Das bayerische Problem in der deutschen Geschichte
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Das

Bayerische Problem in der deutschen Geschichte Von

Karl Alexander von Müller

München und Berlin 1931

Verlag von R. Oldenbourg

Vorwort zur zweiten Auflage Da zu meiner Freude so rasch eine zweite Auslage dieses Vortrags notwendig wurde, scheint es mir richtig, ihn noch einmal ohne Änderung hinausgehen zu lassen, so, wie er sich seine ersten Freunde erwarb. Nur sein äußeres Gewand ist diesmal, einer Anregung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zufolge, einfacher ge­ staltet worden, um seine Verbreitung vor allem auch in den höheren Schulen zu ermöglichen. Und nichts freilich könnte mir lieber sein, als wenn diese neue Ausgabe Ein­ gang und Widerklang bei der Jugend fände. München, im April 1931.

Der Verfasser.

/Äfibt es ein bayerisches Problem in der deutschen Geschichte ? ^/Drängen wir, wenn wir diesen Gegenstand wählen, nicht

von vornherein der Vergangenheit, mehr oder minder ge­ waltsam, eine Fragestellung der Gegenwart auf — machen die Geschichte, was ihr ja, zu allen Feiten, nicht selten an­ gemutet worden ist, zu einer Dienerin der Politik? Dazu wäre diese Stätte der ungeeignetste Raum. Zwar empfängt, wie mir scheint, jede geschichtliche Be­ trachtung ihr Licht irgendwie aus ihrer eigenen Zeit; es ist immer unser Blut, mit dem wir versuchen, die Schatten der Toten wieder zum Sprechen zu bringen. Die Vergangen­ heit ist die Mutter alles dessen, was heute lebt; die Gegen­ wart ist ein Stück noch sortwirkenden früheren Daseins; und morgen wird auch der heutige Tag schon wieder Vergangen­ heit sein. Auch glaube ich nicht, daß Erkennen und Wollen in uns selbst wirklich getrennt werden können oder ge­ trennt werden sollen. Es wäre das Ideal eines Homunkulus, daß der denkende Teil in uns nicht wüßte, was der wollende tut und umgekehrt. Wir aber sind, auch im Zeitalter der Technik, noch lebendige Menschen mit demselben Blut im Hirn und im Herzen. Trotzdem ist die Grenzlinie, aus die es hier ankommt, zwischen Geschichte und Politik, genau und klar zu ziehen. Was wir an dieser Stätte unmittelbar suchen, ist nicht die willensmäßige Gestaltung von Gegenwart und Zukunft, sondern die Erkenntnis der Wirklichkeit; und zwar aus unserm

Feld derjenigen Wirklichkeit, die nicht mehr im Nebel und Lärm der noch kämpfenden, unentschiedenen Gegenwart liegt, sondern hinter ihr, im Bereich der Geschichte: wo die Entscheidungen bereits gefallen sind. Ob es uns nun lieb oder leid ist, das Vergangene ändern wir nicht mehr. Wir haben also die Gegenwart vor uns und weichen ihren Fragen nicht aus. Wir sind ja selbst ein Teil von ihr und kön­ nen ihr nicht entrinnen, auch wenn wir es manchmal möchten. Aber wir legen nicht die Maßstäbe des noch unge­ wissen Heute oder gar des völlig zweifelhaften Morgen an das gewisse Gestern; im Gegenteil, wir versuchen aus dem, was sicher war, Maßstäbe zu gewinnen für das, was vielleicht sein wird.

Also noch einmal die erste Frage: Gibt es überhaupt ein bayerisches Problem in der deutschen Geschichte? Wenn man heute von einem solchen spricht, so weiß jeder, wenigstens ungefähr, was damit gemeint ist, auf welcher Seite er auch stehe. Es handelt sich um den Widerstand, den Kamps eines der größten deutschen Einzelstaaten, eines alten deutschen, und zwar süddeutschen Landes um seine politische Selbstbestimmung innerhalb des dritten Deutschen Reiches. Es handelt sich um die Fragen Unitarismus und Föderalis­ mus, wie die einen, Unitarismus und Partitularismus, wie die andern sagen: um das Verhältnis von Teil und Ganzem, von Eigenleben und Gemeinschaft im künftigen deutschen Staat. Und man weiß auch, daß diese Frage, dieser Wider­ streit zwischen Bayern und Deutschland, zurückgreift schon in das zweite, das bismarckische Deutsche Reich und seine Gründung, seine ganze Vorgeschichte. Die geniale bismarcki­ sche Lösung von 1870/71 nicht nur, sondern auch die baye­ rische Politik von 1866, von 1848—50, wie Michael Doeberl sie uns dargestellt hat*), ja schon von 1815/16, aus dem Wiener Kongreß und bei der Begründung des Deutschen Bundes, gehören in denselben Zusammenhang: die Stellung Bayerns

innerhalb des neuen deutschen Nationalstaates, um den dieses ganze neunzehnte Jahrhundert rang. Soweit zurück, kann man sagen, erstreckt sich unmittelbar das heutige baye­ rische Problem. Dann kommt die napoleonische Zeit, die Zeit der fran­ zösischen Revolution, die letzte große europäische Schicksals­ wende vor der heutigen: mit ihr das Ende des ersten, noch aus dem Mittelalter herübergewachsenen Deutschen Reiches und eine vollständige Umbildung der meisten seiner Einzel­ staaten, aufderzum größten Teil noch unsere heutigen deutschen Ländergrenzen — auch die unsres modernen Bayern — be­ ruhen. Niemand bezweifelt, daß es auch bei dieser grund­ stürzenden Umgestaltung ein bayerisches Problem in Deutsch­ land gab. Es sah damals etwas anders aus als später im neun­ zehnten Jahrhundert, aber es war nicht minder wichtig und bedeutungsvoll, auch für die deutsche Gesamtentwicklung. Es war jetzt eine besondere Seite in der großen Umwandlung des alten feudalen in ein neues, damals modernes Deutschland, und gehört gleichzeitig zu dem Problem des sogenannten dritten Deutschlands, zwischen Preußen und Österreich, das

nun, von außen her, organisiert werden sollte; damit zugleich zu dem Problem des Rheinbundes, der Neuordnung Deutschlands — nach heutigem Sprachgebrauch könnte man vielleicht sagen: in engem deutsch-französischem Einverständ­ nis, d. h. durch den politischen Anschluß eines Drittels seiner Bewohner an Frankreich. Diese Verbindung mit Frankreich aber führt uns dann mit dem altbayerischen Kurfürstentum und weiterhin Herzog­ tum, das hinter dieser napoleonischen Schicksalswende liegt, zurück, fast drei Jahrhunderte lang, bis ins sechzehnte. Auch in diesen drei Jahrhunderten begleitet uns wieder ein deut­ lich sichtbares bayerisches Problem in der deutschen Ent­ wicklung: diesmal im Widerstand gegen die damalige Kaiser­ macht Habsburg-Österreich, die den kleineren Nachbarn von drei Seiten her umklammert und aufzusaugen trachtet.

Ebendagegen sucht er — wie andere auch, das ist nicht seine Besonderheit — Schutz bei Frankreich, obwohl er religiös, bekenntnismäßig innerhalb Deutschlands Seite an Seite mit dem katholischen Nachbarstaat steht und sich gleich diesem kulturell vom protestantischen deutschen Norden, alle diese Jahrhunderte, abschließt: worin auch wieder ein Stück, und nicht das unbedeutendste, eines bayerischen Problems in Deutschland gelegen ist2). Denn nun stehen wir schon in der nächsten gewaltigen Wendestunde unsres Erdteils und unsres deutschen Schicksals, der tiefsten vielleicht in unsrer ganzen bisherigen Geschichte: Reformation und Gegenreformation. Auch in diesem Zeit­ raum liegt eine Sonderstellung Bayerns, des damaligen Bayern, offen am Tag. Sie wissen es alle: Die mächtige Flut der Neuerung hatte sich bis zur Mitte des sechzehn­ ten Jahrhunderts zuerst anscheinend unaufhaltsam über Deutschland ausgebreitet; ganz Norddeutschland hatte sie schon ergriffen, vom preußischen Ordensland bis Ostfriesland, ganz Mitteldeutschland, von Kursachsen bis Hessen, im Süden selbst bereits Württemberg, Baden, die Kurpsalz samt ihren Nebenländern, Ansbach und Bayreuth, die frän­ kischen und schwäbischen Städte, Grasen und Reichsritter: aber an den Grenzen des altbayerischen Herzogtums brach sie sich zum erstenmal: und hielt inne. Hier und am Rhein, der von den bayerischen Wittelsbachern gehalten wurde, erhoben sich dann seit der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die ersten Bollwerke der Gegenreformation, von denen die Wiederherstellung der alten Ordnung in weiten Teilen Deutschlands ausging. Wenn je, so gab es damals in der deutschen Entwicklung eine bayerische Frage von weltge­ schichtlicher Bedeutung. Doch wir schreiten weiter. Und nun kommen Jahrhunderte, wo wir stocken; das vierzehnte und fünfzehnte, spätes Mittel­ alter: die Zeiten zuerst noch der gewaltigen nordostdeutschen Kolonisation bis Riga und Reval hinauf, dann des großen

slawischen Gegenstoßes, die Zeiten des aufschießenden deut­ schen Städtewesens. Damals liegt das altbayerische Bauern­ land abseits vom großen Strom dieser Hauptentwicklungen, in einer Art Altwasser sozusagen, weit vom Schuß. Es hat Zeit, sich mit inneren Streitigkeiten, Landesteilungen, Bür­ gerkriegen abzugeben. Man findet keine durchgreifende baye­ rische Besonderheit damals — als vielleicht die Inbrunst, mit der es sich, zweieinhalb Jahrhunderte lang, in diese Bruder­ fehden, diese ungeheure bayerische Familienrauferei verbeißt : als ob eine überschüssige Kraft brachläge, die kein eigent­ liches Feld der Arbeit findet und deshalb selbstmörderisch gegen den eigenen Leib wütet. Aber ist das bayerische Pro­ blem in der deutschen Geschichte damit aus? Hat es doch nur eine Vergangenheit von vier Jahrhunderten? O nein, dahinter, im hohen Mittelalter, von den Staufern zurück bis zu den Ottonen, taucht es auf der Stelle in voller Stärke wieder auf. Auch in diesem deutschen Kaiserreich des Mittelalters, dem ersten eigentlich deutschen Staat in der Geschichte, zu dessen stärksten Bollwerken es gehörte, hat Bayern durchaus ein besonderes Kapitel. Sein Stammes­ herzog ist im größten Teil dieses Zeitraums eine Art volks­ tümlicher Unterkönig, außer den Sachsen — den Nieder­ sachsen, nicht den heutigen Sachsen — bildet bis ins zwölfte Jahrhundert kein anderer Stamm mehr eine so in sich ge­ schlossene Einheit. Und auch damals, vor etwa tausend Jahren, ist dieser selbstbewußte Teil nur mit zäher Mühe in die Ge­ samtheit eingegliedert worden. Ein halbes Jahrhundert lei­ denschaftlicher Stammeskämpfe steht am Anfang dieser großen mittelalterlichen Kaisergeschichte, und manche Einzel­ züge, welche die Quellen uns, von beiden Seiten, überliefern, klingen im Wesen nicht viel anders als wie neunhundert Jahre später, aus der Zeit der Gründung des bismarckischen Reichs. Die Niedersachsen — das sind, um im Vergleich zu bleiben, die Preußen von damals — rühmen sich, daß sie nicht nur Slawen, Dänen und Böhmen bezwungen hätten,

sondern auch die Bayerns; und wie der Sachsenkönig Hein­ rich zum erstenmal Regensburg bestürmt, da sagt der baye­ rische Geschichtsschreiber: „Da fiel nun also dieser sächsische Heinrich ... feindlich in das Königreich Bayern ein, wo man keinen seiner Vorfahren gesehen hat, der auch nur einen Fuß­ breit Bodens besessen hatte, und so glaube ich, daß Gott selbst es gefügt hat, daß er von den Einwohnern einer einzigen Stadt geschlagen worden ist und mit vielen Verlusten besiegt hat abziehen müssen4)." Der Sachse Thietmar von Merseburg wettert gegen die bayerischen Truppen, die bei sich zu Hause so anspruchslos lebten, aber in den norddeutschen Quar­ tieren hausten wie die Wilden ^); die bayerischen Domkapitel dagegen wehren sich leidenschaftlich gegen sächsische Bischöfe, und der Regensburger Chronist Arnold von St. Emmeram merkt sogar an, daß Kaiser Otto der Große, so freundlich er beim Weine war, doch norddeutsch spreche (ore iucundo saxonizans)6). Diese Töne erklingen also schon vor tausend Jahren, am ersten Anfang eines deutschen Staates. Ja sie sind, wie der bayerische Stamm und seine besondere Staatsbildung sogar noch um einige Jahrhunderte älter als dieser erste deutsche Staat. Man findet den gleichen Widerstreit schon zuvor im fränkischen Reich und Weltreich, und mit diesem und seiner Oberherrschaft über die rechtsrheinischen Germanenstämme geht er zurück bis ins sechste Jahrhundert: zu dem Zeitpunkt, da die Bayern selbst, kriegerische Bauern, gutmütig, rauf­ lustig und eigensinnig wie noch heute, zum erstenmal auf­ tauchen im Licht der Geschichte und Besitz nehmen von ihrem Kernland zwischen Alpen und Donau, das ihnen gefiel und das sie heute noch ihr eigen nennen. So endet diese erste rasch zurückwandernde Betrachtung, die uns zugleich einleitend ein kleines Gerippe der Geschichte geben sollte, in der Tat wieder mit dem gleichen Problem, von dem wir in der Gegenwart ausgegangen waren: dem Verhältnis von Teil und Ganzem, von Eigenleben und Ge-

meinschaft in einem größeren Staat. Wir haben mit diesem Widerstreit, wenn auch noch nicht alle Erscheinungen des bayerischen Problems, so doch das wichtigste Grundmotiv darin. Dies Grundmotiv hat das bei brennenden politischen Fragen von heute immerhin nicht alltägliche Alter von vier­ zehnhundert Jahren: und es ist so alt wie Bayern selbst.

Wir sehen uns dies bayerische Problem noch etwas näher an. Was liegt ihm zum Grunde? Bayern, kann man sagen, ist notwendig für jeden deutschen Staat, und es ist doch irgendwie — darüber werden wir noch zu sprechen haben — schwer in ihn einzufügen. Der Gewinn Sachsens und Bayerns durch Karl den Großen war die Voraussetzung da­ für, daß die spätere deutsche Geschichte überhaupt möglich wurde. Die Eingliederung Bayerns durch Heinrich und Otto den Großen war die Vorbedingung für die ganze mittel­ alterliche Kaiserpolitik. Ohne Bayern, sagte Bismarck vor 1870, bleibt das Deutsche Reich ein Rumpf. Alle großen Baumeister unsrer Geschichte haben sich des­ halb mit diesem Problem beschäftigt, eben weil kein deutscher Staat ohne Bayern möglich ist und weil es immer von neuem gelöst werden muß. Nun scheint eine endgültige Lösung ja sehr nahe zu liegen: die Unterdrückung dieser unbequemen bayerischen Selbständigkeit; daran hat man nicht erst heute gedacht. Mehr als einmal im Laus der Jahrhunderte schien die Frage auch bereits auf diesem Weg entschieden; aber in über tausend Jahren hat sich keine dieser Entscheidungen als dauerhaft erwiesen. Wieviele gefährliche Stunden hat dies hartnäckige bayerische Staatswesen überstanden! Wir über­ fliegen sie rasch, diesmal in vorwärtsgerichteter zeitlicher Reihenfolge, um uns das Kennzeichnende dieser Frage deut­ licher zu machens. Die erste ist schon verhältnismäßig nah am Anfang seiner Geschichte: wie kein geringerer als Karl der Große es ge­ waltsam seinem Imperium einverleibt und zur fränkischen

Provinz macht — es ist also schon einmal Provinz gewesen: die stärkste Unitarisierung, die es je durchgemacht hat. Aber drei Jahre nach dem Tode des großen Karl gibt es schon wieder einen eigenen „König der Baiern", der dann bald an die Spitze des ganzen ostfränkischen Reiches tritt. Und als dieses, um 900, zerfällt, steht wieder ein bayerischer Stam­ messtaat da, von einer eigentümlich trotzigen Kraft. Wieder schafft Otto der Große eine Löstmg, die endgültig scheint: er setzt einen Zweig seiner eigenen Dynastie an die Spitze des Landes. Aber nach ganz kurzer Zeit hat das Land die Dynastie bezwungen. Kaiser Heinrich 11. wird als baye­ rischer Herzog deutscher König, Bayern ist im Deutschen Reich des elften Jahrhunderts, auch unter den ersten Saliern, wie einst im ostfränkischen des neunten, der Hauptsitz, eine der wichtigsten Grundlagen und Stützen der Reichsgewalt. Die natürliche Kraft des Stammes und seiner Staatsbildung beherrscht jahrhundertelang jeden äußeren und inneren Wandel. Mit einer einzigen Ausnahme übt Heinrich der Löwe im zwölften Jahrhundert noch die gleichen Herzogsrechte aus wie der Stammesherzog Arnulf am Anfang des zehnten, vor der Begründung eines einheitlichen deutschen Staates. Run folgt Friedrich Barbarossa, der Staufer. Er zer­ schlägt die beiden letzten Stammesherzogtümer, die sich bis dahin gehalten haben, das sächsische und das bayerische. Ein neues Zeitalter der ganzen deutschen Geschichte bricht damit an, in dem nicht mehr wie bislang die alten Stämme mit ihrem Eigenleben die politische Entwicklung beherrschen, sondern die Dynastien und ihre werdenden Territorien. Es sieht aus, als ob auch Bayern jetzt, ebenso wie Thüringen, Franken, Schwaben und nun selbst Sachsen, in eine Vielzahl staat­ licher Herrschaften ohne Mittelpunkt zerfiele. Aber im selben Zeitpunkt, heuer vor 750 Jahren, über­ nehmen die einheimischen Wittelsbacher, deren Geschichte vermutlich an die alten luitpoldingischen Stammesherzöge anknüpft, die Führung des verstümmelten Stammesstaates:

und nach kaum zwei Menschenaltern steht schon wieder ein neues Bayern vor uns, in verwandelter Form bereits wieder eines der stärksten Glieder in dem sich umbildenden Reich. Ein neuer Territorialstaat nun auch hier, mit einem Fuß bereits in der Pfalz am Rhein stehend, aber zugleich doch stärker als irgendein andrer noch mit jener alten stammesmäßigen Bildung verbunden, sie in sich erhaltend, und eben deshalb stark genug, von dieser ursprünglichen Kernland­ schaft später noch weit nach Norden und Westen hinaus zu wachsen. Zunächst freilich kommen die verhängnisvollen Teilungen und Bürgerkriege in Altbayern selbst, von denen wir schon sprachen. Sie bringen die schwerste innere Gefährdung, die Bayern im Laus seiner Geschichte erlebte: die das Kaisertum Ludwigs des Bayern und seine Gewinne fruchtlos macht, den Verlust Tirols besiegelt, Bayern von innen her aufzu­ lösen droht, wie seine Nachbarn: Bayern-München, BayernLandshut, Bayern-Ingolstadt, Bayern-Straubing. Das ist in derselben Zeit, in welcher schließlich das ganze alte Deutsche Reich in jahrhundertelangen Ständekämpfen sich zu zersetzen scheint; in welcher der slawische Osten in voller Front wieder im Vormarsch ist, während gleichzeitig Frankreich und Bur­ gund im Westen gegen die Reichsgrenzen vordringen: altes Schicksal unserer Geschichte! Aber auch diese schlimme Stunde geht vorüber. 1506 wird das ganze altbayerische Land südlich der Donau wieder in einer Hand zusammengefaßt: und schon im nächsten Men­ schenalter, in den Krisen der Reformation, steht es, wie wir sahen, wieder selbständig handelnd im Mittelpunkt der deut­ schen, ja bald darauf eine Zeitlang der europäischen Ge­ schichte. Inzwischen jedoch ist, seit dem dreizehnten Jahrhundert schon, immer mächtiger die habsburgische Gefahr herange­ wachsen. Aus dem alten Kolonialboden der bayerischen Mar­ ken hat sich ein Staat gebildet, der schließlich beinahe zwanzig-

mal so groß ist wie sein Mutterland, es von Osten, Süden und Westen her umgibt und, aus begreiflichen Gründen, sich ein­ zuverleiben strebt; und seine Herrscher stehen an der Spitze des Reichs. Die bedeutendsten österreichischen Staatsmänner der Folgezeit, Prinz Eugen, Kaunitz, trachten darnach, diese Brücke ins innere Deutschland zu gewinnen. Das ganze acht­ zehnte Jahrhundert über ist dies bayerische Tauschproblem eine europäische Frage; immer von neuem wird darüber verhandelt; es gibt Augenblicke, da es der Verwirklichung sehr nahe scheint^). Aber es wird nicht verwirklicht. Bayern bleibt, zuletzt Dank dem Eingreifen Friedrichs des Großen, auch diesmal am Leben, im Gegenteil, es zieht nun nach jahrhunderte­ langer Trennung die Pfalz wieder an sich, und in der nächsten großen europäischen Konflagration, der napoleonischen, bildet es sich mit unerwarteter Kraft vollständig um und vergrößert sich nach Deutschland hinein zu dem stärksten Mittelstaat des Deutschen Bundes, der dann 1870 als zweitgrößter Einzel­ staat eintritt in das bismarckische Reich. Das ist, in allem Wesentlichen, noch das heutige Bayern: rund ein Siebtel unsres gegenwärtigen Reichsgebietes und über ein Neuntel von dessen Bewohnern. Es ist doch nichts Kleines, wenn man fast anderthalb Jahr­ tausende der Geschichte auf den Landkarten an sich vorüber­ ziehen läßt, und immer wieder, in allen Zeitläuften, findet man im deutschen Südosten an derselben Stelle denselben festen, etwas vierschrötigen Block in denselben Farben — das konstante Fünfeck der deutschen Geschichte, wie ein zwar nicht wissenschaftliches, aber ausgezeichnet bayerisches Duch^) vor kurzem gesagt hat, Altbayern in mehr als einem Sinn: „Es trägt seinen Namen zu Recht und in Ehren." Man muß daneben aus denselben Karten verfolgen, wie die andern deutschen Altstämme sich inzwischen oft bis ins Liliputanische zersplittern; bis in welche abenteuerliche Kaleido­ skopformen später die territoriale Aufteilung, z. B. in Mittel-

deutschland, sich gesteigert hat"); und man mutz daneben auf der andern Seite das Wachstum Österreichs und Preußens und in jüngster Zeit wieder den Zerfall des habsburgischen Staates vor Augen haben, um die seltene Zähigkeit dieser bayerischen Staatsbildung sich ganz anschaulich zu machen. Denn es ist aus große Strecken hin keine besonders glück­ liche Geschichte, diese bayerische, wenn man Glück in Aus­ dehnung und äußerem Wachstum eines Staates suchen will. Im Gegenteil, es ist vieles Tragische in ihr, eine Reihe An­ sätze, dienichtzum Zielkommen, versäumte Gelegenheiten, ver­ hängnisvolle Unglücksfälle gerade in wichtigen Augenblicken. Aber sie ruht, wie wenige andere, in sich selber, mit einer Hartnäckigkeit der Selbstbehauptung, die ihresgleichen sucht. Gewiß, es hat Zeiten gegeben, in denen dieser eigen­ sinnige bayerische Block für die gesamtdeutsche Entwicklung unbequem war; in denen er sein Sonderrecht mit echt deut­ scher Widerborstigkeit bis zum letzten I-Tupsen verteidigte— aber das haben andre auch getan; in denen es unverhältnis­ mäßige Mühe kostete, dieses kraftvolle Eigenleben in eine notwendige Gesamtordnung einzusügen. Gewöhnlich werden, wenn man vom Verhältnis zwischen Bayern und Deutsch­ land spricht, diese Augenblicke allein herausgegriffen und vom Standpunkt unsres heutigen Rationalgesühls aus ein­ seitig beleuchtet. Es gibt daneben aber auch andre Zeiten, von denen man seltener zu lesen pflegt, in denen dies feste Bayern ein wichtiger Zusammenhalt und Hort des Reiches war, z. B., wie wir sahen, schon im neunten und elften Jahr­ hundert; in denen seine geschlossene Kraft von unmeßbarer Bedeutung für den tatsächlichen Gang der deutschen Ge­ schichte geworden ist — ich erinnere noch einmal an Refor­ mation und Gegenreformation, an den Dreißigjährigen Krieg und, so ungewohnt das vielleicht klingt, auch an die napoleonische Zeit: wo die Unzerbrechlichkeit Bayerns, die auch Napoleon erfuhr, die vollständige Aufsplitterung des deutschen Südens verhinderte.

Das bayerische Problem gehört nicht in allen Zeiten zu den vordringlichsten, aber es gehört sicher zu den dauer­ haftesten der deutschen Geschichte. Kann man nun erklären, woher diese Beständigkeit kommt? Ich vermesse mich nicht, ihre Gründe in einer halben Stunde zu erschöpfen, ich greife nur zwei, die mir die wich­ tigsten scheinen, in Kürze heraus: Land und Leute. Es müßte kein Teil der deutschen Geschichte sein, wenn man ihn, auch in dieser Begrenzung, einfach und logisch auseinander­ nehmen könnte. Sie wissen, daß das wichtigste Kennzeichen des großen geographischen Raumes, den wir Deutschland nennen, seine Vielgestaltigkeit ist; dann die Unbestimmtheit seiner Grenzen, zum mindesten gegen Osten und Westen; die Offenheit seines Raumes in der Mitte des Erdteils: und daß man aus alledem das starke Schwanken in der Größe des jeweiligen deutschen Volksraums ableiten kann, der sich bald ausdehnt, bald wieder zusammengepreßt wird im Laufe der Jahrhunderte; daraus die mehrfache Verlagerung des Schwerpunkts in unserer Geschichte; daraus die Tatsache, daß das deutsche Volk seine Ländergestalt noch heute am wenigsten von allen großen europäischen Nationen erfüllt11).,S>enn dies Deutschland ist trotzdem nicht nur ein politischer Begriff, sondern eine natür­ liche geographische Gestalt in Europa mit einem einzigartigen, nur ihm eigenen Dreiklang von Hochgebirge, Mittelgebirgen und weit ausgedehntem Tiefland, alle drei in ostwestlicher Richtung verlaufend. Das Flußtal des Rheins ist die einzige große natürliche Verbindungslinie, die sich quer durch alle diese drei ostwestlichen Zonen von Süden nach Norden er­ streckt. Aber diese eine südnördliche Verbindungslinie von den Alpen bis zum Meer liegt weit im deutschen Westen. Das ganze übrige Deutschland wird durch die Mittelgebirgs­ schwelle vom Hunsrück und Taunus bis zum Fichtel- bzw. bis zum Erz- und Riesengebirge in eine nördliche und eine

südliche Hälfte geteilt — weder Frankreich im Westen, noch Polen-Rußland im Osten kennen eine solche innere Grenz­ linie. Von der Scheide dieses deutschen Mittelgebirges aber lausen die Wasser rechts und links verschiedenen Strom­ systemen zu. Norddeutschland und Süddeutschland stehen sich an ihm geographisch sozusagen Rücken gegen Rücken. Und während die nördliche Hälfte mit ihrem Flachland im wesentlichen ein einziger, weitgedehnter, nach Osten zu immer breiter wachsender und sich öffnender Raum ist, im Norden von festen Meeresküsten begrenzt, mit Flüssen, die alle innerhalb dieses Raumes selbst münden und ihn deshalb zusammenschließen — ist Süddeutschland in sich wieder von außerordentlicher Mannigfaltigkeit und Zerstückelung, mehr­ fache Mittelgebirgsstufen mit verschiedenen Becken und Tälern, Hochebene und Alpen, mit dem Main nach Westen ziehend und der Donau, weit über das Land hinaus, nach Osten, allerlei kleinere Flußgebiete noch inmitten, bis in jeden Teil fast noch im einzelnen zersplittert und kleinräumig — mit einer Ausnahme: das ist Altbayern. Wer von Württemberg, etwa von der Geislinger Steige, oder von Franken her über die Donau kommt, fühlt es sogar im raschen Vorüberfliegen des Zuges: das Alpenvorland, das hier breit bis zur Donau sich erstreckt, höher gelegen als im Osten und weniger tief zerschnitten als im Westen"), ist eine natürliche Einheit für sich, von besonderem Charakter, in sich geschlossen und großflächig für süddeutsche Verhält­ nisse: die einzige Landschaft, die man, im kleineren, ein Ge­ genstück des Nordens nennen kann. Zweierlei bestimmt in erster Linie ihren Charakter. Das eine sind die Alpen, das einzige Hochgebirge des deutschen Bodens, von denen diese Hochebene sich herabsenkt, deren Gipfel über ihre ganze Breite hinwegleuchten, die mit rasch­ strömenden, klaren Flüssen, mit weitausgebreiteten Regen­ schatten, mit rauhen Winden aus der Ferne ihre Eigenart bestimmen. Und das zweite ist die Öffnung dieses Landes, wie

des deutschen Nordens, gegen Osten, wohin auch die Donau weist, sein einziger großer schiffbarer Strom. Dagegen liegt es weitab von der verbindenden Südnordlinie des Rheins; und von den zwei weiteren, kleineren, östlichen Verbindungs­ toren zwischen Nord und Süd, der Saale und der Oder, führt keines zu ihm herauf. Sie erkennen die Wirkungen dieser geographischen Ge­ gebenheiten: einen natürlichen Zug nach dem Osten und die Verbindung mit dem Süden. Bayern ist das einzige süd­ deutsche Land, das gleich dem Norden die Möglichkeit zu kolonisatorischer Ausbreitung in großem Stile besaß. Fünf Jahrhunderte der bayerischen Geschichte, vom achten bis zum zwölften, hat sie erfüllt und nicht nur dem Stamm selbst bis zum Wiener Wald und darüber hinaus, zur Traisen, an den Plattensee, in langsamer organischer Bauernarbeit, weite Strecken herrlichen Landes, sondern dem ganzen Deutsch­ tum einen unermeßlichen Schatz an Boden und Volkskraft gewonnen und die Grundlagen eines deutschen Donaustaates, des späteren Österreich, geschaffen. Sie wissen, daß im Mittelalter darüber hinaus auch der Landweg der Kreuzzüge zum nahen Orient die Donau entlang ging, von Regensburg aus, daß in Bayern das Tor war — das Ausgangstor für diese Kreuzfahrer, für die Kunst das Eingangstor — von Byzanz. Zugleich aber liegt in Bayern eines der großen Tore nach Italien, nach Nom. Große Gebirge sind an sich, wie uns die Geographen lehren, keine unbedingten natürlichen Grenz­ scheiden. Die Alpen insbesondere riegeln in Mitteleuropa die natürliche Einheit ab, die im Westen und im Osten, in Frankreich wie in Rußland, von den nördlichen Grenzmeeren in stattlicher Breite bis zum Mittelmeergebiet reicfjt13). Über diese Alpen hatte einst das römische Imperium in dies Vor­ alpenland heraufgegriffen, bis an die Donau, später kurz auch das germanische Ostgotenreich. Dann rückten die Bayern selbst von Norden kolonisierend ins Gebirge ein und hinüber,

bis sie mit dem Besitz von Friaul und Treviso sozusagen ritt­ lings auf dem Alpenkamm saßen: die gegebenen Wächter an einem der Hauptwege für die dann folgende große Ita­ lienpolitik der deutschen Kaiserzeit. Ich brauche nicht auszuführen, was diese Verbindung von den Römerzeiten an kulturell für Bayern bedeutet hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, wie diese Lage noch einmal, in der Reformation und Gegenreformation, weltgeschichtliche Bedeutung gewann. Viktor Hehn hat die Bemerkung gemacht, die Gegenreformation habe sich auf deutschem Boden im großen Ganzen überhaupt so weit sieg­ reich behauptet, wie einst das römische Imperium vorge­ drungen roar14); und Bayern war in diesem Kamps vor allen andern der Vorposten der römischen Kirche. Renaissance und Barock, sonst in Deutschland von zweiter und dritter Hand vermittelt, kamen hier wie in Österreich geraden Weges her­ ein, auf einen für sie von Natur schon empfänglichen Boden. „Wieviele feinfühlige Nordländer," sagt Riezler einmal, „die auf der Reise nach Italien Bayern berührten, haben hier — in Himmelsluft wie Volksschlag — schon einen Übergang zum italienischen Wesen empfunden""). Das sind die einen, offensichtlichsten Züge in der natür­ lichen Lage Bayerns. Aber doch nur die einen. Aus ihnen kann man vor allem seine ausgezeichnete Stellung und Be­ deutung in unserem mittelalterlichen Reich erklären, das selbst nach dem Süden, nach Italien zu ausgriss; dann die große kolonisatorische Stammesausbreitung, die längs der Donau und in die Alpen den gegebenen geographischenLinien folgte. Dann aber wurde diese natürliche Stammesentwick­ lung, wie wir sahen, von Friedrich Barbarossa durch die Ab­ trennung Österreichs und der Steiermark zerschnitten; bald darauf ging auch Tirol verloren. Altbayern war von da an aus sich selbst angewiesen, von seinen alten Stellungen an der Reichsgrenze, von seinem eigenen Kolonialboden abge­ sperrt, in seinem natürlichen Wachstumstrieb unterbunden.

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Das sind charakteristischerweise die Jahrhunderte, in denen das verstümmelte und eingeengte Binnenland sich selbst zer­ fleischte, sich auszulösen drohte — in denen das bayerische Problem eine Zeitlang in der deutschen Geschichte zu ver­ schwinden scheint. Aber schließlich zeigt sich, daß das alt­ bayerische Kernland doch zusammenhält und auch allein für sich einheitlich und stark genug ist zu neuem Leben. Schon im dreizehnten Jahrhundert hatte die dynastische Entwicklung unter den ersten Wittelsbachern, wie erwähnt, in die Pfalz am Rhein hinübergegriffen. Es wurde nun von Bedeutung, daß das bayerische Alpenvorland sich geographisch auch nach Westen zu, freilich in starker Verjüngung, fort­ setzt, daß auch das südwestdeutsche Becken ausgiebig zu ihm geöffnet ist16). Wir erinnern uns, daß von je manche wichtige Bewegung, sogar von Süden her, die Alpen umging und von Frankreich, westöstlich auch nach Bayern hereinkam. Nicht wenige der römischen Truppen bereits, dann der Hauptstrom der antiken Kultur, soweit er diese unwirtliche Provinz über­ haupt erreichte. Schon im Jahrhundert ihrer Einwanderung waren die Bayern selbst, trotz ihrer natürlichen Verbindung mit den Langobarden im Süden, ebenso wie die Alemannen und die Thüringer vom Rhein aus an das werdende Groß­ reich der Franken angeschlossen worden, das vom Westen her den ersten dauernden Mittelpunkt der germanischen Welt bildete. Auf diesem Wege, nicht von Süden, kam dann auch die entscheidende christliche Bekehrung, der Anschluß an die römische Kirche. Solange in der Folge die große südöstliche Kolonisationsbewegung dauerte, das mittelalterliche deutsch­ italienische Reich bestand, traten diese westlichen Beziehungen für Bayern freilich in den Hintergrund. Aber sowie jene ab­ geschnitten wurden bzw. ihr Ende sanden, machten sie sich von neuem geltend. Die Ausdehnung Bayerns nach Franken und Schwaben hin am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ist oft als eine rein dynastische und künstliche, zufällige und unorganische

bezeichnet worden; ich selbst habe sie früher überwiegend so angesehen"); aber ich glaube, daß diese Ansicht stark nach­ geprüft werden muß. Man müßte einmal die ganzen natür­ lichen früheren Beziehungen dieser Gebiete untereinander zusammenstellen, um einen vollständigen Überblick zu be­ kommen. Ist Augsburg nicht schon in der Römerzeit mit Rätien, eben der späteren bayerischen Hochebene, verbunden gewesen, führen seine wichtigsten Straßenzüge nicht nach Osten und Südosten — ins Bayerische? Hat Nürnberg nicht als bayerische Grenzburg begonnen, ist immer mit Regens­ burg in besonders naher Berührung gestanden, wie Albert von Hofmann einmal sagt: eine fränkische Reichsstadt auf bayerischemBodenmit einem starkenschwäbischenEinschlag?") War Bamberg nicht von seiner Gründung an eng mit Alt­ bayern verknüpft? Waren die Babenberger in Schweinfurt nicht einst schon Markgrafen im nördlichen und östlichen baye­ rischen Nordgau? üralt ist die verbindende Zwischenlage von Eichstätt. Bayreuth, Hof, Kulmbach sind im Mittelalter andechsische Besitzungen gewesen, die Hausgüter der Vohburger wie später der Wittelöbacher lagen rechts und links der Donau. Im Grunde haben die verschiedenen bayerischen Staats­ bildungen sich, um einen bildhaften Ausdruck von Karl Haus­ hofer zu gebrauchen, im Lauf der Jahrhunderte eigentlich nur um die große Waldhöhe des Böhmerwaldes wie um einen mächtigen Drehzapfen als Angelpunkt herumgedreht, so daß ihre Mitte und Ausgangsstellung, das altbayerische Kernstück, jetzt im Südosten seines Gesamtgebietes liegt und nicht mehr wie früher im Nordwesten"). Es ist kein Zufall, wenn ein wittelsbachischer König des neunzehnten Jahrhun­ derts den alten Gedanken Karls des Großen, des Franken­ königs, wieder ausnahm und durchführte, Rhein und Donau in Bayern durch einen Kanal miteinander zu verbinden: eine tatsächliche und sinnbildliche Verknüpfung mit dem west­ lichen und nördlichen Deutschland, in welche das neue Bayern so enge hineinwuchs.

Wir sehen also von den Gegebenheiten des Bodens her vom Beginn der bayerischen Geschichte an eine merkwürdige und in Deutschland einzigartige Doppelstellung zwischen Oft und West, zwischen Süd und Nord?"). Wie oft in der baye­ rischen Vergangenheit kehrt sie wieder. Mehrmals in großen geschichtlichen Augenblicken, insbesondere in seiner stammesmäßigen, kulturellen und religiösen Entwicklung, ist die süd­ liche und östliche Anziehung die stärkere gewesen. Aber im Politischen kann man es wohl als eine schicksalhafte Vorbedeu­ tung ansehen, daß gleich am Anfang, schon in der fränkischen Periode, sozusagen bei der ersten Probe, die Verbindung mit dem Westen und dem Norden schließlich überwog. Immer wieder, bis zu den Umgestaltungen der napoleonischen Zeit, bis zur Entscheidung von 1866—70, ist die Waage wieder zu diesem nördlichen, nordwestlichen Anschluß zurückgekehrt. In dieser Zwischenstellung liegt politisch manches charak­ teristische Schwanken, manche, vom partikularen Standpunkt aus verhängnisvolle Halbheit der bayerischen Entwicklung be­ gründet, welche einer ihrer größten Diplomaten nicht ohne Grund eine Geschichte der verpaßten Gelegenheiten genannt hat. In ihr ruht auch, über die Jahrhunderte hinweg, die Schwierigkeit, Bayern in ein vom Westen oder Norden her geleitetes größeres Reich einzufügen, in ihr aber auch die Bedeutung, welche eine glückliche Einfügung für jede solche Staatsbildung, von Karl dem Großen bis zu Bismarck, be­ saß. Denn Bayern ist von Natur das Bindeglied zwischen den Landschaften und den Staatsbildungen des Rheins und der norddeutschen Tiefebene mit denen der Donau, die von ihm selbst ausgegangen sind. In der gleichen Mittelstellung, die politisch seine Schwäche ist, liegt im Kulturellen eine Quelle seiner Stärke. And es ist in sich selbst, auch auf das rein alt­ bayerische Gebiet beschränkt, wie es jahrhundertelang war, bei der zähen Eigenart seiner Bevölkerung ein zu geschlossener, einheitlicher, fester Block, um von einem anderen, auch viel größeren, verdaut zu werden.

Bei der zähen Eigenart seiner Bevölkerung. Wir haben eben von den geographischen Voraussetzungen und ihrem Einfluß auf das bayerische Problem gesprochen. Aber ich möchte nicht mißverstanden werden. Ich glaube nicht, daß die Erdoberfläche die Staaten macht. Was diese bildet und erhält, ist immer vor allem anderen der menschliche Wille, Einzelner oder einer Gesamtheit, welcher durch diese natür­ lichen Voraussetzungen nur mitbestimmt, vielleicht geleitet, begünstigt oder behindert wirb21). Es gibt keinen Erdraum, der in dem Sinn eine organische Einheit wäre, daß er keine Teilung vertrüge. Jede Umgebung kann positiv oder negativ wirken, je nachdem auf welchen Charakter sie trifft. Neben das Land treten also, als Grundfaktor jeder Geschichte, die Leute. Freilich, damit kommen wir in Deutschland auf ein Ge­ biet, das viel schwieriger und unerforschter ist als das erd­ kundliche. Wenn schon der Begriff des deutschen Landes schwer zu greifen ist, um wieviel mehr erst der des deutschen Volkes. Und doch ist dieses wie jenes nicht nur eine politische Bildung, die etwa durch Friedensdiktate bestimmt werden könnte, sondern eine natürliche und unverkennbare Gestalt. Wir können in diesem Rahmen nicht eingehen auf die heute so viel umstrittenen Fragen der Rasse: aus das Ver­ hältnis von Anthropologie und Sprache, auf den Einfluß des Ortes oder des Klimas auf die Rasse, auf das Inein­ ander von Rasse und menschlichen Konstitutionen — so wichtig und fesselnd alle diese Fragen wären; aber noch jede von ihnen ist zweifelhaft und dunkel. Für unseren Zusammenhang genügt es als Ausgang, daß das deutsche Volk nicht eine ur­ sprüngliche Einheit war, die später etwa aufgeteilt worden wäre, sondern daß es erst in historischer Zeit, rund gesagt im Laus des neunten Jahrhunderts, durch geographische Ver­ bundenheit und geschichtlichen Zwang aus einer Reihe von einzelnen Stämmen zusammenwuchs, welche auch politisch, wie wir schon im Vorübergehen sahen, noch lange ihr Eigen-

leben bewahrten. Erst seit der Mitte des elften Jahrhunderts ist überhaupt ein gemeinsamer Name für das deutsche Volk (Teutonici) zum allgemeinen Gebrauch geworben22). Diese Einzelstämme sind also älter als das deutsche Volk, das Ursprüngliche, aus dem dieses sich erst allmählich zu­ sammenschloß. Es mag mit solchen Erinnerungen Zusammen­ hängen, daß diese Stämme im politischen deutschen Sprach­ gebrauch, auch im amtlichen, bis zum heutigen Tag eine unverhältnismäßige und oft irreführende Rolle spielen. Denn so gewiß sie im Mittelalter die eigentlichen Mittel­ punkte der politischen Machtbildung waren, ebenso gewiß ist nachher, vom zwölften und dreizehnten Jahrhundert ab, in Deutschland das Territorium die staatenbildende Kraft ge­ worden, und Territorium und Stamm decken sich seitdem, im allgemeinen, in keiner Weise. Die Franken z. B. sind heute aus über ein halbes Dutzend deutsche Länder verteilt, die Alemannen auf drei reichsdeutsche und drei nicht reichs­ deutsche Länder22). Die Stämme sind also seit Jahrhunderten politisch in der Regel keine bestimmende Macht in Deutsch­ land mehr gewesen. Aber freilich, sie sind trotzdem noch heute da. Keine politische Zersplitterung, keine Aufteilung durch Staat oder Wirtschaft hat sie beseitigen können. Sie sind da, vielfach noch genau in den alten Sprachgrenzen, eine der eigenartigsten und konservativsten Tatsachen unserer Ge­ schichte — aber leider von der Wissenschaft, mit Ausnahme der Sprachforschung, noch kaum erhellt. Auch der Ursprung dieser Stämme ist dunkel, wie der­ jenige der meisten Völker und Staaten; nur die Vereinigten Staaten von heute liefern dem Geschichtsforscher das seltene Schauspiel, die Bildung eines großen Staates und Volkes im vollen Licht der modernen Geschichte zu beobachten. Wir wissen nur, daß auch diese deutschen Stämme keine ursprüng­ lichen Einheiten sind, sondern selbst wieder Verbindungen verschiedener, meistens wohl verwandter Einheiten, um einen bestimmenden Rassen- und Sprachkern zusammenge-

schlossen und immer wieder angeglichen und ergänzt. Erst in der Merowingerzeit treten aus diese Weise die deutschen Altstämme, die Franken und Sachsen, die Thüringer, Schwa­ ben und Bayern vor uns hin; die Bayern, wie so oft in ihrer Geschichte, als die letzten, etwa um 500. Nach ihrer Abstammung gehören sie, gleich all diesen anderen Altstämmen, zu den Westgermanen, und zwar, ge­ meinsam mit den Schwaben-Alemannen, zu deren östlicher, suebischer Gruppe. Schwaben und Bayern sind heute noch die Süddeutschen im engsten Sinn, und in ihrem Verhältnis zu den Norddeutschen setzt sich, nach einer Bemerkung von Riezler"), noch immer die Scheidung fort, welche schon Tacitus zwischen der suebischen und der nichtsuebischen Gruppe der Westgermanen beobachtete. Innerhalb der suebi­ schen Gruppe aber waren die Bayern wiederum der östliche Teil, die unmittelbaren Nachbarn ostgermanischer Stämme; wie die Sprache zeigt, allein von allen deutschen Altstämmen vielleicht auch selbst mit einigen ostgermanischen Bestand­ teilen durchsetzt. Lag darin bereits eine stammesmäßige Ab­ grenzung von den Schwaben begründet? War es ein anderer Zusatz neuer Elemente schon aus der Wanderung — ich er­ innere nur an die von Fastlinger aufgeworfene Hosi-Frage?26) War es nach der Landnahme, auf dem heutigen bayerischen Boden ein stärkerer Einschlag keltischer oder keltisierter rätischer, alpiner Bevölkerung oder war es der sich wieder durch­ setzende romanisierte Untergrund, der sie beeinflußte und die bayerische Eigenart endgültig bestimmte? Wir wissen es nicht. Was wir wissen ist, daß der bayerische Stamm vom ersten Augenblick an, da er für uns sichtbar wird, seine ganz be­ stimmt umrissene Eigenart besitzt, von der viele kennzeich­ nende Züge noch heute unverändert in unserem Bauern­ volk fortleben.26) Viele von Ihnen kennen die berühmte Schilderung des bayerischen Bauern bei Aventin, also zur Zeit der Refor­ mation. „Das bayerische Volk", sagt der größte Geschichts-

schreiber, der ihm selbst entstammte, „das bayerische Volk ist geistlich, schlicht und gerecht; es geht und läuft gern auf Kirchsahrten, zu denen es auch reichlich Gelegenheit hat und legt sich mehr auf den Ackerbau und das Vieh, als auf den Krieg, dem es nicht viel nachläuft... Es trinkt sehr, erzeugt viel Kinder, ist etwas unfreundlich und eigensinnig, weil es nicht ost hinauekommt, sich gern daheim hält, wenig Han­ tierung treibt und fremde Länder ungern aufsucht. Der Kaufmannschaft achtet es nicht, und wie Kaufleute selten zu ihm kommen, sind im Land selbst wenige, die großen Handel treiben... Tag und Nacht sitzt der gemeine Mann beim Trunk, schreit, singt, tanzt, kartet, spielt, trägt sich be­ wehrt, mit Schweinsspießen und langen Messern, hält große und überflüssige Hochzeit, Totenmahl und Kirchtag. Aber er ist ehrlich und unsträflich, gereicht keinem zum Nachteil, kommt keinem zum Hbd"27). Erkennen wir in dieser Schilde­ rung vor vierhundert Jahren nicht fast Zug um Zug noch den bayerischen Bauern von heute? Und darf man nicht an­ nehmen, daß das Bild vor tausend Jahren auch nicht sehr viel anders ausgesehen hat? Ich greise hier nur einige Züge heraus, die für das poli­ tische Leben bedeutsam wurden und noch heute sind. Da ist einmal die außerordentlich charakteristische schwere Beweg­ lichkeit, im Gegensatz gerade zu den nächsten schwäbischen und fränkischen Nachbarn. Der Altbayer geht, wie Aventin sagt, schwerer und seltener aus seinem Land als irgendein anderer Deutscher; er hat schon Heimweh, wenn er über den Lech oder gar weiter über die Donau kommt. Er ist sehr wenig zungengewandt, bei aller schlagenden Wortkraft der Rede, nicht zuletzt im Schimpfen, auffällig ungelenk im Sprechen. Keine Quelle aus irgendeinem Jahrhundert fin­ det sich, soviel ich sehe, welche die bayerische Beredsamkeit lobte, wie schon die mittelalterlichen Quellen dies bei den Niedersachsen, den Norddeutschen, tun. Im Gegenteil: „Von den Waleisen muß ich sagen," heißt es einmal bei Wolfram

von Eschenbach, „Ein Lob, das sonst wir Bayern tragen, Die sind noch dümmer gar als wir." Nicht, daß es dem Stamm geistig an lebendiger Phantasie, ja selbst an Grazie fehlte. Aber er mag sie und kann sie viel weniger im Wort ausdrücken als etwa in der Musik oder in der bildenden Kunst, die ihm am Herzen liegen. Und auch wenn wir typische bayerische Kunst ansehen, so ist es häufig gerade die Mischung von Grob­ heit und Grazie, von Massivität und Schlankheit, die ihr eigen ist. Ebenso merkwürdig mischt sich die charakteristisch baye­ rische Bedächtigkeit und zurückhaltende Billigkeit, die Ab­ neigung gegen jede Übertreibung mit einer fast südlich auf­ fahrenden Heißblütigkeit, einem gähen Zorn und einer ver­ wegenen Schneid, die ihn in allen Jahrhunderten zu einem leidenschaftlichen Raufer und einem tapferen Soldaten ge­ macht haben. Denn der Bayer ist bei all seiner Schweig­ samkeit nicht nüchtern, sondern ein Phantasiemensch; inner­ lich viel bewegter und zarter, als er nach außen wahrhaben will, leicht obenaus und polternd und dabei doch grundgut­ mütig und wenig nachträglerisch: in jedem Zug fast das Gegenteil von der geradlinigen Klarheit des Denkens und Handelns, der Diszipliniertheit, Schärfe und Sprödigkeit der norddeutschen Art. Der Bayer ist passiv und läßt die Dinge an sich herankommen — am angenehmsten, wenn er sich gar nicht zu rühren braucht: Sei tuat'ö was! Von mir aus! Er braucht immer wieder in seiner Geschichte fremde Anregung, um seine eigenen Kräfte aufzuwecken, die dann plötzlich in Fülle da sind. Sehr bezeichnenderweise liegen in der Kunst seine besten Leistungen meistens in der Spätzeit eines Stiles: er hängt zuerst fast immer noch am Alten und wird erst richtig warm, wenn die andern die Sache schon beinahe wieder über haben. Sie sehen: eine eigentlich politische Natur ist das nicht. Er hat keinen angreisenden, ausgreifenden Machtwillen,leben und leben lassen, ist sein Wort. Er hat wenig Anlage zu

politischer Spekulation. Aber er hat eines: so wenig es ihn treibt, andern zu kommandieren, so wenig verträgt er selber fremdes Kommando. So wenig er daran denkt, andern seine Art auszudrängen, so wenig Lust hat er selber, eine andere anzunehmen. Er begehrt wenig von anderen, aber sie sollen auch nichts von ihm verlangen. Sonst wird er aufsässig; und er hat eine unerhörte Zähigkeit im Abwehren. Es ist ihm im Grunde sehr wohl in seiner Haut, und er hat nicht die min­ deste Lust, sie mit einer anderen zu vertauschen — das ist ja doch letzten Endes die eigentliche Quelle jedes wirklichen Konservativismus: eine noch unverbildete Freude an sich selber, ein Genuß des eigenen Daseins. Der ist beim Bayern, soviel wir sehen, noch lange nicht erschöpft. Der bayerische Stamm hat deshalb wenige große poli­ tische Einzelbegabungen aus sich hervorgebracht. Es ist ein seltener Einzelfall in der bayerischen Geschichte, daß in einer entscheidenden Stunde ein so bedeutender einheimischer Staatsmann am Ruder ist wie Leonhard von Eck in der Reformationszeit. Montgelas war von Geburt nur halb ein Bayer, von Eigenart noch weniger. Aber im Stamme als Ganzem liegt dennoch, wie die anderthalb Jahrtausende seiner Vergangenheit zeigen, ein starke staatsbildende und staatserhaltende Kraft. Er hat sich sehr früh in einem eigenen kräftigen Stammes­ staat zusammengesaßt und hat diesen, und damit seine ge­ schlossene Einheit, viel länger behauptet, als fast alle anderen deutschen Stämme. Er hat ein Herrscherhaus hervorgebracht, das aufs tiefste aus seinem eigenen Marke lebt und das des­ halb, wie wir sahen, auch in seinem fürstlichen Territorial­ staat das Kernstück des alten Stammesherzogtums und seine Eigenart forterhielt, in einer über siebenhundertjährigen Regierung, wir dürfen sagen, bis an die Schwelle des heu­ tigen Tages. Er hat auch kirchlich schon sehr früh eine in sich geschlossene Sonderorganisation, eine eigene bayerische Kirche, gewonnen und festgehalten: wieder bis zum heutigen

Tag. Er ist, aus welchen Ursachen nun immer, tatsächlich der einzige deutsche Altstamm gewesen, und zwar in seinem ganzen Umfang, seine früheren Kolonialgebiete einge­ schlossen, der auch in der großen Glaubensspaltung nicht zer­ rissen wurde, sondern schließlich einheitlich aus der Seite der alten Kirche verblieb?«). Und das war für die Folgezeit wieder ein neues und gegenüber den anderen Stämmen eines der bedeutsamsten Momente für die weitere Erhaltung seiner Besonderheit und inneren Geschlossenheit. Und er hat schließlich diese staatsbildende Kraft, auf seine Weise, auch in dem neuen Bayern des neunzehnten Jahr­ hunderts bewährt: das nicht mehr rein altbayerisch und nicht mehr einheitlich katholisch ist, sondern eine starke Minder­ heit von Protestanten und, zusammengenommen, eine Mehr­ heit von Franken, Schwaben und Pfälzern enthält. Dies neue, das heutige Bayern ist, wie man weiß, vor allem eine Schöpfung der Wittelsbachischen Könige, eines pfälzischen Zweiges des altbayerischen Hauses; im besonderen eines genialen Staatsmannes in ihrem Dienst, Montgelas, und eines genialen Wittelsbachers selbst, Ludwigs I.: sie beide sind seine eigentlichen Begründer?«). Aber es ist, ich wieder­ hole es noch einmal, keine zufällige Schöpfung. Seine natür­ lichen geographischen Voraussetzungen, alte innere Ver­ knüpfungen seiner Landesteile haben wir vorher schon be­ rührt. Die altbayerische Stammesart aber hat bei dieser Staatsbildung gleichfalls aufs glücklichste mitgewirkt, und zwar hier bezeichnenderweise sowohl mit ihrer politisch stärksten wie mit ihrer politisch schwächsten Eigenschaft. Denn sie war stark genug, sich auch in dieser einzigartigen Ver­ bindung aller süddeutschen Stammeselemente nicht nur zu behaupten, sondern vermöge ihrer Geschlossenheit und Beharrungskrast einen gewissen leitenden volksmäßigen Cha­ rakter für das Ganze abzugeben; und sie war passiv, duld­ sam genug, sich auch hier nicht den anderen aufzudrängen, sondern den beweglicheren Franken und Pfälzern im Staats-

dienst sogar vielfach die Führung zu überlassen^). Es ist alte Münchener Überlieferung, Fremdes auszunehmen, ohne sich selbst dabei zu verlieren; und wenn man gelegentlich in diesem neuen Bayern von einem Zentralismus der Haupt­ stadt sprach, so darf man nicht vergessen, daß die Leitung dieser zentralen Stellen sehr häufig in fränkischer oder pfäl­ zischer Hand lag. Es ist keine kleine staatsmännische Leistung gewesen, die das Wittelsbachische Königtum des neunzehn­ ten Jahrhunderts auf diese Weise in der Angliederung der weit abgelegenen, getrennten Pfalz, der zersplitterten frän­ kischen und schwäbischen Gebietsteile geleistet hat, in der Bildung eines einheitlichen Staatsgefühls, das auch den Umsturz von 1918 noch ungeschwächt überdauert. „In keinem Teil des Reiches, auch in Preußen nicht", hat ein unver­ dächtiger Zeuge, Dietrich Schäfer, vor wenigen Jahren ge­ sagt^), „ist das Bewußtsein, daß man innerhalb des Ganzen noch etwas besonderes darstellt, so lebendig geblieben wie in Bayern." „Bayern," so hat Bismarck dasselbe schon in den sechziger Jahren formuliert, „Bayern ist vielleicht das einzige deutsche Land, dem es durch materielle Bedeutung, durch die bestimmt ausgeprägte Stammeseigentümlichkeit und durch die Begabung seiner Herrscher gelungen ist, ein wirkliches und in sich selbst befriedigtes Nationalgefühl auszubilden."^)

Ist dies alles heute bedeutungslos geworden? Hat alles, was wir sagten, nur mehr ein antiquarisches Interesse? Gewiß, nicht nur Deutschland, die ganze Erde ist seit der Herrschaft der Maschinen und des industriellen Kapitalis­ mus in ein Zeitalter tiefster Umbildungen eingetreten, die noch nicht am Ende sind. Aus demselben deutschen Boden, aus dem bis vor hundert Jahren nie mehr als vierundzwanzig Millionen Menschen wohnten, drängen sich heute siebzig Millionen. Das alte landwirtschaftliche Deutschland hat sich darüber in ein überwiegend industrielles verwandelt, das alte

ländliche in ein großstädtisches. Der uralte tiefe Hang an der Scholle ist vielfach aufgelockert, die fortschreitende Verstädte­ rung beschleunigt die Zersetzung aller natürlichen, wurzel­ festen Verhältnisse. Flugzeug und Rundfunk scheinen rund um die Erde alle bisherigen räumlichen Grenzen aufzuheben — selbst die Meere verlieren ja durch sie ihre trennende Gewalt. Dazu treten in Deutschland noch die Folgen des Weltkrieges und des Umsturzes, die starke wirtschaftliche und bürokratische Welle des Unitarismus, welche die frühere Stellung der deutschen Einzelstaaten jetzt vielfach überschwemmt hat. For­ dert dies alles nicht eine neue Gliederung Deutschlands, für welche es kein bayerisches Problem mehr gibt? Allerdings, bis zur Stunde, sehen wir, hat Bayern auch in diesen Umwälzungen, vielfach dem großen Strom der Zeit zum Trotz, immer noch seine natürliche Eigenart und seine tatsächliche Sonderstellung bewahrt. Das eben ist ja der Grund, weshalb es vielfach so leidenschaftlich und erbittert bekämpft wird: gegen einen Toten oder Sterbenden zieht man nicht mit solchem Aufgebot zu Feld. Es hat die über­ schnelle Industrialisierung und Verstädterung Deutschlands nur in verhältnismäßig bescheidenem Umfang mitgemacht. Es hat, vor allem in seinem altbayerischen Teil, seinen jahr­ tausendalten bäuerlichen Charakter noch nicht verloren. Uber einem Drittel seines gesamten Bodens rauscht noch heute der alte deutsche Wald. Es gehört deshalb in seinen rechts­ rheinischen Gebieten zu den am wenigsten dicht besiedelten deutschen Ländern; freilich auch zu denen mit der langsam­ sten Kapitalbildung. Es ist ein Land der geringeren Ein­ kommen und der kleineren Vermögen; der mittelbäuerlichen Betriebe in der Landwirtschaft und der mittelständischen im Gewerbe, das selbst wieder zu einem großen Teil aus Landund Forstwirtschaft beruht^). In vielem ein Stück des alten Deutschlands, das hier im neuen noch fortlebt. Und es hat, und das ist immer noch im staatlichen Leben das Ent­ scheidende, den Willen zum selbstbestimmten Eigenleben

noch nicht verloren, der die bisherige Geschichte des baye­ rischen Staates getragen hat und der sich bislang stärker er­ wies als wie Karl der Große und Otto der Große, als eine Wirklichkeit, mit der Napoleon und Bismarck für besser hielten, zu rechnen. Es ist stolz aus diese Geschichte, die es als einen ebenso guten Teil der deutschen Geschichte betrachtet wie irgend­ einen andern, und in welcher in der Tat mehr als eine Leistung steckt, die zu den Großtaten unserer Gesamtnation zählt. Aber es begehrt nicht nur Achtung vor seiner Vergangenheit, sondern ebenso vor seiner leibhaftigen Gegenwart und Zu­ kunft. Es fühlt sich durchaus nicht als absterbender Überrest einer vergangenen Zeit, sondern als Träger einer noch immer starken erdgewachsenen Kultur, die gar nicht daran denkt, sich vor irgendeiner behenderen zivilisatorischen Beweglich­ keit ins Eck zu stellen. Noch ist das letzte Wort in dem unge­ heuren Kampf zwischen Maschine und Natur nicht gesprochen; es könnte wohl sein, daß Länder wie Bayern sich dafür be­ reithalten müssen, und daß jedes Volk froh sein darf, das noch solche erdnah gebliebenen Teile besitzt. Die Aufrechterhaltung seines staatlichen Eigenlebens aber ist für Bayern keine wirtschaftliche oder juristische oder ver­ waltungstechnische Angelegenheit, sondern eine Lebens­ frage. Denn man kann nach einem Goetheschen Wort zwar alles verlieren „wenn man bleibt, was man ist"34); aber eben auch nur dann. Wenn Bayern jetzt gegen alle Ungunst des Augenblickes für diese Erhaltung seines staatlichen Eigenlebens kämpft, so kämpft es diesen Kampf in erster Linie um seiner selbst willen — kein ernsthafter politischer Kamps wird anders geführt; es würde ihn führen müssen, auch wenn niemand anderer ihm zur Seite stünde. Aber es vertritt dabei nicht nur ein partikularistisches Interesse, das dem Reich ver­ weigern wollte, was des Reiches ist. Die Bayern sind so gute Deutsche wie irgendeine; an der Reichstreue und Opser-

bereitschaft Bayerns für das Reich zu zweifeln, sollte man sich nach dem Weltkrieg und der Haltung Bayerns seit 1918 einfach schämen. Aber das bayerische Problem ist auch heute noch da, und es umsaht auch heute viel größere, gesamt­ deutsche Fragen. Es enthält, glauben wir, ein wesentliches Stück der Entscheidung über den deutschen Staat der Zu­ kunft. Wir berühren hier keine Einzelheiten des gegenwärtigen Kampfes, noch feine Aussichten. Nur drei große historische Gesichtspunkte erlauben Sie mir zum Abschluß unserer Be­ trachtungen noch mit wenigen Worten hervorzuheben. Die bayerische Frage ist zunächst ein Prüfstein für das wahre Wesen der neuen deutschen Demokratie. Soll das Ziel ihres Staatsbaus eine mechanische Einheit sein, erreicht durch die zahlenmäßige Vergewaltigung jeder augenblicklich unbeliebten Minderheit von Volksgenossen, oder, wie der Artikel 18 der Weimarer Verfassung sagt, die wirtschaftliche und geistige Höchstleistung des deutschen Volkes, unter mög­ lichster Berücksichtigung des Willens der beteiligten Be­ völkerung selbst? Die bayerische Frage ist von dieser Seite her ein Minderheitenproblem, das heute ein so wichtiger Teil des gesamtdeutschen Problems in Mitteleuropa geworden ist. Das Deutsche Reich kann aber nicht für das Selbstbe­ stimmungsrecht deutscher Minderheiten im Ausland ein­ treten, wenn es selbst im eigenen Innern nach der Diktatur der Mehrheit regiert. Die stärkste geistige Unterstützung der unitarischen Be­ strebungen ist ohne Zweifel die berechtigte Sehnsucht, die tausendjährige deutsche Zerrissenheit und Zwietracht zu über­ winden. Aber liegt denn die eigentliche innere Zerrissenheit, liegt denn der wahre Partikularismus heute bei den Länder» oder den Parteien? Sind die wirklich zentrifugalen Kräfte, die bereit sind, gegebenenfalls auch über die Grenzen hinaus Bündnisse gegen den deutschen Landsmann zu schließen, beute hier oder dort? Wird der beutige Kampf gegen die

Länder wirklich nur aus Sehnsucht nach der deutschen Ein­ heit geführt, oder stehen nicht hinter ihm auch manche alte zersetzende deutsche Laster: die verbissene Theoretisiererei, die Eifersucht und -er Neid gegen den Landsmann, die Par­ teisucht und pedantische Reglementierwut bis zum letzten Gamaschenknopf? Wenn man aber nicht den reinen Anitarismus anstrebt, sondern eine, wie man sagt, zeitgemäße Neugliederung Deutschlands, wo ist bisher ein Plan dafür, der nicht in Wirklichkeit die Zersplitterung steigern würde? Was für einen Maßstab will man dabei zugrunde legen? Es gibt geogra­ phische, stammesmähige, wirtschaftliche, verwaltungstech­ nische und rein politische, von jedem sogar mehrere, und keiner deckt sich mit dem andern^). Jeder von ihnen aber würde zunächst einen Teil der einigenden Arbeit wieder auf­ lösen, welche die größeren Territorien in Deutschland ge­ leistet haben, und neue Binnengrenzen aufrichten. Dem: vom Standpunkt der deutschen Einigkeit sind weder die erd­ kundlichen Voraussetzungen noch die Stämme, weder die Wirtschaft noch die Parteien unbedingt gute Kräfte; sie sind alle ebensosehr natürliche Träger und Elemente der deutschen Zersplitterung. Ich deute in diesem Zusammen­ hang nur noch einmal daraus hin, was, gerade im gesamt­ deutschen Interesse, heute für Bayern die Abtrennung der Pfalz — d. h. die Loslösung von der Nord- und Süddeutsch­ land aufs stärkste verbindenden Rheinlinie, von der gesamt­ deutschen westlichen Grenzstellung; was die Abtrennung Frankens — d. h. der stärksten Bindung an das westliche und nördliche Deutschland bedeuten würde. Sie würde das Schwergewicht des verbleibenden Altbayern mit Notwen­ digkeit auf der Stelle wieder nach dem Südosten verschieben. Denn dies ist das Zweite. Die bayerische Frage ist zu­ gleich ein Teil der deutschösterreichischen. Stammesmäßig und konfessionell gibt es keine Grenze an der Salzach und im Zug der nördlichen Kalkalpen. Der kulturelle Wurzel-

boden Bayerns reicht weit über das heutige Reichsgebiet hinaus33). Daß vollends der Anschluß Deutsch-Österreichs, innerlich und europäisch, auf einer unitarischen Grundlage unmöglich ist, darüber bedarf es keines Wortes. Daß der föderalistische Organisationsgedanke aber heute rückständig oder den modernen Lebensbedingungen nicht gemäß sei, das kann nur behaupten, wer nicht weiß oder wer verschweigt, daß die größten Staatsbildungen der Gegenwert, das britische Weltreich wie die Vereinigten Staaten, föderativ aufgebaut sind, und daß der uralte germanische Trieb zur Selbstbe­ stimmung, der immer wieder zu diesen Spannungen zwischen Sonderleben und Gemeinschaft führt, in der Geschichte eine viel gewaltigere und fruchtbarere Kraft darstellt als der romanische Trieb zur Unitarisierung. Ium dritten aber ist Bayern — was noch lange nicht genug ins allgemeine Bewußtsein gedrungen ist, weder bei uns selbst, noch im übrigen Deutschland, — seit 1918 wieder Grenzland geworben37), nicht nur in der Pfalz, sondern auch im größten Teil seines Hauptländes ohnmächtiges Glacis unter den Geschützen bewaffneter Nachbarn. Vor dem Kriege lagen seine Verteidigungslinien, nach den Worten von Karl Haushofer, an den galizischen Festungen, am Südabhang der Alpen, aus den Kämmen der Vogesen und westlich der Mosel. Heute können nicht nur Ludwigshafen und Speyer, sondern ebenso München und Regensburg, Nürnberg und Bamberg, das Walchensee- und das Inn- und das Kachlet­ werk unter Feuer genommen werden, ehe der Gegner auch nur seine eigenen Grenzen überschritten hat. Ist es angesichts dieser Lage besser für das deutsche Volkstum, die Stellung Bayerns zu schwächen oder sie mit allen Mitteln, für das gemeinsame Ganze, zu stärken? Wir müssen uns ins Gedächtnis einhämmern, daß heute rings um unsere Reichsgrenzen nicht weniger als sechzehn Millionen abgetrennte oder getrennt gehaltene Deutsche wohnen» das ist etwa ein Viertel der Zahl der Neicbsbewohner 3*

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selbst88). Ist es wirklich ein so großer Fortschritt der deutschen Einigung, datz wir heute innerhalb des Reiches um neun Länder weniger Haden als vor dem Kriege, wenn gleich­ zeitig allein die geschlossen siedelnden Grenzdeutschen seht aus fünfzehn auswärtige Staaten verteilt sind? Und hier drängt sich dem, der die Karte der Gegenwart betrachtet, noch eines auf. Ist es nicht so, daß im Laus der letzten Jahrhunderte allmählich ein Stück Süddeutschlands nach dem andern absplitterte oder abgesplittert wurde: die Schweiz, das Elsaß, jetzt Südtirol, wichtige Gebiete von Steiermark und Kärnten, die Sudetendeutschen — ein nicht geringer Teil des alemannischen und -es bayerischen Stammes? Wir haben im Mittelalter erlebt, datz über der schließlich einseitig gewordenen Italienpolitik der süddeut­ schen Stausertaiser der deutsche Norden sich langsam, aber unaufhaltsam, unter dem Druck seiner Lebensinteressen, wieder partitularisierte und vom Reich unabhängig machte, daß Deutschland aus ein Haides Jahrtausend in eine nörd­ liche und eine südliche Hälfte zerfiel. Vergessen wir dieses ernste Beispiel nicht, wenn deutsch fühlen für uns wirklich heißen soll, für das ganze deutsche Volk zu fühlen. Die Rech­ nungen der Geschichte werden selten gleich nach den Fehlern oorgelegt; aber sie bleiben niemals aus: die Tage der Kata­ strophen kommen, an denen die aüsgesammelten Schulden bezahlt werden müssen. Das Interesse des gesamter, deutschen Volkes verlangt in seiner heutigen Lage mehr denn je, daß seine Fragen mit ebenso behutsamer wie sicherer Hand angefaßt werden: mit dem vollen Gefühl der Verantwortung, die jeder unnötige Schritt bedeutet. Eine bloß mechanische Lösung der deutschen Frage ist keine. Ein Staatsmann ist kein Schreiner, der bloß einen Hobel anzusetzen bräuchte, um die naturgegebener, Verschiedenheiten unseres Volkstums wegzuhobeln. Auf diesen Verschiedenheiten, die zum Teil älter sind als der älteste gemeinsame derrtscbe Staat, beruht der einzigartige Reich-

tum -er geistigen Leistungen des deutschen Volkes, und diese wieder sind die tiefste Quelle unseres gemeinsamen National­ bewußtseins. Verschütten wir sie nicht! Ich habe meine Zeit schon überschritten und eile zum Schluß. Die Geschichte gibt uns niemals eindeutige Lehren für das praktische Handeln von heut. Denn sie läßt sich nicht ab ziehen auf allgemeine Regeln; ihr Gang ist immer tiefer und geheimnisvoller. Wer sich ernsthaft mit ihr befaßt, wird gedrungen zur Erkenntnis, zum Verständnis auch des Ver­ schiedenartigen, ja des Widersprechenden. Er sieht die mäch­ tigsten Völker auf- und niedergehen, die stärksten Staaten emporsteigen und zerbrechen. Er empfindet Schritt für Schritt die zeitliche Bedingtheit alles Lebendigen, die Ver­ gänglichkeit jeder menschlichen Schöpfung. Wenn der Tod uns die Maske von Fleisch abreißt, wie Bismarck einmal ge­ sagt hat, so ist zwischen politischen Gegnern meist nicht mehr viel Unterschied; „auch der Dumme und der Kluge sehen, proper skelettiert, ziemlich einer wie der andere aus". Der Mensch braucht noch einen festeren Haltepunkt über der Erde. Dennoch ist uns aufgegeben, an dem Punkt, wo wir stehen, zu kämpfen für das, was wir für recht erkennen. Unser Herz befiehlt uns zu verteidigen, was wir lieben. Nur wer liebt und kämpft, ist wert, daß er lebe. Und was noch aufruft zu Liebe und Kampf, ist noch nicht dem Tode ver­ fallen.

Anmerkungen» *) M.Doeberl, Bayern und die Deutsche Frage in der Epoche des Frank­ furter Parlaments (1922); Bayern und das Preußische Unionsprojekt (1926); Bayern und die Dismarckische Reichsgründung (1925). Alle drei Bücher stehen, wie H. Oncken in seinem Nekrolog auf Doeberl (im Jahrbuch der Bayer. Akad. d. Miss. 1928/29, S. 77) sagt, „zugleich in einem inneren Zusammenhang mit der Gegenwart: wenn man will, mit dem Widerstände, den der bayerische Staat und das bayerische Volk gegen die neue Ordnung leisteten, die mit der Weimarer Ver­ fassung von 1919 seine Stellung im Reiche eingeengt hatte... Es war gleichsam der Monographische Ausdruck derjenigen Kräfte, die seit der Staatsgründung von Montgelas unter dem Königtum der Wittelsbacher sich herausgebildet hatten". -) Vgl. hiezu und zu den folgenden Absätzen die weiteren Ausführungen in meinem Aufsätze „Bayerische Geschichte" in dem Sammelwerk „Dem bayerischen Volke", München 1930, S. 14—40. 3) Vita Mathildis Reginae antiquior, Hrsg. v. Koepke, Mon. Germ, hist. Scriptores X, S. 577. Vgl. auch M. Seidlmayer, Deutscher Nord und Süd im Hochmittelalter. Münch. Dissertation 1928, S. 59 u. 71. 4) Fragmentum de Arnulfo duce, Hrsg. v. 3uffe, Mon. Germ. hist. Scriptores XVII, S. 570. 5) Thietmari Merseburgensis Episcopi Chronicon, Hrsg. v. Lappen­ berg-Kurze, Kap. 5, 19 (S. 118). G) Arnoldus de 8. Emmerammo, Hrsg. v. Waih, Mon. Germ. hist. Scriptores IV, S. 552. 7) Auch für die folgende knappe Zusammenfassung verweise ich auf die ergänzenden Ausführungen in dem Aufsatz „Bayerische Geschichte", s. Anm. 2. *) Vgl. hiezu jetzt auch Ernst F. S. Hanfstaengl, Amerika und Europa von Marlborough bis Mirabeau, München 1930, unter dessen weit­ gespanntem Titel sich eine Inhalt- und perspektivenreiche Untersuchung der außenpolitischen Bedeutung des belgisch-bayerischen Tauschplanes verbirgt. Johann Lachner, 999 Worte Bayrisch, München 1929, S. 17. L0) Noch 1920, vor dem Zusammenschluß der thüringischen Staaten, hatte die Saale nach ihrem Austritt aus Bayern nicht weniger als 33 Staats­ grenzen zu durchlaufen: E. v. Drygalski, Raum und Glieder des Reichs, Sonderdruck ans der Zeitwende 1929, S. 8.

n) Vgl. hiezu und zum Folgenden vor allem Drygalski a. a. 0. und Albrecht Penck, Deutschland als geographische Gestalt, in: Deutsch­ land, die natürlichen Grundlagen seiner Kultur, Leipzig 1928, S« 1—9; auch A. v. Hofmann, Das deutsche Land und die deutsche Geschichte, Berlin und Leipzig 1923. 12) Penck a. a. O. S. 6s.; zum Folgenden auch S. 4. 13) Penck a. a. O. S. 8. 14) Viktor Hehn, Gedanken über Goethes 1902, S. 7f.; zum Folgendell A. v. Hofmann a. a. O. S. 573. 15) Sigmund Riezler, Geschichte Baierns, IV, S. 55. lö) Penck a. a. O. S. 7; zum Folgenden Drygalski a. a. 0. S. 6, Dgl. auch meinen Aufsatz „Die Bedeutung Bayerns für die geistige Kultur Deutschlands", in „Volk und Reich der Deutschen", Berlin 1929, I, S. 376f., 378. 18) A. v. Hofmann a. a. O. S. 504. 19) Karl Haushofer, Geopolitik des bayerischen Staats- und Volks­ bodens in dem Sammelwerke „Das Land Bayern", München 1927. -°) Ich greife hier Ausführungen des oben (Anm. 2) angeführten Auf­ satzes über „Bayerische Geschichte", S. 15s., in breiterem Zusammen­ hang wieder auf. -1) Vgl. Penck a. a. 0. S. 9. --) Dgl. F. Vigener, Bezeichnmlg für Volk und Land der Deutschen vom 10.—13. Jahrhundert, Heidelberg 1901, S. 48 f.; zum Folgenden auch Johannes Haller, Die Epochen der deutschen Geschichte, Stutt­ gart und Berlin 1923, 1. Kapitel. -3) Willy Hellpach, Rasse und Stämme im deutschen Volkstum, in der Reuen Deutschen Rundschau 1926, 1 S. 132; zum Folgenden auch S. 133 f. 24) Riezler a. a. 0. I2, 1 (1927) S. 24. 25) Vgl. Riezler a. a. 0. I2, 1 S. 99f. aö) Die begrenzte Zeit und die besondere Zielsetzung des Vortrags er­ laubten nicht, auf die verschiedenen Spielarten einzugehen, die sich aus dem Kern des bayerischen Stammes in Österreich und den ein­ zelnen Alpenländern entwickelt haben. Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf Altbayern. 27) Aventins Bayerische Chronik, Hrsg, von M. Lexer, Ioh. Turmairs Werke V S. 42. Ich zitiere nach der Fassung bei Riezler a. a. 0. I-, 1 S. 140f; auch zum Folgenden. 3S) Dgl. hiezu „Bayerische Geschichte" a. a. 0. S. 18f. 29) Ich darf hier auf meinen Aufsatz „Probleme der neuesten bayerischen Geschichte" (Histor. Zeitschr. Bd. 118, 1917, S. 238 f.) verweisen, wo ich diese Anschauung zuerst vertreten habe; vgl. auch „Die Bedeutung Bayerns für die geistige Kultur Deutschlands" a. a. 0. S. 379f. Dgl. hiezu auch Karl Schwend, „Die politische und kulturelle Bedeutung Bayerns" in der Zeitschrift „Volk und Reich", Mai/Funi 1927, S. 210. :;1) Ich verdanke diesen Hinweis der Liebenswürdigkeit Herrn Dr. R. Korberrs.

y*) Lrlah an den preußischen Gesandten in München vom 5. März 1865, Friedrichsruher Ausgabe V S. 116, 39) Dgl. zu diesem Abschnitt vor allem die Zusammenfassung Franz August Schmitts „Bayerns Wirtschaft" in der Zeitschrift „Volk und Reich", Mai/Iuni 1927, S. 215—222. ") Vgl. Rudolf Borchardt, Der deutsche Geist, der Hüter des deutschen Föderalismus in: „Der Sammler", Beiblatt der München-Augs­ burger Abendzeitung, vom 25. und 25. Marz 1930. :J5) Vgl. auch Drygalski a. a. O. S. 12. :>fl) Dgl. hiezu „Die Bedeutung Bayerns für die geistige Kultur Derttschlands", a. a. O. S. 368, 386f.' :>7) Ebendort S. 386; zum Folgenden vor allem noch den Aufsatz Karl Haushofers „Politische Aufgaben Bayerns aus seiner Gefahrlage zwischen Rheinglacis, Böhmerwald und Alpenftont", in der Zeit­ schrift „Volk und Reich", Mai/guni 1927, S. 195—208. *“) Drygalski a. a. O. S. 7.; zum Folgenden auch S. 10.