne Fragmente von Leisten und Hohlziegeln" fanden , die auf ,, einstige Bedachung hinzuweisen schienen " (S. 273). Andererseits aber machte bei einem Eckturm auf Conrady ,,die ganze Substruktion fast den Eindruck eines soliden Mauerklotzes zum Tragen irgend einer schweren Last" (S. 271 ) , was ganz den von uns an den Rück- und Seitenwänden der Türme gemachten Beobachtungen entspricht. 2) Velke in der Schrift : Die 1ömische Rheinbrücke bei Mainz von Baurath Heim und Dr. Velke. Festgabe, der Generalv. des Gesamtvereins d. d . G. u. A. V. zu Mainz am 13. bis 16. Septbr. 1887 dargebracht vom Verein zur Erforschung der rhein. Gesch . u. Altert. Mainz 1887 , S. 217. 3) Vgl. Hammeran im Westdeutschen Korrespondenzblatt, VI, 48 u. VIII, 115.

62

gehen.¹) Bisher war ihre Anwesenheit am Main nur bis Höchst-Nied nachweisbar. Es liess sich daher gegen die Annahme, dass sie in das Land östlich von der Elisabethenstrasse nicht gekommen sei ,

kein positiver Beweisgrund vorbringen.

November v. J. sich herausgestellt hat ,

dass

Anders liegt die

Sache ,

seit im

sie bedeutende Bauten am Frankfurter Dom-

hügel , dicht oberhalb der alten Frankenfurt ausgeführt hat , und zwar , wie der

Beiname

Gemina Martia Victrix zeigt, den die gefundenen Ziegel tragen, in der Zeit nach dem Jahre 70 n . Chr . Hammeran misst ihr infolge dieser Entdeckung die Rolle eines Eclaireurs im Maingebiete " bei . Was ist aber ein Eclaireur , der ansehnliche massive Bauten wie Hammeran

selbst

Befestigung

meint ,

handelt

es

sich auch

am

Domhügel

wahrscheinlich um

eine

ausführt und zugleich eine Legion darstellt , wohl anders als der Eroberer

und Sicherer dieser Gegenden ?

Welche Bedeutung kann

Boden Frankfurts gehabt haben ,

aber

die von derselben Legion ,

eine Militärstation auf dem

welche

rückwärts bei Höchst ,

wo mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Mainübergang angenommen wird , Spuren ihrer Bauthätigkeit hinterlassen hat, in derselben Zeit angelegt wurde, auf die wir bereits vor diesem Funde auch für die Anlage in Kesselstadt gekommen waren ? Sicherlich liegt es da am nächsten ,

anzunehmen ,

dass jene Eclaireurs ,

welche

die Uebergangsstelle an der Nidda-

mündung besetzten und die Bedeutung der Frankenfurt lange vor dem Volke, nach dem sie benannt ist ,

erkannten ,

auch die vorzüglich gelegene Stelle an der Kesselstädter Mainfurt

für das Endkastell der Mainlinie auswählten , kurz dass es die 14. Legion war , welche bei der Eroberung und Sicherung des Maingebiets und der Wetterau eine Hauptrolle spielte und zu der älteren Grenze etwa die Stellung einnahm, wie zum späteren Limes die Legio XXII primigenia pia fidelis . Man hat die Vermutung ausgesprochen , ) dass 1. Jahrhundert vielleicht nicht überdauert habe .

die Niederlassung

am Domhügel das

Das ist , was ihre militärische Bedeutung

betrifft, wohl denkbar und würde , wenn es sich nachweisen liesse , sehr für unsere Annahme sprechen.

Der Main an sich musste

Anlage des Limes und

als Operationslinie einen Teil seiner Bedeutung nach

zahlreicher Strassen in seinem Rücken verlieren.

Es konnten mit

Rücksicht auf die veränderten Verkehrsrichtungen andere Stellen als die natürlichen Furten zu Brückenanlagen gewählt werden . Wie es bei Kesselstadt nachgewiesen ist , s konnte auch die Frankfurter Furt durch

eine Brücke

an der Mainkur

degradiert werden.

Man

muss bei diesen Dingen stets im Auge behalten , dass die in Betracht kommenden Gegenden fast 2 Jahrhunderte von den Römern besetzt

gehalten wurden .

Wie viele Festungen und

Strassen sind seit dem Tode des grossen Kurfürsten entstanden und wieder beseitigt oder

1) Velke a. a. O. S. 214. Duncker nahm in seinem auf der Giessener Philologenversammlung gehaltenen Vortrage im Zusammenhang mit seiner Vermutung über die Lokalität der Schlacht zwischen Norbanus und Antonius. an, dass im Jahre 89 bei Mainz keine steinerne Rheinbrücke existierte, dass also die Bauthätigkeit der 14. Legion in die Zeit nach diesem Jahre fallen müsse. Er lässt sie bis zum Jahre 96 in Obergermanien verweilen. Verhandlungen der 38. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner , v. 30. Sept. 3. Okt. 1885. Leipzig 1886. S. 61. Die neueste Litteratur über die Mainzer Brücke und die bei ihrem Bau beteiligten Truppenkörper ist von E. Hübner, Neueste Studien über den römischen Grenzwall , Bonner Jahrb. LXXXVIII , S. 45 ff. zusammengestellt. Vgl. desselben Verfassers ,,Römische Herrschaft in Westeuropa. 1890. S. 129 ff. 2) Vgl. Hammeran, Westd. Korrespondenzblatt, VIII, Nr. 10, S. 212.

63

doch in ihrer Bedeutung herabgesetzt !

Freilich sind die Verhältnisse in den

ersten Jahr-

hunderten nach Chr. Geb. weit konstanter geblieben als in dem letzten vor unserer Zeit. Kein Regiment - um mich des allerdings nicht ganz zutreffenden Vergleiches eines militärischen Mitarbeiters an der Limesforschung zu bedienen — das ist richtig, hat eine solche Geschichte wie die

22. Legion .

Aber bedeutende Veränderungen

sind in jenen Zeiten,

besonders in der Periode der Besitzergreifung und durch dieselbe vor sich gegangen , welche wir nicht genau ermitteln ,

aus ihren Spuren aber z. T. vermuten können.

Die Zeiten , in

welchen man in der Limeslitteratur so oft der Schlussfolgerung begegnen konnte : „An diesen Orten fanden sich Ziegel der oder jener Legion , also hat dieselbe dort in Garnison gelegen, " ohne dass auch nur die Frage aufgeworfen wurde : Weise vorüber.

wann und wie lange ?

sind glücklicher

Doch kehren wir zu unserem Kesselstädter Kastell zurück : Dass es als Garnisonsort nur vorübergehend bestanden hat und diese Bedeutung zur Zeit des Brückenbaus bei Hanau längst eingebüsst hatte, glaube ich nachgewiesen zu haben .

Das

schliesst

aber nicht aus,

dass man die gut gebauten und ursprünglich auf länger dauernde Benutzung berechneten Werke für den Fall der Not noch längere Zeit bestehen liess, wie denn sicherlich während der Anlage des

Pfahlgrabens und der Erbauung seiner

Befestigungen der Verkehr von den

vorliegenden Teilen aus mit Kesselstadt und durch diesen Ort mit Mainz ein reger war.¹ )

V.

Die Niederlassung auf dem Salisberg.

1. Die Villenanlagen . Wie oben bemerkt wurde, hatten wir gleichzeitig mit den Nachforschungen nach dem Kastell auch auf dem durch die Lacheniederung von diesem und seiner Umgebung getrennten Salisberge die im Jahre 1880 abgebrochenen Ausgrabungen wieder aufgenommen. Damals waren am Südrande dieser flachen Bodenerhebung die Fundamente eines grösseren und eines kleineren Gebäudes sowie einer sie umgebenden Mauer und ausserdem Reste eines südlich davon gelegenen kleineren Bauwerks aufgedeckt worden. 2)

Die Arbeiten hatten an einer

den erstgenannten Gebäudekomplex quer durchschneidenden Ackergrenze (Taf. III, 5 x - y) abgebrochen werden müssen ,

weil der Besitzer des Nachbargrundstücks

Durchgrabung desselben verweigerte.

Der Charakter der

die Erlaubnis zur

ganzen Anlage hatte daher nur

¹) Die Vermutungen von Cohausen's (R. Grenzwall, S. 291 ) über die Verbindung der Kastelle Grosskrotzenburg und Rückingen mit Mainz und dem Hinterland überhaupt entsprechen dem Standpunkt der Forschung am Anfange des letzten Jahrzehnts. Sie sind teilweise schon durch unsere früheren Publikationen , völlig aber durch die Ergebnisse der Kesselstädter Ausgrabungen antiquiert. 2) Vgl. G. v. Roessler , Ausgrabungen am Salisberg , Mitteilungen des Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Nr. 6 , 1880, S. 193 ff. Dazu G. Wolff, a. a. O. S. 198. Ueber frühere Ausgrabungen auf dem Salisberge berichtete Suchier in den Mitteilungen Nr. 5, 1876, S. 219. Sie hatten zu keinen wesentlichen Resultaten geführt. Vgl. zu den folgenden Ausführungen Taf. I, 10, Taf. II u. Taf. III, 5.

64

ungenügend ermittelt werden können.

Die

im Archiv des Geschichtsvereins vorhandenen

Aufnahmen, welche Herr von Rössler s. Z. hergestellt hatte , ermöglichten es uns aber , an der erwähnten Grenze die Enden der damals aufgedeckten Fundamente wieder aufzufinden und so bei den neuen Ausgrabungen unmittelbar

an die Ergebnisse

der früheren

an-

zuknüpfen. Die bereits damals ausgesprochene Vermutung ,

dass die nordwestlich von den auf-

gedeckten Gebäuden aufgefundenen, im rechten Winkel zusammenstossenden 0,65 m starken Mauerstücke (Taf. III, 5 , a, b, e) Teile einer „ Einfriedigung" seien , fanden wir bestätigt. Zu dieser Umfassungsmauer gehört auch ein damals aufgefundenes, aber unerklärt gebliebenes Stück (p), in dessen östlicher Verlängerung wir 55 m entfernt (bei o) deutliche Spuren eines gleichstarken Fundaments fanden. Da auch die östliche Abschlussmauer , zusammenfallend mit der Frontmauer eines grossen Gebäudes (bei 1) gefunden wurde, so stellte sich die ganze Anlage als ein 81 , bzw. 82 m langer und 33, bzw. 25 m breiter Hof dar, in dessen östlichen und nordöstlichen Teil ein aus zwei im rechten Winkel zusammenstossenden Flügeln bestehendes grosses Haus so eingebaut war, dass seine nördliche und östliche Front zugleich die Aussenfront des Gehöftes bildeten . Von diesem Gebäude war der bei weitem am besten erhaltene

Teil

bereits

bei

den früheren

Ausgrabungen

aufgedeckt .

Die

damals

Halt

gebietende Ackergrenze (x-y) war zugleich eine Scheidelinie in Beziehung auf die Erhaltung der Fundamente gewesen.

Während die Besitzer der südwestlich gelegenen Grundstücke an

den dicht unter der Oberfläche liegenden Mauerresten Pflug und Karst verdorben und durch ihre Klagen darüber Veranlassung zu den Nachgrabungen gegeben hatten , waren von den nordöstlichen Anliegern im Laufe der Zeit die Fundamente mit anerkennenswerter, aber von uns bedauerter Gründlichkeit ausgebrochen worden. des nördlichen Hauptflügels noch genau feststellen.

Doch liess sich die Grösse und Gestalt Er bildete ein Rechteck von 36 m Länge

und 13 m Breite (aussen gemessen) und war durch eine 0,60 , bzw. 0,67 m starke

Längs-

mauer in zwei 4,64 und 6 m im Lichten breite Teile geschieden, die wiederum durch Quermauern, deren Vorhandensein an mehreren Stellen noch nachgewiesen werden konnte (z . B. bei g) geteilt waren .

Ueber die Beschaffenheit dieses Hauses gibt

der Bericht vom Jahre

1880 bezüglich des am besten erhaltenen westlichen Teils Auskunft.

Ich gebe die Haupt-

punkte desselben mit Herrn von Rössler's Worten wieder und füge an den betr . Stellen die durch unsere neueren Ausgrabungen gewonnenen Ergänzungen hinzu. In der Nordwestecke des Gebäudes fand sich ein Kellerraum (Taf. III, 5 , II) , 4,64 m im Lichten lang, 3,88 m breit. Seine Mauern sind , soweit sie zugleich Umfassungsmauern des Hauses sind, so stark wie diese, nämlich 0,80 m, soweit sie Scheidemauern sind 0,60 und 0,67 m stark, Der Keller war durch eine 0,64 m breite Treppe oder Rampe (f) zugänglich. Sie liegt zwischen zwei 0,37 m starken, 4,4 m langen Wangenmauern und mündet im Keller in eine nischenartige Erweiterung. Die Sohlen dieser Mauern sind ansteigend angelegt. Beide Mauern waren wohl erhalten und auf den nach dem Zugang gerichteten Flächen noch mit dem Verputz versehen. . . . . Der Treppe oder Rampe gegenüber führte eine 0,64 m breite Thür ins Freie . Neben der Thür war ein Kellerfenster, dessen schräge Laibung und Die Nische, in welche ebenfalls abgeschrägte Sohlbank sich noch zum Teil erhalten hatte . der Zugang mündete, hatte eine Sandsteinschwelle. In diese war an den Wänden entlang eine Rinne eingehauen . An den schmalen Seiten des Kellers ist die Ecke zwischen Wand

65

und Fussboden durch eine Mauerschräge ausgefüllt. Die Kellermauern sind aus Bruchsteinen lagerhaft gemauert und vollkommen fest. Die anschliessenden Fundamente des nicht unterkellerten Gebäudeteils sind wie bei dem Gebäude I und der Einfriedigung aus Beton hergestellt und wie jene

durch Nässe und Frost im Verband gelockert.

Der Keller war mit

Bauschutt angefüllt, der seiner ganzen Schichtung und Beschaffenheit nach von den in sich zusammengestürzten oberen Teilen des Hauses herrührte . Die Sohle des Kellers war bedeckt. von einer gleichmässigen , 0,50 m hohen Schicht grobem Flusskies. gebildet . schicht.

einer

zerkrümelten Masse

aus Mörtel und

Allem Anschein nach hat derselbe einen Bestandteil der Decke des Kellers

Ueber derselben lag eine ebenfalls den ganzen Kellerraum durchziehende BrandAuf diese folgten in buntem Durcheinander : Bruchsteine ,

Backsteinstücke ,

zer-

brochene Platt- und Hohlziegel , zahlreiche zerbrochene Heizkacheln und eine grosse Menge von Mörtelbrocken, die offenbar einen Wand- oder Deckenputz oder beides gebildet hatten . Diese letzteren erweckten ein besonderes Interesse , weil ihre sorgfältig geplätteten Flächen Bestandteile einer reichen Dekorationsmalerei zeigen, deren Farben sich wohl erhalten haben und beim Anfeuchten in ihrer ursprünglichen Frische hervortraten . Mörtelstücke zeigt einen grünlichen ,

Marmor nachahmenden ,

Ein

grosser Teil der

Anstrich mit weissen Linien ;

ebenso häufig kommen Stücke mit farbigen Linien und Ornamentresten auf lichtgelbem Grunde vor, andere endlich zeigen Reste figürlicher Malereien auf himmelblauem oder lichtgrünem Grunde. u. dgl.

Man erkennt Teile von Gesichtern ,

Händen , Armen und Beinen , Gewandpartieen

Die Figuren waren beinahe lebensgross . " Wie diese Architekturreste, so verrieten auch die gefundenen Gebrauchs- und Schmuck-

gegenstände : Stücke von Amphoren, Krügen , Reibschalen , Glasfläschchen und Sigillatagefässen jeder Art , Fensterglas , Fibulae, Instrumente aus Bein, Bronze und Eisen , einen Grad von Wohlstand , wie er nur in der Zeit vollkommen gesicherten Besitzes dieses Grenzlands , im Den damals 2. und im Anfange des 3. Jahrhunderts sich hier entwickeln konnte. gemachten Beobachtungen entsprachen die Ergebnisse unserer neuen Untersuchung in jeder Hinsicht, nur dass in dem diesmal durchsuchten Teil der Ansiedelung infolge der häufigen früheren Durchwühlungen des Bodens entsprechend der grösseren Zerstörung der Fundamente auch die Ausbeute an Antikaglien eine geringere war. Die Wiederaufnahme der Ausgrabungen im Jahre 1887 Erklärung für

die in dem Keller gefundenen Heizkacheln.

brachte nun zunächst die

Unmittelbar an der mehrfach

erwähnten Ackergrenze fanden wir einen mit Brandschutt ausgefüllten Raum (Taf. III, 5 , IV) von gleicher Tiefe wie der Keller, der nach Süden durch die bereits 1880 gefundene Aussenwand des Hauses begrenzt war, während die nördliche Wand in genauer Verlängerung der inneren , südlichen Mauer des Kellers von uns gefunden wurde (bei i).

Die westliche Wand

konnte nicht mehr nachgewiesen werden ; sie lag noch auf dem bereits 1880 untersuchten Gebiet, aber so dicht an der Grenze, dass man ihren Anschluss an die stärkere Aussenmauer damals wohl übersehen hat. Der Besitzer des Ackers mag dann ihre Reste mit den übrigen blosgelegten Stücken vor Ausfüllung der Gruben ausgebrochen haben , wie es mit der östlichen Quermauer auf dem Nachbargrundstück schon lange vorher geschehen war. dürfte wohl in der Verlängerung der in dem nördlichen

Diese letztere

Teile des Gebäudes (bei g) auf-

gefundenen Quermauer zu suchen sein . Wir erhalten dann einen rechteckigen Raum von 6 m Länge und ungefähr 5 in Breite im Lichten , welcher in seinen Dimensionen etwa den

66

aufgedeckten Teilen des von mir im Kastell Marköbel gefundenen Hypokaustums entspricht, während das im Rückinger Kastell aufgedeckte

etwas geringere Ausdehnung hatte.

wir aber den Heizraum eines Hypokaustums vor uns hatten ,

Dass

das liessen trotz gründlicher

Zerstörung die Bestandteile des Bauschutts , besonders die Fragmente der Ziegelsteine , die teils von den bekannten kleinen Pfeilerziegeln , teils von grossen Deckplatten herrührten , ferner zusammengebackene Thonklumpen ,

Schlacken und eine grosse

Menge von Asche,

besonders am östlichen Ende , wo das Schürloch gewesen zu sein scheint , lichkeit erkennen.

mit voller Deut-

Von diesem Hypokaustum aus wurde zweifellos auch der, wie wir sahen,

luxuriös ausgestattete Raum über dem Keller durch die Heizkacheln erwärmt, welche sich in dem letzteren fanden. Etwa 6-7 m östlich von dem Ostrande dieser Vertiefung fand sich eine zweite von gleicher süd-nördlicher Ausdehnung und gleicher Tiefe (Taf. III , 5 , V). Auch hier waren die westliche und östliche Wand leider ebenso vollständig zerstört wie bei dem Hypokaustum. Die Bestandteile des ihn ausfüllenden Bauschutts nötigten zu der Annahme ,

dass hier ein

zweiter Keller sich befunden habe. Eine ganz gleichartige Vertiefung fand sich 5 m südlich vom Südrande der genannten und der sie begrenzenden südlichen Mauer des rechteckigen Gebäudes (Taf. III, 5, m) .

Sie legte ,

wie schon oben angedeutet wurde, die Ver-

mutung nahe, dass an das letztere sich rechtwinkelig ein Flügel nach Süden anschloss, dessen Südwand anch in der Verlängerung der südlichen Hofmauer noch gefunden wurde (Taf. III, 5, 0). Von besonderem Interesse ist auch die Beschaffenheit der Ostfront des ganzen Gebäudes. Ueber dieselbe sprang nämlich an der Nordostecke ein 1,50 m starker Pfeiler vor (Taf. III, 5, h), welchem ein gleicher an der Südostecke (bei n) entsprochen zu haben scheint . Doch war hier das Ende des Fundaments nicht mit derselben Deutlichkeit zu erkennen .

Es scheint also an die Front des Gebäudes nach Osten sich eine schmale über-

deckte Halle Strasse trat.

angelegt zu haben , von welcher man unmittelbar auf die vorüberführende

Dass das stattliche Gebäude das Wohnhaus des Besitzers der ganzen Anlage war, dürfte wohl keinem Zweifel begegnen . Schwieriger ist es sich von den Verhältnissen im westlichen und südlichen Teil des Gehöftes so wollen wir den ummauerten Raum vorläufig nennen eine Vorstellung zu machen. Dort war 1880 in einem lichten Abstand von 22,10 m von der Westfront des Haupthauses, 6 m von der nördlichen, 11 m von der westlichen Umfriedigungsmauer entfernt, ein zweites massives Bauwerk aufgefunden , über welches ich zunächst auch Herrn von Rössler berichten lasse : ¹) Die Länge des Fundaments ist 11,40 m, seine Breite ist 7,40 m, die Mauerstärke 0,95 m. Die Höhe der Fundamentmauern beträgt noch 0,50 m , die Fundamentsohle liegt 0,80 1 m unter Terrainhöhe. Der Verband der Mauern war durch die Einwirkung von Frost und Nässe zerstört , doch lässt sich erkennen , dass sie aus Beton hergestellt waren . In dem von diesen Fundamenten umschlossenen Raume fand sich nach Entfernung der Ackererde die Erde von den Resten einer Betonmasse durchsetzt, welche aus einem Gemisch von Mörtel und grobem Flussgeschiebe besteht. Nach Entfernung derselben fand sich eine Brandschicht. Diese war wie die Betonschicht stark mit Erde durchsetzt und enthielt neben Holzkohle zahlreiche vom Feuer geschwärzte Reste 1) A. a. O. S. 193 ff.

67

von Thonplatten und Backsteinen.

Unter der Brandschicht lag eine zweite Betonschicht von

gleicher Beschaffenheit wie die erste. schicht scheint der

Die zwischen zwei Mörtelschichten liegende

Rest eines Hypokausts

zu sein ,

eine

Vermutung ,

bestätigt, dass sich Stücke von Wandkacheln gefunden haben .

die

sich

Branddadurch

Einige weitere Aufschlüsse

über die ehemalige Konstruktion des Gebäudes lieferten die Bestandteile des ausgegrabenen Bauschutts .

Die Wände scheinen aus Bruchsteinen gemauert gewesen zu sein, da sich zahl-

reiche Basaltbruchsteine , vereinzelt auch Sandsteine mit anhaftendem Mörtel fanden.

Von

dem Bewurf, von welchem diese Wände bezogen waren , dürften die in Menge gefundenen Mörtelbrocken herstammen, deren eine Fläche sorgfältig geglättet, gelb gefärbt und mit roten . 8 Millimeter breiten , rinnenartig in den nassen Putz eingedrückten Linien verziert ist . Diese Linien schneiden sich in rechten Winkeln und scheinen eine Quaderung der Wand gebildet zu haben.

Das Dach endlich war mit Platt- und Hohlziegeln gedeckt, wie zahlreiche Reste

derselben beweisen .

Vereinzelt fanden sich auch Reste von gelochtem Dachschiefer ; derselbe

mag neben den Ziegeln zur Deckung von Kehlen , Anschlüssen oder dgl gedient haben . " Ueber die Konstruktion des ganzen Gebäudes und seine ganzen Anlage äussert sich von Rössler nicht .

im Jahre 1880 die damals gemachten Beobachtungen nicht. aller Reserve

Bedeutung innerhalb der

Für die letztere Frage genügten auch wohl

eine Vermutung aussprechen .

Auch jetzt möchte ich nur mit

Die Lage innerhalb des erheblich breiteren

östlichen Teils des Gehöftes sowie die geringere Qualität der Wandverzierung könnten vielleicht in diesem Bau einen getrennt von dem Herrschaftshaus inmitten des Wirtschaftshofes gelegenen , immerhin noch mit Luftheizungsanlagen versehenen Gesindebau vermuten lassen, an welchen sich an die Umfassungsmauern sich anlehnende , nicht unterkellerte Stallungen, Schuppen und Remisen unschlossen .

An der Westseite der Einfriedigung lässt eine Vorlage (d)

auf hallenartigen Anbau schliessen .

An der Nordfront, dicht neben der breiten Einfahrt, ist.

die Mauer in einer Länge von 5 m auf 1 m verstärkt (e). werk den Thorweg flankiert haben.

Da könnte ein schmales Bau-

Zwischen der Südfront der Umfassungsmauer (p) endlich

und dem massiven Gebäude ist bei 15 m Abstand genügender Raum für Stallungen vorhanden, auf deren Existenz , wie es scheint, dort noch aufgefundenes Pflaster hindeutet. 100 m südlich von der südlichen Umfassungsmauer, 26 m von dem eben beschriebenen . Bauwerk entfernt wurden

im Jahre

1880

die

Fundamente

eines

anderen

rechteckigen

Hauses von 5,23 m Länge und 9,60 m Breite gefunden , die ebenso wie dort aus Beton hergestellt und 0,60-0,70 m stark waren . Die Fundamentsohle lag nach Herrn vonRössler's Beschreibung 1 ) , 0,80 m unter Terrainhöhe, nur an der Südwestecke war sie tiefer angelegt und stieg von dieser Ecke aus nach beiden Seiten an. durch eine schmale thürartige Oeffnung durchbrochen.

Neben der Ecke

war

die Mauer

Vor dieser Oeffnung im Innern des

Hauses lag ein Hypokaustpfeiler aus 4 quadratischen Thonplatten von 201/2 cm Länge und 6 cm Dicke mit 12 cm Fugenstärke gemauert. Es fanden sich Reste von Dachziegeln und spärliche

Reste von bemaltem Bewurf,

ausserdem Klumpen eines aus Mörtel und

gestossenen Ziegelstücken hergestellten Betons , eines Materials , welches bei den Häusern nicht vorkam. "

1) A. a. () . S. 196.

anderen

68

Ich habe bezüglich der im Jahre 1880 aufgedeckten Fundamente

den erfahrenen

Architekten reden lassen , da ich bei den damaligen Arbeiten nur mit Unterbrechung , und nicht in leitender Stellung beteiligt war. jeder Hinsicht bestätigen.

Ich kann aber die angegebenen Thatsachen in

Dass auch das zuletzt genannte kleine Bauwerk der Heizraum

eines grösseren Gebäudes war, dürfte nach den obigen Angaben für einen Kenner römischer Baureste im Grenzlande nicht zweifelhaft sein . Die aus Mörtel und Ziegelstücken bestehenden Betonklumpen fanden sich in ganz gleicher Weise in den von mir als Hypokausträumen bezeichneten Vertiefungen des Hauptgebäudes , aufdeckten.

welches wir bei den letzten Ausgrabungen

Sie stammten von dem über dem Heizraum

befindlichen Fussboden ,

der hier

wie in allen von uns aufgedeckten Hypokausten aus dem unter dem Namen Opus signinum bekannten Estrich bestand, der sich neben einer gröberen, aus grobem Kiesmörtel gebildeten Art auch sonst in römischen Wohnhäusern des Rheinlandes findet. Ob das kleine Gebäude dasselbe sich nach Süden

zu dem beschriebenen Gehöfte

anschliessenden Anlage gehörte ,

letztere Annahme spricht der Umstand ,

dass die

oder

zu einer anderen, an

muss zweifelhaft bleiben.

südliche Umfassungsmauer des

Für

ersteren

gerade gegenüber unserem Bauwerk besonders deutlich erkennbar war (bei p) . Doch würde dies die Möglichkeit nicht ausschliessen , dass es zu dem Gehöfte etwa als Bestandteil eines Bades gehörte, wie solche in ähnlicher Verbindung mit den weit besser erhaltenen Villenresten in Oberschwaben neuerdings Professor Miller nachgewiesen hat. 1) Für einen engen Zusammenhang mit den oben beschriebenen Gebäuden könnte der Umstand sprechen , dass die Mauerfundamente genau parallel ,

bzw. senkrecht zu denjenigen der letzteren ziehen.

Doch würde dies sich auch genügend erklären durch die Beziehung aller aufgefundenen Gebäude zu der an der Ostfront des Haupthauses vorüberführenden Strasse. Dass diese Strasse teils durch die an einzelnen Stellen noch feststehende unterste Packung der Fahrbahn ,

teils durch die vom Pfluge zerrissene Kieslage sich nicht nur vor

der Ostfront unseres Gehöftes, sondern auch weit über dasselbe hinaus nach N.W. und S.0 . , in letzterer Richtung bis an die Abdachung nach der Kinzig und Krebsbach deutlich verfolgen liess , war ein umso erfreulicheres Ergebnis unserer Ausgrabungen, da die Eintragung der gefundenen Reste in die Katasterkarten und nach diesen in die Generalstabskarte bald erkennen liess , dass sie genau in der Verlängerung des bei Wilhelmsbad und am Bäumelswege aufgefundenen östlichen Strassenarms lagen ; und in derselben Linie lag ein Teil des im Jahre 1880 nahe dem Felsenkeller aufgefundenen und in die vergrösserte Flurkarte eingetragenen blieben.

Reste von Pflaster und Schotterung (Taf. II , 22), welche damals ohne Erklärung

Umso dankenswerter war die Gewissenhaftigkeit , mit der auch diese scheinbar

belanglosen Beobachtungen eingetragen waren . Der durch die Kieslage bezeichnete Streifen wurde gegenüber dem oben beschriebenen Hauptgebäude an seiner östlichen Seite durch eine

Reihe von Fundamentresten begrenzt ,

1) Prof. Dr. Konrad Miller, Reste aus römischer Zeit in Oberschwaben. Programm des Kgl . Realgymnasiums zu Stuttgart. 1889. Die dort mitgeteilten Grundrisse bieten manche auffallende Analogien zu den unsrigen, so die Trapezform der ummauerten Höfe und die genaue Orientierung der Gebäude nach den senkrecht aufeinanderstossenden Umfassungsmauern. vgl. besonders die Grundrisse der Villen von Messkirch und Pforzheim S. 28 , von Kirchheim S. 30, von Osterstetten S. 31 .

69

welche in einer jener Front

genau parallelen Richtung

zogen .

Eine Anzahl

von recht-

winkelig sich schneidenden Versuchsgräben liess erkennen , dass sich dort mit längerer Front ein zweites grosses Gebäude (Taf. III , Fig. 5, VII) hinter welchem sich ebenfalls scheint.

an die Strasse

angelegt hatte,

ein grösserer Hof mit Nebengebäuden befunden

zu haben

Doch war hier die Zerstörung aller Fundamente eine noch gründlichere als bei den

östlichen Teilen des zuerst gefundenen Gehöftes .

Nur aus metertiefen Schuttgruben und aus-

gefüllten Fundamentgräben liessen sich Schlussfolgerungen auf das ehemalige Vorhandensein von Kellern oder Hypokausten , sowie Aussen- und Innenmauern ziehen . Ein bestimmter Grundriss war nicht zu gewinnen, nur die West- und Nordflucht des Hauptgebäudes konnte parallel und senkrecht zu der Richtung der Strasse mit genügender Sicherheit festgestellt werden. Die Breite der Strasse zwischen den deutlich erkennbaren Resten der Westfront des Hauptgebäudes (Taf. III , 5 , q, r, s) und den Pfeilervorsprüngen des zuerst beschriebenen Wohnhauses

(Taf. III ,

5,

h) betrug 12 m.

Nehmen wir vor dem

Hause

einen gleich

schmalen Vorplatz wie dort an , so bleibt für die eigentliche Strasse genau dieselbe Breite , die wir bei den Durchschnitten bei Wilhelmsbad und in der Verlängerung des Bäumelsweges fanden .

Die Gebäude und ihre Gehöfte sind in ihrer Lage und Gestalt durch die

bereits

bestehende Strasse bestimmt , demnach jünger als die letztere und , was übrigens von vornherein als Kastell.

selbstverständlich zu betrachten ist ,

erheblich jünger

als

das

Kesselstädter

2. Die militärische Station .

Ueber den nichtmilitärischen Charakter der beschriebenen Anlagen kann heute noch weniger als zur Zeit ihrer ersten Auffindung ein Zweifel bestehen.

Dass in den Schutt-

massen der Gebäude ebenso wie an zwei anderen Stellen des Salisberges sich neben zahlreichen ungestempelten Ziegeln auch einige unbedeutende Fragmente gestempelter Platten gefunden haben ,

würde ,

nachgewiesen wäre ,

selbst wenn ihre ursprüngliche Zugehörigkeit zu jenen Gebäuden

was keineswegs der Fall ist , ¹ ) kein Beweis für das Gegenteil sein.2 )

Wohl aber spricht das Vorkommen jener Stempel dafür , dass irgendwo auf dem Salisberg einmal Militärbauten irgend welcher Art ausgeführt wurden . )

Dies würde man aber auch

ohne jene Funde nach der Auffindung der Mainbrücke annehmen müssen , da die letztere wohl unzweifelhaft an beiden Ufern durch je eine kleine Militärstation gedeckt war. Dass wir die Reste auf der Mainspitze mit Duncker in diesem Sinne erklären, wenn wir sie auch nicht gleich ihm auf die Furt

beziehen ,

ist oben erwähnt . )

Die rechtsmainische Station

1) Vgl. Suchier's Bericht im Anhang. 2) Vgl. meine Bemerkungen über diesen Punkt in den Mitteil . des Han. Bezirksvereins, 1880, Nr. 6, S. 200, wo aber Zeile 1 der sinnstörende Schreibfehler ,, ersteren " in ,,letzteren " zu verändern ist. 3) Dies habe ich übereinstimmend mit Suchier bereits in der Festschrift über Grosskrotzenburg zur XXXI. Generalversammlung des Gesamtvereins, 1882 , S. 59 ausgesprochen. Vgl. Suchier in derselben Festschrift , S. 26. 4) Vgl . oben S. 26.

70

aber konnte nicht in dem Sumpfterrain zwischen der Kinzigmündung (Taf. II , 28 - 29) , welches von der Strasse sicherlich vermittelst eines mit Durchlässen versehenen Dammes überschritten wurde , liegen , sondern fand ihre einzig zweckmässige Stätte oberhalb der Hochwassergrenze, auf dem Salisberge, auf welchem auch Suchier, als die Nachforschungen nach dem dort angenommenen Kastell erfolglos geblieben waren, eine die Mainfurt deckende „ Station für Kavallerie" olme Wälle und Gräben vermutete.¹) an mehreren

Stellen gefundene

Pflaster hin.

Dagegen

Mit Recht wies er auf das

dürften die

,,langen Mauern , Pferdeknochen und eisernen Geräte für Pferde "

ebenfalls erwähnten

in unserer obigen Dar-

stellung eine einfachere Erklärung finden . Denn ausgedehntes Pflaster mit Spuren leichter Mauern fand sich nördlich von den Gehöften dicht am Felsenkeller, neben den damals ebenfalls gefundenen , aber noch nicht erkannten Resten der Strassenschotterung.2)

Dort , auf

der Höhe des Hügels , wo man auch heute von der Gallerie des Felsenkellers die schönste Aussicht auf die Stadt Hanau einerseits und das Mainknie mit der Fundstelle der Brücke andererseits hat ,

war der geeignetste Platz für die Wachtstation .

Besprechung der den Salisberg kreuzenden Strassen sehen , diese Stelle spricht.

Wir

werden

bei

dass auch deren Richtung

der für

Was nun die Zeit betrifft, in welcher wir eine militärische Station auf dem Salisberg annehmen, so leuchtet es ein, dass dieselbe gleichzeitig mit dem Bau und dem Bestehen der Brücke anzusetzen ist .

Sie war demnach jünger als das Kastell Kesselstadt , aber älter als

die Villenanlagen und bestand gleichzeitig mit dem wetterauischen Pfahlgraben ,

dessen

wichtigste Parallelstrasse die ehemalige Grenzstrasse mit ihrer Mainbrücke wurde. Zu dieser Annahme

stimmen

nun

aber

die Ziegelfunde

Leg. XXII pr. p. f. und der Coh. I Civ . Rom. Grenzwall zu sprechen , ist überflüssig. behandelt in meiner Schrift über

aufs

beste.

Sie tragen die

Stempel der

Von den Beziehungen der 22. Legion zum

Die Schicksale der

Cohorte habe ich eingehend

das Grosskrotzenburger Kastell. )

Ich habe dort nach-

gewiesen, dass diese Cohorte um das Jahr 200 n. Chr. gemeinsam mit der Col. IV Vindelicorum in Grosskrotzenburg Bauten ausführte und mit derselben unter einem Kommandanten stand, der seinen Sitz in dem genannten Kastell batte.

Im Zusammenhang damit habe ich

schon damals die Vermutung ausgesprochen, dass die „ teilweise in Grosskrotzenburg teilweise in Seligenstadt garnisonierende ,

mit

einer Reiterabteilung versehene Cohorte zugleich zur

Deckung und Beobachtung der hinter dem Limes sich hinziehenden Mainlinie Kleinkrotzenburg- Hainstadt- Steinheim- Salisberg verwendet wurde. " 4)

Es leuchtet ein , dass diese Ver-

mutung eine bedeutende Stütze gewinnt an den Ergebnissen unserer neuesten Ausgrabungen,

1) Vgl. Festschrift zur XXXI. Generalversammlung des Gesamtvereins, S. 26. 2) Vgl . Rössler, Mitt. des Han. Bezirksvereins , Nr. 6 , 197. Die Stellen sind genau eingetragen in der oben erwähnten von Rössler hergestellten Originalaufnahme der Ausgrabungen vom Jahre 1880. Die Arbeiten sind damals ohne bestimmtes Ergebnis abgebrochen worden. Ich war bei ihrer Leitung nicht beteiligt, erinnere mich aber deutlich , dass an dieser Stelle auf und in dem Pflaster, welches dort ganz den Eindruck des Fussbodens eines Stalles machte, sich neben Gefässtrümmern u. dgl. auch mehrere einfache Bronzefibeln , wie sie zur Befestigung der Soldatenmäntel benutzt wurden, fanden.

3) Vgl. Festschrift, S. 50-70.

4) S. 59.

71

29. welche die Fiktion eines Kastells auf dem Salisberge ein für allemal beseitigt , dagegen die

DES Existenz einer älteren Grenzstrasse , die später als Parallelstrasse hinter dem Limes sicherlich mit kleinen Militärposten besetzt

war , 1)

ebenso wie

die

einer Mainbrücke bewiesen

haben. Sollte sich die Angabe , dass die im Schloss zu Erbach befindliche Ziegelplatte mit dem Stempel der 1. Cohorte von dem benachbarten Eulbach, einem Kastell der rückwärtigen Odenwaldlinie stamme , ) bestätigen , so würde dies ein neuer , gewichtiger Beweis für die Richtigkeit der Annahme sein, dass die Reiter der „ Cohors equitata " zur Zeit der Existenz des wetterauischen Limes den Etappendienst auf der Parallelstrasse von Grosskrotzenburg ab- und aufwärts versahen,

3.

Verbindungsstrassen nach den Kastellen Kesselstadt und Rückingen .

Dafür, dass die auf dem Salisberge anzunehmende Militärstation sich an der von mir oben bezeichneten Stelle

befand ,

sprechen auch folgende Umstände .

Abgesehen von dem

erwähnten ausgedehnten Pflaster am Felsenkeller waren im Jahre 1880 auch südlich und östlich von jener Stelle Reste von Hof- und Strassenschotterung gefunden und aufgenommen worden, die nicht sämtlich in die später festgestellte Strassenlinie fielen . Zu ihrer Erklärung dürften folgende Thatsachen dienen .

Verlängert man die Mittellinie des Kastells über die

Porta praetoria hinaus, so führt diese Verlängerung dicht nördlich von der Nordostecke an dem oben beschriebenen Gehöfte vorüber und schneidet die

süd - nördliche Strasse da , wo

östlich an ihr die von uns mit der Militärstation in Verbindung gebrachten Mauerreste mit Pflaster sich fanden. Aber auch westlich der Strasse sind Fundstellen von Pflaster oder Schotterung eingetragen und zwar so , dass sie in jene Mittellinie fallen (Taf. II , 22) .

Das

letztere ist auch der Fall bei einer Reihe von Fundstellen , die sich von jenem Kreuzungspunkte an dem vom erstrecken

(Taf. II,

Felsenkeller zum Wiesengrunde 23) .

An

hinabführenden

erwähnten Gräber (Taf. II, 25) , und nordöstlich von ihnen Jahre 1845 beim Bahnbau aufgedeckten Reste . Mittellinie führt aber dicht

Feldwege

demselben Wege fand ich nahe unserer

Linie

entlang

die oben

liegt die Fundstätte

der im

Die weitere nordöstliche Verlängerung der

an der alten Hanauer Kinzigbrücke ,

die Altstadt berührend

(Taf. I , 18) , wiederum an einer Fundstelle vorüber (Taf. I, 24) ) und erreicht , immer sich nahe dem östlichen, erhöhten Kinzigufer haltend, und hier genau der Richtung der noch von Napoleon benutzten alten Leipzig-Frankfurter Strasse folgend ,

die nördlichste Ausbiegung

der Kinzig da, wo auch der Endpunkt der von uns 1880 aufgefundenen römischen Wasser-

1) Dass die alte Grenze nach der Evakuierung ihrer Kastelle nicht ganz ohne militärische Deckung blieb, versteht sich, wenn man ihre Benutzung als Militärstrasse annimmt, von selbst. Ich komme auf diesen Punkt im letzten Abschnitt zurück. 2) Vgl. Suchier im Anhang unter II. 3) Vgl . Suchier in der Festschrift des Vereins für hess. Gesch. u. Landeskunde zur XXXI . Generalvers. des Gesv. 1882. S. 9.

72

leitung (Taf. I, 21) ¹ ) zu suchen ist. Kinzig herum nach S.O.

Dass aber von hier aus um das Inundationsgebiet der

ein römischer Weg in der

Richtung der heutigen „ Aepfelallee "

führte , habe ich an anderer Stelle teils aus den noch aufgefundenen Resten dieses Weges selbst am Durchschnittspunkt mit dem ehemaligen „ Milchpfad " , dessen Richtung heute der neue Weg nach Rückingen folgt , teils aus den dicht an dieser Stelle früher gefundenen Gräbern (Taf. I, 22) nachgewiesen 2) Wir hatten früher angenommen ,

dass der

die Kinzigniederung umgehende Weg von

Kesselstadt, bzw. Salisberg, nach Rückingen genau dem heutigen Verbindungswege zwischen dem Dorfe und der Hanau-Frankfurter Strasse, bzw. der Altstadt Hanau entsprochen habe , welcher, gewöhnlich „ Salisweg " genannt, auf der Flurkarte als der

Tiefe Weg " und jenseits

der Felsenkeller als „ Sailochsweg" bezeichnet ist (Taf. II). Die Lage des Kastells schien diese Annahme zunächst zu bestätigen. Denn der Tiefe Weg" behält zunächst vor der Porta praetoria auf eine Strecke von 70 m die Richtung der Mittellinie bei. Dann biegt er nach N. ab und zieht an den Fundstätten der oben beschriebenen Fundamente (Taf. II , 20 und 21 ) vorüber.

Aber gerade diese Fundamente machten

99 Tiefe Weg" auch hier noch auf dem römischen Wege liegt.

es sehr zweifelhaft ,

dass der

Denn sie gehörten zweifellos zu

Bauwerken, die sich nach S. bis zum Rande der Niederung erstreckten, so dass das östliche (a. a. O. 21 ) zum Teil vom „ Tiefen Wege " bedeckt ist.3) Denken wir uns in dieser Richtung Gebäude etwa von der Grösse der auf dem Salisberge aufgedeckten , so würden dieselben mit ihrer südlichen Front senkrecht auf die von uns oben angenommene Strasse stossen , zu dieser also in derselben Beziehung stehen wie die auf dem Salisberge zu der südnördlichen Militärstrasse.

Dass sich in der angegebenen Richtung, südlich von den östlichen Funda-

menten (Taf. II , 21) , vom „ Tiefen Wege " bis zur Niederung noch Spuren von Mauerwerk zu finden scheinen, ist oben gezeigt worden. ) Beachtenswert ist aber auch, dass noch über das Knie, welches der Tiefe Weg" östlich der Porta praetoria bildet , hinaus auf eine Strecke von 60 m die Grenzlinie zwischen den Flurstücken Hinter'm Hause " und „ Der kleine Hopfengarten" genau der Richtung der Mittellinie , also der von uns angenommenen Strasse folgt.

Dass diese sich nicht auf der Höhe hielt, sondern in ihrem weiteren Verlaufe die den

Ueberschwemmungen Taf. II

der

Kinzig

öfters

ausgesetzten

Saliswiesen "

(auf der

Flurkarte

Sailochswiesen ") durchschnitt , kann uns nach den bei der süd-nördlichen Strasse

gemachten Beobachtungen in unserer Ansicht nicht mehr irre machen, umso weniger, da, wie den älteren Bewohnern Kesselstadts noch wohl bekannt ist und von dem verstorbenen Vorstandsmitglied des Hanauer Vereins, Herrn Eduard Rössler mir oft bestätigt wurde, der alte Hauptweg von der Altstadt Hanau und ihrer Kinzigbrücke nach Kesselstadt durch das Mühlloch" (vulgo

Milch " ) führte, um das Dorf in seinem südlichsten Teile , da wo jetzt die

Philippsruher Allee an der Walz'schen Villa vorüber führt, zu erreichen. ) Er folgte also der

1) Vgl. Mitteilungen des Han. Bezirksvereins, Nr. 6, 1880, S. 198 ff. 2) Vgl . Mitteilungen des Han . Bezirksvereins , Nr. 5 , 1876, S. 203 ff. und Mitteilungen des Vereins für hess. Gesch. u. Landeskunde. Jahrg. 1881 , III u. IV Vierteljahrsheft, S. XXXIII .

3) Vgl . oben S. 14. 4) A. a. O. 5) Vgl. oben S. 33.

73

er Richtung unserer Römerstrasse ,

nur dass er kurz vor dem Ziel noch weiter in die Tiefe

abbog, um den, wie schon die Lage der Kirche zeigt , wichtigsten Teil des mittelalterlichen Kesselstadt am Mainufer zu gewinnen. Als die Neustadt Hanau mit Kesselstadt und Schloss Philippsruhe durch eine Chaussee und die neue Kinzigbrücke wurde aufgegeben.

verbunden wurde ,

verlor der

alte Weg seine Bedeutung und

Für den Verkehr mit der Altstadt zog man umso mehr den Nebenweg

vor , welcher noch jetzt als Salisweg erhalten ist , da derselbe sich überall über der Hochwassergrenze hält. Wir finden also im vollkommenen Widerspruch zu früheren Annahmen, dass, wenn auch der eigentliche Anbau , falls nicht militärische Gründe wie bei der Brücke auf der Steinheimer Mainspitze massgebend waren ,

sich den Niederungen an der Kinzig-

mündung fern gehalten zu haben scheint , man diese ,

wo

es galt , die Strassen auf dem

kürzesten Wege zu führen , fast weniger mied als in neuerer Zeit . weniger Grund dazu.

Und man hatte auch

Denn wenn schon infolge der Anlegung von Strassen und Bahndämmen ,

sowie der Stromregulierung die Ueberschwemmungen des Mains und besonders der Kinzig innerhalb der letzten Jahrzehnte an Umfang und Gefährlichkeit zugenommen haben , so ist dies aus anderen Gründen in noch höherem Grade gegenüber der römischen und mittelalterlichen Zeit der Fall.

Denn wenn unsere oben begründete Annahme richtig ist ,

dass

ein

Hauptarm der Kinzig unmittelbar oberhalb der römischen Mainbrücke mündete, ¹) so war der der heutigen

krummen Kinzig" entsprechende Arm

reich als heute .

Nur so erklärt es sich auch ,

zweifellos bedeutend weniger wasser-

dass man die im Jahre 1845 aufgedeckten

Gräber (Taf. II, 24) so tief, dicht am Rande der heute bei jedem Hochwasser überschwemmten Wiesen angelegt hatte . In Grosskrotzenburg zweigten in einer gewissen Entfernung vom Kastell von der geradlinig zur Porta decumana führenden Strasse sowohl nach N. als nach S. ab, welche um die Ecken des Kastells herum diese Strasse verbanden .

zwei Arme

auch mit den Prinzipalthoren

Es liegt nahe, dieselbe Einrichtung bei unserem Kastell auch bei der durch die

Porta praetoria hinausführenden Strasse anzunehmen , sei es schon in der Zeit , als dieselbe noch aus dem Grenzkastell ins Feindesland führte oder in der späteren , wo sie das erstere

1) Bei dieser Gelegenheit möge folgende Ergänzung und Berichtigung zu dem früher (S. 22 ff. ) über diesen Punkt Gesagten Platz finden . Erst nach dem Druck der genannten Stelle machte mich Dr. Suchier darauf aufmerksam, dass der Name ,,Kinzigthor, " bzw. ,,Kintzthor" für das südliche Thor der Altstadt Hanau erst seit dem 17. Jahrhundert vorkommt. Im 15. Jahrhundert wird es ,,Diederichs-Pforte, " ,,porta quae ducit versus Kyntzdorff " oder einfach ,, die porten" genannt , im Jahre 1532 die ,,Kinstroffer pfortten". Noch im Jahre 1679 kommt der Ausdruck ,, an der Küntzdorffer Pforten" vor ; im Jahre 1685 heisst es dagegen ,, am Küntzthor" und 1692 : „,an dem sogenannten Küntzthor." Das Thor scheint demnach den Namen erst im 17. Jahrhundert erhalten zu haben, als mit dem Eingehen des ,,Kinzdorfs" und der Entstehung der Neustadt vor dem Thor die alte Bezeichnung keinen Sinn mehr hatte. Die Annahme eines vor diesem Thore vorbei fliessenden Kinzigarms wird , da sie sich in erster Linie nicht auf jene Bezeichnung, sondern auf thatsächliche Angaben ( vgl. S. 22, N. 2) und auf Karten aus dem 17. Jahrhundert (S. 23, N. 2 u. 3), besonders aber auf gewichtige innere Gründe stützt , durch diese Thatsache in keiner Weise widerlegt. Der Ausdruck ,,juxta fossata et portam" aber, der in Beziehung auf einen in der Nähe des Thores gelegenen Garten in einer Urkunde vom Jahre 1479 gebraucht wird, kommt umso weniger in Betracht, da, wie ich schon oben S. 23, N. 1 bemerkte, in der Nähe des Thores der die Altstadt im W. begrenzende Graben vom Kinzigarm abzweigte.

74

mit der neuen Grenze verband.

Nun fanden sich bei der Eintragung der Funde in die Flur-

karte aber auch Anhaltspunkte für die Bestimmung der Lage sinistra führenden Strassenarms.

eines

zur

Porta principalis

Die Fundstelle der Gräber auf dem Hopfengarten (Taf. II,

19) sprach an sich dafür, dass an ihnen ein Weg vorübergeführt habe. Dass sich gepflasterte Stellen zwischen den Gräbern fanden , deren Bedeutung wir bei der Auffindung noch nicht zu bestimmen vermochten, ist früher bemerkt worden , ebenso dass die rechteckigen Mäuerchen, welche die am besten erhaltenen Gräber noch umgaben, eine genau übereinstimmende Richtung nach O.N.O. hatten. in die Flurkarte

ergab aber ,

Die Eintragung einer dieser Richtung entsprechenden Linie dass

dieselbe

einerseits nach dem Durchschuittspunkt

der

beiden Strassen nördlich der Gehöfte auf dem Salisberge und andererseits nach der Nordecke des Kastells führte. Hob

Nun war uns bei den Arbeiten am Kastell die Mitteilung gemacht worden, dass dicht

westlich von der Nordecke auf einem an der Kastanienallee gelegenen Acker ( Taf. II , 32) Mauerwerk liege .

Die Stelle war insofern sehr auffallend ,

als sie nicht in der Flucht der

Kastellfront, sondern da lag , wo man den äusseren Graben annehmen musste.

Eine Nach-

grabung ergab denn auch bald, dass es sich nicht um Mauerwerk sondern um eine horizontale Lage faustgrosser und kleinerer Mainkiesel handele, welche ohne Verband neben und übereinander lagen und daher leicht entfernt werden konnten.

Der Dank des Besitzers für diese

Entfernung schien auch der einzige Lohn der Arbeit zu sein. uns die Erscheinung nicht zu erklären.

Denn zunächst wussten wir

Von der Anlage der Kastanienallee

konnten die

Steine nicht herrühren ; denn dieselbe hat keine aus solchem Material gebildete Packlage. Dagegen entsprach dasselbe ganz den unteren Lagen der beim Kastell Rückingen und anderwärts gefundenen Kieswege. Gegen die Annahme, dass wir den erhaltenen Teil eines Weges vor uns hätten ,

sprach aber

erklärt sich leicht ,

sowohl die Beschaffenheit als

wenn wir annehmen ,

äusseren Kastellgraben entlang führte.

dass die

die Lage der Stelle.

Strasse wenige

Beides

Schritte nördlich am

An Stelle derselben mochte lange Zeit ein Feldweg

oder eine Trift liegen, bis die Ausdehnung des Dorfes und der gesteigerte Wert der Grundstücke zur Bearbeitung der früher brach liegenden Stellen einlud. Strassenkörper entfernen .

Was lag näher ,

nicht ganz ausgefüllten Graben zu werfen ? dass

auch eine andere Erklärung

Steinlage nicht ausgeschlossen ist .

Dann musste man den

als ihn in den dicht daneben liegenden ,

noch

Doch will ich nicht zu bemerken unterlassen,

der Erscheinung und ein weit späterer Ursprung der Besondere Beachtung verdient aber noch der Umstand ,

dass die von mir angenommene Strassenlinie die Lache gerade an der Stelle schneidet , wo sie , von beiden Seiten sich zu einer schmalen Rinne verengend , auch heute vom Salisweg vermöge eines steinernen Brückchens überschritten wird.

Diese Verengerung dauert nach S.

fort bis über die Stelle hinaus, wo der südliche Strassenarm die Lache überschritten haben muss. Wish 107

202 al font seth douh such elching total ghidar way too wie hod 15 2 20 . someh edith of ois les sondeised of tale daming to ate astutes et habit and Jorded in regin deur sumed Jate showering OTH1 pat mov obimatu decis of om onsgate dif pada abassegada sob osont sob o malo roger d

75

VI . Das Grenzland zwischen Kesselstadt und dem Pfahlgraben. Zum Verständnis der Bedeutung unserer Kesselstädter Funde dürfte es nicht unwesentlich sein , die bis jetzt ermittelten Reste römischen Anbaus in der Zone zwischen der von mir angenommenen älteren und der durch die früheren Arbeiten des Hanauer Vereins nachgewiesenen späteren Grenzlinie etwas näher ins Auge zu fassen.

Wir folgen dabei zunächst

dem von der Porta praetoria nach Rückingen führenden Wege bis zu der Stelle, wo wir ihn am Kreuzungspunkte mit der neuen Strasse Hanau-Rückingen verlassen haben (Taf. I, 21 ) . Dieselbe ist leicht aufzufinden durch den Stein , welcher die Stellung des österreich-bairischen Centrums in der Schlacht bei Hanau gegen den auf der Leipziger Strasse anrückenden Napoleon bezeichnet , und durch das dicht dabei auf der anderen Seite des Weges stehende Denkmal zur Erinnerung an dasselbe Ereignis . Südlich von dieser Stelle

stösst auf die „ Aepfelallee " die Verlängerung der vor der

Porta decumana des Rückinger Kastells nachgewiesenen Strasse , ¹) die wir schon bei ihrer Auffindung als den Verbindungsweg dieses Kastells mit der wichtigen Stelle an der Kinzigmündung bezeichnen konnten. 2 ) den genannten

Mussten wir aber damals annehmen , dass diese Strasse an

Gräbern im rechten Winkel nach N.W. abgebrochen sei , um die Kinzig-

niederung zu umgehen, so drängt sich nach unseren neuesten Ausgrabungen der Gedanke an eine andere Möglichkeit auf. Die südwestliche Verlängerung der bei Rückingen nachgewiesenen Strasse

über jenen Punkt an der Aepfelallee hinaus trifft

die Kinzig bei der

Herrenmühle, oberhalb deren wir die Abzweigung eines südlichen Mündungsarms der Kinzig vermuten , den Main aber am Endpunkt der Brücke Strasse .

und

der zu ihr führenden nördlichen

Nehmen wir an, dieses Zusammentreffen sei nicht zufällig, so hätten wir auch hier

einen älteren Strassenarm , welcher vom Kesselstädter Kastell aus ursprünglich der Richtung eines alten germanischen Verkehrsweges am rechten Ufer der Kinzig aufwärts wie die spätere Leipzig - Frankfurter Strasse,

zunächst am Puppenwäldchen

folgen

und ,

entlang nach

Rückingen führen mochte , wo später das bekannte Pfahlgrabenkastell angelegt wurde. Nach Erbauung der Mainbrücke könnte man dann die letztere ohne Rücksicht auf das Kesselstädter Kastell durch eine

direkte Strasse mit Rückingen verbunden haben ,

welche

mit derselben Rücksichtslosigkeit die Kinzigniederung durchschnitt , wie dies bezüglich der nördlichen Strasse oben nachgewiesen ist.

Das an der Aepfelallee aufgefundene Stück würde

dann die Verbindung der beiden Strassenarme darstellen .

Doch betone ich ausdrücklich,

dass ich alle diese Ausführungen als rein hypothetisch aufgefasst wissen möchte und deshalb die fraglichen Strassenrichtungen auf den Karten auch nur durch punktierte Linien angedeutet habe.

Sie sollen Fingerzeige für die weiteren Nachforschungen geben, welche meine Hanauer

Freunde auf den von uns geschaffenen Grundlagen hoffentlich mit gutem Erfolge aufnehmen werden .

1) Wolff-Dahm , Der römische Grenzwall bei Hanau. 2) A. a. O. S. 46.

S. 47 u. 62.

76

Ausser den an den Strassen von Kesselstadt nach N.W. und nach Rückingen nachgewiesenen Resten hatten sich bis vor Jahresfrist nur sehr unbedeutende Spuren römischen Anbaus in dem entlegenen Teile des römischen Reiches zwischen der älteren Grenze dem Pfahlgraben gefunden . beschränkten

sie

sich ,

und

Südlich der unteren Kinzig fehlten sie ganz ; nördlich derselben

abgesehen

von

den hinter

den

Kastellen

zu Grosskrotzenburg,

Rückingen und Marköbel nachgewiesenen bürgerlichen Niederlassungen auf 4 Stellen : Am südlichen Ende des „ Köbler Waldes" waren im Jahre 1858 von dem damaligen Hauptmann Duncker beim Anlegen von Schiessständen (Taf. I, 25) Antikaglien gefunden , welche nach den im Hanauer Museum befindlichen Stücken und nach persönlichen Mitteilungen , die mir der alte Herr bei Gelegenheit der Versammlung des Hessischen Geschichtsvereins im Jahre 1887 in Schlüchtern machte, den sicheren Schluss auf das einstige Vorhandensein einer ländlichen

Ansiedelung

an dieser

Stelle gestatteten. ¹)

nötigten unbedeutende Gefässreste ,

Zu einer ähnlichen

Schlussfolgerung

die sich auf einem Acker nördlich von Bruchköbel ,

Wege nach Niederissigheim fanden (Taf. I, 33) .

am

Dass endlich an Stelle der frühmittelalter-

lichen Burg westlich vom Kinzigheimer Hof (Taf. I, 26) sich bereits in römischer Zeit eine römische Niederlassung irgend welcher Art befunden habe , war aus der Auffindung eines Ziegels mit dem Stempel der Leg. XXII pr . p f. bestritten worden. ) im

Jahre 1881

geschlossen ,

aber von anderer

Seite

Die erstere Annahme erhielt dadurch eine erhebliche Stütze , dass wir

im südwestlichsten

Teile

von

Mittelbuchen eine römische

Wasserleitung

fanden, welche genau in der Richtung auf jene Stelle verlief, in deren unmittelbarer Nähe auch bereits früher beim Trainieren Thonröhren von derselben Beschaffenheit wie die jetzt ausgegrabenen gefunden waren . ")

Die Quelle dieser Leitung war

ebenso

wie für die im

Jahre 1880 nördlich von Hanau an der krummen Kinzig aufgefundene am südlichen Abhang der nördlich von Wachenbuchen und Mittelbuchen befindlichen Anhöhe zu suchen , auf deren Kamm die

hohe Strasse " von Heddernheim über Bergen nach Marköbel führt , und deren

Wasserreichtum auch die Grafen von Hanau veranlasst hat, ihr Schloss in Hanau durch eine Leitung von dort mit Wasser zu versehen. In wie ausgiebigem Masse aber die dortigen Quellen von den Römern benutzt worden sind, sollten wir erst im Herbst und Winter 1888 erfahren .

In diesem Jahre fand die Zu-

sammenlegung der Grundstücke in der Gemeinde Mittelbuchen statt, und bei dieser Gelegenheit wurden zur Ableitung und besseren Verteilung des an manchen Stellen im Ueberfluss vorhandenen Wassers zahlreiche tiefe Gräben gezogen , römischen Wasserleitungen , führten, Veranlassung gaben.

z. T.

welche zur Auffindung von 3 neuen

mit Resten der Ansiedelungen ,

zu welchen sie

einst

Der Aufmerksamkeit der die Arbeiten leitenden Herren Re-

gierungsrath Wesener und Vermessungsrevisor Jakob verdanke ich es , dass ich stets recht-

1) Vgl. Hammeran, Urgeschichte von Frankfurt a. M. und der Taunusgegend, S. 42. 2 ) Vgl. Wolff, Römische Wasserleitungen in der Umgebung von Hanau. vereins. 1880. Nr. 6, S. 204 u. 5.

Mitteilungen des Hanauer Bezirks-

3) A. a. O. Ich habe dort die bis dahin gefundenen Röhren nebst Schlammkasten genau beschrieben und in Abbildung ( Fig . 3 ) wieder gegeben, auch ihren römischen Ursprung durch die Vergleichung mit den an anderen Orten, besonders in Wiesbaden gefundenen Exemplaren sowie durch Hinweisung auf die Vorschriften Vitruvs bewiesen. Ich kann mich daher im Folgenden auf diesen Aufsatz beziehen.

77

zeitig benachrichtigt und in die Lage versetzt wurde ,

]

Richtung und Beschaffenheit der

Leitungen sowie den Charakter der übrigen Fundstätten festzustellen und die Fundstücke für das Hanauer Museum zu erwerben. Die erste Leitung wurde etwa 1000 Schritte nordwestlich vom Kinzigheimer Hof durch einen südnördlichen Entwässerungsgraben geschnitten (Taf. I , 27) .

Als mir der mit der

Arbeit beauftragte Unternehmer eine der Röhren in meine Wohnung brachte und die Fundstätte beschrieb, musste ich zuerst annehmen , man habe die früher erwähnte Leitung nach der alten

Burg" (Taf I, 26) wieder aufgefunden. Eine Besichtigung der Fundstelle ergab jedoch ,

dass dies nicht der Fall sei. Die Richtung der Leitung konnte von uns teils dadurch, dass in beiden Seitenböschungen des Grabens, im spitzen Winkel gegen diese gerichtet , noch Röhren steckten, teils durch einen südlich der Fundstätte gegen die Richtung der Leitung gezogenen Versuchsgraben sofort festgestellt werden . der

Sie führte zwischen dem Kinzigheimer Hof und

Burg" , wo ebenso wie weiter südlich mehrfach geradlinig Stücke von Feldwegen genau

in ihre Richtung fallen ,

auf die Fundstätte im Köbeler Walde ,

eine Beziehung zu derselben zweifellos schien .

und zwar so genau , dass

Wir hatten später Gelegenheit, dadurch , dass

die Leitung durch einen westöstlichen Quergraben am südlichen Ende der

Grossen Wiese "

genau an der von uns vorher bestimmten Stelle geschnitten wurde , unsere Annahme ,

dass

sie auf grosse Strecken geradlinig verlaufe, bestätigt zu finden . Ihre Verlängerung aufwärts führte in nordwestlicher Richtung über die Kirche des Dorfes in ein Wiesenthälchen nördlich des letzteren und am Ende desselben zu der Stelle unterhalb der Hochstrasse , die mir durch den Namen Haideborn " längst aufgefallen war. Bei der erwähnten Nachgrabung hatten wir das Glück, gerade auf einen der Schlammkasten zu stossen, welche bei solchen römischen Thonröhrenleitungen in gewissen Abständen zum Zweck der Reinigung angebracht waren und sich in ganz gleicher Grösse und Form wie hier auch

bei

gefunden haben.

der

Hanauer

und

einer

beim

Kastell

Marköbel

aufgedeckten

Leitung

Er war hier in eine starke Packung von Basalthausteinen gebettet ,

sich in gleicher Höhe mit seiner Oberfläche auch an der westlichen Seite der Leitung einer Breite von etwa 0,50 m fand ,

was die Vermutung nahe legte ,

die in

dass die Leitung von

einem von der Hochstrasse zu der Ansiedelung und vielleicht weiter zu dem Wege an der krummen Kinzig führenden schmalen Pfade begleitet war. Diese Vermutung gewann an Wahrscheinlichkeit , als bei der Anlegung eines neuen Grabens südöstlich vom Dorfe Mittelbuchen (Taf. I, 28) ,

nur 70-80 m westlich von der

Stelle, wo die Wasserleitung, wenn sie konsequent geradlinig verlief, die Strasse nach Bruchköbel schneiden musste, sich erhebliche Reste römischen Anbaus fanden . 90 m südlich vom Rande der heutigen Strasse durchschnitt nämlich der erwähnte gegen sie senkrecht von S. nach N.

gerichtete

Fundamente , deren

Graben 3 je 0,90 m starke ,

3,40 m und 7 m von

einander

Sohle 1 m unter dem heutigen Niveau lag , während

entfernte

0,50 m unter

demselben der ursprüngliche Bauhorizont zwischen den beiden nördlichen Mauern durch ein Pflaster , zwischen den beiden

anderen

bestehenden Estrichs angedeutet wurde. hohe Lage von Brandschutt bis zur

durch Reste eines aus Ziegelstücken und Mörtel Ueber diesem Boden war noch eine etwa 0,20 m

Ackerkrume

erkennbar.

geschwärzter Erde aus Scherben römischer Gefässe von

Dieselbe

Thon und Glas ,

bestand ausser Mörtelbrocken ,

78

Steinen , Fragmenten von Hohl- und Flachziegeln ,

einem sehr gut erhaltenen Schlüssel und

mehreren auf dem Pflaster aufliegenden flachen Hufeisen . Dass hier zwei kleine Räume eines Gebäudes, von welchen der eine ein Stall gewesen zu sein scheint , durchschnitten waren, konnte nicht zweifelhaft sein. Dass dasselbe römischen Ursprungs war, wurde abgesehen von den auf seinem Boden gemachten Funden dadurch bewiesen, dass derselbe Graben 12 m südlich von der südlichen Mauer eine Begräbnisstätte durchschnitt, von welcher mehrere der bekannten kleinen Thonkrüge und Lampen unzerstört erhalten waren und erworben wurden .

Die ganze Situation

erklärt sich am

einfachsten,

wenn wir annehmen , dass die Trümmer von einer ländlichen Ansiedelung stammen , die sich hier nach Osten bis

zu dem die Wasserleitung

begleitenden Wege ausdehnte .

letztere nicht etwa durch einen Seitenzweig auch jene Ansiedelung versorgte ,

Dass

die

wurde bald

dadurch bewiesen, dass eine neue, direkt von N.W. her auf diese zuführende Leitung durch einen westlich von dem ersterwähnten angelegten Entwässerungsgraben geschnitten wurde. Dieselbe dürfte

ein Seitenstrang der im Jahre 1881

gefundenen Röhrenleitung sein ,

der sich etwa da ,

im südwestlichsten Teile des Dorfes

wo dieselbe die von Wachenbuchen ins

Dorf führende Landstrasse schneidet, von ihr abgezweigt haben müsste. Dass sie nicht etwa identisch mit der am Kinzigheimer Hof gefundenen Leitung ist, die dann, nachdem sie an der beschriebenen Ansiedelung einen Teil ihres Wassers abgegeben hatte , im stumpfen Winkel nach S.S.O. geführt wäre , geht daraus hervor , dass sich in dem genannten Entwässerungsgraben weder an dem Gehöfte

denn als solches müssen wir die Niederlassung ansehen

noch südlich davon die geringsten Spuren einer Verbindung beider Linien fanden . ¹) Die Quelle der zuerst gefundenen Leitung ist vielmehr zweifellos an der oben bezeichneten Stelle am „ Haideborn " zu suchen .

Dort sollten ,

wie

mir von Ortsinsassen gesagt wurde,

ebenso wie auf der Höhe nordwestlich vom Dorfe, wo Flurstücke die bezeichnenden Namen ,, Wiesbornsfeld “ und „ Hellebornsfeld " (westlich vom Haidebornsfeld) führen, noch alte „ Bornkammern" sich befinden , die seit unvordenklicher Zeit nicht mehr benutzt worden seien. Für den Haideborn konnte ich mich von der Richtigkeit hintersten Winkel des , Bornthals" liegt unterhalb der

dieser Angabe überzeugen.

Hohen Strasse"

auf der Generalstabskarte als „Haideborn " bezeichnet ist (Taf. I, 29) ,

Im

an der Stelle , die eine alte , in Form

eines in seinem Inneren 4,45 m langen , 2,25 m breiten und 1,80 m hohen Tonnengewölbes aus Basaltsteinen mit Mörtel aufgemauerte Brunnenkammer , der heute nur noch ein ganz unbedeutendes Wasserrinnchen entsickert. Die Brunnenkammer ist offenbar seit sehr langer Zeit aufgegeben, das Wasser mag sich z. T. einen anderen Weg gesucht haben.

Dass von

hier einst die zuerst gefundene Röhrenleitung geführt war, lässt deren Richtung als zweifel-

1 ) Dagegen wäre es, wenn auch nicht wahrscheinlich , so doch immerhin möglich , dass die im Westen des Dorfes gefundene Leitung an der Stelle , an der wir eine Abzweigung annehmen , sich ganz nach Osten gewendet hätte. Man müsste dann annehmen, dass die Angaben bezüglich der früher an der Burg beim Kinzigheimer Hof gefundenen Röhren ungenau gewesen seien. Nimmt man ihre Fundstätte 200 m von der Burg entfernt nach dem heutigen Hof hin an , so könnten sie die Fortsetzung der nach der Ansiedelung im Köbeler Wald führenden Leitung gewesen sein. Ueber die Verwendung der von uns als Schlammkasten" bezeichneten Sandsteine , wenn es sich um die Ueberführung einer Röhrenleitung in eine andere Richtung oder auch um eine Abzweigung handelte, vgl. man Vitruvius de architectura, lib. VIII, c. VII, § 8 und Wolff, Römische Wasserleitungen , a. a. O. S. 218 ff.

1

79

los erscheinen.

Bei Nachgrabungen in dem vom „ Haideborn " nach dem Ostende von Mittel-

buchen führenden Wiesenthälchen werden sicherlich die Röhren wieder aufgefunden werden . Meine Absicht, die Nachforschungen an dieser Stelle sowohl als auch an der oben erwähnten Fundstätte römischer Gebäudereste im Frühjahr 1889 aufzunehmen, ist durch meinen Abgang von Hanau vorläufig vereitelt worden .

Ich unterlasse es daher ,

bereits hier eine genauere

Beschreibung des interessanten Bauwerks zu geben und die Ergebnisse der Messungen mitzuteilen , die ich im Dezember 1888 mit meinen Freunden , Gymnasialdirektor Dr. Braun und Gymnasiallehrer Schmitz vorgenommen habe, und begnüge mich mit diesen vorläufigen Notizen, welche genügen dürften , die Eintragung der Fundstätten auf unserer Karte (Taf. I) zu erläutern und Fingerzeige für weitere Nachforschungen zu geben. Dass für jede der Röhrenleitungen, deren geringe lichte Weite von 5-6 cm dies an sich wahrscheinlich macht , nur eine Ansiedelung , bzw. ein Brunnen , als Zielpunkt anzunehmen ist ,

dafür fanden wir noch in demselben Winter einen weiteren Beleg.

Auch von

der Strasse Wachenbuchen-Mittelbuchen aus wurden Entwässerungsgräben in süd -nördlicher Richtung gegen die Anhöhe gezogen, von der ein vorspringender Teil hier auf der Karte den Namen „ Lützel Berg" führt . Grenze ihrer Feldfluren,

Etwa in der Mitte

zwischen

beiden Dörfern ,

dicht an der

fand sich in einem der Gräben 500 m nördlich von

der Strasse

wiederum eine Röhrenleitung , die in west- östlicher Richtung verlief, so dass ihre Quelle auf der Höhe nördlich von Wachenbuchen an der von uns nachgewiesenen römischen Strasse zu suchen war. Ihr Ziel schien mir anfangs die Ansiedelung am Südostrande von Mittelbuchen. zu sein.

Doch ergab die Untersuchung des nächsten Grabens nach Osten , dass dieser nicht

mehr von der Leitung durchkreuzt war , dass vielmehr dicht an ihm das Ende derselben zu suchen sei.

Genau in der östlichen Verlängerung der Leitung nämlich fand sich (Taf. I, 32)

etwa 0,50 m unter der Oberfläche eine

Schotterung mit

darüber liegender Schuttschicht ,

und einige Meter südlich von dieser Stelle hatten die Arbeiter gerade eine in Form einer Urne aus weissem Sandstein gearbeitete römische Grabciste mit viereckiger Deckelplatte aus demselben Material ausgegraben .

Von dem Inhalt war das Lämpchen und ein Teil eines

zerbrochenen Glasfläschchens erhalten ; Asche und Knochenreste waren vor unserer Ankunft zerstreut, doch konnten wir sie an der Fundstelle noch erkennen .

Das Grab , an welches

sich rechts und links vom Graben andere angeschlossen haben dürften , zeigt dieselbe Lage zu der gepflasterten Stelle, wie es bei der zuerst beschriebenen Ansiedelung (Taf. I , 28) der Fall war. Hier wie dort haben wir ein einzelnes Gehöfte mit seiner Gräberstätte und der zu ihm führenden Wasserleitung anzunehmen . kleine Strecke verfolgen ,

Auch hier liessen wir die

Röhrenleitung

eine

um ihre Richtung genau festzustellen und zugleich auch von ihr

einige Röhren für das Museum zu erwerben.

Da wollte es ein glücklicher Zufall , dass wir

kaum 1 m von der Grabenböschung entfernt wieder auf einen den früher gefundenen ganz gleichen Schlammkasten " trafen , einverleiben konnten.

den

wir

als

viertes

Exemplar

dem Vereinsmuseum

Ueberblicken wir nun diese neuesten Römerfunde in der Umgebung Hanaus noch einmal, so lassen sie die eine Thatsache als zweifellos erkennen , dass auch dieses entlegenste Grenzland von römischen Provinzialen weit dichter bevölkert war als man seither annehmen. konnte.

Insbesondere scheint dies für die südliche Abdachung der von der Niddamündung

nach N.O. als Wasserscheide zwischen diesem Fluss und dem Main nebst Kinzig ziehenden

08 Anhöhe zu gelten, auf deren Kamm die „ Hohe Strasse" verläuft .

Es scheint diese Anhöhe ,

wie vereinzelte Funde bei Bruchköbel und Hochstadt , zahlreichere bei Frankfurt beweisen, an ihrem Abhang und am Fusse, wo die Abschwemmungen von der Höhe herab den Boden seit der römischen Zeit um 12 Meter erhöht haben, von einer ununterbrochenen Reihe ländlicher Kolonenniederlassungen begleitet gewesen zu sein ,

an welchen vorüber

Querwege die „ Hohe Strasse " mit der nach Rückingen führenden haben dürften.

Militärstrasse

zahlreiche verbunden

Die Auffindung solcher Ansiedelungen ist , da die starke Humusdecke seit

Jahrhunderten alle Reste verbirgt , wie bei dieser Gelegenheit nur vom Zufall zu erwarten. Nachdem derselbe aber bei dem früher scheinbar so urgermanischen Dorfe Mittelbuchen so deutliche Fingerzeige gegeben hat, dürfte sich hier dem Hananer Verein auch Gelegenheit zu planmässiger Nachforschung bieten , welche an mehr als einer Stelle ( Taf. I , 28 u. 32), wie

die

bisherigen

Proben zeigen ,

auch

reiche Ausbeute für

das

Museum

zu liefern

versprechen.

VII.

Die Ergebnisse der Ausgrabungen im Lichte der neuesten Limesforschung. Der Inhalt des folgenden Abschnitts hatte ursprünglich zum grössten Teil in der Einleitung seine Stelle gefunden .

Er sollte für die aus den Ergebnissen der Arbeiten gezogenen

Schlüsse die allgemeine wissenschaftliche Grundlage bieten.

Da mir aber gerade , als der

Druck der Arbeit beginnen sollte, bekannt wurde , dass Professor Hübner im Begriffe sei, eine neue Folge seiner „ Studien über den römischen Grenzwall" in den Bonner Jahrbüchern erscheinen zu lassen , so schien es mir wünschenswert , diese Ausführungen in ein Schlusskapitel zu verlegen , um die Ergebnisse jener Arbeit noch für meine Publikation verwerten zu können.

Dass mir dies möglich geworden ist , verdanke ich dem Entgegenkommen des

genannten Forschers, welcher mir zu diesem Zweck die Korrekturbogen seiner Arbeit zur Verfügung stellte.

Ebenso erhielt ich die neuesten Limesstudien " Dr. Hammeran's durch

die Gefälligkeit des Verfassers noch vor der Ausgabe des betreffenden Bandes der Westdeutschen Zeitschrift ,

meines

Ausgrabungsberichts .

Das letztere gilt auch von E. Hübner's soeben erschienenen Buche

aber

nach

dem Beginn

des Druckes

Römische Herrschaft

in Westeuropa " und einigen kleineren Aufsätzen, die aber erst in den letzten Wochen veröffentlicht worden sind. Wollte ich dieses Material noch nachträglich verwenden , so waren einzelne Wiederholungen und Zurückweisungen auf frühere Ausführungen kaum zu vermeiden. Ich bitte dieselben daher durch die Rücksicht auf die erfreuliche Fruchtbarkeit der letzten Monate in Beziehung auf das in Betracht kommende Gebiet der Limesforschung

zu ent-

schuldigen. Als ich im Jahre 1884 die oben dargelegten Vermutungen in Beziehung auf die Wetterau aussprach ,

lag der Gedanke an eine progressive Eroberung des rechtsrheinischen

Germanien mit allmählicher Vorschiebung der befestigten Grenzlinien so zu sagen in der Luft. Während bis dahin massgebende Forscher, wie von Cohausen und Conrady , die

81

Odenwaldlinie als eine rückwärtige Verstärkung der Mainlinie und des schwäbischen Limes betrachteten und ihre Ansicht teils auf ihre Beobachtungen bei den Ausgrabungen , teils auf strategische Erwägungen stützten , ¹) hatte im Jahre 1883 Zange meister die Vermutung ausgesprochen ,2) dass im Zusammenhang mit der Anlegung der rätischen Grenzwehr unter Domitian auch Obergermanien zunächst

durch die Kastelllinie

am Neckar und

auf dem

Kamm des Odenwaldes gesichert worden sei, während der geradlinige Limes von Pfahlbronn bis Miltenberg infolge späterer Vorschiebung der Grenze als eine nicht durch strategische Rücksichten bedingte Demarkationslinie

angelegt sei.

Diese Auffassung des Verhältnisses

der äusseren Grenzlinie zur inneren stimmte so vollkommen mit der Ueberzeugung überein, die ich durch längere und sorgfältige Beobachtung des wetterauischen Pfahlgrabens , dessen Gleichartigkeit und Gleichzeitigkeit mit dem schwäbischen Limes ich schon früher hervorgehoben habe , mir gebildet hatte , dass ich mich durch sie nur ermutigt fühlen konnte , auf dem betretenen Wege weiter zu gehen. Eine erwünschte Grundlage

erhielt meine Hypothese durch den kurzen

reichen Aufsatz Asbachs , ) der einige Wochen früher, als Asbach erschienen , mir aber damals noch unbekannt war.

aber inhalt-

ich dieselbe aufstellte, sprach zum ersten Mal

mit aller Bestimmtheit die Ansicht aus , dass das Vorland der obergermanischen Provinz " und besonders auch das Gebiet zwischen Main und Taunus bis zur Wetterau durch Domitian's Chattenkrieg zum römischen Reiche gezogen und

nicht viel später " durch „ Herstellung einer

festen Grenze " gesichert wurde.4) Wie er sich diese Grenzanlage dachte , geht aus den Worten des Textes nicht vollkommen klar hervor.5) Doch erkennt man aus der Vergleichung mit anderen Stellen , besonders in den Anmerkungen, dass Asbach den wetterauischen Pfahlgraben als die erste und einzige Grenzlinie ansieht , die nach dem Aufstande des Antonius im Jahre 89

begonnen," ") bzw.

bis zur Wetter und Lahn weitergeführt wurde. " 7)

Man

sieht : Asbach vermochte ebenso wenig wie alle früheren Forscher die Frage nach der Entstehungszeit des wetterauischen Pfahlgrabens von der nach der ersten Eroberung der Wetterau zu trennen .

1) Vgl. v. Cohausen , Der römische Grenzwall , S. 351 , 5. Conrady besonders Westd . Zeitschr. III , 1884 , III , S. 285 ff. Auf die von beiden für ihre Ansicht vorgebrachten Gründe komme ich später zurück . 2) Vgl. Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschr. II, 1883 , Nr. 140. 3) Vgl . Julius Asbach, Die Kaiser Domitian und Trajan am Rhein.

Westdeutsche Zeitschrift , III , 1884 , I,

S. 1 ff.

4) A. a. O. S. 7 u. 11. 5) S. 7 sagt Asbach : In einer Länge von 120 römischen Meilen deckte es (das Grenzwerk), in fast gerader Richtung verlaufend , das Gebiet zwischen Kinzig , Rhein und Donau. Die 120 Millien Frontins auf irgend eine vom Rhein über die untere Kinzig bis zur Donau sich erstreckende Grenze anzuwenden , ist unmöglich . Dass sie nicht einmal für den wetterauischen Limes vom Main bis zum Rhein ausreichen , ist anderwärts gezeigt worden. Vgl. A. Duncker, Geschichte der Chatten, herausgegeben von G. Wolff , S. 103 mit Anm. *. Auf einen späteren Aufsatz Asbach's komme ich weiter unten zurück. 6) A. a. () . Anm . 21 , S. 21 . 7) A. a. O. S. 16.

82

Wenige Monate nach dem erwähnten Aufsatze erschien der längst erwartete 5. Band von Theodor Mommsen's römischer Geschichte , in welchem der berühmte Forscher die Bedeutung des

Domitianischen Chattenkrieges für

stimmend mit Asbach darstellte.¹)

die

Eroberung

der Wetterau überein-

Von ganz besonderer Bedeutung für unsere Frage aber

ist es , dass Mommsen ganz entschieden für die Priorität der Neckar- und Mümmlinglinie 2) und für eine wenigstens teilweise Evakuierung der letzteren nach Anlegung des „ äusseren Limes " 3) eintritt.

Das untere Mainthal, abgesehen von dem Gebiet der Mattiaker , welches

seit Drusus Zeit in römischem Besitze blieb, wurde nach Mommsen durch Domitian's Chattenkrieg im Jahre 83 militärisch bis oberhalb Friedberg ins römische Gebiet hineingezogen.¹ ) Am Taunus wurde bereits

damals

eine

Grenzlinie

eingerichtet ,

auf welche

Mommsen

die 120 Millien des Frontinus bezieht, 5) während er die 80 Leugen des Veroneser Provinzialverzeichnisses auf eine Erstreckung landeinwärts bezogen wissen will und durch die Vermutung erklärt, dass auch ausserhalb der militärischen Grenze eine Anzahl ‫ י‬von den Chatten abgesprengter Völkerschaften vom römischen Reiche abhängig geworden seien . " ) Ueber die Entstehungsgeschichte des eigentlichen Limes lehnt Mommsen abgesehen von den erwähnten Vermutungen nähere Angaben ab.

Doch geht aus seinen Ausführungen hervor, dass er eine

allmähliche Herstellung des Grenzschutzes unter verschiedenen Kaisern für wahrscheinlich hält. )

Dass

damit

die Annahme einer Vorschiebung und Zurückziehung der

Grenze an

einzelnen Strecken sich sehr wohl vereinbaren lässt, ist klar. Dass aber Mommsen auch bei vorläufiger Besitzergreifung neuer Gebietsteile Grenzanlagen in der von mir nördlich von Kesselstadt angenommenen Weise voraussetzt, geht sowohl aus seinen Bemerkungen über die erste Besetzung des Neckargebietes ) als auch aus seiner Erklärung des Wortes „ limes " in seiner ursprünglichen Bedeutung als Grenzstrasse ) hervor. Das Jahr 1885 war überhaupt ungemein fruchtbar in Beziehung auf die Limeslitteratur. Von besonderem

Werte waren zwei

Arbeiten ,

welche gleichzeitig und unabhängig von

einander den Zweck verfolgten, den damaligen Stand der Limesforschung durch Zusammenstellung und Sichtung der überaus weitschichtigen neueren stand

darzulegen,

und

welche

diesen

Zweck

in

Litteratur über diesen Gegen-

vorzüglicher

Weise

erfüllt haben. 10)

1) Vgl. R. G. V, S. 136 ff. 2) A. a. O. S. 138 ff., bes. 140, Anm . 1 . 3 ) A. a. O. S. 142, Anm . 1 u. 143. 4) A. a. O. S. 136, Anm. 1 . 5) Vgl. R. G. V, 136, Anm. 1 . 6) Vgl. R. G. V, 137 , Anm. 2.

7) Vgl . R. G. V, 140 u. 141 . 8) Vgl. R. G. V, 138. 9) Vgl. R. G. V, 111 , Anm. 1 . 10) Auf sie verweise ich bezüglich derjenigen Publikationen , welche die oben erwähnte Frage berühren , zur Lösung unserer Aufgabe aber nicht in so naher Beziehung stehen, dass eine eingehendere Besprechung ihrer Ergebnisse hier angezeigt wäre.

83 nd In beiden ist , wie das dem Charakter einer orientierenden Uebersicht entspricht , die neu Während aber aufgeworfene Frage mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt worden. H. Haupt sich der älteren, durch von Cohausen und Conrady vertretenen Ansicht zuneigt, ¹) hält es E. Hübner wegen des "9 evidenten Zusammenhangs der oberen Neckarlinie mit der Mümmlingslinie "

und

der

ersteren

mit

den

in

Vespasians

Befestigungen von Rottweil und Rottenburg für naheliegend,

Zeit

angelegten

grossen

den Zeitpunkt der Anlage der

arae Flaviae (Rottweil) für den des Ursprungs der ganzen Anlage anzusehen und die Limeslinie als den Erfolg der später weiter nach Osten vorgeschobenen Occupation " 2) Den gleichen Zweck, eine orientierende Uebersicht über das allzu reich anschwellende Material zu bieten , verfolgte Albert Duncker mit dem Vortrag, welchen er wenige Monate vor seinem allzu frühen Tode auf der Giessener Philologenversammlung hielt.3)

Er hatte

Haupt's Arbeit noch benutzt, während er der Hübner'schen nur in den bei der Fertigstellung für den Druck angebrachten Anmerkungen nachträglich Erwähnung thun konnte.

Duncker

stellte sich bezüglich des Verhältnisses der Neckar - Odenwaldlinie zum schwäbischen Pfahlgraben ganz auf den Standpunkt Zangemeister's und Mommsen's . Er betrachtet den letzteren

"7 eine

und ebenso auch den Limes Raeticus

als

erfolgte Vorschiebung

Sicherung

und

stärkere

allgemeine und wohl ziemlich der Grenze ,

ohne

dass

gleichzeitig

dadurch

die Be .

festigungen der alten Reichsgrenzstrasse, die alten limites überflüssig geworden wären , wenn man auch ihre Kastelle in

friedlichen Zeiten

nur schwach besetzt hielt. 4)

Duncker in Beziehung auf den Limes Raeticus annimmt,

Wenn ferner

dass am Ende des 1. Jahrhunderts

noch gar keine Grenzmauer , sondern der Limes nur in einer Grenzstrasse bestand " 5) und bei der Betrachtung der Main- Neckarlinie vermutet, 99 dass die Form des Grenzschutzes durch einzelne Kastelle mit einer verbindenden Strasse ebenso wie nördlich des Mains , so auch in Süddeutschland die ursprüngliche war , ") so

stimmt diese Vermutung vollkommen mit dem

Grundgedanken überein, von dem ich bei der Aufstellung meiner Hypothese bezüglich einer älteren Grenzlinie Hanau-Friedberg ausging.

Aber nicht hier suchte Duncker die ältere

Strassengrenze, auf welche er Frontin's Angabe bezüglich der 120 römischen Meilen bezieht, sondern

er betrachtet

diese

gleich Mommsen

als

identisch

mit

einem

„ nicht mehr

zu

1) Dr. Hermann Haupt, Der römische Grenzwall in Deutschland nach neueren Forschungen. Würzburg 1885 , S. 37 ff. , besonders S. 39. Wenn aber Haupt S. 42 die Ansicht ausspricht , dass die hinter dem rätischen Limes verlaufende Kastelllinie mit ihrer Strasse ,,nicht mit Rücksicht auf die Teufelsmauer angelegt , sondern einige Zeit vor ihr hergestellt wurde ," so entwickelt er für diese Linie dieselbe Ansicht einer progressiven Grenzanlage , die für unseren Abschnitt auf die Annahme der Priorität der Neckar-Mümmlinglinie führt. 2) E. Hübner, Neue Studien über den römischen Grenzwall in Deutschland. Besonderer Abdruck aus den Jahrb. des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland. Heft LXXX, S. 50 (28 ) ff. , bes. S. 52. Vgl. die neuen Schriften desselben Verfassers ,,Römische Herrschaft in Westeuropa ," 1890 , S. 94 und ,,Neueste Studien über den römischen Grenzwall i. D. " i. d. Jahrb. des V. v. Alttsfr. i . Rheinl. LXXXVIII, 1890 , S. 29. 3) Ueber den gegenwärtigen Stand der Limesforschung , Verhandlungen der 38. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Giessen. Vom 30. September bis 3. Oktober 1885. S. 42 ff. 4) A. a. O. S. 51.

5) A. a. O. S. 46. 6) A. a. O. S. 51.

84

bestimmenden

Teile des Limes zwischen Rhein und Main und nimmt an,

ihrer Vollendung um den vierten Teil , also

auf 237 Kilometer

dass sie noch vor

so lang ist nach v. Co-

hausen's Berechnung der Limes von Rheinbrohl bis Grosskrotzenburg

erweitert wurde. " 1)

Diese Vermutung hat Duncker fast mit denselben Worten in einem hinterlassenen Manuskript, dem Anfange einer hessischen Geschichte, ausgesprochen , welches ich unter dem Titel einer „Geschichte der Chatten " herausgegeben habe.2 )

Ich habe bereits dort jene Annahme als

unhaltbar bezeichnet 3 ) und die Ueberzeugung ausgesprochen, dass der Freund , wenn er die Ergebnisse der Ausgrabungen bei Kesselstadt und insbesondere die Auffindung des von ihm bezweifelten Kastells erlebt hätte ,

freudig mit mir die bei

seiner Grundanschauung not-

wendigen Konsequenzen gezogen und dadurch für die 120 Millien , durch Domitian's Chattenkrieg bedingte

Grenzerweiterung

wenn sie denn auf die

im Main-

und

Taunusgebiete

bezogen werden sollen , eine passendere Stelle und eine weniger gezwungene Erklärung gefunden haben würde.4) Schon bevor die erwähnten Arbeiten Duncker's erschienen, hatte sich Suchier 5) entschieden für meine Annahme einer älteren Grenze von Hanau nordwärts ausgesprochen , zu welcher er die Fundstätten auf der Mainspitze und auf dem Salisberge als „ Stationen" in Beziehung brachte.

Zugleich liessen seine Ausführungen über die

erstere Stelle und die

südlich von ihr gefundenen Gräber keinen Zweifel mehr aufkommen ,

dass auch er die An-

nahme einer insularen Lage jener Gebäude als ausgeschlossen ansah. In demselben Jahre 1885 erschien im Beiblatt der Allgemeinen Zeitung ein mit E. K. (General

Kallee)

Eroberung und

gezeichneter

Aufsatz ,

in

Sicherung des germanischen

welchem

der

Grenzlandes

militärischen Standpunkte aus begründet wurde. ")

Gedanke

ausführlich

einer

progressiven

erörtert

und

vom

Auf den Verlauf meiner Ausgrabungen

hatte dieses Feuilleton, da ich erst später Kenntnis von ihm erhielt, keinen Einfluss, und da der Inhalt desselben in erweiterter Gestalt in einer nach des Verfassers Tode herausgegebenen hochinteressanten Arbeit 7) enthalten ist ,

so ziehe ich es vor auf diese etwas näher einzu-

1) A. a. O. S. 58. 2) In der Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. 3) A. a. O. S. 103 Anm . **.

N. F.

Bd . XIII , S. 1-173.

4) Dass Duncker ohne jene thatsächlichen Auffindungen sich schwer zur Annahme einer Grenzlinie HanauFriedberg entschliessen mochte, erklärt sich aus seiner oben (S. 56) angedeuteten Stellung gegenüber den unhaltbaren Hypothesen der älteren Hanauer Forscher bezüglich der Existenz mehrfacher Befestigungslinien an der unteren Kinzig und der auf blosse etymologische Kombinationen gestützten Vermutung eines Kastells bei Kesselstadt. Auch wo wir zu anderen Resultaten als er kommen, sind wir ihm für jene reinigende Thätigkeit, die erfolgreicher Forschung erst den Boden ebnete, zu Dank verpflichtet.

5) Reinhard Suchier , Weitere römische Münzen und Stempel aus der Nähe von Hanau. Hanauer Bezirksvereins f. H. G. u. L. Nr. 10, S. 4.

Mitteilungen des

6) Beilage zur A. Z. 1885 , Nr. 221 u. 222 , S. 3249 u. 3266 ff. Die militärische Bedeutung des römischen Grenzwalls. Eine strategische Skizze. Man vgl. auch die einleitenden Bemerkungen Herzogs zu dem Bericht über die ,,Ausgrabungen zu Rottenburg am Neckar" von E. Herzog und E. Kallee. Westd. Zeitschrift, 1884 , III , IV, S. 326, wo der bekannte Gelehrte die Neckarkastelle ,,die Etappen für die erste Besetzung des Landes " nennt. Karte.

7) E. Kallee , Das rätisch - obergermanische Kriegstheater der Römer. Eine strategische Studie. Sonderabdruck aus den Württ. Vierteljahrsheften für Landesgesch . Stuttgart 1889 .

Mit einer

85

gehen.

Zum ersten Male hat Kallee für das ganze rätisch- obergermanische Kriegstheater,

d. h. für das ganze von den Römern besetzte Germanien , eine progressive Eroberung und dem entsprechende mehrmalige Vorschiebung der Grenze nach einem zusammenhängenden , wohldurchdachten Plan angenommen und mit einer das technische und historische Material gleich sicher beherrschenden Klarheit dargelegt, so dass seine Arbeit, wenn auch im Einzelnen manchmal das System den Thatsachen Gewalt angethan hat , doch für die Beurteilung der militärischen Vorgänge im Grenzland in ihrer Gesamtheit , d . h . insofern sie Glieder eines grossen zwei Jahrhunderte umfassenden Entwickelungsprozesses sind , auf lange Zeit hinaus massgebend bleiben dürfte.1 )

Indem ich die Leser im übrigen auf die Arbeit selbst ver-

weise, ziehe ich hier nur die für unsere Frage wichtigen Partien heran . Nach Kallee zog bereits Drusus,

um die Schwäche der Position von Koblenz und Mainz

auszugleichen, die Lahnmündung und das untere Maingebiet in den Verteidigungsbereich der beiden Plätze und legte den Grund zu jener Kastelllinie, welche sich vom rechten Rheinufer abwärts Koblenz (Rheinbrohl) nach dem Rücken des Taunus und von da , die Wetterau umschliessend an den Main in der Gegend von Hanau zog , " ohne jedoch damals daran denken zu können, dass

diese Linie später zur Grenze Obergermaniens werden sollte . " 2) In meister-

hafter Weise wird dann gezeigt, wie das Aufgeben der Offensive gegen Niedergermanien seit Tiberius Thronbesteigung gerade dazu nötigte ,

das am Oberrhein gewonnene Gebiet nicht

nur mit allem Nachdruck festzuhalten , sondern frontal , d. h. nach Norden zu erweitern . " ) Hierfür nimmt Kallee 4 Perioden an.

Auf die

dem Bodensee und dem Oberrhein durch Tiberius dessen nächsten Nachfolgern .

Besitzergreifung folgt

Oberschwabens

eine Periode

zwischen

des Stillstands unter

Darauf wird unter Vespasian die Grenze bis zum Neckar und

zur Rems vorgeschoben ; ihre Sicherung durch Kastelle und Strassen nahm die Zeit bis zu Domitian's Regierung in Anspruch. Frontinus vermutet .

Als technischer Vollender dieses Grenzabschlusses wird

Als vierte Periode bezeichnet er „ die der Vereinigung Raetiens und

Obergermaniens zu einem strategischen Ganzen , oder die des endgültigen Grenzabschlusses , bewirkt durch die Verbindung der schon vorhandenen Limesstränge mittelst jenes geradlinigen Stücks zwischen Miltenberg und Lorch ,

welches auf ihn immer den Eindruck eines durch

den Machtspruch eines gewaltigen Mannes entstandenen Werkes gemacht hat. " )

Als diesen

Mann betrachtet er Trajan, dessen Werk durch Hadrian vollendet wurde. Kallee kannte die nördlichen Teile des Limes nicht so genau durch eigene Anschauung wie die seines Heimatlandes , sonst würde ihm die Gleichartigkeit des von Grosskrotzenburg nördlich ziehenden Abschnittes des Pfahlgrabens mit jenem

schwäbischen Stück aufgefallen

sein, 5) und er würde erkannt haben, dass das aus lauter geradlinigen Abschnitten bestehende

1) Man vgl. auch die Besprechung von E. H. (Emil Hübner ?) in der Beilage zur Allg. Zeitung, 1889 , Nr. 169. 20 VI.

2) A. a. O. S. 7. 3) A. a. O. S. 9.

4) A. a. Ú. S. 12. 5) Auf diese Gleichartigkeit der beiden Abschnitte hat auch E. Hübner (Neue Studien über den römischen Grenzwall . Bonner Jahrb. 1885 , LXXX , S. 47 (25 ) hingewiesen und daraus zwar nicht unmittelbar die gleiche Anlagezeit für die beiden Abschnitte, wohl aber die Gleichheit der Voraussetzungen und Zwecke beider" gefolgert.

86

Stück von Grosskrotzenburg bis westlich von Friedberg aus derselben Zeit wie jener Abschnitt stammen müsse , und dass hinter ihm als Fortsetzung der Odenwaldlinie , welche ja Kallee zur Neckarlinie rechnet, eine ältere Grenzlinie zu suchen sei , bei deren Absteckung ebenso wie dort die Beschaffenheit des Terrains mehr berücksichtigt wurde als bei dem schliesslichen Grenzabschlusse, der z . T. durch administrative Bedürfnisse bedingt war. Vom letzteren Standpunkte aus

konnte

die

Einbeziehung

der fruchtbaren und

an Mineralwasserquellen

reichen Wetterau bis zum Fuss des Vogelsberges von Interesse sein , für das rein militärische Bedürfnis scheint mir eine möglichst kurze Verbindungslinię zwischen den beiden natürlichen Grenzen , Taunus einerseits und Odenwald, bzw. Mainlinie anderseits, geboten . Die Bedeutung der Position von Kesselstadt ist selbstverständlich Kallee nicht entgangen.

Die von mir damals nur vermutete Strassenverbindung von Kesselstadt nach Fried-

berg betrachtet er als unzweifelhaft. ')

Ein Kastell

im Winkel hinter der Kinzigmündung

bei Kesselstadt (Kastellstadt) " 2) hält er für wahrscheinlich. als "9 Aufnahmekastell " zu bezeichnen .

Es wäre nach seiner Meinung

Hätte Kallee die wirkliche Auffindung dieses Kastells

erlebt, und wären ihm die näheren Umstände derselben bekannt geworden, insbesondere die ganz aussergewöhnliche Grösse und die Lage des Kastells zu der dem Limes gleichzeitigen Mainbrücke, so würde unzweifelhaft auch er die nach dem Gange seiner Untersuchung notwendige Konsequenz in der Annahme einer älteren Grenzlinie Hanau - Friedberg gezogen haben. zur

Ja in dem früheren Aufsatz hatte er sie bereits gezogen.

Denn dort lässt

er die

Verbindung des oberen Donaubeckens mit dem Rheinthal " angelegte ältere Grenzlinie

bezeichnet werden durch die Punkte

Eining , Pfung, Weissenburg, Oettingen, Aalen , Lorch,

Kannstadt, Bessigheim , Wimpfen , Mümmlingstrasse , Obernburg , Hanau , Heddernheim , Mainz . " 3)

Wenn er diesen Satz in der späteren Arbeit wegliess ,

so

kann dies

seinen Grund nur darin haben , dass er hier nur die Linien als Grenzen bezeichnen wollte, die durch Funde als solche gekennzeichnet waren ; vielleicht mochten ihm auch Bedenken gegen eine Grenzlinie aufsteigen, die das zweifellos sehr frühe besetzte Friedberg ausschloss. Er liess also diese Frage offen und begnügte sich damit bei Kesselstadt ein rückwärtiges Kastell und eine von dort nach Friedberg verlaufende Strasse anzunehmen . Wenn wir aber in der Wetterau alle hinter dem Pfahlgraben gelegene Kastelle als gleichzeitig mit ihm angelegte und besetzte Verstärkungen der Grenze ansehen müssten , so läge es nahe , für das Verhältnis der Neckar - Odenwaldlinie zum äusseren Limes dieselbe Erklärung anzunehmen . Und wirklich hat die Theorie einer progressiven Anlage der schwäbischen Grenzbefestigungen eine energische Bekämpfung erfahren in einem sehr lesenswerten Aufsatz von Professor Miller , welcher vor dem oben besprochenen Werke Kallee's , aber nach dem Erscheinen seines Aufsatzes in der Allgemeinen Zeitung , Hauptpunkte

des

ersteren enthielt ,

Kunst veröffentlicht wurde. )

der bereits

alle

in der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und

Miller spricht sich , während er im eigentlichen Aufsatz noch

1) A. a. O. S. 22. 2) A. a. O. S. 41. 3 ) Vgl . Beilage zur Allg. Zeitung 1885 , Nr. 221 , S. 3250. 4) Vgl . VI. Jahrgang, Heft I, 1887, S. 46 ff.

Zur Topographie der römischen Kastelle in Würtemberg.

87

gewisse Zugeständnisse im Sinne der Kallee'schen Ansicht macht , im Nachtrag gegen jede Annahme einer Vorschiebung der Grenze und für die gleichzeitige, zusammenhängende Anlage des Limes und der Neckarlinie aus, da nach neuerdings ihm bekannt gewordenem militärischem Urteil 29 der geradlinig verlaufende limes transrhenanus erst durch Nachweis der Neckarkastelle eine verständige Bedeutung erlangt zu haben " scheine.¹) Es steht also auch hier ein militärisches Urteil gegen das andere. Der anonyme Gewährsmann Miller's kann uns aber umso weniger in unserer Ansicht irre machen, da wir in dem Vertreter der Progressionstheorie einen nicht nur militärisch gebildeten Forscher erkannt haben .

Ebenso wenig ver-

mögen dies die vorgebrachten Gründe. Es wird besonderes Gewicht darauf gelegt , dass sich je ein Limeskastell und eins der Neckarlinie in gleichen Abständen und von gleicher Grösse entsprechen , und dass die entsprechenden Kastelle durch Strassen verbunden seien . Für

Erscheinung

diese

gibt

aber

die

Kallee'sche

Ansicht

einen

recht

einleuchtenden

Erklärungsgrund , dass nämlich nach Anlegung des äusseren Limes die Kastelle der hinteren Linie zwar evakuiert wurden, doch so, dass man sich ihre Benutzung für den Fall der Not vorbehielt und daher wohl auch durch kleine Abteilungen die strategisch wichtigen Punkte Gerade wenn man eine Verlegung der rückwärtigen Garnisonen in die entsprechenden Plätze der vorderen Linie annimmt, ist die gleiche Grösse der Kastelle erklärlich, was kaum der Fall sein dürfte bei dem Erklärungsversuch Miller's , der die Neckarals die „ Linie der Piquets" linie —— wohl mit den Worten seines militärischen Beraters besetzt hielt.2)

zu welchen die Limeskastelle die entsprechenden Feldwachen bildeten. " Denn Kallee doch wohl den Grundsatz festhalten müssen , dass die Grösse der mit werden wir Kastelle sich nach der zur Behauptung des Punktes erforderlich scheinenden Truppenstärke bezeichnet ,

richtete. " 3)

Dass

gewisse Hauptgrundsätze der Taktik zu allen Zeiten sich gleichgeblieben.

Ebenso unzweifelhaft aber hat die Anwendung moderner militärischer Prinzipien ohne Rücksicht auf die vorliegenden Thatsachen gerade in der Limesforschung oft die allerschlimmsten Irrtümer veranlasst . sind, " 4) ist gewiss richtig.

Mit

Miller spricht

sich

Linien auch Paulus aus .

für die gleichzeitige

Benutzung der beiden schwäbischen

Bei ihm gestaltet sich die doppelte Grenze, verbunden mit einem

Netzwerk von Strassen und vor und hinter beiden liegenden Wachtstellen und Schanzen, 5) zu einem sehr komplizierten Verteidigungssystem, analog seiner Ansicht über die Beschaffenheit des Donaulimes, gegen welche v. Cohausen in einem Nachtrag zu seinem Werke über den Pfahlgraben lebhaft polemisiert. ") 1) A. a. O. S. 70. 2) Vgl. Kriegstheater S. 27. 3) Vgl. Kriegstheater S. 24. 4) Vgl. Westd. Ztschr. a. a. O. S. 71. 5) Vgl . Die römische Grenzwehr in Würtemberg.

Westd . Ztschr. V. Jahrg. II . Heft. 1886. S. 147 ff.

6) Vgl . Der römische Grenzwall in Deutschland. Nachtrag in den Annalen des V. f. Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Bd . XIX. 1886. S. 143 ff. Auf die ausschliesslich mit dem Limes Raeticus sich beschäftigenden Arbeiten gehe ich hier absichtlich nicht ein , da ich eine gleichartige Entstehung der Anlagen an der Donau mit den unsrigen nicht als notwendige Konsequenz meiner Ansicht betrachte. Sonst würde ich mir eine Besprechung der Schlusskapitel des vorzüglichen Werkes F. Ohlenschlager's , Die römische Grenzmark in Baiern, München 1887 , nicht versagen .

88

Noch ehe Kallee's grössere Arbeit veröffentlicht wurde , hatte Asbach bei der Besprechung einiger neuerer Arbeiten über den Grenzwall versucht, 29 ein Gesamtbild unserer Kenntnis von den Einrichtungen an der Grenze zu entwerfen ." 1)

Er beschränkt in diesem Aufsatze

seine frühere Angabe bezüglich der 120 römischen Meilen des Frontin auf die Strecke " von Lorch bis zur Hunnenburg bei Butzbach am Taunus " und fährt fort: Krieg im

Jahre 88

abermals

die Gefährlichkeit der

,,Nachdem ein neuer

Chatten gezeigt

hatte ,

befestigte Linie um den Taunus herum bis Hönningen am Rhein geführt. " 2)

wurde

die

Ich kann in

dieser genaueren Fassung gegenüber den früheren unbestimmten Angaben desselben Verfassers keinen Fortschritt, gegenüber den bereits im Jahre 1885 in der Allgemeinen Zeitung erschienenen Ausführungen Dass

Kallee's aber nur

die durch Asbach so glücklich

einen

erwiesene

entschiedenen

Okkupation

des

Rückschritt erkennen .

Maingebiets infolge des

Chattenkrieges in erster Linie die Befestigung des Taunus und der Wetterau, durchaus aber noch nicht eine Vorschiebung der Grenze von der Neckarlinie bis zum schwäbischen Grenzwall voraussetzt, dürfte heute kaum mehr bezweifelt werden . So spricht sich denn auch E. Hübner in seiner soeben erscheinenden

neuesten

Zusammenstellung der Limeslitteratur 3 ) gegen die Beweiskraft jener Ausführungen Asbach's aus. )

Ueber das Verhältnis der Mümmlinglinie zur vorderen Grenze äussert er sich zurück-

haltend.5)

Dagegen steht er der Annahme einer älteren Grenzlinie Hanau - Friedberg wohl-

wollend gegenüber und ist besonders geneigt , die abnorme Grösse des Kastells Kesselstadt, wenn sie als feststehend gelten dürfe, als einen Beweis für dessen hohes Alter anzuerkennen. ) Wir sehen, dass Hübner , wie früher , so auch in dieser Arbeit im Prinzip für die Annahme einer progressiven Eroberung des Maingebietes mit mehrmaligen Grenzanlagen sich ausspricht, wie er denn

auch geneigt ist ,

die

aus Friedrich Kofler's neuen Forschungen

in der

Wetterau sich ergebende Konsequenz anzuerkennen , dass die Lage der Kastelle von Oberflorstadt bis Butzbach für eine dort vorhandene ältere Grenzlinie sprechen. ") Mit aller Entschiedenheit hat

endlich in jüngster Zeit Hammeran sich für eine

progressive Erobernng und Sicherung der Wetterau ausgesprochen ) und ganz besonders auch für den Taunuslimes, dessen einheitliche und gleichzeitige Anlage seither als gesichert galt, aus gewissen Eigentümlichkeiten einzelner Abschnitte, besonders aber aus der abnormen

1 ) In den Bonner Jahrb. 1888, LXXXVI, S. 272 ff. 2) A. a. O. S. 273. Die 120 Millien sind nachgerade zum ewigen Juden der Limesforschung geworden, der in dem obergermanischen Grenzlande von Vindonissa bis Rheinbrohl ruhelos umgeht. Durch willkürliche Abmessungen irgend welcher Abschnitte des Grenzwalls wird er sicherlich nicht zur Ruhe kommen . 3) Neueste Studien über den römischen Grenzwall in Deutschland. 4) A. a. O. S. 11.

Bonner Jahrb. LXXXVIII, S. 1 ff.

5) A. a. O. S. 31. 6) A. a. O. S. 36 u. 38. 7) A. a. O. S. 41 mit Anm. 111. Auf Kofler's Arbeiten komme ich noch zurück. Habe ich eine bei Gelegenheit eines Vortrags im Frankfurter Altertumsverein abgegebene Erklärung des verdienten Forschers auf eine von mir an ihn gerichtete Anfrage richtig verstanden , so nimmt er an , dass die vom Oberflorstadter Kastell nach S. führende Strasse dieses mit Kesselstadt verband und eine Zeit lang als Grenzstrasse diente. 8) A. Hammeran, Limes-Studien, Westdeutsche Zeitschr. f. Gesch. u. Kunst, VIII, 1889 , IV, S. 287 ff.

8

89

Lage und Gestalt mancher Kastelle und kleineren Befestigungswerke den Schluss gezogen , dass dieselben „ ursprüngliche Anlagen sind , die dem Limesbau vorausgehen und einer Zeit angehören , wo es nur einzelne Punkte zu schützen galt. " 1) Es stimmt dieser Teil seiner Ausführungen so vollkommen mit dem überein ,

was ich über diesen Punkt bereits nieder-

geschrieben

hatte , dass ich diese meine Ausführungen streichen und mich umso mehr begnügen kann, auf Hammeran's Aufsatz zu verweisen, da mir gerade für die Taunusanlagen eigene Anschauung in demselben Grade fehlt, wie sie ihm zu Gebote steht . Noch mehr aber stimmt es mit der Grundanschauung überein, die mich zu meinen Untersuchungen veranlasste und bei denselben leitete, wenn Hammeran sagt : „ Es gab unzweifelhaft eine Periode , wo die Verteidigung des Mittelrhein-Gebietes nur auf dem Brückenkopf zu Castel und die rückliegenden Kastelle zu Heddernheim , Wiesbaden und vielleicht Friedberg gegründet war. " 2) Nur müsste Kesselstadt noch hinzugefügt werden . Denn wenn ich eine Besetzung des Landes am Fusse des Taunus entlang bis Friedberg ohne gleichzeitige Sicherung des Mainufers bis Hanau als ein Unding erkläre , so dürfte ich mich begnügen , den Leser zu einem Blick auf die Karte zu veranlassen ; ich kann mich aber überdies auf das massgebende Urteil militärischer Forscher berufen . Sehr überzeugend ist die Bedeutung des unteren Mainthals für die Okkupation der Wetterau von Kallee dargethan.3) Dahm aber sagte bei der Besprechung der militärischen Bedeutung Kesselstadts : „ Es liegt auf der Hand, dass man sich zunächst des unteren Mainthals versichern musste, wenn man am rechten Ufer des Mittelrheins festen Fuss fassen wollte " und erklärte „ die Erbauung der Kastelle Kesselstadt und Friedberg als eine Konsequenz der Anlage von Kastellen im Taunus. " 4) In Uebereinstimmung finde ich mich mit Hammeran auch darin , dass ich an der militärischen Bedeutung des Grenzwalls

ebenso

wie der vor seiner Anlage bestehenden

limites" in dem Sinne festhalte, wie dies Dahm als Ergebnis unserer gemeinsamen Nachforschungen ausgesprochen hat. ") Damit ist aber durchaus nicht gesagt, dass auch jede Ausbuchtung der einzelnen Grenzabschnitte das Ergebnis strategischer Berechnung sei . Insbesondere wird Hammeran's Vermutung bezüglich des militärischen Grundes für die eigentümliche Bogenform des wetterauischen Grenzwalls, ") über deren strategischen Wert bekanntlich gerade die militärischen Mitforscher sehr verschiedener, aber meist absprechender Ansicht sind, erst noch die fachmännische Kritik zu bestehen haben. Jedenfalls beruht sie , besonders was die Wohnsitze der freien Usipier im Lahngebiete und der unterworfenen in der Wetterau 7) betrifft, auf so hypothetischen Grundlagen, dass sie unter keinen Umständen als Beweismittel gegen eine auf thatsächliche Funde gestützte Ansicht benutzt sollte .

Und doch thut dies Hammeran , wenn er sagt ) :

„ Mit der Annahme eines militär-

1) A. a. O. S. 294. 2) A. a. O. S. 295.

3) Vgl. Kriegstheater, S. 15 und 40 ff. 4) Vgl. Mitteilungen des V. f. Hess . Gesch. u. Landesk., Jahrg. 1887 , S. LXXXVII . 5) Vgl. Wolff-Dahm, Der römische Grenzwall bei Hanau, S. 41-44. 6) A. a. O. S. 291 ff. 7) A. a. O. S. 293. 8) A. a. O. S. 212.

werden .

90

technischen Grundes für die Bogenform des Wetterauischen Limes müsste notwendig die hier und da herrschende Ansicht von einer späteren Entstehung dieses Teils der Linie , von einer Diese Ansicht ist m. W. bis jetzt nur von Erweiterung nach Nordosten hinfällig werden . " mir

hier und da, " d. h. in verschiedenen Zeitschriften , ausgesprochen worden und hat den

Beifall hervorragender Forscher gefunden .

Ich darf daher wohl annehmen , dass die Worte

gegen meine dem Verf. auch durch persönliche Mitteilung bekannte Auffassung gerichtet sind .

Ich möchte

auf eine

eingehende Widerlegung der vorgebrachten Einwendungen an

dieser Stelle umso mehr verzichten , da ihre Formulierung zeigt , dass sie z. T. auf Missverständnis meiner vorläufigen Mitteilungen beruhen . ')

Um dieses zu beseitigen und eine

feste Grundlage gegenseitigen Verstehens zu gewinnen , halte ich es dagegen für zweckmässig, meine Ansicht über die allmähliche Eroberung und Sicherung der Wetterau hier zum Schluss noch einmal in möglichst bestimmter Weise darzulegen. Ich denke mir den Hergang folgendermassen : Unter den flavischen Kaisern , als Rom sich in Obergermanien zu einer erneuten Offensive aufraffte , wurde, wie im Süden das Land bis zum Neckar und der Rems , so im Norden

das

Dreieck zwischen

Main und Taunus

besetzt und zunächst durch zwei grosse Lager bei Hanau und Friedberg gesichert , welche durch die den Main und den Fuss des Taunus begleitenden Strassen , die sich bei Hofheim vereinigten, mit Kastel und Mainz und durch eine Grenzstrasse unter sich verbunden waren . Diese Periode 14. Legion ,

der

ersten Besitzergreifung ist gekennzeichnet durch die Anwesenheit der

welche nicht nur für die Linie Kastel-Friedberg ,

Hanau erwiesen ist.

sondern auch für die Kastel-

Die unmittelbare Umgebung von Mainz - Kastel am rechten Rheinufer

war zweifellos schon früher besetzt. Sie und das neugewonnene Gebiet in der Wetterau wurden dann in der linken Flanke durch die Taunuskastelle , zunächst ohne Grenzwall, gedeckt. ) wertvolle

Bei dieser Gelegenheit bezog man wohl auch die in mehr als Umgegend von Friedberg mit den

einer Hinsicht

Quellen von Nauheim und den fruchtbaren

Fluren von Oberflorstadt und Echzell in den Befestigungsgürtel und verband das Mainknie bei Hanau mit dem besetzten Gebiet am Neckar durch die Kastelle am Main und auf dem Kamm des Odenwalds.

Diese Zeit der Sicherung des Gewonnenen ist von der der ersten

Okkupation , auf die sie übrigens sehr bald folgen musste , unterschieden durch das Fehlen

1) So zeigt die Bemerkung (S. 292) , dass ,,gerade die ältesten Stempeltypen der 22. Legion sich in den gleichen Abdrücken in der Wetterau gefunden haben wie z. B. auf der Saalburg," dass auch Hammeran die Frage nach der Okkupation der Wetterau nicht genügend von der nach der Anlage des wetterauischen Grenzwalls trennt. Wenn er aber fortfährt: ,,Ich halte bis zum Beweis des Gegenteils die Wetterau-Linie für gleichzeitig mit der Taunuslinie und für ein Werk desselben Entwurfs ," so ist diese Bemerkung nicht recht verständlich bei einem Forscher, der so eifrig und erfolgreich die einheitliche und gleichzeitige Entstehung der am Taunuslimes vereinigten Anlagen bekämpft hat. Als Beweismittel für die spätere Anlage verlangt Hammeran ,,bautechnische Merkmale" und ,,zeitliche Kennzeichen inschriftlicher oder anderer Art." Die letzteren hat er für seine mit der bisherigen Tradition so kühn brechende Erklärung der Taunusanlagen selbst nicht beizubringen vermocht , bautechnische Merkmale aber glaube ich in meinem Ausgrabungsbericht in reichlichem Masse angeführt zu haben. 2) Limites, in Mommsen's (R. G. V, 111 , Anm. 1 ) Sinu als die Kastelle verbindende Grenzstrassen gefasst, dürften trotz E. Hübner's Bedenken (Neue Studien über den r. Grenzwall , S. 32 [ 10]) auch hier bereits vor der Anlegung des Grenzwalls bestanden haben. Vgl. Hammeran, Limesstudien, besonders S. 287, Anm. 1 .

91

der 14. Legion, ¹) von der folgenden Periode durch die grössere Rücksichtnahme auf Terrainverhältnisse bei der Absteckung der Grenze und der Anlegung der Kastelle.

Der letzte

Abschnitt ist der der Erbauung des Pfahlgrabens nördlich von Grosskrotzenburg gleichzeitig mit dem schwäbischen Limes

von Miltenberg nach Süden. 2 )

Hier

wie

dort ist

derselbe

charakterisiert durch die Geradlinigkeit der Grenzabschnitte auf grössere Strecken und durch die oft auffallende Nichtbeachtung

der

Terrainverhältnisse.

Hatte man früher an günstig

gelegenen Orten Kastelle angelegt und diese durch möglichst geradlinige Strassen verbunden , so zeigt die Lage der Pfahlgrabenkastelle, soweit man nicht alte Grenzstücke benutzte , dass sie nach oder unmittelbar in Verbindung mit dem Grenzwall gebaut sind , der deutlich die Absicht eines definitiven Grenzabschlusses mit Einbeziehung der bisher progressiv besetzten und besiedelten Gebiete erkennen lässt. Dass nicht alle Teile des wetterauischen Pfahlgrabens die Verwandtschaft mit

dem

schwäbischen in gleicher Weise wie das östlich von Hanau und das nordwestlich von Butzbach gelegene Stück zeigen, erkläre ich mir daraus, dass man bei einzelnen Abschnitten die älteren Grenzbefestigungen benutzte.

Dies mochte da der Fall sein, wo die Besiedelung des

Landes nur wenig über die älteren Kastelle vorgerückt war , so dass man die neue Grenze von jenen aus besetzen konnte .

So mag sich die Sache in dem von Friedberg östlich und

nordöstlich gelegenen Abschnitte , der mit Oberflorstadt beginnt ,

gestaltet haben .

Das von

Friedrich Kofler dort aufgefundene Kastell³) hat vom Pfahlgraben die abnorme Entfernung von 2500 m ) und ist von ihm durch die breite Niederung der sich hier vereinigenden Horloff und Nidda getrennt.

Unter Voraussetzung gleichzeitiger Entstehung mit dem Limes

müsste man das Kastell unbedingt da annehmen , dicht am Pfahlgraben bei Staden- Leidhecken .

wo

es

auch von Cohausen gesucht hat ,

Und doch zeigen die Funde, dass es mit dem

Limes gleichzeitig besetzt war , wie auch die weitere Abnormität , dass an dem hier beginnenden Pfahlgrabenstück nicht Wachttürme , sondern kleine Zwischenkastelle gefunden sind , 5) in der zu grossen Entfernung des Hauptkastells ihre einzige, aber auch vollkommen genügende Erklärung findet ; musste doch bei Hochwasser das Kastell vom Limes und seinen kleinen Befestigungen auf Tage und Wochen vollständig getrennt

sein .

Diese

bei

gleichzeitiger

Anlage kaum verständliche Lage, die in den lokalen Verhältnissen am dortigen Limes keineswegs eine Erklärung findet , verliert aber alles Auffallende , wenn wir annehmen ,

dass die

1) Eine Ausnahme macht in dieser wie in mancher anderen Hinsicht die Saalburg, auf welcher der Stempel der 14. Legion neuerdings auf einem Wagenrad gefunden ist. Hammeran schliesst daraus wohl mit Recht, dass die Saalburg bereits vor der Anlegung des Limes , in dessen Kastellgürtel sie später gezogen wurde , bestand . (Limesstudien, S. 293) . Eine Bauthätigkeit der Legion im Kastell wird freilich durch diesen Fund nicht bewiesen. 2) Ueber die Zeit der Anlage dieses Werkes unterlasse ich es absichtlich eine bestimmte Ansicht zu äussern, betone nur , dass in der schmalen Zone zwischen den älteren Grenzanlagen und dem Pfahlgraben jedes Zeugnis einer frühen Ansiedelung fehlt. Die Annahme , dass der letztere bereits unter Domitian begonnen sei , beruht auf der oft angedeuteten Verwechselung der Okkupation der Wetterau und der Anlage der letzten Verteidigungslinie. 3) Vgl. Fr. Kofler , Der Pfahlgraben in der Wetterau. Quartalblätter des hist. Vereins für das Grossh. Hessen, 1887 , Nr. 2, S. 63 ff. 4) Nach der preussischen Generalstabskarte, Massstab 1 : 100000 . 5) Vgl. ausser dem oben angeführten Aufsatz die Berichte desselben Verfassers in den Quartalblättern von 1886, Nr. 1 , S. 9 ff. , 1887 , Nr. 3, S. 121 ff. und 1884, Nr. 1—4, S. 44 ff.

92

Erbauer des letzteren das Kastell bereits vorfanden und beibehielten . In der Zeit nach der Vorschiebung der Grenze bis Oberflorstadt, als man aber noch nicht auf weiteres Vorrücken verzichtet hatte, mochte das Horloffthal auf beiden Seiten in Benutzung genommen sein , so dass man sein linkes Ufer bei der definitiven Grenzregulierung nicht ausschliessen , anderseits aber auch auf das bestehende Kastell nicht verzichten wollte.

Für das höhere Alter

des letzteren aber spricht nicht nur seine den Beobachtungen bei Friedberg und Hanau entsprechende Lage auf einem die Gegend ringsum beherrschenden Felsplateau ,

auch

sondern

die fast quadratische Gestalt und die von Kofler hervorgehobene Stärke und sorgfältige Ausführung der Mauern ; dafür spricht endlich der Umstand , dass ein Teil der bürgerlichen Ansiedelung mit dem bekannten grossen Gebäude (von Kofler , Villa " genannt) zwischen Kastell und Limes liegt. Der eigentliche Pfahlgraben entspricht auch hier durch seine schnurgeraden Teilstücke¹ ) und seine Nichtbeachtung der Terrainverhältnisse ,

die

sich besonders

augenfällig in

dem

dreimaligen Ueberschreiten der Horloff südöstlich von Hungen verrät, 2 ) vollkommen dem südlichen Abschnitt .

Die häufige Knickung der geraden Linie durch ein- und ausspringende

Winkel ist ebenso wenig wie die ganze eigentümliche Ausbuchtung des wetterauischen Limes durch das militärische Bedürfnis ,

sondern vielmehr durch das Bestreben zu

bereits besetzte Gebiet in die Grenze zu ziehen. ")

Daher hören diese

erklären ,

Knickungen

das

sofort

auf, wo die Terrain- bzw. Bodenverhältnisse nicht zu weiterem Anbau veranlasst hatten und man daher durch okkupiertes, aber nicht

besiedeltes

Land

die

zweifellos

auch

durch

strategische Rücksichten bedingte gerade Linie auf grosse Strecken hin einhalten konnte.4 ) So lagen die Verhältnisse auf den Abschnitten nördlich von Grosskrotzenburg und westlich von Butzbach.

Dort handelte

es

sich darum die bis zum Fusse

des Vogelsberges vor-

geschobenen östlichsten Stücke unter Einschluss der Kinzigmündung mit den Mainbefestigungen zu verbinden, hier musste in ähnlicher Weise der Anschluss der nordwestlichsten Ausbuchtung mit den Taunnskastellen gewonnen werden.

Denn diese

wollte man ebenso

wie die zur

älteren Grenzlinie (Odenwaldlinie) gehörigen nördlichsten Mainkastelle 5 ) für die neue Grenzanlage benutzen .

1) Wo Koffer in den angeführten Aufsätzen die Angaben von Cohausen's korrigiert , geschieht es überall zu gunsten der Geradlinigkeit der einzelnen Abschnitte, ohne dass der genannte Forscher dabei von einer prinzipiellen Voraussetzung dieser Eigenschaft ausgegangen wäre. 2) Vgl . Kofler, Quartalblätter von 1886 , Nr. 1 , S. 35 , der diese Thatsache mit Recht durch ein Ausrufungszeichen hervorhebt. 3) Dass damit keineswegs die fortifikatorische Bedeutung des Grenzwalls geleugnet werden soll, versteht sich früheren Ausführungen von selbst. meinen nach

4) Dass man den Anschluss nicht bei Kesselstadt suchte , sondern bei Grosskrotzenburg lässt sich nur durch die Absicht erklären, die Kinzigmündung einzubeziehen, spricht also, wie die Ausführungen Kallee's zeigen (Kriegstheater, S. 41 ) für strategische Rücksichten bei den Erbauern. 5) Mein Freund G. v. Rössler spricht mir brieflich die Vermutung aus, dass die Odenwaldlinie über das von Conrady angenommene nach Wörth führende Kniestück hinaus geradlinig bis zur Mainspitze bei Hanau geführt sei . Dass in dieser Richtung später eine Strasse zur Mainbrücke führte , habe ich bereits oben als wahrscheinlich bezeichnet (S. 29) . An ihr mögen die von Kofler gefundenen Ansiedelungen entstanden sein. Für die ältere Grenze scheinen mir Conrady's Ausführungen aber überzeugend den Anschluss an den Main zu ergeben , welcher auch der bei den älteren Grenzlinien erkennbaren grösseren Rücksichtnahme auf natürliche Verteidigungslinien entspricht.

93

Nur insofern am Taunus ältere Befestigungen bei der Anlage des Pfahlgrabens benutzt wurden, kann man von einem höheren Alter des Taunuslimes sprechen ; der Grenzwall selbst ist -- das möchte ich noch einmal ausdrücklich hervorheben wie südlich, so auch nördlich vom Main nach einem einheitlichen Plane begonnen und ausgeführt worden, wenn auch seine Vollendung selbstverständlich längere Zeit in Anspruch nahm .

Hierin stimme ich völlig mit

Kallee überein , der diese äussersten und letzten Grenzlinien auf den "" Machtspruch eines gewaltigen Mannes " zurückführt , der dabei zweifellos die militärische Sicherung des okkupierten Landes ebenso wohl als den Grenzabschluss

erstrebte ,

aber

"" über

kleinliche

strategische Rücksichten hinwegsah . " ¹) Auf der Höhe des Taunus ,

soweit er dem Main und Rhein parallel streicht , hatte

man umso weniger Veranlassung ,

von der durch die älteren Kastelle vorgezeichneten Linie

abzugehen , als eine über dieselbe hinausgreifende Besiedelung jener gebirgigen Striche in der Zeit zwischen den älteren Grenzanlagen und der Herstellung des Pfahlgrabens kaum anzunehmen ist . So erklärt sich die von den anderen Limesstrecken abweichende Vernachlässigung der geraden Linie , die nicht überall durch die Rücksicht auf die Einhaltung der Wasserscheide bedingt ist . sowie manche Abnormitäten

Dass aber die grosse Mannigfaltigkeit der Form und Grösse , der

Lage bei den Taunuskastellen und den zwischen ihnen

liegenden Türmen für verschiedene Bauzeiten spricht , hat Hammeran so überzeugend nachgewiesen, dass ich mich in dieser Beziehung auf ihn berufen darf.

Hinzufügen möchte ich

nur noch, dass mir der ausspringende Winkel, den der Pfahlgraben vor der Porta praetoria der Saalburg bildet 2 ) , immer als ein augenfälliger Beweis der Präexistenz des Kastells vor dem Grenzwall erschienen ist . Dass aber nicht einmal der letztere selbst ohne nachträgliche Korrektur geblieben ist , dafür spricht die eigentümliche Verdoppelung des Walles zwischen den Kastellen Zugmantel und Heftrich . ) Ist meine mit Rücksicht auf bautechnische Momente

1) Vgl. Kriegstheater, S. 12. 2) Vgl. v. Cohausen, Der römische Grenzwall, Atlas Taf. XXXV, XVIII . 3) A. a. O. Taf. XXXVI, XXI . Vgl. auch XIX beim Kastell Feldberg und Taf. XII, Fig. 7. Ich bedaure mich hier der Beweisführung des verehrten Verfassers (a. a. O. Text S. 154) nicht anschliessen zu Er sagt : können. Während der vordere Pfahlgraben von 10 Türmen , durchschnittlich alle 750 Schritt von einem solchen , überwacht war , entbehrt der hintere ihrer ganz . Man könnte jenen daher als eine Verbesserung von diesem ansehen , wenn der vordere nicht in anderer Beziehung eine offenbar ungünstigere Lage hätte ; der hintere Pfahlgraben ist nämlich in Uebereinstimmung mit der Regel , nach welcher wir ihn bisher zu suchen pflegten , so angelegt, dass er sich der Wasserscheide nahe hält und die Thäler vermeidet oder sie doch Der nur in ihren oberen , noch nicht tief eingeschnittenen und noch wasserarmen Sohlen überschreitet. vordere dagegen durchschneidet die beiden nassen Thäler der Das und Wörs und geht unterhalb Eisenhahn durch das tiefe Thal der Auroff, wodurch die Verbindung zwischen seinen Türmen sehr erschwert und gefährdet ist. " Fügen wir hinzu , dass der vordere Arm geradlinig zwei Punkte verbindet , welche der hintere auf einem Umwege erreicht, so finden wir bei dem ersteren alle charakteristischen Merkmale unserer jüngeren Wetterauischen Limeslinie wieder , während der letztere die bei den älteren Grenzanlagen beobachtete Berücksichtigung der Terrainverhältnisse verrät. Demgegenüber können die hervorgehobenen und durch die Skizze Taf. II, Fig. 7 erläuterten Eigenthümlichkeiten beim Anschluss beider Linien aneinander nichts für die gleichzeitige Anlage beweisen. Denn bei der am vorderen Arm überhaupt hervortretenden Neigung zur Geradlinigkeit mochte man den Anschluss absicht-. lich so einrichten , dass die neue Grenzlinie einen Abschnitt der unregelmässig verlaufenden älteren geradlinig fortsetzte.

94

früher ausgesprochene Vermutung begründet, dass der Pfahlgraben von Norden nach Süden gebaut wurde , so könnte man in jener Erscheinung , die sich in vermindertem Masse beim Kastell Feldberg wieder findet, ein Zeichen der beim Beginn des Werkes noch herrschenden Unsicherheit in

Beziehung

auf das

einzuhaltende

System

sehen ,

welches

zu

völliger

Ausbildung erst in der offenen Wetterau, und mehr noch am schwäbischen Limes gedieh .

Anhang.

Fundstücke aus der Umgebung von Kesselstadt . Von Dr. R. Suchier.

I. Münzen .

Den in der Kasseler Festschrift v. J. 1882 ( Castell Gross-Krotzenburg , Anhang p . 7 und 8) verzeichneten bei Kesselstadt gefundenen Münzen sind nur wenige beizufügen : 23.

Mangelhaftes

Doppelas Domitians ,

1880 bei

den

Ausgrabungen am

Salisberg

gefunden, im Besitz des Herrn Kaufmanns B. Lossow. 24. Schlechtes Doppelas Trajans, vom Arbeiter Diehl XIII. im October 1887 am Salisberg gefunden, angeblich auf einem Acker wenig südlich von denen, wo gegraben (Von ihm selbst behalten. )

wurde. 25. Da

wo nahe

der

Kinzigmündung 1886

der

römische Brückenpfeiler

entdeckt

wurde, fand sich beim Baggern im Main ein Doppelas des Trajan . Der Finder, ein Mann aus Gross-Krotzenburg , zeigte mir die Münze im Juni 1887. Obgleich sie sehr schlecht war, liess er sich doch nicht zum Verkauf bewegen . In der Rebengasse der Neustadt Hanau fand sich im Jahr 1886 eine kleine Kupfermünze in Quinargrösse ; ich sah sie im Februar 1887 und konnte sie als einen Constantinus iunior (337-340) bestimmen.

Der Besitzer , ein Drechsler beim Schreiner Borger Namens

Hermann Fiedler , gab an , sie sei im Borger'schen Hause der alten Akademie gegenüber beim Fundamentgraben im Keller gefunden .

Auch er konnte sich nicht zum Verkauf entschliessen ,

was sehr zu bedauern , da die Münze , an sich wertlos , wegen des Fundortes und wegen der späten Zeit in Betracht kommt. ¹)

1) Ich sehe darin eine Stütze der Annahme, die ich in der Hanauer Vereinsschrift v. 1885 Weitere römische Münzen und Stempel p. 9 aussprach : Nach dem Abzug der Römer aus hiesiger Gegend war lange Zeit kein Handelsverkehr mit ihnen , erst im 4. Jahrhundert begaun er wieder, zunächst wohl nur in der Nähe der wichtigen Wasserstrasse des Mains. Es kamen noch zwei andere Beweisstücke hinzu, nämlich ein Constantin, 1886 bei KleinKrotzenburg , und ein Magnentius , 1888 bei Hainstadt gefunden ; beide Münzen besitzt Herr Dr. med. Kihu in Gross-Auheim. ( Man vgl. übrigens G. Wolff, Westd. Zeitschr. II , 1881 , S. 420 u . Korrbl. II , S. 83 und die zustimmende Bemerkung E. Hübner's Bonner Jahrb. LXXX, 1889 , S. 36 zu der dort ausgesprochenen Vermutung.)

96

Zur bequemeren Uebersicht werden Kesselstadt kurz zusammengestellt : ¹ )

hier

die Münzfunde aus der Nähe des Kastells

Am Salisberg 1 Augustus, 2 Nero , 1 Vespasian , 4 Domitian , mindestens 16 aus dem 2. Jahrhundert, 1 Julia Domna, 1 Severus Alexander. Bei Wilhelmsbad etwa eine halbe Stunde nördlich von Kesselstadt 2 Commodus. Im Main an der Kinzigmündung 1 Trajan . Gegenüber der Kinzigmündung 1 Domitian, 1 Hadrian. Am Südende von Hanau 1 Constantinus iunior und etwas weiter

östlich 1 Drusus

senior (unter Claudius geprägt) . Dicht bei Hanau nördlich 1 Augustus . Bei Hanau östlich (Exercierplatz) 1 Magnentius . Bei Gross -Auheim am Main 1 Constantin .

II. Legions- und Cohortenstempel . Von Legionssteinen fanden sich bei Kesselstadt nur geringe Reste ; die meisten davon. sind bereits in der Kasseler Festschrift p . 18 kurz erwähnt. zurückzuführen

sind ,

lässt

sich

Dass sie alle auf die 22. Legion

sicher annehmen , da am ganzen Grenzwall im Osten und

Nordosten von Hanau bis jetzt nur Stempel dieser einen Legion entdeckt sind . mente fanden sich

alle

am Salisberg ;

einzigen Backstein zu Tage . zu werden .

Die Frag-

die Grabungen in Kastell selbst förderten keinen

Dieser Umstand fiel uns sehr auf, und er verdient wohl beachtet

Da das Kesselstädter Kastell sicherlich älter ist als alle östlich davon gelegenen

Bauwerke , in

denen Backsteine und Ziegel

niemals fehlten ,

so ist

ein neues Kriterium

gewonnen für das Alter der Sitte mit Ziegeln zu decken und für das Alter der Stempel, wenigstens der auf Dachziegeln angebrachten . Die Kesselstädter Legionssteine ,

die von

den 1885 publicierten aus Rückingen und

Gross-Krotzenburg sämmtlich abweichen und darum hier an jene mit fortlaufenden Nummern angereiht werden , sind folgende : 2) 41. Fragment eines Rundstempels , worauf EGX und der Anfang vom zweiten Zahlzeichen X erhalten ist, zu ergänzen LEGXXIIPRPF (primigenia pia fidelis). Das Stück ist für einen Dachziegel zu dick , etwas über 5 cm , rührt also wohl von einer Platte her. Es fand sich am 15. März 1880 westlich bei dem römischen Keller und lässt sich von einem Hypokaustum herleiten, von dem noch viele Spuren und Reste sowohl über als in dem Keller wahrzunehmen waren. Der Stempel , einer der grössten

von

allen ,

stimmt zu keinem der 15 Rundstempel ,

die wir von

Rückingen und Gross-Krotzenburg besitzen.

1) Die Nachweise sind teils in der Kasseler Festschrift , teils in meiner Schrift Weitere römische Münzen, teils oben gegeben. 2) Auf Tafel IV sind sie in halber Länge und Breite abgebildet. Bei dieser Gelegenheit erwähne ich ein Versehen in meiner Schrift Weitere röm. Münzen ; der Stempel L 33 auf T. I ist dort ausnahmsweise in natürlicher Grösse wiedergegeben, was ich anzuführen vergass. Auch darf ich nicht verhehlen , dass mir L 24 daselbst von der Saalburg hergebracht zu sein scheint.

97

42. Geradliniger Stempel ,

wovon noch XIIPPF zu erkennen ist.

Die drei letzten

Buchstaben machen es unzweifelhaft, dass LEGXXII dagestanden hat. Das Fragam 28. Mai 1876 vom Direktor Hausmann auf einem Spaziergang

ment wurde

gefunden neben dem Feldwege , der von der Südostecke des Kaiser'schen Felsenkellers in der Richtung nach dem Hanauer Westbahnhof hinabgeht. Es ist 4 cm dick ,

mit

krummgehenden Rinnen versehen ,

scheint darum

die

nicht dicht zusammen stehen,

von einer grösseren Platte herzurühren .

Vermutlich gehörte das Stück zu dem nordöstlichen Gebäude, wovon sich bei den Ausgrabungen im Jahre 1881 zahlreiche Reste fanden. 43. Fragment , dessen Dicke nicht festzustellen , am 8. Oktober 1887 gefunden .

RP

lässt sich noch erkennen , und dies genügt zu der Ergänzung LEGXXIIPRPF ; unter der Schrift geht eine Leiste her, und eine solche ist auch oben anzunehmen . Die Fundstelle in dem am weitesten nach Osten gezogenen Versuchsgraben ergab nichts von Gemäuer, aber viele Glasstücke. ein kleiner Holzbau stand .

Am wahrscheinlichsten ist, dass dort

Man könnte also an einen Dachziegel denken ; doch

ist auch nicht zu übersehen, dass so kleine Stücke leicht hin und her geworfen werden . 44. Winziges Ueberbleibsel eines zweizeiligen

Stempels , woran Mörtel haftet .

Nur

der senkrechte Strich des L, die dreieckige Randverzierung und der Anfang einer Leiste, die sich zwischen den beiden Zeilen hinzog, sind noch erhalten ; vergleichen wir aber den ganz ähnlichen Rückinger Stempel L 21 in meiner Schrift Weitere römische Münzen , und erwägen wir , dass die unten vorkommende erste Bürgercohorte sich durchaus nicht anbringen lässt, so wird es zur Gewissheit , dass herzustellen ist LEGXXII in erster und PR PF in zweiter Zeile.

Das Fragment

fand sich am 9. März 1880 im nördlichen Teil des römischen Hauses , das am weitesten nach Süden lag . Dass am Salisberg auch Stempel der mit einer Reiterabteilung versehenen Cohorte , die sich Cohors prima civium Romanorum nannte , und 26 bereits mitgeteilt.

vorkamen , ist in der Kasseler Festschrift p . 25

Das dort Gesagte hat seitdem weitere Bestätigung erhalten , die

Abbildungen lassen sich vollständiger geben und werden darum hier erneuert (ebenfalls in halber Länge und Breite). Der Stempel b , grösser als a und deshalb wohl der ältere , steht vollständig auf einer kleinen Platte im Schloss zu Erbach. Als ich im Juli 1886 dort war und die Identität sofort erkannte, wurde mir von dem aus Michelstadt gebürtigen Referendar Alfred Wagner versichert ,

die

Platte stamme

diese Angabe richtig ,

so

haben

aus dem Kastell wir

Würzberg

an

der

Mümmlinglinie .

Ist

einen wichtigen Beweis für den Zusammenhang der

Mümmlinglinie, die auch ich für die ältere halte, mit der Maingrenze bis zur Kinzigmündung und der alten Römergrenze Kesselstadt- Friedberg .

Auffallend ist nur, dass Kofler in der West-

deutschen Zeitschrift von 1889 Heft I den fraglichen erwähnt,

Cohortenstein in Erbach

gar nicht.

Es stellte sich nun , da der ganze Stempel vorlag , als sicher heraus , dass auch ein Bruchstück vom Salisberg , das nur den Anfang CO enthält und bisher als ungewiss nicht berücksichtigt wurde , ein Bestandtheil desselben war. Wir haben von b 4 unvollständige

Bay Staatsberische iblioth

ek

MUNCHE

N

98

Exemplare, die alle im März 1880 gefunden wurden, 2 westlich bei dem Keller (Taf. III, 5 , II) , 2 in dem südlichsten Gebäude (Taf. III, 5 , I) .

Es waren Dachziegel, 22-24 mm dick.

Von dem anderen Cohortenstempel a besitzen wir jetzt 3 Exemplare.

Am 8. Oktober

1887 fand sich zusammen mit dem oben erwähnten Legionsstein 43 ein 22 cm dicker Dachziegel, worauf alle Buchstaben stehen ausser dem R. dass die beiden auf p. 25 Stempel angehören .

der

Dadurch wurde jeder Zweifel beseitigt,

Kasseler Festschrift

abgebildeten

Fragmente

demselben

Letztere wurden im März 1880 nahe bei dem römischen Keller gefunden .

Sie sind 32 bis 4 cm dick , was für grosse Platten etwas dünn erscheint ; vermutlich sind es Reste von kleinen Platten aus dem Hypokaustum. weiter gehen

zu der Annahme ,

Vielleicht darf die Vermutung noch

dass ebenso wie im Hypokaustum des Rückinger Kastells

(s. Weitere röm. Münzen p. 21 unten)

die kleinen

grossen den der Legion trugen (vgl. oben L 41 ) .

Platten den Namen der

Cohorte ,

die

Ueberhaupt ist bemerkenswerth, dass die

1. Bürgercohorte nach hiesigen Beobachtungen nur auf kleinen Platten und auf Dachziegeln genannt ist.

In Gross - Krotzenburg

stand sie nur

auf Dachziegeln.

Auch der unklare

Stempel c vom Salisberg (Kass. Festschrift p. 26 abgebildet und besprochen) scheint, wenn auch ungewöhnlich dick , nicht von einer grossen Platte herzurühren ; dafür spricht der geringe Abstand des Randes von der Schrift.

III .

Töpferstempel .

In einem römischen Grab nordöstlich vom jetzigen Kesselstädter Todtenhof (Taf. II, 19) fand sich im Oktober 1886 ein Sigillatafragment mit dem Stempel PECVLIAFE (zu lesen : Peculiaris fecit) ,

der auch 1866 bei Anlegung des Kaiser'schen Felsenkellers

am Salisberg

vorkam (s. Weitere röm, Münzen p . 33 u. Taf. III dazu). An die im J. 1885 publizierten Stempel reihen

sich ferner folgende ,

die sämmtlich,

Nr. 26 ausgenommen , im Oktober 1887 in den Haustrümmern am Salisberg gefunden wurden und mit Ausnahme derselben Nr. 26 auf dem Boden von Sigillatagefässen stehen : ¹) K 18. AITI mit Ligatur von I und T. und 167 AITI (Holland).

Schuermans hat Nr. 165 AIT (bei Lüttich)

Der Name klingt weder lateinisch noch celtisch , man

sollte eher ALTI erwarten ; dies Wort kommt aber bei Schuermans nicht 19. AN ... mit A ohne Querstrich. mit solchem A.

Schuermans erwähnt 301

20. Wahrscheinlich APERF, danach ein Baum und ein Blatt.

vor.

ANANO von Bingen

Der Name kam auch

bei Marköbel vor (s. Weitere r. Münzen p . 38). 21. APOLINARIS mit A ohne Querstrich und cursivem L. Allier und Tongern . 22.

Bei Sch. 391 ebenso von

OF (d. h. officina) BASSI , nach Sch. 744 und 745 ein in England , Frankreich

und am ganzen Rhein verbreiteter Stempel . 23. BOVDVSF . Sch. ebenso 856 und 857 (Mainz , Vechten , Voorburg , Brüssel) , mit FEC 858-860 (Köln, Nimwegen, Voorburg) .

1) Die Abbildungen dazu auf Taf. IV sind in natürlicher Grösse.

99

24. DAGOMARVS F mit zwei Ligaturen .

Einen gleichen Stempel von Heddernheim

besitzt Sanitätsrath Lotz in Frankfurt .

Schuermans gibt , immer ohne Ligatur,

1843 dasselbe an (Nimwegen und London) , 1844

mit

FE (London) .

1842 den Namen ohne F (London) ,

1835 DACOMARVS

(Friedberg ,

Allier ) ,

sowie 1837

DACONARIVS (Xanten) werden wohl auf unrichtiger Lesung beruhen . 25. IAVENVSF mit A ohne Querstrich . Der Anfangsbuchstabe sieht ganz wie ein T aus. Schuermans hat nur 2575 IAVENVS von Douay , dagegen kein mit TAVE beginnendes Wort ausser

dem sinnlosen TAVEPPSP .

Dies

könnte aber unser

Stempel sein , falsche Lesung zeigt sich ja auch bei dem P am Schluss, und es ist sehr die Frage , ob nicht doch TAVENVS vorzuziehen ist . Das eine Wort widerstrebt dem Lateinischen ebenso wie das andere. Für IAVENVS könnte IAVNIO sprechen (s . Weitere r. M. p . 36 Nr. 20). 26. IVNIANVS mit seltsamem A, vertiefte Schrift unter einer Lampe, die im Oktober 1886 in einem der Gräber nordöstlich vom Kesselstädter Todtenhof gefunden. wurde . Sch. gibt an 2835 IVNIANVS (in Strassburg ) und 2834 IVNIANI (Rottweil und Nimwegen). 27. MACCONOF mit A ohne Querstrich , wahrscheinlich zu lesen : Macconi officina . Bei Schuermans 3136 ebenso (Friedberg, Heddernheim , Mainz , Voorburg) . Derselbe führt ausserdem an 3133 MACCOFE ( Emmerich), 3135 MACCONO (Vechten) , 3150 OF MACONI (Mainz ) , 3151 MACONIVSFE (Nimwegen) u . 3134 MACCONIVSF (Voorburg) . Es lässt sich annehmen , dass alle diese Stempel denselben Töpfer Macconius bezeichnen . 28. PRISCVSF mit Epheublatt zu Anfang und am Schluss . Holland), 4476 ohne F (Poitou , Allier, Bavay) .

Sch. 4477 (Rossum in

29. SECVNDINVSF , anders, vor allem kürzer, als der schon publizierte Stempel von Gross-Krotzenburg GK 23. 30.

SENONIO, zu lesen : Senoni (nicht Senonis) officina. Sch . nicht ,

aber 5108

SENONIVS

(Wimpfen ) ,

Der Stempel findet sich bei

5107 SENONI (London) ,

5106

SENON (Wimpfen ) . 5102 ff SENO ist vielleicht nur Abkürzung desselben Namens ; vgl. oben Macconius . 31. OFVIBII .

So bei Sch . 5710 (Windisch) .

Derselbe gibt an 5712 VIBIVS (Nor-

mandie, Neapel) und 5702 VIBI (Capua) . 32. VIMPVSF mit Ligatur von S und F, überein mit dem in der Kasseler Festschrift p . 31 publizierten Stempel von Gross - Krotzenburg. 33. Fragment, worauf nur eine Rosette und ein Teil des ersten Buchstabs , der wohl ein T war.

Zu bedauern ist , dass Schuermans dergleichen Zuthaten zur Schrift

nicht angibt ; manche Stempelreste , die sich danach unterbringen liessen , bleiben so ungelöste Räthsel. Beim Baggern im Main fanden sich an der Stelle des römischen Brückenpfeilers nahe der Kinzigmündung zwei grosse Sigillatastücke mit Töpfernamen , die von den Arbeitern mitgenommen , nachträglich aber doch an das Vereinsmuseum herausgegeben wurden , nämlich : 34. TOCCAF, in Gross-Krotzenburg 1888 durch Herrn Schaack erlangt.

Der Stempel

ist überein mit dem schon publizierten von Rückingen R 36 und ergänzt denselben .

100

35. VICTORF ,

in Dörnigheim 1887 durch Dr. med . Eisenach gerettet , ein anderer

Stempel als der schon publizierte von der Mainspitze MS 6. Rechnen wir die Töpferstempel vom Salisberg , die aus den römischen Gräbern nicht weit davon (auch am linken Mainufer) und die an der Stelle der Römerbrücke gefundenen als Kesselstädter zusammen, so ergibt sich folgende Reihe von Namen: Boudus. Aitus . Amabilis. Aper. Apolinaris . Bassus . Boudus. Celsinus. Celsinus . Ingenuus (?). Junianus . Novus. (?) Ovidius . ¹ )

Dagomarus. Floridus. Javenus . Martialis. Meddicus . 1 ) Nasso. Satto. Secundus (?) . Secundinus . Victor. Victorinus . Vimpus.

Senonius.

IV.

Severus.

Junius (?) . Peculiaris .

Silvinus.

Cintugnatus (?) .

Lucius. Macconius . Priscus . Sabinus.

Taurinus.

Tocca .

Vibius.

Graffite .

Den in der Kasseler Festschrift p. 36 publizierten Graffiten ROLI, SEI und PRIVATI ist eins beizufügen , das erst nachträglich auf einem dicken Amphorastück aus dem schon 1879 entdeckten westlichen Hause am Salisberg bemerkt wurde, nämlich die auf Tafel IVa 2) abgebildeten zwei Zeilen , oder auch CRV ...

wovon die untere deutlich ARCIT ... zeigt,

heissen kann .

Rechts ist die

die

Schrift abgebrochen ,

obere CRI ..

links aber

voll-

ständig. Im Oktober 1887 fanden

sich am Salisberg die übrigen auf Tafel IV dargestellten

Einritzungen. Die grösste derselben, b, steht auf einem dicken Stück einer grossen Amphora ; sie ist links und rechts abgebrochen ; vermuten lässt sich RIC. Die zweitgrösste , c, auf einer dünnen Amphorascherbe angebracht, lässt sich leicht lesen GARVN , ist aber auch zu beiden Seiten defect. Die kleinste, d , auf einem Sigillatafragment gibt RI an als Schluss eines Wortes ; links ist Bruch, rechts aber leeres Feld . Es fand sich noch ein viertes Stück, der Fuss einer Reibschale mit ganz sinnlos eingekratzten Linien , die keine Nachbildung verdienen.

V. Sonstiges . Die übrigen auf Seite

65 und 67 schon

angedeuteten

beschreiben und zu besprechen scheint uns nicht rathsam.

Fundstücke

ausführlich zu

Ohne Zeichnungen lässt sich kein

anschauliches Bild davon geben, solchen stehen aber verschiedene Hindernisse im Wege. Ein kurzer Ueberblick möge daher genügen . Es war eine Menge von Fragmenten aller Art, vollständig erhalten nur einige Eisengeräthe und weniges von Bronze.

Sehr geringe Ausbeute , von Ziegeln , Backsteinen und

Opus Signinum abgesehen, gewährte das südliche der drei im J. 1880 durchforschten Häuser.

1) Vgl. Weitere röm. Münzen p. 33 zweite Anmerkung. Das dort angeführte Räthsel lässt sich vielleicht so lösen : Nach Arnd's Angabe im Beiblatt zur Hanauer Zeitung v. 26. Okt. 1865 fand sich im Bruchköbeler Walde in den 1858 und 1859 ausgebeuteten römischen Gräbern ein Töpferstempel; dies wird wohl die Schale mit OVIDIM sein, die sich von allen anderen sichtlich unterscheidet. 2) Die Graffite sind ebenso wie die Militärstempel auf die Hälfte der Länge und Breite reduziert.

101

Das westliche Gebäude , das einen gelblich - weissen Wandverputz mit rothen Linien hatte, lieferte viele Eisensachen , darunter zwei Aexte, einen Meissel, Bohrer, Schlüssel , mehrere Glasfragmente, eine sehr derbe grosse Reibschale, die zwar zerbrochen , aber leicht zusammenzusetzen war, und viele Sigillatastücke , teils von grösseren Schalen mit Bildern , teils von Näpfchen oder Tassen , worunter mehrere von schlechterem Stoff, innen grau und aussen braunroth glasiert. In der Nähe dieses Gebäudes lagen auffallend viele Trümmer von kolossalen Amphoren, auch die oberen Teile eines weissen kugelförmigen Gefässes ohne Henkel , das mit herumgehenden Wellenlinien geziert war.

Das östlich davon gelegene Haus mit dem Keller (Taf. III , 5 , II— V)

war offenbar das Hauptgebäude , mit mehr Luxus ausgestattet , wie schon die Wandmalerei bewies.

Ueber dem Keller hatte sich eine Küche befunden , denn in demselben lagen tief

unten Knochen von einem Elk sammt den Zähnen , zwei Hörner eines ziegenähnlichen Thieres , ein Vogelknochen , ein Fischkiefer , von Eisen ein Eimergriff, ein grosses sichelförmiges Messer mit Schärfe nach aussen , Haken , Kloben , Schlüssel . Weiter oben zwischen. geschwärzten Steinen an der südlichen Mauer des Kellers lag eine zerbrochene Reibschale von vortrefflicher Glasgefässes. Scherben ,

gelbrother

Sigillata mit

Löwenkopf und Reste

eines kostbaren dicken

Nicht weit davon fanden sich an verschiedenen Stellen viele Thierknochen und

darunter eine grosse Reibschale ,

die

sich herstellen liess , und ein lückenhafter

braunrother Teller mit schöner Blattverzierung am Rande . meisten Sachen von Bronze ,

unter

denen

Viel

weiter

ein achteckiger Fingerring ,

östlich lagen

eine Pincette ,

die eine

Haarnadel und eine längliche dünne Fibula zu nennen sind . Sehr ergiebig war angefüllte Raum ,

im Oktober 1887

welcher

der

mit

schwarzer Erde fast 2 Meter tief

oben S. 65 und 66 als Hypokaustum erklärt

ist.

Unten

darin

lagen viele Schlacken ; ferner fanden sich dort und in der Nähe zahlreiche Sigillatastücke und besonders viele Fragmente von kleinen einfach gerundeten Töpfen , die aussen in der unteren Hälfte dicht mit Steinchen besetzt waren.

Leider war es nicht mög-

lich nur ein einziges dieser zierlichen Töpfchen, wovon manche nicht über 5 cm hoch waren , wieder zusammenzubringen ; Vergleichung der Randstücke ergab , dass es mehr als 60 waren . Derartige Gefässe fanden sich auch in den Gräbern bei Steinheim, dem Salisberg gegenüber, aber an keiner anderen unserer Römerstätten ; ein vollständiges Exemplar sah ich in Frankfurt bei Dr. Lotz , wohl von Heddernheim .

Ich halte

rauhen Steinchen das Festhalten erleichterten ;

sie für Salbentöpfe ,

bei denen

die Kleinheit spricht dafür und

auch

die das

Vorkommen in Gräbern .

Dagegen fanden sich fast gar keine Salbentöpfe mit Einbiegungen,

die durch Daumendruck

angebracht

waren.¹)

Solche

waren

in

den

Rückinger

Gräbern

häufig , wenige kamen auch bei Steinheim vor ; sie sind in der Regel grösser als die mit Steinchen versehenen und darum wohl als die älteren zu betrachten . Ein Unterschied gab

sich auch bei den tassenartigen Sigillatagefässen zu erkennen .

Die Rückinger Gräber waren reich an solchen mit geradliniger ziemlich steil hinaufgehender Wand ; davon fanden sich aber am Salisberg nur wenige. hatten eine Form ,

die

bei Rückingen ganz

Die meisten , die hier vorkamen ,

fehlte ; sie waren flach ,

weit offene zweimal

1) Dass diese tulpenförmigen Gefässe niemals Knochen enthalten, also keine Urnen waren , habe ich bereits in meiner Schrift Weitere röm . Münzen p. 4 Anm. ** hervorgehoben.

102

gewölbte Schalen.

Nehmen wir dazu ,

dass einige von den letzteren schlechteren Thon und

mangelhafte Arbeit , vor allem verschwommene

Töpferstempel

zeigen ,

während Rückingen

und die anderen Fundorte nur gute Sigillata aufweisen , so wird der Schluss gerechtfertigt sein , dass die hohen steilen Tassen die ältere , die flachen gewölbten Schälchen die spätere Mode sind. Daraus ergibt sich von selbst der weitere , mit Wolff's obigen Ausführungen übereinstimmende Schluss , dass die Wohnhäuser am Salisberg erst in die letzte Zeit der Römerherrschaft gehören.

Berichtigungen und

Nachtrag .

Auf S. 15 ist statt PECVLIAF zu lesen : PECULIAFE. Auf Seite 25 , Anm. 5 ist hinter dem Worte ,,befindlichen " einzufügen : ,,Kopie der" (scil. Dhein'schen Chronik). Nach Beendigung des Druckes geht mir das 1. Heft des Jahrgangs 1890 der Quartalblätter des hist. Vereins für das Grossherzogthum Hessen zu . Dort berichtet F. Kofler über Spuren einer römischen Strasse , welche von der ,,grossen Römerstätte" am Marienhofe bei Kaichen , wo auch er ein Kastell vermutet ,,,dem grossen Kastelle von Kesselstadt zustrebt." Die Stelle liegt genau in der Mitte zwischen Kesselstadt und Friedberg , 13 km von jedem der beiden Orte entfernt , weshalb ich in Uebereinstimmung mit Oberstlieutenant Dalım dort ein Zwischenkastell gesucht habe. (Vgl. die Anmerkung zu Duncker's Gesch. der Chatten , S. 105.) Hoffentlich gelingt dem befreundeten Forscher seine Auffindung. Sie würde ebenso wie der bereits gefundene Strassenabschnitt ein neues Glied in der Kette der Beweise für die ältere Grenze Hanau-Friedberg bieten. (Wolff.)

Bayerische Staatsbibliott at MUNCHEN

KURFÜRSTENTHUM Niveau Karte

HESSEN

auf 112 Blättern nach 25000

dw. G.

HANAU Hanau

No 107 . römischen

Spuren

gefundenen

Anbaues.

Tafel I Marköbel nach

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Lith. v Kölzsch 1859.

Grosskrotzenburg Aufgenommen 1853 v. Schick. (Mit Nachträgen bis 1860) Maalsstab v.800 rhl .Ruthen u. zugleichv. 4000 Schritten ; aSUO Rthu 100 1300 2000 2400

DieHöhenangaben bezeichnen rhlFse überd.Fordsee b.Langmurden (Oldenburg),n. Gaus.Ein Zusatz 0.5, 0Fss. substituirt die Ostsee b. Swinemünde n.BaeyerAlle abwechselnd mitLinien u lünglichpunletirtgezeichnete Horizontalen umgrenzen Terrain Stufen v.5Rthn.- 60rhl Fss.Höhe,u ihregegenseitigen Abstünde betragen: 80" 300 10° 150 20° 25° 30° 35° 40" 45" 50 55° 60" 70° 039 fürBöschungenevon 1° ‫ی‬ Rihn. 2,"9 1,98 im Grundriss 28674 572 2874 187 13, 10,77 877 771 6,50 5,0 4,72

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D Reisestunde ; às Aeq. Grad-1182 is rhl. Rthn .

1 Grad Steigung

s Maafsstab für Stufen v. co F. nach 23000 64 40 Böschungs 5" 3°

8" 90 100 110 120 130 140 150

50° 5' 26° 40'

Tafel II.

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Am Lustgarten

30.

Tafel III. 2 Kastellmauer (1100 )

1. Situation eines Eck- und eines Zwischenturmes (1: 300)

im Hofe des Georg Diehl. b. Längenschnitt E-F und Ansicht gegen die Gartenmauer.

a. b.

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c. Querschnitt. C-D.

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C.

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2,23

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2,30.

D. E. Schnitt

A.-B.

(1: 100)

Weg.

Ansicht von

a.

oben

Lehm.

7. Brandgräber (1: 300)

C. Gartenmauer.

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Füllmauer bener Erdkörper. Behauene Steine. ""

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Georg Diehl.

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E. 1,4.

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Schnitt

e.

C.-D. (1: 100)

Schnitt

E - F (1: 100)

Rollschicht.

Fundament. D.

Rollschicht.

6.Situation der Strassen - Gabelung an der Fasaneriemauer. 1: 1000. Fasaneriemauer. 36.0

Lehm 4. Querprofil.

2,25*

-2,25* -2,53-

182

12 1.25

1,20 1,05

2-548-

14 1,50 140

. -2,50

des Grabens an der Ostfront nördl. der Augustastrasse (1: 300.)

Kies

0.70

Wilhelmsbader 37 9

Terrainhöhe. Kastellmauerfundament

Allée.

d.

t.

Richtung des zweiten Weges.

5. Gebäude auf dem Salisberg (1:1000)

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a, b. und c. = Grabenmitten.

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5,60 1.55 2,50 155

B. --2,90-

A. A-B.

7,0

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d. Pflaster des zweiten Weges. e. Trümmer eines kleinen Gebäudes.

C 2,90-

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A.

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Grundstück des Silberwaarenfabrikanten Kurz

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3. Porta principalis . sinistra (1: 300)

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b.

b.

Querprofil der Strasse (1: 300.)

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8,00 НА III.

5,70 --->

Lith u.Druck von A. S. Herzing Kl . Steinheim-Hanau.

Tafel W

L 41 .

L 43.

L 42 .

L 44.

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29.

SECVNDINYSE

MACCONOF

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30.

BENONIO

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33.

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35.

VICTORE

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