Das flache Lehmdach und der elastische Theerfirniss nebst einer chemischen Analyse des Steinkohlentheers [Reprint 2021 ed.] 9783112429723, 9783112429716


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Das flache Lehmdach und der elastische Theerfirniss nebst einer chemischen Analyse des Steinkohlentheers [Reprint 2021 ed.]
 9783112429723, 9783112429716

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Das

flache

Lehmdacli und der

elastische Theerfirniss nebst

einer chemischen Analjse des

S t e i n k o h l e n t h c e

rs.

Von

Dr. F. F.

Runge,

aiisserord. Prof. an der Universität zu Breslau, z. Z, in Oranienburg.

Berlin,

1837.

Verlag der S a n der'sehen Buchhandlung. (C. W. Eichhoff.)

Die Theerarten. D i e verschiedenen Theerarten sind wohlfeile Firnisse, die man von jeher dazu verwandt hat, die Stelle der theuren Oehlfarbe zu vertreten, um Metalle vor Rost, und Holz vor Moder und Fäulniss zu bewahren. Sie enthalten ausser öhligen auch mehrere sehr scharfe B e s t a n d t e i l e , die besonders dem Pflanzcpleben nicht günstig sind. Daher wachsen auf getheertem Ilolze keine Flechten, die man an ungetheerten Planken und Zäunen so häufig sieht. Der Theer besitzt als Firniss auch die Eigenschaft, Körper, welche im Wasser erweichen würden, davor zu schützen, wenn sie damit überzogen sind. Eine Tüte aus getheertem Papier hält Wasser wie ein Gl|isgefäss, und ein ungebrannter Thontopf kann, gut getheert, ebensowohl als Wasserbehälter dienen als ein gebrannter und glasirter. Von diesen Erfahrungen hat man in neuester Zeit eine allgemeinere Anwendung gemacht. Man construirt Dächer anstatt der Ziegel aus einer Lehmfläche und macht sie wasserdicht mit Theer und Pech, wie diess in dem Buche: Anleitung zur Ausführung der neuen f l a c h e n D a c h d e c k u n g (Berlin, 1837) 1*

Ton I. F . D o r n , ausführlich beschrieben. Mit einem geschmolzenen Gemenge aus 8 Pfund Pech und 3 Pfund Holztheer wird ein Papierbogen gleichförmig überstrichen und, wenn diess geschehen, ein anderer unbestrichener Bogen darauf gelegt und überall genau angedrückt. Diess ist die Darstellung der s. g. Harzplatten, deren Anwendung folgende i s t : Anstatt dass D o r n sein Lehmdach mit pechhaltigem Theer bestreicht, um es wasserdicht zu machen, bedient sich S a c h s dieser Harzplatten, und lässt sie mit Hülfe desselben Theerpechs auf das trockene Lehmdach a u f k l e b e n . Wenn diess geschehen, wird die ganze Papierfläche mit demselben Theerpech überstrichen und mit Sand bestreuet, und hierauf noch mit einer Schutzdecke aus Lehm etc. versehen. Hieraus sieht man, dass der wesentliche Unterschied zwischen einem Dornschcn und einem

6 Sachsischen Dach bloss in der Dazwischenkunft des Papiers besieht. D o r n schliesst seinen pechbaltigen Theer zwischen Lehm und Sand ein, und Sachs seinen Theerpech zwischen zwei Bogen Papier. So klein dieser Unterschied auch scheint, so ist es doch ein sehr wesentlicher. Denn der zwischen Papier eingeschlossene Theerpech ist eine bei Sommerhitze und Winterliälte durchaus unveränderliche Substanz, es mag nun gleichzeitig Feuchtigkeit mit einwirken oder nicht. Getheerter Lehm dagegen ist nur dann unveränderlich in der Winterkälte, wenn er lufttrocken ist. Im entgegengesetzten Fall gefriert das W a s s e r , und die Lehmdecke wird in Folge der Eisbildung in viele kleine' Stücken gesprengt, wodurch sich Ritzen bildete, die das Wasser einlassen, wie diess in dem Buche: Miohaut: Erfahrungen beiAnlegung eines f l a c h e n L e h m ( J a c h e s etc. (Berlin 1837) weitläufig beschrieben ist. Hieraus folgt, dass ein Dornsches Dach nur ZU einer solchen Jahreszeit gemacht werden kann, wo ein v o l l k o m m e n e s A u s t r o c k n e n der Lehmfläche möglich i s t , also im Sommer. Dann aber ist auch ausser allem Zweifel, dass man ein gutes, wasserdichtes Dach bekommt. Will man aber ausdrücklich gegen die Dornschen Vorschriften handeln, und zu jeder Jahreszeit Dächer machen, so ist es natürlich, dass sie nicht immer dem Zwecke entsprechen. Allein dies ist nicht die Schuld des Erfinders. Man kann nicht sorgfältiger verfahren, als D o r n es in seinem Buche vorschreibt, und es sind auch Thatsachen genug vorhanden, welche die vollkommene Haltbarkeit der Dornschen Dächer beweisen. Dass diese Sache jedoch der Verbesserungen fähig i s t , wird Niemand in Abrede stellen. Sie

werden aber mehr aufs Material als auf die Vera fahrungsarten Bezug h a b e n , und b e s o n d e r s ist es der T h e e r , der einer solchen Verbesserung bedarf, wie diess bereits gesagt und noch mehr aus dem folgenden erhellen wird. W a s nun S a c h s mit seinen Harzplatten b e trifft, so befindet sich derselbe in mancher H i n sicht in einem günstigeren Fall; S a c h s kann zwar eben so wenig bei Regenwetter arbeiten lass e n als D o r n , aber er hat einen sehr grossen Feind nicht zu f ü r c h t e n : den F r o s t . D a h e r b r a u c h t derselbe nicht das v o l l k o m m e n e Austrocknen der Lehmfläche a b z u w a r t e n , sondern im N o t h f a l l genügt schon ein Ausgetrocknetsein der o b e r e n ä u s s e r e n S c h i c h t , um n u r die l l a r z p l a t t e n aufkleben zu können. Dieser Umstand ist äusserst wichtig, da man fast bis in den Winter hinein arbeiten k a n n , j a selbst der W i n t e r bei gelindem trockenen F r o s t nicht einmal hinderlich ist, indem die in der Lehmfläche entstehenden R i s s e j a d u r c h die Harzplatten zugedeckt werden. E i n anderer, freilich nicht zu übersehender U m terschied besteht auch darin, dass beide Herren sich verschiedener Wasserdichtungsmittel zum U e b e r streichen bedienen. D e r Theerpech von S a c h s verdient gewiss den V o r z u g vor dem D o r n s c h e n Peclitheer. Aber wo liegt hier die Grenze? D o r n kann nach Belieben das Pechverhältniss a b ä n d e r n und so sein Anstreichmittel luft~ und wärmebeständiger machen. D e s s e n ungeaclitct bleibt hier ein grosser Mangel f ü h l b a r . P e c h und Theer vereinigen in sich nicht alle Eigenschaften, die ein D o r n s c h e s D a c h f ü r die D a u e r wasserdicht m a c h e n , namentlich wenn man die Kosten des wiederholten Ueberstreichens scheut. D i e s e nun zn verbessern, oder viel-



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mehr an deren Stelle einen Theerfirniss zu setzen, auf den man sich mehr' verlassen kann, ist die Aufgabe des technischen Chemikers, Elastischer Theerfirniss. Schon früher habe ich mich mit grosser Vorliehe mit den Theerarten in chemischer Hinsicht beschäftigt, Besonders zog der Steinkohlentheer meine Aufmerksamkeit auf sich, der riicksichllich seiner chemischen Bestandteile einer der merkwürdigsten Produkte der trockenen Destillation ist, JJa vielen meiner Leser diese früher in zerstreueten Aufsätzen beschriebenen Versuche nicht bekannt, aber gewiss interessant sein werdet», so lasse ich sie später folgen. In Folge dieser Versuche ist es mir gelungen, eine dickflüssige theerartige Substanz darzustellen, welche ich e l a s t i s c h e n T h e e r f i r n i s s nenne, und der von nun an in der chemischen Produktenfabrik zu O r a n i e n b u r g im Grossen fabricirt werden und zu einem so billigen Preis zu haben sein wird, dass er den des Steinkohlentheers fast nicht übersteigt. Dieser elastische Theerfirniss hat alle die Eigenschaften, welche erforderlich sind, um eine, dem Wechsel der Witterung immerwährend ausgesetzte, trockene Lehmfläche vor Veränderungen zu schützen. Er trocknet nur in so weit aus, dass er ,nur noch wenig klebt, behält aber stets seine Biegsamkeit und Zähigkeit, verwittert also nicht wie es die gewöhnlichen Theerarten, besonders wenn sie der Sonneneinwirkung ausgesetzt sind, cto leicht thun, selbst wenn sie mit Pech oder Co* lophonium vermischt worden sind. 31 an wird bei der Anwendung bald sehen, in wie fern sich dieser elastische Theerfirniss von \

den Leiden gewöhnlichen Thcerarten unterscheidet. Streicht man z. B . von den beiden letzteren etwas auf graues L ö s c h p a p i e r , so saugt sie das P a p i e r b a l d ein, und es bleiben zwei Flecke ohne Glanz. Vom Theerfirniss dagegen bleibt ein rein firnissa r t i g e r Ueberzug mit spiegelndem Glänze. D a s selbe ist der F a l l auf einer Lehmfläche. A u c h auf IIolz h a f t e t er besser als die gewöhnlichen T h e e r a r t e n und zwar ebenfalls mit Firnissglanz. Soll dieser Firniss ein D o r n s c h e s Dach wirb« lieh wasserdicht m a c h e n , so muss die Lehmfläche möglichst eben abgerieben und wohl ausgetrocknet sein. Hierauf entfernt man alles Staubige u n d Pulverige mittelst eines Handbesens, bringt den erwärmten F i r n i s s löflel- oder kellenweise auf u n d vertheilt ihn mit einer B ü r s t e oder einem Streichholz. Nun wird S a n d darauf gestreut. D a 'eine grosse Lehmfläche unmöglich ganz eben hergestellt werden kann und etwaige Vertiefungen diesen etwas dickflüssigen Firniss nicht so leicht a u f n e h m e n , wenn man nicht längere Z e i t reibt, so ist es um der Sicherheit willen gut, das Lehmdach erst mit einem Gemenge aus gleichen Theilen Holz- und Steinkohlentheer zu überstreichen. W e n n nun dieser Anstrich von der L e h m fläche völlig eingesogen i s t , bringt man auf oben angegebene Weise den elastischen Firniss auf u n d ist nun sicher ihn überall hin gleichmässig vertheilen zu können. D e r elastische Firniss lässt sich sowohl mit Ilolztheer als auch mit Steinkohlentheer vermischen und dadurch dünnflüssiger machen. Am besten ist es beide zu gleichen Theilen mit einander vermischt dazu a n z u w e n d e n , weil sie vereint am besten wirken. Dies i s t gegründet in ihrem entgegengesetzten chemischen Character. Destillirt



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man üolztheer, so bekommt man Oclil und S ä u r e als Destillat, beim Steinkohlentheer dagegen Oehl und A m m o n i a k . Der Iiolzlheer ist also sauer, der Steinkohlentheer im Gegenthejl basisch. Mit einander vermischt heben sich diese Gegensätze auf und es ist auf 2 Pfund Ilolztheer 1 P f u n d Steinkohlentheer hinlänglich, diess zu bewirken. Man kann alsp j e nach dem Preis der T h e e r arten diese Mischungen abändern. Nur ist zu bemerken, dass man wohl Steinkohlentheer a l l e i n , sowohl zum Tränken der Lehmfläche als auch zum Verdünnen des Theeriirpisses anwenden kann; nicht ganz so gut geht diess mit dem Ilolztheer a l l e i n . £ r bindet nicht so gut. Zusammen jedoch leisten sie wie gesagt mehr als jeder einzeln. W e n n nun gleich diese mit Sand bestreneto Theerfirnissflächc vollkommen so wasserdicht ist, wie eine aufs sorgfältigste mit Ilarzplatten'gedeckte nur sein kann, so ist sie doch unausbleiblich mechanischen Beschädigungen ausgesetzt. W i e leicht kann nicht beim Gehen die Firnisslläche abgerieben werden, wodurch der Lehm zu T a g e kommt. W e n n diess der Fall ist, erweicht sie vom Hegen und das Dach wird undicht. Es muss daher noch eine Schutzlage aufgebracht werden, wie diess auch D o r n vorschreibt. Dass diese ebenso wie die erste gedichtet werden kann, versteht sich von selbst. Auch kann man noch eine drille Lage machen. Jedoch dies sind. Dinge, die mich nichts angehen und die ich dem Herrn D o r n und andern I?auverständigen überlasse. 3Jeine Obliegenheiten sind schon erfüllt, wenn der Fimiss das leistet, was ich von ihm behaupte, nehm lieh dass eine einmalige Auitragung desselben auf eine gel beerte. Lchmfläche schon ein vollkommen wasserdichtes Dach giebt, es also des

— II — wiederholten Anstreichen» derselben F l a c h e , wie es gewöhnlich bei Anwendung von T h e e r geschieht, nicht bedarf.' Auch fallen die Ausgaben f ü r den sonst so nötliigcn Z u s a t z von P e c h oder C o l o phonium zum T h e e r ganz w e g , weil der F i r n i s s dickflüssig genug ist und o f t eher eine V e r d ü n n u n g durch T h e e r erfordern möchte. Ich habe die Wasserbeständigkeit des T h e e r firnisses verschiedenen sehr harten P r o b e n unterworfen, und sie hat sich sehr wohl bewährt. S o liess ich auf eine gut gefirnisste, mit Sand inkrustirte Lehuilläche mehrere Tage lang einen dünnen Strahl W a s s e r s von zwei F u s s Höhe f a l l e n , ohne dass sie n u r im mindesten litt. Auch habe ich, wie sich das von selbst versteht, g e p r ü f t , in wie weit er einer längern Einwirkung eines 3 bis '4zölligen Druckwassers widersteht, und kann versichern, dass es der F a l l ist. Bei diesen Versuchen s o w o h l , als auch bei der Ueberfirnissung eines wirklichen Lehmdaches ist aber auf zwei Dinge vorzugsweise zu achten, sonst misslingt alles. Die Lehmiläche inuss vollkommen troken sein, wenn man sie theert und wenn man den Firniss aufbringt, und diese Aufbringung miiss so g e s c h e h e n , dass nirgend auch nur tlio kleinste L ü c k e bleibt, wo der Lehm hervorsieht, sonst beginnt von hieraus die Z e r s t ö r u n g des D a ches durch Eindringen des W a s s e r s , Erweichung etc., \\ie es schon oben erwähnt worden. Die S a c h i s c h e n Harzplatten können ebenfalls mit diesem elastischen Theerfirniss dargestellt werden, ohne dass man nöthig hat, ihm noch P e c h hinzuzusetzen. Man macht den Firniss durch E r w ä r m u n g flüssig und bewirkt das Aufstreichen wie S a c h s es in seinem Buche vorschreibt. E s



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ist aber zweckmässiger sich hierbei einer Bürste als eines Pinsels zu bedienen. Diese Firnissplatten kann man biegen wie man will, ohne dass sie brechen. Man braucht daher nicht so gar ängstlich damit umzugehen, wenn man sie auf das Lehmdach aufklebt. Diess Aufkleben geschieht mit demselben Firniss, ebenso das darauf folgende Ueberstreichen der bereits aufgeklebten Platten. Um eine solche Firnissplatte auf ihre Wasserdichtigkeit zu p r ü f e n , g-iebt es ein äusserst einfaches Mittel. Man faltet sie wie ein Filtrum zusammen, stellt dies in einen Trichter und giesst es voll Wasser. Ein solcher steht bei mir bereits 4 Wochen und es ist bei einer Druckhöhe von 8 Zoll Wasser auch noch nicht das Mindeste durchgedrungen. Ich bin vom Publikum, welches mich kennt, überzeugt, dass es meinen Angaben Glauben schenken und nicht säumen wird, den elastischen Theerfirniss wenigstens versuchsweise kommen und a n wenden zu lassen , und es soll mich sehr freuen, wenn es mir die Gerechtigkeit wiederfahren lässt, auch etwas beigetragen zu haben zu der Verschönerung unserer H ä u s e r , deren widrige Giebelphjsiognomie ein ästhetisches Gemüth auf mehrfache Weise unangenehm berührt. Chemische

U n t e r s u c h u n g des k ohlentlieers. Durch eine langsame Destillation

Stein-

zerfäfit der Steinkohlentheer in 2 H a u p t b e s t a n d t e i l e : O e h l und P e c h . Das Oehl hat einen unangenehmen durchdringenden Geruch, der vom Schwefel, dem Amnoniak und mehreren riechbaren Basen und Säuren herrührt, mit denen ich mich jetzt beschäftigen will.



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Ehe ich mich weitläuftig über ihre Darstellungsweise und ihre Verbindungen verbreite, gebe ich im Kurzen ihre Charakteristik und bemerke ausdrücklich, dass es mir bei der Namenbildung nicht um sprachrichtige Zusammensetzung, sondern nur darum zu thun war, neue, passende W ö r ter zu bilden, um neue Gegenstände zu bezeichnen. Die Benennungen sind aus Oleum und dem griechischen oder lateinischen Namen einer Farbe etc. zusammengesetzt. D a s Erstere soll die Abstammung aus dem Steinkohlenöl, das Zweite bestimmte Eigenschaften andeuten. Basische Stoffe des

Steinkohlenöhls.

1. K j a n o l o d e r B l a u ö k l .

D a s K j a n o l ist ein flüchtiger basischer Stoff von einem kaum bemerkbaren eigenthümlichen Ger u c h , der die Säuren neutralisirt und damit farblose Salze bildet, die zutn Theil krjstallisiren. E s zeigt- ein ganz eigentümliches Verhalten zur Chlorkalkauflüsung, indem es damit eine lasurblaue Flüssigkeit bildet, die nur durch viel Ue-» berschuss an freiem Chlor entfärbt wird. Die Kyanolsalze reagiren auf gleiche Weise. Sie lösen sich meist, mit Chlorkalkauflösung Übergossen, mit schöner veilchenblauer Farbe darin auf. Im Fall sich bei diesen Auflösungen viel freies Chlor entwickelt, wie es bei den sauren KjanolsalzeU geschieht, tritt statt der blauen eine orange Färbung ein. Ferner zeichnen sie sich besonders dadurch aus, dass sie in Jarbenloser Auflösung dem weissen Hollundermark und dem Fichtenholz eine intensiv gelbe Färbung ertheilen, die selbst von Chlor nicht zerstört wird, wenigstens nicht unter den Umständen, unter welchen es mit den andern organischen

F a r b e n , selbst den ächtestcn, der Fall ist. So wird z. B . ein Stück türkischroih gefärbter Katt u u , bekanntlich die ächteste organische Farbenverbindung, die es g i e b t , sogleich e n t f ä r b t , wenn man e s , mit Kleesäure oder Weinsteinsäure befeuchtet, in eine ChlorkalkauilÖsnng eintaucht. Bei dem durch saures Idccsaitres K j a n o l gelb gefärbten Holze geschieht es dagegen nicht. Papier, B a u m w o l l e , L e i n w a n d , W o l l e und Seide werden nicht gelb gefärbt. D i e Fichtenholzfärbnng durch die K j a n o l s a l z e ist so s t a r k , dass ein T r ö p f c h e n , welches nur TviiTssv a n K y a n ö l enthält, noch eine bemerkbare Gelbiing auf dem Holze hervorbringt. — E s ist übrigens nicht die H o l z f a s e r , welche diese gelbe Keaction verursacht, sondern ein mit W a s s e r und Weingeist ausziehbarer, eigcnlhümlicher Stoff des H o l z e s , der auch in einigen anderen Holzarten und, wie bereits angeführt, im Hollundermark sich findet. D a s Fichtenharz hat keinen Theil daran. D a s Steinkohlenöhl ist ziemlich reich an K y a nol. D u r c h Chlorkalkauflösung kann man «ein V o r h a n d e n s e i n schnell darthun, Schüttelt ntan nämlich 1 Steinkohlenöhl mit einer klaren Chlorkalkduilösung, welche auf 20 W a s s e r 1 Chlorkalk enthält, so f ä r b t sich das Oehl auf der Stelle dunkelrotli, und die Chlorkalkauflösung nimmt eine laxurblaue Farbe an, von der Intensität und Schönheit des wtissrigen schwefelsauren Kupferammoniaks. Diese Färbung rührt vom K j a n o l her. E s wird durch den Chlorkalk in eine S ä u r e verwandelt, die mit Basen blaue Verbindungen bildet. Hier ist es das Kalkwasser der Chlorkalkautlösung, womit die entstandene Säure blauen kyanolsauren Kalk erzeugt. Auch durch Salzsäure ist es davon schnell z u scheiden. Schüttelt man nämlich 3 Volume Stein-

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kohlenöhl mit. 1 Volum gewöhnlicher Salzsäure, so nimmt die Säure eine bräunliche F a r b e a n , u n d ein hineiiigetauchtec Ficlitenspaltn erleidet die oben bemerkte dunkelgclbe F ä r b u n g , welche das Daseyn des Kyanols anzeigt. Diese F a r b e gebt j e d o c h bald in die braune ü b e r , weil .gleichzeitig 1 ein an« derer Stoff sich in der S ä u r e auflöst, der mit S a l z säure und Fichtenholz eine dunkelblau gefärbte Verbindung eingebt; i 2. Pvrrol oder Itolhöhl. Dieser Bestundiheil des Steinkohlcnöhls ist im reinen Z u s t a n d e g a s f ö r m i g , und besitzt einen a n Das genehmen Geruch nach Märkschea H ü b e n . P y r r o l wird dureb die folgende Reaction sehr leicht erkannt. T a u c h t man nämlich einen mit Salzsäure befeuchteten Fichtenholzspahn in die L u f t einer F l a s c h e , welche etwas P y r r o l enthält, so färbt er sich dunkel purpurroth, eine F ä r b u n g , die wie die gelbe des K j a n o l s nicht durch Chlor z e r s t ö r t wird. P a p i e r ctc. mit Salzsäure befeucht e t , bleibt u n t e r denselben Umständen farblos. Diese Holzfärbuug der Verbindungen des P j r r o l s mit S ä u r e n ist nicht minder intensiv, wie die der K y a n o l s a l z e , daher man durch ein F i c h t e n spähnchen immer noch YSVVTSV P j r r o l entdecken kann. E s ist gleichfalls nicht die Holzfaser, sondern derselbe Holzstoff, der mit den Kyanolsalzen die gelbe Verbindung eingeht, welcher hier die rothe bildet. _ D u r c h Salpetersäure wird eine wässriire Auflösung des P y r r o l s auf der Stelle schön hochroth gefärbt. I m Steinkohlenöhl ist das P y r r o l schwierig aufzufinden, weil das Kyanol und die Karbolsäure durch ihre starken Reactioneh seine R e a c t i o n u n -



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deutlich machen. Im Waschwasser des Leuchtgases entdeckt man es jedoch leicht dadurch, dass man dieses mit Salzsäure übersättigt, und nun einen Fichtenholzspahn hineintaucht; das saure ,salzsaure P j r r o l färbt diesen auf der Stelle purpurroth. D a s P y r r o l macht einen H a u p t b e s t a n d t e i l des empyrcumatiscben Ammoniaks aus, und wenn man seinen Geruch erst kennt, unterscheidet man es bald unter den flüchtigen Gestänken, welche sich b e i der Knochen- und llornverkohlung entwickeln. Auch int s. g. T a b a c k s ö h l ist Pyrrol enthalten. 3.

Leukol oder WeissöM,

Diese dritte Basis habe ich Leukol oder Weissöhl genannt, weil sie keine farbigen Reactionen zeigt. Sic wird nicht durch Chlorkalk blau g e f ä r b t , und ihre Salze ertheilen dem Fichtenholz keine F a r b e . D a s Leukol ist öhlartig, riecht durchdringend und charakterisirt sich besonders durch seine S a l z e , welche es mit Säuren bildet, als ein e n e i g e n t ü m l i c h e n Stoff. E s verliert durch die Neutralisation mit Säuren seinen Geruch, und bildet namentlich mit der Kleesäure ein schön krystallisirendes Salz. Mit der feuchten H a u t in Berührung komm e n d , entwickelt besonders das kleesaure Leukol ' t einen phosphorartigen Geruch. Im Steinkohlentihl wird das Leukol leicht entdeckt durch Mischen mit Kalkbrei. Der an Phosphor und Blausäure erinnernde starke Geruch kommt vom Leukol her. S a u r e S t o f f e aus dem

Steinkohlenöhl.

1. Karbolsäure oder Kohlenöhlsäure.

D i e Karbolsäure ist ein f a r b e n l o s e r , sauer reagirender, öhlartiger Stoff, der im Wasser untersinkt und ein grosses Lichtbrechungsvermögen be-



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sitzt. Der Geruch ist schwach empjreumatiscli, aber der Geschmack höchst ätzend und brennend. A u f die Haut äussert die Karbolsäure eine sehr starke Wirkung. Bestreicht man dieselbe damit, so entsteht mit Begleitung einer brennenden Em* piindung ein weisser Fleck, der besonders beim Benetzen mit Wasser sichtbai' wird, und sich nach einer Minute in einen Tothen umwandelt. Nach einigen Tagen stirbt die,Haut; sie wird glänzend lind schuppt sich ab« Hierin ähnelt die Karbol- 1 säure dem Kreosot. Sie- unterscheidet sich aber •4

,

Wesentlich dadurch von ihm 4 dass sie entschieden eine Säure ist, durch basisch essigsaures B l e i o x y d gelallt, durch Ammoniak und Lufteinwirkung Jlicht verändert, dagegen durch Salpetersäure, selbst verdünnte, in eineit rothbraunen Stoff Verwandelt w i r d , und endlich den Leim fällt. Alles Eigen-» Schäften, die dem Kreosot mangeln. I ) i e Karbolsaure löst sich im 1 Wassel*. Ilie Auflösung ist farblos und die Säure wird durch Vermischen mit Salpetersäure schnell sichtbar ge* macht. Das Wasser wird nämiieh gelb oder orange, und bald darauf rothbraun. Ein mit Karbolwasser benetzter Fichtenspahn nitnmt durch Befeuchten mit Salzsäure nach etwa einer halben Stunde eine ächöne blaue Farbe an. Auch der Dunst der Salzsäure fSrbt karbolsäurehaltige Hobelspähne blau. Diese Farbe widersteht, wie die gelbe des I f y a n o l s und die rothe des P y r r o l s , der Bleichkraft des Chlors in einem hohen Grade« D i e kärbölsättfen Salze Sind farblos, üntl, main c h e davon krystallisirbar. Ihre wässrigen Auflö-< sungetl erzeugen mittelst der Salzsäure auf dem Fichtenholz dieselben blauen Färbungen; wie es das Karbölwasser tliut. Papier etc. wird unter gleichen Umständen nicht verändert«

a



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D i e s s ist also die dritte Färbung, welche das Fichtenholz e r l e i d e t , Und dadurch w i r d fes w i r k lich

zu einem g a n z unentbehrlichen

R e a g e n s bei

der Scheidung der B e s t a n d t e i l e des Steinkohlenöhls. Die

Karbolsäure

fällt

das E i w e i s s

wie

den

L e i m , und schützt organische S t o f f e v o r der F ä u l n i s s ; was aber noch mehr ist, sie beninyfit faulenden Thier st offen, z . I i . Fleisch,

auf der Stelle den

Gestank, wenn dieses mit der wässrigen A u f l ö s u n g übergössen viel

mehr

wird, als

und leistet

das

Chloi'.

in

Mit

d i e s e r ' Hinsicht dein

räuchernden

P r i t i c i p scheint sie j e d o c h nicht identisch zu s e j n , denn ein solches

Fleisch schmcckt

abscheulich.

Um die Gegenwart der Karbolsäure im Stein* kolilenölil dai'/Zuthun, schüttelt milch,

filtrirt

fast bis zur

man es mit K a l k -

das W ä s s r i g e ab, und verdunstet es Sjrupdicke.

Salzsäure

dieser Masse, die unreiner

scheidet

aus

karbolsaurer "Kalk

ist,

unreine Karbolsäure ab. 2. R o s o l s ä u r e oder Rosaöhlsäure.

D i e R o s o l s ä u r e ist ein Erzeugniss der chemischen

Zevlegungsweise

des Steinkohlenqhls,

und

darum um so merk würdiger, dass sie sich w i e ein wirkliches Pigment den geeigneten

verhält.

Beizen

Sie gieht nämlich mit

rothe

Farben

und

Lacke,

die an Schönheit denen aus S a f l o r , Cochenille und/ K r a p p an die Seite gestellt werden

können.

D i e R o s o l s ä u r e ist eine harzige Masse, die sich pulvern lässt und eine 'schöne orangegelbe F a r b e besitzt. D e n S t o f f , woraus sich die R o s o l s ä u r e bildet, habe ich im Steinkohlcnöhl nicht auffinden können. U m aber ihre schnelle Entstehung

zu ^veranschau-

lichen, braucht man nur Steinkohlenöhl mit K a l k milch z u schütteln,

die wässrige Auflösung abzu-



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filtrlren und einige Stunden sieden zu lassen. Die anfangs farblose oder gelbliche Flüssigkeit färbt sich 'nun dunkelroth. Diese Färbung rührt vom entstandenen rosolsauren Kalk h e r , der bei einiger Ruhe sich als ein hochrothes l'ulver niederschlägt. 3.

Brunolsäure.

Diese Säure ist ein Begleiter der Rosolsäure, und entsteht unter denselben Umständen. S i e ist glasig,, glänzend, leicht zu pülvqrn und sieht dem Asphalt ähnlich. D i e , meisten brunolsauren Verbindungen sind braun und unauflöslich, dagegen die der Rosolsäure roth und auflöslich sind. D i e Scheidung beider hat daher keine Schwierigkeiten. Ausser diesen 6 Stoßen lassen sich aus dem Steinkohlenöhl noch einige andere, bisher noch nicht bekannte, abscheiden oder bilden. Ich übergehe sie jedoch für j e t z t , da ich noch keine charakterisirende Reagentien für dieselben entdeckt habe.

Darstellung

des K j a n o l s und

Leukols.

Man schüttelt 12 Steinkohlenöhl 2 Kalk und 50 Wasser während 6 bis 8 Stunden abwechselnd mit einander, und scheidet sorgfältig die wässrige Auflösung von Kalk und Oehl durch's Filtriren. Erster«, welche bräunlich gelb gefärbt ist, wird der Destillation unterworfen und bis zur Hälfte abdestillirt. Das Destillat, welches aus einem dicken Oehle und der Auflösung desselben in Wasser besteht, enthält Karbolsäure in Verbindung mit Ammoniak, 2*



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Leukol, Pyrrol, und Kyanol. Es sind 5 Destillationen nöthig, um aus diesem Gemenge das K y a nol und Leukol zu scheiden. Die erste Destillation geschieht mit einem Ucberschuss an Salzsäure. Hierdurch werden das P y r r o l und die Karbolsäure entfernt, die in die Vorlage übergehen. Man setzt daher die Destillation so lange fort, bis das Uebergehende nicht mehr rotli, braun oder gelb gefärbt wird, wenn man es mit starker Salpetersäure vermischt. Ist dieser Punkt eingetreten, so unterbricht man die Destillation, und hat nun in der Retorte ein Gemenge aus Ammoniak, L e u k o l , und K y a n o l , in Verbindung mit Salzsäure. Dieses Gemenge, welches sehr gelb gefärbt ist, wird nun mit Actznatronlauge iin Ueberschuss destillirt. Alle drei Rasen gehen in die Vorlage mit dem W a s s e r ü b e r , und in der Retorte bleibt die gelbgefärbte Lauge mit der Salzsäure zurück. Hierauf wird das Destillat mit Essigsäure übersättigt und von Neuem destillirt, und fcwar so lange als das Uebergehende noch das Fichtenholz gelb färbt. Essigsaures Kyanol und Leukol sammeln sich mit dem W a s s e r als farblose Flüssigkeit in der Vorlage, indess ein grosser Theil des Ammoniak, in Verbindung mit E s s i g s ä u r e , im Rückstand bleibt. Nun werden die beiden essigsauren Basen in kleesaure verwandelt, um sie als solche vpn »einander zu scheiden. Alan zieht demnach die essigsaure Verbindung beider Rasen über Kleesäure ab. Man wird hierbei finden, dass .anfangs reine Essigsäure übergeht, indem die Kleesäure die beiden Basen zurückbehält. So lange diess geschieht, muss man die Destillation immer von Neuem mit frischem essigsauren Kyanol und Leukol wieder-



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holen. Endlich kommt ein Z e i t p u n k t , wo die übergehende Essigsäure das Fichtenholz gelb f ä r b t . D i e s s zeigt Kyanol an und ist ein B e w e i s , dass die Kleesäure gesättigt ist. Man wechselt nun die Vorlage, um den zugesetzten Ueberschuss des essigsauren Iiyanols und Leukols nicht zu verlieren, u u d bringt die in der Retorte befindlichen kleesauren Salze bei gelinder W ä r m e fast bis z u r Trockne. Man hat nun eine Masse, bestehend aus kleesaurem K j a n o l und Leukol, verunreinigt mit einem bfaunrothen Farbstoff und Ammoniak. S i e wird zu Pulver zerrieben, mit wenig Weingeist von 85 P r o c . ü b e r g ö s s e n , und auf ein Filter ge- ; bracht. D e r Weingeist geht mit dem Farbstoff durch's F i l t e r , und hinterlässt die weisse S a l z masse. Diese wird noch mehrere Male mit wenig Weingeist Übergossen, bis er fast farblos d u r c h filtrirt. Hierauf setzt man den Trichter auf ein andefes GefasS, und- giesst so lange Weingeist auf die Salzmasse, als sich davon noch in demselben auflöst. E s bleibt nun saures kleesaures Ammoniak auf dem Filter z u r ü c k , und der Weingeist enthält kleesaures K j a n o l und Leukol aufgelöst, die beim ^Verdunsten des Weingeistes sich k r i stallinisch abscheiden. Letztere werden nun mit wenig W a s s e r bis »ur vollkominnen Auflösung erhitzt und zur K r i s t a l l i s a t i o n hingestellt. Es schiesst bald ein farbenloses Salz a n , welches ans schönen Gruppen feiner Nadeln besteht und kleesaures Leukol ist. Nach längerer Zeit zeigen sich auch K r j s t a l l e von kleesaurem Kyano\. Diese bilden breite Ulätlclien, und erscheinen in nesterartiger Anhäufung an verschiedenen Stellen der Krystallmasse des kleesauren Lcukols, »Sie zeichnen sich meistens durch eine bräunliche Farl)e



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aus und färben sicli, mit Clilorkalkauflösung übergössen , vjolettblau und das llolz goldgelb, können daher leicht erkannt und abgesondert \yerden. Ilat man nun beide Salze in so weil von einander getrennt, so sind sie durch wiederholtes Auflösen, in Wasser und Weingeist und K r i s t a l lisation noch dergestalt zu reinigen, dass weder das kleesaure Leakol, mit Chlorkalkauflösung übergössen, farbig verändert, noch Fichtenholz, ¿n seine Auflösung getaucht, gelb gefärbt wird. Das erstere erreicht man sehr bald, indem das kleesaure K y a nol ein grosses Bestreben hat, sich vom Leukolsalz zu trennen und sich nesterartig an bestimmten Stellen anzuhäufen. Allein um so schwieriger ist es, die letzten Antheile kleesauren Leukols vom Kjanolsalze zu trennen. Diess ist nur durch ein sehr oft wiederholtes Auflösen und Wiederkrystallisirenlassen zu erreichen. Auch muss man das lleesaure Kyanol mehrere Male in Alkohol auflösen, um den braunen Farbstoff zu entfernen, -der sich dann durch Efflorescenz abscheidet. Das reine klecsaure Kyanol darf, zwischen den feuchten Fingern gerieben, nicht phosphorartig riechen. Vm aus beiden Salzen die beiden Basen abzuscheiden, destillirt man sie mit Aetznatronlauge 5 sie gehen dann mit den Wasserdämpfen in die Vorlage über. Darstellung

des

Pyrrols.

Mit einer genügenden Darstellungsweise dieses Stoffs bin ich noch nicht ganz auf dem Keinen. S i e wird um so schwieriger, als derselbe keinen besonders hervorstechenden chemischen Charakter bat, sondern mehr amphoter sich verhält und ebenso ungern mit Säuren als mit Basen sich verbindet. Dazu kommt, dass dem P y r r o l die Karbol-



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säure S C I I F fest anhängt, und letztere vom ersteren nur durch vielmalige Destillationen mit Aetznatronlauge zu scheideil ist, wobei das P j r r o l mit immer geringeren Aufkeilen von Karbolsäure in die Vorlage übergeht, indess karbolsaures Natron zurückbleibt. Zweckmässiger ist es daher, das Pyrrol aus solchen Produkten der trocknen Destillation zu scheiden, die keine Karbolsäure enthalten, oder die Trennung unter Umständen zu bewirken, w o letzterd sich nicht entwickeln kann. Diess geschieht beim Sättigen des flüssigen empyreumatischen Ammoniaks, oder des sogenannten Knochenoder llornspiritus, mit einer Säure*. Man vermischt nämlich den im ersten Gefass des W o u l f sehen 'Apparats befindlichen, vorher wohl filtrirteu Knochenspiritus mit' der Säure, und lässt die sich entwickelnden Gase in Aetzlauge oder Kalkmilch treten. Diese nimmt neben Kohlensäure und Schwefelwasserstoff auch das gleichzeitig sich entwickelnde Pyrrol auf. Letzteres lässt sich dann durch blosse Destillation wieder von dir Lauge trennmi, >geht mit den Wasserdämpfen in die Vorlage überj nnd bilde't eilte farblose Flüssigkeit, die nach Teltower Hüben riecht, mit Salpetersäure ¡sicli;-liochroth- färbt und einem salzsauren Hoiespahn eine pnrpurrothe Farbe mittheilt. lim das" so erhaltene Pyrrol zu reinigen, wird das Destillat mit Salzsäure versetzt, und von Neuem destiHirt. Es ¿cht nun wässriges, salzsaures, Pijii-aL" als farblose Flüssigkeit über, die die ebin ¡erwähnten Ileactionen zeigt. Durch Destillaliß'n mit Aetzlauge wird aus dieser Verbindung das Pyrrol geschieden. Leider erhält man auf diesem Wege nur sehr wenig Pyrrol in wässriger Auflösung. Bei der



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nähern Beschreibung der Verbindungen des Pyrrols, werde ich fluf diesen Gegenstand zurückkommen. Darstellung der K a r b o l s ä u r e . Es werden 12 Steinkohlenöhl 2 Kalk und 50 Wasser 6 bis 8 Stunden lang geschüttelt. Die hierauf abfiltrii'te wässrige Flüssigkeit ist bis auf eingekocht^ roher karbolsaurer Kalk. Er wird filtrirt und nüt Salzsäure im Ueberschuss versetzt« Es scheidet sich unreine Karbolsäure ab, die sich am Boden des Gefässes als ein braunes Oehl sam-> lueit Man entfernt die saure überstehende Flüssigkeit, wäscht das braune Oehl mit Wasser und unterwirft es mit Wasser der Destillation., Es geht eine milchig aussehende Flüssigkeit über, ans der sich nach und nach farblose Oehltropfen' absondern. Diese sind ziemlich reine Karbolsäure. Wenu das in der Retorte befindliche Oehl sich etwa um Zwei Drittel vermindert hat, *liält man mit der Destillation inne, versetzt da& Destillat in der Vorlage mit so viel Wasser, dass sich das Oel vollkommen auflöst und fällt mit basisch essigsaurem Bleioxyd. Es bildet sich ein dem Chlorsilber ähnlicher, käsiger Niederschlag' von basisch karbolstutrem Pleioxyd, Dieser wird nach dein Aussüssen und mit einer entsprechenden Menge Schwefelsäure und Wasser der Destillation unterworfen. Das Bleisalz wird nun zersetzt und entlässt die Karbolsäure, welche sich in der Vorlage als ein gelbes Oehl sammelt. Dieses wirdrecüficirt und erscheint nun als eine farbenfose, etwas dickliche Flüssigkeit, die ein starkes



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iÄchtbrechungsvermögPM besitzt. Sie ist reine, wasserfreie Karbolsäure. D a man die S c h w e f e l s ä u r e mit W a s s e r v e r d ü n n t anwenden; m u s s , s o verbindet sich mit der K a r b o l s ä u r e auch W a s s e r } diess geht bei der Rectification z u e r s t ü b e r , u n d w i r d d u r c h W e c h s e l u n g der Vorlage entfernt. D i e hier b e s c h r i e b e n e w e i t l ä u f i g e Procedur* ist n ö t h i g , u m v o n der K a r b o l s ä u r e alles F r e m d « artige z u t r e n n e n , als da s i n d : Ammoniak, K y a n o l , P y r r o l u n d L e u k o l . D i e s e gehen d u r c h ' s E i n k o c h e n der Oehlkalkverbindung f o r t . Ferner S c h w e f e l w a s s e r s t o f f ; dieser wird d u r c h ' s F ä l l e n m i t dem basisch essigsauren B l e i o x j d fheils e n t f e r n t , tlieils g e b u n d e n ; d a n n R o s o l - u n d B r u n o l s ä u r e , diese bleiben als nicht flüchtig beim b e s t i l l i r e n in der R e t o r t e z u r ü c k . U n d endlich W a s s e r . D i e s s w i r d d u r c h die Rectification geschieden. D i e reine K a r b o l s ä u r e d a r f , in W a s s e r g e l ö s t , d a s F i c h t e n h o l z , unter Mitwirkung von S a l z s ä u r e , w e d e r gelb n o c h roth f ä r b e n , sondern b l o s s rein b l a u . W e n n demnach dieses B l a u injs G r ü n l i c h e o d e r B r ä u n l i c h e s p i e l t , so ist n a c h dieser R e a c t i o n auf einen R ü c k h a l t an I i j a n o l o d e r P j - r r o l z u schliessen. F e r n e r darf sie der C h l o r k a l k a u f l ö s u n g keine b l a u e F ä r b u n g g e b e n , da auch diess K y a n o l anzeigt,

Darstellung

der Rosol- und säure.

Brunol-

Beim Destilliren der eben S . 24, erwähnten unreif e n K a r b o l s ä n r e mit W a s s e r , bleibt in der R e t o r t e ein b r a u n - s c h w a r z e r , pechartiger R ü c k s t a n d , d e r Leide o b e n genannten S ä u r e n enthält. Dieser R ü c k s t a n d wird so lange mit W a s s e r g e k o c h t j a l s sich n o c h K a r b o l s ä u r e verflüchtigt, hierauf in we-



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nlg Weingeist gelöst und mit Kalkmilch vermischt. £4 bildet sich eine schön rosenroth gefärbte Auflösung von rosolsaurem, Kalk, indess brunolsaurer Kalk, sich als brauner Niederschlag qm Boden lagert. Aus dem rosolsauren Kalk wird die Rosolsäure. durch Essigsäure geschieden und von Neuem mit Kalk verbunden, wodurch sich noch Brunolsäure abscheiden lässi. Diese Zersetzung durch Säurte und diess Wietlerauflösen mit Kalkmilch wird, so lange fortgesetzt,, als noch ein Rückhalt v.on Brunolsäure bemerkbar ist. Endlich sammelt mau, die Rosolsäure auf ein Filter und löst sie naßh dem Aussüssen, und Trocknen in Alkohol) auf, Sie bleibt nach dein Verdunsten des Alkohols-als eine feste, glasartige, harte, urangerothe Masse zurück. Eine minder umständliche Scheid angs'art der Rosplsäure ist die, aus rohem karbolsaurem Kalk ( S . 23,) durch vorsichtiges Abdampfen, desselben, bis fast zur Sjrupdicke, und Vermischen mit | Weingeist. Nach einigen Tagen bemerkt man au den Wänden des Gefässes eine Wenge , hachißth gefärbter Krystalle van rosolsaurem Kalk, die man absondert, gut abwäscht und durch wiederholtes Auflösen in Wasser, Abdampfen, Zerlegeu mit Essigsäure und Wiedelauflösen in Kalkmilch reinigt. Wenn endlich die rosolsäure Kalkauflösung mit einer so rein rothen Farbe erscheint; dass diese der rothen Alauilauflo&ing gleicht, worin gewaschener Krapp gekocht worden, so wird durch Essigsäure die Rosolsäure niedergeschlagen. Um die Brunolsäure rein darzustellen, wird der unreine brunolsäure Kalk mit überschüssiger Salzsäure Übergossen, Es scheidet sich Brunolsäure In braunen Flocken ab, die noch mehrere Male

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mit Kalk und Säure behandelt werden, um alle Rosolsäure davon zu trennen. Hierauf löst mau die wieder vom Kalk durch die Salzsäure abgeschiedene Säure in Aetznatronlauge, iiltrirt, und mischt die Auflösung wieder mit Salzsäure, wodurch nua. eine reinere Brunolsäure niederfällt, die durch Auflösen in, Alkohol völlig gereinigt wird,. Nachdem nun im Allgemeinen die Charakteristik und die Darstellungsweisen der verschiedenen Steinkohlenstoffc gegeben, gehe ich zur besonderen Betrachtung einiger der interessantem über. V e r b i n d u n g e n des Kyanols. Die Scheidung des Kyanols aus dem Steinkohlenölil und seine Trennung vom Leukol durch Sättigen mit Kleesäure, oft wiederholtes K r j s t a l lisiren und Wiederauflösen ist bereits S. 19. angegeben. Um das Kyanol aus dem krystallisirten, kleesauren Salze darzustellen, wird seine wässrige Auflösung mit einer Auflösung von kohlensaurem Natron im Ueberschuss versetzt und destillirt. D a s farblose wässrige Destillat enthält das K j a nol. E s wird daraus durch Schütteln mit 2 bis 3 Voluinen Aether geschieden. Der Aether entzieht dem Wasser das K j a n o l , welches, nach freiwilliger Verdunstung des ersteren, als farblose öhlartige Flüssigkeit zurückbleibt. D a s K j a n o l hat einen schwachen, eigenthümlichen, nicht unangenehmen Geruch. E s ist flüchtig und verdunstet bald an freier Luft. Sein Dunst ist ohne nachtheilige Wirkung für Kopf und Lungen. In wässriger Auflösung tödtet es aber Blutegel, unter Erscheinungen, die auf eine eigenthümliche Wirkung schliessen lassen. Der



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E g e l dehnt sich anfangs unter nur schwachen B e wegungen zu einem langen Faden aus, ohne sich mit dem Schwanz am Glase anzuhalten, und wälzt »ich herum, dann dreht er sich spiralförmig zusammen und stirbt endlich unter immer schwächer Werdenden Bewegungen. D a s Leukol wirkt ganz entgegengesetzt, indem diess den Blutegel unter den allerheftigsten Zuckungen tödtet. Abgeschnittene Pflanzen vegetiren kümmerlich in wässrigem Kyanol und sterben in einigen T a gen. S t e l l t man die Versuche in Vergleich mit reinem W a s s e r in enghalsigen Flaschen an, so b e merkt man, dass das reine W a s s e r sich schnell vermindert, indem es von den Pflanzenzweigen aufgesogen wird, das k j a n o l h a l t i g e W a s s e r dagegen nicht, oder doch ungleich langsamer. Gegen Cufcuma und Lackmus zeigt das K j a nol weder basische noch saure R e a c t i o n , auch dann nicht, wenn sie mit seiner wässrigen A u f l ö sung in Berührung kommen. r

D u r c h Salpetersäure wird das Kyanol zerstört. D a m p f t man viel Salpetersäure ü b e r wenig K y a nol bei 1 0 0 ° C. a b , so bleibt eine braunschwarz gefärbte M a s s e , die mit Iialkwasser keine blaue Auflösung giebt. D u r c h Chlorkalk wird das Kyanol in eine •Säure verwandelt, die mit B a s e n blaue, Verbindun* gen bildet. B r i n g t man K j a n o l mit 10 Mal so viel milchiger Chlorkalkauflösuug ( 1 Chlorkalk a u f - 2 0 W a s s i e r ) zusammen, so entsteht ein höchst intensiv gefärbtes prächtiges Veilchenblau, das bei ZHsatz von S ä u r e in's Ilochrothe übergeht. K a l k stellt die blaue F a r b e wieder her. - D i e s s geschieht a b e r nur dann, wenn beim Z u s a t z der S ä u r e kein unzersetzter Chlorkalk mehr vorhanden w a r ; im



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entgegengesetzten Fall verwandelt sicli das K j a nol durch's freie Chlor in einen braunen StofF. Schwefelsäure, kalt, reagirt nicht farbig mit Kyanol. Werden Leide bis zu 100° C. erwärmt, so tritt eine schwache Bräunung ein. Da die Alkalien das Kyanol aus seinen Verbindungen mit Säuren austreiben, so sind sie ohne zersetzende Wirkung auf dasselbe. Das Kyanol enthält Stickstoff und giebt bei -seiner Zersetzung Ammoniak, wie unten S. 32. beim schwefelsauren Kyanol angegeben ist. Im Wasser ist das Kyanol leicht löslich« Eben so in Alkohol und Aether. Letzterer ejifc zieht, wie bereits angegeben, der wässrigen Auflösung das Kyanol. Sowohl die wässrige als die ätherische Auflösung dunstet Kyanol aus. Taucht man in die Luft einer Flasche, welche wässriges Kyanol enthält, nur kurze Zeit einen salzsauren Fichtenholzspahn, so färbt sich dieser dunkeigelb. Dasselbe geschieht, wenn man einen solchen Spahn über «ine Schale legt, worin die ätherische Iijanolauflösung freiwillig verdunstet. Wenn man Kjauoldunst mit dem der Salz* säure zusammenbringt, so erzeugen sich keine weisse Nebel. Stellt man zwei Gefasse unter einer Glocke neben einander, von denen das eine wässriges Kyanol, das andere verdünnte Salzsäure enthält, so zieht, innerhalb 12 Stunden, die Salzsäure Kyanol an und färbt nun Fichtenholz gelb. Die wässrige Auflösung des Kyanols färbt für sich das Fichtenholz nur schwach gelb; eine ätherische ertheilt ihm gar keine Farbe, die aber sogleich sehr stark erscheint, wenn man Salzsäure hinzubringt.



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Die Metallsalze zersetzt das Iiyanol nur unvollkommen. In den Auflösungen defe neutralen und basisch essigsauren Bleioxydrf bewirkt es Trübungen und weisse Niederschläge. Salpetersaure Silberauflösung wird durch wässriges K j a n o l nicht verändert. Erst nach längerer Zeit oder beim Erwärmen entsteht ein schwarzbrauner Niederschlag. Bringt man auf eine, mit Chlorgoldaüflö» sung bestrichene, durch Wasserdampf von ungefähr 1Ö0" C» geheizte Porcellanplatte einen Tropfen wässriges Kyanol, so entsteht sogleich ein purpurfarbener Fleck, der schnell braue Baader bekommt und beim Eintrocknen sich blaugrau färbt. Dieser Fleck zeigt keinen Metallgoldglanz. Erwärmt man Chlorgoldauflösung mit einem Ueberschuss an wässrigem K j a n o l , so bildet Bich eine purpurrothe Flüssigkeit, die durch Alkalien nicht gebläut wird; also verschieden ist von dem Stoff, der sich durch Chlorkalkeinwirkung bildet. D i e Säuren sättigt das K j a n o l vollkommen, und bildet damit farblose, meistens schön krystallisirende Salze. Das essigsaure K j a n o l krystallrsirt nicht und ist mit' Wasser sehr leicht destillirbar. Das salzsaure K j a n o l fängt schon bei 100° C. an sich zu verflüchtigen, und das kleesaure Salz entlässt, etwas über 100° C. erwärmt, K j a n o l , und verwandelt sich in ein saures Salz. Reine und kohlensaure Alkalien scheiden aus den Kyanolsalzen das Kyanol ab. Im letzteren Fall ist jedoch das Kyanol nicht kohlensauer, indem das wässrige Destillat von essigsaurem Kyanol ilnd kohlensaurem Natron das Kalkwasser nicht triiht.



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D i e Kyanolsalze werden leicht daran erkannt, (la.ss sie in wässriger Auflösung das Fichtenholx dunkelgelb färben. Diese Färbung ist verschieden stark nach der Verschiedenheit der ¡Säure. Essigsaures Kyanol f ä r b t am schwächsten, s a l i - u n d salpetersaures am stärksten. Wärme vermehrt die Färbung der letzleren. Wenn eine Chlorkalkauflösung viel überschüssigen Kalk enthält, so färbt sie die Kyanolsalze veilchenblau. Ist diess nicht der "Fall, s o tritt nur eine gelbe F ä r b u n g ein. Um ein mit den stärkeren Säuren gesättigtes Kyanol schnell vom reinen Kyanol zu unterscheiden, so bestreicht man eine durch Dampf erwärmte Porcellanplatte mit basicher Chlorkalkaufiösung, und bringt, wenn dieselbe eingetrocknet ist, einen T r o p f e n der zu p r ü fenden Flüssigkeit darauf. D a s reine Kyanol er~ zeugt eiiien himmelblauen' F l e c k , der stellenweis rosenroth i s t , die Kyanolsalze dagegen bewirken bloss eine Gelbung. Schwefelsaures

Kyanol.

Man mischt verdünnte Schwefelsäure und wässriges K y a n o l , doch s o , dass letzteres im Ueberschuss ist, und dampft ab. Es bildet sich eine an der L u f t trocken bleibende weisse Krystallmasse und ändert bei 100° C. die Farbe nicht. In einer Glasröhre erhitzt, verkohlt sich das schwefelsaure Kyanol schnell unter Entwicklung von schwefliger Säure und Wasser. Kalkhydrat entbindet aus diesem Destillat Ammoniak. Die wässrige Auflösung dieses Salzes f ä r b t Fichtenholz dunkelgelb, basische Chlorkalkaufiösung veilchenblau und röthet Lackmus. T r o t z dieser Röthung ist das schwefelsaure



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Kyanol ein neutrales Salz, das keine freie Schwefelsäure enthält, wie ich folgendermassen beweise. Die Schwefelsäure zersetzt den Zucker bei 100° C., unter e i g e n t ü m l i c h e n Farbenarscheinungen, j e nach der damit in Berührung gebrachten Menge. Bestreicht man eine Porcellanplatte mit einer A u f l ö s u n g von 1 Z u c k e r in 30 Wasser, und erhitzt s i e , wie bereits oben angegeben, mittelst W a s s e r d a m p f , so bringt ein T r ö p f c h e n einer F l ü s sigkeit., welche auf 300 W a s s e r 1 Schwefelsäure enthält, einen dunkelschwarzen Fleck hervor. Bei einem grösseren Wassergehalt ändert sich die F a r b e , und geht z. B. in ein dunkles Grün ü b e r , wenn man von einer Flüssigkeit, welche in 8000 W a s s e r .nur 1 Schwefelsäure e n t h ä l t , einen T r o pfen auf die heisse gezuckerte Fläche bringt. Diess Verhalten der Schwefelsäure zum Z u c k e r ist hier zur P r ü f u n g des schwefelsauren Kyanols benutzt. E i n T r o p f e n seiner Auflösung bringt aber weder einen schwarzen noch einen grünen Fleck auf der heissen Zuckerfläche hervor, sondern nur einen schwach braun gefärbten. Mischt man jedoch absichtlich Schwefelsäure hinzu, so treten die oben genannten Reactionen ein. Hieraus schliesse ich, dass das Kyanol die Schwefelsäure vollkommen neutralisire ' ) .

1 ) Die eben erwähnten Veränderungen des ¡Zuckers in Berührung mit freier Schwefelsäure, unter dem Einfluss von 100° C., s^nd auch hoch anderweitig zu benutzen; besonders da es ans an einem Reagens für freie Schwefelsäure bisher hoch gefehlt hatte. Der Zucker ist ein solches, und über" trifft rücksichtlich der Empfindlichkeit bei weitem den ftat-yt. So ist es z< B. unmöglich .die Reaction deutlich wahr» zunehmen, die ein Barytsalz in einem Tropfchen, welches etwa 55 Gran wiegt und nur j z h t t Schwefelsäure enthält, hervorbringt. Bei Anwendung des Zuckers und der Sied-



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Salpetersanres

— Kyanol.

Man rersetzt Salpetersäure mit wässrigem K j anol im Ueberschuss und dampft zur Krystallisaliitze ist diess noch möglich. Mischt man 1 G r a n Schwe» feisäure mit 8 0 0 0 Gran W a s s e r , so bringt 1 Gran von d i e . • e r Flüssigkeit auf der heissen Zuckerfläche, wie bereits oben angegeben, noch einen dunkelgrünen Fleck hervor, der sich bequem in 10 und mehr Theile theilen lässt, was demuach lind noch weniger Schwefelsäure anzeigt. E i n mit Schwefelsäure verfälschter Essig kann mit gösster Sicherheit auf obige Weise geprüft w e r d e n . _ Bei K a l k - und Bleiverbindungen, welche organische Säuren enthalten nnd durch Schwefelsäure zersetzt werden sollen, hält es oft sehr schwer den P u n k t zu treffen, w o man mit dein Zusetzen der Schwefelsäure einhalten muss. Mittelst des Zuckers ist diess leicht zu ermitteln. Meistens wird jedoch auch die organische Säure durch die Schwefels ä u r e bei 1 0 0 ° C. verkohlt, wie z. B, die W e i n s ä u r e , u n d dann bedarf es des Zuckers nicht. Da die Phosphorsäure den Zucker nicht zersetzt, so kann man bei Z e r l e g u n g der Beinasche mittelst Schwefels ä u r e gleichfalls den' Zucker anwenden, um zu erfahren, ob sie vollständig geschehen oder ob ein Ueberschuss au Schwefelsäure vorhanden sey, Schwefelsaure Metallsalze rölhen Lackmus. Auch diess ist nicht immer ein Beweis gegen ihre Neutralität. Denn schwefelsaures Zinkoxyd z. B. verändert die heisse Z u c k e r fläche nicht. Umgekehrt ist n u n auch die Schwefelsäure ein Reagens auf Zucker. E s wird zu diesem Behufe die Porcellanplatte mit saurem schwefelsauren Kali bestrichen und ebenfalls durch Wasserdampf geheizt. Da jedoeh eine Menge a n d e r e r Stoffe gleichfalls durch Schwefelsäure verkohlt oder geschwärzt w e r d e n , so findet diess n u r eine u n t e r g e o r d n e t e Anwendung. Bemerkenswerth ist es, dass eine, mit Stärkekleister bestrichene Porcellanfläche die Zuckerfläche nicht ersetzen k a n n , indem sie n u r höchst Unmerkliche Veränderungen durch geringe Mengen Schwefelsäure erleidet. E i n Verhalten, das als ein chemischer Unterschied zwischen Zucker u n d S t ä r k e gelten kann.

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tion ab. Um sicher zu seyn, dass keine Salpetersäure vorwalte, erhitzt man einige T r o p f e n der Mischung in eitlem Reactionsglase und bringt in den D a m p f r a u m einen salzsauren Fichtenholzspan. S o lange dieser sich noch nicht gelb färbt, muss man mit dem Zusetzen des K j a n o l s fortfahren. D a s salpetersaure K j a n o l krystalligirt in farblosen Nadeln, die in feuchter L u f t nicht zerfliessen. I n einer Glasröhre erhitzt, verwandelt es sich unter schwacher VerpufTung schnell in eine schwarze kohlige Masse. D a s salpetetsaure K j a n o l löst sich sehr leicht in Aetlier, Alkohol und Wasser anf. Beim Verdnnsten der alkoholischen Auflösung bleibt das Salz röthlichbraun gefärbt z u r ü c k , eine Färbung, die sich erst beim Wiederaullösen in W a s s e r verliert. Fichtenholzspäne erhalten in der Auflösung des salpetersaurcn K j a n o l s eine prächtig goldgelbe Färbung, die bei 100° C. sich nicht bräunt, dagegen an Schönheit zunimmt. Basische Chlorkalkauflösung erzeugt mit diesem Salze ein schönes Violett. Lackmus wird stark geröthet. Diese Röthung ist aber wie beim schwefelsauren Salz kein Beweis f ü r das Yorhandenseyn freier Säure. D i e Verbindung muss vielmehr als neutral betrachtet werden, was sich auf folgende Weise darthun lässt. D i e concentrirte Salpetersäure f ä r b t bekanntlich Federn gelb.. Verdünnte thut diess auch, wenn man eine Hitze von 100° C. anwendet. Bringt m a q z. B . auf eine durch Dampf geheizte PorcelE?ne Gummi/Iäche wirkt gleichfalls ganz anders all Zucker. E i n Tropfen, welcher Schwefelsäure enthält, f ä r b t sie nicht schwarz, sondern n u r schmutziggelb.



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lanplatte einen Tropfen einer höchst verdünnten Salpetersäure und wirft einige Federkielspänchen hinein, so färben sich diese, sobald die Verdunstung geschehen, sehr deutlich gelb. Beim Vorhandensein von sehr wenig Säure, zeigt sich die Gelbung bloss an den Enden' der Spänchen; bei mehr Säure werden sie auf ihrer ganzen Oberfläche gelb. Prüft man nun auf gleiche W e i s e eine salpetersaure Kjanolauflösung, indem man einen T r o pfen auf die heisse Porccllanplatte bringt und einige Federkielspänchen hineinwirft, so färbt sid dieselben nicht g e l b , woraus ich schliesse, dass in diesem S a l z e die Salpetersäure vollständig durch's Kyanol neutralisirt s e j . D e r Beweis für die Neutralität dieses S a l z e s lässt sieh auch noch dadurch führen, dass es auf der 100° C . heissen Porcellanplatte seine F a r b e nicht verändert, dagegen sich sogleich schwärzt, wenn man etwas freie Salpetersäure hinzubringt. Im Conflict mit Chlorkupfer zeigt das salpetersaure Kyanol ganz eigenthümliche R e a c t i o nen. Bestreicht man die 100° C. lieisse P o r cellanplatte mit einer Auflösung von Chlorkupfer und bringt, nachdem sie eingetrocknet i s t , einen T r o p f e n salpctersaurer Kyanolauflösung darauf, so entsteht auf der Stelle ein dunkel griinschivarxer Fleck. B e i Anwendung salpetersauren Kup f e r o x j d s ist diess nur dann der F a l l , wenn man gleichzeitig ein salzsaures S a l z , z. B . salzsaures K j a n o l bringt. — Hätten wir nicht für letztere,? Salze hinlänglich genügende Reagentien, s o könnte diess Verhalten einen praktischen JVuzzen g ^ ' ä h r e n . Erhitzt man salpetersanrcs Kyanol, mit salzsauren Salzen oder auch mit salzsaurem K j a n o l

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gemischt, auf der Porcellanplatte bis zu 100° C., so erfolgt keine Zersetzung. Bringt man nun aber irgend ein Kupfersalz hinzu, so entsteht jene oben erwähnte^ Schwärzuug. Höchst geringe Mengen Kupfersalz bewirken noch eine sehr starke Reaction *). Salzsaures

Kjanol.

Man übersättigt Salzsäure mit wässrigem Kyan o l ; dampft ab und krystallisirt. Die Krystalle werden der Snblimation unterworfen, wobei sie anfangs schmelzen, und sich, unter Hinterlassung einer geringen Menge schwarzer Substanz, in Form weisser Dämpfe erheben und an die Gefässwände ansetzen. Wenn troetner Kjanoldunst, wie er sich beim vorsichtigen Erhitzen des kleesauren Kyanols entwickelt, mit einem Holzstäbchen in Berührung kommt, das in Salzsäure getaucht worden, so färbt sich dieses Stäbchen gelb und erscheint nach längerer Zeit wie bereift von einem krystallinischen Anflug des gebildeten salzsauren Kjanols. Das salzsaure Iiyanol löst sich sehr leicht in Aetlier, Alkohol und Wasser. Diese Auflösun1) Das vorhin, S. 34, erwähnte Reagens f ü r freie Salpetersäure (Federn) ist noch in vielen anderen Fällen anwendbar, die ich hier nicht alle aufführen mag. So kann man dadurch sehr schnell erfahren, ob eine Salzsäure salpeterhaltig sey. Reine verdünnte Salzsäure färbt die Federkielspänchen auf der heissen Porcellanplatte nicht\ setzt man aber höchst kleine Mengen Salpetersäure oder auch n u r Salpeter hinzu, so erfolgt die erwähnte Gelbung. Auch die Neutralität anderer salpeteriaurer Salze ist dadurch 211 erforschen. So verändert z. B. die ialpetersaure Bleioxydauflösung die Farbe der Federkielspänchen bei 1 0 0 ' C. nicht, obwohl diese sehr stark Lackmus röthet.



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gen reagiren gegen- Fichtenholz und Chlorkalk wie die des schwefel - und salpetersauren K j a n o l s . Auch wird Lackmus sehr stark geröthct. Diese Röthnng findet aber auch hier unbeschadet der Neutralität statt, wie das Verhalten gegen folgendes Reagens auf freie Salzsäure beweist. D i e grosse Familie der Rubiaceen charakterisirt sich chemisch durch eine in allen ihren Gattungen und den meisten Speeles vorkommende S ä u r e , welche ich Rubiaceensäure nenne, und die sich dadurch auszeichnet, dass sie, mit Salzsäure bis ? u 100° C. erhitzt, in einen blaugrün gefärbten Stoif verwandelt wird. Höchst geringe Mengen Salzsäure reichen h i n , auf einer mit Rubiaceensäure bestrichenen nnd durch W a s s e r d a m p f erhitzten Porcellanplatte blaugrüne Färbungen hervorz u r u f e n , die, wenn man die verdünnte Salzsäure tropfenweis aufbringt, besonders an den R ä n d e r n der eingetrockneten T r o p f p n hervortreten ' ) . Solche Färbungen bewirkt nun eine Auflösung des salzsauren K j a n o l s nicht, weshalb ich es f ü r ein neutrales Salz halte. F ü r sich in einer Glasröhre erhitzt, ist dieses Salz keiner Veränderung unterworfen. Mengt man ] ) Die hier erwähnte Rubiaceensäure kann man sich aus einer jeden Pffenze der genannten Familie darstellen, die, mit Salzsäure erhitzt, diese blaugrün färbt. Am leichtesten erhält man sie aus der Alizari oder levantischen Krappwurzel. Man übersättigt den kalt bereiteten Aufguss der unverkleinerteb Wurzel mit Kalkhydrat, filrtirt, setzt basisch essigsaures Bleioxyd im Ueberschuss hinzu und liltrirt wie