147 78 43MB
German Pages 652 [656] Year 1878
Darstellung des auf dem GeMete der
öffentlichen Gesundheitspflege in ausserdeutschen Ländern
bis jetzt Geleisteten. Eine vom deutschen Vereine für öffentliche Gesundheitspflege
gekrönte Preisschrift, nebst
e i n e r v e r g l e i c h e n d e n D a r s t e l l u n g d e s in
Deutschland Geleisteten von
ür. Julius Uffelmann, Privatdocent der Medicin in Rostock.
B e r l i n . Druck und Verlag von G. R e i m e r . 1878.
Darstellung des auf dem Gebiete der
öffentlichen Gesundheitspflege in ausserdeutschen Ländern
bis jetzt Geleisteten. Eine vom deutschen Vereine für öffentliche Gesundheitspflege
gekrönte Preisschrift, nebst
einer v e r g l e i c h e n d e n Darstellung des in
Deutschland Geleisteten von
Dr. J u l i u s
Uffelmann,
Privatdocent der Medicin in Rostock.
B e r l i n . Druck und Verlag von G. R e i m e r .
1878.
V o r w o r t .
Diese hiermit der Oeffentlichkeit übergebene Arbeit verdankt ihre Entstehung dem Concurrenzausschreiben, welches der deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege über das Thema „Darstellung des in ausserdeutschen Ländern auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege bis jetzt Geleisteten" hatte ergehen lassen. Als die von mir eingereichte Abhandlung nach erfolgter Prämiirung derselben veröffentlicht werden sollte, stellte die Verlagsbuchhandlung an mich das Ersuchen, eine Vervollständigung durch Zufügung eines die deutschen Leistungen darstellenden Anhanges zu liefern. Diesem Wunsche bin ich nachgekommen, weil ich die innere Berechtigung desselben vollkommen anerkennen musste. Die Begrenzung des Thema's auf ausserdeutsche Leistungen hatte mich von vornherein sehr wenig befriedigt, ja bei der Ausarbeitung fortwährend beengt. Sollte eine Darstellung des von dem deutschen Vereine gegebenen Thema's einem praktischen Zwecke dienen, so musste, auch meiner Meinung nach, die Möglichkeit eines unmittelbaren Vergleichs der deutschen Leistungen mit den ausserdeutschen gewährt werden, und dem gemäss war ich recht erfreut, als auf meine desfallsige Bitte der
IV
Vorwort.
Ausschuss des genannten Vereines mir die Genehmigung ertheilte, der zu veröffentlichenden Preisschrift noch eine Beschreibung des in Deutschland Geleisteten hinzufügen zu dürfen. So ist die jetzige Arbeit entstanden, deren Inhalt demgemäSs, so weit er deutsche Leistungen betrifft, einer Beurtheilung der Preisrichter nicht unterlegen hat, wie ich hier um der Wahrheit willen ausdrücklich bezeuge *). Der Gedanke, welcher bei der Ausführung mich leitete, war der, eine rein objective, möglichst umfassende, aber kurz gehaltene Darstellung zu liefern und allgemeine subjective Betrachtungen bis auf etwaige unmittelbare Schlussfolgerungen ganz auszuschliessen. Solche allgemeine Betrachtungen sind auf unserem Gebiete meistens sehr entbehrlich, oft geradezu störend; nur das Thatsächliche hat hier Werth, und über dieses habe ich versucht, einen Ueberblick zu gewähren, der es ermöglichen sollte, das bis jetzt Erreichte mit demjenigen zu vergleichen, was erstrebt wurde oder zu erstreben ist. Ob aber die Darstellung mir so gelungen ist, wie ich im Interesse der Sache wünschen möchte, muss ich dem Ermessen der sachverständigen Leser anheimstellen, die ihre Nachsicht mir wegen der Schwierigkeit, das massenhafte Material zu bewältigen, wie ich hoffe, ebenso wenig vorenthalten werden, wie die Preisrichter es ihrerseits gethan haben. *) D a die ursprüngliche Arbeit mit Ende März 1877 an den Secretär des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege abgesandt werden musste, so enthielt sie natürlich auch nur die bis annähernd zu diesem Termine bekannt gewordenen Leistungen. Bei der definitjven Fertigstellung zum Druck sind jedoch neuere Leistungen, so weit es thunlich war, berücksichtigt worden.
Vorwort.
v
Da zu den Leistungen der öffentlichen Gesundheitspflege auch die wissenschaftlichen mit zu rechnen sind, so durften sie nicht fehlen; doch sind aus leicht erklärlichem Grunde nur diejenigen erwähnt, welche einen ganz directen Bezug auf einen Gegenstand der angewandten öffentlichen Hygieine haben.
Immerhin zwang mich die
Absicht, diese Leistungen mit darzustellen, zu der Disposition, welche ich gewählt habe, welche mir aber auch aus anderen Erwägungen die richtigere zu sein schien. Es lag ja von vornherein sehr nahe, jedes Landes Leistungen für sich zu betrachten und in continuo darzustellen.
Aber war es schon schwierig, in einer solchen
Arbeit alle Details ohne eine unnatürliche Weitläufigkeit und ohne Wiederholungen vollständig anzubringen, so wurde dies unmöglich, wenn es sich darum handelte, auch die wissenschaftlichen Leistungen einzufügen. Man wolle mir nicht entgegnen, dass ich ja die Leistungen Deutschlands in dieser Weise dargestellt habe; denn, wenn ich in gleicher Art die aller anderen Länder hätte besprechen wollen, so wären die eben erwähnten Nachtheile eingetreten, ohne dass die Arbeit an Inhalt wesentlich gewonnen hätte. Dass trotz meines
Strebens nach
Vollständigkeit
zahlreiche Lücken geblieben sind, weiss ich sehr wohl; es bietet die Beschaffung der Quellen gerade hinsichtlich der Leistungen ausserdeutscher Länder
nicht geringe
Schwierigkeiten, zumal wenn es sich darum handelt, bis zu einem bestimmten Termine das Betreffende in Händen zu haben.
Keine s p e c i e l l e Berücksichtigung hat das
VI
Vorwort.
„Militärwesen" gefunden, weil es richtiger ist, wenn die dasselbe betreffenden hygieinischen Leistungen ganz gesondert besprochen werden. In dem Capitel „Gewerbehygieine" sind von den Leistungen hinsichtlich der einzelnen Industriezweige nur die hervorragenden, nicht alle, aufgeführt, weil hier die Specialisirung, wenn sie vollständig sein sollte, ungemein viel Raum in Anspruch genommen hätte. Darüber, dass ich in dem „Anhange zu diesem Capitel" die Specialleistungen unseres Vaterlandes nicht aufzählte, wird man mir aus dem dort angegebenen Grunde hoffentlich keinen Vorwurf mächen. Bei der Ausführung der einzelnen Capitel konnte ein stets gleicher Gang nicht inne gehalten werden; denn, obschon ich mich möglichst befleissigte, die Arbeiten der verschiedenen Länder gesondert darzustellen, musste ich dies Bestreben doch dem Hauptzwecke, nämlich der Schaffung eines Gesammtüberblicks über die Leistungen, unterordnen. Die Druckfehler einiger weniger Bogen bitte ich mit einem körperlichen Uebelbefinden entschuldigen zu zu wollen, welches mir die Correctur während drei Wochen ungemein erschwert hat. R o s t o c k , 18. März L878. Der Verfasser.
Inhalts - Yerzeichniss. I. Abschnitt. Organisation der öffentlichen Gesundheitspflege und sanitarische Gesetzgebung. Seite
England Frankreich Italien Oesterreich Holland Belgien Norwegen Schweden Dänemark ßussland Portugal Türkei Rumänien Schweiz, Basel „ St. Gallen „ Zürich Vereinigte Staaten New-York
Columbia 141 4 51* Massachusetts 142 Missouri 142 71 Pennsylvania : . 143 83 Anhang: Deutschland 144 103 109 Elsass-Lothringen 148 Preussen 150 111 Mecklenburg 156 114 Baiern 156 116 Sachsen 158 117 Würtemberg 161 118 121 Baden 162 122 Hessen-Darmstadt . . . . . . . 164 124 Hamburg 167 Bremen . 1 168 127 129 Lübeck 169 Sanitätsgesetze der Einzelstaaten . 169 132 133
VIII
Inhalts-Verzeichniss.
II. Abschnitt. Leistungen in den einzelnen Zweigen der öffentlichen Gesundheitspflege. Seite
183 Verbreitung hygieinischer Kennt187 nisse. Hygieinische Statistik 195 Anhang (Deutschland) . . . 199 206 Anhang (Deutschland) . . . 212 Wasserhygieine Anhang (Deutschland) . . . 240 250 275 Anhang (Deutschland) . . . 288 Bodenhygieine Anhang (Deutschland) . . . . 293 299 Wohnungshygieine 317 Anhang (Deutschland) . . . 329 Hygieine der Ortschaften . . . 367 Anhang (Deutschland) . . . 381 Anhang (Deutschland) . . . 386 Armenpflege 391 Anhang (Deutschland) . . . 395 398 Krankenpflege Anhang (Deutschland) . . . 424 Hülfeleistung in Unglücksfallen . 443
Seite
Anhang. (Deutschland) Schutzmassregeln gegen ansteck. Krankheiten . . . . . . . Anhang (Deutschland) Impfwesen Anhang (Deutschland) Schutz vor Syphilis. Prostitutions-
. ..
446 448 467 475 481
483 Anhang (Deutschland) . . . 488 Schutzmassregeln gegen ansteck. Thierkrankheiten . . 491 Anhang (Deutschland) 494 Internationale Hygieine . 496 Schutz der Kinder . . . 503 Anhang (Deutschland) 505 Schulhygieine 508 Anhang (Deutschland) 523 Hygieine der Reisenden 534 Anhang (Deutschland) • . . 548 Hygieine der Gefangenen . • . 550 Anhang (Deutschland) . . . . 562 Gewerbehygieine . . . . . . * 569 . Anhang (Deutschland) . . . . 617
. ..
Darstellung des in ausserdeutschen Ländern auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege bis jetzt Geleisteten, nebst einer vergleichenden Darstellung des in Deutschland Geleisteten.
Motto: „ S a n i t a r y i n s t r u c t i o n is even m o r e essential, t h a n s a n i t a r y l e g i s l a t i o n . "
U f f e l i u a n n , Leistungen a
d. Gebiet d. öffentl. GesundheitspH.
1
Die Leistungen, welche wir auf dem umfangreichen Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege in ausserdeutschen Ländern zu verzeichnen haben, sind theils legislatorische, theils wissenschaftliche, theils rein practische. Um nun von allen diesen Arbeiten bei der grossen Fülle des Materiales ein übersichtliches Bild zu entwerfen, dürfte es nothwendig sein, zunächst mit kurzen Zügen den Plan vorzulegen, nach welchem das Thema hier bearbeitet wurde. Es erschien als das Richtigste, vorn an die Organisation der öffentlichen Gesundheitspflege in den einzelnen Ländern zu beschreiben und dabei einen Ueberblick über die sanitarische Gesetzgebung zu liefern, dann anzugeben, was in Bezug auf die Verbreitung hygieinischer Kenntnisse als die Grundbedingung der erspriesslichen Wirksamkeit der Sanitätsgesetze bis jetzt geschehen ist und endlich auf die einzelnen Fächer der öffentlichen Hygieine überzugehen, um bei ihnen die practischen Leistungen und die w e s e n t l i c h e n E r g e b n i s s e der wissenschaftlichen Arbeiten mit einem Hinweis auf die speciell für den betreffenden Gegenstand erlassenen gesetzlichen Vorschriften zu erörtern. Das in Deutschland Geleistete wird bei den betreffenden Capiteln jedesmal in einem Anhange Erwähnung finden.
1*
4
I . Abschnitt.
Organisation der öffentlichen Gesundheitspflege, und sanitarische Gesetzgebung. England*). Unter allen ausserdeutschen Ländern, welche bei der Darstellung der sanitarischen Institutionen und der zum Schutze, wie zur Förderung der öffentlichen Gesundheit erlassenen Gesetze in Frage kommen, hat England unzweifelhaft das Hervorragendste geleistet. Die Organisation des Sanitätswesens ist hier nach einer schrittweisen Entwicklung, ich will nicht sagen zu einer idealen Vollendung, aber wohl zu einem das Land befriedigenden, vorläufigen Abschluss gelangt, die zahlreichen Gesetze sind mit Rücksicht auf bestimmte, fundamentale Ziele und nach einem durchdachten Plane geschaffen, bzw. weiter ausgebildet, und — was das Wichtigste ist — es kann diesen Leistungen ein entschiedener, practischer Erfolg nicht abgesprochen werden. Im vorigen Jahrhundert und im Anfange des jetzigen gab es auch in England noch keine besonderen Organe der öffentlichen Gesundheitspflege und keine staatliche Oberaufsicht über die Handhabung derselben. Gegen einzelne Uebelstände wurden Gesetze meist mit örtlich beschränkter Wirksamkeit erlassen und der communalen Behörde lag es o b , für die Ausführung zu sorgen. Das einzige staatliche Institut, welches neben seinen übrigen Functionen auch sanitäre Zwecke verfolgte, war das der Canalaufseher**), die für Reinhaltung der Wasserläufe, Instandhaltung der Wasserleitungen und Canalisationswerke zu sorgen hatten, und ihatsächlich bis in die allerjüngste Zeit sorgten, um dann ihre sanitären Rechte und Pflichten an die neugeschaffenen Gesundheitsbehörden abzutreten. Aber im Anfange der dreissiger Jahre unseres Jahrhunderts begann unter dem Drucke der schlimmen Erfahrungen, welche man besonders in den grösseren Städten des Landes während des verheerenden Zuges der Cholera gemacht hatte, eine allgemeine Reformbewegung auf dem *) Als Quellen benutzt: F i n k e l n b u r g : D i e öffentliche Gesundheitspflege Englands etc. 1874, S a u n d e r s : The Public Health Act 1875. London L a w Times Office 1875. C a m e r o n : Manual of Hygieine and Compendium of Sanitary L a w s 1874. Fr. S a n d e r u. G. V a ri e » t r a p p in D . Vierteljahrsschrift für öffentl. Gesundheitspflege. Bd. V. VI. **) Die commissioners of sewers.
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
5
Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege. In der Tagespresse und im Parlamente wurde eine gründliche Untersuchung über den Zustand der öffentlichen Gesundheit, wie über die Ursachen der grösseren Sterblichkeit einzelner Orte und einzelner Classen der Bevölkerung, als absolut nöthig hervorgehoben und energische Massnahmen behuf Herstellung besserer Zustände verlangt. Sehen wir zu, wie die Regierung und die vornemlich interessirten grossen Städte diesen Forderungen der öffentlichen Meinung Rechnung trugen. Zunächst bemühte man sich, einen sicheren Ueberblick Uber den thatsächlichen Gesundheitszustand des Landes, wie insbesondere der Hauptorte desselben zu gewinnen. Es gelang dies sehr bald mit Hülfe zweier in eben dieser Zeit neugeschaffenen, staatlichen Behörden, des hegistrar general und des Centralarmenamtes. Im Jahre 1836 war nämlich die Statistik der Geburten, Heirathen und Todesfälle organisirt, die Feststellung der Todesursachen vorgeschrieben, Registrationsbehörden und eine Oberregistrationsbehörde, der Registrar general, eingesetzt worden. Dies letztere Institut sollte alle einlaufenden Daten sammeln, bearbeiten und das Ergebniss bekannt geben. Das Centralarmenamt aber, welches schon etwas früher geschaffen w a r , und auf welches wir alsbald weiter zurückkommen werden, wies auf ministerielle Veranlassung die Armenärzte an, eine allgemeine Untersuchung des Gesundheitszustandes der Armen und der arbeitenden Classe vorzunehmen. Als dann 1838 der erste Bericht des Registrar general, und mehrere Denkschriften des Centralarmenamtes veröffentlicht wurden, als insbesondere von Seiten der letztgenannten Behörde der historisch gewordene Report on the sanitary condition of the labouring population of great Britain erschien, und das Thatsächliche arger, beunruhigender Zustände schlimmer noch als man gedacht, vor Aller Augen lag, da entschloss man sich alsbald, eine besondere Commission einzusetzen, welche die Ursachen der Verschlechterung der öffentlichen Gesundheit, insbesondere die Insalubritäten der grossen Industriestädte klar legen und Mittel zur Besserung vorschlagen sollte. Die mit besonderer Gründlichkeit abgefassten Berichte dieser Commission gaben dem allgemeinen Drängen nach positiven Massnahmen neue Nahrung. Man verlangte jetzt in erster Linie Gesetze zum Schutze der gefährdeten öffentlichen Gesundheit, und dieser Forderung, welche immer dringender erhoben wurde, kamen denn auch die Regierung, wie die Verwaltungen der grossen Städte nach. Die letzteren, frei und unabhängig in ihrem
6
I. Abschnitt.
England.
self-government, suchten eine nach der anderen beim Parlamente um die Genehmigung n e u e r Ortsstatute n a c h , welche sich auf die Beseitigung der I n s a l u b r i t ä t e n , insbesondere auf die Verbesserung der Canalisation, des A b f u h r w e s e n s , auf Bausanitätsangelegenheiten, auf offensive Gewerbe u. s. w. bezogen. Auf diesem Wege haben einzelne Städte frühzeitig eine Reihe ganz vorzüglicher Gesetze erhalten, die späterhin allgemeinen Landesgesetzen zum Muster dienen konnten. Die Regierung aber, deren legislatorisches Vorgehen wir alsbald näher erörtern w e r d e n , e r k a n n t e schon damals mit richtigem Blick, dass eine Verbesserung der Ortsstatute allein, auch wenn sie ber allen Gemeinden k ö n n t e z u r D u r c h f ü h r u n g gelangen, von nachhaltigem Erfolge nicht sein werde, dass eine staatliche Aufsicht ü b e r die Handh a b u n g der öffentlichen Gesundheitspflege in den Gemeinden, und bestimmte Organe f ü r die H a n d h a b u n g selbst eingerichtet werden müssten. Dieser Ansicht ist sie auch bei der D u r c h f ü h r u n g des grossen Reformwerkes treu geblieben. Einen gewissen Anhalt, wie sie vorgehen müsse, hatte sie bereits an den E r f a h r u n g e n , welche sie ü b e r den Erfolg der Reorganisation der Armenverwaltung, dieses die öffentliche Gesundheitspflege in so vielen P u n k t e n und so nahe ber ü h r e n d e n Zweiges administrativer Thätigkeit, zu sammeln in der Lage gewesen war. Diese Reorganisation hatte im Beginn der fraglichen Drangperiode, gleich nach dem ersten Zuge der Cholera, im J a h r e 1 8 3 4 s t a t t g e f u n d e n ; die Armenpflege war nach wie vor den Gemeinden verblieben, aber es war zunächst eine staatliche Aufsichtsbehörde ü b e r die H a n d h a b u n g derselben, das eben schon erw ä h n t e C e n t r a l - A r m e n a m t , und waren ausserdem f ü r die Armenpflege selbst besondere B e h ö r d e n , die Boards of G u a r d i a n s , geschaffen, je eine f ü r einen Armenverbandsbezirk, der aus m e h r e r e n Kirchspielen zusammengesetzt w u r d e . Die e b e n g e n a n n t e n Boards aber, aus der freien Wahl der Steuerzahler h e r v o r g e g a n g e n , mussten verschiedene Beamte, wie auch einen Armenarzt anstellen, und hatten ausser ihren sonstigen Obliegenheiten insbesondere die Verpflichtung, in sanitärer Beziehung ihrer Pflegebefohlenen sich a n z u n e h m e n . Wir werden s e h e n , dass sie im Allgemeinen ihres Amtes gut warteten, u n d sogar in j ü n g s t e r Zeit in den ländlichen Bezirken die localen Gesundheitsbebörden geworden sind. Jedenfalls hatte diese Reorganisation, durch welche ja das altverbriefte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden zu Gunsten der staatlichen Oberaufsicht d u r c h b r o c h e n war, sich b e w ä h r t und rasch sich eingelebt.
So
lag es denn nahe,
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
einen
gleichen W e g
einzuschlagen.
bei der Organisation
7
der öffentlichen
Hygieine
Und das hat die Regierung thatsächlich gethan;
sie
ist zwar weniger rasch vorgegangen, hat aber ihr Ziel endlich erreicht. Gesetze erlassen,
die
dem dringendsten Bedürfnisse Rechnung tragen und die Reform
Zunächst —
ein-
leiten
sollten.
provement ersteren
im J a h r e 1 8 4 7
Es sind dies
clauses
Act
enthielten
und
—
wurden
die Consolidation Acts, der Towns imder
commissioners
Fundamentalstatute
über
communaler Gesundheitspflege und mussten, und vollständig
angenommen
werden.
clauses
Act.
die wichtigsten
Die
Zweige
wenn überhaupt,
ganz
Der Towns improvement Act
verpflichtete die Magistrate der Städte zur besseren Pflege der öffentlichen Gesundheit einen Surveyor, einen Inspector of nuisances, und, wenn nöthig,
auch einen ärztl. Gesundheitsbeamten
anzustellen,
auf Canäle, Aborte, offensive Gewerbe, Wasserversorgung, u. s. w. achten sollten.
Der Commissioners clauses Act endlich
langte,
dass in allen
hatten,
eine communale Behörde,
Steuerzahlern
Orten,
Einführung
noch
ver-
Verwaltungsvorstand von
den für
der commissioners,
Trockenlegung und Pflasterung der Strassen,
u. s. w. zu sorgen. einer
die
keinen
erwählt werde und wies derselben das Recht zu,
Reinhaltung des Ortes, Beleuchtung
die
die
Herbergen
wirklichen
—
Auf
Organisation
solche
Weise wurde
der öffentlichen
die
Hygieine
angebahnt. Und schon ein J a h r später, 1 8 4 8 , fang.
machte man damit den An-
Sanitätsgrundgesetz, Public eine staatliche Behörde, welche
Das in diesem Jahre erlassene
liealth Act 1848, die Handhabung beaufsichtigen sonderer
schuf zunächst
der öffentlichen
Gesundheitspflege
sollte und ermöglichte
Organe
für
ausserdem
die Gesundheitspflege.
Die
obligatorisch zu m a c h e n , wagte man noch nicht. setz eingeführt
wurde
—
und
das konnte
der
Gemeinden
die Einsetzung letzteren
be-
absolut
Wo aber das Ge-
auf freiwilligen Antrag
von wenigstens einem Zehntheil aller Steuerzahler des Ortes oder auf den
Nachweis,
dass
die Mortalität
desselben
im
Durchschnitt
der
letzten 7 J a h r e die Ziffer 2 3 °/ 0 0 überschritt, in beiden Fällen unter der Bedingung geschehen, führung
migung aussprach, —
mussten
dass das oberste Gesundheitsamt
für zweckmässig erachtete und
die Ein-
der Staatsrath seine Geneh-
wo, sage ich, dies Gesetz eingeführt wurde, da
locale Gesundheitsbehörden installirt werden.
Dies sollten
in corporirten Städten der Gemeinderath, in allen anderen Orten oder Districten eine ad hoc gewählte Behörde sein, die dann einen Surveyor,
8
I. Abschnitt.
England.
einen Inspector of nuisances u n d , wenn sie es für zweckmässig hielt, auch einen ärztlichen Gesundheitsbeamten, (ganz den Bestimmungen des Towns improvement Act entsprechend), anzustellen hatte, und d e r , wenn sie constituirt war, die Sorge für die drains und sewers, für die Wasserversorgung, für die Herbergen, für Friedhöfe, die Aufsicht Uber die Schlachthäuser und offensiven Gewerbe überhaupt, die Beseitigung aller Unrathstoffe, Trockenhaltung und Erleuchtung der Strassen, also die öffentliche Gesundheitspflege in ihren wichtigsten Theilen als Recht so gut, wie als Pflicht zufiel. Da man nun aber, wie gesagt, nicht zwangsweise vorging, so blieb immer noch eine nicht unbeträchtliche Zahl besonders ländlicher oder kleinstädtischer Gemeinden ohne solche Localgesundheitsbehörden. Vornemlich um dieser Orte willen wurde noch in demselben Jahre — 1848 — das wichtige Landessanitätsgesetz: Nuisance Removal and Diseases Prevention Act erlassen. Es bestimmte, dass an allen den Orten, welche keine Behörden für öffentliche Gesundheitspflege hatten, eine Commission: d i e N u i s a n c e R e m o v a l C o m m i t t e e erwählt werde mit der Befugniss und der Verpflichtung, sanitäre Uebelstände, nuisances, untersuchen und auf legalem, genau vorgezeichnetem Wege beseitigen zu lassen. (Das Nähere vide unten). Aber auch die schon bestehenden Gesundheitsbehörden, d e n e n a l l e n d u r c h dies e r s t e a l l g e m e i n o b l i g a t o r i s c h e Gesetz die R e c h t e und Pflichten einer Nuisance Removal Committee zuges p r o c h e n w u r d e n , konnten in Folge dessen dies Feld ihrer Wirksamkeit erfolgreicher bearbeiten. Doch wusste man sehr wohl, dass erst der Anfang gemacht sei und so ging man vor der Hand, den Erfolg der Neuorganisation abwartend, an den Ausbau der eigentlichen Sanitätsgesetze; — es kamen weitere Bestimmungen Uber die Beseitigung sanitärer Uebelstände, Uber die Wohnungen der arbeitenden Classe, über öffentliche Herbergen, Uber Bekämpfung von Epidemieen und ansteckenden Krankheiten, Gesetze, welche alle das eifrige Streben nach Herstellung besserer Zustände bekundeten und offen darauf hinausliefen, durch Verbesserung der Luft, des Bodens, des Wassers, der Wohnungen, und durch frühe Isolirung der lnfectionskranken den schlimmsten Feinden der öffentlichen Gesundheit den Boden zu entziehen und so die letztere zu heben. Mittlerweile aber wussten, an der Hand dieser gesetzlichen Vorschriften die neuen Ortsgesundheitsbehörden durch grosse Rührigkeit und das Vermeiden aller Uebergrifife sich immer mehr Anerkennung und Eingang zu verschaffen,
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
9
während das oberste Gesundheitsamt, den an ihr althergebrachtes selfgovernment allzusehr gewöhnten Gemeinden von Anfang an sehr wenig sympathisch, immer unpopulärer wurde, weil man glaubte, dass es seine Controle m e h r , als nothwendig und gut sei, übe. So kam es denn, dass diese staatliche Behörde nach kaum zehnjähriger Wirksamkeit wieder aufgehoben wurde, und dass man ihre Befugnisse und Obliegenheiten theils dem sog. privy Council, theils dem Ministerium des Innern Uberwies. Was aber durch diese Massregel an einheitlicher Leitung verloren ging, suchte man alsbald wenigstens einigermassen durch Einräumung grösserer Befugnisse besonders an das eben genannte Ministerium wieder zu gewinnen, und was die öffentliche Gesundheitspflege in den Communen durch die nun nicht mehr einheitliche Oberaufsicht hätte einbilssen können oder wirklich einbiisste, wollte man durch weniger erschwerte Einführung der Ortsgesundheitsbehörden und Ausdehnung ihrer Machtvollkommenheiten wieder einholen. Dieses Beides war der Zweck des z w e i t e n S a n i t ä t s g r u n d g e s e t z e s , des Local Government Act 1858, welcher, nicht absolut obligatorisch, in den Bezirken angenommen werden musste, die das Sanitätsgesetz: public health Act 1848 eingeführt hatten, in anderen Orten aber, a u c h o h n e G e n e h m i g u n g d e r h ö h e r e n B e h ö r d e , schon dann in Kraft trat, wenn zwei Dritttheile der anwesenden Stimmberechtigten ihren desfallsigen Entschluss kund gaben. Das neue Gesetz verlieh dem Minister d. Innern weite Vollmacht hinsichtlich der Vereinigung von Gemeinden zu Sanitätsbezirken und der Abgrenzung der letzteren, erklärte ihn für die höchste Verwaltungsinstanz in sanitarischen Angelegenheiten und erweiterte den Wirkungskreis der Ortsgesundheitsbehörden in nicht geringem Maasse. Denn es blieben bei der Annahme des Gesetzes von 1858 alle sanitarischen Bestimmungen desjenigen von 1848 voll in Kraft; es kamen aber hinzu weitere Befugnisse in Bezug auf insalubre und gefährliche Wohnungen, Neubauten, Wasserversorgung, Abfuhrwesen, und insbesondere die unumschränkte Vollmacht, zur Verwerthung und Unschädlichmachung des Canalinhalts Alles für zweckmässig Erachtete anzuordnen. — Inzwischen fuhr man mit dem Weiteren Ausbau der eigentlichen Sanitätsgesetze fort und zwar in ausserordentlichem Eifer. Es folgte ein Gesetz über Verfälschung der Nahrungsmittel, Uber chemische Fabriken, zahlreiche neue Bestimmungen über die Arbeit in Fabriken, Gesetze über Arbeiterwohnungen, über sanitarische Uebelstände und offensive Gewerbe, über Verwerthung von Canal-
10
I. Abschnitt.
England.
inhalt, über öffentliche Erholtingsplätze, die Impf- und Prostitutionsgesetze u. andere mehr, die ihrer grösseren Mehrzahl nach als höchst bedeutsame Leistungen anzuerkennen sind und auch alle weiter unten eine specielle Erörterung finden werden. Mitten aber in die Diskussionen über diese grossartigen legislatorischen Arbeiten tönten immer lauter und dringender die Mahnrufe nach einer gründlicheren Organisation der öffentl. Gesundheitspflege, da der Mangel einer einheitlichen Oberbehörde sich doch in grosser Schwere geltend machte, und auch der andere Uebelstand, dass die localen Sanitätsbehörden für eine Reihe von Gemeinden noch immer fehlten, sich bei dem vielfachen Hineingreifen des Territoriums der letzteren in das der Gesundheilsbezirke in demselben Maasse steigerte, wie die installirten local Boards ihre Thätigkeit erweiterten. S o entschloss man sich denn zunächst zur Einsetzung einer berathenden Commission und nach deren Berichte im Anfang des laufenden Decenniums zu dem entscheidenden Schritte selbst. Es wurden zwei Gesetze, der Local Government Act 1871 und der Public Health Act 1 8 7 2 erlassen, welche die definitive, heute bestehende Organisation schufen. Diese ist nun f o l g e n ä e : Jeder Ort im Königreiche muss einem zur besseren Pflege der öffentlichen Gesundheit creirten Sanitätsbezirke angehören. Innerhalb der letzteren liegt die Gesundheitspflege völlig obligatorisch und a u s s c h l i e s s l i c h in den Händen besonderer communaler, nur zu diesem Zwecke eingesetzter Behörden, der local Boards of health. Die Aufsicht aber und Controle über die Art der Handhabung der Gesundheitspflege hat eine e i n z i g e , s t a a t l i c h e Behörde, das Local Government B o a r d , in w e l c h e s m i t d e m E r l a s s d e s G e s e t z e s v o n 1871 auch das C e n t r a l a r m e n a m t ganz aufgegangen ist. Diese Aufsichtsbehörde besteht aus einem von der Königin ernannten Präsidenten und aus ordentlichen Mitgliedern, nämlich den sämmtlichen Ministern, dem Staatsrathspräses, dem Lordschatzkanzler und dem Lordsiegelbewahrer. Die erforderlichen Beamten, Inspectoren, Secretäre u. s. w. Verden von der Behörde selbst ernannt. Diese hat nun, unter Einschluss aller Befugnisse des bisherigen Centralarmenamtes und derjenigen, welche dem Staatsrath, wie dem Minister des Innern aus früheren Gesetzen hinsichtlich der öffentlichen Gesundheitspflege zustanden, zur Zeit im Wesentlichen folgende Rechte und Pflichten:
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
1)
das Recht,
bei Epidemieen
11
und ansteckenden
Krankheiten
Vorkehrungsmassregeln anzuordnen, abzuändern, aufzuheben; 2)
die Oberaufsicht Uber das Impfwesen;
3)
die Oberaufsicht über das
4)
die Controle Uber das gesammte Arnienwesen Thätigkeit
der
die
Bausanitälswesen;
Armenpflege
und über die
handhabenden
Armenvor-
stände; 5)
die Oberaufsicht über die communale Gesundheitspflege, die Controle der Rechnungsführung
der local
Boards of health
und die Befugniss, Anleihen derselben zu sanitären Zwecken; wie auch die von ihnen verfassten Ortsregulative zu genehmigen; 6)
das Recht
und die Pflicht,
gegen
renitente
und
säumige
Ortsgesundheitsbehörden einzuschreiten ; 7)
gewisse,
die Abgrenzung und Vereinigung
bezirke,
die
Einsetzung
der
der Gesundheits-
Hafengesundheitsbehörden
be-
treffende organisatorische Befugnisse; vide unten; 8)
das R e c h t , Pflichten
Uber
und
die Qualification,
den
Gehalt
eines
Ernennung,
Entlassung,
Districtsarmenarztes
Vor-
schriften zu erlassen; 9)
das Recht, Uber die Qualification, Ernennung u. s. w. des von einer Gesundheitsbehörde anzustellenden médical Officer oder Inspector
of
staatlicher
nuisances
Vorschriften
Zuschuss zu den Kosten
zu
erlassen,
der Besoldung
falls
ein
erbeten
rurde 10)
das Recht zur Ernennung und Entlassung von Analysts, d. h . von Sachverständigen, denen die Untersuchung von Nahrungsmitteln etc. Uberwiesen wird;
11)
das R e c h t ,
die Vornahme von
die
von
Anlage
städtischen
Canalisationswerken
und
Ameliorationen, von
öffentlichen
Erholungsplätzen zu genehmigen. 12)
alle Rechte und Pflichten, welche bis dahin auf Grund verschiedener
Gesetze
der Secretary
of State
hinsichtlich
der
öflentlichen Strassen in ganz England gehabt hatte ; 13)
die Befugniss,
jederzeit eine Untersuchung
hinsichtlich der
öffentlichen Gesundheit eines Ortes anzustellen; 14)
die Controle über die Statistik.
Zur Bewältigung der Arbeiten dienen 9 Abtheilungen: 1) 2)
die für Armenwesen, „
„
juristische Angelegenheiten,
12
I. Abschnitt.
England.
3) die für Bausanitätsangelegenheiten, 4) „ „ Ingenieurwesen, 5) „ „ Medicinalangelegenheiten und die eigentliche öffentliche Hygieine, 6) „ „ Impfwesen, 7) „ „ chemische Fabriken, 8) „ „ die Londoner Wasserwerke, 9) „ „ Statistik. Ihre Information bekömmt die oberste Gesundheitsbehörde durch die regelmässigen Berichte des Registrar general, durch die Jahresberichte der localen Gesundheitsbehörden, durch die obligatorischen Jahresberichte und Anzeigen derjenigen ärztlichen Gesundheitsbeamten, welche einen Theil ihres Gehaltes aus staatlichen Mitteln beziehen, und endlich in directester Weise durch die Rapporte der Inspectoren des obersten Gesundheitsamtes selbst. Diese werden nämlich, wenn die Oberbehörde es für nothwendig erachtet, in die Gesundheitsbezirke abgesandt, um den Zustand der öffentlichen Gesundheit und die Ursachen etwaiger Verschlechterungen derselben klar zu stellen; sie können zu diesem Behuf Zeugen verhören, Sachverständige vernehmen, die Acten der localen Boards einsehen und den Versammlungen derselben beiwohnen, müssen selbst aber über das Gefundene sorgfältigst berichten. Die Wirksamkeit der obersten Gesundheitsbehörde ergiebt sich aus diesen Ausführungen fast von selbst. Sie prüft, verarbeitet und fasst zusammen die aus den verschiedenen Quellen einlaufenden Berichte, stellt auf Grund derselben den allgemeinen Gesundheitszustand fest und veröffentlicht das Ergebniss, verfolgt an der Hand eben desselben Materiales die Fortschritte und Leistungen auf den wichtigeren Gebieten der Hygieine und geht, mit bewährten, sachverständigen Kräften ausgerüstet, und im Besitze der durch das Studium der Berichte gewonnenen Daten den localen Gesundheitsbehörden mit ihrem Rathe zur Hand. Sie ist also in hervorragendem Maasse eine belehrende Behörde, und in Wahrheit sind die von ihr ausgegangenen Berichte und Anleitungen, wie sie zu den bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege gehören, zugleich der mächtigste Hebel zur Förderung derselben in und ausserhalb Englands geworden. Abgesehen davon und von den noch weiter zur Erörterung kommenden o r g a n i s a t o r i s c h e n Functionen des obersten Gesundheitsamtes ist, wie aus Obigem hervor-
13
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
g e h t , die Hauptwirksamkeit desselben eine die Thätigkeit dér localen Gesuiidheitsbehörden
controlirende.
verfa.ssten O r t s r e g u l a t i v e , es
dieselben
sanctionirte,
s u c h u n g e n Uber dazu
berufene
localen
den
E s prüft alle von den letzteren
die nicht e h e r Gesetzeskraft und k a n n j e d e r z e i t ,
auch
als der
entgegen.
Direct
anstellen,
nimmt
als
Unter-
Instanz B e s c h w e r d e n Uber das T h u n und L a s s e n
Behörden
Gesundheitszustand
erlangen,
w i e allerorts,
hat
das
o b e r s t e Gesundheitsamt n u r dann das R e c h t , wenn die letzteren
einzuschreiten
ihre
P f l i c h t nicht thun, und dies n a c h angestellter U n t e r s u c h u n g als T h a t sache
sich
erweist.
Auch
dann
wird z u n ä c h s t die b e t r . locale G e -
s u n d h e i t s b e h ö r d e angewiesen, ihre Pflicht zu t h u n ; bestimmt einen
statuirter Frist n i c h t ,
richterlichen
auszuführen,
Befehl
so
geschieht dies in
k a n n , das o b e r s t e
erwirken,
Gesundheitsamt
oder J e m a n d e n a n w e i s e n ,
das
w a s die locale B e h ö r d e hätte thup sollen.
Die eigentliche Pflege der öffentlichen Gesundheit liegt also in der Hand der Ortsgesundheitsbehörden.
Als ihre E i n f ü h r u n g für das ganze
L a n d obligatorisch w u r d e , , theilte man dasselbe, wie schon oben a n g e deutet, in Gesundheitsdistricte, und zwar in städtische und ländliche. F ü r die ersteren setzte m a n die urban Authorities, die städtischen G e sundheitsbehörden, Städten
ein,
und
dies sollten
in
den
sog.
corporirten
( b o r o u g h s ) das aus B ü r g e r m e i s t e r , S e n a t o r e n und BUrgervor-
s t e h e r n b e s t e h e n d e Magistratscollegium, in den Städten resp. welche
keine
Gesetze
für
Municipalverfassung, gewisse
Zweige
der
aber
communalen
Ortsverwaltung ü b e r h a u p t fungirende B e h ö r d e sein.
Bezirken,
eine a u f Grund b e s t i m m t e r Verwaltung haben,
oder
für
diese B e h ö r d e
Die r u r a l Authority, die G e s u n d h e i t s b e h ö r d e für die ländlichen
Districte, w e l c h e mit den Armenverbanddistricten in i h r e r territorialen A u s d e h n u n g sich decken, also aus einer Vereinigung m e h r e r e r K i r c h spiele
bestehen,
bildet
der A r m e n v o r s t a n d
diese B e h ö r d e ihre sanitären R e c h t e sion
abtreten
und
(vide S . 6 ) .
und Pflichten
an
a u s s e r d e m aus sich selbst und den
für einzelne Kirchspiele
und Orte
eine
Doch
Steuerzahlern
separate parochial
w ä h l e n , die dann nach einer von den W ä h l e r n zu
Committee
fixirenden
Instruc-
tion als Agent der ländlichen Gesundheitsbehörde zu fungiren Die
Rechte
und
Pflichten
dieser
communalen
kann
eine Commis-
hat.
Sanitätsorgane
werden sich a u s den unten zu b e s c h r e i b e n d e n Gesetzen des Näheren ergeben. schon
an
Um
aber
dieser
das Verständniss
Stelle
eine
kurze
zu
erleichtern,
Uebersicht
über
ziehe ich vor, die
einzelnen
F e l d e r ihrer W i r k s a m k e i t zu liefern, indem ich gleichzeitig bei j e d e r
14
I. Abschnitt.
England.
Rubrik die Seite dieses Werkes notire, auf der das Ausführlichere zu finden sein wird. Die localen Boards of health haben die Befugniss, ein Statut über die eigene Geschäftsführung und die ihrer Beamten zu erlassen, zur Bestreitung sämmtlicher Kosten Steuern zu erheben, Anleihen aufzunehmen, Ortsregulative über bestimmte Zweige der öffentl. Gesundheitspflege zu verfassen, und die Pflicht, dem obersten Gesundheitsamte einen Jahresbericht einzuliefern, ausserdem aber Rechte und Obliegenheiten: Seite
1. hinsichtlich des Canalisationswesens ihres Districts . . 2. „ der Fortleitung und Nutzbarmachung des 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Canalinhalts der Drainage des Abfuhrwesens der Wasserversorgung der Reinhaltung der Wasserläufe . . . . der Wohnungen und Gebäude im Allgemeinen der Herbergen, Logirhäuser der Mietwohnungen der Kellerwohnungen der insalubren Häuser und Häusergruppen . der Backhäuser . der Schlachthäuser der Schiffe ' der Bade- und Waschhäuser (facultativ) . der öffentlichen sanitären Uebelstände . . der offensiven Gewerbe der Verhütung von Infectionskrankheiten . der Erbauung von Spitälern, Leichenkammern, Desinfectionsanstalten „ der Begräbnissplätze . . . • „ der öffentlichen Erholungsplätze . . . . „ der ungesunden Nahrungsmittel . . . . „ der verfälschten Nahrungsmittel . . . . die städtischen local Boards of health auch noch hinsichtlich der Beleuchtung, Pflasterung, Nivellirung der Strassen, hinsichtlich der Anlage neuer Strassen und hinsichtlich der Neubauten in städtischen Bezirken überhaupt . . „ „ „ '„ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „
39 35.39 39 39.40 40 36.42 33. 39 29. 41 41 41 31.42 28 42. 44 43 35 42 43 43.44 43. 44 46 44 32.43 26
33.44
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
15
Es geht hieraus hervor, dass den communalen Gesundheitsorganen das Impf- und das Prostitutionswesen ganz, die hygieinische Aufsicht über gewisse Bevölkerungsclassen, z. B. die Schulkinder, Fabrikarbeiter, bis
auf
die Ueberwachung
der allg. Salubrität der betr. Localitäten
ebenfalls ganz entzogen, im Uebrigen aber das gesammte Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege überantwortet verschwiegen w e r d e n , Punkte
die
dass
entsprechenden
hinsichtlich Rechte
und
ist.
Jedoch
einzelner oben
darf
nicht
aufgeführter
Pflichten den Gesundheits-
behörden nur bedingungsweise zufallen, wie dies bei der Erörterung der Gesetze sich ergeben wird.
Auch erscheinen manche Befugnisse
so verclausulirt, dass ihr Werth dadurch mehr oder weniger matisch
werden
dürfte.
Aber
im Grossen
diese Behörden vollauf in der L a g e , wenn
sie nur
lichen teste
wollen.
Vollmacht,
Gesundheit
für
bestehenden
anzuordnen, sondern
Vorschriften
doch
innerhalb
der
gesetz-
die freieste Initiative und die unumschränkwas sie im Interesse der öffentlichen
geboten erachten.
und begutachtende,
proble-
Ganzen sind
segensreich wirken zu können,
Denn sie haben
Bestimmungen
und
Sie sind
eben nicht referirende
direct ausführende,
handelnde
Organe,
nach Massgabe der
denen
das Recht
des
Einschreitens entweder ohne Weiteres aus dem Gesetze oder in Folge eines von ihnen eingeholten, resp. legal erstrittenen richterlichen Befehles zusteht, und die über ihr Thun und Lassen nur dem obersten Gesundheitsamte Rechenschaft zu geben brauchen. Eine besöndcre Bestimmung- wurde wegen der erlassen.
Jede
Gesundheitsbehörde
nämlich,
englischen Häfen
deren Bezirk an einen
Hafen grenzt, oder in deren Bezirk ein Hafen fällt, kann durch vorläufige V e r f ü g u n g des local government Board b e h ö r d e eingesetzt w e r d e n ; Parlaments nachfolgen.
doch
als Hafengesundheits-
muss allemal
die Bestätigung
des
Eine solche „ p o r t Authority" aber soll
alle
Rechte und Pflichten der localen Gesundheitsbehörden Veränderungen
in
der A b g r e n z u n g
der
Bezirke,
ländlicher in städtische, werden vorläufig durch
haben. Umwandlung
das oberste Gesund-
heitsamt, definitiv durch das Parlament verfügt. Eine Vereinigung
mehrerer Gesundheitsbezirke
zu
einem „Joint
District" kann geschehen, wenn eine gemeinsame
Wasserversorgung,
eine gemeinsame
Canalisirung,
eine andere gemeinsame Anlage zu sanitären Zwecken beabsichtigt und ein hierauf bezüglicher Antrag von Seiten der
16
I . Abschnitt.
England.
localen Gesundheitsbehörden gestellt wird. Die Genehmigung erfolgt durch das oberste Gesundheitsamt, wenn dasselbe die Zweckmässigkeit einer Vereinigung erkannt hat. Zur Handhabung des Sanitätsdienstes in den einzelnen Bezirken haben nun alle Ortsgesundheitsbehörden Beamte anzustellen, die theils direct mit der Gesundheitspflege sich befassen, theils die Bureauund Finanzangelegenheiten besorgen sollen. Demgemäss müssen alle städtischen Gesundheitsbehörden einen medical Officer of health, einen Surveyor, einen Inspector of nuisances, einen Clerk, einen Treasurer, nebst den erforderlichen Assistants, Collectors und anderem Hülfspersonal, und müssen alle ländlichen Gesundheitsbehörde'n einen medical Officer of health, einen Inspector of nuisances nebst Assistants und anderem Hülfspersonal anstellen. Zu einem medical Officer darf nur ein gesetzlich qualificirter, regislrirter Arzt gewählt werden. Der Districtsarmenarzt kann mit Genehmigung des obersten Gesundheitsamts eine Anstellung als medical Officer oder als Inspector of nuisances erhalten; doch hat diese Behörde dann das Recht, die Bedingungen und eine Instruction hinsichtlich seiner amtlichen Geschäfte vorzuschreiben. Unter der nämlichen Voraussetzung und Bedingung kann eine und dieselbe Person gleichzeitig für zwei oder noch mehr Districte als medical Officer fungiren. Wird ein solcher Beamter krank oder invalide, so kann die Orts-Gesundheitsbehörde einen deputy medical Officer anstellen, muss aber auch dazu die Genehmigung des obersten Gesundheitsamtes einholen. — Hinsichtlich der übrigen Beamten der local Boards of health sagt das Gesetz n u r , dass sie geeignete Persönlichkeiten sein müssen*). Der ärztliche Gesundheitsbeamte, der berufene Sachverständige der Ortsgesundheitsbehörde, soll derselben mit seinem Rathe zur Seite stehen, die allgemeine Aufsicht führen, und für gewisse gesetzlich genau vorgeschriebene Fälle sogar Executivbeamter sein. Er ist verpflichtet, Uber den Gesundheitszustand seines Bezirks zu wachen *) Sanitary Acts: Beturn relating to the appointments of the medical officers of health and Inspectors of nuisances under the general sanitary or any local Act. London Parliamentary.
Organisation d.
fiffentl.
17
Gesundheitspflege.
und hat nach dieser Richtung hin alle Obliegenheilen und Befugnisse eines Inspector of nuisances, die wir gleich näher präcisiren werden, ausserdem aber noch folgende: er, aber nicht der Inspector, hat das Certificat auszustellen, dass dieses oder jenes Gewerbe eine nuisance, ein
sanitärer Uebelstand
gung
und
ist,
Desinfection
dass in irgend welchem
zur Verhütung
Hause Reini-
der Ausbreitung
einer Infec-
tionskrankheit nothwendig i s t ; er hat die Meldungen der Inhaber von Herbergen
und
Logirhäusern
über
den Ausbruch
einer
Infections-
krankheit anzunehmen, bzw. das Weitere zu veranlassen; er soll endlich da, wo die Artizans and Labourers Dwellings Acts gelten, sobald er e r k e n n t ,
dass ein Haus oder eine Gruppe von Häusern in einem
insalubren, gemeingefährlichen Zustande sich befinden, dies der Ortsgesundheitsbehörde
behuf
Verfahrens anzeigen. Die
ihm
Einleitung des gesetzlich
vorgeschriebenen
—
daneben
in vollem
Umfange zustehenden Rechte und
Pflichten des Inspector of nuisances sind aber folgende: Derselbe soll Uber "alle sanitären über
Logirhäuser,
falls er Dung
Uebelstände gewerbliche
oder
Schmutz
in
den S t r a s s e n ,
Anlagen, findet,
CanSle
Höfen,
dem Inhaber
bzw. der Orts-
gesundheitsbehörde berichten, soll auf alle ansteckenden und
die
einzelnen
Fälle
Krankheiten
zur Anzeige bringen.
häufig und k a n n zu j e d e r gehörigen Zeit zum Verkaufe Nah"urgsmi*teî u n t e r s t e h e n , ungesunde • confbciren,
soll,
des betr. Grund-
stücks Anzeige erstatten, zur Beseitigung auffordern, vigiliren,
Häusern,
etc. wachen,
Er
soll
ausgestellte
or soll v o t
der Vermischung verdächtig erscheinenden Nahrungsmitteln,
allen
die feil-
gehalten werden, Proben kaufen und dieselben dem Sachverständigen zur Untersuchung überliefern. häuser,
in
Back-
und
Pflicht,
nachzusehen,
in ob
E r hat das Recht in Mieth- und Logir-
Schlachthäuser dort
die
zu
gehen
gesetzlichen
und
hat
Vorschriften
die
erfüllt
werden. Dies sind standen kommen
die Rechte und Pflichten
lediglich aber
auf Grund
vielerorts
noch
andere,
Localgesetze oder durch Instructionen, behörden
für ihre
ihres Gehalts
Beamten
beider B e a m t e n ,
wohlver-
der allgemeinen Sanitätsgesetze.
erlassen
vom Staate gezahlt,
entweder welche
haben.
so k a n n ,
durch
Dazu
besondere
die Orts-GesundheitsWird ferner ein Theil wie schon
oben ange-
geben, das oberste Gesundheitsamt nicht bloss über ihre Qualification, sondern bindende
auch
Uber
die Pflichten
Vorschriften
erlassen,
und ja
die Art der Geschäftsführung
nach
dem Codex von 1 8 7 5
U i f e l m a n n , Leistungen a. d. Gebiet d. öffeotl. Gesundheitsptl.
2
soll
18
I. Abschnitt.
Engtand.
i h m d i e s R e c h t f o r t a n a u c h in B e z u g a u f alle a n d e r e n ärztl. G e s u n d heitsbeamten 'zustehen. S c h o n im J . 1 8 7 2 v e r ö f f e n t l i c h t e die e b e n g e n a n n t e O b e r - B e h ö r d e eine Instruction,
die A l l e s d a s z u s a m m e n f a s s t ,
F r a g e stehenden
Beamten
was
sie
von
den in
verlangt.
Dieselbe bringt 1.
Die P f l i c h t e n
des
medical
Officer,
in
17 Paragraphen.
d i e s e n w i r d g e s a g t , d a s s e r sich zu r e g e l m ä s s i g e n Zeiten
durch
Augenschein
von
dem
und
In
unbestimmten
Gesundheitszustande
B e z i r k ü b e r z e u g e n , d a s s er den U r s a c h e n d e r K r a n k h e i t e n
in
seinem
nachspüren,
beim A u s b r u c h a n s t e c k e n d e r K r a n k h e i t e n s i c h u n v e r z ü g l i c h n a c h d e m betreffenden
Orte
begeben,
die
nöthigen Massregeln
anordnen
überwachen, gegen Wohnungsüberfüllung einschreiten, von verdächtigen Nahrungsmitteln lichen
Fabrikationsprocessen
führen,
Ende
December
und Getränken
nachspüren,
vornehmen,
Uber
Alles
Uber
die
zur
Verhütung
schäd-
genau
j e d e s J a h r e s einen G e n e r a l b e r i c h t
Sterblichkeitsverhältnisse,
und
Untersuchung
von
Buch
über
die
Krankheiten
ergriffenen Massregeln, und über seine g e s a m m t e Thätigkeit aufstellen, alle Vierteljahr aber dem obersten
Gesundheitsamte
und
demselben
Mortalitätstabelle
einreichen,
epidemischer Krankheiten 2. In
wird
gesagt,
beim
u n v e r z ü g l i c h Mittheilung m a c h e n
Die Pflichten d e s U e b e l s t a n d s i n s p e c t o r s ,
diesen
eine Morbiditäts-
auch
dass
in 1 5
Ausbruch soll.
Paragraphen.
d e r I n s p e c t o r allen S i t z u n g e n
der
Ge-
s u n d h e i t s b e h ö r d e b e i w o h n e n , sich f o r t w ä h r e n d n a c h a l l e n U e b e l s t ä n d e n in s e i n e m
Bezirke umsehen,
schädigung revidiren,
der Wasserleitung dem
steckender
ärztlichen
Krankheiten
Oberaufsicht des medical
berichten, feilgehaltene
'Gesundheitsbeamten
sofort
Anzeige
die
machen
Gesundheitsbehörde
O f f i c e r of h e a l t h
Massregeln, Krankheiten
der
über jedes offensive Gewerbe, j e d e
nach
den
Ausbruche
soll. den
Er hat
Anordnungen
soll
zur
Verhütung
ein J o u r n a l
ansteckender
über seine
und A n o r d n u n g e n f ü h r e n , d a s s e l b e d e m ärztlichen B e a m t e n vorlegen,
soll
an-
unter
F o l g e zu l e i s t e n b e t r e f f s a l l e r
Gesetzen
angeordnet werden,
vom
Be-
Nahrungsmittel
die A u s f ü h r u n g aller von
der localen Behörde
Visiten jederzeit getrof-
f e n e n M a s s r e g e l n U b e r w a c h e n , u n d allen A n f o r d e r u n g e n d e r s e l b e n a u f das Gewissenhafteste
nachkommen.
19
Organisation d. öffentl. Gesundheitspflege.
Alsbald
nach
dem
Erlasse des
man an die Organisation
organisatorischen Gesetzes
der Bezirke und Behörden.
ging
Geschah das-
selbe auch keineswegs nach einem festen Plane, sondern vielfach auf gut Glück,
so wurden
doch die betreffenden Bezirke gebildet, bezw.
umgewandelt,
vereinigt, und schon
Zustande
bedeutsamer
ein
Erfolg
damit gegenüber erzielt.
So
dem früheren
entstanden
ca. 9 3 0
städtische und ca. 3 6 0 ländliche Gesundheitsbezirke, deren Einwohnerzahl von 7 5 0 0 bis 5 0 0 , 0 0 0 schwankt*). Behörden
in Thätigkeit,
stellt waren.
nachdem
Ueberall traten
die erforderlichen
die
Zu den Inspectors of nuisances wurden meist
bewährte
Polizeibeanite
sind,
der Staat einen Zuschuss zu ihrem Gehalte zahlt,
wo
welche
die
genommen.
Die medical
doppelte Qualification
zur inneren
besitzen und als solche registrirt wurden;
localen
Beamten
angefrühere
Officers of heallli Aerzte,
und äusseren Praxis
in anderen Bezirken hat
man vielfach Aerzte mit nur einfacher Qualification angestellt, und in ländlichen
Bezirken
sundheitsbeamten
sind häufig die Armenärzte oder
deren
Assistants
grossen Städten hat nun das localc
die ärztlichen
geworden.
Board of health
In
Ge-
einzelnen
diese Beamten
und zwar in erster Linie den medical Officcr of health mit der ganzen Leitung der öffentlichen Gesundheitspflege betraut, so dass es selbst nur controlirt, sich berichten lässt, und eingreift. des
sich
zu
aber nicht selbstthätig anordnet
In allen anderen Bezirken bestimmten
Gesiindheitscollepiums. d'e zu e g r e i f o n d e r beschlossen.
Aber auch
delegirt,
um
im
wachen,
und um in
aber
und unbestimmten liier wird
Allgemeinen
werden im Schoosse
Zeiten
meistens ein Mitglied des Board
über
die
öffentliche
specie für die Ausführung
Anordnungen zu sorgen.
versammelnden
Mafsrrge'n • beraihen "in;l
der
Gesundheit
zu
beschlossenen
Um einen ungefähren Begriff von der Art
und Weise zu geben, wie der Gesundheitsdienst geregelt i s t , möge es mir gestattet sein, hier kurz der Einrichtungen
zu gedenken, welche
in zwei grossen englischen Städten getroffen s i n d * * ) .
In Bristol ist
der Stadtrath die locale Gesundheitsbehörde; er hat aus sich ein besonderes
Cornite,
An dasselbe
die
cornmittee
of
the Board
of health
erstattet der medical O f f i c e r o f health
gewählt.
alle Donnerstag
") D i e ländlichen Gesundheitsdistricte haben eine durchschnittliche B e v ö l kerungszahl von 3 0 , 0 0 0 S e e l e n , von denen pp. 1 3 7 0 auf j e L Kirchspiel kommen. Finkelnburg a. a. O . Seite 1 0 3 . "*) Cfr. G. V a r r e n t r a p p : Die W i r k s a m k e i t der englischen Gesundheitsbeamten in englischen Städten, in d. Vierteljahrsschrift für öff. Gesundheitspflege B. V S . 177ft.
2*
20
I . Abschnitt.
England.
Bericht und macht seine Vorschläge. Ueber letztere wird b e r a t h e n u n d dem Gesundheitsbeamten das Beschlossene mitgetheilt. Dieser hält täglich B ü r e a u s t u n d e , und empfängt in derselben ebenfalls täglich die Berichte der Inspectoren; er giebt ihnen a n , was sie thun sollen, und inspicirt resp. ü b e r w a c h t selbst, so oft dies erforderlich ist. Zur exacteren E r u i r u n g aller nuisances ist die Stadt in vier Districte g c t h e i l t , deren j e d e r u n t e r einem Districtsinspector steht. Diese sollen speciell ü b e r Beinhaltung der Strassen, Besprengung derselben, offensive G e w e r b e , A b o r t e , Canäle w a c h e n ; niedere Dienstleistungen aber b r a u c h e n sie nicht zu t h u n . Unter jedem Districtsinspector stehen zwei Arbeiter, die zum Beinigen von Aborten, Des inficiren benutzt w e r d e n , aber auch verpflichtet sind, Uber Alles, was von Wichtigkeit ist, zu berichten. Ausserdem ist noch speciell für die Beaufsichtigung der Logir- und Schlachthäuser ein Oberinspector angestellt, der zugleich die amtlichen Anzeigen von sanitarisehen Uebelständen m a c h e n und vor den Behörden als Zeuge auftreten m u s s , falls ü b e r h a u p t das Einschreiten des Gerichtes nothwendig ist*). — In Liverpool ist ebenfalls der Sladtrath die locale Gesundheitsbehörde, auch hier ist ein besonderes Gesundheitscomite gewählt worden. Doch greift dies wenig e i n ; seine Thätigkeit kommt in Frage beim Erlass von Begulativcn in Bezug auf Mieth- und Logirhiiuser, bei Meldungen von Seiten des medieal officer hinsichtlich gesundheitsgefährlicher W o h n u n g e n etc. Es lässt sich regelmässigen Bericht erstatten, iiberlässt aber die eigentliche Leitung der öffentlichen Gesundheitspflege dem medieal Officer, der somit freie Initiative hat. Zahlreiche Beamte sind ihm unterstellt; sie berichten ihm, die Inspectoren täglich; er ertheilt i h n e n W e i s u n g e n , inspicirt vielfach selbst und greift, wo es n ö t h i g , z. B. bei Infectionskrankheiten persönlich ein. Jene Beamte s i n d : 1 Bautechniker, dem die Wasserleitung und.Canalisationswerke überwiesen w u r d e n , 1 Oberinspector, der unter Anderem den Hausinspectoren specielle Weisungen hinsichtlich der Beihenfolge der zu visitirenden W o h n u n g e n zu ertheilen hat, 16 Unterinspectoren, 4 Fleisch- und Fisch- und 8 Hausinspectoren. Einzelnen der Inspectoren
ist das zum Beinigen von Aborten etc. erforderliche Arbeiler-
*) D e r medieal Officer pflegt auch in anderen Orten nur unter besonderen Verhältnissen personlich die K l a g e ^or dem Richter anzustrengen; dies ist S a c h e des Seoretärs der Gesundheitsbelnirde und hinsichtlich der „nuisances" S a c h e d e s Inspector of nuisances.
Organisation
personal beigegeben,
d. öffentl.
21
Gesundheitspflege.
und zwei sind, nur für die Besorgung der zu
richterlicher Entscheidung kommenden Fälle angestellt.
Ueber die Organisation des S e e s a n i t ä t s w e s e n s bereits oben
der Bestimmungen
ist,
nachdem
des Gesetzes von 1 8 7 2 hinsichtlich
der Einsetzung von Hafensanitätsbehörden gedacht wurde, wenig mehr zu sagen.
Es ist eben
geleistet worden. den waren
nach dieser Seite hin in England nicht viel
Bis zur Installation
nur Zollbeamte,
Quarantänegesetzen
dieser eben genannten Behör-
die Customs,
betraut.
Sie
sind
mit der Handhabung von
dieser
Function
auch
jetzt
nicht völlig enthoben, da noch 1 8 7 3 ein Ordre in Council bestimmte, dass sie mit den Einschleppung
port authorities sich
der Cholera
vereinigen sollten,
entgegenzutreteil.
um der
Die thatsächlich
und
permanent wirksamen Behörden sind aber diese port sanitary authorities,
deren
bis jetzt einige fünfzig eingesetzt wurden.
Thätigkeit ist durch den Mangel
an Einrichtungen
Behandlung von lnfectionskranken noch
in
wie wir später des Näheren zeigen werden.
Aber ihre
zur Isolirung und
hohem Grade
behindert,
Diese Hafengesundheits-
behörden haben in ihrem Bezirke die Leitung der gesammten öffentlichen Gesundheitspflege; im Bereiche des Hafens und der angrenzenden' Cevväsjei Autorität befugt,
in
bis' a ' j f ' e i ' i i e ' gew'.ssü Entfernung allen
Schiffe,
sei
sanitarischen es
Angelegenheiten
sind
sie alleinige
und
insbesondere
auf der Fahrt oder vor Anker zu visitiren,
vorgefundene lufectionskranke vom Bord in ein Spital transportiren, die Schiffe reinigen, inficirte Kleidung und Betten desinficiren, auch vernichten zu lassen, und insbesondere befugt,
sämmtliche Schiffe,
Ausnahme von Kriegs- und Auswandererschiffen,
mit
auf ihre Salubrität,
Wasserversorgung, Ventilation, Luftraum, Lebensmittel, zu untersuchen, und bei vorgefundenen ten
Befugnisse
gründen
Mängeln sich
einzuschreiten.
Diese p e r m a n e n -
auf die Nuisance Removal A c t s ,
den
Sanitary Act 1 8 6 6 und jetzt auf den Public Health Act 1 8 7 5 .
Dazu
kommen
tem-
poräre vom
zu Zeiten
drohender
Rechte und Pflichten,
centralen
Gesundheitsämte
Seucheneinschleppung die durch sog.
andere
Ordres in
mit Gesetzeskraft
erlassen
COUüCil werden.
Die Einwirkungen der Oberbehörde gehen aber, wie schon hier hervorgehoben werden mag, vorwiegend dahin, dass sie den Hafengesund-
22
I. Abschnitt.
heitsbehörden
eine grosse
England.
Wachsamkeit
hinsichtlich
der Schiffe anempfiehlt,
und sie ermahnt,
zu erblicken.
dieser
Was
in
der
hierin ihre
Assanirung
Hauptaufgabe
Beziehung die wirksamste dieser
Be-
hörden, die Londoner, geleistet hat und noch leistet, ist in der That ausserordentlich. heit
haben,
W i r werden im Laufe dieser Arbeit noch Gelegen-
dies unter
hervorzuheben.
Anführung
von
näheren
Daten
besonders
—
Als diese Gesundheitsbehörden nun in England eingesetzt waren, und in Thätigkeit traten, stellte sich ihrem erfolgreichen Wirken grosses
Hinderniss
selbst, in denen
entgegen,
zurecht
und dies lag
in den
zu finden thatsächlich Nichts Leichtes war.
Ein Theil dieser Gesetze gilt nämlich für das ganze Land, nur für besondere Districte, j a obligatorisch,
ein Theil
nur für einzelne Orte; ein Theil ist
ein Theil facultativ.
Dann
wieder
sind
eine
ganze
Reihe sanilarischer Vorschriften, zusammen mit organisatorischen stimmungen worden.
einem
Gesetze
durch
einander
Um nun den Gesundheitsbehörden
Gebiete tigsten
in
einen Wegweiser zu geben, sanitarischen
ein
Sanitätsgesetzen
vermischt,
Be-
erlassen
auf diesem schwierigen
hat man die meisten und wich-
Bestimmungen,
zumal die,
Pflichten für j e n e Behörden statuiren,
welche Rechte und
in einem Codex,
Health Act 1 8 7 5 , zusammengestellt, nach practischen
dem Public
Gesichtspunkten
geordnet, und bei j e d e r einzelnen Vorschrift angegeben,
ob sie obli-
gatorisch
beschränkte
ist,
oder nicht,
Gültigkeit hat.
und
ob
sie allgemeine
oder
Weshalb man nicht alle sanit. Bestimmungen in den
Codex aufnahm, ist schwer einzusehen. Die englischen Sanitätsgesetze sind nun folgende: 1. Die sich
auf die Ausübung
der Heilkunst,
Apothekerkunst,
den Handel mit Medicamenten und Giften beziehen: 1. Medical Act 1 8 5 8 . 2 . Pharmacy Act II.
1868.
Die sich auf den Verkauf von Nahrungsmitteln und Getränken beziehen: 1. Adulteration of Food Acts 1 8 6 0 . 2 . Licensing Act
111.
1872.
1874.
1872.
Die sich auf Fabriken, Werkstätten, und einzelne Gewerbe be-
Sanitätsgesetze.
23
ziehe». Die Bestimmungen über offensive Gewerbe finden sich im Public Health Act 1875. 1. Die zahlreichen .Factory Acts. 1833 2 9 / 8 , 1844 6/6 , 1847 e / 6 , 1850 % , 1853 1 0 / s , 1856 30 / 7 , 1861 % ; Factory Extension Act 1864. 1867, Factory and Workshops Act 1870 und endlich das neueste Fabrikgesetz von 1874. 2. Workshop Regulation Act 1867. 3. Coal Mines Regulation Act 1872. 4. Alkali Works Regulation Act 1863. 5. Alkali Nuisances Prevention Act 1874. 6. Bakehouse Regulation Act 1863. 7. Gasworks Clauses Act 1847. 1871. 8. Steam Whistles Act 1872. 9. Petroleum Act 1871. IV. Die sich auf die sanitarische Verbesserung der Wohnungen und Ortschaften beziehen: 1. Common Lodging Houses Acts 1851. 1853. 1860. 2. Labouring Classes Dwellings Houses Acts 1851. 1866. 1867. 3. Artizans and Labourers' Dwellings Acts 1868. 1875. 4. Nuisance Removal Acts a) Nuisances Removal and Diseases Prevention Act - • . 1848. 1849. I 8 6 0 . b) Nuisances Removal Act 1855. 5. Sanitary Act 1866. 1868. 6. Towns Improvement Clauses Act 1847. 7. Waterworks Clauses Act 1847. 1863 mit d. Gas- and Waterworks Facilities Act 1870. 8. Cemeteries Clauses Act 1847. 9. Public Parks Acts 1858. 1860. 1871. 10. Bath and Washhouses Act 1853. Hinzurechnen könnte man hier 11. Sewage Utilization Acts 1865. 1867. 12. Sanitary Law Amendment Act 1874. V. Die sich auf die Reinhaltung der Flüsse beziehen: 1. River Pollution Act 1876. 2. die verschiedenen meist nur locale Gültigkeit habenden River Conservancy Acts.
24
I. Abschnitt.
VI.
England.
Die sich auf ansteckende Krankheiten beziehen : 1. Contagions Diseases Acts 1 8 6 4 . 2. Diseases Prevention Act
1855.
3. Vaccination Acts 1 8 6 7 .
1871.
4 . Act to repeal the tine VII.
several
Laws
1869.
relating to
Quaran-
1825.
Das Gesetz zum Schutze der Kinder: Infant Life Protection Act
VIII.
1866.
1872.
Die Gesetze, welche neben organisatorischen Bestimmungen eine Reihe verschiedenartiger sanitarischer Vorschriften 1. Public Health Act
2 . Local Government Act 3. Public Health Act
1858.
1872.
4 . Public Health Act 1 8 7 5 = IX.
Die anderweitigen
enthalten:
1848.
der neue Sanitätscodex.
für die öffentliche Gesundheitspflege
wich-
tigen Gesetze, welche nicht eigentliche Sanitätsgesetze sind: 1. Sanitary Loans Act 2. Towns Police Act
1869. 1847.
3. Markets and Fairs Clauses Act
1847.
4 . Merchant Shipping Acts 1 8 5 4 . 1 8 6 2 . 5 . Passengers Act
1867.
1876.
1855.
6 . Naval Act. 7. Prisons Acts 1 8 4 5 .
1865.
8 . Registration Acts 1 8 3 6 . Anrn.
1874.
Ein Seesanitätsgesetz fehlt.
Die auf Seesanitätswesen be-
züglichen Vorschriften sind in Public Health Act 1 8 7 5 aus einzelnen früheren Gesetzen (Sanitary Act 1 8 6 6 .
Nuisances Removal Act 1 8 5 5 )
aufgenommen, aber sehr sparsam; andere linden sich in den s u b . IX. 4 . 5 . 6 aufgeführten
Bei
Gesetzen.
der hervorragenden
Bedeutung
des grössten
englischen Sanitätsgesetze ist eine nähere Erörterung
Theils
dieser
derselben
wohl
am Platze: (Infant Life Protection Act 1 8 7 2 vide unten bei Artikel: Schutz der Kinder).
Sanitätsgesetze. 1.
Medical Act 1 8 5 8 .
Corporationen Arzt,
das
Dies Gesotz \erlieh bestimmten inedicinischen
alleinige
Recht,
W u n d a r z t " zu verleiben,
bestimmt, normirten
25
Studirenden
und
Prüfung.
Derartig
approbirte
ihnen zu Theil gewordenen Qualification — thecary
—
in
ein
amtliches
den
Titel
practischer
zwar auf Grund einer übrigens
Register
Aerzte
sind
Pbysician, S u r g e o n ,
einzutragen.
Alsdann
nicht
mit
der
—
Apo-
dürfen
sie
officielle Documente ausstellen, auf Honorar klagen, die S t e l l e e i n e s ' A h n e n arztes
einnehmen.
—
Auf
Grund desselben Gesetzes
b e s t e h t ein
medical Council, oder General Council of medical E d u c a t i o n , geren T h e i l e von der K r o n e ,
zum grösseren \ou den betr.
General
zum
gerin-
Corporationen
e r w ä h l t , der die medicinisehen Studien ü b e r w a c h e n , die L i s t e der a p p r o b i r t e n Aerzte veröffentlichen und aus dieser Liste die w e g e n g r o b e r K u n s t f e h l e r oder Verbrechen Verurtheilten entfernen 2. der
Pharmacy Act
pharmaceutischen
1868.
soll.
Nach diesem Gesetze dürfen nur die von
Gesellschaft
approhirten
Personen
sich
den
Titel
„ C h e m i k e r , Droguist, P h a r m a c i s t " b e i l e g e n ;
nur derartig Approbirte dürfen
eine bestimmte Series von Giften im Detail
verkaufen.
Giftverkauf
betreiben,
verpflichtet,
so
sind s i e ,
ebenfalls
Wollen
auf Grund
sie einen
dieses
nach den von jener pharmaceutischen Gesellschaft
höheren Orts genehmigten Normen zu handeln,
Gesetzes, erlassenen,
insbesondere
a. nur an Bekannte oder durch Bekannte präsentirte P e r s o n e n Gift zu verkaufen, b. ein Giftbuch zu führen, c. das Gift nur in solchen sicheren
Gelassen a b z u g e b e n ,
welche
die Aufschrift „ G i f t " und den Namen des Verkäufers tragen. Doch
sollen
Grosshandel, einem
diese
oder
approbirten
auf Arzte
eine s o l c h e Arznei buch
eingetragen
Bestimmungen giftige
keine
Substanzen,
verschriebenen
regelrecht wurden.
signirt
—
Anwendung die
den
vorausgesetzt,
dass Gift-
Trotz
Arznei s i n d ,
auf
einer von
und ihre Ingredienzien in das dieses
Act's
kann
J e d e r , der eine sog. patent medecine licence bezahlte, arznei) verkaufen, auch wenn sie Giflsubstanzen 31
finden
ein Ingrediens
a b e r in
England
eine s o l c h e ( P a t e n t -
enthält.
Die Adulteration of Food Acts von 1 8 6 0 ,
1872
und 1 8 7 4 .
Die
mehrfach abgeänderten Vorschriften dieser Gesetze sind nunmehr f o l g e n d e : Die Grafschaftsgerichte, eigener Polizeiverwaltung, heitsbehörden,
haben das Recht und,
a m t es für nöthig e r a c h t e t , Untersuchung Analysts aber liegt
müssen
auch der
Umstand
von
die P f l i c h t ,
Lebensmitteln chemische,
practische
Genehmigung die
in Städten mit besonderem Gerichtshofe
die Stadträthe, a l s o
genannten
und
wenn das oberste
medicinische und obersten
Behörden
oder
OrtsgesundGesundheits-
Sachverständige zum Z w e c k e Droguen
Erfahrung
des
n i c h t die
anzustell ; n . microscopische
besitzen; der
loch
Verpflicht ing
der sog.
Kenntnisse,
ihre E r n e n n u n g
Gesundheitsamtes,
niemals
Diese
soll
unterdieser
überheben,
sich hinreichend zu versichern, dass die b e t r . Persönlichkeit die geforderte Qualification Den
besitze.
Analysts
müssen
im
Falle
beabsichtigter
Klage
alle zu
unter-
26
I. Ahschnitt.
England.
s u c h e n d e n Substanzen ü b e r g e h e n w e r d e n , da n u r ein Zeugniss von ihnen vor Gericht als B e w e i s m i t t e l gilt. Der Inspector of nuisances, d e r MarlUinspector, der Aichmeister sollen auf verfälschte L e b e n s m i t t e l und Droguen \ i g i t i r e n und sicli Proben d e r A r t i k e l , die sie bei ihren Visitationen f ü r verfälscht h a l t e n , k a u f e n , uni dieselben u n t e r s u c h e n zu l a s s e n ; es k a n n a b e r auch j e d e r A n d e r e , der beim Kaufe sich geschädigt glaubt, g e g e n E r l e g u n g einer g e r i n g e n S u m m e .in den Uebelslandsinspector diesen veranlassen, dass der b e t r . Artikel untersucht wird. Allemal a b e r soll der K ä u f e r , w e r er auch sei, dem Verkäufer das Auerbieten m a c h e n , den vermeintlich verfälschten Artikel in 3 Theile zu t h e i l e n , die versiegelt w e r d e n u n d von denen einer dem Verkäufer bleiben niuss. Geht d e r Verkäufer hierauf n i c h t e i n , so inuss d e r Analyst den Artikel in 2 TJieile Iheilen und einen d e r s e l b e n f ü r alle Fälle a u f b e w a h r e n . Hat d e r Analyst die U n t e r s u c h u n g v o l l e n d e t , so s t e l l t er ein C e r t i ficat aus, auf Grund dessen der Inspector of nuisances eventuell die Klage vor dem F r i e d e n s r i c h t e r a n s t r e n g t . — Nun gelten ü b e r das W e s e n einer Verfälschung f o l g e n d e B e s t i m m u n g e n : J e d e vorsätzliche Vermischung eines N a h r u n g s m i t t e l s , Getränks oder einer Drogue mit einer n a c h t e i l i g e n , resp. giftigen Substanz, j e d e vorsätzliche Vermischung mit einer Substanz zum Zwecke d e r V e r m e h r u n g des Gewichts oder Um fanges, jede die Qualität v e r s c h l e c h t e r n d e W e g n a h m e eines der Bes t a n d t e i l e , z. B. das E n t r a h m e n d e r Milch, ist eine Fälschung im Sinne des Gesetzes. S t r a f b a r i s t , w e r N a h r u n g s m i t t e l v e r k a u f t , die von i h r e r natürlichen Beschaffenheit abweichen ; s t r a f b a r ist, w e r vorsätzlich Vermischungen obiger Art v o r n i m m t , o d e r Andere dazu veranlasst, w e r verfälschte Artikel v e r kauft, obschon er weiss, dass sie verfälscht sind, mag die Fälschung, auf welchem W e g e sie w o l l e , zu Stande gebracht sein. S t r a f l o s dagegen ist, w e r vor der Verabfolgung dem Käufer eine zum Zwecke der V e r m e h r u n g von Gewicht oder Volumen v o r genommene Abänderung der Beschaffenheit der W a a r e kundgiebt. S t r a f e n : Geldbusse bis zu 5 0 i s t , bei Rückfall Gefängniss bis zu 6 Monaten f ü r j e d e wissentliche Verfälschung; und Geldbusse bis zu 2 0 £ s t , bei Rückfall n n t obligatorischer Veröfl'entlichung des Namens f ü r j e d e n Fall des Verkaufs verfälschter Artikel. 4. Licensing Act, oder Act f o r regulaling t h e sale of inloxicating Liquors. Auf Grund dieses Gesetzes darf Niemand, w e l c h e r zum Ausschank oder Verkauf von Spirituosen concessionirt ist, Kindern und j u n g e n Leuten u n t e r 1 6 J a h r e n d e r a r t i g e Getränke v e r k a u f e n , oder Betrunkenen verabreichen. Die Zumischung gesundheitsschädlicher Substanzen zu den Spirituosen, i n s besondere des Cocculus indicus, Cuprum s u l p h u r i c u m , Opium, Cannabis
Sanitätsgesetze.
27
indiCcii, Loliam teniulenium, Alaun elc., und das Feilhalten derartig verfälschter Spirituosen, auch schon der blosse Besitz der ebengenannten "schädlichen Substanzen bringt den Schänkinhaber in Strafe, vorausgesetzt, dass «er hinsichtlich jener Substanzen nicht eine befriedigende, unverfängliche Auskunft geben kann. Die Polfzeibeainten sind berechtigt, in .jeder Schänike und in jedem Laden, in dem Spirituosen verabfolgt werden, nach letzteren zu forschen, Proben zu kaufen und einem Analyst zur Untersuchung zuzustellen. — Alle Schaaken und Verkaufsstellen von Spirituosen müssen in England, wenn nicht die concessionirende Behörde eine Ausnahm« slatuirt, Abends 1 1 U h r , in London 1 2 Uhr Nachts bis 5 Uhr Morgens, geschlossen werden. A n m e r k u n g : Die ohnehin einleuchtende Bedeutung dieses Gesetzes für die öffentliche Gesundheitspflege wird am besten illustrirt durch f o l g e n d e vom General hospital zu Nottingham in der Times (Mai 1 8 7 4 ) e r schienene Anzeige; „Before the act we were called up at night to accidents caused by drunkenness on an average of 3 or 4 limes a week; since the act we were called up for the same Kind of cases not oftener than once a m o n t h . " — -5. Die Factory Acts — das erste Fabrikgesetz wurde 1 8 3 3 , das letzte 1 8 7 4 erlassen, die übrigen in der Zwischenzeit. Sie handeln hauptsächlich von dem Schulze der Kinder und Frauen in den Fabriken, regeln die Arbeitszeit derselben und ordnen einzelne sanitarischc Vorkehrungen an. (Näheres bei dem Capitel: Gewerbehygieme). 6 . Workshop Regulation Act 1 8 6 7 regelt die Arbeitszeit der Kinder in den W e r k s t ä t t e n der Handwerker und befiehlt die Anschaffung von geeigneten Ventilationsapparaten in den W e r k s t ä t t e n , in denen viel Staub entwickelt wird, (vide Gewerbehygieine). 7 . Coal mines Regulation Act 1 8 7 2 , als Amendement zu dem B e r g werksgesetze von 1 8 4 2 , bezieht sieb auf alle Bergwerke, in denen unter der Erde Kohlen, Eisen, Schiefer, feuerfeste Porcellanerde gewonnen wird, regelt die Arbeit der Frauen und Kinder in Bezug auf die oberirdische und unterirdische Arbeit und verpflichtet die Besitzer zu genauer Führung eines Registers, in welches Namen, Alter, Wohnung und Arbeitszeit der Bergwerksarbeiter einzutragen sind. (Ueber die Arbeitszeit vide Capitel Gewerbehygieine). 8. Alkali W o r k s Regulation Act 1 8 6 3 . Das Gesetz verlangt die E r nennung eines Inspectors für sämmtliche Alkali works, macht ihm eine regelmässige Inspicirung zur Pflicht, und ordnet an, dass die entweichende Salzsäure durch geeignete Vorkehrungen zu wenigstens 9 5 °/ 0 ihrer Menge gebunden werde. , 9. Alkali Nuisances Prevention Act 1 8 7 4 , in Kraft getreten am 1 . März 1 8 7 5 , ist im Allgemeinen eine Ausdehnung des eben erwähnten Gesetzes auf andere chemische F a b r i k e n , welchen schädliche Gase entströmen. Als noxious g a s e s " sollen angesehen w e r d e n : Schwefelsäure, schwefelige Säure, mit Ausnahme der ans der Verbrennung von Kohlen
28
T. Abschnitt.
England.
s t a m m e n d e n , f e r n e r S a l p e t e r s ä u r e , o d e r a n d e r e offensive Stickstoffverbind u n g e n m i t Sauerstoff, endlich Schwefelwasserstoff und Chlorgas. Emaniren solche Gase, so h a t der Besitzer d e r F a b r i k oder H ü t t e die Verpflichtung, die b e s t e n Mittel a n z u w e n d e n , den Uebergang d e r Gase in die Atmosphäre zu h i n d e r n , o d e r sie unschädlich zu machen. Doch findet nicht a l s o gleich eine B e s t r a f u n g Statt, s o n d e r n der I n s p e c t o r , der diese F a b r i k e n zu besichtigen hat, muss dem Besitzer die Mittel zur Abstellung des U e b e l standes a n g e b e n und ihm zehn Tage Frist lassen. K u p f e r w e r k e , in denen Kochsalz v e r w a n d t w i r d , u n d in denen bei der U m w a n d l u n g desselben Chlorgas u n d Salzsäure sich e n t w i c k e l n , w e r d e n als ..Alkali works'* a n g e sehen, nnd bei ihnen g e f u n d e n e Emanationen uach Massgabe dieses Gesetzes beurtheilt. Die Menge der e n t w e i c h e n d e n Salzsäure darf niemals m e h r als V6 g r a n in j e d e m Cubikfuss L u f t sein. 10. Bakehouse Regulation Act 1 8 6 3 — b e s t i m m t , dass Niemand u n t e r 1 8 J a h r e n in einem Backh.iuse zwischen 9 U h r Abends und 5 U h r Morgens beschäftig! w e r d e n darf, dass die inneren W ä n d e und Decken des Backhauses in j e d e m Orle von m e h r als 5 0 0 0 E i n w o h n e r n m i t Oel g e strichen o d e r geweissl sein sollen, dass d e r Oelanstrich alle sieben J a h r e , das Weissen alle 6 Monate zu w i e d e r h o l e n , und dass in j e d e r Weise f ü r Reinlichkeit und ausgiebige Ventilation (effectual Ventilation and be f r e e l'rom effluvia) zu sorgen ist. Auch soll kein Raum in gleichem Niveau mit dem B a c k h a u s e , w e n n er einen Theil desselben Gebäudes b i l d e t , als S c h l a f z i m m e r b e n u t z t w e r d e n , w e n n er nicht von dem Backhause auf g e n ü g e n d e W e i s e durch eine besondere Abiheilung separirt und mit einem nach aussen g e h e n d e n Glasfenster von b e s t i m m t e r Quadratfläche versehen ist. — Die locale Gesundheitsbehörde soll f ü r die A u s f ü h r u n g dieser B e s t i m m u n g e n sorgen, und um dies zu e r m ö g l i c h e n , soll j e d e r G e s u n d h e i t s b e a m t e b e f u g t sein, w ä h r e n d d e r Backzeit das l l a u s zu b e t r e t e n u n d zu inspiciren. (Strafe f ü r Conlravention bis zu 5 P f u n d , f ü r W i d e r s e t z l i c h k e i t gegen inspicirende Beamte bis zu 2 0 P f u n d ) . 11. Gasworks Clauses Act 1 8 4 7 . 1 8 7 1 . — Die Anlage von Gasw e r k e n ist von der Genehmigung des Board of Trade, resp. des P a r l a m e n t s abhängig g e m a c h t ; ersteres h a t n a c h Einsicht der P l ä n e das R e c h t , einen vorläufigen Consens zu ertheilen, das P a r l a m e n t a b e r muss d e n s e l b e n c o n firmiren. Der vorläufige Consens soll den Gasunternehniern die Bedingung a u f e r l e g e n , kein Gas zu b e r e i t e n und keine Rückstände bei der G a s b e r e i tung zu v e r a r b e i t e n , w e n n sie nicht die s c h r i f t l i c h e Erlaubniss von den Eigentümern, Mietheru oder zeitigen I n h a b e r n aller b e w o h n t e n Häuser innerhalb einer E n t f e r n u n g von 3 0 0 Yards in Händen h a b e n . Ist die Gasanstalt im B e t r i e b e , so soll die O r t s b e h ö r d e einen sachverständigen Gasprobirer e r n e n n e n , damit dieser das Gas in Bezug auf L e u c h t k r a f t u n d Reinheit p r ü f e , und insbesondere die A b - o d e r Anwesenheit von S c h w e f e l wasserstoff e r u i r e . 12. Steam W'histles Act 1 8 7 2 . Niemand darf o h n e E r l a u b n i s s d e r l o c a l e n G e s u n d h e i l s b e h ö r d e in einer F a b r i k oder a n d e r s w o eine Dampfpfeife zu dem Zwecke g e b r a u c h e n , um den Arbeitsleuten d a m i t ein
Sanitätsgesetze
29
Z e i c h e n zu geben. Die G e s u n d h e i l s b e h ö r d e soll jederzeit das Recht haben, eine g e g e b e n e Erlauhniss zu revociren; e b e n dazu soll das o b e r s t e G e s u n d h e i t s a m t b e f u g t sein, w e n n J e m a n d sich b e s c h w e r t , dass er d u r c h die von der l o c a l e n Behörde g e g e b e n e Erlauhniss geschädigt w e r d e . 13. P e t r o l e u m Act 1 8 7 1 . Mehr als 4 0 Gallonen P e t r o l e u m d ü r f e n n i c h t o h n e Consens d e r localen Behörde a u f b e w a h r t w e r d e n , w e n n nicht d e r b e t r . Ort m e h r als 5 0 Yards von W o h n u n g e n uud Güterschuppen e n t f e r n t ist. Die locale B e h ö r d e , d. i. in diesem Falle die Municipalität o d e r , w o d e r e n keine besteht, die justices assembled at petty sessions, h a t ausserdem das R e c h t , besondere Bedingungen hinsichtlich d e r A u f b e w a h r u n g vorzuschreiben. S t r a f b a r ist j e d e r Verkauf von P e t r o l e u m , w e l c h e s bei w e n i g e r als 1 0 0 0 F a h r , sich e n t z ü n d e t , w e n n n i c h t an dein Gelasse eine Signatur a n g e b r a c h t ist, w e l c h e die l e i c h t e r e E n t z ü n d b a r k e i t anzeigt. — Die P r ü f u n g des P e t r o l e u m soll nach d e m W o r t l a u t des Gesetzes in d e r W e i s e g e m a c h t w e r d e n , dass man ein mit dem P e t r o l e u m gefülltes Blechgefäss in einen mit W a s s e r g e f ü l l t e n z i n n e r n e n Behälter b r i n g t , und in das Oel ein T h e r m o m e t e r einsenkt. Alsdann e r h i t z t man den zinnernen Behälter mit einer S p i r i t u s l a m p e , u n d , w e n n das T h e r m o m e t e r auf 9 0 " gestiegen ist, so g e h t man mit einem b r e n n e n d e n Streichholz ü b e r das P e t r o l e u m w e g lind w i e d e r h o l t solches bei noch s t ä r k e r e r Erhitzung so lange, bis man den E n l z ü n d u n g s p u n k t des P e t r o l e u m festgestellt hat. 14. Common L o d g i n g Houses Acts 1 8 5 1 . 1 8 5 3 . 1 8 6 0 . Diese drei Acts setzen F o l g e n d e s f e s t : Niemand darf eine H e r b e r g e haben, w e n n nicht das llaus von einem d u r c h die locale B e h ö r d e angestellten Beamten inspicirt, f ü r g u t b e f u n d e n und r e g i s t r i r t ist; die locale B e h ö r d e kann a b e r die R e g i s t r i r u n g des I n h a b e r s einer H e r b e r g e v e r w e i g e r n , w e n n dieser nicht ein Zeugniss ü b e r seine »Ioralität von drei Insassen des Kirchspiels b e i b r i n g t . W e n n es d e r localen B e h ö r d e s c h e i n t , dass eine H e r b e r g e keine genügende W a s s e r v e r sorgung h a t , und dass dieselbe ohne übermässige Kosten beschafl't w e r d e n kann, so kann sie den I n h a b e r zu dieser Beschaffung auffordern, und w e n n er keine F o l g e leistet, die H e r b e r g e aus dem Register streichen. W e n n J e m a n d in einer H e r b e r g e an einer ansteckenden Krankheit e r k r a n k t , so kann die locale B e h ö r d e einen solchen Patienten auf die B e scheinigung des medical officer, dass das Leiden ansteckend und dass d e r Patient t r a n s p o r t f ä h i g i s t , in ein Spital bringen und, K l e i d e r , Betten desinficiren, r e s p . vernichten lassen; d e r I n h a b e r d e r H e r b e r g e aber ist verpflichtet, j e d e n d e r a r t i g e n E r k r a n k u n g s f a l l unverzüglich zur Anzeige zu bringen. Dem I n h a b e r liegt es ferner ob, seine H e r b e r g e und z w a r nicht bloss Z i m m e r , sondern auch T r e p p e n , Corridore, Thüreil, F e n s t e r , Decken, W ä n d e , A b o r t e , gemäss den Vorschriften der speciellen R e g u l a t i v e zu reinigen, im April und O c t o b e r a b e r die W ä n d e und Decken zu weissen. Die eben g e n a n n t e n Regulative — b y e - l a w s , sind von der ,localen
30
I. Abschnitt.
England.
B e h ö r d e zu erlassen in Beziig auf T r e n n u n g d e r Geschlechter, Maiimalzahl der A u f z u n e h m e n d e n , Reinlichkeit, L u f t e r n e u e r u n g , Aborte. 15. L a b o u r i n g Classes L o d g i n g Honses Acts 1 8 5 1 . 1 8 6 6 . 1 8 6 7 . Diese Gesetze g e b e n den localen Behörden der S t ä d t e ü b e r 1 0 , 0 0 0 E i n w o h n e r das R e c h t , auf Gemeindegrund oder auf g e k a u f t e m Terrain Häuser f ü r A r b e i t e r z u e r b a u e n und auszustallen mit Mobiliar, Gas- und W a s s e r l e i t u n g , d i e b e t r e f f e n d e n W o h n u n g e n g e g e n fixe P r e i s e an Arbeiter zu v e r m i e t h e n , auch Regulative ü b e r T r e n n u n g der Männer und Knaben ü b e r acht J a h r e n von F r a u e n und Mädchen, ü b e r V e r h ü t u n g von Störungen, Indecenz e t c . , ü b e r die Pflichten der Beamten in Bezug auf diese Häuser zu erlassen. Die Aufsicht ü b e r die lodging houses s t e h t d e r O r t s b e h ö r d e zu, doch soll die G e s u n d h e i t s b e h ö r d e j e d e r z e i t durch ihre B e amten eine Inspeclion v o r n e h m e n lassen d ü r f e n . Die Commission f ü r Anleihen zu öffentlichen Anlagen kann den G e meinden zn einem billigen Zins das e r f o r d e r l i c h e Geld vorstrecken, w e n n sie B ü r g s c h a f t g e b e n , dass aus der Gemeindesteuer dieser Zins und eine gewisse Amortisationsquote b e z a h l t w i r d . 16. Artizans and L a b o u r e r s Dwellings Acts 1 8 6 8 . 1 8 7 5 . Das e r s t e noch vor d e r obligatorischen Einsetzung d e r localen G e s u n d h e i t s b e h ö r d e n erlassene Gesetz, auch Torrons Act g e n a n n t , sollte auf Städte von w e n i g e r als 1 0 , 0 0 0 E i n w o h n e r gar keine, auf L o n d o n , die Boroughs und j e n e O r t s c h a f t e n , in denen bei entsprechender Seelenzahl bereits irgend eine m i t sanitarischen Obliegenheiten b e a u f t r a g t e Behörde installirl w a r , u n b e d i n g t e , nicht bloss f a c u l t a t n e , A n w e n d u n g finden. Es b e s t i m m t e f o l g e n d e s : W o das Gesetz in Kraft tritt, erhält die Ortsbehörde die Verpflichtung einen medical Officer a n z u s t e l l e n * ) . F i n d e t dieser eine Baulichkeit in g e s u n d h e i t s g e f ä h r l i c h e n i o d e r u n b e w o h n b a r e m Zustande, so soll er alsbald d e r B e h ö r d e Anzeige machen. Diese m u s s n u n m e h r einen Techniker d e p u l i r e n und sich \ o n ihm ein Gutachton erstatten lassen, w i e dem Uebelstande am besten abzuhelfen sei, muss dann dem Besitzer d e r Baulichkeit M i t t h e i l u n g machen, seine e t w a i g e n Gründe anhören und kann erst dann einen Beschluss ü b e r die zu ergreifenden Massregeln fassen. Gegen diesen' Beschluss steht dem Besitzer die Appellation an das o b e r s t e Landes-Gericht o f f e n . Die Anzeige hinsichtlich des insaluliren Zustandes eines Gebäudes kann auch von vier Haushaltvorsländen ( h o n s e h o l d e r s ) a u s g e h e n , muss a b e r an den medical officer g e l a n g e n , der darauf hin officiell die Sache in die Iland zu n e h m e n h a t . (§ 1 2 ) . T h u t die locale B e h ö r d e i h r e Pflicht n i c h t in drei Monaten nach e r f o l g t e r Anzeige, so können die h o u s e h o l d e r s sich an den Staatssecretär, j e t z t das o b e r s t e G e s u n d h e i t s a m t , w e n d e n . Das letztere kann dann die locale B e h ö r d e z u r Pflicht a n h a l t e n , und eine derartige Mahnung soll b i n dend sein. W i r d d e r Beschluss der localen Behörde von dem Besitzer des Gebäudes in einer b e s t i m m t e n Zeit nicht a u s g e f ü h r t , so s o l l sie dasselbe *) D i e s e B e s t i m m u n g w a r d a m a l s , 18G8, nicht überflüssig, A n s t e l l u n g der m e d . Oft. noch nicht allgemein obligatorisch war.
w e i l ja
die
Sanitätsgesetze. entweder
ganz
niederreissen
oder
31
etwaige
Verbesserungen
conforra
dem
Beschlüsse ausführen. Das zweite,
schon j e t z t
von
\ielen grösseren englischen Städten
als
s e g e n s r e i c h erkannte Gesetz von 1 8 7 5 , soll auf London und alle, 2 5 , 0 0 0 und mehr E i n w o h n e r zählende, städtische Gesundheitsbezirke Anwendung finden. Es
bestimmt
Wenn
Folgendes:
der localen
heitsbeamten
Gesundheitsbehörde
eine Anzeige g e m a c h t w i r d ,
unbewohnbar
oder
der
Sitz
von
durch den ärztlichen dass
Häuser,
Höfe
Insalubritätskrankheilen
Gesund-
oder
seien,
Plätze
und dass
dies l e t z t e r e der Enge, Abgeschlossenheit, schlechten Gruppirung der Häuser, oder d e m Mangel an Mängeln
Licht,
zuzuschreiben
Luft,
sei,
Luflornenerung
dass auch
diese
oder
anderen
Uebelstände
nur
sanitären
durch eine
g r ü n d l i c h e Amelioration, durch Neuanlage von Strassen, Reconstruction aller Häuser oder einzelner d e r s e l b e n gehoben werden könne, so soll die locale Gesundheitsbehörde
die
Sache
untersuchen
b e g r ü n d e t findet, einen Beschluss
fassen,
lassen
und,
wenn
sie solches
dass „such area is an unhealtliy
a r e a " ; s o l l einen Verbesserungsplan aufstellen, und zu dem Ende eine naue
Ivartirung
erachteten
des
alten
Terrains,
wie
Zeichnnng
Abänderungen anfertigen lassen.
der
für
ge-
notliwendig
Dabei ist stets darauf zu sehen,
dass bei der Reconstruction mindestens für eben so viel Personen W o h n u n g geschafft wird, w i e bis dahin auf dem Terrain w o h n t e n , und dass an eigneten sanitären Vorkehrungen Nichts versäumt w i r d . des Plaues
wird
Eigenthümern
derselbe
öffentlich
zeitigen
bekannt
gemacht,
alsdann
auch
den ist,
und nun an den S t a a l s s e c r e l ä r * ) , resp. das oberste Gesundheitsamt das
Er-
um Genehmigung
Behörden cationen
eine
des
vorläufige
ertheilen;
die
Inhabern mitgetheilt, was
ge-
Anfertigung
zu expropriiren
suchen
lind
Nach
Planes g e r i c h t e t .
Genehmigung definitive
des
Darauf hin können
Plaues
Genehmigung
mit
und ohne
gewährt
doch können bereits nach Eingang des pro\isional ordre gonnen w e r d e n . die
locale
führung Hauses
Ist aber die
Bestätigung
Gesundheitsbehörde
zu bringen. oder
—
Gruppen
Die
die
von Häusern
Gesundheitsbeamte zu machen; zu vigiliren. zwei
von
hat,
den
zur
Aus-
dem insalubren Zustande
eines
wie gesagt,
Plan
be-
so hat
stets
der
officielle
er ist auch verpflichtet, auf solche Zustände
Doch ist er auch nach § 4
Friedensrichter,
Parlament,
die Arbeiten
des Parlaments erfolgt,
Verpflichtung,
Anzeige
das
diese
Modift-
oder wenigstens
gehalten, wenn durch wenigstens
zwölf
Steuerzahler
ihm
eine
des-
fallsige Meldung gemacht wird, unverzüglich eine Besichtigung vorzunehmen und j e
nach
dein
dieser Beziehung
Befunde
die Meldung ausging, recht z u s t e h t , senden der
ihr
ungesund
die
weiteren S c h r i t t e
zu thun.
seine Pflicht versäumt, so können sich
bei der B e h ö r d e ,
beschweren,
oder ernennen. gewordenen
und diese
Wenn
officiellen
aber
welcher
einen Beamten die
Anzeige,
W e n n er in
diejenigen, von
denen
das G e n e h m i g u n g s zur Inspection
ent-
locale Gesundheitsbehörde
nach
dass eine
Gruppe
von
Häusern
ist, keine der ihr vorgeschriebenen S c h r i t t e thut, so soll sie a n -
*) W e n n es um London sich handelt.
32
I
Abschnitt.
England.
gehalten w e r d e n , eine Abschrift dieser Anzeige mit den Gründen, weshalb ihr keine Folge gegeben, an die confirming authority zu senden, diese aber b e f u g t sein, eine Untersuchung einzuleiten und ein Gutachten über alle einschlagenden Verhältnisse ausarbeiten zu lassen. 17. Nuisances Renioval Acts. Da die wesentlichen Bestimmungen dieser Gesetze in den neuesten noch zu beschreibenden public health Act aufgenommen sind, so möge eine kürzere Erörterung genügen; sie an dieser Stelle völlig 7.11 übergehen, ist unmöglich, da sie, an sich sehr wichtig, in London, w o der public health Act keine Gültigkeit besitzt, in ihrer Totalität in Kraft sind. Das erste Gesetz von 1 8 4 8 enthält ausser den organisatorischen Bestimmungen Vorschriften über Reinhaltung der Abzugscanäle, \ erbietet das Hineinleiten unreiner Substanzen in Teiche, und Wasserläufe, giebt dem Slaalsralh, jetzt dem obersten Gesundheitsamte, die Befugniss, beim Ausb r u c h e oder drohenden Ausbruche \ 011 Epideinieen ausserordentliche Massregeln zu verordnen. Das Gesetz von 1 8 4 9 giebt dem obersten Gesundheitsamte die Befugniss, an allen nicht dem public health Act 1 8 4 8 nnlerworfenen Orlen die Begräbnissplätze untersuchen zu lassen, und die hinsichtlich derselben etwa f ü r nöthig erachteten sanitarischcn Massregeln anzuordnen. Das Gesetz von 1 8 5 5 enthält in 4 6 Paragraphen zunächst die Definition des W o f t e s „ n u i s a n c e " im Sinne des Gesetzes, ermächtigt sodann die Nuisance Aulhority, in Baulichkeiten, aus denen sanitäre Uebelstände e n t stellen, hineinzugehen, daselbst zu inspiciren, f ü r Beseitigung dieser Uebelstände zu sorgen, Lebensmittel zu besichtigen cv.: zu confisciren, und bestimmt das legale Verfahren, insbesondere da, w o es sich um die Uebelstände offensiver Gewerbe (§ 2 7 ) handelt. Den Surveyors w i r d in § 2 1 die Befugniss erthcill, alle Canäle, Gräben und Wasserläufe offen und r e m zu halten, der Nuisance Aulhority aber das Recht gegeben, falls aus Gräben, Canälen ein notorischer Uebelsland entsteht, (sei es, dass unreines Wasser, oder Unralh, oder Sewage hineingeriethen), die Canäle in zweckentsprechender Weise herstellen zu lassen. Das Gesetz: Nuisances Removal and Diseases Prevention Act 1 8 6 0 — sagt n u r , dass alle Brunnen und P u m p e n , wenn sie öffentliche s i n d , von der Nuisance Authorily beaufsichtigt und frei von jeder Verunreinigung gehalten w e r d e n sollen, dass aber derjenige, welcher vorsätzlich eine Beschädigung oder Verunreinigung derselben bewirkt, zu bestrafen ist. Das Gesetz Nuisance Removal Act 1 8 6 3 ermächtigt in präcisirerer Weise als das des Jahres 1 8 5 5 die Beamten der Gesundheitsbehörde, Lebensmittel zu inspiciren, ungesund erscheinende zu confisciren und dem Richter zu weilerer Veranlassung zu übergeben. Die Strafe, die den Verkäufer trifft, ist Geldbusse oder Gefängniss; ausserdem ist das Gonfiscirte zu vernichten oder so zu bearbeiten, dass es nicht mehr genossen w e r den kann. 18. Sanilary Act 1 8 6 6 . 1 8 6 8 . Das Gesetz von 1 8 6 6 bestellt aus drei Theilen, von denen der er1 0 Reis , . . . 0 0 10 Trockne Gemüse 130 0 Zwiebeln . . . 10 10 10 18 5 Fett . . . . 0 >) Ausserdem für jeden Tag 700 Grammes Brod und eine genügende Menge Salz, am D o n n e r s t a g 21,6 Grammes Butter, so dass darnach die Gefangenen
254
II. Abschnitt.
Nahrungsmittelhygieine.
zwischen 11,7—15,6 Grammes Stickstoff und „ 275 — 355 „ Kohlenstoff erhalten. Es ist b e m e r k e n s w e r t , dass man die Darreichung von Fleisch obligatorisch gemacht, für eine gewisse Abwechselung gesorgt, und auch den Zusatz von Würzen (Zwiebeln) angeordnet hat, was Alles vordem nicht der Fall war. So sehen wir, dass besonders in Bezug auf die Ernährung einzelner Classen, auf welche die directe staatliche Fürsorge sich erstreckt, Militär und Gefangene, man dahin strebt, eine ihren Leistungen und ihrer Lebensweise mehr entsprechende Ernährungsnorm herzustellen. Und da ist das englische Princip gewiss das richtigste, nicht blos die Quantität sondern auch die Qualität der Nahrung von dem Mass der Muskelanstrengung, d. h. von der Schwere der Arbeit, abhängig zu machen. Doch ist hier noch sehr Vieles zu ergänzen; es ist erst der Anfang gemacht, auch sind die betr. Normen noch keineswegs genau dem effectiven Bedürfniss angepasst, zumal bei den Gefangenen, und ausserdem fehlt es noch an ähnlichen Bestimmungen für andere Classen der Bevölkerung, die ebenfalls einen Anspruch auf öffentliche Obsorge machen, z. B. für die Insassen von Armenhäusern, Verpflegungsanstalten etc. Was die Zubereitung der Nahrung betrifft, so sind auch auf diesem Gebiete einzelne für die öffentl. Hygieine nicht gleichgültige Fortschritte zu verzeichnen. Der norwegische Kochtopf von Sörensen, der aus einem innern Cylinder von Eisenblech mit Metalldeckel und einem äusseren Holzkasten, welcher mit schlechten Wärmeleitern ausgelegt ist, besteht, bedingt nicht blos eine erhebliche Sparung an Brennmaterial, sondern giebt auch eine vortreffliche Zubereitung von Fleisch und Gemüse, ohne dass eine besondere Aufsicht nöthig wäre. Wie wichtig dies im Kriege, bei Expeditionen, sein k a n n , liegt auf der Hand, um so mehr, als die Abkühlung eine sehr langsame ist und eine Menge Arbeitskraft gespart wird. Jeannel hat zahlreiche Versuche mit diesem Topfe gemacht und spricht sich ausserordentlich lobend über denselben aus. Er fand auch, dass ein vollständiges K o c h e n nicht bloss überflüssig ist, sondern auch durch stärkere Verflüchtigung aromatischer Substanzen den Wohlgeschmack beeinträchtigt, dass aber eine Erhitzung auf 9 5 ° Gels, ein ungleich saftreicheres Fleisch liefert, und er erreichte dies mit dem norwegischen Topf in der Weise, dass er das Fleisch zuerst in dem Eisenblechcylinder auf 95°, also nicht ganz bis zum Kochen, brühte,
Zubereitung der Nahrungsmittel.
255
dann in die vorher erwärmte Holzhülle brachte und nun die letztere verschloss*). Dass aber ein derartiger Apparat nicht bloss für das Militär von Nutzen ist, dass er auch in grösseren Anstalten mit Vortheil Verwendung finden kann, liegt auf der Hand. Eine Modification dieses Topfes in Verbindung mit einer Dampferzeugungsmaschine**) ist schon jetzt in dem Hospital für Unheilbare zu lvry und einer grossen Zahl öffentlicher Anstalten — 1874 waren es zwölf zu Paris — als cuisine à vapeur, oder Egrot'scher Apparat in Gebrauch. Hier wird der Dampf mittelst einer Röhrenleitung in eine Reihe von schmiedeeisernen Kochgefässen — marmites à enveloppe métallique — eingeleitet. Auf die Weise kommt das Wasser binnen weniger Minuten zum Kochen; besondere Hähne aber gestatten die Zuleitung des Dampfes einzuschränken, also auch die Temperatur zu moderiren. Eine Beschreibung dieses Apparates nebst Abbildung findet sich in den Annales d'hygiène publique 1874. Tom. 42. Seite 100. 101. Die Gesetze, welche zum Schutze der durch ungesunde oder verfälschte Nahrungsmittel gefährdeten Gesundheit erlassen sind, wurden in Abschn. 1 bereits ausführlich mitgetheilt. Das Feilhalten von u n g e s u n d e n , v e r d o r b e n e n Nahrungsmitteln und Getränken wird überall mit Confiscation der betr. Waare, ausserdem mit Geldbusse ev. mit Gefängniss bestraft, im Canton Zürich auch d a n n , wenn dem Verkäufer die Gesundheitsschädlichkeit nicht einmal bekannt war. Von den Gesetzen über V e r f ä l s c h u n g v o n L e b e n s m i t t e l n verdienen in einer Beziehung das französische und das belgische erwähnt zu werden, weil sie bei wissentlichem Verkaufe verfälschter Waare die Veröffentlichung des Namens des Verkäufers als Strafverschärfung androhen, die der Richter aussprechen kann. In England m u s s t e nach dem Gesetze von 1872 der wiederholte Verkauf verfälschter Waare mit Veröffentlichung des Namens des Verkäufers bestraft werden; in dem neuen Gesetze vermisse ich die desfallsige Angabe, wie ich zur Corrigirüng des in Abschn. I Mitgetheilten hier beifüge. Ein Hinderniss des Erfolges aller Gesetze ist aber der Umstand, dass nur die vorsätzliche Fälschung und der wissentliche Verkauf gefälschter Waare be-
*) Annales d'hygiène publ. 1874. tom. 4 2 S. 85. **) Der Ingenieur Loyre w a r der erste, welcher ein Verfahren ersann, die marmites durch Zuführung von heissem Dampf zum Kochen zu bringen — marmites thermostatiques Loyre.
256
II. Abschnitt.
Nahrungsmittelhygieine.
straft wird; auch das sonst sehr gute Gesetz von St. Gallen enthält noch eine solche Bestimmung, nur ist sie schon zu Gunsten der öff. Hygieine in so fern amendirt, als sie den Zusatz enthält, dass auch d e r Verkäufer verfälschter Waare zu bestrafen sei, dem diese Beschaffenheit derselben b e k a n n t s e i n m u s s t e . Als ein in vielfacher Beziehung vorzügliches Gesetz ist das neueste des Cantons Zürich hervorzuheben. Es überweist die Aufsicht über alle Lebensmittel und Getränke den (neu geschaffenen) Gesundheitsbehörden, verspricht den untersuchenden Angestellten die Bekanntmachung erprobter Untersuchungsmethoden, bestraft jede k ü n s t l i c h e D a r s t e l l u n g oder W e r t h v e r m i n d e r u n g von Lebensmitteln, falls die wahre Beschaffenheit dem Käufer verschwiegen wird, auch dann, wiewohl mit geringerer Strafe, wenn die Absicht oder das Wissen des Verkäufers fehlt, belegt diese Handlungen mit höherer Strafe, wenn die Fälschung eine der Gesundheit schädliche und der Gebrauch des betr. Lebensmittels ein allgemeiner ist, b e s t r a f t e n d lich auch denjenigen, welcher Lebensmittel unter falschem N a m e n f e i l h ä l t o d e r i n V e r k e h r b r i n g t . Es enthält also dies Gesetz eine Reihe wichtiger Bestimmungen, die in anderen Gesetzen gar nicht, oder doch nicht in so präciser Fassung gefunden werden, die aber unter den heut zu Tage bestehenden Verhältnissen absolut nöthig erscheinen. In Zürich ist, wie ich eben betonte, die gesammte Lebensmittelpolizei den Gesundheitsbehörden zugewiesen; ebenso geschah es in Basel, in St. Gallen. In England haben die Beamten der Gesundheitsbehörden das Recht und die Pflicht, die Verkaufsiocale und Verkaufsstätten zu betreten, feilgehaltene Lebensmittel zu revidiren, ungesund oder ungeniessbar erscheinende zu confisciren, der Verfälschung verdächtige zu kaufen, letztere dem officiellen, ausserhalb der Gesundheitsbehörde stehenden, also völlig unparteiischen Analyst zuzustellen, auch, falls dieser die Verfälschung für thatsächlich erachtet, das gerichtliche Verfahren wegen Verfälschung zu beantragen. Auch in Italien, in Schweden, in Norwegen, in New-York, in Boston und St. Louis ist nunmehr die Ueberwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln der Polizei genommen und der localen Gesundheitsbehörde übertragen, ein immerhin sehr wesentlicher Fortschritt. Zur Erzielung bedeutsamen Erfolges ist aber eine Einrichtung des Gesundheitsdienstes empfehlenswerth, welche in den grösseren englischen Städten eingeführt ist und dort sich sehr bewährt hat. Hier sind, wie schon
Controle. oben
kurz
angedeutet
Schlachthäuser.
wurde,
vielerorts
257
von
den
Iiispectoren
der
Gesundheitsbehörde einige speciell mit der U e b e r w a c h u n g des L e b e n s m i t t e l v e r k e h r s b e t r a u t worden, für die B a c k h ä u s e r , für
den
Fleisch-,
für den Fischverkauf, etc., und m a n hat, wenn irgend m ö g l i c h ,
dazu
s o l c h e Individuen g e n o m m e n , w e l c h e aus früherer Zeit Kenntniss in der betreffenden B r a n c h e sich e r w o r b e n hatten, gewesene B ä c k e r , Fischer.
Metzger,
W a s auf s o l c h e m W e g e zu erreichen ist, lehren uns die B e r i c h t e
der betr.
ärztlichen G e s u n d h e i t s b e a m t e n ,
die zugleich spectoren
eine s c h ö n e Illustration
speciell des von Liverpool,
ü b e r die Thätigkeit
solcher In-
liefern und unwillkürlich bei uns einen Vergleich mit dem
h e r a u s f o r d e r n , w a s auf diesem Gebiete unsere Polizeibeamten
leisten.
Von den einzelnen Lebensmitteln, bei denen ich zu erörtern was hinsichtlich i h r e r zum Schutze der öffentl. Gesundheit ist, e r w ä h n e ich zuerst d a s
habe,
geschehen
Fleisch.
In England g e s t a t t e t das Gesetz den s t ä d t i s c h e n
Gesundheits-
b e h ö r d e n , für öffentl. S c h l a c h t h ä u s e r zu sorgen und ü b e r die B e n u t z u n g derselben
Bestimmungen
Privatschlächtereien
zu
treffen,
befiehlt
es
aber
dürfen j e d o c h in Städten nicht
nicht.
ohne
Neue
Concession
des B o a r d of health e r r i c h t e t w e r d e n , welches zugleich befugt ist, die v o r h a n d e n e n zu registriren, Regulative ü b e r ihre Einrichtung zu treffen und
Uber
die
Befolgung
derselben
zu wachen.
Eine
regelmässige
B e s c h a u des S c h l a c h t v i e h e s und Fleisches findet nicht statt, wohl eine u n v e r m u t h e t e Revision der S c h l ä c h t e r e i e n
und
In F r a n k r e i c h h a b e n n u r die grösseren Städte häuser
mit Zwang.
S o müssen
öffentlichen
abattoirs
besonderen
Inspectoren
schaut u n d , Nach
dem
Fleisches
geschafft event.
wenn v e r d ä c h t i g , Schlachten
Statt;
findet
ungesundes
öffentl.
Schlacht-
in Paris alle S c h l a c h t t h i e r e werden;
hier
wird
unter Zuziehung von
jedes
einmal confiscirt
zu
den
Stück
von
von Thierärzten
der S c h l a c h t u n g
noch wird
eine und
aber
Verkaufsstätten.
be-
ausgeschlossen.
Untersuchung vernichtet.
des Auch
importirtes F l e i s c h unterliegt einer B e s c h a u und zwar an den T h o r e n . In Oesterreich muss bei Neuanlage von S c h l a c h t h ä u s e r n cession
nachgesucht
Nieder-Oesterreich
werden.
durch
Schlachthauszwang
das Gesetz
von
um C o n -
wurde
1 8 7 2 angeordnet,
für
letzteres
a b e r keineswegs mit der n o t w e n d i g e n S t r e n g e durchgeführt, da selbst noch
a u s Wien K l a g e n
ü b e r Nichtbefolgung
laut
werden.
Strenger
wird dagegen im ganzen L a n d e die F l e i s c h b e s c h a u g e n o m m e n ,
über
deren A u s ü b u n g die betr. Bestimmungen
mit-
getheilt wurden.
in A b s c h n . I ausführlich
In vorzüglicher W e i s e ist seit Kurzem
U f f e l m a i i u , Leistuugeu a. d. Gebiet d. öfTentl. GesuiidhcildpJ).
in J
Salzburg
258 die
I I . Abschnitt.
ganze Fleischfrage
Nahrungsmittelhygieine.
geregelt
worden.
Vieh- und Schlachthof herstellen,
Hier liess die Stadt
einen
von denen ersterer zu allen Vieh-
märkten dient, letzterer aber das einzige Lokal ist, in welchem Vieh geschlachtet werden darf.
Auf dem Schlachthofe ist ein Inspections-
gebäude, ein Local für Blutzubereitung, Ställe, Schlacht- u. Brühiocale für Schweine, ein Contumazstall und ein Desinfectionslocal, Ställe für Kälber und Schafe nebst Räumen zur Aufbewahrung von Häuten und Talg,
Ställe
räume
für
und Aborte.
für
Rindvieh,
Grosshorn-
desgleichen
und Stechvieh,
Pferde,
32
Schlacht-
Gruben
für
Mist,
—
Auch in Basel
ist seit 1 8 7 4
gestellt und der Schlachtzwang Thierarzt, der das Vieh vor muss.
für
besondere
ein öffentliches Schlachthaus fertig angeordnet.
und
nach
Der Verwalter
dem Schlachten
ist
ein
untersuchen
Alles in die Stadt gebrachte Fleisch muss einen, den Stempel
des öffentlichen
Fleischbeschauers
der öffentlichen Schlachtanstalt
tragenden,
mitfühi •en. —
Gesundheitsschein aus Zürich
hat gleichfalls
Schlachtzwang eingeführt, desgl. Mailand und Turin. Eine obligatorische Untersuchung des Schweinefleisches chinen ist nirgends einzige,
welches
auf Tri-
gesetzlich; das Ortsstatut von Christiania ist das die
Anordnung
derartiger
Untersuchungen
in's
Auge fasst. Als eine hervorragende Leistung auch vom hygieinischen Standpunkte
ist
die
Herstellung
der grossen
Markthallen
Londons,
des
Fischmarktes am Ostende der Stadt und des metrop. meat and poultrymarket für Fleisch, W i l d , Geflügel, Butter und Käse zu bezeichnen. Der erstere ist durchweg mit Asphalt gepflastert
und hat einen con-
stanten, äusserst reichlichen Wasserzufluss aus d. East London waterworks.
Der metropolitan
market ist eine ausgedehnte Halle,
unter
der die Eisenbahnen münden, und in welche Hebeapparate das Fleisch hinaufbefördern. Pflaster,
Drains
liegen
unter
besondere Waschvorrichtungen
stetigem Wasserzufluss angebracht.
dem sind
soliden, in
impermeablen
grosser
Zahl
mit
Die Ventilation wird durch Dach-
reiter unterstützt, so dass im Sommer stets gute, kühle Luft vorhanden ist.
Das eingebrachte Fleisch
muss
mit einem
den Namen des
Absenders, des Ueberbringers und die Gewichtsziffer tragenden Zettel versehen s e i n . * )
—
Die Ansichten der Hygieiniker und auch die Bestimmungen
dar-
*) D i e s e r M a r k t versorgt