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German Pages [242] Year 2017
FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE UND KULTUR DES ÖSTLICHEN MITTELEUROPA | BAND 52
Das Hersfelder Zehntverzeichnis und die frühmittelalterliche Grenzsituation an der mittleren Saale Eine namenkundliche Studie
Christian Zschieschang
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
GWZO Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V.
Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa Herausgebergremium: Arnold Bartetzky, Winfried Eberhard, Christine Gölz, Frank Hadler, Matthias Hardt, Christian Lübke, Stefan Troebst
Band 52
Das Hersfelder Zehntverzeichnis und die frühmittelalterliche Grenzsituation an der mittleren Saale Eine namenkundliche Studie von Christian Zschieschang
2017 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
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Gedruckt mit Unterstützung des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V. an der Universität Leipzig. Das dieser Publikation zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderschwerpunkt „Geisteswissenschaftliche Zentren“ (Förderkennzeichen 01UG1410) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei dem Autor.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlagabbildung: Das Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus dem Hersfelder Zehntverzeichnis (Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urk. 56, Nr. 2268, Abdruck mit freundlicher Genehmigung).
© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Rebecca Wache, Castrop-Rauxel Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50721-3
Dem Andenken an Hans Walther (1921–2015)
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Vorwort Das Hersfelder Zehntverzeichnis zog als exzeptionelle Schriftquelle immer wieder die Aufmerksamkeit der Mediävistik auf sich. Von der Namenforschung wurde es hingegen bisher nur in knapper Form oder im Zuge großräumigerer Untersuchungen in den Blick genommen. Der Titel dieses Bandes mag vielleicht Erwartungen wecken, die nur zum Teil erfüllt werden, denn nicht allen denkbaren onomastischen Perspektiven auf diese Quelle konnte hier nachgegangen werden. Dennoch dürfte die intensive Untersuchung der toponymischen Landschaft der vom Zehntverzeichnis erfassten Region zwischen Harz, Saale, Unstrut und Mansfelder Seen neue Anregungen für die geschichtliche Betrachtung der Grenzen des fränkischen Reiches bieten. Ursprünglich sollte diese Untersuchung einen überschaubaren Umfang aufweisen, wie er einem Forschungsprojekt von letztlich nur anderthalb Jahren angemessen wäre. Geplant und z. T. auch verwirklicht war lediglich die Publikation einiger Aufsätze. Dann erwies sich aber die Materialbasis als außerordentlich heterogen, da die Teilregionen bislang in sehr unterschiedlichem Maße onomastisch bearbeitet worden waren. Daher musste aus einer Vielzahl von Einzeldarstellungen eine einigermaßen homogene Datenbasis aufgebaut werden, was eine sehr aufwändige Arbeit war und dieser thematisch eher eng geführten Darstellung schließlich den Umfang einer Monographie bescherte. Eine erschöpfende Darstellung der Ortsnamen dieser Region liegt damit nicht vor, und ein umfassendes toponomastisches Nachschlagewerk bleibt weiterhin ein Desiderat. Dass manche schwierigen Fälle nicht bis ins Letzte zu klären waren, soll die Abbildung auf dem Einband andeuten – sich wiederholende Namen und die Lückenhaftigkeit sind zudem häufig unbeachtete Eigenheiten des Hersfelder Zehntverzeichnisses. Im Kontext der Wissenschaft mag Röm. 14,7 – in Luthers Übersetzung: „Unser keiner lebet ihm selber“ – vielleicht auch so verstanden werden, dass ohne Interesse und Unterstützung von Kollegen eine brauchbare Ausarbeitung kaum entstehen kann. Im vorliegenden Fall bildete die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen der Projektgruppe „Vergleichende Untersuchungen zum sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel in den Grenz- und Kontaktzonen Ostmitteleuropas im Mittelalter“ am GWZO einen überaus inspirierenden Rahmen. Der fachlich intensive und sehr freundschaftliche Austausch mit der Historikerin Sabine Altmann und dem Archäologen Roman Grabolle war für das Entstehen dieser Arbeit von kaum zu überschätzender Bedeutung. Die Erstgenannte stellte mir u. a. hervorragende Kartengrundlagen zur Verfügung, die für den Druck allerdings von Grund auf neu hergestellt werden mussten. Auch meine anderen Kollegen – insbesondere sind Prof. Dr. Marcin Wołoszyn, Dr. Joanna Wojnicz, Mirko Oehlert, Christoph Mielzarek und Daniel Syrbe zu nennen – haben an diesem positiven Umfeld ihren Anteil, nicht zuletzt auch hinsichtlich der Verständlichmachung onomastischer Binnenkommunikation für ein interdisziplinäres Publikum. Ich bin sehr dankbar, solche KollegInnen zu haben bzw. gehabt zu haben. Erhebliche Bedeutung für die Bearbeitung hatte auch die Tätigkeit
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Vorwort
von studentischen Hilfskräften. Vor allem Martin Pätzold (jetzt Engelke), später auch Isabel Hohle, Doris Wollenberg, Claudia Hoga und Kristin Opitz entlasteten mich über die Jahre immer wieder von zeitraubenden und z. T. recht stupiden Tätigkeiten. Kristin Loga und PD Dr. Harald Bichlmeier unterzogen diese Arbeit ihrer aufmerksamen Korrektur. Beiden danke ich für zahlreiche Anregungen und Hinweise. Insbesondere die profunden Kenntnisse des zuletzt Genannten hinsichtlich des Indogermanischen kamen meinen Ausführungen sehr zugute. Ihm danke ich außerdem für die Übernahme der Rezension dieses Bandes. Außerdem ist kaum genug zu würdigen, was Kristin Loga und André Freisleben mit ihren Magisterarbeiten für die Schließung der toponomastischen Lücken im untersuchten Gebiet geleistet haben. Dr. Maria Kozianka, Laura Sturm und Michael Solf halfen mir mit Auskünften, was im Text an den entsprechenden Stellen vermerkt ist. Ihnen danke ich ebenso wie dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt für die großzügigen Möglichkeiten der Einsichtnahme in die so genannten Historischen Messtischblätter sowie nicht zuletzt auch Dr. Wolfgang Vahl vom Hessischen Landesarchiv in Marburg für die unkomplizierte Erlaubnis des Abdrucks der Handschrift des Hersfelder Zehntverzeichnisses. Für die großzügigen Publikationsbedingungen am GWZO danke ich den hierfür Verantwortlichen – unserem Direktor, Prof. Dr. Christian Lübke, dem zuständigen Fachkoordinator, Prof. Dr. Matthias Hardt, der außerdem das Manuskript mit großer Sorgfalt Korrektur gelesen hat, den Mitarbeiterinnen der Verwaltung sowie den geldgebenden Gremien, in diesem Falle dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, das die Herstellung und Drucklegung dieses Bandes finanzierte. Schließlich bewiesen die MitarbeiterInnen des Böhlau-Verlags – stellvertretend genannt seien Sandra Hartmann und Julia Roßberg – große Umsicht und Gründlichkeit. Natürlich braucht das Schreiben Zeit, wodurch andere Aufgaben leicht vernachlässigt werden. Dies betrifft (hoffentlich) weniger Frau und Kinder als andere Dinge, die oft unberechtigt als weniger wichtig abgetan werden. Ob beruflich oder privat – ich danke Allen, die hiervon betroffen waren, für ihr Verständnis und ihre Geduld. Leipzig, im Advent 2016
Christian Zschieschang
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Zur Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Das Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Bisherige siedlungsgeschichtliche Interpretation des HZV . . . . . . . . 1.4 Ein perspektivisches Dilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Forschungsstand und Aufbau des Untersuchungskorpus . . . . . . . . . 1.6 Zuordnungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.1 Relativ klare Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.2 Nicht zu klärende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Mehrfachnennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Resultat: Das Namenkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Prämissen der folgenden Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 13 15 17 18 27 27 40 48 51 56 58
2. Die slavischen Siedlungsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Sprachliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Historisch-geographische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60 60 62 64 75
3. Die deutschen Siedlungsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Allgemeines Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Methodisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Ältere Bildungstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Das Grundwort -leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Das Grundwort -stedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Das Suffix -ingen/-ungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Das Grundwort -heim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Das Suffix -idi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Weitere ältere Bildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Jüngere Bildungstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Das Grundwort -dorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Das Grundwort -hausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Das Grundwort -rode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Das Grundwort -bach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.5 Die Grundwörter -burg/-berg und -tal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Sporadisch auftretende Bildungsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Im HZV auftretende Grundwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81 81 83 86 86 89 95 98 98 100 106 106 119 123 130 134 139 140
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Inhalt
3.5.2 Nicht im HZV auftretende Grundwörter . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Das Verhältnis älterer und jüngerer Namentypen . . . . . . . . . . . . . . .
143 145
4. Die Burgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Siedlungsgeschichtliche Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Die Siedlung im toponymischen Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Die Arealität der deutschen Namentypen . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Die Rolle des Anteils wüstgefallener Siedlungen . . . . . . . . . . 5.1.3 Zur sozioonomastischen Einordnung deanthroponymischer Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Allgemeiner chronologischer Eindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Das Harzareal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 West- und Ostareal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.7 Die Rolle der Slavica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.8 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Der Anteil des HZV an der Darstellung der toponymischen Landschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Zur Flächendeckung des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Zur inneren Geschlossenheit des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Friesen im Hassegau? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Transregionaler Vergleich und Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154 154 154 155 157 160 161 163 165 167 168 168 171 173 176
6. Anhang – Die Namen aus Liste A des Hersfelder Zehntverzeichnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7. Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
8. Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Tabellen . . . . . . . . . . . . 8.1 Abbildungen und Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207 207 207
9. Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
10. Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210
Tafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einführung 1.1 Zur Untersuchung „Die Errichtung und Stabilisierung von Grenzen gegenüber einer Situation oder einem Umfeld dient nicht der Verhinderung von Überschreitungen, sondern ihrer Markierung und Regulierung. Damit haben Grenzen etwas Paradoxes an sich: einerseits dienen sie der Ab- und Einschließung, andererseits der Überschreitung. Grenzzonen lassen sich also begreifen als Orte der Vermittlung mit den Ansprüchen der Anderen.“ 1
Grenzen als Diskretisierungen von Kontinua 2, insbesondere im Hinblick auf die Erdoberfläche, sind nicht nur ein geschichtliches Phänomen der Differenzierung von administrativen oder kulturellen Einheiten und eine Konstante des menschlichen Zusammenlebens, sondern ein Phänomen allgemeiner Art, das in den unterschiedlichsten Kontexten – um nicht zu sagen: überall – begegnet. Damit ist es auch nicht überraschend, dass ein Zitat wie das oben stehende hier passend erscheint, obwohl es für einen völlig anderen Zusammenhang formuliert wurde. Seit Jahrzehnten behauptet sich die Vorstellung, slavischsprechende Menschen seien von „den Deutschen“ im frühen Mittelalter durch die Flussläufe der Elbe und Saale getrennt gewesen. Aus einer allgemeinen und großräumigen Perspektive heraus ist dies sicher bis zu einem gewissen Grade richtig, und da man im Allgemeinen die Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht anders als durch Generalisierung und Vereinfachung meint erreichen zu können, mag diese Vorstellung auch heute zu akzeptieren sein – sofern sie freilich auch unterschwellig frei bliebe von den kulturkämpferisch-deutschnationalistischen Begrifflichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, was leider nicht immer der Fall ist. Dennoch bedarf es keines Hochschulstudiums der mittelalterlichen Geschichte oder historischen Sprachwissenschaft, um festzustellen, dass sich beispielsweise slavische Ortsnamen auch westlich der Saale in nicht geringer Zahl finden, was im Folgenden noch genauer darzustellen sein wird. Weiterhin ist es ohne Weiteres einleuchtend, dass sich materielle Hinterlassenschaften der Menschen des Frühmittelalters, seien sie aus Keramik oder Metall, in der Regel nicht als slavisch oder deutsch etikettieren lassen. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht liegt hingegen an der mittleren 1 2
Schröder 2009, 230. In Kartographie und Geoinformation werden eindeutig bzw. liniengenau abgrenzbare Erscheinungen als Diskreta bezeichnet; Diskretisierungen sind entsprechende Transformationen kontinuierlich verteilter Daten, vgl. Ogrissek 1983, 105 und 345; Saurer/Behr 1997, 21; de Lange 2006, 166 und 199 f.; Bill 2010, 22 f. Prinzipiell das Gleiche erfolgt bei einer Grenzziehung, indem ein vormals kontinuierlicher Übergang in zwei homogene Areale transformiert wird.
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Einführung
Saale tatsächlich eine Grenzsituation vor, indem hier zwei nur relativ entfernt miteinander verwandte Sprachen aufeinander stoßen. Deren Muttersprachler konnten sich ohne Weiteres kaum miteinander verständigen, sondern mussten dazu die Sprache der Nachbarn erst mehr oder weniger mühsam erlernen oder auf eine gemeinsame Fremdsprache ausweichen. Mit der Feststellung dieses sprachlichen Unterschiedes ist aber die Frage, wo die Abgrenzung verlief und wie sie beschaffen war, noch völlig unbeantwortet. Dies soll im Folgenden anhand einer Regionalstudie näher beleuchtet werden. Bei der geographischen Auswahl bot es sich an, einer besonderen Quelle nicht nur Beachtung zu schenken, sondern diese in den Mittelpunkt der Untersuchung zu rücken. Zuvor sind noch einige Prämissen zu benennen, die unkommentiert im Folgenden zu Irritationen oder Fragen führen könnten. Teilweise wurde bewusst von bisherigen Schreibkonventionen abgewichen: Als Platzhalter für nicht eindeutig rekonstruierbare Vokale in erschlossenen Grundformen dient nicht, wie in namenkundlichen Arbeiten sonst üblich, der Bindestrich. Vielmehr wurde hierfür – entsprechend heutiger Schreibgewohnheiten für Leerstellen in anderen Bereichen – der Unterstrich (_) verwendet, was die Anschaulichkeit der Namenformen für Fachfremde vielleicht erhöhen kann. Außerdem wird damit die Multifunktionalität, die dem Bindestrich zukommt, ebenso reduziert wie durch die Verwendung des Pluszeichens zur Abgrenzung der verschiedenen strukturellen Bestandteile einer Namenbildung (Basismorphem, Suffix usw.), die allerdings nicht durchgängig erfolgte, sondern nur da, wo es angebracht erschien. Dass es sich bei diesen Abwandlungen um bessere Alternativen handelt, soll damit nicht behauptet sein, vielmehr seien sie hier zur Diskussion gestellt. Hinsichtlich der Lemmatisierung von Namen mit unterscheidenden Zusätzen („Groß“ vs. „Klein“ usw.) stellt sich bei dem mit Recht üblichen Ansatz unter dem „eigentlichen“ Namen bei Abtrennung des Attributs das Problem, dass eine Schreibung „Eichstädt, Langen-“ nicht erkennen lässt, ob die offizielle Form des Namens „Langeneichstädt“ oder „Langen-Eichstädt“ lautet. Um hier Eindeutigkeit zu schaffen, wurde in den entsprechenden Fällen die sonst ungewohnte Kleinschreibung „eichstädt, Langen-“ gewählt. In den folgenden Ausführungen werden die HMTB, die Historischen Messtischblätter der Historischen Kommission 3, eine gewichtige Rolle spielen. Ihre Nomenklatur folgt nicht derjenigen der späteren, vom Deutschen Reich herausgegebenen Messtischblätter, welche bis heute von den topographischen Karten gleichen Maßstabs der Landesvermessung der deutschen Länder fortgeführt wird, sondern einer älteren Blattnummerierung, welche ebenfalls eine vierstellige Zahl bildet. Auf jedem Blatt wurden die Wüstungen, unabhängig davon, ob für sie ein Name überliefert ist oder nicht, mittels Buchstaben durchnummeriert; hieraus ergibt sich das im Text praktizierte Angabeschema „HMTB 2679.K“ usw.
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Im Archiv des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt. Zu Entstehung, Charakter und Benennung dieser Quelle Reischel 1925, 344–348; Zschieschang 2003, 118 f.
Das Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
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1.2 Das Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV) Als eine bedeutende schriftliche Quelle zur fränkischen Geschichte war das Hersfelder Zehntverzeichnis (Tafelteil, Abb. 3, S. 219) seit jeher für Historiker, Germanisten und auch Archäologen von großem Interesse. Dafür war ausschlaggebend, dass es eine große Zahl an Toponymen auflistet, die sich zum überwiegenden Teil in einem geographisch exakt umrissenen Raum zwischen Saale, Unstrut und Helme sowie der Salza, dem Süßen See und dem Unterharz lokalisieren lassen. Grundlegendes für die historische und sprachgeschichtliche Einordnung dieser Quelle hat neben Hermann Größler insbesondere Edward Schröder geleistet, dessen wenige ihr gewidmete Seiten innerhalb seiner „Urkundenstudien eines Germanisten“ (Schröder 1897) noch immer als „vorbildliche Arbeit“ 4 gelten können. Es handelt sich bei dieser Quelle um vier voneinander zu trennende Aufzählungen von Ortsnamen, die nach Schröder traditionell als A, B, C und D bezeichnet werden. Optisch und mengenmäßig dominierend ist Teil A, der 239 Namen von Orten im Friesenfeld aufführt 5, in denen der Zehnte dem Heiligen Wigbert, also dem Kloster Hersfeld, gehört (Haec est decimatio qvae p(er)tinet ad s(an)c(tv)m Uvigberhtv(m) in Frisonoveld). Die Namen sind säuberlich in acht nebeneinander stehenden Kolumnen angeordnet, und innerhalb dieser in untereinander stehenden Zehnergruppen gruppiert. Demgegenüber wirken die Listen B bis D unscheinbar. B benennt 19 Burgen, die mit ihrer Umgebung und allen zu ihnen gehörenden Orten den Zehnten dem Heiligen Wigbert in Hersfeld zu geben schuldig sind (Hec svnt vrbes, qve cv(m) vicilis svis et omnib(vs) locis ad se p(er)tin[entibv]s decimationes dare debent ad s(an)c(tv)m Uvigberhdv(m) ad Herolvesfeld), während C und D weitere 13 und 12 Orte nennen, die sich im Besitz des Kaisers bzw. des Herzogs Otto des Erlauchten, Laienabt in Hersfeld 6, befinden. Zeitlich entstanden alle diese Auflistungen im 9. Jahrhundert; zusammengestellt wurden sie an dessen Ende (Schröder 1897, 10). Wenn auch der uns erhaltene Text eine Abschrift des 11. Jahrhunderts darstellt, übernimmt diese jedoch die Graphemik der Vorlagen offensichtlich beinahe exakt, was diese Abschrift „als ausreichenden Ersatz der Urschrift“ (Schröder 1897, 3 f.) qualifiziert. Wir haben hiermit also eine sehr umfangreiche toponymische Quelle aus vergleichsweise früher Zeit, die einen außerordentlich großen Glücksfall für die namenkundliche und historische Forschung darstellt. Entsprechend groß war das Interesse an ihr und zahlreich die Versuche, die genannten Namen geographisch einzuordnen und hinsichtlich der durch sie zu charakterisierenden Siedlungslandschaft zu interpretieren. Der Teil A ist in das zweite Drittel des 9. Jahrhunderts zu datieren (Schröder 1897, 8). Im zweiten Teil seiner Urkundenstudien (Schröder 1899), der anscheinend weniger Beachtung fand als der erste, plädierte Edward Schröder mit historischen,
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Wolf 1957, 193; ähnlich auch Walther 1990, 220. Vgl. zum HZV auch Neuß 1995, 117–123. Vgl. hierzu die Übersicht der im Teil A genannten Orte im Anhang. Vgl. Altmann/Grabolle 2011, 442; Altmann 2012, 184 f.
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Einführung
nicht sprachlichen Argumenten für eine jahrgenaue Datierung auf 845. In diesem Jahr wurde ein Streit zwischen dem Erzbistum Mainz und dem Kloster Hersfeld um die Zehnterhebung beigelegt, weshalb es naheläge, dass das Kloster sein „wirkliches Recht auf die „decimatio in Frisonoveld“, wie es die Zehnten-Tafel A bietet“, zusammengefasst hätte (Schröder 1899, 379 f.). Im Folgenden wird diese Datierung übernommen, einerseits weil sie schlicht praktikabler ist als umständliche Angaben wie „2. Dr. 9. Jh.“, „M. 9. Jh.“ o. ä., andererseits um an Schröders Überlegung, die nachfolgend wenig Beachtung fand, zu erinnern. Im Mittelpunkt der Analyse des HZV stand stets Teil A, allein schon wegen der Fülle der in ihm enthaltenen Namen, aber v. a. auch deshalb, weil bereits frühzeitig deutlich wurde, dass die vielen Orte – so, wie es auch die Überschrift in Frisonoveld ausweist – in einem geographisch eng begrenzten Gebiet zu suchen sind. Es ist das gleiche, in dem sich auch die Burgen der etwas jüngeren Liste B (letztes Drittel des 9. Jahrhunderts; Schröder 1897, 10) befinden, deren Namen wir in leicht variierenden Formen bereits in Teil A finden. Diese Deckungsgleichheit musste geradezu zu (siedlungs-)geschichtlichen Interpretationen auffordern, während die Namen der Listen C und D (ebd., 9 f.) einen weitaus größeren und unbestimmten Raum umfassen und heutigen Toponymen nur zum Teil zugewiesen werden können. Diese beiden Listen fanden also weniger Aufmerksamkeit, und die Zielstellung dieses Beitrags macht es erforderlich, ihnen auch hier keine größere Beachtung zukommen zu lassen. In einem Punkt spielt die Liste C jedoch eine Rolle, indem mit Spielberg (HZV Nr. 142, 144, 147 und 261) ein im Teil A genannter Name auch hier auftaucht (Teil A: Spiliberc, Teil C: Spiliberg; siehe genauer in Abschnitt 3.4.5) 7. Sprachlich „repräsentiert das Verzeichnis im ganzen einen mitteldeutschen Grenzdialect mit vereinzelten orthographischen Compromissen gegenüber dem theilweise niederdeutschen Wortmaterial“ (Schröder 1897, 8), was der dialektgeographischen Lage des Entstehungsortes Hersfeld entspricht. Niederdeutsche Einflüsse sind nur bei einer Handvoll Namen zu beobachten (ebd., 8). In Liste B sind gegenüber den gleichen in Liste A auftauchenden Namen leichte Veränderungen zu bemerken: Statt, wie in A, -burc und -berc wird hier konsequent -burg geschrieben, bei Helphideburc gegenüber Helpide lässt sich eine Verhochdeutschung ausmachen und einiges mehr (ebd., 8 f.). Hinsichtlich einer onomastischen Betrachtung der Toponyme des HZV lassen mehrere Faktoren die Zahl der in den Listen A und B genannten 257 Toponyme kleiner werden. Zunächst sind 10 Namen aufgrund des physischen Zustands der Quelle nicht mehr lesbar. Weiterhin werden etliche Toponyme, oft in exakt derselben Schreibung, mehrfach aufgelistet. Dabei ist per se nicht erkennbar, ob es sich
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Die übrigen Namen der Listen C und D bleiben in der vorliegenden Untersuchung außen vor, weil sie überwiegend aus ihrem geographischen Rahmen fallen. Außerdem legen sie einer geographischen Zuordnung in einem Maße Schwierigkeiten in den Weg, dass eine zielführende Auswertung für geschichtliche Belange kaum angebracht ist. Auch wenn sich einige Namen mit mehr oder weniger großer Sicherheit heutigen Orten zuweisen lassen, so ergeben sich kaum darüber hinaus verwertbare Informationen.
Bisherige siedlungsgeschichtliche Interpretation
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um verschiedene Siedlungen gleicher Benennung handelt oder aber ob im Zuge der Aufzeichnung dieselben Namen mehr als einmal in die Liste hineingeraten sind, was in Abschnitt 1.7 eingehender thematisiert wird. Da es auch in diesem Falle letztlich nicht nur der gleiche, sondern durchaus auch derselbe Name ist, der evtl. dicht beieinanderliegende Siedlungen benennt, erscheint es für eine sprachwissenschaftlich orientierte, statistische Auswertung der Namen angebracht, diesen Mehrfachnennungen kein besonderes Gewicht zu schenken und sie nur einfach zu berücksichtigen. Dies vermindert die Zahl der Namen um 55 (vgl. Abschnitt 1.7). Eine Reihe weiterer Toponyme aus der Liste A kehrt in der Aufzählung der Burgen (Liste B) wieder. Da es sich auch hier jeweils um denselben Ort handelt, der einmal als Befestigung und das andere Mal ohne eine solche Spezifizierung genannt wird, sind auch diese Doppelungen nur einmal zu berücksichtigen, woraus sich eine weitere Reduzierung um 21 Namenformen ergibt. Von den 257 Einträgen des Verzeichnisses bleiben somit nur 171 verschiedene Toponyme, also genau zwei Drittel, zu untersuchen übrig.
1.3 Bisherige siedlungsgeschichtliche Interpretation des HZV Der gängigen Meinung nach bietet das Hersfelder Zehntverzeichnis das Abbild einer Siedlungslandschaft des 9. Jahrhunderts mit einer Anzahl von Befestigungen und mehr als 200 darum gelagerten Siedlungen. Selten wird dies so deutlich ausgesprochen wie hier: „Es bildet dieses Verzeichnis das erste Dokument, welches zu uns über die Besiedlung spricht, wie sie zur Zeit seiner Abfassung sich herausgebildet hatte. [. . . ] Nur ein Name unserer Höhendörfer findet sich in dem Verzeichnisse, nämlich Steigra, und zwar findet dieser Name sich zweimal. Unsere beiden Dörfer [gemeint sind Schnellroda und Albersroda – Ch. Z.] fehlen in dem Verzeichnisse. Demnach dürfen wir folgern, daß beide Siedlungen vor 900 nicht entstanden sind.“ (Naumann 1922, 4, der letzte Satz durch gesperrten Druck hervorgehoben.)
Das Hauptaugenmerk ihrer Erforschung lag neben der Bestimmung der Etymologie der Namen auf ihrer Lokalisierung in Bezug auf heute noch existierende Orte und der Einordnung dieser Siedlungsstrukturen in den überregionalen Kontext. Letztere lassen sich wie folgt subsumieren: „Staatlich geförderte, organisierte Siedlung zeigte sich [. . . ] besonders im Raum nördlich der Unstrut (Hassegau, Friesenfeld), auch hier aus politisch-militärischen Gründen: sie diente als Aufmarschbasis zum Kampf gegen die sächsischen Gegner und die massiertere slawische Nachbarschaft im engeren Saalebereich. Als Zeichen dafür darf auch die Anlage eines umfangreichen Burgensystems, das uns im Hersfelder Zehntverzeichnis entgegentritt, angesehen werden.“ (Walther 1971 [DS 26], 222)
Bis heute ist das Geschichtsbild von dieser Frontsituation bestimmt, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immerhin ihres deutsch-chauvinistischen und slavenfeindlichen Kontexts entkleidet wurde. Zu verlockend erschien das anscheinend
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abgerundete Siedlungsbild mit Befestigungen zu sein, als dass Beobachtungen, die Zweifel aufkommen ließen, ein übergroßes Gewicht beigemessen worden wäre. Allerdings wurde die militärstrategische Interpretation schon frühzeitig in Frage gestellt, denn „der Sinn des Verzeichnisses besteht nicht darin, die Organisation für einen militärischen Schutz und seine Mittelpunkte festzuhalten, sondern die Orte zu nennen, aus denen das Stift Einnahmen beziehen kann“ (Timm 1954/55, 124). Auch die gerade nicht gegebene Vollständigkeit der Ortsliste blieb dem sachkundigen Bearbeiter nicht verborgen: „Gegenwärtig besteht selbst darüber noch Unklarheit, aus welchen Gründen einzelne im Hersfelder Zehntgebiet gelegene Orte im Verzeichnis nicht genannt sind und ob daraus etwa siedlungsgeschichtliche Schlüsse gezogen werden dürfen“ (Wolf 1955, 314). Diese Frage blieb fast ein halbes Jahrhundert lang nicht nur unbeantwortet, sondern auch unbeachtet. In Bezug auf die Strukturen von Siedlung und Herrschaft scheint es aber eine Schlüsselfrage zu sein, ob ein König des frühen Mittelalters einem „seiner“ Reichsklöster tatsächlich den Zehnten eines größeren geschlossenen Gebietes zusprechen kann, wobei danach zu fragen wäre, warum es eigentlich notwendig war, eine lange Liste von Namen niederzuschreiben, wenn doch der Abgabebereich auch mit der Nennung der Namen einiger Grenzflüsse hinreichend festgelegt gewesen wäre. Dass es im Gebiet, das von den Listen A und B des HZV umrissen wird, eine nicht geringe Zahl von Namen gibt, die in diesen Listen nicht genannt werden, ist alles andere als ein Geheimnis. Die einfachste Erklärung hierfür wäre, dass diese Orte eben erst später entstanden sind, wofür die Jahrhunderte nach der spätkarolingischen Zeit genügend Raum bieten. Dennoch erscheint es lohnend, den Blick nicht vorrangig auf die Namen des Hersfelder Zehntverzeichnisses zu richten, sondern auf die Gesamtheit der Toponyme dieser Region, innerhalb derer die in dieser einen Quelle begegnenden Bildungen nur eine Teilmenge bilden. Ob es sich dabei tatsächlich um die Teilmenge der älteren Namen handelt, soll im Folgenden näher bestimmt werden. Dies ist die Fragestellung, um die es in dieser Untersuchung gehen soll: Unterscheiden sich die im HZV überlieferten Namen hinsichtlich ihrer Bildungsweise strukturell von den übrigen, die außerdem noch in dieser Landschaft vorliegen, aber nicht so früh schriftlich bezeugt sind? Und was ist aus der Antwort darauf für die frühmittelalterliche Geschichte der Region abzuleiten? Diese recht simpel erscheinende Fragestellung erfordert eine nachvollziehbare, umfangreiche Darstellung des Untersuchungsmaterials, die vielleicht Erwartungen weckt hinsichtlich einer grundlegenden toponomastischen Bearbeitung der untersuchten Region. Diese war jedoch, bedingt durch den Widerspruch zwischen dem zeitlich und thematisch eng umgrenzten institutionellen Rahmen und dem sehr disparaten Forschungsstand (vgl. Abschnitt 1.5), allenfalls ansatzweise zu leisten, und etymologische Überlegungen, die über die bisherigen Erkenntnisse hinausgehen würden, werden nur in Einzelfällen eine Rolle spielen.
Ein perspektivisches Dilemma
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1.4 Ein perspektivisches Dilemma In der Regel geht die namenkundlich-siedlungsgeschichtliche Untersuchung einer Landschaft vom Netz der heutigen Orte und ihrer Namen aus. Für diese werden ältere Schreibungen ermittelt, welche die Basis für die sprachliche Analyse der Namen und die darauf aufbauende geschichtliche Einordnung bilden. Dieses oft „onomastische Rekursion“ genannte Vorgehen sei im Folgenden als regressiv bezeichnet. Bei der Untersuchung einer Quelle wie dem HZV birgt ein anderes, ein progressives, große Vorteile. Hier liegt der Ausgangspunkt bei den historischen Belegen, ist also beinahe entgegengesetzt. Für diese wird nach Anknüpfungen in der späteren bzw. heutigen Toponymie gesucht. Im Falle einer lexikonartigen Zusammenstellung dienen bei einem regressiven Vorgehen die heutigen Ortsnamen als Lemmaansatz, bei progressivem hingegen die Belegformen der jeweiligen Quelle. Im ersten Fall blieben Orte mit schlechter oder ganz ohne historische Überlieferung übrig, im zweiten Quellenformen, zu denen keiner der heutigen Namen passt, die also ohne konkrete geographische Lokalisierung in der Luft hängen. Dieses zweite Vorgehen wurde von Siegmund Wolf gewählt, als er sich in mehreren umfangreichen Studien um die Lokalisierung der Namenbelege verdient gemacht hat (Wolf 1955; Wolf 1956a; Wolf 1956b; Wolf 1957). Schwierig wird es dann, wenn ein Quellenkorpus zweigeteilt ist und der eine Teil ein progressives Vorgehen verlangen würde, der andere ein solches jedoch verbietet. Dies ist der Fall, wenn das Gebiet, das die im HZV genannten Orte umschreiben, als ganze Siedlungslandschaft untersucht wird. Damit ist eine regressive Perspektive unumgänglich. Bei nicht wenigen Ortsnamen wird dabei die Belegreihe bis auf die jeweilige Form des HZV zurückzuführen sein. Allerdings bilden die Listen dieser Quelle ein Korpus, das nicht direkt, sondern nur mit einigen Problemen in den eigentlichen Datenbestand der Toponyme dieser Region integriert werden kann. Diese Probleme entstehen dann, wenn sich Namenformen des HZV nicht ohne Weiteres an heutige Ortsnamen bzw. ihre später einsetzende Belegreihe anschließen lassen. Die entsprechenden Fälle sind vor der eigentlichen Untersuchung aufzuzählen und zu diskutieren (Abschnitt 1.6, insbesondere 1.6.2). Sofern sich daraus keine topographische Verankerung ergibt, können sie in den folgenden arealtypologischen Analysen keine Berücksichtigung finden. Zuvor ist jedoch auf den Forschungsstand einzugehen und ein Aspekt zu betonen: Es kann und soll in dieser Darstellung nicht um etymologische Probleme gehen. Vielmehr liegt der Blickwinkel auf der Struktur der Ortsnamen, und zwar nicht der einzelnen Bildungen, sondern ihrer Gesamtheit. Nur auf diese Weise kann die Onomastik einen Beitrag zu den Fragestellungen leisten, um die es hier vorrangig geht. Dass das toponomastische Fundament nicht in allen Bereichen von idealer Solidität ist, ist ein Umstand, der von einer Untersuchung wie dieser nicht umfassend zu ändern ist. Für die Erarbeitung eines Ortsnamenlexikons inklusive einer Wüstungskunde für ein so großes Gebiet, wie es die Region zwischen Unterharz, Unstrut, Saale und Süßem See darstellt, bräuchte es einen weit längeren Atem, als ihn ein zeitlich eng befristetes, interdisziplinär angelegtes und überregional vergleichendes Forschungsvorhaben bieten kann.
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1.5 Forschungsstand und Aufbau des Untersuchungskorpus Die Analyse der Namen des Hersfelder Zehntverzeichnisses ist untrennbar verbunden mit Siegmund Wolf. Dieser ging die Listen in mehreren größeren Aufsätzen, die kurz hintereinander erschienen, regelrecht von vorn bis hinten durch. Die Ähnlichkeiten in Aufbau und Titel dürfen nicht dazu verleiten, sie als inhaltlich identisch anzusehen. Vielmehr bieten sie zu den einzelnen Namen jeweils komplementäre Informationen – bei Wolf 1955 und Wolf 1956b werden weitere historische Belege, bei Wolf 1956a die (späteren) kirchlichen Verhältnisse genannt. Zudem werden Lokalisierungen mancher Namen in den Folgebeiträgen revidiert 8. Dieser fortschreitende Erkenntnisprozess – Wolf 1955, Wolf 1956b und Wolf 1956a gehen Wolf 1957 voraus 9 – macht die unumgängliche Berücksichtigung dieser Aufsätze kompliziert. Zur Bildung und sprachlichen Herkunft der Namen hat sich Siegmund Wolf leider nicht geäußert; die Beschäftigung mit etymologischen Fragen blieb also späteren onomastischen Untersuchungen vorbehalten. Im Unterschied zu den Regionen östlich der Saale, deren lexikographische Erschließung in großen Teilen als vollständig bezeichnet werden kann 10, wenn auch freilich nicht alle offenen Fragen in Bezug auf die Etymologie einzelner Namen endgültig geklärt sind, ist der Forschungsstand für die Gebiete westlich des Flusses zwar nicht als schlecht zu bezeichnen, aber von großen Ungleichgewichten geprägt. Manche Regionen sind durch regionale Studien vollständig dokumentiert; für andere liegt hingegen eine Bearbeitung vor, die ein Jahrhundert alt ist. In Bezug auf die einzelnen Namen ist der Forschungsstand am besten durch eine Stufenabfolge der Bearbeitungstiefe darzustellen. 1. Stufe: Am intensivsten bearbeitet sind diejenigen Namen, die im Rahmen einer regionalen Untersuchung erschlossen wurden. Aufbauend auf umfassenden Quellenstudien wird für jeden Namen eine ausführliche Belegsammlung geboten und darauf die Namenerklärung aufgebaut. Dieses Kriterium erfüllen: 1.1 ein großlandschaftliches Namenbuch für die westliche Peripherie an der Saale (Eichler/Walther 1984 [DS 35]). Was die westliche Abgrenzung angeht, ist davon allerdings nicht der ganze Ausschnitt der dem Werk beigefügten Beilagekarte berührt, sondern lediglich ein relativ schmaler Streifen entlang des Flusses. Von den hier untersuchten 390 Ortsnamen betrifft dies 35, also 9 %;
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In Bezug auf die geographische Zuordnung der Belege gehen – gegenüber etlichen (nachfolgend revidierten) Abweichungen bei Wolf 1955 – die drei etwas später erschienenen Abhandlungen Wolf 1956b, Wolf 1956a und Wolf 1957 weitgehend konform. 9 Vgl. dazu die Bemerkungen bei Wolf 1956a, 29, Anm. 40, und 32, Anm. 51. 10 Vgl. neben Eichler/Walther 1984 [DS 35] und Bily 1996 [DS 38] noch eine Vielzahl weiterer regionaler Ortsnamenlexika, welche hier nicht im Einzelnen aufzuzählen sind, sowie die überregionalen Darstellungen HOS; Eichler SO; AAO.
Forschungsstand
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1.2 einige neuere Magisterarbeiten (Freisleben 2007; Loga 2007; Meier 2001). Diese decken große Gebiete des Untersuchungsraumes ab und stellen die Namen in aller Ausführlichkeit dar. Dass mit ihrer Hilfe immerhin 123 Ortsnamen (davon Freisleben 30, Loga 77 und Meier 16), also 32 %, bearbeitet wurden, lässt ermessen, wie wertvoll sie für die vorliegende Untersuchung waren; 1.3 für den Nordwesten eine ältere Kreisarbeit (Richter 1962 [DS 15]), die in Bezug auf die sprachwissenschaftlichen Erklärungen sicher nicht auf dem aktuellsten Stand, aber doch in Bezug auf die Materialsammlung wertvoll ist. Den Wüstungen dieses Gebietes, die in der genannten Abhandlung, abgesehen von der Belegsammlung, nicht bearbeitet werden konnten, wurde eine separate Abhandlung gewidmet (Schultheis 1967). Die Zahl der Namen, die für die vorliegende Untersuchung relevant waren, ist gering, sie beträgt 17 (4 %), davon sechs bei Schultheis 1967. Überschneidungen gibt es nur für vier Orte, die sowohl bei Eichler/Walther 1984 [DS 35] und Meier 2001 bearbeitet wurden; so dass insgesamt 174 Toponyme, also mit 45 % fast die Hälfte, mit der Intensität eines regionalen Namenbuches bearbeitet wurden. 2. Stufe: Auch im Rahmen großräumigerer Untersuchungen ist eine zuverlässige Bearbeitung möglich. Allerdings können hier aus Platzgründen oft nur wenige historische Belege wiedergegeben werden, und die Namenerklärung erfolgt häufig in stenographischer Kürze. 2.1 Dies ist insbesondere bei der Untersuchung der Fall, der der Rang eines Grundlagenwerkes für die Ortsnamen westlich von Elbe und Saale zukommt (Walther 1971 [DS 26]). Hier wird in umfangreichen Anhängen, nach Bildungstypen geordnet, eine große Menge an Toponymen aufgelistet. Dies gewinnt dadurch an Gewicht, dass hier das Hauptaugenmerk auf den für die vorliegende Untersuchung relevanten älteren Bildungen lag, unter denen 199 Ortsnamen aus dem Gebiet des HZV vorliegen. Problematisch ist hierbei lediglich die wohl den beschränkten Platzverhältnissen eines Buches geschuldete Kürze der Darstellung; insbesondere hinsichtlich der Wiedergabe älterer Namenbelege. Außerdem zeigte sich im Zuge der vorliegenden Ausarbeitung des Öfteren, dass Hans Walther seinen Namenerklärungen weniger das Zeugnis des HZV, sondern erst den jeweils folgenden Beleg zugrunde legte. Diese Beobachtung ist hier nicht weiter zu vertiefen, wird sich aber in den folgenden Kapiteln bei der Darstellung der einzelnen Toponyme immer wieder zeigen. 2.2 Ausführlicher ist die Darstellung im Kompendium der altsorbischen Ortsnamen (Eichler SO), in dem die slavische Komponente des Ortsnamenschatzes, abgesehen von einer größeren Zahl schlecht belegter oder unsicherer Wüstungen, eine gründliche Bearbeitung findet. Für das hier untersuchte Gebiet betrifft dies 92 Namen. Ferner ist eine ältere Darstellung der slavischen Namen im Hersfelder Zehntverzeichnis zu berücksichtigen (Eichler HZV), deren Material aber weitgehend bei Eichler SO Berücksichtigung fand.
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2.3 Nicht wenige Namen finden sich auch in den Untersuchungen Jürgen Udolphs (Udolph 1994; Udolph 1991), welche aber aus den bisher genannten Werken, insbesondere aus Walther 1971 [DS 26] schöpfen, was auch für Winkler 2009 und Winkler 2010 gilt. Von den stattlichen 269 Ortsnamen, welche die Untersuchungen dieser Bearbeitungsstufe (unter Berücksichtigung der gegenseitigen Überschneidungen) beisteuern, sind 156 außerdem in einer regionalen Untersuchung (Stufe 1) berücksichtigt. Eine Bearbeitungstiefe der Stufe 1 oder 2 weisen also insgesamt 330 Namen von insgesamt 400 im Gebiet des Hersfelder Zehntverzeichnisses auf, was einem Anteil von 82,5 % entspricht. 3. Stufe: Für die übrigen 70 Toponyme kann immerhin auf einige recht alte Arbeiten zurückgegriffen werden, die mit einer Reihe von Mängeln behaftet sind und somit trotz der Verdienste ihrer Autoren nur als Notbehelf dienen können. 3.1 Etliche Ortsnamenbelege für den früheren Kreis Querfurt, der bis in das Geiseltal hinein und über die untere Unstrut hinaus reichte, finden sich bei Böhme 1909. Diese Arbeit ist zwar in erster Linie den Flurnamen gewidmet, zum Teil werden jedoch auch für die Siedlungsnamen wenige ältere Belege genannt, zumeist ohne Quellenangabe, und eine überaus kurze Herleitung. Der heimatkundliche Charakter dieser Arbeit darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie von einem Germanisten, und zwar einem Schüler des damaligen Leipziger Indogermanisten Hermann Hirt, noch in seinen Studentenjahren unter dessen Anleitung angefertigt wurde und daher doch als solide angesehen werden kann, wenn auch freilich auf dem damaligen Stand der Forschung, der heute, von eindeutigen Fällen abgesehen, kaum noch maßgeblich ist. Hier werden insgesamt 98 Ortsnamen vorgestellt. 3.2 Viel ergiebiger ist Größler 1903, da sich seine Arbeit den Siedlungsnamen widmet und eine Menge historische Belege aufführt, für die z. T. auch die Quelle angegeben ist. Problematisch ist bei ihm, dass er etliche Namen etymologisch vom Wortlaut her mit früheren Völkerschaften, insbesondere den Warnen, verbinden will, was aus heutiger Sicht so einfach kaum haltbar sein dürfte (vgl. Abschnitt 3.2.3). Für das Gebiet des HZV liefert diese Arbeit für insgesamt 114 Ortsnamen Material. Wenn auch die Angaben zur Etymologie der Namen in beiden Werken nicht immer befriedigen können, so bieten sie doch in vielen Fällen historische Belege und damit einen Zugang zur Entwicklung der Namen. Von den 146 Toponymen, denen sich beide Arbeiten insgesamt widmen, wurden 97 später in Arbeiten der Stufe 1 und 2 bearbeitet, so dass 49 Ortsnamen übrig bleiben, welche die noch bleibende Lücke von 62 Toponymen zum größeren Teil auffüllen. 4. Stufe: Übrig bleiben damit 21 Namen ohne lexikographische Erschließung. Diese „Restmenge“ lässt sich jedoch differenzieren. 4.1 Für 8 Toponyme werden bei Neuß 1969 oder Neuß 1971 historische Belege geboten, aus denen auf eine Etymologie geschlossen werden kann:
Forschungsstand
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Barau, Wg. bei Schlettau, HMTB 2605.A: 1182 Borowe, 1336 Barowe (Neuß 1969, 6–8 (Nr. 4)) zu aso. *Borov_ aus *bor ‘Kiefer, Nadelwald’ 11. Gruba, in der Gemarkung Sangerhausen aufgegangen (Schmidt FlN 1932, 10), vgl. Grova (HMTB 2601.V): 1446 Gruba (Wolf 1957, 194, Anm. 3); zu mnd. grôve, mhd. gruobe ‘Grube’ (Lexer 1, 1104; MNHWB, 2, 1, 175). Herchensola, Wg. n. Riestedt: 1246 Herchensale, 1254 Herchensole, 1349 Herchensale usw. (Neuß 1971, 127–129 (Nr. 95); Schmidt FlN 1935, 47; vgl. auch Bathe 1957, 58 12). Das Grundwort ist -sole, ein „bislang kaum in ON nachzuweisendes GW“ 13. Dieses ist appellativisch an ahd. sol ‘Schlamm, Pfütze’, mnd. sol ‘Teich, Tümpel’ anzuschließen 14. Im Bestimmungswort dürfte der Personenname Herchan/Erkan (Förstemann PN, 457; Schlaug 1962, 79) stehen, obwohl das Grundwort eher ein Appellativ erwarten ließe. Asä. erkan ‘tüchtig’ ist jedoch nur in Anthroponymen belegt (Holthausen 1954, 16; daher nicht bei Tiefenbach 2010), und ahd. erchan ‘lauter, makellos, wirklich’ (AHDWB, 3, 420) dürfte eher eine Person benennen als ein Kleingewässer, obwohl ein ‘klarer Teich’ natürlich auch nicht auszuschließen ist. Auf jeden Fall dürfte dieser seltene Bildungstyp kaum in das Hochmittelalter einzuordnen, sondern älter sein. Richersdorf, Wg. bei Unterrißdorf: 1295 von Richardesdorf, 1305 Rychardestorp, 1308 Richardestorp, 1320 Rychardstorp usw. (Neuß 1971, 291–293 (Nr. 227)). Zum Personennamen Richard bzw. Ricohard (Förstemann PN, 1263), Rîchard (Schlaug 1962, 148). Auf dem Historischen Messtischblatt ist der Bereich, den dieser Ort eingenommen hat, als Brachborn bezeichnet (HMTB 2530.V), dieser bildet aber lediglich einen Flurnamen (Eigendorf 1960, 62). Schafsee, Wg. sw. Schraplau: 1216 Scovesse, 1225 Scofse, 1255 Schawsee, 1268 Scovesse, 1271 Sovesse, 1400 Schoubesehe, 1477 Schowe See usw. (Neuß 1971, 321–323 (Nr. 250)). Angesichts der frühen Belege mit -o- wohl, ähnlich wie das südhessische Schaafheim (Schmitz 2012) zu ahd. scopf, scof ‘Schuppen, Vorbau’ und nicht zu ahd. sc¯af ‘Schaf’ oder asä. skap ‘Holzgefäß’ im Sinne einer mit Holz eingefassten Quelle 15, damit zu trennen von Schafstädt (Walther 1971 [DS 26], 283). Schulenrode, Wg. bei Bornstedt, HMTB 2602.L: 1502 Schulenrode (Neuß 1971, 337 f. (Nr. 264) und 519); zu mhd. schûlen, ndt. sch¯ulen ‘verborgen sein’, in etwa ‘bei der verborgenen Rodung’, vgl. Schulenberg und Schulenbrook (Foster/Willich 2007, 324); Schulenburg bei Hannover (Ohainski/Udolph 1998 [NOB 1], 397 f.; Sculenburh (Förstemann ON 2, 795). Udenfelde, Wg. bei Hergisdorf, HMTB 2529.R: 1311 Udesfelde, 1347 Udenvelde, 1400 Uttenfelde, 1420 Utenfeld, 1430 Utenfelde usw. (Neuß 1971, 366–368 (Nr. 292)); zum Personennamen Udo (vgl. Ûdo, Uddo Schlaug 1962, 166; Udo, Utto Förstemann PN, 1472 f.).
11 Zu trennen von der Wg. Barau sw. Merseburg (Eichler SO 1, 27). 12 Dieser nennt ohne Kommentar oder Nachweis Hörchensole. 13 Casemir/Menzel/Ohainski 2011 [NOB 7], 243, dort auch die wenigen Vergleichsnamen – Ballensole bei Halberstadt (Udolph 2006, 75) und die meist schon im 10./11. Jahrhundert bezeugten Namen Budinsola, Embrinasola, Willansole und Euressol bei Möller 1998, 54–56; 73–76. 14 Casemir/Menzel/Ohainski 2011 [NOB 7], 243; vgl. auch gegenwartssprachlich Soll für eiszeitlich entstandene, kleine rundliche, oft mit Wasser gefüllte Vertiefungen. 15 Vgl. dazu Blume 2004, 265–268 im Zusammenhang mit dem Ortsnamen Schapen.
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Westdorf, Wg. bei Erdeborn, HMTB 2603.G: 1197 Westerendorf (Neuß 1971, 401 f. (Nr. 313)); Benennung nach der Himmelsrichtung. Als Ausgangspunkt dieser Richtungsangabe kommt nur Erdeborn in Betracht, da weiter östlich der Salzige See anschließt.
4.2 Nicht sehr groß ist damit die Zahl der Orte, welche bisher in kein Ortsnamenlexikon aufgenommen wurden, was nicht heißt, dass sie gänzlich unbearbeitet geblieben wären. Dies betrifft hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, wüstgefallene Orte: Angersdorf (1121 Danchmarsdorf, 1182 Dancmaristorp, 1244 Danckesdorp, 1416 Angstorff ): Der Name ist von HZV Nr. 81 Donichendorpf zu trennen, vielmehr zeigen die späteren Belege eindeutig eine Abkunft vom Personennamen Thancmar (vgl. Abschnitt 3.4.1; Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 301). Dippelsdorf, Wg. HMTB 2529.Q (1473 Dippolstorf, 1484 Dyppelstorf usw.): zum Personennamen Diebold (vgl. Abschnitt 3.4.1; Schmidt 1913, 55–57). Groitz, Wg. HMTB 2605.M, bei Nietleben (1511 auf Grotzsch Marke (Neuß 1969, 96 f. (Nr. 65)), kann kaum anders als aus aso. *Grodišˇce ‘(große) Burg’ entstanden sein. Dieser Name liefert einen ernstzunehmenden Hinweis auf eine frühmittelalterliche Befestigung, zumal die Überreste einer großen und einer kleinen Befestigung bezeugt sind (Neuß 1969, 96 f. (Nr. 65)). Gleichwohl sind die Überlieferungen zu spärlich, um die sprachliche Entwicklung des Namens zuverlässig beurteilen zu können. Köllme, im HZV Nr. 82 [C]ollimi, blieb bisher ohne Etymologie. Es ist wohl, wenn auch nicht zweifelsfrei, von einer Bildung aus aso. *chołm ‘Hügel’ auszugehen, vgl. dazu genauer Abschnitt 1.6.1. Lorenzrieth, Wg. 2601.AA (1311 sanct Lorentzrith, 1420 in dem rithfelde Sanct Lorentz): zum Personennamen Lorenz/Laurentius (vgl. Abschnitt 3.5.2; Schmidt 1913, 80–85). Naundorf, w. Frankleben, im Geiseltal (1012 [villam] quae vocatur nova): zu mhd. niuwe ‘neu’ (vgl. Abschnitt 3.4.1; Hengst 2016, 51; Rudolph/Cottin 2015, 125–127). Schnapsrode, Wg. HMTB 2529.M (1424 auff dem Snappardischade 16, 1535 an Schnappers Rode): evtl. Personenname Schnapper + rode (vgl. Abschnitt 3.4.3; Schmidt 1913, 67 f.). Wölbitz/Wellwitz, Wg. HMTB 2747.M und 2748.L, ö. Karsdorf, ist insofern von Bedeutung, als es ehedem eine ausgedehnte Flur besessen haben muss, die in Flurnamen einer ganzen Reihe angrenzender Gemarkungen Spuren hinterlassen hat. Der Name, 1206 Wölbitz, 1589 Wolfitz belegt (Naumann 1922, 16; vgl. auch Walther 1993 [1966], 107 und Mildenberger 1957, 127), ist wohl aus aso. *Volovici zu einem Personennamen *Vol herzuleiten. Dass es sich um einen Mischnamen handelt (Walther 1993 [1966], 107), ist insofern in Frage zu stellen, als -f- offenbar erst sehr spät belegt ist und wohl einen sekundären Reflex der mundartlichen Entwicklung (-lb- > -lw-) darstellt. Die Siedlung wurde in Teilen ergraben, wobei sich aber nur
16 Wohl Verschreibung für -disrhode.
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Funde ab dem 12. Jahrhundert fanden (Mildenberger 1957, 126 f.; Walther 1993 [1966], 107). Da es sich lediglich um vier Suchschnitte handelte, ist aber unsicher, ob dabei wirklich der Wohnplatz gefunden wurde, dem der Name ursprünglich gegeben wurde – im Hochmittelalter wurde westlich der Saale bestimmt kein slavischer Siedlungsname neu gebildet. Den sich hier stellenden Fragen nach Siedlungskontinuitäten oder -verlegungen kann mit dem verfügbaren Quellenmaterial nicht auf den Grund gegangen werden.
Die starke Präsenz von Wüstungen in dieser Gruppe leitet zur schwierigen Problematik der Wüstungsforschung über, für die ein Aspekt bestimmend wird, der hier bereits deutlich geworden ist. Fehlende Belege oder stark divergierende Schreibformen erlauben keine tragfähigen Angaben zur Etymologie dieser Namen, selbst wenn diese offensichtlich erscheint, und machen eine genauere sprachliche Bestimmung unmöglich: Königs–/Kilianshagen, Wg. bei Rothenschirmbach, ursprünglich Kirchenhagen (Neuß 1971, 171 f. (Nr. 134)). Auch wenn ein historischer Zusammenhang mit einer in den Ansätzen stecken gebliebenen Verlegung des Klosters Paulinzelle besteht (Neuß 1971, 172), so sind doch die drei recht verschiedenen Formen des Bestimmungswortes ohne weitere Schriftbelege nicht einzuordnen. Kraßlau (1350 in Krasleiben, Croslewin, 1416 Graßloüw, 1446 Krosseleuben, 1501 Krosleben, 1532 Kroslau): evtl. aso. *Krasisła´v, *Kras_l+ov_, oder Bildung auf -leben (vgl. Abschnitt 3.3.1). Moder-/Miedertal, Wg. HMTB 2603.F, bei Erdeborn, 1729 Maidertal (Neuß 1971, 225–227 (Nr. 175); Seebisch, Wg., HMTB 2677.N, ö. Querfurt, geographisch und sprachlich besteht kein Zusammenhang mit Seebich (HZV, Nr. 4). Nausitz, Wg., HMTB 2601.K, in der Gemarkung Sangerhausen aufgegangen (Schmidt FlN 1932, 10) 17.
Hinzu kommt eine große Zahl von Namen für Wüstungen, die offenbar slavischen Ursprungs sind. Infolge des Fehlens historischer Belege ist aber auch hier keine zuverlässige Erklärung möglich, zumal nicht selten auch die genaue Lage unklar ist, so dass die oben formulierten Voraussetzungen für eine Einbeziehung in diese Untersuchung nicht erfüllt sind. Der Vergleich mit analog lautenden anderen Ortsnamen erlaubt zwar etymologische Ansätze, die aber nicht belastbar genug sind, um den durch eine Belegreihe fundierten Ortsnamenerklärungen an die Seite gestellt zu werden. Im Einzelnen handelt es sich um 18: Bielen, nö. Querfurt – vgl. evtl. zweimal Biehlen aus aso. *Bˇelina zu *bˇelina ‘das Weiße’ (Eichler SO 1, 40 f.).
17 Loga 2007, 84 bezieht sich auf einen anderen, gleichnamigen Ort. 18 Die folgenden Namen werden bei Walther 1971 [DS 26], 324 f. als slavische Relikte ohne weitere Kommentierung aufgelistet.
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Einführung
Bottlau (Eichler SO 1, 58). Bradewitz, s. Eulau (Böhme 1909, 70). Dölitz – vgl. evtl. Dölitz und Dehlitz, herzuleiten aus aso. *Dol’c (aus ursl. *Dolƒcƒ) oder aso. *Dolica zu *doł ‘Tal’, alternativ aso. *Dˇel’c zu *dˇeł ‘Teil’/‘Hügel’ (Eichler SO 1, 76 f. und 93), ältere Belege würden hier den Stammvokal zeigen und eine Entscheidung zwischen beiden Varianten ermöglichen. Dreisig oder Drößig, Dreysig, zweimal, nö. Ober-Eichstädt und um Freyburg (Böhme 1909, 90) – vgl. evtl. Dreißig/Dreiskau aus aso. *Tryskov_ zu *trysk ‘Schelm’ als PN (Eichler SO 1, 103). Gölbitz, nö. Querfurt, 1464 Gelwitz (Böhme 1909, 24) – vgl. evtl. Golbitz aus aso. *Gołubic_ zu *gołub ‘Taube’ (Eichler SO 1, 150). Köbbeln, sw. Spergau, Die Köbel-Mark, Die wüste Mark Kobolani (HMTB 2749) – vgl. evtl. Kobbeln aus aso. *Kobyłov_ zu *kobyła ‘Stute’ (Eichler SO 2, 38). Kriebitzsch, nö. Querfurt (auch bei Größler/Meyer 1888) – vgl. evtl. Kriebitzsch aus aso. *Krivica zu *krivy ‘krumm’ (Eichler SO 2, 83; Böhme 1909, 71). Kürbitz, n. Weißenfels – vgl. evtl. Kürbitz aus aso. *Kurbica/*Korbica zu *kurb/*korb ‘Feuerherd, Rauchloch’ (Eichler SO 2, 100). Liebitz, nö. Querfurt – vgl. evtl. Liebitz aus aso. *L’ubici zum PN *L’ub(a) (Eichler SO 2, 130). Lübschütz, nö. Querfurt – vgl. evtl. Lübschütz u. ä. aus aso. *L’uboš(ov)ici zum PN *L’uboš (Eichler SO 2, 130 und 154). Netzschkau – vgl. evtl. Netzschkau aus aso. *Neckov_ zu *necky ‘Mulde’ (Eichler SO 3, 16). Pödelitz, 1046 Potelitze; 1400 Plolitz (Böhme 1909, 41 f.). Poples, w. Obschütz. ´ Prömmern, bei Freyburg (Böhme 1909, 72) – vgl. evtl. Promnitz aus aso. *Promnica zu *prom ‘Fähre’ (Eichler SO 3, 119). Prösig, n. Markröhlitz. Teiditz/Theiditz, nö. Querfurt (Böhme 1909, 72) – vgl. evtl. Teuditz (sö. Bad Dürrenberg) evtl. aus aso. *Tav_dici/*Taj_dici/*Tovdici zu PN *Tav_d/*Taj_d/*Tovd (so Eichler SO 4, 19). Zaglitz, sö. Querfurt (Böhme 1909, 72). Zickram, bei Oberwünsch – vgl. evtl. Ziegram aus aso. *Zagor_n_ zu *za ‘hinter’ und *gora ‘Berg’ (Eichler SO 4, 118). Zorbewitz, sw. Merseburg, HMTB 2679 G – vgl. evtl. Zorbau aus aso. *Sorbov_ zu *Sorb ‘Sorbe’ (Eichler SO 4, 127).
Forschungsstand
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Zwochau, ö. Obhausen (auch bei Größler/Meyer 1888) – vgl. evtl. Zwochau aus aso. *Svochov_ zum PN *Svoch (Eichler SO 4, 150).
Die Menge der fraglichen Wüstungen wäre damit durchaus noch nicht erschöpft. So führt beispielsweise, um nur ein Streiflicht zu nennen, HMTB 2679 Belzig, Zeitze und Beustnitz auf, mithin drei Namen, die kaum anders denn als slavische Oikonyme anzusehen sind; weitere Bezeugungen dieser Namen sind jedoch bislang nicht bekannt. In der regionalen Literatur (Böhme 1909; Größler 1903, Schmidt FlN) finden sich Hinweise auf eine Vielzahl von Wüstungen, wobei aber jeweils fraglich ist, ob diese für die jeweilige Region vollständig erfasst wurden 19. Und selbst wenn dies der Fall wäre, dann würde diese Vollständigkeit doch nur für einen Teil des HZV-Gebietes gelten. Um für die Erfassung der Wüstungen eine einheitliche Grundlage zu haben, bietet es sich eher an, auf die Historischen Messtischblätter (vgl. zu dieser Quelle Abschnitt 1.1) zurückzugreifen, die eine Fülle von Hinweisen bieten, die weit über das in der gedruckten Literatur dargebotene Material hinausgehen. Freilich stellt sich hier die Frage nach der historischen Überlieferung, und es gälte, die Spreu vom Weizen zu trennen – denn nicht bei allen Flurnamen, die den Namen einer untergegangenen Siedlung zu enthalten scheinen, liegt ein solcher tatsächlich vor. Die Bearbeiter der Karten, der Kataster-Kontrolleur a. D. Herbers und seine Gehilfen haben überkorrekt jeden Verdacht auf eine Wüstung auf den HMTB vermerkt. Gemäß ihrem Auftrag haben sie auch auffällige Abweichungen in der Parzellenausrichtung und verdächtige Flurnamen (auch Kleines Feld, Kämpe, Garten, Kirche, Kahlstedt, Hagen usw.) vermerkt (Reischel 1925, 366 f.) und damit „in der Sorge, ja keine Wüstung zu vergessen, unbewußt Hunderte von Wüstungen erst neu geschaffen“ (Reischel 1925, 366; ähnlich Neuß 1969, XIV). Diese Überfülle galt es zu ordnen und aus ihr die glaubwürdigen Wüstungen herauszuarbeiten. Da dies ohne überaus umständliche Vorarbeiten nicht in jedem Fall auf zuverlässige Weise gelingen konnte, wurde eher streng ausgesondert. Eine gründliche Analyse im Hinblick auf die Trennung von Spreu und Weizen wäre für die Erforschung der westlichen Peripherie der Germania Slavica eine wichtige, aber auch äußerst aufwändige Aufgabe. Da die dafür erforderlichen umfangreichen Quellenstudien kaum mit dem Zeitbereich zu tun hätten, der in dieser Untersuchung im Mittelpunkt steht, können sie in diesem Zusammenhang nicht geleistet werden. Die betreffenden, bis auf Weiteres unsicher bleibenden Namen können damit hier nicht berücksichtigt werden. Diese Menge unsicherer und fraglicher Toponyme gleicht der Staubwolke eines Kometenschweifs, deren hinteres Ende sich allmählich ins Nichts auflöst und mit linearer Exaktheit nicht zu bestimmen ist. Es handelt sich hierbei um ein für die Rekonstruktion des früheren Siedlungsnetzes überaus kompliziertes Problemfeld. Während man die heutigen Siedlungen auf topographischen Karten ohne größere Schwierigkeiten vollständig erfassen kann, ist ein 19 Andersherum ist auch festzustellen, dass „in der Literatur (z. B. Größler) fälschlich zu Wüstungen erklärte Örtlichkeiten und frei erfundene ‚Wüstungen‘“ begegnen (Neuß 1969, XIV).
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Einführung
vergleichbares Vorhaben für die heute nicht mehr existierenden Orte mehr als einfach nur ein mühsames Unterfangen. „Ein Laie vermag sich gar keine Vorstellungen von den ungeheuren Schwierigkeiten zu machen, die sich vor dem Bearbeiter auftürmen, die ihn umgeben“ (Reischel 1925, 367). Es gilt, ganz unterschiedliche Quellenzeugnisse zu erfassen, miteinander in Beziehung zu bringen, zu bewerten, einzuordnen oder zu verwerfen – insbesondere sporadische Quellenbelege, archäologische Funde und Flurnamen. Soll eine solche Bearbeitung zuverlässig sein, bedarf es einer intensiven Vertiefung in die Landschaft und einer detaillierten Ortskenntnis. Die Mühe einer solchen Bearbeitung ist in den Vorworten und Einleitungen von Wüstungskunden eingehend beschrieben. Nur mit einer solchen Bearbeitung ist ein Namenkorpus zu erzielen, das als vollständige Ergänzung der rezenten Orte in Bezug auf das historische Siedlungsnetz zu werten ist; ihr Fehlen – wie es bis auf die nördlichen Bereiche (das Mansfelder Land und den Saalkreis, vgl. Neuß 1969 und Neuß 1971) für den größeren Teil des HZV-Gebietes der Fall ist – führt unweigerlich zu Abstrichen in der Zuverlässigkeit der Materialbasis. Im Hinblick auf das Ziel, den im Hersfelder Zehntverzeichnis stehenden Ortsnamen als Vergleichsgruppe diejenigen Toponyme gegenüberzustellen, die nicht in dieser Quelle auftauchen, wurde hinsichtlich der Wüstungen vor allem auf das Vorliegen dreier Voraussetzungen Wert gelegt: 1. auf eine genaue Lokalisierung, die eine Kartierung des Namens bzw. des durch ihn bezeichneten Ortes erlaubt; 2. das Vorliegen historischer Namenbelege, die die Voraussetzung für 3. sind; 3. eine sprachwissenschaftlich abgesicherte Etymologie. Nur wenn mindestens die ersten zwei gegeben sind, ist der Name in einer siedlungsgeschichtlichen Untersuchung wie der vorliegenden zu verwerten – die dritte (Etymologie) ist aus der zweiten (Belege) auch ohne den Rückgriff auf schon existierende Ortsnamenlexika abzuleiten. Das Siedlungsbild bleibt unter dieser Voraussetzung zwar lückenhaft 20, aber dennoch dürfte der Großteil der Orte erfasst worden sein, der statistisch aussagekräftig ist. Die Prüfung, wie zuverlässig die vorliegende Zusammenstellung ist, der ein überaus großer Arbeitsaufwand zugrunde liegt, wird einem noch zu erarbeitenden Historischen Ortsnamenlexikon für die Region und einer in noch fernerer Zukunft liegenden Wüstungskunde vorbehalten sein. Hierfür war nicht nur „die spätere territorielle Aufsplitterung des Gebiets, die bereits das bloße Zusammenstellen der zerstreuten publizierten Quellen mühsam macht“ (Wolf 1955, 314, Anm. 1), verantwortlich,
20 Unter dem Gesichtspunkt der drei genannten Kriterien sind auch die folgenden bei Größler/Meyer 1888 genannten Orte, die sich ansonsten in der namenkundlichen Literatur nicht finden lassen, von begrenztem Wert: Eichenborn bei Emseloh, Engensdorf w. Obersdorf, Hainchen s. Pölsfeld, Harkenrode n. Wettelrode, Hohndorf s. Beyernaumburg, Hornberg nö. Hornburg, Ilfeld bei Gonna, Karlsdorf ö. Bornstedt, Krummrode nw. Sangerhausen, Lachsdorf/Lochstedt nw. Sangerhausen, Rüdiesdorf zwischen Bornstedt und Wolferode, Sigmarsdorf w. Grillenberg, Schraubishayn s. Blankenheim, Welle sö. Einsdorf sowie Wüstenhof ö. Einsdorf.
Zuordnungsprobleme
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sondern auch die geschilderte Disparität des Untersuchungsstandes, insbesondere die Lücken. Immerhin kann davon ausgegangen werden, dass die Toponyme, die für die ältere Zeit relevant sind, bereits weitgehend bei Walther 1971 [DS 26] zusammengestellt wurden, ein Eindruck, der sich während der Vorbereitung dieses Beitrags festigte. Um dies zu dokumentieren, wird bei den Kartierungen der deutschen Toponyme in Kapitel 3 zwischen den in dem genannten Werk aufgeführten Namen und den übrigen jeweils unterschieden.
1.6 Zuordnungsprobleme Einige Belege werfen hinsichtlich ihrer geographischen Zuordnung Fragen auf, denen im Folgenden einzeln nachzugehen ist. Die Lokalisierungen, insbesondere bei Wolf, die dann maßgeblich wurden, stehen unter dem Axiom einer geographisch orientierten Abfolge gemäß der Reihenfolge der Niederschrift im HZV. Diese Zuweisungen gilt es dahingehend zu prüfen, ob sie aus der Sicht der Sprachentwicklung stichhaltig sind. Dass dabei in einigen Fällen Wolfs Zuordnungen in Frage gestellt werden, lässt seine großen Verdienste um die Erforschung des HZV im siedlungsgeschichtlichen Kontext unberührt. Im folgenden Abschnitt werden die problematischen Fälle dahingehend sortiert, ob es gelingt, plausible Zuweisungen vorzunehmen oder nicht. Entscheidendes Kriterium hierfür sind die drei in Abschnitt 1.5 genannten Kriterien (Lokalisierung, historische Belege, Etymologie), die erfüllt sein müssen, um einen Namen in einer siedlungsgeschichtlichen Untersuchung berücksichtigen zu können. Hierbei bleiben geographische Aspekte, die sich aus der Reihenfolge der Aufzählung im HZV ergeben, bewusst außer Betracht; es geht vielmehr um eine rein sprachgeschichtliche Beurteilung. Alle diejenigen Namen, bei denen entweder keine genaue Lokalisierung oder keine durch eine historische Überlieferung des Namens gestützte Etymologie zu gewinnen ist, werden in Unterabschnitt 1.6.2 aufgelistet; diejenigen, bei denen dies gelingt, wobei kleinere Unsicherheiten in Kauf genommen werden, in Unterabschnitt 1.6.1. Die Mehrheit der Belege des HZV (zur Quantifizierung Abschnitt 1.6.3) bleibt hingegen von dieser Diskussion unberührt.
1.6.1 Relativ klare Fälle A. Für eine Reihe von Orten lassen sich Unklarheiten bei genauerer Prüfung der Topographie und der Überlieferung ausräumen, wodurch sich aber z. T. andere Lokalisierungen ergeben, als sie bisher vorgenommen wurden: Eindorpf (Nr. 45) und Heiendorpf (Nr. 47): Beide Belege werden als identisch angesehen (Walther 1971 [DS 26], 302; Wolf 1956b, 18). Dennoch werden sie zwei verschiedenen Orten zugeordnet – Nr. 47 zu Heygendorf , belegt 1273 Heigendorf,
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Einführung
1332 Heygendorf, 1363 Heindorf 21 und gebildet aus dem Personennamen Haio 22, der aus *H˘agio entstand (Kaufmann 1968, 168). Das in den Belegen erscheinende 〈g〉 23 ist eine graphemische Variante für intervokalisches /j/, die im Mhd. besonders nach /ei/ auftreten kann (Paul et al. 2007, 145, § L 87, zum Mnd. Lasch 1914, 180, § 341, III). HZV Nr. 45 wird hingegen Eindorf bzw. Dörfling zugeordnet, einer Wüstung zwischen Kalbsrieth und Schönewerda (HMTB 2676.G; Wolf 1957, 200 24 200). Gerburgoburg/Gerbergoburc (Nr. 46 und 247) ist insofern ein besonderer Fall, als es sich hierbei um eine Nennung aus der Aufzählung der Burgen handelt und der Name, nochmals 979 Gerburgaburch bezeugt, mit Gerburga einen femininen Personennamen enthält (Walther 1971 [DS 26], 317), was eine Seltenheit darstellt. Für Wolf 1957, 200 und 218 sowie Wolf 1956b, 18 und 20 (bei Wolf 1955, 298 und 309 noch als unbekannt) handelte es sich um die Kartenburg in der Gemarkung Ritteburg an der Unstrut (HMTB 2675.C). Die in diesem Zusammenhang genannten Belege 1363 daz hus czu der Karpennowen, 1354 Karpenhowe, 1426 Karpenburg (Wolf 1956b, 18) lassen einen sprachlichen Bezug zum HZV-Beleg aber unwahrscheinlich erscheinen. Somit weist Walther 1971 [DS 26], 317 diese Zuordnung auch zurück und vermutet, mit Fragezeichen versehen, „die Bäumelburg ö. Lengefeld n. Sangerhausen?“ (vgl. dazu Grimm 1958, 303, Nr. 596: 1 km südöstlich von Wettelrode), was aber ebenfalls keinen sprachlichen Anschluss bietet. Die kategorische Bemerkung: „Eine Beziehung zum Korbesberg oder -hügel bei Lengefeld (218) ist nicht möglich“ (Wolf 1955, 309), ist, was den Namen angeht, zu relativieren, denn eine Kürzung von Gerburgozu Korb- ist vielleicht nicht wahrscheinlich, aber unter folgenden Voraussetzungen denkbar: Im mündlichen Sprachgebrauch erfolgte eine Kürzung der Nebensilben, /e/ wurde zu /a/ gesenkt. Bei der späteren Verschriftlichung des Flurnamens, um den es sich inzwischen handelte, wäre die binnenhochdeutsche Konsonantenschwächung hyperkorrekt ausgeglichen und /a/ entsprechend seiner mundartlichen Nähe zu /o/ aufgezeichnet worden. Budinen- und Budilendorpf (Nr. 51 und 73): Beide Belege werden miteinander verbunden, also jeweils einem einzigen Ort zugeordnet – bei Walther 1971 [DS 26], 301 zu Bottendorf , bei Wolf 1957, 200 und 202; Wolf 1956b, 18 und Wolf 1955,
21 1332 bei Walther 1971 [DS 26], 303; die übrigen bei Wolf 1955, 298. 22 Walther 1971 [DS 26], 303; Wolf 1957, 200; Wolf 1955, 298. Zum Personennamen Förstemann PN, 735. 23 In der Sprachwissenschaft werden Zeichen, die gesprochene Laute bzw. Phone wiedergeben, in eckige Klammern gesetzt; Phoneme, die quasi die Abstraktionen der realisierten Laute innerhalb eines Systems darstellen, zwischen Schrägstriche, während geschriebene Buchstaben (Grapheme) von spitzen Klammern eingerahmt werden. In der vorliegenden Untersuchung wird diese Kennzeichnung der Übersichtlichkeit halber nur an Stellen vorgenommen, wo von Phonemen und Graphemen gleichermaßen die Rede ist. 24 Von einem identischen Bezug beider Belege (Wolf 1956b, 18) rückte Wolf damit ebenso wieder ab wie von einer anderen Zuordnung von Nr. 45 zu Annarode (Wolf 1955, 298).
Zuordnungsprobleme
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299 f. zur Wüstung Peutnitz bzw. Potenitz. Die Belege für Peutnitz weisen jedoch nur Belege mit -n- auf: 1182 villa putenize, 1453 Valentin Pötenicz, 1462 gein Potenitz, 1467 Potenitz, 1472 zcu Peutnitz, Potenitz, 1532 Potenitz (Neuß 1969, 227 (Nr. 140); Richter 1962 [DS 15], 92). Bei Bottendorf zeigen alle Schriftformen konsequent -l-: 1120 Putelendorp, 1248 Pudilndorff, 1293 Potelendorp, 1308 Potilndorf, 1400 Pottelndorp, 1473 Bottendorf 25. Angesichts dessen wären aus sprachlicher Sicht die beiden Belege des HZV entsprechend zuzuordnen – Budilendorpf zu Bottendorf , entstanden aus einem deutschen Personennamen Bodolo, Bodilo oder einem altsorbischen Anthroponym Budił o. ä. (Walther 1971 [DS 26], 301); Budinendorpf hingegen zu Peutnitz. Auch dieser Ortsname wurde von einem Personennamen gebildet, angesichts dieses Erstbelegs wäre aber nicht von aso. *Put_n (Eichler SO 3, 66 f.) auszugehen, sondern von aso. *Bud_n-. Sprachlich geradliniger wäre eine Entwicklung von Budinendorpf zu Bündorf , Bien(en)dorf, Biedendorf , dem Namen einer Wüstung im Geiseltal nördlich von Möckerling und südlich von Klobikau, vgl. HMTB 2678.I1, „auf dem linken Ufer der Eiche“ (Größler 1903, 95; der Ort genannt auch bei Walther 1971 [DS 26], 325). Anlaut und Grundwort würden übereinstimmen, und, sofern die zweite Silbe betont war, wäre auch das Bestimmungswort organisch zu erklären. Möglich wäre auch eine Verbindung von Budilendorpf zu diesem Ort; dies erwägt Größler 1903, 95. Problematisch ist jedoch das Fehlen einer schriftlichen Belegreihe 26, wodurch diese Überlegungen nur Vermutungen bleiben, während Peutnitz und Bottendorf durch recht frühe Zeugnisse besser an die HZV-Belege anschließen. Mimileba (Nr. 54): Die sprachliche Erklärung dieses Namens ist insofern unsicher, als dass der anlautende Konsonant nicht durchgängig in den späteren Schriftbelegen begegnet (vgl. Hardt 2001, 64 f.). Dies berührt die eindeutige Zuordnung des HZV-Belegs jedoch nicht (Walther 1971 [DS 26], 269; Meier 2001, 49–51 und 68; Bathe o. J. [leben], 140 f.; Größler 1903, 84 f.; Allmann 1981b, [26 f.] 27; Wolf
25 Bis auf 1308 alle Belege bei Größler 1903, 90; dieser und 1248 (als Pudilendorff ) bei Böhme 1909, 13. Walther 1971 [DS 26], 301 führt nur 1120 auf. 26 Vgl. aber 1012 Boian villam (MGH DH II, 250 (S. 288); vgl. Hengst 2016, 54 und Rudolph/Cottin 2015, 127), ein Beleg, der kein geradliniges Zwischenglied zwischen Budinen- bzw. Budilen- einerseits und Bün-/Biedendorf andererseits darstellt, so dass eine solche Zuordnung wohl kaum gegeben ist. 27 In der Bibliothek des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, der Abteilung Namenforschung an der Universität Leipzig und möglicherweise noch an anderen Standorten befindet sich jeweils eine Reihe von Typoskripten zur Toponomastik aus der Feder des in Riestedt ansässig gewesenen, 1991 verstorbenen Heimatforschers Rudolf Allmann (zu seiner Person Schmidt 2002). Diese Werke tragen Titel wie „Die -hausen und -heim-Orte in der Kyffhäuserlandschaft, ihre Entstehung und Bedeutung“ (55 Bl.), „Die -stedt-Orte im Mittelgebirgsraum“ (107 Bl.), „Die Ortsnamen der ältesten Schicht im Mittelgebirgsraum“, Riestedt (68 Bl.), „Die Orte auf -feld, -bach und -born und -dorf in Thüringen“ (77 Bl.) – weitere siehe Literaturverzeichnis – und wurden in den Jahren 1981 bis
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Einführung
1957, 201; Wolf 1955, 299). Bedenken in Bezug auf die Lage von Klein- bzw. Wenigen-Memleben sowie Ausfurth (dazu im Anschluss) in der Niederung (Fiedler 2008, 23) ist entgegenzuhalten, dass die Talaue des Frühmittelalters mit der heutigen nicht zu vergleichen ist. Vor der Aueverlehmung, die in starkem Maße von großflächigen Rodungsvorgängen des hochmittelalterlichen Landesausbaus verursacht wurde, war eine hochwassersichere Ansiedlung auf den zwischen den Fluss- und Altarmen befindlichen Talsandinseln ohne Weiteres möglich, und diese war überregional eine bevorzugte Platzwahl (Zschieschang 2003, 35). Damit ist eine Identifizierung von Mimileba als Klein-Memleben, gelegen gegenüber der heutigen Klosteranlage, durchaus wahrscheinlich. Dass sich der HZV-Beleg vielleicht nicht nur auf diese eine Siedlung, sondern auch auf die gesamte Agglomeration bezogen haben könnte, ist in Anbetracht der Perspektive der weit entfernten Hersfelder Schreibstube möglich. Odesfurt (Nr. 55): Die Identität dieses Belegs mit dem Flurnamen Ausfurth zwischen Wendelstein und Memleben (HMTB 2746; vgl. dort auch hinter die Ausfurth) ist unstrittig (Wolf 1957, 201; Wolf 1955, 299; Böhme 1909, 71). Es liegt eine lange Überlieferungsreihe vor, die auch genauere Angaben zur Lokalisierung bietet: (1157 Odesfurte, 1168 Odisfort, 1177 Hodesvorde, ab 1179 Osforde, 1207 Odesforde, 1209 Osforte, 1267 Ostforde, 1277 Odesfurte inter montem, qui Vorst vocatur, et aquam ¯ Unstrut 28. Das Bestimmungswort des Namens enthält mit dem Personennamen Od29 (Walther 1971 [DS 26], 245 ) einen der Leitnamen der Liudolfinger, was angesichts der Bedeutung, die das Gebiet um Memleben für dieses Herrschaftsgeschlecht hatte, bemerkenswert ist. Die Lage des Ortes in der Flussniederung dürfte nicht in Frage zu stellen sein (vgl. dazu das eben bei Mimileba (Nr. 54) Vermerkte). Ziuunidun (Nr. 61): Dieser Beleg wird mit der Wüstung Weden nördlich von Unterfarnstedt verbunden, die durch die Flurnamen Weden-Berg, Unter-Weden, Vor den Weden belegt ist (Wolf 1957, 201; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 299). Dieser Zuordnung steht diejenige zu Wenden bei Mücheln (Böhme 1909, 60; Größler 1903, 88 f.) gegenüber. Beide lassen aber die Erstsilbe unberücksichtigt. Da weitere Belege fehlen, ist eine fundierte Beurteilung unmöglich. Von einem gesicherten Bezug zu Weden kann aber keine Rede sein. Personennamen wie Siv, Siwi, Siwuni, S¯ı-wo u. ä., ˘ bei denen es sich um Kurzformen zu zweigliedrigen Vollnamen wie Sigiwini, Sigi-
1983, also kurz hintereinander, fertig gestellt. In der Anlage und im Duktus erscheinen sie sehr von einschlägigen Darstellungen wie Walther 1971 [DS 26] oder Bathe o. J. [leben] inspiriert, können sich jedoch mit diesen inhaltlich nicht messen. Sie scheinen in starkem Maße aus den Untersuchungen Hans Walthers zu schöpfen und gehen in der Gesamtschau wohl auch kaum über sie hinaus. Historische Namenbelege bleiben zumeist ohne Quellenangabe. Wertvoll sind diese Darstellungen u. U. da, wo sie aus der Perspektive des „lokalen Experten“ Details zu einzelnen Orten bieten. Nur sofern dies der Fall ist, wurde in dieser Untersuchung auf die Arbeiten Allmanns verwiesen. 28 1168 auch, 1209 nur bei Walther 1971 [DS 26], 245; die übrigen bei Größler 1903, 77. 29 Bei Größler 1903, 77 Otto.
Zuordnungsprobleme
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wald, -ward usw. handelt, sind zwar bezeugt (Förstemann PN, 1347; Schlaug 1962, 152; Kaufmann 1968, 317), können jedoch den Auslaut -d nicht erklären und kommen damit hier nicht in Frage. Da das Endelement -un jedoch einen Dativ Plural darstellt (Schröder 1897, 5), zu verstehen als ‘bei den . . . ’ o. ä., wäre der Anlaut als Präposition zu verstehen, die als Bestandteil des Namens angesehen wurde (so schon Größler 1903, 88 f.). Die nachfolgenden Silben sprechen eher für eine Zuordnung zu Wenden. Miscauual (Nr. 74): Für sich genommen ist der Beleg nicht zu erklären, und auch die nach der Aufzählung im HZV vorgenommene Zuordnung zu Lieskau (Wolf 1956b, 18; Wolf 1957, 202; bei Neuß 1969, 144 (Nr. 96) als wahrscheinlich bezeichnet) erscheint aus sprachlicher Sicht verfehlt. Während sich dieses Toponym, gut belegt 1182 Lezcowe, 1212 Liscowe, 1379 Letzkowe, 1381 Lexsko, 1425 Lizkowe, aus aso. *Lˇeskov_ zu *lˇesk ‘Wäldchen’ 30 erklären lässt (Eichler SO 2, 131 f.; Eichler HZV, 155; Richter 1962 [DS 15], 51), passen Anlaut und Endelement des HZV-Belegs zu den genannten Zeugnissen nicht. Sprachlich interessant ist demgegenüber die Zuordnung zu Meuschau unter Annahme einer Falschschreibung für Miscawah, wobei die Zugehörigkeit zum Gebiet des HZV durch eine Lage des Ortes „westlich der Alten Saale“ gesichert sei (Wolf 1955, 300) 31. Mit der Überlieferung dieses Ortes – 1012 in Mucsaua, 1311 in campo Muscowe, 1314 in pago Muschowe (Eichler SO 2, 181) – passt der HZV-Beleg gut zusammen. Risdorpf (Nr. 77): So ist im HZV in aller Eindeutigkeit der Name zu lesen (vgl. auch Lück 2005, 16), der bei Walther 1971 [DS 26], 302, welcher darin Wolf 1957, 202 f. und Wolf 1956b, 19 folgt, als Hisdorpf gelesen wird. Eine solche Verschreibung im Anlaut wurde aus geographischen Gründen angenommen (demgegenüber plädiert Wolf 1955, 300 noch für Rißdorf ), aus sprachlicher Sicht besteht hierzu jedoch kein Anlass, so dass tatsächlich eher von Rißdorf auszugehen und in diesem Fall Wenskus 1986b, 216 zu folgen ist. Während dieser jedoch für Oberrißdorf plädiert, wäre wohl eher Unterrißdorf ins Auge zu fassen, das unmittelbar am nördlichen Ufer des Willerbachs liegt und den geographischen Rahmen des HZV nur unerheblich sprengt. [C]ollimi (Nr. 82): Abgesehen von der naheliegenden Zuordnung dieses Belegs zu Köllme („Collimi = Köllme“ Neuß 1971, 130; ähnlich Wolf 1957, 203; Wolf 1955, 301) spielte der Name in etymologischen Untersuchungen bisher noch keine Rolle (weder bei Walther 1971 [DS 26] und Eichler SO noch in älteren Arbeiten). Er ist wohl aso. *chołm ‘Hügel’ aus ursl. *ch•lm• ‘Hügel’ zuzuordnen (vgl. Schus30 Dies ist grammatisch einfacher als eine Herleitung zu *lˇeska ‘Haselnussstrauch’, wie sie in der oben genannten Literatur aufgeführt wird. Von Grundwörtern auf -a werden Possessivadjektiva nicht auf -ov_, sondern auf -in_ gebildet. *lˇesk siehe bei Muka 1, 820. Für den Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). 31 Der Ort lag ursprünglich westlich der Saale, vgl. Rudolph/Cottin 2015, 125.
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Einführung
ter-Šewc HEW 1, 392; Machek 1997, 200; Berneker 1, 410 f.; Trubaˇcev EW 8, 138 f.) und der Reihe der altsorbischen Ortsnamen westlich der Saale anzugliedern. Es bleiben aber Unsicherheiten: Der Anlaut ist nur rekonstruiert und könnte prinzipiell auch ganz anders lauten. Schwer zu beurteilen ist das inlautende -i-; ein Sproßvokal erscheint hier für die Aussprache kaum notwendig gewesen zu sein. Die Vertretung des ursl. reduzierten Vokals -•- als -i- im Auslaut ist nicht regelgerecht. Dussina (Nr. 90) wird – was geographisch völlig richtig ist – Oberteutschenthal zugeordnet (Eichler HZV, 153; Wolf 1957, 204; Wolf 1955, 301). Innerhalb dieser aus mehreren Ortsteilen bestehenden Ansiedlung (vgl. Abschnitt 3.4.5) befindet sich aber die Wüstung Deussen bzw. die Deussner Mark (HMTB 2604.Q), die auch 1136 Dusne belegt ist (Walther 1971 [DS 26], 230) und ganz in der Tradition des HZV-Belegs steht. Daher erscheint es sinnvoll, eine entsprechende Zuordnung vorzunehmen. Osniza (Nr. 91) ist ein analoger Fall. Auch hier liegt eine Wüstung Oesnitz vor (HMTB 2604.S; Neuß 1971, 446), womit sich die bisherige Zuordnung zu UnterTeutschenthal (Wolf 1957, 204; Wolf 1955, 301) genauer vornehmen lässt, wie es auch bei Eichler SO 3, 43 (vgl. hier insbesondere 1400 Tutzental alias Oszenitz) und Eichler HZV, 155 erfolgt. Liubsici (Nr. 108) ist der Name einer Wüstung, der 961 Liubisici, 1146 Lubice, 1277 Lubyz 32 bezeugt ist und sich als aso. *L’ubišici eindeutig erklären lässt (Eichler HZV, 154 f.). Sie wird „westlich Asendorf und Dornstedt nach Kuckenburg zu“ (Wolf 1957, 205) vermutet, gegenüber einer früheren Zuordnung zur Wüstung Ibitz bei Teutschenthal (Wolf 1955, 302). Dies entspräche HMTB.H oder I (beide namenlos), wobei eine solche Zuordnung „überaus fraglich“ bleibt (Lück 2005, 16). Eine sprachlich interessante Alternative bei Eichler HZV, 154 f., wenn auch mit Fragezeichen versehen, ist jedoch die Wüstung Lobitz/Löbitz bei Niederschmon (HMTB 2677.C). Diese zeigt zwar einen Schwund des Elements -s-, dennoch kann der HZV-Beleg hier zugeordnet werden (so auch Hengst 1990, 249). Uulchistedin (Nr. 126): Bis auf das Endelement passt der Beleg gut zum Namen der Wüstung Wolkau (HMTB 2678.D; Wolf 1956b, 19; Wolf 1957, 207). Damit ist von einem Namenpaar auszugehen, das aus einem deanthroponymischen deutschen Kompositum auf -stedt (belegt 1201 Folckstede Walther 1971 [DS 26], 284) und einer altsorbischen Derivation mit dem Suffix -ov_ (1332 Wolkowe Wolf 1956b, 19) besteht. Ihm liegt ein Kurzname Folko zugrunde (Walther 1971 [DS 26], 284) 33.
32 Dieser Beleg nicht bei Eichler, sondern bei Wolf 1956b, 19. 33 Bei Walther auch die Möglichkeit der Herleitung von einem nicht näher bezeichneten Appellativ. Zum Namen auch Böhme 1909, 72. Überholt und von Wolf selbst korrigiert ist die Zuordnung zu Volkstedt bei Wolf 1955, 303.
Zuordnungsprobleme
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Thiderichesdorpf (Nr. 133) wurde bei Walther 1971 [DS 26], 302 als Dittersdorf lemmatisiert und aus dem Personennamen Diotr¯ıch erklärt. Diese Wüstung ist jedoch aufgrund des leicht zu erklärenden HZV-Belegs lediglich konstruiert und findet unter den später bezeugten Siedlungsnamen keinen Anschluss. Im Umfeld sind lediglich Wüstungen namens Belzig, Zeitze und Beustnitz bezeugt (HMTB 2679), die aber hier nicht in Frage kommen. Aus sprachlicher Sicht muss dieser Beleg unlokalisiert bleiben. Vermutlich könnte er aber in Zusammenhang mit Dörstewitz stehen, belegt (1271) 16. Jh. Dorstewitz, 1562 Dorstewitz und evtl. aus aso. *Dorst(o)vica entstanden 34. Diese Ortschaft ist auch bei Wolf 1957, 207 angegeben (gegenüber der Angabe „unbekannt“ bei Wolf 1955, 303). Auch „Dittersdorf“ wird bei Walther 1971 [DS 26], 302 in der Nähe dieses Ortes lokalisiert. Eine lautliche Entwicklung von Thideriches- zu Dorst- wäre weder geradlinig noch elegant, unter der Annahme von Brüchen in der Siedlungsentwicklung und einer sekundären Eindeutung von aso. *dorst ‘Kies, Sand’ aber nicht auszuschließen. Zliusendorpf (Nr. 149) wird mit der Wüstung Blossendorf in Verbindung gebracht, die in der Mundart auch als Gläsendorf, Glesendorf bezeichnet wird (Wolf 1956b, 20; Wolf 1957, 209; Böhme 1909, 70; Größler 1903, 96) 35 und sich w. Gleina, „auf dem kahlen Berge hoch über der Unstrut“ (Größler 1903, 96) befindet. Die Etymologie dieses Namens blieb bisher offen. Orientiert man sich am frühesten, dem HZV-Beleg, dann wäre an einen slavischen Personennamen *Sluš (Svoboda 1964, 130; 1366 Sluz Schlimpert 1978 [DS 32], 128) zu denken, so dass ein Mischname vorläge. Willichendorpf (Nr. 152) weist im Bestimmungswort den deutschen Personennamen Williko oder aber ein altsorbisches Anthroponym *Vilk_ auf (so Walther 1971 [DS 26], 306; aus aso. *vil’k neben *vel’k und *vołk ‘Wolf (Lupus)’, vgl. HOS 3, 209). Die Lage „unbestimmt Nähe Nebra“ (Walther 1971 [DS 26], 306) lässt sich spezifizieren mit an der Eicha, östlich von Öchlitz, nordöstlich von Schmirma 36. Hierbei handelt es sich um HMTB 2678.I, der der Name Welzdorf zugeordnet ist. Diese Wüstung wurde auch von Wolf 1955, 304 vorgeschlagen, von ihm später aber wieder verworfen (Wolf 1957, 209). Das Fehlen weiterer Belege erschwert zwar eine Beurteilung dieser Zuordnung, eine lautliche Entwicklung vom HZV-Beleg zu Welzdorf erscheint aber denkbar.
34 Zu aso. *dorst ‘Kies, Sand’ o. ä. aus ursl. *dƒrst_, vgl. Eichler SO 1, 97; das Lexem ist ansonsten im Altsorbischen anscheinend nicht bezeugt, vgl. aber zum Vorkommen in den anderen slavischen Sprachen Trubaˇcev EW 5, 226 unter *dƒrstva. 35 Nicht mehr aktuell ist damit der vermutete Anschluss zur Wüstung Zaglitz w. Weidenbach (1147 Zouleze, 1152 Zevlize bei Wolf 1955, 304, deren Überlieferung nicht zum HZV-Beleg passt. 36 Größler 1903, 99, der außerdem einen weiteren, wenn auch recht unspezifischen Beleg – „später“ Willichesdorf – angibt.
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34
Einführung
Fizendorpf (Nr. 155): Naheliegend erscheint eine Verbindung mit Wetzendorf , dem Sitz eines Edelgeschlechts bei Karsdorf, 1061 Widesendorp, 1085 Wydesendorp, 1145 Wisendorf, Wiesendorf, 1400 Biczendorp (Wolf 1955, 304 f.). Dieser Ort liegt jedoch am südwestlichen Unstrutufer, weswegen Wolf mit Verweis auf die ähnliche Situation in Memleben eine Siedlung auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses annimmt (Wolf 1956b, 20), bevor er sich für die Wüstung „Bittdorf in der Feldmark von Dobichau“ (Wolf 1957, 209; ähnlich schon Größler 1903, 95) entscheidet, die aber nicht weiter belegt ist und zu deren Namen eine sprachliche Entwicklung des HZV-Belegs kaum möglich erscheint. Auch bei Wetzendorf bleiben Zweifel, da die Belege des 11. Jahrhunderts konsequent viersilbig sind, bevor dann der übliche Nebensilbenschwund einsetzt. Zudem ist F- nicht ohne weiteres mit W- gleichzusetzen. Walther, der als Grundform des Belegs Fizo+dorf angibt (Walther 1971 [DS 26], 302), schließt Wetzendorf nicht aus, vermutet aber daneben einen Zusammenhang mit Vitzenburg. Dieser Name, im HZV dreimal belegt, ist bis auf das Grundwort tatsächlich identisch, so dass aus sprachlicher Sicht eine diesbezügliche Zuordnung vorzuziehen ist. Liudimendorpf (Nr. 171): Dieser Beleg wurde der Wüstung Schlaukat w. Uichteritz zugeordnet, die daher auch als Lautama nördlich von Dobichau erscheint (Eichler/Walther 1984 [DS 35], 353; Hengst 1990, 249; auf dem HMTB 2749.C Schlagwitz). Die Belegreihe (1135 (ad 1052) Zlaute (wohl eher Zlauce), um 1300 Zlawekot, 1350 Slauka[t], 1367 Nydern-Slaukot, 1378 Slaukat, 1446 Slaukat, 1453 Slawekat) verweist am ehesten auf eine zweigliedrige Bildung aso. *Słavokoty (aus *słava ‘Ruhm’ und dem mehrdeutigen *kot_ (Eichler/Walther 1984 [DS 35], 286; Eichler SO 3, 199) 37. Auch hier ist der HZV-Beleg unorganisch. Er würde besser zur Wüstung Ludendorf w. Ober-Wünsch passen (Größler 1903, 97), die aber nicht weiter belegt ist. Womöglich ist sie in der namenlosen Wüstung HMTB 2678.CI zu suchen. Der Name hätte eine leicht nachvollziehbare Kürzung einer Nebensilbe durchlaufen und das Bestimmungswort ginge auf einen altsorbischen Personennamen *L’utim_ zurück (Eichler HZV, 155; vgl. Kap. 2). Zibuchesdorpf (Nr. 173): Dieser Beleg passt trotz mangelhafter Beleglage sprachlich besser zu Zütsch- als zu Schwachs- bzw. Schwötschdorf 38, weil die Belege für den zweiten Ort durchgehend -a- zeigen: 1383 Swastorp, 1447 Swachdorff, 1472 Swach(s)dorff, 1532 Schwachstorff 39 (Richter 1962 [DS 15], 96; Schultheis 1967, 161; Walther 1971 [DS 26], 325). Dieses bzw. das -o- der Grundform *Svochs+dorf (zu einem Personennamen *Svoch, vgl. ebd.) kann nicht aus -ibu- des HZV-Belegs entstanden sein. Vielmehr könnte unter dessen Berücksichtigung eine Verbindung 37 1796 Glaukke bei Eichler/Walther 1984 [DS 35], 352 ist wohl als Verschreibung zu werten. 38 So bereits Wolf 1956b, 20, dann aber zweifelnd Wolf 1957, 210 gegenüber „unbekannt“ bei Wolf 1955, 305. Zum Namen auch Böhme 1909, 67. 39 Neuß 1969, 293–295 (Nr. 173) nennt außerdem: 1342 Schwabsdorf, 1456 in Swachdorff, 1467 Swacksdorff usw.
Zuordnungsprobleme
35
zu Zütschdorf vorliegen, das 1470 als Zuzschdorf bezeugt ist (Größler 1903, 94) und aus dem Anthroponym ursl. *S•buch• oder *S•bych• gebildet wurde (Walther 1971 [DS 26], 306); im Altsorbischen vgl. *Sbysłav/*Zbysłav (AAO 5, 71). Intervokalisches -b- konnte später, im deutschen Sprachgebrauch, spirantisiert worden und schließlich ausgefallen sein. Zebechuri (Nr. 178 und 180): Die Zuordnung zu Zöbigker (seit Wolf 1955, 305) ist sprachlich unstrittig; der Beleg (daneben noch 1350 Zcobker) entspricht recht genau der Grundform aso. *Sebˇekury aus *sebˇe ‘sich’ und *ku´r ‘Rauch’ (Eichler SO 4, 124; Eichler HZV, 156) 40. Ob aus den zwei Belegstellen im HZV auf zwei verschiedene Orte zu schließen ist, weil der Name auch in der Halberstädter Bistumsmatrikel doppelt begegnet (Wolf 1957, 210), bleibt in diesem Zusammenhang hypothetisch (auch weil nicht wenige andere Orte im HZV mehrfach verzeichnet wurden, vgl. Abschnitt 1.7) und spielt aus sprachlicher Sicht eine geringe Rolle. Im Gegenteil: Mehrere Orte gleichen Namens in einer Quelle, noch dazu in geringem Abstand voneinander, sollten eigentlich eine Differenzierung der Namen voneinander erwarten lassen. Gramannesdorpf (Nr. 202): Dieser Beleg wurde Gräfendorf zugeordnet, wobei neben diesem mit dem Attribut Groß- versehenen Dorf westlich von Bad Lauchstädt noch weitere so benannte Ortschaften vorliegen: Klein Gräfendorf südlich von Bad Lauchstädt, Gräfendorf an der Geisel sowie zwei gleichnamige Wüstungen südlich von Merseburg (HMTB 2679.H und 2679.K/2680.C). Alle diese gleichnamigen Orte liegen relativ dicht beieinander, was auch unabhängig von dem fraglichen HZV-Beleg die Unterscheidung und die Zuordnung der Schriftbelege erheblich erschwert. Auf die eine der beiden Wüstungen (HMTB 2679.H), nördlich von Ockendorf und nordöstlich von Bösseling gelegen, bezieht Wolf 1957 5, 212 den HZV-Beleg (gegenüber „unbekannt“ bei Wolf 1955, 306). Die Namen bieten ein unterschiedliches Bild. Groß und Klein Gräfendorf ist 1088 als Grevendorp (Walther 1971 [DS 26], 303) überliefert – welchem der beiden Orte der Beleg letztlich zuzuordnen ist, wäre im Kontext einer Suche nach weiteren Schriftbelegen erst noch zu klären; Gräfendorf an der Geisel fast zeitgleich 1087 als Grevendorp (in unsicherer Lesung) und 1203 als opidum Grevindorff. Damit verweisen diese Namen auf ahd. gr¯afio ‘Graf’, mhd. gr¯eve ‘Graf’. Die genannte Wüstung ist hingegen widersprüchlich. Ihre frühen Belege 1274 Greuendorph, 1289 villa Greuendorf, 1295 Greuendorph usw. zeigen ebenfalls eine Bildung zum Amt des Grafen (Eichler/Walther 1984 [DS 35], 156), dazu passen aber nicht die noch älteren Belege 1162, 1167 Gerwardesdorf, 1330 Gherwerdestorp, die Wolf 1956b, 20 bietet, zumal 4 km w. Merseburg auch eine Wüstung Gerwartesdorf oder Gerardesdorf bezeugt ist (HMTB 2679.B). Die andere Wüstung (2679.K/2680.C) ist bislang ohne Überlieferung. Es zeigen sich also Schwierigkeiten in Bezug auf diese vielen Orte gleichen Namens und die Überlieferungslage. Entscheidend an dieser Stelle ist jedoch, dass der 40 Zum Namen auch Böhme 1909, 66.
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Einführung
HZV-Beleg sprachlich zu keiner der genannten Varianten passt. Isoliert betrachtet wäre bei ihm an Graman ‘grauer Mann’ zu denken (Gottschald DNK, 219), vgl. auch 1037 Grammun „verderbt?“ bei Förstemann PN, 665 und Kaufmann 1968, 152. In Bezug auf eine Verbindung mit einer später bezeugten Siedlung wäre eher noch an Körbisdorf östlich von Mücheln zu denken, das 1291 als Corwanstorff belegt ist und als Mischname aus dem Personennamen aso. *Chorvan gebildet wurde (Walther 1971 [DS 26], 325). Hieran schließt sich der HZV-Beleg, auch wenn er nicht perfekt passt, doch leichter an als an Gräfendorf . In Bezug auf die nicht zu leugnenden signifikanten Unterschiede zwischen Gramannes- und Chorwans- sind vielleicht Schwierigkeiten bei der Aufzeichnung anzunehmen, ist doch *Chorvan nicht im slavischen anthroponomastischen System verankert. Vielmehr spielt das Lexem mit seiner Lautung und seiner bislang ungeklärten Etymologie 41 eine Sonderrolle, und die Annahme einer sekundären semantischen Motivierung zum deutschen Personennamen Hraban (Walther 1971 [DS 26], 325) erscheint nicht abwegig zu sein. Sicher zu entscheiden ist die Zuordnung dieses Belegs nicht, allerdings scheint die Verbindung zu Gräfendorf gegenüber derjenigen zu Körbisdorf oder einem eigenständigen Namen die unwahrscheinlichere Lösung zu sein. Codimesdorpf (Nr. 213): Die Zuordnung dieses Belegs zur Wüstung Kottendorf am Gotthardsteich bei Walther 1971 [DS 26], 303 ist sprachlich ohne Weiteres möglich. Allerdings ist die Motivation der Benennung des Teiches nach einem Personennamen so klar und einfach, dass eine entsprechende direkte Benennung bei dessen Anlage wahrscheinlicher erscheint als von einer nach dem Anthroponym aso. *Chotim (Walther 1971 [DS 26], 303; Eichler HZV, 154) benannten Wüstung auszugehen, deren Name anschließend eine sekundäre semantische Motivierung durchlaufen hätte 42. Ein Argument für diesen komplizierten Weg wäre die Reihenfolge der Auflistung im HZV, die – wenn auch nicht ganz eindeutig – für den Teich spricht. Ansonsten wäre eher der noch einmal 1347 Gitistorp, Gotistorf belegte 43 Ortsteil Gottsdorf von Teutschenthal zu vermuten (so Neuß 1971, 446; HMTB 2604.P). B. Für eine Reihe von Belegen ist die Zuweisung nur durch die Annahme einer Verschreibung, insbesondere im Anlaut, möglich: Dachendorpf (Nr. 37): Die Annahme einer Verschreibung für Nachendorf , das sich gut an die späteren Belege für Neckendorf (1539 Neckendorf, 1571 Neckendorf ) und die Herleitung zum Personennamen Nacho oder *Nakko anschließt, ist Konsens 44. 41 Die Diskussionen um diesen Namen sind hier nicht nachzuzeichnen. Vgl. Popowska-Taborska 2004b, 144; Pohl 2005, 509. 42 Entsprechend bleibt die Zuordnung zu einem heutigen Ortsnamen bei Hengst 1990, 249 offen. 43 Wolf 1955, 307. Von dieser nur mit Fragezeichen versehenen Zuordnung ist Wolf 1956b, 20 und Wolf 1957, 213 wieder abgerückt, wo er die Zuordnung offen lässt. 44 Freisleben 2007, 83; Walther 1971 [DS 26], 304; Größler 1903, 97 f.; Neuß 1971, 241–243 (Nr. 186); Wolf 1957, 199; Wolf 1955, 298; HMTB 2530.Y.
Zuordnungsprobleme
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Gleichwohl bleiben Zweifel, da Nacho in Verbindung mit Nahho steht (Förstemann PN, 1146) und in Widerspruch zu den späteren -k-Belegen, während *Nakko ansonsten anscheinend nicht belegt ist. Gesichert erscheint die Namenerklärung unter diesen Umständen nicht, zumal die sehr späte Namenüberlieferung alles andere als nahtlos an den HZV-Beleg anschließt. Außerdem liegt noch eine zweite Wüstung gleichen Namens, Groß- und Klein-Neckendorf sw. Spielberg vor (Böhme 1909, 71; 2677.G), die nicht aus den Augen zu verlieren ist, jedoch für die Zuweisung des HZV-Belegs nachrangig erscheint. Theommendorpf (Nr. 80): Während Walther 1971 [DS 26], 302 diesen aus dem Personennamen Deomo bzw. Diemo gebildeten Namen einer Wüstung Diemendorf bei Halle zuordnet, die aber ansonsten nicht belegt ist und auch bei Neuß 1969 offenbar nicht genannt wird, nimmt Größler 1903, 98 eine Zuordnung zur Wüstung Ohmendorf w. Ober-Wünsch an (HMTB 2678.C), die auch durch Flurnamen wie Ohmendorfer Gärten usw. belegt ist 45. Der anzunehmende Abfall des anlautenden Th- bzw. D- sei auch anderweitig zu beobachten, und zwar in Obersdorf bei Sangerhausen (im HZV Thabaresdorf, 1400 Dobersdorf, vgl. Loga 2007, 87 f.) und Oberthau bei Schkeuditz (1246 in Dobertawe, 1267 Dobertowe usw. Eichler SO 3, 30; Eichler/Walther 1984 [DS 35], 235). Unter dieser Voraussetzung kann Größlers Zuordnung als stichhaltig angesehen werden 46. Sprachlich verfehlt ist die von einer oberflächlichen Ähnlichkeit der Namen ausgehende Zuordnung zu Thondorf bei Wenskus 1986b, 216, die sich bei genauer Betrachtung als haltlos erweist. Dies gilt insbesondere im Lichte der historischen Belege für Thondorf (973 Duddondorp, 993 Dudendorp, 1217 de Dodendhorp usw., vgl. Freisleben 2007, 121 f.), die auf eine Herleitung aus einem Personennamen Dodo oder Dudo verweist, welcher nicht zum inlautenden 〈mm〉 des HZV-Belegs passt. Donichendorpf (Nr. 81): Die bei Wolf 1956b, 19 verzeichneten Belege mit anlautendem D- (1121 Danchmarsdorf, 1182 Dancmaristorp, 1244 Danckesdorp, 1416 Angstorff ) scheinen eine Zuordnung des HZV-Belegs zu Angersdorf nahezulegen 47. Während aber die lexikalische Basis von Angersdorf – der Personenname Dankmar – nicht mit dem HZV-Beleg zu vereinen ist, wird die Struktur des Namens von Benkendorf weit besser widergespiegelt. Belegt 979 als Panicanthorp und 1120 als Paneckendorp (Walther 1971 [DS 26], 301; Wolf 1956b, 19), ist der Name zum Anthroponym Banniko zu stellen (Walther 1971 [DS 26], 301). Daneben wäre aber hinzuweisen auf einen Flurnamen Die Tönicken/Die Theinicken östlich Wansleben (Eigendorf 1960, 64 f.; letztere Form auch auf HMTB 2604), welcher auf den HZV-Beleg ohne Weiteres zurückgehen könnte. Der Umweg über die Annahme einer 45 Diese Flurnamen werden bei Wolf 1957, 205 fälschlicherweise Ellesdorpf (Nr. 109) zugeordnet. Identisch mit Ohmendorf ist hiermit die Wüstung Ammendorf in Langeneichstädt (Wolf 1956b, 19). 46 Allerdings belässt es Wolf 1957, 203 bei der auf die Lage bezogenen Bemerkung „Bisher nicht gedeutet“ bzw. bei Wolf 1955, 301 „unbekannt“. 47 So auch Wolf 1957, 203.
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Einführung
Verschreibung wäre damit nicht notwendig, ohne weitere Belege muss eine solche Lokalisierung aber Vermutung bleiben. Stegera (Nr. 146) und Segara (Nr. 148): Während sich Stegera problemlos in die Überlieferung für Steigra einordnet (1207 Steigere mons, 1226 Steigere, 1260 Steiger, 1320 Steygere, 1400 Steygere usw. 48, aus ahd. st¯ıgan ‘steigen’, vgl. Abschnitt 3.3.6 und Walther 1971 [DS 26], 246), fehlt dem zweiten Namen das -t-. Eine Verschreibung ist hier wahrscheinlich, womit der Ort wie auch Zebechuri/Zöbigker (Nr. 178/180) in der Liste zweimal fast hintereinander erscheinen würde. Eine Differenzierung der Siedlung in zwei Bestandteile unter Verweis auf einen Flurnamen Klein-Steigraer Holz erscheint möglich 49, dennoch stünden beide in einem so engen geographischen Zusammenhang, dass eher von einer einzigen Benennung auszugehen ist, die nur sekundär differenziert wurde. Ein anderer geographischer Anknüpfungspunkt ist aber für Segara nicht auszumachen. Angesichts dieser engen Verbindung mit Stegara erscheint eine Verschreibung wahrscheinlich zu sein; Überlegungen zur Etymologie von Segara sind daher nicht angebracht. C. Außerdem gibt es eine Reihe von Namen, die sich sprachlich nicht eindeutig oder gar nicht erklären lassen. Für eine siedlungsgeschichtliche Untersuchung sind solche Namen nicht wertlos, da sich in den meisten Fällen das Grundwort bzw. der Bildungstyp durchaus bestimmen lassen. Hierzu gehören: Ubbedere (Nr. 78): Eine Verbindung mit der Wüstung Überrode oder Rode 50 (Wolf 1957, 203; Wolf 1955, 300; Neuß 1969, 318–321 (Nr. 189)) ist mit Walther 1971 [DS 26], 263 nicht mehr aktuell; hiernach ist der Beleg Bedra zuzuordnen. Unklar bleibt allerdings die Rolle des anlautenden U-. Dies ist jedoch kein Problem, das allein den HZV-Beleg betrifft, weil eine entsprechende Schreibung in der späteren Belegreihe wiederkehrt: 991 Vuidri, 1021 Hubetheri, 1400 Bedere (vgl. Walther 1971 [DS 26], 263) 51. Die knappe Angabe zur Etymologie „aso. *bedro [. . . ] ‘Schenkel, Hüfte’; oder slawisierte ältere r-Ableitung zu idg. *bheidh–/*bhidh- ‘binden, flechten’ [. . . ]?“ (ebd.) lässt jedenfalls Fragen offen, vgl. dazu Abschnitt 3.3.6 Eine bei Wenskus 1986b, 216 vorgeschlagene Zuordnung des Belegs zu Hübitz bei Siersleben ist abzulehnen, weil die Schriftbelege für diesen Ort (992 Hubisci, nach 1320 in ambobus Hubitz usw., vgl. Eichler SO, 1, 186; Freisleben 2007, 62 f.) nicht mit dem HZV-Beleg zusammenpassen. 48 1207 bei Walther 1971 [DS 26], 246; danach bei Größler 1903, 111 und 74; 1400 außerdem bei Böhme 1909, 53 f. 49 Wolf 1957, 209 und Wolf 1955, 304 nimmt ein Klein Steigra an, vgl. auch: „Bei dem zweiten Namen dürfte an eine Wüstung zu denken sein, deren Flur bis dicht an die Calzendorfer Grenze heranreichte und hier durch die alte Flur festgelegt ist.“ Naumann 1922, 4, Anm. 2. 50 Vgl. (1302) Prouest(es)rode, (1305) Probsterode, 1382 vff dem Rode Richter 1962 [DS 15], 94; Schultheis 1967, 161. 51 Die Belege 1021 und 1400 auch bei Böhme 1909, 12.
Zuordnungsprobleme
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Zidamacha/Cidamacha (Nr. 156 und 158) wurde mit der Wüstung Zeddenbach unterhalb von Zscheiplitz an der Unstrut, „später“ Zedemich, 1400 Czedonich (Größler 1903, 74) in Verbindung gebracht, vgl. HMTB 2748: Zeddenbacher M.[ühle]. Dies ist Konsens geworden (Böhme 1909, 72; Wolf 1957, 209; Wolf 1955, 305; Walther 1971 [DS 26], 263), kann aber aus sprachlicher Sicht nicht befriedigen. Eine schlüssige Erklärung ist bisher noch nicht gelungen. Vielleicht wäre von einer Bildung auf -aha auszugehen; bei den beiden -aha-Namen im HZV finden sich mit Cunnaha (Gonna, Nr. 224) und Uuipparaha (Wippra, Nr. 233) gegenüber Uuipparacha (Wippra, Nr. 235 und 237) sowohl 〈h〉 als auch 〈ch〉. Problematisch ist jedoch das Basislexem. Wenngleich sich Personennamen wie ahd. Z¯ıdal-¯ari (Kaufmann 1968, 421) oder Sdˇemír aus ursl. *S•dƒmˇer (Svoboda 1964, 84) finden lassen, so sind diese doch hier unwahrscheinlich und spielen bei Walther 1971 [DS 26], 263, der „ob ahd. zi demo bahhe?“ lediglich vermutet, keine Rolle. Gozacha civitas/Gozzesburg (Nr. 170 und 253): Während die Zuordnung zu Goseck keinem Zweifel unterliegt, kam die Erklärung des Namens bisher nicht über Vermutungen hinaus. In der umfangreichsten Bearbeitung (Eichler/Walther 1984 [DS 35], 153 f. 52) wird hauptsächlich aufgelistet, welche Herleitungen nicht in Frage kommen können, bevor schließlich ein Ansatz aus aso. *Gvozdk- zu *gvozd ‘Bergwald’ und einem -k-Suffix vorgeschlagen wird 53. Ausschlaggebend hierfür ist jedoch einzig die Alternativlosigkeit dieser Variante, denn obwohl sich der Ort innerhalb eines recht umfangreichen Areals slavischer Toponyme befindet, in das er sich mit einer slavischen Etymologie gut einordnen würde, bleibt doch das Problem, dass bei so frühen schriftlichen Belegen von einer großen Nähe zur altsorbischen Grundform auszugehen ist; Reduktionen von Konsonanten wären erst für die Zeit ab dem 13. Jahrhundert zu erwarten (vgl. Hengst 1998a, 87–89). Eine solche Nähe ist aber für die frühen Belege ((845) 11. Jh. Gozacha civitas, (866–900) 11. Jh. Gozzesburg, 979 castellum Gozcoburch) nicht gegeben. Der Erstbeleg könnte auch auf eine Bildung mit -aha verweisen (vgl. in diesem Abschnitt unter Zidamacha (HZV Nr. 156)), wobei hinsichtlich des Basislexems /goz-/ ein akzeptabler Anschluss an germ. *gusa- ‘Sturzbach’ 54 vorläge, der sogar von der Topographie gestützt wäre – Goseck liegt markant auf dem Steilhang des Saaletals. Bemerkenswert ist jedoch eine sich in den frühen Belegen zeigende offenkundige Unsicherheit im Umgang mit dem Namen. Im Teil B des HZV wirkt er als Gozzesburg wie ein deanthroponymisches Kompositum, erst später (um 1135 Gozeka,
52 Vgl. überdies Walther 1971 [DS 26], 317; Böhme 1909, 25 f.; Größler 1903, 74; Wolf 1957, 210 und 219; Wolf 1955, 305 und 309. 53 Sehr knapp bleibt hingegen Walther 1971 [DS 26], 317 mit der Angabe eines Personennamens Gozz(o), Gozko, was aber in Eichler/Walther 1984 [DS 35], 153 f. abgelehnt wird. Böhme 1909, 25 f. und Größler 1903, 74 sind hinsichtlich der Erklärung dieses Namens überholt. 54 Vgl. Gos, Gosaubach, Gose, Gusen bei Greule 2014, 185 und 198; außerdem im Kontext der genannten Namen auch ahd. gussa/gussi ‘Überschwemmung’ und mhd. güsse ‘Guss, hervorbrechendes Wasser, Schwall, Überschwemmung’ bei Wiesinger 2015, 193 f.
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Einführung
Gosecka, Gozecense, 1138 Gosse[ce]nse) ist eine Stabilisierung zu beobachten. Diese frühe Schwankung könnte als Indiz für die Systemferne des Namens zum deutschen Toponymikon sprechen, so dass evtl. an einen älteren, voreinzelsprachlichen bzw. indogermanischen Ursprung zu denken ist, für den sich aber (vgl. die Überlegungen in der angegebenen Literatur) bislang keine Anknüpfungspunkte fanden. Hatdesfeld (Nr. 236): Dieser Beleg lässt sich mit dem Forstort Hatzkerfeld als wüstgefallene Siedlung relativ eindeutig identifizieren (Wolf 1957, 215; Wolf 1955, 308). Seine sprachliche Erklärung gibt jedoch Rätsel auf, indem die Schreibung des Bestimmungswortes keinen sinnvollen Anschluss erlaubt. Zwar ist ein Personenname Hathu bezeugt (Förstemann PN, 788; Kaufmann 1968, 177 f.; Schlaug 1962, 100–102; Janka 2017, 222–226), auch in der Schreibung Hathdo (Förstemann PN, 790), Had, Haddi (Schlaug 1962, 162), die davon abgeleiteten Ortsnamen enthalten aber in der Fuge -n- (Kaufmann 1968, 178). Merseburg/Mersiburc ciuitas (Nr. 212 und 243): Die geographische Zuordnung der HZV-Belege ist eindeutig auch in sprachlicher Hinsicht (Wolf 1957, 213 und 216; Wolf 1955, 307 f.). Die bisherige Vielfalt an potentiellen Erklärungsmöglichkeiten 55 konnte jüngst erheblich eingegrenzt werden, es ist nunmehr wohl von germ. *mers¯o ‘Kies, Schotter’ einem urgerm. Gewässernamen *Maris¯o, dann westgermanisch *Marisa auszugehen (Bichlmeier 2015; Bichlmeier 2016a).
1.6.2 Nicht zu klärende Fälle A. Bei einer ganzen Reihe von Namen ist die bisherige Zuordnung zu bestimmten Siedlungen aus sprachwissenschaftlicher Sicht zu bezweifeln, da die jüngeren Belege nicht mit dem im Hersfelder Zehntverzeichnis zusammenpassen. In einigen Fällen geht die Erklärung von Ortsnamen von dem zweiten Beleg aus und lässt die Lautverhältnisse des ersten (im HZV) außer Acht. Entsprechend vorgenommene Zuordnungen sind damit abzulehnen. Die betreffenden Namen lassen sich in der Regel sehr eindeutig erklären und sind mit einem auffallenden Übergewicht auf die gleiche Weise, mit einem Personennamen im Bestimmungswort und dem Grundwort -dorf, gebildet: Burcdorpf (11) ist eine Bildung mit dem Grundwort -dorf, zeigt aber im Bestimmungswort keinen Personennamen, sondern ein Appellativ, und zwar ahd. puruc, purc ‘Burg’ bzw. asä. burug, burg (Loga 2007, 28 f.; Walther 1971 [DS 26], 301). Die Lageangaben „vermutlich in der Nähe von Einzingen“ (Wolf 1955, 296), „zwischen Riestedt und Nienstedt“ (Wolf 1957, 196), „b. Beyernaumburg oder Einzingen“ 55 Vgl. Abschnitt 3.4.5 mit der maßgeblichen Literatur. Die Zusammenfassung des Forschungsstandes auch bei Zschieschang 2016b; Zschieschang, im Druck b.
Zuordnungsprobleme
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(Walther 1971 [DS 26], 301) sowie, darauf aufbauend, „bei Beyernaumburg“ (Loga 2007, 28 f.) entsprechen einander, indem sie auf einen eng abgegrenzten Raum verweisen, der durch den vorherigen (Riestedt) und den nachfolgenden (Nienstedt) Ort im HZV definiert wird. Eine Anknüpfung an einen konkreten Ort ist jedoch nicht gegeben. Eine von Wenskus 1986b, 216 vorgeschlagene Verknüpfung mit Burgsdorf nordöstlich von Eisleben, wobei der Name einen Bezug zur nahen Bösenburg zum Ausdruck bringen würde, ist sprachlich nicht auszuschließen, da der HZV-Beleg durchaus zur 1021 mit Porkesdorf beginnenden Belegreihe passen würde (Freisleben 2007, 31 f.). Diese zeigt jedoch in der Fuge zwischen Grund- und Bestimmungswort durchgehend -s-, das dem HZV-Beleg fehlt. Schwerer wiegt die geographische Lage weit nördlich des Verbreitungsgebietes der übrigen Belege des HZV. Daher ist, zumal auch bei den anderen bei Wenskus so weit nördlich lokalisierten Belegen keine Übereinstimmung zu verzeichnen ist 56, auch dieser Fall abzulehnen. Theotboldesdorpf (Nr. 50) ist zwar bis ins Spätmittelalter belegt (1209 Deippoldestorp, 1473 Dippolstorf Wolf 1955, 299), dennoch ist für diese Wüstung keine genaue Lage anzugeben; entsprechende Angaben variieren 57. Azechendorpf (Nr. 79 und 189) wird bei Walther 1971 [DS 26], 305 zwei späteren Siedlungen zugeordnet. Dazu werden beide HZV-Belege mit einem rekonstruierten initialen Konsonanten versehen, der jeweils den Anschluss an die folgenden Belege sichert. Einmal ist dies Passendorf , belegt 1091 Bascendorff, 1228 Pascendorf, aus einem Personennamen asä. Bazeko 58. Für den Namen der anderen Siedlung, Petzkendorf , ist nur ein einziger Beleg bekannt, 1121 Bizekendorf (Größler 1903, 92) bzw. Bizkindorf (Böhme 1909, 40). Bei Wolf 1955, 306 wurde zunächst eine Identität des Belegs Nr. 189 mit Passendorf angenommen, dann jedoch (Wolf 1956b, 20; Wolf 1957, 211) mit Petzkendorf. Eine unter dem Eindruck der HZV-Belege angenommene sprachliche Identität beider Namen (Walther 1971 [DS 26], 305) ist unter diesem Eindruck zu bezweifeln; eher wäre für Petzkendorf von einem Personennamen wie Bisaco (Förstemann PN, 308) auszugehen, der jedoch zum HZV-Beleg mit seinem a in der Erstsilbe nicht passt. In Betracht käme im Hinblick auf Petzkendorf auch eine slavische Form mit der Wurzel bez- und einem Suffix -ek, was aber insofern problematisch ist, als zum einen aso. *bez ‘ohne’ bedeutet und einer Ergänzung um ein Appellativ bedürfte, nicht um ein Suffix. Zum anderen wäre aso. *bez_k ‘(kleiner) Holunder (Sambucus nigra)’ als Appellativ kaum in einen slavischdeutschen Mischnamen integriert worden und kann auch kaum als Personenname, für den dies möglich wäre, angesehen werden. Allenfalls könnte ein tschechisches 56 Vgl. unter Theommendorpf/Ohmendorf (vgl. Abschnitt 1.6.1.B), Uuicholdesdorpf (vgl. Abschnitt 1.6.2.B) und Ubbedere (vgl. Abschnitt 1.6.1.C). 57 Wolf 1955, 299; Wolf 1956 [BzN 7], 18; und Wolf 1956a, 8; Wolf 1957, 200; Walther 1971 [DS 26], 302. 58 Walther 1971 [DS 26], 305; die Zuordnung des Belegs Nr. 79 hierher auch bei Wolf 1957, 203 und Wolf 1956b, 19 gegenüber „unbekannt“ bei Wolf 1955, 300.
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Einführung
Anthroponym Bezek (Hosák/Šrámek, 1, 67; vgl. Eichler SO 1, 32) eine Entsprechung im Altsorbischen gehabt haben. Damit ist Petzkendorf nicht eindeutig zu erklären. Dass beide HZV-Belege denselben Schreibfehler aufweisen, dürfte ein unwahrscheinlicher Zufall sein. Die im HZV niedergeschriebene Form ließe sich immerhin ohne Weiteres aus Personennamen wie Asi, Aso, Asa, Asic, die zu asä. athal ‘edel’ gehören sollen (so Schlaug 1962, 47 und 53 f.), gut erklären, vgl. auch für das 11. Jahrhundert Azeko u. ä. (Schlaug 1955, 170), Azacho, Aseko u. ä. (Förstemann PN, 220; Kaufmann 1968, 49 f.). Zudem ist eine so benannte Person 59 als Graf im Hassegau des 10. Jahrhunderts bezeugt, ob dieser freilich mit der zuvor in den Namen des Ortes eingegangenen Person etwas zu tun hat, bleibt offen. Damit ist nicht zwingend vorauszusetzen, dass Passen- und Petzkendorf im HZV belegt sind. Rein sprachlich wäre der älteren Feststellung für Petzkendorf „Fehlt im H. Z. V.“ (Größler 1903, 22) zuzustimmen und Azechendorpf als separater Name anzusehen, der sich nicht mehr lokalisieren lässt. Angesichts der vielen anderen Mehrfachnennungen wäre auch für diesen Fall davon auszugehen, dass es sich bei beiden Belegen um denselben Ort handelt. _auchesdorpf (Nr. 83): Eine Zuordnung zur Wüstung Rachsdorf bzw. Racksdorf (HMTB 2604.C) scheint durch die Ähnlichkeit dieses Namens gegeben zu sein, wenn auch zu fragen ist, wie sich der Diphthong -au- zu -a- entwickeln konnte. Die historischen Belege sprechen indes eine deutliche Sprache und verweisen mit 1120 Roveckesthorp, 1136 Rovekestorp, 1144 Roueckesdorff, 1179 Rovekestorp, 1219 Rockesdorf 60 auf eine Grundform Rovek+s+dorf, die aus einem slavischen Personennamen Rovek gebildet wurde 61. Diese ist jedoch mit dem HZV-Beleg, der gegenüber den späteren Belegen wie eine Verschleifung wirkt, welche aber eher für spätmittelalterliche Belege zu erwarten wäre, nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies gilt auch für eine Zuordnung zu Augsdorf , die an nicht passenden Belegen (1229 Ostdagestorp, 1230 Ostagesdorf; Wolf 1955, 301) scheitert und bei Wolf 1956b, 19 sowie Wolf 1957, 203 nicht weiterverfolgt wurde. Ellesdorpf (Nr. 109): Das inlautende -m- im zweiten Beleg (1272 Elmesdorf bei Walther 1971 [DS 26], 302) passt nicht ganz zur Schreibung im HZV. Dies erscheint aber nicht schwerwiegend genug, um die Zuordnung in Abrede zu stellen. 59 Asic/Esicho bzw. Asig (MGH DO III, 174 (S. 584 f.); Widukind, Lib. 2, c. 3); vgl. Wenskus 1986b, 221 und 223 f. 60 1120 und 1219 bei Walther 1971 [DS 26], 325; diese in leicht abweichender Schreibung bzw. Datierung (1120 Rovekesthorp, 1218 Rockesdorf ) und die übrigen bei Neuß 1971, 280 f. (Nr. 214), der auch auf die Zuweisung des HZV-Belegs zu diesem Ort verzichtet. Vgl. weiterhin Böhme 1909, 71; Wolf 1957, 210; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 305. 61 So Walther 1971 [DS 26], 305 ohne weiteren Nachweis. Zu denken ist an ein aso. Pendant zu atsch. Rovík oder Rovec bei Svoboda 1964, 137, 141 und 198, wobei beide Formen den Bildungen aus alten Beinamen zugeordnet werden (vgl. die den jeweiligen Auflistungen vorangestellte, diesbezügliche Kennzeichnung „P“).
Zuordnungsprobleme
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Gravierender ist der Umstand, dass sich auch El(m)sdorf nicht eindeutig lokalisieren lässt. Die Angabe „w. Schafstedt“ (Walther 1971 [DS 26], 302) kann sich nur auf die Wüstung HMTB 2678.BI beziehen, für die jedoch kein Name überliefert ist. Alternative Vorschläge sind damit nicht auszuschließen. Flurnamen wie Ohmendorfer Gärten usw. (Wolf 1957, 205) oder Ammendorf (in Langeneichstädt; Wolf 1956b, 19) können aber kaum hierher gehören; sprachlich viel naheliegender ist hingegen Ahlsdorf nordwestlich von Eisleben, 1400 Allerstorp, 1484 Alstorf (Wolf 1955, 302), dicht außerhalb des hier bearbeiteten Gebietes. Die Lokalisierung dieses Belegs muss unter diesen Umständen als unsicher gelten. Dachiza (Nr. 130): Dieser Beleg wurde zunächst, mit Fragezeichen versehen, Döcklitz (Wolf 1955, 303; dem neigt auch Hengst 1990, 251 zu) und dann Öchlitz zugeordnet (Wolf 1956b, 19). Aus sprachwissenschaftlicher Sicht wurde dies jedoch bezweifelt (Eichler HZV, 153; Eichler SO 1, 90), weil die Belegreihen beider Orte, die recht klar auf bestimmte Grundformen verweisen, mit der Form des HZV nicht übereinkommen. Für Döcklitz, belegt 1121 in Teklici, 1334 Teckelitz, 1349 Tekelitz, 1400 Teglitz 62, wäre entweder aso. *Teklica aus *tek(l)- ‘fließen’ oder aso. *Tˇechlici zu einem Personennamen *Tˇech_l_ anzusetzen (Eichler SO 1, 90), wobei die erste Variante lautlich naheliegender ist. Für Öchlitz liegen zwei ganz verschiedene Belegreihen vor, einerseits 1315 Ochelitz, 1350 Ochelicz, 1364 Ochgelisse, 1384 Uchlitz (Eichler SO 3, 32) und andererseits 1286 Ouchlitz, 1307 Langocheliz, 1326 Nochelicz, 1329 Ochelitz (Wolf 1956b, 19). Der Name wurde wahrscheinlich gebildet aus aso. *Ocholici zu *ochol ‘aufgeblasen, stolz’ oder einem gleich lautenden Personennamen (Eichler SO 3, 32). Böhme 1909, 16 fällt die Zuordnung insofern leicht, als er im HZV Dacliza liest (so auch Hengst 1990, 251 unter Annahme einer Verschreibung), was aber einer Überprüfung im Faksimile nicht standhält. Ansonsten wäre auch hier eine Siedlung zu vermuten, die spurlos vergangen ist, und für die als Grundform evtl. aso. *Tach+ic_ zu einem Anthroponym *Tach, vgl. Dachritz zu aso. *Tachorovici (Eichler SO 1, 71 f.), anzusetzen ist. Muchendorpf (Nr. 172): Dieser Beleg wurde Möckerling zugeordnet, das 1350 in Mokernik, Mokirnik belegt ist und damit aus aso. *Mok´rnik (zu aso. *mokry bzw. ursl. *mokr• ‘naß’) entstanden ist (Eichler SO 2, 188). Der HZV-Beleg liegt zu dieser Etymologie quer, was auch für einen weiteren Möckerling zugedachten Beleg, 1128 Mucchendorf gilt (Walther 1971 [DS 26], 304). Beide würden eher zu einem Personennamen zu stellen sein, für den sowohl das Slavische mit Mocho, Much, Mucha (Wenzel, Studien 2/2, 32 f.) als auch das Deutsche mit Mucha 63 Anknüpfungspunkte bieten. Besser zu 1128 passt eine Zuordnung „vielleicht“ zum Anthroponym Hemuko (Walther 1971 [DS 26], 304). Eine eindeutige Entscheidung ist hier nicht zu 62 Der Beleg 1349 bei Eichler SO 1, 90, 1334 und 1400 nur bei Böhme 1909, 16, der Erstbeleg bei beiden. Vgl. weiterhin Wolf 1957, 207. 63 Förstemann PN, 1132; der Name erscheint dort allerdings nicht gut genug belegt, um als systemhaft für die deutsche Anthroponymie gelten zu können.
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Einführung
treffen (vgl. weiterhin Böhme 1909, 32; Wolf 1957, 210; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 305); die Zuordnung dieses HZV-Belegs zu Möckerling ist jedoch nicht gegeben. Husuuua (Nr. 197) wird bisher Geusa zugeordnet (Wolf 1955, 306; Wolf 1957, 211). Während bei Eichler HZV, 154 eine Herleitung aso. *Gus/´s+ov_ aus *gu´s bzw. ursl. *go¸sƒ ‘Gans’ als unwahrscheinlich angesehen wird, weil dazu der Vokal noch in nasalierter Form hätte aufgezeichnet worden sein müssen, wird diese Möglichkeit nachfolgend vor dem Hintergrund der späteren Belege (975 Gusau, 1012 Gusuwa, Gusuua, 1017 Gusue) als die einzig relevante angenommen (Eichler SO 1, 137; Hengst 1990, 249). Dies geht aber nur auf, wenn man den HZV-Beleg beiseitelässt, denn G- kann nicht so früh als H- erscheinen (vgl. Schaarschmidt 1998, 94–97). Eine Entstehung des Toponyms aus einem altsorbischen Personennamen *Chud_š (vgl. Schlimpert DS 32, 35) scheitert daran, dass im HZV anlautendes 〈H〉 immer einem Lautwert [h] entspricht, jedoch nicht [x]. Eine Erklärung aus dem deutschen Personennamen Husa (Förstemann PN, 936 f.; Kaufmann 1968, 210) würde das Endelement unberücksichtigt lassen. Die Zuordnung dieses Belegs zu Geusa kann also nicht als gesichert gelten. Mechilacha III. (Nr. 221): Dieser Fall ist insofern komplizierter, als die Schreibung dieses Belegs nahelegt, dass es sich insgesamt um drei Siedlungen dieses Namens handelt (Schröder 1897, 11) – eine Problematik, der im folgenden Abschnitt 1.7 noch nachzugehen sein wird. Der Name wurde schon von Siegmund Wolf mit Emseloh in Verbindung gebracht, das, 1300 Emtzeloe, 1332 Emptzlo, 1347 Emptelo, 1364 Emptilo usw. belegt, aus bei Loga 2007, 38 f.; ebenso Walther 1971 [DS 26], 289 zu mhd. a¯ mei e ‘Ameise’ und dem Grundwort loh gestellt wird. Der HZV-Beleg 64 ist davon deutlich zu trennen. Er verdankt seine Entstehung dem Namen eines Baches, welcher „wohl“ aus ahd. mihhil, asä. mikil ‘groß’ gebildet wurde und die Basis des Toponyms bildete (Walther 1971 [DS 26], 257). B. Eine Reihe von Belegen konnte bislang noch nicht mit später bezeugten Siedlungen in Verbindung gebracht werden. Weitere Schriftbelege fehlen daher, aber dennoch lässt sich für viele dieser Belege eine Etymologie angeben. Auch hier handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen um Namen, die nach dem gleichen Muster – Komposita auf -dorf mit einem Personennamen im Bestimmungswort, der mitunter auch ein slavischer ist – gebildet wurden: Uuicholdesdorpf (Nr. 48) wird bei Walther 1971 [DS 26], 306 und Loga 2007, 132 f. Wippelsdorf w. Liedersdorf zugeordnet. Dieser Name ist 1322 und 1332 in
64 Zugeordnet bei Wolf 1957, 214 und Wolf 1956b, 20, noch bei Wolf 1955, 307 als unbekannt vermerkt.
Zuordnungsprobleme
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Wypoldesdorff, 1400 Wyppelsdorp alias dicitur Ludestorp belegt und aus einem Personennamen W¯ı(g)bald gebildet (Loga 2007, 132; Walther 1971 [DS 26], 306; vgl. auch Schmidt 1913, 75 f.). Diese Zuordnung erscheint Wolf 1957, 200, nachdem er zuerst dafür plädierte und einen engen Zusammenhang mit Liedersdorf annahm (Wolf 1955, 298), bei genauerer Prüfung der geographischen Einordnung unpassend. Darüber könnte aber hinweggegangen werden, da die beiden jeweils eindeutig belegten Anthroponyme Wichold und Wigbald zusammengehören. Allerdings wäre zu erwarten, dass in den Belegen zuerst W¯ı(g)bald erscheint, Wichold aber erst in späterer Zeit. Obwohl es also fraglich erscheint, beide Namen aufgrund ihrer Ähnlichkeit miteinander zu verbinden, ist dies doch nicht auszuschließen. Ein weiterer Beleg 991 Viubodesdorf erscheint bei Loga 2007, 132 f. als gesonderter Lemmaeintrag; auch dieser könnte sprachlich Wippelsdorf zuzuordnen sein. Wolf 1957, 200 lokalisiert diesen Beleg „zwischen Allstedt und der Wg. Seebich“, setzt ihn also mit Uuicholdesdorpf gleich. Rozuualesdorpf (Nr. 71) wurde aus dem altsorbischen Personennamen *Rozvał (Walther 1971 [DS 26], 305) gebildet. Wenskus 1986b, 216 wollte diesen Beleg mit Rottelsdorf östlich von Bösenburg oder Rollsdorf bei Seeburg in Verbindung bringen; beides scheitert aber an den inzwischen erschlossenen schriftlichen Belegen dieser Orte. Diese lauten für Rollsdorf (neben dem HZV-Beleg Ruoldesdorpf ) 1120 und 1136 Roldesthorp usw. sowie für Rottelsdorf 1273 Rotelendorp, 1296 de Rotelendorp (Freisleben 2007, 103–106), was in beiden Fällen sprachlich mit HZV Nr. 71 nicht zu vereinbaren ist. Nach einer Zuordnung zu Rollsdorf (Wolf 1955, 300), die er wieder verwirft (Wolf 1956b, 18 65) weist Wolf 1957, 202 auf einen Flurnamen Rösetal nördlich von Seeburg hin. Dieser liegt zwar noch etwas nördlicher als Rollsdorf, könnte aber wie dieses evtl. noch im HZV enthalten sein. Für eine Einbeziehung in die folgende Untersuchung ist dieses Indiz aber zu undeutlich. _ezemendorpf (Nr. 84): Dieser Beleg wurde häufig infolge des fehlenden Wortbeginns als nicht lokalisierbar angesehen (Wolf 1957, 203; Wolf 1955, 301), und für die Zuordnung zur Wüstung Hämisch (HMTB 2604.E) bei Neuß 1971, 130 f. (Nr. 99) gibt es bislang keine Alternative. Obwohl dies infolge fehlender späterer Zeugnisse hypothetisch bleibt, so erscheint doch eine Einkürzung und Verschleifung der durch den HZV-Beleg dokumentierten Form zu dem Flurnamen Die Hämischen Höhen möglich. Gleichwohl ist eine zuverlässige Erklärung des Namens nicht möglich, so dass er in die folgenden Untersuchungen nicht einbezogen werden kann. Brunesdorpf (Nr. 145, 157, 159 und 161), leicht zu erklären aus einem Personennamen Brun_, kann sprachlich für Nr. 157, 159 und 161 nicht zu einer Wüstung Bindorf
65 Bei Wolf 1956a, 10 heißt es dann: „nicht bestimmbar“.
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Einführung
auf der Gemarkung Dorndorf zu stellen sein 66. Diese ist einzig bei Böhme 1909, 70 bezeugt; historische Belege oder weitere Spuren liegen jedoch anscheinend nicht vor. Für Nr. 145 ist dies anders; hier führt Größler 1903, 98 eine umfangreiche Belegreihe an: 1057 Bunesdorf, 1109 Bunisdorf, 1206 Bunstorf, 1319 Bunstorph, 1331 Bunstorff, 1400 Bunstorff. Diese gehört zum Namen der späteren Wüstung Pinsdorf . Ein Lautwechsel von -u- zu -i- wäre in der gegebenen Situation möglich 67; der Name wäre von einem altsorbischen Anthroponym *Bun (Eichler SO 1, 39; Svoboda 1964, 33) abzuleiten. Nicht dazu passt wiederum der HZV-Beleg, der von Wolf 1957, 208 und Wolf 1956b, 20 hier zugeordnet wird. Damit kann es sich um später nicht mehr belegte Siedlungen handeln, aber auch ein Anschluss an die beiden gleich lautenden Belege, die eindeutig zu lokalisieren sind (Braunsdorf, im HZV Nr. 185; Wg. Braunsdorf , im HZV Nr. 132) wäre denkbar. Trotz dieser Unsicherheit ist das häufige Auftreten dieses Namens im HZV bemerkenswert. Azalundorpf (Nr. 163) wird aufgrund der Reihenfolge im HZV in der Nähe von Goseck sw. Weißenfels gesucht, genauere Hinweise fehlen jedoch. Der Name wurde aus einem Personennamen Azzalo gebildet (Walther 1971 [DS 26], 300) 68. Theodendorpf (Nr. 182) liegt nur in diesem einen Beleg vor. Der Name wurde aus einem Anthroponym De(o)do gebildet (Walther 1971 [DS 26], 302). Eine Lokalisierung orientierte sich an geographischen Aspekten, die aber sprachlich nicht befriedigen können. Weder eine Wüstung Tanneroda bei Frankleben (Wolf 1956b, 20), noch ein Flurname Dampfeld in Schortau (Wolf 1957, 211) entsprechen auch nur annähernd der Struktur des Namens. Ein Zusammenhang mit der Wüstung Schalkendorf südöstlich von Mücheln unter der Voraussetzung einer Umbenennung (Walther 1971 [DS 26], 302) ist sicher denkbar, hat aber auch den Ruch von Willkür. Letztlich bleibt es bei der Angabe „unbekannt“ (Wolf 1955, 306). Meginhardesdorpf (Nr. 187) ist zu einem Personennamen Meginhard zu stellen 69. Für eine Lokalisierung fehlt jeglicher Ansatzpunkt (Wolf 1957, 211; Wolf 1955, 306). Zidimuslesdorpf (Nr. 205) ist wohl bei Merseburg zu suchen und wurde von dem ursl. Anthroponym *Zƒdimysł oder *Sƒdˇemysł• abgeleitet (Eichler HZV, 156; Walther 1971 [DS 26], 305 und 325; Hengst 1990, 250). Der Ort könnte bei Bösseling (HZV 66 Wie es bei Wolf 1956b, 20 und Wolf 1957, 209 vorgeschlagen wird gegenüber der Vermutung einer Zuordnung zu Nr. 132 oder 145 bei Wolf 1955, 305. 67 Das -u- wird unter dem Einfluss des -i- in der nachfolgenden Silbe umgelautet (was graphemisch nicht zwingend gekennzeichnet werden muss) und in der Folge zu -i- entrundet. Vgl. einen ähnlichen Fall (Krimpe) bei Eichler SO 2, 85. Außerdem ist in anderen Fällen „ein Wechsel der Extremvokale i und u bezeugt“ (Naumann 1962, 308). 68 Vgl. zum Beleg auch Wolf 1957, 209; Wolf 1955, 305. 69 Dies ist naheliegender als eine Herleitung von Maganhard bei Walther 1971 [DS 26], 304. Für den Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale).
Zuordnungsprobleme
47
Nr. 206) gelegen haben, wo 1572 eine Wüstung Suttelsmund genannt wird (Wolf 1955, 306; Wolf 1957, 212), die jedoch nicht genau zu lokalisieren ist. Suemeburg (Nr. 258): Die Lageangabe „ehem. Burg bei Burgstaden s. Bad Lauchstädt“ (Walther 1971 [DS 26], 319; ähnlich Wolf 1957, 220 und Wolf 1956b, 21) mag aus geographischer Sicht plausibel sein; aus sprachgeschichtlicher Perspektive ist sie ebenso willkürlich wie eine Zuordnung zu Schmon (hierin unsicher ist Grimm 1958, 280, Nr. 479). Ein Bezug des HZV-Belegs, der 979 als Swemoburch noch einmal begegnet und zu erklären ist aus „schwemmen, Schwemme oder mnd. sweimen ‘sich schwingen’ oder gar StN Sw¯eben?“ (Walther 1971 [DS 26], 319), zum Ortsnamen Burgstaden ist allenfalls ein indirekter, indem das Toponym – was aber angesichts des Fehlens historischer Belege kaum mit Sicherheit zu sagen ist – auf die Existenz einer Befestigungsanlage Bezug nimmt. Somit ist die Feststellung, dass der Name nicht zu lokalisieren ist (Größler 1903, 102), weiterhin gültig. Die fehlende Lokalisierung dieser Namen ist bedauerlich, zumal es sich oft um durchsichtige und relativ leicht zu erklärende Bildungen handelt. Auffällig ist der selbst gegenüber dem gesamten HZV überproportional große Anteil an Komposita auf -dorf, der sich einer Interpretation verschließt. Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass in der Zeit seit dem 9. Jahrhundert, die mithin mehr als ein Jahrtausend umfasst, Siedlungen und ihre Namen durch verschiedene Umstände verschwinden konnten, ohne Spuren zu hinterlassen. Immerhin führte eine intensive, seit Langem betriebene Suche im Gebiet des HZV (insbesondere von Größler und Wolf) unter Wüstungen und Flurnamen zu einer großen Zahl von Lokalisierungen. Einen hundertprozentigen Erfolg zu erwarten wäre unrealistisch, zumal sich auch in älteren Schriftquellen für andere Regionen für gewöhnlich Namenformen finden, die geographisch nicht einzuordnen sind. In diesem Kontext muss es schon als beachtlich gelten, wenn sich 86 % der Orte des sehr alten Hersfelder Zehntverzeichnisses exakt lokalisieren lassen. C. Ganz schwierige Fälle liegen dann vor, wenn weder die Lage zu bestimmen ist noch der Name zufrieden stellend erklärt werden kann: Brallidesdorpf (Nr. 29) und Breuieliudest[at] (Nr. 102): Beide Namen scheinen in ihrer lautlichen Struktur einander zu ähneln und werden daher bei Walther 1971 [DS 26], 275 und 301 zusammengefasst 70; über ihre sprachliche Erklärung ist jedoch nur zu mutmaßen. Für Nr. 29, die noch einmal 991 Brellidesdor[f] erscheint, wäre an einen auf -liud endenden Personennamen zu denken oder an ein altsorbisches Lexem *prav-. . . (Loga 2007, 24); beide Vorschläge können jedoch nur Teile des Namens, nicht aber seine vollständige Struktur erklären. Von Bedeutung ist hierbei die Feststellung, dass ein slavisches Bestimmungswort enthalten sein müsse, weil der 70 Während bei Wolf 1955, 302 ein Zusammenhang beider erwogen wird, wird dieser später, bei Wolf 1956b, 19, ausgeschlossen.
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48
Einführung
Beleg ansonsten einen Umlaut aufwiese (Schröder 1897, 4). Dieser liegt zwar bei Nr. 102 vor, eine Erklärung dieses Belegs erleichtert dies aber nicht. Die Lokalisierung kam für Nr. 102 nicht über „unbekannt“ hinaus (Wolf 1957, 205; Wolf 1955, 302). Für Nr. 29 erfolgte sie lediglich aufgrund der Reihenfolge der Aufzählung im HZV und einer Urkunde aus dem Jahr 991, die Brellidesdorf zwischen Winkel und Allstedt aufführt (Wolf 1957, 198), ohne dass sich konkrete topographische Anhaltspunkte finden lassen. Gegen den Vorschlag, einen der beiden Belege mit Barwelle in Beyernaumburg und Liedersdorf in Verbindung zu bringen (Wolf 1956b, 19), spricht neben der zu unterschiedlichen Lautung, dass es sich bei Barwelle nicht um eine frühere Siedlung, sondern wohl nur um einen Flurnamen handelt (Schmidt 1913, 76), weswegen Wolf 1957, 198 und 205 wohl davon wieder Abstand nahm. Cunbici (Nr. 128): Ein Zusammenhang mit dem Flurnamen das Grünitzfeld nordöstlich von Niederwünsch (Wolf 1957, 207; Wolf 1956b, 19) ist wie auch die zuvor erwogene Verbindung mit Gölbitz (Wolf 1955, 303), vgl. 1464 Gelwitz (Böhme 1909, 24) aus sprachlicher Perspektive nicht zu bestätigen, da eine geradlinige Entwicklung vom HZV-Beleg zu einem der genannten Namen nicht denkbar ist. Auch die Erklärung des Belegs steht vor Schwierigkeiten. Ein Ansatz aso. *Kun+ovici wäre denkbar, aber hinsichtlich einer derartig frühen Vertretung von /v/ durch 〈b〉 71 wohl problematisch. In der Form *Kunpici oder *Kunbici könnte der Name eine dem Zetazismus schon frühzeitig unterworfene Form *bizi aus asä. *biki ‘Bach’ sein; diese Lauterscheinung ist jedoch erst ab dem 10. Jh. belegt 72, dürfte hier also nicht in Betracht kommen. Als Bestimmungswort käme vielleicht ein Personenname *Kunno in Betracht; vgl. hierzu Kombach bei Greule 2014, 279.
1.6.3 Zusammenfassung Erläuterungen waren bei 54 Namenbelegen des HZV erforderlich. Dies entspricht einem nicht geringen Anteil von knapp einem Drittel. In der überwiegenden Zahl dieser Fälle ging es jedoch um eine der sprachlichen Gestalt der Namen entsprechende Zuweisung zu heute noch bezeugten Orten. Hierbei ergaben sich Veränderungen bei den im Folgenden aufgelisteten Orten. Für 45 % dieser Namen ist die Zuweisung mit großer Sicherheit anzunehmen:
71 Hierzu Paul et al. 2007, 155, § L 100, Anm. 3, wo diese Schreibvariante im Zentral- und Nordhessischen – also im geographischen Umfeld Hersfelds – beobachtet wird, allerdings für die hier relevante Zeitspanne wohl zu spät. Bei Braune /Reiffenstein 2004 finden sich hierzu anscheinend keine Angaben. 72 Klein 2000, 1251; vgl. auch Bischoff 1954, 61 f.; Bathe 1957, 57–60; Bischoff 1967, 46 f.
49
Zuordnungsprobleme
Budilendorpf (Nr. 73): Budinendorpf (Nr. 51): Codimesdorpf (Nr. 213): Dussina (Nr. 90): Fizendorpf (Nr. 155): Gerburgoburg (Nr. 46, 247): Gramannesdorpf (Nr. 202): Liubsici (Nr. 108): Liudimendorpf (Nr. 171): Miscauual (Nr. 74): Osniza (Nr. 91): Risdorpf (Nr. 77): Thiderichesdorpf (Nr. 133): Zibuchesdorpf (Nr. 173): Ziuunidun (Nr. 61):
hier zu Bottendorf , Wg., hier zu Peutnitz, Wg., hier zu Gottsdorf , Wg. (Teutschenthal), hier zu Deussen, Wg. (Teutschenthal), hier zu Vitzen(burg), hier zu Korbesberg bei Lengefeld, hier zu Körbisdorf , hier zu Lobitz, Wg.; hier zu Ludendorf , Wg., hier zu Meuschau, hier zu Ösnitz, Wg. (Teutschenthal), hier zu Unterrißdorf , hier zu Dörstewitz; hier zu Zütschdorf ; hier zu Wenden,
zuvor zu Peutnitz, Wg.; zuvor zu Bottendorf , Wg.; zuvor zu Kottendorf , Wg./Gotthardsteich; zuvor zu Ober-Teutschenthal; zuvor zu Bittdorf , Wg.; zuvor zu Kartenburg; zuvor zu Gräfendorf , Wg.; zuvor bei Asendorf zuvor zu Schlaukat /Lautama, Wg.; zuvor zu Lieskau; zuvor zu Unter-Teutschenthal; zuvor zu Eisdorf ; zuvor „Dittersdorf“ zuvor zu Schwachsdorf zuvor zu Weden, Wg.;
Abgesehen von den jeweiligen Neubewertungen bleibt bei 28 % der genannten Namen die generelle Zuordenbarkeit bestehen. Neu erklärt wurde in diesem Zusammenhang: Zliusendorpf (Nr. 149):
zu Blossendorf , Wg.;
Für einige weitere Fälle ist eine Zuweisung nur unter der Annahme einer Fehlschreibung im Anlaut möglich: Dachendorpf (Nr. 37): Donichendorpf (Nr. 81): Stegera /Segara (Nr. 148): Theommendorpf (Nr. 80):
zu Neckendorf ; hier zu Tönicken (FlN), zu Steigra; zu Ohmendorf ;
zuvor zu Angersdorf ;
Namenerklärung und Lokalisierung sind also bei 60 % der in diesem Abschnitt behandelten 53 Namen weitgehend klar. Einige, darunter auch prominente Fälle lassen sich gut an später bezeugte Orte anschließen, ihre Etymologie bleibt jedoch ungeklärt oder mehrdeutig: Hatdesfeld (Nr. 236): Ubbedere (Nr. 78): Z/Cidamacha (Nr. 156, 158): Gozacha (Nr. 170, 253): _ezemendorpf (Nr. 84):
zu Hatzkerfeld, Wg.; zu Bedra; zu Zeddenbach, Wg.; zu Goseck; zu Hämisch, Wg.;
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50
Einführung
Eine größere Zahl von Namen lässt sich nicht lokalisieren, wobei in einigen Fällen bisherige Lokalisierungen bei strengerer Beurteilung der sprachlichen Gestalt des HZV-Belegs abzulehnen sind: _auchesdorpf (Nr. 83): Azechendorpf (Nr. 79, 189): Brunesdorpf (Nr. 145, 157, 159, 161): Burcdorpf (Nr. 11); Dachiza (Nr. 130): Ellesdorpf (Nr. 109): Husuuua (Nr. 197): Mechilacha III (Nr. 221): Muchendorpf (Nr. 172): Suemeburg (Nr. 258):
zuvor zu Rachsdorf ; zuvor zu Passendorf , Petzkendorf ; zuvor zu Pinsdorf , Bindorf ; zuvor zu Öchlitz; zuvor zu El(m)sdorf , Wg.; zuvor zu Geusa; zuvor zu Emseloh; zuvor zu Möckerling; zuvor zu Schwemeburg.
Weitere Belege lassen sich nach wie vor nicht einem später bezeugten Ort zuweisen: Azalundorpf (Nr. 163); Meginhardesdorpf (Nr. 187); Rozuualesdorpf (Nr. 71); Theodendorpf (Nr. 182); Theotboldesdorpf (Nr. 50); Uuicholdesdorpf (Nr. 48); Zidimuslesdorpf (Nr. 205).
Hinzu kommen einige Belege, die sowohl hinsichtlich ihrer sprachlichen Erklärung als auch ihrer Lokalisierung unklar sind: Brallidesdorpf (Nr. 29), zuvor zu Brellsdorf , Wg.; Breuielliudest[at] (Nr. 102); Cunbici (Nr. 128).
Der Anteil von 12 %, den diese 20 nicht zu verortenden Namen unter den 171 in Liste A des HZV genannten Toponymen bilden, erscheint angesichts des hohen Alters dieser Quelle und der generell vorauszusetzenden späteren Transformationsprozesse in der Siedlungsstruktur als vertretbar. Es sei dahingestellt, inwieweit detailliertere Forschungen noch Aufklärung bringen könnten, es dürfte aber generell unwahrscheinlich sein, dass sich eine so große Zahl im Frühmittelalter aufgezeichneter Namen heute noch ausnahmslos lokalisieren lässt.
Mehrfachnennungen
51
1.7 Mehrfachnennungen Ein Charakteristikum des HZV ist es, dass nicht wenige Ortsnamen (vgl. auch Schröder 1897, 3) mehrfach, z. T. auch an ganz unterschiedlichen Stellen der Auflistung auftauchen (Tab. 1) 73. Hierbei handelt es sich um alles andere als eine periphere Erscheinung; vielmehr ist weit mehr als ein Drittel der in Liste A des HZV genannten Namen davon betroffen. Hinzu kommen zwei Toponyme, denen jeweils eine Reihe von Grundstrichen nachgestellt wurde, welche an eine römische Zahl erinnert: Mechilacha III (Nr. 221) und Bullisfeld III (Nr. 228), woraus auf eine entsprechende Zahl von Einzelsiedlungen dieses Namens geschlossen wurde (Schröder 1897, 11) 74. Von erheblicher Bedeutung ist die Frage, wie die so zahlreichen Mehrfachnennungen zu erklären sind. Wohl auch unter dem Eindruck der Einheitlichkeit in der formalen Gestalt der Quelle, die unweigerlich eine entsprechende innere Ordnung impliziert, lag es nahe, bei diesen Mehrfachnennungen noch heute existierende Ortsteile größerer Siedlungen anzunehmen: „Das wiederholte Vorkommen gleicher Ortsnamen erklärt sich größtenteils durch das Bestehen gleichnamiger und heute durch Groß-, Klein-, Ober-, Nieder- u. ä. unterschiedener Orte. Daß diese doch meistens benachbarten Orte nie unmittelbar aufeinander folgen, sondern wenigstens éin [sic!] anderer Namen [sic!] dazwischen geschoben ist, soll wohl gerade die Verschiedenheit der Siedlungen trotz Namensgleichheit verdeutlichen. Das Verzeichnis scheint praktischen Zwecken der Bereisungskontrolle der zehntpflichtigen Orte gedient zu haben.“ (Wolf 1955, 293, Anm. 5)
Im Geltungsbereich des HZV liegen zwar durchaus gleichnamige Orte vor, z. T. auch in größerem Abstand voneinander (Rothen- und Weißenschirmbach; Röblingen). Dennoch ist bei einer solchen „Aufteilung“ der Namenformen eine Eineindeutigkeit der Zuweisung nur oberflächlich zu erzielen. Deutlich wird dies z. B. bei Uunschi bzw. Unschi (Nr. 127 und 129), wofür sich Ober- und Niederwünsch zur Lokalisierung anboten (Wolf 1957, 207 75). Unberücksichtigt blieb dabei jedoch ein dritter, heute wüst liegender Ortsteil Beerwünsch (HMTB 2678.E), der durchaus ebenfalls in Betracht zu ziehen wäre. Dass zwei HZV-Belege drei Ortsteilen gegenüberstehen, lässt eine einfache Lösung nicht erwarten. Bei den anderen Orten ist die Situation grundsätzlich ähnlich.
73 Da es hier um gleiche Namen geht, werden an dieser Stelle z. B. auch Toponyme, die sich erwiesenermaßen auf unterschiedliche, aber gleichnamige Orte beziehen, zusammengefasst; dies betrifft Braunsdorf und Röblingen. 74 Vgl. auch: „Ich mache besonders aufmerksam auf die [. . . ] Zahlen hinter Mechilacha und Bullisfeld : [sic!] sie deuten an, dass der Schreiber resp. Verfasser hier mit dem Raum in die Klemme kam und darum statt der bisherigen Wiederholung des Namens zu einem sparsamern Modus greifen musste“ (Schröder 1897, 11). 75 Demgegenüber noch bei Wolf 1955, 303 der Bezug beider Belege zu Oberwünsch.
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52 Ortsname
Einführung
Nr. im HZV
Anzahl 2
3
4
Azechendorpf
79, 189
Benndorf
191, 193, 196
Blösien
192, 195, 198, 200
Barnstädt
110, 113, 115
Braunsdorf
145, 157, 159, 161 (+ 132, 185)
Burgwerben
214, 216, 239
Einzingen
5, 9
X
Esenstedt
104, 107
X
Eulau
160, 162
X
Farnstädt
58, 60
X
Frankleben
194, 199
X
Gröst
179, 181, 183
X
Groß-Korbetha
134, 215, 238
X
Hackerode
225, 231
X
Kriegstedt
123, 125
X
Lauchstädt
117, 120
X
Lengefeld
218, 220, 222
Liederstädt
136, 139
X
Lunstädt
207, 211
X
Ösnitz
91, 94
X
Osterhausen
24, 32
X
Röblingen + Röblingen am See
3, 6, 66, 68
X
Schafstädt
112, 114, 118, 121
X
Burgscheidungen
151, 153
Schmon
135, 137, 140
X
Schortau
184, 186, 188
X
Spielberg
142, 144, 147
X
Steigra
146, 148
Deussen /Teutschenthal
90, 92, 95, 98, 101
5
6
X X X X X X
X
X
X X
53
Mehrfachnennungen
Ortsname
Nr. im HZV
Anzahl 2
Vitzenburg
57, 59
Wippra
233, 235, 237
Wünsch
127, 129
X
Zeddenbach
156, 158
X
Zöbigker
178, 180
X
Summe
91
3
4
5
6
3×4
1×5
1×6
X X
19 × 2
10 × 3
Tab. 1.1: Übersicht über die Mehrfachnennungen von Toponymen im HZV
Dass sich ältere Ortsnamenbelege nicht mehr heute nachweisbaren Siedlungen zuweisen lassen, sondern förmlich in der Luft zu hängen scheinen, ist ein verbreitetes Phänomen. In beinahe jedem Siedlungsnamenlexikon finden sich entsprechende isolierte Belege ohne Anschluss an heutige Oikonyme. Nicht alle Umstrukturierungsund Wandlungsprozesse der Siedlungsnamenlandschaft lassen sich heute noch nachvollziehen. Damit könnten sich die gleichen Namenformen z. T. auch auf heute nicht mehr nachweisbare Siedlungen beziehen. Eine hundertprozentige Abbildung der Namen des HZV auf die heutige Siedlungstopographie ist angesichts dessen nicht zu erwarten, sie wäre vielmehr sehr verwunderlich. Zudem wäre zu fragen, warum im HZV nicht wenigstens versucht wurde, Differenzierungen durch Zusätze vorzunehmen, wie es doch bei der einheitlichen Betrachtung eines geographischen Raumes naheliegen würde. Zu berücksichtigen sind weiterhin auch Erkenntnisse der Siedlungsgeographie: „Augenscheinlich wurden im 10. und 11. Jh. die verbliebenen Reste der Eremusbereiche aufgehoben und von den Altdörfern aus aufgesiedelt. Die kleinen Tochterdörfer – stets in direkter Feldmarksnachbarschaft – erhielten entweder den Namen des Mutterdorfes mit dem Präfix „Klein“ oder wurden mit einem besonderen Bestimmungswort als neue Ansiedlungen gekennzeichnet.“ (Meibeier 2006, 59)
Will man für die Saaleregion nicht eine völlig andere zeitliche Einordnung dieser Prozesse annehmen als für das Nordharzgebiet, für das die zitierte Feststellung getroffen wurde, dann ergibt sich daraus, dass es die Namenpaare zur Zeit der Entstehung des HZV noch gar nicht gab. Damit wäre eine Verteilung der Mehrfachnennungen auf die heutigen Ortsteile überhaupt nicht möglich. Angesichts dessen bleibt kaum eine andere Möglichkeit als anzunehmen, dass Orte im HZV mehrfach genannt werden, dass es sich also bei den sich wiederholenden Namen um jeweils ein Toponym handelt, das mehr als nur einmal aufgezeichnet wurde. Mit dieser These reduziert sich einerseits der Bestand an Namen in dieser
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54 Ortsname
Einführung
HZV Nr. Namenformen Bernstat
Barnstädt
110
Langeneichstädt
111
Schafstädt
112
Barnstädt
113
Schafstädt
114
Barnstädt
115
Schotterey
116
Lauchstädt
117
Schafstädt
118
Milzau
119
Lauchstädt
120
Schafstädt
121
[. . . ]
[. . . ]
[. . . ]
Schmon
135
Smean
Liederstädt
136
Schmon
137
Weißenschirmbach
138
Liederstädt
139
Schmon
140
Pretitz
141
Spielberg
142
Reinsdorf
143
Spielberg
144
[nicht lokalisiert]
145
Steigra
146
Spielberg
147
Steigra
148
[. . . ]
[. . . ]
[. . . ]
Zeddenbach
156
Zidamacha
[nicht lokalisiert]
157
Zeddenbach
158
Ehstat Scabstedi Bernstat Scabstedi Bernstat Scuturegia Lochstat Scabstedi Milisa Lochstat Scabstedi
Lodenstat Smean Scrinbach Liodenstat Smean Bridasti Spiliberc Reginheresdorpf Spiliberc Brunesdorpf Stegera Spiliberc Segara
Brunesdorpf Cidamacha
55
Mehrfachnennungen
Ortsname
HZV Nr. Namenformen Brunesdorpf
[nicht lokalisiert]
159
Eulau
160
[nicht lokalisiert]
161
Eulau
162
[. . . ]
[. . . ]
[. . . ]
Zöbigker
178
Zebechuri
Gröst
179
Zöbigker
180
Gröst
181
[nicht lokalisiert]
182
Gröst
183
[. . . ]
[. . . ]
[. . . ]
Benndorf
191
Bebendorf
Blösien
192
Benndorf
193
Frankleben
194
Blösien
195
Benndorf
196
[nicht lokalisiert]
197
Blösien
198
Frankleben
199
Blösien
200
Ilauua Brunesdorpf Ilauua
Crodesti Zebechuri Crodesti Theodendorpf Crodesti
Blesina Bebendorpf Franchenleba Blesina Bebendorpf Husuuua Blesina Franchenleba Blesina
Tab. 1.2: Visualisierung der Abfolge mehrfach genannter Orte im HZV
Quelle drastisch, andererseits wirft sie die Frage auf, warum dies geschehen sein sollte. Eine naheliegende Überlegung wurde bereits vor längerer Zeit formuliert, wonach „Wiederholungen und Überschneidungen [. . . ] sicherlich der Kompilation zeitlich verschiedener Vorlagen beziehungsweise der schematischen Zusammenstellung durch den Hersfelder Schreiber oder Redaktor anzulasten“ sind (Walther 1990, 221). Die fein säuberlich angeordneten Namen könnten also aus unterschiedlichen Zusammenstellungen heraus abgeschrieben sein, insbesondere wohl aus verschiedenen Kontexten wie z. B. Besitzübertragungen stammenden Auflistungen. Einzelne Siedlungen konnten bei sich überlappenden oder nebeneinanderliegenden Herr-
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56
Einführung
schaftsverhältnissen ohne Weiteres in mehreren dieser Vorlagen genannt worden sein. Um diese verschiedenen Namen getreulich untereinander zu setzen, hätte es nur einer durchschnittlichen Portion Gleichgültigkeit oder Pedanterie des Abschreibers bedurft, welche sich in der buchstabengetreuen Wiedergabe der Namen, auf die Schröder 1897 so deutlich hingewiesen hat, zur Genüge manifestiert. Das mehrfache Auftreten der gleichen Namen wäre auf diese Weise viel leichter zu erklären. Etwas abwegig erscheint demgegenüber eine andere, wohl eher aus der Not heraus für Dussina /Deussen und Osniza /Ösnitz geborene Überlegung: „Die Gründe für die mehrfache Erwähnung sind nicht bekannt. Angesichts von dem fünffach vertretenen Dussina kann ein bloß oberflächliches Schreiberversehen nahezu ausgeschlossen werden. Vielleicht hat der Schreiber des 11. Jh. auch seine Vorlagen, die möglicherweise nicht mehr in bestem Zustand waren, nicht mehr richtig deuten /lesen können und setzte für unleserliche Ortsnamen das Wort Dussina.“ (Lück 2005, 16)
Dass ein Name als Stellvertreter für andere, unleserliche dienen soll, wäre erst noch genauer zu begründen. Demgegenüber wären aber Irrtümer des Schreibers nicht unbedingt auszuschließen. Immerhin fällt auf, dass viele sich wiederholende Toponyme durch nur ein bis drei andere Namen voneinander getrennt sind, und mitunter ergibt sich ein regelrechtes Hin und Her (Tab. 1.2). Derartige Stellen erwecken den Eindruck, als seien der Schreiber oder sein Vorleser beim Lesen der Vorlage gelegentlich in der Zeile verrutscht, so dass kleinere Gruppen von Namen mehrfach notiert worden wären. Gleichwohl wäre aber auch an verschiedene Provenienzen von Besitz in den entsprechenden Orten zu denken, die sich in einer nach regionalen Faktoren geordneten Zusammenstellung in solchen Mehrfachnennungen manifestieren konnten; dies könnte durchaus auch für die in Tab. 1.2 dargestellten Ausschnitte aus der Liste zutreffen. Die Situation bleibt also unklar, und ob sich diese Problematik genauer klären lassen wird, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben (vgl. dazu weiter Abschnitt 5.2.2). Da es in der folgenden Untersuchung vorrangig um die Namen geht, bleibt als wesentliches Ergebnis, dass sich mehrfach auftretende gleiche Namen mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein und dieselbe Siedlung beziehen. In Aufzählungen und bei Mengenberechnungen werden sie daher nur einmal und nicht mehrfach gezählt.
1.8 Resultat: Das Namenkorpus In der folgenden Untersuchung wird von einem Namenbestand ausgegangen, der – abgesehen von den oben dargestellten Unsicherheiten – die historische Namenlandschaft der Region zwischen Saale, Unstrut, Harz und Süßem See repräsentiert. Für jeden der darin enthaltenen Namen wird zunächst davon ausgegangen – sofern er nicht explizit als jüngere Gründung zu identifizieren ist –, dass er ein Alter aufweist,
Resultat: Das Namenkorpus
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das demjenigen der Namen im HZV entspricht. Was als eine Willkürentscheidung ohne sachgerechte Begründung erscheinen mag, hat methodische Gründe. In allen toponomastisch untersuchten Regionen, für die in der Regel keine Quelle von Umfang und Alter des HZV vorliegt, wird davon ausgegangen, dass der jeweilige Namenschatz als ein Ganzes zu untersuchen ist. Eine Untergliederung nach Namenschichten wird vorrangig anhand struktureller Merkmale vorgenommen. Im Deutschen werden z. B. Derivata in der Regel als ältere Bildungen angesehen, Komposita hingegen als jüngere. Zu verweisen wäre außerdem auf die Unterscheidung zwischen älteren und jüngeren slavischen Namentypen, die im folgenden Kapitel 2 noch eine Rolle spielen wird. Dabei spielen die Ersterwähnungen der Namen gerade keine Rolle 76, da diese ohnehin nur in den wenigsten Fällen an die Entstehungszeit der Namen heranreichen. Man ist also im Allgemeinen gezwungen, von einem um Jahrhunderte höheren Alter der Namen auszugehen, als dies durch die schriftliche Überlieferung tatsächlich dokumentiert ist, was grundsätzlich auch berechtigt ist. Das Vorliegen des HZV mag nun dazu verleiten, sich auf die tatsächlich für das 9. Jahrhundert überlieferten Namen zu beschränken und die übrigen als unsichere Kandidaten außer Acht zu lassen. Unweigerlich würde man dann aber auch den sicher nicht geringen Prozentsatz beiseitelassen, der trotz fehlender Quellenbelegung älter ist. Methodisch reizvoll ist aber ein Vorgehen, das sich an demjenigen einer Untersuchung „normaler“ Gebiete ohne besonders alte Überlieferung orientiert und die Exzeptionalität des HZV nur sekundär beachtet. Dies bedeutet, dass alle Namen der Region als Ganzes betrachtet werden und erst dann danach gefragt wird, ob diejenigen des HZV signifikante Besonderheiten im Vergleich mit den übrigen aufweisen. Damit kann zugleich überprüft werden, ob ein solches Vorgehen in den anderen Fällen tatsächlich zuverlässig ist, indem es hier einer Verifizierung durch den umfangreichen Quellenbestand des HZV unterzogen wird. Dies betrifft insbesondere die Unterscheidung zwischen älteren und jüngeren altsorbischen Namentypen, um die es in Kapitel 2 geht. In einem bestimmten Punkt ist aber eine Differenzierung angebracht. Da bei Walther 1971 [DS 26] insbesondere die älteren Siedlungsverhältnisse im Blick standen, hat er in die Namenverzeichnisse auf den Seiten 224 bzw. 242 bis 327 vor allem ältere Bildungen aufgenommen. Diese von den übrigen zu unterscheiden, bietet eine zusätzliche methodische Verifikationsmöglichkeit, ob nämlich in DS 26 nicht aufgeführte Namen ebenfalls ein hohes Alter aufweisen können. Außen vor bleiben die relativ wenigen Namen, deren Etymologie Schwierigkeiten bereitet, was z. T. an den Lücken in der toponomastischen Bearbeitung der Regionen westlich der Saale liegt. Schließlich mag man sich an der Abgrenzung der untersuchten Region reiben, die in Bezug auf Saale und Unstrut jeweils ein Flussufer miteinbezieht, das andere jedoch außer Acht lässt. Diese Abgrenzung ist aus der 76 Eine Ausnahme hiervon bildet die polnische toponomastische Forschungstradition, wo in regionalen Untersuchungen regelmäßig das Verhältnis zwischen den einzelnen Namentypen und den Jahrhunderten der Erstbezeugung der jeweils zugehörigen Namenbildungen detailliert analysiert wird, was durch die Spezifik der Quellenlage Polens seine Berechtigung haben mag.
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Einführung
Perspektive der Siedlungsentwicklung, unter der Flusslandschaften eher als Einheiten zu betrachten sind, durchaus unsinnig. Fragt man jedoch danach, in welchem Maße das Hersfelder Zehntverzeichnis tatsächlich die frühmittelalterliche Besiedlung im Vergleich mit der gesamten toponymischen, bzw. besser: oikonymischen Landschaft reflektiert, dann ist es zielführend, sich an den Ausschnitt, der durch diese Quelle beschrieben wird, genau zu halten. Ortsnamen Im HZV Kolumne 1
Nicht im HZV in DS 26 aufgelistet nicht in DS 26 Kolumne 2
Kolumne 3
Tab. 1.3: Die Struktur der Ortsnamenbearbeitung in dieser Untersuchung
Zusammengefasst ergibt sich demnach die in Tab. 1.3 dargestellte Struktur. Die drei Kolumnen werden in Kapitel 3 und den dazugehörigen kartographischen Darstellungen jeweils in unterscheidbarer Weise dargestellt. In Kapitel 2 ist hinsichtlich der slavischen Toponyme, da hochmittelalterliche Bildungen westlich der Saale aus historischen Gründen auszuschließen sind (vgl. Abschnitt 2.1), die Unterteilung in zwei Kolumnen ausreichend.
1.9 Prämissen der folgenden Darstellungen Zusätzlich zu den in Abschnitt 1.1 ausgeführten Prinzipien der Schreibung der Namen bzw. ihrer Grundformen sind zum besseren Verständnis der folgenden Darstellungen noch einige Bemerkungen erforderlich. Angesichts der Fülle des Materials war es nicht möglich, jeden Namen gründlich zu diskutieren; vielmehr sind die Erklärungen in den folgenden Kapiteln sehr knapp gehalten, und die Literatur wird nur summarisch angegeben. Hierbei stehen die einschlägigen toponomastischen Bearbeitungen am Anfang, wobei sich die Anordnung an der in Kapitel 1.5 dargestellten Stufenabfolge der namenkundlichen Bearbeitung orientiert. Es folgen übergreifende Darstellungen, die aus den zuvor genannten Werken im Wesentlichen nur schöpfen, anschließend, wenn erforderlich, geschichtliche Darstellungen, darunter insbesondere die Arbeiten von Siegmund Wolf. Kleinere Modifikationen gegenüber der angegeben Literatur, wie z. B. in der Schreibweise der zugrunde liegenden Personennamen, wurden stillschweigend vorgenommen; notwendige Erläuterungen in Fußnoten beigefügt. Einige von den bisherigen onomastischen Gepflogenheiten abweichende Prinzipien der Schreibung der Namen bzw. Grundformen wurden bereits in Abschnitt 1.1 erläutert. Die für die folgenden Darstellungen essentiellen Kartierungen (Tafelteil, Abb. 4– 24, S. 220–S. 240) stehen vor dem Problem, dass eine große Anzahl prinzipiell gleichwertiger Namentypen durch verschiedene Symbole unterschieden werden muss; diese Anzahl ist größer als diejenige der visuell leicht unterscheidbaren Grundformen. Aus
Prämissen der folgenden Darstellungen
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diesem Grunde wurden hinsichtlich der deutschen Namentypen ältere (Abschnitt 3.3) von jüngeren (Abschnitt 3.4) farblich unterschieden – erstere werden schwarz, letztere rot dargestellt. Dies führt unweigerlich zu dem Manko, dass Beziehungen zwischen gleichförmigen Symbolen wie z. B. schwarzen und roten Quadraten, unterstellt werden, die jedoch keine reale Grundlage haben. Die einzige Alternative hierzu wäre gewesen, die Zahl der unterschiedlichen Formen zu vergrößern, was jedoch andere Nachteile mit sich gebracht hätte, insbesondere eine schlechtere Unterscheidbarkeit bei der Betrachtung. Demgegenüber hebt die farbliche Unterscheidung schwarz – rot die Rolle der älteren Namenbildungen deutlich heraus. Für die slavischen Namen wurde demgegenüber die auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnliche Farbe Violett gewählt. Ausschlaggebend hierfür war der damit verbundene Signalcharakter in Verbindung mit einem dunklen Farbeindruck, der die Slavica neben dem Schwarz und Rot der deutschen Toponyme in der Wahrnehmung gleichberechtigt bestehen lässt. Gemäß dem Hauptziel der vorliegenden Arbeit, die im HZV überlieferten Namen im Kontext des Gesamtbestandes an Toponymen zu betrachten, wurde die Farbgebung zwischen den drei Kolumnen abgestuft. Neben den dunkel dargestellten Namen des HZV als unzweifelhaften Bildungen des 9. Jahrhunderts werden die Namen der Kolumne 2, bei denen ein ebenso hohes Alter zumeist eben nur begründet anzunehmen ist, zurückhaltender dargestellt. Demgegenüber werden die übrigen Namen, bei denen ein ebenso hohes Alter eher weniger wahrscheinlich ist, durch ihr Weiß als Leichtgewichte markiert. Hinsichtlich der topographischen Grundlagen bestand das Problem, dass insbesondere das Gewässernetz im Verlauf der jüngeren Vergangenheit in manchen Teilbereichen grundsätzlichen Veränderungen ausgesetzt war. Dies betrifft insbesondere den Braunkohlenbergbau im Geiseltal, der buchstäblich kaum einen Stein auf dem anderen ließ, und in geringerem Maße die Mansfelder Seen. Ausgehend von heutigen geographischen Basisinformationen wurde mittels manueller Retuschen versucht, eine Annäherung an den Zustand des Mittelalters zu erzielen. Kartographische Exaktheit war dabei nicht zu erzielen. Einer Erläuterung bedürfen hierbei insbesondere die Mansfelder Seen: Der im 19. Jahrhundert leergelaufene Salzige See 77 wurde mit den schon zuvor trockengefallenen Ausbuchtungen rekonstruiert; der Süße See auf seinen früheren, weiter nach Nordwesten reichenden Zustand erweitert. Hinzu kommt der Faule See unmittelbar östlich von Eisleben. Als sehr hilfreich für die Bestimmung der Seeufer erwiesen sich die Ausführungen bei Neuß 1995, 56–58. Auf die Kennzeichnung ehemals sumpfiger Geländeabschnitte, die insbesondere im Bereich der Salza von Bedeutung gewesen wäre, wurde verzichtet. Eine auch nur annähernd vollständige Rekonstruktion der frühmittelalterlichen Topographie ist ohnehin kaum zu erzielen, da sich nicht alle Veränderungen nachvollziehen lassen.
77 Zu dessen bemerkenswertem Schicksal Ule 1994 [1895].
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2. Die slavischen Siedlungsnamen 2.1 Sprachliche Grundlagen Das grundlegende Merkmal der slavischen Toponymie westlich der Saale ist, dass sie sich viel früher als östlich dieses Flusses in einer sprachlichen Minoritätensituation befand, wobei unter dieser generellen Perspektive die Problematik des Charakters und der Ausdehnung der sprachlichen Grenze zunächst außer Betracht bleiben kann. Für eine solche Minoritätensituation sind bestimmte Aspekte von entscheidender Bedeutung, auf die zum besseren Verständnis kurz einzugehen ist. Es ist Jedermann freigestellt, Namen von Personen, Orten, Straßen, Gebirgen usw. nach Belieben zu verändern oder neue zu kreieren. Entscheidend ist dabei jedoch, dass dieser Ortsname von der Kommunikationsgemeinschaft auch akzeptiert und verwendet wird, denn nur dann ist er lebensfähig: „The names in the language of the predominant ethnic group are used“ (Siˇcáková 2006, 408). Dem individuellen Namenschöpfer sind hier sehr enge Grenzen gezogen. Mag er es vielleicht noch schaffen, einer anderen Person einen Spitz- oder Übernamen anzuhängen, so wird sich eine größere Sprechergemeinschaft doch kaum davon überzeugen lassen, dass geographische Objekte gemäß seinen individuellen Vorstellungen auf einmal anders heißen sollen. Sollte ein Individuum jedoch trotzig seine eigenen Namenbildungen in der Kommunikation mit Anderen verwenden, so würde man ihn nicht verstehen, und die Verständigung wäre zum Scheitern verurteilt 78. Um diese zu erreichen, ist der Gebrauch derjenigen Namen erforderlich, die auch dem Gesprächspartner geläufig sind. Diese Vorstellung ist auf das Früh- und Hochmittelalter zu übertragen. Zehn isolierte slavischsprachige Siedlerfamilien können in einem rein deutschsprachigen Umfeld gewiss ihren eigenen Ortsnamen gebildet haben, es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich dieser Name auch bei den Deutschsprachigen durchsetzen kann, die sich in der Überzahl befinden. Vielmehr werden diese den Ort wohl mit ihren eigenen Mitteln, etwa als *Wendendorf oder *Wendhausen, benennen. Ein anderer Fall liegt vor, wenn die slavischsprechende Bevölkerung einer Region ihre Muttersprache ablegt und nur noch Deutsch spricht – dann werden sie ihre schon früher gebrauchten Namen sicher beibehalten. Mit der zunehmenden Festigkeit im deutschen Sprachgebrauch werden diese Namen allmählich an die deutschen Spracheigenheiten angepasst. Dies ist, wie wir wissen, östlich von Elbe und Saale in sehr großer Zahl geschehen. Beispielsweise trug das heutige Gröst ursprünglich den altsorbischen Namen *Grodišˇce ‘(große) Burgstelle’ (Eichler SO 1, 181). Anhand der historisch überlieferten Na-
78 Die treffende Beschreibung einer solchen Situation liefert Peter Bichsel in seiner Kurzgeschichte „Ein Tisch ist ein Tisch“, zuerst erschienen 1969; für den Hinweis auf diese mir zuvor unbekannte Erzählung danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale).
Sprachliche Grundlagen
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menbelege ist die Entwicklung, ausgehend von der genannten Grundform, hin zur heutigen Namenform, gut ablesbar: (845) 11. Jh. Crodesti → 991 Grodisti → 1087 Grodeste → 1307 Grest → 1401/04 Gröst.
Erfolgte die Niederschrift zu Beginn noch in einer Form, die dem slavischen Sprachgebrauch nahestand, so setzten bald, hier erkennbar für das 12. Jahrhundert, Abschleifungsprozesse in den Nebensilben (i. e. unbetonten Silben) ein, die nunmehr nur noch als Murmelvokal gesprochen wurden 79. Solche Reduktionen führten schließlich zum Totalverlust dieser Silben, so dass ein einsilbiger Name übrigblieb. Dieser erfuhr schließlich noch einen hyperkorrekten Wandel: Da in der Mundart der Region standardsprachliches [ö] als [e] gesprochen wurde und wird, meinte mancher Schreiber richtig zu handeln, wenn er ein gehörtes [e] als 〈ö〉 notierte und tat dies häufig – eben hyperkorrekt – auch an den falschen Stellen. In sprachlichen Kontaktgebieten ist es jedoch auch eine weit verbreitete, wenn auch relativ selten schriftlich bezeugte Erscheinung, dass Orte mehrere Namen tragen (Walther 1971 [DS 26], 114), nämlich in jeder der dort vorkommenden Sprachen einen. Im jeweiligen sprachlichen Kontext wird dann die entsprechende Namenform gebraucht. So wurde beispielsweise ein Ort (Hinkau, heute Lubsko-Hynków in der östlichen Niederlausitz) von den Slaven Hynkow genannt (1375 Hinkau), von den Deutschen hingegen Hinkendorf (1370 Hinckindorf ) – die gleiche Basis beider Namen, ein Personenname Hink oder Hynk – ist deutlich zu erkennen 80. Es ist vor allem eine Frage der schriftlichen Quellen, welcher dieser Namen uns überliefert wurde 81. Das HZV bietet uns hier, wenn auch indirekt, einige Namen, die in späterer Zeit als slavische Toponyme bezeugt, hier aber Komposita auf -dorf sind: Dörstewitz, HZV Nr. 133 (evtl. (845) 11. Jh. Thiderichesdorpf vs. (1271) 16. Jh. Dorstewitz usw.) 82. Peutnitz, HZV Nr. 51 ((845) 11. Jh. Budinendorpf vs. 1182 villa Putenize usw.) 83. Spielberg, HZV Nr. 142, 144, 147 und 261 ((845) 11. Jh. Spiliberc, M 9. Jh. Spiliberg, 954 villa Spileberg vocata, quae etiam alio nomine Sibrivici dicitur usw.) 84. Wolkau, HZV Nr. 126, Wg. HMTB 2678.D ((845) 11. Jh. Uulchistedin vs. 1332 Wolkowe) 85.
79 Zur sprachlichen Gestalt der slavischen Ortsnamen im HZV, jedoch unter einem anderem Aspekt, Hengst 1997; allgemeiner Hengst 1998a, 87–91. 80 Ausführlicher zu diesem Namenpaar Eichler /Zschieschang 2011, 133 f. 81 In besonderem Maße zeigt sich diese Mehrnamigkeit bekanntermaßen in der zweisprachigen Nieder- und Oberlausitz, worauf hier nicht erschöpfend einzugehen ist. Vgl. grundlegend Körner 1993 [DS 36], 91–109; Eichler /Walther 1978 [DS 29], 107–123; Eichler /Zschieschang 2011, 43–53. 82 Vgl. zum Namen die Abschnitte 1.6.1, 2.3 und 3.4.1. 83 Vgl. zum Namen die Abschnitte 1.6.1, 2.3 und 3.4.1. 84 Vgl. zum Namen die Abschnitte 2.3 und 3.4.5. 85 Vgl. zum Namen die Abschnitte 1.6.1, 2.3 und 3.3.2.
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Die slavischen Siedlungsnamen
Nur bei Spielberg ist Gleichzeitigkeit unmittelbar belegt, ansonsten sind die altsorbischen Formen der Toponyme erst aus deutlich jüngerer Zeit überliefert. Ein Nacheinander beider Formen ist in diesen Fällen indes unwahrscheinlich, zumal der Charakter und die Singularität des HZV weitere so frühe Schriftbelege für dieselben Orte auch gar nicht erwarten lassen. Was die Motivation beider Komposita anbetrifft, so ist bei Wolkau auf die größere Zahl von Namen auf -stedt in unmittelbarer Umgebung zu verweisen (vgl. Tafelteil, Abb. 7, S. 223), die wohl zu einer Analogiebildung geführt hat. Bei Peutnitz ist eine solche Situation nicht erkennbar. Bei der Bildung des Kompositums Budinendorpf ist die Struktur der altsorbischen Ausgangsformen richtig erfasst worden, indem das Basiselement *Bud_n korrekt abgetrennt wurde. Abgesehen von der Entstehung von Namenpaaren werden bei der Entlehnung von Namen diese sprachlich entsprechend angepasst. Dies ist geschehen, als slavisch besiedelte Gebiete unter deutsche Herrschaft kamen und geographische Objekte in der deutschsprachigen Kommunikation der neuen Herren eine Rolle spielten (prägnant dazu Hengst 1998a). Zu einer massenhaften Erscheinung wurden solche Übernahmen, als sich im Zuge des hochmittelalterlichen Landesausbaus eine große Zahl mittelhoch- bzw. mittelniederdeutschsprechender Einwanderer ansiedelte und sich so unter die Slaven mischte. Deutsch-slavischer Sprachkontakt war in der Folge eine alltägliche Erscheinung, und häufig übernahmen die Deutschen zur Benennung von Orten die Namen, die bereits ihre slavischen Nachbarn gebrauchten. Davon zeugen tausende von Ortsnamen im östlichen Deutschland. Das sind die Grundkonstituenten, die für die Entstehung, die Entwicklung und den Gebrauch der mittelalterlichen Ortsnamen maßgeblich sind, mittels derer wir versuchen, der Siedlungsentwicklung jener Zeit auf die Spur zu kommen. Derartige, im Kontext der Sprachsoziologie und Sprachpsychologie anzusiedelnde Überlegungen sind überaus wichtig für das Verständnis des Kontextes, in dem die Untersuchungsobjekte dieser Abhandlung stehen.
2.2 Historisch-geographische Grundlagen Nach diesen grundsätzlichen Feststellungen wäre nun nach der Verbreitung slavischer Ortsnamen entlang der mittleren Saale zu fragen. Die Verbreitung besonders alter slavischer Ortsnamentypen zeigt ausgeprägte Areale entlang des Flusses und seiner Seitentäler (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 102); es bietet sich somit ein Bild, wie es ganz ähnlich auch andere Landschaften südlich der norddeutschen Urstromtäler erkennen lassen, wie z. B. die Daleminze oder die Regionen an der Elbe (Eichler / Walther 2010, 355; Eichler /Walther 1967 [DS 21], 188; Eichler /Walther 1970, 86). Slavische Ortsnamen füllen die Seitentäler westlich der Saale genau wie auf der rechten Seite des Flusses aus und verlieren sich nach Westen hin nur allmählich (Walther 1971 [DS 26], Beilagekarte 12). Hätten wir die historische Überlieferung nicht, die uns über die Grenzsituation, über Kämpfe und friedliche Kontakte zwischen
Historisch-geographische Grundlagen
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Slaven und Deutschen 86 berichten, dann könnten wir aus einer solchen Abbildung nur folgern, dass es sich hier um eine der slavischen Siedlungslandschaften handelt, wie sie weiter östlich auch bestanden. Diese Verbreitungsgebiete beruhen auf günstigen naturräumlichen Voraussetzungen, und sie lassen sich auch mit Methoden der Archäologie – zumeist Fundverbreitungen – in ganz ähnlicher Weise herausarbeiten. Man ist geneigt, diese so deutlich hervortretenden Siedlungsareale auch als politische oder ethnische Entitäten anzusehen, zumeist als „Stammesgebiete“. Seit jeher werden die in den Quellen genannten Namen von politisch hervortretenden Gruppen selbstverständlich auf solche Siedlungsareale verteilt, und dies scheint in vielen Fällen auch aufzugehen. Tatsächlich ist jedoch ein Axiom maßgeblich, das der Archäologe Karl Josef Narr so formulierte: „[. . . ] ist aber eine Siedlungskammer geographisch-ökologisch eindeutig determiniert, wird die Annahme einer ‚ethnischen‘ Einheit als Erklärung der räumlichen Beschränkung einer ‘Kultur’ entbehrlich“ (Narr 1985, 65). Naturräumlich und siedlungsgeographisch eindeutig abzugrenzende Areale sind also keineswegs zwingend als politische oder soziale Einheiten anzusehen. Vielmehr ist strikt zwischen zwei Sphären zu unterscheiden: den Siedlungsarealen als kontinuierlich besiedelten Landschaften, deren Ausdehnung bestimmt ist von den naturräumlichen Bedingungen und der Fähigkeit ihrer Bewohner zu deren Nutzbarmachung, sowie den politisch-sozialen Prozessen der Herrschaftsbildung und ihren administrativen Auswirkungen. Die Abgrenzungen innerhalb dieser beiden Sphären verliefen sicher nicht deckungsgleich zueinander. Herrschaftsbildungen konnten sich zwar in ihrer Ausdehnung an Siedlungsarealen orientieren, aber wohl auch innerhalb derselben in Konkurrenz zueinander entstehen oder auch mehrere dieser Areale erfassen. Es ist hier nicht der Ort, auf diese Problematik näher einzugehen (vgl. dazu aber knapp Zschieschang 2009 [Toronto], 1103 f.). Zu verweisen ist nur auf den Umstand, dass die Quellen von hochrangigen Personen, die als primores, reges und duces bezeichnet werden, so häufig in der Mehrzahl berichten. Es wird zwar durchaus auch ein Miliduoch, Sclavorum dux bzw. Milito rex superbus, qui regnabat in Siurbis genannt 87, aber auch dieser wird nicht unbedingt der Alleinherrscher der Sorben gewesen sein. Die Geographie von Herrschaftsgebieten wäre also von derjenigen der Siedlungsareale strikt zu trennen, und diese haben demnach zunächst mit Herrschaftsverhältnissen nichts zu tun. Die Regionen westlich der Saale sind dafür ein hervorragendes Beispiel: Unter fränkischer Herrschaft ist trotz dichter toponymischer Areale kaum von slavischen „Stammesgebieten“ o. ä. auszugehen.
86 Hier und im Folgenden ist „deutsch“ nicht im mediävistischen, sondern im sprachwissenschaftlichen Sinne zu verstehen, mit dem Reflex auf das Althochdeutsche, das die Germanistik im Frühmittelalter beginnen lässt; während es im mediävistischen Verständnis zur Karolingerzeit noch keine „Deutschen“ gegeben hat. 87 Die genannten Belegstellen in den Annales regni Francorum, 121, ad a. 806 bzw. im Chronicon Moissiacense, 258, ad a. 806. Zum Namen Schlimpert 1978: 86 (unter Miliduch). Zu hochrangigen Personen vgl. Schlesinger 1960, 76–79; Brankaˇck 1964, 157 f.; Herrmann 1985, 254–257; Lübke 2004, 53–57.
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Die slavischen Siedlungsnamen
2.3 Die Namen Die dargelegten methodischen Prämissen sind bei der Betrachtung der im Hersfelder Zehntverzeichnis genannten slavischen Toponyme nicht aus dem Auge zu verlieren. In dieser Quelle finden sich immerhin 28 Orte, die einen slavischen Namen tragen 88, was 16 % aller im HZV genannten Orte entspricht. Außerdem gibt es aber, wenngleich nicht so früh belegt, mit mindestens 68 mehr als doppelt so viele weitere slavische Ortsnamen, die sich in dieser Quelle nicht finden 89. Die meisten dieser Namen sind bereits lexikographisch erschlossen (Eichler SO), so dass es keine große Mühe bereitet, sie einer strukturellen Untersuchung zu unterziehen. Unberücksichtigt bleiben in diesem Abschnitt slavisch-deutsche Mischnamen, die einen slavischen Personennamen mit einem deutschen Grundwort kombinieren. Da es sich bei ihnen hinsichtlich der Namenbildung nicht um slavische, sondern um deutsche Onyme handelt, können sie in der folgenden, auf die Bildungstypen bzw. Suffixe hin orientierten Untersuchung keinen Platz finden (zu den Mischnamen im HZV vgl. Loga 2016). Die folgende Auflistung orientiert sich im Aufbau und in der Nummerierung an der Übersicht (Tab. 2.1) in der anschließenden Analyse (Abschnitt 2.4). Kolumne 1: Altsorbische Toponyme im Hersfelder Zehntverzeichnis 90 1. 1.1
Ältere altsorbische Namentypen Possessivum auf -j_:
wünsch, Nieder–/Ober-, HZV Nr. 127 und 129 ((845) 11. Jh. Uunschi, Unschi, 932 Uuntza, 995 Unscia, 1004 Unsci, 1267 Vunsch usw.): wohl *U´ncˇ _ /*Un_š_ zum PN *Un_k_, *Un_c_, *Un_š_ (Eichler SO 4, 88; Böhme 1909, 64 f.; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). 1.2
Zweigliedrige und deanthroponymische Pluralbildungen:
Korbetha, Sand-, HZV Nr. 134, 215 und 238 91 ((845) 11. Jh. Curuuadi, Curuuuati, Curuuuadi, 1012/18 in Chruvati, (zu 1088) 1232 in Chorwete, 1320/21 de Korwete inferiori usw.): *Chorvati /*Churvati ‘Kroaten’, eher kein PN (Eichler SO 2, 54; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154; Wolf 1957, 207 und 213; Wolf 1956a, 14 f. und 18 f.; Wolf 1955, 303 und 307).
88 Vgl. hierzu zuletzt Hengst 1990, 249–251; Hengst 1997, 338 f. 89 Hinzu kämen außerdem die in Abschnitt 1.5 genannten Wüstungen, für die mangels historischer Belege keine sichere Namenerklärung zu geben ist. 90 Bei Geusa, Lieskau, Möckerling, und Öchlitz bzw. Döcklitz beziehen sich die drei Nennungen im HZV (Husuuua, Miscauual, Muchendorpf , Dachiza) nicht auf diese Orte; vgl. Abschnitt 1.6. 91 Hinsichtlich der Zuordnung der HZV-Belege kommt neben diesem Ort noch Großkorbetha zwischen Merseburg und Weißenfels in Betracht. Beide Ortschaften dürften, da sie voneinander fast 20 km
Die Namen
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Schotterey, HZV Nr. 116 ((845) 11. Jh. Scuturegia, 1053 in Zcortrege, 1121 Scirtaregia, 1176 ˇ ˇ rtoryja zu *ˇcort ‘Teufel’ und *ryj in [. . . ] Schurt(h)ereie, 1297 Zorterie usw.): *Cortoryja /*Ci´ ‘Graben’ 92 (Eichler SO 3, 214 f.; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 155; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 13; Wolf 1955, 302 f.). Zöbigker, HZV Nr. 178 und 180 ((845) 11. Jh. Zebechuri, 1350 Zcobker): *Sebˇekury zu *sebˇe ‘sich’ und *ku´r ‘Rauch’ (Eichler SO 4, 124; Hengst 1990, 250; Eichler HZV, 156; Böhme 1909, 66; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16 f.; Wolf 1955, 305).
1.3
Patronymika
Dörstewitz, HZV Nr. 133 (evtl. (845) 11. Jh. Thiderichesdorpf 93, (1271) 16. Jh. Dorstewitz, 1562 Dorstewitz): wohl zum PN Diotr¯ıch (Abschnitt 1.6.1; vgl. Eichler SO 1, 97; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). Göstelitz, HZV Nr. 164, Wg. ((845) 11. Jh. Costiliza, (1061) 12. Jh. Hermannus de Gostilice, 1158 Hermannus de Gostelize usw.): *Gost_lici zum PN *Gost_l (Eichler SO 1, 164; Eichler / Walther 1984 [DS 35], 155; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 305). Lobitz /Löbitz, HZV Nr. 108, Wg. ((845) 11. Jh. Liubsici, 1146 Lubice, 1277 Lubyz): *L’ubišici zum PN *L’ubiš (Eichler SO 2, 138; Hengst 1990, 249; Walther 1971 [DS 26], 324; Eichler HZV, 154 f.; Böhme 1909, 71; Wolf 1957, 205; Wolf 1956a, 13; Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 302). Peutnitz, HZV Nr. 51 ((845) 11. Jh. Budinendorpf, 1182 villa Putenize, 1453 Valentin Poe tenicz, 1462 die Peutnitz, 1472 zcu Peutnue tz, Potenitz, 1532 Potenitz): unter Berücksichtigung des
entfernt sind, unabhängig voneinander entstanden sein. Wolf 1955, 303 nennt beide und gibt an, sie seien „schwer auseinanderzuhalten“; unentschieden ist auch Eichler HZV, 154. Bei Wolf 1956a, 14 ist die Entscheidung zugunsten von (Sand)Korbetha nw. Merseburg gefallen; bei Wolf 1957, 207, 213 und 215 wiederum sind die Belege aufgeteilt: Nr. 134 wird (Sand)Korbetha zugeordnet, Nr. 215 und 238 hingegen Großkorbetha. Dem folgen Eichler /Walther 1984 [DS 35], 186 und Eichler SO, 2, 54. In der Tat ist eine eindeutige und sichere Entscheidung kaum zu treffen. Es dürfte aber wahrscheinlicher sein, dass sich die drei sehr ähnlichen Einträge im HZV auf einen einzigen Ort beziehen. In dieser Situation sei hier mit Rücksicht auf die Lageverhältnisse in Bezug auf die weiteren Namen im HZW Wolf 1956a insofern gefolgt, dass alle Belege (Sand)Korbetha zugeordnet werden. Dies ist jedoch sicher nicht als abschließende Lösung der Zuordnungsproblematik anzusehen. 92 Neuß 1995, 118 weist darauf hin, dass die angegebene Namenform im HZV offensichtlich als scutum regis ‘Königs Schild’ resemantisiert wurde. In der bisherigen namenkundlichen Literatur wurde dies bisher anscheinend nicht thematisiert. 93 Die Zuweisung des HZV-Belegs nach Abschnitt 1.6.1. Dass Dörstewitz hier eingeordnet wird, beruht auf der Annahme, dass eine ursprünglich deutsche Bildung in altsorbischem Sprachmilieu umgestaltet wurde, mithin eine slavische Namenbildung vorliegt. Diese würde schwerer wiegen als die unsichere Einordnung des HZV-Belegs. Da hingegen die schriftliche Überlieferung des Namens erst spät einsetzt, ist gegenüber der unsicheren Herleitung zu aso. *dorst ‘Kies, Sand o. ä.’ bei Eichler SO 1, 97 – wenn schon eine Verbindung mit Thiderichesdorpf angenommen wird – der Personenname Diotr¯ıch, der in der Folge, aus welchen Gründen auch immer, verstümmelt wurde, anzusetzen.
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Die slavischen Siedlungsnamen
HZV-Belegs aso. *Bud_nici zum PN *Bud_n 94 (entgegen aso. *Put_n bei Eichler SO 3, 66 f.; Richter 1962 [DS 15], 92; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8 f.; Wolf 1955, 299).
1.5
Wahrscheinlich eine vorslavische Basis enthaltende Bildungen 95
Milzau, HZV Nr. 119 ((845) 11. Jh. Milisa, 1343 f. in villa Mylsowe): wahrscheinlich vorsl. / germ. *Milis¯a (Eichler SO 2, 185; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 155; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 299). Pretitz, HZV Nr. 141 ((845) 11. Jh. Bridasti, 1337 Bretest, 1350 Pretert, 1464 Pretisch): unsicher; evtl. zu ursl. *brid• ‘Grenze, Gesträuch’ oder vorslavisch, idg. *bhred h- ‘waten, Furt’ + st- 96 (Eichler SO 3, 111; Walther 1971 [DS 26], 235 f.; Eichler HZV, 153; Böhme 1909, 42; Wolf 1957, 208; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 299).
2. 2.1
Jüngere altsorbische Namentypen Bildungen mit Nullsuffix:
Klobikau, Nieder–/Ober-, HZV Nr. 124 ((845) 11. Jh. Cloboca, 1015 Cloboco, 1297 Clobick usw.): *Kłobuk_ zu *kłobuk ‘hutförmige Erhebung’ (Eichler SO 2, 35; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). Köllme, HZV Nr. 82 ((845) 11. Jh. [C]ollimi): wohl aso. *chołm ‘Hügel’ aus ursl. *ch•lm• ‘Hügel’ (vgl. Schuster-Šewc HEW 1, 392; Machek 1997, 200; Berneker 1, 410 f.; Trubaˇcev EW 8, 138 f.; Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301), vgl. Kap. 1.6.1.A. Krumpa, HZV Nr. 177 ((845) 11. Jh. Crupa, 1196 Heinricus de Crumpo usw.): wohl aso. *Kro¸p aus *kro¸p_ ‘grob, kurz’ 97, evtl. GewN (Eichler SO 2, 93; Böhme 1909, 15 f.; Größler 1903, 73; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1955, 305).
94 Dieser Fall ist insofern gesondert zu bewerten, als das HZV lediglich einen slavisch-deutschen Mischnamen überliefert. Von der parallelen Existenz eines Patronymikons ist jedoch auszugehen, vgl. die Abschnitte 1.6.1 und 2.2. 95 Da Bewohnernamen auf -ici hier im Gegensatz zu Kolumne 2 nicht vorliegen, muss im Interesse der Kongruenz der Gliederung der Absatz 1.4 hier entfallen. 96 Beides wird in der angegebenen Literatur nur vermutungshalber genannt. Der Status der indogermanischen Verbalwurzel wird im LIV, 91 als unsicher angegeben. Nach freundlicher Mitteilung von Harald Bichlmeier, Halle (Saale), wäre hinsichtlich des Ortsnamens an ursl. *bridostƒ oder *bridišˇce zu denken; der zweite Ansatz entspricht aber dem Erstbeleg weitaus weniger. 97 Vgl. Berneker 1, 626. Zur Stellung dieses Etymons im Altsorbischen Eichler SO 1, 171 unter Graupa, wo auch ein älterer Gewässername erwogen wird. Im vorliegenden Fall sind die Verhältnisse insofern unklar, als der HZV-Beleg (der in der Quelle eindeutig ohne m notiert wurde) ohne Weiteres mit aso. *krup- ‘Graupe(n)’ in Verbindung zu bringen wäre, ohne dass ein urslavischer Lautstand mit nasaliertem Vokal bemüht werden müsste. Dieser ist jedoch für den zweiten Beleg relevant, der mit 〈um〉 kaum anders denn als Reflex eines Nasals anzusehen ist, der aber nicht sekundär entstanden sein kann. Dieser widersprüchliche Befund bedarf einer Klärung im Detail.
Die Namen
67
Steuden, HZV Nr. 86 ((845) 11. Jh. Studina, um 1150 Studen, 1296, 1313 Studene): *Stud_n_ zu *studeny ‘kalt’ oder *studƒna ‘Brunnen’ (Eichler SO 3, 254; Hengst 1990, 250; Eichler HZV, 155; Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301).
2.2
Bildungen auf -(ov)ica u. ä.:
Delitz am Berge, HZV Nr. 122 ((845) 11. Jh. Dalizi, 1145 Delze, 1269 Delicz usw.): *Dˇel’c zu *dˇeł ‘Hügel, Berg’, ‘Teil’ (Eichler SO 1, 76 f.; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 153; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). Ösnitz, Wg., HZV Nr. 91 und 94 ((845) 11. Jh. Osniza, 1180 Osniz, 1347 Oznicz usw.): *O´snica zu *osa ‘Espe’ (Eichler SO 3, 43; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 155; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 12; Wolf 1955, 301).
2.3
Bildungen auf -n_:
Blösien, HZV Nr. 192, 195, 198 und 200 ((845) 11. Jh. Blesin[a], 1004 Pléziga, 1261 de Plezke, 1336 Plezeghe, 1562 Plesie, Blesie): *Blˇez´ in_ zum PN *Blˇez´ (a) o. ä. 98 (vgl. Eichler SO 1, 44; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 153; Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 306). Werben, HZV Nr. 214, 216, 239, 251 und 257 99 ((845) 11. Jh. Uuirbina, (866–900) 11. Jh. Uuirbineburg, 979 civitas et castellum Uuirbineburch, 1135 in Uuirbinensi castro, 1154 ff. de /in Wirbene, Werbene usw.): *Vi´rb_n zu *vi´rba ‘Weide’ (Eichler SO 4, 66 f.; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 325; Hengst 1990, 250; Eichler HZV, 155 f.; Wolf 1957, 213, 218 und 220; Wolf 1956a, 18 f. und 21; Wolf 1955, 307 und 309). Zscherben, HZV Nr. 201 ((845) 11. Jh. Scirbina, 1046 Scirvene, 1053 Scieruene, 1332 Zerwin ˇ rm_n_ zu *ˇci´rmny ´ /*ˇci´rv´ ny ‘rot’ < *ˇci´rv´ ‘Schildlaus’ (Eichler SO 4, 135; Eichler usw.): *Ci´ HZV, 155;˚ Hengst 1990, 249; Wolf 1957, 212; Wolf 1956a, 17 f.; Wolf 1955, 306). 98 Die bisherige, in der oben aufgelisteten Literatur angegebene Erklärung aso. *Ples_k_ zu *ples(o) ‘See’ entspricht den folgenden Belegen, jedoch weniger dem Erstbeleg des HZV. Für diesen ist eher von dem oben angegebenen Ansatz auszugehen, insbesondere da der Schreibung des Anlautes als B- in dieser frühen Zeit große Zuverlässigkeit zukommt (vgl. explizit Hengst 1998b, 196). Dieses Argument der lautgetreuen Aufzeichnung slavischer Toponyme in der frühen Zeit des deutschslavischen Sprachkontakts wäre aber auch für den zweiten, immerhin vergleichsweise alten Beleg in Rechnung zu stellen, so dass zu fragen wäre, ob sich die Belege ab dem Jahr 1004 tatsächlich auf Blösien beziehen, was aber wohl unwahrscheinlicher wäre als die Annahme einer Parallelform. Frappierend ist jedoch, dass die heutige Namenform dem Beleg im HZV exakt entspricht, nicht jedoch der Belegreihe. Eine Klärung könnte nur im Rahmen einer Detailstudie unter eingehender Diskussion der Schriftquellen erfolgen. 99 Der Name bezeichnet insgesamt vier nebeneinanderliegende Orte, die durch differenzierende vorangestellte Zusätze voneinander unterschieden sind: Burgwerben (nach früheren, anders lautenden Belegen 1298 Burkwerbin), Markwerben ((1231) 15. Jh. in ecclesia Marcwirbene usw.), Reichardtswerben (um 1300 Richerswerben usw.) zu einem Personennamen Richhart und Tagewerben (um 1300 Thanwerben usw.) zu einem Anthroponym Tammo o. ä., vgl. Eichler /Walther 1984 [DS 35], 326; Eichler SO 4, 67. Die vier Namen lassen unschwer eine funktionale Differenzierung erkennen; für eine genauere Darstellung ist in diesem Kontext jedoch nicht der Platz.
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68 2.4
Die slavischen Siedlungsnamen
Bildungen auf -ov_:
Meuschau, HZV Nr. 74 ((845) 11. Jh. Miscauual bzw. Miscawah, 1012 in Muscaua, 1311 in campo Muscowe, 1317 in villa Muzschowe usw.): *Muš(k)ov_ zum PN Muš(k) (Eichler SO 2, 181; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 221 f.; Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 300; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 300). Schortau, HZV Nr. 184, 186 und 188 ((845) 11. Jh. Zcirduwa, 991 Zirtouua in pago Hassago, ˇ rtov_ /*Cortov_ ˇ 1203 Scurtowe usw.): *Ci´ zu *ˇci´rt /*ˇcort ‘Teufel’ oder PN (Eichler SO 3, 214; Hengst 1990, 250; Eichler HZV, 156; Böhme 1909, 51; Größler 1903, 74; Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 306). Wolkau, HZV Nr. 126, Wg. HMTB 2678.D 100 ((845) 11. Jh. Uulchistedin, 1332 Wolkowe): Namenpaar (vgl. auch Abschnitt 3.3.2), ein PN Folk(o) ist gegenüber einem Appellativ, das einen eher untypischen deappellativischen Mischnamen ergeben würde, wohl wahrscheinlicher 101. Vgl. Walther 1971 [DS 26], 284 102; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 14; Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 303. 3. 3.1
Chronologisch nicht eindeutig einzuordnende Namentypen Bildung auf -ava:
Eulau, HZV Nr. 160 und 162 ((845) 11. Jh. Ilauua, 1060 Hiloua, (1061) 12. Jh. Ylawe usw.): *Iłava zu *ił ‘Lehm, Ton’ (Eichler SO 1, 115; Meier 2001, 27; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154; Größler 1903, 74; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 16; Wolf 1955, 305).
3.2
Possessiva auf -in:
Lettin, HZV Nr. 75 und 255 ((845) 11. Jh. Liudina, (866–900) 11. Jh. Liudineburg, 979 civitas et castellum Liutiniburch, 1144 Lvithin, 1217 Lutyn, 1304 Littin usw.): *L’utin_ zum PN *L’uta (Eichler SO 2, 124; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 155; Richter 1962 [DS 15], 50; Wolf 1957, 202 und 219; Wolf 1956a, 10 f. und 21; Wolf 1955, 300 und 309). Teutschenthal /Deussen, HZV Nr. 90, 92, 95, 98 und 101 ((845) 11. Jh. Dussina, 1136 Dusne, 1363 Deussenthal, 1400 Tutzenthal): *Dušina /*Dušna zu *duch ‘Geist’ (Eichler SO 4, 19; Walther 1971 [DS 26], 230; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 153; Neuß 1971, 446; Wolf 1957, 204 f.; Wolf 1956a, 11–13; Wolf 1955, 301 f.). Uhden /Auden, HZV Nr. 76, Wg. ((845) 11. Jh. Uuodina, 1012 Udene, 1021 Vthini, 1125 Vdene, 1156 Vdene, 1271 Vden, 1398/99 Vden, 1470 Uden): *Udina < PN *Uda (Eichler SO 4, 44 f.; Richter 1962 [DS 15], 97; Schultheis 1967, 162; Wenskus 1986b, 216; Lück 2005, 16; Neuß 1969, 315–317 (Nr. 188); Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 300).
100 Genannt auch bei Böhme 1909, 72. 101 Dieser Fall entspricht demjenigen von Peutnitz; vgl. Anm. 94 bzw. die Abschnitte 1.6.1 und 2.2. 102 Allerdings unter Bezug auf das bei Wolf 1956b, 19 und Wolf 1957, 207 verworfene Volkstedt n. Eisleben.
Die Namen
3.3
69
Bildungen auf -išˇce:
Gimritz, HZV Nr. 72, Wg. ((845) 11. Jh. Guministi, 1135 Gumeneste, 1238 Gumnist, 1313 ´ ce zu *gumno ´ Gummist usw.): *Gumnišˇ ‘Tenne, Dreschplatz’ (Eichler SO 1, 138 f.; Eichler HZV, 154; Richter 1962 [DS 15], 33; Hengst 1990, 249; Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 300). Gröst, HZV Nr. 179, 181 und 183 ((845) 11. Jh. Crodesti, 991 Grodisti, 1087 Grodeste, 1307 Grest, 1401/04 Gröst): *Grodišˇce zu *grod(išˇce) ‘(große) Burg’ (Eichler SO 1, 181; Eichler HZV, 154; Böhme 1909, 27; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 305).
Kolumne 2: Altsorbische Toponyme außerhalb des Hersfelder Zehntverzeichnisses 1. 1.1
Ältere altsorbische Namentypen Possessiva auf -j_:
Reipisch (1012 Ribzi, 1269 Herboto de Ripsh, um 1330 Rypcz usw.): evtl. *Ryp_c_ /*Ryp_ˇc _ zum PN *Ryp(_k_) (Eichler SO 3, 151). ´ zum PN *Smirim (Eichler SO 3, 207; Böhme 1909, Schmirma (1350 Smirme): evtl. *Smirim 48; Größler 1903, 74 und 111). 1.2
Zweigliedrige und deanthroponymische Pluralbildungen:
Dobichau (1289 Vlricus de Dobch, 1298 Dobich, um 1300 Burkardus de Dobch, 1350 in Dobich usw.) am ehesten *Dobˇechy zum PN *Dobˇech (Eichler SO 1, 86; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 134; Meier 2001, 24; Böhme 1909, 16; Größler 1903, 73). korbetha, Groß-/Klein- 103 ((zu 1088) 1135 in Choruuete, -uuede, 1108 Chrowati, 1235 in Chorwete usw.): *Chorvati /*Churvati ‘Kroaten’, eher kein PN (Eichler SO 2, 54; Eichler / Walther 1984 [DS 35], 186; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154). Schlaukat, Wg. (1135 (ad 1052) Zlaute, um 1300 Zlawekot, 1350 Slauka[t] usw.): wohl *Słavokoty zu *słava ‘Ruhm’ und *kot ‘Riß’ o. ä. (Eichler SO 3, 199; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 286). Taupadel /Duppadel, Wg. (um 1330 Tvpedel, 1344 Tue pedel usw.): (1) *Tupadły zu *tu ‘da’ und *padły, Part. Prät. Akt. von *pasti, *pad ‘fallen, stürzen’ oder (2) *Tupadło zu *tupati ‘mit Füßen treten’ (Eichler SO 4, 12; Eichler DS 19, 239). Zeuchfeld (991 Zuchibuli (?), 1302 Tzuchebel usw.): *Suche+byl’e zu *suchy ‘trocken’ und *byl’ ‘Pflanze, Gras’ (Meier 2001, 73; Walther 1971 [DS 26], 325; Böhme 1909, 65). 103 Die Zuordnung der HZV-Belege Nr. 134, 215 und 238 erfolgt hier zu (Sand)Korbetha, vgl. oben Anm. 91.
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70 1.3
Die slavischen Siedlungsnamen
Patronymika
Gerstewitz, Wg. (1261 Gorscuwiz, 1350 Go[r]skwicz usw.): *Gor_škovici zum PN *Gor_šk (Eichler SO 1, 135 f.; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 145). Göhritz (1147 Gortize, 1183 Gorditz, 1240 Gortz, 1323 Ghortitz usw.): (1) *Chortic_ zu *chort ‘Windhund’ oder PN oder (2) *Gordici zum PN *Gord (Eichler SO 1, 150; Böhme 1909, 23). Obschütz (um 1300 Upsiz, 1350 Upschicz usw.): evtl. *Ub_šici zum PN *Ub_š (Eichler SO 3, 31; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 236). Öchlitz (1315 Ochelitz, 1350 Ochelicz usw.): wohl *Ocholici, vgl. südsl. *ochol ‘aufgeblasen, stolz’ oder PN (Eichler SO 3, 32; Eichler HZV, 153). Raschwitz, Wg. (1562 Raschwitz): *Rad_šovici zum PN *Rad_š (Eichler SO 3, 145). Rodewitz /Roitzsch, Wg. (1371 Rodewitz, Roditz, 1375 Rodewicz usw.): *Rodovici zum PN *Rod (Richter 1962 [DS 15], 94 f.; Schultheis 1967, 161; Eichler SO 3, 163). röhlitz, Geisel- (1350 Rolicz apud Gesele, um 1400 Rolitz minor usw.): wohl *Rogalici zum PN *Rogal’(a) 104 (Eichler SO 3, 164; Böhme 1909, 22). röhlitz, Mark- (1206 Rogelicz, 1425 zcu großin Rolitz, 1551 Markrogelitz): wohl *Rogalici zum PN *Rogal’(a) (Eichler SO 3, 164; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 271 f.; Böhme 1909, 22). Schellsitz (1160 Sche[l]zice, 1197 Shelsiz, 1217/25 Schelsiz, 1226 Schelsiz, Schelschiz, 1279 ˇ ˇ Schellsiz usw.): wohl *Cel_šici zum PN *Cel_š/ch (Eichler SO 3, 190; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 280 f.). Schömlitz, Wg. (1621 Schemplitz): evtl. *Skom_lici zum PN *Skom_l (Eichler SO 3, 212). Uichteritz ((1292, 1304) 15. Jh. Gebehardus de Uchtericz, um 1300 Uchtericz, 1350 Uchtericz usw.): MischN *Uhterici zum asä. PN *Uchteri (Eichler SO 4, 45 f.; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 316). Wölbitz /Wellwitz, Wg. HMTB 2747.M und 2748.L (1206 Wölbitz, 1589 Wolfitz): *Volovici zum PN *Vol (vgl. Naumann 1922, 16).
1.4
Bewohnernamen auf -ici:
Kröllwitz, bei Halle (um 1291 Crolewiz, um 1381 Kroe lewitz usw.): *Krol’ovici zu *krol’ ‘König’ (Eichler SO 2, 87; Richter 1962 [DS 15], 46; Hardt 2014, 72–75). Kröllwitz, s. Merseburg (1341 Kroe lewicz, 1344 Crolwicz usw.): *Krol’ovici zu *krol’ ‘König’ (Eichler SO 2, 87; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 196; Hardt 2014, 73–75).
104 Aus botanischen Gründen dürfte eine alternative Erklärungsmöglichkeit zu *roglƒ ‘Bergahorn’ hier wie bei dem folgenden Markröhlitz weniger wahrscheinlich sein.
Die Namen
71
Pödelist (1135 (ad 1052) Pothelitze, 1250 Podilwiz, 1350 Podelicz, Podelwicz usw.): (1) *Podolici zu podol’e ‘Talgebiet’ oder (2) *Podˇelici /*Podˇełovici zu *dˇeł ‘Berg’ (Eichler SO 3, 84; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 248; Meier 2001, 55). Podelitz, Wg. (1307 molendinum Podelicz situm in Sala usw.): (1) *Podolici zu *podol’e ‘Talgebiet’ oder (2) *Podˇelici /*Podˇełovici zu *dˇeł ‘Berg’ (Eichler SO 3, 84; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 248).
1.5
Wahrscheinlich eine vorslavische Basis enthaltende Bildung:
Kube, Wg. (um 1300 Chube, 1333 Cube usw.): evtl. *Kub_ zu vorsl. *kamb- ‘krumm’ (Eichler SO 2, 93 mit ausführlicher Diskussion dieses Ansatzes).
2. 2.1
Jüngere altsorbische Namentypen Bildungen mit Nullsuffix:
Gleina (1161 Glina): *Glina, *Gliny zu *glina ‘Lehm’ (Größler 1903, 74; Böhme 1909, 23; vgl. auch Eichler SO 1, 141). Jauch(a), Wg. (1378 Iuch): *Jucha zu *jucha ‘nasse Stelle, Sumpf, Brühe’ (Eichler SO 1, 190). Zössen, Wg. ((1252) curia Zossen, 1350 villam Zcossen desolatam usw.): *Sosny zu *sosna ‘Fichte’ (Eichler SO 4, 129; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 347).
2.2
Bildungen auf -(ov)ica u. ä.:
Beuchlitz (1323 Picklitz, 1336 Pichlicz usw.): *Pych_lici zum PN *Pych_l_ (Eichler SO 1, 38). Döcklitz (1121 in Teklici, 1349 Tekelitz): (1) *Teklica zu *tek(l) ‘fließen’ oder (2) *Tˇechlici zum PN *Tˇech_l_ (Eichler SO 1, 90; Böhme 1909, 16 und 70). Göhlitzsch (1261 in Golz, 1270 in Ghols, 1320/21 in Golz usw.): *Golica zu *goły ‘kahl’, *gol’a ‘Heide’ (Eichler SO 1, 148; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 150). Ibitz, Wg. (1347 Ybitz, 1452 Ibiczt usw.): *Ivica zu *iva ‘Weide’ (Eichler SO 4, 153 f.). Öblitz, Wg. ((1278) 14. Jh. Obelicz, 1451 Obelitz usw.): *Oblica zu *obły ‘länglich, rund’ (Eichler SO 3, 31; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 236). Osterwitz, Wg. (1360 Ostirwitz, 1431 Osterwitz): *Ostrov_c_ zu *ostrov ‘Flussinsel, Umflossenes’ (Eichler SO 3, 45). Stöbnitz (1499 Stobencz): aus Bachnamen *Stob´nica zu *stob ‘Pfosten’ (Eichler SO 3, 255; Böhme 1909, 54 f.).
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72 2.3
Die slavischen Siedlungsnamen
Bildungen auf -n_:
kayna, Groß–/Klein- (1216 Sybedo de Choyne, 1219 Coina usw.): *Choj_n_ zu *choj_ ‘Kiefernreisig’ (Eichler SO 2, 22). Kötzschen (1012 Cozini, 1271 de Cotsene usw.): (1) *Chocin zum PN Choc(a), (2) *Koˇcin_ zum PN *Koˇc oder (3) *Kot_c_n_ zu *kot_c_ ‘Bude, Hütte’ (Eichler SO 2, 71). Zeckram, Wg. (vor 1350 Ceckeren, 1481 Czickern usw.): *Seker_n_ zu *sekyra ‘Beil, Axt’ (Eichler SO 4, 101). Zscherben (1012/18 (ad 981) Cirmini, 1182 Scirewin, 1275 Zerwine, 1371 Zcerwene usw.): < ˇ rm_n_ zu *ˇci´rmny ´ /*ˇci´rv´ ny ‘rot’ < *ˇci´rv´ ‘Schildlaus’ (Eichler SO 4, 135; Richter 1962 *Ci´ [DS˚ 15], 81 f.). 2.4
Bildungen auf -ov_:
Barau, Wg. (1182 Barow, 1251 Borowe, 1336 Barowe): wohl *Borov_ zu *bor ‘Nadelwald’ (Eichler SO 1, 27). Beuna, Nieder–/Ober- (1004 Bunivua, 1166 de Bunowe, 1169 de Bunow usw.): *Bunov_ /*Bu´no / ev_ zum PN *Bun/*Bu´n (Eichler SO 1, 39). Crakau (1543 Krokau, 1562 Krockaw, Kroka): *Krakov_ zum PN *Krak oder *krak ‘Flussarm’ (Eichler SO 2, 73). Dölau (um 1342 Delowe, 1462 Delow usw.): *Dˇełov_ zu *dˇeł ‘Berg, Hügel’, ‘Teil’ (Eichler SO 1, 92; Richter 1962 [DS 15], 25 f.). Geusa (975 Gusau, 1012 Gusuua, 1017 Gusue, Guszua): *Gus/´sov_ zu *gus ‘Gans’ (Eichler SO 1, 137; Hengst 1990, 249; Eichler HZV, 154). Granau (1182 Wranowe, 1371 Wranow, 1446 Granowe usw.): evtl. *Vranov zum PN *Vron oder *Granov_/*Gra´nov_ zu *gran ‘Ecke, Kante, Flurrain’ (Eichler SO 1, 170; Richter 1962 [DS 15], 36). Kriechau (1139 Cricowe, 1350 Crichow(e), Krichow usw.): *Krikov_ zum PN *Krik (Eichler SO 4, 154 f.; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 194). Leina (um 1300 Lunowe, 1350 Lunow usw.): *Łu´nov zu *łu´n ‘Raubvogel’ (evtl. PN), evtl. auch vorsl. (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 203). Leuna (1169 in villa Lunove, 1330 in Lunowe usw.): *Łu´nov_ zu *łu´n ‘Raubvogel’ (evtl. PN), evtl. auch vorsl. (Eichler SO 2, 126; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 205). Lieskau (1182 Lezcowe, 1212 Liscowe, 1379 Letzkowe usw.): *Lˇeskov_ zu *lˇesk ‘Wäldchen’ (vgl. Abschnitt 1.6.1.A.; Eichler SO 2, 131 f.; Eichler HZV, 155; Richter 1962 [DS 15], 51). Schkopau (1177 Albertus de Schapowe, 1266 castrum Skapowe, 1347 Schapow(e) usw.): evtl. *Skapov_, wohl von idg. *sk¯ab_ ‘schneiden, graben, spalten’ (Eichler SO 3, 196 unter Verweis auf IEW, 930–933, besser wohl *skabh- ‘kratzen, schaben’ LIV 549).
Die Namen
73
Schlettau (1147 Hletouuo (Verschreibung), 1288 Sletowe, 1398 Sletow usw.): *Zlˇetov zum PN *Zlˇet (Eichler SO 3, 202; Richter 1962 [DS 15], 71 f.). Storkau (1234 Lampertus de Storcowe, um 1300 Ztorkowe, 1378 Storkow usw.): (1) *Storkow zu *stork ‘Storch’ oder (2) *stork < *strk ‘stoßen, aufrecht u. ä.’ (Eichler SO 3, 257; Eichler / ˚ Walther 1984 [DS 35], 300 f.). Zorbau (1275 Zurbowe, 1333 Czorbowe usw.): *Surbov_/*Sorbov_ zum Ethnonym oder PN *Surb/*Sorb (Eichler SO 4, 127; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 345 f.; Böhme 1909, 66 f.; Größler 1903, 74). 2.5
Bildung auf -nik:
Möckerling (1350 in Mokernik, Mokirnik): *Mok´rnik zu *mokry ‘nass’ (Eichler SO 2, 188; Böhme 1909, 32). 3. 3.2
Chronologisch nicht eindeutig einzuordnende Namentypen Possessivum auf -in:
Strösen (zu 1198 Dorff Stirnissen): evtl. *Strežin_/*Strešin_ zum PN *Strež/*Streš (Eichler SO 3, 265). 3.3
Bildung auf -išˇce:
Groitz, Wg. (1511 auf Grotzsch Marke): *Grodišˇce zu *grod ‘Burg’ (vgl. Neuß 1969, 96 f. (Nr. 65)).
Mehrdeutige und unsichere Namen, die nicht in die Untersuchung eingingen Göhren, Wg. (1309 Goren, 1378 Gae ren, Goren usw.): *Go´rn_/*Go´rane (*gora ‘Berg’) (Eichler SO 1, 149; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 150). Kämmeritz (1130 Chamirice, 1350 Kemmericz): *Kamerica /i zu kamer(a) ‘Kammer’, als Stellenbezeichnung oder Benennung von einer Kammer zugehörigen Menschen 105 (Eichler SO 2, 14; Böhme 1909, 14). Lobitzsch (1350 Lobacz, 1378 Labaczs, Labaczsch usw.): (1) *Łavaˇc zu *łava ‘Bank, Steg’, (2) *Łobaˇc zum (unsicher zu erklärenden) PN *Łobak oder (3) vorsl. *Albantia (Eichler SO 2, 138 f.; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 208 f.).
105 Eine solche Benennung setzt eine frühe Entlehnung in das Slavische voraus, in der einschlägigen Literatur (Muka 1926–1928, 1, 661; Schuster-Šewc HEW, 2, 605 f.; Machek 1997, 272; Berneker 1, 555 f.; Sławski SE, 2, 390–392) finden sich hierzu jedoch keine konkreten Angaben. Hinzuweisen ist auch auf den Anlaut des ältesten Belegs, der nicht eindeutig auf Kammer verweist. Die Namenerklärung bedürfte damit wohl einer genaueren Prüfung.
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74
Die slavischen Siedlungsnamen
Löbnitz, Wg. (1394 Löbnitz, 1430 Löpnitz, 1440 Lobenicz usw.): *L’uban+ici 106 oder *Lˇep_ n+ic_ (PN oder App.) (Eichler SO 2, 139 (Nr. VIII); Neuß 1971, 212 f. (Nr. 162); Schmidt 1913, 28 f.). Mötzsch, Wg. (1454 Metzem(ar)k): evtl. zu *moˇc_ ‘Nässe’ (Eichler SO 2, 196; Richter 1962 [DS 15], 90; Schultheis 1967, 158; Neuß 1969, 180–182 (Nr. 113 und 114)). Nösselitz, Wg. (1324 Nuseliz, 1400 [N]eselwicz): evtl. *Novosedlici ‘Neusiedler’ (Eichler SO 3, 26; Schultheis 1967, 159; Neuß 1969, 191 f.). Pönitz, Wg. (1524 Ponitz): evtl. (1) *Bonic_ zum PN *Bon oder *bon ‘nasser Rasen’ oder (2) *Benici zum PN *Ben (Eichler SO 3, 94). Röpzig (1174 Robciz, 1177 Robiz): evtl. *Rob_šici zum PN *Rob_š (Eichler SO 3, 167 und 160). Rössen (1012 Rossini, 1236 Russin, 1313 Roe ssin, 1320/21 Rue ssin, Rossin, 1345 Rue ssin, 1428 Russin): (1) Ros_n_ zum PN *Rosa oder *rosa ‘Tau’ oder (2) *Rus_n_ zum PN *Rus(a) oder *rusy ‘rot’ (Eichler SO 3, 168; DS 35, 273). Schiepzig (nach 1150 Scipize, 1156 Schips, 1269 Schipz, 1303 Schipiz, 1371 Zschyps, 1498 Schiptz, 1515 Schipzig): *Šipic_ zu *šip ‘Pfeil, Hagebutte’ oder PN 107 (Eichler SO 3, 191; Richter 1962 [DS 15], 71). Sibrowitz, Wg., = Spielberg (954 Sibrouici): schwierig, nur evtl. *Žibrovic_ zu *žib_ ‘[nicht näher bestimmbare] Pflanze’ (Eichler SO 4, 155). Storkwitz, Wg. (1120 Storquice, 1146/47 Sturcawice, 1152 Storcheweza): *Storkov_c_ zu (1) *stork ‘Storch’ oder PN oder (2) *stork zu ursl. *strk ‘Schub, Stoß o. ä.’ (Eichler SO 3, 257). ˚ Weischütz ((1268) 15. Jh. Wischicz, 1350 in Wiszcicz, Wischicz, Wyshicz, 1426 Wisschicz, 1487 Witschitz, 1524 Weyschwitz): (1) *Vyšici zum PN *Vyš(a) oder (2) *Vysˇecˇ zu *vysˇecˇ , *vysˇek ‘Aushau’ (Eichler SO 4, 59 f.; Böhme 1909, 59; Meier 2001, 67 f.). Zscheiplitz ((1089) F Schyplicz, 1214 Schipplicz, de Sipliz, de Schipliz, 1254 in Shipliz, 1268 in ˇ Schiplicz, (1285) 16. Jh. Schiplitz, um 1300 villa Shypeliz, vor 1350 Shyplicz): *Cipliczu *ˇcipły ‘schmächtig, hörnerlos’ oder PN (Eichler SO 4, 133; Böhme 1909, 67; Meier 2001, 73 f.). Zwanzig, Wg. (1295 Fridericus de Zanzik, um 1320 Zanzk, Zank, vor 1350 Zhaynzk): (1) *Sa´nsk_ ˇ nsk_ zum PN *Can ˇ (Eichler SO 4, 146). zu *san_ ‘Schlitten’, evtl. auch ‘Schlange’ oder (2) *Ca´ Nicht zu lokalisieren (vgl. Abschnitt 1.6.2.A) ist Dachiza ((845) 11. Jh. Dachiza), das evtl. aus *Tachici zu einem PN *Tach entstanden ist (Eichler HZV, 153; Eichler SO 1, 90), vgl. Dachritz zu *Tachorovici (Eichler SO 1, 71 f.). Pettstädt, könnte slavischen Ursprungs sein, die Erklärung bleibt aber unklar (vgl. Abschnitt 3.3.2); ähnliches gilt für Goseck (HZV Nr. 170 und 253; vgl. Abschnitt 1.6.1.C). 106 Bei zahlreichen anderen vergleichbaren Toponymen ist mit früheren Belegen der Wandel L’ub zu Lob bzw. Löb- gut belegt, vgl. Eichler SO 2, 139 f. ˇ 107 Außerdem wird bei Eichler SO 3, 191 mit Blick auf den Anlaut noch ein Ansatz *Ciplic_ zu *ˇcip_ l_ ‘spärlich, schmächtig’ oder einem gleich lautenden Personennamen für möglich erachtet, der aber unwahrscheinlicher erscheint, weil -l- nicht in den durchaus frühen Belegen erscheint.
Analyse
75
2.4 Analyse Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass das HZV ein einigermaßen flächendeckendes Bild der Besiedlung zur Zeit der Aufzeichnung wiedergibt. Orte, die in ihm nicht verzeichnet sind, seien erst in späterer Zeit entstanden. Im Falle einiger Namen mit dem Grundwort -rode, die sich v. a. im Südosten der Querfurter Platte finden, ist dies nicht zu bezweifeln, denn derartige Bildungen sind zumeist erst während des hochmittelalterlichen Landesausbaus entstanden (vgl. Abschnitt 3.4.3). Auch bei Ortsnamen mit slavischen Wurzeln ist eine solche Annahme nicht von vornherein zurückzuweisen. Slavische Sprechergruppen können neu gegründeten Siedlungen noch bis zu dem Zeitraum Namen gegeben haben, in dem in soziolinguistischer Hinsicht der Geltungsbereich der deutschen Sprache denjenigen der altsorbischen in den Hintergrund drängte. An Saale und Elbe war diese Zeit mit dem hochmittelalterlichen Landesausbau im 12. und 13. Jahrhundert gekommen – außerhalb der Nieder- und Oberlausitz hörte das Sorbische noch vor dem Ende des Mittelalters auf zu existieren 108. Die Areale, die von slavischen Sprechern westlich der Saale bewohnt waren, waren jedoch weitaus weniger geschlossen als weiter östlich, da sie in viel stärkerem Maße und viel früher von Gruppen Deutschsprechender durchsetzt waren. Der Assimilierungsprozess der hier ansässigen slavischen Muttersprachler hin zum Deutschen dürfte damit früher eingesetzt und auch früher abgeschlossen gewesen sein. Eine slavische Ortsnamengebung noch im 11. oder 12. Jahrhundert erscheint damit unwahrscheinlich. Damit wäre als These zu vermuten, dass zur Zeit der Entstehung des HZV auch diejenigen slavischen Toponyme existierten, die in dieser Quelle nicht aufgezeichnet wurden. In der Konsequenz würde das HZV das Gebiet des Friesenfeldes keineswegs flächendeckend, sondern nur lückenhaft erfassen (vgl. Abschnitt 5.2.1). Erhärten ließe sich diese These durch den Nachweis einer identischen oder ähnlichen Strukturierung der Namen im und außerhalb des HZV. Das Instrumentarium der slavistischen Toponomastik bietet hierfür gute Ansatzpunkte, so dass sich durchaus prüfen lässt, ob zwei verschiedene Gruppen von Ortsnamen eher zur gleichen Zeit entstanden sind oder in aufeinanderfolgenden Zeiträumen. In diesem Beitrag kann diese Methode nicht eingehend vorgestellt werden, hierfür ist auf andere Literatur zu verweisen 109. Vielmehr sei nur kurz dargestellt, dass die slavische Toponymie über eine große Vielfalt an Wortbildungselementen 108 Hierzu Herrmann 1985, 443–452, dort insbesondere auf S. 450 die Feststellung, dass „im 14. und in der ersten Hälfte des 15. Jh. [. . . ] in fast allen Gebieten der Gebrauch der slawischen Sprache zurückging oder diese gänzlich erlosch“; knapper Brankaˇck /Mˇetšk 1977, 123. Die ebenda auf S. 164 f. sowie auf der Beilagekarte und stärker noch in weiteren Beiträgen, deren Nennung in der vorliegenden Untersuchung zu weitschweifig wäre, postulierte Fortexistenz der sorbischen Sprache in Teilen von Gebieten westlich der Elbe bis in die Frühe Neuzeit hinein bedarf der kritischen Überprüfung, vgl. hierzu exemplarisch Zschieschang 2003, 319–324 und Malink 1983. 109 Vgl. ausführlicher Zschieschang 2007 [Selpuli], 36. Die Literatur zum Thema ist sehr zahlreich. Als besonders wegweisende Beiträge sind zu nennen: Šmilauer 2015 [1960]; Walther 1993 [1967]; Eichler /Walther 1970. Darauf aufbauende Arbeiten für das altsorbische Sprachgebiet (Auswahl):
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Die slavischen Siedlungsnamen
Abb. 1 Modell der chronologischen Differenzierung von Ortsnamentypen
verfügt 110, die meist als Suffixe den Wortstämmen angefügt werden und deren Bedeutung modifizieren. Nach jahrzehntelangen Forschungen hat sich gezeigt, dass einige dieser Suffixe vorwiegend in einer älteren Zeit produktiv waren, also einen archaischen Charakter aufweisen. Sie finden sich noch in zahlreichen Ortsnamen, die in der Frühzeit der slavischen Besiedlung des östlichen Mitteleuropas entstanden, kommen aber dann bald außer Gebrauch. Mittels der Kartierung dieser Namentypen können Hinweise auf die Ausbreitung der frühen slavischen Besiedlung gewonnen werden, was schon in vielen Fällen signifikante Ergebnisse gebracht hat. Jedoch ist dieses Verfahren mit einigen Einschränkungen behaftet. So ist nicht in allen Regionen das Ergebnis derartiger Untersuchungen eindeutig. Insbesondere bereiten Unsicherheiten oder Varianten im Ansatz von Grundformen oft Schwierigkeiten. Außerdem hat diese Unterteilung keinen Ausschlusscharakter, ihr wohnt nur eine statistische Tendenz inne. Das heißt, es ist nur für eine größere Anzahl entsprechender Namen insgesamt vorauszusetzen, dass sie in der Regel in eine ältere oder jüngere Zeit gehören. Je umfangreicher die Datenbasis ist, desto deutlicher und zuverlässiger wird sich der zeitliche Schwerpunkt herausheben, der mit der Normalverteilung zu beschreiben und mit der gaußschen Glockenkurve zu visualisieren ist. Exakte Zahlenangaben sind dabei ebenso unzulässig wie die Übertragung auf den Einzelfall, dass z. B. eine bestimmte Siedlung eine besonders alte Gründung sei, nur weil ihre Benennung einem der älteren Bildungstypen zuzurechnen ist. Es kann durchaus sein, dass einige Namen auch noch in späterer Zeit nach älteren Namentypen gebildet wurden und dass jüngere Namentypen frühe Vorläufer haben. Bei einem
Schultheis 1970; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 64–75; Bily 1996 [DS 38], 45–58; Hengst 2003. 110 Vgl. die Übersichten bei Eichler/Šrámek 1988.
Analyse
77
einzelnen Namen wiegen diese Einschränkungen viel stärker als bei einer größeren Namenmenge. Dies bedeutet aber, dass eingehende Untersuchungen der einzelnen Namentypen für größere Regionen mit einer Zahl von Vertretern, die groß genug ist, um statistisch aussagekräftig zu sein, vielleicht das Ergebnis erbringen, dass es zwischen den Typen gewisse chronologische Unterschiede im zeitlichen Schwerpunkt der jeweiligen Produktivität gibt. Dennoch sähe das Ergebnis allenfalls so aus wie in Abb. 1. Eine solche in der Toponomastik bisher unübliche Darstellung bedarf einer etwas weiter ausholenden Erklärung. Es handelt sich hierbei um das Schema eines Boxplot-Diagramms, womit normalverteilte Wertemengen dargestellt werden (vgl. z. B. Leonhart 2009, 86). Der Bereich zwischen den senkrechten Strichen gibt die statistisch normalverteilten Werte an (wovon Ausreißer ausgeschlossen sind). Innerhalb dieses Bereichs steht das Rechteck für den Bereich, den die beiden mittleren Quartile einnehmen (also die mittleren 50 % der Werte des Datenbestandes). Der senkrechte Strich im Kasten markiert die Lage des Medians. Übertragen auf die Entstehung von Toponymen würde einer solchen Darstellung die Menge der Entstehungszeitpunkte der einzelnen Namen zugrunde liegen, womit die Abszisse einen Zeitstrahl verkörpert. Hinsichtlich der Werte wäre davon auszugehen, dass sie normalverteilt sind – es gibt einen Produktivitätszeitraum, in dem besonders viele Namen eines Typs gebildet wurden und der in beide Richtungen allmählich ausläuft. Scharfe Abgrenzungen ließen sich nur mit statistischen Mitteln herstellen, indem die Quartile zu berechnen wären. Der Gebrauch des Konjunktivs deutet schon an, was jedem onomastisch auch nur geringfügig bewanderten Leser von vornherein klar gewesen sein dürfte: Den Entstehungszeitpunkt eines Ortsnamens kennen wir, sofern wir von Bildungen der jüngeren Neuzeit absehen, allenfalls für einige sehr wenige Namen. Somit sind wir zwar nicht imstande, Diagramme wie in Abb. 1 zu berechnen, jedoch, „weil es in der Natur vieler Merkmale liegt, dass sie eine solche Form der Verteilung annehmen“ (Quatember 2011, 103), ist die grundsätzliche Annahme berechtigt, dass hierunter auch die Bildung von Ortsnamen in ihrer zeitlichen Dimension fällt. Der entscheidende Punkt dieser Überlegungen ist jedoch die prinzipielle Verdeutlichung, dass sich die Produktivität der Namentypen erheblich überlappt und eben nur graduell – wofür die unterschiedlich platzierten Mediane stehen – zeitliche Unterschiede zeigt, die aber in keiner Weise als Abfolgen anzusehen sind. Um es im Gegensatz dazu deutlich zu betonen: Sofern nicht explizite Beweise für das Gegenteil vorliegen, ist eher von sich überlappenden Zeitbereichen mit graduell verschiedenen Schwerpunkten auszugehen, keinesfalls jedoch von zeitlich aufeinanderfolgenden Bildungsmustern, wie in Abb. 2. Selbst eine chronologische Differenzierung wie diejenige in Abb. 1 würde nur für das untersuchte große Namenkorpus gelten. Eine Übertragung auf eine Region, in der von jedem Typ nur eine Handvoll von Vertretern vorliegt, verbietet sich jedoch, da die Unwägbarkeiten, an welcher Stelle der Produktivitätsbalken die wenigen Namen zu verorten wären, nicht zu kalkulieren sind. Auch die verbreitete, von der Archäologie inspirierte Bezeichnung Namen„schicht“, die etwas klar voneinander
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Die slavischen Siedlungsnamen
Abb. 2 Unzutreffendes Modell der chronologischen Differenzierung von Ortsnamentypen
Abgegrenztes impliziert, wäre vom eigentlichen Wortsinne her fragwürdig. Zudem ist infolge historischer Prozesse auch mit Namenverlusten zu rechnen, wobei nur an die hochmittelalterlichen Prozesse von Verdorfung und Siedlungszusammenlegung zu erinnern ist, so dass wir lediglich mit einer Reliktmenge arbeiten können (Walther 2003, 219). Die Normalverteilung erlaubt jedoch die Annahme, dass auch mit einer eingeschränkten Materialbasis das Siedlungsbild nicht zum Zerrbild wird. Damit wären die methodischen Grundlagen für die nun folgende Darstellung der Namen im Gebiet des Hersfelder Zehntverzeichnisses gelegt. Tab. 2.1 zeigt die Vorkommen der entsprechenden Namentypen in den beiden Kolumnen bzw. Namen-
Typ
Kolumne 1: Im HZV
Kolumne 2: Nicht im HZV
1.
ältere slavische Namentypen
1.1
Possessiva auf -j_
I
II
1.2
Zweigliedrige und deanthroponymische Pluralbildungen
III
IIIII
1.3
Patronymika
IIII
IIIII IIIII II
1.4
Bewohnernamen auf -ici
1.5
Wahrscheinlich eine vorslavische Basis enthaltende Bildungen
2.
jüngere slavische Namentypen
2.1
IIII II
I
Bildungen mit Nullsuffix
III
III
2.2
Bildungen auf -(ov)ica u. ä.
II
IIIII II
2.3
Bildungen auf -n_
III
IIII
2.4
Bildungen auf -ov_
III
IIIII IIIII IIII
2.5
Bildungen auf -nik
Tab. 2.1: Slavische Namentypologie im Gebiet des HZV
I
79
Analyse
korpora 111. Hinzuweisen ist zunächst auf die geringe Zahl der älteren Namentypen in beiden Gruppen, die dafür spricht, dass die Orte mehrheitlich nicht in der Frühzeit der slavischen Besiedlung angelegt wurden, sondern in einer späteren Ausbauphase. Von Bedeutung ist weiterhin, dass diejenigen Bildungsweisen, die als „jüngere Typen“ gelten, durch ihr Vorkommen im HZV schon sehr früh bezeugt sind, und zwar nicht nur im Ausnahmefall, sondern in einer Häufigkeit, die derjenigen der „älteren Typen“ kaum nachsteht. Dies zeigt eindrücklich den statistischen Tendenzcharakter dieser chronologischen Differenzierung an, die nicht für einzelne Namen belastbar sein kann. In knapper Form ist dies in Tab. 2.2 zusammengefasst. Slavische Ortsnamen
Ältere Typen
Jüngere Typen
mit Patronymika
ohne Patronymika
– im Hersfelder Zehntverzeichnis
10
6
11
– nicht im Hersfelder Zehntverzeichnis
24
12
29
Tab. 2.2: Ältere und jüngere slavische Namentypen im Gebiet des HZV
Noch vor Kurzem wurde in Bezug auf die Possessiva mit dem Suffix -ov_ explizit festgestellt, dass „kein Ortsname dieses Typs vor 973 bezeugt ist. Das lässt den Schluss zu, dass dieser kaum vor dem 10. Jahrhundert in regelhaften Gebrauch kam“ (Eichler /Walther 2010, 32). Dem ist ebenso entschieden zu widersprechen wie der Aussage, die „Schriftquellen der Karolingerzeit [. . . ] zeigen alle ein Vorherrschen der zweigliedrigen altsorbischen Personennamen und pluralischen Bewohner- und Ortsnamen, während einstämmige Personen- sowie Kurznamen in Ortsnamen und Örtlichkeitsnamen (geographische Stellenbezeichnungen) erst in der spätslawischen Zeit (10.–12. Jh.) überwiegen“ (Eichler /Walther 2010, 25). Im Gegenteil, seit dem Einsetzen der schriftlichen Überlieferung sind die als jünger anzusehenden Namen ebenso in Gebrauch wie die älteren. Als ein wesentliches Resultat im Kontext der vorliegenden Untersuchung zeigt sich, dass bestimmte Namentypen in beiden Kolumnen gleichermaßen vorherrschen, insbesondere jüngere Ableitungen, auf deren Charakter hier nicht im Einzelnen einzugehen ist. Die charakteristischen Patronymika, ein älterer, aber auch nicht archaischer Bildungstyp, häufen sich gerade in den nicht im HZV befindlichen Namen.
111 Einige weitere Namen, die sich nicht so eindeutig in die älteren Namen einordnen lassen, wären noch zu ergänzen, ohne dass sie das Bild verändern würden:
Typ
Im HZV
3.1
Bildungen auf -ava
I
3.2
Possessiva auf -in
III
I
3.3
Bildungen auf -išˇce
II
I
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Nicht im HZV
80
Die slavischen Siedlungsnamen
Signifikante Unterschiede zwischen den Namen des HZV und den übrigen sind demnach nicht auszumachen. Es handelt sich eher um ein einziges Korpus, das nur zu einem relativ geringen Teil im HZV verzeichnet wurde. Aus dieser Perspektive besteht kein Grund anzunehmen, dass diese anderen Namen später entstanden sind. Das kann hin und wieder durchaus geschehen sein, aber die Wahrscheinlichkeit, dass alle der mehr als 60 Orte erst nach der Abfassung des HZV gegründet wurden, tendiert gegen Null. Damit muss es auf jeden Fall Siedlungen gegeben haben, auf die der fränkische König bei der Vergabe der Zehntrechte an das Kloster Hersfeld keinen Zugriff hatte. Die Kartierung (Tafelteil, Abb. 4, S. 220) zeigt, dass sich die nicht im HZV zu findenden Siedlungen signifikant entlang der westlichen Zuflüsse der Saale konzentrieren und dort im Gemenge mit den zehntpflichtigen Orten liegen. Ein Areal, in dem die im HZV bezeugten Namen ein Übergewicht haben, ist lediglich im südwestlichen Umfeld von Halle nachzuweisen; das so dicht besiedelte Geiseltal bleibt davon beinahe, das Mündungsgebiet der Unstrut gänzlich unberührt. Hierbei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass im HZV zwischen Göstelitz (Nr. 164) und Goseck (Nr. 170) fünf Namen nicht mehr lesbar sind. Die zugehörigen Ortschaften befanden sich vermutlich gerade in diesem Areal nordöstlich der Unstrutmündung; hinzu kämen die ebenfalls unleserlichen Nr. 208–210 bei Lunstädt. Ältere Namentypen finden sich bemerkenswerterweise nur zum geringeren Teil entlang der größeren Gewässer, also in „erster Platzwahl“ (Walther 1993 [1967], 309), was sich anhand dreier Zonen entsprechend dem jeweiligen Anteil der älteren Namentypen veranschaulichen lässt (Tafelteil, Abb. 5, S. 221). Gerade am Unterlauf der Geisel und ein Stück weiter saaleabwärts zeigen sich ausschließlich Bildungen, die den jüngeren Namentypen zuzurechnen sind, und zwar in so großer Zahl, dass ein zufälliges Fehlen der älteren Typen kaum anzunehmen ist. Siedlungsgeschichtlich ist dieses Verbreitungsbild nur schwer einzuordnen 112, es ist aber kaum anders zu interpretieren, als dass die Umgebung von Halle und Merseburg westlich der Saale nicht zu den frühesten von slavischsprachigen Bevölkerungsgruppen besiedelten Gebieten gehört.
112 Die Kartierungen der slavischen Siedlungsnamen bei Eichler /Walther 1984 [DS 35], 102 und 105 bringen dies hinsichtlich der Ortspunkte zwar zum Ausdruck, angesichts der Nichtberücksichtigung der weiter westlich gelegenen Areale wird hier jedoch die lineare Abgrenzung der „Altsiedelräume“ schematisch dicht östlich der Saale gezogen.
3. Die deutschen Siedlungsnamen 3.1 Allgemeines Bild Die Mehrzahl der Toponyme des HZV ist – im sprachwissenschaftlichen Sinne – deutschen Ursprungs. Dominant sind hierbei die vielen Komposita mit dem Grundwort -dorf. Dieses liegt in 46 Namen vor, die ganz überwiegend aus Personennamen gebildet wurden. Unter diesen finden sich auch 7 Anthroponyme slavischen Ursprungs 113. Andere Grundwörter treten demgegenüber deutlich zurück (vgl. Tab. 3.1). Noch am häufigsten ist -stedt mit 23 Bildungen, während -bach, -burg (ohne die eigentlichen Burgennamen der Liste B), -leben und -hausen nur in jeweils sechs bis acht Namen vorliegen. Alle anderen Grundwörter und Suffixe sind noch seltener. Bemerkenswert an diesem Befund ist, dass die gemeinhin als älter angesehenen Elemente eine derart marginale Rolle spielen. Einzig -stedt entfaltet eine größere Produktivität. Das archaische Element ahd. -idi, germ. -*iþja-, tritt nur dreimal auf, und ebenso selten sind andere alte suffixale Bildungen. Im Vergleich mit anderen Siedlungslandschaften, insbesondere im südlichen Niedersachsen (vgl. dazu Abschnitt 3.6) erscheint dies sehr wenig. Jedoch ist die ursprünglich geringere Stabilität und Kontinuität der Siedlungen zu berücksichtigen, weshalb es heißt: „[W]ir können bei all der vorherrschenden Beweglichkeit der Bevölkerung unserer Gebiete nur zu einem kleinen Hundertsatz mit der Erhaltung älterer Siedlungsnamen von vor dem 4./5. Jh. u. Z. rechnen“ (Walther 1971 [DS 26], 136). Daraus wäre zu folgern, dass der Großteil der Siedlungen nicht schon in einer Zeit entstand, für die man sich beispielsweise über völkerwanderungszeitliche „Stämme“ und ihre onomastischen Relikte den Kopf zerbrechen könnte (vgl. z. B. Wenskus 1986a, 205–209; Bathe 1955 [DS 5]; Bathe 1953, 55). Vielmehr deutet das Überwiegen deanthroponymischer Komposita mit dem Grundwort -dorf mit einem Drittel der deutschen Namenbildungen auf eine spätere Besiedlung, die am ehesten – ohne dass dies in den Kontext früherer Vorstellungen einer „fränkischen Staatskolonisation“ zu rücken wäre – unter dem Einfluss des merowingischen und des karolingischen Reichs stehen dürfte. Nicht grundsätzlich anders ist das Bild, das die nicht im HZV verzeichneten Namen dieser Region bieten (Tab. 3.1 114). Dennoch zeigen sich einige signifikante Unterschiede. Das Vorherrschen von Komposita mit dem Grundwort -dorf fällt bei den nicht im HZV stehenden Namen nicht ganz so deutlich aus. Hier sind Bildungen auf -rode sehr zahlreich, während das im HZV so häufige -stedt erheblich zurück-
113 Zu den Mischnamen im HZV vgl. Loga 2016. 114 Spalte 1 verweist auf die Abschnitte, in denen die Namen der jeweiligen Zeile im Folgenden dargestellt werden.
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82
Die deutschen Siedlungsnamen
Typ
Kolumne 1: Im HZV
Kolumnen 2 und 3: Nicht im HZV
3.4.1
-dorf
IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII I
IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII IIII
3.3.2
-stedt
IIIII IIIII IIIII IIIII III
IIII
3.3.1
-leben
IIIII III
IIII
3.4.5
-berg /burg
IIIII III
II
3.4.4
-bach
IIIII II
IIII
3.4.2
-hausen
IIIII I
II
3.3.6
Simplizia
IIIII I
I
3.3.3
-ingen/-ungen
IIIII
II
3.4.3
-rode
IIII
IIIII IIIII IIIII IIIII IIIII III
3.3.5
-ithi
III
3.3.6
-aha
II
3.5.1
-feld
II
3.5.1
-furt
II
3.3.6
-¯are/-ere
II
3.3.6
Vorsl. Basis
II
3.4.5
-tal
I
II
3.3.6
-loh
I
I
3.5.1
-born
I
I
3.5.1
-hagen /hain
I
I
3.5.1
-wende(n)
I
I
3.5.2
-rieth
III
3.3.4
-heim
II
3.3.6
-ik /ig
II
3.5.2
Heiligenname (St. . . . )
II
3.3.6
-st-
I
3.3.6
-sola
I
3.5.2
-hofen
I
3.5.2
-mark
I
3.5.2
-see
I
3.5.2
-stall
I
3.5.2
-stein
I
3.5.2
-warte
I
3.5.2
-werder
I
3.5.2
-zelle Summe
II
I 131
Tab. 3.1: Deutsche Namentypologie im Gebiet des HZV
108
Methodisches
83
tritt. Verhältnismäßig gleich vertreten sind -bach und -leben. Die ein- oder zweifach auftretenden Grundwörter sind im HZV zumeist andere als außerhalb dieser Quelle. Die Häufigkeit der -rode-Namen, die sich im HZV nicht finden, verweist darauf, dass nach der Abfassung dieser Liste umfangreiche Landesausbauvorgänge stattgefunden haben – eine Tatsache, die nicht weiter verwundert (vgl. dazu Abschnitt 3.4.3). Weiterhin liegen einige altertümliche Bildungen vor, die wohl weit vor die Zeit der Abfassung des HZV zurückreichen. Auch unter den deutschen Namen finden sich damit Hinweise darauf, dass diese Quelle nicht alle seinerzeit bestehenden Siedlungen zwischen Saale, Unstrut und Süßem See erfasst, sondern diesbezüglich Lücken aufweist. Nach diesem allgemeinen Einblick sollen im Folgenden nach einigen methodischen Bemerkungen die einzelnen Bildungstypen einzeln analysiert werden. Dieser Terminus wird hier in der gleichen Weise gebraucht wie gemeinhin bei der Strukturierung der slavischen Toponyme (Wenzel 2009; Wenzel 2013, 162–166) – alle Toponyme, die mit dem gleichen Endelement gebildet wurden, werden als ein Bildungs- oder Namentyp zusammengefasst.
3.2 Methodisches Bei der Analyse der deutschen Toponymie ist es Tradition, sich um eine chronologische Ausdifferenzierung der Namenentstehung zu bemühen. Das diesbezügliche Vorgehen entspricht vom Grundsatz her demjenigen, das auch für die slavische Toponyme zur Anwendung kommt: Einige Namentypen werden einer älteren Schicht zugeordnet, andere einer jüngeren. Dies basiert auf siedlungsgeschichtlichen Beobachtungen, die überregional in ähnlicher Weise gelten. Demnach sind z. B. Namen auf -leben und -heim in einer älteren Periode entstanden, während Toponyme auf -dorf und -rode jünger sind. Dies ist grundsätzlich nicht in Abrede zu stellen, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die zuerst genannten Grundwörter in den Gebieten der deutsch-slavischen Kontaktzone, in der es erst im Laufe des Hochmittelalters zu einer umfänglichen deutschen Namenbildung kam, nur sehr selten zu finden sind, während die anderen geradezu grassieren. Die Untergliederung der deutschen Toponymie in zwei „Schichten“ ist fest etabliert, aber der Forscherdrang richtete häufig seine Versuche darauf, diese Chronologie noch weiter zu differenzieren bzw. zu verfeinern. In diesem Kontext wurde überlegt, ob z. B. Bildungen auf -heim älter seien als solche auf -leben oder ob es sich vielleicht eher umgekehrt verhält. Solche Überlegungen sind jedoch kritisch zu sehen, und es ist an die chronologische Schichtung der altsorbischen Toponyme zu erinnern (Abschnitt 2.4). Auch hier ist es nur möglich, generell ältere von jüngeren Typen zu unterscheiden, was aber jeweils nur für ein ganzes Namenkorpus von statistisch relevanter Größe maßgeblich ist, nicht für einzelne Namen. Feinere Abstufungen sind nur sehr bedingt möglich (so scheinen bei den altsorbischen Namen Patronymika im Allgemeinen
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84
Die deutschen Siedlungsnamen
eine etwas jüngere Stufe zu verkörpern als die übrigen „älteren“ Typen, bleiben aber gleichwohl deutlich von den „jüngeren“ Typen abgegrenzt). Vor allem jedoch ist zu beachten, dass sich die Produktivität der einzelnen Typen in chronologischer Perspektive überlappt; grundsätzlich ist also nicht auszuschließen, dass Siedlungen in Einzelfällen noch mittels „älterer“ Bildungsmuster benannt werden, wenn schon „jüngere“ Typen in Gebrauch sind. Dies war schließlich deutlich in Kapitel 2 zu sehen, wo schon im 9. Jahrhundert Toponyme sehr zahlreich begegnen, die den jüngeren Bildungstypen zuzuweisen sind. Nachdrücklich sei auf die beiden Darstellungen in Abschnitt 2.4 verwiesen (Abb. 1 und 2), die dieses Axiom bzw. dessen zu verwerfendes Gegenstück verdeutlichen sollen. Von einer derartigen zeitlichen Überlappung von Namenbildungsmustern ist als methodisches Grundaxiom auch für deutsche Ortsnamenbildungen auszugehen 115. Auf eine weitere Tücke machte Dietrich Freydank aufmerksam. Wenn nämlich die Ortsnamen auf -leben in ihrer Etymologie meist leicht durchschaubar sind, während die Erklärung der Bildungen auf -stedt oftmals schwierig ist, dann ist dies kein Beleg für ein unterschiedliches Alter der Bildungsweisen. Vielmehr wurden die letzteren zumeist mit Appellativen gebildet, die zuerst genannten hingegen mit Personennamen. Diese blieben viel längere Zeit dem aktiven Sprachgebrauch verhaftet (oder wurden wenigstens als Anthroponyme erkannt) als archaische Appellativa, welche leichter unverständlich werden konnten (Freydank 1966, 44). Nicht nur in Bezug auf die dargestellten Aspekte ist darauf zu achten, dass die geschichtliche Aussagekraft der Ortsnamen, die unbestritten groß ist, nicht überstrapaziert wird. Was für manche Namenforscher so klar sein mag, dass es ihnen unangebracht erscheint, es noch schriftlich auszuformulieren, kann bei Historikern, die Forschungsergebnisse der Namenkunde rezipieren, leicht für Irritationen sorgen. Bevor die einzelnen Namentypen darzustellen sind, seien somit noch die grundlegenden Charakterzüge der Toponymie hervorgehoben: „Zunächst gilt es festzustellen, daß ON kein sicherer Beweis für das Alter eines Ortes sind. Neben dem häufig beobachteten Fall einer Namensübertragung von einer älteren, bereits lange bestehenden auf eine neue, zuweilen sogar weit entfernt entstehende Siedlung – wo dann der Name älter ist als der Ort – muß auch beachtet werden, daß in vielen Fällen der
115 Diese Prämissen sind alles andere als neu und auch nicht nur einem engen Kreis von Wissenschaftlern bewusst, sondern durchaus auch manchem Heimatforscher der älteren Generation, wie das folgende, um der Deutlichkeit willen etwas längere Zitat verdeutlicht: „Es kommt nicht so sehr darauf an, bis in die letzten Eigenheiten die zeitliche, räumliche und völkische Stellung einer Ortsgründung genau zu ermitteln oder ein genaues Übereinstimmen von Ortsnamen und danach zu erwartender Zeit der Gründung jedes Mal zu erreichen. Es ist nur notwendig, die Ortsnamen insgesamt gemäß ihrer sprachlichen Struktur für das zu bearbeitende Gebiet in zeitliche Schichten einzuordnen und Abweichungen entsprechend zu berücksichtigen. Mag auch der Einzelfall nicht sicher feststehen oder abweichen, wenn die übersichtliche Schau, das ‚statistische Mittel‘, korrekt ist, so ist der siedlungsgeographischen und kundlichen Betrachtung schon sehr geholfen. Dieses ‚statische [sic; besser: ‚statistische‘ – Ch.Z.] Mittel‘ wird bis zu einem gewissen Grade um so korrekter sein, je größer das zu betrachtende Gebiet gewählt wird“ (Eigendorf 1960, 13).
Methodisches
85
Name eines Ortes jünger sein kann als der Ort selbst. Es ist durchaus denkbar, daß eine kleinere Ansiedlung, die nicht an einem viel begangenen Verkehrsweg lag, zunächst längere Zeit ein gewissermaßen anonymes Dasein führte, daß eine individuelle Bezeichnung sich nicht im Ort selbst entwickelte, sondern – ähnlich wie bei den PN – von der näheren Umgebung gebildet wurde. Die individuelle Bezeichnung ist, sofern sich damit keine festen Vorstellungen verbanden, umgebildet oder verändert worden, hier ist ebenfalls ein Vergleich mit PN, aber auch mit FN möglich. Feste ON haben sich erst in dem Augenblick durchsetzen können, als Siedlungen administrativ erfaßt, ihre Namen gewissermaßen registriert und sie verkehrsmäßig einem größeren Lebenskreis von Menschen, der über die unmittelbare Nachbarschaft hinausging, erschlossen wurden. Damit erklärt sich auch die Tatsache, daß sich die ON-Kunde oft im Gegensatz zur Siedlungsarchäologie befindet.“ (Timm 1954, 181)
Eingedenk dieser methodischen Prämissen soll im Folgenden in der Untergliederung der etablierten Einteilung in ältere und mittelalterliche Namentypen – um den Terminus „Schicht“ zu vermeiden – gefolgt werden. Von der gängigen Einteilung, wie sie bei Debus /Schmitz 2004 geboten wird, wird jedoch dahingehend abgewichen, dass den älteren Typen hier nicht nur -ing/-ung, -ithi/-idi, -ahi, -lar, -mar und -aha (Debus / Schmitz 2004, 3486), sondern auch -heim, -statt/-stedt und -leben (ebd., 3489–3492) zugeordnet werden. Der Grund dafür ist, dass die älteren Namen, die „grundsätzlich (als Typus) der Zeit vor und um Christi Geburt“ angehören (ebd., 3486), im Gebiet des HZV so selten sind, dass es sich kaum lohnt, sie den übrigen Toponymen in summa gegenüberzustellen. Der jüngeren Schicht werden hingegen -dorf, -haus/-hus(en), -rode, -bach, -feld, -hagen/-hain und -born (ebd., 3491–3502) sowie -burg/-berg, -tal, -furt, -wende(n) und einige weitere, nur sporadisch begegnende Grundwörter zugerechnet. Es handelt sich hierbei um diejenigen Bildungstypen, welche – im Gegensatz zu den zuvor genannten – noch zur Zeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus produktiv waren. Einige diesem zeitlichen Kontext zugehörige Grundwörter, die im Allgemeinen sehr produktiv waren, wie z. B. -au und -wald(e), fehlen im Areal des HZV völlig, was hier nur festzustellen ist, ohne dass daraus größere Schlüsse abzuleiten wären 116. Dass sich solche im Hochmittelalter umfänglich produktiv gewordene Namen – wie im Folgenden darzustellen ist – schon im 9. Jahrhundert einer nicht geringen Beliebtheit erfreuten, verweist auf die Relativität und den statistischen Charakter der chronologischen Differenzen, wie er im Hinblick auf Abb. 2 beschrieben wurde. In den folgenden Abschnitten kommt der geographischen Verbreitung der Namen besondere Aufmerksamkeit zu. Was sich daraus für die Geschichte von Herrschaft und Besiedelung ergibt und evtl. für die Chronologie einzelner Bildungstypen, wird im Anschluss (Kap. 5) dargestellt. Dabei ist zu betonen, dass sich im Verlauf der Bearbeitung die große Verlässlichkeit der grundlegenden Arbeit Walther 1971 [DS 26]
116 Im Gegensatz zu den slavischen Toponymen sind für hochmittelalterliche deutsche Ortsnamen vergleichende arealtypologische Studien deutlich weniger entwickelt. Warum z. B. in den Regionen der deutsch-slavischen Kontaktzone die einzelnen toponymischen Grundwörter in manchen Regionen fehlen und in anderen häufig auftreten, ist bislang schwer zu beurteilen.
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Die deutschen Siedlungsnamen
zeigte, indem alle darüber hinausgehenden Recherchen nur relativ wenig zusätzliches Material für die hier zur Diskussion stehende ältere Zeitstellung des frühen Mittelalters erbrachten.
3.3 Ältere Bildungstypen 3.3.1 Das Grundwort -leben Ortsnamen mit dem Grundwort -leben finden seit jeher das besondere Interesse der Forschung (Bathe o. J. [leben]; Schönwälder 1993 117; Walther 1971 [DS 26], 152–156; Udolph 1994, 497–513; Casemir 2003, 453–455; Debus /Schmitz 2004, 3492 und Karte 222.15; Winkler 2009; Winkler 2010) oder: „Das Feld der -lebenNamen bildet einen Tummelplatz der Sprach- und Geschichtsforscher“ (Springer 2003, 15). Der Hauptgrund hierfür ist das eigenartige Verbreitungsbild, das einerseits eine enorme Produktivität dieser Namenbildungsweise in Skandinavien zeigt, andererseits aber eine große Zahl solcher Namen im thüringisch-ostfälischen Raum 118. Dies gab Anlass zu verschiedenen Hypothesen über germanische Wanderungsbewegungen von Norden nach Süden oder in umgekehrte Richtung, auf die hier nicht näher einzugehen ist. Wichtiger ist in unserem Kontext, dass sich die in Mitteldeutschland vorliegenden Namen in zwei Regionen besonders konzentrieren, in einem „Bodeareal“ und einem „Unstrutareal“. Das Gebiet des HZV liegt zwischen beiden und weist nur 13 Namen auf, von denen sich mehr als die Hälfte im HZV findet: Kolumne 1: Almensleben, HZV Nr. 1, Wg. ((845) 11. Jh. [Al]bundesleba, 991 Aluundeslev[o], 1134 Ekkehardo de Almundisleve, 1286 Almundisleybin, 1295 Almensleve, 1300 Almundesleben, 1347 Aluensle, 1353 Almesleben usw.): PN *Alwund + leben (Loga 2007, 9–11; Walther 1971 [DS 26], 265; Bathe o. J. [leben], 127 f.; Größler 1903, 84; Schönwälder 1993, 34 (3); Wolf 1957, 195 f.; Wolf 1956a, 3 f.; Wolf 1955, 295; zur lokalen Topographie Allmann 1981b, [5–7]). Aseleben, HZV Nr. 40 ((845) 11. Jh. Esiebo 119, 1120 in Asleve, 1120 Aseleve, 1121 in Aslibe usw.): PN Asi + leben (Freisleben 2007, 20 f.; Walther 1971 [DS 26], 265; Bathe o. J. [leben], 148 f.; Schönwälder 1993, 41 (16); Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 298; Allmann 1981b, [8]). 117 Dort zur Forschungsgeschichte S. 21–26. Kritisch zu diesem Werk Walther 1994/95. 118 Vgl. Udolph 1994, 503; ein Verzeichnis weiterer Kartierungen ebd., 502. 119 In der Quelle ist eindeutig Esiebo zu lesen (vgl. Tafelteil, Abb. 3, S. 219); die bei Mansfelder Land, 175 angegebene Form Esilebo sowie die Schreibung Esleba bei Walter 1971 [DS 26], 265 sind falsch. Die Schaftlänge des fraglichen auf das lange 〈s〉 folgenden Graphems entspricht eindeutig der eines 〈i〉; zum Aussehen der Kombination 〈sl〉 vgl. demgegenüber Ludesleba (Nr. 97).
Ältere Bildungstypen
87
Frankleben, HZV Nr. 194 und 199 (780/802 (Francheleibe), (845) 11. Jh. Franchen[leba], (1134–42) in Franckenleve, (1144) Franckeleve, 1289 Herbordus de Vrankeleuen usw.): PN Franko + leben (Walther 1971 [DS 26], 268; Bathe o. J. [leben], 146; Schönwälder 1993, 78 (97); Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 306. Holleben, HZV Nr: 131 und 256 ((845) 11. Jh. Hunenleba, (866–900) 11. Jh. H[unlebab]urg, 979 Hunleiuaburch, 1175 in villa Hynleve, 1182 zu Hunleue, 1211 in villa Hunleue usw.): PN Hunno 120 + leben (Walther 1971 [DS 26], 269 und 317; Bathe o. J. [leben], 146 f.; Schönwälder 1993, 99 (140); Wolf 1957, 207 und 219; Wolf 1956a, 14 und 21; Wolf 1955, 303 und 309; zur lokalen Topographie Allmann 1981b, [24]). Lodersleben, HZV Nr. 97 (780/802 (Lutolfesleibe), (845) 11. Jh. Ludesleba, 1120 Ludesleue, 1179 Lodesleuen, 1186 Ludersleben, 1205 Ludesleve, 1218 Ludersleve, 1240 Lodesleve, 1269 Lodeslove, 1279 Lodesleve, 1273 Lodesleiben, 1315 Lodesleven, 1320 Lodersleben, 1322 Loddersleben, 1364 Lodensleue, 1381 Loddersleben, 1465 Lodersleben, 1454 Lodisleben): PN Liudolf + leben (Walther 1971 [DS 26], 269; Bathe o. J. [leben], 143 f.; Böhme 1909, 30 f.; Größler 1903, 83 f.; Winkler 2009, 226; Schönwälder 1993, 107 (156); Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 12; Wolf 1955, 301; Allmann 1981b, [25]). Memleben, Wenigen-, HZV Nr. 54 ((845) 11. Jh. Mimileba, 980 Mimilevu marca, 1182 in Parvu Mimeleibim, 1255 in pago allodii Minoris Mimeleibe, in Minori Mimeleibem): PN *Mimo / Immo + leben Meier 2001, 68; Walther 1971 [DS 26], 269; Bathe o. J. [leben], 140 f.; Größler 1903, 84 f.; Schönwälder 1993, 108 f. (161); Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299; Hardt 2001, 64–66; Allmann 1981b, [26 f.]). Roßleben, HZV Nr. 52 ((845) 11. Jh. Rostenleba, 1160/80 R˚ustenleve, 1175 in ecclesia Rustenleve, 1177 Rusteleve, 1254 de Rusteleibin, 1329 de Rusteleyben, 1330 Heymke von Rosteleybin, 1346 in Rusteleven usw.): PN Rusto, (H)r¯odswind o. ä. + leben (Walther 1971 [DS 26], 271; Bathe o. J. [leben], 140; Böhme 1909, 44 f.; Größler 1903, 84; Schönwälder 1993, 126 f. (197); Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299; Allmann 1981b, [31]). Wansleben, HZV Nr. 69 ((845) 11. Jh. Uuenzesleba, 1320 Wantzleyben, 1322 Wanzsleue, (1376) A. 16. Jh. zcu Wanczeleben, 1400 Wandesleve usw.): PN Wanzo + leben (Freisleben 2007, 133 f.; Walther 1971 [DS 26], 272; Bathe o. J. [leben], 147 f.; Schönwälder 1993, 145 (241); Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 300; Allmann 1981b, [35]).
Kolumne 2: Eisleben (994 in oriente Islevo, 1045 in loco Gisleuo, 1121 in maiori Hislebo . . . in minori Hislebo, 1195 Ysleve, 1203 Isleven, 1209 in Hyslewe, 1222 Ysleve, 1227 Ysleiben, 1264 Isleve usw.): PN Isi /o + leben (Freisleben 2007, 70–72; Walther 1971 [DS 26], 267; Bathe o. J. [leben], 149 f.; Schönwälder 1993, 64 (65); Allmann 1981b, [14 f.]).
120 Eine bei Walther 1971 [DS 26], 269 ebenfalls angegebene Form Hundo dürfte hier weniger ins Gewicht fallen. Förstemann PN, 930 gibt Huno an.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Nietleben (1371 Nytle, 1381 Nytleiben, um 1385 Nytleue, 1470 Nittleben, 1667 Nietleben): PN N¯ıdo (< N¯ıdhard) + leben (Richter 1962 [DS 15], 60; Walther 1971 [DS 26], 270; Bathe o. J. [leben], 147; Schönwälder 1993, 112 (167); Allmann 1981b, [28]). Schkortleben (um 1300 Zcurtelebe, 1350 Kurteleiben, Gartleiben, 1367 Schorteleiben, 1378 Scorteleybin, -leibin, 1428 Schortelebin, 1458 Scorteleuben usw.): evtl. *Skort(o)/*Skroto + leben, aso. oder dt. PN (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 285; Walther 1971 [DS 26], 271; Bathe o. J. [leben], 145 f.; Schönwälder 1993, 131 f. (209); Allmann 1981b, [33]). Wismannsleben, Wg. (1333 Wismerisleve, 1347 Wismensleue): PN Wisumar + leben (Walther 1971 [DS 26], 273; Neuss 1971, 418 f. (Nr. 326); Bathe o. J. [leben], 144; Schönwälder 1993, 155 (262); Allmann 1981b, [36]).
Kolumne 3 zugehörige Namen fehlen
Hinzu kommen zwei unsichere Fälle: Zum einen Kraßlau, das in der schriftlichen Überlieferung (1350 in Krasleiben, Croslewin, 1416 Graßloüw, 1446 Krosseleuben, 1501 Krosleben, 1532 Kroslau) den Eindruck erweckt, ein -leben-Name zu sein, ein Eindruck, der aber täuschen kann, da hier ebenso gut eine slavische Bildung *Krasisła´v, oder *Kras_l+ov- vorliegen kann, vgl. Eichler /Walther 1984 [DS 35], 191 f. und Bathe o. J. [leben], 145. Da die Überlieferung eher spät einsetzt und kein Zeugnis über evtl. frühere Wandlungen des Namens gibt, ist die Möglichkeit einer Bildung auf -leben eher unwahrscheinlich. Zum anderen findet sich n. Reichardtswerben eine Wüstung Waschleben (HMTB 2749), von der aber weitere Informationen fehlen 121.
Das ausgewogene Verhältnis zwischen den im HZV gelisteten Namen und den übrigen ist auch bei den Bestimmungswörtern zu beobachten (Tab. 3.2). In beiden Gruppen überwiegen eingliedrige Bildungen gegenüber zweigliedrigen Vollnamen. Bei einstämmigen stark flektierenden Kurznamen findet sich zwischen zahlreichen Namen in der Magdeburger Börde und relativ wenigen im Thüringer Becken im HZV-Gebiet kein einziger Vertreter (Winkler 2010, 117). Die Bandbreite verschiedener Bildungen ist damit eher schmal, aber, wie die Übersicht zeigt, ausgeglichen. Wenn stark flektierte Personennamen im Bestimmungswort auf ein höheres Alter verweisen (Casemir /Menzel /Ohainski 2011, 241; Udolph 1994, 513), dann zeigt sich hier ein eher ausgeglichenes Bild. Die Namen finden sich überwiegend entlang von Saale und Unstrut und der Mansfelder Seen (Tafelteil, Abb. 6, S. 222). An Oberläufen bzw. abseits von Fließgewässern liegen Lodersleben, Nietleben und Wismannsleben. Dieses Bild deutet an, dass Namen auf -leben schon in der sicher früh erfolgten Besiedlung der Täler der größeren Flüsse eine Rolle spielten, ist aber im Hinblick auf eine zeitliche Einordnung der Entstehung dieser Namen wenig aussagekräftig. Es ist jedoch festzustellen, dass die im HZV enthaltenen Orte gegenüber den übrigen keine Besonderheit im Hinblick auf ihre geographische Verbreitung zeigen. 121 Bei Bathe o. J. [leben], 144 f. als Wuschleben, jedoch ebenfalls nur schwach belegt.
89
Ältere Bildungstypen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
Kolumne
1
2
Zweigliedrig
*Alwund (Almensleben) Liudolf (Lodersleben)
Wisumar (Wismannsleben)
Eingliedrig
evtl. Asi (Aseleben)
Isi /o (Eisleben)
Franko (Frankleben)
N¯ıdo (Nietleben)
Hunno (Holleben)
*Skort(o)/Skroto (Schkortleben)
Mimo /Immo (Memleben)
nicht in DS 26 3
Rusto, (H)r¯odswind (Roßleben) Wanzo (Wansleben) Tab. 3.2: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -leben
In Bezug auf die siedlungsgeographische Einordnung dieser Namen ist noch kurz auf Max Bathe einzugehen. Dieser konzentrierte sich ganz auf die Unterschiede zwischen dem eingangs genannten „Unstrut-“ und „Bodekreis“ (Bathe 1953) 122. Das zwischen beiden liegende Areal – mithin das Gebiet des HZV – spielt nur insofern eine Rolle, als es als „eine allerdings stark zerstörte Brücke zwischen Bode und Unterunstrut“ (Bathe 1953, 5) angesehen wird. Eine solche Brückenfunktion ist jedoch im Grunde nicht zu erkennen. Lässt man sich nicht von Wanderungsbewegungen der Namengeber leiten, dann erscheint die Region zwischen der Unstrut bzw. den Höhenzügen südlich von ihr und dem Süßen See schlicht als eine gegenüber den Gunstgebieten nördlich und südlich etwas schwächer besiedelte Region.
3.3.2 Das Grundwort -stedt Bildungen mit diesem Grundwort 123 werden im Allgemeinen als alt angesehen, die zeitliche Einordnung in Ostfalen variiert jedoch von Region zu Region (Casemir 2003, 487). Der Zeitraum der Produktivität dieses Elements als Ortsnamengrundwort soll in etwa derjenigen des Grundwortes -leben entsprechen (Freydank 1966, 45). In
122 Auch im Hinblick auf heutige und evtl. zukünftige Verwaltungsgliederungen erscheint der Terminus „Kreis“ hier wenig glücklich gewählt. Besser wäre es, diese Verbreitungsgebiete als „Areale“ zu bezeichnen. 123 Allgemein dazu Walther 1971 [DS 26], 156–161; Casemir 2003, 486 f.; Debus /Schmitz 2004, 3492 und Karte 222.7.
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90
Die deutschen Siedlungsnamen
der Zahl der mit diesem Grundwort gebildeten Namen zeigt sich für das Gebiet des HZV eine signifikante Differenz: Während sie im HZV zahlreich vorliegen, sind sie außerhalb sehr selten. Kolumne 1: Alberstedt, HZV Nr. 62 ((845) 11. Jh. Alberestat, 1061 Alfarstide, 10(52) in Alfarstide, 1181 Elverstede, 1183 in Elverstedte, 1327 parvum und magnum Alverstede): PN Alb /fheri + stedt (Walther 1971 [DS 26], 273; Neuß 1971, 2–4 (Nr. 2); Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9 f.; Wolf 1955, 299). Allstedt, HZV Nr. 43 und 242 (772 Altstetti, (777) 11. Jh. Altstedi, (845) 11. Jh. Altstedi, (866– 900) 11. Jh. Altstediburg, 935 Altsteti, 937 in Alstete, 958 Altstedi, 973 Altstedi, 974 (K.) Altera (sic!), Altstedi, 975 (K.) Altstat, 978 (K.) in corte quae dicitur Altestet, 978 (K.) Alstedi, 979 Alstediburch, 979 loco qui Altstet dicitur, 985 Altstedi, 987 Alsteti, 991 Altsteti, 1002/4 Alstidi, 1003 Altstedi, 1014/17 Altstidi, 1040 Altstide, 1064 Altsteti, 1069 Altstede usw.): ahd. alt, asä. ald ‘alt’ + stedt (Loga 2007, 7 f.; Walther 1971 [DS 26], 274 und 315; Eichler /Walther SNB, 37 f.; Wolf 1957, 200 und 215 f.; Wolf 1956a, 7 f. und 20; Wolf 1955, 298 und 308). Barnstädt, HZV Nr. 110, 113 und 115 ((845) 11. Jh. Bernstat, 1147 Barnestede, 1156 Berrenstede, 1220 Bernestede, 1240 Barnestede, 1242 Barnstede, 1256 Barnestede, 1400 Brunstede): ahd. barno, parno ‘Krippe’ oder PN Be /arn + stedt (Walther 1971 [DS 26], 274; Böhme 1909, 11; Größler 1903, 78; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 13; Wolf 1955, 302). Bennstedt, HZV Nr. 70 ((845) 11. Jh. Bannungestat, 1246 Bennenstede, 1274 Bennenstede): < PN Bannung /Benning oder Banno /Bando + stedt (Walther 1971 [DS 26], 275; Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 300). Bornstedt, HZV Nr. 21 und 245 ((845) 11. Jh. Brunistad, (866–900) 11. Jh. Bru[nstedibur]g, 979 Burnigstediburch, (1120) Tr. 1381 Esicone de Bornstede, 1130 Esicus senior genuit Esicum iuniorem de Burnstide usw.): ahd. brunno ‘Quelle, Brunnen’ + stedt (Freisleben 2007, 29–31; Walther 1971 [DS 26], 275 und 316; Wolf 1957, 197 und 217; Wolf 1956a, 5 und 20; Wolf 1955, 297 und 309). Dornstedt, HZV Nr. 87 ((845) 11. Jh. Dornstat, 961 Dornsteti): ahd. thorn ‘Dornstrauch’ + stedt (Walther 1971 [DS 26], 276; Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301). eichstädt, Langen-, HZV Nr. 111 ((845) 11. Jh. Ahistide, Ehstat, 1133 Eistete, 1320 Eychstede): GewN Eichaha + stedt, sekundär semantisch motiviert (Walther 1971 [DS 26], 277; Böhme 1909, 17–19; Größler 1903, 78 f.; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 13; Wolf 1955, 302). Esenstedt, HZV Nr. 104 und 107, Wg. ((845) 11. Jh. Gisunstat, 1205 Isinstede, 1251/68 Esenstede, 1328 Hesenstede, 1504–1515 Esenstedt, Eselstedt): PN Giso o. ä. + stedt 124 (Walther 1971 [DS 26], 277; Größler 1903, 81 und 72; Wolf 1957, 205; Wolf 1956a, 13; Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 302). 124 Der durch die Belege dokumentierte Abfall des Anlauts G- ist schwer zu erklären. Die Annahme einer sekundären Eindeutung von mhd. îsen ‘Eisen’ ist denkbar, es wäre aber unklar, weshalb diese eingetreten sein sollte.
Ältere Bildungstypen
91
esperstedt, Ober-/Unter-, HZV Nr. 64 ((845) 11. Jh. Osperestat, 1320 Asperstede, 1323 Esperstede): PN Osberht 125 o. ä. + stedt (Walther 1971 [DS 26], 277; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 299). farnstädt, Ober-, HZV Nr. 58 und 60 ((845) 11. Jh. Farnistat, 1144 Varnstede, 1179 Varrenstede): BachN Farnaha, heute Farre + stedt (Walther 1971 [DS 26], 277; Böhme 1909, 20 f. Größler 1903, 79; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299; zu ähnlichen Namen vgl. Greule 2014, 141). Gatterstädt, HZV Nr. 96 ((845) 11. Jh. Gozerestat, 1019 Gutirstat, 1139 Gatersteten, 1154 Gaterstede, 1197 Goterstede, 1316 Gaterstede, Gaderstetd): PN Go heri + stedt (Walther 1971 [DS 26], 277; Böhme 1909, 22; Größler 1903, 80; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 12; Wolf 1955, 301). Holdenstedt, HZV Nr. 17 ((845) 11. Jh. Holdestedi, 1120 Holdenstede, 1136 (K.) Holdenstede, 1189 (K.) Holdenstede, 1201 (K.) Huldensted, (1271) K. 14. Jh. Holstede, 1293 (K.) Holdenstede, 1309 Holdenstede, 1314 Holdenstede, 1347 Holdensted, 1394 Holdenstede usw.): PN Holdo + stedt (Loga 2007, 57 f.; Walther 1971 [DS 26], 279; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Köchstedt, HZV Nr. 93 ((845) 11. Jh. Cochstat): dän. kok ‘Haufen’, mhd. köche ‘Erdaufwurf’ 126 + stedt (Walther 1971 [DS 26], 280; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 12; Wolf 1955, 301). Kriegstedt, HZV Nr. 123 und 125 ((845) 11. Jh. Cristat, 1004 Crik-, 1061 Christide, 1320 Krichstete superior): ahd. chr¯eg ‘Rechtsstreit’ 127 (Walther 1971 [DS 26], 280; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). Lauchstädt, HZV Nr. 117 und 120 ((845) 11. Jh. Lochstat, v. 1088 Locstede maior, 1225 Louchstete): GewN Laucha + stedt (Walther 1971 [DS 26], 280; Greule 2014, 300 Laucha Größler 1903, 79; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303). Liederstädt, HZV Nr. 136 und 139 ((845) 11. Jh. Liodenstat, 991 Liedenstedi, 1046 Liuterstat, 1079 Ledenstede, 1206 Litenstide, 1317 leydenstede, 1328 Letenstede, 1373 Litenstedt, 1408 Litenstede): PN Liudo /Liodo (Walther 1971 [DS 26], 280; Böhme 1909, 29 f.; Größler 1903, 81; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304).
125 Ein bei Walther 1971 [DS 26], 277 außerdem angegebener Personenname Aspar schließt an den Zweitbeleg 1320 an, ist aber unter Berücksichtigung des HZV-Belegs gegenstandslos. Das Erstglied von Osbert ist entstanden aus Auso oder einem Stamm Os, vgl. Förstemann PN, 123 und 1182. 126 Vgl. Lexer, 1, 1660; DWB 11, 1553. Zu klären wäre noch, inwieweit dieses eher für das Rheinland belegte Lexem hier in Anspruch genommen werden kann. 127 Problematisch ist hierbei neben dem Wechsel von Formen mit und ohne 〈k〉 die Differenz zwischen anzunehmendem /e/ und konsequent geschriebenem 〈i〉, die jedoch evtl. durch die gerade im Ostmitteldeutschen zu beobachtende Hebung von /¯e/ zu /¯ı/ (Paul et al. 2007, 98, § L 39) zu überbrücken ist. Für das Mittelniederdeutsche ist festzustellen, „dass manches i wohl auch nur die geschlossene aussprache des ê anzeigt“ (Lasch 1914, 91, § 147). Für das hier maßgeblichere Althochdeutsche scheinen indes entsprechende Beobachtungen zu fehlen. Ein geeigneterer Ansatz, der ahd. chr¯eg ersetzen könnte, ist überdies nicht auszumachen.
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92
Die deutschen Siedlungsnamen
Lunstädt, HZV Nr. 207 und 211 ((845) 11. Jh. Lunstedi (DS 26: Lunstedt), 1278 Lunstete, 1320 Lunstede): GewN Luhne + stedt (Walther 1971 [DS 26], 280; Böhme 1909, 31; Größler 1903, 82; Wolf 1957, 213; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 307; zu ähnlichen Namen vgl. Greule 2014, 328 f.). Nienstedt, HZV Nr. 12 ((845) 11. Jh. Niustat, 1004/1014 Ninstidi, (1153) K. 12. Jh. Nienstede usw.): asä. niuwi ‘neu’ + stedt (Loga 2007, 85 f.; Walther 1971 [DS 26], 281; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Riestedt, HZV Nr. 10 (772 Ridstetti, (777) K. 11. Jh. Ritstaedi, (845) 11. Jh. [R]eotstat, 979 Rietstedi, 1015 Rizzesstat, 1107–09 Rietstedi, 1108 Rietstedi, 1112 Rietstedi, 1134 Rietstedi, 1251 Ristedt, 1327 Riestede usw.): ahd. (h)riot, asä. hriod ‘Ried, Schilfrohr’ + stedt (Loga 2007, 94–96; Walther 1971 [DS 26], 282; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4 f.; Wolf 1955, 296). Schafstädt, HZV Nr. 112, 114, 118 und 121 ((845) 11. Jh. Scabstedi, 1088 Scafestede): asä. sk¯ap, ahd. sk¯af ‘Schaf’ (Walther 1971 [DS 26], 283; Freydank 1966, 44; Wolf 1957, 206; Wolf 1956a, 13 f.; Wolf 1955, 302). Siegerstedt /Seigerstedt, HZV Nr. 150, Wg. ((845) 11. Jh. Sigiristat, 1372 Seigerstedt): PN Sigiheri o. ä. + stedt (Walther 1971 [DS 26], 283; Größler 1903, 81 f. 128; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304). Wolferstedt, HZV Nr. 28 ((845) 11. Jh. Uuolfheresstedi, 991 Vuolfersteti, 1065 item Wulfersteda, 1179 (K.) Wulferstede, 1283 (K.) Wolferstede usw.): PN Wulfher + stedt (Loga 2007, 133 f.; Walther 1971 [DS 26], 285; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). Wolkau, HZV Nr. 126, Wg. HMTB 2678.DI 129 ((845) 11. Jh. Uulchistedin, 1332 Wolkowe): Wohl PN Folk(o), vgl. Abschnitt 2.3 (Walther 1971 [DS 26], 284 130; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 14; Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 303).
Kolumne 2: eichstädt, Klein- (1179 Ekstede): asä. e¯ k ‘Eiche’ (Walther 1971 [DS 26], 277; Böhme 1909, 17). Grockstedt (1179 Grokenstede, 1327 Grochstede, 1338 Grocstede, 1351 Grokstedt, 1481 Grogstedt): PN Grocko oder slav.? 131 (Walther 1971 [DS 26], 278; Böhme 1909, 26 f.; Größler 1903, 80).
128 Heute nicht mehr ernsthaft zu vertreten, doch buchstäblich eine kuriose Fußnote wert ist die Interpretation des Namens als „Siegesstätte“ bei Größler 1903, 81 f., wobei der Ort am Siegesdenkmal von 531 gegründet worden sei. 129 Genannt auch bei Böhme 1909, 72. 130 Allerdings unter Bezug auf das bei Wolf 1956b, 19 und Wolf 1957, 207 verworfene Volkstedt n. Eisleben. 131 Nicht näher spezifiziert. Evtl. wäre an aso. *krak ‘Flussarm’ zu denken; die genannte deutsche Herleitung dürfte aber wahrscheinlicher sein.
Ältere Bildungstypen
93
Runstedt (um 1130 Runenstide, 1320 Runstede 132): PN R¯uno 133 (Walther 1971 [DS 26], 282; Größler 1903, 82).
Kolumne 3: Eckstedt (1053 Achistide): ahd. aha ‘Wasser, Fluß’ (Größler 1903, 81).
Die Wüstung Neustadt (1332 Nuenstede, 1375 Nuestad, 1378 Nunstedt) ist einerseits eine spätere Gründung (Größler 1903, 81) und andererseits nicht genau zu lokalisieren, kann also hier nicht weiter berücksichtigt werden. Ein weiterer Name, Breuieliudest[at] (HZV Nr. 102), wäre von seiner Struktur her hier anzuschließen, ist jedoch weder zu lokalisieren, noch kann das Bestimmungswort sprachlich erklärt werden (vgl. Abschnitt 1.6.2.C). Pettstädt ist nur auf den ersten Blick eine Bildung auf -stedt, vielmehr verbirgt sich dahinter, wie die Belege 1046 Pozieste, 1206 Pozeste usw. zeigen, eine ganz andere, wahrscheinlich slavische Namenbildung, die sich jedoch nicht genauer fassen lässt, vgl. Walther 1971 [DS 26], 281; Böhme 1909, 40; Größler 1903, 83.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich eine Motivation, die bei den bisherigen etymologischen Betrachtungen kaum zum Vorschein gelangt ist: In einigen Fällen war es der Name eines lokalen Fließgewässers, der die Basis für die Benennung der Siedlung bildete, was vor allem Größler 1903 bemerkt hatte: Langeneichstädt zur Eichaha, Oberfarnstädt zur Farnaha (heute Farre), Lauchstädt zur Laucha und Lunstädt zur Luhne. Gegenüber direkten indogermanischen Herleitungen ist die Annahme solcher Transonymisierungen naheliegender. Bemerkenswert ist das Übergewicht, mit dem Namen dieses Typs im HZV begegnen. Hinsichtlich der Bestimmungswörter zeigt sich nur eine geringfügige Dominanz (Tab. 3.3): Bildungen mit Appellativa überwiegen ein wenig gegenüber Deanthroponymika, unter denen – soweit die geringe Zahl der Namen aussagekräftig ist – zweigliedrige und eingliedrige Personennamen gleich häufig erscheinen 134. Die nicht im HZV stehenden Namen sind zu wenige, um hierbei einen Unterschied erkennen zu lassen.
132 Ein älterer Beleg 1133 Ronstede gehört nach Walther 1971 [DS 26], 282 nicht hierher. 133 Das außerdem genannte asä. r¯una ‘Geheimnis’ passt grammatisch nicht hierher. Für diesen Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). In ihrer Eindeutigkeit – obwohl ein gewisser sprachwissenschaftlicher Zusammenhang nicht zu bestreiten ist – nur von literarischem Wert ist die Formulierung von Joseph Roth zu diesem Namen aus dem Jahr 1930: „Es war ein altes Dorf, mit einem ehrwürdigen Namen, eine Stätte der Runen war es, benachbart der Heimat der ehrwürdigen Merseburger Zaubersprüche“ (zit. bei Beck /Cottin 2015, 33). 134 Eigendorf 1960, 46 bemerkt dazu: „Es fällt auf, daß die Ortsnamen auf -stedt in unserem Gebiete oft mit physisch-geographischen, besonders aber mit botanischen ‚Eigenschaften‘ der unmittelbaren Umgebung der Siedlungen in enger Verbindung stehen“.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
Kolumne
1
PN zweigliedrig
Alb /fheri (Alberstedt)
2
nicht in DS 26 3
Go heri (Gatterstädt) Osberht (Esperstedt) Sigiheri o. ä. (Siegerstedt) Wulfher (Wolferstedt)
PN eingliedrig
Bannung o. ä. (Allstedt)
R¯uno (Runstedt)
Folko (Wolkau) Giso o. ä. (Esenstedt) Holdo (Holdenstedt) Liudo /Liodo (Liederstädt)
GewN
Eichaha (Langeneichstädt) Farnaha (Farre) (Farnstädt) Laucha (Lauchstädt) Luhne (Lunstädt)
Appellativ
ahd. alt, asä. ald ‘alt’ (Allstedt) ahd. brunno ‘Quelle, Brunnen’ (Bornstedt)
asä. e¯ k ‘Eiche’ (Kleineichstädt)
ahd. chr¯eg ‘Rechtsstreit’ (Kriegstedt) ahd. (h)riot, asä. hriod ‘Ried’ (Riestedt) dän. kok ‘Haufen’, mhd. köche ‘Erdaufwurf’ (Köchstedt) asä. niuwi ‘neu’ (Nienstedt) asä. sk¯ap, ahd. sk¯af ‘Schaf’ (Schafstädt) ahd. thorn ‘Dornstrauch’ (Dornstedt) unsicher
ahd. barn ‘Krippe’ oder PN Be / arn (Barnstädt)
PN Grocko oder slav. (Grockstedt)
Tab. 3.3: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -stedt
ahd. aha ‘Fluss’ (Eckstedt)
Ältere Bildungstypen
95
Bildungen auf -stedt konzentrieren sich sehr markant an Oberläufen und in Quellgebieten der kleineren Bäche (Tafelteil, Abb. 7, S. 223). Dies ist ein signifikant anderes Verbreitungsbild als das der Toponyme auf -ingen und -dorf (vgl. die Abschnitte 3.3.3 und 3.4.1). Besonders markant erscheint ein Verbreitungsareal im nördlichen Bereich, das bereits Hans Walther aufgefallen war 135. Zahlreiche weitere Namen finden sich insbesondere im Bereich nördlich des Süßen Sees und westlich der unteren Helme (Walther 1971 [DS 26], Karte 5). Gegenüber den -ingen-Namen ist die Verbreitung geradezu komplementär (Tafelteil, Abb. 7 und 8, S. 223 f.). Dies spricht sehr deutlich dafür, dass dieses Bildungselement vorzugsweise in einer jüngeren Zeit Verwendung fand, als die Besiedlung in die Areale um die Oberläufe der kleineren Fließgewässer vordrang. Die Beobachtung: „Das [die Arealität] scheint mir nicht [! – Ch. Z.] dafür zu sprechen, daß die -leben-Namen jünger sind als die -stedt-Namen“ (Freydank 1966, 45), ist zu bestätigen, eher wäre zu vermuten, dass es umgekehrt ist – dass die Bildungen auf -stedt tendenziell etwas jünger sind als diejenigen auf -leben. Die Indizien hierfür beschränken sich aber auf den durchschnittlich viel geringeren Abstand der -lebenOrte zu Saale und Unstrut, sind also eher schwach. Die im HZV fehlenden Orte fügen sich, soweit ihre geringe Zahl hierzu überhaupt eine verlässliche Aussage erlaubt, in diese Lagesituation ein. Sie fehlen zwar im Bereich Schraplau – Allstedt, liegen jedoch ebenfalls an Bächen. Die beinahe vorliegende Ausschließlichkeit der stedt-Namen im HZV lässt eine Beziehung der Namen dieses Typs zu Siedlungsprozessen vermuten, die von der fränkischen Administration zumindest initiiert wurden. Dabei hätte man sich exzessiv eines bestimmten toponymischen Grundwortes bedient, das in jener Zeit gerade Mode bzw. modellhaft für Neugründungen attraktiv war. Beweisen können die Namen solche Besiedlungsprozesse jedoch nicht.
3.3.3 Das Suffix -ingen/-ungen Diese weit verbreitete Stellenbezeichnung (Walther 1971 [DS 26], 145–148; Udolph 1994, 149–161; Casemir 2003, 432–438) liegt im Gebiet des HZV nur in geringer Anzahl vor, dafür jedoch ein Name doppelt, und zwar ohne nachbarschaftlichen Zusammenhang: Kolumne 1: Burgscheidungen, HZV Nr. 151, 153 und 250 ((845) 11. Jh. Scidinge; 876 Skidinga, (866–900) 11. Jh. Scidingeburg, 939 Schidingi, 979 Scithingaburg civitas vel castellum, 1043 Schidingun, 1069 Scidingun, 1127 Schidingen, 1135 Skidingen usw.): ahd. sk¯ıt ‘Holzscheit, Latte’, germ.
135 „[M]assiert begegnen sie [. . . ] zwischen Hettstedt und Bad Lauchstädt“ (Walther 1971 [DS 26], 157); vgl. auch die Aufzählung dieser Orte um Schraplau-Querfurt Walther 1971 [DS 26], 159.
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Die deutschen Siedlungsnamen
*sk¯ıða ‘Lattenwerk’ 136 + ingen (Walther 1971 [DS 26], 251 und 319; Meier 2001, 59 f.; Böhme 1909, 45 f.; Größler 1903, 85 f. Wolf 1957, 209 und 218; Wolf 1956a, 15 und 21; Wolf 1955, 304 und 309). Einzingen, HZV Nr. 5 und 9 137 (835 Enzing, (845) 11. Jh. [En]zinga, 1184 (K.) Entzingen, 1189 (K.) in villa Einzingen, 1291 (K.) plebanus in Einzingen, 1364 Enzingen, 1400 Entzungen in banno Coldenborn, 1541 Entzingen): PN Enzi, Enzo 138 + ingen (Loga 2007, 36–38; Walther 1971 [DS 26], 248; Wolf 1957, 196 f.; Wolf 1956a, 4; Wolf 1955, 295). röblingen, Nieder-/Ober-, HZV Nr. 3 und 6 ((845) 11. Jh. Rebiningi, Rebininge, 991 Rauiningi, 1028 Reuiningun, 1139 Reveninge, 1154 Revenigne, 1204 Reveningen, 1270 (K.) Rebeningin, 1279 (K.) Rebeningen, 1391 (K.) Hueßrebenigin, 1400 Hus-Rebenunge, et dicitur Rebenunge superior): PN Hraban + ingen (Loga 2007, 97–100; Walther 1971 [DS 26], 251; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4; Wolf 1955, 295). Röblingen am See, HZV Nr. 66 und 68 ((845) 11. Jh. Rebiningi, 932 Seorebininga, 1026 Reueningin, 1028 Reviningun, 1029 Reuiningun, 1134 Volrado de Reuinigni, 1134 Reueninge, 1175 in villa Reveninge, 1181 Revenigge, 1209 in Rawenningen, 1216 Reveningen, 1336 in Reveningen, 1447 Rebbeningen usw.): PN Hraban + ingen (Freisleben 2007, 103–105; Walther 1971 [DS 26], 251; Wolf 1957, 201 f.; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 300). Morungen, HZV Nr. 217 ((845) 11. Jh. Morunga, 1112 Morunge, 1158 castrum Morungen, (1265) Morunge, 1266 in Morungen, 1277 a quodam dicto de Morungen, 1326 Morunge, 1434 Eckebrechte von Morungen usw.): ahd. muor, asä. m¯or ‘Moor, Sumpfland’ + ungen (Loga 2007, 79–81; Walther 1971 [DS 26], 250; Udolph 1994, 157; Neuß 1971, 235 f. (Nr. 180); Wolf 1957, 213; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 307).
Kolumne 2: Leinungen, Groß- und Klein-; dazu auch †Munislynungen (1107 Leininge, 1116 Lynungen, 1231 (K.) Heinricus de Linungen, 1253 Henricus de Linunge, 1266 Lininthe, datum in Lininche, 1273 Linungen, 1347 Liningen, 1400 Grossin-Lynungin): GewN *Lina + ungen (Loga 2007, 69–72; Walther 1971 [DS 26], 227 und 127; Udolph 1994, 157).
136 Dies ist sprachlich naheliegender als das bei Meier 2001, 59 f. angegebene idg. *skeid ‘trennen, schneiden’ (wobei die Schreibung idg. *sk(h)eid-, *skeid- angebrachter wäre) in Bezug auf eine Grenze oder Wasserscheide. Für diesen Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). 137 Die benachbarte Wüstung Wenigeneinzingen wird hier aus statistischen Gründen nicht gesondert erfasst. Zwar bietet das HZV für Einzingen zwei offenbar gleich lautende Belege (Nr. 9 aber mit einer Fehlstelle: [Enz]inga), die genau auf die beiden Orte passen würden, methodisch ist diese 1:1-Zuweisung aber fragwürdig, da die Zuordnung nicht unmittelbar durch die Quelle überliefert ist, sondern allein auf Vermutungen beruht (vgl. Abschnitt 1.7). 138 Der demgegenüber in der oben genannten Literatur angegebene Personenname Aginzo kann hier nicht in Betracht kommen, weil er nicht so frühzeitig kontrahiert worden wäre, wie etliche andere nichtkontrahierte Anthroponyme im HZV zeigen. Zu Enzi, Enzo vgl. Förstemann PN, 134; Kaufmann 1968, 33 f. ˘
˘
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Ältere Bildungstypen
Kolumne 3: Eptingen (keine Belege): ahd. abbat, mhd. abt ‘Abt’ + ingen (Böhme 1909, 20; Größler 1903, 86).
Auch dieser Bildungstyp liegt überwiegend im HZV vor, ist aber in diesem Gebiet insgesamt seltener. Deanthroponymische und deappellativische Bildungen (vgl. Tab. 3.4) sind hier ausgewogen. Beide Gruppen werden chronologisch unterschiedlich bewertet (Debus /Schmitz 2004, 3486 und 3489; Casemir 2011, 55 f.); die geringe Anzahl der hier vorliegenden Namen erlaubt jedoch keine tragfähigen Aussagen. Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
Kolumne
1
-ingen
PN Enzi /o (Einzingen)
2
nicht in DS 26 3 ahd. abbat ‘Abt’(Eptingen)
PN Hraban (Nieder-/Oberröblingen) PN Hraban (Röblingen am See) -ungen
ahd. muor, asä. m¯or ‘Moor’ (Morungen)
GewN *Lina (Leinungen)
ahd. sk¯ıt ‘Holzscheit, Latte’ (Burgscheidungen) Tab. 3.4: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -ingen/-ungen
In arealer Hinsicht bieten die -ingen-Namen des HZV ein signifikantes Bild. Sie finden sich ausnahmslos in der Nähe von Unstrut, Helme und Salzigem See (Tafelteil, Abb. 8, S. 224). Hierbei ist aber nicht aus den Augen zu verlieren, dass es sich nur um wenige Namen handelt, deren Verbreitung auch vom Zufall bestimmt sein kann. Im Rahmen des HZV scheinen Morungen und Leinungen peripher zu liegen; sie sind jedoch in Zusammenhang mit einem westlich anschließenden Areal zu sehen, in dem Toponyme auf -ingen und -ungen in großer Zahl entlang der Helme in der Goldenen Aue vorliegen. Diese Namen bilden ein separates und durchaus auch altes Verbreitungsareal (Walther 1971 [DS 26], 147; Udolph 1994, 161). Morungen ist dabei relativ weit in den Harz hineingeschoben, unterscheidet sich darin aber nicht von weiter westlich gelegenen Orten. 139
139 Der Name hat eine gewisse Bekanntheit erlangt durch den wohl von hier stammenden Minnesänger Heinrich von Morungen. Für dessen „thüringische Heimat spricht auch der Dialekt“ (Kesting 1969 mit weiterer Literatur); vgl. aber auch Tervooren 1981 und zuletzt Hahn 2012, 133–138, zur Biographie 134 f.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Trotz ihrer geringen Zahl erscheinen diese Namen „eindeutig auf älteste Siedlungsflächen orientiert: die Terrassen bzw. Talhänge der Hauptwasserläufe“ (Walther 1971 [DS 26], 147). Während eine „auffällige binnenräumliche Ausgliederung“ zwischen Namen auf -heim und auf -ingen (Debus /Schmitz 2004, 3491) nicht deutlich wird, weil Toponyme auf -heim hier fast völlig fehlen, erscheint die Verbreitung der -ingen-Namen komplementär zu denjenigen auf -stedt und auf -hausen, was aber angesichts der geringen Zahl der vorliegenden Toponyme kaum signifikant sein dürfte (vgl. dazu Abschnitt 5.1). 3.3.4 Das Grundwort -heim Das im Allgemeinen nicht seltene Grundwort -heim (Walther 1971 [DS 26], 150 f.; Udolph 1994, 451–459; Casemir 2003, 408–414 und 418–420), das im Hinblick auf die chronologische Einordnung unterschiedlich bewertet wird (Casemir 2003, 414; Casemir 2011, 56; Debus /Schmitz 2004, 3489–3491 und Karte 222.6), spielt im Verbreitungsgebiet des HZV eine frappierend marginale Rolle: Kolumne 1 und 2 zugehörige Namen fehlen Kolumne 3: Blankenheim (1155 (K.) Bobbone de Blankenhei(m), 1183 Blanckenheim, 1264 (K.) Blankenheim, usw.): mnd. mhd. blank, blanc ‘blinkend’ + heim (Loga 2007, 19 f.). Pfeiffersheim: wohl jung, FamN Pfeiffer + heim (Loga 2007, 90).
Der zweite Name dürfte eher jüngeren Datums sein und zur Entstehungszeit des HZV noch nicht existiert haben. Blankenheim steht damit isoliert, und dies auch in einem weiteren Kontext, indem sich zahlreichere Namen dieses Typs erst im Thüringer Becken und in der Magdeburger Börde finden (Walther 1971 [DS 26], Beilagekarte 6). Eine jüngere Entstehung dieses Ortes ist nicht auszuschließen. Für die vorliegende Untersuchung ist dieser Name damit nicht zu verwerten, denn eine Beurteilung der Lage (vgl. Tafelteil, Abb. 8, S. 224) im Vergleich mit anderen Namentypen verbietet sich ebenso wie chronologische Überlegungen (vgl. z. B. Meibeier 2006, 56).
3.3.5 Das Suffix -idi Dieses Suffix, ahd. -idi, -ida, asä. -ithi, aus germ. *-iþja-, zur Benennung von Örtlichkeiten und Geländestellen, hat einen altertümlichen Charakter (Walther 1971 [DS 26], 143; Udolph 1991, 86; Udolph 1994, 258; Casemir 2003, 442 f.). Dies gilt auch für das in den Basiselementen enthaltene Sprachgut (Udolph 1991, 86 f.). Abzugrenzen ist dieses Endelement von anderen Dentalsuffixen (vgl. Udolph 1991, 88 f.; Casemir 2003, 392–395). Diese liegen aber bei den folgenden drei Na-
Ältere Bildungstypen
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men nicht vor, weil das Kennzeichen von -ithi-Bildungen, dass „der suffixanlautende Vokal lange erhalten“ bleibt (Casemir 2003, 393), hier gegeben ist. Da es aber bei den konkurrierenden Endelementen ebenfalls um alte Bildungen geht, muss die Problematik einer eindeutigen Zuweisung der vorliegenden Toponyme hier nicht im Mittelpunkt stehen. Die im Bereich des HZV liegenden Namen sind nicht sehr zahlreich: Kolumne 1: Mönchpfiffel, HZV Nr. 44 ((845) 11. Jh. Bablide, 1154 Peffelde): asä, ahd. p¯apila ‘Malve’ + idi 140 (Walther 1971 [DS 26], 287; Udolph 1991, 109 f.; Schmidt FlN 1935, 42; Schmidt FlN 1939, 30; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8; Wolf 1955, 298). Helfta, HZV Nr. 38 und 240 ((845) 11. Jh. Helpide, (866–900) 11. Jh. Helphideburc, ad 967 in Helpithi, (969) 15. Jh. in villa Helpidi, 979 (A. 16. Jh.) Helphedeburg, 979 Helpethingaburg, 980 in Helpithe, 1004 [in] villa Helpidi, 1014 Helpithi, 1088 in pago Helfethe, 1120 in Helpede usw.): unsicher, idg. *kel- 141, am ehesten wohl in einem GewN Helpe + idi (Freisleben 2007, 55–57; Walther 1971 [DS 26], 286 und 317; Udolph 1991, 126; Wolf 1957, 199 und 215; Wolf 1956a, 7 und 21; Wolf 1955, 298 und 308). Mücheln, HZV Nr. 175 und 252 ((845) 11. Jh. Muchilidi, (866–900) 11. Jh. Muchileburg, 1128 Muchele, 1144 Muchil, 1190 Muchele, Muchel, 1207 Mochele usw.): GewN germ. *Muhila aus idg. *(s)meug /k- ‘schlüpfrig’ +idi 142 (Walther 1971 [DS 26], 229, 286 und 318; Eichler /Walther SNB, 189; Udolph 1991, 108; Böhme 1909, 32 f.; Größler 1903, 103–105; Wolf 1957, 210 und 218; Wolf 1956a, 16 und 21; Wolf 1955, 305 und 309; genannt auch bei Wiesinger 2015, 197). ˘
140 Laut EWA, das als Stichwort pappula ansetzt, ist das Lexem in nachklassischer Zeit entlehnt worden und seit dem 9. Jahrhundert in zahlreichen Glossen zu finden (das Lemma liegt derzeit nur als Manuskript vor; für die Möglichkeit der Einsichtnahme danke ich PD Dr. Harald Bichlmeier sowie den Autorinnen des Lemmas Dr. Maria Kozianka und Laura Sturm auf das herzlichste). Die Einbeziehung in ein Toponym wäre damit chronologisch zwar möglich, da das Grundwort -idi aber ein höheres Alter voraussetzt und eine Produktivität noch in der Karolingerzeit unwahrscheinlich erscheint, dürfte der Ansatz vielleicht zu revidieren sein, was aber späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben muss. 141 Hinter diesem Ansatz können verschiedene Wurzeln stehen, vgl. LIV 322 f. und 348–350. 142 Wohl anders zu bewerten sind Micheln bei Köthen (Bily 1996, 267; Eichler SO 2, 183) und Mücheln bei Wettin (Richter 1962, 56; Eichler SO 2, 196). Bei beiden könnte neben der slavischen Herleitung und der in diesen Fällen unwahrscheinlicheren germanischen auch eine von dem hier behandelten Toponym ausgehende Namenübertragung bzw. toponymische Nachbenennung in Betracht kommen.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Kolumne 2 und 3 zugehörige Namen fehlen
Als einziger dieser drei Namen lässt sich Mönchpfiffel möglicherweise aus den frühen Sprachstufen des Deutschen erklären, was aber unsicher bleibt. Neben diesen eventuellen ‘Malvenort’ treten zwei Benennungen, die offenkundig in ältere Zeiten zurückreichen. Ob es sich hierbei um Gewässernamen handelt, nach denen später eine Siedlung benannt wurde, muss dahingestellt bleiben, der archaische Charakter dieser Toponyme ist aber offensichtlich. In arealer Hinsicht lassen diese wenigen Namen keine aussagekräftigen Schlüsse zu (Tafelteil, Abb. 8, S. 224). Die festzustellende Lage an kleineren oder größeren Fließgewässern ist nicht signifikant, weil es sich mit der Helme sowohl um einen größeren Fluss (bei Mönchpfiffel) als auch (bei Mücheln und Helfta) um die Quellbereiche kleinster Bäche handelt.
3.3.6 Weitere ältere Bildungen In den vorangegangenen Abschnitten zeigte sich bereits, dass nicht wenige Namentypen nur selten im Gebiet des HZV begegnen. Dies setzt sich mit weiteren Bildungsweisen fort, die hier zusammengefasst dargestellt werden 143. Die jeweils nur geringe Anzahl von Namen schränkt ihre Aussagekraft stark ein. Die ältere, semantisch gleichbedeutende Entsprechung des Grundwortes -bach (dazu Unterkap. 3.4.4) ist -aha ‘fließendes Wasser’. Dass es sich dabei um ein archaisches Namenelement handelt, ist unbestritten (Casemir 2003 [NOB 3], 376 f.; Debus /Schmitz 2004, 3488; Walther 1971 [DS 26], 148–150). Zumeist wird es an Appellativa angefügt; in Verbindung mit Personennamen ist von einer jüngeren Entstehung ab dem 5./6. Jahrhundert auszugehen (Debus /Schmitz 2004, 3486). Es liegt im Gebiet des HZV nur in zwei Toponymen vor: Gonna, HZV Nr. 224 ((845) 11. Jh. Cunnaha, 1274 (K.) in rivulo, qui Gunno nuncupatur, ca. 1350 Gunna, 1400 Gunna usw.): unklar, idg., GewN? + aha (Loga 2007, 42–44; Walther 1971 [DS 26], 255; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Wippra, HZV Nr. 233, 235 und 237 ((845) 11. Jh. Uuipparaha, 964 in Wippere, 979 in Uippera, 1110 de Wippere, 1135 Wippera usw.): GewN Wipp_r 144 + aha (Freisleben 2007, 141–143; Walther 1971 [DS 26], 234; Wolf 1957, 215; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 308).
143 Bei den Namen in diesem Abschnitt kam es in besonderer Weise darauf an, die Etyma nicht einfach aus der Literatur abzuschreiben, sondern entsprechend dem heutigen indogermanistischen und altgermanistischen Forschungsstand anzugeben. Hierbei bin ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale), für seine Unterstützung und für mancherlei Hinweise überaus dankbar, insbesondere hinsichtlich der Namen Wippra, Schraplau, Bedra, Zingst, Horn und Schmon. 144 Es dürfte dabei von einer Form germ. *ui¯b+ra/¯o bzw. ahd. Wipp(a)r¯a auszugehen sein. ˘
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Ein weiterer Name, Mechilacha (HZV Nr. 221), wäre „wohl“ von ahd. mihhil, asä. mikil ‘groß’ herzuleiten (Walther 1971 [DS 26], 257), ist aber geographisch nicht einzuordnen; eine Verbindung mit Emseloh ist abzulehnen (vgl. Abschnitt 1.6.2.A).
Eine sichere und eindeutige Erklärung weisen diese Namen nicht auf. Der HZV-Beleg für Wippra zeigt eindeutig das Grundwort aha, das den folgenden Belegen fehlt. Daher erscheint es angebracht, im Gegensatz zu bisherigen Zuordnungen (Freisleben 2007, 141–143; Walther 1971 [DS 26], 234 145) den Namen entsprechend zu klassifizieren, wovon unberührt bleibt, dass das Bestimmungswort eine mit dem Suffix -rgebildete Gewässerbezeichnung darstellt. Ein weiteres altes Basislexem ist -loh ‘Hain, Wäldchen, Wald’, das ursprünglich Waldnamen, also Anoikonyme bildet (Walther 1971 [DS 26], 143; Debus / Schmitz 2004, 3502 und Karte 222.11; Udolph 1994, 514; Casemir 2003, 460). Bei Siedlungsnamen mit diesem Grundwort dürfte es sich also um Transonymisierungen handeln. Das hohe Alter von Bildungen mit diesem Grundwort ist nicht unumstritten (Casemir 2003, 460 f.), wird aber verbreitet angenommen (Walther 1971 [DS 26], 143; Udolph 1994, 516). Schraplau, HZV Nr. 65 und 244 ((845) 11. Jh. Scrabanloch, (866–900) 11. Jh. Scrabenlebaburg, 979 Scroppenleuaburch, 1196 Scrappelo, 1320 Scropelow 146): ags. screpan, mhd. schreffen, mnd. schrappen ‘reißen, ritzen, kratzen’ 147 + loh (Walther 1971 [DS 26], 289 und 319; Eichler /Walther SNB, 250; Udolph 1994, 531; Wolf 1957, 201 und 217; Wolf 1956a, 10 und 20; Wolf 1955, 299 und 308). Emseloh (1300 Emtzeloe, 1332 Emptzlo, 1347 Emptelo, 1364 Emptilo, 1400 Emptzlo, 1420 Emptzlo, 1420 Emptilo, 1536 Embselho): evtl. mhd. a¯ mei e ‘Ameise’ 148 + loh (Loga 2007, 38 f.; Walther 1971 [DS 26], 289; Udolph 1994, 521).
Die beiden Namen sind also mit einiger Sicherheit zu erklären. Entsprechend ihrem Charakter als ursprüngliche Flurnamen ist davon auszugehen, dass sie als Siedlungsnamen in eine spätere Ausbauphase gehören. Von den zahlreichen germanischen Suffixen (vgl. dazu z. B. Udolph 1994 und die Auflistungen in den einzelnen Bänden des Niedersächsischen Ortsnamenbuchs) sind nur zwei im Gebiet des HZV nachzuweisen. Hierbei handelt es sich zum einen um -r- bzw. -¯are/-ere, das aus mehreren älteren Lexemen entstanden ist, also homonym mehrere ältere Elemente verkörpert (Walther 1971 [DS 26], 141 f.; Casemir 2003, 468–470; Udolph 1994, 162–164).
145 An beiden Stellen zu ahd. wipfan ‘schaukeln, hüpfen’, was aber grammatisch nicht möglich ist. 146 Weitere Belege bietet Allmann 1981 [leben], [38]: 1273 Schrapelo, 1303 Scrapleve, 1389 Schraplaw, 1470 Schrapla. 147 Das bei Walther 1971 [DS 26], 289 ebenfalls angegebene screb ‘Sperber’ kommt hier sicher nicht in Betracht. 148 Von den Lautverhältnissen her ist dieser Ansatz angesichts der Schriftbelege unwahrscheinlich, aber bislang ohne Alternative.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Bedra, (Brauns-), HZV Nr. 78 ((845) 11. Jh. Ubbedere, 991 Vuidri, 1021 Hubetheri, 1400 Bedere): unklar, evtl. aus slav. *bedro ‘Schenkel, Hüften’ oder idg. *bh(e)id- ‘spalten’ 149 (Walther 1971 [DS 26], 263; Udolph 1994, 170; Böhme 1909, 12; Größler 1903, 73; Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 300). ˘
Steigra, HZV Nr. 146 und 148 ((845) 11. Jh. Stegera, 1207 Steigere mons, 1226 Steigere, 1260 Steiger, 1320 Steygere, 1400 Steygere usw.): BergN, ahd. st¯ıgan ‘steigen’ 150 + _r (Walther 1971 [DS 26], 144 und 246; Böhme 1909, 53 f.; Größler 1903, 111 und 74; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304; Naumann 1922, 4, Anm. 2).
Die Erklärung des zuletzt genannten Namens bleibt zweideutig, und es wird bei beiden genannten Varianten nicht recht deutlich, welche Motivation den Anlass zur Benennung gegeben haben könnte. Dies gilt auch für Steigra, wo es sich wohl um die Transonymisierung eines Fluss- bzw. Bergnamens handelt. Zum anderen ist eine -stBildung zu verzeichnen: Zingst (1203 Cindest, 1206 Zindesti): germ. *Tindesta- aus idg. *dend hu- ‘Bergspitze, Zacken’ (in heutiger idg. Schreibweise *h1d-ént-), germ. *tenþ-, ahd. *zind, vgl. mhd. zint, zindes ‘Zacken, Zinke’ (Walther 1971 [DS 26], 236).
Daneben liegt noch ein weiterer, bisher nicht beachteter Name vor, der ebenfalls ein älteres Endelement enthält, so dass ein hohes Alter dieser Bildung unstrittig sein dürfte: Herchensola, Wg. (1246 Herchensale, 1249 in villa Herchensale, 1254 Herchensole, 1349 Herchensale, 1400 Heydekensol usw.): PN Herchan /Erkan + sole (vgl. Abschnitt 1.5; Neuß 1971, 127–129 (Nr. 95); Schmidt FlN 1935, 47; Schmidt 1913, 31–34; bei Größler /Meyer 1888 als Herchensal; zum Grundwort Casemir /Menzel /Ohainski 2011 [NOB 7], 243).
Überwiegend als alt kann auch eine Anzahl von Namen gelten, die ohne Grundwort oder Suffix gebildet wurden, jedoch oftmals mit -un den lokativischen Dativ Plural aufweisen. Horn, HZV Nr. 30, Wg. ((845) 11. Jh. Hornun): ahd., asä. horn (Gen. horwes) ‘Horn, Berg-, Landspitze’ + un (Dat. Pl.) 151 (Loga 2007, 61 f.; Udolph 1994, 324; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). jena, Groß- ((ad 1002) 1012/18 Geniun, (ad 1002) n. 1150 Gene, 1160 in Slauico Gene, 1197 in Sclauico Jêne, 1226 in Slavico Gene, (1271) 16. Jh. Windeschen Jhene, 1279, 1280 de Sclavico 149 Die in der genannten Literatur angegebene, IEW, 153 entnommene Wurzel mit der Bedeutung ‘binden, flechten’ ist äußerst schlecht bezeugt, hier vorzuziehen ist die oben aufgeführte, im LIV, 70 f. zu findende Wurzel. Die Herleitung dieses Namens bedarf weiterer Klärung. 150 Die Differenz zwischen /¯ı/ im Ansatz und 〈e〉 im frühesten Beleg (demgegenüber sich 〈ei〉 der folgenden Zeugnisse als, wenn auch frühe, Diphthongierung von /¯ı/ erklären ließe) ist schwer zu erklären und bedarf weiterer Überlegungen. Bei Braune /Reiffenstein 2004, 39, § 37 finden sich keine diesbezüglichen Aussagen. 151 Eine bei Loga 2007, 61 f. ebenfalls angegebene Herleitung von ahd. hor(o), asä. horu ‘Schlamm u. ä.’ ist grammatisch nicht möglich.
Ältere Bildungstypen
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Gene, 1350 Gene usw.): mhd. j¯an ‘Reihe, gerader Gang, Reihe gemähten Grases’ (im Weinbau) (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 75 und 170; Meier 2001, 40 f.; Walther 1971 [DS 26], 244; Hengst 2015; Bichlmeier, 2016b). Schmon, Nieder-/Ober-, HZV Nr. 135, 137 und 140 ((845) 11. Jh. Smean, 937 Smeon, 974 Smahon, 1194, 1205, 1315 Sman, 1327 Nederen-Sman und Overen-Sman, 1400 Smahn): evtl. ahd. sm¯ah¯ı ‘Niedrigkeit, Wenigkeit’ 152 (Walther 1971 [DS 26], 245; Böhme 1909, 48–50; Größler 1903, 89; Wolf 1957, 208; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304). Stedten, HZV Nr. 63 ((845) 11. Jh. Stedi, 1223 Henricus de Steden, 1243 Wernerus de Steden, 1254 (A.) in villa steden, 1268 (A.) in Steden, 1323 in Steden usw.): ahd. stati, asä. stad ‘Stätte, Ort’ (Freisleben 2007, 121 f.; Größler 1903, 77 f.; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 299). Wangen, Klein-, HZV Nr. 56 ((845) 11. Jh. Uuangun, 1120 in Wangen, 1176 Wangen, 1190 de Wange, 1194 de Wange, 1200 de Wangen, 1207 de Wangen): ahd., asä. wang ‘Feld, Wiese, Abhang, Krümmung’ (Meier 2001, 67; Walther 1971 [DS 26], 144 und 246; Größler 1903, 73; Böhme 1909, 57 f.; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299). Wenden, HZV Nr. 61 ((845) 11. Jh. Ziuuinidun): wohl ahd. ze winidun ‘bei den Wenden’, vgl. Abschnitt 1.6.1.A (Böhme 1909, 60; Größler 1903, 88 f.; dagegen: Wolf 1957, 201; Wolf 1955, 299; Wolf 1956a, 9; Wolf 1956b, 18). Winkel, HZV Nr. 27 ((845) 11. Jh. Uuinchilla, 991 Vuinkile, 1179 (K.) in villa Winckele, Winkele, 1189 (K.) in villa Winckele, 1324 ut dem Winkele, 1364 schepfen zu Winkele usw.): ahd. winkil, winchel, asä. winkil ‘Winkel’, in einem Winkel vor einem Waldgebiet (Loga 2007, 130 f.; Walther 1971 [DS 26], 247; Größler 1903, 73; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297).
Die bei Schmon von Größler und Böhme geschilderten Umstände der Namenbildung (es habe sich um verachtete Wenden gehandelt) sind wohl zu relativieren. Ob alle diese Namen einer hier maßgeblichen älteren Zeit angehören, ist zu bezweifeln, da simplizische Bildungen zu ganz verschiedener Zeit entstanden sein können (Casemir 2003, 481). Entsprechend werden auch nicht alle der oben stehenden Namen bei Walther 1971 [DS 26] aufgelistet. Winkel liegt an der Peripherie eines mehrheitlich durch Namen auf -stedt und -dorf gebildeten Areals entlang der Rohne; die Benennung wäre damit als Charakterisierung einer abgeschiedenen Lage zu deuten. Obwohl die dadurch gekennzeichneten Ausbauprozesse in eine jüngere Zeit fallen (Walther 1971 [DS 26], 145), ist der Ort schon im HZV belegt. Hinzu kommen in diesem Kontext einerseits das bislang nicht sicher erklärte Goseck (vgl. Abschnitt 1.6.1.C) und andererseits die beiden von der Bildung her als Slavica erscheinende Namen Milzau und Pretitz (vgl. in Abschnitt 2.3 Kolumne 1,
152 Vgl. Schützeichel 2006, 319. Sicher ist dieser Ansatz nicht, da zwar die Belege ab 974 für einen Dativ Plural vom angegebenen Substantiv sprechen, nicht jedoch vom Adjektiv ahd. sm¯ahi ‘klein, verächtlich’. Die beiden Erstbezeugungen kommen damit jedoch nicht überein. Der Name bedarf damit weiterer Überlegungen.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Gruppe 1.5). Sie alle sind weder aus dem Slavischen noch dem Deutschen bzw. Germanischen sicher zu erklären und reichen offenbar in voreinzelsprachliche Zeit zurück. Beide Herleitungen bedürften, insbesondere angesichts neuer etymologischer Ansätze für mitteldeutsche indogermanische Gewässernamen 153, einer genaueren Untersuchung im Detail. Ähnliches gilt für zwei andere, sich auf Gehölzarten beziehende Bildungen, die aber anders zu bewerten sind: Daspig (1341 Dazp; 1350 Dasp, in Daspen; 1351 zcu Dazp; 1378 Dasp, Dazpig; 1453 Daspk usw.): dat + asp ‘das Espengebüsch’, später suffigiert mit -aki /ik /ich (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 75 f. und 131 f.; Walther 1971 [DS 26], 324). Spergau (1012 in Spirga, 1042 in Spirega et alterum locum eodem nomine Spirega dictum in purcwardo Mersebvrc, 1066 villam quandam Spirige dictum, Sclavonice autem Kobolani nuncupatum in pago Mersibvrch, (1168) 18. Jh. de Zpirige, 1270 in Zbirge, 1309 Zspirge, 1313 in Sperge usw.): *Sper + ig- zu mhd. sperwe ‘Eberesche, Speierling’ (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 76 und 295).
Die Erklärungen beider Namen vermögen nicht recht zu befriedigen, so dass evtl. älteres Sprachgut zu vermuten ist, was aber weiterer Forschungen bedarf. Da es sich auch um ursprüngliche Flurnamen handeln könnte (aber nicht muss), wären diese Toponyme als Siedlungsnamen evtl. in eine jüngere Zeit einzuordnen. Beide liegen dicht an der Saale in einem von zahlreichen slavischen Namen beherrschten Areal; dies legt nahe, dass Daspig und Spergau siedlungsgeschichtlich anders einzuordnen sind als Namen auf -aha, -sola usw. Wie die vorangegangenen Ausführungen häufig von einer Uneindeutigkeit der Namenerklärungen geprägt waren, so ist auch die Übersicht (Tab. 3.5) nicht unproblematisch. Dennoch zeigt sich, dass nur einzelne der hier aufgezählten Bildungstypen außerhalb des HZV bleiben. Dies spricht zwar dafür, dass diese Quelle die ältere Besiedlung weitgehend erfasst, ist aber bei der geringen Zahl der jeweils vorliegenden Namen kaum signifikant. Bezüglich der Frage, ob diese als älter anzusehenden Namen in der Summe für eine schon früh besiedelte Region sprechen, ist in Rechnung zu stellen, dass eine ganze Reihe weiterer archaischer Bildungstypen hier gänzlich fehlt, wie z. B. die Grundwörter -ahi, -lar und -mar und Suffixe wie -tr-, -l- und -n- 154. Dies bestätigt den zu Beginn dieses Kapitels ausgeführten Eindruck, dass es sich bei dem vom HZV eingenommenen Areal nicht um ein ausgesprochenes Altsiedelgebiet handeln dürfte.
153 Für den mitteldeutschen Raum vgl. insbesondere (in Auswahl) Bichlmeier 2010; Bichlmeier 2012a; Bichlmeier 2012b; Bichlmeier 2013; Bichlmeier 2015; Bichlmeier 2016a; Bichlmeier / Blažek 2014; Bichlmeier /Blažek 2015; Bichlmeier/Opfermann 2011. 154 Umfänglich Literatur zu den nicht vorliegenden Bildungstypen zu geben, dürfte kaum angebracht sein. Zu den genannten Grundwörtern bzw. Suffixen vgl. Walther 1971 [DS 26], 139–141; Udolph 1994, 330–364; Debus /Schmitz 2004, 3486 und Karte 222.4; Casemir 2003, 449 f., 462, 464–466 und 491 f.
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Ältere Bildungstypen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
Kolumne
1
2
-aha
unklar, idg.? (Gonna)
nicht in DS 26 3
GewN Wipp_r (Wippra) -loh
ags. screpan usw. ‘reißen, ritzen’ (Schraplau)
-r
slav. *bedro ‘Schenkel’ oder idg. *bh(e)id- ‘spalten’ (Bedra)
evtl. mhd. a¯ mei e ‘Ameise’ (Emseloh)
˘
ahd. st¯ıgan ‘steigen’ (Steigra) -st-
germ. *tenþ‘Bergspitze, Zacken’ (Zingst)
-sola Simplizia
Wohl PN Herchan / Erkan (Herchensola) ahd., asä. horn ‘Horn u. ä.’ + un (Horn) evtl. ahd. sm¯ah¯ı ‘Niedrig-, Wenigkeit’ (Schmon)
mhd. j¯an ‘Reihe, gerader Gang usw.’ (Großjena)
ahd. stati, asä. stad ‘Stätte, Ort’ (Stedten) ahd., asä. wang ‘Feld, Wiese, Abhang, Krümmung’ (Wangen) wohl ahd. ze winidun ‘bei den Wenden’ (Wenden) ahd. winkil, winchel, asä. winkil ‘Winkel’ (Winkel) Sonstige
wohl idg. *Milis¯a (Milzau) evtl. ursl. *brid• ‘Grenze, Gesträuch’ oder vorslavisch (Pretitz)
evtl. dat + asp ‘das Espengebüsch’ (Daspig)
mhd. sperwe (Spergau)
Tab. 3.5: Die Basiselemente der weiteren älteren Namentypen
Die Namen streuen gleichmäßig über das HZV-Gebiet; es finden sich keine arealen Besonderheiten (Tafelteil, Abb. 9, S. 225). Sie ordnen sich vielmehr in die Areale der übrigen in diesem Abschnitt (3.3) dargestellten älteren Bildungen ein. Dass die Namen auf -loh einem „ersten Landesausbau“ zuzurechnen sind (Walther 1971
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Die deutschen Siedlungsnamen
[DS 26], 144), ist insbesondere für Schraplau nicht von der Hand zu weisen. Ansonsten ist jedoch zu berücksichtigen, dass, wie oben dargelegt, Simplizia in einigen Fällen auch jüngere Bildungen sein können, so dass die Aussagekraft der Kartierung beschränkt bleibt.
3.4 Jüngere Bildungstypen 3.4.1 Das Grundwort -dorf Immer wieder kommt es im Mansfelder Revier zu Erdfällen. Einmal „sackte nördlich von Eisleben die Straße nach Oberrißdorf weg. Sie liegt genau auf zwei Spaltenzonen – der Oberrißdorfer und der Unterrißdorfer Senke. Risse im Erdreich bei Oberund Unterrißdorf: Nomen est omen.“ 155 Diese launige Volksetymologie aus journalistischer Feder hat mit den wissenschaftlichen etymologischen Bemühungen nicht viel zu tun (zu Rißdorf siehe weiter unten in diesem Abschnitt) und mag auch in keinem rechten Zusammenhang stehen mit der Thematik der vorliegenden Untersuchung. An der Nahtstelle zwischen den älteren und jüngeren Bildungstypen vermag sie aber vielleicht einen kleinen Akzent zu setzen, bevor im Folgenden die Materialfülle auszubreiten ist. Nicht nur im Hersfelder Zehntverzeichnis bilden Komposita auf -dorf den mit Abstand häufigsten Namentyp (allgemein und zur Etymologie Walther 1971 [DS 26], 165–167; Udolph 1994, 445–451; Casemir 2003, 396–398; Debus /Schmitz 2004, 3491 f.). Auch wenn ein Teil dieser Namen aus vorfränkischer Zeit stammen kann (Udolph 1994, 446 f.), werden sie doch überwiegend in das Hochmittelalter eingeordnet: „Die Masse dieser -dorf -Siedlungen entstand in wesentlich späterer Zeit (10.–13. Jh.)“ (Walther 1971 [DS 26], 167). Im Kontext des Landesausbaus östlich der Saale erscheint das durchaus plausibel, westlich des Flusses ist jedoch mit den Toponymen des HZV die Hälfte aller Namen auf -dorf schon für das 9. Jahrhundert belegt; hier mit dorpf in einer frühalthochdeutschen Form (Schröder 1897, 7). In Bezug auf die relative Chronologie ist der folgenden, für das Nordharzgebiet getroffenen Feststellung auch im HZV-Gebiet durchaus zu folgen: „Mit Gewissheit sind die Orte der Namensfamilien der GW-dorf (ausgenommen solche mit den BW „Nein“-/„Nien“-!) und -beck in ihrer Zeitstellung früher als die -rode, aber jünger als die -heim und somit ähnlich den -hausen-Orten“ (Meibeier 2006, 58). Ebenso wie die jüngeren slavischen Bildungstypen im HZV schon in einer sehr frühen Zeit ausgesprochen produktiv erscheinen, liegt mit den Namen auf -dorf und den anderen im Folgenden noch aufgeführten Grundwörtern ein Namenbestand vor, den man gemeinhin erst in eine spätere Zeit einordnen würde: 155 Baden in der Katastrophe, Mitteldeutsche Zeitung vom 19. 9. 2012, http://www.mz-web.de/servlet/ ContentServer?pagename=ksta/page&atype=Page&aid=987490165154&openMenu=987490165154 (19. 9. 2012).
Jüngere Bildungstypen
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Kolumne 1: Amsdorf, HZV Nr. 67 ((845) 11. Jh. Amalungsdorpf, 948 Amalungesdorpf /Amulungesdorf, 1181 (A. 18. Jh.) in Amelungesdorf, 1183 in Amalungesdorf, 1209 in Amelunckestorp, 1400 Ambgesdorf in sede Rebenunge, 1480 (A.) Amstorf usw.): PN Amalung + dorf (Freisleben 2007, 14– 16; Walther 1971 [DS 26], 300; Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1955, 300). Asendorf, HZV Nr. 88 ((845) 11. Jh. Asendorf, 961 Asundorf ): PN Aso + dorf (Walther 1971 [DS 26], 300; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301). Atzendorf, HZV Nr. 203 ((845) 11. Jh. Azendorpf, 1146 Azentorph): PN Azzo + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Wolf 1957, 212; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 306). Benndorf, HZV Nr. 191, 193 und 196 ((845) 11. Jh. Bebendorph): PN Bebo + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 306) 156. Bie(de)ndorf, HZV Nr. 190, Wg. ((845) 11. Jh. Edendorph): evtl. PN Adi /Edi 157 + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1955, 306; Wolf 1956b, 20). Bischofrode, HZV Nr. 35 ((845) 11. Jh. Bisgofesdorpf, 964 Biscopesthorp, 1250 Bischoprode, 1400 Bischoperode, 1436 Lwdman Pischoprod usw.): ahd. biscof, asä. biscop + dorf (Freisleben 2007, 26 f.; Walther 1971 [DS 26], 79 und 301; Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 297). Blossendorf, HZV Nr. 149, Wg. ((845) 11. Jh. Zliusendorpf ): evtl. zum aso. PN *Sluš (vgl. Schlimpert DS 32, 128); diese Erklärung käme gegenüber derjenigen bei Größler 1903, 96 (aus PN Gliza) ohne Annahme einer Verschreibung (Zl für Gl) aus, vgl. Abschnitt 1.6.1.B. Zum Namen weiterhin Böhme 1909, 70; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 15; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 304). Bösseling, HZV Nr. 206, Wg. ((845) 11. Jh. Bizimendorpf, 1320/21 Beseme, Bysme, 1332 Bezeme usw.): aso. PN *Be(z)+zema + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301 und 325; Wolf 1957, 213; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 306 f.). Bottendorf, HZV Nr. 73 ((845) 11. Jh. Budilendorpf, 1120 Putelendorp, 1248 Pudilndorff 158, 1293 Potelendorp, 1400 Pottelndorp, 1473 Bottendorf ): PN Bodo /ilo oder slav. Budił + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Böhme 1909, 13; Größler 1903, 90; Wolf 1957, 202; Wolf 1956a, 10; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 300). Braunsdorf, HZV Nr. 185 ((845) 11. Jh. Brunesdorpf, 1160 Brunistorff in pago Hassago, 1273 Brunestorf, 1291 Brunstorf, 1297 Brunsdorf 159, 1300 Brunstorff, 1400 Brunsdorf ): PN Brun + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Böhme 1909, 13 f.; Größler 1903, 90; Wolf 1957, 211; Wolf 1956a, 17; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 306). 156 Das bei Größler 1903, 94 genannte Benndorf ist ein anderer, nicht im Gebiet des HZV gelegener Ort. 157 Im Hinblick auf die heutige Form wird bei Walther 1971 [DS 26], 301 noch der Personenname Beda angegeben, der aber mit dem HZV-Beleg nicht übereinkommt. 158 Böhme 1909, 13 führt diesen Beleg (entgegen Größler) als 1248 Pudilendorff auf und nennt außerdem noch 1308 Potilndorf. Eine Verifizierung ist in beiden Fällen ohne Quellenangabe nicht möglich. 159 Bei Wolf 1956b, 20 in abweichender Schreibung 1273 Brunestorff, 1297 Brunsdorph.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Braunsdorf, HZV Nr. 132, Wg. HMTB 2679.E: ((845) 11. Jh. Brunesdorpf ): PN Brun + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 17; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 303). Dörstewitz, HZV Nr. 133, Wg. ((845) 11. Jh. Thidirichesdorpf ): PN Diotr¯ıch + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Wolf 1957, 207; Wolf 1956a, 14; Wolf 1955, 303; zur Zuordnung vgl. Abschnitt 1.6.1.A). Eilwersdorf/Eilwartsdorf, HZV Nr. 100, Wg. ((845) 11. Jh. Engiluuardesdorpf, 1141 Eigelwartesdorf, 1144/45 Eliwardesdorf, Eilwardesdorf, 1147 Eilwardestorp, 1191 Eilwardsdorp, 1220 Eylwardestorp, 1327 Eylwardesdorff, 1363 Eilwersdorp, 1365 Eylberstorff ): PN A(n)gilward + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Böhme 1909, 71; Größler 1903, 95 f.; Wolf 1957, 205; Wolf 1956a, 12 f.; Wolf 1955, 301 f.). Eindorf [Dörfling] , HZV Nr. 45, Wg. ((845) 11. Jh. Eindorpf ): PN Haio + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 298). Einsdorf, HZV Nr. 25 ((845) 11. Jh. Einesdorpf, 1154 (Or.) Einestorp, 1238 Enistorp, 1254 Enestorp, 1272 (K.) Elmesdorff [sic!], 1314 Einsdorf, 1364 Einsdorf usw.): PN Eino o. ä. 160 + dorf (Loga 2007, 34–36; Walther 1971 [DS 26], 302; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). Eßmannsdorf, HZV Nr. 49 ((845) 11. Jh. Hessimesdorpf, 1386 Esmerstorph, 1400 Esmersdorp, 1496 und 1526 Esmesdorf ): PN As(k)im¯ar o. ä. + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Böhme 1909, 20; Größler 1903, 91; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8; Wolf 1955, 298). Etzdorf, HZV Nr. 89 ((845) 11. Jh. Erhardesdorpf ): PN Erhard o. ä. + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Neuß 1971, 91 f.; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301). Friesdorf, HZV Nr. 234 ((845) 11. Jh. Fridurichesdorpf, 1400 Friessdorf, 1430 Friessdorf ): PN Fridur¯ıch + dorf (Freisleben 2007, 40 f.; Walther 1971 [DS 26], 303; Wolf 1957, 215; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 308). Gottsdorf (Teutschenthal), HZV Nr. 213, Wg. 2604.P ((845) 11. Jh. Codimesdorpf, 1347 Gitistorp, Gotistorf ): aso. PN *Chotim + dorf (Eichler HZV, 154; Walther 1971 [DS 26], 303; Neuß 1971, 446; Wolf 1957, 213; Wolf 1956a, 18; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 307). Grabsdorf, HZV Nr. 15, Wg. ((845) 11. Jh. Grabanesdorpf, 1120 Chravernstorb, 1136 Krauenestorp, 1144 Gravesdorff, 1179 Kravenestorp, 1266 Gravensdorff, 1378 Gravensdorff ): PN Hraban (evtl. slavisiert) oder aso. PN *Graban + dorf (Loga 2007, 44 f.; Walther 1971 [DS 26], 303; Schmidt 1913, 73 f.; Schmidt FlN 1935, 29; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Grillenberg, HZV Nr. 227 ((845) 11. Jh. Coriledorpf, 1243 Grellenberge, 1286 Grellenberg, 1293 Gerleberch, 1362 Grellenberg, (1375) Grellenberg, 1382 Grellinberg, 1394 Grellenbergk): PN Chorˇel(a) + dorf, sekundär an mhd. grel, grelle ‘Dorn, Gabel’ angeglichen, Suffixwechsel von späterem Burgenbau motiviert (Loga 2007, 45 f.; Walther 1971 [DS 26], 303; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). 160 Der in der oben genannten Literatur angegebene Personenname Agin kommt hier nicht in Betracht, weil er nicht so frühzeitig kontrahiert worden wäre. Für den Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). Zu Eino usw., angesichts der frühen Bezeugung hier nicht entstanden aus Agino, vgl. Förstemann PN, 37 und 49; Kaufmann 1968, 23 und 26.
Jüngere Bildungstypen
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Heygendorf, HZV Nr. 47 ((845) 11. Jh. Heiendorpf ), 1332 Heygendorf ): PN Haio + dorf (Walther 1971 [DS 26], 303; Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8; Wolf 1955, 298; Wolf 1956b, 18). Kessendorf/Kössendorf, HZV Nr. 154, Wg. ((845) 11. Jh. Cozimendorpf, 876 Kessmentorph, Kessmesdorf ): aso. PN *Chocim + dorf (Walther 1971 [DS 26], 303; Böhme 1909, 71; Größler 1903, 97; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 16; Wolf 1955, 304). Klosternaundorf, HZV Nr. 31 ((845) 11. Jh. Nigendorpf, 1252 Niendorp, 1254 Nigendorp, 1283 (K.) Niendorp, 1283 Nigendorp, 1286 Nigendorp, 1286 Nuwendorp, 1291 (K.) Nuendorp, 1302 Nyendorph usw.): ahd. niuwi, asä. niuwi, n¯ıgi ‘neu’ + dorf (Loga 2007, 83 f.; Walther 1971 [DS 26], 304; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). Körbisdorf, HZV Nr. 202 (evtl. (845) 11. Jh. Gramannesdorpf, 1291 Corwanstorff ): aso. PN *Chorvan (Walther 1971 [DS 26], 325; Wolf 1957, 212; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 306; vgl. Abschnitt 1.6.1.A). Liedersdorf, HZV Nr. 20 ((845) 11. Jh. Liudoluesdorpf, Vuicholdesdorpf, 991 Viubodesdorf, 1217 Heuerardus de Ludelfestorpt, 1255 Ludolvesdorp, 1256 Ludolvesdorp, 1314 Ludersdorf, 1400 Wyppelsdorp alias dicitur Ludestorp in banno Coldenborn, 1405 Ludesdorf, 1419 (K.) Luderszdorf usw.): PN Liudwolf o. ä. + dorf (Loga 2007, 75 f.; Walther 1971 [DS 26], 304; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Lipsdorf/Liebsdorf, HZV Nr. 41, Wg. HMTB 2603.D und E ((845) 11. Jh. Leobedagesdorpf, 1120 Liefdagesdorp, 1136 Liezdegestorp, 1146 Lifdagesdorf, vor 1147 Lifdagesdorf, 1144 Lieftdegersdorf, 1179 Liefdegestorp): PN Leobdag + dorf (Walther 1971 [DS 26], 303; Neuß 1971, 201 f. (Nr. 156); Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 298). Lobesdorf, HZV Nr. 16 und 271, Wg. ((845) 11. Jh. Lioboluesdorpf, 991 Leobolvesdorf, 1262 Lupperßdorf ): PN Liobwolf + dorf (Loga 2007, 76 f.; Walther 1971 [DS 26], 304; Schmidt 1913, 74 f.; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Ludendorf, HZV Nr. 171, Wg. HMTB 2678.CI ((845) 11. Jh. Liudimendorpf ): aso. PN *L’utim_ + dorf (Eichler HZV, 155; Größler 1903, 97; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1955, 305). Lüttchendorf, HZV Nr. 39 ((845) 11. Jh. Luzilendorpf, 1120 in Luttekendorp, 1136 in Luttekenthorp, 1179 (A.) in Lutekentorp, 1311 Lutkendorp, 1362 Luckendorf, 1521–24 Luttichendorf usw.): ahd. luzzil, liuzil, asä. luttil ‘klein’ 161 + dorf (Freisleben 2007, 75 f.; Walther, DS 26, 304; Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 298). Meinersdorf, HZV Nr. 53, Wg. ((845) 11. Jh. Meginrichesdorpf, 980 Meginrichesdorf marca in pago Hassegowe . . . , 1252 Meiurisdorff, 1264 Meinrichesdorp iuxta Unstrut, 1293 Meinristorb, 1400 Meynerstorff, 1468 Menrich(s)dorff ): PN Meginrich + dorf (Walther 1971 [DS 26], 304; Meier 2001, 49; Böhme 1909, 71; Größler 1903, 97; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299).
161 Der HZV-Beleg ist ahd., was mit dem Charakter dieser Quelle konform geht, die folgenden Belege zeigen hingegen einen dem dialektgeographischen Umfeld des Ortes entsprechenden ndt. Sprachstand, der sich kontinuierlich zum Ostmitteldeutschen hin wandelt.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Nahlendorf, HZV Nr. 176 ((845) 11. Jh. Nannendorpf ): PN Nanno /Nando + dorf (Walther 1971 [DS 26], 304; Böhme 1909, 34; Größler 1903, 92; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1955, 305). Neckendorf, HZV Nr. 37, Wg. 2677.G ((845) 11. Jh. Dachendorpf, 1539 Neckendorf, 1571 Neckendorf ): PN Nacho/*Nakko + dorf (Freisleben 2007, 83; Walther 1971 [DS 26], 304; Böhme 1909, 71; Größler 1903, 97 f.; Neuß 1971, 241–243 (Nr. 186); Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 298). Obersdorf, HZV Nr. 226 ((845) 11. Jh. Tharabesdorpf, 1400 Doberstorff, 1454 Doberstorf, Dobirstorf ): unsicher, evtl. aso. PN *Dobr(a) o. ä. + dorf (Loga 2007, 87 f.; Walther 1971 [DS 26], 304; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Ockendorf, HZV Nr. 204 ((845) 11. Jh. Hachendorpf, (um 1048) 12. Jh. Ockendorff, 1146 Hoykyntorph, 1167 Hoykendorf, 1355 de Vkkendorf usw.): PN Ha /ok(k)o + dorf (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 237; Wolf 1957, 212; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 306). Ohmendorf, HZV Nr. 80, Wg. HMTB 2678.C ((845) 11. Jh. Theommendorpf ): PN Deomo / Diemo + dorf (Walther 1971 [DS 26], 302; Größler 1903, 98; Wenskus 1986b, 216; Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301). Peutnitz, HZV Nr. 51, Wg. ((845) 11. Jh. Budinendorpf, 1182 villa putenize, 1453 Valentin Pötenicz, 1462 gein Potenitz, 1467 Potenitz, 1472 zcu Peutnitz, Potenitz, 1532 Potenitz): aso. *Bud_ n + dorf als parallele deutsche Bildung zum slavischen Toponym Peutnitz (vgl. Kap. 2.3; Eichler SO 3, 66 f.; Richter 1962 [DS 15], 92; Neuß 1971, 521; Neuß 1969, 226–228 (Nr. 140); Wolf 1957, 200; Wolf 1956a, 8 f.; Wolf 1955, 299). Reinsdorf, HZV Nr. 143 (Anf. 9. Jh. Reginhardesdorf, (845) 11. Jh. Reginheresdorpf, 991 Reginheresdorf, 1255 Reinsdorf ): PN Reginher + dorf (Meier 2001, 58; Böhme 1909, 43; Größler 1903, 93; Wolf 1957, 208; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304). Rißdorf, (Unter-), HZV Nr. 77 ((845) 11. Jh. Risdorpf, 1121 Risdorph, 1195 Ristorp, 1268 in Risdorp, 1272 Bernhardus plebanus in Richardstorph, 1305 Everhardus plebanus in Rychardestorp, 1320 Ristorph, 1324 in Ribestorp, 1333 (A. 15. Jh.) Ecbertus plebanus in Rychardestorff, 1383 Rystorff, 1397 Rissdorf vf dem Berge usw.) 162: mhd. rise ‘Abhang, Wasserrinne’ + dorf, vgl. Abschnitt 1.6.1.A (Freisleben 2007, 88–90; Wolf 1957 5, 202 f.; Wolf 1956a, 11;). Rollsdorf, HZV Nr. 85 ((845) 11. Jh. Ruodoldesdorpf, 1120 in Roldesthorp 163, 1136 in Roldesthorp, 1179 (A.) in Roldestorp, 1299 in villa Rolsdorf, 1299 Rolsdorff usw.): PN (H)ruodold + dorf (Freisleben 2007, 106 f.; Walther 1971 [DS 26], 305; Neuß 1971, 308 (Nr. 240); Wolf 1957, 203; Wolf 1956a, 11; Wolf 1955, 301). Tönicken/Theinicken, HZV Nr. 81: ((845) 11. Jh. Donichendorpf ): PN *Donik (wohl aus Donatus oder Donizo (aus Dionysius) + dorf (vgl. Schlimpert DS 32, 44; Förstemann PN, 418).
162 Hierzu auch das nahegelegene Oberrißdorf ; da von einem gemeinsamen Ursprung beider Orte mit nachträglicher onymischer Differenzierung auszugehen ist, sind hier für die Betrachtung der frühmittelalterlichen onymischen Verhältnisse beide Orte zusammenzufassen. 163 Bei Walther 1971 [DS 26], 305: 1120 Roldestorp.
Jüngere Bildungstypen
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Welzdorf, HZV Nr. 152, Wg. HMTB 2678.I ((845) 11. Jh. Willichendorpf ): PN Williko 164 + dorf (Walther 1971 [DS 26], 306; Größler 1903, 99; Wolf 1957, 209; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304). Wettelrode, HZV Nr. 219 ((845) 11. Jh. Vuidilendorpf, 991 Uuidelenrot, 1347 Wedelrode, 1400 Wettelderode, 1400 Wiettelrode): PN W/Vidilo + dorf (Loga 2007, 127 f. 165; Walther 1971 [DS 26], 306; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 307). Winddorf, HZV Nr. 23, Wg. ((845) 11. Jh. Uuinidodorpf, 1314 Wenthdorf ): App./PN Winid ‘Wende’ + dorf (Walther 1971 [DS 26], 306; Größler 1903, 99; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 297). Ziegendorf, HZV Nr. 174, Wg. ((845) 11. Jh. Ichendorph): PN Icho + dorf (Walther 1971 [DS 26], 306; Böhme 1909, 72; Größler 1903, 99; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 305). Zütschdorf, HZV Nr. 173 ((845) 11. Jh. Zibuchesdorpf, 1470 Zuzschdorf ): aso. PN *Sbu /ych + dorf (Walther 1971 [DS 26], 306; Böhme 1909, 67; Größler 1903, 94; Wolf 1957, 210; Wolf 1956a, 16; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 305).
Kolumne 2: Almsdorf (1206 Almarstorf, 1232 Almarisdorf, 1302 Almarisdorf, Almeristorff, um 1320 Almarstorf, 1374 Almerstorff, 1411 Almisdorff ): PN Alam¯ar o. ä. + dorf (Walther 1971 [DS 26], 300; Böhme 1909, 9; Größler 1903, 90). Benkendorf (979 Panicanthorp, 1120/1179 Paneckendorp): PN Banniko (< Bandeko) + dorf (Walther 1971 [DS 26], 301; Neuß 1971, 130; Wolf 1956b, 19). Dorndorf (1137 Dorendorf 166, 1190 de Tundorf, 1194 de Tundorf, 1195 de Tundorph, 1271 Dorindroph, 1350 Dorndorf ): ahd. thorn ‘Dorngebüsch’+ dorf (Meier 2001, 25; Böhme 1909, 17; Größler 1903, 91). Gniebendorf (um 1300 Gniwendorf, 1329 Gniwindorph, 1336 Gniwendorph, 1378 Gnywendorf, Gnywindorff, 1458 Gnywendorff, 1501 Gnybendorff usw.): aso. PN *Gnˇev(a) + dorf (Eichler / Walther 1984 [DS 35], 148; Walther 1971 [DS 26], 325). Gräfendorf, Groß (vor 1088 Grevendorp): ahd. gr¯afio ‘Graf’ + dorf (Walther 1971 [DS 26], 303).
164 Ein bei Walther 1971 [DS 26], 306 außerdem noch angegebener aso. PN *Vil’k dürfte aus lautlichen Gründen unwahrscheinlicher sein. 165 Das Grundwort im HZV-Beleg steht gegenüber der gesamten späteren Überlieferung isoliert. Ob damit wirklich ein Wechsel im Endelement erfolgt ist, kann durchaus bezweifelt werden. Da es in dieser Untersuchung aber gerade um die Zeit des HZV geht, ist aus strukturellen Gründen der Name dennoch unter den Bildungen auf -dorf einzuordnen. 166 Nach Größler 1903, 91 ist der Lagebezug dieses Belegs fraglich.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Lützkendorf (1135 Liuzichendorf, 1283 Luzchendorf, 1486 Lutzgendorf ): PN Liuziko + dorf (Walther 1971 [DS 26], 304; Böhme 1909, 31 f.; Größler 1903, 92). Melmsdorf, Wg. (1193 Melmerisdorf, 1206 Malmarestorp, 1292 Melmerstorf, 1335 Melmestorp, 1348 Malmarestorf, 1477 Melmesdorff, 1481 Malmesdorff ): aso. PN *Małomˇer + dorf (Walther 1971 [DS 26], 304 und 325; Neuß 1971, 218–220 (Nr. 170) und 446). Passendorf: (1091 Bascendorff, 1228 Pascendorf ): PN Bazeko 167 + dorf (Walther 1971 [DS 26], 305 und 325). Petzkendorf (1121 Bizekendorf 168): evtl. aso. PN *Bezek 169 (Böhme 1909, 40; Größler 1903, 92). Posendorf (1256 Hermannus de Busendorf; 1378 Bosyndorf, Posindorff, 1458 Bosindorff, 1501 Bosendorff, 1532 Bossendorff usw.): PN B¯oso + dorf (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 252). Rachsdorf/Racksdorf, Wg. HMTB 2604.C (1120 Roveckesthorp 170, 1136 Rovekestorp, 1144 Roueckesdorff, 1179 Rovekestorp, 1219 Rockesdorf 171): wohl aso. PN *Rovek + dorf (vgl. Abschnitt 1.6.2.A; Walther 1971 [DS 26], 305 und 325; Neuß 1971, 280 f. (Nr. 214)). Rathmannsdorf, Wg. (1040 Radauuassendorf ): aso. PN *Radovac + dorf (Walther 1971 [DS 26], 305 und 325). Rattmannsdorf (1174 Ratmarsthorp): aso. PN *Radomˇer oder dt. PN R¯atm¯ar + dorf (Walther 1971 [DS 26], 305 und 325). Schwachsdorf/Schwötschdorf (1342 Schwabsdorf, 1383 Swastorp, 1447 Swachdorff, 1456 in Swachdorff, 1467 Swacksdorff, 1472 Swach(s)dorff, 1532 Schwachstorff ): evtl. aso. PN *Svoch 172 + dorf (Richter 1962 [DS 15], 96; Schultheis 1967, 161; Walther 1971 [DS 26], 325; Neuß 1971, 521; Neuß 1969, 293–295 (Nr. 173)). Wippelsdorf, Wg. (1322 und 1332 Wypoldesdorff, 1400 Wyppelsdorf alias Ludestorp in banno Coldenborn): PN W¯ı(g)bald + dorf (Loga 2007, 131 f.; Walther 1971 [DS 26], 306; Schmidt 1913, 75 f.; Wolf 1957, 200; Wolf 1955, 298).
167 Vgl. zu diesem unklaren Namen Abschnitt 1.6.2. 168 So die Schreibung bei Größler 1903, 92. Böhme 1909, 40 führt demgegenüber – mit Fragezeichen versehen – 1121 Bizkindorf an. 169 Walther 1971 [DS 26], 305 geht demgegenüber von einem Zusammenhang mit HZV Nr. 79 und 189 Azechendorpf aus, was aber in Abschnitt 1.6.2 in Abrede gestellt wurde. 170 Nach Neuß 1971, 280 f. (Nr. 214) 1120 Rovekesthorp. 171 Nach Neuß 1971, 280 f. (Nr. 214) 1218 Rockesdorf. 172 Der Erstbeleg würde für eine Herleitung vom Personennamen Schwab(e) sprechen (vgl. Zoder 1968, 2, 576), der offenbar auch stark dekliniert werden konnte (mit -s im Genitiv), vgl. Kaufmann 1968, 333. In diesem Falle wäre aber zu erwarten, dass die Lautung dieser sehr durchsichtigen Bildung stabiler bleiben würde, als es die Belege zeigen. Daher ist eher von einer einmaligen sekundären semantischen Eindeutung von Schwab auszugehen, die sich nicht durchsetzen konnte.
Jüngere Bildungstypen
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Zaasdorf, Wg. (1004 Zebedesdorf ): aso. PN *Se(bˇe)bud o. ä. 173 + dorf (Walther 1971 [DS 26], 325; Größler 1903, 99).
Kolumne 3: Angersdorf (1121 Danchmarsdorf, 1182 Dancmaristorp, 1244 Danckesdorp, 1416 Angstorff ): PN Thancmar + dorf (vgl. Wolf 1956b, 19; Wolf 1955, 301). Calzendorf/Kalzendorf (1142, 1203 villula Calcendorf in silvestribus locis, 1307 Calcendorf, 1402 Kaltzindorff ): PN Gelico- o. ä.? + dorf (Größler 1903, 90; Böhme 1909, 14). Dippelsdorf, Wg. HMTB 2529.Q (1473 Dippolstorf, 1484 Dyppelstorf usw.): PN Diebold o. ä. (< Theudobald) + dorf (vgl. Schmidt 1913, 55–57). Eisdorf (1121 Hisdorph, 1385 Eyßdorff ): PN Isi + dorf, vgl. Abschnitt 1.6.1.A (Walther 1971 [DS 26], 302; Wenskus 1986b, 216; Wolf 1957, 202 f.; Wolf 1955, 300; Wolf 1956b, 19). Eriksdorf, Wg. (1182 Erikistorp, 1388 Erigisdorff, 1400 Irkstorp, 1438 Irxstorff, 1455 Irxdorff, 1470 Erich(s)dorff ): PN Eric, Erik + dorf (Richter 1962 [DS 15], 85; Schultheis 1967, 155; Neuß 1969, 49–51 (Nr. 38)). Fährendorf (1320/21 in Verendorph, 1336 Verendorp, 1350 in campis Verendorf, 1378 Verndorf, 1428 Ferendorff, 1545 Ferendorff ): mhd. ver(e) ‘Fähre’ + dorf (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 142). Göhrendorf (1147 und später Gerendorp, Gerenthorp, Gerendorff, Gherendorp, Gerrendorp, 1519 Jerendorf, Gerendorff ): PN Gero + dorf (Böhme 1909, 23; Größler 1903, 91). Gräfendorf (1087 Grevendorp (unsichere Lesung), 1203 opidum Grevindorff ): mhd. gr¯eve ‘Graf’ + dorf (Böhme 1909, 26; Größler 1903, 91). Gräfendorf, Wg. 2679.H (1162, 1167 Gerwardesdorf, 1274 Greuendorph, 1289 villa Greuendorf, 1295 Greuendorph, 1330 Gherwerdestorp usw.): mhd. gr¯eve ‘Graf’ + dorf (Eichler / Walther 1984 [DS 35], 156; Wolf 1956b, 20). Jüdendorf (1142 Judendorf, 1203 Judindorf villula in silvestribus locis, 1206 Judendorf, 1208 Judendorf, 1270 und später Jodendorp, Jodendorff 174, 1291 Judendorp): PN Judo + dorf (Böhme 1909, 28; Größler 1903, 92). Karsdorf (1166 Karlesdorf, 1209 curtis Karlestorp, 1271 Karlesdorff, 1280 Carlesdorff, 1326 castrum Karlstorp, 1331 Kastrum Karstorff, 1400 Karlstorff ): PN Karl 175 + dorf (Meier 2001, 25; Größler 1903, 90 f.; Böhme 1909, 14). 173 Die hier in Frage kommenden Erstglieder Se-, Sebˇe- und evtl. auch Vše- sind in dithematischen slavischen Personennamen bezeugt; die systemisch durchaus mögliche Kombination mit -bud jedoch nicht, vgl. Svoboda 1964, 84 f. und 92 f. 174 Der Ortsbezug praktisch aller dieser Belege ist nach Größler 1903, 92 unsicher, in Betracht käme auch Judendorf bei Halle. 175 Ob die Benennung tatsächlich „zu Ehren eines fränkischen Herrschers dieses Namens“ erfolgte, wie Größler 1903, 90 f. meint, bleibt Spekulation.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Kirchdorf (1282 Kirichdorf; 1348 Kirichdorf, 1378 Kirchdorf, 1428 Kerchdorff, 1545 Kirchdorff ): mhd. kirche, kiriche ‘Kirche’ + dorf (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 179 f.). Nemsdorf (1120 Namelickesdorp, 1147 Nemelikesdorp, 1179 Nemelikestorp, 1329 Namlingestorp, 1340 Namelingestorp, 1351 Nemelingestorp, 1364 Nemennyghestorp, 1387 Nemlingstorff, 1400 Namlingesdorph, 1492 Nemsdorf ): PN Namelo 176 + dorf (Böhme 1909, 35; Größler 1903, 92). Naundorf, w. Frankleben, im Geiseltal (1012 [villam] quae vocatur nova): zu mhd. niuwe ‘neu’ + dorf (Hengst 2016, 51; Rudolph /Cottin 2015, 125–127). Pinsdorf, Wg. (1057 Bunesdorf, 1109 Bunisdorf, 1206 Bunstorf, 1319 Bunstorph, 1331 Bunstorff, 1400 Bunstorff ): slav. PN *Bun + dorf, vgl. Abschnitt 1.6.2.B (Größler 1903, 98; zum PN Eichler SO 1, 39; Svoboda 1964, 33). Schalkendorf (1208, 1362 Schalkendorf ): ahd. scalk ‘Knecht’ + dorf (Größler 1903, 93 177). Wengelsdorf ((1311) um 1430 Wendeleresdorp, 1320/21 Wendelersdorph, (1325) um 1430 Wendelstorp, 1350 in Wendlers-, Wendelers, Wendilsdorf, -torf usw.): PN Wendelher(i) + dorf (Eichler /Walther 1984 [DS 35], 324). Wernsdorf (1363 Wernstorff ): PN Wernher (< Warinhari) + dorf (Böhme 1909, 61; Größler 1903, 94).
Bei dieser umfangreichen Namengruppe ist die Zahl der schwer einzuordnenden unsicheren Einzelfälle naturgemäß umfangreicher. Eine Reihe von weiteren Namen findet sich auf den Historischen Messtischblättern: Bischdorf , Frohndorf , Schadendorf , Reinsdorf (alle auf HMTB 2679), Glesendorf (HMTB 2748.H) und Sachsendorf nö. Burgwerben (HMTB 2749). Da keine schriftlichen Belege vorliegen, ist eine der oben genannten notwendigen Voraussetzungen für die Einbeziehung in diese Untersuchung nicht erfüllt. Dies gilt auch für einige Namen im unmittelbaren Umfeld von Merseburg, die in ihrer Struktur auf ein programmatisches, auf Herrschaft ausgerichtetes Namenfeld hindeuten 178: Hier liegen neben dem unter Kolumne C genannten Gräfendorf (H) dicht beieinander Gerwartesdorf (HMTB 2679.B), Kirstansdorf (C), Braunsdorf (E), Hohendorf (W) und zusätzlich Rode (A) sowie eine namenlose Wüstung (D).
176 Die Erklärung dieses Personennamens wirft Schwierigkeiten auf. Es finden sich Ansätze im Slavischen und im Deutschen. Größler 1903, 92 verweist auf Namo, der aber kaum belegt ist (vgl. Förstemann PN, 1147; Kaufmann 1968, 263, hier auch der Verweis auf den Ortsnamen Namur), jedoch durchaus eine Erweiterung um ein hypokoristisches Suffix -l- erhalten haben könnte. Andererseits könnte auch ein apotropäischer slavischer Personenname in Betracht gezogen werden, der, mit der Negationspartikel beginnend, *Ne+mil+_k gelautet haben könnte. Vergleichbare Namen sind aber selten: poln. Niemiełowic(z) (Cie´slikowa 1, 184; SSNO 4, 45); tsch. Nemil(ek) (Svoboda 1964, 44 f. und 103). Problematisch bei diesem zuletzt genannten Ansatz ist jedoch, dass sich das -i- dieses Ansatzes nur schwer mit dem -a- und -e- der Belege verbinden lässt. Kaum maßgeblich dürfte hier das Erstglied von Vollnamen wie Namgost, Namdrag sein, das überdies anscheinend nur im Bayernslavischen belegt ist (Svoboda 1964, 95). 177 Walther 1971 [DS 26], 302 geht demgegenüber vom HZV-Beleg Nr. 182 Theodendorf aus, was aber in Abrede zu stellen ist, vgl. Kap. 1.6.2. 178 Vgl. dazu Zschieschang 2016a, 95 f.; Zschieschang, im Druck b.
Jüngere Bildungstypen
115
Keine Schriftbelege gibt es auch für die z. T. siedlungstopographisch so interessant erscheinenden Namen Bossdorf (Wg. 2604.Q; Neuß 1971, 446), Brückendorf bei Neumark an der Geisel (Größler 1903, 95), Klein Gräfendorf s. Bad Lauchstädt (Walther 1971 [DS 26], 303), Thaldorf bei Querfurt (Böhme 1909, 55; Größler 1903, 93), Wünschendorf (Walther 1971 [DS 26], 325) sowie die Wüstungen Bittdorf (Größler 1903, 95; Wolf 1957, 209) und Freizdorf /Freitagsdorf (Größler 1903, 96; Säckl 1999, 76 f.) sowie ein weiteres Klein Gräfendorf (Wg. 2679.K/2680.C, noch etwa 8 km s. der Wg. Gräfendorf 2679.H bei Merseburg). Dies gilt auch für Bündorf (auch Bien(en)dorf, Biedendorf ), eine Wüstung nw. Möckerling (Größler 1903, 95; Walther 1971 [DS 26], 325), die sprachlich mit den HZV-Belegen Budinendorpf und Budilendorpf (Nr. 51 und 73) in Verbindung gebracht werden könnte, was aber Vermutung bleiben muss, vgl. dazu Abschnitt 1.6.1.A. Schlecht belegt ist hingegen Kusdorf (Wg., 1452 Koischdorf, in Ober-Teutschenthal, vgl. Neuß 1971, 188 f. (Nr. 149)). Ohnehin dürfte ein hohes, bis in die Zeit des HZV zurückreichendes Alter in diesen Fällen kaum anzunehmen sein. Anders steht es mit Fizendorpf (Nr. 155), das in Kap. 1.6.1.A als Siedlung im Umfeld von Vitzenburg eingeordnet wurde. Da damit jedoch keine genaue Lokalisierung vorliegt, kann gemäß der oben formulierten Prämissen dieser Name hier ebenso wenig berücksichtigt werden wie Nachsdorf mit unbekannter Lage (Neuß 1971, 240 f. (Nr. 184)) und eine Reihe von Namen des HZV ohne gesicherte geographische Einordnung (vgl. Kap. 1.6.2.B und C): Azalundorpf (Nr. 163), Azechendorpf (Nr. 79, und 189), Brallidesdorpf (Nr. 29), Brunesdorpf (Nr. 145, 157, 159 und 161), Burcdorpf (Nr. 11), Ellesdorpf (Nr. 109), Meginhardesdorpf (Nr. 187), Muchendorpf (Nr. 172), Rozuualesdorpf (Nr. 71), Theotboldesdorpf (Nr. 50), Theodendorpf (Nr. 182), Uuicholdesdorpf (Nr. 48), Zidimuslesdorpf (Nr. 205). Eine genaue Lokalisierung fehlt auch bei Berndorf , Wg. bei Sangerhausen, 16. Jh. wuste dorfstet Berndorf (Loga 2007, 15 f.) sowie Strakendorf , Wg. sö. Querfurt, 1147 Ztreuchandorp, 1329 Strakendorp (Größler 1903, 99). Für _ezemendorpf (Nr. 84) sind hingegen zwar Anknüpfungspunkte zur Lokalisierung gegeben, jedoch verbietet die verstümmelte Wiedergabe des Namens eine Namenerklärung.
Die Übersicht über die Bestimmungswörter zeigt zwei klare Schwerpunkte, einerseits diejenige der im HZV überlieferten Namen und dann – geradezu erdrückend – die der deanthroponymischen Bildungen (Tab. 3.6). In allen drei Gruppen ist das Verhältnis zwischen zwei- und eingliedrigen Bildungen in etwa gleich groß, wobei die relativ große Zahl der zweigliedrigen Namen bemerkenswert ist. Deappellativische Bildungen sind zwar erheblich seltener, aber ebenfalls in allen drei Gruppen gleichmäßig vertreten. Hinzu kommt, dass sich die unsicheren Fälle ausschließlich auf eine evtl. Slavizität der Personennamen beziehen, ihr deanthroponymischer Charakter aber unstrittig ist. Dass slavische Personennamen unter den Toponymen der Kolumne 3 beinahe fehlen, ist bemerkenswert, aber wohl ebenso wenig überzubewerten wie der Umstand, dass sich zweigliedrige slavische Anthroponyme ausschließlich außerhalb des HZV finden, während diese Quelle nur slavische Kurznamen überliefert. Strukturell zeichnet sich damit kein Unterschied zwischen den Namen im und außerhalb des HZV ab, so dass von einer späteren Entstehung der nicht im HZV verzeichneten Namen nicht auszugehen ist – die große Zahl der hier aufgelisteten Namen verleiht diesem Befund wie auch den nachfolgenden Beobachtungen ein gewisses Gewicht.
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116
Die deutschen Siedlungsnamen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
nicht in DS 26
Kolumne
1
2
3
PN zweigliedrig
A(n)gilward (Eilwersdorf)
Alam¯ar o. ä. (Almsdorf)
Diebold (Dippelsdorf)
W¯ı(g)bald (Wippelsdorf)
Thancmar (Angersdorf)
As(k)im¯ar (Eßmannsdorf) Diotr¯ıch (Dörstewitz) ¯ Erhard (Etzdorf)
Wendelher(i) (Wengelsdorf) Wernher (Wernsdorf)
Fridur¯ıch (Friesdorf) (H)ruodold (Rollsdorf) Leobdag (Lipsdorf) Liobwolf (Lobesdorf) Liudwolf o. ä. (Liedersdorf) Meginrich (Meinersdorf) Reginher (Reinsdorf) PN eingliedrig (auch suffigiert)
evtl. A/Edi (Bie(de)ndorf)
Banniko (Benkendorf)
Eric /k (Eriksdorf)
Bazeko (Passendorf)
Amalung (Amsdorf)
B¯oso (Posendorf)
evtl. Gelico o. ä. (Kalzendorf)
Aso (Asendorf)
Liuziko (Lützkendorf)
Gero (Göhrendorf)
Azzo (Atzendorf)
Isi (Eisdorf)
Bebo (Benndorf)
Judo (Jüdendorf)
Brun_ (Braunsdorf)
Karl (Karsdorf)
Brun_ (Braunsdorf)
Namelo (Nemsdorf)
Deomo /Diemo (Ohmendorf) Eino o. ä. (Einsdorf) Ha /ok(k)o (Ockendorf) Haio (Eindorf) Haio (Heygendorf) Icho (Ziegendorf) Nacho/*Nakko (Neckendorf) Nanno /Nando (Nahlendorf) W/Vidilo (Wettelrode)
117
Jüngere Bildungstypen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
nicht in DS 26
Kolumne
1
2
3
PN slav.
evtl. *Be(z)zema (Bösseling)
evtl. *Bezek (Petzkendorf)
*Bun (Pinsdorf)
*Bud_n (Peutnitz)
*Gnˇev(a) (Gniebendorf)
*Chocim (Kessendorf)
*Małomˇer (Melmsdorf)
*Chorˇel(a) (Grillenberg)
*Radovac (Rathmannsdorf)
*Chorvan (Körbisdorf)
*Rovek (Rachsdorf)
*Chotim (Gottsdorf)
*Se(bˇe)bud o. ä. (Zaasdorf)
*L’utim_ (Ludendorf) evtl. *Sluš (Blossendorf) *Sbu /ych (Zütschdorf) Personenbezeichnung
ahd. biscof, asä. biscop ‘Bischof’ (Bischofrode)
Appellativ
ahd. luzzil, liuzil, asä. luttil ‘klein’ (Lüttchendorf)
evtl. *Svoch (Schwachsdorf) ahd. gr¯afio ‘Graf’ (Gräfendorf)
Winid ‘Wende’ (Winddorf)
mhd. gr¯eve ‘Graf’ (Gräfendorf) ahd. thorn ‘Dorngebüsch’ (Dorndorf)
ahd., asä. niuwi ‘neu’ (Klosternaundorf)
Bodo /ilo/*Budił (Bottendorf) evtl. aso. *Dobr(a) o. ä. (Obersdorf)
mhd. ver(e) ‘Fähre’ (Fährendorf) mhd. kir(i)che ‘Kirche’ (Kirchdorf) ahd. scalc ‘Knecht’ (Schalkendorf)
mhd. rise ‘Abhang, Wasserrinne’ (Rißdorf) unsicher
mhd. gr¯eve ‘Graf’ (Gräfendorf)
mhd. niuwe ‘neu’ aso. *Radomˇer oder dt. R¯atm¯ar (Rattmannsdorf)
aso. *Donik /Donizo (Tönicken) Hraban/ aso. *Grab+an (Grabsdorf) Williko/aso. *Vil’k (Welzdorf) Tab. 3.6: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -dorf
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Die deutschen Siedlungsnamen
Das Überwiegen deanthroponymischer Namen erlaubt zwei Beobachtungen. Zum einen dürften solche Bildungen mit Landesausbauprozessen der regional ansässigen sozialen Eliten in Verbindung zu bringen sein, so dass die Rolle dieses Adels bei der Siedlungserschließung in dieser Region wohl eine bedeutende gewesen ist (Walther 1971 [DS 26], 180 179). Zum anderen ist angesichts der Beobachtung, „daß unter den ältesten Vertretern die nicht mit PN gebildeten vorwalten, das sind in unserem UG die der orientierenden, sonst farblosen Benennungsweise der Karolingerzeit nahe stehenden Burgdorf , Dorndorf [. . . ]“ (Walther 1971 [DS 26], 167), besonders alten Bildungen auf -dorf im HZV-Gebiet eine geringe Rolle zuzuschreiben. Dies entspricht den Beobachtungen im vorangegangenen Abschnitt (3.3). Insbesondere die Namen des HZV nehmen recht markante Areale entlang der Unstrut, partienweise der Saale, im Geiseltalgebiet und im Vorharzgebiet ein (Tafelteil, Abb. 10, S. 226). Die grundsätzlichen arealen Konzentrationen der Komposita auf -dorf wurden bereits von Hans Walther festgestellt: entlang der Unstrut von Artern bis Freyburg, in den Tälern von Geisel und Salza, bei den Mansfelder Seen sowie nördlich von Allstedt und Sangerhausen (Walther 1971 [DS 26], 166). Dass dieser Namentyp „zunächst nur im Unstrut-Mittlere Saale-Raum produktiv geworden“ sei (Walther 1971 [DS 26], 166), dürfte lediglich der geballten frühen Überlieferung durch das HZV geschuldet sein und primär nichts mit der Siedlungsentwicklung zu tun haben. Angesichts der engen Bindung an die großen Flüsse scheint es sich hierbei einerseits um frühe Ansiedlungen zu handeln, aber andererseits, z. B. im Allstedter Gebiet 180, auch um Produkte von Ausbauprozessen. Die areale Situation lässt damit, ohne dass an dieser Stelle eine eingehende Prüfung von naturräumlichen Lagefaktoren möglich wäre, die lang anhaltende Produktivität dieses Namentyps erkennen. In der westlichen Hälfte finden sich die Komposita auf -dorf fast vollständig im HZV, während der Osten nur lückenhaft erfasst wird. Da unter den nicht in der Quelle zu findenden Namen etliche ein höheres Alter aufweisen, könnte es sich hierbei zum Teil durchaus um Siedlungen handeln, die zur Zeit der Zusammenstellung des HZV bereits existieren. In Bezug auf die vielen -dorf -Namen im Geisel- und unteren Unstruttal ist festzustellen: „Es wird sich dabei überwiegend um Neugründungen der zweiten Hälfte des 8./ersten Hälfte des 9. Jhs. handeln“ (Walther 1971 [DS 26], 182). Jedoch sind spätere Ortsgründungen und Benennungen gerade angesichts der langen Produktivität des Grundwortes sehr wahrscheinlich, so dass dieser Namentyp nur bis zu einem gewissen Grade gegen eine vollständige Wiedergabe der Toponymie des 9. Jahrhunderts im HZV sprechen kann. In Bezug auf die Bestimmungswörter ist festzustellen, dass keine kompakten Areale zweigliedriger Personennamen zu erkennen sind (Tafelteil, Abb. 11, S. 227): Vielmehr liegen diese vermischt mit eingliedrigen Anthroponymen. Im Westen ist jedoch der Anteil zweigliedriger Namen erheblich höher als im Osten, wo die dithe-
179 Ganz im Gegenteil hierzu sieht Neuß 1995, 118 diese Bildungsweise als Kennzeichen einer „fränkischen Staatskolonisation“ an, was jedoch von geringerem Gewicht ist. 180 Hierüber ist eine Studie von Sabine Altmann in Vorbereitung.
Jüngere Bildungstypen
119
matischen Bildungen in der Masse der eingliedrigen beinahe verschwinden. In der östlichen Hälfte des HZV-Gebietes konzentrieren sich, nicht überraschend, die Bildungen aus slavischen Anthroponymen; eine besondere Korrelation mit den slavischen Toponymen (vgl. Kap. 2 und Tafelteil, Abb. 4, S. 220) scheint nicht zu bestehen (eine Kartierung der Mischnamen jetzt auch bei Loga 2016, 151). Dass sie sich im Gebiet des Geiseltales häufen, verwundert nicht, da hier Komposita auf -dorf und slavische Toponyme zahlreich in enger Nachbarschaft liegen. Zum Teil stehen die slavischdeutschen Mischnamen im Zusammenhang mit dem Unstrutraum, wo „ungewöhnlich viel slawische PN in die BW eingegangen“ sind (Walther 1971 [DS 26], 167; zu den Mischnamen im HZV vgl. auch Loga 2016). Angesichts der arealen Konstellation wäre bei einigen in der Erklärung unsicheren Namen, die weit im Westen liegen (Bottendorf, Grabsdorf, Obersdorf ), dafür zu plädieren, einen deutschen Personennamen gegenüber der slavischen Alternative (also Bodo /ilo und Hraban statt *Budił und *Graban) zu bevorzugen. Der dritte slavische Name in diesem westlichen Bereich, *Dobr(a) o. ä. (Obersdorf ), ist unsicher und passt nicht zum zugehörigen HZV-Beleg Tharabesdorpf, so dass die Erklärung allenfalls als Notlösung mangels besserer Alternativen gelten kann. Von diesen Überlegungen unberührt bleibt die Deutungskonkurrenz bei den weiter westlich gelegenen Rattmannsdorf (*Radomˇer oder R¯atm¯ar), Tönicken (*Donik oder Donizo) und Welzdorf (Williko oder *Vilk_). Schließlich sei noch auf die beiden einzigen Fälle eines Grundwortwechsels von -dorf zu -rode hingewiesen, der bei Wettelrode und Bischofrode schon frühzeitig erfolgt ist (964 Biscopesthorp gegenüber 1250 Bischoprode bzw. HZV Vuidilendorpf vs. 991 Uuidelenrot). Einen solchen Wandel „als sinngemäße Folge der mönchischen inneren Kolonisation“ (Wolf 1956a, 25) zu verstehen, ist ein interessanter Gedanke, allerdings passt Wettelrode nicht in den für diese „extensive klösterliche Kolonisation durch Gewinnung von Rodungsland in der Gemarkung bereits bestehender kleiner Siedlungen“ veranschlagten Beginn im 11. Jahrhundert (so Wolf 1955, 312). Anhand nur zweier Namen ist es aber unzweckmäßig, diesem Gedanken weiter zu folgen.
3.4.2 Das Grundwort -hausen Toponyme mit diesem Grundwort werden chronologisch im Allgemeinen denjenigen auf -dorf gleichgesetzt, sind also jüngere Bildungen, deren Entstehung in die karolingische Zeit, in das 8. und 9. Jahrhundert zu setzen ist (Walther 1971 [DS 26], 162 f.; Jochum-Godglück 1995, 513 f.; Casemir 2003, 423–425), die aber auch noch während des hochmittelalterlichen Landesausbaus in großer Zahl entstehen konnten (Casemir 2003, 424; Eichler /Hellfritzsch /Richter 1985, 72). Einen Verbreitungsschwerpunkt weisen sie in Thüringen auf, während sie weiter nördlich seltener sind (Walther 1971 [DS 26], 162; Meier 2001, 93). Ihren siedlungsgeschichtlichen Stellenwert beziehen sie jedoch daraus, dass sie im Bestimmungswort nicht selten eine Richtungsangabe enthalten und sich derartige Bildungen zu Namenfeldern verbinden. Diese scheinen auf planmäßige Landes-
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Die deutschen Siedlungsnamen
ausbauaktionen, die von einem Zentrum ausgehend in mehrere Himmelsrichtungen zielen, hinzuweisen und wurden geschichtlich mit der Konsolidierung der karolingischen Herrschaft in Verbindung gebracht (vgl. zuletzt Jochum-Godglück 1995; Udolph 1998, 1–7, 26–28 und 61–66), da in nicht wenigen Fällen die Nähe solcher Toponyme zu fränkischen Reichsgütern nachgewiesen ist (Jochum-Godglück 1995, 495). Solche Überlegungen sind hier jedoch nicht weiterzuverfolgen. Auch im Gebiet des HZV finden sich unter den Bildungen auf -hausen einige „orientierte Namen“ (so die Formulierung bei Jochum-Godglück 1995): Kolumne 1: Kieselhausen, HZV Nr. 7, Wg. ((845) 11. Jh. Gisilhus, 991 Kisilhuson, 1285 (K.) Kisselhusen, 1386 Kyselhusen, 1467 Kyselhusen, 1484 zcu Kiselhusen usw.): PN Gisil oder ahd. kisil ‘Kieselstein’ + hausen (Loga 2007, 66–68; Walther 1971 [DS 26], 293; ; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4; Wolf 1955, 295). Mittelhausen, HZV Nr. 26 ((845) 11. Jh. Midelhusa, 991 Midilhuson, 1194 Eremfrido de Middelhusen, Eremfridus de Middelhusenn, 1229 (K.) Myttelhausen, 1230 (K.) Mittelhusen, 1238 Middelhusen, 1347 Middelhusen, 1364 Mittelhusen usw.): asä. middil ‘mittel’ + hausen (Loga 2007, 78 f.; Walther 1971 [DS 26], 294; Jochum-Godglück 1995, 493 und 524 f. ; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). Obhausen, HZV Nr. 105 ((845) 11. Jh. Hubhusa, 999 Vpphusun, 1004 Ubhuson, 1144 Ophusen, 1182 und später Uphusen, 1262 in Uphusen, 1334 Uphusen, 1400 Ophusen): asä. up ‘oben, hoch’ + hausen (Walther 1971 [DS 26], 294; Böhme 1909, 36–38; Größler 1903, 87; Wolf 1957, 205; Wolf 1956a, 13; Wolf 1955, 302). osterhausen, Groß-/Klein-, HZV Nr. 24 und 32 (777 (unecht) Osterhausen, (845) 11. Jh. Osterhusa, 932 in locis Osterhusa, 960 in Hosterhusen, 1108 Osterhusun, 1146 actum Osterhusen, 1278 uber vier huffen landes zu Groszen Osterhauszen, 1290 (A.) in villa Osterhusen, 1320 (A. 16. Jh.) in campis ville Osterhusen, 1485 zcu Osterhauszen usw.): ahd. o¯ star, mhd. o¯ ster ‘im Osten, östlich’ Freisleben 2007, 88 f.; Walther 1971 [DS 26], 294; Böhme 1909, 39 f.; Größler 1903, 87 f.; Jochum-Godglück 1995, 213–215 (Nr. 242), 493 und 524 f. ; Wolf 1957, 198; Wolf 1956a, 5 f.; Wolf 1955, 297). Sangerhausen, HZV Nr. 8 ((845) 11. Jh. Sangerhus, v. 900 Sangarhusen, 991 Sangirhuson, 1110 (K.) in villa, que dicitur Sangerhusen, 1141 (K.) in Sangerhusen, 1203 (K.) Samershusen [sic!], 1216 Sangerhusen usw.): ahd. sang¯ari ‘Roder, Brenner’ + hausen (Loga 2007, 105–107; Eichler /Walther SNB, 240; Walther 1971 [DS 26], 295; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4; Wolf 1955, 295). Sotterhausen, HZV Nr. 13 ((845) 11. Jh. Suderhusa, 1004/1014 Sidegeshusun 181, 1216 (K.) Suthirshusen, 1220 de Sutterhusen, 1268 de Suterhusen, 1272 Sutterhausen, 1273 Sutterhusen, 1406 Sutterhausen usw.): asä. s¯uthar ‘südlich’ 182 + hausen (Loga 2007, 114 f.; Walther 1971 181 Angesichts der ansonsten sehr einheitlichen Belegreihe ist sehr zu bezweifeln, dass diese Nennung hierher gehört. Die Form erweckt den Eindruck, als sei sie aus einem Personennamen wie Sidicho oder Siduger entstanden (Förstemann PN, 1315; Kaufmann 1968, 310). 182 Zum hier nicht darzulegenden Verhältnis von Sud- und Sund- vgl. Bischoff 1957, 22–24.
Jüngere Bildungstypen
121
[DS 26], 295; Jochum-Godglück 1995, 226–228 (Nr. 268); Bischoff 1967, 31, Abb. 6; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296).
Kolumne 2 zugehörige Namen fehlen Kolumne 3: Siebenhausen (o. J. Sobenhusen, 1258 Sebbenhusen): ahd. sibun, mhd. siben ‘sieben’ (Größler 1903, 88). Windhausen (1206 Winthusen, 1349 Hartmann de Windehusen): ahd. winid, mhd. wint ‘Wende’ 183 (Größler 1903, 88).
Hier nicht zu berücksichtigen ist Westhausen, eine Wüstung dicht nw. Wolferstedt. Die Benennung ist evtl. bezogen auf die nahegelegene Westermühle (1559 molen zu Westendorf boben Wulferstedt), vgl. Loga 2007, 126 f. Der einzige ältere Beleg, 1146 (K.) Westhusen, bezieht sich, wie bei Dobenecker 1896–1939, 2, 450 (in den Korrigenda) vermerkt, auf einen anderen, bei Heiligenstadt im Eichsfeld gelegenen Ort 184.
Die Mehrheit dieser Namen ist im HZV verzeichnet. Es handelt sich ausschließlich um deappellativische Bildungen (Tab. 3.7). Hierbei handelt es sich überwiegend um relative Lageangaben. Sofern deappellativische Bildungen auf -hausen als jünger gelten können als deanthroponymische (Jochum-Godglück 1995, 514; Casemir 2003, 424; vorsichtiger Walther 1971 [DS 26], 163), wäre eine eher späte Entstehung dieser Namen anzunehmen. Angesichts des Überwiegens von Lagebezügen im Bestimmungswort ist die Semantik der Bestimmungswörter zusammen mit der Arealität zu betrachten. Diese ist überaus markant: Bis auf eine Ausnahme liegen alle Namen westlich der Weida 185, also außerhalb des Verbreitungsgebietes slavischer Toponyme (Tafelteil, Abb. 12, S. 228). Auch nach Nordosten hin ist die Verbreitung begrenzt (Neuß 1995, 118). Die einzige Ausnahme Windhausen steht als Bezeichnung einer Ansiedlung der slavischsprechenden Bevölkerung von der Motivation her in einem anders gearteten Kontext. Die Namen des HZV lassen sich noch weiter einschränken, indem sie sich fast ausschließlich im Vorharzgebiet um Beyernaumburg befinden 186. In dieser arealen Verbreitung (Tafelteil, Abb. 12, S. 228) und angesichts des Umstands, dass Himmelsrichtungen in den Bestimmungswörtern vertreten sind, drängt
183 Angesichts des fehlenden Genitiv-s- wäre auch an ahd. wint ‘Wind’ zu denken; für den Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). 184 Diesen Hinweis erhielt ich freundlicherweise von Kristin Loga am 6. 2. 2013. 185 Zum größeren arealen Kontext vgl. Bischoff 1957, 36 f., wo das Saale-Unstrut-Gebiet als Peripherie eines weiter westlich gelegenen dichten Verbreitungsgebietes erscheint. 186 Dies ist die bei Walther 1971 [DS 26], 160 genannte kleinere Gruppe um Sangerhausen/Allstedt.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26 2
nicht in DS 26
Kolumne
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3
Appellativ
asä. middil ‘mittel’ (Mittelhausen)
ahd. sibun ‘sieben’ (Siebenhausen)
ahd. o¯ star ‘im Osten, östlich’ (Osterhausen)
ahd. winid ‘Wende’ (Windhausen)
ahd. sang¯ari ‘Roder, Brenner’ (Sangerhausen) asä. s¯uthar ‘südlich’ (Sotterhausen) asä. up ‘oben, hoch’ (Obhausen) unsicher
PN Gisil oder ahd. kisil ‘Kieselstein’ (Kieselhausen)
Tab. 3.7: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -hausen
sich eine Verbindung dieser Namen mit einer von den fränkischen Machthabern ausgehenden konzentrierten Besiedlungsaktivität förmlich auf, ohne dass damit Vorstellungen von einer „fränkischen Staatskolonisation“ zu folgen ist, wie sie in der älteren Literatur (vgl. bei Jochum-Godglück 1995, 11–29) als maßgeblich galten. Zu beachten ist jedoch, dass es sich insgesamt nur um eher wenige Namen auf -hausen handelt, deren Areal zudem perforiert ist von zahlreichen anderen Toponymen, insbesondere Bildungen mit dem Grundwort -dorf. Die Bildungen nach den Himmelsrichtungen sind nicht so systematisch, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Sotterhausen scheint eindeutig auf Beyernaumburg bezogen. Mittelhausen und Westhausen könnten zwar von der Lage her zusammen gehören, Westhausen ist jedoch so spät bezeugt, dass ein überhaupt bis ins Mittelalter zurückreichender Name kaum anzunehmen ist 187. Bei Großosterhausen sind rein geographisch sowohl Mittelhausen als auch Beyernaumburg als Ausgangspunkt möglich. Hinzu käme noch eine Wüstung Osterhausen nördlich von Lodersleben bzw. nordwestlich von Querfurt (HMTB 2677.I) und 10 km südwestlich von Großoster-
187 Daher wurde der Name auch nicht mit kartiert. Es könnte sich auch nur um eine Lagebezeichnung im lokalen Kontext von Wolferstedt handeln, wo die Westermühle eben westlich von Wolferstedt liegt und mit dem Beleg von 1559 schlicht ‘das westliche Dorf’ bezeichnet wurde. Der auf HMTB 2602 eingetragene Flurname Am Westerhausen allein ist für einen mittelalterlichen Siedlungsnamen nicht belastbar.
Jüngere Bildungstypen
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hausen, deren Bezugspunkt Allstedt gewesen sein könnte, die aber ansonsten nicht weiter belegt ist. In ähnlicher Weise dürfte die Benennung von Obhausen auf die Kuckenburg bezogen sein, die, wenn auch erhöht, bachabwärts liegt 188. Sangerhausen liefert ein semantisches Indiz für Rodungs- und Landesausbauvorgänge. Undeutlich bleiben die Motivationen von Kieselhausen sowie des merkwürdigerweise ein Zahlwort enthaltenden Siebenhausen (vgl. Pfeiffhausen, 1296 Vifhausen, zu asä. f¯ıf ‘fünf’ (Freisleben 2007; 86 f.; Größler 1903, 88; der Erstbeleg ohne Quellenangabe bei Mansfelder Land 1982, 86). Bei detaillierter Betrachtung sind zwar toponymische Spuren von Ausbauprozessen im Umfeld fränkischer Reichsbesitzungen zu erkennen, dabei handelt es sich aber jeweils nur um einzelne Ortschaften. Ein „Eindruck der schematischen Benennung“ (so Jochum-Godglück 1995, 599) ist aus dieser räumlich eng begrenzten Perspektive aber nicht zu gewinnen. Für diese scheint auch nicht viel Platz gewesen zu sein, denn im Gegensatz zur Beobachtung, dass sich in einer weiträumigen Perspektive Namen auf -dorf und auf -hausen ausschließen (Walther 1971 [DS 26], 162), ist hier zu konstatieren, dass sich entlang der Rohne beide Bildungstypen abwechseln. Außerdem finden sich hier noch einige Toponyme mit dem Grundwort -stedt, die aber chronologisch wohl anders zu beurteilen sind. Dies spricht ebenso gegen signifikante Unterschiede im zeitlichen Horizont der Entstehung der Namen auf -dorf und -hausen wie auch gegen eine totale Verfügbarkeit des Landes und seiner Siedlungen für karolingische Nominationsstrategien.
3.4.3 Das Grundwort -rode Allein schon durch die Wortbedeutung impliziert dieses Grundwort 189 Vorgänge der Siedlungserweiterung, die mit der Beseitigung von Wald elementar verbunden sind, so dass die areale Verbreitung dieser Namen für die Siedlungsgeschichte besonders interessant erscheint. Gemeinhin werden diese Namen mit dem hochmittelalterlichen Landesausbau in Verbindung gebracht, sie können aber einige Jahrhunderte älter sein. Die Belege im HZV markieren hierbei fast den Beginn der nachweisbaren Produktivität dieses Grundwortes, für die als Beginn zumeist etwa der Anfang des 9. Jahrhunderts angegeben wird (Schröder 1899, 376 f.; Walther 1971 [DS 26], 155; Meibeier 2006, 55):
188 Vgl. hierzu in Kürze eine Untersuchung von Sabine Altmann. 189 Dazu Walther 1971 [DS 26], 168 f.; Casemir 2003, 472–474; Debus /Schmitz 2004, 3499.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Kolumne 1: Etzkerode, HZV Nr. 229, Wg. ((845) 11. Jh. Eggihardesrod, 1347 Eskenrode, 1437 Hatzkerode usw.): PN Eggihard + rode 190 (Loga 2007, 41; Walther 1971 [DS 26], 307; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Hackerode, HZV Nr. 225 und 231, Wg. ((845) 11. Jh. Hardaredesrod, 1004 Hartinrotda 191) PN Hardar¯e/¯ad + rode (Loga 2007, 50 f.; Walther 1971 [DS 26], 307; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Hohenrode, HZV Nr. 223, Wg. ((845) 11. Jh. Hoenrod, (1376) Hogenrode, 1446 Hoenrode, (1451) Honrode, 1453 Honrode, 1477 Hohenrode usw.): ahd., asä. h¯oh ‘hoch’ + rode (Loga 2007, 55 f.; Walther 1971 [DS 26], 307; Neuß 1971, 137–139 (Nr. 105); Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Klosterrode, HZV Nr. 19 ((845) 11. Jh. Hildiburgorod, 1162 Rhoden, 1173 Rode, (ca. 1182) K. 12. Jh. Hildeburgerothe, (nach 1200) Hilburgerode, 1223 Rothe, 1251 Hilleborcherode, 1254 (K.) Rodhe, 1469 (Or.) des closters Rode, 1469 Rodhe usw.): f. PN Hildiburg + rode (Loga 2007, 96 f.; Walther 1971 [DS 26], 307; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296).
Kolumne 2: Schleberoda (nach 1200 Slaverenrode, 1308 Slaverenrode, 1350 Slabernrode): aso. PN *Słavobor 192 + rode (Meier 2001, 61; Eichler SO 3, 199 193; Walther 1971 [DS 26], 325; Größler 1903, 107; Böhme 1909, 47). Wolferode (1323 Wolferode, 1336 in villa Wolverode, (1399) A 16. Jh. Wolferode, 1400 Wulverode, 1484 Wolferode usw.): PN Wolfo + rode (Freisleben 2007, 143 f.; Walther 1971 [DS 26], 273).
Kolumne 3: Äbtischrode (keine Belege): mlat. abbatissa, mhd. ebdische ‘Äbtissin’ + rode (Freisleben 2007, 10 f.).
190 Auch wenn der Ansatz hinsichtlich des Erstbelegs problemlos ist, so lassen doch die sehr unterschiedlichen nachfolgenden Belege Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zu diesem Ort aufkommen, was ggf. noch genauer zu prüfen wäre. 191 Die Zugehörigkeit dieses Belegs hat sich als unsicher erwiesen; wahrscheinlich steht er in keinem Zusammenhang mit Hackerode. Für diese Mitteilung danke ich Kristin Loga, Bremen. 192 Dieser Ansatz auch im AAO 2, 88. Von der Beleglage her wäre eher an einen altsorbischen Personennamen *Słav_r o. ä. zu denken, der aber anscheinend ansonsten nicht nachzuweisen ist, so dass wohl eher von einer früh kontrahierten Form des angegebenen zweigliedrigen Vollnamens auszugehen ist. 193 Unter dem Stichwort Schleben.
Jüngere Bildungstypen
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Albersroda (1144 Adelbrechtisrod, 1203–1207 Albrechtssrode, Albersrode): PN Adelbrecht + rode (Böhme 1909, 8 f.; Größler 1903, 106). Bärsrode/Beersrode, Wg. (1142 Bedelarerot, 1203 Bedeleresrot): PN Badilo /Bedilo + rode (Größler 1903, 107 f.). Baumersroda (1367 Baumersrode (?), 1470 Bommersrode, 1515 Bomersrode, 1581 Pumersrot): PN Baumer o. ä. 194 + rode (Größler 1903, 106; Böhme 1909, 11 f.). Borkersrode, Wg. (1415 Borgharczrode, 1621 Burghersrode): PN Burghard + rode (Größler 1903, 108). Branderoda (1400 Branderode, 1518 Branderode): wohl PN Prando (< Brandold o. ä.) + rode (Böhme 1909, 13; Größler 1903, 106 f.). Brommerrod, Wg.: evtl. PN Brun_ + rode (Größler 1903, 108). Deikerode/Teicherode, Wg. (1520 Deukerode, 1527 Deikenrode usw.): PN Daiko o. ä. + rode (Loga 2007, 29 f.; Neuß 1971, 51 f. (Nr. 41). Ebersroda (keine Belege): PN Eberhard + rode (Böhme 1909, 17; Größler 1903, 107). Epkeborn, Wg (1347 Ebekenrode, 1400 Epkeborne, 1430 wüstes Dorf Epkeborn): < PN Ebeko + rode (Loga 2007, 40 f.). Erwinsrode, Wg. (1120 Erwinsrode, 1329 Bruderermesrode, 1352 Erwiegerode usw.): PN Erwin (< Hariwini) + rode (Neuß 1971, 86–88 (63); Eigendorf 1960, 59). Frankenrode, Wg. (1215 Frankenrode): PN Franco oder gleich lautendes App. (vgl. Größler 1903, 108; bei Größler /Meyer 1888 als Frankenrödchen). Gebhardsrode (1352 Geueharderode, 1400 Geverdesrode usw.): PN Gebahard + rode (Neuß 1971, 101 f. (74); Eigendorf 1960, 60). Henkerode, Wg. (1517 Eynnckenrode, 1535 Ennickenrode, 1547 Ennickenroda, 1737 Hannickerode): PN Anniko + rode (Loga 2007, 53 f.; Neuß 1971, 126 f. (Nr. 96)). Hessenrode, Wg. (1400 Heskerode in banno Coldenborn): PN Ha(t)ziko + rode (Loga 2007, 54 f.).
194 Größler 1903, 106 setzt Bodomar an, was aber bei der gegebenen Beleglage sehr konstruiert ist. Eher ist an eine Form wie Bäumer, Baumert zu denken (Zoder 1968, 1, 205), aber auch an ältere, nichtdiphthongierte Formen, die sich mit den gegebenen Belegen aber nicht genauer bestimmen lassen. Gesichert ist dies nicht – insbesondere in den ersten beiden Belegen zeigt sich ein erheblicher, aber sicher nicht unüberbrückbarer Widerspruch zwischen -au- und kurzem -o-. Außerdem bietet der Erstbeleg u. U. gar keine Schreibform des 14. Jahrhunderts, womit auch Namen wie Pommer o. ä. (in Anrechnung der binnenhochdeutschen Konsonantenschwächung) in den Blick rücken. Unter Vernachlässigung der durch den zweiten Beleg angezeigten Vokalkürze wäre auch an eine mdal. Form wie b¯om ‘Baum’ zu denken. Dieser Fall macht, wie viele andere in dieser Untersuchung auch, das Desiderat eines umfassenden Ortsnamenlexikons für die Region deutlich.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Hildebrechtsrode, Wg. (1177 Hildebrechtesrode, 1400 Rodechen, Rodeke): < PN Hildebrecht (< Hildiberht) + rode (Größler 1903, 108). Johannrode, Wg. HMTB 2747, A (1206 ad rus S. Johannis, 1207 in monte, qui vocatur novale S. Johannis, 1260 in villa quae dicitur novale S. Johannis): PN Johann + rode (Größler 1903, 108 f.). Kunrode, Wg. (1320 Conrode, 1352 Cunenrode usw.): PN Cun(o) + rode (Neuß 1971, 185 f. (147); Eigendorf 1960, 60). Müncheroda (keine Belege): mhd. münech ‘Mönch’ + rode (Böhme 1909, 33 f.; Größler 1903, 107). Petersrode, Wg. (1266 Bertoldesrode, 1260 Bertholdesrode): PN Berthold (< Berchtwald) + rode (Größler 1903, 110). Schmalzerode (1539 Schmalzrode, 1571 Schmaltzerode): wohl zu mhd. smalz, mnd. smalt ‘ausgelassenes Fett’ in Bezug auf die Bodenbeschaffenheit, evtl. auch vom PN Schmelzer + rode (Freisleben 2007, 113 f. 195). Schnapsrode, Wg. 2529.M (1424 auff dem Snappardischade 196, 1535 an Schnappers Rode): evtl. PN Schnapper 197 + rode (Schmidt 1913, 67 f.). Schnellroda (1308 Sellenrode) (1142 Snellendorf, 1208 Frowin de Snellenrode, 1213–1237 Cunradus de Snellenrode, 1266 Henricus de Snellenrode, 1367 und später de Schnellrode): PN Snello + rode (Böhme 1909, 50; Größler 1903, 107). Schulenrode, Wg., HMTB 2602.L (1502 Schulenrode): mhd. schûlen, ndt. sch¯ulen ‘verborgen sein’ (vgl. Abschnitt 1.5 sowie Neuß 1971, 337 f. (Nr. 264) und 519). Stachelroda, Ober-, Mittel-, Unter, Wg. (1349 in Stachelrode, 1400 Sthachalrode, 1464 Stachelrode): PN Stahal + rode (Größler 1903, 110). Ziegelroda (1174 Mathilderode, 1177 Mathilderode, 1300 Mechtilderothe, 1400 Mechtilderode, 1464 Mächtilrode, 1515 Mechtilderotha, „dann“ 198 Rode, seit 1667 Ziegelrode): PN Mathilde 199 + rode (Walther 1971 [DS 26], 80 200; Böhme 1909, 65 f.; Größler 1903, 107 und 109 f.).
195 Hier wird einer Herleitung von dem genannten Personennamen der Vorzug gegeben; indes scheint ein Deappellativum wahrscheinlicher zu sein, da eine überaus nachvollziehbare Motivation nach der Beschaffenheit des Bodens gegeben ist. 196 Wohl Verschreibung für -disrhode. 197 Eher wäre *Schnapphard o. ä. zu erwarten, was aber so nicht bezeugt zu sein scheint. Vgl. auch Schnapp bei Zoder 1968, 2, 537. 198 So Böhme 1909, 65. 199 Nach Böhme 1909, 65 geht der Name auf die Gattin Ludwigs II. von Wippra am Anfang des 12. Jahrhunderts zurück. 200 Die Nennung des Namens an der angegebenen Stelle erfolgt im Zusammenhang mit der späteren Umbenennung und nicht im Kontext frühmittelalterlicher Namen; daher ist der Name hier in Kolumne 3 einzuordnen.
Jüngere Bildungstypen
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Einige weitere Namen sind hier nicht zu berücksichtigen. Landgrafroda verweist durch seine Namengebung auf die politischen Verhältnisse des Hochmittelalters; zur Zeit der Entstehung des HZV existierte dieser Ort noch nicht. Dies dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit auch für die folgenden Namen gelten, für die bislang keine schriftliche Überlieferung vorliegt. Hierzu zählen Bennrod und Hartenrode bei Karsdorf /Steigra (beide genannt bei Größler 1903, 108) sowie einige auf den Historischen Messtischblättern verzeichnete Namen: Dittgerode (2601.F), Sickerode (2529.F), Stegelrode (2529.a), Lützkerode (2529.d).
Die Verbreitung der Namen dieses Bildungstyps (Tafelteil, Abb. 13, S. 229) lässt drei Schwerpunkte erkennen: 1. ein Areal im Unterharz, das sich westlich bis Eisleben zieht und offenbar Zeugnis eines auch andernorts bezeugten großflächigen Ausgreifens von Rodungen im 7.– 9. Jahrhundert ist (Debus /Schmitz 2004, 3488; Eigendorf 1960, 17); 2. ein sehr dichtes Areal, das die Hochfläche zwischen Freyburg, Merseburg und Weißenfels einnimmt, einem vormaligen großen Wald, „der sich auf der lößbedeckten Muschelkalkplatte von den Vierdörfern bei Querfurt an bis nach Freyburg a. U. [= an der Unstrut – Ch. Z.] hinzog und dessen Rest jetzt den slawischen Namen ‚Alte und neue Göhle‘ (gola), auf deutsch ‚Heide‘ führt“ (Größler 1903, 106 201); 3. einige verstreute Orte zwischen beiden Arealen, wobei es sich insbesondere um Ansiedlungen im Bereich des heutigen Ziegelrodaer Forsts handelt (vgl. Größler 1903, 106). Selbstverständlich ist nicht zu bestreiten, dass viele rode-Orte zur Zeit der Aufzeichnung des HZV noch nicht existierten, also jüngere Gründungen sind. Dies dürfte insbesondere für das südliche Areal zutreffen, das seine Entstehung einem hochmittelalterlichen Ausbauprozess zu verdanken scheint, der jedoch weiter nicht belegt ist. Auch bei den verstreuten Namen in der Mitte dürfte es sich um Benennungen jüngerer Ausbausiedlungen an der Peripherie der älteren Orte handeln, wobei die Personennamen Schnapper und ggf. Schmelzer eher der hoch- und spätmittelalterlichen Bei- und Familiennamengebung zuzuordnen sind. Im Harz jedoch ist angesichts des relativ dichten Areals, das sich nach Südwesten ins Eichsfeld hinein fortsetzt und dort „vorwiegend“ im 10./11. Jahrhundert entstanden sein soll (Rosenkranz 1990, 94), nicht davon auszugehen, dass die nicht im HZV belegten Namen generell jünger sind als das HZV. Dennoch findet sich gerade hier, nur wenige Kilometer entfernt von den im HZV bezeugten Toponymen, ein Beleg, der wie kein anderer die späte Entstehung eines -rode-Namens illustriert. Noch 1388 ist Hainrode belegt als Henriche vom Hayn czu Ruden (Loga 2007, 49 f.). Die Entwicklung eines festen Siedlungsnamens erfolgte also erst im späten Mittelalter. Dies mahnt zur Vorsicht gegenüber Schlüssen, die aus der Arealität für Einzelfälle abgeleitet werden: Dicht beieinanderliegende, analog gebildete Namen können also im Abstand eines halben Jahrtausends entstanden sein.
201 Die slavische Herleitung des genannten Namens ist prinzipiell richtig.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
Kolumne
nicht in DS 26
1
2
3
Eggihard (Etzkerode)
Wolfo (Wolferode)
Anniko (Henkerode)
Areal 1 PN
Hardar¯e/¯ad (Hackerode)
Daiko (Deikerode)
Hildiburg (Klosterrode)
Erwin (Erwinsrode)
Ebeko (Epkeborn) Gebahard (Gebhardsrode) Ha(t)ziko (Hessenrode) Cun(o) (Kunrode) Schnapper (Schnapsrode)
Appellativ ahd., asä. h¯oh ‘hoch’ (Hohenrode)
mhd. smalz ‘ausgelassenes Fett’ (Schmalzerode)
Areal 2 PN
aso. *Słavobor (Schleberoda)
Adelbrecht (Albersroda) Ba /edilo (Bärsrode) Baumer (Baumersroda) Berthold (Petersrode) Burghard (Borkersrode) Eberhard (Ebersroda) Prando (Branderoda) Snello (Schnellroda)
Appellativ
mhd. münech ‘Mönch’ (Müncheroda) mhd. schûlen ‘verborgen sein’ (Schulenrode)
Areal 3 PN
evtl. Brun_ (Brommerrod) Franco (Frankenrode) Hildebrecht (Hildebrechtsrode) Johann (Johannrode) Mathilde (Ziegelroda) Stahal (Stachelroda)
Appellativ Tab. 3.8: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -rode
mhd. ebdische ‘Äbtissin’ (Äbtischrode)
Jüngere Bildungstypen
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Deanthroponymische Bildungen überwiegen in allen drei Arealen (Tab. 3.8). Im Harzgebiet fällt auf, dass das HZV fast ausschließlich zweigliedrige Namen bietet, die übrigen Namen jedoch Kurznamen zur Grundlage haben, die fast ausschließlich mit dem Suffix -k_ gebildet werden. Dieser signifikante Unterschied spricht gegen eine chronologische Gleichsetzung beider Namengruppen, er könnte aber auch andere Ursachen haben. Unter der Voraussetzung, dass Kurz- und Vollnamen keine starren Varianten in der Personennamengebung waren, sondern okkasionell wandelbar waren (Wolfgang kann auch als Wolf oder Wölfchen bezeichnet werden), die sich auch schriftlich niederschlagen konnten, wäre zu vermuten, dass das HZV die Personennamen akribisch in ihrer Vollform verzeichnet hat, bei späteren Niederschriften jedoch ökonomischer nur eine gekürzte Form Verwendung fand. Immerhin sind auch Etzkerode und Hackerode später nur in der Kurzform belegt, vgl. 1347 Eskenrode, 1437 Hatzkerode. In den anderen Arealen überwiegen aber gerade zweigliedrige Vollnamen, die nicht selten noch in spätmittelalterlichen Belegen ungekürzt begegnen, wie es auch bei dem HZV-Namen Kloster- bzw. Hildeburgsrode der Fall ist. Die Namen auf -rode kohabitieren nur in geringem Maße mit denjenigen auf -dorf; nicht anders ist das areale Verhältnis zu den älteren Bildungstypen (Tafelteil, Abb. 13, S. 229). Das südliche Ausbaugebiet tritt deutlich als Insel hervor; hier liegen auch Namen auf -rode und -dorf eng beieinander. Im Harzgebiet befinden sich Namen auf -rode mit älteren Bildungen im Gemenge, insbesondere Bildungen auf -stedt, -ingen, -heim und -aha. Hier dürfte das Grundwort -rode, auch bei nicht im HZV gelisteten Bildungen, nicht ohne Weiteres dem hochmittelalterlichen Landesausbau zuzuweisen sein; vielmehr dürfte eine Produktivität in frühmittelalterlicher Zeit sehr wahrscheinlich sein. Im Harzgebiet ist hier aber von den weiter westlich gelegenen Arealen rund um den Hornburger Sattel zu trennen, wo ein früheres Waldgebiet gerodet wurde (Eigendorf 1960, 17); die Namen könnten hier auch später entstanden sein. In Bezug auf das südliche Areal ist eine slavische Vorbesiedlung zu vermuten, da in den südwestlichen Gemarkungen des Areals eine Reihe von Flurnamen vorliegt, die offensichtlich aus dem Slavischen zu erklären sind 202. Damit wäre nicht von Gründungen aus wilder Wurzel auszugehen, sondern von einem Transformationsprozess, der ein älteres slavisches Siedlungsbild überlagerte, zumal slavische Siedlungsnamen in unmittelbarer Nachbarschaft des -rode-Areals liegen.
202 Göhle (Müncheroda), Göhlfeld (Schleberoda), Kautzschke (Gleina), Kraksche/Kratsche (Baumersroda), Cratzschke (Schleberoda), Lietzschke (Müncheroda), Lietzschke, Löbnitz (Windhausen), Mucke (Baumersroda und Ebersroda), Pontzig (Schleberoda), Schäpe (Schleberoda), vgl. Böhme 1909, 12, 33 f. und 47 sowie Naumann 1922, 10. Eine Bearbeitung dieser Flurnamen ist an anderer Stelle vorgesehen.
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Die deutschen Siedlungsnamen
3.4.4 Das Grundwort -bach Während Bildungen auf -bach, die sich chronologisch nicht einschränken lassen (Casemir 2003, 379–381), sehr häufig sind, ist das synonyme, aber in älterer Zeit produktive Grundwort -aha im Gebiet des HZV lediglich in drei Namen festzustellen (vgl. Abschnitt 3.3.6) 203. Dieses Verhältnis scheint dafür zu sprechen, dass die toponymische Landschaft der Region keinen sehr alten Charakter aufweist. Ein arealer Vergleich beider Endelemente, der die Aussage nachprüfen könnte, dass Namen auf -bach weiter bachaufwärts liegen als solche auf -aha (Walther 1971 [DS 26], 149) ist bei nur drei Namen auf -aha, deren Erklärungen z. T. über Vermutungen kaum hinausreichen, kaum angebracht. Die im HZV belegten Toponyme auf -bach überwiegen: Kolumne 1: Brumbach, HZV Nr. 232, Wg. ((845) 11. Jh. Brunbach, 1349 villa Branbeke, 1400 Brunbeke, 1430 Brumbach, auch Brambach, 1477 Brunnbach): ahd., asä. br¯un ‘braun’+ bach (Loga 2007, 26 f.; Walther 1971 [DS 26], 259; Neuß 1971, 33–35 (Nr. 28); Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 308). Klosterrohrbach, HZV Nr. 2 ((845) 11. Jh. Rurbach, 1050 (K.) Rorbeche, 1285 (K.) Henricum de Rorbach, 1317 in villa Rorbeche, 1347 Rhorbach usw.): ahd. r¯or ‘Rohr, Schilf’ + bach (Loga 2007, 100 f.; Walther 1971 [DS 26], 261; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4; Wolf 1955, 295). Leimbach, HZV Nr. 99 ((845) 11. Jh. Leimbach, 1181 Limbeke, 1214 de Leimbeche, 1283 Limbecke, 1400 Lymbech): ahd. leimo ‘Lehm’ 204 + bach (Walther 1971 [DS 26], 260; Böhme 1909, 29; Größler 1903, 74; Wolf 1957, 204; Wolf 1956a, 12; Wolf 1955, 301). Rothenschirmbach, HZV Nr. 33 ((845) 11. Jh. Scrinbechiu, 1141 Scirimbich, (ca 1150) in Schermbeke, (1175–1178) inter Skirmbeche et Horenberch, (1200) A. 13. Jh. Otto de Scerenbeche, 1261 Schermbecke, (O. D. um 1300) (A. 16. Jh.) in villa Scher(mbeke), (1317) A. 16. Jh. in campis ville Schernbech, 1364 Scherembeke, 1473 (A.) Schernbech, 1490 Rothenschermbech / Rotenschermbich, (1513) Rothen Schernbich): asä. sk¯ır(i), mnd. sch¯ır ‘rein, lauter, schier’+ bach (Freisleben 2007, 107–109; Walther 1971 [DS 26], 261; Böhme 1909, 46 f.; Größler 1903, 75; Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). im Seebich, HZV Nr. 4, Wg./Flurname ((845) 11. Jh. Seobach, 991 Sobechi): ahd., asä. s¯eo ‘See’ + bach, im Sinne eines bei Überflutung sehr breit werdenden Bachs (Loga 2007, 112 f.; Walther 1971 [DS 26], 262; Wolf 1957, 196; Wolf 1956a, 4; Wolf 1956b, 18; Wolf 1955, 295).
203 Das weitgehende Fehlen dieser Namen östlich des Harzes wurde bereits von Walther 1971 [DS 26], 149 festgestellt. 204 Die niederdeutschen, Lim- zeigenden Belege dürften von asä. l¯emo ‘Lehm’ ausgehen, wobei in Rechnung zu stellen ist, „dass manches i wohl auch nur die geschlossene aussprache des ê anzeigt“ (Lasch 1914, 91, § 147).
Jüngere Bildungstypen
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Sittichenbach, HZV Nr. 22 ((845) 11. Jh. Sidichenbechiu, 932 Sitechenbahque, 1141 in Sichem, (1147–1149) abbas de Siche[m] Vulcuvinus, 1154 in Sidekenbische, [1175–1178] Helphethe et Sichem, 1180 in Sedeckenbecke, 1190 (A. 13. Jh.) in Sychem, 1195 Sychemensi, 1202 in Sychem, 1202 in Sychem, 1209 in Sychem, 1228 in Sychem usw., 1350 in Sedekenbeke, 1357 Sychem, 1359 in Sedichenbech, 1361 in Sychem, 1364 closter Sitkenbeke, 1376 clostir Sichenbech usw.): evtl. PN Sidicho (< Siduger) + bach (Freisleben 2007, 118–120; Walther 1971 [DS 26], 262; Böhme 1909, 51 f.; Größler 1903, 75; Wolf 1957, 1908; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 297) 205. Weißenschirmbach, HZV Nr. 138 ((845) 11. Jh. Scrinbach): asä. sk¯ır(i) ‘rein, lauter, schier’ + bach (Walther 1971 [DS 26], 261; Böhme 1909, 47; Größler 1903, 75; Wolf 1957, 208; Wolf 1956a, 15; Wolf 1955, 304).
Kolumne 2 zugehörige Namen fehlen
Kolumne 3: Mallerbach, Wg. (1241 (K.) Henricus de Alerbach, 1289 (K.) ville Alrebach, 1290 (K.) villam Malrebach, 1490 Pauwel Mallerbach): ahd. alar als Nebenform zu elira f. ‘Erle (Alnus)’ + bach (Loga 2007, 77 f.; vgl. EWA 2, 1049–1055, insbesondere 1049 f.). Roßbach (1057 Rozpach, 1176 Rosbah, 1218 Rozbach): ahd. riozan ‘weinen, trauern’, ahd. r¯uzen ‘stöhnen, rauschen, knarren o. ä.’ oder ahd. ruozzen ‘aufwühlen, pflügen’+ bach (Böhme 1909, 44; Größler 1903, 74 f.). Schönbach, Wg. (1347 Schonenbeke, 1430 Schönbeck, 1516 ein flegk zw Schenbigk usw.): ahd. sk¯oni, mhd. schœn ‘schön’ + beke /bach (Loga 2007, 108 f.). Weidenbach 206 (1120 Widenbecke, 1340 Wydenbach, 1402 Weidenbech): ahd. w¯ıda ‘Weide (Salix)’ + bach (Böhme 1909, 58; Größler 1903, 75). Zu ergänzen wäre eine eventuelle Wüstung Tiefenbeck ö. Pölsfeld (HMTB 2529.L), die aber weiter nicht belegt ist.
205 Die in den Quellen häufige Bezeichnung des Klosters als Sichem o. ä., die in den ersten beiden Jahrhunderten seiner Existenz die Belegreihe dominiert, wird von Freisleben 2007, 115 festgestellt, aber nicht weiter interpretiert. Es dürfte sich um eine sekundäre Eindeutung des alttestamentlichen Sichem, einer Stadt im Bereich des heutigen Nablus, handeln, die in Gen 12, 6–8, 33, 18–20 und 35, 4 sowie Jos 24 eine Rolle spielt. Inwieweit die jeweiligen Kontexte der Landnahme in Kanaan und der Versammlung der Stämme Israels für Sittichenbach von Bedeutung waren (das Auftreten Sichems als Personenname in Gen 34 dürfte sicher keine Rolle spielen), ist an dieser Stelle nicht zu klären. 206 Heute Altweidenbach.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Bei diesen ursprünglichen Gewässernamen stellt sich die Frage, ob die Siedlungsnamen tatsächlich als Komposita aufzufassen sind oder ob es sich nicht dahingehend um Simplizia handelt, dass eine Transonymisierung zusammengesetzter Bachnamen erfolgte, die aber als solche, quasi im Ganzen, ohne Hinzufügung weiterer onymisierender Elemente, zu Siedlungsnamen wurden (vgl. dazu im Kontext der Flurnamen Tyroller 1996, 1430). Auf diese onomastisch nicht unbedeutende Frage ist hier zwar hinzuweisen, auf sie muss jedoch nicht näher eingegangen werden, da vergleichbare Übertragungen anderer Namen auf Siedlungsnamen, die ähnlich zu beurteilen wären, wie z. B. Winkel (vgl. Abschnitt 3.3.6), zu selten sind, um im Vergleich mit den Transonymisierungen auf -bach aussagekräftig zu sein. Aus siedlungshistorischer Perspektive dürfte außerdem bei kleineren Bächen in vielen Fällen kaum zu unterscheiden sein, ob primär das Gewässer oder die an ihm liegende Siedlung benannt wurde. Praktikabel und auch sachlich naheliegend erscheint die Annahme, dass sich der Benennungsakt auf beide Objekte gleichzeitig bezogen hat, wobei für die Ortschaft das Charakteristikum der Lage an diesem Gewässer ausschlaggebend war. Damit ist es gerechtfertigt, für eine strukturelle Analyse diese Toponyme analog den übrigen Siedlungsnamen zu betrachten. Hierbei ergibt sich ein klares Bild (Tab. 3.9). Es handelt sich überwiegend um deappellativische Bildungen, während ein Personenname eine Ausnahme darstellt. Die Bestimmungswörter zeigen ein typisches Inventar von Motivationsmöglichkeiten für Gewässer: Die Färbung des Wassers und charakteristische Pflanzen. Ein ‘klarer Bach’ kann dabei leicht zweifach vorliegen, wobei eine Differenzierung beider in größerer Entfernung voneinander liegender Orte durch unterscheidende Attribute erst in Zeiten zunehmender schriftlicher Kommunikation notwendig wird. Dass dann schon das altsächsische Bestimmungswort nicht mehr verstanden wurde, ist einerseits im Lichte der durch die Schriftbelege dokumentierten starken sprachlichen Verformung ganz natürlich, wird aber andererseits durch die hinzugefügten Attribute deutlich. Diese greifen offensichtlich mit der Färbung die gleiche Motivation auf, die schon für die ursprünglichen Benennungen ausschlaggebend war 207.
207 Für Böhme 1909, 46 waren die von rotem Ton bestimmten Bodenverhältnisse für die Benennung maßgeblich; während weiß lediglich der Kennzeichnung des Gegensatzes dient, ohne nachvollziehbares naturräumliches Charakteristikum. Größler 1903, 75 als Kenner der lokalen Topographie bezieht hingegen die Benennungen konkreter auf den Untergrund, der zum einen vom hier ausgehenden Rotliegenden (der älteren Formation des Perm), zum anderen aber von weißgrauem Muschelkalk (der mittleren Trias) geprägt ist.
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Jüngere Bildungstypen
Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26 2
nicht in DS 26
Kolumne
1
PN
Sidicho (Sittichenbach)
3
Appellativ
ahd., asä. br¯un ‘braun’ (Brumbach)
ahd. alar ‘Erle (Alnus)’ (Mallerbach)
ahd. leimo ‘Lehm’ (Leimbach)
ahd. riozan ‘weinen’ o. ä. (Roßbach)
ahd. r¯or ‘Rohr, Schilf’ (Klosterrohrbach)
ahd. sk¯oni ‘schön’ (Schönbach)
ahd., asä. s¯eo ‘See’ (Seebich)
ahd. w¯ıda ‘Weide (Salix)’ (Weidenbach)
asä. sk¯ır(i) ‘rein, lauter, schier’ (Rothenschirmbach) asä. sk¯ır(i) ‘rein, lauter, schier’ (Weißenschirmbach) Tab. 3.9: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -bach
Auch die Toponyme mit dem Grundwort -bach beschränken sich, wie schon die Namen auf -hausen, auf das Gebiet westlich der Weida. Ob hinsichtlich dieser Ausschließlichkeit zwischen beiden Namengruppen ein direkter Zusammenhang besteht, ist aber eher zu bezweifeln. Einige Orte liegen am Rand des Helmerieds, meistens aber am Oberlauf kleinerer Bäche, was der o. g. Beobachtung bei Walther 1971 [DS 26], 149 vollends entspricht. Areale Besonderheiten der zahlenmäßig hervorstechenden Namen im HZV sind nicht auszumachen (Tafelteil, Abb. 14, S. 230), demgegenüber ist aber die Nachbarschaft von Brumbach (im HZV) und Schönbach (nicht im HZV) bei Wippra interessant, die evtl. als Indiz dafür zu werten ist, dass nur ein Teil der im 9. Jahrhundert bestehenden Siedlungen im HZV aufgezeichnet wurde. Die schriftlichen Zeugnisse für niederdeutsche Sprachformen beschränken sich auf den Norden, das Einzugsgebiet der zur Salza hin abfließenden Bäche, was auf den ersten Blick im Hinblick auf die nur wenig nördlicher verlaufende ik /ich-Linie auch plausibel erscheint. Dennoch liegen Ortsnamenformen auf -beke noch aus späteren Jahrhunderten aus dem Gebiet südlich der Unstrut vor (Bischoff 1967, 236, Abb. 27), was die begrenzte Aussagekraft der wenigen hier behandelten frühen Namenbelege deutlich macht.
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Die deutschen Siedlungsnamen
3.4.5 Die Grundwörter -burg/-berg und -tal Für die Siedlungsentwicklung handelt es sich hierbei um chronologisch wenig merkmalhafte und daher weniger beachtete Grundwörter, sieht man von der Bedeutsamkeit von Befestigungsanlagen ab, welche bereits in früher Zeit durch das Grundwort -burg markiert sein können. Dass ihnen hier ein separater Abschnitt gewidmet wird, liegt an der relativ großen Zahl vorliegender Namen, unter denen im HZV belegte Toponyme dominieren. Diese Dominanz wäre noch markanter, wollte man hier alle Namen der Liste B aufführen, also auch diejenigen, bei denen das Element -burg nicht an ein Bestimmungswort, sondern an ein Toponym stereotyp angefügt wurde 208. Auf die Bildungsweise dieser Burgennamen wird weiter unten eingegangen (Kap. 4). -burg, Kolumne 1: Beyernaumburg, HZV Nr. 14 und 241 ((845) 11. Jh. Nuinburc, (866–900) Niuuenburg, 979 Niuuanburch, 1120 Niuvenburhc, 1136 Nienburch, 1197 (K.) Neumburgk, 1219 Neumburg, 1249 (K.) advocatus de Beiger-Nyenborch, 1262 (K.) Nienburg, 1302 (K.) Beyernigenburch, 1308 (Or.) Beyernigenburch, 1325 (K.) Nigenborch, 1364 (Or.) Bayer-Naumburg usw.): asä. niuwi ‘neu’ + burg 209 (Loga 2007, 81 f.; Walther 1971 [DS 26], 318; Wolf 1957, 197 und 215; Wolf 1956a, 5 und 20; Wolf 1955, 296 und 308). Hornburg, HZV Nr. 34 ((845) 11. Jh. Hornberc, 932 Hornpergi, 994 Quae ex Oscherslevo tenditur usque Hornaburhc, 1120 in Horenberg, 1128 Guncelinus de Horneburch, 1195 Hornburc, 1234 Horneburch usw.): ahd., asä. horn ‘Horn, Berg-, Landspitze’ + berg (Freisleben 2007, 64 f.; Walther 1971 [DS 26], 317; Neuß 1971, 152 f. (Nr. 116) sowie 129 f. (Nr. 98); Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 6; Wolf 1955, 297). Korbesberg, HZV Nr. 46 und 247, bei Lengefeld ((845) 11. Jh. Gerbergoburc, (866–900) 11. Jh. Gerburgoburg, 979 Gerburgaburch): f. PN Gerburga + burg (Walther 1971 [DS 26], 317; Wolf 1957, 200 und 218; Wolf 1956a, 8 und 21; Wolf 1956b, 20; Wolf 1955, 298 und 309; Grimm 1958, 303, Nr. 596). Kuckenburg, HZV Nr. 106 und 254 ((845) 11. Jh. Cucunburg, (866–900) 11. Jh. Cucunburg, 979 castellum Cucunburch, 1004 Cucinburg, 1120 Kuckenburg, 1182 Cukenburch, ab 1201 Kockenborg, Kockenburch, Kuckenburg): evtl. aso. PN *Kuk_(n) + burg, sekundär an ahd. guck¯on ‘schauen, gucken’ angeglichen? (im Sinne von Schauenburg) 210 (Walther 1971 [DS 26], 317 f.;
208 Helfta (HZV Nr. 240 und 38), Allstedt (242 und 43), Schraplau (244 und 65), Bornstedt (245 und 21), Querfurt (249 und 103), Burgscheidungen (250, 151 und 153), Burgwerben (251, 257, 214 und 216), Mücheln (252 und 175), Goseck (253 und 170), Lettin (255 und 75), Holleben (256 und 131). 209 Das erst in jüngerer Zeit hinzutretende Attribut Beier- kann hier unberücksichtigt bleiben. 210 Ein Äquivalent zu ahd. guck¯on ist im Niederdeutschen nicht belegt (vgl. DWB 9, 1033: „fehlt dem nd.“); hier als semantische Entsprechung kiken. Dessen Einfluss führte erst zur Anlautverhärtung k¯uken im Mittelhochdeutschen (Kluge /Seebold 2011, 379, die aber in diesem Fall bereits für das 9. Jahrhundert, also viel zu früh, vorliegen müsste. Daher und angesichts der Konsequenz des K-Anlauts in den Belegen wäre an ein anderes Etymon zu denken, etwa an den oben angegebenen
Jüngere Bildungstypen
135
Böhme 1909, 28; Größler 1903, 101 f.; Wolf 1957, 205 und 219; Wolf 1956a, 13 und 21; Wolf 1955, 302 und 309). Merseburg, HZV Nr. 212 und 243 ((845) 11. Jh. Mersiburc ciuitas, (866–900) 11. Jh. Merseburg, (932) um 1150 in Merseburc, 949 Mersapurac, 952 Merseburg, (965) Ende 16. Jh. Mersburg, 968 Merseburg(o), 973 Mersiburg, 974 Mersabu[r]g, 975 Merseburch, 980 Merseburg, 1030 Mersiburg, 1043 Meresburg usw.): wohl ur-/westgermanisch *mers¯o ‘(mit) Kies /Schotter (versehen)’ 211 + burg (Bichlmeier 2016a; Bichlmeier 2015; vgl. hinsichtlich vorheriger Überlegungen Zschieschang 2016a, 96–99; Zschieschang 2016b, 207–209; Zschieschang, im Druck b; Greule 2014, 347; Hartig 2012; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 218–220; Eichler /Walther SNB, 186 f.; Eichler 2001, 24 f.; Wolf 1957, 213 und 216; Wolf 1956a, 18 und 20; Wolf 1955, 307 und 308). Seeburg, HZV Nr. 42 und 246: ((845) 11. Jh. Seoburc, (866–900) 11. Jh. Seoburg, (952) A. 18. Jh. in Seborch, 980 in Seburg, 1120 in Seburch, 1136 in Seburch, (1179) A. 16. Jh. Seburg, 1180 castrum nostrum Seburch, 1184 castrum Seburg, 1191 castrum nostrum Seburg, 1211 ex parte altera de Seburgensi, 1318 Seborch usw.): ahd., asä. s¯eo ‘See’ + burg (Freisleben 2007, 114 f.; Walther 1971 [DS 26], 319; Wolf 1957, 199 und 217; Wolf 1956a, 7 und 20; Wolf 1955, 298 und 309). Spielberg, HZV Nr. 142, 144, 147 und 261: ((845) 11. Jh. Spiliberc, (M 9. Jh.) 11. Jh. 212 Spiliberg, 954 villa Spileberg vocata, quae etiam alio nomine Sibrivici dicitur, in marca quoque quae Smeon nominatur sita, 1053 Spiliberch): wohl ahd. spëllon ‘feierlich reden, sprechen, vortragen’ + berg, vielleicht ‘Gerichtsstätte’ (Walther 1971 [DS 26], 319; Böhme 1909, 52 f.; Größler 1903, 102; Wolf 1957, 208; Wolf 1956a, 15 und 22; Wolf 1955, 304). Vitzenburg, HZV Nr. 57, 59 und 248 ((845) 11. Jh. Fizenburc, (866–900) 11. Jh. Vizenburg, 979 Vitzanburch, 991 Vicenburg, 1197 Vizenburg, 1334 Wyzenburg, 1400 Vytzenborch): PN Fizzo + burg (Walther 1971 [DS 26], 320; Böhme 1909, 56 f.; Größler 1903, 103; Wolf 1957, 201 und 218; Wolf 1956a, 9 und 21; Wolf 1955, 299 und 309).
-burg, Kolumne 2: Wimmelburg ((1038) in Wimilaburch, 11. Jh. Wimodeburg, 1108 Wimodeburhc, 1121 Wimodeburg, 1177 Wimodeburg, 1195 in Wimodeburch, 1196 in Wimedeburc, 1205 Wimodeburg, 1215 in Wimedeburch, 1272 Wymedeburgk, 1313 in villa Wimedeburch, 1318 ecclesie in Wimedeborch usw., 1411 czu Wymedeborg, 1420 Wimelborgk, 1449 in Wymelborg, 1455 zu Weymelburg, 1463 altsorbischen Personennamen *Kuk_(n) (vgl. Eichler SO 2, 94 zu Kuckau; Svoboda 1964, 127 (unter 61172)). 211 Ein weiterer Vorschlag, die Herleitung des Namens aus *mars ‘sichere Stellung in hoher Lage’ (so Hengst 2016, 64–66) ist weniger wahrscheinlich, da das Etymon als Fachterminus der Schifffahrt offenbar romanischen Ursprungs ist (vgl. dazu knapp Zschieschang 2016a, 110, Anm. 62; Zschieschang 2016b, 215, Anm. 19) und daher Anknüpfungen an ältere Lexeme kaum maßgeblich sein dürften. 212 Es handelt sich hierbei um einen Beleg aus dem Teil C des HZV, der zeitlich zwischen A und B einzuordnen ist (Schröder 1897, 9).
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Die deutschen Siedlungsnamen
Weymelborgk, 1480 Wymmelburg usw., mdal. weimelbork): f. PN Wi(g)mod + burg (Freisleben 2007, 142–144; Walther 1971 [DS 26], 320).
-burg, Kolumne 3: Lutisburg, vgl. HMTB 2976 (1036 Ludesburg, 1067 Wilhelmus rex de Lutisleve, 1147 Ludesburg, 1156 Ludesborch, Lodesborch): PN L(i)udo (< Liudolf ) + burg (Größler 1903, 102 f.).
Die Schwemeburg (HZV Nr. 258) ist nicht sicher zu lokalisieren und damit gemäß den in Abschnitt 1.5 formulierten Prämissen hier nicht weiter zu berücksichtigen (vgl. Größler 1903, 102; Wolf 1957, 220; Wolf 1955, 309; Wolf 1956b, 21; Grimm 1958, 280, Nr. 479); auch die sprachliche Erklärung ist nicht eindeutig (Walther 1971 [DS 26], 319). Urkundlich nicht sicher belegt ist die Weißenburg bei Zscheiplitz, die ihren Namen nach dem dort anstehenden weißen Muschelkalk erhalten haben könnte (Größler 1903, 102). Die Wüstung Klein-Hornburg (HMTB 2603.A) ist im Zusammenhang mit Hornburg (HZV Nr. 34) zu sehen; die Existenz einer separaten „Anlage aus der fränkischen Ausbauzeit“ (Neuß 1971, 152 f. (Nr. 116)) ist in Zweifel zu ziehen, bzw. aus rein namenkundlicher Sicht hier nicht weiter zu berücksichtigen.
Die Lokalisierung der Seoburg im heutigen Seeburg dürfte unstrittig sein. Der Lagebezug ist im Hinblick auf die Namenmotivierung an Deutlichkeit kaum zu übertreffen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Hocsioburg des Jahres 743 hiermit zu verbinden ist oder nicht. Hierbei ist einerseits zu bedenken, dass es viele Seen gibt, die zur Benennung einer Örtlichkeit in Frage kämen, und dass andererseits nicht -seo-, sondern -sio- geschrieben wird. Zweifel an einer Identifikation mit Seeburg werden bereits seit Langem geäußert: „Uebrigens [sic!] kann dem Versuch, in der Seeburg die bekannte Hoohseoburg des karolingischen Feldzugs von 743 und die ‚Gauburg‘ des als ‚Hochseegau‘ gedeuteten Hassegaus zu erblicken, auch mit Rücksicht auf das Zehntverzeichnis nicht beigepflichtet werden, anderer geographischer Gründe zu geschweigen.“ (Wolf 1956a, 28)
Auch in der Namenforschung herrscht diesbezüglich Skepsis (Freisleben 2007, 115; weniger kritisch ist Walther 1971 [DS 26], 319). Letztendlich ist die Lokalisierung der Hocsioburg für die vorliegende Untersuchung nicht von großer Bedeutung. Hinsichtlich des Verhältnisses der beiden Varianten des Grundworts -burg/-berg bietet sich ein überaus eindeutiges Bild: Abgesehen von zwei Namen finden sich ausschließlich Schriftbelege mit -u- im Grundwort. Ein Wechsel zwischen -u- und -e- ist nur bei Hornburg zu beobachten, während das schlecht belegte Spielberg ausschließlich -e- zeigt. Interessanterweise handelt es sich bei diesen beiden Namen um die beiden im HZV nicht als Burg genannten Toponyme. Daraus wäre zu schließen, dass es sich nicht um Befestigungen gehandelt hat. Dies würde aber eine konsequente Verwendung der beiden Varianten des Grundworts – eine für Befestigungen, die andere für unbefestigte Erhebungen – voraussetzen, was die Belege der im HZV enthaltenen Namen immerhin sehr eindeutig nahelegen. Die Gebundenheit von Na-
137
Jüngere Bildungstypen
men mit dem Grundwort -burg an nachweisliche Befestigungen wurde bereits für Niedersachsen festgestellt (Casemir 2003, 389), ebenso der Ausnahmecharakter des Schwankens zwischen -berg und -burg bei nur einzelnen Toponymen (Casemir 2003, 385 f.; Casemir /Menzel /Ohainski 2011 [NOB 7], 236). Fast ebenso eindeutig zeigt sich die Statistik der Bestimmungswörter (Tab. 3.10). Deappellativische Bildungen überwiegen. Dass die nicht im HZV genannten -burgNamen demgegenüber Deanthroponymika sind, dürfte bei nur zwei Namen Zufall sein. Auch wenn diese beiden Toponyme strukturell nicht anders zu bewerten sind als die im HZV belegten, ist nicht mit Sicherheit zu behaupten, dass sie bereits im 9. Jahrhundert existierten. In ihrer Arealität zeigen die -burg-Namen keine Besonderheiten; sie sind über das ganze HZV-Gebiet verbreitet (Tafelteil, Abb. 15, S. 231). Die letztlich geringe Zahl der Toponyme verbietet hier weitere Beobachtungen. Ortsnamen Im HZV
Nicht im HZV in DS 26
nicht in DS 26
Kolumne
1
2
3
PN
Gerburga (Korbesberg)
Wi(g)mod (Wimmelburg)
L(i)udo (Lutisburg)
Fizzo (Vitzenburg) aso. *Kuk_(n) (Kuckenburg) GewN
germ.. *mers¯o ‘Kies, Schotter’ (Merseburg)
Appellativ
asä. niuwi ‘neu’ (Beyernaumburg) ahd., asä. horn ‘Horn u. ä.’ (Hornburg) ahd., asä. s¯eo ‘See’ (Seeburg) ahd. spëllon ‘feierlich reden’, Gerichtsstätte (Spielberg)
Tab. 3.10: Die Basiselemente der Ortsnamen auf -berg/-burg
Die Ergänzung durch das antonymische Grundwort -tal folgte dem Bestreben nach sachbezogener Übersichtlichkeit; aussagekräftige Ergebnisse sind angesichts der geringen Zahl der vorliegenden Namen nur zum Teil möglich. Dass die vorliegenden Namen auf -tal mit den Bildungen auf -berg/-burg in einem Zusammenhang stehen, ist unwahrscheinlich: Helmstal, Wg. (1220 Helmesthale, 1319 Helmstal, 1353 Helmsthal, 1422 Helmesdal, 1465 Helmesdal): < FlN Helme oder PN Helm(_) + tal (Loga 2007, 52 f.).
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Die deutschen Siedlungsnamen
Othal (1486 das Ochthal): unklar, evtl. mhd. ouwe, mnd. ô, ouwe ‘Aue’ + tal 213 (Loga 2007, 88 f.). Teutschenthal/Deussen, HZV Nr. 90, 92, 95, 98 und 101 ((845) 11. Jh. Dussina, 1136 Dusne, 1363 Deussenthal, 1400 Tutzenthal): *Dušina/*Dušna zu *duch ‘Geist’, ursprünglich wohl GewN (Eichler SO 4, 19; Walther 1971 [DS 26], 230; Eichler HZV, 153; Hengst 1990, 249; Neuß 1971, 446; Wolf 1957, 204 f.; Wolf 1956a, 11–13; Wolf 1955, 301 f.). Für eine Wüstung Moder- oder Miedertal ist mit nur einem, und überdies sehr jungen Beleg (1729 Maidertal) keine eindeutige Grundform zu ermitteln (vgl. Neuß 1971, 225–227 (Nr. 175)).
Sie dürften viel jünger sein als die -burg-Namen. Dass sich Helms- und Othal dicht beieinander befinden und jeweils die Nähe einer im HZV bezeugten Burg suchen, dürfte dem Zufall geschuldet sein. Bei Teutschenthal ist das spätere Erscheinen des Endelements schriftlich bezeugt. Es steht wohl im Zusammenhang mit einem Transformationsprozess, indem eine Gruppe kleinerer Einzelsiedlungen zunehmend als eine Einheit betrachtet wurde. Hierbei handelt es sich um eine Agglomeration von sechs oder sieben sehr dicht beieinanderliegenden Ortschaften, die namentlich nachweisbar sind (vgl. auch Neuß 1995, 122): Deussen (HMTB 2604.O, vgl. Abschnitt 2.3 214), Gottsdorf (HMTB 2604.P, vgl. Abschnitt 3.4.1), Bossdorf (HMTB 2604.Q, vgl. Abschnitt 3.4.1), Ibitz (HMTB 2604.R, vgl. Abschnitt 2.3), Ösnitz (HMTB 2604.S, vgl. Abschnitt 2.3), Wordheim/Würden (Neuß 1971, 446; auf HMTB 2604 verzeichnet).
Dieses Konglomerat wird ergänzt von der Wüstung Kusdorf (1452 Koischdorf; Neuß 1971, 188 f. (Nr. 149)) und evtl. von Nachsdorf , ebenfalls einer Wüstung, deren Lage jedoch unbekannt ist (Neuß 1971, 240 f. (Nr. 184)). Gemeinsames Kennzeichen dieser Siedlungen war ihre Lage im Tal des heutigen Würdebaches, das für die Benennung der Agglomeration Pate stand. Dabei steht Dussina sowohl für eine der Siedlungen als auch für den Bach, dessen Name wohl ursprünglich so lautete. 213 Ein erheblich früherer, noch bei Loga 2007, 52 genannter Beleg 1146 (K.) in Occandale gehört nicht zu dieser Ortschaft. Hinzu tritt allerdings 1473 an dem Otale. Abgesehen davon, dass eher ein Flurname vorzuliegen scheint, verändern sich die lautlichen Voraussetzungen für die Erklärung des ˆ Namens grundlegend, und mnd. öken ‘mehren, vergrößern’ sowie mhd. ocker ‘Ocker’ kommen als Anknüpfungspunkte nicht mehr in Frage. Vielmehr ist an Stelle von Ok- von Oh- auszugehen, weshalb die oben genannte Anknüpfung in Erwägung zu ziehen ist. Diese Informationen verdanke ich Kristin Loga, die mir freundlicherweise vertrauensvoll einen Einblick in ihre laufenden Forschungen ermöglicht hat. 214 Aus diesem Namen entwickelte sich Teutschenthal. Die Eintragung als Wüstung auf dem HMTB ist wie auch bei den folgenden nicht ganz korrekt, da die Orte trotz der onymischen Zusammenfassung weiterbestanden.
Sporadisch auftretende Bildungsmuster
139
Im Kontext vergleichender Untersuchungen zur frühen Besiedlung des östlichen Frankenreiches verdiente dieser Fall besondere Aufmerksamkeit, zumal sich slavische und deutsche Benennungen hier in unmittelbarer Nachbarschaft befinden. Lohnend erscheint insbesondere eine detaillierte Betrachtung der Topographie und der Flurstrukturen, was aber im Rahmen der Analyse des toponymischen Umfelds des HZV nicht Gegenstand sein kann.
3.5 Sporadisch auftretende Bildungsmuster Im Gebiet des HZV finden sich Grundwörter, die jeweils nur in einem, zwei oder drei Ortsnamen begegnen. Für eine statistische Auswertung sind diese kaum zu verwerten. Es handelt sich dabei aber auch um Bildungen, die ansonsten durchaus häufig auftreten, z. B. auf -hain und -walde. Eine Reihe von Grundwörtern ist aber generell nur in sehr geringem Maße produktiv gewesen, wie die Bände des Niedersächsischen und des Westfälischen Wörterbuches zeigen, wo von insgesamt 115 aufgelisteten Grundwörtern und Suffixen 45 (40 %) in einem oder mehreren Bänden nur jeweils einmal vorkommen, 34 (30 %) überhaupt nur ein einziges Mal und 84, also drei Viertel, in allen Bänden zusammengenommen weniger als zehnmal. Auch wenn es sich im etymologischen und morphologischen Sinne dabei zweifelsohne um Grundwörter handelt, ist doch zu fragen, ob diese tatsächlich als systemhaft zu behandeln sind oder ob sie nur okkasionell auftreten, bezogen auf konkrete Lageverhältnisse oder andere Umstände, die sich aus heutiger Sicht wohl nur selten rekonstruieren lassen. Dass die Zahl der selten auftretenden Basiselemente unter den nicht im HZV verzeichneten Namen größer ist (vgl. Tab. 3.1), verweist darauf, dass das HZV die Toponymie nur bis maximal zum Zeitpunkt seiner Aufzeichnung abbildet; alle erst später entstandenen Namen jedoch nicht mehr berücksichtigen kann. Hierzu gehören u. a. Bildungen auf -walde, die typisch für den hochmittelalterlichen Landesausbau sind und deren Fehlen im HZV nicht weiter verwundert. Dieser Umstand ist jedoch dahingehend nicht überzubewerten, dass es sich zum großen Teil um chronologisch eher merkmallose Elemente handelt. Dem steht gegenüber, dass sich andere, eigentlich für das Hochmittelalter typische Grundwörter (-dorf, -hausen, -rode) wie dargestellt sehr zahlreich bereits im HZV finden. Für chronologische oder areale Fragen geben also diese Restbestände des toponymischen Systems wenig her. Für die meisten ist damit eine über die Auflistung hinausgehende Diskussion nicht ertragreich, während einige Bildungen durchaus eine nähere Betrachtung verdienen.
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Die deutschen Siedlungsnamen
3.5.1 Im HZV auftretende Grundwörter Topographisch markant sind Namen, die auf frühere Überquerungsmöglichkeiten für Gewässer verweisen. Dass ihnen überwiegend ein hohes Alter zukommt 215, ist nicht zu bestreiten, ob dies aber für jeden Einzelfall gilt, wäre jeweils genauer zu prüfen, soweit dies die Quellenlage zulässt. Interessanterweise sind beide hier auftretenden Namen im HZV genannt: Querfurt, HZV Nr. 103 und 249 ((845) 11. Jh. Curnfurt, (866–900) 11. Jh. Curnfurdeburg, 979 Quernuordiburch, ad 1002/08 Brun de castro Quernevorde, 1120 Quernforde, 1144 Querenvorde, 1253 Querenvurte): GewN Querne/*Quirnaha, aus ahd. quirna, churn, asä. quirn, querna ‘Handmühle’ (Walther 1971 [DS 26], 245, 257 und 318; Eichler /Walther SNB, 223; Greule 2014, 420; Böhme 1909, 42; Größler 1903, 76; Wolf 1957, 205 und 218; Wolf 1956a, 13 und 21; Wolf 1955, 302 und 309). Osfurth, HZV Nr. 55, Wg. ((845) 11. Jh. Odesfurt, 1157 Odesfurte, 1168 Odisfort, 1177 Hodesvorde, 1207 Odesforde, 1209 Osforte, 1267 Ostforde, 1277 Odesfurte inter montem, qui Vorst ¯ + furt, vgl. Abschnitt 1.6.1.A (Walther 1971 [DS 26], vocatur, et aquam Unstrut): PN Od_ 245; Böhme 1909, 71; Größler 1903, 77; Wolf 1957, 201; Wolf 1956a, 9; Wolf 1955, 299).
Bei dem ersten Namen ist nicht, wie bisher in der angegebenen Literatur, einfach ein ‘Mühlbach’ anzusetzen, weil das bezeugte hohe Alter des Namens dies kaum zulassen dürfte. Durch das HZV ist der Siedlungsname bereits für das 9. Jahrhundert bezeugt, der ihm zugrunde liegende Gewässername muss noch ein Stück älter sein, mindestens in das 8. Jahrhundert zurückreichen, wenn nicht in noch frühere Zeit. In den ersten Jahrhunderten des frühen Mittelalters hätten Wassermühlen durchaus noch eine größere Besonderheit dargestellt als in späteren Jahren; daher wäre eine entsprechende Gewässerbenennung durchaus vorstellbar. Allerdings ist zu bezweifeln, dass die Wassermühle bereits in dieser frühen Zeit ihren Weg in die Saaleregion gefunden hatte, und zudem dürfte hier die ursprüngliche Bedeutung ‘Handmühle’ noch größeres Gewicht haben. Damit dürfte eine metaphorische Benennung weitaus näher liegen, welche vielleicht die Ufererosion des Gewässers mit dem Mahlen der Handmühle in Verbindung setzt. Dass mit quern nicht nur Hand-, sondern auch Wassermühlen bezeichnet wurden (Udolph 1994, 573–587), ist grundsätzlich natürlich nicht in Abrede zu stellen, allerdings ist daraus kein Automatismus abzuleiten, indem sich alle quirna usw. enthaltenden Benennungen einfach auf Mühlbäche beziehen würden. Die nicht geringe Menge der im deutschen Sprachgebiet kartierten Namen 216 lässt umgekehrt natürlich auch nicht erwarten, dass bei jeder Benennung auf eine reibende, erodierende Wirkung des fließenden Wassers abgehoben wurde. Gleichwohl erscheint die Aus-
215 Bei Walther 1971 [DS 26], 144 f. werden Bildungen mit -furt unter die älteren deappellativischen Bildungen eingeordnet. 216 Udolph 1994, 575–585. Die dort verzeichneten noch viel häufigeren nordeuropäischen Belege sind hier nicht zu thematisieren; sie können ganz anders zu bewerten sein.
Sporadisch auftretende Bildungsmuster
141
sage: „Alle hier kartierten Namen dürften auf Wasser- oder Windmühlen hinweisen“ (Udolph 1994, 586), zu einseitig, zumal die vorgebrachten Beobachtungen nicht zwingend sind. Die für Deutschland getroffene Feststellung, „Bäche mit stärkerem Gefälle, deren Wasser zum Betreiben von Mühlen geeignet ist, finden sich eher im gebirgigeren Süden als im Norden“ (Udolph 1994, 579), kann nicht überzeugen, denn auch in Norddeutschland sind zahllose Wassermühlen zu finden. Einer Argumentation, wonach in den Mittelgebirgsregionen Mittel- und Süddeutschlands die Fließgeschwindigkeit der Gewässer weitaus höher ist als im Flachland des Nordens und demnach hier Ufererosion viel augenfälliger ist, käme da größeres Gewicht zu. Eine eindeutige Entscheidung ist hier jedoch nicht zu treffen – für die Summe der bei Udolph aufgelisteten Namen ohnehin nicht, die im Einzelfall sicher differenzierte etymologische Befunde ergeben, und auch für Querfurt ist das letzte Urteil wohl noch nicht gesprochen. Will man die beiden hier aufgelisteten Namen siedlungsgeschichtlich interpretieren, dann muss berücksichtigt werden, dass weitere Flussübergänge markierende Namen nicht bezeugt sind. Da nicht anzunehmen ist, dass es keine weiteren Furten gab, bleibt das toponymische Bild also fragmentarisch. Ebenso dürfte es um die Reflexe auf slavischsprechende Bevölkerungsgruppen stehen, die in den folgenden Namen vorliegen: Schweinswende, HZV Nr. 18, Wg. ((845) 11. Jh. Sinesuuinidun, 1293 (K.) Swinswende, (1364) K. 16. Jh. Schwinswenden usw.): PN Sino + Winidâ (Loga 2007, 109 f.; Walther 1971 [DS 26], 324; Udolph 1994, 280; Schmidt 1913, 77 f.; Neuß 1971, 340–342 (Nr. 266), 343 (Nr. 269) und 519; Wolf 1957, 197; Wolf 1956a, 5; Wolf 1955, 296). Brechtewenden, Wg. 2601.X (1375 Dorff czu Berchtewende, 1400 Borchtewenden, 1405 Berchtewendin, 1539 Brechtwenden): < PN Bercht + Winid¯a ‘Wenden’ (Loga 2007, 21; Walther 1971 [DS 26], 324; Schmidt 1913, 50 f.).
Hier steht ein Name des HZV einem anderen gegenüber. Beide befinden sich im Westen, weit entfernt von den Toponymen slavischer Herkunft (Tafelteil, Abb. 16, S. 232), und verweisen darauf, dass hier die Anwesenheit slavischsprechender Bewohner eine Besonderheit darstellte. Die Bildung solcher Namen „ist ganz offensichtlich an das Vorhandensein einer Mehrheit deutscher bzw. slawischer Siedlungen in den betreffenden Gegenden gebunden“ (Walther 1993 [1962], 318) 217. Eine auf den ersten Blick naheliegend erscheinende Beziehung zu mehreren sich nördlich anschließenden Toponymen mit dem sich auf Waldrodung beziehenden Grundwort -schwend(e) wie z. B. Braunschwende, Bodenschwende (vgl. Loga 2007, 148 f.; Freisleben 2007, 156) ist nicht gegeben. Etwas häufiger sind Namen mit dem Grundwort -feld (Walther 1971 [DS 26], 163–165; Debus /Schmitz 2004, Karte 222.7):
217 Eine Herleitung von germ. *Winiþi kommt hier nicht in Betracht, vgl. Udolph 1994, 274–284.
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Die deutschen Siedlungsnamen
Lengefeld, HZV Nr. 218, 220 und 222: ((845) 11. Jh. dreimal Langunfeld, 980 Lengiuelt, 991 Lengifeld, 1120 Lengevelt, 1362 Jan von Lengefelt, 1415 Hanse Lengefelde usw.): ahd. lang, lank, asä. lang ‘lang’ (Dat.) + feld (Loga 2007, 72–74; Walther 1971 [DS 26], 299; Wolf 1957, 213; Wolf 1956a, 18; Wolf 1955, 307). Pölsfeld, HZV Nr. 228 ((845) 11. Jh. Bullisfeld III [= dreifach], 1499 Boelßfelt): PN Bu /ollo + feld (Loga 2007, 90 f.; Walther 1971 [DS 26], 299; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 307). Schaubesfelde, Wg. (1347 Schouenuelde, 1400 Schoppesfelde, 1434 Schaffisfeld, (1473) K. 16. Jh. Schaubesfelde, 1484 Schoubsfelde usw.): slav. Lehnwort Schöps 218 + felde (Loga 2007, 107 f.). Udenwalde, Wg. 2529.R (1311 Udesfelde, 1347 Udenvelde, 1400 Uttenfelde, 1420 Utenfeld, 1430 Utenfelde usw.): PN Udo + felde (vgl. Neuß 1971, 366–368 (Nr. 292); Schmidt 1913, 53 f.). In diesem Zusammenhang ist auch Hatzkerfeld zu nennen, ein Name, dem zwar der HZV-Beleg Nr. 236 Hatdesfeld zuzuordnen ist (Wolf 1957, 215; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 308), der jedoch sprachlich nicht zu erklären ist (vgl. Abschnitt 1.6.1.C) und sich somit einer Bewertung entzieht. Nur scheinbar hierher gehört Zeuchfeld. Die älteren Schriftbelege offenbaren eine slavische Bildung, vgl. Kap. 2.3.
Es treten deappellativische und deanthroponymische Elemente auf. Alle Orte befinden sich im Harz, innerhalb des Areals, das die Namen auf -rode einnehmen (Tafelteil, Abb. 16, S. 232). Zwei dieser Orte sind im HZV jeweils dreifach bezeugt, ohne dass dies eindeutig zu erklären ist – dass dahinter mehrere dicht beieinanderliegende Einzelansiedlungen gestanden hätten, ist zu bezweifeln (vgl. Abschnitt 1.7). Ähnlich sind die Namen auf -hain zu bewerten (vgl. Debus /Schmitz 2004, 3500– 3502 und Karte 222.11; Casemir 2003, 401 f.): Lichthagen/Licht(en)hain, HZV Nr. 230, Wg. ((845) 11. Jh. Liochodago, 1400 Luchtenhagen, 1420 Lichtenhayn): asä. lioht ‘Licht’ oder PN Lochto 219 + hagen (Walther 1971 [DS 26], 308; Schmidt 1913, 25–27; Wolf 1957, 214; Wolf 1956a, 19; Wolf 1955, 308). Wiegenhain, Wg (1340 Wygenhayn, 1347 Wigenhain, 1394 Wygenhein, 1430 Wygenhayn usw.): PN Wigo + hagen (Loga 2007, 129; Neuß 1971, 409 (Nr. 319); Schmidt 1913, 21).
218 Angesichts der disparaten Belege ist ein eindeutiger Ansatz erschwert; Schöps bleibt zumindest nicht ohne Alternative. Zu denken wäre evtl. auch an mhd. schouwen ‘schauen’. 219 Dieser Ansatz misst dem erst aus dem späten Mittelalter stammenden Zweitbeleg insofern größeres Gewicht bei als der Schreibung des HZV, als bei letzterem kein -t- vorliegt. Für den Hinweis danke ich Harald Bichlmeier, Halle (Saale). Daher wäre nach einem Ansatz zu suchen, der primär von dem frühen Beleg ausgeht. Hierbei wäre an den altsorbischen Personennamen *Łoch (AAO 5, 52) zu denken, der in zwei Toponymen Lochwitz n. Eisleben und w. Naumburg vorliegt, also räumlich dicht benachbart zum HZV-Gebiet. Problematisch ist jedoch, dass die Schreibung eher für einen palatalisierten Anlaut (L’-) spricht. Ein deutscher Personenname Locho, Loha (letzterer feminin) ist dagegen nur spärlich belegt, vgl. Förstemann PN, 1003; Kaufmann 1968, 238.
Sporadisch auftretende Bildungsmuster
143
Ein weiterer Name, Rehhagen, ist hier nicht mit zu betrachten. Er ist evtl. aus ahd. r¯eh, asä. r¯eho ‘Reh’ oder ahd. hr¯eo, r¯e ‘Leichnam, Grab’ zu erklären, aber nicht sicher als Siedlungswüstung belegt (Loga 2007, 94).
Beide Namen liegen im Harz und scheinen, ebenso wie die Namen auf -rode und -feld, frühe Landesausbauprozesse zu markieren (Tafelteil, Abb. 16, S. 232). Die drei Grundwörter sind also im Kontext des östlichen Harzvorlandes in einen gemeinsamen siedlungsgeschichtlichen Zusammenhang zu stellen. Interessanterweise sind es gerade die Grundwörter, die auch semantisch auf Rodungsprozesse verweisen. Neben -rode, das für den Prozess der Entwaldung steht, markieren -hain und -feld eine gelichtete bzw. freie Fläche in einer ansonsten waldigen Umgebung. Von dieser Gruppe zu trennen sind die Namen auf -born (Debus /Schmitz 2004, Karte 222.5). Diese können einerseits natürliche, gefasste Quellen und andererseits geschachtete Brunnen bezeichnen (Freydank 1966, 43). Eine Entscheidung ist für die beiden vorliegenden Namen nicht zu treffen: Erdeborn, HZV Nr. 36 ((845) 11. Jh. Hardabrunno, 1121 Herdebrunnen, 1166 Erdenbronnen): ahd. hërd, asä. hërth ‘Feuerherd, Erdboden’ oder asä. hard ‘Bergwald’ + born (Walther 1971 [DS 26], 260; Wolf 1957, 199; Wolf 1956a, 7; Wolf 1955, 298). Kaltenborn, Wg. HMTB 2602.E (1107 Kaldeburne, 1120 (K.) Caldenborn, 1120 Chaldenbrunnen, 1136 (K.) Caldenbrunnen, (1162) Caldenbornensis, 1183 Caldenbornensem, 1218 (K.) Caldenborn, 1251 Caldenborn, 1280 Caldenborn usw.): ahd. chalt, kalt, asä. kald ‘kalt’ + born (Loga 2007, 62 f.).
Bei Kaltenborn erscheint ein Bezug auf eine natürliche Quelle naheliegend, während bei Erdeborn auch ein Bezug zur Siedlung und zu einem gegrabenen Brunnen möglich ist. Warum gerade in diesen beiden Fällen der Bezug zu dieser Art von Gewässer ausschlaggebend für die Benennung war, ist nicht nachzuvollziehen. Es finden sich unter diesen seltenen Bildungstypen also durchaus Fälle, die sich in die toponymische Landschaft zur Zeit des 9. Jahrhunderts einordnen lassen. Bei anderen Namen ist hingegen nicht sicher zu bestimmen, ob sie wirklich in eine so frühe Zeit zurückreichen. 3.5.2 Nicht im HZV auftretende Grundwörter Diese Namen können kurz abgehandelt werden, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die so benannten Siedlungen bis in das 9. Jahrhundert zurückreichen. Für einige, die toponymisch markante Gruppen bilden, ist eine jüngere Einordnung urkundlich auch belegt. Gewissermaßen ein Paradebeispiel bilden mit Martinsrieth, Katharinenrieth und dem wüstgefallenen Lorenzrieth (2601.AA) mehrere nach einheitlichem Muster gebildete Toponyme auf -rieth, die mit einer Siedlungsmaßnahme in Verbindung stehen, an denen ein Walkenrieder Klosterbruder als Fachmann beteiligt war (zu den Namen vgl. Loga 2007, 64 f. und 78; Walther 1971 [DS 26], 309; Schmidt 1913, 80–85). Mit der Anlage dieser Siedlungen wurden große Teile der Helmeniederung
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Die deutschen Siedlungsnamen
für die Landwirtschaft erschlossen. Dies erfolgte aber erst am Ende des 12. Jahrhunderts 220 und ist damit für die Betrachtung des Hersfelder Zehntverzeichnisses gegenstandslos. In einen ähnlichen zeitlichen Horizont dürfte mit St. Micheln und St. Ulrich die Entstehung zweier nach Heiligen benannter Siedlungen im Geiseltal fallen (Böhme 1909, 32 und 56). Ob diese tatsächlich von Bischof Otto von Bamberg zu Beginn des 13. Jahrhunderts gegründet wurden, wie Böhme 1909, 32 und 56 meint, ist hier nicht zu entscheiden. Zwei weitere Namen erscheinen zwar siedlungsgeschichtlich interessant, indem sie auf Elemente der „chorologischen Infrastruktur“ (Meibeyer 2006, 54) verweisen, auch hier ist aber von einer hochmittelalterlichen Entstehung auszugehen: Holzzelle (1217 iuxta Cellam, 1309 cella Horneberg, 1327 in cella Horenberg, 1331 cella Hornberg, 1350 cella, 1454 closter zu Czelle bie Hornburg, 1487 zcur Zcelle, 1534 Closter Zelle, 1539 Holtzell usw.): späte Zusammensetzung aus mhd. holz ‘Holz, Wald’ + cella, zuvor Benennung mittels des Namens des Nachbarortes Hornburg (Freisleben 2007, 62 f.). Hohewarte, Wg. (1329 Honwarde, 1400 Hogenwarte usw.): ahd., asä. h¯oh ‘hoch’ + warte (Loga 2007, 56; Neuß 1971, 141 f. (107); Schmidt 1913, 116).
Dies ist für Holzzelle belegt – der Ort wurde Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet (Mansfelder Land, 156 f.). Hohewarte, wo Ziel und Ausrichtung der Wehranlage nicht zu bestimmen sind, ist hingegen eher in den Kontext des Spätmittelalters zu stellen. Schließlich finden sich noch einige Einzelgänger in Gestalt von Grundwörtern, die im gesamten Gebiet des HZV nur jeweils dieses einzige Mal produktiv wurden. Weitere Erkenntnisse liefern diese Namen nicht. Sie referieren zumeist auf Besonderheiten der Topographie: Kurzgehofen, Wg. 2676.E (1287 Cordeshove, 1415 Conradshof, 1531 Curdeshoff ): < PN Cord + hof (Loga 2007, 68 f.). Neumark: neu + mark, wohl sehr jung (Böhme 1909, 36). Schafsee (1216 Scovesse, 1225 Scofse, 1255 Schawsee, 1268 Scovesse, 1271 Sovesse, 1400 Schoubesehe, 1477 Schowe See usw.): ahd. scopf, scof ‘Schuppen, Vorbau’ (vgl. Abschnitt 1.5 und Neuß 1971, 321–323 (Nr. 250)). Schönewerda (1311 Schonewerde, 1320 Sconewerde, 1386 Schonenwerde, 1496 Schonewerde, 1526 Schönewerda): mhd. schœne + werder (Böhme 1909, 51; Größler 1903, 77). Wendelstein (Böhme 1909, 59; Größler 1903, 100 f.). Wildenstall: PN Wilt /do + stall (Loga 2007, 129 f.). 220 Die maßgebliche Literatur vgl. bei Schich 2015, 83 und Anm. 23; vgl. weiterhin Heutger 2007, 119; zur Topographie der Siedlungen Oskar August in Atlas SME, Blatt Nr. 26, Teilkarte Ib und Begleitheft, S. 94–98. Eine bei Wiswe 1950, 67 zu findende chronologische Einordnung eines Ortes aufgrund des Grundwortes -hausen, das „jedenfalls wesentlich älter“ als das 12. Jahrhundert sein soll, stellt in ihrer Pauschalität einen Fehlschluss dar.
145
Das Verhältnis älterer und jüngerer Namentypen
Hier ist mit der Wüstung Börnicke südlich von Eisleben eine derivierte Bildung anzuschließen (1362 Börnecke, 1579 Bornecker Mark), deren Bezug zu einer Quellmulde topographisch eindeutig nachzuweisen ist (Eigendorf 1960, 17 und 57; Neuß 1971, 31 f. (25)). Von einer Kartierung der Namen in diesem Abschnitt wurde, da sie für diese Untersuchung nicht weiter relevant sind, abgesehen.
3.6 Das Verhältnis älterer und jüngerer Namentypen In Bezug auf die Gesamtzahl dieser älteren Bildungen ist ein gewisser Unterschied festzustellen (Tab. 3.11). Von den Namen im HZV ist fast die Hälfte mit einem der älteren Grundwörter bzw. Suffixe gebildet; bei den Nicht-HZV-Namen ist es hingegen nur jeder sechste. Abzüglich der Bildungen auf -stedt, die im HZV überproportional häufig sind, nähert sich das Verhältnis an – im HZV ist es jeder fünfte, von den Nicht-HZV-Namen jeder achte. Das Zünglein an der Waage ist demnach die Rolle, welche der großen Zahl der Namen auf -stedt im Siedlungsprozess zukommt. Ungeachtet dieser nicht geringen Unterschiede kann generalisiert werden, dass ein etwa 25-prozentiger Anteil älterer Bildungen vorliegt. HZV (Kolumne 1)
Nicht-HZV (Kolumnen 2 und 3)
Summe
Summe aller Namen
131 (100 %)
105 (100 %)
236 (100 %)
ältere Bildungen
52 (40 %)
17 (16 %)
69 (29 %)
– davon -stedt
23 (18 %)
4 (4 %)
27 (11 %)
– davon sonstige
29 (22 %)
13 (12 %)
42 (18 %)
Tab. 3.11: Der Anteil älterer Namentypen
Wenn also jeder vierte Name einem Bildungstyp angehört, der in der Zeit des Hochmittelalters nicht mehr produktiv gewesen ist – ist dieser Wert hoch genug, um als Indiz für eine früh und dicht besiedelte Landschaft gelten zu können? Um dieses Verhältnis besser einordnen zu können, ist ein Blick auf andere, von Siedlungsnamen germanischen bzw. deutschen Ursprungs geprägte Regionen vonnöten. Hierfür bieten sich aufgrund der räumlichen Nähe insbesondere die Bände des Niedersächsischen und z. T. des Westfälischen Ortsnamenbuches an. Deren Untersuchungsgebiete umfassen zum Teil die Bördelandschaften nördlich der Mittelgebirge, die aus naturräumlicher Sicht für eine frühe Besiedlung (und damit einhergehende Bildung von Siedlungsnamen) in Frage kommen wie kaum eine andere Region. In den einzelnen Kreisen nehmen Ortsnamen mit den Grundwörtern -h¯em /heim, -leben, -stedt, -lar, -mar und den Suffixen (allgemein in größerer Zahl -i /ung- und -idi, seltener: -ia-, -r˘
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Die deutschen Siedlungsnamen
und -n-, sporadisch 221: -l-, -s-, -k-, -st-, -t-, -ei, -me /ono-, -ahi, -sk-) sehr verschiedene Anteile am Gesamtbestand ein (Tab. 3.12) 222. Sehr deutlich zeigen sich zwei Gruppen: In der einen (Osterrode, Göttingen, Northeim, Holzminden, Lippe) ist die Zahl dieser Namen mit unter einem Zehntel relativ gering, in der anderen (Hannover, Wolfenbüttel/Salzgitter, Helmstedt/Wolfsburg, Soest) nehmen sie einen weit größeren Bereich ein (20–60 %). Gerade diese Kreise liegen aber – wenigstens teilweise – im Bereich der niedersächsischen Börden mit ihren Lössböden. Hannover
(NOB 1):
30 %
(79 von 264)
Osterrode
(NOB 2):
5%
(5 von 93)
Wolfenbüttel/Salzgitter
(NOB 3):
61 %
(124 von 203)
Göttingen
(NOB 4):
8%
(25 von 305)
Northeim
(NOB 5):
8%
(28 von 357)
Holzminden
(NOB 6):
8%
(13 von 162)
Helmstedt/Wolfsburg
(NOB 7):
29 %
(57 von 194)
Soest
(WOB 1):
19 %
(72 von 379)
Lippe
(WOB 2):
7%
(27 von 400)
Tab. 3.12: Der Anteil älterer Namentypen in niedersächsischen und westfälischen Kreisen 223
Es zeigt sich hierbei, dass die Dichte älterer deutscher bzw. germanischer Namentypen im Gebiet des HZV deutlich über derjenigen der nicht in der Börde gelegenen Kreise liegt und an diejenige in ausgesprochenen Altsiedelgebieten heranreicht. Dies deutet darauf hin, dass diese Region westlich der Saale in den Jahrhunderten vor der Einwanderung slavischer Sprechergruppen intensiv besiedelt war. Im Folgenden wird
221 Weniger als 18 Bildungen für insgesamt neun Bände. 222 Die Werte basieren auf Auszählungen der jeweils dem Lexikonteil der einzelnen Bände folgenden, nach Bildungstypen geordneten Namenlisten. Die etwas unübersichtliche Art der Präsentation erleichtert solche statistischen Auswertungen nicht gerade, und mit Zähl- und Interpretationsfehlern (wenn es z. B. um unsichere Ansätze geht) ist mit Sicherheit zu rechnen. Allerdings ist hier auf keinen Fall der Ort, um eine detaillierte Statistik dieser Namen vorzunehmen; vielmehr kommt es auf einen allgemeinen Eindruck an, den Einzelfälle nicht verfälschen können. Dies gilt auch für eine Reihe von sporadisch auftretenden Grundwörtern, denen wohl ein höheres Alter zukommt, die aber wohl einer Diskussion bedürften, welche hier im Hinblick auf ihre geringe statistische Relevanz und ihr Fehlen im Bereich des HZV nicht angebracht wäre. 223 Die Angaben in der zweiten Spalte stehen für die folgenden Bände: NOB 1 = Ohainski / Udolph 1998; NOB 2 = Ohainski /Udolph 2000; NOB 3 = Casemir 2003; NOB 4 = Casemir/Ohainski/Udolph 2003; NOB 5 = Casemir/Menzel/Ohainski 2005; NOB 6 = Casemir / Ohainski 2007; NOB 7 = Casemir/Menzel/Ohainski 2011; WOB 1 = Flöer/Korsmeier 2009; WOB 2 = Meineke 2010.
Das Verhältnis älterer und jüngerer Namentypen
147
noch zu zeigen sein, dass die entsprechenden Namen das HZV-Gebiet nicht gleichmäßig überziehen, sondern sich in der westlichen Hälfte konzentrieren, hier also noch dichter gelagert sind (vgl. Abschnitt 5.1). Dass der Anteil der älteren Bildungstypen im HZV signifikant größer ist als unter den übrigen Toponymen, verweist darauf, dass zu einem nicht geringen Teil Nominationsprozesse erst nach der Zusammenstellung des HZV stattfanden 224.
224 Vgl. hierzu eine in Vorbereitung befindliche Untersuchung von Sabine Altmann.
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4. Die Burgen Untersuchungen zu Burgennamen sind zahlreich 225, haben aber ihren Schwerpunkt, bedingt durch die Quellenlage, meist auf dem Hoch- und Spätmittelalter als der Blütezeit dieser Befestigungen. Die im HZV genannten frühen Burgen bilden demgegenüber eine etwas anders geartete Problematik, indem spezielle Aspekte wie z. B. heraldische Namen keine Rolle spielen. Dem Charakter nach unterscheiden sich die Burgennamen nicht wesentlich von anderen Oikonymen, abgesehen vom massiven Gebrauch des Grundwortes -burg (vgl. auch Abschnitt 3.4.5). Die Listen A und B des HZV werden in diesem Falle ergänzt von einer Urkunde, in der der Zehnte im Friesenfeld und im Hassegau von Kaiser Otto II. dem Kloster Memleben übereignet wird. Hierbei werden die in Liste B des HZV genannten Burgen, im Text der Urkunde als civitates und castella bezeichnet, fast vollständig genannt 226. Diese Ortsnamen sind in zwei Fassungen bekannt – derjenigen der Originalurkunde aus dem Jahr 979 sowie aus einer Kopie des 12. Jahrhunderts. In letzterer sind die Namen unter dem Blickwinkel der sprachlichen Verhältnisse des 10. Jahrhunderts „vielfach besser überliefert“ (Schröder 1897, 20). Dieser paradoxe Umstand sei evtl. damit zu erklären, dass für die Kopie eine heute nicht mehr erhaltene zweite Ausfertigung von DO II, 191 vorlag (ebd., 1897, 21). Ob aber die Existenz von zwei Fassungen einer Urkunde mit unterschiedlichen Graphien von Ortsnamen so naheliegend ist, wie Schröder 1897, 21 meint, sei dahingestellt. Da im Folgenden die strukturellen Merkmale der Burgennamen im Fokus stehen, sind die phonematischgraphematischen Verhältnisse von untergeordneter Bedeutung. Die Abweichungen zwischen den Namenformen (vgl. Tab. 4.1) sind überwiegend gering. Am häufigsten zeigen sie sich im Fugenvokal. In einigen Fällen werden längere Formen gekürzt, in anderen wiederum kürzere erweitert, wobei in die entstehende ein ganz anderes Bildungsmorphem eingedeutet wird. Gelegentlich ist auch an einem Namen beides zu beobachten. Muchilidi wird zum einen zu Muchileburg, zum anderen zu Muchunleuenburg umgeformt. Typische, seriell auftretende Unterschiede zwischen den einzelnen Quellen sind nicht auszumachen, so dass eine Systematisierung nur wenige Erfolgsaussichten verspricht. Ob die Formen der jüngeren Kopie in allen Details, wie Schröder 1897, 20 meint, ursprünglicher sind, ist insofern zu bezweifeln, als dass das in der Kompositionsfuge in einigen Fällen begegnende -e- (statt -i- oder -o-) gerade in einem Schriftstück, das im 12. Jh. niedergeschrieben wurde, als 225 Puhl 2010; Wiesinger 2003; Boxler 1996; Stühler 1988, 178–198 und 209 f.; Walther 1993 [1982]; Freydank 1963; außerdem ältere, z. T. kritisierte Literatur: Schnelbögl 1996 [1956]; Schröder 1944, 200–211. 226 MGH DO II, 191 (S. 217–219). Dazu Heßler 1957, 81 f.; Wenskus 1986b, 215. Sprachwissenschaftlich zu dieser Urkunde Schröder 1897, 19–21; zu den Namen vgl. die Übersichten bei Schröder 1897, 20; sowie bei Wolf 1957, 229, Wolf 1955, 312 und Wolf 1956a, 24. Wolf verzeichnet jedoch zumeist nur die Namenformen der Originalurkunde. Zu den Namen der Urkunde knapp auch Bach DNK 2/2, 509. Zusätzlich zu den im HZV verzeichneten Namen wird in der Urkunde als Nr. 9 eine nicht lokalisierbare Smeringaburch /Smeringeburg genannt.
Die Burgen
149
Ergebnis der beginnenden Reduktion von Nebensilben im deutschen Sprachgebrauch zu interpretieren ist (vgl. Hengst 1998a, 88). Derartige phonologisch-graphematische Aspekte sind aber hier weniger von Interesse. Vielmehr gilt es zu prüfen, inwieweit die Burgennamen Hinweise auf die Prozesse des Siedlungs- und Herrschaftsausbaus geben können. Hierfür ist die Struktur der Burgennamen in den Blick zu nehmen, und in dieser Hinsicht sind die Toponyme der Liste B in zwei Gruppen einzuteilen: Zum einen handelt es sich um Komposita auf -burg aus einem Personennamen oder Appellativ (vgl. in Abschnitt 3.4.5), zum anderen um Namenbildungen, an die -burg stereotyp angefügt wurde. Nur in wenigen Fällen – Schraplau, Mücheln und Goseck – fällt das namenbildende Element aus bzw. wird gekürzt 227. Die betroffenen Namen gehören ganz verschiedenen Bildungstypen an. Es finden sich Bildungen auf -stedt (Allstedt, Bornstedt) und -ithi (Helfta, Mücheln), jeweils einmal -ingen (Burgscheidungen), -leben (Holleben), -loh (Schraplau) und -furt (Querfurt), die beiden slavischen Namen Werben und Lettin sowie schließlich das nicht zu erklärende Goseck. Es fällt auf, dass bei den deutschen Namen ausschließlich ältere Bildungstypen begegnen; jüngere Bildungsmuster (wie sie z. B. als *X+rodeburg ebenso denkbar wären) fehlen. Chronologisch neutral ist lediglich -furt (Querfurt). Insgesamt deuten die vorliegenden Benennungen somit darauf hin, dass die Burgen ein gewisses Alter aufweisen. Dass die beiden slavischen Toponyme eher jüngeren Bildungstypen zuzuordnen sind (vgl. Abschnitt 2.4), ist chronologisch anders zu bewerten und stört diesen Eindruck nicht. Die Ergänzung vollständiger Toponyme durch „ein bewegliches -burg“ 228 (Schröder 1944, 202) ist eine verbreitete Erscheinung. Die entsprechenden Namen wurden treffend als „Gelegenheitsbildungen“ bezeichnet 229. Daraus wurden mitunter weitreichende siedlungsgeschichtliche Schlüsse gezogen: „Die Zufügung von -burg an den ON. in B soll mithin ausdrücklich den neben der eigentlichen Wohnsiedlung liegenden Ortsteil kennzeichnen, der von ihr sowohl räumlich getrennt ist wie auch durch seine Befestigung sich bestimmungsmäßig deutlich abhebt: eben die Burg an sich.“ (Wolf 1955, 313)
Solche Behauptungen sind im Detail aber sehr fraglich. Eher ist von einer Synonymität von Burg und Ortschaft auszugehen: „Die Pfalzen und Herrenhöfe des 9. und 10. Jahrhunderts, die meist innerhalb oder in der näheren Umgebung der Siedlungen lagen, trugen in der Regel deren Namen“ (Boxler 1996, 1597). Dass aber der befestigte Charakter oder die zentralörtliche Funktion der betreffenden Orte gekennzeichnet werden kann, steht grundsätzlich außer Frage, ob sich dies auf die Befestigung oder
227 Bei Bornstedt und Holleben könnte dies ebenfalls der Fall sein, da die Belege durch Schreibträgerverlust nur lückenhaft überliefert sind. Allerdings scheint die Lücke groß genug zu sein, um den Bildungen in den oben rekonstruierten Formen Platz zu bieten. 228 Dieser Terminus zielt auf den temporären Charakter des Anfügens des Elements an vollständige Toponyme ab, im Gegensatz zu „festen“ bzw. dauerhaften Bildungen. 229 Bach DNK 2/2, 509 unter Rückgriff auf Belege des HZV; ähnlich Böhme 1909, 33.
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150
Die Burgen
HZV B
HZV A
979 – Original und Kopie 12. Jh.
Typ
Etymologie Verweis auf Kap.
Nr. 253: Gozzesburg (Goseck)
Nr. 170: Gozacha ciuitas
[13] Gozkoburch Gozhoburg
unklar
unklar (1.6.1.C)
Nr. 251, 257: Uuirbineburg (Burgwerben)
Nr. 214, 216: Uuirbina
[14] Uuirbiniburch Wirbineburg
Aso.
*Vi´rb_n zu *vi´rba ‘Weide’ (2.3)
Nr. 255: Liudineburg (Lettin)
Nr. 75: Liudina
[18] Liutiniburch Luideneburg
Aso.
*L’utin_ zum PN *L’ut(a) (2.3)
Nr. 249: Curnfurdeburg (Querfurt)
Nr. 103: Curnfurt
[8] Quernuordiburch Cornfurdeburg
-furt
GewN aus ahd. quirna, churn, asä. quirn, querna ‘Mühle, Handmühle’ (3.5.1)
Nr. 250: Scidingeburg (Burgscheidungen)
Nr. 151, 153: Scidinge
[11] Scithingaburch Scidinburg
-ingen
ahd. sk¯ıt ‘Holzscheit, Latte’ (3.3.3)
Nr. 240: Helphideburc (Helfta)
Nr. 38: Helpide
[5] Helpethingaburch Helpedeburg
-idi
wohl GewN Helpe (3.3.5)
Nr. 252: Muchileburg (Mücheln)
Nr. 175: Muchilidi
[12] Mochenleiuaburch Muchunleuaburg
-idi
GewN germ. *Muhila ‘Schlammbach’ (3.3.5)
Nr. 256: H[unlebab]urg (Holleben)
Nr. 131: Hunenleba
[17] Hunleiuaburch Hunleuaburg
-leben
PN Hunno (3.3.1)
Nr. 244: Scrabenlaburg (Schraplau)
Nr. 65: Scrabanloch
[6] Scroppenleuaburch Scroppenleuaburg
-loh
ags. screpan o. ä. ‘reißen, kratzen’ (3.3.6)
Nr. 242: Altstediburg (Allstedt)
Nr. 43: Altstedi
[1] Alstediburch Altstedeburc
-stedt
ahd. alt, asä. ald ‘alt’ (3.3.2)
Nr. 245: Bru[nstedibur]g (Bornstedt)
Nr. 21: Brunistat
[4] Burnigstediburch Burnstediburg
-stedt
ahd. brunno ‘Quelle, Brunnen’ (3.3.2)
151
Die Burgen
HZV B
HZV A
979 – Original und Kopie 12. Jh.
Typ
Etymologie Verweis auf Kap.
Nr. 241: Niuuenburg (Beyernaumburg)
Nr. 14: Niunburc
[3] Niuuanburch Niwanburg
-burg
asä. niuwi ‘neu’ (3.4.5)
Nr. 243: Merseburg (Merseburg)
Nr. 212: Merseburc ciuitas
[16] Meresburch Merseburg
-burg
wohl germ. *mers¯o ‘Kies, Schotter’ (3.4.5)
Nr. 246: Seoburg (Seeburg)
Nr. 42: Seoburc
–
-burg
ahd., asä. s¯eo ‘See’ (3.4.5)
Nr. 247: Gerburgoburg (Korbesberg)
Nr. 46: Gerbergoburc
[2] Gerburgaburch Gerburgaburg
-burg
f. PN Gerburga (3.4.5)
Nr. 248: Vizenburg (Vitzenburg)
Nr. 57, 59: Fizenburc
[10] Uitzanburch Wizinburch
-burg
PN Fizzo (3.4.5)
Nr. 254: Cucunburg (Kuckenburg)
Nr. 106: Cucunburg
[7] Cucunburch Cucunburg
-burg
evtl. aso. PN *Kuk_(n) (3.4.5)
Nr. 258: Suemeburg (nicht zu lokalisieren)
–
[15] Suuemoburch Swemeburg
-burg
unklar (3.4.5)
Tab. 4.1: Die Namen der Liste B des HZV
die zugehörigen Siedlung bezieht, wird hingegen kaum zu differenzieren sein. Das bereits in Abschnitt 3.4.5 beschriebene ausschließliche Vorliegen von -burg gegenüber fehlendem -berg wäre durchaus als Reflex auf den befestigten Charakter der so benannten Orte zu werten. Genaueres wird sich aber aus der Namenbildung nur vermutungshalber bestimmen lassen. Beides – der sekundäre Charakter des angefügten Elements wie auch dessen Semantik – wird dadurch gestützt, dass bei Goseck im Teil A des HZV statt des angefügten -burg ein nachgestelltes ciuitas den herausgehobenen Charakter des Ortes kennzeichnet. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass die übrigen im Teil B genannten Orte eine solche oder ähnliche Kennzeichnung im Teil A noch nicht tragen (einzige Ausnahme ist Merseburg, dem ebenfalls ciuitas beigefügt ist, das aber ein originäres Kompositum auf -burg ist). Dass sich in der Zeit zwischen der Zusammenstellung der Liste A und der Liste B Transformationsprozesse in Gestalt der Etablierung von Herrschafts- oder Verwaltungsmittelpunkten ereigneten, ist aus dieser Perspektive zu bestätigen.
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152
Die Burgen
Die eigentlichen Zusammensetzungen mit dem Grundwort -burg, die dann so auch in der Liste A erscheinen (Beyernaumburg, Merseburg, Seeburg, Korbesberg, Vitzenburg, Kuckenburg, Schwemeburg), weisen sehr verschiedene Bestimmungswörter auf. Personennamen liegen in der Hälfte der Fälle vor, hierbei stellt ein feminines Anthroponym (Gerburg in Korbsberg) eine Besonderheit dar, und Fizenburg bildet den ältesten Beleg für einen deanthroponymischen Burgnamen überhaupt (Freydank 1963, 10). Bei den Appellativa finden sich topographische Charakterisierungen und in einem Fall evtl. ein Bezug auf die Herrschaftspraxis – mit der gebotenen Vorsicht ließe sich Beyernaumburg interpretieren als Bezug zur Ausweitung von Herrschaft in Gestalt eines neuen Stützpunkts, was aber recht vage bleibt. Es ist damit keineswegs so, dass „ursprünglich bei den Zusammensetzungen topographische Bezeichnungen überwiegen“ (Schnelbögl 1996 [1956], 298), eher zeigt sich das Spektrum von örtlichkeitsorientierten, personenbezogenen und auf den Eigencharakter der Anlage bezogenen Burgnamen, das für die Zeit bis 1100 typisch ist (vgl. die Übersicht bei Walther 1993 [1982], 402 f.). Die Burgen überziehen das gesamte Gebiet des HZV (Tafelteil, Abb. 17, S. 233). Im westlichen Bereich weisen sie etwas geringere Abstände zueinander auf als im östlichen. Sehr markant ist ihre Gewässerbindung, wobei das Größenspektrum von der Saale und Unstrut, deren Nähe immerhin fünf bzw. zwei der Anlagen suchen, über Bäche wie Rohne und Salza bis hin zu den Oberläufen kleinerer Gewässer reicht. Die primären Komposita auf -burg unterscheiden sich hierin nicht von den übrigen Bildungen, und es ist nicht zu erkennen, dass sie ein vorheriges Netz von Befestigungen nach bestimmten Kriterien erweitern oder verdichten würden. Dass entlang der Saale in etwa gleiche Abstände zwischen den einzelnen Befestigungen zu verzeichnen sind, ist nicht überzubewerten – hier würde das auf dem jenseitigen Flussufer gelegene, im HZV fehlende Halle bzw. Giebichenstein 230 die Regelmäßigkeit erheblich unterbrechen. Die so deutlich hervortretende lineare Abfolge von Burgen zwischen See- und Vitzenburg verdankt ihre Ausprägung den topo- bzw. hydrographischen Verhältnissen. Hierfür ist ein Einfluss der im Folgenden (Unterabschnitt 5.1.6) noch zu beschreibenden, durch die Geographie der Ortsnamen indizierten Grenzlage offensichtlich und wahrscheinlicher als andere Ursachen wie z. B. über eine eventuell hier nordsüdlich verlaufende Verkehrsverbindung. Auch im Kontext der Arealität der einzelnen Bildungstypen zeigen die Burgennamen keine Auffälligkeiten – bei den Slavica sowie den Bildungen auf -leben und -stedt liegen sie nicht gerade im Zentrum, aber doch im unmittelbaren arealen Kontext der übrigen Vertreter 231. Die Lage von Burgscheidungen entspricht den festgestellten topographischen Merkmalen der Bindung an größere Gewässer (vgl. Abschnitt 3.3.3)
230 Giebichenstein war gegenüber Halle bis zum Hochmittelalter der bedeutendere Ort (Herrmann 2006a, 16–23), wobei die Lage der frühmittelalterlichen Befestigung wie auch die Ausdehnung dessen, was seinerzeit unter Halle subsummiert wurde, nicht eindeutig zu bestimmen ist (Herrmann 2006b, 95 f.). Vgl. jetzt Hardt 2014. 231 Bei anderen Namentypen (-ithi, -furt und -loh) liegen zu wenige Namen vor, um eine Feststellung zur Arealität treffen zu können.
Die Burgen
153
und ist damit keineswegs so isoliert, wie es den Anschein hat. Hinsichtlich Goseck würde die Lage des Ortes in einem von slavischen Toponymen geprägten Areal für eine slavische Namenerklärung sprechen, die aber sprachlich nicht die wahrscheinlichste Herleitungsmöglichkeit ist (vgl. Abschnitt 1.6.1.C). Im Ganzen bieten die Burgennamen des HZV ein heterogenes Bild, das den Anschein hat, als seien Befestigungen an schon bestehenden Siedlungen errichtet und deren Namen damit eher zufällig zu Burgennamen geworden. Dem entspricht die allgemeinen Feststellung, dass bis zum 12. Jahrhundert „vorwiegend Örtlichkeitsnamen auf Burgen übertragen“ wurden (Boxler 1996, 1596). Eines ist aus dieser Situation mit Sicherheit nicht herauszulesen: Eine Gründungskampagne, die zur Entstehung von 18 befestigten Stützpunkten führte. Eine solche ließe eine einheitlichere Benennungsweise erwarten. Die mechanische Anfügung des Elements -burg an schon vollständige Ortsnamen ist dabei als gängige Verfahrensweise von Kanzleischreibern ebenso wenig aussagekräftig wie die Struktur der originären Komposita. Dies schließt natürlich nicht aus, dass ein Befestigungssystem an bereits bestehenden Orten errichtet wird, eine einheitliche und systematische herrschaftliche Durchdringung der Region hätte aber in den Namen Spuren hinterlassen sollen, auch wenn das frühe Mittelalter „im großen und ganzen wohl kaum eine bewusste Namengebung mit der Tendenz der Propaganda und Verherrlichung“ kannte (Schnelbögl 1996 [1956], 314). Zudem ist nicht davon auszugehen, dass alle Befestigungen der Region in der Liste B des HZV genannt werden. Wolf 1957, 232 verweist hier auf die wüste Lautersburg bei Lodersleben. Aus namenkundlicher Sicht wären außerdem noch die Wüstung Gröst sowie die Wüstung Groitz bei Nietleben (HMTB 2605.M, 1511 auf Grotzsch Marke, Neuß 1969, 96 f. (Nr. 65)) zu nennen. Beide Namen sind aus aso. *Grodišˇce ‘(große) Burg’ entstanden und verweisen in Verbindung mit archäologischen Zeugnissen mit Sicherheit auf frühmittelalterliche Befestigungen (vgl. die Abschnitte 1.5 und 2.3).
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5. Siedlungsgeschichtliche Interpretation 5.1 Die Siedlung im toponymischen Licht 5.1.1 Die Arealität der deutschen Namentypen Aus einem überregionalen Vergleich ging hervor, dass im Gebiet des HZV der Prozentsatz derjenigen Namen, die in einer älteren Periode entstanden sind, an denjenigen der früh besiedelten Bördegebiete der Nordharzregion fast heranreicht, so dass es berechtigt ist, für die Gebiete zwischen Harz und Saale von einer ähnlich alten und intensiven Besiedlung auszugehen (Abschnitt 3.6). Dennoch liegen die einzelnen älteren Bildungstypen für sich genommen nur in geringer Anzahl vor. Selbst die noch relativ häufigen Namen auf -leben treten weiter nördlich und südlich viel zahlreicher auf als hier (Kap. 3.3.1, Walther 1971 [DS 26], Karte 4); ähnlich verhält es sich mit den Bildungen auf -heim (Kap. 3.3.4, Walther 1971 [DS 26], Karte 6). Manche andernorts häufig anzutreffende Typen sind so selten, dass signifikante Aussagen zur Arealität kaum möglich sind (-ingen, -ithi, -heim sowie die in Abschnitt 3.3.6 genannten Bildungen). Schließlich ist nicht zu vergessen, dass viele weitere alte Bildungstypen, Namen auf -ahi, -lar und -mar und mit Suffixen wie -tr, -l- und -n-, hier gänzlich fehlen. Demgegenüber überwiegen jüngere Bildungen, wobei Komposita auf -dorf, die generell vielerorts den häufigsten Ortsnamentyp darstellen, das Bild beherrschen. Namen auf -hausen sind erheblich seltener und nur im Westen zu finden. Ob sie zu den dorf -Namen komplementär liegen, ist damit kaum zu beurteilen, entlang der Rohne wechseln sich aber einige Vertreter beider Typen auf engem Raum ab. Die wiederum zahlreicheren Namen auf -rode hingegen besetzen die Areale, die von den beiden anderen Typen frei gelassen wurden. Da die Namen, welche ausgesprochene Rodungsgebiete konstituieren, im HZV nicht zu finden sind, ist von einer überwiegend späten Produktivität dieses Typs auszugehen; die HZV-Belege im Harz stellen demgegenüber frühe Vorläufer dar. Dass die Namen auf -hausen im östlichen Teil des HZV generell fehlen und fast ausschließlich im HZV belegt sind, könnte vielleicht als relativ früher Produktivitätsabbruch gedeutet werden, ist aber für sich genommen schwer zu beurteilen. Dies gilt auch für die Beobachtung, dass sich die wenigen Namen auf -ingen mit denjenigen auf -stedt und auf -hausen nur in geringem Maße überschneiden. Die Namen mit dem Grundwort -stedt fallen aus diesem Bild heraus, indem sie fast ausschließlich im HZV zu finden sind. Dies ließe eine Beziehung dieser Namen zu Siedlungsprozessen vermuten, die in Verbindung mit der fränkischen Administration stehen könnten (vgl. Abschnitt 3.3.2). Von einer Planmäßigkeit ist dabei jedoch nicht auszugehen, da in den Bestimmungswörtern Gewässer- und Personennamen sowie Appellativa gleichermaßen begegnen. Ein derart breites Motivationsspektrum entspricht nicht einer einheitlichen Benennungsintention, die man bei gelenkten Besiedlungsprozessen erwarten dürfte.
Die Siedlung im toponymischen Licht
155
Die Häufigkeit und die lange Produktivität des Grundwortes -dorf erschweren eine zeitliche Eingrenzung der Entstehung der entsprechenden Namen; es ist wohl davon auszugehen, dass einige dieser Namen bereits im frühen, andere jedoch erst im hohen Mittelalter oder noch später entstanden. Dass deappellativische Bildungen relativ selten sind, ist jedoch als Indiz dafür zu werten, dass das Gros der Komposita auf -dorf eher in jüngerer Zeit entstanden ist (Abschnitt 3.4.1; vgl. Walther 1971 [DS 26], 167). Wenn in der Besiedlung der Merowingerzeit v. a. die Endelemente -ingen, -heim und -dorf produktiv waren, in der Karolingerzeit hingegen -weiler, -hofen und -hausen (Debus /Schmitz 2004, 3488), dann würde zwar die Dominanz von Komposita auf -dorf eine Einordnung in die ersten Jahrhunderte des Frühmittelalters nahelegen, dass aber -ingen und -heim derart selten sind, spricht massiv dagegen. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang womöglich eine genauere Betrachtung der Standortwahl, für die hier zumindest ein Faktor betrachtet werden soll, nämlich zu welchem Anteil mittels bestimmter Bildungstypen benannte Orte wüstgefallen sind.
5.1.2 Die Rolle des Anteils wüstgefallener Siedlungen Das Maß, in dem Siedlungen eines bestimmten Namentyps Wüstungen wurden, kann als Indiz für die chronologische Einordnung dieses Typs gelten. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass im Siedlungsprozess zuerst die günstigsten Standorte besetzt werden, die aufgrund ihrer besseren naturräumlichen Bedingungen seltener zur Aufgabe von Siedlungen Anlass bieten. Dagegen müssen sich spätere Gründungen mit schlechteren Lagen begnügen, wo die Gefahr, dass die Siedlung nicht Bestand hat, größer ist 232. Die Übersicht (Tab. 5.1) zeigt bei den älteren Bildungstypen signifikant weniger Wüstungen als bei den jüngeren. Dass bei letzteren der Anteil der Wüstungen höher ist und insbesondere die Toponyme auf -rode im HZV-Gebiet überproportional häufig wieder wüst wurden, ist bereits andernorts festgestellt worden (Eigendorf 1960, 22; Wolf 1957, 214; Größler 1903, 105). Der Unterschied fällt viel deutlicher aus als die Darstellung der Tabelle erkennen lässt: Für die älteren Namentypen fielen nur 5 von 69 Siedlungen wüst, bei den jüngeren hingegen 65 von 138 – sieben stehen gegen 47 Prozent! Dieser überdeutliche Unterschied ist ein Argument dafür, dass die Namen auf -leben, -stedt und -ingen tatsächlich einer älteren Siedlungsperiode zuzuordnen sind. Zudem zeigt sich eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Namen im HZV und denen, die darin fehlen. Abweichungen finden sich nur bei den Typen mit wenigen Vertretern, wo die Zahlenwerte in stärkerem Maße dem Zufall unterworfen sind.
232 Ähnliche Berechnungen wurden auch für andere Regionen unternommen, darunter auch das südwestliche Harzgebiet, vgl. Schuh 1996, 1717; weiterhin Debus /Schmitz 2004, 3489; Zschieschang 2003, 95–98. Kersting 1998, 218 und Abb. 7; Quirin 1973, 209.
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156
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
Kolumne
S 1
2
3
Namentyp
%
Abs.
%
Abs.
%
Abs.
-leben (3.3.1)
17
2/12
13
1/8
25
1/4
-stedt (3.3.2)
0
0/27
0
0/23
0
0/3
0
0/1
-ingen (3.3.3)
0
0/7
0
0/5
0
0/1
0
0/1
-heim (3.3.4)
0
0/2
–
–
0
0/2
-ithi (3.3.5)
0
0/3
0
0/3
–
Weitere ältere (3.3.6)
16
3/19
15
2/13
0
0/4
5
1/2
-dorf (3.4.1)
36
29/80
44
20/46
31
5/16
22
4/18
-hausen (3.4.2)
38
3/8
17
1/6
–
100
2/2
-rode (3.4.3)
56
18/32
75
3/4
0/2
58
15/26
-bach (3.4.5)
36
4/11
29
2/7
–
50
2/4
-burg (3.4.6)
10
1/10
0
0/8
0
0/1
100
1/1
Sonstige (3.5.1)
53
8/15
38
3/8
100
1/1
67
4/6
0
%
Abs. –
–
Tab. 5.1: Der Anteil wüstgefallener Siedlungen
Dieser und der noch folgenden Tabelle 5.3 liegen folgende Prinzipien zugrunde: Die Klassenbildung folgt dem Verfahren der natürlichen Unterbrechung (natural break), bei dem besonders breite Lücken in der Werteabfolge zur Abgrenzung der einzelnen Klassen genutzt werden. Dementsprechend bedeutet die Unterlegung der Prozentangaben: Klasse 1: 0%
Klasse 2: 1–20 %
Klasse 3: 21–60 %
Klasse 4: 61–99 %
Klasse 5: 100 %
Zusätzlich wurde die absolute Zahl der jeweiligen Namen visuell abgestuft, um den Einfluss von Zufälligkeiten (beim Vorliegen nur weniger Toponyme) in den Hintergrund zu drängen. Bei 1–2 vorliegenden Namen ist die Schrift grau, bei 3–4 normal ausgezeichnet, bei 5–8 fett sowie mehr als 8 fett und unterstrichen. Die beiden Zeilen „Weitere ältere“ und „Sonstige“ noch zu differenzieren, erschien aufgrund der jeweils geringen Zahl an Namen unangebracht. Da es sich aber nicht um homogene Gruppen handelt, wurden die Zahlenangaben nicht, wie es der Summe der Namen entsprochen hätte, hervorgehoben, sondern zurückhaltender dargestellt.
Die Siedlung im toponymischen Licht
157
5.1.3 Zur sozioonomastischen Einordnung deanthroponymischer Namen Bereits für die Komposita auf -dorf war festzustellen, dass angesichts des Überwiegens deanthroponymischer Bildungen adlige Siedlungsgründungen zahlreich gewesen waren (Abschnitt 3.4.1; vgl. auch Walther 1971 [DS 26], 180). Die Feststellung, dass im Mittelalter auch in Toponymen „Besitz und Herrschaft [. . . ] zu Leitmotiven der Namengebung“ (Debus /Schmitz 2004, 3487) wurden, ist nun auch für die übrigen Namentypen zu prüfen (Tab. 5.2). Das hier speziell interessierende Kondensat aus Tab. 5.2, welche in ihrer Differenziertheit in erster Linie der Nachvollziehbarkeit (im Vergleich mit den Übersichten in Kapitel 3) dienen soll, zeigt Tab. 5.3. Wenn nicht systembedingt ausschließlich deanthroponymische Bildungen zu erwarten sind, wie bei den Bildungen auf -leben, zeigt sich das Überwiegen deanthroponymischer Bildungen insbesondere bei den Namen auf -dorf, in relativ gleichem Maße aber auch, wenn auch nicht so zahlreich, bei -rode. In -stedt- und -burg-Namen sind Anthroponyme erheblich seltener, ähnlich verhält es sich mit -ingen. Hier erschwert aber die geringe Zahl der Namen ein Urteil, was auch für das fast völlige Fehlen von Deanthroponymika unter den selteneren älteren Namentypen gilt. Markanter ist hingegen, dass auch die Bildungen auf -hausen ausschließlich von Appellativa abgeleitet wurden. Das Postulat einer großen Bedeutung von Aktivitäten der regionalen politischen Eliten bei der Landeserschließung stützt sich damit lediglich auf zwei Namentypen, die aber immerhin überaus zahlreich sind, während die übrigen Typen in dieser Hinsicht nicht aussagekräftig sind. In Zeiten großer Produktivität der Namen mit den Grundwörtern -dorf und -rode ist also durchaus eine erhebliche Rolle lokaler und regionaler Machthaber anzunehmen, jedoch nicht durchgängig über die gesamte Zeit des Frühmittelalters hinweg – auf eine phasenweise starke „Zentralgewalt“ o. ä. ist aber daraus nicht zwingend zu schließen. Während die zahlreichen Anthroponyme über ihre Namenträger kaum ein genaueres Bild erkennen lassen, könnte der mehrfach auftretende Name Gräfendorf evtl. als Anhaltspunkt für Landesausbaumaßnahmen regionaler Großer dienen, die – sofern sie mit dem entsprechenden Amt ausgestattet waren – gelegentlich ein „Grafendorf“ gründen konnten. Immerhin wurde diese Namenbildung im westlichen und südlichen Umfeld von Merseburg auf dichtem Raum in einem Bogen von nur etwa 15 Kilometern Länge gleich an fünf Orte vergeben 233, was für eine starke Position dieser sozialen Gruppe spricht. Wie man sich die bestimmende Rolle des grundherrschaftlichen Adels am Landesausbau der Karolingerzeit vorzustellen hat, verdeutlicht Gockel 1976 für das Hünfeld zwischen Fulda und Hersfeld auf der Basis entsprechend aussagekräftiger Quellen.
233 Vgl. Abschnitt 3.4.1 – zusätzlich zu den dort in Kolumne B und C genannten drei Orten noch die Wüstungen Gräfendorf (2679.H) und Klein Gräfendorf (Wg. 2679.K/2680.C).
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158
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
-leben
-stedt
-ingen
Weitere -dorf ältere
-hausen -rode
-bach
-burg
Kolumne 1 Summe
8
23
5
13
46
6
4
7
8
PN zweigliedrig
2
4
2
–
11
–
3
–
1
PN eingliedrig (auch suff.)
6
5
1
–
16
–
–
1
1
PN slav.
–
–
–
–
9
–
–
–
–
PB
–
–
–
–
2
–
–
–
–
GewN
–
4
–
–
–
–
–
–
–
Appellativ
–
8
2
8
3
5
1
6
5
unsicher
–
2
–
5
5
1
–
–
1
Summe
4
3
1
4
16
–
2
–
1
PN zweigliedrig
1
1
–
–
2
–
–
–
1
PN eingliedrig (auch suff.)
3
–
–
–
4
–
1
–
–
PN slav.
–
–
–
–
7
–
1
–
–
PB
–
–
–
–
1
–
–
–
–
GewN
–
–
1
–
–
–
–
–
–
Appellativ
–
–
–
4
1
–
–
–
–
unsicher
–
2
–
–
1
–
–
–
–
Summe
–
1
1
2
18
2
26
4
1
PN zweigliedrig
–
–
–
–
4
–
9
–
–
PN eingliedrig (auch suff.)
–
–
–
1
7
–
13
–
1
PN slav.
–
–
–
–
1
–
–
–
–
PB
–
–
1
–
2
–
2
–
–
Kolumne 2
Kolumne 3
159
Die Siedlung im toponymischen Licht
-leben
-stedt
Weitere -dorf ältere
-ingen
-hausen -rode
-bach
-burg
GewN
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Appellativ
–
1
–
1
4
2
2
4
–
unsicher
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Tab. 5.2: Die Basislexeme
„Für eine stärkere Aktivität des Königtums im Landesausbau dieses Gebietes gibt es keine Anhaltspunkte“ (Gockel 1976, 23). Für die Saale-Unstrut-Region liegen derart eindeutige Zeugnisse aus jener Zeit nicht vor. Immerhin ist jedoch festzustellen, dass die „im Schwarzen Moor und im Hünfeld am Landesausbau beteiligten Familien der gleichen als adlig anzusprechenden Schicht zuzuordnen sind, die auch in den übrigen ostfränkischen Landschaften im 8. und 9. Jahrhundert als Hauptträger von Rodung und Siedlung in Erscheinung tritt“ (ebd., 21). Kolumne
S 1 Namentyp
2
3
%
Abs.
%
Abs.
%
Abs.
-leben (3.3.1)
100
12/12
100
8/8
100
4/4
-stedt (3.3.2)
37
10/27
39
9/23
33
1/3
0
0/1
-ingen (3.3.3)
43
3/7
60
3/5
0
0/1
0
0/1
Weitere ältere (3.3.6)
5
1/19
0
0/13
0
0/4
50
1/2
-dorf (3.4.1)
70
56/80
67
31/46
81
13/16
67
12/18
-hausen (3.4.2)
0
0/8
0
0/6
–
0
0/2
-rode (3.4.3)
78
25/32
75
3/4
2/2
85
22/26
-bach (3.4.5)
9
1/11
14
1/7
–
0
0/4
-burg (3.4.6)
40
4/10
25
2/8
1/1
100
1/1
100
100
%
Abs. –
Tab. 5.3: Der Anteil deanthroponymischer Namen 234
234 Die Klassenbildung und Gestaltung folgt denselben Prinzipien wie bei Tab. 5.1, in der Farbgebung allerdings umgekehrt, von weiß (0 % Personennamenanteil) bis dunkelgrau (100 %).
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160
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
5.1.4 Allgemeiner chronologischer Eindruck Aus rein onomastischer Perspektive ist bemerkenswert, dass insbesondere die slavischen, in Teilen aber auch die deutschen Toponyme der HZV-Region einen überraschend modernen Eindruck machen. Bei den Slavica erscheint das System der slavischen suffixalen Namenbildungsmittel so ausgebildet, wie es in vielen weiter östlich gelegenen Siedlungsarealen erst im Hochmittelalter, also einige Jahrhunderte später, anzutreffen ist (vgl. Kap. 2.4). Das Zahlenverhältnis zwischen als älter und als jünger unterschiedenen Bildungstypen ist hier kein anderes als dort. Bei den deutschen Bildungen sticht generell die große Zahl von Namen hervor, die mit Grundwörtern gebildet wurden, die noch im Hochmittelalter produktiv waren; besonders zahlreich sind hier -dorf und -rode zu nennen. Dennoch sind in der Summe auch die für Gebiete ohne slavischen Siedlungseinfluss typischen Grundwörter bzw. Suffixe wie -leben, -heim, -ithi, -ingen usw., wie oben dargestellt (Kap. 3.6), vergleichsweise häufig; besonders groß ist ihr Anteil unter den Namen des HZV. Hinsichtlich der Slavica würde man ohne Vorliegen eines Zehntverzeichnisses aus der Karolingerzeit rein von diesem typologischen Befund her kaum auf die Idee kommen, ihn als eine Siedlungslandschaft des 9. Jahrhunderts zu interpretieren; eher würde man sie etwa in das 10.–12. Jahrhundert einordnen, in die späte Zeit der slavischen Siedlungserweiterungen und die Frühzeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus. Diese typologischen Argumente sind natürlich nicht hinreichend genug, um die allgemein anerkannte Datierung des HZV in Zweifel zu ziehen; vielmehr mahnt dieser Umstand zur Vorsicht gegenüber absoluten Altersbestimmungen allein aufgrund des Auftretens bestimmter Grundwörter oder Suffixe. Da andererseits Verbreitungskarten der slavischen Toponymie fast regelmäßig Areale liefern, die von älteren Namentypen dominiert werden, lässt sich die Zuverlässigkeit der Unterscheidung zwischen älteren und jüngeren Namentypen auch nicht in Abrede stellen. Wenn aber die jüngeren Namentypen so zahlreich schon im 9. Jahrhundert erscheinen, und man für den Beginn der slavischen Besiedlung im Elbe-Saale-Gebiet das 7. oder 8. Jahrhundert annimmt (Dulinicz 2006, 275 sowie die instruktive Abb. 6, S. 49; Brather 2008, 61), wäre die vorwiegende Produktivitätsphase der älteren Typen gegenüber derjenigen der jüngeren überaus kurz gewesen. Wenn man weiterhin keine grobe Ungleichzeitigkeit in den toponymischen Systemen des Altsorbischen zulassen will, wären die ältesten slavischen Siedlungsareale in Daleminze, im Elbtalkessel um Dresden, in der Oberlausitz und anderswo 235 schon in der frühen Karolingerzeit ausgeprägt oder zumindest angelegt gewesen. Dieser Problematik kann hier nicht erschöpfend nachgegangen werden; der überregionale Vergleich müsste vielmehr so weit ausholen, dass dazu eine gesonderte Untersuchung notwendig wäre; die Betrachtung dieser für die slavische Toponymie überaus frühen Überlieferung ist dabei jedoch von entscheidender Bedeutung. 235 Walther 1993 [1967]; Eichler /Walther 1970; Schultheis 1970; Eichler /Walther 1978 [DS 29], 130–140; Eichler /Walther 1984 [DS 35], 64–75; Bily 1996 [DS 38], 45–58; Hengst 2003.
Die Siedlung im toponymischen Licht
161
Aus der Verteilung älterer und jüngerer slavischer Namentypen ist also nicht auf einen jungen Charakter der Siedlungslandschaft westlich der Saale zu schließen. Vielmehr wäre methodisch zu überlegen – und dies in einem geographischen Rahmen, der mindestens das altsorbische Sprachgebiet umfasst –, wie in diesem Kontext „älter“ und „jünger“ zu definieren sind. Die deutschen Toponyme verweisen hingegen auf eine Altsiedellandschaft. Die Größe dieses Gebietes und die Zahl der hier vorliegenden Namen bringen es mit sich, dass diese Feststellung als signifikant gelten kann, womit davon auszugehen ist, dass die Besiedelung dieser Region im frühen Mittelalter mit derjenigen in Gunstgebieten wie der Magdeburger Börde und dem Thüringer Becken vergleichbar war, aber auch eine weitere Verdichtung in späteren Ausbauprozessen erfolgte, die zur Zeit der Zusammenstellung des HZV, also im 9. Jahrhundert, weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen waren. Für die Jahrhunderte davor ist die Vorstellung einer nördlich der Unstrut gelegenen, prosperierenden Grenzund Übergangsregion zwischen den Herrschaftsbereichen der Sachsen 236 und der Thüringer nicht von der Hand zu weisen.
5.1.5 Das Harzareal Nur ein einziger Bereich ist in chronologischer Hinsicht anders zu beurteilen. Nicht in den Hügellandschaften oder den Flusstälern, sondern im Mittelgebirge des östlichen Unterharzes zeigt sich eine Lagesituation, die im Kontext der slavischen Toponymie als toponymische Kernlandschaft bezeichnet werden würde (Šrámek 2007 [1971], insbesondere 139 f.) – eine Vergesellschaftung zahlreicher Bildungstypen auf engem Raum (Tab. 5.4). Mit Ausnahme von -idi, dessen Fehlen wohl nur dem Zufall geschuldet ist, sind alle Namentypen, denen in Kapitel 3 ein eigener Unterabschnitt gewidmet wurde, hier vertreten. Selbst unter den seltener auftretenden Grundwörtern fehlen nur sehr wenige. Dieser Teilbereich erscheint auf etwa 120 km2 wie ein Brennpunkt der toponymischen Landschaft des HZV-Gebietes, und gemäß der Definition toponymischer Kernlandschaften ist davon auszugehen, dass dieses Areal im Vergleich mit den weiter westlich gelegenen Gebieten früher und dichter besiedelt war. Einige Toponyme, wie diejenigen auf -hain, -rode und -feld, verweisen überdies auf frühe Landesausbauprozesse 237. Abzugrenzen ist es in struktureller Hinsicht insbesondere von den weiter östlich gelegenen Arealen rund um den Hornburger Sattel, wo ein Waldgebiet in späterer Zeit gerodet wurde (Abschnitt 3.4.3). In Richtung Südosten erfolgte die Abgrenzung unter
236 Auszuklammern ist hier die nicht leichte Frage, welche gesellschaftlichen Organisationsstrukturen unter „den Sachsen“ des frühen Mittelalters zu verstehen sein mögen; vgl. dazu gegenüber älteren Vorstellungen die außerordentlich anregenden Überlegungen bei Springer 2004 sowie – abwägend – Hardt 2009b. 237 Zu frühen Rodungen im Harzgebiet Neuß 1995, 118 f.
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162
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
Kolumne 1 -leben (3.3.1)
Almensleben (1)
-stedt (3.3.2)
Nienstedt (12) Riestedt (10)
-ingen (3.3.3)
Einzingen (9, 5) Morungen (217) Nieder-/Oberröblingen (3)
Kolumne 2
Kolumne 3
Leinungen
-heim (3.3.4)
Pfeiffersheim Blankenheim
Weitere ältere (3.3.6)
Gonna (224) Wippra (233)
Emseloh
-dorf (3.4.1)
Friesdorf (234) Grabsdorf (15) Lobesdorf (16) Obersdorf (226) Wettelrode (219)
-hausen (3.4.2)
Kieselhausen (7) Sangerhausen (8) Sotterhausen (13)
-rode (3.4.3)
Etzkerode (229) Hackerode (225) Hohenrode (223)
Deikerode Epkeborn Henkerode Hessenrode Schnapsrode
-bach (3.4.5)
Brumbach (232) Klosterrohrbach (2)
Schönbach
-burg (3.4.6)
Beyernaumburg (14) Korbsberg (46)
-tal (3.4.6) Sonstige (3.5.1)
Herchensola
Helmstal Othal Lengefeld (218) Pölsfeld (228) Lichthagen (230)
Tab. 5.4: Die Toponyme im Harzareal
Brechtewenden
Kaltenborn Schaubesfelde Wiegenhain
Die Siedlung im toponymischen Licht
163
Ausschluss des Bachgebietes der Rohne, das siedlungsgeschichtlich anders zu bewerten ist 238. Da diese Kernlandschaft im Südwesten, Westen und Norden die Grenze des hier bearbeiteten Gebietes berührt, wäre es von Interesse, ihre Erstreckung auch in diesen Richtungen weiterzuverfolgen; dies würde aber den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen.
5.1.6 West- und Ostareal Abgesehen von der lokalen Besonderheit des Ostharzgebietes lässt sich bezüglich der Arealität der einzelnen Namentypen eine klare und grundlegende Unterscheidung treffen. Das Verbreitungsgebiet einer ganzen Reihe von Namentypen reicht im Osten nur bis zur Weida, umfasst also lediglich die westliche Hälfte des HZV-Gebietes (Tab. 5.5). Einen fundamentalen Unterschied zeigen demgegenüber die Toponyme auf -leben und -stedt, die gleichmäßig bis zur Saale hin verteilt sind. Auch für die weiteren älteren Namentypen (-ingen, -ithi usw.) wäre eine solche gleichmäßige Verteilung wohl anzunehmen, bedingt durch ihre geringe Zahl bleibt jedoch das Verbreitungsbild wenig aufschlussreich. Auch hier ist mit den in Abschnitt 5.1.5 genannten toponymischen Kernlandschaften zu argumentieren – die größere Vielfalt an Ortsnamentypen im Westen ist als Indiz für die frühere und intensivere Besiedlung dieses Abschnitts zu werten, während der Osten von der slavischen Toponymie geprägt wurde. Die Verbreitung der „Westtypen“ ist weitgehend komplementär zu derjenigen der slavischen Toponyme (Tafelteil, Abb. 18, S. 234). So deutlich ist der Unterschied, dass sich hier quasi zwei toponymische Räume gegenüberstehen, wobei sich die Täler von Weida und Schmoner Bach als Grenzzonen abzeichnen. Dies könnte durchaus auch als Ursache dafür angesehen werden, dass sich die in Teil B des HZV genannten Burgen entlang dieser beiden Bäche besonders dicht aneinanderreihen, da sie hier tatsächlich einen Grenzbereich sichern sollten. Die älteren deutschen Namentypen, insbesondere die Bildungen auf -leben und -stedt, bei deren Verbreitung diese Grenze rein gar keine Rolle zu spielen scheint, sind in dieser Hinsicht schwer zu beurteilen. Es kämen dazu zwei Hypothesen in Betracht: Einerseits könnten sie noch in einer älteren Zeit entstanden sein, in der die „Weida-Schmoner-Bach-Grenzzone“ noch nicht bestand, die germanische Besiedlung also ohne slavische Beeinflussung bis zur Saale reichte. Es wäre jedoch zu fragen, warum diese Namen mit der später erfolgten slavischen Zusiedlung erhalten bleiben konnten. Dies wäre aber nicht abwegig, wenn man in Rechnung stellt, dass zwischen Weida und Saale deutsch- und slavischsprechende Menschen kohabitierten und somit auch die jeweiligen Toponyme in Gebrauch bleiben konnten. Ein Vergleich der arealen Situation der Slavica mit derjenigen der Bildungen auf -leben und -stedt (Ta-
238 Vgl. dazu eine in Vorbereitung befindliche Studie von Sabine Altmann.
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164
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
Im Westareal vollständig Namentyp
(100 %)
unvollständig %
abs.
-leben (3.3.1)
58
7/12
-stedt (3.3.2)
56
15/27
-ingen (3.3.3)
71
5/7
67
2/3
0
0/2
Simplizia (3.3.6)
57
4/7
voreinzelsprachlich (3.3.6)
50
1/2
-heim (3.3.4)
2
-ithi (3.3.5) -aha (3.3.6)
2
-loh (3.3.6)
2
-¯are/-ere (3.3.6) -st- (3.3.6)
1
-sola (3.3.6)
1
-ig (3.3.6)
0
0/2
-dorf (3.4.1)
33
26/78
75
6/8
-bach (3.4.5)
91
10/11
-burg (3.4.6)
90
9/10
67
2/3
-hausen (3.4.2) -rode (3.4.3)
239
22
-tal (3.4.6) Sonstige (3.5.1)
15
Tab. 5.5: Namentypen im Westareal
felteil, Abb. 19, S. 235) zeigt, dass die deutschen und slavischen Toponyme in enger Nachbarschaft zueinander stehen und sich die Bewohner dieser Siedlungen offenbar gegenseitig respektierten. Einige der deutschen Namen könnten auch späte Ausläufer der Produktivität der beiden Typen sein und im Kontext der späteren, durch Bildungen auf -dorf repräsentierten Ausbaumaßnahmen stehen, ohne dass dies jedoch zu konkretisieren ist. Andererseits könnten die Bildungen auf -leben und -stedt mit fränkischen Erschließungsmaßnahmen in Zusammenhang stehen, die eine ältere Grenzsituation an 239 Abweichend ist hier nur das markante Rodeareal auf der südlichen Querfurter Platte, dessen Namen in der Zusammenstellung nicht berücksichtigt wurden.
Die Siedlung im toponymischen Licht
165
Weida und Schmoner Bach beseitigten und den fränkischen Herrschaftsbereich bis zur Saale hin ausdehnten. Auch die Bildungen auf -dorf könnten zumindest teilweise in diesen Kontext gehören. Um eine planmäßige Kolonisation muss es sich jedoch angesichts der wenig einheitlichen Struktur der Bestimmungswörter (vgl. Abschnitt 5.3.1 und Tabelle 5.2) nicht gehandelt haben, sondern um nur locker gelenkte Siedlungsprozesse, wobei sich für die Nomination bestimmte Basiselemente besonderer Produktivität erfreuten, so dass sie vielleicht serienbildend wirkten. Bei diesem Szenario ist problematisch, dass -leben und -stedt gemeinhin nicht als typische Grundwörter im Kontext fränkischer Siedlungsmaßnahmen gelten. Der äußerst geringe Wüstungsanteil bei den beiden hier zur Diskussion stehenden Bildungstypen spricht dafür, dass die entsprechenden Siedlungen schon relativ früh an den besten Standorten entstanden. Die zuerst genannten Überlegungen können damit als wahrscheinlicher gelten. Wenn Neuß 1995, 119 meint: „Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß in diesen [slavisch benannten und westlich der Saale gelegenen – Ch. Z.] Dörfern auch Deutsche wohnten, trotz der slawischen Namen“, dann ist ihm durchaus zuzustimmen. An der westlichen Peripherie der slavischen Toponymie, quasi an der geographischen Nahtstelle zwischen slavischer und germanischer sprachlicher Einwirkung, findet sich eine Spur sprachlicher Interferenzen zwischen der älteren deutschen bzw. germanischen und der slavischen Besiedlung, indem dem HZV-Beleg für Wolkau, Uulchistedin, also einer Bildung auf -stedt, wie sie in unmittelbarer Umgebung mehrfach begegnet, ein altsorbisches Toponym *Folkov_, bezeugt 1332 Wolkowe, gegenübersteht. Auch wenn die schriftliche Überlieferung marginal ist, zeigt sich doch die Parallelbildung eines deutschen Kompositums und eines slavischen Derivatums zum gleichen Basismorphem, dem Kurznamen Folko (vgl. Abschnitt 1.6.1.A, 2.1, 2.3, 3.3.2), die von der engen sprachlichen Nachbarschaft zeugt. Ähnliche Fälle sind Dörstewitz/Thiderichesdorpf (HZV Nr. 133) und Peutnitz/Budinendorpf (HZV Nr. 51), beide in der Nähe der Saale (vgl. jeweils Abschnitt 2.1, 2.3 und 3.3.1). Weitere Parallelbildungen dürften auch für die übrigen Toponyme dieses Bereichs vorauszusetzen sein, in schriftlichen Zeugnissen sind sie jedoch nicht überliefert.
5.1.7 Die Rolle der Slavica Dass die älteren slavischen Namentypen so markant nicht an den Unterläufen der der Saale zustrebenden Gewässer, sondern konzentriert weiter flussaufwärts liegen (Tafelteil, Abb. 5, S. 221), widerspricht den gängigen Verbreitungsbildern, bei denen die Besiedlung, vom Flusstal ausgehend, immer entlegenere Landstriche erschließt. Entsprechend dem Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Namentypen lassen sich drei Zonen beschreiben (vgl. Abschnitt 2.4 und Tafelteil, Abb. 5, S. 221). Eine geschichtliche Interpretation dieser arealen Situation fällt nicht leicht; die folgenden beiden Szenarien stellen vielleicht die wahrscheinlichsten dar: Einerseits musste vielleicht eine ältere Besiedlung an der Saale aufgegeben werden, wofür wohl vor allem kriegerische Auseinandersetzungen als Ursache in Frage
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166
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
kommen. Es wäre danach ein Rückzug nach Westen erfolgt mit Anlehnung an die bestehende deutsche Siedlungsverteilung; das Saalegebiet wäre erst später wiederbesiedelt worden, wobei mittlerweile jüngere Namentypen produktiv waren, die umfassende Verwendung fanden. Dieses Szenario erscheint jedoch unwahrscheinlich, weil toponymische Reste einer ersten slavischen Besiedlung an der Saale, die wenigstens in geringer Zahl zu erwarten wären, völlig zu fehlen scheinen, zumal auch zahlreiche ältere Namen auf -leben und -stedt erhalten blieben. Außerdem ist zu bezweifeln, dass heftige Kämpfe am westlichen Saaleufer zu einer weit gehenden Entvölkerung führen konnten. Kriegerische Auseinandersetzungen sind auch für spätere Jahrhunderte bezeugt, ohne dass dies entsprechende toponymische Auswirkungen gezeitigt hätte. Andererseits könnte sich die frühe slavische Besiedlung von vornherein an bereits bestehende deutsche Siedlungen angelehnt haben. Eine solche räumliche Nähe könnte im Hinblick auf Sicherheit und wirtschaftlichen Austausch durchaus Vorteile geboten haben. Erst in späterer Zeit dehnte sich die slavische Besiedlung nach Osten hin aus, bis sie die Saale erreichte. Auch diese Variante erscheint, wie die erste, recht konstruiert und vermag nicht so recht zu befriedigen. Bei diesen Überlegungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass, abgesehen von den Patronymika, die älteren Namentypen nur ausgesprochen selten vorliegen, so dass die chronologische Differenz zwischen älteren und jüngeren Typen vielleicht nicht überschätzt werden darf. In Bezug auf die Frage, ob die slavischen Sprachrelikte westlich des Flusses auf selbständige slavische Einwanderungen zurückgehen oder von einer durch fränkische Machthaber gelenkten Ansiedlung zeugen, wäre die dargestellte areale Situation (Tafelteil, Abb. 4 und 5, S. 220 f.) so zu interpretieren, dass die Areale östlich von Weida und Schmoner Bach sicher slavisch besiedelt waren, ehe bzw. ohne dass fränkische Herrschaftsträger ihren Einfluss geltend machen konnten. Vom Siedlungsbild und von der Struktur der Namen her ist kein Unterschied zu autochthonen slavischen Siedlungsprozessen erkennbar. Weiter westlich hingegen, wo sich slavische Toponyme nur vereinzelt und verstreut finden, dürfte eine sukzessive Ausbreitung slavischer Siedlungen eine wohlwollende Tolerierung durch ansässige Herrschaftsträger gefunden haben. Insgesamt wäre damit zwischen drei Bereichen 240 der slavischen Besiedlung zu unterscheiden: 1. im Westen eine von deutschen Grundherren geförderte Ansiedlung inmitten des älteren deutschsprachigen Milieus, die wohl nicht in jedem Fall toponymische Spuren hinterlassen hat; 2. ein an die geschlossene deutsche Besiedlung östlich unmittelbar angrenzender Bereich, der von älteren slavischen Namentypen dominiert wird; 3. und schließlich dessen Erweiterung nach Osten hin bis zur Saale, wo jüngere Namentypen vorherrschend sind oder z. T. sogar ausnahmslos vorliegen.
240 Diese Bereiche sind nicht identisch mit den drei auf Tafelteil, Abb. 5, S. 221 dargestellten Zonen.
Die Siedlung im toponymischen Licht
167
5.1.8 Fazit In der Konsequenz sind die toponymischen Auswirkungen des Siedlungsgeschehens wie folgt zu beschreiben: 1. Zunächst war das ganze Gebiet zwischen Harz und Saale intensiv und durchgehend besiedelt, wovon die älteren deutschen Bildungstypen, insbesondere die Toponyme auf -leben und -stedt, zeugen. 2. Anschließend erfolgte im Osten bis zu Weida und Schmoner Bach eine Ansiedlung slavischer Sprechergruppen, die umfangreich genug war, um der Landschaft eine eigene Toponymie aufzuprägen. Die in Phase 1 entstandenen Namen blieben aber in größerer Zahl (wenn auch sicher nicht vollständig) erhalten, was für eine Kontinuität der bereits vorhandenen Siedlungen spricht. 3. Zur gleichen Zeit kam es weiter westlich zu einer erheblichen Verdichtung der Besiedlung, wobei zahlreiche Namentypen (vgl. Unterabschnitt 5.1.6, Tab. 5.5) Verwendung fanden. 4. Anschließend breiteten sich deutsche Sprechergruppen auch nach Osten hin bis zur Saale aus, wovon die Namen auf -dorf und -rode zeugen. Beide Bildungstypen scheinen jeweils eine Sonderrolle einzunehmen: -dorf mit seiner außerordentlich lang anhaltenden Produktivität und -rode mit seiner Verwendung in jüngeren, mit Waldrodung verbundenen Ausbaugebieten. Dies ist das Bild, das uns vom HZV präsentiert wird. Nach dessen Abfassung entstand eine nicht geringe Zahl weiterer Siedlungen, die aber mit Ausnahme dreier ausgeprägter Rodungsareale (südliche Querfurter Platte, Hornburger Sattel, Ziegelrodaer Forst) keine Konzentrationen zeigen – dass das HZV „einen Zustand des ZurRuhe-Gekommenseins“ zeigt (Neuß 1995, 123), ist damit zu relativieren. In diesem zeitlichen Kontext wurden die slavischen Sprecher sukzessive assimiliert. Interessant erscheinen zusätzliche Verdichtungen in Arealen, die ohnehin schon sehr eng von Siedlungen besetzt waren, insbesondere im Geiseltal 241. Ob hier kleinräumige Untersuchungen weitere Erkenntnisse bringen würden, ist aber nicht sicher – viel mehr als die Namen und Ortslagen wäre auch bei großmaßstäblicher Betrachtung nicht zu erkennen. Bei den genannten Phasen ist aber unbedingt – wie auch bei allen Darlegungen in diesem Kapitel – an die in Abschnitt 2.4 und 3.2 dargestellten Prämissen der chronologischen Einordnung von Namentypen zu erinnern: Es handelt sich bei allen Beobachtungen lediglich um hypothetisch zu formulierende Tendenzen, denen, sofern sie auf größeren Zahlen signifikanter Toponyme beruhen, ein erheblicher Grad an
241 Als außerordentlich hilfreich für die Lokalisierung der vielen Ortschaften im Geiseltal erwies sich eine Kartierung an einer gänzlich unerwarteten Stelle, die wissenschaftlich vielleicht unangebracht erscheint, aber in ihrer Zweckmäßigkeit einmalig sein dürfte: Im Schulatlas der DDR (Atlas der Erdkunde) befanden sich auf S. 11 drei Darstellungen der territorialen Veränderungen im Geiseltal mit den Zeitstufen 1865, 1945 und 1968, deren erste den Ausgangszustand vor der industriellen Entwicklung widergibt und alle Ortschaften, wenn auch vereinfacht, so doch nachvollziehbar abbildet.
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168
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
Wahrscheinlichkeit zukommt. Keineswegs dürfen einzelne Symbole auf den Karten zu detaillierten Interpretationen über das Alter des jeweiligen Ortes verleiten; vielmehr ist stets das Gesamtbild zu betrachten. Aus diesem Grunde wurde auch manch weiterer vielleicht aus den Karten ins Auge springender Befund hier nicht ausgeführt – die zahlenmäßige Basis wäre jeweils zu gering.
5.2 Der Anteil des HZV an der Darstellung der toponymischen Landschaft 5.2.1 Zur Flächendeckung des HZV Die Überlegungen in diesem Kapitel gingen bislang vom gesamten Ortsnamenschatz der Region aus. Nunmehr ist der Frage nachzugehen, welche Rolle die im HZV überlieferten Namen spielen. Hierzu sind die Lagerelationen zu prüfen, in denen die im HZV gelisteten Namen zu den übrigen stehen. Eine differenziertere Interpretation der Verbreitungsbilder der einzelnen Typen ist in den meisten Fällen jedoch aufgrund der geringen Zahl der vorliegenden Toponyme kaum möglich. Daher ist eine zusammenfassende Betrachtung vorzuziehen. Unter den älteren Namentypen sind die nicht im HZV genannten Toponyme über das ganze Gebiet verstreut, wenn sie sich auch an den Peripherien zu konzentrieren scheinen (Tafelteil, Abb. 20, S. 236). Unter den viel zahlreicher vorliegenden jüngeren Namentypen markieren die nicht im HZV verzeichneten Namen zunächst die bereits genannten jüngeren Landesausbauareale – im Ziegelrodaer Forst, auf der südlichen Querfurter Platte und zwischen Süßem See und Unterharz. Hiervon abgesehen, liegen kleinere Gruppen südöstlich von Querfurt, im westlichen Vorfeld von Halle, im Geiseltal, entlang der Saale und im Harzgebiet vor. Demgegenüber ist der mittlere Bereich, das Gebiet um Rohne und Weida (abgesehen von dem genannten kleinen Areal am Oberlauf) sowie das Ufer der Unstrut ausschließlich von Namen geprägt, die im HZV stehen, wobei die Vertreter der jüngeren Namentypen von den Namen auf -leben ergänzt werden. Im Unterharzgebiet finden sich auch bei den älteren sowie den selten belegten Namentypen Toponyme, die im HZV fehlen. Abgesehen von den genannten jüngeren Ausbaugebieten zeigt sich also ein Nebeneinander von Regionen unterschiedlicher Prägung (Tafelteil, Abb. 20, S. 236), wobei sich neben Exklusivitätszonen und Bereichen, in denen Namen des HZV fehlen, perforierte Areale abzeichnen, in denen Toponyme des HZV nur eine geographisch nicht abzusondernde Teilmenge bilden. Im Norden sowie entlang der Unstrut kommt dem HZV offensichtlich eine Exklusivität in der Darstellung der toponymischen Landschaft zu 242. Demgegenüber erscheinen im Osten und im Harzgebiet die Namen des 242 Innerhalb dieses Areals bleiben nur drei Toponyme – Äbtischrode, Döcklitz und Mallerbach – außerhalb des HZV, vgl. zu den Namen die Abschnitte 2.3, 3.4.3 und 3.4.4.
Der Anteil des HZV in der Darstellung
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HZV in starkem Maße perforiert von Toponymen, die im HZV nicht zu finden sind. Dies gilt insbesondere für die slavischen Toponyme an der Saale und ihren westlichen Zuflüssen, wenn auch im Mündungsgebiet der Unstrut vermutlich die im HZV nicht lesbaren Namen Nr. 165–169 zu lokalisieren sind (vgl. Abschnitt 2.4). Beispielhaft sei auf die Siedlungsagglomeration Teutschenthal verwiesen, wo auf engstem Raum von den sieben sie konstituierenden Ortschaften nur drei im HZV auftauchen (vgl. Abschnitt 3.4.5). Die Kartierung (Tafelteil, Abb. 20, S. 236) wird vielleicht in vielen Details zu hinterfragen sein – die Prämissen der Abgrenzung der Zonen sind kaum frei von Willkür zu gestalten, und selbst mathematisch-statistische Berechnungsmodelle müssen nicht zwingend plausibler sein. Dennoch ist das generelle Bild der perforierten Areale nicht in Abrede zu stellen. Was in diesem Zusammenhang schon für die slavischen Namen angedeutet wurde (Abschnitt 2.4), sei hier unterstrichen: Auch wenn der eine oder andere Name in diesen „Perforationszonen“ jünger sein mag als das HZV – in Gänze ist von einem Nacheinander nicht auszugehen, vielmehr liegen hier mit an Absolutheit grenzender Sicherheit Orte, die vom HZV übergangen werden. Dafür spricht auch, dass der Anteil der wüstgefallenen Orte (vgl. Abschnitt 5.1.2) sich zwischen den Orten im HZV und den übrigen nicht signifikant unterscheidet. Dieser Befund verlangt nach einer geschichtlichen Interpretation. Zunächst ist er unvereinbar mit der Vorstellung, das HZV beschreibe die Siedlungslandschaft des 9. Jahrhunderts vollständig. Eine toponymische Exklusivität des HZV ist zwar zwischen Rohne und Weida sowie entlang der Unstrut durchaus gegeben; der Harz und die weiter östlich bis zur Saale gelegenen Gebiete werden hingegen nur partiell erfasst. Dies ist kaum anders zu verstehen, als dass die königliche Macht in diesem Teil der östlichen Peripherie des Frankenreiches über den Zehnten zum Zwecke seiner Verschenkung nicht flächendeckend verfügen konnte. Ihr Zugriff auf das Gebiet war demnach nicht total, sondern in geographischer Hinsicht einem alten, löcherig gewordenen Wischlappen oder dem sprichwörtlichen Schweizer Käse vergleichbar. Insbesondere scheint der Einfluss der fränkischen Macht nur partiell bis zur Saale gereicht zu haben. Schon von daher wäre Begriff der „Saalegrenze“ zu relativieren; dieser stellte wohl eher eine Idealvorstellung in den Köpfen der Eliten des karolingischen Reiches dar (Hardt 2000; Hardt 2009a). Bezogen auf die schriftliche Überlieferung, „konstruierten die Autoren ethnisch einheitliche Uferseiten“ (Potschka 2011, 99). Eine lineare Grenze entlang des Flusses entsprach aber nicht der machtpolitischen Realität. Daneben zeigen sich auch Lücken im Inneren. Zum einen ist auf das Harzgebiet zu verweisen, wo sich eine starke und kleinräumige Durchmischung von Toponymen im und außerhalb des HZV zeigt, wenn auch die im HZV zu findenden Namen die Mehrheit bilden. Zum anderen findet sich eine kleinere geschlossene Gruppe von nicht im HZV verzeichneten Namen im oberen Flussgebiet der Weida südöstlich von Querfurt. Es wäre verlockend, diese als „Nest“ des Machtbereichs eines regionalen Großen, der nicht der Königsmacht unterstand, anzusehen. In dieser Konkretheit wäre dies aber eine Überschätzung der Interpretierbarkeit der Toponymie. Nicht durch Na-
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men belegbar ist eine Beobachtung, wonach „nördlich der Merseburger Altenburg ein z. Z. der Abfassung des Hersfelder Zehntverzeichnisses schon länger dicht besiedeltes Gebiet archäologisch feststellbar [ist], das unerwähnt bleibt“ (Weigelt 1979, 38). Hier wurde ein früher Burgbezirk um die Merseburger Altenburg vermutet (ebd., 43), der ebenfalls im HZV keine Berücksichtigung fand. In diesem Kontext wurde auch die Vermutung geäußert, dass nicht im HZV erscheinende Orte „den Merseburger Grafen gehörten und daher zehntfrei waren“ (August 1964, 391, vgl. dort auch Anm. 63) und damit nicht in das Verzeichnis gelangen konnten. Auch wenn also Einzelheiten undeutlich bleiben, so ist doch davon auszugehen, dass die königliche Macht – im geographischen Sinne – nicht allumfassend war, sondern dass es offenbar Akteure gab, auf die sie keinen oder nur geringen Zugriff hatte. Im Kontext der historischen Prozesse erscheint dies nicht verwunderlich, denn während der Merowingerzeit hatten die Mächtigen genügend Freiraum: „Die lockere Oberherrschaft des fränkischen Königs störte diesen Adel zunächst nur wenig, jedenfalls kaum vor dem 8. Jh., als die fränkische Krone das Land stärker durchorganisierte“ (Walther 1971 [DS 26], 222). Bezogen auf das Gebiet des HZV haben sich diese regionalen Aktivitäten wohl in der großen Produktivität der Namen mit dem Grundwort -dorf niedergeschlagen. Dass sich diese Situation im 8. und 9. Jahrhundert grundlegend geändert hätte, ist zu bezweifeln. Einerseits lassen sich Spuren von „geplanten“ Maßnahmen hinsichtlich von Befestigungsbau oder Siedlungsgründung nicht ausmachen; andererseits bleiben bei einer großen Übertragung von Rechten durch die Karolinger, wie sie das HZV darstellt, so große Lücken, dass von einer regionalen Geschlossenheit keine Rede sein kann. Ohnehin wäre zu fragen, weshalb man sich die Mühe gemacht haben sollte, die Namen von über 200 Siedlungen einer Region extra niederzuschreiben, wenn deren Umfang auch mit der Angabe von 15 Burgen oder – falls diese Befestigungen noch nicht existiert haben sollten – einiger Grenzflüsse hinreichend erklärt gewesen wäre. Diese Feststellungen sind durchaus nicht neu. Es finden sich zwar apodiktische Feststellungen wie: „Nichts spricht gegen den Schluß, daß die Grenzen der einzelnen Burgwardbezirke aneinanderstießen und daß zur Zeit der Abfassung von B die Burgwardverfassung das Zehntgebiet aufgegliedert hatte“ (Wolf 1956a, 26), wobei ausdrücklich von einem „Zehntgebiet“, also wohl einem geschlossenen Territorium, die Rede ist. Kurz zuvor heißt es aber: „Rückschlüsse auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer in A nicht genannten Ortschaft um 830–850 dürfen aus dem Verzeichnis keinesfalls gezogen werden“ (ebd., 25) und es findet sich auch die Beobachtung, dass es Burgen außerhalb des HZV gab (Wolf 1957, 232). Unterschwellig wird das Bewusstsein für den lückenhaften Charakter des HZV auch bei Hans Walther deutlich, wenn er bemerkt: „wurde das Kloster a.780 durch Karl den Großen mit der großen Zehntschenkung im Hassegau bedacht, die uns das bekannte große Hersfelder Zehntverzeichnis übermittelt“ (Walther 1990, 220), wobei er mit Bedacht formuliert: „im Hassegau“. Am deutlichsten war die oben genannte Feststellung in Bezug auf das Merseburger Umfeld (August 1964, 391 und Anm. 63). Die Königsherrschaft in jener Zeit wäre also demnach – und dies sicher nicht nur in dieser Region – nicht flächendeckend, sondern lückenhaft bzw. fragmentarisch und
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abhängig von einer erfolgreichen sozialen Interaktion mit konkurrierenden regionalen Machthabern, die auf deren Unterordnung abzielte. Hinsichtlich dieser Machthaber ist nicht von einem Dualismus zwischen einem fränkischen „Staatsgebiet“ am linken Saaleufer und mehr oder weniger abhängigen gemachten Großen östlich des Flusses auszugehen, vielmehr spielte sich dieser Interaktionsprozess auch westlich der Saale ab. Hierbei dürfte es nur eine geringe Rolle gespielt haben, ob diese regionalen Machthaber slavischer oder deutscher Muttersprache waren. Noch weniger wird dieser sprachliche Aspekt für die den Boden bebauende Bevölkerung maßgeblich gewesen sein. Diese Situation lässt an die Thesen Michael Borgoltes zur Grafschaftsverfassung in Alemannien denken, wo es explizit heißt: „Eine restlose Einteilung Alemanniens in königsherrschaftliche Grafschaften hat es ebenfalls nicht gegeben“ (Borgolte 1984, 257). Demnach „blieben bei Pippins Verwaltungsorganisation nichtgräfliche Sonderbezirke ausgespart, während sich Ludwigs Zugriff einzelne Adelsherrschaften in Inneralemannien entziehen konnten“ (ebd., 258) – gemeint sind Pippin der Jüngere und Ludwig der Fromme. Genau so dürfte sich die Situation an der westlichen Peripherie des Frankenreiches zwischen Harz und Saale dargestellt haben. Borgoltes Feststellungen blieben seinerzeit nicht unwidersprochen. Auf die Kritik ist hier nur in zwei Punkten einzugehen. Zum einen kam auch sie nicht umhin zuzugeben, dass nicht geklärt ist, ob die Grafschaftsverfassung zur damaligen Zeit das Reich wirklich lückenlos überzogen hat (vgl. Schulze 1985, 266 unter Rückgriff auf Schlesinger 1963 [1953], 30). Zum anderen wurde gefolgert, wenn es denn so wäre, wie Borgolte meinte, dann „müßte in diesem Gebiet ein gewaltiges Durcheinander von Herrschaftsbeziehungen geherrscht haben“ (ebd., 273). Auch wenn ein solches Durcheinander nicht gewaltig gewesen sein muss, so ist durchaus von einer solchen Vorstellung westlich der mittleren Saale auszugehen.
5.2.2 Zur inneren Geschlossenheit des HZV Wie schon die mehrfachen Nennungen von Toponymen gezeigt haben (Abschnitt 1.7), entspricht die innere Struktur des HZV nicht unbedingt seiner peniblen äußeren Ordnung und der sprachlichen Sorgfalt der Abschrift. Wenn ein und derselbe Name mehrfach begegnet, deutet das nicht auf ein systematisches Abschreiten einer Region hin. Viel näher liegt es dagegen, dass im Zuge der Auseinandersetzung zwischen dem Erzbistum Mainz und dem Kloster Hersfeld um die Zehnterhebung im Jahr 845 (Schröder 1899, 379 f.) – vielleicht sogar sehr eilig – aus verschiedenen Vorlagen eine Kompilation der Hersfelder Ansprüche unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt wurde (vgl. hierzu auch Abschnitt 1.7). Dabei wurden alle möglichen bzw. möglichst viele Orte nacheinander aufgelistet, ohne auf Namenwiederholungen zu achten. Später dann, im 11. Jahrhundert, wurde dieses Sammelsurium dann von einem gewissenhaften Schreiber fein säuberlich in die Fassung übertragen, in der es uns bis heute vorliegt. Dass „Wiederholungen und Überschneidungen [. . . ] sicherlich
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der Kompilation zeitlich verschiedener Vorlagen beziehungsweise der schematischen Zusammenstellung durch den Hersfelder Schreiber oder Redaktor anzulasten“ sind (Walther 1990, 221), wurde bereits früher festgestellt. Hilfreich, wenn auch vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig ist eine graphische Darstellung der Abfolge in geographischer Perspektive (Tafelteil, Abb. 21, S. 237) 243, die zur Verbesserung der Übersichtlichkeit zusätzlich noch in drei Teilkarten untergliedert wurde (Tafelteil, Abb. 22–24, S. 238–240). Eine solche, anscheinend bislang noch nicht versuchte Darstellung ist notwendig, um die These überprüfen zu können, wonach das HZV einen Reiseweg abbilde bzw. der „Bereisungskontrolle“ (Wolf 1955, 293, Anm. 5) der zehntpflichtigen Orte gedient habe. Obwohl bei etlichen der von Siegmund Wolf herausgearbeiteten, jeweils ein geschlossenes Areal bildenden Abschnitte 244 – dem ersten, zweiten, sechsten, siebenten und achten – die Orte durchaus deutlich dicht und kompakt beieinanderliegen (erkennbar als gleichfarbige Linienknäuel), fallen auch etliche Versprünge 245 ins Auge, die nicht nur von den Neulokalisierungen einiger Orte (vgl. Abschnitt 1.6) verursacht werden. Hierbei ist zu betonen, dass diese Neulokalisierungen nicht mit der Absicht vorgenommen wurden, solche Versprünge herzustellen und damit Wolfs Gruppenbildungen zu diskreditieren, sondern dass sie allein auf der sprachlichen Bewertung der Namenbelege beruhen, wobei allerdings keine Kompromisse allein aus Rücksicht auf die Geographie gemacht wurden. Hinreichend zu belegen ist damit, dass von einem systematischen Abschreiten der Orte des HZV-Gebietes kaum die Rede sein kann. Trotz einiger regionaler Ballungen läuft die Reihenfolge nicht selten kreuz und quer durch das ganze Gebiet, was dafür spricht, dass aus verschiedenen Quellen, die sich auf unterschiedliche Besitzübertragungen beziehen, abgeschrieben wurde. Fehlenden geographischen Kompetenzen wird das kaum zuzuschreiben sein – waren die Kanzlisten doch durchaus in der Lage, Orte bezüglich ihrer Lage zwischen bestimmten Flüssen exakt zu selektieren, was
243 Um die ohnehin schon gravierende, aber kaum zu vermeidende Unübersichtlichkeit nicht noch weiter zu verstärken, mussten in manchen Fällen sich häufig wiederholender Orte in der Darstellung Vereinfachungen vorgenommen werden. Dies betrifft die Nummern 157–163, 178–183, 186–188, 207– 211 und 220–222. Acht untereinander gleichrangige Klassen farblich voneinander zu unterscheiden, ist kein leichtes Unterfangen; hierbei wurde auf ein von Cynthia Brewer, einer ausgewiesenen Expertin für die Farbauswahl auf Landkarten, vorgeschlagenes Schema zurückgegriffen, vgl. http:// colorbrewer2.org/?type=qualitative&scheme=Set1&n=8 (01. 07. 2015). 244 Bei Wolf 1955 spielen diese noch keine Rolle. Bei Wolf 1956a wird recht unvermittelt „ein erster geographisch geschlossener Abschnitt“ eingeführt, wobei im Folgenden insgesamt sieben solcher Abschnitte gebildet wurden. Bei Wolf 1957 ist eine Modifikation insofern zu verzeichnen, als hier acht Abschnitte vorliegen – der vorher sechste wurde nochmals unterteilt. 245 Der vielleicht wenig gebräuchliche Terminus „Versprung“ bezeichnet in der Fachsprache des Bauwesens eine abrupte Unterbrechung innerhalb einer kontinuierlich verlaufenden Fläche, Kante oder eines anderen Elements, also eine Sache, die für die unterbrochenen Nachbarschaften in der Abfolge des HZV gut passt. In der sprachwissenschaftlichen Lexikographie spielte dieses Wort bislang keine Rolle; es fehlt in den gängigen Wörterbüchern und Datenbanken. Für eine diesbezügliche Auskunft danke ich Michael Solf vom Deutschen Wörterbuch an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften auf das herzlichste.
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überaus bemerkenswert erscheint und als Ausweis für hervorragende geographische Kenntnisse der Region zu werten ist. Abschließend noch zwei typologische Beobachtungen in Bezug auf die im HZV mehrfach genannten Orte: Zunächst ist auffällig, dass hierunter Bildungen auf -stedt mit neun von 34, also mehr als einem Viertel, eine überdurchschnittliche Rolle spielen. Berücksichtigt man die Seltenheit der Namen auf -ingen, so ist auch das Auftreten dreier in dieser Weise benannter Orte als überdurchschnittlich zu bewerten. Außerdem befinden sich Lengefeld und Pölsfeld in einem von Namen mit den Grundwörtern -rode, -hain und -feld bestimmten Rodeareal. Ob diese Beobachtungen auf irgendeine Weise interpretierbar sind, insbesondere hinsichtlich zersplitterter Besitzverhältnisse oder mehrfacher Übertragung von Rechten an einem Ort im Zuge fortschreitender Rodungsprozesse, muss dahingestellt bleiben. Ohne weitere Indizien liegt es näher, davon auszugehen, dass die genannten Phänomene nicht auf statistischer Signifikanz, sondern auf dem Zufall beruhen.
5.2.3 Friesen im Hassegau? Beinahe am Ende dieser Untersuchung stellt sich die Frage, warum hier allenthalben in umständlicher Ausdrucksweise vom „HZV-Gebiet“ o. ä. die Rede war, wo doch für dieses mit Friesenfeld eine geographisch überaus exakte Raumbezeichnung überliefert ist. Diese wurde aber bewusst vermieden, weil dieser Name aufgeladen ist mit Assoziationen über frühmittelalterliche Bevölkerungsbewegungen, über die unter Heranziehung anscheinend aussagekräftiger Landschafts- und Personengruppennamen gern spekuliert wurde. Noch in neueren Publikationen wird an einen „weiträumigen Bevölkerungsaustausch durch Umsiedlungen“ (Meibeier 2006, 61) gedacht: „Die überkommenen Benennungen Schwabengau und Friesenfeld legen unabweisliches Zeugnis ab von derartigen Vorgängen während des frühen Mittelalters“ (Meibeier 2006, 61). Ohne zu zweifeln wird dies mit bekannten historischen Daten in Verbindung gebracht: „Die Bezeichnung Friesenfeld geht zurück auf die Besiedlung des Gebietes nach dem Untergang des Thüringerreiches (531) [. . . ]. Das Territorium wurde daraufhin von Friesen, Sachsen, Franken und Nordschwaben besiedelt. Neben dem Friesenfeld erinnern die Bezeichnung Schwabengau (zwischen Wipper, Bode und Eine) und der Sachsgraben (bei Wallhausen) an diese Migrationsprozesse“ (Lück 2005, 14). Diese Äußerung beruht auf einem Forschungskonsens, der durch die Kombination der nicht sehr reichlichen historischen Zeugnisse mit den geographischen Namen ein differenziertes Bild von frühmittelalterlichen Wanderungsprozessen entworfen hat, in dem Friesenfeld, Hassegau und andere Raumnamen der damaligen Zeit eine entscheidende Rolle spielten (Wenskus 1986a, 206–209) 246. Auch Flurnamen wie Friesental bei Großleinungen oder Friesenburg, die Bezeichnung eines 246 Ähnlich auch Timm 1954/55, 126, der eine Ansiedlung von Friesen nur für das 6. Jahrhundert bezweifelt, aber für das 8. Jahrhundert annimmt. Obwohl er durchaus dialektgeographische Argumente bietet, scheinen bei Bischoff 1957 [Geschichte], 27 doch die Zweifel zu überwiegen: „Die Friesen
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Ringwalls nördlich von Grillenberg, wurden „mit der Grenze des Gaues Friesenfeldes in Zusammenhang gebracht“ (Schmidt FlN 1941, 52) 247. Zu solchen oft sehr bestimmt vorgetragenen Überlegungen musste der Name Friesenfeld mit seinem derart signifikanten ethnographischen Bezug beinahe zwangsläufig einladen, zumal er auf eine Bevölkerungsgruppe verweist, die man gemeinhin an der Nordsee verortet und die hier mit Fug und Recht als fremd angesehen werden kann. Dennoch ist aus namenkundlicher Sicht eine solche Verbindung weder zwangsläufig noch alternativlos, ganz abgesehen von der Frage, auf was für eine Personengruppe sich der Name eigentlich bezogen haben soll. Diesbezügliche Überlegungen haben grundsätzlich drei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: 1. Namen, die auf den ersten Blick ethnisch motiviert sind, können auf verschiedenem Wege entstanden sein. Davon zeugen die im Rahmen des hochmittelalterlichen Landesausbaus recht häufigen Namen wie Sachsendorf , Fries- oder Freesdorf oder Frankenheim. Neben der Kennzeichnung der ursprünglichen Herkunft der Bewohner dieser Orte könnten sie auch auf Personennamen Sachs(e), Fries oder Frank(e) zurückgehen. In neueren namenkundlichen Publikationen stehen oft beide Möglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander, tendenziell wird jedoch der Herkunftsbezeichnung der Vorrang gegeben 248. Zu verweisen ist hier nicht zuletzt auf Friesdorf (HZV Nr. 234), das eben nicht als Ethnonym, sondern, wie uns das HZV lehrt, als Fridurichesdorpf aus einem Personennamen entstanden ist (vgl. Abschnitt 3.4.1). Wie ein ethnisch anmutender Name auch entstanden sein könnte, illustriert ein Fall, der mit dem Friesenfeld als Teil des Hassegaues nur indirekt in Verbindung steht. Es betrifft nicht den Raumnamen Hessen, sondern die homonyme Bezeichnung einer Ortschaft im Nordharzgebiet, zwischen Halberstadt und Wolfenbüttel. Dieser Ortsname, belegt (966) 1295 in Hessenheim, (968–96) in loco Hæssinhem, 1139 in Hessenem usw., ist aus einem Personennamen Hasso oder Hassjo entstanden (Udolph 2006, 69, dort ausdrücklich: „es liegt keine Hessenansiedlung vor“). Ein so Benannter erscheint als Anführer der Ostfalen, die sich im Jahr 775 Karl dem Großen unterwarfen (Annales regni Francorum, 40–42; Rau 1955, 30–33; zur Person vgl. Springer 2015b, 91 f.). Ein Zusammenhang dieser Person mit dem Ortsnamen
[. . . ] könnten den n-Schwund aus ihrer Heimat mitgebracht haben, vorausgesetzt, daß sie wirklich Friesen und im 6. Jahrhundert ins Land gekommen waren.“ 247 Auch wenn eine geradlinige Verbindung mit angeblichen Migrationsprozessen des Frühmittelalters nicht anzunehmen ist, wären beide Namen natürlich zu erklären. Hierbei ist vielleicht an Personennamen zu denken. Die Walkenrieder Besiedlung des Helmerieds (vgl. dazu kurz Abschnitt 3.5.2) liegt mit etwa 10 bzw. 15 km nicht weit entfernt, so dass anthroponymische oder anderweitige Reflexe hierauf denkbar wären. Eine Klärung ist an dieser Stelle nicht möglich; sie bedürfte des Kontextes einer gründlichen Bearbeitung der Flurnamen der Region. 248 Vgl. exemplarisch HOS 1, 268–271; HOS 2, 328–331; Eichler /Walther 2010, 167 f. Einen Sonderfall bildet Friesen (HOS 1, 279 f.) mit einer altsorbischen Herleitung, die aber für das Friesenfeld kaum in Betracht kommt.
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Hessen ist zwar nur zu vermuten, aber auch nicht abwegig 249, Auch für Bezeichnungen von geographischen Räumen ist methodisch die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass sie in Anthroponymen ihren Ursprung haben könnten 250, indem eine Menschengruppe nach ihrem Anführer benannt ist. Dessen Name könnte über diesen transonymischen Umweg nicht nur einzelnen Siedlungen, sondern auch größeren Arealen seinen Namen gegeben haben. Grundsätzlich unwahrscheinlicher als die Umsiedlung einer homogenen Gruppe von Menschen in einer Größenordnung, die einer ganzen Region von etwa 1000 km2 einen choronymischen Stempel aufdrücken konnte, ist ein anthroponymischer Ursprung jedenfalls nicht. 2. Neben der anthroponymischen Erklärungsmöglichkeit wäre zu fragen, ob alle Friesen mit den Bewohnern der Nordseeküste in Zusammenhang stehen müssen oder ob sich nicht auch andere Gruppen derart benannt haben könnten. Hier wäre auch daran zu denken, dass der Name ein attraktives nominatives Konzept bildete, das von Gruppen zur Eigenbenennung genutzt worden sein könnte. Damit wäre die Personengruppenbezeichnung bzw. der Raumname nicht monogenetisch, sondern polygenetisch, und es bestünde kein Zusammenhang mit den Nordseeanrainern. Diese Frage wenigstens hypothetisch zu beantworten, erfordert die Kenntnis der semantischen Basis dieser Bezeichnung, die eine Beurteilung zulassen würde, ob diese ein einigermaßen attraktives oder prestigeträchtiges Konzept zur Benennung einer Menschengruppe geboten haben könnte. Genau genommen wäre hier zu unterscheiden zwischen Eigen- und Fremdbenennungen. Noch in der jüngeren Vergangenheit wurden beispielsweise fremde, umherschweifende und oft als bedrohlich empfundene Menschengruppen von der sesshaften Bevölkerung pauschal als Zigeuner oder Tataren bezeichnet (vgl. dazu demnächst Hotopp-Riecke, im Druck), wobei die tatsächlichen ethnischen oder sprachlichen Klassifikationen nicht immer eine Rolle spielten. Ähnlich pauschaler Etikettierungen für Fremde, Eindringlinge oder Wilde, insbesondere der Bezeichnungen Skythen und Hunnen, bedienten sich spätantike und mittelalterliche Chronisten 251. Diese Überlegungen bleiben aber theoretisch, denn im vorliegenden Fall besteht das Problem, dass sich hinsichtlich des Namens Friesen eine eindeutige Aussage nicht treffen lässt. In einem maßgeblichen Lexikon hierzu heißt es noch vor der Auflistung
249 Meibeier 2006, 57 geht davon recht sicher aus, während Meier 1906, 187 mit Recht viel vorsichtiger ist: „[. . . ] wird H. in der Form Hessenheim schon 966 erwähnt, d. h. in einer so frühen Zeit, daß es nicht unberechtigt erscheint, in dem Gründer des Orts einen Mann vornehmen Standes zu erkennen und bei ihm an jenen Führer der Ostfalen Hessi oder Hassio zu denken, der sich nach den Ann. Lauriss. 75 dem bis zur Oker vordringenden König Karl unterwarf [. . . ].“ Ähnlich abwägend ist die Darstellung bei http://de.wikipedia.org/wiki/Hessen_%28Osterwieck%29 (09. 06. 2015). 250 Vgl. hierzu Popowska-Taborska 1993, 70; zuletzt pointiert Springer 2015a, 298–306. 251 Vgl. allgemein Gießauf 2006, 175 f. (für den Hinweis auf diese Arbeit danke ich meinem Kollegen Daniel Syrbe, Leipzig); zu Skythen ebd., 33 und 50–54; zu Hunnen ebd., 91 f.; knapp Pohl 2000, 246–248. In der englischsprachigen Form Huns führt der Name ein spätes Nachleben zur pejorativen Bezeichnung für die als eine unkultivierte, kriegerische, eurasisch-kontinentale Masse empfundenen Deutschen.
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der vielen Erklärungsversuche: „Bisher konnte keine überzeugende Deutung des Friesennamens vorgelegt werden“ (Reichert 2008, 130; die Aufzählung der einzelnen Ansätze dort auf S. 130–133). Ebenso verhält es sich mit Hessen (Reichert 2008, 91–93). Auf dieser quasi nicht vorhandenen etymologischen Basis bleiben alle weiteren Überlegungen in dieser Hinsicht Spekulation, was aber ebenfalls bedeutet, dass weiträumige Migrationen nicht wahrscheinlicher sind als alle anderen Hypothesen. 3. Ein weiterer Aspekt ist die offene Frage, ob der ausschließlich in Erzeugnissen der Hersfelder Kanzlei begegnende Name Friesenfeld wirklich aus dem Leben gegriffen wurde oder evtl. auch ein artifizielles Konstrukt in den Köpfen der Klosterbrüder dargestellt haben könnte. Schließlich „prägt 979 ein besonders gewissenhafter Kanzlist, zwei verschiedene Hersfelder Überlieferungen (Zehntverzeichnis und Breviarium Lulli) miteinander verbindend, die Doppelbezeichnung Hassegau und Friesenfeld, die nun die langwierigen Hersfelder Zehntstreitigkeiten begleitet“ (Heßler 1957, 82 f.; vgl. Timm 1954/55, 126). Auch hier erschwert die fehlende Etymologie weitere Überlegungen, warum ausgerechnet auf Friesen zurückgegriffen wurde, erheblich 252.
In dieser Weise ist der Kontext zu umreißen, den siedlungsgeschichtliche Interpretationen von Personengruppenbezeichnungen und Raumnamen aus onomastischer Sicht zu berücksichtigen haben. Ein bloßes Hantieren mit der oberflächlich erkennbaren Gestalt eines Namens ist nicht hinreichend. Wenn es also ein ganzes Bündel an potentiellen Alternativen zur migrationsgeschichtlichen Interpretation des Namens Friesenfeld gibt und zudem die etymologische Frage offen ist, ist es keineswegs zwangsläufig und nicht einmal wahrscheinlich, dass das Friesenfeld seinen Namen einer umfangreichen Einwanderung von Nordseebewohnern verdankt. In verschiedenen Teilen Europas auftauchende Namenelemente sind zunächst nichts weiter als Homonyme. Daher sind leichtfertige Hypothesen, die die Völkerwanderungszeit betreffen und dazu vermeintliche Stammesnamen bemühen, nicht angebracht.
5.3 Transregionaler Vergleich und Schluss Auch wenn diese Untersuchung bei einer eher eng begrenzten Themenstellung zu einem beträchtlichen Umfang angewachsen ist (und damit inhaltliche Erwartungen wecken mag, die letztlich nicht erfüllt werden konnten), bleibt sie doch ein nicht völlig befriedigendes Provisorium, weil sich die fehlende grundhafte Bearbeitung der 252 Vgl. Heßler 1957, 81 mit der wohl zu kurz schließenden Behauptung: „Daß man in Hersfeld diesen Namen frei erfunden haben sollte, wäre absurd. Es müssen zur Zeit der Aufzeichnung dort friesische Ansiedler gesessen haben.“ In den nationalstaatlichen Denkmustern der Mitte des 20. Jahrhunderts war eine andere als die unmittelbar ethnische Motivierung eines solchen Namens anscheinend nicht vorstellbar.
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toponymischen, siedlungsgeographischen und naturräumlichen Basis nur zum Teil ausgleichen ließ. Erst nach einer umfassenden interdisziplinären landeskundlichen Bearbeitung – nicht nur des Gebietes des HZV, sondern auch der benachbarten Regionen – würde sich ein umfassendes Bild bieten, das eine zuverlässige Analyse ermöglicht. Eine solche Untersuchung müsste neben der lexikographischen Erschließung aller Siedlungsnamen, Gewässernamen, Flurnamen, Wüstungen sowie der geologischen und hydrologischen Verhältnisse auch eine Analyse der Siedlungsstrukturen umfassen. Die Flureinteilungen erscheinen überaus interessant – von eng aneinander gereihten Siedlungen in den Tälern ausgehend, ziehen sie in langen Streifen über die Hochfläche. Diese prägen in Kombination mit weit dahinziehenden Wegeverbindungen das Bild der Historischen Messtischblätter (vgl. dazu Abschnitt 1.5) dieser Region. Dieses Bild gab zu verschiedenen historischen Interpretationen Anlass (vgl. August 1964), die es aufzugreifen und kritisch zu bewerten gälte. Solche tiefgreifenden Untersuchungen wären zwar nur partiell für das frühe Mittelalter relevant, aber erst aus der chronologischen Gesamtschau – ähnlich der archäologischen Stratigraphie – ergeben sich die für ältere Zeiten maßgeblichen Informationen, die nur auf dieser Basis wirklich zuverlässig sind. Gegenwärtig ist an solch umfassende Studien nicht zu denken, und eine überregionale Einordnung hat mit der vorliegenden Basis auszukommen. Die ursprüngliche Aufgabenstellung für diese Forschungen 253 beinhaltete einen überregionalen Vergleich zwischen zwei Grenzsituationen, die aus dem Blickwinkel der Politik von Herrschern und Reichen ähnlich konstituiert schienen. Neben die östliche Peripherie des fränkischen Reiches zur Zeit der Karolinger traten die Gebiete, die vom Mittelalter an praktisch bis hin zur Gegenwart die Grenzregion im Umfeld des Bugs, des heutiges Grenzflusses, zwischen Polen einerseits und der Kiewer Rus, des russischen Reiches bzw. der Ukraine andererseits bildeten (Zschieschang, im Druck a) 254. Vor diesem Hintergrund lassen sich vergleichende Feststellungen formulieren. Was auf den ersten – politikgeschichtlichen – Blick als eine ähnliche Situation erscheint, offenbart in sprachlich-onomastischer Sicht fundamentale Unterschiede. Während an der Saale eine originäre Kontaktsituation zwischen den Sprechern zweier verschiedener Sprachfamilien vorliegt, zwischen denen eine Verständigung ohne gegenseitigen Spracherwerb nicht möglich war, ist für die Region um den Bug im frühen und hohen Mittelalter eine Binnenlage innerhalb des slavischen sprachlichen Kontinuums zu verzeichnen. Partiell ist sie sogar Bestandteil der so genannten „Urheimat“
253 Innerhalb der Projektgruppe „Vergleichende Untersuchungen zum sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel in den Grenz- und Kontaktzonen Ostmitteleuropas im Mittelalter“, Laufzeit: 2008–2010, das Teilprojekt: „Namenkundliche Untersuchungen zum sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel in den Grenz- und Kontaktzonen Ostmitteleuropas im Mittelalter“ (vgl. http:// research.uni-leipzig.de/gwzo/index.php?option=com_content&view=article&id=319&Itemid=563, 09. 06. 2015). 254 Vgl. hierzu auch die umfangreichen Drucklegungen der archäologischen Bearbeitung: Sikora/Wołoszyn 2011; Wołoszyn 2011; Wołoszyn 2012a; Wołoszyn 2012b; Piotrow´ ski/Wołoszyn 2012; Baginska/Piotrowski/Wołoszyn 2012.
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Siedlungsgeschichtliche Interpretation
der slavischen Sprachen 255. Auch wenn der paraphrasierte Terminus zu hinterfragen wäre, ist doch die Annahme einer nicht zu großen Region, in der die Charakteristika des Slavischen aus älteren sprachlichen Entwicklungsstufen ausgeprägt wurden, nicht von der Hand zu weisen. Die grundsätzliche Lokalisierung dieser Region fand weitgehend Akzeptanz, blieb aber nicht ohne – durchaus ernstzunehmende – Kritik (Popowska-Taborska 1993, 44 f.; Popowska-Taborska 2004a, insbesondere 139). Sodann war die Region Teil des Gemeinslavischen als eines Dialektkontinuums, das vom 7. bis etwa zum 9./10. Jahrhundert anzusetzen ist und den gesamten geographischen Bereich umfasste, in dem damals Slavisch gesprochen wurde. Es war in sich durch verschiedene Isoglossen differenziert, welche jedoch nicht mit den heutigen Sprachgrenzen kongruent verliefen (vgl. Holzer 1997, 87 und 101; Holzer 2014, 1126 f.). In sprachlicher Hinsicht lag um den Bug herum demnach das genaue Gegenteil einer Grenze vor: Im frühen Mittelalter war diese Region unter dieser Perspektive nicht Peripherie, sondern Zentrum. Wenn in jener Zeit eine von insgesamt „drei Zonen mit auffälliger Isoglossendichte [. . . ] im Wesentlichen entlang der Wasserscheide zwischen Weichsel [. . . ] und Dnjestr“ (Holzer 2014, 1128) verläuft, dann ist dies nicht überzubewerten: Sie bedeutet lediglich, dass auf beiden Seiten dieser Abgrenzung, die jedoch geographisch überaus vage und weiträumig ist, jeweils mehr untereinander als über sie hinweg kommuniziert wurde (ebd.). Die Unterscheidung zwischen ostslavischen und westslavischen Sprachen ist hingegen Produkt einer späteren Zeit. Sie ist mit sprachwissenschaftlichen Methoden deduziert und beruht auf der Phonologie, also einer einzigen Sprachebene, wobei Lautentwicklungen maßgeblich sind wie z. B. – mit Blick auf die polnisch-ukrainische Nachbarschaft – die (ostslavische) Polnoglasije ukr. horóch gegenüber poln. groch, der Übergang von g zu h (ukr. hórod gegenüber poln. gród) und etliche andere, die hier im Detail nicht aufgeführt werden müssen 256. In der geschichtlichen Dimension kann sie aber nicht stellvertretend für die Gesamtheit von Sprache und Kultur der Slaven stehen. In neueren Einführungen und Handbüchern der Slavistik wird die klassische Dreiteilung der slavischen Sprachen, obwohl durchaus vorausgesetzt, kaum explizit thematisiert (vgl. Franz 1994, 97–102; Hock 1998, 31; Schuster-Šewc 2014). Wenn die Bedeutung der Unterscheidung einer West- und einer Ostgruppe hervorgehoben wird (Franz 1994, 100–102), dann erfolgt dies lediglich für die religiöskulturelle Sphäre. „Die geläufige Trichotomie in eine süd-, eine west- und eine ostslavische Sprachengruppe hat allenfalls einen praktischen Wert, darf jedoch nicht als genetische Klassifizierung, nicht als Einteilung in Teilfamilien verstanden werden“ (Holzer 2014, 1127) 257.
255 Prägend hierbei Udolph 1979; eine Wiederholung und Weiterführung der dort aufgestellten Thesen in zahlreichen Aufsätzen. 256 Vgl. für die hier betrachtete Region Wolnicz-Pawłowska 1998, 453; im Kontext der Ortsnamen Czopek 1988, 127–140. 257 Vgl. auch die Bemerkung, dass „die Einteilung der slavischen Völker in drei Gruppen, nämlich Ost-, Süd- und Westslaven [. . . ] so gar nicht den historischen Nachrichten über Völker und Regionen der Slaven entsprechen“ will (Eichler 2004, 66).
Transregionaler Vergleich und Schluss
179
Wenn die Unterscheidung zwischen West- und Ostslavisch mit der großen Grenze zwischen den ursprünglich lateinisch-katholischen und den griechisch-orthodoxen Teilen Europas konform geht, dann ist dies kein Zufall. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Sprachentwicklung von den Zentren dieser Kultur- und Herrschaftsbereiche – in diesem Falle dem piastischen Polen und der Kiewer Rus – ausging und die beiden verschiedenen Ausprägungen an der Grenze beider aufeinandertrafen 258. Damit war eine breite Überschneidung beider Sprachbereiche wie auch die Zweisprachigkeit der Mehrheit der Bewohner dieser Region verbunden (WolniczPawłowska 1998, 461 f.; Czopek 1988, 127). Die Toponymie in diesem Grenzgebiet war grundsätzlich in zwei verschiedenen Varianten angelegt und konnte – je nach sprachlichem Kontext – okkasionell in einer ukrainischen oder in einer polnischen Form aufgezeichnet werden (Czopek 1988, 136 f. und 139; Rieger 1994, 117). Der einzelne Beleg kann also nicht ohne Weiteres als Kronzeuge für die sprachliche Situation insgesamt angesehen werden; vielmehr zeigt sich die Koexistenz beider Sprachausprägungen in häufigen Kontaminationen (Czopek 1988, 139). Die ganze Geschichte dieser Region ist also geprägt von einem Neben-, Mit- und Gegeneinander der polnischen und der ukrainischen 259 Sprache, was oft genug zum Vehikel politischer Auseinandersetzungen wurde. Dies hinterließ auch in der Toponomastik Spuren, indem es zwischen Jerzy Nalepa als Propagandisten des polnischen Charakters der Region – vgl. seinen Aufsatztitel „Eine urpolnische toponymische Bastion“ 260 – und Władysław Makarski als Verfechter einer ursprünglich ostslavischen sprachlichen Prägung zu einer in umfangreichen Publikationen 261 ausgetragenen Auseinandersetzung mit polemischen und ideologischen Zügen kam. Dass versucht wird, eine sprachliche Kontaktsituation möglichst weit in die Vergangenheit zurückzuschreiben, um daraus offen oder unterschwellig politisches Kapital zu schlagen, ist nun beileibe keine auf die Bugregion beschränkte Erscheinung. Diesem Vorgehen ist aber entgegenzuhalten, dass diese Kontaktsituation erst sekundär entstand. Es ist anzunehmen, dass politische Prozesse, insbesondere auch kriegerische Auseinandersetzungen im Bereich eines machtpolitischen Zwischenraums, die seit dem späten 10. Jahrhundert überliefert sind (vgl. Sikora/Wołoszyn 2011, 235), zu einer Siedlungsrezession mit einem Rückgang der Bevölkerungsdichte geführt haben könnten. Dies war in der Folge, insbesondere mit der Verfestigung einer Grenze zwischen zwei Herrschaftsgebieten mit unterschiedlicher kultureller Prägung, einer sprachlichen Diversifizierung förderlich.
258 Zu Vorstellungen einer hier nicht weiter zu diskutierenden piastischen „Staatssprache“ ab dem 10. Jh., die ältere slavische Regiolekte überlagert hätte, vgl. Holzer 1999, 260–262; eine andere Situation des Zusammentreffens von zwei „sprachlichen ‚Standards‘“ bei Holzer 1995, 68. 259 Władysław Makarski deklariert in seinen in Anm. 261 genannten Werken von ihm bearbeitete Toponyme z. T. als „altrussisch“ („strus.“ bzw. „staroruski“), was für die Zeit der Kiewer Rus, in der es die Ukraine als solche noch nicht gab, berechtigt ist. 260 Im Original „Prapolski bastion toponimiczny“, so Nalepa 1991. 261 In der Reihenfolge des Erscheinens: Makarski 1986; Nalepa 1991; Makarski 1996; Nalepa 2000; Nalepa 2001; sachlicher hingegen Rieger 1997.
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180
Siedlungsgeschichtliche Interpretation
Abgesehen von diesen sprachgeschichtlichen Aspekten war die Kontinuität von Siedlungen und ihren Namen im östlichen Polen viel stärker durchbrochen von späteren Transformationen der Landschaft, insbesondere der Entstehung von adligem Großgrundbesitz. Gegenwärtig ist die Landschaft von einer Vielzahl jüngerer Ansiedlungen geprägt, die aus der Aufteilung dieses Großgrundbesitzes hervorgingen. Dies prägt auch die toponymische Landschaft mit zahlreichen Toponymen bzw. Namenfeldern wie Honiatycze – Honiatyczki – Kolonia Honiatycke, Reformy, Nowa Wie´s (‘neues Dorf’). Älteres Namengut ist in dieser Situation nur relikthaft vorhanden, war aber ursprünglich sicher zahlreicher. Die Herausarbeitung von frühen Siedlungsarealen aufgrund älterer slavischer Namentypen, die für die Saaleregion eine bedeutende Rolle gespielt hat, stößt hier fast an ihre Grenzen; sie ist aber dennoch nicht aussichtslos (Zschieschang, im Druck a). Im Vergleich mit der Saaleregion zeigt sich somit ein bedeutender Gegensatz: Hier nämlich lassen die Toponyme, wenn auch nicht wenige Unklarheiten bleiben, sowohl eine deutliche „ursprüngliche“ Grenzsituation erkennen wie auch deren spätere Transformation und Nivellierung. Auch wenn späteren Umbrüchen in Siedlung und Ortsbenennung nicht umfassend nachgegangen werden konnte, ist doch davon auszugehen, dass für die Toponymie der Region zum überwiegenden Teil eine Kontinuität vom Mittelalter bis in unsere Zeit bestand. Das verbreitete Bild einer „Saalegrenze“ konnte neu und differenzierter gezeichnet werden. Die Toponymie spricht für ein Aufeinandertreffen slavischer und deutscher Besiedlung 262 etwa 15–25 km westlich des Flusses, auf der geographischen Länge des (ehemaligen) Salzigen Sees, wobei eine einer Linie nahekommende Abgrenzung zu konstatieren ist, die sich jedoch im weiteren Verlauf alsbald aufgelöst und einer Ausweitung der deutschen Toponymie bis zur Saale Platz gemacht hat. Somit erweist sich, dass sich Grenzentwicklungen anhand von Siedlungsnamen in einem beträchtlichen Maß nachzeichnen lassen.
262 Die Termini „slavisch“ und „deutsch“ werden hier im Interesse einer prägnanten Aussage simplifizierend gebraucht; sie beziehen sich auf das augenscheinlich für die Benennung von Ortschaften maßgebliche Idiom der damaligen Bevölkerung.
6. Anhang – Die Namen aus Liste A des Hersfelder Zehntverzeichnisses Zur besseren Übersicht sind hier neben der fotomechanischen Wiedergabe des Hersfelder Zehntverzeichnisses (Tafelteil, Abb. 3, S. 219) die Namen in der Reihenfolge ihrer Nennung aufgelistet. Diese Aufstellung wurde ergänzt um die im Zuge dieser Untersuchung vorgeschlagenen Neuzuordnungen einzelner Belege (Spalte 5; vgl. Abschnitt 1.6) 263 sowie die von Siegmund Wolf vorgenommene Untergliederung in acht Abschnitte (vgl. Abschnitt 5.2.2 und Tafelteil, Abb. 21–24, S. 237–240):
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23
ON heute
ON HZV
Abschnitt 1: Almensleben, Wg. Klosterrohrbach Nieder-/Oberröblingen Seebich (FlN) Einzingen Röblingen Kieselhausen, Wg. Sangerhausen Einzingen Riestedt [nicht zu lokalisieren] Nienstedt Sotterhausen Beyernaumburg Grabsdorf, Wg. Lobesdorf, Wg. Holdenstedt Schweinswende, Wg. Klosterrode Liedersdorf Bornstedt Sittichenbach Winddorf, Wg.
Albundesleba Rurbach Rebiningi Seobach Enzinga Rebininge Gisilhus Sangerhus Enzinga Reotstat Burcdorpf Niustat Suderhusa Niunburc Grabanesdorpf Lioboluesdorpf Holdestedi Sinesuuinidun Hildiburgorod Liudoluesdorpf Brunistat Sidichenbechiu Uuinidodorpf
Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
6 9 3
5
263 Genannt werden hier nur wirkliche Änderungen der Zuordnung. Auf Differenzierungen zu Ortsteilen wie Ober-/Unter- usw. wird nicht hingewiesen.
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182
Anhang
ON heute
ON HZV
24 25 26 27 28 29 30 31
Osterhausen Einsdorf Mittelhausen Winkel Wolferstedt [nicht zu lokalisieren] Horn, Wg. Klosternaundorf
Osterhusa Einesdorpf Midelhusa Uuinchilla Uuolfheresstedi Brallidesdorpf Hornun Nigendorpf
32
32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
Abschnitt 2: Osterhausen Rothenschirmbach Hornburg Bischofrode Erdeborn Neckendorf Helfta Lüttchendorf Aseleben Lipsdorf, Wg.
24
42
Seeburg
Osterhusa Scrinbechiu Hornberc Bisgofesdorpf Hardabrunno Dachendorpf Helpide Luzilendorpf Esiebo Leobedagesdorpf Seoburc
43 44 45 46 47 48
Abschnitt 3: Allstedt Mönchpfiffel Dörfling /Eindorf, Wg. Korbesberg Heygendorf [nicht zu lokalisieren]
49 50
Eßmannsdorf [nicht zu lokalisieren]
51 52 53
Peutnitz, Wg. Roßleben Meinersdorf, Wg.
Altstedi Bablide Eindorpf Gerbergoburc Heiendorpf Uuicholdesdorpf Hessimesdorpf Theotboldesdorpf Budinendorpf Rostenleba Meginrichesdorpf
Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
Brellsdorf, Wg.
Kartenburg, Wg.
Bottendorf, Wg.
183
Anhang
ON heute
ON HZV Mimileba
55 56 57
Wenigen-Memleben, Wg. Osfurth, Wg. Klein-Wangen Vitzenburg
58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80
Abschnitt 4: Farnstädt Vitzenburg Farnstädt Wenden Alberstedt Stedten Esperstedt Schraplau Röblingen am See Amsdorf Röblingen am See Wansleben Bennstedt [nicht zu lokalisieren] Gimritz Bottendorf, Wg. Meuschau Lettin Uhden, Wg. Rißdorf Bedra [nicht zu lokalisieren] Ohmendorf
81
Tönicken
Farnistat Fizenburc Farnistat Ziuunidun Alberestat Stedi Esperestat Scrabanloch Rebiningi Amalungesdorf Rebiningi Uuenzesleba Bannungestat Rozuualesdorpf Guministi Budilendorpf Miscauual Liudina Uuodina Risdorpf Ubbedere Azechendorpf Theommendorpf Donichendorpf
82 83 84 85
Köllme [nicht zu lokalisieren] [nicht zu lokalisieren] Rollsdorf
Collimi _auchesdorpf _ezemendorpf Ruodoldesdorpf
54
Odesfurt Uuangun Fizenburc
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Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
59
60 57 58 Weden, Wg.
68 66
Peutnitz, Wg. Lieskau
Eisdorf 189
Passendorf
Angersdorf, Benkendorf Rachsdorf, Wg. Hämisch, Wg.
184
86 87 88 89 90 91 92 93 94 95
96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115
Anhang
ON heute
ON HZV
Steuden Dornstedt Asendorf Etzdorf Deussen, Wg. (Teutschenthal) Ösnitz, Wg. (Teutschenthal) Deussen, Wg. (Teutschenthal) Köchstedt Ösnitz, Wg. Deussen, Wg. (Teutschenthal)
Studina Dornstat Asendorpf Erhardesdorpf Dussina
Abschnitt 5: Gatterstädt Lodersleben Deussen, Wg. (Teutschenthal) Leimbach Eilwersdorf, Wg. Deussen, Wg. (Teutschenthal) [nicht zu lokalisieren] Querfurt Esenstedt, Wg. Obhausen Kuckenburg Esenstedt, Wg. Lobitz, Wg. Barnstädt Langeneichstädt Schafstädt Barnstädt Schafstädt Barnstädt
Osniza
Dopplung mit Nr.
92, 95, 98, 101 94
Dussina
90, 95, 98, 101
Cochstat Osniza Dussina
91 90, 92, 98, 101
Gozerestat Ludersleba Dussina
90, 92, 95, 101
Leimbach Engiluuardesdorpf Dussina Breuielliudestat Curnfurt Gisunstat Hubhusa Cucunburg Gisunstat Liubsici Ellesdorpf Bernstat Ehstat Scabstedi Bernstat Scabstedi Bernstat
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
90, 92, 95, 98
107
104 El(m)sdorf, Wg. 113, 115 114, 118, 121 110, 115 112, 118, 121 110, 113
185
Anhang
ON heute
ON HZV
116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133
Schotterey Lauchstädt, Bad Schafstädt Milzau Lauchstädt, Bad Schafstädt Delitz am Berge Kriegstedt Klobikau Kriegstedt Wolkau, Wg. Wünsch [nicht zu lokalisieren] Wünsch [nicht zu lokalisieren] Holleben Braunsdorf, Wg. Dörstewitz
134
Korbetha
Scuturegia Lochstat Scabstedi Milisa Lochstat Scabstedi Dalizi Cristat Cloboca Cristat Uulchistedin Uunschi Cunbici Unschi Dachiza Hunenleba Brunesdorpf Thiderichesdorpf Curuuadi
135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150
Abschnitt 6: Schmon Liederstädt Schmon Weißenschirmbach Liederstädt Schmon Pretitz Spielberg Reinsdorf Spielberg [nicht zu lokalisieren] Steigra Spielberg Steigra Blossendorf, Wg. Siegerstedt, Wg.
Smean Lodenstat Smean Scrinbach Liodenstat Smean Bridasti Spiliberc Reginheresdorpf Spiliberc Brunesdorpf Stegera Spiliberc Segara Zliusendorpf Sigiristat
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Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
120 110, 112, 121 117 110, 112, 118 125 123 129 127 Öchlitz
215, 238
137, 140 139 135, 140 136 135, 137 144, 147 142, 147 157, 159, 161 148 142, 144 146
Pinsdorf †
186
Anhang
ON heute
ON HZV
151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171
Burgscheidungen Welzdorf, Wg. Burgscheidungen Kessendorf, Wg. Vitzen(burg) Zeddenbach, Wg. [nicht zu lokalisieren] Zeddenbach, Wg. [nicht zu lokalisieren] Eulau [nicht zu lokalisieren] Eulau [nicht zu lokalisieren] Göstelitz [nicht lesbar] [nicht lesbar] [nicht lesbar] [nicht lesbar] [nicht lesbar] Goseck Ludendorf, Wg.
Scidinge Willichendorpf Scidinge Cozimendorpf Fizendorpf Zidamacha Brunesdorpf Cidamacha Brunesdorpf Ilauua Brunesdorpf Ilauua Azalundorpf Costiliza
172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185
Abschnitt 7: [nicht zu lokalisieren] Zütschdorf Ziegendorf, Wg. Mücheln Nahlendorf Krumpa Zöbigker Gröst Zöbigker Gröst [nicht zu lokalisieren] Gröst Schortau Braunsdorf
Dopplung mit Nr. 153 151
Bittdorf † 158 145, 159, 161 156 145, 157, 161 162 145, 159, 161 160
Gozacha ciuitas Liudimendorpf
Muchendorpf Zibuchesdorpf Ichendorpf Muchilidi Nannendorpf Crupa Zebechuri Crodesti Zebechuri Crodesti Theodendorf Crodesti Zcirduuua Brunesdorpf
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
Bindorf †
Schlaukat / Lautama, Wg.
Möckerling
180 181, 183 178 179, 183 179, 181 186, 188
187
Anhang
ON heute
ON HZV
186 187
Schortau [nicht zu lokalisieren]
188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202
Schortau [nicht zu lokalisieren] Bie(de)ndorf, Wg. Benndorf Blösien Benndorf Frankleben Blösien Benndorf [nicht zu lokalisieren] Blösien Frankleben Blösien Zscherben Körbisdorf
203 204 205 206 207 208 209 210 211 212
Atzendorf Ockendorf [nicht zu lokalisieren] Bösseling, Wg. Lunstädt [nicht lesbar] [nicht lesbar] [nicht lesbar] Lunstädt Merseburg
Zcirduuua Meginhardesdorpf Zcirduuua Azechendorpf Edendorpf Bebendorf Blesina Bebendorpf Franchenleba Blesina Bebendorpf Husuuua Blesina Franchenleba Blesina Scirbina Gramannesdorpf Azendorpf Hachendorpf Zidimuslesdorpf Bizimendorpf Lunstedi
213
Gottsdorf, Wg. (Teutschenthal) Burgwerben Groß-Korbetha Burgwerben
214 215 216
Lunstedi Mersiburc ciuitas Codimesdorpf Uuirbina Curuuuati Uuirbina
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Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
184, 188
184, 186 79
Petzkendorf
193, 196 195, 198, 200 191, 196 199 192, 198, 200 191, 193 Geusa 192, 195, 200 194 192, 195, 198 Gräfendorf, Wg.
211
207
Kottendorf, Wg. (Gotthardsteich) 216, 239 134, 238 214, 239
188
Anhang
ON heute
217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234
Abschnitt 8: Morungen Lengefeld Wettelrode Lengefeld [nicht zu lokalisieren] Lengefeld Hohenrode, Wg. Gonna Hackerode, Wg. Obersdorf Grillenberg Pölsfeld Etzkerode, Wg. Lichthagen, Wg. Hackerode, Wg. Brumbach, Wg. Wippra Friesdorf
235 236 237 238 239
Wippra Hatzkerfeld, Wg. Wippra Groß-Korbetha Burgwerben
ON HZV
Morunga Langunfeld Uuidilendorpf Langunfeld Mechilacha III. Langunfeld Hoenrod Cunnaha Hardaredesrod Tharabesdorpf Coriledorpf Bullisfeld III. Eggihardesrod Liochodago Hardaredesrod Brunbach Uuipparaha Fridurichesdorpf Uuipparacha Hatdesfeld Uuipparacha Curuuuadi Uuirbina
Dopplung mit Nr.
Bei geänderter Zuordnung zuvor:
220, 222 218, 222 Emseloh 218, 220
231
225 235, 237
233, 237 233, 235 134, 215 214, 216
7. Quellen und Literatur AAO = Eichler, Ernst (Hrsg.): Atlas altsorbischer Ortsnamentypen. Studien zu toponymischen Arealen des altsorbischen Gebietes im westslawischen Sprachraum, bearb. von Inge Bily, Bärbel Breitfeld und Manuela Züfle, 5 Bde., Leipzig 2000–2004. AHDWB = Große, Rudolf et al. (Hrsg.): Althochdeutsches Wörterbuch, bisher Bd. 1–5, Berlin 1968 ff. Allmann, Rudolf: Der befestigte Königshof in Lengefeld, Kreis Sangerhausen, masch.-schriftl. Manuskript, Riestedt [1982]. Allmann 1981a = Allmann, Rudolf: Die -idi-Orte Thüringens, masch.-schriftl. Manuskript, Riestedt 1981. Allmann 1981b = Allmann, Rudolf: Die -leben-Orte zwischen Harz und Unstrut, masch.-schriftl. Manuskript, Riestedt 1981. Altmann, Sabine: Grenzüberschreitungen am westlichen Rand Ostmitteleuropas. Die Saale als Grenz- und Kontaktzone zwischen Frankenreich und slawischer Fürstenherrschaft im 9. Jahrhundert, in: Salamon, Maciej/Wołoszyn, Marcin/Musin, Alexander/Špehar, Perica/Hardt, Matthias/Kruk, Mirosław P./Sulikowska-Gaska, ˛ Aleksandra (Hrsg.), Rome, Constantinople ´ and Newly-Converted Europe: Archaeological and Historical Evidence, Bd. 2 (U Zródeł Europy ´ Srodkowo-Wschodniej /Frühzeit Ostmitteleuropas 1,1), Kraków /Leipzig /Rzeszów /Warszawa 2012, S. 183–193. Altmann, Sabine/Grabolle, Roman: Das Hersfelder Zehntverzeichnis, in: Mitropa 2010. Jahresheft des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO), S. 55 f. Altmann, Sabine/Grabolle, Roman: Karolinger- und ottonenzeitlicher Burgenbau im Saale-Unstrut-Gebiet und südöstlichen Harzvorland, in: Macháˇcek, Jiˇrí/Ungermann, Šimon (Hrsg.): Frühgeschichtliche Zentralorte in Mitteleuropa. Internationale Konferenz und Kolleg der Alexander von Humboldt-Stiftung zum 50. Jahrestag des Beginns archäologischer Ausgrabungen in Pohansko bei Bˇreclav, 5.–9. 10. 2009, Bˇreclav, Tschechische Republik (Studien zur Archäologie Europas 14), Bonn 2011, S. 441–449. Annales regni Francorum = Kurze, Friedrich (Hrsg.): Annales regni Francorum inde a. 741 usque ad 829, qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi (Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 6), Hannover 1895. Atlas SME = Schlüter, Otto/August, Oskar (Hrsg.): Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage des Werkes Mitteldeutscher Heimatatlas, 3 Teile, Leipzig o. J. Atlas der Erdkunde für die 6. bis 11. Klasse der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule und der erweiterten Oberschule, Gotha /Leipzig 1976 [hierzu vgl. Anm. 241]. August, Oskar: Untersuchungen an Königshufenfluren bei Merseburg, in: Grimm, Paul (Hrsg.): Varia Archaeologica. Wilhelm Unverzagt zum 70. Geburtstag dargebracht, Berlin 1964, S. 375– 394 und Tafel 59–62. Bach DNK = Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde, Bd. I, 1 und 2: Die deutschen Personennamen; Bd. II, 1 und 2: Die deutschen Ortsnamen; Bd. III: Registerband, bearb. von Dieter Berger, Heidelberg 1952–1956. ˇ ´ Baginska, Jolanta/Piotrowski, Marcin/Wołoszyn, Marcin (Hrsg.): Cerve´ n – eine Burg zwischen Ost und West. Ausstellungskatalog, Tomaszów Lubelski /Leipzig /Lublin /Rzeszów 2012.
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Quellen und Literatur
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8. Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Tabellen 8.1 Abbildungen und Karten 1: Modell der chronologischen Differenzierung von Ortsnamentypen . . 2: Unzutreffendes Modell der chronologischen Differenzierung von Ortsnamentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3: Das Hersfelder Zehntverzeichnis (Hess. Staatsarchiv Marburg, Urk. 56, Nr. 2268) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4: Die slavischen Siedlungsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5: Die Arealität der slavischen Toponymie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6: Die Siedlungsnamen auf -leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7: Die Siedlungsnamen auf -stedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8: Die Siedlungsnamen auf -i /ungen, -heim, -ithi . . . . . . . . . . . . . . . . . 9: Weitere ältere deutsche Namentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10: Die Siedlungsnamen auf -dorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11: Die Basislexeme der Toponyme auf -dorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12: Die Siedlungsnamen auf -hausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13: Die Siedlungsnamen auf -rode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14: Die Siedlungsnamen auf -bach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15: Die Siedlungsnamen auf -bu /erg und -tal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16: Sporadisch auftretende Namentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17: Die Namen der Burgen in Teil B des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18: Ost- und Westareal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19: Slavica, -leben und -stedt im arealen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 20: Die Exklusivität des HZV im Toponymikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 1–3 . . . . . . . . . . . 23: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 4 und 5 . . . . . . . . 24: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 6–8 . . . . . . . . . . .
76 78 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240
8.2 Tabellen 1.1: 1.2: 1.3: 2.1: 2.2: 3.1: 3.2:
Übersicht über die Mehrfachnennungen von Toponymen im HZV . . . Visualisierung der Abfolge mehrfach genannter Orte im HZV . . . . . . Die Struktur der Ortsnamenbearbeitung in dieser Untersuchung . . . . Slavische Namentypologie im Gebiet des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . Ältere und jüngere slavische Namentypen im Gebiet des HZV . . . . . Deutsche Namentypologie im Gebiet des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -leben . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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52 f. 54 f. 58 78 79 82 89
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Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Tabellen
3.3: 3.4: 3.5: 3.6: 3.7: 3.8: 3.9: 3.10: 3.11: 3.12:
Die Basiselemente der Ortsnamen auf -stedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -ingen/-ungen . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der weiteren älteren Namentypen . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -dorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -hausen . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -rode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -bach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basiselemente der Ortsnamen auf -berg /burg . . . . . . . . . . . . . . . Der Anteil älterer Namentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Anteil älterer Namentypen in niedersächsischen und westfälischen Kreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Namen der Liste B des HZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Anteil wüstgefallener Siedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Basislexeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Anteil deanthroponymischer Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Toponyme im Harzareal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentypen im Westareal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1: 5.1: 5.2: 5.3: 5.4: 5.5:
94 97 105 116 f. 122 128 133 137 145 146 150 f. 156 158 f. 159 162 164
9. Abkürzungen Berücksichtigt wurden im Folgenden auch Abkürzungen in wörtlichen Zitaten, wodurch sich nur scheinbare Inkonsistenzen ergeben. Nicht aufgelistet wurden hingegen gebräuchliche, im Duden vermerkte Formen. Abgekürzt zitierte Literaturangaben werden nur im Literaturverzeichnis aufgelöst. a. A.
anno Anfang (bei Zeitangaben) ags. angelsächsisch ahd. althochdeutsch Akt. Aktiv App. Appellativ / Appellativum (Bezeichnung für Substantive, die keine Namen sind) asä. altsächsisch aso. altsorbisch atsch. alttschechisch BW Bestimmungswort / Bestimmungswörter dän. dänisch Dat. Dativ Dr. Drittel ehem. ehemalig f. feminin FlN Flurname (nicht Flussname!) germ. germanisch GewN Gewässername GW Grundwort HZV, H. Z.V. Hersfelder Zehntverzeichnis idg. Indogermanisch
K. M. mdal. mhd. mlat. mnd. nd., ON Or. Part. PB Pl. PN poln. Prät. slav. südsl. suff. Tr. tsch. UG ukr. urgerm. ursl. vorsl. Wg.
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Kopie (bei Quellenangaben) Mitte (bei Zeitangaben) mundartlich mittelhochdeutsch mittellateinisch mittelniederdeutsch ndt. niederdeutsch Ortsname Original (bei Quellenangaben) Partizip Personenbezeichnung (kein Personenname) Plural Personenname polnisch Präteritum slavisch südslavisch suffigiert Transsumpt tschechisch Untersuchungsgebiet ukrainisch urgermanisch urslavisch vorslavisch Wüstung
10. Ortsregister Ein Namenregister soll ein Hilfsmittel für die Benutzung des Buches sein, kein stupider Häufigkeitsnachweis für bestimmte Formantien. Wenn Manuskripte in digitaler Form mühelos nach beliebigen Wörtern und Zeichenkombinationen durchsucht werden können, hat dies für ein gedrucktes Register Konsequenzen: Der Fokus kann auf diejenigen Einträge gelegt werden, die für die Orientierung im Buch und die sachliche Erschließung von Bedeutung sind. Alles andere kann den Suchfunktionen überlassen bleiben. Generell umfasst das folgende Verzeichnis Namen für geographische Objekte einschließlich von Raum- und Landschaftsnamen, wobei die Grenze hinsichtlich von Bildungen wie Lippe, Thüringer Becken oder Querfurter Platte mitunter schwer zu ziehen ist. Ausgeschlossen wurden Personengruppenbezeichnungen wie (die) Sachsen, Thüringer usw. Bei der Erschließung der Ortschaften wurde auf bloße Lageangaben („nw. Mücheln“ usw.) verzichtet – durch diese Beschränkung auf die den jeweiligen Ort und seinen Namen tatsächlich behandelnden Textstellen ergibt sich ein Mehrwert gegenüber den elektronischen Suchfunktionen. Historische Quellenbelege von Namen wurden nicht berücksichtigt; die Schreibformen im Hersfelder Zehntverzeichnis nur insoweit, wie sie sich nicht sicher einem heutigen Ortsnamen zuordnen lassen. Für die übrigen steht der Anhang (Kapitel 6) zur Verfügung, aus dem sich eine Zuordnung des Belegs ablesen lässt. Wüstungen werden nicht als solche gekennzeichnet. Auch unterscheidende Zusätze (Ober-/Unter- usw.) werden nur in den Fällen berücksichtigt, in denen eine Unterscheidung unbedingt notwendig ist. Einige passim im ganzen Text begegnende Namen blieben außen vor. Neben der Saale (mit weit über 100 Textstellen) betrifft dies Hersfeld, aber nur in den Fällen, in denen der Name lediglich Teil der Bildung Hersfelder Zehntverzeichnis ist. Durch diese Prinzipien dürfte das Register einen Überblick über die bearbeiteten Namen und die geographischen Bezüge des Textes innerhalb und außerhalb der untersuchten Region bieten. _auchesdorpf, 42, 50 _ezemendorpf, 45, 115 Äbtischrode, 124, 128, 168 Ahlsdorf, 43 Albersroda, 15, 125, 128 Alberstedt, 90, 94 Alemannien, 171 Allstedt, 90, 94, 95, 118, 121, 123, 134, 149, 150 Almensleben, 86, 89, 162 Almsdorf, 111, 116 Altweidenbach, 131 Ammendorf, 37, 43 Amsdorf, 107, 116 Angersdorf, 22, 37, 49, 113, 116 Annarode, 28 Artern, 118 Aseleben, 86, 89 Asendorf, 49, 107, 116 Atzendorf, 107, 116 Auden, 68
Augsdorf, 42 Ausfurth, 30 Azalundorpf, 46, 50, 115 Azechendorpf, 41, 50, 52, 115 Ballensole, 21 Barau, 21, 72 Barnstädt, 52, 54, 90, 94 Bärsrode, 125, 128 Barwelle, 48 Bäumelburg, 28 Baumersroda, 125, 128 Bedra, 38, 49, 100, 102, 105 Beersrode, 125 Belzig, 25, 33 Benkendorf, 37, 111, 116 Benndorf, 52, 55, 107, 116 Bennrod, 127 Bennstedt, 90 Berndorf, 115 Beuchlitz, 71 Beuna, 72
Ortsregister Beustnitz, 25, 33 Beyernaumburg, 121, 122, 134, 137, 151, 152, 162 Bie(de)ndorf, 107, 116 Biedendorf/Bien(en)dorf, 29, 115 Biehlen, 23 Bielen, 23 Bindorf, 50 Bischdorf, 114 Bischofrode, 107, 117, 119 Bittdorf, 34, 49, 115 Blankenheim, 98, 162 Blösien, 52, 55, 67 Blossendorf, 33, 49, 107, 117 Bode, 86, 89 Bodenschwende, 141 Borkersrode, 125, 128 Börnicke, 145 Bornstedt, 90, 94, 134, 149, 150 Bösenburg, 41 Bossdorf, 115, 138 Bösseling, 46, 107, 117 Bottendorf, 28, 29, 49, 107, 117, 119 Bottlau, 24 Brachborn, 21 Bradewitz, 24 Brallidesdorpf, 47, 50, 115 Branderoda, 125, 128 Braunschwende, 141 Braunsdorf (mehrere, z. T. schwer voneinander zu unterscheidende Ortschaften), 46, 51, 52, 107, 108, 114, 116 Brechtewenden, 141, 162 Brellsdorf, 50 Breuieliudest[at], 47, 93 Breuielliudest[at], 50 Brommerrod, 125, 128 Brückendorf, 115 Brumbach, 130, 133, 162 Brunesdorpf, 45, 50, 115 Bug, 177–179 Bündorf, 29, 115 Burcdorpf, 40, 50, 115 Burgdorf, 118 Burgscheidungen, 52, 95, 97, 134, 149, 150, 152 Burgsdorf, 41 Burgstaden, 47 Burgwerben (siehe auch unter Werben), 52, 67, 134, 150 Calzendorf, 38, 113 Crakau, 72 Cratzschke, 129 Cunbici, 50
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Dachiza, 43, 50, 64, 74 Dachritz, 43 Daleminze, 62, 160 Dampfeld, 46 Daspig, 104, 105 Dehlitz, 24 Deikerode, 125, 128, 162 Delitz am Berge, 67 Deussen, 32, 49, 52, 56, 68, 138 Diemendorf, 37 Dippelsdorf, 22, 113, 116 Dittersdorf, 33, 49 Dittgerode, 127 Dnjestr, 178 Dobichau, 69 Döcklitz, 43, 64, 71, 168 Dölau, 72 Dölitz, 24 Dörfling, 28, 108 Dorndorf, 111, 117, 118 Dornstedt, 90, 94 Dörstewitz, 33, 49, 61, 65, 108, 116, 165 Dreisig/Drößig/Dreysig, 24 Dreißig/Dreiskau, 24 Dresden, 160 Duppadel, 69 Ebersroda, 125, 128 Eckstedt, 93, 94 Eichaha, 93 Eichenborn, 26 Eichsfeld, 127 eichstädt, Langen-Siehe Langeneichstädt, 12 Eilwersdorf, 108, 116 Eindorf, 28, 108, 116 Einsdorf, 108, 116 Einzingen, 52, 96, 97, 162 Eisdorf, 49, 113, 116 Eisleben, 87, 89, 127 El(m)sdorf, 43, 50 Elbe, 11, 62, 75 Ellesdorpf, 42, 50, 115 Emseloh, 44, 50, 101, 105, 162 Engensdorf, 26 Epkeborn, 125, 128, 162 Eptingen, 97 Erdeborn, 22, 143 Eriksdorf, 113, 116 Erwinsrode, 125, 128 Esenstedt, 52, 90, 94 Esperstedt, 91, 94 Eßmannsdorf, 108, 116 Etzdorf, 108, 116 Etzkerode, 124, 128, 129, 162
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Ortsregister
Eulau, 52, 55, 68 Fährendorf, 113, 117 Farnstädt, 52, 91, 93, 94 Farre, 91, 93 Fauler See, 59 Fizenburg, 152 Fizendorpf, 34, 49, 115 Frankenheim, 174 Frankenrode, 125, 128 Frankleben, 52, 55, 87, 89 Freesdorf, 174 Freitagsdorf, 115 Freizdorf, 115 Freyburg, 118, 127 Friesdorf, 108, 116, 162, 174 Friesen, 174 Friesenburg, 173 Friesenfeld/Frisonoveld, 13–15, 75, 148, 173, 174, 176 Friesental, 173 Frohndorf, 114 Fulda, 157 Gatterstädt, 91, 94 Gebhardsrode, 125, 128 Geisel, 80, 118 Geiseltal, 29, 59, 80, 118, 119, 144, 167, 168 Gerstewitz, 70 Gerwartesdorf, 114 Geusa, 44, 50, 64, 72 Giebichenstein, 152 Gimritz, 69 Gleina, 71 Glesendorf, 114 Gniebendorf, 111, 117 Göhle, 127, 129 Göhlfeld, 129 Göhlitzsch, 71 Göhren, 73 Göhrendorf, 113, 116 Göhritz, 70 Golbitz, 24 Gölbitz, 24, 48 Goldene Aue, 97 Gonna, 100, 105, 162 Goseck, 39, 46, 49, 74, 80, 134, 149–151, 153 Göstelitz, 65, 80 Gotthardsteich, 36, 49 Göttingen, 146 Gottsdorf, 36, 49, 108, 117, 138 Grabsdorf, 108, 117, 119, 162 Gräfendorf, Groß-Gräfendorf und Klein-Gräfendorf (mehrere, z. T. schwer
voneinander zu unterscheidende Ortschaften), 35, 36, 49, 111, 113–115, 117, 157 Granau, 72 Graupa, 66 Grillenberg, 108, 117 Grockstedt, 92, 94 Groitz, 22, 73, 153 Großjena, 102, 105 Großkorbetha Siehe Korbetha , 52 Gröst, 52, 55, 60, 69, 153 Gruba, 21 Grünitzfeld, 48 Hackerode, 52, 124, 128, 129, 162 Hainchen, 26 Halberstadt, 35, 174 Halle, 80, 152, 168 Hämisch, 45, 49 Hannover, 146 Harkenrode, 26 Hartenrode, 127 Harz, 17, 56, 106, 118, 127, 129, 143, 155, 167–169, 171 Hassegau, 15, 136, 148, 170, 173, 176 Hatzkerfeld, 40, 49, 142 Helfta, 99, 100, 134, 149, 150 Helme, 95, 97, 100, 133, 143, 174 Helmstal, 137, 138, 162 Helmstedt, 146 Helpe, 99 Henkerode, 125, 128, 162 Herchensola, 21, 102, 105, 162 Hersfeld, 13, 14, 30, 48, 80, 157, 171, 172, 176 Hessen (Ortschaft), 174, 175 Hessenrode, 125, 128, 162 Hettstedt, 95 Heygendorf, 27, 109, 116 Hildebrechtsrode, 126, 128 Hinkau, 61 Hohendorf, 114 Hohenrode, 124, 128, 162 Hohewarte, 144 Hohndorf, 26 Holdenstedt, 91, 94 Holleben, 87, 89, 134, 149, 150 Holzminden, 146 Holzzelle, 144 Honiatycze, 180 Horn, 100, 102, 105 Hornberg, 26 Hornburg, 129, 134, 136, 137, 161, 167 Hübitz, 38 Hünfeld, 157, 159
Ortsregister Husuuua, 44, 50, 64 Ibitz, 32, 71, 138 Ilfeld, 26 Jauch(a), 71 Jena Siehe Großjena, 102 Johannrode, 126, 128 Judendorf, 113 Jüdendorf, 113, 116 Kaltenborn, 143, 162 Kalzendorf, 113, 116 Kämmeritz, 73 Kanaan, 131 Karlsdorf, 26 Karsdorf, 113, 116 Kartenburg, 28, 49 Katharinenrieth, 143 Kautzschke, 129 Kayna, 72 Kessendorf, 109, 117 Kieselhausen, 120, 122, 123, 162 Kiew, 177, 179 Kirchdorf, 114, 117 Kirstansdorf, 114 Kleineichstädt, 92, 94 Klobikau, 66 Klosternaundorf, 109, 117 Klosterrode, 124, 128, 129 Klosterrohrbach, 130, 133, 162 Kobbeln, 24 Köbbeln, 24 Köchstedt, 91, 94 Köllme, 22, 31, 66 Kombach, 48 Königs–/Kilianshagen, 23 Korbesberg, 28, 49, 134, 137, 151, 152 Korbetha, Groß- und Sand- (z. T. schwer voneinander zu trennen), 52, 64, 65, 69 Körbisdorf, 36, 49, 109, 117 Korbsberg, 152, 162 Kottendorf, 36, 49 Kötzschen, 72 Kraksche, 129 Kraßlau, 23, 88 Kratsche, 129 Kriebitzsch, 24 Kriechau, 72 Kriegstedt, 52, 91, 94 Krimpe, 46 Kröllwitz (zwei Ortschaften), 70 Krummrode, 26 Krumpa, 66
Kube, 71 Kuckenburg, 123, 134, 137, 151, 152 Kunrode, 126, 128 Kürbitz, 24 Kurzgehofen, 144 Kusdorf, 115, 138 Lachsdorf/Lochstedt, 26 Landgrafroda, 127 Langeneichstädt, 12, 54, 90, 93, 94 Laucha, 93 Lauchstädt (Bad), 52, 54, 91, 93–95 Lausitz (Nieder–/Ober-), 61 Lausitz (Nieder-/Ober-), 75, 160 Lautama, 34, 49 Lautersburg, 153 Leimbach, 130, 133 Leina, 72 Leinungen, 96, 97, 162 Lengefeld, 52, 142, 162, 173 Lettin, 68, 134, 149, 150 Leuna, 72 Licht(en)hain, 142 Lichthagen, 142, 162 Liebitz, 24 Liebsdorf, 109 Liedersdorf, 109, 116 Liederstädt, 52, 54, 91, 94 Lieskau, 31, 49, 64, 72 Lietzschke, 129 Lippe, 146 Lipsdorf, 109, 116 Lobesdorf, 109, 116, 162 Lobitz/Löbitz, 32 Lobitz /Löbitz, 49, 65 Lobitzsch, 73 Löbnitz, 74, 129 Lochwitz, 142 Lodersleben, 87–89 Lorenzrieth, 22, 143 Lübschütz, 24 Lubsko-Hynków, 61 Ludendorf, 34, 49, 109, 117 Luhne, 93 Lunstädt, 52, 80, 92–94 Lutisburg, 136, 137 Lüttchendorf, 109, 117 Lützkendorf, 112, 116 Lützkerode, 127 Magdeburger Börde, 88, 98, 161 Mainz, 14, 171 Mallerbach, 131, 133, 168 Mansfeld, 26, 106
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214
Ortsregister
Mansfelder Seen (siehe auch unter Süßer See, Salziger See, Fauler See), 59, 118 Markwerben, 67 Martinsrieth, 143 Mechilacha, 44, 50, 51, 101 Meginhardesdorpf, 46, 50, 115 Meinersdorf, 109, 116 Melmsdorf, 112, 117 Memleben, 34, 89, 148 Memleben, Wenigen-, 30, 87 Merseburg, 40, 80, 127, 135, 137, 151, 152, 157, 170 Meuschau, 31, 49, 68 Micheln, 99 Miedertal, 23, 138 Milzau, 54, 66, 105 Miscauual, 64 Mittelhausen, 120, 122 Möckerling, 43, 44, 50, 64, 73 Modertal, 23, 138 Mönchpfiffel, 99, 100 Morungen, 96, 97, 162 Mötzsch, 74 Mücheln, 99, 100, 134, 149, 150 Muchendorpf, 43, 50, 64, 115 Mucke, 129 Müncheroda, 126, 128 Nablus, 131 Nachendorf, 36 Nachsdorf, 115, 138 Nahlendorf, 110, 116 Namur, 114 Naundorf, 22, 114 Nausitz, 23 Neckendorf, 37, 49, 110, 116 Nemsdorf, 114, 116 Netzschkau, 24 Neumark, 144 Neustadt, 93 Niedersachsen, 81, 137, 146 Niemiełowic(z), 114 Nienstedt, 41, 92, 94, 162 Nietleben, 88, 89 Northeim, 146 Nösselitz, 74 Obersdorf, 37, 110, 117, 119, 162 Oberthau, 37 Obhausen, 120, 122, 123 Öblitz, 71 Obschütz, 70 Öchlitz, 43, 50, 64, 70 Ockendorf, 110, 116
Ohmendorf, 37, 41, 43, 49, 110, 116 Osfurth, 140 Ösnitz, 32, 49, 52, 56, 67, 138 Osterhausen, 52, 120, 122 Osterrode, 146 Osterwitz, 71 Ostfalen, 86, 89, 174 Othal, 138, 162 Passendorf, 41, 42, 50, 112, 116 Petersrode, 126, 128 Pettstädt, 74, 93 Petzkendorf, 41, 42, 50, 112, 117 Peutnitz, 29, 49, 61, 62, 65, 110, 117, 165 Pfeiffersheim, 98, 162 Pfeiffhausen, 123 Pinsdorf, 46, 50, 114, 117 Pödelist, 71 Podelitz, 71 Pödelitz, 24 Polen, 57, 177–180 Pölsfeld, 142, 162, 173 Pönitz, 74 Pontzig, 129 Poples, 24 Posendorf, 112, 116 Pretitz, 54, 66, 105 Prömmern, 24 Promnitz, 24 Prösig, 24 Querfurt, 95, 127, 134, 140, 141, 150, 168, 169 Querfurter Platte, 75, 164, 167, 168 Rachsdorf, 42, 50, 112, 117 Racksdorf, 42, 112 Raschwitz, 70 Rathmannsdorf, 112, 117 Rattmannsdorf, 112, 117, 119 Rehhagen, 143 Reichardtswerben, 67 Reinsdorf, 54, 110, 114, 116 Reipisch, 69 Richersdorf, 21 Riestedt, 41, 92, 94, 162 Rißdorf, Ober–/Unter-, 31, 49 Rißdorf, Ober-/Unter-, 106, 110, 117 Röblingen (beide Ortschaften), 51, 52 Röblingen am See, 96, 97 röblingen, Nieder-/Ober-, 96, 97, 162 Rode, 38, 114 Rodewitz /Roitzsch, 70 röhlitz, Mark- und Geisel-, 70 Rohne, 152, 163, 168, 169
Ortsregister Rollsdorf, 45, 110, 116 Röpzig, 74 Rösetal, 45 Roßbach, 131, 133 Rössen, 74 Roßleben, 87, 89 Rothenschirmbach, 130, 133 Rottelsdorf, 45 Rozuualesdorpf, 45, 50, 115 Rüdiesdorf, 26 Runstedt, 93, 94 Sachsendorf, 114, 174 Sachsgraben, 173 Salza, 59, 118, 133, 152 Salzgitter, 146 Salziger See, 22, 59, 180 Sangerhausen, 118, 120–123, 162 Schaafheim, 21 Schadendorf, 114 Schafsee, 21, 144 Schafstädt, 21, 52, 54, 92, 94 Schalkendorf, 46, 114, 117 Schäpe, 129 Schapen, 21 Schaubesfelde, 142, 162 Schellsitz, 70 Schiepzig, 74 Schkopau, 72 Schkortleben, 88, 89 Schlagwitz, 34 Schlaukat, 34, 49, 69 Schleben, 124 Schleberoda, 124, 128 Schlettau, 73 Schmalzerode, 126, 128 Schmirma, 69 Schmon, 47, 52, 54, 100, 103, 105 Schmoner Bach, 163, 165–167 Schnapsrode, 22, 126, 128, 162 Schnellroda, 15, 126, 128 Schömlitz, 70 Schönbach, 131, 133, 162 Schönewerda, 144 Schortau, 52, 68 Schotterey, 54, 65 Schraplau, 95, 100, 101, 105, 106, 134, 149, 150 Schraubishayn, 26 Schulenberg, 21 Schulenbrook, 21 Schulenburg, 21 Schulenrode, 21, 126, 128 Schwabengau, 173 Schwachsdorf, 34, 49, 112, 117
215
Schweinswende, 141 Schwemeburg, 50, 136 Schwötschdorf, 34, 112 Seebich, 23, 130, 133 Seebisch, 23 Seeburg, 135–137, 151, 152 Sibrowitz, 74 Sichem, 131 Sickerode, 127 Siebenhausen, 121–123 Siegerstedt, 92, 94 Sigmarsdorf, 26 Sittichenbach, 131, 133 Soest, 146 Sotterhausen, 120, 122, 162 Spergau, 104, 105 Spielberg, 14, 52, 54, 61, 62, 74, 135–137 St. Micheln, 144 St. Ulrich, 144 Stachelroda, 126, 128 Stedten, 103, 105 Stegelrode, 127 Steigra, 15, 38, 49, 52, 54, 102, 105 Steuden, 67 Stöbnitz, 71 Storkau, 73 Storkwitz, 74 Strakendorf, 115 Strösen, 73 Suemeburg, 47, 50, 151 Süßer See, 17, 56, 59, 82, 89, 95, 168 Suttelsmund, 47 Swemoburch, 47 Tagewerben, 67 Tanneroda, 46 Taupadel, 69 Teicherode, 125 Teiditz, 24 Teuditz, 24 Teutschenthal (siehe auch unter Deussen, Gottsdorf, Bossdorf, Ibitz, Ösnitz, Wordheim/Würden, Kusdorf, Nachsdorf), 32, 108, 138, 169 Teutschenthal (siehe auch unter Deussen, Gottsdorf, Bossdorf, Ibitz, Ösnitz, Wordheim /Würden, Kusdorf, Nachsdorf), 49, 52, 68 textitBornstedt, 149 textitHainrode, 127 textitHolleben, 149 textitQuerfurt, 149 textitSchraplau, 149 textitSchwemeburg, 152
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216
Ortsregister
Thaldorf, 115 Theiditz, 24 Theinicken, 37, 110 Theodendorpf, 46, 50, 115 Theotboldesdorpf, 41, 50, 115 Thondorf, 37 Thüringen, 86, 97, 119 Thüringer Becken, 88, 98, 161 Tiefenbeck, 131 Tönicken, 37, 49, 110, 117, 119 Überrode, 38 Udenfelde, 21 Udenwalde, 142 Uhden, 68 Uichteritz, 70 Ukraine, 177–179 Unstrut, 15, 17, 56, 57, 80, 82, 86, 89, 97, 118, 119, 121, 133, 152, 159, 161, 168, 169 Uuicholdesdorpf, 41, 44, 50 Vitzenburg, 34, 49, 53, 135, 137, 151, 152 Volkstedt, 68 Vorharzgebiet, 121 Walkenried, 143, 174 Wangen, 105 Wangen, Klein-, 103 Wansleben, 87, 89 Waschleben, 88 Weden, 30, 49 Weichsel, 178 Weida, 133, 163, 165–169 Weidenbach, 131, 133 Weischütz, 74 Weißenburg, 136 Weißenfels, 127 Weißenschirmbach, 51, 54, 131, 133 Welle, 26 Wellwitz, 22, 70 Welzdorf, 33, 111, 119 Wendelstein, 144 Wenden, 30, 49, 103, 105 Wengelsdorf, 114, 116 Werben (Burg-, Mark-, Reichardts-, Tagewerben, siehe auch unter Burgwerben), 67, 149 Wernsdorf, 114, 116 Westdorf, 22
Westermühle, 122 Westfalen, 146 Westhausen, 121, 122 Wettelrode, 111, 116, 119, 162 Wetzendorf, 34 Wiegenhain, 142, 162 Wildenstall, 144 Willerbach, 31 Wimmelburg, 135, 137 Winddorf, 111, 117 Windhausen, 121, 122 Winkel, 103, 105, 132 Wippelsdorf, 44, 45, 112, 116 Wippra, 53, 100, 101, 105, 133, 162 Wismannsleben, 88, 89 Wölbitz, 22, 70 Wolfenbüttel, 146, 174 Wolferode, 124, 128 Wolferstedt, 92, 94, 122 Wolfsburg, 146 Wolkau, 32, 61, 62, 68, 92, 94, 165 Wordheim, 138 Wünsch, 51, 53, 64 Wünschendorf, 115 Würden, 138 Wuschleben, 88 Wüstenhof, 26 Zaasdorf, 113, 117 Zaglitz, 24, 33 Zeckram, 72 Zeddenbach, 39, 49, 53, 54 Zeitze, 25, 33 Zeuchfeld, 69, 142 Zickram, 24 Zidimuslesdorpf, 46, 50, 115 Ziegelroda, 126–128, 167, 168 Ziegendorf, 111, 116 Ziegram, 24 Zingst, 100, 102, 105 Zöbigker, 35, 38, 53, 55, 65 Zorbau, 24, 73 Zorbewitz, 24 Zössen, 71 Zscheiplitz, 74 Zscherben, 67, 72 Zütschdorf, 34, 49, 111, 117 Zwanzig, 74 Zwochau, 25
Tafeln
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Tafeln
Abb. 3 Das Hersfelder Zehntverzeichnis (Hess. Staatsarchiv Marburg, Urk. 56, Nr. 2268)
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219
5 km
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jüngere aso. Namentypen
evtl. ältere aso. Namentypen
Patronymika
Pretitz (141)
Lobitz/Löbitz (108)
Wölbitz
Göhritz
Granau
Lieskau
Ibitz
Klobikau (124)
Raschwitz
Blösien (192)
Klyegraben
Geusa
Crakau
Korbetha (215)
) 01 (2 en b er ch Barau Zs
Meuschau (74)
Schkopau
Gleina
Schömlitz Öchlitz
Dobichau
Schellsitz
Eulau (160)
Göstelitz (164)
Öblitz
Zössen
Lobitzsch
Uichteritz
Storkau Obschütz Kriechau Sc Werben (214) hal K Podelitz u k ub e at Gerstewitz Jauch Göhren Markröhlitz Pödelist
Zeuchfeld
Gröst (179)
Zeckram Leuna l ise Kötzschen Ge STaupadel tö Göhlitzsch bn Stöbnitz Beuna it Reipisch Möckerling Osterwitz Schmirma Zorbau Kröllwitz Geiselröhlitz Kayna Zöbigker (178) Krumpa (177) Leina Korbetha Schortau (184)
Wünsch (127)
Strösen
Kröllwitz Peutnitz (51) Groitz
Dörstewitz (133)
Milzau (119)
Lettin (75) Gimritz (72)
Schlettau
Beuchlitz Delitz (122)
Schotterey (116)
Wolkau (126)
Steuden (86)
de ür
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Im HZV Nicht im HZV ältere aso. Namentypen
G on n a
Ro
Döcklitz
Teutschenthal (90)
Ösnitz (91) ba ch
Dölau
Zscherben
Köllme (82)
W
Go
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Rodewitz Uhden (76)
220 Tafeln
Abb. 4: Die slavischen Siedlungsnamen
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U
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III - ausschließlich jüngere Namentypen
II - ältere und jüngere Namentypen gemischt
I - überwiegend ältere Namentypen
typologische Zonierung:
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G on n a
Areal der älteren slavischen Namentypen
5 km
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hn
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Ro
I öb n
it
II
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St
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III
I
I
l ise Ge
II
Klyegraben
III
Tafeln
221
Abb. 5: Die Arealität der slavischen Toponymie
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W
Go
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Ro
Memleben (54)
Roßleben (52)
Lodersleben (97)
nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
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G on n a
im Hersfelder Zehntverzeichnis
5 km
Almensleben (1)
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Aseleben (40)
Wormsleben
Eisleben
Wismannsleben
Wansleben (69)
öb n
ba ch
St
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it
Holleben (131)
Nietleben
Schkortleben
Frankleben (194)
l ise Ge
Klyegraben
222 Tafeln
Abb. 6: Die Siedlungsnamen auf -leben
z
W
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Ro
Allstedt (43)
Kleineichstädt
Gatterstädt (96)
Siegerstedt (150)
Liederstädt (136)
Grockstedt
de ür
ba ch
Schafstädt (112)
öb n
Eckstedt
St
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Lunstädt (207)
Runstedt
l ise Ge
Klyegraben
Kriegstedt (123)
Lauchstädt (117)
Bennstedt (70)
Köchstedt (93)
Dornstedt (87)
W
Langeneichstädt (111)
Wolkau (126)
Esperstedt (64)
Barnstädt (110)
Alberstedt (62)
Esenstedt (104)
Farnstädt (58)
Bornstedt (21)
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
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G on n a
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
5 km
Nienstedt (12)
Wolferstedt (28)
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Go
Holdenstedt (17)
Riestedt (10)
Tafeln
223
Abb. 7: Die Siedlungsnamen auf -stedt
z
ns tru t
Mönchpfiffel (44)
Ro
Blankenheim
-heim, nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
-ithi, im Hersfelder Zehntverzeichnis
-ingen, nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
-ingen, nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
-ingen, im Hersfelder Zehntverzeichnis
5 km
Einzingen (9, 5)
U
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
(Ober)röblingen (3)
Pfeiffersheim
nn a
e
Leinungen
Go
hn
Morungen (217)
Helfta (38)
W öb n
ba ch
St
de ür
Mücheln (175)
Burgscheidungen (151)
Röblingen (3)
it
Eptingen
l ise Ge
Klyegraben
224 Tafeln
Abb. 8: Die Siedlungsnamen auf -i/ungen, -heim, -ithi
z
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN Schmon (135)
Wangen (56) -ø
Zingst -st-
Pretitz Basis
-ø
Schraplau (65)
-r-
-loh
Steigra (146)
Stedten (63) -ø W
Wenden (61)
it
-r-
Bedra (78)
Basis Milzau (119)
Großjena -ø
-ø
öb n
ba ch
St
de ür
z
© Christian Zschieschang 2017
Rainbac h
Winkel (27)
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
Simplex
nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
-ø
...
G on n a
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
Horn (30)
-loh Emseloh
Herchensola
Ro
-sola
ns tru t
U
...
nn a
...
5 km
-aha
Gonna (224)
e
Go
hn
-aha Wippra (233)
l ise Ge
Klyegraben
-ig Spergau
-ig Daspig
Tafeln
225
Abb. 9: Weitere ältere deutsche Namentypen
Friesdorf (234)
nn a
Lobesdorf (16)
Wippelsdorf
Grabsdorf (15)
Obersdorf (226)
Heygendorf (47)
Ro
Winddorf (23)
Meinersdorf (53)
Bottendorf (73)
© Christian Zschieschang 2017
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
Jüdendorf
Göhrendorf
Nemsdorf
Kessendorf (154)
Dorndorf
Angersdorf
Rattmannsdorf
Benkendorf
Biendorf (190) St öb Bennd nit orf (19 1
Klyegraben
Gräfendorf
Braunsdorf (132)
Atzendorf (203)
Dörstewitz (133)
Ohmendorf (80)
z
Ockendorf (204)
Almsdorf
Posendorf
2) (20 isel Bösseling (206) orf rfe bisd aundoG Kör N ) Rathmannsdorf Ziegendorf (174) Wernsdorf Fährendorf ) f Lützkendorf or 73 Zaasdorf nd f (1 f Kirchdorf e f r rä do dor G ch n Braunsdorf (185) s e Wengelsdorf tz tzk Zü Pe Gniebendorf Schalkendorf Nahlendorf (176) Welzdorf (152)
Blossendorf (149)
Karsdorf
Groß Gräfendorf
Ludendorf (171)
Passendorf Eisdorf
Melmsdorf
Eriksdorf Peutnitz (51) Schwachsdorf
Gottsdorf (213)
) 81 n(
de ür
Asendorf (88)
Etzdorf (89)
Amsdorf (67)
Rachsdorf e k n ic Tö
Rollsdorf (85)
Kalzendorf Reinsdorf (143) Pinsdorf
Eilwersdorf (100)
Lipsdorf (41)
Lüttchendorf (39)
Unterrißdorf (77)
Bischofrode (35)
Einsdorf (25)
Liedersdorf (20)
Neckendorf (37)
Dippelsdorf
Klosternaundorf (31)
Eßmannsdorf (49) ns tru t Eindorf (45)
U
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
5 km
Wettelrode (219)
e
G on n a
hn
ba ch
Go W
Grillenberg (227)
226 Tafeln
Abb. 10: Die Siedlungsnamen auf -dorf
nn a
U
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
unsicher (zumeist deutscher vs. slavischer PN)
Appellativ
Personenbezeichnung
slavischer PN
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
deutscher PN, ein- bzw. zweigliedrig
5 km
ns tru t
e
hn
Go
Ro
öb n
ba ch
St
de ür
it
l ise Ge
Klyegraben
Tafeln
227
Abb. 11: Die Basislexeme der Toponyme auf -dorf
z
W
nn a
e
Ro
Richtung des relativen Lagebezugs
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
Siebenhausen
Großosterhausen (24)
Mittelhausen (26)
Sotterhausen (13)
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
5 km
ns tru t
Kieselhausen (7)
U
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
hn
Go
Sangerhausen (8)
Windhausen
Obhausen (105)
öb n
ba ch
St
de ür
it
l ise Ge
Klyegraben
228 Tafeln
Abb. 12: Die Siedlungsnamen auf -hausen
z
W
nn a
ns tru t
Hessenrode
Ro
Erwinsrode
Ziegelroda
Hildebrechtsrode
Wolferode
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN Johannrode
Stachelroda
Frankenrode
Frankenrode
Schulenrode
Schmalzerode
Kunrode
Klosterrode (19)
Gebhardsrode
Etzkerode (229)
Schnapsrode
U
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
Äbtischrode
Borkersrode
Albersroda
Bärsroda Schnellroda
Brommerod
W
it
Müncheroda
Branderode
Schleberoda
Ebersroda
Baumersroda
Petersroda
öb n
ba ch
St
de ür
z
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
5 km
Deikerode
Hohenrode (223)
Hackerode (225)
Epkeborn
e
Go
hn
Henkerode
l ise Ge
Klyegraben
Tafeln
229
Abb. 13: Die Siedlungsnamen auf -rode
nn a
Ro
Mallerbach
Leimbach (99)
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
vorliegende Belege mit ndt. -bek
Rothenschirmbach (33)
Sittichenbach (22)
Weißenschirmbach (138)
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
5 km
ns tru t
U
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
Seebich (4)
Klosterrohrbach (2)
e
Brumbach (232)
Go
hn
Schönbach
Weidenbach
öb n
ba ch
St
de ür
it
Roßbach
l ise Ge
Klyegraben
230 Tafeln
Abb. 14: Die Siedlungsnamen auf -bach
z
W
nn a
ns tru t
Othal
U
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
e
Ro
Beyernaumburg (14)
Vitzenburg (57)
Lutisburg
-tal, nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
-burg, nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
-burg, nicht im HZV, in DS 26 verzeichnet
Spielberg (142)
Kuckenburg (106)
Hornburg (34)
-burg/berg, im HZV nur in Teil A (belegt mit -u- und -e-)
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
-burg, im HZV, Teil B und z. T. A (belegt nur mit -u-)
5 km
Helmstal
Go
hn
Korbsberg (46)
Wimmelburg
Seeburg (42)
ü
öb n
ba ch
St
e rd
it
Teutschenthal
l ise Ge
Klyegraben
Merseburg (212)
Tafeln
231
Abb. 15: Die Siedlungsnamen auf -bu/erg und -tal
z
W
Osfurth (55) -furt
© Christian Zschieschang 2017
nicht im HZV, nicht in DS 26 verzeichnet
Ro
Kaltenborn
Schweinswende (18) -wend
-born
im Hersfelder Zehntverzeichnis (HZV)
G on n a
-born
U
-born
5 km
ns tru t
-wend Brechtewenden
nn a
e
Go
hn
Lengefeld (218) -feld
-hain Lichthagen (230) Udenwalde -hain -feld -feld Wiegenhain -feld Schaubesfelde Pölsfeld (228)
-furt Querfurt (103)
-born
Erdeborn (36)
öb n
ba ch
St
de ür
it
l ise Ge
Klyegraben
232 Tafeln
Abb. 16: Sporadisch auftretende Namentypen
z
W
nn a
U
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
-furt
Rainbac h
Bornstedt (245)
-loh
Vitzenburg (248)
Seeburg (246)
W öb n
ba ch
St
de ür
Mücheln (252)
Burgscheidungen (250)
Kuckenburg (254)
Schraplau (244)
-furt Querfurt (249)
Helfta (240)
jeweiliger Bildungstyp (vgl. Abb. 4, 6, 7, 8, 9, 16)
anders gebildeter Name
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
Namenbildung auf -burg (vgl. Abb. 12)
5 km
ns tru t
Ro
Allstedt (242)
Beyernaumburg (241)
e
Go
hn
Korbsberg (247)
it
Werben (251)
l ise Ge
Klyegraben
Holleben (256)
Goseck (253)
Lettin (255)
Merseburg (243)
Tafeln
233
Abb. 17: Die Namen der Burgen in Teil B des HZV
z
-feld
G on n a
-born
Ro
-feld
-feld
-wend
-furt
-furt
-born
Abgrenzung zwischen West- und Ostareal
übrige Toponyme (vgl. Abb. 16)
Toponyme auf -bach und -burg (vgl. Abb. 14 und 15)
Toponyme auf -hausen und -rode (vgl. Abb. 12 und 13)
slavische Toponyme (vgl. Abb. 4)
ns tru t
-feld
U
© Christian Zschieschang 2017
-born
nn a
-furt
5 km
-wend
-hain
e
Go
hn
-hain
öb n
ba ch
St
de ür
it
l ise Ge
Klyegraben
234 Tafeln
Abb. 18: Ost- und Westareal
z
W
nn a
G on n a
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
Toponyme auf -stedt (vgl. Abb. 7)
Toponyme auf -leben (vgl. Abb. 6)
slavische Toponyme (vgl. Abb. 4)
U
© Christian Zschieschang 2017
5 km
ns tru t
e
hn
Go
Ro
öb n
ba ch
St
de ür
it
l ise Ge
Klyegraben
Tafeln
235
Abb. 19: Slavica, -leben und -stedt im arealen Vergleich
z
W
G on n a
Ro
-sola
ns tru t
U
-loh
-ø Simplex
-ø
-st-
Basis
-ø
Die Darstellung der Ortsnamen wie auf Abb. 4-16.
hochmittelalterliche Ausbaugebiete, im 9. Jh. siedlungsleer
keine Namen im HZV
Perforationszone (nur teilweise Namen im HZV)
Exklusivitätszone (fast ausschließlich Namen im HZV)
nn a
© Christian Zschieschang 2017
5 km
-aha
e
Go
hn
-aha
-r-
-loh
-ø
-ø
-ø
öb n
ba ch
St
de ür
it
-r-
Basis
l ise Ge
Klyegraben
-ig
-ig
236 Tafeln
Abb. 20: Die Exklusivität des HZV im Toponymikon
z
W
G on n a
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN
45
5 km
8
2
3,6
ns 49 tru t
44
Ro
45
47
4
5,9
10
e
43
12
13 16
14
229
73
31
15
17
52
28 30
20
19
53
27
26
18
55
22 24,32
54
23 25
21
35
56
138 136,139 141 57,59,155 143
Fehlstelle für nicht zu lokalisierende Orte
Fehlstelle für nicht zu lokalisierenden Ort
Reihenfolge der Auflistung, Gruppe 1-8 (nach S. Wolf)
neu lokalisierter Ort (vgl. Kapitel 1.6.)
105
106
42
149 151, 153
150
146,148
110,113,115
64
63
66,68
40
65
41
104,107
62
36
39
142,144,147
135,137,140
100
103
34
38
77
58,60
108
99
97
96
33
37
Ort im HZV mit Nummer (nach Siegmund Wolf)
223
U
© Christian Zschieschang 2017
7
1
218,220,222
nn a
hn
Go
154
171
88
67
85
91,94 213
it
z
76
116
124
133
131
75
51
160,162
164
170
179,181,183
176
203
132
194,199
l ise Ge
204
212
214,216,239
206
74
134,215,238
Klyegraben 201
207,211
185 78 184,186,188
202
192,195,198,200
123,125
117,120 119
122
72
174 191,193,196 61 178,180 173 177 175
tö bn
152 190 S
80 127,129
156,158
111
e rd
70
82
ü 90,92,95,98,101
W
112,114,118, 121
81
89
126
87
86
69
93
ba ch
234 230 233,235,237 232 228 227 217 225,231 226 219 224 46
Tafeln
237
Abb. 21: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gesamt
2
3,6
G on n a
4
5,9
10
e
45
47
44
Ro
13
15
43
31
16 12
14
30
28
52
20
54
55
25
23
24,32
21
27
53
18
26
17
19
22
35
56
33
37
Fehlstelle für nicht zu lokalisierende Orte
Fehlstelle für nicht zu lokalisierenden Ort
Reihenfolge der Auflistung, Gruppe 1-3 (nach S. Wolf)
neu lokalisierter Ort (vgl. Kapitel 1.6.)
34
38
Ort im HZV mit Nummer (nach Siegmund Wolf)
ns 49 tru t
U
45
5 km
8
nn a
© Christian Zschieschang 2017
7
1
Go
hn
46
36
39 41 40
42
öb n
ba ch
St
de ür
it
51
l ise Ge
Klyegraben
238 Tafeln
Abb. 22: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 1-3
z
W
nn a
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CIE, KÖLN WEIMAR WIEN 73
97
108
99
100
103
Fehlstelle für nicht zu lokalisierende Orte
Fehlstelle für nicht zu lokalisierenden Ort
Reihenfolge der Auflistung, Gruppe 4-5 (nach S. Wolf)
neu lokalisierter Ort (vgl. Kapitel 1.6.)
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
Ort im HZV mit Nummer (nach Siegmund Wolf)
U
45
5 km
ns tru t
e
Ro
96
58,60
77
105
65 64
63
110,113,115
104,107
106
62
66,68
88
67
85
111
126
87
ü
e rd
91,94
70
80
76
116
90,92,95,98,101
W öb n
61
St
it
127,129
124
112,114,118, 121
81
86 89
69
93
ba ch
Go
hn
82 72
133
78
123,125
117,120 119
122
131
75
l ise Ge
Klyegraben
132
134,215,238
74
Tafeln
239
Abb. 23: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 4 und 5
z
ns tru t
U
229
Ro
141 57,59,155
138
Fehlstelle für nicht zu lokalisierende Orte
Fehlstelle für nicht zu lokalisierenden Ort
Reihenfolge der Auflistung, Gruppe 6-8 (nach S. Wolf)
neu lokalisierter Ort (vgl. Kapitel 1.6.)
143
136,139
142,144,147
135,137,140
Ort im HZV mit Nummer (nach Siegmund Wolf)
223
224
nn a
© Christian Zschieschang 2017
G on n a
149 151, 153
150
146,148
154
W
152
156,158
171
it
175
tö bn
160,162
164
185
173
194,199
170
176
l ise Ge
203
201
204
212
214,216,239
206
134,215,238
Klyegraben
184,186,188 207,211 179,181,183
178,180 177
202
192,195,198,200
174 191,193,196
213
ba ch
190 S
de ür
z
45
5 km
218,220,222
217
228
e
234 230 232 227 225,231 226 219
Go
hn
233,235,237
240 Tafeln
Abb. 24: Die Reihenfolge der Auflistung im HZV, Gruppen 6-8
FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE UND KULTUR DES ÖSTLICHEN MITTELEUROPA | BAND 52
Für Namenforschung und Mediävistik ist das Hersfelder Zehntverzeichnis, insbesondere aufgrund seines Umfangs, eine Quelle von außerordentlicher Bedeutung. Es überliefert für das 9. Jahrhundert weit mehr als 200 Ortsnamen. Obwohl das Verzeichnis schon häufiger wissenschaftlich ausgewertet wurde, werden die in ihm aufgelisteten Toponyme jetzt zum ersten Mal im direkten Vergleich mit der gesamten Ortsnamenlandschaft zwischen Harz und Saale, Unstrut und Mansfelder Seen analysiert. Christian Zschieschang ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am GWZO in Leipzig.
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