Das Aquarium : Filme und Filmprojekte 9783492050487

Herausgegeben von Helmut Bachmaier und Klaus Gronenborn Werke herausgegeben von Gerhard Gönner auf der Grundlage der Nac

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German Pages [634] Year 2007

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Das Aquarium : Filme und Filmprojekte
 9783492050487

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Karl Valentin Sämtliche Werke in neun Bänden Herausgegeben auf der Grundlage der Nachlaßbestände des Theatermuseums der Universität zu Köln, des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek München sowie des Nachlasses von Liesl Karlstadt von Helmut Bachmaier und Manfred Faust

Band 8

Piper München Zürich

Karl Valentin (1882 -1948), genialer Komiker und philosophischer Wortakrobat, zählt zu den bekanntesten deutschen Bühnenkünstlern und Dramatikern.

Karl Valentin Das Aquarium Band 8 Filme und Filmprojekte Herausgegeben von Helmut Bachmaier und Klaus Gronenborn

ISBN 978-3-492-05048-7 Originalausgabe 1995 Sonderausgabe 2007 © Piper Verlag GmbH, München 2007 Umschlaggestaltung und Konzeption: R-M-E Roland Eschlbeck Umschlagabbildung: Valentin-Karlstadt-Musäum Frontispiz: Karl Valentin mit dem »Film-Kurier« um 1940, Stadtmuseum München Satz: Kösel, Kempten Druck und Bindung: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany

’www.piper.de

Inhalt Kurzfilme Das Aquarium 13 Familie Valentin auf dem Volksfest 15 Oktoberfest-Schau 31 Beim Tiefsee-Taucher 33 Sie weiss etwas 39 Herrschaftsdiener gesucht 47 Die Erbschaft 48 Der Allesfresser 52 K-J-S-. (Katzenjammer-Jmpf-Serum.) 54 Die öffentliche Telefonzelle 56 Die gestreifte Zeltleinwand oder im Uebereifer gehandelt Wie entstand die Jazzkapelle 67 Auskunft auf der Landstrasse 70 Die Wildentenjagd 72 Ein Gewitter kommt 74 Schloss Grünwald 76 Auf dem Rennplatz 78 Begriffstutzig 81 Der Bruder auf Besuch 83 Auf einer kleinen Bank im Park 86 Kreuzworträtsel 89 Die gestrige Zeitung 91 Ehrgeiz 93 Wochenschau 1946 mit Karl Valentin 95 Valentin am Telefon 96 Immer belegt 97 Film Tricks von Karl Valentin 98

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Multimediale Inszenierungen Der Flug zum Mond im Raketenschiff ioi In der Schreinerwerkstätte .... 114 Münchner Fremdenrundfahrt 116 Wochenschau von Karl Valstadt und Lisi Karletin Am laufenden Band 125 Das Heimkino 148 Mo-zart! 149 Lora 153 Vorsicht - Nervenhochspannung 156 Weltanschauung 159 Unterbrechungen 162 Karl Valentin als Sturzflieger 165

Langfilme Hausmeisters-Eheleute gesucht 173 Kaspar Hauser 182 Grossfeuer 197 Das Brillantfeuerwerk (Treatment) 209 Das Brillantfeuerwerk (Grosstonfilm) 212 »Raubritter vor München« (Treatment) 235 Raubritter vor München. - (Grossfilm) 249 Das Mondraketenflugzeug 340 Der Weihnachtstag 343 Weihnachten 344 Der Umzug 359

Film-Exposés nach Ideen fremder Autoren Der Angler 375 Die billigen Reitstiefel Bräuhaus-Idyll 379

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Ein Hofbräuhausidyll 385 Es brennt! 389 Der Friseur ist da 390 Höher Peter 392 Der Landdoktor 395 Nächtlicher Stuhlgang 399 Der neue Badeofen! 402 Die Stradivarius Geige 404 Der verfrühte Salut! 406

Biographische Notate zu Film und Kino Meine Filmlaufbahn von 1913 bis heute 413 [Biographische Notiz] 413 Hier Franz Seitz - hier Karl Valentin 414 Der »Filmstar« 414 [Biographische Notiz] 415 FOTO ATELIER von KARL VALENTIN! 418 Karl Valentin’s Filmpech 419 Kollegen und Konkurrenz Verderben die Existenz 420

Filmverzeichnisse Film Archiv-Album 423 Verzeichnis 423 Gedrehte stumme Filme mit Karl Valentin u. Lisi Karlstadt ab 1912 424 Gedrehte Filme von Valentin und Karlstadt 1912 - heute 425 Valentinfilme - Positive 427 [Alle Negative und Positive] 428 [Verschollene Valentinfilme] 429 Neue Valentin u. Karlstadt Kurztonfilme in Vorbereitung 431 Verzeichnis v. Kurztonfilmen - Exposees fremder Autoren 432

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Bearbeitungen Das kinderlose Ehepaar 435

Anhang Editorische Notiz 447 Kommentar 449 Verzeichnis der Briefe zu Film und Kino Filmographie 568 Bibliographie 584 Nachwort 597 Danksagung 618 Bildzuordnung 618

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Kurzfilme

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Karl Valentin als Aquariumkenner in »Das Aquarium«

Das Aquarium Kurztonfilm.

Meine verehrten Zuhörer! - Jch will Jhnen jetzt mit Zuhilfenahme des Films die Geschichte eines Goldfisches erklären. Werte Anwe­ sende! »Es war einmal - ich selbst« und ich wohnte damals, bezie­ hungsweise heute noch in der Bahnhofsstrasse. Hier sehen Sie die Bahnhofsstrasse wie Sie selbst sehen, eine regelrechte Strasse mit allem Zubehör, Schienen, Randstein, elektrische Beleuchtung etc. und in dieser Strasse wohne ich, also, dass Sie mich richtig verstehen, ich wohne nicht in der Strasse selbst, denn das wäre ja unmöglich, schon wegen der Verkehrsmittel, stellen Sie sich so ein Mittagsmahl vor auf offener Strasse (Bild zeigt den Tisch mit 5 Personen beim Mittagsmahl, soeben kommt die Elektrische und hält vor dem Mittagstisch, läutet Bim bim bim bim, hält davor und die Familie muss aufstehen, den Tisch beiseite nehmen und die Strassenbahn durchlassen, kaum sitzen sie wieder, kommen einige Autos, wieder

dasselbe Manöver usw.) Also ich wohne nicht in der Strasse, sondern in einem Haus in der Bahnhofsstrasse Nr. 90, (siehe Bild), in diesem Haus wohne ich im 1. Stock, also unter dem 2.Stock und über Parterre Bild i » 2 = und in diesem 1. Stock da geht bei uns eine 2 = i = Treppe hinauf (Trickzeichnung stufenweise) P= das heisst, die geht schon wieder runter auch (Trickzeichnung Stufen verschwinden eine nach der andern von oben herunter) richtig ausgedrückt, geh ich eigentlich über die Stiege hinauf; hier im 1. Stock wohne ich. Jch bin Goldfischsammler und deshalb hab ich ein Aquarium. Hier ist ein Aquarium! aus Glas, ein ganz einfaches Ding 4 Seitenwände und 1 Boden, innen ist Wasser und im Wasser sind die Fische, alles ganz logisch, schon das Aquarium selbst richtig konstruiert vier Wände und der Boden, stellen Sie sich ein Aquarium vor ohne Boden, würde man da Wasser hineinschütten, lief es unten durch. Ein Vogelhaus ist genau so gebaut 4 Wände und ein Boden, hier kann der Boden da sein, schütten Sie Wasser hinein, läuft es bei den Seitenwänden heraus (B) Ein Vergleich zwischen einem Aquarium und einem Vogelhaus ist daher der Wissenschaft halber schon angebracht. Merken: den Fisch ins Aquarium, den Vogel ins Vogelhaus - umgekehrt unmöglich. Der Fisch würde sich im Vogelhaus nicht halten können (fällt immer übers Stangeri herunter) während ein Vogel im Aquarium ersaufen würde (der nicht, weil der nur ein ausgestopfter ist) also nochmals, die Fische gehören ins Aquarium und der Vogel ins Vogelhaus. Wie Sie sehen schwimmen hier die Fische hurtig hin und her, bald hinauf; bald hinunter, dann wieder seitwärts, sie schwimmen fast jeden Tag anders, noch nie habe ich einen gleichen Schwumm beobachtet, man lacht über das Wort »Schwumm« - aber folgerich­ tig - schwingen - Schwung - schwimmen - Schwumm. Als erfahrenen Aquariumkenner ist mir kürzlich, es ist eigentlich schon länger her, also es ist mir länglich etwas eigenartiges passiert. Ich füllte das Aquarium mit frischem Wasser nach, wurde dabei abgelenkt und goss zuviel Wasser hinein und zwar soviel, dass das Wasser fast 5 cm über den Rand des Aquariums hinausragte, was war die Folge, dass ein übermütiger Fisch über das Aquarium hinaus-

schwamm und auf den Fussboden stürzte. Glücklicherweise habe ich in dem Zimmer, in dem das Aquarium steht einen Fussboden, wenn das nicht der Fall wäre, wäre er in die Parterre Wohnung gefallen, die Leute hätten den Fisch nicht bemerkt und hätten denselben vielleicht gar zertreten wie einen Wurm. Ich nahm den Fisch, der durch den Fall eine leichte Verletzung am Backenknochen davongetragen hat und wollte ihn in die Veteranenschule Verzeihung-Veterinärschule tragen. Unterwegs dachte ich mir, weil ich gerade am Stadtbach vorbeiging, ach was, warum das Tier noch lange ans Krankenbett fesseln - ein Gedanke - und flugs warf ich den Goldfisch in den Stadtbach in seine Heimat, also ins Wasser. Er schwamm hinunter, ich schaute ihm nach, winkte mit dem Taschentuch, da fiel mir plötzlich ein, dass ja unten am Stadtbach eine Mühle ist mit Mühl­ rad. Ich wollte dem Fisch schreien - halt - im Schreck fiel mir der Name nicht mehr ein - es war zu spät, es war schon J/4 nach 2 Uhr und um 2 Uhr wollte ich ja wieder zu Hause sein. Was ist mit dem Fischlein geschehen, ist es ins Mühlrad gekommen? Vielleicht? Fischschicksal!

Familie Valentin auf dem Volksfest gedreht 1923 Arnold - Richter Dieser Stummfilm könnte als Tonfilm gedreht werden unter Zufü­ gung meiner Einakter »Sie und Er« und dazu noch - Amanda das Riesenweib - Tafit der Mann mit den Riesenohren - und der Mann mit dem Eisenmagen - Der Stummfilm 1923 »Auf der Festwiese« wurde (Positiv und Negativ [)] von der Reichsfilmkammer Berlin Dr. Kümmerle und Herr Quass angekauft, und wird auf Wunsch zur Besichtigung gern herausgegeben.

i. zu Hause - Fahrt zur Wiese - Mitzi wartet vor Hippodrom - beim Taucher - Im Flohzirkus - Im Lachkabinett - Riesendame Glückshafen - beim Fotograph - Tobogan - Menschenfresser Lukas - entflogen mit Luftballon. r5

Familien: Bild.

1. Bild Total Ansicht vom großen Volksfest 2. Bild Das Ehepaar drängt sich zur ersten Schaubühne hin 3. Bild (Indianer Bude von außen) Das Ehepaar schaut zu und begeben sich hinein

4. Bild = Indianer Bude von innen Das Ehepaar schaut sich die Vorstellung an. 5. Bild Indianer Bude von außen - das Ehepaar kommt heraus, die Indianer auch - plötzlich erkennt Val. unter den Indianern einen guten Freund - er glaubt nicht mehr, daß derselbe ein echter Wilder ist, wischt ihm mit dem Taschentuch übers Gesicht [,] das Taschen­ tuch wird braun gefärbt, das Publikum entdeckt den Schwindel und stürmt die Bude. 6. Bild

Im Irrgarten - Das Ehepaar lacht sich halbtot.

7. Bild

Lach = Kabinett

8. Bild - auf der Tobogan

9. Bild = Im Flohzirkus 10. Bild = Das Geländer im Flohzirkus bricht - alle Flöhe kommen aus. Allgemeines Kratzen im Publikum. 11. Bild = Ringkampf Bude Athleten Zirkus außen. 12. Bild Ringkampfbude innen Valentin ringt mit dem Dicken, er wird von ihm fast erdrückt. Frau gibt ihm Hoffmannstropfen - es wird ihm wieder besser.

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13. Bild = Beim Riesenkind = 3 Monate alt = 5 Zentner schwer. Ein schwerer Mann im Wickelkissen - Die Frau herzt u. küßt das Kind unten schaun die Stiefel heraus u. entsetzt verlassen die Zuschauer die Bude.

14. Bild = Die Riesendame (Trick Aufnahme) ungefähr 10-15 meter groß - auf hohen Mast gebunden - mit langem Kleid versehen. Verfehlte Spekulation Warum macht denn der Mann gar kein Geschäft? Weil er lauter Zaungäste hat 15. Bild = Inneres der Menagerie = Käfige mit wilden Tieren = auch ein Riesenkrokodil - dasselbe verschlingt Valentin - Frau zieht ihn wieder aus dem Rachen - Krokodil hat sich an ihm die ganzen Zähne ausgebissen u. weint nun Krokodilstränen.

16. Bild - Am Glückshafen - Das Ehepaar kauft sich Lose [,] beide Gesichter (Groß Aufnahme) beim Öffnen der Lose. Lauter Hans­ wursten (Nieten) das letzte Los ein Treffer - jedes möchte densel­ ben haben, streiten und zerreißen das Los = u. holen sich hernach einen Gegenstand (komischer Gegenstand)

17. Bild Wer haut den Lukas? Val. will zuerst den Hammer schwingen - er reißt ihn fast um - seine Frau will ihn hinten halten [,] er haut ihr mit aller Gewalt den Hammer auf den Kopf - sie sinkt zusammen - er meint sie ist tot. Er fühlt ihren Puls - sie rührt sich nicht mehr. Val. geht fort und ist froh, allein zu sein. Gleich lernt er ein junges Mädchen kennen - er ladet sie ein - sie geht gleich mit ihm (Frau kommt wieder zum Bewußtsein u. sucht Valentin) 18. Bild = Beim Photografen! Ein Photograf = (offene Bude) ladet Val. u. das Mädchen ein zum photografieren lassen - beide gehen hinein - Stellung nehmen Photograf sagt: Bitte recht freundlich = Val. macht freundl. Ge­ sicht - im selben Moment kommt seine Alte wieder mit dem 22

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gewonnenen Nachthafen u. haut damit zu. - Mädchen läuft davon. Val. und Frau sind wieder beisammen.

19. Bild Wer läßt sich elektrisieren? (Komische Stellung von beiden - krümmen und verbiegen sich)

20. Bild Wer will sich wiegen lassen? 21. Bild Warnung vor Taschendiebe! 22. Bild Hier gibt guten Apfelmost! Beide trinken sehr viel davon 23. Bild Bedürfnis=Anstalt Beide in Verzweiflung - weil besetzt. 24. Bild Vorsicht Wasserpfutze.

25. Bild

Wer kauft Luftballon?

26. Bild = Zeitungs=Text Mann entflogen 27. Bild Die trauernde Witwe

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Oktoberfest-Schau Zutritt, Zutritt, meine Damen und Herren, soeben ist Anfang, Beginn einer neuen Vorstellung! Niemand soll den Festplatz verlas­ sen, ohne unserer Vorstellung beigewohnt zu haben. Das muss man gesehen haben. Das Attraktions-Programm mit Fräulein Lilly Wiesi-Wiesi, das grösste Weib, das je in Europa gezeigt wurde. Die Dame ist 2-3 Meter gross und wiegt 280 Pfund. Fräulein WiesiWiesi ist keine Figur - keine Puppe - sondern ein lebendes Wesen. In der zweiten Abteilung sehen Sie »Tafit«, den Mann mit den Riesenohren. Herr Tafit ist ein medizinisches Rätsel; er ist normal gebaut bis auf die Ohren. Es sind Riesenohren mit 1 Meter Durch­ messer. In der letzten Abteilung - Valentin Wau - das Muskelphänomen, - der Mann mit dem Eisenmagen - der unverwundbare Fakir. Er wird schwere eiserne Gegenstände wie Eisenbahnschienen, Beton­ pfeiler, schwere Artillerie Säbeln mit seinen Armen und Muskeln abbiegen. - Versäumen Sie nicht, unserer Vorstellung beizuwoh­ nen! - Zur Kassa - die Kapelle gibt das letzte Zeichen - Sie brauchen nicht lange warten - die schönsten Plätze sind noch zu haben. - Sie bezahlen heute ermässigte Preise! - Also zur Kassa! Zutritt - die Künstler begeben sich in das Theater - die Kapelle gibt das letzte Zeichen und die Vorstellung beginnt! 1. Ansprache: (Riesendame). Sie haben heute das seltene Vergnügen, die Riesendame Frl. Lilly Wiesi-Wiesi persönlich kennen zu lernen. Sie wurde im Jahre 1908 geboren und vollendete am 31. Februar 1892 ihr 45. Le­ bensjahr. Ihr Papa, ehemaliger Direktor einer SchmalznudelVerleih-Anstalt in Thalkirchen an der Ruhr, scheute keine Ko­ sten, seiner Tochter die Abnormität erlernen zu lassen. Die Dame ist gegenwärtig 2.30 Meter gross, und wiegt 320 Pfund. - Sie erhielt schon eine Einladung, sich vor dem Grossherzog von Kleinhesselohe sehen zu lassen. Der Kurfürst Esendlcupcztil von der Menterschweige liess der Riesin ehrfurchtsvoll ein Paket Kunstdünger überreichen zur weiteren Entwicklung. Die Dame

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ist militärfrei und spielt mit Vorliebe gern Grammophon und »Schneider, leih mir dei Scher’.« Um die Grösse beizubehalten, isst die Dame nur längliche Spei­ sen wie Stangenspargel, Makkaronie, Rhabarber und Salzstangerln. Getränke muss sie sprudelnd heiss trinken, da die im Munde eingenommenen heissen Flüssigkeiten infolge der langen Speisenröhre meistens eiskalt in den Magen kommen und zu einer Magenerkältung fuhren könnten. Frl. Lilly Wiesi-Wiesi ist sehr vermögend, besitzt eine schöne Villa, 5 Paar Schuhe, einen Hofhund, 10 Dutzend Taschentücher und eine Hängelampe. Die Dame hat noch eine ganz kindische Stimme. — Fräulein, sagen Sie mal den Herrschaften schön, wie Sie heissen! Frl. Lilly: Mein Name ist Lilly. Rekommand.: Wie alt? Frl. Lilly: 35 Jahre alt. Rekommand.: Meine Damen und Herren! Sie haben sich über­ zeugt, dass das, was Sie hier sehen, keine Figur, keine Puppe, sondern ein lebendes Wesen ist, denn sonst könnte sie ja nicht sprechen. Um alle Zweifel zu heben - denn verschiedene von den Herrschaften glauben vielleicht, die Dame steht auf einem Stän­ der - das ist nicht der Fall - die Grösse der Dame ist echt das will ich Ihnen jetzt beweisen. - Frl. Lilly wird sich jetzt ins Publikum begeben und ihre Postkarten verkaufen. Direktor: Das haben wir nicht ausgemacht! - Nein, das gibt es hier absolut nicht, - Postkarten dürfen unter keinen Umständen verkauft werden! Rekommand.: Damen und Herren! Sie haben meinen guten Wil­ len gesehen, aber die Direktion gestattet es leider nicht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. - Das war der Schluss der ersten Abteilung.

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Szenenbild zu »Beim Tießee-Taucher«

Beim Tiefsee-Taucher Original-Komödie von Karl Valentin, München.

Die Komödie spielt in zwei Szenen vor und in der Taucherbude. i. Szene.

Auf der Bühne steht schräg die Aussenkulisse (Aussenansicht) einer Taucherschaubude (siehe Zeichnung). Auf kleinen Antritten vor der Bude steht die Kapelle, bestehend aus drei Blechmusikanten, einem Clown, welcher die grosse Trommel schlägt und dem Ausrufer. - Die Musik beginnt. Nach der zweiten Musikpiece erscheint der Taucher selbst, tropfnass von der letzten Vorstellung. Der Ausrufer hält nun seine Ansprache: Ausrufer : Zutritt! Zutritt!, meine Herrschaften! - Soeben beginnt eine neue Vorstellung! Sie haben heute Gelegenheit, die Tätig­

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keit eines Tiefseetauchers zu bewundern. In einigen Minuten ist Anfang der Vorstellung! (Erklärung der Ausrüstung) Sie sehen also hier einen Tiefseetaucher! Wie ein Packträger auf dem Lande arbeitet, so hat ein Taucher die Pflicht, unter dem Meere zu arbeiten. Damit dem Taucher das möglich ist, benötigt er einen Taucher-Anzug und die entsprechende Ausrüstung dazu (zei­ gend). Dieser besteht aus einem wasserdichten Gummianzug, der an den Armen und an den Schuhen mit Gummiringen abschliesst, um das Eindringen des Wassers zu verhindern. An dem Taucher­ helm befinden sich runde Fenster, damit der Taucher heraus­ schauen kann. - Dem Taucher wird jetzt der Taucherhelm wieder auf den Kopf gesetzt. Vorläufig atmet er noch die irdische Luft ein, sobald aber dem Taucher die Verschlusschraube einge­ schraubt wird, ist der Taucher von der Athmosphäre abgeschlos­ sen und muss ihm durch die Taucherpumpe Luft zugeführt werden. Der Taucher wäre nun tauchfertig ausgerüstet, wäre aber noch nicht imstande, in die See hinunterzutauchen, weil er noch nicht die nötige Schwere besitzt. Um dieses zu bewerkstelligen, muss dem Tiefseetaucher das sogenannte Taucherherz umge­ hängt werden. Dieses Taucherherz hat den Zweck, den Taucher in die Tiefe zu ziehen. Dieses Taucherherz hat ein Gewicht von 30 Pfund; ausserdem hat der Taucher noch an beiden Füssen die sogenannten Taucherschuhe aus Blei im Gewicht von 80 Pfund, welche ebenso dazu bestimmt sind, die Schwere des Tauchers zu vermehren. - Das hier ist der Luftschlauch, welcher dem Taucher die Luft aus der Pumpe zuführt, und das hier ist das Seil, an welchem der Tiefseetaucher in die grauenhafte Tiefe des Meeres­ grundes hinabgelassen wird. Ausserdem erhält der Taucher die elektrische Taucherlateme, die ihm in angezündetem Zustande Licht gibt und auch unter Wasser brennt. Der Tiefseetaucher ist somit völlig ausgerüstet und die Vorstellung kann beginnen! Also Zutritt, Zutritt, - damit Sie sich einen schönen Platz sichern können! Die Kapelle gibt das letzte Zeichen und die Vorstellung beginnt!

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DerAusrufer geht nun mit dem Taucher und den Musikanten in die Bude hinein. Ihnen folgen verschiedene Personen, die vor der Bude die Rede mit angehört haben. Nach dem Publikum erscheint vor der Bude Karl Valentin und Lisi Karlstadt als komisches Ehepaar. Vor der Bude sitzt nur noch die Kassierin. Karlst.: Da schaug her, Alter, der Taucher is a wieder auf der Wies’n herauss, - ah fein - da geh’n ma eini, geh weiter! Valentin : A, mir gangst, dös war net vui interessant, da geh i schon liaber zum Riesenmädchen, die hat solchene Hax’n, da sieghst

wenigstens was! Karlst.: I gib dir glei Hax’n! Wennst Hax’n sehg’n willst, dann schaugst de mein’ o, dös merkst dir! Valentin: Hab i koa Interesse! Karlst. : Wennst scho positiv a seitens Frau’nzimmer sehg’n willst, nacha geh’n ma halt zur »Dame ohne Unterleib«. Valentin : Die hat ja koane Hax’n net, geh’n ma halt zum Riesen­ mädchen! Karlst.: Stad bist jetzt, jetzt geh’n ma grad extra zum Taucher nei! - Zahl’n tua i - gib ’s Geld her! Valentin : Säh - ja Du, hast g’hört, wart ma halt, bis der Taucher wieder äusser kimmt, dann schaug’n ma’n uns heraussen o - dös war doch a Blödsinn, wenn ma neigeh’ tat’n. Karlst.: Dumm’s Mannsbild, dumm’s, herauss taucht er doch net

unter. Valentin: Wo nacha? Karlst.: Ja drinna! Valentin: Wo drinna? Karlst.: Ja, im Wasser! Valentin: Jaaaaa - is in dera Bud’n lauter Wasser drinna? Karlst.: Wahrscheinlich! Valentin: Mir gangst! - Na dersauf’ ma ja! Karlst.: Jetzt geh’n ma amal nei, - gib Obacht - da kommen 4 Stufen, dass d’ di net derfallst! Valentin : Ja ja, kümmer’ di net um mi! (Fällt aufder Stiege, schlägt

sich die Nase auf)

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Karlst.: Hab i’s net g’sagt, mit dem Kletzenkopf kannst nirgends hingeh’n, höchstens ins Kasperltheater!

(Beide zahlen an der Kasse und gehen in die Taucherbude hinein.) 2. Szene.

Bude von innen. Die Bude muss auf der Bühne so gestellt sein, dass das Publikum die äussere und die innere Vorstellung ohne tveitere Verwand­ lung vor Augen hat. - Die Vorstellung der Bude nimmt durch Aufziehen eines kleinen Vorhanges ihren Anfang. - Rekommandeur und Taucher (ohne Helm) betreten das Innere der Bude. Rekommandeur: (Zum Publikum) Sehr geehrte Damen und Her­ ren! Sie sehen also einen Original-Tiefseetaucher in voller Ausrü­ stung. Wie ein Packträger auf dem Lande arbeitet, so arbeitet der Original-Tiefseetaucher auf dem Meeresgründe. Damit dem Taucher das möglich wird, benötigt er eine Taucherausrüstung. Dieselbe besteht aus einem wasserdichten Gummianzug und zweitens aus dem Taucherhelm........ Valentin: Sie entschuldigen’s, kann der anstatt dem Taucherhelm an Wilhelm a braucha? Rekommandeur : Bitte mich nicht zu unterbrechen! -....... An dem Taucherhelm befinden sich runde Fenster, damit der Taucher herausschauen kann.......... Valentin: Wer schaut denn nacha nei? Rekommandeur: Ja, der andere Taucher. Valentin: Ja, is im Meeresgrund noch a anderer Taucher drunt? Rekommandeur: Nein, aber wenn halt grad einer drunten wär, dass der andere dann hineinschau’n kann, ob da wirklich einer drin ist. Valentin : Ja, was tut nacha der drinnere, wenn der draussere von heraussen hineinschaut? Rekommandeur: Dann schaut der raus, ob der andere wirklich hineinschaut. Valentin: Wenn aber der net neischaut? Rekommandeur: Dann schaut der andere net raus.

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Valentin: Aha - dös is ganz praktisch, - in dem Fall bräuchten

dann gar keine Fenster drin sein. Rekommandeur:......... Wie Sie sehen, meine Herrschaften, atmet der Taucher jetzt noch die irdische Luft ein, sobald aber dem Taucher die Verschlusscheibe eingeschraubt wird, wie Sie hier sehen,.......... Valentin: Na derstickt er!? Rekommandeur: Reden’s doch nicht so saudumm drein, der er­ stickt eben nicht, der kann nicht ersticken, weil ihm künstliche Luft zugefiihrt wird aus der kompromierten Luftflasche. (Zeigt dieselbe) Der Taucher ist nun tauchfähig und geht ins Was­ ser. Valentin: Aus Liebesgram? Rekommandeur: Nein - er taucht ins Wasser. Valentin: Ja - warum? Karlst.: Warum!, - also du kannst saudumm frag’n! Warum stehst denn du da? Valentin: Dass i an Taucher siehg! Karlstadt: Na also! Rekommandeur: Sie sehen, der Taucher ist jetzt unter Wasser und wird jetzt unter Wasser arbeiten. Karlstadt: Arbeitet der am Sonntag a? Rekommandeur: Aber nein, am Sonntag geht der Taucher in die Kirche wie jeder andere Mensch auch. Valentin: In dem Taucherg’wand? Rekommandeur: .......... Ich gebe nun dem Taucher eine leere Schiefertafel. Der Taucher wird unter dem Wasser etwas auf die Tafel schreiben. Karlstadt: Da bin i g’spannt, was der draufschreibt! Rekommandeur: (Die nasse Tafel zeigend) Der Taucher hat auf die Tafel geschrieben: »Ich habe grossen Durst!« Valentin: Im Wasser drin hat er Durst! Rekommandeur: Nun wird sich der Taucher unter Wasser schneuzen, wozu er ein wasser-dichtes Sacktuch benützt. Es wäre natürlich unanständig, wenn ich Ihnen dieses gebrauchte Ta­ schentuch zeigen würde. 37

Valentin : Ja, Sie - Herr Taucherbesitzer, wenn aber der Taucher

unterm Wasser hinaus muss? Karlstadt: Der muass doch net naus, drum hat er ja a wasser­

dicht^ G’wand o. Rekommandeur: Sehen Sie jetzt, meine Herrschaften, genau hin­ unter in die Tiefe. - Eben hat der Taucher unter Wasser mittels einer Taucherlaterne Licht gemacht. Alle: (lehnen sich stark über das Geländer) Wir seh’n kein Licht! Rekommandeur: Bitte die Herrschaften, sich nicht zu weit über das Geländer zu beugen, damit das Geländer nicht bricht! (Alle Zuschauer fallen in das Wasserbassin und plätschern darin herum) Rekommandeur: Das war der Schluss unserer kleinen Vorstellung! [Ende.]

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3 Karl Valentin als Baron Pliefentranz und Liesl Karlstadt als Schauspielerin in »Sie weiss etwas«

Sie weiss etwas von Karl Valentin und Lisi Karlstadt 1939.

Ort der Handlung: Wohnzimmer des Herrn Generalinspektors Edmund Vstblk. Spielt am 1. April. 1. Scene.

Generalinspektor, dessen Gattin und die Schauspielerin, Frl. Karlstadt, sitzen heim Aufgehen des Vorhangs auf der Bühne an einem Tisch und plaudern. Frau G.: Ich freue mich so, Frl. Karlstadt, dass Sie uns heute die Ehre Ihres Besuches geschenkt haben. Sie waren ja gestern wieder grossartig in Ihrem Spiel. Herr G.: So gut waren Sie noch nie - Sie haben sich selbst

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übertroffen - Ihre Sprache und Ihre Mimik - das macht Ihnen keine nach. Frau G.: Gelacht haben wir über Sie. Wie machen Sie das bloss, dass Sie jedesmal eine andere Person sind? Karlst.: Dafür ist man schliesslich Schauspielerin - ich spiele am Theater fast alle Fächer - sei es nun eine komische Alte - eine Dirne Frau G.: Eine Dirne waren Sie auch schon? Karlst.: Auf der Bühne. Herr G.: Hahaha! Karlst.: Meine Arbeit ist nicht leicht - aber wissen Sie - ich lerne stets von den Menschen. Wenn ich z. B. eine Bardame spielen muss, dann gehe ich mit einigen Freunden in eine Bar, betrachte so eine Bardame in ihrem Milieu. Muss ich eine komische Rolle spielen, sagen wir eine Marktfrau, dann unterhalte ich mich mit einer echten Marktfrau und lerne dabei. - Sehen Sie, meine nächste Rolle ist ein einfaches Dienstmädchen, da will ich nun gelegentlich zusehen, bei welcher Gelegenheit ich so ein Dienst­ mädchen beobachten kann. Wie ist denn Ihr Mädchen, Frau Generalinspektor? Frau G.: Das ist ein braves, harmloses Geschöpf, die hat nichts individuelles an sich - und im übrigen ist unsere Klara heute gar nicht da - weil sie Ausgang hat. Herr G.: Was sagst Du? - Die Klara hat Ausgang - wie kannst Du sie ausgehen lassen, Du weisst doch, dass heute Abend noch weiterer Besuch kommt, mein langjähriger Freund Pfliefentranz. Frau G.: Was - der Herr Baron kommt heute, ich dachte morgen erst Herr G.: Aber Amalie, ich habe Dir doch gestern gesagt, er kommt morgen und heute ist morgen, daran ist nichts mehr zu ändern und zwar kommt er Punkt 8 Uhr (schaut auf die Uhr) jetzt ist es schon gleich 8 Uhr. Also, der kann alle Augenblicke kom­ men. Frau G.: So, das kann ja nett werden, ausgerechnet heute und das Dienstmädchen hat Ausgang. Herr G.: Nun mal Dir nicht wieder alles so schrecklich aus. Vor io 40

Jahren hatten wir auch noch kein Dienstmädchen und auch Einladungen und es ist auch gegangen. Karlst.: Da könnten wir doch jetzt eine lustige Sache machen. Beide: Wieso eine lustige Sache? Karlst.: Nun, ich mache eben das Dienstmädchen! Beide: Das ist eine gute Idee! Herr G.: Das lässt sich auch machen, denn der Herr Baron ist in unserer Stadt fremd und hat keine Ahnung von Ihnen, (zur Frau) Los! Bring das Häubchen und die weisse Schürze von der Klara. (Frau geht) Karlst.: Das wird eine Mordsgaudi geben. Frau G.: So, Fräulein Karlstadt, hier ist die Uniform unseres Mädchens, (hilft anziehen) Herr G.: Grossartig! Mein Freund Clemens wird sich wahrschein­ lich in Sie verlieben! Karlst.: Das glaube ich weniger, diesem Herrn Baron werde ich die Hölle heiss machen. (Es läutet. Herr und Frau Generalinspektor und Frl. Karlstadt ge­ heimnisvoll:) Er kommt! Karlst.: Lassen Sie mich allein mit ihm und wenn Sie dann hereinkommen, werde ich schon fertig mit ihm, aber bitte, Sie müssen immer ernst bleiben, ja nicht lachen - und ich heisse jetzt »Paula«, verstanden? (Es läutet zum 2. Male) (Herr und Frau Generalinspektor verschwinden aus dem Zimmer, Paula geht zur Türe und man hört von aussen, wie sie den Herrn Baron empfängt) Baron: Guten Tag! Mein Name ist Baron von Pliefentranz, sind Herr und Frau Generalinspektor Vstblk zu Hause? Paula: Ah! Sie kommen zum Essen! Baron : (ist so entrüstet, denkt, nicht richtig gehört zu haben undfrägt:) Sind die Herrschaften schon beim Speisen? Paula: Was heisst beim Speisen? Heute gibts nicht so was Feines, dass man da von Speisen sprechen kann, da ist meine Herrschaft viel zu geizig dazu und bei Einladungen wird überhaupt das Billigste gekocht, was es nur gibt. Baron: Sie sind doch das Dienstmädchen?

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Paula: Natürlich - oder halten Sie mich für die Frau General­

inspektor? Baron: Wo ist denn die gnädige Frau? Paula: Was heisst gnädige Frau - ein altes Luder ist sie und er ein

alter Depp! Baron : Geht es Ihnen denn so schlecht in diesem Hause hier, dass Sie so über Ihre Herrschaft schimpfen? Paula: Mir? Mir geht es nicht schlecht, ich lass mir’s schon nicht schlecht gehen! (führt den Baron in das Zimmer, in welchem schon Herr und Frau Generalinspektor sitzen) So, da ist er! (ruft sie zum Herrn Generalinspektor) Da setzen S’ Ihnen her, das Essen bring ich Ihnen gleich - haben S’ schon recht viel Hunger? Baron: (ist ganz überrascht über das Benehmen dieses Dienstmädchens

und als er nach seiner Begrüssung gleich das Verhalten dieses eigenarti­ gen Dienstboten rügt und von Herrn und Frau Generalinspektor auf seine Anklage gar keine Entschuldigung erhält, ist ergänz verstört und meint:) Ja, was haben Sie denn da für ein Dienstmädchen - haben Sie das schon länger? Frau G.:Ja, die ist schon einjahr bei uns, ein anständiges Mädchen, noch sehr kindlich. Paula : (kommt herein, bringt drei Glas Bier, stelltjedem ein Glas hin) Da schau her, die Malefizfliegn! (greift mit zwei Fingern in das Bier des Herrn Baron und zieht die Fliege heraus und schleudert dieselbe gegen die Wand) Herr u. Frau G.: (lachen) Die Paula weiss sich halt immer gleich zu helfen! (nehmen ihre Gläser zur Hand und stossen mit dem Baron an) Prost! Baron: Prosit! (trinkt aber nicht, weil es ihn ekelt) Frau G.: Sie haben ja nur genippt, Herr Baron, die Fliege hat ja unsere Paula schon herausgenommen. Paula : (setzt sich ganz ungeniert neben den Herrn [Baron] undfängt mit ihm ein Gespräch an) Wie gehts sonst immer, Herr Baron? Was macht die Frau und die Kinder? Baron: Ich habe keine Frau! Paula: Kinder auch keine? Baron : Wenn ich keine Frau habe, kann ich keine Kinder haben.

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Paula: Warum nicht? Sie könnten doch ledige Kinder haben. Baron: (zum Generalinspektor) Ja, was sagst Du denn dazu, Ed­

mund? Herr G.: Die Paula meint, ob Du ledige Kinder hast. Baron: Ja, da weiss ich ja nicht, was ich da antworten soll. Paula: Ja, ja, so was hört man nicht gern. Soll ich jetzt das Essen

bringen, gnädige Frau? Frau G.: Ja, bring die Suppe herein und das Fleisch. Paula: Kriegt »Er« auch was? Baron: Ja, wer ist denn der »Er«? Herr G.: Sie meint Dich, Clemens, sie ist wirklich sehr naiv, wir müssen im[mer] so viel lachen über diese Paula. Paula : (hat die 4 Teller Suppe gebracht, beim Essen schlürft sie die Suppe dass der Herr Baron jedesmal zusammenfahrt, worauf Paula sagt:) Sind Sie nervös, Herr Baron? (Geht nach dem Suppenessen in die Küche) Baron: (zu den Generalinspektors) Ja, was ist denn das, so was habe ich noch nicht erlebt. Das Mädchen ist doch nicht ganz normal, warum lassen Sie sich von einem Dienstboten so was bieten? Frau G.: Ja, das ist ja das Uebel, wir müssen uns leider alles gefallen lassen. Wir können da gar nichts machen. Baron: Ja, warum denn? Herr G.: Sie weiss etwas von uns, wir können ihr nicht kündigen, das ist ja das Furchtbare an der Sache. Baron: Die könnte Sie ja auch aus dem Hause jagen. Beide: Auch das, wir müssen uns von ihr alles gefallen lassen. Baron: Da werde aber ich eingreifen! Beide : Um Gotteswillen, tu das nicht, das wäre ein Unglück für uns alle! Baron: So kann das aber doch nicht weitergehen. Beide : Das muss aber leider so weitergehen, wir müssen gute Miene zum bösen Spiel machen. Baron: Ja Sie, aber ich nicht! Beide: Bitte, mach uns nicht unglücklich! Paula: (ist inzwischen wieder ins Zimmer gekommen und schimpft mit dem Herrn Baron, weil er noch nicht fertig gegessen hat). 43

Baron: Ich bin satt! Paula: Nein, Sie sind noch nicht satt, das sieht man ja an Ihrem mageren Gstell, Sie essen das auf. Glauben Sie, ich habe umsonst gekocht? (zwingt ihn zum Essen) Baron: Ich sage nochmals, ich bin satt! Paula: (gibt ihm das Essen ein) Herr G.: So iss doch, die Paula will es haben! Paula, bring jetzt eine

Flasche Bier. (Bierflasche etwas erwärmt, das Bier treibt beim Öffnen des Patentver­ schlusses und das Bier spritzt dem Herrn [Baron] ins Gesicht) Baron: Na, jetzt habe ich aber die Nase voll! Paula: Voll Bier? So lassen Sie mal sehen! (Nimmt den [Baron] bei der Nase und schaut ihm in die Nasenlöcher hinein) Da ist kein Bier da schneuz na amal richtig und die Sache ist erledigt! (nimmt das weisse Tischtuch und putzt ihm die Nase). Baron : (höchst verärgert) Jetzt wird mir aber die Geschichte zu bunt! (haut mit der Hand auf den Tisch und schlägt in die Torte hinein, (Giraffen-Schokoladentorte) dass die braune Masse alle besudelt.[)] Alle 3: Ja, zum Donnerwetter, wie benehmen Sie sich denn in einer fremden Wohnung, das ist ja skandalös! Baron: Nein, Ihr Benehmen ist skandalös! Frau G.: Nun beruhigen Sie sich, Herr Baron, die Paula meint es nicht böse, sie hat sich nur geärgert, weil sie so viel gekocht hat und sie essen nicht alles auf. Paula hat inzwischen die Schokoladenspritzer von der Wand und am Tisch mit dem Löffel zusammengescharrt und setzt die Torte wieder dem [Baron] vor mit den Worten: So, aber jetzt wird gegessen! Baron: Soll ich vielleicht diesen Dreck da fressen? Paula: Was Dreck? Die feinste Schokoladentorte heissen Sie Dreck, was kann denn ich dafür, wenn Sie mit Ihren schmutzigen Händen in den Kuchen hineinschlagen? Frau G.: Da kann aber die Paula wirklich nichts dafür. Die Torte

haben doch nur Sie selber so zugerichtet. Baron: Ja, weil sie mir in die Nase hineingesehen hat. 44

Beide : Weil Sie sagten, Sie hätten Bier in der Nase, sie hat es Ihnen doch gut gemeint. Baron: Ich gehe jetzt! (ersucht das Mädchen um seinen Mantel und

seinen Hut) Paula: (hat inzwischen schon wieder einen tollen Streich ausstudiert, sie hat Hut und Mantel des [Barons], sowie alle Mäntel und Hüte des Herrn Generalinspektors in einer Kammer versteckt, um einen Ein­ bruch vorzutäuschen die Wohnungstüre aufgemacht und kommt schnell und voll Entsetzen ins Zimmer gestürzt und schreit): Um Gotteswillen, Einbrecher waren da und haben unsere ganze

Garderobe gestohlen! Alle laufen hinaus, sehen die Wohnungstüre offen und Mäntel und Hüte, auch des Barons, sind fort. Baron: Das auch noch - ich kann doch bei diesem nasskalten

Wetter nicht ohne Mantel heimgehen. Frau G.: Ach, Bubis Mantel und Matrosenmützchen ist ja noch da, das geht schon für den Notfall. Baron : zieht Bubis Mantel an, setzt die Matrosenmütze auf und will in diesem Verzug nach Hause gehen. Herr G.: (begleitet den [Baron] noch die Treppe hinunter, vorher gibt ihm die Paula noch ein Zwickerbusserl) Beide G.: Aber Paula, jetzt ist’s aber Schluss, das geht denn doch zu weit, dass Du den Herrn [Baron] gleich abküsst. Paula : (will dem [Baron] nochmals einen Kuss geben, aber die Frau Generalinspektor tritt energisch dazwischen) Baron: Lassen Sie ihr doch die Freude, sie weiss doch etwas von Ihnen. (Baron, dem die Busserln, scheint ’s, geschmeckt haben, meint:) Seit ich jetzt da bin, war die Paula nur unverschämt mit mir und Sie haben der Paula alles hingehen lassen, jetzt, da sie das erste Mal lieb und nett ist mit mir, regen Sie sich auf. Sie weiss scheinbar doch nichts von Ihnen, wie Sie immer sagen. Frau G. (energisch) Das ist mir jetzt ganz egal, ob sie was weiss oder nicht, ich dulde einfach nicht, dass die Dienstboten meine Gäste abknutschen. Machen Sie jetzt den Vernünftigen, Herr Baron. 45

Baron: Also, Edmund, ich muss mich leider verabschieden. Von diesem Narrenhaus habe ich die Nase voll, leben Sie wohl, Frau

Generalinspektor! Frau G.: Herr Baron, leben Sie wohl und auf Wiedersehen! Baron: Wiedersehen? Nein! Kommt nicht in Frage, solange Sie dieses Dienstmädchen haben. Paula : Aber Herr Baron, seien Sie doch nicht so streng, ich habe Sie in dieser kurzen Zeit so lieb gewonnen, ich kann nicht umhin, Ihnen einen Abschiedskuss zu geben. (Umarmt ihn und gibt ihm einen Kuss). Frau G.: Aber Paula, jetzt ist es Schluss, das geht denn doch zu weit, alles muss seine Grenzen haben. Machen Sie sofort, dass Sie in die Küche kommen, sonst helfe ich Ihnen. Paula : Das ist doch kein Verbrechen, wenn ich dem Herrn Baron einen Abschiedskuss gebe. Baron: Das ist auch meine Meinung, ich kann das auch nicht verstehen. Als das Fräulein ungezogen zu mir war, haben Sie es gestattet, jetzt, weil sie lieb und nett zu mir ist, regen Sie sich auf. Ich muss Ihnen gestehen, ich war ein eingefleischter Junggeselle und Weiberfeind, aber die süssen Küsse von Fräulein Paula haben mich plötzlich verändert, ich gehe sogar so weit, dass ich erkläre, ich habe mich unsterblich in Sie verliebt und wenn Sie auch nur ein armes Dienstmädchen sind, ich bin fest entschlossen, mich mit ihr in den Hafen der Ehe einzuschiffen. Beide G.: Was? Sie wollen dieses Dienstmädchen heiraten? Baron: Ja, das will ich. Fräulein Paula, sind Sie damit einverstan­ den? Paula: Nein, Herr Baron, das bin ich leider nicht. Baron: Ja, warum denn nicht? Paula: Weil ich kein Dienstmädchen bin Baron: Wieso? Was sind Sie denn? Paula: Was ich bin? Ich bin die Schauspielerin Liesl Karlstadt, bin heute zu Besuch bei Herrn und Frau Vstlbk und habe mir den Spass erlaubt, das Dienstmädchen zu spielen, weil das richtige Dienstmädchen heute Ausgang hat. Baron: Wie können Sie sich mit mir so einen Scherz erlauben?

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Herr und Frau Generalinspektor, Frl. Karlstadt zugleich: Heute ist doch der i. April! Baron: (greift sich an die Stirne und sagt:) Der i. April!

Herrschaftsdiener gesucht Kurztonfilm von Karl Valentin 1936

Valentin und Karlstadt sitzen in einem Gasthaus ganz allein an einem Tisch. Valentin bedauert, dass an eine Heirat nicht zu denken sei, denn er habe schon seit langer Zeit keine Stellung mehr, er lese alle Tage die Zeitung, er würde jede Arbeit machen, aber es ist alles vergebens. Da fällt dem Mädchen plötzlich ein, dass ihre Herrschaft einen Diener sucht, das[s] der letzte wegen einem Liebesverhältniss mit der Köchin plötzlich aus dem Hause musste. Sie, das Dienst­ mädchen, habe von der Frau Kommerzienrat gestern den Auftrag bekommen eine Annonce in die Zeitung zu bringen »Herrschafts­ diener, nebenbei Chauffeur sofort gesucht« Valentin meint, das könne er nicht machen, es muss doch alles gelernt sein aber um immer in ihrer Nähe zu sein, würde er alles probieren. - [ÜJber diesen Plan hocherfreut bezahlen sie ihre kleine Zeche und verlassen das Gartenrestaurant. Auf dem Heimwege besprechen sie beide nochmals die Angelegenheit und er muss sich gleich heute noch bei den Herrschaften vorstellen, ohne dass natürlich das Dienstmäd­ chen von der Sache etwas weiss. - Valentin wird von der Gnädigen wirklich eingestellt, seine Zeugnisse seien ihm verbrannt, aus wel­ chem Grunde er eben so lang keine Stellung bekam, aber die Frau Comerzienrat ist eine nicht zu strenge, dicke Frau und glaubt seinen Angaben, er könne morgen die Arbeit beginnen. Am andern Morgen sieht man Valentin schon in der Dieneruni­ form, das Dienstmädchen hat ihn bereits in alles eingeweiht, man sieht, wie sie ihm heimlich in einem Nebenraum das Servieren erklärt und macht ihn besonders auf die Köchin aufmerksam, er soll mit dieser ja kein freundliches Wort sprechen, denn sie wäre zwar 47

ein schönes Mädel, sei aber in jedes Mannsbild sofort vernarrt und wenn ein Mann nichts von ihr wissen will, dann kann sie sehr hinterlistig und gemein sein. Valentin ist nun in eine furchtbare Zwickmühle geraten. Beim Frühstück gelingt es ihm, seine Un­ kenntnisse der Herrschaft gegenüber durch beständiges Einsagen des Dienstmädchens zu verbergen. Dafür wird das Mittagsmahl zur Katastrophe - Köchin gibt Valentin heimlich einen Liebesbrief. Valentin versteht nichts vom Lift, er fährt die Gn[ä]dige statt nach oben in den Keller etc. - Valentin serviert - Gnädige schreit: wo bleibt denn der Diener mit dem Essen, geht selbst zur Türe, öffnet dieselbe, stösst dem Diener der hinter der Tü[r] steht das ganze Essen vom Tablett. Als aber nach dem Mittagsmahl eine Spazier­ fahrt, noch dazu mit dem ganz neuen Auto vorgeschlagen ist, wird dem Valentin zweierlei, achterlei, nachdem es ein 8 Zylinder Merce­ des ist. Die Herrschaft steigt im Hofe in das Auto (siehe Extra Manuskript), Valentin bringt das Auto nicht von der Stelle und wird sofort entlassen.

Die Erbschaft Komödie für Bühne und Film - von Karl Valentin 1937. Personen : Der Mann Lorenz Geier die Frau Babette Geier der Hausmeister junior

Karl Valentin Lisi Karlstadt

der Hausmeister senior ein Zwerg ein Gerichtsbote. 1. Bild spielt im etwas primitiv eingerichteten Wohnzimmer (alte hässliche Möbel) der Familie Geier. Frau: Da schau her Lorenz - ein Brief vom Nachlassamt! - Was wird denn das sein!!! (Öffnet Briefund liest ihrem Mann vor:) »Der

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Nachlass der vor längerer Zeit verstorbenen Eheleute Anton und Johanna Heizer, bestehend aus einer Schlafzimmereinrichtung, trifft die gerichtlich festgestellten Erben. Das Mobiliar muss heute noch vom Lagerplatz Bahnhofstr. 25 abgeholt werden.« ----- A Schlafzimmer ham mir geerbt, juchhu! - ausgerechnet a Schlafzimmer! Mann: Was?! I hab a Nas’n! Kannst Dich noch erinnern? Vor 8 Tagen hab ich zu Dir g’sagt: [»]unser Schlafzimmer kann ich nicht mehr anschau’n; kaufen wir uns doch ein neues Schlafzim­ mer!« - Und jetzt erben wir eins - das ist ein SchlafzimmerZufall!!! Frau: Ein seltener Zufall - und dös alte verkaufen wir sofort! Mann : So schnell kannst Du die Möbel nicht verkaufen; die müssen ja heut’ noch aus dem Zimmer, denn die geerbten Möbel müssen heute Nachmittag schon geholt werden Frau: Vielleicht kaufts der Hausmeister? Mann : Der wird sich hüten - dös alte Glump mag der nicht einmal g’schenkt! - Geh hinunter zu ihm, hol ihn rauf und sag, wir schenken ihm die ganze Schlafzimmereinrichtung, aber er muss uns dafür vom Lagerhaus die geerbten Möbel herfahren und rauftragen. Frau: (schreit zum Fenster hinunter) Herr Hausmeister, kommens doch zu uns rauf! Hausmeister jun: (von der Ferne) Komm glei! Frau: Er kommt gleich rauf. (Spricht eine Minute mit ihrem Mann. Der Hausmeister kommt herein). Hausmeister: Was is los, Frau Geier? Frau und Herr Geier erklären nun zusammen in der umständlichsten Art dem Hausmeister, ivo die alten und neuen Möbel hinkommen, bis der Herr Geier ins Geschäft geht und Frau Geier alles allein erklärt. Endlich versteht der junge Hausmeister, dass er Möbel holen soll und als Lohn bekommt er dafür die alten Schlafzimmermöbel. Hausmeister: Dös alte Glump? Da geben Sie mir 2 Liter Bier, das

ist mir lieber; - nehmen kann ich das Zeug schon, dös soll der

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Vater heut’ Nachmittag zusammensägen als Brennholz fiir’n Winter. Frau: Dös könnens machen, wir brauchens nimmer, weil wir heut’ nachmittag schon unsere neue Einrichtung kriegen. Wissen’s, ich möcht halt mit der ganzen Arbeit bis am Abend 6 Uhr fertig sein, damit mein Mann a rechte Freud hat, wenn er vom Geschäft heimkommt. Hausmeister: Ist schon gut, ich komm gleich mit meinem Vater rauf, dann tragen wir die alten Möbel in den Hof nunter, der Vater schlagt dieselben gleich zu Brennholz zusammen und ich hol’ mit meinem Freund Toni die Möbel, die Sie geerbt haben. Wo muss ich die holen? Frau: (Gibt ihm den Zettel vom Amtsgericht) Hausmeister: Ah, Bahnhofstr. 25, Lagerhaus. (ZurFrau:) Und Sie tun, bis wir die Möbel bringen, ’s Zimmer putzen. Frau: Jawohl, so wird’s g’macht! (Sie beschäftigt sich mit dem Abneh­ men der Bilder von der Wand usw.)

Inzwischen sieht man, wie Herr Geier in irgendeiner Fabrik (Schachtel­ fabrik oder dergleichen) mit seinen Kameraden von dieser Erbschaft spricht. Herr Geier ist durch die Freude so verwirrt, dass er allerlei verkehrt macht an seiner Arbeitsstätte. Hierauferscheinen Hausmeisterjunior und senior und tragen das ganze alte Mobiliar in den Hofhinunter und der alte Hausmeister beginnt sofort mit der Zerkleinerung der Möbel. Einstweilen hat derjunge Hausmeister den Zweiräderkarren geholt und einen Freund dazu und fährt in die Bahnhofstr. 25, um die neuen Möbel zu holen. - Die Frau putzt inzwischen ihre Wohnung und in zwei Stunden kommt der Hausmeister jun. mit lachender Miene zur Frau und sagt:) Sind schon da! Frau: Die Möbel? Hausmeister: Ja, die Möbel, wir bringens gleich, - schöne Möbel,

da werden’s schau’n! Frau: I bin neugierig, ich freu’ mich schon wie ein Kind! (Läuft vor Freude händereibend in der Wohnung auf und ab; gleich darauf kommen die beiden Möbeltransporteure mit den Möbeln und stellen dieselben mitten in das Zimmer und lachen aus Leibeskräften). 5°

Um Gotteswillen, was sind denn das für Möbel? Beide: Liliputaner-Möbel! Frau: (Ist einer Ohnmacht nahe und sagt dann zu den Beiden:) Raus mit dem Kinderspielzeug! Sofort unsere alten Möbel wieder rauftra­ gen! Hausmeister: Ja, die sind nimmer da, die hat der Vater schon alle

zu Brennholz zerhackt. (Zwischenbild: im Hofe an der Mauer liegt Brennholz aufgestapelt). Frau: Ja um Gotteswillen, was wird da mein Mann sagen, wenn der um 6 Uhr heimkommt! Ja ich bin unschuldig, er hat selber zu mir g’sagt: schenkst gleich die alte Einrichtung her! - So, so, der wird schaun! Um 6 Uhr kommt der Mann heim. Als er in das Zimmer tritt und seine neue Einrichtung sieht (siehe Bild von Greiner), glaubt er, er ist verzau­ bert, er kennt sich nicht mehr aus. Bis seine Frau ihm aber erklärt hat, dass die alte Einrichtung nicht mehr existiert, werden ergebnislose Versuche mit dem kleinen Mobiliar gemacht und als sich der Mann in das winzige Bett hineinlegt, welches nur einen Meter lang ist, hängen seine Beine einen Meter über das Bett hinaus - eine furchtbar komische Situation!!! Da läutet es draussen und herein kommt der rechtsmässige Erbe, ein Lilipu­ taner, der dann unter Aufregung erklärt, dass da ein Irrtum vorgefallen sei: er heisse Anton Geier, und auf dem Lagerzettel steht: Alfons Geier. Die Möbel werden wieder abgeholt und das Ehepaar steht im leeren Zimmer und der Mann sagt zur Frau: Mann: Siehst Du, Babette, hier ist wieder das alte Sprichwort

zutreffend: »Man soll nie etwas wegschmeissen, nur - bei Seite stellen! —« Ende.

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Karl Valentin als Landstreicher in »Der Allesfresser«

Der Allesfresser Valentin speist und tnnkt alles was ihm in den IVeg kommt. Valentin: ein dahintrottelnder Landstreicher der keinen Pfennig Geld in der Tasche aber den Magen voll Hunger hat, frisst und säuft alles was ihm in den Weg kommt. So steht vor einem Haus ein Kohlenwagen, er nimmt sich ein Stück Kohle (Schokolade), isst dieselbe und geht langsam weiter. Beide Hände in die Hosentaschen gesteckt, schweift sein Blick umher bis er wieder etwas entdeckt hat. An einem Obstwagen geht er vorbei, der Obsthändler schaut zufällig weg, statt dass er Obst stiehlt, stiehlt er eine braune Obsttüte welche an dem Wagen hängt und frisst die Tüte (Holypenteig), er wandelt weiter, nähert sich einem Neubau, dort liegen Zementsäcke aufge­ stapelt, er nimmt sein Taschenmesser, sticht in einen Sack hinein, hebt die Hand an die geöffnete Stelle und frisst den Zement (Schokoladenpulver.) Der Zementstaub ist trocken, wo gibt es nun schnell etwas zu trinken und weil er soeben vor der Postanstalt steht,

begibt er sich in den Schalterraum in welchem mehrere Schreibpulte stehen und säuft dort mehrere Tintengläser aus (schwarzer Heidelbeerwein). Er verlässt den Raum wieder und findet in einer Kehr­ richttonne einen alten Regenschirm, er reisst die Regenschirmstäb­ chen (Spagettistäbchen schwarz gefärbt) heraus, frisst es und geht wieder weiter. - Er findet auf der Strasse ein altes Schreibheft, reisst ein weisses Blatt Papier (weisse linierte Oblate) heraus und verspeist es. — Valentin frisst Oelfarbe - ein echter Malertopf, an dem jahrelange Oelfarbekrusten hängen steht an irgend einer Ecke. Valentin zieht den Pinsel heraus der voller Oelfarbe ist und nimmt den ganzen Pinsel in den Mund (in dem alten Farb topf steht ein Glas dunkelgefärbter Honig oder irgend eine andere Masse Schokola­ denpudding oder drgl.) An einer alten Haustüre steckt ein alter verrosteter Schlüssel, er zieht denselben heraus und verzehrt denselben (Marzipan Gegen­ stände »Alt Eisen« aus Marzipan bekommt man fertig zu kaufen). Kieselsteine hebt er vom Boden auf, wirft damit ein Fenster ein (mi[tj richtigem Stein) hebt noch einen Stein auf (aus Marzipan) will wieder werfen, aber er isst denselben lieber. Er sieht am Boden das zerworfene Fenster liegen, hebt es auf, bricht es zusammen (evtl, sind solche Glasscherben aus Gelatine herzustellen?) Die Strasse wird geteert, heimlich schleicht sich Valentin an den Teerofen, nimmt den grossen Schöpflöffel zur Hand und geniesst mit Wohlbehagen den heissen Teer (schwarzes Hollundermus) Er trinkt aus einer durchsichtigen Glasflasche mit dem Etikett Salzsäure, er zeigt sogar dass es echte Salzsäure ist, indem er einen Kupferpfennig auf einen Teller legt, ein wenig Salzsäure darauf giesst und eine Dampfwolke steigt empor (der Pfennig ist vorher fast glühend gemacht worden) Er entfernt vor dem Daraufgiessen und vor dem Trinken den Kork, worauf Rauch aus der Flasche dringt wie bei echter Salzsäure (Der Rauch wird vorher durch Zigarrenrauch in die Flasche hineingeblasen. Die gelbe Säure ist durch dünnen Tee oder helles Bier dargestellt.) So können noch vielerlei Gegenstände welche man essbar imitie­ ren kann ausstudiert werden. Die Pointe ist die, dass Valentin alles erdenkliche frisst und verträgt, nur eine Speckwurst, die er sich in

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einem Schweinemetzgerladen gebettelt hat, wird ihm zum Ver­ hängnis. Er trottelt langsam auf der Strasse weiter, sucht vergebens einen Bäckerladen, da verspeist er die Wurst ohne Brot - da wird ihm schlecht (Grossaufnahme vom allmählichen Schlechtwerden) er lehnt sich über ein Brückengeländer und kotzt sich - Motto: Ende schlecht - alles schlecht!

K-J-S-. (Katzenjammer-Jmpf-Serum) Filmmanuskript von K. Valentin: Wissenschaftlicher Lehrfilm. Die Entstehung des Rausches. Dessen Bekämpfung. Öffentlicher Vortrag des Herrn Professors Karl Valentin und prak­ tische Erklärung am eigenen Körper.

i. Bild. Professor Karl Valentin steht an einem Rednerpult, hinter ihm eine Wasserleitung - rechts von ihm ein Tisch mit vollen Weinflaschen oder Bierkrügen - Tischglocke - Tintenzeug - Ein Glas Was­ ser. -. Das Kinopublikum ist in diesem Falle also das Publikum in dem Vortragssaal. Professor Valentin beginnt seinen Vortrag, läutet zuerst mit der Handglocke. Text--------- : Hochgeehreter Zuschauerraum! Der Alkohol - lateinisch Aiko, das Gift, hol, der menschliche Schädel - ist eine flüssige Substanz, welche in grossen Mengen eingenommen, das Hirn des Menschen zu einer verwirrten Masse umwandelt. Durch meine epochemachende Erfindung des »KJ S« (Katzenjammer-Jmpf-Serum-) ist von nun an der übermässige Alko­ holgenuss nicht mehr schädlich, denn der grösste Kanonenrausch kann durch eine einzige Jnjektion (Einspritzung in die Kopfhaut) behoben werden. Sie sehen z. B. gegenwärtig an mir einen ganz 54

normal nüchternen Menschen. Beim Austrinken eines Glases reinen Brunnenwassers werden Sie an mir keinerlei Veränderungen wahr­ nehmen. Auch nicht beim 2, 3,4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11. Glas, nicht einmal bei hektoliterweiser Einfüllung in den Magen. Dem Profes­ sor Valentin wird nun von der Wasserleitung aus ein Schlauch in den Mund geführt, aus dem das Wasser in ganz grossem Strom heraus­ sprudelt, während Professor Valentin das Trinken markiert. Gross­ aufnahme der Augen allein. Die klaren Augen zeigen nach dem Genüsse des Hochwassers nicht die geringste Alkoholvergiftung. Nun meine Herrschaften folgt der Gegenbeweis. Jch führe Jhnen den schädlichen Alkoholgenuss am eigenen Körper wieder vor. Sie werden daraus die stufenweise Verblödung von Flasche zu Flasche selbst wahrnehmen. Im höchsten Stadium des Kanonenrausches, in welches ich mich nun selbst begeben werde, werden Sie Gelegenheit haben, die Katzenjammerbilder (sogenannte Rauschhallunzinationen) beobachten zu können. Der neueste Röntgenapparat, mittels dessen man im Stande ist, Träume, Gedanken, Zwangsvorstellun­ gen im menschlichen Gehirn zu fotografieren, ist dabei von grosser Tragweite. Grossaufnahme. - Kopf des Professor Valentin mit Röntgen­ strahlen durchleuchtet. Das Gehirn wird durch lauter eingefiillte Därme dargestellt in einem grossen, dem Schädel ähnlichem Becken und ist beim Austrinken der ersten Flasche schon etwas beweglich. Bei der Zweiten noch beweglicher, bis bei der zehnten Flasche fällt Professor Valentin total besoffen unter den Tisch. Grossaufnahme des Gehirns. Katzenjammerbilder. - 6 Teufeln arbeiten in der Gehirnmasse herum. Der eine meisselt von innen die Hirnschale durch, der zweite bohrt mit einem Korkzieher in der Gehirnmasse, der dritte sägt von aussen das Ohr ab, ein anderer Teufel schlägt mit einem Beil die Nase ab, u.s.w. . — Hierauf kommt ein zweiter Professor und spritzt dem besoffenen Professor Valentin das »KJ S« ein. Nach einigen Sekunden erwacht der Professor aus seinem Alkoholdelirium, bekommt wieder ein klares Auge, und deutet sich stolz auf die Brust. Meine Erfindung!!! »KJ S« ist vorläufig in allen Apotheken noch nicht zu beziehen, - Interessenten und Herren Ärzte, welche sich für

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dieses Jmpfcerum interessieren, möchten sich an nachstehende Adresse wenden. Bitte zu notieren: Professor Karl Valentin Tedhfesnme - Frjgsbejdisjklq - Ksjdhfznvkemy Mdkaleizemhdwmhdmw

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Karl Valentin als Herr Obermeier in »Die öffentliche Telefonzelle«

Die öffentliche Telefonzelle Komische Komödie von Karl Valentin und Liesl Karlstadt (Juli 1940)

Ort der Handlung: Spielt auf offener Strasse vor und in einer Telefonzelle. Zeit: Gegenwart. Personen: Herr Obermeier............................................. Karl Valentin Frau Eisele...................................................... Liesl Karlstadt Frl. Kurz..........................................................

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Herr Grimmig................................................ Herr Türschlag................................................ Frau Klotz Herr Dicker Herr Stehler (Die Namen gehören nur für die Probe) Jungfer Furchtsam Herr Letzter Ein Feuerwehrmann Einige Passanten Obermeier: (Valentin, -läuft eilig aufder Strasse einer Telefonzelle zu,

geht dann ärgerlich auf und ab und schaut dabei immer auf seine Armbanduhr, macht dabei viele Gesten des ungeduldigen Wartens) Fr. Eisele: (kommt auf Herrn Obermeier zu) Grüss Gott, Herr Obermeier, wo aus denn? Obermeier: Ja guten Morgen, Frau Eisele, ärgern muass i mi schon in aller Fruah. Fr. Eisele: Ja über was müassens Ihnen denn scho in aller Fruah ärgern? Obermeier: Ja telefonieren möcht i und dö Flugga geht net raus. Fr. Eisele: Ja dö Flitscherln bleib’n ja stundenlang drinn in Telefonkastl da schaug’ns hin, ihr G’friss tuat sie sich anmalen mit’n Lippenstift und mit der Puderquaste. Obermeier: Ja was is denn dös? Der hilf i aber jetzt! Fr. Eisele: Wissen Sie Herr Obermeier, was ich tun würde mit dem unverschämten Frauenzimmer, ich würd sie aus’m Telefon­ kastl rauszieg’n und würd sie recht bei die Ohrwaschl’n neh­ men. (Während des obigen Gesprächs ist die Dame aus der Telefonzelle herausgetreten, ohne dass die beiden etwas davon bemerkt haben, dafür ist schnell ein grosser starker Mann mit grossem Schnurrbart in die Zelle hineingegangen. Kaum ist der starke Mann drinn, blickt Ober­ meier wieder ärgerlich auf seine Armbanduhr) Fr. Eisele: Herr Obermeier, Sie haben schon eine Riesengeduld, dass Sie sich das bieten lassen -

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Obermeier: Ja, Frau Eisele, da hab’n Sie aber auch recht, jetzt werde ich aber dieser Rotzpip’n die Meinung sagen. Fr. Eisele: Ja, sag’ns sie ’s ihr nur, dös schadt dem jungen Haserl gar net [.] Obermeier: (Geht nun wütend an die Zelle und haut mit dem Fuss gegen die Tür - wütend stürzt der Mann aus der Zelle und brüllt) H. Grimmig: Ich bin kein Mädl, im Gegenteil, ich bin ein Mann (geht wieder hinein, schliesst die Türe zu und telefoniert). Fr. Eisele: Ja sag’ns, was war denn jetzt dös? Obermeier: Ja dös war jetzt gelungen, a Madl war drinn und a Mann kummt heraus. Fr. Eisele: Ja sowas, jetzt müssen wir wieder warten, der bleibt vielleicht grad so lang drinn. H. Grimmig: (verlässt die Zelle) Obermeier: (hat aber die Schneid verloren, sagt kein Wort und schaut ihm ängstlich nach, erst als Grimmig weit genug entfernt ist, fängt Obermeier zu schimpfen an): Sie unverschämter Mensch. Fr. Eisele: (schaut ihm ebenfalls nach, während dem ist aber schon ein anderer hinter den beiden in die leere Telefonzelle getreten und zwar Herr Türschlag) Obermeier : Das ist der Gipfel der Unverschämtheit, jetzt ist schon wieder ein anderer drinn, das passiert jetzt nicht mehr, da garan­ tier ich. Fr. Eisele: Wissens was, Herr Obermeier, da stelln’s Ihnen direkt vor die Tür hin, dann kann Ihnen nichts mehr passieren, so Herr Obermeier, ich muss jetzt heimgehn pfüat Good und an recht schönen Gruss an Ihre Frau Gemahlin. Obermeier: Pfüat Eahna Good Frau Eisele und an recht an schö­ nen Gruss an Ihren Herrn Gemahl. (hierauf verlässt Herr Türschlag die Telefonzelle und haut Obermeier die Türe an den Schädel, dass er gleich auf den Boden fällt) H. Türschlag: (zu Herrn Obermeier) Haben Sie sich weh getan, lieber Mann? Obermeier: Ich mir nicht, aber Sie (Obermeier hebt den Kopf undjammert - hinter den beiden ist aber schon wiederjemand anderer in die Zelle getreten und zwar eine alte Frau, die Frau Klosit (Liesl

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Karlstadt in Verwandlung} die geht hinein, kommt aber sofort wieder heraus. [)] Obermeier: Sind Sie schon fertig, das ist aber schnell gegangen! Fr. Klosit: Na, na, ich muss nicht telefonieren, ich wollt wo anders hin, da herin geht das nicht. Obermeier : Ganz richtig, Sie sind eine vernünftige Frau, (ergeht in die Zelle um endlich zu telefonieren, vor der Zelle steht schon wieder ein anderer und zwar ein kleiner Mann mit rotem Spitzbart und einem ganz dicken Bauch. Obermeier kommt nun ohne dass er telefoniert wieder heraus undflucht: [)] Himmel Herrmann Sapperment, jetzt hab ich wieder kein io Pfennigstück dabei zum telefonieren nur einen Zehnmarkschein. H. Dicker: (drängt nun Herrn Obermeier zur Seite und will in die Zelle eintreten. [)] Obermeier: Halt, halt, ich bin an der Reihe, ich habe nur kein ioPfennigstück. H. Dicker: Dann lassen Sie mich doch vor Ihnen hinein um zu telefonieren denn ich hab ein io Pfennigstück, wenn Sie kein Geld haben. Obermeier: Ich habe Geld (zeigt ihm einen io Markschein) das ist sogar zu viel Geld, ich brauche ja nur io Pfennige. H. Dicker: Mit dem io Markschein da brauchen Sie gar nicht zu protzen, in einer Telefonzelle nutzt Ihnen nicht einmal ein Tausendmarkschein was, gehen Sie doch hinüber (auf ein Zigar­ rengeschäftdeutend) und lassen Sie Ihren io Markschein wechseln. Obermei[e]r: So dumm werde ich sein und laufe da weg und Sie gehen dann hinein. (es wird aufder Bühne etwasfinsterer und es hat den Anschein als ob es bald regnen würde [;] Obermeier und Herr Dicker strecken die Hände aus und bemerken, dass es schon regnet, beide wollen nun zugleich in die Zelle, damit sie nicht nass werden. Obermeier spannt seinen Regen­ schirm auf, kann aber damit nicht in die Zelle hinein. Herr Dicker hat aber auch noch einen grossen Koffer dabei, den er auch noch in die Zelle mit hineinnehmen will, damit er nicht gestohlen wird.) Ja mit diesem Haufen Sachen können Sie doch nicht da herein, ent­ weder lassen Sie Ihren Koffer draussen oder Ihren dicken Bauch!

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H. Dicker: (stellt den Koffer vor die Türe und drängt sich zu Herrn Obermeier in die Zelle hinein. - Im anderen Moment kommt ein anderer Passant auf der Strasse gegangen, sieht plötzlich den Koffer allein vor der Telefonzelle stehen, nimmt den Koffer und läuft davon. Der Dieb heisst Herr Stehler) H. Dicker: (sieht den Diebstahl durch das Fenster der Telefonzelle, springt aus der Zelle heraus, schreit): Halt’s n auf, halt’s n auf------(läuft dem Dieb nach und verschwindet). Obermeier: (freut sich, dass er nun endlich telefonieren kann, aber er hat noch immer kein io Pfennigstück. Also schnell in das Zigarrengeschäft hinüber zum Wechseln. Zögernd verlässt er die Zelle, schaut dabei immer, ob wieder einer aufdie Zelle zukommt. Als er ungefähr 3 Meter davon entfernt ist, kommt schon ein Passant, er wollte aber gar nicht in die Telefonzelle, sondern geht daran vorbei. Dieses Spiel wiederholt sich öfters, endlich kommt eine alte Jungfer daher, Obermeier rennt wieder zur Zelle, die Jungfer schreit um Hilfe, weil dieselbe der Meinung ist, der Mann will ihr was, Obermeier klärt sie aber auf, dass er glaubte, sie wolle in die Telefonzelle, er habe kein Zehneri und müsse wechseln lassen in dem Zigarrengeschäft da drüben. Aber wenn er da weggebt, geht ein anderer hinein. [)] Alte Jungfer: Wechseln müssen Sie lassen? Sehr einfach, ich lass Ihnen wechseln, geben Sie mir den Zehnmarkschein. Obermeier: (Stutzt momentan, hat den Zehnmarkschein in der Hand und meint): Ja, ich kenne Sie ja gar nicht, Sie sind mir ja fremd. Alte Jungfer: Ja seh ich so aus, als ob ich Ihnen mit dem Geld durchbrennen möchte? Obermeier: (ist verlegen und weiss nicht was er tun soll) Jungfer: Sehr einfach! Wenn Sie ein Misstrauen haben gegen mich, dann gehen Sie eben mit zum Wechseln. Obermeier: Jawohl, sicher ist sicher (Beidegehen mitsammen ab und als sie weg sind, kommt wieder ein anderer und geht in die Zelle) Obermeier: (Kommt allein vom Zigarrengeschäft mit dem gewechselten i o Markschein zur Zelle zurück. Zu seinem Erstaunen sieht er schon wiederjemand in der Zelle) Himmel - Kreuz-Donnerwetter, jetzt wird es mir aber bald zu dumm (flucht, geht wieder ungeduldig auf und ab, schaut aufseine Armbanduhr usw. Da verlässt Herr Letzter die 60

Zelle, Obermeier geht schnell in die Zelle aber - o Schreck - der Herr hat ein furchtbares Klima hinterlassen, er hält sich die Nase zu und kommt sofort 'wieder heraus und schreit): Saustall! (Da kommt schon wieder einer aufdie Zelle zu und sagt zu Herrn Obermeier: Frei - oder telefonieren Sie?) Obermeier: Bitte, telefonieren Sie ungeniert. H. Nasehalt: (geht in die Zelle, kommt aber sofort wieder heraus hält sich die Nase zu) Obermeier: Schon fertig? Nasehalt: Ich telefoniere auch später (geht ab) Obermeier: Bindet sich mit einem Taschentuch die Nase zu, geht in die Zelle und wählt an der Telefonscheibe die Nummer, geht aber sofort mit dem Hörrohr aus der Zelle und telefoniert auf der Strasse. Schutzmann: (kommt auf Obermeier zu und spricht): Was treiben Sie hier? Obermeier: Ich telefoniere. Schutzmann: Warum gehen Sie nicht in die Zelle hinein? Am Bürgersteig ist das nicht gestattet. Obermeier: Aber in der Zelle .... Schutzmann: Keine Widerrede, marsch hinein in die Zelle. Obermeier: Aber--------Schutzmann: Kein Aber! Obermeier: Nur eine Frage, Herr Schutzmann, darf man in der Zelle drinn rauchen? Schutzmann: Rauchen können Sie drinn (Schutzmann geht ab) Obermeier: Gut! (zündet sich eine dicke Zigarre an und nimmt die Zigarre verkehrt in den Mund, bläst den Rauch in die Zelle und macht die Zellen tür zu) H. Letzter : (kommt zur Zelle und will telefonieren, sieht aber, dass die Zelle voll Rauch ist - Rauch qualmt aus allen Fugen der Zelle - schreit): In der Telefonzelle brennt’s! (rennt sofort an den Feuermelder, der sich in der Nähe befindet, schlägt die Scheibe ein und alarmiert die Feuerwehr. - Bis die Feuerwehr ankommt, ungefähr eine Minute unterhalten und streiten einige Passanten mit dem Herrn Letzter über das Einschlagen des Feuermelders. Plötzlich hört man von Feme die 61

Feuerwehr ankommen, Autolärm usw. Ein Feuerwehrmann erscheint mit Schlauch aufder Bühne und ruft: Wo brennt’s? Alle anwesenden Passanten deuten auf die Telefonzelle und schreien: Da brennt’s! [)] Ein Passant: (Öffnet die Zellentür und der Feuerwehrmann spritzt mit einem brausenden Strahl in die Zelle. Patschnass ziehen sie den Obermeier heraus (kann auch eine Puppe sein [)], ziehen ihn zur Bühne hinaus, alle Passanten stehen lachend auf der Bühne. [)] Obermeier: (kommt wie ein durchnässter Pudel abermals auf die Bühne, geht wieder zur Zelle hinein, ein Passant fragt ihn neugierig: »Wollen Sie nochmals da hinein?[«]) Ja, meinen Regenschirm hab ich vergessen------- (holt denselben aus der Zelle heraus, spannt den nassen Schirm auf und geht ab.)

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Szenenbild zu »Die gestreifte Zeltleinwand«

Die gestreifte Zeltleinwand oder im Uebereifer gehandelt Komisch-kriminalistischer Kurztonfilm nach einer wahren Begebenheit

In einer grossen Zeltleinwandfabrik, welche als Spezialität nur Zeltleinwand mit breiten grünen und grauen Streifen für die Rolleaux der Eisenbahnwaggonfenster herstellte, war ein alter Werkmeister Namens August Trollmann (der Name muss natürlich im Film geändert werden). Dieser alte Werkmeister hatte einen Sohn glei­ chen Namens, also auch August Trollmann. Als sein Sohn aus der Schule kam, war es dem Vater natürlich ein Leichtes ihn als Lehrling in die Fabrik aufzunehmen. Der Sohn wuchs zum tüchtigen Gehilfen heran und als sich der Vater nach io Jahren wegen vorgerückten Alters in den Ruhestand begab, übernahm der Sohn de[n] Posten des Vaters und wurde vom Fabrikbesitzer Dank der Protektion seines 63

Vaters zum Werkmeister befördert. - Der Vater, ein grosser behäbi­ ger Mann erzählte nun als Privatier allabendlich an seinem Stamm­ tisch mit Stolz von seinem Sohn. - In der Fabrik, die 30 Arbeiter zählte, ging alles in Ordnung, der einzige Misstand war, dass hie und da von einem Ballen Zeltleinwand einige Meter fehlten. Trotz strenger Kontrolle konnte der Dieb nicht ermittelt werden. Der neue Werkmeister August Trollmann machte öfters Stichproben und liess die Arbeiter nach Arbeitsschluss untersuchen ob dieselben etwas mitgehen liessen, aber immer ohne Erfolg. Eines Tages machte der alte pensionierte Werkmeister einen schönen Spaziergang in die Umgebung der Stadt, in welcher sich ein kleiner See befindet und weil es ein heisser Sonntag gewesen, hatte man in dem See allerlei Wassersport getrieben. Der alte Werkmei­ ster sah fröhlich zu, wie sich das junge Volk mit Schwimmen und Kahnfahren amüsierte und der Ruderklub »Gondel Heil« war auch vertreten. Der alte Werkmeister verfolgte all das fröhliche Treiben, da plötzlich heftete sich sein Blick auf irgend etwas, er hatte am Seeufer etwas gesehen, langsam aber sicher geht er auf dasselbe zu und bald steht er vor einem kleinen Zelt. Es ist ein Zelt, ein sogenanntes Kahnzelt, es besteht aus 4 Stangen, welche ins Wasser getrieben sind und ist überzogen mit einer gestreiften Zeltleinwand, wie dieselbe aber nur für die Eisenbahnroulleauxfenster gemacht wird. Vor diesem Zelt steht ein junger Mann im Badekostüm. Der alte Werkmeister stellt mit strengem Blick und vor allerlei Zeugen den Mann zur Rede »Gehört dieses Zelt Ihnen? [«] Herr: Jawohl, das ist mein Eigentum. Werkm.: Woher haben Sie diese Zeltleinwand? Herr: Gekauft [.] Werkm.: Wo? Herr: Das kann Ihnen gleich sein [.] Werkm.: Das ist mir nicht gleich (Das Gespräch wird immer lauter und energischer, die Leute laufen zusammen um zu hören was da los ist) Ich muss wissen, woher Sie diese Zeltleinwand haben. Herr: Darüber bin ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig. Werkm.: Dann haben Sie eben die Leinwand gestohlen.

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Herr: Ich verbitte mir das ganz energisch[.] Werkm. : Dann nennen Sie mir doch den Laden in welchem Sie die Leinwand gekauft haben. Herr: Das ist kein Laden, die Leinwand habe ich von privater Seite [.] Werkm.: So, so, privat! Wie heisst denn der Privatmann der diese Zeldeinwand verkauft? wenn ich bitten darf [.] Herr: Das geht Sie nichts an [!] Werkm.: Wenn Sie mir nicht augenblicklich den Namen dieses Herrn nennen, hole ich einen Schutzmann, dem werden Sie den Namen sagen müssen. Herr : Wenn Sie Lust haben, holen Sie einen Schutzmann. Werkm. : Das können wir schon machen (geht und holt einen Schutz­

mann) [.]

Inzwischen erzählt der Herr den umstehenden Neugierigen, was dieser Herr von ihm will und nach einigen Minuten kommt der alte Werkmeister mit dem Schutzmann. Die Neugierigen [(]die Neu­ gierigen können auch Mädchen und junge Herren in Badekleidem sein[)] sind inzwischen noch mehr geworden, der Schutzmann und der Herr Werkmeister drängen sich durch die Menge und das Verhör beginnt. Werkm.: Herr Schutzmann! Der Herr weigert sich mir den Namen zu nennen von wem er die Leinwand zu diesem Zelt gekauft hat. Schutzmann: Warum wollen Sie das wissen? Werkm.: Weil ich einen Diebstahl vermute [.] Schutzmann: Wieso? Werkm.: Diese Leinwand ist nirgends käuflich, dieses Fabrikat wird nur für die Eisenbahnwaggonfenster hergestellt und das weiss ich am allerbesten, weil ich 40 Jahre in dieser Fabrik als

Werkmeister tätig war. Die ist nirgends zu kaufen und kann daher nur von einem Diebstahl herrühren, ich verlange dass Sie den Namen notieren, von dem der Mann die Leinwand gekauft hat. Herr : Gut, der Name meines Freundes ist August Trollmann, er ist Werkmeister und wohnt Bahnhofstrasse 14. 65

(Der Werkmeister reisst Mund und Augen auf ohne etwas zu sagen, denn es ist ja die Adresse seines eigenen Sohnes) Schutzm.: (zum Werkmeister gewendet) Also, hier haben Sie den Namen, August Trollmann, Werkmeister, Bahnhofstr. 13 und ; wie heissen Sie? Werkm.: (aufshöchste verlegen) Ach meinen Namen brauchen Sie ja nicht zu wissen, das ist nicht wichtig (und will gehen) Schutzm.: Halt, halt! Sie haben mich geholt und der Name des Anzeigeerstatters ist doch genau so wichtig wie der des vermeint> liehen Diebes. Also wie heissen Sie? - Wie Sie heissen, frage ich? (Die Umstehenden werden stutzig) Sie sollen mir sagen wie Sie heissen! (Schutzmann wird grimmig, schreit ihn an) Wie Sie heis­ sen? Werkm.: (leise) August Trollmann [.] Schutzmann: Nein! Wie Sie heissen? Werkm.: (noch leiser) August Trollmann [.] Schutzm.: Zum Donnerwetter, das weiss ich schon dass der Troll­ mann heisst, Ihren Namen möchte ich wissen. Werkm.: Ich heisse auch August Trollmann [.] Schutzm.: Was, das ist ja ein ganz eigenartiger Zufall, Beruf? Werkm.: Werkmeister a.D. Schutzm.: Was Sie für einen Beruf haben? Werkm.: Werkmeister [.] Schutzm.: Auch Werkmeister und Ihre Adresse? Werkm.: Bahnhofstrasse 13 [.] Schutzm.: Ja wo[l]len Sie mich frozzeln, da wohnt doch der vermutliche Dieb der Zeltleinwand. Werkm.: Der wohnt bei mir [.] Schutzm.: Was, der Dieb? Werkm.: Nein, mein Sohn [.] Schutzm.: Ja dann ist ja ihr eigener Sohn der Diebf.J Werkm.: — und ich bin der Vater und daß ich ausgerechnet da meinen Sohn [...] nur ein Zufall [.] Schluss fehlt!

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7 Szenenbild zu »Wie entstand die Jazzkapelle?«

Wie entstand die Jazzkapelle von Karl Valentin. Seit vielen Jahrhunderten schon existiert in Oberbayern ein uralter Brauch »das Haberfeldtreiben«. Dieser Brauch hat sich, wenn auch ganz selten noch, bis zum heutigen Tage erhalten. Wenn sich z. B. im Dorfe Weissbach, Schliersee, überhaupt im ganzen Oberland irgend einer vom Dorfe, sei es der Bürgermeister, die Bauern oder gleich gar der Pfarrer etwas zu schulden kommen liessen, so wurde ihnen nachts gehabert, also Haberfeldgetrieben. In dieser Komödie hier handelt es sich um den Bierbrauer von Tölz. Er war ein reicher Mann und seine Brauerei warf ihm guten Profit ab. Aber an dem schlechten Bier, an dem Plempel hatten die Tölzer keine Freude und ausserdem war er ein gestrenger Herr und alle seine Dienstboten und sein Gesinde hatten unter seiner Herrschaft nichts zu lachen. Und deshalb wurde bei ihm in einer Nacht Haberfeld getrieben. Die Haberer kommen heimlich im Keller einer alten Bauern­ schenke in der Nähe von Tölz zusammen, alle Haberer sind schwarz vermummt, damit man sie nicht erkennt und an einem bestimmten Zeitpunkt ziehen sie übers Feld nach Tölz zur Brauerei und dann zu dem Wohnhaus des Brauers. Aufstellung! schreit der Habermeister - Fertig - los! Treibt’s o! Höllenspektakel tönt durch die Nacht,

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8 Szenenbild zu »Wie entstand die Jazzkapelle?«

solange bis der Brauer und seine Frau am Fenster erscheinen. Sobald sie hier vor diesem Selbstgericht erscheinen, verstummt der Lärm - dann steigt der Habermeister auf ein mitgebrachtes Bierfass und hält die Haberer Ansprache - Ruhe für den Haberermeister!

So G’sell’n, da schaut’s her, da is er der Lump dem gilt unser heutiger B’suach Dem Bierpantscher woll’n ma heut d’Wahrheit verzähln Dem Giftmischer Bazi, dem Ruach.

9 Szenenbild zu »Wie entstand die Jazzkapelle?«

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A so a schlechtes Bier wia der Haderlump braut, er denkt sich für uns is guat gnua. Der Bräuknecht hat’s g’sehn - zum Hopfen und Malz mischt er hoamlich a Sagleim dazua. A solchener Schwindler g’hört aufg’hängt am Galgn und wenn er dro baumelt, des tat uns g’falln Hab i recht - G’sell’n? Jaaaa Also dann treibt’s zua.......... Habererlärm.

Und jetzt kommst Du dran, du noble Madam dich ham ma scho lang auf der Latten, Du protzerte Molln - du rothaarige Trat Du passt ja ganz guat zu dein Gatten Deine Dienstboten ham bei dir koa gute Stund’ viel Arbeit - an schundigen Lohn und wenn du am Montag a Kuhmagd einstellst dann lafft’s dir am Deanstag davon. A so a schlechts Weibsbild ghört aufghängt am Galgn und wenns na dro baumelt - dös tat uns g’fall’n Hab i recht G’sell’n? - Jajajajajajaja also dann treibts zua.......... Habererlärm. Als der Lärm verklungen war und die Haberer [ajbziehen wollten, ging ein feiner Herr auf den Haberermeister zu und sprach: »Herr Haberermeister, kann ich Sie in einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen, keine Angst, ich bin keiner von der Polizei. Wir gehen in die nächste Wirtschaft mit allen ihren Gesellen und da bezahle ich die Zeche, ich habe etwas Grossartiges mit Euch vor. [«] Bild: In der Wirtschaft. - Meine Herren Haberer, ich habe soeben euer Haber­ feldtreiben mit angehört, wollt ihr mit mir i Jahr, wenn ich euch zusammen 3000 Mark im Monat bezahle, auf Tourne gehen? Alle: Jawohl, sofort, aber schriftlich muss es gemacht werden. Gut, da habt ihr’s schriftlich. In 14 Tagen geht’s los. Nächstes Bild: Was aus den Haberern geworden ist - Eine Jazzkapelle. Schlussbild: Feiner Tanzsalon, die ehemaligen Haberer alle im Smoking. Ende.

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Szenenbild zu »Auskunft aufder Landstrasse«

Auskunft auf der Landstrasse » Valentiniade« - Kurztonfilm (ioo Meter)

Ort der Handlung: eine Landstrasse.

Die Aufnahme kann direkt im Freien gemacht werden (Vogelge­ zwitscher). Der Film blendet auf, man sieht eine ganz lange, kerzen­ gerade Landstrasse, auf beiden Seiten Allee-Bäume. Die Strasse wirkt natürlich unendlich perspektivisch. Solche kerzengeraden Landstrassen gibt es in der Nähe Münchens. Der Film zeigt also ungefähr io bis 20 Sekunden diese riesenlange Landstrasse. Das Kinopublikum wartet nun, was da kommen mag und wenn sich nicht die Blätter der Bäume bewegen würden und Landschafts-Geräusche vernehmbar wären, könnte man meinen, man zeige dem Publikum nur eine Photographie. - Aber ganz in der 70

Feme, also am Ende der Landstrasse, die nur vom Himmel abge­ grenzt ist, bemerkt man endlich einen Punkt, der sich bewegt und immer grösser wird. Es dauert wieder eine Zeit, da sieht man schon, dass der Punkt sich zu einer Gestalt entwickelt hat und zwar zu einer Person, die ganz langsam und gemütlich die Landstrasse dahertrot­ telt. Nun kann man schon unterscheiden, dass es eine männliche Gestalt ist; wenn nun der Mann immer näher und näher kommt, erkennt man, dass es Karl Valentin ist. Langsam, mit suchendem Blick nach vorne, trottelt er daher. Wenn er ganz vorne an der Leinwand erschienen ist, bleibt er an einer Strassenkreuzung stehen und schaut nach links und nach rechts, zieht eine alte Landkarte aus der Tasche, setzt seine Brille auf, muss sich schneuzen, holt am hellichten Tag bei Sonnenschein seine elektrische Lampe aus der Tasche, beleuchtet damit die Landkarte und treibt mit diesen Requisiten natürlich allerlei grotesken Unsinn. - Valentin weiss nun nicht, geht es nach rechts oder links weiter und deshalb frägt er einen gerade des Wegs daherkommenden Bauern: Valentin: Sie, Herr Nachbar, können Sie mir sagen, wo das Dorf

Hintergigging ist? Bauer: Hintergigging? - Wenn Sie nach Hintergigging wollen, dann müassen Sie diese Landstrasse nunter geh’n, immer grad-

aus - dann komma Sie direkt nach Hintergigging! Valentin: (deutet) Da hinunter? Bauer: Ja, da nunter Valentin: Ja da komm’ ich ja grad her! - Dank’ schön!

Valentin geht nun wieder dieselbe Landstrasse zurück, und wenn der kleine Punkt verschwindet, der am Anfang des Films immer grösser wurde, dann ist der Film aus und das Kinopublikum wird sich denken: »Da hat uns der Valentin wieder einmal schön ausge­ schmiert.« Ende.

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Szenenbild zu »Die Wildentenjagd«

Die Wildentenjagd Kurztonfilm v. K. Valentin

In einer Waldlichtung sitzen zwei Jäger und ein Hund (der Hund kann auch künstlich sein und dessen Gebell synchronisiert werden). Beide Jäger schauen immer in die Luft, das Gewehr schussbereit um eine Wildente zu schiessen. Aber vergebens, es kommt keine. Valentin: Komisch! Voriges Jahr (schaut auf die Uhr) sind um dieselbe Zeit so viel Enten hier vorbei geflogen und heuer rührt

sich absolut nichts. Karlstadt: (i. Jäger) Vielleicht kommen sie heute etwas später. Valentin : Es ist doch schon spät. Karlstadt: Vielleicht kommen sie heute noch später. Valentin : Noch später, dann wär’s ja schon zu spät. Karlstadt: Obacht, ich hör was (beide legen ihr Gewehr an, aber es war nichts, sie legen ihr Gewehr wieder weg und machen sich zu einem

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Piknik bereit, packen ihre Rücksäcke aus, verspeisen ihre gebratene Ente und Valentin schenkt ein Glas Wein ein. Unterm frühstücken kommt plötzlich eine Wildente über ihnen geflogen (das Entenfliegen wird dadurch erzeugt, dass von einem Baum zum andern Baum, vielleicht i o Meter hoch über dem Platz wo die zwei Jäger sitzen ein feiner unsichtbarer Stahldraht gezogen ist, aber schräg io zu 8 Meter Hohe, damit eine ausgestopfte Ente mit beweglichen Flügeln von dem höheren Ende des Drahtes heruntergleiten kann - Entengeschnatter wird syn­ chronisiert) sobald die Ente über beide hinwegfliegt hat der eine Jäger das volle Weinglas in der Hand und kann natürlich in der Geschwindig­ keit sein Gewehr nicht nehmen, während der andere Jäger die Flasche zuerst zustopseln muss und bis er sein Gewehr nimmt, ist die Entefort, der ausgestopfte Hund bellt und beide Jäger ärgern sich über das Missgeschick. Beide Jäger warten nun in Schussteilung, weil sie der Ansicht sind, dass die Ente wieder retourgeflogen kommt und halten nun ihr schussbereites Gewehr in der Richtung wo die Ente nun herkommt, da ertönt Entengeschrei wit, wit wit, aber die Ente kommt nicht mehr vorbei. Beide Jäger ärgern sich nun über den Hund und geben dem die ganze Schuld und meinen\)\ »für was ist er denn ein Jagdhund, er soll doch die Wildenten melden, deshalb haben wir ihn doch mitgenommen, dass er meldet.« Beide essen nun gemütlich ihr Frühstück weiter, da plötzlich bellt der Hund. »Aha - jetzt kommt was!« Aber es kommt nichts, der Sauhund hat sich getäuscht, beide legen die Flinten wieder weg, kaum ist dies geschehen, bellt der Hund wieder, wieder werden die Flinten zur Hand genommen, aber es kommt keine Wildente, beide Jäger meinen »auf das Mistviech kann man sich nicht verlassen« und reagieren nicht mehr aufdas Gebell, essen ruhig weiter, der Hund bellt wieder. »Ja« meinen die beiden »du bekommst uns nicht mehr«. Sie essen ruhig weiter, aber siehe da, drei Wildenten fliegen über ihren Köpfen hinweg. »Du Sauhund, du miserabliger, warum hältst du uns so zum Narren, das sollst du aber büssen,« der eine hält ihn und der andere schlägt den Jagdhund mit der Peitsche (natürlich sanft) aber während dieser Züchtigungfliegen wieder einige Wildenten über ihre Köpfe hinweg. Nun bleibt den beiden Jägern nichts mehr übrig, als selbst auf der Lauer zu bleiben. Sie wollen beide ihre Gewehre frisch laden, da bemerken sie, dass sie keine Munition dabei

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haben, was nun? Wie es der Zufall will, kommt nun eine Wildente dahergeflogen und anstatt weiter zufliegen, bleibt die Ente in der Mitte, also über den beiden Jägern in der Luft stehen und flattert mit den Flügeln, was den beiden Jägern als Wunder erscheint, nun könnten sie die Ente leicht treffen, aber ohne geladenes Gewehr ist der beste Jäger machtlos. Betrübt ziehen beide von dannen und in ihrer Jägerstamm­ kneipe bei ihren anderen Jagdgenossen klärt sich unter grösster Heiter­ keit auf, dass sie einem Schabernack zum Opfer gefallen sind, dass das nur ausgestopfte Wildenten waren.

Ein Gewitter kommt Film von Karl Valentin 1939 (Sturmwind pfeift - Donner - Einschlag - Regen etc. - dazu Strassen­ lärm, Hupen, Flieger etc.) Simon: Dddd So ein Sauwind! Hab ich nicht gesagt, Du sollst Dir Deinen Regenschirm mitnehmen, da, es fängt schon zu regnen an, so is recht, nun haben wir nur einen Schirm. Babett: Was nutzt der Regenschirm bei diesem Wind? Simon: Red nicht so viel, halt das Paket hier, nicht bei der Schnur, sonst reisst die Schnur [.] Babett: Die reisst nicht (Schnur reisst, alles fällt herunter) [.] Simon: So ich sag’s ja und der Wind dazu, so heb doch die Sachen auf! Babett: Gib mir den Schirm, jessas mei’ Huat, um Gotteswillen, hol mir mein Hut — Simon: Ja i kann net weg, sonst nimmt uns wer die Sachen da [.] Babett: Da nimm den Schirm, dann hol ich ihn mir selber [.] Simon: Na bleib da, ich hol ihn schon [.] Babett: Na na, bei so einem Sauwetter, warn ma doch lieber daheim blieb’n [.] Simon: Unsinn! Glaubst wenn ma daheim blieb’n wär’n, wär das Wetter net kommen?

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Babett: Freilich wär’s auch kommen, aber wir wär’n net nass wor’n [.] Simon: Mir wär’n ja net nass wor’n, wenn Du gleich den Schirm aufg’spannt hätt’st [.] Babett: Aufg’spannt hätt’st? Hast doch g’sehn, dass’n uns der Wind umdreht hat. Da, schon wieder, halt an Schirm — Simon: Ja was is denn dös? Dös is ja schon bald ein Taifun [.] Babett: Horch! es donnert schon, ein Gewitter kommt [.] Simon: Wer kommt? Babett: Wer kommt - ein Gewitter sag ich kommt [.] Simon: Wann? Babett: Jetzt! Simon: Ich mein um wieviel Uhr? Babett: Geh red doch net so saudumm daher, es donnert doch

schon [.] Simon: Lass’s doch donnern, d’Hauptsach is’, dass es nicht blitzt, der Donner ist nicht gefährlich, aber der Blitz -, gegen den Donner kann man sich schützen, aber gegen den Blitz nicht [.] Babett: Gerade das Gegenteil, gegen den Blitz kann man sich

schützen durch den Blitzableiter, aber gegen den Donner nicht [.] Simon: Das ist auch nicht notwendig, denn der Donner kann Dir doch nichts tun (heftiger Donnerschlag) [.] Babett: Um Gotteswillen, jetzt hat’s eingeschlagen! Simon: Ich glaub auch, das war ein direkter Schlager! Babett: Nein so ein Sauwetter und vor 4 Wochen war so ein schönes Wetter. Komm wir steigen schnell in die Strassenbahn ein, da kommt soeben die 13er Linie, mit der müssen wir fahren, schnell! Simon: Mit der 13er Linie auf keinen Fall, fahre ich nicht, kommt nicht in Frage, das weisst Du schon lang, 13 ist eine Unglücks­ zahl [.] Babett: Geh hör auf mit Dein’m saudummen Aberglauben, dann fahr’n wir nicht mit der 13 er und warten lieber bei dem Gewitter auf offener Strasse und dann erschlagt uns der Blitz, dann is besser, schnell da kommt die 28iger, mit der können wir auch fahren (Lärm, besetzt - Glockensignal, ab) Wirst sehen Simon, die 75

nächste Strassenbahn ist auch wieder besetzt, schau nur her, ich bin durch und durch nass vom Regen [.] Simon : Na ja, das ist ja ganz logisch dass man vom Regen nass wird, trocken kann man vom Regen nicht sein [.] Babett : Doch, wenn man daheim bleibt wird man nicht nass, wie es vernünftige Leute machen [.] Simon : Ja vernünftige Leute schon, aber Du gehörst ja nicht zu den Vernünftigen [.] Babett: Wieso? Simon: Weil Du noch immer Deinen saudummen Regenschirm auf hast, obwohl es gar nicht mehr donnert (einige Strassenpassanten lachen und sagen so verschwommen) Da hat er recht, der Mann!

Schloss Grünwald Szene von Karl Valentin

Ritter Kuno von Unkenstein (Karl Valentin) lebt mit seiner Ritters­ ehefrau Barbara Unkenstein geborenen Strstb im 15.Jahrhundert auf der Burg Grünwald. Der Einakter zeigt eine Familien Idylle: Ein Tag auf Schloss Grünwald.

Ein Burgzimmer mit Erkern (gemalen) und Butzenscheibenfenstern, ein alter Tisch, einige hohe Sessel als Requisiten, Humpen etc. Vorhang auf, Bühne ist leer - Zeit früh 10 Uhr - der Hahn kräht. Ritter Kuno: (Karl Valentin - kommt verschlafen aus dem Schlafzim­ mer im Nachthemd, weisse Socken, weisse Unterhose mit weisser Zipfelhaube, er geht ins Wohnzimmer): (Gockel kräht fortwährend: Kikeriki — Kikeriki) Valentin: fluchend: Dös Sauviech dös mistige, seit in da Früh um 5 Uhr lieg i wach im Bett und ko net schlaf n, weil der Mistgockel in einer Tour schreit, aber dem helf i (nimmt

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nun allerlei Einrichtungsgegenstände von der Wand wie Kannen, Teller, Blumentöpfe und wirft dieselben mit darauffolgendem Geklirr zum Fenster hinaus, anscheinend um den krähenden Gockel zu treffen. Aber bei jedem Wurf trifft er nicht den Gockel, sondern immer etwas anderes, denn bald winselt ein Hund, dann schreit eine Katze, dann schreit wieder der Hausknecht Au au, aber der Gockel kräht lustig weiter Kikeriki, Kikeriki, dann nimmt der Ritter sein Gewehr und schiesst einige Male zum Fenster hinunter, Hennengegacker vernimmt man nach jedem Schuss.[)] Rittersfrau Barbara: (kommt entsetzt zur Thüre herein) Ja Kuno bist denn narrisch wor’n, was ist denn los? Ritter Kuno : Dem Sauviech wer i helfa mit seiner Kikerikiplärre­ rei, hi muass er no werd’n der Hund [.] Barbara : Na der Hund is scho hi, und dös andere Zeug is auch alles hi. 5 Hennen hast derschossen, da Katz hast mit’n Zinnteller an Schwanz abgworfa, an Hau[s] moasta hast an Blumahofa auf n Schä­ del g’schmiss’n, der is ganz dappig, was treibst denn eigentlich? Ritter Kuno: I kann einfach die ewige Kikerikikräherei nimmer hörn. Barbara: Ja mei, a Gockel schreit halt amal Kikeriki, das is ein Naturgesetz, oder soll a Gockel vielleicht grunzen wie a Sau? Ritter Kuno : Der braucht net krähn und net grunz’n, der soll sei’ Maul half n [.] Barbara: A Gockel hat koa Maul, der hat an Schnabel - war g’scheiter du tatst die um deine Regierungsgeschäfte kümmern, dös war wichtiger als der Gockel [.] Ritter Kuno: Warum, is scho’ wieder was los? Barbara : Was hoasst los? Der ganze Bezirk bis nauf nach Wolfrats­ hausen beschwert sich über die hohen Steuern [.] Ritter Kuno: O mei, so was hör i gar nimmer, über d’ Steuern hab’n sich die Leut scho immer beschwert, dös werd a so bleib’n in alle Ewigkeit [.] Barbara: Und der Ritter zu Schrenk hat sagen lassen, dass er in io Minuten zu Dir kommt, er hat sehr wichtige Sachen mit Dir zu besprechen [.] Ritter Kuno: I woass scho’ oazoagn will er mi wieder.

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Auf dem Rennplatz Kurzfilm von Karl Valentin 1941. Personen: Herr Baron!!............

Der Rennleiter Der Stallbursche Ort der Handlung: Rennplatz.

Karl Valentin.

Das Bild blendet auf und zeigt zuerst den Rennplatz in Total, die Zufahrtsstrasse zum Rennplatz und viele Autos, dann den Parkplatz, die Kassen, wo wie die Wilden sich die Massen drängen usw. - Auch sieht man einen Musikpavillon, auf dem eine Regimentsmusik einen feschen Marsch erklingen lässt - die Tribüne vor dem Rennplatz ist schon dicht besetzt - und einige Rennpferde zeigen sich schon auf der Rennbahn; es beginnt schon das bekannte Hin und Her wegen dem Wetteinsatz usw. - Da schwenkt das Bild über auf die Gegend, wo sich die Rennställe befinden. Vor einem Rennstall ist eine einfache Mauer mit einer Stalltüre (diese Hauptszene muss natürlich im Atelier gedreht werden). Vom Rennplatz herüber hört man entfernt leise Musik und den Lautsprecher, der die Voraussage der heute stattfindenden Rennen verkündet. Der Rennstallbesitzer, Herr Baron............. , rennt voller Wut aufund ab und schreit: Baron : Ja das ist doch kaum zu glauben! - Das ist ja himmelschrei­

end! Das ist ja kaum fassbar!!! — Im letzten Moment - 10 Minuten vor dem Rennen............ Rennleiter: (geht aufden Baron zu) Was ist denn los, Herr Baron? Baron : Da haben wir den Salat!----- Da - lesen Sie das Telegramm! (Gibt dem Rennleiter das Telegramm und geht, die Hände auf dem Rücken, kopfschüttelnd auf und ah). Rennleiter: (murmelt den Inhalt des Telegramms, sodass ihn das Kinopublikum hören kann): Hochwohlgeboren Herrn Baron ................. ! Es tut mir sehr leid, das heutige Rennen absagen zu 78

müssen. Ein Furunkel, welches sich an einer kitzlichen Stelle befindet, macht mir das Reiten unmöglich. - Hoffentlich finden Sie für mich schnell einen Ersatz, der das heutige Rennen reitet. Mit Sport-Gruss Ihr Georg Erdi, Jockey. Baron: Ersatz!----- Ersatz!------ Wo soll ich im letzten Moment einen Ersatz hemehmen! - Na, das ist mir unfassbar, dass man wegen so einem kleinen Furunkel so ein grosses Rennen absagt. Rennleiter: Herr Baron, der Jockey Erdi sagt das Rennen nicht wegen der Grösse des Furunkels ab, sondern wegen der Stelle, an welcher sich das Furunkel befindet. Baron: Was für a Stelle? Rennleiter: Wegen dem Platz, meine ich........ Baron: Was für ein Platz? Rennleiter: No, das können Sie sich ja denken.......... Baron: Nein, das kann ich mir net denken, - ich hab noch nie ein Furunkel g’habt. Rennleiter: Ich mein so, Herr Baron, als Vergleich: Wenn ein Trompeter an den Lippen ein Furunkel hat, dann kann er doch nicht blasen! Baron : Was geh’n denn mich dem Trompeter seine wehen Lippen an! Rennleiter: (Sagt ihm leise was ins Ohr) Baron: Ach so!----- Ausgerechnet da! (Schaut auf die Uhr) 5 Minuten hat’s noch und wir hab’n noch keinen Jockey--------so mag ich’s! Rennleiter: Herr Baron, da schaun’s hin, der bringt jetzt den Gaul! Baron : Ah - ah -, und so in Form ist das Pferd - aber was nützt mich das schöne Pferd, wenn ich keinen Jockey dazu hab! (Schreit hinaus:) Wo führst denn den Gaul hin? Stallbursche: Am Sattelplatz ummi, weil ’s Rennen glei angeht. Baron: In Stall kannst ihn wieder neifiihr’n, weil wir keinen Jockey hab’n. - Alles ist verloren, die 1000.- kann i mir am Nabel naufschreib’n! - Jessas, jetzt fallt mir was ein: Du kannst mir aushelfen! - (Zum Rennleiter:) Hebn’s amal den Gaul! - (Zieht Stallburschen beiseite:) Du musst mir aushelfen!!! 79

Stallbursche: I Eahna aushelfa? (Macht mit Finger Bewegung) Iarmer Stallbursch soll dem reichen Baron aushelfa?! Baron: Ach, - ich mein’ ja net mit Geld, - Geld hab i gnua, aber koan Jockey hab i heut net! Du musst mir das Rennen reiten! Stallbursche: I? - Warum i? Baron: Weil der Erdi krank ist. Stallbursche: Was fehlt ihm denn? Baron: Ein Furunkel. Stallbursche: Fehlt ihm? Baron: Nein, fehl’n tut’s ihm nicht, aber hab’n tut er eins. Stallbursche: Wo? Baron : Dös weiss i net! (Liest aus dem Telegramm den einen Satz vor:) »Ein Furunkel, welches gerade an einer kritischen Stelle sitzt,

macht mir das Reiten unmöglich.« Stallbursche: I versteh dös net, dass ma weg’n einem Furunkel das Rennen absagt. Baron : Wegen dem Furunkel hat er ja net abg’sagt. Stallbursche: Aber zu mir ham Sie g’sagt: wegen dem Furunkel! Baron: Ja schon wegen dem Furunkel, - aber es kommt doch schliesslich drauf an, wo er das Furunkel hat.......... Stallbursche: Ja, meistens sitzens hinten am G’nack. Baron: Am Gnack hat er’s net. Stallbursche: Auf der Nas’n? Baron: Nein - auch net! Stallbursche: Aufm Hirn? Baron : Nein, erst recht net - am Hirn wird noch keiner a Furunkel g’habt hab’n! Stallbursche : Am Hirn?! - Dös glaub i, a Freund von mir, der hat am Hirn oans g’habt, a so a Trumm, dass eahm 8 Tag der Huat

nimmer passt hat. Baron : Also Schluss jetzt mit dem Furunkel, - Du reitest mir jetzt

das Rennen! Stallbursche : Ja, i bin ja no net oft g’ritten als Stallbursch.......... Baron : Du brauchst da net viel reiten, der Gaul lauft ja ganz allein. Stallbursche: Alloa? - Ja wenn er alloa lauft, dann brauch ja i net

mitreiten!

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Baron: Geh, red doch net so saudumm daher! —- Na! Na!, - muss der ausgerechnet a Furunkel hab’nü! Stallbursche: Ja wo hat er denn eigentlich dös Furunkel?

Klingelingeling! (Vom Startplatz herüber ertönt die Glocke, das Rennen hat begonnen. Baron, Stallbursche und Rennleiter horchen erstaunt, alle drei schreien zusammen:) Alle drei: ’s Rennen is ogangaü! Baron: Jessas! Jessas! Jessas! - Jetzt ham mir wegen dem saudum­ men Furunkel ’s Rennen versäumt!!! Stallbursche: Weil Sie mir dös net g’sagt ham, wo er dös Furunkel hat! Baron: (wütend) Am Arsch hint hat er’s! Dass d’ a Ruah gibst! Stallbursche: Ah so! Ja, da kann er freilich net reiten! - (Besinnt sich) Ja, grad da hätt er reiten soll’n, dann wär’s aufgangaü!

Begriffstutzig Nicht fertig Text v. Karl Valentin Mai 1943 [Sparkassenfilm Nr 2] (Ort der Handlung: Eine Ecke in einer Bauernstube) Personen: Seppi, ein Bauernknecht Vroni, eine Bauernmagd

... Karl Valentin .............. Liesl Karlstadt

(Die Beiden sitzen auf einer Bank beisammen und der Sepp ist ganz aufgebracht, dass die Vroni, die das Gegenteil von gescheit ist und auch ebenso drein schaut, absolut nicht begreifen will, was ihr der Sepp erklärt. Je deutlicher, er es ihr demonstriert, desto blöder schaut sie drein. Der Sepp hat seit einem Jahr ein Sparkassenbuch, weil er im Film einen Werbefilm gesehen hat vom »eisernen Sparen« und das hat auf ihn einen solchen Eindruck hinterlassen, dass ersieh sofort ein Sparkassenbuch angelegt hat —

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und das schon seit einem Jahr. Jede Woche trägt er zwei Mark von seinem Lohn hinein. Und das ■will er der Vroni erklären, dass sie das auch machen soll. Aberfür Vroni 's winziges Quantum Hirn, ist diese Erklärung zu viel und es entspinnt sich folgender Dialog: [)] Sepp: Hast mich jetzt verstanden, was ich Dir g’sagt hab? Vroni: (schaut furchbar dumm) Nein! Sepp: Ja, i weiss nimmer, wie i Dir dös erklär’n soll.----- Pass auf: Du verdienst doch beim Bauern in der Woch fünf Mark; - dös san

im Monat 20 Mark — und s’Schlaffen und Essen hast ja extra. — Also .... Vroni: Gestern hab’n mir a Rollgerstensupp’n g’habt. Sepp: Ja, dös is’ doch gleich! I red’ doch net von der Supp’n-i mein dös monatliche Essen so im Allgemeinen. Vroni: Moanst Du da d’[S]chleinsupp’n auch? - Aeh! Den Schlein mag i net. Sepp:............alle Monat kriegst doch vom Bauern 20 Mark — was tuast denn mit dene 20 Mark? Vroni: Aufheb’n! Sepp: Wo? Vroni: In an Schachteri. Sepp: Und wo tust nacha dös Schachteri hin? Vroni: In mei Kammer nauf - in mei’ Koffer nei. Sepp: Wennst Dir aber g’stohl’n werd’? Vroni: Da hab i ja zuag’sperrt. Sepp: Wenn’s Dir aber die ganze Kuffa stehl’n? Vroni : Dann muss ma’s halt dem Gendarm sag’n, dass er den Dieb wieder fangt. Sepp: (ganz ungeduldig) Vroni, jetzt bist doch scho’ drei Jahr bei uns da im Dienst; da muasst Dir doch schon (denkt nach) so cirka 700 Mark erspart hab’n. Wo hast denn dös Geld? Vroni: Im Schachteri drin. Sepp: Jessas -! Jessas! I mein, was Du mit dem Geld anfangst. Vroni: Aufspar’n tus i mir’s bis i heirat. Sepp : So!!!-------Jetzt pass auf, Vroni — wennst Du dös Geld - also diese 700 Mark, de wost im Schachteri drin hast - scho drei Jahr

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lan[g] in ¿’Sparkasse nein’trag’n hät’st, hat’st Du heut’ scho mit’n Zinns a so a 60 bis 70 Markl mehra. Um Siebzig Mark kriegst Du heut scho a billige Bettstatt. Und a Bettstatt is’ doch schliesslich d’Hauptsach von der ganz’n Heiraterei und die 700 Mark bleib’n Dir no extra [.] Vroni: (ganz begeistert) Ja, dann tua i mei Geld glei aus dem Schachteri raus und trag’s in ¿’Sparkasse nei. Sepp: Gell, jetzt hast mi verstanden? Vroni: (ganz verzückt) Jetzt scho! Sepp: Bist do net so saudumm wiast ausschaugst.

Der Bruder auf Besuch Sparkassen-Film Nr. [?] v. Karl Valentin Mai 1943

(Ort der Handlung: Bürgerliches Wohnzimmer) ..................... ..................... .............

Personen: Der Mann

Die Frau Der Bruder Lorenz

Karl Valentin Liesl Karlstadt

Mann: (Im Zimmer aufund ab gehend) — [J]a! Ja! Dreijahre hab ich meinen Bruder Lorenz nicht mehr gesehen! Frau: Na, gestern hast Du gesagt: Mehrere Jahre. - Hast Du ihn nun mehrere Jahre oder nur drei Jahre nicht mehr gesehen? Eins von den zwei beiden, will ich wissen! Mann: Da musst Du dann sagen: Eines von den drei Beiden, wenn es sich um drei Jahre handelt. Frau : Na, es is’ ja auch egal; jedenfalls freust Du dich, wenn er heute kommt. Mann: Soll ich mich vielleicht nicht freuen? Frau: Freilich sollst Du dich freuen! Mann: Als Bruder muss ich mich doch freuen! Frau: Ja, müssen tust Du nicht! Sollen sollst du dich.

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Mann: Was soll ich Sollen? Frau: Freuen sollst Du dich, dass Du ihn solange nicht mehr

gesehen hast. Mann : Nein! Über das freue ich mich nicht, sondern über das freue ich mich, dass er heute kommt. Frau : Wie wird er denn aussehen? Mann: Wie wird er aussehen?? Wie halt ein Bruder aussieht! Frau: Wie ein Bruder aussieht? Unsinn! Es gibt doch viele Millio­ nen Brüder auf der Welt - nicht nur Deinen Bruder. Mann : Was kümmern mich alle andern Brüder? Ich habe halt nur einen Bruder. Frau: (nimmt die Fotographie v. Lorenz von der Wand und betrachtet dieselbe)............ sehr ähnlich sieht Dir Dein Bruder eigentlich nicht. Mann: Doch! — Er ist doch ein bildschöner Mann. Frau: Du auch! Mann: Klar! - Weil er mir eben ähnlich sieht. Frau: Drei Jahre, sagst Du ist Dein Bruder älter als Du? Mann: Nein! Drei Jahre hab'ich ihn nicht mehr gesehen. Frau: Na also! - Dann ist er doch um drei Jahre älter geworden in der Zeit, wo Du ihn nicht mehr gesehen hast. Mann : Stimmt! - Aber ich bin doch noch um drei Jahre älter als er. Frau: Wie kommt denn dann das? Mann: Das weiss ich auch nicht. Ich misch’ mich nicht gern in meine eigenen Familienangelegenheiten hinein. Frau: (Horcht)

Jetzt kommt jemand, (beide öffnen die Türe) (wortlos tritt ein Mann in das Zimmer, mit einem riesenlangen Vollbart, buschige[n] Augenbrauen und einem behaarten Kopf wie e[i]ne russische Pelzmütze. - Er gleicht schon bald dem Löwenmenschen von Zirkus Bamum und Barley.) Mann: (erstaunt) — .... Lorenz!! — Bist Du es? Lorenz: Ja! Frau: Ja, hat er gesagt! - Er kennt sich also selbst. Mann : Erkläre uns doch Lorenz, was ist mit Dir geschehen, dass Du soo ausschaust. 84

Lorenz: Sehr einfach lieber Bruder: Ich bin drei Jahre nicht mehr

zum Friseur gegangen und habe mir dadurch viel viel Geld erspart. Mann und Frau: Und was hast Du mit dem ersparten Geld gemacht? Lorenz: Sehr naheliegend! Zur Sparkasse hab ich es getragen! Frau: Aber Lorenz, das ist doch übertriebenes Sparen - so ist das sparen nicht gemeint! Auch das Sparen muss verstanden sein. Gehe sofort in die nächste Sparkasse und lasse Dich darüber näher aufklären. Lorenz: Jawohl, das tue ich! Ich gehe sofort, (geht ab) Mann : (schreit ihm nach) Lorenz! - Aber vorher gehst Du zu einem Friseur zum Rasieren und Haarschneiden, sonst fürchten sich die Beamten auf der Sparkasse und meinen, im Zoologischen Garten ist der Orangutan ausgekommen.

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Karl Valentin und N. N. in »Auf einer kleinen Bank im Park«

Auf einer kleinen Bank im Park Sparkassen-Film No 4 v. K. Valentin Mai 1943 2 alte Spitaler (Pfründer) jeder cirka 90 Jahre alt Erster alter Mann: Ja, ja....... so geht’s........ Zweiter alter Mann: Ja----------- dös stimmt!--------------Erster M.:------------- Jawohl! Zweiter M.:----------------Ja, ja!-------------Erster M.: Wenn ma so z’rack denkt-------------Zweiter M.:----------- Oh, mei!-----------Erster M.:----- Z’rwck denka soll ma gar net-------Zweiter M.: Naa,------- ma soll -wirkli net z’ruck denka-----Erster M.:--------- Hat a koan Sinn-----Zweiter M.:--------- Freili hats koan Sinn! Erster M.: Was g’wes’n is’ is’ g’wes’n!

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Zweiter M.: Drum hoast’s in den schönen alten Lied: »Drum sag

ich’s «ocAeinmal, schön ist die Jugendzeit« [.] Erster M.: Stimmt'. - Dös Liad kenn i a no. Zweiter M.:--------- Ja, ja!-------- Die Jugendzeit-------Erster M.:--------- de kommt nimma!-------- Die Jugendzeit!-----Zweiter M.: Ja----- mit der Jugendzeit is’ Schluss! Erster M.:------- Das war einmal! Zweiter M.: Ja, dös war einmal----- dös stimmt! Erster M.:------- Aber schö war’s! Zweiter M.:----- Dös werd wohl schö g’wen sei!!! Erster M.:----- Ja, ja,------ so verschwindet eins nach dem andern.. Zweiter M.:----- Ma soll halt ewig jung bleib’n! Erster M.:----- Da hab’ns recht------ dann hätt ma wenigstens was

von der Jugend! Zweiter M.: No ja! s’Alter hat a wieder seine schöna Seit’n! Erster M.:----- Stimmt'.------ I bin froh, dass i scho so alt bin! Zweiter M.:----- I a!------ I möcht gar nimma jung sei! Erster M.: I a nimmer----- um Gotteswill’n! Zweiter M.: Die schönste Zeit war eigentlich so um d’Fuchzger

rum. Erster M.: Ja, dös is die schönste Zeit für uns Manner. Zweiter M.: ’s Mitie/alter sozusagen, (beide lachen) Erster M.: D’Hauptsach is’, dass ma seine graden Glieder alle hat [.] Zweiter M.: Dös is’ d’Hauptsach, dös sag i a. Erster M.: — und dass oam hi und da no a Bris Schmaizler

schmeckt. Zweiter M.: Da----- Schnupfas bei mir - a ganz a frischa - aber

beissn tuat a [.] Erster M.:------- So? (Schnupfgeräusch)------ riargezeichnet! —

aah'. guat'.------- Hazzi! — Müass’ns den mein’n aa probiem! Zweiter M.:----- Bin so frei (Schnupfgeräusch)-------Prima!! —

Hazzi! Erster M.: Ja ja, hia und da a Bris is scho was guat’s! (Beide können nun öfters in die Sätze hinein niessen) Zweiter M.: Bloss die Frau des Hauses is’ nicht recht einverstan­ den, wegen de vielen Sr/wwp/tüachl’n wasch’n [.]

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Erster M.: Na ja, mei----- mir Manner sag’n ja a nix, wenn d’Weiber beim Ratsch’n sann — Sie Herr Nachbar, i glaub die zwei junga Herrn woll’n sich auch auf die Bank hersitz’n — rzw^as a weni uma! Erster junger Herr: Gestatten Sie, dass wir hier Platz nehmen? Die beiden Alten: Bitteschön! Setzen’s Ihna nur her. Erster Herr: Danke. Dieser Herr spricht zu dem andernjungen Herrn:... .Ja, wie gesagt, ich habe jetzt schon 2000 Mark auf der Sparkasse, durch das eiserne

Sparen - Und Du? Zweiter Herr: Ich dreitausend! Alter Herr zu dem andern Alten: Seh’n Sie Herr Nachtbar, wenn wir zwei - damals - als wir auch so jung war’n, wie die zwei, auch schon gespart hätten, wär’n wir heute vielleicht schon Millionäre.

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Karl Valentin und Liesl Karlstadt in »Kreuzworträtsel«

Kreuzworträtsel Sparkassenftlm No 7

v. K. Valentin Mai 1943

K.: Also, in dem heutigen Kreuzworträtsel sind Fragen enthalten, die kann man nicht lösen! - Da heisst es: Beliebtes Staatsgebäude V.: Das kann nur das Finanzamt sein! K.: Triumph der Technik (Anton Zertrümmerung) V.: Semmelreibmaschine. K.: Dann ein Fest der Freude (Hochzeit - oder) V.: Ehescheidung. K.: Kaiser Neros Lieblingsspiel (Schach). V.: Schneider, leih’ mir dei’ Scher’. K.: Eine Hafenstadt in Persien? V.: Magdeburg. K.: Aergerniserregender Ort? - Dös bring i net raus! - (Gerichtssaal)

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V.: Bezugscheinamt. K.: Was ist eine Plantage? V.: Wenn sich jemand blamiert. K.: Eine Pferdeart, die nie ausstirbt? ; V.: Der Amtsschimmel. K.: Haus der Freude? V.: Freudenhaus. K.: Wer war die Königung der Keuschheit? V.: Die Wirtin an der Lahn! ’ K.: Treuer Mann? Simpel der Ehe. V.: Eunuche. i K.: Leicht erlernbares Musikinstrument? V.: Schellenbaum. K.: Wieso? V.: Den braucht man nur tragen. K.: Schwar[z]arbeit? V.: Kaminkehrer. K.: Eulenart? Uhu V.: Schwiegermutter. K.: Kristallklares Gebilde? V.: Nasentröpferi im Winter [.] K.: Wässrige Substanz? V.: Dümmbier [.] K.: Trostloses Fahrzeug? V.: Auto ohne Benzin. K.: Gutmütiges Tier? V.: Ein Schaukelpferd. K.: Eine segensreiche Einrichtung? V.: Ein Brausebad! K.: Aus neun Buchstaben! V.: Der Kuss. K.: Nein! Das ist eine unhyginische Tätigkeit. V.: Ich hab’s!----- Eisernes Sparen. K.: Stimmt!



14 Karl Valentin und Liesl Karlstadt in »Die gestrige Zeitung«

Die gestrige Zeitung Sparkassenftlm No 8

v. K. Valentin Mai 1943

Mann: Du Frau, hat der Mann, der heute die gestrige Zeitung kaufen wollte, die Zeitung schon bekommen? Frau: Dem hab ich’s schon gegeben. Mann: Die gestrige? Frau: Nein, die heutige. Mann: Ach! Der wollte doch die gestrige haben! Frau: Die gestrige hab ich nicht gehabt, dann hab ich ihm die heutige gegeben. Mann: Wann? Frau: Heute. Die gestrige hab ich ihm für morgen verspro­ chen.

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Mann : Ich auch; dann brauchst Du ihm die gestrige nicht besorgen,

weil ich ihm dieselbe besorge. Frau : Die gestrige können wir ihm beide nicht mehr besorgen, weil die Redaktion keine mehr hat. Dann muss halt der Mann eine vorgestrige nehmen! Mann: Eine vorgestrige wird dem Mann doch nichts nützen! Frau: Na, wenn er schon eine alte Zeitung will, dann ist doch eine vorgestrige noch älter als eine gestrige! Mann : Du hast Ansichten! In der gestrigen Zeitung kann aber etwas gestanden sein, was in der vorgestrigen nicht gestanden hat, was nicht einmal in der heutigen steht! Frau: Ja, ja! Das hat ja der Herr gesagt, und dann hat er mir die heutige abgekauft und hat gesagt: Auweh!, da steht’s nicht drin! Wahrscheinlich ist das gestern drin gestanden! — Was drin gestanden sein soll, das hat er mir nicht gesagt! Mann: Das steht dann sicher in der gestrigen drin! Frau: Was? Mann : Was der Mann in der heutigen g’sucht hat. Frau: Das glaub ich nicht, denn solche Sachen steh’n oft gar nicht,in der Zeitung! Mann: Was für Sachen? Frau: Na ja, so geheime Sachen! Mann: Woher weisst Du denn, dass der Herr eine geheime Sache

sucht? Frau: Na, wenn das nichts Geheimes wär’, dann hätt’ er mir doch gesagt, was er sucht! Mann: Was er sucht! - Wasersucht! - Wassersucht ist doch nichts Geheimes, das ist eine Krankheit. Natürlich liest man auch in der Zeitung von Heilmitteln. Vielleicht steht’s in der morgigen Zei­

tung! Frau: Die morgige gibt’s doch heute noch nicht! Mann: Aber morgen gibt’s die heutige! Frau: Aber der Mann will doch die gestrige! Mann : Ach! - Du machst mich noch ganz wirr! Der Mann war doch gestern da, nicht heute! Und gestern wollte er die gestrige, also ist das in diesem Falle die vorgestrige!

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Frau: Nein!----- Das hat der Herr nur vermutet; er hat gemeint, wenn es nicht in der gestrigen steht, dann könnte es eventuell in der vorgestrigen stehen. Mann: Du verstehst mich nicht! Sagen wir, der Mann wäre erst morgen gekommen und hätte die gestrige Zeitung wollen, dann wäre die heutige Zeitung die gestrige gewesen, und die gestrige die vorgestrige. In Wirklichkeit aber wäre die vorgestrige die gestrige gewesen; hast Du das verstanden? Frau: (ganz laut) Ja nicht im Geringsten! Mann : (zornig) Das ist ja auch gar nicht wichtig! Der Herr braucht die Zeitung, wo das drin steht. Frau: Dann muss er doch in der vorgestrigen nachschauen! Mann: Ja, steht’s denn in der vorgestrigen? Frau: Ja, das weiss doch ich nicht, der Mann weiss es ja selbst nicht! Mann: Ja wenn’s er selber nicht weiss, was drin steht, wie solln’s denn wir dann wissen! Frau: Natürlich weiss er das, was drin stehen soll, nur wo es drin steht, in was für einer Zeitung, das weiss er nicht! Zu mir hat er g’sagt, in der gestrigen................. Hallo! Hallo! - Sie Herr! - Du, da ist der Herr! - Sie, die gestrige Zeitung hab ich leider nicht mehr bekommen, wo das drin steh’n soll, was Sie suchen....... Herr: Ach, das ist nicht so wichtig! Ich brauch die Zeitung nicht mehr. Ich wollte nur wissen, ob die Sparkasse für eisernes Sparen, auch Nachmittag’s geöffnet ist.

Ehrgeiz Roman oder Film von Karl Valentin (Skizze) 1945.

Norbert ist das Kind einer armen Familie, schon mit 3 Jahren deutete er in alten Zeitschriften auf die schönen abgebildeten Autos. »Audi« stammelte er und zum Christfest schnitzte ihm der Vati aus einem Klumpen Holz ein kleines Auto bemalte es scheckig mit 93

Oelfarbe, die grosse Freude wurde noch grösser als er es seinem ebenbürdigen Spielkameraden vorfiihrte. Drei Tage nur dauerte dieser Kinderstolz, denn der kleine 7 jährige Rudi von der Villa des Barons Stöckl fuhr am Spielplatz vorbei mit einer kleinen Luxus­ limousine. Rudi sass im Auto und fahr ohne Ross und Benzin, er brauchte nur treten. Norbert verachtete seinen Wagen, liess densel­ ben am Spielplatz stehen und lief weinend zur Mutti und erzählte ihr er möchte auch so ein Audi wie Rudi. Dieser Vorganfg] legte bei dem kleinen Norbert nicht das schändliche Samenkömehen des Neides sondern des Ehrgeizes in seine Seele und wucherte weiter wie ein böses Unkraut. Nach drei Jahrzehnten erblühte die Gift­ pflanze Ehrgeiz, die die Seele eines Menschen vernichten kann. Norbert war älter geworden, sein Autofimmel blieb bei ihm. »Was willst Du für einen Beruf ergreifen« frag man ihn als er aus der Schule kam. Natürl[ic]h nur Chauffeur. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Er wurde es. »Herrschafts-Chauffeur (gelernter Automechaniker)« stand in der Zeitung. Bald stand Norbert an der Werkbank und war mit grosser Begeisterung stets bei der Sache; aber sein Arbeitskamerad neben ih[m] war leider geschickter, deshalb reparierte dieser die schönen Luxus-Limousinen und er nur alte Lieferwagen und dergleichen. Gekränkter Ehrgeiz. - So ging es in seinem Berufsleben immer weiter. Immer wenn er glaubte - Jetzt kam es wieder anders. Es war gar nicht so, dass er selbst ein Herr sein sollte, nur Knecht, aber ein Chauffeur, der ein schönes Auto führen wollte. In der Chauffeurschule war er selbstverständlich, sein Wunsch, Fahrer eines grossen Luxusautos zu werden, wurde vom Lehrer der Fahrschule etwas spöttisch beantwortet. »Ein Chauffeur muss jeden Kraftwagen führen können und sei es ein Kehrrichtwa­ gen«. Norbert sah sich aber immer im Geist in feiner Livree evtl. s°[ga]r mit feinen Goldschnüren behängt, Chauffeur eines Fürsten oder noch höher, eines Königs oder gleich gar eines Kaisers. Träume sind ja erlaubt. Tatsächlich wurde irgendwo durch irgenswie eine Chauffeurstelle frei und zwar bei Universitätsprofessor von Glut. Norbert wurde sein Chauffeur, er stand vor dem Spiegel, seine Augen hatten Hochglanz angenommen und Norbert sagte bei sich: »Man muss nur Geduld haben«. Glücfk] kennt er aber gar nicht, 94

denn Glück und Glas wie leicht bricht das. Schon nach einigen Tagen berichteten die Zeitungen in Schlagzeilen den Ausbruch des Krieges. Norbert wurde militärverpflichtet, Kraftfahrabteilung. Statt mit einer schönen Luxuslimousine auf den neuen Autostrassen zu fahren musste er gefährliche Munitionsladungen an die Fronten fahren. Aber das Glüc[k] war ihm wieder hold. Er bekam eine neue Zustellung und durfte seinen Lastwagen mit dem schönen Wagen eines Generals vertauschen, bekam auch eine feinere Uniform und fuhr mit Stolz an den Nachschubkolonnen der Lastautochauffeure vorbei. Wieder dauerte es nur einige Wochen, der Feind rüc[k]te ins Deutsche Reich ein unsere Soldaten mussten zurück, immer weiter zurück, der Generalstab ebenfalls und auf der Flucht durch eine kleine Stadt, es war seine Heimatstadt, die er trotz der vom Terror verwüsteten Häuserruinen sofort erkannte. Er bat seinen General ob er einen kleinen Umweg fahren dürfte um zu sehen, ob sein Geburtshaus noch steht und seine Familie noch lebt und fuhr, als er die Bitte bejaht bekam, durch die Ruinen dorthin. Seine Nerven hatten seine gewohnte Fahrsicherheit in dieser Situation gestört, er blic[k]te scheu an die Häuserreihen und seine Augen suchten das Heimathaus. Da lief ihm von der linken Seite ein spielendes Kind direkt in den Wagen hinein. Ein Schrei einiger Passanten. Norbert stieg zitternd aus dem Wagen, zog das tote Kind aus den Rädern und mit dem Kind eine Schnur an welcher ein kleines aus Holz ge­ schnitztes Auto hing. Es war dasselbe Auto, das Norbert als Kind zum Weihnachtsfeste bekommen hatte. Mit stierem Blick betrach­ tete Norbert das kleine Spielzeug. (Ende des Films).

Wochenschau 1946 mit Karl Valentin Herr............................. Es freut mich mein lieber Herr Karl Valen­ tin sowie auch viele ihrer Verehrer in ganz Deutschland, dass sie die schwere Zeit

glücklich überstanden haben. 95

Ja, die schwere Zeit hat mich leichter ge­ macht. Herr........................... Wieso? Valentin : Ich wiege nur mehr 98 Pfund. Hier meine letzte Aufnahme (zeigt Valentin im Badeko­ stüm) Herr........................... Das ist ja entsetzlich und komisch zugleich, das ist ja ein Sinnbild der Fettlosigkeit. Valentin : Fettlosigkeit? Das ist ja mein Glück - Knochenlosigkeit wäre mein Unglück, da wär ich überhaupt nicht mehr da. Herr........................... Was sind denn Ihre Zukunftspläne? Valentin[:J Ich möchte alles verfilmen, was mir seit vierzig Jahren an Unsinn eingefallen ist. Herr........................... Ausgezeichnet! Da würde sicher die ganze Welt darüber lachen! Valentin:

Valentin am Telefon (Der Apparat raucht (mit Räucherkerzchen wird der Rauch erzeugt) V. Valentin wählt mit dem Finger ganz zögernd weil der Telefon­ apparat (Wählscheibe von dem stundenlangen Drehen schon glü­ hend ist Valentin schreit endlich!! - hallo! ist Liesl Karlstadt, du sollst heut Punkt 2 Uhr zur Probe kommen. Wie bitte? Wer ist am Apparat Frau [...]?? Was haben sie für ein Geschäft Hebamme!!? Ja da bin ich ja wieder falsch entbunden, Verzeihung - falsch verbunden wollt ich sagen - Das ist ja zum Haarausreißen (Valentin reißt sich aus seiner Perücke büschelweise alle Haare aus - Glatzköpfig ruft er Nieder mit dem Telefon - Ein Hoch der Technik!

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Immer belegt Kurztonfilmscene für die Wochenschau - gespielt von Karl Valentin und Liesl Karlstadt 1948

Auf einem kleinen Tischchen in einer Zimmerecke steht ein Tele­ fonapparat. Valentin sitzt schwitzend davor und wählt wie wahnsinnig an der Scheibe herum und spricht: das ist ja zum verzweifeln [...] Liesl Karlstadt steht gemütlich daneben und redet ihm gut zu »Sei doch nicht so aufgeregt, nur alles mit Ruhe. [«] V. schreit - Mit Ruhe - seit 2/. Jahren rufe ich die Nummer an - immer belegt - haut das Hörrohr auf den Apparat, daß es entzwei bricht. K. Beruhige dich doch [.] V. wählt nochmal aber greift in die Scheibe nur mit der Finger­ spitze weil die Scheibe von dem vielen Drehen schon glüht und ruft und schreit - Endlich eine Verbindung----- wer ist dort - Frau Meier Hebamme, da bin ich falsch entbunden, a falsch verbun­ den - haut Hörer wieder auf den Apparat und schreit, das ist ja zum Haarausreissen reißt sich mit beiden Händen büschelweise die aufgeklebten Haare vom Kopf - versucht nochmal zu wählen aber der Apparat brennt schon in hellen Flammen. K. [(] gemütlich lächelnd) Es brennt! es brennt! - ruf schnell die Feuerwehr an (liest aus Telefonbuch [)] - Feuerwehr Rufnummer 22222 V. probiert zu wählen aber es geht nicht mehr [.] K. Nur Ruhe - dann löschen wir eben selber (holt vom Fenster­ brett ein kleines Gießkännchen welches neben den Blumentöpfen steht, geht zum bren[nen]den Ap[p]arat und gießt auf den bren[nen]den Apparat Wasser und sagt zu Valentin Siehst Du? Mit der Ruhe geht alles viel besser[.] Bild von Valentin betrachtet mit stierem Blick die Katastrophe[.] Bild wird langsam abgeblendet[.] Ende

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Film Tricks von Karl Valentin Ein Kind, 3 Jahre alt steht am Fenster. Es lehnt sich hinaus und im selben Moment kommt die Mutter ins Zimmer gestürzt »um Got­ teswillen« schreit sie, mein Kind! — Das Kind ist zum Fenster hinausgestürzt, meint das Puplikum----------- in Wirklichkeit hat es nur der Vater, der eben heimkam zum Fenster hinausgezogen, denn die Wohnung, in der sich das Drama abgespielt hat, war nicht, wie es aussah im vierten Stock, sondern im Parterre.

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Multimediale Inszenierungen

Der Flug zum Mond im Raketenschiff Technische Bühnenneuheit von Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Entstanden: August 1928. Personen:

1. Pilot Karl Valentin 2. " Liesl Karlstadt Bürgermeister Rückert Oberregierungsrat Pfafferl Schutzmann zu Pferd Trösch 1. Photograph Flemisch 2. " Junker Fliegerbraut Pegory Stadträte - Musiker - Zeitungsmann

Ort der Handlung: Oberwiesenfeld Abends 6 Uhr. II. Szene spielt im Film III. " Absturz auf der Bühne.

Wind geht. Karlstadt kommt mit grosser Ölkanne undfüllt ein. Valentin schmiert Propeller, Seitensteuer, Fernrohr, Globus, Fähnchen und Ziga­ rettenetui. K. fängt einstweilen an einzupacken. V. Horch nur grad, der Wind. Ausgerechnet weil wir starten wollen muss ein solchener Wind gehen. K. Geh, du wirst dich doch vom Wind nicht abhalten lassen. V. Müssen wir morgen fliegen [?] K. Geh red kein Schmarrn, morgen kann auch ein Wind gehn. V. Dann fliegen wir halt übermorgen. K. Weisst du das so gewiss, dass übermorgen kein Wind geht? V. Übermorgen geht selten ein Wind.

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K. Jetzt mach und helfe mir einpacken, ich weiss nicht, du druckst immer so rum. Du tust grad, als ob wir bloss nach Grünwald nauf fliegen täten. Wir fliegen doch direkt ins Ungewisse. V. Wohin? K. Ins Ungewisse. V. Die ganze Zeit hast gsagt wir fliegen zum Mond. Jetzt fliegt er auf einmal wo anders hin. K. und V. packen mitsammen ein (Zwei Worte, Rauscher, Schlicht, Trinke Spaten, Grammophonplatten von Hieber, Schinken, Odol (Maggi) [J Eckel Weine usw.)

V. Tu net alles hint nein, sonst schnackeln wir um. Sie packen immer schneller ein.

K. Ja, wieviel willst denn noch mitnehmen. Es geht ja schon nichts mehr nei. V. (legt noch ein Paket hin) Dös muss noch nei. K. So, jetzt is aber Schluss. Für meine Füsse brauch ich doch au[ch] an Platz. V. Geht gar nix mehr nei? K. Na. V. Saxendi auf des Packl gehts jetzt z’samm. (Bringt ein ganz kleines Päckchen zum Vorschein. [)] K. Wenn ich dir sag, es geht nimmer nei, dös nehmen wir halt das nächstemal mit. K. (geht mit Kiste ab. - V. geht zum Fernrohr und schaut hinein. - [)] K. [(\kommt wieder. PJ V. Ja, was is denn dös, ich seh kein Mond. Mit freiem Aug seh ich ihn schon aber im Rohr drinn net. Nicht einmal verschwommen. K. Dann hast halt nicht richtig eingestellt; wennst richtig einstellst, brauchst bloss neinschaun. V. Dann siehst nix. K. Ja, da sieht man wirklich nix. Hast es kaputt gemacht? V. Na. (schaut wieder in das Fernrohr, während K. am anderen Ende herumschraubt, tut den Deckel runter.) 102

K. Der lasst an Deckel drauf, da glaub ich freilich, dass d’ nix siehst. Wenn Du herunt schon so dappi bist, möcht ich dich erst droben sehn. V. Der ghört ja drauf. Wie wirs kauft haben, war er drauf, der ghört zum Schutz für das Glas. K. Ja, aber wenn d’ neinschaust doch net. K. Vergessen hast ihn halt. V. [SJiehst, so was ähnliches ist mir schon passiert, das ist genau so wie das, nur wieder anders. Da bin ich im Hofbräuhaus g’wesn und hab mir Weisswürscht kauft. Moanst ich hätts essen können? Ich hab’s net nunterbracht. K. Warum nicht? Warens z’hoass? V. Na, aber ich hab vergessen, dass ich’s Maul aufmach.

(K. nimmt das Dekorationstuch vom Flugzeug fort und räumt es auf. V. hat mittlerweile das Fernrohr umgedreht und schaut verkehrt hinein.) V. Wie weit meinst du, dass der Mond weg ist? K. Das weiss ich schon. 383000 km. V. An Schmarrn. Wenn wir in der Sekunde 1000 km fliegen, dann sind wir in 10000 Jahr noch net droben, so weit ist der weg. Schaug nei, wennst es nicht glaubst. K. (schaut hinein) Du schaugst ja verkehrt nei. V. Meinst, dass das was ausmacht? K. Freilich (dreht es herum) Jetzt musst neinschaun! V. Ja, jetzt brauch ma nimmer nauffliegen, jetz ist er so wie so schon da. (Geht hinters Fernrohr und zeigt mit der Hand, wo der Mond sich befindet.) (Wind geht)

K. Ja horch nur grad, der Wind. V. Nach die Winde dürfen wir uns nie richten. Was hätt denn da der Globus getan, wie er nach Amerika nüber ist und hat Amerika entdeckt. Wie ihm seine 13 Brieftauben auskommen sind. K. Wer?

V. No, der Christian Globus, der Amerika erfunden hat. K. Du spinnst ja, du meinst an Kolumbus. V. Na, der hat Globus g’heissn, habn wir in der Schul g’lemt. K. Ja, wo du in d’ Schul gangen bist. Da schau hin (deutet auf den Globus). Diese runde Pappendeckelkugel ist der Globus und der wo Amerika entdeckt hat, war der Kolumbus. V. (deutet auf den Globus) Dös is der Kolumbus. K. (geht und bringt Raketen. [)] V. Gib fein Obacht, der Feuerwerker Burg hat gsagt, die sind mit dem stärksten Pulver g’füllt. Da wenns eine z’reisst, sind von uns nicht einmal mehr Fäserl da, viel weniger Antome. Und dann hat er g’sagt, wir dürfen keine Zigarre, Zigarette hinbringen, also überhaupt kein Feuer, nicht reiben, stossen, nicht fallen lassen und nicht berühren. K. Ja, berühren muss mans ja, wie willst du sie denn sonst einsetzen. V. Das ist’s ja eben. K. Berühren darf man’s schon, müss’n mir halt vorsichtig sein, da ziehn wir halt die Handschuh dazu an.

(Beide ziehen die Handschuhe an.) K. Setzt du sie ein? V. Ja. (Dabei fallt ihm die Zigarette in die Raketenkiste.[)] Jessas!

(Beide werfen die Raketen raus und suchen die Zigarette.!)]

K. Da liegens jetzt. V. Und wir waren auch bald dag’legen. Da wären wir aber weiter kommen als wie zum Mond, da wären wir direkt ins Jen[s]eits hinüber. K. Mir halt er die ganze Zeit einen Vortrag und dabei lasst er die brennende Zigarette neinfallen. V. Wennst mich du so saudumm fragst und da ist’s mir halt rausg’fallen aus’m Mei. K. (■wirft mit Wucht eine Rakete in die Kiste) ’s ist ja wahr, auch mich wamst immer und er lasst die Zigarette hineinfallen. 104

V. (wirft ebenfalls eine hinein) Deswegen brauchst auch net glei so umeinanderz’werfen.

(Beide legen in Zeitlupe die Raketen in die Kiste. DJ V. 9 Stück sind schon drin, wir brauchen nur noch 3. K. Was willst mit 3. Da kommst höchstens nach Rosenheim. V. Hast Du eine Ahnung vom Mondflug. Über Rosenheim kommen wir gar nicht. (Legt die erste Rakete ein) Noch eine. K. (stösst die dritte fest auf den Boden). V. So, so, hau nur fest hin, das machst net lang. K. Horch, da ist ja kein Pulver drinn [.] V. Die hat höchstens der Lehrbub gmacht. (wirft sie weg. K gibt ihm noch eine. Alle 3 schmiert V.) K. (trägt die Kiste fort und kommt gleich wieder, ß] V. Weisst du, was mich wundert, ist dir noch nichts aufg’fallen. K. Dass keine Leut da sind? V. Ja, bei so einem wissenschaftlichen Werk kommt keine alte Sau. Bei einem Mondflug. Ein Maskenzug wenn ist, da stehen die Leut’ schon um 5 Uhr früh am Marienplatz. Wir, wo unser ganzes Können eingesetzt haben und unser ganzes Vermögen, 600 Mark, neigeschustert haben, da kommt kei Mensch. Mei Braut ist auch nicht da. K. Vielleicht haben’s d’Leut net g’wusst. V. Freilich, es ist ja überall ang’schlagen. K. Das ist jetzt nur so dumm, wenn wir wegfliegen und wir kommen nimmer, weiss kein Mensch, wo wir sind. V. Nacha kommen wir halt net in’d Illusterierte. K. Weisst was, jetzt ist noch kein Mensch da, jetzt könnten wir einen Probeschuss abgeben, damit wir sehn, obs funktioniert. V. Tat ich nicht! Tat ich nicht. Bedenk einmal, wir haben 12 Raketen, davon schiessen wir jetzt eine ab, dann haben wir noch, 12 weniger 1 ist 11, 11 Raketen. Jetzt sind wir vielleicht so weit vom Mond weg (zeigt, wie weit) und wir haben die 11 schon abg’schossen, jetzt brauchten wir die zwölfte, - schon flagg mer herunt.

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K. Ach geh, die eine darf nichts ausmachen. Weisst ich mein, wenns den Apparat z’reisst, dann könnten wir noch g’schwind davonlau­ fen. V. Ja, wenn du unbedingt meinst, so kannst ja einen Probeschuss abgeben. Ich muss sowieso noch was besorgen. (Will gehen) K. So ein Feigling bist du. Zuerst hast g’sagt, willst allein fliegen, Und jetzt traut er sich kein Probeschuss abgeben. V. Weisst, mir ist’s ja nur wegen dem z’reissen. K. Das bin ich auch noch net g’wohnt. Wir müssen halt vor allen Dingen das Flugzeug festhalten. V. Ja, das wirst du derhalten können, wenn die Raketen naussaust. K. Wir müssen halt d’Brems auch noch neintun. So und jetzt lass krachen. V. Ich hab schon mehr Probeschiß als Probeschuß. K. Jetzt halt Dir die Ohren zu — V. Wie kann ich die Ohren zuhalten, wenn ich einschalten muss. K. Na machst halt d’Augen zu!

(Geben einen Schuss ab und laufen dabei nach vorwärts, als ob das Flugzeug schon starten ■wollte, während V. schimpft und beide das Flug­ zeug an den alten Platz schieben, reitet Schutzmann herein) Schutzm.: Himmelsabrament, was ist da los? Wer hat da geschos­

sen? K. u. V.: Mir. Schutzm.: Ja, san denn Sie d’Mondflieger und wollen da herhint starten, wo’s doch g’heissen hat, der Start ist auf dem Flugplatz Schleissheim vorm Fliegerschuppen. No dazu warten Behörden und hunderttausend Menschen schon 3-4 Stund lang. V. (hat sich einstweilen dem Gaul genähert, streichelt ihn) Ja, wo is er denn? (Nimmt auch noch den Vorderfuss.) K. Ja, vor dem Schuppen können wir nicht starten. Schutzm.: Warum denn nicht, erklärens mir das amal. V. Vorm Fliegerschuppen gehts nicht, bedenkens amal, wenn da eine Rakete in den Schuppen saust, wo 100 Benzinfassl drinstehn. Da tät’s uns alle dabreseln. 106

Schutzm.: Ja, so g’scheit bin ich schon selber[.] Aber dös ko doch koa Mensch net schmecka, dass Sie dahinten wegfliegen wollen. I derf halt sofort nüberreiten auf die andere Seiten und Meldung machen, dass alles da rüberkommt. Wann wollens denn starten? V. (unterbricht) Is mei Braut auch drüben? Schutzm.: Was kümmert mich Ihre Braut. Ich möchte wissen, wann sie eigentlich starten wollen. K. In zehn Minuten. Schutzm.: Was? In io Minuten. Da darf i aber schaun, dass ich

nüberkomm. V. u. K. (schauen sich an) K. Dass doch bei uns gar nix klappt. V. Ich kauf mir derweil a Mondhalbe, bis d’Leut kommen (wollen gehn D] (Geschrei. Die Mauer schiebt sich über die Bühne, der Schutzm. V. u. K. drängen die Leute zurück und schimpfen.) i.Photogr. Verzeihen sie, sind sie die Piloten? V. Ja. Mondpiloten - [VJollmondpiloten. 1. Photogr. Könnte ich Sie vielleicht Filmen? K. Aber schnell muss gehn. Wir haben nimmer lang Zeit. 2. Photogr. (stellt sich vor den ersten. Beide streiten um den Platz.) Schutzm.: Halt, Streits net lang, stellts euch nebeneinander hin. 1. Photogr. So, jetzt bewegen Sie sich. Rauchen Sie eine Zigarette oder tun Sie sonst was. Nur nicht ruhig halten. 2. Photogr. So, jetzt machen Sie eine schöne Pose und bitte ganz ruhig stehen bleiben. 1. Photogr. Sie sind wohl verrückt. Kann ich nicht brauchen. Bewegen. 2. Photogr. Ruhig halten. 1. Photogr. Bewegen. 2. Photogr. Ruhig halten. V. Ja, was sollen wir jetzt tun, wir können uns doch nicht während dem ruhig halten bewegen. Machens halt sie z’erst und dann sie! i. P. Achtung! Aufnahme! (V. u. K. verrenken sich die Glieder) Danke!

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2. P. So und jetzt eine schöne Pose (V. hält mit der Hand K. das Gesicht zu) Nicht so. Jetzt ist’s hübsch. 1,2,3 Dankeschön. (Von hinten: Auto-Hupe, Hurra-Rufe. Musik und Behörden marschieren ; auf. 0] Schutzm. (drängt 'wieder die Menschenmauer zurück - Musik spielt weiter - Schutzmann reitet wieder vorbei, Das Pferd wird scheu, rennt die Leute um, wirft Kinoapparat um. - Scherben - Musik aus. Begrüssung.) Oberb. Gestatten Sie: Oberbürgermeister, Herr Oberregierungs­ rat, Herr Vorderregierungsrat, Herr Hinterregierungsrat. Einen Moment bitte. (Betritt Rednerpult): Meine Herren Stadträte! Meine Hochwohlgeborenen Flieger und sehr geehrte Zuschauer­ massen! Und so beschliesse ich meine Rede mit den Worten: Den beiden tollkühnen Fliegern ein dreifaches Mond-Heil.

(Ein Tusch) (Schutzmann reitet verkehrt vorbei und verliert Pferdeäpfel 0]

2. Photogr. (nimmt die Äpfel auf Man kann nie genug Bilder für die Illustrierte haben. Oberb. Bitte Herr Oberregierungsrat, nehmen sie Besen und Schaufel und entfernen Sie hier diese störende Kleinigkeit. Oberreg, (kehrt zusammen und will gehen). V. Hä, Sie, da haben’s oa vergess’n. (Nimmt mit der Zange einen auf und legt ihn aufdie Schaufel. Oberreg, legt Besen weg und legt einen mit der Hand auf die Schaufel.) Oberb. Bitte, meine Herren, wenn Sie so freundlich wären und uns einige Details über den geplanten Flug und über das Flugzeug selbst zum Besten geben wollten. V. Ja, da wollen wir nichts sagen drüber, das ist ja sozusagen ein Geheimnis. Oberb. Glauben Sie, dass der Flug gelingt. K. Natürlich. Die Voraussetzungen sind ja alle da. Mir sind da - das Flugzeug ist da - der Mond ist da. 108

V. Das einzige Hindernis ist die Entfernung von der Erde zum Mond. Oberb. Und haben Sie die Hoffnung, dass Sie wiederkommen. K. Ja, die Hoffnung die müssen wir ja haben. V. Die Hoffnung ist das Wichtigste. Wichtiger, wie die Raketen und das Flugzeug. Wir haben halt 12 Raketen und 1 Stück Hoffnung. Oberb. Sie glauben also mit Bestimmtheit, dass Sie hinaufkommen. V. Na, ja, ganz nauf will ich grad net sagen - runter kommen wir bestimmt, wenn wir naufkommen. Oberb. Und dennoch möchte ich Sie gebeten haben, uns wenig­ stens einige Äusserlichkeiten vom Flugzeug zu erklären. V. (zögert) K. Erklär’s ihm nur, der verstehts ja doch nicht. Oberb. Wie bitte? V. Er hat gemeint, es wird schwer zum verstehen sein. Also, das ist ein Ölkandl. Das ist die Seitensteuer - das ist die Einkommen­ steuer — na, das Höhensteuer. Das ist das Steuerrad. Also Sie sehen, wo man hinschaut, nix wie Steuern. Das ist der hintere Führersitz, das ist der vordere Führersitz. Der hintere Führer sitzt immer hintern vordem Führer, äusser, das Flugzeug ist verkehrt, dann sitzt der hintere Führer (besinnt sich) auch hint. Das sind die verschiedenen Manometer, - das is der oa, - das is der ander, des is der dritte und der, des wissen wir selber noch net, zu was der g’hört. Da müssen wir erst d’Gebrauchsanweisung lesen. Das ist die Antenne, mit der wir die Nachrichten von der Erde empfan­ gen und das ist das Mikrophon. Mittels diesem können Sie alles hören, was uns im Äther begegnet. Wir sprechen alles hinein und auf jedem Flugzeugschuppen der ganzen Welt stehen grosse Lautsprecher, da können sie alles hören. K. Wart, ich fürs ihm vor. Also ich schalte (jetzt spricht Lautsprecher mit) ein. Ich spreche Ihnen jetzt eine kleine Probe vor. Sehr geehrter Herr Bürgermeister. Wir werden jetzt zum Mond flie­ gen. Schluss (Lautsprecher allein) Gute Reise!

(Allgemeines Erstaunen)

109

V. Jetzt das is gut. Der red ja mehr, als ma neinred — Ah, jetzt weiss ich’s da wird von Gestern noch a Trumm Gespräch dring’wesen sein und das ist mit raus’grutscht. Alle miteinander: Das ist ja grossartig, das ist fein usw. V. Und dann sind wir noch ganz raffiniert ausgestattet. Sehen Sie hier haben wir die Raketen. Funktionieren die Raketen nicht, so fliegen wir mit dem Benzinmotor weiter. Funktioniert der Ben­ zinmotor nicht, so fliegen wir mit den Raketen weiter. Gehn der Motor und die Raketen nicht, dann fliegen wir sowieso. Ob erb. Das ist ja ganz fein ausgedacht. V. Sie sehen also, wir haben alles, was andere Mondflieger nicht haben. Oberb. Andere Mondflieger? V. Ja, so, wir sind ja die ersten. Oberb. (in Positur) Die Stadt hat mich beauftragt, für die Kollossalen Verdienste im Flugwesen, Ihnen den Mondraketenflugzeug ­ verdienstorden anzuheften. V. Das ist noch zu früh, lassens uns erst naufkommen. Oberb. Bitte, verderben Sie uns die Freude nicht. Wir sind ja froh, wenn wir losbringen. Also bitte. (Musik-Tusch.) V. Nacha is was anders. (Lässt sich photographieren) Oberb. (zur K.) Auch Ihnen ist ein solcher Orden zugedacht [.] (Musik-Tusch) Und meinen herzlichsten Glückwunsch. V. Also jetzt müssen wir’s packen. Jetzt dürfen wir nicht mehr lang rumdreckeln. (Verabschiedet sich von allen Honoratioren, von den Photographen, von K.) K. Ich flieg ja mit. (verabschiedet sich von Schutzmann und Souffleur, dann fängt er zu ■weinen an. K. tröstet ihn.) Oberb. Gestatten Sie eine Frage. Warum ist Ihr Freund auf einmal so bedrückt. K. Er wartet schon den ganzen Tag auf seine Braut und die ist immer noch nicht da. (Zu V.) Schau, vielleicht ist sie unter den Leu­

ten. 110

V. (Sucht unter der Menschenmauer und ruft) Braut, Braut, Marie! (Weinend kommt er zurück und steigt ins Flugzeug) Ob erb. Gute Reise! V. Was sagens? Ob erb. Gute Reise! V. Ich versteh Ihna net. Oberb. Gute Reise! V. Ah So — ja, ja (lässt den Motor anlauftn.) Oberb. Halt! Halt! Sie können doch unmöglich in die Menschen­ menge hineinfahren. Da sind ioo Personen tot. V. Ach, übertreibens nur net. io oder 15 kanns ja derschlagen aber mehr net. (treiben die Menschenmenge zurück.) (Währenddem kommt die Braut. Er macht ihr Vorwürfe. Sie herzt ihn und weint. Heult. Er weint auch.) Braut: Schatzi, geh nicht fort von mir. V. Ich geh ja nicht, ich flieg ja. Braut: Denk doch an unsere Kinder! (und weint) V. Bitte, Herr Oberregierungsrat, nehmens Ihnen um meine Braut an. (Braut fällt Pfafferl um den Hals und heult laut auf. [)] V. Marie, Marie, sei vernünftig — Sei ein Mann. Oberb. Und jetzt meine verehrten Zuschauer, wenn Sie die Flug­ platzsirenen zum drittenmal heulen hören, werden die beiden Tollkirschen, ah, tollkühnen Flieger schussartig den Erdball verlassen. Also lös! (Erstes Zeichen. Propeller läuft an, dann plötzlich abstellen.) V. (steigt aus dem Flugzeug) Alle: Was ist denn los, ist was passiert? V. Ich muss mich noch rasieren lassen.

(Zweites Zeichen) (Braut fallt in Ohnmacht, K. erfrischt sie mit Ölkandl.) Zeitungsmann: Das Neueste vom Neuen. Der S. S. P. eine totale

Mondfinsternis!

ui

(Propeller abstellen) Bürgermeister liest: Heute den (so und so vielten) eine totale Mondfinsternis {Zwischenrufe: Das wäre ja heut) Ja da schauns nauf. Mond verfinstert sich. (Allgemeiner Tumult. Sie können nicht

fliegen usw. Braut freut sich.) V. Mir fliegen doch. (Mond finster. Raketen krachen. - Musik: Muss i denn zum Städtele hinaus.) Vorhang zu. (Flugzeug wird abgeschoben.) Vorhang auf und alles auf der Bühne geht ab. Schreien alle: Mondheil - Auf Wiedersehen. Vorhang zu. Raketenflugzeug. (Trickfilm [)] fliegt von der Erde weg und nähert sich dem Mond, stößt an. Film. Absturz Vorhang auf. V. und K. kriechen unter den Trümmern heraus. Halten die Glieder[.] K. nimmt Schinken. Vorhang zu. Vorhang auf. Oberbürgermeister nimmt ihnen die Orden wieder.

Finis.

Notwendige Requisiten für den »Mondraketenflug« von Karl Valentin. i Flugzeug, bestehend aus: Flugzeugrumpf Flugzeuguntergestell mit 4 Gummirädern. i Raketenvorrichtung m. Akkumulator und Abschußschaltung i Flugzeugtragflächen-Verdeck mit Manometern und Wimpeln i Steuerrad - Höhensteuer

112

i Motor für Propeller - 2 Propeller hiezu 1 " " Motorgeräusch eines Flugzeuges mit 2 Lederach­ sen, 2 Schlagbretter dazu i Benzintank unter dem Flugzeug i Benzinkanne i Ölkanne i Brennerzange i Raketenkiste mit 12 Raketen i Globus i Photo-Apparat i Kino-Aufnahme-Apparat i grosse Kiste mit verschiedenen Paketen zum Einladen, welche einseitig offen ist i Fernrohr mit Deckel i Redner-Antritt mit einer langen Fahnenstange und 2 kleinen Fähnchen, sowie Guirlanden 8 Stück Roßäpfel 1 Pferd mit Pferdeäpfelvorrichtung 2 Kokos-Schalen für Pferdegetrappel-Imitation i Besen und 1 Schaufel für Oberregierungsrat i Megaphon mit Schalltrichter i Mondbeleuchtungsvorrichtung i Mond, Sterne zum Aufstecken i schwarzer Hintergrund, sowie Seiten-Abdeckung 1 Anzahl von Zeitungen für Zeitungsmann 2 Orden zum Überreichen für Bürgermeister i Absturz-Vorrichtung i Pistole hiezu, Wassereimer zum Abschuss. i Anzahl gestrichener oder kaschierter Flugzeugtrümmer. i Deckel zur Mondverfin[st]erung. i Souffleurkasten, 1 weissblaues Fahnentuch. 2 Autohupen i Sirene.

iB

Kostüme etc.

Rock, Helm, Handschuhe Fliegeranzug, Zigaretten-Etui und Ziga retten Karlstadt: Fliegeranzug Bürgermeister: Gehrock, Zylinder, Orden. Braut: Blumenbuquet Herren der Abordnung: Gehrock, Zylinder, Orden Musiker: Gehrock, Zylinder. Zeitungsmann: Zeitung auf dem Hut, gut sichtbar. Kino-Mensch: Sportanzug Photograph: Strassenanzug. Schutzmann: Valentin:

In der Schreinerwerkstätte.... Tonfilmimitation von Karl Valentin. Karlst (Pfeift »Ich hab mein Herz [i]n Heidelberg verloren[«]) Valent Hör dei saudumms Pfeifen auf. (gibt Karlst. eine Ohrfeige) trag lieber die Rahmen zu Frau Huber nüber, is gscheidter. Karlst (Steigt auf den Stuhl, wirft Rahmen und verseh, herunter) Valent (nimmt Karlst. bei den Ohren) Kannst net aufpassen, Saubua! Karlst Meister soll i a Feuer machen? Valent Ja mach a Feuer (Nagelt) Karlst (macht Feuer, und verstellt dann die Uhr) Pfeift... Meister, zehn Uhr is / Brotzeit is. Valent Also dann holst a Mass Bier, 2 Lfoajben und a Lungel, da is

Geld (legt es auf die Hobelbank). Karlst AMass Bier, 2 Loaben, und a Lung[e]l, is scho recht (geht ab) Valent (Pfeift) Das Geld hast vergessen, moanst de gebn dir s’ Sach umasonst. KARLSTja mei, des hab i halt vergessen (nimmt das Geldundschüttelt es)

114

Valent Schau dass ’d weiter kommst [.] Karlst Ja ja i geh scho (Ab) Schlägt die Türe laut zu [.] Valent Hau d’Tür net so zua! Gscherter Lump! (Hundbellt) Ja der

Wackerl brav ist er (Streichelt ihn, geht zum Schleifstein, schüttet Wasser drauf, schleift, geht zur Hobelbank, schnupft, niest, [sjchneuzt sich, hustet, r[äu]spert sich, spuckt und schleift ■wieder) Karlst (kommt mit Brotzeit) So Moaster da is d’ Brotzeit. Valent (am Schleifstein) Stells auf D’ Hobelbank. (Kommt her) Karlst Derf i a amal trinken [?] Valent Z’erst kommt der Moaster (trinkt) Karlst A der kann saufa [.] Valent (setzt den Krug ab) AHHHHHHf.J Karlst Der Bart is ganz voll Schaum (nimmt den Krug, trinkt auch) Karlst Ahh, des is guat. (stellt den Krug weg ... Vogel pfeift) Moa[st]er der Hansi pfeift eahna. [(JMoaster schaut zu Hansi, Karlst taucht das Brot in die LungeQ] Valent (bricht Brot auseinander) Der Bäcker lebt a nimmer, der das gebacken hat. Karlst (nimmt Pfeife, zündet an, raucht, wird ihr schlecht, geht ans Fenster und bricht [)] Valent Schau am[a]l, ob der [L]oam scho hoass ist. KARLSTjais recht (Fasst Leimhafen an, brennt sich und lässt ihnfallen [)] Valent (erschrickt, lässt Haferlfallen) Hundsbua elendiger, Hast mi so daschreckt, na wart nur. (will Ohrfeige geben) Beide laufen um die Hobelbank, wobei alles runter fliegt. Valentin schimpfend. Karlst. verlacht Valentin, der mit Fuss am Holz stolpert, lauft zur Türe hinaus. Valent, schmeisst Haferl durch die Glastüre und schimpft.) Saubua dreckerter, dawischen wenn i dich tua, dann kannst was derleben. Karlst. schaut zum Fenster herein und zeigt ihm die Zunge Ahhhh ... Valent, (drohendß] Wart nur Bürscherl, hoamkomma wennst’d tuast, dann gfreu de.... (Abblenden) Zu allem, was geschieht im Film, werden im Mikrophon Ger[äu]sche dazu gemacht wie sägen, feilen, hämmern. Wasser rauschen und so weiter.

“5

Requisiten zu Tonfilm Jmitation »Jn der Schreinerzserkstätte«. Tisch mit Aufsatz und Lampe Mikrophon mit Zuleitung Lautsprecher Anlage Handglocke Holzstäbchen (Klupperi) Zeitung Geld Schellerbleche [Kl] einer Kamm Kleine Eisensäge Holzstäbchen Späne z. abbrechen Schmirgelleinwand Zündhölzer Flasche Wasser Kork für Vogelgezwitscher 2 Eisenstücke Hammer Jmitation Taschentuch

Münchner Fremdenrundfahrt von Karl Valentin und Lisi Karlstadt Mai 1929.

Fremdenrundfahrt 1. Titel: 2. ir :

Mit dem Fremdenwagen durch München. Ein modernes Lichtspiel mit Film-Glaslichtbilder und Lautsprecher von Karl Valentin u. Lisi Karlstadt. 116

Personen:

1. Erklärer............................................................ Karl Valentin 2. " Der Fremdenautofiihrer..................................... Josef Rankl Der Fremdenwagen Die Fremden

Herr L

Film: Die 2 Erklärer (Streit ob nach rechts oder links wegfahren) Film: Die Abfahrt des Wagens. (Hupensignal) Film: längeres Stück Die 2 Erklärer sprechen schon: Karlstadt: Meine Herrschaften - wir beginnen nun mit unserer Fahrt. Wir umkreisen die Deutsche Bank und kommen hier zum Wittelsbacherbrunnen. Er schliesst die Anlage des Maximiliansplatzes gegen Osten ab. Die Figuren zeigen die fruchtbringende und die zerstörende Kraft des Wassers. Valentin: Der Brunnen macht, wie Sie sehen, auf Ihnen bei Besichtigung einen wässerigen Eindruck. Wie derselbe bei der Enthüllung eröffnet wurde, hat der berühmte Volkssänger Welsch über den Brunnen folgendes Versehen gesungen: »Der Wittelsbacher Brunna - So was war no net hier Da reit’ glei a Jungfrau - direkt auf a ’ran Stier.« Karlstadt: Wir fahren weiter - hier sehn sie das Schillerdenk­

mal. Valentin : Wolfgang Schiller, der bekannte Dichter der Fausttra­ gödie hat uns durch die Erfindung des Fernrohrs die Sterne näher gebracht, denn was wären wir heute ohne Stenografie?! Karlstadt: Rechts - eigentlich mehr links der »Justizpalast« -

»Frühbarock« Valentin : Der ist abends a Barock. Karlstadt: Sei doch stad - Frühbarock von Friedrich Thiersch 1897 vollendet. Valentin: In demselben werden Gerichtsverhandlungen und hauptsächlich Ehescheidungen geschieden. Karlstadt: Jetzt geht es weiter zum Stachus mit dem Karlstor. 117

Das Karlstor ist das westliche Tor der mittelalterlichen Stadt erbaut im 14. Jahrhundert. Westlich durch die Bayerstrasse kom­ men wir zum Hauptbahnhof - Ausgangspunkt der Fernverbin­ dungen von München. Valentin: Der Hauptbahnhof ist der Treffpunkt aller fremden Reisenden. Karlstadt: Die Fahrt geht nun weiter durch die Bayerstrasse zum Bavariaring, welcher die Theresienwiese umschliesst, auf welcher alle Jahre im September das Oktoberfest- lateinisch »Festus bsufferius« stattfindet. Auf der Theresienhöhe erblicken Sie von hier aus die Bavaria mit Ruhmeshalle. Ludwig der I. erbaute an einer Stelle von der die Stadtsilhouette am besten zu sehen ist, ein Nationaldenkmal für Bayern, umgeben von der Ruhmeshalle von Klenze, die Büsten verdienter Bayern enthält. Valentin : Die Bavaria wurde aus hartem Erz gegossen und stellt das Sinnbild vor »Bayerns Stärke«. Eigentlich hätte ja ein grosses Bierfass hingehört, denn das Sinnbild Bayerns Stärke ist die Biersauferei, was sich jährlich beim Oktoberfest und zur Salvatorzeit beweist. Karlstadt: Nun begeben wir uns durch die Regenwurm. Verzei­ hung - besser gesagt, durch die Lindwurmstrasse zum Sendlingertorplatz. Das Sendlingertor entstammt dem 14. Jahrhundert und ist ziemlich unverändert erhalten. Valentin: Der Name Sendlingertor soll vor 500 Jahren dadurch entstanden sein, dass man, wenn man nach Sendling wollte, durch dieses Tor gehen musste. (Kurfürst der Grandige) Karlstadt: Wir passieren nun die Sendlingerstrasse und kommen zur St. Peterskirche. Das ist die älteste Kirche Münchens die 1181 gegründet ist. Der gegenwärtige Bau entstammt dem ^.Jahr­ hundert. Valentin : Vom Petersturm aus hat man eine herrliche Aussicht auf die Münchner Strassenbahnen und das bayrische Gebirge mit der Schnellzugspitze. Karlstadt: Es geht weiter zum Marienplatz - zum Mittelpunkt des wirtschaftlichen Lebens von München. Die Mariensäule

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errichtet von Kurfürst Maximilian 1638 zum Gedächtnis des Sieges am weissen Berg. Valentin : Die Grundsteinlegung zur Erbauung des Marienplatzes erfolgte im Jahre 1412 nachmittags halb drei Uhr - und täglich um ii Uhr Mittag leuchten Ihnen die herrlichen Töne des Glockenspiels entgegen. Rechts unten liegt der Fischbrunnen, in welchem alle 7 Jahre der Schäfflertanz aufgeführt wird. Karlstadt: Der Metzgersprung wird aufgeführt. Valentin : A - so - ja - ja - der Metzgersprung wird im Schäffler­ tanz a - im Fischbrunnen aufgeführt. Karlstadt: Hier vor unseren Augen das neue Rathaus - ein schulmässiger gotischer Bau von Hauberrisser erbaut - 1908 vollendet. - Im Turm das Glockenspiel - Kunstuhr mit Spiel­ werk. Zur linken die Frauenkirche. Münchens grösste, jedoch nicht älteste Kirche. Gotischer Backsteinbau erbaut von Gangho­ fer im 15.Jahrhundert. Die eigentümlichen Kuppeln sind das Wahrzeichen von München [.] Valentin : Der rechte Turm steht vis a vis neben dem linken. Beide befinden sich auf der äusseren Seite. Karlstadt: Wir begeben uns nun vom Tal aus durchs Isartor: dasselbe ist das östliche Tor des mittelalterlichen Münchens aus dem Jahre 1314. Die Fresko zeigt Kaiser Ludwigs Einzug nach der Schlacht bei Mühldorf. Valentin: Kaiser Ludwig soll damals beim Durchzug furchtbar Kopfweh gehabt haben, wurde aber trotzdem von der Menge feierlich empfangen - und weissgekleidete Mädchen überreichten ihm eine Schachtel Pyramidon. Karlstadt: Durch die Zweibrückenstrasse gelangen wir zur Koh­ leninsel, auf welcher das deutsche Museum erbaut wurde. Es ist das grösste, bedeutendste technische Museum der Welt - es zeigt geschichtlich bedeutsame Maschinen und den Entwicklungsgang der Technik. Das Museum ist eine Schöpfung von Oskar von Miller und wurde in der Nachkriegszeit trotz aller Schwierigkei­ ten im Hauptbau 1925 vollendet. Valentin: Das Deutsche Museum ist der Treffpunkt aller Natio­ nen - es sollen auch schon Münchner drinn gewesen sein.

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Karlstadt: Gegenüber dem Museum steht das Müller’sche Volksbad. Das 1901 im Barock erbaute Volksbad ist die Stiftung

eines Münchner Bürgers. Valentin : Es zeigt, dass die Münchner nicht nur gemütliche sondern auch reinliche Menschen sind. Karlstadt : Hier ist das Maximilianeum. Auf dem Ostufer der Isar, ein von König Maximilian gegründete Erziehungsanstalt für Ade­ lige und begabte Hochschulstudenten. Jetzt Gemäldesammlung. Valentin: Das Maximilianeum ist im Sommer von grünen Bäu­ men umsäumt, welche im Winter mit tiefen Schneemassen be­ deckt sind. Der darin befindliche Hausmeister feierte vorigen Donnerstag sein 2 5=jähriges Jubiläum Maximilianeleum. Karlstadt: Isar abwärts fahrend, sehen wir oben rechts den Friedensengel. Ein monumentaler Abschluss der Prinzregenten­ strasse. Valentin: Der goldene Friedensengel ist aus Erz, sozusagen der Erzengel Friede. Was er während des Weltkrieges da oben getrieben hat, ist allen unerklärlich. Wir stehen auf der Prinzre­

gentenbrücke. Diese moderne Brücke wurde nebst noch 4 ande­ ren neuzeitlich modernen Brücken beim letzten grossen Hoch­ wasser 1899 weggeschwabt, währenddem 3 alte Holzbrücken aus dem Mittelalter dem Hochwasser zum Trotz der modernen Technik stehen geblieben sind. Unter der Brücke sehen Sie den Stromabwärts schwimmenden Isarfluss. Karlstadt: Wir kommen auf unserer Fahrt zum neuen National­ museum. Erbaut im Jahre 1900 von Gabriel von Seidl. Das Museum zeigt in höchster Vollendung in Einzelstücken die Ent­ wicklung der bayrischen Kunst und des Kunsthandwerks. Valentin: In demselben soll sich unter anderen historischen Schätzen das versteinerte Hemdknöpfl des Königs Herodes be­ finden. Karlstadt: Hier biegen wir in den englischen Garten ein. Die früheren Isarauen wurden von dem letzten Kurfürsten zu einer grossen Parkanlage ausgenutzt. Sie wurde von dem amerikani­ schen General Rumford angelegt. Valentin : Sie sehen hier englische Bäume und ebensolche Fuss­ 120

wege. Dadurch ist es ermöglicht, auf nicht allzuhohem Bergesgip­ fel den Monoptems mit freiem Auge zu erblicken[.] Derselbe wird nur zum Herunterschauen benützt. Karlstadt: Hier sehen Sie einen der schönsten Wasserfälle. Valentin: Er ist eine traurige Kopie des Nikolo - Nigara----Niagarafalles. Karlstadt : In langsam rasendem Tempo fahren wir zum Chinesi­ schen Turm. Valentin : Derselbe ist unten breit und wird nach oben zu viermal schmäler. Von einem Flugzeug aus zu sehen ist er unten schmal und oben 4 mal breiter und an schönen Tagen ist dort Militärkon­ zert. In der Mitte des energischen a - englischen Gartens ist der Kleinhesseloher See. Auf dem Wasser schwimmen Schifflein - in dem Wasser Fischlein. Derselbe ist so gross wie irgend ein anderer kleiner See. Karlstadt : Wir verlassen den englischen Garten, durchfahren die Feilitzstrasse in Schwabing und unseren Blicken ergibt sich ein neuer Anblick. Das Siegestor. Es ist der architektonische Ab­ schluss, der, von Ludwig I. erbauten Ludwigstrasse - es ist eine Nachbildung des Konstantinbogens in Rom. Valentin : Die Siegesgöttin mit den 4 Löwen wurde oben auf dem Tor angebracht - da sie auf der Strasse verkehrsstörend gewirkt hätten. Karlstadt: Die herrliche Ludwigstrasse entlang kommen wir zur Feldhermhalle. Dieselbe ist der Abschluss der Ludwigstrasse gegen die Stadt - die unter Ludwig I. von Klenze errichtet wurde. Links im Vordergründe der Pfalzgedenkstein - ein Meisterwerk moderner Bildhauerkunst. Valentin : Alle Sonntage um 11 Uhr findet vor der Feldhermhalle Parademusik statt - mit Ausnahmen im Winter, da ihnen sonst die Trompeten eingefrieren täten. Karlstadt : Links die Residenz - das Maxdenkmal in der Mitte des Platzes - und im Hintergründe das Hof= und Nationaltheater. Die führende Opernbühne Süddeutschlands - die Stätte vieler Erstaufführungen Richard Wagners. Der Bau entstammt dem Anfang des 19. Jahrhunderts.

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Valentin: Vormittags finden im Hoftheater meistens selten nie keine Vorstellungen statt. Karlstadt: Wir fahren durch die Repräsentationsstrasse der Stadt, die Maximiliansstrasse ein kleines Stück östlich - biegen

rechts ein - und vor Ihren Augen erblicken Sie das Symbol der Kunststadt München, das Hofbräuhaus. Valentin und Karlstadt: Hier rufen wir aus ! ! ! (Bier 3 Maß) 1-2-3 Gsuffa ! ! ! Film: 5 Glaskrüge werden ausgetrunken - Orchester spielt dazu. :/: Ein Prosit :/: der Gemütlichkeit! :/: " " :/: " Gemüt - lieh - keit - !

Wochenschau von Karl Valstadt und Lisi Karletin 1. Die Sandgrube in Dingiharting, aus welcher in den Jahren 1925-1929 - 33865 Ztr. Kies entnommen wurden. 2. Die vom Zeppelin überflogenen Meereswellen 33 Grad unter nörd­ licher Breite.

3Die Brandkatastrophe in Neubiberg, bei welcher ein Apfelbaum und einige Gartenzaunsprossen lebendig verbrannt sind.

4Schullehrer Johann Bogner in Oberuntergau auf dem Wege zur Schule.

5Der neue Filmstar Mia Pliventrans erhielt bei der letzten Schön­ heitskonkurrenz die Prämie von 10 Mark. 122

6. Historiefilm - Der moderne Staubsauger keine neue Erfindung dasselbe System wurde bereits vor 30 Jahren verwendet zum Scheisshäuslräumen. 7Mit dem Simpionexpress durch das berühmte Tunnel. 8. Die Fabrikation der bekannten Münchner Weisswürste. - Wirt­ schaftlich wissenschaftlicher Film. 9Anna Wörle beim Wäsche aufhängen. Die nasse, frischgewaschene Wäsche wird frischgewaschen mit sogenannten Holzklupperln auf die Leine gesteckt. Einige Stunden den Sonnenstrahlen ausgesetzt, wird die getrocknete Wäsche in einen Korb gelegt.

10. Adalbert Kleinberger, Wagnermeister in Olching besichtigt einen, zur Reparatur gebrachten Zweiräderkarren. 11. SPORT. Konrad Niedermeier, Campignon im Drallem, siegt im 10 Minutenspiel über Adolf Schad mit 10 Punkten.

12. HOEHENREKORD. Der Höhenrekord im Drachensteigen betrug bisher 65 Meter. Derselbe wurde nun geschlagen auf der Oktober­ wiese durch Josef Weiss, Giesing, mit einer Höhe von 75 Meter, bei böigem Winde.

!3Neue deutsche Erfindung. Xaver Wichtig hat einen Apparat erfun­ den, welcher zur Zeit der Hundesperre grosses Aufsehen erregte. Die lästigen Beisskörbe und Hundeleinen kommen damit gänzlich 123

in Wegfall. Der, in einen Stahlpanzer eingehüllte Hund läuft durch elektrische Wellen ohne Draht hinter seinem Herrn her. D. R. P.

I4‘ Herrliche Baumgruppe im Herzen der Stadt. München - Ecke Herrn= und Knöbelstrasse.

I5‘ Höchstleistung der Kinematographie.......... Blitzeinschlag am 3. Januar 1782 in die obere linke Kuppel der Frauenkirche zu Mün­ chen. Momentaufnahme der Koppfilmwerke Abtlg. Histórica. 16. Rekord im Fingernägelbeissen.......... Willi Sensberg Argentinien bekam den internationalen Wanderpreis im Fingernägelbeissen und wurde von der ungeheuren Zuschauermasse gefeiert und bejubelt.

17Deutscher Steuerzahler bei der Arbeit.................... Münchner Ge­ schäftsmann bezahlt am Steuerschalter unter fortwährender Schweissabsonderung seine Steuern.

18. Fremdenzeit in München (alle Strassen werden aufgerissen) [.]

19. Wunder der Botanik.................... Professor Lindner gelang es nach jahrelangem Studium eine Kohlenschaufel zum Blühen zu bringen. Das Wachstum ist hier schon so fortgeschritten, dass man bereits die fertigen Früchte sieht. 20. Moderne Wohnzimmer im Rohzustande.

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Zauberer aus dem Filmprojekt »Am laufenden Band«

Verzeichniss, der für oben erwähnte Idee geeigneten Valentiniaden:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Der Vogelhändler Der ängstliche Hausverkäufer Des Freundes Brief Telephonschmerzen Im Gerichtssaal Schwieriger Kuhhandel Radfahrer und Verkehrsschutzmann Trompetenunterricht Kurz und bündig (Ofenverkauf) Mein Freund Oskar Der Notenwart Herr Leidenreich [Bräutigam in Uniform] Hohes Alter Loreley Wahre Freundschaft Die gestrige Zeitung

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18 Die Heiratsanonce 19 Wer uns getraut 20 Wo die Alpenrosen blühn 21 Die Mutter 22 Silberne Hochzeit 23 Menschenfresser 24 Sprachforscher 25 Die verfluchte Hobelmaschine 26 Lehrer und Schüler 27 Semmelnknödeln 28 Vergesslichkeiten 29 Wappenkunde am Stammtisch 30 Wo ist meine Brille 31 Buchhalter Meier 32 In der Apotheke 33 Keilhauer bekommt Ohrfeigen 34 Am Heuboden 35 Beim Arzt 36 Der Hasenbraten 37 Das Lied vom Sonntag 38 In der Zitherstunde 39 Mozart 40 Lora 41 Im Hutladen 42 Im Schirmgeschäft 43 Auf einer kleinen Bank im Park 44 Vorsicht! Nerven! Hochspannung! 45 Der Mord in der Eisdiele 46 Im Uhrmacherladen 47 Geschäftsheirat 48 Streit mit schönen Worten 49 Kreuzworträtsel 50 Haben Sie Zeit, gehn’ s mit 51 Herr Wuzz 52 Verschiedene Geräusche 53 Mischy - Maschy (Mischung)

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54 Pferderennen abgesagt 55 Weltanschauung (Panorama) 56 Unterbrechungen

57 58 59 60

Beim Feuerwerk [(Rosenau)] Der Spritzbrunnenaufdreher Das Aquarium Die Uhr von Löwe

61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81

Die Telephohzelle Der Umzug Die Erbschaft An Bord In der Schreinerwerkstätte Grossfeuer auf dem Lande Das alte Spritzenhaus Das Christbaumbrettl Die gestreifte Zelltleinwand Valentin, der Allesfresser Wie entstand die erste Jazzkapelle Ritter Unkenstein von Grünwald Das Mondraketenflugzeug Sie weiss etwas Auskunft auf der Landstrasse Bräuhausidyll (Dienstmann=Jahrtag) Sturzflüge im Zuschauerraum Wildentenjagd Hausmeisterseheleute gesucht Brillianntfeuerwerk (Rosenau) Raubritter vor München (81 Stück)

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16 Karl Valentin und Liesl Karlstadt in »Der Vogel­ händler«

17 Szenenbild zu »Der ängstliche Hausverkäufer«

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i8 Karl Valentin (Mann) und Liesl Karlstadt (Frau) in »Des Freundes Brief
Der Zitherlehrer< von Karl Valentin und Liesl Karlstadt, lässt den Apparat laufen, und im selben Augenblick sehen und hören Sie zugleich die beiden Münchener Komiker Karl Valentin und Liesl Karlstadt in einer ihrer Original-Szenen.« Das Bild auf der Glasscheibe erscheint, wird dann zur Grossaufnahme, und man sieht die beiden Darsteller genau wie auf der Bühne ihren Dialog sprechen (3/ Minuten). Am Schluss verschwindet die Grossaufnahme wieder zur Total­ ansicht der Gramola, der Herr nimmt die Platte ab und sagt: »Ist so ein Heimkino nicht fabelhaft? Sie wollen wissen, wo Sie einen solchen Apparat kaufen können? — Nirgends — der muss erst erfunden werden!«

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Szenenbild zu »Mo-zart!«

Mo-zart! Doppel Schallplattentext von Karl Valentin.

Dezember 1942.

Schülerin läutet an der Wohnungstüre des Musikprofessors - kling kling Frau Prof, (öffnet) Ah! Guten Tag, Frl. Liselotte - wie geht es,

haben Sie fleissig geübet? Seit der letzten Unterrichtsstunde? Liselotte Gewiss Frau Professor! Frau Pro. Nun, das lässt sich hören! Da wird sich am meisten der Herr Professor freuen, wenn Sie recht gute Fortschritte machen. Der arme Mann ist seit gestern wieder so nervös, zum Zersprin­ gen. Liselotte Um Gotteswillen - noch nervöser, als in der letzten Stunde, da geh ich gleich wieder - und komme ein anderes Mal! Frau Pro. Um Himmelswillen, bleiben Sie da. Das würde ihn ja

noch mehr erregen, wenn er Sie zum Unterricht erwartet und Sie kämen nicht. Denn an seiner ganzen Nervosität sind ja nur die Schüler und Schülerinnen schuld, weil niemand zuhause übt - sie sagen alle ja - und wenn sie ihm dann in der Musikstunde die Aufgaben vorspielen, können sie nichts. Und das macht den Herrn Profess, noch ganz konfus! (Es läutet) Das ist er! Machen Sie ihre Sache gut, Frl. Liselotte. Profess Guten Tag, Frl. Liselotte - verzeihen Sie meine kleine Verspätung, aber wir können sofort beginnen, haben Sie zuhause fleissig geübt? Liselotte (sehr zögernd und leise) Ja, die Übungen waren sehr schwer, Herr Professor! Profess Die leichten Übungen auch? Lieselott Auch sogar - aber die schwereren waren noch schwe­ rer. Profess Nun spielen Sie gleich die Übung von hier an.... Liselotte (spielt so, leise und zögemd[J dass man kaum etwas hört 6 Takte 0] Profess Jch sehe zwar an Jhren Händen, dass Sie spielen, aber hören tue ich nichts! Darf ich um etwas mehr Forte bitten! Auf deutsch - mehr Lauterkeit. Liselotte Ich traue mir nicht lauter spielen. Profess Warum nicht, mein liebes Kind? Liselotte Weil Sie sonst eventuell auch die Fehler hören würden, Herr Professor. Profess Das Wort eventuell hasse ich genau so, als einen bereits bestehenden Fehler, aber ich erkenne schon an Jhrer ängstlichen Tasterei, dass Sie nicht geübt haben - das Lügen fällt Jhnen leichter als das Üben - gut, dann übergehen wir diese Übung, und Sie lernen mir dieselbe bis zur nächsten Unterrichtsstunde. Liselotte Jawohl, Herr Professor. Profess Was sagen Sie? Jawohl? Sie lügen ja schon wieder für den nächsten Unterricht - wir gehen nun weiter und zwar nehmen wir hier diese sehr leichte aber wundervolle Übung von Mozart durch - ich spiele Jhnen die Übung vor (spielt irgend eine ganz seriöse lyrische Mozartsache, vielleicht 12 Takte... ß] wiederholen Sie,

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bitte, was ich Jhnen vorgespielt habe - aber ganz zart, das sagt schon der Name Mozart! Liselotte (schlägt aber statt Pianissimo die ersten Töne der MozartÜbung kräftig an, obwohl der Herr Professor soeben an »zart« erinnert hat). Profess (gerä[t] darüber in Wut) So Frl. spielen Sie die Übung nur kräftig und laut. (Frl. Liselotte hält dasfür ernst und spielt noch lauter) Noch lauter, Frl. - können Sie denn nicht lauter spielen? Nehmen Sie doch die Fäuste dazu. Kommen Sie her, ich helfe mit - so, die Ellenbogen sollen auch beschäftigt sein - so ist es recht - fortissimo - fortissimo-furioso (Höllenlärm) Mit dem Klavierhocker kann man auch noch spielen, das verstärkt die Musik. Frau Prof, (kommt erschrocken in das Musikzimmer herein und schreit) Um Gotteswillen, was ist denn das für ein Riesenskandal, was bedeutet denn dieser Höllenlärm, da fliegen ja die Klavierta­ sten im Zimmer herum. Was hat denn das alles zu bedeuten? Profess Meine teure Gattin! Meine Schülerin kann Dir darüber Auskunft erteilen! Frau Prof (vorwurfsvoll) Ja Frl. Liselotte, was ist denn hier vorge­ fallen, mein Mann ist ja ganz äusser Rand und Band! Liselotte (ganz verstört und halb weinerlich) Dem Herrn Professor kann man absolut nichts mehr recht machen -. Die erste Übung habe ich ihm zu leise gespielt - da hat er mich geschimpft. Frau Prof Ja, dann hätten Sie halt lauter gespielt, wenn er es schon haben wollte. Liselotte Das habe ich ja auch gemacht, er wollte es aber immer noch lauter haben und dann hat er die ganzen Tasten mit dem Klavierhocker zerschlagen. Frau Prof Ja, Du bist ja ein Narr - du weisst ja nicht mehr, was Du willst, Dir kann es ja niemand mehr recht machen. Auf diese Art verlierst Du ja Deine ganzen Schüler und Schülerinnen. Da schau hin - Frl. Liselotte zieht sich an und geht (Türschlag) Profess Stell Dir vor, diese junge Gans spielt Mozart mit hartem Anschlag, statt mit dem leisesten Pianissimo schlägt sie Forte. Frau Prof Aber Du als Lehrer hast doch schliesslich das Recht, ihr zu sagen: spielen Sie zart.

Ui

Profess Das habe ich ihr gesagt. Ich habe es ihr sogar vorgespielt. Frau Prof Mit den Schülern muss man eben Geduld haben und

man muss sie immer wieder und wieder auf ihre Fehler aufmerk­ sam machen [.] Profess Nein! Die Geduld habe ich nicht mehr! Im Gegenteil, ich habe gesagt: Spielen Sie noch lauter und noch lauter, hauen Sie mit den Fäusten in das Klavier, dass die Fetzen fliegen, dann habe ich sogar mit dem Klavierhocker noch mitgespielt, aber die Tasten haben dem gewaltigem Fortissimo, furioso nicht mehr standgehalten tastiaturo - Instrumenti - marode-defekte-reparaturo.... Frau Prof So! Und Du bist schuld, hättest Du Deine Schülerin mit Ruhe und Geduld behandelt... so.... Profess Mit meinen Nerven ist mir das nicht möglich [.] Frau Prof Aber den teuren Flügel zu demolieren, das war Dir möglich. Profess Jawohl! - Das bin ich Mozart schuldig! ENDE.

Zum Mozartjahr

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$5

Karl Valentin und Liesl Karlstadt in »Lora«

Lora Schallplatten-Text von Karl Valentin / Dez. ¡941-

1. Szene Val.: (zur Frau) Da schau her, was ich heut mitbring! Frau: Einen Papagei! - Ja - is der schön! Und ganz feldgrau is er! Oder is der scho altersgrau? Dös is ja a Taubn! Val .: Na - aber du bis a Gimpel! Dös siehgst doch scho am PapageiKäfig, dass dös a Papagei is und an dem krumma Schnabel! Frau: Ja - hast den kauft? Val.: Saudumms Gred - moanst, dass er mir zugflogn is samt den Käfig? An Obermeier hab ihn abkauft. Der übersiedelt in Bälde nach Norddeutschland nauf und da kann er ihn net braucha, sagt er, weil die da drobn doch nix verstehn von sein bayerischen

Dialekt. Frau: Ja - kann er denn redn?

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Val .: Freili kann er redn - sonst wars ja koa Papagei - der ko redn singa — und pfeifa - dös werst glei hörn! — (zum Papagei) Wia heisst du denn? Pap: (schweigt) Val.: Na - sag schön - wia du heisst? Pap: (schweigt) Frau: Der red ja nix — der ko ja net redn! Val.: Soviel ko er net redn - als du manchmal zammredst. Der mag

halt jetzt net — weil er fremd is — Val.: Lora - sag schön: Eins - zwei - drei - hurra! Pap: (schweigt) Val.: Schaug a so a Mistvieh an - jetzt mag er net! Frau: Was hat er denn kost? Val.: Hundert Mark hab i an Obermeier dafür gebn. Frau : Hundert Mark? Um Gotteswillen - da hättst ja den schönsten Gramaphon kriagt um dös Geld - da hättst aber die Garantie ghabt, dass der gsprochen und gsunga hätt! Val. : Dös is der Dank, dass i no dableckt a no wer für das, dass i Dir a Freud hätt macha wolln! Frau: Vielleicht hat er Hunger? Val.: Lora, magst a Zuckerl? Pap: (schweigt) Frau: Vielleicht is er heiser? Val.: Ah - heiser - vor einer Viertelstund, wia ihn kauft hab, war er ja a net heiser - mögn tuat er net, der Sauhund — wennst net bald redn tuast, dann werst grupft und bratn! Frau: Dös war a teuerer Bratn um hundert Mark. Val.: I mach ja nur Gspass — Lora, sag schön, wia du heisst! Pap: (schweigt) Val.: Wenn jetzt da Obermeier da wär, dann tat er redn! Frau: Dös ko scho sein, aber wir können doch net immer, wenn er redn soll, den Herrn Obermeier holen - dann wärs doch gscheider, du gibst’n wieder zriick und wir gehn immer, wenn wir den Papagei redn wolln hörn, zum Herrn Obermeier. Val.: Saudumms Gred! Und meine hundert Mark? Frau: Die muss dir der Herr Obermeier wieder zriick gebn. 154

Val.: Geh - Gschwätz - so a Vogerl hat halt Launen, wenn wir fortgehn und er is allein, dann redt er vielleicht! Frau: Ja, dös is ja no trauriger - da pfeif i auf an gutsprechenden Papagei, der nur redt, wenn wir net daheim sind! Val. : Dös kann i dir sagn - lieber redt der Papagei gar nichts, als wia wenn er so saudumm daherredn tat als wia du! Frau: Aber es stimmt doch! Val. : Stimmen tuts schon - ja - da mach ich kurzen Prozess — den Papagei gib i an Obermeier wieder zurück. Frau: No ja, der red scho no - der is halt schüchtern — Lora, sag schön, wie du heisst — komm, sei brav — Val.: Lora, pass auf — eins - zwei - drei - hurra! Pap: (schweigt) Val. : Schaugn tut er grad, wie ein Schwaiberl - aber reden tut er koa Silbn. Zum dumm schaugn hab ich dich nicht kauft — komm, Lora, sag schön, wie du heisst — Pap: (schweigt) Val.: Weisst was — Papagei — du konnst mich — Lora: Mich auch!

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$6 Karl Valentin als Er und Liesl Karlstadt als Sie in »Vorsicht - Nerven­ hochspannung«

Vorsicht - Nervenhochspannung Schallplattentext von Karl Valentin.

Dezember 1941.

Er (Karl Valentin) schreit und tobt im Zimmer herum:

Weib! Mach mich nicht wild, sonst werde ich zu einem wilden Tier, zu einer Bestie! Sie (Liesl Karlstadt) Aber Konstantin! Er (Haut in den Tisch hinein) Nenne meinen Namen nicht, das allein macht mich nervös, oder soll ich noch nervöser werden? Sie Konstantin! Noch nervöser kannst du doch nicht mehr werden. Er Ea - das ist ja schon wieder eine Widerrede! Das ist ja zum Verzweifeln! Sie Ja, mit dir ist es bald zum Verzweifeln. Er Nein!!! Mit dir ist es bald zum Verzweifeln, nicht mit mir. 156

Sie Aber Konstantin, wir leben doch sonst so friedlich zusammen wie zwei T[äu]bchen - in schönster Harmonie und heute bist du wie besessen. Jch habe dir doch nichts zu leide getan. Er Ja? Hab ich mir vielleicht selbst was zuleide getan? Da wär ich ja ein Trottel. Sie Konstantin! Sei doch vernünftig! Du bist doch kein Trottel! Er (brüllt aus vollem Halse) Jch will aber ein Trottel sein! Jch will es

ja! Sie Ein spinnendes Mannsbild bist du! Wenn du nicht alle 5-6 Wochen deinen Rappel hast, dann ist Dir nicht wohl! Er Jch brauche keinen Rappel - am allerwenigsten von Dir! - Aber diesen Stuhl brauch ich, damit ich ihn an der Wand zerschellen

kann! (wirft den Stuhl an die Wand) Dementsprechendes Geräusch. Sie (schreit) Konstantin! Das geht zu weit! Er Ha Haü - Das geht noch viel weiter! (nimmt einen zweiten

Gegenstand und wirft ihn an die Wand) Geklirr... Jch dulde keine Widerrede. Sie Aber Konstantin, ich Widerrede Dir doch nie! Er Ja, das ist ja schon wieder eine Widerrede! Sie Dann red ich halt gar nichts mehr, wenn du meinst! Er Wer meint denn das, dass du nichts reden sollst! Du sollst ja reden, aber nur nicht Widerreden. Sie Ja. und wenn ich Widerrede, dann schreist du mich wieder an. Er (brüllt) Natürlich schrei ich dich an, weil Du nicht Widerreden sollst. Verstehst du mich denn nicht? Sie (weinerlich) Jch soll reden und muss reden und wenn ich wieder rede, dann ist es nicht recht. Er Nein!!!!! Hebe dich von tannen! Du bringst mich sonst um meinen Verstand! Sie (nach einer kleinen Pause) Konstantin! Lass mal in aller Ruhe mit Dir sprechen. Er (stöhnt aus Nervosität wie eine Lokomotive) Sie Was ist denn los, dass Du so äusser dir bist? Hast du in deinem Geschäft Ärger gehabt? Er (ganz kurz) Nein! Sie Oder ärgert Dich meine Anwesenheit?

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Er (ganz kurz) Nein! Sie Hast du denn überhaupt einen Grund, dass du so äusser Rand

und Band bist? Er Ja, den hab ich! Den Grund sollst du erfahren, (verbissen vor Wut)

Der Grund ist der - dass es heute im 20. sten Jahrhundert noch kein Mittel gegen die Föhnkrankheit gibt. Sie Ja, haben wir denn heute einen Föhn? An was kennt man denn das? Er Meine Teure! Schau dir die Trümmer an, die in unserm Zimmer umher liegen— das ist der Föhn! Sie So, das ist der Föhn? Er Nein, das sind die Trümmer, aber die Trümmer entstehen durch den Föhn. Sie Eigenartig! Wie alles in der Natur so schön [injeinander greift! -

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Szenenbild zu »Weltanschauung«

Weltanschauung Von Karl Valentin. Valentin: Ja, ja, Herr.... glauben Sie mir das, ich habe die richtige Weltanschauung, weil ich mir die Welt genügend angeschaut

habe. NN.: Haben Sie Amerika auch schon gesehen? V.: Hm, von Amerika habe ich gesehen: New York, San Franzisco, Chicago, die Niagarafälle. Dann habe ich gesehen: den Nil in Ägypten, Kairo, die ganze Wüste, die Pyramiden, Oasen, Kamele, dann habe ich schon gesehen ganz Italien, Rom, Neapel, das Kolosseu[m], den Vesuv, den Vatikan rauchend ... N.N.: Was, der Vatikan hat geraucht? Sie meinen: der Vesuv! V: Ja, ja, der hat auch geraucht. N.N.: Was heisst: auch ger[au]cht! V: Natürlich geht aus dem Vatikan oben auch Rauch heraus aus den T59

Kaminen, die heizen doch auch ein. - Dann habe ich Asien gesehen, China mit der Hauptstadt Peking, die Einwohner von Peking sind in der Mehrzahl Chinesen und Asiaten. - Dann hab ich Frankreich gesehen, Paris mit dem Eiffelturm, der Eiffelturm ist sehr eiffeiartig, eigenartig will ich sagen, der Eiffeltrum ist höher als breit, - dann die Seine .... N.N.: Wem die seine, dem andern die sein oder die Ihrige? V.: Nein, Spass beiseite! - Dann hab ich gesehen: Afrika-Affen hab ich dort gesehen, mehr wie auf dem Salvatorkeller in München. N.N.: Ja, das sagt ja schon der Name: Aff-rika! V.: Äusser Afrika hab ich noch gesehen: Grönland, da soll es sogar im Winter kalt sein. Sehr interessant ist das ewige Eis anzusehen. In Christiania - wo man hinsieht, nichts als Schnee und Eis Verzeihung - Eis und Schnee wollt ich sagen! - Weiter habe ich gesehen: Russland, Sibierien, Tibet, Korea, Formosa, Japan, Australien, die Insel Ceylon, Sumatra, Java, dann Indochina, Siam, Hinter- und Vorderindien, Mittel- und Seitenindien, Af­ ghanistan, Arabien, Senegambien, Abessinien, auch Madagaskar hab ich gesehen, den Sudan, den Kongo, Natal, das Kap der guten Hoffnung. Dann hab ich gesehen: Deisenhofen, Harlaching, Freising, Ostern, Pfingsten, Chile, Argentinien, Peru, Brasilien, Mexiko, Ecuador, Uruquai, Paraquai, Kanada, Lappland, Finn­ land, Schweden, Norwegen, die Türkei hab ich auch gesehn usw. N.N.: Na, da hat Sie aber der liebe Gott sehr gern, weil er Ihnen so viel Gunst erwiesen hat! V: Wieso Kunst! Was hat denn meine Weltanschauung mit der Kunst zu tun? N.N.: Gunst! Es heisst doch in dem Lied: (Gesang) Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt, Dem will er seine Wunder weisen, in Berg und Tal und Flur und Feld. V: Ich versteh Sie nicht, was Sie mit dem Lied meinefn]. N.N.: Wenn das alles wahr ist, was Sie mir jetzt erzählt haben, so iöo

sagen Sie mir zugleich, dass Sie wahrscheinlich ein ganz vermö­ gender Mann sind, denn Ihre Weltreisen müssen ja ein ganzes Vermögen verschlungen haben. V.: Wieso ein reicher Mann? N.N.: Das Reisen heutzutage mit Eisenbahn- Schiff- womöglich noch Flugzeug- ist doch heute keine billige Angelegenheit. V.: Wieso Eisenbahn - Schiff - Flugzeug? N.N.: Dann müssen Sie doch eine ganz gesunde Körperkonstitu­ tion haben! Diese Strapazen und die vielerlei Klimas in den verschiedenen Ländem[.J V.: Strapazen - und Klima, wieso? N.N.: Na, in Indien die furchbare Hitze- in den Nordländern die eisige Kältef.] V.: Ach!!! —Jetzt versteh ich Sie erst! Sie glauben ich sei da überall gewesen! N.N.: Natürlich! Sonst hätten Sie’s doch nicht sehen können! V.: Gesehen hab ichs schon - aber nur - im Kino.

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Karl Valentin und N. N. in »Unterbrechungen«

Unterbrechungen Von Karl Valentin 1941. Herr N.N.: Wie gesagt, meine Frau, die Sie sehr gut kennen,

hat....... Valentin : Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche .... Herr N.N.: Bitte! Valentin: Weil Sie grad von Ihrer Frau sprechen: meine Frau wollte sich gestern einen neuen Hut kaufen, geht in ein Geschäft

hinein.... Herr N.N.: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche ... Valentin: Bitte! Herr N.N.: Weil Sie soeben von einem Geschäft sprechen, Sie kennen doch das Geschäft in der Bahnhofstrasse, neben dem Radiogeschäft ... Valentin: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche!

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Herr N.N.: Bitte! Valentin : Weil Sie grad von einem Radio sprechen: seit mehr oder 5 Jahren hat mein Radio tadellos funktioniert. Gestern schalte ich ein, ist gerade die Stunde der Gymnastik und ich....... Herr N.N.: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche. Valentin: Bitte! Herr N.N.: Weil Sie von Gymnastik sprechen: mein Neffe, ein strammer aber etwas kränklicher Mensch, ging zum Hausarzt und

liess sich....... Valentin: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche! Herr N.N.: Bitte! Valentin: Weil Sie soeben vom Hausarzt sprechen: mein Haus­ arzt wohnt zufällig im selben Haus, in dem ich wohne: ich hatte einen furchtbaren Husten, er untersuchte mich....... Herr N.N.: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche! Valentin: Bitte! Herr N.N.: Weil Sie grad vom Husten reden: ich hatte auch kürzlich einen Husten und das erzählte ich der Frau Haberstroh, die neben uns wohnt, ich habe .... Valentin : Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche [.] Herr N.N.: Bitte! Valentin: Weil Sie soeben vom Stroh reden: bei meiner letzten Gebirgstour übernachteten wir in einer Berghütte; weil dort keine Betten mehr zur Verfügung standen, schliefen wir die ganze Nacht auf Stroh; ich war kaum eingeschlafen, da hörte ich

plötzlich .... Herr N.N.: Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche [.] Valentin: Bitte! Herr N.N.: Weil Sie soeben vom einschlafen sprechen, ich leide

seit einiger Zeit an Schlaflosigkeit; da sagte mir ein guter Freund, wenn Du nicht gut schläfst, da ist das einfachste Mittel, Du kaufst Dir ein elektrisches Heizk.... Valentin: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche [.] Herr N.N.: Bitte! Valentin: Weil Sie soeben vom Elektrischen reden: ich fahre vorgestern mit der Elektrischen nach dem Bahnhof; wie ich mir

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einen Fahrschein kaufen will, hab ich meine Geldbörse vergessen; ich sag zum Schaffner....... Herr N.N.: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche [.] Valentin: Bitte! Marke von dem Brief herunter, wollte dieselbe in mein Briefmar­ kenalbum kleben, ich fand mein Album aber nicht,.......... Valentin : Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche [.] Herr N.N.: Bitte! Valentin: Weil Sie soeben von nicht gesprochen haben: meine Nichte, die Sie wahrscheinlich nicht kennen,.............. Herr N.N.: Verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche [.] Valentin: Bitte! Herr N.N.: Ich muss jetzt ins Geschäft, ich hab schon höchste Zeit. Valentin: So So, also auf Wiedersehen! Herr N.N.: Auf Wiedersehen! Valentin: Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche [.] Herr N.N.: Hab keine Zeit mehr - auf Wiedersehen! Valentin: Auf Wiedersehen!

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$9 Karl Valentin als Sturzflieger und Liesl Karlstadt als Impresario in »Karl Valentin als Sturzflieger«

Karl Valentin als Sturzflieger (mit seinem selbstkonstruierten Liliput - Eindecker.) (Apparat steht aufder Bühne, der Vorhang öffnet sich, der Impresario und der Flieger kommen herein.) (Flieger-Aussprache des Impresario.)

»Sie haben heute das seltene Vergnügen, den Lokalschauflügen des bekannten Meistersfliegers Herrn........................... beiwohnen zu können. - Schauflüge auf freien Plätzen ala »Pegoud« usw. sind keine Seltenheit mehr. - Ganz anders verhält es sich mit den Schauflügen des Herrn..........................Dieser ist im Stande, durch die Erfindung seines »Elektro - Liliput - Eindeckers« nach System »Fockker« im kleinsten Saale Rund - und Sturzflüge zu vollbringen, ohne dem werten Publikum zu garantieren für etwaige Unfälle. Jn seinen bereits absolvierten Gastspielen in Hannover, Hanau, Halle, 16s

Holland, Heilbronn, Harlaching, Hellabrunn usw. wurde Herr ........................ mit der goldenen Medaille prämiert. Herr............... wird nun sogleich seinen Apparat in Bewegung setzen und seine Vorführungen beginnen. Die Schauflüge bestehen aus: 1. Senkrechtem Kurvenflug in horizontalem Kreisdreieck, 2. Geometrischem, 8 winkeligem Sturzsaltomordale in 80% ver­ drängendem Luftkegel. Zum Schluss der grauenerregende Adlerflug mit 150 km.-Geschwindigkeit. Erfahrungsgemäss und laut polizeilicher Verordnung werden die Herrschaften dringend ersucht, bei den Flügen ruhig und ohne Angst sitzen zu bleiben und die verehrlichen, anwesenden Damen werden gebeten, die Hüte abzunehmen. Herr Lorenz Fischer be­ zahlt jedem, Aviatiker, eine Prämie von 1000 - 2000.- Mark, der im Stande ist, auf diesem Apparat hier auch nur den geringsten Flug zu unternehmen.« Valentin: (verbeugt sich) - Antreiben! - Jetzt geht’s wieder net Hab’n g’wiss wieder die Buam im Hausgang draus g’spielt damit.! Karlst.: Treib’n’S’an, - Was is denn los? Valentin: Dö gross’ Muatter is ’rausganga! Karlst.: Verzeihung, vielleicht hat jemand von den Herrschaften zufälligerweise eine Grossmutter dabei? - Auch nicht? - Schade! Valentin : Dö hab’n scho’ oane, blos hergebn’n mög’n’s sie’s net. (zum Monteur:) Treib’n S’nochmal an - dör muass ja geh’! (Der Propeller läuft - Apparat fährt vor.) Karlst.: Nur keine Angst - Alles ruhig sitzen bleiben! Direktor: (Kommt herein und schreit:) Abstellen - Apparat abstellen - aufhören - u.sw. (wenn abgestellt ist) Ja, da hört sich doch alles auf! - Was fällt Jhnen denn ein? Mit so einem Riesenapparat hier im Lokal hier umeinander zu fliegen? Sind Sie denn von Sinnen? Valentin : Nein - von hier! Direktor: Man kann doch unmöglich in so einem Raum fliegen noch dazu mit dem gefährlichen Benzinmotor! Valentin: Ja - mit’n Kartoffelsalat kann i net fliegen! Direktor: Was glauben denn Sie, was da alles passieren kann! 166

Wenn da ein Tropfen Benzin heraustropft - die Damen haben alle teure Hüte auf und elegante Kleider - wenn was passiert, bezahlen Sie den Schaden? Valentin: Ausgeschlossen! Direktor: Na also! (zuKarlstadt:) Schuld sind aber Sie! - Denn Sie haben mir die Nummer als ganz ungefährlich erklärt! - Das hätten Sie doch selbst einsehen müssen, dass das unmöglich hier zu machen ist! - Sie sind doch der Jmpresario? (zu Valentin:) Nicht wahr, das ist doch Jhr Jmpresario? Valentin: Sehr angenehm! Direktor: Sag’n S’einmal, is denn der damisch? Valentin : Ja, den hat einmal der Propeller g’streift - seit der Zeit is er blödsinnig! Direktor: Ja, das merkt man! - Also, g’flog’n wird da herin nix! Glauben Sie, ich lass’ mir sämtliche Lüster und Lampen kaputschlagen! Räumen Sie sofort die Bühne ab! - Schluss machen und schleunigst das Lokal verlassen! - Vorwärts! (ab:) Karlst.: Wer war denn dös? Valentin : Dös muass a ehemaliger Feldwebel g’wesen sein, - so jetzt hab’n mir’s! - Jetzt steh’n wir da wie’s Kind vor’m Flugappa­ rat! Karlst.: Ja, - ich kann auch nichts dafür! - Ich hab’ halt auch g’meintValentin: Ja, - g’moant und - g’flog’n is zweierlei! Karlst. : Ja, gar so unrecht hat er nicht - es ist schon ziemlich klein da herin! Valentin: Zu klein! Karlst. : Das wär direkt kleinlich, wenn man da umeinanderfliegen täte! Valentin: Sowas g’hört überhaupt im Freien g’macht! Karlst.: Natürlich! Valentin : Aber, man kann von dö Leut’ net verlanga, dass bei dera Kält’n in’s Freie ’nausgehnga! - Ja - sag’n S’es halt dö Leut, dass’s verbot’n is! Karlst.: Hochgeehrte Damen und Herren! - Hab’n Sie, wie Sie wie man nur da lachen kann!

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Valentin: Weil S’g’sagt hab’n, - hab’n Sie wiesie! Karlst.: Ich mein’ doch - hab’n Sie, wie Sie'. Valentin: Wie ich? Karlst.: Ich spreche doch mit dem Publikum! Valentin: Dann müass’n S’sag’n, - wie es'. Karlst.: Wenn Sie’s besser können, wie ich - bitte schön! Valentin: Ja, - ich kann überh[a]upt net red’n, blos flieg’n! Karlst.: Also, dann sind Sie ruhig! - Hochgeehrte Herren und Damen! (Propeller geht zweimal los.) Haben Sie - wie Sie - wenn Ihnen das sozusagen - oder irgend jemand beispielsweise - im Falle dass Sie gewusst hätten - oder widrigenfalls ohne direkt - oder bisher gesagt inwiefern - nach­ dem naturgemäss es doch ganz gleichgültig - erscheint, ob so oder so - im Fall es sein könnte, - oder es ist, wie erklärlicherweise - in Anbetracht oder vielmehr - warum es so gekommen sein kann oder muss - so ist kurz gesagt, kein Beweis vorhanden, dass es selbstverständlich erscheint, in welcher zur Zeit ein oder mehrere

in unabsehbarer Weise sich selbst ab und zu zur Erleichterung beitragen, ohnedem wir ja trotzdem nicht fl[ie]gen können, da es doch die Direktion ausdrücklich verboten hat. - Mir tut es natürlich unendlich leid, meine Herrschaften, - Ihnen wird’s ebenso leid tun, - aber meine Wenigkeit kann natürlich da auch nichts mehr dagegen machen. - Ich bitte Sie deshalb, vielmals um Verzeihung - auf Wiederseh’n, meine Herrschaften! (ah.) Valentin: Ja - also entschuldigen S’vielmals!

Ende!

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6o Karl Valentin als Kunde und Liesl Karlstadt als Verkäuferin »Im Hutladen«

61 Karl Valentin als Kunde und Liesl Karlstadt als Schirmgeschäfts­ inhaberin »Im Schirmgeschäft«

62 Karl Valentin als Moritatensänger in »Der Mord in der Eisdiele«

Karl Valentin als Stallbursche Jakob [?] in »Pferderennen abgesagt« 63

64 Liesl Karlstadt als Geheimrat in »Der Bittsteller«

65 Karl Valentin als Sänger in »>Die Uhr< von Löwe«

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Langfilme

Hausmeisters-Eheleute gesucht Film von Karl Valentin und Li[e]sl Karlstadt.

Film blendet aufund zeigt das Dach eines alten Hauses mit Dachwoh­ nung. An einem Dachfenster sitzt ein Kätzchen und putzt sich neben einigen Blumentöpfen (ä la Spitzweg). Das Bild wird überblendet und es erscheint das Innere einer armseligen Wohnung der Familie Pfafferl. Frau Pfafferl mahlt eben Kaffee, fünf Kinder sitzen um einen alten Holztisch herum und nagen an Brot. Der Vater, Herr Pfafferl, (Valentin) zieht unbeholfen seinen Rock an, setzt seinen Hut auf und sagt zur Mutter: Pfafferl: Ich geh jetzt zum Herrn Kommerzienrat Winkler und

soll er mir die ioo - Mark Darlehen nicht geben, dann----(schaut stier auf den Boden) - dann----- (kleine Pause) - dann-----(Mutter schaut ihn erschrocken an) - dann----- (kleine Pause) kann ich immer noch wo anders hingehen. Mutter: Ja, da hast Du recht, also behüt Dich Gott! Pfafferl: (der schon halb zur Türe hinausgegangen ist, dreht sich nochmal um und sagt): Was meinst Du? Mutter: Ich hab gesagt: Behüt Dich Gott! Pfafferl: Ja, is schon recht! (Schägtdie Türe zu, dass alle erschrecken). . Herrschaftshaus, Pfafferl steht vor der Wohnungstüre des Herrn Kom­ merzienrats Winkler, (im Stiegenhaus steht eine Venus, welche Herr Pfafferl ehrfurchtsvollgrüsst). Ersucht eine Ziehglocke an der Türe, findet aber keine, sondern einen elektrischen Druckknopf. Endlich entdeckt er den elektr. Knopf und läutet an. Dienstmädchen öffnet. Pfafferl: Guten Tag, ist der Herr Kommerzienrat zu Hause? Dienstmädchen: Wen darf ich melden? Pfafferl: Herrn Anton Pfafferl, wenn ich bitten darf. Dienstmädchen: Privat oder geschäftlich? Pfafferl: Privat, wenn ich bitten darf! Dienstmädchen: Bitte, treten Sie ein! (Oeffnet eine zweite

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Tür, welche in den Salon des Herrn Kommerzienrats führt. Der Kommerzienrat sitzt an einem prunkvollen Schreibtisch mit Telrfon). Pfafferl: (Trittschüchtern in das prunkvolle A rbeitszimmer) Guten Morgen, Herr Kommerzienrat! Kommerzienrat: Guten Morgen! Was fuhrt Sie zu mir? (Pfafferl steht vor dem Schreibtisch, vis-a-vis von dem Kommerzienrat und lässt vor Aufregung seinen Schirm fallen, hebt denselben wieder auf und vermisst den Hakengriffam Schirm, weil er nun den Schirm verkehrt in der Hand hält, also den Griff nach unten). Pfafferl : Jetzt ist mir der Griff von meinem Schirm abgebrochen. (Sucht darnach). Kommerzienrat: Da unten ist der Griffj Sie haben den Schirm verkehrt in der Hand. Pfafferl: Stimmt! Bitte vielmals um Entschuldigung! Kommerzienrat: Schon gut! - Also, was wünschen Sie von mir? Pfafferl: Ja........., mein Name ist Pfafferl! Wir kennen uns doch, Herr Kommerzienrat?! Kommerzienrat: Nicht dass ich wüsste! Pfafferl: Doch! Sind Sie nicht einmal vor ungefähr sieben oder acht Jahren mit der elektrischen Strassenbahn durch die Bahn­ hofstrasse gefahren? Kommerzienrat: Nein!.... Ausgeschlossen, ich fahre nie mit der Strassenbahn, nur mit meinem eigenen Auto. Pfafferl: So? Dann müssen wir uns irgendwo in einem Auto getroffen haben! Kommerzienrat: (Sieht den Pfafferl näher an) ............Ja, richtig, jetzt erinnere ich mich, natürlich kenne ich Sie! Waren Sie nicht ungefähr vor 4 oder 5 Jahren............... Pfafferl: Stimmt!!! Kommerzienrat: Was stimmt! - Lassen Sie mich doch zuerst ausreden. - Waren Sie nicht vor 4 oder 5 Jahren bei meinem Freund Baron von Rembremerdeng angestellt als Gärtner? Pfafferl: Stimmt!!! - Nein, Gärtner war ich nicht, ich war nur in seinem Garten beschäftigt. Kommerzienrat: Nun ja, dann waren Sie doch als Gärtner be­ schäftigt?

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Pfafferl: Nein, ich war Spritzbrunnenaufdreher. Kommerzienrat: Was, Spritzbrunnenaufdreher? Ja, ist denn das

auch ein Beruf? Pfafferl: Beruf weniger; es war eigentlich so eine kleine Nebenbe­ schäftigung für mich, denn da habe ich das ganze Jahr nur 2 Mark verdient. Kommerzienrat:. Wie, im ganzen Jahr haben Sie nur 2 Mark verdient? Aber davon kann man doch nicht leben!? Pfafferl: Ja!........ Leben schon,.......... aber wie! Kommerzienrat: Das ist mir unverständlich - 2 Mark im Jahr! Pfafferl: Ja! Ja! (seufct), da heisst’s einteilen! Kommerzienrat: Wie ist das möglich, dass Sie im ganzen Jahr nur 2 Mark verdient haben, das interessiert mich. Pfafferl : Ja, das war so. Der Herr Baron von Rembremerdeng der hat nämlich in seinem Garten so eine Funk....... Funk............ Kommerzienrat: Funkanlage. Pfafferl: Nein, eine Funk........ , wie heisst jetzt das gleich, - eine Funk.......... tttttt, fällt mir nicht ein! Kommerzienrat: Ah, Sie meinen eine Funkstation? Pfafferl: Ja! Nein! Saprament, jetzt ist mir der Name entfallen! Eine Funk........ eine Funk..., Funktäneü! Kommerzienrat: Ach, eine Fontäne meinen Sie?! Pfafferl: Fontäne, eine Fontäne, stimmt! Nun ja, wir bei uns zuhause sagen halt Spritzbrunnen. Ja und diesen Spritzbrunnen hab’ ich bei Herrn Baron von Rembremerdeng verwaltet; im Frühling hab’ ich denselben immer aufgedreht, dann hat er gespritzt bis im Herbst, so bis Ende Oktober, und da hab’ ich ihn dann wieder zugedreht; und da hab’ ich fürs Aufdrehen eine Mark bekommen und fürs Zudrehen auch eine Mark, das sind also im Jahr - (sich besinnend) - 2.- Mark. Kommerzienrat: So!....... Nun will ich Ihnen was sagen. Diese zwei kurzen Tätigkeiten sind eigendich mit zwei Mark ganz gut bezahlt, nach meiner Ansicht! Pfafferl : Natürlich ist das ganz gut bezahlt, nur zu wenig Beschäf­ tigung fürs ganze Jahr. Kommerzienrat: Wie meinen Sie das?

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Pfafferl: Ich mein’ so: wenn z.B. der Herr Baron in seinem

Garten tausend solche Spritzbrunnen hätte, die noch dazu jeden Tag auf- und zugedreht werden müssten, das wären (sich besin­ nend) pro Tag 2000 - Mark, also pro Jahr............ siebenmalhundert und dreissigtausend Mark, das wär’ ein Geschäft! Kommerzienrat: Aber ich bitte Sie, Herr Pfafferl, das ist ja Unsinn; wer kann sich heutzutage einen Luxus von tausend Spritzbrunnen leisten. Pfafferl: Ja, niemand! Niemand! Kommerzienrat: (Sieht aufseine Armbanduhr) Ja, sagen Sie, Herr Pfafferl, sind Sie zu mir gekommen, um sich mit mir über Spritzbrunnen zu unterhalten? Pfafferl: Nein gewiss nicht, Herr Kommerzienrat, der Grund meines Besuches ist ein ganz anderer. Ich komme betreffs Not zu Ihnen. Drei Monate Hauszins sind wir rückständig; der Hausherr will uns aus der Wohnung hinausschmeissen, meine Frau liegt krank darnieder, die hat wie sich der Arzt ausgedrückt hat, vor 14 Tagen eine chronische Sommersprossenentzündung bekommen. Die fünf Kinder sind alle noch mündlich.......... Kommerzienrat: Mündig, wollen Sie sagen.... Pfafferl: Ja, die Kinder gehen teilweise in die Schule, es ist zum Verzweifeln, und ich treibe absolut keine Arbeit auf! Jahrelang geh’ ich schon zum Stempeln, ich bin das Stempeln schon so gewöhnt, dass ich’s fast nicht mehr lassen kann, es ist mir schon zum Laster geworden. - Ich bitte Sie, Herr Kommerzienrat, greifen Sie mir unter die Arme. Kommerzienrat: Daskannich schon machen. (Greift ihm unter die Arme). Pfafferl: Nein, ich meine mit 100 - Mark, dann wäre mir gehol­ fen! Kommerzienrat: Nun ja, ich tue so viel für die Armen (schaut in die Brieftasche), ich hab’s leider nicht da, ich schicke Ihnen das Geld in die Wohnung. Pfafferl: (Weint vor Freude, bedankt sich vielmals und geht rückwärts, wirft aber vor lauter Verbeugungen eine auf einem Sockel stehende teure chinesische Vase um, welche klirrend am Boden zerbricht).

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Weg des Pfafferls vom Kommerzienrat in seine Wohnung. Er geht ins Wirtshaus, führt am Tisch ein Selbstgespräch, poussiert mit der Kellnerin, und dergleichen - am Heimweg schaut er in ein paar Schaufenster. Kommerzienrat: (gibt Chauffeur Geld in Kuvert und spricht:) Wenn

Sie mit dem Wagen-waschen fertig sind, bringen Sie das Geld in die Müllerstr. 17/4 zu Pfafferl.

Frau Pfafferl mit ihren fünfKindern zuhause heim Essen, es klopft an der Türe. Frau Pfafferl öffnet die Tür, ein Bettler steht draussen und bittet um ein Almosen. Frau Pfafferl gibt trotz eigener Not aus der Geldbörse eine Kleinigkeit. Bettler: Dank schön Frau, vergelt’s Gott! (Der Bettler wird eben­ falls von Valentin gespielt). Frau Pfafferl: Segn’s Gott! (Setzt sich wieder zu ihren Kindern. Es klopft wieder. Ein anscheinend besserer Herr tritt ebenfalls in die Wohnung ein und stellt sich als stellenloser Kunstmaler vor). Kunstmaler: Gnädige Frau, ich bin Schnellmaler. Ich bin in Not geraten; ich bitte, lassen Sie mich etwas verdienen, lassen Sie von sich ein Oelgemälde malen, ich garantiere für eine exakte Aehnlichkeit. (Zeigt Vorlagen) 50 - Mark ein Oelporträt, Anzahlung 20 - Mark. (Die Frau kommt nicht mehr zum Reden) Frau Pfafferl: Wir haben kein übriges Geld zu solchen Sachen. Vor einer Stunde erst ist mein Mann fortgegangen zum Herrn Kommerzienrat Winkler um ein Darlehen von 100.- Mark. (Kunstmaler stutzt). Wenn er nichts bekommt, können wir nicht mal den Zins bezahlen, den wir schon drei Monate schuldig sind. Es ist schrecklich, wenn man keinen Pfennig Geld im Hause

hat! Herrschafts-Chauffeur: Eine Empfehlung von Herrn Kom­ merzienrat Winkler und er schickt Ihnen hier die versprochenen

100.-. Frau Pfafferl: Danke schön, danke schön - eine recht schöne Empfehlung an Herrn Gemeinderat - ah Kommerzienrat!

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Kunstmaler: (hat das gehört, ist schon stutzig geworden). Nun haben Sie ja Geld, sehen Sie, wo die Not am grössten, ist Gottes Hilfe am nächsten. Frau Pfafferl: Ja, jetzt können wir wenigstens unsere Schulden zahlen damit. O Herr, ich danke Dir für Deine Hilfe! Kunstmaler: Sehen Sie, nun hat der Himmel Ihnen geholfen, jetzt können Sie auch mir helfen. Lassen Sie sich malen, dann verdiene ich auch etwas. Setzen Sie sich bitte auf diesen Sessel, mit dem Kopf gegen den Kasten. (Die Kinder belästigen den Kunstmaler, machen ein furchtbares Geschrei, drücken die Farben aus und beschmie­ ren sich damit). Frau Pfafferl: Kinder, seid doch nicht gar so ungezogen; geht einstweilen in den Hof hinunter, bis ich gemalen bin. Kinder: Ist schon recht! (Rennen alle davon bis auf ein Kind). Kunstmaler: (Nimmt einen Zettel, legt ibn auf den Tisch, drückt der Frau einen Füllfederhalter in die Hand und spricht:) Bitte, gnädige Frau, unterschreiben Sie die Bestellung, es ist nur der Ordnung

halber. Frau Pfafferl: (Unterschreibt) Kunstmaler: So, gnädige Frau, jetzt kann Ihnen nichts mehr

passieren! (Malt die Frau nun). Hausherr: (klopft) Frau Pfafferl: (Ruft »herein« und bleibt ruhig sitzen). Hausherr: (öffnet) Warum machen Sie nicht auf? (Er ist baff). Frau Pfafferl: Entschuldigen S’, dass ich sitzen bleib’, ich werde nämlich in Oel gemalen. Hausherr: Das ist der Gipfel der Höhe! Drei Monate den Zins schuldig sein und da lassen Sie sich noch in Oel malen! Sagen Sie zu Ihrem Mann, wenn Sie bis heute abend die rückständige Miete nicht bezahlt haben, beantrage ich sofortige Zwangsräumung. (Schlägt die Tür zu - wütend ab). Kunstmaler : Wer ist heute nicht die Miete schuldig! Nehmen Sie sich ein Beispiel an mir, - ich habe die Skizze soweit fertig, ausarbeiten tu ich die Sache zuhause und in acht Tagen erhalten Sie das fertige Bild. Darf ich um die Anzahlung von 20.- Mark

bitten? 178

Frau Pfafferl: Ich hab’ doch nur den ioo-Mark-Schein. Kön­ nen Sie vielleicht 80 - Mark zurückgeben? Kunstmaler: Leider nicht! Kommen Sie her, ich lass’ schnell

wechseln. Frau Pfafferl: Ja, bitt’ schön, ich kann so vom Kind nicht weg. Kunstmaler: (Ab mit ioo.- Mark-Schein. - Kommt nicht mehr).

Zwischenbild. Kinder spielen im Hof (Aus Valentins Kinderstreichen). Mann : (kommt zurück) Ich war beim Kommerzienrat, er hat mir versprochen, dass er heute noch die ioo.- Mark schickt. Frau: Sind schon gekommen! Mann: Wo ist das Geld? Frau: Kaum war das Geld da - ist ein Bettler ’kommen......... Mann: Und dem hast Du ioo - Mark geschenkt? .... Frau: Nein, einen Pfennig....... Mann: Und die ioo-Mark? Frau: Gleich drauf ist ein Kunstmaler ’kommen und hat mich gemalen -, das kost’ 20.- Mark Anzahlung; jetzt ist er ’nunter und lasst wechseln, der kommt gleich rauf mit den 80 - Mark. Mann : (schimpft wegen malen. Sie warten auf den Kunstmaler). Dem werd’ ich aber meine Meinung sagen! Unsereiner kann sich das nicht leisten, die eigene Frau in Oel malen zu lassen, da tut’s eine

Photographie auch! Hausherr: (kommt) So! - Euch Bande werf ich naus! - Morgen

früh um 8 Uhr muss die Wohnung geräumt sein!!! (Ab).

An nächsten Morgen Auszug mit Handkarren (obdachlos). Mann und Frau suchen Anschläge von Zimmern, - finden Plakat: »Kleine, sehr billige Wohnung per sofort zu vermieten.« Frau: Die nehmen wir sofort! (Laden gleich vor der neuen Wohnung die Möbel ab, stellen alles auf die Strasse). Gehen in das Haus, suchen Hausmeisterin, die mit ihnen in den 4. Stock geht und die Wohnung herzeigt, währenddessen die Möbeltransporteure, die im Nebenhaus einen Umzug machen, sämtliche Möbel die aufder Strasse stehen, also auch Pfafferls Möbel, einladen und wegfahren. - Beide mieten die

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Wohnung, wollen gleich ihre Möbel holen; als sie aufder Strasse sind, ist nichts mehr da. Beide: (weinen) Hausmeisterin sieht das und bedauert es. Beide: (suchen ein möbliertes Zimmer, finden Zettel: »Möbliertes Zim­ mer äusserst billig zu vermieten«. Gehen hin). Frau Maier: (öffnet) Mann: Ist hier das möblierte Zimmer zu vermieten? Frau Maier: Ja, ich vermiete nur an Artisten, weil neben uns ein Zirkus ist. - Sind Sie Künstler? Mann: Ja, Hungerkünstler! Frau Maier : So, das ist recht. - Sehen Sie, das Zimmer ist an einen Riesen vermietet - das ist an Schlangenmenschen immer vermie­ tet - das können Sie haben für ein paar Tage, bis Sie eine andere Wohnung gefunden haben. Beide: (Nehmen das Zimmer). Herr und Frau Pfafferl ziehen am Abend um 9 Uhr in das Zimmer ein. Es ereignen sich allerlei komische Dinge. Die Kinder werden auf den Boden gelegt, ein Kind aufdas Kanape. Herr und Frau Pfafferl legen sich nun in die gewellten Bettstellen. Am darauffolgenden Morgen erwachen beide. Der Mann hat von dieser schrecklichen Liegerei einen Hexenschuss bekommen und seine Frau führt ihn am Vormittag zu einem Arzt. Sie kommen ins Wartezimmer, welches von allerlei Personen (Karrikaturen) besetzt ist. Stummes Spiel - immer, wenn die Türe aufgeht, wollen beide hinein zum Arzt, werden aber von den Vorherdagewesenen ge­ schimpft und zurückgewiesen. Endlich kommen beide daran und gehen zum Arzt hinein. Frau Pfafferl: Guten Tag, Herr Arzt! Arzt: Guten Tag, - Sie heissen? Frau Pfafferl: Babette Pfafferl. Arzt: Sind Sie Ortskrankenkassen-Mitglied? Frau Pfafferl: Jawohl! Herr Pfafferl: (steht hilflos daneben und schweigt).

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Arzt: Zeigen Sie Ihre Zunge. Frau Pfafferl: (zeigt Zunge) Aeh - äh Arzt: Haben Sie guten Appetit? Frau Pfafferl: Ja Arzt: Können Sie gut schlafen? Frau Pfafferl: Jawohl! Arzt: Wie steht es mit dem Stuhl? Frau Pfafferl: Jawohl! Arzt: Ja, dann sind Sie ja gesund! Was wollen Sie dann bei mir? Frau Pfafferl : Ja mein Mann hat einen Hexenschuss, - der hat in

einem Schlangenbett gelegen. Arzt: Ach so, der Mann, - Hexenschuss? Sofort Kugelmassage. (Massiert mit einer riesigen Kugel den Rücken, dass er zittert wie

Espenlaub. - Trickaufnahme.)

Hexenschuss ist verschwunden; beide gehen. Er bekommt noch eine Salbe zum Einreiben; er reibt sich aber nicht ein, sondern drückt die Salbe aus der Tube undfrisst dieselbe. Beide gehen nun vom Arzt weg in ihre Wohnung zu den Kindern. Frau Maier: (gibt den Beiden einen Brief vom Arbeitsamt.) Beide: (öffnen ihn freudig, - endlich, nach 5 Jahren gibt's Arbeit. Sie erhalten eine Stellung als Hausmeisters-Eheleute bei Generaldirektor

Steinbeiss, Lindenallee 5. Grundbedingung: 1) kinderlos 2) Eintritt muss sofort erfolgen. Vergütung: Monatliches Gehalt 150.- Mark und freie möblierte Wohnung.) Beide: (schauen ihre Kinder an.) Mann: O diese Kinder!

(Verheimlichen die Kinder, stecken sie in Säcke, Taschen, Pakete, Ruck­ sack, - gehen in die Villa (hochherrschaftliche Villa). Das älteste Kind bekommt Vollbart, wird als Grossvater, der schwerhörig und taubstumm ist, vorgestellt und muss schnell, wenn die Gnädige kommt,jedesmal wieder den Vollbart umhängen.) 181

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Gnädige: Guten Tag, also Sie können hier bleiben als Hausmei­

sterseheleute vorausgesetzt dass Sie keine Kinder haben - wir lieben die Ruhe (Pakete rühren sich) Hier ist Ihr neues Heim, Ihre neue Arbeitsstätte. Die Räumlich­ keiten, mit denen Sie zu tun haben, wird Ihnen der Diener zeigenf,] auch alle Anweisungen über Ihre Tätigkeit finden Sie hier auf diesem Zettel. (Gnädige ab). Sie sind nun als Hausmeisterseheleute engagiert. Bei dieser Tätigkeit ereignen sich solche Sachen, dass ihnen nach geraumer Zeit 'wieder gekündigt wird. Was die Kinder in der Villa alles anstellen, spottetjeder Beschreibung. - Der Mann soll auf Befehl des Villenbesitzers das Gras mähen im Park, er aber mäht sämtliche Blumen und Rosen in den Beeten mit ab. Und als er zum Schluss das feine Herrschaftsauto waschen soll, verwechselt er den Wasserschlauch mit dem Benzinschlauch, überspritzt das ganze Auto mit Benzin, stopft seine Pfeife, zündet sie an und die ganze Garage fliegt in die Luft samt dem Auto. — Es wird ihnen gekündigt, sie werden auf der Stelle hinausgejagt und man sieht die beiden eine lange Landstrasse dahinwandem. Das Glück war ihnen nicht hold. Musik: Muss i denn zum Städtle hinaus...............

Ende.

Kaspar Hauser Originalkomödie von Karl Valentin und Liesl Karlstadt 1934. Diese Schreiner Komödie kann zu Großfeuer aber auch zur Weihnachtskomjöjdie mit Umzug ausgestaltet werdenj.] Wenn Vorhang aufgeht, läuft Kreissäge an welcher Hauser arbeitet und Alisi nagelt an dem Taferl für Feuerwehr-Festzug.

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Alisi: Jetzt werd ichs glei haben. Meister: Bist jetzt no net bald ferti - i kann dir gar nimmer

zuschaugn - dös macht ma a so - jetzt hau drauf auf n Nagel (haut drauf) Au - haut er mich direkt aufn Nagel nauf. Alist. Sie ham ja gsagt i soll aufn Nagel naufhaun. Meister: Aber doch net am Fingernagel, Rindviech! Alisi: Ah, das is ja gleich (Reisnägel) Dös halt mit 2 a - so is schön und guat lesen kann mas. Meister : Jessas, jessas - jetzt nagelt er d’Tafe verkehrt hi, d’Schrift g’hört doch vom hi - glei reisst as wieder runter und nagelst es vom hin. Alisi: Dös brauchst ja net. i brauchs ja blos so trag’n. Meister: Ja so gehts a. Alisi: Wo tean mas denn hin bis zum Sonntag dass d’Moa[s]terin net siegt [.] Meister: Stells da hinter. Frau: (mit Kaffee stellt ihn neben Leimtopf - ab) Alisi: Heut schauts wieder drein wia a Lämmergeier. Meister: Heut? Dö hat no nia anders drei gschaut. Alisi: Moanas sie hat gspannt wegan Festzug? Meister: J woass net ob’s was woass. Alisi: Gell’ns um 10 Uhr geht der Festzug vom Vereinslokal weg, muass i mit’n Taferl voraus geh? Meister : Na Bua - z’erst kimmt da Gendarm - dann Pfeuerwehr dann die Chaise mit dö Ehrenjungfrauen. Alisi: Dös war was für d’Moasterin. Meister: Rindviech - wenn i sag Jungfrauen - und dann kimmt’s Taferl. Alisi: s’ Taferl ganz alloa? Meister: Ah - du mit’n Taferl halt. Alisi: Und wann kummt na d’Feuerwehr [?] Meister: Die kommt dann nach dir. Alisi: Uh fein, da werd ma da Sepp neidig sein, dass ich’s Taferl tragen darf. Meister: Pfui Teufel, jetzt hab ich in Leim neitaucht, wer hat ma denn wieder den Leim direkt neben Kaffee hing’stellt?

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Alisi: J net, dös war d’Moasterin [.] Meister: Dös alte Rindviech. Frau: (herein) KasparMeister: Ah Roserl, hast du mir den Kaffee neben dem Leimhafen

hingstellt? Frau: Ja, warum? Meister: Weil ich’s verwechselt hab und hab in Leimhafa nei-

taucht. Frau: Alt gnua warst, dass’s an Leim vom Kaffee auseinander

kennst. Meister: Ja schau Roserl — Frau : J gib dir glei a Sauroseri - der Herr Baron hat rüberg’schicktdu sollst heut noch nüber kommen und sollst im Speisesalon an Parkettbod’n ausspandeln. Meister : Heut no - heut kann i net zum Baron nübergehn - der soll

sein Parkettboden rüberschicken. Frau: An Parkettboden kann er doch net rüberschicken, a so a saudumms G’red----- (ab) Alisi: Sie Moaster, jetzt hätt i bald vergessen, der Herr Sekretär Weber hat ma angschafft, ich soll eahna sag’n - dass sie die Tür net macha braucha, er hat sich’s anders überlegt und lasst sich jetzt im Schlafzimmer statt der Tür vom Tapezierer an Vorhang hin machen. Meister: So, so ist’s recht, jetzt weils i zug’schnitten hab - jetzt werd’s abbstellt - des geht mich gar nichts o - i hab ’s Holz scho’ zu’ gschnitten, zapft ist’s schon - geht mi nix o - dös muass zahlt wem - i bin doch koa Hanswurscht, ja was war denn net dös? Alisi: Ja der Herr Sekretär Weber hat ja gsagt, wenn sie’s schon angfangt ham, na zahlt er halt dös was scho’ g’macht ham. Meister: Dös werd a guat sei - dö ganze Tür kostat 35.— Mark und dös was i bis jetzt g’macht hab, dös macht mindestens 10Mark, tua a Formular her, i schreib glei a Rechnung. Wie schreibt ma denn da? Alisi: An Herrn Sekretär Weber Meister: Wie soll jetzt i da schreiben, dös is saudumm -

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Alisi: Schreibens - auf Wunsch eine neue Türe og’fangt und

mittendrinn aufg’hört Meister : A so kann i net schreib’n, ah was, i schreib eine neue Türe nicht gemacht 12.- Mark. So und nach Feierabend trägst as gleich nüber. Alisi: Aber z’erst mach i mei’ Podium fertig (holt Nägel, hämmert und haut sich Vexiemagel in den Zeigefinger, schreit): Au! Meister: Was is denn? Jess’ Marand Joseph! Haut sich der an Nagel in Finger nei - und grad von dene, wo ma so so wenig ham. (zieht i[h]m Nagel heraus und verbindet ihn) Dienstmädchen: Grüss Gott Herr Schreinermeister, mir is was passiert. Meister: No, no, werd net so g’fährlich sein. Dienstm: D’Herrschaft is verreist, i staub heut im Salon alles ab, rutscht mir von dem altdeutschen Schrank der kleine holzge­ schnitzte Engel aus der Hand und direkt am Boden und Meister: Auweh, san d’Flügerl abbrochen? Dienstm: Na, d’Flügerl net Meister: Was nacha, d’Fuasserln? Dienstm: A net... Meister: Da Kopf? Dienstm: A net ... Meister: (besinnt sich) Da Arm? Dienstm: Na, dös daratens ja doch net. Meister: Wieso derraten? An Bauch konn er sich doch net bre­ chen, der kloane Engel. Dienstm : Jch habs ja in dem Papierl da drinn (gibt dem Meister das Papier) (dem Meister fällt aber das Ding heraus und unter die Hobelspäne) Meister: Da is ja nix drinn? Dienstm: Na is wahrscheinlich rausg’fall’n. Meister: So und in d’Hobelschoaten nei - was wars denn eigent­ lich? (sucht) Alisi: Suchas was, was is eahna denn nuntergfall’n? Dienstm : A so a kleins............ ach da liegts ja (hebt es aufund gibt es dem Meister mit 2 Fingern in die Hand) 185

Meister : (betrachtet es) Ah ’s Naserl is abbrochen, dös wem ma glei wieder hingleimt ham (will es hinleimen) Ja der hat ja sei Naserl, dös is ja gar net wegbrochen ... Dienstm: (deutet stumm verlegen auf die untere Stelle) Meister: Ach so!!! (leimt es an) So jetzt geb’ns halt recht obacht und langas ma net hi, weils frisch gleimt is Dienstm: Ja i gib scho obacht - und was bin ich schuldig Herr Schreinermeister? Meister: Ah wegen der Kleinigkeit? Gengas zua. Dienstm: Besten Dank! Pfiiat Gott Herr Schreinermeister. Alisi: Pfiiat Gott, Fräulein! - Beehrns uns wieder. Sie Moaster, wo is’n de Latten, de wo an dös Podium no herghört? Meister: Dö schneid i glei jetzt zua. Alisi: Da is fei a Astloch drinna Meister: Dös macht nichts Alisi: Gelns Moaster, der Vorstand hat gsagt, 2 Griffe soll’n hingmacht werden zum tragen und wenns fertig ist, soll der Maler draufschreiben: Eigentum der Schreinerinnung Vorstadt Au (Meister hat ihm den Finger abgesägt) Au Au Au Au. Meister: J hör di scho - Vorstadt Au. Alisi: Na - mei Finger, mei Finger[.J Meister: Ja hast denn du den Finger da drinn lassen? Jessas, jessas dös Unglück! Alis i: Dös machts nichts Moaster - i hab ja no neune - aber grad der war mir der liebste. Meister: (leimt ihn an) Alisi: Jetzt passen mir meine neuen Handschuh nimmer[.] Meister : Sei nur net so wehleidig, wega so an kloana Finger macht ma doch net so a Getös da! [(Jbindet ihn ein) Alisi: Jetzt kann ich aber mindestens 8 Tag lang nimmer Nasen-

bohrn. Meister: Schau dass dei Podium fertig werd. Alisi: Ja dö Latten brauch i[.J Meister: Do is[.J Alisi: (spannt die Latte aus, hebt sie ans Podium hin) Dö ist fast zu

schmalf.]

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Meister: Dös hab i mir denkt - wart i hol aus’n Schupfa a breiters

Brett, (geht ab) Alisi: Ah da liegt sei Pfeifa - jetzt tua i eahm wieder wie neulings Zündhölzlköpf untern Tabak nei und wenn ers anzündt na schnalzt wieder (legt Tabak drauf) So da leg ichs her, dass ers gleich

siecht. Meister: (kommt mit Brett) Alisi! Alisi: Ja? Meister: Geh naus, sperr an Schupfa zua, den hab i offen lassen. Alisi: (ab) Meister: (zündet seine Pfeife an-bum!) O heilige Zweifaltigkeit, was war denn jetzt dös ? - J woass scho, dös war wieder der Bua, dös hat

er mir scho amal to, der Krippi, na wart nur - dir wirf i jetzt a Handvoll Sägleim ins G’waff eini, Saubua mistiger (ruft) Alisi, da geh amal schnell rei zu mir[.J Alisi: Ja i komm scho. Frau : (reisst Türe auf- Meister wirft ihr Sägleim ins Gesicht) Ah, ah ah Herrgott, ja was is denn dös, da hört sich ja alles auf, wirft ma der an haufa Dreck ins G’sicht, was is denn dös für a Lausbüberei? Meister: Du kommst aber a allwei daher, wenn ma di gar net braucha kann - i hab eben g’moant der Alisi is. Frau: Du hast gar nix z’moana (macht Geldbörse auf) was willst denn heut zum Nachtessen ham, ha? Meister: A Fünftel Leoni[.] Frau: Und? Meister: Und a Pfand Caviar. Alisi: (kommt mit Schachterlteufel herein) Moaster — Meister: Jetzt kimmt er daher, wo warst denn du so lang? Alisi: Waruma? Meister: Weil i da Moasterin a Hand voll Sägleim ins G’sicht neig’schmiss’n hab, dö wo i dir neischmeissen hätt woll’n. Alisi: Ah, na bin i froh dass d’Moasterin z’erst reikomma is. Frau: Halt dei freche Papp’n, sonst fängst oane, dass’d an Leimofen für a neu’s Postgebäude anschaugst. Sag liaber wos’d so lang warst - wos’d die wieder rumtrieben hast. Alis i: D’Frau Heilmeier hat mir g’schrien und hat g’sagt, da Moasta t87

soll de Schachtel leima und a paar Nägel neihaun, weil da Bod’n wegga geht. Frau : Lauter so G’lump bringas allaweil daher, wo nichts verdient is. Meister: Was is’n dös fiir a Schachtel (drückt hin - Schlange hüpft raus) Frau: (lässt Geld fallen, macht Schrei, fallt in Ohnmacht) Meister: O heilige Zweifaltigkeit. Alisi: Uh, da Schachterlteufi. Moaster, da schaug’ns her, unser Moasterin is vor lauter Schrecken in d’Ohnmacht g’falln. Meister: s’Geld heb auf, s’ganze Geld liegt am Boden. Alisi: d’Moasterin is ohnmächtig, helfas ihr. Meister: s’Geld sollst aufklaub’n. Alisi: d’Moasterin liegt aber am Stuhl. Meister: Und ’s Geld liegt am Boden. Alisi: (spritz[t] Meisterin an mit Wasser, gibt ihr Schnupftabak, macht Wind mit Brettl, haut sie am Kopf hinauf und sagt): Jch mach Wiederbelebungsversuche. Meister: Das wärn saubere Wiederbelebungsversuche, Du machst as no ganz hi[.] Frau: (erwacht) Meister: Auweh! Gott sei Dank jetzt gehts wieder besser. Frau : Was war denn jetzt los? So bin i in mei’m ganzen Leb’n no net erschrocka - guate Lust hab i und geh nie mehr in d’Werkstatt rei. Alisi: Ja Moasterin, dös teans, dös kann i ihnen ganz heiss empfeh­ len. Frau : Du bist a frechs Bürscherl, mei Liaber - aber statt dass der Alt gscheiter war, tuat er auch noch mit. Weil ich eben allwei z’guat bin, aber euch wer i no helfen, Kreuzteufi nei nochamal (haut wütend die Türe zu - ab) Alisi: (lässt Stock fallen, hebt ihn auf und sagt:) Gell Moajsjter, der Komponist hat unser Moasterin net kennt, der dös Liad gmacht hat. Meister: Was für a Liad? Alisi: Bei der schönen Meisterin lalala lala - (gibt Takt mit Stock) Meister: Jetzt schneidst aber ab [.] Alisi: (schaltet Kreissäg ein und schneidet Stock ab) So!

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Meister: Was hast’n da g’macht? Alisi: Abg’schnitten - sie ham ja g’sagt, jetzt schneidst aber ab. Meister: Schneid mi[r] der den Spazierstock ab - wo is’n mei

Lattenf?] Alisi: Bitt schön Moaster, bitt schön, bitt schön[.] Meister: Brauchst net bitten, kriagst as a so a (haut ihn) So, dir helf

i! (Im selben Moment hört man von aussen Scherbengeräusche) Was war jetzt dös, jetzt hams uns a Fenster ei’ghaut (beide schauen hinaus zur Türe) Was is’n da los da heraus? Pongratz: Dö lange Stange soll zu eahna nei (Scherben) (Grosse Arbeit mit Stange, zuerst wird Werkstattfenster eingeschlagen, dann [OJberlichte, alles hilft mit, endlich liegt Stange auf der Hobel­ bank) - (Pongratz schwitzt) Herrschaft, dös war jetzt so a Viech­ arbeit! Meister: No dös hat lang dauert bis ma dö reibracht ham. Alisi: D’Hauptsach is, dass mas reibracht ham, mit vereinten Kräften geht alles. Meister: Also was soll dann an dera Stanga g’macht werd’n? Pongratz: J kumm jetzt mit der Stanga bis von der Bayerstrasse, der Herr Hamberger schickt mich her, dö Fahne soll so weiss und blau g’stricha wem, aber mit ara guaten Oelfarb, dass lang halt. Meister: Was, og’stricha soll’s wem, ja da müassens do zu am Maler geh, aber net zu mir, i bin doch a Schreinermoaster. Pongratz: San sie net der Malermeister? Meister: Ja woher[.J Pongratz: Aber sie san doch der Herr Bertenbreiter? Meister : Der Bertenbreiter is im andern Hof, das is der Maler und ich hoass Kaspar Hauser. Pongratz : Na hab ich dö zwei Namen verwechselt. Meister: Ja, dös wer’n oft verwechselt. Pongratz: So sie san der Kaspar Hauser, aber der der so bekannte Meister: Na, dös war a weitschichtiger Verwandter von mir. Pongratz: Also, na könna sie’s net streicha? Meister: Na, schaugns dass nauskumma mit der Stanga, aber so schnell als möglich.

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Pongratz: So schnell als möglich werd dös net geh, denn sie

wissend doch wia lang ma braucht ham, bis mas reibracht ham. Meister: Schaugns dass nauskumma damit, sonst wer i windig. Pongratz : Was hoasst windig, teans mi net so schwach anreden, sie alter Aff, sonst reiss i eahna rote Matratzen aus’n G’sicht raus, sie Pavian sie alter. Meister : Was bin i, a Pavian bin i - a Pavian (klopft mit Holzhammer aufden Tisch, tauscht ihn um in Gummiha[m]mer und packt Pongratz beim Kragen und schlägt ihn aufden Kopf- der taumelt - Meister wirft ihn zur Türe hinaus) Der kimmt mir grad recht, 3 Fenster hat er mir ei’ghaut und nacha no frech wer’n auch. Beide: (legen die Stanga auf den Boden) Frau : (kommt schimpfend) Was war denn da los, da lieg’n ja lauter Glasscherb’n Meister: Dö Stanga hat einer bracht. Alisi: Den ham ja jetzt nausg’schmissen. Frau: Da ham mas wieder, mehr Schaden wie Profit. Jessas, jessas

na, aus geh tuts an ganzen Tag net mit’n Verdruss (ab) Meister: (arbeitet an Kreissäge) Alisi: (hämmert am Podium) Mann: (kommt herein u. sagt): Grüss Gott Herr Schreinermeister, ich hätt da einen Sitz zum reparieren (Diesen Satz sagt der Mann so oft und immer lauter bis ihn der Meister versteht - hört aufzu sägen Bub hört auf zu klopfen) Meister: Grüss Gott, was möchtens denn? Mann : Ich hätt da einen Sitz zum reparieren. Meister: Reparieren? Der is ja so ganz neu[.J Mann: Ja i bin der Hausmeister von Nummer 27 und da schickt mi da Hausherr rüber, sie soll’n den Sitz da grösser macha, weil — Meister: Grösser macha? Ja warum denn? Mann : Ja weil - weil - das is de Tag a neue Partei bei uns einzogn und Meister: Was und? Mann: Ja und da is de Frau — des is a direkte Bavaria, so korpulent und da wenn sich die Frau — Alisi: (klopft immer dazwischen)

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Meister: Um wieviel soll er denn breiter wer’n? Mann : Ja mei, dös woass i a net, i denk halt ungefähr a so a Stück[.] Meister : Ja ungefähr nützt mich gar nichts, i muass s’genaue Mass

haben. Mann: Ja mei, sie könna schliesslich net von mir verlanga, dass i von dera Frau ihren Ding s’Mass nimm. Meister: [DJann geh i halt mit Ihnen gleich zu der dicken Frau nüber und nimm von der Frau ihrem Rückgebäude gleich s’Mass. Alisi: Moaster, darf ich mitgeh? Meister: Na, na, Du bleibst da, das ist nichts für dich. Weil ich hernach so gleich zum Bürgermeister gehn muss, weg’n der neuen Dampfspritz’n. (Man sieht nun, wie der Schreinermeister Kaspar Huber seinen Hut, Mantel und Metermass nimmt und mit dem Mann, der den Abortsitz brachte in die Wohnung der dicken Frau geht und tatsächlich Mass nimmt (Frau Königsbauer) Von hier aus begibt er sich in die Wohnung des Bürgermeisters) Ja Bürgermoaster, jetzt wollt ich Dich frag’n, was mach ma denn heut auf d’Nacht in der Versammlung? Der Vertreter von der Maschinenfabrik will’s jetzt unbedingt wissen, ob wir a neue Dampftnaschin kaufen oder nicht - er war schon so oft da und heut Abend kommt er in d’Versammlung. Bürgermeister: Ja woasst Kommandant, da kann ich gar nichts sagen. Das muss in der Versammlung heut auf d’Nacht beschlos­ sen werden - Schau her (nimmt Katalog) (Der Bürgermeister und Schreinermeister Huber, der zugleich der Kommandant der freiwilligen Feuerwehr in Wasserberg ist, studieren eifrig den Katalog der Maschinenfabrik, der in schönen Bildern viele Modelle von Dampffeuerspritzen zeigt) Huber: Das wär halt eine, so eine Pracht. Was kostet denn die? 4000.— Mark - (nachdenkend) nein, nein, die können wir uns nicht zulegen. Aber eine Maschine wär das, da könnt man gleich 3 Grossfeuer auf einmal löschen. Bürgerm: Die schau an Kaspar, die wär auch nicht schlecht. Huber: Die mein ich ja, von der sprech ich ja[.J Bürgerm: Da hast recht, das wär freilich eine Maschin - aber 4000.— Mk

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Huber: Ja eben, dös is ja dös Dumme, g’rad die schönste ist auch die

teuerste[.J Bürgerm: Das ist dumm, wenn die i.ooo.— Mark kosten würde, tat ich kei’ Minutn b’sinnen. Huber: Ja wenn - aber schau um 1000.— Mark bekommst du halt nie eine Maschin die 4000.— Mark kost’. Ausserdem eine billi­

gere Bürgerm: Ja was kost dann eine Billigere? Huber: Eine Billigere wär halt lang nicht so teuer - schau her billige sind schon drinn um 2.400.— Markf.J Bürgerm: Ja wo denn, zeig mir’s[!J Huber : (blättert um) Ich hab’s doch g’les’n, Donnerwetter nochmal, ich weiss g’wiss. Da - sind die um 2.400.— Bürgerm: Stimmt - ja dann kaufen wir doch die billige - für uns ist die leicht gut genug, die Hauptsache ist, dass es eine Dampfspritze

ist. Huber: Freilich, eine teurere können wir uns später immer noch

zulegen[.J Bürgerm : (in den Katalog stierend) O je Kaspar, bist Du a Rindviech, die um 2.400 Mark ist ja eine Handgumpspritze, eine solche haben wir ja selber. Huber: Wie lass sehn, tatsächlich, na sowas. Aber der Preis stimmt, 2.400 Mark, ich habs doch ganz deutlich gelesen. Bürgerm: Ja, ja, der Preis für die Gumpspritze schon - die 2.400 Mark sollten halt unter dem Bild von der Dampfspritze stehn, dann wär’s recht. Huber: Wir handeln einfach so weit runter, dass wir’s statt um 4000.— Mark um 2.400.— Mark bekommen. Dös kriagn ma dann scho in der Versammlung. Also pfüat di Gott, dann treff ma uns heut punkt 8 Uhr beim Maibräfu] im Vereinszimmer, da is der Vertreter von der Maschinenfabrik auch da - und an Lampe von Dungershausen schreibst Du heut no, er soll morgen ins Spritzenhaus kommen und soll unser alte Spritz’n anschaug’n wenn ers braucha konn um 100 - Mark [kjriagt ers. (gehtfort - Film blendet über in Versammlung, welche am selben Abend noch stattfindet) 192

Huber: ([KJommandant der freiwilligen Feuerwehr in Wasserberg, spricht):.......... beim letzten Brande wurde uns sogar der Vorwurf gemacht, wir seien vollbesoffen am Brandplatz erschienen, pfui, das ist eine Gemeinheit - es stimmt - ja wir waren besoffen, aber nicht vollbesoffen - unter vollbesoffen versteh ich was anders, denn wenn einer vollbesoffen ist, kann er ja nicht mehr stehen und wie Sie alle selbst wissen, sind wir doch auf den Brandplatz gefahren — Was nun die Sache wegen Anschaffung einer neuen Feuerspritze betrifft, glaube ich abstimmen lassen zu können. Mit der alten Gumpspritze weiter zu machen ist ein Ding der Unmög­ lichkeit, die letzten 20 Brände in unserer Stadt haben unter der alten unmodernen Spritze furchtbar gelitten — Vertreter: Sehr richtig! Huber: Unsere alte Spritze ist ein Museumsstück, aber sie gehört nicht mehr unter Feuerlöschgeräte. Es ist das Gescheiteste, wenn wir darüber abstimmen, sollen wir in nächster Zeit eine Dampf­ spritze kaufen oder nicht. Der Herr Vertreter offeriert uns eine Dampfspritze um 4.000— Mark und will uns dieselbe bei Barzah­ lung um 3.800 Mark geben. Wer dagegen ist soll sitzen bleiben und wer dafür ist soll nicht sitzen bleiben. (Unschlüssiges Hin und Her — aber es kommt zum Abschluss - alle 8 Ausschussmitglieder unterschreiben. In dem Moment wo der letzte unterschrieben hat, nimmt der Vertreterden Vertrag, steckt ihn ein und spricht): Vertreter: So meine Herren, der Kauf ist perfekt, die Dampf­ spritze wird in kurzer Zeit geliefert. Grüss Gott, meine Herren. (Er verlässt das Lokal und ein andererfeiner Herr aus der Stadt tritt

ein, mit den Worten:) Gerstmeier: Verzeihen Sie meine Herren wenn ich störe, mein Name ist Gerstmeier, Vertreter der Firma Mistifax. Sie haben gerade Zeit und Gelegenheit und ich erlaube mir, Ihnen den neuesten Feuerlöschapparat Mistifax zu offerieren um den Preis von Mk. 50.— Huber: Ja mein lieber Herr — Gerstmeier: Der Feuerlöschapparat Mistifax wurde auf der Welt­ ausstellung zu Chikago preisgekrönt. 193

Huber: Wie hoassen Sie? Mistifax? Gerstmeier: Unser Feuerlöschapparat ist selbst in den verzwei­ feltsten Fällen von Erfolg gekrönt worden. Sehen Sie, Sie haben z. B. hier einen Feuerherd (ballt einen grossen Haufen Zeitungen

zusammen, zündet Feuer an und löscht zum allgemeinen Erstaunen mit Mistifax in einigen Sekunden aus während er dazu spricht): Sie nehmen unseren preisgekrönten Feuerlöschapparat Mistifax, be­ steigen xbeliebig eine Leiter, halten den preisgekrönten paten­ tierten Mistifaxfeuerlöschapparat in das Feuermeer, ein Druck auf den Knopf und das Feuer ist im Nu gelöscht. Sollte sich die Stadt so einen patentierten Feuerlöschapparat Mistifax an­ legen, so erlaube ich mir die Feuerwehrkommandantur dieser Stadt zu besuchen betreffs Ankauf dieses preisgekrönten Feuer­ löschapparates. Also auf Wiedersehen - guten Abend meine Herren (ab) Alle: (schauen sich baff an, dann ein blödes Gelächter) So, jetzt weil ma dö neue Dampffnaschin um 3000.— Mark ham, kimmt der mit einer Spritz’n, dö viel besser ist und blos 50 - Mark kostet. [QDie Versammlung ist aus - betrübt über dieses Missgeschick gehen alle ab) Am andern Tag wird es schon in der ganzen Kleinstadt herumerzählt, denn der Kommandant Huber hat es sofort nach der Versammlung als er vom Wirtshaus heimkam seiner Frau erzählt, die Gattin hat es beim Metzger erzählt und die 6 Weiber, die es beim Metzger gehört haben, haben es wieder weiter erzählt und so ging es wie ein Lauffeuer in der ganzen Kleinstadt herum, etwa so: Frau Lang: (zur Frau Kurz) Gell, in der gestrigen Feuerwehrver­ sammlung soll ja so was saudumms passiert sein. Frau Kurz: Ja, hab’s schon g’hört, a Dampfspritz’n ham’s b’stellt um sage und schreibe 13.000.— Mark und wie’s unterschriebe’n g’habt ham is einer kommen aus einer andern Maschinenfabrik und hätten sie allerselbe um 50.- Mark kriegt, die genau so löscht wie a Dampfspritz’n.

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Frau Lang : Ja und die um 50 - Mark soll viel kleiner sein und kein

Schlauch braucht ma’ dazu, im Rucksack können’s sies mitneh­ men, man braucht überhaupt gar keine Feuerwehr mehr dazu, jeder kann sein Brand selber löschen um 50 - Mark, denken’s Ihnen nur, so billig und die kaufen eine Dampfspritze um 130.000.— Mark[.] Frau Kurz : Was, um 130.000.- Mark, ich hab g’hört um 13.000.— Mark[.] Frau Lang: Oder 13.000.—Mark, no ja, is ja dös no a Heidengeld, no und dös saudumme, unser alte Gumpspritz’n hab’ns gestern an die freiwillige Feuerwehr in Kirchberg verkauft, dö is heut in der Früh schon g’holt wor’n, jetzt wenns heut brennt, ham ma nix zum löschen. Frau Kurz: Also ein dummes Stückl nach dem andernf.] Film zeigt den Kommandanten Huber als er in der Schreinerwerkstätte mit seinem Lehrjungen arbeitet. Film blendet über und zeigt Bürgermeister, der soeben von der Maschinen­ fabrik einen Brief bekommen hat, in dem die Lieferfrist der neuen Dampfspritze auf den morgigen Tag festgesetzt ist. Bürgermeister liest: Die bestellte Dampfspritze Modell BII trifft heute Dienstag am Bahnhof zu------------------------------- ------------------------ ein. Bürgermeister: (zu seiner Tochter) Leni, geh schnell zum Wachinger nüber mit 2 Ross und soll die neue Spritz’n holen. Leni: Ja do wird der Wachinger aber no gar nix davon wissen. Bürgermeister: Rindviech dumms, drum sollst es ihm ja sag’n

(Leni geht) Film zeigt inzwischen die neue Dampfspritze, die aufeinem Eisenbahngü­ terwagen steht, der Knecht Wachinger und mehrere Bahnbedienstete sind an der Arbeit die Spritze vom Eisenbahnwagen abzuladen. Als dies geschehen führt der Wachinger die Spritze zur Stadt in das Spritzenhaus. Dortselbst haben sich schon viele Neugierige eingefunden, die am Wege mitgelaufen sind. Auch der Bürgermeister ist erschienen und der Kom­ mandant Huber haben sich eingefunden und die Freude ist gross über das

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neue Ungetüm. Sogleich wird über die Einweihung und Dekoration der Spritze und des Spritzenhauses, über den Festzug und dergleichen beraten. Bürgermeister: ordnet nun sofort alles an und kurze Zeit darauf sieht man fleissige Hände, die die Dampfspritze dekorieren. Leider denkt man zuerst an die Festlichkeit und an die Einweihung, statt an die Notwendigkeit zuerst die Spritze bedienen zu lernen. Der Tag des Festes naht. Die Strasse, in der sich der Festzug bewegen soll ist auch schon festlich mit Fahnen geschmückt und an einem Smntag Vormittag um i o Uhr krachen schon die Böller, Glocken läuten und auf der Uebungswiese der freiwilligen Feuerwehr steht der Kommandant Huber oben am Rednerpult, neben ihm eine kleine Anzahl Ehrenjung­ frauen und hält seine Ansprache: Kommandant: Liebe freiwillige Feuerwehr, teure Kameraden und

Freunde! Indem heute die grosse Freude über uns hereingebro­ chen ist, dass unsere Stadt eine Dampfspritze gekriegt hat, sehe ich mich veranlasst, liebe freiwillige Feuerwehr-Männer an Euch einige Worte des Trostes zu richtefn.] Achtundzwanzig Jahre sind an uns vorbeigeflossen, dass wir keine Dampfspritze nicht gehabt haben, nur eine einfache Gum[p]spritze. Aber das sehn­ süchtige Verlangen nach einer neuen Dampfspritze war ein allge­ meines und so ist es heute der Tag wo uns diese Freude uns eine Dampfspritze zu überreichen gelungen ist. Möge es in unserer Gemeinde recht oft brennen, damit wir mit vollem Eifer und Aufopferung die Spritze in Funktionierung bringen können und so übergebe ich heute unter feierlichem Glockengeläute und Böllerschüsse[n] im Namen unseres hochgeliebten Herrn Bür­ germeisters die neue Dampfspritze[!J Feuerwehrmann: Kameraden! Die neue Dampfspritze und der Herr Bürgermeister sollen leben hoch! hoch! hoch! - Glocke bimmelt weiter - Kommandant erstaunt - will gern weitersprechen, aber der Klang der Feuerglocke verhindert ihn daran und den Festteil­ nehmern wird klar dass der schaurige Klang die Feuerglocke ist. Die Feierfindet ein jähes Ende, denn der Ausruf »Brenna tuats« haft] die festliche Stimmung erdrückt und nun statt zufrohlocken, muss sich di[e] Feuerwehr raschestens zur Brandstätte begeben.

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Film blendet über auf Kirchturm (wo Feuerglocke bimmelt) und dann sieht man ausserhalb der Stadt die Brandstätte und zwar eine alte verschollene Mühle der Huberbäuerin[.] Feuerwehr erscheint nun am Brandplatz - inzwischen zeigt der Film Bilder von der Feuerwehr, auf dem Weg zur Brandstätte. Komman­ dant befiehlt: (hierauf evtl. Grosfeuer)

Grossfeuer (Gewitterstimmung - Wetterleuchten - Wind - Regen - Donner - Blitz es schlägt ein) Huberbäuerin : (von innen) Herein, herein, wer ist denn da? Hat es

denn jetzt net grad klopft? Ich hab gmoant es hat wer pumpert. Bin neugierig, wie heute der Dollar steht. Entweder ist er droben oder herunten - oder er ist gleich gar wieder naufganga (liest Zeitung) Nachbar (kommt): Grüss Di Gott Huberbäuerin. Hub.: Ja der Ferdinand, was willst denn Du bei mir? Nachb.: Huberbäuerin ich hab Dir ein Geheimnis zu sagen. Hub.: Was ein Geheimnis? Ja wennst mir’s sagst, dann is ja kein Geheimnis mehr. Nachb.: Dös muass i Dir sagn, das ist sehr wichtig für Dich. Hub.: Mein Gott, erschreck mi net. Ist am End gar der Butter billiger wor’n. Nachb.: Na, na, so gefährlich is net, gib mir d’Hand, dass Du niemand was sagst. Hub.: Da hast mei Hand. Ich bin verschwiegen, wie a Millifrau. Nachb.: Also, Dei Häusl brennt. Hub.: Jesass Maria, ja was is dös, das hätt ich mir net denkt, dös is aber a traurig. Hat soviel Geld kost, das arme Häusl.

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Nachb.: Ich hab’s gsehn von mein Fenster aus, dann bin i glei rüber und hab Dir’s gsagt. Hub.: I dank Dir schön für die Mitteilung und wegen der Kleinig­ keit bist Du extra io Meter weit bis zu mir herglaufen, da könnt i glei woana vor lauter Freud’. Nachb.: I muss glei wieda gehn, nix für unguat, Pfui Di Gott! Hub.: Und soll amol Dei Häusl brenna, dann sag i Dir’s a glei, also pfui Di Gott! (Nachbar ab) Hub.: Mei Gott, mei Häusl brennt. I bin ganz resultatlos, oder sollt er mi anglogn hab’n? Na dös tuat er net, da Ferdinand. I kenn ihn ja scho über 14 Tag, dös is a aufrichtiga Mensch, aber ein falscher Kerl. No ja, i kann ja nachschaugn obs wirklich so ist, ich hab ja net weit (dreht sich um) Ja was is denn dös, hat er doch recht ghabt, da derf i glei meine Augnglasln aufsetz’n. Resi! Glang mir an brennenda Kerzenleuchta raus, o heiliger Florian, schau nur grad mei Häusl an, ja das wenn noch a Zei[t] lang so weiterbrennt, na werds imma grösser. I bin ganz ratlos, i kauf mir doch no a Rad da geh ich sofort zum Feuerwehr-Kommandant und sag, er soll glei zu mir kommen in einer dringenden Angelegenheit. Der gibt mir dann ’n Rat, was ma da machn kann. Resi! Glang mir mein Huat und mein Cape raus, ich muss schnell wohin gehen. Und wenn wer nach mir fragt, oder telefoniert, na sagst ganz einfach, mir ham koa Telefon. Kommandant (tritt auf die Bühne) Hub. : Ja, da is er ja. Griiass Di Gott K[o]mmandant! Grad hätt i zu Dir gehn wolln in einer dringenden Angelegenheit. Komm.: So? Wie geht’s Dr denn alleweil? Hub.: Net guat, woasst scho, den Verdruss und die Arbeit, de ma alleweil hat mit’m Geld, a paar Säck voll Tausender habn mir scho wieder die Mäus z’sammgfressn, jetzt hab i lauter Goldstückl abiglegt, dös wissn d’Mäus net, dann beiss’n sie sich die Zähn’ aus. Ja und wia geht’s denn Dir alleweil? Komm.: Sc[h]lecht, ärge[r]n muass i mi halt soviel imma mit de Leut, weil, wenn wir Feuerwehrleut imma in Uniform auf der Strass genga, fragt imma glei a jeder: Sie bitt schön, wo brennts

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denn? Dös is doch zu blöd, da muasst ma doch an Gendarm auch fragn: Sie wo werd denn da was g’stohln. Hub.: Ja da hast recht, da muasst man ’n Gendarm auch fragen, wo werd denn da was gstohln. Ganz richtig. Du Kommandant, wie is denn beim Maibräu z’Gögging no ganga? Habts no was rettn könna? Komm.: Ach nix, alles is verbrennt. Hub.: Geh was D’ net sagst, wia is denn dös zuaganga? Komm.: Ach mei Trompeter war schuld an der ganz’n G’schicht. Du weisst doch, wir haben bei der Feuerwehr zwei Signale, zuam Angriff, das hoasst: Tä Tä, - tä-tä, und Gefahr vorüber hoasst: tätä- tä- tä. Und wia ma ’s Löschn anfanga wolln, blast der: Gefahr vorüber, weil er ’s Signal verwechselt hat, natürlich is die ganze Feuerwehr wieder davon und habn alles brennen lassn. Hub.: A so a Rindvieh! Komm. : No ja, deswegn brauchst ’n net glei a Rindviech hoassn, Du woasst doch, dass da Trompeter mei Bruader is. Hub.: Jessas ja, dös is ja Dei Brudar, entschuldigst vielmals, i habs net so gmoant. Komm.: Ja, ja, dös ist net so einfach bei der Feuerwehr, das muass alles glemt sei. Hub.: Ja da hast recht, das muass alles glemt sei. Komm.: Mir graust heit no, wenn ich an mei Feuerwehrlehr denk, wia i no Feuerwehrlehrbuab war, Glemt hab i zwar nix, i hab a nix leama könna. Hub.: Warum net? Komm.: Weils grad die drei Jahr wo ich in d’ Lehr ganga bin nirgends brennt hat[.] Hub.: Wia bist denn Du eigentlich dazua kemma zur Feuerwehr? Komm.: Wia i dazua kemma bin? Dös war a so: Mei Vater war dreissig Jahr bei der Feuerwehr, dann is’r pensioniert wom, dös waasst ja a so, d’ Uniform, der Helm, alles war da, dann hab i mir denkt, wirst auch a Feuerwehrmann, passn tuat mir alles [.] Hub.: Bis auf den Riemen, der is Dir z’weit[.J Komm.: Dös woass i scho, aba dös kommt davon her, weil mei Vater so an grossen Kropf ghabt hat. I hätt m’r ’n scho enger machn

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lassn, aber schliesslich kriag ich auch an so an Kropf, dann muass i ihn wieda weiter machn lassn. Hub.: Ja, dann müasst ’n wieda weiter machn lassn, ganz richtig. Komm.: Ja, ja, jawohl, heut vor fuchzehn Jahr is Unterhaching abbrennt. Ja, Morgen Nachmittag um 3/4 4 Uhr san’s grad fuch­ zehn Jahr, dass Unterhaching abbrennt ist, dös hoasst angfangt hat’s im Dezember und aufghört hat’s im Winter. Herrschaft, war as a Feuer, a gross Feuer, das Feuer wird gross gwesn sei, vierzig Meter lang und sechzehn Meter hoch, siebzehn Meter darf ma eigentlich sagn, denn ganz genau habn mir’s net abmess’n könna, weils immer so hinaufgeschwanzelt ist. Das Feuer wär aber nicht so gross wom, wenn’s wir gleich gemerkt hätten, aber erstens ist’s bei der Nacht auskomma und unser Dorf is so schlecht beleucht’, dass ma net amal des Feuer gseng habn, zweitens hat der Nacht­ wächter grad an dem Tag Ausgang g’habt, drauf komma san mer erst am dritten Tag, derweil hat das ganze Dorf scho lochterli a lichterloh brennt. Wia mir’s spritzn anfang’n woll’n, hab’n wir koa Wasser ghabt, bei 90 Grad Kälte war das ganze Wasser gfroarn jetzt hab’n sämtliche Bäuerinnen von der ganzn Gmoa zuerst den Schnee Koehn müassn, dass mir a Wasser kriagt hab’n zum Lösch’n. Der Apothe[ke]r von unserm Dorf hat hundert Flaschen Appolinaris gestiftet, auf einmal hat sich der Wind dreht und ’s Feuer hat aufghört am Abend und seit der Zeit habn wir zur Erinnerung alle Tag auf d’Nacht um 6 Uhr Feierabend. Hub.: Auf d’Nacht um 6 Uhr Feierabend. Ganz richtig! (greift mit den Fingern an das Kinn) Saxn di, was hab’ etz i a Dir heut sagn wolln. ’s fallt mir nimma ein. Komm.: (schnüffelt mit der Nase) I woass net, da muffelt’s. Hub.: Hast’n an Katarrh? Komm.: Da brannd’s! Hub.: Branndn? Jessas jetz fallt mir ein, was i Dir sagn hab wolln! Bei mir brennts ja, möchst net a mol nachschaugn was da zua macha ist. Komm.: Selbstverständlich, das is ja mei Pflicht, schaug mr ’s halt a mal an dös Feuer. Wo hast es denn? Hub.: Da, (zeigt aufs Haus). 200

Komm.: Hm Hm Jeatz muass is halt a mol genau untersuchn, was dös für a Brand is, ob’s a Kellerbrand, oder a Dachstuhlbrand is. Ja, ja, das is nach meiner Ansicht a Dachstuhlbrand. Hub.: Ja, des muasst Du wissen! I will Dir da nix dreinredn. Komm.: Sag mir nur grad, Huberbäuerin, wia bist denn Du eigent­ lich zu dem Brand komma? Hub.: Ja mei, dös is a Zufall. I steh vor meim Häusl, auf a mol kommt mei Nachbar rüber und sagt: Du Huberbäuerin, bei Dir brennts. I schaug aufs Hausdach nauf und wirklich wars a a so. Komm.: Ja woasst, i will Dir da absolut kein Schreckn einjagn, aba soviel ich seh handelt es sich bei Dir um ein Grossfeuer. Hub.: Dös is mei Ansicht a. Komm.: De Gschicht kriagn mir schon. Ich schreib mir jetzt a mol alles auf. Was hast denn für a Hausnummer? Hub.: Nummer dreizehn. Komm. : Na also, da sann mir ja glei da mit der Spritzn. Stell Dir vor, wennst d’Hausnummer Nr. dreissig ghabt härtst, da hättn ma scho weiterhin ghabt. I geh jetzt ummi ins Feuerhaus und lass die Sturmglockn läutn und ammalier die ganze Feuerwehr. Hub.: Dann könnt Ihr an mein Häusl gleich die neue Dampfspritzn ausprobiern. Komm.: Ja, de werd heut eingweiht. Also stell Di net lang rum, tu aus Deim Häusl das Wichtigste heraus, net dass der alles ver­ brennt. (Huberbäuerin ab) Komm.: Schau nur, dass zuerst die leicht verbrennbaren Sachen rausbringst, die hölzernen, an Abtrittdeckel, Zahnstocher, Zünd­ hölzer und dös Zeug (nimmt alles ab) De andern Sachn wirfst auf n Misthaufn hint aussi. Ich muass jetz geh Bäuerin, ich hol die andern und komm dann vielleicht bestimmt wieder. (Kommandant ab) Nachtwächter (kommt und singt) Hört Ihr Herrn und lasst euch sagen, die Glocke am Kirchturm hat vier Uhr geschlagen, bewahr das Feuer und auch das Licht, dass in unserer Stadt koa Brand ausbricht — koa Brand ausbricht

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Prosa : Es is koa Fuchs, es is koa Has, i täusch mi net, da brandlt was.

Na, dös täuscht mi vielleicht bloss, bin i a alts Rinozeros, Vom Bäckermeister ganz genau, da druckts an Rauch raus gelb und grau, dem Himmel Hermann Sabrament, san d’Loabln wieda all verbrennt. Er schürt a ein, alls wia a Narr aba brandln tuats s’ is sonderbar. Ma sieht nix, na, s’is nix zum sehn, es is halt doch a Täuschung gwen, so is a, ja es kunnt ja sein, was siech i da, an Feuerschein? I glaub glei gar beim Färberlenz, mein Gott, bei der Huberbäuerin brennts. Leut aufstehn! (er tutet und schreit und geht ab),

(I]m selben Moment hört man von weitem die Sturmglocken läuten, die Feuerwehr marschiert an mit Signalmarsch, Dampfspritze wird aufge­ fahren.) Komm.: (gibt Zeichen) Ganze Kompagnie halt! Vo[r] den Geräten [sjammeln Front! Abzählen! Alle: Eins - zwei - drei - vier - fünf - sechs - sieben - acht usw. Komm.: Halt! Wieviel san denn heut da? Kustermann hier! Seidel hier! Metzler hier! Konsumverein hier! Also jetzt kommt die Ansprache: Wiggerl Du soufflierst mir. Liebe freiwillige Feuerwehr, teure Kameraden und Freunde! Indem heute die grosse Freude über uns hereingebrochen ist, [djass unsere Stadt eine Dampfspritze gekriegt hat, sehe ich mich veranlasst, liebe freiwillige Feuerwehr-Männer an Euch einige Worte des Trostes zu richten. Achtundzwanzig Jahre sind an uns vorbeigeflossen, dass wir keine Dampfspritze nicht gehabt haben, nur eine einfache Gumpspritze. Aber das sehnsüchtige Verlangen nach einer Dampfspritze war ein allgemeines und so ist es heute der Tag, wo uns diese Freude, uns eine Dampfspritze zu überrei­ chen gelungen ist, Möge es in unserer Gemeinde recht oft brennen, damit wir mit vollem Eifer und Aufopferung die Spritze in Funktionierung bringen können und so übergebe ich heute unter feierlichem Glockengeläute und Böllerschüssejn] im Na­ men unseres hochgeliebten Herrn Bürgermeisters die neue

Dampfspritze. 202

Feuerwehrmann: Kameraden! Die neue Dampfspritze und der Herr Bürgermeister sollen leben hoch! hoch! hoch! Komm.: An die Geräte! - rechts um - marsch! Ihr gehts mit’n Schlauch an Bach nunter und hängts ’n Schlauch in Mühlbach nei’ - und wenn grad Bachauskehr is, na hängt’s ’n in d’ Mistlacka nei, na spritz ma einfach mit’n Odlwasser. Wiggerl und mir hoazn daweil ein in der Dampfspritzn. (Feuerwehrleute an) Wigg.: Du Kommandant, kenst Du Dich aus mit dera Dampf­ spritzn? Komm.: Natürlich, ich brauch mich bloss nach der Gebrauchsan­ weisung richten, da steht alles drin, wie mas machn muass. Wigg.: Du, in der Stadt drin habens auch so a ähnliche Maschine zum Abtritt räumen. Komm.: Ja, ja, aber dö hat an andern Geruch. - Also bevor wir einhoazn müssen wir wissen, aus was für Teilen die Dampfma­ schine besteht. Also jetz pass auf Wiggerl, jetzt werd ich Dir’s

erklären. Gebrauchsanweisung

Zuerst Wasser einfüllen A. Der Dampfkessel B. Der Zylinder C. Der Kamin D. Das Sicherheitsventil E. Der Wasserstandsbarometer F. Die Atmosphärenuhr G. Die Alarmglocke H. Der Dampfregulator I. Die Dampfpfeife K. Der Antriebswechsel L. Das Heizloch M. Das Aschloch Wigg.: Wo is denn dös? Komm.: I find’s a net!

Wigg.: A dös is vielleicht hinten! Komm.: Ja, dös hab i mir denkt (beideschauen hinten) - Da is ja. Oben ist das Heizloch da wird eig’heizt und da fallt dann die Asche hinunter in das untere, das heisst Aschloch — nicht zu verwechseln mit - Heizloch — Wigg.: Aber jetz hoaz i glei ein. Jetzt is wieder kein Papier da. Komm.: Zu was brauchst denn jetzt a Papier? Wigg.: Zum einhoatzn. Komm.: Ja so! Wigg.: (nimmt dem Kommandanten aus der Hand die Gebrauchsanwei­ sung und heizt ein) Jetzt hab i wieder koane Zündhölzer - hat denn neamands a

Feuer? Komm.: Da is a Feuer! Wigg.: Jetzt hab i scho oans! — Jetzt brennts scho Komm.: (Strom anschliessen [.] Zündet den Kamin innen an, den Kessel

anfassend) Es wird schon hoass! - Also jetzt kommt d’Hauptsach. Wia jetzt der Kessel hoass wird, also wenn sich der Dampf entwickelt, muss sofort der Wechsel aufgerieben werden, sonst z’reissts an Kessel und mir san alle beim Teufi! Wigg.: Jessas Maria! Wo is denn der Wechsel? Komm.: Ja dös woass i a net. Das steht alles ganz genau in der Gebrauchsanweisung drinna. Wigg.: Also schnell! Gebrauchsanweisung her - Wer hat denn d’Gebrauchsanweisung? (aufgeregt) I habs net! Komm.: I a net! Streit: (Wer ist ein Lausbub) Komm.: (aufgeregt) Kreuz Teufi nei, ich hab’n doch grad dag’habt den weissen Zettel da. Wigg.: Den weissen Zettel hab i zum Feuermach’n herg’nomma. Komm .: Jessas Maria g’fehlt is! hoatzt der mit der Gebrauchsanwei­ sung ein, jetzt is a Unglück fertig. (schlagen die Hände über dem Kopf zusammen) Wigg. : Lasst halt a neie Gebrauchsanweisung drucka. Oder holts an Hochwürden Herrn Pfarrer. Komm.: Was versteht denn der Herr Pfarrer von’r a Dampfspritzh, 204

wenn scho dös Unglück nimma zum Aufhalten ist, dann müssen wir auf unserm Posten bleiben, wie a Schiffskapitän auf sein Schiff, wenns untergeht. Mir san doch alle Männer, - jetzt reib i halt amol an Wechsel auf - gehts weg! Jessas Maria steh uns bei----- Pfüat Di Gott, Kommandant! (Alle schauen ängstlich aus den Ecken hervor.) Wigg.: Dass’D fei net an falschen Wechsel aufreibst, sonst werst wegen Wechselfälschung no eigsperrt a. Komm.: Halts Mai, nur die Ruhe kanns machen, also das da is die Dampfuhr! Wigg.: Wieviel is denn? Komm.: Halt doch’s Maul, Lehrbua saudummer, das is das Dampfpfeiferl (pfeift) Komm.: (lässt das Pfeiferl ertönen) Wigg.: A fein — wier a Lokomotiv! Komm. : Dann is dös der Dampfwechsel, da gibts koan Zweifel! Jetzt reib i amal auf. (reibt auf Maschine läuft) Wigg.: A fein!!! Wunderbar----Komm.: Und der Haufa Dampf, wo scho drin ist (macht Deckel auf) Wigg.: Jetzt läut i der Mannschaft, dass mit’n Schlauch komma (läutet) (Mannschaft kommt und arbeitet) Komm.: Freistehende Leiter aufstellen (geht ins Haus, schaut bei den Flammen heraus) Herrgott is da hoass herin, wie im Fegfeuer usw. Jetzt wär halt a frische Mass Bier recht. ([G]eht -wieder aus dem Haus) (zu Wiggerl) Wer hat denn die freistehende Leiter ans Haus gloant, na is doch koan freistehende Leiter mehr, a so a Leiter nimmt ma, ziehts nur ausananda (Wiggerl lässt aus) Au! Au! Du hast mir d’Finger eizwickt (läuft dem Wiggerl nach, Wiggerl steigt aufdie Leiter, Kommandant -will auch hinaufsteigen. Wiggerl tritt dem Kommandant auf die Hand.) Komm.: Au, au, Wiggerl geh runter, Du stehst auf dem Ding droben. Wigg.: Auf der Leiter? Komm.: Na, auf den Wigg.: Sprossen?

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Komm. : Na, auf meiner----- mir fällt der Name nie ein, au, au, auf meiner Pratzen. Wigg.: Jessas, dös hab i net gwusst. Komm.: Ja hast Du denn dös net gspürt? ■. Wigg.: Ja woher! Du hast es gspürt! Komm.: (geht rücklings und stösst mit dem Photograph zusammen) Photograph: Guten Tag meine Herrschaften! Verzeihen Sie, wenn ich störe. Ich bin Spezialphotograph der Illustrierten Zei­ tung. Ich mache speziell Spezial-Aufnahmen von aktiellen Ereig­ nissen, wie Eisenbahnunglücke, Schiffszusammenstösse, Flieger­ abstürze, Feuersbrünste, Hochzeitsfeierlichkeiten und sonstigen Unglücksfällen. Ich komme nirgend[s] zu spät. Ich habe schon die grössten Explosionskatastrophen drei Tage vorher aufgenom­ men. Gestatten Sie, dass ich von dem Feuer schnell eine Auf­ nahme mache (zu Wiggerl) Verzeihen Sie, sind Sie der Herr

Kommandant? Wigg.: Nein, ich bin der Feuerwehrlehrbub. Ich bin nur der junge Spritzer! - Das is der Kommandant - Lach doch net so, der will mit Dir reden, sags doch, dass Du der Kommandant bist. Komm.: Sie wünschen? Phot.: Ich möchte Herrn Kommandant nur fragen, ob ich von diesem Grossfeuer eine Aufnahme machen kann? Komm.: Ja natürlich! Was wollens? Phot.: Ich mein, ob ich das Feuer abnehmen kann. Komm.: Ja, das können wir leider nicht verkaufen, das g’hört der Huberbäuerin. Phot.: Also ich mach schnell eine Aufnahme - vielleicht möchten sich die Herren gruppieren? Komm.: Ah, habts ös ghört, die Herren sollen alle krepieren! Phot. : Nehmen Sie bitte einmal alle eine Stellung ein - so Sie daher - Sie dorthin------- der Herr Kommandant lehnt sich vielleicht an die Dampfspritze an, das wird sich gut machen. Komm.: Au! Au! Phot.: Haben Sie sich verbrannt? Komm.: Gekühlt hab ich mich am Dampfkessel! Phot.: Vielleicht lehnen Sie sich hier an.

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Komm.: Sakra das draht sich. Phot. : (Gibt Stellung an) Also bitte, recht freundlich - i - 2 Wigg.: Halt, ich muss mich zuerst noch schneutzen. Photogr.: Also jetzt 1 - 2 Komm.: Red’ der drei, der Saubua[.J Phot.: Ach, jetzt haben Sie wieder gewackelt. Komm.: Ja, ’s Feuer wackelt ja auch. Phot.: Ja, kann man denn das Feuer nicht einen Moment aufhal­

ten? Wigg.: Natürlich, da brauch i bloss an Ventilator ausschalten. -

(schaltet aus) Phot.: So ist’s gut, also bitte, jetzt ganz ruhig. Komm.: Na, i mag nimma! (geht vor zur Rampe-geht wieder zurück und sagt dem Wiggerl leise was ins Ohr) Wigg.: Ah, deswegen! Phot.: Warum will er denn nicht? Wigg.: Er mag nicht, dass man ihm beim Photographieren zu­ schaut, jetzt geniert er sich, weil ihm die Leut im Parkett alle zuschau’n. Phot.: Was für Leut? Wigg.: Das Theater-Publikum! Phot.: Das ist doch sehr einfach - da lass ma halt den Vorhang runter. Komm.: Ja, dann mag ich! (Vorhang runter)

Grossfeuer Kostüme: 1. Bäuerin : Mieder mit Reifrock, Kopftuch mit Schurz, Bauern­ tuch, (Verwandlung als Lehrbub) Hose, Uniformjoppe, Helm, Perücke, Rohrstiefel, Taschentuch, Strick, Gürtel, Brille, Zünd­ hölzer. 2. Kommandant: Hose, Joppe, Gürtel, Strick, Huppe, ein Paar

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Rohrschäfte, eine Ansprache, eine Brille, Gebrauchsanweisung, Helm mit Busch. 3. Nachbar: Nachthemd, Unterhose, Zipfelmütze. 4. Nachtwächter: Havelock, Nachtwächtermütze, Hom, La­ terne, roter Vollbart. 5. Photograph: Filzhut, Spitzbart, Kravatte, ein Apparat, Stativ mit Kasten und Tuch. 6. Feuerwehrleute: 3 Mann, 3 Uniformen, 3 Helme, 3 Gürtel, 3 Hammer, 2 Stricke.

Requisiten:

i elektr. Motor 1 Dampfspritze (ohne Wagen) 2 Leinwandschläuche mit Mundstück 1 Glocke 2 Signaltrompeten 2 Feuerwehrhammer 2 Feuerwehrstricke i Flammenkulisse (Dach) i Staffelei i Irrigator i Wasserpumpe i Gebiss i Nachttopf i Kerzenleuchter (elektr.) Verschiedene Tiere (Kuh, Pferd) Abortdeckel Papiergeld Fussabstreifer v. d. Neuesten i Zahnstocher, 1 Zeitung 2 Stück Blitze i Bauembank Zündhölzer

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Rauchpulver I Blechkübel voll Steinkohlen i Schaufel 5 Masskrüge i Ventilator Donnerblech, Windmaschine. Souffleur- und Regisseurtexte Kirchengeläute Ansprache und Gebrauchsanweisung 6 Kulissen.

Das Brillantfeuerwerk Gross-Tonfilm (2000 Meter) von Karl Valentin und Lisi Karlstadt. W)-

Es ist ein herrlicher Sonntag Nachmittag, goldener Sonnenschein liegt über der Stadt und die Plakatsäulen verkünden, dass heute abend ein grosses Brillantfeuerwerk im Volksgarten »Zur Rosenau« stattfindet. Diese Rosenau, welche ein beliebter und gern besuchter Ausflugsort ist, wird besonders an Sonn- und Feiertagen von den Soldaten besucht, welche mit ihren Kocherln sich zu einem Stelldichein zusammenfinden, insbesondere weil dort Volksbelusti­ gungen aller Art, Karussels, Schiffschaukeln verlocken und haupt­ sächlich eine fesche Blasmusik zum Tanze einladet. Ein schwerer Reiter, namens Karl Valentin, ein strammer Soldat von der Sohle bis zum Scheitel, hat sich vorgenommen auch einmal in die Rosenau zu gehen. Aber wegen Mangel an Spürsinn ist dieses Ziel nicht so leicht zu finden; viele des Weges kommende Leute muss er fragen, auf welchem Wege er zur Rosenau kommt und nur durch das liebevolle Entgegenkommen eines schmucken Kindermädchens (Lisi Karl­ stadt) gelingt es ihm, mit ihr den Weg dorthin zu finden. Aber weil 209

die Liebe etwas Unergründliches ist, erscheinen sie zum Brillantfeu­ erwerk erst dann, als dasselbe bereits abgebrannt ist. Wo sich die Beiden bis abends io Uhr herumgetrieben haben, geht uns nichts an. Was sich aber an diesem Sonntag Nachmittag in der Rosenau zugetragen hat und dass ein Brillantfeuerwerk schneller abgebrannt als aufgestellt und vorbereitet ist, das sollen Sie noch erklärt bekom­ men. Den ganzen Vormittag hatte der Wirt und das Wirtschaftsper­ sonal alle Hände voll zu tun, um alle Vorbereitungen zu treffen. Da es sich um ein Brillantfeuerwerk mit italienischer Nacht handelt, müssen natürlich von Baum zu Baum Drähte gespannt werden zum Aufhängen der Lampions. Der Feuerwerker hat auf der nahen Wiese die Feuerwerkskörper, Raketen, Bomben, Leuchtkugelwurf etc. aufgestellt, damit er am Abend dieselben nur mehr anzünden braucht. Allmählich kommen schon die ersten Gäste und nehmen an den langen Holzbänken Platz, bis nachmittags ‘Z 4 Uhr ist der grosse Garten mit den vielen schönen Kastanienbäumen besetzt. Um 4 Uhr beginnt die Blechmusik; der Wirt, der Arrangeur der ganzen Angelegenheit, steht siegesbewusst an der Schenke und nimmt soeben eine Prise Tabak; er geht nach diesem feierlichen Akt auf einen am Tisch sitzenden Soldaten zu und meint: »Das ist eine wahre Freude, dass heute so schönes Wetter ist.« Der Soldat aber ist anderer Meinung und sagt: »Aber nicht mehr lange, in 2 - 3 Stunden fängt es zu regnen an oder es kommt ein Gewitter«, was er damit begründet, dass er heute morgen einen Hund gesehen habe, der Gras gefressen hätte. Der Wirt ist momentan ganz sprachlos, denn er kennt diese Art Wetterprophezeierei, lässt sich natürlich sofort umstimmen und sagt das ganze Fest ab. Die bereits aufgehängten Lampions werden wieder von den gespannten Drähten abgenom­ men, der Feuerwerker muss das bereits aufgesteckte Feuerwerk wieder in Kisten verpacken und die ganze Geschichte wird auf nächsten Sonntag verschoben. Kaum ist diese Absage unter den Gästen bekannt, meint ein anderer Gast: »Herr Wirt, lassen Sie sich doch keine Angst einjagen, ich habe zuhause einen Laubfrosch, der sitzt seit 8 Tagen ganz oben auf der Leiter, das ist ein sicheres Zeichen, dass es noch längere Zeit schönes Wetter bleibt.« Wieder

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reagiert der Wirt auf dessen Wettervoraussage und kommt zu der Ueberzeugung, dass heute das Gartenfest mit Feuerwerk doch abgehalten wird. Die bereits eingepackten Utensilien werden wie­ der ausgepackt und kaum ist dies geschehen, hat der Wirt schon wieder neue Erfahrungen gesammelt und weil ein Soldat felsenfest behauptet, dass heute morgen am Stallfenster der Kaserne die Fliegen so gesummt hätten, was die Fliegen nur dann tun, wenn ein Gewitter im Anzug ist, wird das Feuerwerk wieder abgesagt. Der Wirt, dessen Festfreude sich schön langsam in Verzweiflung ver­ wandelt, weiss nun nicht mehr, was er tun soll; jeden fragt er um Rat und jeder hat eine andere Meinung. 3 bis 4 mal noch wird verscho­ ben und wieder nicht verschoben, bis dem Wirt die Geduld reisst und er auf seinem Standpunkt stehen bleibt, dass das Fest abgehalten wird und einer soll heute noch kommen und sagen, dass es heute noch regnet, den würde er mit dem Holzschlegel niederschlagen wie einen Stier. Kaum ist dies Wort verklungen, als sich ein weiterer Soldat armverschlungen mit seiner Köchin niederlässt; der Wirt, der an den Gesichtern der Beiden sieht, dass da etwas nicht in Ordnung ist, meint zu dem Soldaten: »Nanu, warum sehen wir denn heute so mürrisch drein? Hat Sie das Fräulein Braut geärgert?« - »Ja so ein dummes Frauenzimmer, kauf ich ihr vor 3 Tagen einen wunderschönen Regenschirm; heute vormittag lässt sie den Schirm in der Kirche liegen.« - »Das ist doch nicht schlimm, da geht ihr morgen in die Sakristei und fragt den Küster, ob ein Schirm gefunden wurde und dann habt ihr den Schirm wieder.« - Soldat: »Was nützt mich morgen der Schirm, heute brauchen wir den Schirm, nicht morgen.« - Wirt: »Wieso heute?« - Soldat: »Ja weil es heute noch regnet.« - Da holt der Wirt seinen Holzschlegel und schlägt ihm denselben mit aller Wucht auf den Kopf. Aber der Soldat nimmt merkwürdigerweise gar keine Notiz von diesem Schlag, nicht einmal bemerkt hat er diese Tat usw.. Es ist inzwi­ schen dunkel geworden und bald knattert das Feuerwerk in die Luft. Ein paar Gäste unterhalten sich über das Abbrennen des Feuerwerks in geradzu geisttötendem Blödsinn.----- Ein Schlussmarsch und die Gäste verlassen nachts 11 Uhr die Rosenau, die Lichter im Garten werden ausgelöscht - da huschen noch zum Gartentor im Halbdun-

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kel zwei Gestalten herein; der Wirt meint: »Schluss, Feierabend, wo wollt denn ihr zwei noch hin?« - »Zum Feuerwerk!« - »Da seid ihr um i Stunde zu spät daran«, sagt der Wirt. - »So, dann kommen wir morgen um i Stunde früher,« sagen die zwei Verliebten, worauf der Wirt erwidert: »Ja morgen findet kein Feuerwerk statt, aber näch­ sten Sonntag ist wieder eines!« - »So, so! Wenn es aber nächsten Sonntag regnet?,« sagt der Soldat - worauf ihm der Wirt antwortet: »Dann leckst mich am Arsch!« (Letztes Wort ist sehr stark mit Musik zugedeckt.)

Ende.

Das Brillantfeuerwerk Grosstonfilm 2000 Meter von Karl Valentin und Liesl Karlstadt. W351. Akt. Dekoration oder freie Anlage —Bank— Wegweiser zur Rosenau - Englischer Garten oder Geiselgasteig. Valentin : (in der Uniform eines bayerischen schweren Reiters geht

stumm von links nach rechts — bleibt 10 Sekunden hinter den Sträu­ chern und kommt wieder denselben Weg zurück. Wartet wieder kurze Zeit und geht wieder nach rechts, kommt vor, geht schnurgerade aus kehrt wieder um und sieht den Wegweiser - geht auf denselben zu, betrachtet ihn kopfschüttelnd und weiter rechts ab —fragt Passanten der auf der Bank sitzt): Wo gehts es hier zur Rosenau? Passant: Da müssen Sie da hinüber, immer geradeaus. Valentin: Da komme ich ja her. Passant: Ja, da müssen Sie hinüber. Valentin: So! (geht wieder zurück-bleibt in der Mitte beim Wegwei-

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ser stehen und sagt): Da gehört so eine Hand her (geht links ab kommt aber sofort wieder zurück, schreit zurück) Da ist ja ein Bach, da kann man nicht hinüber. Passant: (auf der Bank) Ja über den Bach geht doch eine Brücke und über die müssen Sie hinüber gehen. Valentin: So! - (dreht sich um und geht wieder links ab) - (Er geht nun suchend nach allen Seiten blickend seinen Weg weiter, da kommt ihm ein Kindermädchen mit Kinderwagen entgegen) Sie Fräulein, wo kommt man denn da in die Rosenau? Karlstadt: Da müssen Sie da hinüber gehen in die Rosenau. Valentin: Da hat mich aber einer da herüber geschickt in die Rosenau. Karlstadt: Da müssen Sie hinüber gehen, immer gerade aus, dann kommen Sie direkt hin. Valentin: Ja, aber der hat gesagt ich soll über den Bach hinüber­ gehn, der da herüben ist. Karlstadt: Ja das stimmt schon, der Bach ist da herüben auf der Seite. Valentin: Ja und die Brücke? Karlstadt: Die ist drüben auf der anderen Seite. Valentin: Das gibt’s doch nicht, dass der Bach da ist und die Brücke da drüben. Karlstadt: Ja das kommt mir auch ein wenig dumm vor. Valentin: Das ist schon saudumm! Karlstadt: Ja wissen Sie, es ist da drüben auch ein Bachf.J Valentin : Das wären ja dann zwei Bäche[.] Karlstadt: Ja ich glaub, dass der da drüben der gleiche Bach ist, wie der da herüben. Valentin : Wie gibt’s denn das, der kann doch nicht zu gleicher Zeit da drüben und da herüben auch sein? Karlstadt: Das weiss ich auch nicht, vielleicht schlängelt er sich so umher. Valentin: Ja das tun die Bäche gern. Karlstadt: Da haben sie recht - aber Sie wollen doch in die Rosenau? Valentin: Jawohl -

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Karlstadt: Ja da geht es schon da hinüber, denn wenn Sie da hinunter gehen würden, kämen Sie nie in die Rosenau. Valentin: Das stimmt! Karlstadt: Sehn Sie, da ist ja sowieso ein Wegweiser[.J Valentin : Da kennt man sich aber nicht aus. Karlstadt: Ja, ja, den Weg muss man natürlich wissen! - Sie wollen wahrscheinlich heut zu dem Brillantfeuerwerk, das soll ja wunderbar werden. Valentin : Ich hab es noch nicht gesehen. Karlstadt: Ja, da müssen Sie da hinunter, das ist leicht zum

finden. Valentin: Für mich nicht. Karlstadt: Ja weil Sie noch nicht dort waren, ich wüsste ja den Weg gut, weil ich schon ein paarmal dort war, aber heute kann ich

nicht, weil ich heute das Kind dabei hab. - Aber da finden Sie schon hin, den Weg kann Ihnen ja jeder sagen. Valentin : Wenn aber kein Jeder kommt? Karlstadt: Dann kommt vielleicht ein anderer - jetzt gehen Sie immer geradeaus bis zu dem Bach, dann über die Brücke, dann kommt der Baum mit den vielen Aesten und dann gehn Sie links hinein in die Gasse. Valentin: (macht Honeur) Danke! Karlstadt: Immer geradeaus, dann links über die Wiese wo die Blumen wachsen, da - wo vorigen Sonntag der weisse Schmetter­ ling g’flogen ist. Valentin : Dann find ich’s schon, (geht ab) Karlstadt: Und nach der Wiese sehn Sie sogleich das grosse Schild »Zur Rosenau« und wenn Sie sich nicht mehr auskennen, dann fragens noch einmal und wenn niemand kommt, dann kehren Sie wieder um und fragen mich noch einmal - jetzt hört er mich doch nicht mehr (Geht zur Bank -zum Kind) So Butzerl, jetzt hast Du’s gehört, der Soldat geht jetzt in die Rosenau hinunter zum Brillantfeuerwerk - Brilliantfeuerwerk - das heisst auf latei­ nisch Pyrotechnisches Experiment - Ah!....... das verstehst Du noch nicht. Siehst Du, wenn Du auch schon gross wärst und wärst auch ein Soldat, dann könnten wir zwei auch zum Feuerwerk 214

gehen - aber Du bist ja kein Soldat — du bist ja blos[s] ein kleines Schwein, weil du schon wieder alles nass gemacht hast. Das ist ein Kreuz mit Dir - (haut das Kind mit Kopfan) O Verzeihung!! Ist ja wahr, nichts wie ärgern muss man sich mit Dir. Hast du gesehn, was das für ein strammer Soldat war, der hätte mich sicher mitgenommen, aber mit dir kommt man ja nirgends hin. Wie viele Soldaten hätte ich schon kennen gelernt, wenn du nicht wärst. Du hast mir noch jeden Sonntag verpatzt - du bist das einzige Hindernis auf meinem Liebespfade - so jetzt schlaf und lass mir meine Ruhe (setzt sich auf die Bank und strickt). Es kommt eine Frau und setzt sich auf die Bank. Frau: Ich muss mich ein wenig niedersetzen. Karlstadt: Sie Frau, nicht wahr, da unten ist doch die Rosenau? Frau: Ja, ja ja ja, wollen sie hinuntergehn in die Rosenau, da ist ja heute ein Feuerwerk. Karlstadt : Nein ich nicht - aber ein Soldat hat mich soeben nach der Rosenau gefragt - ein schwerer Reiter war es auch noch und die schweren Reiter sind doch die feschesten Soldaten, die man sich denken kann. Frau: Da haben sie recht Fräulein, mein Seliger war auch ein schwerer Reiter, nein dass ich nicht lüge Fräulein, ein Artillerist war er, die sind noch fescher. Karlstadt: Nein Frau, die feschesten sind die Jäger zu Pferde, da habe ich auch einmal einen gekannt - und einer hat mich einmal ausgeführt, das war der schönste von allen, das war ein Schwolischö----- der war schö - aber mein Gott, was nützt das alles - treu bleibt einem halt keiner, einmal wird man ausgeführt und gleich angeführt und das hat keinen Sinn. Frau: Da haben sie recht, so ist es mir hundertmale gegangen. Karlstadt: Ja, ja, so eine schwere Reiterehe müsste etwas Herr­ liches sein. Frau: Da haben sie recht Fräulein, aber ich geh jetzt wieder ein Stück weiter, weil heute gar so ein herrlicher Sonntag ist. (Frau geht tveg) Karlstadt: (sitzt stumm und schaut träumerisch in die schöne Welt. Die Sonne strahlt in vollem Glanze und auf den Bäumen singen die

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Vögelein, dass es eine wahre Pracht ist, Das Vogelsingen wird durch Schallplatten erzeugt. - Man sieht die Vöglein auf den Aesten sitzen und in dieses herrliche Sommeridyll summt [das] Kindermädchen das schöne Soldatenlied vom lieben Schatz): Schatz mein Schatz reise nicht so weit von hier 1!

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im Rosengarten sollst meiner warten im grünen Klee juhe, im weissen Schnee. (eventuell 2 . 3 Strophen dieses Liedes) Valentin : (schleicht sich während des Liedes im Gebüsch an die Bank, auf welcher das Kindermädchen sitzt und hält ihr die Hände vors Gesicht, wie das Liebende zu machen pflegen) Kuku! Karlstadt: Wer ist es? Valentin : (nimmt Hände weg, Mädchen schaut um) Karlstadt: Ah Sie sind es - sind Sie schon wieder zurück von der Rosenau? Valentin: Sie haben mich schön angeschmiert mit dem weissen Schmetterling, ich hab an dieser Stelle keinen Schmetterling fliegen sehen, wie sie gesagt haben. Karlstadt: Ja der Schmetterling ist ja vergangenen Sonntag an der Stelle umhergeflogen. Dann waren Sie noch gar nicht in der Rosenau. Valentin: Nein[.] Karlstadt: Sie wollten doch zu dem Brillantfeuerwerk? Valentin: Natürlich! Karlstadt: Das Feuerwerk beginnt doch erst nachts io Uhr, da könnten Sie doch noch ein wenig hierbleiben[.] Valentin: Wenn Sie gestatten[.J Karlstadt: Da brauch ich doch nichts zu gestatten, ich bin froh, wenn ich ein wenig Unterhaltung habe. Valentin : (setzt sich, zieht die Hosenbeine herauf und rutscht über die Bank hinunter) Jetzt bin ich gerutscht, das war gelungen (20 Sekunden peinliche Pause - Valentin bricht endlich die peinliche Pause ab, indem er auf den Kinderwagen deutet und sagt): Dieser Wagen war auch nicht billig. 216

Karlstadt: Nicht wah[r], Sie sind bei der Kavallerie ein schwerer

Reiter[?] Valentin: Ja eigentlich mehr Reiter wie schwer. Karlstadt: Sie sind gelungen, mit ihnen könnte man immer lachen, Sie sind ein strammer Soldat. Valentin: Es geht an Karlstadt: Sind Sie schon lang beim Militär? Valentin : Zwei Jahre - jetzt bin ich bei einem Major als Bedienter. Das ist aber falsch, denn wenn ich meinen Major bediene, ist eigentlich er der Bediente. Karlstadt: Hat der eine Frau auch, der Major? Valentin: Natürlich - die Gnädige. Karlstadt: Wie ist denn die? Valentin: Mit der Gabelf.J Karlstadt: Nein, ich mein ob sie gut oder böse ist[.] Valentin : Gemischt - meistens ungutf.] Karlstadt: Wie schaut sie denn aus? Valentin: Furchtbar - entsetzlich[.] Karlstadt: Nein ich meine ob sie alt oder jung ist. Valentin: Ja ja! Kennen Sie sie nicht? Karlstadt: Nein - vielleicht seh ich sie einmalf.J Valentin : Das kann vielleicht leicht sein. (Kind schreit) Karlstadt: Jetzt fängt der auch wieder an. Gleich Schatzerl, ich komm schon. Sehn Sie, so gehts mir immer. Ja, ich hab mir’s ja gedacht, jetzt hat er mir wieder den ganzen Wagen voll ge­

macht. Valentin : Da geht noch mehr hinein. Karlstadt : (nimmt das Kind und die Betten heraus) Möchten Sie das

Kind ein wenig halten? Aber lassen Sie es ja nicht fallen. Valentin: Warum? Ist es sehr zerbrechlich? Karlstadt: Nehmen Sie’s halt ein wenig, wenn sie einmal verhei­ ratet sind, müssen Sie es auch können. Valentin : (nimmt Kind - im selben Moment kommt aus dem Anlagen­ weg schnellen Schrittes ein Offizier- Valentin hört das Säbelklirren, er ist so überrascht, dass er in der Eile gleich mit dem Kinde präsentiert). Der Offizier stemmt beide Arme in die Hüfte und schreit:

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Donnerwetter, Kerl, was macht er denn da? Will er augenblick­ lich das Kind weglegen! Valentin : (legt das Kind aufden Boden, zieht seinen Sähel, präsentiert mit dem Säbel) Offizier: (geht lachend weiter, dreht seinen Schnurbartß] Beide: schauen ihm verblüfft nach. Valentin : Das war aber ein Pech und so dumm wie ich bin, hab ich mit dem Kind präsentiert, das kostet mich mindestens 3 Tage Stubenarrest (nimmt Säbel und sagt zum Kinde) Wo ist er denn? Kuku — dadadada —!! (Hat Kind am Boden hingelegt und sticht ihm mit dem Säbel in den Bauch hinein.ß] Karlstadt: Ja um Gottes willen, was treiben Sie denn da? Ja Schatzerl Valentin: Der ist aber wehleidig[.J Karlstadt: Das dürfen Sie mit dem nicht machen, das ist ein empfindliches Kind - den wenn man ein wenig mit dem Säbel kitzelt, dann fängt er gleich zu weinen an. So jetzt schlaf wieder schön, (legt das Kind in den Wagen) Valentin : (Eine Fliege sitzt aufseiner Nase-schlägt mit der Mütze auf das Kind). Karlstadt: Ja was fällt denn Ihnen ein, der schlägt ihm gleich mit der Mütze ins Gesicht. Valentin: Ist gut, dass ich heute keinen Helm aufhabe. Karlstadt: Das hab ich schon gesehen, zu so etwas könnte man Sie nicht brauchen, Sie wären eine saubere Kindsmagd. Valentin : (Fasst ihr den Busen an) Aber Sie sind schon eines. Karlstadt: Sie werden Sie ja nicht frech, das mag ich nicht. - Ja ja, das ist nicht so leicht, gel Butzerl das weisst Du am Besten, ja jetzt lacht er ja schon wieder - nicht wahr, das ist doch ein netter Bub. Valentin : Aber jung ist er noch. Karlstadt : Und die roten Bäckchen die er hat. Jetzt ist er auch wie­ der gesund. Aber vor vier Wochen hätten Sie ihn sehen sollen ... Valentin: Da hatte ich leider keine Zeit[.J Karlstadt: Schade - da hat er schlecht ausgesehn, da hätten Sie ihn gar nicht mehr erkannt. Valentin: Ja was ist das? 218

Karlstadt: Da war er schwer krank, da hat er die ersten Zähne

bekommen. Valentin: Meine Gnädige hats vor 14 Tagen bekommen^] Karlstadt: Ach Sie, die wird erst die ersten Zähne bekommen haben. Valentin: Die dritten hat sie schon bekommen. Karlstadt : Das ist ja ganz was anderes. - Aber was meinen Sie, was der Junge gelitten hat, Tag und Nacht hat er geschrien. Valentin: Warum? Karlstadt: Wegen den Zähnen. Valentin : Hatte er Angst dass er keine bekommt? Karlstadt: Nein, so weh hat es ihm getan, der hatte ja Fieber bekommen. Valentin: Ja was ist das? Karlstadt: Er hat mich selber so viel erbarmt. Zum Doktor habe ich ihn auch fahren müssen, er konnte nicht einmal mehr ein Mehlmus vertragen. Wir haben ihm nicht mehr geben dürfen wie Haferschleim. Valentin: Den mag mein Schimmel auch, das heisst den Schleim weniger, aber den Hafer. Karlstadt: Ja und dann hat er die Fraisen noch dazubekommen, da ist er ganz blau geworden und umeinandergeschlagen hat er dabei mit Händen und Füssen. Valentin: Ja das macht mein Schimmel auch, vor 8 Tagen war er wieder krank. Karlstadt: Und der vor 4 Wochen. Valentin: Ja Kinder werden meistens früher krank. Da hat man gar nicht hinkommen dürfen, - so ist er im Stall drinn gestanden so gehört er hinein, aber so war er darin gestanden und wie man ihn angerührt hat, hat er ausgeschlagen mit den Haxen. (schlägt mit dem Fuss den Wagen um - Wagen mit Kind fallt um) Karlstadt: Jessas Maria mein Kind - ja du armes Kind - wo ist er denn - se[i] nur grad still, ich tu dir ja alles - hast du dir weh getan - geh sprich doch, meinens dass er sterben muss? Valentin : Das kann man jetzt noch nicht sagen, das sieht man erst ob er alt wird.

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Karlstadt: Mein Gott, bin ich jetzt erschrocken, wenn das meine

Gnädige wissen tat, ich würde mich nicht mehr heimtrauen. Gleich darfst du wieder in das Bettchen (will Kinderwagen aufhe­ ben, kanns nicht./)] ; Valentin: (schaut zu) Karlstadt: Geh, helfens doch ein wenig mit. (legt Kind in den Wagen) Valentin: (hilft - verwickelt sich mit dem Säbel ins Strickzeug; schneide]t] die Wolle ab - sticht mit dem Säbel in den Wagen - haut sich > den Ellbogen an) Karlstadt: Mein Gott sind Sie ein Mannsbild, Sie arbeiten ja rum wie ein Wilder. Das geht doch nicht. Auf so ein kleines Kind muss man doch Rücksicht nehmen. Valentin: (schleicht mit den Zehen am Wagen vorbei) Malheur gehabt. Karlstadt: Ja - jetzt werd ich schön langsam wieder heimfahren. Valentin : Und ich werde mich schleunigst verduften. Karlstadt: Sie habens schön - Sie dürfen jetzt bei dem schönen Wetter in die Rosenau hinuntergehn. Valentin : Ja - hoffentlich find ich runter. Also dann adje Karlstadt: Schade, dass Sie schon gehn - jetzt wär’s eigendich erst schön geworden. Valentin: Jawohl! Karlstadt: Dann wünsch ich Ihnen eben recht viel Vergnügen. Valentin: O Bitte! Karlstadt: Treffen Sie jemand? Valentin : Nein - leider - höchstens meine Kompaniefreunde und da hat jeder ein Mädchen dabei. Karlstadt: Und Sie sind ganz allein? Valentin: Ja - leider. Karlstadt: Wissen Sie, ich möcht ja so gern zum Feuerwerk gehn, weil ich noch nie eines gesehen habe. Valentin: So so........... Karlstadt: Natürlich hängt das von Ihnen ab - aufdrängen will ich mich nicht. Valentin: Ja ich auch nicht.

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Karlstadt: Mitgegangen wäre ich ganz gerne. Valentin: Das meine ja ich, dann gehen Sie doch mit. Karlstadt: Das geht leider nicht weil ich das Kind bei mir habe. Valentin : Das können sie doch hier lassen. Karlstadt: Was fällt Ihnen ein, nein, nein, den fahr ich jetzt heim

und Sie warten mir da auf der Bank. Valentin : Mir wär’s genügend, das kenne ich schon, mich verset­ zen, das ist mir schon zu oft passiert. Karlstadt: Nein, ich versetze Sie nicht, in zehn Minuten bin ich wieder da, mein Ehrenwort. Valentin: Nein auf das lasse ich mich nicht ein, da geh ich schon

lieber mit. Karlstadt: Sie können doch nicht als Soldat mit dem Kinderwa­

gen mitlaufen, da müssen Sie sich ja schämen. Valentin: Lieber schäme ich mich, als dass ich da io Minuten

warte. Karlstadt: Also dann gehen Sie mit. Valentin: Wo wohnt denn Ihre Herrschaft? Karlstadt: Gleich da vorn in der Ludwigstrassej.J Valentin: In der Ludwigstrasse? So? Karlstadt: Warum? Valentin: Ich hab einen Freund - der heisst auch Ludwig. Karlstadt: Also gehn Sie mit und warten unten ein paar Minuten, dann gehen wir gleich miteinander in die Rosenau. Valentin: Wir können auch einen kleinen Umweg machen durch den Stadtgarten, einstweilen wird es schon langsam dunkel und zum Feuerwerk kommen wir noch früh genug. (Er nimmt sie um

die Mitte - beide entfernen sich in der schönen Allee bis sie verschwinden. Beide kommen am Haus der Ludwigstrasse an -Mädchen geht hinauf bringt Kind in die Wohnung. Soldat wartet unten allein. Stellt sich in eine Ecke - dort wird er vom Sonnenschein geplagt, dann geht er in den Schatten, da friert es ihn, dann kommt ein Vorgesetzter vorbei — usw. Mädchen kommt herunter und beide gehen den Weg zur Rosenau.DJ

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2.

Akt.

Alter Biergarten zur Rosenau — im Hintergrund wird das Feuerwerk aufgestellt - im Vordergrund werden Lampions aufgehängt - lange Tische und Bänke — Schenke — wunderbarer Sommertag, nachmittag ein halb vier Uhr. - Während sämtlicher Gespräche zwischen Wirt, Feuerwerker und den Gästen spielt im Hintergründe abwechslungsweise Militärkapelle, evtl, ^stimmige Blechmusik in Zivil auf einem Musik­ podium - auch ist Orgelmusik von den Schiffsschaukeln und Karussels von weitem hörbar, welche sich manchmal mit Militärmusik ver­ mischt. i. Szene.

Wirt - Hausmeister - Hausierer - Feuerwerker. Wirt: Also los, beeilt euch, Lampions aufhängen (sprichtso lange bis Hausierer kommt) einen blauen, einen roten, einen grünen - habt ihr denn gar keinen Geschmack? Italienische Nacht, das Wort allein sagt schon, dass man nicht lauter gleiche Farben an einen

Draht hängt. Hausierer: (tritt auf) Zigarren, Zigaretten, Virginia, Feuerzeug, Briefpapier, Hemdknöpferi, Bleistift, Federhalter gefällig, Zigar­ ren, Zigaretten u.s.w. (geht an alle leeren Tische und dann monoton

sprechend wieder ab) Wirt: Anzapfen, vier Uhr ist’s bald. Sind überall Kerzen drinnen? Die Tische müssen besser abgewischt werden (man hört anzapfenDJ Zivilist: (mit Mädchen) Kellnerin - einen Liter Bier (isst aus einem Paket). Kellnerin: Wohl bekomms! Wirt: Ach Grüss Gott, wie gehts immer? Gast: Danke, ganz gut. Wirt: Um io Uhr wird das Feuerwerk abgebrannt, ich freu mich selbst schon darauf, weil das Wetter so schön ist. Gast: Aber nicht mehr lange. 222

Wirt: Wieso? Gast: Weil ich bestimmt weiss, dass es heute noch regnet. Wirt: Wie können Sie das behaupten? Gast: Weil mein Hund heute Gras gefressen hat, das ist das

sicherste Zeichen das es bald regnet. Wirt: Das wäre ja katastrophal! Gast: Wie meinen Sie? Wirt: Ich meine, das wäre ja fürchterlich wenn es heute noch

regnen würde, da könnte ich ja heute mein Feuerwerk nicht abbrennen. Da wäre es ja besser, wenn ich das Feuerwerk auf nächsten Sonntag verschieben würde. Gast: Sicher ist sicher. Wirt: (schreit dem Feuerwerker) Sie Herr Krachlich kommen Sie einmal zu mir her, was meinen Sie zum Wetter? Feuerwerker: (hat Feuerrad in der Hand[;] schaut zum Himmel empor) Ah Papperlapapp - heute bei dem klaren blauen Himmel kann es doch nicht regnen, wie kommen Sie denn auf so einen Unsinn? Wirt: Ja der Herr hat nämlich einen Hund und der hat heute Gras gefressen - und das, sagt eben der Herr, wenn Hunde Gras fressen, das bedeutet Regenwetter. Feuerwerker: Das glaube ich kaum. Ich halte es für ausgeschlos­ sen, dass es heute regnet. - Das heisst gehört habe ich das allerdings auch schon oft, dass wenn ein Hund ein Stück Gras frisst, dass es dann bestimmt regnet. Wirt: Nicht wahr, das haben Sie auch schon gehört? Feuerwerker : Das wäre natürlich furchtbar unangenehm wenn im letzten Moment ein Regenwetter käme - ich mache Ihnen einen Vorschlag, wir verschieben das Feuerwerk auf nächsten Sonntag, ich bin allerdings mit meiner Arbeit schon fast fertig, aber wenn Sie wollen, dann nehme ich das ganze Feuerwerk wieder herun­ ter. Wirt: herunterf.] Feuerw.: packe Ihnen alles ein[.] Wirt: ein[.] Feuerw.: Sie heben die Kiste gut auf[.] 223

Wirt: auf[.] Feuerw.: Und wir brennen das Feuerwerk nächsten Sonntag ab. Wirt: ab. Feuerw.: Ich will Ihnen natürlich nichts dreinreden, aber es wäre

ewig schade, wenn das ganze Feuerwerk verregnen würde. Ihre schönen Ballons werden nass - das packen wir alles ein und Sie heben die Kiste gut auf. Wirt: Ja die Kiste stellen wir dann in die Küche. Feuerw. : Um Gotteswillen nur nicht in die Küche zum Ofen - das sind alles Explosivkörper - die Kiste stellen Sie am Besten in den Eiskasten. Wirt: Ach in den Eiskasten unmöglich, da meint meine Köchin das sind Würste und will sie braten, legt sie auf die Pfanne und----— Pfumm----- geht alles in die Luft. Feuerw.: Na so dumm wird Ihre Köchin doch nicht sein. Wirt: Wally, nehmt die Ballons wieder herunter, ich trau dem Wetter nicht recht, wir brennen das Feuerwerk nächsten Sonntag ab. (alles tvir[d] abgenommen und eingepackt) Feuerw.: Ich packe gerne alles ein, wegen der Arbeit ist es mir nicht, nächsten Sonntag haben wir dann die Garantie dass es schön Wetter wird. Wirt: (läuft immer an der Kiste herum) Feuerw.: Sie mit Ihrer brennenden Zigarre, kommen Sie mir ja nicht so nahe an die Kiste. Frau, Mann und Kind (setzen sich und bestellen Bier) Wirt: Grüss Gott beisammen, wie gehts, heut hätten wir ein wunderbares Brillantfeuerwerk abgehalten, aber ich trau mir leider nicht, weil das Wetter nicht aushält. Frau: Wer sagt denn so etwas? Wirt: Der Ding sagt’s, denn sein Hund hat Gras gefressen und da sagt er, wenn ein Hund Gras frisst, wird bestimmt schlechtes Wetter. Frau: Ach Unsinn, heute bleibt es schön, sehen Sie wir haben zuhause einen Laubfrosch und der sitzt seit acht Tagen ganz oben auf der Leiter und das ist das sicherste Zeichen dass es schön Wetter bleibt. 224

Wirt : Ja gehört hab ich das schon oft! Sapprament - da ist guter Rat

teuer. Feuerw.: So Herr Wirt, jetzt bin ich fertig, also nächsten Sonntag komm ich wieder - vielleicht so um dieselbe Zeit wie heute und da brennen wir unser Feuerwerk ab. Wirt: Jaaaaaaa - Herr Feuerwerker, könnt ich Sie noch einen Moment sprechen? Feuerw.: Gewiss haben Sie mir noch etwas zu sagen, haben Sie noch einen Wunsch? Wirt: Nun sagt mir diese Frau im Moment, dass es heute doch schön Wetter bleibt. Feuerw.: Ja was ist das? Wirt: Sie sagt, sie hätte einen Laubfrosch und der sitzt ganz hoch oben auf der Leiter und das ist das sicherste Zeichen dass es schön Wetter bleibt, sagt die Frau. Feuerw.: Lassen Sie sich doch nicht beeinflussen Herr Wirt. Wirt: Ja das ist ja mein Fehler[.] Feuerw.: Ich meine, das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit, dass an ein und demselben Tag ein Hund Gras frisst und ein Laub­ frosch oben auf der Leiter sitzt. Wirt: Ja - das ist mir auch das Auffällige[.J Feuerw.: Das kann überhaupt kein Mensch sagen wie das Wetter wird. Wirt : Ja weils eben kein Mensch sagen kann, darum braucht man ja diese Tiere. Feuerw. : Ja gehört hab ich das auch schon, dass der Laubfrosch der sicherste Wetterprophet sein soll - das lernt man doch schon in der Schule. Ich glaube selbst schon, dass der Laubfrosch recht hat - denn ich will Ihnen was sagen - warum hat der Hund Gras gefressen. Wirt: Keine Ahnung, das weiss ich nicht. Feuerw.: Ganz einfach - weil er Hunger gehabt hat. Hätte der Mann seinem Hund eine Wurst gegeben, dann hätte der Hund nie Gras gefressen. Wirt : Natürlich - ja - aber wenn ein Hund Wurst frisst, das ändert doch am Wetter nichts.

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Feuerw. : Wissen Sie was?? Wir brennen das Feuerwerk doch heute ab - ich packe Ihnen wieder alles aus und Sie hängen Ihre Lampions wieder auf und das Fest findet heute statt. Wirt: Wally - Hans - hängt die Lampions wieder auf, das Feuer­ werk findet heute statt. (Beide hängen die Lampions wieder auf) Feuerw.: Es ist wirklich besser, wenn wir das Feuerwerk heute abbrennen, wer weiss wie nächsten Sonntag das Wetter wird - da kann es vielleicht noch mehr regnen wie heute[.] Wirt: Ja regnet es denn heute? (Stellt sich mit der brennenden Zigarre neben die Feuerwerkskiste) Feuerw.: Das weiss ich nicht - Um Gotteswillen gehn Sie mir bitte mit Ihrer brennenden Zigarre von der Pulverkiste weg (Packt

wieder alles aus) Soldat: Grüss Gott - einen Liter Bier und einen Teller (schneidet einen mitgebrachten Rettich auf) Wirt: Ahhhh!.... Habe die Ehre guten Tag zu wünschen (geht auf den Gast zu, präsentiert ihm die Schnupftabaksdose) Eine Prise gefällig? Soldat: Auf dem Plakat habe ich gelesen, dass heute Abend grosses Feuerwerk bei Ihnen ist, stimmt das? Wirt: Ja das stimmt schon, wissen Sie man muss wieder einmal seinen Gästen etwas Neues bieten, Konzert allein zieht nicht mehr. Und ein Feuerwerk ist immer et[w]as schönes. Ich freue mich selber drauf wie ein Kind wenn die Raketen so hinaufpfeifen und oben in der Luft platzen sie dann. Bum-------------- und die Feuerräder machen so (drehende Bewegung machen) schschsch (während diesem Zischen spricht der Soldat hinein und meint:) Soldat: Da ist’s aber schade ums Geld Wirt: Wieso? Soldat: Noja, weil das Wetter nicht aushält, weils bis am Abend

regnen wird. Wirt: Ja was ist denn das? Das ist ja zum kotzen (steht auf geht auf und ab, geht ganz resolut wieder an den Tisch zu dem Soldaten hin und schreit diesen wütend an) Warum soll’s jetzt heute regnen, das möchte ich wissen. Soldat: Das weiss ich bestimmt, wenn in der Frühe in der Kaserne

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im Stall an den Fenstern die Fliegen böse sind und summen so sssssssss - das ist das sicherste Zeichen dass es am selben Tage noch regnet. Wirt: (steht wieder verzweifelt auf - spricht für sich an den Fingern abzählend) Der Hund frisst Gras, der Laubfrosch sitzt an der Leiter oben, die Fliegen sind bös — ja was ist denn dös? T-t-tt - Sie Herr Feuerwerker, kommen Sie einmal her Feuerw.: Und was ist los Herr Wirt? Wirt: Wir dürfen uns heute doch nicht trauen mit dem Feuerwerk, weil das Wetter nicht aushält. Feuerw.: A aaaa - aber Herr Wirt das ist ja — Wirt: Soeben sagt mir der Soldat, dass heute früh die Fliegen so böse waren und hätten an den Stallfenstern so gesummt sssssss und das sei ein sicheres Zeichen dass es an diesem Tage noch regnet. Feuerw.: Das ist ja schrecklich mit Ihnen, jetzt hätte alles so schön geklappt, jetzt lassen Sie sich wieder beeinflussen, von jedem Idioten lassen Sie sich irre machen. Soldat: Wer ist ein Idiot - überlegen Sie sich was Sie sagen — Feuerw.: Beruhigen Sie sich doch, Sie sind doch gar nicht ge­ meint mit dem Idiot - ich meine doch----- den Herrn Wirt da­ mit. Wirt: (stolz zum Soldaten) Natürlich, mich hat er doch gemeint. Feuerw. : Auch mit Recht, weil Sie nie wissen was Sie wollen - jetzt verschieben Sie wieder das Feuerwerk wegen diesen 3 oder 4 Fliegen die da am Fenster------Wirt: Was!!! 3 oder 4 Fliegen (z. Soldaten) Wieviel Fliegen waren das? Soldat: Ach mindestens ein paar hundert[.J Wirt : Na also - ein paar hundert Fliegen sind mir doch massgeben­ der als wie ein einziger saudummer Laubfrosch. Feuerw.: Ja gehört hab ich das allerdings auch schon. E[s] wäre natürlich sehr unangenehm, wenns im letzten Moment alles verfrjegnen würde. Ich will Ihnen aber in keiner Weise dreinre­ den - aber wie gesagt, wenn Sie sich nicht traun, dann ist es besser, wir verschieben das Feuerwerk. Denn stellen Sie sich vor, wenn

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im letzten Moment ein Wetter kommt - Alle Gäste laufen Ihnen weg alles wird nass....... Wirt: Ja mein Bier Feuerw.: Ach das Bier kann ja nass werdenf.] Wirt: Nein über bfleiben tut es mir]. Feuerwerker: Jetzt müssen Sie sich entschliessen, entweder wir brennen das Feuerwerk ab oder wir brennen es nicht ab. Wirt: Um das handelt es sich ja. Feuerw.: Es wäre natürlich sehr unangenehm, wenn im letzten Moment ein Gewitter käme und alles verregnen würde. Ich will Ihnen aber in keiner Weise etwas darein reden, aber wie gesagt, wenn Sie sich nicht trauen, dann ist es besser wir verschieben das Feuerwerk doch. Denn stellen Sie sich vor, wenn im letzten Moment ein Wetter kommt, alle Gäste laufen Ihnen weg, alles wird nass....... Wirt: Ja mein Bier......... Feuerw.: Ach das Bier kann ja nass werden[.J Wirt: Nein, übrig bleiben tut es mir[.] Feuerw.: Nun ja, das wäre nicht so schlimm, Sie können ihr übriggebliebenes Bier selber trinken, aber ich kann mein Feuer­ werk nicht fressen. Gut! - dann pack ich wieder alles ein. Wirt: Wally - Hans - das Feuerwerk findet heute nicht statt, ich trau mich nicht, alles wieder einpacken!! (stellt sich wieder mit der brennenden Zigarre an die Pulverkiste). Feuerw. : Sind Sie schon wieder da mit der brennenden Zigarre, wie oft muss ich Ihnen denn das noch sagen? Wirt: (lässt die brennende Zigarre in die Kiste fallen, schreit:) Um Gotteswillen!!!! Feuerw.: (erschrocken): Was ist denn los? Wirt: Die Zigarre! (deutet in die Kiste) Feuerw.: (sieht dies) Um Gotteswillen!!! (macht schnell den Deckelvon der Kiste zu) Im selben Moment erfolgt eine Explosion. Die Feuerwerkskörper haben sich durch die brennende Zigarre entzündet und mit lauter Detonation wurden sie in die Luft geschleudert. (Die Feuerwerkskörper müssen extra angefertigt werden, statt Funken­

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Wirkung müssen dieselben eine Füllung enthalten, die bei Entzündung statt der üblichen Feuergarben der Feuerwerkskörper Rauch entwikkeln) Nach erfolgter Explosion sollen die verschiedenen Gäste die panikartig den Garten verlassen haben an allen erdenklichen Orten zitternd zu finden sein und mit zu Berge stehenden Haaren vom Wirt wieder zusammengeholt werden. Einer hat sich in der Hundehütte versteckt, ein zweiter sitzt auf einem Baum etc. Wirt: (steht zitternd oben auf einem Stuhl) Feuerw.: (kommt auf ihn zu) Sie Unglücksmensch, was haben Sie vollbracht - drei mal hab ich Sie gewarnt Wirt: Aber einmal hats, nur gekracht. Feuerw.: Da haben wir noch Glück gehabt, dass es nur ein paar Raketen erwischt hat, die ganze Kiste hätte in die Luft fliegen können und wir damit dt dt dt dt - unglaublicher Leichtsinn. (währenddem die beiden noch weiter sprechen, kommt wieder ein Soldat in den Wirtsgarten platzsuchend herein und setzt sich an einen leeren Tisch. Kellnerin begrüsst ihn: Grüss Gott Soldat: (dankt, macht sein Honeur und erwidert darauf) Ein pracht­ voller Sonntag ist heute, ein herrliches Wetter[.J Wirt: (hört das, spitzt die Ohren, geht freudig lächelnd auf ihn zu) Ja Grüss Gott----------Feuerw. : (läuft zum Wirt hin, nimmt ihm beim Arm und zieht ihn mit Gewalt zurück) Halt - machen Sie dass Sie wegkommen, Sie wollen ja doch nur wissen, wie das Wetter wird (Wirt bleibt hinten stehen) Soldat: (spricht zu einem andern): So ein schönes Wetter Herr Nachbar - eine wahre Pracht - es bleibt auch mindestens 8 Tage so schön, denn die Schwalben fliegen ganz hoch oben und der Rauch steigt kerzengerade in die Höhe, da bleibt es schön Wetter[.] Wirt: (hat von weitem das Gespräch wegen des schönen Wetters mit angehört und schreit auf den Feuerwerker zugehend:[)] Herr Feuer­ werker!!! Feuerw.: Jch weiss schon, ich weiss schon, Feuerwerk auspacken, aufstecken----- das ist ja zum verrückt werden, jetzt wird es mir 229

aber zu dumm. Zum letzten Mal pack ich Ihnen das Feuerwerk aus und dabei bleibt es (wirft Raketen wütend auf den Boden) Wirt: Kein Wort mehr, Herr bin ich - das Feuerwerk findet heute unter allen Umständen statt----Feuerw.: Jch glaube Jhnen nichts mehr, braucht nur wieder jemand sagen es regnet, dann sprechen Sie sofort wieder anders. Wirt : (wutentbrannt die Fäuste gegen den Himmel empor gerichtet -ß] ----- Einer soll mir heute noch kommen und mir sagen es wird heute noch regnen, den schlag ich mit meinem Bierschlegel nieder wie einen Stier, (haut mit dem Schlegel aufden Tisch dass die Biergläser empor springen) Soldat: (kommt mit weinender Braut herein) Griiss Gott (z. Braut) Hörst jetzt augenblicklich auf mit deiner blöden Heulerei, sonst kann sein, dass ich Dir noch ein paar runterhau (setzen sich an einen Tisch) Wirt: (geht aufdas streitende Liebespaar zu) Griiss Gott mittsamm, ja was is denn da los - da ist ja Krieg im Frieden - warum sind Sie denn gar so abscheulich mit Ihrer Braut? 5. Soldat: (zum Wirt) Ich könnte Ihnen schon sagen warum — Wirt: Ja ja, das sind halt die Schattenseiten der Liebe. Soldat: Was heisst Liebe - da wird bald ausgeliebt sein mit der blö­ den Gans, die kann sich bald einen andern Affen suchen statt mir. Wirt: Nun so schlimm wird es nicht sein, jetzt trinkt ihr euer Bier mitsammen und es heisst ein altes Sprichtwort: Wo ein Streit ist ist die Versöhnung nicht mehr nahe. Wie ist denn eigentlich der Streit entstanden? 5. Soldat: Entstanden? Jch als armer Soldat kauf dem saudummen Frauenzimmer zu ihrem Namenstag um 6.50 M einen halbseide­ nen Regenschirm. Wirt: Was, einen Regenschirm? Einen Regenschirm 5. Soldat: Ja einen Regenschirm - und was tut die blöde Kuh? Lässt sie heute in der früh um 10 Uhr in der Kirche ihren nagelneuen Regenschirm liegen, einen nagelneuen Regenschirm lässt sie in der Kirche liegen. Wirt: Das ist doch nicht so furchtbar - da geht ihr morgen in die Sakristei von dieser Kirche und der Kirchendiener wird den

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Schirm gefunden haben und euch den Schirm morgen wieder geben. 5. S o ldat : Morgen ? Heute hätten wir den Regenschirm gebraucht. Wirt: (in höchster Spannung) Warum denn heute? 5. Soldat: Weil es heute ganz bestimmt noch regnet. Wirt: Heut’ regnets noch?----------(geht von seinem Platz weg und schreit) Einen Augenblick bitte, wo ist denn mein Bierschlegel (holt den Bierschlegel herbei, welcher mit einem Gummischlegel vertauscht wurde und haut ihn dem Soldaten mit aller Wucht auf den Kopf) (Schlag wird mit einem Hammer auf einer Kiste imitiert) 5. Soldat: (rührt sich dabei gar nicht) Das ganze anwesende Puplikum hat während des Schlages laut auf­ geschrien und ist in begreiflicher Aufregung über die Rohheit des Gast­ wirtes. Wirt: (geht mit dem Schlegel in der Hand auf und ab, ist in voller Aufregung und spricht für sich) Da möchten einem ja die Nerven durchgehen, fängt der wieder mit dem Regenwetter an, das ist unglaublich (Gibt seine erhitzte Stellung aufund geht wieder gutmü­ tig verzeihend zu dem Soldaten und klopft ihm auf die Schulter und sagt:D] Verzeihen Sie vielmals Herr Nachbar, dass ich Jhnen in der Wut diesen Bierschlegel auf den Kopf hinaufgeschlagen habe. 5. Soldat: (ganz verwundert) Was haben Sie gemacht? Wirt: Sie sollen mir verzeihen sage ich, dass ich Jhnen den Bierschlegel auf den Kopf hinauf geschlagen habe. 5. Soldat: Mir? Wirt: (sich besinnend) Ja soll ich mir den Bierscjhjlegel selbst hinaufgeschlagen haben? Nein! (zum Soldaten) ich habe Jhnen doch einen Bierschlegel auf den Kopf hinauf geschlagen. 5. Soldat: Sooo? Das hab ich gar nicht gemerkt. Wirt: Natürlich hab ich Jhnen einen Schlegel hinaufgeschlagen, weil Sie behauptet haben, dass es heute noch regnet, ausgerechnet heute, weil ich mein Feuerwerk abbrennen soll. Und das Feuer­ werk wird heute noch abgehalten, ob es jetzt regnet oder nicht (schreit zurück zum Feuerwerker) Halloh Herr Feuerwerker, sind Sie fertig?

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Feuerw.: (schreit von hinten vor) Jawohl, jetzt kanns gleich losgehen. Das gesamte Puplikum steht von den Plätzen auf und läuft auf die Wiese zurück wo das Feuerwerk abgebrannt wird. Das Puplikum steht nun längere Zeit und wartet auf den Beginn des Feuerwerks. Aber es dauert eine Zeit und das Puplikum wird ungeduldig, weil das Feuer­ werk solange nicht losgeht. Endlich schlängelt sich der Feuerwerker durch die Volksmassen zu dem Wirt hin und der Wirt empfängt ihn schon ungeduldig mit den Worten: Aber Herr Feuerwerker, warum zünden’s das Feuerwerk nicht an, das Puplikum ist ja schon ganz ungeduldig. Feuerw.: Jch kanns nicht anzünden Herr Wirt[.] Wirt: Warum können Sie es nicht anzünden. Feuerw.: Denken Sie sich Herr Wirt, ich habe kein einziges Streichholz bei mir - ist das nicht zum kotzen? Wirt: Nein, Sie sind zum kotzen. Ein Feuerwerkerund kein Feuer, das kommt mir grade so vor als wenn ein Schutzmann keinen Schutz bei sich hat. Hier haben Sie Streichhölzer - also jetzt los Feuerw. : (geht wieder zu seinem Feuerwerk) - aber das Feuerwerk lässt noch nichts von sich hören, sehen und riechen. Wieder werden die Zuschauer ungeduldig und beginnen ein kräftiges Pfeifen und Johlen. Wirt: (geht verzweifelt auf und ab) Zum zweitenmale schlängelt sich der Feuerwerker durch die Zuschauer zum Wirt hin. Wirt: Jetzt reisst mir aber die Geduld - Sie langweiliger Tölpel warum zünden Sie denn das Feuerwerk nicht an? - Sie haben doch jetzt Streichhölzer? Feuerw.: Herr Wirt, tut mir sehr leid, ich kann das Feuerwerk jetzt noch nicht anzünden, es ist noch zu hell, es wäre wirkungslos, finster muss es auf alle Fälle werden. Wirt: (geht schnaubend aufund ab mit Händen aufdem Rücken, blästvor Wut) Jetzt haben Sie Streichhölzer, schönes Wetter ist, jetzt ist es Jhnen wieder zuwenig finster, treiben Sie mit mir keinen Schaber­ nack, sonst kann sein, dass wir zwei zusamme[n]wachsen. Also gut, dann warten wir bis es finster wird. Meine Damen und Herren (schreit der Wirt seinen Gästen zu) - helfen Sie uns ein wenig warten, damit es schneller finster wird. (Nach diesen Worten blendet der Film

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in eine Silhouette um) Diese Silhouette wird immer dunkler, stellt dar: 2 Männerköpfe aus der Zuschauermasse herausgegriffen, die sich in stumpfsinnigster Art und Weise über das Feuerwerk unterhalten. Valentin: Sie Herr Nachbar, wann wird denn das Feuerwerk abgebrannt? Karlstadt: Ja - sobald es finster wird, denke ich[.J Valentin: Ja, jetzt ist es aber eigentlich noch nicht recht finster[.J Karlstadt: Deshalb wird’s ja auch noch nicht abgebranntf.J Valentin: Wenns aber heut nicht ganz finster wird? Karlstadt: Dann wird’s jedenfalls heut auch abgfejbrannt wer­ den^] Valentin: Ja dann könnt’ mans doch jetzt abbrennen, denn jetzt ist’s ja noch nicht ganz finster. Karlstadt : Was weiss denn ich - jedenfalls ist es jetzt noch zu hell, dunkler muss es auf jeden Fall werden. Valentin: Erlauben Sie noch eine Frage - wenn es aber heute ausnahmsweise nicht ganz dunkel werden würde? Karlstadt: Ach redens doch keinen Mist, dunkel wird es doch jeden Abend. Valentin: Ja, wenn es, wie Sie sagen, jeden Abend dunkel wird, dann könnte man doch auch jeden Abend ein Feuerwerk abbren­ nen. Karlstadt: Gewiss könnte man das - aber das hätte doch gar keinen Sinn dann wäre doch ein Feuerwerk etwas alltägliches. Valentin: Ja dann hätt doch das auch keinen Sinn wenns täglich dunkel wird. Karlstadt: Das hat eben schon einen Sinn - denn wenn es auf der Welt niemals dunkel werden würde, dann könnte man auch niemals ein Feuerwerk abbrennen. Valentin: Warum könnte man das nicht? - Es heisst doch, alles kann man wenn man will. Karlstadt: Natürlich kann man das Feuerwerk auchjetzt abbren­ nen, aber man sieht es nicht, weil es noch zu hell ist. Begreifens denn das nicht? Valentin: Ja, wenn es finster ist und das Feuerwerk wird nicht abgebran[n]t dann sieht man ja doch auch nichts davon.

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Karlstadt: Ach lassens mir doch endlich einmal meine Ruhe, das ist doch klar, dass man im Finstern nichts sieht. Valentin: Ein Feuerwerk auch nicht? Karlstadt: Ja, ’s Feuerwerk sieht man auch im Finstern. Valentin: Auch wenns nicht angezunden wird? Karlstadt: Nein, dann kann mans doch nicht sehen. Valentin: Aber wenns hell wird, dann sieht mans schon. Karlstadt: Ja, Sie bringen mich direkt zur Verzweiflung - wenn ein Feuerwerk nicht angezündet wird, dann sehn Sie’s nicht, ob es jetzt hell oder dunkel ist. Und jetzt bitt ich Sie um Himmelswil­ len, hörens endlich mit ihrer saudummen Fragerei auf und warten Sie doch, bis es endlich dunkel wird. Valentin : Jch kann mich doch nicht bis morgen früh da herstelln

und warten bis es dunkel geworden ist. Karlstadt: Bis morgen früh wäre es ja auch schfojn zu spät, denn da wirds doch schon wieder hell. Valentin: Ja, aber wenn............ Karlstadt: Ach - steig’ns ma doch aufn Buckel nauf. Valentin : Jaaa - auf die Jdee bin ich noch gar nicht gekommen, da

seh ich ja das Feuerwerk viel besser. Silhouette verschwindet und während dieser Zeit ist esfinster geworden und Wirt und Feuerwerker und die Zuschauer sieht man nur mehr im Latemenschein des Gartens. Es macht den Eindruck als hätten Wirt und Feuerwerker solange gewartet, bis es tatsächlich finster geworden ist - die werdende Finster­ niss zeigt das Silhouettenbild. Wirt: Na Herr Feuerwerker ich denke, jetzt ist es finster genug also los[.] Feuerw.: Jawohl, jetzt gehts (er geht durch die Massen und schon kracht die erste Signalbombe in die Luft, fauchende Feuerräder werfen ihre Funken bis in die Zuschauer^] ein allgemeines Ah Ah Ah bemäch­ tigt sich der Zuschauer u.s.w. Während des Feuerwerkes spielt die Regimentsmusik den Fehrbelliner Reitermarsch. Als das Feuerwerk beendet, stecken sich die Gäste die Lampions aufdie Spazierstöcke, bilden einen Lampimreigen und gehen befriedigt von all dem Schönen, was sie heute in der Rosenau erlebt haben, singend und glückselig nachhause, ß] 234

Wirt: und Kellnerinnen beginnen mit den Aufräumungsarbeiten, Musikkapelle] wird ausbezahlt, Wirt ist der letzte im Garten und will eben die Laternen auslöschen, da tauchen im Hintergrund 2 Gestalten auf ein Soldat und eine Köchin. Wirt: Wo wollt denn ihr zwei noch hin in später Nacht? Beide: Das Feuerwerk wollen wir uns ansehen. Wirt: Da seid ihr zu spät gekommen, das Feuerwerk ist schon vorbei. Köchin: Sie, Herr Wirt, wann ist denn das nächste Feuerwerk? Wirt: Nächsten Sonntag[.] Soldat: Wenns aber nächsten Sonntag regnet? Wirt: (dreht sich um) Einen Augenblick (holt den Schlegel, schwingt ihn in die Höhe, will auf beide schlagen, die laufen davon, der Wirt hinten nach (Trickaufnahme) bis man sie nicht mehr sieht])]

Ende.

Treatment des Films mit dem Titel:

»Raubritter vor München« Ein grosser historischer Groteskfilm von K. Valentin u. L. Karlstadt. Spielt in und um Alt-München um das Jahr 1820. Personen: Bürgerwehr-Gardist Benedikt........ Karl Valentin Der Trommelbube........................... Lisi Karlstadt Der Raubritter-Hauptmann............ Hauptmann der Bürgerwehr.......... Korporal der Bürgerwehr................. General.............................................. Kriegsminister................................... Herzog der Grimmige..................... Seine Gemahlin................................. Soldaten - Räuber - Volk - Geister etc. 235

Um das Jahr 1820 treibt eine Räuberbande, ungefähr 20 bis 30 Mann, um München herum ihr Unwesen. Ueberfälle auf Fuhrwerke aller Art, Brandstiftungen und Einbrüche sind an der Tagesord­ nung. Am Waldrande lauem die Räuber auf einen herankommenden Reisewagen. Sie überfallen denselben und berauben die Reisenden bis aufs Hemd und lassen sie dann so mangelhaft bekleidet die Fahrt fortsetzen. Alles Geraubte laden sie dann auf ihren Handwagen; die Esswaren und mehrere Flaschen Wein werden in eine Waldlichtung getragen, denn die Räuber beabsichtigen sofort einen kleinen Imbiss einzunehmen. Aber das geht nicht so reibungslos vonstatten. Kaum sind die Gläser gefüllt, werden sie durch vorbeirollende Fuhrwerke aufge­ schreckt. Bis sie jedoch die Gläser auf den Waldboden gestellt und die Gewehre schussbereit in der Hand haben, sind die Wagen wieder verschwunden und der Wein auch, weil die gefüllten Gläser auf dem unebenen Waldboden Umfallen. Auf diese Weise kommen sie um den ganzen köstlichen Wein. Die Esswaren, die ihnen von dem Raub noch verblieben sind, sollen sie über den Verlust hinwegtrösten. Aber ein Rudel Wölfe, das plötzlich daherkommt, nimmt ihnen auch diesen Trost, indem es alles vorhandene auffrisst, nur die Räuber nicht, weil sich diesel­ ben noch rechtzeitig auf einen Baum flüchten. (Die Wölfe werden durch Wolfshunde imitiert). Nach allen diesen Missgeschicken rollt auch noch der Gepäckwa­ gen einen kleinen Bergabhang hinunter und stürzt mit der ganzen Beute in einen tiefen Wassertümpel. Alles geht unter, selbst der Wagen, nur ein kleines Holzkistchen schwimmt noch auf der Ober­ fläche. Mit vielen Umständlichkeiten und den blödesten Handha­ bungen wird nach dem Kistchen gefischt. Als man es endlich an das Ufer geschafft und geöffnet hat, war alle Arbeit umsonst, denn die Kiste ist leer. Zornig und voller Ingrimm ziehen sie wieder heimwärts in ihre Höhle und dort wird vom Hauptmann (K. Valentin) und seinem Adjutanten Willibald der nächste Raubzug geplant. Die alte Burg Grünwald soll nachts ausgeplündert werden. 236

In dieser alten Burg sind noch Raubritterrüstungen aus der Zeit der wirklichen Raubritter, auch Lanzen, Schwerter, Hellebarden etc.. Der Hauptmann und Willibald suchen sich natürlich die schönsten Rüstungen aus. Das Anziehen ist aber nicht so einfach, es vergeht eine gute halbe Stunde und plötzlich schlägt es Mitternacht. Beim i2. Glockenschlage springen durch einen plötzlich eintreten­ den schaurigen Sturmwind alle Fenster auf, der Mond scheint durch dieselben, Krähengeschrei und andere unheimliche Laute hört man im ganzen Schloss. Die Räuber, der Hauptmann und Willibald, stehen wie an die Wand gepresst mit ausgespreizten Fingern und reissen Mund und Augen auf. An der Wand hängen 2 lebensgrosse Oelgemälde, den ehemaligen Schlossherrn mit Frau darstellend. Willibald: Da schau hin Hauptmann, an die Wand, der Schloss­ herr der spukt schon! Hauptmann: Wohin? Willibald : Wohin? Schiageln tut er scho mit de Aug’n auf uns her, - sie a, - sie a!

Die Ahnfrau kommt zur Türe herein, in weisse Schleier gehüllt mit einer brennenden Kerze in der Hand geht sie allnächtlich zwischen 12 und i Uhr in ihrem Schlosse herum. Als sie an dem Hauptmann und Willibald vorbeigeht, sagt der Hauptmann leise zu Willibald: Hauptmann: Schlecht schaut’s aus, dö muass blutarm sein! Willibald: Was heisst sein, die is blutarm gwes’n, wie’s g’lebt hat;

als Geist braucht sie koa Blut ham, dös is doch blos der Geist, die Seele von der ehemaligen Burgbesitzerin. Hauptmann: Geh hör auf, die Seele, - da schau her, die hat doch Hausschuh an, der Seele allein kannst doch koane Hausschuh anziehn. - Da schau hin Willibald, da kommt der Ritter selber. Willibald : Auweh, der schaut aber grimmig drei, da stimmt’s heut net bei dene zwei. Hauptmann : Mein Gott, da wärst Du auch net lustig, wenn Du ein ehemaliger Burgherr wärst und müsstest jede Nacht Punkt 12 Uhr mitten aus’m Schlaf raus und durch die Burg durchgeh’n. 237

Willibald: Ja wie lang müssen denn die dös machen? Hauptmann : In Ewigkeit! Willibald: So lang? Hauptmann: Selbstverständlich! So lang’s eben tot sind. ; Willibald: Ja, wie lang sind denn die tot? Hauptmann: Auch in Ewigkeit! Willibald : Und da müssen die alle Tag die Ewigkeit durch durchs Schloss gehn? Hauptmann: Freilich! i Willibald: Wenn aber die Burg abbrochen wird? Hauptmann: Die wird doch net abbrochen! Willibald: No?! Bei der heutigen Zeit!

Es erscheint ein Gespenst, welches immer vor dem Fenster herumfliegt. Willibald: Da schau her, ja mei, is dös a hässlich’s Ding! Hauptmann: Dös is a alte Hex, dös is wahrscheinlich d’Schwiegermutter vom Ritter; die hat er bei Lebzeiten rausg’schmissen, jetzt traut sie sich nimmer rein. Willibald: Dös glaub i net, a richtige Schwiegermutter kommt immer wieder rei, so oft kann ma s’ gar net rausschmeissen. - Da schau hin, a jung’s G’spenst - ah - is dös nett! Hauptmann: Dös wird wahrscheinlich a ledig’s Kind sein vom Ritter! Willibald: Da schau, den grossen Schmetterling! Hauptmann: Dös is doch a Fledermaus! Willibald : I hab g’moant, a Schmetterling is, weil er 2 Flügel hat. Hauptmann : A Fledermaus hat doch a zwoa Flügel. Willibald: Woher woasst denn Du dös? Hauptmann : Dös hat uns doch der Schullehrer scho g’sagt. Willibald: Ah - dem derfst auch net alles glaub’n! - Du Haupt­ mann, dass ma wieder auf die Geister und Gespenster z’ruckkommen, müssen die Gespenster auch hie und da naus? Hauptmann: Niemals! Willibald: Auch dann nicht, wenn’s 2 Pfund Zwetschgen essen würden? Hauptmann: Geh, red doch net so saudumm daher!

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Willibald: Aber Du hast doch amal g’sagt, wenn i was net weiss, soll i Dich ungeniert frag’n. Hauptmann : Aber doch nur Sachen wo ich weiss. Willibald: Dös kann i doch net wissen, was Du weisst! - Du Hauptmann, haben die Geister irgend einen Nutzen auch? Hauptmann: Wie moanst Du dös? Willibald: Arbeiten brauchen aber die Geister nicht mehr? Hauptmann: Doch, einmal im Jahr. Willibald: Müssen die bei der Fachschaft sein? Hauptmann: Wegen dem einen Tag nicht. Willibald: Wo arbeiten denn die Geister da? Hauptmann: Alle Jahr am Allerseelentag wirken s’ mit bei der Geisterszene in dem alten Theaterstück »Der Müller und sein Kind«. Willibald: Kriegn’s da was dafür? Hauptmann: Nein, das machen’s ehrenamtlich. Willibald: Die sind schön dumm, dös tat i net! Hauptmann: Du bist a koa Geist. - Horch! Jetzt schlagt’s i Uhr, jetzt is die Geisterstund vorüber!

Nun ziehen sie gut ausgerüstet mit ihrer Beute ab. Sie freuen sich hauptsächlich, dass sie jetzt im Besitze zweier Kanonen sind und es jetzt mit dem stärksten Feind aufnehmen können. Sie sind jetzt ehemalige Raubritter und keine gewöhnliche Räuberbande mehr. Vor ihrer Höhle angekommen, wird alles für den geplanten Ueberfall auf die Stadt hergerichtet. Die Säbel werden auf einem Schleifstein geschliffen, die Pferde aus dem Stall geholt und vor die Kanonen gespannt. Einer der Räuber bekommt von dem Haupt­ mann die Weisung, zur Bewachung der Höhle zurückzubleiben. Das Dorf Perlach bei München ist das nächste Ziel, aber auf dem Hinweg dorthin sieht der Hauptmann plötzlich einen Spion. Auf dem Bauche kriechend, schleicht die ganze Räuberbande an den Spion heran. 20 Kugeln durchbohren ihn, doch er ist nicht tot, man hat irrtümlicherweise auf eine Vogelscheuche geschossen. Beschämt ziehen sie nun weiter zum Dorfe Perlach; hier wird geplündert, solange der Vorrat reicht. Ein Milchmann, der tagtäg-

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lieh aus diesem Dorf die Milch holt und in die Stadt bringt, hat das Vorgehen der Räuber bemerkt, es gelingt ihm zu entkommen und er macht sich eiligst auf den Weg, um die Kunde in die Stadt zu bringen. Morgendämmerung vor der Wache am Isartor. Glockengeläute. Der Wachtposten Bene (Valentin) schläft im Schilderhaus. Michel, der Trommelbub, der mit der Ablösung gekommen ist, weckt Bene. Dieser erzählt dem Michel seinen Traum. Bene: Ah, i hab jetzt einen Traum gehabt, einen ganz exotischen Traum. Mir hat nämlich geträumt, ich bin eine Ente gewesen und bin in an Bach rumg’schwommen, eine ganz schwarze Lache war’s. Und wie ich da so rumschwimm, seh ich schon am Ufer draussen einen ganz langen Wurm, einen gelben, - so gelb war er, - ich bin gleich auf ihn zugschwommen, ich hab mich schon g’freut drauf, aber grad wie ich den Schnabel aufreiss und den Wurm schnappen will, im selben Moment musst Du ans Schilder­

haus hinklopft hab’n. Michl: Ja, war das grad in dem Moment, wie Dir das träumt hat? Bene: Ja, grad im selben Moment, wie ich meinen Schnabel aufreiss und den Wurm anpacken will, hast du mich aufg’weckt. Michl: Dös is aber schad. Wenn ich da eine Ahnung g’habt hätt, dann hätt ich Dich den Wurm zuerst fressen lassen; aber das kann i doch net wissen, dass Du um 6 Uhr früh schon träumst. Bene: Ja, und i kann doch net zu Dir sagen, lass mich schlafen, weil ich grad träum. Michl: No ja, es is ja gleich, ein schöner Traum war’s ja so nicht. Bene: Für eine Ente schon - für eine Ente war das sogar ein wunderbarer Traum. Für eine Ente is dös genau so, was für Dich ein Schweinsbraten ist. Michl: Ja ja, für eine Ente schon. - Aber Du bist ja keine Ente. Bene: Ja — aber im Traum war ich eine Ente. Michl: Aber jetzt bist Du doch keine Ente mehr. Bene: Jetzt bin ich freilich keine mehr, aber im Traum war ich ein Mensch, der eine Ente war, die einen Wurm hätte fressen wollen.

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Michl : Ja ja, das weiss ich schon, aber jetzt bist Du doch keine Ente

mehr. Bene: Hör auf mit Deinem Unsinn! Für solche Träume bist Du noch zu jung, das verstehst Du überhaupt nicht. Michl: Da brauchen wir doch nicht streiten. Du darfst mir ja dankbar sein, dass ich Dich aufg’weckt hab, denn wenn Du den Wurm gfressen hättst, dann wär Dir jetzt höchstens recht

schlecht. Bene: Einer Ente wird’s doch net schlecht, wenn s’ einen Wurm frisst. Das weiss überhaupt kein Mensch, ob es einer Ente träumt und wenn es ihr wirklich träumt, das kann kein Mensch erfor­ schen, das wär’ eine zoologische Berechnung. Und wenn es einer Ente wirklich träumen tät, dann könnt’ sie es net sag’n. Bei einem Papagei wär’s was anderes, weil ein Papagei reden kann. Michl: Da sieht man’s deutlich, dass das auch ein Unsinn is, was Du sagst, weil Du vorhin g’sagt hast, für eine Ente wäre das ein wunderbarer Traum und einer Ente träumt nicht. Du musst Dir doch denken, dass Dir das alles nur geträumt hat und da darf man doch nichts drauf geb’n, denn Träume sind Schäume! Bene: Das war eben kein Schaum, das war ein Wurm. Michl: Nun ja, es ist ja schon vorbei. Die Hauptsache ist, dass Du

jetzt keine Ente mehr bist. Jetzt bist Du wieder das gleiche Rindviech, wie Du es immer warst. Ein Metzgerbursch kommt pfeifend an der Wache vorbei. Er trägt auf der Schulter eine Fleischmulde mit Würsten. Er sieht den Wachposten nicht. Er geht direkt zum Fliederstrauch, riecht daran und bricht sich auch eine Dolde ab. Bene, der das sieht, ermahnt ihn nicht zu stehlen, und singt ihm das schöne Lied von »Treu und Redlichkeit« vor. Während er das singt, reisst er an den Würsten, die von der Fleischmulde herunterhängen, eine ganze Reihe herun­ ter und versteckt sie hinter dem Rücken. Michl, der vom Kaffee-holen zurückkommt, erfährt von den gestohlenen Würsten und verspricht Bene, nichts davon zu sagen, wenn er die Hälfte der gestohlenen Würste bekommt. Während sie über die Teilung derselben diskutieren, hören sie plötzlich Pferde­

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getrampel und verstecken schnell die Würste in einem der Kano­ nenrohre, die zur Bewachung der Stadtmauer dort stehen. Der Milchmann, der den Ueberfall auf Dorf Perlach erlebte und von dem geplanten Ueberfall auf München durch ein erlauschtes Gespräch erfahren hat, kommt ganz aufgeregt zu der Wache. Er fordert den Posten Bene auf, sofort die nötigen Massregeln zu ergreifen. Der hört sich aber alles ganz phlegmatisch an und meint, er könne nichts tun, als die Wache herausläuten. Er macht dies dem Milchmann plausibel, indem er an der Glocke zieht; die Wache, voran der dicke Korporal, kommt heraus, der Korporal komman­ diert: Präsentiert das Gewehr! Die Wache spielt den Präsentier­ marsch und dann gehen sie nach dem Kommando des Korporals »Gewehr bei Fuss« wieder zurück zur Wache. - Der Milchmann ist der Meinung, dass dies alles sehr schön wäre, aber die Sache wäre doch zu ernst, sie müssten doch endlich einmal eine militärische Aktion treffen. Aber alles, was er auf seine dringlichen Ermahnun­ gen erreichen kann, ist, dass Bene ihm mehrmals die Wache heraus­ läutet, was den dicken Korporal sehr ergrimmt. Der Milchmann entfernt sich schliesslich mit der Bemerkung, dass Bene und Michl die grössten Idioten seien, die er je gesehen. Bene und Michl unterhalten sich auf der Bank über das Gehörte. Bene ist aber der Ansicht, dass ihnen der Milchmann nur Angst machen möchte; er sagt: es gibt keine Raubritter, keinen Osterhas, kein Christkindl und keinen Storch. Er ist der Ansicht, dass es auf der Welt nur böse Menschen gibt und das sind die Raubritter. - Weil sich der Korporal über das wiederholte Herausläuten schon so geärgert hat, spielen sie ihm einen Schabernack und läuten ihn wieder heraus. Die Wache zieht wieder auf, spielt den Präsentiermarsch und zieht wieder ab. Der Korporal schimpft zwar über diese ewige grundlose Herausläuterei, aber er kann nichts dagegen machen. Der Herr Aktuar, den das Herausläuten der Wache herbeigelockt hat, gesellt sich zu Bene und Michl. Die erzählen ihm, was sie vom Milchmann erfahren haben. Der Aktuar, ganz erregt, möchte wis­ sen, was die beiden in dieser ernsten Angelegenheit schon alles unternommen haben. Sie erklären auch ihm, dass sie als Wache keine andere Befugnis haben, als die Wache herauszuläuten und

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machen ihm das auch gleich praktisch vor. Der Herr Aktuar ist ganz entsetzt über diese Dummheit und versucht den Beiden, wenn auch erfolglos, beizubringen, die Sache wenigstens dem Hauptmann zu melden. Diese bleiben aber dabei, den Posten nicht verlassen zu können, sodass sich der Herr Aktuar entschliessen muss, selbst dem Hauptmann von der drohenden Gefahr Meldung zu machen. Der Aktuar geht nun zum Hauptmann, der im Hebammengassi seine Schusterwerkstätte hat, und erzählt dem nichtsahnenden Schustermeister, der nebenbei Hauptmann der Bürgerwehr ist, dass er soeben von dem Wachposten Bene erfahren habe, dass eine Raubritterbande heute noch die Stadt München überfallen möchte. Aber der Hauptmann entgegnet dem Herrn Aktuar, dass er da nicht eingreifen darf, denn das ist ja Sache seines Vorgesetzten und der wäre in diesem Falle der Herr Major. Der Hauptmann zieht schnell seine Uniform an, setzt seinen Tschako auf und verspricht dem Herrn Aktuar, dem Herrn Major sofort die Nachricht zu überbrin­ gen. - Der Herr Major sitzt wie immer beim Dämmerschoppen im Lodererbräu beim Tarock. Der Hauptmann kommt nun zum Lodererbräu und überbringt dem Herrn Major die Nachricht. Der Herr Major ist nicht recht erbaut über diese Mitteilung und ist genau wie der Hauptmann der Ansicht, dass auch er in diesem Falle machtlos sei, gegen diese Raubritterbande einzugreifen; er möchte da dem Herrn General nicht vorgreifen. Er unterbricht seinen Tarock und begibt sich zum Herrn General. Auch der General ist über diese Nachricht von dem geplanten Ueberfall der Raubritterbande sehr überrascht, fühlt sich aber auch nicht dazu berufen, eigenmächtig gegen dieses Gesindel vorzuge­ hen; da ist er verpflichtet, dies sofort seinem Vorgesetzten, dem Kriegsminister zu melden, was er auch sofort unternimmt. Der Kriegsminister ist empört über diesen geplanten Ueberfall auf die Stadt, - darf aber wiederum nicht selbständig handeln und fährt sofort zum Höchsten des Landes, zum König selbst. Als der Herr Kriegsminister untertänigst Sr. Kgl. Hoheit die Kunde von dem nahen Anrücken der Raubritter gegen die Residenz­ stadt ankündigt, macht der König bittere Miene, denn er allein weiss

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sich da wirklich keinen Rat. Ihre Kgl. Hoheit, die Königin, meint sehr besorgt: »Aber Männchen wozu denn diese Aufregung, für was hast Du denn Deine Minister?!« - »Selbstverständlich«, meint nun auch der König und hält sofort eine Kriegsratsitzung ab. ; Wie ein Lauffeuer verbreitet sich nun die Kunde in der ganzen Stadt München, dass sich die Stadt gegen die anrückenden Raubrit­ ter im Kriegszustand befindet. Die Polizeidiener der Stadt verlesen auf allen freien Plätzen die Kriegsproklamation - und die sogenann­ ten Münchner Stadt-Frau-Basen haben es besonders notwendig und > verbreiten unglaubliche Gerüchte. Vor der Isartor-Wache steht der Bene (Karl Valentin) Wachpo­ sten und bespricht auch die Sache von der kommenden Schlacht mit den Raubrittern -, da plötzlich ein Schuss von der Ferne - und der Bene meint entsetzt: jetzt geht’s los!, - setzt sich mit seinem Liebchen auf eine Bank und spielt ein Abschiedslied auf der Zughar­ monika. Die Bürgerwehr zieht nun mit klingendem Spiel auf - und der Hauptmann - zu Pferd - verkündet seinen Soldaten das Anrücken der Raubritter gegen München. Der Kampf beginnt; die beiden Kanonen am Isartor schicken ihre runden Kanonenkugeln den Raubrittern entgegen und in Bälde ist die Schlacht in vollem Gange. - Was sich nun alles auf dem Kampfplatz am Isartor an komischen Situationen ereignet, soll der Kürze halber hier nicht erwähnt sein. - Kurz vor der Entscheidung der Schlacht, als der Feind sich schon ganz nahe gegenübersteht, kommt plötzlich ein starkes Gewitter. Der Regen prasselt in Strö­ men hernieder. - Der Hauptmann der Bürgerwehr und auch der Hauptmann der Raubritter sind der gleichen Ueberzeugung und meinen: »Na, bei dem Sauwetter könna a nix machen, da geh’n ma liaber hoam.« - Und tatsächlich verliessen die beiden Kriegspar­ teien unter strömenden Regen die Kampfstätte. Die Bürgerwehr zog in ihre Kaserne - und die Raubritter zogen wieder in ihre Höhle im Isartal, woher sie gekommen waren.

Ende. München, anno dazumal 1788.

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Räuberfigurine

Zwei Räuberfigurinen zu Pferd 245

68 Räuber in Ritterrüstung zu Pferd

69 Räuber in Ritterrüstung zu Pferd (bei Nacht)

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Drei Räubermasken

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Turnier zu Pferd 247

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Zwei Räuberfigurinen

7$

Szenenbildvorlage: Raubüberfall

1. 2. 3. 3. 5. 6. 7. 8. 7. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.

Raubritter vor München. - (Grossfilm) Szenenfolge. Raubritter lagern im Walde, lauem auf einen Reisewagen Ueberfall auf den Reisewagen Ausplünderung der Reisenden Transport des Geraubten und Picknick im Walde Gestörtes Picknick im Walde Rückzug in die Räuberhöhle in Berg am Leim Ansprache des Hauptmanns an seine Gesellen Nächtlicher Einzug zum Schloss Grünwald Ueberfall um ‘/,i2 Uhr nachts Einsperren des Verwalters im Verliess Anziehen der Rüstungen 12-Uhr Geisterstunde Abzug mit Beute in Höhle Neuer Raubzug (Vogelscheuche) Ueberfall auf Dorf Perlach 1820 Milchmann kommt dazu, holt Milch ab Flucht des Milchmanns nach München Münchner Gebetläuten (Nachtwächter) Ablösung der Wache Flieder stehlen - Würste - Kanone Milchmann kommt mit Nachricht Szene auf der Bank (Glaubst du das mit den Raubrittern?) Aktuar kommt Aktuar geht zum Hauptmann Dazwischen Komödie Schusternazerl Hauptmann geht zum Major Major geht zum General General fährt zum Kriegsminister ins Palais Kriegsminister fährt in die Residenz zum Herzog Herzog hält Kriegsratsitzung ab Zwei Ratschweiber kommen herein Kriegsprotokoll wird von Sr. Hoheit unterzeichnet

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33- Polizeidiener verliest es am andern Morgen auf allen öffent­ lichen Plätzen 34. Volk läuft zusammen und zerstreut sich wieder 35. Gerüchte entstehen 36. Bene und Korporal sprechen zusammen über die amtliche Verlesung 37. Bene nimmt Abschied vom Liebchen, setzt sich auf die Bank mit Zugharmonika und spielt »Morgenrot« 38. Aufziehen der ganzen Bürgerwehr mit Musik 39. Hauptmann verkündet das Nahen der Raubritter 40. 1. Schuss der vor den Toren Münchens stehenden Raubritter 41. Szene: Polizeidiener und Metzger 42. Beginn des Kampfes: gegenseitige Beschiessung 43. Gewitter kommt 44. Raubritter erstürmen die Stadtmauer 45. Die Grossmutter des Herrn Major schlägt die Raubritter in die Flucht 46. Finale: Gedenkstein.

Ende.

Raubritter vor München Grosstonfilm von Karl Valentin und Liesl Karlstadt.

Anfang des Films. Ort der ersten Scene: Berg am Laim. Alte schlechte Landstrasse am Waldesrande. Ungefähr 20 Räuber zu Fuss mit Gewehren bewaff­ net. Hauptmann Valentin und Altgeselle Willibald lauern am Wal­ desrande hinter Tannenbäumen und Sträuchern auf den kommen­ den Reisewagen der geplündert werden soll. Zeit: ungefähr Früh 5 Uhr (Morgendämmerung)

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74 Raubritter vor Reisewagen

7$

Reisetvagen

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-/f> Überfall auf den Reisewagen

Detailansicht: Gepäckwagen der Räuberbande 77

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Hauptmann V: (hoch zu Ross) (schaut starr in die Ferne und spricht): Du Willibald, der Reisewagen müsste aber heute schon da sein (schaut auf seine Armbanduhr) Willibald: Vielleicht kommt er heute etwas später[.] Hauptmann V: Kann sein, vielleicht hat er Verspätung[.] Willibald: Was meinst Du? Hauptmann: (schreit) Ich sag, vielleicht hat er Verspätung[!] Willibald : Schrei doch nicht so, sonst hören wir den Wagen nicht kommenf!] Hauptmann: Bst--------------(er hört den Wagen kommen)

Film zeigt den herankommenden Reisewagen 4 spännig[.] Hauptmann : (hebt die Pistole empor, ■wartet noch den richtigen Moment ab und als der Reisewagen in greifbarer Nähe ist, stürzen die Räuber

auf die Strasse, stellen sich vor den kommenden Reisewagen, schreien alle): Halt! Absteigen! Hände hoch! (Der Kutscher steigt vom Bock, die Reisenden Herren und Damen steigen zitternd aus dem Wagen und strecken alle die Hände hoch. Die Räuber ziehen den Reisenden die Kleider herunter bis aufs Hemd.[)] Hauptmann : Das ganze Zeug in unseren Gepäckwagen hinein und in den Wald fahren, die Weinflaschen und die Fresserei tragt ihr dort auf die Lichtung, weil wir glei Brotzeit machen. (Die Räuber stellen den Gepäckwagen an eine Stelle, die etwas bergab geht) Geselle: Da wird uns aber der Wagen über’n Berg nunterlaufen. Hauptmann: Na ja, dann legst halt irgendeinen dürren Ast unter, dann bleibt er schon stehen. Willibald: (zum Hauptmann) O mei, sind dös Raubzüg gegen früher, das is gar nimmer der Rede wert, dass man sich in Gefahr

begibt. Hauptmann : Freilich is nix mehr, aber was willst denn machen, ma muss doch leben. Bei uns Räuber gehts ja noch, weil mir nix versteuern brauchen.

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Vorbereitungen zur Brotzeit

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Brotzeit der Räuberbande

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Willibald: Sei stad, dös kann alles noch kommen. Hauptmann : So, jetzt lass ma uns den Wein schmecken, ich hab an riesigen Durst (zu seinen Gesellen) Schenkt ein!

(Die Gesellen öffnen die Flaschen und giessen in die ebenfalls geraubten Weinbecher (Gläser) den roten Wein ein. Jeder nimmt ein volles Glas zur Hand, und setzt sich auf den Waldboden.[)] Hauptmann: (sch[r]eit) Prost!

(im selben Moment hört man fernes Wagenrollen und Pferdegetrappel) Hauptmann: Obacht! - Da kommt schon wieder ein Wagen.

Gläser weg - an die Gewehre!! (Alle wollen nun die vollen Gläser auf den Waldboden stellen, was aber

unmöglich ist, da aufdem weichen Moos kein Glas stehen bleibt. Dadurch entsteht eine ganz komische Situation, die Gläserfallen selbstverständlich um und der Wein rinnt heraus. Das Gewehr hat zwar jetzt jeder schussbereit in der Hand, aber der Wagen ist schon fort - Allgemeines Ausrufen: »Unser schöner teurer Wein!«[)] Willibald: Hätt’n man doch vorher ausg’soffen! Hauptmann: Rindviech! Wie können ’n mir vorher aussaufen, wenn der Wagen erst nachher kommt, also sch[en]kts nochmal

ein!

(Selbe Situation wie vorher bis Hauptmann sagt): Hauptmann: Is scho wieder fortf.J Willibald: Und der Wein a!

(Diese Scene wiederholt sich einigemale und zwar solange bis das letzte Glas verschüttet ist.) Hauptmann : So is recht, jetzt hat der Wald an Wein g’soffen, statt mir.

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Willibald: ’s is ja no guat, dass ma wenigstens no was z’essen hab’n.

(Plötzlich ertönt ein Geheul wie von mehreren Sirenen, alle horchen erstaunt auf) Willibald: Was is denn dös? Hauptmann: d’Flieger kommen! Willibald: Flieger? Was is denn a Flieger? Du meinst halt a Flieg’n? Hauptmann: Na a Flieger, jaso, die gibts erst in 100 Jahr. Na Wölfe sind’s a ganzer Haufen, da schaut’s hin, dö kommen alle auf uns zu, schnell auf die Bäum klettern, sonst sind ma alle verloren. Alle : (klettern nun auf die Tannenbäume) Hauptmann: (klettert ebenfalls auf einen Baum, als er einige Meter hoch oben ist, setzt sich eine Biene auf seine Nase) Hilfe! Hilfe! [(]schreit er zu Willibald hinüber, der den nächststehenden Baum erklommen hat) Willibald: Ich seh sie schon, aber ich kann nicht nüberglangen, sonst fall ich runter, wenn ich d’Hand auslass. Hauptmann: I a!

(Die Wölfe, welche natürlich durch Schäferhunde dargestellt werden, laufen aufdas am Boden liegende Frühstück zu und lassen sich die Würste, gebratene Hühner etc. gut schmecken - Grossaufnahme) Hauptmann: Steigt halt einer nunter und nimmt den Wölfen das Sach weg. Alle: Mir traun uns net nunter[.J Hauptmann: Ihr Feiglinge! Und Ihr wollt Räuber sein! Alle: Du bist ja a oaner[.J Hauptmann : Is net wahr, i bin nur a Hauptmann.

(Alle sind verärgert über die Frechheit dieser Tiere. Als die Wölfe alles aufgefressen haben, verlassen sie vollgefressen den Schauplatz)

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Willibald: (ruft hinunter) Zahlen!

(Alle Räuber klettern wieder von den Bäumen herunter und schimpfen) Hauptmann: Da hat der selige Noah an grossen Fehler g’macht, dass er die gemeinen Viecher auch mitg’nommen hat in sei’ Arche. Willibald: Na ja, glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu essen ist. Hauptmann : Jetzt ist der Wein fort, d’Fresserei ist verschwunden, wenigstens ham ma noch das Reisegepäck, des können wir not­ wendig brauchen.

(Man sieht im Walde eine alte Frau, die dürres Hol[z] sammelt. Per Zufall sieht sie einen dürren Ast liegen. Dieser Ast wird aber zum Verhängnis, denn es ist der Ast, den die Räuber zum unterlegen des Rades von ihrem Gepäckwagen benützt haben, damit derselbe nicht auf der abschüssigen Stelle davon läuft. Durch das wegziehen des Astes kommt der Wagen ins Rollenf)] Willibald: (sieht es und schreit): Halt! Halt! (Der Wagen läuft davon. Alle rennen ihm nach, aber es ist zu spät. Der Wagen rollt weiter und

stürzt in einen tiefen Wassertümpel und geht unter. Die Räuber stehen nun zum 3. Male betrübt vor der Tatsache) Hauptmann : Alle guten Dinge sind drei, jetzt haben mir gar nichts mehr. Willibald: (flucht) Wenn nur alles der Teufel holn tat! Hauptmann: Rindviech dumms! Er hat’s ja scho’ g’holt. Willibald : Da schau hin, alles is unter gangen, sogar unser Wag’n. Hauptmann: No ja an Wag’n braucht ma ja nimmer[.] Willibald: Wieso? Hauptmann: Mir ham ja nix mehr zum Heimfahm, doch, da schauts her, da schwimmt noch a Kistl (schwimmt in der Mitte des Weihers, der ungefähr 10 Meter breit und 10 Meter lang ist) (Mit viel Umständen wird nun versucht das Kistl herauszuftschen, einer fällt dabei ins Wasser etc.)

Willibald: Ich hab a Idee, i hab a Schnur dabei, die bind’n ma an dös Kistl an, dann könnas mas doch ganz leicht rausziagn. Hauptmann: Geh r[e]d doch net so dumm daher, wennst scho a Schnur anbinden musst, dann kannst es doch glei selber nehmen. Willibald: Dös mein ja i. Hauptmann: Ja dann brauchst ja doch kei Schnurf.j Willibald: I mein ja nur zur Sicherheit. Hauptmann: A Magneteisen wär halt jetzt recht. Willibald: Du redst genau so dumm daher, a Magnet zieht doch nur Eisen an, da müasset dös doch a Eisenkist’n sein. Hauptmann: Saudummer Kerl, a eiserne Kist’n schwimmt doch net[.J Willibald: I sag ja nur wenns a eiserne Kist’n wär. Hauptmann: Ja wenn? Wenn der Reisewag’n net kommen wär, dann wär doch überhaupt die ganze G’schicht net passiert. Willibald: Ja da kann doch i nix dafür, dass der Reisewagen kommen is. Hauptmann : Geh leck mi doch am Arsch mit dem blöden G’red. Geselle: (kommt mit einer langen Stange und die Kiste wird endlich herausgefischt, geöffnet und was ist darin - nichts! Eine leere Kiste!) Alle: (lachen furchtbar) Hauptmann: I hab jetzt gnua, i geh jetzt! Alle: (ziehen betrübt heimwärts) Willibald: Soll’n ma die leere Kiste mit heim nehmen? Hauptmann: Selbstverständlich! Willibald: Was tun ma denn da hinein? Hauptmann: Unsere Sorgen!

[QFilm zeigt nun wie die Räuber traurig heimziehen in ihre Höhle. Nach Ankunft in der Höhle. Die zwei Pferde werden in die neben der Höhle befindliche Stallung (Scheune) gebracht. Diese ist aus Querstäben zwischen 4 hohen Tannen und mit [ÄJsten bedacht. Der Eingang zur Scheune ist mit Sträuchern getarnt. Der Hauptmann und Willi­ bald, die in nächster Nähe der Räuberhöhle eine eigene Höhle für sich haben, in der sich Wertgegenstände wie Geld, Uhren[,] Schmuck etc. befindet, trennen sich kurz vor der Höhle von den übrigen Räubern). i58

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Gelage in der Räuberhöhle

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Außenansicht der Räuberhöhle

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Außenansicht der Räuberhöhle

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Stallung und Höhle

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Hauptmann: (spricht) Leut! ihr gehts jetzt in Euer Höhl’n, mir

kommen glei’ nach. Alle: Is schon recht! Hauptmann: (zu Willibald) Sakradi, dös war heut wirklich a Pech! Willibald: Ja no, immer kann’s net klappen. Hauptmann: Immer - bei uns klappt’s scho lang nimmer. Willibald : Da bist Du selber schuld, weilst Du keinen Unterneh­ mungsgeist besitzt. Wenn Du Dich einmal aufraffen tatst zu einem Ueberfall auf die Stadt München, dann könnt’n mir uns

auch amal empor arbeiten. Hauptmann: Dumms Zeug! Wie können denn mir an Ueberfall auf d’Stadt machen, mir ham ja net amal a Kanona, wenn mir wenigstens 2 solchene hätten, wie auf der Burg Grünwald stehn. Willibald : Vielleicht leihens sie’s uns, frag’n ma amal an Schloss­ besitzer. Hauptmann: An Schlossbesitzer — der is doch scho a ganz Jahr verreist, nur der Schlossverwalter und sei Hund is da. Willibald : Du - i hab a Idee — da überfall’n mir in der Nacht ’s Schloss, an Schlossverwalter nehma mir g’fangen mitsammt sein bissigen Hund und dann rauben mir dös ganze Schloss aus. Da drinn ham vor 500 Jahr die Grünwalder Raubritter g’haust, da is alles noch da von dene: Kugelsichere Panzer, Lanzen, Gewehre, Kanonen, Kanonenkugeln und Pulver, da könna mir richtig aufrüsten und dann könna ma d’Stadt überfall’n. Hauptmann: Dös tean ma - gehn ma glei zu unsere G’seln und sagn mas eahna dass ma heut auf d’Nacht d’Burg Grünwald ausraub’n. Film zeigt wie beide aufgeregt in die Höhle zu ihren [Kjumpanen gehen. Vor aber der Hauptmann und Willibald in die Höhle eintreten, schimpfen die Räuber schrecklich über den Hauptmann und seinen Adjutanten. Geselle Siegfried: (zieht mächtig über den Hauptmann und Willi­

bald her) Geselle Siegfried: .......... die 2 Gauner, die bringen ja koa G’schäft mehr her, sie ham freilich eahna Höhl’n voll Fresserei, Geld und Schmucksachen, aber mir dürfen Hunger leiden. Was

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los ham, dös habts jetzt g’sehn heut bei dem Reisewagenüberfall, an Dreck ham ma g’habt, a leere Schachtel ham ma heimbracht, sonst nix. Geselle Otto: (gutsprechend für seinen Hauptmann) Dös is jetzt a net schön von Dir, dass’d jetzt so über n Hauptmann und an Willibald schimpfst, da könna doch sie nix dafür, wenn mir an Wein verschütten, dass d’Wölf’s Sach fressen und dass dös blöde alte Weib an Ast raustut, dass der Wagen in Weiher neilauft, da könnens nix dafür, sie hams ja blos gut g’meint. Da braucht ihr net schimpfen drüber, denn grad unser Hauptmann ist ein fleissiger, ein strebsamer und hauptsächlich ein ehrlicher Mann, sonst hat ers niemals zum Räuberhauptmann ’bracht. Geselle Kunibald: Das stimmt, er hat auch ein gutes Herz, was hat er schon alles für Stiftungen g’macht. Geselle Siegfried: Ja Brandstiftungen! (Allgemeines Gelächter) Geselle Rudolf: A gemeiner Kerl is er, a ganz a roher Patron, a Tierquäler com li floh. Geselle Adalbert: Wieso a Tierquäler? Geselle Rudolf: Ja ein Tierquäler! Wie oft hat der sei Frau selig schon derschlag’n. Geselle Siegfried: Und darum schlag ich vor und ihr werd’s alle einverstanden sein, wir treten alle aus dem Konzern aus und gründen eine neue Bande und die zwei können uns am (im seihen Moment treten Hauptmann und Willibald ein) Hauptmann: (hat die letzten Worte noch gehört) was am?? Geselle Siegfried : Ja ich hab grad g’sagt am Freitag hast Du Dein Namenstag und da ham mir grad beraten, mit was mir dir a Freud machen könna. Hauptmann: Ihr brauchts mir koa Freud machen, i mach jetzt Euch a Freud, heut auf d’Nachjt] rauben wir Burg Grünwald aus, da kriagn ma Rüstungen und Kanonen und morgen überfallen wir die Stadt München.

Film zeigt wie die Räuber (ohne Rüstung) ungefähr 20 Mann Nachts 11 Uhr mit Stalllatemen vor der Burg Grünwald lungern, alle liegen im Gebüsch nahe der Zugbrücke.

Hauptmann: (zum Gesellen Siegfried) (leise) Zieh schnell Deine

mitgebrachten Frauenkleider an, läute an der Glocke und wenn der Schlossverwalter zum Fenster rausschaut und fragt wer da ist, dann sagst Du ganz einfach Tante Eulalia ist da.

Geselle Siegfried tut was ihm befohlen, zieht die Frauenkleider an, läutet (Nachts ‘Ai2 Uhr) und der Schlossverwalter schaut zum Fenster herun­ ter. Verwalter: Wer ist denn da, in so später Nachtstunde? Siegfried: (seine Stimme verstellend) Tante Eulalia ist da und will Dich besuchen. Verwalter: Wer? Was? Tante Eulalia? Ich hab keine Tante Eulalia, das muss ein Irrtum sein, ich komme gleich hinunter.

(schliesst das Fenster) (Man hört von innen wie er das grosse Torschloss aufsperrt und geht auf der Brücke der besagten Tante entgegen. Diese umarmt ihn gleich wie das so üblich, nur mit dem Unterschied, dass sie den Schlossverwalter so lange umarmt und nicht eher loslässt, bis die anderen Räuber herbeieilen und den Verwalter an Händen und Füssen binden, ihn in [das] Burgverliess tragen und einsperren. Inzwischen ist durch den Lärm der Hund herbeigekommen, der aber keine Furcht erregt, weil er nur ein ganz winziges Rehpinscherl ist.) Hauptmann : So Leut, das Zweite ist, dass wir jetzt das Zimmer des Verwalters durchsuchen um alle Schlüssel. (Alle gehen in die Verwalterwohnung und von hier aus, nachdem sie alle Schlüssel in Besitz haben, öffnen sie sofort den grossen Saal. Hier stehen mindestens 30 Ritterrüstungen in allen Grössen, nicht im Saal, sondern im Burghof ebenso zwei Kanonen, Lanzen, Schwerter, Hellebarden, Morgen­ sterne etc.) Hauptmann: So jetzt sucht sich ein jeder eine Rüstung aus und

gleich anziehen ob’s passt. (Hauptmann und Willibald suchen sich natürlich gleich die schönsten aus. Aber das Anziehen der Rüstungen ist leichter gesagt als getan, es vergeht eine gute halbe Stunde, aber von der Anzieherei ist

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nicht viel zu sehen. So probieren sie weiter und weiter und keiner hat daran gedacht, dass es injedem Schloss um Mitternacht spukt oder besser gesagt, umgeht.) Sollen doch jede Nacht in dieser Stunde alle diejenigen als Geister umge­ hen, die die letzten Besitzer dieser Raubritterburg waren. Als die Räuber gerade daran sind die Rüstungen anzuziehen, schlägt es 12 Uhr. Beim 12. Glockenschlage springen durch einen plötzlich eintretenden schaurigen Sturmwind alle Fenster auf, der Mond scheint durch dieselben, Krähengeschreji] und andere unheimliche Laute hört man im ganzen Schloss. Die Räuber, der Hauptmann und Willibald stehen wie an die Wand gepresst mit ausgespreizten Fingern und reissen Mund und Augen auf. An der Wand hängen 2 lebensgrosse Oelgemälde, den ehemaligen Schlossherm mit Frau darstellend. Willibald: Da schau hin, Hauptmann, an die Wand, der Schloss­ herr der spukt schon. Hauptmann: Wohin? Willibald : Wohin? Schiageln tut er scho mit de Aug’n auf uns her. Sie a, Sie a!

Die Ahnfrau kommt zur Türe herein, in weisse Schleier gehüllt mit einer brennenden Kerze in der Hand geht sie allnächtlich zwischen 12-1 Uhr in ihrem Schlosse umher. Als sie an dem Hauptmann und Willibald vorbei­ geht, sagt Hauptmann leise zu Willibald. Hauptmann: Schlecht schaut’s aus, dö muass blutarm sein[.] Willibald: Was heisst sein, die is blutarm g’wesen wies g’lebt hat, als Geist braucht sie koa Bluat ham, dös is doch blos der Geist, die Seele von der ehemaligen Burgbesitzerin. Hauptmann: Geh hör auf, die Seele, da schau her, die hat doch Hausschuah an, der Seele allein kannst doch keine Hausschuh anziehn. Da schau hin Willibald, jetzt kommt der Ritter selber. Willibald : Auweh, der schaut aber grimmig drei, da stimmt’s heut net bei dene zwei. Hauptmann : Mein Gott da wärst Du auch net lustig, wenn Du ein 264

ehemaliger Burgherr wärst und müsstest jede Nacht punkt 12 Uhr mitt’n aus’m Schlaf raus und durch die Burg durchgehn. Willibald: Ja wie lang müssen denn die dös machen? Hauptmann: In Ewigkeit[.J Willibald: So lang? Hauptmann: Selbstverständlich! So lang’s eben tot sind[J Willibald: Ja wie lang sind denn die tot? Hauptmann: Ja auch in Ewigkeit[.] Willibald: Und da müssen die alle Tag so lang die Ewigkeit dauert durch, ’s Schloss geh’n? Hauptmann: Freilich! Willibald: Wenn aber die Burg abbrochen wird? Hauptmann: Die wird doch net abbrochen[.J Willibald: No? Kann man nicht wissen! (Es erscheint nun ein Gespenst, welches immer vor dem Fenster herum­ fliegt) Willibald: Da schau her, ja mei is dös a hässlichs Ding. Hauptmann: Dös is a alte Hex, dös is wahrscheinlich d’Schwiegermutter vom Ritter, die hat er bei Lebzeiten rausg’schmissen, jetzt

traut sie sich nimmer rein. Willibald: Dös glaub i net, a richtige Schwiegermutter kommt

immer wieder rei, so oft kann mas gar net nausschmeissen. - Da schau hi, a jung’s G’spenst, a is dös nett[.J Hauptmann: Dös wird wahrscheinlich a ledigs Kind sein vom Ritterf.J Willibald: Da schau, den grossen Schmetterling! Hauptmann: Dös is doch a Fledermaus[.] Willibald: I hab gmonat a Schmetterling is, weil er 2 Flügel hat. Hauptmann: A Fledermaus hat doch a zwoa Flügel[.J Willibald: Woher woasst denn Du dös? Hauptmann: Dös hat uns doch der Schullehrer scho g’sagt[.J Willibald : A, dem derfst auch nicht alles glaub’n. Du Hauptmann, dass ma wieder auf die Geister und Gespenster zurückkommen, müssen die G’spenster auch hie und da naus? 265

Hauptmann: Niemals! Willibald: Auch dann nicht wenns 2 Pfund Zwetschgen essen würden? Hauptmann: Geh, red doch net so saudumm daher. Willibald: Aber Du hast doch amal g’sagt, wenn i was net weiss, soll ich Dich ungeniert frag’n. Hauptmann: Ja, aber doch nur Sachen wo ich weiss[.J Willibald: Dös kann ich doch net wissen was Du weisst. Du Hauptmann, haben die Geister irgend einen Nutzen auch? Hauptmann: Wie moanst Du dös? Willibald: Arbeiten brauchen aber die Geister nicht mehr? Hauptmann: Doch, einmal im Jahr[.] Willibald: Müssen die bei der Fachschaft sein? Hauptmann: Wegen einem Tag nichtf.] Willibald: Wo arbeiten denn die Geister da? Hauptmann: Alle Jahr am Allerseelentag wirkens mit bei der Geisterscene in dem alten Theaterstück »Der Müller und sein

Kind«. Willibald: Krieg’ns da was dafür? Hauptmann: Nein, das machens ehrenamtlich^] Willibald: Die sind schön dumm, dös tat i net[.] Hauptmann: Du bist a koa Geist. Horch! Jetzt schlagt’s 1 Uhr, jetzt ist die Geisterstund vorüber.

Nun ziehen die Räuber mit ihrer Beute ab, sie freuen sich hauptsächlich, dass siejetzt im Besitze zweier Kanonen sind und dass sie esjetzt mit dem stärksten Feind aufnehmen können, denn sie sindjetzt, wie sie meinen, so ausgerüstet wie richtige ehemalige Raubritter, sie sind also keine gewöhn­ liche Räuberbande mehr. Der Film zeigt, wie sie jetzt die Burg Grünwald verlassen und wie sie vor ihrer Höhle ankommen. Sofort wird alles zum nächsten Ueberfall hergerichtet, die Säbel auf einem Schleifstein zum treten geschliffen, die Pferde werden aus dem Stall geholt undje eines vorjede Kanone gespannt. Hauptmann: (zu einem der Räuber) Du Nepomuk, bleibst wieder als Wachtposten vor der Höhle, aber schlaf nicht wieder, wie Du

das sonst immer machst. 266

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Angriff im Morgengrauen

Der Hauptmann und Willibald besteigen ihre Pferde, welche zu­ gleich die Kanonen ziehen. Zwei Räuber fahren einen Wagen voll Kano­ nenkugeln, das Wägerl hat aber nur eine Plattform, von welcher die Kanonenkugeln beim fahren immer und immer wieder herunter rollen. Hauptmann: Das ist aber doch zum Verzweifeln mit euch, die müssen doch immer wieder runter rollen, die sind doch rund. Willibald: Ja mei, viereckige Kugeln gibt’s halt net und wenn, dann passens nicht in’s Kanonenloch ’nein. Hauptmann : Dann müsst ihr halt die Kugeln tragen. Räuber: Ja für was haben mir dann den Wagen dabei? Willibald: Müss’ ma denn die Kugeln unbedingt mitnehmen? Hauptmann : Ja saudummer Kerl, mir können doch net mit Kartof­ feln schiassen.

Ein Räuber will die Kanonenkugeln mit einem Strick hinaufbinden was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Bis einer aufdie Idee kommt und mehrere Säcke bringt, da kommen die Kugeln hinein und nun kann man sie auf dem Wagen fahren.

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Es ist 3 Uhr morgens. Schon beginnt es zu dämmern und im Morgengrauen zieht das ganze Raubritterheer in den Kampf. Schon auf dem Weg zur Stadt soll alles mitgenommen werden was in den Weg kommt. Das Pferdegetrappel und das Wagenrollen besonders der 2 Kanonen unterbricht die Totenstille dieser einsamen Gegend. Der Hauptmann und Willibald sind zu Pferd. Plötzlich komman­ diert der Hauptmann: »Halt! Keinen Laut mehr! Bst! [«] Er schaut starr auf einen besonderen Punkt und ruft halblaut »Alles niederle­ gen! Ein Spion! Auf dem Bauch weiterkriechen!![«] Der Haupt­ mann und Willibald steigen vom Pferd und binden diese an einen Baum. Alle kriechen nun auf dem Bauch über Stock und Stein, sogar durch eine breite Pfütze führt der Weg immer in Kriechstellung, der Hauptmann hebt langsam den Kopf und kommandiert: »gebt Feuer!« Alle schiessen, der Mann ist nicht getroffen. »Saustall«!! [»]Nochmals gebt Feuer!! Niederlegen - weiterkriechen!![«] So wird weiter gekrochen bis zu dem Spion - Allgemeines Gelächter — der Spion stand noch immer ungetroffen im Felde, umgeben von hohen Kornähren, er war — eine Vogelscheuche.

Ausplünderung eines kleinen Ortes bei Berg am Laim.

Als sich die Raubritter (in Blechrüstung) an der »Vogelscheuche« ausgelacht haben, kommandiert der Hauptmann »Also Leut, denkts wieder an Euer G’schäft, auf in die nächste Ortschaft«. Das ganze Raubritterheer mit den zwei gestohlenen Kanonen zieht im Mor­ gengrauen mit Kampfeslust durch Wiesen und Felder auf das nächste Dörfchen zu. Im erstbesten Bauernhof wecken sie durch Schläge mit dem Gewehrkolben an die Haustüre die Bauersleute, , fordern dieselben auf ihnen alle Habseligkeiten auszuliefern. Der Hauptmann bedroht die Bauern mit Erschiessen im Falle einer Weigerung. Die Knechte und Mägde schleppen alles herbei, sogar lebende Tiere, Säue, Hühner, Gänse und Enten, diese werden auf die bereitstehenden Proviantwagen der Raubritter aufgeladen und : alle fahren weiter zur Plünderung des nächstehenden Bauernhofes. Ein Bauer, der durch den Lärm aufmerksam wurde, weckt seinen

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Knecht und will schlauerweise seine Habseligkeiten selbst in Sicher­ heit bringen, er befiehlt ihm mit einem Wagen an das Fenster heranzukommen und reicht ihm alles von Wert heraus, z. B. Geld­ säcke, Schinken, Würste, Schnaps etc. Mittlerweile hat einer der Raubritter das Manöver durchschaut, er läuft hinüber und kommt gerade dazu wie der Knecht die Sachen auf den Wagen auflädt. Als der Bauer vom Fenster verschwindet, nimmt der Raubritter den Knecht gefangen, zieht schnell die Jacke des Knechtes an und setzt dessen Hut auf und nimmt dem Bauern alles ab, was dieser ihm zureicht. Der Bauer, in der Meinung, dass dieser sein Knecht ist, sagt zu ihm: »So, jetzt fahr so schnell Du kannst davon.[«] Der Raubrit­ ter statt dem Knecht fährt davon. Inzwischen ist der Milchmann, der täglich früh 5 Uhr von München kommend, die Milch in diesem Ort zusammenholt, zu dem Anwesen des Bauern gekommen und sieht hinter dem Gartenzaun im Bauernhof den Knecht an einen Mauer­ vorsprung angebunden. Sofort befreit der Milchmann den Knecht aus seiner misslichen Lage und beide suchen den Bauern, aber vergebens, weil derselbe vor den Raubrittern die Flucht ergriffen hat. Der Knecht erzählt dem Milchmann das Vorgefallene. Dieser lädt seine Milchkannen auf den Wagen und macht sich eiligst auf den Weg zu dem nächsten Gehöft. Dort ankommend bemerkt [er] die Raubritterschar, welche mit grossem Lärm ihre Plünderung fortsetz[t], und weil sie Widerstand finden ein Haus anzündeft]. Der Hauptmann mahnt zum Aufbruch und gibt Befehle zum Angriff auf die Stadt. Entsetzt hört dies der Milchmann, schlägt auf sein Pferd ein und saust in rasendem Galopp der Stadt zu. Die Raubritter haben ihn zu spät bemerkt, die Kugel, die sie ihm nachschicken verfehlt ihr [Z]iel, sie trifft nur einen Milchkübel und eine weisse Spur kennzeichnet den Weg den der Milchmann auf seiner Flucht nimmt.

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Flucht des Milchmanns

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Bürgertoehr- Wachsoldat

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Nachtwachter

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Nachtwächter

Einleitung:

Bühnefinster, Vorhang hebt sich ganz langsam während des Gebetläutens Bene: (schläft im Schilderhaus)

(Gebetläuten, hierauf Petersturmmusik) Choral: »Früh mo[r]gens, wenn die Hähne krähn«

(dann Glockenschlag 6 Uhr) (Vogelgezwitscher) I. Scene. Von ferne hört man Nachtwächter blasen und singen: »Hört ihr Herrn und lasst euch sagen die Glocke am Turm hat 6 Uhr geschlagen steht auf, geht an die Arbeit, es ist sechs vorbei denn Morgenstund hat Gold im Mai hat Gold im Mai«

(bläst die brennende Laterne aus, singt und tutet wieder und geht ab).

II. Scene. (Wache, bestehend aus 2 Mann, und Trommelbub voran treten auf)

1. Soldat: Wache halt, Ablösung vor. 2. Soldat: (Geht zum Schildwachhaus) Michl: (trommelt dazu) 2. Soldat: Ja, ich glaube gleich gar, der Bene schläft. 1. Soldat: Ja, wieviel Uhr ist es denn? Michl: Jetzt ist es 6 Uhr. 1. Soldat: Der Bene wird aber doch erst um 7 Uhr abgelöst. Michl: Ja, freilich wird er erst um 7 Uhr abgelöst, das hab’ ich schon gewusst. 2. Soldat: Warum hast Du denn dann nichts gesagt? 272

Michl : Ich hab’ geglaubt, ihr werdet dann schon selber daraufkom­

men. i. Soldat: Ah, dummer Bub, dann gehen wir halt wieder hinein: (beide ab)

III. Scene. (Michl und Bene) Michl: (sieht ins Schilderhaus hinein) Ja, der schläft wirklich, der

Bene. Du, Bene - Bene - ja, gibt es denn das auch - (klopft ans Haus an) Bene: Herein. Michl : Was herein, was willst du denn, du hast ja allein keinen Platz in der Hundehütte. Mach, geh’ heraus, (zieht ihn heraus) Bene: (im Stehen weiterschlafend) Wer da? Michl: Ja, ich bin da, du kannst ja gar nicht mehr wach werden 6 Uhr ist es [.] Bene: Was, 6 Uhr ist’s - ich werd’ ja erst um 7 Uhr abgelöst (will wieder hinein) Michl: Ja, bleib’ nur da, sei froh, dass ich dich aufgeweckt hab’, wenn dich jemand gesehen hätte. Bene: Wenn ich die Augen zu hab’, seh’ ich doch nichts. Michl: Hast du denn nicht den Nachtwächter gehört, oder hast du’s Gebetläuten nicht gehört? Bene: War das auch da? Michl: Hast du denn so fest geschlafen? Bene: Ah, ich hab jetzt einen Traum gehabt, einen ganz exotischen Traum. Mir hat nämlich geträumt, ich bin eine Ente gewesen, und ich bin in einer Misdache herumgeschwommen, eine ganz schwarze Lache war’s, wie das schwarze Meer, nur nicht so gross. Und wie ich da so herumschwimme, seh’ ich schon am Rand draussen einen ganz langen Wurm, einen gelben, so gelb war er, ich bin gleich auf ihn zugeschwommen, ich hab’ mich schon gefreut drauf, aber gerad’ wie ich den Schnabel aufreiss und den Wurm schnappen will, im selben Moment musst du an’s Schilder­ haus hingeklopft haben.

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Michl: Ja, war das gerade in dem Moment, wie dir das geträumt

hat? Bene: Ja, gerad’ im selben Moment, wie ich meinen Schnabel aufreiss und den Wurm so anpacken will, hast du mich aufge­

weckt. Michl : Das ist aber schade. Wenn ich da eine Ahnung gehabt hätte, dann hätte ich dich den Wurm zuerst fressen lassen; aber das kann doch ich nicht wissen, dass du um 6 Uhr früh schon träumst. Bene: Ja, und ich kann doch nicht zu dir sagen, lass mich schlafen, weil ich gerade träume. Michl: Nun ja, es ist ja gleich, ein schöner Traum war es ja nicht. Bene: Ja, für eine Ente schon. - Für eine Ente war das sogar ein wunderbarer Traum. Für eine Ente ist das genau so, als was für dich ein Schweinebraten ist. Michl: Ja, ja, für eine Ente, aber du bist ja keine Ente. Bene: Ja, ja, aber im Traum war ich eine Ente. Michl: Aber jetzt bist du doch keine Ente mehr. Bene: Ja, jetzt bin ich freilich keine Ente mehr, aber im Traum war ich ein Mensch, der eine Ente war, die einen Wurm hätte fressen wollen. Michl: Ja, ja, das weiss ich schon, aber jetzt bist doch keine Ente mehr, das gibst doch zu. Bene: Hör’ auf mit deinem Unsinn, für solch Träume bist du doch noch zu jung, das verstehst du überhaupt nicht. Michl: Da brauchen wir doch nicht streiten. Du darfst mir ja dankbar sein, dass ich dich aufgeweckt hab’, denn wenn du den Wurm gefressen hättest, dann wäre dir jetzt höchstens recht schlecht. Bene: Einer Ente wird doch nicht schlecht von einem Wurm, verstehst denn du das nicht? Bene: Das weiss überhaupt kein Mensch, ob es einer Ente träumen kann und wenn es einer Ente wirklich träumt, das kann kein Mensch erforschen, das weiss niemand, das wäre eine zoologische Berechnung, und wenn es einer Ente wirklich träumen würde, dann könnte sie es nicht sagen. Bei einem Papagei wäre es was anderes, weil ein Papagei reden kann.

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Michl : Da sieht man’s deutlich, dass das auch ein Unsinn ist, was du

sagst, weil du vorher gesagt hast, für eine Ente wäre das ein wunderbarer Traum, und einer Ente träumt nicht. Du musst dir doch denken, dass dir das alles nur geträumt hat und da darf man doch nichts darauf geben, denn Träume sind Schäume. Bene: Das war eben kein Schaum, das war ein Wurm. Michl: Nun ja, es ist ja schon vorbei. Die Hauptsache ist, dass du jetzt keine Ente mehr bist. Jetzt bist wieder das gleiche Rindvieh, wie du es immer warst. Bene: So, Michl, jetzt ho[l]st einen Kaffe, da hast 15 Kreuzer. Michl: Wenn ich einen Kaffee hol’, dann nehm ich aber meine Trommel nicht mit. Die lass’ ich da. Bene: Ja, ist schon gut. Michl: Oder soll ich sie mitnehmen? Bene: Ja, entweder nimmst sie mit oder du lässt sie da. Da gibt es keinen goldenen Mittelweg. Michl: Wo soll ich sie denn hinstellen? Bene: Auf den Boden. Michl: Meinst, sie kommt weg? Bene: Frag’ sie. Michl: Du musst schon obacht geben darauf, dass sie ja niemand nimmt. Bene: Jetzt holst mal einen Kaffee, da hast 15 Kreuzer. Holst für mich einen Kaffee und für dich und für uns einen, also im ganzen 4 Kaffee. Michl: Ja, du meinst 2 Kaffee, einen für mich und einen für dich. Bene: Ja, und einen für uns, das sind doch 4 Kaffee. Michl: Da kenn ich mich nicht aus. Bene Jetzt hofljst mal 2 Kaffee und 4 Brot und 8 Kaffee - oder nein, holst 4 Kaffee und 4 halbe Bier. Michl: Ja, jetzt musst du dich schon einmal entschliessen dazu. Bene: Ach, weisst was, du holst, holst lieber - Bananen Michl: Ja, ist schon gut. Ich gehe einfach zur Wirtin hinüber und sag’ einen schönen Gruss von dir und du möchtest heute ausge­ rechnet Bananen, (läuft ab).

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IV. Scene. (Bene dann Girgl). Girgl : (kommtpfeifend und trägt aufder Schulter eine Fleischmulde mit

Wursten; einige Wurste hängen von der Mulde sichtbar herunter. Sieht Bene nicht, sondern geht direkt zum Fliederstrauch und riecht daran) spricht: Ach, der schöne Holler, da werde ich mir einen herunter­ reissen. Bene: Ja, dir reiss ich gleich deine Ohren ab, du Metzgerbub, da > sollst schon wissen, dass man in der Früh nicht stehlen darf. Den musst schon hängen lassen. - Weisst du nicht, wie das schöne Lied heisst: »Ueb’ immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab und reiss von den Hollerstauden kein einziges Büscheri ab.« (Während Bene das gesungen hat reisst er an den Würsten, die von der Fleischmulde herunterhängen, sich eine ganze Reihe von Würsten herunter, ohne dass Girgl es merkt und versteckt sie hinten am Rücken). Girgl: So, dann pfeif ich dir drauf, wenn du mir keinen schenkst, dann reiss ich mir halt von drüben einen herunter. Unser Herr­ gott hat ja Gott sei Dank noch mehr Hollerbäume wachsen lassen. Bene: Gut, dann reiss du ihn vom Herrgott seine Hollerbäum runter und den meinen lässt du stehen. Girgl: Jetzt kannst du mich gern haben. (Streckt ihm die Zunge heraus) (geht schnell ab, stösst aber mit Michl zusammen, der eben mit 2 Milchtöpfen und einigen Broten kommt) ;

V. Scene. (Bene und Michl) Michl: Nun, Aff, kannst nicht aufpassen? Girgl: Sieh halt auf, du dummer Bub. Michl: Sei, bitte, ja nicht so frech, sonst lauf ich dir nach und hau’ dir ein paar runter. Bene: Geh, lass ihn doch stehen, reg dich nicht auf. Michl : So, jetzt bin ich wieder da. Kaffee gibt es heute leider keinen und das Bier wird erst angezapft; jetzt hab ich für uns zwei einfach

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Milch mitgenommen, das macht doch nichtfs], das ist doch wurscht. Bene: (erschrickt) Wieso wurscht. Michl: Nun, ich sag nur, statt dem Kaffee hab ich Milch genom­ men, aber das ist doch gleich, das ist doch ganz wurscht. Bene: (Erschrickt wieder über das Wort - wurscht -.) Ja, hast du was gesehen? Michl: Wieso? Bene: Hast du das gesehen, dass ich Würste gestohlen hab! Michl: Ja, hast du Würste gestohlen? Bene: Hast du gar nichts gesehen? Michl: Nein, ich weiss überhaupt gar nicht von was du redest. Bene: Dann hast du nichts gesehen? Michl: Nein. Bene: So. (schweigt) Michl: Warum, was war denn? Bene : Der Metzgerbub war doch gerade da und hätte mir Flieder stehlen wollen und aus Dankbarkeit dafür hab ich ihm Würste gestohlen. Michl: Du hast dem Metzgerbuben Würste gestohlen? Hat er es nicht bemerkt? Bene: Ich glaube nicht. Michl: Das ist aber fein. Wieviel hast du ihm denn gestohlen? Bene: [J]a eine----------- hatte ich ihm stehlen wollen, aber wie ich angezogen hab, sind die anderen so fest darangehangen, jetzt hab ich gleich alle genommen. Michl : Wo hast du sie denn hingetan, hast du sie schon gegessen nein. Bene: Ja, so was hebt man doch nicht auf. Michl: Das ist gemein, hast mir nicht einmal eine Wurst ver­ wahrt. Bene: Nein. Michl: Ich glaub’, du lügst mich an. Nimm einmal die eine Hand vor, jetzt die andere auch, jetzt alle 2, jetzt tust einmal alle 2 Füsse auf die Höhe. Bene: (lacht) Das ist ja kindisch. Ja, freilich, dass ich aufn Arsch

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hinfalle. (Hat die Reihe von Würsten hinten zwischen den Beinen eingeklemmt). Michl: So dumm bin ich nicht, jetzt dreh’ dich einmal um, dann werden wir gleich sehen. (Packt den Bene und dreht ihn um und sieht ; hinten die Würste herunterhängen. Schreit) Ah, die vielen Würste (nimmt sie gleich zu sich) die essen wir jetzt. Bene: (Will ihm die Würste wieder nehmen) Michl: Wenn du mir die Hälfte der Würste schenkst, dann sag’ ich keinem Menschen etwas. > Bene: Ja, die Hälfte kannst haben. (Nimmt den Säbel und will von einer Wurst die Hälfte wegschneiden) Michl: Nein, nein, nicht die Hälfte von einer Wurst, sondern die Hälfte von allen Würsten möcht ich haben. Bene: Also gut, teilen wir. (Von ferne Pferdegetrampel und [Peitschenknallen.) Bene: Ah, jetzt kommt wer. Michl: Versteck schnell die Würste, (will die Würste an allen möglichen Plätzen verstecken und schiebt zum Schluss die Würste in das Kanonenloch hinein. - und macht wieder den Schieber zu. - Nehmen schnell ihre Milch töpfe und die Brote und fangen zu essen an.) VI. Scene. (Vorige - Milchmann) Milchmann: Ich kann euch gar nicht verstehen, ihr trinkt da in aller Ruhe euren Kaffee und eine Stunde ausserhalb Münchens ist alles in höchster Aufregung. - Die Raubritter stehen vor der Stadt in Berg am Laim. Bene: Und? Milchmann: Was - und? Bene:Ja - und? Milchmann: Und wollen heute die Stadt noch überfallen. Bene: Heute noch, ja, was denn für eine Stadt? Michl: Ja, unsere Stadt halt. Bene: Die gehört doch nicht uns. Michl: Dir allein freilich nicht.

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Milchmann: Ja, red’ doch nicht so saudumm daher. - Ich meine, du als Posten hast sofort die nötigen Massregeln zu ergreifen. Ihr

habt ja gar keine Ahnung, wie es in Berg am Laim ausschaut. Bene: Ja, wir waren auch nicht draussen. Milchmann: Also, Kinder, ich sage euch, zugehen tut es, das ist nicht zu beschreiben. Wie ich heute in der Frühe um /, 4 Uhr in Ramersdorf meine Pferde einspann, denk ich mir, ja, dass der Himmel heute so blutrot ist, das kann doch kein Morgenrot sein, weil es noch ganz Nacht war; nun, ich hab mir weiter nichts gedacht, spann meine Pferde ein und fahr gegen Berg am Laim zu, und wie ich so in die Nähe komme, sehe ich, dass alle Häuser brennen, Felder, Wälder, und Menschen sind herumgelaufen und schreien mir zu - in Berg am Laim sind Raubritter, die stehlen, plündern, morden, bringen alle Leute um, und wie ich in Berg am Laim einfahre, habe ich die Raubritter selber gesehen. Das sind ganz abscheuliche Gesellen, die haben alle so ein blechernes Gewand und einen blechernen Hut auf und so grosse Bärte und die Augen stehen ihnen so weit heraus, also direkt zum fürchten. Ja, und das Vieh läuft frei auf der Landstrasse herum, das kennt sich auch nicht mehr aus, ja, und den Bürgermeister von Berg am Laim sollen sie schon aufgehängt haben. Bene: Ja, der hat es schon lang gebraucht. Milchmann : Also, ich sage euch, ihr dürft es mir glauben, ich bin grad noch mit dem nackten Leben davon gekommen. Bene: Ja, warst du nackend in Berg am Laim? Milchmann: Nein, aber erwischt hätten sie mich bald. Wie mich die Raubritter gesehen haben, da wären sie auf meinen Milchwa­ gen zu; ich hab aber sofort meine Zügel angefasst, hab die Peitsche raus, hab ausgezogen, hab reingehauen...................... (Lässt die Peitsche knallen, trifft den Michl, Michl stösst dabei den Bene

heftig an, sodass derselbe seine Milch verschüttet). Michl: Au, du siehst mich ja für deine Pferde an. Milchmann: Musst schon entschuldigen, aber in der Aufregung kommt so etwas vor. - Also, Posten, jetzt lass gleich Alarm blasen, trommle die ganzen Soldaten heraus, sperrt die Stadttore zu, kümmere dich um alles, gesagt hab ich es dir.

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B e n e : Ja, das ist alles recht gut, aber ich darf in dieser Angelegenheit gar nichts unternehmen. Milchmann: Wieso? Michl: Der Bene meint, ohne dass der Hauptmann etwas befiehlt, darf er gar nichts unternehmen. Bene: Ja, das Tor darf ich erst abends um 9 Uhr zusperren, früher nicht. Milchmann: Das ist ein Unsinn, wer soll es denn sonst zusperren, du hast doch einen Schlüssel als Posten. Michl: Ja, zusperren tut schon der Bene, aber erst um 9 Uhr abends. Milchmann: Ja, da ist es aber schon zu spät, bis dahin sind die Raubritter schon da. Bene: Ja, das ist dann ihre Sache. Milchmann: Ja, seid denn ihr zwei verrückt? Bene: Das wissen wir nicht. Milchmann: Ja, wofür stehst du denn auf Wachtposten? Bene: Ja, ich geh eben mit meinem Gewehr auf und ab und sollt’ es regnen, dann stelle ich mich in das Schilderhaus hinein; wird es aber wieder schön, dann gehe ich wieder draussen auf und ab. Milchmann: Ja - und! Bene: Ja, das ist nun eben so eine Sache. Milchmann: Ja, und was tust denn du? Michl: Ja, und ich muss dem Bene Sachen holen. Milchmann: Was für Sachen? Bene: Ja, was ich nun eben so brauche, Kaffee, Bier, Schmalzler (Tabak). Michl: Und manchmal muss ich trommeln. Milchmann : Ja, könnt ihr denn den schweren Dienst machen? Bene: Ja, nun, es muss jeder sein Opfer bringen für das Vater­ land. Milchmann: So, du hast also sonst nichts zu tun als wie aufund abgehen und wenn es regnet, gehst du in das Schilderhaus und der dort muss dir deine Sachen holen, sonst habt ihr nichts zu tun, auch nicht, wenn unserm Vaterland die grösste Gefahr droht, und die Raubritter nur mehr eine Stunde vor München

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sind und in Berg am Laim ihr Unwesen treiben. - Ihr seid nette Kameraden. Bene: Tut mir leid, ohne weiteren Befehl darf ich nicht weg von meinem Posten. Michl : Ja, und ich muss immer sehen, wenn eine Hofequipage oder ein General vorbeigeht, dann muss ich es dem Bene sagen, damit der Bene die Wache herausläutet. Bene : Ja, das ist das einzige, was in meiner Macht steht, dass, wenn ein General vorbeigeht oder eine Hofequipage vorüberfährt, dann ziehe ich an der Wachglocke, dann kommt die Wache heraus, das kann ich dir zeigen. (Geht zur Glocke und läutet. ä tempo kommt Wache heraus). Wache: (Korporalkommandiert): stillgestanden, präsentiert das Ge­ wehr! (Wachespieltden Präsentiermarsch, hernach kommandiertKorporal): Gewehr bei Fuss. - (Abtritt. - Gehen wieder zurück in die Wache.) Milchmann: Ja, das ist alles recht schön, aber ich meine, du müsstest doch jetzt eine militärische Aktion treffen. Das hat doch keinen Wert, wenn du an der Glocke anziehst, die Wache kommt heraus und spielt tä-terätä. Bene : Ja, ich meine eben, weil du gesagt hast, ich habe keine Macht, die Wache kann ich jederzeit alarmieren. Michl: Ja, das hat er getan, weil du gemeint hast, dass der Bene gar nichts zu tun hat. An der Glocke darf nämlich nur der Bene anziehen. Bene : Natürlich, da kann ich läuten, so oft ich will, die Wache muss jedesmal heraus und wenn ich hundertmal im Tag läute. (Läutet wieder) (Wache kommt heraus) (Bei der Wache wiederholt sich das Gleiche) (Wache ab) Milchmann: Ihr seid die zwei grössten Rindviehcher, die ich je in meinem Leben gesehen hab. Von mir aus fressen euch die Raubritter samt Haut und Haar. Ich hab meine Pflicht getan, jetzt geht’s mich nichts mehr an. Bene : Ja, und ich hab auch mein Möglichstes getan und mehr als wie anziehen (läutet) kann ich nicht. (Wache kommt heraus - der grosse Trommler stösst den Milchmann mit der grossen Trommel beiseite) 281

Milchmann: (schimpfend ab) (Hinter der Scene Pferdegetrampel, Peit­

schenknallen, Milchmann abfahrend) (Wache geht ab, nur Korporal bleibt da) Korporal: War jemand da? Bene: Ja, der Milchmann war da. Korporal: So, und wegen dem läutest du da die Wache heraus, dass mir das nicht mehr vorkommt. Bene: Wieso, anziehen kann ich, sooft ich will. Korporal: Ja, aber nur wenn eine Obrigkeit da ist, sonst meld’ ich es dem Hauptmann, (geht ab)

VII. Scene. (Bene und Michl) Michl: Du, Bene, glaubst du das, was der Milchmann gesagt hat? Bene: Ach, der möcht’ uns nur Angst machen. Meinst’, dass ich noch an Raubritter glaub’. Es gibt keine Raubritter, keinen Osterhas, kein Christkind und durch langjähriges Studium bin ich sogar darauf gekommen, dass auch der Storch die Kinder nicht bringt. Michl: Ach, das vom Storch hätt’ ich dir schon längst sagen können. Bene : Das darfst du mir glauben, es gibt keine Raubritter, es gibt auf der Welt nur böse Menschen, und diese Raubritter, das sind eben böse Menschen. Michl: Ja, das gibt es ja doch, Raubritter. Bene: Ja, so schon, aber ich meine, keine solchen, wie der Milch­ mann gesagt hat. Michl : Nun ja, gewiss weiss man es eben nicht, aber sagen wir zum Beispiel, es täte doch Raubritter geben, würdest du dich fürchten davor? Bene: Ausgeschlossen ------------- aussejr] sie würden kommen, dann schon. Michl: Ja, dann würde ich mich auch fürchten, wenn sie kommen würden, da würde ich einfach davonlaufen.--------------------Aber das hat mich gefreut, dass sich der Korporal so geärgert hat, weil

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wir ihn heute schon viermal herausgeläutet haben. Da hat er immer eine Wut. Jetzt ziehst gerade noch einmal an, dass er sich recht ärgert. Bene: (läutet) Wache kommt. Wache ab. Korporal : (bleibt da und sagt): Warum habt ihr mich schon wieder herausgeläutet? War jemand da? Michl: Ja, der Milchmann. Korporal: Der war doch schon vorher da. Michl: Das ist uns aber jetzt wieder eingefallen. Korporal: (schimpft für sich und geht ab) Michl u. Bene: lachen. Bene : Jetzt ärgert er sich, aber er kann ja nichts machen. So oft ich läute, muss er einfach raus. Der hat sonst auch nichts zu tun. VIII. Scene. (Vorige - Aktuar) Aktuar: Schönen guten Morgen, meine Lieben. Beide: Guten Morgen Herr Aktuar. Aktuar: Ei der Teufel, was ist denn heute in aller Frühe schon los? Trommelmusik, Radau, was hat denn das zu bedeuten? Beide: Ja, wissen Sie das noch gar nicht, Herr Aktuar? Bene: Der Milchmann war gerade da und hat uns erzählt--------München steht vor einer grossen Gefahr, Raubritter stehen vor München und wollen die Stadt überfallen und seit heute Morgen ist Berg am Laim nur mehr eine Stunde von München entfernt. Aktuar: Aber Berg am Laim ist doch seit seinem Bestehen eine Stunde von München entfernt. Bene: Nein, erst seit heute in der Frühe. Aktuar: Aber das ist doch ein Unsinn. Bene: Aber der Milchmann hat es doch selber gesehen. Er war eigens draussen. Die Raubritter sind draussen und bringen alles

um. Aktuar: Das ist ja furchtbar, da muss ich mich niedersetzen.

Erzählt mir nur gleich. Michl: [Ja, der Milchmann bringt doch jeden Tag die Milch in die

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Stadt. Und wie er heut mit seinem Milchwagen durchs Dorf gefahren ist, haben ihn die Räuber gesehen, sind ihm nachgeritten u. hätten ihn ausrauben wollen, aber der Milchmann ist im Galopp davon u. die Räuber haben ihn nicht mehr erreicht.] Aktuar: Erzählt weiter. Michl: Ja also wie der Milchmann umgeschaut hat, hat er gesehen, dass schon fast alle Häuser brennen in Kirchberg und dass die Raubritter alle Leute umgebracht haben und niemand wagt sich mehr auf die Strasse hinauszugehen, weil schon alle tot waren. Aktuar: Genug, genug, das ist ja furchtbar. Spe[r]rt nur gleich alle Tore zu[,] alarmiert die Bürgerwehr und geht sofort an eure Arbeit. Bene : Ja, Herr Aktuar, in diesem Falle kann ich eigentlich gar nichts unternehmen, das habe ich dem Milchmann schon gesagt. Aktuar: Aber er kann doch zum Hauptmann gehen und kann ihm die ganze Sache unterbreiten. Bene : Ja, ich darf doch nicht Weggehen von meinem Posten, da kann um mich rum vorkommen, was will, ich darf meinen Posten hier nicht verlassen. Aktuar: Dann schick er doch den Kleinen zum Hauptmann. Bene: Der kann nicht weg, der muss mir meine Sachen holen. Aktuar: Ja, wann kommt denn der Hauptmann? Bene: Der kommt heute später, der muss beim Faberbräu drüben den Hausgang ausweissen, da wird es wahrscheinlich heute ■/> io-io Uhr werden bis er kommt. Aktuar: Bis dahin wird es aber zu spät werden. Bene: Es kommt eben darauf an, ob die Raubritter eher kommen oder der Hauptmann. Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst. Aktuar: Aber das hat doch gar keinen Wert, es muss doch etwas unternommen werden, die Raubritter können ja in einer Stunde vielleicht schon da sein. Michl: Ja, die kommen sicher, da können wir uns darauf verlassen, hat der Milchmann gesagt. Aktuar : Ja, aber wenn unserer Vaterstadt eine solche Gefahr droht, dann kann er doch seine Befugnisse überschreiten. Bene: Ja, also das Einzige, was ich tun kann, das ist, die Wache 284

herausläuten, das kann ich Ihnen ja einmal zeigen. - (läutet) (Wache kommt heraus) (Wache ab) Aktuar: Ihr seid zwei richtige Idioten, dass [ihr] es wisst. Bene: Das hat der Milchmann auch gesagt. Aktuar : Stellt euch doch einmal vor, wenn die Raubritter kommen, die rauben, morden, plündern, stehlen. Michl: Ja, das ist uns selbst so unangenehm, dass die Raubritter kommen. Aktuar: Folglich muss etwas unternommen werden, denn die Raubritter nehmen keine Rücksicht, die schrecken vor nichts zurück, die nehmen sogar Weib und Kind mit. Bene: Ja, die meine dürfen sie schon mitnehmen, da bin ich ihnen sogar dankbar. Aktuar: Sagt mir, wo ist denn der Hauptmann zurzeit? Michl: Der ist jetzt in seiner Schusterwerkstätte. Aktuar : Wisst ihr was, dann gehe ich jetzt persönlich zum Haupt­ mann und melde ihm die Sache, (geht zum Hauptmann - Schusterwerkstätte) Nachdem der Herr Aktuar vom Wachtposten Bene und dem Trom­ melbuben Michel alles über den geplanten Raubüberfall erfahren hat, verlässt der Aktuar den Platz vor der Wache und geht zum Her[r]n Hauptmann, der im Schmidgässchen, in der Nähe des Isartores wohnt. Man sieht, wie er von verschiedenen Leuten ange­ sprochen wird, auch geht er in einen Laden um seine Schnupftabak­ dose frisch füllen zu lassen, wo auch eine längere privatime Unter­ haltung stattfindet. Der Aktuar ist ein alter Herr und da Alter bekanntlich nicht vor Torheit schützt, kneift er manches hübsche Kind über 16 Jahre in die Backe. Kurzum sein Nachrichtendienst ist nicht so, wie er sein soll. Inzwischen haben Bene und Michel auf der Wache doch Gewissensbisse bekommen, ob das den Herrn Aktuar nicht beleidigt hat, dass sie ihn ohne Begleitung gehen liessen, deshalb sagt Bene: »Geh Michel, lauf schnell dem Herrn Aktuar nach und führ ihn zu Dei’m Moa[s]ter, lass Dei Trommel da, wenns was is, trommelt i halt selber. Geh zua, dass ’s noch vor’m Herrn Aktuar nüber kimmst.f«] 285

Michel: (läuft ohne Trommel davon, man sieht ihn durch mehrere

kleine Gässchen laufen, durch welche später auch der Herr Aktuar geht[J er kommt zum Schusterladen, öffnet die Türe, Meister sitzt gerade bei der Arbeit, schaut über die Brille den Buben an) Michel: Is er no net da? Meister: Wer? Michel: Der Herr Aktuarf.] Meister: I hab’n net g’sehn[.] Michel: Der muss ja da sein[.] Meister: Der is net da, jetzt hältst Dei Maul und schaugst dass de Stiefel fertig werd’nj.J Michel: War er wirklich net da, der Herr Aktuar, i und der Bene mir hab’n ihn zu Ihna rüberg’schickt, weil er Ihna dös von die Raubritter------Meister: Hältst jetzt augenblicklich Dei Papp’n! Michel: Raubritt — (wird immer wenn er Raubritter sagen will unterbroche[n]) Meister: (nimmt Papiermass und haut ihm eine auf den Kopf[)] Michel: (weint, unverständliches Gemurmel) Meister : (haut ihn nochmal aufden Kopf) Du [wjoasst doch, dass die Stiefel fiir’n Bäckermoaster fertig werd’n müss’n, i muass doch jetzt zum Bader zum rasiern, weil um io Uhr mei Braut kommt. Michel: Wissen’s Moaster, dös kann i net versteh’n, dass Sie jetzt wirklich nochmal heiraten woll’n, meinen Sie denn, dass auf die Heiratsannonce wirklich eine kommt? Meister: O mei, Michel, red doch net, wenn’st nix verstehst. Gestern hab i doch schon a Brieferi kriegt, da schau her (zieht Brief aus der Tasche und liest) Sehr geehrter Herr Meister! Ich werde Sie morgen vormittag gegen 9 Uhr besuchen. Hochachtungsvoll Natalie Butzig Beamtenstochter. Michel: Was, eine Beamtenstochter will eahna heirat’n, ja hat eahna denn dö schon g’sehn? Meister: Na, dös net Michel: Ja nacha! Aktuar: (kommt herein in den Laden) Guten Morgen, Herr Haupt­ mann! 286

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Aktuar beim Hauptmann (Schustermeister)

Meister: Guten Morgen, Herr Aktuar, was gibt’s Neues? Aktuar: Ich habe wohl etwas Neues für Sie, es wundert mich aber kolossal, dass ich als Privatmann dem Hauptmann erst mitteilen muss, dass unserer Stadt eine grosse Gefahr droht wie ich eben von der Wache erfahren habe und zwar von dem Posten. Es treibt sich in der Nähe Münchens eine Raubritterbande herum und das wundert mich eben, dass Sie noch gar nichts davon wissen. Meister: Ja wer hat denn das g’sagt? Aktuar: Der Posten am Isartor[.J Hauptm.: Ah der dumme Teufe, das hat ihm höchstens geträumt. Aktuar: Nein, das stimmt alles, ein Milchmann ist von Berg am Laim gekommen und der hat die Raubritter entdeckt, 200 Raub­ ritter sollen es sein. Hauptm.: Ja was ist denn dös? Was tun wir denn da? Aktuar : Das müssen doch Sie wissen was da zu tun ist, da heisst es nicht lange überlegen, sondern zugreifen. Hauptm.: Da kann ich gar nichts machen, denn ich kann ohne höheren Befehl nichts anfangen, ich kann nur das tun, was mir der

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Herr Major befiehlt und der hat mir von der Geschichte noch gar nichts erzählt, das ist komisch - weiss es der Polizeidiener schon? Aktuar: Ja da fragen Sie mich zuviel, das ist doch schliesslich auch ganz gleich. Der Milchmann weiss es, der Posten weiss, Sie wissen es jetzt, Ihr Lehrbub weiss es .... Michel: Ja ich sag nichts. Hauptm.: Rindviech, das darfst Du ja wissen].] Aktuar: Ich denke eben, Sie müssen sofort den Herrn Major davon in Kenntnis setzen. Hauptm.: Ich?... Das geht doch mich nichts an, das ist doch Sache des Majors. Da geh ich zum Major hinüber und sag’s ihm. Aktuar: Das ist aber höchste Zeit dass Sie das tun, das ist ihre Pflicht. Adieu! (geht aus dem Laden) Hauptm.: So Michel i geh jetzt zum Herrn Major nüber, soll inzwischen meine zukünftige Braut kommen, so sagst ihr ich bin nicht da[.] Michel: Dös is ja a Schmarrn Moaster, dös brauch i ihr doch net sag’n, dös sieht’s ja selberf.] Meister: Dummer Bua dummer, Du woasst doch net, ob meine zukünftige Braut net kurzsichtig is. Michel: Wenns net da san, dann siechts eahna net, obs jetzt kurzsichtig is oder net. Meister: Also, wenns kommt, dann sagst einfach, sie [sjoll warten. Michel: Auf wen? Meister: Auf mi, Rindviech! (will abgehen) Michel: San Sie a Rindviech? Also Pfiiat God, alter Prior[.] Meister: Das dürft ich noch g’hört ham - wer is a alter Prior? [Michel:] Wer hat’n dös gsagt? Meister: Du - ich habs deutlich ghört[.] [Michel:] Uh das is gar nicht wahr, ich hab gsagt alter Tenor! Meister: Ich hab Prior verstanden].] [Michel:] Na, sie sind doch schon 25 Jahre im Gsangverein und weils so schön singen können, hab i gsagt Tenor, dös werd i wohl no sagn derfa. Meister: No freilich, na hab ichs falsch verstanden. Also pfüt di Gott mach mir keine Dummheiten. 288

[Michel:] (bohrt in der Nase) Meister: Hörst glei auf! [Michel :] [(] Wirft ihm aus der Hand was ins Auge davon) Habn scho

troffa! Meister: Lausbua, warum schneuzst dich denn net? [Michel:] Weil ma koa Sacktüchl mehr ham. Meister: Wo san dann unsere Sacktüchl alle? [Michel :] Mir ham blos mehr 2 ghabt - und da hab i eahna a Hemd machen müssen davon. Meister : Dös derfst doch net alle Leut erzähln - also jetzt geh i (ah) [Michel:] Ja schleich dich - schiarlicher Ratze[.] Meister: Jetzt kommst mir aber nimmer aus - jetzt hab ichs deutlich ghört, du hast gsagt zu mir Ratzef.] [Michel:] Nein i hab gsagt, ja wo is denn wieder unsere Katze - dö siech i scho 14 Tag nimmer. Meister: Dummer Kerl, woasst nimmer, dass ma vor 14 Tag a Gansjung ghabt ham, da ham mas neighaut. [Michel:] Ah dös hab i vergessen. Meister: Jetzt hab i aber höchste Zeit - führ dich anständig auf,

pfüat di Gott derweil (ab) [Michel:] Ja schleich di amal alter Aff. Meister: Aber jetzt gibts keine Ausred mehr - jetzt werd i dein Lebenslauf kürzen - wer is a alter Aff? [Michel:] Dös hab i gar net gsagt. Meister: Ruhe, halts Maul! Du hast gsagt alter Aff[.] [Michel:] Nein, auf Ehr und Seligkeit! Der Teufel soll eahna holn - a mi! Sie hörn so schlecht und drum hab i gsagt, da bin i ganz

baff. Meister : Wo nur der Kerl dö Ausreden her hat, baff hast gsagt, net Aff? [Michel:] Dös trauert i mir gar net sagn zu eahna, aber sie hörn so schlecht Moaster, gengas doch amal zu an Doktor - oder gengas am Feuerhaus vorbei und lassens eahna mit’n Hydranten d’

Ohrwascheln ausspritzen. Meister: Jetzt wer i Dir glei oane wischen dir [Michel:] Ich hab blos an komischen Gschpass machen wolln. 289

Meister: Unterlass deine Gschpass - arbeit lieber is gscheiter -

aber i derf eahm ja nichts toa, sonst verpatzt er mir alles - also mach dei Sach guat (ab) [Michel:] So jetzt is er endlich amal drauss - o mei, der Mo is ja so ; dumm, dem kann ma erzähln was ma mag - und jetzt is er ganz damisch worn jetzt bildet er sich ein, dass ihm eine Beamtentoch­ ter was will - das kann scho möglich sein, dass dös oane is, dös im Spital scho nausgschmissn ham, wegen Altersschwäche. Natalie Butzig: Grüss Gott[.] . [Michel:] Grüss Gott Fräulein, was möchtens denn? Natalie : Ich werde wahrscheinlich schon erwartet - denn ich habe eine Karte geschrieben, mein Name ist Natalie Butzig[.] [Michel:] Jessmarandjosef - gibts dös a? Sind Sie dö Beamtens­ tochter? Natalie: Natürlich^] [Michel:] Ja - i bin ganz sprachlos - dö will unseren Moa[s]ter heiraten? Dös is ja net zum glaubn[.] Natalie: Sind Sie vielleicht der Meister? [Michel:] Na i bin blos der Vorarbeiter - sie sind aber zu früh gekommen, der Meister ist leider nicht zuheim, der is wegen ihna zum Baden gangen. - Film zeigt, wie Hauptmann beim Major eintritt. Natalie: Wieso meinetwegen? [Michel:] Weil er scho so lang nimmer war[.] Natalie: Das ist ein gelungener Menschf.] [Michel:] Ja weil sie die Karte geschrieben ham und da hat er sich geniert, jetzt ist er fortgegangen. Natalie: Ja das war ja der Zweck meiner Karte, dass ich ihren Meister hier vorfinde, meine Zeit ist beschränkt, denn in 14 Tagen ist meine Hochzeit und ich brauche doch auch dazu meine Brautschuhe. [Michel:] Was in 14 Tagen wollen sie schon heiraten, da werd aber der Moaster schaun. Natalie: Da gibts gar nichts zu schauen, wenn er keine Lust hat, gehe ich einfach zu einem anderen Schuster. [Michel:] Jetzt kenn i mi gar nimmer aus - ah, de fliagt blos auf

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d’Schuster, da muass i mi a bisserl einschmeicheln. Also Fräulein da Moasta hat gsagt an schöna Gruass und sie solln eahna a bisserl niedersetzen - ja sagns amal Fräulein, sie san so a saubers Madel ham denn sie gar koan andern gfunden zum heiraten - graust’s eahna denn net vor dem alten Uhu? Natalie: Erlauben Sie - bis jetzt hat mir noch jeder Mensch gratuliert zu meinem Eduard - und ausgerechnet Sie wollen mich bedauern[.J [Michel:] Wieso Eduard — da sieht ma wie der lüagt der hoasst ja Florian. Natalie: Sie werden mir kaum zu sagen brauchen wie mein Bräutigam heisst. [Michel :] Den kenn i aber a bisserl besser wie Sie - den Zigeuner aber i kann mir schon denken, warum sie so verliabt san, sie moana wahrscheinlich dass der recht viel Geld hat, da wems aber ausrut­ schen wissens was der hat - einen Dreck hat er - Schulden hat der in der ganzen Nachbarschaft, daß der Welt [ungleich ist.] Natalie : Mein Bräutigam braucht kein Geld - denn ich bekomme 40.000 RM[.] [Michel:] Was 40.000 Mark, was tean sie mit dem Haufa Geld? Natalie: Wir haben uns das so gedacht, wir kaufen uns in Gar­ misch oder Oberstdorf ein kleines Gut, betreiben etwas Ackerbau und Viehzucht [Michel:] Viehzucht - ja da passt er dazu[.] Natalie : Oh er ist ja so tierliebend - und mein Mann braucht etwas Unterhaltung, wir werden glücklich sein wie 2 Turteltauben[.] [Michel:] So ist’s recht, mit dem alten Tauberer[.] Natalie: (lacht) [Michel:] Wissens mi gehts ja nichts an, aber weils ma direkt leid tun, aber wenn sie so viel Geld ham - dann schenkens’n doch her, packas mich z’samm, dann fahr’n ma nach Garmisch und i führ ihna auf d’Zugspitz nauf (wird zärtlich) Natalie: Was erlauben Sie sich[.] Meister: (tritt ein) Natalie: Gott sei Dank dass jemand kommt[.] Meister: Was is’n da los? 291

[Michel:] Meister gehns her, dös is dö Natalie Butzig, de is ganz verliabt in eahna - in 14 Tag wills scho heiraten und 40.000 Mark hats, dös ghört uns 3 - und in Garmisch kaufts eine Sommerfri­ sche mit Ochsen und Rindviecher und sie komma auch drunter nei. Meister: Dös is recht - Griiss Gottf.J Natalie: Sie sind sicher der Meister Kneip selbst[.] Meister: Jawohl Fri.Naphtaline - ich hab ihre Karte erhaltenf.] Natalie: Dann wollen wir gleich zur Hauptsache übergehen wollen Sie mir bitte Mass nehmen. Meister: Ja - a Mass[.J [Michel:] Nein, das Mass für den Brautschuh[.] Natalie: Nehmen Sie bitte das beste Glacé (zieht einen Schuh aus) Meister: [Michel], dös Fuasserl schau o, ahhh[.] [Michel:] Dö san schön - aber unser Moasterin hat glei solche Trittling ghabt - dö wenn in der Früh barfuss durchs Zimmer ganga is, dann hats to, als wenn ma an Pfannkuchen auf n Boden hinhaut. Meister: Halts Maul - (misst bis zum Knie) Natalie: Erlauben Sie, ich will doch keine Wasserschuhe[.] [Michel:] Dös kann der net, dös mach eahna ich - ich war in der Fachschule (schaut untern Rock) Ah, dö hat a blaus Hemd an[.] Natalie: (steht auf) Meister: Jetzt kommt die Hauptsache - jetzt geb ich ihr den Verlobungskuss. Innigstgeliebte Natalie - komm her und gib mir einen herzhaften Verlobungskuss. Natalie: Was wollen Sie — hier haben sie einen Verlobungskuss (Ohrfeige) das muss mir passieren, mir einer Beamtenstochter. Ich bin sprachlos, so eine Unverschämtheit^] Meister: (geht weg) [Michel:] Hat ihna dö jetzt eine neighaut? Wie kommt denn dö dazua? Ja wia ham mas denn da? Sie schaug o - dö ganz ander. Dem Mo tean sie nix - der hat Schlag gnua kriagt von seiner ersten Frau Meister: Reg di net auf Bua, du bist in koaner Krankenkasse wenns dir oane neihaut muass i di ham[.J

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[Michel:] Dös is mir wurscht, teans fei ja net koppen da herin[.] Natalie: Mit ihnen hab ich gar nichts zu tun[.J Meister: Ruhe sie haben uns beleidigt. [Michel:] Jawohl lassens ihna nichts gfalln Meister - sonst gehts

ihna wie bei der andern Frau - dö kratzt eahna d’Augn aus - das ist eine Xanthippe und wenns ihnen wieder ins Gsicht neilangen will, dann hau ichs mit Papier so auf d’Hand nauf, dass ihna nichts mehr toa kann. Meister : (schimpft Natalie - diese streitet mit ihm und langt ihm dabei immer mit den Händen ins Gesicht, wobei [Michel] jedesmal den Meister mit Papierstreifen auf Kopf Gesicht und Hand schlägt) Schauns dass naus kommen! [Michel:] Schluss is - mir wolln von ihnen nichts mehr wissen Meister: Hinaus sag ich! Natalie: Sie brauchen mich nicht hinauszuwerfen, ich geh schon von selbst. Ich komme da ahnungslos herein, um mir meine Brautschuhe anmessen zu lassen, weil ich in 14 Tagen mit dem Regierungsassesor Meier Hochzeit habe und muss eine solche Scene hier erleben, werde von Ihnen beleidigt - na warten sie nur, mein Bräutigam wird das Weitere veranlassen - das haben sie zum letzten mal so gemacht, sie werden an mich denken - so ein Affentheater - das ist ja ein Narrenhaus hier (geht schimpfend ab) Beide: (sehen sich an) Meister: Ja dös is ja gar net mei Braut, na wart nur du Hundskrüppe - bleib stehn dass i dich triff [Michel:] Da konn i a nix dafür, sie ham gsagt dass dös eahna Braut is Meister: Stad sei sag i - du bist Schuld an allem, jetzt is Braut hi und ’s Geld hi und ’s ganze Gschäft is a hi und di muss i morgen freisprechen. [Michel:] Dös werd scho wieder Moaster, von morgen ab über­ nimm i ’s Gschäft na kommt a anderer Schwung nei - und sie wenn wollen, könnas allweil no mein Lehrbubn machen, (haut ihn vom Stuhl hinunter)

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Hauptmann beim Major

Bild Nr [26] Hauptmann beim Herrn Major Biedermeierzimmer Major: (sitzt mit seinen Freunden beim Tarock) Hauptmann: (kommt herein) Grüss Gott, meine Herren, griiss Gott, Major, lass dich nicht stören, ich habe dir nur eine grosse

Neuigkeit zu berichten. Major: (ist aber mit seinen Freunden so in den Tarock vertieft, dass er auf

das Gespräch des Hauptmanns kaum hört, nur hie und da, wenn ihn der Hauptmann etwas fragt gibt er ihm eine flüchtige interesselose Antwort.[)] Hauptmann : (z. B.) Du Major, pass doch auf, was ich dir sag. Ein Milchmann ist in Berg am Laim draussen gewesen und hat eine Räuberbande gesehen, nachher ist er in die Stadt hereingefahren und hat es gleich dem Posten erzählt und der hat gesagt, das geht ihn nichts an, dann ist der Aktuar dahergekommen und der hat’s auch erfahren und ist gleich zu mir gekommen und hat gemeint,

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ich soll da gleich die nötigen Massnahmen treffen. Ja, sag’ ich, zum Aktuar, da kann ich leider nichts machen, da muss ich schon zuerst dich fragen, was du zu der ganzen Geschichte sagst. Major: Ich pass! Hauptmann: Was sagst du? Major: Ich pass! Ich hab ja nichts wie lauter Spatzen, mit den Karten kann man doch nicht spielen. (Major hat nämlich vor lauter Kartenspielbegeisterung die Erzählung des Hauptmanns gar nicht gehört) Hauptmann : (erzählt immer wieder und bringt es zum Schluss doch soweit, dass der Major zum General geht). Major: Was ist eigentlich los? Raubritter sind da. Hauptmann: Nun ja, kommen erst. Major: Um wieviel Uhr? Hauptmann : Du sollst gleich das ganze Militär mobil machen, dass sie gleich die Stadttore besetzen. Major: Ich???? Das geht doch mich nichts an, das ist doch Sache des Generals. Da geh ich sofort zum General herüber und sag’s ihm. Hauptmann: Höchste Zeit, das ist deine Pflicht. - Adieu!

Bild Nr [27] Major beim General. Major: Guten Tag, Herr General! General : (hat gerade mit seiner Gattin einen furchtbaren Streit wegen

der Köchin.) Frau General: Schäm dich Eugen, du als General der Infanterie küsst in der Küche die Köchin, das ist beschämend, pfui, dreimal pfui!!! General : Gut, ich gesteh’s, ich habe sie geküsst — aber was hat das mit der Infanterie zu tun, wäre ich General der Artillerie, hätte ich es vielleicht auch getan. Major: Herr General, mir ist es furchtbar peinlich, dass ich gerade zu einer Familienzwistigkeit gekommen bin, aber ich muss Ihnen trotzdem pflichtgemäss Mitteilung machen, Raubritter wollen unsere Stadt überfallen. 295

r-

91 Major beim General General: Was hat das mit meiner Köchin zu tun? 25 Major: Gar nichts, Herr General, ich kam nur zu Ihnen um die Sache zu melden und Ihren Rat zu hören, was da zu tun ist. Frau General: Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen? General: Das ist ja skandalös! Frau General: Ja, wenn du es nur selbst einsiehst. 30 General: Was sehe ich selbst ein? Frau General: Dass sich das für einen General nicht schickt, dass er eine Köchin küsst. General : Unsinn, ich meine doch nicht die Köchin, ich meine es ist skandalös, dass die Raubritter unsere Stadt überfallen wollen 35 (zum Major) nun ja, gar so schrecklich ist das nicht. Major: Herr General, ich finde das ist das Furchtbarste.......

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General: Was? Das ist das Furchtbarste, wenn man eine Köchin

küsst. Major: Nein! Herr General, ich meine, wenn Raubritter die Stadt überfallen würden. General: Ach so, Sie meinen die Raubritter? 5 Frau General: Siehst du Eugen, der Herr Major findet es auch furchtbar. General : (ganz in der Verwirrung) Nein! Der Major meint ja, es ist furchtbar, wenn die Köchin die Raubritter küsst - ach - wenn die Raubritter die Köchin überfallen - ich bin schon ganz verrückt, 10 wenn die Köchin die Stadt überfallt. Major: Beruhigen Sie sich doch, Herr General, Sie sind zu erregt, trinken Sie eine Tasse Baldriantee und alles wird wieder gut.

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General beim Kriegsminister

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General: Glauben Sie, wenn ich Baldriantee trinke, dass dann die Raubritter nicht kommen? Major: Nein, ich meine, Ihre Nerven werden wieder gut, Herr General. 5 General: Meine Nerven - an meinen Nerven fehlt mir doch nichts, mir fehlt nur die Köchin - ach - mir fehlt nur der häusliche Friede, da fehlt’s mir, ich muss an die frische Luft, ich muss mir

Luft machen, ah! Major: Sie brauchen sich keine Luft machen, Herr General, komio men Sie mit heraus, die ist schon draussen (zieht seinen Mantel an) General: Ich gehe gleich hinüber zum Minister und spreche mit dem, was in diesem Fall zu tun ist. Major: Herr General, das würde ich ihm gar nicht erst sagen, der wird lachen, wenn sie ihm sagen, dass sie die Köchin geküsst r5 haben. General: (brüllt): Sie Ochse, dass die Raubritter kommen, will ich ihm sagen. Im übrigen geht mich ja die Sache gar nichts an, das ist doch Sache des Kriegsministers, zu dem gehe ich sofort hinüber, und werde ihm Bericht erstatten von diesen Mitteilungen. 20 Major: Tun Sie das, Herr General, höchste Zeit!

Bild Nr. [28] General beim Kriegsminister. 25 Kriegsminister ein sehr schwerhöriger Mann mit Hörrohr. General: (tritt ein) Guten Tag, Herr von Opelheim. Kriegsm.: Guten Tag, Herr General, was verschafft mir das Ver­ gnügen? 30 General: Vergnügen keineswegs, traurige Sache. Minister: So, so (lacht) hehehe. General : Ein Raubritterkonzern hat sich vor der Stadt etabliert... Minister: Wie? General: e - ta - bliert. 35 Minister: Sie haben sich geirrt? General : Raubritter stehen vor der Stadt.

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Minister: So, stehen vor der Stadt, die sollen sich setzen, sonst

werden sie ja so müde. General: Herr Minister, machen Spass, es ist aber eine ernste

Sache. Minister: Ja, ja, das kann schon sein, aber was habe ich damit zu s

tun, das ist doch Sache seiner Majestät des Herzogs. General: Der Herzog ist da machtlos, es sind über 2000 Personen

bis an die Zähne bewaffnet. Minister: Weiss seine herzogliche Hoheit schon von der Sache? General: Nein, ich denke der Herr Minister müssten es Seiner 10 Hoheit dem Herzog vortragen und zwar ist es sehr eilig, das ganze Heer steht schon in Kirchberg und plant heute Nacht den Ueberfall. Minister: Heute Nacht schon, da ist es ja höchste Zeit. Schnell meinen Mantel und Zylinder und meinen Wagen, damit ich so 15 schnell wie möglich zum Herzog komme.

Bild Nr. [2p] Kriegsminister bei Herzog Philipp dem Blassen. 20

Minister: Herzogliche Hoheit, meine Wenigkeit erlaubt sich untertänigst, ergebenst die schreckliche Kunde zu unterbreiten, dass unserer Stadt gegenwärtig grosse Gefahr droht. Herzog: Sa, so! Was ist das für eine Gefahr, wenn ich so fragen darf, eine gefährliche Gefahr oder eine ungefährliche Gefahr? 25 Frau Herzogin: Köstlich! Minister: Eine nicht ungefährliche Gefahr. Herzog: Eine nicht ungefährliche Gefahr (studiert) eine - nicht ungefährliche Gefahr - das ist also dann doch eine Gefahr. Herzogin: Köstlich! 3o Herzog: In was besteht diese Gefahr? Minister: Ein Raubritterheer steht in der Nähe und gedenkt unsere Stadt zu überfallen, zu plündern und zu morden. Herzogin: Köstlich! Herzog: (zur Herzogin) Waaaas? Du sagst köstlich, wenn sie uns 3S morden wollen?

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30

35

Kriegsminister hei Herzog Philipp dem Blassen

Herzogin: Dann eben UnköstXich! Minister: Was gedenken Herzogliche Hoheit zu tun? Herzog: Jaa, das ist ja schauderhaft, ttttt, so eine freche Gesell­ schaft, ja, was werden denn da meine Minister zu der Sache sagen? Minister: Ja, die werden, wenn es Hoheit für gut befindet, sofort eine Sitzung einberufen. Herzogin: Köstlich!

300

Herzog: Was meinst Du? Herzogin: Ich sage köstlich! Herzog: Ja, ja, ich gedenke diese Angelegenheit sofort in die Hand zu nehmen, bevor es zu spät ist - wie spät ist es denn eigendich schon? Minister: -/> n Uhr Hoheit! Herzog: Ist das möglich? Herzogin: Kösdich. Herzog : Also, Herr Baron von Opelheim gehen Sie jetzt und rufen Sie den Kriegsrat zusammen, so schnell als möglich, dieser Bande

werden wir schon einheizen. Herzogin: Kösdich!

Bild Nr [30] Der Kriegsrat tritt zusammen. In einem grossen Sitzungssaale sitzen alle Minister beisammen, der Kriegsminister eröffnet die Sitzung. Kriegsminister: Meine Herren Minister - Eine schaurige Kunde durchzieht seit einigen Tagen unsere geliebte Vaterstadt, das Gerücht, Raubritter stehen vor München, hat sich leider bestä­ tigt. Ein Milchmann, der von Berg am Laim kam, hat uns die Schreckensnachricht überbracht. Minister Opelheim war gestern schon zur Audienz bei seiner herzoglichen Hoheit geladen. Bei der Audienz waren auch Ihre herzogliche Hoheit anwesend. -

Seine herzogliche Hoheit meinte, es müssten sofort alle Minister zusammentreten, um ein Kriegskomite zu bilden. An diese Mei­ nung Seiner herzoglichen Hoheit schloss sich auch die Meinung Ihrer herzoglichen Hoheit. Wenn Seine Herzogliche Hoheit und Ihre herzogliche Hoheit davon überzeugt sind, dass ein Minister­ rat in dieser Angelegenheit seiner Meinung Ausdruck verleiht, so stimmt unsere Meinung mit der Meinung Seiner herzoglichen Hoheit und Ihrer herzoglichen Hoheit vollständig überein. Seinerzeit, als die Raubritter das letzte Mal hier hausten, war seine Herzogliche Hoheit sehr erzürnt, denn in ihrer Höhle wurden 301

94 Kriegsratsitzung sogar Gegenstände aus der herzoglichen Residenz gefunden. Seine Herzogliche Hoheit und Ihre herzogliche Hoheit verlange[n], dass die ganze Bürgerwehr mobil gemacht wird und in kürzester Bälde gegen den Feind ausrückt. Das Kriegsprotokoll ist von Seiner herzoglichen Hoheit bereits unterzeichnet. Die Sitzung ist beendet, (ab)

Bild Nr. [31] Zwei Klatschweiber klatschen über die Kriegsereignisse. Frau Radlmeier: Was sagen Sie, Frau Gmeinwieser, hab’n Sie’s

schon gehört? Frau Gmeinwieser: Was denn? Fr. Radlmeier: Sie wissen noch gar nichts? Fr. Gmeinwieser: Kein Sterbenswort! Fr. Radlmeier: Mein, Gott, die ganze Stadt ist schon in heller Aufregung, Raubritter stehen vor München und wollen die Stadt

überfallen. 302

Fr. Gmeinwieser: O du heilige Dreifaltigkeit, wann kommen sie

denn schon? Fr. Radlmeier: Ja, mobil ist ja schon gemacht. Fr. Gmeinwieser: Wer? Fr. Radlmeier: Mobil, grad komm ich vom Marienplatz her, da geht’s zu, sag ich Ihnen, Frau Gmeinwieser, der ganze Marienplatz ist voller Menschen und voller Militär. Am Petersturm haben die Sturmglocken schon geläutet. Ein paar Raubritter sollen schon als Frauenzimmer verkleidet in der Stadt herumlaufen, und das Brunnenwasser sollen sie schon vergiftet haben, ja, ja....... Fr. Gmeinwieser: Was Sie nicht sagen! Fr. Radlmeier: Und seine herzogliche Hoheit der Herzog und die Frau Herzogin sollen ganz aufgeregt sein - ja, gewiss ist es wahr... Fr. Gmeinwieser: Das lässt sich denken, o mein, o mein, was soll das noch werden usw.

IX. Scene. (Vorige und Polizeidiener) Polizeidiener: Trommlerbub, schlag Alarm! Michl: Was ist denn? Polizeid.: Das werdet ihr gleich hören. Michl: Das ist wegen der Würste (trommelt) Polizeid .: Der Kriegsrat gibt hiermit kund und zu wissen, dass eine

Raubritterbande von Ramersdorf her im Anzuge ist. Desset­ halben [gibt] der Kriegsrat, der, wie immer, um das leibliche Wohl seiner Bürger besorgt ist, folgende Massregeln kund. (läutet) i. Gemäss §333/ des herzoglichen Bürgerschutzgesetzes sind von heute ab die Stadttore um den Glockenschlag 9 Uhr auf der Nacht zu schliessen, fest zu verrammeln und bleiben also bis in der Früh um 7 Uhr geschlossen, allwo sie wieder aufgetan werden, (läuten) 2. Ein jeder Bürger soll, was er an Wehr und Waffen hat, fein säuberlich putzen, scharf schleifen, Kugeln nicht vergessen und für alle Fälle bereit halten. (Läuten) 3. Bürger, die Posten stehen, dürfen nicht schafkopfen

303

oder sonstiges treiben, sondern sollen fest nach dem Feind auslu­ gen. Eigenhändig vorgelesen und publiziertf.] Josef Winterhuber Polizeidiener, im Namen des herzoglichen] Kriegsrats München. (nachdem Extrablatt gelesen) Geh’ weiter Bub, du gehst jetzt mit mir und trommelst Alarm. (Alle ab, bis auf Bene und Korporal)

X. Scene. (Bene und Korporal) Bene : Glaubst du jetzt, dass das wahr ist, wegen der Raubritter. Was

der Polizeidiener einmal ausläutet, das ist kein Spass mehr, sondern Ernst. (von ferne ein Schuss) Korporal: Jess, Maria und Josef, hast du es gehört, das sind sie schon, die sind gar nicht mehr weit weg. Bene: Morgen stehen wir vielleicht schon im Kampfe. Seit dem 30jährigen Krieg war jetzt Ruh, und jetzt geht es wieder an. Ich sage dir, dass wir vielleicht morgen um diese Zeit mit den Raubrittern im bitteren Kampfe stehen. Korporal: Meinst du, Bene? Bene: Gehst du auch heim? Korporal: Ja, ich muss noch ein paar Stiefel doppeln. Bene : Ja, ja, lasst nur mich ganz allein da, ist ja gleich, jetzt weil ich ein Geschäft gegründet hab und jetzt weil ich jung verheiratet bin darf ich in den Krieg ziehen. (Schuss von der Ferne) Korporal: Bene, jetzt wird mir selber schon Angst, ich glaube, ich geh jetzt. Da sieh herüber, der Himmel wird schon ganz rot. Bene: (sieht nach hinten) Um Gottes Willen, weisst du, was das ist, das ist das Morgenrot und was das Morgenrot für einen Krieger bedeutet, das wirst du schon wissen. Korporal: Was bedeutet das? 304

Bene: Heute tot, morgen rot. Korporal: Du machst mir das Herz schwer. Ich gehe jetzt, Behüte dich Gott, ich muss dich jetzt allein lassen. Also nochmals, behüt’ dich Gott, wenn wir uns nicht mehr sehen sollten (geht ab)

XL Scene. Bene: allein (Nimmt seine Ziehharmonika und sin[gt]:)

Morgenrot, Morgenrot, leuchtest mir zum frühen Tod, Bald wird die Trompete blasen, dann muss ich mein Leben lassen, Ich und mancher Kamerad. Ach wie bald, ach wie bald, schwindet Schönheit und Gestalt, Heute noch auf stolzen Rossen, Morgen durch die Brust geschossen - und morgen in das kühle----- Grab. (Vorhang fällt)

Bene sitzt auf der Bank und Michl daneben, eine Ente oder Gans hat mit zugehört, Kleinstadtstimmung, das Bild blendet ab. Neues Bild: Man hört und sieht vom Marktplatz her die ganze Bürger­ garde unter den Klängen des Hohenfriedberger Marsches zur Wache ziehen.

Bene: stellt sich vors Schilderhaus

(Von hinten hört man den Hohenfriedberger Marsch oder bayr. Defilier­ marsch von der ganzen Kapelle blasen. Alle ziehen auf.) Bene: präsentiert mit dem Säbel (Der Aufzug der Soldaten) Hauptmann als i. Trommelbub als 2. Fahnenträger als 3. Korporal als 4. Musik alle

paarweise, Soldaten alle paarweise marschieren zweimal über die Bühne und stellen sich seitlich auf. Musik vorne, Soldaten hinten. 3°5

Korporal: Kommandiert — Halt! - und winkt Musik ab. (Zum Hauptmann) Guten Morgen, Hauptmann, wie gehts dir denn

immer? Hauptmann : (gibt ihm die Hand) Guten Morgen Korporal, nun ja, ; es muss schon gehen. Viel Arbeit hab ich jetzt immer. Weisst schon, alle Leute kommen zu mir, grad derrennen könnt ich mich. Meine Alte hat sich gestern einen Zahn ziehen lassen, jetzt ist sie heute saugrantig und der Kleine hat vorige Woche die Masern gehabt. Wie es halt so geht, das weisst du ja selber. > Korporal: Ja freilich, freilich, bei mir dürfte das Geschäft etwas besser gehen, lauter Kleinarbeit bringen einem die Leut daher, kein Mensch hat mehr a G[e]ld. - Aber was sagst du denn zu meine[n] Soldaten? Hauptmann : Ich hab sie noch gar nicht angeschaut (Besichtigt sie) Bravo, bravo, stramm sind sie beisammen; das lässt sich hören, es ist eine wahre Freudfe] wenn man sie so anschaut. Leut, wie gehts euch denn? Soldaten: Dank schön, Hauptmann, gut. Hauptmann : (zu einem Soldaten) Nun Meier, meine Gratulation zum freudigen Familienereignis, hab schon gehört davon, was ist es denn? Ein Bub oder ein Mädel? Soldat: Ein Bub, Herr Hauptmann. Hauptmann: So, das lässt sich hören. Der 6. Bub also. Jch sag ja, der Meier lasst nicht aus.----- Was ich sagen will, wer steht denn heute auf Posten? Korporal: Der Bene[.]

(Bene und Michl haben sich während der ganzen Zeit miteinander unterhalten und in dem Moment wo Bene hört, dass von ihm gesprochen wird, geht er auffallend schnell am Schilderhaus aufund ab. Er geht ganz grotesk hin und her, stösst mit dem Säbel an das Schilderhaus und hört gar nicht mehr auf zu gehen.[)] Hauptmann: No hör nur wieder auf auch. Ja was hat denn der? Rennst du den ganzen Tag so auf und ab? Bene: Nein, nur wenn du mir zuschaust.

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Hauptmann : No ja, so bleib nur wieder stehn. Grüss dich Gott

(gibt ihm die Hand) Bene: Grüss Gott, Hauptmann (streckt ihm statt der Hand den Säbel hin) Hauptmann : Au, da schneid ich mich ja, pass doch auf. Nun wie geht es dir immer, musst heute Posten stehn, ist ein fades Ge­ schäft, was? Bene: Ja, tuts schon. Mein Gott, das muss auch sein, da kann man nichts machen. Hauptmann : Da hast recht, da kann man freilich nichts machen (Beide wissen sich nichts zu sagen) Nun was ists, hast mir was zu sagen? Bene: Nein, das heisst ja, ein kleine [s] Oeferl wennst amal rein ma­ chen lassen tatst in das Schildwachhaus, weisst ein ganz kleines. Hauptmann: So, frierts dich denn. Bene : Nein, jetzt nicht, nur im Winter, aber ich mein nur, weisst, so ein ganz kleines Oeferl, mit einem Kamin einem kleinen, den könnte man oben so herausstehen lassen. Hauptmann: Ja, ja, ich versteh dich schon. So ein kleines Oeferl meinst halt. Muss man halt amal schauen, dass man eines be­ kommt. Bene: Ja so ein eisernes Kachelöferl wenn es wär. Korporal: Du Hauptmann, ich glaub, ich hab sogar eines am Speicher oben, so ein altes Oeferl. Soll ich einmal nachschauen? Hauptmann: Ja Korporal schau einmal nach, ausserdem treiben wir vielleicht einmal eines auf der Dult auf, so ein Oeferl, dann lassen wir ihm halt eins hineinmachen, Du Korporal, was ich noch sagen will, wie macht sich eigentlich der Kleine, der Trommel­ bub? Korporal: Bin ganz zufrieden damit, alle Hochachtung aus dem wird einmal was. Michl : (zum Hauptmann) Ja heut in der Früh um 6 Uhr hab ich den Bene aufgeweckt, da hat er wieder geschlafen. Bene: (stösst den Michl hinein, sodass Michl auf den Hauptmann fällt) Hauptmann: Ja, was habt ihr denn närrisches? Was ist denn ■. eigentlich?

3°7

Michl: Jch sag, an Bene hab ich aufgweckt, heut in der Früh um 6 Uhr weil er g’schlaf n hat. Korporal: (lacht recht laut) Hauptmann: Was ist denn los? Bene: Nun ich mein, ein ganz kleines Oeferl halt, wenn es ist, neu braucht es ja nicht mehr sein. Hauptmann: Jetzt hör nur wieder einmal auf mit deinem Oeferl, du bekommst schon eins. Das wird einem ja ganz fad. Aber jessas, ich vergesse ja ganz auf die Hauptsache. Also Leute, passt’s auf. Das erste ist, dass mir jetzt gleich einer auf den Turm naufsteigt und nach dem Feinde ausschaut. Korporal: Ja Bene, geh gleich nauf in Turm. Bene : Jch mein es wär besser wenn der Vinzenz nauf ging, der ist ein Spängler, der ist kein Schwindler, der fällt nicht runter. Hauptmann: Also Vinzenz, du bist schwindelfrei, du steigst jetzt sofort auf den Turm und schaust in der Richtung Kirchberg zu und solltest du etwas Verdächtiges sehen, dann gibst du sofort ein Signal und sagst es uns gleich. Vinzenz: Jst recht Hauptmann und was ists, wenn ich nichts seh, brauch ich dann kein Signal geben? Bene ¡Jessas ist der dumm, das siehst dann schon, wennst was siehst. Korporal: Das Gewehr brauchst du droben nicht, das kannst du dalassenf.] (Nimmt es ihm und gibt es Bene in die Hand) [(]Vinzenz geht ab) Bene: Wem ghört denn das Gewehr? Korporal: Dem Vinzenz ghört es, frag nicht lang, das braucht er

droben nicht. Bene: (Lehnt das Gewehr an den Hauptmann) Hauptmann : Ja was soll denn ich mit dem Gewehr tun, da Korpo­

ral, nimm’s. Korporal: Ja ich kanns nicht brauchen (gibt es Bene) Bene: Was tu denn ich damit? (Lehnt es wieder an den Hauptmann) Hauptmann : Ja da ist ja schon wieder ein Gewehr, wem ghört denn jetzt das? Bene : Das gehört auch dem Vinzenz. Wieviel G’wehr hat denn der?

308

Hauptmann : Was lehnst du es denn immer zu mir her? Bene : Ja in der Luft kann ich es nicht anlehnen (Stellt das Gewehrfrei

hin, es fällt um) Hauptmann: Tragt einmal einer das Gewehr hinaus, dass ichs nicht mehr seh. (Stellt es an die Wache hin. Ein Soldat trägt das Gewehr ab) So und jetzt stellt euch nicht so rum, kümmert euch um eure Kanonen, nicht dass w[i]eder alle eingerostet sind und schaut einfmjal nach, ob alles ordentl[i]ch im Stand ist. Vinzenz: (Ist währenddessen am Turm sichtbar geworden ha[t] ausgese­ hen und gibt Signal aufder Trompete) /(/Alle hinaufschauend) Was ist denn los? Vinzenz : Ganz draussen am Kirchberg seh ich schon etwas umeinandersausen, ich glaub, das sind die Raubritter, es ist ein ganz grosser schwarzer Haufen und Häuser seh ich auch brennen, ganz in der Ferne. Michl: Gell, dann gibts doch Raubritter, weil der Bene gsagt hat, es gibt gar keine Raubritter mehr, dann gibts doch noch welche, dann gibt es auch einen Osterhasen und alles. Hauptmann : Jetzt fangt der dumme Bub mit dem Osterhasen an, wenn die Raubritter kommen. Also alle M[ä]nner an die Schuss­ scharten und Kanonen ausputzen. Bene: Ja die können wir nicht ausputzen, weil wir keinen Wischer haben. Hauptmann : Es sind doch, soviel ich weiss, 2 Wischer da. Michl: Ja, einen haben wir dem Kaminkehrer geliehen. Hauptmann : Das ist eine Schlamperei, wo ist denn der zweite? Bene: Der steckt in der Kanone drin, den kann man aber nicht haben, weil er drausserhalb der Stadtmauer raussteht und da kann man nicht hinüber weil die Räuber gleich kommen. Hauptmann: Jetzt steigt einer nüber und zieht den Wischer heraus. Korporal: Ja Bene, steig nüber, marsch. Bene: Ja, das kannst du dir denken, wegen dem Wischer werde ich mein junges Leben opfern------- da geht dir keiner nüber. Hauptmann: Vorwärts, da wird sich doch einer finden der da nüber geht?

309

Michl: Ja ich könnte schon nüber steigen, aber ich trau mir eben : auch nicht. Hauptmann : Pass auf Korporal, jetzt [zeig] einmal den andern, dass du Schneid hast, jetzt steigst du über die Mauer nüber und ziehst den Wischer raus. Korporal: Ja ich hab schon a Schneid, ich steig schon nüber, ich fürcht mich nicht, wär schon recht, das wär traurig (will hinüber­ steigen, kehrt aber wieder um und sagt zum Hauptmann): Du Haupt­ mann, wär es nicht besser, wenn ihn doch ein anderer holen täte, vielleicht ein junger, der wieder schneller herüben wär? Michl: Aha, jetzt traut er sich schon nicht nüber, jetzt hat er schon Angst, der Hosenscheisser. Hauptmann: Ich geb dir jetzt den dienstlichen Befehl, du steigst jetzt nüber. Michl: Ja wir heben ihn einfach nüber. Korporal : (steigt hinauf, schaut über die Mauer, im selben Moment ein Schuss) Korporal schreit: Au - au, [(]lässt eine schwere Kanonenkugel, die ihm auf den Kopf gefallen ist, herunterfallen.) Hauptmann: Mein Gott, gleich so etwas muss passieren. Michl: Ah, direkt aufs Hirn nauf, da musst jetzt ganz damisch sein[.] Korporal: Das war ich vorher schon. Michl: Ah, die Kugel ist sicher von den Räubern. Bene: Das siehst ja schon, weil sie ganz rund ist. Michl: Die geben wir aber jetzt nicht mehr her, die behalten wir

uns. Bene: Damit gründen wir jetzt einen Kriegerverein oder einen Kegelklub. (Sch[ie]bt die Kugel hinaus) Michl: (schreit) Juhu, alle Neune. Hauptmann : Dir gib ich dann gleich alle Neune, jetzt wird es mir zu dumm, was ist’s denn jetzt mit dem Kanonenwischer? Bene: Jch hab jetzt eine neue Jdee. Wir ziehen die Kanone aus der Mauer heraus und drehen sie herinnen um, da können wir unseren Wischer herausziehen und niemand braucht hinüber­ steigen. Michl: Ja, das machen wir.

310

9$ Angriffder Raubritter auf die Stadt München

Kanonade der Bürgerwehr 96

(Alle helfen die schwere Kanone herausziehen. Bene wird am Fuss überfahren und schreit laut. Die Kanone wird umgedreht und der Wischer wird herausgezogen). Hauptmann : Du Korporal stellst dich einstweilen vor das Loch hin wo die Kanone drinnen war, damit bei dem Mauerloch kein Wind herein kann. Korporal: (Stellt sich hin, sagt): Jetzt kann kein Wind me[hr] hinein. Bene: Aber naus kann er (Von hinten ein Schuss). Korporal : Au - Au (weint und schreitjämmerlich - er lässt wieder aus seinen beiden Händen die er hinten hält eine schwere Kanonenkugel fallen). 3“

Hauptmann: Ja was ist denn das, jetzt haben sie ihn schon zweimal

getroffen. Korporal: (setzt sich hin und schreit) Mir ist ganz schlecht, mein Gott, mein Gott ist das ein Schmerz, jetzt kann ich nicht mehr sitzen auch, o weh, o weh usw. (alle schauen ihn mitleidig an) Bene: Du bist schon recht empfindlich auch. Michl: Aber da sieht man wie die Räuber gut zielen können. Hauptmann : Vorwärts, Kanonenloch auswischen. Michl stell dich nicht so lang rum, beeile dich etwas. Michl: (wischt umständlich und langsam das Kanonenloch aus) Hauptmann und Bene: Vorwärts, beeil dich doch besser, stell

dich nicht gar so saudumm. Vorige, Polizeidiener und Metzger. Girgl: Da is er ja, der Bene. Polizeidiener: Du Bene, geh einmal her zu mir. Bene: Ich hab keine Zeit. Polizeid.: Der Girgl behauptet, du hättest ihm 25 Knackwürste gestohlen, beruht das auf Wahrheit oder beruht das auf keiner Wahrheit? Bene: Ja. Polizeid.: Was ja? Bene: Das beruht auf keiner Wahrheit. Polizeid. : Wenn aber der Bub sagt, du hast sie gestohlen, dann hast du sie entweder gestohlen oder der Bub lügt. Bene: Nein, der Bub hat sie nicht gestohlen. Polizeid.: Das glaub ich schon, dass der Bub sie nicht gestohlen hat, aber du hast sie gestohlen, äusser der Bub lügt. Bene: Ja der lügt auch und wer lügt, der stiehlt. Jetzt lassts mir überhaupt meine Ruhe, ich muss mich um meine Kanonen kümmern. (Denkt nicht mehr daran und stösst mit dem Wischer die Würste vorne aus dem Rohr heraus). Girgl: Siehst du, das sind ja meine Wärst. Polizeid.: Bene, erkläre mir einmal, wie kommen die Würste da

vorne heraus? 312

Bene: Ganz einfach, weil ich mit dem Wischer hinten hineingefah­ ren bin. Polizeid.: Ich möchte wissen wie die Würste da hineingekommen

sind. Girgl: Das war so, wir sind bei[m] Hollerbaum gestanden und ich hätte den Holler grad anschaun wollen — Bene: Ja stehlen häst ihn wollen. Girgl: Jch hätte nichts stehlen wollen, aber du hast die Wurste gestohlen. Bene: Das ist nicht wahr, lass dir die Geschichte genau erklären. Wie s[o]zusagen einmal der Girgl beim Hollerbaum gestanden ist, kommt auf einmal ein Westwind daher, weht die Knackwürst von seim Tragi runter und direkt in das Kanonenloch hinein. Der Michl hat es selbst gesehn, gell, so war es doch. Michl: Ja, das ist auch wahr, genau so, wie es der Bene erzählt hat, so war es auch, weil ich es selber g’sehn hab und weil er noch zu mir g’sagt hat, wenn ich nichts sag, dann krieg ich auch die Hälfte. (Alle Soldaten lachen laut). Polizeid.: Von was kriegst du die Hälfte? Bene: Vom Wind[.] Polizeid.: Dann muss ich eben den Wind verhaften. Michl: Ja das kannst du schon tun, den wirst du aber nicht

erwischen. Vinzenz: (Bläst Signal - alle schauen) - was ist denn los? Die Raubritter kommen immer näher und näher und eine Menge Kanonen haben sie auch dabei. Polizeid.: Was, die Raubritter kommen schon, da mach ich aber gleich dass ich weiter komm, da schau ich gleich dass ich zu mir

heimkomm. Girgl: Und ich geh auch, sonst fressen mir die Räuber meine

Wurst z’samm. (Girgl und Polizeidiener ab) Hauptmann: Also jetzt hört auf mit den saudummen Wursten, jetzt wird es Emst, sonst wenn wir nicht dazutun kommen die Raubritter herein und dann haben wir es. Also Kinder, seid tapfer, der Feind naht. 3T3

(Starker Kanonenschuss) (Alle laufen aufgeregt durcheinander) Gell, jetzt kommen sie. Michl : (Packt einige unwichtige herumliegende Gegenstände zusammen und schreit): Jch hab schon alles. Hauptmann: Seid doch nicht gar so aufgeregt, Leute, nur den Kopf nicht verlieren, immer die Ruhe bewahren. Jhr Mannen geht jetzt gleich an das Sendlingertor nauf und besetzt das Tor. Ein paar andere bleiben beim Jsartor da, du Korporal übernimmst die i. Batterie, der Michl die 2. du Bene, bist ein Bader und übernimmst gleich den Sanitätsdienst im Fall, dass einem grad schlecht wird, ihr tuts bei der Schiesscharte nausfeuern was nur grad s’ Zeug hält und ich mach einstweilen Brotzeit. Michl & Korporal (messen Kanonenkugeln mit dem Meterstab ab) Michl: Meine Kanonenkugeln sind zu klein, die sind nur 3 Zoll. Korporal: Die mit 4 Zoll die liegen bei mir herüben, dann wir[f] mir deine rüber. (Beide werfen Kugeln hin und her) Hauptmann: Jch glaub gleich gar die zwei Hanswursten tun mit den Kanonenkugeln Gummiball sp[ie]len. Jhr seid doch rechte Kindsköpfe. Vorige - Frau Hauptmann Bene: (Hat während der Zeit einen Sanitätskasten umgehängt). Frau Hauptmann: Ja was ist denn das, ich hab geglaubt du bist in der Werkstatt und tust dem Bäcker Rammel seine Bettstatt lackieren, statt dessen treibst du dich da drunten wieder umeinan­ der. Jch meine, zuerst kommt doch die Arbeit und dann erst das

Vergnügen. Hauptmann : Aber Annastasia, ein Vergnügen nennst du das, wenn

die Raubritter vor der Türe stehen und alle Augenblicke können sie unsere Stadt schon überfallen. Fr. Hauptmann: Saudummes Geschwätz, an die Arbeit gehst du mir jetzt augenblicklich. Der Faberbräu hat auch rübergeschickt, du sollst augenblicklich die Küche ausweissen und beim Lebzelter muss im Laden etwas gemacht werden, da fällt der Plafond runter. Arbeit gibt’s grad genug und du spazierst da herunten in der Uniform umeinander. Lass die Raubritter Raubritter sein, du

3H

verstehst ja doch nichts von einer Schlacht. Jetzt gehst augen­ blicklich heim und ziehst dich um und Holz und Kohlen musst vom Keller rauftragen. Jn einer Stunde musst du zuhause sein, sonst wachsen wir zwei zusammen (wütend ab) Hauptmann : Die Raubritter wenn eine blasse Ahnung hätten dass in dieser Stadt so ein bitterböses Weib haust, die würden nicht kommen. Ein Soldat wird verwundet und fängt zu jammern an. Korporal: (Gibt abwechslungsweise von jetzt ab alle Augenblicke Kom­ mando) Michl: (Bedient die Geschütze) Korporal: i. Batterie Feuer tschin bum oder 2. Bat[t]erie Feuer tschin bum[!] (Das wiederholt sich jetzt bis zum Schluss). Bene: (Sieht den verwundeten Soldaten undfangt ihn an zu verbinden. Nimmt eine überaus breite und lange Binde und verbindet ihm Gesicht, Arme und Körper, bringt auch das Gewehr des Soldaten unter den Verband. Soldat sitzt neben der Laterne. Bene schaut der Schlacht zu und bindet den Soldaten mit der Binde sogar noch an den Latemenpfahl an. Die Binde ist lang. Er wickelt immer weiter, kommt sogar zur Waschleine hinauf damit). Hauptmann: Ja Bene, was machst denn du da? (Schiesst abwechs­ lungsweise aus seiner Pistole auch über die Mauer, gibt ebenfalls Kommando) Kanonenloch auswischen, laden, 1. Batterie Feuer Tschin bum oder 2. Batterie Feuer tschin bum. Hauptmann: (wird an der Nase verwundet) Bene: (verbindet ihm die Nase) (Es fängt an zu regnenj.J Donnerwetter mit Blitz und Donner) Hauptmann : So jetzt fang[t]s zu regnen auch noch an. Geh Bene, geh g’schwind nauf zu meiner Alten und lass dir ein paar Regen­ schirme leihen. Bene: (Geht ab und holt dieselben) Michl: (Hat Bauchweh, gibt dem Hauptmann den Kanonenwischer in die Hand und sagt[)].......... ich muss hinaus. Bene: (Kommt mit aufgespannten Regenschirmen, verteiltsie) Hier habt ihr auch welche, dass ihr nicht nass werdet.

3X5

97 Raubritter erstürmen die Stadtmauer

98 Vorlage für StadtmauerDetailansicht

(Ein 2. Soldatfallt um ist getroffen worden. Hat im Uniformrock eine ganze Kanonenkugel stecken). Michl: (Kommt herein und bringt einen ganz grossen Masskrug voll Bier mit und sagt])]----- wer hat Durst? Hauptmann und Alle schreien: ich, ich----- (alle trinken) Korporal: (sieht den Soldaten am Boden liegen) Da schau her, da liegt einer. Bene und ein Soldat bringen eine Bahre; legen den Soldaten auf dieselbe

hinauf tun ihm die Kanonenkugel mit grossen Umständen [heraus]. Es will immer eins vorne oder der andere hinten tragen, sie werden sich nicht 3l6

99 Fünf Bürgerwehrsoldaten mit Kanone

einig. Einmal heben die Beiden zu gleicher Zeit in die Höhe, dann rutscht der Soldat von der Bahre herunter. Sie bringen ihn überhaupt nicht hinaus, bis Bene schreit zum Soldaten .... Stell dich nicht gar so saudumm. Korporal: trägt an der Bahre vorne, Bene hinten und zwischen Bene und Tragbahre geht der verwundete Soldat seihst mit hinaus. [SJchiessend - Bene am Arsch getroffen - Au! Au! (ab) Hauptmann : Hat der Mensch schon so etwas gesehn, da ist einer blöder wie der andere. - Hierauf zu Michl: Michl stell dich nicht so rum, schau nicht immer, vorwärts Kanonenloch aus­ wischen. Michl: Ach ja, mit dem ewigen auswischen, jetzt wird’s mir zu dumm, jetzt schmeiss ich die Kanonenkugeln gleich so nüber zum Feind (wirft einige Kugeln zum Feind hinüber) Vinzenz (hat während dieser Vorgänge wieder ab und zu ein Signal vom Turm gegeben) (Laterne wird eingeschossen)

3*7

Korporal: (kommandiert mit Hauptmann)

(Auf einmal kommen zwei grosse Hände über die Mauer) Bene: Da schau nauf.. uh .. uh .. (haut mit Säbel auf die Handf)] Kanonenkugeln (Gummikugeln fliegen hinüber, grosser Alarm von

hinten, heftiger Lärm und Schlachtalarm. [KJanonenkugeln werden immer mehr, fliegen alle direkt in den Zuschauerraum hinein, Soldaten bekommen grosse Angst, man hört wilde Rufe, schreckliche Räuberköpfe schauen über die Mauer bewaffnet mit allen möglichen Mordwerkzeu­ gen, Lanzen, Säbel usw. und schreien mordlustig: hu hu hu[.] Alle Soldaten knien nieder, heben die Hände hoch als Zeichen dass sie sich sofort ergeben.[)] (Wenn die Raubritter die Stadtmauer überklettern und der Nahkampf beginnt schreit der Hauptmann seiner Frau) Hauptmann: Cacilia, komm doch runter, sonst sind wir alle verlo­ ren. Frau Hauptmann: (die beim Fenster herunterschaut:[)] Gleich komm ich!

Als die Raubritter die böse Frau Hauptmann sehen, die mit einem Ausklopfer oder einem Schürhaken den Kriegsschauplatz betritt, nehmen die Raubritter sofort Reissaus, flüchten durch das Stadttor, die Frau Hauptmann hinter denselben her und haut die ganzen Raubritter in die Flucht (Trickaufnahme) Wie eine Kriegsgöttin steht die Frau Hauptmann als Siegerin da. Als Schlussbild sieht man ein Monument und zwar: Frau Hauptmann : »Die Befreierin aus schwerer Zeit«.

Episoden zu Raubritter. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Mädchenraub Beim Spängler Abschied vom Liebchen (Gesang) Unsere Kanone (Gesangs Duett) Begegnung mit Gutsherrn Wachtposten vor der Höhle (erscheint oft)

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78. 9. 10. 11. 12. 13.

Kriegsproklamation am Marienplatz Geraubtes Mädchen wird Räuberköchin Gerüchte entstehen Bauern Versammlung Katastrophe Zimmer 00 Abort a-b-c - Kanonenwitze

Episode Nr [1]

Der Raubritter Hauptmann und der erste Raubrittergeselle Willi­ bald, also der Dürre Lange und der Kleine Dicke lernen bei der Ausplünderung eines Bauernhofes ein bildsauberes Mädchen ken­ nen und verlieben sich beide in das Mädchen, die Folge ist, dass sich eine furchtbare Eifersucht zwischen den beiden entspinnt und jeder entsinnt Pläne wegen des Mädchens dem anderen einen Schaber­ nack zu spielen. Die Feindseligkeiten der beiden werden immer ärger und es kommt bis zum Duell. Durch die Liebschaft vernach­ lässigen die beiden ganz die Führung des Raubzuges, denn beide befinden sich immer hinter der Front im Lager bei dem gefangenen Mädchen. Die anderen Raubrittergesellen sind sehr verärgert, dass die beiden verliebten Füchse sich nicht mehr um den Ueberfall auf die Stadt kümmern, sie schicken immer wieder eine Ordonnanz zum Hauptmann um Befehle zu erhalten, aber der verliebte Räuber­ hauptmann sagt:»

[Episode Nr. 2] Hauptmann beim Schneider. Hauptmann: (bemerkt •während er bei der Plünderung des Dorfes herumreitet ein Schild (Schneidermeister Wimmer) Ah, denkt er sich, der muss mir gleich meinen Aerrnel abändem, der zwickt mich so auf

der Achsel, ersteigt vom Pferd, bindet dasselbe an, hängt es an und geht zum Schneider. Dieser meint das könne er nicht er kann nur mit Stoff

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ioo Mädchenraub des RaubritterHauptmanns

ioi Raubritter-Hauptmann und Raubritter-Geselle Willibald zu Pferd

arbeiten aber nicht mit Blech, das müsse der Herr Ritter vom Spengler Klemptner machen lassen, ein solcher wohne gleich im [njächsten Gässchen. Flugs geht der Ritter zum Spängler, dieser meint den Aerrnel könne er ihm schon reparieren, aber da müsse der Herr Ritter die Rüstung einige Tage hier lassen. Er kenne das, er habe einmal sämtliche Rüstungen des Schlosses Grünwald ausgebessert, geputzt und neu herge­ richtet. Er glaube sogar, die habe er schon einmal repariert:\)\ »Haben 320

Sie einmal in der Burg Grünwald gewohnt, Herr Ritter?« »Ja, nur eine Nacht« - »Ich würde Ihnen zu einer neuen Rüstung raten Herr Ritter, was ganz modernes, ich hätte sehr schöne Bleche da[«] (zeigt ihm verschiedene grosse Blechtafeln) [»JZinkblech, Mes­ singblech für Sonntags, Schwarzblech etc.[«J Muss noch weiter ausgeschnitten werden (Scene wie beim Schneider etc.ß]

[Episode Nr. 3] Des Kriegers Abschied.

[QMelodie: Stolzenfels am Rhein)

Mein Schatz nun muss ich fort von hier Leb wohl, mein teures Lieb, Der Herzog ruft, ich folge ihm Nun geht es in den Krieg. Der Feind steht schon in Berg am Laim Ein gross’ Raubritterheer, wer weiss ob wir uns wiedersehn, mir fällt der Abschied schwer. Refrain:

O Lieb, o bleibe mein dies Herz es ist nur Dein ist der Friede da, dann kehr ich ja zurück von Berg am Laim. (Beide iviederholen den Refrain)

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Bürgerwehr-Kanonade

[Episode Nr. 4] Die beiden Kanoniere. (Zwei Kanoniere singen im Duett ihr Erlebnis mit ihrer Kanone.) (Text im bayerischen Dialekt)

Wir hab’n a Kanona, des is scho a Pracht an dera da feit was, ham wir scho was g’lacht. Amal beim Manöver nachmittag um ara drei da hats halt net kracht, war des a Viecherei. Der Schmid der is kemma und hats untersucht er hat halt nichts g’funden, Herrgott ham mir gfluacht. Der Zündschwamm war abbrennt, S’ war alles im Stand Bios kracht hats halt net, Herrgott ham uns mir gschamt. Wos moanes was gfeit hat, mir ham net fui glacht ’s laden hama vergessen, drum hats a net kracht. 322

(Text in hochdeutscher Sprache) Schauns, diese Kanone das ist eine Pracht an dieser da fehlt was hab’n wir einmal g’lacht. Es war beim Manöver Nachmittag um drei hats wieder nicht kracht das war ’ne Viecherei. Der Schlosser is’ kommen und hat’s untersucht er hat nichts gefunden Herrgott ham wir gflucht. Der Zündschwamm in Ordnung es hat funktioniert nur kracht hat sie nicht wir hab’n uns blamiert. Was war denn die Ursach? Ach wir haben g’lacht das Laden hab’n wir vergessen deshalb hat’s - nicht kracht - . hahahahahaha-----------------(Beide lachen sich halb tot)

Episode Nr. [$] Begegnung im Walde Räuberhauptmann u. Gutsbesitzer Der Hauptmann reitet in seiner gestohlenen Rüstung, Er 'will zu einem im nächsten Dorf wohnenden Schneidermeister um an seiner Rüstung etwas ändern zu lassen. Der Wegführt i[h]n durch einen dichten Wald, plötzlich kommt aus dem Gebüsch ein Reiter [(]Gutsbesitzer[)]. Beide schauen sich gegenseitig erstaunt an.

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Hauptmann: Wer sind Sie? Der Andere: Wer sind Sie? Hauptmann : Wer Sie sind, will ich wissen[.] Der Andere: Und ich will wissen wer Sie sindf.] Hauptmann : Ich bin wer[.] Der Andere: Ich bin auch wer[.J Hauptmann : Aber wer? Der Andere: Glauben Sie vielleicht, ich bin niemand? Hauptmann: Das können Sie nicht sein[.] Der Andere: Können Sie vielleicht Niemand sein? Hauptmann: Ich nicht! Der Andere: Und ich auch nicht[.] Hauptmann : Nun ja, dann sind wir aber doch werf.] Der Andere: Wer? Hauptmann : Sie und ich[.} Der Andere: Sie auch? Hauptmann: Ja ich schon[.] Der Andere: Ich vielleicht nicht? Hauptmann: Das kann ich nicht behaupten^] Der Andere: Was? Hauptmann: Dass Sie wer sind[.] Der Andere: Wer, ich? Hauptmann: Jawohl ich, weil Sie auch ich sagenf.J Der Andere: Das ist Ihr Glück[.] Hauptmann : Dass Sie nicht das sind was ich bin[.] Der Andere : Ja zum Donnerwetter, was«W Sie denn eigentlich^] Hauptmann: Das kann ich doch nicht sagen[.] Der Andere: Ja ich kann’s doch auch sagen wer ich bin[.] Hauptmann: Ja Sie schon, aber ich nicht[.] Der Andere: Ja darf denn das keiner wissen wer Sie sind? Hauptmann: Auf keinen Fall[.] Der Andere: Darf man’s von mir wissen wer ich bin? Hauptmann: Das weiss ich nichtf.] Der Andere: Woher wissen Sie das, dass ich das nicht weiss?

weiter schreiben! 324

[Episode Nr 6] Nächtlicher Heimzug der Raubritter in Rüstung in ihre Höhle. Alle[s] Gestohlene, sogar die 2 Kanonen schleppen die Räuber mit. Es geht bei Mondenschein durch Walder, Hügel und Felder und ganz ermattet gelangen sie endlich wieder an ihre Höhle. Dort wird nur die Beute abgeladen, in die Höhle geschafft, die zwei Kanonen werden in Stand gesetzt und geschmiert. Ein Sack Pulver und Feuersteine zum Abfeuern der Kanonen werden mitgenommen, die Säbel und Lanzen geschliffen, kurzum alles wird für den Ueberfall auf München, welcher im Laufe des Tages geplant ist, vorbereitet. Ein Mann Namens Nepomuk, ein Stotterer, bleibt immer zur Bewachung der Höhle zurück. Dieser ist nicht nur ein guter Stotte­ rer, sondern auch ein grosser Schläfer. Bei der letzten Abwesenheit der Raubritter während ihres Ueberfalls auf München macht er leider davon fortgesetzt ausgiebigen Gebrauch. Durch seine Pflicht­ vergessenheit kommt es soweit, dass ein Bär die Höhle besucht, der sich für den essbaren Inhalt der Höhle interessiert und alles zusam­ menfrisst.

[Episode Nr 7/ Kriegsproklamation auf dem Marienplatz. Der Marienplatz ist voll Militär und Zivilvolk. Polizeidiener mit Trommel verliest soeben die Kriegserklärung (siehe altes Manu­ skript) die Bürgerwehr zieht mit Trommeln heran, General zu Pferd gibt an die Mannschaften die Befehle aus, an welcher Seite dieselben sich aufzustellen haben. Kommandorufe, Volksgemurmel, Glokkengeläute mischen sich ineinander. General: Ganzes Bataillon halt! - Rührt Euch! (zum Hauptmann) Sie gehen mit einer Abteilung zum Isartor, nehmen dort Stellung ein, Richtung gegen Berg am Laim. Der Trompeter gibt vom Luginsland Turm aus Signal, sofern er etwas ausserhalb der Stadt bemerkt - Verstanden! Die zweite Abteilung begibt sich sofort

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Kriegsproklamation aufdem Marienplatz

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Menschenauflaufauf dem Marienplatz 326

zum Sendlingertor mit 2 Tambours und einem Signalisten. Ach­ tung - das Gewehr über - Marsch!!! 3. Abteilung Karlstor angetreten, Achtung das Gewehr über Marsch! (Trommeln Pfeifen, 20 Soldaten) 4. Abteilung - Schwabingertor - Achtung, das Gewehr über, Marsch!! 10 Mann besetzen das Rathaus].] Abteilung kehrt, Gewehr über - vorwärts marsch!

Die Strassen sind vom Volk frei zu machen, während der General und einige Soldaten ebenfalls vom Marienplatz abrücken blendet der Film ab.

[Episode Nr. 8] Hauptmann und das geraubte Mädchen.

Kuni, das geraubte Mädchen, kocht am offenen Feuer in der Höhle. Ueber der Feuerstelle mündet ein Rauchabzug in das Freie. Oben am Berg steht ein alter Räuber, der den aufsteigenden Rauch mit einem Schöpflöffel fängt und in bereitstehende Säcke füllt. Der Hauptmann steht nahe bei dem Mädchen und beide unterhalten sich in zärtlicher Weise. Hauptmann : Das freut mich Kunigunde, dass es Dir bei uns so mit g’fällt. Kuni: Ausgezeichnet!.] Hauptmann: Warst Du in Deiner letzten Stellung zufrie­ den? Kuni: Um Gotteswillen, erinnere mich nicht an diese Bande, der Bauer un[d] die Bäuerin waren so grob mit mir, der Grossknecht hat mich wegen der kleinsten Kleinigkeit g’schlagen. Hauptmann : Ja es gibt wirklich rohe Menschen auf der Welt, no bei uns wird’s Dir schon g’fall’n, wir sind alle eine Seele von einem

Menschen. Kuni: Ja aber der Willibald der eifert so arg mit Dir — Hauptmann : Ach der, mit dem bin ich gleich fertig, dem hau ich

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ioj

Mädchenraub

mit’m Schwert den Kopf runter, dann is glei a Ruah mit der Küsserei, sicher ist sicherf.J Kuni: Na, so grob brauchst a net glei sei[.J Hauptmann: Ja ja, wenn schon, denn schon-Kuni! Wie wär’s mit einem ganz zierlichen Kuss? Kuni: (neigt den Kopf zu ihm und lässt sich küssen, im selben Moment kommt Willibald zur Höhle herein und sieht es) Willibald: So! So!

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Gemeindeversammlung im Wirtshaus

[Episode Nr. g] Gerüchte entstehen. Aus 20 Raubrittern entstehen io Millionen Raubritter (Panora­ maaufnahmen von einem Kopf zum andern) Mann : Sie Frau was is denn hier los? Frau: Der Profoss hat soeben die Kriegserklärung vorgelesen, 20 Raubritter sollen unsere Stadt überfallen wollen. Mann: (nur die Worte stammelnd) ddddddd Ja was is dös? (geht weiter) Feiner Herr: (zu dem Mann) Sagen Sie was ist denn [h]ier los? Mann : Der Profoss hat soeben die Kriegserklärung vorgelesen, 200 Raubritter sollen unsere Stadt überfallen wollen. Feiner Herr: Ja was ist das? (geht weiter) Eine Frau: (frägt den feinen Herrn) Was ist denn hier los?

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Feiner Herr : Der Profoss hat soeben die Kriegserklärung vorgele­ sen, 2000 Raubritter sollen unsere Stadt überfallen wollen. (ustv. bis 20 Millionen Raubritter)

Raubritter Episode Nr. [io]

Gemeindeversammlung im Wirtshaus Kirchberg über Bekämpfung der Raubritter - Gegenmassnahmen. Bauer: klag[t] beim Bürgermeister, dass ihm die Raubritter seinen Misthaufen gestohlen hätten. Bürgermeister schreibt ein Protokoll: »seit 3 Tagen wird dem Berghofer sein Mist vermisst« es stellt sich aber heraus, dass dessen Knecht den Mist tags zuvor aufs Feld

gefahren hat. Vorschläge von den Bauern in der Versammlung wie man mit den Räubern fertig wird. Bauer i meint: »Man soll nicht Böses mit Bösem vergelten, den[n] es steht schon in der Bibel[:] So Dir jemand einen Streich gibt auf die linke Backe, halte ihm auch die rechte hin.[«] 2. Bauer: Du Rindviech, der Raubritter gibt dir keinen Backen­ streich auf die linke Backe, der haut dir schon gleich mit’m Schwert an Kopf weg, dann kannst ihm den zweiten hinhalten, wennst noch ein auf Lager hast. Ein anderer Bauer meint, man solle mit Schläue vorgehen und soll die ganze Bande zum grossen Wirt einladen, ihnen so viel zu saufen geben bis alle besoffen sind, dann schlafen sie ein und die Raubritter gehören uns. Allgemeines Bravo! So wird’s gemacht! Eine grossar­ tige Idee! Nun wird die Einladung geschrieben, mit allerlei Um­ ständlichkeiten geht die Schreiberei vor sich, keine Tinte ist da, kein Federkiel etc. der Vorstand beginnt! »Hochwohlgeborene Raubrit­ terbande!« Der andere Bauer sagt: [»JGeh zua, so einem Gesindel kann man doch nicht schreiben »Hochwohlgeborene« eher noch »Niederunwohlgeborene« mit allerlei Unterbrechungen wird der Brief zu Ende geschrieben, eben so der Briefumschlag »An die werthe Räuberbande in--------------[«] 33°

[D]a schauen sich alle dumm an — d’Adress? Ja wo wohnen denn die? Ja wenn ma das wissen tätn, dann könnt ma gleich d’Schandarm in ihr Wohnung schicken. Ja wenn wir kei’ Adress wissen, dann haben wir ja den Brief ganz umsonst g’schrieben. - Die Versamm­ lung ist aus.

Episode Nr [n] Die Katha[s]trophe. Die Raubritter kehren irgendwo in einer kleinen Dorfwirtschaft oder dergl. ein. Alle Räuber sitzen um den Tisch herum und es werden grosse Abenteuer von diesem und jenem berichtet. Der Film zeigt inzwischen unten in den Zimmerecken einige zierliche kleine Mäuslein, die husch husch, bald durch die Gaststube laufen, bald wieder in ihr Loch schlüpfen. Die Ritter stecken ihre Köpfe zusam­ men, erzählt einer doch gerade eine imposante Geschichte. Plötz­ lich springt einer derselben vom Tisch auf und schreit: Eine Maus, eine Maus! Alle anderen Ritter lachen furchtbar über den sich wie wahnsinnig Gebärdenden, sie sind alle der Meinung er habe eine im Zimmer laufen sehen, bis er zu verstehen gibt, dass in seiner Rüstung eine umherzappelt, bald oben, bald unten. Nun wollen ihm die Kollegen die Rüstung abnehmen, aber schon die Anzieherei ist nicht so einfach gewesen vor lauter Blechschnallen etc. Man kann sich nun die [AJuszieherei vorstellen, besonders wenn es eilt, wie in diesem krassen Fall. »So halt Dich doch ruhig« schreien seine Kollegen, die noch dazu vor Lachen alle Kraft verloren haben. Aber der Ritter kann sich unmöglich ruhig halten, kriecht das Biest doch im Inneren seines Anzugs in allen Himmelsrichtungen herum. Aber nun wird die Sache ernst, die Maus im Inneren, der Spott von aussen, bringt den mausbesitzenden Ritter in Extase, er tobt wie ein Wilder, schlägt die Fenster der Wirtschaft ein, wirft alle Gegenstände im Lokal herum. Nun wird es auch seinen Kameraden zweierlei, einer schreit »Holt einen Schmifejd, einen Schlosser oder Spängler«. Bis diese Geschäftsleute kommen, versuchen die Ritter alles erdenk­ liche, sie stellen ihn auf den Kopf, die Kellnerin hebt dem [UJmsich-

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Die Katastrophe

schlagenden eine Mausefalle aus Draht an die Rüstung und schreit »Mausi komm«. Die Wirtin erscheint plötzlich mit einem grossen Eimer kochenden Wassers und schüttet es dem Mauseritter über die Blechr[üs]tung. Der Laie kann sich vorstellen, dass der Ritter noch dazu furchtbar schwitzen muss. Nach vielem Hin und her kommt der Schlosser gerannt, man erklärt ihm schnell was los ist, er beginnt gleich mit der Arbeit und bohrt mit einem Bohrer in den hinteren Teil der Rüstung ein talergrosses Loch, damit die Maus eventuell herausschlüpfen kann, aber das Blech ist dünn, der Bohrer schnell und schon schreit der Ritter von Neuem auf, denn das Loch hat in seinem hinteren Teil mitten in die eine Wange die Fortsetzung des Lochs bekommen, statt der Maus kommt Blut heraus, das auch noch. Nun kommt noch der Klempner mit der feuerspeienden Lötlampe und lässt die Feuergarbe auf die Lötstelle des anderen Backen prasseln. »Wohltätig ist zwar des Feuers Macht« aber in diesem Falle nicht und wenn die Maus nicht selber so klug gewesen wäre und einen Ausgang gefunden hätte, könnte die Sache vielleicht

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noch einen schlimmen Ausgang nehmen. Die Maus hat durch den blechernen Halsschlund in den Helm und von da aus über des Ritters Gesicht durch das Visier wieder das Licht der Welt erblickt. Motto »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.«

Episode Nr [12]

Während der Ausplünderung des Dorfes muss ja schliesslich ein Rittersmann auch einmal »hinaus«, so auch der Kunz. Man sieht ihn, wie er auf diesen Ort zugeht, der ganz leicht hinter jedem Bauernhof an seinem ausgeschnittenen Herz zu erkennen ist. Am Weg nach dort, findet er sogar zufällig noch eine Handvoll Stroh, er hebt das Stroh auf und man weiss nun ganz sicher, »wo« er seine Schritte hinlenkt. Solche Paläste, wenn man sie so nennen will, sind nicht aus Marmor gebaut, sondern aus alten dünnen Brettern. Man braucht auch kein Schild »besetzt« anzubringen wenn sie vorüber­ gehend bewohnt sind, denn man hört es. Und so hörte man auch den Ritter Kunz, denn warum sollte der eine Ausnahme machen. Nur hört man nicht das übliche Gfejräusch, sondern aus dieser irdischen Halle kommen nur Fluchworte. Hurtig läuft ein Kamerad des Ritters herbei und frägt: »Was schreist denn da drinn so[?]« Da schreit der Ritter heraus: »I bring dös Teufelszeug net runter, was soll i denn da machen?« Da ruft der Andere: »Dös musst Du doch wissen, was ma drinn macht.«

Episode Nr. [13a]

Bei der Kanonade stellt sich unvorsichtigerweise ein Raubritter vor eine Kanonenöffhung. Der die Kanone abschoss hatte das nicht bemerkt. Der Schuss kracht und die Kugel reisst dem Davorstehen­ den den Kopf weg, händeringend läuft dieser davon. Bei der Schlacht, die einige Stunden später am Isartor stattfindet, läuft der ohne Kopf noch immer herum. 333

Episode Nr [13b] Die Raubritter fangen die von der Bürgerwehr abgeschossenen Kugeln mit grossen Tüchern auf, weil ihre Munition zu Ende ist und schiessen dieselben Kugeln die sie aufgefangen haben, wieder hin­ über zu der Bürgerwehr. Die Bürgerwehr erkennt ihre Kugeln und schiesst dieselben wieder hinüber.

Episode [Nr. 13 c] Der Hauptmann der Bürgerwehr sieht wie ein Soldat mit einem Bleistift an den Kugeln herumstochert. Hauptmann: (zum Soldaten) Was machst denn da? Soldat: A Stricheri mach i auf jede Kanonenkugel nauf, damit i woass wia viel Kugeln i scho’ nüberg’schossen habn.

Episode Nr [13d] Bürgerwehr - Kanonade. Nach einem Schuss: Kanonier schaut umher: Was tut denn da so? 2. Kanonier: I hör a was - 3. Kanonier: Das hört sich jetzt an wie a leises Löwengebrüll. 4. Kanonier: »Schmarrn, zwitschern tut was.[«] 5. Kanonier: Ja da schauts her, da am untern Teil vom Kanonen­ rohr is a Schwalbennest mit 4 junge Schwaiberln, dö san sicher recht daschrocka beim 1. Schuss.

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Scheune

109 Einzug der Raubritter in Schloß Grümvald

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Vorlage für Kerkerszene

in Geisterstunde auf Burg Grünwald

112 Geisterstunde auf Burg Grünwald

113 Geisterstunde aufBurg Grünwald

114 Geisterstunde auf Burg Grünwald

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Geisterstunde auf Burg Grünwald

116 Geisterstunde auf Burg Grünwald

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117 Geisterstunde auf Burg Grünwald

118 Geisterstunde auf Burg Grünwald

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A uf Vorposten !

Das Mondraketenflugzeug Grotesk - Grosstonfilm von Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Programm — Kommentar.

Ein alter Bastler arbeitet schon seit vielen Jahren an der Erfindung eines Raketenflugzeuges. In einer kleinen Werkstätte geht die Er­ findung bereits seiner Vollendung entgegen. Ein Flugzeug mit Motor und Raketenantrieb steht bereits fertig in der Werkstätte, aber zur vollen Ausarbeitung bis zum Start zum Mond fehlen dem Erfinder, Herrn Brandstätter, noch einige Tausend Mark. Ein ihm bekannter reicher Mann, Herr Komerzienrat Rembremerdeng wäre seiner Meinung nach der Einzige, der ihm mit finanziellen Mitteln unter die Arme greifen könnte und er versucht eines Tages demsel­ ben einen Besuch abzustatten. Der Herr Komerzienrat empfängt den Herrn Brandstätter und erbittet sich von dem Erfinder nähere Angaben über die Angelegenheit, er ist auch sichtlich gewillt, dem Herrn Brandstätter die verlangte Summe unter gewissen Bedingun­ gen vorzustrecken. 34°

Aber ein böses Schicksal will es, dass bei diesem Zusammensein die kleine Tochter des Komerzienrats, ein ganz ungezogenes Kind, dem Herrn Brandstätter während der Unterredung mit ihrem Papa allerlei Schabernack spielt und dem Bittsteller die Hölle heissmacht, indem sie ihm den Stuhl wegzieht, ihn mit Wasser bespritzt, kurz allerlei Lausbiiberei treibt, worüber sich Herr Brandstätter innerlich furchtbar ärgert, weiss er doch, dass er dem Kinde nichts anhaben kann, da er doch von dem Komerzienrat Geld will und sich von dem unartigen Kinde, das der Abgott des Komerzienrates ist, alles gefal­ len lassen muss. Das Mädi baut sich z. B. eine Zimmerantenne für den Radioapparat, den sie von ihrer Tante bekommen hat, wirft unter anderem den Lautsprecherkasten von der Staffelei aus dem Herrn Brandstätter auf den Kopf und dergleichen mehr. Der Herr Komerzienrat ist nun, nachdem ihm Herr Brandstätter seine Erfin­ dung genau detailliert hat, bereit, ein Darlehen an den Erfinder auszuhändigen, aber wieder hat das böse Kind dem fremden Mann etwas ausgewischt, indem es dem Herrn Brandstätter heimlich eine Schnur an den Fuss gebunden hat, die an einer, in der Zimmerecke stehenden Porzelanfigur (Venus von Milo) befestigt ist. Selbstver­ ständlich geht die Figur in tausend Stücke, wenn sich der Herr Brandstätter nach Schluss der Besprechung von seinem Platz erhebt. Der Herr Komerzienrat gerät darüber in helle Verzweiflung, dass Herr Brandstätter die Figur heruntergerissen hat, nachdem der Fratz behauptet hat, er hätte gesehen, wie sich der fremde Herr die Schnur selbst umgebunden hätte, damit die Figur fallen müsse. Herr Brandstätter versichert dem Herrn Komerzienrat seine Unschuld an diesem Missgeschick, aber der Vater des bösen Kindes, der an seiner Tochter einen Narren gefressen hat, ist sehr erbost, dass Herr Brandstätter dem braven Kinde so etwas zumutet. - Die Figur repräsentiert einen Wert von 3000.— Mark, da es echt chinesisches Porzellan sei und er kann nicht umhin, den Herrn Brandstätter für den Schaden verantwortlich zu machen. Der Lautsprecher ist inzwi­ schen mit Hilfe eines Mechanikers zur Aufstellung gelangt, er wird eingeschaltet und eine Uebertragung vom Rundfunk verkündet zufällig einen Vortrag des Herrn Professor Knigge »Wie erziehe ich meine Kinder«. Worauf Herr Brandstätter dem Herrn Komerzien-

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rat zur Antwort gibt: »Da horchen Sie zu, Herr Komerzienrat, da können Sie etwas lernen«. Der Herr Komerzienrat hat dem Bittstel­ ler die 3000.- Mark übergeben, hat aber die Sache wegen der Beschädigung der Figur seinem Rechtsanwalt übergeben. Kurze Zeit darauf ist Herr Brandstätter auf die Kanzlei zu Herrn Rechtsanwalt N.N. geladen, aber es kommt dort zu keinem Resultat, denn nach langem Warten erscheint zwar der Rechtsanwalt, aber Herr Brandstätter verlässt voller Aufregung die Kanzlei, da die Besprechung fortwährend durch telefonische Besprechungen ge­ stört wurde, mit der Bemerkung, ich mach’s wie die anderen auch, ich telefoniere es ihnen. Herr Brandstätter hat mit dem von dem Herrn Komerzienrat erhaltenen Gelde seine Erfindung ausgebaut und der Start des Mondraketenflugzeuges ist auf einen bestimmten Termin festgelegt w[o]rden. Zum Start wurde eine mondhelle Nacht ausgewählt, alle Spitzen der Behörden erschienen, Musikkapellen, Redner etc. alles war abgesperrt, das Flugschiff stand auf freiem Felde, der Bürger­ meister der Stadt überbrachte dem Erfinder einige Orden, Sirenen heulten durch die Nacht und bevor sich das Flugzeug in die Höhe begab, erschien ein Zeitungsverkäufer mit Extrablätter[n]. »Extrablättervon der heutigen Mondfinsterniss 20 Pfennige.!«] Der Erfin­ der ist äusser sich. Vor seiner Abfahrt soll eine Mondfinsternis eintreten, unmöglich, aber schon zeigt sich am Mond der Beginn der Finsterniss. Schnell zum Abflug bereit machen, bevor die volle Finsterniss eintritt. Nach einigen Abschiedsmomenten und einer Rauchwolke mit wildem Getöse, lässt sich das Flugzeug in den Nachtshimmel zum Monde emporschnellen. - Ein Aufschauen der Zuschauermenge und ein Schrei des Entsetzens, denn nach einigen Minuten sieht man, das dem blosen Auge winzig erscheinende Mondraketenflugzeug vor dem Mond herumschwirren und wieder zur Erde abstürzen. . Die beiden Flieger, der Erfinder und sein Monteur kriechen aus den Trümmern heraus und reiben sich die Hinterteile und der Herr Bürgermeister der den Piloten die Nobel­ preis Orden verliehen hat, nimmt dem Erfinder die Orden wieder ab.

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Der Weihnachtstag Grotesk - Grosstonfilm von Karl Valentin u. L. Karlstadt. Programm - Kommentar. Am Morgen bringt der Milchbub die Milch zur Familie Bamperl; weil er so spät [kjommt schimpft Frau Bamperl den Jungen und lässt sich in hässlichen Worten aus über dessen Mutter. - Dieselbe kommt nach kurzer Zeit zu Frau Bamperl und da die beiden Weiber schon seit längerer Zeit auf feindlichem Fusse stehen, ergibt sich im Treppenhause eine wüste Schimpferei, die am Schlüsse in eine Keilerei ausartet, bei welcher die Fetzen fliegen. Frau Bamperl kehrt von dem Schlachtfeld zurück und sitzt weinend in der Küche und meint: »Der Weihnachtstag fängt ja schon gut an«. Um io Uhr vormittag macht sie immer ihre Einkäufe, an diesem Tage aber dauern sie bis Mittag, weil sie in der Stadt Weihnachtseinkäufe machen muss. Ihr umständlicher Gatte muss an diesem Vormittage kochen, was er da alles treibt kann man sich denken - die Weih­ nachtsgans lässt er natürlich verkohlen, statt Oel schüttelt er Spiritus in den Salat usw. Die Frau, die unterdessen in der Stadt einkauft wird von einem Radfahrer angefahren und kommt mit beschädigten Klei­ dern nach Hause. In der Strassenbahn ist ihr natürlich auch alles mög­ liche passiert, sie ist [in] den verkehrten Wagen eingestiegen etc.. Zuhause angekommen sieht sie zu ihrem Entsetzen was ihr Mann alles in der Küche angerichtet hat, häuslicher Streit ist die Folge. 5 Kinder sitzen am Mittagstisch und quälen die Eltern bis zur Verzweiflung, was wohl das Christkind heute abend alles bringen wird. Die Kinder werden nun von den Eltern auf die Gasse ge­ schickt, damit mit den Weihnachtsvorbereitungen begonnen wer­ den kann. Was diese Gassenkinder alles anstellen, ist mehr wie toll. Um 3 Uhr schickt Frau Bamperl den Mann fort in die Stadt um den Weihnachtsbaum zu besorgen, der Mann geht, aber es wird Abend und der Mann ist noch nicht da. Frau Bamperl sitzt traurig im Zimmer und meint, es wird ihm wohl nicht[s] zugestossen sein. Sie wird sentimental, draussen ist es schon dunkel geworden, Schnee­ flocken wirbeln vor den Fenstern und die Weihnachtsglocken ver-

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künden den nahenden Christabend. Endlich kommt der Vater mit dem Bäumchen. Leider hat dasselbe kein Brettl und schnell ein solches zu beschaffen bringt wieder Wirrwarr ins Haus. Vater geht in den Hof, holt ein 5 Meter langes Brett herauf, stösst durch seine Unachtsamkeit alle Fenster im Treppenhaus ein, haut Geschirr und alles Erdenkliche von den Wänden usw. Das Bretd wird an dem Baum befestigt und die Weihnachtsgeschenke unter ihm plaziert. »Das Christkind ist gekommen[«], schreien Vater und Mutter, die ganze Horde Kinder stürzt in die Stube und das Fest der Freude wird ein Fest der Katastrophen. Während der Weihnachtsbaum brennt, kommt noch zu allem Unglück der Kaminkehrer, kehrt den Ofen, der Vater probiert sein neues Motorrad B. M.W. und fährt mit einem lau­ ten Krach durch die Zimmerwand. Dieselbe stürzt ein, alles geht drunter und drüber und als der Tumult seinen Höhepunkt erreicht hat, geht plötzlich die Türe auf, ein Hausherr von gewaltigen Aus­ massen mit rollenden Augen schreit ins Zimmer herein: »Ja was ist denn das für ein Höllenspektakel, das ist ja das reinste Sodom und Ghomorra.[«] - Vater, Mutter und alle Kinder stehen wie starr vor dem Gewaltigen. Vater: (schüchternf)] Sind’shaltnetbös,HerrHausherr, die Kinder sind halt am heiligen Abend ein wenig übermütig. Weihnachten ist ja nur einmal im Jahr. Hausherr: Was Weihnach­ ten? - Der heilige Abend war doch schon vor drei Tagen! Vater: Wie, der war schon? Ah, ah, deshalb hab ich den Baum so billig bekommen!

Weihnachten Gross = Tonfilmgroteske von Karl Valentin u. Liesl Karlstadt

Im Treppenhaus. Milchbub : (läutet an der Wohnungstüre der Familie Bamperl, die Frau öffnet) Guten Morgen, d’Milch! Frau Bamperl: Du Lausbub, du rotziger, warum kommst denn du so spät, du weisst doch, dass du die Milch um 6 Uhr bringen sollst und jetzt ist es schon 8 Uhr (nimmt den Jungen tüchtig bei den

Ohren). 344

Milchbub: (schreit jämmerlich) Das sag ich meiner Mutter (geht heulend die Treppe hinunter um es zuhause der Mutter zu erzählen). Fr. Bamperl: (ist wieder in ihre Wohnung zurückgegangen und beschäftigt sich mit dem Abkochen der Milch. -Es läutet, Frau Bamperl öffnet die Türe, wer steht draussen, die Milchfrau mit ihrem Jungen). Milchfrau: (wütend zu Frau Bamperl): Sie unverschämte Person, sie unverschämte, wie kommen sie dazu meinen Buben bei den Ohren zu ziehen. Sie haben gar kein Recht fremde Kinder zu züchtigen, das merkens ihnen, sie gemeines Weibsbild, sie unver­ schämtes, sonst sag ich ihnen was anders, anzeigen tu ich sie wegen Kindsmisshandlung, da kommens grad zu mir recht. Glau­ ben sie vielleicht meinem Jungen sind die Ohren deshalb gewach­ sen, dass sie daran rumziehen können, wie sie wollen. Fr. Bamperl: Das geht sie gar nichts an, was ich mit fremden Kindern mach, ’s nächste Mal wenn er die Milch wieder so spät bringt, dann reiss ich ihm seine Mostrichlöffel ganz heraus aus seinem Spanferkelkopf und werf ihn über [die Treppe hinunter, den Lausbuben, den frechen.] Milchfrau : Das können sie mal probieren und werfen mal meinen Jungen die Treppe hinunter, dann kann aber sein, dass ich ihnen mit meinen zehn Fingernägeln ihre Fassade so zuricht’, dass sie meinen, sie sind in einen Stacheldraht hineingekommen und von morgen an können sie sich ihre Milch selbst holen. Fr. Bamperl: Das mach ich auch, denn vor ihrem unappetitlichen Rotzjungen da gruselts mich ja schon lang und wenn sie nicht selbst so ein Riesenschwein wären, dann würden sie ihm vor dem Milchaustragen immer die Nase putzen, sonst fällt er einmal über seine eigene Rotzglocke und bricht sich die Beine. Milchfrau: Ich bin Gott sei Dank eine reinliche Person und über meine Kinder und über mein reelles Geschäft da machen sie mir bitte keine Vorwürfe, Sie alter Omnibus. Fr. Bamperl: Wer ist ein alter Omnibus? (packt die Milchfrau bei den Haarenj)] (abblenden) (Frau Bamperl kehrt mit aufgerissenen Haaren in ihre Wohnung zurück und sagt): Der Weihnachtstag fängt schon gut an. Herr Bamperl: (der auch schon auf ist und in der Küche den Kaffee

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mahlt sagt zu seiner Frau) Beeil dich dochjohanna, du musst noch so viel Einkäufe in der Stadt besorgen, kümmere dich nicht um die Kocherei, ich mach den Kartoffelsalat, ich schau öfters nach dem Gansbraten, also schau dass du fortkommst. Fr. Bamperl: (hat sich angezogen, nimmt Geld mit und geht) Herr Bamperl: (allein - treibt nun alles Mögliche in der Küche) Extra Manuskript

Film blendet hier ab und man sieht nun abwechselnd die Frau in der Stadt Einkäufe machen oder den Mann in der Küche hantieren. Fr. Bamperl: (geht in ein Schirmgeschäft hinein) Verkäuferin: Die Dame wünscht? Fr. Bamperl: Einen Schirm! Fräulein: Soll’s sowas sein, ein Herren- oder ein Damenschirm? Fr. Bamperl: Was heisst Damenschirm - an Lampenschirm brauch ich Fräulein: Bei uns gibts doch keinen Lampenschirmf.J Fr. Bamperl: Ja soll ich vielleicht einen Regenschirm in mein Zimmer hineinhängen? Oder soll ich vielleicht meinem Mann, der schon 55 Jahre alt ist einen Regenschirm kaufen. Wo er vielleicht blos noch 10 Jahr lebt. (Der Streit verflacht es wird

abgeblendet)

Man sieht Frau Bamperl in einem Motorradgeschäft für gebrauchte Motorräder - die Frau will eben den Laden verlassen, worauf ihr der Händler versichert, das Motorrad sei nur 8 Jahre gelaufen, aber es funktioniere noch tadellos, nur mit dem Licht sei es nicht ganz in Ordnung. Er soll halt nur bei Tage fahren. Frau Bamperl meint: Das ist das wenigste, die Hauptsache ist, dass das Motorrad, welches ich meinem Manne zum Christkindl sch[en]ke, heute nachmittags 5 Uhr vor der Bescherung in unsere Wohnung kommt. Bahnhofstr. 44/4 (abblenden). Fr. Bamperl: (geht in ein Obstgeschäft, verlangt ein Pfund frische Kirschen)

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Verkäufer: Kirschen??? Ja wir haben doch keine Kirschen, die gibts doch erst im Sommer. Fr. Bamperl : No ja, dann komm ich eben im Sommer, da brauchen

sie sich doch nicht aufregen[.J Verkäufer: Ah, sie alte Schachtel! Fr. Bamperl: Sie sind ja ein feiner Mann (geht aus dem Laden über

die Strasse und wird von einem Radfahrer angefahren) Radfahrerglocke kling kling kling - Obacht! Obacht! Radfahrer: Ja gibts denn das auch, lauft mir das saudumme Frauenzimmer direkt ins Rad hinein. Ja hören sie denn nicht, wenn ich schon eine halbe Stunde läut! Sie närrisches Frauenzim­ mer Sie! Fr. Bamperl: Redens doch nicht so unverschämt daher, sie haben überhaupt nicht geläutet, sie sind mir direkt mit ihrem Rad zwischen die Füsse neingefahren. Radfahrer: Wer hat nicht geläutet? Ich hab schon geläutet - ich hätte nicht geläutet? Für was habe ich denn an meinem Rad eine Glocke. Herr Nachbar sie sind Zeuge, hab ich an meinem Rad eine Glocke oder nicht? Zeuge : Das stimmt, da muss ich dem Herrn recht geben, der Herr hat an seinem Rad eine Glocke. Fr. Bamperl: Das glaub ich schon dass er an seinem Rad eine Glocke hat, aber geläutet hat er nicht mit der Glocke. Zeuge: Geh Frau, redens doch nicht so dumm daher, was hätte denn die Glocke für einen Zweck, wenn er nicht damit läuten würde. Fr. Bamperl: Ach Unsinn - dann schauns her, wie ich aussehe den ganzen Rock hat er mir zerrissen! Radfahrer: Hätten’s keinen Rock angezogen. Fr. Bamperl: Das würde ihnen passen! Radfahrer: Mir schon[.J Frau Bamperl: Sie Herr Schutzmann, da kommen’s her! Schutzmann: Was ist hier los? Fr. Bamperl: Dieser Herr ist mir soeben mit seiner Glocke in den Rock hineingefahren. Radfahrer: Ach woher - ich bin mit meinem Rad auf der Strasse 347

gefahren und habe mit der Glocke geläutet - die Frau hat mich nicht gehört und meine Glocke nicht gesehen und ist mir mit ihren Beinen direkt in mein Rad hineingefahren. Fr. Bamperl: Das ist ja gar nicht wahr, sie sind ja ein Schwindler! Radfahrer: Jch bin kein Schwindler, ich bin ein Radfahrer! Fr. Bamperl: Ich bitte sie, Herr Schutzmann - ich bin gewiss eine anständige Frau - ich bin nur so auf der Strasse gegangen[.] Schutzmann: Na - wenn sie schon einmal allein auf der Strasse gehen, dann sind sie keine ganz anständige Frau. Fr. Bamperl: Lassen Sie mich nur zuerst ausreden - ich bin auf der Strasse gegangen, auf einmal kommt dieser Radfahrer daher gesaust und fährt mir im 40 Kilometer Tempo direkt zwischen die Beine. Sehen Sie mich an, mein ganzer Rock ist zerrisjsjen - ich verlange von dem Menschen ein Schmerzensgeld. Radfahrer: Haben Sie vielleicht am Rock Schmerzen? Frau Bamperl: Ach Quatsch - aber Sie als Schutzmann haben die Pflicht, dass sie diesen sauberen Herrn sofort aufschreiben, das kann ich verlangen. Schutzmann: Das mache ich sowieso .... Aber zuerst Ihre Perso­ nalien. Sie heissen? Fr. Bamperl: Johannaf.J Schutzmann: Wie noch? Fr. Bamperl: Bamperlf.] Schutzmann: Geboren? Fr. Bamperl: Am 23. Schutzmann: Was 23.? Frau Bamperl: November[.] Schutzmann: Weiter, weiter, was für ein Jahr, diktieren sie doch schneller, ich hab nicht so viel Zeit, ich muss heute noch mehr Radfahrer aufschreiben - schneller - los! Frau Bamperl: Was schneller — so schnell können sie nicht schreiben wie ich sprechen kann. Schutzmann : Kümmern Sie sich nicht um mich - also schneller los! Frau Bamperl: Ich heisse Johanna Bamperl, geboren am 23. No348

vember eintausendachthundertzweiundneunzig zu Ingolstadt an der Elbe als Tochter eines verheirateten Kehrrichttonnenabfuhr­ chauffeurs - meine Mutter war eine geborene Karolina Dünn­ dipfldick aus Wallersdorf bei Rosenheim, Bezirksamt Oberbay­ ern ....... Schutzmann: Halt, halt, halt! Da komme ich nicht mit - langsa­ mer! Fr. Bamperl: Nicht wahr, ich habs gewusst, dass sie mir nicht nachkommen, dass sie nicht so schnell schreiben können wie ich sprechen kann. - Grosses Gelächter - Durcheinander Radfahrer: Jetzt kommt er nicht mehr nach, der Schutzmann (Lachen) Schutzmann : Na, da wundern sie sich noch, wie kann man denn da lachen bei dem Mundwerk - ich danke. Frau Bamperl: Gott sei Dank! Zwischen diesen Bildern blendet der Film einigemal über in die Wohnung der Frau Bamperl und zeigt den Herrn Bamperl, man sieht i[h]n in der Küche hantieren, er benötigt irgend etwas, Zwiebel oder Essig - geht herunter zur Frau Hausmeisterin Wimmer, mit der Herr Bamperl schon seit längerer Zeit ohne Wissen seiner Ehegattin ein wenig liebäugelt, sie mit ihm auch, und durch Rat­ schen und Tratschen vergisst der Mann, dass er von seiner Frau den Befehl erhalten hat, hin und wieder im Ofen nachzusehen, damit ja die Weihnachtsgans nicht anbrennt. Jn dem Moment, als ihm Frau Wimmer von ihrer Weihnachtsgans erzählt, fällt ihm ein, dass er auf die Gans im Ofen ganz vergessen hat, läuft schnell in seine Wohnung hinauf und sieht dass seine Gans schon ganz verkohlt ist. Fr. Wimmer: Ja, ja, Herr Bamperl, ich bin froh wenn Weihnachten wieder vorbei ist. Diese Arbeit bis man alles beisamm hat. Bei uns geht es ja, wir sind ja nur zu zweit, ich und mein Mann, da ist die Bescherung nicht so gross, man kauft sich halt gegenseitig das Nötigste und am ersten Weihnachtsfeiertag gibts eine schöne

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Gans, recht schön gebraten und Kartoffelsalat dazu, das ist etwas Feines. Herr Bamperl: (ändert sein Gesicht) Fr. Wimmer: Was ist denn Herr Bamperl, warum schauen sie denn so? Herr Bamperl : Die Gans! (Esfällt ihm die Gans im Ofen ein, er läuft schnell in seine Wohnung, aber die Gans ist fast verkohlt.) Neueinstellung: Man sieht Frau Bamperl auf der Strasse wie sie in einen Laden hineingeht und Kinderinstrumente kauft, Trommeln, Pfeiffen, Knarren, Schreier etc. Sie verlässt den Laden und steigt in die nächste Strassenbahn ein. Was ihr im Strassenbahnwagen alles passiert (siehe Prosa: - Jch suche eine Köchin - Frau Stadtrat Huber etc), kommt zuhause an mit Schachteln und Paketen beladen, sieht die verkohlte Gans. Fr. Bamperl: Ja du Rindvieh! Jch hab mir’s ja gedacht, keinen Schritt kann man diesen Trottel allein lassen.

(Statt der Gans kommt heute nur Sauerkraut und Kartoffelsalat auf den Tisch). Vater, Mutter und 6 Kinder sitzen am Tisch, die Kinder quälen die Eltern mit der Frage, was bringt mir heute das Christkind? Mutter sag, was bekomm den ich? Es ist ein furchtb[a]res Geschrei. Nach dem Essen sagt Frau Bamperl: Fr. Bamperl: So, jetzt marsch alle in den Hof hinunter und erst wenn ich euch rufe, kommt ihr herauf.

(Die Kinder laufen wie wahnsinnig die Treppen hinunter und treiben nun im Hof alles Erdenkliche, sie sind so ungezogen als man sich nur denken kann. Werfen den Erwachsenen Schneeballen ins Gesicht usw. Nachmittags um 3 Uhr sagt Fr. Bamperl:[)J

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Fr. Bamperl: Ja um Gotteswillen, wir haben ja noch gar kein Christbäumchen, gleich gehst du fort und besorgst eines, aber beeil dich. Herr Bamperl: (geht — kann auch ein anderer sein, in der Maske des Herrn Bamperl) - Man sieht i[h]n von der Kamera verfolgt durch einige Strassen gehen, aber ersieht nirgends eine Christbaumverkaufs­ stelle - nach 2 Stunden sieht er endlich in einem alten Vorgarten eines Hauses einen Christbaum und nimmt denselben mit[)]

Ueberblendung in Wohnung von Bamperl. Fr. Bamperl: (sitzt sinnend am Fenster, schaut hinaus, Schneeflocken wirbeln vorüber, es ist schon ziemlich finster und man hört schon die Weihnachtsglocken läuten. Sie schlägt ungeduldig die Hände zusam­ men und spricht halblaut vor sich hin): Wo nur mein Mann solange bleibt mit dem Christbäumchen - er könnte doch schon längst zuhause sein, sollte ihm denn was passiert sein? Es ist schon so spät. Mann auf der Strasse geht mit Bäumchen (Anzug übernatürlich voll Schnee) man sieht ihn aufdas Haus zukommen in welchem er wohnt, er läutet an der Wohnungstüre an, die Frau macht ihm auf mit den Worten: Endlich, ja wo warst du denn solange, in der Zeit besorg ich ja ioo

Christbäume. Herr Bamperl: ioo? Du hast doch gesagt einen soll ich nur

bringen. Fr. Bamperl: Natürlich - aber ein nettes Bäumchen ist das - nur etwas kindisch kommt es mir vor. Herr Bamperl: Naja, das soll ja auch kindisch sein, gehört ja nur für die Kinder - ein elterliches Bäumchen gibt es ja sowieso nicht. Fr. Bamperl: Wieso elterlich? Herr Bamperl: Ich mein, eins für uns Eltern[.J Fr. Bamperl: Ja was seh ich denn da? An dem Baum ist ja gar kein Brettl dran. Herr Bamperl: Nein - aber so ist er doch viel natürlicher, im Wald wächst er ja auch ohne Brettl.

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Fr. Bamperl: Aber so kann ich ihn doch nicht brauchen, ich kann ihn doch nicht hinstellen am Tisch. Herr Bamperl: Dann legen wir ihn heuer hin am Tisch, dann meinen die Leute es ist modern und das nächste Jahr machen sie es alle nach. Fr. Bamperl: Unsinn! So kann ich den Baum nicht brauchen, weil ich ihn nicht aufputzen kann. Herr Bamperl: Ja dann legen wir ihn heuer hin. Fr. Bamperl: Bringt er einen Baum ohne Brettl, das sieht dir wieder gleich. - Da wär mir schon lieber gewesen, du hättest ein Brettl ohne Baum gebracht. Herr Bamperl: Am Brettl allein hätten doch die Kinder keine Freude gehabt. Fr. Bamperl: Freude hin oder her, so kann ich den Baum auf keinen Fall hinstellen. Herr Bamperl: Ja dann halt ich den Baum so[.] Fr. Bamperl : Ja du kannst doch nicht den ganzen Abend den Baum so halten].] Herr Bamperl: Warum nicht - ich hab ja so nichts zu tun, ich bin ja arbeitslos. Fr. Bamperl: So kann ich den Baum nicht brauchen, jetzt gehst sofort hin und lasst dir einen anderen dafür geben. Herr Bamperl: Das geht nicht, es war nur einer da. Fr. Bamperl : Ach, in der ganzen Stadt kann es doch nicht nur einen Baum geben. Herr Bamperl: Die ganzen Bäume sind ausverkauft, in der ganzen Stadt war kein Baum mehr zu bekommen. Der einzige der noch da war, war dieser und den habe ich so mitgenommen, weil der Christbaumhändler nirgends zu sehen war, aber dieser Baum hat leider kein Brettl. Frau Bamperl: Ja aber der steht ja nicht. Herr Bamperl: Der ist ja gesteckt. Fr. Bamperl: Wo [im] Strassenpflaster? Herr Bamperl: Nein, in der Erde. Fr. Bamperl: (staunend fragend) Wo in der Erde? Wieso in der Erde? Also schau schnell, dass du ein Brettl hinmachst.

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Herr Bamperl: Das werden wir gleich haben, im Hof drunt steht

ein langes Brett, das hole ich herauf und da schneiden wir uns ein Stück herunter. Fr. Bamperl: Aber zieh dich zuerst aus. Herr Bamperl: Ganz? Fr. Bamperl: Nein deinen Mantel und Hut sollst du ablegen, aber schüttel erst den Schnee runter. Herr Bamperl: Nein, den fress ich lieber (trägt seinen Mantel und Hut hinaus und holt das Brett) Fr. Bamperl: So ein schönes Bäumchen hat er gebracht, er ist ein guter Mann, aber ein furchtbares Rindvieh - bringt er einen Baum ohne Brettl daher. — (Kindergeschrei) Pst! Ja wer hat denn das Kind verkehrt hingelegt, dem steigt ja das ganze Blut in den Kopf (Kindergeschrei) Ja sei nur ruhig, du Schreihals, hör doch auf, der ist gewiss wieder nass (nimmt Tintendrücker und trocknet das Kind damit\f] (schreit immer noch) Jetzt sei doch ruhig - wart ich werde dir ein Wiegenlied blasen (holt Posaune) So mein Kind, jetzt pass schön auf (Bläst): Schlaf Kindlein, schlaf usw. (beim letzten Ton ist das Kind eingeschlafen) Herr Bamperl: (kommt herein mit zwei langen Brettern, stösst alles um, verhängt sich mit der Hängelampe, Lampenexplosion, stösst den Tisch um, Fliegenfänger klebt ihm im Gesicht, er gerät in verzweifelte Situation. [)] Frau Bamperl: (will ihm helfen) Da, nimms Kind! (trägt Posaune ab) Herr Bamperl: Nimm mir doch die Bretter ab! Frau Bamperl: Mein Gott, wie der ’s Kind hat, mein Gott ist das was! (Hilft ihm aus der Situation) Herr Bamperl: Sind die Bretter recht? Fr. Bamperl: [Was hast denn jetzt da für lange Bretter gebracht, war denn kein kurzes Brettl da?] Herr Bamperl: Nein, das waren die längsten. Ja dann hole ich jetzt ein Stück Säge und schneide es ab. Fr. Bamperl: Und ich mache einstweilen Feuerf.] Herr Bamperl : (kommt mit der Säge, legt Christbaum der Länge nach auf das Brett) Das gibt drei Christbaumbrettln. Fr. Bamperl: O Gott, o Gott, raucht der Ofen wieder!

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Herr Bamperl: Hast wahrscheinlich wieder Feuer angemacht im Ofen? Fr. Bamperl: Ja dazu ist er ja da[.J Herr Bamperl: Zum rauchen? Fr. Bamperl: Nein zum Feuermachen. Der Ofen ist schon über 5 Jahre nicht mehr gekehrt worden, ruf mal den Schlotfeger an, er soll kommen und sofort den Ofen kehren[.J Herr Bamperl: Bitte kommen sie morgen am i. Feiertag zu uns rüber zum Ofenkehren (lehnt sich auf den heissen Ofen und brennt

sich — legt Hörrohr aus Versehen in die Deckelrahme) Fr. Bamperl: Wann kommt er denn? Herr Bamperl: Er kommt in baldiger Bälde. Fr. Bamperl: (kniet vor dem Ofen und bemüht sich vergebens ein Feuer zustande zu bringen). Schneide doch jetzt endlich einmal das Brett ab. Herr Bamperl: (Nimmt Säge und setzt sich auf das Hinterteil seiner Frau) Frau Bamperl: Aber was soll das heissen? Herr Bamperl: Wie gross soll den[n] das Brettl eigentlich sein? Frau Bamperl: Hast du denn noch nie ein Christbaumbrettl gesehn? Herr Bamperl: Schon oft, aber das hab ich nimmer so im Ge­ dächtnis. Frau Bamperl: Dann nimm halt das vorjährige Brettl als Muster. Herr Bamperl: (sägt das Brett ab, Mutter hält ihm dabei) Fr. Bamperl: Gib obacht, dass du dich nicht schneidest. Herr Bamperl: (schneidet und sprichtfortwährend dazu) Die Kinder werden eine prachtvolle Freude haben wenn das Christkind heute eintrifft. Fr. Bamperl: (hält das Brett während des Sägens) Herr Bamperl: Jetzt kommt ein Ast. Fr. Bamperl: (lässt das Brett aus) (Geht ab und holt das Kaffeeservice) Herr Bamperl: Bring schnell eine Schwei[n]sschwarte zum schmieren der Säge! Fr. Bamperl: (Geht an den Tisch, Herr B. drückt mit der Säge das Brett in die Höhe und stösst der Frau das Geschirr aus der Hand)

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Herr Bamperl: Ich hab doch gesagt du sollst ’s Brett halten. Fr. Bamperl: Wo hast du denn das Brettl das du herunter geschnit­ ten hast? Herr Bamperl: Da ist’s. (Er hält das lange Brett immer noch in der Hand, Frau B. steigt am anderen Ende darauf, das Brett haut den Vater auf die Füsse) Au, au, jetzt ist’s am Fuss naufgefallen. Fr. Bamperl: Auf was fiir’n Fuss? Herr Bamperl: Auf unsern Fuss (Er hebt das Brett auf, fahrt seiner Frau unter dem Rock damit herauf) Fr. Bamperl: Was machst denn? Jetzt hat er so ein kleines Brettl herunter geschnitten, das können wir doch nicht brauchen. Da nehmen wir halt das alte her, aber du musst noch ein Loch hineinbohren. Herr Bamperl: Dann hol ich einen Bohrer (holt Bohrer, bohrt ein Loch ins Brett hinein, dieses dreht sich immer) Fr. Bamperl : Komm lass dir helfen. Das Brett l[e]gt man daher am Tisch, ich halt dir und du bohrst. Herr Bamperl: (bohrt und spricht immer dabei) Fr. Bamperl: So red doch nicht immer, pass doch aufs Loch auf! Herr Bamperl: Ja, ich kann doch unterm bohren reden. Fr. Bamperl: Das brauchst gar nicht. Herr Bamperl: So! (Hat durch das Brett und durch den Tisch durchgebohrt dass der Bohrer unten heraussteht.) Fr. Bamperl: Das sieht dir wieder gleich! Bohrt er in den schönen Tisch ein Loch hinein, da brauchst du dir nichts einzubilden darauf, das schönste Stück in unserer Wohnung ist jetzt auch

kaput. Herr Bamperl: Das war vorauszusehen. Fr. Bamperl: Das Loch ist überhaupt zu gross, da passt der

Christbaum gar nicht hinein. Herr Bamperl: Das Brettl brauchen wir ja jetzt nicht mehr, wir

können den Christbaum gleich in den Tisch hineinstecken. Fr. Bamperl: Das hättest du gleich machen können, dann hätten wir kein Brettl gebraucht. Herr Bamperl: Das sag ich ja immer, drum hab ich ja einen Christbaum ohne Brettl gebracht.

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Fr. Bamperl: Jetzt schmück einmal den Baum, häng ein paar Kugeln auf, die Kinder freun sich ja schon so, sie sind schon alle im Nebenzimmer. Kinder: (Hinter der Szene) Mama dürfen wir schon herein? Beide: Nein, noch lange nicht. Fr. Bamperl: Beeil dich doch, die Kinder möchten doch herein. Herr Bamperl: (hängt ein paar Kugeln an, wirft dabei Tisch und Baum um) Fr. Bamperl: Ach Gott, ach Gott, was machst du denn wieder? Kinder: (schreien wieder) Fr. Bamperl: Gleich Kinder, schreit doch nicht so (zum Vater) Beeil dich doch, mach die Kerzen hinauf! Kinder: (schreien wieder) Fr. Bamperl: So seid doch still, ihr Fratzen, ihr miserablen! Herr Bamperl: Böse Fratzen brauchst du zu diesem Galgengesin­ del auch nicht zu sagen. Kinder: (schreien wieder) (Ein Ausgeber bringt ein Paket in dem Moment zur Türe herein als Vater eine Christbaumkugel zur Türe hinauswirft, die dann an der Nase stecken bleibt.D] Fr. Bamperl: Seid doch ruhig! Der Teufel soll euch holen! Herr Bamperl: Vergiss dich doch nicht! Der Teufel soll sie holen, wenn sie der Teufel holt, bräuchten wir uns doch die ganze Arbeit nicht zu machen. Fr. Bamperl: Das geht dich gar nichts an, beeil dich doch! Herr Bamperl: Au! Au! (heult furchtbar) Fr. Bamperl: Seid still Kinder, der Vater ist übergeschnappt (zu Vater) Was ist denn los? Herr Bamperl: (Hat sich einen Kerzenhalter an den Finger gezwickt). Fr. Bamperl: Um Gotteswillen, das Unglück auch noch! Kinder: (schreien wieder) Fr. Bamperl: Gleich kommt das Christkind (zu Vater) So du zündest jetzt den Baum an und ich bring die Kinder. Herr Bamperl: Die hast du schon einmal gebracht. Fr. Bamperl: Ich meine, ich bringe sie herein (geht ab) Herr Bamperl: (Nimmt Zündholz und zündet den Baum unten an)

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Fr. Bamperl: (kommt und schreit): Was machst du denn da, du zündest ja den Baum an! Herr Bamperl: Du hast doch gesagt, ich soll den Baum anzünden! Fr. Bamperl: Ich hab doch gemeint, die Kerzen! Herr Bamperl: Den Baum, hast du gesagt. Fr. Bamperl: Nun ja, wie man halt so sagt (geht ab) Herr Bamperl: (zündet die Kerzen an, läutet mit der Handglocke und lässt das Gramophon spielen). Frau Bamperl mit Kindern kommt herein. Fr. Bamperl: So Kinder, jetzt ist das Christkind gekommen. Alle: (stellen sich um den Baum[)] Kinder: Ah, ah, der ist schön! Herr Bamperl: Nun, gar so schön ist er nicht. Alle: (singen) Alle Vöglein sind schon da, alle Vöglein alle, Amsel Drossel Fink und Star wünschen dir ein neues Jahr, wünschen dir ein neues Jahr, lauter Heil und Segen. Herr Bamperl: (wird zu Tränen gerührt bis zu der Stelle vom neuen Jahr) Das ist doch kein Weihnachtslied, ihr Schafherde - das singt man auf Neujahr. Maxel: Papa, dann singen wir zu Neujahr ein Weihnachtslied, dann gleicht sich’s wieder aus. Fr. Bamperl: Nun seht her Kinder, was euch das Christkind alles gebracht hat (Spielzeug wird verteilt) Hier einen Fussball, hier eine Kindertrompete, Springstrick (Kinder nehmen ihr Spielzeug in Empfang) eine Zugharmonika (neue Lärminstrumente werden ver­ teilt) Alle Kinder: Danke, liebe Eltern (jedes Kind beschäftigt sich mit seinem Gesch[en]k, ein Heidenlärm entsteht durch die vielerlei Lärmin­ strumente und durch das Schreien der Kinder. Plötzlich klopft es an die Türe, alle schreien herein und wer erscheint zur Bescherung? Der bestellte Schlotfeger um den Ofen zu kehren) Kinder: (fangen an zu brüllen aus Furch[t] vor dem Kaminfeger und hängen sich an die Mutter) Fr. Bamperl: Seid doch ruhig Kinder, der tut euch nichts, (zum Kaminkehrer) Um Gotteswillen, Herr Kaminkehrer, sie können wir jetzt nicht brauchen, wir haben doch jetzt gerade Bescherung.

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Herr Bamperl: Ausgerechnet jetzt kommt er. Ich hab doch eigens

telefoniert, sie sollen morgen am Feiertag kommen. Speziell als Schlotfeger sollen sie so viel Anstand haben, dass sie jetzt nicht am Ofen umeinander kratzen. Kaminkehrer: Das werden wir gleich haben. Ich bin gleich fertig. (Fängt am Ofen sehr laut zu klopfen und zu kratzen an). Herr & Fr. B.: Warten sie doch einen Moment, sie sehen doch, dass wir gerade Bescherung haben, man versteht sein eigenes Wort nicht mehr vor lauter Lärm. Kinder: (machen auch Lärm) Fr. Bamperl: So hört doch auf, ihr Fratzen. Herr Bamperl: Warten sie einen Moment, Herr Kaminkehrer (Zur Mutter): Da schau her, du bekommst deine Photographie, die hab ich vergrössern lassen (gibt ihr einen Papierdrachen) Fr. Bamperl: Was? einen Drachen? Ich glaube gar du w[i]llst mich verspotten? Was meinst du denn damit? Da schau her, Vater, du kriegst von mir ein Motorrad ein M.B.W. (überreicht ihm das zugedeckte Motorrad) Herr Bamperl: (beschäftigt sich mit dem Motorrad) Fr. Bamperl: (z. Kaminfeger) Nehmen sie doch einstweilen Platz. Kaminfeger: Bin so frei (setzt sich von rückwärts auf einen Stuhl, auf welchem ein schöner weisser Schaumkuchen liegt, setzt sich darauf) Kinder: (schreien) Mutter, Mutter, Mutter, der Kaminkehrer hat sich in den Schaumkuchen gesetzt. Kaminkehrer: Ach du liebe Zeit (dreht sich um und wischt den Schaum von seiner Hose) Herr Bamperl: (Hat während dieser Zeit sein Motorrad in den Vorraum geschoben, hat den Motor angekurbelt und saust zum Entset­ zen der ganzen Familie quer durch das Zimmer, rennt Tisch und Stühle um, fährt durch den Spiegelschrank und durch die Zimmerwand, ein dumpfer Krach und die ganze Zimmerwand stürzt ein. Weisser Mau­ erstaub wirbelt im Zimmer auf, Lampe fällt herunter, alle Möbel durcheinander. Mutter und Kinder laufen und schreien entsetzt durch­ einander. Als der Radau am grössten ist, poltert jemand an die Türe, reissjt] die Türe auf - alles wird ruhig-DJ Hausherr: (erscheint und brüllt) Ja was ist denn das [fjiir ein 358

Höllenlärm da oben. So ein Saustall, bei mir ist die Lampe von der Decke gefallen. Ich werde sie bald aus der Wohnung werfen. Herr Bamperl: Entschuldigen Sie vielmals, Herr Hausherr, aber sehen sie, die Kinder möchten doch auch einmal im Jahr eine kleine Freude haben. Und heute ist eben Weihnachten. Hausherr: Was Weihnachten? Ihr seid ja verrückt! Weihnachten ist doch schon längst vorbei. Herr Bamperl: Was, das war schon? Hausherr: Natürlich, vor 14 Tagen. Herr Bamperl: Ach, deshalb habe ich in der ganzen Stadt keinen Baum bekommen. Fr. Bamperl: Wo hast du dann diesen herbekommen? Herr Bamperl: Das war sicher ein von Herrschaften abgelegter Baum.

Der Umzug Groteske von Karl Valentin und Liesl Karlstadt Uraufführung im Deutschen Theater, München, 1. Mai 1938

Dekoration: 1 Hintergrund mit alten Häusern. Vor dem kleinen Haus steht das gesamte Mobiliar schon auf der Strasse (siehe Photo)[.] Auf der Kommode Vogelhaus mit Kanarienvogel ausge­ stopft. Bei geschlossenem Vorhang spielt Musik »Morgenstimmung von Grieg«. Dazu Vogelgezwitscher. Karlstadt : (tritt aus dem Haus mit Blumenstrauss in der Hand - stellt

ihn ab, spricht): Ja der Hansi - der singt schon sein Abschiedslied (reisst den Faden vom Hansi ab) Ja Hansi, jetzt wird’s Ernst - heut müss ma ausziehn — 20 Jahr ham ma jetzt in dem alten Häusl drinnen gwohnt und jetzt wird’s auch abbrochen. Mei Hansi da wirds dir heut schlecht gehn bei dem Umzug, da wirds dich umanandaschütteln auf dem Wagen droben, da kriegst ma ja du Gehirnerschütterung, was mach ma denn da ? Halt, i habs - du bist

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ja a Vogerl, du brauchst ja net gfahrn werden, du kannst ja hinfliegen, dir sag i jetzt unser neue Adress, dann fliegst daweil voraus. Also - Ickstattstras 42/III links im Rückgebäude (lässt ihn los) Weiter links, weiter links - schaug net immer um. Jetzt hätt er sich bald an einen Kamin angstossen. Ah - der findt scho hin. Jetzt wars halt recht, wenn der Alte mit’n Karm scho da wär. Seit 3 Stunden wart ich auf ihn------- was sag’ns Frau Hinterhuber, i versteh sie nicht - ja grad sag ich’s, jetzt ist er noch nicht da----3 Stund ist er jetzt aus — jetzt hab ich die schweren Möbeln alle allein runtertragen. Und jetzt wär’s Wetter so schön, das ist so notwendig beim Umzug - derf blos a Schütterer daher kommen, dann derweicht uns unser ganze Rokokokoeinrichtung. Ich kann mir gar nicht denken wo er so lange bleibt - aber sie wissen ja, die Mannsbilder - da ist einer wie der andere--------- ihnen brauch ich ja nichts erzählen, Sie haben ja das gleiche Rindviech wie ich ------- Jetzt kommt er ja endlich - also pfüat Gott Frau Hinterhu­ ber bleibens recht g’sund, wenn ma uns nimmer sehn sollten und b’suchen uns amal in der neuen Wohnung (Musik spielt mit Standarten von Blom) Valentin : (kommt mit Wagen, schiebt ihn ganz langsam) Karlstadt : Ja wo warst denn du so lang? Und so an kleinen Wagen hast gebracht - da bring ma ja unsere Möbel gar net nauf[.) Valentin : Dann muss ma halt abermals fahren[.J Karlstadt: Und schwitzen tut er - ja wenn du mit dem leeren Wagen schon schwitzt[.J Valentin: Ja weil der Karren so schwer zum fahren ist. Karlstadt: Ah - a leerer Wagen kann doch net so schwer zum fahren sein - den nimmt man einfach und schiebt ihn----- (bringt ihn nicht weg vom Platz) Ja da gehn die Räder ja nicht um, der ist ja kaput. Valentin: Nein - da (deutet auf das Schloss) Karlstadt: Ja, der ist ja abgesperrt[.] Valentin : Deshalb war er ja so schwer zum fahren[.] Karlstadt: Ja sag amal, bist du den ganzen Weg mit dem abgsperrten Wagen gfahrn? Valentin: Ja drum war er ja so schwer zum fahrn[.]

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Karlstadt: Das glaub ich schon, dass du so lang gebraucht hast-ja haben dir die Leute keinen Schlüssel mitgeben zum aufsperren? Valentin : Natürlich hab ich an Schlüssel (zieht ihn aus der Westen­

tasche) Karlstadt: Da hat er an Schlüssel - ja warum hast denn nicht

aufgsperrt? Valentin : Der hat g’sagt, der Wagen muss immer abgesperrt bleiben, weil er schon amal gestohlen worden ist. Karlstadt: Aber unterm fahren kann dir doch niemand den Wagen stehlen (sperrt auf) Valentin : Sicher ist sicherf.J Karlstadt: Zwar, dir könnte man ihn auch unterm fahren stehlen, so langsam schaust du. Valentin : (steigt über beide Wagengriffe) Karlstadt: Schau nicht lang — und zieh dich ausf.j Valentin: Ganz? Karlstadt: Nein, mir wars gnua, dein Mantel und dein Huat sollst runter tun[.J Valentin: (brummt) (legt Hut auf Wagen vorne-und Mantel aufden Wagen hinten zwischen die Griffe) Karlstadt: Ja da darfst jetzt nichts herlegen, da, müssen wir doch die Möbel rauflegen. Valentin : (nimmt Mantel, hängt ihn auf linken Wagengriff Mantel hängt aber aufBoden auf er hebt den Wagen auf da rutscht vorne der Hut runter, er putzt den Mantel ab) Karlstadt: (ruft): Was ist es denn? Valentin: (schaut zu ihr hin, haut sich sein Gesicht an dem Griffan) (er geht vor, legt Hut aufden schiefen Wagen, der rutscht immer runter er hebt Wagen aufund legt Hut drauf Geht hinter zu den Wagengrif­ fen, will Weste ausziehen, bemerkt aber dass der Rock wieder auf den Boden hängt, er hebt Wagengriffe auf, balanciert damit) Karlstadt: Wir haben doch was Wichtigeres zu tun - lass diese Kindereien tu den Mantel wegf.J Valentin : (hat jetzt Mantel in der Hand) Karlstadt: Du hast an Kleiderbügel (geht ab) Valentin : (hängt Mantel aufden Bügel, weiss nicht wohin damit, sucht

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und hängt Bügel mit Mantel auf den hervorstehenden Pfannengriff Pfanne steht mit Geschirr vollbepackt auf einem hohen Tisch, Pfanne fallt runter). Karlstadt: (kommt) — ja natürlich wenn man nur dich zu was brauchen könnte. Beide: (legen Geschirr in die Pfanne) Karlstadt: (stellt Pfanne wieder an Platz) Valentin : (bückt sich um seinen Mantel, stösst beim Aufstehen wieder an den Griff, Geschirr fällt wieder herunter) Karlstadt: (hebt alles wieder auf) Valentin: (hat Mantel mit Bügel in der Hand) Karlstadt: Jetzt hat er den Mantel immer noch in der Hand — zieh ihn halt an (sie hilft ihm Mantel anziehn) e r hat Bügel in der Hand weiss nicht wohin damit, steckt ihn in die Manteltasche) Valentin: (bringt Blumenstock) Karlstadt: Nein, der kommt später dran[.] Valentin : (nimmt Schüssel und Stuhl mit Geschirr, geht zu Wagen) Karlstadt: Warum trägst jetzt das Geschirr, du lässt ja doch wieder alles fallen - nimm doch eins nach dem andern. Valentin: (stellt alles zurück, nimmt Nudelwalker, legt ihn auf den Wagen, der kugelt runter 3 +J Karlstadt: Das ist zum kotzen mit dir — der muss ja runter rinnen weil er rund ist. Valentin: Zum umziehn bräucht ma halt an viereckigen Nudelwalker[.] Karlstadt: Da legt man einfach was unter, dann bleibt er liegen (haut ihn fest auf den Wagen) Valentin: (legt Nudelwalker vorsichtig auf Wagen, holt den Besteckka­ sten zum unterlegen[,] aber Nudelwalker ist während der Zeit auf Boden gefallen, er hebt ihn auf) Karlstadt: Mit so einem Glump fangt auch kein Mensch zum aufladen an - mit so kleinen Dingen schon gleich gar nicht. Valentin: Es heisst aber: Mit Kleinem fängt man an Karlstadt: Aber nicht beim umziehn. Da nimm ein grosses Betteil (Sie legt eines aufden Wagen -er nimmt auch eines — legt es drauf, schaut genau hin — nimmt Nudelwalker und schlägt Wanze tot) 3Ö2

Karlstadt: (holt Flitspritze und spritzt-er schaut genau hin -sie sagt) Geh weg (Spritzt ihm in das Gesicht) Valentin : (holt Puppenwagen, stellt ihn auf Wagen, der hält aber

nicht.) Karlstadt: Wie Du nur immer das Verkehrteste erwischen kannst, der Wagen ist doch so so klein, das Wägerl hat aber doch Räder, das braucht man doch nur an den Wagen anzuhängen,

dann läuft es von selber[.J Valentin: Ja das ist wahr (steht ganz nahe dabei) Karlstadt: Geh weg, lauf mir nicht immer zwischen den Beinen rum, hol was anders, (sie hängt Puppenwägeri an) Schau, das ist praktisch - wenn wir dann wegfahren, läuft das Wägerl von selbst mit — Valentin : (kommt mit Wanduhr und langen Gewichtem, bleibt an der

Wagerischnur hängen, verwickelt sich mit Ketten, Fäustlingen, Ta­ schenuhrkette und Kleiderbügel) Karlstadt : (hilft) Du machst ja mehr kaput, als deine ganze Arbeit wert ist. (Alles wird entwickelt) Valentin : So Sachen halten am meisten auf[.] Karlstadt: Die Uhr legen wir gleich hier in das Wägerl, da ist sie am besten geschont. Valentin : (bringt Blumenstock) Karlstadt: (Beide tragen Kommode vor zum Wagen, heben sie aufwie sie hoch ist, merken sie erst, dass der Hut an dieser Ecke gerade liegt) Jetzt liegt der saudumme Hut gerade da[.] Valentin : (will ihn mit den Händen nehmen, kann aber nicht loslassen, will ihn wegblasen) Karlstadt: Stelle die Kommode runter (beide stellen die Kommode wieder aufden Boden) Musst du den Hut gerade da her legen, den kannst du doch wo anders auch hintun (legt Hut hinter zu dem linken Griff, währenddessen macht er inneren Kommodhaken auf) (Beide überlegen, wie man jetzt Kommode nimmt - er macht krumme Armbewegung von vorne nach hinten, sie meint umgekehrt, sagt): Also wie du willst, aber andersrum wäre es gescheiter gewesen (beide heben Kommode auf, halten sie zu weit nach vorne, Schublade fällt ■. heraus mit allem Inhalt: Klosettrolle rollt auf, Valentin will sie 3io Uhr ab und will vorher noch rasiert sein, das Trinkgeld wird dort reichlich sein, der ist ein reicher Mann. Wird gemacht, meint der Friseur freudig, punkt 9 Uhr bin ich an Ort und Stelle. Sie müssen heftig klopfen und auch laut rufen der Friseur ist da, denn der Herr ist etwas schwerhörig. Schon recht, alles wird pünktlich ausgefiihrt. Punkt 9 Uhr klopft der wirkliche Friseur an die Türe 391

Nr. 8 »der Friseur ist da zum rasieren« Der Hotelgast springt im Hemd aus dem Bett, wutentbrannt reisst er die Türe auf, packt den Friseur, hebt ihn mit 2 Händen in die Höhe und wirft denselben (Trick mit Puppe) die Treppe hinunter, hebt ihn wieder auf wirft ihn in eine andere Ecke usw.. Der Hoteldiener betrachtet sich die ganze Sache und freut sich königlich über seinen gut gelungenen Racheakt.

Höher Peter [Eine Militärposse] aus der guten alten Zeit. Personen: Ein Wachtposten am Schilderhaus

Eine Köchin Ein Zivilist (König Ludwig I oder irgend ein anderer bayr. König) spielt im engl. Garten in München. Ein Soldat steht in einer Parkanlage in der Nähe des Kgl. Schlosses vor einem Schilderhaus. Es ist bekanntlich ein langweiliges Geschäft aber alles hat seine Licht- und Schattenseiten. Die Lichtseite besteht darin, dass seine Geliebte, eine stramme Herrschaftsköchin, ihm die Brotzeit bringt, wenn er auf Wache steht. - Heute bleibt sie zwar etwas lang aus, aber allmählich kommt dieselbe in Sicht, freudig strahlend würde er seiner Angebeteten schon entgegenlaufen, aber ein Wachtposten darf das Schilderhaus nicht verlassen. Endlich steht sie vor ihm und das erste was sie ihm mitgebracht hat, ist ein süsses Busserl und das andere ist ein Körbchen und enthält eine grosse Knackwurst, ein Stück Brot und ausserdem hat sie ihm noch einen Krug Bier (Holzbitscherl) mitgebracht und nun kann’s losge­ hen. Wenn es sich auch für einen tapferen Vaterlandsverteidiger nicht schickt auf einer in der Nähe befindlichen Anlagebank die : Brotzeit bequemer zu verzehren als im Stehen, so wird das doch gemacht und unter Herzen und Scherzen wird diese Magenfrage

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erledigt. Leider wird dieses Mahl öfters unterbrochen, dadurch, dass eben in dieser militärischen Gegend eine höhere militärische Per­ sönlichkeit am Schilderhaus vorbeigeht und da heisst es eben dann stillgestanden und präsentiert, aber diese Zeremonie dauert nur einige Sekunden und dann geht es wieder weiter mit der Fresserei. Aber plötzlich kommt ein Zivilist daher, mit Spazierstock und Zylinder auf den Posten zu, aber die Köchin war rechtzeitig im Gebüsch verschwunden, aber der Herr Soldat, weil das ein gutmütig aussehender Zivilist ist, lässt sich nicht beirren und isst behaglich seine Wurst und sein Brot weiter, vor dem Schildwachhaus hat er sein Gewehr angelehnt und der Masskrug steht neben ihm am Boden.

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Karl Valentin als Wachtnosten

Zivilist: Na, macht er hier Brotzeit, weil er so eine schöne Wurst

in der Hand hat? Soldat: Jawohl Herr Nachbar, es ist eine schöne Abwechslung, wenn man zwischen dem langweiligen Postenbrennen einmal was

zum schnabulieren bekommt.

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Zivilist: Wer hat ihm denn diese Brotzeit gebracht? Soldat: Meine Geliebte, Herr Nachbar - jawohl - und wenn die

Militärzeit aus ist, dann wird geheiratet. Zivilist: Wie heisst er denn? Soldat: Peter! Zivilist: So so Peter heisst er, wie lange ist er schon beim Militär? Soldat: i Jahr[.] Zivilist: Also noch zwei Jahre — Soldat: Jawohl! Sind Sie auch beim Militär gewesen? Zivilist: Das glaub ich, ich bin noch dabei, ich bin nur heute in Zivil[.] Soldat: (stutzt und das Verzehren der Wurst während des Gespräches hat momentan ein langsameres Tempo angenommen) Sie sind auch beim Militär? — So? — ja - Sind Sie auch Gemeiner? Zivilist: Ein Gemeiner, nein, das hast Du nicht erraten — höher Peter! Soldat: Höher? Ein Unteroffizier? Zivilist: Unteroffizier ist schon höher wie ein Gemeiner, aber höher Peter! Soldat: (der fortwährend an seiner Wurst und an seinem Stück Brot herumkaut)----- höher — ja — ein Feldwebel? Zivilist: Feldwebel ist schon etwas mehr — aber noch höher, Peter. Soldat: (wird allmählich unruhig) Noch höher? Ja----- dann sind Sie ja ein Leutnant! Zivilist: Ein Leutnant ist schon ein hohes Tier, aber noch höher,

Peter! Soldat: Ah, Sie machen Spass, noch höher, das wär ja schon ein Hauptmann! Zivilist: Höher Peter! Soldat: Noch höher--------- ein Major? Zivilist: Höher Peter! Soldat: (der allmählich die Augen aufreisst und den Appetit zum

Brotzeitmachen verloren hat)----- ein General? (reisst Augen und Maul auf) Noch höher? Ja dann wär’n Sie ja der König----- dann haltens mir nur gleich meine Wurst und meinen Masskrug, damit ich präsentieren kann (gibt dem König den Mass­

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krug und die Wurst in die Hand) Der König lacht aus vollem Herzen und der Soldat präsentiert. Zivilist: So, wenn das auch lustig war, bekommt er doch für dieses Vergehen 3 Tag strengen Arrest. (Jm selben Moment läuft die Köchin aus dem Gebüsch und bittet um Gnade) Ha, ha, da ist sie ja! Na ja, in Anbetracht des schönen Mädchens, schenke ich ihm die Strafe (zwickt dabei die Köchin mit dem Finger in das Kinn.[)J Soldat: (haut den König mit der Hand aufseine Hand) Nix da, Herr Majestät, das is mei Grund und Boden!

Der Landdoktor Kurztonfilm (Manuskript bei Engels Berlin)

In einer kleinen Landbaderei sitzen einige Bauern und werden rasiert. Das kleine Häuserl steht gerade so an einem Platz am Rande des Dorfes und vor dem Ladeneingang zieht ein geschlängelter Weg zum Bahnhof hinüber, der in ungefähr 5 Minuten zu Fuss leicht zu erreichen ist. Der Besitzer, genannt der Bader Wastl ist aber nicht blos Bader, sondern auch Wunderdoktor und hat mit seinen vielerlei Kräutermixturen wahre Wunderheilungen vollbracht und wenn einem Bauern im Dorf oder in der Umgebung was fehlt, dann muss der Wunderdoktor, also der Bader Wastl helfen. - Aber hinter der ganzen Wunderdoktorei steckt ein Mordsschwindel. Kommt ein Bauer auf sein Häusl zu, so verschwindet der Baderwastl sofort aus dem Baderladen und geht in die angrenzende Stube. Durch ein kleines Fenster, welches mit einem Vorhang verhängt ist, sieht der Bader in die Baderstube hinüber. Der Bauer, der nun zum Baderwastl will, wird von der Frau des Baderwastl empfangen und nun gehts los »Ja Grüss Gott, Bauer, rasieren, ja?[«] Na sagt der Bauer, i möcht gern mit’m Wunderdoktor was reden. 395

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Szenenbild Landbaderei

Frau: Bist vielleicht gar krank? Bauer: Ja freilich, kennst mich net, Baderin? Frau: Na i kenn dich net[.J Bauer: Ich bin der Moosbauer von Mühldorf, da hab ich gleich

neben dem Bürgermeister an Bauernhof, hab 12 Stück Vieh, verheirat bin i a, hab 6 Kinder 4 Buben und 3 Mädeln. Frau: Dös sind ja 7 Kinder[.] Bauer: Siehst, so zerstreut bin i oft, aber dös kommt von meiner' Krankheitf.] Frau: Ja wo fehlt’s denn nacha überall? Bauer: Also in der Früh wenn i aufsteh, hab i a solches Zieh’n in die Knie, geh i a paar Minuten in der Stub’n auf und ab, kriag i solche Kreuzschmerzen, dass i grad nausschrein könnt — i trink aller­ dings im Tag meine 6-7 Mass Bier, rauchen tua i a 20 Pfeifen und um 10 Pfennig Schnupftabak brauch i im Tag; dös is net z’vui für mich, denk i. Nach’m Mittagessen hab i alle Tag so a Brennen im Magen und an Durst, dass i’s nimmer aushalten kann. Kurzum, es fehlt hint und vom, wie man so sagt und deshalb hab i mir heut 396

fest vorg’nommen, i geh zum Wunderdoktor, der wird mi schon wieder z’sammarichten. Frau: Dös is aber jetzt dumm, hm, vor io Minuten is er furt (in Wirklichkeit ist er aber nichtfort, sondern er horcht und schaut zu dem Guckeri in die Baderstube hinüber und hört und sieht natürlich alles, was der Bauer zu seiner Frau sagt und in dem Moment, wo die Frau sagt) Na ja, Bauer, nun setz dich einstweilen da her und wart, i denk, dass er in io Minuten sicher wieder da is. (Der Bauer setzt sich nieder und der Baderwastl setzt seinen Hut auf, zieht seinen Mantel an, nimmt seinen Spazierstock, hängt seinen Rucksack um und geht heimlich zu seinem Haus bei der hinteren Türe hinaus, macht übers Feld einen weiten Bogen und geht vom Bahnhofaus aufdem bereits am Anfang geschilderten geschlängelten Wieg wiederauf sein Häusl zu. Die Frau ist natürlich in allem unterrichtet, geht aufdie Ladentüre zu, schaut hinaus und sagt:) Frau: Jetzt kommt er, da schau her Bauer, da kommt er vom Bahnhof her, na siehst, jetzt hast ihn doch noch erwarten können; da wirst schau’n, was mein Mann für a g’scheiter Kerl is, a wirklicher Wunderdoktor, brauchst kein Wort sag’n, wer du bist und was dir fehlt, der weiss alles selber. Bauer: Ja gibt’s denn so was a! Wunderdoktor: (tritt ein) Grüss Gottbeinand! - Ah, was seh i da, der Moosbauer von Mühldorf. Bauer: Ja kennst mi du, Wunderdoktor? Wunderdoktor: Freilich, du hast doch gleich neben dem Bürger­ meister an grossen Bauernhof, hast 12 Stück Vieh, 7 Kinder. Du schaust net guat aus, dir fehlt’s im Magen, nach’m Essen brennt’s da drin, in der Früh zittern dir d’ Knie, wennst a paar Schritt gehst, dann hast Schmerzen im Kreuz. Du musst vor allem dein Saufen aufhör’n, denn du trinkst nach meiner Berechnung min­ destens 6-7 Mass pro Tag, Deiner G’sichtsfarb nach rauchst du vielleicht 20 Pfeifen Tabak, schnupfst (usw.) Bauer: Ja, da bin i ja ganz baff. - ja bist du a g’scheiter Mann!! Wunderdr.: Deshalb bin i auch der Wunderdoktor; da hab i jetzt 3 Packl Kräutertee, den lasst dir jetzt von deiner Frau kochen und trinkst alle Tag 3 Tassen davon und du wirst seh’n, in 4-5

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Wochen bist du wieder a g’sunder Mann! Die Untersuchung kost’ 3- Mark, der Tee 2- Mark, sind 5- Mark. Bauer: Da Bader, hast 5.-Mark, und wenn i g’sund bin, kriagst von mir noch amal 5Mark und empfehlen tu i di, wo i kann. Pfiiat di Gott, Wunderdoktor! Wunderdr.: Pfiiat di Gott! Guate Besserung! (Der Bauer geht. Auf dem Nachhauseweg trifft er einen anderen Bauern, den Rossmetzger Meier von Grünau aus der Umge­ bung.) Bauer: Ja grüass di Gott Meier, wie geht’s denn allaweil? Meier: O mei, net guat, seit a 2 Jahrl stimmt’s bei mir nimmer, überall fehlt’s! Bei 5 Doktor war i schon, keiner fmd’t bei mir, was mir fehlt. Bauer: O mei, bist halt zamg’soffen wia i a. Meier: Na, dös is net wahr, i war immer a solider Mensch, hab nia g’raucht, trink seit 10 Jahr keinen Tropfen Alkohol, geh um 9 Uhr in mei’ Bett - aber seit mi das Ross g’schlagn hat, bin i der nimmer, der i g’wesen bin. Bauer: Halt stad! Du warst halt noch nie bei am Doktor, der was versteht. Da gehst jetzt glei’ mit mir zum Wunderdoktor, i komm grad davon her. Jetzt is er grad dahoam, i geh mit dir hin. — Da wirst aber Augen machen, so gross — der schaut di an und sagt dir sofort alles, ohne dass er dich jemals g’sehn hat. Meier: Dös gibt’s net. Bauer: Dös gibt’s eben schon! Geh mit und du wirst di überzeug’n, dass i recht hab. 20 - Mark wett i mit dir, der sagt sofort, wie du heisst, sagt dir, wo du wohnst, sagt dir, was dir fehlt, a wahrer Wunderdoktor! Meier: Ja, wenn dös so is, geh i gleich mit und du wett’st 20.—Mark - und wenn er’s net woass? Bauer: Dann kriagst du von mir 20 - Mark. Meier: Guat, einverstanden! Beide: (gehen zusammen zum Bader; beide treten in den Laden ein, der Bader steht im Laden). Bauer: Grüass di Gott, Wunderdoktor, bin schon wieder da und mitbracht hab i dir a wem. I hab 20 - Mark mit dem g’wett, weil 398

der net glaub’n will, dass du a so a g’scheiter Mann bist und alles . weisst. - Wer is dös und was fehlt dem Mann? Wunderdr.: (verlegen zum Bauern)................... gib ihm die 20Mark. Ende.

Nächtlicher Stuhlgang Nach Spitzbube Polizeidiener Aus der guten alten Zeit v. Albert Volk. (Anno 1850)

Ein Herr zechte in netter Gesellschaft bis 1 Uhr früh in lustigster Weise und als [er] schon einen Kleinen sitzen hatte, sagte er zur Wirtin, sie möchte ihm einen Stuhl verkaufen, er wolle einen Ulk machen. Die Wirtin, die ihren lustigen Stammgast schon kannte, verkaufte ihm gegen Quittung und Geschäftsstempel einen Stuhl aus dem Büffet mit Rohrgeflecht, denn ihre roten lackierten Stühle, die in dem Lokal standen, waren ihr zu schade. Mit dem Stuhl am Rücken ging der Herr auf die Strasse, drückte sich an Häusern, scheu wie einer mit schlechtem Gewissen, entlang, bis ihn (seine Freunde gingen auf der anderen Strassenseite um den Ulk zu sehen) zwei Schutzleute entdeckten. Sie gingen auf den erschrockenen Menschen zu, der aber nahm sofort Reissaus und lief was er konnte in ein Seitengässchen. Die Schutzleute wie der Teufel hinter ihm her. Da stellte der Herr plötzlich seinen Stuhl in den Schatten eines Toreinganges, lief einige Häuser weiter und pfiff, stehenbleibend, ganz harmlostuend in die Höhe als wollte er in dem Hause jemand pfeifen. Da erreichten ihn die zwei schnaufenden Verfolger und stellten ihn mit den Worten: »Wo haben Sie denn Ihren Stuhl gelassen« - »Was für einen Stuhl?« - [»]Na tun Sie doch nicht so, sie hatten doch einen Stuhl« Dabei sah der eine der Schutzleute den Stuhl und sagte »sehen Sie, diesen Stuhl meine ich«. Ach so, sagte der Herr, ja natürlich, ja das ist mein Stuhl, den 399

habe ich gekauft. Inzwischen versammelten sich seine Freunde, in Art fremder Menschen um ihn, lachten und sagten »Das ist gut, der kauft Nachts einen Stuhl.f«] Der Schutzmann fragt: »Wo haben Sie den Stuhl gekauft?[«] Herr: [»] Ja in einer Weinstube« Schutzmann: So, wo denn bitte? Herr: Ja in der Weinstube »Zum Pfau« Schutz­ mann: Aha, jetzt hab ich Sie, dort in der Weinstube biete ich oft Polizeistunde und daher weiss ich, dass dort rotlackierte Stühle sind. Nun aber schleunigst mit auf die Polizeiwache, Sie sind arretiert. Herr: Ja aber bitte! Schutzmann: Nichts bi[t[te, mitgehen! Sie gingen. Als aber die Schutzleute sahen dass der Herr den Stuhl stehen lässt, sagten sie, na, was ist’s, nehmen Sie jetzt den Stuhl mit! Entrüstet tuend über die Verhaftung sagt der Herr »Den Stuhl, den lass ich hier stehen. Mit dem kann ich tun was ich will, das ist mein Stuhl. Ich hab auch, wie Sie sehen, immer nach meiner Quittung hierüber gesucht, bin aber durch die Verhaftung so nervös, dass ich sie nicht finde.f«) Schutzmann: So, so, na kommen Sie nur, das andere findet sich dann schon. Und den Stuhl da trage eben dann ich. So zogen die drei dahin, der Herr eingerahmt von den zwei Schutzleuten, einer davon den Stuhl am Arm hängend und hinter ihm her eine ziemliche Anzahl Nachtbummler, die meist angehei­ tert über die Geschichte furchtbar lachten und allerhand Bemerkun­ gen machten. Nach einem markierten Fluchtversuch in ein anderes Seitengässchen, kamen sie endlich an die Polizeiwache und das Tor schloss sich hinter den dreien. Ein Kommissar mit einem Riesen Vollbart hatte Wache. Er erfuhr den Sachverhalt durch den Schutzmann. Nun fragte er den Herrn »Wie heissen Sie? [«] Der, immer noch äusser sich und nervös tuend, immer so wie man ein Eisenbahnbillet in allen Taschen sucht, nach der Quittung suchend, überhörte scheinbar die Frage. Kom­ missar: (Laut) Wie heissen Sie, frage ich nochmals? Herr: Wie bitte? Kommissar: Zum Teufel, wie Sie heissenf.] Herr: Ich? Kommissar: (brüllend)]^ natürlich Sie. Herr: (Zögernd, stotternd, verlegen tuend) Ja ich, ja ich - ich heisse, ich heisse Albert Robert heiss ich. Durch dieses verlegene Stottern irregeführt (der Name war aber sein wirklicher) sagte der Kommissar zu seinem Schreiber, der mit auf der Wache war er möge (dabei zündete er eine Art Stallateme an) im 400

ersten Stock, wo das Einwohnermeldeamt war, sehen ob der Name und die Personalien stimmen. Nach einer geraumen Zeit, in welcher der Herr zum Gaudium eines Handwerksbur[s]chen der auch auf der Wache arretiert war, allerhand Unsinn machte, kam der Schrei­ ber wieder und musste bestätigen, dass der Name, Stand und die Wohnung (eigene Villa) stimmten. Nachdem nun festgestellt war, dass der Herr aus besten bürgerlichen Kreisen stammte, sagte der Kommissär, »nun gehen Sie und das Weitere werden Sie noch erfahren^«] Den Stuhl konnte er mitnehmen, da seine Persönlich­ keit ja einwandfrei festgestellt war. So ging also der Herr wieder auf die Strasse, wo seine Freunde noch auf- und abgingen. Er winkte ihnen ab und ging nun in der entgegengesetzten Richtung, als die es war, in welcher er verhaftet wurde. Dort wiederholte sich das Spiel. Nach einer Hetzjagt erwischten zwei andere Schutzleute den Herrn. Dieselben Fragen. Der Herr antwortet: Meine Herren, gehen Sie in Ruhe fort, lassen Sie mich laufen, die Polizei ist von meinem Stuhlkauf unterrichtet. Gute Nacht! Halt! donnerte der Schutzma[n]n, das könnte jeder sagen. Sie kommen mit! Wieder trägt einer den Stuhl, wieder Leute hinterdrein und die Spezi. Wie die Tür aufgeht, reisst den Kommissär in die Höhe, »Ja zum Teufel, sind Sie schon wieder da.« Gelns, sagt der Herr zum Schutzmann, ich habs gleich gesagt, die Polizei ist von der Sache unterrichtet. Da sagte der Kommissar, so, nun lassen Sie den Stuhl da und gehen. Inzwischen hatte der Herr aber die Quittung mit dem Stempel des bekannten Weinhauses, die er immer wieder suchte, endlich gefunden. Er sagte im ehrlichsten Brustton der Ueberzeugung »Bitte, sehr geehrter Herr Kommissar, Sie sehen, dass alles in Ordnung ist. Meine Personalien und die Quittung. Nun da Sie sehen, dass der Stuhl mein Eigentum ist, werden Sie, der doch der Polizei angehört, die doch zum Schutze des Eigentums da ist, Sie werden mir doch nun mein nachweisbares Eigentum nicht vorenthalten wollen etc. etc.[«] Von der mit tiefem Emst vorgetragenen wohlgesetzten Rede von zwingender Logik wenn auch wiederstrebend überzeugt, liess der Kommissar den Herrn nochmals gehen. In einem anderen Viertel begann nun dasselbe Theater. Das dritte Paar Schutzleute aber war sprachlos, als sie der Komjnissar anschrie und einen Indianer Wut­

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tanz tanzte. »Ja zum Teufel, das ist doch verwünscht, sechs Gendar­ men in einer Nacht und alle um den lumpigen Stuhl. So, jetzt bleibt der Herr mitsamt seinem Stuhl eine Zeitlang hier bis es Tag ist und dann kann er gehen und zuhause einen saftigen Strafzettel erwarten, damit er weiss, was so ein nächtlicher Stuhlgang kostet! [«]

Der neue Badeofen! Nach einer ■wahren Begebenheit von A. von Braun. Für den Kurztonfilm bearbeitet von K. Valentin.

Es läutet an der Wohnungstür Frau Amann: (öffnet) Sie wünschen? Installateur: Sie hab’n gestern zu meinem Meister nübertelefo­

niert, zum Installateur Wegleitner, an Ihrem Badeofen tropft der Wechsel. Mein Meister hat aber g’sagt, dass der Hausbesitzer g’sagt hat, Sie kriag’n an ganz neuen Badeofen, weil der alte gar nix mehr taugt. Frau Amann : Herrlich! Endlich geht mein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung! Es gibt doch noch Engel unter den Hausherrn! Installateur: Wo ist denn das Badezimmer? (Einig[eJ Schritte) Frau Amann : (Man hört Oeffnen der Türe) Hier ist das Badezimmer. Installateur: Ja Frau, i tät mi halt bedeutend leichter, wenn’s a bisserl ausräumen tät’n; ’s is so eng da herin! Frau Amann : Stellen wir halt das Tischerl heraus (Gepolter) so, und die 2 Eimer können wir auch heraus tun; - so! Installateur: (Arbeite[tJ, man hört Geräusche, Klopfen ect.) Frau Amann: Dauert das lange? Installateur: N, na, i muass nur den oberen Hahn zudreh’n, das Wasserrohr und ’s Ofenrohr rausreissen, dös ham ma glei! Bringen’s mir derweil a paar alte Zeitungen, dass i das Kaminrohr zustopfen kann. Frau Amann: Hier, nehmen’s die alten Lumpen zum zustopfen! (Geschepper) (Der Installateur hat das Ofenrohr herausgerissen, es ist 402

ihm aus der Hand gerutscht und mit lautem Getöse auf den Boden gefallen). Frau Amann: Um Gotteswillen!!!! Installateur: Dös is ma auskemma! Frau Amann: Da schaun’s nur her, alles voller Russ! Mein ganzes Reisekostüm auf und auf voller Russ! - Mein Dienstmädchen hat heute Ausgang und in einer halben Stunde muss ich auf der Bahn sein! Installateur : Ja mei, dös is halt amal a russige Arbeit! - Ham Sie an Telefon? Dann telefonier i mein’m Meister, was mit dem alten Ofen g’schicht, ob er auf ’n Speicher nauf kummt oder ob er zu uns in d’ Werkstatt kummt! Frau Amann: (Zornig) Da im Wohnzimmer ist das Telefon! (Schritte bis ins Wohnzimmer von Frau Amann und Installateur) Installateur: Nummer 23221 (man hört Wählerscheibe) Der Hans is da - Sie, Moaster, den Ofen hab i [ajbmontiert, was g’schicht jetzt mit dem [ajlten Ofen?------------------der neue ---------------------- Hergott, Krutzi türken!!!-------------------- Ja, is scho recht! (Hängt ein)------- Ja gibt’s denn dös a, die ganze Arbeit umsonst!!!! Frau Amann: Was ist denn los? Installateur : I hab mi in der Hausnummer g’irrt, net [Ainmiller] 40, sondern 41 soll der Badeofen ausg’wechselt werd’n! Frau Amann: Ja, und mein alter Ofen? Installateur: Ja, die nächste Woch ham ma koa Zeit, aber die übernächste Woch montier’n wir Ihren alten Ofen wieder hin. Also, san’s mir net bös, Frau! Schaun’s, dass den Zug no derwischen! Adjeh!!!!!!

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Die Stradivarius Geige Ein Gaunertrick. [Alte Anekdote]

Zu einem Trödler (Tändler) kam eines Tages ein feingekleideter Herr in schwarzer Kleidung mit Zylinder, unter dem Arm einen Violinkasten. Guten Tag, sagte der feine Herr zu dem Tändler und meinte mit freundlichen Worten, er komme nicht um etwas zu kaufen, sondern er würde nur bitten, ob er nicht auf einige Stunden seine Violine hinterlegen dürfte, er müsse nämlich zu einer Beerdi­ gung und könne das Instrument nicht dorthin mitnehmen, er hole dasselbe in einigen Stunden wieder ab. Der Tändler war einverstan­ den, der Herr legte den Geigenkasten auf den Ladentisch und ging. Nach ungefähr einer Stunde kam ein Herr, sehr gut gekleidet, in den Laden. Der Tändler begrüsste den Herrn und meinte: »Mit was kann ich dienen?« Der Herr verlangte eine Taschenuhr, etwa um den Preis von 3.-5 - Mark. Er kaufte sich auch eine und während des Kaufes erblickte der Herr die auf dem Tische liegende Geige, er öffnete den Kasten und meinte zu dem Tändler, ob er die Geige anschauen dürfe, er sei Kenner. Der Tändler sagte, anschauen können Sie das Instrument schon, nur könne er dieselbe nicht verkaufen, weil die Geige nicht ihm gehöre, die habe ein Herr eingestellt, weil er einen Gang zu machen habe. Der Herr nickte mit dem Kopf und meinte, schade, das wäre etwas für mich, er kaufe so wertvolle Stücke und besonders diese hier, würde er gerne erwer­ ben, weil das eine ganz wertvolle Geige sei. Er schätzte den Wert der Geige auf mindestens 1000.— Mark. Ja, meinte der Tändler, ich kann Ihnen die Geige nicht verkaufen, weil dieselbe nicht mein Eigentum ist, das einzige was ich tun kann ist, dass ich, wenn der Herr kommt und seine Geige wieder holt, ihn frage, ob er dieselbe verkauft. Jawohl, ganz richtig, ich komme dann am Abend wieder hierher und bis dahin wissen Sie dann schon Bescheid, also wie gesagt, ich bezahle Ihnen für das Instrument 1000.— Reichsmark. Der Herr verlässt hierauf den Laden und der Tändler reibt sich die Hände und meint für sich, das könnte eigentlich ein gutes Geschäft werden, denn wenn ich dem Besitzer der Geige 500.— Mark 404

bezahle, verdiene ich immer noch 500.— Mark. Nach 2 Stunden erscheint der Besitzer der Geige »Guten Tag, ich möchte meine Geige wieder holen.[«J Jawohl, meint der Tändler, hier ist dieselbe, der Herr ist wahrscheinlich Berufsmusiker? Nein, sagt der Herr, im Gegenteil, ich bin gar nicht musikalisch, verstehe auch gar nichts von Musikinstrumenten, es ist nur ein altes Familienerbstück. Na, verkaufen Sie die Geige? Ich kaufe nämlich Musikinstrumente. Ach, sagt der Herr, was heisst Musikinstrument, ich bin zwar kein Fachmann, aber ich glaube, es ist eine ganz gewöhnliche Geige, zum Spielen vielleicht zu schlecht, aber als Dekoration an die Wand zu hängen genügt sie mir und wie gesagt, wege[n] einiger Mark ist mir die Geige nicht feil und wie gesagt - ein Erbstück! - Der Tändler meint, Na was heisst einige Mark, die Geige ist ja wie gesagt, das Heimtragen nicht wert, aber ich bin ein fanatischer Käufer von Instrumente[n] und würde Ihnen dafür 100.— Mark bezahlen. Aber ich bitte Sie, sagt der Besitzer lächelnd, für diese Geige 100.— Mark, dafür bekommen Sie schon 3 neue. - Tut nichts zur Sache, Liebhaberwert, sagt der Tändler. Der Besitzer [h]at trotz des Ange­ botes von 100.— Mark keine Lust die Geige zu verkaufen, weil es eben ein Erbstück sei - der Händler aber weiss doch bestimmt, dass ihm der, dem die Geige so gefallen hat, 1000.— Mark bezahlen will und deshalb setzt der Tändler seine ganze Ueberredungskunst ein, um die Geige zu erwerben. Aber der Besitzer bleibt hartnäckig, als ihm aber der Tändler schon 500.— Mark bietet, lässt sich der Besitzer »schweren Herzens« erweichen und meint, - na ja, Erb­ stück hin oder her, [gjut, um 500.- Mark sollen Sie dieselbe haben. Der Tändler, der seine innerliche Freude über das gute Geschäft kaum verbergen kann, drückt dem Besitzer 500.- Mark in die Hand. Mit einem schweren Seufzer verlässt der Herr den Laden, der Tändler aber reibt sich schmunzelnd die Hände und meint »wenn nun der Herr kommt und mir 1000.- Mark bezahlt, verdiene ich, sage und schreibe, 500.- Mark.[«j Wenn er kommt! - Dass die beiden Herren, der die Geige hinter­ legte und der die Geige verkaufte, zwei Schwindler waren, hatte der Tändler ja nicht gewusst. 35

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Karl Valentin als Artillerist und Liesl Karlstadt als Stadtfraubas

Der verfrühte Salut! Aus der guten alten Zeit. [Gespielt für Kurztonfilm von Karl Valentin u. Liesl Karlstadt] Ein Soldat - Artillerist Uniform 1890 Pikeihaube mit rotem Haarbusch steht an einer Strassenecke, er hat eine kleine weisse Fahne in der Hand, welche zu dem Zweck bestimmt ist, dem anderen Soldaten, welcher an der anderen Strassenecke steht, zum Zeichen der Salutschüsse, anlässlich einer auf dem Kaiserplatz stattfindenden Denkmalsenthüllung empor zu zeigen. Eine Frau - eine sogenannte Stadtfraubas, kommt auf den Soldaten zu und frägt denselben: Frau: Sie bittschön, Herr Soldat, entschuldigen Sie vielmals, was ist

denn eigendich in der Stadt los, dass soviele Soldaten mit so kleine kindische Fähnlein auf der Strasse stehen, haben die heute ihr

Maifest oder was bedeutet denn das, ich kann mir das gar nicht . denken, so grosse stramme Soldaten haben so kleine Kinderfähn­ lein in der Hand. Soldat: Wegen der Denkmalsenthüllung heute nachmittag um 3 Uhr[.] Frau: (erstaunt) Wie meinen’s Herr Soldat? Soldat: Wegen der Denk - mals - ent - hüllung[.J Frau: (schaut erstaunt) Denkmalaufhüllung? Soldat: Enthüllung! Frau: (noch erstaunter) Enthiiiilung? Soldat: (laut) (dass die Frau erschreckt zusammenfahrt, wobei ihr der Hut herunterrutscht) Enthüllung! Frau: (ganz derdattert) Was ist denn das Herr Soldat? Soldat: Ja! Ein Denkmal wird enthüllt! Frau: Ja (sehr naiv) ja warum denn das? Soldat: (lächelnd) Dass man es sieht. Frau: Sieht man dös so nicht? Soldat: Nein jetzt noch nicht. Frau: Warum jetzt noch nicht? Soldat: Ja weil’s halt noch verhüllt ist. Frau: Und deshalb wird’s heut enthüllt? Soldat: Ja! Frau: Wo ist denn das Denkmal? Soldat: Auf dem Kaiserplatz. Frau : Auf dem Kaiserplatz? (sich besinnend) Ja der Kaiserplatz ist ja ganz wo anders, der is ja bei den Bahnhofsanlagen, warum stehen Sie dann da? Soldat: Wegen dem Salut! Frau: (hat Salat verstanden) (schweigt einige Zeit, endlich sagt sie erstaunt) Wegen dem Salat? Soldat: (brüllt sie an) Salut! Frau: Salut - was is denn Salut? Soldat: Salut sind Schüssef.] Frau: (lacht ängstlich) Waaaaaas Schisse! Soldat: Schüsse! Frau: Schüsse! 407

Soldat: Kanonenschüsse 12 Stückf.J Frau: (schüttelt den Kopf Jetzt kenn ich mich gar nimmer aus[.] Soldat: Bei jeder Denkmalsenthüllung werden 12 Kanonen­ schüsse abgegebenf.] Frau: An wen? Soldat: Mei Frau, sind Sie dumm! Frau: Ja dös sagt mei Mann auch immer - ja wo sind denn die 12 Kanonen? Soldat: Die stehen auf der Exerzierwiese. Frau: Auf der Exerzierwiese? (sich besinnend) Ja die ist ja wieder wo anders! Soldat: Haben Sie denn noch nie was von einer Denkmalsenthül­ lung gehört? Frau: Nein - noch nie - ja mei, selber hab ich keins und so komm ich eigentlich sehr selten wo hin. Soldat: Bei dem Denkmal welches heute enthüllt wird von dem verstorbenen Bürgermeister, hält der Bürgermeister eine Anspra­ che!.] Frau: Ja wie kann denn der noch reden, wenn er schon g’storbn is? Soldat: Ich mein ja den neuen Bürgermeister und am Schluss der Ansprache übergibt er das Denkmal der Stadt und spricht zuletzt die Worte: »Und die Hülle fällt« und wenn er »fällt« sagt, reissen zwei Mann den Vorhang runter und schon krachen nacheinander 12 Kanonenschüsse. Frau: So, so[.] Soldat: Damit aber die wo schiessen, wissen, wann sie schiessen müssen, steht der erste Soldat mit seinem Fähnlein direkt am Denkmal, der zweite 100 Meter entfernt und so alle 100 Meter bis auf die Exerzierwiese nüber und wenn also der Bürgermeister sagt »der Vorhang fällt« hebt der erste Soldat sein Fähnlein in die Höhe, das sieht der zweite, hebt’s au[c]h in die Höh, der 3. 4. 5. u. s. w. und schon krachts 12 mal. Frau: Und das ist heut Nachmittag um 3 Uhr? Soldat: Ja um 3 Uhr fällt die Hülle [.] Frau: Jetzt ist es aber erst 'Z 3 Uhr, da geh ich jetzt hin, dann seh ich auch noch was von der Denkmalsenthüllungf.]

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Soldat: Wenn Sie sich beeilen kommen’s noch hin, in 15 Minuten sind Sie leicht dort. Frau: Ja das mach ich, da geh ich schnell hin, das interessiert mich, also adieu Herr Soldat, ich dank schön für die Auskunft, da nüber komm ich doch am schnellsten zum Kaiserplatz (will schräg über den Weg gehen, der Soldat pfeift ihr mit den Fingern die Frau schaut

um - deutet links und schreit zurück) Da hinüber? Soldat: (schreit ihr nach) Nein! Dahinüber (und macht mit der Fahne eine Bewegung, der nächststehende Soldat missversteht in der Meinung es sei das Salutzeichen und im Film wechseln nun in raschen Bilderrei­

hen mindestens 20 Signalisten, alle diejenigen, die von Valentin aus bis zu der Kanone stehen.[)] Bild zeigt, wie die Kanoniere die Kanonen abfeuem bis zu 3 Schuss, dann erscheint das Bild, wie gerade der Bürgermeister auf einem Podium seine Rede beginnt unter ihm die Volksmenge, Musikkapellen, Schulkinder et[c]. Bürgermeister: Wir sind heute zusammen gekommen um ein Denkmal zu enthüllen (da hört man die verfrühten Salutschüsse und der Bürgermeister schreit:[)] »Zu früh - zu früh!« Sapramentist das eine Blamage. - Die ganze Volksmenge lacht aus vollem Herzen über die Blamage, da sagt einer aus dem Puplikum zum andern »Des wenn unser verstorbener Bürgermeister g’hört hätt, hät er als Toter noch g’lacht«[.] Ende

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Biographische Notate zu Film und Kino

Meine Filmlaufbahn von 1913 bis heute Im Jahre 1913, als man in den »Kinomatographentheatern[«J Mün­ chens, deren die Stadt ungefähr ein Dutzend zur Verfügung hatte, über blutige Dramen »Rotz und Wasser[«] heulte, ging ich in die städtische Sparkasse und holte mir einige Hunderter heraus, ging zu Zimmermeister Otto Geisser in die äussere Rosenheimerstrasse und bestellte ein hölzernes Podium 6 Meter im Quadrat. Dieses Podium liess ich auf einer Wiese in der Martinstrasse auflegen, wir (wir bedeutete in diesem Falle mein ganzer Filmkonzern, bestehend aus mir, Frl. Karlstadt, Karl Flemisch, Otto Wenninger, Frau Therese Wach, Georg Rückert) setzten selbst gezimmerte und bemalte Kulissen darauf, die wir selbst mit einem Handwagen aus der Stadt hinaustransportiert haben. Eine ebenfalls von Zimmermeister Geis­ ser errichtete Holzhütte, Preis 200 Friedensmark diente zum Anund Auskleiden der »Filmschauspieler«. Eine kurze Besprechung über den geplanten Film »Valentin’s Hochzeit« und der Film begann nach 2 kurzen Probenf.J

[Biographische Notiz] 1926 bot mir Mister Goodman von New York auf ein 2jähriges Gastspiel in den vereinigten Staaten für die Woche 5000 Dollar. Das hätte eine Gehaltsumme von rund 2 Millionen Reichsma[r]ks erge­ ben (Dollar 1926 = RM 4.20) In meiner deutschen Heimat verdiene ich die letzten drei Jahre im dritten Reich pro Monat 75.- RM. - Ein Strassenkehrer verdient monatlich 150 - Mk.

Hier Franz Seitz - hier Karl Valentin Der Münchner Filmregisseur Franz Seitz hatte schon von jeher auf seinen Landsmann den Münchner Komiker Karl Valentin einen Bug (auf deutsch: einen Hass) Warum weiss keiner von den Beiden. In der Münchner Stummfilmfabrikation 1920, in der nur Münchner Schauspieler, Komiker, Humoristen etc. verwendet wurden, dachte er nie an einen Karl Valentin, kann man ihm ja auch nicht verden­ ken, denn er hatte ja mit den Filmstarinnen zu viel Arbeit. Wichtig hatte es dieser Franz Seitz nur einmal mit mir. In Berlin machte die Filmfirma Lignose - Hörfilm Bolten Beckers im Jahre 1926 den ersten Tonfilm mit Schallplatten und zwar unsere Szene »Die beiden Musical Clowns«. Eine Berliner Zeitung schrieb über eine Presseauffiihrung, dass der neue Schallplattentonfilm mit Karl Val[e]ntin technisch noch sehr viel zu wünschen übrig lasse. Diese Nachricht bekam auch der Münchner Filmregisseur Franz Seitz in die Nase und flugs liess er sich den Film von Berlin kommen um denselben bei dem grossen Filmball in München im Deutschen [Theater] an welchem alle grossen Filmmänner von ganz Deutsch­ land teilnahmen, zu zeigen. Der Film wurde in der Pause ohne jedes Interesse der Anwesenden heruntergehaspelt, wirkte natürlich auf einem Tanzfest direkt störend und Herr Franz Seitz (mit Monokel wie immer) und Herr Weiss Ferdi lachten sich stillvergnügt ins Fäustchen, weil Herr Seitz dem Valentin wieder etwas ausgewischt hat.

Der »Filmstar« Ein wahres Erlebnis von Karl Valentin 1921

Ein kleines Mädchen mit 20 Jahren wurde für einen Stummfilm engagiert, bekam eine mittlere Rolle und hatte das Malheur sich bei einer Aufnahme den Fuss zu verletzen. Das Filmmädchen nahm aber a Tempo Starmanieren an und liess sich per Auto in ihr Hotel 414

bringen. Das Krankenzimmer glich bald einem Blumenhain; die Filmfirma konnte, weil nicht so schnell Ersatz zu finden war, den Film nicht weiter machen, der ungeduldige Star lag im Bett, qualmte eine Zigarette nach der anderen und holywoodelte. - Nun kamen die Verehrer der »Halbgöttlichen« mit Tulpen und Hyazinthen, bedauerten den Unfall und wünschten baldige Genesung. Auch ich war einer unter diesen. Mein damaliger Filmregisseur Walter Jerven veranlasste mich die »Diva« zu besuchen und ich ging äusser zum Blumenkaufen noch in ein Obstgeschäft um dem kranken Filmliebling einige schöne grosse Bananen mitzubringen. Nach kurzer Zeit hatte ich die Ehre in das Gemach der angehenden Filmkönigin zu treten. Wie bezaubert stand ich vor dem Himmelbettchen der »grossen« Künstlerin und überreichte »Ihr« die Blumen und die Bananen. Aber die süsse kleine Filmdiva fasste mit unzarter Hand eine Banane und warf sie mir direkt ins Gesicht, neben das rechte Auge, so dass ich dort drei Tage lang einen blauen Fleck hatte. Ich hob die Banane vom Boden auf und wollte sie dem Filmstar mit voller Wucht ebenfalls in die Fresse werfen, aber der neben mir stehende Herr Jerven meinte: »Ach Gott, sind Sie doch nicht so gekränkt, die Filmkünstler haben halt so kleine Launen.«

[Biographische Notiz] Äusser zwei kleinen, 300 Meter langen Filmen die wir schon im Jahre 1913 gespielt haben, hat sich bis 1927 niemand in ganz Deutschland herbeigelassen uns zum Film zu verwenden, trotzdem Münchner und Berliner Zeitungen in Theaterkritiken immer wie­ der Anregungen brachten. (Siehe Beilagen). Endlich im Jahre 1927 bemühte sich ein Schriftsteller Namens Walter Jerven einen Fi­ nanzmann zu suchen zur Herstellung eines Valentin Filmes, und es gelang ihm auch nach vieler Mühe. Die Bankfirma Löwenthal und Walter in der Karlstrasse war gewillt den Grossfilm »Der Son-

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derling« Manuskript von Walter Jerven, Valentin und Karlstadt zu finanzieren. Die Herstellung des Filmes kostete ungefähr 38.000 RM. Wir sollten für den Film 10.000.- RM erhalten, ebenso der Regisseur des Films Franz Osten (Franz Ostermeier). Die Firma Löwenthal und Walther war mit der Herstellung und mit unserer vorgeschlagenen Gage, ebenso mit der des Regisseur Franz Osten einverstanden, stellte aber die Bedingung, dass wir die Gage erst dann ausbezahlt bekommen, wenn der Film die Herstellungskosten eingebracht hat, also vielleicht nach 3-5 Monaten Spielzeit. Da wir schon glücklich waren endlich einmal filmen zu können, waren wir beide mit dem Vorschlag einverstandenf,] ebenso Herr Franz Osten. - Der Film startete am 2 5.12.29 und läuft heute noch, nach cirka 4 Jahren in kleinen Kinos, Herr Osten und wir haben bis heute die ausgemachte Gage von diesem Film nicht bekommen, weil die Firma uns versichert, dass erst 26.000.— RM eingegangen wären. Das kann auch sein, es kann auch nicht sein, denn wir haben ja nie Einsicht in die Geschäftsbücher bekommen, obwohl in dem Vertrag bemerkt ist, Herr Valentin und Fräulein Karlstadt werden von der Firma Löwenthal & Walther (Abschrift von Vertrag Brand­ meier) alle Monate benachrichtigt. Hätten wir nicht von einem Breslauer Kinobesitzer, welcher vor der Firma Löwenthal und Walther den Film finanzieren wollte 2.500.— RM erhalten, so wären wir mit dem Film ganz leer ausgegangen. Der Kinobesitzer ist aus irgend einem Grund von der Finanzierung vor Beginn der Herstellung ausgesprungen. Ob Herr Walter Jerven der Vermittler des Filmfs] von Löwenthal und Walther Geld erhalten hat, entzieht sich unserer Kenntniss. - Der Film »[D]er Sonderling« (Negativ) ist heute noch Eigentum der Firma L'ö’wenthal und Walther. 1926 engagierte uns eine Berliner Firma Lignose Hörfilm Direk­ tion Bolten-Beckers für einen Kurztonfilm »Die beiden Musikai­ clowns«. Nach Herstellung dieses Filmes. Tonfilm mit Schallplat­ ten - ein Tonfilm Versuch. Der Film war technisch nicht auf der Höhe, kam nicht in den Handel, aber wir bekamen unsere 2.000.— Mark gleich nach Vollendung des Filmes pünktlich ausbe­ zahlt.

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Oktober 1932 engagierte uns die Firma Reichs-Liga-Filmgesell­ schaft in München für einen Tonfilm. Unsere Original Komödie »Im Fotoatelier« wurde vertonfilmt. Wir verlangten 600.- Rm Aufhahmegage und 1000.— Aufführungsrecht (siehe Vertrag). Der Film lief in München und anderen Städten und hatte laut Kritiken (siehe Zeitungsausschnitte) grossen Erfolg. Die 1000-Mark waren am 31 .Januar 1933 fällig. Die Firma machte dann im März Konkurs und unsere 1000.— Mark haben wir bis heute noch nicht bekom­ men, trotzdem uns Herr Dr. Schleussner, der Syndikus der ReichsLiga-Filmgesellschaft schon dreimal versicherte, wir bekämen die Summe ausbezahlt. Am 28. März besuchte ich die Luitpold Lichtspiele. Jm Pro­ gramm lief auch ein Tonfilm »Das Streichquartett« mit Szöke Szakall in der Hauptrolle. — Szöke Szakall ist ein ungarischer jüdischer Komiker. Er hat mich bei meinen Gastspielen in Berlin oft besucht und mich bei meiner Original »Orchesterscene« oft gese­ hen. Besonders das Duell, welches ich mit dem Kapellmeister mit dem Fiedelbogen ausgefochten habe muss ihn sehr interessiert haben, denn diese Scene hat er in seinem Original Tonfilm Sketsch mir ganz und gar gestohlen. Für den Film, welchen die Firma Triangel in Berlin gedreht hat, soll Szöke Szakall 20.000.— Mark bekommen haben. Ich hätte meine Orchesterscene im Mai drehen sollen und hätte 10.000.— Mark dafür bekommen, kann dieselbe aber jetzt nicht mehr vollständig bringen, weil mir der Hauptschla­ ger, das Duell von Szöke Szakall vorweggenommen wurde. Was ist hier zu tun? Von Januar bis Mai engagierte uns Herr Walter Jerven für ein Gastspiel im Göthesaal, München, Leopoldstrasse 66. 6 Wochen lang ging das Geschäft ganz rentabel, als aber dann die schönen Tage einsetzten, liess das Geschäft sehr stark zu wünschen übrig und wir mussten am 23. April 1931 schliessen. Löwenthal und Walther waren die geheimen Finanzmänner des Herrn Jerven und Herr Jerven musste alle Tage dem Bankhause die Abrechnungen durch Frau Zitzeisberger zur Ansicht überreichen. Fräulein Karlstadt und ich haben von Herrn Walter Jerven alle Tage unsere Gage von

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15°-— M pünktlich erhalten. Aber nach Schliessung des Geschäftes überliess Herr Walter Jerven fast 4.000.— Mark Schulden. Alle Rechnungen von Geschäftsleuten, Zeitungen, Plakaten, Drucke­ reien etx sollte nun ich bezahlen. Jch verklagte Herrn Walter Jerven durch meinen Anwalt Dr. Karl Brandmayer und der Prozess läuft nun seit [...] Nur der Magistrat forderte, ohne den Prozessausgang abzuwarten, sofort sein 320.- M Lustbarkeitsteuer und drohte mit Pfändung, ich musste also sofort bezahlen, obwohl ich nichts schul­ dig war. Näheres hierüber bei Dr. Brandmayer, Rechtsanwalt.

FOTO ATELIER von KARL VALENTIN! Kurztonftlm.

Karl Ritter damaliger kleiner Angestellter der Bavaria Film Produk­ tion, heute 1942 ProfessorderUfa Film Berlin, drehte 1932 mit Karl Valentin seinen ersten Film als Regiesseur. Für diesen Film sollte Karl Valentin mit Liesl Karlstadt zusam­ men 5000.- Mark bekommen. Geldgeber war der damalige Gene­ raldirektor der Reichsliga Filmgesellschaft Kommerzienrat Scheer und dessen Schwiegersohn Dr. [...]. Zirka 4 Wochen nach der Fertigstellung des Films machte die Reichsliga Film Konkurs. Karl Valentin und Liesl Karlstadt bekamen keinen Pfennig. Die Konkursmasse war zirka 60.000 Mark. Die Bavaria Film kaufte aus der Konkursmasse den Kurzfilm Foto Atelier um 300 Mark. Von 1932 bis 1940 lief der Film in ganz Deutschland. Die Bavaria verdiente also mit dem Film wenn er auch nur als Beiprogramm zu einem Grossfilm in Frage kam, Geld. Bei dem damaligen, für Karl Valentin verlorenen Prozess musste Karl Valentin [njoch obendrein 450 Mark Rechtsanwalt Kosten bezahlen. Die zwei Gauner Scheer und [...] wurden freigesprochen und die Bavaria ist heute noch im Besitze des Films, für den Karl Valentin und Liesl Karlstadt keinen Pfennig Gage erhalten haben. 418

Karl Valentin’s Filmpech Melodie: »Vor der Kaserne« (Lilli Marleen) 1. Vor Geiselgasteig - steht der Valentin, Er steht vor den Toren - selten war er drin. Er hätte so gute Filmideen - doch woll’n die Herrn ihn nicht versteh’n, Trotzdem er Deutscher ist - trotzdem er Deutscher ist.

2. Er hat schon gefilmt - in seiner Heimatstadt Und diese Filme - man bewundert hat. Weil sowas Eig’nes noch nicht da - rief man ihn nach Amerika (1926) Doch er blieb Deutschland treu - doch er blieb Deutschland treu. 3. Treue bis heute - hielt der Valentin, doch mit dem filmen - steht es noch sehr sc[h]limm. Er wollte nicht nach Amerika — er wollte zur Bavaria Der Weg wär nicht so weit - der Weg wär nicht so weit.

4. Weiter ist der Weg - zu der Bavaria Als der Weg zu Wasser - nach Amerika. Oh Valentin, wärst damals du - gefahren nach dem Holewu Wärst heut du Millionär - wärst heut du Millionär.

5. Doch der Valentin - der lässt sich nicht beirm Einer meint er, könnt’s - in Deutschland doch probiern. Er brauchte gar nichts um sich her, Verständnis nur vom Geldgeber Und a halbe Million - und a halbe Million.

Was Valentin nicht filmen will, sind: 6. Bayerische Filme - Schuhplattlergestampf Rauferei auf Kirchweih - Schmal[z]nudelgedampf. 419

Zum Kammerfensterl’n schleicht der Bu - a Beim Bayernfilm ist alles da: Ha, ha, ha, ha, ha, ha - ha, ha, ha, ha, ha, ha.

Kollegen und Konkurrenz Verderben die Existenz Die Humoristen vom deutschen Film die sassen in einer Kantine drinn’; der eine von ihnen war ganz empört und sprach zu dem Andern - »habt Ihr schon gehört«? »Man will jetzt den Komiker Valentin (das Publikum!) für Lustspiele haben, zum deutschen Film! Ich sag Euch Kollegen, setzt alles daran, das dulden wir nicht - zerstört diesen Plan. Nur wir wollen lustige Filme machen, nur wir bringen heute die Menschen zum Lachen! Nur wir woll’n verdienen, wir seh’n es nicht ein, wozu mischt sich da jetzt ein and’rer hinein! Nein, nein, Ihr Kollegen, das darf nicht geschehen, das Publikum soll keinen anderen sehen, denn dafür sind wir nicht eingenommen, wir weh’rn jeden ab - uns soll einer kommen! Der Valentin möcht selber Film’ fabricieren, man solle ihm nur etwas Geld kreditieren; dann möcht er, so spricht er, mit seinem Humor was Neues mal bringen, für Auge und Ohr. Seit Jahren schon kämpft er, es will sich nichts rühren, er findet beim Film nur verschlossene Türen. Und das ist auch gut, dass man ihn unterdrückt; wir freu’n uns Kollegen, dass das uns so glückt. Und streubt Euch auch ferner nur fest gegen »ihn« Es soll ihm nicht glücken - dem Valentin.« 420

Filmverzeichnisse

Film Archiv-Album Fam[il]ienfilm von Karl Valentin-Fey und seiner Familienmitglie­ der, Mutterf,] Frau und Tochter Berta, aufgenommen in den Jahren I9i3-i932.jm Besitz von Herrn Karl Valentin-Fey. Aufbewahrt in seiner Wohnung: Mariannenplatz 4.

1. Karl Valentin in seinem eigenen Filmatelier am Platzl. - Eine Filmprobe aufgenommen mit einer Jupiterlampe. 1914 2. Karl Valentin mit Frau und Tochter Berta und Herrn Otto Wenninger. Probe im eigenen Film-Atelier »Der Einbrecher« 3. Karl Valentin (Fey) mit Mutter Maria Fey und Karl Flemisch 1913. 4. Eine Aufnahme von Karl Valentin, aufgenommen von einem Amateur-Filmfotografen. Motto: Grauenhaft. 1914 5. Karl Valentin in seinem Anwesen in Planegg, Georgenstrasse 2 6. Karl Valentins weisser Foxl, genannt Bobsy. (Stummfilm[)J

Verzeichnis von Filmen (Valentin Privat - und alten gekauften Filmen aus dem Jahre 1898) im Atlantik Palast am Isartorplatz. i. Valentin Privatfilme.

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Valentins Mutter privat 1912 Atelier Privataufnahmen 1914 Mondflug und Rakentenflugzeug 1929 Valentin privat 1929 Karl Valentin Privatfilm 1913-1932 Bobsyfilm

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2. Alte gekaufte Filme:

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Bestrafte Neugier Nackte Frau Badende Dame Begründete Scheidung Ausflug des Pfarrers Der pfiffige Gatte Der wackere Gemahl Das lebendige Schilderhaus Madam in Nöten Auf der Hochzeitsreise Damen Duell Dornröschen Dornröschen Ausschnitte Interessante Lektüre Späte Verzeihung (Mailand) Genoveva Ritterfilm Vor und nach der Hochzeit

Gedrehte stumme Filme mit Karl Valentin u. Lisi Karlstadt ab 1912 »Valentin’s Hochzeit« ([KJopp) Erster Valentin Film 1912 »Valentin’s Hochzeit« (Aufnahme Pallaz) 1913 »Die lustigen Vagabunden« (Regie Möllendorf u. Elias) 1913 »Der neue Schreibtisch« (Ostermeier) 1914 »Zirkus Schnabelmann« (Weissblau Film - Rolle Diener) 1920 »Schönheitskonkurrenz« (Reinert) Rolle magerer Mann (Ungerer Atelier) 1920 7. »Der dritte Schlüssel« (Regie Weigert-Rolle Amtsdiener) 1921 8. »Die harten Köpfe« (Rolle: Graf - Regie Göhnen) [QTravilko Atelier) 1922

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9- »Udet Film« (Dedektiv=Udet’s Rolle) Regie Nennert 1922 10. »Verfilmte Anektoden« (Rolle Baron) Raff[é] Travilko Atelier 1922 11. »Mysterien eines Friseursalons« (Koch) 12. »Orchester= und Fliegerscenef«] (Monachia aufgenommen, Bühne) (Kopp) 1923 13. »Auf der Oktoberwiese« (Robert Reinert - Regie Vallé) 1923 14. Erster deutscher Tonfilm (Imitation!) »In der Schreinerwerk­ stätte« 1928 15. »Orchester Opel=Wochenschau[«] - Berlin 1928 16. »Der Sonderling« (Jerven - Osten) 1928 17. »Valentin’s humoristische Wochenschau[«] 1928 18. »Musical Clown« (Berlin — Lignose Hörfilm) 1929 19. »Der Feuerwehrtrompeter« (Solo) 1930 (Probefilm) 20. »Snip Film« (Austria Meier Absgerg) 1933 (Reclame)

Gedrehte Filme von Valentin und Karlstadt 1912 - heute Von diesen Filmen befinden sich einige (Positiv u. Negativ) im Filmarchivschrank im Atlantik Palast Isartorplatz.

1. Valentins Hochzeit (Kopp Film) 1. Valentin Film 1912 Regisseur Ausfelder - gespielt auf freier Wiese (2 Zensurkarten) 2. Valentins Hochzeit (Aufnahme Pallatz) 1913 3. Die lustigen Vagabunden (Regie Möllendorf u. Elias) 1913 4. Der neue Schreibtisch (Ostermeier Film) 1914 (Zensur­ karte) 5. Zirkus Schnabelmann (Weissblau Film — Rolle Diener) 1920 6. Schönheitskonkurrenz (Reinert) Rolle magerer Mann Ungereratelier 1920 7. Der dritte Schlüssel (Regie August Weigert - Rolle Amtsdiener) 1921 42 5

8. Die harten Köpfe (Rolle Graf - Regie Könen) Travilkoatelier 1922 9. Udet Film (Detektiv) Regie Mennert 1922 10. Verfilmte Anekdoten (Rolle Baron) Raffe Travilko Atelier 1922 11. Mysterien eines Friseur Salons (Koch) 1922 12. Orchester u. Fliegerszene (Monachia) Valentin 1923 13. Auf der Oktoberwiese (Robert Reinert - Regie Valle) 1923 (Zensurkarte) 14. Erster deutscher Tonfilm (Imitation) In der Schreinerwerk­ stätte 1928 15. Orchester Opelwochenschau - Berlin 1928 16. Der Sonderling (Jerven - Osten) 1929 17. Valentins humoristische Wochenschau 1929 18. Musikai Clown (Berlin Lignose Hörfilm) 1929 19. Der Feuerwehrtrompeter (Solo) 1930 20. Verkaufte Braut (Ophüls) 1932 21. Im Photoatelier (Reichs Liga Ritterf)] (1932t)] 22. Snip Film (Austria - Meier Absberg) 1933 23. Orchesterszene (Lamac) 1933 24. Es knallt (Kapps) 1933 25. Theaterbesuch (Seitz - Stöckl) 1934 26. Im Schallplattenladen (Lamac - Regie Zerlett) 1934 27. Der reparierte Scheinwerfer (Lamac) 1934 28. Vorstadttheater (So ein Theater) Lamac 1934 29. Der Firmling (Arya) 1934 30. Der Zithervirtuose (Seitz) 1935 31. Kirschen in Nachbars Garten (Engels - Terra) 1935 32. Beim Nervenarzt (Engels) 1936 33. Die karierte Weste (Engels) 1936 34. Beim Rechtsanwalt (Engels) 1936 35. Violin Solo (Raffe) 1936 36. Strassenmusikanten (Deppe - Bavaria) 1936 37. Die Erbschaft (Geis - Bavaria) 1936 38. Der Bittsteller (Engels) Bavaria 39. Musik zu Zweien (Engels) 1936 40. Donner, Blitz u. Sonnenschein (Engels Berlin) 1936 426

Valentinfilme - Positive Valentins Hochzeit (Kopp) 1912 Valentins Mutter Privat 1912 Die lustigen Vagabunden (Valentin - v. Moellendorf - Elias) 1912 Valentins Hochzeit (Paalats) 1912 Atelier Privataufhahmen 1914 Zirkus Schnabelmann 1920 Der dritte Schlüssel (Weigert) 1921 Die harten Köpfe 1922 Rolf Raffe Filmanekdoten 1922 Udet Film Telefonscene (Reggiseur Menner - Titel unbekannt[)] 1922 Der neue Schreibtisch (Ostermeier) 1915 Mysterien eines Friseursalons 1922 Monachiabühne mit Val. Orchester und Fliegerscene 1933 Schönheitskonkurrenz Robert Reinert 1920 K. Valentin L. Karlstadt auf der Festwiese (Reinert) 1923 1. T " " " " 2. Teil Berlin Orchesterscene Opelschau 1928 Mondflug und Raketenflugzeug 1929 Tonfilm Schreinerwerkstätte 1929 Feuerwehrtrompeter 1929 Valentins Wochenschau 1929 Valentin Privat 1929 Fremdenrundfahrt Einleitung und Schlussfilm 1929 Valentin als Musikalclown 1929 Femkino 1929 Filmausschnitte Positiv Sonderling Abschnitte 1929

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[Alle Negative und Positive] Alle Negative und Positive meiner bis heute gedrehten Karl ValentinGross- und Kurztonfilme — lagern bei der Terra Film Industrie Berlin 1940

»Kirschen in Nachbars Garten« »Donner, Blitz und Sonnenschein«

abendfüllender Grosston­ film, Terra, Berlin 1935 abendfüllender Grosston­ film, Terra, Berlin 1936

Kurztonfilme:

»Im Schallplattenladen« (Ondra-Lamac-Film) Berlin. Ausgeliefert am 18.4.39 an die Firma Kosmos Kopieranstalt Berlin SW 68, Lindenstrasse 74 »Scheinwerfer« (Ondra-Lamac-Film, Berlin) ausgeliefert am 18.4. 39 an die Firma Kosmos Kopieranstalt, Berlin SW 68, Linden­ strasse 74 »So ein Theater« (Ondra-Lamac-Film, Berlin) ausgeliefert am 20.5. 39 an die Firma Geyer-Werke K.G. Berlin SO 36 Harzer­ strasse 39-42 »Orchesterprobe« (Ondra-Lamac-Film,) Kürtel Verleih — ausgeliefert am 23.10.1933 an die Firma Geyer-Werke K.G. Berlin SO 36, Harzerstrasse 39-42 »Theaterbesuch« (Bavaria Film A. G.) ausgeliefert am 17.12. 38 an die Firma Tobis Filmkunst G. m. b. H. z. Hd. Herrn Dr. Heide­ mann, Berlin NW 7 Friedrichstr. 100 »Es knallt« (Bavaria Film A. G.) ausgeliefert am 17.12.38 an die Firma Tobis Filmkunst G. m. b. H. z. Hd. Herrn Dr. Heidemann, Berlin NW 7 Friedrichstrasse 100 »Erbschaft« (Bavaria Film A. G.) ausgeliefert am 17.12.38 an die Firma Tobis Filmkunst G. m. b. H. z.Hd. Herrn Dr. Heidemann, Berlin NW 7 Friedrichstrasse 100 »Firmling« (ftrya Film München) ausgeliefert am 16.8.34 an die Firma Arya Film München 428

»Im Photoatelier« (Negativ Bavaria Film) ausgeliefert an Tobis Film­ kunst G. m. b. H. Berlin NW 7 Friedrichstrasse 100 Die drei noch nicht aufgeführten Kurztonfilme:

»Musik zu zweien« (Musikalische Clowns) Berlin, Terra 1936 »Der Bittsteller« (Berlin, Terra 1936) »Ewig Dein« (Autor Max Fernau) Berlin, Terra 1932 »Der Antennendraht« Kopp Film Werke, München, Dachauer­ strasse Die von mir gedrehten Stumfilme 1921-1928 liegen alle im Reichs­ filmarchiv Berlin. Zu erfragen bei Dr. Kümmerle und Herrn Quass. Abs. Karl Valentin, Mü.-Planegg, Georgenstrasse 2 Tel. 899107

[Verschollene Valentinfilme] Verschollene Valentinfilme, von dessen Positiven und Negativen bis heute nichts mehr zu erforschen war. Es folgen hier einige nähere Anhaltspunkte. »Zirkus Schnabelmann« (2 oder 3 Aktiges Lustspiel von Toni Attenberger, München, Kaulbachstr. 77 Telefon 32928, gespielt von Münchner Darstellern mit Valentin und August Junker (siehe beilie­ gende Fotos) der Film wurde 1921 gedreht, im weissblau Film Atelier von Hofschauspieler Nadler Schellingstr. Operateur Karl Attenberger Theresienstr. 50/4

»Der dritte Schlüssel« (2 oder 3 akti[g]es Lustspiel) Dieser Film wurde ungefähr 1920 im Geisel Gasteig Atelier gedreht. Regie August Weigert, derselbe wohnt München Nikolausstr. 10 Tel. 35953 und könnte näheres über den Film berichten. 429

Verfilmte Anektoden von Rolf Raffe »Valentin spielt einen Baron[«J, dieser Film wurde ungefähr 1920 im Trafilkoatelier gedr. Raffes Wohnung Göthestr.

»Die harten Köpfe« (2 oder 3 aktiges Lustspiel) wurde ung. 1922 im Tr[a]filkoatelier von Karl Attenberger gedreht, finanziert von Sima­ der Kostümfabrik, Neuturmstrf.] »Detektiv Sportfilm« Titel unbekannt, wurde ung. 1920 im Trfajfilkoatelier Nymphenburg gedreht von Herrn Könen, Regisseur, näheres könnte Flieger Udet, der die Hauptrolle drinn spielte, wissen.

»Schönheitskonkurrenz« ein sechsaktiger Film von Robert Reinert, wurde ungefähr 1922 im Bavaria Atelier München, unter Regie Reinert gedreht. Die Aufnahmen waren von Lersky Berlin[.] Nähe­ res über den Film Schönheitskonkurrenz wäre bei der Wittwe Frau Reinert Berlin (Adresse bei Emelka zu erfahren)

»Valentin - Karlstadt auf der Oktoherwiese« dieser Film wurde 1923 auf der Oktoberfestwiese gedreht - Positiv und Negativ liegen bei Arnold und Richter. Wegen dem Film schwebt zur Zeit ein Prozess. Näheres bei Arnold und Richter Türkenstrasse 89 Tel. 34130. »Mysterien eines Friseursalons« Positiv in meinen Händen, Negativ bei Doktor Koch Schneckenburgerstr. 29/1 Tel. ?

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Neue Valentin u. Karlstadt Kurztonfilme in Vorbereitung »Raubritter vor der Stadt« (Grossfilm) »Brilliantfeuerwerk in der Rosenau« (Grossfilm) »Das Christbaumbrettl« (Grossfilm) »Grossfeuer auf dem Lande« [(]Grossfilm[)] »Hausmeisterseheleute gesucht« »Beim Schreinermeister oder die zu lange Fahnenstange« i »Auf dem Volksfest« »Raketenflug zum Monde« »Sie weiss etwas von uns« »Erklärung eines Aquariums« (komischer Kulturfilm) »Die gestohlene Zelldeinwand oder es ist nichts zu fein gespon­ nen ..« »Karl Valentin der Allesfresser« »Aus dem Haberfeldtreiben entstand die erste Jazzkapelle« »Verhängnisvolle Aehnlichkeit oder Ohrfeigen in Massen« »Valentin auf der Wildentenjagd« »Umzug in der Vorstadt« »Widerlichkeiten in der Telefonzelle« »Ritter Unkenstein auf Burg Eulenruf« »Verkehrsschutzmann und Radfahrer« »Jockey mit dem Aszess am Rücken« »Die Tante auf Besuch« »Das Edelweiss - Bayrisches Alpentrio« »Sturzflüge im Saal, oder der wütende Direktor« »[Mjorgenmusik auf dem Kirchturm« »Reiseidyl auf dem Münchner Hauptbahnhof« »An Bord« (Schauerlich lustige Tragödie) »Er und Sie auf der Festwiese« »Bräutigam in Uniform« »Ehescheidung vor Gericht« (Lisi Karlstadt spielt darin 6 Personen) »Die Erbschaft« »Hofbräuhaus - Idyl« 431

Verzeichnis v. Kurztonfilmen - Exposees fremder Autoren nach Erzählungen, Volkssängereinaktern, Bilderbogen u. natürlichen Ereignissen.

»Der verfrühte Salut« (Militärhumoreske aus d. guten alten Zeit)

»Höher Peter«! »Der Friseur ist da« (Münchner Bilderbogen) »Der Landdoktor« (Nach einer Erzählung) »Es brennt« (Bilderbogen) »Nächtlicher Stuhlgang« (v. Herrn A. Volk) »Der Angler« (v. Herrn A. Volk) »Jahrestag der Dienstmänner« (v. Herrn A. Volk) »Der Fleck« (v. Herrn A. Volk) »Die billigen Reitstiefel« (Gaunertrick) »Die Stradivarius Geige« ( " ) »Honig, Biene und Blume« (Clownscherz) »Der Apfelschuss v. Wilhelm Teil« (Clownscherz) »Der Handwerksbursche u. die gestohlene Butter« (Bilderbogen) »Der Kiavirvirtuose (Wilhelm Busch) »Die Brille« (Wilhelm Busch) »Maler und Musiker« (Wilhelm Busch) »Der Schuster Nazi« (alte Komödie) »Aschermittwoch« »Der neue Badeofen« (Idee v. einer Dame am Chiemsee)

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Bearbeitungen

Das kinderlose Ehepaar eine Groteske nach Ideen und Sketchen von K. Valentin und Lisi Karlstadt

für den Film zusammengestellt und bearbeitet von Ludwig Schmid-Wildy Alle Rechte vorbehalten.

Ludwig Schmid-Wildy München 13 Schraudolfstr. 9/0 Tel. 51 o 48 Ungefährer Handlungsaufriss:

Vor dem kleinsten Haus in der Au erwartet der bösartige Hausherr Zangeri, mit nicht misszuverstehenden Gesten, den Wohnungs­ inhaber Karl Valentin. Drei Monate sind es heute, dass er ihm den Zins schuldet, was zur unwiderruflichen Kündigung führt. »Aber nur, wenn ich nicht zahle -« philosophiert Valentin an die Dachrinne gelehnt und gibt seiner Frau Lisi - die im Inneren des Hauses mit ihren vier Kindern der Auseinandersetzung gelauscht — durch die Oberlichter des Fensters zu verstehen, dass er einen Bittgang zu dem Kommerzienrat mache, mit dem er einmal vor zwölf Jahren gemeinsam auf der Strassenbahn gefahren sei.

Das Gedächtnis des Kommerzienrats ist weniger gut und doch kennt er den Bittsteller, den er im Garten seines Freundes, des Bankiers Mächtig gesehen zu haben glaubt. Und das ist richtig. Valentin war bei Mächtig im Jahresvertrag - mit einem Gehalt von zwei Mark, angestellt. Der Kommerzienrat will es nicht glauben, aber es hat seine Richtigkeit, denn nicht als Gärtner stand Valentin in Mächtigs 435

Diensten, sondern als Spritzbrunnenaufdreher im Frühjahr, wofür er eine Entschädigung von einer Mark bekam - desgleichen im Herbst für’s Spritzbrunnen zudrehen zum gleichen Honorar. Die Bezüge wären natürlich wesentlich höher, erklärt Valentin, wenn der Bankier ein Tausend Brunnen hätte und diese wöchentlich oder gar täglich auf- und abgedreht werden müssten. Selbst einem Kommerzienrat schwindelt es vor Augen - noch dazu die Klarlegung Valentins zu den drastischsten Mitteln greift. Dies mag mit ein Grund sein, dass der Kommerzienrat freiwillig einhundert Mark zusagt, die er allerdings nicht sofort aushändigen kann, sondern in’s Haus zu schicken verspricht.

Vom Glück wenig begünstigte Menschen haben für arme Leute mehr Verständnis, weshalb Frau Lisi einen Bettler nicht umsonst an ihre Türe klopfen liess. Auch den Agenten einer Photover­ grösserungsanstalt, der sich ausserdem als Schnellmaler ausgibt, sucht sie mit lieben Worten zu erklären, dass sie leider nicht in der Lage sei, von seinem Angebot sich in Öl malen zu lassen, Gebrauch zu machen, da sie nicht einmal die drei Mark zur Anzah­ lung besitze. Es ist mehr als Zufall, dass der reich liverierte Chauffeur des Kommerzienrats gerade in diesem Augenblick die hundert Mark abgibt. An ein Zu[rü]ck ist nicht mehr zu denken und Frau Lisi ent­ schliesst sich dem Maler für das Ölportrait, das bestimmt eine Überraschung für ihren Mann Valentin sein wird, zu sitzen. Im Garten einer Gastwirtschaft, im Kreise Münchener-StrassenSchaffender (Tonnenleerer, Dienstmänner und Strassenkehrer) hat es Valentin nicht leicht, Gehör zu finden für seine wohlwollende Meinung über die Freigebigkeit reicher Leute im allgemeinen und insbesondere über die eines Kommerzienrats.

Viel klarer und verständiger ist der Meinungsausbruch des Haus­ eigentümers Zangeri, der Zeuge wird, wie sich die nichtzahlende Wohnungsinhaberin malen lässt und hundert Mark dem Schwindler 436

zum Wechseln mit gibt, damit er sich seine Anzahlung davon abziehe. Während Frau Lisi an ihre Ölstudie glaubt, heftet sich der Hausherr an die Fersen des Agenten und sichert sich die hundert Mark, mit denen er sich für seine Miete schadlos hält. Wider Erwarten kann sich Valentin weniger über den Verlust des Geldes aufregen, als darüber, dass sein Geschenk nun der Hausherr in Händen hält. Dies dürfte der Hauptgrund sein, dass Valentin vorzieht, jegliche Geschäftsbeziehung zu dem Hüttenbesitzer abzubrechen und, wenn auch überstürzt, zum sofortigen Auszug rüstet. Stark ist der Gegensatz von Gebäude und Strasse in die jetzt Valentin im Kreise seiner Lieben - mit einem Handkarren, auf den das Mobilar getürmt - einbiegt. Mann und Frau sind eifrig bemüht nach einer freien Wohfnjung Umschau zu halten und laden, als sie eine solche angekündet finden, erstmals auf dem Bürgersteig die Einrichtungsgegenstände vom Wagen ab. Es bleibt ihnen nicht sonderlich viel Raum, da im Nebenhaus eine Partei auszieht und der grosse Möbelwagen den Hauptplatz für sich in Anspruch nimmt. Nach umständlicher Beratung wird beschlossen, die freistehende Wohnung gemeinsam zu besichtigen, weshalb Vater und Mutter nebst Kinderschar im Gänsemarsch im Haus verschwinden.

Um seinen Umzug zu rechtfertigen, stellt Valentin zu grosse An­ sprüche an die neue Wohnung. Nachdem Hallenbad und Turnsaal für Leibesübung und ein Wintergarten für seinen Wellensittich fehlen, wird die Wohnung nicht gemietet. Vor das Haus tretend, müssen die sechs Personen zu ihrer Über­ raschung feststellen, dass die Packer vom Nachbarhaus im Übereifer auch ihre Möbel mit verladen haben. Familie Valentin kann dem, mit einem Traktor bespannten Um­ zugswagen nur noch einen wehleidigen Blick nachsenden, der in eine gemeinsame, mitleiderweckende Heulerei ausartet. 437

Wenn die Npt am grössten, ist Hilfe am nächsten und eine Frau aus der Nachbarschaft - Pensionsinhaberin eines Artistenheimes - das wegen Umbau des Zirkus vorübergehend unbewohnt ist - lädt sie ein bei ihr zu nächtigen, bis die Möbel, die keineswegs verloren sind, zurückgebracht werden. Nur Zirkus-Leute können in dieser Pension behaglich ruhen. In einen langen Korridor münden die Zimmer, die für Riesen Schlangenmenschen - Liliputaner und Feuerfresser individuell ein­ gerichtet sind. Valentins Umständlichkeit erschwert das Quartiermachen we­ sentlich und es geschieht manches, bis die Kleinen im Bett der Riesen, die Mutter bei den Liliputanern und er selber im wellenför­ migen Bett des Schlangenmenschen, die wohlverdiente Ruhe su­ chen.

Der frühe Morgen findet die Ruhebedürftigen - geweckt von dem Gejammer Valentins - in den komischsten Situationen vor. Die Kinder haben sich in den Riesenbetten verirrt, die Liegestatt der Liliputaner hat nicht standgehalten und Valentin muss mit vereinter Kraft von seiner Berg- und Talmatraze gehoben werden. Das Klagen der Pensionsinhaberin steht in keinem Vergleich zu dem Gestöhn Karl Valentins, dessen Muskelkater ihn zum Arzt treibt. Erst zu spät entdeckt der untersuchende Mediziner, dass nicht Frau Lisi als Patientin anzusehen ist, sondern nur als erklärende Fürsprecherin fungiert, für den im Vorzimmer weilenden Karl Valentin. Valentin sieht rettende Hilfe nicht in der Behandlung seines Leidens, sondern in der Abschaffung des Übels, das die Ursache zu seiner Verkrümmung ist. Dies ist eine Schlafstelle mit allem Kom­ fort. In der untätigen Zeit des Wartens fand er eine Anonce in der eine Hausmeisterstelle ausgeschrieben. Das Inserat scheint vielverspre­ chend zu sein und Valentin ist gewillt, dem Angebot näher zu treten. Von seiner Frau Lisi aufmerksam gemacht, dass nur ein kinderloses

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Ehepaar gewünscht wird, erklärt er, dass er sich dessen wohl be­ wusst, diese Bedingung aber für ihn nicht ausschlaggebend sei. Das ruhige Milieu, das den Gelehrten, der die Hausmeisterstelle frei hat, umgibt - lässt dessen Wunsch voll und ganz verstehen. Die selbstverständliche Art der Verhandlung und die Sorglosigkeit mit der Valentin seine Kinder verleugnet, ist bewundernswert. Es kommt zu einer Einigung - das kinderlose Ehepaar ist engagiert.

Der riesige Möbelwagen, der vor dem stattlichen Wohnsitz des Gelehrten hält, passt wohl zu der grandiosen Villa, nicht aber zu dem bescheidenen Eindruck den das neue Hausmeisterehepaar macht. Der Einzug in die Mansarde der Villa beginnt. Aus dem Möbelwagen (es ist derselbe, der irrtümlicherweise die auf dem Bürgersteig stehenden Möbel mitnahm) kommen die spär­ lichen Einrichtungsgegenstände der Familie Valentin. Die leichte­ sten Stücke, wie Nachtkästchen und Teppichrolle, scheinen ein besonderes Gewicht zu haben. Dies ist dem Umstand zuzuschrei­ ben, dass Valentin seinen Familienzuwachs stückweise im Möbelwa­ gen zu verpacken sucht, um sie ungesehen ins Haus zu schmuggeln. Während Frau Lisi die lieben Kinder in der Mansarde aus ihrer Umhüllung befreit und sie, zur Ruhe mahnend, hinter einem Schrank in der Zimmerecke aufstellt,--------- versucht Valentin seinen etwas ramponierten Handwagen in der hochherrschafdichen Garage unterzubringen. Die volle Raumausnützung gelingt ihm allerdings erst nachdem die Handgriffe des Wagens in die Scheinwerfer des Autos geschoben sind. Die Aussprache mit dem Chauffeur, an dessen Seite sich der Kammerdiener gesellt, lässt ahnen, dass die zukünftige Arbeitsge­ meinschaft nicht von Harmonie sein wird.

Es kann kleinen, auf der Gasse aufgewachsenen Kindern wenig Vorwurf gemacht werden, wenn sie die verlogenen Abmachungen ihres Vaters nicht verstehen und deshalb nicht respektieren. 439

Vorerst besteht die Hauptarbeit des Hausmeisterehepaares darin, dass sie ihre vier Bankerten immer noch im letzten Moment in Sicherheit, d. h. in ihr Versteck bringen. So aufregend auch das Einfangen und Versteckthalten der Kinder erscheint, Valentin lässt es vollkommen ruhig. Er hat nur eine Sorge, die das Geheimnis lüften könnte - und das ist: dass das unbedingt im Chor laut zu singende Lied von der »stillen Nacht« die kinderreiche Familie verraten könnte. Diese Angst bringt den Gedanken an die bevorstehende Weihnacht näher und fordert Valentin auf, sich um einen Christbaum umzusehen.

Es ist ein selten schönes, jahrzehnte altes Exemplar einer Edeltanne, die als wahre Zierde die Vorderfront der Villa schmückt. Auf sie steuert Valentin mit einem Fuchsschwanz bewaffnet zu.

Nur der Umständlichkeit Valentins ist es gutzuschreiben, dass noch rechtzeitig der ihm nicht gerade freundlich gesinnte Kammerdiener in den Weg tritt und das Absägen der Tanne verhindert. Valentin leugnet prompt sein Vorhaben und versteckt geschickt den verräte­ rischen Fuchsschwanz in seinem Hosenbein. Als ihn der Kammer­ diener auf einen bereits gemachten Einschnitt hin überführt, beugt Valentin erstaunt das Knie, wobei sich die versteckte Säge durch das Hosenbein einen Weg bahnt. Der Kammerdiener wird dabei leicht verletzt, was Valentin als gerechte Strafe deutet, ehe er sich beleidigt von ihm abwendet.

Es ist ein stattlicher Forst auf den Valentin jetzt zusteuert. Die höchste Tanne hat er ins Auge gefasst. Ihr gilt sein Ziel. Diesmal ist es ein Jäger, der es nicht dulden will, dass Valentin den Baum fällt. Dem ihm sympathischen Jäger gibt Valentin zu verstehen, dass es ihm nicht möglich den Baum zu erklettern - und er dem Gipfel nur nahe kommen kann, wenn der Baum zu ebener Erde liegt. Denn für einen Christbaum wäre dieser Baum nicht passend. Es sind viele Einzelheiten mit denen Valentin das detailiert. Das kleine freistehende Bäumchen, das der Jäger ihm anbietet, findet Valentins helles Entzücken, kann aber von ihm nicht genommen

werden, weil es zum Ausreissen geschaffen ist und eine Säge erüb­ rigt, die er doch extra mitgenommen hat. Valentin hat sich während des tiefsinnigen Gespräches an den Baum gestützt und zufällig den um den Baum geführten Leimring gewählt. Die Bemühungen, sich zu befreien, gleichen einem Ringkampf den er mit sich selbst führt. Erst die Hilfe des Jägers, der sich an dem kleinen Baum festhält, bringt den Erfolg. Er reisst Valentin und die kleine Tanne gleichzeitig los.

Frau Lisi will es nicht verstehen, dass Christbäume ohne »Christ­ baumbrettl« zu erwerben sind. Sie will von dem Angebot ihres Man­ nes, den Baum während der Weihnachtszeit auf dem Tisch mit der Hand zu halten, nichts wissen. Da ein liegender Baum nicht festlich wirkt, entschliesst sich Valentin das Standbrett selbst anzufertigen.

Der Weg durch den Herrschaftsaufgang der Villa mit einem acht Meter langen Brett ist schlecht gewählt. Kein Wunder, dass einige Treppenhausfiguren Schaden erleiden. Durch das Mansardenfenster ragen die vier Meter Brett, die im Zimmer keinen Platz mehr finden. Die ganze Familie ist anderweitig beschäftigt, so dass keines in der Lage, Valentin das Brett zu halten, weshalb noch viel passiert bis er, nach dem Muster des vorjährigen Christbaumbrettls (das in der Kommode wohlverwahrt lag) das neue Stückchen abschneidet. Während der Arbeit werden die verschiedenen Weihnachtswün­ sche laut und Valentin schwärmt für ein Motorrad, wenn auch nur vorübergehend für den Bescherungsabend. Ein solches zu einer anderen Zeit zu besitzen, leuchtet ihm nicht ein. Frau Lisi hat ein Motorrad in der Garage entdeckt. Geheimnis­ voll, mit Hilfe des Ältesten und unter Benützung des Wäscheseils befördern sie dasselbe über die Hintertreppe.

Der Weihnachtsbaum wird geschmückt. Die obersten kleinen Zweige vermögen nicht die grössten Äpfel zu tragen. Überhaupt 441

scheint Valentins Hand wenig geeignet zu sein mit Christbaum­ schmuck umzugehen.

Vor der Türe im Treppenhaus stehen — ohne Schuhe, nur in Strümpfen, mit Taschentüchern um den Mund gebunden, lautlos harrend die Kinder.

Die Mutter verhindert im letzten Moment noch ein Unglück, als Valentin der Aufforderung, den Baum anzuzünden, mit einem brennenden Holzscheit - dem Ofen entnommen - nachkommen will. Selig schleichen die Kinder auf Zehen ins Zimmer und bestaunen stumm den Weihnachtstisch. Das gemeinsam zu singende Lied wird in die Kissen gebrüllt und Valentin, der Dirigent, hat für sich einen leeren Kohlensack ge­ wählt, was nach Beendigung des Gesanges den Kindern Anlass zu gröhlendem Gelächter gibt. Allgemeines Entzücken löst die Enthüllung des Motorrades aus. Trotzdem Valentin der Maschine unkundig, gelingt es ihm doch, den Motor in Gang zu bringen. Während Vater und Mutter die Kinder immer wieder zur äusser­ sten Ruhe mahnen, knattern mit höchster Tourenzahl und einigen Fehlzündungen die zwei Zylinder. Die Fenster fliegen auf - die Auspuffgase jagen die Vorhänge ins nächtliche Dunkel. Aus der geheimrätlichen Gelehrtenruhe schreckt der Wissenschaft­ ler hoch. Äusser sich rast der Kammerdiener zur Mansarde durchs Treppenhaus.

Frau Lisi hat sein Kommen entdeckt. Blitzartig werden die Kinder verstaut. Vater Valentin kann sich an der Rettungsexpedition nicht beteiligen, er ist ganz im Banne der Maschine. Alle in Tätigkeit gesetzten Hebel vermögen nicht den Stillstand herbeizuführen. Schon nahen Geheimrats und das übliche Hauspersonal. Die Kata­ strophe ist nicht mehr aufzuhalten.

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Eine ungeschickte Bewegung Valentins bewirkt, dass das Motor­ rad vom Ständer rutscht, am Kasten vorbeispringt und mit Valentin durch die geschlossene Türe ins Schlafzimmer rast. Das Motorbrummen verstummt. Heulende Kinderstimmen, die aus Schrank, Küchenanrichte und hinter einem Vorhang der Zim­ merecke hervordringen, lösen es ab. Zum Erstaunen aller erschei­ nen auch gleichzeitig die ängstlich verzerrten Gesichtchen. Valentins Ausrede, dass bei einem Unglück immer Volk zusam­ menströmt, findet keinen Glauben. Frau Lislf’s] Erklärung, dass sie das Motorrad nur für den Bescherungsabend entlehnt, ist auch nicht stichhaltig, da der Heilige Abend bereits vor drei Tagen war. Das Missverständnis ist zu verzeihen, da während des Umzuges der Abreisskalender nicht entblättert wurde. In die Enge getrieben bekennt sich Valentin zu der ihn als Papa ansprechenden Kinderschar. Geheimrats entdecken, dass ihre Abneigung gegen Kinder darin den Grund hatte, dass ihnen solche versagt blieben. Jetzt aber soll der schöne Garten der Villa seiner Bestimmung zugeführt werden und ein Tummelplatz für die Jugend sein. »Wenn das bloss gut endet« sagt der steife Kammerdiener, als er nächsten Morgen mit Geheimrats durchs Fenster blickt, und der Schneeballschlacht der Hausmeistersfamilie zusieht. »Was kann da schon geschehen« philosophiert der Geheimrat kurz bevor ein Eisbrocken das Fenster zertrümmert und ins Zimmer fliegend auf dem Tablett des Kammerdieners landet. Das auseinanderstiebende Geschirr bringt das

Ende

des Films.

München 1942

Karl Valentin Lisi Karlstadt Ludwig Schmid-Wildy

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Anhang

Editorische Notiz Quellen und Druckgeschichte Mit dem vorliegenden Band werden erstmals sämtliche überlieferten Film­ projekte Karl Valentins veröffentlicht. Dabei wurden die Prinzipien wis­ senschaftlicher Textkritik angewandt. Für den vorliegenden Band gilt allgemein, daß eine Textfassung stets durch Rückgriff auf einen Text von Karl Valentins Hand bzw. ein von ihm (etwa durch Signatur) autorisiertes Typoskript hergestellt wird. Zu Lebzeiten Valentins publizierte Druckfassungen seiner Filmprojekte existieren nicht. Die Filmprojekte liegen in Typoskriptform und in einigen wenigen Handschriften vor. Fast alle Typoskriptfassungen stammen aus dem Nachlaß Karl Valentins, mit einigen Ausnahmen nahezu ausschließ­ lich aus dem Bestand im Theatermuseum Köln-Wahn. Weitere Typo­ skripte befinden sich im Nachlaß von Liesl Karlstadt, München, sowie dem sog. »Böheim-Depositum« im Münchner Stadtarchiv. Ediert werden im vorliegenden Band alle eindeutig als Filmprojekt identi­ fizierbaren Vorlagen, auch wenn sie sich nur minimal von den Szenen (Sämtliche Werke, Bd. 3) und den Stücken (Sämtliche Werke, Bd. 5) unter­ scheiden. Ausschlaggebend war hier Valentins eigene Zuordnung durch entsprechende Bezeichnung auf den einzelnen Typoskripten bzw. deren Einordnung in entsprechende Mappen, die er in den 30er und 40er Jahren anlegte. Als Textgrundlage wurden das späteste Typoskript (erkennbar an den verwendeten Typen und an den Zusätzen und Korrekturen durch Valen­ tins Hand) bzw. die späteste Handschrift herangezogen.

Textkonstitution Die Texte Karl Valentins werden strikt nach dem maßgebenden Textzeu­ gen wiedergegeben, einschließlich aller Abweichungen von den Regeln der Orthographie oder der Interpunktion. Wechselnde Schreibweisen des Vo­ kals I/J im Wortanlaut sowie die wechselnde Schreibweise des KarlstadtVornamens Lisl/Liesl bleiben erhalten. Eingriffe der Herausgeber finden sich nur an unleserlichen oder beschädigten Stellen, an denen die vermu­ tete Fassung wiederhergestellt wurde. Solche Konjekturen sind durch eckige Klammern markiert, die ebenfalls für alle offensichtlichen Tippfeh-

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ler und fehlende Satzzeichen benutzt werden. Gleichfalls in eckige Klam­ mem gesetzt sind die von den Herausgebern gewählten Überschriften unbetitelter Typoskripte (z. B. [Verschollene Valentinfilme]) sowie hand­ schriftliche Zusätze in den Typoskripten. War eine Stelle nicht zu identifizieren, wurde die entsprechende Zeichen­ folge durch eine markierte Auslassung [...] ersetzt. Dies gilt ebenso für alle Textlücken in den Typoskripten.

Textdarbietung, Apparat, Varianten, Kommentar Die Darbietung der Texte orientiert sich an der Chronologie ihrer Entste­ hung. Finden sich keine eindeutigen Datierungshinweise, so folgt die Anordnung dem von Valentin selbst angefertigten Repertoireverzeichnis, das sich im Kölner Nachlaß befindet. Bei dem Filmprojekt »Am laufenden Band« orientiert sich die Textchronologie an dem von Valentin selbst angelegten Verzeichnis der für diese Kompilation ausgewählten Textvor­ lagen. • j jDer kritische Apparat gliedert sich in folgende Punkte: Zunächst wird die Textüberlieferung bis zu Valentins Tod nachgezeichnet und die Text­ grundlage nach folgenden Siglen mit Fundort und Repertoireverzeichnis­ nummer angegeben:

H Handschrift T Typoskript

Die hochgestellten Ziffern bezeichnen die einzelnen Textzeugnisse in der im jeweiligen Nachlaß vorgefundenen Reihenfolge. Bei der Textüberlieferung werden alle Textzeugen angeführt, die als ei­ genständig gelten können. Es werden auch textidentische Fassungen auf­ gelistet, sofern sie handschriftliche Zusätze enthalten oder als eigenstän­ dige Abschrift bzw. im Druck überliefert sind. Unbeachtet bleiben alle Durchschläge oder Kopien in den verschiedenen Nachlässen, sofern sie nicht mit handschriftlichen Zusätzen versehen, eindeutig als »Fassung letzter Hand« identifiziert werden können. Liegen wichtige Varianten zu den einzelnen Filmprojekten vor, werden diese zwischen den Angaben der »Textgrundlage« und der »Entstehung« abgedruckt. Den Hinweisen zur Entstehung folgen Angaben zu etwaigen Quellen und der eigentliche Stellenkommentar. Erklärungsbedürftige Stellen der Varianten werden im Anschluß an den Kommentar zur Text­ grundlage kommentiert.

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Kommentar Der Kommentar hat die Aufgabe, der Lektüre alle Kontexte biographi­ scher, werkgeschichtlicher, filmhistorischer und filmtechnischer, lokaler und dialektaler Art zu erschließen, die geeignet sind, das Verständnis der Filme und Filmprojekte zu fordern. Dabei wird auch auf werkimmanente Bezüge sowie auf die weiterführende Literatur verwiesen. Bayerische Mundartausdrücke werden - wo dies möglich war unter Angabe der ent­ sprechenden Belegstelle in Dialektwörterbüchern (siehe Bibliographie) erläutert. Der Stellenkommentar beginnt jeweils mit der Angabe der Seite und Zeile des zu kommentierenden Lemmas. Dieses wird kursiv wiederge­ geben und mit einer nicht kursivierten eckigen Klammer abgeschlossen. Zu den Nachlaßbeständen, den Editionsprinzipien etc. vgl. Bachmaier.

Das Aquarium Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: Neue Filme in Vorbereitung. Exposés und Texte. (Au 14671, OriginalTyposkript, 3 Bl.) Textgrundlage: T1. Typoskript rechts oben gestempelt: »Karl Valentin, München, Mariannenplatz 4«.

Entstehung Zur Entstehung des Originalvortrags »Das Aquarium« vgl. Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 185 f. Textüberlieferung, Drucknachweise und Varianten ebenda, S. 182-185. Das nach dem Originalvortrag entstandene Kurzton­ filmmanuskript dürfte auf die Mitte der 30er Jahre zu datieren sein. Stellenkommentar 13.23 Meine [...] Zuhörer!] Mit dieser Anrede ist der im Text durchgän­ gige Sprachgestus eines wissenschaftlichen Vortrags motiviert. Siehe hierzu auch das Filmverzeichnis auf S. 431,14 dieses Bandes, in dem »Das Aquarium« die Genrebezeichnung »komischer Kulturfilm« trägt. 13.24 erklären] K.V. bezeichnet durch die Ausdrücke »erklären« und »verstehen« (13,29) eine fundamentale Differenz in der Erkenntnistheorie und wissenschaftlichen Methodologie: »Erklären« ist die kausal-mechani­ sche Begründungsstrategie der Naturwissenschaften; »Verstehen« ist das Erkennen von Individualitäten durch das Einrücken in einen Überliefe­ rungszusammenhang.

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13.30 unmöglich} Vgl. Variante in Bd. 1, S. 186, »lächerbar«, »lächersam«. K.V. verwendet einen Ausdruck, der als Negation der transzen­ dentalen Bedingung jeder Erkenntnis fungiert: Die Transzendentalphi­ losophie Kants geht aus von der »Bedingung der Möglichkeit« jeder Erkenntnis. Diese K.V. nicht bewußten Verbindungen sind jedoch da­ durch bemerkenswert, weil er mit »Erklären« und »Verstehen« (s. o.) operiert und das Ganze wie ein Lehrfilm aufgebaut wird, als dessen Paro­ die es sich gleichwohl ständig erweist. 13.31 f. stellen [...] vor] Vorstellung und Sehen (13,20f. und 14,26): Ima­ gination und Wahrnehmung sind weitere Differenzierungen im Erkennt­ nisvorgang, die auch die elementaren Wahrnehmungskategorien beim Film sind. 14.2 (siehe Bild)} Dem Typoskript nicht beigefugt. 14,6 Trickzeichnung} Dem Typoskript nicht beigefiigt. 14.12 einfaches Ding] Einfache Gegenstände werden bei erkenntnistheo­ retischen Begründungen komplexen vorgezogen. 14.13 alles ganz logisch] Logische Beziehungen werden aus der Ordnung der Wirklichkeit abgeleitet. 14.14 richtig konstruiert] Die richtige Konstruktion ergibt sich bei K.V. aus der Funktion der Dinge. Nach Kant werden Begriffe »konstruiert«, so der »Begriff Kreis« durch den operationalen Vorgang des Kreisziehens, etwa des Zeichnens auf der Tafel. 14,18 heraus (B)] Möglicherweise Hinweis auf ein dem Typoskript ur­ sprünglich beigefügtes Bild, nicht erhalten. I4,i9f. Vergleich [...] der Wissenschaft halber] Der Vergleich, die Kompa­ ration, ist ein durchgängiges wissenschaftliches Verfahren, um Identität, Differenz, Singularität, Familienähnlichkeit etc. festzustellen. 14,20 Merken:] Merksätze sind rhetorisch-didaktische Formen der Er­ kenntnisvermittlung durch Memorieren. 14,24 also nochmals] Die Wiederholung ist ein rhetorisches Mittel der nachdrücklichen Versicherung. 14,29f. °her folgerichtig] K. V. verwendet einen Analogieschluß, dessen logische Mängel etwa August Strindberg (geb. am 22.1.1849 in Stock­ holm, gest. am 14. 5.1912 daselbst) in seinem Drama »Ein Traumspiel« (1902) zum Gegenstand der Wissenschaftsparodie gemacht hat. Zur Wis­ senschaffssatire bei Valentin vgl. Sämtliche Werke, Bd. 1, Nachwort, S. 301 f. 14.3 if. erfahrenen [...] eigenartiges passiert] Mit »Erfahrung« wird die relativ gesicherte Erkenntnis mit dem Neuen, dem noch Unbekannten und Unerfahrenen (bei K. V. dem Unmöglichen) konfrontiert. 14,3if. kürzlich länglich] Kategorienvertauschung: Zeiierstreckung als Äaawzerstreckung. 15,1 Fussboden stürzte] K.V.s Fundamentalkomik (vgl. Sämtliche Werke,

45°

Bd. i, Nachwort, S. 304-307) dreht sich hier um die Gravitationskraft: und um die Möglichkeiten, sie zu überwinden, als Voraussetzung alltäglicher Praxis. 15,7 Veteranenschule [...] Veterinärschule] Bereits 1790 gründete der baye­ rische Kurfürst Karl Theodor (geb. am 11.12.1724 in Drogenbos bei Brüssel, gest. am 16.2.1799 *n München) eine »Thierarztney-Schule«. Aus der »Centraltierarzneischule« entstand 1890 die »Tierärztliche Hoch­ schule« in München. 15»10—13 ein Gedanke — und flugs [...] da fiel mir plötzlich ein] Der spon­ tane Einfall, die Eingebung oder der »Geistesblitz« werden hier parodiert. I5>14 schreien — halt —] Ein Beispiel für die Funktion von Wortmagie: Durch Benennung soll der Gegenstand in die Verfügungsgewalt gebracht werden. Vgl. das Märchen vom Rumpelstilzchen: »Ach wie gut, daß nie­ mand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß!« Ist etwas benannt, verliert es seinen Zauber und seine Macht. I5>17^- Mühlrad [...] Fischschicksal] Am Schluß dieser filmischen Demon­ stration zu Lehrzwecken steht das Eingeständnis der Kontingenz: Der Zufall oder das Schicksal erhalten aus der Perspektive des Komikers das letzte Wort, bzw. sie bestimmen den Endzweck. Komik und Fatalismus gehen bei K. V. jeweils auseinander hervor. Familie Valentin auf dem Volksfest Textüberlieferung H1 Handschrift im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: 7 Filmideen enth. >Filmtricks< von K.V. u. »Familie Valentin auf dem Volksfest». (Au 11755, 12 Bl. mit Zeichnungen). Textgrundlage: H1. Auf Bl. 1 gestempelt: »K. Valentin.«

Entstehung Vermutlich nach 1932. Hier handelt es sich, wie K. V.s handschriftliche Zusatzbemerkung auf Bl. 1 ausweist, um ein projektiertes Tonfilm-Re­ make des 1923 gedrehten Stummfilms »Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf der Oktoberfestwiese« (siehe Karl Valentins Filme, S. 36-40).

Stellenkommentar 15.23 Arnold-Richter] 1917 von August Arnold und Robert Richter ge­ gründete, bis heute in der Schwabinger Türkenstraße existierende film­ technische Firma mit eigenen Produktionsateliers, die vor allem auf dem Gebiet des Kamerabaus Pionierarbeit leistete. Hier entstand 1937 die »Arriflex«-Kamera, die erste Spiegelreflex-Filmkamera der Welt. Fol­ gende Kurztonfilme wurden in den Arri-Ateliers gedreht: »Der Feuer­ wehrtrompeter« (1928). »Der Zithervirtuose« (1934), »Die karierte We­

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ste« (1936), »Beim Nervenarzt« (1936), »Beim Rechtsanwalt« (1936), »Musik zu Zweien« (1936), »Der Bittsteller« (1936), »Ewig Dein« (1937), »Kohlenreklame« [verschollen] (1937). 15.26 Einakter »Sie und Er«] Vgl. das Stück »Er und Sie« (Sämtliche Werke, Bd. 5). i5,2Öf. Amanda das Riesenweib] Vgl. u. 454 (22,1-6). 15.27 Taftt der Mann mit den Riesenohren] Vgl. die auf dasjahr 1921 datierte Photographie »Oktoberfestschau« (Abb. in KVVD, S. 61) mit Bertolt Brecht als Klarinettenspieler neben K.V. und Liesl Karlstadt vor der Kulisse einer Oktoberfestschaubude. Über Brecht ist ein Ankündigungspla­ kat von »David«, einem Mann mit riesigen abstehenden Ohren, zu sehen. 15,27t Mann mit dem Eisenmagen ] Vorbild hierfür ist möglicherweise der Artist Strazini, der »Mann mit dem Löwengebiss und mit dem Straußenma­ gen« über den Signor Saltarino [i. e. Waldemar Ernst Otto] auf S. 148ff. seines Buches »Fahrend Volk« berichtet: »Dann beißt Strazini Stück für Stück von einem Lampencylinder ab, zermalmt die Scherben und spült sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Der mit einer ungeheuerlichen Ver­ dauungskraft ausgerüstete Glasesser nimmt nun als Leckerbissen Braun­ kohlenbriketts, Torfstücke, Waschseife und Stearinlichtscheibchen zu sich, nascht von Gips und Ziegelsteinen, von Stiefeln und Thonpfeifen und knackt an Lampenglocken und Holzkohlenstückchen, um deren Konglo­ merate zu verzehren. Dies alles geht in rascher Folge vor sich.« 15.28 Stummfilm 1923 »Auf der Festwiese«] S. o., Entstehung. 15.29 Reichsfilmkammer Berlin] Die Reichsfilmkammer war eine der sie­ ben Einzelkammern der am 22.9.1933 per Gesetz gegründeten Reichskul­ turkammer. In ihr waren alle in kulturellen Berufen Tätigen erfaßt, und von ihr wurde auch die jeweilige Berufsausübung, Unternehmensgrün­ dung etc. geregelt und kontrolliert. 15.30 Dr. Kümmerle] Nicht ermittelt. 15,30 Herr Quass] Recte: Richard Quaas, ab Juni 1937 Leiter des von Joseph Goebbels aus der Zuständigkeit der Reichsfilmkammer entfernten und dem ehemaligen Leiter der Abteilung Film des Reichspropagandami­ nisterium direkt unterstellten Reichsfilmarchivs. 15,35 Tobogan] Recte: Toboggan. Turmrutschbahn auf großen Volksfe­ sten. Auf dem Oktoberfest gab es 1908 drei derartige Anlagen. »Die in den ersten Jahren übliche Bezeichnung >Canadian Toboggan< weist auf die Herkunft des Wortes hin: >Udabagan< heißt in der Sprache der kanadi­ schen Algonkin-Indianer der leichte Schneeschlitten.« (Dering, S. 141.) 16,9 Indianer] Die Ureinwohner des amerikanischen Westens waren seit dem Erscheinen von »Buffalo Bill’s Wild West and Congress of Rough Riders«, dem von William Frederick Cody (geb. am 26.2.1846 in Scott County, gest. am 10.1.1917 in Denver) gegründeten und bis 1916 popu­ lärsten Wild-West-Zirkus der Welt als zirzensische Attraktion in ganz Eu­

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ropa bekannt. Cody erwarb sich in den 6oerJahren des 19. Jahrhunderts als Unionssoldat, Postreiter und Büffeltöter im Sezessionskrieg gegen die Indianer einen zweifelhaften Ruhm. Als »Buffalo Bill« avancierte Cody in Amerika zum nationalen Mythos des freien Abenteurers; sein Leben wurde in zahlreichen Theaterstücken und Groschenromanen verherrlicht. Codys »Buffalo Bill Combination«, während der Europatoumee 1902-1906 auch in Deutschland zu Gast, löste in der deutschen Zirkus- und Jahrmarktswelt einen - auch durch die Romane Karl Mays (geb. am 25.2.1842 in Ernst­ thal, gest. am 30. 3.1912 in Radebeul) mitbedingten - Indianerboom aus, der über die bloße Präsentation der Ureinwohner Amerikas in den Völker­ schauen (erstmals 1910 zeigte der Zirkus Hagenbeck in Hamburg eine Gruppe von Sioux) hinausging. In Ermangelung von tatsächlichen India­ nern wurden Zirkusangestellte als Indianer und Trapper kostümiert und stellten in der Manege Szenen aus dem »wilden Westen« dar (vgl. hierzu auch die Szene im fragmentarisch erhaltenen Stummfilm »Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf der Oktoberwiese« (1923), in der K.V. einen solchen falschen Indianer drastisch demaskiert). Der Film »Buffalo Bill jr.« lief Ende Juni 1928 in den Münchner »Passage-Lichtspielen« (lt. Deutsche Filmzeitung 27, vom 29.6.1928). 16,21 Irrgarten] Transportable Irrgärten als Jahrmarktsattraktion gibt es seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts (vgl. Dering, S. 138). 16,23 Lach=Kabinett] Spiegelkabinett mit konvexen und konkaven Zerr­ spiegeln, die Statur und Physiognomie der Besucher in grotesker Verzer­ rung abbilden. Das Vergnügen des Publikums besteht einerseits in der Konfrontation mit dem eigenen Zerrbild, andererseits in der Leistung, sich entlang dieser Spiegelwelt den Weg zum Ausgang des labyrinthisch angelegten Kabinetts zu ertasten. 1891 wird erstmals ein Lachkabinett als Jahrmarktsattraktion auf dem Oktoberfest erwähnt (vgl. Möhler, Anhang, Tabelle »2. Periode der Schaustellungen auf dem Oktoberfest«). 16,27 Flohzirkus] Der erste Beleg für eine zirzensische Flohdressur findet sich in Nicolas Lemerys 1721 erschienenem »Vollständigen MaterialienLexicon«. Der Autor berichtet von einem Floh, der eine kleine silberne Kanone hinter sich herzog. Die ersten gesicherten Belege für ambulante Flohzirkusse finden sich in Form von Zeitungsannoncen ab 1830. Um 1840 bereiste der Flohzirkusdirektor Bertolotto mit seinen Vorführungen ganz Europa. Die Flöhe führten angeblich ein Ballett auf machten Seil­ tanz und zogen eine kleine Dampfwagenmaschine mit zwölf Wagen. Eveline Pohls »Flohtheater« entwickelte diese nur equestrisch-zirzensischen Attraktionen im Sinne des bürgerlichen Theaters weiter. Sie ließ sich bei ihren Vorführungen von klassischen Bühnenautoren inspirieren (vgl. Pohl). Auf dem Oktoberfest gastierte noch bis Ende der 60er Jahre der Flohzirkus des Nürnberger Schaustellerehepaares Ingrid und Hans Ma­ thes.

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16,32 Ringkampf] Im griechisch-römischen Ringkampf sind nur Griffe oberhalb der Gürtellinie, im Freistil-Ringkampf sind Griffe am ganzen Körper erlaubt. Ringkampf ist seit 1896 (Freistil seit 1904) olympische Disziplin. Auf dem Münchner Oktoberfest fand erstmals 1835 ein Ring­ kampf der Bäckergesellen statt (vgl. Möhler, S. 131). 16,36 Hoffinannstropfen] Ein Arzneimittel nach dem Arzt F.Hoffmann (1660-1742). Spiritus aetherus, belebendes Gemisch aus einem Teil Äther und drei Teilen Weingeist. 22,1-6 Riesenkind [...] Riesendame] Sammlungen mit Abnormitäten hatte bereits der Habsburgerkaiser Rudolf II. angelegt (Sammlung Schloß Am­ bras bei Innsbruck). Das Zurschaustellen von Riesen, Zwergen, Rumpf­ und Haarmenschen brachte der Zirkus Barnum & Baily (s.u. S. 84,30t) auf seiner ersten Europatoumee 1898-1902 als schaustellerisch-zirzensi­ sche Programmnovität. Diese Menschen wurden meist von einem Im­ presario in derb-humoristischer Tonart vorgestellt. Riesen und Zwerge gehören seit Beginn der Kinematographie zum Darsteller-Inventar des Groteskfilms. Auch in K.V.s Filmen erscheinen sie immer wieder: vgl. etwa die Eingangssequenz von »Der neue Schreibtisch« (1913), die Szene in »Der Sonderling« (1929, Regie: Walter Jerven), wo K. V. eine Zwergin durch ein Vergrößerungsglas betrachtet, ferner das Riesen-Brautpaar »Im Photoatelier« (1932, Regie: Karl Ritter) sowie den Liliputaner in »Die Erbschaft« (1936, Regie: Jacob Geis). 22,12 Menagerie] Zurschaustellung lebender Tiere in umzäunten Gehe­ gen. Die Bezeichnung wurde erstmals 1552 für die österreichisch-kaiserli­ che Menagerie in Ebersdorf bei Wien angewendet. 22,12 wilden Tieren] Die ersten Menagerien, die wilde Tiere zur Schau stellten, arbeiteten in den 20er Jahren des i9-Jhds. vor allem in England und in Südeuropa. Dem Zurschaustellen folgten dann erste Dressurvor­ führungen. 1833 wurden erstmals auf dem Münchner Oktoberfest im Rahmen der Landwirtschaftsausstellung auch wilde Tiere gezeigt. 1892 wurden bereits sieben verschiedene Menagerien und Tierschauen erwähnt (vgl. Möhler, S. 171). 22,15 Krokodilstränen] Die Redewendung von den Krokodilstränen als falscher, geheuchelter Beileidsbezeugung beruht auf der seit dem Mittelal­ ter verbreiteten, in Sagen geäußerten Ansicht, wonach das Krokodil wie ein Kind weinte und damit Menschen anlockte, um sie zu verschlingen. 22,17 Lose] Das Lotteriespiel ist seit den 30er Jahren des 19. Jhds. auf dem Oktoberfest üblich, vgl. Möhler, passim. 22,i8f. Hanswursten]] Der Name Hanswurst (zur Bezeichnung der Ge­ fräßigkeit und als Vergleich des linkischen Dickwansts mit der Wurst) taucht zuerst in einer niederdeutschen Bearbeitung von Sebastian Brants »Narrenschiff« 1519 auf. In der zweiten Hälfte des 16. Jhds. wird der Hanswurst zur Gestalt des Narren im Lustspiel (bei Stranitzky im Altwje-

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ner Volkstheater), von da aus dann zur allgemein verbreiteten Bezeich­ nung des närrischen, albernen Menschen. Es gibt bei Adelung, Grimm, Schmeller allerdings keine etymologischen Nachweise für »Hanswur­ sten« in der Bedeutung von »Nieten« in der Lotterie. Vielleicht: »Hans­ wursten« als Lose, die denjenigen, der sie zieht, zum Narren hal­ ten. 22,23 Lukas] Die älteste Darstellung eines »Schlaghammers« stammt aus dem Jahre 1882. Die Bezeichnung »Hau den Lukas« ist seit der Jahrhun­ dertwende üblich. Die Etymologie ist unsicher, vgl. Dering, S. x6i. 22,32 Beim Photografen] Vgl. das Stück (Sämtliche Werke, Bd. 5) bzw. den Film »Im Photoatelier« (1932, Regie: Karl Ritter). Ab Mitte der 80er Jahre des iç.Jhds. gehörten die Photographen zu den wandernden »Professionalisten« auf dem Oktoberfest, ehe sie sich zur Berufsausübung örtlich etablierten, vgl. Möhler, S. 120. 26,4 elektrisieren] Vgl. hierzu auch den Film »Mysterien eines Frisiersa­ lons« (1922 oder 1923, Regie: Erich Engel, Bertolt Brecht), Abb. in: Karl Valentins Filme S. 33). Die medizinische »Reizstromtherapie« beschäftigt sich mit der Anwendung elektrischer Ströme zu Heilzwecken. Oktoberfest-Schau

Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: Neue Filme in Vorbereitung. Exposés und Texte. (Au 14671, OriginalTyposkript, 2 Bl.) T2 Typoskript im »Böheim-Depositum«, München; Repertoire Nr. 106. T3 Typoskript im Liesl-Karlstadt-Nachlaß, München; Repertoire Nr. 106. Textgrundlage: T1. Über Titelzeile handschriftliche Titelvariante von Liesl Karlstadts [?] Hand: Auf dem Volksfest. Entstehung Um 1921. Es handelt sich hier um den ersten Teil (1. Ansprache: Riesen­ dame) der »Oktoberfest-Schau« in T2 und T3. Möglicherweise wollte K. V. für eine Filmfassung diesen Teil mit der Oktoberfest-Szene »Beim Tiefsee-Taucher« (siehe vorliegender Band, S. 33-38) kombinieren. Zu »Oktoberfest-Schau« und »Beim Tiefsee-Taucher« vgl. auch Sämtliche Werke, Bd. 3, S. 21-30. Stellenkommentar 31,1 Oktoberfest-Schau] Vgl. die auf das Jahr 1921 datierte Photographie »Oktoberfestschau«, s.o. 452 (15,27). 31,7 grösste Weib] S.o. »Riesenkind« 454 (22,1-6).

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3i,io »Tafit«] S.o. 452 (15,27). 31.14 Valentin Wau ] Lautmalerisches Spiel mit der Aussprache des Kon­ sonanten >VIdeen und Notizen< (Au 11754, Bl. 9, Original-Typoskript.) Textgrundlage: T1.

Entstehung Laut K.V.s eigener Datierung 1946. Stellenkommentar 95,31 Wochenschau 1946] Wahrscheinlich handelt es sich hier um die von K. V. in einem Brief an Theo Prosel (geb. am 4.5.1889 in Wien, gest. am 12.1.1955 in München) erwähnte »Film Wochenschau Aufnahme in Gei­ selgasteig«, die der Komiker aus gesundheitlichen Gründen absagen mußte. Vgl. Sämtliche Werke, Bd. 6, S. 208. 96,5t Valentin im Badekostüm] Siehe die Photographie »Letztes Aufge­ bot«, Abb. in: KVVD, S. 23. 96.12 Zukunftspläne] In einer auf den 14.10.1945 datierten Notiz (Ty­ poskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Au 11754, Bl. 8) äu­ ßert sich K. V. über seine Zukunftspläne: »Meine Vorhaben: >München soll wieder lachen lemen.< Errichtung einer Singspielhalle - ähnlich wie >PlatzlRitterspelunkeArtikel-Manuskripte< (Au 11751, Nr. 25.) Textgrundlage: H’. Entstehung Anfang 1948, kurz vor K.V.s Tod.

Stellenkommentar 96,21 Telefon] Vgl. »Buchbinder Wanninger« (Sämtliche Werke, Bd.4) und »Telefon-Schmerzen« (Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 171-174) sowie im vorliegenden Band die Filmprojekte »Die öffendiche Telefonzelle« und »Immer belegt«. 93>33 Technik] Der Kampf mit der Technik und den Tücken der Objekt­ welt ist für K. V.s szenische Komik von zentraler Bedeutung. S. o. 467 (71,15)-

Immer belegt

Textüberlieferung H1 Handschrift im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: >Artikel-Manuskripte< (Au 11751, Nr. 25.) Textgrundlage: H1. Entstehung Anfang 1948, kurz vor K.V.s Tod. Quellen Telefonszenen als durchgängiges Motiv für mißglückende Kommunikatio­ nen, angefangen mit dem frühen Monolog »Telefon-Schmerzen« (Sämtli­ che Werke, Bd. 1, S. 171-174).

Stellenkommentar 97,18 falsch entbunden] Vgl. K.V.s Dialog »Telefon-Schmerzen« (Rep. Nr. 290) aus dem Jahr 1940, bekannter unter dem Titel »Buchbinder Wanninger« (Sämdiche Werke, Bd. 4). 97,32 Katastrophe] Die Katastrophe ist ein zentrales Motiv im Werk K.V.s. Vgl. auch das Spiel mit der unkonventionellen Betonung dieses Wortes in »Der Umzug«, vorliegender Band, S. 364,23. In seiner Lieb­ lingslektüre, dem von Max Seiling herausgegebenen Aphorismen-Band »Perlen der pessimistischen Weltanschauung« hatte K.V. den Spruch

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Senecas »Es gibt kein wirksameres Mittel gegen die Furcht, als die Erwä­ gung, daß alles zu fürchten ist«, besonders dick mit Bleistift angestrichen. Sein auf der Bühne und im Film virtuos eingesetztes Talent, Sprach- und Dingkatastrophen zu inszenieren, ermöglichte dem Hypochonder K.V., seine eigenen Ängste wirkungsvoll zu bannen.

Film Tricks von Karl Valentin

Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: >Filmideen< (Au 11755, Typoskript-Durchschrift, 1 Bl.) Textgrundlage: T'. Entstehung Mitte der 30er Jahre.

Stellenkommentar 98,1 Film Tricks] Dieser Filmtrick basiert auf der im Stummfilm beliebten Assoziation im falschen Kontext. Vgl. z. B. Charlie Chaplins Schüttel­ krampf auf hoher See in »The Immigrant« (1917). Chaplin steht mit gekrümmtem Rücken zur Kamera, wie ein Seekranker, der sich gerade übergeben will, an der Reling des Schiffes. Doch dann richtet er sich plötzlich auf und der Zuschauer erkennt, wie er einen eben gefangenen Fisch an Bord zieht. 98,3 Kind] Kinder sind bei K.V. - wie bei dem amerikanischen Filmko­ miker W. C. Fieids - immer wieder Auslöser von Entsetzen und Objekte sadistischer Attacken. S. u. 512 (218, iof.)

Der Flug zum Mond im Raketenschiff

Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Repertoire Nr. 157; Mappe: VII (Au 11750, Original-Typoskript, 17 Bl.) T2 Typoskript im Liesl-Karlstadt-Nachlaß, München; Repertoire Nr. 157. Textgrundlage: T‘. Repertoirenummer auf Typoskript rechts oben ge­ stempelt, darunter Adreßstempel: »Karl Valentin München, Skellstr. 1 Telefon 41186«. Auf Bl. 1 Randbemerkung von K.V.s Hand: »Nach 60 Aufführungen im Kolosseum 1930 sind noch mindestens 50 gute Witze dazu gekommen, welche in diesem Manuskript nicht enthalten sind!«

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Entstehung Die Uraufführung dieser auf August 1928 datierten »technischen Bühnen­ neuheit« fand am 23.8.1928 in der Singspielhalle »Kolosseum«, Mün­ chen, Kolosseumstraße 4, statt.

Quellen 1927 zeigte die Emelka-Wochenschau zahlreiche Fliegerszenen und Mo­ delle von Raketenflugzeugen: Die Emelka-Woche Nr. 44, 1927, zeigte Kunstflüge in Berlin-Tempelhof, die Emelka-Woche Nr.47, 1927, den Bau eines Zeppelin-Luftschiffs in Friedrichshafen. (Vgl. Bucher, S. iof.) Möglicherweise hat K. V. einige dieser Wochenschauen im Kino gesehen. Stellenkommentar 101.12 Rückert] Georg Rückert, Humorist (geb. am 14.9.1878 in Nürn­ berg, gest. am 29.2.1932 in München) wirkte als Schauspieler in zahlrei­ chen Valentin-Szenen und -Stücken mit (u. a. als Geheimrat in »Der Bittsteller«) und spielte die Rolle der Braut in dem Stummfilm »Valentins Hochzeit« (1912/1913). 101.13 Ffc/fai] Riesenwüchsiger Statist in K.V.s Ensemble. Abb. in: KWD, S. 52. Keine biographischen Daten überliefert. 101.14 Trösch] Nicht identifiziert. 101.15 Flemisch] Karl Flemisch (geb. am 8.1.1878 in München, gest. am 29.12.1937 in Nürnberg), Komiker und Volkssänger. 101.16 Junker] August Junker (geb. am 28. 5.1872 in München, gest. am 16.4.1946 daselbst), Humorist, Direktor des Apollo-Theaters von 1898 bis 1904. Junker wirkte u. a. in den verschollenen Valentin-Filmen »Zirkus Schnabelmann« (1920 oder 1921, Regie: Toni Attenberger [?]) und »Schönheitskonkurrenz« (1920 oder 1921, Regie: Robert Reinert) mit. 101.17 Ptgory ] Nicht identifiziert. 101,20 Oberwiesenfeld] Von 1929 bis 1939 Flughafen der Stadt München, auf dem heutigen Olympia-Gelände gelegen. 1939 wurde der Flughafen nach München-Riem verlegt. 101,36 Übermorgen geht selten ein Wind] Zu K.V.s koalisierendem Um­ gang mit den Kategorien Raum und Zeit vgl. Gönner. 102,2 Grünwald] Wohngemeinde südlich von München im Isartal. Vgl. o. 469 (76,22). Zu Schloß Grünwald vgl. auch das Filmprojekt der »Raubrit­ ter vor München«, vorliegender Band, S. 249-339, und den Kurzfilm »Schloss Grünwald«, vorliegender Band, S. 76 f. 102,6 fliegen zum Mond] Das Mondflug-Motiv spielt im phantastischen Roman (Jules Verne), der Science-fiction-Literatur und im frühen Film (etwa bei Georges Melies) eine bedeutende Rolle. 102,9 Zwei Worte] »Zwei Worte - ein Bier«. Werbespruch einer Braue­ rei.

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102,8 Rauscher] Getränk aus noch gärendem Most, insbesondere Apfel­ most. 102.8 Schlicht] Vermutlich die Spirituosenfirma Schlichte in Steinhagen (Westfalen). 102,9f. Trinke Spaten] »Laß Dir raten - Trinke Spaten«: Werbespruch der Bierbrauer-Familie Sedlmayer. Gabriel Sedlmayer (1811-1891) über­ nahm 1839 zusammen mit seinem Bruder Joseph die väterliche Brauerei »Zum Spaten«, die ab 1842 von Gabriel Sedlmayer allein weitergeführt wurde und bis heute als »Gabriel Sedlmayer Spaten-Franziskaner-Bräu KGaA« existiert. 102,10 Hieber] Musikalienhandlung, die 1885 von Max Hieber (1856 bis 1913) am Münchner Marienplatz eröffnet wurde. K. V. war Stammkunde bei Hieber. 102,10 Odol] Mundwasserkonzentrat (im Handel seit 1893) der »Lingner-Werke A.-G., Dresden« (heute: Lingner + Fischer, Bühl/Baden), die von Karl August Lingner (geb. am 21.12.1861 in Magdeburg, gest. am 5.6.1916 in Dresden) 1888 gegründet wurden. 102,10 Maggi] Flüssige Suppenwürze aus dem »Maggikraut« Liebstöckel (Levisticum officinale), nach dem Rezept des Schweizer Industriellen Ju­ lius Maggi. K.V. war ein leidenschaftlicher Liebhaber dieser ab 1887 in Singen am Hohentwiel produzierten Suppenwürze. Vgl. Riegler, S.45. 102,10 Eckel] Gemeint ist die Weingroßhandlung Heinrich Eckel & Cie., kgl. Bayer. Hoflieferant, München, Burgstraße 17, die 1809 gegründet wurde. 102,13 schnackeln [...] um] Bayer.: schleudern/kippen (nach Schrrieller, Bd. 2, Sp. 566) wir um. 102,23 Saxendi] Bayerische Verfremdung des »verbotenen« französi­ schen Fluchs »sacre dieu«. 103.2 dappi] Bayer.: ungeschickt, plump (nach Schmeller, Bd. 1, Sp. 612). 103,8f. genau so [...] wieder anders] Vgl. K.V.S Dialogsatz »Wenn einer a Geld hat und is kein Artist, des is gerade so als wie, als wie irgendwas anders« aus dem Film »Die verkaufte Braut« (1932, Regie: Max Ophüls). 103.9 Hofbräuhaus] 1589 wurde das alte Hofbräuhaus beim Alten Hof erbaut und 1661 erweitert; das neue Hofbräuhaus entstand 1896/97 nach Plänen von Max Littmann und Georg von Maxon im Stil eines Altmünch­ ner Bürgerhauses. 103,12 z’hoass] Bayer.: zu heiß. 103,19 383000 km. ] Die reale mittlere Entfernung der Erde vom Mond beträgt 384403 km. 104.2 Kolumbus] Christus Kolumbus (geb. 1451 in Genua, gest. am 20.5.1506 in Valladolid), der 1492 Amerika entdeckte, wurde von K.V. auf besondere Weise »geehrt«, indem er in seinem Panoptikum ein Ei mit

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folgendem Titel ausstellte: »Mit diesem Ei entdeckte Kolumbus Amerika« (KVVD, S. 133). 104,9 Feuerwerker Burg] Gemeint ist die Firma Heinrich Burg G.m.b.H., Feuerwerk& Illuminationsartikel aller Art, München, Balanstr. 88. 104.11 Antome] Verballhornung von: Atome, S. o. 473 (89,28). 104,34 Mei] Bayer.: Maul. 105,7 Rosenheim] Stadt in Bayern, im Voralpenland an der Mündung der Mangfall in den Inn gelegen. 105.20 Marienplatz ] Zentral gelegener Platz vor dem Münchner Rathaus. Ehemals Markt- und Schrannenplatz, 1854 in Marienplatz umbenannt. 105,28 Illustrierte] Humoristische Kontamination aus illuster und Illu­ strierte. 105,35f. flagg mer herum] Bayer.: liegen wir unten. 106.11 derhalten] Bayer.: festhalten. 106,27 f. Flugplatz Schleissheim] In Oberschleißheim im Nordwesten Mün­ chens befand sich in den 30er Jahren ein Flugplatz und eine Zweigstelle der deutschen Verkehrsfliegerschule. 106,36 dabreseln] Bayer.: zerfetzen. 107.13 Mondhalbe] Scherzhafter Neologismus für eine »Halbe« (- ein halber Liter Bier) im Kontext mit »Vollmondpiloten«. 108,30 Flug [...] Flugzeug] Für K. V. als Technikenthusiast und Katastro­ phentheoretiker (zum Thema Katastrophe vgl. Stellenkommentar zu »Im­ mer belegt«, s. o. 477 (97,32 f.) spielen die Motive Flug und Flugzeug eine bedeutende Rolle. Bereits zwischen 1906 und 1910 verfaßte er die »Ko­ mische Soloszene«: »Auf dem Flugfeld« (vgl. Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 32 ff.). Mit Louis Blériots Überquerung des Ärmelkanals 1909 war der ikarisch-daedalische Flugmythos technisch realisiert. Das Flugzeug avan­ cierte zum Inbegriff der wissenschaftlich-technischen Revolution und des Fortschrittsoptimismus. Auf dem Sektor der Literatur und Kunst revolu­ tionierten die italienischen und russischen Futuristen in Übereinstimmung mit der technischen Entwicklung ihre Auffassung der künstlerischen Ar­ beit. Sie erklärten sich zu »Technikern« der Kunst. (Vgl. zur Bedeutung der Aviatik in der Literatur: Ingold.) K. V. parodierte diesen Techniken­ thusiasmus durch sein ebenso leidenschaftlich-detailverliebtes wie katastrophisch inszeniertes Verhältnis zur Technik. 109,6 12 Raketen und 1 Stück Hoffnung] Für K.V. typische komische Verbindung inkompatibler Kategorien. Vgl. hierzu Gönner, S. 1208, und Rentsch, S. 23-26. 109.13 Erklär’s [...] verstehts] Zum Kontext Erklären - Verstehen siehe Stellenkommentar zu »Das Aquarium«, 449 (13,24). 109,16 Ölkandl] Bayer.: Ölkännchen. 109.20 hintem vordem] Für K. V. typisches sprachpedantisches Wortspiel mit Ortsadverbien.

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109,22 Manometer} Druckmesser. 109,30 fürs ihm vor] Führs ihm vor. Nicht ohne weiteres eine »Verschrei­ bung«, sondern ein bei K. V. häufig feststellbares Verfahren, durch Falsch­ schreibung eine ambivalente Bedeutung zu erreichen. 109,33 Lautsprecher allein] Verselbständigung des technischen Apparates, Spiel mit dem Mediencharakter und akustischer Verfremdungseffekt. Zum hier impliziten komischen Spiel mit dem Zeitbewußtsein vgl. Gönner, S. 1208. 110,2 a Trum] Bayer.: ein Stück. 110,14 die ersten] Der erste Flug um den Mond fand am 27.12.1968 im Rahmen der amerikanischen Apollo-8-Mission statt. Die erste Mondlan­ dung fand am 20.7.1969 im Rahmen der amerikanischen Apollo-iiMission statt. 111,11 ¿erschlagen] Bayer.: erschlagen, im Sinne von: treffen. 111,35 S.S.P. ] Abkürzung für: Süddeutsche Sonntagspost. Die Münchner Sonntagszeitung, in der K.V. den Monologtext »Lernt Autoen!« (vgl. Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 125f.) und Teile seinerjugenderinnerungen unter dem Titel »Karl Valentin der Lausbub« veröffentlichte, erschien 1926-1943. 112,9f. Muss i denn zum Städtele hinaus] Volkslied. Text: 1. Strophe tra­ diert seit etwa 1800, 2. und 3. Strophe von H. Wagner 1824. Musik: verbreitet durch Friedrich Silchers Bearbeitung für Männerchor 1825/26. Vgl. Klüsen. 112,16 nähert sich dem Mond, stößt an] Siehe hierzu auch die filmische Phantasmagorie »Voyage dans la lune« von Georges Melies (geb. am 8.12.1861 in Paris, gest. am 21.1.1938 daselbst) aus dem Jahr 1902. Möglicherweise ist dieser Film als Hintergrundprojektion dieser multime­ dialen Inszenierung gezeigt worden. 112,28 Requisiten] Der von der Technik faszinierte gelernte Schreiner Valentin bastelte seine Bühnenrequisiten meist selbst und stellte damit seine enorme Theaterphantasie unter Beweis. Schon früh beeindruckte er Bertolt Brecht mit dem Einsatz seiner Bühnenrequisiten im Einakter »Großfeuer« (Rep.Nr. 122, siehe auch das Filmprojekt, vorliegender Band, S. 197-209), der in einer Nachtvorstellung am 14.10.1922 in den Münchner Kammerspielen uraufgefiihrt wurde, zu der Zeit, als Bertolt Brecht seine Inszenierung von »Leben Eduards des Zweiten von England« probte (vgl. Petzet, S. i54f). K.V. löschte das aus roten Papierstreifen imitierte Feuer, indem er einen überdimensionalen Ventilator im Bühnen­ hintergrund ausschalten ließ. K.V. integrierte die Requisiten als Mitak­ teure in sein Spiel. Das unterschied ihn generell von seinen Volkssänger­ kollegen (vgl. Pemsel, und KRIS, S. 263 £).

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In der Schreinerwerkstätte....

Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Repertoire Nr. 158; Mappe: VIII (Au 11750, Original-Typoskript, 3 Bl.) T2 Typoskript im ¡»Böheim-Depositum«, München; Repertoire Nr. 158. T3 Typoskript im Liesl-Karlstadt-Nachlaß, München; Repertoire Nr. 158. Textgrundlage: T1. Entstehung Diese Tonfilm-Imitation fand als Live-Performance am 13.2.1929 (lt. AZ am Morgen, München, v. 12.2.1929) im Apollo-Theater und ab Mitte April 1929 im Kino »Filmpalast« statt (lt. Münchener Neuste Nachrichten v. 15.4.1929). Stellenkommentar 114,19 Tonfilmimitation] Vgl. Bachmaier, S. 219. 114,21 »Ich hab mein Herz [i]n Heidelberg verloren[«] ] In der Wiener Volksoper wurde am 29.4.1927 das Singspiel »Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren« von Fred Raymond (d.i. Friedrich Vesely [1900-1954]) uraufgeführt, mit dem er an den Erfolg des zwei Jahre zuvor entstandenen Liedes anknüpfte. 1926 lief unter der Regie von Arthur Bergen ein Spielfilm dieses Titels in den deutschen Kinos. (Vgl. Interna­ tional Directory, Vol. 4, S. 295.) 114,30 L[oa]ben] Bayer.: Brotlaibe. 114,30 Lungel] Saures Lungenhaschee, bayer. Spezialität. 115,3 Gscherter Lump ] Bayer.: ordinärer, vom Land stammender Kerl; die gängige Beleidigung hat ihre Wurzeln im Mittelalter, als die Leibeigenen Bauern geschorene Köpfe tragen mußten. Der »Gscheerte« ist im Volks­ sängercouplet der Typus des reich gewordenen, stolzen, aber kulturlos gebliebenen Bauern. 116,7 Kltipperl] Bayer.: Wäscheklammern aus Holz, von Kluppe: Zwang­ holz, Klammer, Zange. 116,10 Schellerbleche] Blechschellen zum Befestigen von Gegenständen an Rohrteilen. Münchner Fremdenrundfahrt

Textüberlieferung T' Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Repertoire Nr. 159; Mappe: VII (Au 11750). T2 Typoskript im »Böheim-Depositum«, München; Repertoire Nr. 159.

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T3

Typoskript im Liesl-Karlstadt-Nachlaß, München; Repertoire Nr. 159. Textgrundlage: T2.

Entstehung Das auf Mai 1929 datierte »moderne Lichtspiel« wurde im Apollotheater uraufgefuhrt und später im Münchner Kino »Filmpalast« in der Blumen­ straße gezeigt. Vgl. Gronenborn (1990), S. 173. Anfang März 1929 waren in Deutschland nur sieben Tonfilm-Projektoren im Kinoeinsatz. Vgl. Gandert, S. 852. Quellen Mit dem Aufschwung Münchens als Fremdenverkehrszentrum ab Mitte der 20er Jahre wurden motorisierte Stadtrundfahrten, sog. »Fremden­ rundfahrten«, immer beliebter. Valentin benutzt hier die klassischen Rou­ ten und Objekte dieser Sightseeing-Touren zu einer liebevoll-satirischen Beschäftigung mit der Stadtgeschichte.

Stellenkommentar 116,35 Glaslichtbilder} Vgl. hierzu die Lichtbildsammlungen Valentins, eine umfangreiche Kollektion von Glasdiapositiven, die er in den 30er Jahren in ganz Deutschland verlieh. Die aus 31 Lichtbildern bestehende »Serie Nr. 29 (nur für München)« folgt exakt der hier eingeschlagenen Rundfahrts-Route. 117,5 Rttnkl} Josef Rankl (geb. am 2.5.1897 in München, gest. am 30.9.1962 daselbst), langjähriger Bühnenmeister von K.V., war ab 1926 Mitakteur in vielen seiner Bühnenszenen. 117,7 Die Fremden] Vgl. K.V.s Dialog »Die Fremden« (Sämtliche Werke, Bd.4). 117.14 Deutsche Bank] Die 1870 gegründete »Deutsche Bank« ist heute die größte deutsche Kreditbank. Die Münchner Niederlassung befand sich in den 20er Jahren am Lenbachplatz Nr. 2. 117.15 Wittelsbacherbrunnen ] 1895 von Adolf von Hildebrand (geb. am 6.10.1847 in Marburg, gest. am 18.1.1921 in München) aufgestellter Brunnen auf dem Lenbachplatz in München. H7,i5f. Maximiliansplatzes] bis 1878 von Carl Joseph von Effner (geb. am 10. 2.1831 in München, gest. am 22.10.1884 daselbst) als Grün­ anlage angelegter Platz, der in der Mitte durch die Max-Joseph-Straße getrennt wird. ii7,2of. Volkssänger Welsch] Ander! (Andreas) Welsch (geb. am 28.11.1842 in Unterbiberg, gest. am 24.8.1906 in München) war Autor der Bauernposse »Die lebendigen Haubenstöcke«, verfaßte zahlreiche Couplets und war Herausgeber einer 62 Titel umfassenden »Sammlung

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komischer Ensembles, Soloscenen und Couplets« (vgl. Köhl, S. 36 und 42f.). 117,24c Schillerdenkmal] Entworfen von Max Ritter von Widnmann (geb. am 16.10.1812 in Eichstätt, gest. am 6. 3.1895 in München), ent­ hüllt 1863 am Maximiliansplatz. Max von Widnmann war ein Schüler Thorwaldsens und 1848-1887 Professor an der Münchner Kunstakade­ mie. Er führte zahlreiche Aufträge Ludwigs I. aus (u. a. Reiterdenkmal Ludwigs I. am Odeonsplatz, Goethe-Denkmal am Lenbachplatz). 117,2 6 f. Wolfgang Schiller, der bekannte Dichter der Fausttragödie ] Humori­ stische Kontamination aus Goethe und Schiller. 117.28 Stenografie ] Von dem bayerischen Kanzleibeamten Franz Xaver Gabelsberger (geb. am 9.2.1789 in München, gest. am 4.1.1849 daselbst) entwickelte kursive Kurzschrift in Anlehnung an die deutsche Schreib­ schrift. 117.29 Justizpalast] Erbaut in den Jahren 1891-1897 von Friedrich von Thiersch. Die Zuschreibung »Frühbarock« für den im neobarocken Stil erbauten Justizpalast ist natürlich absichtlich grotesk. 117,32 Thiersch] Friedrich von Thiersch (geb. am 18.4.1852 in Marburg/ Lahn, gest. am 23.12.1921 in München), Architekt, ab 1880 a. o. Professor für Architektur am Polytechnikum in München, 1882 Ordinarius an der TH München. Er baute den Justizpalast (1891-1897), war verantwortlich für die Neugestaltung des Löwenbräukellers (1880-1890), das Ball- und Konzerthaus »Pschorr« (1894), die Maximilians-, Cornelius- und Rei­ chenbachbrücke. 117,36 Stachus] Volkstümlicher Name für den Karlsplatz, benannt nach Kurfürst Karl Theodor (1724-1799), der die Festungswerke vor dem Neuhauser Tor abreißen, das Tor renovieren und links und rechts im Halbrund Häuser bauen ließ. Die verbreitete Erklärung, der Name »Sta­ chus« sei im Anschluß an den Vornamen von Eustachius Föderl gebildet, der im i8.Jhd. an dieser Stelle eine Schützenwirtschaft (»Stachusgarten«) betrieb, ist umstritten. 118.1 Karlstor] Bis 1791 Oberes oder Neuhauser Tor genannt. Nach Abbruch der Stadtmauer wurde das Tor 1792 im Auftrag des Kurfürsten Karl Theodor umgestaltet und heißt seither Karlstor. 118.2 Bayerstrasse ] Die Bayerstraße verbindet den Hauptbahnhof mit dem Stachus. 118.3 Hauptbahnhof] Der erste Bahnhof wurde 1842 dem Verkehr über­ geben. Nachdem dieser 1847 abbrannte, plante Friedrich Bürklein bis 1849 die Bauten des heutigen Hauptbahnhofes. 118,8 Bavariaring] 1886 angelegter Straßenring um die Theresienwiese. 118.8 Theresienwiese ] Auf der Theresienwiese findet alljährlich das Okto­ berfest statt. 118.9 Oktoberfest] Das lötägige Fest, das mit dem ersten Sonntag im

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Oktober endet, geht zurück auf ein Pferderennen. Dieses fand am 17.10.1810 anläßlich der Vermählung des bayerischen Kronprinzen, des späteren Königs Ludwig I., mit der Prinzessin Therese von SachsenHildburghausen auf der nach der Braut benannten Theresienwiese statt (vgl. Das Oktoberfest). 118.10 Theresienhöhe ] Zum engeren Tempelbezirk auf der Theresienhöhe zählen die von Leo von Klenze zwischen 1843 und 1853 erbaute Ruhmeshalle und die von Ludwig Schwanthaler gestaltete Bavaria (1850 enthüllt). 118.11 Bavaria mit Ruhmeshalle] 1843 bis 1853 erbaut von Leo von Klenze als bayerisches Pendant zur Walhalla bei Regensburg. Die recht­ eckig um die Bavaria-Statue angelegte offene Säulenhalle ist mit 77 Büsten hochverdienter bayerischer Persönlichkeiten geschmückt. 118,11 Ludwig der I. ] Von 1825 bis 1848 König von Bayern. Unter seiner Regentschaft entstanden die Glyptothek, das Nationaltheater, die Ludwigstraße mit Feldhermhalle, Staatsbibliothek, Universität, Ludwigskircbe und Siegestor sowie die Bavaria mit der Ruhmeshalle. 118,14 Klenze] Leo von Klenze (geb. am 29.2.1784 in Bockenem bei Hildesheim, gest. am 27.1.1864 in München) studierte ab 1800 zuerst Jura, dann Architektur in Berlin. Während seiner Italienreise 1804 Beru­ fung als Hofarchitekt und Baurat durch König Jérome nach Kassel. 1816 Hofbaumeister in München auf Veranlassung des damaligen Kronprinzen Ludwig. Vorstand der königl. Hofbau-Intendanz. u8,i8f. Salvatorzeit] Gemeint ist die Starkbierzeit zu Beginn der Fasten­ zeit in der 3. und 4. Woche vor Ostern, nach dem seit 1651 ausgeschenkten »Salvator«-Starkbier (abgeleitet aus »Sankt-Vater-Bier«; Stammwürzge­ halt 18,6%, Alkoholgehalt 6%) der Paulanermönche. 118,21 Lindwurmstraße] Seit 1878 benannt nach dem Universitätsprofes­ sor Dr. Joseph von Lindwurm (1824-1874), von 1866 bis 1874 Direktor des »Allgemeinen Krankenhauses zu München«. 118,21 f. Sendlingertorplatz ] Benannt nach dem Sendlinger Tor, einem aus dem 14-Jhd. stammenden Stadttor. Sendling, bereits um 782 als »ad Sentilingas« (= Siedlung des Sentilio) genannter Ort, wurde 1877 Mün­ chen eingemeindet. 118,29 St.Peterskirche] Münchens älteste Stadtpfarrkirche. 1181 als roma­ nische Pfeilerbasilika errichtet, 1287 durch einen größeren Neubau er­ setzt, der 1327 dem großen Stadtbrand zum Opfer fiel. 1607 brannten die Doppeltürme nach Blitzeinschlag aus. Der Turm wurde (wahrscheinlich von Heinrich Schön d.Ä.) in der heute bekannten Form ersetzt. 1630 erfolgte der Abriß des gotischen Chors und dessen Erneuerung im Ba­ rockstil. 1944 wurde die Peterskirche fast vollständig durch Bomben zer­ stört, jedoch nach dem Krieg nahezu originalgetreu wiederhergestellt. 118,34 Schnellzugspitze] Humoristischer Neologismus für die Zugspitze, den höchsten Berg der bayerischen Alpen (2963 M.ü. d.M.).

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i18,35 Marienplatz] S.o, 481 (105,20). 1.19,1 Kurfürst Maximilian] Maximilian I. (geb. am 17.4.1573 in Mün­ chen, gest. am 27.9.1651 in Ingolstadt) regierte nach einem Studium an der Ingolstädter Jesuitenuniversität seit 1597. Er baute die Münchner Residenz zu einer der prächtigsten auf dem Kontinent aus und war treuer Anhänger des katholischen Glaubens. Ihn trifft eine maßgebliche Schuld am Ausbruch, der Länge und der Brutalität des 30jährigen Krieges. 119,2 Sieges am weissen Berg] 1620 siegte Maximilian I. (s. o.) am Weißen Berg bei Prag zusammen mit Johann Tserclaes Graf von Tilly (geb. Februar 1559 in Brabant, gest. am 30.4.163 2 in Ingolstadt) über den calvinistischen böhmischen König Friedrich V. (geb. am 26.8.1596 in Amberg, gest. am 29. ii. 1632 in Mainz), der ebenfalls ein Wittelsbacher (Kurfürst von der Pfalz, 1610-1623) war. Maximilian I. erhielt deswegen 1623 die Kurwürde. 119,6 Glockenspiels] Das Glockenspiel wurde 1904 in den gerade fertigge­ stellten Turm des Neuen Rathauses eingebaut. Es besteht aus 43 Glocken und 32 aus Kupfer getriebenen Figuren. Dargestellt werden zwei Szenen aus der Münchner Stadtgeschichte: das Turnier zur Hochzeit des späteren Herzogs Wilhelm des Frommen mit seiner Frau Renata von Lothringen 1568 und der Schäfflertanz. 119.6 Fischbrunnen ] K. V. meint hier den neuen Fischbrunnen, den Kon­ rad Knoll (1829-1899) in den Jahren 1862-1865 erbaute und der 1866 auf dem Marienplatz vor dem Rathaus aufgestellt wurde. 119.7 Schäfflertanz ] Der Münchner Schäfflertanz - so wird erzählt - geht darauf zurück, daß nach der großen Pestepidemie im iö.Jhd. die Schäffler (Böttcher) die ersten waren, die sich wieder auf die Straßen wagten. Mit Tänzen versuchten sie, die Bürger auf die Straßen zu bewegen und dabei legten sie das Gelübde ab, alle sieben Jahre diesen Tanz zu wiederholen. 119.8 Metzgersprung] Vom alten Fischbrunnen, der sich neben der Mariensäule befand, rührt die Tradition des »Metzgersprunges« her. Als die Münchner Metzger nach der Pest 1517 beweisen wollten, daß das Wasser wieder genießbar sei, sprangen sie in diesen hölzernen Brunnen. Seither werden Metzgerlehrlinge, die Gesellen werden wollen, in diesem Brunnen untergetaucht. 119.11 neue Rathaus] Errichtet 1867-1874 und 1899-1908 auf dem Ma­ rienplatz. 119.12 Hauberrisser] Georgjoseph von Hauberrisser (geb. am 19.3.1841 in Graz, gest. am 17.5.1922 in München), Architekt. Ab 1862 an der Münchner Kunstakademie, dann in Berlin und Wien, seit 1866 in Mün­ chen ansässig, wo er als Sieger aus dem Wettbewerb um den Bau des neuen Rathauses hervorging. 119,14 Frauenkirche] Errichtet von 1468 bis zur Weihe 1494 nach den Plänen von Jörg von Haispach. Der spätgotische Backsteinbau mit den charakteristischen Doppeltürmen ist 108 m lang.

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119,15 f Ganghofer ] Jörg von Haispach, genannt Ganghofer (geb. Anfang des i5.Jhds. in Sixthaselbach bei Moosburg, gest. 1488 in München), Baumeister. 119,20 Tal] Verbindungsstraße zwischen Marienplatz und Isartorplatz. 119,20 Isartor] Das historische Isartor wurde 1337 gebaut, 1835 unter Leitung Friedrich von Gärtners restauriert. Seit 1959 befindet sich hier das »Valentin-Musäum«. 119.22 Kaiser Ludwig] Ludwig IV. (geb. 1283 [?], gest. am 11.10.1347 in Fürstenfeldbruck), bayerischer Herzog, deutscher König, römischer Kai­ ser, war 1294 zusammen mit seinem Bruder Rudolf Erbe von Oberbayern und der Rheinpfalz. Er wurde 1314 in Frankfurt zum deutschen König gewählt und erhielt 1328 in Rom die Kaiserkrone. 1330 gründete er das Kloster Ettal und veranlaßte 1340 die Wiedervereinigung des gesamten bayerischen Herzogtums. 119.23 Schlacht bei Mühldorf] Mühldorf am Inn. Die Schlacht bei Mühl­ dorf (auch: Schlacht bei Ampfing) fand am 28.9.1322 zwischen Lud­ wig IV. und dem Habsburger Gegenkönig Friedrich dem Schönen von Österreich statt. 119.27 Pyramiden] Handelsname für Aminophenazon, eine Substanz mit schmerzstillenden, fiebersenkenden und antirheumatischen Wirkungen. 119.28 Zweibrückenstrasse] So genannt nach dem Verlauf der Straße, die zu Münchens ältesten »zwei Brücken« über die Isar, die »Ludwigsbrücke« und die »Innere Luwigsbrücke«, führt. U9,28f. Kohleninsel] Isarinsel, auf der sich bis 1885 die Alte Isarkaseme befand, die 1908 bzw. 1928 dem Deutschen Museum weichen mußte. (Vgl. Bauer 1982, S. 136.) 119.29 deutsche Museum] 1903 von Oskar von Miller gegründetes Museum. Eigentlich: »Deutsches Museum von Meisterwerken der Natur und Tech­ nik«. Auf 40000 m2 Ausstellungsfläche wird im 1925 eröffneten Bau auf der Kohleninsel in der Isar vor allem die historische Entwicklung der exakten Wissenschaften, der Technik und der Industrie mittels Original-Maschinen, Apparaten, Modellen, Nachbildungen etc. gezeigt. Die Anlage knüpft an die Palastarchitektur der kulturgeschichtlichen Museen des ip.Jhds. an. 119,32 f. Miller] Oskar von Miller (geb. am 7.5.1855 in München, gest. am 9.4.1934 daselbst), Ingenieur. Er organisierte 1882 die erste elektri­ sche Leitung von Miesbach nach München. 1884-1890 war er zusammen mit Emil Rathenau Direktor der »Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft« (AEG) und der Berliner Elektrizitätswerke. 1903 gründete er das Deutsche Museum in München und war 1924 Anreger für den Bau des Walchensee­ kraftwerks sowie der Bayemwerke. 120,1 f. Müller’sche Volksbad] Das Müllersche Volksbad, eine Stiftung des Zivilingenieurs Karl Müller (1821-1909), ist Münchens ältestes Hallen­ bad; errichtet 1897-1901 im Jugendstil von Karl Hocheder (1854-1917).

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120.6 Maximilianeum] Erbaut 1852-1874 von Friedrich Bürklein, dem Baumeister von König Maximilian II. Zuerst Wohnsitz für Staatsstipen­ diaten, seit 1949 Sitz des Bayerischen Landtags. 120.7 König Maximilian] Maximilian II., König von Bayern (geb. am 28.11. 1811 in München, gest. am 10.3. 1864 daselbst), ließ die Maximilianstraße 1853-1875 z.T. aus eigenen Mitteln bauen. 120,12 Maximilianeleum] Humoristische Kontamination aus Maximilia­ neum und Jubiläum. 120,14 Friedensengel] 1894 von Theodor Fischer nach der Nike des Paionios in Olympia skizzierte und von Heinrich Düll, Max Heilmaier und Georg Pezold ausgeführte, vier Meter hohe Figur aus vergoldeter Bronze auf einer 22 m hohen Säule, die aus einem mit Skulpturen geschmückten Steinsockel herauswächst. Vgl. K.V.s Dialog »Der Herr Friedensengel« (Sämtliche Werke, Bd. 4). I2o,i4f. Prinzregentenstrasse] Benannt nach dem Prinzregenten Luitpold von Bayern (1821-1912), in dessen Regierungszeit sie ab 1891 angelegt worden ist. I2o,i8f. Prinzregentenbrücke ] Prinzregent Luitpold von Bayern, Verwe­ ser des Königreichs Bayern von 1886 bis 1912, ließ 1900-1901 auf eigene Kosten die Luitpoldbrücke bauen, die heute meist als Prinzregentenbrücke bezeichnet wird. 120,2of. Hochwasser 1899] Das Hochwasser 1899 führte zum Einsturz der älteren, 1891 vom Prinzregenten der Stadt geschenkten Prinzregenten­ brücke. 120,25t neuen'Nationalmuseum] 1896-1906 erbaut von Gabriel von Seidl im Auftrag von König Maximilian II. 120,26 Seidl] Gabriel von Seidl (geb. am 9.12.1848 in München, gest. am 27.4.1913 daselbst) war bis 1870 Maschinentechniker in der Lokomoti­ venfabrik von Maffei in München. 1871 Architekturstudium an der Münchner Akademie. Bedeutendster Vertreter der eklektizistischen Rich­ tung der Münchner Architektur um die Jahrhundertwende. 120,30 versteinerte Hemdknöpfl des Königs Herodes] Siehe auch das gleich­ namige Objekt in Valentins »Panoptikum«. 120,32 englischen Garten] Nach dem Plan des Obersten Sir Benjamin Thompson Graf von Rumford sollte ein seit 400 Jahren bestehendes Hirschgehege in Freizeitgärten für kurfürstliche Soldaten umgewandelt werden. Bald entwickelte sich daraus die Idee eines Volksparkes, den der Schwetzinger Landschaftsarchitekt Ludwig von Sckell konzipierte. So ent­ stand von 1789 bis 1792 der ca. 5 km lange und bis zu 1 km breite Englische Garten, der zunächst zu Ehren des Kurfürsten Karl-TheodorPark hieß. 120,35 General Rumford] Sir Benjamin Thompson Graf von Rumford (geb. am 26.3.1753 in Wobum/Mass., USA, gest. am 14.8.1814 in Auteil,

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Frankreich), Soldat, Philosoph und Staatsmann. Mit Ausbruch des ameri­ kanischen Unabhängigkeitskrieges kämpfte er als Konservativer auf der Seite der königlichen Partei. 1776-1782 in englischen Staatsdiensten. Seit 1784 in kurbayerischen Diensten als Oberst, 1785 als Kammerherr, 1787 als Gemeiner Rat. Rumford war maßgeblich an der Reorganisierung und Modernisierung des bayerischen Militärwesens und an Sozialmaßnahmen durch Errichtung von Schulen, Armenhäusern, Manufakturen und öffent­ lichen Speisehäusern beteiligt. 121,2 Monopterus] Recte: Monopteros. Ein offener Säulentempel, den Leo von Klenze (s. o. 486 (118,14)) zu Ehren des Hauses Wittelsbach 1837 auf einem ein Jahr zuvor künstlich aufgeschütteten Hügel im Englischen Garten errichten ließ. 121,6 Niagarafaltes] Niagara: indian. Wort für »Donnerndes Wassere. Die Fälle des Niagara-Flusses, der Verbindung von Erie- und Ontario-See an der Grenze Kanada-USA. Der kanadische Wasserfall in Ontario ist 900 m breit und 48,2 m hoch, der amerikanische im Staat New York ist 300 m breit und 59,9 m hoch. i2i,7f. Chinesischen Turm] Von Joseph Frey 1789-1790 im Englischen Garten errichteter Holzturm, nach einem Vorbild aus den Londoner Kew Gardens. Im Zweiten Weltkrieg abgebrannt und 1952 durch einen Neu­ bau ersetzt. 121,13 Kteinhesseloher See] Ein 86000m2 großer, von Seitenarmen der Isar gespeister künstlicher See im Englischen Garten; angelegt von Rein­ hard Freiherr von Werneck (1757-1842). 121,17 Feilitzstrasse] Recte: Feilitzschstraße. Seit 1891 benannt nach Dr. Maximilian Alexander Freiherr von Feilitzsch (1834-1913), bayeri­ scher Staatsminister des Inneren und Ehrenbürger der Stadt München. 121.17 Schwabing] 782 n. Chr. als »Swapinga« urkundlich erwähnt. Ab Mitte des ip.Jhds. bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war der Stadtteil im Münchner Norden ein Treffpunkt von Literaten, Künstlern, Gelehrten und Politikern. 121.18 Siegestor] Als nördlicher Abschluß der Ludwigstraße konzipiertes und zum Ruhme des bayerischen Heeres errichtetes Bauwerk; von Fried­ rich von Gärtner (geb. am 10.12.1792 in Koblenz, gest. am 21.4.1847 in München) begonnen und von seinem Schüler Eduard Metzger vollendet. 121.19 Ludwigstrasse] Um 1839 von König Ludwig I. als Verbindung zwischen München und Schwabing angelegt und von repräsentativen Bau­ ten des Architekten Friedrich von Gärtner (Universität, Ludwigskirche, Bayerische Staatsbibliothek) gesäumt. 121.20 Konstantinbogens in Rom] Dreitoriger Triumphbogen für den rö­ mischen Kaiser Konstantin I. (272 oder 273-337), nahe dem Kolosseum in Rom, der 315 vom Senat zum zehnten Regierungsjubiläum Konstantins errichtet wurde.

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i2i,25 Feldhermhalle] Erbaut 1841-1844 als südlicher Abschluß der Ludwigstraße von Friedrich von Gärtner im Auftrage von König Ludwig L, nach dem Vorbild der »Loggia dei Lanzi« in Florenz. 121,27 Pfalzgedenkstein ] Entworfen von Bernhard Bleeker (geb. am 2 6.7. 1881 in Münster/Westfalen, gest. am 11.3.1968 in München). Der Pfalz­ gedenkstein wurde 1924 in der Ottostraße aufgestellt und 1934 in die Eschenanlagen am Maximiliansplatz verlegt. Der Bildhauer Bleeker war seit 1922 Professor an der Münchner Kunstakademie und schuf zahlreiche Bildnisbüsten, monumentale Wirkungen anstrebende Figurengruppen, Grabdenkmäler und Brunnen. Er hat auch an K. V.s »Panoptikum«, das am 1.10.1934 im Hotel Wagner, Sonnenstraße, eröffnet wurde, mitgearbeitet. Vgl. Münz, S. 197, und das Widmungsblatt Bleekers an K. V., Münz, S. 267. 121,32 Residenz] Stadtschloß der Wittelsbacher, in mehreren Bauperio­ den entstanden. Die ältesten Teile sind das sog. »Antiquarium«, 1569-1571 von Wilhelm Egckl, sowie der »Grottenhof-Trakt«, 1581-1586 von Friedrich Sustris (geb. um 1540 in Italien [?], gest. 1599 in München) erbaut. Die Ausbauten an der Residenz reichen bis ins I9-Jhd. 1920 wurde die Residenz Museum. 121.32 Maxdenkmal] 1866-1872 von Kaspar Clemens von Zumbusch (1830-1915) in der Maximilianstraße errichtetes, 13 m hohes Monument des Königs Maximilian II., der 1848-1864 regierte. Das Denkmal wird von vier allegorischen Figuren der Herrschertugenden flankiert, die die Wappen der vier Stämme tragen: der Bayern, der Franken, der Pfälzer und der Schwaben. 121.33 H°f und Nationaltheater] Nach der Grundsteinlegung 1811 (die Pläne stammen von Karl von Fischer) wurde das Nationaltheater am 12.10.1818 mit dem Festspiel »Die Weihe« von Albert Klebe eröffnet. 1823 brannte das Nationaltheater völlig nieder; am 2.1.1825 wurde der Neubau, den Leo von Klenze leitete, eröffnet. 1943 wurde es durch Luftangriffe zerstört und am 21.11.1963 wiedereröffhet. 121,35 Erstaufführungen Richard Wagners] Uraufgeführt wurden in Mün­ chen: »Tristan und Isolde« (1865), »Die Meistersinger von Nürnberg« (1868), »Das Rheingold« (1869), »Die Walküre« (1870). 122,4 Maximiliansstrasse] Die von König Maximilian II. und seinem Bau­ meister Friedrich Bürklein angelegte Maximilianstraße fuhrt vom MaxJoseph-Platz zum Maximilianeum. 122,6 Hofbräuhaus] S. o. 480 (103,9). 122,8 i - 2 - 3 Gsuffa] Vgl. den Refrain des später (1936) komponierten Trinkliedes »In München steht ein Hofbräuhaus«, Musik (und Text?) von Wilhelm (»Wiga«) Gabriel (geb. am 8.8.1897 in Berlin, gest. am 21.4.1964 daselbst). Im Lied heißt es nur »1 (Oans) - 2 (Zwoa) - Gsuffa!«. Die Komposition stammt aus dem Jahre 1947 und trägt den Untertitel »Stimmungswalzer«.

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122,10 Ein Prosit der Gemütlichkeit] 1901 von Georg Kunoth (geb. am 17.2.1863 in Bremen, gest. am 9.9.1927 in Wiesbaden) komponierte Trinklied (op. 34). Der hauptberufliche Journalist und Tageszeitungsre­ dakteur Kunoth komponierte zahlreiche Märsche, Walzer und Polkas, darunter 1892 den Kaiser Wilhelm II. gewidmeten »Kaisermarsch« (op. 24): »Wir halten fest und treu zusammen, hipp, hipp, hurrah«, der in Deutschland sehr populär war. Wochenschau von Karl Valstadt und Lisi Karletin

Textüberlieferung T‘ Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Repertoire Nr. 160; Mappe: VIII (Au 11750, Typoskript-Durchschrift, 2 Bl.) T2 Typoskript im »Böheim-Depositum«, München; Repertoire Nr. 160. T3 Typoskript im Liesl-Karlstadt-Nachlaß, München; Repertoire Nr. 160. Textgrundlage: T1.

Entstehung Mai 1929. Vgl. Gronenbom (1990), s. 173. Stellenkommentar 122.20 Dingiharting] Verballhornung von Dingharting, einer Gemeinde im Süden von München, zwischen Grünwald und, Wolfratshausen gelegen. 122,24 Zeppelin [...] Meeres-wellen] Hugo Eckener (geb. am 10. 8.1868 in Flensburg, gest. am 14.8.1954 in Friedrichshafen) führte 1924 das Luft­ schiff »Zeppelin 126« im ersten Transadantikflug nach Amerika. Eckener ist auch einer der Adressaten von K. V.s »komischen Briefen«, vgl. Sämdiche Werke, Bd.6, S. 131 u. S. 298 (131, 8). 122,28 Neubiberg] Gemeinde im Südosten von München. 122,31 Oberuntergau] Wahrscheinlich Verballhornung von Oberammer­ gau. 122,35 Mia PHventrans] Vgl. »Pliefentranz« in dem Filmprojekt »Sie weiss etwas«, vorliegender Band, S. 39ff-, s.o. 459 (40,26). 123,2 Historiefilm] Keine eingeführte Genrebezeichnung, vermudich Valentinischer Neologismus für Wochenschau. 123,7 Simpionexpress] Zuglinie über den Simplonpaß, der das schweizeri­ sche obere Rhonetal mit dem italienischen Tal des Toce verbindet. Die zunächst eingleisige Bahn wurde 1898-1906 erbaut. Der 19,8 km lange Simplon-Tunnel liegt unter dem Osthang des Monte Leone. 1912-1922 wurde in einem Paralleltunnel ein zweites Gleis gelegt. 123,15 Holzklupperln] S.o. 483 (116,7). 123.20 Olching] Wohngemeinde im Kreis Fürstenfeldbruck.

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123,24 Drallem] Spiel mit dem Draller, einem Spielzeugkreisel (vgl. Ilm­ berger, S.48). 123,30 Giesing] Stadtteil rechts der Isar im Osten Münchens. 124,2 D.R.P. ] Abkürzung für: Deutsches Reichs-Patent. i24,5f. Ecke Herrn* und Knöbelstrasse] Keine stadtgeschichtlichen Beson­ derheiten nachweisbar. Die bezeichnete Stelle befindet sich allerdings in unmittelbarer Nachbarschaft zum Mariannenplatz, wo K. V. von Juni 1934 bis Winter 1942/43 (das Haus Mariannenplatz Nr. 4 wurde im Krieg durch Brandbomben zerstört) wohnte. 124.10 Frauenkirche ] S.o. 487 (119,14). 124.11 Koppfilmwerke Abtlg. Histórica] Verweis auf die »Kinokopp«-Wochenschauen des Münchner Filmpioniers und Filmproduzenten Martin Kopp (1876-1952), der K.V.s ersten Film »Karl Valentins Hochzeit« (1912/13) produzierte. 124,14 Willi Sensberg] Ironischer Verweis auf den Kinobesitzer Willy Sensburg, der Mitte April 1929 in Lonny van Laaks Münchner Kino »Filmpalast«, in dem die »Wochenschau« Ende Mai 1929 gezeigt wurde, eine multimediale Varietébühne eröffnen wollte, was aber an der nicht möglichen Erteilung einer Varietékonzession an einen Kinobetrieb schei­ terte. (Mündliche Auskünfte von Lonny van Laak an Gronenbom, vgl. hierzu auch: Deutsche Filmzeitung, Nr. 14, 1929, v. 5.4.1929, S. 14.) 124,28 Kohlenschaufel zum Blühen zu bringen] Der hier erwähnte Vorgang findet sich später qua Medienwechsel als Objekt in Valentins »Panopti­ kum«. Am laufenden Band

Textüberlieferung T1 Typoskript im Nachlaß, Theatermuseum Köln-Wahn; Mappe: Film­ projekt »Am laufenden Band. Ungefähr 10-20 Original-Valentinaden in einem Grossfilm vereint.« (Au 14672, Bl. 1-5, Original-Ty­ poskript und Typoskript-Durchschriften). Textgrundlage: T". Entstehung In dieser Zusammenstellung nach 1941 anzusetzen. Es handelt sich hier um ein Konvolut mit überwiegend Typoskript-Durchschriften von Schall­ plattentexten aus den Jahren 1936-1941 mit (zumeist einer) dem ersten Manuskriptblatt beigeklebten Original-Bleistiftzeichnung des Szenen­ schauplatzes (die wohl durch den oben erwähnten Zauberer [siehe S. 126] skizziert und animiert werden sollte). Aus dem von K. V. selbst angelegten »Verzeichniss, der für oben erwähnte Idee geeigneten Valentiniaden« (s. S. i26f.) werden hier nur diejenigen Texte abgedruckt, die nicht als

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Rundfunk- oder Schallplattenaufhahme existieren. Letztere erscheinen in I Sämtliche Werke, Bd. 4.