CSCL-Kompendium 2.0: Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen [2., völlig überarb. und erw. Aufl.] 9783486716825, 9783486599114

Nachdem klassisches E-Learning an seine Grenzen gestoßen ist, entdecken Forschung und Praxis neue Lernformen: Beim Compu

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CSCL-Kompendium 2.0: Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen [2., völlig überarb. und erw. Aufl.]
 9783486716825, 9783486599114

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CSCL-Kompendium 2.0 Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten, kooperativen Lernen von

Prof. Dr. Jörg Haake Prof. Dr. Gerhard Schwabe Dr.-Ing. Martin Wessner 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Jörg Haake ist Professor für Kooperative Systeme an der Fakultät für Mathematik und Informatik der FernUniversität in Hagen. Seit 1989 erforscht er die Konstruktion und den Einsatz kooperativer Systeme für Arbeiten und Lernen. Seit 2002 entwickelte er mit seinem Team die CSCL-Plattform der FernUniversität sowie Plattformen für Lernen in Gemeinschaften. Gerhard Schwabe ist Ordinarius für Informationsmanagement am Institut für Informatik der Universität Zürich. Er forscht seit 1990 auf dem Gebiet Computer Supported Cooperative Work. In den letzten Jahren hat er größere Projekte zu CSCL, Mobilem Lernen, E-Government und Bank IT durchgeführt. Martin Wessner, Dr.-Ing. (Informatik) und M.A. (Pädagogik), ist Senior Researcher am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) in Kaiserslautern. Seit 1992 forscht, lehrt und publiziert er in den Gebieten E-Learning, CSCL/ CSCW, Wissensmanagement sowie ambiente Technologien und Datenanalyse.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Kathrin Mönch, Dr. Gerhard Pappert Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik & Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-59911-4 eISBN 978-3-486-71682-5

Inhalt Vorwort

IX

1

Grundlagen

1

1.1

Einleitung und Begriffe.............................................................................................. 1 J. Haake, G. Schwabe, M. Wessner

1.2

Forschungsmethoden ................................................................................................. 6 R. Pfister

1.3

Theorien des CSCL .................................................................................................. 16 G. Stahl

1.4

Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen.......................................... 31 M. Janneck

1.5

Pädagogische und didaktische Grundlagen .............................................................. 43 C. de Witt, Christian Grune

1.6

Gruppen und Gruppenarbeit .................................................................................... 57 M. Janneck, M. Janneck

1.7

IT-Architekturen und Infrastrukturen ....................................................................... 69 N. Malzahn, A. Giemza, H. U. Hoppe

1.8

Mensch-Computer-Interaktion ................................................................................. 77 T. Gross

2

CSCL-Umgebungen

2.1

Kommunikation und Awareness .............................................................................. 84 T. Schümmer, J. Haake

2.2

Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen ......................................... 97 M. Ebner, A. Lorenz

2.3

Kooperation in kleineren Lerngruppen .................................................................. 112 T. Holmer, F. Jödick

83

VI

Inhalt

2.4

Kooperation in größeren Lerngruppen ...................................................................121 D. Frohberg

2.5

Kooperative Lernräume ..........................................................................................134 J. Haake, M. Wessner

2.6

Virtuelle kooperative Lernräume ............................................................................146 P. Dawabi

2.7

Werkzeuge für Scripted Collaboration....................................................................159 M. Wessner

2.8

Plattformen .............................................................................................................163 P. Ferdinand, P. Heckmann

2.9

Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess ..........................................................187 A. Kienle, T. Herrmann

3

Didaktik

3.1

Lerngruppen ...........................................................................................................200 M. Wessner

3.2

Moderation .............................................................................................................206 B. Schenk

3.3

Motivation computergestützten kooperativen Lernens ...........................................218 D. Urhahne, A. Weinberger, F. Fischer

3.4

Medienwahl ............................................................................................................225 G. Schwabe

3.5

Computerunterstützte Kooperationsskripts.............................................................234 A. Weinberger, F. Fischer

3.6

Problembasiertes Lernen ........................................................................................240 N. Hoffmann

3.7

Projektorientierung .................................................................................................247 M. Janneck

3.8

Didaktische Konzeption von CSCL-Arrangements ................................................254 M. Kerres, A. Nattland

3.9

Community-orientiertes Lernen..............................................................................261 T. Ley, P. Seitlinger, K. Schöfegger, S. N. Lindstaedt

199

Inhalt

VII

3.10

Game-orientiertes kooperatives Lernen ................................................................. 274 S. Ganguin

3.11

Mobiles Lernen ...................................................................................................... 283 C. Göth, G. Schwabe

4

Umsetzung

4.1

Entwicklungsprozess ............................................................................................. 296 G. Schwabe, J. Haake, M. Wessner

4.2

Bedarfsanalyse ....................................................................................................... 304 K. Allmendinger

4.3

Software- und Systementwicklung ........................................................................ 312 N. Malzahn, H. U. Hoppe, A. Harrer

4.4

Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen ............................................ 322 I. Jackewitz, B. Pape

4.5

Qualitätssicherung ................................................................................................. 335 U. Linder

4.6

Datenschutz............................................................................................................ 351 K.-U. Loser

4.7

Spezifikationen, Normen und Standards zur Unterstützung des kollaborativen Lernens .................................................................................... 359 I. Dahn

5

Erfahrungen aus der Praxis

5.1

Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen .............. 376 S. Hemsing, K. Faber, S. Clemenz

5.2

Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams ............. 385 M. Wessner, T. Holmer, M. Mühlpfordt

5.3

Kreativitätsbasiertes Lernen................................................................................... 396 A. Carell

5.4

CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE .................... 405 S. N. Lindstaedt, C. Christl

5.5

PATONGO: Web-2.0-basierter Kompetenzerwerb in großen Non-Profit-Organisationen..................................................................................... 417 T. Schümmer, C. Matschke. W. Schobert, M. Mühlpfordt

295

375

VIII

Inhalt

5.6

CSCL an der FernUniversität .................................................................................425 J. Haake, T. Schümmer

5.7

Reflexives Lernen mit Web 2.0 ..............................................................................434 S. Seufert

6

Perspektiven M. Wessner, J. Haake, G. Schwabe

445

Literatur

461

Autorenverzeichnis

521

Vorwort In den letzten Jahren hat die Nutzung von Computern und des Internets für das Auffinden, das Erarbeiten und die Kommunikation von Information und Wissen – kurz: E-Learning – weiter zugenommen. Dies zeigt sich deutlich in der schnellen Verbreitung von Communities und der Nutzung von Technologien des Web 2.0 für informelles (soziales, kooperatives) Lernen und Informationsaustausch. Aber auch in Bildungsinstitutionen lässt sich die zunehmende Verbreitung elektronischer Medien und des E-Learnings beobachten. Deswegen gewinnt die Idee des computerunterstützten kooperativen Lernens – kurz CSCL (für „Computer Supported Collaborative/Cooperative Learning“) – weiter an Aktualität. Seine Grundidee ist es, dass sich die Lernenden gemeinsam und zum Teil unterstützt durch einen Lehrenden aktiv einen Lerngegenstand erarbeiten, beispielsweise in Diskussionen, Workshops, Projektarbeiten, Simulationen oder Rollenspielen. Die Informatik bietet hier sehr weitgehende Möglichkeiten, auf geeignete Weise Inhalte bereitzustellen, einen förderlichen virtuellen Lern- und Arbeitskontext zu schaffen sowie die Gruppenprozesse zu steuern und zu unterstützen. Seit dem Erscheinen des CSCL-Kompendiums im Jahr 2004 hat sich das Gebiet des CSCL deutlich weiterentwickelt. Wesentliche Triebkräfte waren und sind hier einerseits die technologische Entwicklung (z.B. Web 2.0, mobile Geräte und umfassende Netzinfrastrukturen) und andererseits mediensoziologische Veränderungen (z.B. der Umgang mit Medien und Gemeinschaften im Internet) sowie demografische Veränderungen (z.B. Überlastung der Bildungssysteme). Die vorliegende grundlegende Überarbeitung des CSCL-Kompendiums reflektiert die Fortschritte und Veränderungen seit 2004 und präsentiert das Gebiet als einführendes Werk im Grenzbereich zwischen Lehrbuch und Handbuch. Neben allen sieben Anwendungbeispielen wurden weitere 9 Beiträge zu den Themen Theorien, Web 2.0, Kooperationsskripte, mobiles bzw. Game-orientiertes Lernen und Datenschutz neu verfasst. Die restlichen Beiträge wurden größtenteils grundlegend überarbeitet und aktualisiert. Da diese Überarbeitung sehr umfassend war, und um den aktuellen Trend zu Web 2.0 aufzugreifen, hat diese Fassung des CSCL-Kompendiums den Titel „CSCL-Kompendium 2.0“ erhalten. Dazu wurden aus den Disziplinen Informatik, Psychologie und Pädagogik mehr als 50 kompetente Autorinnen und Autoren gewonnen, die jeweils einen unterschiedlichen Aspekt von CSCL behandeln. Querverweise zwischen den Beiträgen vernetzen unterschiedliche Sichtweisen und Disziplinen. Die Qualitätssicherung wurde durch extensives Peer-Review sichergestellt: jeder Beitrag wurde von mindestens drei Fachexperten begutachtet. Dies trug nicht nur dazu bei, die Qualität der Beiträge zu erhöhen, sondern half auch, viele Querbezüge zwischen Beiträgen zu etablieren. Ohne die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien hätte diese komplexe Kooperation nicht bewältigt werden können. Durch Nutzung eines Wiki und eines Konferenzmanagementsystems sowie E-Mail wurden Informationen und Dokumente zwischen den Autoren und Herausgebern effizient ausge-

X

Vorwort

tauscht und der Erstellungsprozess koordiniert. Die Herausgeber nutzten zudem regelmäßige Audiokonferenzen zur Koordination des Erstellungsprozesses. Das CSCL-Kompendium richtet sich an Studierende im Hauptstudium sowie in Wissenschaft und Praxis Tätige, die sich in das Gebiet CSCL einarbeiten wollen. Studierende verschiedener Disziplinen und Fachrichtungen, wie z.B. Informatik (angewandte Informatik, Medieninformatik, Wirtschaftsinformatik), Pädagogik (Betriebspädagogik, Lehramtsausbildung, Erwachsenenbildung, Hochschuldidaktik), BWL (Personalentwicklung) oder Psychologie (Personalentwicklung und Pädagogische Psychologie), werden jeweils eigene inhaltliche Schwerpunkte im CSCL-Kompendium setzen. Ebenso werden Praktiker und Wissenschaftler spezifische Interessen haben. Die Gliederung des Kompendiums in sechs Teile soll die Auswahl des Einstiegspunktes für die Leser erleichtern. Mittels zahlreicher Querbezüge können dann auch relevante Beiträge aus den anderen Teilen identifiziert werden. So kann der Leser z.B. nach einigen Grundlagen (Teil 1) erst einen konkreten Fall aus Teil 5 betrachten und daran anschließend didaktische (Teil 3) und technische Aspekte (Teil 2, Teil 4) vertiefen. Der Teil 6 (Perspektiven) betrachtet die Entwicklung des Forschungsgebiets seit 2004 und wagt eine Prognose seiner Weiterentwicklung. Das ausführliche Literaturverzeichnis erleichtert den Einstieg in die Literaturarbeit. Zum Abschluss bedanken sich die Herausgeber bei allen Autoren für die reibungslose Zusammenarbeit. Hagen, Zürich und Kaiserslautern, im Dezember 2011 Jörg Haake, Gerhard Schwabe und Martin Wessner

1

Grundlagen

1.1

Einleitung und Begriffe Jörg M. Haake1, Gerhard Schwabe2, Martin Wessner3 1

FernUniversität in Hagen, 2Universität Zürich, 3 Fraunhofer IESE, Kaiserslautern

1

Einleitung

CSCL bezeichnet ein Forschungsgebiet, das mittlerweile auf eine (mindestens) 20jährige Tradition zurückblicken kann. Seit dem Workshop „Computer Supported Collaborative Learning“ vom 24. bis 28.9.1989 in Acquafredda di Maratea (Italien), der hier die Geburtsstunde des Forschungsgebietes markieren soll, gab es seit 1995 zahlreiche internationale Tagungen (z.B. die alle zwei Jahre stattfindenden CSCL- und ICLS-Konferenzen) und eine europäische Tagung im Jahr 2001. Im deutschsprachigen Raum fand im Jahr 2000 die Tagung D-CSCL, im Jahr 2002 ein Workshop „Kooperatives E-Learning“ statt. Außerdem spielt CSCL eine wichtige Rolle z.B. in den Tagungsreihen Mensch & Computer, DeLFI und Wirtschaftsinformatik sowie bei den GMW-Jahrestagungen. Zahlreiche CSCL-Forscher haben sich innerhalb der CSCL-Community im Rahmen der im Jahr 2002 gegründete International Society of the Learning Sciences (www.isls.org) organisiert. Seit 2006 bietet das International Journal of Computer-Supported Collaborative Learning des Springer-Verlags eine renommierte Plattform zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten über CSCL. In diesem einleitenden Kapitel des CSCL-Kompendiums betrachten wir den Begriff CSCL, die verschiedenen Formen des CSCL und skizzieren schließlich den Aufbau des CSCLKompendiums.

2

Der Begriff CSCL

Die Bedeutung der Bezeichnung CSCL ist nicht eindeutig festgelegt, insbesondere das zweite C wird sehr verschieden ausgelegt. Es steht für collaborative, cooperative, collective, bisweilen auch competitive oder conversational (Koschmann 1996; Koschmann, Hall & Miyake 2002). Weit verbreitet sind die Begriffe kollaboratives Lernen und kooperatives Lernen. Während einige Autoren in diesem Zusammenhang kollaborativ und kooperativ gleichbedeutend verwenden, differenzieren andere zwischen diesen Bezeichnungen. So wird kollaborativ meist verwendet, wenn ein gemeinsames, von allen am Lernprozess Beteiligten

2

1 Grundlagen

geteiltes Ziel vorliegt bzw. großer Wert auf das Aushandeln gemeinsamer Ziele, Prozesse und Ergebnisse gelegt wird. Kooperativ weist häufig auf eine Strukturierung des Lernprozesses durch Rollen und bestimmte Kooperationsmethoden hin. Auch im vorliegenden Kompendium stehen verschiedene Interpretationen und Sichtweisen von CSCL nebeneinander. Als kleinsten gemeinsamen Nenner und Oberbegriff verstehen wir unter kooperativem Lernen das gemeinsame Lernen in einer Gruppe oder Community, bei dem die Mitglieder gemeinsam Wissen erarbeiten und erwerben. Unter CSCL (Computer Supported Collaborative/Cooperative Learning) verstehen wir kooperatives Lernen, welches durch den Einsatz von Informatiksystemen unterstützt wird. CSCL ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet. Beim Planen und Durchführen von computerunterstütztem kooperativem Lernen spielen Aspekte aus der Psychologie (z.B. Wie lernen Menschen?), der Pädagogik (z.B. Welche Gegenstände und welche Lehr-/Lernmethoden eignen sich für das computerunterstützte kooperative Lernen?), der Soziologie und Kommunikationswissenschaft (z.B. Wie kann die Gruppenbildung, Kommunikation und Kooperation in verteilten Lerngruppen gefördert werden?) und der Informatik (z.B. Wie lassen sich Informatiksysteme für das computerunterstützte kooperative Lernen effizient entwickeln, welche Werkzeuge können zur Förderung des kooperativen Lernens realisiert werden?) eine wichtige Rolle. Ohne fachübergreifende Zusammenarbeit lässt sich das komplexe Forschungsgebiet CSCL nicht erfolgversprechend bearbeiten. Bei aller Interdisziplinarität setzt jedoch jeder Forscher einen eigenen fachlichen Schwerpunkt. Dies zeigt sich folgerichtig auch in den unterschiedlichen Arbeitsgebieten der Teilnehmer nationaler und internationaler Tagungen zum Thema CSCL.

3

Formen des CSCL

(Computerunterstütztes) Kooperatives Lernen ereignet sich in einer Vielzahl von Formen und Anwendungsgebieten. Um zu einer konkreten Realisierung computerunterstützten kooperativen Lernens zu gelangen, sei es die Anpassung existierender Werkzeuge und Konzepte oder die Entwicklung neuer Lösungen, ist die Betrachtung der Dimensionen und Erscheinungsformen kooperativen Lernens sinnvoll (vgl. Wessner 2001). Eine grundlegende Klassifikation von CSCL baut auf der aus dem Forschungsgebiet CSCW (Computer-Supported Cooperative Work) bekannten Raum-Zeit-Matrix auf (vgl. Grudin 1994). Kooperatives Lernen kann am selben Ort (ko-präsentes kooperatives Lernen, z.B. im Klassenzimmer) oder an verschiedenen Orten (verteiltes kooperatives Lernen, z.B. unter Nutzung einer CSCL-Plattform in einer verteilten Vorlesung) stattfinden. Kooperatives Lernen kann synchron (alle Mitglieder nehmen gleichzeitig daran teil) oder asynchron (die Mitglieder lernen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und kommunizieren mit asynchronen Medien, z.B. Mail oder Newsforen) erfolgen (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1:

Raum-Zeit-Matrix für CSCL

Gleiche Zeit (synchron) Verschiedene Zeit (asynchron)

gleicher Ort z.B. Computerunterstütztes Klassenzimmer z.B. digitale Post-It beim mobilen Lernen

verschiedener Ort z.B. Televorlesung z.B. Diskussionsforum

1.1 Einleitung und Begriffe

3

In der Praxis besteht kooperatives Lernen häufig aus einer Mischung der oben genannten Situationen bzw. Szenarien, z.B. beim so genannten „Blended Learning“. Blended Learning meint hier die Mischung von Präsenzlernphasen (d.h. alle Lerner im selben Raum, zur selben Zeit) und Distanzlernphasen (d.h. Lerner an verschiedenen Orten lernen zur selben oder zu verschiedenen Zeiten). Neben der Klassifikation nach Raum und Zeit lässt sich der Einsatz von CSCL nach weiteren Dimensionen differenzieren, z.B. (vgl. Wessner 2001): – Symmetrie: Tauschen Personen mit vergleichbaren aber heterogenen Wissensniveaus ihr Wissen aus oder liegt ein starkes Wissensgefälle vor? – Direktivität: Wird der Lernprozess durch bestimmte Personen (oder Programme) angeleitet und betreut oder agieren die Lernenden als sich selbst organisierende Einheit? – Dauer: Bildet sich die Gruppe/Community spontan für kurze Zeit oder soll über längere Zeit und mehrere Phasen ein Lehrstoff gemeinsam bearbeitet werden? – Ziel: Soll am Ende des Lernprozesses jeder Beteiligte einzeln oder eine Gruppe als Ganzes über das Wissen verfügen? Geht es um das Zusammentragen von Informationen, das Anwenden und Vertiefen von Kompetenzen oder das Herausbilden eines gemeinsamen Verständnisses? – Größe: Wie viele Personen nehmen teil? Das Spektrum reicht von Lernpaaren bis zu Gemeinschaften mit potenziell beliebig vielen Mitgliedern. In Abhängigkeit von den Ausprägungen dieser Dimensionen können für ein konkretes Anwendungsszenario Konzepte, Methoden und Werkzeuge ausgewählt werden. Weiterhin kann kooperatives Lernen in den verschiedenen Altersstufen und Sektoren des Bildungswesens zum Einsatz kommen. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Schule, Hochschule, berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Erwachsenenbildung stellen jeweils eigene Anforderungen an die Gestaltung des CSCL. Im CSCL-Kompendium fokussieren wir auf das rechnergestützte kooperative Lernen, im Unterschied zum individuellen E-Learning mit CBT (computer-based training) oder WBT (web-based training). Aber selbstverständlich spielen auch Phasen des individuellen Lernens eine wichtige Rolle beim kooperativen Lernen.

4

Aufbau des CSCL-Kompendiums

Das CSCL-Kompendium spiegelt die Interdisziplinarität des Forschungsgebietes und die verschiedenen Formen des CSCL in seinem Aufbau wider. Zuerst behandelt Teil 1 die Grundlagen des Forschungsgebiets CSCL aus der Sicht der beteiligten Disziplinen. Beitrag 1.2 behandelt die für CSCL typischen Forschungsmethoden, gefolgt von einem Überblick über Theorien des CSCL in Beitrag 1.3. Danach werden die lern- und kommunikationspsychologischen Grundlagen in Beitrag 1.4 sowie die pädagogischen und didaktischen Grundlagen in Beitrag 1.5 vorgestellt. Beitrag 1.6 geht dann aus soziologischer Sicht auf Gruppen und Gruppenarbeit ein. Zum Abschluss behandeln die Beiträge 1.7 und 1.8 die Grundlagen aus Sicht der Informatik: IT-Architekturen und Infrastrukturen sowie die Mensch-Computer-Interaktion. Damit ist die Basis für eine detaillierte Betrachtung von CSCL gelegt.

4

1 Grundlagen

Die danach folgenden Teile des CSCL-Kompendiums behandeln vier Fragestellungen, die für die Entwicklung und den Einsatz von CSCL wesentlich sind: – – – –

Teil 2: CSCL-Umgebungen Teil 3: Didaktik Teil 4: Umsetzung Teil 5: Erfahrungen aus der Praxis

Teil 2 behandelt aus Informatiksicht das Thema der CSCL-Umgebungen. In den ersten beiden Beiträgen werden grundlegende Werkzeuge für die Unterstützung von Kommunikation und Awareness und grundlegende Ansätze des Web 2.0 als Basistechnologien für CSCLUmgebungen dargestellt. Auf dieser Basis präsentieren die nächsten vier Beiträge typische Werkzeuge zur Unterstützung der Kooperation und des kooperativen Lernens in spezifischen Settings: in kleineren Lerngruppen, in größeren Lerngruppen, in kooperativen Lernräumen und in virtuellen kooperativen Lernräumen. Die letzten drei Beiträge in diesem Teil behandeln Ansätze zur Unterstützung des kooperativen Lernens auf unterschiedlichen organisatorischen Ebenen: während Beitrag 2.7 mit Werkzeugen für Scripted Collaboration die Lernlogistik innerhalb einer kooperativen Lernaufgabe im Fokus hat, behandelt Beitrag 2.8 die Unterstützung der gesamten Lernlogistik durch Lernplattformen. Beitrag 2.9 schließlich fokussiert auf die Unterstützung diskursiver Lernprozesse. Teil 3 beschäftigt sich aus pädagogischer, psychologischer und soziologischer bzw. kommunikationswissenschaftlicher Sicht mit der Didaktik für CSCL. Zuerst behandeln fünf Beiträge eher grundlegende Aspekte der Gestaltung von CSCL: Lerngruppe, Moderation, Motivation des computerunterstützten kooperativen Lernens, Medienwahl bei der Gestaltung des CSCL sowie Gestaltung computerunterstützter Kooperationsskripte. Danach behandeln die folgenden sechs Beiträge verschiedene didaktische Herangehensweisen an die Gestaltung des CSCL: Problembasiertes Lernen, Projektorientierung, Didaktische Konzeption von CSCLArrangements, Community-orientiertes Lernen, Game-orientiertes kooperatives Lernen sowie mobiles Lernen. Teil 4 ist der Umsetzung von CSCL gewidmet. Dazu diskutieren sieben Beiträge wichtige Aspekte der Realisierung von CSCL-Systemen: den Entwicklungsprozess, die Bedarfsanalyse, die Software- und Systementwicklung, die Einführung und Bereitstellung, die Qualitätssicherung, den Datenschutz sowie die Rolle von Spezifikationen, Normen und Standards zur Unterstützung des kollaborativen Lernens. Teil 5 diskutiert die Erfahrungen mit CSCL aus der Praxis anhand von sieben konkreten Fällen: ein Beispiel für die Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen; ein Beispiel für die evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams; ein Beispiel für kreativitätsbasiertes Lernen; arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE als ein Beispiel für CSCL in Unternehmen; PATONGO als ein Beispiel für Web-2.0-basierten Kompetenzerwerb in großen Non-Profit-Organisationen; ein Beispiel für die Nutzung von CSCL an der Fernuniversität; sowie ein Beispiel für reflexives Lernen mit Web 2.0. Der Beitrag „Perspektiven“ in Teil 6 bietet einerseits einen Rückblick auf die Entwicklung von CSCL seit dem Erscheinen des CSCL-Kompendiums in 2004 und gibt andererseits einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des Forschungsgebietes. Abgeschlossen wird das Kompendium durch ein Literaturverzeichnis und ein Autorenverzeichnis.

1.1 Einleitung und Begriffe

5

Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Sprachgebrauch: Die Verwendung von männlichen und weiblichen Bezeichnungen wird in den einzelnen Beiträgen des Kompendiums unterschiedlich gehandhabt. Auch wenn teilweise im Interesse der besseren Lesbarkeit stellvertretend nur eine Form verwendet wird, sollen sich beide Geschlechter angesprochen fühlen.

6

1.2

1 Grundlagen

Forschungsmethoden Hans-Rüdiger Pfister Leuphana Universität Lüneburg

1

Einleitung

In diesem Beitrag wird ein Überblick über allgemeine und spezielle empirische Forschungsmethoden zur Untersuchung von CSCL-Arrangements gegeben. CSCL-Forschung ist ein genuin interdisziplinäres Feld, weshalb methodische Ansätze aus der Psychologie, der Pädagogik, den Sozialwissenschaften, den Kommunikationswissenschaften sowie der Informatik relevant sein können. Die Gliederung folgt grob der traditionellen Einteilung in eher quantitative und eher qualitative Ansätze; von der Sache sind beide Perspektiven jedoch nicht zu trennen und gerade die CSCL-Forschung bedarf je nach Fragestellung integrierender Forschungsdesigns. Es ist wohl der Komplexität des Gegenstands geschuldet, dass es keine dominante oder paradigmatische methodische Herangehensweise bei der Untersuchung von kollaborativen computer- bzw. netzbasierten Lernszenarien gibt (Strijbos & Fischer 2007). Das Forschungsfeld CSCL hat bislang keine eigenständigen Methoden entwickelt, sondern auf Grund seines multidisziplinären Charakters vielfältige Anleihen bei anderen Forschungsfeldern gemacht und entsprechend angepasst. Bei der empirischen Analyse treffen mehrere Forschungstraditionen aufeinander, die jeweils eigene methodische Ansätze hervorgebracht haben. Aus pädagogisch-didaktischer Perspektive steht beispielsweise die Forschungsfrage nach den Unterschieden zwischen herkömmlicher Person- bzw. Klassenraum-zentrierter Didaktik und einer spezifisch auf den Computer als zentrales Medium der Wissensvermittlung zugeschnittenen Didaktik im Mittelpunkt (Issing & Klimsa 2002, 2008; Oberle & Wessner 1998). Die Frage, ob CSCL generell erfolgreicher ist als andere Lernformen, hat sich allerdings als wenig fruchtbar erwiesen, da hier zu viele Faktoren auf komplexe Weise interagieren; sinnvoll ist die Frage, wie und wann man CSCL am besten einsetzen und an spezifische Zielstellungen anpassen kann (Bromme et al. 2005; Dillenbourg et al. 1995). Aus psychologischer, vor allem lernpsychologischer Perspektive steht die Forschungsfrage nach den Bedingungen und kognitiven Mechanismen der Aneignung und Anwendung von Wissen sowie nach den Faktoren im Vordergrund, die einen effektiven Aufbau einer mentalen Repräsentation ermöglichen (Anderson 2007). CSCL kann hier als Anwendungsfeld im Spannungbereich zwischen Kognitionswissenschaft, Konstruktivismus und Situationismus gesehen werden (Fischer 2002). Schließlich steht aus sozialpsychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Sicht die Gruppe per se, ihre Gesetzmäßigkeiten insbesondere im Rahmen von Lernprozessen und natürlich ihre Besonderheiten in virtuellen Räumen im Mittelpunkt des Interesses (siehe auch Beitrag 1.4 und Beitrag 1.6). Dabei werden neben kognitiven und didaktischen Aspekten vor allem affektive Faktoren und interpersonale Beziehungen fokussiert (Brandon & Hollingshead 1999; Yu 2001). Untersuchungen von CSCL-Arrangements verwenden typische Szenarien und Infrastrukturen (Stahl et al. 2006; Wessner & Pfister 2007). In eher grundlagenorientierten Studien werden

1.2 Forschungsmethoden

7

kleine Gruppen von Lernenden gebildet, die entweder vor einem Computer oder verteilt über ein Netzwerk eine meist artifizielle Lernaufgabe kurze Zeit bearbeiten. Die Kommunikation erfolgt entweder face-to-face oder netzbasiert, z.B. mittels Chat oder einer Videokonferenz (siehe Beträge 1.7, 1.8 und 2.3). In eher anwendungsorientierten Studien werden größere Gruppen von Lernenden, manchmal unterteilt in Subgruppen, untersucht, die eine kooperative Lernaufgabe als Bestandteil eines Kurses in der Schule, Universität oder in einem Unternehmen bearbeiten (Haake & Pfister 2010; siehe Beiträge 2.4 und 2.6). Der Beobachtungszeitraum ist hier längerfristig bis zu mehreren Wochen oder Monaten; die Kommunikation erfolgt oft asynchron über E-Mail oder Mailing-Listen. Während grundlagenorientierte Studien mit Hilfe experimentell-quantitativer Methoden untersucht werden können, kommen bei anwendungsorientierten Studien eher korrelative und qualitative Verfahren zum Einsatz.

2

Quantitative Methoden

Unter quantitativen Methoden werden in den Verhaltenswissenschaften solche Verfahren verstanden, die auf der Quantifizierbarkeit der interessierenden Variablen basieren und statistische Modelle zur Identifikation kausaler oder korrelativer Beziehungen benutzen. Dazu gehören hauptsächlich experimentelle Laborstudien, quasi-experimentelle Feldstudien und Fragebogenstudien (Eid et al., 2010).

2.1

Experimentelle und quasi-experimentelle Ansätze

2.1.1

Ergebnisorientierte Analysen

Die grundlegenden Designs zur experimentellen und quasi-experimentellen Untersuchung insbesondere psychologisch-pädagogischer Fragestellungen haben Campbell und Stanley (1966) in bis heute weitgehend gültiger Form ausgearbeitet (Shadish et al. 2002). In ergebnisorientierten Analysen gilt das Interesse primär den messbaren Resultaten pädagogischer Interventionen, etwa dem Lernerfolg. Die typischen Fragestellungen, die man versucht hat auf diese Weise zu beantworten, sind beispielsweise „Ist kooperatives Lernen erfolgreicher als individuelles Lernen?“ bzw. „Unter welchen Bedingungen ist kooperatives Lernen erfolgreicher?“, oder „Verbessert der Einsatz von Video die Verarbeitungstiefe beim kooperativen Lernen?“. Hinsichtlich der interessierenden Fragestellung kann der Schwerpunkt eher auf der abhängigen Variable (AV), den Effekten, oder auf der unabhängigen Variable (UV), den Bedingungen, liegen.

KG: Kontrollgruppe

EG: Experimentalgruppe Abbildung 1:

AV: Lernerfolg

Treatment

AV: Lernerfolg

Grundlegendes experimentelles Design (AV: Abhängige Variable).

Abb. 1 zeigt das einfachste experimentelle Design, anwendbar etwa zur Untersuchung der Frage, ob der Lernerfolg verbessert werden kann, wenn Lerngruppen mittels Videokonferenz (UV oder „Treatment“) statt mit Chat kommunizieren. Die Kontrollgruppe (KG) wäre hier

8

1 Grundlagen

die Bedingung, in der lediglich mit Chat kommuniziert wird, die Experimentalgruppe (EG) kommuniziert stattdessen mit Hilfe eines Audio/Videosystems. Als abhängige Variable (AV) wird der Lernerfolg mit Hilfe eines Wissenstests nach Durchführung einer kooperativen Lernsitzung erhoben. Für die Auswertung derartiger Untersuchungen stehen klassische statistische hypothesenprüfende Verfahren wie die Varianz- und Kovarianzanalyse zur Verfügung, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann (Bortz & Schuster 2010; Eid et al. 2010).

2.1.2

Das Unit-of-Analysis Problem

CSCL-Studien untersuchen Personen (Lernende), die in Gruppen interagieren (siehe Beitrag 1.6). Untersuchungseinheit können entsprechend die einzelnen Individuen oder die Gruppen als Ganzes sein. Oft werden Merkmale der Gruppe, beispielsweise Größe oder Zusammensetzung, manipuliert, die abhängige Variable, etwa Lernerfolg, aber individuell gemessen. Dieses sogenannte „Unit-of-Analysis“ Problem hat mehrere Facetten: Zum einen muss der Forscher eindeutig definieren, ob er/sie etwa am individuellen Lernzuwachs oder am Lernzuwachs der Gruppe interessiert ist; allerdings sind einfache aggregierte Gruppenindizes wie durchschnittlicher Lernzuwachs oder die Varianz individueller Lernzuwächse problematisch als Maße kollaborativer Leistungen, insbesondere wenn Merkmale wie geteiltes Wissen erfasst werden soll (Nickerson, 1993). Während Lernerfolg sowohl disaggregiert als individuelles Maß als auch aggregiert als Gruppenmaß behandelt werden kann, sind genuine Gruppencharakteristika nur auf Ebene der Gruppe erfassbar (z.B. netzwerkanalytische Maße, siehe de Laat et al. 2007; Wasserman & Faust 1994). Weiterhin verlangen experimentelle Untersuchungen die zufällige Zuweisung von Versuchspersonen zu den einzelnen Bedingungen (Randomisierung). In der Regel ist der Forscher jedoch nicht an zufällig zusammengesetzten Gruppen interessiert, sondern an Gruppen, deren Mitglieder sich hinsichtlich bestimmter Merkmale systematisch unterscheiden, etwa Motivation, Heterogenität im Vorwissen oder Statusunterschiede. Eine Randomisierung von Gruppen mit definierter Zusammensetzung stößt jedoch schnell an praktische Probleme der Durchführbarkeit. Ein Problem für die statistische Analyse ergibt sich aus der hierarchischen Struktur der Stichprobe, in der Individuen in Gruppen zusammengefasst sind, die entweder natürliche Gruppen bilden (Lerngruppen, Arbeitsteams), oder im Rahmen einer experimentellen Studie nach bestimmten Kriterien oder auch beliebig einer Gruppe zugewiesen wurden. In allen Fällen erzeugt die kollaborative Tätigkeit Abhängigkeiten zwischen den Gruppenmitgliedern, so dass die Gesamtstichprobe nicht mehr als Menge unabhängiger Beobachtungen betrachtet und mit statistischen Standardverfahren ausgewertet werden kann. Zur Analyse derartiger hierarchisch gruppierter Daten (nested data) steht als Analyseverfahren die sogenannte Mehrebenenanalyse (multilevel analysis bzw. multilevel modeling) zur Verfügung (Hox 2010; Raudenbush & Bryk 2002). Obwohl in der empirischen Pädagogik seit langem gebräuchlich, hat sich die Multilevel Analyse in der CSCL-Forschung erst seit einigen Jahren etablieren können (Cress 2008; De Wever et al. 2007; Pfister & Oehl 2009). Multilevel Analysen sind in der Lage, sowohl statistische Abhängigkeiten der Individuen in Gruppen zu berücksichtigen, als auch simultan den Einfluss von individuellen Merkmalen, von aggregierte Variablen, von Variablen, die Gruppenmerkmale abbilden, sowie deren Interaktionen zu modellieren. Hox (2010) und Cress (2008) geben verständliche Einführungen. Zur Analyse können entweder universelle Statistikpakete wie SPSS oder R benutzt werden, oder

1.2 Forschungsmethoden

9

spezifische Programme wie HML (Raudenbush & Bryk 2002) oder MLwiN (Rabash et al. 2008). Zur Analyse typischer CSCL-Arrangements sollten Multilevel-Analysen die Methode der Wahl bilden.

2.1.3

Das Kausalitätsproblem

Neben echten experimentellen Studien basieren CSCL-Untersuchungen oft auf quasiexperimentellen Untersuchungen (Abb. 2), bei denen keine randomisierte Zuordnung der Untersuchungseinheiten auf die verschiedenen Bedingungen erfolgt. Kausalhypothesen sind damit nur sehr eingeschränkt überprüfbar, da jeder gefundene Unterschied zwischen den Bedingungen immer ein Effekt der nicht zufälligen Stichprobenselektion sein kann und in der Regel plausible Alternativerklärungen nicht ausgeschlossen werden können.

Kovariate

Quasi-Bedingung 1

AV: Lernerfolg

Kovariate

Quasi-Bedingung 2

AV: Lernerfolg

Abbildung 2:

Quasi-experimentelles Design

Dennoch stehen dem Forscher eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, um auch bei nicht streng randomisierten Bedingungen kausale Annahmen zumindest annähernd zu überprüfen (Shadish et al. 2002). Insbesondere die Mehrfachmessung über die Zeit (Zeitreihen), die Erhebung von Kontrollvariabalen (Kovariate) wie Vorwissen oder Persönlichkeitsmerkmalen, oder die Bildung von quasi-Kontrollgruppen mit ähnlichen Stichproben erhöhen die interne Validität von Kausalaussagen. Ist im Rahmen einer Untersuchung keine strenge Randomisierung möglich, so sollte zumindest versucht werden an Hand verfügbarer Variablen durch Matching eine weitgehende Äquivalenz der Versuchsbedingungen zu erreichen; Shadish et al. (2002) empfehlen, stets moderne Verfahren des sogenannten propensity score matching zu verwenden (Rubin & Thomas, 1996). Die gebräuchlichste korrelative Technik zur Überprüfung der kausalen Rolle vermittelnder Variablen ist die Mediator-Analyse (Baron & Kenny 1986). Sie dient zur Analyse intervenierender Variablen (Mediatorvariable), wenn beispielsweise angenommen wird, dass eine bestimmte Kollaborationsform beim CSCL nur dann den Lernerfolg verbessert, wenn dadurch eine erhöhte Motivation verursacht wird, die wiederum höheren Lerngewinn verursacht. Liegen Messungen entsprechender Kovariate vor, können solche Kausalhypothesen durch eine Mediatoranalyse wenn auch nicht streng getestet, so doch oft als sehr plausibel begründet werden (MacKinnon et al. 2007).

2.1.4

Stichprobengröße und Teststärke

Schließlich ist bei der Planung von (quasi-)experimentellen Untersuchungen mit Gruppen zu beachten, dass die benötigte Stichprobengröße sehr groß sein sollte, um eine hinreichende Teststärke (power) zu erreichen. Unter Teststärke versteht man die Wahrscheinlichkeit, einen Effekt bestimmter Größe auch als signifikant zu identifizieren, sofern er tatsächlich vorhanden ist. Sind die Merkmale der Gruppen nicht oder nur teilweise kontrolliert, entsteht aus der

10

1 Grundlagen

Gruppensituation und Gruppendynamik per se unerwünschte Fehlervarianz, die den vermuteten Effekt leicht überdecken kann. Da bei CSCL-Untersuchungen oft nur mit kleinen Effektgrößen zu rechnen ist, werden beispielsweise bei einer Teststärke von 0.80 mindestens 50 Personen pro Bedingung benötigt (Cohen 1992); definiert man die Gruppe als Einheit, so ergeben sich beispielsweise bei vier Teilnehmern pro Gruppe bereits Stichprobengrößen von über 200 Personen. Ein nutzerfreundliches Program zur Berechnung benötigter Stichprobengrößen (Power Analyse) beschreiben Faul et al. (2007). Bei Multilevel-Analysen ist sowohl die Anzahl der Gruppen als auch die durchschnittliche Gruppengröße zu berücksichtigen; generell sollte vor allem die Anzahl der Gruppen hoch sein (Hox 2010).

2.1.5

Prozessorientierte Analysen

Während ergebnisorientierte Studien als abhängige Variablen vor allem den Lernerfolg im weiteren Sinne untersuchen, fokussieren prozessorientierte Analysen auf die vermittelnden Prozesse; dabei kann es sich um kognitive oder motivational-emotionale Prozesse der individuellen Lerner handeln (siehe Beiträge 1.3, 1.4 und 3.3), oder um Interaktionsprozesse der Gruppenmitglieder. CSCL-Arrangements bieten auf Grund des verwendeten Mediums, Computer bzw. Internet, gute Möglichkeiten, den kognitiven und sozialen Prozessen auf die Spur zu kommen. Die automatische online-Protokollierung von Kommunikationsverläufen (z.B. Chat-Protokolle) oder von anderen Interaktionen, etwa bei der Erstellung von kollaborativen Artefakten (Texte, Grafiken), stellt technisch keine Schwierigkeit dar. Da bei der Analyse solcher Log-File-Protokolle in der Regel eine Mischung quantitativer und qualitativer Verfahren indiziert ist, werden entsprechende Ansätze unten in Abschnitt 3 über qualitative Methoden dargestellt.

2.2

Felduntersuchungen

Während Experimente und Quasi-Experimente zur Untersuchung konkret formulierter Fragestellungen, bei denen eine mindestens partielle Kontrolle der Bedingungen möglich ist, indiziert sind, muss bei der Untersuchung authentischer CSCL-Anwendungen ins „Feld“ gegangen werden. Typische Anwendungsfälle sind Evaluationsstudien und Akzeptanzuntersuchungen realer online-Kurse, integraler online-Lernumgebungen und spezifischer kollaborativer Übungen etwa im Rahmen virtueller Seminare (siehe Beiträge 2.4 bis 2.9 und 5.6). Die Datenerhebung erfolgt in der Regel über Fragebögen, (halb-)standardisierte Interviews sowie Tests, die Teil der regulären Lehrveranstaltungen oder Prüfungen sind (Haake & Pfister 2010; Issing & Klimsa 2008; Light et al. 2000). Während für multimediale Lernsysteme eine Reihe standardisierter Evaluationsverfahren existiert (Schenkel et al. 2000), hat sich für CSCL-Arrangements noch kein echter Standard etabliert. Evaluations- und Akzeptanzstudien folgen daher den Empfehlungen und Praktiken, die sich allgemein für E-Learning bewährt haben (Rey 2009; Schulmeister 2001, 2005, 2006). Zur Konstruktion und statistischen Auswertung von Fragebögen informieren Bortz und Döring (2006) und Moosbrugger und Kelava (2007). In netz-basierten Umgebungen bietet sich die Darbietung und Erfassung von Fragebögen in Form von online-Erhebungen an (Batinic 2004). Einerseits bietet die online-Darbietung von Fragen und anderen Messinstrumenten, entweder während oder nach einer CSCL-Sitzung, erhebliche Vorteile: die Erfassung und Codierung erfolgt automatisch, große Stichproben sind mit wenig Aufwand rekrutierbar, Objektivität und Standardisierung sind hoch, und für die Messung ist kein Medienwechsel

1.2 Forschungsmethoden

11

erforderlich. Anderseits ist die Teilnahme oft wenig kontrollierbar, Stichproben sind nicht repräsentativ, und die Datenqualität kann häufig nicht garantiert werden.

3

Qualitative Methoden

Qualitative Methoden bilden ein Konglomerat von Verfahren, die nicht oder nur teilweise dem kausalanalytischen Paradigma (quasi-)experimenteller Forschung oder dem Paradigma quantifizierter standardisierter Befragung zugeordnet werden können. Quantitative und qualitative Methoden bilden keine Dichotomie, sondern sind als Pole eines Kontinuums anzusehen; reale Forschung ist immer eine an der konkreten Fragestellung orientierte Mischung beider Perspektiven. Im Zentrum qualitativer Methoden steht die inhaltliche Interpretation von Texten als den Resultaten individueller Handlungen oder sozialer Interaktionen. Dabei wird der Begriff Text sehr allgemein verwendet, es kann sich um ein Schriftstück, einen Dialog, eine Interviewmitschrift, einen Film oder um andere Dokumente handeln. Als Interpretationsbasis dient in der Regel eine aufbereitete Form, meist eine schriftliche Transkription. Ziel ist die Rekonstruktion des „subjektiven Sinns“ der handelnden, d.h. den Text erzeugenden, Personen bzw. das Aufdecken der tiefenstrukturellen Faktoren, die für die Genese und Bedeutung des Textes konstitutiv sind (Flick, 2007). Aus der Fülle qualitativer Methoden kann hier nur eine kleine Selektion vorgestellt werden, die für die CSCL-Forschung relevant ist; Überblicke bieten Flick (2007) oder Mey und Mruck (2010), eine anwendungsorientierte Einführung gibt Silverman (2010). Hinsichtlich der Untersuchung von CSCL-Szenarien ist ein Begriff von qualitativer Analyse angebracht, der sich primär an der Art des analysierten Materials orientiert: (i) textuelle Protokolle (Log-Files) aus synchronen oder asynchronen kooperativen Lernsitzungen, und (ii) Videomaterial aus synchronen Lernsitzungen (siehe Abb. 3). Statt einer quantitativen Analyse von Output-Variablen (z.B. Lernerfolg) analysiert man hier auf mikroskopischer Ebene den Lernprozess selbst, etwa die Sequenz der einzelnen Beiträge, die Arten von Beiträgen, oder die Abfolge kollaborativer Interaktionsmuster. Im Zentrum steht dabei die Suche nach Regelmäßigkeiten in der Reihenfolge einzelner Aktivitäten, kommunikativer Akte oder kognitiver Mechanismen, die die Spezifik des CSCL-Szenarios verstehen helfen. Im Gegensatz zur oben dargestellten ergebnisorientierten Analyse konzentriert sich die prozessorientierte Analyse auf die relevanten Prozesse während des kooperativen Lernens selbst, weshalb viele prozessorientierte Fragestellungen (siehe Abschnitt 2.1.5) primär mit qualitativen Methoden untersucht werden.

Video CSCLProzess

Abbildung 3:

Aufzeichnung

Transkript Textprotokoll

Ablaufschema der qualitativen Prozess-Analyse

Analyse

12

3.1

1 Grundlagen

Beitragsanalyse

CSCL-Lernverläufe erzeugen einen Kommunikationsfluss der Beiträge der Teilnehmer. Diese Kommunikation kann automatisch protokolliert und als (transkribierter bzw. aufbereiteter) Text analysiert werden. Der Kommunikationsverlauf kann in einzelne Beiträge segmentiert und kategorisiert und deren Verteilung als auch deren zeitliche Sequenz analysiert werden (siehe Beiträge 2.7 und 2.9).

3.1.1

Kategorisierung

Wesentlich für die Untersuchung von Kommunikationsverläufen ist der Prozess der Codierung, der aus (i) einer Segmentierung in diskrete Analyseeinheiten, und (ii) einer Klassifizierung der Einheiten in inhaltliche Kategorien (Strijbos & Fischer 2007; Strijbos & Stahl 2007) besteht; unter Umständen ist auch (iii) eine Identifikation von Kommunikationssträngen (threads) erforderlich (Herring 2004). Das entsprechende Kategoriensystem kann entweder a priori theoretisch definiert werden, etwa im Sinne der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ (Mayring 2010), oder sich induktiv aus der fortschreitenden Analyse selbst ergeben, etwa im Sinne der „Grounded Theory“ (Corbin & Strauss 2008). Die Kategorien können eher klassifikatorisch sein, um beispielsweise ähnliche Sprechakte zusammen zu fassen („Frage“, „Aufforderung“), oder sie können eher als Indikatoren kognitiver Operationen dienen („Aufmerksamkeit“, „Speicherung“). In der CSCL-Forschung wurden in den letzten Jahren Codierungssysteme für unterschiedliche Aspekte kollaborativer Kommunikations- und Lernprozesse entwickelt, die hinsichtlich Validität und Reliabilität den gebräuchlichen Standards genügen. Ein Schema zur Codierung von Kollaborationsdimensionen, beispielsweise „dialogue management“ oder „information pooling“, haben Meier, Spada und Rummel (2007) entwickelt. Codierungsschemata zur Analyse von Diskursverläufen, bei denen die Erzeugung von geteiltem Wissen (common ground) im Mittelpunkt steht (beispielsweise Kategorien wie „Agreement/Disagreement“ oder „Positive/Negative Feedback“), wurden von Beers et al. (2007) und Berwe et al. (2010) vorgeschlagen. Überblicke geben Bente und Krämer (2004), De Wever et al. (2006), oder Oehl und Pfister (2010). Ansätze zur Automatisierung des Codierungsprozesses werden von Erkens und Janssen (2008) diskutiert. Die Auswertung besteht vor allem in der Analyse von Kategorienhäufigkeiten, insbesondere in Abhängigkeit von spezifischen CSCL-Bedingungen und erfolgreichen versus nicht erfolgreichen Lernprozessen. Der relativ aufwendige Prozess der Datenaufbereitung (Transkription) und Kategorisierung kann durch unterstützende Software reduziert werden. Beispielhaft seien die Programme TEXTPACK der GESIS, oder die konzeptuell auf der Grounded Theory basierenden Programme ATLASti (Muhr & Friese 2004) und MAXqda (Kuckartz 2010) genannt. Die beiden letzteren Programme unterstützen die qualitative sowie quantitative Analyse von Textkorpora.

3.1.2

Sequenz-Analyse

Eine Prozessanalyse im engeren Sinn besteht in der Analyse der Abfolge der einzelnen Beiträge. Jeder Beitrag kann als Ereignis mit bestimmten Attributen verstanden werden, beispielsweise Sprecher, Beitragskategorie, Umfang, Zeitpunkt und -dauer, und Referenz (Oehl & Pfister 2010). Die zeitliche Ordnung dieser Ereignisse, entweder ordinal oder metrisch entlang einer kontinuierlichen Zeitachse, bildet die zu analysierende Beitragssequenz. Ziel ist

1.2 Forschungsmethoden

13

die Aufdeckung charakteristischer Sequenzketten und Interaktionsmuster, die mit spezifischen Kollaborationsaktivitäten (z.B. Sprecherwechsel, „turn-taking“) oder mit spezifischen Lernergebnissen (individueller oder geteilter Wissenszuwachs) verbunden sind. Ansätze zur Sequenzanalyse findet man etwa in der klassischen Konversationsanalyse (Bergmann 1995) und in Ansätzen wie der ESDA (Exploratory Sequential Data Analysis; Sanderson & Fisher 1994) oder in auf Markov-Modellen basierenden Methoden (Haccou & Meelis 1994). Suthers et al. (2010) und Reimann (2009) behandeln allgemeine Implikationen einer prozessorientierten Methodologie im Rahmen von CSCL (vgl. auch Janetzko & Fischer 2003); sequentielle Analysen in speziellen Domänen wie mathematischem Problemlösen oder der Konstruktion von Argumenten werden von Cakir et al. (2009) und Scheuer et al. (2010) diskutiert. Als relativ erfolgreich im Rahmen von CSCL-Studien hat sich die Anwendung von Sequenzmodellen auf Basis von Markov-Modellen erwiesen. Die Arbeiten von Soller (2004; Soller & Lesgold 2007) beschreiben eine Modellierung typisierter Beitragssequenzen mit Hidden Markov Models (HMM; Rabiner, 1989); darauf aufbauend konnten Berwe et al. (2010) mit Hilfe von HMM effektive CSCL-Diskurse von weniger effektiven unterscheiden. Für die Analyse von Sequenz-Modellen muss in der Regel auf spezielle Software zurückgegriffen werden. Die open-source Statistikumgebung R bietet viele Funktionen zur Analyse von Markov-Modellen und HMM und anderen Sequenz-Modellen (R Development Core Team 2011); GSEQ (Bakeman et al. 2009) bietet Verfahren zur Analyse von Interaktionssequenzen, ebenso DAT (Discussion Analysis Tool) von Jeong (2005). Speziell auf die Analyse von Chat-Protokollen zugeschnitten ist das Programm CHATLINE (Holmer 2008; Pfister et al. 2004), das neben einer Erfassung von Chat-Diskursen deren nachträgliche Kategorisierung, die Verknüpfung von Beiträgen, sowie diverse Auswertungsmöglichkeiten in Form von Sequenzdiagrammen einschließlich einer grafischen Darstellung der Diskursstruktur bietet. Insbesondere ist eine Darstellung des sozialen Beziehungsnetzwerks auf Basis wechselseitiger Referenzen möglich; obwohl in den Sozialwissenschaften seit langem bewährt, wird die soziale Netzwerkanalyse (Wasserman & Faust 1994) erst zögerlich zur Analyse von CSCLProzessen eingesetzt (de Laat 2007).

3.2

Videoanalyse und Screen-Recording

CSCL-Arrangements bieten die Möglichkeit, die auf dem Computerbildschirm ablaufenden Aktionen mittels Screen-Recording direkt zu erfassen. Besteht das CSCL-Kommunikationsmedium aus einer Videokonferenz, so kann der gesamte Kollaborationsprozess direkt erfasst werden (Ertl et al. 2006); ein grundlegende Einführung in die Videoanalyse findet man bei Dinkelaker und Herrle (2009). Die Prozessanalyse verwendet als Interpretationsbasis das digitale Video. Anders als bei der quasi-natürlichen Segmentierung von Textbeiträgen stellt die Segmentierung und Kategorisierung kontinuierlicher Videoströme den Auswerter vor erhebliche Probleme. Der Handlungsfluss muss in unterscheidbare Aktionen eingeteilt werden und ähnliche Aktionen müssen als Exemplare der gleichen Kategorie identifiziert werden (so kann beispielsweise die Aktion „stimmt zu“ entweder als verbale Zustimmung „ja, genau“ oder gestisch durch Kopfnicken realisiert sein). Neben der Operationalisierung der Auswertungskategorien müssen die

14

1 Grundlagen

entsprechenden Szenen im Videomaterial so markiert werden, dass sie wiederauffindbar sind. Einen Ansatz aus ethnographischer Perspektive zur Auswertung liefert die Interaction Analysis (Jordan & Henderson 1995). Software, die diese Arbeit unterstützt, ist beispielsweise das oben erwähnte ATLASti oder das Programm INTERACT (Mangold 2010), das äußerst ausgefeilte Möglichkeiten der Videoanalyse bietet (event-sampling auf Frame-Ebene, hierarchische Kategorisierung, Interaktionsgraphen, usw.).

4

Spezielle Verfahren

Das Laute Denken ist eine der ältesten psychologischen Prozeduren, um unbeobachtbare kognitive Prozesse beobachtbar zu machen. Die Versuchsperson wird dabei aufgefordert, alles verbal zu äußern, was ihr bei der Bearbeitung einer Aufgabe durch den Kopf geht. CSCL-Szenarien, die face-to-face oder via Audio/Video-Konferenz realisiert werden, liefern derartige Daten fast en passant, da der Kommunikationsprozess offen verläuft und aufgezeichnet werden kann. Bei textbasierter, vor allem bei asynchroner Kommunikation, müssen die Teilnehmer explizit dazu aufgefordert und u.U. trainiert werden. Probleme des Lauten Denkens bestehen in der sehr unterschiedlichen Fähigkeit von Personen, ihr Denken kontinuierlich zu verbalisieren, in der Gefahr von Interferenzen zwischen Sprechen und Denken, sowie in der prinzipiellen Nicht-Verbalisierbarkeit vieler automatisierter Denkprozesse. Hinweise zur Durchführung des Lauten Denkens findet man etwa bei van Someren et al. (1994). Die Blickbewegungsanalyse gilt als weitgehend non-reaktives Verfahren zur Erfassung des zeitlichen und örtlichen Verlaufs der Aufmerksamkeitsallokation. Unter der Annahme, dass die jeweils visuell fixierten Orte bzw. Informationen den Fokus der Aufmerksamkeit bilden und mit hoher Kapazität verarbeitet werden, kann auf Basis einer Analyse der Fixationen ein Rückschluss über die Art und Abfolge der kognitiven Prozesse gezogen werden. Technisch funktioniert das Verfahren über die Analyse der Pupillenbewegung und der daraus abgeleiteten Blickrichtung, etwa beim Betrachten eines Bildschirms. Moderne, nicht-invasive Verfahren benutzen dazu eine Videoanalyse der Augenbewegung im Infrarotbereich und liefern als Resultat ein detailliertes Protokoll der Fixationspunkte über die Zeit mit hoher Auflösung (Duchowski 2007).

5

Integrierende Forschungsdesigns

Die empirische Untersuchung von CSCL-Arrangements stellt an den Forscher und an die Forscherin auf Grund der multidisziplinären Anforderungen hohe Ansprüche. Die CSCLForschung umfasst die ganze Spanne von theoriegeleiteter und explorativer Grundlagenforschung bis hin zu an praktischen Anforderungen ausgerichteter und designorientierter Anwendungsforschung. Je nach Anforderung muss der Forscher seine Methoden jeweils angemessen auswählen und wechselseitig ergänzen. Insbesondere die hier vorgenommene Unterscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen darf nicht zu der falschen Annahme führen, dass man nur die eine oder die andere Methode verwenden kann. Im Gegenteil, die bisherige Erfahrung zeigt, dass nur eine intelligente Kombination unterschiedlichster Verfahren und heterogener Paradigmen zu Er-

1.2 Forschungsmethoden

15

kenntnisforschritten führt. Flick (2007) schlägt mehrere Designs zur Integration qualitativer und quantitativer Methoden vor, die im Sinne einer Triangulation, d.h. einer rationalen und komplementären Ergänzung unterschiedlicher Methoden für eine Forschungsfrage, umgesetzt werden können (siehe auch Flick 2008). Bei noch wenig beforschten Problemfeldern empfiehlt sich etwa die Nutzung qualitativer Einzelfall- und Beobachtungsstudien zur Hypothesengenerierung mit anschließender quantitativer Messung ausgewählter Variablen zur Hypothesenprüfung. Andererseits kann die an eine groß angelegte Fragebogenstudie anschließende Detailstudie mit genauen Prozessanalysen die Interpretation von aggregierten Daten erleichtern und verbessern.

16

1.3

1 Grundlagen

Theorien des CSCL Gerry Stahl Drexel University

1

Einleitung

Derzeit existiert keine einheitliche Theorie des CSCL. Stattdessen wird Forschung im Gebiet des CSCL durch eine Menge verschiedener Theorien geleitet und trägt zu diesen bei. Selbst der Begriff „Theorie“ besitzt bei verschiedenen Forschern unterschiedliche Bedeutungen und spielt unterschiedliche Rollen innerhalb von Arbeiten zum CSCL. Die Natur und die Nutzung von Theorie haben sich durch die Geschichte hindurch geändert und entwickeln sich ständig weiter. Die für CSCL relevantesten Theorien betreffen das Wesen von Erkenntnis (Kognition) speziell in Gruppen. Nach und nach hat sich die Analyse von Kognition ausgehend von einem Fokus auf einzelne Ideen oder isolierte Reaktionen auf Stimuli hin zu mentalen Modellen und verkörpernden (begrifflichen oder gegenständlichen) Artefakten verbreitert. Neuere Theorien behandeln Kognition, die sich über Personen und Werkzeuge erstreckt, in bestimmten Kontexten situiert ist, in kleinen Gruppen stattfindet, oder in größeren Aktivitäten und über Praxisgemeinschaften (Communities of Practice) hinaus auftritt. Für CSCL muss eine Theorie die Interaktion in Online-Umgebungen, die Wissenskonstruktion in kleinen Gruppen und Kognition auf verschiedenen Analyseeinheiten berücksichtigen.

2

Ein kurze Geschichte der Theorieentwicklung des CSCL

CSCL ist von Natur aus und aufgrund seiner Ursprünge multi-disziplinär (Stahl, Koschmann & Suthers 2006). Schon der Name Computer-supported Collaborative Learning kombiniert die Beschäftigung mit sehr verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten: Computertechnologie, kollaborativer sozialer Interaktion und Lernen bzw. Bildung. CSCL entwickelte sich aus Forschungsarbeiten aus der Informatik, Künstlichen Intelligenz, Kognitionswissenschaft, Sozialpsychologie, Bildungswissenschaft und Pädagogik – die selbst wieder fundamental multi-disziplinäre Gebiete darstellen. In diesen Gebieten tritt Theorie in verschiedener Gestalt auf: von voraussagenden mathematischen Gesetzen, z.B. Shannons (1949) mathematische Informationstheorie oder Turings (1937) Berechenbarkeitstheorie, über Gedächtnis- und Denkmodelle und als Vorstellungen über Gruppeninteraktion und sozialem Handeln. Die verschiedenen Theorien haben unterschiedliche Implikationen für die Forschung: sie favorisieren entweder Laborexperimente, die statistische Regularitäten feststellen, oder sie nutzen Fallstudien, die zu einem Verständnis situierten Verhaltens beitragen. In der europäischen Tradition beginnt Theorie spätestens mit den antiken Griechen – speziell Sokrates, Plato and Aristoteles – und wird durch den 2000 Jahre langen Diskurs der Philosophie fortgeführt. In letzter Zeit drehte sich der Begriff Theorie in unerwartete Richtungen, als er sich in Wissenschaften verwandelte, die mehr auf empirischer Forschung als auf intellektueller Reflektion basiert sind. So ersetzten die Arbeiten von Freud, Darwin und Marx die traditionellen philosophischen Annahmen über die unveränderliche Natur von Geist, Organismen und Gesellschaften durch viel dynamischere Sichtweisen. Theorie ging immer über

1.3 Theorien des CSCL

17

die Ansichten des gesunden Menschenverstands – sogenannter Alltagstheorien, die auf individuellen alltäglichen Erfahrungen basieren – hinaus, um umfassendere Sichtweisen zu erzeugen. Aber auch Alltagstheorien entwickelten sich weiter, in dem Teile vergangener populärer Theorien darin aufgenommen wurden. Deshalb kann ein aufmerksamer Zuhörer das Echo früherer Theorien in den Annahmen des gesunden Menschenverstandes wahrnehmen. Dies gilt auch für aktuelle CSCL-Literatur. Nach den dogmatischen Jahrhunderten des Mittelalters erfuhr die Philosophie einige signifikante Veränderungen: den Rationalismus von Descartes, den Empirismus von Hume, die kopernikanische Wende von Kant, die dialektische Lehre von Hegel, die gesellschaftliche Verortung von Marx, die linguistische Wende von Wittgenstein und die existentielle Kehre von Heidegger. Diese Entwicklungen nahmen alle Einfluß auf Theorien für CSCL. Speziell das Feld der pädagogischen Forschung folgte dieser Entwicklung philosophischer Sichtweisen. Empirismus und Positivismus in der Wissenschaftsphilosophie gipfelte in der Biologie und den Humanwissenschaften im Behaviorismus. Die zentrale Metapher war die des Reizes, der eine Reaktion hervorruft – Reiz und Reaktion objektiv und unzweideutig messbar (wie von Chomsky 1959 kritisiert). Die maßgebliche Veränderung im Theorieverständnis unserer Vorgängergeneration war die Feststellung, dass zum Studium des menschlichen Verhaltens notwendigerweise kognitive Prozesse berücksichtigt werden müssen. Dies begann mit Chomskys (1969) Sprachtheorien, die wiederum auf Tiefengrammatiken und Mechanismen des Gehirns basieren, und reicht bis zu mentalen Modellen und internen Repräsentationen, die von Programmen der Künstlichen Intelligenz (KI) modelliert wurden. Mensch-Computer-Interaktion, das Gebiet der Informatik, das sich mit der Gestaltung von interaktiven IT-Systemen für die Nutzung befasst, durchlief eine ähnliche Sequenz behavioristischer und kognitivistischer Theorien (Carroll 2003). Wie wir später in diesem Beitrag sehen werden, hatten in letzter Zeit zunehmend post-kognitivistische Theorien Einfluss auf das Forschungsgebiet CSCL.

3

Die Analyseeinheit

Die Geschichte der Theorie kann anhand der folgende Fragestellung nachverfolgt werden: auf welcher Analyseeinheit sollte man Denken (Kognition) studieren? Für Plato (340 v.C./1941) stand fest, dass es außer den physischen Objekten in der Welt auch Ideen gibt, die diese Objekte charakterisieren. Philosophie ist für ihn die Analyse dieser Ideen, z.B. Tugend, Schönheit oder Gerechtigkeit. Descartes (1633) argumentierte, dass wenn es Denken gibt auch ein Verstand existieren muss, der den Gedanken denkt. Nach seiner Meinung sollte Philosophie beides analysieren: sowohl die mentalen Objekte des Verstands und die materiellen Objekte, auf die sie sich beziehen, als auch die Beziehungen zwischen ihnen. Descartes folgend fokussierte der Rationalismus auf die logische Natur der mentalen Argumentation, während sich der Empirismus auf die Analyse beobachtbarer physischer Objekte konzentrierte. Kant (1787) ließ diese Diskussion wieder aufflammen, in dem er die Auffassung vertrat, dass das menschliche Verstehen die Quelle für die scheinbare räumlich-zeitliche Natur beobachtbarer Objekte sei. Kant forderte, dass es die Aufgabe kritischer Theorie sei, die Kategorien zu analysieren, die menschliche Gedanken strukturieren. Bis zu diesem Punkt der Geschichte der Theorie wurde angenommen, dass Kognition eine angeborene Funktion des einzelnen Menschen sei.

18

1 Grundlagen Socrates (399 BCE) Plato (340 BCE) Aristotle (322 BCE) Descartes (1633) Locke (1704)

Hume (1776)

Kant (1787) Husserl (1900)

individual theories social theories

Hegel (1807) Marx (1867)

Wittgenstein (1953)

Heidegger (1927) Schutz (1938)

Dewey (1938)

Vygotsky (1930)

Searle (1969)

Garfinkel (1967) Sacks

Latour

Engeström

Actor- Network Theory

Abbildung 1:

Activity Theory

Lave

Hutchins

Suchman

Kling

Situated Learning

Distributed Cognition

Situated Cognition

Social Informatics

Schegloff Conversation Analysis

Entwicklung der Geschichte der Theorie bzgl. der Frage, auf welcher Analyseeinheit man Denken (Kognition) studieren sollte.

Hegel (1807) änderte dieses Verständnis. Er verfolgte die logische/geschichtliche Entwicklung des Verstands vom elementarsten Instinkt eines lebenden Organismus durch die Stufen des Bewusstseins, des Selbstbewusstseins und des geschichtlichen Bewusstseins zur höchsten Stufe des Weltgeists. Seitdem ist es für die Analyse von Kognition notwendig ihre biologischen Wurzeln bis hin zum ultimativen kulturellen Verstehen einer Gesellschaft zu verfolgen. Abbildung 1 stellt Hegels Ansatz zu Theorie als Linie dar, die zwischen Philosophien unterscheidet, die einerseits auf Individuen oder anderseits auf größere Analyseeinheiten abzielen. Die auf Hegel folgende Philosophie setzt sich aus drei Hauptströmungen zusammen, die den bahnbrechenden Ansätzen von Marx (Kritische Theorie), Heidegger (existenzielle Phänomenologie) und Wittgenstein (linguistische Analyse) folgen. In der CSCL-Forschung führten diese Ansätze zu erweiterten (größeren) Analyseeinheiten. Marx (1867) applaudierte Hegels Anerkennung der historischen Selbsterzeugung der Menschheit und analysierte diesen historischen Prozess bezüglich der dialektischen Entwicklung der kapitalistischen Produktivkräfte und Produktionsverhältnissen. Marx analysierte in historischen, politischen und ökonomischen Studien die Prozesse der Weltgeschichte, mittels derer die menschliche Rasse ihre sozialen Institutionen erzeugt und reproduziert. Die Untersuchung des menschlichen Verstands und des Verständnisses seiner Objekte fokussierten auf die epochale Analyseeinheit der sozialen Bewegungen, Klassen und ökonomischen Systeme. Heidegger (1927) radikalisierte die Hegelianische Dialektik zwischen Mensch und Natur durch die Analyse des Menschen ausgehend von der vereinheitlichten Erfahrung des In-derWelt-seins. Das Problem der Unterscheidung zwischen einem beobachtenden Verstand und

1.3 Theorien des CSCL

19

einer objektiven Welt wurde dadurch umgekehrt. Stattdessen musste Heidegger zeigen, wie diese unterschiedlichen äußeren Erscheinungsbilder aus Abstraktion von der primären Erfahrung des Daseins entstehen, unteilbar von den weltlichen Objekten, für die man sorgt und welche die eigenen Aktivitäten definieren. Die ursprüngliche Analyseeinheit der Erkenntnis ist Sorge, das Beteiligt-sein von Personen in ihrer Welt. Wittgenstein (1953) fokussierte zunehmend auf die Sprache, wie sie benutzt wird um Dinge in der Welt durch interpersonelle Kommunikation zu erreichen. Dabei wies er seine frühere Sichtweise (Wittgenstein 1921) zurück, die eine rationalistische Auffassung der aussagenlogischen Sprache auf eine sich selbst widersprechende Position reduzierte. Jetzt lebte die linguistische Bedeutung nicht länger in den Köpfen der Benutzer oder in den Definitionen von Worten sondern im kommunikativen Gebrauch. Wittgenstein erkannte die Rolle der menschlichen Lebensform an, indem er die Lebenswelt der Phänomenologie wiederaufnimmt. Er konzeptionalisierte Sprache auch als das Spielen von Sprachspielen, sozial etablierten Interaktionsformen. Die Analyseeinheit verschob sich hier von mentalen Bedeutungen zu interpersoneller Kommunikation im Kontext des etwas zusammen Erledigens. Marx, Heidegger und Wittgenstein initiierten die Hauptformen der Post-Kantschen, PostHegelianischen Philosophie und Wissenschaftstheorie (Stahl 2010a). Kant repräsentiert die Kulmination der Philosophie der Vernunft, in der der menschliche Verstand als aktiver Konstrukteur von Realität aus seiner Konfrontation mit Dingen der Natur gesehen wird – Objekte, welche jenseits menschlicher Erkenntnis liegen außer durch die Auferlegung menschlicher Strukturierungskategorien. Vor über zweihundert Jahren war der menschliche Verstand nach Kant immer noch eine feste Einheit, die aus angeborenen Fähigkeiten einer individuellen Person bestand, unabhängig davon, wie sich diese Philosophie von realistischen Alltagstheorien unterschied, die die Welt als fundamental identisch zu ihrer Erscheinungsweise für einen menschlichen Beobachter ansahen. Hegel stürzte die Kantsche Sichtweise einer festen Natur des Verstands, indem er zeigte, wie der Verstand selbst aus langen Sequenzen von Prozessen konstruiert wird. Die Hegelianische Konstruktion des Geistes kann auf verschiedene Weisen verstanden werden: als die biologische Entwicklung der Fähigkeiten des Gehirns vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen; als logische Entwicklung vom einfachen Kontrast des Seins und Nichtseins hin zur Ausbreitung all der Unterscheidungen des ausgefeiltesten Verstehens; oder als die historische Entwicklung vom primitiven Homo Sapiens bis zur modernen, zivilisierten, technologischen und kultivierten Person. Nach Hegel wurde Theorie zunehmend in der Wissenschaft eingesetzt, um die biologischen, logischen und historischen Prozesse in größerem Detail zu erkunden und diese empirisch zu verifizieren. Gefolgsleute von Marx, Heidegger und Wittgenstein wendeten dazu Ansätze an, die wir heute als sozial, situiert oder linguistisch bezeichnen (Ehn 1988). Diese sind alle konstruktivistisch, gemäß der Kantschen Einsicht, dass die Struktur bekannter Objekte durch den wissenden Verstand konstruiert wird. Alle diese Ansätze fokussieren auf größere Analyseeinheiten als den isolierten individuellen Verstand von Descartes.

4

Wegweisende Theorien des CSCL

Forscher aus verschiedenen wissenschaftlichen Traditionen, wie z.B. Psychologie, Bildungswissenschaft, Sozialwissenschaft und KI, brachten die sozialen, situierten und linguistischen Theorien von Marx, Heidegger und Wittgenstein in das neu entstehende Forschungs-

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1 Grundlagen

gebiet CSCL ein. Obwohl jedes dieser Fächer unterschiedliche theoretische Perspektiven mitbrachte, können wir im Wesentlichen die wichtigsten philosophischen Einflüsse anhand grundlegender Texte feststellen: Mind in Society (Vygotsky 1930/1978), Situated Learning (Lave & Wenger 1991), Lectures on Conversation (Sacks 1962/1995) und Understanding Computers and Cognition (Winograd & Flores 1986). Mind in Society (Vygotsky 1930/1978) ist eine editierte Zusammenfassung der Schriften von Vygotsky aus den frühen 1930er Jahren im post-revolutionären Russland, die seit ihrem Erscheinen in englischer Sprache 1978 im Westen einen großen Einfluss gehabt haben. Vygotsky kritisierte die damals vorherrschende Psychologie (Behaviorismus, Gestaltpsychologie, Piaget) und versuchte nicht, die Psychologie künstlich in die Prinzipien des Sowjetischen Marxismus hineinzupressen, sondern durchdachte die Natur der menschlichen psychologischen Fähigkeiten radikal neu ausgehend von dem Entwicklungsansatz von Hegel und Marx. Er zeigte, wie menschliche Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Spielen und Lernen Produkte des Entwicklungsprozesses sind, bezüglich sowohl der Reifung von Individuen als auch der sozialen Entwicklung von Kulturen. Er schlug eine dynamische Vision des menschlichen Verstehens in der Gesellschaft vor, im Gegensatz zu einer festen und isolierten Funktion. Der Hegelianische Begriff der Mediation war für Vygotsky genauso wichtig wie er es für CSCL ist. Selbst in seinen frühen Jahren, als er noch über Reiz und Reaktion sprach, fragte Vygotsky, wie ein Reiz das Gedächtnis an einen anderen Reiz, die Aufmerksamkeit auf einen anderen Reiz oder das Auffinden eines Wortes zu einem anderen Reiz herbeiführen bzw. vermitteln kann (S. iii). Mit Hegelianischen Begriffen ist dies eine Sache der Vermittlung (duch den ersten Reiz) der Beziehung (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Auffinden) zwischen einem Subjekt und einem Objekt (dem zweiten Reiz). Vermittlung ist ein für CSCL zentraler Prozess, weil in CSCL das Lernen von Lernern sowohl durch die technische Vernetzung als auch durch kollaborative Interaktion vermittelt wird. Die Zone der nächsten Entwicklung (zone of proximal development) ist ein anderer populärer Begriff von Vygotsky (S. 84–91). Dieser Begriff bezeichnet die Unterscheidung des Entwicklungsabstands zwischen dem, was Individuen alleine lernen können (gemessen z.B. mit Vor- und Nachtests), und dem, was sie in einer Kooperationssituation erreichen können (z.B. in einer Kleingruppe). Eine Gruppe von Kindern kann Verstehensleistungen erbringen, die die einzelnen Kinder als Individuen noch für einige Jahre nicht erreichen können. Dies ist konsistent mit Vygotskys Prinzip, dass Menschen kognitive Fähigkeiten zuerst in einem sozialen Kontext entwickeln – unterstützt oder vermittelt durch Kollegen, Mentoren oder kognitive Hilfen wie repräsentationale Artefakte – und erst später dazu fähig sind, diese kognitiven Fähigkeiten als Individuen auszuführen. Vygotskys Theorie impliziert, dass kollaboratives Lernen die Grundlage darstellt, auf die alles Lernen aufbaut. Methodisch argumentiert seine Theorie gegen die Bewertung von kollaborativem Lernen durch Testen der Individuen außerhalb der kooperativen Situation. Situated Learning (Lave & Wenger 1991) geht über Vygotsky hinaus, in dem es die Analyseeinheit für das Lernen erweitert. Für Vygotsky und seine Anhänger muß die Analyse die vermittelnden Artefakte (mediating artifacts, Werkzeuge oder Worte) und den Mentor oder die Gruppe einschließen. Für Lave und Wenger besteht die Analyseeinheit dagegen in der größeren Praxisgemeinschaft (community of practice). Durch Übernehmen der theoretischen und analytischen Zentralität der sozialen Praktiken bei Marx fokussierten sie auf Lernen als die Entwicklung von Prozessen und Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft, in der die

1.3 Theorien des CSCL

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Individuen teilnehmen. Lernen wurde hier nach dem Modell des Lehrlings gesehen, gemäß dem ein Individuum schleichend – und primär stillschweigend, implizit – die Praktiken der Gemeinschaft übernimmt, in der er ein Mitglied wird. Innerhalb des Forschungsgebiets CSCL wird dieser Ansatz deutlich in der Idee, dass man Mathematik lernt, in dem man die Praktiken eines Mathematikers übernimmt, z.B. die Benutzung eines mathematischen Symbolismus, das Schlussfolgern über mathematische Objekte und die Artikulation von deduktiven Argumenten (Sfard 2008). Das wegbereitende CSILE-Projekt (Scardamalia & Bereiter 1996) versuchte, die kommunikativen Praktiken professioneller Forschungsgemeinschaften in einer Klassengemeinschaft in Schulen zu unterstützen. Die Analyseeinheit für den durch die CSILE Diskussionssoftware vermittelten Wissensaufbau war der gesamte Diskurs innerhalb der Klasse. Lectures on Conversation (Sacks 1962/1995) legte den Grundstein für die Conversation Analysis (CA). Diese Analyse basierte auf der ethnomethodologischen Perspektive (Garfinkel 1967), die wiederum auf Wittgensteins linguistischer Analyse und Heideggers (1927) und Husserls (1939) phänomenologischem Ansatz aufsetzte. Wie bei Wittgenstein analysierte CA Sprache auf einer größeren Einheit als isolierte Worte oder von Sprechakten. CA fokussierte auf die in der Konversation genutzten Adjazenzpaare – siehe (Schegloff 2007) für eine systematische Präsentation von 40 Jahren der Analysen der CA Forschungsgemeinschaft über die Struktur von Adjazenzpaaren. Ein Adjazenzpaar ist eine Sequenz von zwei oder drei Äußerungen, die sich gegenseitig hervorrufen oder aufeinander reagieren (z.B. Frage – Antwort). Die Bedeutung von Adjazenzpaaren als Analyseeinheit liegt darin begründet, dass sie Beiträge beider Personen enthalten, die in eine Interaktion involviert sind, und es deshalb vermeiden Sprache als Ausdruck eines individuellen Verstands zu behandeln. Dabei ist der Modus der Interaktion wichtig, der durch das in den fortlaufenden sequenziellen Diskurskontext eingebettete Adjazenzpaar ausgeführt wird. Dies steht im Gegensatz zu anderen Ansätzen, die isolierte Äußerungen kodieren unter Annahmen über mentale Modelle innerhalb des individuellen Verstands des Sprechers. Eine CA Analyse macht explizit, wie eine Zweiergruppe (Dyade) oder Kleingruppe auf die gegenseitigen Beiträge aufbaut bzw. diese hervorruft, und gibt daher Aufschlüsse über die Muster der Kooperation (patterns of collaboration). Understanding Computers and Cognition (Winograd & Flores 1986) präsentierte eine Heideggersche Kritik der rationalistischen Grundlagen der Künstlichen Intelligenz (KI) durch einen führenden KI-Forscher. Das Buch betrachtet drei Theorien, die kontextuelle Analyse befürworten: Heideggers (1927) In-der-Welt-sein, Gadamers (1960) historisch begründete Auffassung der Interpretation und Maturanas (1987) ökologische Version der Kognition. Diese Theorien betonen die Unteilbarkeit des Verstandes von seinem größeren Kontext: dem in der Welt beteiligten Menschen, Interpretation orientiert innerhalb des Horizonts der Geschichte, und dem in seine Umwelt strukturell eingebundenen Organismus. Im Gegensatz dazu repräsentiert KI-Software mentale Funktionen als isolierte Einheiten rationaler Berechnung, die prinzipiell nicht die Reichhaltigkeit und Komplexität situierten menschlichen Denkens und Kooperierens erfassen können. Die größere, primär implizite (Polanyi 1966) Einheit des Kontexts kann nicht adäquat in einem Computersystem repräsentiert werden (Stahl 2010b). Deshalb sollte die Rolle des Computers in der Unterstützung menschlicher Interaktion und Kooperation liegen, anstatt in der Ersetzung oder vollen Modellierung des menschlichen Verstands.

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1 Grundlagen

Theorien der individuellen Kognition im CSCL

Viele Forschungsfragen im CSCL schließen individuelle Kognition ein. CSCL-Forschung wird oft als Unterdisziplin der pädagogischen oder psychologischen Forschung angesehen, ausgerichtet auf den Verstand des individuellen Lerners. Solche Forschungsarbeiten können traditionellen wissenschaftlichen Forschungsparadigmen, die auf dem vor-kantianischen Empirismus und/oder Rationalismus basieren, folgen. Allerdings tendiert die CSCL-Forschung zur Anwendung eines konstruktivistischen Ansatzes, der auf dem kantianischen Prinzip basiert, dass der Lerner ihr oder sein eigenes Verständnis der Realität konstruiert. Die konstruktivistische Theorie ist kognitivistisch, in dem sie Annahmen trifft über kognitive Prozesse im Verstand des Lerners, die dem beobachtbaren Verhalten zugrunde liegen. So wird beispielsweise angenommen, dass die Antworten des Lerners in einer Testsituation das mentale Modell eines Wissensinhalts, wie vom Lerner ausgelegt, widerspiegelt. Arbeiten in CSCL erkennen im Allgemeinen die Wichtigkeit des größeren sozialen, historischen und kulturellen Kontexts an. Trotzdem behandeln sie diesen Kontext oft als Menge von Umgebungsvariablen, die zwar die Ergebnisse der Kognition der Lernenden beeinflussen können, aber klar von der Kognition selbst unterschieden werden können. Auf diese Weise wird Kognition immer noch als Funktion des individuellen Verstands behandelt. Dieser Ansatz kann auch sozio-kognitiv genannt werden. Er erkennt soziale Einflüsse an, aber versucht den individuellen Verstand als eine kognitive Analyseeinheit durch Kontrolle der externen Einflüsse zu isolieren. Anhänger von Vygotsky gelten als sozio-kulturell. Sie erkennen an, dass Kognition durch kulturelle Faktoren vermittelt wird. Dennoch fokussieren sie im Allgemeinen auf das Individuum als Analyseeinheit. Sie untersuchen, wie individuelle Kognition durch kulturelle Vermittlungen, beispielsweise repräsentationale Artefakte oder sogar kollaborative Interaktion, beeinflusst wird. Vygotsky selbst, der trotz allem Psychologe war, diskutierte im Allgemeinen das individuelle Subjekt. Beispielsweise maß die Zone der nächsten Entwicklung die Fähigkeit des Individuums bei der Arbeit in einer Gruppe, und nicht die Fähigkeit der Gruppe als solche. Vygotsky versuchte zu demonstrieren, dass die individuelle Kognition eine Ableitung der sozialen oder intersubjektiven Erfahrungen des Individuums war. Deshalb fokussierte er auf das Individuum anstatt explizit auf soziale oder intersubjektive Prozesse, in die das Individuum involviert war. In diesem Sinne untersuchen viele CSCL-Forschungsarbeiten individuelle Kognition in kollaborativen Situationen. Tatsächlich sind alle Forschungsarbeiten, die auf dem Testen eines Individuums vor und nach einer kollaborativen Intervention basieren, und nicht auch die eingreifende Interaktion selbst analysieren, ausschließlich Analysen auf der Analyseeinheit des Individuums, bei der Kollaboration nur ein externe Intervention ist, die durch anscheinend unabhängige Variablen gemessen wird. Wenn man sich die meisten Studien, die behaupten, Kooperation in Kleingruppen zu untersuchen, näher anschaut, dann stellt man fest, dass sie den obigen Fokus auf Individuen innerhalb einer Gruppensituation anwenden und die Gruppeninteraktion als externen Einfluss auf das Individuum behandeln. Dies wird speziell in den Artikeln über Kooperatives Lernen deutlich, die dem Forschungsgebiet CSCL vorausgingen (z.B. Johnson & Johnson 1989). Im Forschungsgebiet CSCL wird definiert (Dillenbourg 1999), dass beim kooperativen Lernen

1.3 Theorien des CSCL

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die Lerner die Gruppenarbeit unter sich aufteilen und dann die individuellen Ergebnisse zum Gruppenergebnis zusammensetzen, während die Lerner beim kollaborativen Lernen die Arbeit gemeinsam durchführen. Diese Unterscheidung wird auch auf der methodischen Ebene sichtbar: beim kooperativen Lernen unterscheidet der Analytiker die Beiträge zur Arbeit und fokussiert auf das Lernen durch die Individuen als Resultat der Kooperationserfahrung; beim kollaborativen Lernen kann der Analytiker auch auf Gruppenprozesse fokussieren. Dasselbe gilt auch für Kleingruppenstudien in der Soziologie und Sozialpsychologie: sie behandeln Gruppenprozesse üblicherweise als einen Bestandteil des Kontexts und analysieren die Effekte auf das Individuum. Als letztes Beispiel für eine Theorie der individuellen Kognition betrachten wir die psycholinguistische Beitragstheorie (Clark & Brennan 1991). Dieser spezielle Artikel wird oft in der CSCL-Literatur zitiert. Obwohl der Artikel behauptet, in der CA Tradition zu stehen, übersetzt er die Adjazenzpaar-Struktur der Begründung für gemeinsames Verständnis (shared understanding) in die Beiträge der Individuen. Dabei analysiert der Artikel individuelle Beiträge als Ausdrücke der mentalen Repräsentationen oder persönlichen Überzeugungen der Sprecher und behandelt das resultierende gemeinsame Verständnis als Angelegenheit ähnlicher mentaler Inhalte oder Akzeptanz vorgefasster Überzeugungen und nicht als verhandeltes Gruppenergebnis einer kollaborativen, gemeinsamen Bedeutungskonstruktion. Clark (1996) versucht, Kognitivismus mit CA zu vereinen, analysiert dabei aber die situierte und engagierte Interaktion als Austausch von Signalen zwischen rational kalkulierenden Verständen, die jeweils wohldurchdachte Aktionen aufgrund von „Wissen, Überzeugungen und Annahmen, die sie zu teilen glauben“ identifizieren (S. 12). Interessanterweise befürwortet Clark (1996) am Ende zwei unabhängige Theorien mit unterschiedlichen Analyseeinheiten: „The study of language use must be both a cognitive and a social science“ (S. 25).

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Theorien der Kognition von Gemeinschaften im CSCL

Im auffallenden Gegensatz zum unerschütterlichen Fokus auf das Individuum als Analyseeinheit steht die Perspektive der Sozialwissenschaften auf soziale Prozesse. Marx stellt hier ein gutes Beispiel dar. Wo Wirtschaftswissenschaftler zu seiner Zeit ökonomische Phänomene bezüglich der rationalen Wahl individueller Produzenten und Konsumenten analysierten, kritisierte Marx die Ideologie des Individualismus und analysierte weitreichende soziale Umwälzungen wie Verstädterung, die Entstehung des Proletariats und den Aufstieg des Fabriksystems. Lave und Wenger (1991) brachten diesen Ansatz in die Bildungstheorie ein, in dem sie beispielsweise zeigten, wie sich ein Lehrlingsausbildungssystem durch die Wandlung von Novizen zu Experten, Mentoren und Meistern selbst erhält. Lernen wird hier als situiert oder eingebettet in den Prozess der Produktion und Reproduktion von sozial definierten Wissens- und Machtstrukturen gesehen. Die theoretische Wichtigkeit der Situation, in der Lernen stattfindet, wird im CSCL weithin anerkannt. Suchman (1987) demonstrierte die Zentralheit der Situation für die MenschComputer-Interaktion aus einer anthropologischen Sicht und wurde dabei deutlich durch Heidegger (via Dreyfus) und Garfinkel beeinflusst, die sie zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie Winograd führte. Suchman und Nardi halfen bei der Etablierung ethnographischer Methoden – orientiert auf Phänomene der Gemeinschaft (community phenomena) – als relevante Methoden für CSCL-Forschung. Unglücklicherweise können selbst Sichtweisen wie

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1 Grundlagen

die situierte Kognition eine reduktionistische Wendung nehmen: aktuelle Kommentare über situierte Kognition (Robbins & Aydede 2009) und verteilte Kognition (Adams & Aizawa 2008) formulieren die Fragestellungen auf der Ebene des Individuums, bis zum Extrem der Reduktion aller kognitiven Phänomene auf Nervenfunktionen. Aufbauend auf Vygotsky und seine russischen Kollegen nutzt die Aktivitätstheorie (activity theory) (Engeström 1987; Engeström 1999; Kaptelinin & Nardi 2006) das gesamte Aktivitätssystem als Analyseeinheit. Mit seiner dreieckigen Analyserubrik ergänzt Engeström Vygotskys Vermittlungs-Trippel aus Subjekt, Vermittler und Objekt um Vermittlungsdimensionen aus der Marxschen Theorie: die Arbeitsteilung, die Regeln für soziale Beziehungen und die Gemeinschaft produktiver Kräfte. Genauso wie die Diskursanalyse (Gee 1992) schaut die Aktivitätstheorie wiederholt auf Kleingruppeninteraktion, fokussiert dabei aber auf die größeren gesellschaftlichen Fragestellungen. Wenn die Aktivitätstheorie beispielsweise in Kapitel 6 von (Engeström 2008) detailliert Forschung über Teams adressiert, dann ist sie hauptsächlich mit der Situation der Gruppe in dem größeren industriellen und historischen Kontext befasst; anstatt zu analysieren, wie Gruppen durch Interaktion Wissen aufbauen, umschreibt sie stattdessen, wie Gruppen politisch mit Fragen der Organisationsgestaltung umgehen. Auch in anderen im CSCL populären Theorien, z.B. in der verteilten Kognition, existiert etwas von dieser Vermeidung der Kleingruppe als wissenschaftlicher Fokus. Bei grundlegenden Aussagen der post-kognitivistischen Theorie verwies Hutchins explizit auf gruppenkognitive Phänomene: – Kognitive Prozesse können sich über den Mitgliedern einer sozialen Gruppe ausdehnen (Hollan, Hutchins & Kirsh 2000, S. 176). – Die kognitiven Eigenschaften von Gruppen werden durch Interaktionen zwischen Strukturen, die intern in Individuen vorhanden sind, und Strukturen, die extern zu den Individuen existieren, erzeugt (Hutchins 1996, S. 262). – Die Gruppe, die die kognitive Aufgabe durchführt, kann kognitive Eigenschaften haben, die von den kognitiven Eigenschaften jedes Individuums abweichen (Hutchins 1996, S. 176). Trotzdem analysierte Hutchins sozio-technische Systeme und die kognitive Rolle von hochentwickelten Artefakten (Flugzeug-Cockpits, Navigationswerkzeuge für Schiffe), ohne die Gruppenphänomene im Detail in den Fokus zu nehmen. Sicherlich kapseln die Artefakte vergangenes kulturelles Wissen (Kognition der Gemeinschaft, community cognition), und Hutchins Diskussionen dieser Kapselung sind wichtig. Aber in seiner Fokussierung auf das, was wirklich die Ebene der Gemeinschaft ist, analysiert er – charakteristisch für einen Kulturanthropologen – eben nicht die kognitive Bedeutungsfindung der Gruppe selbst (vgl. seine Analyse von Gruppen oder organisatorischem Lernen in Kapitel 8 von Hutchins 1996). Selbst Ethnomethodologie (Garfinkel 1967; 2006) und CA (Sacks 1962/1995; Sacks, Schegloff & Jefferson 1974; Schegloff 2007) betrachten sich als Sozialwissenschaft, Abkömmlinge der Soziologie oder Kommunikationswissenschaft, und nicht als Wissenschaft über die Analyseeinheit der Kleingruppe. Sie zielen auf die Analyse sozialer Praktiken ab, die über eine ganze Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft definiert sind. Dies mag nach Spitzfindigkeit über Wortbedeutungen aussehen, aber tatsächlich definieren sie viele wichtige Prozesse auf der Gruppenebene, auch wenn sie sie als sozial bezeichnen. Sogar Vygotsky benutzte den Begriff sozial auf mehrdeutige Weise, wenn er sagte, dass Lernen zuerst sozial stattfindet und

1.3 Theorien des CSCL

Tabelle 1:

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Terminologie für Phänomene auf den Beschreibungsebenen des Individuums, der Kleingruppe und der Gemeinschaft (Community). Entnommen aus (Stahl 2010c, S. 27, Tab. 2.1)

Beschreibungsebene Role Adjektiv Objekt der Analyse Analyseeinheit

Form des Wissens Form der Bedeutung

Lernaktivität Wege, kognitive Aufgaben zu lösen

Individuum (Individual) Person/Lernender (student) persönlich (personal) Verstehen (Mind) mentale Repräsentation (Mental representation)

subjektiv (subjective) intersubjektiv (intersubjective) Interpretation (interpreta- Gemeinsames Verständnis, tion) gemeinsame Bedeutungskonstruktion, Gemeinsamkeit (shared understanding, joint meaning making, common ground) Lernen (learn) Wissen aufbauen (build knowledge) Fähigkeiten/Fertigkeiten, Diskurs, Gruppenmethoden, lange Sequenzen (discourse, Verhalten (skill, behavior) group methods, long sequences) Gedanke (thought) Interaktion (interaction) konstruiert (constructed) ko-konstruiert (co-constructed)

Kommunikation Modus der Konstruktion Kontext der kognitiven persönliches Problem Aufgabe (personal problem) Kontext der Aktivität Umgebung (environment) Modus der Präsenz Verkörperung (embodiment) Referenzsystem Assoziationen (associations) Form der Existenz Dasein (Being-there) (Heidegger) Temporale Struktur

Gedanke

subjektiv erfahrene interne Zeit (subjective experiential internal time) Konstruktivistisch (constructivist) Kognitionspsychologie und pädagogische Psychologie (cognitive and educational psychology) Hintergrundwissen (background knowledge) Kognition (cognition)

Aktion/Handlung

Aktion (action)

Theorie der Kognition Wissenschaft

Implizites Wissen

Kleingruppe (Small group) Gruppenmitglied (group participant) kollaborativ (collaborative) Diskurs (Discourse) Äußerung-Antwort-Paar (Utterance response pair)

gemeinsamer Problemraum (joint problem space) Gemeinsamer Raum (shared space) Ko-Präsenz (co-presence) Feld der Indizes (indexical field) Mitsein (Being-with, Beingthere-together at the shared object) ko-konstruierte gemeinsame Zeitlichkeit (co-constructed shared temporality)

Gemeinschaft (Community) Gemeinschaftsmitglied (Community member) sozial (social) Kultur (Culture) Sozio-technisches Aktivitätssystem, vermittelnde Artefakte (Socio-technical activity system, mediating artifacts) kulturell (cultural) Domänenvokabular, Artefakte, Institutionen, Normen, Regeln (domain vocabulary, artifacts, institutions, norms, rules)

Wissenschaft (science) Methoden der Mitglieder, soziale Praktiken (member methods, social practices) Mitgliedschaft (membership) sozial konstruiert (socially constructed) Problemdomäne (problem domain) Gesellschaft (society) zeitgenössisch, zeitgemäß (contemporary) kulturelle Welt (cultural world) Volk (participation in communities of practice) messbare objektive Zeit (measurable objective time)

Post-Kognitivistisch (post-cognitive) Theorie der Gruppenkognition (group cognition theory)

Sozio-kulturell (socio-cultural)

Gemeinsamkeit (common ground) Gruppenkognition (group cognition) Interaktion (inter-action)

Kultur (culture)

Soziologie,Anthropologie, Linguistik (sociology, anthropology, linguistics)

Praktiken (practices) soziale Praxis (social praxis)

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1 Grundlagen

dann später individuell. Sozial kann sich sowohl auf zwei miteinander sprechende Personen beziehen als auch auf Transformationen ganzer Gesellschaften. Aber für die Unterscheidung verschiedener Ebenen von Beschreibungen oder Analyseeinheiten im CSCL ist es wichtig, klare Unterscheidungen zu treffen. Tabelle 1 schlägt Mengen verschiedener Begriffe zur Bezugnahme auf Phänomene auf den Ebenen des Individuums, der Kleingruppe und der Gesellschaft vor. Im Forschungsgebiet CSCL argumentieren (Rogoff 1995), (Dillenbourg et al. 1995), (Stahl 2006) und andere Autoren für diese drei Ebenen. Eine konsistente Nutzung terminologischer Unterscheidungen könnte zu mehr Klarheit in der Diskussion von Theorien im CSCL beitragen.

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Theorien der Kognition von Kleingruppen im CSCL

Wie oben erwähnt beinhaltet die auf CSCL bezogene Literatur über Kleingruppen und über post-kognitive Phänomene einige schöne Studien der entscheidenden Rolle von Kleingruppen, nur dass diese kaum eine dieser Beschreibungsebene entsprechende Theorie ausweisen. Ihre finale Analyse basiert fast immer entweder auf einer psychologischen Perspektive auf Ebene des Individuums oder auf einer soziologischen Sicht der Regeln auf der Ebene der Gemeinschaft bzw. der Gesellschaft. Ihnen fehlt eine grundlegende Begriffsbildung von Kleingruppen als eigene Beschreibungs- und Analyseebene. Sie bringen Aussagen auf der Ebene der Kleingruppe durcheinander mit Aussagen auf gesellschaftlicher Ebene, und ihnen fehlt eine entwickelte Beschreibung der Beziehungen zwischen den Ebenen des Individuums, der Kleingruppe und der Gemeinschaft (community of practice). Trotzdem gibt es eigene Phänomene und Prozesse auf jeder dieser Ebenen, und Analysen auf verschiedenen Ebenen bringen unterschiedliche Einsichten. Wenn Gruppenphänomene wirklich als eigenständige Objekte der Theorie behandelt werden, dann kann man studieren, wie Kleingruppen verschiedene kognitive Aktivitäten ausführen: interpersonelle Gedankengänge, gemeinsames Verständnis von Diagrammen, gemeinsame Konzeptualisierung von Problemen, gemeinsame Bezugnahme, Koordination der Bemühungen bei der Problemlösung, Planen, Ableiten, Designen, Beschreiben, Problemlösen, Erklären, Definieren, Generalisieren, Repräsentieren, Erinnern und Reflektieren als Gruppe. Beispielsweise können in CSCL-Studien über Text-Chat oder Diskussionsforen Analysen gruppenkognitive Leistungen zeigen, die aus dem Netzwerk sinnvoller Bezugnahmen, das sich aus den versendeten Nachrichten ergibt, hervorgehen. Dies zeigt, wie die Gruppe ihre Selbstentstehung und ihre kognitiven Leistungen in situierter Interaktion ausführt. Die Ebene der Kleingruppe spielt natürlich speziell für die CSCL-Theorie eine zentrale Rolle, denn CSCL ist explizit mit der Unterstützung des kollaborativen Lernens, der Wissenskonstruktion oder der Gruppenkognition befasst. Es gibt wenige andere Gebiete, in denen dies eine ähnlich zentrale Angelegenheit ist. Selbst das Gebiet des ComputerSupported Cooperative Work (CSCW) befasst sich weniger mit Kleingruppenphänomenen, weil die Arbeit oft zwischen Individuen aufgeteilt wird und zudem oft direkter durch gesellschaftliche Einflüsse wie ökonomischer Wettbewerb beeinflusst wird. Deshalb ist CSCW mehr mit der Kommunikation und der Koordination und weniger mit der gemeinsamen Entwicklung von Erkenntnis befasst. Dies wurde zum Beispiel im Fall der Aktivitätstheorie deutlich, die gewinnbringend zur Untersuchung von Gruppenprozessen genutzt werden könnte. Engeström (2008) argumentierte aber gegen einen Fokus auf Kleingruppen, da

1.3 Theorien des CSCL

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Arbeitsteams dazu tendieren, schnell gebildet und aufgelöst zu werden, und sich so wandelnde Knoten von Zusammenarbeitenden um flüchtige Aufgaben bilden. Ein theoretischer Ansatz, der explizit auf Kleingruppeninteraktion fokussiert, ist die Dialogikalität (Linell 2001; 2009; Mercer 2000; Wegerif 2007). Die dialogische Theorie geht auf Bakhtin (1986) zurück, einen Zeitgenossen von Vygotsky. Sie betont das linguistische Wesen der Interaktion. Sie wiederholt außerdem die Idee, dass die Identität einer Person als Individuum aus der Konfrontation mit Partnern im Dialog entsteht – eine Sicht, die über Mead (1934/1962) bis auf Hegels (1807) Herrschaft-Knechtschaft-Dialektik zurückgeht. Der Begriff der Dialogpartner, die aus verschiedenen Sichtweisen kommen und von diesen aus miteinander verhandeln, ist ein wichtiger Beitrag der Dialogforschung (Wells 1999). Ein anderes Schlüsselkonzept ist das eines gemeinsamen dynamischen Dialograums (shared dynamic dialogic space), innerhalb dessen Wissensaufbau stattfinden kann. Dieses Konzept ähnelt dem gemeinsamen Problemraum (joint problem space) von (Teasley & Roschelle 1993), entwickelte sich aber letztlich in einer unzweifelhaft post-kognitivistischen Weise weiter. Die Idee eines Interaktionsraums für die Interaktion innerhalb einer Kleingruppe ist auch zentral für die Gruppenkognitionstheorie (Stahl 2006). Der Begriff der Gruppenkognition (group cognition) wurde geschaffen, um das Ziel der Entwicklung einer post-kognitiven Sicht von Kognition zu betonen. Gruppenkognition bezeichnet hier die mögliche Leistung einer Kleingruppe, die so eng kooperiert, dass der Prozess der Wissenskonstruktion im Gruppendiskurs nicht einem einzigen Individuum zugerechnet oder auf eine Sequenz von Beiträgen individueller Verstände reduziert werden kann. Erkenntnis kann beispielsweise durch die Interaktion linguistischer Elemente entstehen, die in einer sich sequenziell entfaltenden Menge von Nebenbedingungen situiert sind, die durch die Gruppenaufgabe, die Gruppenmitgliedschaft und andere lokale oder kulturelle Einflüsse, oder auch durch die Vermittlung mittels in der Gruppe genutzter repräsentationaler Artefakte oder Medien definiert werden. Die Gruppenkognitionstheorie nimmt viele Einsichten der weiter oben diskutierten Theorien auf. Dazu gehört der Begriff des gemeinsamen dynamischen Dialograums. Trotz einiger vereinzelter Fallstudien der schon erwähnten Autoren und ihrer Kollegen gibt es noch wenig empirische Analysen der Gruppenkognition. Man braucht dazu nicht nur speziell fokussierte Methoden, um ihr Auftreten festzustellen, sondern dazu auch spezielle Technologien, Pädagogik und Anleitung, um Gruppen so zu strukturieren und zu unterstützen, dass diese effektiv Wissen konstruieren können, welches selbst ein Gruppenergebnis darstellt, das nicht wieder auf individuelle mentale Repräsentationen zurückgeführt werden kann. Das Virtual Math Teams Project wurde mit dem Ziel gestartet, einen Datenkorpus zu erzeugen, der die Analyse der Gruppenkognition erlauben würde. Das Projekt und einige Analysen von verschiedenen Forschern sind in (Stahl 2009) dokumentiert. Die Gruppenkognitionstheorie fokussiert auf die sequenzielle Teaminteraktion innerhalb von Fallstudien zur Kleingruppenkollaboration. Diese Kollaboration findet in einem Interaktionsraum oder einer Welt im Heideggerschen Sinn statt, die sich öffnet, um die Produktion von Ergebnissen der Gruppenkognition zuzulassen. Die Interaktion innerhalb einer solchen Welt – ob ko-präsent oder online – hängt von einer Vielzahl von Nebenbedingungen ab, wie in Abbildung 2 dargestellt.

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Abbildung 2:

1 Grundlagen

Eine Darstellung der bestimmenden Bedingungen für sequenzielle Teaminteraktion. Entnommen aus (Stahl 2010d, S. 256, Abb. 1.)

Abbildung 2 zeigt kein Modell aus Objekten und Prozessen. Stattdessen versucht die Abbildung, einige der komplexen bestimmenden Bedingungen (constraint) des Diskurses zu zeigen, unter denen Gruppenkognition erreicht werden kann. Weder die physischen Individuen noch die Gruppe sind hier als solche sichtbar; die im Dialog befindlichen Stimmen der Individuen treten in die sequenzielle Teaminteraktion ein und reagieren auf diese. Hinter diesen Stimmen stehen nicht notwendigerweise Verstände, die mentale Repräsentationen enthalten, sondern ein flüssiger Hintergrund aus vorheriger Erfahrung und anwendbaren entwickelten Ressourcen, die je nach Relevanz für die Interaktion zum Vorschein kommen. Der Teamdiskurs befindet sich im Kontext, der von der ablaufenden Interaktion selbst erzeugt wird; der Kultur und mit der Praxis-Gemeinschaft assoziierten Geschichte; und der sozio-technischen Umgebung inklusive der Kommunikationsmedien. Die Interaktion ist zielgerichtet bezüglich der Aufgabe, wie extern vorgegeben und durch die Gruppe beschlossen, und wird durch eine Vielzahl von Arten von Artefakten, inklusive Kodifizierungen von Wissensprodukten, die früher durch die Gruppe erzeugt wurden, vermittelt. Diese Artefakte können bei den Gruppenergebnissen auftauchen, in Bezug zur leitenden Aufgabe. Natürlich sind auch andere Randbedingungen möglich, z.B. von der Anleitung durch einen Lehrer kommend oder von der Motivation durch ein Belohnungssystem herrührend. Der Punkt ist hier, dass man sich das ganze System bei der Produktion kognitiver Leistungen vorstellen kann ohne dabei mentale Repräsentationen im individuellen Verstand der Gruppenmitglieder postulieren zu müssen, geschweige denn, dass man das ganze System auf mentale Ursachen oder auf die Regulation durch soziale Institutionen reduzieren müsste.

1.3 Theorien des CSCL

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Der Begriff der bestimmenden Bedingung (constraint) wurde in Abbildung 2 als neutraler Begriff gewählt, ohne eine Vorstellung mechanistischer Kausalität zu implizieren. Während klar ist, dass die traditionelle Auffassung von Kausalität nicht adäquat ist – zurückgehend auf Aristoteles und Metaphern der physikalischen Mechanik – ist es weniger offensichtlich, wie man sich den Einfluss der Bedingungen auf die Gruppenkognition vorstellen kann. Alltagstheorie verwendet eine mechanistische Weltsicht, oder sogar eine anthropomorphe Sicht der Natur kombiniert mit einer mechanistischen Sicht der Kausalität. Das beobachtbare Verhalten von Personen wird als Ergebnis rationaler Entscheidungen in den Köpfen der Individuen gesehen, die die Personen dazu veranlassen, sich so zu verhalten, als ob der Verstand als ausführendes Organ für zu produzierende Worte und zu bewegende Glieder agiert. Aber die linguistische Wende von Wittgenstein (Wittgenstein 1953) und mehr noch die aktuelle Praxiswendung (Schatzki, Knorr Cetina & Savigny 2001) haben sich von diesen Sichtweisen radikal entfernt. Latour (1992) scheint auf einen post-kognitivistischen Begriff der Kausalität hinzuarbeiten, vielleicht beruhend auf Hegels Vorstellung der Vermittlung. Interessanterweise argumentiert Latour nicht nur gegen die Hegemonie der individuellen Verstände als Agenten in einer sozialen Welt, sondern auch gegen die Adäquatheit unserer Auffassung des Sozialen (Latour 2007). Geschichte wird weder durch rationale Entscheidungen individueller Verstände noch durch gesellschaftliche Abläufe gemacht. Stattdessen ist sie das Resultat eines komplexen Netzwerks vermittelnder Akteure, das alle möglichen Arten von Artefakten und menschlichen Akteuren beinhaltet. Aus diesem Grund scheint Latour einen analytischen Ansatz zu befürworten, der sich fernhält sowohl von kognitiven Verständen als auch von sozialen Institutionen, um auf einen Mittelweg zu fokussieren. Abbildung 2 illustriert die Art von Netzwerk, die Latour möglicherweise zum Auseinandernehmen und anschließendem Wiederzusammensetzen von Bedingungen für Gruppenkognition befürworten würde.

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Die Vielfalt von Theorien im CSCL

Aufgrund der Orientierung auf Kleingruppen und online-Interaktion wirft CSCL viele fundamentale Fragen für traditionelle Theorien auf. Die gewohnten Charakteristiken der physischen Welt, in der Gesprächspartner körperlich anwesend und gegenseitig sichtbar sind, fehlen in CSCL-Situationen, und das stellt zahllose Annahmen der Alltagstheorien und traditionellen Ansätze in Frage. Die Gruppe hat selbst keine Identität als ein physischer Körper, noch besitzt sie ein Gehirn, um ihr Wissen zu speichern. Sie beruht auf externen Erinnerungen, die sich essentiell von persönlichen Erinnerungen unterscheiden (Donald 1991). Die online-Welt – gemeinsamer dialogischer Raum – besitzt weder Ort noch Ausdehnung. Gruppenmitglieder können aus der ganzen Welt stammen und haben nicht notwendigerweise gemeinsame Verbindungen und eine gemeinsame Kultur. CSCL bezieht Lerner aus qualitativ unterschiedlichen Lebenssituationen, Modi des In-der-Welt-seins und gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen ein. Sogar die grundlegenden Philosophien der post-kognitivistischen Theorie von Marx, Heidegger und Wittgenstein müssen überdacht werden. Konzepte wie Kausalität, Welt, Wissen, Kognition, Intersubjektivität, Interaktion und Präsenz müssen für Theorien über CSCL rekonzeptualisiert werden. Es gibt viele Wege, um Theorien im CSCL zu entwickeln, die in diesem Beitrag untersucht wurden. Trotz mancher Ähnlichkeiten zwischen diesen Alternativen – oft bezüglich ihrer

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1 Grundlagen

Kritik an früheren Theorien – gibt es große Unterschiede bezüglich der Position und Perspektive. Dies ist nicht notwendigerweise ein Problem. Es gibt eine große Auswahl von Prozessen, die in erfolgreichen CSCL-Veranstaltungen auftreten: auf verschiedenen Zeitskalen und verschiedene Aspekte der Interaktion betreffend. Zahllose Forschungsfragen können gestellt werden, jede davon benötigt möglicherweise andere Forschungsmethoden auf unterschiedlichen Ebenen der Analyse. Wahrscheinlich benötigt man zum Verstehen von CSCL mehrere Theorien, die sich nicht auf eine große vereinigte Theorie des CSCL reduzieren lassen und die sogar miteinander unvereinbar erscheinen. Dies geht wesentlich über den allgemeinen Begriff der Methodentriangulation hinaus, bei dem zwei oder mehr Methoden benutzt werden, zu einer reichhaltigeren Beschreibung einzelner Phänomene zu gelangen. Viele interessante Phänomene im CSCL werden hauptsächlich durch die Theorien definiert, die sie konzeptualisieren. Deshalb können verschiedene Theorien im CSCL über ziemlich verschiedene Dinge reden, auch wenn sie dafür unglücklicherweise denselben Namen verwenden. Um Verwirrung und Diskussionen über Pseudo-Probleme im Forschungsgebiet CSCL zu vermeiden, müssen wir uns über die der Forschungsfrage zugrunde liegenden Theorien, Annahmen, Methodologien, Analysewerkzeuge, Ergebnisse und Behauptungen klar werden. Dieser Beitrag hat einen Teil der theoretischen Landschaft skizziert, die der CSCLForschung zugrunde liegt. Fortschritte bei der weiteren Theorieentwicklung für CSCL erfordert eine sorgfältige Analyse von Fallstudien und experimentellen Ergebnissen, die durch klar benannte theoretische Perspektiven geleitet wird.

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

1.4

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Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen Monique Janneck Fachhochschule Lübeck

1

Einleitung

Dass die Frage: „Wie lernen Menschen?“ bei der Betrachtung des computergestützten kooperativen Lernens um die Aspekte „wie lernen Menschen gemeinsam?“ und „wie kommunizieren sie dabei?“ ergänzt werden muss, liegt auf der Hand. Schließlich geht es ausdrücklich darum, den gemeinschaftlichen Wissenserwerb von Menschen zu verstehen und zu unterstützen. Als Grundlage hierfür dienen Theorien und Befunde der Lern- und Kommunikationspsychologie. Im ersten Teil dieses Kapitels werden verschiedene psychologische Theorien und Modelle des Lernens, ihr Entstehungskontext und ihre unterschiedliche Bedeutung und Rezeption im Bereich CSCL überblickshaft vorgestellt. Komplementär dazu werden im zweiten Teil exemplarisch zwei kommunikationspsychologische Ansätze und ihrer Bedeutung für CSCL detaillierter beschrieben. Der Beitrag möchte Schnittstellen der vorgestellten Theorien und Modelle mit CSCL und ihre mögliche Anwendung in diesem Bereich aufzeigen. Auf die konkrete Ausgestaltung von Lernsituationen und technischen Systemen gehen die nachfolgenden Beiträge dann detaillierter ein.

2

Psychologische Theorien und Modelle des Lernens

2.1

Lerntheorien im klassischen Sinne: Verhaltenstheoretische Ansätze

Der Begriff „Lerntheorie“ bezeichnet in der deutschsprachigen Psychologie vor allem den klassischen Ansatz der Verhaltenstheorien, also einen Ansatz, der in der CSCL-Forschung eher von geringer Bedeutung ist: „Die Bezeichnung ‚Lerntheorien‘ ist insofern irreführend, als diese Theorien nicht ausschließlich im Hinblick auf die Erklärung und systematische Darstellung des Lernprozesses formuliert sind. Es handelt sich vielmehr um mehr oder minder allgemeine Verhaltenstheorien, welche lediglich von der einen gemeinsamen Voraussetzung ausgehen, dass Umwelteinflüsse, die in Lernprozessen ihren Niederschlag finden, für das Verständnis der Anpassung des Individuums an seine Umgebung von zentraler Bedeutung sind“ (Arnold et al. 1996, S. 1258 f.). Insbesondere die so genannten S-R- (stimulusresponse) Theorien, die Lernen als beobachtbare Verhaltensänderung begreifen, die als Reaktion (response) auf äußere Reize (stimuli) erfolgt, sind unter der Bezeichnung Behaviorismus weithin bekannt geworden. Durch Manipulation der Reize sowie der erlebten Konsequenzen des gezeigten Verhaltens werden Verhaltensänderungen und damit das Lernen steuerbar.

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1 Grundlagen

S-R-Theorien haben ihren Ursprung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und erlebten eine Blütezeit in den 1940er und 1950er Jahren, die in der euphorischen Hoffnung gipfelte, auf der Grundlage allgemeiner Lerngesetze Verhaltenstechnologien zu entwickeln, um menschliches Verhalten in allen gesellschaftlichen Bereichen steuern und das Zusammenleben positiver gestalten zu können. Skinner, einer der bekanntesten Vertreter des Behaviorismus (z.B. 1977), skizzierte 1948 seine gesellschaftspolitischen Visionen in dem Roman „Walden Two“ („Futurum II“), der auch zum näheren Verständnis des Behaviorismus durchaus zu empfehlen ist. Die Gültigkeit der formulierten Lerngesetze wird mittlerweile nur noch in eingeschränkter Form gesehen (Spada et al. 1992). Insbesondere die Vernachlässigung geistiger, motivationaler und emotionaler Prozesse (die als so genannte Black Box ignoriert wurden) durch den Behaviorismus, der nur das beobachtbare Verhalten zum Gegenstand seiner Untersuchungen machte, ließ sich nicht lange halten und führte im Laufe der 50er Jahre zu einem Paradigmenwechsel in der psychologischen Forschung, der kognitiven Wende (s. Abschnitt 2.2). Kritisiert wurde außerdem häufig das deterministische Menschenbild des Behaviorismus, das Menschen als scheinbar willenlos und beliebig durch äußere Reize steuer- und kontrollierbar darstellte. Im Bereich des computergestützten Lernens hatten lerntheoretische Ansätze eine Pionierrolle inne. Skinner (1968) selbst stellte mit der programmierten Instruktion ein solches Modell vor, bei dem der Lehrstoff, in kleine Aufgaben unterteilt, vorgegeben und die Antwort des Lernenden entsprechend verstärkt wird. Spätere Konzeptionen wie Autorensysteme oder Courseware werden häufig unter der Bezeichnung computer-assisted instruction (CAI) oder computer-based training (CBT) zusammengefasst. Ihnen gemeinsam ist ein mechanistisches Modell des Lernens, das auf „drill & practice“ beruht, wobei die technische Unterstützung sowohl die Vermittlung der Inhalte als auch die Rückmeldung und Verstärkung übernimmt (Koschmann 1996, Schulmeister 1997). In vielen Publikationen zum computergestützten Lernen wird der Begriff „Lerntheorie“ generell zur Bezeichnung verschiedenster lernpsychologischer Grundlagen und somit aus psychologischer Sicht fälschlich verwendet. Dies sollte von Lesern und Autoren kritisch hinterfragt werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Zudem suggeriert der Begriff „Lerntheorien“ einen vergleichbaren Abstraktionsgrad sowie vor allem einen einheitlichen Gegenstand der so bezeichneten Theorien. Die im Folgenden skizzierten Modelle unterscheiden sich jedoch z.T. erheblich in ihrem Detaillierungsgrad und ihrer Reichweite und ergänzen sich eher, als in einem Konkurrenzverhältnis zu stehen. Wenige erheben zudem den Anspruch, menschliches Lernen und Verhalten so umfassend zu erklären wie einst der Behaviorismus. Vielmehr stehen jeweils bestimmte, z.B. kognitive (s. Abschnitt 2.2) oder soziale (s. Abschnitt 2.3) Prozesse im Fokus. Bewertung: Wie oben dargestellt, gilt der Behaviorismus als umfassender Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens und Lernens als überholt. Dies gilt auch für seine Anwendung in der Pädagogik, wenngleich Prinzipien wie Belohnung und Verstärkung selbstverständlich Elemente von Lernsituationen darstellen und auch zur Steuerung von Lernprozessen dienen. Speziell für CSCL sind lerntheoretische Ansätze von geringem Interesse, da kooperative Prozesse und selbstgesteuertes, eigenverantwortliches Lernen nicht thematisiert werden.

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

2.2

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Die „kognitive Wende“

Mit der kognitiven Wende der 1950er Jahre traten die von lerntheoretischen Ansätzen bisher vernachlässigten Prozesse der menschlichen Informationsverarbeitung in den Vordergrund. Kognitive Modelle des Lernens beschäftigen sich mit bestimmten Phänomenen menschlicher Informationsverarbeitung, die von der Wahrnehmung über Gedächtnisprozesse, Denken und Problemlösestrategien bis hin zu Sprechen und Sprachverstehen reichen (eine Einführung in die genannten Themengebiete findet sich z.B. bei Müsseler (2007) oder bei Anderson et al. (2007)). Diese Kleinteiligkeit wird bisweilen kritisiert (Schulmeister 1997, S. 86 ff.), jedoch haben kognitive Theorien meist gar nicht den Anspruch, sämtliche Facetten menschlichen Lernens zu erklären (s.o.): „Bezeichnenderweise werden diese neuen Formulierungen in der Regel nicht mehr ‚Lerntheorien‘ genannt“ (Arnold et al. 1996, S. 1265). Allgemein beschäftigen sich kognitive Psychologinnen und Psychologen mit der Frage, wie „der sensorische Input umgesetzt, reduziert, weiter verarbeitet, gespeichert, wieder hervorgeholt und schließlich benutzt wird“ (Neisser 1974, S. 19). Vor allem Gedächtnisprozesse spielen hierbei eine wichtige Rolle (z.B. Anderson 1980). Lernen wird als Aufbau einer kognitiven Struktur gesehen, die eine Repräsentation der Erfahrungen eines Individuums darstellt und sowohl bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung als auch bei der Handlungsplanung (vgl. Abschnitt 2.4) wirksam wird. Durch Lernen werden mentale Modelle (z.B. Gentner & Stevens 1983) aufgebaut und verändert, also Vorstellungen, die sich Menschen von ihrer Umwelt machen und anhand derer sie ihre Umwelt wahrnehmen und sich in ihr orientieren. Mentale Modelle der Benutzerinnen und Benutzer sind auch für die Gestaltung von Software relevant (Dutke 1994). Das Ergebnis von Lernprozessen im kognitiven Sinne ist der Aufbau von Wissen, das im Langzeitgedächtnis gespeichert wird. Auf Polanyi (1985) geht die Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen zurück. Explizites Wissen lässt sich sprachlich fassen und demzufolge durch sprachliche Kommunikation weitergeben. In der kognitiven Psychologie wird explizites Wissen auch als deklaratives oder Faktenwissen bezeichnet (z.B. Anderson 1983). Lern- und Prüfungsinhalte in Schule und Hochschule stellen typischerweise explizites Wissen dar. Implizites Wissen hingegen wird durch konkrete Erfahrungen einer Person erworben und lässt sich nur schwer sprachlich kommunizieren. Lernen ist – wie z.B. beim Fahrradfahren oder Musizieren – nur durch eigenes Tun möglich, die Bewegungsabläufe werden mit zunehmender Könnerschaft immer stärker automatisiert und laufen zunehmend unbewusst ab. Auch kognitive Elemente wie die oben beschriebenen mentalen Modelle werden von Nonaka & Takeuchi (1997) zu den impliziten Wissensinhalten gezählt. Bewertung: Im Kontext von CSCL stellt das implizite Wissen eine besondere Herausforderung dar. Gerade bei technisch vermitteltem Lernen steht explizites Wissen im Vordergrund, da es sich vergegenständlichen und technisch handhaben lässt (z.B. in Form von Datenbanken oder Lernmodulen). Auch z.B. Wissensmanagement-Ansätze in Unternehmen fokussieren meist auf explizites Wissen. Sowohl bei der Entwicklung von CSCL-Systemen als auch bei der Gestaltung des didaktischen Settings sollte daher hinterfragt werden, wie der Umgang mit und die Weitergabe von implizitem Wissen angemessen unterstützt werden kann (vgl. Janneck 2007, Janneck et al. 2006). Darüber hinaus spielen kognitive Theorien für CSCL eine untergeordnete Rolle, da soziale, emotionale und motivationale Prozesse, die beim kooperativen Lernen eine große Rolle

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1 Grundlagen

spielen, kaum thematisiert werden. Eine Ausnahme bildet der Ansatz der verteilten Kognition (distributed cognition, s. z.B. Perry 2003), der die Repräsentation von Wissen in einem bestimmten Feld über verschiedene Köpfe hinweg, z.B. in einer Arbeitsgruppe, untersucht. Stattdessen waren kognitive Theorien sowie Forschungen auf dem Gebiet künstlicher Intelligenz maßgeblich für die Entwicklung intelligenter tutorieller Systeme, die dem Lernenden eine für ihn „maßgeschneiderte“ Lernumgebung mit passenden Lerninhalten und -aufgaben präsentieren und Feedback generieren sollen. Das instruktionistische Modell, das erfolgreiches Lernen als möglichst genaue Übertragung der vorgegeben Lehrinhalte begreift, blieb dabei jedoch nahezu unangetastet (Koschmann 1996). Vermutlich aus diesem Grund wird häufig ein Gegensatz zwischen kognitiven und konstruktivistisch orientierten Theorien behauptet, die Lernen nicht als Wissensübertragung, sondern als aktive Wissenskonstruktion verstehen (s. Abschnitt 2.3). Nach Ansicht der Autorin besteht dieser Gegensatz jedoch nicht: Vielmehr ist auch der Aufbau mentaler Strukturen und Modelle, wie er in kognitiven Theorien beschrieben wird, zwingend ein aktiver und konstruktiver Prozess, der individuell unterschiedlich abläuft.

2.3

Lernen als sozial-konstruktiver Prozess

Vertreterinnen und Vertreter des Forschungsfeldes CSCL heben in der Regel ein Verständnis von Lernprozessen hervor, das den sozialen Kontext des Lernens betont. Koschmann (1996) nennt die folgenden Ansätze als bedeutsame Einflüsse („intellectual heritage“, S. 13) auf die CSCL-Forschung: Konstruktivismus: Der Konstruktivismus ist eine Erkenntnistheorie, deren Grundannahmen auch in die Entwicklung von Modellen menschlichen Lernens und menschlicher Kommunikation (s. Abschnitt 3) eingeflossen sind. Vertreterinnen und Vertreter konstruktivistischer Positionen betonen, dass Menschen ihre Umwelt nicht nur passiv wahrnehmen, sondern in ihrer Wahrnehmung und in ihrem Handeln aktiv konstruieren. Lernen wird somit – aufbauend auf den Arbeiten von Bateson (1983) und Piaget (vgl. Prenzel & Mandl 1993) – als aktiv-konstruktiver Prozess angesehen. Wissensvermittlung kann demnach nie eine Eins-zuEins-Abbildung von Sachverhalten sein, sondern die Lernenden konstruieren ihr Wissen auf der Basis von Vorerfahrungen ständig neu und ordnen es in die Probleme der Lebenswelt ein. Da Menschen in einer sozialen Umwelt leben, werden diese Konstruktionsprozesse stark durch soziale Interaktionen beeinflusst. Bei der Entwicklung computerunterstützter Lernformen seit den 1990er Jahren haben sich viele Autorinnen und Autoren auf konstruktivistische Modelle berufen (vgl. Jonassen & Mandl 1990, Spiro et al. 1991, Duffy & Jonassen 1992, Gräsel et al. 1997, Reinmann 2008). Sozio-kulturelle Theorien: In der sowjetischen Psychologie entwickelten sich in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts starke Strömungen, die sich mit der kulturellen Basis des menschlichen Intellekts befassten. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Richtung war Vygotski (z.B. 1978) mit seiner „cultural-historical psychology“. Demnach findet Lernen stets auf zwei Ebenen statt: der „inter-individuellen“ sowie der „intrapsychischen“. Beim inter-individuellen Lernen, also dem Lernen im sozialen Zusammenhang, spielt die Vorbildfunktion anderer Personen, die etwa eine Fertigkeit bereits (besser) beherrschen, eine entscheidende Rolle.

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

35

Während Vygotski stark auf die Rolle der Sprache als vermittelndem Faktor des Lernens fokussierte, stellte sein Schüler Leontjew (z.B. 1977) die Rolle menschlichen Handelns in den Vordergrund. Seine Tätigkeitstheorie (englisch: Activity Theory) befasst sich mit zielgerichtetem menschlichen Handeln in seinem kulturellen (sozialen) Kontext und den Artefakten, die dieses Handeln vermitteln, wie Zeichen, Symbole, Regeln oder Medien. Situiertes Lernen/situierte Kognition: Theorien situierten Lernens betonen die soziale Eingebundenheit von Lernprozessen. Diese sind dann erfolgreich, wenn sie an den realen Erfahrungen der Lernenden anknüpfen und in deren Umwelt eingebunden sind. Daraus folgt, dass Lernaufgaben realitäts- und praxisnah sein sollten (Clancey 1997, Gräsel et al. 1997). Da dies in der Regel eine Interaktion mit anderen Menschen einschließt, liegt eine Orientierung an kooperativen Lernsettings nahe. Nach Lave & Wenger findet Lernen stets in einer Gemeinschaft statt, in der bestimmte Fertigkeiten verlangt und vermittelt werden. Jedes Individuum ist Teil vieler solcher Communities of Practice: im Alltag, in der Schule, im Arbeitsleben. Gemeinsame Ziele, gemeinsam unternommene Vorhaben, gemeinsam genutzte Artefakte sowie ein gemeinsames Verständnis von Regeln sind zentrale Bestandteile einer solchen Gemeinschaft. Lernen wird als Prozess der Integration in eine Gemeinschaft begriffen (enculturation), wobei das (neue) Mitglied langsam vom Rand in die Mitte der Gemeinschaft vorstoßen kann. Erfahrene Mitglieder übernehmen dabei die Rolle eines Begleiters, der beim Erwerb von Fähigkeiten unterstützend wirkt. Lave & Wenger bezeichnen diesen Prozess als legitimate peripheral participation und cognitive apprenticeship (Lave & Wenger 1991, Wenger 1998). Obgleich sie viele der oben genannten Aspekte vereinen und zudem praktische Handreichungen für die Gestaltung von Lernsituationen bieten, werden humanistische Vorstellungen des Lernens im Zusammenhang mit CSCL seltener genannt: So entwarf Carl Rogers, der Begründer der Gesprächspsychotherapie, in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts das Modell eines reformierten Schul- und Universitätssystems, das er mit Fallbeispielen aus Schule und Universität und Handreichungen für die praktische Umsetzung illustriert (Rogers 1969). Lernen versteht er als tiefgehenden Prozess der Persönlichkeitsentwicklung. Kern seines Modells ist die Forderung, dass Lerninhalte persönlich bedeutsam für den Lernenden sein müssen: Nur dann kann signifikantes, persönlichkeitsförderndes Lernen stattfinden. Das bedeutet, dass Lernende die Lerninhalte und deren Bearbeitung weitestgehend selbst mitbestimmen sollen. Rogers’ Forderungen liegt ein humanistisches Menschenbild zu Grunde, das – auch in Abgrenzung von behavioristischen Strömungen – die Selbstbestimmtheit von Individuen und ihren grundsätzlichen Drang und Willen zum Lernen und zur persönlichen Weiterentwicklung betont (Rogers 1961, 1969). Ruth Cohn und die WILL-Gruppe (Workshop Institute for Living-Learning) griffen die Vorstellung eines persönlich bedeutsamen, lebendigen Lernens mit der Entwicklung der Themenzentrierten Interaktion (TZI) auf und übertrugen sie auf Lernprozesse in Gruppen (z.B. Cohn & Farau 1984). Die TZI als Modell für die Gestaltung von Lerngruppen wird auch in Beitrag 1.6 beschrieben. Humanistische Pädagoginnen und Pädagogen fordern neben selbstbestimmtem und persönlich bedeutsamem auch ganzheitliches Lernen („Lernen mit Kopf, Herz und Hand“, Meyer 1987, S. 34). Ganzheitliches Lernen verlangt, an die Stelle einer Über- und Unterordnung

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1 Grundlagen

von Theorie und Praxis ein Modell der Vernetzung derselben zu setzen (Jank & Meyer 1994). Eine Konsequenz des Prinzips der Ganzheitlichkeit ist eine Orientierung des Lernens an Handlungsprodukten. Handlungsprodukte sind die materiellen und geistigen Ergebnisse der Tätigkeit der Lernenden, die anderen zugänglich gemacht werden (können). Sie stellen den Anlass für und Ausgangspunkt von Lernprozessen dar (Gudjons 1998, Jank & Meyer 1994). Bewertung: Nicht zufällig werden sozial-konstruktive Theorien im Kontext von CSCL besonders stark rezipiert, da sie Lernen als sozialen Prozess begreifen, der in der Interaktion zwischen Menschen vonstatten geht – eine Grundannahme kooperativen Lernens. Im Gegensatz zu behavioristischen Modellen, die nur das Verhalten des Menschen betrachteten und menschliches Erleben ausklammerten, und zu kognitiven Theorien, die soziale und emotionale Aspekte weitgehend außer Acht lassen, nehmen die skizzierten sozial-konstruktiven und humanistischen Ansätze den Menschen in seinem Denken, Fühlen, Handeln und in seiner sozialen Umwelt wahr, legen jedoch auch ein gröberes Raster bei der Beschreibung von Lernprozessen an. Einzelphänomene, wie sie beispielsweise kognitive Theorien beim Analysieren von Problemlöseprozessen in den Blick nehmen, werden nicht thematisiert.

3

Kommunikationspsychologische Grundlagen

3.1

Sender – Nachricht – Empfänger

Als Grundmodell menschlicher Kommunikation dient oft das Sender-Empfänger-Modell aus der mathematischen Theorie der Kommunikation von Shannon & Weaver (1949). Dieses aus der Nachrichtentechnik stammende Modell beschreibt die Übermittlung von Information vom Sender zum Empfänger: Der Sender kodiert eine Nachricht in Zeichen, die an den Empfänger übermittelt werden. Dieser wiederum hat die übermittelten Zeichen zu dekodieren, um ihnen Bedeutung zu verleihen (Abb. 1). Eine erfolgreiche Übermittlung setzt dabei voraus, dass Sender und Empfänger über einen gut übereinstimmenden Vorrat von Zeichen und Bedeutungen verfügen. Zudem kann die Nachricht auf dem Weg vom Sender zum Empfänger gestört werden (Herrmann 1992). Übertragen auf menschliche Kommunikation, stehen sich dabei zwei Modelle grundsätzlich gegenüber (vgl. Schneider 1996): Das Paketmodell geht davon aus, dass die Nachricht – das kommunikative Paket – unter günstigen Umständen ohne Bedeutungsverlust vom Sender zum Empfänger transportiert und von diesem aufgenommen werden kann. Übertragen auf den Kontext des Lernens, entspricht dies einem Bild von Wissen und Lernen, das als der sprichwörtliche „Nürnberger Trichter“ charakterisiert werden kann: Der Lehrende (Sender) schickt dem Lernenden (Empfänger) ein Wissenspaket, das von letzterem im Prinzip unverändert aufgenommen und verwertet werden kann und soll. Wissen ist nach diesem Modell vollständig abbildbar, personen- und kontextunabhängig und somit uneingeschränkt teilbar. Nach Schneider (1996) führt diese Sichtweise folgerichtig zu einer Automatisierung und Technisierung von Wissen(sprozessen): Das Hauptproblem computervermittelter Kommunikation im Kontext von Lernprozessen ist somit der Informationsverlust durch (technische) Störungen.

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

37

(Störung) Sender

Abbildung 1:

Nachricht

Empfänger

Grundmodell der Kommunikation, basierend auf dem Sender-Empfänger-Modell von Shannon & Weaver (1949)

Eine andere Sichtweise vertritt das Interaktionsmodell (vgl. Schneider 1996), wonach eine Nachricht im kommunikativen Prozess zwischen Sender und Empfänger konstruiert wird: Der Empfänger einer Nachricht dekodiert diese vor dem Hintergrund seiner eigenen Erwartungen und Erfahrungen sowie des jeweiligen Kontextes – die Nachricht, die der Sender losgeschickt hat, ist somit nicht dieselbe, die beim Empfänger ankommt. Dabei ist nicht der Informationsverlust durch „Rauschen“ ausschlaggebend für die Veränderung, vielmehr erhält die versandte Information vor dem Erfahrungshintergrund des Empfängers eine gänzlich neue Qualität. Schulz von Thun (2008) bezeichnet die ankommende Nachricht daher als „eigenes Werk“ des Empfängers. Auf Lernen bezogen bedeutet diese konstruktivistische Sichtweise, die sich im Übrigen mit kognitiven Theorien zum Aufbau mentaler Strukturen und Modelle deckt (vgl. Abschnitt 2.2 und 2.3), dass der Lernende (Empfänger) die „Wissenspakete“ des Lehrenden (Sender) aktiv in den eigenen Erfahrungs- und Handlungshintergrund integrieren muss, um von der übermittelten Information profitieren zu können. Der Versuch einer reinen Wissensvermittlung dagegen ist zum Scheitern verurteilt (Gräsel et al. 1997, Reinmann-Rothmeier & Mandl 1996). Wie in Abschnitt 2.3 beschrieben, spielen konstruktivistisch geprägte Ansätze im Rahmen von CSCL eine besondere Rolle. Im folgenden Abschnitt wird mit dem Kommunikationsmodell Friedemann Schulz von Thuns exemplarisch ein Ansatz vorgestellt, der auf konstruktivistischen Vorstellungen basiert, und dessen Implikationen für CSCL diskutiert. Da es sich hierbei um ein äußerst populäres Modell handelt, das vielfach Eingang in pädagogische Praxis sowie Beratungsprozesse gefunden hat, aber bislang in der CSCL-Literatur noch wenig beschrieben wurde, wird dieser Ansatz ausführlicher dargestellt. In Abschnitt 3.3 wird weiterhin die Kommunikationstheorie von Clark (1996, s. auch Clark & Brennan 1991) skizziert, die im Zusammenhang mit der Gestaltung von Groupware häufig herangezogen wird.

3.2

Die vier Seiten einer Nachricht

Schulz von Thun (2008) folgt in seinem Modell der Annahme, dass menschliche Kommunikation nicht durch eine reine Übermittlung von Nachrichten geschieht, sondern dass vielmehr im Sinne des Interaktionsmodells die Nachricht seitens des Empfängers neu konstruiert wird. Sein Modell beschreibt nicht den Prozess der Konstruktion selber, sondern dessen Ergebnis als Eigenschaften der so konstruierten Nachricht. In Kombination der Arbeiten von Bühler (1934), der Darstellung, Ausdruck und Appell als drei Aspekte der Sprache benennt, sowie von Watzlawick et al. (1969), die zwischen dem Inhalts- sowie dem Beziehungsaspekt von Nachrichten unterscheiden, entwirft Schulz von Thun das Modell des Nachrichtenquadrates. Jede Nachricht hat demzufolge vier Dimensionen, die durch die vier Seiten des Qua-

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1 Grundlagen

drats veranschaulicht werden: Neben dem Sachinhalt, der durch den Sender vermittelt wird, gibt dieser immer auch Informationen über sich selbst, eine Selbstoffenbarung, preis. Zudem steht er mit dem Empfänger in einer wie auch immer gearteten Beziehung – seine Nachricht vermittelt daher auch etwas darüber, wie er sein Gegenüber und die Beziehung zu ihm wahrnimmt. Und nicht zuletzt möchte der Sender in der Regel durch sein kommunikatives Handeln etwas erreichen: Er richtet einen Appell an sein Gegenüber, den Empfänger. Diese vier Aspekte sind demzufolge jeder menschlichen Nachricht – wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung und seitens des Senders unterschiedlich intendiert und bewusst – zu Eigen: „ob er will oder nicht – der Sender sendet immer gleichzeitig auf allen vier Seiten“ (Schulz von Thun 2008, S. 31). Das Nachrichtenquadrat (Abb. 2) veranschaulicht, dass ein Nachrichtentransfer im „luftleeren Raum“ – wie im oben skizzierten Paketmodell gedacht – nicht möglich ist. Auch wenn unterschiedliche Gesprächspartnerinnen und -partner dieselbe Sach-Nachricht austauschen, so stehen sie doch in höchst unterschiedlichen Beziehungen zueinander, verfolgen unterschiedliche Ziele und geben notwendigerweise Unterschiedliches über sich selbst preis: Mit anderen Worten, es handelt sich trotz gleichen Sachinhalts um verschiedene Nachrichten bereits von Seiten der jeweiligen Sender. Dabei sind die Konstruktionsprozesse der Empfänger sowie der jeweilige situative Kontext noch gar nicht berücksichtigt. Sachinhalt Sender

Selbstoffenbarung

Nachricht

Appell

Empfänger

Beziehung Abbildung 2:

Die vier Seiten einer Nachricht (nach Schulz von Thun 2001)

Schulz von Thun (2008) unterscheidet überdies explizite und implizite Anteile von Nachrichten. Explizite Anteile werden ausdrücklich formuliert, implizite Anteile indirekt vermittelt. Implizite Anteile können dabei eigenständige kommunikative Botschaften darstellen, aber auch qualifizierend sein, also Hinweise für die Interpretation der Gesamtnachricht geben. Häufig werden implizite Anteile non-verbal, über Gestik und Mimik, oder über die stimmliche Modellierung wie Betonung und Aussprache ausgedrückt. Im Hinblick auf computervermittelte Kommunikation sind nonverbale Anteile besonders zu beachten, da sie typischerweise nur unzureichend übermittelt werden können bzw. zur Übermittlung neue Formen der Kodierung gefunden werden müssen (z.B. in Form von so genannten Emoticons). Gleich dem Sender, der mit „vier Schnäbeln“ spricht, muss auch der Empfänger mit „vier Ohren“ hören und die empfangene Nachricht auf allen vier Ebenen auf ihren möglichen Bedeutungsgehalt hin analysieren (Schulz von Thun 2008). Die Dominanz einzelner Aspekte in der Kommunikation – typischerweise die Sachinformation – stellt eine Grundbedingung für Störungen und Misslingen dar. Ebenso ist eine Quelle für Missverständnisse und Konflikte, wenn Sender und Empfänger in ihrer Kommunikation Schwerpunkte auf unterschiedliche Aspekte des Nachrichtenquadrats legen, also auf unterschiedlichen Ebenen senden und empfangen. Dabei weist Schulz von Thun darauf hin, dass

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

39

Missverständnisse sich „fast zwangsläufig schon aus der Quadratur der Nachricht“ ergeben. Störungen in der Kommunikation entstehen, wenn Missverständnisse nicht aufgedeckt werden, sondern die kommunikative Beziehung „aus dem Verborgenen“ stören (Schulz von Thun 2008). Positiv formuliert, ist für erfolgreiche Kommunikation bedeutsam, dass Sender und Empfänger eine kongruente Wahrnehmung ihrer Interaktion erreichen. Dies basiert wesentlich auf Feedbackschleifen in der Interaktion: Durch seine Reaktion gibt der Empfänger dem Sender einen Hinweis darauf, ob die Nachricht „richtig“ verstanden wurde. Je expliziter dies geschieht, desto besser sind in der Regel die Chancen, mögliche Missverständnisse aufzudecken. Noch darüber hinaus geht die Metakommunikation, also die Auseinandersetzung der Interaktionspartnerinnen und -partner über ihre Art der Kommunikation und die Auswirkung auf den Umgang miteinander.

Die Bedeutung des Kommunikationsmodells für CSCL Der Sachinhalt als offensichtlichster und scheinbar objektiver Anteil menschlicher Kommunikation steht oft im Vordergrund, während die anderen Seiten des Nachrichtenquadrats ignoriert oder abgewertet werden. Die in Diskussionen häufig geäußerte Aufforderung, man solle doch bitte „sachlich bleiben“, mag hierfür als Beispiel dienen. Schulz von Thun sieht insgesamt eine Überbetonung des Sachaspektes in der Schule und im Arbeitsleben (Schulz von Thun 2008). Die Dominanz der Sach-Ebene in der Kommunikation dürfte sich bei computervermittelter Kommunikation wiederfinden bzw. wird durch diese vermutlich noch verstärkt, da Gelegenheiten zu persönlicher Kommunikation (wie z.B. Pausengespräche) fehlen (vg. Schweizer 2003, Burnett & Buerkle 2004). Trotz – oder gerade wegen – der häufigen Dominanz der Sachebene in Schule, Ausbildung und Beruf spielt die Beziehungsebene hier eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Kooperationsbeziehungen. Schulz von Thun (2008) weist darauf hin, dass häufig eine Scheinsachlichkeit anzutreffen ist, wobei Beziehungsprobleme auf der Sachebene ausgetragen werden – mit negativen Folgen für die Produktivität und Zufriedenheit (Überblick bei Fittkau & Fittkau-Garthe 1994). Auf CSCL übertragen bedeutet dies zum einen, dass die Ausgestaltung der Beziehungen in der Lerngruppe ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Gruppenarbeit und somit den Lernerfolg ist. Für die Softwaregestaltung ist die entscheidende Frage, inwiefern durch die technische Unterstützung bestimmte (un-) günstige Kooperationsstrukturen (mit-) geprägt werden bzw. inwiefern die Softwareunterstützung die Beziehungsgestaltung der Mitglieder unterstützt (vgl. Janneck 2007). Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitsteilung innerhalb der Gruppe und die damit verbundene Entstehung von Rollenmustern interessant (vgl. Beitrag 1.6). In Arbeits- und Lernkontexten, die einen starken Beurteilungs- und Leistungscharakter aufweisen (mit der Prüfungssituation als Extrem), ist die Selbstoffenbarung – im Hinblick auf den Lernerfolg – quasi ein eingeforderter Bestandteil der Kommunikationsstruktur. Gleichermaßen bringt diese Leistungsanforderung eine Situation mit sich, in der die Lernenden zumindest teilweise zu Rivalen werden. In Lerngruppen kann dies – insbesondere bei unklaren Bewertungsmaßstäben – zu der paradoxen Situation führen, dass die Mitglieder einerseits kooperieren sollen, wollen oder müssen, andererseits aber eine individuell herausragende

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1 Grundlagen

Bewertung nur durch „Ausstechen“ der anderen und somit potentiell unkooperatives Verhalten zu erreichen ist (vgl. Cohn 1997, S. 152 ff. zum Rivalitätsprinzip in Schulen; zu diesem paradoxen Phänomen bei Formen moderner Arbeitsorganisation siehe Volpert 2003, S. 166 ff.). Die Gruppenmitglieder stehen gleichsam vor der Herausforderung einer „doppelten“, möglicherweise widersprüchlichen Selbstoffenbarung: einerseits ihrer Gruppe, andererseits einem externen Bewerter oder Bewerterin gegenüber. Computervermittelte Kommunikation, die meist textbasiert abläuft und damit langfristig archivierbar, abrufbar und potentiell bewertbar ist, kann diesen Konflikt verstärken (schließlich ist genau nachvollziehbar, wer sich beispielsweise wann, wie und mit wie vielen Beiträgen an einer Diskussion beteiligt hat). Die Appellseite einer Nachricht bringt die motivations- und zielgerichtete Seite zum Vorschein: Schulz von Thun (2008) spricht von Wirkung im Gegensatz zu Ausdruck in der Kommunikation. Im Kontext von Lerngruppen existieren Handlungsziele auf der individuellen und kollektiven Ebene: Die Gruppe als Ganzes möchte erfolgreich ein Arbeitsergebnis erreichen, das unter Umständen zumindest teilweise von außen vorgegeben ist; die einzelnen Gruppenmitglieder möchten an diesem Prozess gleichberechtigt und fair teilnehmen können und definieren oder gewichten möglicherweise auch das zu erreichende Lernziel unterschiedlich. Dass alle Mitglieder ihre diesbezüglichen Appelle möglichst gleich wirksam in diesen Prozess einbringen können, ist eine wichtige Herausforderung für die Gruppe, insbesondere wenn eine Moderatorin bzw. ein Moderator fehlt. Wenn Einzelne – z.B. besonders ruhige oder schüchterne Mitglieder – den dominanteren Gruppenmitgliedern nichts entgegensetzen können, boykottieren sie womöglich auf subtile Weise den Gruppenprozess, und die Handlungsfähigkeit der Gruppe ist gefährdet. Für die Softwaregestaltung ist zudem die Appellhaltigkeit von Begriffen interessant. Schulz von Thun (2008) beschreibt dies u.a. am Beispiel des Begriffspaares „Arbeitnehmer – Arbeitgeber“: „Das Wort Arbeitgeber legt nahe, dass hier jemand ‚gibt‘ und enthält den Appell an den ‚Nehmenden‘, dankbar zu sein und keine allzu fordernde oder gar klassenkämpferische Haltung einzunehmen. Mit gleicher Berechtigung könnte man das Begriffspaar genau umgekehrt verwenden“ (S. 237). Der Aspekt der Appellhaltigkeit kann somit genutzt werden, um Metaphern, Leitbilder und Begriffe auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Eine ausführliche Diskussion des Kommunikationsmodells von Schulz von Thun und eine Ableitung von entsprechenden Leitlinien zur Analyse und zum Design von CSCL-Systemen finden sich bei Janneck (2007).

3.3

Die Kommunikationstheorie von Clark

Die Kommunikationstheorie von Clark (1996, s. auch Clark & Brennan 1991) wird im Zusammenhang mit CSCL und computervermittelter Kommunikation häufig herangezogen, da sie konkrete Hinweise zur Kategorisierung von Kommunikationsmedien gibt, aus der sich wiederum sowohl Ansatzpunkte für mögliche Kommunikationsprobleme in computervermittelten Settings als auch für die Gestaltung von Kommunikationsmedien bzw. Empfehlungen für die Medienwahl ableiten lassen. Auch Clark geht davon aus, dass Kommunikation ein aktiver Konstruktionsprozess seitens der Kommunikationspartner ist. Das zentrale Element seines Ansatzes ist der so genannte „common ground“: Der Aufbau einer solchen gemeinsamen Verständnisbasis zwischen den

1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

41

Kommunikationspartnern ist ein wichtigen Faktor für erfolgreiche Kommunikation; umgekehrt führt eine fehlende Basis zu Missverständnissen und kommunikativen Schwierigkeiten. Um eine solche gemeinsame Basis zu etablieren, geben sich die Kommunikationspartner fortwährend Feedback, um ihr gegenseitiges Verständnis abzusichern. Diese Rückkopplung erfolgt sowohl über den verbalen Kommunikationsinhalt als auch über nonverbale Kommunikationsanteile (Blickverhalten, Mimik und Gestik, Körperhaltung usw.), die (Un-) Verständnis, Zustimmung usw. signalisieren (etwa durch Kopfnicken oder „mmh“) und zur Koordination der Kommunikationssituation beitragen, indem z.B. Sprecherwechsel angebahnt werden. Clark und Brennan (1991) kategorisieren nun Medien danach, welche Kanäle für die Rückkopplung zur Verfügung stehen (backchannel feedback). Sie unterscheiden acht solche Rückkopplungseigenschaften: – – – – – –

Copresence (Kopräsenz: räumliche Anwesenheit) Visibility (Sichtbarkeit: Sichtkontakt der Kommunikationspartner) Audibility (Hörbarkeit: Hörkontakt) Contemporality (zeitgleiche Anwesenheit) Simultaneity (Gleichzeitigkeit: gleichzeitiges Agieren möglich) Sequentiality (Zeitliches Nacheinander: läuft die Kommunikation in einer bestimmten Reihenfolge ab?) – Reviewability (Nachprüfbarkeit: kann die Kommunikation im Nachhinein nachvollzogen werden?) – Revisability (Revidierbarkeit: können Nachrichten geändert bzw. korrigiert werden?) In Tabelle 1 wurden beispielhaft einige Kommunikationsmedien gemäß dieser Rückkopplungseigenschaften kategorisiert. Tabelle 1:

Feedbackkanäle bei unterschiedlichen Kommunikationsmedien (vgl. Clark & Brennan 1991, S. 142)

Face-To-Face Videokonferenz Telefon E-Mail Brief

Copresence +

Visibility + +

Audibility + + +

Contemporality + + +

Simultaneity + + + +

Sequentiality + + +

Reviewability

Revisability

+ +

+ +

Reichhaltige und sozial präsente Medien wie Face-to-face- und Telefon-Kontakt weisen somit mehr Feedbackkanäle auf. Das Modell macht jedoch auch deutlich, dass textbasierte Medien wie z.B. E-Mail mit Nachprüfbarkeit und Revidierbarkeit spezifische Qualitäten aufweisen, die unter Umständen gerade in kritischen Kommunikationssituationen von Vorteil sind. So können etwa fehlerhafte oder unbedachte Äußerungen in schriftlicher Form leichter nochmals überprüft und korrigiert werden, bevor sie den Empfänger erreichen. Anhand dieser Kategorisierung können Kommunikationsmedien gezielt für bestimmte Kommunikationssituationen und -zwecke ausgewählt werden (vgl. auch Beitrag 3.4 zur Medienwahl). Bei der Entwicklung von Kommunikations- und Kooperationssystemen sollte

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1 Grundlagen

ebenfalls darauf geachtet werden, welche Rückkopplungseigenschaften diese aufweisen und ob diese für den geplanten Nutzungskontext angemessen sind. Eine ausführliche Diskussion der Kommunikationstheorie von Clark liefert z.B. Monk (2003).

4

Fazit und Ausblick

In diesem Beitrag wurden einige lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen dargestellt, die für die Gestaltung computergestützter kooperativer Lernsituationen relevant sind. Dabei wurde deutlich, dass nicht eine einzelne Theorie oder ein Modell als alleinige Fundierung für CSCL dienen kann. Vielmehr tragen die unterschiedlichen Modelle in unterschiedlichem Maße zum Verständnis kooperativer Lernsituationen bei, wobei sozialkonstruktive Ansätze in der CSCL-Literatur eine dominierende Rolle einnehmen. Neben der grundlegenden Überzeugung, dass Lernen ein sozialer Prozess ist und Kooperation somit ein inhärenter Teil jedes Lernprozesses sein sollte, wird CSCL häufig mit der Überlegenheit kooperativer Lernformen begründet (siehe z.B. Johnson & Johnson 1994a in einer Metaanalyse): Die Interaktion mit den Mitlernenden, die Konfrontation mit unterschiedlichen Standpunkten und die Einnahme und schließlich Zusammenführung verschiedener Perspektiven kann zu einer aktiveren Auseinandersetzung mit den Lerninhalten führen als die individuelle Beschäftigung mit einem Thema (Johnson & Johnson 1994b, Roschelle 1996). Wie kooperative Lernsituationen gestaltet werden können und von welchen Bedingungen erfolgreiches Lernen in kooperativen Settings abhängt, wird in den Beiträgen 1.5, 1.6 sowie 3.1 bis 3.11 weiter ausgeführt. Die Gestaltung der Softwareunterstützung für gemeinschaftliches Lernen ist Gegenstand der Beiträge in Teil 2 dieses Buches.

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

1.5

43

Pädagogische und didaktische Grundlagen Claudia de Witt1, Christian Grune2 1

1

FernUniversität in Hagen, 2itslearning GmbH

Einführung

Lebenslanges Lernen und die Partizipation am Bildungs- und Lebensraum Internet sind Anforderungen an die Generationen von heute. Global verantwortungsvolles Handeln, soziale Teilhabe und persönliche Beziehungen z.B. über Social Software setzen Individuen voraus, die Erfahrungen mit kooperativen Lernprozessen haben. Computergestütztes kollaboratives Lernen (CSCL) stützt sich auf Erkenntnisse ganz unterschiedlicher Forschungsrichtungen. Dies sind zum einen die entwicklungspsychologischen Arbeiten von Piaget, Vygotski und Leontjev, die den Einfluss des sozialen und kulturellen Umfelds auf die individuelle Entwicklung und damit das Lernen untersucht haben, zum anderen pädagogisch-didaktische Ansätze, die sozial-kommunikatives Lernen als Handlungsprinzip und als Ziel von Bildung, Erziehung und Unterricht auffassen. Zu den Fundamenten kooperativen Lernens aus pädagogischer und didaktischer Sicht können vor allem eine Reihe reformpädagogischer Ansätze gezählt werden, die gemeinschaftliches Tun und Handeln als grundlegend für den Lernprozess ansehen und sich von der reinen Wissensvermittlung abgrenzen. Diesen Ansätzen ist trotz großer Unterschiede die Orientierung auf die Rolle der sozialen Interaktion beim Lernen und Wissenserwerb gemein. Mit kooperativem Lernen als eine spezielle Sozial- und Interaktionsform ist die pädagogische Zielvorstellung verbunden, sowohl sozial-kommunikative Kompetenz als auch Selbstkompetenz zu entwickeln. Im Gegensatz zum individuellen Lernen im Sinne selbständiger Auseinandersetzung und Erkenntnistätigkeit meint kooperatives Lernen, mit anderen wechselseitig an einer Sache zu arbeiten und damit gemeinsame, aber auch unterschiedliche Ziele zu erreichen oder Produkte herzustellen. Kooperatives Lernen hat nicht per se bessere Ergebnisse im Vergleich zu traditionellen, individuellen Ansätzen. Als Ergebnis mehrjähriger Untersuchungen kooperativer Lernprozesse haben Johnson und Johnson (1990) fünf Elemente benannt, die konstituierend und nachhaltig für den Erfolg kooperativen Lernens sind: – Die Interdependenz der Gruppenzusammenhänge muss von allen Gruppenmitgliedern deutlich positiv wahrgenommen und transparent gemacht werden. – Die soziale Interaktion muss erheblich gefördert und unterstützt werden. – Die Gruppen- und Individualverantwortung für den Gesamterfolg muss von allen Gruppenmitgliedern deutlich wahrgenommen werden. Der individuelle Beitrag muss erkennbar sein und das Individuum muss sich dafür verantwortlich fühlen. Genauso muss aber jeder auch Verantwortung tragen für den Erfolg der Gruppe. Die Gruppe weiß, dass die gemeinsame Leistung bewertet wird, genauso wie die individuelle Verbindlichkeit bedeutet, dass die Leistung jedes Einzelnen bewertet wird. – Notwendig ist ein häufiger und regelmäßiger Nutzen von spezifischen Kommunikationsund Gruppenfähigkeiten und -fertigkeiten.

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1 Grundlagen

– Regelmäßiges Feedback und Evaluation der Gruppenprozesse werden zur Verbesserung der zukünftigen Effektivität durch die Gruppe selbst vorgenommen. Nur wenn die Gruppe insgesamt durch Anreizstrukturen erfolgreich ist, erreichen auch die einzelnen Gruppenmitglieder ihre persönlichen Ziele (vgl. Kiper/Mischke 2008). Die Gruppenstruktur ist dabei ein entscheidender Faktor für den Erfolg kooperativen Lernens: gemeinsames Vorhaben, selbstorganisierte Verbundenheit der Mitglieder und ein gemeinsames Repertoire an Ressourcen unterstützen das Gemeinschaftliche in der Gruppe (vgl. Beinhauer 2004; Molphy/Pocknee/Young 2007). In kooperativen Lernarrangements werden häufiger als in individualisierten Lernkontexten komplexere Denkstrategien und Formen der Metakognition und -reflexion eingesetzt. Kooperative Lernkontexte führen außerdem nicht nur zu einer besseren Transferfähigkeit des Gelernten, sondern auch zu Prozessgewinnen, „wenn neue Ideen oder Problemlösungen erst durch die Kommunikation und Kollaboration von einzelnen Menschen in kooperativen Arrangements ermöglicht werden“ (nach Johnson/Johnson 1998 in: Behr u.a. 2002, S. 21). Dabei muss allerdings das Wissen über Vor- und Nachteile virtueller Kommunikationsformen für die Wissenskonstruktion und Diskurses bekannt sein (vgl. Rautenstrauch 2008). Johnson und Johnson (1998) bauen auf Untersuchungen in klassischen Unterrichtssituationen auf. Dennoch gelten die von ihnen benannten Elemente auch als Grundprinzipien computergestützter Lernangebote. CSCL unterscheidet sich von konventionellem e-Learning (computergestütztem Lernen) durch den expliziten Einbezug von Kooperation und Kollaboration in die Organisation des Lernprozesses. Nach Dillenbourg (1999) sind für kooperative Lernumgebungen die Beziehungen zwischen der aktuellen Situation der Lernenden, den Gruppenprozessen, der Interaktion und den Effekten gemeinsamen Lernens der Schlüssel zu einem Verständnis kooperativen Lernens. Bei der gemeinsamen Bearbeitung von Aufgaben oder eines Problems und in der Kommunikation mit den anderen wird die eigene Position realistischer eingeschätzt und das eigene Selbstbild leichter herausgefunden. In der Gruppe wird der Einzelne nicht nur stärker herausgefordert, sondern findet gleichzeitig auch Bekräftigung und Unterstützung. In diesem Kapitel werden die pädagogischen und didaktischen Grundlagen kooperativen Lernens beleuchtet und dabei mit Rückgriff auf die Geschichte der Pädagogik die Bedeutung gemeinsamen, interaktiven Lernens für die Bildung und Menschwerdung des Individuums herausgestellt.

2

Anthropologische Bedingungen kooperativen Lernens

Die Bedeutsamkeit kooperativen Handelns ist bereits in der Natur des Menschen als „Mängelwesen“ angelegt (vgl. Gehlen 1961). Der Mensch ist zwar weltoffen, entscheidungsfrei (vgl. Portmann 1951) und zeichnet sich durch seine große Lernfähigkeit aus, gleichzeitig ist aber ihre Förderung unabdingbar. Instinktarm und umweltungebunden bedarf der Mensch zur Ausbildung seines Menschseins der kulturellen Einwirkung, der Vermittlung seiner kulturspezifischen Verhaltensweisen und Normen (vgl. von Uexküll 1956). Für die Ausbildung seiner Potenziale profitiert der Einzelne von dem tradierten Wissen vorheriger Generationen. Als „Kulturwesen“ (vgl. Gehlen 1961) lebt der Mensch von den Ergebnissen seiner gemeinsamen Tätigkeiten.

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

45

Der Mensch kann nur überleben, wenn er in eine Kultur hineinwächst, wenn er lernt, an der Sprache, den Rollen, Regeln, Inhalten zu partizipieren („Bildsamkeit“) und seine Umwelt mitzugestalten, selbsttätig zu handeln. Der Mensch ist phylogenetisch mit Fähigkeiten ausgestattet, mit denen er mit seiner Umwelt kommunizieren kann. Angesichts einer mediatisierten Wissensgesellschaft plädiert Aufenanger für eine „Medienanthropologie, die einerseits von der prinzipiellen Offenheit des Menschen ausgeht, andererseits aber auch seine historische und gesellschaftliche Bedingtheit im Auge behält.“ (1999, S. 67) Denn nur „wenn wir zurückblicken und fragen, wenn jede vorherige Generation sich zukünftigen Entwicklungen verschlossen hätte, wo wir dann stehen würden, wird deutlich werden, dass nur diese anthropologische Offenheit unter Berücksichtigung der Medienbildung der einzige Weg in die Zukunft ist.“ (Aufenanger 2000, S. 8)

3

Sozialisations- und bildungstheoretische Grundlagen kooperativen Lernens

Mit Blick auf die jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen ist die Komplexität sozialen und kommunikativen Handelns nur durch eine Ausdifferenzierung verschiedener Rollen zu bewältigen. Der Mensch wächst in einer sozialen Umwelt auf und interagiert mit ihr. Er eignet sich normative Einstellungen, Verhaltensmuster, Ausdrucksformen seiner jeweiligen Kultur an, er sozialisiert sich. Persönlichkeit „entsteht aufgrund ihrer Interaktion mit der materiellen, kulturellen und sozialen Umwelt“ (Hurrelmann & Ulich 1991, S. 23). Diese Sozialisationsprozesse lassen sich aus rollen- und systemtheoretischen Blickwinkeln (Durkheim, Parsons z.B.) oder aus interaktionstheoretischen Erklärungsansätzen (Mead, Blumer, Goffman z.B.) nachvollziehen. Während der rollen- oder systemtheoretische Ansatz sich für das menschliche Handeln in Beziehung zu seiner Funktion für das gesamtgesellschaftliche System interessiert, setzt sich der interaktionstheoretische Ansatz mit dem sozialen Handeln in Bezug auf die Interaktion selbst und die handelnde Individuen auseinander. Die Fähigkeit, die Haltung des anderen zu übernehmen, in seine Rolle zu schlüpfen und das eigene Handeln darauf abzustimmen, ist nicht nur das Ergebnis eines langwierigen Sozialisationsprozesses, sondern auch konstitutiv für kooperatives Verhalten. „Entscheidend für die Kommunikation ist, dass das Symbol in der eigenen Identität das gleiche wie im anderen Individuum auslöst“ (Mead 1973, S. 44). Es werden dazu von den Interaktionsteilnehmern gegenseitige Interpretations- und Kooperationsleistungen verlangt. Diese bestehen aus einem Role-Taking und einem Role-Making. Die Interaktionspartner müssen also zum einen in der Lage sein, die Rolle des anderen einzunehmen und ihre eigenen Reaktionen auf diese Erwartung zu interpretieren. Zum anderen übersetzen sie die Rollenerwartungen in konkrete Handlungen. Die soziale Dimension ist auch eine grundlegende Dimension von Bildung: „Mit Bildung sind normative Zusammenhänge der menschlichen Gesellschaft verbunden, Bildung braucht Zustimmung, kommunikative Sozialität“ (Gudjons 2001a, S. 202). Bildungstheoretische Posi-

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1 Grundlagen

tionen beziehen gesamtgesellschaftliche Problemlagen mit ein. In der zunehmend medial vermittelten Welt zeigt sich Bildung vor allem daran, „über welche Interpretationsmöglichkeiten von Erfahrung und Welt das Subjekt verfügt. Es käme auch darauf an, Differenzerfahrungen zu verarbeiten, das Fremde nicht als bedrohlich zu deuten, sondern als Anderes, Eigenständiges, Bereicherndes … Bildung hat dann eine sinnstiftende und orientierende Funktion, indem sie gerade die Pluralität menschlicher Selbst- und Weltverhältnisse fruchtbar macht. Das schließt Akzeptanz- und Toleranzbereitschaft ebenso ein wie die Relativierung des eigenen Standpunktes und Weltbildes! …‚ Bildung hat die Funktion in die Gesellschaft einzuführen und in ihre Regeln einzuüben genauso wie die Funktion eine kritische, reflexive Distanz herzustellen‘ (Heydorn 1980).“ (Gudjons 2001a, S. 204) Auch Sesink spricht von der „Sozialität von Bildung“: „Bildung ist zunächst immer die Bildung des Individuums als der Instanz der subjektiven Vernunft (Bildung zur Mündigkeit). Sie ist damit zugleich soziale Integration, insofern der subjektiv zu bildenden Vernunft eine objektive Vernunft der gesellschaftlichen Verhältnisse entspricht. Durch die Bildung der subjektiven Vernunft unterliegt die objektive Vernunft der Verhältnisse einer Entwicklung. Das heißt: Bildung der Individuen ist auch immer Bildung der Gesellschaft.“ (Sesink 2002, S. 98) Heranwachsende müssen auf den Komplexitätszuwachs im Arbeitsleben vorbereitet werden. Dazu brauchen sie analytische und synthetische Kompetenzen, die in soziale Kompetenzen münden (vgl. Hansmann & Marotzki 1988). „Die entscheidenden Potentiale der neuen Informationstechnologien gehen über Lernen hinaus und verweisen auf Bildung: Zur Wissensarbeit gehört eine systematisierende Reflexion und Kritik, die in eine artikulierende Haltung mündet. Mit dieser bildungstheoretischen Orientierung, das ist der Kern unserer langjährigen Erfahrungen, kann ein Beitrag dazu geleistet werden, mit der heranwachsenden Generation so zu arbeiten, dass sie sich wie selbstverständlich in einer digitalen Kultur bewegen und deren Möglichkeiten nutzen kann.“ (Marotzki, Nohl & Ortlepp 2003, S. 15) Mit der Weiterentwicklung des Internet durch Web 2.0- und Mobile Learning-Anwendungen eröffnen sich immer neue Artikulations- und Partizipationsräume, innerhalb derer der Mensch differenziertere Möglichkeiten hat, ein Verhältnis zu sich und zur Welt aufzubauen bzw. sich selbst neu zu erfinden. So beschreiben Jörisson und Marotzki (2009) anhand von kollaborativen Wissensprojekten wie Wikipedia, Online-Communities und sozialen Netzwerken als neuen Vergemeinschaftsformen, wie in vielen dieser Gemeinschaftsräume komplexe soziale Prozesse der Argumentation z.B. in der Aushandlung von Regeln ablaufen. Der Bildungswert des Internet liege darin, dass diese digitale Welten Möglichkeiten böten, sich selbst neu zu erfinden und weitere Aspekte seines Selbst zu entwickeln. Es geht nicht nur darum, den Strukturen des Netzes zu folgen und neue Dinge (rezeptiv) zu entdecken, sondern neue Strukturen zu gestalten. Trotz der Unterscheidung in informelle, dezentral vernetzte und formale, zentral verwaltete Communities gehen Jörisson und Marotzki (2009, S. 192 ff.) von sieben gemeinsamen Strukturmerkmalen aus. Demnach lassen sich in jeder Online-Gemeinschaft eine Leitmetapher für die Infrastruktur, eine soziographische Struktur, eine Kommunikations- sowie der Informations- als auch Präsentationsstruktur, aber auch eine Partizipa-

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

47

tionsstruktur genauso wie das Verhältnis Online-Offline beschreiben. Die Autoren sprechen von zwei Tendenzen neuer „Biographisierungsformen im Internet“: zum einen werden „verschiedene individuelle Perspektiven auf lebensgeschichtlich relevante Ereignisse an einem öffentlichen Raum zusammengetragen“ und zum anderen dokumentieren Weblogs und Microblogging individuelle Biographien (ebd., S. 233). Durch diese neuen Artikulationsformen verändern sich dementsprechend Sozialisations- und Bildungsprozesse, die im Sinne von Jörisson und Marotzki (ebd., S. 40) eine gesteigerte Reflexivität als Kern von Medienbildung in neuen vernetzten Lebensräumen notwendig machen.

4

Pädagogische Relevanz der Selbstregulation als Voraussetzung für kooperatives Lernen

Auf den ersten Blick scheint selbstreguliertes Lernen von kooperativen Ansätzen weit entfernt zu sein. Die Grundannahmen selbstregulierten Lernens bauen auf Arbeiten Flavells (1992) auf, der Metakognition als die Fähigkeit des Lernenden beschreibt, eigene kognitive Prozesse zu beobachten und zu kontrollieren. Der Lernende selbst also ist sich bewusst über den eigenen Lernfortschritt und für das Lernen selbst verantwortlich. Schiefele und Pekrum (1996) definieren selbstreguliertes Lernen als eine Form des Lernens, bei der die Person abhängig von ihrer Lernmotivation selbstbestimmt eine oder mehrere Selbststeuerungsmaßnahmen (kognitiver, metakognitiver, volitionaler oder anderer Art) ergreift und den Lernprozess selbst überwacht. Die lernende Person übernimmt also wesentliche Funktionen des Lehrers mit und reflektiert den eigenen Lernprozess. Baumert (1999) beschreibt selbstreguliertes Lernen „als zielorientierten Prozess des aktiven und konstruktiven Wissenserwerbs, der auf (dem von der Person selbst) reflektierten und gesteuerten Zusammenspiel kognitiver und motivationaler/emotionaler Ressourcen einer Person beruht“. In Interaktions- und Gruppenkontexten kann Selbstregulation als Beobachtung und Bewertung eigener Handlungen auf Andere und die Wahl einer adäquaten Reaktion darauf beschrieben werden. Damit wird eine enge Verwandtschaft mit konstruktivistischen Ansätzen deutlich, die von der aktiven Beteiligung des Individuums bei der Konstruktion, Dekonstruktion und Rekonstruktion des Wissens ausgehen. Selbstregulation kann somit als förderliche Vorraussetzung für computergestütztes kooperatives Lernen angesehen werden. Da im Gegensatz zu face-to-face Situationen klassische Feedback- und Regulationsmechanismen nicht verfügbar sind und zudem viele Kooperationsprozesse asynchron ablaufen, werden an Lerner besondere Anforderungen der Selbststeuerung gestellt.

5

Didaktische Grundlagen kooperativen Lernens

5.1

Reformpädagogische Einflüsse

Der Gedanke, dass für die Selbstregulation und Selbstbildung des Einzelnen gemeinsames Lernen förderlich ist, hat eine lange Tradition. Besonders die reformpädagogische Bewegung hat mit pädagogisch-didaktischen Konzeptionen dazu beigetragen (z.B. bei Maria Montessori, Celestin Freinet, Georg Kerschensteiner, Hugo Gaudig, Adolf Reichwein und Peter Petersen). Auch wenn den pädagogischen Reformen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das „Stadium von Entwürfen und Modellexperimenten“ nachgesagt wird (Benner 2001,

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1 Grundlagen

S. 131), so haben sie doch bis heute anregende Impulse. Während es Montessori (1870– 1952) um die Entwicklung des Kindes durch zielgerichtete Aktivitäten und Freinet (1896– 1966) in seiner „aktiven Schule“ um die „demokratische Entscheidungsfindung in der Klassenkooperative“, um die pädagogische Kooperation und Solidarität von Schülern und Lehrern ging, ist explizit die Vorstellung von Gruppenlernen in dem Jena-Plan von Peter Petersen (1884–1952) artikuliert worden. Die Jena-Plan-Schule von Petersen ist gekennzeichnet durch eine „Lebens-Gemeinschaftsschule“, durch jahrgangsübergreifenden Unterricht, Wochenarbeitsplan, Helfersystemen von Schülern, Gruppenarbeit, Versetzung nach Selbsteinschätzung der Schüler. Hier lösen Stammgruppen die Jahrgangsklassen ab. Zensuren als Benotung der Leistung durch Lehrer gibt es nicht mehr, anstelle dessen tritt die Selbst- und Mitschülerbeurteilung (vgl. Petersen 1927, 1968). Damit geht auch eine Veränderung der Lehrerrolle einher. Der Lehrer ist nicht mehr ein Belehrender, sondern fügt sich genauso in die Lerngruppen ein und fordert dabei durch gezielte Fragen zur selbstständigen Aktivitäten der Lernenden auf. Die Entscheidung für den Gruppenunterricht traf Petersen aufgrund der Auffassung, dass Jahrgangsklassen unvermeidlich mit Überforderung bzw. Benachteiligung verbunden sind. In den klassischen Jahrgangsklassen sei der Lernstoff vorprogrammiert und gebe keinen Raum für individuelle Änderungen und Anpassungen. Allerdings wurde der Gruppenunterricht ergänzt durch Kursangebote (Übungs- und Elementarkurse, Niveaukurse, Wahlkurse), an denen Schüler aller Gruppen sich beteiligen konnten. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts legte dann insbesondere die kritisch-kommunikative Didaktik Wert darauf, Inhalte nicht nur sach- sondern vor allem interaktionsadäquat zu vermitteln, d.h. auf die symmetrische Kommunikation zu achten und Störungen bei der Planung mit zu berücksichtigen. Die von Schäfer/Schaller 1971 entwickelte Didaktik betont die Bedeutung des kommunikativen und kooperativen Prozesses während des Unterrichts. Bei der Planung und Gestaltung des Unterrichts werden verschiedenen Dimensionen der Kommunikation beachtet: nonverbale Kommunikation, Beziehungsebene, symmetrische Kommunikation, Metakommunikation und kommunikative Kompetenz. Diese kommunikative Kompetenz (vgl. auch Baacke 1971) soll darüber erreicht werden, dass den Lernenden eigene Entscheidungsfreiheiten bei der Gestaltung der Kommunikation eingeräumt werden. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass Lernende und Lehrer sich daran miteinander kooperierend beteiligen. In diesem didaktischen Konzept werden die gruppendynamischen Prozesse auf der Grundlage der themenzentrierten Interaktion gestaltet. „In die Unterrichtsplanung als einen Prozess der Auseinandersetzung und Entscheidungsfindung darüber, was den Schülern zur Entwicklung kritischen Denkens geboten werden soll, sind alle direkt und indirekt Betroffenen einzubeziehen.“ (Schröder 2000, S. 236) Aber auch in der bildungstheoretischen Didaktik wird nicht nur der Zusammenhang von Lehren und Lernen als Interaktionsprozess verstanden, sondern Lehren vollzieht sich unter Mitplanung und Mitgestaltung des Unterrichts des Lernenden im Sinne eines offenen und schülerzentrierten Unterrichts (vgl. Klafki 1964; 1991). Beim kooperativen Lernen ist auch zu bedenken, dass der Kompetenzzuwachs nicht mehr allein durch eine Notengebung angegeben werden kann. Es geht vielmehr um den Wert der Selbsttätigkeit.

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

49

„Ein Unterricht, der sich allein im sokratischen Dialog erschöpft, vernachlässigt sträflich diese Grunderkenntnis. Die Projektarbeit, das Arbeiten in Gruppen von Kindern und Jugendlichen, die Möglichkeit, sich mit anderen Kindern zu messen, Jüngeren etwas beizubringen … schaffen einen Mehrwert von Erfahrung, der sich wiederum in Motivation niederschlägt.“ (Baumert, Fried, Joas, Mittelstraß & Singer 2002, S. 194) Die reformpädagogische Bewegung hat sich insbesondere der Lernerorientierung und dem Lebensbezug als Ausgangspunkt und Gegenstand unterrichtlicher Tätigkeit verschrieben. Und genau hier wird der Einfluss des pädagogischen Pragmatismus für das erfahrungsorientierte und kooperative Lernen in computergestützten Lernsituationen deutlich. Wegen seines großen Einflusses, u.a. auch auf die interaktionstheoretischen Positionen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (z.B. bei Apel, Habermas, Schütz, Krappman, Joas u.a.) wird deshalb Deweys pädagogischer Gedanke ausführlicher dargestellt.

5.2

Sozialer Pragmatismus bei Dewey

Großen Einfluss auf die deutsche reformpädagogische Bewegung hatte John Dewey (1859– 1951) durch pädagogische Prinzipien wie Selbständigkeit, praktisches Tun und geistige Leistungen, Lernen an der Sache, aber auch Selbstüberprüfung des Erfolgs statt sachfremder Zensuren, Praxis und fachliches Wissen und besonders kooperatives Lernen (zu finden z.B. bei Freinet, Peter Petersen, Georg Kerschensteiner oder Hugo Gaudig). John Dewey war neben Charles S. Peirce und William James einer der bedeutendsten Vertreter des amerikanischen Pragmatismus. In seiner Pädagogik vertritt er einen problemorientierten Zugang zum Lernen, der die Lösungsstrategien, die zur Lösung eines Problems führen, vor die eigentlichen Lernziele stellt. Zu lernendes Wissen hat einen Bezug zum realen Leben in der Gesellschaft. Das von Dewey propagierte „verständige Lernen“ zielte auf das gemeinschaftliche Lösen wirklicher Probleme des Alltags. Bei Dewey zählt nicht das Erreichen vorher definierter Ziele, sondern der während des Lernens, Forschens realisierte Erfahrungsgewinn (vgl. Dewey 1938). Zentrale Bedeutung hat für Dewey die Erfahrung. Erfahrung schließt bei Dewey eine aktive, handlungsorientierte Komponente (Handeln, Tun, Probieren) und eine passive Komponente (Verarbeiten, Erfahren lassen) ein: „Wir wirken auf den Gegenstand, der Gegenstand wirkt auf uns zurück.“ (Dewey 2000, S. 186). Damit ist bereits sein Begriff von Bildung angedeutet: Der Bildungsprozess ist eine ständige und kontinuierliche Rekonstruktion von Erfahrung, ein dauernder Neuaufbau, eine ständige Reorganisation (Dewey 2000, S. 75), Prozess und Ziel der Bildung sind ein und dieselbe Sache. Erfahrung wird damit nicht als planloser Vorgang beschrieben, sondern ist ein Konstruktionsprozess. Hierbei hilft der „temporale Perspektivwechsel“, mit dem das eigene Handeln von einer anderen Perspektive wahrgenommen wird, und der letztlich zur „Rekonstruktion von Erfahrung“ führt. Erst durch das Erkennen, wie eigene Erfahrungen entstanden sind, wird ein „bildender Prozess“ möglich, der Implikationen für Handeln in der Zukunft eröffnet. Es geht hierbei um einen zeitlich organisierten, fortlaufenden Lernprozess, bei dem vergangene, gegenwärtige und zukünftige Erfahrungen in Verbindung gebracht werden. Dieses fortlaufende Lernen ist immer auf bestimmte Situationen bezogen, und in diesen Situationen konstituiert sich eine Relation von vergangenem, gegenwärtigem und zukünfti-

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1 Grundlagen

gem Handeln: Gegenwärtiges Handeln kann nur dann beurteilt und sein Sinn abgeschätzt werden, wenn die Vergangenheit und die Zukunft mit gedacht werden. Das heißt aber z.B. nicht, dass die Zukunft gegenüber dem gegenwärtigen Handeln den Vorrang erhält (vgl. de Witt 1999; 2003; Lehmann-Rommel 2001). Dies bedeutet vielmehr eine gleichwertige Anerkennung der Zufälligkeiten und relationalen Zusammenhänge, unter denen das gegenwärtige Handeln stattfindet. Es ist die Fähigkeit zu unterscheiden zwischen unmittelbaren Bedürfnissen und der Reflexion von Bedingungen und möglichen Konsequenzen des jeweiligen Handelns. Damit geht es um das situationsbezogene Einschätzen von zukünftigen Konsequenzen für die eigenen Ziele. Nach Dewey kann Lernen vor allem durch die Einbettung in bedeutungsvolle, relevante Aktivitäten unterstützt werden. Lernen definiert Dewey als permanente Rekonstruktion oder Reorganisation von Erfahrungen (Dewey 1993). Lernen findet also statt durch die Neubewertung, Interpretation und Anwendung eigener Erfahrungen. Deweys bildende Methode der Erfahrung bzw. die Methode des Denkens äußert sich in dem „Inquiry“-Prozess (Dewey 1938). Das forschende Lernen erfordert andere Kommunikationsstrukturen als belehrender Unterricht. Es unterstützt vielmehr die Kooperation zwischen reflektierenden Individuen, die in diesem Prozess Handlungen ausprobieren können bevor unersetzlich Festlegungen gemacht werden. Es liegen also keine äußeren objektiven Maßstäbe vor, sondern müssen kommunikativ entwickelt werden. Lernen als erfahrungsbezogene Handlung ist immer in soziale, kulturelle oder historische Kontexte eingebunden und findet nicht isoliert statt. Dewey hat seine pädagogischen Ideen für reale Unterrichtssituationen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfasst. In der späteren Rezeption Deweys werden diese als bedeutsamer Beitrag zu Standards problembasierten, kooperativen Lernens gewertet (vgl. Koschmann 2001). Sein Konzept einer Community of Inquiry, die sich als lernende Gemeinschaft von einem Lernen in der Gemeinschaft abhebt, wurde weiterentwickelt, u.a. von Garrsion und Anderson (2003). Sie verstehen darunter eine Gemeinschaft, in der „students listen to one another with respect, build on one another’s ideas, challenge one another to supply reasons for otherwise unsupported opinions, assist each other in drawing inferences from what has been said, and seek to identify one another’s assumptions. A community of inquiry attempts to follow the inquiry where it leads rather than being penned in by the boundary lines of existing disciplines“ (Garrison/Anderson 2003, S. 27; vgl. Czerwionka/de Witt 2006). Vor allem folgende Schlüsselkonzepte können helfen, kooperative computergestützte Lernumgebungen aufzubauen (nach Tolsby 2002): – Lernen als Konstruktion: In Abgrenzung vom Vermittlungsparadigma kann nach Dewey Erfahrung nur durch aktives Bearbeiten von Problemen gewonnen werden. – Lernen als Erfahrung und Denken: Erfahrung hat bei Dewey sowohl aktive als auch passive Elemente. Aktivität allein ist blind, erst die Verbindung der Aktivität mit Konsequenzen und das Besetzen von Erfahrungen mit Bedeutungen und Interpretationen führen zu Veränderungen und ermöglichen Lernen. Erleben wird erst durch Reflexion zu Erfahrung. – Unterstützung/Führung/Direction des Lernens: Auch Dewey sieht die Notwendigkeit, Lernen zu führen zu unterstützen. Führung ist dabei nicht die Regulation oder Kontrolle durch den Lehrer/Tutor/die Lernumgebung, sondern soll als Guiding gewährt werden, um

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

51

den Lernern eine räumliche und zeitliche Orientierung ihrer Aktivitäten zu sichern, indem die Ergebnisse des Handels sichtbar und greifbar gemacht werden. – Engagement und Bedeutungen beim Lernen: Lernen kann nur stattfinden, wenn den Handlungen auch Bedeutungen beigemessen werden. Diese Bedeutungen können nicht von der Lernumgebung, dem Thema oder einem Lehrer extern vorgebeben werden, sondern müssen von den Lernern selbst entwickelt werden. Die Entwicklung von Bedeutungen erfordert Engagement „in der Sache“, am Thema. Eine Lernumgebung muss die Entfaltung eines solches Engagement unterstützen. – Lernen mit Zielen: Gemäß den Prämissen, von denen Dewey ausgeht, können nur die Lernenden selbst die Ziele ihres Lernens definieren. Nach Dewey können Lernziele nicht aus abstrakten Ideen abgeleitet werden, sondern entstehen aus der Auseinandersetzung mit realen Problemen und dem Wachsen von Erfahrungen. Lernen mit Zielen ist also die Konzentration der eigenen Anstrengungen auf die Lösung eines Problems. Ziele sollten flexibel sein, indem sie an äußere Umstände und die Entfaltung der Erfahrung angepasst werden können.

5.3

Konstruktivistische Umsetzung kooperativen Lernens

Der Konstruktivismus stellt für computergestütztes kooperatives Lernen nicht nur ein bedeutendes Lernparadigma dar, sondern sowohl seine Kritiker als auch Vertreter berufen sich auf seine enge Beziehung zum Deweyschen Pragmatismus. Der Konstruktivismus versteht sich in erster Linie als eine Erkenntnistheorie. Dabei ist der Konstruktivismus keine in sich geschlossene Theorie, sondern setzt sich aus verschiedenen erkenntnistheoretischen Annahmen zusammen. Zentraler Gegenstand der konstruktivistischen Diskussion sind Fragen nach der Wahrnehmung und Abbildung von Realität im menschlichen Bewusstsein. Die Arbeiten zum Konstruktivismus thematisieren vor allem die menschliche Wahrnehmung von Wirklichkeit als Ergebnis ständiger Interpretationen und Neubewertungen im sozialen Kontext. Als Grundannahme des Radikalen Konstruktivismus gilt die Aussage, dass die Wirklichkeit durch den Menschen nicht passiv abgebildet, sondern nur aktiv und vor allem subjektiv konstruiert und interpretiert wird. Nach Maturana (1987) und Varela (1987) ist Wirklichkeit immer eine kognitiv konstruierte Wirklichkeit. In den Sozialwissenschaften haben die Annahmen des Konstruktivismus breite Aufnahme gefunden – neben dem „klassischen“ Konstruktivismus als Erkenntnistheorie etablierten sich „gemäßigte“ Varianten, die fachspezifischen Aspekten der Wahrnehmung u.a. in der Soziologie, der Psychologie, der Systemtheorie und der Pädagogik nachgehen (vgl. Gerstenmaier & Mandl 1995). Denn weil der radikale Konstruktivismus Lernen als nicht planbar, Menschen als geschlossene Systemen sieht, weil es für ihn keine objektiv wahrnehmbare Umwelt gebe, über die man sich verständigen kann, wäre aus dieser Perspektive das Ziel zu Lehren paradox. Deshalb orientieren sich pädagogische und didaktische Ansätze an den gemäßigten Varianten des Konstruktivismus. Gemäßigt werden die konstruktivistischen Annahmen des Lernens dadurch, dass Lernen nicht ohne Instruktion auskommt. Instruktion hat die Funktion die individuellen Möglichkeiten zu unterstützen und zu fördern sowie die Funktion den individuellen Lernerfolg zu sichern.

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1 Grundlagen

Systematisierend benennen Gräsel & Mandl (1999) die sich aus dem „gemäßigten“ Konstruktivismus ergebenden Grundannahmen für das Lernen: 1. Lernen ist ein aktiver und konstruktiver Prozess, der auf die Konstruktion und Interpretation von Wissen als Zuweisen von Bedeutung gerichtet ist. Die motivationale Beteiligung des Lernenden spielt eine zentrale Rolle. 2. Lernen ist situations- und kontextgebunden. Wissen kann nicht in mentalen Repräsentationen gespeichert werden, sondern wird in einer bestimmten Situation aufgebaut, dabei wird neues Wissen unter Bezug auf Vorwissen konstruiert. 3. Lernen ist ein selbstgesteuerter Prozess. Der Lernende steuert den Prozess des Lernens, also den Einbezug seines Vorwissens in den Konstruktionsprozess, selbst. 4. Lernen ist ein sozialer Prozess. Lernprozesse sind immer in soziale Prozesse eingebettet, sie sind „nie individuelle Vorgänge“. Tabelle 1 fasst die Unterschiede zwischen dem konstruktivistischen und pragmatistischen Lernparadigma nach Kerres & de Witt (2003) zusammen. Tabelle 1:

Unterschiede zwischem konstruktivistischen und pragmatistischen Lernparadigma

Konstruktivismus Komplexes Ausgangsproblem Authentizität und Situiertheit Multiple Perspektiven Artikulation und Reflexion

Lernen im sozialen Austausch

6

Pragmatismus Ermöglichen von Erfahrung durch Interaktionsprozesse Bezug zur Lebenswelt: Situation, in der der Lernende sicht tatsächlich befindet, ist der Ausgangspunkt. Temporaler Perspektivwechsel durch den Lernenden Inquiry-Prozess, Rekonstruktion von Erfahrung: Vergangene, gegenwärtige und zukünftige Erfahrungen sind in Verbindung zu bringen. Lernende Gemeinschaft

Kooperative Elemente in didaktischen Instruktionsdesigns

In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden gegen klassische kognitivistische Theorieansätze insbesondere konstruktivistische bzw. situationistische Theorien des Instruktionsdesigns in das mediendidaktische Feld eingeführt. Mittlerweile aber bestehen weiterentwickelte ältere Modelle wie auch neue situationsorientierte Ansätze nebeneinander und werden gleichermaßen akzeptiert. Für kooperatives Lernen werden im Folgenden die Ansätze des Instruktionsdesigns skizziert, die Multiperspektivität und Artikulation bzw. Reflexion in einem sozialen Kontext betonen. So geht zunächst der Ansatz des situierten Lernens von zwei Prämissen aus: Einbettung der Lernumgebung/Lernziele in einen authentischen Kontext und Anregung/Förderung sozialer Interaktion und Kooperation in Lernsituationen. Lave und Wenger (1991) beschreiben situiertes Lernen als Brücke zwischen kognitivem, eher abstraktem Lernen und beiläufigem Lernen in sozialer Praxis: „The notion of situated learning now appears to be a transistory concept, a bridge, between a view according to which cognitive processes (and thus learning) are primary and a view according to which social practice is the primary, generative phenomenon, and learning is one of its characteristics.“ Nach Lave und Wenger werden Lerngegenstände durch die Teilhabe an Praxisgemeinschaften („communities of practice“) erst für die Lernenden relevant. Nicht das Thema an

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

53

sich, sondern der Wunsch, in einer Praxisgemeinschaft Akzeptanz und Anerkennung zu finden, motivieren die Lerner, sich neues Wissen anzueignen. Als Beispiel für situiertes Lernen wird der Ansatz des geankerten Lernens („anchored instruktion“) von Bransford u.a. (1990) und der Cognition and Technology Group at Vanderbilt (vgl. u.a. CGTV 1992) in der Literatur ausführlich diskutiert (vgl. Gerstenmaier & Mandl 1995 oder Kerres 1998). In diesem explorativen Instruktionsdesign dienen Videos mit authentischen Problemschilderungen als „Anker“, die bei den Lernenden die Aufmerksamkeit wecken und eine Identifikation mit der Aufgabe bewirken sollten. Die Arbeit am „Thema“ erfolgt dann in Unterrichtsgruppen. Durch das Wechselspiel von personeninternen mit personenexternen, situativen Faktoren findet Lernen hier in einem kommunikativen Konstruktionsprozess, bei dem Wissen immer unter Beachtung eines Kontextes erworben wird, Lernende über sich selbst reflektieren und sich selbst bewerten und dabei multiple Perspektiven unterscheiden können (vgl. Niegemann 2001). Der Ansatz der Cognitive Flexibility Theory fokussiert eher auf die Strukturierung und Repräsentation von Wissen als auf die Organisation von Lernen, um auf die spezifischen und unsystematischen Strukturen komplexen Wissens in Hypertext-Umgebungen hinzuweisen. Der Ansatz fordert hier zum Betrachten der Wissensbasis aus verschiedenen intellektuellen Blickwinkeln auf. Für den Erwerb und Transfer komplexen Wissens werden fünf Prinzipien für die Entwicklung hypertextbasierter Lernumgebungen empfohlen (vgl. Jacobson & Spiro 1995): 1. Präsentation von Wissen in multiplen konzeptuellen Repräsentationen, also in verschiedenen Themenbereichen oder verschiedenen Kontexten. 2. Verbinden und „Zuschneiden“ abstrakter Konzepte durch konkrete Fallbeispiele, um dem Lerner die Nuancen und Veränderlichkeit der Konzepte in unterschiedlichen Zusammenhängen zu verdeutlichen. 3. Rechtzeitige Einführung in die Komplexität der Wissensdomain, um die Aufnahme isolierten Wissens zu vermeiden. 4. Herausstellen des netzartigen Charakters von Wissen, um den Aufbau „trägen“, nicht anwendbaren Wissens zu vermeiden 5. Ermöglichen einer „Wissensmontage“, das die Zusammenstellung flexibler Wissenskonzepte und Fallbeispiele in einer neuen Situation ermöglichen soll. Dieser Ansatz bezieht sich ausdrücklich auf die spezifischen Bedingungen des Wissenserwerbs in Hypertext- und Netzwerkumgebungen. Aufgrund seiner mangelnden lerntheoretischen Fundierung und der schnellen Aufnahme im Instruktionsdesign wurde er u.a. von Schulmeister (1997) als „Partialtheorie“ kritisiert. Dieser Einschätzung soll hier nicht gefolgt werden. Vielmehr erscheinen die Prinzipien geeignet für eine „Minimaldidaktik“ von CSCLUmgebungen, die innerhalb der Umgebung bearbeitbares Wissen (Knoten) so vorbereitet, dass sie einer konstruktiven Veränderung zugänglich sind. So können aus den Prinzipien Designregeln für den Aufbau komplexer CSCL-Umgebungen vor allem im Hochschulbereich abgeleitet werden. Der Ansatz der kognitiven Lehre (Cognitive Apprenticeship) übertrug das Modell der klassischen Handwerkslehre, in der ein Schüler von einem Meister durch Beobachtung, Anleitung und geführte Selbsttätigkeit lernte, auf das didaktische Design. Dabei sollte Lernen in Abgrenzung von schulischem Lernen in einen nachvollziehbaren situativen Kontext eingebettet

54

1 Grundlagen

werden. Während die Lernprozesse in der traditionellen Lehre vorwiegend praktische sind, soll mit Hilfe medialer Lernumgebungen die kognitive Auseinandersetzung mit Expertenwissen gefördert werden. Um den Lernenden die Anwendung und Integration kognitiver Lernstrategien für die Entdeckung, Anwendung und Verwaltung des Wissens zu ermöglichen, wurden sechs Methoden entwickelt (vgl. Collins, Brown & Newmann 1989): 1. Beim Modelling stellt ein Experte eine Aufgabe vor und externalisiert dabei seine kognitiven Prozesse, indem er bspw. beim Vorlesen seine Gedanken verbalisiert. Der Lerner nimmt diese Handlungen als Vorbild und entwickelt eine eigene Vorgehensweise bei der Problemlösung. 2. Das Coaching stellt dem Lerner den Experten als Berater und Beobachter zur Seite. 3. Während des Scaffolding wird eine Art kooperativer Problemlösung angewendet, bei der sich der Lehrer schrittweise zurückzieht. 4. Während der Lerner die Tätigkeiten ausführt, wird er mit der Methode der Articulation zu einer Verbalisierung bzw. Externalisierung seiner kognitiven Prozesse angeregt. 5. Während der Reflexion werden die Ergebnisse des Lerners mit denen anderer verglichen. 6. Die Methode der Exploration wird als die „Krönung“ des Lernprozesses, als Übergang zu selbstständiger Problemlösung angesehen. Nicht nur die Probleme sollen jetzt selbstständig gelöst werden, sondern auch das „problem setting“ eigenständig vorgenommen werden.

7

Prozessorientiertes Lernen und Lehren als didaktisches Fundament für CSCL

Als zentrale Anforderung an selbstständiges Lernen definiert Simons (1992) die Fähigkeit, „ihr eigenes Lernen – ohne Hilfe anderer Instanzen – zu steuern und zu kontrollieren“. Diese Fähigkeit ist dabei eng an die allgemeine Lernfähigkeit geknüpft, aber unabhängig von Situationen. Simons fasst fünf Eigenschaften eines „guten“ Lehrers aus der gängigen Forschungsliteratur zusammen und ordnet diesen spezifische didaktische Tätigkeiten zu. Dabei ist es nicht wichtig, wer diese Tätigkeiten ausführt, sie können also auch vom Lerner selbst übernommen werden. In Tabelle 2 werden die didaktischen Tätigkeiten für Lehrende und Lernende zusammenfassend dargestellt. Die Aufgabe des prozessorientierten Lehrens ist die schrittweise Befähigung des Lerners, die vom Lehrer übernommenen Tätigkeiten eigenständig zu übernehmen. Simons hat dazu 14 Prinzipien aufgestellt, die Hindernisse auf dem Weg zum selbständigen Lernen vermeiden helfen: Zentrales Prinzip ist die Betonung der Lernaktivitäten als Prozess (Prozessprinzip). Nicht die Lernergebnisse, sondern die Lernaktivitäten stehen im Mittelpunkt und werden im Verhältnis der angestrebten und erreichten Lernziele und der eigenen Lernfähigkeiten reflektiert (Rückbesinnungsprinzip). Dabei werden Unterrichtsmaßnahmen so gewählt, dass Lernende konstruktive Lernaktivitäten entfalten können. Besonders kognitive Lernziele, die aktives Lernen ermöglichen, werden dabei betont, Vorwissen wird konsequent einbezogen. Neben der Betonung kognitiver Lernprozesse wird auf den Einfluss emotionaler und affektiver Prozesse auf das Lernen hingewiesen (Aktivitäts-, Affektivitäts-, Vorwissen und Lernzielprinzip). Vom Lehrer werden kontextbezogene Hilfestellungen gegeben, die den Schülern die Relevanz der Lernstrategien verdeutlichen sollen (Kontext- und Nützlichkeitsprinzip).

1.5 Pädagogische und didaktische Grundlagen

55

Der Unterricht wird den Lernkonzepten der Schüler angepasst, der Lehrer gestaltet dabei besonders solche Situationen, die eine Anwendung der Lernstrategien in verschiedenen Zusammenhängen und Anwendungsfeldern ermöglichen (Lernkonzeptions- und Transferprinzip). Tabelle 2:

Didaktische Tätigkeiten für Lehrende und Lernende Lehrfunktionen

Lernfunktionen 1. Vorbereitung des Lernens

• • • • • • •

Orientierung über Ziele und Handlungen geben Auswahl von Zielen die Relevanz von Zielen deutlich machen Aufbau von Motivation Planung und Beginn der Lernhandlung Aufmerksamkeit aktivieren Rückbesinnung auf frühere Lernprozesse und auf Vorwissen anregen.

• • •

Verstehen und Behalten des Gelernten Integration des Gelernten Anwendung des Gelernten



Überwachung des Lernens und Prüfen des Lern• Lernen selbst überwachen und den Lernfortschritt fortschrittes prüfen können Korrektur des Lehr- und Lernprozesses • Alternative Lernstrategien auswählen können Auswertung der Lernhandlungen • Lernhandlungen auswerten können Rückbesinnung auf den Verlauf des Lernens • über den Verlauf des Lernens reflektieren können 4. Leistungsbewertung

• • •

• • •

Orientierung über Ziele und Handlungen Ziele auswählen können Sich die Bedeutung von Lernzielen klarmachen können • sich selbst motivieren zu können • Lernhandlungen in Gang setzen können • Aufmerksamkeit aktivieren können • Reflexion über frühere Lernprozesse und Vorwissen 2. Ausführen von Lernhandlungen • Verstehen und Behalten des Gelernten • Integration des Gelernten • Anwendung des Gelernten 3. Handlungsregulation

• •

Rückmeldungen über den Lernprozess geben Lernprozess und -ergebnisse bewerten





Lernmotivation und Konzentration erhalten



Sich selbst Rückmeldungen über den Lernprozess und dessen Ergebnisse geben können • Lernprozess und -ergebnisse realistisch bewerten können 5. Motivation und Konzentration erhalten Lernmotivation und Konzentration selbst erhalten können Quelle: SIMONS (1992, 255)

Die Maßnahmen zur Realisierung selbstregulierten Lernens werden mit anderen Bezugspersonen des Lernenden abgesprochen, im Unterricht werden Kooperationen und Diskussionen über die Lernziele angeregt (Betreuungs- und Kooperationsprinzip). Die Hilfestellungen des Lehrers werden allmählich zurückgenommen und die Lernenden werden explizit darin unterwiesen, ihr eigenes Lernen selbständig diagnostizieren und korrigieren zu können (Scaffolding- und Selbstdiagnoseprinzip) (vgl. dazu ausführlich Simons 1992, 260 ff.).

56

8

1 Grundlagen

Fazit

Die theoretische Legitimation computergestützten kooperativen Lernens hat tiefe Wurzeln in pädagogischen und didaktischen Theorien. Kooperatives Lernen kann gerade mit solchen pädagogischen und didaktischen Theorien begründet werden, in deren Mittelpunkt Kompetenzen wie Mitentscheidung, Mitgestaltung und Mitverantwortung stehen. Während die pädagogischen Theorien auf den besonderen Bildungsbedarf des Menschen aus seiner Stellung als soziales Wesen verweisen und Bildung als „kooperativen Imperativ“ formulieren, fokussieren die hier dargestellten didaktischen Theorien einen Begriff des Lernens als Prozess der Zusammenarbeit, der über die Definition von Zielen und Aufgaben hinausgeht. Die Beschreibung und Gestaltung von Lernprozessen wird als kooperatives Zusammenwirken von Lehre und Aufnahme, von Vermittlung und Übung aufgefasst. Sozial-kommunikative Lernsituationen haben mit ihrer Akzentsetzung auf Teamarbeit in Projekten und Problembewältigungen und -lösungen die Elemente pragmatistischer und reformpädagogischer Pädagogik aufgenommen. Computerunterstütztes kooperatives Lernen kann am ehesten aus pädagogischen und didaktischen Theorien der Interaktion abgeleitet werden. Dazu gehört eine Lernerorientierung, die die Selbst- und Mitbestimmung aller Beteiligten am kooperativen Lerngeschehen impliziert genauso wie der handelnde und erfahrungsorientierte Umgang mit den Sachverhalten. Es kommt auch darauf an, nicht nur seine eigene Position sondern auch eine intersubjektive Perspektive im computergestützten Lerngeschehen wahrzunehmen, anzuerkennen und seine Handlungen danach auszurichten. Zum kooperativen Lernen gehört deshalb nicht nur die Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstbewertung, sondern die auch die Bereitschaft, Verantwortung für die Lernsituation zu übernehmen. Damit ist die wirkliche didaktische und pädagogische Herausforderung bei der Gestaltung computergestützter Lernarrangements die Förderung und Stärkung der gemeinsamen Verantwortung. Mehr als die technische Gestaltung, die mediale oder die inhaltliche Aufbereitung können die kooperative und verantwortungsvolle Gestaltung des Lernprozesses den Erfolg computergestützten kooperativen Lernens sichern. Dies wird umso wichtiger, je mehr das begleitende Lernen im Prozess der Arbeit zunimmt.

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

1.6

57

Gruppen und Gruppenarbeit Monique Janneck1, Michael Janneck2 1

1

Fachhochschule Lübeck, 2Thomas-Mann-Schule Lübeck

Einleitung

Gruppen sind ein elementarer Bestandteil menschlichen Zusammenlebens. Durch sie werden soziale Strukturen aufgebaut und abgebildet, soziale Beziehungen organisiert und Identitäten vermittelt: „Gruppen befriedigen individuelle Bedürfnisse sowie Anforderungen der Allgemeinheit, und zwar auf sozioemotionaler Ebene (z.B. Wir-Gefühl, Vermittlung sozialer Normen und Werte, soziale Unterstützung) als auch auf sachlich-instrumenteller Ebene (z.B. Arbeitsteilung, Wissensvermittlung)“ (Döring 2003, S. 489). Wie interagieren Menschen in Gruppen miteinander? Welche Probleme treten dabei auf und wie kann man ihnen entgegnen? Diese und ähnliche Fragen beantworten wir in diesem Beitrag, indem wir grundlegende Merkmale von und Prozesse in Gruppen darlegen. Wir greifen dabei auf – in vielen Fällen schon klassische – Theorien und Befunde v.a. der Sozial-, aber auch der Pädagogischen Psychologie sowie der Pädagogik zurück. Die Übertragbarkeit auf Gruppen, deren Mitglieder teilweise oder gänzlich virtuell interagieren, ist zwar noch nicht für alle dieser Erkenntnisse und Erfahrungen geprüft worden. Dennoch können sie wertvolle Hinweise für die Analyse und Gestaltung computergestützter kooperativer Lernsituationen liefern. Am Ende jedes Abschnitts führen wir beispielhaft einige Thesen hinsichtlich der Gestaltung von kooperativen Lernsituationen und deren Computerunterstützung auf, die sich unseres Erachtens aus den Befunden ableiten lassen, jedoch sicherlich kontrovers diskutiert werden können. Wir möchten die Leserinnen und Leser einladen, diese Diskussionen in ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema CSCL zu führen.

2

Dimensionen und Merkmale von Gruppen

Definitionen von sozialen Gruppen in Abgrenzung von flüchtigen Interaktionssituationen betonen vier Hauptmerkmale (zusammengefasst bei Döring 2003, S. 492): − − − −

ständige Kommunikation und Kommunikationsmöglichkeit, Abgrenzung von der Umwelt und innere Strukturierung der Gruppe, Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppe, Zusammenarbeit und wechselseitige Unterstützung.

Bei der Untersuchung von Gruppenphänomenen ist zwischen Groß- und Kleingruppen zu unterscheiden, wobei die Forschung zu Kleingruppen dominiert. Die Unterscheidung zwischen Klein- und Großgruppen lässt sich nicht an einer konkreten Personenzahl festmachen (in der Literatur findet man Angaben, die zwischen fünf und 30 Mitgliedern schwanken), stattdessen ist es sinnvoller, Kleingruppen darüber zu definieren, dass ihre Mitglieder regelmäßig in Interaktion stehen (Döring 2003), so wie dies typischerweise in Lerngruppen (z.B.

58

1 Grundlagen

im Klassenverband oder in Seminargruppen) der Fall ist (eine Ausnahme bilden z.B. Vorlesungen mit mehreren hundert Teilnehmenden). Auf Großgruppen, soziale Bewegungen, große virtuelle Gemeinschaften bzw. Online-Communities (Preece 2000), deren Mitglieder sich in der Regel nicht mehr alle persönlich kennen und nur mit einem kleinen Teil der Gemeinschaft in regelmäßigem Austausch stehen, gehen wir in diesem Kapitel nicht gesondert ein. Gleichwohl sind eine Reihe der hier dargestellten Erkenntnisse (insbesondere in Abschnitt 2.3) auch für Großgruppen relevant. Eine weitere Differenzierung bietet die Frage der Bindung der Gruppenmitglieder: Gruppen mit einer hohen sozioemotionalen Bindung der Mitglieder untereinander (z.B. Familie, Freundeskreis) werden als Primärgruppen bezeichnet; Lern- und Arbeitsgruppen mit einem geringeren Bindungsgrad werden dagegen eher zu den Sekundärgruppen gezählt. Lerngruppen sind in der Regel zudem formale Gruppen, die zu einem ganz bestimmten Zweck explizit gebildet werden, während informelle Gruppen (z.B. Freizeit- oder Reisegruppen) eher zufällig und aus sozioemotionalen Gesichtspunkten heraus entstehen (vgl. Döring 2003). In den folgenden Abschnitten behandeln wir Erkenntnisse zur Struktur und Produktivität von Gruppen sowie zum sozialen Einfluss in und zwischen Gruppen, die in zahlreichen Laborund Feldstudien erhoben und vielfach repliziert wurden.

2.1

Gruppenstruktur

Wichtige Bestimmungsstücke der Gruppenstruktur sind Größe, Kommunikationsstrukturen, sozialer Status und soziale Rollen (Collins & Raven 1968). Dabei spielt die Gruppenkommunikation eine große Rolle: „Die Struktur ist entstanden und wird über Kommunikation aufrechterhalten. Über Kommunikation werden Positionen und Rollen definiert und bestimmten Personen zugeordnet. Darüber hinaus ermöglicht Kommunikation einer solchen Organisation die Aufrechterhaltung und Veränderung der Struktur von Rollen und Normen.“ (Wilke & van Knippenberg 1996, S. 486). Gruppenstrukturen lassen sich demnach als Kommunikationsnetze darstellen, anhand derer sich die zu erwartende Motivation und Produktivität bei verschiedenen Aufgaben charakterisieren lässt (Leavitt 1951; Shaw 1964, 1981). Leavitt (1951) untersuchte als erster, wie sich Kommunikationsmuster in Gruppen auf deren Produktivität auswirken. In Abbildung 1 sind verschiedene Netzstrukturen vereinfacht und typisiert dargestellt. Als wesentliches Bestimmungsstück stellte sich die Zentralisierung der Kommunikationsstrukturen heraus. Stärker zentralisierte Netze wie das „Rad“ (s. Abbildung 1), bei denen zentrale Personen die Kommunikation und damit die Arbeitsteilung koordinieren, sind effektiver bei einfacheren Gruppenaufgaben, die im Wesentlichen Informationssuche beinhalten. Bei komplexeren Aufgaben, bei denen die Gruppe einen stärkeren Ermessensspielraum hat, sind weniger zentralisierte Kommunikationsstrukturen effektiver. Erst wenn sich die Gruppe eingespielt hat, kann sie wieder von stärker zentralisierten Strukturen profitieren (Wilke & van Knippenberg 1996). Zudem ist die Zufriedenheit der Mitglieder in Gruppen mit dezentralisierten Strukturen größer als in zentralisierten Netzwerken: In letzteren zeigten sich vor allem die Personen an den zentralen Positionen, die somit den größten Einfluss ausüben konnten, am zufriedensten (Shaw 1981).

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

Rad

Abbildung 1:

Kreis

59

Kette

Netz

Kommunikationsnetze (nach Leavitt 1951)

Bei der Entwicklung von Gruppenstrukturen spielt die Verteilung bestimmter Aufgaben an entsprechend geeignet erscheinende Mitglieder eine entscheidende Rolle. Eine wichtige Funktion hat dabei, sofern vorhanden, die Gruppenleitung (vgl. Abschnitt 3.2). Diese Rollenmuster entstehen nicht allein aufgrund der Initiative der jeweiligen Akteure, sondern auch aufgrund der Erwartungen der Gruppe: So werden Mitglieder je nach dem erwarteten Beitrag, den sie für die Gruppe leisten können, unterschiedlich häufig angesprochen und zur Mitarbeit aufgefordert oder motiviert. Neben den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gruppenmitglieder gehen auch Statusmerkmale wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit u. ä. in die Bewertung der Gruppenmitglieder mit ein (Wilke & van Knippenberg 1996).

Thesen im Hinblick auf CSCL − Da in Gruppen mit zentralisierten Kommunikationsstrukturen die Gefahr von Motivationsverlusten droht, sind für Lerngruppen Strukturen, die den Teilnehmenden gleichberechtigtes und selbstständiges Arbeiten ermöglichen, zu empfehlen (vgl. Beitrag 3.3 zur Projektmethode). − Entsprechend sollten CSCL-Werkzeuge die Aushandlung von Rollen in der Gruppe unterstützen, anstatt die Teilnehmenden in ein vorgegebenes Rollenmuster zu drängen. Dazu gehört auch, Kommunikationsstrukturen und -kanäle nicht fest vorzugeben. Dies ist insbesondere durch offene Rechtekonzepte zu realisieren (vgl. Hertweck & Krcmar 2001; Jackewitz et al. 2002; Jackewitz et al. 2004, Janneck 2007). − Insbesondere für rein oder überwiegend virtuell kooperierende Gruppen ist wichtig, dass der Beziehungsaufbau unter den Teilnehmenden unterstützt wird (vgl. Konradt & Hertel 2007). Hierzu können Interaktionsübungen (vgl. Vopel 2001) dienen. Auch sollten personenbezogene Informationen über die Teilnehmenden im virtuellen Raum verfügbar sein.

2.2

Gruppenproduktivität

Steiner (1972) unterscheidet zwei Determinanten der Gruppenproduktivität: Die Anforderungen der Gruppenaufgabe sowie die menschlichen Ressourcen innerhalb der Gruppe. Diese bestimmen die potenzielle Produktivität der Gruppe, aus der nach Abzug der Prozessverluste (z.B. durch mangelhafte Organisation oder schlicht Nervosität oder Müdigkeit einzelner Mitglieder) die tatsächliche Leistung hervorgeht. Bei der Beschreibung der menschlichen Ressourcen sind die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die den Gruppenmitgliedern zur Bewältigung der Aufgabe zur Verfügung stehen, sowie die Einflüsse der Interaktion in der Gruppe maßgeblich (Wilke & van Knippenberg 1996). Nicht alle Aufgaben eignen sich für eine kooperative Bearbeitung, vielmehr sind einigen Aufgabentypen Konkurrenzsituationen inhärent. Die Aufgabenklassifikation von Steiner (1972)

60

1 Grundlagen

unterscheidet vier Dimensionen von Aufgaben mit insgesamt 12 Aufgabentypen, die eine Beschreibung konkreter (Teil-) Aufgaben erlaubt: − Unterteilbarkeit der Aufgabe: Unterteilbare Aufgaben können zwecks Arbeitsteilung in Teilaufgaben zerlegt werden, bei nicht-unterteilbaren Aufgaben ist dies nicht möglich. − Maximierung vs. Optimierung: Bei Maximierungsaufgaben steht die Quantität des Ergebnisses im Vordergrund (z.B. geht es bei Brainstorming-Aufgaben darum, zunächst eine möglichst große Fülle von Ideen zu generieren, ohne diese zu bewerten). Bei Optimierungsaufgaben hingegen wird auf die Erreichung eines definierten Ziels hingearbeitet: Die Qualität des Ergebnisses ist entscheidend (Bsp.: Referat erarbeiten). − Verhältnis von Einzelleistung und Gruppenprodukt: Innerhalb dieser Dimension werden fünf Aufgabentypen unterschieden. Bei additiven Aufgaben werden die individuellen Leistungen „aufaddiert“, um das Gruppenergebnis zu erzielen (z.B. bei der schon genannten Brainstorming-Aufgabe). Bei kompensatorischen Aufgaben wird das Gruppenergebnis aus dem Durchschnitt der Einzelergebnisse gemittelt (z.B. bei Schätzaufgaben). Disjunktive Aufgaben erfordern in der Regel nur eine einzige richtige Lösung innerhalb der Gruppe, die dann von den anderen Mitgliedern mitgetragen wird (z.B. Rechen- oder Denksportaufgaben). Bei konjunktiven Aufgaben hingegen ist der Beitrag aller Gruppenmitglieder nötig (z.B. gemeinsames Musizieren). Und schließlich haben Gruppen häufig einen Ermessensspielraum bei der Bearbeitung von Aufgaben: Zum Beispiel kann bei mehreren konkurrierenden Lösungen eine Abstimmung entscheiden, oder der Gruppenleitung wird die Entscheidung überlassen. − Abhängigkeit der Gruppenmitglieder voneinander: In reinen Kooperationssituationen hängen alle Gruppenmitglieder gleichermaßen von Erfolg bzw. Misserfolg der Gruppe ab und haben dementsprechend ein ähnliches Interesse am Gelingen der Gruppenarbeit. In reinen Wettbewerbssituationen hingegen stehen Mitglieder einer Gruppe in Konkurrenz miteinander, etwa um Status oder Ressourcen (z.B.: nur die Besten einer Klasse werden zur Universität zugelassen). Häufig beinhalten Gruppenaufgaben gemischte Anteile aus Wettbewerb und Kooperation. In einer solchen Situation, die als soziales Dilemma bezeichnet wird, können einzelne Mitglieder ihre Interessen besser durchsetzen, wenn sie nicht für die Gruppe arbeiten, die Leistung der Gruppe als Ganzes leidet jedoch darunter. Dies ist z.B. der Fall, wenn einzelne Gruppenmitglieder ihr Wissen nicht teilen, um in einer anschließenden vergleichenden Bewertung besser abzuschneiden. Gruppen, die kooperativ zusammenarbeiten, sind insgesamt produktiver und zufriedener als solche, deren Mitglieder im Wettbewerb miteinander stehen. Brown (1988, S. 32) argumentiert, dass die „unangreifbare Überlegenheit von Kooperation uns veranlassen sollte, die überwältigende Betonung auf wettbewerbsorientierte Anforderungen in unseren Bildungseinrichtungen und an unseren Arbeitsplätzen ernsthaft in Frage zu stellen“. Die anderen genannten Dimensionen spielen für das Gelingen der Gruppenarbeit ebenso eine Rolle, ohne dass sich aus der Klassifikation eindeutig ableiten ließe, welcher Aufgabentyp in welcher Gruppensituation angemessen ist. Vielmehr stehen die Aufgabentypen in Wechselwirkung miteinander; zudem ist die Bearbeitung von der Zusammensetzung der Gruppe abhängig. Im Folgenden seien einige Beispiele gegeben: Wird ein gewisses Maß an Arbeitsteilung in der Gruppe angestrebt, ist selbstverständlich die Unterteilbarkeit der Aufgabe eine wichtige Vorbedingung. Nicht-unterteilbare Aufgaben, wie z.B. das vorbereitende Lesen von Texten, müssen sinnvoll organisiert werden, um nicht Leerlauf bei einzelnen Gruppenmit-

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

61

gliedern und Stress und Überforderung bei anderen zu erzeugen. Disjunktive Aufgaben fordern oft nur die Besten einer Gruppe, die schnell eine Lösung präsentieren, während die restlichen Gruppenmitglieder sich unter Umständen überflüssig vorkommen und ihr eigenes Potenzial nicht entwickeln können. Bei konjunktiven Aufgaben hingegen hängt die Gruppenleistung häufig vom schwächsten Mitglied ab, insbesondere wenn es sich um eine nichtunterteilbare Aufgabe handelt: So muss die Gruppe z.B. beim oben genannten gemeinsamen Lesen auf das langsamste Mitglied warten. Konjunktive Aufgaben sollten daher möglichst unterteilbar sein. Additive Aufgaben ermöglichen in der Regel den einzelnen Gruppenmitgliedern, einen ihren jeweiligen Leistungen entsprechenden Beitrag zu leisten, führen jedoch, wenn es sich um unterteilbare Aufgaben handelt, häufig zu einer geringeren Gesamtleistung als eine „nominale Gruppe“, deren Mitglieder nicht miteinander agieren. So ist beispielsweise Brainstorming in einer Gruppe trotz der Beliebtheit, derer sich diese Methode erfreut, weniger effektiv, als wenn die Mitglieder unabhängig voneinander Ideen generieren würden (Mullen et al. 1991 in einer Metaanalyse). Motivationsverluste resultieren aus verminderter Anstrengung einzelner Gruppenmitglieder. Dies kann aus der Überzeugung erwachsen, der eigene Beitrag sei ohnehin überflüssig und wirke sich auf die Gruppenleistung nicht aus („Trittbrettfahren“) oder aus der Annahme, der eigene Beitrag sei im Gesamtprodukt nicht identifizierbar und somit nicht zu bewerten („soziales Faulenzen“). Auch bei computervermittelter Kommunikation, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Webplattformen und Foren, ist die Passivität von Mitgliedern, die sich nur lesend und nicht mit eigenen aktiven Beiträgen beteiligen (meist als „lurking“ bezeichnet), ein viel diskutiertes Phänomen (Nonnecke & Preece 2000). Können die Einzelbeiträge klar bestimmten Mitgliedern zugerechnet werden, verringern sich Motivationsverluste (Wilke & van Knippenberg 1996). Auch kann die Anwesenheit anderer Menschen zu einer geringeren Leistung der Gruppenmitglieder führen: Zurückhaltendere Gruppenmitglieder oder solche, die sich einer schwierigen Aufgabe gegenübersehen, halten sich aus Bewertungsangst stärker zurück. Auch eine mangelnde Koordination innerhalb der Gruppe kann zu Produktivitätsblockierung führen, so dass die Gruppenmitglieder ihre Leistungsfähigkeit nicht ausschöpfen (Diehl & Stroebe 1987). Das Phänomen der social facilitation and inhibition (z.B. Zajonc 1965; Cottrell 1972; Sanders 1978), also die Frage, ob die einzelnen Gruppenmitglieder durch die Anwesenheit der anderen in ihrer Leistung eher ermutigt oder gehemmt werden, ist auch für computervermittelte Kommunikation untersucht worden – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Filter-Modelle der computervermittelten Kommunikation (kurzer Überblick bei Döring 2003, S. 154 ff.) gehen davon aus, dass durch das Herausfiltern relevanter sozialer Hintergrundinformationen (Alter, Geschlecht usw.) eine Nivellierung der Kommunikationspartnerinnen und -partner eintritt und soziale Hemmungen abgebaut werden. Eine Reihe empirischer Studien bestätigt, dass v.a. in anonymen computervermittelten Kommunikationssituationen Schüchternheit und soziale Ängste der Gruppenmitglieder reduziert werden (z.B. Leung 2002; Whitty 2000; Chester 1998). Andererseits wird gerade in Lern-Lehr-Kontexten, wo selten anonym kommuniziert wird und sich die Gruppenmitglieder häufig auch in Präsenz kennen gelernt haben, von Hemmungen berichtet, über das Medium Computer zu kommunizieren, das jede Äuße-

62

1 Grundlagen

rung langfristig archiviert und für alle Teilnehmenden sichtbar macht (z.B. Janneck 2007). Soziale (Ent-) Hemmungen bei der computervermittelten Kommunikation können demnach weder ausschließlich durch das technische Medium hervorgerufen noch beseitigt werden, sondern sind Basis und Ergebnis sozialer Prozesse unter den Kommunizierenden. Auch die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung nach Walther (1992) geht davon aus, dass „Mediennutzerinnen und -nutzer neue soziale Fertigkeiten […] [entwickeln], die es ihnen erlauben, eine befriedigende Kommunikation zu realisieren“ (Döring 2003, S. 162).

Thesen im Hinblick auf CSCL − Kooperatives Lernen erfordert kooperative Aufgabenstellungen, die Konkurrenz innerhalb der Lerngruppe auf ein Minimum reduzieren sollten. Nicht-unterteilbare Aufgaben können zudem u. U. von überwiegend virtuell bzw. asynchron interagierenden Gruppen schlechter bearbeitet werden. Die oben geschilderte Aufgabenklassifikation hilft bei der Überprüfung des gewählten Aufgabentyps auf seine Eignung für CSCL. − Anonymität bei der computervermittelten Kommunikation sollte im Rahmen von CSCL in der Regel vermieden werden, um Trittbrettfahren und soziales Faulenzen zu vermindern. Auch wenn kurzfristig soziale Hemmungen überwunden werden, wenn sich Gruppenmitglieder anonym äußern können, trägt dies in einer Lerngruppe langfristig nicht dazu bei, dass sich eine vertrauensvolle Atmosphäre unter den Teilnehmenden entwickelt und so Ängste nachhaltig abgebaut werden können. − Auch das Herausfiltern sozialer Hinweisreize wirkt sich zwar womöglich kurzfristig enthemmend, langfristig aber schädlich auf die Beziehungsgestaltung der Gruppenmitglieder aus (vgl. Abschnitte 2.1 und 2.3). Vielmehr sollten CSCL-Werkzeuge den Lernenden ermöglichen, soziale Informationen auszudrücken und neue Formen der Kommunikation zu entwickeln.

2.3

Sozialer Einfluss und Intergruppenbeziehungen

Innerhalb von Gruppen können sowohl Majoritätseinflüsse („Konformität“) als auch Minoritätseinflüsse („Innovation“) wirksam werden und individuelle wie Gruppenentscheidungsprozesse beeinflussen (v. Avermaet 1996). Frühe Experimente wie die von Asch (1951, 1956) zeigten, dass Menschen sich unter Umständen von einer Mehrheit auch dann in ihren Urteilen beeinflussen lassen, wenn diese offensichtlich im Unrecht ist. Normativer und Gruppendruck können dann zu einer Fehlentscheidung der gesamten Gruppe führen. Minderheitenpositionen innerhalb einer Gruppe haben hingegen dann Chancen, sich durchzusetzen, wenn sie von Personen vertreten werden, die eine klare, konsistente Position beziehen und als sicher und selbstbewusst oder als Autoritäten wahrgenommen werden (Moscovici 1976; v. Avermaet 1996; Milgram 1974). Für Gruppenentscheidungen spielen Polarisierungsprozesse eine wichtige Rolle: Gruppen sind keineswegs gemäßigter in ihren Entscheidungen als einzelne Individuen, vielmehr einigen sich Gruppen häufig auf Positionen, die extremer sind als die durchschnittliche Meinung ihrer Mitglieder (Stoner 1961; Moscovici & Zavalloni 1969). Dabei entwickelt sich die Polarisierung – z.B. in Gruppendiskussionen – in Richtung der bereits zu Anfang favorisierten Grundeinstellung. Sozialpsychologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen ihre Wahrnehmung der sozialen Umwelt anhand von Kategorien und Schemata organisieren (überblickshaft bei Leyens & Dardenne 1996). Erfahrungen mit einem bestimmten Objekt werden auf andere,

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

63

ähnliche Objekte verallgemeinert und bestimmen künftig die Wahrnehmung von und den Umgang mit „Angehörigen“ dieser Kategorie mit. Eine Vielzahl solcher sozialer Repräsentationen wird von Menschen in einem gemeinsamen sozialen Kontext geteilt. „Die Unterteilung der Welt in eine handhabbare Anzahl von Kategorien hilft uns nicht nur dabei, sie zu vereinfachen und ihr einen Sinn zu geben, sondern erfüllt eine weitere, sehr wichtige Funktion: zu definieren, wer wir sind. Wir klassifizieren nicht nur andere als Mitglieder dieser oder jener Gruppe, sondern wir weisen auch uns selbst einen Platz in Beziehung zu eben diesen Gruppen zu. Mit anderen Worten, unser Gefühl der Identität ist eng verbunden mit unseren verschiedenen Gruppenmitgliedschaften“ (Brown 1996, S. 562). Mit diesen Worten charakterisiert Brown die Grundannahme der Theorie der sozialen Identität, SIT (Tajfel 1978), wonach die Zugehörigkeit zu (sozialen) Gruppen einen wichtigen Teil des Selbstkonzeptes, der Identität eines Individuums ausmacht. Dies ist mit weit reichenden Konsequenzen verbunden: Da Menschen im Allgemeinen ein positives Selbstkonzept anstreben (Tajfel & Turner 1986), führt dies zu einer Bevorzugung der Eigengruppe, der eher positive Eigenschaften zugeschrieben werden, während Fremdgruppen im Vergleich dazu abgewertet und ggf. sogar diskriminiert werden. Tajfel (1982) konnte zeigen, dass diese Bevorzugung der Eigengruppe sogar bei willkürlich zusammengestellten Gruppen, deren Mitglieder sich untereinander nicht kannten (so genannten „minimalen Gruppen“) auftrat. Ob sich ein Individuum als Mitglied einer bestimmten Gruppe ansieht, hängt stark von der Salienz, also der Sichtbarkeit bzw. Hervorgehobenheit der jeweiligen sozialen Kategorien ab. In den oben geschilderten Experimentalsituationen wird die Salienz der Gruppenzugehörigkeit durch die explizite Zuweisung seitens der Versuchsleitung erzeugt. In natürlichen Situationen sind jeweils unterschiedliche Kategorien salient. Nehmen wir als Beispiel eine Frau, die sich in einer Diskussionsrunde erst dann der Bedeutung ihres Geschlechts bewusst wird, als sexistische Anspielungen erfolgen. Möglicherweise wird sie dann als Mitglied der Gruppe „Frauen“ stärker feministisch argumentieren (womöglich mit einer damit einhergehenden Abwertung von Männern), während vorher primär die Kategorie „Arbeitnehmerin“ salient war und sie Fragen der Geschlechtergerechtigkeit nicht thematisiert hat. Dieses Beispiel zeigt auch, dass soziale Kategorisierung und Intergruppendiskriminierung subtile Prozesse sind und die jeweils salienten Gruppenzugehörigkeiten nicht immer offensichtlich sein müssen. Menschen nehmen sich demnach als Gruppe wahr, wenn die wahrgenommen Übereinstimmungen zwischen den Gruppenmitgliedern groß und die Unterschiede zu anderen Individuen sichtbar sind. Die Salienz bestimmter Kategorien führt zudem dazu, dass die wahrgenommenen Unterschiede im Vergleich zu Fremdgruppen verstärkt und innerhalb der Eigengruppe reduziert werden (Turner et al. 1987). Ähnliche Einstellungen, Normen, gemeinsame Aufgaben und Ziele etc. stellen wichtige Bedingungen für die Ausbildung von sozialer Identität und Gruppenzusammenhalt dar.

Thesen im Hinblick auf CSCL − Die Befunde der SIT sind auch für virtuelle Gruppen wirksam. So konnten Rohde et al. (2004) zeigen, dass die Beschränkung des Zugriffs auf eine Webplattform eine saliente Situation für die Diskriminierung von Fremdgruppen (hier: die von der Nutzung Ausgeschlossenen) darstellt. Die Gestaltung von Zugriffsrechten für CSCL-Systeme wäre dem-

64

1 Grundlagen

nach daraufhin zu überprüfen, ob hierdurch (erwünschte oder unerwünschte) Effekte von Intergruppendiskriminierung ausgelöst werden. − Häufig fehlen bei computervermittelter Kommunikation soziale Hinweisreize wie Alter, Geschlecht u. ä., die für Kategorisierungsleistungen und somit die Ausbildung sozialer Identität wichtig sind. CSCL-Werkzeuge sollten daher soziale Informationen über die Teilnehmenden darstellen können (vgl. auch Abschnitt 2.1).

3

Gruppenprozesse und Gruppendynamik

Jede Gruppe entwickelt eine eigene „Lebensgeschichte“. Die Dimensionen und Merkmale, die wir im vorangehenden Abschnitt diskutiert haben, sind in realweltlichen Gruppen eine Konsequenz dieses Gruppenprozesses, beeinflussen ihn aber zugleich, wenn sich erst einmal eine bestimmte Struktur etabliert hat. Auch wenn empirische Untersuchungen bestimmte typische Zusammenhänge aufzeigen, bedeutet das allerdings nicht, dass bestimmte Konsequenzen unausweichlich sind. Vielmehr wird der Gruppenprozess immer von den beteiligten Menschen gestaltet.

3.1

Phasen der Gruppenentwicklung

Auch wenn sich jede Gruppe anders entwickelt, gibt es typische Phasen der Gruppenentwicklung, die sich in den meisten Gruppen, die über einen längeren Zeitraum zusammen lernen und arbeiten, beobachten lassen. In einer Metaanalyse von 50 Studien zur Gruppenentwicklung zeigte Tuckman (1965), dass sich die Entwicklung fast aller beobachteten Gruppen in die vier Phasen Forming – Storming – Norming – Performing einteilen lässt. Dabei lassen sich zwei Ebenen der Gruppenentwicklung unterscheiden: die Aufgaben- oder Sachebene und die sozioemotionale Ebene. Dieses Modell ist seither vielfach aufgegriffen worden und hat sich auch in der Praxis als gut geeignet erwiesen, Gruppensituationen zu analysieren (vgl. Vopel 2000; Langmaack & Braune-Krickau 2000). Vopel (2000, S. 134 ff.) fasst das Modell von Tuckman wie folgt zusammen: Die erste Phase, Orientierung, ist durch Unsicherheit bei Eintritt in die Gruppe gekennzeichnet. Auf der sozioemotionalen Ebene bemühen sich die Teilnehmenden, herauszufinden, welche Verhaltensweisen akzeptabel sind, und gehen dabei größtenteils von bestehenden Normen und Strukturen, die sie aus vorherigen Gruppenerfahrungen kennen oder die z.B. durch die Gruppenleitung vorgegeben werden, aus. Auf der Sachebene bemüht man sich um eine Annäherung an die Gruppenaufgabe, indem z.B. Teilziele und mögliche Vorgehensweisen identifiziert werden. Die zweite Phase, Konfrontation und Konflikt, zeichnet sich durch Macht- und Positionsbestimmungen aus. Auf der sozioemotionalen Ebene bemühen sich die Gruppenmitglieder um Einfluss, um ihre Position zu sichern. Auf der Sachebene kommt es zu Auseinandersetzungen darüber, wie die gemeinsamen Aufgaben bearbeitet werden sollen, wer welche Kompetenzen aufweist und wie Entscheidungsbefugnisse organisiert werden. Die dritte Phase, Konsens, Kooperation und Kompromiss, ist von einer Zunahme des Gruppenzusammenhalts geprägt. Sowohl auf der Sach- als auch auf der sozioemotionalen Ebene haben sich Normen und Regeln für die Zusammenarbeit herausgebildet, und die Teilnehmenden zeigen eine hohe Bereitschaft, sich daran zu halten. Für Bestand und Leistungsfä-

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

65

higkeit der Gruppe ist die Bildung und Aufrechterhaltung gemeinsamer Verhaltensstandards oder Normen von großer Bedeutung (Wilke & van Knippenberg 1996). Mit der Zeit können die Bemühungen um eine allzu harmonische Zusammenarbeit jedoch zu Langeweile und Schwerfälligkeit führen und neue Spannungen erzeugen. Die vierte Phase, Integration von Sach- und sozioemotionalen Anforderungen, ist durch Bemühungen um eine Effektivitätssteigerung der gemeinsamen Arbeit gekennzeichnet. Auf der sozioemotionalen Ebene können die bisherigen Normen und Verhaltensstandards „eingefroren“ oder aber auch neu ausgehandelt werden. Auf der Sachebene steht die Erarbeitung von Lösungen für die Gruppenaufgabe im Vordergrund. Langmaack & Braune-Krickau (2000, S. 155 ff.) weisen darauf hin, dass die meisten Lernund Arbeitsgruppen sich irgendwann wieder auflösen, wenn die Arbeit an der gemeinsamen Aufgabe beendet ist. Dieser letzten Phase von Transfer, Abschluss und Abschied kommt ebenfalls große Bedeutung zu, da hier meist Bilanz gezogen und eine Bewertung der gemeinsamen Arbeit vorgenommen wird und die Frage des Transfers des Erarbeiteten in andere Lebensbereiche der Teilnehmenden aufkommt. Ein neueres Modell der Gruppenentwicklung ist das TIP-Modell von McGrath (1991). Im TIP-Modell wird die sozioemotionale Ebene weiter danach unterschieden, ob sich die Gruppe mit dem Wohlbefinden einzelner Gruppenmitglieder auseinandersetzt oder an einem gutem Gruppenklima arbeitet – dies hängt allerdings meist eng miteinander zusammen. Außerdem wird im TIP-Modell nicht von Phasen der Gruppenentwicklung gesprochen, sondern von Modi, die in zeitlich unterschiedlicher Reihenfolge durchlaufen werden. Allerdings ist nach Tuckman (1965) bei den meisten Gruppen die oben genannte Reihenfolge zu beobachten.

Thesen im Hinblick auf CSCL − Eine Reihe von Studien geben Hinweise darauf, dass virtuell interagierende Gruppen hinsichtlich sozioemotionaler Aufgaben schlechter abschneiden bzw. mehr Zeit für den Beziehungsaufbau benötigen als Präsenzgruppen (vgl. Schweizer 2003, Hian et al. 2004, Bordia 1997, Burnett & Buerkle 2004). Für das Kennenlernen und die Phase der Gruppenbildung sollte daher ausreichend Zeit und Gelegenheit vorgesehen werden, ggf. auch durch zusätzliche Präsenztreffen. − CSCL-Werkzeuge können sozioemotionale Prozesse in virtuellen Gruppen unterstützen, indem sie so genannte soziale Awarenessfunktionen zur Verfügung stellen, d.h. die Aktivitäten und Handlungen der einzelnen Gruppenmitglieder im gemeinsamen virtuellen Raum sichtbar machen (Prinz 2001, siehe auch Beitrag 2.1 Kommunikation und Awareness). − Bei der Gestaltung von CSCL-Werkzeugen und Lernsituationen ist darauf zu achten, dass Konflikt immer Teil von Kooperation ist (vgl. Kumbruck 1998). Konflikt sollte nicht, z.B. in moderierten Diskussionsforen, künstlich unterdrückt werden.

3.2

Gruppenleitung

In diesem Abschnitt gehen wir auf die Rolle der Gruppenleitung ein, da diese einen besonderen Einfluss auf die Prozessdynamik einer Gruppe hat (wenngleich im Rahmen von CSCL oft auch nicht-moderierte Gruppen ohne explizite Leitung vorkommen). Unter „Leitung“ (oft

66

1 Grundlagen

wird auch von „Moderatorinnen und Moderatoren“ gesprochen) verstehen wir eine funktionale Rolle (vgl. Nygaard & Handlykken 1981), die sich insbesondere, aber nicht ausschließlich um die nachfolgend beschriebenen Aufgaben in der Gruppenarbeit kümmert (vgl. Stollberg 1998): − Zielbestimmung: Das Ziel, das Thema oder die Aufgabe, mit der sich die Gruppe beschäftigen will, sollte explizit vereinbart werden, um späteren Konflikten vorzubeugen. In Gruppen, die auf Grund einer Einladung zustande kommen (z.B. Lehrveranstaltungen und Workshops), ist meist ein vorläufiges Thema benannt und die Teilnehmenden stimmen dem durch ihre Teilnahme implizit zu. Oft ist auch eine Aufgabe von außen vorgegeben (z.B. in Schulklassen durch den Lehrplan oder in betrieblichen Projektgruppen vom Auftraggeber oder der Auftraggeberin). In jedem Fall sollte aber eine Verständigung in der Gruppe stattfinden, wie die Gruppe als Ganzes sich das Thema zu Eigen machen will. − Orientierungsfunktion: Zum einen muss eine gute Organisationsstruktur für die Gruppenarbeit gefunden werden. Diese hängt nicht nur von der Aufgabe (vgl. Abschnitt 2.2), sondern auch von den Kompetenzen und Präferenzen der Gruppenmitglieder und den äußeren Rahmenbedingungen ab. Zum anderen sollten alle Gruppenmitglieder über alle themabezogenen Informationen verfügen können, weil sie nur dann ihre Kompetenzen optimal einbringen können. Diese „themabezogene Informationstransparenz“ ist auch eine Voraussetzung dafür, dass sich in der Gruppe Vertrauen und Zusammenhalt (vgl. Abschnitt 3.1) entwickeln kann. − Konfliktlösefunktion: Hierzu gehört nicht nur die Bearbeitung auftretender Konflikte, sondern auch die Förderung eines Klimas der Offenheit und Toleranz. Unterschiedliche Erkenntnisse, Zielvorstellungen und Herangehensweisen sind nicht negativ zu bewerten und sollten daher auch nicht einer „Harmoniesucht“ geopfert werden. Vielmehr muss das Ziel sein, unterschiedliche Standpunkte zu fördern und einen konstruktiven Umgang mit ihnen zu pflegen, um zu einem guten Gesamtergebnis zu kommen. − Repräsentation der Gruppe nach außen, beispielsweise gegenüber Auftraggeberinnen und -gebern oder der Bildungseinrichtung. Da es für Außenstehende leichter durchschaubar ist, wenn es eindeutige Ansprechpartnerinnen bzw. -partner gibt, ist es selbst dann nützlich, einen Sprecher oder eine Sprecherin zu benennen, wenn die Leitungsfunktionen ansonsten von wechselnden Gruppenmitgliedern ausgeübt werden. Die Leitungsfunktionen sind nicht automatisch an bestimmte Personen gebunden, aber oft sind bestimmte Personen organisatorisch als Gruppenleitung vorgesehen. Als Beispiel seien hier die Lehrenden an Schulen und Hochschulen genannt: Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass diese die Leitungsfunktionen übernehmen müssen, aber dennoch wird es von den meisten Lehrenden – und auch den meisten Lernenden – als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Gruppenleitung kann von einer einzelnen Person oder einem Leitungsteam übernommen werden. Selbst in kleinen und informellen Gruppen übernehmen häufig bestimmte Personen Führungsrollen, auch wenn diese nicht explizit als solche benannt werden. Entsprechend den oben charakterisierten Ebenen der Gruppenarbeit lassen sich dabei aufgabenorientierte und sozioemotionale Spezialisten (Wilke & van Knippenberg 1996, S. 487 ff.) unterscheiden, die mit den anderen Gruppenmitgliedern unterschiedlich interagieren: Sozioemotionale Spezialistinnen und Spezialisten gehen auf andere Gruppenmitglieder ein, holen deren Meinung ein und erhalten in der Regel hohe Sympathiewerte. Die aufgabenorientierten Expertinnen und Experten bringen sich koordinierend und strukturierend in die Aufgabenbearbeitung ein und

1.6 Gruppen und Gruppenarbeit

67

werden häufiger um Rat gebeten. Sie werden für ihren Beitrag zur Aufgabenlösung geschätzt, erhalten jedoch meist weniger Sympathien. Je nachdem, wie die Gruppenleitung legitimiert ist und wie sie ihre Leitungsrolle ausübt, können verschiedene Leitungsstile unterschieden werden (vgl. Stollberg 1998): − Autoritärer Leitungsstil: Er beruht darauf, dass die Gruppenleitung der Gruppe an Macht, Kenntnissen oder Fähigkeiten überlegen ist. Als Machtmittel zur Durchsetzung der autoritären Entscheidungen dienen z.B. im Bildungswesen Noten und Zeugnisse. Da die Gruppe bei diesem Leitungsstil keine Entscheidungen verhandeln muss, sondern sofort zur Tat schreiten kann, wird er als sehr effizient wahrgenommen. Er ist allerdings gerade in Schulen und Hochschulen, die in ihrem Bildungsauftrag zur Erziehung zur Demokratie verpflichtet sind, nicht akzeptabel (vgl. Schulz 1981). − Demokratischer Leitungsstil: Die Gruppenleitung wird von der Mehrheit der Gruppe gewählt oder zumindest nachträglich bestätigt. Sie übernimmt also nach dem Delegationsprinzip die Leitungsaufgaben und entlastet damit die Gruppe. Problematisch ist dabei insbesondere die Rolle von Minderheiten. Eine Variante dieses Leitungsstiles ist die rotierende Leitung, bei der nach einem formal festgelegten Plan die Führungsrolle wechselt. − Laissez-faire-Stil: Es gibt zwar formal eine Gruppenleitung, diese übt aber die Leitungsfunktionen nicht aus. Dies führt meist zu Chaos, Orientierungslosigkeit und gruppeninternem Machtkampf. Der Laissez-faire-Stil wird bewusst in einigen psychoanalytischen Verfahren angewendet. Ungewollt tritt er auf, wenn eine Gruppenleitung die Leitungsfunktionen beispielsweise aus zeitlichen Gründen nicht (hinreichend) ausübt. − Partnerschaftlich geteilte Leitung: In diesem Modell gibt es keine Gruppenleitung im eigentlichen Sinne, sondern die Gruppe organisiert sich scheinbar führerlos selbst. „Alle Mitglieder der Gruppe sind sich des gemeinsamen Ziels (Themas, Aufgabe, Projekts) bewußt, bejahen dieses und tragen nach Kräften dazu bei, daß es auch erreicht wird“ (Stollberg 1998, S. 91). Dabei werden durchaus auch Aufgaben delegiert, aber die Verteilung erfolgt im Konsens je nach Situation, Bedarf und Kompetenz. Gruppen mit einer partnerschaftlich geteilten Leitung gelten als besonders kreativ und innovativ (vgl. Antons 1973, S. 94 ff.).

Thesen im Hinblick auf CSCL – Leitungsfunktionen sind soziale Aufgaben, die entsprechend flexibel und in unterschiedlichen Gruppensituationen auf unterschiedliche Weise ausgestaltet werden können und sollten. Daher sollten CSCL-Werkzeuge auf allzu starre Rollenkonzepte, Zugriffsrechte etc. verzichten, die ganz konkrete und möglicherweise schwer zu umgehende Zuordnungen von (Leitungs-) Aufgaben an bestimmte Personen (bzw. Rollenträger) machen. Gerade in nicht- oder teil-moderierten Gruppen sind verschiedene Leitungsaufgaben möglicherweise auf unterschiedliche Gruppenmitglieder verteilt – ein System, das beispielsweise umfassende Zugriffsrechte nur für eine Lehrperson (eine/n Moderator/in etc.) vorsieht, würde dem nicht gerecht, sondern vermutlich die Gruppenarbeit eher behindern. Ähnliches gilt für E-Learning-Systeme, die beispielsweise nur der Lehrperson einen umfänglichen Zugriff auf die abgegebenen Aufgaben und Lösungen der Lernenden und deren Bewertung erlauben. Gerade in kooperativen Lernszenarien spielen Austausch und gegenseitiges Feedback (auch über verschiedene Lerngruppen hinweg) eine wichtige Rolle.

68

4

1 Grundlagen

Fazit und Ausblick

In diesem Beitrag wurden überblicksartig zentrale und empirisch gut abgesicherte Befunde der sozialpsychologischen und pädagogischen Forschung zu Gruppen dargestellt. Je nach institutionellem Rahmen und Zielstellung von Gruppen sind natürlich noch weitere Aspekte zu berücksichtigen, auf die wir an dieser Stelle nicht eingehen können. Speziell für CSCL ergeben sich beispielsweise Fragen nach der Bildung von Lerngruppen, der Themen- bzw. Aufgabenfindung, der institutionellen Legitimierung und der Bewertung von Gruppenleistungen, die von verschiedenen didaktisch-methodischen Konzepten unterschiedlich beantwortet werden. Auf einige dieser Fragen gehen andere Beiträge in diesem Buch ein (vgl. insbesondere Teil 3: Didaktik in diesem Buch). Die in diesem Beitrag angesprochenen Grundlagen sollen es ermöglichen, einzelne Antworten kritisch in einen Zusammenhang zu bringen.

1.7 IT-Architekturen und Infrastrukturen

1.7

69

IT-Architekturen und Infrastrukturen Nils Malzahn, Adam Giemza, H. Ulrich Hoppe Universität Duisburg-Essen

1

Einleitung

Eine Voraussetzung für Computer Supported Collaborative Learning (CSCL) ist die Entwicklung und Bereitstellung von adäquaten Lernumgebungen mit Computern und anderen digitalen Endgeräten. In Kapitel 4 wird beschrieben, wie Programme und Medien zu diesem Zweck entwickelt, eingeführt und eingesetzt werden können. In diesem Kapitel wird eine Auswahl von Konzepten und Werkzeugen der Informatik, die die Grundlage vieler aktueller, verteilter (Lern-)Systeme (s. Abschnitt 2) bilden, eingeführt und beschrieben. Ein zentraler Aspekt moderner CSCL-Umgebungen bzw. -Systeme ist die Vernetzung der Computer im Sinne eines verteilten Gesamtsystems (Tanenbaum 2000). Dabei können im Wesentlichen zwei Arten von Netzwerken unterschieden werden: Lokale Netzwerke (LAN) und sogenannte Wide-Area-Netzwerke (WAN). In Computerräumen an Schulen und Ausbildungsstätten werden üblicherweise lokale Netzwerke genutzt, um die vorhandenen Computer kabelgebunden miteinander zu vernetzen und Zugriff auf das Internet zu ermöglichen. Die Unterscheidung zwischen diesen Netzwerktypen ist deshalb wichtig, weil mit ihnen Implikationen für die Kontrolle, die Fehleranfälligkeit und die Geschwindkeit der Datenübertragung einhergehen. Je weiter zwei Rechner voneinander entfernt sind und je mehr Rechner an einer Kommunikation beteiligt sind, desto langsamer geht die Kommunikation i.A. vonstatten. Dies liegt einerseits an der vermittlunsbedingten Verzögerung der Nachrichten und andererseits an dem zusätzlichen Aufwand, der betrieben wird, um auftretende Fehler zu vermeiden bzw. zu beheben. Zu diesem Zweck werden sogenannte (fehlerkorrigierende) Protokolle (s. Abschnitt 3) genutzt. Neben den kabelgebundenen lokalen Netzwerken finden mehr und mehr auch kabellose (wireless) Netzwerke Verwendung. Für diese gelten dieselben Regeln wie für die kabelgebundenen Netzwerke. Sie sind in der Regel einerseits jedoch störanfälliger gegenüber Verbindungsabbrüchen dafür aber andererseits flexibler in der Handhabung der Geräte, da die Nutzerinnen und Nutzer nicht durch Kabel in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Dies ermöglicht die Umsetzung einer Reihe von Szenarien, die die Nutzung von mobilen Endgeräten (s. Abschnitt 4) berücksichtigen.

2

Verteilte Systeme

Im Gegensatz zu Einzelplatzanwendungen (Stand-Alone-Applikationen), also solchen Anwendungen, die auf einem Computer installiert sind und nicht mit anderen Computern interagieren (z.B. Texteditoren), müssen verteilte Anwendungen auch Eingaben von anderen Nutzern, die nicht an demselben Rechner vorgenommen wurden, akzeptieren und verarbeiten können. Trotzdem soll diese vernetzte, voneinander unabhängige Menge von Rechnern den Nutzern als kohärentes Einzelsystem erscheinen (vgl. Tanenbaum & van Steen 2002). Das

70

1 Grundlagen

bedeutet, dass sich jeder Rechner im Netzwerk zu jedem Zeitpunkt in einem sinnvollen und für alle Nutzer erklärbaren Zustand befinden soll, obwohl die Eingaben nicht an dem betreffenden Rechner vorgenommen wurden. Zu diesem Zweck kommunizieren und koordinieren sich die Rechner ausschließlich durch festgelegte Kommunikationskanäle, über die sie mittels festgelegter Protokolle (s. Abschnitt 3) Nachrichten austauschen. Die Prozesse auf den verschiedenen Rechnern werden typischerweise nebenläufig abgearbeitet. Nebenläufigkeit bedeutet in der Informatik, dass zwei Prozesse unabhängig voneinander, in keiner bestimmten zeitlichen Reihenfolge (als Spezialfall auch parallel) ablaufen können. Falls aber zwischen Prozessen Abhängigkeiten bestehen, müssen diese Prozesse entsprechend „synchronisiert“ werden. Da es schwierig zu garantieren ist, auf verschiedenen Rechnern exakt gleichlaufende Uhren zu haben, werden in verteilten Systemen sogenannte „logische Uhren“ (Lamport 1978) als schwächeres Mittel bevorzugt eingesetzt, um eine kohärente Anordnung der Nachrichten/Aktionen zu erzwingen. Diese Techniken sind von besonderer Bedeutung für synchron-kooperative Szenarien mit gekoppelten Lern-umgebungen für die gleichzeitige Arbeit mehrerer Benutzer an verschiedenen Plätzen (vgl. Borghoff & Schlichter 1998).

2.1

Client-Server Systeme

Bezüglich der Grundarchitektur werden im Wesentlichen zwei Arten von verteilten Systemen unterschieden: Client-Server-Systeme und Peer-to-Peer-Systeme (Parameswaran et al. 2001). Client-Server-Systeme beruhen auf dem Wechselspiel zwischen zwei Arten von Anwendungsprogrammen (Client und Server), die nicht notwendigerweise als Hardwarekomponenten ausprägt sind. Historisch sind die Server in der Regel mit besserer Hardware als die Clients ausgestattet gewesen, um Kosten bei den Clients zu sparen. Zusätzlich soll eine zentrale Datenhaltung auf dem Server ein vereinfachtes Zusammenführen von Daten ermöglichen und allen Clients zu jedem Zeitpunkt dieselbe Information bereitstellen. Mit der zentralen Bereitstellung von Daten können gleichzeitig Zugriffsrechte (Wer darf was?) und Datenverteilung (Wer bekommt was?) relativ einfach kontrolliert und gesteuert werden. Der verbreiteste Client ist ein Internetbrowser, der Zugriff auf eine große Anzahl von Webservern bietet. Ebenso bekannt sind E-Mail-Clients und Mailserver. Client und Server kommunizieren miteinander nachdem ein Benutzer eine entsprechende Aktion (z.B. einen Knopfdruck) in der Client-Applikation ausgeführt hat. Der Client setzt daraufhin eine bestimmte Art Nachricht an den Server ab, der den gewünschten Befehl und ggf. Daten enthält. Der Server empfängt diese Nachricht und wertet sie aus. Je nach verschicktem Befehl und Daten wird der Server in seinem Datenbestand Daten heraussuchen oder verändern. Bei Webservern handelt es sich häufig um den Befehl, die für die Anzeige einer Webseite notwendigen Daten zu übermitteln. Diese werden vom Server ebenfalls in eine Nachricht verpackt und an den Client (Internet-Browser) zurückgesendet. Nach dem Empfang der Nachricht interpretiert der Browser die Daten und zeigt sie an. Abweichend von der historischen Intention, möglichst geringe Hardware-Anforderungen an die Rechner, auf denen die Clients laufen, zu stellen, werden heute Thin-Clients und RichClients unterschieden. Thin-Clients sind solche Clients, die weiterhin relativ wenig Arbeit im

1.7 IT-Architekturen und Infrastrukturen

71

Hinblick auf den Gesamtprozess leisten. Der Server leistet den Großteil der Arbeit. Heute sind jedoch Rich-Clients verbreitet, da die Desktop-Rechner verhältnismäßig leistungsstark sind. Häufig ist der Server auf die reine Verwaltung der Daten beschränkt. Die eigentliche Arbeit (z.B. Interpretation von Nutzereingaben, Durchführung von Berechnungen, etc.) wird auf den Clients verrichtet. Viele Webseiten lagern Berechnungen heute auf die InternetBrowser mittels Javascript aus. Dies führt dazu, dass die Server entlastet werden und von mehr Nutzern gleichzeitig genutzt werden können. Client-Server-Systeme erlauben die gemeinsame Nutzung von Ressourcen in CSCL-Szenarien. Neben z.B. Daten einer Datenbank können auch andere Ressourcen wie z.B. Teleskope, Roboterarme und Webcams von mehreren Nutzern durch entfernte Manipulation genutzt werden. Entsprechend können auch Laborexperimente miteinander geteilt werden. Diese technischen Möglichkeiten wurden und werden in verschiedenen teilweise weltweit vernetzten Projekten zum kooperativen entdeckenden Lernen genutzt (vgl. z.B. Baloian et al. 2006). Die zentrale Datenhaltung bei Client-Server-Systemen ermöglicht eine vergleichsweise einfache Erfüllung vieler Anforderungen an moderne (CSCL-)Systeme, wie flexible Rollen- und Zugriffsverteilung, Protokollieren von Nutzerinteraktionen (Awareness, Analyse), Datenaustausch und Kommunikation zwischen Nutzern. Allerdings sind sämtliche Dienste von einer stetigen Verfügbarkeit des zentralen Servers abhängig. Fällt dieser aus oder ist er überlastet, so ist das gesamte System nicht mehr nutzbar. Um dieses zu vermeiden, werden Server häufig redundant betrieben oder es wird versucht, ohne einen zentralen Server auszukommen und dessen Funktionalität auf die Gesamtheit aller Clients zu verteilen.

2.2

Peer-to-Peer Systeme

Ein Ansatz zur Minimierung des Ausfallrisikos ist die Verwendung von Peer-to-PeerSystemen (P2P-Systemen). In P2P-Systemen existiert kein zentraler Server, sondern alle Teilnehmer im System sind gleichzeitig Client und Server für alle anderen Teilnehmer. Dabei bestehen in der Regel keine dauerhaften Verbindungen zwischen zwei Teilnehmern des Netzwerks, sondern relativ kurze Ad-hoc-Verbindungen. Dies hat vor allem Vorteile bei sehr datenintensiven Verbindungen, da der Server als „Flaschenhals“ durch die relativ große Zahl gleichberechtigter Teilnehmer ersetzt wird. Ein bekanntes P2P-System zur Verbreitung von Daten ist beispielsweise das P2P-File-Sharing-Netzwerk BitTorrent. Der Ausfall eines einzelnen Teilnehmers fällt in P2P-Systemen weniger ins Gewicht, da die Aufgaben des Ausfallenden durch andere Teilnehmer aufgefangen werden können. Zusammengefasst sind diese Systeme weniger fehleranfällig, somit robuster gegenüber Hardwareausfällen und -überlastung als Client-Server-Systeme. Andererseits sind P2P-Systeme schwieriger zu steuern, da es keine zentrale Kontrollinstanz gibt. Bereits die Information über die aktuelle Teilnehmerkonfiguration kann in einem echten P2P-System nicht bei einer zentralen Stelle abgefragt werden, was auch die Programmierung solcher Systeme wesentlich erschwert. Da es im Prinzip nicht als notwendig erachtet wird, dass alle Teilnehmer voneinander wissen, ist es zudem schwierig eine globale Sicht auf den Status des Gesamtsystems zu erhalten, so dass beispielsweise das Protokollieren und Auswerten von Interaktionsdaten für Hilfestellungen und andere Analysen sehr schwierig ist. Globale Rollen- und Rechtezuteilungen sind ebenfalls schwieriger durchzusetzen. Außerdem kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass alle Clients über dasselbe Wissen bzw. dieselben Daten verfügen. Dies

72

1 Grundlagen

macht die Verwendung von P2P-Ansätzen in Lernsystemen schwierig, da die genannten Annahmen häufig den Anforderungen an ein Lernsystem zuwider laufen.

3

Rahmensysteme für verteilte Systeme

Verteilte Systeme werden häufig unter Verwendung sogenannter Middlewares implementiert. Middlewares sind im Allgemeinen Vermittler zwischen hardware- und/oder plattformspezifischen Sofwarekomponenten und eher abstrakteren, logischen Einheiten. Häufig stellen sie Dienste für den Transport komplexerer Datenpakete zwischen verschiedenen Rechnern und/oder Betriebssystemen zur Verfügung. Die „Common Object Request Broker Architecture“ (CORBA) ist eine objektorientierte Middleware, für die Schnittstellenübersetzer in vielen Programmiersprachen (z.B. Java, C++) existieren. In CORBA wird jedoch nicht direkt implementiert, sondern stattdessen mittels der sogenannen „Interface Definition Language“ (IDL) die Schnittstellen und Objekte für den Datenaustausch definiert. Diese Definitionen werden anschließend automatisch in die Konstrukte der jeweils verwendeten Programmiersprache übersetzt. Neben primitiven Datentypen (Zahlen, Zeichen, Zeichenketten) werden in CORBA auch komplexere, zusammengesetzte Strukturen unterstützt. Die eindeutige Identifizierung von Datenobjekten, deren Referenzierung und die Erzeugung der entsprechenden lokalen Datenobjekte auf jedem Rechner werden von der Middleware übernommen. Eine mit CORBA verwandte Technologie, die für Fälle geeignet ist, in denen ausschließlich die Programmiersprache Java eingesetzt wird, ist das von der Firma SUN Microsystems entwickelte und mit Java ausgelieferte „Remote Method Invocation“-Framework (RMI; Oracle 2010). Dieses gilt als etwas einfacher zu programmieren, ist jedoch auf Java beschränkt. Ebenfalls ähnlich zu CORBA und mittlerweile weit verbreitet sind sogenannte Web Services. Diese können ähnlich wie in CORBA mittels der „Web Services Description Language“ (WSDL; W3C 2001) definiert und in verschiedene Programmiersprachen übersetzt werden. Das Kommunikationsprotokoll ist dabei SOAP, ursprünglich „Simple Object Access Protocol“ genannt (SOAP; W3C2007). SOAP ist ein XML-basiertes (W3C 2008) Protokoll zum plattform- und programmiersprachenübergreifenden Austausch von Nachrichten über ein Computernetzwerk. Prinzipiell können beliebige Nachrichten per SOAP ausgetauscht werden, da SOAP abgesehen von einigen Schlüsselwörtern keine Annahmen über die Semantik der übertragenden Daten macht. Die Interpretation der Daten erfolgt ausschließlich durch den Sender und den Empfänger der Daten. Der Vorteil von Web Services liegt darin, dass sie mit relativ wenig Aufwand zu implementieren und zu unterhalten sind. Allerdings gelten sie als langsamer als die beiden anderen vorgestellten Kommunikationsrahmensysteme. Aufbauend auf den vorgestellten Kommunikationsdiensten sind im CSCL-Umfeld einige noch höher abstrahierte Middleware-Systeme entstanden, die spezielle Dienste für kollaboratives Arbeiten anbieten. In diesem Zusammenhang wird verschiedentlich versucht die Begriffe Plattform, Infrastruktur und Framework zu unterscheiden. Die Unterscheidung ergibt sich jedoch meistens perspektivisch aus dem Nutzungskontext: eine Middleware wird von Programmieren häufig als Framework bezeichnet, wenn sie die Programmierschnittstelle verwenden wollen. Im Rahmen des Systementwurfs wird häufig von einer Infrastruktur oder

1.7 IT-Architekturen und Infrastrukturen

73

Plattform gesprochen. Aus diesem Grund ist i.d.R. eine Zuordnung von Middleware in eine entsprechende Kategorie auch nicht eindeutig möglich. So bietet z.B. Habanero (Jackson 1999) eine Umgebung, in der verschiedene Nutzer an mehreren Kollaborationssitzungen teilnehmen und untereinander Daten innerhalb spezieller Kollaborationswerkzeuge austauschen können. Habanero nutzt ein proprietäres Datenaustauschprotokoll. Der Kollaborationsserver Matchmaker (Jansen 2003) nutzt RMI, um beliebige Java-Objekte zwischen seinen Clients auszutauschen. Um bei datenintensiven Operationen nicht die gesamte Datenmenge an alle Clients übertragen zu müssen, können auf dem Server auch Methoden aufgerufen werden, um statt eines Datenobjekts nur die notwendigen Operationen zur Transformation des Datenobjekts aufzurufen. Habenero und Matchmaker haben die Gemeinsamkeit, dass sie eine replizierte Architektur nutzen, um die Information für die kollaborierenden Nutzer konsistent zu halten. In replizierten Architekturen (vgl. Schümmer & Schuckmann 2001) wird häufig ein zentraler Server genutzt, um den Zustand für evtl. Nachzügler zur Verfügung zu stellen. Operationen auf den Daten werden nur dann akzeptiert, wenn der zentrale Server sie auch durchführen konnte, sonst werden sie zurückgesetzt. Alle anderen Teilnehmer werden vom Server über die Zustandsänderung informiert. Existiert ein solcher zentraler, konsistenzerhaltender Server nicht, sind Nachzügler darauf angewiesen, dass ein anderer Teilnehmer ihnen den momentanen Zustand zugänglich macht. Zusätzlich müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Konsistenz erhalten bleibt. Statt den Zustand direkt zu übertragen, kann auch die Aktionsfolge von Beginn der Sitzung an übertragen werden. Dann wird der aktuelle Zustand durch die Ausführung aller bisherigen Aktionen beim Nachzügler hergestellt. Dies ist natürlich aufwändiger für den Client, aber weniger aufwändig für den Server, da dieser weder in der Lage sein muss, Zustände zu transformieren noch relativ große Datenmengen entgegenzunehmen. In Abbildung 1 ist am Beispiel des Matchmakers der prinzipielle Informationsfluss veranschaulicht. Innerhalb der Applikation wird ein Datenobjekt verändert, gelöscht oder erzeugt (Schritt 1). Je nach Konfiguration wird diese Änderung entweder als Zustandsänderung oder als Methodenaufruf auf dem Datenobjekt vom Matchmaker Client an den Matchmaker Server gesendet (Schritt 2). Bei erfolgreicher Zustandsaktualisierung auf dem Server, durch Ersetzen des Zustands oder Ausführen der Methode auf dem replizierten Datenobjekt, wird im dritten Schritt der empfangene Befehl an alle bekannten Matchmaker-Clients (inkl. des Senders) propagiert und dort jeweils lokal ausgeführt.

Abbildung 1:

Replizierte Client-Server-Architektur mit Matchmaker

74

1 Grundlagen

Die in dem EU-Projekt „Science Created by You“ (de Jong et al. 2010) entwickelte Kooperationsarchitektur kombiniert verschiedene Kommunikationsmechanismen, um sowohl die Einbindung von Software-Agenten, wie auch den synchronen und asynchronen Austausch zwischen Benutzern zu ermöglichen. So nutzt der SCY-Broker (Giemza et al. 2009) das auf XML basierende „eXtensible Messaging and Presence Protocol“ (XMPP), um sowohl Nutzer-Awareness als auch Datenaustausch innerhalb der Kollaborationssitzungen zu implementieren. Neben dem synchronen Austausch von Daten werden vom SCY-Broker zusätzlich Funktionalitäten zur Speicherung (Persistenz) von (Zwischen-)Ergebnissen, zur Sitzungsprotokollierung und Auswertung geboten. In Lernanwendungen wird zudem gerne ein privater Arbeitsbereich getrennt von dem geteilten Arbeitsbereich zur Verfügung gestellt (vgl. Tewissen et al. 2000). Trotzdem sollen die Informationen des privaten Arbeitsbereichs möglichst auch im zentralen Server verwaltet werden, um z.B. die Sitzung an einem anderen Computer fortzusetzen. Eine direkte Umsetzung dieser Idee wird z.B. in Group Scribbles (Di Giano et al. 2006) durch sogenannte TupleSpaces vorgenommen. Hier können die privaten und geteilten Arbeitsbereiche direkt in „Spaces“ umgesetzt werden. Diese Spaces können (beliebig lange) Tupel von primitiven Datentypen (Zahlen, Zeichen, Zeichenketten) enthalten, die zur Zustandsrepräsentation genutzt werden können. Abbildung 2 zeigt eine schematische Darstellung einer TupleSpacebasierten Architektur. Der zentrale TupleSpace-Server verwaltet vier verschiedene Spaces mit unterschiedlicher Nutzung und Zugriffsberechtigung. In der abgebildeten Architektur greifen Client 1 und 2 jeweils auf einen privaten Space und einen gemeinsamen Space zu, den sie zum Datenaustausch nutzen. Für den Datenaustausch stehen im Wesentlichen die Operationen „Read“, „Write“ und „Take“ zur Verfügung. Dabei können rechenintensive Operationen, z.B. Interaktionsanalysen durch einen Agenten (Client 3), auf einem leistungstarken Rechner durchgeführt werden. Somit eignen sich solche Architekturen besonders gut für die Umsetzung von mobilen Szenarien (s. Abschnitt 4). Eine Implementierung der TupleSpaces mit geringen Anforderungen an die Clients sind die SQLSpaces (Weinbrenner et al. 2007), für die Clients in mehreren Programmiersprachen existieren.

Abbildung 2:

Client-Server-Architektur mit SQLSpaces

1.7 IT-Architekturen und Infrastrukturen

4

75

Mobile Endgeräte

Verschiedenste mobile Endgeräte, wie z.B. Mobiltelefone, „Personal Digital Assistents“ (PDAs) oder „Smart Phones“, aber auch Digitalkameras oder kompakte mobile SpieleKonsolen, eignen sich für die Anwendung in Lehr-/Lernszenarien. Im Hinblick auf kooperative Szenarien sind insbesondere solche mobile Geräte interessant, die über eine Kommunikationsfunktion verfügen. In Verbindung mit Techniken des Web 2.0 (s. Beitrag 2.2) ergeben sich ganz neue Potenziale für die kontextbezogene, soziale Interaktion und damit auch für das kooperative Lernen. Eine Linie dieser Entwicklung zielt insbesondere auf informelle Lernszenarien, sei es am Arbeitsplatz oder in Verbindung mit außerschulischen Einrichtungen wie Museen (Sharples et al. 2007). In institutionalisierten Lernumgebungen und insbesondere im schulischen Kontext werden mobile Technologien in unterschiedlichen Funktionen eingesetzt: Zum Einen können mobile Geräte Brückenfunktionen zwischen dem Klassenraum und externen Erfahrungsbereichen (Freizeitaktivitäten, Felderkundungen oder Museumsbesuchen) übernehmen. Sie dienen hier insbesondere der Informationsaufnahme („capturing“) und dem Informationstransfer. Vorschläge und Beispiele für die Nutzung innerhalb des Klassenraums propagieren mobile Geräte, teilweise auch aus Kostengründen, als Alternative zu Desktop-Geräten oder Notebooks (vgl. Soloway & Norris 2004). Von der Gruppe um M. Nussbaum stammt ein Ansatz zur Nutzung von PDAs für kooperative Quiz-Anwendungen im Klassenraum (Zurita & Nussbaum 2004). Hierfür liegen zahlreiche Materialien und Praxiserfahrungen vor. Eine grundsätzlich andere Entwicklungslinie sieht mobile Geräte als ergänzende Komponenten in digitalen Klassenraum-Infrastrukturen in Verbindung mit elektronischen Tafeln, Desktop-Rechnern und Servern. Studien in Taiwan (Liu & Kao 2004) haben gezeigt, dass eine zentrale visuelle Präsentation in einem Klassenraum der verteilten multiplen Informationsdarstellung an den einzelnen Lernplätzen nicht allein wegen der größeren Darstellungsfläche vorzuziehen ist. Offensichtlich führt die Fokussierung auf einen gemeinsamen physischen Ort zu erhöhter Interaktion und geteilter Aufmerksamkeit. In diesem Sinne sind mobile Endgeräte Teil integrativer Ansätze für digitale Klassenraum-Technologien (Hoppe 2007). Die mit „Mobile Learning“ verbundenen weitreichenden Versprechungen eines „learning anytime & anywhere“ sind jedoch durchaus zu relativieren. Aufgrund einer Analyse von Beiträgen zu einschlägigen internationalen Konferenzen (Giemza et al. 2010) lassen sich die meisten mobilen Lern-Anwendungen unter wenige Standard-Typen subsummieren: − mobile Geräte im Kontext integrierter Präsenz-Lernumgebungen (vgl. Roschelle et al. 2009), − ortsunabhängige Übertragung von Lernmaterialien („content delivery“) auf verschiedene Zielplattformen unter Einschluss mobiler Endgeräte (vgl. Yang et al. 2008), − Anwendungen zum Fremdsprachenlernen mit interaktiven, teilweise kontextbezogenen Übungen auf Mobiltelefonen (vgl. Joseph & Uther 2009), − Unterstützung von Felderkundungen („field trips“) mit verschiedenen mobile Geräten (PDA, Smart Phones, Kameras) und RF-etikettierten Objekten (vgl. Spikol & Milrad 2008). Aus technischer Sicht ergeben sich beim Einsatz mobiler Endgeräte vielerlei Herausforderungen. Prozessorleistung, Speicherplatz, Bildschirmauflösung, Konnektivität sowie Akku-

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1 Grundlagen

laufzeit unterscheiden sich erheblich von klassischen Desktop-Systemen. Es ist nicht sinnvoll, dauerhafte Speicherfunktionen und kontinuierlich für Dritte anzubietende Informationsdienste auf mobilen Geräten vorzusehen. Daher eignen sich mobile Endgeräte allein nur für eine Ad-Hoc-Vernetzung. Insofern arbeiten die meisten mobilen Anwendungen mit klassischen Servern im Backend. Für den Datenaustausch zwischen Peripherie und Backend stehen unterschiedliche, gut erprobte Techniken (Web Services, RMI, u.a.) zur Verfügung. Allerdings waren die Entwicklungsumgebungen auf den mobilen Clients (PDAs und Mobiltelefone) selbst in den letzten Jahren starken Veränderungen unterworfen, sodass eine evolutionäre Weiterentwicklung von teilweise aufwändig erstellten Anwendungen hier nur schwer möglich war. Gegenwärtig sind Tendenzen der Fokussierung auf wenige stabile Linien erkennbar (Google Android, Apple iOS, Microsoft Windows Phone). Neben den Entwicklungsvorteilen führt diese Fokussierung zu einer zunehmenden Verbreitung von gleichartigen mobilen Endgeräten und zusammen mit ihrer steigenden Verbreitung unter den Lernenden und Lehrenden zu einer Verringerung der Probleme im Umgang mit mobiler Lernsoftware.

1.8 Mensch-Computer-Interaktion

1.8

77

Mensch-Computer-Interaktion Tom Gross University of California, Irvine

1

Einleitung

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Mensch-Computer-Interaktion zielt in praktischer Hinsicht darauf ab, die Benutzerinnen und Benutzer – also die Lernenden und Lehrenden – durch Technologie (in der Regel Computer-Technologie) optimal zu unterstützen. Dabei sollen die Benutzerinnen und Benutzer in ihren individuellen Stärken ergänzt und ihre individuellen Schwächen kompensiert werden. Der Fachbereich für Mensch-Computer-Interaktion der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) bietet die folgende Definition: „Das Gebiet Mensch-Computer-Interaktion umfasst die Analyse, Gestaltung und Bewertung menschen- und aufgabengerechter Computeranwendungen.“ (Strauss et al. 2006). Die GI, aber auch andere Informatikverbände (z.B.: Association of Computing Machinery (ACM), IEEE Computer Society) betonen die allgemeine und fundamentale Bedeutung von MCI und fordern, dass diese fester Bestandteil der Grundausbildung des Informatikstudiums sein soll (siehe Strauss et al. (2006) und IEEE & ACM (2001)). Entsprechend ist MCI auch speziell für Computer-Supported Cooperative Learning (CSCL) von großer Bedeutung. Im Zusammenhang mit MCI wird oft auch von interaktiven Systemen gesprochen. Als interaktives (Computer-)System wird dabei eine aus Software und Hardware bestehende Einheit verstanden, die von den Benutzerinnen und Benutzern Eingaben entgegennimmt und unmittelbare Rückmeldungen gibt. Des Weiteren ist der Begriff Softwareergonomie zentral – sie widmet sich der Gebrauchstauglichkeit. In der Softwareergonomie werden „Theorien und Methoden für Analyse, Modellierung, Gestaltung und Evaluation erarbeitet“ und sie „soll dabei unterstützen, computerbasierte Werkzeuge in benutzer- und anwendungsgerechter Weise zu konzipieren, zu realisieren und zu testen“ (Herczeg 2009, S. 6 f.). Die Gebrauchstauglichkeit, welche auch in der deutschen Sprache zunehmend englisch Usability genannt wird, definiert drei Eigenschaften, welche interaktive Systeme besitzen sollen: − Effektivität: misst die Genauigkeit und Vollständigkeit der Zielerreichung der Benutzerinnen und Benutzer − Effizienz: misst die Ressourcen, welche die Benutzerinnen und Benutzer zur Zielerreichung einsetzen müssen − Zufriedenheit: misst die Freiheit der Benutzerinnen und Benutzer von Unannehmlichkeiten sowie die positive Haltung der Benutzerinnen und Benutzer bei der Verwendung der Software Begriffe wie Interaction Design, User-Centred Design oder Experience Design beziehen sich primär auf den benutzerzentrierten Entwurf. Auf weitere Begriffe wird hier nicht näher eingegangen. Human-Computer Interaction, Computer-Human Interaction und Mensch-MaschineInteraktion werden an dieser Stelle vereinfachend synonym zu MCI behandelt.

78

1 Grundlagen

Die ACM Special Interest Group on Computer-Human Interaction teilt MCI ein in Human (Menschen oder Benutzerinnen und Benutzer), in Computer (Computertechnologie) sowie Use and Context (also Anwendung und Anwendungskontext) und Development Process (Entwicklungsprozess) (ACM 2011) ein. In diesem Beitrag werden nachfolgend aus CSCLSicht Benutzer, Technologie und Interaktion in Anwendung und Kontext erörtert. Auf den Entwicklungsprozess und seine Methoden kann nur kurz eingegangen werden.

2

Benutzerorientierung

Es ist generell, und insbesondere auch im Bereich des CSCL, wesentlich, auf die Benutzerinnen und Benutzer einzugehen. Nur wenn man die Lernenden und Lehrenden, deren Eigenschaften, Anforderungen und Wünsche genau kennt, kann man adäquate Lernunterstützung gestalten. Eine kleine Einführung in die Kognition soll dabei helfen, die Lernunterstützung und ihre Qualität aus der Perspektive der Benutzer zu betrachten und aus deren Sicht die Gebrauchstauglichkeit bewerten zu können. Es können die folgenden Kognitionsarten unterschieden werden, welche in der Praxis oft von einander abhängig sind und zum Teil gleichzeitig vorkommen (Preece et al. 2011): − Aufmerksamkeit: die Selektion von Dingen, auf die man sich konzentriert. Der Erfolg der Aufmerksamkeit hängt von der Zielklarheit ab: bei einem klaren Ziel kommt man in der Regel schneller zum Erfolg (z.B.: bei der Suche im Sportteil einer Tageszeitung nach dem Ausgang eines bestimmten Spiels) als bei einem unklaren Ziel (z.B.: beim unvoreingenommenem Lesen der Speisekarte) und einer guten Präsentation: klare Strukturen werden schneller erfasst (z.B.: Zahlen und Tabellen) als unklare (z.B.: Text in Prosa). Daher sollen wichtige Informationen hervorgehoben und Überfrachtungen vermieden werden. − Wahrnehmung: die Aufnahme von Informationen aus der Umwelt mittels verschiedener Sinne (z.B.: auditiv, visuell) und Transformation in Eindrücke (z.B.: Geräusche, Geschmacke). Die Wahrnehmung ist ein komplexer Prozess und involviert auch andere kognitive Prozesse. Informationen sollen so dargestellt werden, dass sie eindeutig und korrekt wahrgenommen werden – durch unterscheidbare Icons und graphische Repräsentationen, hörbare Klänge und starke Kontraste zwischen Vorder- und Hintergrund. − Gedächtnis: die Kodierung von Informationen, welche eine spätere Erinnerung und entsprechende Aktionen ermöglicht. Es unterliegt einem Filterungsprozess, bei dem der Mensch entscheidet, welche Informationen kodiert werden und welche nicht. Diese Entscheidung fällt oft unterbewusst (so merkt man sich manchmal Unwichtiges, oder vergisst Wichtiges). Generell sollen die Abläufe, welche sich Benutzerinnen und Benutzer zur Bedienung von Software merken müssen, nicht zu komplex sein. Die Wiedererkennung von Softwarebestandteilen ist einfacher als das Auswendiglernen von Befehlen und Abläufen und soll daher bevorzugt angewendet werden („Recognition rather then Recall“ (Nielsen 1994)). − Lernen: das Aneignen von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Prinzipiell können im Rahmen von MCI zwei Arten unterschieden werden: das Erlernen der Bedienung einer Softwareanwendung und das Erlernen von Themen mit Hilfe von Softwareanwendungen. Wenn Anfänger an die Anwendung herangeführt werden sollen, wird oft auch vom „Learning Through Doing“ gesprochen, das heißt Anfängern soll eine sinnvolle Teilmenge der Funktionalität angeboten werden, die dann mit zunehmender Erfahrung der Benutzer erweitert werden kann (Caroll 1990). Benutzungsoberflächen sollen die Benutzerinnen und

1.8 Mensch-Computer-Interaktion

79

Benutzer zur Exploration ermutigen (z.B.: durch die Möglichkeit alle Aktionen, die nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben, rückgängig machen zu können) und adäquat führen und zur Verwendung der richtigen Funktionen anregen (z.B.: können in Kontextmenus für bestimmte Objekte nur jene Operationen dargeboten werden, welche in der aktuellen Situation sinnvoll angewendet werden können). − Lesen, Sprechen und Zuhören: sind drei Formen der Sprachverarbeitung. Ihnen ist gemein, dass sie mittels Worten und Sätzen Bedeutung transportieren. Sie haben aber auch Unterschiede, welche bei der Gestaltung von Software relevant sein können: geschriebene Sprache ist persistent, das Zuhören ist flüchtig und existiert in der Regel nur im Augenblick; das Lesen (und insbesondere das Überfliegen) von Text kann schneller erfolgen als das Hören von Sprache; das Zuhören erfordert weniger kognitiven Aufwand seitens der Benutzerinnen und Benutzer als das Lesen oder Sprechen und die geschriebene Sprache folgt in der Regel einer genaueren Grammatik als die gesprochene Sprache. Daher sollen mündlich dargebotene Auswahlmenüs kürzer sein als textbasierte, die Intonation soll insbesondere bei Computergenerierter Ausgabe akzentuiert, und nicht zu monoton, erfolgen und die Software soll verschiedene Repräsentationen zulassen. − Problemlösen, Planen, Schlussfolgern und Entscheiden: das Nachdenken, was zu tun ist, was die Optionen sind und mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist. Diese Prozesse werden oft bewusst durchgeführt, können die Einbeziehung von anderen Personen erfordern und schließen oft die Verwendung von Werkzeugen ein. Bei diesen reflektiven Prozessen ist es wichtig, dass die Benutzerinnen und Benutzer in ihrem Gedankenfluss nicht beeinträchtigt werden. Daher sollten Softwareanwendungen für diesen Zweck sehr einfach gehalten werden (z.B.: Mindmapping Softwareanwendungen, mit denen man Netzwerke und Bäume von Gedanken am Computer aufzeichnen kann, sollen das einfache Einfügen, Löschen und Verschieben von Ästen und Unterästen ermöglichen, aber keinesfalls mit zu viel Funktionalität überfrachtet werden). Schliesslich wird kurz das Konzept des mentalen Modells eingeführt. Ein mentales Modell kann als das Wissen und die Annahmen der Benutzerinnen und Benutzer über die Bedienung und damit verbundene Funktionsweise von Software definiert werden. Gute Software zeichnet sich dadurch aus, dass die Bedienung und Funktionsweise den Benutzerinnen und Benutzer wahrheitsgetreu angeboten und vermittelt wird. Dies kann durch Transparenz wie folgt erreicht werden: informative Rückmeldungen als Antwort auf Benutzereingaben, leicht verständliche und intuitive Interaktionsmöglichkeiten mit dem System sowie richtige Art und Detaillierung von Informationen und Instruktionen.

3

Technologie

Bevor man beginnt, die Interaktion zwischen Benutzerinnen und Benutzer und Software zu entwerfen, ist es ratsam, sich mit den technologischen Möglichkeiten für die Interaktion zu beschäftigen. Viele Technologien, wie beispielsweise Tastatur und Maus, gehören heute zum Alltag. Für MCI im Zusammenhang mit CSCL sind primär die Ein- und Ausgabegeräte von Bedeutung, welche nachfolgend beschrieben werden: − Tastaturen erlauben die schnelle Eingabe am Computer. Die heutige Gestalt der QWERTY- oder QWERTZ-Tastaturen stammt von mechanischen Schreibmaschinen. Daneben gibt es beispielsweise auch alphabetische Tastaturen, mit alphabetischer Buchsta-

80







− −

4

1 Grundlagen benanordnung, und die DVORAK-Tastatur, mit der in der Sprache häufig vorkommende Buchstaben mit dominanten Fingern getippt werden können. Die aus fünf Tasten bestehende Chord-Tastatur kann mit nur einer Hand bedient werden und eignet sich für mobile Anwendungen, bei denen die Benutzerinnen und Benutzer die zweite Hand für andere Dinge benötigen. Die T9-Tastatur ist heute insbesondere bei Mobiltelefonen sehr verbreitet; der Name entspringt der ursprünglichen Tastatur, wo das gesamte Alphabet mit neun Tasten getippt werden konnte („Text on 9 Keys“). Ebenfalls bei Mobiltelefonen findet derzeit die natürlichsprachliche Eingabe immer mehr Verbreitung. Positionier- und Zeigegeräte haben als prominentesten Vertreter die Maus. Der Joystick ist ein besonders für Computerspiele weit verbreitetes Positionier- und Zeigegeräte. Trackballs sehen oft wie auf den Kopf gestellte mechanische Mäuse aus; ein großer Ball liegt oben frei und kann in einem statischen Gehäuse in alle Richtungen rotiert werden. Berührungssensitive Bildschirme können die Position und Bewegung der Finger der Benutzerinnen und Benutzer oder eines Stylus erkennen. Sie unterstützten lange Zeit die Eingabe mittels nur eines Fingers (z.B.: derzeitige Fahrscheinautomaten). Neuere Systeme unterstützen die gleichzeitige Eingabe über zwei oder mehr Finger und damit verbunden neue Gesten (z.B.: die Spreizbewegung zweier Finger am Apple iPhone erlaubt die Vergrößerung von Text und Bildern). Datenhandschuhe sind in der Regel mit verschiedenen Sensoren ausgestattet (z.B.: Sensoren an den Fingergelenken um Fingerkrümmungen zu erkennen; Sensoren auf Ober- und Unterseite und Handgelenk um die Bewegungen und die Neigung der ganzen Hand zu erkennen). Blicksteuerung erfasst über Kameras die Augenaktivitäten der Benutzerinnen und Benutzer und wertet diese aus. Dabei wird in der Regel die Fixation (das Verweilen des Blicks in eine bestimmt Richtung) und die Sakkaden (schnelle Sprünge des Blicks) gemessen and analysiert. Bildschirme sind wichtige Ausgabegeräte zur visuellen Darstellung von Zeichen und Bildern. Sie basieren auf verschiedenen Darstellungstechniken: Kathodenstrahlröhrenbildschirm („CRT“), Flüssigkristallbildschirm („LCD“), Dünnschichttransistorbildschirm („TFT“), Surface-conduction Electron-emitter Display („SED“), Plasmabildschirm, Organische Leuchtdiode („OLED“) sowie Feldemissionsbildschirm („FED“). Drucker werden nach wie vor häufig für die Ausgabe von Text und Bildern auf Papier, Folien, etc. verwendet. Weitere Ausgabetechnologien, welche vor allem für die Barrierefreiheit von herausragender Bedeutung sind, sind Braillezeilen, Screenreader, aber auch Lautsprecher.

Interaktion

Die Interaktion zwischen den Benutzerinnen und Benutzer und der Technologie ist wesentlicher Faktor für MCI. Nur durch eine sinnvolle, das heißt möglichst kurze und nach den Benutzervorstellungen logisch erscheinende, Abfolge von Schritten durch die Softwareanwendung kann eine einfache Einarbeitung der Lernenden und Lehrenden und ein effektives und effizientes Arbeiten der Lernenden und Lehrenden mit der Software erreicht werden. Donald Norman (1988) unterscheidet sieben Phasen, in denen die Benutzerinnen und Benutzer: ein Ziel festlegen; eine Absicht formulieren; Aktionen spezifizieren, welche in der Softwareanwendung durchgeführt werden; die spezifizierten Aktionen ausführen; der Benutzer nimmt den Zustand der Softwareanwendung auf; der Benutzer interpretiert den Zustand der Soft-

1.8 Mensch-Computer-Interaktion

81

wareanwendung und der Benutzer beurteilt den Zustand der Softwareanwendung mit Bezug auf das ursprüngliche Ziel. Das konzeptionelle Modell ist der wichtigste Teil der Gestaltung von Software (Liddle 1996). Ein konzeptionelles Modell wird definiert als: die Beschreibung des vorgeschlagenen Systems als Festlegung der integrierten Ideen und Konzepte bezüglich seiner Funktionen, seines Verhaltens und seines Aussehens. Dabei müssen die Ideen und Konzepte für die Benutzerinnen und Benutzer verständlich sein. Diese können an unterschiedliche Arten von Benutzerinteraktionen angelehnt sein: − Instruktion: Benutzerinnen und Benutzer geben dem System Instruktionen, was das System tun soll − Konversation: Benutzerinnen und Benutzer führen mit dem System einen Dialog − Manipulation: Benutzerinnen und Benutzer arbeiten mit und bearbeiten das System − Exploration: Benutzerinnen und Benutzer bewegen sich frei durch das System, um es und seine Inhalte kennen zu lernen Im Zusammenhang mit der Interaktion sind Interfacemetaphern und Interaktionsparadimen von großer Bedeutung. Der Begriff Interfacemetapher wird definiert als ein konzeptionelles Modell, welches entwickelt wurde, um Ähnlichkeiten mit Aspekten von physischen Objekten aufzuweisen. Interfacemetaphern basieren auf Aktivitäten (siehe auch konzeptionelle Modelle), Objekten (z.B.: Tabellen) oder Kombinationen von Aktivitäten und Objekten (z.B.: die Schreibtischmetapher). Das Interaktionsparadigma ist das der Interaktion der Benutzerinnen und Benutzer mit dem System zugrunde liegende Modell der Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Interaktion. Beispielsweise legt das auch im Bereiche des CSCL vorherrschende Interaktionsparadigma von GUI/WIMP fest, dass die Möglichkeiten zur Interaktion graphische Oberflächen („Graphical User Interfaces“) mit Fenster-Icons-Menüs-Zeigegerät („Windows-Icons-Menus-Pointing Device“) kombinieren. Neuere Interaktionsparadigmen sind Ubiquitous Computing (Allgegenwart von Computertechnologie in verschiedenen Formen und Größen (Weiser 1993)), Wearable Computing (kleine Rechner, welche in Kleidung und Schmuck integriert sind) und Augmented Reality (Erweiterung der Realität, als Kombination der realen Welt mit Konzepten und Technologie der virtuellen Welt).

5

Methoden

An dieser Stelle werden nur die wichtigsten Methoden der MCI kurz erläutert; diese werden bei der Gestaltung interaktiver Systeme oft in der nachfolgenden Abfolge angewendet: − Konzeptioneller Entwurf: erste Festlegung wie die Software gestaltet sein soll: also was die Software können soll, warum und wie. Dabei werden die Benutzeranforderungen und -wünsche in ein konzeptionelles Modell überführt. − Prototyping: Veranschaulichung von Entwürfen und Systemen. Sie reichen von simplen Storyboards bis zu komplexen Softwaresystemen, von einer 3D-Skizze aus Karton zu gepresstem Metall. Die Software- und Systementwicklung wird im Beitrag 4.3 behandelt. − Konstruktion: Entwicklung der Software, die idealerweise nach dem abgeschlossenen Prototyping erfolgt. Es werden die Bildschirminhalte gestaltet (z.B.: Menüs, Icons). Hier können verschiedenen Prinzipien angewendet werden (z.B.: Sichtbarkeit, Rückmeldung, Abbildung, Konsistenz, Eigenheiten). Von den Prinzipien werden oft Standards abgelei-

82

1 Grundlagen

tet, welche zusätzlich durch die Erfahrungen von Experten fundiert sind. Es gibt einige Standards der Internationalen Standardisierungs-Organisation ISO (z.B.: ISO Standard 9241 für Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten (ISO/IEC 2011) definiert die Gebrauchstauglichkeit). Guidelines sind konkrete Regeln für die Überprüfung der Softwarequalität. Beispielsweise hat Shneiderman die acht goldenen Regeln für die Benutzeroberflächengestaltung festgelegt („Eight Golden Rules of Interface Design“, Shneiderman 1998): Konsistenz, Kurztasten, informative Rückmeldungen, Dialoge mit eindeutigem Schluss, Fehlervermeidung und -behebung, Rückgängigmachen, Macht an die Benutzer und Reduktion des Merkaufwandes. − Evaluation: ist die Beurteilung der Software durch die Benutzerinnen und Benutzer. Die Evaluation soll kontinuierlich erfolgen: die frühen konzeptuellen Entwürfe sollen genauso evaluiert werden wie die späteren Prototypen und das endgültige System. Dabei werden prinzipiell zwei Evaluationsarten unterschieden: die formative Evaluation wird während des Softwareentwicklungsprozesses durchgeführt und kann zu Änderungen in der Software führen und die summative Evaluation wird am Ende mit der endgültigen Software durchgeführt und kann zu interessanten Erkenntnissen, möglicherweise aber zum Belassen der aktuellen Software-Version führen.

6

Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag wurde MCI eingeführt und auf die Bestandteile Mensch, Computer und Interaktion eingegangen. Schliesslich wurden Methoden der MCI skizziert. Im Bereich der MCI ist ein rascher technologischer Fortschritt festzustellen – DesktopComputer, aber auch Laptops und sogar Mobiltelefone werden immer leistungsfähiger und besser vernetzt. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Benutzerinnen und Benutzer. Für CSCL bedeutet dies, dass immer mehr neuartige Kombinationen von traditionellen Lernformen und e-Learning möglich werden. Darüber hinaus stellen sich hier spannende konzeptionelle und technologische Fragen zur Gestaltung von adaptiven kooperativen Umgebungen, welche sich automatisch an die jeweiligen Benutzerinnen und Benutzer anpassen können (Gross 2008). Dadurch entstehen widerum Fragestellungen bezüglich der Methoden für die Analyse, Gestaltung und Bewertung menschen- und aufgabengerechter adaptiver kooperativer Umgebungen (Gross 2010).

2

CSCL-Umgebungen

CSCL-Umgebungen bilden die technische Basis für die Realisierung computerunterstützten kooperativen Lernens. Eine CSCL-Umgebung bietet eine Menge von Werkzeugen zur Unterstützung von Kommunikation, Koordination und Kooperation in Lerngruppen. Grundsätzliche Voraussetzung für jede Kooperation in CSCL-Umgebungen ist die Möglichkeit zur Kommunikation über Kommunikationswerkzeuge sowie die Unterstützung von Awareness über die Kooperationssituation in der Gruppe (vgl. Beitrag 2.1). Aktuell basieren viele Werkzeuge zur Unterstützung der Kooperation auf Technologien des Web 2.0 (vgl. Beitrag 2.2). Die Unterstützung der Kooperation, des gemeinsamen Lernens, ist abhängig von der Größe der Lerngruppe (Kleingruppen, größere Gruppen, ganze Organisationen). Kleingruppen ermöglichen aufgrund der geringen Teilnehmeranzahl ein höheres Maß an Selbststeuerung und intensive Formen der Zusammenarbeit. Sie können gut durch gemeinsame Arbeitsbereiche und synchrone Werkzeuge unterstützt werden (siehe Beitrag 2.3). In großen Lerngruppen ist das Spektrum der einsetzbaren Kooperationsformen geringer. Hier spielen Fragen der Steuerung bzw. Automatisierung der Kooperation eine wichtige Rolle. Durch Konferenzsysteme, die Verbreitung von Folien, Bild und Ton sowie spezielle Werkzeuge für Übungen wird kooperatives Lernen auch in großen Lerngruppen möglich (vgl. Beitrag 2.4). CSCL kann sowohl face-to-face in einem Raum durchgeführt werden als auch in örtlich verteilten Lerngruppen. In (realen) kooperativen Lernräumen muss dazu die technische Unterstützung sinnvoll in die Räumlichkeiten integriert werden, die soziale und die technische Ebene der Kooperation müssen in Einklang gebracht werden (vgl. Beitrag 2.5). In seiner virtuellen Variante (Beitrag 2.6) unterstützt der kooperative Lernraum die Kommunikation, Koordination und Kooperation der Lernenden untereinander und mit den Betreuern, auch wenn diese vom Arbeitsplatz, von zu Hause oder sonstigen Orten aus lernen. Unterstützung des kooperativen Lernens auf unterschiedlichen organisatorischen Ebenen (z.B. in einer Lernaufgabe, in einem Kurs, oder in einer Hochschule) erfordern unterschiedliche Ansätze: Spezielle didaktische Ansätze und komplexere Kooperationsformen (z.B. Planspiele, Rollenspiele) können gut durch spezifische Werkzeuge, z.B. für Scripted Collaboration, unterstützt werden (vgl. Beitrag 2.7). In Beitrag 2.9 wird dagegen mit der Unterstützung des diskursiven Lernprozesses die Ebene einer Lehrveranstaltung (z.B. Seminar, Kurs) adressiert. CSCL-Umgebungen werden oft auf der Basis von CSCL-Plattformen realisiert, die die Lernlogistik innerhalb einer Organisation unterstützen. Beitrag 2.8 adressiert deshalb die organisatorische Ebene, behandelt die üblichen Komponenten und CSCL-Funktionalitäten von Lernplattformen und stellt einige Beispiele vor.

84

2.1

2 CSCL-Umgebungen

Kommunikation und Awareness Till Schümmer, Jörg M. Haake FernUniversität in Hagen

1

Einleitung

Kommunikation, also die Verständigung zwischen Menschen, bildet gerade im Kontext des kooperativen Lernens die Grundlage für gemeinsame Lernerfahrungen. Der Lerngegenstand wird Subjekt eines Diskurses in der Gruppe und auf diese Weise erschlossen (vgl. hierzu auch Beitrag 2.9). Unter computervermittelter Kommunikation versteht man den Austausch von Botschaften zwischen verteilten Kommunikationspartner, bei dem das Kommunikationsmedium (z.B. für Austausch textueller Nachrichten oder für den Austausch gesprochener Sprache) durch vernetzte Computer realisiert wird (Bsp. Chat, Audiokonferenz). Hierbei realisiert ein Kommunikationswerkzeug bestehend aus Software und Hardware den Zugang zum Medium. Dabei ist jedoch zu beachten, dass durch die Computervermitteltheit des CSCL eine zusätzliche Barriere in der Kommunikation zwischen den Kommunikationspartnern überwunden werden muss – nämlich genau das vermittelnde Computersystem. Computervermittelte Kommunikation beschränkt sich auf den ersten Blick oft auf die Unterstützung von natürlicher Sprache (Text, Audio), künstlichen Sprachen (domänenspezifische Notationen), und visueller Kommunikation (Bilder, Grafiken). Ein Grund hierfür ist, dass die Ausdruckskraft des Mediums durch die Computervermitteltheit oft eingeschränkt ist. Erste Kommunikationssysteme, wie elektronische Post, beschränkten sich rein auf zeichenbasierten Austausch von Nachrichten. Allerdings ist eine zunehmende Nutzung von multimedialer computervermittelter Kommunikation auch im Bereich des CSCL zu beobachten. Beispiele hierfür sind Audiokonferenzen oder Video-Chats. Da nonverbale Kommunikation (z.B. Mimik, Gesten) heute oft nicht unterstützt wird, gleichwohl aber im CSCL eine wichtige Rolle spielt, versucht man die durch das Medium aufgerissene Kluft in der Kommunikation durch Mechanismen der Gruppenwahrnehmung – engl. group awareness – zu schließen.

2

Herausforderungen computervermittelter Kommunikation

Eine genauere Betrachtung der computervermittelten Kommunikation führt zu den folgenden Problemen, die durch eine CSCL-Technologie überwunden werden müssen und die bei kopräsenter (face-to-face) Kommunikation nicht auftreten: 1. Überwindung der Distanz im Medium: Botschaften müssen bei verteilten Kommunikationspartnern über räumliche und/oder zeitliche Distanz übertragen werden. 2. Herstellung eines gemeinsamen Bezugsrahmens: während kopräsente Kommunikationspartner sich in der Kommunikation einfach, z.B. mittels Gesten, auf Objekte/Personen/ Botschaften beziehen können, muss das Kommunikationswerkzeug explizit Referenzen auf Objekte/Personen/Botschaften unterstützen.

2.1 Kommunikation und Awareness

85

3. Verengung der Kommunikationskanäle im Vergleich zur kopräsenten Kommunikation: statt der gewohnten Reichhaltigkeit von Kommunikationskanälen (Sehen, Hören, Gestik, Mimik usw) stehen bei computervermittelter Kommunikation nur einer bis wenige dieser Kanäle und Modalitäten zur Verfügung. 4. Ebenso wird die Koordination der Kommunikation erschwert, sowohl bzgl. des Zugriffs auf das Medium (Bsp. wer darf gerade in einer Audiokonferenz sprechen) als auch bzgl. des inhaltlichen Vorgehens (Bsp. Moderation). 5. Etablierung sozialer Wahrnehmung: die computervermittelte Übertragung von Emotionen und anderen nonverbalen Äußerungen wie auch der aktuellen Aktivitäten anderer Gruppenmitglieder erfordern ein aktives Mitwirken der Kommunikationspartner. Kommunikationswerkzeuge nutzen verschiedene Ansätze, um den obigen Problemen zu begegnen: 1. Zur Überwindung der räumlichen Distanz übertragen Kommunikationswerkzeuge Botschaften durch Kommunikationsnetze. Zeitliche Distanz wird mittels persistenter Speicherung von Botschaften und Artefakten überwunden. So kann ein Kommunikationspartner auch später auf Botschaften zugreifen und darauf antworten. 2. Zur Schaffung eines gemeinsamen Bezugsrahmens für die Kommunikationspartner werden üblicherweise zuerst eindeutige IDs für Botschaften, Artefakte und Personen erzeugt, manche Kommunikationswerkzeuge erlauben auch die Referenzierung von Teilen von Botschaften oder Artefakten (z.B. Zeilen, Paragrafen oder Ausschnitte), vgl. (Mühlpfordt 2006). Diese Referenzen müssen zur Kommunikation kodiert und über das Medium als Teil von Botschaften übertragen werden. Dazu müssen Kommunikationswerkzeuge das Eingeben und Anzeigen von Referenzen (z.B. einer URL im Chat) unterstützen. 3. Eine Strategie zur Überwindung der Verengung der Kommunikationskanäle besteht in der Medienkonvergenz: so genannte Media Spaces emulieren Kopräsenz im virtuellen Raum, z.B. in Second Life, oder durch Telepräsenz (Harrison 2009). 4. Zur Koordination unterscheiden wir soziale Protokolle von technischen Protokollen: Soziale Protokolle basieren auf vereinbarten Regeln sowie einer Situationserkennung, wann eine Regel anzuwenden ist. Hierzu ist Information über die aktuelle Kommunikationssituation (inkl. Historie) sowie das Einhalten der Regeln durch alle Gruppenmitglieder notwendig. Technische Protokolle regulieren dagegen die Abfolge von Botschaften durch Steuerung des Zugangs der Beteiligten zum Medium (z.B. eine technisch gesteuerte Weitergabe des Rederechts; hier müssen sich die Kommunikationspartner den Regeln unterwerfen, sie können nicht abweichen – sparen aber den Aufwand zur manuellen Koordination. Eine Mischung beider Ansätze stellen sozio-technische Protokolle dar, bei denen das Kommunikationswerkzeug die Abfolge von Botschaften nur zum Teil reguliert, und die Kommunikationspartner den Rest der Koordination auf Basis von AwarenessInformationen übernehmen (Bsp. soziale Regeln zur Weitergabe der technisch modellierten Sprecher-Rolle in einem Seminar). Die technische Realisierung einer solchen Zugangssteuerung kann durch Entwurfsmuster beschrieben werden, z.B. FLOOR CONTROL (Schümmer & Lukosch 2007) oder die Rollenbasierte Steuerung in einem Rollenspiel. Wir gehen im Folgenden auch auf weitere Muster aus der Mustersammlung von Schümmer und Lukosch (2007) ein. Zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit wird dort auf die Quellenangabe verzichtet und lediglich der Name des Musters in Form von KAPITÄLCHEN hervorgehoben.

86

2 CSCL-Umgebungen

5. Zur Etablierung von sozialer Wahrnehmung dient das oben bereits angesprochene Konzept der „Awareness“, d.h. der Darstellung der Präsenz und Aktivitäten der Gruppenmitglieder. Im Kontext von CSCL unterscheiden wir zwischen Social Awareness, Activity Awareness und Task Awareness. Social Awareness hat das Ziel, die Mitglieder der Gruppe über die Teilnahme anderer Mitglieder zu informieren und einen Gruppenkontext herzustellen. Dies beinhaltet auch Informationen über die einzelnen Gruppenmitglieder (z.B. Interessen, Präferenzen, Vorkenntnisse aber auch ggf. ihre aktuelle Situation und Stimmung). Ziel der Activity Awareness ist es, die Aktionen anderer Benutzer in der Gruppe bewusst zu machen. Dies beinhaltet Informationen über die Präsenz (Wer ist gerade wo aktiv?) und die Aktivitäten der Gruppenmitglieder (An welchen Objekten wird oder wurde von wem gearbeitet?). Task Awareness (Aufgaben-Awareness) beschreibt die Kenntnis der Gruppenmitglieder über die Aufgabenverteilung und den aktuellen Zustand der Aufgabenbearbeitung (Welche Aufgaben sind definiert? Wer soll sie bearbeiten bzw. bearbeitet sie gerade? Was ist der Plan für das weitere Vorgehen?). Vgl. auch (Jödick 2009) und Beitrag 2.3.

3

Dimensionen zur Einordnung verschiedener Kommunikationswerkzeuge

In diesem Abschnitt werden verschiedene Formen der computervermittelten Kommunikation vorgestellt und ihr Einsatz im Bereich des CSCL diskutiert. Dazu charakterisieren wir diese Formen anhand ihrer Merkmale auf verschiedenen Dimensionen: 1. Zeitliche Dimension: Wir unterscheiden synchrone und asynchrone Kommunikation sowie Mischformen. Bei asynchroner Kommunikation benutzen die Kommunikationspartner einen Kommunikationskanal, der die Nachrichten speichert. So kann ein Kommunikationspartner eine Nachricht absetzen, die erst später von den anderen Kommunikationspartnern empfangen wird. Die beteiligten Kommunikationspartner müssen also nicht gleichzeitig anwesend sein. Beispiele für asynchrone Kommunikation sind der Austausch von E-Mail- und Newsgruppen-Beiträgen. Ein Kommunikationspartner kann eine Nachricht in eine Newsgruppe einstellen, die erst später von den anderen Kommunikationspartnern gelesen wird. Bei synchroner Kommunikation sind die Kommunikationspartner gleichzeitig miteinander über einen Kommunikationskanal verbunden. Über diesen Kanal tauschen sie Nachrichten aus, die mit einer geringen Zeitverzögerung bei den Kommunikationspartnern eintreffen. Beispiele sind Telefongespräche (Kanal = Telefonverbindung, Nachrichten = gesprochene Sprache) oder Chat-Sitzungen (Kanal = Chat-Werkzeug, Nachrichten = geschriebene Sprache, Emoticons) zwischen Menschen. Es existieren auch Mischformen dieser Ansätze, z.B. beim Instant Messaging. Hierbei unterstützen einige Instant Messenger das Hinterlassen von elektronischen Notizzetteln auf dem Rechner des Kommunikationspartners. Dies ist eine Form der asynchronen Kommunikation. Viele Instant Messenger zeigen aber auch an, ob der Kommunikationspartner gerade verfügbar ist. Mit einem verfügbaren Kommunikationspartner kann dann eine Chat-Sitzung begonnen werden. Dies ist eine Form synchroner Kommunikation. Insbesondere in Fernstudiensituationen zeigt sich oft eine Präferenz für asynchrone Kommunikation, da hier die Gruppenmitglieder keinen gemeinsamen Termin finden

2.1 Kommunikation und Awareness

2.

3. 4. 5.

6.

7.

87

müssen, was bei unterschiedlichen beruflichen Kontexten der Studierenden ein großes Problem darstellt. Anderseits äußern Lerngruppen, gerade wenn es um die Diskussion komplexer Inhalte geht, oft das Bedürfnis nach direkten Antworten auf ihre Beiträge, was nur im Rahmen einer synchronen Kommunikation möglich ist. Beim Entwurf eines CSCL-Systems sind die Vor- und Nachteile beider Kommunkationsformen also abzuwägen. Partnerzahl: Wir unterscheiden bilaterale Kommunikation zwischen zwei Partnern und multilaterale Kommunikation zwischen mehr als zwei Partnern. Während bilaterale Kommunikation prinzipiell einfacher zu realisieren und zu handhaben ist, birgt multilaterale synchrone Kommunikation einige Probleme: technisch ist synchrone Kommunikation zwischen vielen Kommunikationspartnern mit gleich bleibend hoher Qualität zurzeit nur schwer zu realisieren. Hinzu kommen die Probleme der Koordination (z.B. Durcheinanderreden), die z.B. durch ein angepasstes Verhalten gelöst werden müssen. Medien: Wir unterscheiden schriftliche bzw. textuelle Kommunikation, Übertragung von (Text und) Bildern, Übertragung von Referenzen auf Artefakte, Übertragung von Audio (gesprochener Sprache, Töne), und Übertragung von Video (Bewegtbilder). Persistenz (Dauerhaftigkeit): Wir unterscheiden flüchtige von dauerhaft gespeicherten und abrufbaren (d.h. persistenten) Botschaften. Informationsfluss: Wir unterscheiden Push- und Pull-Medien. Bei Push-Medien erreicht die Nachricht den Empfänger ohne dessen aktives Zutun, bei einem Pull-Medium muss der Empfänger die Nachricht explizit abholen bzw. regelmäßig nach neuen Nachrichten suchen. Symmetrie: Wir unterscheiden symmetrische Kommunikationssituationen (d.h. jeder Kommunikationspartner hat dieselben Rechte bzw. Aktionsmöglichkeiten im Kommunikationswerkzeug) von asymmetrischen Kommunikationssituationen (d.h. Kommunikationspartner haben ggf. verschiedene Rechte bzw. Aktionsmöglichkeiten im Kommunikationswerkzeug). Offenheit: Wir unterscheiden offene Nutzergruppen (öffentlich zugreifbares Medium) von geschlossenen Nutzergruppen (Medium mit Zugriffskontrolle, z.B. Einladung).

Im weiteren Verlauf des Beitrags besprechen wir verschiedene Formen der computervermittelten Kommunikation und ihren Einsatz im Bereich des CSCL anhand typischer Vertreter in den folgenden, heute üblichen, Systemklassen für Kommunikationswerkzeuge: e-Mail, Mailinglisten, Foren und Newsgroups, Blogs, Microblogs (z.B. Twitter), Instant Messaging, Synchrone rechnergestützte Konferenzen sowie Soziale Netze. Dabei ist zu bemerken, dass die Systemklassen nicht immer überschneidungsfrei sind. Auf Details werden wir im folgenden Abschnitt eingehen. Tabelle 1 stellt die Charakterisierung der obigen Systemklassen auf den genannten Dimensionen dar. Dabei sind für eine Systemklasse die Merkmale mit einem „+“ gekennzeichnet, die von den Werkzeugen in dieser Systemklassen vorrangig unterstützt werden. Bei manchen Werkzeugen sind zusätzlich Eigenschaften durch ein eingeklammertes „+“ markiert. In diesem Fall wird das Merkmal nicht komplett (bzw. nur indirekt) unterstützt.

88

2 CSCL-Umgebungen

Tabelle 1:

Charakterisierung der Systemklassen

Kleingruppe

(+)

Großgruppe Symmetrie

Leser = Schreiber

(+)

Leser ≠ Schreiber

+

Offenheit

offen

Kontinuität

+

+

+ +

Soziale Netze

größe

+

Synchrone Konferenzen

+

VideoKonferenz

+

Paar

AudioKonferenz

Asynchron Gruppen-

Chat

(+)

Blog

Synchron

Newsgroup/ Foren

e-Mail

Zeit

Mailinglisten

Merkmal

Instant Messaging

Micro-Blogging (z.B. Twitter)

Systemklasse

+

+

+

+

+

(+)

+

+

+

+

+

+

(+)

(+)

(+)

+

+

+

+ +

+

+

+

+

+

+

+ +

+

geschlossen

+

(+)

(+)

(+)

(+)

+

Statisch

+

+

+

+

+

+

flüchtig persistent

+

+

Informa-

Push

+

+

tionsfluss

Pull

4

(+)

(+)

(+)

+

(+)

+

+

(+)

(+)

(+)

+

+

+

+

+

+

+

(+) +

Datenstrom Persistenz

+

+ (+)

(+)

+ (+)

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+ +

+

(+) +

+

Eine Übersicht gängiger Kommunikationswerkzeuge im CSCL

Im Folgenden werden die oben genannten Systemklassen genauer vorgestellt und an Hand der Nutzung prominenter Vertreter der Systemklassen bezüglich ihres Einsatzes im CSCL beschrieben.

4.1

E-Mail

E-Mail ist die einfachste und zugleich am weitesten verbreitete Form der Kommunikationsunterstützung im CSCL. Deshalb gehen wir auf diese Form ausführlicher ein. Es ist davon auszugehen ist, dass alle Lernenden über eine persönliche e-Mail-Adresse verfügen. Ursprünglich als asynchrones Medium konzipiert, ist inzwischen oft eine annähernd synchrone Nutzung von e-Mail zu beobachten. Beschleunigend auf das e-MailAntwortverhalten wirkt unter anderem die stärkere Nutzung von e-Mail-fähigen Geräten in allen Lebensbereichen (wozu auch die Nutzung von e-Mail-fähigen Smartphones zählt). Studien aus der Wirtschaft haben gezeigt, dass in über 80% der Fälle mit einer Antwort auf

2.1 Kommunikation und Awareness

89

eine e-Mail binnen eines Tages zu rechnen ist (Kalman & Rafaeli 2005). Dies stellt die Adressaten jedoch vor die Herausforderung, eine wachsende Zahl von Nachrichten pro Tag zu verarbeiten. Insbesondere kann ein Ausbleiben einer schnellen Antwort von Lernenden als Indikator für Desinteresse am Lernprozess gewertet werden und die Motivation zur weiteren Teilnahme am Lernprozess senken. In Bezug auf die Gruppengröße ist e-Mail vor allem für die Interaktion in Paaren geeignet. Eine Adressierung einer Nachricht an mehrere Empfänger ist zwar leicht möglich, Antworten auf diese Nachricht werden allerdings oft ungewünscht nur den Absender erreichen und nicht die gesamte Gruppe. Die Problematik liegt hier in der Bereitstellung von zwei Antwortfunktionen, die es ermöglichen, dass die Gruppe der Empfänger je Nachricht variiert: „Antworten“ und „Allen Antworten“. Diese Funktionen werden von Nutzern oft nicht ausreichend unterschieden. In einigen Organisationen ist die „Allen Antworten“-Funktion sogar deaktiviert, um die e-Mail-Flut einzudämmen (Rutkowski & Genuchten 2008). Somit kann hier eine Antwort nicht automatisch an die gesamte Gruppe geleitet werden. Die einzige Alternative bietet in diesem Fall die Pflege von lokalen Benutzergruppen. Da diese Gruppen aber vom einzelnen Nutzer verwaltet werden, stellen sie eine weitere Fehlerquelle dar. Unter Berücksichtigung dieser Probleme sollte e-Mail vor allem in Zweiergruppen eingesetzt werden. Für größere Gruppen sind Mailinglisten oder Newsgruppen besser geeignet. Grundsätzlich können alle Internetnutzer an beliebige Empfänger e-Mails verschicken. Die eigentlichen Nachrichten können allerdings nur von den Adressaten gelesen werden. Sieht man vom illegalen Abhören von e-Mails oder der Weiterleitung von e-Mails ab, handelt es sich bei e-Mails somit um geschlossene Systeme, bei denen der Leserkreis klar definiert ist. Meistens werden E-Mails von den E-Mailwerkzeugen in der zeitlichen Reihenfolge des Eintreffens angezeigt. Dies führt dazu, dass thematische Bezüge zwischen E-Mails (z.B. Nachricht 2 beantwortet Nachricht 1) schwer nachzuvollziehen sind. Eine mögliche Lösung hierfür sind so genannte Threaded Mails, bei denen die Nachrichten als Kette aufeinander bezogener Nachrichten dargestellt werden (man spricht hier auch von einer THREADED DISCUSSION). Hierbei bilden Nachrichten, die keine andere Nachricht beantworten, die Wurzel eines neuen Diskussionsstranges. Diese Wurzeln werden dann im E-Mailwerkzeug in ihrer zeitlichen Abfolge angeordnet. Damit der Leser leicht erkennen kann, welche Nachrichten neu bzw. ungelesen sind, werden diese speziell gekennzeichnet, z.B. durch fette Schrift. Beim CSCL wird Threaded Mail oft bei der Realisierung von themenbezogenen Diskussionen unter verteilten Studierenden angewendet. E-Mail-Nachrichten können neben Texten auch Anhänge enthalten (Bilder, Audio-Daten). Allerdings sind die Inhalte auf statische Inhalte beschränkt (da der Inhalt der Mail asynchron transportiert wird). Die Nachrichten werden auf e-Mail-Servern gespeichert, von denen die Nutzer sie abholen (POP3-Protokoll (Myers & Rose 1996)) oder alternativ auf dem Server in Ordnern verwalten können (IMAP-Protokoll (Crispin 2003)). Somit sind sie dauerhaft für die individuellen Empfänger verfügbar. Insbesondere können Nachrichten, die einmal verschickt wurden, nicht mehr durch den Absender gelöscht werden. Es gibt zwar in einigen Systemen Ansätze, ungelesene e-Mails durch den Absender widerrufbar zu machen (bspw. in Microsoft Exchange), durch die große Verbreitung anderer e-Mail-Server kann man diese Funktionalität jedoch nicht voraussetzen. Da die Nachrichten von den individuellen Empfängern ge-

90

2 CSCL-Umgebungen

löscht werden können, kann in einem e-Mail-System nicht davon ausgegangen werden, dass eine Arbeitsgruppe stets über die gleiche Menge an Informationen verfügt. Zu empfangende Nachrichten werden durch e-Mail-Clients vom e-Mail-Server abgerufen. Somit handelt es sich aus infrastruktureller Perspektive bei e-Mail um ein Pull-Medium. Allerdings erfolgt der Nachrichtenabruf bei geöffnetem e-Mail-Client in der Regel in kurzen Intervallen, deren Länge vom Benutzer festgelegt werden kann. Sofern der e-Mail-Client also auf dem Endgerät (dem Computer oder dem Smartphone) des Benutzers aktiv ist, muss der Nutzer nicht selbst aktiv nach neuen Nachrichten fragen. Einige e-Mail-Anbieter stellen zudem Push-Mechanismen durch die e-Mail-Server bereit (z.B. Push-IMAP (Maes et al. 2006)). Aber auch ohne diese explizite technische Unterstützung erscheint e-Mail durch die regelmäßige automatische Abfrage der Nachrichten eher als Push-Medium. Für die Interaktion in CSCL-Gruppen bedeutet dies, dass Gruppenmitglieder zeitnah durch neue Nachrichten erreicht werden und somit Teil des Gruppenprozesses bleiben.

4.2

Mailinglisten

Für die asynchrone textuelle Kommunikation in Gruppen mit mehr als zwei Mitgliedern wurden oben bereits Benutzergruppen angesprochen, die im lokalen E-Mail-Programm angelegt werden können. Um die Verwaltung der Adressen zu erleichtern und Fehler zu minimieren, wurden so genannte Mailinglisten eingeführt. Aus Benutzerperspektive handelt es sich dabei um e-Mail-Adressen, bei denen eingehende Nachrichten an eine klar definierte Menge von Empfängern weitergeleitet werden. Freie Systeme wie Majordomo (http://www.greatcircle.com/majordomo) erlauben dem Administrator einer Mailingliste, die Liste der E-MailAdressen aller Teilnehmer zentral zu pflegen. Vergleichbar, jedoch auch von Endbenutzern zu administrieren, sind web-basierte MailingListen, wie sie bspw. von Google angeboten werden (http://groups.google.com). Über eine Web-Schnittstelle kann eine neue Gruppe eingerichtet und verwaltet werden. Neben dem Administrator können auch die Endbenutzer Einstellungen in der Liste vornehmen, die ihr eigenes Profil betreffen. Dadurch werden sie auch für größere Gruppen handhabbar. Um zu kontrollieren, wer in der Liste kommunizieren darf, wird die Liste häufig im Zugriff beschränkt.

4.3

Foren und Newsgruppen

Eng verwandt mit Mailinglisten sind Foren (vgl. auch das FORUM Pattern). In Foren werden Nachrichten zentral auf einem Server abgelegt. Benutzer können aktuelle Nachrichten lesen, indem sie einen zentralen Ort besuchen. Im Fall von web-basierten Foren ist dies eine Webseite, auf der die verschiedenen Diskussionsstränge (oder nur die Themen der einzelnen Diskusssionsstränge) aufgelistet sind. Der Diskussion für E-Mail in Abschnitt 4.1 folgend, sollten die Nachrichten auch in Foren in Form einer THREADED DISCUSSION angezeigt werden. Nachrichten, die einmal an das Forum geschickt wurden, bleiben in der Regel dauerhaft erhalten. Ausnahmen bildet die aktive Löschung von Inhalten durch Moderatoren des Forums. Dies stellt sicher, dass die Gruppe stets auf die gleiche Informationsbasis zugreift.

2.1 Kommunikation und Awareness

91

Foren können durch einen MODERATOR koordiniert werden. In diesem Fall müssen eingehende Nachrichten zunächst durch den Moderator gesichtet und explizit freigegeben werden, bevor sie von den Lesern des Forums gesehen werden können. Im CSCL-Kontext sind Foren in der Regel in das CSCL-System integriert (z.B. in Moodle (http://moodle.org/), CURE (Haake et al. 2004), Blackboard (http://www.blackboard.com/) oder BSCW (http://www.bscw.de/)). Das hat den Vorteil, dass die Zugriffsrechte auf das Forum durch das CSCL-System geregelt werden können. Haben Benutzer Zugang zu einem Interaktionsraum (ROOM) im CSCL-System, so können sie in der Regel auch das Forum sehen und nutzen. Newsgruppen sind von der Funktionsweise eng mit Foren zu vergleichen, allerdings werden sie von einem externen System, einem Netz aus sogenannten netnews-Servern (Allbery & Lindsey 2009), verwaltet. Ähnlich wie bei e-Mail erfolgt der Abruf der Nachrichten mittels eines News-Readers vom Empfänger gesteuert, was bedeutet, dass alte Nachrichten auch auf dem Rechner des Lesers zwischengespeichert sein können. Zudem können alte Nachrichten vom Server entfernt werden (einige Server tun dies automatisch, um Platz für neue Nachrichten zu schaffen). Eine konsistente Sicht auf den gesamten Nachrichtenraum ist also nicht immer gegeben. Auch Newsgruppen können moderiert sein. Für Leser sind Newsgruppen in der Regel jedoch nicht zugriffsbeschränkt. Soll eine Einschränkung des Zugriffs auf eine bestimmte Menge von Lernenden erreicht werden, so muss dies durch eine explizite Absicherung des NewsServers geschehen. Da dies aber in der Regel, vor allem wegen des Aufwands, nicht für individuelle Gruppen eines CSCL-Szenarios geschehen kann, ist Newsgruppen-basierte Kommunikation in CSCL-Szenarien für geschlossene Kommunikation in Kleingruppen in der Regel nicht geeignet.

4.4

Blogs und Microblogs

Weblogs, oder geläufiger Blogs, sind Fortführungen des Konzeptes des Online-Tagebuchs. Besitzer eines Blogs halten hier Erfahrungen und Eindrücke regelmäßig fest und stellen sie einer breiten Öffentlichkeit bereit. Aus technischer Perspektive kann es sich bei einem Blog um eine einfache HTML-Seite handeln, die kontinuierlich fortgeschrieben wird. Häufiger wird jedoch eine spezielle Blog-Software eingesetzt. Diese kann entweder auf dem Server installiert sein (wenn das Blog durch einen Blog-Hoster wie blogspot oder blogger.com angeboten wird) oder auf dem Rechner des Autors vorliegen. Die Funktionsweise der Software ist jedoch einfach: Die einzelnen BLOG-Beiträge können eingegeben und danach im Web veröffentlicht werden. Akbari et al. (2008) nennen fünf Haupteinsatzfelder für Blogs im Kontext der Lehre: (1) Einsatz als Wissens-Management, (2) Weblogs als Lerntagebücher, (3) Sammeln von Prüfungsleistungen in einem E-Portfolio, (4) Unterstützung des Diskurses und (5) Erwerb von Medienkompetenz. Im Kontext von CSCL sind vor allem der Einsatz als Lerntagebuch und der Einsatz als Diskurs-Medium interessant. In beiden Fällen schreiben die Lernenden in der Regel an ihrem individuellen Blog. Andere Mitglieder des Kurses haben lesenden Zugriff auf die Blog-Einträge und können Kommentare zu den einzelnen Einträgen verfassen. Oft sind

92

2 CSCL-Umgebungen

individuelle Blogs auch ganz öffentlich, sodass auch andere Internetnutzer lesend auf das Blog zugreifen können. Kooperation findet bei Blogs vor allem durch die Blog-übergreifende Bezugnahme zwischen den Beiträgen statt. So können Beiträge aus anderen Blogs als Zitat im eigenen Blog aufgenommen und um eigene Gedanken angereichert werden. Die Bezüge zwischen den Blogs können technisch erkannt werden und somit als Rückverknüpfung auch im zitierten Blog auftauchen. So haben zitierende Nutzer Möglichkeiten, ihre Kommentare im eigenen Blog auch im zitierten Blog sichtbar werden zu lassen. Die Gesamtheit der verknüpften Blogs bezeichnet man auch als Blogosphäre (vgl. Herring et al. (2005) für eine exemplarische Analyse der Beziehungen zwischen Blogs). Bei vielen Blog-Systemen können die Besitzer eines Blogs andere Benutzer als Autoren einladen. Diese erhalten dann ebenfalls Schreibrechte. Das Blog wird so zum Gruppenblog. Einige Blog-Systeme erlauben auch die Beschränkung der Leser auf einen definierten Kreis von Personen. Der Administrationsaufwand liegt in diesem Fall beim Besitzer des Blogs. Microblogs basieren auf einem ähnlichen Prinzip wie Blogs. Bekanntester Vertreter eines Microblog-Systems ist Twitter (http://www.twitter.com). Der Hauptunterschied besteht in der Textlänge der einzelnen Beiträge. Diese sind bei Twitter zum Beispiel auf 140 Zeichen beschränkt. Durch die Kürze der Beiträge wird vor allem das Teilen von Gedankensplittern und Statusinformationen angeregt. Ein weiterer Unterschied liegt in der Art der Vernetzung der einzelnen Beiträge. Über sogenannte Hash-Tags können Beiträge mit Stichworten gekennzeichnet werden. Hash-Tags werden dann als Hyperlinks dargestellt und verweisen auf eine Liste mit allen Beiträgen, die den gleichen Hash-Tag tragen. Durch Verwendung des gleichen Hash-Tags können so Nachrichten aus unterschiedlichen Microblogs in einen Nachrichtenstrom integriert werden. Während der eigene Nachrichtenstrom nach wie vor nur durch den Besitzer geschrieben werden kann, kann über Hash-Tags also ein gemeinsamer Kommunikationsraum entstehen. In Lernsituationen werden Microblogs oft als zusätzliche Kommunikationskanäle begleitend zu einer Präsenzveranstaltung eingesetzt. So können zum Beispiel parallel zu einem Vortrag in einem Microblog Kommentare zum Vortrag gesammelt werden. Der gemeinsame Nachrichtenstrom wird in diesen Situationen auch auf einer gemeinsam einsehbaren Präsentationsfläche, einer sogenannten TwitterWall, dargestellt. Microblogs und Blogs verfügen in der Regel über Mechanismen, mit denen ein interessierter Benutzer über Änderungen informiert werden kann. Bei Blogs sind das oft RSS-Feeds, also strukturierte Seiten mit Änderungsmitteilungen, die von einem so genannten Feedreader automatisch abgerufen werden können. Oft verfügen auch e-Mail-Programme über eine Funktion zum Abruf von RSS-Feeds. In Microblogs kann man einem Autor „folgen“ und erhält so dessen Nachrichten als Teil des persönlichen Nachrichtenstroms. Beide Mechanismen erhöhen die Wahrnehmung neuer Beiträge.

4.5

Instant Messaging

Instant-Messaging-Systeme (z.B. Skype, http://www.skype.com) unterstützen in vielen Fällen sowohl synchrone als auch asynchrone Kommunikation zwischen mehreren Benutzern. Die Grundidee bei Instant-Messaging-Systemen ist, dass man den aktuellen Zustand (z.B.

2.1 Kommunikation und Awareness

93

Online-Status, Anwesenheit, Aktivitätsgrad) von ausgewählten Benutzern (so genannten Buddies) wahrnehmen und bei Verfügbarkeit eines bekannten Benutzers diesen direkt kontaktieren kann. Die Liste der bekannten Benutzer und ihrer Zustände, die so genannte BUDDY-LISTE, zeigt dabei unterschiedliche Symbole für die bekannten Benutzer an, je nachdem ob sie am System angemeldet sind und wie aktiv sie zurzeit am Rechner arbeiten. Nach längerer Inaktivität eines Benutzers wechselt sein Zustand von online auf abwesend. Möchte ein Benutzer nicht gestört werden, so kann er – analog zu einem Türschild – seinen Zustand auf beschäftigt setzen und so anderen Nutzern signalisieren, dass eine Kommunikation aktuell störend wäre (AVAILABILITY STATUS). Um die Chat-Kommunikation zu starten, wählt ein Benutzer den entsprechenden Benutzer aus seiner BUDDY-LISTE und öffnet ein Chat-Fenster, mit dem er dem anderen Benutzer Nachrichten schicken kann. Die Nachrichten werden beim anderen Benutzer sofort auf dem Bildschirm angezeigt. Auf diese Art und Weise kann man auch Benutzern, die aktuell zwar am System angemeldet, aber nicht an ihrem Arbeitsplatz sind, Nachrichten zukommen lassen. Dieser Nachrichtenversand entspricht dem Anbringen von Haftnotizen am Monitor des Kommunikationspartners. Viele Systeme erstellen Kommunikationsprotokolle der ausgetauschten Textnachrichten. Diese werden lokal auf dem Rechner des Benutzers abgelegt und spiegeln jeweils den Teil der Kommunikation wieder, bei dem der Benutzer beteiligt war. Gerade in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit der Kommunikation im CSCL kann diese Funktion hilfreich sein. Da die Protokolle jedoch (je nach Anwesenheit) nicht bei allen Benutzern identisch sein müssen, bilden sie keine verlässliche Grundlage für weitere Diskussionen in der Gruppe. Die Interaktion über ein Instant-Messaging-System bedingt in der Regel, dass der einladende Benutzer über die Kontaktdaten aller einzuladenden Benutzer verfügt (dass die einzuladenden Benutzer also in der BUDDY-LISTE des einladenden Benutzers stehen). Hierzu ist bei den meisten Systemen ein Aushandlungsprozess nötig. Will ein Benutzer einen anderen Benutzer in seine Buddy-Liste aufnehmen, so muss der andere Benutzer dem zustimmen (im Sinne des RECIPROCITY Patterns). Gerade für spontane Gruppenarbeit im CSCL kann dies eine koordinatorische Hürde darstellen. Die gute Wahrnehmung der Präsenz der anderen Nutzer ist im CSCL sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil: Vorteilhaft ist, dass die Lerngruppe ein verbessertes Gruppengefühl entwickeln und sich auch spontan für kurze Lernepisoden treffen kann. Auf der anderen Seite zögern viele Studierende und Dozenten, Gruppenmitglieder in ihre BUDDY-LISTE aufzunehmen, da diese sonst auch außerhalb des Lernprozesses über die gegenseitige Anwesenheit informiert würden. Waren Instant-Messaging-Systeme früher eher auf den Austausch von Textnachrichten zwischen zwei Personen ausgelegt, unterstützen aktuelle Systeme den multimedialen Austausch zwischen mehreren Teilnehmenden. So können in der Regel Konferenzgespräche geführt werden (Audio-Kommunikation), in denen neben dem Audio-Kanal auch noch der Textkanal vorhanden ist. Einige Systeme unterstützen auch Video-Kommunikation, dies jedoch oft nur zwischen zwei Personen. Sofern die Systeme Mehrpunkt-Videokonferenzen unterstützen, stößt man gerade in verteilten CSCL-Szenarien oft an die Grenzen der zur Verfügung stehenden Bandbreite. Außerdem ist die Visualisierung der verschiedenen Videokanäle bei einer

94

2 CSCL-Umgebungen

großen Gruppe nur schwer möglich. In diesem Fall sollten auf große Gruppen ausgelegte synchrone Konferenzsysteme genutzt werden.

4.6

Synchrone Konferenzsysteme

Synchrone Konferenzsysteme kombinieren einen oder mehrere der oben genannten Ansätze mit einem gemeinsamen Arbeitsbereich und unterstützen so eine gemeinsame Sitzung in einer Gruppe. Im CSCL werden solche Systeme vor allem zur Durchführung virtueller Seminare genutzt (vgl. Beitrag 5.6), sie haben sich aber auch zur Durchführung verteilter mündlicher Prüfungen oder tutoriell geleiteter Übungsgruppen bewährt. Beispiele für synchrone Konferenzsysteme sind Adobe Connect (http://www.adobe.com/de/ products/adobeconnect/) oder das darauf basierende System VS-Talk (http://www.ifvnrw.de/vstalk), das im Verbundstudium der Fachhochschulen Nordrhein-Westfalens eingesetzt wird. Ein weiteres System mit ähnlichem Funktionsumfang, das in Deutschland häufig eingesetzt wird, ist Vitero (http://www.vitero.de). Diese Systeme kombinieren die Funktionen von Instant-Messaging Systemen (Chat, Audio- und Videokommunikation) mit der Möglichkeit zum gemeinsamen Betrachten von Dokumenten (z.B. Präsentationen, vgl. SHARED BROWSING) und der Option, proprietäre Anwendungen gemeinsam zu betrachten (APPLICATION SHARING). Zusätzlich werden häufig noch Mechanismen zur Wahrnehmung anwesender Benutzer (USER LIST), zur Durchführung von Abstimmungen (VOTE) und zum gemeinsamen Erstellen von Zeichnungen oder Texten (SHARED EDITING) integriert. Dieses Funktionsspektrum zeigt, dass synchrone Konferenzsysteme weit über die reine Kommunikationsunterstützung hinausgehen und Elemente der Koordinations- und Kooperationsunterstützung mit Aspekten der Kommunikationsunterstützung verbinden. Für die synchrone Kooperation im Konferenzsystem ist eine gute Koordination im Vorfeld sehr wichtig. Bei vielen Systemen muss ein Konferenzraum gebucht und mit den nötigen Materialien ausgestattet werden (vgl. auch das ROOM Pattern). Die Buchung des Konferenzraumes stellt auch sicher, dass die nötige Bandbreite für die Audio- oder Video-Kommunikation im Konferenzsystem zur Verfügung gestellt wird (viele Systeme besitzen eine Beschränkung bezüglich der Zahl gleichzeitiger Benutzer, weshalb im Vorfeld festgelegt werden muss, wie viele Personen an der synchronen Konferenz teilnehmen werden).

4.7

Soziale Netze

Einen relativ neuen Trend der Kommunikation im CSCL stellen soziale Netzwerke dar. Soziale Netze ermöglichen es ihren Benutzern, sich selbst und die eigenen Kontakte zu anderen Nutzern öffentlich darzustellen. Wichtigste Vertreter sind Facebook (http://www.facebook.com), StudiVZ (http://www.studivz.net/), Xing (https://www.xing.com/), LinkedIn (http://www.linkedin.com/) und Google+ (http://www.google.com/intl/de/+/learnmore/). Neben einem persönlichen Profil mit Interessen und anderen Informationen zur Person (VIRTUAL ME) können auch Bekanntschaften im System angegeben werden (öffentliche BUDDY LISTEN). Besucher der Profilseite sehen so, mit wem die dargestellte Person in Kontakt steht. Statusnachrichten können (ähnlich wie bei Microblogs) die eigene virtuelle Identität anreichern.

2.1 Kommunikation und Awareness

95

Viele soziale Netze (vor allem Facebook und Google+) integrieren inzwischen vielfältige Kommunikationswerkzeuge und verhelfen den Mitgliedern zu synchroner Gruppenwahrnehmung. So können angemeldete Mitglieder bei Facebook oder bei Google+ sehen, welche anderen Mitglieder gerade im sozialen Netzwerk angemeldet sind. Mit diesen kann dann eine synchrone Kommunikation begonnen werden. Die Kommunikation basiert in diesem Fall auf dem Konzept des Instant Messagings. Sind die Gewünschten Kommunikationspartner zurzeit nicht angemeldet, so kann man ihnen über das soziale Netzwerk eine Benachrichtigung zukommen lassen. Voraussetzung ist, dass die adressierten Benutzer Mitglied des sozialen Netzwerks sind. Häufig informiert das soziale Netzwerk die Mitglieder per e-Mail über neue Nachrichten im Netzwerk. Es ist zu beobachten, dass sich der Kommunikationsschwerpunkt von Lernenden von der Nutzung von e-Mail-Systemen in soziale Netze verlagert. Roblyer u.a. (2010) haben bei einer Befragung von Lernenden festgestellt, dass Facebook-Nachrichten inzwischen genauso oft abgerufen werden wie e-Mail-Postfächer. Die Lernenden waren der Studie zu Folge mehrheitlich offen für die Nutzung von sozialen Netzen im Lernkontext (56%). Anders sah dies in der Studie für Lehrende aus, die soziale Netze mehrheitlich als Medium für den persönlichen privaten Austausch betrachteten (53%). Nur 21% der befragten Lehrenden gaben an, dass sie sich gerne mit Lernenden im sozialen Netz vernetzen würden. Im Kontext des CSCL können soziale Netze vor allem zur Unterstützung des sozialen Lernens (Bandura 1977) beitragen. In sozialen Netzen können sich Lerngruppen bilden und das eigene soziale Netzwerk kann motivationssteigernd auf den einzelnen Lerner einwirken. Barkhuus und Tashiro (2010) haben in einer Studie zum Nutzungsverhalten von Studierenden zudem festgestellt, dass Facebook vor allem zur Organisation von Treffen zwischen Studierenden eingesetzt wird. So werden beispielsweise Feiern spontan über Facebook organisiert und der Horizont des einzelnen Studierenden wird durch den Kontakt zu neuen Studierenden (die bisher nur indirekt Teil des eigenen Kontaktnetzwerks waren) erweitert. Auch wenn diese Aktivitäten mit formalen Lernaktivitäten nur wenig zu tun haben, können sie dazu beitragen, dass Studierende ein besseres Lernumfeld erzeugen können. Insbesondere für verteilte CSCL-Gruppen kann dies ein zentraler Faktor sein (vgl. auch die Analyse zur Wichtigkeit sozialer Interaktion in CSCL-Gruppen in (Schümmer & Haake 2005)). Greenhow (2009) haben in einer Studie gezeigt, dass Studenten über Facebook aus ihrem Kontaktnetzwerk Unterstützung bei kreativen Lernaufgaben erhalten können. Auch wenn die Daten aus dieser Studie noch keine Verallgemeinerung zulassen, ist dennoch davon auszugehen, dass gerade die Kooperation in sozialen Netzwerken in der Zukunft auch im CSCL eine große Rolle spielen wird. Wie diese genau aussehen wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht absehen.

5

Schlussbemerkungen

In diesem Kapitel wurden verschiedene Kommunikationskanäle vorgestellt, die im Rahmen von CSCL zum Einsatz kommen können. Alle Kommunikationsformen bieten Vor- und Nachteile. In einer Lehrveranstaltung ist es deshalb besonders wichtig, dass man die richtige Mischung beim Einsatz der verschiedenen Kommunikationskanäle findet. Eine Mischung zwischen synchronen und asynchronen Kommunikationsformen kann in vielen Fällen sinnvoll sein. Alle Medien bieten Einschränkungen in der kommunikativen Bandbreite, was in

96

2 CSCL-Umgebungen

vielen Fällen problematisch, manchmal jedoch auch sinnvoll für die Erreichung des Lernziels sein kann. Insgesamt sollte man auch das Potential von Kommunikationsepisoden am gleichen Ort nicht unterschätzen. Eine Präsenzphase bietet gerade am Beginn einer Veranstaltung einen guten Raum für ein gegenseitiges Kennenlernen und die Verständigung auf eine gemeinsame Kommunikationskultur. Wagt man einen Blick in die Zukunft, so gehen wir davon aus, dass Instant Messaging und soziale Netzwerke in der Zukunft große Chancen bieten, Lernen und das soziale Leben miteinander zu verbinden. CSCL könnte auf diese Weise ein integraler Bestandteil der Kommunikationsgewohnheiten unserer Gesellschaft werden. Die Akzeptanz bei potentiellen Lernenden hängt jedoch vor allem von der Gestaltung des sozialen Lernprozesses ab.

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

2.2

97

Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen Martin Ebner1, Anja Lorenz2 1

1

Technische Universität Graz, 2Technische Universität Chemnitz

Einleitung

Nach der Dotcom-Blase und der damit verbundenen ersten abflauenden Euphorie gegenüber den Potentialen des World Wide Webs wurde im Jahr 2004 ein neuer Begriff postuliert: Web 2.0. Dieser beschreibt aber keinen technologischen Versionssprung, sondern den Umgang der Nutzer/innen durch deren aktive Beteiligung. Es entstehen immer mehr Dienste und Applikationen, die eine Einbeziehung der Nutzer/innen ermöglichen und es so immer einfacher machen, im World Wide Web zu partizipieren und eigene Inhalte zu publizieren. In diesem Beitrag wird eine erste grobe Übersicht über die wichtigsten Applikationen gegeben sowie deren typische Merkmale herausgearbeitet. Ziel ist es, eine Grundlage für nachfolgende Beiträge zu geben, welche die speziellen Ausprägungen der Anwendungen in CSCLUmgebungen darlegen.

2

Web 2.0 und Social Software

2.1

Web 2.0

Anders, als es die Versionsnummer vielleicht erwarten lässt, ist das Web 2.0 kein „neues Internet“, das entwickelt wurde, um das alte zu ersetzen. Der Begriff ist bei einem Brainstorming zwischen O’Reilly, bekannt als Fachverlag für IT-Themen, und MediaLive International, Organisator von Veranstaltungen im IT-Bereich, entstanden (O’Reilly 2007, S. 17), bei dem ein geeigneter Name für eine Konferenz gesucht wurde, die heute unter dem Namen Web 2.0 Summit bekannt ist (siehe Web 2.0 Summit 2011). Der dazu entstandene Blogeintrag von Tim O’Reilly (O’Reilly 2005), 2007 als Journalartikel veröffentlicht (O’Reilly 2007), erläutert die Besonderheiten der veränderten Internetnutzung durch neue Anwendungen und den damit eingeläuteten Paradigmenwechsel im Umgang mit dem Internet. Die wichtigsten Aspekte sind dabei User Generated Content, die dabei entstehenden Nutzernetzwerke, der Zuwachs an (Meta-)Daten und die Bereitstellung von Diensten anstelle des Einsatzes von Werkzeugen. Inhaltserstellung durch die Nutzer/innen: User Generated Content. Während die Erstellung von Webinhalten lange Zeit denen vorbehalten war, die zumindest Kenntnisse in HTML und Internetprotokollen hatten, ist dieses Wissen für die Web-2.0-Anwendungen nicht mehr nötig, da diese nutzerfreundlicher und vor allem einfacher geworden waren (Back, Gronau, & Tochtermann 2009, S. 3; Schaffert & Wieden-Bischof 2009, S. 17 ff.). Nun war es jedem möglich, ohne diese tiefere Kenntnis Beiträge auf Webseiten, z.B. in Form von Wiki-, Blogeinträgen oder Kommentaren, zu hinterlassen. Die Webseiten gewinnen damit ständig an Aktualität und werden für die Leser/innen relevanter (Kerres 2009, S. 3 f.). Diejenigen, die früher also „nur“ gelesen haben, werden zu „Prosumern“ (Toffler 1980, S. 283), also selbst aktiv

98

2 CSCL-Umgebungen

(siehe Abbildung 1), was auch im CSCL Möglichkeiten zur unmittelbaren Beteiligung der Lernenden eröffnet.

Abbildung 1:

Nutzerrolle in Web 1.0 und Web 2.0 (vgl. Trump, Klingler & Gerhards 2007, S. 9)

Nutzernetzwerke. O’Reilly bezeichnet die bei der Nutzerbeteiligung entstehenden Netzwerke als einen zentralen Aspekt der Web-2.0-Ära (O’Reilly 2007, S. 24). Durch die Kommunikation der Autoren und Autorinnen mit den Leser/innen – auch über Webseiten hinweg – entstehen Autorengemeinschaften (Trump, Klingler & Gerhards 2007, S. 12), in denen sich jede/r Nutzer/in aus einer individuellen Motivation heraus beteiligt. Die Gemeinschaft wurde also weder formell gegründet, noch haben die Autorinnen und Autoren fest definierte gemeinsame Ziele oder Interessen (Koch & Richter 2008, S. 7). Hierdurch sind Nutzernetzwerke auch stark von Online-Communities zu unterscheiden, welche sich aus gemeinsamen Bedürfnissen, Absichten oder Interessen heraus bilden (Schaffert & Wieden-Bischof 2009, S. 11 f.), und können eher mit dem im CSCL angesiedelten Konzept der Communities of Practice (Lave & Wenger 1991, S. 30) verglichen werden. Mit Nutzerprofilen bieten viele Plattformen ihren Nutzern und Nutzerinnen die Möglichkeit, sich selbst darzustellen und mit anderen zu kommunizieren. Beiträge und Kommentare werden mit diesem Profil verknüpft und erhalten so einen persönlichen Aspekt (Schmidt 2006, S. 39). Die Profile können durch Freundschaften, Kontakte oder Follower auch oft explizit miteinander verknüpft werden und bilden ein soziales Netzwerk, dessen Verbindungen unterschiedlich stark sein können (vgl. Granovetter 1973). Das Web 2.0 ist keine reine technologische, sondern vor allem eine soziale Revolution, die auf dieser Nutzerbeteiligung und -vernetzung basiert (Downes 2005). (Meta-)Daten. Neben der gewachsenen Anzahl datengetriebener Anwendungen (vgl. Back, Gronau & Tochtermann 2009, S. 3), beispielsweise zum Austausch von Fotos und Musik oder für Nutzerprofile, sind es vor allem die Metadaten(-banken), die Informationen oder Dienste aufwerten (O’Reilly & Battelle 2009, S. 4). Durch sie können die Inhalte durchsucht und gefiltert werden. Dienste statt Werkzeuge. Nachdem das „Web 1.0“ hauptsächlich aus HTML-Dokumenten bestand, die durch Hyperlinks verbunden waren, werden Anwendungen immer mehr direkt über das Internet zur Verfügung gestellt. Aus dem Web of Hyperlinks entwickelt sich ein Web of Applications (Ebner 2010; Tuchinda, Szekely & Knoblock 2008). Die benötigten Opera-

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

99

tionen werden nicht auf dem Anwender-PC, sondern von einem Webservice ausgeführt (O’Reilly 2007, S. 18 ff.). Die serverseitige Software wird dabei kaum noch als ein Produkt, sondern immer mehr als eine Dienstleistung betrachtet, die teilweise über mehrere Anbieter hinweg bereitgestellt wird (Trump, Klingler & Gerhards 2007, S. 12), ständig verfügbar ist und die technischen Barrieren bis zur Anwendung oft auf eine Anmeldung bei dem Anbieter reduziert. Die Webangebote werden dabei ständig – auch mehrmals täglich – aktualisiert und weiterentwickelt, was ihnen den Ruf einbrachte sich in einem fortwährenden „Beta-Status“ zu befinden (O’Reilly 2007, S. 30).

2.2

Social Software

Web-2.0-Anwendungen werden dann als Social Software bezeichnet, wenn sie Interaktionen innerhalb einer Nutzergemeinschaft gezielt unterstützen (Koch & Richter 2008, S. 12). Sie ermöglichen das Finden, Herstellen und Vertiefen sozialer Kontakte und bringen so Menschen miteinander in Beziehung, während im „Web 1.0“ vor allem Verbindungen zwischen Daten durch Hyperlinks hergestellt wurden (Baumgartner 2006, S. 2 f.). Dabei ist Social Software selbst per se nicht sozial, sondern wird es erst durch den gemeinsamen Gebrauch der Nutzer/innen (Schmidt 2006, S. 38). Hierzu muss der Funktionsumfang einfacher HTMLSeiten unter Verwendung verschiedenster Web-Technologien, wie PHP, Ajax oder REST erweitert werden. Für einen tieferen Einblick in Webtechnologien verweisen wir auf Safran, Lorenz & Ebener (2011). Koch und Richter unterscheiden drei Basisfunktionen, die von Social Software mehr oder weniger unterstützt werden (Koch & Richter 2008, S. 54 ff.): − Das Identitäts- und Netzwerkmanagement stellt Funktionalitäten zur Selbstdarstellung in den Nutzerprofilen und Aufbau von Kontaktnetzwerken bereit. − Ein Informationsmanagement bringt Personen mit den von ihnen erstellten Inhalten in Beziehung und erlaubt ihnen das Finden, Bewerten und Verwalten von Inhalten. − Zudem stellt Social Software Möglichkeiten zur Interaktion und Kommunikation mit anderen Personen bereit, um die Netzwerkbildung zu unterstützen. Die Frage, was nun genau zu Social Software gehört, ist stark umstritten. Koch und Richter unterscheiden Weblogs, Wikis (Gruppeneditoren), Social-Tagging- und -BookmarkingAnwendungen, Social-Networking-Anwendungen und Instant Messaging als Anwendungsklassen von Social Software (Koch & Richter 2008, S. 13). Baumgartner zählt dagegen Wikis, Podcasts, Instant Messanger und Weblogs nicht dazu, da sie nicht zwingend zur Bildung sozialer Netzwerke führen (Baumgartner 2006, S. 4 f.). Es besteht aber eine weit verbreitete Einigkeit darüber, dass die Personennetzwerke in Social Software von den Nutzerinnen und Nutzern selbst (bottom-up) und nicht wie in Groupware von einer organisierenden Instanz (top-down) gebildet werden (Koch & Richter 2008, S. 20). Wir möchten beide Aspekte kombinieren, um auch zukünftigen Entwicklungen Raum zu lassen. In Abbildung 2 stellen wir die Basisfunktionen nach Koch und Richter als drei Kanten eines Würfels dar, in dem Weblogs, Wikis usw. einen Teilbereich einnehmen. Weblogs zeichnen sich durch die Möglichkeit der Kommunikation und des Informationsmanagements aus, jedoch bieten sie nur wenig Möglichkeit sich mit anderen Personen zu vernetzen. Ähnlich ist es bei Wikis, die zunächst Informationsträger sind. Erst in den letzten Jahren haben sich Dienste entwickelt, die gezielt die Bildung von sozialen Netzwerken unterstützen. Diese finden sich im Schnittpunkt der Achsenmaxima wieder.

100

Abbildung 2:

2 CSCL-Umgebungen

Klassifizierung von Social Software

Neben den Basisfunktionalitäten haben sich grundsätzliche Techniken und Konzepte in Social Software etabliert (vgl. Trump, Klingler & Gerhards 2007, S. 12 f.): Permalinks sind unveränderliche URLs, die dafür sorgen, dass die Inhalte immer am gleichen Ort abrufbar sind. Nur so ist der Zugang für verschiedene Webdienste gewährleistet, welche die meist datenbankgestützten Inhalte filtern, auswerten und aggregieren. Trackbacks unterstützen die Vernetzung der Inhalte bei deren Verlinkung auf einer anderen Webseite. Vor allem bei Weblogs ist es üblich, Autorinnen und Autoren hierdurch einen Hinweis auf die neue Verbindung zu hinterlassen. MashUp ist das Konzept und die Umsetzung, Inhalte, Dienste oder Applikation von verschiedenen Webservern miteinander zu kombinieren (Tuchinda, Szekely & Knoblock 2008; Nagler, Korica-Pehserl & Ebner 2007). Es werden verschiedene Datenquellen benutzt um einen neuen Dienst anzubieten. Voraussetzung ist, dass diese Datenquellen eine API (Application Programming Interface), also eine geeignete Schnittstelle bereitstellen. Ein Beispiel für ein MashUp ist die Applikation locr (2011), welche mit globalen Koordinaten versehene Bilder mit Google Maps und Wikipediaeinträgen kombiniert. RSS (Really Simple Syndication) ist ein XML-Format, das neue Inhalte einer Webseite Abonnementen in Form der sogenannten RSS-Feeds zur Verfügung stellt (Downes 2005). Durch hochgradig dynamische Webinhalte ist es nötig geworden, dass interessierte Nutzer/innen von den Webseiten selbst über Neuigkeiten informiert werden (O’Reilly 2007, S. 24 f.). Zum Lesen der Feeds sind spezielle Reader nötig, die mittlerweile als Desktopanwendung, Webdienste oder Browser-Plugins verfügbar sind, welche in definierten Zeitabständen die Feeds auf Neuigkeiten überprüfen (Nagler, Korica-Pehserl & Ebner 2007). Tags werden zur Verschlagwortung von Webressourcen verwendet und bilden für die Nutzer/innen ein individuelles Schlagwortsystem, das sie beim Wiederfinden von URLs (Bookmarks), Bilder und anderen medialen Inhalten unterstützt (Golder & Huberman 2005, S. 199). Die vergebenen Tags können durch andere Nutzer/innen eingesehen und als Hilfe-

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

101

stellung zu ihrer Verschlagwortung des Inhalts vorgeschlagen werden (vgl. Hotho 2009, S. 26). Das dabei entstehende nutzerübergreifende Ordnungssystem wird Folksonomie genannt, ein Kunstwort aus Folk (engl. für Leute) und Taxonomie (Smith 2004). Zur Visualisierung werden häufig Tagclouds (Schlagwortwolken) herangezogen, die einen schnellen Überblick über die vergebenen Schlagwörter geben. Ein Schlagwort wird innerhalb der „Wolke“ umso größer und dicker dargestellt, desto öfter der Tag verwendet wurde. Gegenüber klassischen Ordnungssystemen, wie den von vornherein in Kategorien geordneten Taxonomien, haben Tags vor allem den Vorteil, dass sie die Sprache der Nutzer/innen wiedergeben (Mathes 2004, S. 7), unterliegen aber wiederum dem Problem der fehlenden Qualitätskontrolle (vgl. Reamy 2009) und sind beispielsweise durch Tippfehler auch fehleranfälliger.

2.3

Folgen

Durch die Möglichkeit des „Mitmach-Webs“ wurden Grenzen aufgebrochen, die neben neuen Möglichkeiten für die Nutzer/innen auch Herausforderungen und Probleme mit sich bringen (Kerres 2007, S. 10 f.). Die Möglichkeit, Inhalte einfach und nahezu ohne technologische Hürden zu erstellen und sofort zu online zu veröffentlichen ist eine große Herausforderung hinsichtlich der Qualitätssicherung (Gaiser & Thillosen 2009, S. 187). Oftmals fehlt diese gänzlich, was zur Unsicherheit im Umgang mit Inhalten aus dem Internet vor allem in Hinblick auf die Nutzungs- und Verwertungsrechte beiträgt. Obwohl die Webseiten, Anwendungen und Medien Eigentümer/innen haben, gehören die Nutzer/innen selbst auch zu deren Autorinnen und Autoren. Durch Nutzerprofile steigt zudem der Anteil persönlicher Daten im Netz. Diese werden zur ständigen Verfügbarkeit immer mehr durch Internetdienste gespeichert und gelangen so in teilweise öffentlich zugängige Bereiche. Auch die Speicherung und weitere Verwendung der Nutzerdaten durch die Social-Software-Anbieter selbst wird immer wieder kritisiert und die Nutzung dieser Tools für den Lehrbereich bleibt daher bis heute umstritten. Unterschiedliche Ausrichtungen der Social Networks machen es zudem schwer, private von beruflichen Informationen zu trennen.

3

Basistechnologien

In den folgenden Abschnitten werden Social-Software-Anwendungen und deren grundlegende Konzepte beschrieben. Dabei unterscheiden sich die konkreten Anwendungen insbesondere hinsichtlich individueller Anpassbarkeit (Themen) und funktionaler Erweiterungsmöglichkeiten (Add-Ons/Plug-Ins), was auch den Open-Source-Lizenzmodellen zuzuschreiben ist, unter denen eine Vielzahl der Anwendungen veröffentlicht werden. Hierdurch können benötigte Funktionen von der Nutzergemeinschaft selbst entwickelt und verbreitet werden. Bei der Auswahl konkreter Anwendungen muss daher der tatsächlich bereitgestellte bzw. durch Erweiterungen erreichbare Funktionsumfang geprüft und mit dem alternativer Anwendungen verglichen werden.

3.1

Social Networking Services

Social Networking Services (kurz Social Networks, vgl. hierzu auch Beitrag 2.1, Abschnitt 4.7: Soziale Netze) stellen das Identitäts- und Netzwerkmanagement in den Vordergrund (Koch, Richter & Schlosser 2007, S. 450), indem sie ihren Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit

102

2 CSCL-Umgebungen

geben, sich in Profilen selbst darzustellen und sich über Freundschaften oder Kontakte miteinander in Verbindung zu setzen. Dabei entsteht ein soziales Netzwerk aus Personen und deren Verbindungen zueinander, die entweder durch explizite Kontakte entstanden sind, oder implizit durch Kommunikation gebildet werden (Richter & Koch 2009, S. 4). Die sozialen Netzwerke sind dabei nicht klar nach außen abgegrenzt, sondern enthalten auch schwache Verbindungen, im Gegensatz zu den festen Gruppen des kollaborativen Ansatzes der Communities of Practice (vgl. Lave & Wenger 1991). Social Networks sind zwar auch als alleinstehende Anwendungen erfolgreich, die Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Personen wird aber immer mehr auch in andere Dienste integriert. So liegt der Fokus von Microblogging- und Media-Sharing-Anwendungen zwar auf dem Teilen von Nachrichten bzw. Medien, der Nutzen entsteht aber durch die Kommunikation und das Weiterverbreiten in den Netzwerken. Ebenso vergrößern Social Networks ihren Funktionsumfang immer mehr, indem Inhalte und Informationen mit anderen geteilt (Informationsmanagement) und gegenseitig „geliked“ oder „ge+“, kommentiert und an das eigene Netzwerk weitergegeben (Interaktion und Kommunikation) werden können. Grundsätzliche Funktionalitäten von Social Networks werden in Abbildung 3 am Beispiel der Nutzungsoberfläche von Facebook (2011) dargestellt (vgl. Koch & Richter 2008, S. 55). Weitere bekannte Social Networks sind Google+ (2011), XING (2011), LinkedIn (2011), StudiVZ (2011) oder Diaspora (2011).

Abbildung 3:

Beispiel eines Nutzerprofils bei Facebook

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

103

1. Die Unterstützung des Identitätsmanagements erfolgt in einem Nutzerprofil, in dem sich Personen selbst darstellen können, z.B. durch Fotos und Interessenangaben. 2. Stimmen Informationen des Nutzerprofils mit denen anderer Personen überein, können diese zur Erweiterung des sozialen Netzwerkes vorgeschlagen werden. In Social Networks zur Pflege beruflicher Kontakte (z.B. Xing) kann der Abgleich von gesuchten und vorhandenen Kompetenzen zur Kontakt- und Expertensuche herangezogen werden. 3. Ein wesentlicher Aspekt ist das Unterstützen der Netzwerkawareness, also der Kenntnis darüber, was die Personen im eigenen sozialen Netzwerk gerade tun. 4. Beim Betrachten eines Profils kann durch verschiedene Elemente die Kontextawareness unterstützt werden, z.B. durch Hervorheben gleicher Interessen, das Herstellen eines gemeinsamen Kontextes unterstützt werden. 5. Schließlich umfasst das Kontaktmanagement alle Funktionen, durch die das persönliche soziale Netzwerk gepflegt werden kann, also das Knüpfen und Lösen von Verbindungen. Die Daten zu den jeweiligen Personen werden von diesen selbst im Profil gepflegt. Die Vernetzung von Nutzerinnen und Nutzer im computergestützten Lernen ist sowohl für das gezielte gemeinsame Lernen in Gruppen interessant, ermöglicht aber auch die Übertragung kollaborativer, offener und informeller Lernkonzepte (Cross 2007) auf (verteilte) computergestützte Szenarien. Diese Integration erfolgt in der Regel auf einem von zwei Wegen: Einerseits werden die bestehenden Social Network Services für Lehraktivitäten benutzt, siehe z.B. (Ractham & Firpo 2011). Andererseits werden innerhalb traditioneller CSCLWerkzeuge wie Lernmanagementsystemen zunehmend Funktionalitäten aus Social Network Services integriert. So ist es beispielsweise beim Online-Campus der Universität DuisburgEssen (2011) möglich, externe RSS-Feeds oder Tweets mit bestimmten Hashtags in Lernmodule oder -gruppen zu integrieren, sodass die Kommunikation außerhalb der Lernumgebung auch hier zur Verfügung steht. Als Beispiel für das Lernen in Unternehmen erhöht Saba Social Learning (2011) die Sichtbarkeit der Lernaktivitäten durch automatisierte Meldungen in sog. Activity-Streams, die auf dem Microblogging-Prinzip aufbauen. Die Nutzer/innen können sich miteinander vernetzen, Bookmarks und Ressourcen speichern und mit anderen teilen.

3.2

Wikis

Wikis sind Content-Management-Systeme und bestehen aus Webseiten, deren Inhalte von mehreren Personen gemeinsam (kollaborativ) bearbeitet werden können. Besonders kennzeichnend für Wikis sind die integrierte Versionskontrolle und die Linkkonsistenz (Walker 2003; Ebner, Schön & Nagler 2010). Die Autorengruppe kann dabei von einer fest eingegrenzten Gemeinschaft bis hin zu einem offenen Personenkreis reichen, wie es bei Wikipedia (2011), dem wohl bekanntesten Wiki, der Fall ist. Bei der Bearbeitung der Dokumente sind die Autorinnen und Autoren gleichberechtigt, wobei Bereiche, die gerade bearbeitet werden, für andere in dieser Zeit gesperrt werden (Schmidt 2006, S. 38). Im Mittelpunkt stehen also die Inhalte (Informationsmanagement), während die Identität der einzelnen Autorinnen und Autoren eher eine untergeordnete Rolle spielt. Auch deren Interaktion und Kommunikation findet nur am Rande der Inhalte in den jeweiligen Diskussionsseiten statt und ist meistens auf die Aushandlung der Korrektur von Unstimmigkeiten oder Fehlern in den Wiki-Artikeln ausgerichtet.

104

Abbildung 4:

2 CSCL-Umgebungen

Elemente von Wikis am Beispiel von Wikipedia (Wikipeda 2011)

In Wikis werden meist folgende Funktionalitäten bereitgestellt (siehe Abbildung 4): 1. Die Textbearbeitung kann abschnittsweise erfolgen und wird durch eine einfache Syntax zur Formatierung oder einen WYSIWYG-Editor (What You See Is What You Get) unterstützt, der die Texte bereits formatiert anzeigt. 2. Zum Finden von Dokumenten stehen Volltext- und Titelsuche bereit (Müller & Gronau 2009, S. 13), die in vielen Wikis ein Hauptelement zur Navigation sind. 3. Durch die Versionskontrolle können Änderungen nachvollzogen und ältere Dokumentversionen wieder hergestellt werden (Schmidt 2006, S. 38). 4. Soziale Prozesse, wie das Klären von Unstimmigkeiten in den Einträgen, finden bei Wikis am Rande, z.B. in Diskussionsseiten statt (Müller & Gronau 2009, S. 14). 5. Die Verknüpfung zu anderen Seiten erfolgt durch (unidirektionale) Hyperlinks. 6. Durch das Setzen von Hyperlinks auf noch nicht vorhandene Webseiten kann der Bedarf an noch zu erstellenden Inhalten signalisiert werden. (Müller & Gronau 2009, S. 10 ff). Gerade in offenen Wikis, bei denen jeder die Möglichkeit hat, mitzuarbeiten, besteht das Problem der fehlenden Qualitätskontrolle. Schreiben Nutzer/innen – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – falsche Informationen in ein Wiki, müssen diese erst entdeckt und richtiggestellt werden. Bei entsprechend großen Nutzerzahlen können diese Fehler aber schnell korrigiert werden. In Wikipedia führt die aktive Beteiligung einer großen Zahl (freiwilliger) Autorinnen und Autoren dazu, dass die Online-Enzyklopädie (nur) ähnlich viele Fehler wie ein traditionelles Lexikon aufweist, das von Fachautoren verfasst und begutachtet wurde (vgl. Giles 2005).

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

105

In der Lehre eigenen sich Wikis vor allem zum gemeinsamen Schreiben komplexer Texte (Karlhuber & Wageneder 2011), zur Koordination und Dokumentation von Projektarbeiten (Strand, Udas, & Lee 2004) oder zur Erstellung gemeinsamer Wissenssammlungen (Kalb, Kummer, & Schoop 2011). Dem gegenüber stehen aber der nötige starke Bezug zum Lehrkontext und die entsprechende Betreuung bei der Einbettung in die Lehrveranstaltung (Ebner, Kickmeier-Rust & Holzinger 2008), um die jeweilige Anwenderakzeptanz zu finden.

3.3

Weblogs

Eine erste Definition von Weblogs (vgl. hierzu auch Beitrag 2.1, Abschnitt 4.4: Blogs und Microblogs) geht auf Walker (2003) zurück, der diese als eine regelmäßig mit neuen Beiträgen versehene Webseite sieht, deren Anordnung in chronologisch umgekehrter Reihenfolge passiert, der neueste Eintrag (Post) also zuerst angezeigt wird. In der Regel können Posts kommentiert werden (Kommunikation und Interaktion) und sind durch Permalinks direkt verlinkbar (Robes 2009, S. 18). Die Posts sind meist textueller Natur, aber auch das Einbetten von Bildern, Audio, Video oder anderen Multimediadaten ist möglich (Informationsmanagement). Die Gesamtheit aller Weblogs wird als Blogosphäre bezeichnet (Schmidt 2006, S. 36). Ein Weblog enthält typischerweise folgende Elemente (siehe Abbildung 5): 1. Der Blogtitel ist der Name, das Erkennungsmerkmal des Weblogs. 2. Jeder Post besitzt einen Titel, also eine Überschrift. 3. Um das Auffinden von Beiträgen und zudem eine grobe Einteilung des Blogs und dessen Einträgen zu unterstützen, kann jeder Post mit Tags versehen werden. 4. Für eine Grobstrukturierung besteht zudem die Möglichkeit, Kategorien zu definieren, denen die einzelnen Beiträge zugeordnet werden. 5. Typisch ist die Sidebar, die z.B. Navigationselemente und ein Suchfeld enthält. 6. Die Tagcloud ist üblicherweise in der Sidebar angeordnet und gibt einen visuellen Überblick über die im Weblog verwendeten Schlagwörter. 7. In dem Blogroll findet man Verlinkungen zu anderen vom Blogger favorisierten Blogs. 8. Jeder Eintrag erhält einen Permalink, der es ermöglicht, einen Beitrag durch einen dauerhaft verfügbaren Hyperlink gezielt anzusprechen. Vielleicht das wesentlichste Charakteristikum eines Weblogs ist seine Subjektivität: der/die Blogger/in äußert oftmals seine ganz persönliche Sichtweise (Schiefner & Ebner 2008). Dies hat auch dazu geführt, dass man bei Blogs auch von Online-Journalen und OnlineTagebüchern spricht. Im Lehr- (Templeton 2008) und Lernbereich kommen sie häufig bei Gruppenarbeiten, als Lern- (Buchem, Appelt, Kaiser, Schön & Ebner 2011, S. 6) und Projekttagebücher (Kuhlmann & Sauter 2008, S. 190) bis hin zu E-Portfolios zum Einsatz. Die Einfachheit, ohne Programmierkenntnisse Beiträge zu verfassen, ließ Weblogs sehr schnell Verbreitung finden und sich als Publikationsmedium von Individuen etablieren.

106

Abbildung 5:

3.4

2 CSCL-Umgebungen

Elemente von Blogs (Buchem, Appelt, Kaiser, Schön & Ebner 2011, S. 3)

Microblogging

Obwohl eine gewisse Ähnlichkeit im Namen vorliegt, haben Microblogs (vgl. hierzu auch Beitrag 2.1, Abschnitt 4.4: Blogs und Microblogs) wenig mit den traditionellen Weblogs zu tun. Templeton beschreibt Microblogging als eine Art Schmalspur-Blogging, welches sich durch sehr kurze und bündige Beiträge (zumeist auf 140 Zeichen limitiert) auszeichnet und zum Austauschen von Neuigkeiten oder Nachrichten (Informationsmanagement) sowie zur reinen Kommunikation verwendet wird (Templeton 2008; Ebner, Lienhardt, Rohs & Meyer 2010). Die in Microblogs verfassten Nachrichten sind oft öffentlich zugängig, sodass Nutzer/innen anderen Nutzer/innen folgen können, indem sie deren Nachrichten abonnieren (Identitätsmanagement). Daraufhin erscheinen die Nachrichten dieser Person im sogenannten Informations-Stream. Im Unterschied zu anderen Plattformen ist ein wechselseitiges Abonnement nicht erforderlich.

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

Abbildung 6:

107

Elemente von Microblogging-Post am Beispiel von Twitter (Buchem, Appelt, Kaiser, Schön & Ebner 2011, S. 4). Twitter ist der derzeit größte Vertreter der Microblogging-Plattformen. Während 2007 etwa 5000 Beiträge (Tweets) pro Tag versendet wurden, waren es Anfang 2010 in etwa 50 Mio. Tweets am Tag, also 600 pro Sekunde (Weil 2010). Twitter hat sich vor allem als Kommunikationsplattform herauskristallisiert, die Informationen wesentlich schneller verbreiten kann als herkömmliche Medien (Ebner, Lienhardt, Rohs & Meyer 2010).

Die wesentlichen Elemente eines typischen Microblogging-Beitrages sind in Abbildung 6 am Beispiel von Twitter (2011) dargestellt: 1. Der Post oder Tweet ist der eigentliche Betrag und in der Regel auf 140 Zeichen beschränkt. Dies rührt daher, dass in den Anfängen das Senden und Empfangen der Nachrichten per SMS vorgesehen war. Diese sind auf 160 Zeichen beschränkt, die übrigen 20 Zeichen waren zum Senden zusätzlicher Informationen, wie beispielsweise der Nutzername des Absenders, vorgesehen. Durch die zunehmenden Verbreitung von Smartphones, WLAN und mobilen Internetzugang hat sich das Versenden von Tweets per SMS aber nicht durchgesetzt. 2. „RT“ steht für Re-Tweet und bezeichnet das wiederholte Posten einer Nachricht, um sie weiter im Netzwerk zu verbreiten. 3. „@“ in Kombination mit einem Usernamen adressiert den Beitrag an eine/n Benutzer/in. Diese/r wird darüber benachrichtigt, dass er in einem Tweet erwähnt (Mentions) oder direkt angesprochen wurde, z.B. als Antwort auf eine vorherige Nachricht (Reply). 4. Zum Einsparen von Zeichen haben sich URL-Shortener als Drittanbieter im Microblogging etabliert, die lange URLs in kurze (dafür nicht lesbare) Links umwandeln. 5. Wird vor einem Wort ein Doppelkreuz gesetzt, wird es zum Hashtag und ermöglicht die Filterung von Tweets nach diesem Schlagwort. So können z.B. offizielle Hashtags bekanntgegeben werden, um alle Nachrichten zu einer Veranstaltung oder einem Thema anzuzeigen und die Nutzer/innen, die darüber schreiben, zusammenzubringen (#cebit2011, #tatort). Hashtags können aber auch Stimmungen oder Meinungen vermitteln (#FeelGood, #fail). 6. Metadaten werden automatisch erfasst und beschreiben beispielsweise Sendezeitpunkt oder die verwendete Software. Beim Versenden von Nachrichten von mobilen Endgeräten können die übermittelten GPS-Daten auch den Standpunkt des Nutzers anzeigen. 7. Die Person, die diesen Post verfasst hat, wird Microblogger oder Twitterer genannt.

108

2 CSCL-Umgebungen

Im Kontext von Lernaktivitäten bieten sich Microblogging-Werkzeuge vor allem bei der Unterstützung informeller Nutzernetzwerke an, die darüber kommunizieren, Ressourcen austauschen und gegenseitig Feedback geben können (Buchem, Appelt, Kaiser, Schön & Ebner 2011, S. 6 f.). Zudem gibt es Ansätze zum Einsatz von Microblogging zur Erhöhung der Interaktion bei Massenlehrveranstaltungen durch sogenannter Twitterwalls (Ebner 2011).

3.5

Media Sharing

Zusammen mit den bisher angeführten Social-Software-Anwendungen haben sich OnlineDienste mit Fokus auf die Speicherung, Verwaltung und Weitergabe von Medien herausgebildet (Informationsmanagement). Als zentrales Konzept hat sich Social Tagging zur Beschreibung der Medien etabliert: Anstatt Bilder, Videos, Texte oder Musik nach einer Taxonomie und damit in vorher festgelegten Kategorien abzulegen, wählen die Nutzer/innen selbst Schlagwörter, die ihrer Meinung nach das Medium beschreiben. Die verwalteten Inhalte können, müssen aber auch nicht von den Nutzerinnen und Nutzern selbst erstellt worden sein (Schmidt 2006, S. 43). Zum Beispiel können bei Flickr (2011) eigene Bilder hochgeladen, mit Tags versehen, in Alben verwaltet und anderen Internetnutzerinnen und Nutzern gezeigt werden. Diese können die Bilder kommentieren, mit weiteren Tags versehen und in ihre Sammlungen aufnehmen.

Abbildung 7:

Elemente von Media Sharing Anwendungen am Beispiel von YouTube. Auf der derzeit erfolgreichsten Video Sharing Plattform werden pro Minute ca. 20h neue Videomaterialien hochgeladen (Junee 2009) und täglich etwa eine Milliarde Videos gesehen (The Sydney Morning Herald 2009)

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

109

In Abbildung 7 sind typische Funktionalitäten dieser Media-Sharing-Plattformen am Beispiel von YouTube (2011) zu sehen: 1. Im Nutzerprofil sind relevante Nutzerdaten abgelegt. Hierzu gehören vor allem die von den Nutzerinnen und Nutzern hochgeladenen und bewerteten Medien. 2. Das Zentrum von Media-Sharing-Plattformen ist die Medienverwaltung, die Funktionalitäten zum Speichern, Verwalten und Veröffentlichen eigener Medien bereitstellt. Auch fremde Medien können markiert und mit Tags versehen werden. 3. Die von den Nutzerinnen und Nutzern bereitgestellten Medien werden zusammen mit deren Profilen angezeigt und können so als dessen Medienportfolio betrachtet werden. 4. Die favorisierten, bewerteten und kommentierten Medien anderer Nutzer/innen werden ebenfalls angezeigt und spiegeln die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer wider. 5. Das Weiterleiten von Kommentaren und Empfehlungen an das soziale Netzwerk der Nutzerinnen und Nutzer werden oft in Media-Sharing-Anwendungen unterstützt. Beispielsweise können Videos aus YouTube auf Twitter oder Facebook empfohlen werden. 6. Zum Auffinden von Medien steht ein Feld zur Suche bereit. Die in Media-Sharing-Anwendungen geteilten Medien bilden einen wertvollen Ressourcenpool für CSCL: Tutorials auf Youtube oder Abbildungen auf Flickr können in Lernmaterialien integriert oder in Blended-Learning-Szenarien eingebunden werden. Gleichermaßen können Lehrende die von ihnen erstellten Ressourcen über diese Plattformen bereitstellen. Kritisch bleibt jedoch der Umgang mit dem Urheberrecht. Viele Anwendungen bieten aber bereits die zusätzliche Veröffentlichung eines Lizenzmodelles an (zumeist Creative Commons), die die rechtlichen Bestimmungen regeln. Weitere Hinweise findet man in Ebner & Schön: Offene Bildungsressourcen (2011).

3.6

Social Bookmarking

Social Bookmarking ist mit den Media-Sharing-Angeboten vergleichbar, allerdings werden hierbei nicht unterschiedliche Multimediadaten abgelegt und geteilt, sondern Referenzen auf diverse Webseiten, sogenannte Hyperlinks (Informationsmanagement). Die Favoriten oder Bookmarks des lokalen Webbrowsers werden also auf einem öffentlich zugängigen Webserver gespeichert, auf dem sie wiederum mit Tags versehen und mit verschiedenen Nutzer/innen geteilt werden können. Die wesentlichen Elemente von Social Bookmarking sind in Abbildung 8 dargestellt: 1. Das Nutzerprofil enthält eine Kurzbeschreibung der Benutzer/innen und bietet Zugang zu den von ihnen gespeicherten Links. 2. Die gespeicherten Bookmarks können mit einer Kurzbeschreibung, Tags und oftmals auch einem kleinen Screenshot zur Vorschau versehen werden. 3. Wesentlich ist eine Suchfunktion, die es erlaubt, nach Inhalten und Personen zu suchen. 4. Die Darstellung als Tagcloud trägt zum leichteren Auffinden der Inhalte bei. 5. Oft besteht die Möglichkeit, Bookmarks durch andere bewerten zu lassen. Die Darstellung, wie oft ein Bookmark gespeichert wurde, wird ebenfalls häufig unterstützt, um auf die Beliebtheit der Ressource schließen zu können. Neben der Möglichkeit, Lernmaterialien über Social-Bookmark-Plattformen zu verlinken oder über einen bestimmten Hashtags zu sammeln, wie das beispielsweise beim Open Course

110

2 CSCL-Umgebungen

„Zukunft des Lernens“ 2011 getan wurde (diigo 2011), werden auf speziellen Plattformen wie Edutags (2011) umfassende Sammlungen für Lernmaterialien und Ressourcen angestrebt.

Abbildung 8:

4

Elemente von Social Bookmarking am Beispiel von Mister Wong. Das derzeit wohl bekannteste Social-Bookmarking-System ist del.icio.us, dass 2003 von Joshua Schachter veröffentlicht und nach den Vorschlägen seiner Nutzer weiterentwickelt wurde (Hotho 2009, S. 25).

Zusammenfassung und Ausblick

Durch das Web 2.0 kann jeder leicht Inhalte online bereitstellen und sich an der Kommunikation im Netz beteiligen. Das hat auch Folgen für das technologiegestützte Lernen und Lehren. Während in den Anfängen des WWW diskutiert wurde, wie man Lehr- und Lerninhalte transportieren und -bereitstellen kann, steht heute im Mittelpunkt, wie von Lernenden erzeugte Inhalte didaktisch sinnvoll integriert werden können. Um die Jahrtausendwende bedeutete E-Learning hauptsächlich den Einsatz von Lernmanagementsystemen, in denen (interaktive) Lernmaterialien hinterlegt und einem Benutzerkreis zugänglich waren, dem zudem verschiedene klassische Kommunikationskanäle angeboten wurden. Durch den zunehmenden Einfluss von Web 2.0 ergeben sich neue Blickwinkel auf das technologiegestützte Lehren und Lernen. Inhalte werden zunehmend (über Social Software) verteilt angeboten, die Lernenden können stärker in den Lehr- und Lernprozess integriert werden und Online-Kollaboration wird zum Teil des Lehr- und Lernsettings. Das WWW wird zum tägli-

2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen

111

chen Bestandteil der Lernenden. Downes (2005) bezeichnete als Erster den Einsatz von Social Software in didaktischen Settings als E-Learning 2.0 und vielerorts fließt es derzeit in unsere Bildungssysteme ein, wie es auch im Lehrbuch für Lernen im Lehren mit Technologien (Ebner & Schön 2011) zu sehen ist. Zusammen mit den rasanten Entwicklungen der Internettechnologien zeigt sich, dass Lernen zukünftig viel individueller gestaltet werden kann. Inhalte, Dienste und Applikationen können auf die Lernenden persönlich zugeschnitten werden und durch die Zunahme an mobilen Endgeräten vielerorts zugänglich sein. Man spricht heute von m-Learning (mobile Learning) und u-Learning (ubiquitous Learning; allgegenwärtiges Lernen). Systemisch gedacht wird sich ein Wandel von lehrerzentrierten Lernmanagementsystemen zu persönlichen, durch MashUp integrierte oder auf MashUp gestützte Lernumgebungen (Personal Learning Environment) vollziehen. Während im Web 2.0 die Lernenden stärker in den Mittelpunkt rücken und zu aktiven Akteurinnen und Akteuren im Lehr- und Lernprozess werden, stellt es sie gleichermaßen vor die Herausforderung, mit der enormen Informationsmenge umzugehen. Es wird nötig, die Lerninhalte ebenso wie die Online-Angebote gezielt auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und dennoch im Einklang mit den Anforderungen des gemeinsamen Lernens zu bringen. Lernen ist ein sozialer Prozess und das sollte langfristig mit Technologien bestmöglich unterstützt werden.

112

2.3

2 CSCL-Umgebungen

Kooperation in kleineren Lerngruppen Torsten Holmer1, Friederike Jödick2 1

1

Dresden, 2Daimler TSS GmbH

Einleitung

In diesem Beitrag stellen wir Werkzeuge vor, welche die Kooperation beim Lernen in virtuellen Kleingruppen unterstützen. Dazu gehen wir zunächst auf die Gruppengröße von Kleingruppen allgemein ein und begründen diese. Anschließend stellen wir die drei wesentlichen Aufgabentypen produktorientierte, prozeßorientierte und komplexe Aufgaben vor. Darauf folgt eine Beschreibung der Anforderungen an die Werkzeugunterstützung für virtuelle Kleingruppen bezogen auf diese Aufgabentypen. Im nächsten Abschnitt benennen wir die wichtigsten Grundfunktionen und unterscheiden dabei zwischen Kommunikation, Koordination und Kooperation. Während die ersten beiden Aspekte im Beitrag 2.1 behandelt werden, betrachten wir die Kooperation. Als Grundfunktionen identifizieren wir Awareness, gemeinsame Datenablagen, kooperative Editoren, Prozess- und Phasenunterstützung sowie zusätzliche Steuermechanismen. Wir stellen dann konkrete Beispiele für Werkzeuge vor, die mehrere dieser Grundfunktionen für die Kooperation in Kleingruppen integrieren.

2

Lernen in Kleingruppen

Kooperatives Lernen benötigt immer einen Partner, mit dem man gemeinsam Wissen suchen, erarbeiten und austauschen kann. Die Zweiergruppe ist die kleinste und kompakteste Form der Lerngruppe. In dieser Gruppengröße ist der jeweilige Anteil der Redezeit mit 50 % am höchsten, wenn beide Partner gleich viel kommunizieren. Je größer die Teilnehmerzahl, desto kleiner wird zwar deren durchschnittlicher Anteil an der Sprechzeit, umso größer ist aber auch die Menge an potentiellen Wissensquellen. Mit der Anzahl der Teilnehmer steigen auch die Vielfalt der Kommunikationsmuster und die Ungleichmäßigkeit der Partizipation. Es besteht hier die Gefahr, dass wenige Teilnehmer immer mehr sprechen und viele wenig zur Kommunikation beitragen. Folglich stellt sich die Frage, bis zu welcher Gruppengröße eine ausgewogene Kommunikation möglich ist (zu Gruppen und Gruppenarbeit vgl. Beitrag 1.6). Nach den Ergebnissen der Gruppenforschung ist in Gruppen mit bis zu sechs Mitgliedern eine Gleichverteilung der Redeanteile möglich und sie können sich noch gut selbst organisieren (siehe auch Beitrag 3.1 Lerngruppen). Bei größeren Gruppen müssen explizite soziale und technische Strukturierungsmechanismen angewandt werden, wie z.B. in einer Vorlesung, Präsentation, moderierter Workshop mit Metaplan-Methode oder einer Podiumsdiskussion (siehe Beitrag 2.4. Kooperation in größeren Lerngruppen).

3

Aufgabentypen für Kleingruppen

Das didaktisch begründete Lernziel wird über den Aufgabentypus vermittelt. Die wichtigsten Typen sind produktorientierte, prozeßorientierte und komplexe Aufgaben. Produktorientierte

2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen

113

Aufgaben haben das Ziel der gemeinsamen Erarbeitung einer Lösung, wobei der Schwerpunkt auf dem Ergebnis der Gruppenarbeit liegt. Der Bearbeitungsprozess steht nicht im Vordergrund und kann verschiedene Ausprägungen haben, die der Gruppe überlassen bleiben, wie z.B. die Entscheidung, wie eng zusammengearbeitet wird und wie die Arbeitsaufteilung zu erfolgen hat. Bei prozeßorientierten Aufgaben übernehmen die Teilnehmer vorgegebene Rollen, die das Anwenden von Methoden und Werkzeugen unter kontrollierten Randbedingungen (Dauer, Ziele, Umfang) vorsehen. Im Kontext von Sprachenlernen können beispielsweise Telefongespräche (Hotelreservierung, Auskunft) mit vorgegebenen Rollen geübt werden. Beim Problemorientierten Lernen (vgl. Beitrag 3.6) übernimmt die Lerngruppe die Rollenmodelle eines Forschungsteams. Sie wenden dabei Forschungsmethoden wie Datensammlung, Interpretation und Hypothesengenerierung an und benutzen typische Werkzeuge wie Datenbanken, Strukturierungs- und Visualisierungstools. Lernziel einer prozeßorientierten Aufgabe ist vor allem das Sammeln von Erfahrung durch Durchführung des Prozesses und weniger das Produkt der Gruppenarbeit. Bei komplexen Aufgaben steht das konkrete Anwenden von Methoden und Werkzeugen zur Lösung einer komplexen Aufgabe im Vordergrund. Wesentliche Herausforderung für die Gruppe ist die Selbstorganisation. Aufgaben- und Rollenverteilung müssen selbständig erarbeitet und umgesetzt werden. Lernziele sind hier das Sammeln von Erfahrungen im Prozess und die Erstellung eines Produkts.

4

Anforderungen an die Werkzeugunterstützung

Davon ausgehend, dass die virtuelle Kleingruppe ihre Aktivitäten weitestgehend selbst organisiert, sollten die Werkzeuge dafür eine flexible Aufgabenbearbeitung ermöglichen. Dazu gehört, dass die Teilnehmer ungehindert kommunizieren können und die Zugriffsrechte auf gemeinsame Artefakte eine unkomplizierte Bearbeitung erlauben. Wer welche Dokumente editieren oder wer wann welche Beiträge verschicken darf, wird von der Gruppe entschieden und nicht vom System vorgeschrieben. Abhängig davon, ob es sich um eine produktorientierte, prozeßorientierte oder eine komplexe Aufgabe handelt, ist eine unterschiedliche Unterstützung durch das System erforderlich. Produktorientierte Aufgaben können eine Vielzahl von aufgabenspezifischen Interaktionen erfordern, z.B. Informationen zu sammeln, zu erstellen oder zu bewerten. Dafür können besondere Werkzeuge erforderlich sein, welche die angemessene Aufgabenbearbeitung ermöglichen (z.B. ein Whiteboard zum Sammeln und Strukturieren von Argumenten). Bei prozeßorientierten Aufgaben können die Teilnehmer in der Ausführung ihrer Rolle durch die Bereitstellung von spezifischen Informationen, Instruktionen und Werkzeugen unterstützt werden. Die komplette Gruppe wird durch Modellierung und Steuerung der Phasen durch den Prozess geführt. Die Komplexität der Aktivitäten bei komplexen Aufgaben erfordert eine umfassendere Unterstützung der Lerngruppe. Das System muss der Gruppe erlauben, ihren Prozess selbst zu planen und zu koordinieren. Dazu gehört die Definition und Vergabe von Rollen und Arbeitspaketen sowie deren Verteilung auf bestimmte Phasen des Prozesses. Die Werkzeuge werden zwar aufgabenspezifisch konstruiert bzw. konfiguriert, jedoch nicht komplett neu gestaltet. Jedes Werkzeug benötigt eine unterschiedliche Kombination aus Grundfunktionen, die im Folgenden näher erläutert werden. Wenn Lernwerkzeuge zusätzlich mit Kursmaterial verknüpft sind, spricht man von Lernplattformen (vgl. Beitrag 2.8).

114

5

2 CSCL-Umgebungen

Grundfunktionen kooperativer Werkzeuge

Die grundlegenden Funktionen von kooperativen Werkzeugen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Kommunikation, Koordination und Kooperation. Chat, Mail, Diskussionsforum, Instant Messaging und Audio/Videokonferenzen, dienen der Kommunikation und werden im Beitrag 2.1. erläutert. Gruppenbildung ist ein Beispiel für Koordination und wird in Beitrag 2.1 behandelt. In diesem Beitrag gehen wir auf die Funktionen für Kooperation ein. Kooperationsfunktionen ermöglichen die Zusammenarbeit an gemeinsamen Artefakten. Dazu braucht die Gruppe Awarenessfunktionen, um sich und ihre Aktivitäten wahrzunehmen. Für den Zugriff auf die Artefakte und deren Bearbeitung sind eine gemeinsame Datenablage und kooperative Editoren notwendig. Komplexere Kooperationsformen benötigen eine Prozessund Phasenunterstützung sowie zusätzliche Steuermechanismen, wie z.B. Abstimmungen und Testfragen. In den nächsten Abschnitten werden diese Funktionen detailliert erläutert. Awareness-Funktionen: Wenn die Teilnehmer einer Gruppe nicht an einem Ort zusammen sind und sehen können, was die anderen gerade tun, entsteht ein Defizit in der sozialen Wahrnehmung und daraus folgen Koordinationsprobleme (Greenberg & Gutwin 2002). In diesen Fällen muss die Anwendung dieses Defizit kompensieren, in dem sie explizit folgende Awareness-Informationen anzeigt: Zustand und Kontext einzelner Teilnehmer, Status der Objekte und Prozesse sowie Gruppen- und Einzelaktivitäten. Der Zustand eines Teilnehmers kann verschiedene Ebenen aufweisen: Für die Gruppenmitglieder innerhalb einer Sitzung ist z.B. sichtbar, ob ein Teilnehmer gerade einen Beitrag verfasst oder das Rederecht angefordert hat. Für Teilnehmer außerhalb des Lernraums hingegen sind Informationen wie „Benutzer ist online“, „Benutzer befindet sich in einer Übung“ relevant. Der Kontext eines Teilnehmers zeigt an, welche umgebungsspezifischen Aktivitäten und Eigenschaften ihm zugeordnet sind, z.B. welche Rolle er innehat. Besonders in Phasen asynchroner Zusammenarbeit ist es für die Teilnehmer wichtig, über Änderungen am Status gemeinsamer Objekte (neues Dokument, modifizierte Version) während der Abwesenheit informiert zu werden. Dazu können entsprechende Benachrichtigungen vom System per eMail an den Teilnehmer geschickt werden. Ist die Gruppenaufgabe in mehrere Abschnitte unterteilt, sollte dies für alle Teilnehmer gut ersichtlich und der Wechsel zwischen den einzelnen Phasen leicht steuerbar sein. Das Signalisieren der Bereitschaft, zur nächsten Phase wechseln zu wollen, ist eine wichtige Aktivität zur Koordination der Gruppe und sollte vom System durch entsprechende Funktionen unterstützt werden (Jödick 2009). Transparenz hinsichtlich der Gruppenaktivitäten (z.B. welche Aufgaben sind erledigt, in welcher Phase befindet sich die Gruppe, Partizipation) ist vor allem für das Monitoring durch einen Tutor relevant. Der Tutor kann auf diese Weise den Gruppenfortschritt überblicken und die Kontinuität der Aufgabenbearbeitung sicher stellen. Awarenessinformationen über Einzelaktivitäten und deren Urheber, wie z.B. das Verschieben eines Grafikobjektes durch Teilnehmer A, ist für die Interaktion der Gruppe während einer Aufgabe von großer Bedeutung. Die Absichten der ausführenden Teilnehmer können dadurch besser interpretiert und in eigene Handlungspläne integriert werden. Gemeinsame Datenablage: Zur Verwaltung gemeinsamer Artefakte benötigt die Gruppe die Möglichkeit, diese an einem für alle Teilnehmer erreichbaren Ort abzulegen und zu ordnen. Bei der gemeinsamen Objektverwaltung sind den Status betreffende Awarenessinformationen, wie zuletzt erfolgte Änderungen oder Urheber eines Objektes, ein wesentliches Hilfsmittel. Während in der direkten Interaktion die Zugriffsrechte möglichst gleich verteilt sein

2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen

115

sollten, ist bei der gemeinsamen Datenablage eine Abstufung der Zugriffsrechte sinnvoll. Diese kann aus den Kategorien „Privat“, „Gruppe“ und „Öffentlich“ bestehen, um damit den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Für diese Aufgabe stehen zahlreiche Lösungen zur Verfügung, die unterschiedliche Anpassungsmöglichkeiten bieten. So kann man sogenannte Online-Festplatten dazu verwenden, seine Daten auf Webservern zu sichern und Teile dieser Daten mit anderen Benutzern zu teilen. Während z.B. in den Online-OfficeAnwendungen von Google Docs (2011) einzelne Dateien und Sammlungen mit anderen Nutzern oder sogar mit jedem, der den Link der entsprechenden Dateien kennt, geteilt werden können, werden in dem Synchronisations- und Speicherdienst Dropbox (2011) nur ganze Verzeichnisse und die entsprechenden Unterverzeichnisse mit persönlich bekannten Nutzern des Dienstes miteinander geteilt. In letzterem Fall kann der Inhalt der Verzeichnisse jedoch von allen beteiligten Nutzern erweitert werden, während in Google Docs nur der Eigentümer der Sammlungen diese verändern kann. Systeme wie Google Docs eignet sich daher vor allem für kleine Gruppen, die an wenigen Dateien arbeiten, welche von einem Mitglied der Gruppe verwaltet werden. Die Verwendung von Systemen wie Dropbox hingegen erleichtert es, dass mehrere Benutzer ihre parallel selbst erzeugten Dateien in gemeinsamen Verzeichnissen ablegen und damit austauschen. Kooperative Editoren: Um gemeinsam Artefakte erzeugen und bearbeiten zu können, sind Editierwerkzeuge erforderlich, die auf Gruppenarbeit abgestimmt sind. Kooperative Editoren bieten die Möglichkeit der gleichzeitigen Bearbeitung des Artefaktes durch die Gruppe (Holmer et al. 2001). Dabei soll das Werkzeug helfen, mit konfligierenden Aktivitäten (z.B. gleichzeitiges Verschieben eines Objektes durch zwei Benutzer) umgehen zu können. Konflikte können verhindert werden, in dem man den Zugriff auf Objekte mittels „Floor Control“ regelt, also nur ein Benutzer zurzeit die gemeinsamen Artefakte verändern kann. Da die Benutzer unter Umständen verschiedene Teile des Arbeitsbereiches (z.B. unterschiedliche Abschnitte eines Textes) betrachten, benötigen sie Informationen darüber, ob sie eine gemeinsame Sicht auf die Artefakte haben, um Missverständnisse zu vermeiden. Wenn die Benutzer Veränderungen vornehmen, sind Indikatoren für Einzelaktivitäten (wer gibt wo Daten ein, wer verändert welche Objekte) von großem Nutzen, weil damit eine implizite Abstimmung der Aktionen ermöglicht wird. Ein Beispiel dafür ist die Anzeige aller Mauscursor im Editor, so dass die Benutzer den Fokus der anderen Teilnehmer einschätzen können (Fernández et al. 2002). Mit kooperativen Editoren können Texte, Grafiken, Audio- und Videodateien editiert werden. Klassische Office-Dokumente (Texte, Tabellenkalkulationen und Präsentationen) können z.B. mit Online-Office-Anwendungen wie Google Docs oder Zoho Office (2011) synchron bearbeitet werden. Zur Bearbeitung einer Kombination aus diesen Medientypen dienen Hypermedia-Editoren (Streitz et al. 1994) oder MultimediaWhiteboards (Xiao & Jödick 2003). In Tools für graphische Wissensrepräsentationen, wie z.B. Belvedere (Suthers et al. 1995), werden semantische Netze über Knoten und Verknüpfungen angefertigt, die das gemeinsame Wissen der Gruppe repräsentieren. Für die gemeinsame Sammlung und Bearbeitung strukturierter, aber nicht typisierter Informationen sind sogenannte kollaborative Mindmapping-Anwendungen (z.B. Comapping, siehe Koznov & Pliskin 2009) in großer Vielfalt im Gebrauch. Um mit komplexen, eigentlich nicht-kooperativen Anwendungen (z.B. Tabellenkalkulation), gemeinsam Artefakte manipulieren zu können, verwendet man „Application Sharing“ wie z.B. Microsoft Office Live Meeting (2011) oder RealVNC (2011). Dabei läuft eine Anwen-

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2 CSCL-Umgebungen

dung auf dem Computer eines Teilnehmers und dieser kann die Kontrolle darüber anderen Teilnehmern übergeben. Prozess- und Phasenunterstützung: Abhängig vom Aufgabentyp kann eine mehr oder weniger explizite Steuerung des Lernprozesses erforderlich sein. Diese kann einen phasenbedingten Wechsel des verwendeten Werkzeugs bzw. der Rolle veranlassen oder die Einhaltung der zeitlichen Begrenzung zur Lösung einer Aufgabe fordern. Auf einer detaillierteren Ebene kann die Prozesssteuerung darin bestehen, abhängig von der Art des Beitrages die Rederechte zuzuweisen, z.B. dass immer wenn ein Beitrag vom Typ Frage erzeugt wird, automatisch der Tutor einer Gruppe als Nächster das Rederecht erhält, um eine Antwort zu geben (Mühlpfordt & Wessner 2004). Zusätzliche Steuermechanismen: In der Gruppenarbeit treten oft Situationen auf, in denen sich die Gruppe neu fokussieren muss bzw. in welchen der Tutor durch eine gezielte Intervention die Aufmerksamkeit der Gruppe steuern möchte. Beispiele dafür sind Abstimmungen über den weiteren Verlauf der Zusammenarbeit, Feedback bezüglich des Arbeitsergebnisses und Testfragen zur Verständnisüberprüfung durch den Tutor. Diese Interaktionsformen können mit den herkömmlichen Funktionen in kooperativen Editoren und Kommunikationswerkzeugen nicht durchgeführt werden. Dabei sind diese Erweiterungen gerade aus didaktischer Sicht notwendig und können als zusätzlicher Steuermechanismus in die Lernwerkzeuge integriert werden. In den folgenden Abschnitten werden Beispiele konkreter Lernwerkzeuge für den verteilten synchronen (zeitgleichen) und asynchronen (zeitversetzten) Unterricht vorgestellt, die sich aus mehreren der beschriebenen Grundfunktionen zusammensetzen. Dabei erwähnen wir nicht mehr alle jeweils enthaltenen Grundfunktionen, sondern heben lediglich die für das Werkzeug besonderen Eigenschaften hervor.

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Werkzeuge für den verteilten Unterricht (synchron)

Szenarien für verteilte Kleingruppen setzen die didaktischen Charakteristika von Gruppenaufgaben um und berücksichtigen zugleich die Besonderheiten der räumlichen Trennung. Um die enge Interaktion innerhalb einer Kleingruppe zu forcieren, sind angemessene Aufgabenstellungen und Werkzeuge nötig, welche die Defizite der virtuellen Lernsituation kompensieren. Bei dem Aufgabentyp der produktorientierten Aufgabe steht die gemeinsame Erarbeitung eines Ergebnisses im Mittelpunkt. Eine sehr enge Zusammenarbeit geschieht in Zweiergruppen. Ein Beispiel hierfür ist TC3, ein Werkzeug für das kollaborative Erstellen von Texten in Paararbeit (Kanselaar et al. 2002). Dieses Werkzeug besteht aus mehreren Bereichen: Chatbereich zur Kommunikation mit dem Partner, Notizbereich für private Anmerkungen, Materialbereich mit Instruktionen und aufgabenrelevanten Informationen sowie dem Arbeitsbereich mit kooperativem Texteditor. Der Zugriff auf den Texteditor wird durch ein InterfaceElement in Form einer Ampel (rechts unten in Abbildung 1) reguliert, wobei immer ein Benutzer das Schreibrecht besitzt (grünes Licht) und der andere nicht im Editor schreiben kann (rotes Licht). Das Schreibrecht kann nach expliziter Aufforderung (gelbes Licht für beide) an den Wartenden abgegeben werden.

2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen

Abbildung 1:

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TC3-Umgebung. Links oben: Private Notizen. Links unten: Chatfenster. Rechts oben: Materialbereich. Rechts unten: Kooperativer Texteditor

Die Kooperationswerkzeuge der L³-Plattform (Holmer & Wessner 2003; Wessner & Holmer 2003), unterstützen mehr als zwei Teilnehmer und eine Vielzahl von Interaktionsformen. Neben generischen Werkzeugen wie dem Multimedia-Notebook (Xiao & Jödick 2003), welches ein gemeinsames Editieren von multimedialen Objekten (Text, Bild, Audio, Video) ermöglicht, und verschiedenen Konstellationen von Chatwerkzeugen mit referenzierbaren Nachrichten, existieren auch auf sehr spezifische Lernszenarien zugeschnittene Werkzeuge, z.B. der Erklärungsdiskurs. Dieser stellt eine virtuelle Form der klassischen Sprechstunde dar, in der Lerner mit dem anwesenden Tutor typisierte Beiträge austauschen (Frage, Antwort, Kommentar). Eine Rederechtsteuerung erlaubt dem Tutor eine bessere Kontrolle der Gruppenkommunikation. Das Brainstorming-Werkzeug unterstützt eine erweiterte Vorgehensweise bei der kooperativen Ideenfindung, in dem es drei Phasen der Zusammenarbeit (individuell, assoziativ und gemeinsam) miteinander kombiniert. Während in der individuellen und der assoziativen Phase die Ideen in eine Liste geschrieben werden, werden die Inhalte der Listen in der dritten Phase gemeinsam strukturiert. Bei der Kooperativen Texterarbeitung geht es um die gemeinsame Interpretation und Zusammenfassung von Texten. Diese werden abschnittsweise mit wechselnden Rollen (Zusammenfasser und Kommentatoren) analysiert und eine Zusammenfassung erstellt. Ziel ist die intensive Auseinandersetzung und damit ein tieferes Textverständnis. Auch im FUB – FernUniversität Hagen Brainstorming Tool (Haake & Schümmer 2003) gibt es Gruppenaufgaben mit mehreren Bearbeitungsphasen. Die Teilnehmer erstellen zunächst eine Liste von Begriffen, die in einer weiteren Phase mit einem kooperativen Netzwerk-Editor verknüpft werden. Ziel ist hierbei die Lösung der Aufgabe durch die Erstellung eines semantischen Netzes. Für die verteilte Kleingruppenarbeit im Bereich Mathematik wurde das Werkzeug ConcertChat (Mühlpfordt & Wessner 2005; Mühlpfordt 2006) erfolgreich eingesetzt. Es integriert ein Whiteboard mit persistenter Aktionshistorie mit einem Chat mit Referenzierungsfunktionen (siehe Beitrag 5.2).

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2 CSCL-Umgebungen

Das System COLER – COllaborative Learning environment for Entity-Relationship modelling (Constantino-González & Suthers 2003) ist ein auf Basis des Belvedere-Systems (Suthers et al. 1995) entwickeltes Werkzeug für die gemeinsame Erstellung von Datenbankstrukturen. Hierbei wird zunächst in einer individuellen Phase von jedem Teilnehmer ein eigener Lösungsentwurf erzeugt, der in einer kooperativen Phase benutzt wird, um eine gemeinsame Lösung zu entwickeln. Das Besondere an COLER ist ein Agentensystem, welches mehrere Aspekte der Gruppenarbeit beobachtet und Hinweise zu Verbesserung gibt: der „Diagram Analyzer“ erkennt typische Fehler in dem Modell der Datenbankstruktur, der „Difference Recognizer“ stellt Unterschiede zwischen Lerner- und Gruppenlösung fest und der „Partizipation Monitor“ beobachtet die Anteile der Lerner an der Interaktion. Durch diesen Agenten soll ein menschlicher Tutor ersetzt werden. Dieser Ansatz ist interessant, weil er den sonst eher passiven Lernumgebungen ein aktives Element hinzufügt und die Arbeit des Tutors, der mehrere Gruppen betreuen muss, entlasteten könnte. Zwei Beispiele für prozeßorientierte Werkzeuge sind der RolePlay-Chat (Jödick 2004) und der Pro-Contra-Disput (Holmer & Wessner 2003). In beiden Werkzeugen wird den Teilnehmern rollenspezifisches Material angeboten. Während im Pro-Contra-Disput nur zwei Rollen (für und gegen einen Sachverhalt argumentierend) existieren und diese im Verlauf der Gruppensitzung nicht wechseln, sieht der RolePlay-Chat einen mehrfachen Rollenwechsel vor (siehe Abb. 2).

Abbildung 2:

RolePlay-Chat

2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen

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Im hier gezeigten Beispiel eines virtuellen Interviews, bei dem eine reale Gesprächssituation simuliert wird, gibt es die Rollen Interviewer, Interviewter und Zuschauer. Die Sitzung besteht aus drei Phasen: der Lesephase, der Interviewphase und der Feedbackphase. Durch einen Weiterschaltmechanismus signalisieren die Teilnehmer ihre Bereitschaft, in die nächste Phase weiterzugehen. Awareness-Funktionen geben Aufschluss darüber, wie viele der Teilnehmer bereit sind, in die nächste Phase zu wechseln. Die vorgesehene Dauer und die bereits abgelaufene Zeit einer Phase können am Statusbalken abgelesen werden. Nach der abgeschlossenen Interviewphase wird das Protokoll des Gesprächs in einen extra dafür vorgesehenen Bereich verschoben („Dialog“). Alle Teilnehmer können vom Chatbereich aus („Feedback“) sowohl ins das Material, als auch in den Dialogbereich referenzieren, um während der Diskussion gezielt Bezüge herzustellen. Während produktorientierte und prozeßorientierte Aufgaben in einzelnen Gruppensitzungen durchführbar sind, umfasst das Lernszenario einer komplexen Aufgabe neben synchronen Anteilen auch eine Vielzahl von Einzelarbeitsphasen, in denen Zwischenergebnisse asynchron ausgetauscht werden. So berichten Becking & Schlageter (2004) von einem Datenbank-Praktikum, bei dem synchrone UML-Editoren zusammen mit einer asynchronen Dateiablage (BSCW) eingesetzt wurden.

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Werkzeuge für den verteilten Unterricht (asynchron)

Ziel des verteilten, asynchronen Unterrichts ist, durch die intensive Bearbeitung von Materialien (meistens Texte), Wissen zu erweitern und zu vertiefen. Dabei steht das Erlernen und Erproben der Diskussions- und Argumentationsfähigkeit im Vordergrund. Die Nachteile der zeitversetzten Kommunikation, wie das Fehlen unmittelbaren Feedbacks und das Ausbleiben spontaner Antworten, wird durch seine Vorteile kompensiert. Gerade dadurch, dass Antworten nicht sofort gegeben werden müssen, haben die Gruppenmitglieder mehr Zeit, um einen reflektierten und ausführlicheren Beitrag auszuarbeiten. Anders als bei synchronen Werkzeugen entsteht keine Konkurrenz um das Rederecht bzw. weniger Zeitdruck, so dass der Diskurs ausgeglichener erfolgen kann. Die Dauer variiert von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Da auch der Rhythmus der Teilnehmer sehr unterschiedlich sein kann, ist es wichtig, dass sie über Änderungen informiert werden, die während ihrer Abwesenheit geschehen sind. Diese können in einer Übersicht zusammengefasst oder den Teilnehmer per Mail gesendet werden. Sehr einfache und flexible Werkzeuge für den asynchronen Unterricht sind Wikis, die bereits erfolgreich eingesetzt wurden (Rick et al. 2002). Wikis bieten jedoch nur einfache Hypertext-Möglichkeiten (Erstellen untypisierter Knoten und Links) und können daher den argumentativen Diskurs nicht explizit unterstützen. Wesentlich weiter geht CSILE – Computer-Supported Intentional Learning Environment (Scardamalia & Bereiter 1994), in dem die Beiträge mit Typen (z.B. Problem, Frage, Theorie, Plan) versehen werden können, um die Konstruktion des Wissens transparenter zu gestalten. Die Kooperation wird zusätzlich unterstützt, in dem jeder Teilnehmer beim Einloggen oder auf Verlangen über neue Bezugnahmen zu seinen Beiträgen informiert wird. Während aus den Beiträgen in CSILE eine Struktur entsteht, die für alle Mitglieder dieselbe ist, haben die Teilnehmer in WebGuide (Stahl 2000) zusätzlich in einer eigenen Perspektive die Möglichkeit, Inhalte neu zu arrangieren und zu verknüpfen (siehe Abb. 3). Durch das

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2 CSCL-Umgebungen

gegenseitige Betrachten individueller Gliederungen entstehen Einsichten in die Denkstrukturen der anderen Teilnehmer. Akzeptierte Einzelstrukturen und -beiträge können nach Abstimmung durch die Gruppe in die Gruppenperspektive übernommen werden. Auf der Theorie der Group Memory Evolution (Fischer et al. 2001) aufbauend, werden bei WebGuide nach der Startphase des Seeding (initiale Anreize durch den Lehrer), die Phasen von Growth (individuelle Ideenfindung) und Reseeding (Integration in das Gruppenergebnis) simultan und kontinuierlich durchlaufen.

Abbildung 3:

Die WebGuide-Benutzungsoberfläche. Links: Gliederungsansicht der Diskussion in der Perspektive „Readings 99 comparison“. Rechts: Wissenskonstruktionsbefehle

Im Vordergrund von CLARE – Collaborative Learning And Research Environment (Wan & Johnson 1994) steht die argumentative Analyse von wissenschaftlichen Texten. Dazu wird in einer ersten Phase individuell ein Wissensschema erstellt, welches anhand vorgegebener Typen (z.B. Problem, Behauptung, Beweis, Theorie, Methode, Konzept, Objekt, Quelle) die Inhalte des Textes widerspiegelt und in Beziehung setzt. In einer zweiten Phase werden die Darstellungen der anderen Teilnehmer bewertet und mit der eigenen verglichen. Nach einer argumentativen Auseinandersetzung findet eine Integration aller Repräsentationen in ein gemeinsames Schema statt. Wie in den bisherigen Abschnitten deutlich wurde, ist die Typisierung der Diskussionsbeiträge eine wichtige Funktion für den strukturierten Austausch. Jeder Wissensbereich benötigt jedoch eine eigene Wissenstypisierung und viele Anwendungen sind daher auf eine Wissensdomäne spezialisiert. Im SNS-System (Jonassen & Remidez 2002) können die Teilnehmer eigene Diskussionsforen erzeugen, in denen die Knoten- und Verknüpfungstypen frei konfigurierbar sind. Durch diese Flexibilität kann das System leicht dem Wissensstand der Lerner angepasst werden.

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

2.4

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Kooperation in größeren Lerngruppen Dirk Frohberg Universität Zürich

1

Was sind Classroom Response Systeme?

Ein Classroom Response System (CRS) dient zur Aktivierung der Lernenden in Massenlehrveranstaltungen. Man kann sich ein CRS (häufig auch Clicker genannt) von seiner Funktionsweise her wie den Publikumsjoker bei der TV-Quizsendung Wer wird Millionär vorstellen. In seiner einfachsten Form erlaubt ein CRS der Lehrkraft eine Multiple-Choice-Frage zu platzieren. Die Studierenden besitzen jeder für sich ein handliches Eingabegerät, mit dem sie anonym oder offen ihre Antwort (z.B. A, B, C oder D) senden. Das System sammelt und aggregiert die Antworten der Studierenden, um sie in einer verdichteten Form – meist als Balkendiagramm – zu präsentieren. Erweiterte Versionen von CRS bieten zusätzliche Funktionalitäten, die von einer einfachen elektronischen Wortmeldungsanzeige (genannt „elektronischer Finger“) über Brainstormingwerkzeuge und Quiz bis hin zu komplexen, moderierten, digitalen Diskussionsräumen reichen (Roschelle 2003). Der Einsatz eines CRS bietet sich in Lehrstoff vermittelnden Massenveranstaltungen (z.B. gut besuchte Vorlesungen) an, sobald die Anzahl an Teilnehmern einen sinnvollen Dialog zwischen Lehrkraft und Zuhörern nicht mehr erlaubt. CRS sind mit dem Ursystem Classtalk seit etwa 1989 im Einsatz (Roschelle 2003). Es wurden inzwischen Dutzende verschiedener Systeme immer wieder neu entwickelt (Beatty und Gerace 2009; Roschelle 2003) und bei Zehntausenden von Studierenden eingesetzt (Beatty 2004). Insbesondere in den USA erfreuen sich CRS inzwischen einer weiten Verbreitung und die Nutzung wächst explosionsartig (Beatty und Gerace 2009; Fies 2008). Dieser Beitrag ermöglicht dem Lesenden einen Einstieg in das Thema Classroom Response Systeme (CRS). Er macht mit den wesentlichen soziotechnischen Fragestellungen vertraut und bietet Verweise zur relevanten Forschungsliteratur. Der Fokus auf Aktivierung als Kernnutzen erleichtert dem Leser den Überblick über die ansonsten komplizierten und schwer zu strukturierenden Wirkungszusammenhänge. Nachfolgend werden die relevanten Stärken (Effizienz) und Schwächen (Effektivität) von Massenlehrveranstaltungen beleuchtet, um daraus im weiteren Verlauf die Hebel für den Nutzen von CRS abzuleiten.

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Effizienz und Effektivität in Massenlehrveranstaltungen

Effizienz beschreibt wie viele Lernende (Quantität) bei gegebenem Aufwand mit Inhalten beliefert werden können oder auch wie viel Stoff bei gegebener Zeit formal durchgesprochen werden kann.

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2 CSCL-Umgebungen

Effektivität beschreibt wie gut der Lehrstoff von den Lernenden kognitiv verarbeitet werden kann (Qualität); insbesondere ob über das reine Wissen hinaus auch ein tieferes Verständnis und Anwendbarkeit erreicht werden. Mit steigender Anzahl von Lernenden bis hin zu Massenlehrveranstaltungen (siehe Abschnitt 2 in Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit) wird Unterricht zwar mehr und mehr effizient, verliert aber zunehmend an Effektivität. Erschwerend kommt hinzu, dass die Effektivität überproportional nachlässt, während die Effizienz lediglich proportional ansteigt. Während also das monologe Setting einer Vorlesung optimal und sehr effizient aus einer organisatorischen Sicht ist, ist es unglücklicherweise gerade kontraproduktiv aus einer pädagogischen Sichtweise. Je höher die Anzahl der Lernenden in einer Klasse, desto weniger handhabbar wird Interaktivität für die Lehrkraft und desto schlechter wird die Effektivität von Interaktion (Dawabi et al. 2004). Schon ab 12–16 Lernenden verfallen viele Lehrkräfte fast schon automatisch in einen einseitigen, bestenfalls durch einige Fragen aufgelockerten Vortragsstil. Ob ein Unterricht mit 50 oder mit 500 Lernenden stattfindet, macht bezüglich Effektivität schon keinen entscheidenden Unterschied mehr. Aber es ist bezüglich Effizienz hochgradig lukrativ, das gleiche Lehrangebot lieber 500 Studierenden anzubieten anstatt nur 50. Während aus pädagogischer Sicht die Effektivität durch kleine Gruppen gewährleistet werden müsste, sehen sich Lerninstitute vor allem mit ökonomischen Aspekten konfrontiert. Fehlende Ressourcen der Lehrinstitutionen, steigender Ausbildungsbedarf, die steigende Zahl an Lernenden und fehlende pädagogische Ausbildung von universitären Lehrkräften lassen immer wieder den Effizienzgedanken in den Vordergrund treten. Die Klassengrösse auch in den alternativen Unterrichtsformen ist häufig viel zu gross, als dass ernsthaft effektiver, interaktiver Unterricht möglich wäre. Der Einsatz von CRS in Massenlehrveranstaltungen verspricht eine Reduktion dieses ungelösten Dilemmas. Das Ziel des Einsatzes von CRS ist die Steigerung der didaktischen Effektivität des Lernens durch Aktivierung der Lernenden in Massenlehrveranstaltungen.

3

Der Nutzen von Aktivierung

Beim Lernen im Schulungsraum dominiert im Regelfall die Wissensübertragung von der Lehrkraft unidirektional auf die dann eher passiv konsumierenden Lernenden (Rieck und Ritter 1983). Diese Dominanz ist umso höher, je grösser die Zahl der Lernenden im Schulungsraum ist. Für grosse Zuhöreranteile wird durch die fehlende Interaktivität die Vorlesung tendenziell immer unverständlicher (Karabenick 2003). Die wenigen aktiven Lernenden repräsentieren oft nicht den Lernstatus der Klasse und ersetzen auch nicht die notwendige Eigenaktivität der schweigenden Mehrheit. Im Konstruktivismus (siehe Beitrag 1.4 Lernund kommunikationspsychologische Grundlagen) wird das Fehlen von Interaktion seitens der Lernenden als Mangel angesehen, da die Wissenskonstruktion als aktiver Prozess gestaltet sein soll (Bligh 2000). Als besonders wirksam haben sich Methodenwechsel (Webb et al. 1996) durch aktivierende Massnahmen erwiesen, bei denen die Lernenden aus ihrer passiven Zuhörerrolle entlassen werden (McKeachie und Kulik 1975). Im herkömmlichen Unterricht (in kleinen Gruppen)

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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sind solche aktivierende Massnahmen beispielsweise Lehrerfrage, Publikumsbeitrag, Abstimmung, Quiz, Test, Umfrage, Brainstorming, Klassendiskussion, Buzz-Groups oder Gruppenarbeit. Sie stellen einen Bruch der Monotonie dar, wirken stimulierend und erhöhen damit die Aufmerksamkeit (Bligh 2000). Aktivierung ist das Kernkonzept von CRS (Harlow et al. 2009; Beatty 2004; Burnstein und Lederman 2003; Carnevale 2005; Crouch und Mazur 2001; Dufresne et. al. 1996; Mazur 1997; Rao und DiCarlo 2000). Aktivierung motiviert Lernende, ihre Gedanken explizit zu äussern und unterstützt die Wissenskonstruktion. Lernende erhalten eine individuelle Rückmeldung und können dadurch ihren Lernfortschritt im Vergleich zur Leistung anderer selbstständig diagnostizieren. Durch den Methoden- und Medienwechsel, der durch den aktivierenden Einsatz von CRS geschieht und durch das kollektive Handeln werden Aufmerksamkeit und Motivation der Lernenden (Prensky 2001) gefördert. Durch Aktivierung erhält die Lehrkraft ausserdem Rückmeldung und Transparenz auf den Lernfortschritt der Klasse. Sie kann dadurch den Unterricht optimal auf die kollektiven Bedürfnisse hin optimieren (Harlow et al. 2009), die nötige Orientierung bieten (siehe Abschnitt 3.2 in Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit) und bei fehlender Lernleistung Einzelner gezielt eingreifen. Darüber hinaus ist Aktivierung und die sich daraus ergebende Interaktion im Idealfall ein sich selbst verstärkender Prozess. Untersuchungen der vergangenen Jahre zeigen deutlich, dass CRS sehr erfolgreich sind, wenn dadurch Lernende motiviert werden können, eine gerade erworbene Erkenntnis einem Mitlernenden zu erklären, der es noch nicht verstanden hat (Fies 2008). Zudem werden durch initiale Interaktionen Hemmungen abgebaut. Äusserungen von Lernenden werden eher als hinterfragbar wahrgenommen als die Aussagen von Lehrkräften, die häufig als Wahrheiten akzeptiert werden (müssen). So kann eine Frage oder Äusserung eines Lernenden bei den anderen zu Widerspruch oder Ergänzungen führen, was weitere Äusserungen nach sich zieht. Wenn das Eis gebrochen ist, kann es zu sehr ausgedehnten und auch abschweifenden Diskussionsrunden kommen. Mitunter werden im Unterricht andiskutierte Themen sogar noch danach weiter verfolgt. Auf diese Weise kann der Einsatz von CRS die Anonymität in Grossveranstaltungen durchbrechen und die soziale Kontaktaufnahme fördern. Sinnvoll eingesetzt, bewirkt Aktivierung also eine ganze Kette wünschenswerter Effekte. Woran aber scheitert Aktivierung in der herkömmlichen Vorlesung und inwiefern überwinden CRS diese Hürden?

4

Die Hürden für Aktivierung und deren Überwindung mit CRS

Um auch in grossen Gruppen eine akzeptable didaktische Effektivität zu gewährleisten, wäre eine Übertragung der bewährten Aktivierungsformen von kleinen Gruppen auf grosse Gruppen notwendig. Die Hürden dafür sind sehr vielfältig, lassen sich aber unter den beiden Kernthemen Skalierbarkeit (Juang et al. 2004) und Akzeptanz zusammenfassen. Skalierbarkeit bedeutet hier, dass eine Aktivierungsmethode für kleine Gruppen mit proportionalem Mehraufwand auch auf grosse Gruppen angewendet werden kann. Ist der Mehraufwand überproportional, skaliert das Konzept schlecht. Ist der Mehraufwand unterproportional, skaliert es gut.

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2 CSCL-Umgebungen

Akzeptanz meint hier die intrinsisch motivierte Bereitschaft der Nutzer (Lehrkraft und Lernende) das CRS in einem optimalen Umfang bezüglich des pädagogischen Nutzens einzusetzen. Zwar könnten sowohl Lernende als meist auch Lehrende bis zu einem gewissen Grad gezwungen werden, CRS einzusetzen – und dies mag in Einzelfällen sogar notwendig sein. Aber ohne Akzeptanz beider Seiten wird es zu einer Pflichtübung, deren Nutzen eher als gering einzuschätzen ist. Nachfolgend werden die beiden genannten Hürden und deren Überwindung erläutert.

4.1

Skalierbarkeit als Hürde und deren Überwindung mit CRS

Rezeptives Lernen in Massenlehrveranstaltung findet 1 : n statt, d.h. 1 Mensch spricht und viele Lernende hören zu (Audiokanal). Durch technische Unterstützung skaliert dies beinahe beliebig. Möglich wird dies durch grosse stadionähnliche Hörsäle mit Mikrofonen, Lautsprechern und grossen Projektionsflächen bzw. in noch grösserem Masse durch Videoaufzeichnung und -übertragung. Aktivierender Unterricht erfordert allerdings einen Informationsaustausch n : 1 (alle an die Lehrkraft) und n : m (jeder mit jedem). Diese Formen sind auf dem Audiokanal nur sehr ineffizient möglich ist. Wenn alle gleichzeitig reden, kann niemand mehr etwas verstehen. Man muss also die Daten sequenziell nacheinander austauschen. Je grösser die Anzahl der Interaktionspartner wird, desto höher wird die potenzielle Zahl der Beiträge und je länger dauert es demnach, bis alle Interaktionswünsche nach und nach abgearbeitet sind (siehe ergänzend Beitrag 2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen). Für 1 : n skaliert der Audiokanal also sehr gut. Für n : 1 und n : m skaliert er schlecht. Um Aktivierungsmethoden skalierbar zu machen, müssen mindestens vier Forderungen erfüllt sein, die am Beispiel der bekannten Aktivierungsmethode Brainstorming (= kooperative, kreative Sammlung von Ideen) erläutert werden (siehe ergänzend auch Abschnitt 4.1 in Beitrag 3.4 Medienwahl): a) Persistenz: Mündliche Aussagen, Gesten und Handzeichen gehen unmittelbar wieder verloren und können daher kaum weiter verarbeitet werden. Der Schlüssel für Persistenz ist die Verschriftlichung bzw. Digitalisierung. d.h. Aufnahme von Ton, Foto, Video, Zeichnung, Symbolisierung, Votings oder Text. Damit ein Brainstorming skaliert, müssen Ideen also aufgeschrieben und nicht nur mündlich genannt werden. b) Parallelisierbarkeit: Die Eingabe und Verarbeitung von Beiträgen müssen parallelisierbar sein, um Aktivitäten ganz erheblich zu beschleunigen (Schwabe 1995). Anstatt also bei z.B. einem Brainstorming sequenziell Ideen an einer Tafel durch die Lehrkraft notieren zu lassen, können die Lernenden jeder seine Ideen auf Kärtchen schreiben und dann selbst an einer Pinnwand anbringen. c) Echtzeitzugriff: Die Lehrkraft und die Lernenden müssen in Echtzeit auf alle Beiträge zugreifen können, denn sonst ist keine unmittelbare Transparenz gewährleistet, ohne die Skalierbarkeit nicht gegeben ist. Beim Brainstorming reicht es nicht aus, dass jeder an seinem Platz seine Ideen notiert hat, wenn nicht auch jeder die Ideen einsehen kann. Das Sammeln von Kärtchen an einer zentralen Pinnwand ist ein Notbehelf mit Zeitverzug; besser

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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wäre die Möglichkeit des direkten Zugriffs auf die Beiträge in dem Moment, wo sie geschrieben werden. d) Automatisierte Verarbeitbarkeit: Die Verarbeitung von Beiträgen (z.B. Aggregation) sollte automatisierbar sein, sonst sind Rückmeldungen nicht unmittelbar möglich. Beim Brainstorming könnte das Ausfiltern von Doubletten, die semantische Strukturierung oder zumindest die Rechtschreibeprüfung automatisierbar sein. Das bessere Beispiel ist hier aber die Abstimmung, nämlich das automatische Zusammenzählen von Stimmen und das Errechnen von Mittelwerten. Die vier Punkte Persistenz, Parallelisierbarkeit, Echtzeitzugriff und automatisierte Verarbeitbarkeit können sich je nach Aktivierungsmethode gegenseitig erfordern, aufeinander aufbauen oder sich auch gegenseitig widersprechen. Die Parallelisierung von Beiträgen erfordert beispielsweise die Verschriftlichung (Persistenz). Ein Echtzeitzugriff ist hingegen nur beim mündlichen Sammeln von Ideen direkt gegeben, denn jeder hört die Idee im gleichen Moment wie sie formuliert wird. Verschriftlicht man ein Brainstorming zu Gunsten der Parallelisierbarkeit, verliert man im Gegenzug den Echtzeitzugriff. Dieses beschriebene Phänomen, dass eine Eigenschaft verloren geht, wenn man eine andere erreichen möchte, ist bei herkömmlichen Aktivierungsmethoden der Regelfall. Am Beispiel einer simplen Abstimmung können wir uns das veranschaulichen. Die nachfolgende Tabelle 1 vergleicht die Situation einer Abstimmung mit Handzeichen, eine Abstimmung mit Stimmzetteln und eine Abstimmung mit Klebepunkten, die auf einer vorbereiteten Pinnwand abgegeben werden können. Tabelle 1:

Überblick der Wechselwirkungen der vier Forderungen an Skalierbarkeit am Beispiel Abstimmung

Handzeichen Stimmzettel Klebepunkte

Persistenz

Parallelisierbarkeit

Echtzeitzugriff

nein ja ja

ja ja nein

ja nein ja

Automatisierte Verarbeitbarkeit nein nein vielleicht

Handzeichen gehen verloren, wenn die Hände heruntergenommen werden. Bei vielen Händen fällt ausserdem das Zählen schwer und dieser Schritt ist (noch) nicht automatisierbar. Aber die Abstimmung ist parallelisierbar, da alle gleichzeitig ihre Hände heben können und der Echtzeitzugriff ist gewährleistet. Will man nun Persistenz schaffen, indem man Stimmzettel zur Abstimmung einführt, verliert man den Echtzeitzugriff. Stimmzettel müssen erst eingesammelt und ausgewertet werden. Das Auswerten von Papiernotizen ist nicht (bzw nur mit erheblichem Aufwand) automatisierbar. Statt dessen könnte man jedem Lernenden einen Klebepunkt geben, den er auf eine Abstimmungspapier an der Tafel aufkleben soll. Auch dadurch erlangt man Persistenz und behält den Echtzeitzugriff. Nun verliert man aber ab einer bestimmten Klassengrösse die Parallelisierbarkeit, weil 800 Lernende aufstehen und ihren Klebepunkt an einem zentralen Ort anbringen müssen. Wenn alle ihre Klebepunkte diszipliniert aufkleben, mag sich das Ergebnis automatisch ablesen lassen. Meist werden die Klebepunkte aber kreuz und quer und vieldeutig aufgeklebt sein, d.h. die Verarbeitbarkeit ist nur bedingt gegeben. Der Einsatz eines CRS erlaubt die Durchführung einer Abstimmung und auch anderer Aktivierungsmethoden und erfüllt dabei alle vier Forderungen. Die Eingaben in das Gerät sind

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2 CSCL-Umgebungen

persistent und können sogar auf Dauer gespeichert werden. Wenn jeder oder zumindest jeder zweite Lernende ein Eingabegerät zur Verfügung hat, ist auch die Parallelisierbarkeit gewährleistet. Die Daten sind durch Übertragungstechnologien sofort zugreifbar. Ein Computer kann die Stimmen automatisch zählen, auswerten und grafisch aufbereitet anzeigen. Abbildung 1 zeigt am Beispiel des CRS ActiveClass eine typische Benutzeroberfläche. Neben der Skalierbarkeit ist in Massenlehrveranstaltungen auch die Akzeptanz für Aktivierungsmassnahmen eine Hürde. Dies gilt sowohl für die Akzeptanz seitens der Lehrkraft wie auch seitens der Lernenden. Dieser Punkt wird im nächsten Absatz behandelt.

4.2

Akzeptanz als Hürde und deren Überwindung mit CRS

Aktivierungsmassnahmen – egal ob mit oder ohne CRS – mögen didaktisch und methodisch so wertvoll sein wie sie wollen. Sie haben aus Sicht der Lehrkraft einen grossen Nachteil, der deren Akzeptanz mindert: Der Vor- und Nachbereitungsaufwand für eine Massenlehrveranstaltung steigt durch Aktivierungsmassnahmen enorm (Liu et al. 2003). Aktivierung ist dynamisch, komplex und nicht vollständig kontrollierbar. Es müssen Massnahmen geplant, zeitlich budgetiert und konkrete Fragen und Aufgaben sorgsam überlegt werden. Es sind in der Vorbereitung Antwortblätter zu drucken, Infoblätter vorzubereiten, Materialien und Ressourcen bereitzustellen und Musterlösungen vorzubereiten. Als Nachbereitung müssen ausgefüllte Bögen durchgeschaut, strukturiert, bewertet, ausgewertet und Rückmeldungen verfasst werden.

Abbildung 1:

Bedieneroberfläche auf dem Eingabegerät beim CRS ActiveClass (Barkhuus 2005): Links Ergebnisse aus einer Umfrage; Rechts Überblick über Studentenfragen

Der höhere, inhaltlich geschuldete Aufwand ist auch bei CRS unvermeidbar. Beim CRS LessonTalk wird berichtet, dass die Vorbereitung von Fragen für Quiz pro Vorlesungseinheit etwa 1–2 Stunden zusätzlich erfordern (Müller 2004). Allerdings unterstützt das CRS – wenn

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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es einmal implementiert, eingeführt und geschult ist – die Lehrkraft organisatorisch, indem es bestimmte Standardprozesse vorgibt, den Ausdruck von Antwortbögen unnötig macht, in begrenztem Umfang die Auswertung automatisiert und es erlaubt, die Weiterverarbeitung (z.B. das inhaltliche Strukturieren aller Beiträge aus einem Brainstorming) an die Lernenden zu delegieren. Letzteres ist didaktisch und motivational sogar noch wünschenswert. So gesehen senkt ein einsatzbereites CRS die Akzeptanzschwelle der Lehrkraft, überhaupt Aktivierungsmassnahmen durchzuführen oder motiviert sogar dazu, fortgeschrittenere Aktivierungsmassnahmen als ohne CRS vorzunehmen. Aus Sicht der Lernenden gibt es mannigfaltige Faktoren der Gruppendynamik, die die Akzeptanz gegenüber Aktivierungsmassnahmen in Massenlehrveranstaltungen senken. Die Gründe haben vor allem mit Vertrauen, Höflichkeit und Bequemlichkeit zu tun. Vertrauen: In kleinen Klassen und Lerngruppen entsteht schnell eine Vertrautheit untereinander. Man bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, wer welche Grundauffassungen vertritt und wie man miteinander diskutiert. Ganz anders stellt sich dies in sehr grossen Gruppen dar (Ratto et al. 2003). Dort herrscht ein hohes Mass an Anonymität und Unvertrautheit, was zu einer ganzen Reihe interaktionsfeindlicher Effekte führt. Mit einer verbalen Interaktion zieht man die Aufmerksamkeit der gesamten Klasse auf sich. Je grösser und damit unpersönlicher eine Gruppe ist, desto mehr Überwindung kostet es zurückhaltende und scheue Menschen, sich in dieser Gruppe entsprechend zu exponieren (Hämäläinen et al. 2003). Das Sprechen in kleinen Gruppen wie Familie, Schule, Freundeskreis oder Beruf ist eine gewohnte Handlung. In grossen Gruppen zu sprechen, womöglich mit Hilfe eines Mikrofons, ist für die meisten hingegen ungewohnt und bedarf Überwindung. In kleinen Gruppen wird durch die vorhandene Vertrautheit die Scheu meist genommen. Eine kurze Rückversicherung durch Blickkontakt oder Absprache mit ein oder zwei Sitznachbarn gibt Gewissheit, eine mehrheitlich akzeptable Frage zu haben oder Antwort zu geben. In grossen Gruppen muss die Rückversicherung von entsprechend mehr Personen kommen, um die gleiche Überwindungshilfe zu bieten. Ohne diese vertrauensvolle Atmosphäre scheuen sich viele Menschen, sich überhaupt zu äussern oder sie wollen es nur anonym tun (Santos und Müller 2005). Es tritt eine Art Lampenfieber auf, welches je grösser die Gruppe ist, auch für immer mehr Menschen zur Hürde wird (Van- DeGrift et al. 2002; Bowers 1986; Ratto et al. 2003). Dahinter steht die permanente Befürchtung, sich mit einer Äusserung zu blamieren und sein Gesicht zu verlieren (Carson 2001; Scheele 2005) oder sich als Streber ins Abseits zu begeben. Höflichkeit: In kleinen Gruppen gibt es bestimmte Höflichkeitsregeln, zum Beispiel, dass man sich nicht gegenseitig ins Wort fällt. Durch nonverbale Signale und Gesten findet eine intuitive Gesprächssteuerung statt. Bei etwas grösseren, aber noch überschaubaren Gruppen leistet eine gute Moderation die Gesprächssteuerung, aber dies ist bereits aufwändiger. In sehr grossen Gruppen hingegen besteht fast keine Möglichkeit, einen Redebeitrag unter Beachtung der gelernten Höflichkeitsregeln zu lancieren. Es bedarf neuer Regeln, die aber selten explizit angesprochen werden. Eine Zwischenfrage oder ein eigener Beitrag wird in sehr grossen Gruppen eher nicht als Bereicherung, sondern meist eher als Störung interpretiert. Die wenigen Lernenden, die sich trotzdem aktiv am Unterricht beteiligen, sehen sich dann häufig mit dem Vorwurf des Strebertums oder dem eines Profilierungszwangs ausgesetzt.

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2 CSCL-Umgebungen

Bequemlichkeit: In kleinen Gruppen lohnt sich für Lernende die aktive Beteiligung. Sie wissen, dass diese von der Lehrkraft registriert und (meist) positiv bewertet wird. Es passiert auch selten, dass der Wunsch eines Beitrages ignoriert wird. In grossen Gruppen neigt jedoch die Mehrheit dazu, sich in der Masse zu verstecken (siehe „lurking“ in Abschnitt 2.2 in Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit). Eine Frage eines Dozenten hat unter herkömmlichen Bedingungen häufig wenig Resonanz, da viele nicht nur schüchtern, sondern auch zu bequem sind, nachzudenken und sich zu äussern und gerne anderen den Vortritt lassen. Die Wahrscheinlichkeit, plötzlich ohne Meldung aufgerufen zu werden oder persönlich für die geringe Interaktivität zur Verantwortung gezogen zu werden ist sehr gering und daher keine realistische Gefahr. Lernende müssen nicht damit rechnen, dass eine Beteiligung oder NichtBeteiligung positiv oder negativ vermerkt wird und Folgen hat. Es ist ausserdem unausweichlich, dass Beitragswünsche übersehen werden oder mit Verweis auf die begrenzte Zeit ignoriert werden müssen. Bereits diese Erwartungsaussicht hemmt Interaktion. CRS können die akzeptanzmindernden Faktoren für die Lernenden durch a) Steuerung des Anonymitätsgrades und b) Kanaltrennung ganz oder teilweise bereinigen. a) Steuerung des Anonymitätsgrades: Eine zu niedrige Anonymität führt zu Scheu, Ängsten und Zurückhaltung. Eine zu hohe Anonymität bietet andererseits zu viel Raum, sich aus Bequemlichkeit in der Masse zu verstecken. Eine bedarfsgerechte Möglichkeit, den Anonymitätsgrad zu steuern, kann daher bezüglich der Akzeptanz ein Schlüsselfaktor sein (siehe verwandte Diskussion zu Motivation in Beitrag 3.3 Motivation computerunterstützten kooperativen Lernens). Ein CRS bietet die Möglichkeit, die inhaltliche Äusserung von der Person zu trennen (Davis 2003) und entschärft dadurch diese Problematik. Eingaben in ein CRS können grundsätzlich in vier Anonymisierungsgraden erfolgen. – Unter vollkommener Anonymität: Ein Lernender kann damit Beiträge einbringen, ohne dass diese mit seiner Person unmittelbar in Verbindung gebracht werden können. Mögliche negative Reaktionen würden also durch das CRS aufgefangen und absorbiert (Ratto et al. 2003). Andererseits verleitet völlige Anonymität zum Verstecken in der Masse oder Missbrauch durch inadäquate und ablenkende Äusserungen. – Unter Halbanonymität: Mit Hilfe eines Pseudonyms sind Beiträge des gleichen Urhebers als solche erkennbar, ohne dabei den Urheber persönlich zu entlarven (Nunamaker Jr. und Briggs 1996). Dies kann für das Verständnis oder für die Wertung eines Beitrages wichtig sein. Das Pseudonym erlaubt auch eine schrittweise Offenlegung der Identität. – Unter gemischter Anonymität: Grosse Gruppen bieten dem Einzelnen einen Herdenschutz (Scheele 2005), hinter dem sie sich verstecken können. Ein CRS erlaubt die synchrone Beteiligung aller Teilnehmer und erzwingt sie damit auch. Trittbrettfahrerverhalten (Janneck und Janneck 2004) und das Verstecken hinter anderen wird sozial inakzeptabel. Ein entsprechend mächtiges Monitoringwerkzeug, welches Anonymität auflöst, ist Grundlage dafür, dass gezieltes Boykottverhalten nachträglich ausfindig gemacht werden kann. Der Lernende bleibt damit anonym gegenüber den Mitlernenden, aber nicht anonym gegenüber der Lehrkraft. Wird die Identität der Lehrkraft gegenüber offengelegt, entsteht bei den Lernenden eine Motivation, sich zu engagieren, um positive Effekte in Form von Wohlwollen oder guten Noten zu erreichen. Lehrkräfte verlangen von Systementwicklern häufig die Offenlegung der Nutzeridentität, um Beiträge für die Leistungsbewertung heranziehen zu können und um Missbrauch zu verhindern. CRS werden im Verlauf eines

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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Semesters auch gerne als Leistungsnachweis für die Benotung eingesetzt. Durch korrekte Antworten sammeln Studierende Punkte. Zweifellos ist diese Massnahme ein erfolgreicher Treiber für extrinsische Motivation der Lernenden (Fies 2008). Über den pädagogischen Wert wird jedoch gestritten. – Unter offener Identität: Die Autorenschaft wird offengelegt mit Name, Sitzplatz oder gar Bild. Typischerweise gibt es in jeder Massenlehrveranstaltung die Magic Five (Müller 2004), die es genau darauf anlegen, in den Vordergrund zu treten, um positiv aufzufallen oder einfach nur Geltungsbedürfnis haben. Erstaunlich gut funktionierende Systeme wie Wikipedia oder Expertenforen zeigen deutlich, dass die Anerkennung anderer ein durchaus wichtiger Motivationstreiber für viele Menschen sein kann. Unter komplett anonymisierten Bedingungen wird diese Gruppe an Motivation verlieren, sich zu beteiligen, während offene Identität ihrem Geltungsbedürfnis entgegenkommt. Durch diese Feinsteuerung des Anonymitätsgrades kann flexibel den verschiedenen Bedürfnissen der Lernenden und der Lehrkraft nachgekommen werden, die für die Akzeptanz von Aktivierungsmassnahmen relevant sind. Gegebenenfalls kann es auch den Lernenden überlassen werden, wie anonym sie sein möchten. Eine interessante Beobachtung in LessonTalk zeigt, dass Studierende, die sich sonst eher nicht beteiligen, eine Frage erst ins System eingaben und dann doch verbal äusserten (Müller 2004). Offenbar diente die schriftliche Eingabe erst als Test, ob sich negative Reaktionen zeigen würden und als diese ausblieben, gab es auch den Mut zur verbalen Äusserung. b) Kanaltrennung: Durch ein CRS wird parallel zur Sprachkommunikation ein zusätzlicher, digitaler, verschriftlichter Kommunikationskanal eingeführt. Da beide Kanäle unabhängig voneinander sind, kann der elektronische Kanal ohne Störung des Sprachkanals viel von dem aufnehmen, was den Sprachkanal überlastet. Eine ganze Reihe gruppendynamischer Faktoren, welche die herkömmliche Interaktion behindern, können so aufgelöst werden. – Eine Frage kann persistent platziert werden, ohne den Vorlesungsfluss unmittelbar zu unterbrechen (Barkhuus 2005), was als unhöflich gilt (Ratto et al. 2003). – Ein Beitrag kann sofort platziert werden, ohne sich erst zu melden und aufgerufen werden zu müssen. Man wird daher nicht übersehen (Ratto et al. 2003) und muss sich nicht durch Handzeichen exponieren. – Ein Beitrag kann zeitlich passend zum Kontext platziert werden (Scheele 2005). Ansonsten muss ein Beitragswilliger die Wahrscheinlichkeit abschätzen, noch im Laufe des passenden Kontextes aufgerufen zu werden und mit Geduld so lange die Frage im Kopf behalten, bis er drankommt (Ogata et al. 2006). „Jetzt habe ich vergessen, was ich wollte“ passiert mit einem CRS nicht mehr. – Die Lehrkraft kann Assistenten einsetzen, die den digitalen Kanal moderieren (siehe Beitrag 3.2 Moderation). Auf diese Weise können Lehrkräfte eine sinnvolle Arbeitsteilung betreiben. Während sich der eine auf die Vermittlung der Inhalte konzentriert, kümmert sich der andere zeitgleich um die entstehenden Fragen. – Unterhaltungen unter den Lernenden können schriftlich lautlos geführt werden und stören so den Vortrag nicht. Nicht adäquater Schriftverkehr, der ohne Bezug zur Vorlesung ablenkt, kann unterbunden werden, wenn ein Assistent den Schriftkanal moderiert. – Wird ein Beitrag schriftlich kurz skizziert, bevor er mündlich behandelt wird, hilft dies der Lehrkraft bei der Moderation einer Diskussion. Sie weiss vorab, welche Beiträge inhaltlich zusammen gehören (Ratto et al. 2003), kennt aber auch die zeitliche Reihenfolge,

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2 CSCL-Umgebungen

in der die Fragen auftraten. Die Lehrkraft kann auch vorab abschätzen, ob sie fähig sein wird, die Frage zu beantworten und erspart sich und dem Fragesteller peinliche Situationen (Ratto et al. 2003). Die Lehrkraft kann dann die Fragen auch jeweils passend in seinen Vortrag einbinden und muss nicht ständig auf „da kommen wir später noch drauf“ verweisen. – Beiträge können vorab auf Relevanz und allgemeine Interessenslage (z.B. durch elektronische Zustimmung zu einer Frage) hin überprüft werden (Ratto et al. 2003). Dies stellt den Gruppennutzen sicher. Durch Reduktion des organisatorischen Aufwandes, durch Steuerung des Anonymitätsgrades und durch Kanaltrennung können CRS die Interaktionsfeindlichkeit des Vorlesungssettings reduzieren. Ob der Einsatz von CRS jedoch wirklich einen Nutzen erbringt, bleibt im Wesentlichen vom Faktor Mensch abhängig. Dieser Faktor ist Gegenstand des kommenden Abschnitts.

5

Didaktisch – methodische Kompetenz der Lehrkraft als Erfolgsfaktor

Der wesentliche Erfolgsfaktor für CRS ist die didaktisch-methodische Kompetenz der Lehrkraft. Ob mit dem Einsatz von CRS besser oder mehr gelernt wird als ohne, lässt sich genau so wenig beantworten wie die Frage, ob eine Tafel das Lernen verbessert. Ein didaktisch unsinniges Quiz wird nicht dadurch sinnvoller, dass es mit einem CRS durchgeführt wird. Ein schlechtes Fragendesign mit missverständlichen Antwortvorgaben kann zu einem völlig falschen Bild des Lernzustandes führen und als Folge völlig falsche Massnahmen nach sich ziehen. Es bringt auch keinen Nutzen, wenn ein schwaches Ergebnis eines Quiz mit Hinweis auf Zeitdruck ignoriert wird. (Bo et al. 2005) stellen in einer Untersuchung mit über 1500 Studierenden heraus, dass diese apathisch, gleichgültig oder gar negativ auf CRS reagieren, wenn der Unterrichtsstil und der Einsatz von CRS nicht harmonieren, nicht aufeinander abgestimmt sind und sich am als negativ empfundenen Vortragsstil nichts wesentlich ändert. Ein CRS ist eben nicht mehr und nicht weniger als ein Werkzeug mit hinterlegten Methoden. Der Nutzen hängt davon ab wie das Werkzeug eingesetzt wird (Beatty und Gerace 2009). In jedem Falle erweitern CRS jedoch das methodische Repertoire der Lehrkraft. Es kann gesichert gesagt werden, dass bei einem sinnvollen Einsatz die Akzeptanz bei Studierenden hoch ist und die Mehrheit der Studierenden glaubt, dass CRS beim Lernen helfen (Harlow et al. 2009). Für die weite Verbreitung von CRS darf die pädagogische Kompetenz von Lehrkräften in Massenlehrveranstaltungen nicht überschätzt werden. Gerade in Hochschulen (Hauptort für Massenlehrveranstaltungen) zeichnen sich die Dozenten zwar durch sehr hohe fachliche Kompetenz aus, aber eine systematische Ausbildung von didaktisch-methodischen Kompetenzen bleibt oft der Eigeninitiative der Lehrkraft überlassen, d.h. findet in den meisten Fällen kaum statt. Da es zumindest im deutschsprachigen Raum keinerlei ernsthaften Initiativen gibt, dieses systematische Defizit zu beheben, muss diese Tatsache bei der Auswahl oder der Entwicklung eines CRS berücksichtigt werden.

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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Bei den mit CRS verwandten Sitzungsunterstützungssystemen wurde die erfolgsentscheidende Rolle des Moderators erkannt. Für eine Qualitätssicherung wurden unter dem Schlagwort Collaboration Engineering umfangreiche, als thinkLets bezeichnete Hilfestellungen für Moderatoren entwickelt und getestet (Kolfschoten et al. 2006). Es handelt sich dabei um modular aufgebaute und vielfach bewährte Anweisungen wie bestimmte Prozessschritte (Divergieren, Konvergieren, Organisieren, Evaluieren und Konsens bilden) durchgeführt werden sollten, um erfolgreich zu sein. Jedes thinkLet beinhaltet Hinweise, wofür es genutzt werden kann und wofür nicht. Es enthält jeweils das zu verwendende Werkzeug, die Konfiguration von Hard- und Software zur Erreichung der gewünschten Interaktionen und ein Skript (Kolfschoten et al. 2006). Die einzelne Prozessmodule lassen sich in Abhängigkeit vom Ziel der Sitzung verschiedentlich zu einem Gesamtprozess zusammenbauen. In Anlehnung daran müssten auch für den Massenunterricht entsprechende Leitfäden erarbeitet werden. Ein abgestimmtes CRS böte sich an, als impliziten Nebeneffekt grossflächig die methodischen Fähigkeiten von Lehrkräften zu verbessern. Erste, noch weitgehend unsystematische Ansätze finden sich beispielsweise unter dem Stichwort Question Cycle bei (Dufresne et al. 1996). Aus den verschiedensten Veröffentlichungen lassen sich bereits eine Vielzahl von Empfehlungen zusammenstellen. Exemplarisch seien nachfolgend einige der wichtigsten Erkenntnisse skizziert: Im Projekt ActiveClass wird beschrieben, dass die interaktiven Phasen (vor allem Quiz) im Unterricht etwa ein Drittel der Zeit in Anspruch nahmen (Dufresne et al. 1996). Aus dem Projekt WIL/Ma stammt die Empfehlung für zwei Quiz mit je drei Fragen pro 90-minütiger Vorlesung. Diese nahmen inklusive Besprechung der Fragen 20 Minuten der Vorlesungszeit in Anspruch (Scheele 2005), was sich in etwa mit der Drittelempfehlung deckt (Dufresne et al. 1996). Zwei Quiz entsprechen auch dem Empfinden der meisten Studierenden nach dem Optimum in einer Vorlesung (63,7% bei WIL/Ma, vgl. Scheele 2005). Ansonsten tritt ein zu starker Gewöhnungs- und Abnutzungseffekt ein. Bei einer weiteren Verbreitung in alle Massenlehrveranstaltungen sollte vielleicht sogar nur ein Quiz durchgeführt werden und das auch nicht in jeder Vorlesungseinheit. Statt dessen ist auf einen guten Mix an verschiedenen Interaktionsformen zu achten, um eine unprofessionelle Methodenmonotonie zu vermeiden. (Mazur 1997) arbeitete heraus, dass der Einsatz von CRS besonders wirkungsvoll ist, wenn dadurch Peer Instructions (= Studierende erklären sich Inhalte gegenseitig) provoziert werden können. Sobald ein Balkendiagramm auf der Anzeigefläche erscheint, wird es in jeder Klasse sofort laut, weil die Anwesenden das Ergebnis diskutieren, kommentieren und interpretieren. Dies geschieht praktisch automatisch, wenn es durch die Lehrkraft nicht unterbrochen wird. Die Lehrkraft sollte also dem Drang widerstehen, die korrekte Lösung unmittelbar nach der Abstimmung selbst zu erläutern, sondern lieber Raum für entstehende Diskussionen geben. Wenn CRS benutzt werden, um Leistungsbewertungen vorzunehmen und deswegen die Lernenden auf keinen Fall miteinander ihre Antworten diskutieren dürfen, wird aus pädagogischer Sichtweise viel Lernpotenzial ungenutzt gelassen.

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6

2 CSCL-Umgebungen

Ausblick

Betrachtet man den Erfolg von CRS in den USA (Beatty und Gerace 2009; Fies 2008), bleibt zu erwarten, dass derartige Systeme auch im deutschsprachigen Raum Einzug finden werden. Der Aufwand für die Beschaffung und den Betrieb der erforderlichen Infrastruktur war in Zeiten knapper Kassen bislang sicherlich ein relevantes Hemmnis. Der Siegeszug von Smartphones und die Akzeptanz von kommerziellen App-Shops bieten neue Möglichkeiten für eine effiziente Umsetzung von CRS (siehe Beitrag 3.11 Mobiles Lernen). Statt dass Hochschulen Eingabegeräte, Netzwerk, Softwareverteilung, Wartung etc. selbst stemmen müssen, könnte ein CRS auch auf die privaten Smartphones der Lernenden als Eingabegeräte zurückgreifen. Seit der Einführung von fingerbedienbaren Smartphones mit grossen grafischen Displays hat sich deren Bedienbarkeit (siehe Beitrag 1.8 MenschComputer-Interaktion) frappant verbessert. Im Lernkontext ist eine einfache Bedienung notwendig, damit sich die Lernenden auf die eigentliche Lernaktivität konzentrieren und nicht unnötig kognitive Ressourcen für die Gerätebedienung aufbringen müssen und dadurch abgelenkt werden (Nunamaker Jr. und Briggs 1996). Für die Akzeptanz und Effizienz von CRS ist die Bedienbarkeit für Lernende und vor allem für Lehrende ein kritischer Erfolgsfaktor. Gruppen sind sehr ungeduldig und technisch verschuldete Leerpausen von mehr als 30 Sekunden führen zu Unruhe und Unwilligkeit. Auch die technische Robustheit und natürlich die Funktionsmächtigkeit hat sich in den letzten Jahren erheblich erhöht. Mit App-Shops wird das Problem der Softwareverteilung effizient gelöst. Inzwischen hat es mit Android und iOS (iPhone) auch eine Marktbereinigung bezüglich der Vielzahl von Betriebssystemen gegeben (Stand November 2011). Selbst eine (inzwischen doch meist vorhandene) w-LAN-Infrastruktur wird mehr und mehr überflüssig, da Smartphones häufig mit genügend Bandbreite und akzeptablen Datenmengen via Funknetz angebunden sind. Unter diesen Gegebenheiten wären CRS relativ kostengünstig, äusserst flexibel und sogar spontan einsetzbar. Es müssten keine teuren Räumlichkeiten mit spezieller Infrastruktur geschaffen werden. Dadurch fällt der Aufwand der Raumkoordination weg (Koole 2006; Fagerberg und Rekkedal 2004). Es muss nur die Software und nicht die Hardware geschult werden, weil die Nutzer mit ihren privaten Geräten bereits vertraut sind. Dadurch entfällt auch das Problem von Vandalismus, Diebstahl und sonstigem Missbrauch. Es auch muss keine Unterrichtszeit auf die Ausgabe und das Einsammeln von Geräten verwendet werden. Solch ein CRS liesse sich sogar ausserhalb des Schulungsraumes einsetzen, indem die Lehrkraft beispielsweise 1x pro Tag eine Testaufgabe zur sofortigen Beantwortung sendet, damit sich die Studierenden in kürzeren Zyklen mit dem Stoff beschäftigen. Durch diese neuen Entwicklungen werden eine Menge von Hindernissen überwunden und es scheint lediglich noch ein Anbieter mit entsprechender Marktdurchdringungskraft zu fehlen. Die Kehrseite der Medaille omnipräsenter Onlinemedien ist natürlich das grosse Ablenkungspotential surfender, chattender und mailender Lernender. Statt diese neue Generation von Geräten im Klassenraum zu verdammen und zu verbieten, sollten lieber neue Möglichkeiten gesucht werden, die Geräte in den Unterricht einzubinden. CRS sind nur eine Möglichkeit. Unter dem Stichwort Mobile Learning gibt es inzwischen eine veritable Forschungscommunity, die derartige Fragen verfolgt. Die Nutzenpotentiale für den Einsatz von CRS in Vorlesungssäälen, auf Konferenzen und Grossveranstaltungen, aber auch im

2.4 Kooperation in größeren Lerngruppen

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e-Learning, in der Communityforschung, Gruppenkoordination oder in der gesellschaftlichen Meinungsbildung sind bei Weitem nicht ausgeschöpft. Hier bieten sich enorme Freiräume für Pionierforschung. Dieser Beitrag wurde zu grossen Teilen aus (Frohberg 2007) entnommen und überarbeitet.

134

2.5

2 CSCL-Umgebungen

Kooperative Lernräume Jörg M. Haake1, Martin Wessner2 1

1

FernUniversität in Hagen, 2Fraunhofer IESE, Kaiserslautern

Einleitung

In diesem Beitrag betrachten wir Lernräume im Sinne von physikalischen Räumen für das Lernen und stellen verschiedene Ansätze vor, wie das kooperative Lernen in solchen Räumen durch Computereinsatz unterstützt werden kann. Im ersten Teil des Beitrags behandeln wir die Unterstützung der Kooperation innerhalb eines Lernraums, der zweite Teil des Beitrags geht auf die Unterstützung der Kooperation zwischen zwei oder mehr gekoppelten Lernräumen ein. Virtuelle Lernräume werden im Beitrag 2.6 behandelt.

2

Unterstützung der Kooperation innerhalb eines Lernraums

In einem Lernraum anwesende Personen können vorhandene Lernobjekte (z.B. Lernmaterialien, Aufgaben, Werkzeuge) nutzen, um damit zu lernen. Im Zuge des Lernens rezipieren sie Lernobjekte, verändern diese oder schaffen neue Lernobjekte. Ein kooperativer Lernraum ist ein Lernraum, der von mehreren Lernern für das kooperative Lernen genutzt werden kann. Es lassen sich zwei prinzipielle Realisierungsformen solcher Räume unterscheiden: Ein dedizierter kooperativer Lernraum ist im Hinblick auf sein Design und seine Ausstattung (z.B. mit Gruppentischen, Projektoren, festinstallierten Computern) auf ein bestimmtes kooperatives Lernsetting ausgerichtet. Ein generischer kooperativer Lernraum dagegen stellt lediglich eine Basisinfrastruktur bereit (z.B. Stromanschlüsse für mitgebrachte Geräte, drahtlose Vernetzung, grundlegende Kommunikations- und Kooperationsdienste, Tische, Projektoren).

2.1

Design kooperativer Lernräume

Die besondere Herausforderung bei der Unterstützung der Kooperation innerhalb eines Lernraums besteht in der Kopplung zwischen der sozialen und der informatischen Ebene, also der direkten und der computerunterstützten Aktivitäten im Raum (vgl. Roschelle & Pea 2002). Dabei soll der Computereinsatz die direkte Interaktion zwischen den Anwesenden im Raum nicht ersetzen, sondern zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten bereitstellen. Generell geht es darum, die Vorteile der Face-to-Face Situation zu erhalten und mit den Vorteilen der computerunterstützten Kooperation zu kombinieren. Basierend auf den Erfahrungen mit Sitzungsunterstützungssystemen (Nunamaker et al. 1991) müssen bei der Gestaltung kooperativer Räume Designfragen in Bezug auf die Software, die Geräte und den (physikalischen) Raum betrachtet werden (vgl. Krcmar et al. 2001). Die Software kann durch die Unterstützung der parallelen Arbeit die Effizienz der Kooperation erhöhen. Bietet die Software beispielsweise die Möglichkeit zur Anonymisierung von Beiträgen, kann je nach Gruppenkultur und -disziplin die Zusammenarbeit sachlicher werden. Schließlich kann die Software Werkzeuge zur Strukturierung des Kooperationsprozesses oder einzelner Kooperationsphasen enthalten. Die Auswahl der Geräte hängt von den in der Soft-

2.5 Kooperative Lernräume

135

ware realisierten Interaktionsformen ab. Für die individuellen Arbeitsplätze können PCs, Laptops, Tablet- bzw. Handheld-Computer oder Smart Phones eingesetzt werden. Als sinnvoll haben sich zusätzliche große Displays erwiesen, die für alle Teilnehmer sichtbar beispielsweise die Tagesordnung oder gemeinsam bearbeitete Inhalte anzeigen. Die Gestaltung des Raumes betrifft vor allem die Sitzordnung und die Positionierung der Geräte. Die Gestaltung eines kooperativen Lernraums muss die Kopplung der sozialen und informatischen Ebene für die jeweils intendierten lernspezifischen Nutzungsszenarien realisieren. Dabei stellen verschiedene Nutzungsszenarien unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung des Lernraums (vgl. Wessner & Dawabi 2004). Wichtige Parameter sind die Zielgruppe, die Größe der Lerngruppe, die zu unterstützenden Kooperationsformen, evtl. die besonderen Anforderungen des Lerngegenstandes sowie die Einbindung in eine vorhandene technische Infrastruktur.

2.2

Realisierung kooperativer Lernräume

In Bezug auf die Realisierung computerunterstützter kooperativer Lernräume zeigt sich prinzipiell eine historische Entwicklung von teuren, dedizierten kooperativen Lernräumen mit stationärer Ausstattung über mobile Lösungen hin zu generischen Realisierungen. Ist die Gestaltung des Raums auf die computerunterstützte Kooperation ausgerichtet und die Computerausstattung fest im Raum installiert, liegt eine stationäre Lösung vor. Die Geräte sind im Hinblick auf eine bestimmte Menge von Nutzungsszenarien optimiert in den Raum integriert. Die zu nutzende kooperative Software ist in der Regel auf den Geräten installiert. Als Nachteil ergibt sich aber die Abhängigkeit von dem konkreten Raum, der nur für bestimmte Gruppengrößen und Nutzungsszenarien gut geeignet ist. Eine mobile Lösung beinhaltet einen Pool von transportablen Geräten und erlaubt den Einsatz in verschiedenen Räumen, sofern bestimmte Gestaltungs- und Infrastrukturanforderungen erfüllt sind. Auch hier ist die zu nutzende kooperative Software in der Regel auf den Geräten installiert. Der Vorteil solcher mobiler Lösungen liegt in der größeren Flexibilität, Anzahl und Positionierung der Geräte können in verschiedenen Räumen jeweils an die vorgesehene Gruppengröße und das Nutzungsszenario angepasst werden. Während Transport und Setup bei heutigen Geräten und Infrastrukturen meist keinen größen Aufwand erfordert, kann sich die eventuell schlechtere Integration in die Innenarchitektur negativ auswirken. Die genannten Vor- und Nachteile gelten auch für eine generische Realisierung, bei der die Lernenden ihre eigenen Geräte mitbringen und beispielsweise über das Internet geeignete kooperative Software nutzen. Im Folgenden werden computerunterstützte Sitzungsräume (Abschnitt 2.3) und kooperative Lernräume (Abschnitt 2.4) vorgestellt.

2.3

Computerunterstützte Sitzungsräume

Kooperative Lernräume können auf den Erfahrungen mit computerunterstützten Sitzungsräumen (Electronic Meeting Rooms; Nunamaker et al., 1991) aufbauen. In solchen Räumen verfügt jeder Sitzungsteilnehmer über einen Rechner mit der Software zur Mitwirkung an der Sitzung. Häufig wird zusätzlich durch ein großes öffentliches Display bzw. eine Projektion ein Gruppenfokus hergestellt. In der Regel ist ein Moderator vorgesehen, der die Bespre-

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2 CSCL-Umgebungen

chung leitet und dazu spezielle Moderationsfunktionen der Software zur Steuerung der Sitzung nutzen kann. Verlauf und Ergebnis der Sitzung können von der Software aufgezeichnet werden und stehen den Teilnehmern auch nach der Sitzung zur Verfügung. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für einen Sitzungsraum, der durch bewegliche interaktive Tafeln, Tische und Stühle für verschiedene Nutzungsszenarien konfiguriert werden kann.

Abbildung 1:

Das CONCERT Lab am Fraunhofer IPSI (Concert Lab 2011). Links: Konfiguration als Sitzungsraum, rechts: weitere Konfigurationsmöglichkeiten.

Erste Softwaresysteme für computerunterstützte Sitzungsräume waren desktop- bzw. raumbasierte Systeme wie Group Systems (Nunamaker er al. 1991) und SAMM (DeSanctis et al. 1987). Aktuelle kommerzielle Lösungen unterstützen darüber hinaus auch eine Vielzahl von mobilen (z.B. iOS- oder Android-basierten) Geräten und verschiedene Szenarien von der Kleingruppe bis zur Großveranstaltung wie beispielsweise das aus GroupSystems hervorgegangene ThinkTank (2011) oder die Lösungen der Firma teambits (2011). Abbildung 2 zeigt zwei Settings für den Einsatz der teambits-Software mit unterschiedlicher Teilnehmeranzahl, den Workshop bzw. die Großgruppenmoderation. Abbildung 3 zeigt exemplarisch ein Werkzeug für die sogenannte Mehrpunktfrage, bei der die Teilnehmer eine bestimmte Anzahl von „virtuellen Klebepunkten“ auf die verschiedenen Alternativen verteilen können.

2.4

Kooperative Lernräume

Die Anforderungen an kooperative Lernräume hängen vom intendierten Lernszenario ab: Nach Zielgruppe und Gruppengröße skizzieren wir im Folgenden frühe Realisierungen für kooperatives Lernen in Klassenzimmern, Seminarräumen und Hörsälen. Für den Einsatz von CSCL in der Grundschule wurden mehrere Ansätze entwickelt, in denen Rechner von mehreren Kindern gleichzeitig benutzt werden, indem Rechnersysteme mit mehreren Mäusen zum Einsatz kommen (Inkpen et al., 1999) oder die Kinder sich in der Eingabe abwechseln (Hoppe, Lingau et al., 2000). Im computerintegrierten Klassenzimmer (Hoppe, Gaßner et al., 2000) wurden berührungsempfindliche Bildschirme in die Tische eingebaut und die klassische Tafel wurde durch eine interaktive Tafel ersetzt bzw. ergänzt.

2.5 Kooperative Lernräume

Workshop

137

Großgruppe

Abbildung 2:

Settings für Workshops (links; Gruppen teilen sich je ein Gerät, Moderatorrechner und ein gemeinsames Display) bzw. zur Moderation von Großveranstaltungen (rechts; Tischgruppen mit separaten Tischgruppendisplays, zusätzliches Personal unterstützt den Moderator). Quelle: (teambits 2011).

Abbildung 3:

Moderationswerkzeug zur Mehrpunktfrage (links: Eingabe, rechts: Ergebnis). Quelle: (teambits 2011).

Auch in Seminaren der Hochschule spielt die Integration der Geräte in den Seminarraum eine Rolle. Im interaktiven Seminarraum der Universität Paderborn wurden interaktive Tafeln und in die Tische eingebaute Rechner benutzt (Keil-Slawik, 1999). Eine mobile Lösung ist das ConcertStudeo System (Wessner et al., 2003). Hier erfolgte die Interaktion und Kooperation über Handheld-Computer, die die Teilnehmer mitbrachten oder der Lehrende zu Beginn der Lehrveranstaltung austeilte (vgl. Abbildung 4). In Hörsälen ist der Interaktionsgrad aufgrund der im Vergleich zu Seminaren höheren Teilnehmerzahl beschränkt. An Geräten werden meist (mitgebrachte) Laptops sowie elektronische Tafeln bzw. Projektoren genutzt. Die eingesetzte Software bietet neben der Durchführung eines Quiz und zur Abstimmung z.B. Funktionen zum Stellen von Zwischenfragen und zum Annotieren von Vorlesungsmaterial (Trompler et al., 2003).

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Abbildung 4:

2 CSCL-Umgebungen

Das ConcertStudeo-System im Concert-Lab des IPSI

Für alle genannten Bereiche (Klassenzimmer, Seminarraum, Hörsaal) lässt sich in den letzten zehn Jahren ein deutlicher Rückgang der Forschung und Entwicklung in Bezug auf dedizierte kooperative Räume beobachten. Stattdessen werden zunehmend mobile Geräte wie Laptops und Smartphones in „normalen“, mit WLAN ausgestatteten Lernräumen eingesetzt. In den Mittelpunkt rückt die sogenannte Orchestrierung, d.h. die Planung und dynamische Steuerung aller Aspekte des kooperativen Lernens (Lernmethode, Rollen- und Aufgabenverteilung, Einsatz von Hard- und Software etc.) (Dillenbourg & Jermann, 2010). Neben speziell für das kooperative Lernen entwickelte Software tritt zunehmend die Nutzung generischer Software beispielsweise zum Austausch von Dokumenten, zur Terminkoordination oder zum gemeinsamen Bearbeiten von Dokumenten. Ein Beispiel für die sinnvolle Nutzung generischer Software zur Unterstützung kooperativen Lernens ist die Twitterwall (2011). Während einer (Lehr-)Veranstaltung werden auf einem für alle sichtbaren Display zu dieser Veranstaltung gehörige Kurznachrichten des Twitter-Dienstes angezeigt. Damit können beispielsweise Fragen, Kommentare oder weiterführende Informationen von den Teilnehmern gesammelt und zur Verfügung gestellt werden.

3

Unterstützung der Kooperation zwischen verteilten Lernräumen

Um die Kooperation zwischen Teilgruppen zu unterstützen, die auf verschiedene Lernräume verteilt sind, muss die Kommunikation zwischen den Lernräumen ermöglicht werden. Hinzu kommt die Unterstützung für den Zugriff auf gemeinsame Daten bzw. Anwendungen und für die Koordination der gemeinsamen Tätigkeit. Hierzu werden Werkzeuge eingesetzt, die in den Beiträgen 2.1 bis 2.4 beschrieben werden. Aufgrund der speziellen Situation, der Verteilung von Teilgruppen auf verschiedene Lernräume, stellen sich aber besondere Anforderungen an das Design verteilter kooperativer Lernräume.

2.5 Kooperative Lernräume

3.1

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Design verteilter kooperativer Lernräume

Bei der Gestaltung verteilter kooperativer Lernräume müssen Kommunikation, Koordination und Kooperation unterstützt werden (vgl. auch Beitrag 2.6, Abschnitt 2). Insbesondere wirkt sich das Ausmaß von kommunikativer Symmetrie in dem zu unterstützenden Lernprozess auf das Design verteilter kooperativer Lernräume aus. Wir unterscheiden hier symmetrische von asymmetrischer Kooperation: – Symmetrische Kooperation bezeichnet bi-direktionale Wissensproduktion in kleinen und mittleren Gruppen (z.B. Gruppenarbeit im Praktikum oder für problembasiertes Lernen in Teams): im Prinzip besitzt in dieser Art von Lernprozess jeder gleiche Möglichkeiten, einen Beitrag zur Informationsvermittlung zu machen. D.h. jedes Gruppenmitglied kann gleichberechtigt Beiträge senden (z.B. Meinungen, Vorschläge, Fragen, Kommentare) und empfangen. – Asymmetrische uni-direktionale Kooperation bezeichnet eher gerichtete Wissensvermittlung (z.B. Hörsaalsituation, virtuelles Seminar): hier ist der Anteil an der Informationsvermittlung deutlich ungleich verteilt. Z.B. gibt es nur wenige Sender (Ko-Dozenten oder Vortragende) und viele Empfänger (Studierende, Zuhörer) mit eher geringer Beitragszeit oder im Extremfall sogar keiner Gelegenheit für Fragen oder Kommentare. Bei der Kopplung mehrerer Räume für eine eher asymmetrische Kooperation, z.B. verteilte gekoppelte Hörsäle, bei denen ein Dozent seine Vorlesung zu verschiedenen Standorten überträgt, muß das Design primär die gerichtete Kommunikation vom Sender zu den Empfängern unterstützen. Hierzu gilt es, geeignete Kommunikationswerkzeuge für die synchrone Kommunikation zwischen Räumen bzw. zwischen einzelnen Teilnehmern in verschiedenen Räumen auszuwählen. Bei der Realisierung von Audiokommunikation ist die Auswahl und Positionierung der Mikrophone und Lautsprecher von entscheidender Bedeutung. Zur Minimierung von Echos und Hall bieten sich besondere Dämmungen bzw. Beschichtungen von Boden, Decke und Wänden an. Je nach Ausmaß der gewünschten Beteiligung der Lerner (reicht von gar nicht, eher auf Nachfrage des Dozenten (Kontrollfragen) bis zu freien Zwischenfragen) kann auf Fullduplex-Betrieb, also das gleichzeitige Senden und Empfangen von Audiosignalen, verzichtet werden. Für das Stellen von Zwischenfragen bzw. Antworten aus den verbundenen Standorten muss dann allerdings entweder ein separater Kommunikationskanal (z.B. Twitter-Kanal zum Stellen von Fragen, Chat) oder eine Melde-Funktion (zum Eintragen in eine Liste der Meldenden, aus denen der Dozent dann jemanden auswählen kann) unterstützt werden. Bei Zulassen von Fragen zu jedem Zeitpunkt ist allerdings ein Fullduplex-Betrieb notwendig, Rückkopplungen lassen sich hier durch den Einsatz spezieller Audio-Hardware vermeiden. Für die Videokommunikation zwischen den Räumen spielt die Auswahl und Positionierung der Kameras eine wichtige Rolle. Weitwinkelobjektive ermöglichen eine gute Gesamtansicht bei niedrigem Detaillierungsgrad, Teleobjektive erlauben die genaue Darstellung eines kleinen Ausschnitts. Die gerichtete Übertragung von Bild, Folien und Ton des Dozenten zu den verbundenen Standorten ist durch Installation entsprechender Kameras, Application oder Screen Sharing Software bzw. web-basierter Präsentationssoftware zur synchronisierten Anzeige der Folien an allen Standorten, und Nutzung eines tragbaren Mikrophons für den Dozenten heutzutage relativ einfach machbar. Sofern der Dozent einen Eindruck von der

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2 CSCL-Umgebungen

Situation an den verbundenen Standorten gewinnen können soll, ist auch dort die Installation von Kameras (in der Regel eher mit Weitwinkelobjektiv) notwendig. Im Hinblick auf die Koordination stellen sich bei der Kopplung mehrerer Räume für eine eher asymmetrische Kooperation Fragen nach der Unterstützung für eine geregelte Zusammenarbeit zwischen Dozent und verteilten Zuhörern, die ja im wesentlichen Fragen stellen bzw. beantworten können sollen. Hierzu können Werkzeuge für die Moderation eingesetzt werden, die z.B. das Anmelden von Redebeiträgen, die Erteilung von Rederecht, und das Stellen von Zwischenfragen regeln. Der gemeinsame Gruppenfokus wird in asymmetrischer Kooperation im Wesentlichen durch die Übertragung der Folien sichergestellt. In Bezug auf die Kooperation muss bei der Kopplung mehrerer Räume für eine eher asymmetrische Kooperation geklärt werden, ob und wie Untergruppen mit Mitgliedern aus verschiedenen Räumen unterstützt werden sollen, und welche Formen des Lernens in der verteilten Gruppe stattfinden sollen. Häufig findet bei der Übertragung von Vorlesungen kaum Kooperation zwischen Lernern in verschiedenen Räumen statt, da Gruppenarbeitssituationen in Vorlesungen eher selten sind. Arbeit an kleinen Aufgaben in der Vorlesung kann auch ohne spezielle Computerunterstützung zwischen Lernern am selben Standort stattfinden. Bei der Kopplung mehrerer Räume für eine eher symmetrische Kooperation muß das Design primär die Fullduplex-Kommunikation zwischen allen Standorten unterstützen. Beispiele für die Kopplung mehrerer Räume für eine eher symmetrische Kooperation ist die Kopplung von Besprechungsräumen zur Durchführung von verteilten Gruppensitzungen (in der Gruppenarbeit, im Praktikum) oder die Kopplung von rollenspezifischen Räumen (z.B. Tower mit Fluglotsen und Cockpit mit Piloten, oder verschiedene Cockpits mit Besatzungen zum Training von koordinierten Manövern, oder eines Cockpits mit Piloten und eines Kontrollraums der Simulation). Analog zur Audio- und Videokommunikation bei asymmetrischer Kooperation müssen geeignete Kommunikationswerkzeuge für die synchrone Kommunikation zwischen Räumen bzw. zwischen einzelnen Teilnehmern in verschiedenen Räumen ausgewählt werden. Besondere Bedeutung kommt wegen des Fullduplex-Betriebs der Unterdrückung von Echos zu, die durch Nutzung von Headsets oder durch besondere Echo-Cancelling Hardoder Software erfolgen kann. Gegenüber der statischen Positionierung von Kameras, die bei asymmetrischer Kooperation ausreichend ist, kann es bei symmetrischer Kooperation auch nützlich sein, die Personen einer Gegenstelle durch Fernsteuerungen selbst festlegen können, was sie sehen (z.B. bei Besprechungen auf den jeweiligen Sprecher oder das zu diskutierende Artefakt fokussieren). Sollen mehr als zwei Räume gekoppelt werden, müssen mehrere Gegenstellen angezeigt werden. Steht hierfür nur ein bestimmter Anzeigebereich zur Verfügung, sind die Bilder entsprechend kleiner und zeigen weniger Details. Alternativ kann jeweils nur der aktive Sprecher groß dargestellt werden und die anderen Gegenstellen sind nicht sichtbar. Werden nun die Kameras noch ferngesteuert, kann dies leicht zu Chaos führen, da keiner weiß, welche Gegenstelle nun gerade was sieht. In der Praxis werden daher oft nur zwei Standorte gekoppelt. Installationen mit mehreren Standorten verfügen in der Regel über professionelle Kontroll- und Moderationswerkzeuge, um die Koordination bei der Steuerung der Kommunikationsmedien besser zu unterstützen. Ein wichtiger Faktor bei der Gestaltung von Videokonferenzinstallationen ist auch die Beleuchtung: Objekte bzw. Personen, die aufgenommen werden sollen, müssen gut beleuchtet sein und Gegenlicht muss vermieden werden. Insge-

2.5 Kooperative Lernräume

141

samt ist die Realisierung gut funktionierender Videokonferenzräume eine komplexe Angelegenheit, die die Mitwirkung von Experten verschiedener Fachdisziplinen erfordert. Im Hinblick auf die Koordination bei symmetrischer Kooperation stellen sich Fragen nach der Unterstützung für eine geregelte Zusammenarbeit der Teilgruppen. Hierzu können Werkzeuge für die Moderation eingesetzt werden, die z.B. das Anmelden von Redebeiträgen, die Erteilung von Rederecht, und das Stellen von Zwischenfragen regeln. Zur Aufrechterhaltung eines gemeinsamen Gruppenfokus können beispielsweise ein Agendawerkzeug oder eine Gruppenanzeige in Form eines für alle sichtbaren Shared Whiteboards genutzt werden. Dafür bieten Smartphones und Tablet Computer (z.B. iPad) eine mobile und zunehmend verbreitete technologische Basis. In Bezug auf die Kooperation bei symmetrischer Kooperation muss geklärt werden, ob und wie Untergruppen mit Mitgliedern aus verschiedenen Räumen unterstützt werden sollen, und welche Formen des Lernens in der verteilten Gruppe stattfinden sollen. Je nach zu unterstützenden Lern- und Kooperationszenarien können dann Kooperationswerkzeuge (vgl. die Beiträge 2.2 bis 2.4) in den Räumen eingesetzt werden.

3.2

Realisierung von verteilten kooperativen Lernräumen

Zur Realisierung von verteilten kooperativen Lernräumen lassen sich raumbasierte und arbeitsplatzbasierte Systeme unterscheiden: Raumbasierte Systeme benutzten das Konzept des Media Space (Olson & Bly 1991), indem in jedem Raum Kommunikationsmedien und -werkzeuge als Bestandteil der Innenarchitektur realisiert werden. So bieten diese Installationen oft einen oder mehrere Großbildschirme bzw. Projektionsflächen zur Anzeige des Gruppenarbeitsbereichs und der Videobilder der Gegenstelle(n). Die Teilnehmer in einem Raum verwenden diese „Einrichtungsgegenstände“ für die Kommunikation, Koordination und Kooperation. Ist die Computerausstattung fest im Raum installiert, liegt eine stationäre, festinstallierte Lösung vor. Die einzelnen Teilnehmer haben hier keine eigenen Rechner, mit denen sie z.B. an der kooperativen Bearbeitung von Aufgaben teilnehmen könnten. Dem gegenüber gibt es heute einige mobile Lösungen, mit denen sich vorhandene Räumlichkeiten vorübergehend in einen kooperativen Lernraum verwandeln lassen (vgl. Abschnitt 1.2), der auch mit anderen kooperativen Lernräumen gekoppelt werden kann. Arbeitsplatzbasierte Systeme ergänzen den Media Space im Raum um persönliche Rechner. Auf diesen werden Werkzeuge bereitgestellt, mit denen die Teilnehmer sowohl die Funktion des Media Space steuern können als auch direkt auf den gemeinsamen Arbeitsbereich zugreifen oder individuelle Eingaben machen können. Heute führen viele Lerner eigene mobile Computer (Laptops, Notebooks, Tablet Computer, Smartphones) mit, die bereits netzwerkfähig sind, und mittels eines vorhandenen WLAN in die Infrastruktur eines verteilten kooperativen Lernraums eingebunden werden können. Aufgrund der bestehenden Inkompatibilitäten bzw. Verfügbarkeit von Software auf verschiedenen Betriebssystemen empfiehlt sich die Verwendung web-basierter Kooperationssoftware bzw. Apps, von denen es bereits eine große Anzahl für Android- oder iOS-basierte Endgeräte gibt. Allerdings ist auch hier auf die Kompatibilität der Software mit verschiedenen Browsern bzw. Betriebssystemen zu achten. Im Folgenden wird beispielhaft eine Realisierung mit Hilfe eines arbeitsplatzbasierten Systems vorgestellt.

142

3.3

2 CSCL-Umgebungen

Gekoppelte Besprechungsräume

Die Grundidee gekoppelter Besprechungsräume besteht in der Verbindung von Besprechungsräumen mittels Audio-/Video- und Datenverbindungen. Ein typisches Beispiel zeigt Abbildung 5. Das Konferenzsystem (z.B. Adobe Connect) stellt den einzelnen Räumen bzw. Teilnehmern Funktionen zum Besprechungsmanagement (z.B. Erzeugen und Löschen von Sitzungen, Einladung von Teilnehmern, Rednerliste, Aufzeichnungsfunktion), zum Audiound Videoconferencing sowie zum Zugriff auf gemeinsame Dokumente bzw. zur gemeinsamen Nutzung von Anwendungen zur Verfügung. Realisierten frühere Konferenzsysteme diese Funktionen oft mittels dedizierter Software und Hardware, so basieren heutige Lösungen vermehrt auf Internet-Standards und der Nutzung eines Browsers als Bedienoberfläche. Besprechungsraum 1

Besprechungsraum 2

Audio-/VideoConferencing

Audio-/VideoConferencing

Gemeinsame Dokumente und Anwendungen

Gemeinsame Dokumente und Anwendungen

Besprechungsmanagement

Besprechungsmanagement

KonferenzSystem

Arbeitsplatz 3

Arbeitsplatz 4

Audio-/VideoConferencing

Audio-/VideoConferencing

Gemeinsame Dokumente und Anwendungen

Gemeinsame Dokumente und Anwendungen

Besprechungsmanagement

Besprechungsmanagement

Abbildung 5

Konfiguration einer verteilten Besprechung mittels eines Konferenzsystems

Innerhalb der Besprechungsräume wird oft eine öffentliche Präsentationsfläche (z.B. Großbildschirm, Projektor, interaktive Tafel) als Gruppenfokus bereitgestellt sowie Kamera(s), Mikrophone und Lautsprecher für die Audio-/Videokommunikation mit entfernten Teilnehmern. Zusätzlich werden auf den Rechnern im Besprechungsraum den Teilnehmer die gemeinsamen Anwendungen und Dokumente angezeigt. Hierzu ist mindestens ein Rechner notwendig, der die öffentliche Präsentationsfläche nutzt und den sich alle Teilnehmer als Eingabegerät teilen. Hier läuft dann auch die Bedienoberfläche des Besprechungsmanagements, sofern es einen lokalen Moderator gibt. Maximal hat jeder Teilnehmer im Raum ein eigenes Endgerät, mittels der die gemeinsamen Anwendungen und Dokumente sowie das Besprechungsmanagement angezeigt und ggf. manipuliert werden können.

2.5 Kooperative Lernräume

143

Analoge Funktionalität steht auch den entfernten Arbeitsplätzen zur Verfügung, die quasi als Besprechungsräume mit nur einem Teilnehmer behandelt werden. Hier genügt dann ein Rechner mit Videokamera, Mikrophon und Lautsprecher (z.B. Webcam und Headset). Das Konferenzsystem speichert die verwendeten Dokumente und ggf. Aufzeichnungen und stellt sie auch nach der Sitzung zur Verfügung. Die Abbildungen 6 und 7 illustrieren zwei miteinander gekoppelte Sitzungsräume. Abbildung 6 zeigt den ersten Sitzungsraum. Hier wird das Bild des zweiten Sitzungsraums auf der elektronischen Wandtafel angezeigt. Die Kamera ist unterhalb der Wandtafel positioniert. Grenzflächenmikrophone auf dem Tisch nehmen die Stimmen der Teilnehmer auf. Abbildung 7 zeigt den zweiten Sitzungsraum. Hier wird das Bild des ersten Sitzungsraums auf einem Fernseher (in Abbildung 7 nicht sichtbar) an der Rückseite des Raumes dargestellt. Dort ist auch die Kamera aufgestellt. Auf dem interaktiven Großbildschirm und auf allen Arbeitsplatzrechnern läuft die Konferenzsoftware und gewährt so Zugriff auf das gemeinsame Sitzungsdokument.

Abbildung 6:

Zwei gekoppelte Besprechungsräume: Erster Sitzungsraum

Abbildung 7:

Zwei gekoppelte Besprechungsräume: Zweiter Sitzungsraum

144

3.4

2 CSCL-Umgebungen

Beispiele verteilter Lernräume

Im CSCL werden gekoppelte Lernräume für verschiedene Lernszenarien eingesetzt: Aus den Präsenzuniversitäten sind zahlreiche Beispiele der Übertragung von Vorlesungen in entfernte Hörsäle bekannt. War früher noch die analoge Übertragung von Video- und Audiosignalen auf Fernsehmonitore in den entfernten Hörsälen im selben Hörsalgebaude üblich, mehren sich mittlerweile Beispiele für die Übertragung von Vorlesungen zu anderen Universitäten, auch länder- und kontinentübergeifend. Ein gutes Beispiel hierfür sind die ShanghAI Lectures (2011). Hier findet eine verteilte Vorlesung (asymmetrische Kooperation) zwischen international verteilten Universitäten statt. Sie besteht aus sieben per Videokonferenz in verbundene Hörsäle übertragenen Vorlesungen sowie aus fünf Diskussions- und Übungssitzungen, die in der 3-dimensionalen kollaborativen virtuellen Umgebung UNIworld stattfinden. Die Übertragung der Vorlesung benutzt H.323 Video- und Audioconferencing für die Dozenten und Adobe Connect für das synchronisierte Anzeigen der Folien. Zusätzlich wird eine Vorlesungsaufzeichnung mittels SWITCHcast (2011) durchgeführt. Studierende können ihre Fragen an eine Newsgroup schicken, aus der der Dozent die Fragen auswählt, die in einer späteren Diskussionssitzung behandelt werden. Hierdurch wird synchrone Kommunikation von den verteilten Lernern zum Dozenten vermieden, und das Konzept skaliert auch für große Teilnehmerzahlen. Zur Milderung der durch die fehlende Präsenz des Dozenten bedingten Probleme hat es sich bewährt, lokale Assistenten einzusetzen, die als Ansprechpartner für Fragen etc. dienen. Die ShanghAI Lectures bieten zusätzlich synchrone Diskussions- und Übungssitzungen in der 3-dimensionalen kollaborativen virtuellen Umgebung UNIworld, in denen Studierende Projekte in Gruppen bearbeiten. Hierdurch sollen Interaktion und Kooperation zwischen den Teilnehmern gefördert werden. Ein anderes Lernszenario zwischen gekoppelten Räumen ist das Seminar. Hier präsentieren und diskutieren verteilte Teilgruppen aus verschiedenen Hochschulen ein Thema. Aufgrund der kleineren Teilnehmerzahl und durch den Einsatz von Moderationstechniken kann die Interaktivität hier, im Vergleich zur gestreamten Vorlesung, erhöht werden. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Videoprüfungen (vgl. hierzu Beitrag 2.1, Abschnitt 4.6 Synchrone Konferenzen). Dabei kommunizieren und kooperieren Prüfer und Prüfling unter Einsatz von Audio-/Videoverbindungen (z.B. mittels Skype oder anderer Videokonferenzsoftware), eines Shared Whiteboards oder einer Dokumentenkamera. Dieses Verfahren wird seit langem erfolgreich an der FernUniversität in Hagen eingesetzt, um weit entfernten bzw. körperlich nicht reisefähigen Studenten die Anreise zu ersparen bzw. überhaupt eine Prüfung zu ermöglichen. Die Nutzung des Videokanals erlaubt es dem Prüfer und dem Prüfling zusätzliche nonverbale Signale zur Koordination und zur Steuerung des Gesprächsverhaltens zu nutzen. Im Vergleich zu einer Audioverbindung ergibt sich so ein deutlicher Vorteil. Beim Einsatz der Technik hat sich die technische Betreuung, Identifikation und Überwachung der Prüflinge durch Mitarbeiter an den Studienzentren bewährt.

2.5 Kooperative Lernräume

4

145

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde vorgestellt, wie kooperatives Lernen in einem physikalischen Lernraum und in gekoppelten physikalischen Lernräumen durch den Einsatz von Computern unterstützt werden kann. Dabei wurde deutlich, dass zur Realisierung neben der Software auch die Gestaltung des Raumes, die Art und Anordnung von Hardware wie Mikrofone, Kameras, Lautsprecher und Displays eine wichtige Rolle spielt. Hier unterschieden wir die stationäre Lösungen zur Einrichtung dedizierter Räume von der vorübergehenden Ausstattung vorhandener Räume mit mobilen Lösungen zur Verwandlung in einen kooperativen Raum (Projektion, WLAN bzw. Netz, mobile Geräte mit Audio und optional Video, Standard-Software für Kooperation wie z.B. Skype mit Desktop Sharing, Google Docs, Dropbox). Für die verschiedenen Nutzungsszenarien (Besprechungen/Projektsitzungen, Vorlesungen, Seminare) wurden jeweils relevante Beispielrealisierungen vorgestellt und gesammelte Erfahrungen skizziert. Aktuell sehen wir einen Trend zum zunehmenden Einsatz von generischer Technologie (WLAN, Projektion, Standard-Software für Kommunikation und Kooperation), mit deren Hilfe sich kooperative Lernräume zunehmend einfacher realisieren lassen. In der Forschung zu Kooperationsunterstützung sehen wir in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse an location-aware bzw. allgemeiner context-aware Computing (vgl. z.B. Zaki et al. 2010). Hier steht die Nutzung von Ortsinformation (über GPS, Funkzellen-, WLAN-Lokalisierung) bzw. Kontextinformation (z.B. Wer kennt wen? Wer arbeitet an was? Wer weiß was? Wer teilt die gleichen Aufgaben, Rollen, Artefakte?) zur Konfiguration passender Kooperationsumgebungen im Vordergrund. Wir erwarten, dass dieser Trend sich auch auf die Unterstützung für CSCL ausweitet, z.B. bezüglich der Konfiguration situations- und gruppenbezogener kooperativer Lernräume. Auch die Entwicklung und Verbreitung ubiquitärer Infrastrukturen, z.B. Cloud Computing und Web Clouds (Mell & Grance 2009), bieten neue flexible Realisierungoptionen für zukünftige kooperative Lernräume.

146

2.6

2 CSCL-Umgebungen

Virtuelle kooperative Lernräume Peter Dawabi Cogito Projects, Zürich

1

Einleitung

Soziale kooperative Lernprozesse beziehen sich immer auf gemeinsam genutzte Materialien und Ressourcen, die ausgetauscht und bearbeitet werden. Bei den Ressourcen kann es sich auch um reine Informationen handeln, die von dem Lehrenden an die Lernenden weitergegeben werden. Bei örtlich verteilten Lernprozessen besteht das Problem, dass Materialien und Ressourcen an allen Lernorten und im Idealfall auch zeitlich flexibel zur Verfügung stehen müssen, um eine jederzeitige Informationsaufnahme und Bearbeitung zu ermöglichen. Ein Ansatz zur Lösung dieser Probleme kann es sein, die Lerner in sog. virtuellen kooperativen Lernräumen zusammenkommen zu lassen. Virtuelle kooperative Lernräume können in Form von Software-Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, welche den Benutzern einen gemeinsamen Zugriff auf das Lernmaterial sowie einen Informationsaustausch ermöglichen. Internet-Technologien erlauben es, weltweit verteilten Lernern ein Zusammentreffen in virtuellen Lernräumen zu ermöglichen, um kooperativ zu lernen und den Wissensstoff zu erarbeiten. Internet- und Multimedia-Technologien beeinflussen seit Jahren die herkömmlichen Lernund Lehrmethoden, sodass sich diese mittlerweile in klassische Lehr- und Lernmethoden integrieren und mit ihnen kombinieren lassen. Im folgenden Abschnitt wird der Begriff Virtueller kooperativer Lernraum anhand der funktionalen Teilbereiche Koordination, Kommunikation und Kooperation definiert. Danach werden häufig wiederkehrende Anwendungsszenarien identifiziert und einige exemplarische Werkzeuge und Plattformen für die Realisierung virtueller kooperativer Lernräume vorgestellt. Nachfolgend wird anhand eines Beispiel-Systems die Nutzung virtueller 3D-Räume beschrieben und eine denkbare Erweiterung um kooperative Funktionalitäten vorgestellt. Abschließend werden qualitative Anforderungen an virtuelle Lernumgebungen besprochen und die mögliche Kombination realer und virtueller Lernszenarien angesprochen.

2

Definition

Reale Lernräume, wie sie in der Präsenzlehre vorzufinden sind, profitieren von dem direkten Austausch nonverbaler und sozialer Hinweisreize. Diese erleichtern oder ermöglichen häufig erst eine soziale Orientierung innerhalb der Gruppe, eine optimierte Abstimmung zwischen den Lernenden sowie die Ausbildung eines Gruppenbewusstseins. In realen Lernräumen erfolgt der Austausch von Wissen meist intuitiv und auf verbalem Wege, ohne dass es spezieller technologischer Hilfswerkzeuge bedarf. Virtuelle Lernräume dagegen versuchen, mit Hilfe einer Software-basierten Umgebung die Eigenschaften und Vorteile einer realen Lernumgebung so weit wie möglich nachzubilden, um eine verteiltes, ortsunabhängiges Lernen

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

147

zu unterstützen. Virtuelle kooperative Lernräume (im weiteren Text kurz VKL genannt) bieten darüber hinaus eine funktionale Unterstützung in den Bereichen Kommunikation, Koordination und Kooperation (Abb. 1).

Awareness, Accessund Floor-Control, ...

Koordination

Informations- und Dateiaustausch, ...

Kommunikation

Gemeinsame Ressourcennutzung, ...

Kooperation

Virtueller Kooperativer Lernraum Abbildung 1:

Funktionale Bereiche eines virtuellen kooperativen Lernraums

Der zentrale Bereich Kommunikation umfasst Funktionalitäten, die einen Informationsaustausch zwischen den Akteuren eines virtuellen Lernraums ermöglichen. Dazu können zum Beispiel Chat-, Audio- und Video-Kommunikationswerkzeuge gehören. Der Bereich Koordination umfasst Funktionen, welche die Kommunikation zwischen den Teilnehmern regeln. Das kann durch die Zuordnung der Rolle eines Tutors geschehen, welcher die Kommunikation zwischen den Lernern optimiert und organisiert. In den Bereich der Koordination fällt auch die Verteilung von Aufgaben und Zugriffsrechten innerhalb des Lernraums, also die Bestimmung wer was wann wo tun darf – auch unter dem Begriff floor control zusammengefasst. Auch Werkzeuge, welche die Anwesenheit der Teilnehmer in Form von Icons oder Namenslisten anzeigen (Awareness, s.a. Beitrag 2.1), koordinieren die Zusammenarbeit. Der Bereich Kooperation kann Werkzeuge umfassen, die das Explorieren und Benutzen von Ressourcen, die für den Lernprozess notwendig sind, durch mehrere Benutzer ermöglichen. Eine detaillierte Beschreibung kooperativer Funktionalitäten findet sich in Beitrag 2.3. Ein System ist dann als ein VKL zu bezeichnen, wenn alle drei genannten Bereiche funktional abgedeckt sind. Im Bereich Kommunikation reicht dazu die Umsetzung einer Funktion wie Chat-, Audio- oder Video-Kommunikation aus. Hingegen sollte der Bereich Koordination den Lernenden die Unterstützung anbieten, die sie benötigen, um anstehende Aufgaben geordnet zu bearbeiten, ohne sich gegenseitig zu blockieren oder in der Arbeitseffizienz zu beeinträchtigen. Diese Koordination muss dabei nicht zwingend computerunterstützt erfolgen, sondern kann auch durch vorab kommunizierte Regeln realisiert werden, die sich auf das umgesetzte Lernszenario beziehen. Auch die Unterstützung der Kooperation sollte hinreichend abgedeckt sein. Diese kann technisch auch auf Komponenten beruhen, die bereits für die Bereitstellung der Kommunikation implementiert worden sind. So kann beispielsweise ein Chat- oder Video-Tool kooperative Funktionalitäten bereitstellen oder um diese erweitert werden. Gänzlich ohne die Bereitstellung einer kooperativen Unterstützung kann jedoch nicht von einem vollwertigen VKL gesprochen werden. Bereits in der Lernumgebung VITAL (Virtual Teaching and Learning, s. Pfister et al. 1998) lassen sich die funktionalen Bereiche exemplarisch identifizieren: Die Lernumgebung er-

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2 CSCL-Umgebungen

möglicht das gemeinsame Lesen und Bearbeiten von Lernmaterialien in Form von Hypermedia-Dokumenten. Dazu bietet es Kommunikationswerkzeuge (Chat, Audio) sowie Awareness-Funktionen an, um die Anwesenheit und den Aktivitäts-Fokus der Teilnehmer zu visualisieren (s. Abb. 2). Private und Gruppen-Lernräume und Auditorien dienen der ZugriffsKontrolle auf Lern-Ressourcen sowie auf die übrigen Teilnehmer.

Abbildung 2:

VITAL als frühes Beispiel eines VKL

Den Ansatz von VITAL hat die Lernumgebung CROCODILE (Creative Open Cooperative Distributed Learning Environment, s. Wessner et al. 2001) dahingehend erweitert, dass zu der bereits in VITAL eingesetzten Metapher virtueller Räume die Abbildung eines virtuellen Campus hinzukommt, welcher aus mehreren funktional unterschiedlichen virtuellen Gebäuden besteht. Jedes Gebäude enthält wiederum spezifische Räume, in denen die Lerner mit Hilfe geeigneter Anwendungen individuell oder kooperativ lernen können. Die virtuellen Räume lassen sich öffnen und abschließen oder auch nur für bestimmte Nutzer zugänglich machen. CROCODILE verfügt über sog. Lernnetze, die das explorierte Wissen als Netz aus Wissenselementen und Beziehungen zwischen diesen Elementen darstellen. Außerdem lassen sich Lernprotokolle bzw. CSCL-Skripts (vgl. Beiträge 2.7 und 3.5) zur Steuerung des Lernverlaufs einsetzen. CROCODILE und VITAL repräsentieren damit bereits ein VKL mit den grundlegenden Funktionsbereichen.

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

3

149

Anwendungsszenarien

In VKL lassen sich häufig wiederkehrende Lern- und Anwendungsszenarien charakterisieren. Gemeinsam ist jedoch fast allen VKL, dass Lernmaterialien gemeinsam genutzt werden und ein synchroner oder auch asynchroner Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern ermöglicht wird. Im Einzelnen lassen sich folgende Szenarien identifizieren, die sich in verschiedenen virtuellen kooperativen Lernräumen wiederfinden: – – – – – –

4

Kooperatives Erstellen von Lernmaterialien (bei gemeinsamer Nutzung von Ressourcen) Nachbearbeiten und Korrigieren von Lernmaterialien Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden „Peer-to-Peer“ Kommunikation zwischen den Lernenden Beantwortung von Fragen oder Lösung vorgegebener Aufgaben Angeleitete oder freie Durchführung von sequentiellen Arbeitsschritten und Prozessen (wie beispielsweise in Experimenten oder während der Durchführung von Praktika)

Werkzeuge und Plattformen für virtuelle kooperative Lernräume

Um VKL zu realisieren, welche zumindest einige der oben aufgelisteten Szenarien unterstützen, lassen sich unterschiedliche Plattformen und Werkzeuge einsetzen. Es existiert momentan keine Plattform, welche alle o.g. Szenarien umfassend unterstützt. Häufig werden daher auch Plattformen oder Werkzeuge in Kombination eingesetzt, um das gewünschte Resultat zu erreichen. Die Systeme lassen sich in generische und spezifische VKL unterteilen: Generische VKL lassen sich flexibel für verschiedene Lernszenarien und -inhalte konfigurieren und einsetzen. Generische wie spezifische VKL können entweder „leer“ sein oder bereits Lernmaterialien zur Verfügung stellen. Meist sind generische VKL nicht mit Lerninhalten ausgestattet, erlauben jedoch das Einbinden bzw. Erstellen beliebiger Inhalte. Sie setzen dafür in vielen Fällen spezifische technische Standards für deren Einbindung voraus (z.B. SCORM-Kompatibilität, s.a. Beitrag 4.7). Als generische Werkzeuge für die Erstellung von VKL lassen sich beispielsweise Werkzeuge und Plattformen wie BSCL, CSILE, Habanero, opensTeam, Moodle oder Blackboard einsetzen: Das BSCL System (Stahl 2002) erweitert das bereits etablierte BSCW System (Appelt 1999) um Funktionen für die Nutzung in Klassenraum-ähnlichen Szenarien. So bietet BCSL Funktionen wie Gruppenbildung, Definition von Lernräumen (sog. „virtual learning places“) sowie die Zuordnung spezifischer Nutzerrollen. BSCL basiert auf dem BSCW System, welches gemeinsame Arbeitsbereiche anbietet, in denen Gruppen Dokumente ablegen, verwalten, bearbeiten und austauschen können. BSCW und damit auch das BSCL System bieten hauptsächlich asynchrone Kommunikationsmöglichkeiten. Die Benutzer des BSCL Systems können Arbeitsgruppen definieren und kontaktieren sowie getrennte Arbeitsbereiche erstellen, um nur einige der wichtigsten Funktionen zu nennen, die sich besonders für LehrerKlassen-Szenarien eignen. Mittlerweile enthalten beide Plattformen auch synchrone Kommunikationsmöglichkeiten wie Chat oder Messaging (siehe auch Beitrag 2.8 für eine detaillierte Beschreibung der BSCW-Plattform).

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2 CSCL-Umgebungen

Eine ebenfalls asynchrone Kooperationsplattform repräsentiert die Lernumgebung CSILE, ein bis 1995 weiterentwickeltes System, welches auf Apple Computern individuelles und kooperatives Lernen in der Schule unterstützt (Scardamalia & Bereiter, 1994). Kooperativ genutzt, können die Schüler mit den von CSILE zur Verfügung gestellten Funktionalitäten eine Gemeinschaft bilden, in der sie Verantwortung für das eigene Lernen übernehmen können. Mit CSILE lassen sich Ausarbeitungen und Fragen der Mitschüler kommentieren und reflektieren. Theoretische Grundlage von CSILE ist das Konzept des sog. intentionalen Lernens, welches versucht, die Schüler bewusst auf bestimmte Ziele hin lernen zu lassen. Knowledge Forum (KnowledgeForum 2004) ist die kommerzielle Weiterentwicklung von CSILE (s.a. Beitrag 2.3). Das System Habanero (Chabert et al. 1998) ist ein Java-basiertes generisches Framework für die Erstellung kooperativer Client-Server Applikationen für den Anwendungsbereich „Wissenschaft und Erziehung“. Es eignet sich primär für die Implementierung synchroner kooperativer Anwendungen. Das Framework bietet auch die halb-automatische Konvertierung herkömmlicher Java-Applets zu kollaborativen Anwendungen an. open

sTeam (Hampel & Keil-Slawik 2002) stellt dagegen eine Open Source Umgebung für den Aufbau und die Pflege virtueller Wissensräume dar. Die sTeam Umgebung erlaubt synchrone und asynchrone Kooperationsformen sowie die Verwaltung hypermedialer Dokumente. Das System dient auch als sein eigenes Verwaltungs-Werkzeug. Es erlaubt das Anlegen von Räumen, das Erteilen von Zugriffsberechtigungen, das Bearbeiten von auf anderen Servern befindlichen Objekten sowie die Weitergabe von Objekten und Dokumenten per „Rucksack“ an andere Nutzer. Die Raummetapher wird intensiv genutzt und dient der strukturellen Abbildung von Zuständigkeiten sowie den Rechten oder Kompetenzen der in den Räumen befindlichen Nutzer bzw. deren Repräsentationen.

Das in den letzten Jahren immer weiter verbreitete Moodle (Moodle 2011) stellt eine Lernplattform auf Open-Source-Basis dar, die auf einem objektbasierten Kursmanagementsystem (LMS) basiert. Die generische Software-Umgebung unterstützt kooperative Lehr- und Lernmethoden. Mit ihr können Materialien online verfügbar gemacht und die Kommunikation zwischen Studierenden und Lehrenden in vielerlei Hinsicht unterstützt werden. Für die Anforderungen an kollaboratives Lernen stehen in Moodle sowohl synchrone (Chat-Funktion) als auch asynchrone Instrumente (wie z.B. Foren, Wikis, Blogs oder Glossare) zur Verfügung. Analog zu opensTeam bedient sich Moodle dabei der Metapher virtueller Lern- und Arbeitsräume. In Moodle dient die Raummetapher sowohl administrativen und verwaltenden Aufgaben als auch der reinen Wissensvermittlung auf Basis unterschiedlicher Kommunikationsformen. Die in Moodle enthaltenen Lernaktivitäten werden über sog. Module zur Verfügung gestellt. Das Modul „Abstimmung“ stellt den Teilnehmern beispielsweise die Durchführung einer kleinen Umfrage zur Verfügung. Der Lehrende kann auch Übungen in Form von „Aufgaben“ vorgeben, die von Kursteilnehmern bearbeitet werden müssen. Diese werden dann als Text oder in Dateiform (z.B. Ausarbeitungen, Präsentationen oder Berichte) termingerecht abgegeben. Mittels des Testmoduls lassen sich auch Fragetypen wie Multiple-Choice, FrageAntwort Zuordnung oder freie Texteingabe verwenden. Auf diese Weise können die Lernenden Feedback und Bewertungen durch die Lehrenden erhalten.

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

151

Mittlerweile stehen optional viele weitere Zusatzmodule zur Verfügung, wie etwa zum Editieren mehrseitiger Dokumente, zur Erstellung von Zertifikaten oder zur Eingabe von Feedback, um nur einige zu nennen. Nutzer und Entwickler sind aufgefordert, eigens entwickelte Zusatzmodule über die Moodle-Webseite der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Auch lassen sich SCORM- und LAMS-Lerneinheiten in ein laufendes Moodle-System einbinden. Die Kurse und Lerneinheiten lassen sich jedoch bisher nicht in diesen Formaten exportieren, sondern nur zwischen Moodle-Systemen austauschen.

Abbildung 3:

Screenshot der Lernplattform L2P der RWTH Aachen

Analog zu opensTeam ist Moodle auf virtuelle Lern- und Arbeitsräume ausgelegt, in denen Lehre und Selbstlernmöglichkeiten angeboten werden. Integrierbare Online-Tests und das Verteilen von „Aufgaben“ erlauben eine Überprüfung des Wissensstands und somit eine verbesserte Vorbereitung auf Prüfungen sowie die terminierte Abgabe von Texten oder Dateien über Moodle. Auf diese Weise können die Lernenden Feedback und Bewertungen durch die Lehrenden erhalten. Aktuell verfügt Moodle über zahlreiche Installationen in über 200 Ländern – sowohl innerhalb öffentlicher Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten als auch innerhalb privater Bildungsträger. Ein kommerzielles Alternativsystem zu Moodle stellt Clix dar. Clix kommt u.a. im Lehr- und Lernportal L2P der RWTH Aachen zum Einsatz (L2P 2011, vgl. Abb. 3). Zusatzkomponenten von Clix realisieren Funktionen eines virtuellen Klassenraums, die den Benutzern das Kommunizieren und gemeinsame Arbeiten im Verlauf von Lernprozessen ermöglichen. Damit können Echtzeitkurse, virtuelle Live-Seminare, Lerngruppen-Meetings, Brainstormingaktivitäten oder interaktive Tests durchgeführt werden.

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2 CSCL-Umgebungen Startseite

Lernräume

Bereiche

Komponenten

Öffentlicher Bereich

Organisatorisches

Ankündigungen Informationen E-Mails

Lernraum A

Lernmaterialien

Meine Veranstaltungen

Lernraum B

Literatur

Meine Termine

Lernraum C

Gemeinsamer Bereich

Aktuelles





Umfragen Dokumente

L2P Lehr-/ Lernportal

Abbildung 4:

Strukturierte L.

Diskussionsforum

Wiki-Seiten

Komponentenhierarchie des L2P Portals der RWTH Aachen

Ein auf Basis von Clix realisiertes System lässt sich flexibel in ein vorhandenes OnlineLehrangebot integrieren. Abb. 4 zeigt exemplarisch die Komponentenhierarchie des L2P Portals. Die dabei umgesetzte Lernraum-Metapher dient ebenfalls der kontextabhängigen Bereitstellung von Informationen, von Lernmaterialien sowie kommunikativen Funktionalitäten. Als eines der ersten generischen VKL bietet Clix auch einen mobile Client („CLIX Learn & Go“) an, die auf dem iPhone OS, Android und Windows Mobile läuft (s. IM-C 2011). Dort können Lehrinhalte auch als „location based Services“ angeboten werden, um bspw. Kursangebote nur regional anzubieten. Ob und inwieweit komplexe Lehrmaterialien über derartige mobile Anwendungen vermittelt und aufgenommen werden können, bleibt abzuwarten. Aber sie lassen sich sinnvoll einsetzen, um mobil den Lern- und Wissensstand zu verifizieren oder um über die Lerninhalte zu kommunizieren. Aufgrund der flexiblen Nutzungsweise gehören Clix und Moodle ebenfalls zu den generischen VKL. Weitere Vertreter sind Studi.IP (Stud-IP 2011) oder auch das immer weiter verbreitete Open-Source System ILIAS (Ilias 2011), auf die hier nicht näher eingegangen wird. Demgegenüber sind spezifische VKL auf einzelne Anwendungsbereiche eingeschränkt bzw. spezialisiert. Fachspezifische VKL sind im Extremfall sogar auf einzelne Wissensgebiete oder Naturwissenschaftliche Bereiche aus Physik, Chemie oder Biologie beschränkt. So findet man auf der Webseite des Forschungsprojektes Physics2000 (PhysicsLab 2004) einen fachspezifischen virtuellen Lernraum: Dort werden unterschiedliche physikalische Phänomene und Experimente multimedial aufbereitet. Die einzelnen Themen werden dem Benut-

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

153

zer als multimediale Applets präsentiert und auf spielerische Weise nahe gebracht. Die Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten auf der Webseite beschränken sich dort jedoch auf das Versenden von E-Mails, sodass Physics2000 nicht als vollständiger VKL anzusehen ist. Ein spezifischer VKL kann auch als Implementation eines generischen VKL umgesetzt werden. So lassen sich beispielsweise auf Basis von Habanero (s.o.) fachspezifische Applikationen realisieren. Einen etwas anderen Ansatz, eine fachspezifische virtuelle Lernumgebung zur Verfügung zu stellen, verfolgt das Projekt RETWINE (Gomez et al. 2000). Innerhalb des Projektes wird die Benutzung elektronischer Messinstrumente über ein web-basiertes Interface zur Verfügung gestellt (s. Abb. 5).

Abbildung 5:

Screenshot einer Messgeräte-Steuerung als Beispiel einer RETWINE Anwendung

Dabei wird die Benutzung der Geräte jedoch nicht simuliert, sondern reale Geräte über den Browser ferngesteuert. Bei dieser Art einer virtuellen Lernumgebung handelt es sich somit um ein „Remote Laboratory“. Die funktionalen Bereiche Koordination und Kommunikation zwischen den Nutzern werden zwar nicht unterstützt, doch wird zumindest Kooperation im Sinne einer asynchronen, verteilten Nutzung der Ressource „Messgeräte“ realisiert. Der Einsatz der Geräte ist in keinen Versuchsablauf eingebunden und erlaubt eine freie Bedienung. Es ist auch keine tutorielle Unterstützung integriert, um den Benutzer im Bedarfsfall anzuleiten und den Gebrauch der Instrumente zu demonstrieren.

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2 CSCL-Umgebungen

Virtuelle 3D-Räume

Die bisher erwähnten Lernräume benutzen Räume nur als Metapher, um funktionale Bereiche innerhalb der Lernumgebung voneinander abzugrenzen. Es gibt aber seit Jahren auch virtuelle Lernräume, die einen 3D Raum simulieren, durch den man wie durch einen realen Raum navigieren kann. Virtuelle 3D-Räume bieten für die Vermittlung von Informationen und Erfahrungswissen viele Vorteile. Vorhandene Objekte und Ressourcen lassen sich dort unmittelbarer erschließen und analog zu den äquivalenten Objekten der realen Welt darstellen und im Idealfall auch in analoger Weise handhaben. Die unmittelbar „begreifbare“ 3D-Welt kann den Lernaufwand reduzieren und die zu vermittelnden Lerninhalte intuitiver vermitteln. Wenn das Szenario passend gewählt ist, lassen sich die gewonnenen Erfahrungen direkt auf den Einsatz in der realen Praxis übertragen. Einen fachspezifischen Lernraum, der intensiv Gebrauch von virtuellen 3D-Räumen macht, stellt die Lernumgebung GenLab dar (Boles et al. 1998, Schlattmann & Appelrath 2003). GenLab erlaubt das virtuelle Durchführen gentechnologischer Versuche, um Studenten und Schüler auf reale gentechnische Praktika vorzubereiten und mit den Versuchsgeräten und Versuchsabläufen vertraut zu machen. GenLab erlaubt das Navigieren in virtuellen Laborräumen, um dort Experimente und einzelne Versuchsabschnitte aus unterschiedlichen Bereichen der Gentechnologie durchzuführen. Die Vorgehensweise im virtuellen 3D-Labor ist dicht am realen Vorbild gehalten, sodass den Benutzern eine Übertragung der Erfahrungen auf reale Praktika nicht schwer fällt (siehe Abb. 6). Das System stellt die Versuchsprotokolle und das Hintergrundwissen multimedial aufbereitet zur Verfügung. Obwohl die Versuche angeleitet und die Durchführung Schritt für Schritt protokolliert und aufgelistet wird, hat der Benutzer die Möglichkeit, das Labor, die einzelnen Geräte und Reagenzien selbstständig zu explorieren und sogar Fehler zu machen. Die einzelnen Arbeitsschritte lassen sich wieder rückgängig machen und wiederholen. Das System übernimmt auch eine Tutor-Funktion, indem man sich komplexe Arbeitsschritte automatisch vorführen lassen kann. GenLab ist als Einbenutzer-Anwendung entwickelt worden und somit nicht kooperativ einsetzbar. Es dient aber der Vorbereitung auf kooperativ durchzuführende Versuche in einem realen Labor. Erste Überlegungen, den GenLab Ansatz zu einem kooperativ nutzbaren Lernraum zu erweitern, finden sich in (Dawabi & Rubart 2000). Die vielfältigen Potentiale, gemeinsam in einem virtuellen 3D-Raum Versuche durchzuführen, lassen sich sehr gut am Beispiel des Genlab Systems aufzeigen: Anstelle einer Unterweisung durch die Softwareanwendung kann ein realer Versuchsleiter, der an einem virtuellen kooperativen Szenario teilnimmt, die Einweisung der Schüler bzw. Studenten vornehmen. Er könnte direkt den Umgang mit den Geräten und Reagenzien demonstrieren und mit Hilfe weiterer Kommunikationskanäle, wie z.B. Chat, erläutern. Auch auf Anmerkungen und Fragen der Praktikanten könnte er so direkt eingehen. Einzelne Laborbereiche und Geräte ließen sich dabei nur für bestimmte Nutzer freigegeben, um sich das erlernte Gerätewissen und deren Handhabung einzeln vorführen zu lassen und bei auftauchenden Fehlern korrigierend einzugreifen. Die Praktikanten könnten und sollten sich dann auch untereinander austauschen und unterstützen. Dabei ließen sich auch Kommentare und optische Marker in das Szenario einfügen. So könnten die aktuellen Versuchsschritte besprochen und gleichzeitig die behandelten Objekte markiert werden.

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

Abbildung 6:

155

Screenshot einer GenLab-Versuchsdurchführung

Die Integration synchroner Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Tutor und Studenten innerhalb eines virtuellen 3D Lernraums würde einen idealen VKL darstellen, der die funktionalen Bereiche Koordination, Kommunikation und Kooperation vollständig integriert. Das in (Scheucher et al. 2009) beschriebene virtuelle 3D System TEALsim kombiniert bereits eine virtuelle Experimentierumgebung wie GenLab mit Komponenten zur Echtzeitkommunikation wie Chat oder Webcam. In den letzten Jahren wurde versucht, dem gestiegenen Anspruch an Interaktion und Kommunikation mit Hilfe von simulierten 3D Multi User Virtual Environments (MUVE) gerecht zu werden. Ein prominentes Beispiel ist Second Life, das vielen Nutzern vornehmlich als kommerziell orientierte Entertainment Plattform bekannt ist. Von den Ende 2010 über 21 Mio. angemeldeten Mitgliedern sind durchschnittlich ca. 40.000 Benutzer gleichzeitig online, also als sog. Avatar im System eingeloggt. Die vielfältigen Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten erweitern die bisher vorgestellten Systeme um eine kontinuierliche virtuelle dreidimensionale Animation, die ein umfassenderes Raumgefühl erzeugt. Mit Hilfe einer individuell gestaltbaren Avatar-Figur lässt sich diese Raumwelt flexibel explorieren (Maedows 2008). Um an Second Life (kurz SL genannt) teilzunehmen, ist die Installation einer Client Software notwendig, die den Teilnehmern, den sog. Bewohnern, Werkzeuge zur Verfügung stellt, um den eigenen Avatar zu gestalten, beliebige Objekte und virtuelle Gebäude zu kreieren, durch

156

2 CSCL-Umgebungen

den Raum zu navigieren, die explorierte Welt aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und akustisch sowie visuell zu kommunizieren. Die Benutzung der Software, die Einrichtung der Avatarfigur, die Raumnavigation sowie das Benutzen von Objekten muss jedoch zuerst erlernt werden und erschließt sich neuen Benutzern nicht immer intuitiv. Darüber hinaus stellt die Client-Software relativ hohe Anforderungen an die Computer-Hardware und Bandbreite des Internetanschlusses. Wenn diese Hürden genommen sind, lassen sich innerhalb der Raumwelt künstliche Siedlungen, Landschaften, Inseln, Gewässer und spezielle Lebens-, Arbeits- und Lernräume erkunden. In den letzten Jahren sind zunehmend E-Learning Angebote in SL entwickelt worden. So existieren dort eigene University-Inseln wie z.B. die „European University Islands“, auf denen verschiedene Universitäten und Lehreinrichtungen aus ganz Europa virtuelle Dependancen eingerichtet haben (Simteach 2011). Diese umfassen individuelle Landschaften, Gebäude, Seminarräume, Hörsäle, Labore, Kommunikationstools und vieles mehr. Die Universität Bielefeld hat im Rahmen des Projektes EL3 (E-Learning-3D 2008) als eine der ersten Universitäten in Deutschland nicht nur eigene Lernräume in SL eingerichtet, sondern bereits ganze Seminarreihen, Vorlesungen und virtuelle Tagungen dort stattfinden lassen. Abb. 7 zeigt ein klassisches Vorlesungsszenario in SL. Der Dozent steht im virtuellen Szenario vor einer virtuellen Leinwand bzw. Bildschirm, auf denen er die Inhalte seiner Vorlesung präsentiert. Die Teilnehmer sitzen als Avatare im virtuellen Plenum. Neben der Interaktion mit den Objekten im Raum können diese Chat-Kommentare senden oder sich akustisch zu Wort melden, um Fragen zu stellen bzw. zu beantworten.

Abbildung 7:

Eine virtuelle Second Life Vorlesung der Universität Bielefeld

2.6 Virtuelle kooperative Lernräume

157

Während einer Veranstaltung kann auch zu anderen Orten oder Raumbereichen gewechselt werden, um spezielle Funktionen zu verwenden, die nur dort zur Verfügung stehen. So gibt es markierte Bereiche, die das Bearbeiten von Aufgaben in Kleingruppen ermöglichen, in denen also nur die Teilnehmer untereinander kommunizieren können, die sich dort befinden bzw. die entsprechende Funktion aktiviert haben. In (Mersch 2008) wird hervorgehoben, dass durch die Raumwahrnehmung „Anlässe zur Kommunikation“ entstehen, „die als stellvertretende Face-to-Face Kommunikation verstanden werden kann, wenn auch die nonverbalen Kommunikationsmöglichkeiten noch marginal sind“. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass zukünftige technologische Entwicklungen hier Abhilfe schaffen könnten. Auch die erwähnten technologischen und Usability-Barrieren lassen sich mit zunehmender Verbreitung leistungsfähiger Hardware und einer breiteren Akzeptanz virtueller Interaktionsformen reduzieren. Noch sind die bisherigen und laufenden E-Learning Experimente in virtuellen Raumwelten kein gleichwertiger Ersatz für die Präsenzlehre. Jedoch bieten sie eine ernstzunehmende Ergänzung des aktuellen und zukünftigen Lehrangebots und stellen teilweise jetzt schon einen idealen VKL dar.

6

Qualitative Anforderungen an virtuelle Lernumgebungen

Die gelungenste Umsetzung einer virtuellen Lernumgebung erreicht nur dann ihr Ziel, wenn auch der Lerngegenstand didaktisch sinnvoll vermittelt und in den Lernkontext der Nutzer eingebettet wird. Schulmeister hat u.a. in (Schulmeister 2001) verschiedene virtuelle Lernumgebungen untersucht und daraus resultierend acht Imperative für virtuelles Lernen postuliert. Die hingegen in (Schulmeister 1997) angebrachte Kritik an virtuellen Lehr- und Lernangeboten prangert jedoch nicht das Scheitern dieser Ansätze und virtuelle Lernräume als Sackgasse der Pädagogik an, sondern soll vielmehr zu einer Erhöhung der didaktischen Qualität beitragen.

7

Blended Learning: Kombination realer und virtueller Lernräume

Fast alle Software-unterstützten Lernszenarien sehen auch Präsenzlehrphasen vor, um verteilte Lernszenarien mit Präsenzlehre zu kombinieren. Auch eine Kombination des Einsatzes von VKL mit realen Lernszenarien ist sehr empfehlenswert, wenn nicht sogar unumgänglich in der schulischen und universitären Praxis. Verteilte Lernphasen dienen dabei eher der Vorund Nachbreitung des in der Präsenzlehre vermittelten Lernstoffs. So kann der Einsatz eines virtuellen Labors – selbst in einer kooperativen Variante – die Durchführung eines Praktikums in einem realen Labor nicht vollständig ersetzen. Ähnliche gilt für SL und anderen MUVE Lehrszenarien, die bisher ebenfalls in Kombination mit realen Lehrveranstaltungen durchgeführt werden.

158

8

2 CSCL-Umgebungen

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden virtuelle kooperative Lernräume (kurz VKL) anhand der Basisfunktionalitäten Kommunikation, Koordination und Kooperation sowie typischer Anwendungsszenarien definiert. Bereits vorhandene Werkzeuge und Plattformen für die Umsetzung von VKL wurden vorgestellt. Anhand der Erweiterung eines virtuellen 3D-Raums um kooperative Elemente wie in SL und anderen MUVE wurde ein „idealer“ VKL beschrieben, der die geforderten funktionalen Bereiche nahezu vollständig integriert. Zum Abschluss des Kapitels wurden auf die qualitativen Anforderungen an virtuelle Lernumgebungen und auf die Kombination realer und virtueller Lernszenarien (Blended Learning) eingegangen.

2.7 Werkzeuge für Scripted Collaboration

2.7

159

Werkzeuge für Scripted Collaboration Martin Wessner Fraunhofer IESE, Kaiserslautern

1

Einleitung

Der Ansatz des kooperativen Lernens weist viele Potentiale auf, Lernprozesse zu verbessern. Durch das Externalisieren individuellen Wissens, die Wahrnehmung der verschiedenen Sichtweisen und die gemeinsame Aushandlung von Wissen und Bedeutungen in der Gruppe können (individuelle) kognitive Prozesse ausgelöst werden, die zur Konstruktion neuen Wissens führen. Andererseits ist aber auch bekannt, dass das Lernen in der Gruppe nicht per se zu diesen positiven Effekten führt. Häufig fehlen den Lernenden benötigte Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation, Koordination und Kooperation, Argumentation oder zur Steuerung ihres Lernprozesses. Zusätzlich werden sie oft durch den zum eigentlichen Lernen hinzukommenden Aufwand zur Organisation des kooperativen Lernens überfordert. Aufgrund der spezifischen Eigenarten computerunterstützter Kooperation (Umgang mit der Benutzungsschnittstelle, Verfügbarkeit von Kommunikationskanälen) kann sich diese Überforderung noch verstärken. Als Lösungsansatz für diese Probleme werden computerunterstützte Kooperationsskripts (auch: CSCL-Skripts) angesehen (vgl. Beitrag 3.5; Fischer et al. 2007). CSCL-Skripts beschreiben einen kooperativen Lernprozess, in dem beispielsweise die Rollen der Lernenden, ihre individuellen und gemeinsamen Aktivitäten, die benötigten Ressourcen und zu produzierenden Ergebnisse, zeitliche und weitere Rahmenbedingungen sowie die dazu einzusetzenden Methoden und Werkzeuge festgelegt werden. CSCL-Skripts bieten somit die Möglichkeit kooperative Lernprozesse zu dokumentieren, zu planen und über kooperative Lernprozesse zu kommunizieren. Weiterhin können Sie genutzt werden, um kooperatives Lernen anzuleiten, sei es informell in Form von Instruktionen durch den Lehrenden oder – sofern das CSCL-Skript in einer für den Rechner verständlichen Weise vorliegt – durch entsprechende Funktionalitäten in einer CSCL-Software. So soll einerseits der benötigte Koordinationsaufwand minimiert werden, andererseits eine Anleitung für effektives und effizientes kooperatives Lernen gegeben werden. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie CSCL-Skripts in einer CSCL-Software umgesetzt werden können. Das funktionale Spektrum der Computerunterstützung kann hierbei vom bloßen Darstellen des intendierten Lernprozesses über das Analysieren des tatsächlichen und der Abweichungen vom vorgesehenen Prozess bis hin zur Anleitung oder Steuerung des Lernprozesses gehen (Jermann et al. 2001; Soller et al. 2005). Weiterhin wird häufig zwischen zwei Ebenen von CSCL-Skripts unterschieden (z.B. Ayala 2007; Suthers 2007): CSCL-Skripts auf der Makroebene adressieren die Organisation kooperativen Lernens und zielen darauf, den Aufwand beispielsweise für das Finden geeigneter Kooperationspartner, die Identifikation passender Aufgaben oder die Verteilung von Rollen innerhalb der Gruppe zu reduzieren. CSCL-Skripts auf der Mikroebene adressieren die Art

160

2 CSCL-Umgebungen

der Interaktion innerhalb der Lerngruppe. Gegenstand sind hier beispielsweise die Anzahl, Art und Reihenfolge von Aktivitäten, Bedingungen für den Übergang von einer Aktivität zur nächsten oder die möglichen Arten von Beiträgen für jede Rolle. Je nach dem, welche Unterstützung beabsichtigt ist, werden Modellierungen einer Community/Klasse/Gruppe, der Lernenden (z.B. Wissen, Kompetenzen, Interessen, Präferenzen, Ausstattung), des Lerngegenstandes, der Lernressourcen oder der kooperativen Aufgaben benötigt. Im Abschnitt 2 werden Vorgehensweisen vorgestellt, wie CSCL-Skripts auf informelle Art in einer Lernumgebung zum Einsatz kommen können. Abschnitt 3 zeigt Möglichkeiten zur Unterstützung kooperativen Lernens durch vom Rechner ausführbare CSCL-Skripts.

2

Unterstützung für informelles Skripting

CSCL wird häufig unter Nutzung nicht speziell für das kooperative Lernen entwickelter Werkzeuge durchgeführt (vgl. die Beiträge 2.1 bis 2.6 und 2.8). Auch viele speziell für das gemeinsame Lernen entwickelte Werkzeuge bieten keine explizite Möglichkeit, Lernprozesse in der Art eines CSCL-Skripts zu definieren und anzuleiten. Natürlich ist es möglich, den Lernprozess außerhalb der CSCL-Software zu strukturieren, beispielsweise durch mündliche oder schriftliche Instruktion des Lehrenden. Weiterhin kann der Lehrende auch innerhalb des Systems entsprechende Instruktionen geben, beispielsweise als Textbeitrag in einem Chat oder Forum. Schließlich können diese Instruktionen auch durch das System automatisch sichtbar gemacht werden, zum Beispiel als vordefinierte Instruktionsseite in einem Wiki, als automatisch generierter Startbeitrag in einem Chat oder Forum. Weiterhin kann der intendierte Lernprozess den Lernern durch die inhaltliche oder organisatorische Strukturierung der Lernumgebung nahelegt werden. Z.B. können etwa einzelne Aktivitäten und ihre Reihenfolge, Rollen, Artefakte etc. explizit benannt werden. Dennoch ist es den Lernenden bei informellem Skripting freigestellt, inwieweit sie sich an das vorgesehene CSCL-Skript halten. Die Einhaltung des Skripts kann beim informellen Skripting nicht sichergestellt werden. Ein Beispiel für informelles Skripting in der Lernumgebung CURE beschreiben Haake & Pfister (2010). Zur Durchführung eines kooperativen Lernprozesses wird dort jeder Gruppe ein virtueller Raum zur Verfügung gestellt, der auch die textuellen Instruktionen enthält. Für jede Teilaufgabe sind Unterräume angelegt, die wiederum die Aufgabenbeschreibung und Instruktionen sowie vordefinierte Seiten zur Einreichung des zu erarbeitenden Ergebnisses beinhalten.

3

Unterstützung für formales Skripting

Verfügt ein CSCL-System Wissen über das CSCL-Skript, so kann es dessen Ausführung weitreichend unterstützen. Es kann z.B. durch die Gestaltung der Benutzungsoberfläche oder durch Anzeige von Hinweisen die Einhaltung des Skripts nahelegen oder durch entsprechende programmtechnische Steuerung dessen Einhaltung sogar erzwingen. Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten, die Ausführung eines CSCL-Skripts in einem CSCLSystem umzusetzen:

2.7 Werkzeuge für Scripted Collaboration

161

– In frühen CSCL-Systemen wurden Ressourcen, Rollen, Aktivitäten etc. als Teil der Programmcodes („fest verdrahtet“) implementiert. Eine nachträgliche Änderung oder Anpassung des Scripts war aufwändig und nur durch Änderung des Programmcodes möglich. – Eine zweite Generation von Systemen erlaubte eine Konfiguration der realisierten CSCLSkripts in einzelnen Dimensionen, z.B. der zu nutzenden Dokumente, Prozesse oder Werkzeuge. – Neuere (generische) Entwicklungen zielen auf eine deutlich größere Flexibilität. Sie basieren auf einer formalen Sprache zur Beschreibung des CSCL-Skripts. Mit Hilfe eines Editors werden CSCL-Skripts definiert bzw. angepasst. Eine Laufzeitumgebung schließlich interpretiert und instanziiert das Skript und führt die Lernenden durch die kooperativen Aktivitäten. Für eine ausführliche Darstellung der drei Umsetzungsmöglichkeiten siehe Lonchamp (2006). Im Folgenden sollen Beispiele für konfigurierbare und generische CSCL-Systeme sowie Realisierungsansätze und -werkzeuge aufgeführt werden. Eine Unterstützung auf der Makroebene liefert der Ansatz der Integrated Points of Cooperation und seine Umsetzung in der L³-Lernumgebung (Wessner & Pfister 2001a; 2007; Wessner 2002; 2005). Auf Basis einer Modellierung von Klassen, Lernenden, Kursen und kooperativen Aufgaben werden geeignete Lerngruppen gebildet, für die Durchführung einer kooperativen Aufgabe passende Werkzeuge gestartet und der Datenfluss zwischen kooperativen Aufgaben unterstützt. Die Lerumgebung CURE (Haake et. al 2004; Haake 2007; Haake & Pfister 2007) implementiert CSCL-Skripts auf der Basis endlicher Automaten. Auf der Mikroebene werden einzelne Lernaktivitäten (z.B. ein Brainstorming) als atomare Skripts mit den Rollen der Akteure und den möglichen Sequenzen ihrer Aktionen definiert. Durch die Kombination atomarer Skripts zu zusammengesetzten Skripts kann auch die Abfolge von Lernaktivitäten auf der Makroebene unterstützt werden. Andere technische Ansätze zur Umsetzung von CSCL-Skripts sind die Verwendung von Zustandsdiagrammen (Harrer & Malzahn 2006) oder Softwareagenten (Ayala 2007). Weit verbreitet ist inzwischen die Nutzung von IMS-Learning Design (IMS-LD) als Modellierungssprache für kooperatives Lernen (IMS-LD 2011). Es gibt verschiedene Werkzeuge zum Erstellen von CSCL-Skripts, z.B. den RELOAD Learning Design Editor (Reload 2011) oder dessen Erweiterung Collage (Hernández-Leo 2006), die zusätzlich sogenannte collaborative learning flow patterns unterstützt und auf IMS-LD abbildet. Ebenfalls stehen z.B. mit CopperCore (2011) und dem RELOAD Learning Design Player (Reload 2011) Umgebungen zur Verfügung, die die Ausführung von in IMS-LD modellierten CSCL-Skripts unterstützen. Dabei weist IMS-LD noch einige Schwächen auf, z.B. bei der Modellierung von Gruppen, der dynamischen Zuweisung von Rollen während einer Aktivität, der Modellierung gemeinsamer Artefakte, komplexer Kontrollflüsse und verschiedener Sozialformen (vgl. Miao et al. 2007). Durch seine visuelle Autorenumgebung richtet sich das Learning Activity Management System (LAMS) zum Erstellen, Durchführen und Überwachen von Learning Designs (auch IMS-LD) speziell an Lehrende ohne technische Vorkenntnisse (Dalziel 2003; 2005; LAMS 2011).

162

4

2 CSCL-Umgebungen

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurden verschiedene Dimensionen und Ausprägungen von CSCL-Skripts vorgestellt und Möglichkeiten aufgezeigt, diese in CSCL-Software umzusetzen. Mit Hilfe von CSCL-Skripts lassen sich kooperative Lernprozesse dokumentieren, planen, kommunizieren und anleiten. Die Lernenden können dadurch von organisatorischem Overhead entlastet werden, zu erfolgversprechenden Lernprozessen geführt werden und erhalten die Gelegenheit bewährte Lern- und Kooperationsstrategien zu internalisieren. Durch die CSCL-Software ausgeführte CSCL-Skripts ermöglichen die Anleitung potentiell beliebig vieler Lerngruppen, ohne dass dafür die reale oder virtuelle Anwesenheit eines Lehrenden benötigt wird. Allerdings ist die Definition von CSCL-Skripts durch die Lehrenden noch mit Schwierigkeiten verbunden. Zwar lassen sich einfache Prozesse meist auch ohne spezifische technische Kenntnisse gut beschreiben, sollen aber komplexe kooperative Lernprozesse durch eine ausführbare Beschreibung im CSCL-System unterstützt werden, erfordert dies bis dato in der Regel Programmierkenntnisse bzw. die Zusammenarbeit mit Informatikern. Auch müssen ausführbare CSCL-Skripts immer flexibel genug sein, um mit Ausnahmesituationen (z.B. der Blockierung des Lernprozesses eines Lernenden durch die aktuelle Abwesenheit eines Lernpartners bei der synchronen Kooperation) angemessen umgehen zu können. Gegenwärtig sind ausführbare CSCL-Skripts überwiegend noch im Experimentierstatus und Gegenstand von Forschungsprojekten und -prototypen. Erfahrungen aus der Praxis mit IMSLD basierten Umgebungen zeigen noch bestehende Schwierigkeiten beim Erstellen und Ausführen von komplexeren Skripts. Für die didaktische Perspektive von CSCL-Skripts, insbesondere die Begründung ihres Einsatzes und ihre Wirkmechanismen, sei abschließend noch einmal auf Beitrag 3.5 verwiesen.

2.8 Plattformen

2.8

163

Plattformen Peter Ferdinand, Patricia Heckmann Universität Koblenz-Landau

1

Einleitung

Werkzeuge für das CSCL werden sowohl als separate Systeme als auch integriert als Teil sog. Plattformen angeboten. Neben speziellen Plattformen zur Kooperationsunterstützung haben sich für den Bereich des webbasierten Lernens in den zurückliegenden Jahren Learning Management Systeme (LMS) als fester Bestandteil der E-Learning-Infrastruktur größerer Bildungseinrichtungen etabliert. Sie ermöglichen die Unterstützung vielfältiger Lehr- und Lernszenarien und ziehen ihre Leistungsfähigkeit weitgehend aus der Integration unterschiedlicher Werkzeuge, die ohne Medienbrüche unter einer Oberfläche mittels eines Browsers genutzt werden können. Aus der Vielzahl existierender Plattformen zur Unterstützung von CSCL-Szenarien kann nachfolgend aus Platzgründen nur auf ausgewählte Beispiele eingegangen werden, die aktuell eine weite Verbreitung in für das CSCL relevanten Kontexten wie Hochschulen oder Schulen aufweisen oder eine wachsende Nutzung erfahren. Dabei handelt es sich um die Open Source LMS „ILIAS“ und „OLAT“ (v.a. im deutschsprachigen Raum verbreitet) sowie „MOODLE“ (v.a. international weit verbreitet), und das GroupwareSystem „BSCW“. Kurzbeschreibungen und detailliertere Informationen zu weiteren am Markt (frei) verfügbaren Plattformen finden sich bspw. auf den Übersichtsseiten von CampusSource.de und E-teaching.org (s. Links im Literaturverzeichnis). Aus CSCL-Perspektive können die nachfolgend beschriebenen Plattformen als generische Werkzeuge für die Erstellung von virtuellen kooperativen Lernräumen (VKL) bezeichnet werden (vgl. Beitrag 2.6 Virtuelle kooperative Lernräume). Die Beschreibung der Systeme orientiert sich an wesentlichen theoretischen Anforderungen für das CSCL, wie sie im Rahmen des vorliegenden Bandes beschrieben und nachfolgend kurz zusammengefasst werden.

2

Theoretische Anforderungen

Plattformen für das CSCL müssen drei grundlegende funktionale Bereiche von VKL unterstützen: Kommunikation, Kooperation und Koordination (für eine detaillierte Darstellung wird auf die Beiträge 2.1 Kommunikation und Awareness, 2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen und 2.6 Virtuelle kooperative Lernräume in diesem Band verwiesen). Kommunikationswerkzeuge ermöglichen den Austausch von Informationen und sind essentieller Bestandteil jeder VKL. Der Bereich Kooperation umfasst Funktionalitäten, um eine gemeinsame Ressourcennutzung und -produktion zu ermöglichen. Wichtige funktionale Anforderungen hierfür sind die Unterstützung von Awareness in der Gruppe (vgl. Beitrag 2.1: Kommunikation und Awareness), die Möglichkeit zur zeitlichen bzw. phasenweisen Steuerung von Lern- und Arbeitsprozessen, das Bereitstellen geeigneter gemeinsamer Arbeitsbereiche und Datenablagen sowie kooperativer Editoren (vgl. Beitrag 2.3 Kooperation in kleineren Lerngruppen). Der Bereich der Koordination befasst sich mit der Steuerung der Kommunikation und Kooperation der Gruppenmitglieder. Typische koordinative Funktionalitäten betref-

164

2 CSCL-Umgebungen

fen das Management der Zugriffsrechte und Aufgaben in der Gruppe, die Überprüfung und Bewertung von Arbeits- und Lernergebnissen oder die Entscheidungsfindung und Abstimmung zwischen den Gruppenmitgliedern. Eine Plattform zur Realisierung von VKL sollte kooperative Aufgabenverteilungen in Form entsprechender Arbeitsbereiche und -gruppen flexibel abbilden können (vgl. Beitrag 2.6 Virtuelle kooperative Lernräume). Eine Reihe weiterer Implikationen, die sich aus dem (sozialpsychologischen) Bereich der Gruppenforschung für die Unterstützung von CSCL durch Plattformen und ihre Werkzeuge ergeben, finden sich in Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit. Die geforderte technische Unterstützung der Funktionsbereiche von VKL bringt eine Speicherung und Verarbeitung personengebundener Daten in den betreffenden kooperationsunterstützenden Systemen mit sich. Zu den relevanten Anforderungen an Plattformen für das CSCL zählt daher auch zwingend der Datenschutz, insbesondere, da die beschriebenen Systeme häufig in Kontexten zum Einsatz kommen, in denen von keiner freiwilligen Nutzung durch die Lerner oder von symmetrischen, gleichberechtigten Beziehungen zwischen den einzelnen Nutzern dieser Daten ausgegangen werden kann. Hinzu kommt der Trend, dass sich die gängigen LMS um eine stärkere Einbindung externer Web 2.0 Anwendungen bemühen, was ebenfalls Implikationen für den Datenschutz bereithält (Loser & Herrmann 2009). Da die verschiedenen Aspekte und Anforderungen des Datenschutzes beim CSCL eine ausführlichere Erörterung erfordern, sei an dieser Stelle auf die detailliertere Darstellung des Themas in Beitrag 4.6 Datenschutz verwiesen. Dort finden sich zudem Referenzen speziell zur Datenschutzkonformität gängiger LMS, wie bspw. auch den nachfolgend betrachteten Systemen MOODLE und ILIAS.

3

Plattformen im Überblick

3.1

ILIAS

Für die vorliegende Beschreibung wurde ILIAS in der Version 4.0.3 evaluiert. ILIAS („Integriertes Lern-, Informations- und Arbeitskooperations-System“) wurde in den Jahren 1997/98 an der Universität Köln entwickelt. Im Jahr 2000 wurde ILIAS im Rahmen der Software-Initiative CampusSource des Landes Nordrhein-Westfalen unter der General Public Licence (GPL) als Open-Source-Software zur Verfügung gestellt. Seither erfolgt die Softwareentwicklung durch das Kooperationsnetzwerk ILIAS open source.

3.1.1

Kommunikationswerkzeuge

ILIAS bietet eine Reihe von Möglichkeiten für die asynchrone Kommunikation. So verfügt es über ein vollständiges internes Mailingsystem mit Ordnern für empfangene und abgesandte E-Mails. Erhaltene Nachrichten können auch an eine externe E-Mail-Adresse weitergeleitet werden. Die Registerkarte „Kontakte“ auf dem persönlichen Schreibtisch (→ Startseite) bietet die Möglichkeit, alle Kontakte an zentraler Stelle zu verwalten und Nachrichten per Mail zu verschicken. Zusätzlich bietet ILIAS auch Diskussionsforen an. Diese können moderiert werden. ForenModeratoren können bspw. Beiträge bearbeiten, löschen oder zensieren. Sie können ein Thema schließen, wiedereröffnen oder besonders hervorheben, so dass es in der Themenliste

2.8 Plattformen

165

immer an erster Stelle erscheint. Das Forum bietet auch eine Benachrichtigungsfunktion zu den Forumsaktivitäten. ILIAS bietet verschiedene Benachrichtigungsfunktionen. Aus Kursen oder Gruppen heraus können RSS-Feeds von anderen Webseiten eingebunden werden. Zudem können auch für ILIAS-interne Objekte (wie Kurse, Gruppen, Inhaltsmodule, etc.) eigene News-Elemente angelegt werden, die Informationen über aktuelle Veränderungen in den Objekten (z.B. neue Beiträge) oder selbstverfasste Mitteilungen der Objektbesitzer (z.B. Mitteilungen des Gruppenmoderators) enthalten können. ILIAS verfügt über Schnittstellen, die Social Bookmarking (vgl. Beitrag 2.2 Web 2.0 als Basistechnologien) erlauben. Neben der Möglichkeit, über RSS-Feeds in ILIAS bspw. auch Linklisten des Dienstes „del.icio.us“ zu abonnieren, können auch umgekehrt Links auf Objekte in ILIAS (z.B. Inhaltsmodule, Foren) in del.icio.us gesammelt und gemeinsam mit anderen indexiert werden. Daneben besteht für viele Objekte von ILIAS die Möglichkeit, eine öffentliche Notizfunktion zu verwenden, um bspw. am konkreten Gegenstand bzw. Inhalt zu diskutieren. Für synchrone Kommunikation in der Gruppe können verschiedene Chaträume angelegt werden. Der Ersteller ist gleichzeitig auch Chat-Moderator und kann bspw. den Chatraum freigeben. Er kann auch Chat-Sessions aufzeichnen. Neben der üblichen Teilnahme am öffentlichen Chat bietet ILIAS auch die Möglichkeit, einzelne Personen gezielt zu adressieren oder im privaten Modus zu chatten. Chateinladungen können aus einem Chatraum oder über die Liste „Aktive Benutzer“ heraus vorgenommen werden. Daneben bietet ILIAS die Möglichkeit, sog. Virtual Classroom-Software (Virtuelle Klassenzimmer) von Drittanbietern (wie bspw. „iLinc“ der Fa. Netucate oder „Centra“ der Fa. Saba) über entsprechende Schnittstellen anbinden und somit aus Gruppen oder Kursen heraus nutzen zu können. Dabei handelt es sich um synchrone Konferenzsysteme, die gemeinsame Live-Sitzungen von Gruppenmitgliedern an verteilten Standorten unterstützen. Typischerweise ermöglicht ein virtuelles Klassenzimmer das gemeinsame Präsentieren und Bearbeiten von Ressourcen und bietet dazu neben einem gemeinsamen Arbeitsbereich (z.B. mittels eines Shared Whiteboard oder Application Sharing) auch multimodale Interaktionsmöglichkeiten (neben dem Audio- meist auch ein Videokanal) und dezidierte Moderationsunterstützung (vgl. Beitrag 3.2 Moderation).

3.1.2

Social Awareness

Welche persönlichen Daten ein Lerner über sich preisgeben möchte, und welche Kanäle der Kontaktaufnahme durch andere Benutzer er anbieten möchte, wird in ILIAS in den Einstellungen zum „Persönlichen Profil“ festgelegt. Neben den üblichen Kontaktinformationen zur Person (Name etc.) und der Möglichkeit, ein persönliches Bild hochzuladen, können auch Angaben zu Hobbies und Interessen und die Kontaktdaten diverser Kommunikationsdienste wie Instant Messengers angegeben werden. Dort legt der Lerner auch explizit fest, welche Informationen er anderen angemeldeten Benutzern freigeben möchte. Das persönliche Profil kann auch zu einer persönlichen Webseite ausgebaut und anderen Benutzern entsprechend freigegeben werden.

166

2 CSCL-Umgebungen

Die Funktion „Aktive Benutzer“ auf dem persönlichen Schreibtisch zeigt dem Lerner an, welche anderen Benutzer noch zur gleichen Zeit online im System sind. Der Lerner hat die Möglichkeit, die dort angezeigten Benutzer zu kontaktieren, falls diese das in ihren persönlichen Profileinstellungen zugelassen haben. Standardmäßig können Benutzer nicht sehen, mit welcher Rolle andere Benutzer Zugriff auf ein ILIAS-Objekt haben. Der Besitzer der Ressource kann dies aber über entsprechende (objektspezifische) Rechteanpassungen ermöglichen.

3.1.3

Activity Awareness

ILIAS ermöglicht in einer Reihe von Werkzeugen, Arbeitsergebnisse und Änderungen an Inhalten einzelnen Benutzern zuzuordnen. Die Werkzeuge Forum und Notizen eröffnen diese Möglichkeit bereits durch die namentliche Zuordnung von Beiträgen und deren Ablage in chronologischer Reihenfolge. Daneben erlaubt ILIAS dem Benutzer, sich über Aktivitäten anderer Gruppenmitglieder im Forum mittels interner Mails benachrichtigen zu lassen. ILIAS stellt auch eine Foren-Statistik zur Verfügung, die die Aktivitäten aller Nutzer zeigt. Bei der gemeinsamen Arbeit an Dokumenten erlauben die Funktionen „Verlauf“ für einzelne HTML-Seiten eines ILIAS-Lernmoduls und „Version“ für hochgeladene Dateien (bspw. in dafür freigegebenen Ordnern) die Zuordnung von Überarbeitungen zu einzelnen Gruppenmitgliedern. Im Wiki sind diese Informationen über den Reiter „Verlauf“ abrufbar. Jede vorangegangene Änderung kann rückgängig gemacht werden. Für Nutzer mit entsprechenden Rechten (bspw. Tutoren) ist es möglich, Lernfortschrittsberichte der Gruppenmitglieder auf Basis der Zeiten einzusehen, in denen sich ein Benutzer mit dem jeweiligen Inhalt in ILIAS beschäftigt hat. Lernfortschrittsberichte können in ILIAS grundsätzlich für Gruppen, Ordner oder Kurse, aber auch Lernmodule, Tests und Übungen sowie Sitzungen (innerhalb von Kursen) angefordert werden. Lernfortschrittsberichte können zudem sowohl vom Tutor einer Gruppe als auch von den Gruppenmitgliedern individuell für Zwecke der Task Awareness genutzt werden. Berichte über aktuelle Veränderungen lassen sich von Benutzern nicht nur innerhalb von Foren, sondern auch in anderen ILIAS-Objekten (z.B. in Gruppen), als Webfeeds abonnieren. Gleiches gilt für Mitteilungen von Moderatoren oder Besitzern von Lernressourcen. Im Kontext von Gruppenarbeit können solche RSS-Feeds für alle Formen von Awareness (vorrangig für Activity Awareness) genutzt werden.

3.1.4

Unterstützung von Gruppenarbeitsbereichen

Für das Bereitstellen von Gruppenarbeitsbereichen kommen in ILIAS verschiedene sog. Container-Objekte in Frage (Kategorien, Kurse, Gruppen und Ordner). In diesen ContainerObjekten sind alle Werkzeuge, die ILIAS bietet, verfügbar. Gruppen bspw. können verschiedene Objekte beinhalten, u.a. auch Ordner und Dateien, Inhaltsmodule oder weitere (Unter-) Gruppen. Je nach Kontext und Aufgabenstellung der Gruppenarbeit können in ILIAS offene und geschlossene Gruppen angelegt werden. In geschlossenen Gruppen können Benutzer nur auf explizite Einladung Mitglied werden. Diese können standardmäßig nur vom Besitzer des jw. Container-Objekts (s.o.) erstellt werden. Demgegenüber bieten offene Gruppen die Möglichkeit, die selbstinitiierte Bildung von Gruppen durch Benutzer zu unterstützen. Der Zugang zu offenen Gruppen kann mittels eines Passworts eingeschränkt werden. Zudem kann

2.8 Plattformen

167

die Teilnehmerzahl begrenzt, der Zutritt nur innerhalb eines gewissen Zeitfensters oder nur unter Vorbehalt nach Bestätigung durch den Gruppenadministrator erlaubt werden. Innerhalb von Gruppen ist es für die Mitglieder (bspw. in speziell angelegten Ordnern) möglich, Sammlungen von Dateien anzulegen und zu verwalten. Hierzu bietet ILIAS für jede hochgeladene Datei eine Versionierung an. HTML-Seiten können auch als ILIAS-Lernmodul verwaltet und kooperativ bearbeitet werden. Hierbei können die Lerner die Einzelseiten mit Hilfe eines Inhaltsverzeichnisses strukturieren und navigierbar machen. Mit der Funktion „Verlauf“ können alle vorgenommenen Änderungen an den HTML-Seiten eines ILIAS-Lernmoduls nachvollzogen und bei Bedarf rückgängig gemacht werden. Da ILIAS eine objektspezifische Definition von Zugriffsrechten erlaubt, können innerhalb einer Gruppe auch flexibel Bereiche mit eingeschränkten Zugriffsrechten realisiert werden. Wenn jedes Mitglied einer Gruppe grundsätzlich die Rechte erhält, eigene Objekte innerhalb der Gruppe anzulegen, können die Gruppenmitglieder sich ihre(n) Arbeitsbereich(e) auch selbständig organisieren. Speziell für Medienobjekte existiert das Werkzeug „Medienpool“. Der Besitzer eines Medienpools kann anderen Benutzern entsprechende Zugriffsrechte gewähren, um gemeinsam Medienobjekte zu erzeugen, editieren und verwalten. Es können Ordnerstrukturen erstellt werden, durch die navigiert werden kann. Multimediale Inhalte können zudem über das Werkzeug „Mediacasts“ verwaltet, in Gruppen distribuiert oder bewertet werden. Mögliche Formate sind mp3- und Flash-Videodateien (.flv) sowie Bildformate (.gif, .png). Mediacasts innerhalb von ILIAS können als Newsfeed via RSS abonniert werden. Über das objektspezifische Rechtemanagement von ILIAS ist es auch möglich, den Mitgliedern einer Gruppe oder eines Kurses Autorenrechte für Mediacasts einzuräumen.

3.1.5

Kooperative Editoren

Zur asynchronen Erstellung und Verwaltung HTML-basierter Inhalte bietet ILIAS Gruppen ein integriertes Autorentool an, das sog. ILIAS-Lernmodul. Eine synchrone Bearbeitung von Dokumenten durch mehrere Benutzer ist mit ILIAS-Werkzeugen nicht möglich. Das ILIASLernmodul ermöglicht auch, dass Mitglieder einer Gruppe im Lernmodul öffentliche Notizen anlegen, die für andere Leser zugänglich sind. Mit der Funktion „Verlauf“ können vorgenommene Änderungen an den HTML-Seiten eines ILIAS-Lernmoduls nachvollzogen, Benutzern mit Datum und Uhrzeit zugeordnet und bei Bedarf rückgängig gemacht werden. Als weiterer Editor für die Arbeit an Texten in Gruppen steht in ILIAS ein Standard-WikiWerkzeug zur Verfügung. Die Benutzer können neue Seiten anlegen, existierende überarbeiten, löschen oder kommentieren. Änderungen können namentlich nachvollzogen und bei Bedarf rückgängig gemacht werden. Das „Glossar“-Werkzeug in ILIAS kann ebenfalls kooperativ genutzt werden, um bspw. Fachbegriffe in Gruppen gemeinsam erarbeiten zu lassen. Es ist auch möglich, die Einträge aus mehreren (Gruppen-)Glossaren in einem einzigen Glossar (als virtuelles Glossar) automatisch sammeln zu lassen, z.B. wenn die Erarbeitung von Fachbegriffen arbeitsteilig in mehreren Gruppen erfolgt. Glossareinträge können in den HTML-Seiten der ILIASLernmodule verlinkt werden, wenn der entsprechende Begriff dort Verwendung findet.

168

3.1.6

2 CSCL-Umgebungen

Prozess- und Phasenunterstützung für Gruppenarbeit

Komplexere Arbeiten in Gruppen machen es erforderlich, Lern- und Arbeitsprozesse aufgabenspezifisch zu steuern. Häufig werden Aufgaben in festgelegten Zeitfenstern bearbeitet bzw. die Gruppenarbeit ist in mehrere aufeinanderfolgende Zeitabschnitte gegliedert und Fristen müssen eingehalten werden. Dazu bietet ILIAS die Möglichkeit, Container-Elemente wie Gruppen oder Kurse, und alle Inhalte und Werkzeuge, die innerhalb dieser Elemente zur Verfügung gestellt werden, nicht nur personen- bzw. gruppenabhängig, sondern auch zeitoder ergebnisbezogen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise können Arbeitsprozesse zeitlich vorstrukturiert (z.B. phasenweise Freischaltung von Arbeitsbereichen, Werkzeugen oder Inhalten) oder abhängig von Vorarbeiten (z.B. dem pünktlichen Einreichen von Zwischenergebnissen mit einer gewissen Mindestbewertung) zur Verfügung gestellt werden. Letzteres kann bspw. mittels des Werkzeugs „Übung“ anhand von Einreichungen (Dateien) der Benutzer oder durch eigens erstellte Tests geschehen, die von Gruppen innerhalb vorgegebener Fristen zu bearbeiten sind und von einem Tutor oder automatisch vom System bewertet werden. Mit dem Kalender-Werkzeug können wichtige Termine und Deadlines sowohl individuell als auch für Gruppen verwaltet und bekanntgemacht werden.

3.1.7

Unterstützung der gruppeninternen Koordination

Neben den Möglichkeiten zur Vorstrukturierung von Gruppenarbeitsbereichen (z.B. durch einen Tutor) bietet ILIAS weitere interaktive Möglichkeiten zur gruppeninternen Koordination laufender Arbeiten. Solche Werkzeuge sind bei solchen Prozessen der Gruppenarbeit hilfreich, bei denen Entscheidungen über die Weiterarbeit zu treffen sind (z.B. Auswahl von Themen, Aufgaben, Alternativen, Bewertung von Vorschlägen, Herstellen eines gemeinsamen Verständnisses, etc.). Hierzu stehen in ILIAS insbesondere die Werkzeuge „Tests“ und „Umfragen“ zur Verfügung. Während bei Tests das jeweilige Ergebnis persönlich zuzuordnen ist, ermöglichen Umfragen eine anonyme Beteiligung der Gruppenmitglieder. So können bspw. Abstimmungen, Priorisierungen oder ähnliches realisiert werden. Zur Anbahnung eines gemeinsamen Verständnisses (bspw. zentraler Begriffe) in heterogenen Gruppen kann in ILIAS auch das Werkzeug „Glossar“ genutzt werden. Für die gruppeninterne Koordination von Aktivitäten stehen zudem die Kommunikations- und Benachrichtigungswerkzeuge von ILIAS zur Verfügung.

3.1.8

Unterstützung kooperativer Aufgabenteilung in Gruppen

Durch das flexible, objektbezogene Rechtemanagement von ILIAS kann das Einrichten entsprechender Gruppenarbeitsbereiche und Werkzeuge auch selbständig aus Gruppen heraus organisiert werden. Objektspezifisch können bspw. für Untergruppen oder Ordner bestehende Rollen angepasst oder neue Rollen (entsprechend der Aufgabenstellung in einer Gruppe) erzeugt und zugeordnet werden. Kooperative Aufgabenteilung kann so im System flexibel abgebildet werden. Das Werkzeug Übungen ermöglicht zudem ein einfaches, zeitgesteuertes Erstellen und Zuweisen von Aufgaben innerhalb von Gruppen. Daneben bietet ILIAS weitere Funktionen, welche die Organisation von Gruppenarbeit erleichtern können und die Mitglieder einer Gruppe in die Lage versetzen, gemeinsame Arbeitssitzungen zu planen. So können in Kursen Termine für Arbeitstreffen als Sitzungen

2.8 Plattformen

169

hinzugefügt werden, die eine Agenda, Dateien oder Links enthalten. Die Mitglieder einer Arbeitsgruppe haben die Möglichkeit, ihre Teilnahme an solchen Terminen zu- bzw. abzusagen. Die Beteiligung jedes einzelnen Teilnehmers kann zudem vom Terminersteller kommentiert oder bewertet werden. Für die Zuweisung von Aufgaben und Arbeitspaketen an verschiedene (Unter-)Gruppen in komplexeren Gruppenarbeitsszenarien bietet sich das Werkzeug „Übung“ an, mit dem auch entsprechende Ressourcen zur Bearbeitung der Aufgaben mitgeliefert werden können.

3.2

OLAT

OLAT (Online Learning And Training) ist eine Open Source Lernplattform, die seit 1999 an der Universität Zürich entwickelt wird. Dem Nutzer werden zentrale Funktionen in Form von Bausteinen zur Verfügung gestellt, die kombiniert werden können, um eine größtmögliche didaktische Flexibilität des Einsatzes zu ermöglichen. Der folgende Abschnitt nimmt Bezug auf die OLAT-Version 7.1.

3.2.1

Kommunikationswerkzeuge

Das LMS „OLAT“ bietet für das CSCL eine Palette von Werkzeugen zur asynchronen Kommunikation. In der Standardversion enthält OLAT eine Mailfunktion, die aber kein vollständiges Mailsystem mit Ordnern für eingegangene oder versandte Nachrichten bietet (wie bspw. in ILIAS). Allerdings ist es möglich, mit OLAT E-Mails als Mitglied eines Kurses oder einer Gruppe zu verschicken, die an eine externe Mailadresse weitergeleitet werden. Kursteilnehmer haben die Möglichkeit, an einen zuvor vom Kursbesitzer definierten Empfängerkreis (i.S. einer Mailingliste) Mails zu verschicken. In Gruppen können die Mitglieder auswählen, welchen Betreuern und/oder Teilnehmern ihrer Gruppe sie eine Mail senden möchten. Jeder Anwender kann mit der Funktion „Andere Benutzer“ auf der pers. Startseite gezielt nach Benutzern suchen und sich deren persönliche Visitenkarte anzeigen lassen. Falls freigegeben, wird dort deren Mailadresse angezeigt, um der jeweiligen Person mit einem externen Mailprogramm eine Mail schicken zu können. In Gruppen und Kursen steht den Benutzern ein Forum mit den üblichen Standardfunktionen zur Verfügung. Der Ersteller des Kurses bzw. der Gruppe kann alle Beiträge editieren oder löschen und es stehen ihm Moderationsfunktionen zur Verfügung. Diese können auf die Mitglieder von Lerngruppen eines Kurses übertragen werden. Desweiteren ist es allen Nutzern erlaubt, Beiträge mit einem Dateianhang ins Forum einzustellen. Hierfür steht auch das Werkzeug „Dateidiskussion“ zur Verfügung. Es erlaubt Kursmitgliedern, eigene Dateien hochzuladen, wobei jeder Datei automatisch ein eigenes vollwertiges Forum zugeordnet wird. Neben diesen klassischen Kommunikationswerkzeugen bietet OLAT zusätzlich einige asynchrone Benachrichtigungsdienste, die als E-Mail oder RSS-Feed realisiert wurden. Dazu kann jeder Benutzer in OLAT verschiedene Objekte abonnieren, um Benachrichtigungen zu Änderungen in den Inhalten dieser Objekte (Forum, Ordner, Wiki, Kalender, Aufgabe, Dateidiskussion, Blog, Podcast) zu erhalten. Alle angeforderten Mail-Benachrichtigungen können über das OLAT-Element „Meine Benachrichtigungen“ auch als RSS-Feed bezogen werden. Besitzer eines Kurses können den eingeschriebenen Teilnehmern in Kursen wichtige Informationen auch über das Werkzeug „Mitteilungen“ zur Verfügung stellen. Je nach Einstellung, können Teilnehmer auch Mitteilungen selbst verfassen oder existierende verwalten.

170

2 CSCL-Umgebungen

OLAT bietet als Werkzeug zur synchronen Kommunikation bei der Gruppenarbeit einen einfachen Chat an. Dieser erlaubt keine Moderation oder Aufzeichnung von Chatsitzungen oder einen privaten Chat während einer öffentlichen Sitzung. Jeder Benutzer kann in seinem Profil angeben, dass er für eine Chateinladung offen ist. Dies kann in OLAT überall dort geschehen, wo Übersichten zu Benutzern verfügbar sind, bspw. in der Übersichtsliste der Personen, die online sind oder der individuellen „Buddie“-Liste jedes Benutzers, die sich beim Anwählen des Chat-Symbols auf der persönlichen Startseite öffnet. Daneben können in Gruppen Chat-Räume vom Gruppenbesitzer verfügbar gemacht werden. In diesen Chaträumen kann dann mit mehreren Benutzern gemeinsam gechattet werden. In Kurschats kann dies zusätzlich anonym geschehen. Ein Virtual Classroom ist im Standard-Release von OLAT nicht integriert. Es existieren aber Softwareerweiterungen, die entsprechende Werkzeuge kommerzieller Anbieter (z.B. den Virtual Classroom von Wimba) in OLAT eingebunden und so zusätzliche Möglichkeiten der synchronen Kommunikation und Interaktion geschaffen haben.

3.2.2

Social Awareness

In OLAT legt der Lerner in seinem persönlichen Profil fest, welche Informationen zu seiner Person er freigibt (bspw. Adresse, Geburtstag, Institution) und welche Kanäle zur Kontaktaufnahme durch andere Benutzer (z.B. Mailadresse, Messenger) er auf seiner persönlichen „Visitenkarte“ anzeigen lassen möchte. Durch die Möglichkeit, einen persönlichen Text für die Visitenkarte zu verfassen, kann diese auch zu einer Art „Miniwebseite“ des Benutzers ausgebaut werden. Diese Visitenkarten sind in OLAT über die Benutzersuche „Andere Benutzer“ oder in Kursen oder Gruppen über die Funktion „Teilnehmerliste“ zugänglich. In OLAT stehen dem Benutzer auch Informationen zum Status anderer Nutzer zur Verfügung. So kann über ein entsprechendes Icon auf der Startseite die Verfügbarkeit für eine Chatsitzung von Personen angezeigt werden, die auf der Buddie-Liste des Benutzers stehen. Die eigene Verfügbarkeit für andere Benutzer (Status) kann dort ebenfalls direkt geändert werden. Daneben kann sich der Benutzer eine Übersichtsliste der Personen anzeigen lassen, die online sind, und ggf. den Versuch einer Kontaktaufnahme via Chat starten. In OLAT kann die Information, welche Benutzer in einer Gruppe oder in einem Kurs über Autorenrechte verfügen, vom Besitzer der jeweiligen Ressource für die übrigen Mitglieder freigegeben werden.

3.2.3

Activity Awareness

OLAT bietet den Benutzern die Möglichkeit, sich über Aktivitäten anderer Mitglieder von Gruppen oder Kursen und vorgenommene Änderungen in OLAT-Werkzeugen über ein Abonnement informieren zu lassen. In den persönlichen Einstellungen kann der Benutzer festlegen, wie oft Änderungsbenachrichtigungen von OLAT per E-Mail verschickt werden sollen. Es ist in einer Reihe von OLAT-Werkzeugen möglich, Arbeitsergebnisse und Änderungen an Inhalten einzelnen Benutzern zuzuordnen. Die Werkzeuge Forum, Dateidiskussion und Blog eröffnen in ihrer Standardkonfiguration diese Möglichkeit unmittelbar durch die namentliche Zuordnung von Beiträgen und deren Ablage in chronologischer Reihenfolge. Im Wiki sind diese Informationen über die Funktion „Version/Autor“ abrufbar. In Gruppen und Kursen

2.8 Plattformen

171

steht für das Werkzeug „Ordner“ grundsätzlich auch eine Versionierungsfunktion zur Verfügung. Vorgängerversionen können mit einem einfachen Mausklick wiederhergestellt werden. Wenn ein Benutzer an einer Datei arbeitet, kann er diese auch sperren. Die gleiche Funktionalität steht innerhalb von Ordnern auch für HTML-Seiten zur Verfügung, die mit dem OLAT-eigenen HTML-Editor erstellt wurden. Die genannten Features lassen sich auch nutzen, um Task Awareness zu unterstützen, bspw. um den Stand der Aufgabenbearbeitung in Gruppen transparent zu machen. Weitere Möglichkeiten hierzu bieten die Aufgaben-Werkzeuge in OLAT („Aufgaben“, „Themenvergabe“, „Portfolioaufgabe“) sowie die Werkzeuge „Test“ und „Kalender“, die nachfolgend noch beschrieben werden. OLAT stellt keine personalisierten Zugriffsstatistiken zur Verfügung, die für Zwecke der Activity- oder Task Awareness genutzt werden könnten.

3.2.4

Unterstützung von Gruppenarbeitsbereichen

OLAT bietet vielfältige Möglichkeiten, für das CSCL geeignete Arbeitsbereiche zur Verfügung zu stellen. So kann jeder Benutzer selbständig eine sog. Arbeitsgruppe eröffnen. Diese können losgelöst von Kursen bspw. zur Bildung informeller Gruppen genutzt werden. In Lern- und Arbeitsgruppen stehen den Mitgliedern eine Auswahl gruppeneigener Werkzeuge zur Verfügung: E-Mail, Forum, Chat, Kalender, Ordner, Wiki und ein gemeinsames EPortfolio. Daneben bieten sich für Gruppen noch Blogs oder Glossare an, die zu den sog. OLAT-Lernressourcen zählen. Für eine dateiorientierte Arbeit an Inhalten besonders interessant sind die Werkzeuge „Ordner“ und „Dateidiskussion“. Hier können die Gruppenmitglieder je nach Konfiguration der Gruppe oder des Kurses eigene HTML-Seiten erstellen bzw. eigene Dateien hochladen, um sie auszutauschen oder kooperativ weiterzubearbeiten. Für die Arbeit an Medienobjekten stellt OLAT das Werkzeug „Podcast“ bereit. Es ermöglicht das Hochladen von Audio- und Videodateien in einem flash-kompatiblen Format, die von den Teilnehmern eines Kurses auf einfache Art kommentiert und bewertet werden können. Es können zusätzlich Inhalte externer Portale wie bspw. iTunes abonniert werden. Der Ersteller des Bausteins „Podcast“ kann anderen Benutzern das Recht einräumen, eigene Beiträge zu erstellen oder hochzuladen. Zudem können Moderatoren ernannt werden, die existierende Beiträge, aber auch Kommentare und Bewertungen bearbeiten oder löschen können. Auch in OLAT steht ein gestuftes Rechtemanagement zur Verfügung, um kooperative Arbeitsbereiche zu realisieren. Allerdings ist die Rechtevergabe weniger granular wie bspw. in ILIAS und nicht bis auf die Ebene jedes einzelnen Objekts hinunter flexibel anpassbar. Der Ersteller einer Gruppe kann anderen Mitgliedern erweiterte Rechte als „Gruppenbetreuer“ einräumen, d.h. sie können die (Unter-)Gruppe dann ebenfalls administrieren und einrichten. Auch innerhalb von Kursen kann der Kursbesitzer anderen Teilnehmern Administrationsrechte einräumen (über sog. „Rechtegruppen“). So kann bspw. festgelegt werden, ob diese Benutzer selbständig Lerngruppen als kooperative Arbeitsbereiche innerhalb eines Kurses anlegen und verwalten dürfen.

172

3.2.5

2 CSCL-Umgebungen

Kooperative Editoren

Gruppen stehen in OLAT eine Reihe von Editoren für die asynchrone Arbeit an gemeinsamen Inhalten zur Verfügung. In OLAT können HTML-Seiten als Einzelseiten, in Ordnern oder im Wiki erstellt werden. Dafür stehen entsprechende WYSIWYG-Editoren zur Verfügung. Für die Arbeit an komplexeren Inhalten, die ein Strukturieren mittels Inhaltsverzeichnis erfordern, bietet OLAT das Autorenwerkzeug „CP-Lerninhalt“ an (nach der IMS-Spezifikation „Content Packaging“ für E-Learning-Inhalte). Falls die Berechtigungen entsprechend vom Kursbesitzer gesetzt wurden, kann dort auch kooperativ gearbeitet werden. Ein Wiki mit üblichen Standardfunktionen kann sowohl in Gruppen als auch Kursen angeboten werden. Alle zugelassenen Benutzer haben hier die Möglichkeit, Inhalte zu erstellen oder zu bearbeiten. Damit bietet sich das Wiki für die textbasierte Zusammenarbeit in Gruppen an, bspw. um deren Ergebnisse, aber auch die Beteiligung der einzelnen Gruppenmitglieder zu dokumentieren. Bei Bedarf lässt sich eine Übersicht aller vorgenommenen Änderungen an Texten (Versionen) und der Personen (Autoren), die diese Änderungen vorgenommen haben, abrufen. So können alle Änderungen nachverfolgt und ggf. auch wieder rückgängig gemacht werden. Das Wiki enthält zudem ein eigenes Diskussionsforum. Über Blogs lassen sich ebenfalls neue Inhalte auf HTML-Basis chronologisch bereitstellen, neben Texten auch Bilder oder Videos. Alle Leser eines Blogs dürfen existierende Blogeinträge kommentieren und bewerten. Wer Moderationsrechte in einem Blog erhält und so auch Blogeinträge verfassen, ändern oder löschen darf, legt der Ersteller des Blogs fest. Auch Glossare können als kooperative Editoren genutzt werden, um Fachbegriffe oder Definitionen zu erarbeiten. Sobald Begriffe, die im Glossar eingetragen wurden, im Lerninhalt (in HTML-Seiten!) des Kurses verwendet werden, wird dem Benutzer der dazugehörige Glossareintrag angezeigt, wenn er mit der Maus über den Begriff fährt. OLAT enthält zudem ein ePortfolio-Werkzeug, um Lernprozesse und -ergebnisse zu dokumentieren. In OLAT können unter anderem Texte, Dateien, Forums- und Blogbeiträge oder Leistungsnachweise (Bewertungen) als Artefakte in ePortfolios gesammelt werden. Diese lassen sich für andere OLAT-Benutzer, aber auch externe Leser zugänglich machen. Für die Gruppenarbeit existiert ein eigenes ePortfolio-Werkzeug. Die bei der Gruppenarbeit gemeinsam erstellten Arbeitsergebnisse können so als Artefakte in das gemeinsame Gruppenportfolio, aber auch in eventuell eingerichtete, individuelle ePortfolios übernommen werden. In der Variante als „Portfolioaufgabe“ können in Kursen bspw. von einem Gruppenleiter Vorlagen für das Erstellen von ePortfolios durch die Gruppenmitglieder vorgegeben und mit Punkten bewertet werden. Ein Werkzeug zur synchronen Bearbeitung von Texten in Gruppen existiert in OLAT nicht. Prinzipiell ließen sich aber externe kollaborative Editoren über die vorhandene LTI (Learning Tools Interoperability)-Schnittstelle von OLAT in Kurse integrieren, sofern diese Tools die technischen Voraussetzungen erfüllen.

3.2.6

Prozess- und Phasenunterstützung für Gruppenarbeit

Zur (zeitlichen) Steuerung von Lern- und Arbeitsprozessen beim CSCL können verschiedene Standard-Funktionen von OLAT genutzt werden. Liegen kooperativ gestaltete Arbeitsbereiche vor, können einzelne Unterbereiche mitsamt Werkzeugen und Inhalt bspw. nach vorge-

2.8 Plattformen

173

gebener Reihenfolge und Zeitplan bearbeitet werden. Zudem können auch Abhängigkeiten über die Bewertung vorangegangener Arbeitsergebnisse als Kriterien abgebildet werden. So bietet OLAT die Möglichkeit, Werkzeuge (nicht nur Aufgaben oder Tests) mit Bewertungsbausteinen zu verknüpfen, deren Ergebnisse als Freigabekriterien für andere Ressourcen genutzt werden können. Für Tests oder Aufgaben können Bearbeitungsfristen definiert werden. Neben dem klassischen Werkzeug „Aufgabe“ mit Einreichung von Dateien und Bewertung (Rückgabe) durch Tutoren bietet OLAT noch als Varianten die Werkzeuge „Portfolioaufgabe“ (s.o.) und „Themenvergabe“. Letzt genanntes Werkzeug kann bspw. zur Bereitstellung von Aufgaben mit verschiedenen Bearbeitungsfristen dienen. Wird projektorientiert gearbeitet, können Projekt- und Arbeitsphasen auch in einen Gruppenkalender eingetragen werden. Kalender können in Gruppen und in Kursen genutzt werden.

3.2.7

Unterstützung der gruppeninternen Koordination

Ein grundlegendes Instrument zur Koordination der Arbeit in Gruppen ist die Bereitstellung eines entsprechend organisierten Gruppenarbeitsbereichs. Das ist über Gruppen, Kurse und verschiedene Werkzeuge von OLAT möglich (s.o.). Zur Einbindung der Gruppenmitglieder in wichtige Gruppenprozesse können in OLAT die vorhandenen Test/Umfrage- und Aufgaben-Werkzeuge genutzt werden. Hiermit können bspw. Abstimmungen oder Priorisierungen durchgeführt oder eine Auswahl von Themen für die Weiterarbeit erleichtert werden. In verschiedenen Werkzeugen erlaubt OLAT den Benutzern, ein Feedback in Form eines Kommentars oder eine explizite Bewertung zu eingestellten Inhalten einzutragen, z.B. in Aufgaben oder im Blog. Über das Werkzeug „Bewertung“ können auch Leistungen bewertet werden, die nicht elektronisch abgegeben werden, wie z.B. das Vorstellen einer Präsentation. Das Werkzeug Glossar kann ebenfalls zur Koordination gruppeninterner Prozesse genutzt werden, bspw. um die Erarbeitung eines gemeinsamen Begriffsverständnisses in fachlich heterogenen Gruppen zu unterstützen. Natürlich können auch die vorhandenen Kommunikationswerkzeuge zur Abstimmung innerhalb von Gruppen genutzt werden. Für das Forum existiert eine Moderationsunterstützung. Auch die vielfältigen Benachrichtigungsfunktionen von OLAT mittels Mail oder RSS können die Koordination in der Gruppe erleichtern.

3.2.8

Unterstützung kooperativer Aufgabenteilung in Gruppen

Das Rechtesystem in OLAT ermöglicht es, dass Arbeitsbereiche und Werkzeuge für CSCL auch selbständig aus Gruppen heraus gestaltet und organisiert werden können. Für Gruppen und Kurse sowie ausgewählte Werkzeuge können die Verwaltungsrechte auch auf Teilnehmer übertragen werden. So können Mitglieder z.B. zu Betreuern von (Unter-)Arbeitsgruppen gemacht werden, um die Gruppenarbeit zu moderieren. Ein Erstellen neuer Rollen sieht OLAT nicht vor, aber es können Rechtegruppen definiert werden, denen (einzelne) Teilnehmer zugeordnet werden und die dann bspw. Autorenrechte in Kursen oder Gruppen erhalten. Komplexe Aufgaben können über die Aufgabenwerkzeuge in OLAT in Unteraufgaben und Arbeitspakete unterteilt und zugewiesen werden. Dazu stehen verschiedene AufgabenWerkzeuge zur Verfügung. Eine einfache Variante zum Verteilen von Unteraufgaben kann bspw. mit dem Aufgabenwerkzeug „Themenvergabe“ realisiert werden (s.o.). Die Planung

174

2 CSCL-Umgebungen

eigener Arbeitssitzungen können die Gruppenmitglieder selbständig über den eigenen Kalender realisieren, der jeder Gruppe in OLAT zur Verfügung steht.

3.3

MOODLE

MOODLE (Modular Object-Oriented Dynamic Learning Environment) wurde 1999 vom Australier Martin Dougiamas ins Leben gerufen. Das System wurde eigens für den Einsatz in der Lehre entwickelt und hat keinen CMS (Content-Management.System)-Ursprung wie viele andere LMS. Die zentrale Metapher sind Kursräume, in denen die Teilnehmer zusammenarbeiten. MOODLE ist laut Eigendarstellung das LMS mit der weltweit größten Verbreitung. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Version 2.0.

3.3.1

Kommunikationswerkzeuge

Das LMS MOODLE unterstützt die asynchrone Kommunikation zwischen Teilnehmern eines Kurses. Dazu muss zunächst der entsprechende Kurs aus dem „Home“ Verzeichnis ausgewählt werden. Der Benutzer befindet sich danach in der Lernumgebung für den ausgewählten Kurs. Die Kurse enthalten verschiedene Bereiche, die hier Blöcke genannt werden. In diesen Blöcken werden Informationen angezeigt oder Aktionen bzw. Funktionen ausgewählt. In jedem Kurs existiert ein Block, in dem die Teilnehmerliste angezeigt wird. In dieser Liste werden Daten wie der Name, der Wohnort, optional ein Bild und der letzte Zugriff des Teilnehmers auf den Kurs angezeigt. Jeder Nutzer kann aus dieser Liste den entsprechenden Teilnehmer auswählen, um ihm Nachrichten zu senden. MOODLE hat die E-Mailfunktion nicht als Postfach eines Nutzers organisiert, sondern über Nachrichten, die entweder dem kontaktierten Benutzer sofort via Chat zugestellt werden oder als E-Mail an die hinterlegte E-Mailadresse gesendet werden, sollte dieser nicht zu diesem Zeitpunkt im System angemeldet sein. Nachrichten werden im Profil unter „Mitteilungen (Rückblick)“ gespeichert und können daher wie üblich auch später eingesehen werden. In jedem Kurs können Diskussionsforen angelegt werden. Die Teilnehmer müssen sich in einem Forum ihrer Wahl jedoch anmelden. Alle Beiträge dieses Forums werden per E-Mail 30 Minuten nach der Veröffentlichung zugeschickt. Der Trainer, der auch ein Forum moderieren kann, hat die Möglichkeit alle Teilnehmer dauerhaft einzutragen. Dann erhalten alle die Beiträge als E-Mail. Dies ist hilfreich bei Ankündigungen zu Beginn eines Kurses. Mit der Bewertungsfunktion für Forumsbeiträge kann die Qualität der Beiträge evaluiert werden. Dazu werden Bewertungsskalen verwendet. Die Einzelbewertungen der Teilnehmer in einem Kurs können zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst werden. Standardmäßig können nur Trainer diese Forumsbeiträge bewerten, jedoch besteht die Möglichkeit die Teilnehmerrollen entsprechend anzupassen, so dass diese Teilnehmer ebenfalls Beiträge bewerten dürfen. Des Weiteren bietet MOODLE Benachrichtigungsfunktionen in Form von RSS-Feeds an. Auf der Benutzeroberfläche eines Kurses existiert ein Block zum Anzeigen von Nachrichten, sofern welche gepostet wurden. Zu jedem Schlagwort gehört eine Schlagwortseite, welche eine Liste der Nutzer anzeigt, die dieses Schlagwort angegeben haben. MOODLE ermöglicht seinen Nutzern in den Profilen die Interessen mit Schlagworten zu verknüpfen. Blogeinträge können mit Schlagworten versehen und Schlagwort-Wolken (Tag Clouds) in einem Schlagwort-Block angelegt werden.

2.8 Plattformen

175

Unter der Nutzung des Mediabird Study Notes-Paket, einer Softwareerweiterung, kann der Nutzer auch kontextbasierte, kollaborative Notizen in MOODLE anlegen. Nach der Installation der Software lassen sich mit „Drag & Drop“ Kursinhalte auf den sogenannten „Notizblock“ kopieren. Existierende Notizen lassen sich um Anmerkungen und Tags erweitern. Synchrone Kommunikation zwischen zwei Teilnehmern wird, wie oben beschrieben, über die Chatfunktion im Profil realisiert. Der Chat ist privat, da die Kommunikation nur zwischen den beiden Teilnehmern stattfindet. Um Gruppen die Möglichkeit zur synchronen Kommunikation zu geben, können Chaträume im Block „Aktivitäten“ in den Kursen angelegt werden. Bei der Anlage eines Chatraums wird ein Name vergeben, der den Mitgliedern im Kurs angezeigt wird. Über diesen Raumnamen können die Gruppenmitglieder den Chatraum betreten und innerhalb eines Kurses synchron kommunizieren. Da jeder Chat protokolliert wird, kann die Chatsitzung zu einem späteren Zeitpunkt eingesehen werden. Trainer und Administratoren haben das Recht ein Chatprotokoll zu löschen, die Teilnehmer nicht. Chat Sitzungen können geplant und wie in einem Terminkalender als wiederkehrende Termine angelegt werden. Der Chatraum steht jederzeit zur Verfügung. MOODLE kann über die Integration der Virtual Classroom-Software „Elluminate Bridge“ um verschiedene Funktionen erweitert werden. Hierüber stehen Funktionen wie VOIP, ein Shared Whiteboard, Power Point Import und Application Sharing in MOODLE zur Verfügung.

3.3.2

Social Awareness

Im Profil eines Nutzers können verschiedene persönliche Daten eingetragen werden, um anderen Teilnehmern Informationen zu geben. Zu den Standardangaben wie Adresse und EMailadresse können Nutzer ein Bild hochladen und die Interessen in Form einer mit Komma getrennten Liste aufzählen. Ein optionales Feld ermöglicht zusätzlich die eigene Webseite zu publizieren und die Kontaktdaten zu Kommunikationsdiensten wie Instant Messengers (Skype, ICQ) einzutragen. Damit stehen den Gruppenmitgliedern mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, um soziale Kontakte zu knüpfen. Jeder Kurs hat eine Teilnehmerliste, in der alle Teilnehmer mit Namen und Ort aufgelistet sind. Dazu gibt es die Information, wann der letzte Zugriff auf den Kurs erfolgt ist. Über den Namen kann jeder angemeldete Nutzer im Kurs kontaktiert werden. Kontakte können auch über das Profil gesperrt werden, sollte dies erwünscht sein. Melden sich neue Nutzer für den Kurs an, wird das neue Mitglied im Kurs mit seinem Namen im Block „Bald aktuell“ angezeigt. Eine direkte Anzeige von Kontakten, die online sind, wurde nicht umgesetzt. Auch sind die Rollen der Teilnehmer in einem Kurs nicht sichtbar für andere Teilnehmer. Nur der Administrator bzw. der Trainer hat die Rechte, diese Rollen zu sehen und zu ändern.

3.3.3

Activity Awareness

In jedem Kurs existieren verschiedene Informationsbereiche, die Blöcke genannt werden. Im rechten Fensterbereich wird ein Block angezeigt, der zur Anzeige von Nachrichten und neuen Aktivitäten dient. Im Block „Neueste Aktivitäten“ werden die Aktivitäten aufgelistet, die seit dem letzten Besuch stattgefunden haben. Die Anzeige aller Aktivitäten kann gefiltert

176

2 CSCL-Umgebungen

werden. Zu den neuesten Aktivitäten gehören die Aktualisierung von Kursmaterialien und Arbeitsmaterialien. Aufgabeneinreichungen und neue Foreneinträge fallen ebenfalls in den Block „Aktivitäten“. So werden Aktivitäten und Veränderungen für alle Teilnehmer im Kurs sofort sichtbar. Für Wikis gibt es einen Änderungsverlauf, der im Wiki in der Ansicht „Änderungen“ dokumentiert wird. Diese Ansicht zeigt die verschiedenen Versionen der aktuellen Wiki-Seite an. Dazu gehören die Versionsnummer, der Autor und das Datum der letzten Änderung. Der Änderungsverlauf kann auch für Zwecke der Task Awareness genutzt werden. Ein weiterer Block „Bald aktuell“ dient der Anzeige kommender Aktionen bzw. Aktivitäten im Kalender. Kalendereinträge werden angezeigt und es können neue Termine angelegt werden. Eine weitere Funktion ist die Möglichkeit, Kalender im „iCal“ Format zu exportieren. Um die Zugriffe zu einem Kurs grafisch und tabellarisch darzustellen, können Administratoren und Trainer Statistikberichte aufrufen. Die Erzeugung von Statistiken muss bei der MOODLE Installation aktiviert werden. Benutzer mit der Rolle „Trainer“ haben zusätzlich die Möglichkeit, von einzelnen Lernenden über deren Profil einen Aktivitätsbericht zu sehen. Diese nutzerspezifischen Informationen dienen der Kontrolle des Lernfortschritts des Lernenden und können zu Bewertungszwecken herangezogen werden. Bewertungen selbst sind im Block „Administration“ angesiedelt, wo auch das Profil des Nutzers zu finden ist.

3.3.4

Unterstützung von Gruppenarbeitsbereichen

MOODLE bietet eine Gruppenfunktionalität an, um virtuelle Gruppenarbeit zu ermöglichen. Trainer können innerhalb ihres Kurses Gruppen anlegen und die Kursteilnehmer auf diese Gruppen verteilen. Gruppenarbeit kann auf Kursebene und innerhalb einzelner Lernaktivitäten erfolgen. Jeder Teilnehmer kann mehreren Gruppen angehören. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Teilnehmer im entsprechenden Kurs angemeldet ist. Auch können Gruppen in sogenannten „Gruppierungen“ zusammengefasst werden, soweit diese Funktion in MOODLE aktiviert wurde. Gruppen können als „Getrennte Gruppen“ oder als „Sichtbare Gruppe“ erstellt werden. Teilnehmer verschiedener Gruppen können nur die eigenen Mitglieder der Gruppe und deren Aktivitäten sehen, nicht die anderen Gruppen und deren Aktivitäten. Für sichtbare Gruppen besteht diese Beschränkung nicht. Innerhalb eines Kurses können im Block „Aktivitäten“ auch Arbeitsmaterialien angelegt werden, wenn der Nutzer die entsprechende Rolle mit den Rechten hat. Dabei kann zwischen verschiedenen Formaten zur Ablage der Daten gewählt werden. Nutzer, die keine Kurse anlegen dürfen, haben die Möglichkeit, ihren Blogeinträgen und Foreneinträgen Dateien anzuhängen. Eine gemeinsame Dateiablage gibt es nicht. Der Nutzer kann ebenfalls Textseiten erzeugen. So können neue Dokumente angelegt und gemeinsam verwaltet werden. Beim Anlegen oder Ändern eines Kurses sind Verlinkungen auf Webseiten oder Dateien möglich sowie der Import von Dateien im Format IMS Content Packaging, wenn der Nutzer die notwendige Rolle hat. Aktivitäten aus einem anderen Kurs können ebenfalls importiert werden, und neue Lernpakete werden als Aktivität mittels einer Lernpaketdatei hinzugefügt. Auch hier kann zwischen Materialien für Gruppen oder Kursteilnehmern unterschieden wer-

2.8 Plattformen

177

den. Bei der Anlage der Materialien kann der Zugriff beschränkt werden. Eine Versionierung von Dateien in MOODLE ist nicht möglich. In MOODLE gibt es für jeden Nutzer einen eigenen Bereich, in dem er seine persönlichen Dateien ablegen, verwalten und an verschiedenen Stellen innerhalb des Systems wiederverwenden kann. Zudem gibt es die Funktionalität der „Legacy-Kursdateien“, die eine Verlinkung auf Dateien in externen Repositories ermöglicht. Aktivitäten beinhalten auch die Anlage von neuen Foren und Wikis für die Arbeitsgruppen. Tests, Lernpakete und Umfragen sind hilfreiche Tools für das Erarbeiten neuer Lerninhalte. Neue Aufgaben gehören zu den Aktivitäten und können auf unterschiedliche Weise angelegt werden. Die Teilnehmer können eine oder mehrere Dateien hochladen und beschreiben, eine Texteingabe zur Beschreibung einer Aufgabe aufrufen und zusätzlich Aktivitäten anlegen, die offline zu erledigen sind. In MOODLE können den Teilnehmern verschiedene Rollen mit unterschiedlichen Zugriffsrechten zugeordnet werden.

3.3.5

Kooperative Editoren

Ein integrierter Editor ermöglicht die Erstellung von Texten, auch im HTML-Format. Das Autorentool erinnert an gängige Texteditoren und bietet für die gemeinsame Bearbeitung von Seiten und Texten das integrierte MOODLE-Media Tool an. Dieses ermöglicht das Einbinden von Audio-und Videodateien oder Applets. Eine synchrone Bearbeitung von Dokumenten, wie beispielsweise mit Google Docs, ist nicht möglich. Es können zu den Seiten jedoch Bewertungen und bedingte Verfügbarkeiten hinzugefügt werden. Die Verfügbarkeiten unterstützen zeitliche Abläufe und Aktivitäten. In den weiteren Einstellungen sind die Einrichtung eines Gruppenmodus, der Sichtbarkeit und der Gruppierungen möglich. Als zusätzlicher Editor kann zu jedem Kurs ein Wiki angelegt werden, um kooperativ an Inhalten zu arbeiten und Wissen zu dokumentieren. Auch hier können wie bereits beschrieben Gruppenmodi, öffentliche oder private Nutzung und bedingte Verfügbarkeiten voreingestellt werden. Glossare werden wie Wikis als Aktivität im Kurs angelegt. Glossare können auch kursübergreifend für die MOODLE-Installation angelegt werden. Zahlreiche Einstellungen erlauben beispielsweise Verlinkung, Bewertungen oder die Voreinstellung der Druckfunktion. Diese Einstellungen können im Rahmen der kooperativen Arbeit sehr unterschiedlich angelegt werden. Ebenso kann ein neuer Block erstellt werden, um einen Blog mit den üblichen Funktionen anzulegen. Dort können Einträge hinterlegt werden und Einträge der anderen Nutzer kommentiert und bewertet werden. Über eine SSO (Single Sign On)-Schnittstelle ist es möglich, MOODLE mit dem ePortfolio Werkzeug Mahara zu verbinden. Die Benutzer sind so in der Lage, ePortfolios aus Mahara mittels eines Plugins („Mahoodle“) in MOODLE anzeigen zu lassen.

3.3.6

Prozess- und Phasenunterstützung für Gruppenarbeit

Wie bereits beschrieben, gibt es in MOODLE verschiedene Aufgabentypen. Für die Aufgaben können Abgabedatum und Bearbeitungszeiträume gesetzt werden. Das „Verfügbar ab“ Datum ermöglicht eine Steuerung, ab wann die Teilnehmer Aufgaben bearbeiten dürfen und

178

2 CSCL-Umgebungen

Zugang zu den dazugehörenden Arbeitsmaterialien bekommen. So ist es möglich, die Arbeit in Zeitabschnitte aufzuteilen und phasenweise Bereiche und Materialien freizuschalten. Lern- und Arbeitsprozesse können so gesteuert werden. Auch das früheste Abgabedatum zum Einstellen von Lösungen kann angegeben werden.

3.3.7

Unterstützung der gruppeninternen Koordination

Die oben beschriebenen Kommunikationswerkzeuge können auch zur gruppeninternen Koordination genutzt werden. Daneben ermöglicht MOODLE das Anlegen von Tests und Umfragen als Aktivität in einem Kurs. Umfragen unterstützen die Gruppe bei der selbständigen Steuerung von Gruppenprozessen. Die Fragebögen können in einem Kurs als Aktivität zur Verfügung gestellt werden. Häufiger schließt sich einer Gruppenarbeit ein Test oder eine Leistungsbeurteilung an. MOODLE bietet Tests mit automatisierter Bewertung an. Zu Tests können auch Berichte abgerufen werden. Im Reiter „Ergebnisse“ der Test-Ansichtsseite sind verschiedene Berichtsarten verlinkt. Tests können auch manuell bewertet und mit Kommentaren versehen werden. Die Bewertung von Freitextaufgaben kann jedoch nicht automatisch erfolgen, dieser Aufgabentyp muss immer manuell korrigiert werden. Zusätzlich kann eine Ergebnisanalyse durchgeführt werden. Dabei wird eine Tabelle erstellt, die statistische Parameter enthält. MOODLE bietet auch die Möglichkeit, Abstimmungen zu Kursen hinzuzufügen. Diese Funktion kann zur Entscheidungsfindung eingesetzt werden. Die Anzahl der Stimmen kann limitiert und der Abstimmungszeitraum eingegrenzt werden. Anonyme Teilnahmen werden ebenfalls unterstützt. Mit einer zusätzlichen Spalte lassen sich Teilnehmer anzeigen, die nicht abgestimmt haben, sofern diese Einstellung gesetzt wurde.

3.3.8

Unterstützung kooperativer Aufgabenteilung in Gruppen

Um kooperative Aufgaben zu erledigen müssen Rechte und Rollen definiert werden. MOODLE bietet zu den Rollen des Administrators und Trainers noch weitere Rollen an. Die Rolle der Kursverwaltung dient dem Anlegen neuer Kurse und dem Lehren in den Kursen. Speziell einem Kurs zugeordnet sind Trainer, deren Aufgabe es ist, den Kurs zu administrieren, also Aktivitäten anzulegen, und die Lernenden zu betreuen und zu bewerten. Es gibt zusätzlich die Rolle eines Trainers ohne das Recht, den Kurs zu verändern. Diese Trainer dürfen nur lehren und betreuen. Die Rolle des Teilnehmers ist für Lernende angedacht. Innerhalb des Kurses, in dem er eingeschrieben ist, kann er mit den bereitgestellten Werkzeugen arbeiten. Mit der Gastrolle können Interessenten sich in Kurse einloggen, die den Gastzugang freigegeben haben. Der Gast hat immer nur ausschließlich Lesezugriff. Die Rolle des authentifizierten Nutzers ist eine vordefinierte Basisrolle für alle angemeldeten Benutzer in MOODLE und stellt sicher, dass ein Nutzer sich anmelden kann, ohne Mitglied in einem Kurs zu sein, seine Kalendereinträge verwalten oder Blogeinträge verfassen kann. Die Zuordnung von Rollen auf Teilnehmer können nur Administratoren und Trainer vornehmen. Bei einer MOODLE-Installation können Rollen konfiguriert werden, die dann für die ganze Installation gültig sind. Jedoch ist es möglich, in einem konkreten Kontext die Rollen anzupassen und Zugriffsrechte zu ändern. Es ist außerdem möglich, neue Rollen zu definieren. Der Kalender in MOODLE lässt vielfältige Einstellungen in den Terminen zu. Es können persönliche Termine sowie gruppenspezifische Termine angelegt werden, die nur die Gruppe

2.8 Plattformen

179

sehen kann. Es gibt allgemeine Termine, die für alle Benutzer von MOODLE sichtbar sind, aber nur von Administratoren gesetzt werden dürfen. Manche Aktivitäten erzeugen auch Termine, die automatisch im Kalender eingetragen werden. Wie bereits erwähnt, werden die Termine im Kalenderblock eines Kurses angezeigt.

3.4

BSCW

BSCW (Basic Support for Cooperative Work) ist ein generisches Groupware-System, das vom Institut für Angewandte Informationstechnik FIT (heute ein Institut der Fraunhofer Gesellschaft) seit 1995 entwickelt wird. BSCW war beim Erscheinen das erste vollständig webbasierte Groupware-System, das auf Benutzerseite nur einen Web-Browser erforderte. Das System wird kontinuierlich von FIT und der 1998 gegründeten Spin-off-Firma OrbiTeam Software GmbH weiterentwickelt. Es ist vor allem im Hochschulbereich verbreitet und dort für die nicht-kommerzielle Nutzung kostenfrei verfügbar. Für diesen Beitrag wurde die Version 4.5.1 betrachtet.

3.4.1

Kommunikationswerkzeuge

BSCW bietet einige Möglichkeiten zur asynchronen Kommunikation an. Der Nutzer kann eine eigene Kontaktliste anlegen und darin zentral seine Kontakte speichern. In den Profilen der Kontakte lassen sich viele Informationen speichern, wie beispielsweise die Anschrift und E-Mailadressen. Soll nun ein Kontakt per E-Mail benachrichtigt werden, muss in der Kontaktliste der entsprechende Kontakt mit einem Haken markiert werden. Über das Symbol „EMail versenden“ in der Symbolleiste wird eine neue E-Mail geöffnet. Es können E-Mails an mehrere Personen oder ganze Gruppe gesendet werden. Es wurde kein ordnerbasiertes internes Mailsystem integriert, stattdessen werden die Mails an die angegebene E-Mailadresse des Empfängers und des Absenders gesendet. Im BSCW selbst findet keine Speicherung der Mails statt. Diskussionsforen dienen ebenfalls der Kommunikation und sind entweder eigenständige Objekte innerhalb eines Arbeitsbereichs oder Annotationen zu BSCW-Objekten. Ein Diskussionsforum besteht aus Notizen die vergleichbar sind mit Kurzmitteilungen an einem schwarzen Brett, die von allen Mitgliedern gelesen und kommentiert werden können. Es gibt unterschiedliche Notizen: (neutrale) Notiz Pro = Zustimmung Kontra = Ablehnung Ärger = starke Ablehnung Wichtig! = bedeutungsvoller Beitrag Idee = plötzliche Inspiration Notizen können verschoben, kommentiert und auch wieder gelöscht werden. Die Steuerung eines Forums durch einen Moderator ist nicht vorgesehen. Notizen können zusätzlich bewertet und per E-Mail versandt werden. Falls Notizen zu groß sind, kann eine Packfunktion (zippen) diese verkleinern, um einen E-Mail Versand zu ermöglichen.

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2 CSCL-Umgebungen

Verschiedene Benachrichtigungsfunktionen stehen im BSCW zur Verfügung. In allen Arbeitsbereichen können RSS-Feeds, Blogs und URLs zu anderen Webseiten angelegt werden. Bestimmte Bereiche oder Informationen können auch für Nichtmitglieder zur Verfügung gestellt werden, indem ein anonymer Zugriff aus dem Internet ermöglicht wird. Die synchrone Kommunikation wird nur indirekt ermöglicht. Um mit anderen Benutzern in Kontakt zu treten, können die erforderlichen Daten im Profil des Benutzers gespeichert werden. In vordefinierten Feldern können die Benutzerkennungen für die verschiedenen InstantMessaging-Systeme eingetragen werden. Die Benutzer müssen die entsprechenden Systeme nutzen, da BSCW kein Instant-Messaging-System integriert hat. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, aus einer Liste von Online-Verzeichnissen diejenigen anzuklicken, in denen der Benutzer verzeichnet ist.

3.4.2

Social Awareness

Im Profil kann jeder Benutzer seine persönlichen Daten hinterlegen. Diese umfassen den vollständigen Namen, Organisation, Telefonnummern, Foto, Homepage, Anschrift und EMail-Adresse. Das Feld „Primäre E-Mail-Adresse“ ist auf diejenige E-Mail-Adresse gesetzt, an die BSCW die täglichen Nachrichten schickt (z.B. die täglichen Arbeitsbereichsberichte). Standardmäßig ist das die E-Mail-Adresse, mit der Nutzer sich registrieren. Zusätzliche EMail-Adressen können genutzt werden, wenn diese unter „Weitere E-Mail-Adressen hinzuhinter dem Namen eines Arbeitsbereiches zeigt fügen“ eingetragen werden. Das Symbol die Benutzergruppe an, die im Arbeitsbereich eingetragen ist. Über die Information der eingetragenen Benutzer sind auch die Profildaten abrufbar, die auch für die anderen Teilnehmer des Arbeitsbereiches sichtbar sind. Zusätzlich kann nach weiteren Benutzern im BSCW System gesucht werden, jedoch muss die Suche auf bestimmte Merkmale eingegrenzt werden, da ab 100 Benutzern keine Auflistung aller Benutzer im System erfolgt. BSCW bietet Awareness-Werkzeuge an um herauszufinden, welche Benutzer noch zur gleichen Zeit im System erreichbar sind. Die Kontaktstatusanzeige zeigt die Anwesenheit der Mitglieder im gemeinsamen Arbeitsbereich als Leiste unterhalb des Pfades an. Dabei wird farblich gekennzeichnet, ob die Mitglieder innerhalb der letzten 5 Minuten (grün), der letzten Stunde (gelb), der letzten 2 Stunden oder vor mehr als 2 Stunden (rot) online waren. Die Benutzeransicht des Ereignismonitors kann die angemeldeten Besucher oder die Aktivitäten im System anzeigen. Es wird neben dem Benutzernamen der vollständige Name, die EMail-Adresse und die Telefonnummer angezeigt, sofern diese Daten verfügbar sind. Der Ereignismonitor zeigt alle Benutzer an, die sich im Adressbuch des angemeldeten Benutzers befinden und die derzeit im BSCW-System aktiv sind. Aktivität im System bedeutet, dass ein Benutzer kürzlich mit dem BSCW-Server in Interaktion getreten ist. Benutzer, die ebenfalls den Ereignismonitor verwenden, werden in jedem Fall als aktiv angezeigt.

3.4.3

Activity Awareness

In der Ereignisansicht des Ereignismonitors werden aktuelle Ereignisse in den jw. Arbeitsbereichen chronologisch sortiert angezeigt. Dazu werden zu jedem Ereignis das betroffene Objekt, der handelnde Benutzer sowie eine kurze Beschreibung des Ereignisses angezeigt. Es werden folgende Ereignisse unterschieden: Neues Objekt, Verändertes Objekt, Verschobenes Objekt, Gelesenes Objekt und Ereignisse innerhalb von Objekten wie Ordnern. Durch die

2.8 Plattformen

181

Ereignisansicht ist sofort zu erkennen, dass beispielsweise ein bestimmtes Dokument bearbeitet und wieder auf dem Server abgelegt wurde. Die Ereignisansicht ist der schnellste Weg, Information über geänderte Dokumente vom BSCW-Server zu erhalten. Die Ereignisansicht wird automatisch in regelmäßigen Abständen durch den Ereignismonitor aktualisiert. In den Einstellungen kann jeder Benutzer aktive Ereignisdienste abonnieren. Dazu gehören der tägliche Bericht, RSS-Feed und „eigene Ereignisse“. Unterschieden wird bei den abonnierten Ereignistypen in einem weiteren Reiter zwischen gelesenen Objekten, neuen Objekten, verschobenen Objekten und veränderten Objekten. Dokumente werden in allen Sichten mit den jeweiligen Icons der Ereignistypen dargestellt. Teilweise fallen diese Funktionen auch unter den Bereich Task Awareness. Zu diesem Zweck kann auch das WorkflowManagement des Systems (s.u.) genutzt werden.

3.4.4

Unterstützung von Gruppenarbeitsbereichen

Ein gemeinsamer Arbeitsbereich ist ein Ordner, der von mehreren Personen genutzt wird. Die Mitglieder eines Arbeitsbereichs sind in der Regel eine Gruppe registrierter BSCWBenutzer. Hier können alle Mitglieder Dateien und Dokumente ablegen und verwalten. In den Standard-Einstellungen, die individuell angepasst werden können, kann jedes Mitglied des Arbeitsbereichs alle Objekte sehen, ebenso die Aktionen aller Mitglieder auf diese Objekte im Arbeitsbereich, und selber auch Aktionen auf den Ordner und die Inhalte ausführen. hinter seinem Namen in der Navigationsleiste markiert einen Ordner als Das Symbol gemeinsamen Arbeitsbereich. Mit einem Klick auf das Symbol wird die Mitgliederseite angezeigt. Mit den Standard-Zugriffsrechten können Mitglieder weitere Mitglieder einladen oder entfernen, sich selbst eingeschlossen. Die Verwaltung kann aber variabel organisiert werden. Von „jedes Mitglied darf weitere Mitglieder einladen oder entfernen“ bis hin zu „nur Manager dürfen Mitglieder verwalten“ ist jede Form der Mitgliederverwaltung und Zugriffsrechteverwaltung möglich. Autoren können ihre BSCW-Dokumente unter die Versionskontrolle stellen, um Überarbeitungen an Dokumenten zu kontrollieren. Eigentümer eines Dokuments können das Dokument auch einfrieren und es damit vor weiteren Änderungen durch andere Mitglieder des Arbeitsbereichs schützen. Eingefrorene Dokumente können weiterhin gelesen werden von allen Mitgliedern des Arbeitsbereiches Nach einem „Entfrieren“ durch den Eigentümer kann das Dokument wieder bearbeitet werden. Hilfreich ist der sogenannte Aktenkoffer. Dies ist ein persönlicher Ordner in BSCW, vergleichbar mit der Zwischenablage. Der Aktenkoffer dient der Synchronisierung von BSCWDokumenten mit Dokumenten auf dem lokalen Rechner der Nutzer. Neue Dokumente werden vom lokalen Rechner auf den BSCW übertragen und umgekehrt. Der Dokumentenabgleich sorgt für stets aktuelle Versionen. Zusätzlich bietet BSCW einen Zugang für mobile Endgeräte, um auf Informationen auf dem BSCW-Server zugreifen zu können. Über ein mobiles Portal ist der Zugriff auf das Adressbuch und die Arbeitsbereiche möglich. Die neuesten Ereignisse werden in einer speziellen Ansicht präsentiert. Lesezeichen erlauben einen schnellen Zugriff auf häufig verwendete Bereiche. Mit Tags können die meisten BSCW-Objekte beschrieben und klassifiziert werden. Auch

182

2 CSCL-Umgebungen

Ordner, Dokumente, URLs, Notizen, RSS-Feeds, Gemeinschaften und Benutzer können mit Tags versehen werden. So können Objekte gefunden werden und Beziehungen zwischen Objekten hergestellt werden. Beliebig viele Tags können neuen Objekten bei der Erzeugung zugewiesen werden. In der oberen Menüleiste können über „Datei neu“ Objekte erzeugt werden. Diese öffnen zunächst das sogenannte Aktionsformular, das dem genauen Beschreiben des Objekts dient. Der Reiter „Allgemeines“ bietet beispielsweise die Upload-Funktion für Dateien und ein Feld für eine textuelle Beschreibung des Objekts. Der Reiter „Attribute“ ermöglicht das Hinzufügen von Attributen aus dem „Dublin Core Metadata Element Set“, welche mit Angaben wie Titel und Verfasser das Objekt klassifizieren und beschreiben.

3.4.5

Kooperative Editoren

In BSCW können Text- und HTML-Dokumente erstellt oder einfach hochgeladen werden. Über das obere Menü „Datei“ können Dokumente erstellt werden. Bei der Auswahl „Neu“ erscheint ein Feld für die Eingabe des Textes. Abhängig vom Browser wird ein integrierter WYSIWYG Editor angezeigt, der das Anlegen einer formatierten HTML-Seite ermöglicht. Die Dokumente können von den Mitgliedern des Arbeitsbereiches asynchron bearbeitet werden. Dafür ist es möglich, die Dokumente unter die Versionskontrolle zu stellen. So kann der Bearbeitungsfortschritt durch die Mehrfachbearbeitung der Dokumente problemlos nachvollzogen werden. Am einfachsten ist es, die automatische Versionsverfolgung als Eigentümer des Dokumentes über die Eigenschaften der Datei zu aktivieren. Eine synchrone Bearbeitung von Dokumenten ist nicht vorgesehen. Wie im vorherigen Abschnitt schon beschrieben, können Dokumente vom Eigentümer eingefroren werden, um Veränderungen durch andere Mitglieder zu verhindern. Die persönlichen Dokumente können im eigenen Bereich abgelegt und so vor Zugriffen geschützt werden. Ein externes Wiki lässt sich vom System-Administrator für einzelne Arbeitsbereiche integrieren.

3.4.6

Prozess- und Phasenunterstützung für Gruppenarbeit

BSCW unterstützt explizit Projektmanagement durch Zeitplanung und Fortschrittskontrolle. Die drei Objekttypen Projekte, Phasen und Aufgaben sind in BSCW als spezielle Ordner realisiert, die auch weitere Unterlagen, Diskussionsforen usw. enthalten können. Ein zeitlich begrenztes Vorhaben mit einem definierten Ziel wird als Projekt bezeichnet. Projekte können in einzelne Arbeitsabschnitte, sogenannte Phasen, unterteilt sein. Projekte liegen immer in normalen Ordnern. Als Phase wird ein abgeschlossener Arbeitsabschnitt in einem Projekt verstanden, der wiederum in einzelne Aufgaben unterteilt wird. Projekten, Phasen und Aufgaben ist ein Wert zugeordnet, der den Fortschritt beschreibt. Aufgaben können nochmals in Unteraufgaben geteilt werden. Zusätzlich können spezielle Ordner, sogenannte Laufmappen, erstellt werden, in denen Dokumente zur Bearbeitung weitergereicht werden. Jeder Laufmappe sind Aufgaben zugeordnet, die von den vorgesehenen Benutzern bearbeitet werden müssen. Das Workflow-Management wird so für Aufgaben, Projekte und Laufmappen unterstützt. Die Verknüpfung einzelner Aufgaben erfolgt über gemeinsame Dateien. Unteraufgaben einer Hauptaufgabe können durch diese gemeinsamen Daten oder definierte Bedingungen zu einem Workflow-Prozess verknüpft werden. Ein Workflow-Prozess wird automatisch gestar-

2.8 Plattformen

183

tet, wenn alle erforderlichen Eingaben vorliegen. Wird die Hauptaufgabe storniert, werden alle Unteraufgaben ebenfalls storniert. So kann ein Projektablauf mit BSCW gesteuert und kontrolliert werden.

3.4.7

Unterstützung der gruppeninternen Koordination

Durch Anlegen von Arbeitsbereichen zur Unterstützung von Projekten, Phasen und Aufgaben wird die gruppeninterne Koordination unterstützt. Umfragen und Abstimmungen unterstützen zusätzlich Gruppenprozesse. Umfragen bestehen aus Fragen mit einer oder mehreren Antworten. Für diese Antworten stehen sieben Fragetypen zur Auswahl: „Nur eine Antwort“, „Mehrere Antworten“, „Ja/Nein“, „Ja/Nein/Unsicher“, „Bewertung“, „Text“, und „Terminauswahl“. Ergebnisse von Umfragen können grafisch angezeigt, als csv-Datei exportiert oder weiter bearbeitet werden. Diese Ergebnisse können zu Entscheidungen in Projekten oder zur Änderung von bereits gefällten Entscheidungen innerhalb einer Gruppe führen. Die Auswahl eines Termins aus bis zu acht Vorschlägen unterstützt die Gruppe bei Terminfindungen. Öffentliche Umfragen können mittels einer URL nicht-registrierten Teilnehmern den Zugriff ermöglichen. Abstimmungen unterscheiden sich von Umfragen in zwei Punkten: Abstimmungen sind nicht anonym, die Gruppenmitglieder können sehen, wie die anderen abgestimmt haben, und Abstimmungen sind nicht auf die Mitglieder einer Gruppe beschränkt. Es können beliebig viele Teilnehmer eingeladen werden und abstimmen. Diese werden über ihre Namen oder E-Mailadresse identifiziert.

3.4.8

Unterstützung kooperativer Aufgabenteilung in Gruppen

Um kooperative Aufgaben zu erledigen müssen Rechte und Rollen definiert werden. Skalierbare Zugriffsrechte und Rollen in BSCW erlauben oder verweigern Aktionen auf Objekte. So wird beispielsweise versehentliches Überschreiben oder Löschen verhindert. Es ist möglich, neue Rollen für bestimmte Anwendungen zu definieren. Entweder dient eine bereits existierende Rolle als Vorlage oder es wird eine Rolle komplett neu angelegt. Die Zugriffskontrolle erfolgt grundsätzlich über Aktionsgruppen. Eine typische Aktionsgruppe ist Lesen. Dazu gehören das Öffnen und Kopieren eines Objektes. Wird diese Aktionsgruppe zu einer Rolle hinzugefügt, kann der Inhaber der Rolle ein Dokument öffnen oder kopieren. Selbstdefinierte Rollen sind aber beschränkt auf den Geltungsbereich des jeweiligen Objekts. Mit den Standard-Zugriffsrechten können einfache Mitglieder eines Arbeitsbereichs neue Mitglieder einladen. So sind eine selbständige Bildung von (Unter-)Arbeitsgruppen und eine flexible, dezentrale Arbeitsorganisation möglich. In BSCW gibt es für jeden Benutzer einen persönlichen Kalender. Für Gruppen können Gruppenkalender in den verschiedenen Arbeitsbereichen angelegt werden. So können private und öffentliche bzw. gemeinsame Termine verwaltet und eingesehen werden. Wie bereits beschrieben, können Aufgaben angelegt und strukturiert werden. Aufgaben eines Workflows aus Hauptaufgabe und Unteraufgaben können an die Gruppenmitglieder verteilt und ein kooperatives Arbeiten so unterstützt werden. Der Unterschied zu Einzelaufgaben besteht darin, dass gemeinsam genutzte Daten der Unteraufgaben zu Abhängigkeiten führen können und gegebenenfalls auf Freigabe warten müssen. Das bedeutet, eine Teilaufgabe kann erst starten, wenn die vorhergehende Teilaufgabe erledigt wurde und das Datenfeld mit den neuen Werten frei gegeben wird.

184

4

2 CSCL-Umgebungen

Zusammenfassung und Resümee

Alle betrachteten Systeme unterstützen mit unterschiedlichen Schwerpunkten kooperative Arbeit und weisen eine Reihe gleicher oder ähnlicher Funktionen auf. Da jede Plattformen aus einem spezifischen Kontext heraus entstanden ist, gibt es Unterschiede hinsichtlich der gewählten Metaphorik der Benutzerführung (so geht BSCW beispielsweise von Ordnern aus, während die betrachteten LMS eher räumlich von Kursen bzw. Kursräumen ausgehen) und ihrer didaktischen Schwerpunktsetzung. Daher ist der Weg zu äquivalenten Funktionen oder vergleichbaren Möglichkeiten der Gestaltung von Lern- und Kooperationsräumen in den einzelnen Plattformen mithin sehr unterschiedlich. Im Hinblick auf CSCL zeichnen sich die Systeme durch spezifische Besonderheiten aus, die nachfolgend gesondert zusammengefasst werden. ILIAS bietet ein vollständiges internes Mailsystem mit eigener Ordnerstruktur, mit der interne wie externe Mails verschickt werden können. Durch die Schnittstelle zum Social Bookmarking Dienst „del.icio.us“ können auch ILIAS-Objekte in externen Communities kollaborativ indexiert werden. OLAT besitzt ein ausgeklügeltes Forum-Werkzeug und eine niedrigschwellige, für Gruppenarbeit praktische „Dateidiskussion“. Mit dem Baustein „Bewertung“ können quasi alle Aktivitäten der Benutzer höchst flexibel kommentiert oder bewertet werden, auch offline-Aktivitäten. MOODLE besitzt eine nützliche Bewertungsfunktion für Forenbeiträge und ermöglicht die Nutzung von Tag Clouds beim CSCL. BSCW bietet einen speziellen Zugriff auf Ressourcen für mobile Endgeräte und ermöglicht so ein Stück weit ubiquitäre Kooperation. Als einziges System bietet es mit dem „Aktenkoffer“ die praktische Möglichkeit der Synchronisierung von Dateien im System und einem lokalen Arbeitsrechner. BSCW, ILIAS und OLAT (nach Aktivierung durch den Administrator) bieten eine Versionierung bzw. Änderungsverfolgung für die gemeinsame Arbeit an und mit Dokumenten. OLAT und BSCW, und mit kleineren Einschränkungen auch ILIAS, erlauben die selbständige Bildung (informeller) Arbeitsgruppen durch registrierte Benutzer. BSCW, aber auch ILIAS und MOODLE erlauben die Erzeugung mehr oder weniger detaillierter Aktivitätsbzw. Lernfortschrittsberichte von Benutzern. ILIAS und BSCW besitzen im Vergleich zu den anderen Systemen das mächtigste Rechtemanagement und bieten durchgängig eine objektspezifische Definition von Zugriffsrechten. Da keine Lizenzgebühren anfallen, kann auf der Kostenseite die Entscheidung, welches System eingesetzt werden soll, in erster Linie abhängig vom Administrationsaufwand und den verfügbaren personellen Ressourcen getroffen werden. Dank aussagekräftiger OnlineForen und frei verfügbarer Dokumente können alle Systeme auch ohne Schulung autodidaktisch erlernt werden, allerdings werden für einen sinnvollen Einsatz für das CSCL neben einer guten Medienhandhabungskompetenz auch grundlegende pädagogisch-didaktische Kenntnisse vorausgesetzt. Für jedes System ist ebenfalls ein professioneller, kostenpflichtiger Support verfügbar.

2.8 Plattformen

185 ILIAS Vers. 4.0.3

OLAT Vers. 7.1

MOODLE Vers. 2.0

BSCW Vers. 4.5.1

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Kooperative Editoren

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Prozess- u. Phasenmanagement

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Kommunikation asynchron synchron Awareness Social Awareness Activity Awareness Task Awareness Kooperative Arbeitsbereiche Flexible Einrichtung Gemeinsame Datenablage Änderungsverfolgung/ Versionierung

Koordination Umfrage- und Abstimmungswerkzeuge Tests/Selbsttests Bewertungen und Feedback Aufgabenmanagement (Abgabe, Fristen) Selbständige Organisation der Arbeit in Gruppen Allgemeine Merkmale Mehrsprachigkeit

23 Sprachen

5 Sprachen

86 Sprachmodule

20 Sprachen

Lizenzgebühren

nein

nein

nein

BSCW free = für Schulen, Universitäten

Support

Ja, kostenpflichtig

Ja, kostenpflichtig

Ja, kostenpflichtig

Ja, kostenlos für Schulen und Unis

Dokumentation

Foren, OnlineDokumentation, Wiki

Handbücher, Download-Texte, Screencasts

Wiki, Forum, Handbücher

Onlinehilfe, Hilfeforen, Handbücher

iLinc, Centra, iCal, SCORM, IMS-QTI, WebDAV, Shibboleth

Wimba, IMS-CP, IMS-QTI, SCORM, WebDAV, MS Active Directory, Shibboleth, REST API, LTI

Elluminate Bridge iCAL, SCORM,IMS-CP, Drupal, Web-DAV, Google gadgets, Office Add, Shibboleth, Sharepoint, Mahara

SSO; LDAP, XML-RPC, iCal, vCard, SSL, WebDAV, OAuth und OpenID, Shibboleth

Integration

186

2 CSCL-Umgebungen

Alle Systeme sind mehrsprachig. Durch die ständige Weiterentwicklung und Erweiterungen erreichen die Systeme eine hohe Funktionalität. Die teilweise einfache Anbindung externer Tools an die Systeme erweitern diese zusätzlich. Wie in Beitrag 4.7 Spezifikationen, Normen und Standards für Lernmaterialien beschrieben, wird durch die Standardisierung die Interoperabilität und Wiederverwendbarkeit von Lernpaketen deutlich gesteigert. Diese zunehmende Nutzung von Standards hat die Akzeptanz der Hersteller der Systeme für Standards erhöht. Zunehmend werden SCORM, QTI, CP und Common Cartridge als Spezifikationen und de facto Standards berücksichtigt. Das zeigt sich auch durch die mehr oder weniger stark ausgeprägte Möglichkeit, Lernpakete in die Systeme zu importieren, die diesen Spezifikationen entsprechen. Ein tabellarischer Vergleich der Systeme fasst ihre Schwerpunkte im Hinblick auf CSCL abschließend zusammen. Die Anzahl der Pluszeichen in der Tabelle sind als Indikator für die Anzahl vorhandener Möglichkeiten einer Plattform verstehen, die jeweilige CSCL-Funktion zu unterstützen: Je mehr Pluszeichen ein System aufweist, desto elaborierter ist seine Funktionalität an dieser Stelle. Die Abstufungen sind ordinal zu interpretieren.

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

2.9

187

Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess Andrea Kienle1, Thomas Herrmann2 1

1

Fachhochschule Dortmund, 2Ruhr-Universität Bochum

Einleitung

In diesem Beitrag werden Konzepte vorgestellt, die sich für die Unterstützung von Kleingruppen, die computervermittelt lernen, als sinnvoll erwiesen haben. Eine Prozesssicht auf kollaboratives Lernen unterstützt Lernende dabei, sich selbst mit dem Prozess vertraut zu machen, indem ihnen der Prozess dargestellt wird und für die unterschiedlichen Prozessschritte die passenden Funktionalitäten zur Verfügung gestellt werden. Zudem ermöglicht eine Prozessbetrachtung die Identifizierung von Unterstützungsbedarfen und kann helfen, bei der Gestaltung kollaboratives Lernen sinnfällig in Einheiten zu zerlegen, um für diese punktuell Lösungsansätze zu entwerfen. Neben der Prozesssicht auf kollaboratives Lernen und ihrer technischen und organisatorischen Unterstützung wird in diesem Kapitel auf drei weitere zentrale Konzepte eingegangen. Dies sind Annotationen als Möglichkeit der Kommunikationsunterstützung, die technische Gestaltung der Einigung auf ein gemeinsames Ergebnis durch Aushandlung sowie die Unterstützung des Lernprozesses durch Moderation. Für alle Konzepte wird zunächst eine theoretische Einordnung vorgenommen, bevor auf konkrete technische und/oder organisatorische Unterstützungsmöglichkeiten eingegangen wird.

2

Kollaboratives Lernen: Eine Prozesssicht

Die Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen stellt eine wesentliche Aufgabe der Pädagogik dar. Unter Prozessen sollen in diesem Kapitel Tätigkeiten verstanden werden, die in verschiedenen Varianten zeitlich und logisch verknüpft sein können, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Beim kollaborativen Lernen werden die Tätigkeiten von mehreren Akteuren bzw. Rollen ausgeführt. Die in der Literatur vorzufindenden Prozessmodelle haben in der überwiegenden Anzahl entweder das Ziel, den Ablauf (kollaborativen) Lernens zu beschreiben oder eine Grundlage zur Gestaltung der Computerunterstützung für die Aktivitäten kollaborativen Lernens zu schaffen. Nach einer Zusammenfassung bedeutender Arbeiten aus diesem Bereich wird hier ein Prozess vorgestellt, der zur Gestaltung einer kollaborativen Lernumgebung genutzt wurde und im praktischen Einsatz für die Qualifizierung der beteiligten Studierenden eingesetzt wurde (Kienle 2003). Dieser Prozess ist auf Basis einer Literaturanalyse und der Auseinandersetzung mit verschiedenen Lernszenarien entstanden und kann als Pattern (Muster) für die Gestaltung der Computerunterstützung und des organisatorischen Rahmens von CSCLVeranstaltungen angesehen werden.

188

Abbildung 1:

2.1

2 CSCL-Umgebungen

Der Prozess kollaborativen Lernens

Theoretische Einordnung in das Thema Prozessorientierung

Es gibt mehrere Ansätze, gemeinsames Lernen als phasen-orientierten Prozess zu organisieren. So beschreiben beispielsweise Hesse und andere ein sequentielles Modell mit fünf Phasen (Hesse, Garsoffky & Hron 1997). Nach der Aufgabenstellung (1) folgen in diesem Ansatz Phasen der Festlegung von Zielen (2) und der Vorgehensweise (3), Recherchen (4) sowie die Erarbeitung eines gemeinsamen Ergebnisses (5). Demgegenüber schlagen Rötting und Bruder ein didaktisches Konzept mit den vier Phasen „Vorbereitung“, „Wissensvermittlung“, „Vertiefung“ und „Anwendung“ vor, die nicht in chronologischer Reihenfolge ablaufen (Rötting & Bruder 2000). Dieses Konzept beruht auf dem sogenannten „Learning cycle“ nach Mayes und anderen (Mayes et al 1994), die die drei Phasen „Conceptualisation“, „Construction“ und „Dialogue“ in einem Zyklus anordnen. Die Konzeptionsphase wird dabei schwerpunktmäßig von einer ausgezeichneten Person übernommen. Mit der Phase des Dialogs wird hier der Kommunikation in kollaborativen Lernprozessen eine besondere Bedeutung beigemessen. Für jede dieser Phasen schlagen die Autoren Möglichkeiten der Computerunterstützung vor. Eine andere Perspektive auf den Prozess kollaborativen Lernens zeigt der „knowledge building process“ (Stahl 2000). Hier wird das Wechselspiel zwischen indi-

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

189

viduellem und kollaborativem Lernen verdeutlicht. Dieses Modell wird zur Gestaltung von CSCL-Systemen herangezogen. Das durch die Literaturstudie und den Einsatz von Szenarien entwickelte Prozessmodell computervermittelten kollaborativen Lernens (vgl. Abbildung 1) umfasst vier Phasen. Der Anfangspunkt ist hier die vorbereitende Phase, die durch den Lehrenden bzw. Moderator ausgeführt wird. Diese beinhaltet die Aktivität der (fiktiven) Aufgabenstellung. Es geht darum, wie Aufgaben so gestaltet werden können, dass die Teilnehmenden schon aus der Aufgabe heraus die unterschiedlichen Phasen des kollaborativen Lernprozesses durchlaufen. Diese Frage wird unter dem Stichwort Problem Based Learning behandelt (vgl. z.B. (Koschmann 2001)). Es sind systematisch Aufgabenstellungen zu entwickeln, die den neuen Möglichkeiten von CSCL-Systemen gerecht werden (Lipponen 2001). In der Regel gibt die Aufgabenstellung ein zu lösendes Problem vor, das in Kleingruppen zu bearbeiten ist (Kimball 1998). Wenn eine Aufgabenstellung auf kollaboratives Lernen abzielt (vgl. Kienle 2003, S. 49), dann muss sie Recherche erfordern, die eine individuelle Aufbereitung für das jeweilige Thema nach sich zieht und anregen, in der Kleingruppe (z.B. innerhalb eines bestimmten Themenkomplexes) zu diskutieren sowie auch Fortschritte anderer Kleingruppen zu beobachten. Zudem sollten in einem übergeordneten Themenblock gemeinsame Inhalte einer Gruppe gefordert werden, um Kommunikation mit dem Ziel der Konvergenzbildung anzuregen. Falls die Aufgabenstellung Diskussionen zu allen Teilschritten fordert, ist ein wesentlicher Aspekt kollaborativen Lernens von Beginn an erforderlich. Diese Aktivitäten sind in drei weiteren Phasen, an denen vorrangig die Lernenden beteiligt sind, in Abbildung 1 detailliert. Sie müssen nicht sequenziell ablaufen. In Abbildung 1 ist dies durch Relationen, die die Kanten der Aktivitäten schneiden, gekennzeichnet. Es wird getrennt zwischen einer individuellen Phase, einer Phase, in der am Material anderer Lernpartner gearbeitet wird und einer kollaborativen Phase, während derer kommuniziert und ausgehandelt wird. Diese Phasen werden durch Aktivitäten des Moderators begleitet, der den Prozess steuert und notwendiges Wissen für die einzelnen Phasen vermittelt. Das Lernen am eigenen Material beinhaltet all jene Aktivitäten, bei denen eigene Inhalte (für sich) erarbeitet, strukturiert, expliziert und überarbeitet werden. Indem andere Mitglieder der Lerngruppe als Zugangsberechtigte (bzw. Empfänger) zugelassen werden, können auch andere mit diesem Material arbeiten und lernen.

2.2

Technische Unterstützung kollaborativer Lernprozesse

Eine geeignete Unterstützung kollaborativen Lernens wird möglichst viele der im Prozessmodell angesprochenen Aktivitäten durch entsprechende Funktionalitäten in einem einzigen System anbieten. Beispiele solcher Funktionalitäten werden mit den Konzepten der Annotationen, der Aushandlung und der Moderationsunterstützung weiter unten in diesem Beitrag beschrieben. Um den beschriebenen Prozess zu ermöglichen, ist es wichtig, Arbeitsbereiche zur Ablage und Bearbeitung des Materials durch Lerngruppen zu ermöglichen. Insbesondere ist es notwendig, die Teilnehmenden kontinuierlich darüber zu informieren bzw. abrufbare Informationen anzubieten, wie sich der Prozess entwickelt und wer dabei welche Rolle wahrnimmt.

190

2 CSCL-Umgebungen

Beim computervermittelten Prozess sind die wechselnde Rollenverteilung und der Ablauf des Lernprozesses mitunter nur schwer nachvollziehbar. So beschreiben Mynatt et al. die Schwierigkeit, bei computervermittelter Kommunikation den Rhythmus zu finden, in dem sich die Teilnehmer an der Kommunikation beteiligen (Mynatt et al 1999). Dementsprechend ist es auch für Lernende oft nicht ersichtlich, wann mit einem Beitrag eines anderen Gruppenmitgliedes gerechnet werden kann. Daher können Kommunikationsprozesse ins Stocken geraten. Hier zeigt sich, dass Erkenntnisse aus der Awarenessforschung (Dourish & Bellotti 1992) nicht nur für die Wahrnehmung der Aktivitäten einzelner Lernpartner, sondern vielmehr auch für die Wahrnehmung der Aktivitäten innerhalb des kollaborativen Prozesses von besonderer Relevanz sind. Eine Unterstützungsmöglichkeit für Lernprozesse wird darin gesehen, sie möglichst automatisch, also workflow-ähnlich zu steuern, indem die Aufgabe der Steuerung des Prozesses an das technische System übergeben wird (Masterson 1998). Im deutschsprachigen Raum beschäftigt man sich z.B. mit der Entwicklung und Umsetzung von Lernprotokollen, die auf der aus der Psychologie stammenden Skript-Theorie basieren (Pfister et al 1998; Wessner, Pfister & Miao 1999). Es wird jedoch eingewandt, dass die Selbststeuerung des Lernprozesses durch die Lernenden im Sinne einer aktiven Auseinandersetzung mit dem kollaborativ zu erlernenden Wissen entscheidend für den Lernerfolg ist. Das Für und Wider zum Einsatz von Skripts in CSCL-Systemen kann hier nicht erschöpfend behandelt werden; eine ausführliche Behandlung des Themas findet sich in (Dillenbourg 2002) und in den Beiträgen 2.7 und 3.5.

3

Annotationen als Kommunikationsunterstützung in CSCL-Systemen

Das Konzept der Annotationen integriert die Ablage von Material und Kommunikation und ist für die Unterstützung von synchroner und asynchroner Kommunikation in CSCLSystemen ein vielversprechender Ansatz. Er legt den Grundstein für die Unterstützung des gesamten Prozesses, so wie er im vorangegangenen Abschnitt erläutert wurde.

3.1

Theoretische Einordnung in das Thema computervermittelter Kommunikation

Theoretisch basieren Annotationen auf dem Ansatz kontext-orientierter Kommunikation (Herrmann & Kienle 2004). Wenn menschliche Kommunikationsakte durch CSCL-Systeme vermittelt werden, beinhalten sie mehr als den Transport einer codierten Nachricht von A nach B mittels eines Kanals und ihre anschließende Decodierung (vgl. dagegen Shannon & Weaver (1949)). Durch eine psychologische Sichtweise wird deutlich, dass beide Kommunikationspartner entscheidend zum Gelingen von Verständigung beitragen, indem sie berücksichtigen, was der Gesprächspartner aufgrund seines Kontextes bereits an Erfahrung hat (Clark & Brennan 1991; McCarthy & Monk 1994; Ungeheur 1982). Dies führt zu einem Kommunikationsmodell, bei dem sich zwei Kommunikationspartner gegenseitig so beeinflussen, dass sie Vorstellungen entwickeln können, von denen beide annehmen, dass sie sich ähneln (eine ausführliche Darstellung des Kommunikationsmodells findet sich in (Herrmann & Kienle 2004; Herrmann 2001)). Es gibt keine deterministische Wirkung zwischen dem was gesagt wird und dem, was der Zuhörer denkt. Die damit einhergehende Verständi-

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

191

gungsunsicherheit kann durch den verfügbaren Kontext gemildert werden (Ungeheuer 1982). Der Kontext beinhaltet Gesichtspunkte, die für alle Kommunikationspartner gemeinsam wahrnehmbar sind oder waren. Die Bezugnahme auf den Kontext hat zwei wichtige Funktionen. Zum einen muss nur das ausgedrückt werden, was benötigt wird, um den Kontext so zu ergänzen, dass das Gemeinte rekonstruiert werden kann („Wo finde ich Lernmaterialien zum Thema X?“ – „An der gleichen Stelle wie bei Veranstaltung Y“). Die Einschätzung der Rolle des Kontextes wird durch Mutmaßungen über das beim Kommunikationspartner bereits vorhandene Wissen (Partnerbild) ergänzt, um die Kommunikation zu vereinfachen („Wo finde ich Lernmaterialien zum Thema X“ – „Im Inhaltsbereich, in dem Du letzte Woche aktiv warst “). Zum anderen hilft der Kontext festzustellen, ob man sich verstanden hat: Je nach dem, wie sich eine Situation entwickelt, ergeben sich Hinweise auf den Kommunikationserfolg oder auf die Notwendigkeit, das Verständnis zu überprüfen oder nachzubessern. Da CSCL-Kommunikation zeitlich und räumlich getrennt verlaufen kann, ist der verfügbare Kontext reduziert. Das bedeutet, dass der Organisator eines Lernprozesses etwas anbieten muss, das den fehlenden Kontext ersetzt – dies geschieht durch das „Material“, das den Lernenden zur Verfügung gestellt wird. Die Kommunikation findet dann in Form eines Austauschs von Aussagen statt, die eng mit dem Material verknüpft werden: Sie werden als Annotationen in dem Material verankert. Es sind eine Reihe von Anforderungen an eine annotationsbasierte Kommunikationsunterstützung in CSCL-Systemen zu beachten (für eine ausführlichere Darstellung siehe (Kienle 2003): − hohes Maß an Direktheit der Annotation: Annotationen und dazugehörige Materialien sollen gemeinsam sichtbar sein, da Kommunikationsbeiträge immer im Kontext zu verstehen sind. Annotationen sollen ggf. auch ausblendbar sein, um zunächst nur das Material wahrzunehmen und umgekehrt. − Beliebige Einteilung des Materials: Die Annotation muss an kleinste Einheiten des Materials (einzelne Wörter) oder an Zusammenfassungen (ganze Dokumente oder Sammlungen von Dokumenten) angehängt werden können. Man muss beliebige Einheiten wählen und ggf. selbst Material ergänzen können. − Anschlussfähigkeit der Annotationen: Annotationen können wiederum annotiert werden, sodass sich ein Chat-ähnlicher Dialog oder auch ein hierarchischer Diskursbaum entwickeln kann. Bei letzterem werden zu einem Beitrag mehrere Antworten gegeben, von denen dann eine Teilmenge diskursiv, aber potentiell parallel, vertieft wird. − Adressierung der Beiträge: Mit Annotationen soll die Kommunikation unter den Teilnehmenden unterstützt werden. Zur Aufmerksamkeitssteuerung muss es auch möglich sein, Annotationen nur für eine bestimmte Teilnehmergruppe zuzulassen. Dies unterstützt auch die unterschiedlichen Phasen des kollaborativen Lernprozesses. Dazu benötigt man eine Differenzierung der Lese- und Schreibrechte.

3.2

Die Realisierung von Annotationen in technischen Systemen

Annotationen sind bislang in Systemen umgesetzt, die entweder Diskussionen zu bestehendem Material oder die gemeinsame Arbeit an Texten unterstützen. Häufig genannte Vertreter der ersten Gruppe sind CoNote (Davis & Huttenlocher 1995), CaMILE (Gudzial & Turns 2000) und WebAnn (Bernheim Brush et al. 2002), die kollaborative Lernprozesse unterstützen können. Diese als Prototypen im Einsatz befindlichen Sys-

192

2 CSCL-Umgebungen

teme ermöglichen es, Kommunikationsbeiträge und Materialien zu verknüpfen und Annotationen zu annotieren. So unterstützen CoNote oder CaMILE Verbindungen zwischen Kommunikationsbeiträgen, indem sie Diskussionsforen mit bestehenden Webseiten verknüpfen. In CoNote werden dabei im Diskussionsforum Links zu den diskutierten Webseiten (Material) abgelegt. CaMILE fügt die Annotationen am Ende der betreffenden Webseite ein. In beiden Systemen bezieht sich die Verbindung jedoch nur auf Webseiten als Ganzes und nicht auf einzelne Inhaltsabschnitte. Solche Systeme sind in jüngerer Vergangenheit positiv evaluiert (Nokeleainen et al. 2005) und haben sich unter dem Begriff „Anchored Discussions“ (van der Pol, Admiraal & Simons 2006) etabliert. Ähnliche Ansätze, die aber punktgenauere Annotation zulassen, finden sich in komplexeren CSCL-Systemen wie Gentle (Dietinger & Maurer 1998) oder Scholion (Auinger & Stary 2003). In beiden Systemen ist das Annotieren im Material selbst möglich, indem die zu annotierende Textpassage markiert und ein Menüpunkt zur Anmerkung ausgewählt wird. Entscheidender Nachteil ist in allen bislang vorgestellten Systemen, dass die Materialien nicht von den Lernenden selbst eingestellt werden, so dass der kollaborative Prozess nicht in seiner Gesamtheit unterstützt werden kann.

Abbildung 2:

Integrierte Ansicht von Material und Annotationen in der Baumansicht

Inzwischen gibt es viele Softwaresysteme (z.B. Microsoft Word oder Acrobat Reader) und auch webbasierte Anwendungen (www.crocodoc.com, a.nnotate.com, www.co-ment.com), die das freie Annotieren unterstützen (z.T. auch von Bildmaterial). Die Kommentare können an beliebige Ausschnitte angehängt und kommunikativ vertieft werden. Es bereitet dann eher Probleme, Einheiten zusammenzufassen und als Ganzes zu annotieren. Material kann bei diesen Systemen beliebig eingestellt werden. Bei den meisten Systemen bereitet es jedoch Probleme, die Annotation durch flexible Rechtevergabe an einzelne oder an Gruppen zu adressieren, bzw. die Kommunikation auf solche Untergruppen zu beschränken. Der Forschungsprototyp Kolumbus hat Möglichkeiten der adressierbaren Annotation umgesetzt und im praktischen Einsatz empirisch erforschbar gemacht. Die oben genannten Anforderungen werden weitgehend erfüllt (mit Ausnahme der punktgenauen Annotation einzelner Worte oder Satzausschnitte) (Kienle 2003; Kienle & Herrmann 2002). Es ist eine besondere Eigenschaft von Kolumbus, dass für jede kleine Einheit (und damit auch für Annotationen) eine Gruppe von Empfängern festgelegt werden kann. Durch eine geeignete Wahl der Empfängergruppe wird sowohl individuelles Lernen (Empfänger = Au-

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

193

tor) als auch das Lernen in unterschiedlichen Gruppen (Empfänger = kleine Arbeitsgruppe, alle Teilnehmer eines Kurses, etc.) ermöglicht. Diskussionsstränge entstehen, indem Annotationen annotiert werden. Kolumbus verfügt über eine vielfältige und flexible Darstellung von Informationseinheiten (zeitlicher Verlauf der Kommunikation, Arwareness über neue Beiträge und aktive Kommunikaitonsbereiche, Hierarchiebaum vs. leseorientierte Darstellung, Unterschiedung von inhaltlichen vs. organisatorischen Beiträgen). Abbildung 2 zeigt die Baumansicht, in der Materialien und Kommunikationsstränge integriert sind. Die Differenzierungen entwickelten sich in mehreren evaluationsgetriebenen Verbesserungszyklen (Kienle 2003; Kienle & Herrmann 2008), wobei deutlich wurde, dass das Auffinden von Kommunikationsbeiträgen und das Verfolgen von Kommunikationssträngen besonders in längeren Materialien schwierig ist. Deshalb wurde z.B. ein Annotationsfenster hinzugefügt, das eine Übersicht über alle Annotationen zusammenstellt, die von dem jeweiligen Nutzer eingestellt oder an ihn adressiert wurden (vgl. Abbildung 3). Durch Anklicken einer Annotation kann sie vom Nutzer wieder im Kontext des Materials rezipiert werden.

Abbildung 3:

Übersicht über Annotationen

Die Erfahrungen mit Kolumbus zeigen, dass es für die Lernenden eine Überforderung ist, nicht nur punktuell in die Fülle des Materials Anmerkungen einzufügen, sondern tatsächliche Kommunikationsstränge einzubauen und dabei zwischen inhaltlichen, auf das Material bezogenen, und organisatorischen Beiträgen sauber zu unterscheiden. Das ist aus unserer Sicht nur mit Hilfe der kontinuierlichen Unterstützung durch einen Moderator möglich.

194

4

2 CSCL-Umgebungen

Aushandlung als Beitrag zur Intensivierung des kollaborativen Lernprozesses

Um einen intensiveren Austausch anzuregen, ist es hilfreich, wenn die Lerngruppe versucht, sich auf bestimmte Auffassungen oder auf Ergebnisse ihrer Arbeit als gemeinsames Resultat zu einigen. Das bedeutet, dass eine Aushandlung zu Vorschlägen, die aus der Lerngruppe kommen, unterstützt werden sollte.

4. 1

Theoretische Einordnung in das Thema Entscheidungsunterstützung

Aushandlungsunterstützungen in technischen Systemen wurden ursprünglich im Bereich des computervermittelten kooperativen Arbeitens (CSCW) entwickelt, um das Treffen gemeinsamer Entscheidungen zu unterstützen. Diese Entwicklungen stehen in engem Zusammenhang mit Group Decision Support Systems (GDSS), die die Generierung von Vorschlägen (z.B. bzgl. Meinungen, Ideen, Lösungen), ihre Kommentierung, Präsentation und Zusammenfassung mehrerer Vorschläge bis hin zur Auswahl unter alternativen Beiträgen unterstützen (DeSanctis, Gallupe 1987). Stahl (2003) betont in seinem Überblick über Aushandlung und CSCL, dass das Aushandeln beim gemeinsamen Lernen insbesondere als Beitrag zur Wissenskonstruktion zu organisieren ist. Das bedeutet, dass die Aushandlung sowohl in den kommunikativen Austausch der Lerner integriert ist als auch selbst diskursive Elemente beinhaltet (vgl. Abb. 1). Letzteres bedeutet, dass nicht nur über bestimmte Vorschläge und inhaltliche Aussagen innerhalb der Lerngruppe im Sinne von Zustimmung oder Ablehnung abgestimmt wird, sondern diese Voten auch durch einen Austausch von Argumenten begleitet werden können. Zur Beschreibung von Aushandlungen erweisen sich in der Literatur und in der Empirie verschiedene Eigenschaften als relevant (Kienle 2009), die sich in den Konfigurationsmöglichkeiten eines CSCL-Systems wiederfinden sollten: − Anzahl der Beteiligten: CSCL-unterstützte Lerngruppen werden meistens 3–12 Teilnehmer haben. In Abhängigkeit von der Gruppengröße sollte festlegbar sein, ab wann z.B. ein Vorschlag als angenommen gilt oder wie man mit dem Widerspruch eines einzelnen Mitglieds verfährt. − Einbringen von Vorschlägen: Wer kann Vorschläge unterbreiten und wer kann sie unter welchen Bedingungen (z.B. während der Aushandlung oder erst bei Start einer neuen Abstimmung) abändern − Mögliche Stellungnahmen (Voten): In (Stahl & Herrmann 1999) werden folgende Möglichkeiten vorgesehen, mit denen man auf inhaltliche Vorschläge aus der Lerngruppe reagieren kann: Zustimmung, Ablehnung, Enthaltung, Gegenvorschlag, Kommentar, Diskussion auf anderer Ebene. − Transparenz über Voten anderer: Spätestens nachdem man selbst ein Votum abgegeben hat, sollte man erkennen können, wie sich andere entschieden haben. − Modus der Abstimmung (Voting): Ein gemeinsamer Lernprozess sollte so organisiert werden können, dass einmal abgegebene Voten innerhalb einer bestimmten Frist revidiert werden können.

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

195

− Integration von Aushandlung und Diskussion bzw. Kommentaren: Sowohl zu den Vorschlägen als auch zu den abgegebenen Voten muss man Kommentare und Argumente annotieren können.

4.2

Technische Unterstützung der Aushandlung und die Begrenztheit ihrer Wirkung

Die in der Vergangenheit realisierten oder konzipierten Aushandlungskomponenten (Kienle & Herrmann 2002; Stahl 2003; Stahl & Herrmann 1999) bieten in der Regel eine Kombination verschiedener Ausprägungen der oben beschriebenen Eigenschaften an. Die Realisierungen variieren in der Art, wie sie mit den gegenläufigen Anforderungen umgehen, nämlich einerseits ausreichend Handlungsoptionen zu bieten und andererseits die Aushandlung möglichst einfach und direkt zu gestalten. Entscheidend ist die Frage, welchen Effekt es hat, wenn ein Vorschlag von der Lerngruppe akzeptiert wird. Das kann zur Folge haben, dass das Ergebnis einem größeren Kreis von Personen zugänglich gemacht wird, oder dass die Gruppe bzw. ein Teil ihrer Mitglieder im Sinne einer Ko-Autorenschaft gemeinsam Verantwortung für die abgestimmte Formulierung übernimmt. Prilla und Ritterskamp (2006) haben die technische Kopplung zwischen Aushandlung und Ko-Autorenschaft vertieft. In einer empirischen Studie zeigen Carell und Herrmann (2009), dass die Zahl der Aushandlungen in Lernprozessen mit positiven Effekten korreliert: die Zahl der eingebrachten Ideen ist höher und wenn man die Teilnehmer nachträglich nach dem Gruppenergebnis fragt, wird deutlich, dass sich ihre Antworten umso mehr ähneln und ein gemeinsames Konzept der Gruppe umso besser erkennbar ist, je mehr ausgehandelt wurde. Allerdings wurde auch deutlich, dass viele Teilnehmer die Aushandlungsfunktion nicht nutzen. Offenbar ist nicht die technische Möglichkeit, sondern die Gestaltung der Lernaufgabe, die Instruktion der Teilnehmer und vor allem die Moderation der Kommunikation für das Ausmaß der stattfindenden Aushandlung ausschlaggebend.

5

Moderationsunterstützung als Unterstützung des Lernprozesses

Ein kollaborativer Lernprozess lässt sich nicht nur durch eine technische Unterstützung, sondern auch durch organisatorische Maßnahmen regeln, die der in Abbildung 1 genannte Lehrende bzw. Moderator übernehmen sollte. Die Notwendigkeit einer solchen Rolle lässt sich empirisch belegen (Kienle 2003). Sie übernimmt koordinierende Aufgaben und leitet von einem zum anderen Prozessschritt über. So kann zum einen im Vorfeld des kollaborativen Lernens eine themen- und zeitbezogene Strukturierung vorgenommen werden, die den Lernenden die Zuordnung von Informationen erleichtert. Auch in (Rötting, Bruder 2000) wird darauf hingewiesen, dass die Verteilung von Aufgaben, Mechanismen zur Terminüberwachung und Absprachenvereinbarungen gut unterstützt werden müssen. Lipponen erwähnt darüber hinaus die Notwendigkeit zu generellen Nutzungsanleitungen, die sich insbesondere auf den Austausch in kollaborativen Prozessen beziehen: „general guidelines for effective participation and discourse in CSCL environments; these included dense interaction, decentralized participation, reflective, and constructive communication“ (Lipponen 2001, S.41).

196

2 CSCL-Umgebungen

Bzgl. der Prozesssteuerung achtet der Moderator darauf, dass die verschiedenen Phasen durchlaufen werden, gibt ggf. Hinweise oder Zusammenfassungen und leitet zu anderen Schritten – wie etwa der Aushandlung – weiter. Für einige dieser Aktivitäten kann der Moderator auch Verantwortliche aus der Gruppe der Lernenden benennen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Aktivitäten von Moderatoren in kollaborativen Lernprozessen findet sich in (Kienle 2003). Zur Unterstützung einer Moderatorenrolle in asynchronen Lernszenarien wurde ein Konzept für rollenbasierten Zugriff (Sandhu et al. 1996) entwickelt und umgesetzt (vgl. Kienle (2009)). Rollen werden dabei über Privilegien definiert: für die jeweilige Rolle werden Berechtigungen oder Verbote zum Ausführen bestimmter Operationen in Beziehung zu Objekten (z.B. Materialien, Inhaltsbereiche) gesetzt. Aufbauend auf diesem technischen Konzept wurden Funktionalitäten für die Moderatorenrolle festgelegt, implementiert und evaluiert. Diese umfassen den Fettdruck der Beiträge des Moderierenden sowie die Markierung und Verlinkung von Beiträgen anderer Teilnehmer. Die Hervorhebung der Beiträge des Moderators durch Fettdruck lenkt die Aufmerksamkeit der Nutzer verstärkt auf die Moderationsbeiträge, die auf diese Weise auch auf visueller Ebene zur Strukturierung einer Diskussion dienen können. In der Evaluation wurde der Fettdruck der Moderatorenbeiträge positiv beurteilt, weil die Beiträge dadurch schneller wahrnehmbar waren. Da durch die Moderatorenbeiträge häufig neue Diskussionsstränge eröffnet wurden, wurde der Fettdruck zudem als Trennung zwischen verschiedenen Diskussionssträngen wahrgenommen. Um thematisch ähnliche Beiträge zu gruppieren, wichtige Argumente zu akzentuieren oder (Zwischen-)Ergebnisse einer Diskussion hervorzuheben, kann ein Moderator Diskussionsbeiträge anderer Nutzer farblich markieren (Textmarker-Funktion). Von der Moderatorin in der Evaluation wurde diese Möglichkeit nicht genutzt. Dies wurde damit begründet, dass lediglich ganze Beiträge, nicht aber Schlüsselwörter innerhalb der Beiträge hervorgehoben werden konnten. In Moderationen hingegen würden häufig Zusammenfassungen als Schlüsselwörter an Pinnwänden etc. hervorgehoben werden und zur weiteren Diskussion zur Verfügung stehen. Schließlich können Verbindungen zwischen zueinander (thematisch) in Beziehung stehenden Beiträgen vom Moderator durch systeminterne Querverweise (Links) hergestellt werden. Die Verlinkung von Beiträgen ist insbesondere dann sinnvoll, wenn ähnliche Aspekte eines Themas an solchen Positionen eines Arbeitsbereichs behandelt werden, die nicht direkt benachbart sind bzw. in keiner unmittelbaren hierarchischer Beziehung zueinander stehen. Auch diese Möglichkeit von Beiträgen wurde nicht genutzt, weil es in der Evaluation keine Situation gab, in der ähnliche Aspekte an verschiedenen Stellen diskutiert wurden. Das wird jedoch als eine Konsequenz einer detaillierten Planung der Moderatorin im Vorfeld angesehen. Diese detaillierte Planung führte dazu, dass die Probanden ihre Beiträge an die inhaltlich passenden Beiträge der Moderatorin hängten. Für Fälle, in denen eine solch detaillierte Planung nicht erfolgt, wird der Funktionalität dennoch eine Bedeutung beigemessen.

2.9 Werkzeuge für den diskursiven Lernprozess

6

197

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurden Konzepte vorgestellt, die sich für die Unterstützung von kleineren Gruppen, die computervermittelt lernen, als sinnvoll erwiesen haben. Dabei wurde zunächst gezeigt, wie eine Prozesssicht auf kollaboratives Lernen aussehen kann und wie Lernende dabei unterstützt werden können, sich selbst mit dem Prozess vertraut zu machen. Neben der Prozesssicht auf kollaboratives Lernen und ihrer technischen und organisatorischen Unterstützung wurde auf drei zentrale Konzepte eingegangen. Dies sind Annotationen als Möglichkeit der kontext-orientierten Kommunikationsunterstützung, die technische Gestaltung der Einigung auf ein gemeinsames Ergebnis durch Aushandlung sowie die Unterstützung einer Moderatorenrolle. Die vorgestellten Konzepte halten wir für zentrale Funktionalitäten für CSCL-Systeme, da sie spezielle Erfordernisse für den Prozess kollaborativen Lernens beachten und darüber hinaus vorsehen, den gesamten Prozess in einem einzigen System zu unterstützen. Bei der Gestaltung oder der Auswahl eines CSCL-Systems für eigene Lehrveranstaltungen sollte deshalb darauf geachtet werden, ob die hier vorgestellten Konzepte unterstützt werden.

3

Didaktik

Aufbauend auf den im ersten Teil des CSCL-Kompendiums gelegten Grundlagen aus Sicht der verschiedenen mit CSCL befassten Disziplinen sowie den technikorientierten Darstellungen im zweiten Teil wird im dritten Teil eine didaktische Perspektive eingenommen. Beim CSCL steht das Lernen in Gruppen im Vordergrund. In Beitrag 3.1 wird dazu dargestellt, welche Arten von Lerngruppen es gibt und wie die Zusammenarbeit in diesen Lerngruppen gestaltet werden kann. Die Unterstützung des Lernprozesses durch Moderation ist Gegenstand des Beitrags 3.2. Während die klassischen Moderationstechniken von einer Face-to-Face-Zusammenarbeit ausgehen, behandeln moderne Ansätze der Online-Moderation auch die Gestaltung des Lernprozesses von räumlich oder zeitlich verteilten Gruppen. Beitrag 3.3 stellt motivationale Aspekte des CSCL vor und liefert Hinweise, wie die Motivation in computerunterstützten kooperativen Lernumgebungen analysiert und gefördert werden kann. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt „alter“ und „neuer“ Medien adressiert Beitrag 3.4 die Frage, welches Medium für welchen Lernzweck verwendet werden sollte. Aus den vorgestellten grundlegenden Theorien und Forschungsansätzen zur Medienwahl lassen sich Gestaltungshinweise ableiten. Beitrag 3.5 stellt vor, wie instruktionale Vorgaben von Rollen und Interaktionsmustern helfen können, Probleme des CSCL zu lösen, und beschreibt Wirkmechanismen und Erfahrungen beim Einsatz von computerunterstützten Kooperationsskripts. Danach werden zwei didaktische Konzepte präsentiert, die als Grundlage für die Gestaltung von CSCL dienen können, nämlich das problembasierte Lernen (Beitrag 3.6) und die Projektorientierung (Beitrag 3.7). Den Abschluss dieses dritten Teils des CSCL-Kompendiums bilden Überlegungen zur Kombination der didaktischen Aspekte in Form didaktischer Szenarien, seien es eher traditionelle, organisierte Lehr-/Lernformen (Beitrag 3.8), Formen des Community-orientierten Lernens (3.9), das Game-orientierte kooperative Lernen (Beitrag 3.10) oder das mobile Lernen (Beitrag 3.11).

200

3.1

3 Didaktik

Lerngruppen Martin Wessner Fraunhofer IESE, Kaiserslautern

1

Einleitung

Im Zentrum des kooperativen Lernens steht die Lerngruppe. In diesem Beitrag wird geklärt, was eine Lerngruppe im Sinne des kooperativen Lernens ist, welche Arten von Lerngruppen unterschieden werden können und welche Anforderungen an ihre Arbeitsweise gestellt werden (Abschnitt 2). Anhand zweier Beispiele wird die Umsetzung der Anforderungen in Form konkreter Kooperationsmethoden skizziert (Abschnitt 3). Schließlich wird auf die Frage nach der Rolle des Lehrenden beim kooperativen Lernen eingegangen (Abschnitt 4). Dieser Beitrag baut insbesondere auf den Beiträgen 1.3, 1.5 und 1.6 auf. In den Beiträgen 1.3 und 1.5 werden verschiedene theoretische Begründungen für das kooperative Lernen sowie dessen Vorteile dargestellt. Bei allen sonstigen Unterschieden der dort vorgestellten Ansätze ist allen Ansätzen gemein, dass die soziale Interaktion beim Lernen und Wissenserwerb eine wichtige Rolle spielt. Beitrag 1.6 bestimmt den Begriff der Gruppe und stellt wichtige Aspekte der Gruppenarbeit dar. Eine enge Beziehung besteht auch zu den Beiträgen im zweiten Teil des Kompendiums. Dort werden Konzepte vorgestellt, die bei der Realisierung von Werkzeugen für CSCL nützlich sein können. In Kapitel 2.9 werden drei wesentliche Konzepte für Lerngruppen behandelt: die Prozessunterstützung, Annotationen und Aushandlung. Die Umsetzung der didaktischen Überlegungen zu Lerngruppen in verschiedenen didaktischen Modellen und Szenarien wird in den weiteren Beiträgen des dritten Teils des Kompendiums beschrieben.

2

Lerngruppen: Begriff und Arten

Im Beitrag 1.6 wird der Begriff der Gruppe näher bestimmt. Eine Gruppe ist demnach eine Menge von Personen, die in Abgrenzung von ihrer Umwelt ein bestimmtes Zusammengehörigkeitsgefühl verbindet und die über Möglichkeiten zur Kommunikation und Zusammenarbeit verfügt und diese nutzt. Weiterhin werden dort Aspekte wie Gruppengröße, Gruppenstruktur, Produktivität einer Gruppe, Gruppenprozess/-dynamik und Gruppenleitung behandelt. Eine Lerngruppe ist eine Gruppe, deren Mitglieder das Ziel verfolgen, Wissen zu erwerben, also zu lernen. Derartige Gruppen werden häufig im Lernkontext eingesetzt, beispielsweise zum gegenseitigen Vokabelabfragen in der Schule oder zur gemeinsamen Erarbeitung eines Referats an der Hochschule.

3.1 Lerngruppen

201

Welche Unterschiede bestehen zwischen Gruppen allgemein und Lerngruppen? Wir betrachten wichtige Unterschiede anhand eines Vergleichs von Arbeits- und Lerngruppen (vgl. Schwabe et al. 2001): Das Ziel einer Arbeitsgruppe besteht darin, dass ein bestimmtes Produkt (im weitesten Sinne) effizient erstellt wird und daraus ein Gewinn für die Organisation entsteht. Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz sind hierbei Mittel zur Erreichung des gemeinsamen Ziels. Jedes Gruppenmitglied bearbeitet die Teilaufgabe, für die es am besten qualifiziert ist (Spezialisierung). Die Motivation ist extrinsisch, etwa in Form der Entlohnung. Lerngruppen erstellen zwar auch meist ein Produkt, das eigentliche Ziel ist jedoch der Erkenntnisgewinn jedes Einzelnen. Während das Ergebnis das Mittel zur Erreichung des Ziels darstellt, ist die Entwicklung von Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz Teil des Gruppenziels. Die Aufteilung der Aufgaben erfolgt so, dass Qualifizierungsdefizite möglichst abgebaut werden. Die Gruppenmitglieder sind intrinsisch motiviert, sie wollen das Ziel erreichen. Diese Charakterisierung von Arbeits- und Lerngruppen ist recht pauschal, so gibt es durchaus auch intrinsich motivierte Arbeitsgruppen und extrinsich motivierte Lerngruppen. Die Erfahrungen mit Gruppenarbeit zu Lernzwecken sind gemischt. Gut funktionierende Gruppenarbeit kommt ebenso vor wie Gruppen, in denen die Arbeiten ungerecht verteilt sind und die negativ beurteilt werden. Das Ziel aller Gruppenmitglieder, etwas zu lernen, stellt den Erfolg der Gruppenarbeit nicht sicher. Für eine Lerngruppe im Sinne des kooperativen Lernens werden weitere Eigenschaften gefordert (Johnson & Johnson 1990; Johnson, Johnson & Holubec 1998; vgl. auch Beitrag 1.4; in Klammern ist jeweils die von Johnson & Johnson gewählte Bezeichnung angegeben): Positive Abhängigkeit (positive interdependence): Die Gruppenmitglieder nehmen wahr, dass eine Abhängigkeit zwischen ihnen derart besteht, dass keiner erfolgreich sein kann ohne dass auch die anderen erfolgreich sind bzw. dass das gewünschte Ergebnis nur erreicht werden kann, wenn alle ihre Aktivitäten koordinieren. Es gibt zwei Arten der Abhängigkeit, die Ergebnis- und die Mittelabhängigkeit. Erstere umfasst das Ziel, den Endzustand und die Belohnung, letztere die Abhängigkeit in Bezug auf Ressourcen, Rollen und (Teil-)Aufgaben. Die positive Abhängigkeit führt zu gesteigerter Motivation, da jeder die Notwendigkeit und den Effekt eigener Anstrengungen wahrnehmen kann. Dabei ist das gemeinsame Ziel die wichtigste Abhängigkeit, die Kombination mehrerer Abhängigkeiten kann die Wirkung verstärken. Individuelle Zurechenbarkeit/Persönliche Verantwortlichkeit (individual accountability/personal responsibility): Jedes Gruppenmitglied trägt die Verantwortung für die Erledigung der von ihm übernommenen Aufgaben und für das Fördern der Aktivitäten der anderen Gruppenmitglieder. Dies wird gefördert durch die individuelle Zurechenbarkeit der Leistung, d.h. die von einem Gruppenmitglied erbrachten Leistungen gehen nicht im gemeinsamen Ergebnis unter, sondern sind im Ergebnis sichtbar. Diese Eigenschaft hängt mit der positiven Abhängigkeit zusammen und verstärkt deren Wirkung. Fördernde Interaktion (promoting interaction): Die Gruppenmitglieder ermutigen und fördern sich bei der Erledigung ihrer Aufgaben zur Erreichung des gemeinsamen Ziels. Dies umfasst u.a., dass die Gruppenmitglieder einander helfen, benötigte Informationen und Hilfsmittel austauschen, sich konstruktives Feedback geben, die Argumente und Teilergeb-

202

3 Didaktik

nisse der anderen mit dem Ziel hinterfragen, zu besserem Verständnis und besser begründeten Entscheidungen zu kommen. Soziale Kompetenz (social skills): Die Gruppenmitglieder lernen sich gegenseitig kennen und bauen ein Vertrauensverhältnis auf, kommunizieren klar und verbindlich, akzeptieren und unterstützen sich gegenseitig und wenden konstruktive Konfliktlösestrategien an. Ein bestimmtes Maß an sozialer Kompetenz ist Voraussetzung für kooperatives Lernen. Gleichzeitig kann kooperatives Lernen durch entsprechendes Feedback durch den Lehrenden oder die Gruppe die soziale Kompetenz der Gruppenmitglieder fördern. Reflexion der Gruppenarbeit (group processing): Die Gruppenmitglieder thematisieren regelmäßig ihre Zusammenarbeit und mögliche Änderungen. Dadurch wird die Zusammenarbeit verbessert. Gleichzeitig erhalten die einzelnen Gruppenmitglieder Feedback zu ihrem Beitrag am Gruppenprozess. Zahlreiche Studien (vgl. Johnson, Johnson & Holubec 1998) zeigen, dass diese fünf Gruppeneigenschaften den Rahmen für erfolgreiche Gruppenarbeit im Sinne des kooperativen Lernens schaffen. Je nach Dauer unterscheiden Johnson und Johnson (1994b) drei Arten von Lerngruppen: Informelle kooperative Lerngruppen werden ad hoc gebildet und haben eine Lebensdauer von wenigen Minuten bis zu einer Unterrichtsstunde. Sie werden eingesetzt, um die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema zu lenken, die Erwartungen der Lernenden zu klären, sicherzustellen, dass ein bestimmtes Lehrmaterial bearbeitet wird, oder eine Unterrichtseinheit abzuschließen. Formale kooperative Lerngruppen bearbeiten für eine oder mehrere Unterrichtsstunden eine bestimmte Unterrichtseinheit gemeinsam. Der Lehrende führt in die Aufgabe ein und gibt den organisatorischen Rahmen der Gruppenarbeit vor. Er beobachtet die Lernenden während der Gruppenarbeit und liefert bei Bedarf weitere Hilfestellung. Zum Abschluss der Gruppenarbeit erfolgt eine Bewertung der Gruppenarbeit durch den Lehrenden und/oder die Gruppe selbst. Kooperative Basisgruppen existieren über einen längeren Zeitraum (mindestens ein Semester). Ihre Mitglieder unterstützen sich gegenseitig bei ihren Lernfortschritten fachlicher, sozialer und methodischer Art. Die Kriterien für die Größe und Zusammensetzung einer Lerngruppe richten sich nach der Dauer und dem Ziel des kooperativen Lernens. Je größer eine Gruppe ist, desto weniger Anteil hat jedes Gruppenmitglied am gemeinsamen Ergebnis, desto weniger Redezeit bzw. Aufmerksamkeit der Gruppe steht ihm zur Verfügung, desto größer ist die Gefahr, dass einzelne Gruppenmitglieder sich nicht angemessen an der Gruppenarbeit beteiligen. Andererseits ist die Meinungs- und Erfahrungsvielfalt in der Gruppe umso geringer, je kleiner die Gruppe ist. Verschiedene Studien und Praxisberichte legen Gruppengrößen zwischen zwei und vier nahe (Cohen 1994; Felder & Brent 1994; Johnson & Johnson 1994b; Kagan 1997; Slavin 1995). Die Heterogenität der Gruppe z.B. in Bezug auf den Leistungsstand, das Alter, das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit wirkt sich für kooperatives Lernen positiv aus, da

3.1 Lerngruppen

203

dadurch verschiedene Zugänge zum Lerngegenstand in der Gruppe existieren und in der Gruppenarbeit thematisiert werden. Um die Funktionsfähigkeit der Gruppe zu gewährleisten, ist jedoch ein Mindestmaß an Homogenität notwendig. Wird die Gruppenzusammensetzung von den Lernenden selbst vorgenommen, entstehen meist eher homogene Gruppen. Heterogenität kann durch den Lehrenden erreicht werden, indem er die Gruppen selbst zusammenstellt oder bestimmte Kriterien zur Zusammenstellung oder Fluktuation vorgibt (Felder & Brent 1994).

3

Methoden des kooperativen Lernens

Im vorangehenden Abschnitt wurden verschiedene Anforderungen an eine Lerngruppe gestellt, um einen Rahmen für effektives kooperatives Lernen zu schaffen. Wie können diese Anforderungen konkret umgesetzt werden? Dazu wurden in den vergangenen fünf Jahrzehnten eine Reihe von Aufgabenformen oder Methoden entwickelt (vgl. Slavin 1997, Johnson, Johnson & Stanne 2000). Tabelle 1 gibt einen Überblick über diese nach wie vor häufig eingesetzten Methoden des kooperativen Lernens. Tabelle 1:

Kooperative Lernmethoden (aus Johnson, Johnson & Stanne 2000)

Forscher/Entwickler Johnson & Johnson DeVries & Edwards Sharan & Sharan Johnson & Johnson Aronson und Kollegen Slavin und Kollegen

Entstehungszeitraum Mitte der 1960er Frühe 1970er Mitte der 1970er Mitte der 1970er Späte 1970er Späte 1970er

Cohen Slavin und Kollegen Kagan Stevens, Slavin und Kollegen

Frühe 1980er Frühe 1980er Mitte der 1980er Späte 1980er

Methode Learning Together & Alone Teams-Games-Tournaments (TGT) Group Investigation Constructive Controversy Jigsaw Procedure Student Teams Achievement Divisions (STAD) Complex Instruction Team Accelerated Instruction (TAI) Cooperative Learning Structures Cooperative Integrated Reading & Composition (CIRC)

An dieser Stelle soll anhand von drei dieser Methoden die Umsetzung der Anforderungen skizziert werden. Beim Gruppenpuzzle (Jig Saw; Aronson et al. 1978; vgl. auch Beitrag 2.7) werden die Lernenden in Gruppen eingeteilt, jeder Lernende übernimmt innerhalb seiner Gruppe ein bestimmtes Thema. Zusätzlich zu diesen (Basis-)Gruppen existieren Expertengruppen, die von jeweils allen Lernenden mit demselben Thema gebildet werden. Durch die Arbeit in den Expertengruppen werden die Lernenden zu Experten für ihr jeweiliges Thema. Sie vermitteln dieses Expertenwissen anschließend an die anderen Mitglieder in ihrer jeweiligen Basisgruppe. Bei der STAD-Methode (Student Teams-Achievement-Divisions; Slavin 1978) bearbeiten die Lernenden nach einer Lehreinheit in Vierer- oder Fünfergruppen Arbeitsblätter zum Thema der Lehreinheit. Danach bearbeitet jeder Lernende einen Test. Die Gruppe wird danach beurteilt, wie sehr sich jedes Gruppenmitglied im Vergleich zu seiner durchschnittlichen bisherigen Leistung verbessert hat. Das beste Team erhält eine Belohnung.

204

3 Didaktik

Besonders deutlich werden bei diesen beiden Methoden die Anforderungen nach positiver Abhängigkeit und individueller Zurechenbarkeit umgesetzt. Beim Gruppenpuzzle erfolgt dies durch die Verteilung der Informationen bzw. Zuständigkeiten, bei der STAD-Methode durch die Art, wie die Belohnung in Abhängigkeit von der individuellen Verbesserung erfolgt. Group Investigation (Sharan & Hertz-Lazarowitz 1980) ist eine projektorientierte Methode. Zunächst wird ein Rahmenthema für die Gruppenarbeit vorgegeben und die Lernenden werden in Gruppen aufgeteilt. In der Planungsphase entscheidet jede Gruppe, welches Unterthema sie mit welcher Zielsetzung und wie untersuchen will. Danach sammeln, analysieren und bewerten die Gruppenmitglieder Informationen zum gewählten Thema und erarbeiten Schlussfolgerungen. Jede Gruppe erstellt nun einen Gruppenbericht und präsentiert ihn dem Plenum. Dabei werden nach Möglichkeit alternative Präsentationselemente wie Rollenspiele oder Streitgespräche eingebaut. Abschließend erfolgt die Bewertung der Gruppenarbeiten, deren Zielsetzung und Methoden zwischen den Lernenden und dem Lehrenden ausgehandelt werden. Bei Group Investigation wird besonderer Wert auf die Förderung der Interaktion, die soziale Kompetenz und die Reflexion der Gruppenarbeit gelegt. Dies erfolgt durch das Aushandeln des Themas, der Untersuchungsmethode, die Vorbereitung und Durchführung der (möglichst interaktiven) Präsentation sowie durch das gemeinsame Aushandlung der Bewertungskriterien. In Johnson, Johnson & Stanne (2000) wird eine Meta-Analyse von 164 Studien zur Effektivität von Methoden kooperativen Lernens vorgenommen. Sie vergleichen alle acht Methoden kooperativen Lernens, zu denen es ausreichend viele Studien gab, jeweils mit individuellem und kompetitivem Lernen im Hinblick auf den dabei erzielten Lernerfolg. Alle untersuchten Methoden zeigten positive Effekte auf den Lernerfolg. Die größten Effekte weisen demnach die Methoden Learning Together, Constructive Controversy, Teams-Games-Tournaments und Group Investigation auf.

4

Die Rolle des Lehrenden

Auch kooperatives Lernen benötigt oder profitiert zumindest von der Unterstützung durch einen Lehrenden. Während in selbstorganisierten kooperativen Lernszenarien (vgl. Beitrag 3.9) eine solche Rolle eher im Sinne von Fach- oder Methodenexperte gesehen wird, haben wir es in organisierten Szenarien (vgl. Beitrag 3.8) mit Lernarrangements zu tun, die in der Regel von einem Lehrenden vorbereitet, begleitet und bewertet werden. Bei der Vorbereitung des kooperativen Lernens werden geeignete Ziele und Inhalte ausgewählt und eine dazu passende Kooperationsmethode festgelegt. Besondere Bedeutung kommt der Instruktion zu, da sie mithilft die im ersten Abschnitt dargestellten Anforderungen an Lerngruppen zu realisieren. Weiterhin legt der Lehrende Größe und Zusammensetzung der Lerngruppen bzw. die Methode der Gruppenbildung fest. Bei Bedarf gibt er zudem bestimmte Rollen für die einzelnen Gruppenmitglieder vor (z.B. „Zeitwächter“, „Gruppenklimawächter“, „Fragensteller“). Schließlich organisiert der Lehrende die benötigten Räume bzw. die Anordnung der Gruppen im Raum sowie die Arbeitsmaterialien und erstellt eine zeitliche Planung der Gruppenarbeit.

3.1 Lerngruppen

205

Während der Durchführung erklärt der Lehrende zunächst die Aufgabenstellung. Danach beginnt die Gruppenarbeit. Der Lehrende beobachtet währenddessen die Gruppen und überwacht die Effektivität der Gruppenarbeit. Wenn entsprechender Bedarf vom Lehrenden erkannt wird („Arbeiten die Lernenden gemäß der vorgegebenen Methode?“), kann der Lehrende intervenieren, um den Erfolg der Kooperation sicherzustellen. Auf Anforderung kann der Lehrende zudem Hilfestellung geben. Zum Abschluss der Gruppenarbeit steuert und überwacht der Lehrende die Bewertung der Gruppenarbeit in der Gruppe. Die Bewertung kann dabei die Elemente Gruppenergebnis, Gruppenprozess, Lernerfolg und Lernprozess umfassen. Sie erfolgt in den Gruppen unter Mitwirkung des Lehrenden und beinhaltet sowohl die Reflexion der vergangenen Gruppenarbeit als auch Möglichkeiten, folgende Gruppenarbeiten zu verbessern. In der Phase der Nachbereitung kooperativen Lernens liegt es in der Verantwortung des Lehrenden die Ergebnisse zu analysieren und zu bewerten. Dies erfolgt unter dem Blickwinkel der weiteren inhaltlichen und methodischen Gestaltung des nachfolgenden Unterrichts. Auf dieser Basis kann der Lehrende auch individuelles Feedback und Fördermaßnahmen planen und Hinweise für die Zusammensetzung zukünftiger Lerngruppen gewinnen.

206

3.2

3 Didaktik

Moderation Birgit Schenk Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg

1

Einleitung

Bei Kooperativem Lernen, also dem Lernen in Gruppen, stellt sich die Frage, warum diese moderiert werden sollten und welche Rolle Moderation hier einnehmen kann. Kooperatives Lernen wird favorisiert, um damit folgende einhergehende Vorteile zu nutzen (vgl. Reinmann-Rothmeier, Mandl 1999): – Synergie-Effekte: Das Lernen und Arbeiten in Gruppen gibt mehr Anregungen, fördert kognitive Auseinandersetzung und gegenseitig verstärkende Neugier etc. – Implizites Wissen explizit machen: Eigenes Wissen muss in Worte gefasst (verbalisiert) und eingebracht (externalisiert) werden. Hierfür muss es strukturiert und organisiert werden. Dadurch werden Lernprozesse angeregt und gefördert. – Steigerung der Lern- und Durchhaltemotivation: Eine Lerngruppe bietet soziale Unterstützung in schwierigeren Phasen. – Lernen am Modell: Internalisierung von Wissen und Verhaltensweisen, die in der Gruppe beobachtet werden. Im Gegensatz dazu wird Gruppenarbeit häufig als aufwändig, schwierig und belastend sowie unproduktiv empfunden, wenn mehr als drei Personen zusammenarbeiten und keine Person moderierend die Leitung übernimmt. Einige Gründe hierfür sind: – Die Gruppenarbeit verläuft unstrukturiert und unkoordiniert, sollten Gruppenmitglieder nicht über die notwendige Erfahrung und Gruppenarbeitstechniken verfügen. Beispielsweise wird zwischen unterschiedlichen Arbeitsphasen wie Ideenerzeugung und Bewertung ziellos gewechselt. – Die Gruppe verwendet viel Zeit und Aufmerksamkeit auf das Herausbilden eines informellen Moderators. Diese Zeit geht ihr für die Arbeit an der eigentlichen Sachaufgabe verloren. – Die Zusammenarbeit wird durch Missverständnisse und ungeklärte Erwartungshaltung sowie Konflikte zwischen den Gruppenmitgliedern hinsichtlich Rolle, Funktion und Persönlichkeit be- und verhindert. – Die Identifikation der Gruppenmitglieder mit der Gruppe und dem Gruppenergebnis kann gering sein, u.a. durch den Kampf um die Leitungsposition. – Manche Gruppenmitglieder halten sich, ökonomisch handelnd, bei der Ergebniserarbeitung zurück (Trittbrettfahrer). – Weitergehende Arbeiten zu Problemen der Gruppenarbeit finden sich bei Cohn & Matzdorf (1992, S. 75 und 83 f.), Freudenreich (1997, S. 53) und Nunamaker et al. (1991). Moderation ist eine Gruppenarbeitstechnik mit dem Ziel, Gruppen bei ihrer Zusammenarbeit zu unterstützen sowie ihre Zusammenarbeit produktiver und effizienter zu machen, also die Nachteile der Gruppenarbeit zu vermeiden. Im Hinblick auf Lerngruppen gleichen sich diese

3.2 Moderation

207

Ziele. Es gilt die Zusammenarbeit in der Lerngruppe zu ermöglichen, zu fördern und zu unterstützen. Aufgabe der Moderation ist es, den Lernprozess durch gezielten Einsatz von Methoden und Techniken zu gestalten. Je nach Gruppengröße übernehmen ein oder zwei Personen diese Aufgabe. Sie werden als Moderatoren bezeichnet. Ein Moderator ist somit Methodenspezialist, kein inhaltlicher Experte. So sollten Moderatoren neben der Methodenkompetenz ausgeprägte Kommunikations- sowie soziale Kompetenz und ein hohes Maß an Reflektionsfähigkeit besitzen (de Vreede et al. 2009, S. 121). Der Moderator sollte gegenüber den Teilnehmenden auch inhaltlich eine neutrale Position einnehmen (vgl. Edmüller & Willheim 2009, S. 10 ff.; Hausmann, Stürmer 1994, S. 4 ff.). Hier ist jedoch zu bedenken, dass ein Moderator kaum wirklich neutral sein kann. Denn er beeinflusst durch die Formulierung des Themas und der Moderationsfragen sowie die Wahl der Methoden. Auch ist der Moderator Teil des sozialen Gefüges und entwickelt Beziehungen. Dessen muss er sich bewusst sein und dies reflektieren. Die Moderation bei kollaborativem Lernen muss jeweils auf den gesamten Lernprozess hin abgestimmt und daran ausgerichtet werden. Der Moderator übernimmt die Koordination des Gesamten und begleitet die Teilnehmenden durch den Lehr-/Lernprozess. Hierbei stellt sich die Frage nach den Aufgaben der Moderation bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. Diese werden in Abschnitt 2 dargestellt. Bei der online-Moderation gibt es zusätzlich zu beachtende Aspekte bei der Durchführung sowie Spezifika beim Einsatz von synchronen und asynchronen Medien, denen in Abschnitt 3 nachgegangen wird.

2

Moderationsaufgaben

Moderatoren haben bei der Gestaltung des Lernprozesses die Phasen der Gruppenentwicklung und die Gruppendynamik (siehe Beitrag 1.6), sowie entsprechend des TIP-Modells nach McGrath die folgenden drei Funktionen (vgl. McGrath 1991) im Blick zu halten. − Die aufgabenbezogene Funktion (production function): Sie bezieht sich auf die Ausführung der Sachaufgabe, beispielsweise Planung der Ziele, des Leistungsumfangs und der Arbeitsschritte der Gruppe. − Die gruppenbezogene Funktion (group well-being): Sie fokussiert auf das Wohlbefinden der Gruppe als soziales Gebilde. Hierzu gehören z.B. das Entwickeln von Gruppennormen und -werten sowie das Vereinbaren von Regeln der Zusammenarbeit. − Die personenbezogene Funktion (member support): Sie zielt auf die Unterstützung des Einzelnen. Dies umfasst z.B. das Coaching bei der individuellen Lernplanung oder auch bei der Erstellung von Teilergebnissen. Aktivitäten im Rahmen der aufgabenbezogenen Funktion wie z.B. Lernzielsetzung und Themenwahl liegen in der Verantwortung des Lehrenden, soweit sie das Inhaltliche betreffen. Die methodischen Aspekte und die Aspekte des sozialen Prozesses sind Aufgabe des Moderators. Hierzu gehören u.a. die prozessbezogene Zielsetzung, die Festlegung des Leistungsumfangs, die Auswahl an Arbeitstechniken und die Abfolge der Arbeitsschritte, sowie die Vernetzung der Teilnehmenden, das Erkennen und die Hilfestellung bei der Klärung von Missverständnissen. Die Funktionen können von ein oder mehreren Personen ausgeübt werden.

208

3 Didaktik

2.1

Vorbereitung der Moderation

Vorbereitend sind die Gesamtzielsetzung sowie die Planung der Lern-Prozessgestaltung zu klären. Das bedeutet, dass ausgehend vom Gesamtziel Entscheidungen getroffen werden sowohl über die zielgerichtete Splittung in einzelne Phasen (Einstieg, Arbeitsphase, Zusammenfassungen, Überleitungen, Abschluss) als auch über die Arbeitsschritte (z.B. Ideengenerierung, -verdichtung und Bewertung). Anschließend können die einzusetzenden Moderationsmethoden (z.B. Brainstorming, Brainwriting, Clustern, Punkten) und -techniken (z.B. Kartenabfrage oder Zuruftechnik zum Sammeln von Beiträgen) sowie adäquate Medien (z.B. Papierkarten oder spezielle Moderationssoftware, Chat, Foren), um den Arbeitsfortschritt zu visualisieren und zu dokumentieren, festgelegt werden (vgl. Seifert 1995, S. 79 ff.; Edmüller & Wilhelm 2009, S. 19 ff.). Parallel hierzu ist zu berücksichtigen, in welcher Gruppenphase (siehe Abschnitt 3.1 in Beitrag 1.6) sich die Gruppe befindet, um durch zusätzliche Informationen oder auch die Wahl der Methoden den sozialen Prozess zu stützen. Ergebnis ist ein strukturierter Ablaufplan mit Alternativen zu einzelnen Arbeitsschritten. Briggs et al. (2009) haben für die Erarbeitung eines Ablaufplanes sieben Ebenen herausgearbeitet, die bei der Planung und Gestaltung von Zusammenarbeit zu berücksichtigen und aufeinander bezogen sind (siehe Abbildung 1). Ausgehend von den Zielen muss jede einzelne Ebene entgegen der Pfeilrichtung verstanden und definiert werden, um je Ebene die entsprechenden Festlegungen treffen zu können. In Pfeilrichtung sind die einzelnen Ebenen dann in Abhängigkeit zu verstehen und für die Zielerreichung verantwortlich. Goals To achieve Products To Create Acitivites To move a group through Patterns of Collaboration To invoke Techniques To instantiate Tools Guide what to say and do with Scripts

Abbildung 1:

Sieben Ebenen der Gestaltung von Zusammenarbeit (nach Briggs et al. 2009, S. 7)

3.2 Moderation

209

Goals: Die (Gruppen-)Ziele beschreiben das gewünschte Gesamtresultat, das durch die Zusammenarbeit in der Gruppe erzielt werden soll. Gruppenziele müssen in der Wahrnehmung der Teilnehmenden deren eigene, private Ziele beinhalten und/oder begünstigen, um erreicht werden zu können. Die Effektivität einer Gruppe wird mit dem Grad der Gesamtzielerreichung sichtbar. Products: Die Ergebnisse bzw. Produkte sind greifbare oder nicht greifbare Artefakte, die durch die Zusammenarbeit der Gruppe entstehen. In diesem Rahmen gilt es Qualität, Effektivität, Effizienz und andere ergebnisbezogene Phänomene zu berücksichtigen. Activities: Aktivitäten/Teilschritte bezeichnen die Teilaufgaben, die bearbeitet werden müssen, um das Gesamtresultat zu erreichen. Durch die Zerlegung in Teilaufgaben mit zu erreichenden Zwischenergebnissen werden die Teilnehmenden kognitiv entlastet und die Gesamtaufgabe handhabbar. Patterns of Collaboration: Unter Muster der Zusammenarbeit sind die beobachtbaren Zusammenhänge zwischen Verhalten und Ergebnisproduktion zu verstehen. Sechs generelle Muster werden durch die Wissenschaft unterschieden: Generieren, Reduzieren, Klären, Sortieren, Evaluieren und Konsensbildung. (Vreede et al. 2009) Techniques: Mit Techniken werden alle Methoden wie z.B. Kartenabfragen verstanden, die die Interaktion einer Gruppe unterstützen und fördern, sowie vorhersagbare Ergebnisse ermöglichen. Tools: Die Werkzeuge sind unterstützende Technologien wie z.B. GroupSystems und Hilfsmittel gemeint, die die Gruppe einsetzen kann. Scripts: Das Skript stellt eine Art Drehbuch dar und hält fest, was Gruppenmitglieder zueinander sagen, welche Werkzeuge sie nutzen, wie sie vorgehen und was sie tun. Skripte können implizit oder explizit als Dokumentation bestehen. Sie beinhalten stillschweigende oder ausdrückliche Prozessbegleitung für die Gruppe. Schon kleine Veränderungen in strukturierten Skripten können zu wesentlichen Veränderungen in der Gruppendynamik führen. Als Hilfestellung kann bei der Zusammenstellung und Kombination von Arbeitsschritten auf sogenannte thinkLets zurückgegriffen werden. Thinklets definieren Briggs et al. (2009, S. 2) als „… the smallest unit of intellectual capital required to create one repeatable, predictable pattern of thinking among people working toward a goal.“ Diese sind also erprobte Vorgehensweisen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen. Sie wurden von Vreede et al. (2006 und 2009) bei dem Design der Zusammenarbeit speziell hinsichtlich deren Wirksamkeit zum Erzielen gewünschter Gruppenergebnisse zusammengestellt und erprobt. Entsprechend des partizipativen Ansatzes wird die Planung der Zusammenarbeit den Gruppenmitgliedern kommuniziert und sie dazu eingeladen, darüber zu reflektieren und sich ggf. einzubringen. Dadurch wird ein höheres Commitment in Bezug auf den Prozess und seine Durchführung schon im Vorfeld erreicht (vgl. Cohn 1994, S. 170 f.).

2.2

Durchführung der Moderation

Drei Phasen sind bei der Durchführung zu beachten: Einleitung – Arbeitsphase – Abschluss. In der Einleitung werden die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit geklärt. Neben Zeit-

210

3 Didaktik

rahmen, Arbeitsstruktur, Zielsetzung etc. sollte eine gute Arbeitsatmosphäre geschaffen (z.B. durch Kennenlernen der Gruppenmitglieder) und einfache Kommunikationsregeln vereinbart werden. Bezogen auf Online-Moderation kann dies als „netiquette“ bezeichnet werden. Hierfür bietet die Themenzentrierte Interaktion als Konzept zur Gestaltung sozialer Situationen (Spielmann 2009) Anhaltspunkte für die Moderation von Lernprozessen einige Anstöße (vgl. Cohn 1994, 170 f.): 1. Vertritt dich selbst in deinen Aussagen, sprich/schreibe per „Ich“ und nicht per „Wir“ oder per „Man“. Die Regel per „Ich“ zu schreiben bzw. zu sprechen, soll helfen, verantwortliche Aussagen zu machen. Die Kommunizierenden übernehmen Verantwortung für das, was sie sagen/schreiben und verstecken sich nicht hinter anderen. 2. Wenn du eine Frage stellst, sage/schreibe, warum du fragst und was deine Frage für dich bedeutet. Sage dich selbst aus und vermeide das Interview. 3. Fragen als Werkzeug von Machtkämpfen, rhetorische und manipulierende Fragen sollen durch diese Regel vermieden und Offenheit sowie Transparenz sollen etabliert werden. Erkennen die Gefragten, warum die Frage gestellt wird, können sie entsprechend antworten und werden nicht in die Defensive gehen. Interpretationsspielräume werden reduziert. 4. Sei authentisch und selektiv in deiner Kommunikation. Mache dir bewusst, was du denkst und fühlst, und wähle, was du sagst/schreibst und tust. 5. Das Kommunizieren auf Basis internalisiertem Soll oder unreflektierter Gruppennorm soll vermieden werden. Die Gruppenmitglieder sollen entsprechend ihrer eigenen Werte und Gefühle handeln, sprechen und schreiben, jedoch mit Rücksicht auf Vertrauensbereitschaft und Verständnisfähigkeit der Kommunikationspartner. Beispielsweise ist Kommunikation in einem ersten Kontakt anders zu gestalten als in einem wiederholten Kontakt. Erst wenn Vertrauen und Verständnis geschaffen sind, kann „ungefiltert“ kommuniziert werden (Langmaack & Braune-Krickau 1995, S. 101). 6. Halte dich mit Interpretationen von anderen so lange wie möglich zurück. Sage/schreibe stattdessen deine persönlichen Reaktionen. Richtige Interpretationen verstärken lediglich das Gesagte, falsche Interpretationen führen dagegen zu Abwehrhaltung und beeinträchtigen den Prozess. Deshalb soll diese Hilfsregel spontane Interaktion und das Fortschreiten des Prozesses unterstützen. Beispielsweise, indem geschrieben wird, wie z.B. eine Email wirkt und was sie auslöst. 7. Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen. 8. Verallgemeinerungen wirken unterbrechend auf den Gruppenprozess. Der Moderator kann sie zielgerichtet nutzen, z.B. für einen Wechsel zu einem anderen Thema. 9. Wenn du etwas über das Benehmen oder die Charakteristik eines anderen Gruppenmitgliedes aussagst, sage/schreibe auch, was es dir bedeutet, dass er so ist, wie er ist (d.h., wie du ihn siehst). Das Phänomen des Prügelknaben wird durch diese Hilfsregel vermieden. Denn Interview und Feedback können Angriffe und Ablenkungsmanöver sein. Wird die Bedeutung des Gefragten oder Gesagten zu den Aussagen hinzugefügt, wird offene und transparente Kommunikation möglich. Hinzukommen können noch Regeln wie „Humor kann ohne non- und para-verbalen Hinweise schnell missverstanden werden. Nutze ihn vorsichtig und kennzeichne ihn.“ (Palloff & Pratt 1999, S. 101). Solche Regeln sind Bestandteil der Kontrollstrategien, die erforderlich sind, um „Störungen“ im Gruppengeschehen frühzeitig zu erkennen und zu bearbeiten. Durch sie werden bei-

3.2 Moderation

211

spielsweise Dominanz und „Trittbrettfahren“ eingeschränkt, sowie Kommunikation über Kommunikation und Feedback etabliert. Zudem erhält die Gruppe damit einen Rahmen, innerhalb dem sie sich zu bewegen lernt. Dies befähigt sie schließlich auch, ohne Moderation von außen zu arbeiten. In der Arbeitsphase ist es wichtig, zu Ergebnissen zu kommen, die von allen Gruppenmitgliedern gleichmäßig erarbeitet werden. Dies ermöglicht und fördert das gemeinsame Lernen. Dabei sollte eine möglichst gleichmäßige Beteiligung und Vernetzung aller Gruppenmitglieder erreicht werden, um den Austausch und die Auseinandersetzung untereinander und mit dem Lerninhalt zu fördern. Zudem muss die Motivation zum Weitermachen in einer Gruppe aufrechterhalten werden. Dies kann über methodische Strukturierung des Lern/Arbeitsprozesses, aber auch durch Einfangen von Abschweifenden und Inaktiven sowie das Bremsen von Dominanten und Voreiligen erfolgen. Den Abschluss bildet die Ergebnissicherung. Sofern dies nicht begleitend zum Prozess erfolgt, ist hinsichtlich erreichtem Ergebnis und der Qualität der Zusammenarbeit zusammenzufassen und zu reflektieren (z.B. Was hat gut geklappt? Wo sollte verbessert werden?). Der Dank für die Zusammenarbeit und ein Ausblick auf ggf. weitere gemeinsame Arbeitseinheiten sollten nicht fehlen (vgl. Edmüller & Wilhelm 2002, S. 36). Bei der Moderation von Gruppen, die von Angesicht zu Angesicht zusammenarbeiten, kann der Arbeitsprozess wahlweise papier- oder computergestützt durchgeführt werden. Papier hat den Vorteil, dass Ergebnisse für alle sichtbar im Raum aufgehängt und damit für alle durchgängig präsent bleiben können. Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, denn bei Großgruppenmoderation in entsprechend großen Räumen kann die Lesbarkeit je nach Entfernung leiden und den Vorteil damit aufheben (vgl. Schenk & Schwabe 2000). Allerdings ist Papier nach wie vor für viele vertrauter und dadurch mit weniger Hemmnissen verbunden. Vorteile computermediierter Moderation sind, dass der Arbeitsverlauf und -fortschritt sofort dokumentiert ist, keine separate Ergebnisprotokollierung notwendig wird, Zwischenergebnisse problemlos weiterverarbeitet werden können und keine Medienbrüche entstehen. Zudem bietet Computerunterstützung noch den Vorteil, dass eine Anonymisierung der Beiträge (getippte Buchstaben lassen weniger auf einzelne Personen schließen als Handschriftliches) eine höhere Beteiligung der Einzelnen fördert.

3

Online-Moderation

Da Gruppenarbeit sowohl innerhalb eines Raumes von Angesicht zu Angesicht als auch räumlich verteilt (online) stattfindet, kann Moderation beide Formen der Zusammenarbeit unterstützen. Für die Durchführung von Online-Moderationen im Lernprozess ergibt sich bedingt durch die räumliche Trennung und die rein mediengestützte Kommunikation die zusätzliche Aufgabe der technischen Hilfestellung für den Moderator. Diese Aspekte aufnehmend entwickelte Gilly Salmon das 5-Stufen-Modell (siehe Abbildung 2) für die Moderation von online-Lerngruppen, basierend auf ihren Erfahrungen aus lernerzentriertem kooperativen e-Learning (Salmon 2003). Das in Abschnitt 2 Vorgestellte gilt auch für die OnlineModeration, wird jedoch durch Salmons Modell ergänzt. Dieses wird im Folgenden kurz skizziert. Anschließend wird auf die Möglichkeiten der asynchronen und synchronen onlineGruppenarbeit sowie deren Mischform, der hybriden online-Gruppenarbeit, eingegangen.

212

3 Didaktik

Supporting Providing links outside closed conferences

Development

responding

Facilitating

Searching, personalizing software

Sending and receiving messages

Setting up system and accessing

Abbildung 2:

3.1

Knowledge construction

Information exchange

Online socialization

process

Facilitationg tasks and support use of learning materials

Familiarizing and providing bridges between cultural, social and learning environments

Access and motivation

amount of activity

Conferencing

Welcoming and encouraging

Phasen der Online-Moderation (nach Salmon, G. 2003, S. 29)

Phasen der Online-Moderation in Lernprozessen

Salmons grundlegende Annahme ist, dass die einzelnen Phasen, ähnlich den Team-/Kleingruppenphasen nach Tuckman (1965) forming, storming, norming, and performing nicht übersprungen werden können und jeweils erreicht werden müssen, um in die nächste Phase zu gelangen. Ziel ist es, die Lerngruppen über die fünf Phasen hinweg selbstständig und unabhängig von außengeleiteter Moderation und technischer Hilfestellung zu machen, indem die Vernetzung der Gruppenmitglieder und die Eigenständigkeit der Gruppe gezielt aufgebaut werden.

3.1.1

Phase 1 – Access and Motivation – Zugang und Motivation

Die Gruppenmitglieder brauchen umfassende technische Hilfestellung (z.B. Freischaltungen von Software, Versenden von Zugangsdaten, Handbücher sowie individuelle Hilfe) und müssen mit der Plattform vertraut gemacht werden. Ziel ist es, dass die Gruppenmitglieder die vielfältigen Möglichkeiten der Plattform, des Online-Kommunizierens und -Arbeitens kennen lernen. Im Rahmen der Moderation hat die Begrüßung und Einführung der Gruppenmitglieder zu Kursbeginn hohe Bedeutung. Über das Verdeutlichen der Vorteile von kooperativem elearning, ist der Grundstein für die Motivation zu legen. Zur Orientierung soll die Kursstruktur vermittelt werden. Dadurch können sich die Gruppenmitglieder zurechtfinden und darauf einstellen. Wesentlich ist das Ermutigen der Gruppenmitglieder, sich mit der Plattform vertraut zu machen. Dies kann z.B. durch erste spielerische Aufgaben, die zum Experimentieren mit den Werkzeugen einladen, geschehen.

3.2 Moderation

3.1.2

213

Phase 2 – Online-Socialisation – Online-Sozialisation

Ziel dieser Phase ist es, die Lerngruppenmitglieder zu vernetzen und soziale Interaktion zu ermöglichen. Die Gruppenmitglieder gewöhnen sich an die Plattform und sammeln erste Erfahrungen, indem sie Nachrichten einstellen und abrufen. Sie machen sich mit dieser Art, zu kommunizieren und zu interagieren, intensiver vertraut. Ziel ist es, dass sich die Gruppenmitglieder kennen lernen und über den Austausch miteinander feststellen, dass alle ähnliche Erfahrungen mit der neuen Situation machen. Ziel der Moderation ist es, einen respektvollen Umgang der Gruppenmitglieder zu etablieren (z.B. durch das Aufstellen von Kommunikationsregeln wie in Abschnitt 2.2 beschrieben), das Bewusstwerden von interkulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden (z.B. wie wird in der Gruppe entschieden/motiviert/Kritik geübt) zu ermöglichen, Schwierigkeiten aufzudecken, Lösungswege anzubieten sowie Brücken zwischen bekannten und neuen Lernmethoden zu bauen. Dadurch werden auch Grenzen und Risiken von den Gruppenmitgliedern erkannt. Wesentlich ist in diesem Rahmen das Angebot strukturierter Übungen.

3.1.3

Phase 3 – Information Exchange – Informationsaustausch

Die Gruppenmitglieder setzen sich nun verstärkt mit den Inhalten auseinander. Das detaillierte Erkunden und Personalisieren von der eingesetzten Lernplattform stehen bei der technischen Hilfestellung im Mittelpunkt. Hierzu können neue Funktionen, neue Software etc. freigeschaltet werden. In dieser Phase kann es vorkommen, dass sich die Gruppenmitglieder von der Fülle an Beiträgen und Materialien erschlagen fühlen. Hier ist der Moderator gefordert zu strukturieren, zusammenzufassen, Hilfestellung in Bezug auf Arbeitstechniken zur Erleichterung des Überblicks zu geben, sowie die Gruppe und Einzelne beständig zu ermutigen.

3.1.4

Phase 4 – Knowledge construction – Wissenskonstruktion

Die Interaktion und Zusammenarbeit unter den Gruppenmitgliedern wächst in dieser Phase. Das erworbene Wissen wird geteilt und vertieft. Die technische Hilfestellung reduziert sich. In der Moderation stehen nun problem- und aufgabenorientierte Interventionen zur Förderung des Wissensaufbaus und -austausches im Vordergrund. Beispielsweise können Gruppentechniken vorgestellt und ausprobiert werden, die dies fördern. Mit Zusammenfassungen der Beiträge, gezielten Fragen und Impulsen kann die Gruppe zum Erfolg geführt werden.

3.1.5

Phase 5 – Development – Entwicklung

Die Gruppenmitglieder werden unabhängiger und sind miteinander in steter Kommunikation. Sie suchen nach anderen Quellen, werden anspruchsvoller und erwarten ein größeres inhaltliches Angebot. Sie sind für ihre Lernerfolge und -fortschritte selbst verantwortlich. Ähnlich wie in der vierten Phase fällt wenig technische Hilfestellung an. Aufgabe des Moderators ist es nun, themenbezogene Events und die Moderation von Fachdiskussion zur kritischen Auseinandersetzung zu fördern.

214

3.2

3 Didaktik

Formen der Online-Moderation

Online-Moderation unterscheidet sich von traditioneller Moderation dadurch, dass die Beteiligten nicht in einem Raum zusammenarbeiten, sondern an unterschiedlichen Standorten sind und via Medien kommunizieren. Dies ermöglicht zeitgleiches und zeitversetztes Arbeiten. Je nachdem erfolgt online-Moderation – asynchron, – synchron oder – hybrid (gemischt). Hybride Online-Moderation umschreibt die Kombination von synchronen und asynchronen Einheiten. Je nach Aufgabenstellung und Ziel, kann es sinnvoll sein, diese zu kombinieren. So können die Vorteile beider Varianten genutzt werden (vgl. Back et al. 2001, S. 226 f.). Im Folgenden werden die synchrone und asynchrone Moderation kurz betrachtet.

3.2.1

Asynchrone Online-Moderation

Asynchrone Online-Moderation ist durch räumliche und zeitliche Distanz zwischen den Beteiligten gekennzeichnet. Interaktion wird beispielsweise in schriftlicher Form über Foren, Newsgroups, E-Mail (vgl. Seufert, Mayr 2002) abgewickelt. Die Feedbackgeschwindigkeit dieser Medien ist geringer als bei synchronen Medien. Dies ist für viele gewöhnungsbedürftig, da die anderen nicht direkt „spürbar“ sind. Ein weiterer Nachteil liegt darin, dass die Gruppenmitglieder nicht zeitgleich einen gewissen Informationsstand haben. Wird beispielsweise eine Diskussion über eine Woche geführt, und nehmen Gruppenmitglieder nur am Beginn der Woche teil, fehlt ihnen der Informationszuwachs nach ihrem letzten Login. Motivation zu wecken und zu halten, ist bedeutend schwieriger als in synchronen Arbeitsphasen. Für die Gruppenmitglieder bietet asynchrones Arbeiten ein hohes Maß an Flexibilität. Sie können es ihren Bedürfnissen und Rahmenbedingungen anpassen: sie bestimmen in vorgegebenem Zeitrahmen selbst den Zeitpunkt (wann), den Ort (wo), die Geschwindigkeit (wie schnell) und die Intensität (wie tief), mit der sie aktiv werden möchten (vgl. Geyken et al. 1998, S. 181 f.; Palloff & Pratt 1999, S. 46 ff.). Deshalb liegen die Moderationsaufgaben entsprechend der Phasen der Online-Moderation in asynchronen Medien darin, – ein gutes Gruppenklima zu erzeugen, – eine sternförmige Kommunikation der Gruppenmitglieder zu fördern, nicht das PunktZu-Punkt- oder Nur-Auf- Sich-Ziehen, – Missverständnisse zu erkennen und zu klären, – durch gezielte Impulse wie Fragen die Diskussion in Gang zu halten, – Zusammenhänge zwischen Beiträgen unterschiedlicher Personen sowie Beiträgen und Zielen der Diskussion aufzuzeigen, – die eingestellten Beiträge zu strukturieren und wesentliche Aspekte herauszukristallisieren sowie zwischendurch und auch am Ende zusammenzufassen, – stille Gruppenmitglieder durch gezielte Fragen, persönliche Anrede etc. einzubeziehen und zu aktivieren sowie dominante Gruppenmitglieder zu bremsen (vgl. Friedrich et al. 1999, S. 126 f.; Rohfeld & Hiemstra 1995, S. 92 ff., Palloff & Pratt 1999, S. 34 ff.).

3.2 Moderation

215

Wichtig ist, dass der Moderator Präsenz zeigt, in dem er beispielsweise täglich Beiträge einstellt und auf Fragen schnell reagiert. Dies vermittelt den Gruppenmitgliedern das Gefühl, gut betreut und nicht vergessen zu werden. Entstehen zu lange Kommunikationspausen, bricht der Kontakt ab und die Wirksamkeit von Impulsen sinkt (vgl. Kindt 1999, S. 145 ff.).

3.2.2

Synchrone Online-Moderation

Bei synchroner Online-Moderation ist die gesamte Gruppe zur gleichen Zeit räumlich verteilt aktiv. Zum Überbrücken der räumlichen Distanz werden Tele-Kommunikationstechniken eingesetzt. Üblich sind Videokonferenzen, Telefonkonferenzen und Chats sowie virtuelle Klassenzimmer (Seufert & Mayr 2002). Die Synchronität ermöglicht den direkten Austausch zwischen den Beteiligten. Dadurch ist die Lehr-/Lernsituation spontaner und Präsenzveranstaltungen ähnlicher. Dies ist für Gruppenmitglieder besonders angenehm, die noch nie selbstgesteuert und mediengestützt aktiv waren. Das Gefühl, betreut zu werden, ist intensiver. Auch entwickelt sich dadurch das Gruppengefühl besser. Professionelle Moderation sollte einfühlsam, sprachgewandt, aufmerksam und ehrlich sein. Dazu gehören auch ein gewisser Charme, Humor und Taktgefühl. Hinzu kommen bei synchroner Online-Moderation flinke Finger des Moderators. Am Beispiel der Chat-Moderation, werden die wesentlichen Aspekte der synchronen Moderation herausgearbeitet. Zu beachten ist, dass die Anforderungen an den Moderator und die Gruppenmitglieder sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung umso höher sind, je komplizierter die Übertragungstechnik ist. Nachteilig war früher der verhältnismäßig hohe technische und/oder kostenbezogene Aufwand z.B. für die Beschaffung von Kameras und Mikrophone für Videokonferenzen. Heutzutage sind diese meist im Rechner integriert. Vor einem Chat Ein Chat muss vorbereitet sein. Wesentlicher Bestandteil ist die Tagesordnung. Auf dieser sind die abzuhandelnden Punkte in chronologischer Reihenfolge aufgeführt. Ergänzend sollten organisatorische und fachliche Aspekte eingetragen werden, um diese nicht zu vergessen. Parallel hierzu ist eine Checkliste mit methodischen Aspekten, die beachtet werden sollen (siehe „Während des Chats“), zu erstellen. Zu Beginn des Chats Mit der Begrüßung und kurzer Vorstellung beginnt der Chat. Dies ermöglicht den Teilnehmenden Orientierung und dem Moderator die Erkenntnis, ob alle mit der Online-Situation zurechtkommen. Anschließend sind Vereinbarungen mit der Gruppe zu treffen. Dazu gehört das Festlegen eines Protokollanten mit einem Hinweis, wie das Protokoll erstellt wird (Kurzzusammenfassung oder das Log-file), wo die Informationen hierzu zu finden sind und wo das Protokoll nach dem Chat abgelegt werden soll.

216

3 Didaktik

Bei mehr als drei Teilnehmenden ist das Festlegen einer Rednerreihenfolge wesentlich, um das Durcheinanderposten zu vermeiden und den Chat übersichtlicher zu halten sowie allen von vornherein eine gleichmäßige Teilnahme zu ermöglichen. Hierzu gehört auch die Vereinbarung der Kennzeichnung einzelner Gruppenmitglieder und die des Moderators; je nach Möglichkeiten des Chat-Systems farblich, durch Namenskürzel etc. Werden Beiträge zu lang getippt, so dass alle lange warten müssen, wird Ungeduld ausgelöst. Um dies zu vermeiden, kann vereinbart werden, einen Beitrag in mehrere zu splitten und am Ende, wenn nichts mehr kommt, ein Endezeichen zu setzen, als Signal für das nächste Gruppenmitglied, dass es jetzt schreiben darf. Kommunikationsregeln sollten je nach Bedarf in Anlehnung an die o.g. Hilfsregeln vereinbart werden. Mit der Vorstellung der Tagesordnung und dem Einholen des Einverständnisses der Gruppenmitglieder dazu, ist die Startphase des Chats abgeschlossen. Während des Chats: Für die Chatdauer können folgende methodische Aspekte die Moderation unterstützen: 1. Starke Gefühle ansprechen Mit dieser Methode können sie die emotionale Ebene der Gruppenmitglieder einbeziehen. Manchmal reicht ein kleiner Impuls wie eine kleine Anerkennung oder ein Lob, aber auch Impulse wie Zitate, Bilder oder Gedichte. Eine weitere Möglichkeit die emotionale Ebene anzusprechen, ist die Frage nach eigenen Erfahrungen. Wichtig ist, dass möglichst alle Gruppenmitglieder Erfahrungen einbringen können. 2. Neugier der Gruppenmitglieder untereinander wecken Durch gezielte Fragen können die Gruppenmitglieder eine wertschätzende Neugier für die Eigenheiten, Fähigkeiten und Kompetenzen der anderen entwickeln. Interesse füreinander begünstigt das Interesse an einer guten Zusammenarbeit. In einem KennenlernChat ist dies eine wichtige Komponente. Wesentlich sind Fragen, die die Gruppenmitglieder dazu bringen, über sich selbst zu berichten, z.B. „Wer von Ihnen würde sich selbst als neugierig bezeichnen und warum?“. 3. Nicht mit Anerkennung sparen Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Anerkennung. Ein Chat-Moderator/-in fasst nach langen Beiträgen zusammen, bedankt sich und drückt Anerkennung für das Geleistete aus. 4. Für Feedback sorgen Auch während des Chats Feedback zu Beiträgen anregen und selbst als gutes Beispiel vorangehen, z.B. indem geschrieben wird, welche Empfindungen und Interpretationen beim Lesen eines Beitrags entstehen. 5. Zwischenbilanzen ziehen Wird ein Chat zu einer Aufgabenlösung eingesetzt, ist eine Zwischenbilanz hilfreich. Diese kann durch Fragen wie „Was haben wir bisher erledigt?“ oder „Was steht noch an?“ angestoßen werden. 6. Eine persönliche Beziehung zu den Gruppenmitgliedern aufbauen Jeder Einzelne will „gesehen“ werden. Dies kann durch direktes Ansprechen, durch Danken, gezieltes Fragen etc. erfolgen. Dabei sollte die Situation der Einzelnen beachtet und

3.2 Moderation

217

mit einbezogen werden: Die Anstrengungen der Einzelnen respektieren und sich an Erfolgen freuen. 7. Adressat eingeben Um das Diskutieren zu erleichtern, ist es wichtig, die Personen zu nennen, die „angesprochen“ werden. Wenn zu einem konkreten Beitrag geantwortet wird, dann den Namen der Person verwenden. Das Einbinden ruhiger Personen ist ebenfalls über das Nennen ihrer Namen möglich. 8. Eine Idee pro Beitrag Um das Ganze übersichtlich zu halten, sollte nur eine Idee pro Beitrag geschrieben werden. Es erleichtert das schnelle Erfassen und Verarbeiten dieser. 9. Keine Ironie und kein Zynismus In schriftlicher Kommunikation kann Ironie nicht durch die Tonlage oder die Mimik etc. erkannt werden. Deshalb ist es oberstes Gebot für alle, dies zu vermeiden. Auch mit Emoticons gekennzeichneter Zynismus kann zum Verstummen von Gruppenmitgliedern führen. Zum Ende des Chats Am Ende eines Chat sollte Feedback eingefordert werden, in der die Gruppenmitglieder zu ihrem momentanen Befinden bezüglich der Aufgabe, des Gruppenklimas etc. befragt werden. Dies kann in Form eines Blitzlichtes erfolgen, d.h., der Chat-Moderator stellt eine Frage und alle Gruppenmitglieder antworten darauf. Wichtig ist dabei, dass die Beiträge nicht gegenseitig kommentiert werden. Die Bewertung kann „blitzschnell“ in Form von Schulnoten (Skala 1 bis 6) oder durch Emoticons/Smilies (☺, , ) erfolgen. Wie auch in Präsenzveranstaltungen sollte die Sitzung mit einem entsprechenden Schlusswort enden, das den Dank für die Mitarbeit, das Dabeisein und ggf. einen Ausblick auf einen Folgechat enthält.

4

Zusammenfassung

Moderation von Lerngruppen hat das Ziel, Lerngruppen zu effektiver und effizienter Zusammenarbeit zu befähigen. Hierzu muss neben Gruppenprozess und -dynamik, die inhaltliche Gestaltung durch entsprechende Aufgabenstellung, Methodenwahl und Medieneinsatz durch den Moderator auf das Gesamtziel ausgerichtet werden. Moderation in OnlineLernumgebungen unterscheidet sich von klassischer Präsenz-Moderation darin, dass neben der gruppen- und aufgabenbezogenen Prozessgestaltung und -steuerung noch die technische Hilfestellung geleistet werden muss, sowie die Gegebenheiten der räumlichen Verteilung und der Moderationsform (synchron, asynchron, hybrid) zu berücksichtigen sind. Für die onlineModeration ist es wesentlich, dass die Lernenden entsprechend der dargestellten fünf Phasen schrittweise mit der Technik vertraut gemacht werden, ein Zusammenführen und Vernetzen der Gruppenmitglieder stattfindet und diese sukzessive zu eigenständiger Zusammenarbeit beim Lernen geführt werden.

218

3.3

3 Didaktik

Motivation computergestützten kooperativen Lernens Detlef Urhahne1, Armin Weinberger2, Frank Fischer3 1

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universität des Saarlandes, 3 Ludwig-Maximilians-Universität München 2

1

Motivation und computerunterstütztes Lernen

In der Forschung zu computerunterstützten kooperativen Lernumgebungen stehen bisher häufig das „Was?“ und das „Wie?“ kooperativer Aktivitäten im Mittelpunkt des Interesses: Es geht darum, Lernumgebungen so zu gestalten, dass bestimmte als lernförderlich angesehene Aktivitäten (z.B. kritische Fragen stellen) durch die Umgebung unterstützt werden. Weniger systematisch hat man sich bislang mit Fragen des „Warum?“ befasst: Warum beteiligen sich manche Lernende aktiv an computerunterstützten Lernumgebungen? Und warum werden in manchen kooperativen computerunterstützten Lernumgebungen die Kooperationstools am Ende kaum noch aktiv genutzt? Die Tatsache, dass so viele gut gemeinte Diskussionsforen leer bleiben, ist ein Hinweis darauf, dass die Motivation von Lernenden in computerunterstützten Lernumgebungen häufig zu wenig berücksichtigt wird. Der Motivationsbegriff wird in der Psychologie dazu herangezogen, Ursachen und Ziele menschlichen Verhaltens zu erklären. Motivation umfasst all diejenigen „Faktoren und Prozesse, die unter gegebenen situativen Anregungsbedingungen zu Handlungen führen und diese bis zum Abschluss in Gang halten“ (Heckhausen 1974, S. 143). Der Begriff der Motivation ist abzugrenzen vom Begriff des Motivs, welcher sich auf latente Persönlichkeitsvariablen bezieht, die unter bestimmten Anreizbedingungen wirksam werden. Die große Bedeutung der Motivation für das Lernen lässt sich durch metaanalytische Untersuchungen gut belegen (Urhahne 2008). Nicht allein scheint Motivation den individuellen Lernerfolg gut vorherzusagen. Lernmotivation bestimmt auch, wie sich Lernende auf die nächste Lernaufgabe einstellen, Lernsituationen meiden oder aufsuchen und in ihnen Frustration oder persönliche Befriedigung erfahren. Der vorliegende Beitrag stellt zwei Motivationstheorien – das kognitiv-rationale Motivationsmodell und die Selbstbestimmungstheorie – in den Mittelpunkt. Sie sollen einen Einblick in pädagogisch-psychologische Aspekte der Motivation geben und zugleich Hinweise darauf liefern, wie die Motivation in computerunterstützten kooperativen Lernumgebungen analysiert und gefördert werden kann. Angesichts der Tatsache, dass noch wenig systematische Forschung zum Einfluss der Motivation auf das computergestützte kooperative Lernen vorliegt (Schoor & Bannert 2011), macht eine Konzentration auf zwei, sich einander ergänzende Modellvorstellungen Sinn. Einen ergänzenden Überblick auf das individuelle computergestützte Lernen bieten Moos und Marroquin (2010). Für einen allgemeinen Überblick über das Feld der Lernmotivationstheorien und deren Beziehungen zueinander kann auf Urhahne (2008) verwiesen werden.

3.3 Motivation computergestützten kooperativen Lernens

2

219

Das kognitiv-rationale Motivationsmodell

Im erweiterten kognitiv-rationalen Motivationsmodell (Rheinberg 2006, 2008) ist Motivation eine Funktion aus Situation, Handlung, Ergebnis und Folgen. Individuen wählen in Abhängigkeit von Situation, erwartetem Ergebnis und erwarteten Folgen rational Handlungen aus. Dabei können die Handlungen selbst und die erwarteten Folgen Anreize und Beweggründe für das Handeln sein.

2.1

Erwartungsebene

Das erweiterte Motivationsmodell beschreibt zunächst auf der Erwartungsebene, welche Ergebnisse und Folgen Individuen aufgrund bestimmter Situationen und Handlungen erwarten (s. Abb. 1). In Abhängigkeit der abgeschätzten Erwartungen verändert sich die jeweilige Motivation. Dabei stehen auf der Erwartungsebene des erweiterten Motivationsmodells mehrere unterschiedliche Erwartungen miteinander in Beziehung. Erwartungsebene S-E-Erwartung H-E-Erwartung

Situation

Handlung

Tätigkeitsanreize

Ergebnis

E-F-Erwartung

Folgen

Folgenanreize

Anreizebene

Abbildung 1:

Erweitertes Motivationsmodell nach Rheinberg (2006)

Zunächst wird beurteilt, zu welchem Ergebnis die gegebene Situation führt, wenn man nicht handelnd eingreift (Situations-Ergebnis-Erwartung oder S-E-Erwartung). Ist die S-EErwartung hoch, so ist die Bereitschaft zur Aktivität gering. Eine problematische S-EErwartung beim computerunterstützten Lernen könnte z.B. sein, dass Lernende annehmen, eine Leistungsbescheinigung in jedem Fall zu erhalten, so dass eine aktive Teilnahme an Online-Diskussionen nicht erforderlich ist. Unter der Annahme, dass ein passives Verfolgen des Online-Seminars zur gleichen Leistungsbewertung führt wie eine aktive Teilnahme, würde die Motivation zur aktiven Teilnahme Lernender also sinken. Die Handlungs-Ergebnis-Erwartung (H-E-Erwartung) beruht auf der subjektiven Einschätzung des Individuums, inwiefern eigene Handlungen zu einem möglichen Ergebnis führen könnten. Wird der eigenen Handlung ein nur geringer oder sogar negativer Effekt auf das Ergebnis zugeschrieben, so sinkt die Bereitschaft, diese Handlung auszuführen. In computerunterstützten kooperativen Lernumgebungen könnten Lernende z.B. annehmen, dass eine E-mail an die Moderatoren oder die Lernpartner mehr oder minder dazu beitragen könnte, offene Fragen zur Lernaufgabe zu klären.

220

3 Didaktik

Die Ergebnis-Folgen-Erwartung (E-F-Erwartung) ist die Annahme bezüglich des Zusammenhangs zwischen Handlungsergebnis und Folgen. Eine Trennung von Handlungsergebnis und Folgen ist insofern sinnvoll, als aus Perspektive der Handelnden Ergebnisse unmittelbar beeinflusst, Folgen jedoch als Reaktionen der Umwelt nur eingeschätzt werden können. Insofern können Handlungsergebnisse mehrere, möglicherweise unerwartete Folgen haben, die wiederum individuell unterschiedlich bewertet werden können. Ist die E-F-Erwartung niedrig, so ist die Motivation für eine Handlung geringer. Wenn also etwa in einer virtuellen Lernumgebung eine Gruppenarbeit angefertigt wird, deren Beitrag zu einem besseren Abschneiden in einer anschließenden individuellen Prüfung als nicht besonders hoch eingeschätzt wird, so wird die Bereitschaft gering sein, etwas zu dieser Gruppenarbeit beizutragen. Wesentliche Forschungsarbeiten zu Erwartungen wurden zum Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung durchgeführt (Sins, van Joolingen, Savelsberg & van Hout-Wolters 2008; Schoor & Bannert 2011; Wang & Lin 2007). Selbstwirksamkeit bezeichnet das Vertrauen einer Person in die eigene Fähigkeit, gewünschte Handlungen in einer bestimmten Situation ausführen zu können. Hohe Selbstwirksamkeit beim computergestützten kooperativen Lernen ist mit einer tieferen Verarbeitung von Informationen und besseren Lernerfolgen gepaart (Sins et al. 2008; Wang & Lin 2007). Allerdings fanden Schoor und Bannert (2011) einen positiven Einfluss der Selbstwirksamkeitserwartung auf den Lernerfolg nur für das Lernen in einer individuellen und nicht in einer kooperativen Phase.

2.2

Anreizebene

Neben den mehr oder weniger situationsabhängigen oder verinnerlichten Erwartungen bezüglich des eigenen Handelns, sind im erweiterten Motivationsmodell auf der Anreizebene die eigentlichen Beweggründe des Handelns lokalisiert. Folgenanreize können darauf beruhen, dass die Folgen von Handlungsergebnissen (künftige Binnen- und Umweltzustände) als erstrebenswert wahrgenommen werden. Anreize der Handlungsfolgen sind in der Regel extrinsisch („von außen kommend“). Extrinsische Motivation bezeichnet den Wunsch oder die Absicht, eine Handlung durchzuführen, weil damit ganz bestimmte Konsequenzen verbunden sind, die mit der Handlung selbst in keinem direkten Verhältnis stehen. Dazu werden für gewöhnlich nicht nur finanzielle Anreize oder Noten gezählt, sondern auch Fremdbewertungen, etwa als Lernender in einem Diskussionsforum von einem Online-Moderator gelobt zu werden. Bestimmte Ansätze zum kooperativen Lernen legen den Schwerpunkt auf die extrinsische Motivation. So fasst Slavin (1995) die empirische Forschung zum kooperativen Lernen in der Aussage zusammen, dass kooperatives Lernen individuellem Lernen nur dann überlegen ist, wenn Gruppen als Ganzes belohnt werden, die Bemessung der Belohnung jedoch auf der Basis individueller Lernleistungen vorgenommen wird. Dadurch soll gewährleistet sein, dass alle Gruppenmitglieder für ihre eigenen Lernhandlungen motiviert sind, aber auch dazu, die Lernpartner beim Wissenserwerb zu unterstützen. Eine andere Gruppe von Anreizen, nämlich so genannte Tätigkeitsanreize, können laut des erweiterten Motivationsmodells in der Handlung selbst lokalisiert sein. Die intrinsische Motivation („von innen heraus“) bezeichnet den Wunsch oder die Absicht, eine Handlung um ihrer selbst willen durchzuführen. Mittel und Zweck oder Handlung und Handlungsziel stimmen thematisch überein (vgl. Rheinberg 2008).

3.3 Motivation computergestützten kooperativen Lernens

221

Inwiefern extrinsische oder intrinsische Motivation funktional zur Unterstützung der Lernmotivation in computerunterstützten Umgebungen sind, hängt aber im Wesentlichen von der Interessantheit der Lernaufgabe ab. Dabei wird der Geltungsbereich des Ansatzes von Slavin (1995) zur Erklärung der Effekte kooperativen Lernens auf als uninteressant wahrgenommene Aufgaben wie z.B. Vokabeln lernen eingeschränkt. Die Akzeptanz von als uninteressant wahrgenommenen Aufgaben kann durch extrinsische Belohnungen substanziell erhöht werden. Sind Aufgaben hingegen für Lernende interessant (weil z.B. von persönlicher Relevanz), dann kann kooperatives Lernen unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne extrinsische Anreize individuellem Lernen überlegen sein.

3

Die Selbstbestimmungstheorie

Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985) ist eine der umfassendsten und am besten untersuchten Motivationstheorien. Sie beschreibt die sozialen und kontextuellen Bedingungen, die intrinsisch motiviertes Handeln ermöglichen. Die Selbstbestimmungstheorie umfasst mehrere Teiltheorien. Als grundlegendste Teiltheorie gilt die kognitive Bewertungstheorie. Sie besagt, dass intrinsisch motiviertes Verhalten auf der Erfüllung der universellen menschlichen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit beruht. Auf computerunterstützte kooperative Lernumgebungen angewendet bedeutet die Theorie, dass intrinsisch motiviertes Verhalten der Teilnehmer umso wahrscheinlicher wird, wenn Handlungs- und Wahlmöglichkeiten eingeräumt, Kompetenzrückmeldungen gegeben und soziale Interaktionen ermöglicht werden. Dieses lässt sich besonders gut in sozialen Netzwerken und Wikis beobachten, bei denen die Benutzer gemeinschaftlich etwas zu einem Projekt beitragen und damit grundlegende menschliche Bedürfnisse befriedigen können. Chen und Jang (2010) konnten zeigen, dass die Erfüllung der drei Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit sich positiv auf die wahrgenommene Selbstbestimmung von Studenten einer OnlineLernumgebung auswirkte. Einflüsse von intrinsischer Wertschätzung und Interesse auf Lernaktivitäten und Lernergebnisse konnten jedoch in anderen Forschungsstudien nicht nachgewiesen werden (Schoor & Bannert 2011; Wolf & Prasser 2006). Als eine andere wichtige Teiltheorie hat sich die organismische Integrationstheorie erwiesen. Sie beschreibt, wie extrinsisch motivierte Handlungen mehr und mehr in das Handlungsspektrum einer Person integriert werden und sich zu intrinsisch motivierten Handlungen entwickeln können. In der organismischen Integrationstheorie findet neben Zuständen intrinsischer und extrinsischer Motivation auch ein Zustand der Amotivation Erwähnung (s. Abb. 2). Amotiviert sind Personen, die nicht handeln oder ziellos handeln. Sie nehmen in der computergestützten kooperativen Lernumgebung an den angebotenen Aktivitäten nicht teil oder fangen an, sich anderweitig zu beschäftigen. Amotivation kann verschiedene Ursachen haben, als dass der Lernende die Aktivität nicht wertschätzt, sich nicht für ausreichend kompetent hält oder nicht erwartet, das gewünschte Handlungsergebnis herbeiführen zu können (Ryan & Deci 2000). Im Unterschied dazu finden in Zuständen extrinsischer und intrinsischer Motivation zielgerichtete Aktivitäten statt, doch sind die Gründe dafür sehr unterschiedlich (s. Abb. 2). Bei externaler Regulation wird nur auf Druck von außen reagiert. Bei introjizierter Regulation ist noch sehr viel Selbstkontrolle zur Aufrechterhaltung des Handlungsablaufs erforderlich. Bei identifizierter Regulation wird die Wichtigkeit des Handelns erkannt und eine

222

3 Didaktik

gewisse Wertschätzung für die Handlung aufgebaut. Bei integrierter Regulation erfolgt die Handlung dann schon in Übereinstimmung mit persönlichen Zielen, aber erst bei intrinsischer Regulation empfindet die Person auch Spaß und Freude und entwickelt eine innere Zufriedenheit mit dem, was sie tut. Die Übergänge zwischen den einzelnen Motivationsstadien sind fließend. Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten, dass extrinsisch motivierte Handlungen mit der Zeit zu intrinsisch motivierten Handlungen werden. Am Anfang sind für Lernende viele Dinge am Computer noch neu und ungewohnt. Doch wenn erst einmal verschiedene Operationen am Computer sicher beherrscht werden, werden die Handlungen zunehmend selbstbestimmt und ein äußerer Anlass, um das Handeln aufrecht zu erhalten, ist nicht mehr erforderlich.

Abbildung 2:

Organismische Integrationstheorie nach Ryan und Deci (2000)

Eine konkrete Anwendung der Selbstbestimmungstheorie wurde von Rienties, Templaar, van den Bossche, Gijselaers und Segers (2009) vorgenommen. In einer computergestützten kollaborativen Lernumgebung arbeiteten Lernende zusammen auf der Grundlage eines problembasierten Ansatzes an ökonomischen Problemstellungen. Anschließend wurden die Diskussionsbeiträge der Teilnehmer inhaltsanalytisch ausgewertet. Es zeigte sich, dass hoch intrinsisch motivierte Lerner die wesentlichen und bedeutsamsten Beitragenden waren. Dagegen trugen extrinsisch motivierte Lerner nur durchschnittlich etwas zum sozialen Diskurs bei und waren an weniger zentralen Stellen des sozialen Netzwerks positioniert. Diese Forschungsbefunde machen deutlich, dass Unterschiede in der Motivation Einflüsse auf das Beitragsverhalten und die Position ausüben, die Lernende beim computergestützten kollaborativen Lernen einnehmen.

4

Analyse und Förderung der Motivation in computerunterstützten kooperativen Lernumgebungen

Erwartungen und individuelle Bewertungen spielen für die Aufnahme und Durchführung von Handlungen in CSCL-Umgebungen eine enorme Rolle. Legt man das erweiterte Motivationsmodell zugrunde, so kann man den Lernenden eine Sequenz von vier Fragen unterstel-

3.3 Motivation computergestützten kooperativen Lernens

223

len, deren Antworten ihre Motivation für Lernhandlungen determinieren (Rheinberg 2008). Die Sequenz der vier Fragen bildet keine objektivierbaren Entscheidungsverläufe ab. Vielmehr handelt es sich um eine hypothetische Sequenz zur Erklärung individueller Motivation. So können sich nicht nur die von Lernenden angestrebten Folgen interindividuell unterscheiden (z.B. Wissenserwerb, gute Schulnote, sozialer Anschluss), sondern werden auch die Entscheidungsprobleme subjektiv bewertet und beantwortet. Die vier Entscheidungsfragen können auch als Ansatzpunkte zur Förderung der Motivation betrachtet werden. (1) „Erscheint das Ergebnis bereits durch die Situation festgelegt?“ Lernende sollten nicht erwarten, dass ein Ergebnis auch ohne Zutun sozusagen automatisch eintritt. Ein wichtiges Kriterium für CSCL-Umgebungen ist demnach, inwiefern die Lernaufgabe die aktive Beteiligung Lernender explizit voraussetzt. (2) „Kann man das angestrebte Ergebnis selbst herbeiführen?“ Lernende sollten wahrnehmen, dass sie die Möglichkeit besitzen, in computerunterstützten Lernumgebungen aktiv zu sein und dass sie durch ihre Aktivitäten wesentlich dazu beitragen können, ein bestimmtes Ergebnis innerhalb der Lernumgebung zu erreichen. Diese Erwartungen können z.B. durch nutzerfreundliche Gestaltung oder Qualifizierung der Lernenden bezüglich des Umgangs mit neuen Medien unterstützt werden. Aber auch die einfache Information der Lernenden über den (hohen) Stellenwert des Beitrags von jedem Einzelnen kann bereits hilfreich sein. (3) „Sind einem die möglichen Folgen des Ergebnisses wichtig genug?“ Die Handlungsfolgen sollten transparent und bedeutsam für Lernende sein. Online-Kurse sollten demnach nicht allein experimentellen Charakter besitzen, sondern in bestehende Aus- und Weiterbildungskonzepte integriert werden. Leistungsnachweise aus Online-Kursen sollten z.B. herkömmlichen Leistungsnachweisen gleichwertig sein. (4) „Zieht das Ergebnis auch die gewünschten Folgen nach sich?“ Lernende sollten einen verlässlichen Zusammenhang zwischen ihren Handlungsergebnissen und den angestrebten Folgen erkennen. Um etwa die aktive Beteiligung Lernender in Diskussionsforen, Chatrooms oder an Videokonferenzen zu fördern, sollten die angestrebten Ziele der Lernenden (z.B. Erwerb eines Leistungsnachweises) bei der Gestaltung der Lernumgebung insofern berücksichtigt werden, als klar gemacht wird, wie genau die geforderten Lernaktivitäten mit Ergebnissen und deren Folgen zusammenhängen. Die Anreizebene ist ein weiterer Ansatzpunkt zur Förderung der Motivation in CSCLUmgebungen. Extrinsische Anreize können dazu führen, dass Lernende auch solche Lernaufgaben motiviert bearbeiten, die zunächst für sie weniger interessant sind. Intrinsische Anreize können dagegen durch eine besondere Gestaltung der Lernumgebung gesetzt werden. Zumbach (2010) nennt als Prinzipien zur Stärkung der intrinsischen Motivation das Generieren oder Unterstützten von Herausforderung, Kontrolle, Neugier und Phantasie (Malone & Lepper 1987). (1) Herausforderung kann dadurch entstehen, dass die Lernenden ein bedeutsames und für sie relevantes Ziel erreichen wollen. Über Feedback, das genaue und konkrete Informationen darüber enthält, inwieweit eine Aufgabenlösung mit einer richtigen Lösung übereinstimmt, kann der Lernende in CSCL-Umgebungen schrittweise seinem angestrebten Ziel näher kommen.

224

3 Didaktik

(2) Kontrolle erfährt der Lernende darüber, dass er die Interaktionen selbst auswählen und steuern kann. Maßnahmen zur Motivierung von Lernenden in CSCL-Umgebungen sollten sich dementsprechend an einer Stärkung der Kontroll- und Wahlmöglichkeiten der Benutzer über Lernhandlungen orientieren. Gerade dadurch, dass neue Medien eine aktive Konstruktion und Kommunikation von Texten und Bildern erlauben, können computerunterstützte kooperative Lernumgebungen dazu beitragen, die intrinsische Motivation zu fördern. (3) Neugier kann in CSCL-Umgebungen hervorgerufen werden, indem etwas Neuartiges und Unerwartetes präsentiert wird, das von den eigenen Erwartungen der Lernenden ein wenig, aber nicht zu stark abweicht, weil sonst Unsicherheit, Kontrollverlust und Angst entstehen. Gerade junge Lernende schätzen es, eine unbekannte Lernumgebung zu explorieren und durch aktives Handeln neue Aspekte für sich zu entdecken. (4) Phantasie wird in CSCL-Umgebungen durch die Art und Weise der Gestaltung, aber auch durch das Vorhandensein von Interaktionspartnern angeregt. Insbesondere wenn Kommunikationspartner physisch nicht präsent sind, muss der Lernende von seiner Vorstellungskraft Gebrauch machen. Um sich in diesen Situationen zu unterstützen, nutzen Lernende z.B. Emoticons, um ihre Stimmungen und Gefühle mitzuteilen und vertrauen auf die Vorstellungskraft des Gegenübers diese richtig zu deuten. Zusammengenommen liefern sowohl zweckrationale als auch intrinsische Motivationsmodelle zahlreiche Anregungen, die Motivation von Lernenden in computergestützten kooperativen Lernumgebungen gezielt zu fördern. Zuvorderst sollten dabei intrinsische Anreize zum Tragen kommen und erst wenn deren Wirkungspotenzial ausgeschöpft ist, sollte auf extrinsische Anreize zurückgegriffen werden. Damit würde vermieden, dass extrinsische Anreize die intrinsische Motivation zur Aufgabenbearbeitung untergraben können und eine bereits motivierende, zur Kooperation anregende Lernumgebung unnötig durch weitere Gestaltungsmittel überfrachtet wird.

3.4 Medienwahl

3.4

225

Medienwahl Gerd Schwabe Universität Zürich

1

Einleitung: Das Problem der Medienwahl

In den letzen Jahrzehnten erleben wir eine deutliche Ausweitung des Spektrums der für das Lernen verfügbaren Medien: Fernsehen und Rundfunk zählen schon zu den etablierten Medien und auch Lernen mit Hilfe des Internets hat sich in erstaunlich kurzer Zeit (und mit gemischtem Erfolg) etabliert. Inzwischen interessiert die Forschung, wie man mit mobilen Medien (mit Hilfe eines Smartphone oder Tablet Computer) lernen und lehren kann. Da „alte“ Medien wie die Kommunikation im Klassenzimmer und das Buch immer noch intensiv genutzt werden, gewinnt mit steigender Zahl verfügbarer Medien das Problem einer geeigneten Medienwahl an Bedeutung: Welches Medium soll für welchen Lernzweck verwendet werden? Im Folgenden werden zuerst kurz Forschungsergebnisse der Mediendidaktik zur Medienwahl für Unterricht und Lernen und aus den Sozialwissenschaften zur Medienwahl im Allgemeinen vorgestellt. Dabei wird die am weitesten verbreitete Theorie, die so genannte Media Richness Theorie, im Detail vorgestellt. Allen Ansätzen ist gemein, dass sie a) zu grobgranular sind, und b) zu allgemein sind, um aus ihnen konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Medienwahl beim kollaborativen Lernen abzuleiten. Deshalb wird dann ein Ansatz aus der Forschung zur computerunterstützten Gruppenarbeit diskutiert. Er weist sinnvolle Ansatzpunkte auf, ist aber für das kollaborative Lernen auch nur eingeschränkt verwendbar.

2

Das Problem der Medienwahl in der Mediendidaktik

Das Problem der Medienwahl wird in der Mediendidaktik schon seit längerem diskutiert, ohne dass die Diskussion zu eindeutigen Gestaltungshinweisen geführt hat. Das Problem einer geeigneten Medienwahl hängt so ziemlich von allen anderen didaktischen Gestaltungsdimensionen ab (also z.B. von den didaktischen Zielen, den Persönlichkeiten und der Weltanschauung der Akteure, den Lernmethoden etc.). Der empirische Befund zur Medienwahl ist uneindeutig, d.h. es ist bisher nicht belegt, ob ein bestimmtes Medium unter definierten Umständen einem anderen überlegen ist (wenn man von Trivialitäten und offensichtlichem Unsinn absieht). Dieses Ergebnis erstaunt wesentliche Fachvertreter nicht: 1. Es ist praktisch unmöglich, ein sinnvolles Experiment zu entwickeln, bei dem isoliert nur die Medien variiert werden (Weidemann 2001). Je mehr man versucht, die sonstigen Variablen stabil zu halten, desto mehr reduziert man die Ausdrucksmöglichkeiten der beteiligten Medien, bis die Forscherin zum Schluss nur noch den größten gemeinsamen Teiler der beteiligten Medien testet. Nutzt man aber die Potentiale der Medien aus, variiert man damit auch andere Variablen wie z.B. die verwendete didaktische Methode. Damit lässt sich jede Varianz im Ergebnis nicht mehr auf das Medium zurückführen, sondern nur noch auf die Gesamtkonfiguration.

226

3 Didaktik

2. Schon ein klassischer Schulunterricht beinhaltet einen Medienmix aus Lehrbüchern, Face-to-Face Diskussion und Einzelarbeit zu Hause. So sind auch die meisten anderen Lernaufgaben nicht nur durch ein Medium abzudecken, sondern durch eine geeignete Medienkonfiguration. Selbst aufwändig produzierter Unterricht bei den Funk-Kollegs konnte nicht auf gedruckte Unterlagen verzichten. Kerres (2001, S. 271 ff.) argumentiert deshalb stark dafür, nicht die Eignung von einzelnen Medien, sondern die Eignung von Medienkonfigurationen zu untersuchen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Mediendidaktik Medienwahl danach untersucht hat, wie gut ein bestimmtes Medium zur Erreichung eines Lernziels geeignet ist. Dabei ist sie an der Komplexität der realistischen Lernszenarien gescheitert, die aufgebaut werden müssen, um ein Lernziel zu erreichen. Kerres Verweis auf Medienkonfigurationen verlagert das Problem auf die Frage, wie geeignet die einzelnen Bausteine sind und wie sie zusammenzusetzen sind. Um zum Ziel zu führen, ist auf jeden Fall auf ein feinergranulares Objekt als Lernszenarien abzuheben. Das Problem zu grober Granularität ist auch bei den im Folgenden vorgestellten Basistheorien zur Medienwahl aus den Sozialwissenschaften zu beobachten.

3

Basistheorien zur Medienwahl

Da das Problem einer geeigneten Medienwahl insbesondere für Manager wesentlich ist, wird es insbesondere in den Organisationswissenschaften schon seit längerem diskutiert. Dabei lassen sich rationale und alternative Ansätze unterscheiden (Abb. 1, Weber 2003):

alternative Ansätze

rationale Ansätze

Kategorien

Grundlegende Annahmen

Ansätze rationaler individueller Medienwahl (Trait Theories, Media-Task Views)

Ansätze kollektiver Medienakzeptanz (Social Interaction Theories) Ansätze subjektiver Medienakzeptanz (Experience-Based Media Appropriateness) Ansätze mit Berücksichtigung zeitlicher und gruppendynamischer Aspekte

Abbildung 1:

Die Medienwahl erfolgt rational aufgrund objektiver, dem Medium inhärenter Eigenschaften und deren Eignung, bestimmte Kommunikationsinhalte zu übertragen. Die Ansätze dieser Gruppe wählen dabei entweder Charakteristika des Mediums oder diejenigen der Kommunikationsaufgabe als Ausgangspunkt für die Medienwahl. Soll ein Kommunikationsprozess effektiv abgewickelt werden, bedarf es einer gewissen Abstimmung von Medium und Kommunikationsinhalt bzw. -aufgabe. Die Medienwahl des Benutzers ist subjektiv rational, wird aber durch die soziale Umwelt beeinflusst. Die Medienwahl des Benutzers wird durch die individuelle Erfahrung und Einstellung beeinflusst.

Im Zusammenhang mit Medienwahl werden auch dynamische Veränderungen innerhalb von Gruppen – in deren Kontext die individuelle Medienwahl erfolgt – über eine gewisse Zeitspanne betrachtet.

Theorien zur Medienwahl nach Weber (2003)

3.4 Medienwahl

3.1

227

Ansätze rationaler individueller Medienwahl

Ein prominenter Ansatz zur rationalen individuellen Medienwahl ist die Social Presence Theorie (Short et al. 1976): Ein Medium hat eine umso höhere soziale Präsenz, je mehr es dazu in der Lage ist, die Persönlichkeit des Kommunizierenden und nonverbale Symbole zu übermitteln. Die höchste soziale Präsenz hat die Face-to-Face Kommunikation; eine sehr geringe das geschriebene Dokument. Ein Medium ist so zu wählen, dass es ein ausreichendes Maß an sozialer Präsenz für eine gegebene Kommunikationssituation ermöglicht. Die Grundidee der Social Presence Theorie wird in der weiter unten beschriebenen Media Richness Theorie aufgegriffen und verfeinert. Das Modell der aufgabenorientierten Medienwahl (Reichwald et al. 1998, S. 59 ff.) empfiehlt, ein Medium in Abhängigkeit von der Strukturiertheit der zugrunde liegenden Kommunikationsaufgabe, der erforderlichen Genauigkeit, der gewünschten Schnelligkeit und Bequemlichkeit sowie der erforderlichen Vertraulichkeit zu wählen. Dabei werden konkrete Beispiele für eine geschickte Medienwahl gegeben, ohne dass ein Theoriegebäude aufgebaut wird. Die Media Richness-Theorie (Daft & Lengel 1984; 1986) verbindet die Medienwahl mit der Aufgabe, die die beteiligten Akteure gemeinsam lösen wollen. Sie teilt Aufgaben danach ein, wie unsicher (Unsicherheit = Uncertainty) sie sind, und wie mehrdeutig (Mehrdeutigkeit = Equivocality) sie sind. Unsichere Aufgaben könnte man optimal lösen, wenn alle benötigten Informationen vorhanden wären. Mehrdeutige Aufgaben lassen sich auch durch sehr viel Information nicht lösen. Vielmehr unterliegen sie der Interpretationsfähigkeit der Akteure, die zu einem gemeinsamen Verständnis eines Sachverhalts kommen müssen. Beispielsweise ist das Verfassen einer Unternehmensstrategie eine mehrdeutige Aufgabe, weil sich die Akteure dabei auf ein gemeinsames Verständnis der Rolle des Unternehmens im Markt verständigen und dafür die relevanten Einflussfaktoren erst definieren müssen. Bei mehrdeutigen Aufgaben sucht man Variablen; bei unsicheren Aufgaben hingegen Variablenwerte. Die ursprüngliche Fassung der Media Richness-Theorie von Daft und Lengel (1984; 1986) empfiehlt, für unsichere Aufgaben Medien zu verwenden, die viel Information vermitteln (z.B. schriftliche Berichte), und für mehrdeutige Aufgaben Medien einzusetzen, die „reich“ sind (z.B. Sitzungen). Den „Reichtum“ („Richness“) eines Mediums kann man daran messen, wie unmittelbar das Feedback ist, wie viele Kanäle wie viele Hinweise geben, wie persönlich die Kommunikation und wie vielfältig die vermittelte Sprache ist. Die Verwendung von besser geeigneten Medien führt zu höherer Effektivität der Aufgabenerfüllung (Daft & Lengel 1986, S. 561). Rice (1992) entwickelt die Media Richness-Theorie für neue Medien fort. Reichwald et al. (1998, S. 57) entwickeln daraus ein Media Richness-Modell für die Telekooperation (vgl. Abbildung 2). Face to Face-Dialoge oder -Sitzungen haben den größten Medienreichtum; Briefpost und schriftliche Dokumentation den kleinsten. In Abhängigkeit davon, wie mehrdeutig die Telekooperationsaufgabe ist, sind andere Medien zu bevorzugen. Dabei ist es nicht so, dass reiche Medien per se „besser“ geeignet sind und arme Medien schlechter. Vielmehr gibt es einen Bereich effektiver Kommunikation. Die Wahl zu reicher Medien führt zu einer „Überkomplizierung“ („Overcomplication“) der Situation. Anstatt Fakten zu suchen, werden die Teilnehmer durch den Reichtum des Mediums abgelenkt; es wird interpretiert und möglicherweise Mehrdeutigkeit künstlich erzeugt. Die Verwendung zu armer Medien hat eine zu starke „Vereinfachung“ („Oversimplification“) zur

228

3 Didaktik

Folge: Das Medium eignet sich nur für die Informationssuche, obwohl ein gemeinsames Verständnis durch gemeinsame Interpretation gefragt ist. Wegen mangelnden Feedbacks und Unpersönlichkeit des Mediums kann nicht gemeinsam interpretiert werden.

Mittel

3.2

Oversimplification unpersönlich, kein Feedback

Klein Niedrig

Abbildung 2:

ati o

Overcomplication (Mehrdeutigkeit, zu viele Nebeninformationen)

ef f un ekti d ve Ko r K op om er a ti m u on ni k

Groß

Be re ich

Face-to-Face Dialog/Sitzung Videokommunikation Telefon/Telefonkonferenz Voice Mail Computerkonferenz Telefax Email Briefpost/ Dokumentation

n

Medienreichtum

Mittel

Hoch Mehrdeutigkeit der Aufgabe

Media Richness-Theorie (nach Reichwald et al. 1998, S. 57)

Ansätze kollektiver Medienakzeptanz

Kritiker bemängeln an den Modellen zur rationalen Medienwahl ihren Reduktionismus. Neben rationalen Gründen betonen Vertreter einer kollektiven Medienakzeptanz die Bedeutung weiterer Faktoren. So erweitern Treviño, Daft und Lengel (1990) die Media Richness Theorie um die symbolische Bedeutung, die einem Medium zugewiesen werden kann (z.B. die symbolische Bedeutung, von einer hochstehenden Persönlichkeit persönlich empfangen zu werden) und um kontextuelle Faktoren, z.B. geographische Distanz, Zugang zu Medien Zeitdruck und Verbreitung eines Mediums. Die Verbreitung eines Mediums ist zudem ein kritische-Masse-Problem (Markus 1994). Eine kritische Masse an Nutzern sorgt bei kommunikationsorientierten Anwendungen für ein ausreichend großes Netzwerk, eine kritische Masse an (nutzbringender, neuer) Funktionalität für eine ausreichende Attraktivität zur Überwindung von Eintrittsschwellen. Das Social Influence Modell (Fulk et al. 1990) betont die Bedeutung des sozialen Umfelds. Der Einfluss des sozialen Umfelds sowie die Erfahrungen des Entscheidungsträgers prägen sowohl die Bewertung der Medien als auch die Bewertung der Aufgabe. Mediennutzung ist umso stärker sozial geprägt, je weniger Erfahrungen die wählenden Akteure haben. Hinzu kommen auch situative Einflussgrößen wie die geographische Entfernung der Akteure.

3.4 Medienwahl

3.3

229

Ansätze subjektiver Medienakzeptanz

Auch das Technology Acceptance Model (TAM, Davis et al. 1989) wurde auf die Medienwahl angewendet. Grundidee ist es, dass eine Technologie dann genutzt wird, wenn die wahrgenommene Nützlichkeit und die wahrgenommene Einfachheit der Nutzung höher ist als bei einer Alternativtechnologie. King und Xia (1997) ergänzen dieses Modell um die Beobachtung, dass auch die Gewohnheit und Erfahrung im Umgang mit einem Medium dessen Nutzungswahrscheinlichkeit erhöht. Deshalb werde beispielsweise das Telefon so häufig verwendet.

3.4

Resümee zu den Basistheorien

Die aufgeführten Theorien führen eine beobachtete Nutzung von Medien auf eine individuelle rationale Entscheidung, auf sozial geprägte individuelle Entscheidungen oder auf ein kollektives Entscheidungsverhalten zurück. Wahrscheinlich tragen sie alle jeweils einen Baustein zur Erklärung von Medienwahlentscheidung bei, sie leiden angewendet auf die Medienwahl beim CSCL unter der gleichen Schwäche: 1. Sie sind nicht für Lernsituationen gedacht und sind 2. allenfalls für Kleingruppen (2–4 Personen) geeignet. Die für das CSCL typische Gruppenarbeit in größeren Verbünden (5–100 Personen) ist nicht abgedeckt. Größere Gruppen haben nicht nur ein Kommunikationsproblem in dem Sinne, dass die einzelnen Teilnehmer sich missverstehen könnten, sondern sie haben mit zunehmender Teilnehmerzahl ein Performanceproblem. Das zeigt sich schlicht daran, dass bei einer mündlichen Diskussion in der Face-to-Face-Situation jeder Teilnehmer einer Großgruppe nur noch sehr kurz zu Wort kommen kann. Deshalb wird im Folgenden eine neuere Theorie vorgestellt, die auf diese Probleme dediziert eingeht. Sie baut auf Experimenten zur Media Richness Theorie auf.

4

Medienwahl bei Computerunterstützter Gruppenarbeit

Dennis und Valacich (1999) bescheinigen der Media Richness-Theorie ein hohes Maß an Plausibilität, verweisen aber darauf, dass ihre empirischen Überprüfungen bisher nicht sehr überzeugend waren. Insbesondere basierten die Studien auf Wahrnehmungen der Eignung von Medien für Aufgaben, nicht aber auf echter Nutzung. Dennis et al. (2008) argumentieren, dass der Grundansatz der Media Richness-Theorie zu grob ist: Die Media-RichnessTheorie geht davon aus, dass Charakteristika der Aufgabe und deren Anforderung an den Kontextreichtum eine optimale Medienwahl bestimmen. Es ist aber vielmehr die Art des Kommunikationsprozesses und dessen Anforderung an die Informationsverarbeitungskapazität eines Mediums, welche die Mediennutzung vorgeben. Ausgehend von den Kommunikationsprozessen entwickeln sie eine eigene Theorie der Mediensynchronität. Im Folgenden wird zuerst in die eigene Theorie der Mediensynchronität eingeführt und dann ihre Brauchbarkeit für das CSCL diskutiert.

4.1

Einführung in die Theorie der Mediensynchronität

Ziel von zwischenmenschlicher Kommunikation ist ein gegenseitiges Verständnis. Hierzu muss Information übertragen und durch die einzelnen Akteure verarbeitet werden. Dabei stehen ihnen zwei generische Kommunikationsprozesse zur Verfügung: (1) conveyance, d.h.

230

3 Didaktik

die Informationssuche und -verteilung und (2) convergence, d.h. die Diskussion der individuellen Interpretationen der Informationen mit dem Ziel, in einer Gruppe ein gemeinsames Verständnis zu erzielen. In Conveyance-Prozessen sammeln einzelne Gruppenmitglieder Informationen, verarbeiten sie, indem sie die Informationen in ihre mentalen Modelle einsortieren und stellen sie anderen zur Verfügung. Diese Aktivitäten erfordern Überlegung; deshalb ist hier die Informationsverarbeitungskapazität der Akteure ausschlaggebend und weniger die Übertragungsmöglichkeiten. Für eine rationale Problemlösung verbessert der Umfang (relevanter) Informationen und Alternativen die Gruppenentscheidung. Ziel von Convergence-Prozessen ist es, ein gemeinsames Verständnis der Bedeutung von Informationen zu erzielen und sich darauf zu einigen, dass dies geschehen ist. Nur mit einem solchen gemeinsamen Verständnis ist koordiniertes Handeln und das Fällen bzw. Umsetzen von Entscheidungen in einer Gruppe möglich. Convergence ist somit eine Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit der Gruppe. Sie setzt typischerweise den schnellen Austausch von kleinen Mengen vorverarbeiteter Informationen voraus. Die existierenden mentalen Modelle reichen hierfür weitgehend aus. Somit ist für den Erfolg von Convergence weniger die Informationsverarbeitungskapazität und mehr die Übertragungsmöglichkeit ausschlaggebend. Medien können über ihre Eigenschaften sowohl conveyance als auch convergence ermöglichen. Um dies zu zeigen, erweitert die Theorie der Mediensynchronität die relevanten Medieneigenschaften: Nicht der „Reichtum“ eines Mediums ist entscheidend, sondern seine Mediensynchronität. „Synchronität exisitiert unter Individuen, wenn sie ein gemeinsames Muster koordinierten gleichzeitigen Verhaltens mit einem gemeinsamen Fokus zeigen“ (Dennis et al. 2008, p. 581, Übersetzung durch Autor). Mediensynchronität ist „das Ausmass, in dem das Leistungsvermögen eines Kommunikationsmediums es den Individuen ermöglicht, Synchronität zu erreichen“ (Dennis et al. 2008, p. 581, Übersetzung durch Autor). Diese Definition macht deutlich, dass es sich beim Begriff der Mediensynchronität nicht um eine Dichotomie zwischen synchron und asynchron handeln kann, sondern dass es sich hier um ein Kontinuum handelt. Synchronität sollte man unabhängig von seinen Implikationen als Zeitversatz messen. Der Synchronitätsgrad gibt dann das Ausmaß des Zeitversatzes an (z.B. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage). Dabei legen menschliche Kommunikationsgepflogenheiten nahe, dass es sich hier nicht einfach um eine lineare Zeitskala handeln kann. Da Convergence von einem schnellen Nachrichtenaustausch profitiert, gilt gemäss der Theorie der Mediensynchronität: Für Kommunikationsprozesse, die Convergence zum Ziel haben, führt die Nutzung von Medien mit höherer Synchronität zu einer besseren Kommunikationsleistung. Da erfolgreiche Conveyance von der sorgfältigen Überlegung abhängt, gilt gemäss der Theorie der Mediensynchronität: Für Kommunikationsprozesse, die Conveyance zum Ziel haben, führt die Nutzung von Medien mit niederer Synchronität zu einer besseren Kommunikationsleistung. Das Potential von Medien macht die Theorie der Mediensynchronität in Anlehnung an das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver (1949) an fünf Faktoren fest:

3.4 Medienwahl

231

− Übertragungsgeschwindigkeit: Wie schnell kann eine Nachricht vom Sender zum Empfänger übertragen werden (in Bruchteilen von Sekunden, ganzen Sekunden, Minuten, Stunden, Tagen …)? − Symbolsätze: Auf wie viele Arten kann die Information kodiert werden? Nur als geschriebener Text? Als Bild? Als Video? Physisch? Als mathematisches Modell? etc. − Parallelität: Auf wie vielen Kanälen können wie viele Personen gleichzeitig in unterschiedlichen Kommunikationsvorgängen kooperieren oder kommunizieren? Wenn in einer Gruppe eine Person einen Vortrag hält und die anderen ihm zuhören, dann ist die Parallelität niedrig (nämlich = 1). Wenn dagegen in einer Gruppe jeder Teilnehmer seine Ideen auf Kärtchen schreibt und diese an einem Pinboard veröffentlicht, dann ist die Parallelität hoch (nämlich = n, wenn n die Zahl der Gruppenteilnehmer ist). − Überarbeitbarkeit: Wie umfassend und häufig kann der Sender seine Nachricht oder seinen Beitrag überarbeiten, bevor er ihn abschickt? Ein gesprochener Satz lässt sich im Kopf nur schwierig überarbeiten; ein geschriebener Satz (z.B. in einer E-Mail) lässt sich hingegen vergleichsweise einfach umformulieren. − Wiederverwendbarkeit: Wie gut kann der Empfänger eine Nachricht oder einen Beitrag eines anderen wiederverwenden? Ein gesprochenes Wort lässt sich normalerweise kaum weiterverwenden, ein im Computer geschriebener Text meist recht einfach. Abbildung 3 fasst die Medieneigenschaften und die Ansatzpunkte an einem Kommunikationskanal zusammen.

Überarbeitbarkeit

Parallelität

Sender

Symbolsätze, Übertragungsgeschwindigkeit

Wiederverwendbarkeit

Empfänger

S1

E1

S2

E2

S3

E3

Abbildung 3:

Medieneigenschaften gemäß der Theorie der Mediensynchronität am Beispiel von drei Sendern und Empfängern

Die Überarbeitbarkeit wirkt auf den Sender, die Wiederverwendbarkeit auf den Empfänger. Parallelität beschreibt die Anzahl von Kommunikationskanälen; die Symbolvarietät sowie die Übertragungsgeschwindigkeit stehen für die Kapazität und Qualität jedes einzelnen Kommunikationskanals.

232

3 Didaktik

Die Medieneigenschaften beeinflussen die mögliche Synchronität wie folgt (Dennis et al. 2008): Die Übertragungsgeschwindigkeit eines Mediums erhöht die mögliche Synchronität; die Parallelität beeinflusst die mögliche Synchronität negativ, denn Menschen könneln paralel auf sie einströmende Information schlecht aufnehmen; Medien mit natürlicheren Symbolsätzen (also z.B. Gesichtsausdruck…) haben eine grösseres Potential, Synchronität zu unterstützen als Medien mit weniger natürlichen Symbolsätzen (z.B. geschriebener Text). Und generell muss der Symbolsatz zum Inhalt der Nachricht passen; wenn er das tut, dann hat das gewählte Medium eine grössere Möglichkeit, Synchronität zu unterstützen. Neue Gruppen benötigen mehr Synchronität als etablierte Gruppen, da hier Convergence Prozesse eine grössere Rolle spielen; deshalb sind hier Treffen vor Ort oder Videokonferenzen hilfreich. Im Laufe des Gruppenentwicklungsprozesses nimmt der Bedarf an Synchronität demnach ab, da sich ein gemeinsames Grundverständnis entwickelt hat. Die Gruppe kann sich mehr auf E-Mail, gemeinsame Dokumentenablagen, Communities, Wikis, oder Microblogs (vgl. das Kapitel zu Community-orientiertem Lernen) verlassen. Die Autoren der Theorie betonen mehrfach, dass für reale Aufgaben immer ein Mix aus Medien mit hoher und Medien mit tieferer Synchronität zu verwenden ist.

4.2

Brauchbarkeit der Theorie der Mediensynchronität für das CSCL

Die Theorie der Mediensynchronität ist für das computerunterstützte kooperative Lernen aus folgenden Gründen interessant: 1. Sie betrachtet mit dem Synchronitätsgrad einen grundlegenden Gestaltungsparameter, da sich gerade kollaborative Lernmedien durch abgestufte Synchronitätsgrade auszeichnen. 2. Sie behandelt auch neue Medien und ihre Charakteristika. Paralleliät, Überarbeitbarkeit und Wiederverwendbarkeit sind Variablen, die mit zunehmender Verbreitung von Computern an Bedeutung gewinnen. Mit neuen Medien gibt es somit deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Wahl des Synchronizitätsgrades. 3. Sie betrachtet explizit Gruppenprobleme und gibt den Lehrenden (die beim CSCL häufig Moderator werden) und den Lernenden in der Moderationslehre fundierte Hinweise, wie durch eine geeignete Medienwahl mit diesen umzugehen ist. 3. Sie wählt nicht die Aufgabe als Ansatzpunkt, sondern die Art des Kommunikationsprozesses. Nach dem gescheiterten Versuch der Didaktik, einen direkten Zusammenhang zwischen Lernziel/Aufgabe und Medien herzustellen, ist dies ein interessanter neuer Ansatz. Kommunikationsprozesse sind zudem feinergranular und näher an Kommunikationsmedien als Aufgaben und damit vermutlich ein besser geeigneter Ansatzpunkt für die Medienwahl. Wenn die Theorie der Mediensynchronität für das Lernen anwendbar ist, führt das zumindest für das kollaborative Lernen zu einer Umkehrung bisheriger Lernformen: Prozesse, die primär der Wissensaufnahme dienen, sollten besser asynchron abgehalten werden, während ein gemeinsames Verständnis besser synchron erarbeitet wird. Vorlesungen in der traditionellen Form haben damit im Kontext des kollaborativen Lernens keinen Platz mehr. In einer ersten Pilotstudie zur Eignung der Theorie für das kooperative Lernen (Schwabe 2001, 2002) wurden aber Grenzen dieser einfachen Schlüsse deutlich:

3.4 Medienwahl

233

1. Co-Präsenz hat beim Lernen nicht nur mit Kommunikation zu tun sondern auch mit Motivation. Motivation kann durch die Persönlichkeit des Lehrenden entstehen. Dieser wesentliche Aspekt wird in der Theorie der Mediensynchronität ausgeblendet. Zur Motivation der Lernenden kann es notwendig sein, ein höheres Maß an Synchronität zu wählen, als dies die Theorie empfiehlt. 2. Während es das Ziel des kooperativen Arbeitens ist, eine Aufgabe möglichst effektiv und effizient zu erfüllen, strebt das kooperative Lernen das Erreichen von Lernzielen an. Dies verbietet bestimmte Formen der Arbeitsteilung, da letztendlich jedes Individuum der Gruppe das Lernziel erreichen muss (Schwabe et al. 2001). 3. Der Synchronitätsgrad ist nur ein – wenn auch wichtiger – Baustein für eine Medienwahl. Für konkrete CSCL-Lernsituationen geht es nicht darum, einen Synchronitätsgrad festzuschreiben, sondern es kommt auf den richtigen Medienmix bzw. auf den Wechsel von Mediennutzungsarrangements mit hoher und geringer Synchronität an. Zu einer geeigneten Konfiguration von Medien in Lernszenarien trägt die Theorie der Mediensynchronität nur wenig bei. 4. Eine fundamentale Behauptung der Theorie ist es, dass die Verarbeitung von Wissen (also die Integration von neuem Wissen in die eigenen mentalen Modelle) besser alleine gelingt und deshalb ein niedriger Synchronizitätsgrad für conveyance-Prozesse geeignet ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass die schnelle Rückfragemöglichkeit an eine dafür geschulte Person (= einen Lehrer) sehr wohl das Verständnis fördern kann, bzw. erst ermöglichen kann. Damit ist zweifelhaft, ob die Theorie für ein Setting anwendbar ist, in der ein Lehrer vorhanden ist. Aus derzeitiger Perspektive ist nur gesichert, dass sie für die eigentliche Gruppenarbeit hilfreich ist und dass didaktische Überlegungen zur Medienwahl die Empfehlungen der Theorie überlagern können.

5

Zusammenfassung und Ausblick

So wichtig die Medienwahl für das kooperative Lehren und Lernen ist, ein geschlossenes Konzept zur Medienwahl ist derzeit nicht absehbar. Die Didaktik sieht in der Medienwahl eine wesentliche Gestaltungsdimension für den Unterricht; es gelingt ihr aber nicht, diesen Aspekt von den anderen Gestaltungsdimensionen zu isolieren und gezielte Gestaltungshinweise zu geben. Die sozialwissenschaftlichen Basistheorien zur Medienwahl zeigen die Vielfalt rationaler, subjektiver und kollektiver Einflussfaktoren auf die Medienwahl. Für eine umfassende Gesamttheorie ist die Zahl der diskutierten Einflussfaktoren zu groß, und wenn man sich einer der dort angeführten Theorien anschließt, dann ist ihre direkte Anwendbarkeit für das CSCL fraglich, da Gruppenaspekte unzureichend behandelt werden. Hier ist die Stärke der Theorie der Mediensynchronität, aber auch sie kann nur Bausteine für ein Konzept zum Medieneinsatz liefern – das Gesamtszenario müssen sich der Lehrende oder die Lernenden dann selbst zusammensetzen. Dennoch lassen sich aus den vorgestellten Theorien besser fundierte und brauchbarere Gestaltungshinweise ableiten als aus manchem neumodischen oder technikzentrierten „Leitfaden“. Es bleibt aber den verständigen Lehrenden und Lernenden überlassen, welche Theorie sie für welche Medienwahl zu Rate ziehen.

234

3.5

3 Didaktik

Computerunterstützte Kooperationsskripts Armin Weinberger1, Frank Fischer2 1 2

1

Universität des Saarlandes, Ludwig-Maximilians-Universität München

CSCL Potenziale und Defizite

„Vergleichen und diskutieren Sie folgende Fälle in unserem Chat“, „Erstellen Sie eine gemeinsame Problemlösung in unserem Online-Forum“, „Legen Sie gemeinsam die wesentlichen Argumente und Gegenargumente folgender theoretischer Modelle in einem Wiki dar“ – derartige komplexe Anforderungen sind nicht untypisch für das computerunterstützte kooperative Lernen. Von Lernenden wird dabei erwartet, dass sie unterschiedliche Wissensressourcen einbringen und diskutieren. Die Elaboration unterschiedlicher Standpunkte in einer kritisch-argumentativen Diskussion soll dazu führen, dass Lernende zum einen Fehlkonzepte erkennen und korrigieren und zum anderen flexibel anwendbares fachspezifisches und fächerübergreifendes Wissen erwerben. Diesen Anforderungen können viele Lerner nicht ohne zusätzliche Unterstützung genügen. Computerunterstützte Kooperationsskripts stellen einen aktuellen, äußerst effektiven instruktionalen Ansatz für CSCL dar, um bestimmte Interaktionsmuster und Lernerfolge zu ermöglichen. In diesem Beitrag beschreiben wir zunächst, mit welchen Problemen beim computerunterstützten kooperativen Lernen u.a. zu rechnen ist. Anschließend diskutieren wir die Rolle von internalen Skripts, d.h. Wissen über Handlungsabläufe beim computerunterstützten kooperativen Lernen, und externalen Skripts, d.h. instruktionale Vorgaben von Rollen und Interaktionsmustern für CSCL. Wir stellen dabei auch dar, wie externale Skripts in CSCLUmgebungen implementiert werden können (vgl. Beitrag 2.7). In diesem Beitrag geben wir außerdem eine Übersicht über Wirkmechanismen und Ergebnisse von empirischen Studien zu computerunterstützten Kooperationsskripts oder CSCL-Skripts und fassen die zentralen Fragestellungen zusammen, die bislang im Bereich CSCL-Skripts erforscht wurden. Schließlich werden aktuelle offene Fragen für zukünftige CSCL-Skriptforschung erörtert.

1.1

Problematische Phänomene beim computerunterstützten kooperativen Lernen

In CSCL-Szenarien wird von den Kleingruppen erwartet, dass sie neben der Bearbeitung inhaltlich anspruchsvoller Aufgaben die vorhandenen Ressourcen und Gruppenaktivitäten so koordinieren, dass alle Lernenden ihre unterschiedlichen Wissensressourcen beitragen können. Leider weisen Kleingruppen häufig Verhaltensweisen auf, die zwar mitunter zu einer schnellen, aber nicht immer angemessenen Lösung einer Aufgabe führen, und schon gar nicht den Lernerfolg aller Gruppenmitglieder gewährleisten. Eine dieser Verhaltensweisen ist schnelle Konsensbildung (Weinberger & Fischer 2006), d.h. Lernende stimmen einem ersten Lösungsvorschlag innerhalb einer Gruppe ohne weitere Diskussion von Alternativen zu. In ähnlicher Weise zeigen Kleingruppen häufig eine Bestäti-

3.5 Computerunterstützte Kooperationsskripts

235

gungstendenz (confirmation bias), d.h. diejenigen Informationen werden stärker berücksichtigt, die den eigenen Standpunkt bestätigen; oder es werden nur diejenigen Informationen mitgeteilt, über die alle Gruppenmitglieder ohnehin bereits verfügen (Stasser & Titus 1985). Ungleiche Beteiligung an Lernprozessen ist ein weiteres Problem. Während kooperative Lernformen zwar als Möglichkeit betrachtet werden, gegenüber dem traditionellen Klassenzimmerunterricht die gleichberechtigte Beteiligung an Lernprozessen zu fördern (Cohen & Lotan 1995), sind die tatsächliche Partizipation und damit die Lernmöglichkeiten in Kleingruppen häufig eher ungleich verteilt. Einzelne, meist bereits vorwissensstarke Lerner übernehmen größere Teile der Aufgaben während andere Lerner – zumeist solche mit weniger günstigen Lernvoraussetzungen – Trittbrettfahren und nur wenig Wissen erwerben (Latané, Williams & Harkins 1979). Diese und andere Gruppenphänomene sind nicht nur ungünstig für die Qualität der gemeinsam zu erarbeitenden Problemlösung, sondern haben auch negative Auswirkungen auf den gemeinsamen und den individuellen Wissenserwerb.

1.2

Förderung von CSCL: Die Rolle von internalen und externalen Skripts

CSCL-Gruppen haben mitunter große Schwierigkeiten, sich selbst auf eine Weise zu organisieren und zu regulieren, dass nicht nur einzelne Lerner, sondern möglichst alle Gruppenmitglieder unterschiedliche Rollen und Aktivitäten wahrnehmen um gleichwertig Wissen zu konstruieren. Das gilt insbesondere dann, wenn Lernende wenig Wissen darüber haben, wie sie eigentlich effektiv miteinander kooperieren können, d.h. wenn Lernende nur über geringstrukturierte internale Kooperationsskripts verfügen (Kollar, Fischer & Slotta 2007). In solchen Fällen können Lernende durch externale CSCL-Skripts unterstützt werden, die Aktivitäten und Rollen innerhalb einer Gruppe von Lernern spezifizieren, sequenzieren und distribuieren (Fischer, Kollar, Mandl & Haake 2007; Weinberger 2008). Externale Skripts für das kooperative Face-to-Face-Lernen wurden zunächst im Rahmen des Lesetrainings von College-Studenten entwickelt (O’Donnell & Dansereau 1992). Ein Beispiel dafür ist das MURDER-Skript, das aus folgender Sequenz besteht: Mood – Lerner versetzen sich in die richtige Stimmung und konzentrieren sich auf die Aufgabe, Understand – Lerner lesen verstehend einen Textabschnitt, Repeat – einer von zwei Lernenden fasst den Abschnitt in eigenen Worten zusammen, Detect – der jeweilige Lernpartner entdeckt Fehler der Zusammenfassung, Elaborate – die Lerner diskutieren und elaborieren den Abschnitt mit eigenem Vorwissen und Beispielen und schließlich Review – die Lernenden begutachten den Textabschnitt vor dem Hintergrund ihrer Elaborationen. Wesentlicher Bestandteil dieses Skripts ist, dass die Lernenden für den nächsten Textabschnitt die Rollen tauschen, so dass alle Lernenden die unterschiedlichen Lernaktivitäten und Rollen übernehmen.

1.3

Umsetzung von Skripts in CSCL-Umgebungen

Mit dem Skript-Ansatz wird CSCL in der Form weiter entwickelt, dass Lernenden nicht nur spezifische Kommunikationswerkzeuge und digitale Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, sondern auch ideale Online-Interaktionsmuster definiert und unterstützt werden. Während herkömmliche Skripts typischerweise durch eine Lehrperson vorgestellt und dann von den Lernenden unter Anleitung eingeübt werden, werden CSCL-Skripts durch Gestaltung der Lernumgebung umgesetzt, z.B. durch eine Regulierung von Sprecherwechseln oder Zu-

236

3 Didaktik

gangsrechten, durch Prompts, die in die Kommunikationsschnittstelle eingefügt werden oder durch Vergabe von bestimmten Rollen, die durch ein entsprechendes Interfacedesign unterstützt werden, z.B. Schellens, van Keer, De Wever & Valcke (2007). Dabei wurde gleichzeitig auch der Skript-Ansatz um einige multidisziplinäre CSCLFragestellungen erweitert (Fischer et al. 2007). Wichtige Fragestellungen waren bzw. sind: Wie können Kooperationsskripts nicht nur spezifische kooperative Lernaktivitäten in einer Kleingruppe orchestrieren, sondern auch Lernende durch unterschiedliche Sozialformen des Lernens (individuelles, kooperatives, Klassenzimmer-, WWW-Lernen) führen? Wie können Lernende zum einen hinreichend unterstützt werden, um effektiv gemeinsam zu lernen, andererseits aber auch genügend Freiheitsgrade erhalten, um selbstreguliert die zahlreichen CSCL-Werkzeuge und -Ressourcen zu nutzen? Wie kann also eine gute Balance zwischen sich ständig entwickelnden internalen und z.T. unflexiblen externalen Skripts erzielt werden? Wie können externale Skripts adaptiv gestaltet werden? Wie können Skripts in CSCLUmgebungen implementiert werden?

2

Wie können Kooperationsskripts CSCL verbessern?

Die Wirkung von Skripts auf CSCL-Prozesse und -Ergebnisse beruhen auf unterschiedlichen Wirkmechanismen (Weinberger 2011).

2.1

Skripts regulieren Lernprozesse

Skripts können die Regulation von Lernprozessen zu einem Teil übernehmen und dabei Aktivitäten vorsehen, die mit der Konstruktion von Wissen zusammen hängen, z.B. die Elaboration von Argumenten. Ein epistemisches Skript leitete Lerner z.B. schrittweise an, bestimmte theoretische Konzepte auf Problemfälle anzuwenden und modellierte dabei eine effiziente und dem geringen Vorwissen von Studierenden in den ersten Semestern angemessene Strategie für Fallanalysen (Mäkitalo, Weinberger, Fischer & Häkkinen 2005; Weinberger, Ertl, Fischer & Mandl 2005). Es wurde erwartet, dass die Lernenden die Regulation ihrer Lernprozesse sukzessive selbst übernehmen würden. Die Ergebnisse der Studie zeigten jedoch, dass sich Skripts mit zu spezifischer inhaltlicher Vorgabe hinsichtlich wesentlicher kognitiver Aktivitäten (z.B. das Verknüpfen von Konzepten auf Fallinformationen) auch negativ auswirken können. In der Studie zeigte sich nämlich, dass Lernende zwar die Problemfälle mit Skriptunterstützung erstaunlich gut lösen konnten, im Vergleich zu einer Kontrollbedingung ohne externales Skript aber weniger dabei lernten.

2.2

Skripts reduzieren Koordinationsaufwand

Neben den zentralen Lernaktivitäten müssen Lernende in CSCL-Umgebungen für gewöhnlich mehr Koordinationsaufwand betreiben als in Face- to- Face- Umgebungen, was den Wissenserwerb hemmen kann (Gräsel, Fischer, Bruhn & Mandl 2001; F. W. Hesse, Garsoffky & Hron 1997; Kiesler & Sproull 1992; Strijbos, Martens, Jochems & Broers 2007). Entsprechend konzentrierte sich die CSCL-Forschung auf die Frage, wie Lerner das Teilen von Wissen koordinieren (Beers, Boshuizen, Kirschner & Gijselaers 2007). Die abhängig vom Kommunikationsmodus erhöhten Koordinationsanforderungen und einhergehenden Prozessverluste von CSCL können zu Vorteilen von individuellen, computerunterstützten

3.5 Computerunterstützte Kooperationsskripts

237

Lernarrangements gegenüber CSCL führen (Weinberger, Stegmann & Fischer 2010). Koordinationsaktivitäten sind notwendig, hängen aber zumeist nur indirekt mit dem Lernerfolg zusammen bzw. können eigentliche Lernaktivitäten unterbrechen. Skripts können den Koordinationsaufwand und Prozessverluste erheblich reduzieren, indem sie typische Koordinationsaufgaben übernehmen, z.B. das Gruppieren der Lerner und das Verteilen sowie die zeitliche Abstimmung von Aufgaben. Das Kooperationsskript „Lernprotokoll“ z.B. koordiniert die Interaktion mehrerer Lernender und eines Tutors in einem Chat und fördert dadurch die Lernergebnisse (Pfister, Mühlpfordt & Müller 2003). Das Skript gibt die Reihenfolge der Beiträge vor und blockiert die Eingabefenster derjenigen Lerner, die nicht an der Reihe sind. Lernende müssen ihre Bezüge zu anderen Chatnachrichten explizieren und angeben, welche Art von Beitrag (z.B. Frage, Erklärung) sie verfassen wollen. Fragen müssen vom Tutor geklärt werden, bevor die Lernenden die Diskussion wieder aufnehmen können.

2.3

Skripts repräsentieren effiziente Kooperationsund Lernstrategien

Einige Skripts repräsentieren selbst effiziente Strategien, die Lernende zusätzlich zu konzeptuell-inhaltlichem Wissen erwerben sollen. Lernende sollen in so einem Fall die Skriptprozeduren „internalisieren“ (King 2007). Argumentative Skripts können z.B. dazu führen, dass Lernende Behauptungen besser begründen oder auch lernen, Gegenargumente zu berücksichtigen (Stegmann, Weinberger & Fischer 2007). Eines dieser argumentativen Skripts untergliederte die Textfenster der Nachrichten in einem Diskussionsforum in ein Textfenster für eine Behauptung, ein Textfenster für Daten, die diese Behauptung begründen können, sowie ein Fenster für Einschränkungen. Ein weiteres argumentatives Skript ordnete einzelne Nachrichtenebenen unterschiedlichen Argumenttypen zu (Argument – Gegenargument – Synthese). Ein weiteres Beispiel dafür, dass das in einem Skript repräsentierte prozedurale Wissen erworben werden kann, zeigt eine Skript-Studie, in der verschiedene Schritte klinischen Schlussfolgerns (Klären von Fragen, frühe Hypothesenbildung, Informationsaustausch, Formulierung individueller Lösungsansätze, Diskussion, Integration und Überarbeitung der Ansätze) in einer multidisziplinären Gruppe durch ein Skript angeleitet wird (Rummel, Spada & Hauser 2009).

2.4

Skripts verändern Gewahrsein und Erwartungen der Lernenden

Ein bislang wenig berücksichtigter Skript-Mechanismus ist die Veränderung des Wissens und der Erwartungen der Lernenden darüber, wie ein Skript die Lernprozesse reguliert. Das Gewahrsein (awareness; F. Hesse 2007) über Gruppenprozesse ist in CSCL-Umgebungen von besonderer Bedeutung, da Kontextinformationen z.B. über die Kooperationspartner häufig fehlen, unvollständig oder falsch sind. Skripts, die den Lernenden vorab bekannt gemacht werden, können z.B. darüber informieren, dass Lernpartner die Aufgabe haben, ihre Aufgabenlösungen zu begutachten, oder dass alle Lernenden spezifische Anteile bei der Bewältigung der Gruppenaufgabe haben werden (Weinberger 2011). Ein Peer-Review-Skript, das die Rollen eines Fallanalytikers und konstruktiven Kritikers sowie die Rotation dieser Rollen vorsah, führte nicht nur dazu, dass Lernende sich stärker und kritischer an der Diskussion beteiligten, sondern auch, dass Lernende substanziell mehr Wissen erwarben als Lernende ohne Unterstützung durch externale Skripts in CSCL-Umgebungen (Weinberger et al. 2005).

238

3

3 Didaktik

Die Passung zwischen internalen und externalen Skripts

Um zu untersuchen, wie unterschiedlich stark strukturierte externale Kooperationsskripts mit ebenso unterschiedlichen internalen Skripts interagieren, wurden Lernende mit unterschiedlich entwickelten internalen Argumentationsskripts in vorwissenshomogenen Zweiergruppen mit einem argumentativen Skript unterstützt (Kollar et al. 2007). Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das externale Skript insbesondere den Erwerb fächerübergreifenden Wissens zum Argumentieren förderte. Lernende mit hoch-strukturierten internalen Skripts erwarben hingegen mehr fachspezifisches Wissen über den betreffenden Inhalt als Lernende mit niedrig-strukturierten internalen Skripts. Es wurde allerdings auch beobachtet, dass Lernende rasch wieder auf ihre internalen Argumentations-Skripts zurück fielen, sobald das externale Skript ausgeblendet wurde. Eine entscheidende Frage lautet daher, wie können Lernende darin unterstützt werden, internale Skripts aufzubauen und sukzessive die Kontrolle von den external vorgegebenen Skripts zu übernehmen?

3.1

Adaptive Skripts

Eine Möglichkeit, um den Erwerb prozeduralen, in einem Skript repräsentierten Wissens zu fördern ist, Skripts adaptiv zu gestalten. Adaptive Skripts strukturieren die Interaktionen von Novizen stärker vor, die weniger günstige Interaktionsmuster aufweisen; mit zunehmender Selbststeuerungsfähigkeit werden die externalen Skripts ausgeschlichen (Fading). Adaptive Skripts könnten dadurch die Internalisierung unterstützen, so dass Lernende in kleinen Schritten die Regulation ihrer Lernprozesse übernehmen müssen. Adaptive Skripts werden aber auch als wirksames Mittel bei motivationalen Problemen angesichts unflexibler externaler Skripts betrachtet. Das Kooperationsskript für das klinische Schlussfolgern (Rummel et al. 2009) war z.B. besonders nützlich für Novizen in den ersten kooperativen Sitzungen, stieß aber aufgrund seiner geringen Flexibilität bei Studierenden auf wenig Akzeptanz. Befunde einer empirischen Studie weisen darauf hin, dass eine Rücknahme eines Skripts positive Auswirkungen haben kann (Beers et al. 2007). Diese Studie zeigt, dass Lernende mehr und über Themen größerer Bandbreite diskutieren können, wenn Skriptvorgaben gelockert werden. Andere Studien deuten aber auch darauf hin, dass Lernende unmittelbar in alte, teilweise ungünstige Diskursmuster verfallen und die Qualität der Zusammenarbeit dabei leidet (Kollar et al. 2007; McNeill, Lizotte, Krajcik & Marx 2006). Erste Studien haben untersucht, wie Lernende dabei unterstützt werden können, die zu lernende Strategie auch nach dem Ausblenden der instruktionalen Unterstützung weiter anzuwenden (Wecker & Fischer 2010).

3.2

Analyse von Lernprozessen in Echtzeit

Entscheidend für den Erfolg adaptiver Skripts dürfte sein, wie genau und zeitnah die Entwicklung internaler Skripts festgestellt werden kann. Lehrende wären möglicherweise dazu in der Lage, bestimmte Entwicklungsverläufe zu diagnostizieren. Kooperationsskripts zielen aber häufig gerade darauf ab, effektives kooperatives Lernen ohne tutorielle Begleitung zu ermöglichen (und damit letztlich die Autonomie von Lerngruppen zu erhöhen). Ergebnisse einer Studie zu Skripts, deren Adaptivität durch kontinuierliche automatische Diskursanalysen gewährleistet wird, zeigen, dass solche adaptiven Skripts sowohl die Problemlöseaktivitäten als auch den Wissenserwerb fördern können (Gweon, Rosé, Zaiss & Carey 2006). In dieser Studie werden Zweiergruppen von Lernenden mit Prompts unterstützt, die adaptiv nur

3.5 Computerunterstützte Kooperationsskripts

239

dann eingesetzt wurden, wenn ein automatisches Analyseverfahren nicht-elaborierte Rückmeldungen, z.B. „Falsch!“ entdeckte oder eine geringe wechselseitige Bezugnahme feststellte (d.h. Lernende versuchten das Problem ohne Berücksichtigung der Beiträge der Lernpartner zu lösen).

4

Fazit und Ausblick

Externale Kooperationsskripts haben sich in empirischen Studien als effektive instruktionale Unterstützung für Kleingruppen in CSCL-Umgebungen erwiesen. Negative Effekte gab es lediglich bei solchen externalen Skripts, die sehr kleinschrittige inhaltliche Vorgaben gemacht haben. Indem Skripts die Interaktionen von Lernern in CSCL-Umgebungen strukturieren, reduzieren sie in unterschiedlichem Ausmaß die Freiheitsgrade der Lernenden und stellen zum Teil zusätzliche Anforderungen an sie. Während unstrukturierte Gruppen viel Aufwand in die Koordination der verschiedenen Lernaktivitäten investieren müssen und dabei häufig kognitiv und motivational ungünstige Rollenverteilungen entstehen, können externale Skripts Online-Lerngruppen in die Lage versetzen, auf hohem Niveau und gleichberechtigt zu diskutieren. Manche externalen Skripts repräsentieren effektive Strategien zur Bearbeitung bestimmter Aufgaben und mit ihrem Einsatz ist die Hoffnung verknüpft, dass diese Strategien von den beteiligten Individuen „internalisiert“ werden (siehe aber auch Dillenbourg & Hong 2008). Vieles in der Forschung zu Kooperationsskripts deutet derzeit darauf hin, dass externale Skripts adaptiv gestaltet werden müssen, um die sukzessive Regulationsübernahme durch die Lernenden selbst zu unterstützen. Die Forschung hierzu hat gerade erst begonnen. Adaptive CSCL-Skripts sind solche, die sich an die zum Teil sehr unterschiedlichen oder aber auch zunächst häufig kaum vorhandenen internalen Skripts und deren dynamische Entwicklung anpassen können. Insofern wird es von zunehmender Bedeutung sein, wie internale Kooperationsskripts z.B. anhand der Interaktion in einer Kleingruppe verlässlich automatisch diagnostiziert werden und wie CSCL-Skripts dann diese diagnostische Information für optimale Strukturierung verwerten können.

240

3.6

3 Didaktik

Problembasiertes Lernen Nicole Hoffmann Universität Koblenz-Landau

1

Einleitung

„Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Dieses Albert Einstein zugeschriebene Diktum umreißt den Kerngedanken des Problembasierten Lernens: Es gilt, sich einerseits mit der spezifischen Logik eines vorhandenen Problems auseinanderzusetzen, um aber zu Lösungen zu kommen, ist andererseits mehr als eine „Logik“, mehr als eine Sichtweise des Problems von Nöten. Allgemein kann der Ansatz des „Problembasierten Lernens“, der auch unter den Bezeichnungen „problemorientiertes“, „problemzentriertes“ oder „problembased learning“ firmiert, als ein Lehr- bzw. Lernkonzept beschrieben werden, das verschiedene didaktische Grundelemente kombiniert. Beim Problembasierten Lernen handelt es sich demnach um – – – – –

eine an Vorwissen und Lernstrategien der Lernenden orientierte, kooperativ selbstorganisierte, schrittweise aufgebaute, von Seiten der Lehrenden moderierend und begleitend unterstützte Lösung von ausgewählten authentischen und komplexen Problemen aus beruflichen bzw. praktischen Anwendungsfeldern – einschließlich der Reflexion von Prozess und Ergebnis – zu Zwecken der Ausbildung. In starker Abgrenzung von stoff- und lehrerbezogenen Wissensvermittlungsformen liegen die Ziele des Problembasierten Lernens sowohl im individuellen, fallbezogenen Ausbau von Sachwissen als auch im Bereich der Entwicklung von Kooperations-, Kommunikations- und Transferfähigkeiten (Stichwort „soft skills“). Es wird eine Integration von Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz angestrebt; wie auch in manchen anderen didaktischen Konzepten, etwa im projektorientierten Lernen (siehe auch Beitrag 3.7 Projektorientierung), bei „action learning“, Fallstudienarbeit oder pädagogischer Werkstättenarbeit (vgl. Hoffmann & Kalter 2003). Die Abgrenzung des Problembasierten Lernens gegenüber diesen Verfahren ist eher graduell, d.h. es handelt sich um eine Verschiebung des Akzentes auf die gruppengetragene Lernerfahrung bei der Erarbeitung von Lösungen für komplexere Problemstellungen. Auf der Umsetzungsebene hat das Problemorientierte Lernen nach Vorläufern bzw. seit seinen Anfängen in den 60er Jahren vielfach Verbreitung gefunden. Vorreiter waren – neben den U.S.A. – in Europa vor allem die skandinavischen Länder, die Niederlande und die Schweiz. Die praktischen Einsatzgebiete liegen in schulischen, ausbildnerischen, akademischen und weiterbildnerischen Kontexten. Inhaltlich hat sich das Problemorientierte Lernen inzwischen u.a. in den Fachdisziplinen Medizin, Psychiatrie, Psychologie, Mathematik, Architektur, Natur- und Ingenieurwissenschaften etabliert (vgl. u.a. Kumpf et al. 2001; Pyysalo et al. 2001).

3.6 Problembasiertes Lernen

241

Auf der Ebene der Forschung hat der Ansatz ebenso eine starke Ausdifferenzierung erfahren, wobei verstärkt auch die Schnittmengen mit anderen Konzepten in den Blick genommen werden. Konstruktivistische Annahmen bilden für die Mehrzahl der Autoren den theoretischen Referenzpunkt, wobei ebenso andere Stränge aus Lern- und Motivationspsychologie, Kognitionswissenschaften sowie aus der pädagogischen Theoriebildung aufgegriffen werden. Die Strukturelemente Problembasierten Lernens widerspiegelnd beschäftigt sich die jüngere Forschung vor allem mit den folgenden Fragen: – Was ist ein geeignetes „Problem“ für diese Vorgehensweise? (u.a. Edmondson 1994; Mpofu et al. 1997; Schmidt & Moust 1998) – Wie kann in – unterschiedlich zusammengesetzten – „Gruppen“ gelernt werden? (u.a. de Grave et al. 1996; Hinsz et al. 1997; Connolly & Seneque 1999; Schachtner & Höber 2008) – Welche Rolle haben die „Prozessbegleiter“ bzw. „Tutoren“? (u.a. Ambury 1992; Schmidt et al. 1994; Kaufman & Holmes 1996) – Wann können welche (elektronischen) „Medien“ sinnvoll eingesetzt werden? (u.a. Mooney et al. 1995; Hoffman & Ritchie 1997; Zumbach & Reimann 2000; Hinze 2004; Nistor et al. 2005; HRK 2010) Jenseits unterschiedlicher Nuancierungen in der Forschung oder diverser Varianten in der Praxis wird das Problemorientierte Lernen im Folgenden verallgemeinernd charakterisiert: erstens anhand seiner pädagogischen Prinzipien sowie zweitens anhand der Phasen des Lernprozesses – jeweils unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes computergestützter Medien.

2

Pädagogische Prinzipien des Problembasierten Lernens

In seiner Orientierung des Lernens an „Problemen“ geht das Konzept davon aus, dass diese – im Sinne eines Prinzips der Authentizität – an reale oder real mögliche Situationen aus dem Anwendungsgebiet des zu erwerbenden Wissens angelehnt sind. Damit soll zugleich eine Situierung im Hinblick auf die Lernzielrelevanz sowie eine Kontextuierung der inhaltlichen Aufgabe gewährleistet werden. Da es sich in der Praxis meist nicht um einfache, linear bzw. nah am Schulbuchwissen zu bearbeitende Probleme handelt, bezieht Koschmann (1996) ergänzend die folgenden Prinzipien ein, die für die Arbeit in komplexen, also wenig- bzw. schlecht-strukturierten Gebieten erforderlich sind. Die Bewährung in Anwendungssituationen setzt die Befähigung voraus, unterschiedliche Perspektiven im Hinblick auf das Ausgangsproblem einzunehmen. Im Sinne eines Prinzips der Vielfalt gilt es, die Wahrnehmung entsprechend zu schulen und zur Interpretation des Wahrgenommenen auf verschiedene Wissensformen und Deutungsmuster zurückgreifen zu können. Vielfalt meint hier Multiperspektivität im Hinblick auf die unterschiedlichen Standpunkte, Kompetenzen und Fachgebiete, welche die Beteiligten in den Prozess einspeisen und – im Erfolgsfall – kooperativ integrieren. Neben der Interpretationsfähigkeit ist im Zuge der Problemlösung auch Handlungskompetenz von Nöten. Diese soll – im Sinne eines Prinzips der Aktivität – durch die Stärkung der Position des Lernenden als tätigem Organisator und Mitgestalter des Bildungsprozesses gefördert werden.

242

3 Didaktik

Damit eng verbunden ist das Prinzip der Artikulation. Es ist gezielt darauf zu achten, dass für Kommunikations- und Argumentationsmöglichkeiten und -medien gesorgt ist, da über die Interaktion der Teilnehmenden Integration und Verantwortungsübernahme gestützt werden sollen. Außerdem wird auf einübende Effekte durch die Präsentation neu erworbenen Wissens, durch die Wiederholung in der Auseinandersetzung und die Positionierung in kommunikativen „In-Frage-Stellungs-Situationen“ gesetzt. In Anlehnung an das durch den Entwicklungspsychologen Jean Piaget formulierte Prinzip der Akkommodation und Adaptation wird der Prozess des Lernens sowohl als Anpassung als auch als Veränderung verstanden. Dies setzt auf Seiten der Lehrenden und der Lernenden eine Orientierung am jeweils bereits vorhandenen Wissen einerseits sowie andererseits eine Bereitschaft zu Reflexion und Modifikation voraus. Schließlich betont Koschmann (1996), dass es im Problembasierten Lernen insgesamt darum gehe, ein Verständnis lebenslangen Lernens bzw. eine entsprechende Lernkultur zu entwickeln. Diese weitere Grundannahme kann als Prinzip der Unabhängigkeit von formellen Lernzeiten beschrieben werden. Ganz im Sinne des CSCL soll die Fixierung von Lernen und Bildung auf Schuljahre, Kurswochen, Semesterzyklen oder Seminarstunden aufgebrochen werden.

3

Die Phasen des Prozesses Problembasierten Lernens – unter besonderer Berücksichtigung des Medieneinsatzes

Um sich ein Bild von der Funktionsweise Problembasierten Lernens zu machen, ist der Blick auf den Ablauf des Prozesses hilfreich. Im Kontext des vorliegenden Bandes ist dabei der Aspekt der Medien von besonderer Relevanz, wobei besonderes Augenmerk auf den kooperativen Gebrauch von computergestützten Werkzeugen gerichtet wird. Diese können, so Meurer (2000), curricular und didaktisch begründet bei unterschiedlichen Schritten des Problembasierten Lernens genutzt werden. In einem idealisierten Modellverlauf sind die folgenden Phasen zu unterscheiden (in Anlehnung an (Unz 1998) und (Nistor et al. 2005)):

3.1

Präsentation des Problems

In der Gesamtgruppe wird das zu lösende Problem von den „lehrenden“ Prozessbegleitern vorgestellt, wobei darauf zu achten ist, dass es sich um eine möglichst authentische Fragestellung mit Relevanz für das jeweilige Anwendungsfeld handelt. Die Darstellung der Komplexität des Problems soll in dieser Phase keiner didaktischen Vereinfachung unterliegen. Über Art bzw. Auswahl der Problemstellung kann jedoch auf Anfänger- oder Fortgeschrittenenstatus der Lernenden eingegangen werden. Die Problempräsentation kann und soll medial gestützt erfolgen, wobei einige Autoren darauf hinweisen (etwa Meurer (2000)), dass der authentische Charakter mancher Probleme eher durch eine Konfrontation mit „echten“ Dokumenten oder durch persönliche Gespräche mit Fachleuten gewährleistet wird. Doch kann dies auch und gerade durch multimediale Elemente unterstützt sowie vor allem dokumentiert werden; z.B. durch Videosequenzen, Interviewmitschnitte oder Fotomaterialien, auf die zu einem späteren Zeitpunkt noch zurück-

3.6 Problembasiertes Lernen

243

gegriffen werden kann. In der Auftaktphase gilt es in diesem Fall, die Teilnehmenden auf die Techniken der Nutzung einer gemeinsamen Datenplattform sowie möglicher Kommunikationswerkzeuge vorzubereiten. Mit Blick auf diesen rahmenden bzw. integrierenden Einsatz computergestützter bzw. webbasierter Instrumente wird hier zum Teil auf virtuelle Lernumgebungen (wie etwa CLAUDIA bei Nistor & Mandl (2002)), auf elektronische Portfolio-Lösungen (wie z.B. „Mahara“), auf Multimedia- bzw. Lehr- oder Lern-Plattformen (vgl. etwa „Blackboard“ oder „OLAT – Online Learning And Training“) oder Wikis (vgl. HRK (2010)) zurückgegriffen. Eine weitere Systemlösung bietet die Synergeia-Software des ITCOLE-Projekts, die asynchrone Kommunikation (vgl. „Basic Support for Cooperative Learning“) mit synchronen Kooperationsfeatures (vgl. „MapTool“) kombiniert (siehe http://bscl.fit.fraunhofer.de/). Zudem zu erwähnen sind multimediale Lern- und Autorensysteme mit bereits vorkonzipierten Fällen, wie etwa CASUS der instruct AG, das in der Aus- und Weiterbildung zum Einsatz kommt (v.a. in den Bereichen Jura und Medizin, aber auch bei der „Initiative für eine Neue Qualität in der Arbeit“ (INQA), einem Verbundprojekt von Bund, Ländern, Sozialversicherungsträgern, Gewerkschaften, Stiftungen und Unternehmen.

3.2

Sondierung der spezifischen Problematik und möglicher Problemlösestrategien

Nach der Konfrontation mit dem Problem sind Verständnisschwierigkeiten auszuräumen, Art und Spezifik des „Problems“ zu bezeichnen und gemeinsam mögliche Ideen und Wege der Lösung zu sammeln. In dieser und den folgenden Phasen verschiebt sich die Aufgabenstellung für die Lehrenden von der Rolle des Initiierens in der ersten Phase hin zu einer Rolle des Moderierens und Koordinierens. „We fail more often because we solve the wrong problems than because we get the wrong solution to the right problem“, das von Russell Ackoff so umschriebene Phänomen greifen Ottenhejim et al. (1998, 1) auf, um die Wichtigkeit einer gemeinsamen, präzisen Bestimmung des „Problems“ zu verdeutlichen. Sie plädieren in der Folge für den Einsatz von Electronic Meeting Systems: Diese können zur Erarbeitung gemeinsamer „frames“ bzw. eines gemeinsamen Problemverständnisses beitragen, wenn es gelingt, vom Anfangsstatus der Unsicherheit bzw. der Vieldeutigkeit des Problems zu Entscheidungssicherheit in der Gruppe zu gelangen, ohne mögliche Konflikte aufzubauschen bzw. ohne die Konflikte im Sinne des Gruppendrucks oder zugunsten der Vorstellungen der Gruppenleitung zu ignorieren. Die Ermittlung möglicher Problemlösungen kann zum Beispiel als Brainstorming gestaltet werden. Dazu können die klassischen Medien, wie Karten und Pinnwände eingesetzt werden. Will man jedoch auf eine parallele digitale Archivierung des Brainstormingprozesses und der Ergebnisse, auf eine nuanciertere Kommentierungsfunktion zu den Einzelbeiträgen sowie auf eine größere Flexibilität in der Erstellung von Strukturierungsvarianten nicht verzichten, so bieten beispielsweise Groupware-Lösungen (vgl. Hinze 2004) bzw. elektronische Besprechungssysteme entsprechende Features (vgl. u.a. „Teamspace“, „Office Live Meeting“, „GroupSystems“ bzw. „thinktank“).

244

3.3

3 Didaktik

Klärung von Ressourcen und Defiziten im Kontext möglicher Problemlösestrategien

In dieser Phase klären die Lernenden, welche Ressourcen und Wissensbestände sie jeweils in den Lösungsprozess einbringen können bzw. inwiefern Wissensdefizite bestehen. Dies betrifft sowohl Aspekte des notwendigen Sach- und Problemwissens als auch den Bereich der Methoden, etwa Verfahren der Projektorganisation und Methoden der Forschung sowie Kenntnisse der Lern- und Medientechniken. Hier kann auf Friedrich und Mandl (1995) verwiesen werden, denen zufolge das selbstgesteuerte Lernen auf diesen unterschiedlichen Wissensarten basiert, d.h. auf Inhaltswissen, Wissen über Aufgaben und Strategiewissen. Daneben ist im Rahmen der kontextspezifischen Ressourcen auch zu prüfen, inwieweit die notwendigen technischen Voraussetzungen individuell und institutionell gegeben sind. Eine Beispielanwendung einer Zukunftsvision zur Gestaltung der Lern- bzw. Arbeitsumgebung schlagen etwa Streitz, Rexroth und Holmer (1998) vor.

3.4

Festlegen der Problemlösestrategie und der Organisation

Auf dieser Grundlage sollen dann die Entscheidung für den Weg der Problemlösung getroffen sowie die persönlichen Lernziele bestimmt werden. Im Rahmen der Einigung auf eine bestimmte Problemlösestrategie werden die allgemeinen und die partiellen Ziele strukturiert und etwa nach Wichtigkeit oder Angemessenheit gewichtet. An dieser Stelle wird deutlich, dass es sich beim Problembasierten Lernen um ein Verfahren innerhalb der Ausbildung handelt, insofern als die Wahl der Strategie an die Formulierung von Lernzielen gekoppelt ist. Dies bedeutet, dass der Weg nicht nur unter dem Aspekt der Problemlösung sondern auch unter dem Kriterium seines Beitrags zur Wissenserweiterung ausgewählt wird. Wiederum können elektronische Konferenzsysteme diesen Aushandlungsprozess systematisierend und dokumentierend unterstützen. Aus der Zielsetzung wird dann eine entsprechende Aufgabenverteilung und Arbeitsorganisation abgeleitet. Diese kann Einzel-, Gruppen- oder Plenararbeit umfassen, wobei einer transparenten Rollengestaltung große Bedeutung zukommt. Gröblinger (2003) verweist dabei ausdrücklich auf die Eignung Problembasierten Lernens für Ansätze des „blended learning“, das vor allem in der folgenden Phase praktiziert werden kann.

3.5

Verfolgen der entwickelten Strategie – einschließlich Rückkoppelungsschleifen

Es folgt eine je nach Problem unterschiedlich umfangreiche Umsetzungsphase, die z.B. über gemeinsam formulierte zentrale Stationen („Meilensteine“) eine Überprüfung des eingeschlagenen Weges im Sinne seiner Stimmigkeit und seiner Machbarkeit umfasst. Unter Umständen sind Modifikationen in bezug auf Zielstellungen oder Projektorganisation notwendig. Die Justierung wird durch eine Vernetzung der Arbeitsgruppen im Sinne einer stetigen Einspeisung von erarbeiteten Zwischenergebnissen und ihrer Diskussion unterstützt. Die Rolle der Lehrenden kann in diesen Phasen zusätzlich um die Funktion als Lernbegleiter bzw. Tutor von Kleingruppen oder in bezug auf die einzelnen Lernenden erweitert werden.

3.6 Problembasiertes Lernen

245

Neben der Anwendbarkeit von Instrumenten des Projektmanagements (ein Vergleich bei (Kapsammer et al. 2007)) bietet in dieser Phase beispielsweise das „Knowledge Integration Environment“ aus Berkeley interessante Tools der aktiven Bearbeitung von „Wissen“ oder einzelnen „Aussagen“. Über einen Editor wird es den Lernenden selbst ermöglicht, „die gesammelten Materialien räumlich und konzeptuell in Themen zu organisieren, um ihre Argumentation aufzubauen“ (Pyysalo et al. 2001, 29). Besonders in der Anfangsphase wirkt die Komplexität des Problems jedoch oftmals verwirrend, da z.T. reflektierte Strategien für Informationsbeschaffung, -auswahl und -bewertung fehlen. Aussagekräftige Bilder sprechen in diesem Zusammenhang von „Informationsflut“, „Sammelwut“ oder „Datenfriedhof“. Nistor (2000) äußert jedoch die Hoffnung, dass die überfordernde Wirkung über eine zunehmende Verbreitung Problembasierten Lernens sowie eine entsprechende Auswahl von Problemstellung und Instrumenten abzufedern ist. Diese Schwierigkeiten können durch den Einsatz computergestützter Verfahren einerseits verschärft, andererseits genau dadurch bearbeitet werden. Die bisherigen Untersuchungen weisen dabei auf fruchtbare Integrationsmöglichkeiten computergestützter Funktionen vor allem in den Bereichen des Auffindens und des Austausches von Informationen sowie im Hinblick auf den Ausbau anwendungsorientierten Wissens hin. So bilanzieren etwa Nistor et al. (2005, 17) im Rahmen einer Studie an der Münchner Universität, „dass problemorientierte virtuelle Seminare von den Studierenden akzeptiert werden und einen positiven Lerneffekt haben“. Hierfür sind hinsichtlich der neuen Medien u.a. die Bereitstellung entsprechender virtueller Lernumgebungen sowie die selbstorganisierte Nutzung des Internets zu nennen, das mit seiner inhaltlichen Offenheit und hohen Reichweite strukturell hoch anschlussfähig an die Konzeption des Problembasierten Lernens ist. Für den Bereich des CSCL ist die Frage des Austausches und der kooperativen Nutzung von Information von besonderem Interesse. Da der gesamte Problembearbeitungsprozess von einer intensiven Kommunikation zwischen den Lernenden, den Kleingruppen, den Lernbegleitenden und ggf. externen Personen bestimmt sein soll, sind sowohl synchrone als auch asynchrone Formen sowie Phasen der Präsenz und des mobilen Lernens zu berücksichtigen. Dazu können Datenbanken, E-Mails bzw. Mailinglisten, Whiteboards, Diskussionsforen, Newsgroups oder Chats hilfreich sein (vgl. Meurer (2000)). Formen wie BSCW oder Wiki leisten hierbei eine technische Integration der Elemente, regeln Zugriffsrechte und können überdies auf der sozialen Ebene auch das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit stärken (vgl. Hinze (2004)). Digitale Medien sichern den Zugang zu weiter bearbeitbaren Dokumenten, ermöglichen synchronen, auch verteilten und asynchronen Austausch, dokumentieren und archivieren den Prozess, bieten Chancen für zeitnahe Rückmeldung und die Kontrolle von Lern- bzw. Arbeitsfortschritten (sei es in Form von Online-Selbsttests, als peer review oder über tutorielles Feedback). Sie kommen in der Flexibilität des individuellen Zugriffs variierenden inhaltlichen Interessen und dem unterschiedlich gelagerten Vorwissen der einzelnen Teilnehmenden gelegen und können die Entwicklung eines gemeinsam geteilten, anwendungsbezogenen Wissenshorizontes erleichtern, insofern als sie auch den Zuwachs an Wissen für alle Beteiligten sichtbar machen. Im Fall von „Problemen“, die eine erheblich größere Wissensbasis benötigen, kann dem Aspekt des Lernens eine zusätzliche Dimension verliehen werden: Das erarbeitete Wissen kann anderen später zur Verfügung gestellt werden, indem der Problemlöseprozess beispielsweise in die gemeinsame Erstellung einer Lernplattform integriert wird (etwa über die

246

3 Didaktik

bereits unter 3.1 genannten Systemlösungen oder über ein entsprechendes Dokumentenmanagement).

3.6

Exploration der Antworten

Schließlich werden die gesammelten Ergebnisse gesichtet, um das neu strukturierte Wissen – im Erfolgsfall problemlösend – in die Ausgangsfrage zu integrieren. Insbesondere zu Strukturierung und Visualisierung von Zusammenhängen kann hier etwa das Verfahren des „Mind-Mapping“ eingesetzt und digital unterstützt werden (vgl. u.a. „MindManager“, „FreeMind“ oder „XMind“). Selbst wenn in manchen Fällen eine eindeutige Lösung ausbleibt, ist doch ein Zugewinn an Wissen und an innerhalb des Prozesses entwickelten Fähigkeiten oder „erlittenen“ Erfahrungen zu verzeichnen. Unter anderem deshalb ist die letzte, leider oftmals aus Zeitgründen vernachlässigte Phase von großer Bedeutung.

3.7

Evaluation und Reflexion des Prozesses

Rückblickend sind hier sowohl Ergebnis als auch Verfahrensweise im Kontext der Gesamtund Individualziele aufzuarbeiten und zu reflektieren. Meist ist dabei eine erneute gemeinsame Präsenzphase und die Form des persönlichen Gesprächs angemessen. Die Verfügung über digitale Dokumente aus allen Phasen des Prozesses kann dem Gedächtnis jedoch auf die Sprünge helfen und die Reflexion systematisieren. Somit kommt die stetige Archivierung aller Schritte nun der Rekonstruktion der Lernprozesse zu Gute. Zur formalen Strukturierung der Evaluation bzw. zu einer präziseren Erfassung der Wirkung kann zudem zwischen den Dimensionen „Akzeptanz“, „Lernprozess“ und „Lernerfolg“ unterschieden werden (vgl. Nistor et al. (2005)).

4

Fazit

Der Ansatz des Problemorientierten Lernens zeichnet sich insgesamt vor allem durch eine Lernerzentrierung aus, die das Auffinden von Informationen, ihre Selektion und Strukturierung nach Problemrelevanz sowie die Integration in den Prozess zu weiten Teilen in die Hände der Teilnehmenden legt (vgl. auch Beitrag 2.3 in diesem Band). Die damit verbundenen Anforderungen selbstorganisierten und kooperativen Lernens scheinen – auch angesichts der Gewöhnung an die vielfach vorherrschenden dozentenorientierten Vermittlungsformen – das Risiko der Überforderung der Lernenden in sich zu bergen (vgl. u.a. Gräsel & Mandl (1993)). Dies gilt insbesondere, wenn damit die Nutzung unbekannter oder ungewohnter Kommunikationsinstrumente einher geht (vgl. Gröblinger (2003)). Doch kann dies – im Erfolgsfall – durch ein Training von Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten, eine Steigerung der Lernmotivation durch aktive Teilhabe, die Verbindung von wissenschaftlichem Wissen und Anwendungsgebieten sowie einen Beitrag zu einem reflektierten Umgang mit dem eigenen Lern- und Medienverhalten wett gemacht werden.

3.7 Projektorientierung

3.7

247

Projektorientierung Michael Janneck Thomas-Mann-Schule, Lübeck

1

Einleitung

Projekte sind eine Unterrichtsform, in der die handelnde Auseinandersetzung der Lernenden mit einem für sie persönlich bedeutsamen und gesellschaftlich relevantem Thema im Mittelpunkt steht. Sie arbeiten dazu über einen längeren Zeitraum (z.B. ein Schulhalbjahr oder Semester) eigenverantwortlich und kooperativ an diesem Thema. Dabei ist unter Projektpädagogik mehr zu verstehen als „einfach mal etwas Praktisches machen“, nämlich ein philosophisch im Pragmatismus begründeter didaktischer Ansatz (vgl. Frey 2002; Gudjons 1994; Hänsel 1999). Da das Lernen in Projekten meist nicht an den immer gleichen Orten und zu festgelegten Zeiten stattfindet, kommt CSCL-Werkzeugen und -Systemen in Projekten insbesondere als Organisations- und Arbeitshilfe Bedeutung zu. Umgekehrt stellt die Projektmethode einen geeigneten didaktischen Rahmen für CSCL dar. Im Folgenden gehe ich zunächst auf die Geschichte der Projektmethode ein, stelle dann wichtige Merkmale von Projekten vor und beschreibe typische Projektabläufe. Ich skizziere dann die Verwendungsmöglichkeiten von Medien in Projekten und schließe mit einem Fazit.

2

Zur Geschichte der Projektmethode

Erste Ideen, die dem nahe kommen, was man heute als Projektmethode versteht, finden sich bereits bei den pädagogischen Klassikern Rousseau, Pestalozzi und Fröbel (Frey 2002). Im engeren Sinne geht das heutige Projektverständnis aber auf die amerikanische Reformpädagogik am Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Lernen durch Tun wurde dort als etwas zutiefst demokratisches verstanden, weil dabei praktische und theoretische Begabungen als gleich wichtig und gleichwertig angesehen werden, und weil postuliert wurde, dass sich nur durch selbstständiges Denken und kooperatives Handeln eine demokratische Gesellschaft entwickeln kann (Gudjons 2001a). Ausgehend von dieser Sichtweise formulierte Dewey seine Theorie der Erziehung (Dewey 1993), die grundlegend für das heutige Projektverständnis ist. Drei Aspekte, die an Aktualität bis heute nichts verloren haben, waren für ihn wesentlich: 1. Erziehung zur Demokratie: In Projekten sollen die Lernenden ihr Handeln (zunehmend) selbst organisieren und untereinander verantworten. 2. Denkende Erfahrung: Erkennen und Tun sind für den Menschen untrennbar miteinander verbunden. 3. Probleme lösen lernen: Bildung kann nicht Vorbereitung auf vorausbestimmte Lebensverhältnisse sein. Gefragt sind daher nicht mit Fakten vollgestopfte Köpfe, sondern handlungsfähige Menschen.

248

3 Didaktik

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Projektbegriff noch einmal erweitert und so von einer bestimmten Methode in der technischen Berufsausbildung zu einer universellen Lernmethode, die dem neuen Bild des Kindes entsprach. Kilpatrick, ein Freund und Schüler Deweys, arbeitete dieses Projektverständnis aus (Kilpatrick 1935). Mit der Rezessionskrise ab 1968 erlebte die Projektpädagogik in Deutschland eine Renaissance und bis heute steigt die Zahl der Veröffentlichungen zu Projekten stark an (Hahne & Schäfer 1997). Projekte werden dabei nicht mehr als universelle Lernmethode gesehen, sondern als eine methodische Grundform (Meyer 1999) bzw. Großform (Schulz 1981) des Unterrichts neben anderen, die durch bestimmte Merkmale und Abläufe charakterisiert werden kann.

3

Merkmale von Projekten

Vor allem in der praktischen Umsetzung stellen sich Projekte sehr unterschiedlich dar. Deswegen werden sie oft über Merkmale charakterisiert (Hahne & Schäfer 1997; vgl. Bossing 1977; vgl. Schulz 1973). Ein modernes, an Dewey orientiertes Projektverständnis findet sich bei Gudjons (1994; 1997a; 2001b). Er formuliert zehn wechselseitig voneinander abhängige Merkmale, die er nicht als enge Begriffsdefinition, sondern als einkreisende Umschreibung verstanden wissen will. (1) Situationsbezug: Ausgangpunkt eines Projektes soll eine „Situation“, also eine problemhaltige Sachlage der realen Welt sein, nicht eine durch die wissenschaftliche Systematik eingegrenzte Fragestellung. Durch die Orientierung an realweltlichen Situationen sammelt das Thema eines Projektes die Beiträge verschiedener Disziplinen um sich „wie ein Magnet“ (Dewey 1935, S. 97). (2) Orientierung an den Interessen der Beteiligten: Das Projektthema soll so ausgehandelt werden, dass sich alle Beteiligten darin wiederfinden können. Da sich in der Auseinandersetzung mit dem Thema immer Interessensverschiebungen bei den Beteiligten ergeben, muss das Projektthema während des Projektverlaufs kontinuierlich diskutiert und abgesichert, konkretisiert oder verändert werden. (3) Gesellschaftliche Praxisrelevanz: Es geht in Projekten allerdings nicht darum, etwas völlig Beliebiges zu tun, sondern „das Leben der Gemeinschaft, der wir angehören, so zu beeinflussen, daß die Zukunft besser wird, als die Vergangenheit war“ (Dewey 1993, S. 255). (4) Zielgerichtete Projektplanung: Planvolles Handeln steht im Zentrum von Projekten. Ausgehend von Zielen und Produkten wird der Projektverlauf gemeinsam geplant: die Abfolge von Handlungsschritten, zu erstellende Zwischenergebnisse, die Verteilung von Aufgaben auf die Projektbeteiligten und auch die Auswertung des Projektes. In längeren Projekten wird die Planung immer wieder an veränderte Situationen und Interessen angepasst. (5) Selbstorganisation und Selbstverantwortung: In Projekten bestimmen nicht die Lehrenden die Zielsetzung und das Vorgehen. Die Projektmethode bricht also „mit der Geringschätzung der Kompetenz des Schülers“ (Gudjons, 1994, S. 19). Selbstorganisation ist aber nicht mit einem Laissez-faire-Stil zu verwechseln, in dem die Lehrenden die Lernenden einfach machen lassen. Vielmehr haben sie die Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen und Impulse zu geben, kurz: die Selbstorganisation zu ermöglichen.

3.7 Projektorientierung

249

(6) Einbeziehen vieler Sinne: Im Projekt wird gemeinsam etwas getan „unter Einbeziehung des Kopfes, des Gefühls, der Hände, Füße, Augen, Ohren, des Mundes und der Zunge – also möglichst vieler Sinne“ (Gudjons 2001b, S. 86). Es geht um die aktive Auseinandersetzung mit dem gewählten Thema und den handelnden Umgang mit der Wirklichkeit anstelle einer ständigen Belehrung über und des Beredens von Wirklichkeit. (7) Soziales Lernen: Lernen in Projekten ist immer auch soziales Lernen. Die Beteiligten lernen voneinander und miteinander. Dafür ist es notwendig, demokratische Umgangsformen zu etablieren: der Umgang miteinander und Kommunikation werden so ein wichtiges Lernfeld, das genauso wichtig ist wie das inhaltliche Lernen, so dass Sachziele ggf. zugunsten einer kooperativen Konfliktlösung zurückgestellt werden. (8) Produktorientierung: In traditionellen Unterrichtsformen ist das Ziel in der Regel eine „Lernbestandsveränderung“ in den Köpfen der Lernenden. In Projekten hingegen entstehen „Produkte“ im weitesten Sinne, die einen Gebrauchs- oder Mitteilungswert haben und die für die Lern-Lehr-Gruppe insgesamt wertvoll, nützlich und wichtig sind. Produkte sind Ziel und Ausgangspunkt der Lernerfahrungen in Projekten. Sie erlauben es darüber hinaus, die Ergebnisse der Projektarbeit der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und damit der Bewertung und Kritik durch andere auszusetzen. (9) Interdisziplinarität: Projekte behandeln lebensweltliche Probleme, die normalerweise ganzheitlich und nicht disziplinär gestückelt wahrgenommen werden. Deswegen sind Projekte immer interdisziplinär. (10) Grenzen des Projektunterrichts: Projekte haben dort ihre Grenzen, wo andere methodische Grundformen (gemeinsamer Unterricht, lehrgangsförmiger Unterricht, Freiarbeit und Marktplatz-Lernen; vgl. Meyer 1999, S. 96 f.) ihre Berechtigung haben. So kommt kein Projekt ohne lehrgangsförmige Elemente aus, in denen das im Projekt Gelernte in die Systematik eines Faches bzw. einer Wissenschaft eingeordnet wird und in denen fremde Erkenntnisse mit den eigenen Erfahrungen verglichen werden können. Insbesondere in Schulen und Hochschulen werden aus verschiedenen Gründen (z.B. durch spezifische Lehrziele oder Anforderungen der Studien-/Prüfungsordnung) nicht immer alle genannten Merkmale realisiert. Die Grenzen dessen, was noch als Projekt bezeichnet werden kann und was nicht, sind fließend. So werden in der Praxis beispielsweise ein thematischer Rahmen, Arbeits- oder Organisationsmethoden, bestimmte Rollen oder gar Rollenzuordnungen in der Projektgruppe, Termine für einzelne Projektphasen oder das Projektende vorgegeben. Oft wird von Projektorientierung gesprochen, um zum Ausdruck zu bringen, dass nicht alle Projektmerkmale umgesetzt werden. Unverzichtbar sind meiner Meinung nach zumindest die Orientierung an den Interessen der Beteiligten, die Selbstorganisation und die Produktorientierung.

4

Projektabläufe

Mit Merkmalen allein ist noch nicht charakterisiert, wie Projekte typischerweise verlaufen. Daher sind mit Beschreibungen der Projektmethode oft Ablaufmodelle verbunden. Die klassischen Stufen: Beabsichtigen, Planen, Ausführen, Beurteilen finden sich bereits bei Kilpatrick (1935, S. 177) und wurden danach vielfach aufgegriffen. Die normative Vorgabe eines

250

3 Didaktik

Projektverlaufes widerspricht allerdings in gewisser Weise der Forderung nach der Selbstorganisation des Lernprozesses. Dennoch lassen sich empirisch typische „Grundmuster der Projektmethode“ (Frey 2002) finden, die eine Ausdifferenzierung des klassischen Stufenmodells sind. Frey identifiziert sieben „Komponenten“ von Projekten und ordnet sie wie folgt zu einem idealisierten Projektverlauf an (Frey 2002, S. 53 ff.): (1) Projektinitiative: Ein Mitglied der späteren Projektgruppe oder ein Außenstehender regt ein Projekt an. Ob aus der ersten Idee ein Projekt entsteht, entscheidet die Projektgruppe nach der Auseinandersetzung mit der Projektinitiative. Der Ideengeber ist nicht verpflichtet, etwas „pädagogisch Wertvolles“ vorzuschlagen, sondern kann jedes Interesse einbringen. „Die Projektinitiative wird für die Beteiligten allmählich zur Bildung, indem sie sich mit ihr in einer bestimmten Weise auseinander setzen […] und zu einem Betätigungsgebiet entwickeln“ (ebenda, S. 56). (2) Auseinandersetzung mit der Projektinitiative: Mit dem Vorschlag müssen sich die Projektbeteiligten auseinandersetzen. Dabei bringen sie ihre Interessen und Betätigungswünsche ein, skizzieren erste Handlungsmöglichkeiten, sondieren das Umfeld und beziehen gegebenenfalls schon mittelbar Beteiligte ein. Die Auseinandersetzung mit der Projektinitiative kann mit einem negativen Ergebnis enden, wenn die Idee keine Unterstützung durch die Beteiligten findet oder die Rahmenbedingungen so schlecht sind, dass eine erfolgreiche Umsetzung nicht vorstellbar ist. Endet die Auseinandersetzung positiv, dann wird als Ergebnis eine Projektskizze erstellt. (3) Entwicklung der Betätigungsgebiete: Ist die Projektinitiative angenommen, dann wird die Projektskizze zu einem konkreten Projektplan weiterentwickelt. Dazu verständigen sich die Beteiligten auf ein konkretes Endprodukt, planen die Aktivitäten, die zum Erreichen des Produktes erforderlich sind, erstellen ein Zeitbudget, entwerfen Ablaufpläne, klären die Rahmenbedingungen und verteilen die Aufgaben untereinander. Dabei verleihen sie dem Projekt persönliche Konturen, indem sie nicht nur feststellen, was zu tun ist, sondern auch einbringen, wer gerne was wie tun möchte. Für den Bildungsgehalt eines Projektes ist es wichtig, sich gemeinsam darüber zu verständigen, warum jemand etwas tut und welche Qualitätsmaßstäbe gewählt werden. Wenn die Aufgaben so verteilt werden, dass alle Beteiligten nur das tun, was sie ohnehin schon können, dann ist der Bildungsgehalt geringer, als wenn jeder die Gelegenheit bekommt, etwas Neues zu tun. Entsprechend ist eine Qualitätsbewertung allein über das Produkt nicht förderlich, sondern es ist beispielsweise auch eine Qualität, wenn alle im Projekt an jeder Aktivität beteiligt sind. Die Projektbeteiligten entscheiden selbst über die Qualitätsmaßstäbe und dokumentieren ihre Entscheidung für die spätere (Selbst-) Bewertung des Projektes. (4) Projektdurchführung: In dieser Phase werden die zuvor entwickelten Aktivitäten umgesetzt. Dabei kann jede Form der Tätigkeitsorganisation vorkommen: Einzelarbeit, Arbeit in Klein- oder Großgruppen. Es sind (zeitweise) überwiegend geistige oder körperliche Tätigkeiten denkbar und Arbeitsteilung ist möglich, sogar wahrscheinlich. Es gibt keine zwingende, von außen vorgegebene Anordnung für bestimmte Tätigkeiten, es ist allein wichtig, dass die Beteiligten die Arbeits- und Funktionsteilung als für sich sinnvoll entwickelt haben. (5) Beendigung des Projektes: Ein Projekt kann auf verschiedene Weise beendet werden. Die meisten Projekte enden mit einem bewussten Abschluss und der Veröffentlichung der Projektergebnisse anlässlich eines besonderen Ereignisses. Häufig gibt es zeitliche Vorgaben,

3.7 Projektorientierung

251

etwa das Ende eines Semesters oder die Verfügbarkeit bestimmter Räumlichkeiten oder Hilfsmittel, die das Projektende bestimmen. Die Beteiligten können gegen Ende des Projekts auch das Erreichte mit den Ideen in der Projektinitiative rückkoppeln. Dabei geht es nicht darum, den Projektverlauf zu problematisieren oder Kritik zu üben, sondern eine nochmalige vertiefte Auseinandersetzung im Sinne einer Metainteraktion (s. u.). Es ist nicht in jedem Fall sinnvoll, einen Endzeitpunkt für ein Projekt zu definieren. Man kann ein Projekt auch einfach auslaufen lassen. Gerade in Projekten, die eine kontinuierliche (beispielsweise soziale) Betätigung zum Inhalt haben, kann das Projekt mit dieser Variante nahtlos in den Alltag überführt werden. (6, 7) Fixpunkte und Metainteraktionen: liegen quer zum sonstigen Projektverlauf. Fixpunkte dienen als „organisatorische Schaltpunkte“ in Projekten. Sie sollen Aktionismus, Orientierungslosigkeit und mangelnder Abstimmung zwischen den Beteiligten vorbeugen. In Fixpunkten informieren sich die Beteiligten gegenseitig, vergegenwärtigen sich den Stand des Projektes und organisieren die nächsten Schritte. Kein Projekt, das länger als wenige Stunden dauert, kommt ohne Fixpunkte aus. Metainteraktion, also die Auseinandersetzung über das Projekt, trägt entscheidend dazu bei, „dass das Tun pädagogisches Tun wird“ (ebenda, 131). In der Metainteraktion reflektieren die Beteiligten ihre persönliche Beziehung zum Thema und gehen auf Betätigungen auf einer anderen Ebene oder vertieft ein. In ihr beschäftigen sie sich auch mit Problemen im Umgang miteinander und verständigen sich darüber, inwieweit vereinbarte Umgangsformen eingehalten wurden und gegebenenfalls angepasst werden müssen. Durch die Beschreibung der einzelnen Komponenten wird deutlich, wie das Verhältnis von Struktur und Prozess in Projekten ist. Die grobe Struktur (im Sinne der genannten Komponenten) wird meist von den Lehrenden vorgegeben und ergibt sich auch relativ natürlich. Die einzelnen Projektschritte werden von der Lern-Lehr-Gruppe ausgestaltet, die Lehrenden übernehmen dabei die Rolle von Moderatoren und nur auf explizite Nachfrage seitens der Lernenden die von Fachexperten.

5

Medien in Projekten

In Projekten kommt immer eine Vielzahl von Medien zum Einsatz. Gudjons (1997a) ordnet das Spektrum von Medien anhand ihres Verwendungszweckes in vier Kategorien, die jeweils sowohl die so genannten „neuen“ als auch „alte“ Medien umfassen: (1) Traditionelle Medien: Traditionelle Medien sind die Medien, die auch in traditionellen Lehrformen vorkommen. Sie sind didaktisch aufbereitet (z.B. Lehrbücher und e-LearningKurse). Sie können die Projektarbeit inspirieren und dabei helfen, sich fehlendes Wissen anzueignen. Sie haben „die Funktion eines medialen Reservoirs, das insbesondere auf Anregung des Lehrers ,angezapft‘ wird“ (ebenda, S. 137). Spezifisch für die Projektmethode sind aber vor allem die nachfolgend genannten Medien. (2) Medien als Organisations- und Arbeitshilfen: Die Bedeutung dieser Medien wird oft übersehen oder als banal eingestuft. Aber sie sind für die kooperative Planung von Projekten wichtig, weil sie helfen, Entscheidungsprozesse transparent zu machen und zu strukturieren sowie die Planungsergebnisse festzuhalten und für alle Beteiligten zu visualisieren.

252

3 Didaktik

CSCL-Umgebungen (vgl. Teil 2), die die Kommunikation, Koordination und Kooperation unterstützen, gehören typischerweise in diese Kategorie. Die orts- und zeitunabhängige Bereitstellung von Medien und asynchrone Kommunikationsformen haben dabei das größte Potenzial für eine Bereicherung der Projektarbeit (vgl. Jackewitz et al. 2002; Janneck & Krause 2004), es kommt aber auf den jeweiligen Kontext an, inwieweit diese Potenziale sinnvoll ausgenutzt werden können. Für den Einsatz in Projekten sind Systeme problematisch, in denen bereits Annahmen über Gruppenstruktur (z.B. durch fest vorgegebene Rollen) und Verlauf des Lernprozesses (z.B. durch vordefinierte Workflows) implementiert sind, weil die freie Aushandlung derselben dadurch erschwert wird. Es sollte daher auf den Projektunterricht zugeschnittene Software verwendet werden, die der Offenheit und Dynamik von Projekten Rechnung trägt, wie beispielsweise das Community-System CommSy (Jackewitz et al. 2002; 2004). (3) Selbst produzierte Medien: Von den Projektbeteiligten selbst produzierte Medien sind Zwischen-, Teil- oder Endergebnisse der Projektarbeit. Sie können verschiedenste Formen annehmen, von einfachen Texten über multimediale Medien bis hin zu selbst gefertigten Gegenständen. Sie haben normalerweise einen „Mitteilungscharakter“. Ihr besonderer Wert liegt darin, dass die Lernenden sich die Inhalte der Projektarbeit nicht nur aneignen, sondern auch für andere kommunizierbar und diskutierbar machen. Diese Medien stehen normalerweise im Mittelpunkt der Projektarbeit und können mit Hilfe von CSCL-Systemen gemeinsam erstellt und veröffentlicht werden. (4) Medien aus der Lebenswirklichkeit: Zeitungsartikel, wissenschaftliche Beiträge, selbst erhobene empirische Daten, Fotos, Karten usw. machen den eigentlichen Reiz der Projektarbeit aus. Anders als die didaktisch aufbereiteten Medien sind die Medien aus der Lebenswirklichkeit „ungewaschen“. Sie repräsentieren die „wirkliche“ Wirklichkeit. Sie sind deshalb nicht frei von Ungereimtheiten, Unverständlichkeiten, Widersprüchen, Fehlern, sie sind niveaulos oder viel zu anspruchsvoll, womöglich einseitig und unausgewogen und insgesamt von zunächst unbestimmter Qualität. Sie machen es erforderlich, sich aktiv mit ihnen auseinander zu setzen, erfordern Distanzierung und selektiven Umgang. Erst im Bezug zur Projektfragestellung erhalten sie Bedeutung (oder auch nicht). Sie laden damit zum Diskurs in der Projektgruppe ein.

6

Fazit

Die Projektmethode ist ein didaktischer Ansatz, der auf eine lange Tradition zurückblickt und sich in Schule und Hochschule praktisch bewährt hat. Durch die Orientierung an den Interessen der Lernenden, deren Beteiligung an der Projektplanung sowie die Akzentuierung der Eigenverantwortung der Lernenden für ihren Lernprozess erscheint sie aber gleichzeitig immer noch als konkrete Utopie von humanen Bildungsprozessen. Die Abgrenzung zu anderen didaktischen Ansätzen ist oft unscharf, weil einerseits die Projektmethode viele Variationen zulässt, und andererseits Elemente der Projektmethode immer wieder aufgegriffen, variiert und das resultierende Unterrichtskonzept mit einen neuen, griffigen Namen versehen wurde. Als eine der fünf methodischen Grundformen verstanden, bilden Projekte allerdings den Oberbegriff für viele verwandte Konzepte (etwa das problemorientierte Lernen).

3.7 Projektorientierung

253

Von den methodischen Grundformen sind Projekte am besten für den Einsatz von CSCLSystemen geeignet. Bei allen Möglichkeiten, die CSCL-Werkzeuge und -Systeme für Projekte bieten, sollte der Verzicht darauf aber immer als Alternative in Betracht gezogen werden, wenn deren Komplexität zuviel Zeit im Lernprozess beansprucht. Entscheidet sich eine Lern-Lehr-Gruppe für den Einsatz eines CSCL-Werkzeugs oder -Systems, dann ist auf jeden Fall eine reflektierte Einführung und Bereitstellung erforderlich, um zu einer effektiven und effizienten Nutzung zu kommen.

7

Hinweis

Die erste Version dieses Beitrags entstand für das CSCL-Kompendium 2004 in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Für die Hilfe bei der Überarbeitung des Beitrags danke ich Martin Wessner.

254

3.8

3 Didaktik

Didaktische Konzeption von CSCL-Arrangements Michael Kerres, Axel Nattland Universität Duisburg-Essen

1

Einleitung

Computergestützte Ansätze des kooperativen Lernens kommen im Rahmen selbstorganisierter Lernaktivitäten, beim informellen Lernen oder in geplanten Lernarrangements, die für bestimmte Zielgruppen und Rahmenbedingungen konzipiert sind, zum Einsatz. Gruppenbasierte Lernszenarien sind jedoch nicht a priori individuellen Lernszenarien überlegen. Es muss davon ausgegangen werden, dass das gemeinsame Lernen mit Anderen nur unter bestimmten Bedingungen vorteilhaft für den Lernfortschritt ist. In einer mediendidaktischen Konzeption ist zu prüfen, ob das Lernen in Gruppen in einer bestimmten Konstellation pädagogisch sinnvoll ist und welche Vorteile der Einsatz von Computerwerkzeugen bei der Gruppenarbeit mit sich bringt. Aus diesem Grund ist ein mediendidaktisches Konzept, das sich aus Analysen des didaktischen Feldes ableitet und die wesentlichen Parameter eines medialen Lernangebotes spezifiziert, für den erfolgreichen Einsatz von CSCL ganz entscheidend (s. den Ansatz der „gestaltungsorientierten Mediendidaktik“ bei Kerres (2001)). Im Folgenden werden einige Aspekte der didaktischen Planung und Konzeption solcher Arrangements erläutert.

2

Hindernisse für kooperatives Lernen

Auch wenn das Lernen mit Anderen positive Erfahrungen vermitteln kann, ist zu berücksichtigen, dass eine Reihe von Hindernissen für kooperatives Lernen besteht. So kann seitens der Lernenden nicht von einer „natürlichen“ Motivation zur Kooperation mit Anderen ausgegangen werden. Kooperation wird vielfach als aufwändig und wenig hilfreich erlebt. Dies trifft vor allem zu, wenn letztlich der Wissenszuwachs des Einzelnen in Prüfungen bewertet wird. In der Regel sind Lernende es gewohnt, sich Lernstoff als Individuen anzueignen. Der Aufwand, gemeinsam mit Anderen zu lernen, wird zunächst vielfach negativ bewertet und der Nutzen kooperativer Lernarrangements wird nicht wahrgenommen. Erfahrungen mit schlecht konzipierten Gruppenarbeiten bestärken solche negativen Vorannahmen. Auch Lehrende sind gegenüber Gruppenarbeit vielfach skeptisch, sie befürchten etwa negative Konsequenzen auf den Unterricht und die Disziplin, sinkende Leistungen und eine geringe Anerkennung bei Kolleg/innen. Darüber hinaus wird befürchtet, dass Gruppenunterricht mehr Lernzeit als konventioneller Frontalunterricht erfordert (Huber 1985). Ebenso können negative Effekte durch die Verwendung von computervermittelter Kommunikation in der Gruppenarbeit berichtet werden (Buder 2007). Im Vergleich zu face-to-face Gruppen kommt es bei der Nutzung von digitalen Kommunikationsmedien zu verringertem Austausch von Informationen (Hollingshead 1996) und damit auch zu längeren Entscheidungsprozessen (Dennis 1996).

3.8 Didaktische Konzeption von CSCL-Arrangements

3

255

Begründungen für kooperatives Lernen

Der Begriff „kooperatives Lernen“ umfasst eine ganze Fülle von didaktischen Arrangements, die zunächst dadurch charakterisiert sind, dass zumindest zwei Personen in irgend einer Weise „gemeinsam“ lernen (vgl. Slavin 1995). CSCL kann in nahezu allen Varianten von organisierten Lernarrangements Einsatz finden, nicht nur in Online-Kursen oder Projektarbeiten, sondern auch als Element in einer Vorlesung oder in Präsenzseminaren. Erfolgreiche Gruppenarbeit vermittelt auch wichtige Kompetenzen, die durch bloße Präsentation und Rezeption, etwa im Vortrag, per Text oder multimedialer Präsentation, nicht erreicht werden können. Es ist jedoch grundsätzlich von den Lehrzielen abhängig zu machen, ob Gruppenarbeit überhaupt sinnvoll ist bzw. als sinnhaft vermittelt werden kann. Die empirische Forschung zu Effekten kooperativen Lernens (vor allem in der Schule) zeigt, dass das Lernen in Gruppen mit positiven Effekten verbunden sein kann (höhere Produktivität, besseres psychisches Wohlbefinden und Selbstwertgefühl, positive Einstellung zur Gruppenarbeit), dass diese Vorzüge aber nur unter bestimmten Rahmenbedingungen eintreten (vgl. Antil, Jenkins, Wayne & Vadasy 1998; Renkl & Mandl 1995; Webb & Palinscar 1996).

4

Planung von CSCL aus mediendidaktischer Sicht

Aus didaktischer Sicht geht es bei der Planung von CSCL-Arrangements zunächst um die Wahl der angemessenen Sozialform eines Lernangebotes. Auch wenn empirische Studien teilweise aufzeigen, dass das gemeinsame Lernen mit Anderen „im Durchschnitt“ bestimmte Vorzüge gegenüber dem individuellen Lernen aufweist (vgl. die Metaanalyse von Lou, Abrami & Apollonia 2001), sind zunächst die Fragen zu klären: – Welche Ziele mit dem zu planenden Lernarrangement verbunden sind, – ob für die Erreichung der Lehrziele das Lernen in Gruppen pädagogisch sinnvoll ist, – ob eine technologiebasierte Variante für den Austausch der Gruppe Vorteile bietet, und schließlich – unter welchen pädagogischen und technologischen Bedingungen Gruppenarbeit die erwünschten Ergebnisse ermöglicht. Damit ist letztlich auch die Frage verbunden, welchen Mehrwert die Technologie für das Lernen und Lehren bietet. Manche auf den ersten Blick plausible Argumente sind dabei zu hinterfragen, denn sie beschreiben zwar Merkmale einer Technik, aber nicht den Nutzen für den Anwender bzw. das didaktische Setting. Die Frage nach dem möglichen Mehrwert technologiebasierter Lernarrangements kann erst beantwortet werden, wenn Lehrziele, Zielgruppe und Lernsituation bekannt sind. So kann z.B. die Zielgruppenanalyse zu den individuellen Voraussetzungen bei den Lernenden ergeben, dass es vorteilhafter ist, auf gemeinsame Lernaktivitäten zu verzichten, etwa weil die Lernenden hierzu nicht motiviert sind bzw. hierfür nicht motivierbar erscheinen. Bei dem Ansatz des learning on demand etwa sind die Lernprozesse des Einzelnen auf üblicherweise kleine Lerneinheiten ausgerichtet, mit denen eine Person ihre Lernbedürfnisse ad hoc befriedigen möchte bzw. kann.

256

3 Didaktik

CSCL bietet eine technologische Unterstützung der didaktischen Methode des Lernens in Gruppen und beinhaltet keinen eigenständigen, gar „neuen“ didaktischen Ansatz. Werkzeuge für die Unterstützung von Gruppen sind damit keine in jedem didaktischen Szenario nützliche „Standardtechniken“, sondern bieten spezifische Lösungen für bestimmte didaktische Settings. Kooperatives Lernen kann etwa eingesetzt werden, um folgende Lehrziele zu verfolgen: – Lernende sollen ihre Meinung formulieren und diese angemessen in einer Diskussion mit Anderen artikulieren können. – Lernende sollen Anderen zuhören und auf deren Argumente eingehen können. Sie sollen Argumente und Sichtweisen von Anderen bei (Re-) Formulierung der eigenen Position berücksichtigen können. – Lernende sollen erfahren und akzeptieren, dass es zu komplexen Sachverhalten unterschiedliche Sichtweisen und Positionen geben kann. – Lernende sollen erfahren, dass es richtig und notwendig sein kann, seine eigene Sichtweise zu relativieren. – Lernende sollen erfahren, wie bei unterschiedlichen Positionen eine gemeinsame Position entwickelt und formuliert werden kann. – Lernende sollen erfahren, wie man komplexe Sachverhalte in einer Gruppe arbeitsteilig bearbeitet und zu einem Ergebnis zusammenführt. – Lernende sollen erleben, dass das gemeinsame Bearbeiten von Fragen in Gruppen einen Gewinn darstellt. – Lernende sollen erfahren, dass es gut und wichtig ist, sein Wissen an Andere weiterzugeben und im Gegenzug von dem Wissen Anderer zu profitieren. Diese (keineswegs erschöpfende) Liste möglicher Lehrziele bezieht sich damit sowohl auf inhaltliche als auch auf methodische und sozio-emotionale Lehrziele. Während Lehrziele die Ziele der Gestalter des Lernangebotes artikulieren, verstehen wir Lernziele als Ziele der Lernenden. Damit soll deutlich gemacht werden, dass diese keineswegs immer deckungsgleich sind. Die mögliche Differenz von Lehr- und Lernzielen ist selbst zum Gegenstand der Planung zu machen.

5

Übersicht mediendidaktischer Entscheidungen

Bei der Ableitung einer mediendidaktischen Konzeption für ein solches Lernarrangement sind vor allem folgende didaktischen Entscheidungen zu treffen, die sich dann wiederum auf die Auswahl der Kooperationswerkzeuge und die Ausgestaltung des Arrangements niederschlagen: Ziel. Welches Ziel verfolgt die Gruppenarbeit? In Kerres (2001) wird unterschieden zwischen einem rein informellen Austausch zwischen Lernenden, in dem sich Lernende vor allem spontan und untereinander bei Schwierigkeiten helfen, der Kooperation bei der Bearbeitung vorgegebener Lernaufgaben und einer weitgehenden Zusammenarbeit in längerfristigen Gruppen, die sich selbst organisieren (etwa im Sinne von learning communities, Arbeitsgruppen etc.). In vielen Fällen wird in didaktisch organisierten CSCL-Arrangements die mittlere Variante vorgesehen. Es hängt vor allem von dem Lehrziel ab, welches Niveau die Kommunikation in Gruppen erreichen soll.

3.8 Didaktische Konzeption von CSCL-Arrangements

257

Gruppengröße. Welche Größe soll die Lerngruppe haben? Zur Frage der optimalen Gruppengröße liegen unterschiedliche Einschätzungen und Erfahrungen vor. Berichtet wird von „erfolgreichen“ Lerngruppen in Tandems, mit 4 oder 100 und mehreren hundert Teilnehmenden. Es hängt von der Intensität der tatsächlich in der Gruppe zu leistenden Interaktion zwischen Lernenden untereinander und mit dem/der Tutor/in ab, wie groß eine Lerngruppe sein sollte. Zu berücksichtigen ist, wie wichtig es für die Zielerreichung ist, dass die Personen untereinander ein Gefühl des „Sich-Kennen“ entwickeln. Grundsätzlich scheinen für CSCL keine anderen Werte zu gelten als für konventionelle Gruppenarbeit (vgl. Lou et al. 2001). (s.a. Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit) Arbeitsmodus. Soll die Gruppe bei der Bearbeitung der Lernaufgabe zeitgleich oder zeitversetzt zusammenarbeiten? Beide Varianten haben, z.B. je nach Art der zu bewältigenden Aufgabe, der Phase der Gruppenarbeit oder der Zusammensetzung der Gruppe, ihre Vorteile (vgl. die Theorie der Mediensynchronizität bei Schwabe (2001)). Aus mediendidaktischer Sicht hat die zeitversetzte Zusammenarbeit beim verteilten Lernen im Netz einen hohen Stellenwert, da die damit verbundene zeitliche Flexibilität für viele Lernende einen wesentlichen Vorteil darstellt. Der subjektiv erlebte Aufwand für die Teilnahme an synchroner Kommunikation ist – für viele Zielgruppen – in der Regel hoch (Kerres & de Witt 2003). Zusammensetzung der Gruppe. Wie homogen/heterogen sollte die Lerngruppe zusammengesetzt sein? Bei einer homogen zusammengesetzten Gruppe (z.B. Mathematiklehrer/innen an Gymnasien) sollte die Verständigung einfach funktionieren, da alle Personen über einen ähnlichen Hintergrund verfügen. Dies kann allerdings auch bedeuten, dass für die Bewältigung einer bestimmten Gruppenaufgabe nicht hinreichend unterschiedliche Erfahrungen, Sichtweisen oder Kompetenzen in der Gruppe vorliegen, wie dies bei einer stark heterogenen Zusammensetzung vorliegen würde. Es ist könnte also – in Abhängigkeit von der zu erwartenden Gruppenleistung – ein ausgewogenes Verhältnis der Zusammensetzung gefordert werden: so viel Heterogenität wie nötig, so viel Homogenität wie möglich (s.a. die Forschung zum knowledge sharing, vgl. Creß & Hesse 2003). Rollenstruktur. Ist eine bestimmte Rollenstruktur für die Bearbeitung günstig? Wenn für die Bearbeitung der Lernaufgabe eine bestimmte Rollenstruktur in der Gruppe von Vorteil ist, sollte dies in der Lernaufgabe explizit formuliert werden (z.B. Bitte benennen Sie zunächst eine Person, die das Ergebnis protokolliert, und eine andere Person, die das Ergebnis vorträgt.). Gerade in früheren Phasen der Gruppenarbeit wird diese Rollenaufteilung von Gruppen oft „vergessen“, was den erfolgreichen Abschluss der Gruppenarbeit erschwert oder gar verhindert. Gender. Wie können günstige Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich weibliche und männliche Personen in der Gruppenarbeit gleichermaßen einbringen können/wollen? Es ist günstig, wenn in jeder Lerngruppe ein möglichst ähnlich großer Anteil männlicher und weiblicher Lernender vorhanden ist oder, wenn dies nicht möglich ist, die Lerngruppen vollständig getrennt nach Geschlechtern aufgeteilt sind. Eine einzelne Frau oder ein einzelner Mann in einer ansonsten zahlenmäßig überlegenen Gruppe Andersgeschlechtlicher wird als wenig günstig bewertet (Wiesner et al. 2003).

258

3 Didaktik

Gruppenbildung. Wie soll die Gruppenbildung erfolgen? Das Prinzip der Gruppenbildung sollte zuvor genau überlegt sein und in Abhängigkeit von dem verfolgten Ziel der Gruppenarbeit und vom Ausmaß der erforderlichen Heterogenität/Homogenität der Gruppenzusammensetzung abhängig gemacht werden. Sie kann per Zufall oder Zuordnung, nach Interessen oder Sympathie erfolgen. Die Zusammensetzung nach gleichen Interessen oder Sympathien kann eine gute Voraussetzung für CSCL sein. Wenn die Gefahr einer zu großen Homogenität der Gruppenzusammensetzung besteht, sollte hiervon abgewichen werden. Dann kann etwa aufgrund von bestimmten Kriterien eine (Selbst-) Zuordnung erfolgen (z.B. in jeder Gruppe muss eine Person mit betriebswirtschaftlichem und eine Person mit technischem Hintergrund sein oder in jeder Gruppe müssen mindestens zwei weibliche und zwei männliche Teilnehmende sein). Betreuungsmodus. (Wie) Soll die Gruppenarbeit betreut werden? Betreuung von Gruppenarbeit wird in organisierten Lernangeboten zunehmend als wesentliche Determinante für den Erfolg von technologiebasierter Gruppenarbeit erkannt. Je nach Setting ist die Betreuung unterschiedlich auszulegen. Das didaktische Betreuungskonzept definiert die Funktion, Aufgaben und Arbeitsweise von Tutor/innen (Initiative, Reaktionszeit, Gestaltung von Rückmeldungen, Umsetzung von scaffolding/fading. Kerres & Nübel (2004) beschreiben in dem Modell des split role tutorings ein bestimmtes Betreuungskonzept, bei dem Fachtutor/innen und Gruppentutor/innen arbeitsteilig bestimmte Aufgaben wahrnehmen. Für die Tätigkeit von Tele-Tutor/innen wird eine spezielle Ausbildung als erforderlich erachtet, um auf die spezifischen Anforderungen und Arbeitsbedingungen vorbereitet zu sein. Lernaufgabe. Welche Aufgabe soll die Gruppe bearbeiten? Auf die Bedeutung und Gestaltung von Lernaufgaben soll hier etwas ausführlicher eingegangen werden. Grundsätzlich erscheint es vorteilhaft, die Tätigkeit der Gruppe durch eine Lernaufgabe zu strukturieren. Vor allem zur Anregung und Steuerung kooperativer Lernaktivitäten sind Lernaufgaben ein entscheidender Trigger, denn auch wenn die Lernumgebung die technischen Möglichkeiten zur Kooperation bietet, ist dies keine hinreichende Bedingung dafür, dass Kooperation tatsächlich stattfindet. In einem Online-Setting sind an die Präzision der Aufgabenformulierung deutlich höhere Anforderungen zu stellen als in einer face-to-face Situation, in der die Lehrkraft relativ einfach „merkt“, ob eine Aufgabenstellung (richtig) verstanden wurde. Eine Lernaufgabe sollte deswegen z.B. inkludieren: Benennung der erwarteten Aktivität, des erwarteten Ergebnisses, der Bearbeitungsdauer, der hinzu zu ziehenden Materialien, der Voraussetzungen für die Bearbeitung. Hierfür müssen die eingesetzten Lernaufgaben bestimmte Anforderungen erfüllen, d.h. es sind Forderungen an die Lernaufgaben aus den Lehrzielen abzuleiten. Diese lauten etwa (s.a. Petschenka, Ojstersek & Kerres 2004): 1. Die zu bearbeitende Lernaufgabe soll über die Suche und Aneignung von Wissen hinausgehen; sie sollte vielmehr auf das Verstehen komplexer Problemstellungen oder Konstellationen ausgerichtet sein. (Negativbeispiel: Die Lerngruppe soll die Geburtsdaten der Musikerfamilie Bach finden und auf einer Netzseite präsentieren.) 2. Die Aufgabenbearbeitung soll die Erstellung eines gemeinsamen Ergebnisses erfordern. Das Ergebnis sollte nur erreichbar sein, wenn alle etwas dazu beitragen. (Beispiel: Es

3.8 Didaktische Konzeption von CSCL-Arrangements

3. 4.

5.

6.

7.

259

werden Texte mit unterschiedlichen Meinungen verteilt, die Gruppe soll die Unterschiede zwischen den Positionen herausarbeiten.) Die Aufgabe soll Arbeitsteilung ermöglichen, d.h. sie sollte in unterschiedliche Arbeitsschritte aufgeteilt werden können. (Negativbeispiel: Es ist ein Experiment durchzuführen, das nur von einer Person bedient werden kann/muss.) Die Aufgabe darf nicht additiv arbeitsteilig bearbeitbar sein, d.h. das Ergebnis der Gruppenarbeit darf nicht durch bloßes Zusammenfügen bzw. Zusammentragen von Einzelergebnissen zustande kommen, sondern nur bei kooperativer Bearbeitung zu bewältigen sein (Cohen, 1994). (Negativbeispiel: Ein Gruppenreferat, bei dem die zu präsentierende Literatur durch die Studierenden „aufgeteilt“ wird.) Die Aufgabenbearbeitung soll den Blick auf unterschiedliche Positionen oder Sichtweisen einer Fragestellung ermöglichen. (Beispiel: Es ist ein Rollenspiel im Netz mit verteilten Rollen auszuführen, das kommentierte Chat-Skript mit einer anschließenden Reflexion ist einzureichen.) Die erfolgreiche Aufgabenbearbeitung soll einen Anreiz bieten. Der Anreiz ist in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen unterschiedlich zu gestalten. (Negativbeispiel: Während eines Kurses wird Gruppenarbeit gefordert, die gesamte Prüfungsleistung des Kurses bezieht sich auf einen Wissenstest.) Kooperation beim Lernen soll als selbstverständliches Element der Lernkultur etabliert werden, das nicht nur gelegentlich und isoliert stattfindet, sondern von den Lehrkräften einer Institution übereinstimmend getragen wird.

Es handelt sich dabei um eine Liste (ebenfalls nicht erschöpfender und möglicher) Kriterien zur Auswahl und Bewertung von Lernaufgaben, wie sie im Rahmen von mediendidaktischen Beratungsprojekten zu Medien in der Hochschullehre entwickelt worden ist (vgl. Petschenka et al. 2004). Es soll deutlich werden, dass die Qualität der Lernaufgabe entscheidet, ob ein gruppenbasiertes Lernszenario, so es sich für ein Lernen in Gruppen eignet, die erwünschten Erfolge möglich macht.

6

Schlussbemerkung

Für die Gestaltung von synchronen und asynchronen Lernarrangements steht eine Fülle an Werkzeugen zur Verfügung. Sie unterstützen sowohl die lokale Gruppenarbeit mit digitalen Medien vor Ort, etwa in einem Klassenraum, als auch die verteilte Gruppenarbeit über das Netz. Die Bandbreite der Werkzeuge reicht von sehr spezialisierten Kooperationswerkzeugen, die auf eine ganz spezifische didaktische Methode angepasst sind und „nur“ diese unterstützen, bis zu eher polyvalenten Medien, denen zunächst kein eindeutiges didaktisches Szenario zugeschrieben werden kann (s.a. Teil 2: CSCL-Umgebungen in diesem Buch). Die Auswahl der entsprechenden Werkzeuge ist aus mediendidaktischer Sicht stets als iterativer Prozess zu verstehen, der einen ständigen Abgleich der Parameter der didaktischen Konzeption (Ziele, Zielgruppe, Methode, Werkzeuge) erfordert. Zunehmend rücken auch informelle Formen des Lernens beim CSCL in den Fokus: Gemeint ist der Wissensaustausch über soziale Medien, wie Foren oder (Micro-) Blogs, bei dem sich Menschen über unterschiedliche Themen, ihre Interessen und Probleme, in der Freizeit oder auch in einem organisatorischen Kontext austauschen und dabei lernen – ohne den didakti-

260

3 Didaktik

schen Rahmen eines organisierten Bildungsangebotes und vermutlich oftmals ohne, dass die Beteiligten diesen Vorgang als „Lernen“ bezeichnen würden. Die Perspektive des Wissensaustausches und Lernens auf solchen sozialen Plattformen des informellen Lernens im Internet ist auch für das CSCL sehr vielversprechend. Allerdings findet Wissensaustausch auf solchen Plattformen ebenfalls nur unter bestimmten Bedingungen statt und vielen Plattformen gelingt es nicht, eine lebendige Community zu etablieren. Solche Plattformen und Communities können geplante und organisierte Bildungsangebote, die z.B. kooperative Lernformen systematisch einbinden, nicht ersetzen, aber sie werden künftig vermehrt an Bedeutung gewinnen, auch im Rahmen der Bildungsarbeit. Es sind folglich die Rahmenbedingungen weiter zu prüfen, unter denen Wissensaustausch auf sozialen Plattformen erfolgreich funktioniert, und welche technischen und gestalterischen Merkmale und sozialen Betreuungsmaßnahmen die Kommunikation unterstützen können. Zu bedenken ist, dass der Einsatz von CSCL-Werkzeugen beim formellen wie beim informellen Lernen als solches keineswegs sicherstellt, dass tatsächlich „Kooperation“ stattfindet. Ein systematisches und planvolles Vorgehen bei Auswahl und Einsatz von Werkzeugen für die computergestützte Gruppenarbeit ist unerlässlich, wenn man Kooperation beim Lernen anstrebt. Es ist erforderlich, auf der Basis der Analyse von Parametern des didaktischen Felds eine mediendidaktische Konzeption abzuleiten, in der die Rahmenbedingungen der Gruppenarbeit spezifiziert und die geplanten Aktivitäten für die Gruppen (etwa in Form von Lernaufgaben) ausgearbeitet sind.

3.9 Community-orientiertes Lernen

3.9

261

Community-orientiertes Lernen Tobias Ley1,2, Paul Seitlinger2,3, Karin Schöfegger3, Stefanie N. Lindstaedt3,4 1

Centre for Educational Technology, Universität Tallinn, Estland, Institut für Psychologie, Karl-Franzens Universität Graz 3 Institut für Wissensmanagement, Technische Universität Graz 4 Know-Center, Graz 2

1

Einleitung

Community-orientierte Lernformen sind insbesondere durch die zunehmende Nutzung von Webtechnologien und -umgebungen in den letzten Jahren erneut in den Fokus des Forschungsinteresses gekommen. Eine Community (oder „Gemeinschaft“) wird dabei als eine Gruppe von interagierenden Individuen betrachtet, die ein gemeinsames Interesse und gemeinsame Praktiken teilt, und in der es deshalb ein gewisses Maß an Kohäsion und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit gibt. Im Gegensatz zu einem Team oder einer Lerngruppe ist der Zusammenhalt jedoch viel loser und die Teilnahme oft freiwillig. Community-orientierte Lernformen sind meist das Ergebnis selbstorganisierter Prozesse und sie spielen deshalb eine besondere Rolle beim informellen Lernen. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen für community-orientierte Lernformen, sowohl als Teil von formalen Lernarrangements in Schulen, Universitäten und Unternehmen, als auch in rein informellen Lernkontexten am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich. Die folgenden Beispiele mögen einer ersten Illustration dienen: – Universitäten und Schulen ermöglichen den Lernenden, Weblogs als persönliche Lernumgebungen und Lerntagebücher zu führen. In den Weblogs veröffentlichen Schüler/Schülerinnen und Studierende Ergebnisse von Lehrveranstaltungen und persönlichen Lernprojekten (Põldoja, 2010). Dadurch, dass die Weblogs nicht einem Kurs zugeordnet sind, erlauben Sie das Bilden von Communities über Lehrveranstaltungen hinweg. Das Bilden solcher Lerngemeinschaften wird so eher durch gemeinsames Interesse als durch die Lernziele eines bestimmten Kurses gesteuert. – In einem mittelgroßen Softwareunternehmen werden Wikis für die Dokumentation der Software verwendet. Da das Wiki eine immer wichtigere Stellung im Unternehmen einnimmt, werden zunehmend auch andere Arbeitsprozesse mit dem Wiki unterstützt, wie zum Beispiel frühe Designaktivitäten im Team ebenso wie Support Anfragen der Kunden. Das Wiki bildet somit zunehmend die sich entwickelnde Wissensbasis der Gemeinschaft der Softwareentwickler ab und unterstützt kollaborative Lernprozesse in frühen Phasen der Softwareentwicklung bis hin zu internen und externen Software-Schulungen (Weber, Frühstück & Ley 2011). – Wenger, White & Smith (2009) geben das Beispiel einer Community, die sich um das Thema der Myeloproliferativen Erkrankung (einer Gruppe von chronischen und unheilbaren Bluterkrankungen) gebildet hat. Die Autoren beschreiben, wie sich unter den Teilnehmenden dieser offenen Community ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, und

262

3 Didaktik

wie diese voneinander lernen mit der Erkrankung zu leben und sein Leben zu gestalteten. Die Teilnehmenden verwenden hauptsächlich einen Email Verteiler und ein Archiv von Informationsressourcen. So verschieden diese Beispiele sind, sie zeigen doch einige wichtige Prinzipien von community-orientiertem Lernen auf. Nach Wenger, White & Smith (2009) sind dies eine Domäne (das Thema, welches das gemeinsame Interesse beschreibt und der Gruppe eine Identität gibt), Praktiken (die Aktivitäten, Techniken, Werkzeuge und Ressourcen, die die Gruppe einsetzt) und Gemeinschaft oder Community (die soziale Organisation der Gruppe und das Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Gruppe zusammenhält). Wir werden im nächsten Kapitel den Ansatz der „Communities of Practice“, dem diese Betrachtung zugrunde liegt, sowie einige komplementäre Ansätze, genauer betrachten. Dann stellen wir die Anwendung von Technologien im Kontext dieser Theorien dar und zeigen, wie sie im CSCL in Bildungseinrichtungen und Unternehmen eingesetzt werden. Abschließend betrachten wir noch einige charakterisierende Merkmale der Technologien, die diese besonders interessant für community-orientierte Lernformen machen: Die Emergenz der entstehenden Wissensstrukturen.

2

Das Konzept der Communities of Practice

Das Konzept der Communities of Practice (CoP, im Deutschen auch manchmal als Praxisgemeinschaften bezeichnet) hat nach der Einführung im Jahre 1991 (Lave & Wenger 1991) viele theoretische Weiterentwicklungen und praktische Umsetzungen nach sich gezogen. Basierend auf einer Vielzahl an ethnographischen Studien, die sich mit sozial-vermitteltem Lernen in verschiedenen praxisbezogenen Gemeinschaften oder Gruppen beschäftigte, wird dieser Ansatz in neuerer Zeit insbesondere zur Beschreibung von computergestützten Prozessen kooperativer Lernsituationen weiterentwickelt. Zentral ist dabei die Annahme, dass individuelles Lernen immer in einem sozialen Kontext geschieht. Bei Lave und Wenger ergibt sich dieser Kontext aus den Praktiken der organisationalen Kultur, die dadurch entstehen, dass Gruppen von Menschen an einer gemeinsamen Sache Interesse finden und kontinuierlich versuchen, Probleme zu lösen.

2.1

Der Prozess der Bedeutungsaushandlung in CoPs

Eine wichtige Rolle in CoPs spielt der kontinuierliche Prozess der Bedeutungsaushandlung („Negotiation of Meaning“, Wenger 1998), der zu einem gemeinsamen Verständnis über die Praktiken innerhalb der CoP (z.B. das Wissen, die Tätigkeiten und Normen) führt. So haben die Softwareentwickler aus unserem eingangs erwähnten Beispiel ein gemeinsames Verständnis dafür entwickelt, was ein Softwarefehler ist, wie sich diese Fehler beschreiben und kategorisieren lassen, und was bei einem konkreten Fehler üblicherweise zu tun ist. Für diese Bedeutungsaushandlung spielen Prozesse der Partizipation und Vergegenständlichung („Participation and Reification“) eine große Rolle (Wenger 1998). Vergegenständlichung meint hier das Schaffen von Objekten, Artefakten oder Symbolen, die Bedeutungen tragen können. Im Beispiel der Softwarefirma wären dies Softwarehandbücher, Datenbanken, in denen die Softwarefehler dokumentiert werden, aber auch Emails, die geschrieben

3.9 Community-orientiertes Lernen

263

werden oder bestimmte Begriffe, die sich über die Zeit herausgebildet haben. Diese verdinglichten Objekte sind jedoch ohne die Partizipation der Mitglieder der CoP an gemeinsamen Aushandlungsprozessen wertlos, weil sie erst über die kontinuierliche Teilnahme an Gesprächen, Diskussionen und Problemlösungsprozessen ihre spezifische Bedeutung erhalten. Die Bedeutungsaushandlung über Partizipation und Vergegenständlichung stellt einen zentralen Mechanismus von kollektivem Lernen dar, worüber sich die CoP als Ganzes weiterentwickelt. Individuelle Lernprozesse werden in diesem Kontext als legitime periphere Partizipation (LPP) beschrieben, ein interaktiver Prozess, durch den neue Mitglieder einer Gemeinschaft Schritt für Schritt in die soziale Praxis eingeführt werden und das damit verbundene Wissen und die Normen der Gemeinschaft übernehmen. Diese Form sozialen, situierten Lernens wird aus einer konstruktivistischen Perspektive beleuchtet, wonach neue Erfahrungen aktiv mit individuellem Vorwissen innerhalb eines Handlungszusammenhanges der Gemeinschaft in Beziehung gesetzt werden. Lehrlinge werden zu Meistern, indem sie anfänglich in der Peripherie der Gemeinschaft an Routinehandlungen von Expertinnen assistierend teilhaben und nach und nach Wege finden, zum Kern der Gemeinschaft durch die Übernahme verantwortungsvoller Tätigkeiten vorzustoßen. Zwei komplementäre theoretische Ansätze beschäftigen sich nun eingehend mit den repräsentierenden Medien, die in CoPs eine große Rolle spielen. Es sind dies der Ansatz der Verteilten Kognition („Distributed Cognition“) sowie das Modell der Wissensreifung, welches sich mit der Weiterentwicklung von Wissen in CoPs in einem organisationalen Rahmen beschäftigt. Diese werden im Folgenden dargestellt. Für eine weitere Einordnung der hier behandelten Theorien verweisen wir auf die Beiträge 1.3 Theorien des CSCL und 1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen.

2.2

Distributed Cognition

Der Distributed Cognition (DC) Ansatz (z.B. Boland, Tenkasi & Te’eni 1994; Hutchins, 1996; Hollan, Hutchins & Kirsh 2001) betrachtet gleichzeitig den Austausch unterschiedlicher Sichtweisen mehrerer Personen und andererseits die dafür eingesetzten, mediierenden Artefakte und Werkzeuge. Der Bedeutungsaushandlung in CoPs liegt die Verteiltheit kognitiver Prozesse über mehrere Individuen, vermittelnde Artefakte und technologische Hilfsmittel zugrunde. Dem DC- Ansatz zufolge ermöglicht nur die ganzheitliche Betrachtung des soziotechnologischen Systems, in dem Menschen handeln, die Beschreibung und Erklärung von Funktionen, die dieses System auszuführen versucht. In gutem Einklang mit Annahmen von Lave & Wenger (1991) widmet der DC-Ansatz externalen Wissensrepräsentationen (zum Beispiel in Schrift und Bild) viel Aufmerksamkeit, da sie mit den internalen Repräsentationen, den mentalen Kategorien von Individuen in Wechselwirkung treten. Beispielsweise kann ein Eintrag eines betriebsinternen Wikis als eine externale Repräsentation des Wissens einer Mitarbeiterin die Gedanken eines anderen Mitarbeiters neu strukturieren. Die Organisation von Kommunikationsmedien ist ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Praxis einer Gemeinschaft, insofern sich internale und externale Repräsentationen wie im vorherigen Beispiel durchdringen können und auf diese Weise eine Verbreitung von Ideen und Vorstellungen ermöglichen. Eine reichhaltige Gestaltung von Kommunikationsmedien stellt individuelle Verbindungen zwischen Gedanken mehrerer Mitglieder einer CoP her, die kraft eines einzigen individuellen Vorstellungsvermögens nicht

264

3 Didaktik

hätten gestiftet werden können und trägt daher maßgeblich zum ideenreichen Problemlöseverhalten und Lernfortschritt bei (Hutchins 2000). Vertreterinnen des DC-Ansatzes haben Methoden entwickelt, um ein verteiltes kognitives System mitsamt seiner einzelnen Teile und deren Interaktionen zu beschreiben (Blandford & Furniss 2005). Angewandt werden unter anderem ethnographische Methoden (Hollan et al. 2000) zur Sammlung von Daten (Interviews, teilnehmende Beobachtung, Video- und Audioaufzeichnungen, sowie Log-Daten der Mensch-Computer-Interaktion) und die soziale Netzwerkanalyse zur quantitativen Beschreibung und Darstellung von Relationen zwischen Personen und Artefakten (Roth & Cointet 2009; Walker, Stanton et al. 2010). Ergebnisse der Analysen sollen dabei helfen, kognitive Prozesse innerhalb der Praxisgemeinschaft, etwa die Speicherung, Verarbeitung und den Abruf von Informationen zu entlasten und positiv zu beeinflussen.

2.3

Modell der Wissensreifung

Der CoP Ansatz fokussiert auf selbstorganisierte Prozesse von Communities. Oft sind diese CoPs jedoch in einen größeren institutionellen Rahmen eingebunden, zum Beispiel als Teil von Unternehmen oder Unternehmensverbünden. Auch die Universität oder Schule stellt einen institutionellen Rahmen bereit, der einen Einfluss auf die Ausgestaltung von CoPs hat. Der Einfluss dieses organisationalen Kontexts wird nun durch das Model der Wissensreifung (Schmidt et al. 2009) genauer gefasst: Erstens rückt das Modell zeitliche Aspekte der Wissensentwicklung in den Vordergrund, in dem das Modell eine systematische Weiterentwicklung von externalen und internalen Wissensrepräsentationen über die Zeit hinweg postuliert. Zweitens wird neben der bottom-up und durch Selbstorganisationsprozesse bestimmten Wissensentwicklung, die sich aus einer Vielzahl von CoPs speist, auch der Prozess der top-down Steuerung von Seiten der Organisation betrachtet. So verfolgt das im Beispiel genannte Softwareunternehmen u.a. das Ziel, das Verhältnis zu den Kunden zu verbessern und interne Support- und Entwicklungsprozesse effizienter zu gestalten. Dementsprechend werden bestimmte Initiativen der CoP durch Ressourcenzuweisung gefördert, solche hingegen, die nicht zu diesen Zielen beitragen, werden nicht unterstützt. Beide, bottom-up und top-down Prozesse, sind dann verantwortlich dafür, dass ein bestimmter Wissensbereich innerhalb einer Organisation reift. Nach dem Modell der Wissensreifung wird Wissen durch eine Vielzahl an sozialen Lernprozessen von der individuellen, über die Community, zur organisationalen Ebene transferiert und zunehmend reifer, indem es stärker geteilt, expliziter und weniger kontextabhängig wird. Dieser Prozess lässt sich als eine systematische Abfolge von Phasen beschreiben (vgl. Abbildung 1): Entstehen von Ideen, Verteilung in Communities, Formalisierung, Ad Hoc Fortbildung, und Standardisierung. In jeder der Phasen sind dabei bottom-up Prozesse („maturing“) als auch top-down Prozesse („guidance“) wirksam.

3.9 Community-orientiertes Lernen

Abbildung 1

265

Das Modell der Wissensreifung (Schmidt et al. 2009)

In jeder der Phasen lassen sich typischerweise unterschiedliche Werkzeuge und Wissen repräsentierende Medien finden, die den Wissensreifungsprozess unterstützen. So finden sich in der ersten Phase vorwiegend individuelle Werkzeuge, wie Aufgabenlisten oder Notizbücher. In der zweiten Phase findet man community-orientierte Technologien, wie Weblogs, Wikis oder Collaborative Tagging Umgebungen. In der Phase der Formalisierung sind dies dann oftmals formalere Dokumente, die über geteilte Datenbanken weitergegeben werden. In den späteren Phasen schließlich wird Wissen über Lernobjekte oder Kurse repräsentiert und verteilt. Das Modell legt nahe, dass kollaborative Lernprozesse in Organisationen im ganzheitlicheren Kontext der Wissensentwicklung gesehen werden muss, und dass unterstützende Werkzeuge die Phasensprünge effektiv unterstützen sollten.

3

Werkzeuge für community-orientiertes Lernen

Wenn Communities zusammenfinden, dann kommen üblicherweise eine Reihe unterschiedlicher Werkzeuge zum Einsatz. Die Beispiele in der Einleitung machen schon deutlich, dass sich eine Community nicht auf die Nutzung eines Werkzeuges (zum Beispiel einer Community Plattform) reduzieren lässt. Vielmehr werden die eingesetzten Werkzeuge und Technologien als „Habitat“ gesehen (Wenger et al. 2009). Die Einführung, Aneignung und Nutzung von Werkzeugen sind getrieben durch das gemeinsame Interesse und die Praktiken der Gemeinschaft und beeinflussen im Gegenzug Interessen und Praktiken.

266

3 Didaktik

So wurde beispielsweise das Wiki in der Softwarefirma aus dem Beispiel nicht per Beschluss des Managements eingeführt, sondern Mitglieder des Teams fingen an, mit dieser Technologie zu experimentieren und sich diese für die eigenen Zwecke anzueignen und zu adaptieren. So wurde zum Beispiel eine Integration des Bug Tracking Systems (das der Dokumentation und Verfolgung von Programmfehlern dient) mit dem Wiki geschaffen, um das Wissen, welches im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Softwarefehlern entsteht, auch langfristig verfügbar zu machen. Im Gegenzug änderte sich auch die Praxis des Teams: In Team Meetings wurden Diskussionen und Ergebnisse direkt im Wiki dokumentiert. Das Wiki wurde immer stärker zum ersten Anlaufpunkt bei Fragen und Problemen. Tabelle 1:

Beispiele für Werkzeuge in Anlehnung an Wenger et al. (2009)

CoP Polaritäten

Technologische Dimensionen

Beispiele für Wekzeuge

Zeitlich-räumliche Rhythmen: Zusammensein vs. Trennung

Synchron

Microblogging, Instant Messaging, Whiteboards

Asynchron

Email, Social Tagging, Wikis, Weblogs, Diskussionsbretter

Individuum

Weblogs, individuelle Profilseiten, Email, Freunde Listen

Gruppe

Community Seiten, Wikis, Newsletter

Partizipation

Email, Videokonferenzen, Chats

Vergegenständlichung

Dokumentenmanagement, Collaborative Tagging und Bookmarking, Wikis

Identität: Individuelle vs. kollektive Identität

Interaktionen: Partizipation vs. Vergegenständlichung

Wenger et al. (2009) haben eine Landkarte von Community Werkzeugen vorgestellt, die die Werkzeuge anhand von verschiedenen Polaritäten in CoPs einordnet. Dazu gehört die oben genannte Polarität zwischen Partizipation und Vergegenständlichung. Eine weitere Polarität entsteht durch verschiedene zeitlich-räumliche Rhythmen der CoP, und die Landkarte unterscheidet deshalb zwischen synchronen und asynchronen Werkzeugen. Schließlich entsteht eine Polarität durch die ebenfalls schon genannte Unterscheidung von individuellem und kollektivem Lernen: So entsteht neben der individuellen Identität auch eine Identität der Gesamtgruppe. In diesem Sinne gibt es Werkzeuge, die eher auf Individuen fokussieren und andererseits solche, die eher auf die Gesamtgruppe fokussieren. Tabelle 1 zeigt einen Ausschnitt einiger typischer Werkzeuge und die Zuordnung in der Landkarte. Im Folgenden gehen wir insbesondere auf drei Werkzeuge genauer ein, die als „hybride Werkzeuge“ eine Brücke zwischen verschiedenen der genannten Polaritäten schlagen: Weblogs, Wikis und Collaborative Tagging. Wir fokussieren hier auf die Anwendungen im community-orientierten Lernen. Für eine genauere Beschreibung der Technologien verweisen wir insbesondere auf den Beitrag 2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen. Eine Darstellung vieler weiterer Werkzeuge, die im Rahmen von CoPs Verwendung finden, geben Wenger et al. (2009) und CPSquare (2011).

3.9 Community-orientiertes Lernen

3.1

267

Weblogs und Microblogging

Der Erfolg von Blogging oder Weblogs und Microblogging im WWW basiert vor allem auf der Einfachheit der Basisfunktionalitäten für die Veröffentlichung von persönlichen Meinungen oder Ideen und der einfachen Kommunikation zwischen einzelnen Benutzern. So ist es nicht verwunderlich, dass der Erfolg dieser Technologien auch in den Bildungsbereich Einzug gehalten hat. Zahlreiche Studien berichten zum Beispiel vom erfolgreichen Einsatz von Weblogs vor allem im Bereich der Hochschulbildung (z.B. Williams & Jacobs 2004; Burgess 2006, Glogoff 2003; Quible 2005; Ducate & Lomicka 2005; Põldoja 2010), in denen Studenten die Möglichkeit gegeben wird, Kursmaterial zu diskutieren, ein gemeinsames Verständnis zu einem oder mehreren Themen des Kurses zu entwickeln, den eigenen Lernerfolg laufend zu protokollieren und dadurch Lernen zu fördern. Weblogs und Microblogging Plattformen bieten Personen eine Plattform, die eigenen Gedanken, Ideen oder kritische Sicht auf ein bestimmtes Thema darzustellen. So ergibt sich die Möglichkeit, CoPs zu einem bestimmten Thema zu formen. Der Gedankenaustausch innerhalb einer solchen Gemeinschaft wird dann dadurch gefördert, dass mit anderen Lernenden Kontakt aufgenommen werden kann und Diskussionen angeregt werden. Im Gegensatz zu Wikis, in denen hauptsächlich die kollaborative Content Erstellung im Vordergrund steht (siehe Abschnitt 3.2), werden in Weblogs die einzelnen Personen und zielgerichteten Diskussionen zu einzelnen Weblogeinträgen in den Mittelpunkt gerückt (Farmer 2006). In diesem Sinne sind Weblogs eher der individuellen Polarität bei Wenger zuzuordnen und unterstützen die erste Phase der Wissensreifung. Die Brücke zur kollektiven Perspektive und der zweiten Phase der Wissensreifung ergibt sich in Weblogs dann über die Möglichkeit, die Blogeinträge anderer Personen zu verfolgen und auch Inhalte anderer Weblogs im eigenen Weblog zu zitieren (siehe Abschnitt Trackbacks im Beitrag 2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen). Aus diesen Links entwickelt sich ein Beziehungsnetzwerk zwischen den Nutzern. Diese Beziehungsnetzwerke haben einen emergenten Charakter: So ist zu erwarten, dass sich die Eingebundenheit einer Person in diesem Netzwerk über die Zeit verstärkt, je mehr sie in der Community partizipiert. Noch stärker ist diese Eigenschaft bei Microblogging (z.B. Twitter) ausgeprägt, da die Möglichkeiten, benutzerspezifische Einträge zu erstellen, Beiträge anderer Personen an das eigene Personennetzwerk weiterzuleiten oder durch die Markierung bestimmter Begriffe in Beiträgen (sog. Hashtags) diese navigierbar zu machen, in noch stärkerem Maße die Bildung von Communities fördert. Durch diese Zentrierung auf den individuellen Benutzer bei Blogging und Microblogging entstehen selbstgesteuerte individuelle oder kollaborative Lehr- und Lernprozesse. Die Einbindung eines Individuums in das soziale Netzwerk und die Aneignung von Begriffen der Community (z.B. der Hashtags) macht in direkter Weise LPP in der CoP sichtbar. In universitärer Umgebung lassen sich Weblogs und Microblogging vielfältig einsetzen, zum Beispiel als Zusatz zu Lehrveranstaltungen für die regelmäßige Dokumentation von Lernerfolgen, als Plattform zur Ergebnispräsentation und -diskussion oder als gemeinsames Projekttagebuch (siehe Röll 2005; Stocker 2007; Ebner 2010 oder Holotescu 2010). Das in der Einleitung beschriebene System, EduFeedr (Põldoja 2010), zeigt wie man über einzelne Lehrveranstaltungen hinweg, die Bildung von Communities unterstützen kann. Ein weiteres

268

3 Didaktik

oftmals genanntes Beispiel für den Einsatz von Weblogs auch im Schulkontext ist der Fremdsprachenunterricht. Dort werden diese Technologien erfolgreich eingesetzt um außerhalb des formalen Unterrichts den Lernenden die Möglichkeit zu geben, Zeit für Sprachübungen aufzuwenden und die eigene Schreibkompetenz durch gemeinsame Kommunikation zu verbessern (z.B. Armstrong & Retterer 2004 für Weblogs, Borau et al. 2009 für Microblogging). Beispiele für den Einsatz von Weblogs in einem Unternehmen sind kollaborative Projekttagebücher, bei denen arbeitsteilige aber auch arbeitsgleiche Projektgruppen den Fortschritt aller anderen verfolgen. Gerlach & Hauptmann (2010) berichten von erfolgreichem Microblogging-Einsatz zur Bildung und Aufrechterhaltung von CoPs indem Mitarbeiter regelmäßig über aktuelle Tätigkeiten, neue Kompetenzen und projektbezogene Details berichten und gleichzeitig ein „Follower“-Netzwerk aufbauen. Dadurch ergibt sich eine verstärkte Integration von Lernen und Arbeiten, in der sich die Rollen von informell Lehrenden und Lernenden abhängig von Themengebiet sehr schnell verändert (vgl. dazu auch den Beitrag 5.4 CSCL in Unternehmen).

3.2

Wikis

Ein beliebtes Web 2.0 Werkzeug zur kollaborativen Wissenskonstruktion ist das Wiki (Bruns & Humphreys 2005; Chong & Yamamoto 2006; Kimmerle, Moskaliuk, Cress & Thiel 2010), das einer CoP dabei hilft, die verschiedenen Perspektiven der Mitglieder in schriftlicher Form sichtbar und für eine gemeinsame Bedeutungsaushandlung nutzbar zu machen. Die bereits in der Einleitung zitierte Studie von Weber et al. (2011) über den Einsatz eines Wikis in einem Softwareunternehmen zeigte, dass dieses Werkzeug nicht nur bestehendes Wissen der Softwareentwicklerin verfügbar hält, sondern auch die Weiterentwicklung von Wissen und Ideen unterstützt. Der wechselseitige Wissensaustausch beruht auf einem gemeinsamen Web- oder auch Intranet-basierten Editieren eines Textes, der jederzeit um weitere Inhalte ergänzt und verändert werden kann (Raitman, Augar & Zhou 2005). Neben diesen Prozessen der Vergegenständlichung unterstützt es auch Prozesse der Partizipation über den einzelnen Seiten zugeordnete Diskussionsseiten. Bezug nehmend auf das Modell der Wissensreifung (Abschnitt 2.3) unterstützt das Wiki besonders Prozesse der Phasen 2 und 3, das Austauschen und Formalisieren von Ideen. Das im Abschnitt 2.2 beschriebene Ineinandergreifen internaler und externaler Repräsentationen im verteilten kognitiven System wird mit dem Wiki durch die Prozesse der Akkommodation und Assimilation vorangetrieben (Cress & Kimmerle 2008). Indem ein Wiki verschiedene Perspektiven in Form unterschiedlicher Wiki-Einträge aufzeigt, birgt es im positiven Sinne Konfliktpotential. Stehen Sichtweisen anderer Personen zu den individuellen Vorstellungen im Konflikt, treten akkommodative Prozesse in Kraft: eine bestehende Auffassung eines Gegenstandsbereiches wird erweitert bzw. differenziert. Das Resultat ist eine reichhaltigere, unterschiedliche Blickweisen in sich vereinigende Wissensrepräsentation. Ein gemeinsam erstellter Wiki-Artikel ist daher eine emergente Wissensstruktur, dessen Inhalt nicht durch die Addition, sondern durch die Interaktion individueller Beiträge entstanden ist. Auf einfache Weise stellt das Wiki eine Schnittstelle zwischen individuellen Vorstellungen der Mitglieder und dem kollektiven Wissen der gesamten CoP her (Kimmerle et al. 2010) und unterstützt so die soziale Konstruktion, sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung von

3.9 Community-orientiertes Lernen

269

Ideen. Als ein prototypisches CSCL-Werkzeug für Innovations- und Wissensmanagement wurden Wikis bisher erfolgreich im wirtschaftlichen (Wagner & Majchrzak 2007), edukativen (Bruns & Humphreys 2005), als auch politischen Kontext (Makice 2006) eingesetzt.

3.3

Collaborative Tagging und Social Bookmarking

Eine in den letzten Jahren zunehmend Beachtung findende Funktionalität für Zwecke des CSCL wird als Collaborative Tagging (auch Social Tagging oder gemeinschaftliche Indexierung) bezeichnet. Diese Funktionalität findet sich in vielen kollaborativen Internetumgebungen und dient dem gemeinschaftlichen Annotieren von Web-Ressourcen (z.B. Lesezeichen, Bilder, Filme). Collaborative Tagging zeichnet sich dadurch aus, dass das Annotieren anhand frei gewählter Schlagwörter (auch Tags genannt) durch die Nutzer erfolgt, d.h. es gibt kein kontrolliertes Vokabular oder eine vorgegebene Taxonomie. Die dabei hervorgehende Sammlung an Tags erleichtert aus Sicht des Distributed Cognition (DC)-Ansatzes die verteilte Verarbeitung von Informationen durch die Möglichkeit flexiblen Archivierens und Abrufens von Web-Ressourcen. Komplementär zu formaleren Systemen der Wissensorganisation, die auf eine möglichst eindeutigen Zuteilung von Informationen zu einer semantischen Hierarchie von Kategorien (Taxonomie) abzielen, spannen die Verbindungen zwischen Tags, Ressourcen und Nutzer ein flaches, assoziatives Netzwerk auf, das eine multiple Kategorisierung von Informationen anregt. Durch die Visualisierung der Tag-Sammlung in Form von Tag-Clouds, in denen häufig verwendete Tags mittels Farbe und/oder Schriftgröße prominent in den Vordergrund gesetzt werden, verleiht Collaborative Tagging auch einem geographisch stark verteilten kognitiven System mehr „Bewusstheit“ für aktive Interessensgebiete aller Teilnehmer. Die weiter oben beschriebene LPP, die graduell zunehmende Teilhabe eines Individuums an Praktiken einer Gemeinschaft, wird durch Collaborative Tagging in sprachlicher Hinsicht unterstützt: Die Navigation in einem Tag-Netzwerk offenbart die Verknüpfung von Symbolen (Tags) und referenzierten Objekten (Ressourcen). Nicht zuletzt wird aufgrund der kontinuierlichen Erweiterbarkeit des Tag-Netzwerkes durch neue Begriffe die Externalisierung einer adaptiven Bedeutungsaushandlung innerhalb der Gemeinschaft gefördert. Darüber hinaus erlaubt das assoziative Netzwerk aus Tags, Nutzer und Ressourcen (auch „Folksonomy“ genannt) intelligente Dienste, z.B. Empfehlung von Tags, die wiederum die Bedeutungsaushandlung unterstützt (siehe Abschnitt 4 unten). Eine empirische Studie von Yew, Gibson & Teasley (2006) untersuchte den Nutzen von Collaborative Tagging im Hochschulkontext. Studierende verwendeten im Rahmen einer Lehrveranstaltung eine Weblog-Umgebung, um Links zu relevanten Websites auszutauschen, sowie Fragen des Kursleiters mithilfe eines Blogs zu diskutieren. Eine stichwortartige Beschreibung der Blog-Einträge erfolgte anhand von Tags, wodurch eine Zusammenfassung von Konversationen rund um ein Thema resultierte. Die Ergebnisse der Studie sprachen dafür, dass die Tagging-Funktionalität ein wichtiger Bestandteil der sozialen Interaktion war. Bereits nach kurzer Zeit wurden bestimmte Tags zu geteilten Symbolen, die entweder auf wichtige Konzepte der Domäne referenzierten (so genannte „content tags“) oder den Zweck der Konversation indizierten (so genannte „functional tags“).

270

3 Didaktik

Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Collaborative Tagging lieferte die Studie von Chen, Chen & Sun (2010). Schüler und Schülerinnen nutzten eine Web-basierte Lernumgebung, um englische Artikel zu besprechen und ihre Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Die Personen der Experimentalgruppe verwendeten im Gegensatz zur Kontrollgruppe Tags zur stichwortartigen Beschreibung der gelesenen Artikel. Der Zuwachs an Leseverständnis englischer Literatur in der Experimentalgruppe übertraf signifikant jenen der Kontrollgruppe. Das gezogene Fazit lautete, dass die Effektivität der Lernumgebung durch die Ergänzung der Tagging-Funktionalität erhöht wurde. Sofern die Tags kognitiv intensiv verarbeitet wurden, legten sie auf sehr prägnante Weise Gedanken offen. Diese Externalisierung von internalen Repräsentationen trat mit Konzepten anderer Schüler und Schülerinnen in Interaktion und unterstützte überindividuelle Wissenskonstruktion. Auch die Studie von Vuorikari, Sillaots, Panzavolta & Koper (2009) über eine internationale Kooperation von Lehrenden zeigte ein vielversprechendes Ergebnis. Die teilnehmenden Personen bedienten sich eines Internet-Portals, das einerseits standardisiertes Unterrichtsmaterial zur Verfügung stellte. Andererseits ermöglichte es den Gebrauch von Tags zur Navigation in der Ressourcensammlung von Kollegen. Tatsächlich erfreute sich die TaggingFunktion großer Beliebtheit. Ohne externe Einflussnahme entstanden aussagekräftige Tags, die explorative Suchprozesse initiierten und zudem von Lehrenden unterschiedlicher Nationen verwendet wurden. Dieses Resultat rechtfertigt die Annahme, dass Collaborative Tagging der Verteilung von Informationen auch in einer eher losen Interessensgemeinschaft dienlich ist.

4

Emergenz in CoPs und deren technische Realisation

Da CoPs oft selbstorganisierte Lernprozesse zugrunde liegen, ist es wünschenswert, dass sich auch in den technischen Werkzeugen emergente Prozesse abbilden lassen. Bei allen genannten technischen Umgebungen spielt die Vernetzung von Informationseinheiten und Nutzern eine wichtige Rolle. Entsprechend erlauben Collaborative Tagging Systeme dem Nutzer zum Beispiel eine einfache und intuitive Navigation innerhalb eines Netzwerks aus individuell vergebenen Tags und referenzierten Objekten. Ebenso ermöglichen Links innerhalb eines Weblog oder Wiki Eintrags zu einem anderen Eintrag zu navigieren. In Weblogs stellen sogenannte Trackbacks sogar bidirektionale Hyperlinks dar. In Microblogging Systemen können Nutzer über die Hashtags den Informationsraum erschließen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Hypertexten sind die Strukturen der genannten Systeme jedoch emergent, d.h. sie entstehen erst durch die Beiträge vieler individueller Nutzer. Ob sich diese Strukturen nach dem häufig postulierten Prinzip der kollektiven Intelligenz über die Zeit verbessern, ist derzeit eine wichtige Forschungsfrage. Die zugrundeliegenden Daten, Strukturen und das Nutzerverhalten können von Designern dieser Systeme genutzt werden um einerseits die Nutzung der Systeme zu analysieren und andererseits auf diesen Ergebnissen aufbauend, intelligente Dienste zu entwickeln, welche den Nutzern der Systeme eine sinnvolle Unterstützung bieten (für Microblogging, siehe z.B. Wagner & Strohmaier 2010; für Collaborative Tagging, siehe z.B. Cattuto et al. 2007). Folgende Verfahren für die Analyse werden am häufigsten verwendet:

3.9 Community-orientiertes Lernen

271

– Statistische Verfahren: Diese werden zum Beispiel verwendet um Häufigkeiten zu erkennen. So wird eine Tag Cloud in einem Collaborative Tagging System anhand der Häufigkeit eines Tags visualisiert um den Nutzern eine intuitive Navigation durch das System zu ermöglichen. – Vektorbasierte Verfahren interpretieren das zugrundeliegende Datenmodell als mehrdimensionalen Raum, in dem unterschiedliche Objektklassen jeweils eine unterschiedliche Dimension darstellen. So lassen sich zum Beispiel verschiedene Ähnlichkeitsmaße aus der Vektorraumtheorie anwenden um ähnliche Objekte zu einem bestehenden Objekt zu finden oder auch um Gruppen von ähnlichen Objekten zu identifizieren. – Netzwerktheoretische Verfahren interpretieren das zugrundeliegende Datenmodell als mathematischen Graphen um bestehende Verfahren aus der sozialen Netzwerkanalyse oder aus der Graphentheorie anwenden zu können. Dieser Ansatz wird im Folgenden noch detaillierter erklärt. Die Verbindungen zwischen den Nutzern und den einzelnen Objekten (Tags, Ressourcen, Weblogeinträgen, Hashtags) werden oftmals in Form eines mathematischen Graphen interpretiert, indem die einzelnen Objekte als Knoten dargestellt werden und die Verbindungen zwischen zwei Objekten als Kanten. Im Falle von Collaborative Tagging Systemen bildet die Struktur aus Objekten (Nutzer, Ressourcen und Tags) einen sogenannten Hypergraphen, bei dem eine Kante nicht nur zwei sondern mehrere Knoten verbindet und ein sogenanntes TagAssignment repräsentiert, bestehend aus einem Nutzer, einer Ressource und einem Tag welches der Nutzer für die entsprechende Ressource vergeben hat. Oftmals ist ein TagAssignment auch noch mit einem Zeitstempel versehen, sodass auch Analysen basierend auf den Veränderungen im Netzwerk über die Zeit durchgeführt werden können. Basierend auf diesen Graphen können dann intelligente Empfehlungen Nutzer bei der Bedienung und Navigation in solchen Systemen unterstützen (Dattolo, Ferrara & Tasso 2010). Um beispielsweise community-orientiertes Lernen in CT Systemen sinnvoll zu unterstützen, können Dokumente mit identischen oder ähnlichen Schlagwörtern oder Nutzer mit ähnlichen Interessen in Verbindung gebracht werden. Durch die Vergabe von ähnlichen Schlagwörtern bilden sich virtuelle Gemeinschaften an den verschlagworteten Ressourcen und durch die Empfehlungen wird ein Bewusstsein für ähnliche Lerninhalte und Lernpartner geschaffen. Zudem lässt sich aus dem Verhalten einzelner Nutzer in diesen Umgebungen einiges über deren Interessen und Kompetenzen aussagen (Schöfegger, Seitlinger & Ley 2010) Um die Entwicklung eines gemeinsamen Vokabulars zu unterstützen, können etwa passende Tags während des Verschlagwortungsprozesses dem einzelnen Nutzer vorgeschlagen werden. Das offene Teilen der Tag-Annotationen einzelner Nutzer mit der Gemeinschaft bietet außerdem eine gute explizite Suchmöglichkeit welche durch Vorschlagen von ähnlichen Suchbegriffen automatisch unterstützt werden kann.

5

Zusammenfassung und Ausblick

Wir haben den Einsatz verschiedener Werkzeuge für den Einsatz in community-orientiertem Lernen diskutiert. Dabei haben wir besonders auf die folgenden Funktionalitäten hingewiesen, die im Kontext von community-orientiertem Lernen eine Rolle spielen (siehe auch McAfee 2006; Hinchcliffe 2007): Autorenschaft ohne Barrieren, Netzwerk-orientierte Funk-

272

3 Didaktik

tionen durch starke Verlinkung von Personen und Ressourcen, Soziale Funktionen durch identifizierte Nutzer und emergente Prinzipien der zugrundeliegenden Strukturen. Besonders die Emergenz ist ein Phänomen, welches derzeit und auch in Zukunft in der Forschung eine große Rolle spielen wird. Es gibt natürlich eine Vielzahl weiterer Arten von Werkzeugen, die auf ähnlichen Prinzipien basieren. Zum Beispiel haben Wodzicki, Schwämmlein, & Cress (2009) die Rolle von Sozialen Netzwerken in Lernprozessen untersucht (siehe auch der Beitrag 2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen). Virtuelle Spiele-Gemeinschaften (siehe der Beitrag 3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen) sind ein weiterer Bereich, bei dem Potenzial für situierte und distribuierte Lernprozesse gegeben ist (z.B. Dieterle & Clarke 2008). Auch sind wir in diesem Beitrag weniger auf praktische Umsetzungsgesichtspunkte eingegangen. Diese können aufgrund der erwähnten Selbstorganisationsprozesse kompliziert sein. Welche Werkzeuge passend und für eine konkrete Community dienlich sind, erfordert eine gute Kenntnis der Praktiken, die in der Community vorherrschend sind. Wenger et al. (2009) schlagen deshalb auch vor, dass die Rolle des Technologie-„Stewards“ aus den Reihen der Community kommen sollte. Aus pragmatischen Überlegungen kann es angezeigt sein, eine bestehende Community Plattform (wie Facebook, Xing oder LinkedIn) zu verwenden, da diese eine Vielzahl an relevanten Funktionalitäten anbieten, einfach integrieren, und üblicherweise bereits viele Individuen Mitglieder dieser Plattformen sind. Die Abgeschlossenheit dieser Plattformen gegenüber der Außenwelt stellt sich allerdings manchmal als Hindernis heraus, wenn es um ein organisches Wachstum der Gemeinschaft geht. Alternativ schlagen Wenger et al. (2009) Integrationsstrategien vor, die auf Interoperabilität (über RSS oder andere Standards) setzen, statt auf Integration über Plattformen. Der Distributed Cognition-Ansatz lehrt uns, die Sinnhaftigkeit von Technologien und Medien in Abhängigkeit ihrer vermittelnden Funktion innerhalb eines Lernszenariums zu hinterfragen. In anderen Worten, vermag ein und dieselbe Technologie in verschiedenen Lernumwelten positive oder negative Wirkungen zu entfalten. Es gilt, dieser Wechselwirkung zwischen Technologie und Umwelt Rechnung zu tragen. Nach Adomßent (2001) übernehmen Medien in der instruktiven Lernumwelt die Funktion, Kursmaterialien zur Verfügung zu stellen, während sie in diskursiven Umwelten als kognitive Artefakte, sogenannte „Mindtools“, agieren. Kooperative „Mindtools“ erfüllen nicht den Zweck, konsistente, inhaltlich in sich geschlossene Lernobjekte zu produzieren. Vielmehr helfen sie, Gedanken verschiedener Menschen wahrnehmbar zu machen und – mit einiger Mühe – in Beziehung zu setzen. Wikis, Blogs und Collaborative Tagging sind der Kategorie „kooperative Mindtools“ zuordenbar und daher in instruktiven Lernarrangements zur Vermittlung abgesicherten Grundlagenwissens wohl weniger geeignet. In ähnlicher Weise werden selbstorganisierte Lernarrangements häufig kritisiert, weil sie bei den Lernern zu einer zu hohen zusätzlichen kognitiven Belastung führen, die dem Lernerfolg abträglich ist (z.B. Mayer 2004). Community-orientierte Lernformen stehen unter dem Verdacht, dass sie das Gefühl des „lost in hyperspace“ eher noch verstärken. Schließlich muss bei der Auswahl von Lernmedien die Wechselwirkung zwischen Technologie und individuellen Neigungen berücksichtigt werden. Nach Adomßent (2001) sind sowohl die intrinsische Bereitschaft zur Kooperation, als auch die Toleranz für Ungewissheit Voraussetzungen für kooperatives Lernen. Unterschiedliche Meinungen und eine damit einhergehende Ungewiss-

3.9 Community-orientiertes Lernen

273

heit bieten bestimmten Menschen Anreize, die Auseinandersetzung mit einem Thema zu intensivieren; bei anderen Menschen rufen sie hingegen Verunsicherung hervor. Aus diesem Grund ergeben sich auch interindividuelle Differenzen in der Präferenz für communityorientierte Lernformen. Das Ausmaß, mit dem Soziale Software-Anwendungen für community-orientiertes Lernen zur Anwendung kommen, sollte deshalb mit den Wünschen und Neigungen der involvierten Personen abgestimmt sein.

274

3 Didaktik

3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen Sonja Ganguin Universität Paderborn

1

Einleitung

In diesem Beitrag wird der Versuch diskutiert, die selbstmotivierenden Eigenschaften des (Computer-)Spiels, seine Unbeschwertheit und Leichtigkeit zu nutzen und bewusst auf Lernkontexte zu übertragen. Aktueller Hintergrund sind die in jüngster Zeit kursierenden Stimmen, das Lernen mit Neuen Medien durch die Integration medialer Spielelemente zu effektivieren. Didaktische Ansätze, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sind beispielsweise Serious Games oder Game-Based Learning, die als unterhaltsame, interaktive Bildungsprogramme betrachtet werden können. In diesem Sinn rücken mit der Fragestellung, wie durch sie Lernprozesse erleichtert werden können, Computerspiele in den Fokus didaktischer Kalküle.

2

Sozial-historische Spieldiskurse – ein Streifzug durch die Geschichte

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts wird darüber diskutiert, wie Computerspiele zum Lernen genutzt werden können. Einer der ersten, der dieses Thema mit dem Stichwort „Digital Game-Based Learning“ aufgriff, war Marc Prensky. Er forderte eine neue Lernkultur, die den Lernbedürfnissen der neuen Generation entspräche und das Lernen erleichtere: „When you think of computer games, there’s lots of engagement but little content. Business has lots of content, but no engagement. Put the two together and you have a way to learn the business through computers that makes sense for this generation“ (Prensky 2001, 1). In diesem Sinn lässt sich Game-Based Learning verstehen als eine Kombination zwischen Computerspielen und E-Learning. In einem ähnlichen Sinn schrieb bereits 1970 Clark Abt ein Buch mit dem Titel „Serious Games“. Abt versteht unter „ernsten“ Spielen solche, die „einen ausdrücklichen und sorgfältig durchdachten Bildungszweck verfolgen und nicht in erster Linie zur Unterhaltung gedacht sind“ (Abt 1971, 26). Durch die von Marc Prensky angefachte Diskussion um Computerspiele und Lernen erhielt auch der Terminus „Serious Games“ eine neue Relevanz und kann unter einer pädagogischen Perspektive wie folgt definiert werden: „Serious games have more than just story, art, and software, however. […] They involve pedagogy: activities that educate or instruct, thereby imparting knowledge or skill. This addition makes games serious“ (Zyda 2005, 26). Bezüglich der Unterscheidung der Begrifflichkeiten „Serious Games“ und „Game-Based-Learning“ ist es abschließend gewinnbringend, die Spiele als solche als „Serious Games“ zu bezeichnen und die zugehörigen Lernprozesse bei den Nutzern als „Game-Based Learning“ zu charakterisieren. Will man sich nun der Fragestellung widmen, wie Spielelemente in Lern- und Bildungskontexte zu integrieren sind, muss allerdings reflektiert werden, dass spielintegrativen didaktischen Ansätzen ein tradiertes historisches Deutungsmuster entgegen steht: Gemeint sind die

3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen

275

antagonistischen sozialkonstruktiven Konnotationen von Spiel (Leichtigkeit, aber auch Tand) auf der einen Seite und Lernen (Anstrengung, Mühsal, aber auch Ernst und Arbeit) auf der anderen Seite. Aus diesem Grund ist es zunächst notwendig, sich der unterschiedlichen Bewertungen über das Spiel im Lauf der Geschichte gewahr zu werden. Dabei lassen sich vier zentrale Deutungsmuster finden, die – wie wir sehen werden – auch heute noch empirisch nachweisbar sind (vgl. Ganguin 2010a).

2.1

Das realitätsfern-sinnlose Spiel

Ein erstes Grundmuster der Wahrnehmung von Spiel spiegelt sich in der Behauptung wider, dass Spielen „nutzlos“ sei. Der hier vorherrschende pragmatisch-rationale Diskurs schließt jegliche positiven Aspekte des Spiels aus. Das Spiel wird als „Kuriosum, als nutzlose Überflüssigkeit“ (Scheuerl 1988, 8) bewertet. Spielen wird als vergeudete Zeit angesehen. Die Bewertung des Spiels als nutzlos lässt sich erstens mit dem in der Literatur beständig vorfindbaren Spielmerkmal der Zweckfreiheit erklären (vgl. z.B. Kant 1968, Abs. 66: 56 f.; Lazarus o.J., 25; Groos 1973, 493; vgl. Huizinga 1997, 16). Das zweckfreie Erleben bedingt das Spiel und schließt, so die These, dritte Zielwerte aus. Das Spiel genügt sich selbst und ist dadurch für die Sphären, die außerhalb seiner liegen, ohne Relevanz. Es ist frei von objektiven Zwecken (vgl. Spencer 1897, 628) und somit für die ernste Realität „konsequenzlos“ (Stern 1923, 243), weshalb ein Transfer erworbener Erfahrungen, Fähigkeiten und Kompetenzen vom Spiel in die Realität ausgeschlossen wird. Eine für das Lernen fruchtbare Verbindung von Spiel und Lernen wird aus einer solchen Perspektive verneint.

2.2

Das romantisch-leidenschaftliche Spiel

Eine weitere Spielbewertung lässt sich als romantisch-leidenschaftlich bezeichnen. Das Spiel spricht hier die Fantasie an, entfaltet seine eigene Welt, die als spannendes, rauschhaftes Abenteuer erlebt wird. Es macht Spaß, und darin liegt auch seine Selbstbestimmtheit. Das Spiel begründet sich in seiner Sinnhaftigkeit selbst. Während seine Zweckfreiheit im vorangegangenen Grundmuster „Das realitätsfern-sinnlose Spiel“ dazu führt, dass das Spiel negativ bewertet wird, eröffnet der Freiheitscharakter hier dem Spiel eine anerkennende Diskussionsgrundlage. Es wird als etwas Positives bewertet, da es sich von den ernsten Notwendigkeiten des Alltags abschirmt. Die spielerische Tätigkeit regt Lernprozesse an, die aber keiner pädagogischen Instrumentalisierung durch pädagogisch-didaktisch gesetzte Lernzwecke bedürfen.

2.3

Das moralisch-verwerfliche Spiel

Ein weiteres Grundmuster von Spiel beruht darauf, dass das Spiel als anstößig und lasterhaft bewertet wird. Es verdirbt in dieser Perspektive den Charakter, ist der Arbeit, dem primären Lebensbereich des Menschen, abträglich. Eine solche Auffassung von Spiel findet sich bereits ausgeprägt im mittelalterlichen Denken und führte damals in seiner Konsequenz zu Spielverboten. Die weltlichen Machthaber sahen das Spiel als Gefahr für die Dignität der Arbeit an, da das lustvolle, rauschhafte Spiel die geforderte Arbeitsmoral untergrabe. Zur Zeit der Reformation im Kontext protestantischer Arbeitsethik mit dem „Prinzip asketischer Lebensführung“ (Weber) vollzieht sich daraufhin eine gesellschaftliche Ächtung des Spiels aufgrund der christlich-religiösen Weltanschauung jener Zeit. Das Spiel wird als unernst,

276

3 Didaktik

unmoralisch und unproduktiv abgewertet. Insgesamt zieht sich die Annahme einer normativ begründeten Differenz zwischen Spiel und Arbeit bzw. Ernst wie ein roter Faden durch die Geschichte und hat auch auf institutioneller Ebene, etwa in der Schule, weitreichende Konsequenzen. Hier begründet der angenommene Gegensatz des Spiels gegenüber einem Arbeitsernst die pädagogische Trennung von Spielen und Lernen in Industriegesellschaften. Untersucht man weiterhin, wie heutige junge Menschen die Verbindung von Spiel und Lernen erfahren, dann zeigt sich, dass auch heute noch der Spielbegriff vielfach nicht mit Lernen assoziiert wird. So konnte etwa eine semantische Bedeutungsverwandtschaft von Spiel und Lernen aus Studierendensicht nicht empirisch belegt werden. Obwohl heutige Studierende nur zu einem geringen Teil der Ansicht sind, dass Spiel und Lernen nicht miteinander vermischt werden könnten (lediglich 18,4% stimmen einer Kombination von Spielen und Lernen nicht zu), ist ihnen die entsprechende Synthese von Spiel und Lernen für ihre eigene Situation eher fremd. Spielerisches Lernen kann folglich als ein didaktisches Prinzip verstanden werden, das auch heutigen jungen Menschen eher suspekt ist. Das heißt allerdings nicht, dass pädagogisch-didaktische Konzepte – wie etwa die Serious Games oder GameBased Learning –, die Spiel und Lernen miteinander verbinden, potenziell nicht auf Akzeptanz stießen. Das Ergebnis veranschaulicht vielmehr, dass Lernen in der heutigen schulischen und universitären Realität eher durch rationalen Lerndruck als durch spielerisches Agieren gekennzeichnet ist (vgl. Ganguin 2010a).

2.4

Das instrumentell-rationalisierte Spiel

Ein letztes bestimmendes Grundmuster des Spiels ist an der Frage orientiert, inwiefern das Spiel nützlich für das Leben sein kann. Hier wird vor allem auf Lernprozesse abgezielt. Es geht um eine „geheime Zweckmäßigkeit“ (Scheuerl 1988, 8, 10), konkret darum, das Spiel für Lernzwecke zu instrumentalisieren. Die geheime Zweckmäßigkeit bezieht sich nach Scheuerl auf „künstlich arrangierbare, wirkliche oder potentiell erschließbare Lernsituationen für das Kindes- und Jugendalter“ (ebd.). In diesem Sinn haben die kindliche Begeisterung und Hingabe für das Spielen Philosophen und Pädagogen seit der Antike dazu animiert, das Spiel unter Lerngesichtspunkten im Fokus von Erziehung und Bildung zu betrachten. Das Spiel wird so für Lernprozesse umfunktioniert, effizienter gestaltet, also rationalisiert. Auch Fritz spricht von einem in der Historie des Spiels vorherrschenden Nützlichkeitsdiskurs, der sich durch die Geistesgeschichte Europas zieht. Das eigentlich nutzlose, überflüssige Spiel wird im Kontext von Erziehung verwendet, um Kinder „sicher auf die Wirklichkeit der Gesellschaft festzulegen“ (Fritz 2004, 93). Eine solche pädagogische Indienstnahme des Spiels lässt sich in der Antike, von der Renaissance bis zur Aufklärung und bis hin in unsere heutige Zeit finden. Wenn schon gespielt wird, dann etwas Nützliches, wie etwa Digitale Lernspiele oder Serious Games.

3

Aktueller Diskurs – Computerspiele und Lernen

Heute unter den Bedingungen von lebenslangem Lernen, Wissensgesellschaft und Globalisierung lastet auf dem Individuum ein enormer Druck. Es gilt, Wissen effektiv zu nutzen, es als Wettbewerbsfaktor zu begreifen. Dadurch steigt die Bedeutung des Lernens für Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene in einem zuvor ungekannten Ausmaß. Das Motto könnte lauten: dauerhafte Bereitschaft zum Lernen und zur Weiterbildung. Allerdings ist Lernen

3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen

277

oftmals mit negativen Assoziationen wie Anstrengung und Mühsal verbunden. In diesem Sinn erfordert die Sichtweise vom lebenslangen Lernen auch neue Konzepte, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und auch den Voraussetzungen heutiger Lerner gerecht zu werden. Aufgrund der mangelnden Bereitschaft zu ständiger Selbstdisziplin und Motivation haben Überlegungen in die erziehungs- und bildungspolitische Diskussion Einzug gehalten, wie Lernen mit erhöhtem positivem Empfinden einhergehen könnte. Was sind z.B. gern gewählte, intrinsisch motivierte Aktivitäten, die im Spiel didaktisch genutzt werden können? Hier setzt man bei den sich selbst motivierenden Freizeitinteressen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen an, und Computerspiele rücken in den Fokus didaktischer Kalküle. Doch zunächst ist zu eruieren: Wer spielt überhaupt und was?

3.1

Computerspiele- Freizeitbeschäftigung aller Altersgruppen

Nicht nur für Kinder und Jugendliche sind Computerspiele eine sehr beliebte Freizeitaktivität (vgl. KIM-Studie 2010; JIM-Studie 2010), sondern auch für Erwachsene. Obwohl Computerspiele mit zunehmendem Alter an Bedeutung verlieren, sind sie ein nicht zu vernachlässigender Faktor im Rahmen der Freizeitgestaltung. Laut Lemmen liegt der Altersdurchschnitt des Gamers in Deutschland bei etwa 29 Jahren (vgl. Lemmen 2008, 96). Betrachtet man nur die Erwachsenen im Alter von 18–89 Jahren, dann spielen nach einer eigenen sekundäranalytischen Untersuchung von ALLBUS-Daten aus dem Jahr 2004 58,8% dieser Altersgruppe Computerspiele. Der Altersdurchschnitt des erfahrenen Spielers liegt bei 37 Jahren, der des Gelegenheitsspielers bei 38 Jahren. In diesem Zusammenhang erklärt auch Zeh, dass sich immer mehr ältere Zielgruppen für Computerspiele interessieren, wobei sich zudem geschlechtsspezifische Unterschiede langsam einebnen (vgl. Zeh 2008, 108).

3.2

Online-Games

Fragt man weiter, was eigentlich gespielt wird, dann ist das Spielen im Netz gegen andere besonders attraktiv (vgl. z.B. JIM-Studie 2010). Hier sind z.B. die Browserspiele zu nennen, die in den letzten Jahren stark an Relevanz gewonnen haben. Browserspiele werden meist kostenlos angeboten und finanzieren sich häufig über Werbung oder Premium-Mitgliedschaften und werden – wie auch der Name nahe legt – ausschließlich im Browser gespielt. Mit Ausnahme von Browser-Plugins ist folglich keine Softwareinstallation nötig. Zu verstehen sind Browserspiele dabei als Teilmenge der Online-Games (vgl. Ganguin 2010b). Eine weitere interessante Entwicklung ist die immer stärkere Verknüpfung zwischen Spielen und sozialen Netzwerken (z.B. Facebook oder StudiVZ), die sogenannten „Social-Games“ (siehe auch „Beitrag 2.2 Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen“). Dabei nutzen laut Shell-Studie 2010 24% der Jugendlichen täglich soziale Netzwerke (vgl. Jugendwerk der Deutschen Schell AG 2010, 103). Die zunehmende Verbreitung von Online-Spielen spiegelt einen Wandel in der Computerspielnutzung der letzten Jahre wider, nämlich den Rückgang der Offline-Computerspielnutzung zugunsten des Spielens über das Internet. Sicherlich stellen die in den vergangenen zehn Jahren deutlich schneller gewordenen Netzverbindungen einen sehr wichtigen Anlass für die sehr stark gestiegene Anzahl von Internetnutzern und Online-Spielern dar. Zudem haben sich auch die wirtschaftlichen Konditionen für den Netzzugang verbessert, wie zum Beispiel an den Flatrate-Preisen abzulesen ist. Somit lässt sich der Siegeszug der Online-Games

278

3 Didaktik

zum einen mit der zügigen Verbreitung von Hochleistungs-Internetanschlüssen erklären (vgl. hierzu auch Klimmt 2009, 1; Brunn et al. 2007, 93). Zum anderen macht anscheinend das soziale Miteinander die Online-Games so attraktiv, das im nächsten Abschnitt diskutiert wird.

3.3

Der Reiz des gemeinsamen Spielens

Das Bedürfnis, mit anderen Personen Computerspiele zu spielen, rekurriert auf virtuellen Gemeinschaften, die durch computervermittelte Kommunikationsprozesse über Netzwerke entstehen (vgl. auch den „Beitrag 3.9 Community-orientiertes Lernen“). Dabei besteht die Faszination des gemeinsamen Spielens darin, dass „Spiele gegen programmierte Computergegner für erfahrene Computerspieler mit zunehmender Spieldauer an Reiz verlieren“ (Kraam 2004, 16). Vor allem der große Erfolg von „World of Warcraft“ unterstreicht das Bedürfnis von Spielenden, sich nicht nur mit dem Computergegner, sondern auch mit anderen Personen zu messen oder gemeinsam gegen den Computergegner zu spielen. In beiden Varianten drückt sich ein Wille zur Vergemeinschaftung mit Gleichgesinnten aus. Durch das gemeinsame Spielen werden sozial-interaktive Bedürfnisse befriedigt, die auf dem Wunsch nach sozialem Kontakt, Wettbewerb oder auch Anerkennung beruhen (vgl. Bonfadelli 2004, 8). Demzufolge werden soziale Gratifikationen vermittelt, wobei das gemeinsame Spielen mit bzw. gegen Andere im „Gegensatz zum gängigen Vorurteil vom sozial isolierten Computerspieler“ (Kunczik & Zipfel 2004, 240) steht. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass Computerspiele auch Anlässe darstellen, außerhalb des Spielgeschehens Kommunikationsprozesse zu initiieren, denn die Einbettung der Rezeption der Spiele in die Bedingungen und Strukturen des Alltagshandelns impliziert den Stellenwert des Mediums und seiner Inhalte als thematische und kommunikative Ressource im Alltagsleben. Schüler sprechen in der Pause darüber, wie ein bestimmtes Rätsel im Computerspiel zu lösen ist oder über Neuheiten auf dem Spielemarkt. Dadurch werden auch die Gespräche über Medienhandeln zu einem wesentlichen Bestandteil alltäglicher Unterhaltung. Ferner erklären beispielsweise Fromme et al., dass sich Clan-Mitglieder des Spiels „Counter-Strike“ nach dem Spiel bzw. nach dem Training auch häufig treffen, um Alltagsdinge zu besprechen. „In der ethnographischen Rekonstruktion erwiesen sich die sozialen Beziehungen innerhalb des Clans häufig von Solidarität und emotionaler Bindung geprägt“ (Fromme & Jörissen & Unger 2008, 14).

3.4

Kompetenzförderliche Potenziale von Computerspielen

In den letzten Jahren mehren sich Publikationen, die sich der Fragestellung widmen, wie durch Computerspiele bestimmte Kompetenzen gefördert werden können. Diese beschränken sich keineswegs auf Kinder, etwa im Kontext schulischen Lernens, sondern wenden sich ebenso der Zielgruppe der Erwachsenen zu (vgl. Prensky 2001; Meier & Seufert 2003; Seufert & Meier 2003; Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V. 2004). Betrachtet man den heutigen Stand der Forschung über Kompetenzdimensionen von Computerspielen, dann bieten die Forschungsarbeiten von Gebel, Gurt und Wagner einen ersten Überblick (vgl. Gebel & Gurt & Wagner 2005). Die Autoren schlagen fünf Dimensionen an Kompetenzen, die durch das Computerspielen gefördert werden, vor: Sensomotorik, kognitive Kompetenzen, personale bzw. persönlichkeitsbezogene Kompetenzen, Medienkompetenz und soziale Kompetenzen (s. Abbildung 1).

3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen Kognitive Kompetenz relevante Komponenten − Wahrnehmung − Aufmerksamkeit − Konzentration − Gedächtnis − Merkfähigkeit, Abstraktion − Schlussfolgern − Strukturverständnis/Regeln − Heuristische Erkenntnisverläufe − Bedeutungsverständnis − Handlungsplanung − Lernstrategien − Problemlösen − Sachwissen − Anwendungswissen − Fantasie

Soziale Kompetenzen relevante Komponenten − Verantwortung − Konfliktfähigkeit − Achtung − Durchsetzungsvermögen − Teamfähigkeit − Perspektivenübernahme − Empathiefähigkeit − Toleranz − Interaktionsfähigkeit − Kommunikationsfähigkeit − Kooperationsfähigkeit − Moralische Urteilskompetenz − Partizipation an Online-Sozialität Abbildung 1:

279 Medienkompetenz relevante Komponenten − Medienkunde − Mediennutzung − Mediengestaltung − Medienkritik − Ästhetik und Genuss − Selbstbestimmter Umgang − Aktive Kommunikation

Persönlichkeitsbezogene Kompetenz relevante Komponenten − Selbstbeobachtung − Selbstkritik/-reflexion − Identitätswahrung − Emotionale Selbstkontrolle − Selbstwirksamkeit − Eigenverantwortlichkeit − Frustrationstoleranz − Leistungsbereitschaft − Stresstoleranz

Sensomotorik relevante Komponenten − Hand-Auge Koordination − Körperbewegung-Auge Koordination − Reaktionsgeschwindigkeit − Geschicklichkeit − Balance − Ausdauer

Überblick über die potenziell durch Computerspiele förderbaren Kompetenz- und Fähigkeitsbereiche (Quelle: Kombination und Erweiterung von: Gebel & Gurt & Wagner 2005, 262; vgl. Ganguin 2010a, 260)

Für den vorliegenden Beitrag sollen die sozialen Kompetenzen näher beleuchtet werden. Hierbei erscheint es sinnvoll, soziale Kompetenzen einerseits auf den allgemeinen Umgang mit anderen Menschen zu beziehen. Dies wäre etwa die Fähigkeit zu Toleranz, Achtung, Konfliktfähigkeit oder Empathie. Andererseits lassen sich soziale Kompetenzen auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt differenzieren. Hier werden Kompetenzen gesucht, die erstens auf die Zusammenarbeit rekurrieren wie Teamfähigkeit oder Konfliktfähigkeit. Zweitens gibt es bestimmte Führungsqualitäten, die sich als soziale Kompetenzen lesen lassen wie etwa Durchsetzungsvermögen, Flexibilität oder Verantwortungsgefühl. Soziale Kompetenzen im medialen Sektor ermöglichen den sinnvollen Umgang mit Kommunikationsmustern. Beziehungen und Beziehungsangebote sind immer stärker medial gebunden und verändern dementsprechend die Parameter der herkömmlichen Kommunikationsbedingungen, sodass sich

280

3 Didaktik

die Menschen auf neue Beziehungsformen einstellen müssen. Insgesamt stellen die sozialen Kompetenzen, so die derzeitige Diskussion, die erhöhten Ansprüche einer sich verändernden Arbeitswelt dar (vgl. Rohlfs & Harring & Palentien 2008, 12) und sollen nun näher beleuchtet werden.

4

Lernen durch Kommunikation und Kooperation in Computerspielen

Thon (2007) geht davon aus, dass das Verständnis von Kommunikation in Computerspielen von dem Verständnis der jeweiligen Spielstruktur abhängig ist (siehe auch den Beitrag 2.1 „Kommunikation und Awareness“). Durch die „für Computerspiele charakteristische enge Verbindung zwischen Spielhandlungen, narrativer Struktur und kommunikativen Prozessen“ (ebd.: 178) erfüllt Kommunikation in Computerspielen für ihn ludische, narrative und soziale Funktionen: Während die Kommunikation mit ludischer Funktion durch strategische und taktische Absprachen gekennzeichnet ist, zeigt sich die narrative Funktion darin, dass die Spieler, aber auch ihre digitalen Repräsentanten, zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung der fiktionalen Welt beitragen. Die soziale Funktion zeigt sich im Computerspiel beispielsweise in Form von „Prahlereien, […] Ausdrücken von Freude über eigene oder auch das Anerkennen der Leistungen anderer Spieler“ (Thon 2007, 175 ff.). Beliebte Kommunikationswege in populären Online-Spielwelten sind Textchat und Sprachbzw. Audiochat über Mikrofon (Voice over IP) – analog zum virtuellen Klassenzimmer (siehe auch den Beitrag 2.6 „Virtuelle kooperative Lernräume“). Oftmals sind diese Kommunikationstools bereits in die Spielsoftware integriert, sodass es sich hier um spielinterne Chats handelt. Häufig müssen Sprachchats aber auch extra installiert werden, wie dies etwa bei Teamspeak der Fall ist, einer proprietären Sprachsoftware, die extra für Online-Spiele optimiert wurde (vgl. de Witt/Ganguin 2011). Die Kommunikation über Mikrofon am Rechner eröffnet dabei den Mitgliedern die Möglichkeit, sich bei der Erledigung ihrer Aufgaben besser zu koordinieren. Dabei ist die Fähigkeit der einzelnen Spieler zur Zusammenarbeit bei vielen Computerspielen ausschlaggebend, um erfolgreich zu sein. Während man etwa am Anfang von „World of Warcraft“ noch gut in der Lage ist, eigenständig die unterschiedlichen Aufgaben zu bewältigen, wird dies bei den höheren Levels ohne die Hilfe anderer Spieler zunehmend schwierig bzw. ist kaum noch möglich. Dieses Spielprinzip – die Notwendigkeit zur sozialen Zusammenarbeit und Hilfe – ist bei einer Vielzahl von Spielen bewusst intendiert (siehe auch den Beitrag 2.5 „Koop Lernräume“). Ein weiteres Beispiel ist etwa „Ikariam“, das 2009 den deutschen Computerspielpreis für das beste Browserspiel erhalten hat. Auch hier gilt es, dass man im so genannten Midgame nicht ohne Bündnisse (Gilden) mit anderen Spielern weiterkommt, sodass eine starke soziale Komponente im Spiel strategisch angelegt ist. Auch bei „Counter-Strike“, das ausschließlich für den Teamplay-Modus programmiert wurde, müssen die einzelnen Spieler die Fähigkeit zur Zusammenarbeit besitzen, um erfolgreich zu sein (vgl. Fromme & Jörissen & Unger 2009, 14 ff.). Unterschiedliche Rollen und Aufgaben werden untereinander verteilt. Das Team kann nur gewinnen, wenn seine Mitglieder sich absprechen. Hieran zeigt sich, dass vor allem Multiplayer-Spiele neben anderen Befähigungen auch Teamwork und Kooperation fördern (vgl. Aufenanger 2008, 20). In diesem Sinn werden auch berufliche Kompetenzen geschult. Absprachen des Teams bzw. der Clans untereinander und die Übernahme bestimmter spezieller Aufgaben erfordern aber

3.10 Game-orientiertes kooperatives Lernen

281

auch Durchsetzungsfähigkeit und das Übernehmen von Verantwortung. Wer seiner Rolle nicht nachkommt, gefährdet den Spielerfolg der Mannschaft.

5

Diskussion/Ausblick

Wir erleben zurzeit eine Trendwende, bei der Spiele, konkret Computerspiele, neu bewertet werden. Computerspiele, bislang in der Öffentlichkeit eher skeptisch betrachtet und in den Medien mit Jugendgefährdung, Amokläufen und Gewalt in Zusammenhang gebracht, werden auf ihre positiven Potenziale (z.B. kompetenzförderliche Aspekte) hin untersucht und sogar pädagogisch-didaktisch eingesetzt. Hierbei konzentriert sich die medienpädagogische Forschung seit Ende des 20. Jahrhunderts vor allem auf informelle und selbstsozialisatorische Lernprozesse, die durch Computerspiele angeregt werden können und möglicherweise die Ausbildung von kognitiven, sozialen, personalen, sensomotorischen und medienbezogenen Kompetenzen begünstigen. Vor allem die Annahme einer Bereitschaft der Spielenden, „sich auf Herausforderungen im Grenzbereich ihres Leistungsvermögens einzulassen“ (Klimmt 2004, 10), macht die Erforschung von Lehr- und Lern-Potenzialen durch Computerspiele lohnenswert. Die besondere technische Struktur von Computerspielen, die Aktivität und einen hohen Aufmerksamkeitsgrad im Spielprozess voraussetzt, die Wahl des eigenen Anforderungsprofils zulässt und eine direkte Rückmeldung über die eigenen Spielhandlungen gibt, führt dazu, dass Flow-Prozesse im Spiel initiiert werden, die Selbstwirksamkeit gefördert und insgesamt eine hohen Motivation erzeugt wird. Die Diskussion um mögliche kompetenzförderliche Potenziale, die durch Computerspiele vermittelt werden, führte letztendlich dazu, dass jetzt darüber nachgedacht wird, ob Computerspiele nicht auch hilfreich für formale Lernvorgänge sein können. Dies betrifft sowohl die Institution Schule als auch den Bereich der Aus- und Weiterbildung. Dadurch wird Computerspielen ein zunehmend nutzbringender Aspekt attestiert, der auch „ernste“ Tätigkeiten wie Lernen und Arbeiten umfasst. Aus einer solchen Perspektive beginnen die Grenzen zwischen den ehemals getrennten Lebensbereichen Spiel und Arbeit respektive Lernen zu verschwimmen, und das Spiel wird mit positiven Begriffen beschrieben anstatt als Nicht-Ernst, Nicht-Arbeit, Nicht-Wirklichkeit. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen zu der Entwicklung, das Computerspiel für Lernzwecke zu instrumentalisieren. Hier lauten die Schlagworte etwa „versteckte Agenda“, „Schleichbildung“ oder „Kollateralschaden“ (vgl. Deterding 2009, 4). So laufen doch Spiele, die für Lernzwecke eingesetzt werden, stets Gefahr, dass sie ihres eigentümlichen Spielcharakters beraubt werden (vgl. Gebel & Gurt & Wagner 2005, 243). Das Spiel zeichnet sich doch gerade durch seine Zweckfreiheit, Freiwilligkeit und Spontaneität aus. Oder gehören diese Merkmale im 21. Jahrhundert nicht mehr zum Spiel? Und schließlich stellt sich noch die Frage, ob die Spieler überhaupt wollen, dass ihr geliebtes Spiel, das Entspannung und Erholung vom Arbeits- und Alltagsstress bedeutet, nun genau für Zwecke des (Arbeits-) Alltags instrumentalisiert wird? Befragt man dahingehend Studierende, dann lassen sich mithilfe der Methode der Clusteranalyse konträre Typen finden, etwa im Sinne von Spielgegnern oder Befürwortern der Serious Games (vgl. Ganguin 2010a). In diesem Sinn gibt es Personengruppen, die historisch sedimentierte Deutungen weiter tragen, sowie Typen, die innovative Bewertungen offen legen. Von den gefundenen fünf Clustertypen haben sich zwei Gruppen herauskristallisiert, die einer Synthese von Spiel, Arbeit und Lernen auf traditionelle Weise ablehnend gegenüberstehen. Mit einem kumulierten Anteil von 42,5% zeigen sich die spielskeptischen Traditionalisten und die desinteressierten Spielgegner keineswegs

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3 Didaktik

offen gegenüber einer Integration von Spiel in Lern- und Arbeitskontexte. Hier haben wir es folglich mit „Gegenspielern“ des Game-Based Learning bzw. der Serious Games zu tun. Insofern wird es eine Herausforderung der Zukunft sein, auch für diejenigen Methoden/Spiele zu entwickeln, die eher skeptisch sind. Im Vergleich dazu konnten aber auch zwei Gruppen gefunden werden, die man als Befürworter solcher Konzepte bezeichnen könnte. Die arbeitsorientierten Pragmatiker sowie die unbefangenen Spielverteidiger, die insgesamt 34,8% der befragten Studierenden ausmachen, lassen sich als Fürsprecher einer zweckmäßigen Instrumentalisierung des Spiels bezeichnen. Die letzte Gruppe, die lebensgewinnorientierten Spielbefürworter (22,7%), nehmen im Vergleich zu den anderen gefundenen Typen die Position ein, dass das Spiel an sich nützlich ist und dass sich der Mensch durch das Spiel lebensrelevante Kompetenzen aneignen kann. Dieses Cluster lehnt eine Indienstnahme des Spiels für dritte Zwecke eher ab und weist dem Spiel eine wichtige autonome Lebenskategorie zu. Die Ergebnisse der Studie zeigen folglich auf, dass es nötig ist, unterschiedliche Angebote für die unterschiedlichen (Lern-)Bedürfnisse zu machen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass durch Computerspiele gelernt wird. Allerdings stellt sich die Frage, was genau. Hier sind sich die Wissenschaftler bisher nicht einig, besonders nicht, was den Transferprozess des Virtuellen in die Realität angeht. Aus diesem Grund bedürfen Serious Games oder spielerische Elemente in Lernkontexten wie in der Hochschule auch stets der pädagogischen Begleitung.

3.11 Mobiles Lernen

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3.11 Mobiles Lernen Christoph Göth, Gerhard Schwabe Universität Zürich

1

Einleitung

Die zunehmende Verbreitung mobiler Endgeräte legt nahe, diese auch zum Lernen zu verwenden. Erste Pilotversuche nutzten Mobiltelefone zur Erweiterung des bekannten Klassenraum-basierten Lernens. Es wurde der Unterricht aus dem Klassenraum auf ein Smartphone übertragen oder im Klassenraum wurden Mobilgeräte für innovative neue Interaktionsformen verwendet, z.B. ein Zugriff auf die gemeinsame elektronische Tafel mit Handheld Computern (Dawabi et al. 2003). In jüngster Zeit setzen sich vermehrt neue mobile Lernformen durch wie zum Beispiel das informelle Lernen bei einem Museumsbesuch, bei dem digitale Annotationen mit anderen Museumsbesuchern ausgetauscht werden (Proctor u. Burton 2004). Mit den Anwendungsbereichen steigt auch die Begriffsvielfalt: Es existieren verschiedene mehr oder weniger austauschbare Begriffe für Mobiles Lernen, wie etwa „wireless“, „ubiquitous“, „seamless“, „nomadic“ oder „pervasive learning“ bzw. „education“, zusätzlich „mobile CSCL“ und „mobile e-Learning“. Während die frühe Literatur mobiles Lernen als „Lernen mit mobilen Geräten“ definierte, bevorzugen wir eine Definition, die am Nutzer ansetzt: Die Unterstützung des Mobilen Lernens bedeutet dann die Unterstützung mobiler Lernender. Wie in jedem jungen, schnell wachsenden Forschungsfeld ist es jedoch schwierig, das Feld zu definieren und genau abzugrenzen. Deshalb erscheint es am sinnvollsten, einen strukturierten Überblick über Gestaltungsdimensionen von mobilem Lernen zu geben. Hierfür wird im nachfolgenden Abschnitt ein theoretisch fundiertes Framework vorgestellt. In den Folgekapiteln werden die Gestaltungsdimensionen dann einzeln mit Beispielen erläutert.

2

Gestaltungsdimensionen von mobilem Lernen

Das mLearning Framework von Taylor u.a. (2006) und Sharples u.a. (2007) eignet sich dazu, die unterschiedlichen Gestaltungsdimensionen von Mobilem Lernen aufzuzeigen. Das Framework basiert auf der Activity Theorie von Engeström (1987). Es behandelt sowohl die technologischen als auch die didaktischen Dimensionen des mobilen Lernens und berücksichtigt den für mobiles Lernen entscheidenden Lernkontext. Dieser Kontext wird in anderen Frameworks, die das schulische Lernen im Klassenraum als Hintergrund haben, vernachlässigt, da er dort stabil und wenig dynamisch ist: Lernen im Klassenzimmer findet an einem überschaubaren, fixen Ort und in einer stabilen etablierten Gruppe statt. Im Mobilen Lernen wird der Kontext jedoch zur Gestaltungsgrösse und muss zwingend Bestandteil eines entsprechenden Untersuchungsframeworks sein. Nachfolgend werden die Bestandteile des Frameworks kurz vorgestellt: Lernziele: „Lernziele beschreiben den angestrebten Lerngewinn eines Lernenden bezogen auf einen bestimmten Inhalt“ (Wikipedia: Lernziel 2011). Alle anderen Punkte des Frameworks sind Stellgrössen, die dazu dienen, das vorgegebene Lernziel zu erreichen. Das Lern-

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3 Didaktik

ziel ist also der zentrale Punkt des Frameworks, auf den alle anderen Aspekte ausgerichtete sind, um so das Lernen, also die Erweiterung von Wissen und Fähigkeiten, zu ermöglichen. Lernmedien: Unter Lernmedien werden alle lernrelevanten Ressourcen in einem Kontext (siehe auch Schwabe 1995; Keil-Slawik 1992; Robinson 1993) verstanden. Es kann sich dabei um digitales oder analoges Lernmaterial handeln, welches für Lernende erstellt oder von diesen im Lernprozess erarbeitet wurde. Weiterhin gehören aber auch fassbare Objekte im Raum (z.B. Bücher), externe Personen (z.B. Bibliothekare), Hilfsmaterial (z.B. Grundrisskarten zur Orientierung) und ähnliches dazu, so fern diese direkt für das Lernen relevant sind. Vereinfacht können alle lernrelevanten digitalen und physischen Objekte in der Umgebung des Lernenden angenommen werden. Die technische Infrastruktur (Geräte, Software und Netzwerke) fällt ebenfalls unter den Begriff Artefakte und wird im Text mitunter als „Tools“ bezeichnet. Subjekte: Subjekte sind alle direkt und aktiv am Lernprozess beteiligten Akteure, folglich die Lernenden und Lehrenden. Nicht dazu gehören allerdings Versuchsleiter und Statisten (z.B. Bibliothekare, Postenbetreuer etc.). Unter diesem Punkt werden auch alle emotionalen Aspekte der Subjekte (z.B. Spass, Motivation, etc.) behandelt. Steuerung: Die Steuerung umfasst die Moderation, Kontrolle, Anleitung, Koordination und Unterstützung eines Lernprozesses. Die Steuerung übernimmt meist ein zentraler Akteur, der Lehrer. Sie kann aber auch durch die Lernenden selbst, einzeln oder gemeinsam, ausgeübt werden. Als Werkzeug für die Steuerung kann unter anderem Technologie genutzt werden. Unter Steuerung werden auch HCI (Human Computer Interaction)-Aspekte, die zur Steuerung des Lernens dienen, betrachtet. Kontext: Der Kontext gibt Artefakten, Subjekten und Objekten ihren inhaltlichen Zusammenhang und bildet somit die Lernumgebung. Darunter fallen alle Aspekte des Kontextes, die nicht mit den Subjekten selbst und den Lernmedien zu tun haben. Stark vereinfacht könnte man auch von der Umgebung oder dem Ort sprechen, an dem das Lernen stattfindet. Kommunikation: unter Kommunikation werden die Aspekte der Kommunikation, Kommunikationsmedien und der Kommunikationskanäle zwischen den Subjekten und den Lernmedien gefasst. Im Originaldreieck von Engeström (1987) steht an dieser Stelle „Division of Labor“. Somit beinhaltet sie auch jede Art von Zusammenarbeit zwischen den Subjekten. Mit Hilfe der sechs Faktoren dieses Frameworks können die Gestaltungsdimensionen des mobilen Lernens in einem morphologischen Kasten aufgezeigt werden (vgl. Abbildung 1). Dadurch wird dem Gestalter mobilen Lernens das Gestaltungsspektrum deutlich und der Wissenschaftler kann beurteilen, wo es noch Forschungslücken gibt. Die Abbildung gibt einen Überblick über die einzelnen Kernpunkte, welche in den folgenden Abschnitten detailliert erklärt werden. Auch die Bewertungsskala wird im Kontext jeder einzelnen Dimension erläutert. An dieser Stelle dient die Abbildung hauptsächlich als Übersicht über die Struktur der folgenden Abschnitte.

3.11 Mobiles Lernen

Faktor Kontext (Wo und wann?) Lernmedien (Womit?)

285

Kernpunkt 1 Irrelevanter Relevanz der Umgebung und Kontext der Lernobjekte Inhalte liefern Pädagogische Rolle der Lernmedien

5 Sozialisiereder Kontext

Angeleitete Reflexion

Daten zur Reflexion sammeln

Inhalte aktiv konstruieren

Geteilt gesteuert

Hauptsächlich Vollständig schülerkontrol- schülerkontrolliert liert

Isolierter Lerner Lose Paare

Enge Paare

GruppenKooperation kommunikation

Novize

Lerner mit gutem Vorwissen Anwenden

Lerner mit erheblichem Vorwissen Analysieren

Vollständig lehrerkontrolliert

Lernziele (Was?)

Wissen

Abbildung 1:

3

Level

Skala 3 –

4 Physischer Kontext

Verantwortlich für den Lernprozess und die Lernziele Kommuni- Sozialer Rahmen kation (Mit wem?) Subjekte Bisheriges (Wer?) Wissen

Steuerung (Wie?)

2 Formalisierter Kontext Motivationsorientierte Interaktion mit Inhalten Hauptsächlich lehrerkontrolliert

Lerner mit geringem Vorwissen Verstehen

Experte

Synthese und Evaluation

Ausprägungen der Gestaltungsdimensionen des mobilen Lernens

Kontext

Frohberg (2007) unterscheidet vier Arten und Weisen, in welchem Kontext mobil gelernt wird: irrelevanter, formalisierter, physischer und sozialisierender Kontext. Sie zeigen die Beziehung zwischen dem Lernkontext und dem Kontext des Lernenden, z.B. dessen momentaner Umgebung. Im Folgenden werden die einzelnen Kategorien daher an repräsentativen Beispielen beschrieben. Irrelevanter Kontext: Bei Projekten mit irrelevantem Kontext gibt es zwischen der aktuellen Umgebung und der momentanen Lernsituation keine wesentliche Beziehungen oder Auswirkungen. Skill Arena (Lee u.a. 2004) zum Beispiel ist ein System, um einfache arithmetische Operationen überall und zu jeder Zeit zu üben. Es gibt keinen kognitiven Vorteil, wenn der Lerner seine mathematischen Fähigkeiten im Zug mit Hilfe von Skill Arena trainiert. Er kann Mathematik auch im Bus, auf der Wiese, am Strand oder zu Hause üben. Die Umgebung spielt also für das Lernen keine Rolle und ist deshalb irrelevant. Formalisierter Kontext: Mit formalisiertem Kontext ist ein für den Unterricht ausgerichteter Raum gemeint, typischerweise ein Klassenraum oder ein klassenraumähnliches Setting. Auch wenn der Klassenraum an sich keine kognitive Relevanz für den Lernden hat, so übernimmt er doch eine organisatorische Funktion. Er synchronisiert mehrere Schüler, die sich im selben Kontext befinden, und so ist es möglich, voneinander zu profitieren. Die Hauptaufgabe, die Systeme im formalisierten Kontext übernehmen, ist die kognitive Aktivierung des Lernenden. Classtalk (Dufresne u.a. 1996), der Vater aller Classroom-Response-Systeme, zum Beispiel erlaubt dem Lehrer innerhalb einer Vorlesung Studenten mit Hilfe von Multiple-Choice-Fragen zu aktivieren. Die Studenten beantworten die Frage elektronisch und das System aggregiert alle Antworten in einem Histogramm, welches dann für alle sichtbar ange-

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3 Didaktik

zeigt wird. Dadurch wird zum einen eine Aktivierung erreicht und zum anderen erhalten die Studenten und der Lehrer einen Überblick über den Wissenstand und den Grad des Verstehens des zu vermittelnden Inhaltes. Einige Classroom-Response-Systeme werden den Mobilen Lernmedien zugeordnet, weil sie mobile Endgeräte nutzen; vielfach spielt die Mobilität in diesem Szenario aber nur eine untergeordnete Rolle. Physischer Kontext: Bei Projekten im Bereich Physischer Kontext ist der Ort, an dem sich der Lerner befindet, für das Lernen relevant. Mobile elektronische Museumsführer, wie zum Beispiel der Tate Modern Multimedia Tour Pilot (Proctor u. Burton 2004), sind in diesem Bereich zu finden. Besucher des Museums erhalten einen PDA, der ihnen Informationen in Abhängigkeit von dem ausgestellten Objekt, vor dem sie sich befinden, anzeigt. Kontextinformationen können nicht nur in Abhängigkeit des Ortes, sondern auch in Abhängigkeit der vor dem Objekt verbrachten Zeit präsentiert werden (Bo u.a. 2005). Je länger man vor einem Objekt verbringt, desto mehr interessierte man sich dafür und umso detailliertere Informationen werden präsentiert. Weitere Kontextinformationen, wie zum Beispiel, welche Objekte der Benutzer annotiert, welche Informationen er mit anderen teilt und welche Route er durch das Museum nimmt, werden dazu verwendet, mögliche Interessenfelder zu identifizieren und so Vorschläge für weitere Ausstellungsstücke zu machen, die der Benutzer besuchen kann. Tests in den Uffizien in Florenz zeigten das Potential dieses Ansatzes zur Verwendung des Kontextes, aber auch die Herausforderung, die Kontextinformationen richtig zu messen und für den Lernenden in sinnvoller Weise zur Verfügung zu stellen. Sozialisierender Kontext: Im sozialisierenden Kontext teilen Lerner dauerhafte, zwischenmenschliche Beziehungen. Der Kontext umfasst die aktuelle und vergangene persönliche Situation, Gefühle, Freunde, Lernvergangenheit etc. Der Kontext kann dabei sowohl informelles Lernen (Dohmen 2001) wie auch das Lernen in und von alltäglichen Situationen beinhalten. Da diese Form des Lernens seit Jahrtausenden praktiziert wird, ist Lernen im sozialisierenden Kontext die ursprünglichste Form des Lernens. Derzeit sind erst erste Ansätze zu mobilem Lernen in einem sozialisierenden Kontext erkennbar. Zum Beispiel lernen im Projekt LOCH (Paredes u.a. 2005) Schüler eine Fremdsprache in alltäglichen Situationen. Das System leitet sie dabei an und ein Mentor kann den Lernfortschritt bis zu einem gewissen Grad überwachen. Zusätzlich können die Lernenden eine Situation mit einer Kamera zur späteren Reflexion aufzeichnen. Ein vollständig ausgereiftes System würde den Schüler in eine informelle Community von Lernenden einbinden, wo gemeinsam über alltägliche Situation diskutiert und reflektieret werden kann. Dadurch würden die verschiedenen Lerner zu gegenseitigen Coaches. Die derzeit zu beobachtende starke Verbreitung von Facebook legt eine rapide Ausweitung dieses Einsatzszenarios nahe. Zurzeit ist dies vor allem im Bereich des Blended Learning zu beobachten (z.B. Shui u.a. (2010)). Es ist davon auszugehen, dass dieser Bereich in naher Zukunft auch vom Bereich des Mobilen Lernens aufgenommen wird. Teilweise sind die hier aufgezeigten Konzepte bereits in lernnahen Bereichen kommerzialisiert worden. So lassen sich zum Beispiel mit Hilfe des iPhone Apps Weight Watchers Mobile mobile Coaches für Gewichtsprobleme finden und kontaktieren. Facebook auf Smartphones bietet eine allgemeine Umgebung für sozialisierndes Lernen in einem mobilen Kontext.

3.11 Mobiles Lernen

4

287

Lernmedien

Lernmedien dienen als Sammelbegriff für alle Materialien, Medien, Inhalte, Artefakte, Dokumente, Geräte und Ähnliches, die dazu verwendet werden, den Lernprozess zu gestalten. Beispiele dafür sind Bücher, Manuskripte, digitales Material, Karten, Handbücher, Gemälde oder Computer. Sogar Sprache, Gesellschaft oder Kultur können unter den Begriff Lernmedien subsumiert werden (Taylor u.a. 2006; Sharples u.a. 2007). Als Kernpunkt des Faktors Lernmedien dient die pädagogische und kognitive Rolle der Lernmedien. Inhalte liefern: Schon früh überlegten sich die Pioniere des Mobilen Lernens, wie klassische Lernmaterialien auf mobilen Endgeräten bereitgestellt werden können. (vgl. z.B. Keegan (2002)). Dabei werden dem Lernenden vorgefertigtes Material oder Inhalte geliefert. Der Schüler konsumiert nun den Inhalt, bleibt aber kognitiv passiv. Das Projekt M-Learning (Traxler 2002) fokussierte beispielsweise auf die Übertragung von Inhalten für unterprivilegierten Studenten auf mobilen Geräten. Die Mehrheit der Teilnehmenden an dem Projekt waren arbeitslose Jugendliche unter 19 Jahren. Die Forscher berichteten von einer Steigerung der Motivation der Studierenden, der Unabhängigkeit, der Literatur- und Rechenfähigkeiten. Der grösste Mehrwert dieses Szenarios liegt in der zeitlichen und örtlichen Unabhängigkeit des Lernenden – er kann seine Lernunterlagen sprichwörtlich im Bus oder am Baggersee konsumieren. Mit der Verbreitung von Smartphones, Tablett-Rechnern und E-Readern sowie von digitalen Lehrbüchern wird Mobiles Lernen in diesem Einsatzszenario derzeit zum Alltag für eine zunehmende Anzahl von Lernenden. Dieser Bereich des Mobilen Lernens hat mittlerweile den Bereich der Forschung verlassen und ist in der Praxis angelangt. Mit Hilfe der heutigen leistungsfähigen mobilen Geräte, wie zum Beispiel iPhone, iPad oder Android Phones, lassen sich beliebige Lerninhalte auf das mobile Gerät spielen. Auf diesen Geräten lassen sich innovative Konzepte realisieren, die noch nicht wissenschaftlich erforscht sind, beispielsweise im Bereich der Videoverarbeitung (z.B. Multisilta (2010) oder Huber u.a. (2010)). Motivationsorientierte Interaktion mit Inhalten: Bei der motivationsorientierte Interaktion mit Inhalten werden dem Lernenden weiterhin vorbereitete Inhalte geliefert. Aber Teile davon sind so gestaltet, dass sie nicht passiv konsumiert werden können, z.B. können in den Materialien Mutiple-Choice-Fragen eingebaut sein oder man muss selbständig Teile des Inhaltes in der Umgebung suchen. Diese Elemente sind typischerweise spielerisch aufgebaut, um so die Motivation des Lernenden zu erhöhen. Zusätzlich hat der Lehrer die Möglichkeit zu kontrollieren, was der Schüler bereits bearbeitet hat, indem er sich seine Interaktionen mit den Lernmedien anschaut. Musex (Yatani u.a. 2004) ist ein System, mit dem Schulkinder innerhalb eines Museums für junge Wissenschaften und Innovationen lernen. Der Lernende wird dabei von einem Quiz mit 13 Aufgaben geführt, welches auf einem PDA läuft. Angeleitete Reflexion: Bei der angeleiteten Reflexion werden dem Lernenden weniger Inhalte geliefert. Stattdessen wird auf das Umfeld, zum Beispiel die direkte Umgebung, fokussiert und der Lernende erhält situierte Aufgaben, mit Hilfe derer er sich mit einem bestimmten Lernobjekt aktiv auseinandersetzt. Nur wenn er über die Umgebung reflektiert, kann er auch die Aufgaben erledigen und zur nächsten Aufgabe weitergehen. Ein klassisches Beispiel ist eine Orientierungsralley auf einem Universitätscampus mit dem mExplorer (Göth 2009): Verschiedenene orts- und zeitabhängige interaktive Aufgaben dienen dazu, den Lernenden zu motivieren sowie den Campus und seine Umgebung näher zu erkunden. Zum Beispiel wurden die Lernenden aufgefordert, eine Information aus einem bestimmten Buch finden. Um

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3 Didaktik

diese Aufgabe lösen zu können, mussten sie die Bibliothek finden, lernen, wie sie das Bibliotheksinformationssystem bedienen müssen, den Buchcode finden, die Bibliotheksordnung und den Bibliothekscode verstehen und schlussendlich das Buch selbst finden. Mit Hilfe dieser Aufgaben wurden die Studenten angeleitet, sich aktiv mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen. Daten zur Reflexion sammeln: Indem der Lernende Daten zur Reflexion sammeln erforscht er sein Umfeld in dieser Kategorie selbstständig. Dabei dient das Lernmedium als Instrument für Messungen und zur Sammlung von Daten. Der Lernende reflektiert mit Hilfe der selbst gesammelten Daten seine Umgebung und versucht so, ein beobachtetes Phänomen zu verstehen. Im Projekt ImagiProbe (Vahey u. Crawford 2002) ist der PDA mit mehreren verschiedenen Sensoren, wie zum Beispiel einem Sensor für Temperatur, einem Magnetfeld, Lichtintensität oder Stromstärke ausgestattet. Mit dieser Ausstattung soll der PDA dem Lernenden als universelles Messinstrument und zum Datensammeln dienen. Die Idee hinter ImagiProbe ist, dass Studenten mit diesem Werkzeug Naturphänomene, wie zum Beispiel die Wasserverschmutzung in Flüssen messen und dokumentieren. Auf diese Art und Weise können Studierende selbstständig eine Umgebung erforschen und die dabei gesammelten Daten zur Reflexion verwenden. Inhalte aktiv konstruieren: In diesem Szenario arbeiten die Lernenden selbstständig und aktiv mit den Lernmedien und produzieren dabei selbstständig Inhalte. Dieser sehr zeitintensive Ansatz zielt dabei auf die Effektivität des Lernenden ab, da er zu einem tieferen Verständnis führt und das Wissen anwendbar macht. Das Projekt Photostudy (Joseph u.a. 2005) zeigt, was hierunter zu verstehen ist. Studenten, die eine Fremdsprache lernen, machen selbst Fotos oder drehen kleine Filme und annotieren diese mit den zu lernenden Vokabeln. Das so erstellte Material wird an eine Datenbank übertragen, in der es dann von Experten bewertet wird. Das Material wird zusätzlich auch den anderen Lernenden zur Verfügung gestellt, so dass Austausch und Diskussion zwischen den Lernden möglich sind. Ebenfalls ist in Photostudy Tandemlernen möglich, indem man miteinander Material austauscht. Auf diese Weise können Fremdsprachen aktiv gelernt werden.

5

Steuerung

Neben der Berücksichtigung des Kontexts ist die Lernersteuerung einer der grundsätzlich neuen Faktoren des mobilen Lernens. Im Unterschied zum klassischen Unterricht sind in vielen Szenarien die mobil Lernenden räumlich verteilt; die Koordination und Überwachung des Lernens wird dadurch zu einer nicht-trivialen Aufgabe. Durch eine geeignete Steuerung ist es trotz der räumlichen Trennung möglich, den mentalen Kontext zu synchronisieren, um so voneinander zu profitieren. Die Schüler haben dabei aber genügend Freiheit, um selbstständig Wissen zu konstruieren und anzuwenden. Die Bandbreite für die Verantwortung für die Steuerung reicht vollständig lehrerkontrolliert bis hin zu vollständig schülerkontrolliert. Vollständig lehrerkontrollierte Steuerung: In diesem Szenario übernimmt der Lehrer wie beim klassischen Frontalunterricht die volle Verantwortung für die Koordination der Lernaktivitäten. Classroom-Response-Systeme (z.B. Witec (Liu u.a. 2003)) sind explizit zur Moderation und Steuerung von großen Gruppen in Klassenräumen und Vorlesungssälen durch eine zentrale Person entwickelt worden. Der Lehrer startet und stoppt Sessions, wie etwa

3.11 Mobiles Lernen

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Quize, Brainstorming oder Abstimmungen, um so den Schüler zu aktivieren (siehe z.B. Dawabi et al. 2003). Das Szenario ist in hohem Masse effizient, da die Schüler den Anweisungen des Lehrers exakt folgen. Ebenfalls machen alle Schüler dasselbe zur selben Zeit, zum Beispiel dem Lehrer bei einem Vortrag zuhören. Zusätzlich hat der Lehrer die volle Transparenz über Lernaktivitäten, da er den Schüler direkt beim Wissenserwerb anleitet. Trotzdem hat diese Ausprägung der Lernsteuerung auch Nachteile. Der Schüler muss nur wenig bis keine Verantwortung übernehmen, was sich negativ auf seine Motivation auswirken kann. Selbst wenn Classroom-Response Systeme eine Verbesserunge gegenüber einem Szenario ohne jede Unterstützung sein mögen, wird der Lernende immer noch in eine passiv konsumierende Rolle gedrängt. Zusätzlich kann es passieren, dass der Schüler zwar die ihm vorgeschriebenen Aktivitäten ausübt, aber nicht versteht, was er tut und warum er es tut. Der Lernende ist danach zwar fähig, die Informationen zu reproduzieren, kann sie aber nicht anwenden (Ploetzner u.a. 1999). Aufgrund dieser Defizite gibt es einen grossen Bedarf, die Verantwortung für den Lernprozess und die Lernziele mehr auf den Schüler zu verlagern. Im Extremfall kann das so weit gehen, dass der Lernende vollständig für die Gestaltung seines Lernprozesses und seiner Lernziele verantwortlich ist. Dies kann aber auch sehr leicht dazu führen, dass der Schüler hoffnungslos überfordert ist. Alleingelassen verbleibt er orientierungslos, scheitert daran, sinnvolle Aufgaben zu finden und zu lösen, erarbeitet die falschen Schlussfolgerungen und Konzepte oder bleibt frustriert und schliesslich inaktiv (Dubs 2005). Zusätzlich sind die Schüler nicht untereinander synchronisiert. Sie arbeiten nicht im selben mentalen Kontext und ihre Aktivitäten sind nicht koordiniert. Auf diese Weise wird Lernen sehr schnell ineffizient und Synergien zwischen den Schülern lassen sich nicht realisieren. Daraus könnte man folgern, dass das optimale Maß an Steuerung in der Mitte zwischen den beiden Extrema liegt. Lernende brauchen ein ausreichendes Maß an Führung und Orientierung, jedoch ohne Dominanz seitens des Lehrenden. Die optimale Steuerung zu finden, ist jedoch eine große Herausforderung für jede Art des Lernens, weil Schülergruppen meist inhomogen sind und jeder ein individuelles Mass an Führung braucht. Auch verändert sich das Mass der nötigen Führung mit der Zeit. Anfänger in einem Bereich brauchen viel mehr Steuerung als fortgeschrittenere Schüler, welche weitgehend autonom arbeiten können. Ebenfalls muss beachtet werden, dass Steuerung sowohl auf der individuellen als auch auf der Gruppenebene benötigt wird. Zuletzt ist auch die Umgebung des Lernszenarios dynamisch und es kann zu Störungen oder sonstigen unvorhergesehenen Ereignissen kommen (Frohberg & Schenk 2008). Hauptsächlich lehrerkontrollierte Steuerung: In diesem Szenario unterliegt der grosse Rahmen des Lernens der Steuerung des Lehrers – die Lernenden haben aber eigene Gestaltungsspielräume. Das Butterfly Watching Learning System (BWL (Chen u.a. 2004), ist ein gutes Beispiel für ein solches Mobile-Learning-System. Auf einer Schmetterlingsfarm können Studenten Schmetterlinge identifizieren und etwas über diese lernen. Durch die Wahl des Ortes konnte der Lehrer sicherstellen, dass die Schüler auch Schmetterlinge antreffen würden. Wurden die Schüler auf einen Schmetterling aufmerksam, so fotografierten sie diesen mit Hilfe der Kamera, die am PDA des BWL Systems angebracht war. Daraufhin präsentierte ihnen das System eine Auswahl an möglichen Schmetterlingen zur Identifikation des gerade fotografierten Schmetterlings. Die Präsentation der Schmetterlinge wurde mit Informationen über die typischen Charakteristika dieses Schmetterlings aus einer Schmetterlings-Datenbank angereichert. Die endgültige Identifikation war nun Aufgabe des Schülers, der aus den prä-

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3 Didaktik

sentierten Schmetterlingen den richtigen auszuwählen hatte. Durch ein zusätzlich integriertes Quiz wurden die Schüler dazu angehalten, ihr Wissen zu testen und zu erweitern und der Lehrer hatte einen Überblick über den Wissenszuwachs. Geteilte Steuerung: Bei der geteilten Steuerung teilen sich Lehrer und Lernenden die Steuerung. Üblicherweise definiert der Lehrer zu Beginn das initiale Set-up und die Regeln; im Anschluss sind die Lernenden frei in der Gestaltung des Lernprozesses. Partizipatorische Simulationen gehören in diese Gruppe. Im Projekt Virus (Colella 2000; Klopfer u.a. 2005) agieren Schüler als Teil einer virtuellen Gemeinschaft, in der sie gesund, angesteckt oder krank sein können. Den Teilnehmenden wird immer ihr aktueller Gesundheitszustand auf dem PDA angezeigt. Die Schüler bewegen sich frei im Raum und können frei miteinander interagieren. Dabei überträgt sich aber ein virtueller Virus von Gerät zu Gerät. Die Schüler können sich also vollkommen unabhängig bewegen und die partizipatorische Simulation arbeitet im Hintergrund, indem es die Ausbreitung des Virus simuliert, wodurch die Schüler lernen sollen, wie sich ein Virus ausbreiten kann. Hauptsächlich schülerkontrollierte Steuerung: In diesem Szenario gibt der Lehrer die Aufgabe sowie Spielregeln und die Umgebung vor, in der der Lernprozess vereinbart wird; die eigentliche Steuerung der Lernaktivitäten obliegt den Lernenden. xTasks (Ketamo 2003) stellt beispielsweise auf mobilen Geräten einen Multi-User-Text-Editor zur Verfügung. Ein Lehrer oder Tutor gibt einer Gruppe von Studenten eine Aufgabe und diese können dann mit Hilfe des Systems über das weitere Vorgehen und den Inhalt der Aufgabe diskutieren. Schlussendlich wird darin auch die Lösung der Aufgabe erarbeitet. Das System unterstützt die Studenten dabei mit verschiedenen Funktionen, wie gemeinsamem Zugriff auf Texte, kooperativem Schreiben und Funktionen für Entwürfe und Strukturierung. Den Studenten ist es weitgehend freigestellt, wie sie die Aufgabe lösen. Trotzdem wird jeder Student durch die Aufgabenstellung im System und der Möglichkeit, mit Tutoren in Kontakt zu treten, in einem gewissen Masse angeleitet. Vollständig schülerkontrollierte Steuerung: In diesem Szenario lernt der Lernende ohne Lehrer – so wie er es heute schon mit Lehrbüchern tun kann. Im Unterschied zu klassischen Lehrbüchern können mobile Lernsysteme auch interaktive Komponenten enthalten. Ein Beispiel ist HandLer (Sharples u.a. 2002b), ein mobiles Gerät, das für junge Lernende zwischen 7 und 11 Jahren konzipiert wurde. Die Schüler können HandLeR zum Lesen von verschiedenen Materialien, zur Bildannotation, zur Erstellung von Mind-Maps und zur Kommunikation untereinander einsetzen. Dabei ist HandLer explizit für das individuelle Lernen entwickelt worden. Mehr oder minder können die Schüler es so verwenden, wie sie es für richtig halten. Es gibt keine weitere Steuerung oder Aufträge, wie das System genau zu verwenden ist.

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Kommunikation

Wird die Kommunikation und Interaktion durch das Lernszenario gefördert, so kann dies zu einem tieferen Wissen führen. Durch Diskussionen, Analysen oder der Zusammenarbeit mit anderen Lernenden an einem spezifischen Lernaspekt kommt es zu einem intensiven Reflexionsprozess. Zusätzlich finden die Lernenden durch die Zusammenarbeit mit anderen ihre eigenen Wissenslücken. Darauf aufbauende Forschungsarbeiten wie Wild u.a. (2001) belegen die große Bedeutung von Kommunikation in einem Lernszenario. Mobile

3.11 Mobiles Lernen

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Technologie bietet die Möglichkeit, die Kommunikation und Interaktion in einem MobileLearning-Szenario zu fördern, indem es verschiedene Kommunikationskanäle anbietet. Im Folgenden werden unterschiedliche Grade der Kommunikation und Interaktion zwischen Lernenden in einem mobilen Lernszenario vorgestellt. Isoliertes Lernen: In diesem Szenario interagieren die Lernenden nur mit dem bereitgestellten Lernmaterial und den Lernmedien interagiert. Zusätzlich sind sie selbst für das Erreichen der Lernziele verantwortlich. Das Tate Modern Multimedia Tour Pilot-Projekt (Proctor u. Burton 2004) ist dazu konzipiert, Besucher durch die Tate Modern Gallery of London zu geleiten. Die Besucher der Galerie erhalten einen PDA, der sie mit kontextspezifischen Multmedia-Informationen versorgt. Diese Informationen können als Texte, als Audio-Datei, als Bild oder als Video vorliegen. Zusätzlich enthält das System interaktive Elemente, wie zum Beispiel Multiple-Choice-Fragen über Ausstellungsstücke. Der Besucher läuft mit dem PDA durch das Museum und erhält, während dem er sich bewegt, vorgefertigte Informationen zu den besuchten Ausstellungsstücken. Lose Paare: In diesem Szenario lernen die Lernenden in losen Paaren. Sie verwenden dasselbe mobile Gerät und verwenden dieselben Lernmaterialien. Aber das Lernszenario forciert keinerlei weitere Kommunikation oder Interaktion innerhalb des Paares. Das Projekt „The Lost Worlds of Somers Town“ (Bradley u.a. 2005) ähnelt stark dem Tate Modern Multimedia Tour Pilot. Im Gegensatz zu diesem wird bei The Lost Worlds of Somers Town aber keine Führung durch eine Galerie angeboten, sondern es wird präsentiert, wie London vor 200 Jahren ausgesehen hat. Zusätzlich werden dem Benutzer noch weitere ortsabhängige Informationen zu der Umgebung gegeben. Der große Unterschied besteht darin, dass dieses System die Möglichkeit bietet, es in Paaren zu benutzen. Dazu werden zwei PDAs miteinander gekoppelt, so dass beide dieselben Informationen anzeigen. Diese Informationen liegen meist als Audio-Artikel vor und können so von beiden Personen gleichzeitig gehört werden. Dies führt zu Kommentaren und Diskussionen über das Gehörte. Enge Paare: In diesem Szenario arbeitet das Paar eng zusammen. Es benutzt weiterhin dasselbe mobile Gerät und verwendet dieselben Lernunterlagen. Doch die Aufgaben, die den Lernenden im Lernszenario gegeben werden, zum Beispiel das gemeinsame Lösen einer Aufgabe, animiert sie, mehr miteinander zu interagieren und zu kommunizieren. Sie können gemeinsam diskutieren und sich gegenseitig helfen. Dies kann zu einer besseren Reflexion, einer besseren Orientierung und einem schnelleren Erreichen der Lernziele führen. Das AmbientWood-System (Randell u.a. 2004) unterstützt Lernende bei der Erforschung von Wäldern. Der Wald wird mit verschiedenen Ambient-Geräten vorbereitet. Lautsprecher spielen beispielsweise Vogelgezwitscher oder Waldgeräusche ab und kleine Bildschirme zeigen Videos über den Wald. Zusätzlich sind die Lernenden mit PDAs ausgestattet, welche sie mit weiteren Informationen versorgen. Die Lernenden erforschen dabei in engen Paaren den Wald, um etwas über das Ökosystem zu lernen. Cole und Stanton (2003) berichten über gute Ergebnisse dieser Art der Kooperation, wie zum Beispiel im Bereich Aufmerksamkeit. In komplexeren Lernkontexten sind Paare handlungsfähiger als Einzelpersonen, weil sie durch das gleichzeitige Betrachten von Umgebung und Lerngerät nicht überfordert werden (Göth u.a. 2006). Sie sind auch aktiver, haben mehr Spaß und entwickeln eine engere Beziehung zu anderen (Schwabe u.a. 2005). Gruppenkommunikation: In diesem Szenario werden verschiedene enge Paare zu Teams verbunden, so dass die Kommunikation und Interaktion zwischen ihnen den Reflexionspro-

292

3 Didaktik

zess weiter vertieft. Zum Beispiel fokussiert Savannah (Facer u.a. 2004) die Interaktion in Gruppen. In Savannah spielen Schulkinder in einer Simulation einen Löwen in der Savanne von Afrika. Die Schüler bewegen sich physisch in einer virtuellen Savanne und müssen dort als Löwen überleben. Auf diese Weise lernen die Schüler das Gleichgewicht zwischen Jäger und Gejagtem kennen und den Einfluss von Menschen, welche sich ebenfalls in der Savanne bewegen. Die Evaluation zeigt, dass auf diese Weise ein hohes Maß an sozialer Interaktion zwischen den Spielern entstand. Dennoch arbeiten sie nicht weiter zusammen, um weitere Lernziele zu erreichen, zum Beispiel als Rudel zusammenzuarbeiten, um so etwas darüber zu lernen, wie ein Löwenrudel funktioniert. Weil Kooperation ein gemeinsames Ziel voraussetzt, kann in diesem Beispiel nur von Gruppenkommunikation und nicht von Kooperation gesprochen werden. Kooperation: In diesem Szenario werden Teams für das Erreichen der Lernziele zur Kooperation untereinander angehalten. Das MOOP-System (Mattila u. Fordell 2005) wurde explizit zur Unterstützung von kooperativem Lernen in Schulklassen entwickelt. Der Zweck des Systems ist es, verschiedene Beobachtungen der näheren Umgebung in den Klassenraum zu transportieren. Die Schüler können mit Hilfe des Systems Fotos machen, Videos drehen und Sprachannotationen aufzeichnen und diese mit einem GPS-Tag versehen. Diese Informationen aus der Nachbarschaft werden in den Klassenraum übertragen und dort für einen kooperativen Lernprozess verwendet. Zum Beispiel können Schüler ein Recycling-Center besuchen und die Aufgabe bekommen, zu erforschen, warum das Center stinkt und warum es dort so viele Möwen gibt. Die Diskussion über das Ergebnis mit Hilfe des aufgezeichneten Materials kann vor Ort oder später im Klassenraum geschehen. Auf diese Weise können die Schüler kooperativ und gemeinsam ihr eigenes Wissen konstruieren.

7

Ausblick: Subjekte und Lernziele

Das Subjekt in einem Lernprozess ist der Lernende. Bei einer Analyse von über 100 wissenschaftlichen Projekten zum mobilen Lernen (Frohberg 2007) wird ein Muster in Bezug auf den Lernenden ersichtlich. Die Lernszenarien fast aller Projekte sind auf Lerner mit geringem Vorwissen zugeschnitten, wie etwa Schüler, Studienanfänger oder Erstbesucher von Museen. Nur wenige Projekte konzentrieren sich auf Lerner mit gutem Vorwissen. Auf den ersten Blick erscheint die starke Fokussierung auf unerfahrene Lerner natürlich. Es ist schlicht viel einfacher, einem Novizen etwas auf der Faktenebene beizubringen, als einem fortgeschrittenen Lernenden Prozesswissen zu vermitteln. Zusätzlich ist das Vermitteln von Faktenwissen statistisch gut messbar und die wissenschaftliche Überprüfung des Lernerfolgs somit einfacher. Ebenfalls haben Wissenschaftler meist einen sehr guten Zugang zu Novizen, insbesondere an Universitäten zu Studenten. Diese Beschränkung auf unerfahrene Lerner ist so lange adäquat, solange das Lernziel als Vermittlung von Faktenwissen definiert ist. Dies ist typischer Weise bei Mobile-Learning-Projekten im irrelevanten oder formalisierten Kontext der Fall. Die Fokussierung auf unerfahrene Lerner ist jedoch bei Projekten im physischen oder sozialisierenden Kontext nur noch bedingt adäquat. Der Grund für das Lernen in diesem relevanten Kontext ist, bereits vorhandenes Wissen anzuwenden und durch selbständiges Erforschen, Kooperieren und Reflektieren zu erweitern. Man kann im Normalfall von einem Novizen nicht erwarten, diese schwierigeren Lernformen anzuwenden, da er kein

3.11 Mobiles Lernen

293

Vorwissen zum Anknüpfen hat. Er muss sich zuerst eine Wissensbasis aneignen, um damit zurecht zu kommen. Es gibt viele sehr bewährte und gebräuchliche Methoden, um unerfahrene Lerner zu trainieren und auszubilden, wie zum Beispiel Lernbücher, geführte Touren oder Informationsveranstaltungen in Museen. Gerade in diesem Bereich ist es sehr schwer, Mobile Learning zu positionieren, da man mit den anderen traditionellen Methoden in Wettbewerb tritt und den Mehrwert gegenüber diesen erst zeigen muss. Anders sieht es bei bereits trainierten Lernern, die sich weiterbilden wollen, aus. In ihrem sich ständig verändernden Kontext fehlen ihnen Hilfsmittel, um zu reflektieren oder um ihr Wissen weiterzuentwickeln, und Instrumente, um Wissen mit anderen Personen im selben oder ähnlichem Kontext zu teilen, oder Instrumente zum Erstellen von Material, um so mit anderen kooperativ zu Lernen. Daher sollte gerade hier in Zukunft das Mobile-Learning-Feld positioniert werden, da hier durch den neuen und innovativen Technikeinsatz Lernformen ermöglicht werden, die vorher undenkbar waren. Die Positionierung des Mobilen Lernens in diesen neuen Lernformen fordert aber auch ein Überdenken der bisher dominierenden pädagogischen Paradigmen in den Mobile-LearningAnwendungen. Entsprechend der bekannten Taxonomie der Lernziele von Bloom (1953) sollte sich Mobiles Lernen nicht auf die pädagogischen Ziele von Wissen und Verstehen beschränken, sondern sich auf das Feld Anwenden, Analysieren und Synthese und Evaluation fokussieren. Hier sind erste Ansätze zu beobachten, aber es liegt noch viel Potential brach.

4

Umsetzung

In diesem Kapitel wird das Vorgehen bei der Umsetzung der in den vorigen Kapiteln beschriebenen Konzepte behandelt. Hierbei müssen die Aspekte des Entwicklungsprozesses und der darin notwendigen, CSCL-spezifischen Aktivitäten miteinander in Einklang gebracht werden. Dabei gehen wir zuerst auf die typischen Entwicklungsschritte von CSCLAnwendungen ein, um dann wesentliche Querschnittsthemen zu beleuchten. Beitrag 4.1 gibt einen Überblick über den gesamten Entwicklungsprozess und unterscheidet dabei zwischen Forschungssystemen und Systemen die für den Dauerbetrieb z.B. einer Bildungseinrichtung gedacht sind. In Beitrag 4.2 beginnen wir den Entwicklungszyklus mit der Frage, wie der Bedarf für kooperatives Lernen und unterstützende Systeme erhoben werden kann. Beitrag 4.3 stellt die softwaretechnische Realisierung selbstentwickelter Software (also insbesondere von Forschungssystemen) vor. Für die Auswahl und Anpassung von Standardsoftware für den CSCL-Regelbetrieb sei auf den Erfahrungbericht im Beitrag 5.1 verwiesen. Der Beitrag 4.4 beleuchtet die Herausforderungen und Vorgehensweise bei der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen. Während bei experimentellen Anwendungen (z.B. Forschungssystemen) ein Fokus auf das unmittelbare Lernumfeld ausreicht, müssen für einen Dauerbetrieb in einer Bildungseinrichtung auch umfassende organisatorische Maßnahmen zur Einbettung der Anwendung in den Bildungsbetrieb ergriffen werden. Beitrag 4.5 zur Qualitätssicherung stellt ein erstes Querschnittsthema dar: Er zeigt auf, was ein qualitativ hochwertiges CSCL-Angebot ausmacht, wie die Qualität systematisch verbessert werden kann und wie man die Erreichung von Qualitätszielen misst. Bei der Nutzung von CSCL-Systemen fallen zahlreiche personenbezogenen Daten an, die einerseits die Qualität der Kooperation verbessern können, aber andererseits auch die Privatsphäre von Lernenden und Lehrenden bedrohen. Beitrag 4.6 zeigt deshalb die Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten für den Datenschutz in CSCL-Systemen auf. E-Learning-Plattformen haben inzwischen einen hohen Reifegrad erreicht. Dies wird auch an einer Vielzahl von relevanten Normen und Standards insbesondere für E-Learning-Inhalte deutlich. Der abschliessende Beitrag 4.7 gibt einen Überblick über relevante Normen und Standards und bewertet ihre Bedeutung für CSCL-Angebote.

296

4.1

4 Umsetzung

Entwicklungsprozess Gerhard Schwabe1, Jörg M. Haake2, Martin Wessner3 1

Universität Zürich, 2FernUniversität in Hagen, 3 Fraunhofer IESE, Kaiserslautern

1

Einleitung

Über zwanzig Jahre CSCL-Forschung haben zu einer großen Bandbreite an CSCL-Systemen geführt: Sie reichen von sehr speziellen Werkzeugen für einen bestimmten Fachunterricht über elektronische Moderationskästen bis zu großen E-Learning-Plattformen mit integrierten CSCL-Funktionalitäten. Genauso wenig, wie es nur ein CSCL-System gibt, gibt es nur eine Vorgehensweise für die Entwicklung von CSCL-Systemen. Eine geeignete Vorgehensweise hängt davon ab, 1. ob es sich um ein Forschungssystem handelt oder um ein System, welches dauerhaft im Regelbetrieb eingesetzt wird und 2. ob die Anwendung eher einen Werkzeugcharakter hat oder ob es sich um eine umfassende Infrastruktur handelt. Im Folgenden werden kurz die Anforderungen an unterschiedliche Typen von CSCLSystemen diskutiert, bevor drei exemplarische Vorgehensweisen für die Entwicklung von CSCL-Systemen vorgestellt werden: Das Usability Engineering, das STEPS-Modell und das Socio-cognitive Engineering.

2

CSCL-Forschungssysteme vs. CSCL-Systeme für den Regelbetrieb

Für die Auswahl eines geeigneten Entwicklungsprozesses muss grundsätzlich unterschieden werden, ob ein CSCL-System primär der Forschung dient, oder ob es für den Regelbetrieb an einer oder mehreren Institutionen entwickelt wird. 1. CSCL-Forschungssysteme: Ein CSCL-Forschungssystem dient dem Informatiker, Pädagogen, Psychologen oder Sozialwissenschaftler dazu, neuartige Konzepte aus ihren Forschungsgebieten in einem Prototyp umzusetzen und zu testen. Der Fokus ihrer Entwicklung liegt typischerweise bei der Funktionalität und der Benutzungsoberfläche des Prototypen in enger Zusammenarbeit mit den potenziellen Nutzern. Die Entwicklung und der Test sind Teil eines kreativen Gesamtprozesses. Deshalb sind hier schnelle Entwicklungszyklen und ein möglichst geringer administrativer und dokumentarischer Aufwand gefragt. Für die Koordination der Aktivitäten sind deshalb agile Methoden des Software Engineering geeignet; als Leitfaden für die zu erzeugenden Artefakte eignen sich Methoden des Usability Engineering, insbesondere das in Abschnitt 3 dargestellte Scenario-based Development. Innerhalb der Gruppe der CSCL-Forschungssysteme lassen sich zwei Reifegrade unterscheiden (vgl. Winter 2010): Ein Proof-of-Concept-System dient der Demonstration und der Prü-

4.1 Entwicklungsprozess

297

fung einer Idee in einem kontrollierten Experimentaltest (vgl. Beitrag 4.4). Hier können sich die Entwickler auf die Umsetzung der innovativen Idee konzentrieren und den Ressourceneinsatz deshalb auf wenige Monate begrenzen. Ein Proof-of-Value-System benötigt dagegen ausreichend Funktionalität und Stabilität, um in ausführlicheren und realitätsnäheren Experimentalreihen sowie in Feldtests eingesetzt zu werden. Beispielsweise wird für ein Proof-of-Value-System häufig eine Benutzerverwaltung benötigt, während diese für die Experimente eines Proof-of-Concept-Systems nicht unbedingt erforderlich ist. Für Feldtests muss das System darüber hinaus über mehrere Wochen stabil laufen, nicht nur über die wenigen Stunden, die Experimentaltests dauern. Damit erfordert ein Proof-of-Value-System deutlich mehr Sorgfalt und Aufwand. Typisch für die Entwicklung von Proof-of-Value-Systemen sind mehrere Iterationen aus Entwicklungs- und Testarbeiten, um ein systematisches Verbessern zu ermöglichen. Hierfür sind iterative Entwicklungsmodelle geeignet. Hierzu gehört neben dem in Abschnitt 3 vorgestellten Usability Engineering das in Abschnitt 4 vorgestellte STEPS-Modell. Letzteres hat den Vorteil, dass es anschlussfähiger an die klassischen Methoden des Software Engineering ist. Die Fortentwicklung eines Systems über mehrere Iterationen setzt eine gute Architektur als stabilem Kern voraus. Architekturdesign gewinnt deshalb an Bedeutung und die Qualifikationsanforderung an die beteiligten Entwickler ist deshalb höher als bei Proof-of-Concept-Systemen. Beitrag 4.3 zur Software- und Systementwicklung gibt genauere Aufschlüsse über eine professionelle Vorgehensweise. Für viele Vorhaben lohnt es sich, auch in eine sorgfältige Bedarfserhebung zu investieren (siehe Beitrag 4.2). Wegen des deutlich höheren Aufwands erreichen die meisten CSCL-Forschungssysteme nicht die Reife eines Proof-of-Value-Systems. Wegen seines hohen Risikos sollten CSCLForschungssysteme von anderen Anwendungen (insbesondere solchen mit hoher Bedeutung für den Regelbetrieb) isoliert werden (z.B. indem Daten nicht integriert werden), damit bei einem Fehlschlag wichtige Systeme nicht beeinträchtigt werden. 2. CSCL-Systeme für den alltäglichen Regelbetrieb: Dient ein CSCL-System nicht primär der Forschung sondern wird für den alltäglichen Regelbetrieb an einer oder mehreren Institutionen entwickelt, dann muss es deutlich höheren Qualitätsanforderungen genügen. Die nicht funktionalen Anforderungen wie die Stabilität, Wartbarkeit, Sicherheit oder Releasefähigkeit gewinnen an Bedeutung; damit steigen der Aufwand und die Ansprüche an die Vorgehensweise bei der Softwareentwicklung. Ein besonderer Fokus liegt typischerweise auf der Qualität der Architektur, dem Testen und der Einbettung der Anwendung in ein umfassendes Servicekonzept (z.B. auf der Basis von ITIL, vgl. siehe Beitrag 4.5), welches beispielsweise mit Schulungen die Einführung und mit Netzdienstleistungen und Hotline den dauerhaften Betrieb unterstützt. Die Gruppe der CSCL-Systeme für den alltäglichen Regelbetrieb lassen sich in zwei Untergruppen unterteilen: CSCL-Systeme mit Werkzeugcharakter und CSCL-Systeme mit Infrastrukturcharakter. CSCL-Systeme mit Werkzeugcharakter sind für eine dedizierte Kooperationsaufgabe entwickelt, beispielsweise ein kooperatives Spiel. Sie funktionieren weitgehend losgelöst von anderen Anwendungen. Dies erlaubt es, die Entwicklungsaufgabe auf die für diese Kooperationsaufgabe wichtigen Aspekte zu konzentrieren, ohne auf andere Anwendungen Rücksicht zu nehmen. Wenn der Entwicklung eines solchen CSCL-Werkzeugs Forschungssysteme (oder vergleichbare kommerzielle Systeme) vorangegangen sind und daraus

298

4 Umsetzung

eine gefestigte Spezifikation vorliegt, dann können traditionelle Instrumente des Software Engineering je nach Präferenz und Kultur der Entwickler angewendet werden. Wenn noch keine ausreichenden Forschungserfahrungen vorliegen und die Entwickler somit Neuland betreten, dann empfiehlt sich eine Entwicklungsvorgehensweise, die Pilotentwicklung und Produktentwicklung miteinander verbindet. Dies kann wiederum die STEPS-Methode (vgl. Abschnitt 4) oder das aufwändigere Socio-cognitive Engineering (vgl. Abschnitt 5) sein. Der Vorteil letzterer Methode ist es, dass sie mit der Berücksichtigung sozio-kognitiver Prozesse eine Brücke zur Didaktik schlägt und über recht detaillierte Modellierungsvorgaben sicherstellt, dass wesentliche Aspekte nicht übersehen werden. Für CSCL-Systeme mit Werkzeugcharakter sind die Beiträge zur Software- und Systementwicklung (siehe Beitrag 4.3) und zur Qualitätssicherung (siehe Beitrag 4.5) besonders hilfreich. Bei Systemen mit Infrastrukturcharakter sind CSCL-Funktionen in eine umfassende ELearning-Umgebung eingebettet. E-Learning-Umgebungen wie Moodle, OLAT oder Blackboard bilden den E-Learning-Kern einer Institution. Aus wirtschaftlichen Gründen werden diese Systeme heutzutage nur noch als Standardsoftware entwickelt. Die Entwicklungsaufgabe in diesem Kontext ist die Anpassung der E-Learning-Standardsoftware für eigene Zwecke und ihre Integration in die eigene Organisation. Auch die Anforderungen werden – soweit möglich – nicht von Grund auf neu definiert, sondern durch die Anpassung von Referenzmodellen an die individuellen Bedürfnisse einer Organisation erhoben. Zur Anpassung stehen häufig eigene Werkzeuge zur Verfügung; die Integration in die eigene Organisation ist häufig aufwändig, weil auf bestehende Daten und Anwendungen zurückgegriffen werden muss, z.B. auf Campus-Management-Systeme zur Vereinheitlichung der Benutzeradministration. Für Systeme mit Infrastrukturcharakter gibt es eigene Vorgehensweisen für die Projektgestaltung. Sie sind in der Regel nicht iterativ, sondern folgen dem Wasserfallmodell. Ein Lernen wird im Projekt ermöglicht, indem große Vorhaben (z.B. die Einführung einer E-Learning-Standardsoftware an einer Universität) in kleinere Vorhaben aufgeteilt werden (z.B. werden die verschiedenen Module nacheinander ausgerollt oder die Fakultäten werden nacheinander ausgestattet). Es wird in diesem Beitrag keine eigene Vorgehensweise vorgestellt, weil diese in Beitrag 4.3 separat präsentiert wird. Für diesen Bereich sind weiterhin die Beiträge zur Einführung und Bereitstellung (siehe Beitrag 4.4) und zum Datenschutz (siehe Beitrag 4.6) von besonderer Bedeutung. Im Folgenden werden nun drei geeignete Vorgehensweisen für die Entwicklung von CSCLAnwendungen vorgestellt. Usability Engineering stellt den Nutzer in den Mittelpunkt, STEPS betont den evolutionären Charakter der Entwicklung als Folge von Releases, während das Socio-cognitive Engineering Organisationsaspekte stärker berücksichtigt.

3

Usability Engineering

Wenn die Benutzungsschnittstelle ausschlaggebend für die Akzeptanz einer Software ist (und dies ist bei CSCL-Werkzeugen regelmäßig der Fall), dann ist der nutzerzentrierte Ansatz der Softwareentwicklung (vgl. Abbildung 1, (ISO, 1999)) der goldene Weg zu einer passenden Software. Nach einer initialen Planung wird der zu gestaltende Nutzungskontext spezifiziert, die organisatorischen und Nutzeranforderungen erhoben, die Entwurfslösung erstellt und diese dann evaluiert. Die Evaluationsergebnisse fließen dann in die nächste Iteration ein, in welcher das Vorgehen wiederholt wird.

4.1 Entwicklungsprozess

299

Planung des nutzerzentrierten Prozesses

Anforderungen erfüllt

Spezifizieren des Nutzungskontextes Spezifikation der organisatorischen & Nutzeranforderungen

Evaluation der Entwürfe gegen die Anforderungen

Erstellen der Entwurfslösungen Quelle: ISO 13407

Abbildung 1:

Vorgehensweise des Usability Engineerings nach ISO 13407

Bei Forschungssystemen ist es regelmäßig schwierig, bei den Nutzern Anforderungen zu erheben, denn die Nutzer haben Schwierigkeiten, sich die neue Lernsituation vorzustellen. In diesen Fällen bewährt sich die Umsetzung des Usability Engineerings durch das Scenariobased Development (Rosson & Carroll 2002). Es beruht auf sogenannten Szenarien: Szenarien sind kleine Geschichten, welche konktrete Nutzungssituationen aus Sicht eines Beobachters erzählen. Es gibt Problemszenarien, welche die aktuelle Lernsituation und ihre Probleme und Vorzüge realistisch auf den Punkt bringen, und drei Arten von Designszenarien: Aktivitätsszenarien, die die Aktivitäten der geplanten Lernsituation beschreiben, Informationsszenarien, die Informationsbereitstellung und -nutzung vorstellen, und Interaktionsszenarien, die die Interaktion mit dem neuen Werkzeug narrativ beschreiben. In einer „Wirkungsanalyse“ werden dann die Szenarien verknüpft und eine Basis für die Weiterentwicklung geschaffen. Bevor ein funktionaler Prototyp entwickelt wird, werden die Designideen mit Low-Fidelity Prototypen (vom Papierprototyp bis zum Klickprototyp) mit Nutzern aus der Zielgruppe getestet. So kann sehr schnell und zuverlässig erhoben werden, ob ein System Chancen hat, vom Nutzer akzeptiert zu werden.

4

STEPS-Vorgehensmodelle

Betrachtet man CSCL-Anwendungen aus Implementierungssicht als CSCW-Anwendungen, dann lassen sich die Methoden der Softwareentwicklung, die für CSCW-Anwendungen entwickelt wurden, übertragen. Typisch für die Entwicklung von CSCW-Anwendungen ist die Entwicklung einer Folge von Releases, wobei für jedes Release die Rahmenbedingungen und Anforderungen definiert, ein Design entwickelt, implementiert, evaluiert und eingeführt bzw. betrieben werden muss. Hierfür bieten sich evolutionäre Methoden der Softwareerstellung an, z.B. das STEPS-Modell (Floyd et al. 1989; 1994; 1997). STEPS definiert einen evolutionären Entwicklungsprozess, in dem eine Folge von „Systemversionen“ (= Releases) als Reaktion auf geänderte Anforderungen der Anwender entwickelt wird. Softwaredesign stellt einen gemeinsamen Lernprozess von Entwicklern und Anwendern dar. Hierzu ist eine inten-

300

4 Umsetzung

sive Kommunikation zwischen Anwendern und Entwicklern notwendig. Pankoke-Babatz und Kollegen (2001) haben das STEPS-Modell für die Erstellung von CSCW-Anwendungen um die parallele Fortentwicklung von Anforderungsdefinition, Design, Implementierung und Betrieb erweitert. Spezifikation der organisatorischen Randbedingungen

Spezifikation der Didaktik

Anforderungen Feedback aufgrund Tests anhand Use Cases, Lehr/Lernszenarien

Def. von Use Cases, Lehr-/Lernszenarien

Design

Implementierung

Designfehler

System Implementierungsfehler Ergebnis der Evaluation

Feedback für didaktisches Design

Abbildung 2:

System im Betrieb

Feedback für organisatorische Rahmenbedingungen

Gesamtprozess der Entwicklung und des Betriebs eines CSCL-Systems

Abbildung 2 stellt den Gesamtprozess der Entwicklung und des Betriebs einer CSCLAnwendung dar, wie er an der Fernuniversität in Hagen erfolgreich eingesetzt wird. Dieses Vorgehen kann als Beispiel für eine konkrete Anwendung des erweiterten STEPS-Modells angesehen werden. In der ersten Stufe (Analyse) werden ausgehend von einer Bedarfsanalyse die Anforderungen aus didaktischer und organisatorischer Sicht festgelegt. Die so definierten Anforderungen definieren die Ziele des Systemdesigns. Das Aufgabenmodell wird konkret

4.1 Entwicklungsprozess

301

über die Definition von Anwendungsfällen (Use Cases) und Lehr-/Lernszenarien genauer festgelegt – hierbei spielen Lerntheorien und didaktische Modelle eine wesentliche Rolle. In der zweiten Stufe wird das System iterativ realisiert. Das Systemdesign gibt an, wie diese Anforderungen von den Systemkomponenten mit Hilfe der Benutzungsoberfläche und der zu entwickelnden Systemfunktionen erfüllt werden sollen. Anhand der Anwendungsfälle (Use Cases) und Lehr-/Lernszenarien kann das Design mit den späteren Anwendern überprüft und ggf. korrigiert werden. Die Implementierung des Designs führt dann zu einem System. Werden bei der Implementierung Designfehler festgestellt, so müssen diese in einem Re-Design korrigiert werden. Das lauffähige System kann dann in einem Evaluationsschritt anhand der Aufgabenmodelle (Anwendungsfälle und Lehr-/Lernszenarien) getestet und ggf. korrigiert werden. Bei positiver Evaluierung kann das System eingeführt werden und in Betrieb genommen werden. Die Erfahrungen im Betrieb können wiederum als Feedback in die Anpassung der didaktischen und organisatorischen Anforderungen und der Aufgabenmodelle eingehen und im nächsten Entwicklungszyklus wirksam werden. Dieses Modell des Gesamtprozesses der Entwicklung einer CSCL-Anwendung umfasst die wesentlichen Aktivitäten des STEPS-Modells: Systemgestaltung (hier: Spezifikation der Randbedingungen und Anforderungen), Systemspezifikation (hier: Design), Softwarerealisierung (hier: Implementierung des Systems) und Einsatz (hier: Einführung, Betrieb). Auf die explizite Bezeichnung von Systemversionen sowie der Projektetablierung wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. Eine Konkretisierung von STEPS betrifft die explizite, mit Design und Implementierung verschränkte Evaluation (Pfister & Wessner 2000) und die daraus resultierenden Zyklen im Modell, sowie die Unterstützung des sozio-technischen Designprozesses. Die explizite, verschränkte Evaluation wird notwendig, da es für die Evaluation neuartiger Systemtypen wie CSCL-Anwendungen in der Regel unmöglich ist, von Beginn an einen begründeten Kriterienkatalog aufzustellen. Pfister und Wessner (2000) argumentieren deshalb für eine verschränkte, formative Evaluation auf zwei Ebenen: zum einen auf der Ebene der Systementwicklung, zum anderen auf der Ebene der Evaluationskriterien. Die Systementwicklung muss iterativ den Resultaten des formativen Evaluationsprozesses angepasst werden. Gleichzeitig müssen auch die Evaluationskriterien selbst iterativ den Erkenntnissen und Randbedingungen, die erst im Zuge der Systementwicklung deutlich werden, angepasst werden. Nach Pfister und Wessner (2000) wird die formative Evaluation hier also nicht nur als kontinuierliche Evaluation und iteratives Re-Design des Systems, sondern ebenso als kontinuierliche Reformulierung des Kriterienkatalogs selbst verstanden. Zwar bleibt auf oberster Ebene der Gegenstand der Evaluation konstant, die konkrete Kriterienhierarchie einschließlich der Operationalisierungen ist jedoch hochgradig mit dem aktuellen Stand der Systementwicklung verschränkt. Evaluation muss also selbst als ein kooperativer Lernprozess begriffen werden! Wie oben ausgeführt, erfordern Design und Implementierung von CSCL-Systemen viele Zyklen, da Anwender ihr Verständnis im Entwicklungsprozess vertiefen müssen. Zentral ist für diesen Prozess daher das intensive und direkte Einbeziehen der Anwender. Um eine konkrete und intensive Kommunikation zwischen Anwendern und Entwicklern zu fördern, ist der frühzeitig Einsatz von Prototypen für Design (z.B. in Papierform) und Implementierung (als Systemprototyp) förderlich.

302

4 Umsetzung

5

Socio-Cognitive Engineering

Aufgrund der Koevolution von Anwenderverständnis bzw. auch -verhalten und der zu ihrer Unterstützung entwickelten CSCL-Anwendung, müssen CSCL-Systeme als sozio-technische Systeme (Sharples et al. 2002) gestaltet werden. Sozio-technische Systeme umfassen hier sowohl die Aspekte, die die Nutzung des Systems durch einzelne Benutzer betreffen, als auch die Aspekte, die die Nutzung des Systems in einer (z.B. arbeitsteiligen) Organisation betreffen. Letzteres ist ein wesentlicher Aspekt von CSCL-Anwendungen. Sharples und Kollegen (2002) schlagen hierfür die Methodik „Socio-Cognitive Engineering“ vor. Ausgangspunkt dieser Methodik ist die Analyse der komplexen Interaktionen zwischen Menschen und Informationstechnologie mit dem Ziel der Überführung dieser Analyse in benutzbare, nützliche und elegante Technologie in ihrem sozialen Kontext.

Allgemeine Anforderungen

Designkonzept

Designraum Feldstudien

Sozio-kognitive Prozesse

Aufgabenmodell

Testen Spezifikation

Eingeführtes System Abbildung 3:

Implementierung

Hauptergebnisse und ihre Abfolge beim Designprozess (nach Sharples et al. (2002))

Der Ansatz besteht aus zwei Stufen (vgl. Abbildung 3): die Analyse der Aktivitäten und das Design der Technologie. Ausgangspunkt ist die Erhebung der allgemeinen Anforderungen. Bei der Analyse der Aktivitäten wird der Typ der zu unterstützenden Arbeit definiert, die Domäne (z.B. im CSCL eine Vorlesung in linearer Algebra) wird festgelegt und es werden die Randbedingungen (z.B. Ausstattung der Zielgruppe, vorgesehene Didaktik) für das Design erhoben. Daran schließen sich zwei parallele Studien an: eine Feldstudie, die betrachtet, wie Menschen die zu unterstützende Arbeit im normalen Arbeitskontext erledigen, und eine mehr theoriebasierte Untersuchung der zugrunde liegenden kognitiven und sozialen Prozesse. Die beiden Studien werden dann in einem Aufgabenmodell synthetisiert. Im Aufgabenmodell werden die Interaktionen zwischen Personen, Werkzeugen und Ressourcen beschrieben, und es wird analysiert, wie die Personen ihre Arbeit externalisieren (z.B. in Form von Dokumenten oder Notizen), welche Regeln und Konventionen ihre Aktivitäten beeinflussen, welche Terminologie die Personen verwenden und welche Muster in ihren Diskursen vorkommen. An diese erste Stufe der Analyse schließt sich ein iteratives Design an. Dieser besteht aus folgenden Aktivitäten: Spezifikation eines Designkonzepts, Erzeugung des dazugehörigen Designraums (d.h. der Menge der möglichen Designalternativen für dieses Konzept), Spezifikation der funktionalen und nicht-funktionalen Aspekte des Systems, Implementierung und

4.1 Entwicklungsprozess

303

Einführung des Systems. Das so entwickelte Gesamtsystem, das über das technologische System (Hardware und Software) und die Dokumentation hinaus auch die empfohlenen Nutzungsmethoden umfasst, soll dann den Anforderungen des Aufgabenmodells genügen. Kontinuierliche Tests und Evaluierung führen zu iterativen Verbesserungen innerhalb des groben Vorgehensmodells. Tabelle 1:

Framework aus Bausteinen für das sozio-kognitive Systemdesign (nach Sharples et al. (2002))

Phasen 1. Vorschlagen 2. Erheben

3. Analysieren

4. Interpretieren 5. Entwerfen

6. Implementieren

7. Integrieren 8. Evaluieren 9. Warten

Software Engineering Existierende Systeme Anforderungen

Task Knowlegde Engineering Engineering Allgemeine Anforderungen Konventionelle Domänenwissen Aufgabenstrukturen & Prozesse Aufgaben: Ziele, Wissen: Konzepte, Objekte, Methoden Fertigkeiten

Algorithmen, Heuristiken

Aufgabenmodell Mensch-ComputerDomänenkarte, Interaktion Benutzermodell

Prototypen, Dokumentation

Interfaces, Kognitive Werkzeuge

Debugging Installiertes System

Wissensrepräsentation

Protoypisches System Benutzbarkeit Conceptual change, skill development Neue AufgabenAngereichertes struktur Wissen

Organizational Engineering Organisatorische Strukturen und Abläufe Arbeitsplatz: Praktiken, Interaktionen Soziotechnisches System Kommunikation, vernetzte Ressourcen Organisatorische Änderungen Neue Organisationsstruktur

Für die Durchführung der Methodik schlagen Sharples und Kollegen (2002) ein Framework aus Bausteinen für das sozio-kognitive Systemdesign vor (siehe Tabelle 1). Es werden vier Prozesse unterstützt: Software Engineering, Task Engineering, Knowledge Engineering und Organizational Engineering. Vier Spalten enthalten Bausteine für diese Prozesse, die sich an den neun Hauptphasen des Entwicklungsprozesses orientieren (Vorschlagen, Erheben, Analysieren, Interpretieren, Design, Implementieren, Integrieren, Evaluieren und Wartung) und aufeinander aufbauen. Jeder Baustein bezeichnet eine Aktivität, zu der mehrere Methoden angewendet werden könnten. Sharples und Kollegen (2002) betonen, dass ihr Framework keineswegs für die reine sequenzielle Anwendung gedacht ist, sondern dass die Entwickler in jeder Phase in unterschiedlichem Ausmaß aktiv werden können. Da aber Modifikationen in einer Phase alle davor liegenden Phasen betreffen können, müssen diese erneut betrachtet werden, um die Konsistenz des Gesamtsystems zu garantieren. Aufgrund kontinuierlicher Tests und solcher Änderungen kommt es zu zahlreichen Iterationen während des Entwicklungsprozesses.

304

4.2

4 Umsetzung

Bedarfsanalyse Katrin Allmendinger SRH FernHochschule, Riedlingen

1

Einführung

Bedarfsanalysen sind eine wichtige Grundlage für die Identifizierung und Strukturierung des Bildungsbedarfs. Basierend auf den Ergebnissen von Bedarfsanalysen erfolgt die Planung, Konzeption und Umsetzung von Lehr-/Lernszenarien. Prinzipiell können unterschiedliche Varianten von Bedarfsanalysen unterschieden werden. Einerseits gibt es Analysen, die sich vor allem auf die Erhebung des Bildungsbedarfs beziehen. Andererseits können Analysen darauf abzielen, den Bedarf an E-Learning und speziell CSCL zu untersuchen. Bedarfsanalysen können dem Bildungscontrolling zugeordnet werden (Zalenska 2009). Unter Bildungscontrolling ist ein planungsorientiertes Instrument zur ziel- und ergebnisorientierten Gestaltung und Steuerung von Aus- und Weiterbildungsaktivitäten zu verstehen (Krekel & Gnahs 2000). Durch die Erhebung des Bedarfs im Hinblick auf CSCL können folglich Fehlplanungen vermieden werden und die CSCL-Aktivitäten auf der Basis der ermittelten Bedarfslage konzipiert und durchgeführt werden. Generell sind Bedarfsanalysen somit ein zu Beginn einzusetzender Baustein von Systemkonzeptionen, wie beispielsweise der Entwicklung eines (CSCL)-Lernsystems bzw. einer (CSCL)-Lernumgebung. In der Regel erfolgen nach eher allgemeiner gehaltenen Bedarfsanalysen gezielte Anforderungsanalysen (z.B. zur Erfassung technischer Detailanforderungen). Als zentrales Element der traditionellen betrieblichen Weiterbildung sind Bedarfsanalysen in vielen Organisationen und Betrieben fest verankert (Seusing & Bötel 2000, Zalenska 2009). Verantwortlich für die Durchführung von Bedarfsanalysen ist meist der Weiterbildungsbereich oder die Personalabteilung (Erpenbeck & von Rosenstiel, 2007). Im Folgenden sollen der Nutzen und die Ziele bezogen auf Bedarfsanalysen näher erläutert werden bevor ein Vorgehensmodell zur Durchführung vorgestellt wird. Es wird auf die Kriterien eingegangen, die im Rahmen von Bedarfsanalysen im CSCL zu berücksichtigen sind und unterschiedliche Methoden zur Erhebung des Bedarfs werden beschrieben.

2

Nutzen und Ziele von Bedarfsanalysen

Allgemein ist das Ziel von Bildungsbedarfsanalysen durch einen Vergleich der Ist-Situation mit der Soll-Situation den Qualifikationsbedarfs aufzudecken (Seusing & Bötel 2000). Während neue Arbeitsplatzanforderungen, die sich beispielsweise aufgrund technischen Entwicklungen oder Veränderungen der Arbeitsorganisation ergeben, bei der Erfassung der SollSituation eine entscheidende Rolle spielen, führt eine Analyse der bereits vorhandenen Qualifikationen zur Identifikation der Ist-Situation. Durch Bedarfsanalysen wird gewährleistet, dass inhaltlicher Qualifikationsbedarf frühzeitig erkannt wird. Es kann entsprechend mit Qualifizierungsmaßnahmen auf den Bedarf reagiert werden. Dadurch wird in Organisationen

4.2 Bedarfsanalyse

305

bzw. Unternehmen qualifikationsbedingten Nachteilen bei der Aufgabenbewältigung vorgebeugt. Diese Variante einer Bedarfsanalyse wird im Folgenden als Bildungsbedarfsanalyse bezeichnet. Bildungsbedarfsanalysen zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesamtbedarf des Unternehmens bzw. der Organisation im Bereich der Bildung untersucht wird. Neben der Identifikation relevanter Qualifikationsziele steht die Spezifizierung von Lehr-/Lerninhalten, Zielgruppen und Lehr-/Lernszenarien im Vordergrund. Bedarfsanalysen, die vor allem auf einen Ist-Soll-Vergleich von E-Learning-Aktivitäten fokussieren, werden im Folgenden E-Learning-bezogene Bedarfsanalysen genannt. Sie zielen einerseits darauf ab Lehr-/Lernszenarien zu analysieren, die bisher in Präsenzform abgelaufen sind, jedoch hohes Nutzenpotential für E-Learning besitzen (z.B. da der Lerninhalt einem kontinuierlichen Wandel unterliegt, wie das beispielsweise bei Produktschulungen der Fall sein kann). Andererseits können sie auch auf die Optimierung bereits bestehender ELearning-Angebote fokussiert sein (z.B. bei der Erhebung der inhaltlichen, technischen und organisatorischen Anforderungen und Rahmenbedingungen von tutorieller Betreuung).

Nutzen

Effektives und bedarfsgerechtes CSCL

Datengeleitetes Vorgehen bei der Planung, Konzeption und Umsetzung von CSCL Ziele Bedarfsidentifizierung

Bedarfsstrukturierung

Lösungsableitung

Basis Bedarfsanalysen im Bereich CSCL Abbildung 1: Nutzen und Ziele von Bedarfsanalysen im CSCL

Neben Bildungsbedarfsanalysen und E-Learning-bezogenen Bedarfsanalysen können als weitere Variante CSCL-bezogene Bedarfsanalysen durchgeführt werden. Sie beziehen sich auf einen noch kleineren Ausschnitt des Aus- und Weiterbildungssystems, da sie speziell auf die Erfassung der Anforderungen hinsichtlich der inhaltlich-methodischen Konzeption und Realisierung der CSCL-Aktivitäten abzielen. Zusammenfassend können folgende Ziele von CSCL-bezogenen Bedarfsanalysen festgehalten werden (vgl. Abbildung 1): – Bedarfsidentifizierung: konkrete Anforderungen an CSCL-Szenarien werden bezogen auf einen oder mehrere Lehr-/Lernbereiche erfasst

306

4 Umsetzung

– Bedarfsstrukturierung: Bedarfe und Anforderungen werden in Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen des Unternehmens gebracht (z.B. bezogen auf das Kosten-Nutzen Verhältnis im CSCL, bereits existierende IT-Lösungen, Weiterqualifizierung der Trainer hinsichtlich CSCL) – Lösungsableitung: Handlungsschritte werden abgeleitet, die Strukturierung des weiteren Vorgehens erfolgt auf empirisch ermittelter Basis. Aufbauend auf den Zielen, die im Rahmen von CSCL-bezogenen Bedarfsanalysen verfolgt werden, kann auf der Ebene des organisationalen bzw. betrieblichen Nutzens festgehalten werden, dass durch das datengeleitete Vorgehen die Planung, Konzeption und Umsetzung von CSCL bedarfsgerecht und effektiv erfolgt. Somit kann durch die Durchführung von CSCL-bezogenen Bedarfsanalysen eine sinnvolle Basis für die erfolgreiche Entwicklung und Nutzung von CSCL-Szenarien im Unternehmen geschaffen werden.

3

Durchführung von Bedarfsanalysen

Bedarfsanalysen können in Unternehmen und Institutionen (Öffentliche Verwaltung, Hochschule etc.) durchgeführt werden (Gröhbiel 2002). Im Folgenden wird vor allem auf die Bedarfsanalysen in Unternehmen Bezug genommen. Prinzipiell können bei Bedarfsanalysen die Ziele, das Vorgehen und der Umfang der Analysen sehr unterschiedlich sein. Die Einteilung in die drei Varianten (Bildungs-, E-Learningbezogene und CSCL-bezogene Bedarfsanalysen) soll dabei eine Richtlinie darstellen, mit welchen Schwerpunkten Bedarfsanalysen durchgeführt werden können. Es sei jedoch ausdrücklich erwähnt, dass die Varianten unter Umständen auch zu einer umfassenden Bedarfsanalyse zusammengefasst werden können. Gemeinsam ist den Bedarfsanalysevarianten, dass sie in der Regel nicht nur einmal durchgeführt werden, sondern in einen iterativen Ansatz eingebettet sind, der erneute Analysedurchgänge nach einer bestimmten Zeitspanne vorsieht. Auf diese Weise kann dem sich verändernden Bedarf Rechnung getragen werden und das Bildungsangebot entsprechend kontinuierlich angepasst und optimiert werden (vgl. auch Beitrag 4.1). Eine weitere Gemeinsamkeit der Bedarfsanalysevarianten bezieht sich auf die Rahmenbedingungen der Analyse, die vorab zu klären sind. Die Analysen sind unternehmensintern meist im Bereich der Personalentwicklung angesiedelt. Eine Abstimmung bezogen auf die finanziellen und personellen Ressourcen, die für die Analyse zur Verfügung stehen, wird deshalb im Allgemeinen zwischen Personalentwicklungsabteilung und Geschäftsführung vorgenommen. Dabei sollte auch entschieden werden, ob externe Dienstleister, z.B. aus Unternehmensberatungen oder Forschungseinrichtungen, eingebunden werden. Im Folgenden wird insbesondere auf E-Learning-bezogene und CSCL-bezogene Bedarfsanalysen eingegangen (bzgl. Bildungsbedarfsanalysen vgl. Krekel & Gnahs 2000; Seusing & Bötel 2000).

3.1

E-Learning-bezogene Bedarfsanalyse

Die Initiierung einer E-Learning-bezogenen Bedarfsanalyse erfolgt in der Regel durch die Personalentwicklungsabteilung oder aufgrund strategischer Entscheidungen des Vorstands oder der Geschäftsführung eines Unternehmens. Auslöser dafür sind nicht selten die Anforderungen aus den Fachbereichen bzw. seitens der Fachbereichsleiter und der Personalver-

4.2 Bedarfsanalyse

307

antwortlichen. Die Ziele der E-Learning-bezogenen Bedarfsanalyse können sehr unterschiedlich ausfallen. So kann es beispielsweise sein, dass ein Unternehmen bereits Erfahrungen im Bereich tutoriell betreutes E-Learning hat und eine Erweiterung des Angebots um mobile learning (vgl. Beitrag 3.11, Johnson, Levine, Smith & Stone 2010) plant. Ein anderes Beispiel wäre, dass ein Unternehmen untersuchen will, in welchen Lehr-/Lernzielbereichen, mit welchen Zielgruppen und unter welchen organisatorischen Rahmenbedingungen der Einsatz von Virtual Classroom-Lösungen vielversprechend ist. Die beiden Beispiele zeigen, dass die der Bedarfsanalyse zugrunde liegende Zielvorstellung zu einem sehr unterschiedlichen Analysevorgehen führen kann. Es wird im Folgenden ein prototypisches Vorgehen vorgestellt, das den Gesamtprozess der E-Learning-bezogenen Bedarfsanalyse, von der Konkretisierung der Ziele der Bedarfsanalyse bis hin zur Ableitung von Aktivitäten, aufzeigt. Einen Überblick über die einzelnen Schritte des Prozesses und die an den Schritten beteiligten Bereiche vermittelt Abbildung 2. PE Start-Workshop Zusammensetzung des Teams, Klärung der Ziele IT der Bedarfsanalyse

Vorgespräche zur Initiierung einer Bedarfsanalyse

GF

PE

FB

BR

IT

Pilotphase Erprobung der Lösung, Evaluation Abbildung 2:

PE FB

Klärung der strategischen PE Einbettung, GF Abstimmung der Ziele, Ressourcen-Klärung

Workshop zur Ziel-Verifikation und Abstimmung der Planung

PE

Feinplanung

PE

Instrumentenentwicklung

PE

IT BR

Dokumentation der Ergebnisse z.B. im Intranet

PE

Workshop zur Ableitung von Aktivitäten: Diskussion der Daten und Lösungsfindung

PE

Datenerfassung PE und -auswertung

IT BR

Prototypisches Vorgehen bei E-Learning-bezogenen Bedarfsanalysen (Legende: PE = Personalentwicklung, GF = Geschäftsführung, IT = InformationstechnologieBereich, BR = Betriebsrat, FB = Fachbereich)

Eine Eingrenzung der Ziele der E-Learning-bezogenen Bedarfsanalyse erfolgt meist in unterschiedlichen Vorgesprächen zwischen Personalentwicklungsbeauftragten und anderen Beteiligten, z.B. der Geschäftsführung und dem IT-Bereich, sowie beim ersten offiziellen Treffen, das als „Start-Workshop“ der Bedarfsanalyse bezeichnet werden kann. Neben der Vereinbarung einer gemeinsam getragenen Zielspezifikation ist im ersten Workshop eine Entschei-

308

4 Umsetzung

dung über die Zusammensetzung des Teams zu fällen, das bei der Bedarfsanalyse mitwirkt. In der betrieblichen Praxis arbeiten des Öfteren gemischte Projektteams, bestehend aus externen Beratern und unternehmensinternen Mitarbeitern aus dem Personalentwicklungs- und IT-Bereich, zusammen. Das weitere Vorgehen bei der Analyse wird aus Sicht dieses Projektteams geschildert. Weitere Beteiligte, mit denen das Projektteam die Bedarfsanalyse abstimmen sollte, sind die Geschäftsführung, Fachbereichsleitungen und der Betriebsrat. In der Regel wird nach dem Start-Workshop wiederum eine Abstimmung mit der Geschäftsführung über die nun konkretisierten Ziele der Bedarfsanalyse vorgenommen und die Ressourcen, die für die Analyse zur Verfügung stehen, sollten spätestens zu diesem Zeitpunkt geklärt werden. Des Weiteren sollte das Gespräch genutzt werden, um die strategische Ausrichtung bezogen auf ELearning sowie die diesbezüglichen finanziellen Ressourcen im Unternehmen zu erkunden. Je nach Zielsetzung der E-Learning-bezogenen Bedarfsanalyse kann dabei eine allgemeine Erhebung des E-Learning-Bedarfs, eine Einschätzung der Chancen und Problemfelder von E-Learning oder ein konkreter Schwerpunkt im E-Learning (z.B. die Verbindung von ELearning und Wissensmanagement im Unternehmen) im Vordergrund stehen (Bruhns & Gajewski 2002; Habermann & Kraemer 2001). Außerdem ist die Abstimmung des internen Marketings zu einem frühen Zeitpunkt zu leisten (Boden 2002). Im nächsten Schritt können eine endgültige Verifikation der konkreten Ziele der Bedarfsanalyse sowie die Planung des Vorgehens erfolgen. Bei der Planung des Vorgehens sind auf der Basis der Ziele der E-Learning-bezogenen Analyse die Kriterien zu spezifizieren, die erhoben werden sollen. Dabei handelt es sich sowohl um Kriterien, die den Ist-Zustand des Unternehmens erfassen als auch um Kriterien, die der Soll-Analyse zuzuordnen sind. Des Weiteren wird die Festlegung des Ablaufs der Datenerhebung geplant. Unter anderem ist zu klären, wann, wie und durch wen die Erhebungen durchgeführt werden sollen. Außerdem gehört zur Planung die Auswahl der Zielgruppen der Befragung. In der Regel ist ein repräsentativer Querschnitt mehrerer Zielgruppen anzustreben. Je nach Ziel der Bedarfsanalyse ist es sinnvoll, die Meinung von Lernenden, Mitarbeitern des IT-Bereichs, Bildungskoordinatoren bzw. Qualifizierungsbeauftragten und Trainern zu erfassen. Die Feinplanung des Vorgehens wird in der Regel innerhalb des Projektteams von den Vertretern aus dem Bereich Personalentwicklung übernommen. Neben der Auswahl der Erhebungsmethoden (Fragebogen, Interview etc.) sind die Entwicklung der Erhebungsinstrumente sowie die Abstimmung des Vorgehens mit Vertretern der zu befragenden Zielgruppe zu leisten. Darüber hinaus sind die Inhalte der Erhebungsinstrumente mit den unterschiedlichen Beteiligtengruppen abzustimmen, um zu gewährleisten, dass alle notwendigen Daten erfasst werden. Dabei hilft eine für alle Beteiligte zugängliche Dokumentation der Bedarfsanalyse, z.B. im Intranet der Firma. Mit dem Betriebsrat ist zusätzlich das Vorgehen hinsichtlich der Erfassung etwaiger personenbezogener Daten zu klären. Die Erhebung und Auswertung der Daten erfolgt in der Regel durch den Bereich Personalentwicklung oder den möglicherweise einbezogenen externen Dienstleister. Im Rahmen eines Workshops mit den unterschiedlichen Beteiligtengruppen können die Ergebnisse vorgestellt, diskutiert und als Grundlage für die Ableitung von Aktivitäten genutzt werden. Je nach Zielsetzung der Analyse können die Aktivitäten ebenfalls einen expliziten CSCL-Bezug aufweisen.

4.2 Bedarfsanalyse

309

Insbesondere, wenn die Entwicklung neuer Lehr-/Lernszenarien als Aktivität abgeleitet wird, empfiehlt es sich, durch eine Pilotphase zu überprüfen, ob die über die Bedarfsanalyse identifizierte Lösung im Bereich E-Learning zu dem Unternehmen bzw. der Organisation passt und ob sie von den Lernenden und Trainern akzeptiert wird und die angestrebten Ziele erreicht werden. Im Anschluss sollte auf der Basis einer Evaluation der Pilotphase eine erneute Ableitung von Handlungsempfehlungen erfolgen. Wenn es sich beispielsweise um die Erprobung eines für das Unternehmen neuen E-Learning-Ansatzes handelt, z.B. die Durchführung von Lernsitzungen in einem Virtual Classroom, kann unter Umständen der Test des Ansatzes über Application Service Providing („Anmieten von Software“) sinnvoll sein. Auf diese Weise wird ohne hohe Investitionskosten die Lösung abgesichert bevor sie in den Dauerbetrieb überführt wird. Die Pilotphase erfordert wiederum die Abstimmung mit unterschiedlichen Beteiligtengruppen (Testnutzern, Betriebsrat, Geschäftsführung etc.) hinsichtlich der Durchführung und Evaluation der Testlösung. Eine längerfristig wirksame Entscheidung und eine vorläufige Kalkulation der Kosten ist auf der Basis der Erfahrungen und Evaluationsergebnisse der Pilotphase im Allgemeinen valide vorzunehmen. Nach einem bestimmten Zeitintervall wird die E-Learning-bezogene Bedarfsanalyse idealerweise erneut durchgeführt, um aktuelle Informationen über die Bedarfe zu ermitteln.

3.2

CSCL-bezogene Bedarfsanalyse

Wie bereits erwähnt, bezieht sich diese Analysevariante speziell auf die Identifizierung und Strukturierung von Bedarfen im Bereich CSCL sowie auf die Ableitung von entsprechenden Lösungen. Einerseits können relativ allgemeine CSCL-bezogene Zielsetzungen mit der Analyse verfolgt werden (z.B. die Identifikation von Lehr-/Lernzielbereichen, die bisher zwar netzbasiert vermittelt werden, bei denen sich eine CSCL-Komponente jedoch anbieten würde). Andererseits können jedoch auch sehr spezifische Zielsetzungen verfolgt werden (z.B. die Identifikation von Bedarfen bezüglich CSCL-Aktivitäten im Lehr-/Lernzielbereich eines Arbeitsmethoden-Trainings für Projektleiter). Das prototypische Vorgehensmodell zu E-Learning-bezogenen Bedarfsanalysen hat hinsichtlich der CSCL-bezogenen Bedarfsanalyse ebenfalls prinzipielle Gültigkeit (vgl. Abbildung 2). Ähnlich wie bei der E-Learningbezogenen Bedarfsanalyse werden die Rahmenbedingungen der Analyse in der Regel vorab geklärt. Nach einer Klärung der Ziele der Analyse mit unterschiedlichen Beteiligtengruppen erfolgen die Schritte Feinplanung, Entwicklung der Erhebungsinstrumente, Erfassung, Auswertung und Dokumentation der Daten sowie Ableitung von Handlungsempfehlungen bzw. vorherige Durchführung einer Pilotstudie. Außerdem wird meist auch ein iteratives Vorgehen mit dem Ziel der längerfristigen Aktualisierung und Verifikation der Analyseergebnisse verfolgt (vgl. Beitrag 4.1). Bedarfsanalysen zum CSCL können sich auf einen oder mehrere der folgenden Schwerpunkte beziehen. Zu jedem Schwerpunkt werden mehrere exemplarische Ist- und SollAnalyse-Kriterien zugeordnet, die je nach Zielsetzung der Analyse kombiniert werden können (Kerres 2001, Spector 2010): − Lernzielanalyse: oder welche Ziele passen zu welchen CSCL-Ansätzen? Ist-Analyse-Kriterien: z.B. bestehende Lernangebote und -szenarien im Bereich E-Learning/CSCL, Lernkultur insbesondere bezogen auf kooperatives Lernen; Soll-Analyse-Kriterien: z.B. Lernzieleignung für CSCL-Ansätze (z.B. Lernziele, die durch Diskussion im

310









4

4 Umsetzung

ggf. interdisziplinären Team erreicht werden oder die unternehmensstrategische Bedeutung haben) Zielgruppenanalyse: oder welche Zielgruppen kommen für welche CSCL-Ansätze in Frage? Ist-Analyse-Kriterien: z.B. soziodemographische Daten (Alter, Geschlecht, Schul- und Berufsabschluss, berufliche Stellung, Sprachen, geographische Verteilung), Größe der Zielgruppen, Computer- und Interneterfahrung, Lernerfahrungen (Vorerfahrung mit E-Learning/ CSCL, Lerngewohnheiten, Lernbereitschaft), Medienzugang (Blumstengel 1998; Kerres 2001); Soll-Analyse-Kriterien: z.B. Anforderungen an CSCL seitens der Zielgruppen (z.B. hinsichtlich Methoden, Einsatzbereichen, Software/Tools) Bedarfsspezifikation: oder welche Anforderungen haben Lehrende und Lernende bezogen auf den Einsatz von CSCL beim Erwerb spezifischer Lerninhalte? Ist-Analyse-Kriterien: z.B. Anforderungen und ggf. Evaluationsergebnisse bezogen auf das bestehende Angebot, Anforderungen an Kommunikation, Koordination und Kooperation zwischen Beteiligtengruppen (Haake & Wessner 2001); Soll-Analyse-Kriterien: z.B. Anforderungen an CSCL unter Berücksichtigung des Lehr-/Lernziels, Priorisierung verschiedener CSCL-Ansätze hinsichtlich ihrer Eignung zur Erreichung des Lehr-/Lernziels, Spezifikation der gewünschten Lehr-/Lernsituation (z.B. Zusammensetzung und Größe der Lerngruppe), Anforderungen an die didaktisch-methodische Struktur des CSCL (z.B. hinsichtlich Feedback, Betreuung, kooperative Lernanteile), Qualitäts- und Erfolgskriterien zur Einschätzung des Erfolgs der CSCL-Ansätze Technische Basis: oder welche Infrastruktur ist für welchen CSCL-Ansatz nötig? Ist-Analyse-Kriterien: z.B. technische Infrastruktur an den Arbeitsplätzen und Lernorten der Zielgruppe (Client-Ausstattung), Serverinfrastruktur, Internetzugang und Bandbreiten (Habermann & Kraemer 2001), Funktionsanalyse einer ggf. bereits erworbenen Lernplattform z.B. hinsichtlich bereits vorhandener synchroner und asynchroner Kommunikationsformen, die für CSCL genutzt werden können (Schulmeister 2001); Soll-AnalyseKriterien: z.B. Überprüfung der Erweiterbarkeit einer ggf. bereits bestehenden Lernplattform, Überprüfung der Anbindung an ein ggf. vorhandenes Content-ManagementSystem, Knowledge Management System etc., Internet- vs. Intranet-Lösung, InhouseLösung vs. Outsourcing Kosten-Nutzen-Analyse: oder wo lohnt sich der Einsatz von CSCL-Ansätzen? Ist-Analyse-Kriterien: Kosten- und Nutzenaspekte bisheriger Lernformen im Präsenztraining (Herget & Beicht 2000, Weiss 2000) und beim E-Learning/CSCL (Kerres 2001), verfügbares Material und personelle Ressourcen (Niegemann, Domagk, Hessel, Hein, Hupfer & Zobel 2008); Soll-Analyse-Kriterien: Kosten- und Nutzensapekte von geplanten CSCL-Ansätzen (Bruns & Gajewski 2002; Niegemann et al. 2008).

Methoden der Bedarfserhebung

Sowohl für die E-Learning-bezogene als auch die CSCL-bezogene Bedarfsanalyse ist zu klären, welche Methoden zur Erhebung der Daten eingesetzt werden sollen (vgl. auch Beitrag 1.2). Prinzipiell kommen u.a. folgende Methoden in Frage: – Fragebögen – Interviews oder Gespräche

4.2 Bedarfsanalyse

311

– Beobachtung z.B. bestehender Interaktionen im E-Learning/CSCL (Reinmann-Rothmeier, Mandl & Prenzel 1997) – Kosten-Nutzen-Analyse (Kerres 2001; Niegemann et al. 2008). Die Wahl der Methode ist abhängig von den Zielen der Bedarfsanalyse, der konkreten Realisierbarkeit im Unternehmen, aber auch von dem Aufwand, der in Kauf genommen werden kann. Während Beobachtungen und Kosten-Nutzen-Analysen eher auf einer objektiven Datenstruktur basieren, können subjektive Einschätzungen eher durch schriftliche und mündliche Befragungen ermittelt werden. Die Fragebögen und Interviewleitfäden können verschiedene Frageformen beinhalten. Bei offenen Fragen kann der Befragte seine Antworten frei formulieren, während bei geschlossenen Fragen der Spielraum durch Antwortkategorien eingeschränkt ist (Reinmann-Rothmeier et al. 1997). Letztere Frageform ist schneller zu beantworten und lässt sich ökonomisch auswerten (Wottawa & Thierau 1990). Bei der mündlichen Befragung unterscheidet man strukturierte und unstrukturierte Interviews (Mayring 1996). Eine Mischform stellt das halbstrukturierte Interview dar, bei dem zwar Themen vorgegeben sind, nicht aber die Reihenfolge und Formulierung bestimmter Fragen. Bei der Bedarfsanalyse im CSCL eignet sich das halbstrukturierte Interview insbesondere für die Gespräche mit der Geschäftsführung, dem Betriebsrat oder den IT-Experten im Unternehmen.

5

Zusammenfassung und Ausblick

Der Beitrag hat gezeigt, dass der Umfang, die Inhalte sowie die Methoden von Bedarfserhebungen im Einzelfall sehr unterschiedlich sein können. Gemeinsam ist derartigen Analysen jedoch, dass sie alle darauf abzielen, für Zielgruppe und Lernziele angemessene Lern-, ELearning- bzw. CSCL-Ansätze herauszubilden. Bedarfsanalysen sind somit eine wertvolle Basis, um fundierte Entscheidungen zu fällen und die richtigen Investitionen zu tätigen. Gerade in dynamischen, sich schnell wandelnden Umfeldern sind Bedarfsanalysen, die kontinuierlich aktuelle Änderungen der Bedarfslage erfassen, von besonderer Bedeutung. Eine systematische Weiterentwicklung, Systematisierung und Etablierung von Bedarfsanalysen ist insofern ein Anliegen, das Vertreter aus Forschung und Praxis in Zukunft noch stärker als bislang gemeinsam angehen sollten.

312

4.3

4 Umsetzung

Software- und Systementwicklung Nils Malzahn1, H. Ulrich Hoppe1, Andreas Harrer2 1 2

1

Universität Duisburg-Essen Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

Einleitung

CSCL-Systeme weisen gegenüber allgemeinen Softwaresystemen einige Charakteristika auf, welche eine spezifische Methodik der Softwareentwicklung nahe legen. Zum einen haben sie als Systeme zur Kooperation/Kollaboration den Aspekt der Mehrbenutzerunterstützung zu berücksichtigen, zum anderen werden CSCL-Systeme aus technischer Sicht größtenteils in verteilten Umgebungen ausgeführt. Weiterhin ist es notwendig, der stark interdisziplinären Prägung von CSCL-Systemen bereits schon im Entwicklungsprozess Rechnung zu tragen. Diese verschiedenen Aspekte, wie Software-Entwicklungsmethoden, Entwicklungsprinzipien und Plattformen, sowie die Spezifikation von CSCL-Systemen durch Lernprozessbeschreibungen, sind Gegenstand der folgenden Abhandlung.

2

Softwareentwicklungsmethoden

Unter Software-Entwicklungsmethoden werden systematische Vorgehensweisen zur Planung und Realisierung von Software-Systemen verstanden. Im Forschungsfeld der SoftwareTechnik (engl. Software Engineering) wurden dabei diverse Entwicklungsmethoden vorgeschlagen, die den zunehmend komplexer werdenden Systemen und den bei der Erstellung auftretenden Problemen Rechnung tragen. CSCL-Systeme können mit Hilfe von diesen allgemeinen Vorgehensmodellen (Sommerville 2007), in der Praxis erprobten, Entwicklungsmethoden realisiert werden, jedoch ist dabei zu beachten, dass sie spezifische Eigenarten aufweisen, die evtl. modifizierte und auf die Spezifika angepasste Methoden notwendig machen. Diese Besonderheiten werden im Folgenden genauer diskutiert. CSCL-Systeme sind zunächst ein Spezialfall von interaktiven Systemen, d.h. Systemen, bei denen eine Interaktion zwischen Mensch und dem Computersystem im Vordergrund steht. Zusätzlich kommt hinzu, dass sie mehrere Benutzer unterstützen, wie es auch im Bereich der computergestützten Gruppenarbeit (Computer Supported Cooperative Work – CSCW) mit stärkerem Fokus auf Unterstützung von Arbeitsprozessen üblich ist. In den meisten Fällen sind damit auch Mehrbenutzerinteraktionen nötig, wenn nicht alle Gruppenmitglieder an einem Rechner co-präsent arbeiten. In diesem Fall nehmen die Rechner eine vermittelnde Rolle zwischen den Benutzern ein, was sich in dem Begriff „computer mediated communication“ (CMC) zeigt. Dies erfordert – aus Benutzersicht – Konzepte zur Übertragung von Kommunikation an einen oder mehrere Partner, zur Regelung von Zugriffen auf gemeinsame Objekte und im entfernten Fall auch zur Förderung des Gruppenbewusstseins („group awareness“), um allen Teilnehmern die Wahrnehmung der Aktionen ihrer Lernpartner zu ermöglichen.

4.3 Software- und Systementwicklung

313

Auf der technischen Seite sind kollaborative Lehr-/Lernsysteme in den meisten Fällen als verteilte Systeme (s. Beitrag. 1.6) realisiert, d.h. sie werden nicht auf einem einzigen Rechner ausgeführt, sondern beinhalten Kommunikation zwischen mehreren Benutzer-Rechnern, die häufig noch durch zusätzliche Rechner, wie z.B. (Web-)Server, ergänzt werden. In verteilten Systemen müssen normalerweise Probleme, wie die Synchronisation/Abgleich von Daten, die Regelung von Zugriffen auf gemeinsame Artefakte (z.B. Dateien) und die Verbreitung von Aktionen anderer Nutzer gelöst werden, um zufriedenstellende Ergebnisse aus Sicht der Benutzer zu erhalten. Häufig gibt es dazu Bibliotheken und Standardlösungen, die bei der Entwicklung von Software benutzt werden können und somit die Entwicklungsmethoden beeinflussen. Beide Aspekte zusammengenommen legen nahe, Entwicklungsmethoden für CSCL-Systeme stark an die Bedürfnisse der Benutzer anzupassen, flexibel mit bestehendem Programmcode bzw. Bibliotheken umzugehen und/oder bestehendes Entwurfswissen über diese Systemklasse wiederzuverwenden. Partizipative Ansätze, wie z.B. Rapid Prototyping unter enger Zusammenarbeit mit Experten aus anderen Bereichen, beispielsweise zur Erstellung von Benutzerschnittstellen unter Bedienbarkeitsaspekten, beziehen diese Experten von Beginn an in den Entwicklungsprozess ein. Agile Entwicklungsmethoden, wie z.B. Extreme Programming (kurz „XP“, vgl. Beck 2000), sind Methoden, die zugunsten schneller Auslieferungszyklen mit darauf folgendem Feedback des Kunden (hier Benutzern, also Lehrern und/oder Schülern) auf umfangreiche Planungszeiten und starre Prozesse verzichten. Diese Methoden ermöglichen es, Anforderungsänderungen bzw. Erweiterungen bei Bedarf einzuarbeiten, ohne ein System mit nicht benötigter Flexibilität und damit verbundener Komplexität zu überfrachten. Beispiele für spezielle partizipative Software-Entwicklung im Bereich der CSCL-Systeme sind das sog. Co-Design (Penuel et al. 2007), STEPS (s. Beitrag 4.1) und das Complementary Action Design (Lingnau et al. 2007), bei dem jeweils Lehrer, Forscher und Entwickler gleichberechtigt in den Entwurfsprozess der Software aktiv eingebunden sind. So werden beispielsweise sogenannte „teacher workshops“ eingesetzt, um in mehreren Iterationen von Lehrern Aussagen über gewünschte Funktionalitäten und die Realisierung von geplanten Lernszenarien zu erhalten, in Prototypen zu realisieren und durch eine gemeinsame Evaluation Aufschlüsse für folgende Iterationen zu gewinnen. Da die Entwicklung von CSCL-Systemen von Grund auf sehr aufwändig ist, gewinnen Aspekte der Wiederverwendbarkeit von Systemen oder einzelnen Komponenten an Bedeutung. Eine besondere Rolle dabei kann die Auswahl und Verwendung von Rahmensystemen (Frameworks; s. Beitrag 1.6) spielen. Neben der Wiederverwendung von Software-Komponenten ist auch die Wiederverwendung von Entwurfswissen eine Methode zur effizienten Software-Entwicklung. Entwurfsmuster („design patterns“) und Architekturmuster („architecture patterns“) repräsentieren wiederholt anwendbare, an den speziellen Kontext eines Entwurfsproblems anpassbare erfolgreiche Lösungen. Solche Muster sind im CSCL-Bereich für verschiedene Facetten und Bereiche gesammelt worden, wie in etwa Muster für die Benutzerinteraktionen in CSCL-Systemen (Lukosch & Schümmer 2007) oder auch Software- und Prozess-Muster für CSCL-Systeme (Harrer & Martens 2010).

314

3

4 Umsetzung

Auswahlkriterien für Softwarekomponenten für Lernsysteme

Für eine Diskussion von Architekturen für CSCL-Systeme ist zunächst eine grundsätzliche Unterscheidung bezüglich der Art der Kooperation oder „Kollaboration“, Nutzungsweise und verwendeter Technologie vorzunehmen. Kooperation kann – wie auch für CSCW-Systeme charakteristisch – räumlich und/oder zeitlich verteilt oder in unmittelbarem Kontakt stattfinden, ebenso wie die Nutzung ein und desselben Systems oder heterogener bzw. verteilter Applikationen und auch Hardware möglich ist. Beispielsweise ist eine Face-to-Face-Sitzung (synchrone Gruppenarbeit) zur Wissens-Ko-Konstruktion mit multiplen Eingabegeräten (Maus, Tastatur, interaktive Tafel oder Gestenerkennungssysteme und Mobilgeräte) für jeden Teilnehmer eines einzigen Softwaresystems ebenso denkbar wie eine asynchrone Diskussion von Benutzern verschiedener Rechner mit verschiedenen Plattformen und verschiedenen Benutzerschnittstellen eines CSCL-Systems; jedes dieser Szenarien wirft ganz unterschiedliche Anforderungen und Herausforderungen auf (z.B. Fusion verschiedener Eingabearten bzw. -daten, Interoperabilität zwischen heterogenen Subsystemen). Je nach Art des Zielszenarios werden unterschiedliche Basistechniken und Werkzeuge zum Einsatz kommen. Hier lassen sich im Wesentlichen vier Basis-Typen von Systemen unterscheiden, die in realen Anwendungen zunehmend kombiniert werden: Shared Repositories, Kommunikationssysteme, Lernmanagementsysteme (LMS) und Community-Werkzeuge. Für CSCL-Systeme, die asynchrone Lernszenarien (s. Beitrag 1.1) ermöglichen, ist die Verfügbarkeit der zum Lernen notwendigen Materialien ein wesentlicher Gesichtspunkt. Deshalb bieten sich zentrale Lösungen, sog. Shared Repositories, d.h. auf dem Client-Server-Prinzip basierende Systeme (s. Beitrag 1.6) insbesondere unter Nutzung allgemein verwendbarer Technologien an, z.B. web-basierte Lösungen mit minimalem Installationsaufwand – im Idealfall lediglich moderne Web-Browser – auf Benutzerseite, um möglichst viele Nutzer erreichen zu können. Kommunikationssysteme (vgl. Beitrag 2.8) dienen vor allem der direkten Kommunikation von Nutzern untereinander. Beispiele für solche CSCL-Systeme sind Web-Portale mit speziell lerner-unterstützenden Modulen oder Diskussionsforen für kollaborative Wissenskonstruktion, wie Knowledge Forum (Bereiter & Scardamalia 2003) oder WISE (Slotta et al. 2009). Lernmanagementsysteme wie Moodle oder OLAT (s. Beitrag 2.8) kombinieren die Eigenschaften von Shared Repositories und Kommunikationssystemen und unterlegen ihnen zusätzlich noch eine Prozessunterstützungskomponente. Obwohl die vorangegangenen Systemtypen prinzipiell auch als monolithische Desktop-Applikation mit Serveranbindung lauffähig wären, werden aktuelle Lernsysteme jedoch eher als Webanwendung implementiert und um soziale Dienste angereichert. Diese Art Systeme nennen wir Community Werkzeuge. Mit diesen grundlegenden Systemkategorien sind üblicherweise eine Reihe von Unterstützungsfunktionalitäten verbunden. So wird in aktuellen Systemen gleich welchen Typs erwartet, dass eine angemessene Awareness-Funktionalität (s. Beitrag 2.8) zur Verfügung gestellt wird. Resource-Sharing, also die Möglichkeit Artefakte mit anderen Nutzern gemeinsam zu bearbeiten (shared workspaces; s. Beitrag 2.8) oder eine teure Hardware für mehrere Nutzer zur Verfügung zu stellen, wird in Shared Repositories und LMS mittlerweile als selbstver-

4.3 Software- und Systementwicklung

315

ständlich wahrgenommen. Moderne Lernsysteme bieten zudem Funktionen für Supervision, Moderation und weitergehende Prozessunterstützung in Form von Scripting, Scaffolding und intelligentem Feedback durch Analyse der Nutzeraktivitäten. Die folgenden Abschnitte stellen verbreitete Systementwurfsprinzipien vor, die in modernen CSCL-Systemen Verwendung finden.

3.1

Architekturprinzipien

Insbesondere für CSCL-Systeme, die die synchrone Zusammenarbeit von Lernern unterstützen, wie z.B. kooperative Modellierungsumgebungen sind zusätzliche Anforderungen bezogen auf die Koordination der gleichzeitigen Nutzung von Ressourcen durch verschiedene Benutzern zu berücksichtigen. Dazu gehören Awarenessbildung (s. Beitrag 2.9), konsistente Datenorganisation und Regelung der Kommunikation. Bezüglich der Datenhaltung und Rechnerkommunikation sind unterschiedliche Realisierungen verteilter und synchron benutzter Gruppenlernumgebungen (z.B. zentrale Datenspeicher oder replizierte Architekturen; s. Beitrag 1.6) denkbar. Im Hinblick auf die Wiederverwendbarkeit von CSCL-Systemen oder einzelner Komponenten ist es angebracht, schon in der Spezifikationsphase weniger von Funktionen eines Programms als vielmehr von Diensten, die innerhalb eines (Lern-)Systems angeboten werden können, zu sprechen. Ziel ist es, die Dienste soweit wie möglich voneinander abzugrenzen und durch möglichst flexible Schnittstellen ansprechbar zu machen. Dies lässt sich durch eine sogenannte „Service Oriented Architecture“ (SOA) erreichen. Aufbauend auf Basisdiensten (z.B. Nutzerauthentifizierung, Resource Sharing, Awareness, Analyse, etc.) können komplexere Dienste (Feedback, Scaffolding) erzeugt werden, die zusammen das Gesamtsystem darstellen. Die verschiedenen Dienste können durchaus auf mehrere Rechner an verschiedenen Standorten verteilt sein. Während das Wasabi Beans System (Schulte et al. 2008) unter Softwarearchitektur-Aspekten herausarbeitet, wie verschiedene Basisdienste beschaffen und verteilt sein können, versuchen Asensio et al. (2004) eher pädagogisch geprägte Collaborative Learning Patterns (s. Beitrag 4.2) wie JigSaw und Pyramide auf komplexe Dienste einer SOA abzubilden. Diese Dienste sollen in mehreren Lernumgebungen wiederverwendet werden. Während SOA zunächst nur eine Systemdesign-Philosophie kennzeichnet, die im Prinzip schon recht lange verwendet wird (z.B. in CORBA, s. Beitrag 1.6), bilden Grid-Ansätze eine konkrete Ausprägung einer SOA. Grid-Architekturen sind im Allgemeinen durch Rechnercluster (vernetzte Rechner) gekennzeichnet, die für den Endanwender wie ein einzelner, sehr leistungsfähiger Rechner mit einer Vielzahl unterschiedlicher Dienste (Services) wirken. Daher skalieren Grids im Allgemeinen recht gut. Die Kehrseite der Medaille ist ein recht hoher technischer Aufwand bei der Administration. Trotzdem werden Learning Grids genutzt, um möglichst flexibel Lernumgebungen konfigurieren zu können (z.B. Gridcole; BoteLorenzo et al. 2008) oder sogar Scripted Learning Designs (s. Kap 2.7) mit im Grid vorhandenen Diensten zu parametrisieren, zu instanziieren und durchzuführen (z.B. GLIDE; Harrer et al. 2007). Eine deutlich leichtgewichtigere Lösung hat sich im Rahmen von Web 2.0 etabliert. In Mashups werden verschiedene Web-Dienste in einer Webseite integriert. Sie werden einerseits

316

4 Umsetzung

zur Erstellung personalisierter Webseiten i.S. von Informationsaggregaten als Lernressource (Attwell et al. 2008) genutzt und andererseits zur flexiblen Zusammenstellung von webbasierten Lernanwendungen unter Einbindung von Scripting (de la Fuente et al. 2007). Insbesondere in nicht gescripteten Anwendungen muss bei der Verwendung von Mashups als Personal Learning Environments (PLE) darauf geachtet werden, dass die Vorteile einer flexiblen Informationsbeschaffung und -zusammenstellung, die Nachteile einer potenziell unsortierten und zwischen den einzelnen Lernern prinzipiell nicht geteilten Sicht auf die Informationen überwiegen. Aus Benutzersicht ist in synchronen verteilten Lernumgebungen der möglichst gleichartige Eindruck des momentanen Arbeitszustandes wichtig. Dazu sind verschiedene Ansätze vorhanden, deren Nutzbarkeit aus Anwendersicht und der Art und Größe der übertragenen Daten zwischen den einzelnen Rechnern variieren (vgl. Patternson 1995): – Gemeinsames Fenster oder gemeinsamer Bildschirm (What you see is what I see – WYSIWIS) – der Inhalt von speziellen gemeinsamen (sog. gekoppelten) Fenstern ist für alle Benutzer derselbe. Aktionen wie Scrolling führen evtl. zu Problemen, wenn verschiedene Benutzer gleichzeitig verschiedene Bereiche des Fensters betrachten wollen und dazu den Scrollbalken verwenden. Auch in diesem Ansatz ist eine recht große Menge von Bilddaten an alle Rechner zu übertragen. Netmeeting™ oder Adobe Connect unterstützen neben dem Prinzip des gemeinsamen Bildschirms auch das gemeinsame Benutzen von Fenstern. – Gemeinsame Ereignisfolgen – in diesem Ansatz wird bei Veränderungen durch einen Benutzer lediglich ein Ereignis erzeugt und an die anderen Teilnehmer verschickt. Das Ereignis wird auf jedem Zielrechner ausgewertet und bei einer Änderung des Arbeitszustandes wird die Bildschirmdarstellung aktualisiert. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass die übertragene Datenmenge klein ist, allerdings müssen Nachzügler beim Einstieg die gesamte Historie von Ereignissen nachvollziehen, was z.T. einen beachtlichen Berechnungsaufwand verursacht. – Gemeinsame Modelle – in diesem Ansatz wird bei einer Veränderung lediglich die Änderung des Datenmodells übertragen (i.A. also ein Ausschnitt des Datenbestands). Die Bildschirmdarstellung (View) des Datenmodells (Document) wird lokal auf dem Zielrechner erzeugt, wobei für unterschiedliche Benutzer verschiedene Views denkbar sind. Beispielsweise könnte sich ein Benutzer Daten als Tabelle anzeigen lassen und ein anderer als Funktionsgraphen. Diese Art der Trennung von Daten und Darstellung wird als Document-View-Architektur (Buschmann et al. 1996) bezeichnet. Da explizit ein Gesamtmodell des Arbeitszustandes repräsentiert wird, kann dies an einen Nachzügler schnell übertragen werden. Die Datenmenge, die bei Änderungen übertragen wird, ist verhältnismäßig klein (Jansen et al. 2003). Diese Grundüberlegungen definieren eine Grobstruktur für die Architektur von CSCLSystemen, die bei der Realisierung einzelner Komponenten viele Freiheitsgrade offen lässt.

3.2

Einsatz von Rahmensystemen zur Erstellung von Lernsystemen

Bei der Entwicklung von Systemen nimmt die Verwendung von Frameworks eine immer bedeutendere Rolle ein, da sie die Entwicklungsarbeit erheblich beschleunigen und erleichtern können, weil grundlegende Komponenten (z.B. Awareness, Nachrichtenversand, Daten-

4.3 Software- und Systementwicklung

317

verwaltung) bereits durch das Framework definiert und z.T. vorimplementiert sind. Die Nutzung dieses Rahmensystems erfolgt durch einen oder eine Kombination der folgenden Schritte: – Instanziierung des Frameworks: die Komponenten des Frameworks werden mit geeigneten Parametrisierungen initialisiert und die vordefinierte Struktur und Funktionalität des Frameworks benutzt. – Spezialisierung des Frameworks: bestimmte Komponenten werden den Bedürfnissen des speziellen Systems gemäß definiert, indem zusätzliche Funktionalität definiert bzw. die bestehende überschrieben wird, um den spezielleren Anforderungen Rechnung zu tragen. In objektorientierten Frameworks geschieht dies durch Komposition und Ableitung der vom Framework vorgebenen konkreten und abstrakten Klassen. Frameworks unterscheiden sich im Grad der ausimplementierten Klassen und der Flexibilität zum Teil erheblich voneinander. Das Spektrum reicht von Systemen, bei denen noch erhebliche Programmierarbeiten geleistet werden müssen, um ein Lernsystem zu entwickeln bis hin zu Rahmensystemen, die nur noch parametrisiert werden müssen. So sind zum Beispiel durch das Google Web Toolkit (GWT), welches vielfältig als Grundlage für browserbasierte Webanwendungen eingesetzt wird, relativ viele Java-Klassen vorhanden. Jedoch sind diese noch nicht so miteinander verbunden, dass eine Applikation gestartet werden könnte. Diesem sehr allgemein gehaltenen Programmierframework stehen Rahmensysteme wie ESlate (Kynigos/Koutlis 2002) und Machine Labe gegenüber, die für diverse Mikrowelten, d.h. explorative Lernumgebungen, die ein geschlossenes Gebiet mit den dafür gültigen Regeln repräsentieren, entwickelt wurden. E-Slate unterstützt auch die Erstellung von Mikrowelten durch Benutzer ohne vertiefte Programmierkenntnisse (z.B. Lehrer verschiedener Fächer) im Sinne eines Autorensystems für Szenarien. Der Programmieraufwand der meisten CSCL-relevanten Rahmensysteme liegt zwischen diesen beiden Endpunkten des Spannungsfelds: Sie bieten eine Rahmenanwendung an, die sich durch wenig Programmierung leicht anreichern lässt. Beispiele für solche CSCLFrameworks, die durch Spezialisierung erweiterbar sind, sind das Rahmensystem Cool Modes (Pinkwart 2003), für das zusätzliche graphische Modellierungssprachen als so genannte Plug-ins definiert werden können, Moodle, für das beispielsweise zusätzliche Lernaktivitäten implementiert werden können, das SCY-Lab (de Jong et al. 2010), in dem in einem virtuellen Labor verschiedene Experimente durchgeführt werden können oder das Rahmensystem JaBInT (Java Based Intelligent Tutoring, Martens et al. 2010), das eine Entwicklungsplattform für intelligente Lehr-/Lernsysteme und ubiquitäres Lernen bereitstellt.

3.3

Realisierungsansätze für intelligente Unterstützung

Viele Forschungsarbeiten zu computergestützten Lehr-/Lernsystemen haben bereits lange vor der Etablierung des Arbeitsgebietes CSCL darauf abgezielt, Computer-Lernumgebungen mit wissensbasierten oder „intelligenten“ Unterstützungskomponenten zu verbinden (vgl. Wenger 1987). Die Arbeiten im CSCL-Kontext haben zunächst wenig Gebrauch von solchen intelligenten Techniken gemacht. Als Gründe hierfür lassen sich die prinzipiell offene Konzeption kooperativer Lernumgebungen gegenüber den eher kontrollierten „intelligenten Tutorsystemen“ sowie die Orientierung auf menschlicher gegenüber maschineller Unterstüt-

318

4 Umsetzung

zung anführen. Inzwischen gibt es jedoch, besonders in Verbindung mit „Scaffolding“Ansätzen, vermehrt intelligente Unterstützungsmechanismen in CSCL-Umgebungen. Grundlegende Möglichkeiten und Ansätze für die intelligente Unterstützung von GruppenLernprozessen werden von Hoppe und Plötzner (1999) diskutiert. Aus technischer Sicht bieten Gruppen-Lernumgebungen mit einer verteilten lose gekoppelten Systemarchitektur (vgl. Beitrag 1.6) durchaus gute Möglichkeiten für die Einbindung intelligenter Unterstützungsfunktionen, insbesondere auf der Basis sogenannter Multi-AgentenSysteme. Hilfe-Agenten können einzelne Mitglieder einer Lerngruppe ebenso unterstützen wie etwa die Reflexion in der Gesamtgruppe oder auch die Supervision durch Lehrende oder Tutoren. Die Kommunikation der Agenten mit der restlichen Lernumgebung beruht typischerweise auf denselben Mechanismen, die auch für die technisch vermittelte menschliche (synchrone oder asynchrone) Kommunikation bereitgestellt werden. Ein für die flexible Einbindung von Agenten besonders gut geeignetes Architekturprinzip sind sogenannte „Blackboard“-Architekturen, welche ursprünglich in der kaskadierten Verarbeitung natürlicher Sprache eingesetzt wurden (Erman et al., 1980) und später als „TupleSpaces“ für verteilte (maschinelle) Problemlöseprozesse Verwendung fanden. Die ursprüngliche Implementierung von Tuple Spaces in Verbindung mit der Sprache Linda geht auf Gelernter (1985) zurück. Neuere Implementierungen auf Java-Basis wurden im Rahmen des Jini-Frameworks sowie unter dem Namen TSpaces (Lehmann et al. 1999) bereitgestellt. Die Stärke des Tuple-Space-Ansatzes liegt in der Kombination eines Kommunikationsmechanismus mit einem von den beteiligten Prozessen gemeinsam genutzten Arbeitsgedächtnis. Bei diesem Ansatz tauschen Agenten (oder andere Systemkomponenten) nicht direkt Nachrichten aus, sondern legen diese jeweils im Tuple Space (Blackboard) ab. Das „Abholen“ von Nachrichten kann durch mustergesteuerte Benachrichtigungen („notifications“) getriggert werden. Diese finden insbesondere bei der Realisierung von synchroner Kommunikation und Awareness-Funktionen Verwendung. SQLSpaces sind eine Open-Source-Implementierung von Tuple Spaces (Weinbrenner et al., 2007), die auf einer Datenbank aufsetzt und durch vorhandene Clients das Einbinden von Agenten in verschiedenen Programmersprachen (Java, C#, Prolog, Ruby, PHP u.a.) unterstützt. Dies erleichtert unter anderem die Implementierung von Lernumgebungen mit heterogenen Systemkomponenten (z. B auch mit mobilen Endgeräten). Tuple Spaces bildeten die Grundlage der ersten Version von Group Scribbles (Brecht et al., 2006), einer für den Gebrauch in Klassenräumen konzipierten stiftbasierten Lernumgebung mit geteilten und privaten Arbeitsbereichen. Group Scribbles wird weltweit in verschiedenen CSCL-Projekten eingesetzt. In der Tat sind Tuple Spaces besonders dann von Vorteil, wenn in einer Architektur heterogene Komponenten in flexibler Art und Weise, etwa bei einer Prototyp-Entwicklung, kombiniert werden sollen. Eine auf Tuple Spaces basierende Klassenraum-Diskussionsumgebung mit einer interaktiven Tafel und mobilen Endgeräten und intelligenten Hilfe-Agenten wird in Bollen et al. (2006) vorgestellt. Analyse-Agenten unterstützen die Auswahl von Beiträgen und das Erkennen von Konflikten (Moderationsunterstützung).

4.3 Software- und Systementwicklung

4

319

Systemspezifikation auf der Basis von Prozessmodellen

Im Bereich der Geschäftsprozessmodellierung (Business Process Modelling), die verwandt ist mit der in der CSCL-Community stark diskutierten Lernprozessmodellierung (Learning Process Modelling), haben sich (grafische) Beschreibungssprachen z.B. die Business Process Modeling Notation (BPMN; OMG 2011) bewährt. Zusammen mit der Business Process Execution Language (BPEL; OASIS 2007) kann so ein Geschäftsprozess aus der Geschäftsprozessmodell-Spezifikation heraus ausgeführt werden. BPEL ist eine XML-basierte Sprache mit Ausführungssemantik, d.h. die BPEL-Spezifikation kann dazu genutzt werden, beispielsweise Web Services (s. Beitrag 1.6) zu parametrisieren. So wird BPEL z.B. in SOAs häufig als Spezifikationssprache genutzt. Im Bereich CSCL wurden Lernprozessmodelle bisher vor allem als „CSCL scripts“ diskutiert (siehe Kollar, Fischer & Slotta 2007; Dillenbourg 2009; s. auch Beitrag 2.7). Solche CSCLSkripte schließen häufig Rollenwechsel ein (z.B. in der Jigsaw-Methode nach Clarke (1994; s. auch Beitrag 3.5). Auch können ggf. Lernprodukte, d.h. von den Lernenden selbst kreierte „emergente“ Lernobjekte, als Bindeglieder zwischen Lerngruppen und Lernphasen eingesetzt werden. Allerdings wird die Darstellung dieser Zusammenhänge, der Rollenwechsel und der Transfer von „emergenten“ Lernobjekten, in IMS-LD (Koper & Tattersall 2005; s. Beitrag 4.9) nur unzureichend unterstützt (Miao et al. 2005). Aus diesem Grund wurden verschiedentlich Erweiterungen von IMS-LD für die Anwendung im CSCL-Kontext vorgeschlagen (siehe z.B. Hernandez et al. 2004). Lernprozessmodelle stehen auch im Zusammenhang mit der „Orchestrierung“ von Lernsituationen oder Lernumgebungen, wobei der Begriff der „Orchestrierung“ in CSCL allerdings mehrdeutig interpretiert wird. Einerseits geht es, ganz im Sinne des musikalischen Verständnisses, um das Arrangement von Rollen und Werkzeugen, evtl. zusätzlich auch räumliche Anordnungen. Hier bilden Lernprozessmodelle natürlicherweise sinnvolle Vorgaben. Auf einem Missverständnis der musikalischen Metapher beruht die zweite Interpretation, welche mit dem Steuern oder Dirigieren von Lernprozessen z.B. im Klassenraum verbunden wird (Dillenbourg 2009). Aus technischer Sicht spielen hier Hilfsmittel für das Monitoring von aktuell stattfindenden Lernprozessen, etwa auch Hinblick auf Abweichungen vom Modell, eine wichtige Rolle. Hier bilden Lernprozessmodelle die Vorgabe, welche „in situ“ interpretiert und ggf. angepasst werden müssen. In Analogie zur Modellierung von Geschäftsprozessen wurden Ansätze und Sprachen entwickelt, um Lernprozesse formal bzw. semi-formal zu beschreiben. Die prominenteste „Educational Modeling Language“ ist die Auszeichnungssprache IMS-LD (Koper & Tattersall 2005). Sie basiert auf XML und verwendet die Metapher eines Theaterstücks („theatrical play“) zur Prozessbeschreibung. Der gesamte Lernverlauf entspricht einem Theaterstück („play“), einzelne Phasen werden als Akte („acts“) repräsentiert; Rollen, Aktivitäten und Ressourcen sind weitere Grundkonzepte. Es gibt Editoren und sogenannte „Player“ für IMSLD, wobei letztere ein gegebenes Lernprozessmodell auf ein elementares menübasiertes Web-Interface abbilden. Ein Problem bei der Anwendung von IMS-LD ist das Fehlen einer standardisierten graphischen Repräsentation, welche weniger technisch orientierten Anwendern das Verständnis und den Zugang erleichtern würde. Auch wenn verschiedentlich ad hoc UML-Diagramme zur Veranschaulichung eingesetzt werden, ist die Referenzebene für IMS-

320

4 Umsetzung

LD letztlich die XML-Darstellung. In dieser Hinsicht ist der auf einfachen Ablaufdiagrammen beruhende LAMS-Ansatz (s. Beitrag 2.7) wesentlich leichter zugänglich. Durch die Abbildung von grafischen Notationen auf maschinenlesbare und -interpretierbare Spezifikationssprache vereinen sich die Vorteile dieser beiden Spezifikationsformen. Die Planungs- und Reflektionsphasen werden durch überschaubare und auch für Lehrer und Nicht-Informatiker verständliche Notationen unterstützt. Die Konfiguration oder Zusammenstellung der Lernumgebung kann automatisiert aus dem Modell abgeleitet erfolgen. Beispiele für diesen Ansatz sind MOT+LD (De la Teja et al. 2005), eine einer Ontologydesign-Metapher folgenden Modellierungssprache und MoCOLADE (s. Abb. 1; Harrer et al. 2007b) eine grafischen Modellierungssprache, die sich an Aktivititätsdiagrammen orientiert und das Monitoring von laufenden Lernprozessen zulässt (Malzahn et al. 2008). Das bedeutet, dass die Spezifikation der Systemkonfigurationen nicht nur durch Lehrer oder andere Learning Designer möglich ist, sondern auch die Fehlersuche im Prozess unterstützt wird.

Abbildung 1:

Ausschnitt eines mit MoCOLADE spezifizierten Lernprozesses inkl. Werkzeugdefinitionen

Die Spezifikation von Lernprozessmodellen für CSCL-Systeme gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn das Lernprozessmodell in existierende Lernumgebungen operational eingebunden werden kann. Dies erhöht die mögliche Anwendungsbreite von zunächst abstrakt formulierten Lernprozessmodellen. Ein Beispiel dafür ist der „remote control“-Ansatz von Harrer et al. (2005).

5

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass CSCL-Systeme aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten mit Groupware und interaktiven Anwendungen auch nach ähnlichen Entwicklungsmethoden und -prinzipien entworfen und realisiert werden. Entscheidend dabei ist der Nutzungszweck/Anwendungstyp und die gewünschten zusätzlichen Unterstützungsfunktionalitäten. Allerdings ist in den letzten Jahren ein Trend zum Zusammenwachsen von interaktiven, kooperativen Anwendungen, wie etwa „shared whiteboards“ für elektronische Klassenräume, mit web-basierten Community-Anwendungen zu erkennen. Dies ist zum einen auf neue und komplexere Lernszenarien zurückzuführen, wie beispielsweise „blended learning“ an Hochschulen, zum anderen mit der Anforderung der Benutzer, ihnen vertraute Dienste und Systeme mit neuen Funktionen zu ergänzen (beispielsweise Ergänzung von repositories um

4.3 Software- und Systementwicklung

321

gängige synchrone und asynchrone Kommunikationsfunktionen). Dieses Zusammenwachsen stellt an die Designer und Programmierer von CSCL-Systemen neue Herausforderungen für die systematische Systementwicklung, da z.B. in webbasierten Anwendungen stärker interaktive und kollaborative Konzepte realisiert werden müssen, wie z.B. die Synchronisation mehrerer Browser-Clients durch eine vom Server initiierte Nachrichtenverbreitung („server push“) der zu synchronisierenden kollaborativen Nutzeraktionen. Weiterhin steigen die an heutige und künftige Systeme gestellten Ansprüche bezogen auf die Schaffung eines sozialen (Lern-)Kontexts und einer Unterstützung der Lernergruppen durch das System, beispielsweise durch von sozialen Netzwerkdiensten bekannte gestaltbare Nutzerprofile und Benachrichtigungsmechanismen. Beide Aspekte führen zu erhöhten Anforderungen an die Systementwicklung, speziell bezüglich der Beteiligung der Endanwender und Experten verschiedener Disziplinen.

322

4.4

4 Umsetzung

Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen Iver Jackewitz, Bernd Pape Universität Hamburg

1

Einleitung

Für computerunterstütztes Lernen wird die Passung zwischen der Computerunterstützung und den Lehr-/Lernkontexten als wesentlicher Erfolgsfaktor für seine Nutzung angesehen (Kerres 1999; Janneck & Strauss 2002a). Das gilt für computerunterstütztes, kooperatives Lernen in besonderem Maße, weil CSCL-Systeme weniger die multimediale Aufbereitung und Vermittlung von Lerninhalten unterstützen, sondern sich als variable Kooperationsunterstützung von Lerngruppen für unterschiedliche didaktische Zwecke einsetzen lassen (Wessner & Pfister 2001; Reinmann-Rothmeier 2003). Damit die Flexibilität der Zwecksetzung von CSCL-Systemen und ihre vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten nicht zu Mehrdeutigkeiten und Missverständnissen in ihrer Nutzung führen, ist ihre Einpassung in den jeweiligen Nutzungskontext von den Beteiligten gemeinsam auszuhandeln (Orlikowski et al. 1995). Diese Aushandlung geschieht in der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen. In diesem Beitrag werden unter dem Begriff „Einführung“ eines CSCL-Systems alle Maßnahmen zur Inbetriebnahme und initialen Nutzung im Einsatzkontext zusammengefasst. Mit „Bereitstellung“ werden alle Maßnahmen bezeichnet, welche die Nutzung eines CSCLSystems dauerhaft ermöglichen. Neben technischen und didaktischen Herausforderungen stellen sich in der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen organisatorische Herausforderungen (Hartung et al. 2003). Durch diesen organisatorischen Fokus wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Erfolg von CSCL von einer Vielzahl interdependenter Faktoren abhängt (Elsner 2002; Hinze & Balkowski 2002; Richter & Bullinger 2010). Die Nutzung von CSCL-Systemen kann einerseits Veränderungs- und Innovationsprozesse in (Bildungs-)Institutionen initiieren; andererseits hängt sie von einem Wandel ihrer Organisation ab (Pape & Rolf 2004; Jackewitz 2004; Richter & Stocker 2011). Aus diesem Grund werden im folgenden Abschnitt zunächst die organisatorischen Herausforderungen beleuchtet und dabei dieses Feld breiter aufgefächert, als der Titel „Einführung und Bereitstellung“ vermuten lässt. Anschließend wird dann verdichtend auf die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen in einzelnen Veranstaltungen und organisationsweit eingegangen. Dabei haben wir in diesem Abschnitt insbesondere Wert darauf gelegt, mögliche Einflussfaktoren in der Breite zu identifizieren und können aus Platzgründen leider nicht immer auch Strategien vorstellen, mit Ihnen konstruktiv umzugehen.

2

Organisatorische Herausforderungen

Durch einen organisatorischen Fokus wird es möglich, verschiedene Einsatzkontexte von CSCL-Systemen hinsichtlich der Einführung und Bereitstellung in den Blick zu nehmen.

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

323

Mögliche Einsatzkontexte sind schulische Unterrichtsformen, universitäre Lehr-Lernformen und die betriebliche Ausbildung (siehe Beiträge in Teil 5 dieses Buches). Dabei sehen sich Ansätze zur Integration Neuer Medien in die Lehre bzw. Ausbildung derzeit im wesentlichen zwei Herausforderungen gegenüber (Wagner 2000; Bremer et al. 2002): – den Übergang vom Experimentieren mit Neuen Medien zu routinemäßigen Alltagsformen mit ihnen; sowie – die Kombination von Einzelinitiativen engagierter Lehrender und Lernender für den Einsatz Neuer Medien mit institutionsweiten Strategien. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen (Bildungs-)Institutionen eine umfassende Strategie entwickeln und sie in folgenden Handlungsfeldern systematisch umsetzen (Hamann & Müller 2002; Kandzia 2002; Reinmann-Rothmeier 2003; Pape & Rolf 2004): – Kombination didaktischer und ökonomischer Zielrichtungen in Verbindung mit technischer Unterstützung. – Ausgestaltung von Lehr-/Lernszenarien, Veranstaltungs- und Betreuungsformen sowie ggf. die multimediale Aufbereitung von Lehr-/Lerninhalten. – Beschaffung und Bereitstellung notwendiger Ressourcen für den Einsatz. – Qualifizierungsmaßnahmen für beteiligte Personen zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse zum Einsatz Neuer Medien in der Bildung. – Organisatorische Verankerung in der (Bildungs-)Institution als fester Bestandteil im (Lehr-)Betrieb. – Qualitätssicherung und Controlling zur Bestimmung von Problemen und Planung bedarfsorientierter Anpassungen. Für Hochschulen bedeutet eine Strategieentwicklung insbesondere ein bildungstheoretisch und gesellschaftspolitisch motiviertes Lehre-Profil aufzustellen, welches den Sinn und das Ziel des Einsatzes von Neuen Medien in der Hochschullehre verdeutlicht. Der Einsatz eines CSCL-Systems muss weiterhin im Lehrbetrieb als strategisches Ziel in die Hochschulentwicklung und -planung aufgenommen werden (Uhl 2003). Dazu ist es wichtig, die Nutzung als Studienleistung formal zu deklarieren und auch auf Lehrdeputate anzurechnen. Der Einsatz von CSCL-Systemen muss weiterhin in der Lehreplanung curricular abgesichert als Studienanforderung bzw. -leistung gutgeschrieben werden (Hoppe & Haas 2003). Kollaborative computergestützte Lernszenarien lassen sich im Rahmen der traditionellen schulischen Unterrichtsstruktur (Meyer 2001) nur schwer realisieren. Beim Einsatz von CSCL-Systemen in der schulischen Ausbildung muss neben anderen Aspekten einer Schulentwicklung insbesondere eine Veränderung der Vermittlungstechniken erfolgen und Möglichkeiten zum gemeinsamen, arbeitsteiligen und auch fachübergreifenden Lernen aufgebaut werden. Eine geeignete technische Infrastruktur zum Einsatz von CSCL-Systemen in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung ist zumindest bei mittelständischen und großen Unternehmen als gegeben vorauszusetzen. Eine größere Herausforderung ist hier die Verquickung von Arbeitsalltag und Lernphasen, insbesondere bei Berufsfeldern, die von sich aus schon keine oder kaum Berührung mit Informationstechnologie haben, z.B. Arbeiter in der Fertigung in KMUs. Anders als in schulischen oder universitären Kontexten steht das Lernen für Lernende hier nicht im Mittelpunkt, sondern muss i.d.R. zusätzlich zur alltäglichen Arbeitsbelas-

324

4 Umsetzung

tung bewältigt und grundsätzlich ggf. erst integriert werden. Mögliche Kombination lassen sich anhand des Ziels und der Dauer der Weiterbildung, sowie der Person, die die Weiterbildung initiiert, unterscheiden. Sie reichen von langfristigen Weiterqualifikationen (Diplom, MBA) über die zielgerichtete Weiterentwicklung innerhalb weniger Tage/Wochen in bestimmten Bereichen (Seminare, Workshops) bis hin zu kurzfristigem, unsystematischem und meist selbst initiiertem Lernen im Arbeitsalltag (siehe u.a. Beitrag 5.4: CSCL in Unternehmen – Arbeits-integriertes Lernen mit APOSDLE). Die Schaffung von Freiräumen zum Lernen ist im betrieblichen Kontext ein besonderer Aspekt der Strategieentwicklung zur Ausund Weiterbildung. Trotz der beschriebenen Unterschiede werden im Folgenden die Einsatzkontexte von CSCL nicht separat, sondern gemeinsam behandelt. Dazu werden zunächst die übergreifenden Spannungsfelder Planung und Revision, Temporäre und dauerhafte Leistungen sowie TopDown- und Bottom-Up-Vorgehen beschrieben, die in allen Einsatzkontexten relevant sind.

2.1

Planung und Revision

Die Umsetzung organisationsweiter Strategien zur Integration elektronischer Medien in die Lehre und Ausbildung soll im Wesentlichen den Phasen einer systematischen Projektabwicklung folgen (Bremer et al. 2002; Reinmann-Rothmeier 2003): Situationsanalyse, Strategieentwicklung, Ressourcenplanung, Implementierung, Controlling und Evaluation (siehe Beiträge des 4. Kapitels). Die zu Beginn entwickelte Strategie soll dabei nicht als unumgängliche Vorschrift gelten, sondern als heuristische Leitlinie für kontinuierliche Revisionen im Projektverlauf dienen. Das Wechselspiel zwischen Planung und Revision zu unterstützen ist das grundsätzliche Anliegen zyklischer Vorgehensweisen, die auf eine Verbindung organisatorischer Veränderungsprozesse im universitären Lehrbetrieb mit der Entwicklung, Bereitstellung und Einführung von CSCL-Systemen zielen (Wulf & Rohde 1995; Floyd et al. 1997; Rolf 1998; Janneck & Strauss 2002a). Die Motivation für zyklische Vorgehensweisen entspringt der Einsicht, dass Arbeitsprozesse in ihrem Verlauf nicht vollständig vorherbestimmbar sind, sowie dass das Vorhaben in Anpassung an veränderte Anforderungen aus dem Einsatzbereich revidierbar sein muss (Floyd et al. 1990; Kilberth et al. 1994). Diese Anforderung an die Vorgehensweise führt zu einer Abkehr von Phasenmodellen, die Aktivitäten in einer linearen Weise mit vorweg bestimmten Zwischenergebnissen gliedern. In zyklischen Vorgehensmodellen werden die Entwicklungsschritte in unterschiedlichen Handlungsfeldern hingegen nicht grundsätzlich getrennten Arbeitsphasen oder Projektabschnitten zugeordnet, sondern zeitlich flexibel miteinander verzahnt. In einer Folge von Entwicklungszyklen wird so aufbauend auf die jeweils letzte Version eine neue Version erstellt und eingesetzt (Floyd 1994; Floyd & Züllighoven 2002). Ein zyklisches Vorgehen fördert damit die Verschränkung zwischen organisatorischen Veränderungsprozessen und der Entwicklung, Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen als wechselseitige Lernprozesse zwischen allen Beteiligten (Floyd 1994). In kurzen Zyklen können in vorgesehenen Verwendungszusammenhängen zeitnah Erfahrungen gemacht werden. Es geht darum, miteinander Probleme zu erschließen, tragfähige Lösungen zu erarbeiten, diese zu bewerten und zu revidieren, um so schrittweise ein gemeinsames Verständnis der Software sowie der mit ihr verbundenen Veränderungen der Handlungsmöglichkeiten im Einsatzkontext zu erlangen.

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

325

Ein zyklisches Vorgehen für die Planung und Revision bei der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen heißt, betreffende Maßnahmen nicht zeitlich, sondern nach Aufgabenbereichen (Jackewitz 2005) zu gliedern. Beispiele für Aufgabenbereiche sind u.a. Inhaltsaufbereitung, Moderation, Handhabungssupport, Evaluation der Nutzung, Betrieb der Hardware, Überwachung der Datensicherheit. Um nicht frühzeitig Festlegungen vorzunehmen, die sich später unter gewandelten Bedingungen nicht mehr halten lassen, und dennoch einen Projektfortschritt zu erzielen, muss die zeitliche Gliederung der Einführung und Bereitstellung darauf aufbauend immer wieder aus verschiedenen Perspektiven neu vereinbart werden. Die im Bereich der Softwareentwicklung (siehe Beitrag 4.1 und 4.3) betrachteten zyklischen Prozesse gelten ebenso bei der Einführung und Bereitstellung.

2.2

Temporäre und dauerhafte Leistungen

Arbeiten zum Benutzer-Service fordern über das Projektmanagement sowie die Planung und Einführung von Software hinaus eine dauerhafte Betreuung der Benutzer, damit diese die Komplexität und Dynamik softwaretechnischer Entwicklungen bewältigen können (Heinrich & Hänschel 1996; Heinrich 1999). Das gilt auch für CSCL-Anwendungen. Der Betreuungsbedarf darf nicht als eine temporär beschränkte Erscheinung angesehen werden. Die Annahme, dass kein Betreuungsbedarf mehr bestehen würde, sobald die Benutzer eine „Erstausstattung“ benötigten Wissens erworben hätten, ist nicht haltbar (Heinrich 1992; Knolmayer 1996). Die technische Komplexität und der technische Wandel von CSCL-Systemen machen eine dauerhafte Betreuung ebenso notwendig wie die Organisation der mit der Software verbundenen Lern- und Arbeitsprozesse. Dadurch wird die dauerhafte Benutzungsbetreuung zu einer organisatorischen Aufgabe, die beständig eine selbstbezügliche Auseinandersetzung über ihre eigene Organisation erfordert. In diesem Sinne muss für alle Aufgaben der Einführung und Bereitstellung von CSCLSystemen im Einzelnen geklärt werden, ob es sich um einmalige oder dauerhafte, initiale oder wiederkehrende Aufgaben handelt, wobei die Kategorisierung von der Perspektive der beteiligten Personen abhängt. Z.B. kann ein Nutzer eine Schulung als initial und einmalig erleben, während der Schulungsanbieter sie als dauerhaft wiederkehrende Aufgabe sieht.

2.3

Top-Down- und Bottom-Up-Vorgehen

Während die Initiative für die Strategieentwicklung bei einem Top-Down-Ansatz von den Leitungsgremien ausgeht oder aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden kann, wird ein Bottom-Up-Ansatz von einzelnen Lehrenden, z.B. in Instituten oder Fachbereichen einer Universität, getragen (Lehner et al. 1995; Rolf 1998; Bremer et al. 2002; Shumarova 2009). Da beide Ansätze für die strategische Entwicklung und Ausrichtung des CSCL-Einsatzes durchaus komplementäre Wirkungen entfalten können, fällt die Forderung nach ihrer parallelen Anwendung leicht (Kerres 2001a; Reinmann-Rothmeier 2003; Richter & Stocker 2011; Beitrag 3.9: Community-orientiertes Lernen). Allerdings ist dadurch noch nicht gewährleistet, dass die beteiligten Akteure in ihren Positionen zueinander finden (Kandzia 2002): Zu bemängeln ist eine unzureichende Abstimmung zwischen den beteiligten Akteuren darüber, was mit dem Einsatz neuer Medien erreicht werden soll. Vielfach werden Schlagworte nicht hinreichend operationalisiert und können des-

326

4 Umsetzung

halb weder zur Definition der Zielrichtung noch zur Überprüfung von Ergebnissen dienen. Dieses Defizit führt letztlich zu bürokratischen Stolpersteinen, langen Entscheidungswegen, eingleisigen Informationsflüssen und verkrusteten Machtverhältnissen (Reinmann-Rothmeier 2003). Für die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen muss insbesondere geklärt werden, wer dazu in welcher Rolle mit welchen Aufgaben zu welcher Zeit beiträgt (Gross & Koch 2007). Im Folgenden wird die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen anhand der beschriebenen Spannungsfelder präsentiert. Im Sinne einer Differenzierung zwischen BottomUp- und Top-Down-Vorgehensweisen behandelt der folgende Abschnitt CSCL-Systeme in einzelnen Lehrveranstaltungen und der darauf folgende CSCL-Systeme im gesamten Lehrbetrieb. Innerhalb der beiden Abschnitte orientiert sich die Beschreibung jeweils an den anderen Spannungsfeldern Planung und Revision sowie temporäre und dauerhafte Leistungen. Die folgende getrennte Behandlung ist analytisch motiviert. Eine Verquickung von TopDown- und Bottom-Up-Strategien wird angeraten (Koch 2008; Shumarova 2009; Richter & Stocker 2011).

3

CSCL-Systeme in einzelnen Lehrveranstaltungen

Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Einführung und Bereitstellung eines CSCLSystems in einer Lehrveranstaltung, die Lernende aktiv beteiligt, Lernen in Gruppen vorsieht und ein projektorientiertes Vorgehen nahe legt. Dieser Fokus wird gewählt, weil die betreffende Veranstaltungsart sich besonders gut für den Einsatz eines CSCL-Systems eignet (Janneck & Strauss 2002b; Beitrag 1.6: Gruppen und Gruppenarbeit; Beitrag 3.1: Lerngruppen; Beitrag 3.7: Projektorientierung). Mit Lehrveranstaltung sind hier universitäre Lehrveranstaltungen, aber auch projektorientierter schulischer Unterricht oder Fortbildungen und Workshops im betrieblichen Umfeld gemeint. Für andere Veranstaltungen wie traditionelle Vorlesungen oder Seminare mit Referaten an Universitäten, Frontalunterricht an Schulen (Meyer 2001) oder „Training-on-the-Job“ (siehe Beitrag 5.4: CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE) in betrieblichen Kontexten, in denen CSCL-Systeme eingesetzt werden sollen, muss das Vorgehen zur Einführung und Bereitstellung ggf. angepasst werden. Dabei ist zu beachten, dass CSCL-Systeme, ähnlich der Social Software, erst ihr unterstützendes Potential voll entfalten kann, wenn es zum festen Bestandteil (Infrastruktur) der Veranstaltung wurde (Riemer et al. 2007; Pipek & Wulf 2009). Die Einführung und Bereitstellung eines CSCL-Systems für eine einzelne Lehrveranstaltung lässt sich in drei Aufgabenbereiche gliedern: die Gestaltung des Nutzungskontexts, die Unterstützung der initialen Nutzung und die Unterstützung der kontinuierlichen Nutzung. In diesen drei Aufgabenbereichen werden mögliche Maßnahmen aus Sicht der Personen erläutert, die die Nutzung des CSCL-Systems fördern wollen. Das sind in der Regel die Lehrenden, aber auch Lernende können diese Rolle übernehmen (Friedrich et al. 2000). Schließlich ist beim Einsatz von CSCL-Systemen auch der mögliche Einfluss auf eine Lehrveranstaltung seitens technischer und didaktischer Berater zu bedenken. Neben diesen organisatorisch-technischen Aspekten sind bei der Nutzung von CSCLSystemen in Lehr-/Lernkontexten immer auch didaktisch-methodische Aspekte zu betrachten. Da sich dieser Beitrag auf die Einführung und Bereitstellung konzentriert, wird im Fol-

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

327

genden nicht ausführlich auf didaktische Aspekte eingegangen, sondern werden an entsprechenden Stellen Schnittpunkte zu didaktischen Fragestellungen und Problemen benannt. Zur didaktischen Einbettung von CSCL-Systemen in verschiedene Lehr-/Lernkontexte siehe die Beiträge inTeil 3: Didaktik dieses Buches.

3.1

Gestaltung des Nutzungskontexts

Zur Gestaltung des Nutzungskontexts zählen Maßnahmen, die ein CSCL-System für seine Benutzer im Rahmen einer Lehrveranstaltung verfügbar machen. Das sind häufig vorbereitende Maßnahmen seitens der Lehrenden vor einer Veranstaltung. Sie können aber auch einen dauerhaften Charakter annehmen und von anderen Akteuren vorgenommen werden. In der Regel sind technisch versierte Systemadministratoren zu beteiligen. Eventuell kann die Gestaltung des Nutzungskontexts auch zu einer (Teil-)Aufgabe für die Teilnehmenden einer Lehrveranstaltung gemacht werden. Zunächst beeinflusst die Entscheidung, dass und wozu ein CSCL-System genutzt werden soll, die Gestaltung einer Lehrveranstaltung. Die erwünschten Beiträge und Ergänzungen zu den zu erreichenden Lernzielen und zur inhaltlichen Auseinandersetzung sind zu bestimmen. Insbesondere sollte das CSCL-System mit anderen Medien wie Skripten, Folien, E-Mail oder Präsenztreffen abgestimmt werden (Hinze & Blakowski 2002; Janneck et al. 2003). Auch die Auswahl eines bestimmten CSCL-Systems hat Einfluss auf die Lehrveranstaltung (Pfister & Wessner 2000). Sie sollte von den Merkmalen, der zugrunde liegenden Philosophie, Oberflächengestaltung und Funktionalität als auch von kontextuellen Merkmalen des Lehrbetriebs, wie Vorkenntnissen der Lehrenden und Lernenden, zu erwartenden Kosten und verfügbaren Betreuungsleistungen, abhängig gemacht werden (Trahasch et. al 2002). Wenn es keine zentrale Installation des Systems für den gesamten Lehrbetrieb gibt, muss es für die betreffende Einzelveranstaltung installiert und fortgesetzt administriert werden (Bleek et al. 2003). Dazu ist neben dem CSCL-System als interessierende Anwendungssoftware auch die Basistechnologie aus Hardware, Betriebssystem und ggf. weiterer Software einzubeziehen. Je nach eigenen Fertigkeiten sind Lehrende hierzu auf die Unterstützung durch erfahrene Systemadministratoren angewiesen. Neben der anfänglichen Installation erfordert auch der fortwährende Betrieb eines CSCL-Systems Aufmerksamkeit und Arbeitsaufwand (Bleek & Pape 2001). Selten läuft eine einmal installierte Software problemlos. So können Veränderungen an der technischen Peripherie wie bspw. neue Drucker, Webbrowser oder Mailserver Anpassungen am CSCL-System erfordern. Außerdem ist damit zu rechnen, dass aufgrund von Weiterentwicklungen in Abständen alte Versionen des Systems durch neue zu ersetzen sind. Darüber hinaus müssen kontinuierlich Logfiles analysiert und Dateispeicher überprüft werden, um auf Probleme im laufenden Betrieb reagieren zu können. Neben diesen Routineaufgaben ist auch für unerwartete Systemausfälle technisch versiertes Personal zur Problembehandlung einzuplanen. Aus diesen Gründen und mit zunehmender Popularität von Web 2.0 Anwendungen (siehe Beitrag 2.2: Web 2.0 als Basistechnologien für CSCL-Umgebungen) werden von Lehrenden verstärkt auch öffentlich im WWW zugänglichen (meist kostenlosen und schnell einzurichtenden) Web-Applikationen (u.a. WordPress 2011, GoogleDocs 2011, Dropbox 2011, Facebook 2011) zur Unterstützung der Lehre bzw. Ausbildung genutzt. Im Gegensatz zur (sehr

328

4 Umsetzung

aufwendigen) Eigeninstallation werden dem Lehrenden viele Aufgaben abgenommen. Andererseits müssen Qualitätsmerkmale wie Stabilität, Sicherheit und Performance erst bewertet und sich die Frage gestellt werden, ob die Speicherung von Lehr- und Lerndaten auf fremden, d.h. unternehmensexternen Servern zu verantworten ist. Zusätzlich zur möglichen Serverinstallation bzw. Einrichtung einer im WWW (frei) erhältlichen Unterstützung ist auch die notwendige Ausstattung der Client-Rechner zu bedenken. Um für ein CSCL-System notwendige Installationen auf Client-Rechnern vorzunehmen, müssen evtl. die Lernenden in die Lage versetzt werden, das zu tun. Wie andere Software bieten auch CSCL-Systeme in der Regel Funktionalitäten, um Individualisierungen im jeweiligen Nutzungskontext vornehmen und damit auf veränderte Anforderungen im zeitlichen Verlauf reagieren zu können (Wulf 1999; Krabbel 2000). Häufige Formen für Anpassungsoptionen bilden Parameterlisten zur Auswahl von Nutzungsweisen oder auch Makrosprachen zur Programmierung durch Endbenutzer. Die Anpassungen können die individuellen Client-Rechner oder die gesamte Lehrveranstaltung betreffen und ggf. auch von Entscheidungen für den gesamten Lehrbetrieb abhängen. In der Regel können die Anpassungen durch die Benutzer selbst durchgeführt werden. In komplizierten Fällen kann es aber erforderlich sein, Fachleute für das betreffende System hinzuzuziehen. Der Zugang zu den CSCL-Systemen ist zumeist reglementiert, damit geschlossene Gruppen in einem bekannten Personenkreis arbeiten können. Damit Lernende in dem CSCL-System mitarbeiten können, müssen bei fehlendem Anschluss an eine zentrale Authentifizierung und fehlendem Single-Sign-On Benutzungskennungen für sie eingerichtet werden, was ggf. zu multiplen Benutzerkennungen führt. Diese Aufgabe ist kontinuierlich zu verrichten, wenn eine gewisse Fluktuation unter den Teilnehmenden der Veranstaltung herrscht (Bleek & Pape 2001). Darüber hinaus sind physische Zugangsmöglichkeiten zu bedenken: Zu prüfen ist, ob der Zugang für die Lernenden in schulischen oder universitären Rechnerräumen bzw. am Arbeitsplatz unter erträglichen Rahmenbedingungen möglich ist, und ob sie das System via Internet von zu Haus nutzen können. Auch wenn beim CSCL nicht die Inhalte im Vordergrund stehen, weckt ein leeres System erfahrungsgemäß nicht das Bedürfnis, es zu nutzen. Es ist daher wichtig, schon vor der ersten Systemnutzung ein gewisses Maß an Inhalt einzustellen (Bleek et al. 2000; Scheepers & Darmsgaard 1999). Die ersten Beiträge bieten zum einen einen Vorgeschmack auf das, was die Teilnehmenden im Laufe der Veranstaltung im System erwarten können. Die initialen Inhalte dienen zum anderen dazu, einen Eindruck zu vermitteln, wie das System benutzt werden soll. Zuviel initialer Inhalt kann die Teilnehmenden aber auch überwältigen, ihre eigene Auseinandersetzung mit dem System im Keim ersticken und damit dem eigentlichen technisch unterstützten Lernprozesses entgegenwirken.

3.2

Unterstützung der initialen Nutzung

Die Unterstützung der Systemnutzung am Anfang einer Lehrveranstaltung sollte das Ziel verfolgen, eine möglichst eigenständige Nutzung der Teilnehmenden zu initiieren. Dabei ist es wichtig, die Unterstützung richtig, meist mit einer nachlassenden Intensität zu dosieren, damit die Lernenden sich das System zu Eigen machen (Bremer 2002; Rüdiger 2001). Außerdem sollte ein weiteres Ziel sein, dass ein gemeinsames Verständnis der Nutzung unter

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

329

den Teilnehmenden entsteht. Die initiale Nutzung wird zumeist von Lehrenden unterstützt. Diese Aufgabe kann aber auch durch Teilnehmende, z.B. Schüler oder Studenten, die schon Erfahrung im Umgang mit dem System haben, übernommen werden. Einer Lerngruppe, die noch nicht mit einem CSCL-System gearbeitet hat, sollte das System in einem Vortrag vorgestellt werden. Dabei ist es hilfreich, den Umgang mit ihm über einen Beamer zu demonstrieren; aber auch an Hand von Folien ist eine erste Darstellung der Handhabung und der Funktionen möglich. Der Vortrag sollte knapp darstellen, welche Grundfunktionen das System bietet (Pape & Jackewitz 2002). Die Vorstellung könnte mit genauen Hinweisen zum Zugang in das System und einer Einladung, in ihm herumzustöbern, enden. Die Bedienung im Detail kann dann durch die Teilnehmenden unmittelbar in Interaktion mit dem System erlernt werden (Bleek et al. 2000). Die didaktische Herausforderung ist es, ein offenes Klima zu schaffen, in dem die Lernenden keine Angst haben, mit dem System zu experimentieren und dabei ggf. auch Fehler zu machen. Um den Lernenden die technische Handhabung des CSCL-Systems schrittweise näher zu bringen, ist es empfehlenswert, ihnen eine Reihe konkreter Aufgaben mit steigendem Schwierigkeitsgrad zu stellen, die bekannte Elemente aus Präsenzveranstaltungen aufgreifen und diese auf die Systemnutzung übertragen. Die Aufgaben sollten zunächst die medialen bzw. technischen Kompetenzen der Teilnehmenden fördern und später auf fachliche und soziale Kompetenzen ausgeweitet werden (Bleek et al. 2000; Feeken et al. 2002). Beispielsweise könnte mit dem Eintragen persönlicher Daten in ein CSCL-System begonnen werden, um eine Teilnehmenden-Liste zu bilden. Anschließend könnten im System – falls es das didaktische Konzept vorsieht – Kleingruppen für die spätere Arbeit gebildet werden. Danach kann der Lernprozess im System geplant und vollzogen werden, indem fachlich motivierte Arbeitspläne und -materialien mit dem System erstellt oder in das System eingestellt und auch inhaltliche Diskussionen dort geführt werden. Es ist notwendig, dass die Lehrenden und Lernenden die Erwartungen und Verpflichtungen abstimmen, die sich aus dem Einsatz des CSCL-Systems in einer Lehrveranstaltung und als Unterstützung des Lernprozesses ergeben (Arnold et al. 2002; Pape et. al. 2002). Eine Ausgangsbasis für eine realistische Extrapolation hinsichtlich der Systemnutzung könnte zum einen der Umfang der auszutauschenden (Zwischen-)Ergebnisse und zum anderen der Umfang der allgemeinen Computernutzung und ggf. der Internetnutzung sein. Schon am Anfang der Veranstaltung sollte mit den Teilnehmenden geklärt werden, welche (Zwischen-)Ergebnisse in der Lehrveranstaltung erstellt werden sollen und wie die Dokumentation des zugehörigen Arbeitsprozesses stattfinden soll. Sollen die Ergebnisse und Dokumentation der Lernprozesse in das CSCL-System eingestellt werden, ist diese Anforderung deutlich auszudrücken. Außerdem sind Kommunikationsanlässe und -wege zu verabreden, die alle Beteiligten für die Betreuung der Systemnutzung sowie der Begleitung der Lernprozesse wählen können (Link 2002, Pape & Jackewitz 2002).

3.3

Kontinuierliche Unterstützung der Nutzung

Wenn die Lernenden mit der Handhabung des genutzten Systems vertraut sind, sollten sie im weiteren Veranstaltungsverlauf motiviert und unterstützt werden, das System kontinuierlich für ihre Zwecke und Fragestellungen selbstständig zu nutzen.

330

4 Umsetzung

Dazu bedarf es zunächst einer kontinuierlichen Nutzung durch die Lehrenden selbst (Bleek et al. 2000; Pape & Jackewitz 2002), sofern das didaktische Konzept und das CSCL-System dieses zu lassen. Sie können das System mit eigenen Beiträgen lebendig gestalten und eine kontinuierliche Nutzung vorleben. Durch ihre Nutzung füllen sie das System nicht nur mit Inhalt und schaffen Nutzungsanlässe, sondern sie motivieren die Lernenden, das System auf die gleiche Art und Weise zu benutzen. Zu den möglichen Beiträgen seitens der Lehrenden zählen das Ankündigen von externen Terminen, die thematisch mit der Veranstaltung verwandt sind, das Bereitstellen von veranstaltungsrelevanten Materialien oder die aktive Beteiligung an Diskussionen. Nur durch die eigene kontinuierliche Nutzung ist es möglich, die Systembenutzung zu beobachten und ggf. unterstützend einzugreifen. Lehrende sollten nicht in die Rolle der alleinigen Informationsquelle geraten, sondern ihre Aufgabe darin sehen, die Lernenden anzuregen, eigene Informationen für eine gemeinsame Nutzung zur Verfügung zu stellen. So bietet sich die Chance, dass die Verantwortung für das Lernen vom Lehrenden auf die Lernenden übergeht. Dazu ist es hilfreich, Beiträge aus dem CSCL-System an Präsenzterminen oder in anderen Kommunikationsmedien aufzugreifen. Durch das Hervorheben von Beiträgen seitens der Teilnehmenden soll das Interesse der anderen geweckt und die Systemnutzung insgesamt sichtbar gemacht werden. Außerdem ist es gewinnbringend, eine Reflexion der Systemnutzung durch die Teilnehmenden zu initiieren. Schon zu Beginn, auf jeden Fall gegen Ende der Veranstaltung, können die Lernenden dazu nach den Erfahrungen und Wünschen zur Nutzung gefragt werden. Dabei ist ggf. auch zu akzeptieren, wenn die Teilnehmenden – meist aus gutem Grund – für bestimmte Anlässe eine andere Kooperationsform ohne CSCL-System finden. Wichtiger ist eine Auseinandersetzung über die gewählten Kooperationsformen (Janneck et al. 2003). Die Ergebnisaufbereitung mit Hilfe des CSCL-Systems verfolgt das Ziel, die gemeinsame Arbeit zu dokumentieren. Dadurch bietet sich den Lernenden eine thematische und arbeitsmethodische Grundlage, auf der sie im Weiteren aufbauen können (Janneck et al. 2003). Das CSCL-System wird dabei zum „externen Gedächtnis“ (Brennecke et al. 1997), auf das die Lernenden auch nach Ende der Veranstaltung zurückgreifen können. Das Veröffentlichen ausgewählter Ergebnisse gegen Ende der Veranstaltung kann als Präsentation der Veranstaltungsergebnisse dienen. Aber nicht nur Endergebnisse, sondern auch die in den Gruppen erarbeiteten Zwischenergebnisse sollten in das CSCL-System gestellt werden. Die Vorteile liegen darin, dass einerseits der gemeinsame Lernprozess für alle Teilnehmenden transparent wird; andererseits können alle Mitglieder jederzeit auf Zwischenergebnisse zugreifen, was z.B. das Weiterarbeiten von zu Haus oder bei Fehlen von Gruppenmitgliedern vereinfacht bzw. im Falle von Revisionen im Arbeitsprozess notwendig ist (Bleek et al. 2000).

4

CSCL-Systeme im gesamten Lehrbetrieb

Die Einführung und Bereitstellung eines CSCL-Systems im gesamten Lehrbetrieb soll zu seiner nachhaltigen und organisatorisch abgesicherten Verankerung in Universität, Schule oder Betrieb führen, damit ihre Mitglieder bzw. Angestellten es uneingeschränkt nutzen können. Dabei steigt die Komplexität im Vergleich zu einer einzelnen Lehrveranstaltung, da mehrere Veranstaltungen mit zahlreichen Benutzern das CSCL-System nutzen werden und zusätzlich das CSCL-System die Lehrenden und Lernenden meist lehrveranstaltungsüber-

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

331

greifend unterstützen soll. Die Komplexität drückt sich u.a. dadurch aus, dass neben den Lehrenden und Lernenden nun auch weitere Akteure verstärkt mit in die Einführung und Bereitstellung des CSCL-Systems involviert werden, und dass der Einsatz des CSCLSystems Eingang in die strategische Organisationsentwicklung und Ressourcenplanung finden muss (Bremer et al. 2002; Bleek et al. 2003). Vor der organisationsweiten Einführung von CSCL-Systemen ist wie auch für die einzelne Lehrveranstaltung der Nutzen eines Einsatzes zu bestimmen. Kommt es zur organisationsweiten Einführung eines CSCL-Systems, wird das CSCL-System meist in ausgesuchten Pilotveranstaltungen eingesetzt, um den ausgemachten Mehrwert empirisch zu be- oder widerlegen. Diese Erfahrungen werden im Sinne des zyklischen Vorgehens konstruktiv auf die nächste Lehrveranstaltung angewendet. Auch dort, wie in jeder weiteren Lehrveranstaltung, muss eine Evaluation der Nutzung erfolgen, um ein kontinuierliches, kritisches Hinterfragen des Nutzens des Einsatzes des CSCL-Systems zu gewährleisten (Strauss et al. 2003). Um den Herausforderungen der organisationsweiten Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen zu begegnen, sind verschiedene Leistungen und Arbeiten in unterschiedlichen Bereichen zu erbringen. Im Folgenden werden vier Aufgabenbereiche vorgestellt (Engel et al. 2001; Pape & Rolf 2004; Jackewitz 2004, Jackewitz 2005): Betrieb eines CSCLSystems, Benutzungsbetreuung, organisatorische Verankerung und Rückkoppelung mit der Weiterentwicklung des Systems. In diesen vier Aufgabenbereichen werden mögliche Maßnahmen aus Sicht der Personen erläutert, die als Multiplikatoren für die organisationsweite Nutzung des CSCL-Systems auftreten. Sie sind z.B. in universitären oder betrieblichen Leitungsgremien und in (hoch)schul- oder mediendidaktischen Zentren zu finden, können aber auch die Entwickler des CSCL-Systems oder engagierte Lehrende mit mediendidaktischem Interesse sein (Gillian et al. 1999; Pape & Rolf 2004).

4.1

Betrieb

Der technische Betrieb des CSCL-Systems ist Grundlage seiner Verankerung und Nutzung im Lehrbetrieb. Hierbei ist anzumerken, dass eine Installation von potenziell sehr vielen Nutzern genutzt wird, so dass der Betrieb entsprechend leistungsfähig ausgerichtet sein muss (Bleek & Pape 2001; Bleek et al. 2003; Grohmann 2002). Darüber hinaus verbieten die Richtlinien des Datenschutzes (BDSG 2011) sowie bestimmte Qualitätsansprüche (u.a. Sicherheit) eine Nutzung von frei verfügbaren Angeboten im WWW, so dass meist nur ein organisationsinterner Betrieb oder seltener ein Outsourcing (Jackewitz 2005) zu einem professionellen Dienstleister in Frage kommt. Im Folgenden wird der interne Betrieb weiter betrachtet. Für den Betrieb muss entsprechende Hardware zur Verfügung gestellt werden, was neben dem Kauf, dem Aufstellen und der initialen Installation und Konfiguration auch Folgeaufwand für die langfristige Wartung bedeutet, in der Komponenten ausgetauscht, zur Reparatur geschickt oder einfach durch neuere, leistungsfähigere ersetzt werden müssen. Neben der Hardware ist die Basissoftware ein weiterer Aufgabenbereich, der eine anfängliche Installation und Konfiguration sowie ebenfalls eine langfristige Wartung erfordert. Wartung bedeutet hier u.a. Lizenzproblematiken im Blick zu haben, die Softwarekomponenten auf dem neuesten Stand zu halten und insbesondere die mit Blick auf Sicherheitsaspekte erforderlichen „Sicherheitspatches“ einzuspielen. Weiter muss die eigentliche CSCL-Anwendung beschafft,

332

4 Umsetzung

installiert, konfiguriert und gewartet werden. Darüber hinaus muss der Betrieb dafür sorgen, dass Datenschutzrichtlinien gewährleistet sind und keine unautorisierte Nutzung möglich ist (vgl. auch Beitrag 4.6: Datenschutz). Neben einem geeigneten Zugriffsschutz müssen weitere Sicherheitsmaßnahmen bedacht werden, um den Verlust von Daten zu verhindern. Dazu gehören u.a. regelmäßige Datensicherungen und Schutz gegen Viren. Für die Betreuung der Hard- und Basissoftware wird in den meisten universitären und betrieblichen Kontexten ein organisationsinternes Rechenzentrum verantwortlich sein. Schulen verfügen meist nicht über ein eigenes Rechenzentrum. Ist das CSCL-System eine ClientServer-Anwendung oder durch andere Techniken eine Übertragungsfähigkeit zu erreichen (Server-based Computing), dann ist es ggf. möglich, den Serverbetrieb durch externe Anbieter übernehmen zu lassen (Bleek & Jackewitz 2004; Jackewitz 2004). Die Administration des CSCL-Systems selbst kann ebenfalls durch das entsprechende Rechenzentrum oder einen externen Dienstleister übernommen werden, aber auch durch eine z.B. schulische Arbeitsoder universitäre Forschungsgruppe, welche sich mit der Nutzung des CSCL-Systems befasst (Pape & Rolf 2004).

4.2

Benutzungsbetreuung

Ziel der Benutzungsbetreuung ist es, den Nutzer in seinem Arbeitskontext in die Lage zu versetzen, aufgabenangemessen und -adäquat mit dem CSCL-System umzugehen (Heinrich & Hänschel 1996; Heinrich 1999). Zur Benutzungsbetreuung gehören Schulungen und eine fortgesetzte Handhabungsunterstützung, die Nutzern bei Handhabungsproblemen im direkten Kontakt per E-Mail oder Telefon bzw. indirekt über FAQs, Handbücher usw. helfen. Die Benutzungsbetreuung kann darüber hinaus auch für die didaktische Einbettung in Lehrveranstaltungen beratend zur Seite stehen (Hartung et al. 2003). Zur Etablierung des CSCL-Systems im Lehrbetrieb ist es außerdem hilfreich, einen Erfahrungsaustausch unter den Nutzern zu organisieren und eine NutzerCommunity aufzubauen. Über die beschriebenen Betreuungsleistungen hinaus sind administrative Aufgaben zu erledigen, um z.B. Kennungen bzw. Zugänge freizuschalten, Inhalte zu verwalten und zu strukturieren oder das CSCL-System anzupassen. Neben diesen Aufgaben ist es weiterhin wichtig, dass die Benutzungsbetreuung Marketing betreibt, um neue Benutzer zu gewinnen und bisherige Benutzer über Ansprechpartner und Betreuungsleistungen zu informieren (Pape & Jackewitz 2002). Die Benutzungsbetreuung erfordert sowohl technische als auch didaktische Qualifikationen und ist aus Sicht der Benutzer häufig eine zeitkritische Dienstleistung. Daher ist kritisch zu prüfen, ob die Benutzungsbetreuung von internen Rechenzentren durchgeführt werden kann oder ob dafür andere Akteure wie externe Dienstleister oder mediendidaktische Zentren besser geeignet sind. Die didaktische Beratung für Lehrende hinsichtlich der CSCLAnwendung sollte von (hoch)schul- oder mediendidaktischen Zentren ausgeführt werden. Aber auch thematisch affine schulische Arbeits- oder universitäre Forschergruppen könnten diese Rolle übernehmen. Für die darüber hinausgehenden administrativen Aufgaben im Zusammenhang mit einem CSCL-System ist thematisches und organisatorisches Detailwissen über eine Bildungsinstitution notwendig. Sie sollte daher von internen Akteuren, wie z.B. dem mediendidaktischen Zentrum oder im betrieblichen Kontext der Personalabteilung bzw. Abteilung für Weiterbildung wahrgenommen werden.

4.4 Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen

333

Darüber hinaus birgt CSCL die Möglichkeit, dass die individuellen Lernprozesse auch außerhalb der Arbeitszeiten gelegt werden können; persönlich motiviert oder organisatorisch verordnet (Buhse & Stamer 2008). Dies erhöht nicht nur den Bedarf an Betreuungszeiten z.B. auch an Wochenenden oder abends, sondern schlägt auch Brücken zu Fragen des Arbeitsrechts bzw. -schutzes und gesundheitlichen Bereichen (Frank & Storch 2010) in Unternehmen bzw. in Universitäten und Schulen zur „Aufhebung von bisherigen Grenzen, zwischen privaten und universitären [schulischen] Handlungen, zwischen Freizeit und Lernen sowie zwischen Lehrenden und Lernenden. Dies hat Folgen […] auch auf das Lehren und Lernen an sich“ (Schiefner & Kerres 2012).

4.3

Organisatorische Verankerung

Zur Etablierung eines CSCL-Systems im Lehrbetrieb ist es von entscheidender Bedeutung, die in den Bereichen Betrieb und Benutzungsbetreuung genannten Aufgaben organisatorisch zu verankern (Böhringer et al. 2009). Eventuell müssen die Aufgaben von verschiedenen Akteuren der Institution übernommen werden (Pape & Rolf 2004; Jackewitz 2004). Die Übernahme der Aufgaben bedeutet in erster Linie das Schaffen oder Erweitern von Stellen (Hartung et al. 2003). Entsprechende Arbeitsverträge mit detaillierter Aufgabenbeschreibung sind zu erstellen. Des Weiteren müssen die Personalkosten, wie auch die Hardwareund eventuellen Lizenzkosten für das CSCL-System und weitere benötigte Software im Etat einzelner Abteilungen, Institute, Fachbereiche und der gesamten Hochschule, Schule oder dem Betrieb insgesamt eingeplant und genehmigt werden. Das Präsidium bzw. die Geschäftsleitung und sonstige Leitungsgremien einer Organisation müssen den Einsatz von CSCL-Systemen im Lehrbetrieb befürworten und können ihn dadurch unterstützen, dass die Einführung und Bereitstellung als ein strategisches Ziel der Organisation aufgenommen und mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet werden (Bremer et al. 2002; Trahasch et al. 2002; Richter & Stocker 2011). Die Koordination der gesamten Einführung und Bereitstellung kann entweder von einer in der Organisation etablierten Stelle, etwa dem mediendidaktischen Zentrum oder einem extra dafür gebildeten Ausschuss bzw. Projekt, oder von einem externen Dienstleister unterstützt werden (Grohmann 2002).

4.4

Rückkoppelung mit der Softwareentwicklung

Für den Betrieb und die Benutzungsbetreuung sollte versucht werden, mit der Entwicklung des CSCL-Systems oder dem Open-Source-Projekt Kontakte aufzunehmen, um einen regen Austausch über die Softwarenutzung zu pflegen (Pape & Jackewitz 2002). Zum einen findet dadurch der für den Betrieb und für die Benutzungsbetreuung notwendige Kompetenzaufbau statt, zum anderen können so erkannte Fehler sowie Anpassungs- und Weiterentwicklungswünsche aus dem Einsatzkontext in die Weiterentwicklung einfließen.

5

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurde ein Spagat zwischen verallgemeinerbaren Spannungsfeldern in der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen in den Kontexten Schule, Hochschule und betriebliche Weiterbildung und konkreten Gestaltungshinweisen vollzogen. Die Breite

334

4 Umsetzung

der Darstellungen soll Akteure, die an der Einführung und Bereitstellung von CSCLSystemen beteiligt sind, in die Lage versetzen, einen Rahmen möglicher Maßnahmen aufzuspannen und gleichzeitig in ihrer jeweiligen Situation konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen bedeutet, technische, fachliche, didaktische und organisatorische Aufgaben miteinander zu verbinden. Hierbei ist zu beachten, dass die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen auf unterschiedlichen Ebenen geschieht: Lernende werden von ihren Lehrenden betreut, und die Lehrenden suchen Betreuung bei speziellen Beratern, die sich wiederum bei den Entwicklern Rat holen. Dabei ist die Einführung und Bereitstellung nicht in zeitliche Phasen, sondern in Aufgabenbereiche bzw. Handlungsfelder zu gliedern, die zu bestimmten Zeitpunkten unterschiedlich priorisiert sein müssen. Darüber hinaus wird die Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen zu verschiedenen Zeitpunkten von mehreren Akteuren in unterschiedlichen Rollen wesentlich beeinflusst. Sie stellt deshalb insbesondere eine organisatorische Herausforderung dar, der in zyklischen Vorgehensmodellen begegnet werden kann. Eine zyklische Vorgehensweise ermöglicht eine evolutionäre und partizipative Gestaltung der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen in überschaubaren zeitlichen Abschnitten. Die einzelnen vorgestellten Handlungsfelder und Aufgabenbereiche hinsichtlich der Einführung und Bereitstellung von CSCL-Systemen in einer einzelnen Lehrveranstaltung und organisationsweit stellen für die handelnden Akteure zunächst einen Mehraufwand dar. Dieser Aufwand ist notwendig, damit ein CSCL-System im Lehrbetrieb genutzt werden kann bzw. in der einzelnen Lehrveranstaltung tatsächlich genutzt wird. Nur so wird ein Nutzen für die Beteiligten ermöglicht, der als Mehrwert den Mehraufwand im von CSCL-Systemen unterstützten Lehren und Lernen rechtfertigt. Nur auf Grundlage der erfolgreichen Einführung und nachhaltig gesicherten Bereitstellung von CSCL-Systemen kann bei den beteiligten Akteuren (insbesondere den Lehrkräften) Akzeptanz erzeugt werden und es können sich Verschiebungen in den Handlungsfeldern und Aufgaben der Lehrenden, Lernenden und weiteren beteiligten Rollen und Akteure ergeben, die den initialen Mehraufwand egalisieren.

4.5 Qualitätssicherung

4.5

335

Qualitätssicherung Ute Linder Freiberuflich tätige Beraterin, Lörrach

1

Einleitung

Die Güte von Bildungsangeboten und Möglichkeiten zu deren Verbesserung werden in Fachkreisen sowie der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert. Das hat vor allem zwei Gründe: Einerseits gewinnt der Erwerb und die Aktualisierung von Qualifikationen mit Blick auf die Entwicklungschancen von Individuen, Betrieben und Volkswirtschaften an Bedeutung; andererseits bleiben die vorhandenen Bildungsangebote häufig hinter den Erwartungen der Lernenden oder deren Eltern und Arbeitgeber zurück. Aus diesem Grund werden vielfältige Anstrengungen unternommen, um die Differenz zwischen den tatsächlichen und den erwarteten (Dienst-)Leistungen von Bildungseinrichtungen bzw. zwischen den tatsächlichen Effekten einzelner Bildungsangebote und den Erwartungen der Beteiligten zu reduzieren (Trentin 2000, 26). Die Gesamtheit all dieser Maßnahmen wird hier unter dem Begriff „Qualitätssicherung“ zusammengefasst. Dieser Beitrag beschreibt Ansätze zur Qualitätssicherung von Bildungsangeboten, in deren Verlauf Lehrende und Lernende gemeinsam netzbasiert kommunizieren und arbeiten. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie Bildungsanbieter hochwertige Lernangebote entwickeln können. Es werden zwei Ansätze präsentiert, „Qualitätsmanagement“ und „Evaluation“, deren Kombination eine Optimierung sowohl einzelner Lernangebote als auch des komplexen Arbeitsprozesses ermöglicht, in dessen Verlauf Lernangebote entstehen. Benachbarte Fragestellungen, z.B. wie sich die Markttransparenz für entsprechende Bildungsangebote erhöhen und somit die Nachfrageseite stärken lässt, werden hier ausgeklammert (siehe dazu z.B. Hope 2001). Behandelt werden die folgenden Fragen: – Worin besteht die Qualität von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten? – Welche Faktoren sind qualitätsbestimmend? – Warum muss die Qualität von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten gezielt und systematisch gefördert, entwickelt und verbessert werden? – Durch welche Maßnahmen lässt sich die Qualität von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten positiv beeinflussen? Welche Richtlinien, Verfahren und Instrumente gibt es dafür? – Wie lässt sich die tatsächliche Qualität von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten feststellen und optimieren? Welche Dimensionen sind zu berücksichtigen? Welche Empfehlungen, Verfahren und Instrumente gibt es dafür?

336

2

4 Umsetzung

Zur Qualität netzbasierter, kooperativer Lernangebote

Bei Bildungsangeboten handelt es sich um komplexe Dienstleistungen, die von Mitarbeitern der anbietenden Institution häufig unter Einsatz von Produkten, z.B. Medien, für die Lernenden erbracht werden. Das eigentliche Resultat der Bildung, der Kompetenzzuwachs, wird jedoch nicht vom Anbieter, sondern von den Lernenden selbst durch aktive Auseinandersetzung mit Inhalten und Aufgabenstellungen hergestellt. Die Motivation und Aktivität der Lernenden als Koproduzenten entscheiden letztlich, ob ein Lernprozess erfolgreich ist oder nicht (Fend 2000). Dies gilt in besonderem Maße für Angebote, in deren Verlauf Lernende untereinander sowie mit Tutoren oder Fachexperten kommunizieren und zusammenarbeiten, wie es beim netzbasierten, kooperativen Lernen der Fall ist. Lehren bedeutet demnach die gezielte Anregung und Unterstützung von Lernprozessen und erfolgt vor allem über die Schaffung von lernförderlichen Kontextbedingungen, z.B. zum Denken und Handeln anregende Lernumgebungen, Materialien, Aufgabenstellungen, Feedbacks etc. Worin besteht nun die Qualität von Bildungsangeboten? Das Wort Qualität stammt aus dem Lateinischen („qualitas“: Beschaffenheit) und ist grundsätzlich wertneutral. Qualität kann als Ausmaß der Übereinstimmung einer Tätigkeit oder eines Produktes mit vorab definierten Anforderungen aufgefasst werden (siehe z.B. Bruhn 2011, 34). Aus dieser Definition folgt, dass Qualität keine absolute, direkt beobachtbare Variable ist, sondern nur bezogen auf Einzelanforderungen oder Kriterien erfasst, beschrieben und bewertet werden kann. Es handelt sich somit um ein mehrdimensionales, theoretisches Konstrukt. Im Bildungsbereich kann Qualität allgemein definiert werden als ein Gesamturteil über das Ausmaß der Zielerreichung einer Institution oder eines Lernangebots und den Wert dieser Leistung. Bildungsangebote gelten dann als erfolgreich, wenn die von den Lernenden erhofften und vom Anbieter in Aussicht gestellten Wirkungen eintreten. Die Qualität technologiegestützter Lernangebote sollte daher bezogen auf jene Faktoren definiert und beschrieben werden, die dazu beitragen, dass Lernende die angestrebten Lernziele effektiv und mit vertretbarem Aufwand erreichen können (Hope 2001, 129). Die Beschäftigung mit jenen Faktoren, welche die Effektivität und Effizienz von Lernangeboten beeinflussen, hat in der Psychologie und Pädagogik Tradition. Zur Analyse von Bildungsangeboten haben sich Modelle aus der Unterrichtsforschung bewährt, die jeweils Ausgangslage, Lernprozess und Ergebnisse unterscheiden und sich auch auf das Lernen in virtuellen Lernumgebungen übertragen lassen (Friedrich & Hron 2002). Aus Sicht der LehrLernprozess-Forschung resultieren Lernergebnisse in virtuellen Lernumgebungen aus einer Auseinandersetzung der Lernenden mit der Technologie, mit den Lerninhalten sowie mit anderen Personen (Lernprozess). Der Lernprozess wiederum wird geprägt von den Merkmalen der Lernenden, der Kursinhalte, der Aufgabenstellungen, Instruktionen und Lernmaterialien, der Technologie, der institutionellen Rahmenbedingungen, der Qualifikation und des Verhaltens der Lehrkräfte etc. (Eingangsgrößen, Ressourcen, Kontextbedingungen oder inputs). Die Qualität eines netzbasierten, kooperativen Lernangebots hängt somit von der Qualität des Lernprozesses ab. Dessen Gelingen lässt sich vor allem durch eine bewusste Gestaltung und sorgfältige Abstimmung der Eingangsgrößen positiv beeinflussen. Besondere Bedeutung kommt dabei der didaktischen Konzeption des Lernangebots zu (siehe dazu Abschnitt 5.2).

4.5 Qualitätssicherung

337

Betrachtet man die Effekte eines Bildungsangebots, so sind auf Seiten der Teilnehmenden beobachtbare Ergebnisse (outputs, outcomes) von den indirekten Folgen für das Bildungssystem oder die Gesellschaft (impacts) zu unterscheiden (vgl. Beywl & Niestroj 2009). Zu den erwünschten Ergebnissen von Lernangeboten (outputs, outcomes) gehören z.B.: – Unmittelbare Lernerfolge im Sinne eines Zuwachses an Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Handlungs- und Verantwortungsbereitschaft – zusammenfassend auch Handlungskompetenzen genannt; – gelungene Übertragung des Gelernten auf die Arbeitssituation bzw. den Alltag; – Erwerb von anerkannten Bildungsabschlüssen oder Zertifikaten; – verbesserte Arbeitsmarkt- oder Aufstiegschancen der Teilnehmenden; – hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden; – geringe Abbrecherquote usw. Zu den indirekten positiven Folgen für das Bildungssystem oder die Gesellschaft (impacts) werden z.B. ein besserer Bildungszugang für bestimmte Personengruppen, eine geringere Arbeitslosenquote bzw. genügend Fachkräfte für die Wirtschaft oder mehr bürgerschaftliches Engagement gezählt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Qualität eines netzbasierten, kooperativen Lernangebots auf drei Ebenen erfassen und beschreiben lässt (Wilbers 2001; Friedrich & Hron 2002): Ressourcen, Lernprozesse, Lernergebnisse.

3

Qualität als kontext- und perspektivenabhängige Größe

Die Frage: „Welche Aspekte sind qualitätsbestimmend und sollten bei der Definition von Anforderungen an technologiegestützte Lernangebote berücksichtigt werden?“ beantworten Personen je nach Perspektive und Interessen unterschiedlich (vgl. Harvey & Green 2000, Twigg 2001). So verfolgen Lernende, Lehrkräfte, Tutoren, Fachdidaktiker, Lernpsychologen, Manager, Softwareentwickler, Systemadministratoren, Politiker, Arbeitgeber etc. unterschiedliche Ziele und formulieren verschiedene Erwartungen an die Qualität von Lernangeboten: „Quality is a subjective rather than an absolute concept and may be examined from different analytical perspectives: consumer’s satisfaction level, intrinsic value of scientific and technical content of learning materials, soundness of learning strategies, efficiency of organisation and procedures, adequate use of advanced technologies, reliability of student support mechanisms, etc.“ (Trindade et al. 2000, 1) Zudem spielt der Kontext eine Rolle: Abhängig von den spezifischen Ausbildungszielen, etablierten Unterrichtspraktiken, Merkmalen der Zielgruppe und lokalen Rahmenbedingungen, etwa der Verfügbarkeit verschiedener Ressourcen, kann ein- und dasselbe Angebot als qualitativ hoch- bzw. minderwertig beurteilt werden (Tait 1997; Trindade et al. 2000). Es gibt somit keine universell akzeptierte Definition von Bildungsqualität (Schulmeister et al. 2008; Masoumi 2010), ganz gleich ob mit oder ohne Technologien gelehrt und gelernt wird. Verschiedene Autoren heben hervor, dass ein qualitativ hochwertiges Lernangebot sowohl die Erwartungen des Anbieters als auch der Lernenden erfüllen sollte (Trentin 2000; Parker

338

4 Umsetzung

2004; Bloh 2010). Daher soll nun der Frage nachgegangen werden, welche Aspekte die Qualität netzbasierter Lernangebote aus Sicht der Lernenden beeinflussen. Die Perspektive der Bildungsanbieter wird in Abschnitt 5.1 behandelt. Korrelationsstudien aus verschiedenen Ländern bieten indirekte Antworten auf die Frage, welche Aspekte netzbasierter Lernangebote mit der Zufriedenheit und dem subjektiven Lernerfolg von Lernenden einhergehen. Bloh (2010, 64 f.) fasst die Ergebnisse solcher Studien aus Hochschulkontexten zusammen. Demnach korrelieren folgende Faktoren für Studierende mit positiven Effekten: – aktive Partizipation, positiv erlebte Interaktionen mit anderen Lernenden und Lehrenden und Aufbau einer Lerngemeinschaft; – konsistente Gestaltung der Lernumgebung mit transparenten, sinnvoll aufeinander abgestimmten Lernzielen, Anforderungen, Aufgabenstellungen, Lernaktivitäten, Lernerfolgskontrollen, Zeitrahmen und aktuellen, gut strukturierten Lernmaterialien; – hilfreich erlebte akademische, organisatorische, administrative, technische Serviceleistungen (Kursinformation, Interessentenberatung, Anmeldung, Bibliothek, Lernberatung, technische Einführung, rasche Hilfe bei technischen Problemen etc.); – Flexibilität hinsichtlich der Lernorte sowie der Lern-, Beratungs- und Kontaktzeiten, des Zugangs zu Ressourcen, Wahlmöglichkeiten, z.B. Kombination von Präsenz- und Fernunterrichtsphasen (Blended Learning); – benutzerfreundliche, zuverlässige, sichere Technologien, deren Einsatz konsistent auf Lehr-Lernziele und Lernaktivitäten abgestimmt wird und erkennbar einen Mehrwert gegenüber traditionellem Unterricht bietet. Zudem gibt es inzwischen eine Reihe wissenschaftlicher Studien dazu, wie qualitativ hochwertige, netzbasierte Lernangebote aus Sicht von Lernenden aussehen (z.B. Cashion & Palmieri 2002; Ehlers 2004; Kleimann et al. 2005; Young & Norgard 2006; HEFCE 2010). Die Ergebnisse dieser Befragungen konvergieren mit den Ergebnissen der Korrelationsstudien. Eine großangelegte Studie mit Erwachsenen, die an netzbasierten Aus- und Weiterbildungsgängen deutscher Anbieter teilgenommen hatten, ergab, dass Lernende Qualitätsansprüche in sieben Feldern formulieren (Ehlers 2004): Tutorielle Betreuung, Kooperation und Kommunikation, Lerntechnologien, Information über das Lernangebot und den Anbieter, Lernorganisation, Didaktik und Kosten-Nutzen-Verhältnis. Weiter ist festzuhalten, dass Lernende sich ihrer Rolle als Koproduzenten des Lernprozesses und somit ihrer Verantwortung für die Entstehung von Lernergebnissen durchaus bewusst sind und umfassende Qualitätsansprüche formulieren. Sie beziehen sich dabei auf alle Ebenen des Lernangebots: die ihnen verfügbaren Ressourcen, den Lernprozess sowie die Lernergebnisse (Ehlers 2004). Da sich Studien zur Qualität aus Sicht der Lernenden vorwiegend auf quantitative Methoden (Antwortvorgaben) stützen und die Befragten selten frei zu Wort kommen, spiegeln sie die vielfältigen Erfahrungen, Perspektiven und Bedürfnisse der Lernenden allerdings nur zum Teil (Sharpe 2009; zu Forschungstrends siehe Zawacki-Richter et al. 2009). Verschiedene Autoren betonen zudem, dass Lernende keineswegs einheitliche Erwartungen und Ansprüche an die Qualität von netzbasierten Lernangeboten haben (Cashion & Palmieri 2002; Dahlstrom et al. 2011; Ehlers 2004; Kreidl & Dittler 2010; HEFCE 2010; Sharpe

4.5 Qualitätssicherung

339

2009), sondern die Ansprüche variieren können, z.B. in Abhängigkeit von Personenmerkmalen (z.B. Alter, Geschlecht, Lebenssituation, Motivation, Lerngewohnheiten, Kompetenzen im Umgang mit webbasierten Technologien) oder von Charakteristika der gewählten Kurse (z.B. Dauer, Lehrziele, Anforderungen). Anbietern ist demnach sowohl zu empfehlen, zielgruppenspezifische Angebote zu entwickeln, als auch die Interessenten transparent darüber zu informieren, welche Ansprüche einzelne Angebote befriedigen sollen (vgl. Sinclair 2003).

4

Qualitätssicherung als komplexe Herausforderung

Warum sollte die Qualität netzbasierter, kooperativer Lernangebote in Bildungseinrichtungen systematisch gefördert, untersucht und verbessert werden? Vor allem deshalb, weil eine erfolgreiche Gestaltung und Durchführung solcher Angebote aus folgenden Gründen eine große Herausforderung darstellt: 1. Lehrende handeln immer unter Unsicherheit, da sich Bildung grundsätzlich nicht als ein Kausalgesetzen folgendes Geschehen begreifen lässt (vgl. z.B. Kleimann 2009). Wegen der hohen Komplexität virtueller Lehr-Lern-Arrangements und der aktiven Koproduzentenrolle sowie gegenseitigen Beeinflussung der Lernenden lassen sich Lernprozesse nicht vollständig determinieren. In der Praxis werden häufig überraschende Lernprozessverläufe und Ergebnisse beobachtet. Die Gestaltung netzbasierter, kooperativer Lernangebote ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Experimentierfreudige. 2. Die Entwicklung von Lernumgebungen erfolgte in vielen Fällen technologiegetrieben, orientiert an mehr oder minder erfolgreichen Modellen für den Präsenzunterricht sowie ohne hinreichende Beteiligung von Unterrichtsexperten (Gibbs & Gosper 2006). Lernplattformen aber auch Web 2.0-Werkzeuge unterstützen daher Lernende und Lehrende in Lehr-Lern-Prozessen oder spezifische kooperative Lernaktivitäten nur zum Teil angemessen (vgl. z.B. HRK 2010; Kleimann et al. 2008; Laurillard 2009; Linder & Rochon 2003; Linder & Wessner 2005). 3. Web 2.0-Werkzeuge erleichtern es Lernenden zudem, selbst aktiv Lernmaterial, Technologiemix, Aufgabenstellungen, Interaktionen mit auszuwählen, selbstgesteuerter und informeller zu lernen und sich zu beteiligen an der Definition und Evaluation der Qualität von Ressourcen, Lernprozessen und -ergebnissen. Übernehmen Lernende tatsächlich mehr Verantwortung, müssen die Rollen, Kompetenzen sowie das Zusammenspiel aller Beteiligten neu ausgehandelt werden (Ehlers 2011). 4. Aufgrund der rasanten Technologieentwicklung und einer oft wenig an der Lösung von tatsächlichen Praxisproblemen orientierten Agenda der Bildungstechnologieforschung (vgl. Kleimann 2009; Reeves 2006; Reinmann 2006) liegen wenig wissenschaftlich fundierte und zugleich praxistaugliche Empfehlungen für verschiedene Lehr-Lern-Szenarien vor, an denen sich Praktiker bei der Konzeption, Vorbereitung und Begleitung netzbasierter, kooperativer Lernprozesse orientieren könnten (Daly 2008; Hirumi 2002; Schulmeister et al. 2008). Noch fehlt z.B. eine Klassifikation für E-Learning Szenarien, mit der sich didaktische Möglichkeiten und damit verbundene technologische Anforderungen systematisch beschreiben und Forschungsergebnisse gezielter nutzen ließen (Baumgartner 2010; Schulmeister et al. 2008). Bislang wenig untersucht wurde auch wie und wozu Lernende netzbasierte Technologien beim Lernen tatsächlich nutzen (Conole et al. 2006; Dahlstrom et al. 2011; Paechter et al. 2007; Schulmeister 2010; Sharpe 2009).

340

4 Umsetzung

5. Institutionen, welche netzbasiertes Lernen dauerhaft in bestehende Präsenzangebote integrieren (Blended Learning) oder ihre Angebote komplett virtualisieren wollen, müssen parallel zu didaktischen Neuerungen auch die institutionellen Rahmenbedingungen und ihr Personal weiter entwickeln, um nachhaltige Erfolge zu erzielen (Euler & Seufert 2004; Schulmeister et al. 2008). Solche Veränderungs- und Professionalisierungsprozesse können zu Konflikten führen und erfordern zusätzliche Ressourcen. Aufgrund einer weniger an der Lösung von konkreten Managementproblemen orientierten Agenda der Bildungsforschung liegen wenig wissenschaftlich fundierte, empirisch überprüfte und zugleich praxistaugliche Empfehlungen für Bildungsmanager vor (vgl. Masoumi 2010; Schulmeister et al. 2008; Zawacki-Richter et al. 2009). Angesichts der komplexen Anforderungen auf verschiedenen Ebenen ist es eher unwahrscheinlich, dass es Bildungsanbietern auf Anhieb gelingt, ein qualitativ hochwertiges, netzbasiertes Lernangebot zu entwerfen und durchzuführen oder eine andernorts erfolgreich erprobte Lerntechnologie in einen bestehenden Bildungsgang zu integrieren. Es geht somit für viele Anbieter zunächst weniger um die Kontrolle und Gewährleistung einer gleichbleibend hohen Qualität bereits erfolgreicher Bildungsgänge, sondern vielmehr darum, die Qualität entsprechender Angebote schrittweise systematisch (weiter) zu entwickeln. Für diesen Zweck stehen zwei sich ergänzende Ansätze (vgl. Beywl 2001; Stockmann 2006) zur Verfügung, genannt „Qualitätsmanagement“ und „Evaluation“. Beide werden in den folgenden Abschnitten erläutert.

5

Qualitätsmanagement: Voraussetzungen für gute Praxis schaffen

Werden in einer Institution gezielt Maßnahmen ergriffen, um die Entstehung qualitativ hochwertiger Lernangebote zu begünstigen und zu überwachen, dann nennt man die Gesamtheit dieser Maßnahmen „Qualitätsmanagement“. Das Qualitätsmanagement ist eine vielschichtige Daueraufgabe für Bildungsmanager, die im Kern darin besteht, auf allen Ebenen (Gesamtinstitution, Bildungsgang, Kurs oder Modul) günstige Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Lernprozesse der Kunden optimal begleitet und unterstützt werden können. Zu diesem Zweck setzen Bildungsmanager eine Kombination von Verfahren ein, mit denen die Strategie, Organisation, IT-Infrastruktur und -Services, Kultur, Finanzen, die Qualifikation des Personals sowie zentrale Arbeits- und Kommunikationsprozesse bewusst gestaltet, aufeinander abgestimmt, erfasst, reflektiert und verbessert werden können. Ausgangspunkt aller Bemühungen ist die Definition des institutionellen Qualitätsverständnisses – inklusive pädagogischer Leitideen dazu, wie Lernende erfolgreich lernen können. Dieses bildet zusammen mit entsprechenden Qualitätskriterien, die für jeden Einzelaspekt nachprüfbar formuliert werden, die Basis dafür, dass hochwertige Lernangebote erzeugt und deren Güte bewertet werden können (vgl. Bruhn 2011). Aufgrund ihrer unterschiedlichen Rollen und Interessen formulieren Manager, Fachkräfte und Kunden in der Regel verschiedene Erwartungen an die Qualität netzbasierter, kooperativer Lernangebote. Mit Blick auf die Akzeptanz sowohl der Qualitätsanforderungen als auch der daraus abgeleiteten Maßnahmen zur Erzeugung hochwertiger Lernangebote sollten die zu berücksichtigenden Qualitätsaspekte und Mindestausprägungen immer angepasst an den

4.5 Qualitätssicherung

341

jeweiligen Kontext sowie unter Einbeziehung der Beteiligten ausgehandelt und festgelegt werden (vgl. Wirth 2005).

5.1

Woran kann sich das Qualitätsmanagement orientieren?

Bildungsmanager orientieren sich z.B. an allgemeinen Ansätzen für das Qualitätsmanagement wie z.B. TQM, EFQM, ISO 9001:200X (für einen Überblick siehe Knispel 2008; Stracke 2006; Wirth 2005) und passen diese auf ihre Situation an. Oder sie nutzen die ersten internationalen Standards für Qualitätsmanagement in der Bildung ISO/IEC 19796-1 (ISO 2005) bzw. DIN ISO 29990 (DIN 2010) und zugrundeliegende Qualitätsmodelle für das Management ihrer Bildungsorganisation und der Kernprozesse (Anforderungsermittlung, Konzeption, Produktion, Einführung, Durchführung und Evaluation). Die DIN ISO 29990 ist ein zertifizierbares Qualitätsmanagementsystem, das den Lernprozess in den Mittelpunkt stellt, und zugleich ein Servicestandard für die betriebliche Aus- und Weiterbildung (siehe Heene et al. 2011). Die ISO/IEC 19796-1 ist Teil eines vierteiligen internationalen Standards für das Qualitätsmanagement von technologiegestützten Bildungsprozessen, enthält ein Modell sowie Kriterien zum Vergleich von Qualitätsmanagementansätzen und definiert die relevanten Leistungsprozesse. Die internationalen Standards basieren auf deutschen Vorarbeiten (siehe RKW 2006) und wurden zusammen mit wettbewerbsorientierten Bildungsanbietern entwickelt, können aber auch im Non-Profit-Bereich genutzt werden. Andere Bildungsmanager nutzen Benchmarks und Qualitätsrichtlinien von Anbieterkonsortien, Akkreditierungs- oder Zertifizierungsagenturen für die Weiterentwicklung ihrer Organisation, Dienstleistungserstellungsprozesse, Mitarbeitenden und Bildungsgänge an. Verschiedene Autoren (z.B. Frydenberg 2002; Hope 2001; Parker 2004; Sinclair 2003) haben Qualitätsrichtlinien für netzbasierte Lernangebote beschrieben und verglichen, die von Anbieterkonsortien oder Akkreditierungsagenturen veröffentlicht wurden (z.B. Australian Flexible Learning Framework 2002; Barker 2002; Institute for Higher Education Policy 2000; Quality Assurance Agency for Higher Education 2010). Auch diese Dokumente spiegeln die Anbietersicht wider, da sie unter Beteiligung erfahrener Praktiker aus seriösen Institutionen entwickelt wurden, und richten sich primär an das Management von Hochschulen. Die Qualitätsrichtlinien thematisieren nicht nur die Anforderungen an seriöse, netzbasierte Lernangebote, sondern auch die institutionellen Voraussetzungen für deren Erzeugung und empfehlen typischerweise eine gezielte Steuerung der Arbeitsprozesse bzw. Aktivitäten in den folgenden Bereichen: – – – – – – –

Information und Beratung von Interessenten und Aufnahme von Lernenden Gestaltung und Begleitung von Lernprozessen Gestaltung und Erstellung von Lernmaterial Bereitstellung und Wartung von Technologien Gestaltung flankierender Dienstleistungen zur Unterstützung von Lernenden Gewinnung, Bezahlung, Fortbildung und Beratung von Lehr- u. anderen Fachkräften Institutioneller Kontext (Strategie, Ziele, Organisation, Infrastruktur, Finanzen, Kultur)

342

5.2

4 Umsetzung

Die zentrale Bedeutung des didaktischen Designs

Neben den erwähnten Qualitätsrichtlinien bietet eine großangelegte Studie zur Einführung von Lerntechnologien an australischen Universitäten Orientierung, in der erfolgreiche und gescheiterte Projekte miteinander verglichen wurden. Alexander und McKenzie (1998) betonen, dass Projekte, die nicht zu den angestrebten Lernerfolgen der Teilnehmenden führten, oftmals die Erprobung und schrittweise Verbesserung der Technologien und Lernangebote im Nutzungskontext vernachlässigt hatten – anders als es in der designorientierten Bildungsforschung (siehe z.B. Kelly et al. 2008; Reinmann 2006) praktiziert wird. Sie heben zudem die Bedeutung der didaktischen Konzeption für den Erfolg technologiebasierten Lernens hervor (vgl. Euler 2005) und empfehlen, bei der Entwicklung neuer Angebote die Qualität der Lernerlebnisse der Lernenden in den Mittelpunkt zu stellen (vgl. Laurillard 2002; Philipps et al. 2000; Euler & Seufert 2005). „The use of a particular information technology did not, in itself, result in improved quality of learning or productivity of learning. Rather, a range of factors were identified which are necessary for a successful project outcome, the most critical being the design of students’ learning experiences.“ (Alexander & McKenzie 1998) Eine gute didaktische Konzeption ist gekennzeichnet durch folgende Merkmale (vgl. z.B. Alexander & McKenzie 1998; Biggs 2003; Euler 2005; JISC 2007a; siehe auch Beitrag 3.8): 1. Ausrichtung des Lernangebots (Präsenz- und virtuelle Elemente) an den Bedürfnissen der Lernenden beim Erwerb der angestrebten Kompetenzen und Wissensbestände. 2. Sorgfältige Auswahl oder Entwicklung von Lehr-Lernstrategien unter Einbeziehung aktueller pädagogisch-didaktischer Fachliteratur und/oder anerkannt guter Unterrichtspraktiken. Im Falle technologiegestützten, kooperativen Lernens muss z.B. entschieden werden, welche Lernziele Lernende durch individuelle Auseinandersetzung mit Lernmaterialien, durch Kooperation untereinander oder besser im Austausch mit einer Lehrkraft erreichen können. 3. Die Lernaktivitäten sollten im Mittelpunkt stehen, nicht die Präsentation von Inhalten. 4. Der Einsatz der Lerntechnologie orientiert sich an der didaktischen Konzeption sowie am Kontext und verfolgt das Ziel, Lernenden bestimmte Lernerfahrungen zu ermöglichen. Wo möglich dürfen Lernende die Technologie bzw. den Werkzeug-Mix selbst wählen oder an ihre Bedürfnisse anpassen. 5. Lernerfolgskontrollen sind an das mediengestützte Angebot, die Lernaktivitäten und Lehr-Lernziele angepasst und helfen Lernenden ihre Lernfortschritte zu erkennen. 6. Der Unterstützungsbedarf der Lernenden wird bereits bei der Planung von Angeboten berücksichtigt. Lernende können sich bei Bedarf gezielt auf die Nutzung bestimmter Software, das Arbeiten in Gruppen, die Recherche und kritische Bewertung von Informationen im Internet (siehe Heinze et al. 2009; HEFCE 2010), das wissenschaftliche Argumentieren etc. vorbereiten. 7. Das didaktische Konzept wird zusammen mit Lernenden systematisch erprobt und reflektiert, seine Nützlichkeit bewertet und über Jahre weiter entwickelt.

4.5 Qualitätssicherung

5.3

343

Die Förderung und Organisation von Teamarbeit

Qualitativ hochwertige, technologiegestützte Lernangebote können nur dann entstehen, wenn ein Team kompetenter Fachkräfte den Lernprozess gezielt plant, optimal begleitet, sich dabei eng abstimmt und bei Bedarf auf spezifische Beratungs- und Qualifizierungsangebote zugreifen kann (Laurillard 2002). Deshalb kommt sowohl der Personalentwicklung als auch der Organisationsentwicklung (Mayrberger 2008; Schulmeister 2005a) und der Führung von Teams besondere Bedeutung zu. Voraussetzung für ein gutes Zusammenspiel verschiedener Fachkräfte ist Transparenz hinsichtlich der einzelnen Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie der Arbeitsprozesse und Schnittstellen zwischen Letzteren. Explizite Koordination durch Führungskräfte und ein integriertes Dokumenten- und Workflow-Management-System, das allen Beteiligten jederzeit einen Überblick über Vorgaben, Absprachen sowie den Arbeitsstand ermöglicht, unterstützen die Teamarbeit während der Konzeption, Planung, Durchführung und Auswertung von Lernangeboten. Alle Fachkräfte sollten für ihre anspruchsvollen Aufgaben regelmäßig trainiert werden. Praxisnahe Arbeitshilfen und Vorlagen strukturieren den komplexen Arbeitsprozess und können Fachkräften helfen, alle erforderlichen Arbeitschritte und Entscheidungen systematisch anzugehen (siehe z.B. Münzer & Linder 2004). Zusätzlich zu rollenspezifischen Fortbildungsund Unterstützungsangeboten für Autoren, Tutoren, Administratoren etc. sollten Qualitätszirkel eingerichtet werden, in denen Mitarbeiterteams ihre Erfahrungen regelmäßig austauschen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsabläufe diskutieren können. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kann es mit Blick auf eine mehrfache Verwertung und Kombination von Lernmaterialien in verschiedenen Bildungsgängen und den anbieterbzw. -technologieübergreifenden Austausch von Daten durchaus sinnvoll sein, internationale technische Standards zu berücksichtigen und Fachkräften entsprechende Vorgaben zu machen. Für einen Überblick zu internationalen Lerntechnologiestandards siehe Beitrag 4.7.

6

Evaluation: Die Praxis datenbasiert bewerten und optimieren

Werden in einer Institution Kontext, Bedingungen, Konzepte, Ablauf und Wirkungen von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten systematisch empirisch untersucht mit dem Ziel, diese Angebote zu bewerten und/oder zu modifizieren, dann nennt man die Gesamtheit dieser zeitlich befristeten Maßnahmen „Evaluation“ (vgl. Rossi et al. 2003). Die Planung, Durchführung und Dokumentation einer Evaluation ist eine vielschichtige und herausfordernde Aufgabe für Bildungsmanager oder Lehrende bzw. interne oder externe Evaluatoren. Sie besteht im Kern darin, eine solide und nützliche Datenbasis für bestimmte Entscheidungen zu erzeugen. Zu diesem Zweck werden zunächst die zu untersuchenden Gegenstände, die Nutzer der künftigen Datenbasis und die geplante Nutzung der Ergebnisse sowie geeignete Informationsquellen identifiziert. Dann werden die benötigten Informationen unter Einbeziehung aller am Dienstleistungserstellungsprozess beteiligten Personengruppen (Lernende, Lehrende bzw. Autoren und Tutoren, Mitarbeiter des technischen Support etc.) zusammengetragen, ausgewertet und aufzubereiten.

344

4 Umsetzung

Im Kontrast zur Forschung steht bei einer Evaluation nicht die wertfreie Gewinnung grundlegender Erkenntnisse und die Entwicklung allgemeingültiger Theorien im Vordergrund, sondern die datenbasierte Bewertung und ggf. Verbesserung eines konkreten Produktes oder einer Dienstleistung. Zur Datengewinnung und -analyse werden die gleichen Methoden eingesetzt wie in der Forschung (siehe Beitrag 1.2 Forschungsmethoden). Eine Evaluation erfolgt jedoch prinzipiell kontext- und anwendungsorientiert. Die Evaluation von Bildungsangeboten kann verschiedene Zwecke verfolgen (vgl. Philipps et al. 2000; Rindermann 2001). Es kann eine Informationsbasis erzeugt werden für: – die Optimierung von Lernangeboten und Technologien, z.B. eines Konversationstrainings in einer Fremdsprache gestützt auf ein Audio-Chat-Werkzeug oder Optimierung einer E-Portfolio-Software (formative Evaluation) – die Optimierung von Entscheidungen über Neuerungen und den Einsatz von Mitteln, etwa über die Beibehaltung bzw. Übernahme technologischer und didaktischer Innovationen wie Audience-Response-Systeme oder E-Prüfungen in den Routinelehrbetrieb (summative Evaluation) – die Anpassung einer Technologie an bzw. deren Einbettung in einen bestimmten Kontext, z.B. von Smartphones oder Blogs in einen bestehenden Bildungsgang oder von Lernplattformen in eine Institution (integrative Evaluation) – den Nachweis der Qualität von Produkten und Dienstleistungen und/oder über die Effizienz von Verwaltung und Mittelverwendung (Rechenschaftslegung bzw. Kontrolle und/oder Marketing mit dem Ziel des Reputationsgewinns)

6.1

In welchen Schritten und nach welchen Modellen läuft eine Evaluation ab?

Im Zuge der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation einer Evaluation sind folgende Aufgaben zu bewältigen (vgl. Harvey et al. 2001): 1. Definition des Zwecks der Evaluation (Nutzer der Ergebnisse, deren Informationsbedarf und geplante Nutzung der Ergebnisse) 2. Ermittlung der Beteiligten und Betroffenen und deren Interessen 3. Definition des Evaluationsgegenstands 4. Formulierung der zu beantwortenden Fragen, Definition von Bewertungsdimensionen & Indikatoren 5. Wahl der Datenquellen je Frage 6. Wahl der Datenerhebungsmethoden und Entwicklung bzw. Anpassung von Datenerhebungsinstrumenten 7. Datenerhebung 8. Wahl der Datenauswertungsmethoden 9. Analyse der Daten und Bewertung der Ergebnisse 10. Dokumentation und Kommunikation der Ergebnisse 11. Ableiten von Konsequenzen In der Literatur finden sich eine Fülle von Theorien bzw. Modellen zur Evaluation (für einen Überblick siehe z.B. Rindermann 2001, Bloh 2010), die sich hinsichtlich der Ziele der Informationsgewinnung, der zu beteiligenden Personen, der Rolle des Evaluators, der favori-

4.5 Qualitätssicherung

345

sierten Methodologie etc. unterscheiden. Pragmatisch gesehen ist es entscheidend, die Methodenwahl abgestimmt auf den Zweck und den Kontext der Evaluation von technologiegestützten Lernangeboten zu treffen (Harvey et al. 2001; Oliver 2000; Nieveen 2009). Nur so kann sichergestellt werden, dass die erzeugten Ergebnisse für die intendierten Nutzer tatsächlich von Nutzen sind (Patton 1997) und die Qualitätsentwicklung in Organisationen fördern (Preskill & Torres 1999; Schratz et al. 2000). Um der Komplexität des zu bewertenden Gegenstandes gerecht zu werden, ist es wichtig, bei der Evaluation von Lernangeboten quantitative mit qualitativen Methoden (siehe Beitrag 1.2 Forschungsmethoden) zu kombinieren und verschiedene Indikatoren zu verwenden (Alexander & Hedberg 1994; Creemers et al. 2010; Mayes 2006; Nieveen 2009). Die vielfach beobachtbare Praxis, die Datenerhebung auf das Einholen von subjektiven Einschätzungen der Lernenden oder simple Wissenstests (vgl. Preussler 2008; Zimmer 2010) zu begrenzen, wird der Komplexität netzbasierten, kooperativen Lernens nicht gerecht. Verlässliche Schlüsse zu netzbasierten, kooperativen Lernangeboten können nur gezogen und sinnvolle Empfehlungen nur formuliert werden, wenn solide Informationen aus verschiedenen Quellen und Perspektiven vorliegen, insbesondere auch zum Kontext und zum Lernprozess (Bloh 2010, 80).

6.2

Wer evaluiert und welche praktischen Hilfen gibt es für Evaluatoren?

Wurden Evaluationen früher häufig als Domäne externer Experten (Fremdevaluation) angesehen, so werden diese heute häufig in Zusammenarbeit zwischen Bildungspraktikern und (internen bzw. externen) Evaluationsexperten oder von Praktikern in Eigenregie durchgeführt (Selbstevaluation – für einen Überblick siehe Hense & Mandl 2010). Eine Selbstevaluation hat Vor- und Nachteile: Einerseits kennen Praktiker den Kontext, die lokalen Rahmenbedingungen und die Beteiligten besser als Außenstehende. Sie haben direkten Zugang zu Kollegen und Lernenden, was die Datenerhebung erleichtern dürfte. Andererseits fehlen Praktikern oftmals das methodische Rüstzeug und/oder die benötigten Ressourcen für die selbständige Planung und Durchführung einer Evaluationsstudie (Alexander & McKenzie 1998; Harvey et al. 2002; Oliver & Conole 2004). Weiterhin sind bei der Bewertung der eigenen Arbeit selbstdienliche Wahrnehmungsverzerrungen im Sinne mangelnder Neutralität und Ergebnisoffenheit nicht ganz auszuschließen. Evaluationsexperten haben eine Reihe von Anleitungen und Entscheidungshilfen entwickelt und veröffentlicht, die Praktiker bei der Selbstevaluation von technologiegestützten Lernangeboten unterstützen sollen. Diese Materialien bieten Hilfestellung z.B. bei der Definition der Evaluationsziele, der Identifikation der zu beteiligenden Personen, der Auswahl von Datenerhebungsmethoden usw. (siehe z.B. Beetham 2007; Harvey 1998; JISC 2007b; Nieveen 2009; Philipps et al. 2000).

6.3

Wann sollte evaluiert werden?

Die Entwicklung und Einführung neuer Lerntechnologien lässt sich idealtypisch in vier Phasen unterteilen: An die Bedarfsanalyse (siehe Beitrag 4.2) und das Design eines technologiegestützten Lernangebots (siehe Beitrag 3.8) schließen sich dessen Entwicklung durch ein interdisziplinäres Team von Fachkräften, dessen Erprobung mit Hilfe weniger Nutzer sowie dessen Optimierung an. In einer dritten Phase folgt die Implementierung der Innovation in

346

4 Umsetzung

einem Bildungsgang bzw. einer Organisationseinheit und später ggf. deren institutionsweite Verbreitung und Nutzung. Verschiedene Autoren betonen, dass Evaluation im Bemühen um Qualität in allen Phasen der Einführung neuer Lerntechnologien und entsprechender Bildungsangebote unverzichtbar sei (Alexander & Hedberg 1994; Laurillard 2002; Nieveen 2009; Philipps et al. 2000; Reinmann-Rothmeier et al. 1997). In den folgenden Abschnitten wird deshalb beispielhaft dargestellt, welche Fragen und Aspekte in den verschiedenen Phasen den Fokus der Evaluation bilden und welche Methoden jeweils zur Informationsgewinnung eingesetzt werden können (siehe dazu auch Beitrag 1.2).

6.4

Evaluation in der Phase der Bedarfsanalyse und des Designs neuer Lernangebote

Das Konzept für die Entwicklung des Lernangebots sollte vor einer Entscheidung über dessen Realisierung von Fachkollegen kritisch auf dessen Erfolgsaussichten überprüft werden. Folgende Fragen könnten bei einer solchen ex-ante-Evaluation im Mittelpunkt stehen: Besteht für die jeweilige Zielgruppe ein belegbarer Lernbedarf, der mit der Entwicklung oder Einführung des vorgeschlagenen didaktischen Konzepts gedeckt werden kann? Welche Lernergebnisse genau sollen mit Hilfe der Technologie erreicht, welche praktischen Probleme gelöst werden? Wie wahrscheinlich ist es, dass der geplante kooperative Lernprozess und entsprechende Aufgabenstellungen zu den gewünschten Lernergebnissen führen? Wie plausibel ist es, dass das zu entwickelnde bzw. gewählte Werkzeug diesen Lehr-Lern-Prozess sinnvoll unterstützt? Warum ist zu erwarten, dass die Lehrenden und Lernenden in der Nutzung des neuen Werkzeuges einen Mehrwert erkennen, der den Einführungs- und Einarbeitungsaufwand übersteigt? Welche didaktischen bzw. technologischen Alternativen gibt es? Zur Bewertung der Erfolgsaussichten des Konzepts können z.B. folgende Methoden eingesetzt werden (siehe z.B. Allert & Richter 2011; Kelly et al. 2008; Niveen 2009): – Peer Review: Analyse der Dokumente zum didaktischen Design sowie ggf. zur Spezifikation der Software; – Analyse von (medien-/fach-)didaktischer Literatur sowie von Erfahrungsberichten zur systematischen Erprobung ähnlicher Lehr-Lern-Konzepte bzw. Werkzeuge; – Themenzentrierte Interviews mit Autoren zum didaktischen Design und ggf. mit den künftigen Nutzern (Lernende und Lehrkräfte) zur Spezifikation der geplanten Software; – Erstellung und Diskussion von Prototypen mit Nutzern. Mit Blick auf die mit einer Realisierung verbundenen Kosten sollten nur didaktische und technologische Konzepte realisiert werden, die den Plausibilitätstest bestehen.

6.5

Evaluation in der Phase der Entwicklung und Erprobung neuer Lernangebote

Eine Evaluation vor und während der Pilotphase dient vor allem dem Zweck, das Lernangebot zu optimieren, daher sollten Lerntechnologie und Lernprozess genau analysiert werden. Insbesondere die Lernprozessanalyse (siehe z.B. Kelly et al. 2008, Zimmer 2010) kann wertvolle Hinweise dazu liefern, wie sich die Technologie, Elemente des didaktischen Designs

4.5 Qualitätssicherung

347

oder das Nutzerverhalten verbessern lassen. Den Lernerfolg als zentralen Indikator für die Qualität des Lernangebots zu wählen, ist im Fall von Pilotstudien nicht ratsam, da schwache Testergebnisse zwar belegen mögen, dass die Lernenden ein bestimmtes Lernziel nicht erreicht haben, dieser Befund jedoch häufig keinerlei Information zu den Ursachen des Scheiterns bietet (Linder & Rochon 2003). Bei einer formativen Evaluation der Lerntechnologie könnten z.B. folgende Fragen beantwortet werden: Können die Lernenden in der Lernumgebung einfach navigieren, zuverlässig Zugang zu Materialien finden, die erforderlichen Aufgaben bearbeiten, mit anderen kommunizieren? Finden sie die Lernumgebung übersichtlich und leicht zu bedienen? Welche Funktionen vermissen die Nutzer, welche nutzen sie kaum? Zur Sammlung von Daten hinsichtlich der Eignung der Lernumgebung können z.B. folgende Methoden eingesetzt werden (siehe Löwgren & Stolterman 2007; Preece et al. 2011; Salaschek et al. 2007 sowie Beitrag 1.2): – Befragung von Lernenden (und Lehrkräften) in Interviews oder mit Fragebogen (Einschätzungen zur Nutzerfreundlichkeit, Attraktivität, Funktionalität der Software); – Moderierte Diskussion bzw. Fokusgruppen mit Lernenden (zur Interpretation und Gewichtung der Fragebogenantworten); – Beobachtung oder Videoaufzeichnung der Lernenden während der Handhabung der Technologie, auch mit der Bitte, alle Gedanken zu verbalisieren (Methode „Lautes Denken“) (detailliertes Verständnis der Nutzung der Software und mögl. Probleme). Im Zuge der formativen Evaluation des Lernprozesses könnten z.B. diese Fragen gestellt werden: Wozu genau nutzen die Lernenden die Technologie? Kann der Lehr-Lern-Prozess wie beabsichtigt beeinflusst werden? Lassen sich die geplanten Lernaktivitäten während kooperativer Episoden tatsächlich beobachten und verläuft die Kommunikation effizient (Linder 2004)? Gibt es Belege dafür, dass die erwünschten Lernergebnisse eintreten (Philipps et al. 2000; Zimmer 2010)? Zur Analyse der Lernprozesse können z.B. folgende Methoden eingesetzt werden (siehe auch Beitrag 1.2): – Analyse der archivierten Lernerbeiträge aus den asynchronen oder synchronen Diskussionen oder sonstiger Logfiles (Interaktion zwischen Lernenden sowie mit dem Tutor, Quantität und Qualität der Aufgabenbearbeitung, siehe z.B. Linder & Rochon 2003); – Videoaufzeichnung einzelner Lernender während der Lernsitzung, nachher gemeinsames Anschauen des Videos und Interview zu den Erfahrungen in den verschiedenen Arbeitsphasen (detailliertes Verständnis der Denkprozesse und möglicher Probleme); – Mündliche oder schriftliche Befragung von Lernenden und Lehrenden (subjektive Einschätzungen zur Qualität der Interaktion mit Lernenden und Tutoren, Gruppengröße, Nützlichkeit von Aufgaben und Feedbacks, zum Komptenzzuwachs); – Lerntagebücher (Lernende notieren regelmäßig oder sporadisch, inwiefern sie die Lernumgebung und der Austausch mit anderen beim Lernen und der Erarbeitung von gemeinsamen Produkten oder Problemlösungen etc. unterstützt oder behindert hat). Notwendige Anpassungen der Software, des didaktischen Designs, der Betreuung oder der Nutzerschulung sollten so rasch wie möglich vorgenommen und weitere Rückmeldungen der Nutzer eingeholt werden.

348

6.6

4 Umsetzung

Evaluation in der Phase der Implementierung neuer Lernangebote

In der Phase der routinemäßigen Durchführung neuer Lernangebote besteht während eines Durchlaufes meist wenig Gelegenheit, größere Veränderungen und Anpassungen am didaktischen Design oder der Technologie vorzunehmen. Die Evaluation ist in dieser Phase eher summativ, d.h. es geht um eine Gesamtbewertung der Innovation, um die Beurteilung ihrer Effektivität und Effizienz. Dabei werden der Lernprozess, die Lernergebnisse sowie die Angemessenheit der Innovation beurteilt. Im Zuge der summativen Evaluation des Lernprozesses könnten z.B. folgende Fragen beantwortet werden: Nutzen die Lernenden die Technologie wie geplant? Treten der geplante Lernprozess bzw. die geplanten Lernaktivitäten bei routinemäßiger Nutzung der Technologie tatsächlich auf? Welche Qualität hat die Aufgabenbearbeitung? Funktioniert die Zusammenarbeit unter Lernenden bzw. mit Tutoren? Wie beeinflussen Kooperation und Kommunikation das individuelle Lernen (Philipps et al. 2000)? Wie entwickelt sich die Motivation der Lernenden nach Abklingen des Neuigkeitseffekts? Zur summativen Evaluation der Lernprozesse können die gleichen Methoden eingesetzt werden wie zur formativen Evaluation. Bei einer summativen Evaluation der Lernergebnisse könnten z.B. folgende Fragen beantwortet werden: Welche Wirkung hat das neue Lernangebot auf die Leistungen der Lernenden? Verbessern sich die Lernergebnisse verglichen mit früheren Angeboten wie erhofft? Stimmen die tatsächlichen Lernergebnisse mit den erwarteten überein? Profitieren alle Lernenden von möglichen positiven Effekten oder nur bestimmte Gruppen? Treten überraschende positive oder negative (Neben-)Wirkungen auf? Zur summativen Evaluation der Lernergebnisse können eigens dafür entworfene Lernerfolgskontrollen, Prüfungsfragen, Arbeitsergebnisse der Lernenden (siehe z.B. Zimmer 2010) genutzt sowie Interviews oder Fragebogen zur subjektiven Einschätzung des Kompetenzzuwachses (Braun 2007; Paechter et al. 2011) eingesetzt werden. Möchte man die Angemessenheit der Innovation evaluieren, könnten z.B. folgende Fragen beantwortet werden: In welcher Relation stehen Aufwand und Nutzen der Technologienutzung für Lernende? Wie wirkt sich die Innovation auf das Tätigkeitsprofil und die Auslastung von Lehrkräften aus? Erfüllt das neue Angebot bereits bestehende Qualitätsrichtlinien?

6.7

Evaluation in der Phase der Institutionalisierung und Verbreitung neuer Lernangebote

Steht eine Entscheidung hinsichtlich der Institutionalisierung einer Lerntechnologie bzw. technologiegestützter Lernangebote an, dann dient eine Evaluation meist der Beantwortung der folgenden Frage: Welche Konsequenzen hat die dauerhafte, breite Nutzung der Technologie für die Lernenden, die Lehrenden und die Bildungsinstitution? Mit Blick auf die Lernenden könnte dabei sowohl auf die Entwicklung fachübergreifender Schlüsselqualifikationen als auch die Arbeitsmarktchancen der Absolventen geachtet werden. Für das Management der Institution ist z.B. ein Kosten-Nutzen-Vergleich wichtig, wenn es um Entscheidungen hinsichtlich der Aufrechterhaltung bzw. institutionsweiten Verbreitung netzbasierter Technologien geht. Welche Ressourcenverteilung und Investitionen erfordert eine erfolgreiche Durchführung der Angebote auf Dauer? Welche Be- und Entlastungen

4.5 Qualitätssicherung

349

ergeben sich für die verschiedenen Fachkräfte? Welche Unterstützungsangebote für Fachkräfte werden dauerhaft benötigt? Welche Änderungen der Ablauf- oder Aufbauorganisation werden erforderlich? Haben sich interne Qualitätsrichtlinien bewährt? Wie kann das Qualitätsmanagement optimiert werden?

6.8

Welchen Nutzen bringt die Evaluation netzbasierter Lernangebote?

Eine (Selbst-)Evaluation ist aufwändig; sie erfordert Expertise, Sachmittel, Zeit und weitere Ressourcen, z.B. die Bereitschaft der Beteiligten, die eigenen Arbeitsergebnisse, Überzeugungen und Verhaltensweisen kritisch zu hinterfragen und ggf. zu verändern. Der Nutzen einer Evaluation ist am größten, wenn sie sich am Informationsbedarf der Praktiker orientiert und diese von Anfang an einbezieht. Dann entfaltet (vor allem formative und integrative) Evaluation direkte positive Wirkungen auf das Wissen über und die Gestaltung von netzbasierten, kooperativen Lernangeboten. Indirekt bzw. mittelfristig kann zudem das Qualitätsbewusstsein der Fachkräfte, deren Bereitschaft zur Selbstevaluation und Erwerb eines entsprechenden Methodenrepertoires sowie die Konsensbildung hinsichtlich der Kriterien und Methoden professioneller, reflexiver Praxis gefördert werden (Deepwell 2007; Mandl & Reinmann-Rothmeier 2000).

Abbildung 1:

7

Qualitätsmanagement und (formative) Evaluation kombinieren

Fazit

Qualitätsmanagement kann die Voraussetzungen für gute Praxis beim technologiegestützten, kooperativen Lernen schaffen und weiter entwickeln. Jedoch lässt sich nur durch gezielte Evaluation der Lernangebote unter Einbeziehung der Lernenden und Fachkräfte selbst feststellen, ob Lernprozesse tatsächlich den gewünschten Verlauf nehmen und die gewünschten

350

4 Umsetzung

Effekte haben. Erst sie gibt Klarheit darüber, inwiefern ein Kursangebot sich aus Sicht der Beteiligten bewährt und die qualitätsfördernden Maßnahmen ausreichen, oder ob Anpassungen erforderlich sind. Daher ist es sinnvoll, zur Entwicklung qualitativ hochwertiger Lernangebote Ansätze aus dem Qualitätsmanagement mit Evaluationsansätzen zu kombinieren und auf diese Weise sowohl den Dienstleistungserstellungsprozess als auch das jeweilige Lernangebot nach und nach zu optimieren (siehe Abbildung 1). Diese Kombinationsstrategie wird an einigen Hochschulen (siehe z.B. Alexander & Golja 2007; Arnold et al. 2003; McNaught 2001), aber auch in der Weiterbildung (z.B. Münzer & Linder 2004) bereits erfolgreich eingesetzt. Alexander & Golja (2007) empfehlen „continuous cycles of feedback and improvement centred around the learners’ experiences of elearning“ sowohl auf institutioneller als auch auf Bildungsgangebene zu etablieren, um Lernangebote kontinuierlich an Veränderungen der Lernenden und ihrer Bildungsziele sowie an den gesellschaftlichen, institutionellen und technologischen Wandel anpassen zu können. Dass dies keineswegs gängige Praxis ist, zeigt eine aktuelle Studie aus den USA: Brown & Diaz (2011) befragten 240 Experten aus Colleges und Universitäten, ob und auf welche Weise sie im Alltag die Resultate von Lehrinnovationen erfassen und analysieren. Befund: „The majority of the institutions do not feel compelled to undertake sustained, official research into the effectiveness of their teaching and learning practices“ (Brown & Diaz 2011, p. 49). Bildungsmanager, welche die Qualität ihrer Organisation und Lernangebote nicht gezielt definieren, kommunizieren und kontinuierlich weiter entwickeln, handeln riskant. Wer bei der systematischen Qualitätsentwicklung spart und die Bedürfnisse der Lernenden oder Lehrenden nicht ernst nimmt, verzichtet kurzfristig auf Lernchancen und mittelfristig auf Reputation und Marktanteile auf den Bildungsmärkten der Zukunft.

4.6 Datenschutz

4.6

351

Datenschutz Kai-Uwe Loser Ruhr-Universität Bochum

1

Einleitung

Das Thema Datenschutz im CSCL kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden. Zum Ersten müssen aus juristischer Sicht Plattformen den rechtlichen Anforderungen genügen. Der zweite ebenso schwer wiegende Zugang betrifft das Vertrauensverhältnis im CSCL zwischen den beteiligten Lernpartnern. Kollaboration setzt Wissen über andere Beteiligte voraus. Weiterhin müssen Lehrende für ihre Aufgabe in angemessener Weise Transparenz über die Lernprozesse haben. Dabei ist es aber zu vermeiden, dass (Macht-)Ungleichgewichte durch Informationen aus der Technik aufgebaut werden oder solche Ungleichgewichte verstärkt werden. Datenschutzmaßnahmen können hier zu einem positiven Verhältnis zwischen den Akteuren beitragen. Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten, die in manchen Systemen Lehrenden zur Verfügung stehen, können Lernende dagegen in hohem Maße verunsichern. Die zwar rechtlich begründeten Datenschutzmaßnahmen können hier einen Beitrag leisten Vertrauen aufzubauen und zu erhalten. Das CSCL findet in einem besonders heiklen Umfeld statt: CSCL kann gerade im schulischen Kontext nicht losgelöst vom Bildungsauftrag betrachtet werden, der auch die Erziehung zu freiheitlichem und demokratischem Handeln beinhaltet. Diese Zielvorstellungen sind im CSCL auch in Zielen wie der Förderung von selbstgesteuertem Lernen präsent. Datenschutz ist in diesem Kontext auch als ein Baustein zu betrachten, Bürgerrechte in der Gesellschaft zu schützen (s. Ketzer 2005), was auch die deutschen Datenschutzkontrollbehörden immer wieder betonen. In den für den Datenschutz zentralen Worten des Bundesverfassungsgericht (1983) drückt sich das folgendermaßen aus: „Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. … Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen.“ (BVerfGE 65, 1 – Volkszählung) Beim Datenschutz geht es also um Bürgerrechte. Die Ermöglichung von Freiheit ist stark mit der Verarbeitung von Daten gekoppelt, die Aussagen über Persönliches treffen. Verhalten beim Lernen gehört dazu. Die in dem Zitat angedeutete Folge des Erlernens (auf dem Weg) angepasster Verhaltensweisen entspricht in keiner Weise den Zielen von CSCL, bei der ja gerade Selbststeuerung und Eigeninitiative zentrale Voraussetzungen bilden. Die Verbindung von Datenschutz und Vertrauen als Grundlage des Lehrens wird durch einen Vergleich mit einem Zitat aus einem Buch von Brookfield (1990) auf frappierende Weise deutlich:

352

4 Umsetzung

„Trust between teachers and students is the affective glue that binds educational relationships together. Not trusting teachers has several consequences for students. They are unwilling to submit themselves to the perilous uncertainties of new learning. They avoid risk. They keep their most deeply felt concerns private. They view with cynical reserve the exhortations and instructions of teachers.“ (Brookfield 1990, S. 162) Die Argumentation beider Zitate liegt nah beieinander. Der Zusammenhang zwischen Vertrauen und Lernkultur scheint bekannt zu sein ebenso wie die Wirkung von umfassender Beobachtung – mit anderen Worten: mangelndem Datenschutz – auf Vertrauensverhältnisse. Bei der Umsetzung des Datenschutzes für das CSCL entsteht allerdings ein Dilemma, da die Kooperation mit Hinblick auf die wechselseitige Datenkenntnisnahme besondere Eigenschaften hat. Zur Interpretation von internationalen Forschungsergebnissen sei auch auf einen im internationalen Vergleich grundlegenden Unterschied in der Sichtweise und Begriffswelt in verschiedenen Ländern hingewiesen: „Privacy“ (gebräuchlich vor allem in Nordamerika) betrachtet den Schutz eines Lebensbereichs der als privat gekennzeichnet ist, hingegen schützt man im europäischen Bereich als Datenschutz personenbezogene Daten an sich, ohne eine Unterscheidung, ob sie private Informationen darstellen. Im Weiteren werden wir hier nicht immer auf die Unterschiede eingehen und für den Überblick beide Begriffe vereinfachend eher synonym behandeln. Die Betrachtung des Datenschutzes wird im Folgenden aus zwei Perspektiven weiter erfolgen: zunächst ist eine rechtliche Herangehensweise sinnvoll. Die zweite Perspektive betrifft die Datenschutzanforderungen der einzelnen Beteiligten an kooperationsunterstützenden Systemen, die nicht immer deckungsgleich ist mit den rechtlichen Anforderungen.

2

Grundlegendes zum Datenschutz

Aus der rechtlichen Perspektive im europäischen Raum haben sich über die letzten Jahrzehnte eine Reihe von Prinzipien entwickelt, die bei verschiedenen Gesetzen und rechtlichen Rahmenbedingungen übergreifend zu beachten sind und mit denen ein grundlegendes Verständnis der juristischen Perspektive möglich ist. Dabei sind bei verschiedenen Autoren leichte Abweichungen zu finden. Die folgende Aufteilung stammt von Bizer 2007 (vgl. Gola & Jaspers 2006): 1. Verbotsvermutung mit Erlaubnisvorbehalt (Rechtmäßigkeit): gemeint ist, dass jede Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eine rechtliche Grundlage benötigt. Darunter fällt auch die Möglichkeit zur Nutzung technischer Plattformen auf freiwilliger Basis. In Hochschulen ist Freiwilligkeit für Forschungsprojekte zwar üblich, für den Regelbetrieb in der Lehre aber unangemessen, so dass die Regelungen zum Umgang mit technischen Lehr- und Lernplattformen meist in Ordnungen geregelt werden müssen. 2. Datenvermeidung und Erforderlichkeitsgrundsatz: die zu erhebenden und zu verarbeitenden Daten sind hinsichtlich der Aufgaben minimal zu gestalten. Nur was für die Erfüllung der Aufgaben unbedingt erforderlich ist, darf erhoben werden. Dass im CSCL Umfeld eine klare Aufgabenzuordnung von erhobenen Daten nicht immer leicht ist, ist dabei häufig zu bemerken. Oft trägt eine technisch vermittelte Information zu einer abstrakt wahrgenommenen Transparenz der Entwicklung einer Lerngruppe bei, was es schwer macht Datenvermeidung in klassischer Weise zu betreiben.

4.6 Datenschutz

353

3. Zweckbindung: Daten dürfen grundsätzlich nicht zu anderen als genau den Zwecken verwendet werden, zu denen sie ursprünglich erhoben wurden. Ausnahmen sind nur für gesetzlich bestimmte Ausnahmesituationen möglich, die in der Regel eine Abwägung der Interessen der Betroffenen berücksichtigen. Zwecke sind daher frühzeitig und klar zu benennen. Im Verhältnis Lehrende zu Lernenden kann es sinnvoll sein Zwecke (und Intentionen) klar zu machen: Warum werden bestimmte Daten gesammelt? Warum benötigt der Lehrende die Information? Solche Informationsmaßnahmen können zum Vertrauensverhältnis beitragen. 4. Löschung: Löschung auf Wunsch bei Freiwilligkeit ist ein Recht der Betroffenen. Abhängig vom Zweck der Datenverarbeitung sind Daten weiterhin dann zu löschen, wenn der Zweck nicht mehr besteht. Diesen Anforderungen werden in der Praxis die wenigsten Systeme gerecht. Beispiel sind die Awareness-Informationen, die oft eher für die zeitnahe Kooperation gedacht und selten längerfristig relevant sind. Diese könnten daher in entsprechenden Fristen gelöscht werden. 5. Sicherheit und Kontrolle: Rechtmäßig verarbeitete Daten sind in angemessenem Umfang technisch und organisatorisch zu schützen. 6. Transparenz: Die Datenverarbeitung hat so zu erfolgen, dass Betroffene die Folgen abschätzen können. 7. Betroffenenrechte: Auskunft, Berichtigung, Sperrung und Löschung sind unabdingbare Rechte von Betroffenen. Diese Prinzipien sind auch weitgehend identisch mit den Prinzipien der EU-Rahmenrichtlinie, so dass innerhalb Europas diese Zielvorgaben harmonisiert Anwendung finden. Darüberhinausgehend sind mit den OECD Guidelines wiederum in einigen Ländern ähnliche Rahmenbedingungen gesteckt, allerdings unterliegt die Datenübermittlung in den Raum außerhalb der EU besonderen Bedingungen. Für die grundlegende Frage der Erforderlichkeit von Daten (Prinzip 2) wird versucht aus Systemmetaphern heraus zu argumentieren: Alles was in realen Räumen erlaubt ist, muss zwangsläufig auch im virtuellen Raum möglich sein. Eine Lerngruppe kann im Klassenraum umfassend durch Lehrende beobachtet werden, also gilt das auch für Lernplattformen. Aus dieser Argumentation ist dann vieles möglich, dabei wird aber übersehen, dass in der Metapher des Klassenraums gesprochen, die „Schulstunde“ auf ganze Tage ausgedehnt wird und der Raum, bis in den privaten Raum ausgedehnt wird. Man beobachtet Lernende z.B. auch bei den Hausaufgaben. Ausserdem ist situative Beobachtung und der persönlicher Eindruck in einer Lehrsituation nicht mit jederzeitiger vollständiger retrospektiver Auswertung von Verhaltensdaten gleichzusetzen. Hier sind also Grenzen zu ziehen, die sich an anderen Fragestellungen messen müssen, als dem Argument des Vergleichs mit dem was im physikalischen Raum möglich ist. Eine solche Frage ist jeweils aus den Aufgaben von Lehrenden abzuleiten: beispielsweise ist unstrittig, dass eine Lernfortschrittskontrolle erforderlich und zulässig ist. Diese muss auch soweit gehen können, dass Lehrende detaillierte und gezielte Hinweise geben können. Fraglich kann aber sein, welche Daten dafür relevant sind. Ein anderer Aspekt ist die Bewertbarkeit von Beteiligung am Lerngeschehen (als Teil der Leistung), was aber aus dem genannten Grund wiederum nicht über detaillierte Verhaltensauswertung realisiert werden darf. Es wird damit offensichtlich, dass auch aus rechtlicher Sicht nicht eindeutig zu bestimmen ist, welche Daten zulässig sind. Die zulässigen Daten ergeben sich auch aus dem didaktischen Lehr-/Lernkonzept.

354

4 Umsetzung

Eine detailliertere Diskussion der Prinzipien mit Bezug zu gängigen Learning Management Systemen ist in Loser & Herrmann (2009) zu finden. Bei der Entwicklung von Systemen sollten diese Anforderungen des Datenschutzrechtes frühzeitig berücksichtigt werden, weil das nachträgliche Hinzufügen in technische Systeme nicht immer möglich ist. Beispielsweise bestimmt die grundlegende Art und Weise der Implementierung von Awarenessmechanismen einige Eigenschaften aus Sicht des Datenschutzes. Das System von Bourimi et al. (2009) sei in der konzeptionellen Umsetzung der Anforderungen als außergewöhnliches Beispiel genannt. Hinsichtlich der Entwicklung unter Berücksichtigung der Datenschutzziele bei der Systementwicklung haben Spiekermann & Cranor (2009) eine Arbeit vorgelegt, die vor allem zwei Gestaltungsdimensionen voneinander abgrenzt. „Privacy by Design“ unterstützt Vertraulichkeit durch technisch-organisatorische Eigenschaften (vgl. hierzu auch den Begriff der „Privacy Enhancing Technologies“), hingegen verlegt „Privacy by Policy“ den Datenschutz auf verlässliches Handeln beteiligter Akteure. Das wird häufig auch als „Fair Information Practices“ bezeichnet. Rechtlich sind beide Lösungsansätze grundsätzlich zwar zulässig, für eine echte Gewährleistung mit Hinblick auf Vertrauen sind aber die technischen Lösungen meist vorzuziehen, die oft auch auf Verzicht von Daten und Verkettungsmöglichkeiten hinauslaufen.

3

Sicherungsmaßnahmen und Zugriffskontrolle

Verarbeitete personenbezogene Daten sind mit angemessenen Maßnahmen zu schützen. Hierzu existieren einige Arbeiten (s. Eckert 2003, Eibl 2009) die die Sicherheitseigenschaften von E-Learningsystemen betrachten. Missbrauchsmöglichkeiten von Servern im Hochschulbereich werden von Eckert (2003) betrachtet. Die besonderen Anforderungen an den Schutz der personenbezogenen Daten innerhalb der Systeme werden dabei schnell übersehen. Insbesondere die Durchsetzung von ausschließlich erforderlichen Kenntnisnahmen von personenbezogenen Daten ist hier zu nennen (Vertraulichkeit als Sicherungsziel). Jeder Nutzer sollte nur die Daten einsehen können, die für seine Aufgabe erforderlich sind. Für die technische Plattform Moodle wurden Anforderungen an die Vertraulichkeit bereits weitgehend von Eibl (2008) betrachtet. Weiterhin sind auch Systeme bekannt, die weitergehende Berechtigungskonzepte anbieten, die auch den CSCL-Nutzungsszenarien angemessene Lösungen darstellen. Die Datenschutzdiskussion zielt hier häufig eher auf vorgefertigte (stabile) Berechtigungskonzepte ab. Modelle für Berechtigungskonzepte werden seit den 1970er Jahren entwickelt. Insbesondere der Rollenbasierte Zugang (RBAC – Role Based Access Control – Sandhu et al. 1996) findet an vielen Stellen Anwendung und die grundlegenden Rechtemanagementsysteme stehen mit diesen Ansätzen zur Verfügung. Die CSCL und CSCW-Forschung befasst sich in diesem Zusammenhang vor allem mit zwei eng verknüpften Themen: für kooperationsunterstützende Systeme sind Beziehungen und damit auch Berechtigungen als eher dynamische Phänomene zu betrachten. Das hat auch zur Folge, dass Nutzer die durch sie selbst vergebenen Berechtigungen leicht und verständlich steuern können. Im Bereich kooperativer Systeme entstehen Kooperationen auch dynamisch und auf der Basis von Eigenverantwortung und daher sind zu statische Ansätze in Form von vorgegebenen einmalig zugewiesenen Berechtigungskonzepten selten angemessen. Insofern werden dynamische und flexible Ansätze verfolgt. In dem Konzept von Stevens und Wulf (2002) beispielsweise wird die Zustimmung/Freigabe während der Nutzung und die nachträgliche

4.6 Datenschutz

355

Prüfung ermöglicht. Dabei wird der Zugriff zusätzlich weiter aufgeteilt in Anwendungen von Funktionen, für die dann die Rechte kontrollierbar sind. Weiterhin sind auch Transparenzmaßnahmen nach Verwendung eines Zugriffsrechts sinnvoll (ebd.). Bei der Nutzung und Kontrolle von Berechtigungen steht die Unterstützung von Kleingruppenarbeit (exemplarisch) im Vordergrund, an die jeweils die Berechtigungen gekoppelt sind. Haake et al. (2004) und Wessner & Pfister (2001a) beschreiben hier Systeme, die die Gruppenzusammenstellung technisch unterstützen und dabei auf bekannte Berechtigungsmechanismen zurückgreifen. Hier spielen vor allem die Interface-Metaphern (Schlüssel, Räume etc.) eine große Rolle, um die Verständlichkeit bei NutzerInnen zu unterstützen. Weitere Ansätze arbeiten über „Tagging“ von Personen, die als einfaches Zuordnungsmittel Berechtigungen verwaltbar machen (Razavi & Iverson 2009). Allen diesen Mechanismen ist gemeinsam, dass in erster Linie die Bekanntgabe von Informationen gesteuert wird. Die Frage, ob Daten überhaupt erforderlich sind, ist dabei meist nicht thematisiert. Bourimi et al. (2009) konzipieren darüber hinaus ein dezentralisiertes System, das den zentralen Zugriff auf Daten verhindert und damit die Kontrolle über die Daten bei den (Arbeits-) Gruppen belässt.

4

Privacy und kooperationsunterstützende Systeme

Im Bereich der Berechtigungskontrolle wurden bereits Ergebnisse genannt, die aus dem allgemeineren Gebiet des Computer Supported Cooperative Work (CSCW) stammen und im CSCL Anwendung finden können. Seit den 90er Jahren findet dort eine breite Diskussion zu Privacy-Anforderungen statt. Die CSCW-orientierte Privacy-Diskussion wurde insbesondere in Verbindung mit sogenannter Awareness-Funktionalität insbesondere in Shared-(Media)Workspaces relevant. Es sei hier darauf hingewiesen, dass die genutzten und diskutierten Kooperationsstrukturen und Systemfunktionalitäten heute Grundlage der meisten CSCL Umgebungen und Anwendungsszenarien sind. In diesem Band sind in den Abschnitten 2.1: Kommunikation und Awareness und 2.6: Virtuelle kooperative Lernräume detailliertere Informationen für den Einsatz solcher Funktionalitäten zu finden. Awareness (Dourish & Belotti 1992) soll über die Aktivitäten der anderen mit denen man kooperiert und deren Verhalten für die eigenen Arbeitsschritte relevant ist informieren und soll technisch unterstützt werden. Die typischen Beispiele sind Benachrichtigungsfunktionen (Notification), die mitteilen, ob neue Inhalte eingestellt wurden, ob an einem Dokument etwas geändert wurde etc. Es ist offensichtlich, dass damit die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten einhergeht und dass dadurch eine Verhaltensbeobachtung möglich ist (vgl. Boyle & Greenberg 2005). Um die Verwendung einer solchen Funktionalität in einem kooperativen Zusammenhang zu steuern haben Bellotti und Sellen (1993) drei Privacy-Prinzipien formuliert: Control, Feedback und Reciprocity. – Control: Im Vergleich zu dem in Europa etablierten Prinzip der informationellen Selbstbestimmung kann „Control“ mit dem Recht zu bestimmen, wer was über einen weiß, gleichgesetzt werden. Dies schlägt sich gesetzlich in dem Grundsatz der „Verbotsvermutung mit Erlaubnisvorbehalt“ und in verschiedenen „Betroffenenrechten“ nieder. – „Feedback“ bedeutet bezogen auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, dass man wissen können muss, wer was über einen weiß, wie es z.B. in dem „Transparenzprinzip“ deutlich wird. – „Reciprocity“ nimmt eine Sonderrolle ein, die so nicht im Datenschutzrecht repräsentiert ist: Andere sollen die gleiche Art von Daten über mich mit Hilfe eines elektronischen

356

4 Umsetzung

Mediums zur Kenntnis nehmen können, wie ich über sie mittels des gleichen Mediums erfahren kann. Wer also in einer Audio-Video-Verbindung kein Bild von sich selbst anbietet, könnte demgemäß auch das Bild des anderen nicht sehen; wer bei seinen empfangenen E-Mails eine Empfangsbestätigung unterdrückt, könnte auch keine Empfangsbestätigung von anderen erhalten. Reciprocity wird manchmal auch als Teil des Feedbacks betrachtet. Die Realisierung von Control, Feedback und Reciprocity hängt im Einzelnen sowohl von den jeweiligen technischen Funktionen ab als auch von der Art der personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden. Die für Awarenessmechanismen nötigen Verhaltensprotokolle sind aus Sicht des Datenschutzes insgesamt problematisch. Ziel muss hier sein, Lösungen zu finden, die verhindern, dass Verhaltensprotokolle zu Verhaltensprofilen ausgewertet werden können. Die Umsetzung der Prinzipien ist teilweise auch durch persönliche Verhaltensweisen zu schaffen, Lehrende und Kooperationspartner machen ihre Ziele, Interessen und ihren Umgang verbal bekannt und schaffen dadurch Vertrauen. Bellotti und Sellen (1993) haben für die Umsetzung ein Framework geschaffen, das die wesentlichen Umsetzungsziele zusammenfasst und in Tabelle 1 dargestellt ist. Tabelle 1:

Zielvorgaben von Feedbackmechanismen und Steuerungsinstrumenten in CSCW Anwendungen nach Bellotti & Sellen (1993)

Erhebung Verarbeitung Zugriff

Zwecke

Feedback darüber…

Kontrolle darüber…

… wann welche Daten in einem System erhoben werden. … was mit den erhobenen Daten weiter passiert. … welche Personen und welche Anwendungen Daten zugreifen können. … welche Personen warum Daten benötigen.

… ob Informationen preisgegeben werden. Jeder kann selbst bestimmen, welche Daten erfasst werden. … was mit den Daten weiter passiert; … über Erlaubnis und Berechtigungen. … wer und was Daten zugreifen darf. Über persönliche Grundeinstellungen kann die übliche Verhaltensweise festgelegt werden. … ob Daten nur wie vereinbart genutzt werden. Vor allem über soziale Kontrolle können zulässige Zwecke der Datenverarbeitung (mit-)bestimmt werden.

Die Ziele aus Tabelle 1 lassen sich technisch ebenso unterstützen, wie auch über organisatorische Regeln und persönliches Verhalten Ziele erreicht werden können. Ein Beispiel zur technischen Umsetzung wäre z.B. für die Kontrolle des Zugriffes einzeln einstellbar zu machen, in welchen Kursen das persönliche Foto im Personenprofil durch die Teilnehmer genutzt werden kann. Die CSCW-orientierte Privacy-Diskussion unterstellt weitgehend, dass zwischen den Nutzern symmetrische Beziehungen in dem Sinne bestehen, dass kein Machtungleichgewicht zwischen ihnen herrscht, das dem Einen Sanktionsgewalt gegenüber dem Anderen einräumt. Das Kriterium „Reciprocity“ geht typischerweise von solchen Konstellationen aus. Symmetrische Verhältnisse spiegeln sich in den Rollen wieder, wie sie zwischen Studierenden wahrgenommen werden können. Demgegenüber gibt es jedoch in CSCL-Szenarien hinsichtlich der Nutzung personenbezogener Daten auch asymmetrische Konstellationen, bei denen die eine Seite die andere sanktionieren kann. Insbesondere sind Dozenten auch benotend tätig, was das Verhältnis zumindest beeinflusst. Da sich in asymmetrischen Sozialbeziehungen Datenschutzprobleme in stärkerem Maße zu Ungunsten der Betroffenen auswirken, haben

4.6 Datenschutz

357

sich die juristischen Datenschutzprinzipien entwickelt, die vorangehend bereits beschrieben wurden. Gerade im CSCL soll aber das Lehrenden-Lernenden-Verhältnis ein Vertrauensverhältnis darstellen.

5

Vertrauen

Die Wirkung von Datenschutzmaßnahmen ist vielfältig. Während Einzelne zusätzliche Interaktions- und Kooperationsschritte störend empfinden, wird durchaus ein positiver Zusammenhang zwischen Datenschutz/Privacy und Vertrauen einerseits und zwischen Vertrauen und Lernerfolg andererseits unterstellt. Die Verbindung Datenschutz und Vertrauen wird zwar immer wieder genannt, Vertrauen wird aber wesentlich auch durch andere Faktoren beeinflusst, so dass nur ein lockerer Zusammenhang plausibel erscheint. Wenn es darum geht Vertrauen aufzubauen, wird oft zu Recht das Verhalten des Lehrenden in erster Linie genannt (Brookfield 1990). Für den zweiten Zusammenhang zwischen Vertrauen und Erfolg sind in vielen Forschungsfeldern Anhaltspunkte dokumentiert. Im wirtschaftlichen (z.B. Zaheer et al. 1998) und organisations- (z.B. Dirks 1999) und kommunikationspsychologischen Kontext (z.B. Wodzicki et al. 2010, Hsu et al. 2007) sind Untersuchungen zu finden, die die Wirkungen von persönlichem Vertrauen auf verschiedene Zieldimensionen betrachten. Der letztgenannte Beitrag aber beispielsweise argumentiert nicht etwa für Datenschutzaspekte, sondern macht deutlich, welchen partizipationsförderlichen Einfluss Fotos in Online-Plattformen haben können. Die Ergebnisse von Sousa et al. (2006) belegen weiterhin, dass Lernerfolg in E-Learning Szenarien mit Vertrauen zusammenhängt. Eine direkte Wirkung von Datenschutz und Transparenzmaßnahmen als partizipationsbeeinflussendem Faktor ist nur informell begründbar. Andere zu Beginn genannte Zielvorgaben stehen also derzeit für die Begründung von Datenschutzmaßnahmen zunächst weiter im Vordergrund.

6

Zusammenfassung und Ausblick

Die Systemgestaltung aber auch die Erwartungen an Verhalten in CSCL-Umgebungen sind weiterhin stark von neuen Entwicklungen im WWW geprägt. Der aktuelle Trend zur Nutzung Sozialer Communities (siehe dazu auch verschiedene Beiträge in Teil 5 dieses Buches) wird hier einen starken Einfluss haben. Dies kann aus Sicht des Datenschutzes zu einer weiteren Beeinträchtigung führen, wenn das Lernen bei Unternehmen mit wirtschaftlichen Interessen stattfindet oder keine geschützten Lernräume entstehen, sondern „in der Öffentlichkeit“ gelernt wird. Die rechtliche Perspektive ist dabei derzeit vollkommen ungelöst. Es können andererseits hinsichtlich der Erwartungen an die Systeme klarere verständlichere und transparentere Entwicklungen stattfinden, weil auch Lösungen übertragen werden können. Der Druck auf die großen Plattformen wächst auch datenschutzfreundlichere Lösungen anzubieten. Zusammenfassend sollte in diesem Abschnitt deutlich geworden sein, dass zwei Wege zum Datenschutz führen. Erstens sind technische Maßnahmen an den genutzten Plattformen erforderlich, um Datenschutzanforderungen umzusetzen. Oft schafft Verzicht Vertrauen. Da die

358

4 Umsetzung

technischen Eigenschaften der genutzten Systeme nicht immer in der Hand der Lehrenden liegen, ist zweitens auch das Verhalten der Lehrenden von besonderer Bedeutung: hier geht es vor allen Dingen darum Transparenz zu schaffen – über Ziele und Motivationen bei der Dateneinsichtnahme, aber auch die praktisch eingesehenen Daten. Solche Transparenz hilft Vertrauen zu schaffen. Bleibt etwas im Nebulösen, machen sich Menschen ein eigenes, manchmal düsteres Bild.

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

4.7

359

Spezifikationen, Normen und Standards zur Unterstützung des kollaborativen Lernens Ingo Dahn Universität Koblenz-Landau

1

Einleitung

Kollaboratives Lernen bedingt die Zusammenarbeit unterschiedlicher Partner. Grundlage einer solchen Zusammenarbeit ist der Austausch von Informationen über wenigstens einen, in der Regel bidirektionalen, Informationskanal. Ist diese Zusammenarbeit computergestützt, so wird der Informationsaustausch über diesen Kanal durch IT-Systeme vermittelt. Dadurch wird der reibungslose Austausch von Informationen zwischen diesen Systemen eine notwendige Voraussetzung für das kollaborative Lernen. Um einen solch reibungslosen Informationsaustausch zwischen technischen Systemen zu gewährleisten haben sich eine Vielzahl von Spezifikationen, Normen und Standards herausgebildet, von denen in diesem Unterkapitel einige vorgestellt werden sollen, die speziell für den Bereich des technologiegestützten Lernens entwickelt wurden. Seit der ersten Auflage dieses Bandes ist der Grad der Vernetzung von Lernenden, Lehrende und deren Systemen deutlich gewachsen. Dies bringt es mit sich, dass das Zusammenspiel unterschiedlicher Standards, die jeweils unterschiedliche Anwendungsfälle normieren, erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Dementsprechend werden in diesem Abschnitt oft von einer Spezifikation auf eine oder mehrere andere verwiesen. Wir werden zunächst die Begriffe Spezifikation, Norm und Standard erläutern. Dieser Teil wurde im Wesentlichen unverändert aus dem entsprechenden Beitrag von Rolf Lindner aus der ersten Auflage dieses Handbuchs übernommen. Anschließend wird eine Kategorisierung der zu betrachtenden Spezifikationen vorgenommen, woran sich die Vorstellung typischer Vertreter der einzelnen Kategorien anschließt. Abschließend werden aktuelle Trends bei eLearning-Spezifikationen diskutiert. Die Darlegungen in diesem Abschnitt sollen lediglich der Orientierung im Bereich der eLearning-Spezifikationen dienen. Sie erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Anwendung der beschriebenen Spezifikationen ist das Studium der Originaldokumente unerlässlich, auf die jeweils verwiesen wird. Dabei sollten die jeweils aktuellen Versionen verwendet werden, die unter den angegebenen URLs im Internet zu finden sind.

2

Begriffe

Im deutschen Sprachraum unterscheidet man sehr präzise zwischen den Konzepten Norm und Standard. Im englischen Sprachraum wird der Begriff Standard weniger differenziert benutzt und umfasst beide Konzepte des deutschen Sprachraums. Zwischen Normen und Spezifikationen wird in beiden Sprachräumen gleichartig unterschieden.

360

4 Umsetzung

Normen und Spezifikationen im Bereich des Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung von Vorgängen in den Bereichen Lernen und Lehren, Ausbilden und Weiterbilden, Wissensgewinnung und Wissenspflege, und vielen weiteren verwandten Vorgängen (kurz: IT-Unterstützung des Lernens und Lehrens) sind sehr eng mit Begriffsbildung verbunden. Auch deshalb sollen die im Titel verwendeten Begriffe hier zuerst vorgestellt werden.

2.1

Spezifikationen

Spezifikationen können als Vorstufen der Normen angesehen werden. Sie spiegeln erste Harmonisierungen in kleineren Anwendungsgemeinschaften. Sie zielen so gut wie immer auf die Sicherstellung der Austauschbarkeit und des reibungslosen Zusammenwirkens von Komponenten in zusammengesetzten Systemen.

2.2

Normen

Normen vereinbaren Spezifikationen innerhalb größerer Gemeinschaften. Da sie die Anwendungspraxis harmonisieren sollen, gehen sie in der Regel aus Spezifikationen hervor. Sie abstrahieren diese, um bestehende Unterschiede zwischen Varianten aufzulösen und gleichzeitig Gemeinsamkeiten deutlich herauszuarbeiten. Normen werden von Normungsinstitutionen erarbeitet, harmonisiert, autorisiert und herausgegeben, die wohletablierte und breit anerkannte Gemeinschaften repräsentieren. Im nationalen Bereich ist dies das jeweilige staatlich anerkannte Normungsinstitut, wie z.B. in Deutschland das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN 2010a) mit seinem Normenausschuss Informationstechnik und Anwendungen (NIA 2010), in dem der Arbeitsausschuss NA-01-36 „Lerntechnologien“ für den hier interessierenden Bereich zuständig ist. In einem multinationalen Bereich ist dies gewöhnlich ein entsprechender Dachverband, im europäischen Bereich z.B. der Zusammenschluss der Normungsinstitute der europäischen Staaten, das Comité Européen de Normalisation, (CEN 2010) mit seinem Information Society Standardization System (ISSS), in dem der CEN/ISSS Learning Technologies Workshop der für das hier betrachtete Gebiet der relevante Arbeitsbereich ist. Weltweit gibt es wenige, thematisch disjunkte und miteinander kooperierende Normungsinstitutionen, unter denen für das hier betrachtete Gebiet das mit Informationstechnologie befasste Gemeinsame Technische Komitee (JTC1 2010) des internationalen Netzwerks der Normungsinstitute (ISO 2010) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC 2010) mit seinem Unterkomitee JTC 1/SC 36 (2010) zuständig ist. Normungsinstitutionen müssen nicht unbedingt politische Strukturen spiegeln (wie die vorgenannten Beispiele). Das uns hier interessierende und weltweit agierende Beispiel für ein Normungsgremium mit fachlicher Struktur ist der technisch-berufliche Verband der Ingenieure aus Elektrotechnik und Elektronik (Institute of Electrical and Electronics Engineers, IEEE (2010)), der wie ISO/IEC ebenfalls anerkannte Normen mit weltweiter Bedeutung herausgibt. Normen begründen im Prinzip keinerlei verbindliche Zwänge. Ihre wirtschaftliche Bedeutung entsteht erst daraus, dass sie aus der Erkenntnis ihres Nutzens breit befolgt werden und damit alle diejenigen, die Sonderwege verfolgen, ins Abseits stellen. Häufig wird die Vergabe staatlicher Aufträge oder von Aufträgen der Großindustrie von der Einhaltung wichtiger Normen abhängig gemacht. Genauso stark bei der Durchsetzung von Normen wie Staat und

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

361

Großindustrie können über ihre Verbände auch die Abnehmer von Produkten und Leistungen werden. Eine nicht überzeugende Norm bleibt bedeutungslos, während eine überzeugende Spezifikation für eine Produktgruppe oder eine Dienstleistungskategorie auch ohne Herausgabe einer formalen Norm quasi verbindlich werden kann. Man spricht dann häufig von einer de-factoNorm oder einer Industrie-Norm. Dass gerade im hier betrachteten Bereich der IT-Unterstützung des Lernens und Lehrens Normen auch ohne Rückgriff auf bewährte Spezifikationen entwickelt werden, liegt an der starken Interdisziplinarität dieses Gebietes, die eine Herausbildung breit akzeptierter Konzepte bisher verhindert hat. Die Vielfalt der Möglichkeiten für die Umsetzung der Konzepte spiegelt sich in einer Vielfalt individueller Lösungen, die den Experten die Sicht auf die zugrunde liegenden Grundkonzepte versperrt. Deshalb ist hier eine konzeptionelle Modellierung der Problematik dringend erforderlich, auf deren Basis dann detaillierte Normen parallel zur Entwicklung und Erprobung von Anwendungen erarbeitet und abgestimmt werden können. So überrascht es nicht, dass im Bereich der IT-Unterstützung des Lernens und Lehrens Interessenverbände entstanden sind, die sich im Vorfeld der breiten Anwendung mit der Konzeptentwicklung, der Spezifikation und der Pilotimplementierung fortschrittlicher Lösungen auseinandersetzen. Diese Verbände leisten der eigentlichen Normung unschätzbare Dienste. Ihre Spezifikationen dienen als erste Normentwürfe. Ihre Gemeinschaften stellen die Anbindung der Entwicklungen an die Anwendungspraxis dar.

2.3

Standards

Während das englische Normungsinstitut sich „British Standards Institution, BSI“ nennt, heißt das deutsche Normungsinstitut „Deutsches Institut für Normung“. In der deutschen Sprache ist eine „Norm“ ein Regelwerk, während ein „Standard“ eher eine Qualitätsaussage darstellt. Auf diese Weise kann die Einhaltung einer Norm einen Standard darstellen. Standard und Norm stehen häufig zueinander in Bezug. So kann beispielsweise eine Norm die Kriterien definieren und benennen, die für die Charakterisierung eines Produktes von Bedeutung sind. Ein zugeordneter Standard für eine Produktgruppe kann dann aus diesen Kriterien eine Auswahl treffen und den ausgewählten Kriterien Werteschranken zuordnen, deren Einhaltung für dieses Produkt eine Aussage zu seiner Qualität darstellt. Auf diese Weise kann dann ein Produkt mit Bezug auf diesen Standard zertifiziert werden: das Produkt erfüllt den Standard. Die dem Standard zugrunde liegende Norm dagegen kann ein Produkt gar nicht erfüllen, weil in der Norm aus gutem Grund keine wertemäßigen Anforderungen festgelegt sind, sondern nur die Kriterien, mit deren Hilfe sich derartige Anforderungen aufstellen lassen. Normen dieser Art haben für den im vorliegenden Kompendium behandelten Bereich deshalb eine große Bedeutung, weil sie es ermöglichen, den (nur scheinbaren) Widerspruch zwischen Normung und Anwendungsvielfalt aufzulösen.

362

3

4 Umsetzung

Spezifikationen zur IT-Unterstützung des Lernens und Lehrens

Es gibt wohl kaum eine Art digitaler Dienste, die nicht für das Lernen genutzt werden kann. Gerade für die interaktive Zusammenarbeit haben sich dabei seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Kompendiums vielfältige neue Möglichkeiten ergeben. Wikis ermöglichen das gemeinsame Arbeiten an den Seiten einer Website, entweder offen oder in einem geschützten Bereich. Die Einbindung eines Wikis gehört heute zum Standardangebot gängiger Lernplattformen. Neue, servergestützte Systeme zur gemeinsamen Bearbeitung von Inhalten bieten eine ähnliche Funktionalität bei oftmals leichterer Bedienbarkeit. So können z.B. in Google Text und Tabellen und mit den ihmc Cmap Tools Dokumente synchron bearbeitet werden wobei jeder die von anderen Benutzern vorgenommenen Änderungen zeitnah verfolgen kann. Auch ein Export und Import verschiedener Datenformate ist möglich. Für das Verfolgen von Änderungen von Websites, etwa Nachrichtenseiten, wird häufig das RSS-Atom-Format verwendet. Dabei wird jede Nachricht insbesondere durch eine eindeutige Identifikation, eine Überschrift und den Nachrichteninhalt beschrieben, also in einem sehr einfachen Format, dessen Grundprinzip uns später noch wiederbegegnen wird. Zur IT-Unterstützung des Lehrens und Lernens werden eine ganze Reihe von aufeinander aufbauenden Diensten benötigt, die im OSI-Schichtenmodell (Zimmermann 1980) zusammengefasst werden:

Abbildung 1:

Das OSI-Schichtenmodell

Jede dieser Schichten erfordert spezielle Standards. Wir beschränken uns jedoch im Folgenden auf die Diskussion der relevanten Standards für die Anwendungsschicht, die speziell für das Lernen von Bedeutung sind. Ziel der Standardisierung in dieser Schicht ist die reibungslose Zusammenarbeit unterschiedlicher Systeme (Interoperabilität). Dabei tauschen diese Systeme Informationen in einer Folge von Interaktionen aus. Welche Folgen von Interaktionen dabei erlaubt sind und wie auf Fehlersituationen zu reagieren ist, wird in Protokollspezifikationen festgelegt. Als Beispiele dafür werden wir die in den Spezifikationen SCORM und LTI definierten Abläufe betrachten. Abläufe, wenn auch auf einem wesentlich höheren Niveau, werden auch in der Spezifikation IMS Learning Design definiert, auf die wir ebenfalls eingehen werden.

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

363

In den einzelnen Interaktionen werden Daten vom sendenden System zum empfangenden System geschickt. Damit dies reibungslos funktioniert, muss der Empfänger die Daten des Senders verstehen. Dazu wird in entsprechenden Datenspezifikationen das Format der zu übergebenden Daten festgelegt. Die Einhaltung dieser Formatspezifikation sorgt für die syntaktische Interoperabilität der Systeme. So kann zum Beispiel festgelegt sein, dass an einer bestimmten Stelle in den Daten nur die Wörter „Learner“ und „Instructor“ erlaubt sind; dazu sagt man, dass die Daten aus einem kontrollierten Vokabular kommen müssen. In den Erläuterungen zu den Formatspezifikationen wird festgelegt, welche Bedeutung die Daten haben. Die Verarbeitung der Daten so wie in diesen Erläuterungen festgelegt ist Voraussetzung für die semantische Interoperabilität. So könnte das Wort „Instructor“ an einer bestimmten Stelle etwa bedeuten, dass die damit gekennzeichneten Inhalte, z.B. Unterrichtshilfen oder Lösungen, nur Lehrkräften zugänglich gemacht werden sollen. Als Beispiele für Datenspezifikationen werden wir SCORM, Common Cartridge, QTI, Europass und LEAP 2A betrachten. Eine Sonderform von Daten sind sogenannte Metadaten. Dabei handelt es sich um Daten die andere Daten beschreiben. Schlagwörter, die Lerninhalte kennzeichnen, sind Beispiele für Metadaten. Wir beginnen mit der Erläuterung von Dublin Core, IEEE LOM und MLO als Metadatenspezifikationen und beschreiben anschließend Datenspezifikationen und Protokollspezifikationen.

3.1

Datenspezifikationen

Datenspezifikationen legen die Struktur auszutauschender Daten einschließlich der Bedeutung der einzelnen Strukturelemente fest. Zu einer Datenspezifikation gehören im Allgemeinen ein Dokument mit Hintergrundinformationen und Beispielen, das die intendierten Möglichkeiten für den Einsatz der Daten beschreibt, ein sogenanntes Informationsmodell, das deren Struktur festlegt sowie eine sogenannte XML-Bindung die festlegt, wie diese Strukturen mit XML-Tags beschrieben werden. Letztlich sind es in der Regel XML-Dateien oder komprimierte Pakete von Dateien, die zwischen den interoperierenden Systemen ausgetauscht werden.

3.1.1

Metadatenspezifikationen

Metadaten sind spezielle Daten zur Beschreibung anderer Daten. Sie werden insbesondere benötigt, um die eigentlichen Daten, etwa Lernmaterialien, finden zu können. Dublin Core Die Dublin Core Spezifikation wurde 1995 von der Dublin Core Metadata Initiative (DCMI 2010) für die Beschreibung von Ressourcen entwickelt. Kern dieser Spezifikation sind die 15 Elemente des unqualifizierten Dublin Core, die 2009 im ISO Standard 15836:2009 zusammengefasst wurden: Identifikation (z.B. ISBN-Nr.), Format, Typ (z.B. ob es sich um ein Bild handelt), Sprache, Titel, Thema, Sachgebiet, Zusammenfassung, Bearbeiter, Herausgeber, Mitwirkende, Rechte, Ursprung, Beziehungen zu anderen Objekten, Zielgruppe und Datum.

364

4 Umsetzung

Aufgrund der relativ langen Existenz dieser Spezifikation und ihres breiten Einsatzgebietes stehen Dublin Core Metadaten für viele Lernobjekte zur Verfügung. Speziell zur Beschreibung von Lernobjekten werden Elemente zur Beschreibung spezifischer Eigenschaften, wie etwa der Zielgruppe des Lernobjekts, entwickelt, die die genannten Kernelemente des Dublin Core erweitern. Aktuelle Entwicklungen zur Anpassung von Dublin Core für den Bildungsbereich sind in (Barker, Campbell 2010) beschrieben. IEEE Learning Object Metadata (LOM) IEEE LOM wurde 2002 für den Bildungsbereich als Norm IEEE 1484.12.1-2002 bestätigt (LOM 2002). Ein vollständiger IEEE LOM Datensatz enthält neben allgemeinen Informationen wie sie auch in den Kernelementen des Dublin Core beschrieben werden genauere Informationen über die Beteiligten, die Anforderungen an die technische Umgebung des Lernobjekts, verschiedene Informationen über unterschiedliche Beziehungen zu anderen Lernobjekten und freien Anmerkungen noch weitere Angaben, die eine gezieltere Auswahl für bestimmte Lernkontexte ermöglichen sollen. Dazu gehören beispielsweise Angaben zum erwarteten Alter der Lernenden und zur Schwierigkeit des Lernstoffs. Im Unterschied zu Dublin Core Metadaten werden LOM Metadaten in tief geschachtelten XML-Strukturen übertragen.

3.1.2

Datenformate

IMS Content Packaging Lerninhalte werden oft in Form von Dateipaketen ausgetauscht die mehrere einzelne Dateien enthalten. Dies könnten z.B. Dateien für die einzelnen Teile eines Kurses, Aufgaben, Lösungen oder Lehrerhinweise sein. Datenformate beschreiben, wie Daten codiert sein müssen, damit sie, z.B. von einem Lernmanagementsystem, ordentlich verarbeitet werden können. Dafür wurde bereits im Jahre 2000 vom IMS Global Learning Consortium die IMS Content Packaging Spezifikation (IMSCP 2009) entwickelt, die die Struktur solcher Dateipakete beschreibt und die, wie man unten sehen wird, Grundlage einer Reihe weiterer Spezifikationen ist. Ein IMS Content Package ist ein zip-komprimiertes Verzeichnis, in dem sich, neben anderen Dateien und Verzeichnissen, eine XML-Datei mit dem festgelegten Namen imsmanifest.xml befindet. Diese Datei beschreibt den Inhalt des Pakets. Dazu kann sie die folgenden Elemente enthalten. − Metadaten gemäß einem zu deklarierenden Metadatenstandard. − Eines oder mehrere Inhaltsverzeichnisse (organizations). Die Inhaltsverzeichnisse ermöglichen es dem verarbeitenden System, dem Benutzer bzw. unterschiedlichen Benutzergruppen eine geeignete Navigation durch die Inhalte des Pakets anzubieten. Die einzelnen Einträge der Inhaltsverzeichnisse enthalten neben einem Titel Verweise auf Ressourcen. − Ressourcen. Ressourcen sind Verweise auf Dateien im Paket oder im Internet bzw. Intranet. − Verweise auf andere Content Packages. Zusätzlich kann die Datei imsmanifest.xml Metadaten in einem nicht näher festgelegten Metadatenformat, z.B. IEEE LOM, enthalten. Sowohl für das Paket insgesamt als auch für einzelne Punkte des Inhaltsverzeichnisses oder einzelne Ressourcen können spezifische

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

365

Metadaten enthalten sein. Dies macht deutlich, dass in der Praxis oft mehrere Spezifikationen gemeinsam verwendet werden. SCORM Das Sharable Content Objects Reference Model SCORM, insbesondere in der Version 1.2 aus dem Jahre 2001, ist das im Bildungsbereich zurzeit am breitesten unterstützte Datenformat. Ursprünglich von der Advanced Distributed Learning Initiative (ADL 2010) für den Schulungsbedarf des US-Militärs entwickelt, wendet es sich besonders an den Lernenden, der ein Lehrmaterial ohne tutorielle Unterstützung selbständig durcharbeitet (Computer Based Training, CBT). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass SCORM-Pakete für Lernprozesse die durch Lehrkräfte begleitet werden, ungeeignet wären. Es obliegt dann dem Lehrer, wie bei der Verwendung gedruckter Lehrbücher, dem Lernenden die Orientierung in den Materialien der SCORM-Pakete zu erleichtern oder ihn zum freien Stöbern in den Materialien anzuregen. SCORM-Pakete werden auch als Sharable Content Objects bezeichnet. Dabei handelt es sich um IMS Content Packages (s.o.), in denen sogenannte Assets gesammelt werden. Diese stellen die Ressourcen dar in denen Lerninhalte mit ihren Interaktionsmöglichkeiten gespeichert sind. SCORM 2004 (SCORM 2004) ergänzt dies dadurch dass SCORM-Pakete auch Beschreibungen von sogenannten Aktivitäten, das sind intendierte Aktionen des Lernenden, enthalten können. Die hierarchische Strukturierung dieser Aktivitäten erfolgt durch organizations (s.o.), also mit den gleichen Mitteln der IMS Content Packaging Spezifikation, die auch zur Strukturierung der Lerninhalte verwendet werden. Durch die Verwendung von Aktivitäten kann der Autor eines SCORM-Pakets z.B. festlegen, dass bestimmte Inhalte für den Lernenden erst freigeschaltet werden wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden (sogenanntes Simple Sequencing) (IMSSS 2003). Auf diese Weise lassen sich in einem SCORM-Paket unterschiedliche Lernpfade realisieren. Importiert ein Lernmanagementsystem ein SCORM-Paket, so geht es eine dauerhafte Verbindung mit diesem ein. Es stellt dem Lernenden die vom Autor des Pakets vorgesehenen Navigationsmöglichkeiten zur Verfügung und startet im Übrigen über ein vorgeschriebenes Protokoll (s.u.) eine Laufzeitumgebung für SCORM-Pakete, innerhalb derer das Paket eigene Interaktionen mit dem Lernenden realisieren kann. Verlässt dieser das SCORM-Paket, so kann es bestimmte Werte an das aufrufende Lernmanagementsystem zurückgeben. Beispielsweise ließe sich so ein Test in einem SCORM-Paket realisieren, dessen Ergebnis für den jeweiligen Lernenden persistent im Lernmanagement gespeichert würde. SCORM-Pakete sind IMS Content Packages (s.o.). Dabei werden dem Content Packaging Format noch einige Einschränkungen auferlegt, d.h. es wird ein sogenanntes restriktives Anwendungsprofil (application profile) (s.u.) der Content Packaging Spezifikation verwendet. So schreibt die SCORM-Spezifikation z.B. die Verwendung des IEEE LOM Metadatenstandards vor. Die IMS Content Package Spezifikation erlaubt das Hinzufügen spezieller Elemente. Dies wird weiter unten im Abschnitt „Spezifikationen durch Profile anpassen“ näher erläutert. SCORM nutzt diese Möglichkeit, um in der bereits erwähnten Datei imsmanifest.xml des Pakets zusätzliche Informationen über die vom Autor vorgesehenen Naviga-

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4 Umsetzung

tionsmöglichkeiten unterzubringen, die dann vom importierenden Lernmanagementsystem bereitzustellen sind. Eine wesentliche Erweiterung von SCORM gegenüber der IMS Content Packaging Spezifikation ist die Unterstützung von Interaktionen zwischen dem SCORM-Paket und dem Lernmanagementsystem. Wir betrachten dies weiter unten im Abschnitt über Protokollspezifikationen. IMS Common Cartridge Wie SCORM beschreibt auch die IMS Common Cartridge Spezifikation Pakete (IMSCC 2008) von Dateien. Auch cartridges sind IMS Content Packages. Cartridges werden jedoch von importierenden Systemen grundsätzlich anders verarbeitet als SCORM-Pakete: Sie werden beim Import in ihre einzelnen Ressourcen aufgelöst, die dann von Lehrenden frei mit eigenen Ressourcen oder mit den Ressourcen anderer Cartridges kombiniert werden können. Der Lehrende entscheidet, welche dieser Ressourcen er dem Lernenden zugänglich macht. Adaptive Lernpfade sind in einer Common Cartridge nicht enthalten, wenn gewünscht müssen sie vom Lehrenden mit Hilfe der Möglichkeiten des importierenden Lernmanagementsystems realisiert werden. Während ein SCORM-Paket dem Lernenden praktisch ein geschlossenes Lehrmaterial bietet, ist eine Common Cartridge als Rohmaterial für den Lehrenden gedacht; die Common Cartridge Spezifikation adressiert so besonders den Bedarf von Szenarien mit tutorieller Begleitung (Blended Learning Szenarien). Deshalb unterstützt sie auch Formen von Inhalten, die für diese Szenarien von besonderem Interesse sind: − Tests sowie Sammlungen von bestimmten Typen von Fragen die im Format QTI 1.1 (s.u.) beschrieben sind: Mehrere Typen von Multiple Choice Fragen Lückentexte Freitextfragen − Die Initialisierung von Diskussionsforen So ist es z.B. möglich, in einem Lernmanagementsystem die aus einer Cartridge importierten Fragen zu verändern, die Bewertung der Antworten anzupassen und aus diesen Fragen eigene Tests zusammenzustellen. Optional können eine Cartridge oder einzelne ihrer Ressourcen als geschützt markiert werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein aktives Management der Zugriffsrechte. Es bleibt dem importierenden System überlassen – und wird von ihm aus lizenzrechtlichen Gründen erwartet – beim Import bzw. beim Zugriff auf die entsprechenden Ressourcen den Inhaber der Rechte über den in der Cartridge angegebenen Service zu kontaktieren. Zurzeit (November 2011) steht die Version 1.2 der Common Cartridge Spezifikation vor ihrer Fertigstellung. Sie erlaubt es den Autoren, in eine Cartridge externe Ressourcen einzubauen, denen beim Aufruf über das LTI Protokoll (s.u.) zusätzliche Informationen über den Kontext des Lernenden übergeben werden. So können etwa spezielle Werkzeuge für interaktive Simulationen, Tests oder eBook-Reader einbezogen werden. Außerdem können Informa-

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

367

tionen über den curricularen Kontext der Inhalte in die Cartridge in standardisierter Weise eingebettet werden. IMS Question and Test Interoperability (QTI) Tests spielen beim Einsatz digitaler Medien eine zunehmend wichtigere Rolle. Sie werden für Vorbereitungstests (Placements), als Selbsttests, Zwischen- oder Abschlusstests, mitunter in Kombination mit anderen Formen des Leistungsnachweises, eingesetzt. Ergebnisse von Tests werden zur gezielten Freischaltung von Inhalten sowie als Grundlage für die Bereitstellung individueller Lernpfade genutzt. Besonders die automatische Auswertung von Fragen (das Scoring) bietet eine erhebliche Arbeitserleichterung und ermöglicht oft erst die zeitnahe Versorgung vieler Lernender mit Testergebnissen. Lernmanagementsysteme und spezielle Testwerkzeuge unterstützen dafür eine breite Vielfalt von Fragetypen. Neben den bekannten Multiple Choice Fragen sowie manuell auszuwertenden Freitextfragen sind dies z.B. Lückentexte, Fragen, in denen eine bestimmte Anordnung oder Zuordnung von Elementen gefunden werden muss, und Hotspot-Fragen, bei denen in Bildern bestimmte Bereiche markiert werden müssen. Die präzise Formulierung und der didaktisch sinnvolle Einsatz dieser Fragen erfordern entsprechende Kompetenzen. Das, sowie die Trennung von Autoren- und Wiedergabewerkzeugen bei komplexen Fragen, lässt es sinnvoll erscheinen, Testfragen in einem standardisierten Format auszutauschen. Das dominierende Format dafür ist in der IMS Question and Test Interoperability Spezifikation (QTI) festgelegt. Die erste Version dieser Spezifikation erschien im Jahre 2000. Aktuell ist die Version 1.2 (QTI 2002). Allerdings gibt es noch eine aktuellere Version 2.1 die mit der genannten Version inkompatibel ist. Diese neuere Version steht an der gleichen Stelle zur Verfügung, sie wird jedoch zurzeit überarbeitet. Diese Überarbeitung ist inzwischen weit fortgeschritten. Es kann davon ausgegangen werden dass sie gegenüber der 2006 veröffentlichten Version keine grundlegenden Änderungen, jedoch Modifikationen im Detail, bringen wird. In beiden Versionen beschreibt die QTI-Spezifikation, − wie Fragetexte in HTML oder als reiner Text gekennzeichnet werden – dabei ermöglicht die Verwendung des HTML-Formats komplexe Formatierungsoptionen sowie die Einbindung von Multimediaelementen; − wie Rückmeldungen an den Lernenden beschrieben werden, die dieser erhält, wenn er eine Frage in einer bestimmten Weise beantwortet, und − wie aufgrund der Antwort ein Punktwert (Score) berechnet wird. Insbesondere der letzte dieser Punkte wird in der Praxis in äußerst vielfältiger Weise realisiert, so dass die QTI-Spezifikationen entsprechend flexibel gehalten sind. Auch manuelle Bewertungen sind möglich. QTI 1.2 definiert dafür eine kleine Programmiersprache, in der Variablen deklariert, aufgrund der Antworten mit Werten belegt und miteinander zur Berechnung des Punktwerts kombiniert werden können. QTI 2.1 entlastet den Autor der Fragen von dieser „Programmierarbeit“ dadurch, dass wiederverwendbare Funktionen (Templates) für häufig verwendete Berechnungen bereitgestellt werden.

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4 Umsetzung

Neben der Beschreibung des Formats einzelner Fragen definiert QTI 1.2 auch, wie diese Fragen zu Fragensammlungen und zu Tests mit einer Berechnung einer Gesamtnote zusammengestellt werden. Dazu verweist die neuere Version QTI 2.1 auf die Verwendung anderer Spezifikationen wie IMS Content Packaging (s.o.), IMS Simple Sequencing (IMSSS 2003) und IMS Learning Design (s.u.). Die Beschreibung der einzelnen Testfragen (items) und ihrer Auswertung erfährt dagegen in der Version 2.1 wesentliche Änderungen. Eine solche Frage wird, neben Metadaten die den Charakter der Frage erläutern, beschrieben durch: − Den eigentlichen Fragetext. Dieser wird normalerweise in HTML formatiert, kann auch spezielle Interaktionselemente wie Texteingabefelder oder Schieberegler definieren, über die der Lernende seine Antworten eingibt, Templates zur, möglicherweise zufälligen, Bestimmung von Werten in den Testfragen verwenden. − Die Definition der Möglichkeiten für korrekte Antworten, − Die Deklaration der verwendeten Variablen zur Speicherung der Antworten, − Einen Verweis auf ein Template zur Berechnung des Punktwertes der Frage. Standardverfahren, die von allen Systemen unterstützt werden sollten, sind 1 wenn die korrekte Antwort gegeben wurde, 0 sonst Summe der für einzelne Bestandteile der Antwort definierten Punktwerte Summe der Punktwerte die dafür definiert wurden, dass der Lernende bestimmte Bereiche eines Bildes auswählt. Europass Die wachsende Mobilität der Lernenden, ihr Wechsel von einer Bildungsinstitution zu einer anderen erfordert Formate um Informationen über Lernende auszutauschen. Solche Informationen werden in elektronischen Portfolios (ePortfolios) gesammelt. Für solche ePortfolios gibt es eine Reihe von Spezifikationen, von denen im Folgenden zwei vorgestellt werden sollen. In Europa wird von der Europäischen Kommission das Europass-Programm eingeführt. In dem für dieses Programm spezifizierten Format können Lebensläufe, Leistungsbeschreibungen, Beschreibungen von Sprachkenntnissen sowie von besuchten Bildungsgängen, etwa im European Diploma Supplement, in maschinenlesbarer Form beschrieben werden. Über die Server der europäischen nationalen Europass-Zentren kann man derartige Dokumente erstellen und auch in einer sowohl für Maschinen als auch Menschen lesbaren Form, PDF mit eingebettetem XML, herunterladen. In Deutschland übernimmt das Bundesinstitut für Berufliche Bildung diese Aufgabe (EP 2010). Über diese nationalen Zentren soll eine Zertifizierung von Europass-Dokumenten ermöglicht werden. Der Europass-Lebenslauf enthält z.B. neben demographischen Angaben auch Angaben zur bisherigen Ausbildung und zu Arbeitgebern sowie Selbsteinschätzungen zu Kompetenzen, insbesondere zu Sprachkompetenzen. Dabei ist der Inhalt der Einträge weitgehend freier Text. Durch die standardisierte Europass-Struktur wird es dennoch ermöglicht, die einzelnen Europass-Teile selektiv zu verarbeiten, etwa um anonymisierte Synopsen der Vorkenntnisse mehrerer Bewerber für eine Position zu erstellen.

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

369

LEAP 2A Ebenso wie Europass widmet sich die LEAP 2A Spezifikation der Beschreibung der Lernenden, ihrer Erfahrungen und Arbeitsergebnisse. LEAP 2A wurde in Großbritannien von CETIS unter Federführung des Joint Information Systems Committee (JISC) entwickelt (CETIS 2010). LEAP 2A vertritt dabei insofern ein neues Konzept als es die zu übertragende Information in viele vernetzte und möglichst einfache Informationsobjekte mit flacher Struktur aufteilt. Dadurch wird eine bessere Wiederverwendbarkeit der Informationsobjekte angestrebt. Durch die Einfachheit der in LEAP 2A verwendeten Strukturen ist es möglich, die weitverbreitete RSS Atom-Spezifikation zu verwenden, für die es vielfältige Programme gibt die solche Daten darstellen können. Dies wird damit erkauft dass es schwierig sein kann, den für ein Informationsobjekt relevanten Kontext zu ermitteln und bereitzustellen.

3.2

Protokollspezifikationen

Protokollspezifikationen legen normierte Abläufe von Interaktionen zwischen unterschiedlichen Systemen fest. Als Beispiele für Protokollspezifikationen betrachten wir die SCORM und LTI zugrunde liegenden Protokolle sowie das als SCORM-Nachfolger diskutierte Projekt Tin Can. SCORM Ein SCORM-Objekt wird von einem Lernmanagementsystem in einem Webbrowserfenster gestartet. Dabei stellt das aufrufende System eine Schnittstelle zur Verfügung über die das SCORM-Objekt Parameter des Lernmanagementsystems, z.B. den Namen des aktuellen Benutzers, abfragen bzw. manche dieser Parameter setzen kann. Über spezielle Funktionen kann es über seinen Zustand und über besonders zu behandelnde Ausnahmesituationen informieren. Die Kommunikation zwischen Lernmanagementsystemschnittstelle und SCORM-Objekt erfolgt über Javascript. Dadurch kann eine Vielzahl von Browsern unterstützt werden. Es bedeutet jedoch auch, dass diese Kommunikation mit Standardwerkzeugen nachverfolgt und manipuliert werden kann. Dies ist z.B. bei der Verwendung von SCORM für Tests zu beachten. SCORM 2004 erweitert dieses Protokoll so, dass SCORM-Objekte das aufrufende Lernmanagementsystem detaillierter über die Interaktionen des Lernenden informieren können. Dabei wird der IEEE 1484.11.2-2003 Standard for Learning Technology – ECMAScript Application Programming Interface for Content to Runtime Services Communication (IEEE 2003) verwendet. So wird ein verbessertes Sitzungsmanagement ermöglicht. Lernmanagementsysteme, die SCORM 2004 unterstützen, benötigen dafür eine erweiterte Datenhaltung, um dem SCORM-Objekt bei einem erneuten Aufruf die Informationen über den Lernkontext zur Verfügung zu stellen, sodass das SCORM-Objekt sich auf diesen Kontext einstellen kann. Projekt Tin Can Projekt Tin Can (TinCan 2011) wurde 2010 von den ADL, der für die Pflege von SCORM zuständigen Organisation, in Auftrage gegeben um die Erfahrungen der Anwender mit

370

4 Umsetzung

SCORM zu analysieren und einen Vorschlag für einen SCORM-Nachfolger zu erarbeiten. Dabei entwickelte Projekt Tin Can einen radikal anderen Ansatz der auf der Verwendung semantischer Technologien beruht. Zentrales Element dieses Ansatzes ist ein Learning Record Store der in maschinenlesbarer Form Aussagen über durchgeführte Aktivitäten mit der Struktur „, mit im “ abspeichert und über eine Webservice-Schnittstelle zur Verfügung stellt. IMS (Basic) Learning Tools Interoperability (LTI) IMS LTI ist ein generisches Protokoll mit dem Systeme auf Dienste anderer Systeme zurückgreifen können. Dabei ist das intendierte Hauptanwendungsgebiet der Aufruf von Werkzeugen von Drittanbietern aus Lernmanagementsystemen heraus. So könnte z.B. ein Lernmanagementsystem auf die Implementierung eines eigenen Testsystems verzichten und stattdessen über LTI ein externes Testsystem aufrufen. Wesentliche Fragen der Kommunikation, wie etwa Authentifizierung und Autorisierung, die Beschreibung des aktuellen Lernkontexts und der benötigten Funktionalität werden dabei durch die LTI-Spezifikation definiert. IMS LTI kann in drei verschiedenen Stufen unterstützt werden. – Basic LTI (IMSBLTI 2010) legt nur fest, wie externe Systeme aufgerufen werden. Eine Rückgabe von Werten ist nicht vorgesehen. Dadurch ist Basic LTI einfach zu implementieren (Severance, Hanss, Hardin 2010). Diese Form der Spezifikation ist gegenwärtig von besonderem Interesse, da sie Bestandteil der Version 1.1 der Common Cartridge Spezifikation (s.o.) ist. So können Common Cartridge Autoren etwa Inhalte aus eBooks einbeziehen indem sie das Lernmanagementsystem, in das die Cartridge importiert wurde, über einen Link in der Cartridge veranlassen, einen eBook-Reader als externes System aufzurufen. – Simple Outcomes LTI ermöglicht zusätzlich die Rückgabe einfacher Werte an das aufrufende System. So kann etwa ein externes Testsystem das Ergebnis eines Tests zurückliefern. Für diese Version der Spezifikation gibt es zurzeit erste Testimplementierungen. – Die Unterstützung der umfassenden LTI-Spezifikation ermöglicht komplexe Kommunikationsabläufe. So könnten Lernmanagementsysteme auch als Vermittler von Leistungen unterschiedlicher Dienste agieren. Der Einsatz der vollen LTI-Spezifikation erfordert einen automatisierten Verhandlungsprozess zwischen den Systemen in dem das aufrufende System über seine Möglichkeiten zur Unterstützung des externen Systems informiert während das aufgerufene System seine Möglichkeiten zur Reaktion auf bestimmte Ereignisse darstellt. In der Form Basic LTI sind viele dieser Möglichkeiten vordefiniert, so dass die Zusammenarbeit auch durch eine unidirektionale Kommunikation erfolgen kann. So ist z.B. festgelegt, dass die Sicherung der Kommunikation durch das OAuth-Protokoll (IETF 2010) erfolgen muss. Durch diese Vereinfachungen können Dienste von Dritten einfach eingebunden werden, etwa indem von diesen bereitgestellte Codefragmente und die zur Absicherung der Kommunikation notwendigen individuellen Schlüsseldaten in eigene Webseiten eingebettet werden.

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

371

IMS Learning Design3 Die Spezifikation IMS Learning Design stellt sich die Aufgabe, Abläufe von LehrLernprozessen in standardisierter Form zu beschreiben. Die Spezifikation wurde 2003 vom IMS Global Learning Consortium herausgegeben (IMS-LD 2011). Ein solcher Ablauf wird verstanden als eine Abfolge von Aktivitäten in denen Personen mit bestimmten Rollen in einer gemeinsamen Umgebung Methoden anwenden, um mit Hilfe von Ressourcen bestimmte Lernergebnisse zu erreichen. Dieser Ansatz setzt kein bestimmtes pädagogisches Paradigma voraus. Das IMS Learning Design Level B ergänzt dies um die Beschreibung von Verzweigungsmöglichkeiten aufgrund von Bedingungen und Level C erweitert die wiederum um die Beschreibung des Informationsaustauschs zwischen den beteiligten Personen und Systemen. So können etwa mit Hilfe von IMS Learning Design wesentliche Elemente einer Unterrichtsplanung in XML beschrieben werden. Learning Design Player können dann den an der Umsetzung Beteiligten die jeweils aktuellen Aufgaben sowie die zur Bearbeitung dieser Aufgaben benötigten Ressourcen zur Verfügung stellen.

4

Spezifikationen durch Profile anpassen

Keine Spezifikation kann die Anforderungen aller Einsatzgebiete voraussehen. So erlauben Spezifikationen einerseits Möglichkeiten die im konkreten Fall nicht benötigt werden, während andererseits spezielle Anforderungen nicht abgedeckt werden. Mitunter wird daraus abgeleitet, dass allgemeine Spezifikationen nicht sinnvoll sind oder dass es für einen bestimmten Einsatzbereich besser wäre, eine neue Spezifikation zu erstellen als eine vorhandene zu verwenden. Dies ist jedoch nicht gerechtfertigt, da sich moderne Spezifikationen in gewissen Grenzen an den spezifischen Bedarf anpassen lassen. Zunächst einmal kann festgestellt werden dass die Verwendung einer vorhandenen Spezifikation zwar nicht die Interoperabilität unterschiedlicher Systeme garantiert, dass jedoch die Verwendung unterschiedlicher Spezifikationen oder Standards diese Interoperabilität mit Sicherheit verhindert. Um die Möglichkeiten und Grenzen der Anpassung von Spezifikationen zu beschreiben, ist das folgende mengentheoretische Modell hilfreich, das wir dem IMS Application Profiling Guidelines (IMSAP 2005) entnehmen. Nach diesem Modell definiert jede Datenspezifikation Sp eine Menge von Daten DSp nämlich die Menge der Daten die zu dieser Spezifikation konform sind. Wir sagen, dass eine Spezifikation Sp′ ein restriktives Profil der Spezifikation Sp definiert, wenn jede zu Sp′ konforme Datei auch zu Sp konform ist, d.h. wenn DSp′ ⊆ DSp. Jedes System Sy, das Daten lesen und schreiben kann, spezifiziert wiederum seinerseits die Menge der Daten RSy, die es lesen kann, sowie die Menge der Daten WSy, die es schreiben kann. Ein solches System ist konform zur Spezifikation Sp, wenn es nur zu Sp konforme Daten schreibt und alle zu Sp konformen Daten lesen kann, d.h. wenn WSy ⊆ DSp ⊆ RSy ist. Die erste dieser Bedingungen, WSy ⊆ DSp, führt selten zu Problemen, auch wenn die Notwendigkeit besteht, im konkreten Fall Daten zu schreiben, die in der Spezifikation nicht vorgesehen sind. Einerseits ist in den meisten Spezifikationen die Menge der verpflichtend vorge-

372

4 Umsetzung

schriebenen Elemente auf ein Minimum beschränkt, so dass das Weglassen nicht benötigter optionaler Elemente die Konformität nicht stört. Andererseits bieten die Spezifikationen sogenannte Erweiterungspunkte an, bei denen beliebige, in der Spezifikation nicht definierte Daten eingefügt werden können. Konforme Systeme müssen diese Daten tolerieren, auch wenn sie sie selbst nicht verarbeiten können. Z.B. nutzt die Common Cartridge Spezifikation einen Erweiterungspunkt der Content Packaging Spezifikation um zu definieren, wie in einer Cartridge Zugriffsrestriktionen zu beschreiben sind. Legt ein System Sy nun für sich genauer fest, welche Elemente dort zulässig sind, so schränkt es die Menge der zulässigen Daten gegenüber der Spezifikation ein, definiert also wie gefordert ein restriktives Profil. Die zweite Bedingung, DSp ⊆ RSy, erfordert die vollständige Implementierung der Spezifikation Sp im System Sy, also auch der Teile, die im konkreten Fall nicht benötigt werden. Dies unterbleibt häufig aus ökonomischen Gründen und führt so zu Verletzungen der Interoperabilität, obwohl die Spezifikation beachtet wird, häufig jedoch nur so, dass WSy ⊆ RSy ⊆ DSp ist. Schickt das System Sy nun Daten an ein System Sz, das sich ebenso verhält, etwa in dem WSz ⊆ RSz ⊆ DSp ist, so können nur Daten erfolgreich übertragen werden, die sowohl zu WSy, dem Schreibprofil des Senders, als auch zu RSz, dem Leseprofil des Senders, konform sind, also aus WSy ∩ RSz ⊆ DSp. Dieser Anteil der korrekt übertragenen Informationen ist umso größer je ähnlicher die Anwendungsfälle sind, für die die Systeme entwickelt wurden. Voraussetzung ist allerdings, dass das empfangende System Sz Elemente, die in der Spezifikation vorgesehen sind, die es aber nicht verarbeiten kann, toleriert. Dies ist auch oft ausreichend, da die vom Empfänger nicht zu verarbeitenden Daten für die vorgesehenen Anwendungsfälle des Empfängers in der Regel auch nicht benötigt werden. In der Vergangenheit wurden Spezifikationen so definiert, dass sie möglichst viele Anwendungsfälle abdecken, was jedoch oft dazu führte, dass sie nur unvollständig umgesetzt wurden. Als Reaktion darauf gibt es seit einigen Jahren die Tendenz, für die existierenden allgemeinen Spezifikationen Sp spezielle Kernprofile KSp zu definieren, die nur solche Elemente enthalten, die in der Praxis oft verwendet und deshalb bereits von vielen Systemen unterstützt werden. Dies begründet z.B. die gegenüber der QTI-Spezifikation recht geringe Zahl der Fragetypen, die in Common Cartridge Daten zugelassen sind. Dafür wird von konformen Systemen verlangt, dass sie dieses Kernprofil vollständig unterstützen, also insbesondere KSp ⊆ RSy ⊆ DSp. Damit soll für den Endbenutzer gewährleistet werden, dass zum Kernprofil konforme Daten auch wirklich von Systemen verarbeitet werden können, die zu diesem Profil konform sind. Eine Konsequenz dieses Vorgehens ist aber auch, dass die Spezifikation des Kernprofils in dem Maße erweitert werden muss, in dem neue Elemente der Spezifikation verbreitete Unterstützung finden. Die auf einfachen Informationsobjekten mit Name-Wert-Zuordnungen beruhenden Spezifikationen, wie Dublin Core oder LEAP 2A, können restriktiv nur profiliert werden indem − optionale Elemente oder bestimmte vorgesehene Informationsobjekttypen verboten werden oder indem ihr Einsatz zwingend vorgeschrieben wird und − indem für bestimmte Werte ein kontrolliertes Vokabular vorgeschrieben wird, so dass dafür nur Werte aus diesem Vokabular zugelassen sind; − indem zusätzliche Abhängigkeiten zwischen Daten festgelegt werden. Zum Beispiel könnte vorgeschrieben werden, dass ein Feld zipCode stets fünf Ziffern enthalten muss,

4.7 Spezifikationen, Normen und Standards

373

wenn das Feld country den Wert Germany hat, um so die Prüfung der korrekten Eingabe deutscher Postleitzahlen zu unterstützen. Spezifikationen von strukturierten Daten lassen darüber hinaus, wie beschrieben, die restriktive Profilierung durch Verwendung von Erweiterungspunkten zu. Wir hatten bei der näheren Betrachtung der im eLearning-Bereich relevanten Spezifikationen bereits festgestellt, dass oft mehrere von ihnen gemeinsam verwendet werden. Dies kann in der Weise geschehen, dass unterschiedliche Teile eines Dokuments unterschiedlichen Spezifikationen genügen müssen, etwa wenn IEEE LOM Metadaten an einem Erweiterungspunkt der IMS Content Packaging Spezifikation verwendet werden sollen, um den Inhalt eines Content Package zu beschreiben. In solchen Fällen sind nicht nur die verwendeten Spezifikationen zu profilieren. Darüber hinaus ist ihr Zusammenspiel festzulegen. Solche Profile von mehreren Spezifikationen und ihrer gemeinsamen Verwendung werden in (IMSAP 2005) als Domain-Profile bezeichnet. Werden nicht nur einzelne Dateien sondern ganze Dateipakete übertragen, so entsteht die Aufgabe, die Struktur dieser Pakete zu definieren. Dies erfolgt im Rahmen von DomainProfilen mit sogenannten Additional Constraints (s. IMSAP 2005). Solche Additional Constraints gibt es in vielen Formen. Z.B. wird in der Common Cartridge Spezifikation festgelegt, dass eine in der Datei imsmanifest.xml referenzierte Datei im Cartridge-Paket existieren muss. Falls in der Manifest-Datei außerdem steht, dass die referenzierte Datei einen Test beschreibt, so ist außerdem zu fordern, dass die referenzierte Datei konform ist zu dem in der Common Cartridge Spezifikation definierten QTI-Profil. IMS Common Cartridge

Dublin Core

LTI

Europas s

Abbildung 2:

5.

IMS QTI

LE AP 2 A

SCORM

IMS Learning Design

IEE E LO M

SCORM Protocol

IM S Content Pa ckaging

Zusammenhang der vorgestellten Spezifikationen

Fazit

In diesem Abschnitt haben wir die Standards und Spezifikationen betrachtet die – nach Ansicht des Autors – im eLearning-Bereich gegenwärtig von besonderer praktischer Bedeutung sind (wie SCORM) oder die konzeptionell zum besseren Verständnis des Gebiets beitragen (wie IMS Learning Design). Diese Spezifikationen, mit Ausnahme ePortfolio-ähnlicher Spezifikationen für personenbezogene Daten, können für ihren jeweiligen Bereich als allgemein akzeptierte Referenz gelten.

374

4 Umsetzung

Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass sie bereits breit eingesetzt werden. Diese Situation hat mehrere Ursachen. So haben kommerzielle Akteure mitunter ein Interesse daran, Kunden durch Verwendung proprietärer Formate zu binden. Auch gibt es oft unbegründete Vorurteile darüber, dass die Verwendung von Standards die pädagogischen Möglichkeiten einschränken würde. Schließlich macht es auch die Vielfalt der existierenden Standards und Spezifikationen schwierig, sich zu orientieren, auch wenn man in Betracht ziehen muss, dass diese Vielfalt letztlich nur die Vielfalt des eLearning widerspiegelt. Der vorliegende Beitrag hofft, hier eine Orientierung zu bieten. Hauptgrund für die noch nicht zufriedenstellende Verbreitung offener eLearning-Standards dürfte jedoch der akute Mangel an geeigneten Werkzeugen zur Erstellung und Verarbeitung standardkonformer Daten durch den Endbenutzer sein. Auch wenn eine Verbesserung zu beobachten ist, so ist immer noch zu beklagen, dass manche Spezifikationen vorgenommen werden, obwohl bisher nur wenige Erfahrungen aus ihrer praktischen softwaretechnischen Umsetzung vorliegen. Wenn solche Implementierungen begleitend zur Entwicklung der jeweiligen Spezifikationen oder Profile erfolgen, so hat dies wesentlichen Einfluss auf deren praktischen Einsetzbarkeit. Solche Implementierungen und deren Wartung erfordern jedoch einen nicht unbeträchtlichen Aufwand, der zumeist nur von kommerziellen Akteuren aufgebracht wird, um sich frühzeitig Marktpositionen zu sichern. Diese Werkzeuge stehen dann den Anbietern von Bildungsinhalten mit ihren begrenzten finanziellen Mitteln aber in der Regel nicht zur Verfügung, was für die Verbreitung offener Standards wiederum ein wesentliches Hindernis darstellt. Die Geschichte der Verbreitung des SCORM-Standards zeigt deutlich, welchen Einfluss es hat, wenn unterstützende Werkzeuge kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Aufbauend auf diesen Erfahrungen sollte auch die Entwicklung frei verfügbarer Werkzeuge für den Einsatz anderer offener Spezifikationen stärker gefördert werden. Mitunter wird geäußert, dass die existierenden Spezifikationen zu komplex sind und dass deshalb für den realen Einsatz neue, einfachere Spezifikationen erarbeitet werden müssten. Im Abschnitt über die Profilierung von Spezifikationen haben wir darauf verwiesen, dass dies angesichts der Komplexität der Probleme nur sehr begrenzt erfolgreich sein kann, und wir haben dazu eine Alternative beschrieben. Schließlich zeigt auch z.B. die Entwicklung im Bereich der Textverarbeitung, dass hochkomplexe offene Spezifikationen in der Praxis erfolgreich sein können, wenn ihre Verwendung durch erschwingliche und einfach zu benutzende Werkzeuge unterstützt wird. Es war uns nicht möglich im Rahmen dieses Beitrags alle interessanten Ansätze für Spezifikationen und Standards zu behandeln. Dennoch möchten wir nicht versäumen zu erwähnen, dass es vielfältige weitere Diskussionen, Referenzmodelle und Standards gibt, so z.B. − für die Qualität der Realisierung von eLearning-Vorhaben in der Norm ISO/IEC 197961:2005, − für die Beschreibung von Kursen, 2009 beim DIN-Institut unter der Kennung DIN EN 15982 veröffentlicht, und − für die Beschreibung von Kompetenzen (DIN PAS 1093), deren genauere Diskussion einer weiteren Auflage dieses Bandes vorbehalten bleiben möge.

5

Erfahrungen aus der Praxis

In diesem Teil des CSCL-Kompendiums werden Erfahrungen mit dem Einsatz von CSCL aus der Praxis dargestellt. Diese Erfahrungen entstammen zum einen verschiedenen Phasen des CSCL-Einsatzes, von der Auswahl oder Entwicklung eines Werkzeugs bis zur Evaluation, und zum anderen den unterschiedlichen Anwendungskontexten in Unternehmen, NonProfit-Organisationen, Schulen oder (Fern-)Universitäten. Beitrag 5.1 schildert Vorgehensweisen und Erfahrungen bei der Auswahl, Anpassung und Integration eines Learning Management Systems (LMS) aus der Perspektive einer hochschulübergreifenden Einrichtung. In Beitrag 5.2 stellen die Autoren die Erfahrungen bei der evolutionären Entwicklung eines CSCL-Werkzeugs im Spannungsfeld der verschiedenen Stakeholder-Interessen dar. Das Konzept des kreativitätsbasierten Lernens, dessen Unterstützung durch die orchestrierte Nutzung computergestützter Medien und die Erfahrungen aus dem praktischen Einsatz in der Hochschullehre werden im Beitrag 5.3 präsentiert. Beitrag 5.4 stellt anhand eines Fallbeispiels den Einsatz einer CSCL-Umgebung in einem Unternehmen und dabei gesammelte Erfahrungen vor. Im Mittelpunkt steht dabei das arbeitsintegrierte Lernen, d.h. das Lernen am Arbeitsplatz und integriert in den Arbeitsprozess. Ein Beispiel für den Web-2.0-basierten Wissensaustausch und Kompetenzerwerb in großen NonProfit-Organisationen wird im Beitrag 5.5 beschrieben. Beitrag 5.6 gibt einen Überblick über aktuelle CSCL-Szenarien an einer Fern-Universität und beschreibt Erfahrungen mit kooperativen Praktika sowie dem gemeinsamen Bearbeiten von Übungsaufgaben. Schließlich stellt Beitrag 5.7 das Konzept des reflexiven Lernens vor und schildert Erfahrungen aus dessen Umsetzung mit Hilfe von Web 2.0-Technologien in universitären Lehrveranstaltungen. Die einzelnen Beiträge verbinden Praxisfälle und Erfahrungsberichte mit den in den vorherigen Teilen des CSCL-Kompendiums eingeführten Konzepten und Werkzeugen. Je nach Anwendungsszenario sind zusätzliche Rahmenbedingungen und Anforderungen für die Auswahl, die Gestaltung, die Einführung, den Betrieb und die Evaluation von CSCLWerkzeugen und -Umgebungen zu berücksichtigen. Insofern eignen sich diese Erfahrungsberichte auch gut zum Einstieg in das Kompendium. Ausgehend von einem Fallbeispiel können die dort bewährten Konzepte, Werkzeuge und Methoden identifiziert und in den entsprechenden Teilen des Kompendiums vertieft werden.

376

5.1

5 Erfahrungen aus der Praxis

Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen Sabine Hemsing, Konrad Faber, Stephan Clemenz Virtueller Campus Rheinland-Pfalz (VCRP)

1

Einleitung

Mit dem folgenden Beitrag wird der Auswahl-, Anpassungs- und Integrationsprozess eines Learning Management Systems (LMS) aus der Perspektive einer hochschulübergreifenden Einrichtung (Virtueller Campus Rheinland-Pfalz, VCRP) beschrieben. Die Unterstützung von kooperativem Lernen (siehe Beitrag 1.1 Einleitung und Begriffe) hat in der Weiterentwicklung von Learning Management Systemen in den letzten Jahren eine wachsende Bedeutung erlangt und spielt auch in dem hier beleuchteten Vorhaben eine wesentliche Rolle. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Vorgehensweise und die gesammelten Erfahrungen, die als exemplarisch für die Auswahl, Anpassung und Integration einer CSCL-Plattform (siehe Beitrag 2.8 Plattformen) angesehen werden können. Nicht beabsichtigt ist mit diesem Beitrag eine vergleichende Beurteilung einzelner Systeme. Das Ergebnis der nun zu beschreibenden Analyse und Auswahl, hier eines Open Source LMS, ist vor dem Hintergrund der institutionellen Bedingungen und der organisationsspezifischen Zielsetzungen zu sehen. Im folgenden Abschnitt wird auf die Ausgangslage und die Zielsetzungen eingegangen. Daran schließen sich eine nähere Beschreibung der einzelnen Schritte der Analyse und Auswahl, eine Darstellung der Anpassungs- und Erweiterungsmaßnahmen, des Zeitplans und der Installations- bzw. Integrationshistorie sowie eine abschließende Zusammenfassung an.

2

Ausgangsbasis und Zielsetzung

In diesem Abschnitt wird umrissen, vor welchem institutionellen Hintergrund und mit welcher Zielsetzung der dargestellte Auswahl-, Anpassungs- und Integrationsprozess erfolgte. Deshalb soll die landesweite Einrichtung und ihre Zusammenarbeit mit den Hochschulen sowie die Zielsetzung des Vorhabens kurz charakterisiert werden. Als wissenschaftliche Einrichtung aller zwölf öffentlichen Hochschulen des Landes (vier Universitäten, eine Verwaltungshochschule mit Universitätsstatus, sieben Fachhochschulen) übernimmt der VCRP in erster Linie eine Dienstleistungs-, Unterstützungs- und Koordinationsfunktion im Hinblick auf die Einführung und Nutzung neuer Medien sowie neuer LehrLerntechnologien. In Rheinland-Pfalz sind in den letzten Jahren an den Hochschulen – teilweise durch den VCRP initiiert und unterstützt – E-Learning-Support-Strukturen aufgebaut worden, wodurch für das Thema E-Learning eine große Aufmerksamkeit bei den Lehrenden und Hochschulleitungen erreicht werden konnte. Aus landesweiter Perspektive ist dadurch eine spezifische Kombination und Arbeitsteilung zentraler (VCRP) und dezentraler Einheiten (Hochschuleinrichtungen) mit Synergiewirkungen bezüglich der Unterstützung des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien entstanden. Eine hier interessierende Komponente davon ist das Zusammenspiel im Bereich des LMS-Supports. Der VCRP bietet bereits seit etwa

5.1 Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen

377

10 Jahren seinen Hochschulpartnern ein zentrales LMS an. Dabei handelte es sich zunächst um das kommerzielle System WebCT, im Jahre 2006 erfolgte eine Migration auf Blackboard. Im Jahre 2009 erhielt der VCRP von seinem für Grundsatzfragen zuständigen Entscheidungsgremium (Lenkungsausschuss, in dem die Hochschulen und das zuständige Landesministerium vertreten sind) die Vorgabe, eine Alternative zum vorhandenen kommerziellen LMS zu erarbeiten und daneben ein Open Source LMS zu etablieren. Anlass dafür waren stetig wachsende Lizenzkosten in den letzten Jahren, die durch einen kontinuierlichen Anstieg der Nutzerzahlen infolge einer größeren E-Learning-Durchdringung an den Hochschulen hervorgerufen wurden (Ende 2010: ca. 30.000 registrierte „aktive“ User, über 7000 pro Tag, ca. 1000 Concurrent-User). Diese erwünschte Entwicklung der Nutzerzahlen konnte für die Zukunft aber nur fortgeführt und gefördert werden, wenn der direkte Zusammenhang zwischen Anstieg der Nutzerzahlen und steigender Haushaltsbelastung entkoppelt würde. Bei der Anpassung des vor diesem Hintergrund zu überarbeitenden LMS-Konzepts war die Absicht leitend, allen Hochschullehrenden in Rheinland-Pfalz die technische Möglichkeit zu bieten, E-Learning in seiner Vielfalt und Breite ohne Auseinandersetzung mit spezifischen technischen Hintergründen und theoretischen Plattformdiskussionen realisieren zu können. Berücksichtigung fand damit eine Reihe von E-Learning-Szenarien, wie z.B. neben E-Assessment oder der einfachen Materialbereitstellung ebenso auf Kommunikation sowie Kollaboration ausgerichtete Szenarien.

3

Analyse und Auswahl eines Open Source Learning Management Systems

Der Ablauf der Analyse verfügbarer Open Source Learning Management Systeme und die Auswahl eines für die Institution passenden Systems umfasste die im Folgenden näher beschriebenen Schritte.

3.1

Schritt 1 – Was ist ein LMS?

Für die Auseinandersetzung mit Learning Management Systemen und die Auswahl eines geeigneten Open-Source Systems stellt das Bemühen um ein Begriffsverständnis von LMS eine entscheidende Basis dar. Dadurch wird deutlich, welche Systeme grundsätzlich näher zu betrachten sind. Das hier zugrunde gelegte Verständnis drückt sich sehr gut durch Definitionen von Häfele/Meier-Häfele, Schulmeister und Baumgartner aus. „Ein LMS ist ein webbasiertes System, das über eine entsprechend gestaltete Oberfläche bestimmte Funktionalitäten, wie die Administration von Lernern, das Starten und Verwalten von Lerninhalten, Übungsaufgaben, Kommunikationswerkzeugen etc. ermöglicht“ (Häfele/Maier-Häfele 2005, S. 321). „Als Lernplattform oder Learning Management System (LMS) werden – im Unterschied zu bloßen Kollektionen von Lehrskripten oder Hypertext-Sammlungen auf Web-Servern – Software-Systeme bezeichnet, die über folgende Funktionen verfügen: – Eine Benutzerverwaltung – Eine Kursverwaltung

378

5 Erfahrungen aus der Praxis

– Eine Rollen- und Rechtevergabe mit differenzierten Rechten – Kommunikationsmethoden und Werkzeuge für das Lernen – Die Darstellung der Kursinhalte, Lernobjekte und Medien in einem netzwerkfähigen Browser“ (Schulmeister 2003, S. 10). Zusammengefasst sind LMS durch die folgenden basalen Funktionsbereiche gekennzeichnet (nach Baumgartner 2004): – – – – –

Präsentation von Inhalten Werkzeuge für Übungen und Tests Evaluationswerkzeuge Administration Kommunikationswerkzeuge

Bei allen weiteren Überlegungen wurden nur Systeme berücksichtigt, die dem oben umschriebenen Verständnis entsprachen. Systeme, die sich lediglich in ein LMS einfügen lassen, wurden dabei nicht einbezogen. Aus der Betrachtung ausgeschlossen wurden auch Content Management Systeme (CMS), Organisations- bzw. Administrationstools oder Community-Systeme. Das führte dazu, dass z.B. Typo 3 (CMS), Joomla (CMS), CommSy (Community System), ELGG (Social E-Portfolio, Community-System kann in ein LMS integriert werden), Mahara (E-Portfolio, soziales Netzwerk), Stud.ip (Organisations- bzw. Administrations-System), aTutor (Learning Content Management) unberücksichtigt blieben.

3.2

Schritt 2 – Festlegung von KO-Kriterien

Die KO-Kriterien basieren auf den langjährigen Erfahrungen des VCRP mit der Bereitstellung (Administration und Support) eines LMS und berücksichtigen seine institutionellen Rahmenbedingungen. Sie spiegeln dabei die unabdingbaren Mindestanforderungen eines LMS wider, das der VCRP den Hochschulen und Lehrenden im Land zur Verfügung stellt. Versucht wurde diese Liste möglichst kurz zu halten, um nicht von vornherein zu viele LMS auszuschließen. Eine erste Orientierung lieferte auch die Analyse von Baumgartner, Häfele und Maier-Häfele (2002). Folgende Kriterien mussten für die weitere Betrachtung gegeben sein: – – – – – – –

Open-Source Code Keine Lizenzkosten Muss der Definition von LMS entsprechen und die 5 Bereiche abdecken Mindestens deutsch- und englischsprachig Webbasierte Lösung ohne Client Installation Rollenbasiert mit unterschiedlichen Rechten Server läuft unter Unix

Vor diesem Hintergrund sind nach einer Sichtung der verfügbaren Open Source LMS die folgenden Systeme berücksichtigt worden: – – – –

Moodle, http://www.moodle.org Olat, http://www.olat.org Ilias, http://www.ilias.de Docebo, http://www.docebo.org

5.1 Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen

379

– Dokeos, http://www.dokeos.com , http://www.dokeos-deutschland.de/ – Metacoon, http://www.metacoon.de Sakai, http://sakaiproject.org, wurde nicht berücksichtigt, da es keine deutsche Version gibt. Die oben genannten Systeme wurden dann von jeweils zwei Personen mit Hilfe des zu erstellenden Kriterienrasters unabhängig geprüft.

3.3

Schritt 3: Entwicklung eines Kriterienrasters

Für die Entwicklung eines Kriterienrasters zur Bewertung der Systeme wurden die unterschiedlichen Interessen und Anforderungen der Stakeholder berücksichtigt. Eingeflossen sind die folgenden Perspektiven und Informationsquellen: – – – –

Ergebnisse der Blackboard-Designer-Befragung Ergebnisse der Studierendenbefragung Erfahrungen der VCRP-Mitarbeiter (Technik und Didaktik) Einschätzungen der E-Learning-Support-Einheiten der Hochschulen

Die einzelnen Kriterien gliedern sich in fünf Kategorien (die Reihenfolge zeigt keine Gewichtung): 1. 2. 3. 4. 5.

Technik (21 Kriterien) E-Learning Szenarien und Didaktik (18 Kriterien) Konkrete Tools (21 Kriterien) VCRP Support und Administration (17 Kriterien) Nutzer-Perspektive, Lehrende und Lernende (19 Kriterien)

Die insgesamt 96 Kriterien wurden entsprechend der folgenden Skala gewichtet: – E (essential): sehr wichtig, von zentraler Bedeutung: Funktionalitäten, die für viele Beteiligten von entscheidender Bedeutung sind. (26 Kriterien, Faktor 4) – * wichtig: Funktionalitäten, die eine große Bedeutung haben, wenn sie auch nicht von allen Usern verwendet werden. (40 Kriterien, Faktor 3) – # weniger wichtig: Funktionalitäten, die nicht entscheidend für die Auswahl der Plattform sind, auch wenn sie sinnvoll und für einige hilfreich erscheinen. (20 Kriterien, Faktor 2) – + nette Ergänzung: Nette Ergänzungen, die in dem einen oder anderen E-Learning-Szenario sinnvoll sind, die meisten E-Learning Angebote kommen jedoch problemlos ohne sie aus. (10 Kriterien, Faktor 1) Für jedes Kriterium wurden in der Beurteilung 1 bis 5 Punkte vergeben. Je mehr Punkte ein Kriterium erhielt, desto besser ist das Kriterium von der getesteten Lernplattform erfüllt worden.

380

3.4

5 Erfahrungen aus der Praxis

Schritt 4: Erste kriterienbasierte Bewertung und Reduzierung der Anzahl potentieller LMS

Die LMS, die die Anforderungen aus Schritt 1 und 2 erfüllten (siehe Schritt 2), wurden nun mit Hilfe des umfassenden Kriterienrasters genauer betrachtet. Je zwei Teammitglieder des VCRP bewerteten mit Hilfe des Kriterienrasters ein System. Basierend auf einer ersten Beurteilung kristallisierten sich sowohl in Bezug auf die fünf Kategorien als auch bezüglich des Gesamtergebnisses drei LMS heraus, die für einen Einsatz prinzipiell als tauglich erachtet wurden. Sie sind in der Folge einer weiteren Prüfung unterzogen worden. Dabei handelte es sich um die Systeme Ilias, Olat und Moodle. Auf Basis der Analysen konnten erste Stärken und Schwächen der Systeme transparent gemacht und offene, zentrale Fragen identifiziert werden, die in den nächsten Schritten (Workshop, Praxis-Interviews, Systemtests) geklärt werden sollen. Jeweils die zwei Team-Mitglieder, die sich mit demselben System beschäftigt haben, verständigten sich in Konsensgesprächen auf eine gemeinsame Bewertung des jeweiligen Systems. So lag am Ende von Schritt 3 eine erste grobe, einheitliche Bewertung vor, die einer weiteren Analyse, basierend auf den folgenden Schritten, und der Klärung weiterer offener Fragen bedurfte.

3.5

Schritt 5: Workshop mit Vertretern ausgewählter Systeme

Führende Vertreter der drei identifizierten LMS sind zu einem Präsentations-Workshop mit der Vorgabe eingeladen worden, ihren Präsentationsteil an den unter Schritt 3 genannten Kategorien zu orientieren. Ebenso sind den Referenten die bei der Analyse aufgedeckten, noch offenen Fragen im Vorfeld mit der Bitte genannt worden, in ihrer Präsentation darauf einzugehen. Nach jeder Präsentation beantworteten die Referenten Fragen und führten im Live-Betrieb der Systeme einzelne Workflows – teilweise auf Zuruf der Teilnehmer – vor. Zur Workshopveranstaltung eingeladen waren die Mitglieder des Lenkungsausschusses sowie die Mitarbeiter der E-Learning Support-Einheiten der rheinland-pfälzischen Hochschulen. Die Zielsetzungen der Veranstaltung waren: – Information der zentralen Instanzen über potenzielle Systeme, – Möglichkeit für die Entscheidungsträger und Multiplikatoren, Fragen zu klären und sich ein eigenes Bild zu verschaffen, – Entwicklung eines (ersten) eigenen (Live-)Eindrucks von den zur Auswahl stehenden Systemen und – Diskussion mit anderen Beteiligten über die in Frage kommenden Systeme.

3.6

Schritt 6: Praktische Systemtests auf Fremdinstallationen

Die Team-Mitglieder des VCRP beschafften sich Test-Zugänge und testeten den Umgang mit den Systemen auf bestehenden Installationen. Für jedes der drei Systeme wurde aus dem Team ein Pate bzw. eine Patin bestimmt, um die vertiefende Arbeit zu erleichtern. Die gesammelten individuellen, praktischen Erfahrungen flossen ebenfalls in die kriterienbasierte Bewertung ein.

5.1 Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen

3.7

381

Schritt 7: Interviews mit Praktikern

Um ein differenziertes und ausgewogeneres Bild vom praktischen Einsatz der drei LMS zu erhalten, wurden Betreiber größerer Installationen der Systeme mit Hilfe eines InterviewLeitfadens befragt. Zu jedem System fand mindestens ein Interview statt. Die Interviews erfolgten je nach Wunsch der Befragten synchron in einem virtuellen Klassenzimmer oder asynchron in textbasierter Form.

3.8

Schritt 8: Verfeinerung der Bewertung und Erstellen von Stärken-Schwächen-Profilen

Auf Basis der Erkenntnisse der Schritte 5 bis 7 wurden die im Rahmen des Bewertungsrasters vergebenen Punkte überarbeitet und weiter verfeinert. Somit ergab sich eine immer genauere Beurteilungslage, die auf einer breiten Informationsbasis gründete. Formuliert wurden Stärken-Schwächen-Profile, die den Vertretern der drei Systeme (siehe Schritt 5) mit der Bitte um Feedback zugingen. In einem weiteren Konsensmeeting des VCRP Teams wurde wiederum eine Bewertung und Ergebnisbeurteilung der drei Systeme Olat, Ilias und Moodle vorgenommen. Eine endgültige Entscheidungsempfehlung für eines der drei Systeme konnte an dieser Stelle des Verfahrens noch nicht gegeben werden. Im Vergleich wurde zwar ein deutlicher Abstand zwischen Moodle und den anderen beiden Systemen deutlich. Olat und Ilias lagen jedoch mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen sehr eng beieinander. Die nur geringe quantitative Differenz der beiden bestbeurteilten Systeme ließ noch kein objektiviertes Ausschlussurteil zu (Pattsituation). Vor dem Hintergrund dieser Ergebnislage wurde das Beurteilungsverfahren (um die Schritte 9 und 10) erweitert und bezog sich nun nur noch auf Olat und Ilias.

3.9

Schritt 9: Installation auf eigenem Server

Die beiden konkurrierenden Systeme Olat und Ilias wurden nun auf dem VCRP-Server, eingebettet in die eigene Infrastruktur, installiert, um die damit verbundenen Administrations- und Wartungsaufwände besser einschätzen zu können und erste Erfahrungen mit den Systemen zu sammeln.

3.10

Schritt 10: Test durch E-Learning-Support-Einheiten

In einem weiteren Schritt sind die E-Learning-Support-Einheiten der Hochschulen noch weiter in die Beurteilung im Rahmen einer mehrwöchigen Testphase eingebunden worden. Die Testphase schloss mit einem live-meeting im virtuellen Klassenzimmer, indem die Support-Einheiten von ihren Eindrücken und Erfahrungen mit den beiden Systemen berichteten und noch offene Fragestellungen diskutiert wurden. Ergänzend sind sie um eine schriftliche Stellungnahme gebeten worden.

3.11

Schritt 11: Aufwandsabschätzung und Empfehlung

Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen der Schritte 10 und 11 wurde die kriterienbasierte Bewertung für Ilias und Olat abschließend noch einmal leicht angepasst. Zudem erfolgte für jedes der Systeme eine Aufwandsabschätzung, in die Kosten für Hardware, zusätz-

382

5 Erfahrungen aus der Praxis

liche Tools und Anpassungsprogrammierungen sowie geschätzte Personalaufwände für Wartung, Administration, Support, Umzugsarbeiten und Schulung einflossen. Auf Basis der kriterienbasierten Beurteilung unter ergänzender Berücksichtigung der Aufwandskalkulation sowie der Stimmen der Hochschulen hatte die Geschäftsstelle des VCRP eine abschließende Empfehlung (für das LMS Olat) vorgelegt.

3.12

Schritt 12: Entscheidung

Nach eingehender Beratung folgte der VCRP Lenkungsausschuss der Empfehlung und beschloss die Einführung des Open Source LMS Olat.

4

Anpassungen und Erweiterungen

Um das einzuführende LMS zu einer attraktiven Alternative zu dem bestehenden kommerziellen LMS werden zu lassen, sind auf Basis des Standard-Releases eine Reihe von Anpassungen vorgenommen und Funktionserweiterungen mit der Unterstützung externer Dienstleister entwickelt worden. Die folgende Tabelle stellt sie in der Übersicht dar. Tabelle 1:

LMS-Anpassungen/-Erweiterungen

Zugangskontrolle Zugangsbeschränkung und -steuerung per Registrierungscode. Kurs-Attribution Geführte und erzwungene Attribution/Einordnung der Hochschul-/Institutionenzugehörigkeit neuangelegter Kurse als Basis einer hochschul-/institutionenbezogenen Kursübersicht bzw. Ausgabe (Kurskatalog). Virtual Classroom Interface und Integration Schnittstelle/Integration einer Virtual Classroom Lösung. Funktionserweiterungen Erweiterung folgende Funktionen: WebDav-Zugang, Neuer Kursbaustein: Teilnehmerliste, Arbeitsgruppe, Struktur: Kurs und CP, Ordner und Datei-Diskussion, Meine Einträge – Lernressourcen, Glossar, Content Package, Bewertungsübersicht, Meine Lerngruppen, Einzelseite. LMS internes Mailsystem Erstellung/Anpassung eines internen Mailsystems mit Versand- und Eingangsordner. Testplayer Integration eines Test-Players für E-Klausuren. Hochschul Themes Erstellung von OLAT-Theme-Templates (Corporate Identity). Screencasts Erstellung von Screencasts (Dauer max. 5 min) zu einzelnen Tools. Kurs Wizard Kurs-Wizard mit geführter Fragestruktur zur schnellen Erstellung von Kursen und Integration szenarienbasierter Kurs-Templates. Kurs Templates Erstellung szenarienbasierter Kurs-Templates. Kurs Design Generator Erstellung eines Kurs-Design Generators, inklusive css-Beispieldateien. Lernressourcen Template Beispiele für unterschiedliche Lernressourcen als Template für die eigene Erstellung.

5.1 Fallbeispiel Auswahl, Anpassung und Integration von CSCL-Systemen

5

383

Zeitplan und Integrationshistorie

Einen Eindruck vom zeitlichen Horizont des Vorhabens geben die folgenden, markanten Stationen. Seit der Installation des Open Source LMS erfolgten bereits eine Reihe von Updates und Integrationen, die in der folgenden Historie stichwortartig aufgezeigt werden: – März 2010: Erstinstallation OLAT Version 6.2.2 zum internen Testen (auch mit den Support-Einheiten der Hochschulen). – Sommer 2010: Version 6.3, erste Anpassungen: MathML, Kurscode. – Oktober 2010: Olat wird zum ersten Mal produktiv in ca. 10 Kursen eingesetzt. – November 2010: Version 6.3.3, Umstellung von Oracle auf PostgreSQL. – Dezember 2010: Single-Sign-On ist möglich. – Januar 2011: direktes Update auf 7.1. – April 2011: Integration von Erweiterungen – wie bspw. Virtual Classroom, internes Mailsystem – und Verbesserung der Usability. Mit Shibboleth-Authentifizierung in der AAI-Basic-Föderation des DFN Vereins. Single-Sign-On mit mehreren Hochschulen. Tabelle 2:

Markante Stationen des Vorhabens

Entscheidung Lenkungsausschuss LMS Erweiterung Vorlage eines LMS-Konzepts Workshop durch LMS Vertreter mit E-Learnings-Support-Einheiten und Mitgliedern des Lenkungsausschuss Empfehlung und Entscheidung (für LMS Olat) Erster Produktivbetrieb

16.04.2009 28.09.2009 24.11.2009 15.04.2010 10/2010

Ab der zweiten Jahreshälfte 2011 sind die Auswahl und ggfs. Integration einer Antiplagiatssoftware, die Anbindung an Campus Management-Systeme sowie die Erweiterung von E-Assessmenttools vorgesehen. Besonders dem Bereich des E-Assessments wird eine besondere Beachtung zukommen, da hier aktuell ein großer Bedeutungsgewinn an den Hochschulen zu beobachten ist. Die Akzeptanz der Einführung eines LMS steht mit leistungsfähigen Assessmenttools in engem Zusammenhang. Erweiterungen beziehen sich bspw. auf die Integration eines verbesserten Testeditors sowie weiterer Fragetypen, die Umsetzung eines Prüfungsmodus mit entsprechendem Prüfungscode oder auch des Workflows zur Klausurbestätigung und dem Anzeigen von Prüfungsergebnissen. Nachdem der VCRP die Voraussetzung für die Nutzung des LMS an den Hochschulen geschaffen hat und der Produktivbetrieb gestartet ist, beginnen nun auch die Hochschulen und ihre E-Learning-Support-Einheiten vor Ort die Einführung der Systeme vorzubereiten. Zusammen mit dem VCRP werden die Umzugsmaßnahmen bilateral projektiert und Umzugszenarien festgelegt. Der VCRP berät dabei hinsichtlich Strategien des Kursumzugs, unterstützt bei Daten- und Inhaltetransfers und führt vor Ort zusammen mit den Hochschulsupporteinheiten Schulungen für Einsteiger, Umsteiger und Fortgeschrittene durch. Begleitet werden die Maßnahmen zudem mit einem auf jede Hochschule zugeschnittenen und abgestimmten Kommunikationsprogramm.

384

6

5 Erfahrungen aus der Praxis

Fazit

In dem vorliegenden Beitrag wurde am Beispiel der gelungenen Einführung eines Open Source LMS die Auswahl, Anpassung und Integration einer CSCL-Plattform skizziert. Im Mittelpunkt der Betrachtung standen die Vorgehensweise und die gesammelten Erfahrungen. Das konkrete Ergebnis des Analyse- und Auswahlprozesses ist vor dem Hintergrund eines spezifischen institutionellen Rahmens (hochschulübergreifende Einrichtung) und der jeweiligen Zielsetzung zu sehen. Als Erfolgsfaktoren sind ein mehrschrittiges, kriterienbasiertes und transparentes Auswahlverfahren sowie ein breites Einbeziehen der Interessengruppen anzusehen.

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

5.2

385

Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams Martin Wessner1, Torsten Holmer2, Martin Mühlpfordt3 1

Fraunhofer IESE, Kaiserslautern, 2Dresden, 3 FernUniversität in Hagen

1

Einleitung

Systeme und Werkzeuge für das computerunterstützte kooperative Lernen (CSCL) entstehen oft in einem iterativen Prozess (vgl. Beitrag 4.1). Aufgrund der Neuartigkeit dieser Klasse von Anwendungen ist dies die beste Voraussetzung dafür, dass sich das nötige Verständnis auf Seite der Anwender und der Entwickler ko-evolutionär entwickeln kann. In diesem Beitrag wird am Beispiel der Softwareentwicklung im Projekt Virtual Math Teams (VMT 2011) ein solches Vorgehen dargestellt sowie dabei gesammelte Erfahrungen aufgezeigt. Seit 2002 arbeiten Forscher und Anbieter einer Mathematik-Internetplattform (Math Forum) an der Drexel University, Philadelphia, USA, am Projekt Virtual Math Teams (VMT). Ziel des Projekts ist es, Lernenden neue Möglichkeiten für mathematische Diskurse zu bieten. Dazu wurde eine entsprechende Infrastruktur am Math Forum, einer seit 1992 bestehenden Forschungs- und Bildungseinrichtung zur Förderung des Lernens und Lehrens im Bereich der Mathematik an der Drexel Unversity, aufgebaut (Math Forum 2011). Die am Projekt Beteiligten haben dabei naturgemäß unterschiedliche Interessen und Ziele. Der Projektleiter nennt folgende Gruppen und Ziele (vgl. Stahl 2009, S. 3): – Für die Anbieter der Plattform am Math Forum stehen das Angebot und der Betrieb eines innovativen Online-Dienstes für Lernende aus aller Welt im Mittelpunkt. Dieser Dienst soll nachhaltig als sich im Wesentlichen selbstorganisierende Community etabliert werden. – Ziel der für die Gestaltung des Bildungsangebotes Verantwortlichen ist die Entwicklung einer Online-Umgebung, die effektiv den mathematischen Diskurs und den gemeinsamen Wissensaufbau fördert. – Das Hauptinteresse der beteiligten Forscher ist es, Erkenntnisse über die kollaborativen Prozesse beim mathematischen Problemlösen zu erlangen, indem die Interaktionen innerhalb von Gruppen beim mathematischen Diskurs in dieser neuartigen Umgebung analysiert werden. Zusätzlich sind an dem Projekt zahlreiche externe Forscher verschiedener Disziplinen und Softwareentwickler beteiligt, die jeweils eigene Interessenschwerpunkte haben, darunter die Autoren dieses Beitrags. Weitere Interessensgruppen sind die Lernenden und Lehrenden als direkte oder indirekte Nutzer sowie indirekt gegebenenfalls auch die Eltern der Lernenden (beispielsweise bei kostenpflichtigen Diensten).

386

5 Erfahrungen aus der Praxis

Die unterschiedlichen Ziele können einander fruchtbringend ergänzen, stellen jedoch in der Projektdurchführung auch ein Spannungsfeld dar, da die Ziele unterschiedliche Anforderungen an den Entwicklungsprozess wie auch an die zu entwickelnde Software nach sich ziehen und es deshalb notwendig wird, die begrenzten Entwicklungsressourcen hinsichtlich der verschiedenen Anforderungen auszubalancieren: – Für die aus Forschungsperspektive wichtige Analyse der Gruppeninteraktion reicht in der Regel die vertiefte Betrachtung weniger Gruppen. Die Toleranz gegenüber gelegentlichen Softwareproblemen ist hoch, wichtiger sind neuartige Funktionalitäten zur Unterstützung von Interaktion und Wissensaufbau in den Lerngruppen sowie ausgefeilte Möglichkeiten zur Analyse der Diskurse. Die im Zuge der Analyse entwickelten neuen Ideen zur Interaktionsunterstützung oder zur (differenzierteren) Analyse sollten dann möglichst schnell in einer neuen Softwareversion umgesetzt werden. – Aus Sicht des Plattformbetreibers steht der Betrieb einer ausgereiften Lösung im Vordergrund. Zur Reduzierung von Wartungskosten und Akzeptanzproblemen soll die Lösung stabil und wartungsfreundlich sein sowie für größere Nutzermengen skalieren. Unabdingbar sind Mechanismen zum selbstorganisierenden Community-Aufbau, um den Betreuungsaufwand für große Nutzerzahlen beherrschbar zu halten. Und natürlich sollten möglichst alle Betriebssysteme, unterschiedlichste Hardware der Nutzer sowie kulturelle Aspekte oder auch die Berücksichtigung unterschiedlicher Zeitzonen berücksichtigt werden. Das VMT-Projekt baut auf den bisherigen Angeboten des Math Forum auf. Es existiert bereits eine Internetplattform des Math Forum sowie eine rege Community von Schülern, Lehrern und Betreuern, die unter anderem regelmäßig mit der individuellen Bearbeitung mathematischer Probleme (problem of the week; PoW) befasst sind. Gliedert man die Unterstützung in die drei Ebenen Individuum, Kleingruppe und Community, wird deutlich, dass bisher eine Unterstützung des gemeinsamen Lernens in örtlich verteilten Kleingruppen fehlte. Im folgenden Abschnitt wird der Entwicklungsprozess der VMT-Umgebung in den einzelnen Phasen dargestellt, danach werden die gesammelten Erfahrungen zusammengefasst.

2

Entwicklungsprozess

Insgesamt zeigen die im vorangegangenen Abschnitt dargestellten Ziele und Anforderungen der Beteiligten sowohl Charakteristika eines Forschungssystems als auch eines für den Regelbetrieb zu entwickelnden Systems (vgl. Beitrag 4.1). Als Vorgehensweise wurde ein iterativer, zyklischer Prozess design-basierter Forschung gewählt (Stahl 2009b, Wessner et al. 2006). Wie in Beitrag 4.1 ausgeführt umfasst dies die ko-evoutionäre Orchestrierung der Lehr-Lernszenarien, Gestaltung und Umsetzung der Softwareumgebung und Analyse der Nutzung. Im Laufe des Projektes wurden die Anforderungen so mehrfach modifiziert bzw. erweitert: – Komplexere Problemstellungen: Auswahl und Entwicklung der Aufgabenstellungen von klar umrissenen mathematischen Problemstellungen hin zu mathematischen Miniwelten, deren Eigenschaften durch die Gruppen erkundet werden und für die die Gruppen selbst interessante mathematische Fragestellungen entwickeln sollen.

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

387

– Komplexere Planung und Organisation der Gruppenarbeiten: Entwicklung des Lernarrangements von einzelnen Grupppensitzungen hin zu einer aufeinander aufbauenden Folge von Kleingruppenkollaborationen. – Komplexere Unterstützung: Entwicklung von isolierten Kleingruppenaktivitäten über den Austausch zwischen den Gruppen hin zu einer Community. – Komplexere Softwarearchitektur: Entwicklung der Lernumgebung von isolierten Chaträumen hin zu Bündeln von synchronen und asynchronen Workspaces (Chat, Whiteboard, Wiki und andere). – Komplexere Evaluation: Erprobung und Evaluation in lokalen Gruppen an der Drexel University unter kontrollierten Bedingungen bis hin zu weltweit verteilten Gruppen. Das VMT-Projekt weist in seiner Art der Projektdurchführung wesentliche Eigenschaften von Ansätzen der Aktionsforschung (Porpora 1999), der critical design ethnography (Barab et al. 2004) und des action design research (Sein et al. 2011) auf. Diese Herangehensweisen sind gekennzeichnet durch eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Forschern, Entwicklern und Nutzern (Mathematik-Lehrende und -Lernende) der zu entwickelnden Technologie und durch eine kritische selbstreflektive Vorgehensweise, bei der sämtliche Schritte des Designs gemeinsam bearbeitet werden. In den wöchentlichen Treffen des Forschungsteams wurden zahlreiche Aspekte der Gestaltung kollaborativer Mathematik-Chats erörtert, z.B. Designund Forschungsfragen, Auswahl geeigneter mathematischer Probleme sowie Einflussfaktoren der Technologie auf kollaborative Lernprozesse. Bei diesen Treffen waren zuweilen auch Gastforscher, die zeitweise vor Ort mit dem Forschungsteam zusammenarbeiteten, anwesend. Weiterhin erprobte das Forschungsteam selbst die Lösung der gestellten Mathematikaufgaben, um so eigene Erfahrungen zu sammeln und in die Arbeit einbringen zu können. Schließlich wurden Lernende in verschiedenen Nutzungsstudien befragt, was bei der Benutzung der jeweiligen Technologie gut funktioniert habe und welche Verbesserungen sie sich wünschten. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise ist ein iterativer Prozess der Erprobung, Reflektion und Neugestaltung, der sich auch in der Entwicklung der VMT-Technologie klar erkennen lässt. Der Prozess lässt sich dabei in vier Phasen einteilen, wobei jede Phase zu einer Überarbeitung der Anforderungen und einer entsprechenden Lösung führte.

2.1

Phase 1: Anforderungsdefinition und Exploration mit Standardtools

In der ersten Phase experimentierte das Forscherteam mit kommerziellen Tools wie AOL Instant Messenger, Babylon, Blackboard und WebCT. Der AOL Instant Messenger wurde dabei am meisten eingesetzt, weil er bei den studentischen Testpersonen sehr verbreitet war und von diesen auch als geeignetes Werkzeug angesehen wurde. Da dieses Werkzeug nur die grundlegenden Eigenschaften einer Chat-Anwendung bereitstellt, schien es auch eine gute Ausgangsbasis zu sein, um festzustellen, welche Funktionen für den Einsatz im Bereich der Mathematik-Chats noch fehlen könnten. Die Sitzungen mit diesem Standardwerkzeug wurden intensiv konversationsanalytisch mit dem Fokus darauf untersucht, welche besondere Kommunikationssituation in Mathematik-Chats bestehe und wie diese zu unterstützen sei (Stahl 2005a; 2005b; Stahl 2006; Zemel, Xhafa & Cakir 2005; Zemel, Xhafa & Stahl 2005).

388

5 Erfahrungen aus der Praxis

Dabei zeigten sich schnell die wesentlichen Probleme und es wurden daraus Anforderungen für eine verbesserte Werkzeugunterstützung abgeleitet: 1. Chat ist ein „schnelles Medium“, d.h. die Teilnehmer schreiben selten vollständige Sätze und der Ideenfluss ist sehr groß, besonders wenn mehr als zwei Personen chatten. Dadurch werden oft Ideen übersehen, weil entweder die Gruppe im Moment der Äußerung die Idee nicht „sieht“ bzw. deren Bedeutung nicht erkennt oder die Idee jenseits des Hauptstroms der Diskussion geäußert wird und deswegen in Vergessenheit gerät. Es muss daher ein Ort geschaffen werden, an dem jene Ideen zwischengespeichert werden können, die im Verlauf des Gespräches entstanden sind. Dieser Ort kann dann auch dazu dienen, diese Ideen gemeinsam zu organisieren und sie mathematischen Fakten gegenüberzustellen, z.B. eine Textbox für Fragen, die gelöst werden sollen, und Ideen für Formeln. 2. Oft werden mehrere Themenstränge gleichzeitig diskutiert und es fällt schwer zu erkennen, zu welchem Strang ein Beitrag oder eine Idee gehören soll. Der zur Identifikation notwendige Aufwand beeinträchtigt die Kommunikation und stört dadurch die Zusammenarbeit. Es muss eine Möglichkeit gefunden werden, die eine eindeutige Zuordnung der Beiträge durch eine geeignete Visualisierung erkennen lässt. 3. Bei Problemen, deren Bearbeitung mehrere Sitzungen erfordert, ist es für die Lernenden hilfreich, Zugriff auf den bisherigen Ideengenerierungsprozess zu haben. Dies gilt besonders, wenn die Zusammensetzung der Gruppe nicht konstant ist, sondern immer wieder neue Mitglieder einsteigen. Eine persistente Speicherung der Sitzung mit allen erzeugten Artefakten ist daher unbedingt erforderlich, um wechselnde Gruppenkonfigurationen und Mehrfachsitzungen zu ermöglichen. 4. Für die vertiefte Bearbeitung mathematischer Fragestellungen ist es wichtig, verschiedene Aspekte des Problems graphisch zu veranschaulichen. Ein Beispiel dafür ist die Darstellung des Verhaltens einer Formel in Form einer Kurve. In den Experimental-Chats der ersten Phase taten dies die Lernenden jeweils für sich auf einem Blatt Papier und diskutieren ihre Zeichnungen sprachlich über den Chat. Um ihre Zeichnungen ihren Mitlernenden zugänglich zu machen, luden sie vereinzelt ihre Zeichnungen als Bilddatei in das Math Forum hoch. Für eine optimale Unterstützung gemeinsamer mathematischer Artefakte ist es somit erforderlich, ein synchrones und gemeinsames Bearbeiten der Zeichnung zu ermöglichen. Zusätzlich erforderlich sind Funktionen für das Referenzieren auf Zeichnungen und deren Elemente, um einerseits die Aufmerksamkeit auf bestimmte Bereiche zu lenken und anderseits eine deutliche Verbindung zwischen Chatbeitrag und referenziertem Zeichnungsteil herstellen zu können. Mit der Identifikation dieser vier benötigten Kernfunktionen, dem Erzeugen textueller Listen, dem kooperativen Zeichnen, der persistenten Speicherung und der Referenzierungsfunktion, wurden die Anforderungen für jenes Chattool identifiziert, welches im weiteren Projektverlauf das Werkzeug für die Durchführungen der Gruppensitzungen sein sollte.

2.2

Phase 2: Unterstützung mathematischer Diskurse

Das VMT-Projekt entschied sich für ConcertChat, einen Chat-Forschungsprototyp des Fraunhofer IPSI in Darmstadt, das ein Shared Whiteboard, persistente Speicherung des Interaktionsprotokolls und spezielle Referenzierungsfunktionen aufweist (Mühlpfordt & Wessner 2005, Mühlpfordt 2006). Dieses als Java-Anwendung vorliegende Werkzeug wurde im Verlauf des Projektes an die sich ändernden Anforderungen angepasst und erweitert.

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

389

Um die erwähnten Anforderungen erfüllen zu können, stellt ConcertChat eine Reihe von Funktionen zur Verfügung, die Mathematik-Chats unterstützen: – Das Anwendungsfenster enthält neben dem Chat ein Shared Whiteboard, welches allen Teilnehmern ermöglicht, Zeichnungen mit Kreisen, Rechtecken, Linien, Freihandlinien, Textboxen, Bildern, Mindmaps etc. zu erzeugen. – Beim Erstellen eines Chatbeitrages kann zusätzlich ein Objekt oder Bereich im Shared Whiteboard ausgewählt und damit auf ihn gezeigt werden. Beim Empfang der Nachricht wird dieser Bereich im Whiteboard farblich hervorgehoben und mit dem Chatbeitrag mit einer Linie verbunden (siehe Abbildung 1). – In gleicher Weise kann eine Chatnachricht auf eine oder mehrere frühere Nachrichten oder Teile davon zeigen. ConcertChat stellt auch eine Baumansicht zur Verfügung, die sich aufeinander beziehende Beiträge in Form eingerückter Gesprächsfäden darstellt. – Alle Chatbeiträge, inhaltliche Aktivitäten im Whiteboard und Systemmeldungen (z.B. über hinzukommende oder weggehende Teilnehmer) werden dauerhaft in der ChatUmgebung gespeichert. Late-comers oder neue Gruppenmitglieder können sich alle bisherigen Beiträge und Aktivitäten aus der Raum-Historie anzeigen lassen. – Eine spezielle Funktion für die Erforschung der Interaktion stellt der sogenannte ChatPlayer dar, welcher es erlaubt, komplette Sitzungen mit veränderbarer Geschwindigkeit im Nachhinein nochmals abzuspielen, um die zeitliche und inhaltliche Dynamik innerhalb der Sitzungen besser erfassen zu können.

Abbildung 1:

Benutzungsoberfläche von ConcertChat mit Referenzierung auf einen Bereich im Shared Whiteboard.

In der Erprobungsphase im Mai 2005 wurden mehrere Sitzungen mit dem ConcertChatSystem durchgeführt, um erste Erfahrungen mit dieser Form der technischen Unterstützung zu sammeln. Es wurden fünf Gruppen mit jeweils vier Teilnehmern aus unterschiedlichen

390

5 Erfahrungen aus der Praxis

Teilen der USA gebildet. Diese führten jeweils vier einstündige Sitzungen innerhalb von zwei Wochen durch. Hierzu wurde für jede Gruppe ein eigener ConcertChat-Raum angelegt, dessen URL den Teilnehmern mitgeteilt wurde. Die Sitzungen wurden von Mitgliedern des Forscherteams betreut und moderiert. Die Moderatoren begrüßten die Teilnehmer, erklärten ihnen die Aufgabe und gaben eine kurze Einführung in das System, wobei die Referenzierungsfunktionen besonders genau erklärt wurden. Die restliche Zeit verhielten sie sich still, bis es Zeit war, die Sitzung zu beenden. Generell wurden die neuen Funktionen, wie das gemeinsame Arbeiten im Whiteboard und das Referenzieren, schnell angenommen, aber der Grad an Benutzung unterschied sich aufgrund einiger Usability-Probleme zwischen den Gruppen sehr stark. Das Instruktionsdesign für die Experimente beinhaltete das Sammeln von Lösungsideen durch die einzelnen Gruppen in der ersten Sitzung. In der zweiten Sitzung wurden die Studenten aufgefordert, die Ideen aller Gruppen zu besprechen und diejenigen auszuwählen, mit denen man in den folgenden Sitzungen weiterarbeiten wollte. Diese Verfahrensweise erforderte umfangreiche Vorarbeiten seitens der Moderatoren, in dem die Lösungsideen gesichtet und aufbereitet werden mussten. Ebenso mussten die initiale Gruppenzuweisung und der Ersatz ausgeschiedener Gruppenmitglieder von den Moderatoren geregelt werden. Bei der Auswertung dieser Entwicklungs- und Erprobungsphase des Projektes wurde deutlich, dass die mathematischen Diskurse innerhalb der Gruppen gut durch das ConcertChat-System unterstützt wurden. Die Organisation des Gruppenlernens in isolierten ConcertChat-Räumen erschwert jedoch einen Austausch zwischen Gruppen und zieht einen hohen Betreuungsaufwand pro Gruppe nach sich. Auf diese Weise kann nur schwer ein Community-Prozess mit einer selbstorganisierten Gruppenbildung in Gang gesetzt werden. Um, wie es als Projektziel formuliert wurde, eine selbsterhaltende Struktur zum kollaborativen Bearbeiten mathematischer Fragestellungen zu entwickeln, mussten folgende Probleme gelöst werden: – Die Kommunikation zwischen den Gruppen und einem Tutor muss ermöglicht werden, um Lösungen einzureichen, Feedback zu erbitten oder ein Problem zu melden. – Für die selbstorganisierte Gruppenbildung bedarf es geeigneter Mechanismen zur Raumorganisation und Zugangskontrolle: Wann darf jemand einen Gruppenraum betreten? Benötigt eine bestimmte Gruppe zusätzliche Mitglieder? Hat die Gruppe ihr Problem gelöst? Sind weitere Arbeitsphasen geplant?

2.3

Phase 3: Versuch der selbstorganisierten Gruppenbildung

Die dritte Phase zielte auf die Lösung der genannten Probleme. Zur Unterstützung der Selbstorganisation von Lerngruppen wurde das Konzept einer sogenannten Lobby entwickelt, die als Ausgangspunkt aller Problemlösungsaktivitäten der Mathematik-Community fungiert. Die Lobby enthält eine Liste aller Probleme und zugeordneter Gruppenchaträume, in denen an den gestellten oder selbstgewählten Problemen gemeinsam gearbeitet werden kann. Es können auch neue Räume erzeugt werden, die von neuen Gruppen oder von bestehenden Gruppen für die Bearbeitung neuer Probleme genutzt werden können. Ausgehend von der Annahme, dass sich Gruppen quasi-synchron (also indem zu jedem Zeitpunkt immer

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

391

ausreichend Mitlerner im System anwesend sind) organisieren, wurde die Lobby innerhalb der ConcertChat-Infrastruktur und damit innerhalb der Java-Anwendung umgesetzt. Die Lobby enthält, da sie selbst ein ConcertChat-Raum ist, ebenfalls einen Chat, um die Kommunikation gruppenübergreifend zwischen allen Studenten und zur selbstorganisierten Gruppenfindung zu ermöglichen. Die Lernenden können alle Räume betreten, in denen sie Mitglied waren, sowie alle anderen Gruppenräume, wenn diese nicht zugangsbeschränkt sind. Damit wird ein gruppenübergreifender Austausch von Ideen, Material und Gruppenergebnissen gefördert. Für die Erleichterung der Gruppenbildung anhand verfügbarer Gruppenchaträume wurden die Räume mit Meta-Informationen versehen. Diese beinhalten Thema des Raumes, Bearbeitungszustand, geplante Gruppentreffen sowie Angaben über die Mitglieder. Ausserdem erhielten die Räume Zugangsrechte, die von den Erstellern eines Raumes vergeben werden konnten. Die Möglichkeiten für verschiedene Raumkonfiguration variieren von Räumen, bei denen das Problem und die Gruppenmitglieder von einem Moderator zugewiesen werden, zu Räumen mit einem vorgegebenen Problem, bei denen sich die Gruppe selbst zusammenfindet, bis hin zu leeren Räumen, die für die Bearbeitung selbstgewählter Probleme genutzt werden können. Dabei wird sowohl die moderatorgesteuerte und als auch die freie Gruppenbildung unterstützt. Zur Unterstützung der Kommunikation zwischen Gruppen und Tutoren wurde in Räumen die Möglichkeit der asynchronen Kommunikation mit dem Tutor per E-Mail integriert. Die Meta-Informationen eines Raumes (z.B. Bearbeitungszustand, geplante Treffen) liefern den Kontext für diese Kommunikation. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass die Integration der zentralen Funktionalitäten zur Gruppenbildung und -verwaltung in die ConcertChat-Infrastruktur eine Reihe von Nachteilen mit sich bringt: Die Beiträge im Lobby-Chatraum wurden schnell unübersichtlich, der quasisynchrone Austausch zur Gruppenbildung führte nur selten zum Ziel und die Verwaltung der Räume sowie die Suche nach geeigneten Kollaborationsgelegenheiten durch die Lernenden gestalteten sich schwierig.

2.4

Phase 4: Browserbasierte Re-Implementierung und Erweiterung für Community-Aufbau

Aus den Erfahrungen mit der als Prototyp entwickelten Lobby entschied man sich dafür, die Gruppenbildungsfunktionalitäten zur Nutzung im Browser zu re-implementieren. Es erfolgte damit eine Abkehr von der Annahme, dass die Teilnehmenden sich quasi-synchron organisieren. Besonderes Augenmerk galt der leichteren Handhabbarkeit auch bei großen Mengen von Gruppen und Räumen. Die bisher innerhalb des Chat-Systems realisierte Lobby wurde als Web-Applikation implementiert. Zur besseren Organisation der Gruppenräume wurden alle Räume einer Community (z.B. HCI), „subjects“ (z.B. Interaction with Computers), „topics“ (z.B. Week 3’s Assignment) und Gruppen (z.B. group 3) zugeordnet. Desweiteren wurden in dieser Phase einige mittlerweile etablierte Social-NetworkFunktionen integriert. So können persönliche Profile angelegt werden, die es den Benutzern erlauben, mehr über andere Nutzer zu erfahren und potentiell geeignete Gruppenmitglieder

392

5 Erfahrungen aus der Praxis

oder auch Gruppen gezielt anzusprechen. Es gibt Unterstützung für Freunde (Buddys), bevorzugte Arbeitsräume etc. Für den leichteren Austausch von Gruppenergebnissen sowie für die Bereitstellung von Materialien wurde ein Wiki sowohl in die über den Browser bereitgestellte Oberfläche wie auch in die ConcertChat-Räume besser integriert. Die eingesetzten Media-Wiki-Seiten haben eine Kategorienfunktion, so dass Ergebnisse der jeweiligen Gruppenarbeit automatisch den entsprechenden Communities, Subjects, Topics und Gruppen zugeordnet und so leichter gefunden werden können. Die einzelnen Chaträume erhielten mehrere Tabs für zusätzliche Shared Whiteboards (z.B. für Zusammenfassungen), die erwähnten Wiki-Seiten (aktuelle Aufgabenstellung, Hilfeinformationen und Ergebnisse) sowie das kollaborative Webbrowsen. In dieser Phase wurde das VMT-System auch in Anwendungsfeldern jenseits des Mathematik-Lernens erprobt, wie z.B. in der universitären Lehre und für virtuelle Besprechungen. In einem weiteren Entwicklungsschritt wurde GeoGebra, eine dynamische Mathematikumgebung, als zusätzlicher Tab in die Chaträume integriert (Stahl et al. 2010e, Stahl et al. 2010f). Dies erlaubt es den Lernenden, gemeinsam geometrische Objekte zu konstruieren und zu berechnen.

Abbildung 2:

Überarbeitete Lobby. (genehmigte Übernahme aus (Stahl 2009, S. 306))

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

3

393

Erfahrungen

In diesem Abschnitt werden wichtige Erfahrungen in Bezug auf die Entwicklung eines CSCL-Systems zusammengefasst.

3.1

Unterstützung virtueller Mathematikgruppen

Im VMT-Projekt wurde eine Lösung entwickelt, die es Kleingruppen ermöglicht, intensiv und erfolgreich gemeinsam an mathematischen Aufgaben- bzw. Problemstellungen zu arbeiten und dabei Wissen aufzubauen. Es ist ebenfalls gelungen, eine Kleingruppenarbeit über mehrere Sitzungen hinweg zu ermöglichen. Durch unregelmäßige Teilnahme der Nutzer, Zuspätkommen oder Frühergehen ergeben sich hierbei besondere Anforderungen zur Überbrückung zwischen den Sitzungen (bridging, vgl. Sarmiento & Stahl, 2007). Diese Anforderungen konnten durch Funktionalitäten zur Persistenz der Kooperationsinhalte, der Verwendung von Wikis und die entsprechende Gestaltung der Lobby erfüllt werden. Es hat sich allerdings gezeigt, dass zur Organisation solcher Sitzungsreihen meist zusätzlich die äußere Unterstützung durch das Forscherteam bzw. die Betreuer notwendig ist. Für die andauernde Lebendigkeit einer Community ist deren kontinuierliche Betreuung und Förderung unabdingbar.

3.2

Gestaltung

Das Stichwort Gestaltung umfasst eine Reihe von Aufgaben und notwendigen Entscheidungen: die Gestaltung der technischen Umgebung, der Organisation, der Aufgaben bzw. Probleme, der Betreuung, der Community etc. Die Gestaltung für heterogene Nutzergruppen, sei es im Hinblick auf Geschlecht, Alter, kulturellen oder sprachlichen Hintergrund, ist eine Herausforderung. Unterschiedliche Hardund Softwareausstattung und -präferenzen, unterschiedliche Kommunikations- und Kooperationsstile und -gewohnheiten wirken sich sowohl auf die technische als auch die organisatorische Gestaltung und Betreuung einer Lernumgebung aus. Als Beispiel sei die Notifikation von Nutzern außerhalb der Lernumgebung genannt: Je nach Herkunft und Alter erfährt eine Realisierung der Notifikation z.B. per E-Mail, per SMS auf das Mobiltelefon oder als Tweet eine größere Akzeptanz. Auch für homogenere Nutzergruppen muss die Gestaltung jeweils die Passung zwischen Instruktionsdesign, Teilnehmern, Rahmenbedingungen und Werkzeug berücksichtigen (vgl. Münzer & Linder 2004). Beispielsweise ist je nach Art der Aufgabe eine mehr oder weniger weitreichende Strukturierung der Gruppenarbeit sinnvoll. In der VMT-Umgebung wird dieser Anforderung durch ein flexibles Raumkonzept sowie einer flexiblen Mischbarkeit synchroner und asynchroner Medien Rechnung getragen. Gleichermaßen kann die zu bearbeitende Problemstellung selbst gewählt oder vorgegeben werden. Innerhalb jedes Raumes gibt es synchrone und asynchrone Möglichkeiten der Kommunikation untereinander oder mit einem Betreuer. Dieses Raumkonzept ermöglicht eine große Bandbreite von virtuellen Kooperationsräumen für unterschiedliche Gruppen und Szenarien.

394

3.3

5 Erfahrungen aus der Praxis

Entwicklungsprozess

Eine eigene Werkzeugentwicklung war im VMT-Projekt zunächst nicht vorgesehen, wurde aber notwendig, da kein existierendes Werkzeug die sich ergebenden Anforderungen erfüllen konnte. Die Entwicklung und der Betrieb einer CSCL-Umgebung sind aufgrund der Neuartigkeit und Art der Anforderungen sowie der intendierten Nutzung meist aufwändig. Dies spricht dafür, die Entwicklung und den Betrieb frühzeitig zu professionalisieren, beispielsweise durch den Aufbau eines eigenen kontinuierlichen Entwicklungs- und Betreuungsteams oder die Auslagerung des Betriebs an einen professionellen Diensteanbieter. Der Entwicklungsprozess im VMT-Projekt ist, wie eingangs erwähnt, durch Zielkonflikte zwischen den Interessen der Forscher und der Plattformbetreiber sowie die unterschiedlichen, sich zum Teil widersprechenden Anforderungen der am Projekt Beteiligten in Richtung Forschungssystem bzw. Regelbetrieb geprägt. Wie für ein Forschungsprojekt charakteristisch sollte und konnte die Entwicklung nicht in allen Einzelheiten im Voraus geplant werden, sondern folgte erfolgreich einem iterativen Ansatz mit verschränkten Entwicklungs- und Erprobungsphasen. Die in der jeweiligen Erprobung gesammelten Erfahrungen resultierten in neuen Anforderungen an die weitere Entwicklung. Trotz aller Zielkonflikte hat es sich bewährt, die wichtigsten Stakeholder kontinuierlich in die Entwicklung einzubeziehen. Auf diese Art konnte das Math Forum als Betreiber der VMT-Umgebung und Betreuer der VMT-Community frühzeitig in die technische, pädagogische und organisatorische Gestaltung eingebunden werden und entsprechende Kompetenzen für den späteren Dauerbetrieb aufbauen.

3.4

Technologieauswahl

Das Aufsetzen auf weit verbreitete Standardwerkzeuge erlaubt es schnell erste Szenarien zu unterstützen und zu analysieren. Ist eine domänenspezifische Unterstützung notwendig, beispielsweise die Möglichkeit mathematische Formeln oder Zeichnungen darzustellen oder gar gemeinsam zu bearbeiten, stoßen Standardwerkzeuge rasch an ihre Grenzen. Ebenfalls bieten Standardwerkzeuge in der Regel nur wenige methodenspezifische Unterstützung, hier z.B. für das explizite Referenzieren einer Nachricht oder das Festhalten wichtiger Punkte in einem separaten Bereich eines Chatwerkzeugs. Zudem ermöglichen die Schnittstellen der Standardwerkzeuge meist nur eine vergleichsweise lose Integration in eine Lernumgebung. Die Kopplung verschiedener Werkzeuge zum Austausch und zur Sicherung von Interaktionsverläufen und (Zwischen-)Ergebnissen oder zur gemeinsamen Benutzer- und Rechteverwaltung gestaltet sich schwierig bis unmöglich. Derartige Anforderungen oder Anforderungen nach weitergehender Unterstützung der Interaktion in der Gruppe, des gemeinsamen Wissensaufbaus oder der Analyse innerhalb eines Werkzeugs lassen sich aufgrund des fehlenden Zugangs zu den Entwicklern dieser Werkzeuge meist nicht realisieren. Es hat sich aber bewährt, auf vorhandene Forschungssysteme aufzusetzen, sofern sie einen bestimmten Reifegrad in Bezug auf Stabilität, Benutzbarkeit und Wartbarkeit aufweisen und es möglich ist, die Entwickler in das Projekt geeignet einzubinden. Für die Wartung und insbesondere den Regelbetrieb ist es notwendig, entweder eigene Kapazitäten vorzuhalten oder diese Aufgaben durch entsprechende Verträge langfristig abzusichern.

5.2 Evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems für Virtual Math Teams

3.5

395

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit soll hier aus drei Perspektiven betrachtet werden: 1.) die Nachhaltigkeit der erarbeiteten mathematischen Problemlösungen, 2.) die Nachhaltigkeit der Forschungsergebnisse und 3.) die Nachhaltigkeit der VMT-Umgebung. Die Ergebnisse des gemeinsamen Problemlösens und des Wissensaufbaus werden in der VMT-Umgebung abgelegt und für die daran Beteiligten oder auch andere verfügbar gemacht. Noch nicht hinreichend beantwortet ist die Frage, wie das Auffinden und (Wieder-)Verwenden dieser Inhalte optimal unterstützt werden kann. Im Rahmen des VMT-Projektes wurden viele Erkenntnisse über den Wissensaufbau in Gruppen (Group Cognition) sowie über die Gestaltung und technische Umsetzung von Kooperationswerkzeugen für derart intensive Gruppenarbeit gewonnen. Diese wurden in zahlreichen Publikationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Entwicklung der VMT-Umgebung selbst wurde und wird im VMT-Projekt durch mehrere Fördergeber unterstützt. Mit dem Math Forum wurde von Anbeginn an eine Organisation in das VMT-Projekt eingebunden, deren Ziel es ist, die VMT-Umgebung dauerhaft als Dienstleistung anbieten zu können. Als langjährig etablierter Plattformbetreiber verfügt das Math Forum über die notwendige technische Infrastruktur, organisatorisches, technisches und pädagogisches Personal zur Betreuung des Angebots sowie eine gewachsene, mathematikinteressierte Community aus Lernenden und Lehrenden.

4

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurde am Beispiel des Virtual Math Teams (VMT) Projektes die evolutionäre Entwicklung eines CSCL-Systems im Schnittbereich von Forschungsprojekt und Regelbetrieb dargestellt. Dazu wurde skizziert, wie die Anforderungen der Stakeholder über mehrere Entwicklungsphasen verfeinert und welche Technologieauswahl- und Implementierungsentscheidungen darauf aufbauend jeweils getroffen wurden. Schließlich wurden die wichtigsten im Projekt gesammelten Erfahrungen zur Unterstützung virtueller Mathematikgruppen, zur Gestaltung, zum Entwicklungsprozess, zur Technologieauswahl und zur Nachhaltigkeit aufgeführt.

396

5.3

5 Erfahrungen aus der Praxis

Kreativitätsbasiertes Lernen Angela Carell Ruhr-Universität Bochum

1

Einleitung

Fest steht: Kreativität und Innovationskraft sind für hochentwickelte Industrienationen die entscheidenden Erfolgsfaktoren im globalen Wettbewerb. Angesichts komplexer Problemstellungen und Herausforderungen muss es in diesem Zusammenhang vor allem darum gehen, Teams oder Gruppen zur Entwicklung kreativer Leistungen zu befähigen. Man spricht hier von group creativity (Nijstad & Paulus 2003), social creativity (Watson 2007; Fischer 2004) oder collaborative creativity (Carell & Herrmann 2010). Entscheidend ist dabei, dass die Gruppe nicht nur Anreger für kreative Einzelleistung ist, sondern selbst zum Kreator wird. Fest steht aber auch: Explizit und systematisch wird die Förderung von kreativem Denken (von Gruppen) in der Hochschullehre bisher kaum in den Blick genommen. International haben sich vor allem Jackson, Oliver, Shaw & Wisdom (2006) mit der Thematik befasst. In der Hochschuldidaktik existieren zwar bereits didaktische Ansätze und Konzepte, die kreatives Lernen prinzipiell ermöglichen, so beispielsweise das projektorientierte Lernen, das problem-based learning oder das inquiry learning (vgl. dazu bspw. Hmelo-Silver, Duncan & Chinn 2007) bzw. das forschende Lernen (Wildt 2002; Schneider & Wildt 2009). Allerdings sind diese didaktischen Ansätze in der Praxis vorwiegend darauf orientiert, analytischkritisch an Problemstellungen heranzugehen und unterstützen bzw. fördern nicht explizit ein Denken, das darauf ausgerichtet ist, kreativ über die Grenzen des bisher Gedachten hinauszugehen. Gleichwohl gibt es in der Lehrpraxis an Hochschulen sowohl exzellente Veranstaltungen, die Studierende zu kreativen Leistungen anspornen, als auch didaktische Formate wie Zukunftswerkstätten, bei denen es um die Entwicklung neuer Lösungen geht. Dennoch fehlt es u.E. an einer expliziten Formulierung einer auf Kreativität orientierten Didaktik im Kontext der Hochschullehre. Wenn Kreativität und insbesondere die Kreativität von Gruppen so wichtig aber gleichzeitig so unterrepräsentiert ist, dann gilt es, didaktische Ansätze und Konzepte zu entwickeln, die die Förderung des kreativen Denkens explizit in den Blick nehmen. Ein solcher Ansatz, den wir als kreativitätsbasiertes Lernen (creativitiy-based learning) bezeichnen, wird im vorliegenden Beitrag vorgestellt. Bei diesem geht es vor allem darum, Lerngruppen bei der Entwicklung kreativer Lösungen zu unterstützen. Der kreative Gruppenprozess wird dabei durch ein kreativitätsorientiertes Rahmenmodell moderiert und durch den Einsatz und die Orchestrierung verschiedener, darauf bezogener computergestützter kollaborationsorientierter Medien gestützt. Bevor wir diesen Ansatz im Weiteren beschreiben und anhand eines konkreten Beispiels aus der Hochschule illustrieren, wird zunächst erläutert, was hier unter Kreativität verstanden wird.

5.3 Kreativitätsbasiertes Lernen

Fach- und Methodenwissen

+

I. Solide Anwendung von Fach-und Methodenkenntnissen

II. Nutzung von Fach-und Methodenkenntnissen zur Erzeugung kreativer Ideen und Lösungen

IV. Unzureichende Anwendung von Fachund Methodenkenntnissen

III. Erzeugung kreativer Ideen und Lösungen bei noch unzureichender Nutzung von Fach-und Methodenkenntnissen

– –

2

Kreativität

+

Abbildung 1:

397

Rahmenmodell zur Klassifizierung kreativitätsorientierter Studierendenleistungen

Kreativität – Vom Umgang mit einem unbestimmten Phänomen

Kreativität ist ein Konstrukt, für das es keine einheitliche Definition gibt. Der Minimalkonsens besteht jedoch darin, dass durch Kreativität etwas Neues und Nützliches bzw. Wertvolles hervorgebracht wird (z.B. Sternberg 1999). So definiert Amabile (1997) Kreativität allgemein als die Produktion neuartiger und angemessener Ideen in jedem Bereich menschlicher Aktivität: „At its heart, creativity is simply the production of novel, appropriate ideas in any realm of human activity, from science, to the arts, to education, to business, to everyday life.“ (Amabile 1997, 40). Unter neu versteht sie Leistungen oder Ideen, die von dem abweichen, was bisher getan oder gedacht wurde. Als angemessen bezeichnet sie Ideen, die nicht absurd sind und zu einer Lösung eines Problems bzw. einer Aufgabenstellung beitragen oder im Rahmen einer spezifischen Gelegenheit genutzt werden können. Die Unbestimmtheit des Begriffs ergibt sich aus der Relativität dessen, was denn genau als neu zu bezeichen ist und beim wem jeweils die diesbezügliche Bewertungsmacht liegt. Entsprechend müssen die Begriffe je nach Anwendungsdomäne kontextspezifisch definiert werden. Für den Bereich hochschulischer Lehr-/Lernprozesse definieren wir Kreativität deshalb als die „individuelle oder gemeinschaftliche Erzeugung von Ideen oder Leistungen, die in einem spezifischen Fachgebiet zu einer neuen Lösung eines Problems oder einer Aufgabenstellung beitragen oder durch die neue Problem- und Fragestellungen erschlossen werden.“ (Carell & Schaller 2010a) Die Unbestimmtheit des Kreativitätsbegriffs führt auch zu einem Erklärungsdilemma in der Kommunikation mit Studierenden: Wie erklärt man etwas, das doch so schwer abstrakt zu fassen ist? Zwar lassen sich Leistungen im Nachhinein vergleichsweise leicht auf ihren Kreativitätsgehalt hin bewerten. Die Benennung klarer und auch für Studierende nach-

398

5 Erfahrungen aus der Praxis

vollziehbarer Kriterien im Vorhinein, fällt dagegen äußerst schwer. Zur Überwindung dieses Erklärungsproblems haben wir ein einfaches heuristisches Modell zur Klassifizierung von kreativitätsorientierten Studierendenleistungen entwickelt (Carell & Schaller 2010a). Dieses präsentieren wir Studierenden, wenn es darum geht zu klären, was wir unter einer kreativen Leistung verstehen (vgl. Abb.1). In der Vier-Felder-Matrix ist einerseits der Grad an Kreativität, andererseits der Grad an eingebrachtem Fach- und Methodenwissen abgetragen. Das Kreativitätspotenzial entfaltet sich vor allem in den Feldern II und III.

3

Kreativitätsbasiertes Lernen in der Praxis

Entwickelt und erprobt haben wir das kreativitätsbasierte Lernen in verschiedenen universitären Lehr-/Lernsituationen, die sich an grundständige Studierende der Angewandten Informatik oder an Weiterbildungsstudierende des Masterstudienganges „Organizational Management“ richteten. Bei den gestellten Aufgabenstellungen ging es jeweils darum, für komplexe Problemstellungen kreative Lösungen zu entwickeln. Die bearbeiteten kreativitätsorientierten Themen reichten dabei von sehr fachspezifischen Aufgabenstellungen im Bereich der Angewandten Informatik (Entwicklung eines Instruments zur Ermittlung des Reifegrades computergestützter Kommunikation in Unternehmen, Konzeptentwicklung und prototypische Realisierung beiläufiger Erhebungsmethoden auf Android-Basis) über Angebote im Bereich Organisationsentwicklung (Entwicklung von Interventionen zur Förderung eines kreativitätsorientierten Klimas in Organisationen) bis hin zu sehr allgemeinen Themenstellungen (Entwicklung einer innovativen Laptoptasche), bei denen es vorwiegend darum ging, als Gruppe beispielhaft einen kreativen Prozess zu durchlaufen und zu reflektieren.

3.1

Das Rahmenmodell: Die Doppelhelix des kreativen Problemlöseprozesses

Das Kreativitätsbasiertes Lernen erfolgt nicht völlig frei, sondern entlang eines klar definierten Prozesses. Damit gehört dieser didaktische Ansatz wie auch das problem-based oder inquiry learning zu den „highly scaffolded“ (Hmela-Silver et al. 2006) Lernmodellen. Die Strukturierung des Lernprozesses entlang eines Rahmenmodells ermöglicht es Lerngruppen, sich intensiv mit einer kreativen Aufgabenstellung auseinanderzusetzen, ohne sich gleichzeitig mit Fragen der Gruppenorganisation und der Steuerung des gemeinsamen Lernprozesses befassen zu müssen (was zu einer Erhöhung des cognitive load führen würde). Die Cognitive Load Theory befasst sich vor allem mit komplexen kognitiven Lernprozessen „where learners are often overwhelmed by the number of information elements and their interaction that need to proceed simultaneously before meaningful learning can commerce“ (Paas, Renkl & Sweller 2004, 1).

5.3 Kreativitätsbasiertes Lernen

Abbildung 2:

399

Strukturprinzip der Doppelhelix.

Nach Wulf und Shea (2002) profitieren Lernsituationen mit einem sehr hohen cognitive load davon, wenn diese auf besser handhabbare Einheiten heruntergebrochen werden. Die Strukturierung des kreativitätsbasierten Lernprozesses erfolgt im hier vorgestellten Beispiel entlang eines Rahmenmodells, das wir als „Doppelhelix des kreativen Problemlöseprozesses“ (Carell, Frerichs & Schaller 2011) bezeichnen. Die Doppelhelix des kreativen Problemlöseprozesses haben wir im Rahmen eines intensiven Design-based Research Prozesses entwickelt. Sie beruht 1) auf der Analyse bestehender Kreativitätsprozesse (Carell & Schaller, 2010), 2) auf der insbesondere von Scharmer (2009) herausgearbeiteten Bedeutung von Einstellungen und Haltungen für Kreativprozesse, und 3) auf ihrer Erprobung in verschiedenen Lehr-/Lernsituationen. Letztere haben wir auf Video aufgezeichnet und analysiert. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurde der Prozess weiterentwickelt (vgl. Carell & Schaller 2010a). Dieser Prozess, auf den wir nachfolgend näher eingehen, dient dabei nicht nur als Orientierungsrahmen für den Kreativprozess. Vielmehr stellt er auch eine Entscheidungsfolie für Lehrende dar, phasenorientiert geeignete computerunterstützte Medien und kreativitätsorientierte Methoden miteinander zu kombinieren.

3.2

Strukturprinzipien und Aufbau der Doppelhelix

Die Doppelhelix des Kreativitätsprozesses besteht aus zwei miteinander verbundenen Strängen, die das „Was“ sowie das „Wie“ des kreativen Handelns beschreiben. Sie stellt auf der einen Seite die Aktivitäten des Kreativ Prozesses (Was-Strang) und auf der anderen Seite die darauf bezogenen Methoden, Techniken und Medien (Wie-Strang) dar (siehe Abb.2). Die Doppelhelix ist in sechs Kreativphasen unterteilt und kann ganz oder in Teilen mehrfach durchlaufen werden. Jede Phase des Kreativprozesses beginnt mit einer Öffnung bzw. Ausweitung (Divergenz) und führt nach einem Wendepunkt zu einer Verdichtung (Konvergenz) bis zu einem Konvergenzpunkt, von dem aus sich die jeweils nachfolgende Prozessphase öffnet. In Anlehnung an Scharmer (2009) ist in der Mitte der Doppelhelix die innere Haltung visualisiert, die im Kreativitätsprozess systematisch aufgebaut werden muss.

400 Tabelle 1:

5 Erfahrungen aus der Praxis Der Kreativitätsprozess und Beispiele für den Einsatz computergestützter Medien Phase

Kurz-Beschreibung

Beispiele für den Einsatz computergestützter Medien

Linking

Eine emotionale Verbindung mit der Aufgabe und dem Problem einnehmen

Filme, Audio, Bilder

Konvergenzp. Understanding

Das Problem ist emotional erfasst Das Problem kognitiv durchdringen und mit Informationen unterfüttern

Konvergenzp. Searching

Das Problem/die Aufgabe ist verstanden und fokussiert Erste Ideen entwickeln Elektronisches Brainstorming, MindMapping, elektronische Ideensammlung, Ideenclusterung und Ideenpriorisierung (z.B. mit SeeMe)

Konvergenzp. Finding

Ideenabstraktion – Die Ideen hinter den Ideen sind extrahiert Weitere Ideengenerierung und SeeMe, OneNote, Google Docs Lösungsentwicklung

Konvergenzp. Doing

Die Lösung ist gefunden und fixiert Prototypische Ausarbeitung der Lösung

Konvergenzp. Convincing

Lösung ist prototypisch realisiert Andere überzeugen und ggf. Promotoren finden

Konvergenzp.

Lösung ist präsentiert

Asynchron, räumlich verteilt

Open Mind

Synchron, gemeinsamer Ort

Open Heart

Haltung

Modus

Synchron, teilweise räumlich verteilt

Open Will

Synchron/ asynchron/ räumlich verteilt

Asynchron

Synchron

3.3

OneNote, MindMapping, electronic pin board, Many Eyes, Prezi.com

Werkzeuge zur Visualisierung und Erzeugung von Mock-ups

Multimedial

Die Rolle computergestützter Medien

Der beschriebene Kreativprozess kann durch den Einsatz computergestützter Medien begleitet werden. In unserem Beispiel orchestrieren wir auf dem Markt verfügbare Applikationen und Tools je nach Aufgabenstellung und Kreativphase. Dieser Ansatz erzeugt hinsichtlich der Auswahl und des Einsatzes von computergestützten Medien eine größtmögliche Flexibilität. Beim kreativitätsbasierten Lernen erfüllen die eingesetzten computergestützten Medien unterschiedliche Funktionen: – Sie sind Werkzeuge (vgl. z.B. Weidenmann 2001), wenn es darum geht, bestimmte kooperationsrelevante Funktionalitäten zur Verfügung zu stellen (wie bspw. das gemeinsame Sammeln von Informationen).

5.3 Kreativitätsbasiertes Lernen

401

– Sie sind Anreger, wenn sie das kreative Denken stimulieren und/oder einen Problemzugang auf emotionaler Ebene unterstützen (bspw. Bilder als Anreger einspielen, Filme, Erzeugung von akustischen Eindrücken durch Klänge). – Sie sind Kreativzeuge, wenn sie kreatives Denken des Einzelnen wie der Gruppe unterstützen (z.B. beim gemeinsamen Ideenfindungsprozess). Darüber hinaus orientieren sich der Einsatz und die Orchestrierung von computergestützten Medien an den spezifischen Erfordernissen sowohl der jeweiligen Kreativphase der Doppelhelix als auch am Modus des kollaborativen Prozesses (synchron und ko-lokal, d.h. gemeinsam an einem Ort oder asynchron und a-lokal, d.h. zeitlich und räumlich verteilt). Die Medien müssen dabei: – die Anforderungen aus dem Kreativprozess möglichst optimal unterstützen – Übergänge vom synchronen, ko-lokalen hin zu räumlich und zeitlich verteilten Lernen (asynchron, a-lokal) ermöglichen – die Erzeugung von Divergenz wie auch von Konvergenz zulassen – Medienbrüche vermeiden, um die unterschiedlichen Kollaborationsmodi (ko-lokal, räumlich verteilt, usw.) und den Wechsel zwischen diesen effektiv zu unterstützen.

3.4

Der Einsatz von Medien im Prozess des kreativitätsbasierten Lernens

Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Phasen des Kreativprozesses nach dem Modell der Doppelhelix anhand eines konkreten Beispiels beschrieben. Jeder Abschnitt beginnt mit einer abstrakten Beschreibung der jeweiligen Kreativphase. Danach wird anhand des Praxisbeispiels aufgezeigt, wie eine mögliche Computerunterstützung aussehen kann. Die einzelnen Phasen können dabei unterschiedliche Kollaborationsmodi aufweisen (von synchron und ko-lokal bis asynchron, a-lokal), die in Klammern nach der Phasenbezeichnung ausgewiesen werden. Die Verdichtung der phasenspezifischen Ergebnisse in den Konvergenzpunkten erfolgt immer synchron und ko-lokal. Die Aufgabenstellung: Im Rahmen des hier beschriebenen Fallbeispiels bestand die Aufgabe der Studierenden darin, ein Konzept für ein diebstahlsicheres Fahrrad zu erstellen: Hersteller sehr hochwertiger und extravaganter Fahrräder haben das Problem, dass die Räder von Ihren Kunden nur für sog. „Spezialgelegenheiten“ (Ausflug, Urlaub etc.) genutzt werden. Im Alltag werden sie kaum eingesetzt, weil die Kunden – zu Recht – befürchten, dass die Räder gestohlen werden. Es sollen ein oder mehrere Lösungen dafür zu entwickelt werden, wie Räder effektiv vor Diebstahl geschützt werden können.

Linking (Kollaborationsmodus: Synchron, ko-lokal) In dieser ersten Kreativphase geht es vor allem darum, Studierenden einen emotionalpsychischen Zugang zum gestellten Problem zu eröffnen, d.h., ihnen eine gefühlsmäßige Bindung an das Problem zu ermöglichen. Gleichzeitig soll hier eine positive Haltung zum kreativitätsbasierten Lernen aufgebaut werden (open heart). In unserem Beispiel spielen wir über eine interaktive Projektionsfläche Bilder von handgefertigten Fahrrädern, einen Film über eine Fahrradmanufaktur, sowie kurze Audioaufnahmen von Interviews mit Fahrradliebhabern ein. Nachdem die Studierenden dem Setting ei-

402

5 Erfahrungen aus der Praxis

nige Minuten ausgesetzt sind, werden sie auf emotionaler Ebene nach ihren eigenen Erfahrungen mit Fahrrädern befragt. Nach diesem persönlichen Einstieg wird die Aufgabenstellung (s.o.) präsentiert. Dokumentiert wird die Aufgabe in OneNote, das auch im weiteren Verlauf des kreativen Lernprozesses als kollaboratives Notizbuch verwendet wird. OneNote wird dabei sowohl in den ko-lokalen Treffen als kollaborativer Informationsspeicher, als auch in den asynchronen Arbeitsphasen eingesetzt.

Understand (Kollaborationsmodus: Asynchron, a-lokal) In der zweiten Phase geht es um eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aufgaben- und Problemstellung. Der Problemraum wird dabei zunächst aufgemacht, bevor er durch das erzeugte tiefere Verständnis wieder verdichtet wird, um das zu bearbeitende Problem zu konkretisieren und zu fokussieren (2. Konvergenzpunkt). Dabei geht es nicht nur darum, das Problem möglichst analytisch-kritisch zu durchdringen und Materialien auszuwerten. Vielmehr soll bereits in dieser Phase der Übergang von einem eher analytischen hin zu einem creative thinking style (Carell & Nolte 2010; vgl. auch Sternberg 2006) eingeleitet werden, um gewohnte Denkgewohnheiten durchbrechen sowie (implizite) Annahmen und Schlussfolgerungen hinterfragen zu können. In kleinen Arbeitsgruppen analysieren die Studierenden das gestellte Problem und sammeln Themenfelder für die anstehende Recherchephase. So werden bspw. Informationen über Fahrraddiebstähle, Testberichte von Fahrradschlössern oder besonders diebstahlgefährdete Fahrradmarken bzw. Abstellorte als mögliche Vertiefungsthemen identifiziert. Auch das Thema „Tarnverhalten in der Tierwelt“ wird als betrachtenswert erachtet. In einer ersten ad hoc-Recherche werden erste Ergebnisse über ein online verfügbares kollaboratives Mindmapping-Werkzeug (mindmeister.com) visualisiert und anschließend gemeinsam nach Wichtigkeit oder Interesse priorisiert. In kleineren Teams (max. 3 Personen) wird zu den ausgewählten Ideen in einer asynchronen Arbeitsphase intensiv recherchiert und die Ergebnisse in der kollaborativen Mindmap visualisiert. Ergänzendes und illustrierendes Material wie Statistiken, Zeitschriftenartikel, Bilder etc. werden in dem gemeinsamen Notizbuch OneNote hinterlegt.

Searching (Kollaborationsmodus: Synchron, ko-lokal) In der Phase des Searching werden erste Lösungsideen für die Problemstellung entwickelt. Altes soll losgelassen und neue Lösungsideen sollen generiert werden. Hier geht es insbesondere in der divergenten Phase darum, viele und vor allem sogenannte wild ideas (Kelley 2001) zu erzeugen. In der konvergenten Phase wird versucht, die Idee hinter der gefundenen Idee zu extrahieren (3. Konvergenzpunkt). In dieser Phase unterstützen die eingesetzten Medien den kreativen Lernprozess als Anreger und Kreativzeuge. Um das Denken zu öffnen (open mind) und Denkbarrieren sichtbar zu machen, werden zu Beginn und im weiteren Verlauf der Searchingphase immer wieder kleinere Kreativübungen zur Auflockerung eingestreut. Im eigentlichen Ideenfindungsprozess kommen verschiedene Kreativtechniken (Bisoziation, ForceFit-Methode) zum Einsatz. Die Ideen werden in der Präsenzsitzung über ein spezifisches Tool (SeeMe-Editor) gesammelt. Der SeeMe-Editor ist ursprünglich ein Werkzeug zur Modellierung von kooperativen Arbeitsprozessen (Herrmann et al. 2004). Es wurde um Elemente der verteilten Ideensammlung und -clusterung sowie um einen Voting-Mechanismus erweitert. Über iPads können die Studierenden ihre Ideen individuell eingeben, die auf einer interaktiven Wand zeitgleich für

5.3 Kreativitätsbasiertes Lernen

403

alle visualisiert werden. Anschließend werden die Ideen in der Gruppe diskutiert und geclustert. Besonders kuriose oder abwegige Ideen werden gesondert aufgelistet und explizit diskutiert. Über die im Editor verfügbare Kommentarfunktion werden die Ideen kommentiert und die ,Ideen hinter den Ideen‘ festgehalten (Ideenabstraktion). Beispielsweise wird aus der Idee „Fahrrad weg hexen“ die abstraktere Idee „Fahrrad ist nicht sichtbar“.

Finding (Kollaborationsmodus: Synchron, ko-lokal) In der Finding-Phase werden auf der Basis der Ideenabstraktion der vorangegangenen Phase weitere Ideen generiert und Lösungen fixiert (4. Konvergenzpunkt). Ziel dieser zweiten Ideenphase ist es, durch das Tal der Tränen hindurch zu gehen und nochmals (und oftmals bessere) Ideen zu erzeugen. Als Tal der Tränen bezeichnet man eine Phase, in der kaum noch Ideen generiert werden, in der scheinbar alle Ideen gesammelt sind. In dieser Phase arbeitet die Gruppe insbesondere an der Idee „Fahrrad ist nicht sichtbar“. Zunächst wird eine Analogie gesucht (Tarnung bei Tieren) und auf ihre wesentlichen Merkmale hin analysiert (mittels SeeMe-Editor). Anschließend werden diese Merkmale auf das Problem des „nicht sichtbaren Fahrrades“ übertragen. Die Ideen werden in dieser Phase mit einer elektronischen Variante der 635-Methode gesammelt. Dies ist eine Methode des Brainwriting: 6 Teilnehmende erzeugen in jeweils 5 Minuten 3 Ideen. In der Papiervariante erhalten die Teilnehmenden ein Blatt mit einer Tabelle, die auch 3 Spalten und 6 Zeilen besteht. Pro Runde schreibt jeder Teilnehmende bzw. jede Gruppe drei Ideen auf. Nach fünf Minuten werden die Blätter weitergereicht. Bei der Ideenfindung lassen sich die Teilnehmenden von den Ideen der anderen inspirieren und dürfen diese auch weiterentwickeln. In der elektronischen Variante erhält jeder Studierende bzw. kleinere Gruppen von Studierenden ein iPad und schreibt Ideen in die erste Zeile einer vorbereiteten Tabelle. Nach 5 Minuten wurden die iPads reihum weitergereicht. Die elektronisch gesammelten Ideen wurden während einer kurzen Pause synchronisiert und anschließend gemeinsam diskutiert und bewertet.

Doing und Convincing (Kollaborationsmodus: Asynchron, a-lokal; in der Convincing-Phase: Synchron, ko-lokal) In der anschließenden Doing-Phase wird die Lösung prototypisch umgesetzt, um sie in der Convincing-Phase Dritten zu präsentieren. In der Doing-Phase werden zu den verschiedenen Ideen konkrete Lösungen ausgearbeitet. Dabei wird viel Wert auf die prototypische Umsetzung und Dokumentation des Lösungsweges und der Lösungen gelegt. So werden z.B. Papp-Fahrräder gebastelt, die hoch oben an Gebäuden oder Laternenmasten aufgehängt werden oder kleine Skizzen und Fotomontagen angefertigt. Je nach Lösungsidee können unterschiedliche Materialien zum Tragen kommen: Knete, Legosteine oder auch computerbasierte Werkzeuge zur Visualisierung oder Erzeugung von sog. Mock-ups (Attrappen) etc. Die Dokumentation erfolgt per Foto/Video und/oder Audioaufnahme, um während des Prozesses des Prototypings Überlegungen und Designentscheidungen festhalten zu können.

404

4

5 Erfahrungen aus der Praxis

Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurde das Konzept des kreativitätsbasierten Lernens sowohl theoretisch als auch anhand eines praktischen Beispiels vorgestellt. Bei diesem Ansatz geht es insbesondere darum, Studierende zu befähigen, kreative Lösungen zu entwickeln, d.h. über das bisher Gedachte hinauszugehen. Diese Form des Lernens wurde dabei als „highly scaffolded“ beschrieben. Entsprechend wird es entlang eines Rahmenmodells, der Doppelhelix des kreativen Problemlöseprozesses, angeleitet. Insbesondere mit Blick auf computerunterstützte kollaborative Lehr-/Lernszenarien wurde aufgezeigt, wie computergestützte Medien diesen Prozess unterstützen und begleiten können. Besonderes Kennzeichen des Medieneinsatzes ist, dass über den gesamten Kreativprozess unterschiedliche computergestützte Medien miteinander orchestriert werden. So kann flexibel auf die verschiedenen Anforderungen in den einzelnen Kreativphasen reagiert werden. In diesem Zusammenhang muss aber angemerkt werden, dass sich durch eine solche Vorgehensweise Medienbrüche nicht ganz vermeiden lassen. Allerdings deutet eine Arbeit von Carell & Herrmann (2010) darauf hin, dass Medienbrüche im Kreativprozess durchaus positive, d.h. kreativitätsförderliche Wirkungen haben können.

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

5.4

405

CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE Stefanie N. Lindstaedt1, Conny Christl2 1

Institut für Wissensmanagement, Technische Universität Graz und Know-Center, Graz 2 ISN-Innovation Service Network, Graz

1

Übersicht

In diesem Kapitel wird ein Fallbeispiel einer CSCL-Umgebung in einem Unternehmen vorgestellt. APOSDLE ist eine CSCL-Umgebung, die arbeitsintegriertes Lernen fördert; das heißt Lernen am Arbeitsplatz unterstützt und in die Arbeitsprozesse integriert. Zunächst werden der Begriff des arbeitsintegrierten Lernens und damit verbundene Herausforderungen näher beleuchtet. Anschließend wird die CSCL-Umgebung APOSDLE am Beispiel eines KMU Betriebs illustriert. Anhand eines Szenarios werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie APOSDLE Lernen während der Arbeit unterstützen kann. Je nach Bedarf können verschiedene Varianten der Lernunterstützung ausgewählt werden: Durch automatische Empfehlungen, die zum aktuellen Arbeitskontext passen, bietet das System eine „geringe Lernunterstützung“ an. Es bietet „mittlere Lernunterstützung“ an, indem Zusammenhänge zwischen Themen erkundet werden können oder der Kooperationsprozess kontextualisiert wird. Die CSCL-Umgebung ermöglicht aber auch „viel Lernunterstützung“ durch die gezielte Reflektion von Themen und systematische Kompetenzentwicklung. Schließlich werden die einzelnen Schritte gezeigt, die notwendig sind um APOSDLE in einem Unternehmen einzuführen, sowie die zentralen Ergebnisse einer dreimonatigen Feldstudie zusammengefasst.

2

Einleitung

Betriebliche Weiterbildung und gezielte Personalentwicklung sind der Schlüssel zu Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Um mit der vorherrschenden Dynamik der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen mithalten zu können, stellt die Investition in die Weiterbildung der Mitarbeiter/-innen einen zentralen Erfolgsfaktor dar. Dies geschieht oft indem auf Bildungsangebote, wie zum Beispiel Seminare oder E-Learning Kurse, entweder intern im Unternehmen oder extern durch Universitäten, Bildungsinstitute usw. zugegriffen wird. Lernen am Arbeitsplatz unterscheidet sich jedoch stark von Lernen in Bildungseinrichtungen; so ergibt sich der Wissensbedarf am Arbeitsplatz aus der Situation heraus, d.h. die Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter/-innen ändern sich ständig und sind stark von den Zielen des Unternehmens abhängig. Die Literatur scheint weitestgehend darin übereinzustimmen, dass Lernen am Arbeitsplatz durch informelle Wissensaneignung so „nebenher“ passiert und Personen sich nicht darüber bewusst sind, dass sie gerade lernen (vgl. Eraut & Hirsh 2007; Kooken, Ley & Hoog 2007).

406

5 Erfahrungen aus der Praxis

Für eine CSCL-Umgebung in Unternehmen bedeutet dies, dass einerseits informelles Lernen im Rahmen der Aufgaben, die im normalen Arbeitsalltag bzw. in Projekten anfallen, unterstützt werden muss, wie z.B. das Suchen und Finden benötigter Informationen. Andererseits ist es auch wichtig, die gezielte Kompetenzentwicklung, also „klassisches“ Lernen bei der Arbeit zu unterstützen, wie z.B. die gezielte Aneignung von Wissen, das zur Durchführung der Arbeitsaufgaben relevant ist oder die Reflektion von Fehlern (anderer) bzw. (gemeinsamer) Lösungen. Schließlich, als zentraler Aspekt für eine CSCL-Umgebung, sollte die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter/-innen unterstützt werden; z.B. das gemeinsame Problemlösen oder das gezielte Auffinden sachkundiger Mitarbeiter/-innen für den Wissensaustausch.

3

Grundüberlegungen

Eine mögliche Lösung und Antwort auf diese Anforderungen, kann das Paradigma des arbeitsintegrierten, computergestützten Lernens sein. Dies stellt eine junge Disziplin dar, die versucht, allgemeine CSCL-Technologie und Ansätze des Wissensmanagements mit intelligenter Technologie zu verknüpfen (vgl. Lindstaedt et al. 2008). Dadurch kann formal und informell mit direktem Aufgabenbezug gelernt werden.

3.1

Was ist arbeitsintegriertes Lernen?

Arbeitsintegriertes Lernen bedeutet den notwendigen Wissenserwerb der Mitarbeiter/-innen mit den konkreten Arbeitsanforderungen zu verknüpfen. Durch immer kürzere Produktlebenszyklen ist es heute nicht mehr sinnvoll „auf Vorrat“ zu lernen. Die Mitarbeiter/-innen lernen „on the job“, im konkreten Anlassfall immer gerade das, was sie benötigen. Bischoff et al. (2007) bezeichnen Lernen am Arbeitsplatz als ein Nebenprodukt der eigentlichen Arbeit an komplexen Projekten, das durch selbstgesteuerte und zielorientierte Suche nach relevanten und zeitkritischen Informationen geprägt ist. Mitarbeiter-/innen und die PC Umgebung stellen dabei eine reiche Quelle für Lernmaterial dar und werden häufig als Lernressource genutzt. Kurzes Nachfragen oder Daten aus Dokumenten, E-Mails, besuchte Webseiten oder Instant Messaging Protokolle stellen Verknüpfungen zu bereits bestehenden Wissenseinheiten her und sind oft die hilfreichsten Informationsgeber. In Unternehmen sind diese sachkundigen Mitarbeiter/-innen oder Ressourcen, die die notwendige Information zur Lösung eines Problems liefern könnten, meist schon vorhanden – die Suchenden wissen jedoch nichts davon. Eine CSCL-Umgebung sollte unternehmensspezifische Themen daher so vermitteln, dass sie einerseits schnell zur Aufgabenerfüllung verwendet werden können, auf der anderen Seite aber wenig Aufwand bei der Erstellung der Lerneinheiten entsteht. Anstelle von generellen Lerneinheiten treten also solche, die speziell auf das Unternehmen abgestimmt sind, in den Vordergrund. Da Lernen in Unternehmen auch immer unbewusster stattfindet, spielt die Kommunikation zwischen Mitarbeiter/-innen eine große Rolle. Hier wechseln die Rollen von Lehrenden und Lernenden abhängig vom Themengebiet sehr schnell (Lindstaedt & Mayer 2006).

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

4

407

Fallbeispiel: Einführung von APOSDLE in einem KMU Betrieb

Anhand eines Fallbeispiels wird illustriert, wie die CSCL-Umgebung APOSDLE, abhängig von den unterschiedlichen Lernanforderungen und Rahmenbedingungen eines Unternehmens, eingesetzt und eingeführt werden kann.

4.1

Ausgangssituation und Zielsetzung

Die Firma Innovation Service Network GmbH (ISN) ist ein KMU-Netzwerk, das Dienstleistungen und Beratung im Fachgebiet des Innovationsmanagements anbietet. Derzeit verfügt sie über fünfzehn Mitarbeiter/-innen an verschiedenen Standorten in Österreich und Slowenien. Durch die Einbindung von rund 40 Kooperationspartnern bestehend aus Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Dienstleistern besteht die Möglichkeit, zusätzliches projektrelevantes Expertenwissen hinzuzuziehen und spezifische Kompetenzen zu nutzen. Ausgangssituation: Eine große Herausforderung dieses KMU-Netzwerks ist, dass Mitarbeiter/-innen einerseits immer weniger Zeit für gezielte Weiterbildung und Wissensaustausch haben; andererseits durch zunehmende Komplexität in Dienstleistung und Industrie, höhere Anforderungen an Innovationsprojekte gestellt werden. Mit zunehmender Projekthistorie des Unternehmens wird es aber auch immer schwieriger, das im Unternehmen vorhandene Wissen in Projekten und Teams sinnvoll (wieder-) zu verwenden. Zielsetzung: Mit APOSDLE sollen Mitarbeiter/-innen direkt in der Projektarbeit auf relevante Informationen aufmerksam gemacht werden sowie der Erfahrungsaustausch zwischen den Innovationsexperten unterstützt werden. Zum Beispiel kann ein Vortrag zu einem bestimmten Thema schneller vorbereitet werden, wenn es zu diesem Thema bereits einen Vortrag gibt oder jemand gefragt werden kann, der eine Konferenz zu diesem Thema besucht hat. Ein weiteres Ziel des Unternehmens ist es, neue Mitarbeiter/-innen effektiver in standardisierte Unternehmensabläufe zu integrieren. So kann beispielsweise ein Projektangebot einfacher erstellt werden, wenn Angebote ähnlicher Projekte als Vorlage genutzt werden können. Anwendung von CSCL-Technologie: Im Gegensatz zu Großunternehmen fehlen in Klein- und Mittelbetrieben häufig die finanziellen Ressourcen für „Lern-Plattformen“, zumal es diese für sehr spezifische Lerndomänen auch nicht gibt. Mit APOSDLE lässt sich die bestehende Arbeitsumgebung mit Funktionalitäten so erweitern, dass Lehr- und Lernprozesse, angepasst auf die Domäne des Innovationsmanagements, unterstützt werden.

4.2

Wie sieht arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE aus?

Dieser Abschnitt illustriert entlang eines typischen Arbeitstages einer ISN-Mitarbeiterin, wie APOSDLE arbeitsintegriertes Lernen unterstützt. Die Mitarbeiterin kann dabei, je nach Arbeitssituation oder persönlicher Präferenz, unterschiedliche Varianten der Lernunterstützung wählen; von wenig Lernunterstützung hin zu viel Lernunterstützung.

408

4.2.1

5 Erfahrungen aus der Praxis

Wenig Lernunterstützung: Wissen, was das Unternehmen weiß

Sandra ist in Eile. Innerhalb der nächsten Stunde benötigt sie einen Vortrag über „Trends in der Automobilindustrie“ für das Kick-off Meeting ihres neuen Projektes. Sie öffnet eine Folienvorlage und sobald sie den Titel der Präsentation „Trends in der Automobilindustrie“ eingibt, weist sie APOSDLE durch eine kleine Nachricht im unteren Eck des Bildschirmes darauf hin, dass Ressourcen zum Thema „Trend“ vorhanden sind.

Abbildung 1:

APOSDLE Empfehlungen zeigt, passend zu Sandras Vorwissen und ihrem Aufgabenkontext, Ressourcen an. Eine Übersicht der Themen ist links im Themenbaum zu sehen.

Sandra ist an den Vorschlägen von APOSDLE interessiert und klickt auf den APOSDLE Icon in der Taskleiste. Es öffnet sich das Empfehlungsfenster (Abbildung 1) und zeigt alle relevanten Ressourcen bzw. Mitarbeiter/-innen, die zu diesem Thema gefragt werden können, an. Die Reihenfolge der angezeigten Ergebnisse ist an ihr Vorwissen (vgl. Benutzerprofil, Abbildung 6) zum Thema „Trend“ angepasst; zusätzlich kann sie die Qualität der Ergebnisse anhand von Bewertungen anderer Mitarbeiter/-innen einschätzen. Sandra öffnet eine Definition zu Trends und der APOSDLE Reader (Abbildung 2) öffnet automatisch die relevante Textpassage, d.h. genau den passenden Ausschnitt aus dem Dokument. APOSDLE unterstützt Sandra bei ihrer Arbeit ohne dass sie eine explizite Suchanfrage formuliert. Die empfohlenen Wissensquellen sind über Informationen aus dem Benutzerprofil an ihr Vorwissen angepasst und machen Sie sowohl auf Textpassagen, als auch auf andere Personen aufmerksam. Sandra hat bei jeder Textpassage die Möglichkeit die entsprechenden Autoren zu kontaktieren. Ebenfalls wird der kooperative Aspekt durch das Bewerten von Textpassagen gefördert. APOSDLE bietet hier geringe Lernunterstützung an, weil durch Empfehlungen Lern- und Kooperationsmöglichkeiten zum aktuellen Aufgabenbezug vorgeschlagen werden; dadurch erhält Sandra Informationen, die sie vielleicht benötigt, nach denen sie aber nicht explizit gesucht hätte.

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

Abbildung 2:

4.2.2

409

Der APOSDLE Reader zeigt Sandra Textpassagen, d.h. Ausschnitte aus Dokumenten, die zu ihrem aktuellen Kontext passen, an. Rechts werden ihr weitere Informationen (Autor, Relevanz, Datum, Bewertung, weitere Textpassagen im Dokument) angezeigt. Die Leiste (Mitte) dient zur Navigation

Mittlere Lernunterstützung: Zusammenhänge erkennen und kontextualisierte Kooperation

Nach der erfolgreichen Präsentation beginnt Sandra damit einen Kreativitätsworkshop vorzubereiten. Da sie noch nie einen Kreativitätsworkshop moderiert hat, nimmt sie sich etwas Zeit, um das Thema genauer zu erkunden. Sandra öffnet das Empfehlungsfenster und beginnt nach „Kreativitätstechniken“ und „Kreativitätsworkshop“ zu suchen. Schließlich wählt sie die Aufgabe „Kreativitätstechniken in Workshop anwenden“ aus und lässt sich die Ergebnisse im Durchsuchenfenster (Abbildung 3) anzeigen. Hier kann sie zwischen verschiedenen Ansichten auswählen (Themenbaum, Aufgabenbaum, Prozessansicht und Themennetz) und die Zusammenhänge zu anderen Aufgaben und Themen erkunden.

Abbildung 3

Mit dem Durchsuchenfenster kann Sandra über verschiedene Ansichten Zusammenhänge zwischen Aufgaben und Themen erkunden

410

5 Erfahrungen aus der Praxis

Schließlich lässt sie sich Empfehlungen zur Aufgabe „Kreativitätstechniken in Workshop anwenden“ zeigen und verfeinert die Ergebnisse weiter (Abbildung 4), indem sie sich über einen Filter nur relevante Ressourcen zu „Anwenden können von Kreativitätstechniken“ zeigen lässt.

Abbildung 4:

Über einen Filter können die Ergebnisse, die im Empfehlungsfenster (Abbildung 1) angezeigt werden, eingeschränkt werden. Dafür wird zu der ausgewählten Aufgabe (links) ein Lernziel (rechts) ausgewählt.

Sie findet dazu ein Video und sieht sich dieses an. Auch hier markiert der APOSDLE Reader, wie bei den Textpassagen, wieder die wichtigsten Stellen und zeigt die Bewertungen anderer Mitarbeiter/-innen an. Durch das Video hat sie nun ein besseres Verständnis, hat aber eine markierte Stelle nicht genau verstanden und kontaktiert Peter, den Autor dieser Textpassage. APOSDLE empfiehlt Sandra das geeignetste Kommunikationstool (synchron vs. asynchron, vorhandene Tools, persönlich Präferenzen; vgl. Beitrag 2.1 Kommunikation und Awareness). Der APOSDLE Kooperationsassistent (Abbildung 5) unterstützt Sandra dabei die Anfrage zu formulieren; so kann sie ihre Problemstellung angeben, einschätzen über wie viel Wissen sie bereits verfügt und ihr Lernziel angeben. Der Kooperationsassistent unterstützt sie dabei, indem jeweils Satzbausteine zur Formulierung (vgl. auch Beitrag 2.7 Werkzeuge für scripted collaboration) vorgeschlagen werden. Peter erhält gleichzeitig mit ihrer Chat Anfrage, Informationen zu ihrem aktuellen Aufgabenkontext (vorausgesetzt Sandras Privatsphäre-Einstellungen lassen dies zu). Diese Informationen geben an, an welcher Aufgabe Sandra gerade arbeitet, welche Ressourcen sie gesucht hat und welche Ressourcen ihr APOSDLE bereits vorgeschlagen hat. Sandra kann sich während der Kooperation Notizen machen und im Anschluss zentrale Ergebnisse so zusammenfassen, dass sie künftig für Andere als Empfehlung angezeigt werden können. Durch den APOSDLE Kooperationsassistenten wird kooperatives Lernen am Arbeitsplatz und in den Arbeitsprozessen unterstützt. APOSDLE ermöglicht mittlere Lernunterstützung, dadurch dass Zusammenhänge zwischen Themen und Aufgaben explizit dargestellt werden und Mitarbeiter/-innen die Wissensstrukturen der Domäne erkunden können. Es können Lernziele, die mit einer Aufgabe verbunden sind, angezeigt und die vorgeschlagenen Empfehlungen entsprechend gefiltert werden. Zu-

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

411

dem schlägt APOSDLE passende Expert/-innen zu einem Thema vor und unterstützt den Kooperationsprozess, von der Auswahl des geeignetsten Kommunikationswerkzeugs über das Formulieren einer Anfrage und das Anzeigen des Benutzerkontextes.

Abbildung 5:

4.2.3

APOSDLE Kooperationsassistent, Links die Anfrage über „Scripted Cooperation“, Rechts der Kontext von Sandra

Viel Lernunterstützung – Ermunterung zur Reflektion und systematischen Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz

Sandra hat gerade etwas Zeit und möchte diese nutzen um ihr Wissen über Kreativitätstechniken zu vertiefen. Sie öffnet das Erfahrungsfenster (Abbildung 6) und reflektiert über die Aufgaben, an denen sie in letzter Zeit gearbeitet hat. Dieses Fenster stellt ihr Benutzerprofil dar und zeigt an in welchen Themen sie Anfängerin (gelb), Fortgeschrittene (grün) und Expertin (blau) ist (vgl. Lindstaedt 2009). Sie bemerkt, dass sie in vielen Kreativitätstechniken noch nicht so erfahren ist und beschließt, sich nun systematisch Wissen über diese anzueignen. Hierfür öffnet sie einen Lernweg (Abbildung 7) zu Kreativitätstechniken, der von einer Kollegin erstellt wurde. Sie möchte diesen jedoch etwas verändern; aus dem Themenbaum kann Sandra verschiedene Themen zum Lernweg hinzufügen – dadurch dass zu jedem Thema Ressourcen oder Mitarbeiter/-innen empfohlen werden, kann sie mit wenigen Klicks ihren persönlichen Lernkurs zusammenstellen.

412

5 Erfahrungen aus der Praxis

Abbildung 6:

Das Erfahrungsfenster bildet Sandras Benutzerprofil ab und zeigt ihren Wissenstand zu den entsprechenden Themen an.

Abbildung 7:

Der APOSDLE Lernweg ermöglicht eine individuelle Zusammenstellung von Themen die nach und nach gelernt werden können

APOSDLE bietet viel Lernunterstützung, indem Sandra im Erfahrungsfenster explizit ihre Tätigkeiten bzw. ihren Wissensstand in einzelnen Themen reflektieren kann. Über das Erfahrungsfenster kann das System auch anderen Mitarbeiter/-innen sachkundige Personen vorschlagen. Zudem wird das Erstellen kleiner semi-formaler Kurse durch die Funktion der Lernwege unterstützt. Dadurch kann Sandra systematisch ihre Kompetenzen entwickeln, wobei sie den Zeitpunkt und die Art und Weise, wie ein Lernweg ausgeführt wird, flexibel festlegen kann.

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

5

413

Entwicklung eines Systems für arbeitsintegriertes Lernen

Die hier vorgestellte CSCL-Umgebung APOSDLE (Advanced Process-Oriented SelfDirected Learning Environment) unterscheidet sich von allgemeinen CSCL-Umgebungen (siehe Teil 2 CSCL-Umgebungen in diesem Buch) vor allem dadurch, dass der direkte Aufgabenbezug und nicht das Lernen eines Themas in aller Tiefe und Breite im Vordergrund steht. Die gelernten Informationen können demnach direkt im Arbeitskontext angewandt werden. Der Kontext bezieht sich hier auf die Arbeitssituation, die Unternehmensstruktur, die Lehrmöglichkeiten und die Lernbedürfnisse der involvierten Personen. Um die Lerninhalte an die Bedürfnisse der Mitarbeiter/-innen anzupassen, werden Inhalte verwendet, die ohnehin im Unternehmen vorhanden sind, aber nicht extra für Lernzwecke erstellt wurden. Der Mehrwert entsteht hier vor allem dadurch, dass die Technologie sowohl auf den Kontext als auch auf die Infrastruktur angepasst wird. Dadurch kann Arbeiten, Lernen und Lehren im Kontext und in Echtzeit am Arbeitsplatz unterstützt werden (Lindstaedt & Mayer 2006).

5.1

Herausforderungen

Die größten Herausforderungen, die sich aufgrund der Anforderungen für die Gestaltung einer CSCL-Umgebung für Unternehmen ergeben, sind vor allem, dass Lernen mit „echten Lernressourcen“ in der „echten IT Umgebung“ und in „Echtzeit“ stattfinden soll. „Echte Lernressourcen“: Arbeitsintegriertes Lernen sollte die Mitarbeiter/-innen automatisch auf vorhandene, relevante Ressourcen aufmerksam machen (sowohl auf Dokumente als auch Personen). Dadurch, dass echte Ressourcen angeboten werden, wird der Wissenstransfer gestärkt und die Möglichkeit zum Aufgabenkontext passende Inhalte anzubieten erhöht. Es werden daher Inhalte verwendet, die ohnehin im Unternehmen vorhanden sind, auch wenn diese nicht bewusst als Lernressourcen erstellt wurden, anstatt zeit- und kostenaufwändige Lernmodule zu erstellen. „Echte IT-Umgebung“: Ein System für arbeitsintegriertes Lernen wird nur dann im Arbeitsprozess verwendet, wenn es in die gewohnte IT-Umgebung eingebunden ist. Die Umgebung sollte daher integriert und einfach zu nutzen sein. Die Umgebung sollte die Mitarbeiter/innen darin unterstützen, je nach Bedarf verschiedene Varianten der Lernunterstützung anzuwenden. Lernen findet demnach am Arbeitsplatz in der Umgebung der Mitarbeiter/-innen statt und nicht in einem separaten Lernsystem. „Echtzeit Lernen“: Ausgehend von Ergebnissen der Arbeitsplatzstudien (Kooken et al. 2007) sowie Anforderungen der Unternehmen kann zusammengefasst werden, dass die Lernenden je nach Arbeitssituation unterschiedliche Arten von Unterstützung für das Lernen benötigen. Diese kann, wenn wenig Zeit zum Lernen vorhanden ist, sehr gering und implizit gestaltet sein, z.B. durch Empfehlung von Ressourcen zum aktuellen Arbeitskontext oder auch sehr explizit, wenn die Mitarbeiter/-innen ihre Kompetenzen systematisch weiterentwickeln möchten. Wichtig ist jedoch, dass Lernen während der Aufgabenausführung stattfindet und nicht davor.

414

6

5 Erfahrungen aus der Praxis

Wie funktioniert die Lernunterstützung in APOSDLE?

Dieser Abschnitt gibt am Beispiel des zuvor vorgestellten Unternehmens eine Übersicht, welche Schritte notwendig sind, um APOSDLE in einem Unternehmen einzuführen. Aufgrund des Szenarios ergibt sich die Frage, woher das APOSDLE System wissen kann an welchen Themen und Aufgaben die Mitarbeiter/-innen arbeiten und welche Ressourcen individuell interessant sind. Damit eine CSCL-Umgebung Lernen während der Arbeit unterstützen kann, wird maschinenverständliches Vorwissen über die entsprechende Lerndomäne benötigt. Im Fall von ISN ist es die Domäne des Innovationsmanagements. Dadurch kann APOSDLE den Mitarbeiter/innen automatisch (d.h. ohne eine explizite Suchanfrage), relevante (d.h. ihren Kompetenzen entsprechende) Informationen zu aktuellen Aufgaben liefern. Dieses Vorwissen über die Lerndomäne wird in drei verschiedenen Modellen abgebildet; Abbildung 8 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen diesen Modellen: Ein Aufgabenmodell enthält eine Beschreibung der Aufgaben, die in dem Unternehmen durchgeführt werden (z.B. Kreativitätsworkshop vorbereiten), ein Themenmodell enthält eine Beschreibung der Themen (z.B. Brainstorming ist eine Kreativitätstechnik) und das Kompetenzmodell (Ley et al. 2008) gibt an, welche Kompetenzen (z.B. Anwenden von Thema) zur Ausführung einer Aufgabe notwendig sind. Jedes Unternehmen kann demnach, durch Erstellung dieser drei unternehmensspezifischen Modelle, APOSDLE an das eigene Unternehmen anpassen.

Abbildung 8:

Zusammenhang zwischen den Modellen in APOSDLE

Diese Modelle werden nach einem speziell entwickelten Verfahren zur Modellierung (Integrated Modelling Methodology, vgl. Christl et al. 2008 für ein Anwendungsbeispiel) erstellt. Bei ISN wurde zunächst ein Workshop organisiert, indem die Lerndomäne festgelegt wurde. In einem weiteren Schritt wurden Experteninterviews durchgeführt sowie Terme aus Dokumenten extrahiert und daraus eine Übersicht der relevanten Aufgaben und Themen erstellt. Diese vorläufigen Ergebnisse wurden in ein semantisches Mediawiki (MOKI, vgl. Ghidini et al. 2009) übertragen und durch weitere Interviews verfeinert. Mit einem weiteren Werkzeug

5.4 CSCL in Unternehmen – Arbeitsintegriertes Lernen mit APOSDLE

415

(TACT, vgl. Ley et al. 2008) wurden die Aufgaben mit den Themen über Kompetenzen bzw. Lernziele verbunden. Schließlich konnten das Themen- und Aufgabenmodell aus dem semantischen Wiki in einer formalen Sprache (OWL – Web Ontology Language) exportiert werden und zusammen mit dem Kompetenzmodell in APOSDLE eingefügt werden. Insgesamt hat ISN 100 Aufgaben und 145 Themen modelliert. Diese wurden miteinander über jeweils 1–4 Lernziele verknüpft, so dass insgesamt 606 Lernziele erstellt wurden. Damit APOSDLE Ressourcen vorschlagen kann, ist es notwendig diese über Annotationen mit Themen zu verknüpfen (siehe auch Beitrag 2.9 Werkzeuge für diskursives Lernen). Dafür wird eine relevante Stelle aus einem Dokument im APOSDLE Reader (Abbildung 2) markiert und mit einem Thema und einem Verwendungszweck (z.B. Definition, Beispiel usw.) annotiert. Es genügt jedoch zu jedem Thema ein paar Dokumente zu annotieren; die intelligente Technologie in APOSDLE analysiert diese und erstellt die weiteren Annotationen automatisch (vgl. Lindstaedt et al. 2008). Die APOSDLE Wissensbasis hat auf alle Systeme, die digitale Ressourcen im Unternehmen enthalten (z.B. Datenserver) Zugriff. Sobald ein Thema in einem Dokument oder über die Tastatureingabe erkannt wird, scannt APOSDLE die Wissensbasis nach Ressourcen, die mit dem entsprechenden Thema annotiert sind, und zeigt diese im Empfehlungsfenster an. Das Benutzerprofil (Erfahrungsfenster) setzt sich aus der Historie der durchgeführten Aufgaben, Themen, Kooperationen usw. zusammen. Je länger APOSDLE verwendet wird, umso besser werden die Einschätzungen von APOSDLE. Um sicherzustellen, dass die Ressourcen auch dem Vorwissen (Anfänger, Fortgeschrittener, Experte) der Mitarbeiter/-innen entsprechen, werden bei den Empfehlungen Informationen des Benutzerprofils berücksichtigt.

7

Ergebnisse der Evaluation

Der APOSDLE Prototyp wurde von 19 Mitarbeiter/-innen der Anwendungspartner (6 davon waren aus dem hier vorgestellten Unternehmen) über 3 Monate hinweg während ihrer Arbeit genutzt. Die Datensammlung fand einerseits qualitativ über ein online Tagebuch und Interviews, andererseits quantitativ über die Sammlung der Logdaten statt. Die unternehmensspezifische Anpassung sowie die Verwendung von vorhandenen Ressourcen haben sich, im Vergleich zu den Kosten für die Einführung einer eigens erstellten Lernplattform, als effektiv und kosteneffizient erweisen. Insgesamt wurden für die Anpassung und Einführung des APOSDLE Systems bei ISN in etwa 300 Std. benötigt, wobei APOSDLE in einem weiteren Unternehmen in nur 120 Std eingeführt werden konnte. Nach Funktionen ausgewertet, nutzen die Mitarbeiter/-innen vor allem Funktionen, die die Suche nach relevanten und zeitkritischen Informationen unterstützen, wie das Empfehlungsfenster und die Textpassagen. Besonders geschätzt wurde die automatische Themenerkennung, insbesondere das Auffinden von Mitarbeiter/-innen, die zu einem bestimmten Thema kontaktiert werden können. Funktionen, die viel Lernunterstützung bieten, wie z.B. die Lernwege oder das Erfahrungsfenster, wurden zwar weniger genutzt, jedoch positiv als Instrument für gezieltes Lernen während der Arbeit hervorgehoben. Interessant ist, dass die Benutzer/-innen die zugrunde liegenden Modelle ebenfalls zum „Lernen“ verwenden, da diese eine gute Übersicht über die entsprechend Domäne liefern (Details in Lindstaedt et al. 2010).

416

5 Erfahrungen aus der Praxis

Als Gesamtergebnis der Evaluation lässt sich zusammenfassen, dass die Gestaltung von APOSDLE als CSCL-Umgebung für arbeitsintegriertes Lernen erfolgreich war. Wobei sich Lerndomänen mit sehr spezifischen, nicht allgemein zugänglichen Ressourcen besser eignen, als jene deren Inhalte auch weitestgehend über das Internet verfügbar sind. Direkte Zielgruppe des Systems sind eher Personen, die neu in einer Domäne sind. Jedoch schätzen Expert/-innen vor allem Funktionen, die den Wissensaustausch unterstützen und effizienter gestalten.

8

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde APOSDLE als Beispiel für eine CSCL-Umgebung für Unternehmen vorgestellt. APOSDLE ermöglicht arbeitsintegriertes Lernen und differenziert sich von allgemeinen CSCL-Umgebungen dadurch, dass mit „echten Ressourcen“, in der „echten ITUmgebung“ in „Echtzeit“ gelernt werden kann. Abhängig von den unterschiedlichen Lernanforderungen und Rahmenbedingungen eines Unternehmens, unterstützt APOSDLE den flexiblen Wechsel zwischen verschiedenen Komplexitätsgraden von Lerninhalten. Entlang eines Kontinuums werden verschiedene Unterstützungen angeboten, vom einfachen Finden benötigter Informationsfragmente bis hin zur selbstgesteuerten Zusammenstellung eines kursähnlichen Portfolios. Anhand einer Fallstudie wurden die Mehrwerte von arbeitsintegriertem Lernen diskutiert und in einem Szenario veranschaulicht. APOSDLE ist ein domänenunabhängiges System, das durch Entwicklung von 3 Modellen verhältnismäßig kosteneffizient an eine Lerndomäne angepasst werden kann. Ergebnisse einer Evaluation zeigen, dass der APOSDLE-Ansatz Lernen am Arbeitsplatz unterstützt und dass Mitarbeiter/-innen zwar eher implizitere Lernunterstützungen nutzen, jedoch Funktionen, die gezielten Wissensaufbau und effizienten Wissensaustausch fördern, schätzen. Danksagung: APOSDLE wurde im 6. RP der Europäischen Union gefördert (FP6-IST-2004027023). Das Know-Center wird im Rahmen des Österreichischen COMET-Programms gefördert. Das Programm steht unter der Schirmherrschaft des Österreichischen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie sowie für Wirtschaft und Arbeit und des Landes Steiermark. Die Abwicklung des Programms erfolgt durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Detaillierte Informationen zu APOSDLE, ein Demonstrator sowie die APOSDLE Open Source Software sind kostenlos unter www.aposdle.org erhältlich.

5.5 PATONGO

5.5

417

PATONGO: Web-2.0-basierter Kompetenzerwerb in großen Non-Profit-Organisationen Till Schümmer1, Christina Matschke2, Wolfram Schobert1, Martin Mühlpfordt1 1

1

FernUniversität in Hagen, 2 Institut für Wissensmedien, Tübingen

Einleitung

In PATONGO werden Prozesse und Werkzeuge für den effizienten Wissensaustausch mit Patterns und Erfahrungsberichten entwickelt. Ein Pattern ist eine abstrakte Beschreibung der Kernidee einer guten Praxis. Ausgehend von Berichten über gelungene Projekte werden Autoren dazu motiviert, die wiederkehrenden Aspekte aus den Berichten zu solchen Pattern herauszuarbeiten. Die Prozesse werden in der Community geistreich erprobt, in der Praktiker Berichte schreiben, diskutieren und gemeinsam Modelle guter Praxis (Patterns) beschreiben können.

2

Setting und Ziele: Erfahrungslernen in Non-Profit-Organisationen

NPOs (Non-Profit-Organisationen wie z.B. Kirchen, Hilfsorganisationen, Verbände, Gewerkschaften) sind soziale Organisationen ohne Gewinnabsicht. Gerade in Zeiten beschränkter finanzieller Mittel auf der einen Seite und einem durch den demographischen Wandel bedingten stetig wachsenden Potential an ehrenamtlichen Mitarbeitenden auf der anderen, nehmen NPOs eine immer wichtigere Rolle in der Gesellschaft ein. Viele NPOs verfügen über demokratische Entscheidungsstrukturen und üben Funktionen aus (z.B. Dienstleistungen wie Krankenbetreuung, Kinderbetreuung, Katastrophenhilfe), die nur kooperativ erbracht werden können. Ein zentrales Element von NPOs ist daher die Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Im Vergleich zu profitorientierten Kontexten konkurrieren die Mitarbeitenden an der Basis von NPOs nur selten um materielle Ressourcen. Dies macht sie offen für gegenseitige Unterstützung, die auch als Wertschätzung ihrer Arbeit erlebt wird (Matschke, Moskaliuk, Arnold & Cress 2011). Die Kooperationskultur zwischen Mitarbeitenden an der Basis ist deshalb stärker ausgeprägt als in profitorientierten Unternehmen. Daraus ergeben sich große Chancen in Bezug auf neue Formen des Wissenserwerbs im Rahmen eines Community-orientierten Lernprozesses. Grundlage für diesen Lernprozess ist die Erkenntnis, dass NPOs über einen reichen Wissensschatz verfügen. Das Wissen von Haupt- und Ehrenamtlichen ist dabei nicht nur eine Ansammlung von Fakten, sondern vor allem auch Handlungswissen, d.h. eine (teils implizite) Kenntnis über Praktiken, die in bestimmten Situationen zu einem erwünschten Ziel führen. Vor allem in räumlich stark verteilten NPOs ist eine Vielfalt von Praktiken vorhanden, die an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind. Ein Austausch von erfolgreichen Praktiken kann helfen, die Qualität der gesamten NPO zu verbessern (z.B. bezüglich Leistung, Effizienz,

418

5 Erfahrungen aus der Praxis

Zufriedenheit). Durch Vernetzung und gemeinsame Reflexion über erfolgreiche Praktiken kann eine lokale Praktik sowohl in engen Bezugsgruppen (Communities of Practice) (Wenger 1998) als auch im gesamten Netz der NPO zu einer für die gesamte NPO anwendbaren Praktik weiterentwickelt werden. Je weiter sich Praktiken verbreiten, desto mehr entwickelt sich die Organisation hin zu einem Network of Practice (Brown & Duguid 2002). Die Kombination von Reflexion über Praktiken und sozialem Lernen in einem Network of Practice kann so zur Identitätsstiftung der Praktiker-Community beitragen. Der nächste Abschnitt beleuchtet als Hintergrund die Wissensspirale von Nonaka und Takeuchi (1997) und die Theorie von Entwurfsmustern (Alexander et al. 1977) als Wissensrepräsentation für Erfahrungswissen. Abschnitt 4 präsentiert unseren Pattern-basierten Ansatz zur Gewinnung, Vernetzung, Weiterentwicklung und Anwendung von Erfahrungswissen. Abschnitt 5 geht auf Erfahrungen mit dem Einsatz der Lösung im Rahmen der Evangelischen Kirche in Deutschland ein. Abschließend fasst Abschnitt 6 unseren Ansatz zusammen.

3

Theoretische Fundierung: Wissensreifung und Patterns

Das Erlernen sozial geteilter Praktiken zielt auf individuelle und organisationale Verbesserung. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen implizitem und explizitem Wissen von großer Bedeutung. Nonaka und Takeuchi (1997) haben hierzu das Modell einer Wissensspirale entwickelt. Bei der Entwicklung einer neuen Praxis entsteht diese zunächst als implizites Wissen (z.B. durch Versuch und Irrtum). Implizites Wissen kann durch Beobachtung und Imitation direkt an andere Praktiker weitergeben werden, was auch als Sozialisation von Wissen bezeichnet wird. Da Wissen hier immer direkt von Praktiker zu Praktiker weitergegeben wird, ist dieser Ansatz nicht auf große Mengen von Lernenden oder verteilt agierende Organisationen übertragbar. Solche Situationen erfordern, dass das Wissen (z.B. durch Verschriftlichung) externalisiert und somit transportabel wird und vervielfältigt werden kann. Das so festgehaltene Wissen kann zudem mit anderen externalisierten Wissenseinheiten in Beziehung gesetzt werden. Die verknüpften Wissenseinheiten bilden die Grundlage für ein Network of Practice (im Sinne von Brown und Duguid 2002). Seine Wirkung kann das externalisierte Wissen jedoch nur dann entfalten, wenn es durch andere Praktiker wieder internalisiert wird. Dies beinhaltet insbesondere die Abbildung der abstrakteren Handlungsvorschrift im externalisierten Wissen auf die konkreten Handlungsweisen des spezifischen Praktikers. Durch diesen Ansatz kann Handlungswissen innerhalb einer Organisationseinheit leicht weitergegeben werden. In vielen Disziplinen hat sich in den letzten Jahren die Struktur von Entwurfsmustern (Patterns) zur Darstellung von abstraktem externalisiertem Handlungswissen bewährt. Einzelne Patterns sollen es Laien ermöglichen, wie Experten zu handeln (Alexander et al. 1977). Dabei stellt ein Pattern eine Lösung zu einem Problem in einem häufig wiederkehrenden Kontext dar. Im Gegensatz zu anderen Darstellungen von Erfahrungswissen zeichnet sich die Pattern-Form vor allem durch eine explizite Formulierung des Problems aus, dem mit dem im Pattern dargestellten Lösungsansatz begegnet wird. In einem Pattern lässt die Beschreibung der Lösung immer noch genug Raum für Variationen. Das Pattern wird immer wieder eingesetzt, ohne jedoch die Lösung einfach zu kopieren (vgl. Alexander et al. 1977). Eine ausführliche Darstellung des Pattern-Ansatzes würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen (eine Aufarbeitung des theoretischen Hintergrunds befindet sich zum Beispiel bei Schümmer,

5.5 PATONGO

419

2005). Patterns haben sich zum Beispiel in der Softwaretechnik (Gamma et al. 1995), der Mensch-Maschine-Interaktion (z.B. Tidwell 1995), der Gestaltung von kooperativen Systemen (Schümmer & Lukosch 2007) oder der Pädagogik (Kohls & Wedekind 2011) zur Kommunikation von Entwurfs- und Handlungswissen bewährt. Patterns werden in der Regel von Pratikerinnen und Praktikern oder von Pattern Scouts in Zusammenarbeit den mit Praktikerinnen und Praktikern geschrieben (Schümmer 2010). Da Patterns sich immer auf konkrete Erfahrungen berufen sollen, geht dem Schreiben von Patterns ein Suchprozess nach guter Praxis voraus. Dieser Prozess wird auch als „Pattern Mining“ bezeichnet (DeLano 1998). Im Kontext der Wissensspirale kann man den danach beginnenden Schreibprozess als Externalisierung von Wissen betrachten. Die Herausforderung beim Schreibprozess ist es, ein strukturiertes Vorgehen bei der Erstellung von Mustern zu verfolgen (Schümmer 2010). Ausgehend von narrativen unstrukturierten Erfahrungsberichten kann durch schrittweise Reflexion der Praxis eine allgemein anwendbare Form im Sinne eines Patterns entstehen. Insbesondere kann ein Pattern mit anderen Patterns von anderen Autorinnen oder Autoren verknüpft werden. Eine Beziehung zwischen Patterns weist oft auf eine häufige gemeinsame Nutzung des Patterns hin („Wenn Pattern A eingesetzt wurde, ist Pattern B mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls relevant.“). Diese expliziten Beziehungen zwischen Patterns sind Ergebnis des Kombinations-Prozesses in der Wissensspirale. Der Einsatz eines Patterns setzt die Internalisierung des dort beschriebenen Handlungswissens voraus. Auch hierbei kann die Pattern-Struktur hilfreich sein, indem beispielsweise Unterschiede in den Einsatzkontexten der Autorinnen und Autoren und der Nutzenden offensichtlich werden. Im folgenden Teil unseres Beitrags werden wir unseren Ansatz vorstellen, der die Externalisierung von Handlungswissen in einer Community of Practice unterstützt. Außerdem werden wir zeigen, wie das so externalisierte Wissen in der Community zu Patterns reifen kann.

4

Lösungs-Design: Pattern-basiertes Teilen von erprobtem Handlungswissen

In PATONGO haben wir einen Pattern-basierten Web 2.0-Ansatz zum Erlernen sozialer Praktiken erarbeitet, der einen evolutionären Wissensprozess mit einer auf Patterns beruhenden Repräsentation von Wissen verknüpft. Technische Werkzeuge unterstützen den Prozess durch die Bereitstellung von Lernräumen und unterstützenden Inhaltsstrukturen.

4.1

Der evolutionäre Wissensprozess und die Wissensrepräsentation

Beim evolutionären Wissensprozess bilden Innovation, Reflexion, Externalisierung von Wissen, Weitergabe, Kombination und Internalisierung von Wissen im Sinne der Wissensspirale einen Zyklus. Der Prozess unterscheidet zwischen drei verschiedenen Interaktionsebenen, die anhand von unterschiedlichen kommunikativen Räumen beschrieben werden (Abbildung 1). Jede dieser Ebenen beinhaltet die Reflexion, die Verschriftlichung, den Austausch, die Einordnung sowie die Internalisierung der Inhalte. Die einzelnen Ebenen unterscheiden sich bezüglich des Reifungs- und Abstraktionsgrades des dort eingebrachten Handlungswissens:

420

Abbildung 1

5 Erfahrungen aus der Praxis

Interaktionsebenen im Wissensprozess von PATONGO

− ideenreich: Herausforderungen werden gemeinsam diskutiert und neue Lösungsideen entwickelt. Dies geschieht in einem strukturierten Forum (mit typisierten Beiträgen). Ideen zu den Herausforderungen können von Mitgliedern der Community in der Praxis erprobt werden und liefern so die Grundlage für die zweite Interaktionsebene. Unsere Annahme war, dass gerade in NPOs eine Offenheit zum Teilen von Herausforderungen und neuen Ideen besteht, da Konkurrenz um neue Ideen eine geringere Rolle spielen und die gemeinsame Verantwortung für Probleme in der NPO hoch sein sollte. Die Diskussionen in ideenreich sind für registrierte Mitglieder der Community zugänglich. − erfahrungsreich: Individuelles Praxiswissen wird von einzelnen Praktikern in einer Pattern-ähnlichen Struktur externalisiert und Handlungen werden reflektiert. Die Erfahrungsbeschreibung beinhaltet die Abschnitte Situation/Kontext, Ziele, Reflexion/Hintergrund, Umsetzung und Wirkung/Erfahrung. Grundannahme für diesen Bereich war, dass Mitarbeitende in NPOs gerne über ihre Erfahrungen sprechen. Außerdem gingen wir davon aus, dass die Erfahrungen anderer zum Erlernen und Weiterentwickeln neuer Prakti-

5.5 PATONGO

421

ken hilfreich sein wird. Durch die Einordung in ein semantisches Netz können verwandte Erfahrungsberichte identifiziert werden, die dann die Grundlage für ein abstraktes Pattern liefern. Erfahrungsberichte dürfen nur von den jeweiligen Praktikerinnen und Praktikern bearbeitet werden, die an dem dargestellten Projekt beteiligt waren. Hierüber hat jeweils die Person die Kontrolle, die den Beitrag ursprünglich in die Community eingestellt hat. Registrierte Mitglieder der Community können Erfahrungsberichte über ein angehängtes Forum diskutieren und im Text annotieren. − wissensreich: Hier werden Patterns für gute Praxis kooperativ entwickelt und miteinander in Beziehung gesetzt. Die Kooperation beinhaltet die Weiterentwicklung, die Diskussion, die Kommentierung und das gemeinsame Revidieren eines Patterns. Durch die Pattern-Struktur werden die Autoren bei der Erstellung zu einer strukturierten Reflexion ihrer Praktiken angeregt. Die Pattern-Struktur folgt der klassischen Struktur einer ProblemLösungs-Situation-Wirkung-Anwendung-Beschreibung (Alexander u.a., 1977). Beiträge in Wissensreich können grundsätzlich von allen registrierten Mitgliedern der Community bearbeitet werden (sofern die Autoren sie nicht als privat markiert haben). Wir gingen davon aus, dass sich in der NPO viele Mitarbeitende finden lassen, die an der gemeinsamen Abstraktion von Handlungswissen Interesse haben. Ebenso gingen wir davon aus, dass sich Mitglieder der NPO finden, die Praxisbausteine durch Vernetzung von Entwurfsmustern in einen größeren Kontext einordnen werden. Darüber hinaus werden alle Inhalte mittels Verschlagwortung in ein semantisches Netz eingeordnet (Reichenberger, 2010). Dabei werden die Praktiker vom System durch automatische Analyse der Inhalte unterstützt. In allen Bereichen werden den Praktikern über das semantische Netz verwandte Inhalte vorgeschlagen, die eine hohe semantische Überdeckung mit den eigenen Erfahrungen und Interessen aufweisen. Dadurch werden Übergänge zwischen den Bereichen erleichtert.

4.2

Die technische Umsetzung

Als Software-Lösung wurde auf Basis des Web-Application-Frameworks Ruby on Rails ein Wiki entwickelt, in dem Inhalte aller oben diskutierten Beitragsklassen abgelegt werden können. Im Unterschied zu klassischen Wikis, die keine Struktur explizit vorgeben, haben wir für die drei Inhaltsbereiche jeweils Templates erzeugt, durch die Autorinnen und Autoren bei der Erstellung der jeweiligen Beitragsarten unterstützt werden (vgl. Haake, Lukosch & Schümmer, 2005, zum Template-Ansatz in Wikis). Abbildung 2 zeigt die Darstellungssicht des Wikis am Beispiel eines Patterns (mit dem Titel „Jugend im Gottesdienst“). Im oberen Teil der Seite befinden sich die Meta-Informationen. Diese wurden als Hyperlinks modelliert und erlauben somit die Exploration verwandter Beiträge und das selbständige Erschließen eines Themenfeldes (im Sinne des entdeckenden Lernens). Außerdem kann anonym eine positive Bewertung auf einer Skala von 1–5 Sterne abgegeben werden. In der Bearbeitungssicht können Inhalte in einem WYSIWYG-Editor bearbeitet werden, in dem auch Hyperlinks (insbesondere Wiki-Links zu anderen Beiträgen in der Community), Bilder etc. eingefügt werden können. Bearbeitungshilfen werden kontextabhängig mit Hinweisboxen am rechten Rand visualisiert. Sie sollen den Autorinnen und Autoren beim Verständnis der Inhaltsstruktur helfen. Alle Beiträge können sowohl in der Lese- als auch in der Editiersicht annotiert werden. So wird die Ko-Konstruktion von Wissen innerhalb der Community angeregt.

422

Abbildung 2:

5

5 Erfahrungen aus der Praxis

Darstellungssicht des Wikis

Erfahrungen

Der evolutionäre Wissensprozess und die Pattern-basierte Wissensrepräsentation kamen in verschiedenen NPOs zum Einsatz (in der Kirche, im Sportmanagement und in der Hochschulentwicklung). Der größte Erprobungspartner war die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), für deren 225.000 Hauptamtliche und über 1 Million ehrenamtliche Mitglieder die Plattform geistreich (unter www.geistreich.de) nach dem oben beschriebenem Modell erstellt wurde. Zur Evaluation des Prozesses und der Wissensrepräsentation wurde eine Mitgliederbefragung innerhalb der EKD zum Wissensaustausch und zur Bedarfsanalyse vor der Einführung der Plattform durchgeführt (411 Teilnehmende, 58% männlich, 41% weiblich, 1% ohne Angabe; 40% Ehrenamtliche, 58% Hauptamtliche, 2% ohne Angabe). Zusätzlich wurden 3 Fokusgruppen (mit jeweils 6–15 Teilnehmenden in 3 Bundesländern) durchgeführt. Nach Implementierung der Plattform wurde eine Nutzerbefragung (128 Teilnehmende, 34% weiblich, 65% männlich, 1% ohne Angabe; 46% Ehrenamtliche, 52% Hauptamtliche, 2% ohne Angabe), eine Nutzerbeobachtung mit Think Aloud Methoden (29 Teilnehmende, 52% weiblich, 48% männlich, 100% Ehrenamtliche) und Analysen der Log-files durchgeführt. Darüber hinaus wurden systematische Laborstudien zur Evaluation des Pattern-Ansatzes bei der Wissensexternalisierung und -evolution durchgeführt.

5.5 PATONGO

423

Vor der Implementierung der Plattform berichteten die Teilnehmenden der Fokusgruppen und der Onlinestudie eine starke lokale Kooperationskultur: Die Mehrheit der Mitglieder tauschten sich mit Bekannten, Freunden oder Teammitgliedern persönlich (70%), telefonisch (62%) oder per Mail (48%) aus. Am häufigsten werden Anregungen für die Arbeit persönlich gesucht (von 1 = gar nicht bis 7 = sehr häufig: M = 5.58, SD = 1.54), aber auch bereits häufig im Internet (M = 5.55, SD = 1.53). Über 85% der kirchlichen Praktiker sind täglich online, aber nur 10% der Befragten dokumentieren die eigene Praxis in geschützten oder offenen Räumen im Internet. In den Fokusgruppen wurde ein starkes Interesse an Vernetzung über den lokalen Zirkel hinaus gezeigt. Allerdings wurden in den Fokusgruppen auch Bedenken geäußert, im Internet zu offen über Probleme und Herausforderungen zu sprechen, vor allem wenn bei hauptamtlichen Mitarbeitenden die Vorgesetzten ebenfalls Zugang zu den Inhalten haben. Abgesehen von dieser Barriere zeigen sich jedoch wie angenommen eine hohe lokale Kooperationskultur, eine hohe Vertrautheit mit dem Internet und ein starkes Interesse an einer Wissensplattform. Die Evaluation zeigt, dass die Plattform die Wissensexternalisierung innerhalb der EKD über den lokalen Kreis hinaus unterstützt. In den ersten 18 Monaten haben sich über 3.200 Nutzer deutschlandweit bei der Plattform registriert. Die Nutzung der Inhalte durch nicht registrierte Leserinnen und Leser ist deutlich höher. Pro Monat werden die Inhalte von 30.000–35.000 verschiedenen Rechnern abgerufen. Da aus den Log-Daten nicht sicher festgestellt werden kann, wie viel dieser Nutzung von Suchmaschinen verursacht wurde, gehen wir nach vorsichtigen Schätzungen von ca. 20.000–25.000 unterschiedlichen Leserinnen und Lesern pro Monat aus. 10% der Mitglieder der geistreich-Community haben in der Zeit aktiv als Autoren oder Kommentatoren die Plattform genutzt, ca. 1,5% nutzen die Plattform als PowerUser (täglicher Besuch auf der Plattform und häufige aktive Beiträge). Innerhalb der ersten 18 Monate entstanden über 237 Beiträge im Ideenreich, 845 Erfahrungsberichte und 341 Patterns. Aus den Fokusgruppen und der Nutzerbeobachtung geht hervor, dass die Patterns hilfreich sind bei der Beschreibung des Wissens. Ergebnisse systematischer Laborstudien zeigen, dass die Problembeschreibungen mit Patterns detaillierter und verständlicher sind als freie Beschreibungen (Arnold, Moskaliuk, Schümmer, & Cress 2010). Die verhältnismäßig niedrige Zahl an Beiträgen in Ideenreich erklären Nutzerinnen und Nutzer mit der oben bereits erwähnten Zurückhaltung, eigene Probleme in der Community darzustellen. Deshalb wurden nach der Evaluation geschützte Gruppen eingerichtet, in denen Herausforderungen auch in einem klar definierten Kreis von Mitarbeitenden diskutiert werden können. Die Evaluation der Wirksamkeit dieser Änderung steht noch aus. Die Reflexion der eigenen Arbeit profitiert vom Einsatz der Plattform in der Organisation. In der Nutzerbeobachtung zeigt sich, dass Praktiker durch den Vergleich ähnlicher Erfahrungen und durch die Aufforderung, Modelle zu schreiben, zur Abstraktion angeregt werden. Aus der Analyse der Log-files geht allerdings hervor, dass auf der Plattform die Übergänge zwischen den Bereichen bei der Externalisierung noch wenig genutzt werden. Die Abstraktion von Erfahrungsberichten zu Patterns wird nach wie vor als schwierige Aufgabe wahrgenommen. Allerdings zeigen sich mit einer wachsenden Zahl von Inhalten in Erfahrungsreich auch immer häufiger Gruppen von Autoren in Wissensreich, die auf Basis der Beiträge aus Erfahrungsreich gemeinsam an Patterns arbeiten.

424

5 Erfahrungen aus der Praxis

Die Internalisierung von Wissen wird ebenfalls durch die Plattform gefördert. Die hohe Zahl von über 20.000 Leserinnen und Lesern pro Monat zeigt, dass die Mitglieder nicht zwingend Beiträge erstellen, viele Menschen aber das Angebot für ihre Praxis nutzen. Die wachsende Akzeptanz zeichnet sich auch durch eine starke Verschmelzung der lokalen Inhalte der Gliedkirchen mit den Inhalten von geistreich ab. So hat inzwischen ein Viertel aller Landeskirchen Inhalte von geistreich in ihre Internetseiten eingebunden. In der Nutzerbefragung geben die Teilnehmenden an, das Angebot der Plattform interessant zu finden (M = 5.21, SD = 1.72) und für ihre Arbeit in der Organisation nützlich zu finden (M = 4.55, SD = 1.87). Insgesamt lernen die Teilnehmenden stark durch die Plattform (M = 4.81, SD = 1.78), und konnten die Inhalte in ihrer praktischen Arbeit nutzen (1 = gar nicht, 7 = sehr häufig: M = 3.61, SD = 2.13). Vor dem Hintergrund, dass für die Mitglieder der EKD die Nutzung der Plattform freiwillig und informell ist, findet hier also bereits ein erstaunlich hoher Kompetenzgewinn statt. Das Pattern wird bei der Nutzerbefragung als verständlich bewertet (M = 4.89, SD = 1.47), auch wenn die Nutzerbeobachtung zeigt, dass Novizen die Struktur nicht leicht finden. Deshalb sollte diese sprachlich so einfach wie möglich gehalten sein. Zusammengenommen zeigt sich, dass der Pattern-basierte Wissensprozess die Externalisierung, die Reflexion und die Internalisierung bei Praktikern innerhalb der EKD fördert und ein vielversprechender Ansatz zum Erlernen von Erfahrungswissen in anderen großen NPOs ist. Auch wenn kooperatives Lernen an vielen Stellen in geistreich zu beobachten ist, wird die Motivation zur aktiven kollaborativen Teilnahme am Prozess auch weiterhin eine Herausforderung bleiben.

6

Zusammenfassung

In diesem Beitrag stellten wir einen evolutionären Wissensprozess für das Erkennen, Erstellen und Teilen von guter Praxis in NPOs vor. Im Prozess spielen an die Struktur eines Patterns angelehnte Formen der Wissensrepräsentation eine große Rolle (Beispiele guter Praxis und Modelle). Gemeinsam vernetzen Praktiker das so externalisierte Wissen und bilden ein Network of Practice, in dem ganz im Sinne von offener Innovation Handlungswissen über Organisationsgrenzen hinaus vernetzt und zugänglich wird. Die gemeinsame Aneignung und Fortentwicklung hilft im Sinne eines konstruktivistischen Lernansatzes sowohl den individuellen Praktikern als auch ganzen Organisationseinheiten, ihre Kompetenzen zu verbessern. Danksagung: Das Kooperationsprojekt PATONGO wird vom BMBF und dem ESF gefördert (FKZ 01PF08005A). Konsortialpartner sind die FernUniversität in Hagen, die Evangelische Kirche in Deutschland und das Institut für Wissensmedien in Tübingen. Die Autoren danken insbesondere Jörg Haake, Christoph Römhild, Thorsten Latzel, Ulrike Cress, Franziska Arnold, Johannes Moskaliuk und Katrin Wodzicki.

5.6 CSCL an der FernUniversität

5.6

425

CSCL an der FernUniversität Jörg M. Haake, Till Schümmer FernUniversität in Hagen

1

Einleitung

Die FernUniversität in Hagen ist die älteste und einzige öffentlich-rechtliche Universität in Deutschland, an der Lehre komplett im Fernstudium organisiert ist. Mit mehr als 74000 eingeschriebenen Studierenden im Jahr 2010 ist sie zudem die größte Universität in Deutschland. Dies zeigt den Bedarf am universitären Fernstudium. Seit der Gründung der FernUniversität im Jahr 1975 wurde dort das Lernen über Distanz methodisch weiterentwickelt. Basierte das Lernen in den ersten Jahrzehnten primär auf dem individuellen Selbststudium von gedrucktem Studienmaterial, der individuellen Bearbeitung von Übungsaufgaben und dem persönlichen Austausch in regionalen Studienzentren oder Blockseminaren vor Ort, so haben mit zunehmender Verbreitung des Internets CSCLSzenarien an Bedeutung gewonnen. Die Unterstützung von rein verteilten Szenarien (wie zum Beispiel der gemeinsamen Lösung von Übungsaufgaben) spielt neben BlendedLearning Szenarien eine wichtige Rolle. In diesem Kapitel sollen nach einem kurzen Überblick über CSCL-Szenarien an der FernUniversität die Einsatzfelder der kooperativen Praktika und der gemeinsamen Lösung von Übungsaufgaben genauer beschrieben werden.

2

CSCL-Szenarien an der FernUniversität

Grundsätzlich kann man zwischen selbstorganisierten und vom Dozenten organisierten CSCL-Szenarien unterscheiden: Von den Studierenden selbst organisierte CSCL-Szenarien umfassen z.B. studentische Lerngruppen oder selbst gebildete Gruppen zur Prüfungsvorbereitung (Lukosch & Schümmer 2006). Auf selbst organisierte CSCL-Szenarien wird in diesem Beitrag aus Platzgründen nicht weiter eingegangen. Stattdessen liegt hier der Fokus auf CSCL-Szenarien, die vom Dozenten organisiert werden. Alle deutschen Hochschulen (ob in Präsenz oder Fernlehre) nutzen eine Auswahl der folgenden Kategorien von Lehrveranstaltungsformen in ihren Studiengängen: Vorlesungen (Fernlehrkurse), Praktika, Seminare, Projektarbeiten und Abschlussarbeiten. An der FernUniversität werden CSCL-Szenarien in allen Kategorien eingesetzt. Kursbezogene, durch den Dozenten bereitgestellte, Szenarien umfassen kooperative Übungsgruppen und Tutor-geleitete Lerngruppen. Beide Szenarien haben als Lernziele die individuelle Vertiefung und Vernetzung von Vorlesungsstoff (Fachkompetenz) und den Erwerb von Kooperationskompetenz. Während kooperative Übungsgruppen in der Informatik im Kurs Betriebssysteme zusätzlich noch Begutachtungskompetenz für Designalternativen (als Teilkompetenz des wissenschaftlichen Arbeitens) vermitteln, fokussieren von einem Tutor geleitete Lerngruppen zusätzlich noch auf das Einüben von Methoden und Techniken (z.B. Beweistechniken in der Mathematik). Beide Szenarien arbeiten mit verteilten Studie-

426

5 Erfahrungen aus der Praxis

renden, basieren auf dem Konstruktivismus (vgl. Beitrag 1.4) und bieten den Teilnehmenden Interaktionsmöglichkeiten zum Austausch und Aufbau von (individuellem) Wissen mittels Kommunikation und gemeinsamen Arbeiten an Artefakten (z.B. Design, Text, Formeln). Sie unterscheiden sich aber bezüglich ihres didaktischen Vorgehens: Kooperative Übungsgruppen strukturieren die Interaktion der Studierenden bei der Lösung von komplexen Designaufgaben (Designalternativen erstellen, bewerten, auswählen und begründen; dabei muss Stoff aus verschiedenen Kapiteln genutzt werden) durch sogenannte CSCL-Skripte (vgl. Beitrag 3.5). Diese Skripte definieren Rollen und Aktivitäten der Gruppenmitglieder und helfen so bei der Koordination der Zusammenarbeit und des Lernens. Ein zusätzliches Skript hilft bei der Durchführung des Peer-Reviews. So üben die Teilnehmenden strukturiertes Vorgehen und vertiefen dabei den Lernstoff (Haake & Pfister 2010). Tutor-geleitete Lerngruppen übertragen dagegen das Konzept von Präsenzübungsgruppen mit Zusammenfassung und vertiefender Diskussion des Kursstoffs sowie Vorführung von z.B. Beweistechniken in der Gruppe durch den Tutor in ein verteiltes Setting. Anschließend werden Untergruppen zur Arbeit an Aufgaben gebildet. Die Tutorin besucht die Untergruppen in deren virtuellen Gruppenräumen und fungiert als Coach gemäß des problembasierten Lernens (Problem-based Learning PBL, vgl. Beitrag 3.6) sowohl bzgl. des Inhalts als auch bzgl. der Kooperation. Seminarbezogene Szenarien umfassen das blended Seminar und das virtuelle Seminar. Beide Szenarien haben als Lernziele den individuellen Erwerb von Methodenkompetenz bei der wissenschaftlichen Literaturarbeit (Suche, Auswahl, Zusammenfassung und Zitierweise) sowie Präsentation und Diskussion wissenschaftlicher Ergebnisse. Der Unterschied zwischen beiden Szenarien liegt einerseits im Setting. Das heißt, dass beim blended Seminar die Präsentation und Diskussion in einer Präsenzphase stattfindet. Diese wird beim virtuellen Seminar durch eine Präsentation und Diskussion im virtuellen Raum ersetzt. Andererseits findet das blended Seminar in der Informatik z.B. über Betriebssysteme oder CSCW i.d.R. als Gruppenarbeit statt und vermittelt deshalb auch Kooperationskompetenz. Beim virtuellen Seminar in der Informatik über Datenbanken wird dagegen wegen des erhöhten Aufwands virtueller Präsentationen (bedingt durch Erlernen und Anwenden neuer Werkzeuge und Methoden) auf Gruppenarbeit verzichtet. Gemeinsam sind beiden Szenarien das Erstellen eines zusammenfassenden Artikels gemäß Konferenz-Format-Richtlinien und der Präsentation, durchgeführt in Einzelarbeit oder in verteilten Kleingruppen, sowie die Abgabe von Meilensteinen für Feedback und Verbesserung durch die Betreuenden. Unterschiede bestehen in der Durchführung der Präsentation und Diskussion im ko-präsenten Plenum oder im virtuellen Raum. Beide Szenarien arbeiten mit verteilten Studierenden und basieren auf dem Konstruktivismus und situiertem Lernen (vgl. Beitrag 1.4), was sich in der Gestaltung der Interaktion in der Kleingruppe und mit den Betreuenden sowie in der realen Präsentations- und Diskussionssituation spiegelt. Die Betreuenden übernehmen dabei grundsätzlich die Rolle des Coaches (Feedback auf Meilensteine, Hilfe bei Problemen) und der Lernerfolgskontrolle anhand des endgültigen Beitrags und der Präsentation. Zu den abschlussarbeitsbezogenen Szenarien gehört der Einsatz von Vorlagen für Abschlussarbeiten (Patterns), die sowohl den Erwerb von Fachkompetenz bzgl. des Problemlösens und Schreibens einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit als auch den Erwerb von Kooperationskompetenz mit dem Betreuenden unterstützen. Hier werden CSCL-Patterns (bewährte Vor-

5.6 CSCL an der FernUniversität

427

gehensmuster) zur Strukturierung der computervermittelten Interaktion zwischen verteilten Studierenden und dem Betreuenden eingesetzt. Bezüglich der zugrundeliegenden Lerntheorien ist auch die Abschlussarbeit einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen. Betreuende nehmen auch hier die Rolle eines Coaches ein, wobei der Austausch zwischen Betreuenden und Studierenden bei der Abschlussarbeit deutlich intensiver ist als in den oben beschriebenen Seminarszenarien. Praktikumsbezogene Szenarien umfassen das virtuelle Labor und verteilte Projektarbeit. Beide Szenarien haben als Lernziele die individuelle Vertiefung von Methodenkompetenz (Wie wird ein Problem gelöst?) und den Erwerb von Kooperationskompetenz. Dabei liegt der Schwerpunkt virtueller Labore auf Experimentalmethoden und Nutzung von Laborgeräten, die hier den verteilten Studierenden über das Internet zugänglich gemacht werden (Haake et al. 2007). Beispiele virtueller Labore finden sich in den Ingenieurwissenschaften (z.B. Programmierung von Mikrocontrollern in der Informatik, Programmierung von Regelkreisen und Robotersteuerungen in der Elektrotechnik).Verteilte Projektarbeit wird in der Informatik z.B. im Softwarepraktikum (CSCW-Praktikum) eingesetzt, bei dem die Teilnehmenden ein größeres Softwareentwicklungsprojekt durchführen und dabei Methoden, Werkzeuge und Rollen bei der verteilten Teamarbeit im Software Engineering in-the-large einüben (Schümmer et al. 2005). Das Methodenseminar in der Psychologie, in dem die Studierenden z.B. Gestaltung und Auswertung von Befragungen erlernen, findet ebenso als verteilte Projektarbeit statt (Heidbrink 2000). Sowohl virtuelle Labore als auch verteilte Projektarbeit arbeiten mit verteilten Studierenden, und basieren auf dem Konstruktivismus und situiertem Lernen (vgl. Beitrag 1.4). Sie bieten den Teilnehmenden Interaktionsmöglichkeiten zum Austausch und Aufbau von (individuellem) Wissen mittels Kommunikation und gemeinsamer Arbeit an Artefakten (z.B. Design, Text, Formeln). Ebenso erlauben sie das Einüben von Kooperationskompetenz sowohl bzgl. der Fachmethoden (Rollen) als auch bzgl. der Telekooperation (Methoden und Werkzeuge). Die Szenarien unterscheiden sich aber bezüglich ihres didaktischen Vorgehens: Während virtuelle Labore der gängigen Praxis von Praktikumsversuchen und Testaten folgen und die Betreuenden nur als Bewerter und Coach bei Problemen involvieren, basiert verteilte Projektarbeit auf der Projektmethode (vgl. Beitrag 3.7) und involviert die Betreuenden enger in den Kooperationsprozess, da sie zusätzlich spezielle Rollen im SoftwareentwicklungsProzess ausfüllen müssen. Das oben erwähnte Softwarepraktikum macht deutlich, wie verschiedene Kooperationskonstellationen und räumliche Settings in einem Semester abgewechselt werden, um die Vorzüge des verteilten (und ggf. unabhängigen) Lernens mit den Vorzügen des gemeinsamen Lernens (lokal und verteilt) in der Gruppe zu verbinden. Da dieser Wechsel zwischen den verschiedenen Lern-Settings inzwischen typisch für das Fernstudium ist, sollen die einzelnen Phasen des Fachpraktikums CSCW im folgenden Abschnitt kurz skizziert werden, bevor wir in Abschnitt 4 genauer auf ein konkretes Setting, die kooperativen Übungen, eingehen.

428

3

5 Erfahrungen aus der Praxis

Interaktionsphasen am Beispiel des Fachpraktikums CSCW

Das Fachpraktikum CSCW kann grob in fünf Phasen eingeteilt werden: Die Administrationsphase, die Zielsetzungsphase, die Gruppenbildungs- und Projektplanungsphase, die Ausführungsphase und die Beurteilungsphase. In der asynchronen, verteilten Administrationsphase wird die Veranstaltung durch Dozenten angekündigt, woraufhin sich die Studierenden mit Angabe ihres Vorwissens anmelden. Die Dozenten wählen daraufhin die Teilnehmenden aus. Kooperation findet in dieser Phase nicht statt. Es folgt eine asynchrone verteilte Zielsetzungsphase. Hier steuern die Studierenden Ideen für konkrete Projekte bei (innerhalb des durch die Dozenten vorgegebenen Rahmens). Die Projektideen werden asynchron in einem gemeinsamen Arbeitsbereich gesammelt und diskutiert (bspw. unter Nutzung eines Forums). Basierend auf den Diskussionen wählen die Dozenten dann die Projektthemen aus, die auf ein hohes intrinsisches Interesse der Studierenden stoßen und zudem zu den Zielen des Praktikums passen. Im Sinne der Projektmethode (Gudjons 1997) werden so Themen gemeinsam in den Lerngruppen festgelegt, was die Motivation im gemeinsamen Lernprozess steigern kann. Vor allem in der verteilten Ausführungsphase, die an der FernUniversität zum Praktikum dazu gehört, ist dies ein zentraler Faktor für einen dauerhaften Gruppenzusammenhalt und die Vermeidung von hohen Abbruchquoten in späteren Phasen des Praktikums. Zu den ausgewählten Themen bereiten die Themengeber in Einzelarbeit Präsentationen vor, die Details zu den Themen erläutern. Diese Präsentationen werden im Rahmen einer ersten Präsenzphase vorgestellt. Diese Phase verfolgt das Ziel der Gruppenbildung und der Projektplanung. Nach einem gegenseitigen Kennenlernen vor Ort und dem Austausch über die Ideen der Präsentationen bilden die Studierenden zu den einzelnen Themen Gruppen. Daraufhin agieren die Studierenden in ihren Gruppen, legen Rollen und Verantwortlichkeiten fest und erstellen einen Projektplan für die Realisierung des durch das Thema spezifizierten Projektes. Hierbei nutzen sie Projektplanungswerkzeuge, die einen gemeinsamen Arbeitsbereich zur Verfügung stellen, in dem die einzelnen Aufgaben beschrieben werden. Die Aufgaben sind so auch in der darauffolgenden verteilten Ausführungsphase des Praktikums für alle Studierenden einsehbar und bilden somit die Grundlage der Koordination in der Gruppe. In der verteilten Ausführungsphase bearbeiten die Studierenden entweder in Einzelarbeit oder in Paaren einzelne Teilaufgaben, die durch den gemeinsam erstellten Projektplan spezifiziert wurden. Die individuelle Bearbeitung erfolgt in der Regel asynchron. Sie wird durch synchrone Partnerarbeit ergänzt. In diesem Fall arbeiten jeweils zwei Studierende gemeinsam an der Realisierung einer bestimmten Teilkomponente. Hierzu nutzen Sie Werkzeuge für das verteilte gemeinsame Programmieren (z.B. das Werkzeug XPairtise (Schümmer & Lukosch 2009)). Ergänzt wird diese werkzeugbasierte Kooperation durch Kommunikationskanäle (in der Regel Instant Messaging). Zu regelmäßigen Meilensteinen treffen sich die Dozenten mit den einzelnen Gruppen in virtuellen Sitzungen, um den Projektfortschritt und eventuelle Probleme zu diskutieren und Hilfestellungen zu geben. Innerhalb der Gruppen finden zudem meist wöchentlich verteilte Treffen statt, in denen der Projektfortschritt mit dem Projektplan verglichen und der Plan ggf. angepasst wird. Ein gruppenübergreifendes Wiki wird zudem für den asynchronen Austausch zwischen den Gruppen bereitgestellt.

5.6 CSCL an der FernUniversität

429

In der ko-präsenten Beurteilungsphase stellen die Gruppen ihre Ergebnisse den anderen Gruppen vor. Zudem wird in den Gruppen gemeinsam mit den Lehrenden über den Projektverlauf reflektiert. Beides bildet die Grundlage für die Bewertung des Lernerfolgs, die ebenfalls im Dialog mit den Studierenden besprochen wird. Die Fachpraktika CSCW werden seit 2003 regelmäßig in der oben beschriebenen Form durchgeführt. In der Regel erhalten wir positives Feedback von den Studierenden bezüglich des Lernerfolgs. Der Aufwand für Betreuende und Studierende ist in dieser Form des Praktikums sehr hoch (eine detailliertere Auswertung hierzu findet sich in (Schümmer & Lukosch 2009)). Die Studierenden müssen neben den eigentlichen fachlichen Inhalten ein komplexes Gefüge von Prozessen und Werkzeugen erlernen, die für die effiziente verteilte Projektarbeit nötig sind. Eine kooperative Lernform, die mit deutlich weniger Aufwand verbunden ist, wird im folgenden Abschnitt vorgestellt: die kooperative Gruppenübung.

4

Kooperative Übungsgruppen an der FernUniversität

Im Folgenden zeigen wir eine konkrete Umsetzung kooperativer Übungsgruppen am Beispiel der Designübungen im Master-Kurs Betriebssysteme. Diese Form kooperativer Übungsgruppen wird seit 2006 eingesetzt, um die individuelle Vertiefung und Vernetzung von Vorlesungsstoff, den Erwerb von Begutachtungskompetenz für alternative Lösungsdesigns von Betriebssystemfunktionalität (beides Fachkompetenzen) sowie den Erwerb von Kooperationskompetenz in einer Internet-basierten Kooperationsumgebung (Soft Skill) zu unterstützen.

4.1

Rahmenbedingungen

An der FernUniversität sind die Teilnehmenden verteilt und nehmen an den Lehrveranstaltungen üblicherweise von unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten teil. Klassische individuelle Übungsaufgaben können auf Papier oder unter Nutzung eines Übungsverwaltungssystems (WebAssign 2011; Six & Ströhlein 2001) bearbeitet werden. Für kleinere Lerngruppen sind, bei Berücksichtigung der persönlichen Randbedingungen, auch synchrone verteilte Sitzungen möglich.

4.2

Didaktisches Vorgehen

Zur Erreichung der Lernziele müssen die Teilnehmenden während des Semesters drei komplexe Aufgaben in der Gruppe lösen, die die Nutzung von Konzepten und Methoden aus verschiedenen, bis dahin behandelten, Kapiteln des Kurses erfordern. Dadurch wird die problemorientierte Vertiefung und Vernetzung des Vorlesungsstoffs gefördert. Ein im CSCLSystem CURE (Haake et al. 2004) integriertes CSCL-Skript (vgl. Beitrag 3.5) erleichtert den Teilnehmenden die Planung und Koordination des Vorgehens in einer für sie neuen Situation, in der sie sowohl fachliche Probleme (Designaufgabe, Peer-Review) lösen als auch neue Formen der Gruppenarbeit erlernen müssen. Die Kombination einer Designaufgabe mit einem Peer-Review Prozess erfolgte vor dem Hintergrund, dass der Rollenwechsel zwischen Problemlöser und Gutachter aufgrund der

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5 Erfahrungen aus der Praxis

verschiedenen Perspektiven sowohl zu einer weiteren Vertiefung des Konzept- und Methodenverständnisses beiträgt als auch zu einer Verbesserung der Darstellungskompetenz für wissenschaftliche Lösungen und Gutachten führt.

Ablauf Die Lehrveranstaltung läuft insgesamt in vier Phasen ab: Vorbereitung, Gruppenbildung, Gruppenarbeit mit Peer-Review und Bewertung, und Nachbereitung. 1. Vorbereitung durch die Betreuenden: Diese umfasst die Terminplanung für die Zeiträume der Aufgabenbearbeitung, die Konzeption und Erstellung der Aufgaben mit SkriptInstruktionen, Musterlösung und Bewertungs-Kriterien sowie die Konfiguration der Lernumgebung (z.B. durch die Einrichtung von Gruppenräumen). 2. Gruppenbildung: Anmeldung bzw. Einteilung in Gruppen zu 3 bis 5 Studierenden; Zuweisung zu Gruppenräumen. 3. Gruppenarbeit mit Peer-Review und Bewertung: Die einzelnen Gruppen bearbeiten (je nach Gruppenzuordnung) entweder die Aufgaben oder fungieren als Gutachter für die Ergebnisse einer anderen Gruppe. 4. Nachbereitung: Betreuende sichten sowohl Lösungen als auch die Gutachten und legen die finale Punktzahl für die beteiligten Gruppen fest.

Gruppenarbeit mit Peer-Review Der eigentliche Lernprozess folgt in jeder Lerngruppe wiederum vier vorgegebenen Phasen. Dabei werden alle Phasen durch Skripte gesteuert, die den Lernenden zum einen Instruktionen über nötige Aktivitäten in der Phase geben und zum anderen entsprechende Werkzeuge bereitstellen. In der ersten Phase, dem Brainstorming, sollen die Lernenden möglichst viele relevante Konzepte aus den verschiedenen Kapiteln des Kurstexts identifizieren und dadurch ihr vorhandenes Wissen aktivieren und ggf. neu einordnen. Wenn eine vorher vereinbarte Zeit abgelaufen ist oder keine neuen Ideen mehr generiert werden, endet die Brainstorming-Phase. Die gesammelten Ideen bzw. Konzepte der Brainstorming-Phase werden anschließend von den Lernenden geordnet. Dazu werden in der Aufgabenstellung Kategorien vorgegeben, um die Bildung relevanter Gruppen von Konzepten zu unterstützen. Hierdurch sollen die Lerner zum Nachdenken über Ähnlichkeiten und Beziehungen zwischen den Konzepten angeregt werden. Dabei sollen sich die Lerner koordinieren (z.B. mittels Kommunikation), um Konsens zu erreichen. Schließlich dient das gemeinsame Schreiben eines kurzen (1-seitigen) Aufsatzes zur Beschreibung einer begründeten Lösung der Aufgabe. Dabei können die vorher identifizierten Beziehungen zwischen den Clustern und Konzepten zur Auswahl und Begründung der Lösungsalternative genutzt und weiter elaboriert werden. Abschließend wird das Ergebnis von einer anderen Gruppe im Peer-Review konstruktiv anhand einer vorgegebenen Liste von Kriterien bewertet. Alle Mitglieder der Review-Gruppe lesen zuerst den Essay und identifizieren unabhängig Stärken und Schwächen. Sodann wird in einer Konsolidierungsphase im Konsens auf Basis der individuellen Bewertungen ein gemeinsamer Review verfasst. Dieser geht der Gruppe, die die Lösung erarbeitet hat, zu. Bei

5.6 CSCL an der FernUniversität

431

Rückfragen oder abweichender Meinung kann die Reviewer-Gruppe kontaktiert werden. Diese kann im Verlauf der Diskussion ihre Bewertung ändern. Sofern die bewertete Gruppe den Review nicht akzeptieren will, kann sie den Betreuenden kontaktieren, der dann den Review prüft und die finale Bewertung durchführt.

4.3

Computerunterstützung bzw. CSCL-Umgebung

Werkzeuge, die zur Durchführung der kooperativen Übung benötigt werden, betreffen die Dokumenterstellung (Editor) und den Dokumentenaustausch (z.B. über gemeinsame Arbeitsbereiche, gemeinsame Verzeichnisse oder Repositories, oder Versenden per Mail an alle Gruppenmitglieder), die Kommunikation in der Gruppe und zwischen Aufgabengruppe und Reviewer-Gruppe sowie mit dem Betreuenden (z.B. mittels Kommunikationswerkzeugen, vgl. Beitrag 2.1). An der FernUniversität wird das kooperative Lernsystem CURE zur Unterstützung der Übungen genutzt. Dabei handelt es sich um ein Wiki, in dem Gruppen einzelne flexibel konfigurierbare Arbeitsbereiche, sogenannte Räume, zur Verfügung gestellt bekommen. Das CURE-System wurde für die Unterstützung der Gruppenübungen so erweitert, dass die entsprechenden Dokumentstrukturen für die einzelnen Phasen bereitgestellt werden können.

4.4

Umsetzung

Die Vorbereitungsphase beginnt ca. 3 Monate vor Lehrveranstaltungsbeginn und umfasst die unter 4.2.1 (siehe oben) genannten Schritte. Nach Erstellung oder Modifikation der Aufgabenstellung mit den dazugehörigen Instruktionen für die Phasen, der Musterlösung und den Review-Kriterien bzw. Empfehlungen wird ein Musterraum für eine kooperative Übungsgruppe in CURE erzeugt und für die einzelnen Gruppen kopiert. In der Gruppenbildungsphase registrieren sich die Teilnehmenden am Übungssystem und bilden unter Berücksichtigung ihrer zeitlichen Verfügbarkeit Gruppen von 3–5 Teilnehmenden. Die Teilnehmenden werden dann durch die Betreuenden Gruppenräumen zugeordnet und mit passenden zeitlichen Zugriffsrechten ausgestattet: für jede Aufgabe erhalten sie während des Bearbeitungsintervalls schreibenden Zugang, und als Reviewer erhalten sie nur während des Peer-Review-Intervals schreibenden Zugang zum jeweiligen Gruppenergebnis, um Kommentare und den Review erstellen zu können. In der Gruppenarbeitsphase findet die Aufgabenbearbeitung mit Peer-Review und Bewertung statt. Jede Gruppe erhält Zugang zu den in ihrer Phase notwendigen Räumen bzw. Seiten (Aufgabenstellung, Instruktionen des aktiven Skripts, relevante Seiten wie vorherige Ergebnisse oder aktuelle Ergebnisseite). Die Kommunikation wird sowohl innerhalb von CURE (Raum-Chat, Forum) als auch unter Nutzung externer Kommunikationsmedien (z.B. e-Mail, Skype) unterstützt. Im Arbeitsbereich können die von der Gruppe erstellten Inhalte in strukturierten Wiki-Seiten abgelegt werden (Haake, Lukosch & Schümmer 2005). Die ReportFunktion von CURE, die die Änderungen im Raum seit dem letzten Besuch anzeigt, unterstützt die Betreuenden beim Monitoring des Fortschritts der Gruppen. In der Nachbereitungsphase müssen die Betreuenden Aufgabenbewertungen an das Sekretariat als Spreadsheet weitergeben, damit die für die Klausurzulassung relevanten Punkte für

432

5 Erfahrungen aus der Praxis

die Teilnehmenden erfasst werden. An der FernUniversität erfolgt für jede Lehrveranstaltung am Ende eine automatisierte Web-basierte Evaluation bzw. Sammlung von Feedback.

4.5

Erreichung der Lernziele

Die Wirkung des 3-phasigen Skripts zur eigentlichen Aufgabenbearbeitung wurde in einer quasi-experiementellen Studie untersucht (Haake & Pfister 2010). Wissenstests zeigten, dass Fachwissen erworben wurde. Durch Anwendung der Skripte konnte eine gute Qualität der Ergebnisse sichergestellt werden. Die Teilnehmenden loben insbesondere die Kooperationserfahrung. Nach Meinung der Prüfer können Absolventen kursübergreifende Zusammenhänge in der mündlichen Prüfung besonders gut darstellen. Die Akzeptanz des Peer-Review-Skripts konnte durch positives Feedback der Studierenden validiert werden. Die Wirkung des Skripts spiegelt sich in der Qualität der Reviews und wird auch in fehlenden Beschwerden über unzureichende Reviews beim Betreuenden sichtbar.

5

Ausblick

Passend zu den Anforderungen der Kompetenzvermittlung in einem Studiengang müssen die Dozenten für ihre Lehrveranstaltungen entscheiden, wo CSCL-Szenarien besonders geeigent oder sogar notwendig sind. Dem durch CSCL verursachten Aufwand für Gruppenbildung, Coaching und Assessment stehen neben der kooperationsinhärenten Kompetenzvermittlung auch potenzielle Einsparungseffekte (z.B. durch Peer-Reviews) gegenüber. Die beschriebenen CSCL-Szenarien werden mit Variationen und in unterschiedlichem Ausmaß auch an anderen europäischen FernUniversitäten eingesetzt. Allerdings setzt die Open University in Großbritannien stärker auf Anreize zur freiwilligen Kooperation ihrer Studierenden und bemüht sich darum, mittels sozialer Umgebungen das Gefühl einer Gemeinschaft zu etablieren. Daneben werden regionale Tutor-geleitete Lerngruppen auch mittels Foren, Moodle und Elluminate bzw. virtuelle Seminare abgehalten. Die Open Universiteit in den Niederlanden führt ebenso in gewissem Umfang kooperative Übungsgruppen und praktikumsbezogene CSCL-Szenarien, z.B. Virtual Company (Westera 1999), durch. Zunehmend nutzen auch Präsenzhochschulen e-Learning, primär um Lerninhalte zu verteilen (Skripte, Vorlesungsaufzeichnungen) und Vertiefungs- bzw. Übungsmöglichkeiten (zusätzliche Animationen, Simulationen, Übungsbearbeitung und -einreichung) zu verbessern. Die Unterstützung kooperativen Lernens steht heute nicht im Vordergrund, da Präsenzhochschulen die Möglichkeit zu unkomplizierter informeller bzw. selbstorganisierter Kooperation bieten. Sie haben den Vorteil, dass Phasen enger Kooperation statt Computer-vermittelt auch in Präsenz auf dem Campus durchgeführt werden können. Kooperationsunterstützung wird daher primär für asynchrone Phasen genutzt bzw. relevant. Übertragbar auf Präsenzhochschulen sind nach Erfahrung der Autoren die Szenarien zu CSCL-gestützter Projektarbeit, Seminar und Abschlussarbeit, da es hier um Kooperation bei der Problemlösung geht, die in einer Mischung von individuellen und kooperativen (synchronen und asynchronen) Phasen stattfindet. Hier können kooperative Arbeitsumgebungen zur Unterstützung der notwendigen Interaktion und Kooperation sinnvoll eingesetzt werden.

5.6 CSCL an der FernUniversität

433

Weniger für Präsenzhochschulen geeignet sind kursbezogene Szenarien, da die Präsenzhochschule die Reichhaltigkeit des Präsenzkontakts für die Wissensvermittlung in Vorlesungen und Übungsgruppen nutzen kann – und deshalb keine Hilfsmittel und Aufwände zur Überbrückung von zeitlicher und räumlicher Distanz nötig sind. Erst beim Anbieten von Studiengängen im weitgehenden Fernlehrmodus werden diesbezügliche Lösungen unverzichtbar, die allerdings zusätzlich zur Präsenzlehre angeboten werden müssen und daher einen nicht unerheblichen Zusatzaufwand bedeuten.

434

5.7

5 Erfahrungen aus der Praxis

Reflexives Lernen mit Web 2.0 Sabine Seufert Universität St.Gallen

1

Reflexives Lernen als didaktisches Grundprinzip in der Hochschulbildung

Reflexives Lernen ist eng verknüpft mit forschendem Lernen und erfordert somit eine enge Verbindung von Praxiserfahrung und wissenschaftlichen Theorien in der Hochschullehre (Euler 2005a, 270). Reflexion wird als eine Aktivität an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis verstanden. Wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung ist im Praxishandeln angelegt, Praxiserfahrungen sind zu systematischer Forschung ausbaubar. Handlungsleitendes, didaktisches Prinzip für die Hochschulbildung stellt die Problemorientierung dar: Praktische Problemstellungen dienen als Ausgangspunkt für eine explorative Erarbeitung von theoriebasierten Problemlösungen. Studentisches Lernen richtet sich an subjektiv bedeutsamen Aufgaben- und Problemstellungen aus. Lernorganisatorisch wird häufig mit der Vergabe und Betreuung von Projekten oder von Hausarbeiten gearbeitet, um Problemstellungen aus der Praxis mit wissenschaftlich relevanten Fragestellungen didaktisch zu verknüpfen. Einen derartigen didaktischen Ansatz der reflexiven Lehre liefern De Déa Roglio und Light (2009), die einen Lehr-Lernzyklus zugrunde legen, welcher dem Leitprinzip der Problemorientierung folgt sowie die Reflexion als metakognitiven Lernprozess ergänzt, um theoretisches Wissen und praktisches Erfahrungswissen miteinander zu verbinden (Abb. 1). Die Lehrenden und Lernenden bilden dabei eine Gemeinschaft, die sich unterschiedlicher Methoden (wie z.B. Mentoring, Tutoring) sowie auch Technologien für einen Diskurs und Kollaboration bedienen kann. In der pädagogischen Forschung ist die individuelle Reflexion u.a. im Konzept der Metakognition aufgehoben. Metakognition bezieht sich zum einen auf das Wissen der Lernenden über „their own cognitive processes and their ability to control these processes by organizing, monitoring, and modifying them“ (Weinstein & Mayer 1986, 323). Reflexion beinhaltet u.a. den Rückblick auf vollzogene Lern- und Problemlöseprozesse, individuelle Reflexion wird dabei verstanden als „those intellectual and affective activities in which individuals engage to explore their experiences in order to lead to new understandings and appreciations“ (Boud et. al. 1985, 19). Einen weiteren Zugang zur Reflexion bieten die pädagogischen Theorien im Rahmen von Handlungsmodellen. Exemplarisch sei auf das Modell von Kolb (1984) hingewiesen, nach dem sich das sogenannte Erfahrungslernen („experiental learning“) über vier adaptive Lernschwerpunkte vollzieht: konkrete Erfahrung, Reflexion, Abstraktion und aktives Experimentieren. Lernen wird verstanden als „the process whereby knowledge is created through the transformation of experience“ (Kolb 1984, 38), und Reflexion stellt in diesem Prozess eine zentrale Aktivität dar. Basierend auf diesem Lernmodell stellt das „selbstregulierende Wissen“ („self-regulated knowledge“) eines Lernenden das Bindeglied zwischen theoretischem, konzeptionellem sowie praktischem Erfahrungswissen dar, welches als

5.7 Reflexives Lernen mit Web 2.0

435

Ergebnis von Reflexionsprozessen über das Lernen (und nicht nur über die Bewältigung der kogntiven Aufgaben) entsteht.

Abbildung 1:

Reflektiver Lehr-Lernzyklus (in Anlehnung an De Déa Roglio & Light, 2009)

Die Teamforschung erweitert den Blick auf die Merkmale und Wirkungen von Reflexionsprozessen in Teams („team reflexivity“). West (1996, 559) definiert Teamreflexivität als „the extent to which group members overtly reflect upon the group’s objectives, strategies and processes, and adapt them to current or anticipated endogenous or environmental circumstances.“ Stahl (2006) zeigt in diesem Zusammenhang auf, dass Studierende sog. „breakdown situations“ innerhalb eines Gruppendiskurses reflektieren können, welche nicht unbedingt an eine inviduelle Reflexion gekoppelt sein muss. Derartige Situationen in einer Gruppe werden vor allem dadurch ausgelöst, dass Diskrepanzen zwischen Erwartungen und Erfahrungen als Auslöser und Gegenstand von Reflexion fungieren. Reflexionsprozesse in Gruppen können je nach Intensität und Reichweite unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden (Swift & West 1998): – In der Teamzusammenarbeit bezeichnet „Shallow reflection“ eine Reflektion, welche die Aufgabenorganisation fokussiert und beispielsweise Fragen einer günstigen Arbeitsteilung zwischen den Teammitgliedern aufwirft, – „Moderate reflection“ geht einen Schritt weiter und reflektiert Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Zielen, Strategien, Prozessen und Aufgaben innerhalb der Teamarbeit. – „Deep reflection“ stellt die äusserste Form einer Teamreflexion dar und stellt Fragen hinsichtlich zugrunde liegender Werte und Normen, die als Rahmenbedingungen die Teamarbeit beeinflussen oder auch beeinträchtigen können.

436

5 Erfahrungen aus der Praxis

In neueren Entwicklungen wird häufig Web 2.0-basierten Lernumgebungen das Potenzial zugeschrieben, die individuelle Reflexionskompetenz sowie auch Reflexionsprozesse in Teams zu unterstützen (Gray 2007; Yang 2009). Da sich in der Hochschullehre insbesondere Wikis und Blogs vermehrt in didaktischen Szenarien etablieren (Reinmann 2008), wurden diese beiden Anwendungen für eine Lehrveranstaltung konzipiert und evaluiert, die Ergebnisse werden in der vorliegenden Fallstudie dargestellt. Dabei soll folgender Leitfrage nachgegangen werden: Welche Potenziale bietet ein Wiki sowie ein Blog als Kollaborationsinstrument, um reflexives Lernen in der Hochschulbildung zu unterstützen? Diese Leitfrage wird anhand des Fallbeispiels einer Lehrveranstaltung im Rahmen der Zusatzausbildung Wirtschaftspädagogik an der Universität St. Gallen analysiert.

2

Kontext: Ziele der Lehrveranstaltung

Der Einsatz von Web 2.0, im vorliegenden Fall eines Wikis und Blogs, wurde in dem Kurs „Aktuelle Probleme der Wirtschaftsdidaktik“ im Zusatzstudium Wirtschaftspädagogik (Abschluss mit Diplom) der Universität St.Gallen untersucht. Die Lernziele des Kurses richten sich nach vier Kreditpunkten aus und sind nachfolgend erläutert: Die Studierenden sind in der Lage, – „aktuelle Probleme“ differenziert zu benennen und in einen größeren gesellschaftlichen und bildungspolitischen Kontext einzuordnen. Sie sollen Reformbemühungen offen aufnehmen und konstruktiv-kritisch auf deren Gehalt und Implikationen prüfen können, – „aktuelle Probleme“ der Wirtschaftsdidaktik theorie- wie praxisgeleitet zu erfassen und kritisch über Lösungsstrategien von Lehrpersonen nachzudenken. Dabei sollen die Studierenden „ein aktuelles Problem“ konkret in Verbindung mit dem eigenen Lehrerberuf bringen und eine gewisse Betroffenheit fühlen können, – einen Schwerpunkt eigenständig im Team zu vertiefen, Erkenntnisse problemorientiert aufzubereiten und weiterzuvermitteln. Die Studierenden sollen zudem den Transfer kooperativer Routinen vom Studium in den Lehrberuf reflektieren können. Im Vordergrund steht dabei insgesamt in der Lehrerausbildung die didaktische Reflexionskompetenz zu fördern. Diese wird dabei verstanden als „… die Kompetenz, das eigene didaktische Handeln und die eigenen didaktischen Entscheidungen im Kontext einer pädagogischen Situation im Nachhinein zu überdenken und explizit zu begründen, um bewusst daraus zu lernen, mit dem Ziel eines persönlichkeitswirksamen Bildungsprozesses“ (Abels 2011, 55). Im Herbstsemester 2009 basierte das Veranstaltungskonzept auf dem didaktischen Einsatz eines Wikis und im darauffolgenden Herbstsemester 2010 auf der Verwendung eines Blogs. An der Pflichtveranstaltung nahmen jeweils ca. 40 Studierende teil.

3

Variante 1 des didaktisches Design: Einsatz eines Wikis

In der Lehrveranstaltung „Aktuelle Probleme“ im Herbstsemester 2009 wurde ein Wiki zur Contenterstellung eingesetzt (Brahm & Seufert 2010), um die intensive Auseinandersetzung mit Themen und Inhalten in Teams (3 bis max. 4 Studierende) zu fördern. Bei dieser Variante gliedert sich die Lehrveranstaltung organisatorisch in drei grössere Blöcke, in denen jeweils

5.7 Reflexives Lernen mit Web 2.0

437

verschiedene Arbeitsformen angewandt werden. Eine Einführungswoche, in welcher eine inhaltliche, eine organisatorische und eine technische Einführung gegeben werden, sowie eine abschliessende Woche, in der die Prüfung vorbereitet und durchgeführt wird, bilden den Rahmen. Nach der Einführung in der ersten Woche sind die nachfolgenden vier Wochen der theoretischen Einführung in die acht Themenblöcke gewidmet. Dabei vermitteln die Dozentin sowie Gastreferenten theoretischen Input. Zudem initiieren sie Übungsphasen und leiten diese an. Die anschliessenden vier Wochen sind dem Selbststudium der Studierenden vorbehalten. In diesem Kontext gilt es das Kurswiki „IWPedia“ mit Definitionen zu füllen und per Peer-Feedback zu evaluieren. Gleichzeitig bereiten die Studierenden Präsentationen zu einem ausgewählten und in der Seminararbeit zu vertiefenden Thema vor. Für die studentischen Präsentationen sind wiederum Präsenzveranstaltungen in den letzten vier Wochen vorgesehen. Im Rahmen der schriftlichen Vertiefungsarbeit beleuchten die Studierenden eine selbst zu entwickelnde Fragestellung aus den acht Themengebieten. Dabei gilt es einerseits theoretische Hintergründe zu erarbeiten. Andererseits soll ein Brückenschlag in die Praxis erfolgen, indem schulische Akteure (Lehrer/innen, Schüler/innen, Schulleiter/innen etc.) im Rahmen dieser Vertiefungsarbeit z.B. durch Befragungen involviert werden. Die Inhalte und Ergebnisse der schriftlichen Vertiefungsarbeit werden innerhalb der Lehrveranstaltung präsentiert. Jeder Gruppe stehen 30–35 Minuten für die Präsentation zur Verfügung, welche kreativ gestaltet werden kann (klassische Präsentationen, Debatten, Rollenspiele, Unterrichtssimulationen etc.). Der Einsatz des Wikis – IWPedia – dient dabei zur Erarbeitung grundlegender Begriffe und Definitionen, die für alle Studierende auch im Hinblick auf die Klausur relevant sind. Jeder Themenblock wird daher mehrmals bearbeitet und vertieft (vgl. Abb. 2). KW 38

Einführung, WIKI Forschungsarbeit

IW Pedia

KW 39 KW 40 KW 41

Input – 8 Themenblöcke

KW 42 KW 43 KW 44 KW 45

2 Definitionen ins Wiki & Peer Review

Selbststudium

KW 46 KW 47 KW 48 KW 49 KW 50 KW 51

Abbildung 2:

Team Sessions 2 Teams je Themenblock Team Session –20% Wiki-Arbeit –40% Hausarbeit –40% Themenorientierte Konzeption der Lehrveranstaltung „Aktuelle Probleme“ mit Einsatz eines Wikis

438

5 Erfahrungen aus der Praxis

4

Variante 2 des didaktisches Designs: Einsatz eines Blogs

Im darauf folgenden Zyklus der Lehrveranstaltung „Aktuelle Probleme“ im Herbstsemester 2010 wurde anstelle eines Wikis ein Blog eingesetzt, um die gesteckten Lernziele zu erreichen. Die Studierenden hatten wie bei Variante 1 als Endprodukt eine Forschungsarbeit zu erstellen. Eine kürzlich erschienene Studie zum Einsatz von Blogs in der Hochschullehre (Sim und Hew 2010) zeigt auf, dass Reflexionsprozesse von Studierenden nur in begrenztem Maße stattfinden, sondern meist deskriptive Aufzählungen von Ereignissen überwiegen. Gewonnene Erkenntnisse und daraus abgeleitete Konsequenzen für künftiges Handeln sind dahingegen kaum aus eigenem Antrieb heraus anzutreffen. Den Anforderungen einer guten Betreuung von Weblogs (Sim und Hew 2010) entsprechend wurde daher versucht, die Qualität der Reflexionen bzw. der Feedbacks im Weblog zu erhöhen, indem die Weblog-Arbeit vergleichsweise stark strukturiert und mit klaren Vorgaben versehen wurde. Der Ablauf der Veranstaltung orientiert sich an einer Projektphasenstruktur (Abb. 3) in Anlehnung an klassische Verlaufsmodelle empirischer Forschung (z.B. Diekmann 2007). Poster-Präsentation: 20 %

Weblog-Arbeit – Gruppennote 40 %

Hausarbeit: 40 %

t 04.10.10

15.11.10

Ziel: Beschrieb der Erkenntnisinteressen & Formulierung von Forschungsfragen

Abbildung 3:

Ziel: Forschungsdesign & Erhebungsinstrument(e)

29.11.10

10.12.10

17.12.10

Ziel: Beschrieb des Verlaufs der Datenerhebung

Ziel: Beantwortung der Forschungsfragen & Erkenntnisse

Ziel: Verdichtung, Zusammenfassung und Dokumentation des Projektes

Phasenorientierte Konzeption der Lehrveranstaltung „Aktuelle Probleme“ mit Einsatzes eines Blogs

In jeder Projektphase sind neben den Meilenstein-Ergebnissen Blog-Einträge zur Reflexion zu verfassen sowie Feedbacks zu den Projekt- und Reflexionsberichten von zwei anderen Gruppen zu erstellen. Um den Studierenden Impulse zur Reflexion in den Teams zu setzen, wurde ihnen ein Fragenkatalog pro Projektphase als Beispiel- und Ideenliste mit an die Hand gegeben (vgl. Tab. 1). Analog zur vorherigen Durchführung auf der Basis eines Wikis wurde auch die Arbeit mit dem Weblog mit 40% der Gesamtnote gewichtet. Die Bewertungskriterien wurden den Studierenden in der Veranstaltung kommuniziert, um einen möglichst hohen Reflexionsgrad und -tiefe anzustreben. Auch in den Lernaufträgen wurde den Studierenden ein Leitfaden für Reflexionskategorien sowie -fragen (s. nachfolgende Tabelle) erläutert und an die Hand gegeben.

5.7 Reflexives Lernen mit Web 2.0 Tabelle 1:

439

Beispiele für Reflexionsfragen

Kategorie

Beispielfragen

Reflexionsfragen zum empirischen Forschungsprozess

• • •

Reflexionsfragen zum Gruppenarbeitsprozess

• • • •

Reflexionsfragen zur Nutzung des Weblogs

• • •

Ist uns die Verdichtung und Aufbereitung der Ergebnisse gelungen? Warum (nicht)? Was haben wir daraus für die Zukunft gelernt? Was können wir wieder so machen? Was müssen wir beim nächsten Mal anders machen? … Wie haben wir die Arbeit in dieser Projektphase organisiert und aufgeteilt? Warum? Haben wir Rückmeldungen von Kommilitonen aufgenommen? Warum (nicht)? Welche Rückmeldungen haben wir ggf. aufgenommen? Wie haben wir diese ggf. verarbeitet und umgesetzt? Wie haben wir Entscheidungen getroffen? Waren die Entscheidungsprozesse effizient und gerecht? Warum (nicht)? … Wie, wie oft und für welche Zwecke haben wir den Weblog genutzt? Was möchten wir bei der weiteren Nutzung von Weblogs beibehalten bzw. verändern? Warum? …

5

Didaktische Potenziale von Wikis und Blogs: Evaluation durch die Studierenden

5.1

Stichprobe

Die Studierendenkohorte bildeten jeweils die 40 für die Pflichtveranstaltung „Aktuelle Probleme der Wirtschaftsdidaktik“ eingeschriebenen Studierenden. Der zur Evaluation bestimmte Fragebogen wurde in beiden Veranstaltungen der Woche 50 an die anwesenden Studierenden ausgeteilt, um möglichst viele Studierende in die Evaluation einzuschliessen. In der ersten Durchführung – Einsatz eines Wikis – konnten 27 Fragebogen (Rücklaufquote 67.5%) in der zweiten Durchführung – Einsatz eines Blogs – 25 Fragebogen (Rücklaufquote 62,5%) auswertet werden.

5.2

Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte mittels Einsatz dreier Erhebungsmethoden und -instrumente, die nachfolgend kurz erläutert werden: 1. Systematische Kursevaluation der Veranstaltung: Die systematische Kursevaluation erfolgt durch die Qualitätssicherung, einer zentralen Stelle der Universität St.Gallen. Der Fragebogen enthält 13 Items und lässt für die vorliegende Untersuchung hauptsächlich Rückschlüsse auf die Lernkultur an der Universität St.Gallen zu, um das Potenzial eines Wiki-Einsatzes bzw. eines Blog-Einsatzes zu ermitteln.

440

5 Erfahrungen aus der Praxis

2. Spezifische Evaluation des Wiki-Einsatzes bzw. Blog-Einsatzes: Um den konkreten Einsatz des „IWPedia“ evaluieren zu können, wurde ein spezifischer Fragebogen erstellt, der auf die Erhebung von Daten für die vorliegende Forschungsfrage ausgerichtet war. Der Fragebogen enthält 16 Items aufgeteilt in zwei Befragungsgebiete. Das eine Thema zielte auf die Voraussetzungen der Lernenden und den konkreten Wiki-Einsatz in der Veranstaltung ab (9 Items) und das andere auf den Transfer (7 Items), worunter das Erfragen der Potenziale, Chancen und Gefahren eines Wiki-Einsatzes auf der Sekundarstufe II zu verstehen ist. Ähnlich strukturiert ist das Instrument zur Evaluation des Blog-Einsatzes, um die Voraussetzungen der Lernenden sowie auch den konkreten Einsatz des Blogs (insbesondere Nutzenpotenziale für den Lernzuwachs) im Rahmen einer Selbsteinschätzung zu erheben. 3. Problemzentrierte Gruppeninterviews: Aus der Studierendenkohorte haben sich jeweils drei Studierende bereit erklärt, an einem problemzentrierten Gruppeninterview teilzunehmen. Das aufgrund der Gruppengröße teilstrukturierte Interview diente dazu, offene Fragen aus der Evaluation zu klären sowie Aspekte zum Potenzial und zur Form des Wiki- bzw. Blog-Einsatzes nochmals vertieft zu diskutieren.

5.3

Evaluation des didaktischen Design: Einsatz eines Wiki

Größtenteils war der Studierendenkohorte das Wiki als Medium bei Veranstaltungsbeginn nur als Leser (Wikipedia) bekannt. Daher war die Vorgehensmethodik bei der Arbeit mit einem Kollaborationstool bislang weitestgehend fremd, was vereinzelt den Wunsch nach mehr Klarheit in der Herangehensweise und der Bewertungskriterien sowie nach verstärkter Vorgabe von Best-practice-Beispielen aufkommen ließ. Vor diesem Hintergrund vermag die Angabe in der Evaluation, dass vorwiegend die „Edit“-Funktion des Wikis angeschaut wurde, um von den anderen Gruppen lernen zu können, wenig zu erstaunen. Der didaktische Entscheid, den Gruppen in der Erstellung der Wikis weitestgehend kreative Freiheit zu gewähren, wurde vor dem Hintergrund der Schaffung einer erfahrungsorientierten und selbstgesteuerten Lernumgebung bewusst gefällt. Aufgrund der Offenheit der grundgelegten Grobthemengestaltung streuten sich die einzelnen Foki und damit Definitionen im Wiki stark. Eine stärkere Begleitung der Studierenden würde es ermöglichen, im Erstellungsprozess dem streuenden Effekt entgegen zu wirken und andererseits der Bitte der Studierenden nach klareren Vorgaben, die sowohl in der schriftlichen Evaluation als auch im teilstrukturierten Interview genannt wurden, nach zu kommen. Eine engere Begleitung zieht – aus den Angaben der Studierenden schließend – mitentscheidende Implikation auf der qualitativen Ebene der Beiträge nach sich. Aus Sicht der Studierendenkohorte wird dem Studierendenfeedback bislang noch keinen gleichwertigen Stellenwert wie dem Expertenfeedback attestiert. Auf ein qualifiziertes Feedback würde eine Überarbeitung des bestehenden Beitrags folgen, so die Meinung der Studierenden, was mutmaßlich wiederum die Qualität der Beiträge und das Vertrauen in die Beiträge stärkt. Dies würde – aus der Evaluation interpretierend – zu einer zusätzlichen Nutzung des Kollaborationstools führen. Dieser Argumentation steht die Lernkultur als mögliches Hindernis gegenüber. So wurde verschiedentlich der Wiki-Einsatz als Bestandteil der Prüfungsleistung, der erledigt werden „muss“, abgetan. Diese utilitaristische Haltung zeigt sich auch in der Nennung, dass die Wiki-Beiträge vorwiegend zur Prüfungsvorbereitung gelesen werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die vorhergehende Argumentation jedenfalls anzuzweifeln, da diese auf stark

5.7 Reflexives Lernen mit Web 2.0

441

intrinsischen Beweggründen beruht. Da durch eine engere Begleitung des Lernprozesses das Unterrichten direktiver wird, steht die Erfüllung dieser Bedürfnisse in einem Spannungsfeld. Die Förderung einer explorativen Lernumgebung nimmt in der Veranstaltungskonzeption eine zentrale Stellung ein. Ziel der Veranstaltung war es, die Wissensbestandteile in einem wechselseitigen Verfahren, durch Vernetzung des empirischen und theoretischen Arbeitens mit den Veranstaltungsteilen, in einem selbstgesteuerten Prozess zu fördern. Dieser spiralförmige Lern- und Arbeitsprozess wurde der Veranstaltung grundgelegt, konnte aber mit und von den Studierenden nicht in gewünschtem Masse umgesetzt werden. Dies wird unter anderem in der Evaluation deutlich, wenn eine geringe Zustimmung zur Teilnahme an der Diskussion der einzelnen Beiträge, die auch nicht explizit gefordert wurde, festgestellt werden muss. Im problemzentrierten Gruppeninterview wurde zudem angemerkt, dass viele Wiki-Inhalte „plötzlich“ entstanden sind. Die Definitionen wurden in einem .doc-File angefertigt und anschliessend in das Wiki gestellt, ohne der klassisch sequenziellen Erstellungsweise eines Wiki-Beitrags gerecht zu werden. Reflexive Lernprozesse wurden daher selten im Team mit Hilfe des Wikis angestossen. Die Erkenntnis, dass teilweise wenig Bezug zwischen den erstellten Definitionen und der empirischen Arbeit hergestellt wurde, lässt darauf hin deuten, dass die einzelnen Leistungen nicht spiralförmig und integrierend im Sinne eines reflexiven Lehr- und Lernprozesses durchgeführt, sondern vielmehr als einzelne Bestandteile einer Aufgabenliste, angegangen wurden. Wenig überraschend sehen die Studierenden den langfristigen Zugriff auf die Wiki-Inhalte und die ständige Weiterentwicklung als die sinnvollsten Einsatzszenarien an. Dies scheint ein weiterer Aspekt zu sein, um einerseits das Potenzial des Wikis besser auszuschöpfen und andererseits die Studierenden den Nutzen als Kollaborationstool aufzuzeigen. Das Wiki als Wissensdatenbank, die den Studierenden langfristig zur Verfügung steht, scheint hierbei eine wichtige Rolle zu spielen.

5.4

Evaluation des didaktischen Designs: Einsatz eines Blogs

Die Evaluation der Nutzung des Blogs im darauffolgenden Semester zeigt ein ähnliches Bild. Die abgefragten passiven und aktiven Nutzungsmöglichkeiten ergeben, dass Blogs im Alltag der Studierenden – zumindest bislang – kaum eine Rolle spielen. Ein Großteil der Studierenden schätzen die Nutzungspotenziale, die ein Weblog generell bietet, relativ gering ein. Auch die Erwartungen bezüglich der Verbesserung des Lernprozesses sind verhalten. Die Studierenden erwarten im Durchschnitt kaum, dass sich durch die Weblogarbeit die Teamarbeit verbessert, noch glauben sie daran, dass sie schnellere Rückmeldungen durch den Weblog erhalten werden. Zumindest 15 Studierende gaben an, dass die Weblogarbeit ihr Lern- und Arbeitsergebnis verbessern kann. Auch liegt die Einschätzung der Studierenden vor, dass die Feedbacks, die im Weblog kommuniziert werden, für ihre Projektarbeit sehr hilfreich sind. Die Feedbacks von Studierendenseite wurden bei dieser Konzeption als wichtiger eingestuft als beim Einsatz mit Wikis. Dies könnte daran liegen, dass Feedbacks zu einem bestimmten Meilenstein in einer Phase umfassend aufgenommen werden können, sich die Arbeit vielmehr im Fluss befindet, wohingegen Feedbacks zu Wiki Definitionen und Inhalten stärker nach einer „formalen“ Qualitätskontrolle verlangen. Auch aus Dozierendensicht scheinen die Leistungen der Studierenden hinsichtlich der Qualität der Peer Feedbacks höher zu sein.

442

5 Erfahrungen aus der Praxis

In diesem didaktischen Design sind sehr ausführliche Vorgaben hinsichtlich der Reflexion in Teams gemacht worden. So hatten die Studierenden klare Raster und Fragestellungen, die als Beispiele zur Verfügung gestellt wurden. Dies bewirkte zwar, dass die Studierenden mehr Sicherheit im Umgang mit dem Blog erhalten haben. Aber andererseits wurden die Vorgaben von einem Großteil der Studierenden als „Gängelung“ empfunden. Die Studierenden haben sich nur wenig Freiräume zugestanden, sondern meist komplett die Fragen „abgearbeitet“. Die Entscheidung, welche Fragen haben für unsere Teamarbeit eine höhere Relevanz und welche nicht, fällt ihnen schwer, da sie ausschließlich auf die Erfüllung der Prüfungsleistungen konzentriert sind. Ähnlich wie mit dem Einsatz von Wikis zeigen die Evaluationsergebnisse, dass bei ihnen der Umgang mit dem Blog als Kollaborationsinstrument Unsicherheiten hervorruft. Dies zeigt sich weniger in der technologischen Handhabung des Instruments, sondern vielmehr in der redaktionellen Arbeit. Das Schreiben von typischen Blog-Einträgen im Gegensatz zum Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit ist den Studierenden erst im Verlauf der Projektphasen bewusster geworden.

6

Fazit und Handlungsempfehlungen

6.1

Vergleichende Gegenüberstellung

Reflexionskompetenzen zu fördern, scheint prinzipiell kein leichtes Unterfangen in der Hochschullehre zu sein. Wikis und Blogs bieten zwar Potenziale, insbesondere die Reflexion in Teams zu unterstützen, allerdings sind hierzu neue Lern- und Arbeitsstrategien der Studierenden gefordert, deren Fehlen häufig zu gewissen Unsicherheiten führen und der damit verbundene Mehraufwand wird häufig als unzufriedenstellend wahrgenommen. Eine besondere Herausforderung aus didaktischer Sicht ist es dabei, einerseits den Studierenden eine klare Orientierung hinsichtlich der zu erzielenden Anforderungen zu geben und andererseits die Studierenden zu Eigeninitiative und Ausnutzen von Freiräumen im Sinne einer Web 2.0Lernkultur zu motivieren. In einer abschließenden Tabelle sind die Erkenntnisse aus der Durchführung und Evaluation der beiden Lehrveranstaltungen insbesondere im Hinblick auf die Förderung der reflexiven Lehre in Teams zusammengefasst:

5.7 Reflexives Lernen mit Web 2.0 Tabelle 2:

Abschließende Gegenüberstellung der beiden Szenarien: Wiki- vs. Blog-Einsatz zur Förderung von Teamkollaboration und Reflektionsprozessen in Teams

Vergleich (Lern-)Voraussetzungen der Studierenden Didaktisches Design

Design der Teamreflektion

Intensität und Reichweite der Teamreflektion

Kollaboration und Peer Feedback

Herausforderung

Potenziale

443

Einsatz des Wikis Passive Nutzung im Privatbereich, Einsatz von Wikipedia zum informellen Lernen Produktbezogener Ablauf, Themenorientierung der Forschungsprojekte bestimmt das didaktische Design mit Endprodukt Wiki Reflexion in Teams bezieht sich auf die gemeinsame Erstellung von Inhalten, Peer Feedback der anderen Beiträge in einem Themencluster „Shallow Reflection“: Aufgabenorganisation steht im Vordergrund, Aufteilung der Wikibeiträge, Erstellung in bekannten Medien und Übertrag, übergeordnetes Ziel: günstige Arbeitsteilung zwischen den Mitgliedern Feedbackprozesse funktionieren nicht ohne Anreiz, Peer Feedback erhält geringen Stellenwert, Wunsch nach „formaler Qualitätskontrolle“ (von Dozierendenseite) Unterstützung der kollaborativen Reflexion, meist separate Erstellung der Wiki Beiträge in einem bekannten Format (meist Winword), unsicherer Umgang mit der inhaltlichen Erstellung von Wiki-Beiträgen und Wiki-Feedback-Kommentaren Erstellung einer gemeinsamen Wissensstruktur und Unterstützung einer Reflexion als intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten, Unterstützung eines Lerntransfers, vom „Konsument“ zum „Prosument“, gemeinsame Erstellung von Beiträgen

Einsatz des Blogs Kaum Nutzung, sporadische passive Nutzung, kaum in Lernkontexten Prozessbezogener Ablauf, Phasenorientierung nach Projektstruktur, begleitendes Lernjournal für ein Projekt Reflexion in Teams bezieht sich auf die Führung des gemeinsamen Blogs als eine Art Lernjournal für die Teamarbeit „Moderate Reflection“: Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Zielen, Strategien, Prozessen und Aufgaben innerhalb der Teamarbeit wurden durch spezifische Reflektionsprozesse angeregt und durch explizite Benotung incentiviert Feedbackprozesse funktionieren nicht ohne Anreiz, Peer Feedback hat hohen Stellenwert, Wunsch nach vielfältigem Feedback aus unterschiedlichen Perspektiven Erstellung gemeinsamer Blogeinträge durch Weblog technisch erschwert, ausgewogene Balance zwischen klaren (nicht zu rigiden) Vorgaben und Autonomie für eigene Ideen (sonst keine herausfordernde Aufgabenstellung mehr für Studierende) Individuelles und/oder kollektives Lernjournal zur Unterstützung von Reflexionsprozessen, Förderung von metakognitiven Lernstrategien (als Basis für Selbstlernkompetenzen) und zur Effizienzsteigerung von Teams

444

6.2

5 Erfahrungen aus der Praxis

Abschliessende Handlungsempfehlungen für den Einsatz von Wikis und Blogs

Wie die aufgeführte Fallstudie insgesamt als Erkenntnis empirisch aufzeigt, ist es eher schwierig, Reflexion bei den Studierenden in Gang zu bringen. Daher sind abschliessend zentrale Handlungsempfehlungen aufgeführt, wie Reflexionsprozesse bei den Studierenden durch den Einsatz von Wikis und Blogs stärker angeregt werden können: – Die didaktische Zielsetzung für den Einsatz von Wikis oder Blogs ist zu bestimmen, um zu entscheiden, welches Tool als Kollaborationsinstrument in einer Gruppe geeignet ist. Während sich Wikis grundsätzlich stärker für inhaltsbezogene Reflexionen in einer Gruppe eignen, können Blogs aufgrund des Journalcharakters Prozesskategorien der Zusammenarbeit im Team stärker in den Fokus nehmen. – Die Gestaltung von Lern- sowie Reflexionsaufträgen sind aufeinander abzustimmen, um die unterschiedlichen Zielsetzungen (Erstellung eines forschungsorientiertes Projektes im Unterschied zur Reflexion über den Gruppenprozess) deutlich zu machen, aber auch inhaltlich zu takten. Dabei ist eine überschaubare Auswahl an Fragen zur Reflexion je vorgegebener Reflexionskategorie auszuwählen, damit Studierende nicht unter Zugzwang kommen, pflichtgemäss alle Fragen „abzuarbeiten“. Sich selbst gezielt Fragen zu stellen, sollte zwar der erste Schritt einer fundierten Reflexion darstellen. Aber am Anfang benötigen die Studierenen hierbei eine stärkere Orientierung, auf was sie genau achten sollen. – Gezielte Moderation und Rückmeldungen im Prozess sollten bereits zu Beginn des Prozesses eingesetzt werden: Studierende sind es (noch) nicht gewohnt, einen geeigneten Schreibstil in Blogs oder Wikis zu finden. Anhand von kommentierten Beispielen kann man daher als Moderator versuchen, die „Schreibhürde“, welche Studierende am Anfang einer Reflexionsphase häufig verspüren, zu überwinden. – Anhand konkreter Beispiele kann aufgezeigt werden, was Reflexionstiefe bedeutet. Dabei können insbesondere auf Unterschiede zwischen sachbezogener Beschreibung, handlungsbezogener Begründung, analytischer Abstraktion sowie kritischem Gruppendiskurs eingegangen werden (Abels 2011). Die kritische Reflexion, in der ein Bewusstsein zutage gefördert wird, dass Handlungen und Ereignisse in Bezug auf multiple Perspektiven erklärbar sind (z.B. dass die Wiedergabe einer Seite nicht reicht, sondern dass mindestens zwei verschiedene Theorien zu einem Aspekt beleuchtet werden, oder dass mindestens eine Theorie neben der eigenen Wahrnehmung oder der anderer Personen zum gleichen Aspekt erläutert wird). – Reflexionsvorbilder können in einer Unterrichtssequenz hilfreich sein, da sich Studierende untereinander ihre Strategien erklären und voneinander lernen, wie sie beim Reflexionsprozess und beim Schreiben über ihre Reflexionsprozesse vorgehen.

6

Perspektiven Martin Wessner1, Jörg M. Haake2, Gerhard Schwabe3 1 3

1

Fraunhofer IESE, Kaiserslautern, 2FernUniversität in Hagen, Universität Zürich

Einleitung

Nehmen wir den Nato Advance Research Workshop „Computer Supported Collaborative Learning“ (24.–28.9.1989, Acquafredda di Maratea, Italien; dokumentiert in O’Malley 1995) als „Geburtsstunde“ des CSCL, so kann dieses Forschungsgebiet nunmehr auf über zwanzig ereignisreiche Jahre zurückschauen. Die Beiträge in diesem Kompendium dokumentieren den aktuellen Stand des CSCL in den Grundlagen, den pädagogischen und technischen Konzepten, der Umsetzung bis hin zur Anwendung in verschiedenen Kontexten. In diesem Beitrag versuchen wir den Stand des Forschungsgebietes anhand aktueller Herausforderungen und Trends zusammenfassend darzustellen und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung zu geben. Dass dies kein einfaches Unterfangen ist, wird deutlich, wenn man die Bandbreite der Szenarien betrachtet, für die Computerunterstützung für kooperatives Lernen erforscht, entwickelt und angewendet wird (vgl. die Beiträge in Teil 5). CSCL-Arrangements wie auch selbstorganisierte Lernszenarien in computerunterstützten Klassenräumen, in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, an der Präsenzhochschule, im Fernstudium, in der Erwachsenenbildung und als Bestandteil des lebenslangen Lernens stellen jeweils eigene Anforderungen an die Computerunterstützung und sind durch unterschiedliche Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Innerhalb dieser Einsatzgebiete kann sich das gemeinsame Lernen in Zweiergruppen oder in großen Gemeinschaften, spontan oder geplant, innerhalb weniger Minuten oder über mehrere Jahre hinweg ereignen. Auch hinsichtlich der Ziele des CSCL-Einsatzes reicht das Spektrum von der Effizienzsteigerung der bewährten Muster bis zur Revolution des Bildungswesens. Nichtsdestotrotz versuchen wir im Folgenden die aktuelle Situation des Forschungsgebietes zu beleuchten. Dazu greifen wir zunächst die Erfahrungen bei der Entwicklung und mit dem Einsatz von CSCL auf und leiten daraus noch bestehende Defizite und Barrieren des CSCL ab (Abschnitt 2). Danach skizzieren wir einige gegenwärtige Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Pädagogik und Organisation (Abschnitt 3). In Abschnitt 4 überprüfen wir zunächst retrospektiv, inwieweit die im Jahr 2004 im CSCLKompendium aufgestellten Thesen mit der hier skizzierten tatsächlichen Entwicklung übereinstimmen, und formulieren dann neue Thesen zur weiteren Entwicklung des CSCL. Zum Abschluss folgt ein kurzes Schlusswort.

446

2

6 Perspektiven

Defizite und Barrieren

Wie die Beiträge 1.3 bis 1.6 aus psychologischer, pädagogischer und soziologischer Sicht darlegen, weisen kooperative Lernmethoden ein hohes Potential im Hinblick auf die Verbesserung von Lernprozessen auf. Die Nutzung dieses Potentials stellt jedoch hohe Anforderungen an die Beteiligten und erfordert einigen Aufwand. Im Folgenden werden einige daraus resultierende Problemstellungen aus kultureller, methodischer, organisatorischer, technischer und forschungsmethodischer Sicht dargestellt.

Die kulturelle Sicht Koschmann (1996) nennt CSCL ein neues Paradigma des computerunterstützten Lernens. Ein Wechsel zu einem neuen Paradigma ist immer verbunden mit einer Änderung von vertrauten Einstellungen bei allen Beteiligten. Lehrende und Lernende sind in aller Regel nicht mit dem kooperativen Lernen vertraut oder haben aufgrund schlechter Erfahrungen mit bisherigen Versuchen des „Gruppenlernens“ deutliche Vorbehalte. Die Lehrenden fürchten den Kontrollverlust im Klassenzimmer, es fehlt am Selbstvertrauen, um den Lernenden ihre neue Rolle zuweisen zu können. Sie befürchten, dass sie den vorgegebenen Lehrplan in der vorgegebenen Zeit inhaltlich nicht abdecken können. Geeignetes Lehrmaterial für kooperatives Lernen liegt ihnen nicht vor. Sie sind sich unsicher, wie sie die Leistung der Lernenden gerecht messen und beurteilen können. Es bestehen Ängste, dass die Außenwirkung des Lehrenden Schaden nimmt, wenn es bei kooperativen Lernformen lauter, chaotischer im Lernraum zugeht als bei traditionellen Lehrformen. Auch auf Seiten der im Wettbewerbsmodell sozialisierten Lernenden existieren Vorbehalte. Sie müssen bei kooperativen Lernformen ihren Lernprozess aktiv mitgestalten und Verantwortung dafür übernehmen. Sie befürchten Schwierigkeiten bei der gerechten Verteilung der Arbeit in der Gruppe und bei der gerechten Benotung. Zu diesen grundsätzlichen Akzeptanzproblemen des kooperativen Lernens kommen beim CSCL weitere Anforderungen an die Lehrenden und die Lernenden hinzu (vgl. Beiträge in Teil 3). Neben der Technik-, Medien-, Selbststeuerungs- und Kooperationskompetenz setzt CSCL vor allem ein Umdenken über die Rollen der Lehrenden und Lernenden voraus.

Die methodische Sicht In den Beiträgen in Teil 5 wird deutlich, dass sich die hohen Potentiale kooperativer Lernmethoden in der Praxis nicht von alleine durch das bloße Bereitstellen einer technischen Umgebung einstellen. CSCL-Einsatz erfordert in aller Regel, mehr Sorgfalt bei der methodischdidaktischen, technischen und organisatorischen Vorbereitung der Veranstaltung aufzuwenden, als dies für traditionelle Veranstaltungen der Fall ist. Insbesondere in asynchronen Szenarien sowie in Szenarien mit Beteiligten an verschiedenen Standorten zeigen sich Probleme bei der Koordination der Lernaktivitäten (vgl. auch die Beiträge 2.7 und 3.5). So identifiziert Kienle (2003, S. 51) zwei wichtige Problemfelder des CSCL: die Wahrnehmung des Prozessfortschrittes und die Steuerung des Ablaufs der einzelnen Aktivitäten. Die CSCL-Umgebung soll demnach Lösungen auf Fragen der folgenden Art anbieten: Wie wird von den Beteiligten wahrgenommen, wer welche Rolle im Lernprozess hat? Ist eine Rolle vorgesehen, die die Strukturierung der Lernprozesse zur Aufgabe hat? Wie

6 Perspektiven

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trägt das technische System zur Strukturierung der Lernprozesse bei? Bei Letzterem kann zwischen einer Makro- und einer Mikroebene unterschieden werden. Auf der Makroebene werden einzelne kooperative Episoden innerhalb eines Curriculums definiert, in denen bestimmte Aufgaben gemeinsam zu erledigen sind. Auf der Mikroebene kann eine feingranulare Steuerung der einzelnen Lernaktivitäten innerhalb einer kooperativen Episode durch das System erfolgen. Inwieweit ein CSCL-System das kooperative Lernen nur ermöglichen, aktiv strukturieren oder gar kontrollieren soll, ist dabei umstritten (vgl. Kienle 2003, S. 53). Da der Einfluss des Lernenden auf den Lernprozess als eine Form der aktiven Auseinandersetzung mit dem zu erlernenden Wissen aufgefasst werden kann, kann die systemtechnische Unterstützung diese gewünschte aktive Auseinandersetzung evtl. einschränken. Auch können im (nicht computerunterstützten) kooperativen Lernen bewährte Kooperationsmethoden und Aufgabentypen nicht ohne weiteres auf CSCL-Szenarien übertragen werden (siehe Lipponen 2001). Es ist zum einen jeweils zu prüfen, inwieweit diese auch unter den neuen Bedingungen (z.B. bei örtlicher Verteilung der Akteure) zum angestrebten Lernprozess und -ergebnis führen. Zum anderen sind neue Kooperationsmethoden und Aufgabentypen zu entwickeln, die den neuen Anforderungen und Möglichkeiten kollaborativer Lernumgebungen gerecht werden.

Die organisatorische Sicht Aus den Beiträgen in Teil 5 sind insbesondere auch die organisatorischen Probleme bei der Einführung und Nutzung von CSCL deutlich geworden. Neben der benötigten Lernkultur müssen in der Organisation die entsprechenden Prozesse der Informationsverteilung und Betreuung in inhaltlicher, technischer und administrativer Sicht angepasst werden. In Unternehmen erweist sich die Integration des CSCL mit den Unternehmensprozessen, insbesondere etwaigen Wissensmanagement-Prozessen, als schwierig (vgl. z.B. Kienle 2003 und Beitrag 5.4).

Die technische Sicht Die methodischen und organisatorischen Probleme setzen sich im Bereich der Technik fort. So sind Fragen der Austauschbarkeit von Inhalten, Methoden und Konzepten zwischen verschiedenen CSCL-Werkzeugen und -Plattformen bei weitem noch nicht abschliessend gelöst. Vorliegende Standards oder Quasi-Standards für Inhalte und Prozesse (z.B. IMS-LD 2011, Beitrag 4.7) werden bei der Entwicklung von CSCL-Systemen in Ansätzen beachtet. Allerdings fehlen weiterhin etablierte Mechanismen für die einfache Beschreibung und Ausführung komplexer CSCL-Szenarien; CSCL-Skripte versprechen hier in Zukunft Besserung (siehe Beiträge 2.7 und 3.5). Infolgedessen können dedizierte CSCL-Systeme in der Regel nicht einfach miteinander kombiniert werden, sondern stellen immer noch Insellösungen dar. Das Web 2.0 bietet aber die Möglichkeit, CSCL-Systeme mit anderen technischen Systemen bzw. Anwendungen in der Lernumgebung zu integrieren. Für die Lehrenden erweist sich das Begleiten der Lerner und die Gewinnung eines Überblicks über den individuellen Lernstand in der Praxis als komplexes Problem.

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In den letzten Jahren sind Bemühungen, kooperatives Lernen in CSCL-Systemen nicht nur zu ermöglichen, sondern auch – beispielsweise mit Hilfe von intelligenten Agenten oder durch computergestützte Kooperationsskripte – aktiv zu unterstützen, weiter vorangetrieben worden (vgl. z.B. Wessner et al. 1999, Harrer 2000; Mühlpfordt und Wessner 2004 sowie Beitrag 2.7). Aktuelle CSCL-Systeme nutzen z.T. eine Vielzahl von Kommunikations-, Koordinationsund Kooperationsmöglichkeiten. Trotz einer Verschiebung hin zu Web 2.0 und sozialen Plattformen sollte nicht unbeachtet bleiben, dass weltweit nach wie vor große Unterschiede in der verfügbaren technischen Infrastruktur vorliegen. Eine Herausforderung ist daher die Realisierung von CSCL-Systemen für Regionen mit Infrastrukturen mit niedriger Bandbreite bzw. solchen Systemen, die sich an die verfügbare Infrastruktur anpassen lassen.

Die forschungsmethodische Sicht CSCL ist weiterhin ein Forschungsgebiet, das auf die Beiträge verschiedener Wissenschaftsdisziplinen (vor allem: Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Informatik) angewiesen ist und diese in ein gemeinsames Theorieverständnis und einen einheitlichen Methodenkanon integrieren muss. Hier gibt es weiterhin große Defizite: Wie Beitrag 1.3 deutlich macht, existiert derzeit keine einheitliche Theorie des CSCL, die die Interaktion in Online-Umgebungen sowie Wissenskonstruktion in kleinen Gruppen und Kognition hinsichtlich verschiedener Analyseeinheiten (insbesondere auf der Gruppenebene) berücksichtigt. Trotz der Notwendigkeit sich gegenseitig ergänzender Theorien und Analysemethoden im CSCL ist zusätzlich ein Verständnis ihrer gegenseitigen Beziehungen und ihrer Aussagekraft über Phänomene des kooperativen Lernens auf den verschiedenen Ebenen (d.h., des Individuums, der Gruppe, und der Community of Practice) erforderlich. Zudem verfügt jede der oben genannten Disziplinen über ein eigenes, mehr oder weniger kohärentes, Repertoire an Methoden zur Konzeption, Gestaltung, Umsetzung, Anwendung und Evaluation (vgl. die Beiträge in Teil 1 dieses Kompendiums). Während es zunehmend klarer geworden ist, dass eine Kombination verschiedener Evaluationsmethoden und verschiedener Perspektiven oft erfolgreich zum Verstehen bzw. Interpretieren von CSCL-Daten eingesetzt werden kann, so fehlt hierfür bisher ein kohärenter forschungsmethodischer Ansatz. So ist der Begriff CSCL weiterhin keinesfalls trennscharf, er wird als umschließende Hülle für verschiedenste Methoden des gemeinsamen Lernens verwendet (vergleiche auch die Beiträge in Teil 5 dieses Kompendiums). Für die Langform der Abkürzung CSCL gibt es immer noch verschiedene Vorschläge (kooperativ, kollaborativ, kollektiv; vgl. Koschmann 1996). Wie in jedem jungen Forschungsgebiet sind hier weitere Fortschritte notwendig.

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Aktuelle Entwicklungen

Nach der Identifikation einer Reihe von Problemstellungen des CSCL in kultureller, methodischer, organisatorischer, technischer und forschungsmethodischer Sicht im vorangegangenen Abschnitt werden in diesem Abschnitt mehrere Entwicklungen skizziert, die CSCL betreffen. Teilweise adressieren diese direkt die oben genannten Mängel und verbessern die Einsatzmöglichkeiten von CSCL, andererseits stellen sie CSCL aber auch vor neue Heraus-

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forderungen. Diese Entwicklungen werden im Folgenden unter den Aspekten Methoden, Organisation, und Technik betrachtet.

Methoden Es besteht inzwischen angesichts der verschiedenen Anwendungsszenarien Konsens, dass es die eine Methode des kooperativen Lernens nicht gibt, ja nicht geben kann. Daraus lässt sich eine Reihe von Anforderungen an CSCL-Systeme ableiten: Im Sinne einer breiten Nutzung sollten CSCL-Systeme entweder vielfältige Möglichkeiten zur Anpassung der Methode(n) an das spezifische Anwendungsszenario bereitstellen oder die Systeme sollten flexibel miteinander sowie mit sonstigen Elementen der Lernumgebung kombinierbar sein. Die Anpassbarkeit bzw. Integrationsfähigkeit betrifft zum Beispiel die Aspekte Lernlogistik und die mehr oder weniger starke Unterstützung im Sinne der Strukturierung von Lernprozessen. Es gibt nicht nur keine Standardmethode für kooperatives Lernen, wir beobachten sogar, dass das Methodenrepertoire für den Einsatz von CSCL breiter wird. Klassische Ansätze des CSCL basieren auf Ideen des Konstruktivismus, des situierten Lernens, der verteilten Kognition (vgl. auch Stahl 2006). Diese werden nun ergänzt durch Anstöße aus weiteren Bereichen wie z.B. des Game-orientierten Lernens (z.B. im Rahmen von Location Based Games (Goeth et al. 2004), vgl. auch Beitrag 3.10), Community-orientierten Lernens (vgl. Beitrag 3.9) und des informellen Lernens. Dabei wird zunehmend deutlich, dass (kooperatives) Lernen nicht mit (kooperativem) Unterricht gleichzusetzen ist. Die pädagogischen Konzepte für diese Art des Lernens sind eher anspruchsvoller als die des klassischen Unterrichts, und werden in Bereichen wie dem Design von Lernen-ermöglichenden Umgebungen (z.B. in einem Museum) und der Inszenierung von Lernereignissen (z.B. als Spiel) eingesetzt.

Organisation Ungebrochen scheint die Entwicklung zur örtlichen Verteilung der an den Lernprozessen Beteiligten. Gründe dafür liegen u.a. für Unternehmen in der Globalisierung und Vernetzung, für Hochschulen in der Internationalisierung der Forschung und Virtualisierung der Lehre, für die Aus- und Weiterbildung in zunehmenden Kooperationen von Bildungsanbietern, der Spezialisierung oder der örtlichen Verteilung der beschäftigenden Unternehmen selbst. Dies erschließt neue Ressourcen für kooperative Lernprozesse: Die Lernenden erhalten Zugang zu Experten, zu Gleichgesinnten an anderen Orten, zu Informationen und Materialien. Gerade diese Beliebigkeit der Ressourcen stellt aber auch wieder neue Herausforderungen an die Kooperation: So muss beispielsweise die Validität von Ressourcen geprüft, und ein für effektive Kooperation notwendiges Vertrauensverhältnis aufgebaut werden können, auch örtlich verteilt wirksame Koordinationsmechanismen müssen entwickelt und beherrscht werden. Neben der örtlichen Verteilung lässt sich – wenn auch in einem gewissen Auf und Ab – die Spezialisierung der Anbieter relevanter Komponenten und Dienstleistungen beobachten. So werden beispielsweise der technische Betrieb einer Lerninfrastruktur, die Hotline, die Betreuung der Lernenden zunehmend in speziellen internen Betriebseinheiten angesiedelt oder an externe Anbieter ausgelagert.

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Professionell angebotene Komponenten und Dienstleistungen können bessere Rahmenbedingungen für kooperative Lernprozesse schaffen sowie Lehrende und Lernende entlasten, etwa indem eine Kooperationsplattform durch einen darauf spezialisierten Anbieter extern betrieben wird (vgl. Beitrag 4.4). Wir erleben weiterhin einen Trend zu einer höheren Unmittelbarkeit von Lerndienstleistungen. Diese äußert sich zum einen in dem zunehmend virtuosen Umgang mit Medien durch Jugendliche (was man als ein Indiz für steigende Medienkompetenz ansehen kann) und zum anderen in einer zunehmenden Erwartung an schnelles Feedback und dauernde Verfügbarkeit der Lehrenden und Lernpartner. Lernen besteht nicht mehr aus klar getrennten synchronen Episoden (im Unterrichtsraum) und asynchronen Episoden (von zu Hause aus), sondern diese asynchronen Phasen werden unterbrochen durch E-Mails, SMS, Telefongespräche und damit durch Episoden mit einem vergleichsweise hohen Synchronizitätsgrad. Um unrealistischen Erwartungen bzgl. der Verfügbarkeit der Lehrenden und Lernenden vorzubeugen, werden Konzepte zur gezielten Aushandlung der Synchronizität von Lernepisoden (durch Lehrende und Lernende!) und zur besseren Orientierung der (potentiellen) Kooperationspartner über die Verfügbarkeit anderer benötigt.

Technik Als „Ubiquitous Computing“ (Weiser 1991, 1993) wird die Tendenz zur Verschmelzung von Computern mit bisher nicht computerisierten Gegenständen sowie zu deren Vernetzung bezeichnet. Die Miniaturisierung von Computern, ihr Verschwinden in Alltagsgegenständen, ihre Integration in Wände und Möbel, all dies erlaubt die Nutzung von CSCL in neuen Anwendungsbereichen, beispielsweise in (physikalischen) kooperativen Räumen oder unterwegs und zu jeder Zeit. Gleichzeitig kommen neue Herausforderungen auf CSCL zu. Die an traditionellen Computern mit Bildschirm, Tastatur und Maus orientierten Benutzungsschnittstellenmuster müssen für neuartige Endgeräte angepasst bzw. es müssen völlig neue Muster entwickelt werden. Im Bereich von Smartphones und Tablet Computern (z.B. iPad) finden hier erhebliche Weiterentwicklungen statt. Durch die zunehmende Verfügbarkeit drahtloser Kommunikationsmöglichkeiten per WLAN innerhalb von Gebäuden bzw. begrenzten Regionen (Hotspots) oder auch durch UMTS/LTE als Mobilkommunikationsstandards werden zunehmend mobile bzw. flexible CSCL-Szenarien unterstützt: im Hörsaal bzw. Seminarraum, auf dem Campus und zwischen örtlich verteilten Lernern und Dozenten (vgl. Beitrag 3.11). Mittels Podcasts werden zunehmend Vorlesungsaufzeichnungen auf dem Smartphone bzw. Tablet Computer verfügbar. Die Unterstützung von selbstgesteuertem situiertem Lernen eröffnet darüber hinaus neue Anwendungsbereiche. Die Zielrichtung ist dabei weniger die Verbreitung von multimedialen Inhalten als vielmehr die Unterstützung der Kooperation bei länger andauernden Gruppenaufgaben (z.B. Fallstudien), von situierten kooperativen Spielen oder der Kooperation in Lernräumen wie Museen (vgl. z.B. Mobilearn 2011). Unter dem Stichwort „Contextual Collaboration“ (Mahowald 2001) wird zunehmend die Integration kooperativer Elemente in den Anwendungskontext als neuer Trend thematisiert. Dies zeigt sich in der Abkehr von großen integrierten Kooperationsumgebungen hin zur Anreicherung von Standard-Anwendungssoftware mit kooperativer Funktionalität. Beispielsweise soll eine Textverarbeitungssoftware in der Lage sein, Änderungen innerhalb der Autorengruppe etwa durch Presence Awareness, Instant Messaging, Chat- oder Videokonfe-

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renz zu koordinieren, ohne dass der Benutzer zwischen verschiedenen Anwendungen hinund herwechseln muss. In sozialen Netzwerkportalen zeigt sich dies bereits jetzt, wo beispielsweise mittels Mash-Ups Information, Kommunikation über E-Mail, Chat, Videokonferenz oder Foren und Kooperation über gemeinsame Ablagen oder Application Sharing integriert werden können. Auch im Bereich der Lernplattformen kommerzieller Anbieter wie auch bei Forschungsprototypen erleben wir zunehmend den Trend zur Offenheit, Standardisierung von Schnittstellen (z.B. IMS-LD) und damit zur Möglichkeit der Integration von Fremdkomponenten (z.B. über Widget Server und Web Services). Dies kann die Basis liefern, um bestimmte CSCLFunktionalitäten in Form von Web Services zu gestalten und mit anderen, nicht auf kooperatives Lernen bezogenen Web Services zu kombinieren. Damit eröffnen sich auch zusätzliche Möglichkeiten der aktiven Unterstützung kooperativer Lernprozesse und der Lernlogistik. Diese Integration beschränkt sich gegenwärtig noch schwerpunktmäßig auf das Ermöglichen kooperativer Prozesse, eine aktive Unterstützung ist in diesen Umgebungen aber mittels Kooperationsskripten (siehe Beiträge 2.7 und 3.5) bereits möglich.

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Retrospektive und Ausblick

Im Jahr 2004 postulierten wir im damaligen Teil 6 des CSCL-Kompendiums unter der Überschrift Perspektiven (S. 449 ff.) vor dem Hintergrund der damaligen Erfahrungen und des damals jugendlichen Alters des Forschungsgebietes: „CSCL wird erwachsen!“. Ausgangsbasis für dieses Postulat waren damals einerseits das große Potential von CSCL, andererseits aber auch Akzeptanzprobleme gepaart mit einer großen Heterogenität in Bezug auf Methoden, Organisation, Technik und Forschung. Es deuteten sich jedoch Wege an, wie diese Heterogenität zwar nicht aufgelöst, aber doch methodisch, organisatorisch und technisch in den Griff zu bekommen wäre. Durch die Kombination bewährter Methoden, die Professionalisierung der Anbieter und die Standardisierung von Schnittstellen erwarteten wir computerunterstütztes kooperatives Lernen für vielfältige Anwendungsszenarien, ohne dass jeweils bei Null begonnen werden müsste. Im Folgenden wollen wir zunächst die damals aufgestellten zehn Thesen mit der tatsächlichen Entwicklung vergleichen. Anschließend formulieren wir als Ausblick neue Thesen über die weitere Entwicklung von CSCL.

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Überprüfung der Thesen von 2004

These 1: Lernräume werden CSCL-fähig 2004 sah die standardmäßige Ausstattung von Klassenzimmern, Hörsälen und Trainingsräumen in der Regel keine technische Infrastruktur für CSCL vor. So waren meist keine Projektionsflächen oder interaktive Tafeln, keine drahtlose Vernetzung für die Integration mobiler Geräte der Lernenden, seien es durch die Organisation zur Verfügung gestellte oder eigene Geräte der Lernenden, vorhanden. Wir postulierten damals, dass derartige Räume zukünftig standardmäßig auch eine derartige technische Infrastruktur für CSCL bereitstellen würden. Hintergrund dieser These waren erste Entwicklungen in Form von pädagogischen Netzen, Digitalen Hörsälen und in Form der Notebook University. Wir erwarteten, dass jedem Lehrangebot ein virtueller Raum zugeordnet sein wird, in dem beispielsweise Folien betrachtet,

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herunter geladen, diskutiert und annotiert werden können. Eine solche Entwicklung erwarteten wir auch für Lernräume für informelles Lernen (wie z.B. Museen) und Arbeitsumgebungen (wie z.B. Reparaturwerkstätten und Labore). Heutzutage sind in der Tat die meisten Räume mit einer technischen Infrastruktur für die Face-to-Face Kooperation ausgestattet. Möglichkeiten zur drahtlosen Kommunikation per WLAN sind allgegenwärtig, statt Folien und Tageslichtprojektor werden von Lehrenden zunehmend Laptop und Beamer benutzt, immer mehr Lerner bringen private mobile Geräte mit in den Unterrichtsraum. Durch die zunehmende individuelle Ausstattung mit Geräten, die stark gestiegene Medienkompetenz und geänderte Mediennutzung werden keine weitergehenden Anforderungen an die Ausstattung von Räumen gestellt. Damit sind die Voraussetzungen für die ad-hoc-Zusammenarbeit vor allem für geschlossene Gruppen (z.B. alle Studierenden dieser Universität oder alle Mitarbeiter dieses Unternehmens) gegeben. Offene Gruppen scheitern dagegen noch oft an Zugangsbeschränkungen, hier können Initiativen wie eduroam (eduroam 2011) Erleichterung verschaffen. Auch die immer bessere und günstigere Verfügbarkeit von Zugängen per Mobilfunk (Datenflatrate) wird sich positiv auswirken. Dennoch werden zu Lehrveranstaltungen heute kaum begleitende virtuelle Kooperationsräume bereitgestellt. Begleitende Angebote im Netz dienen meist nur der Information und dem Abruf von Lernmaterialien, nicht dem gemeinsamen Lernen. Findet dies statt, dann meist in Eigenregie der Lerner unter Nutzung allgemein verfügbarer Kommunikations- und Kooperationswerkzeuge, wie beispielsweise Google Docs.

These 2: CSCL-Systeme integrieren individuelle und kooperative Lernphasen 2004 waren die Forschungsgebiete E-Learning im Sinne des individuellen computerunterstützten Lernens und CSCL mit seiner (meist alleinigen) Ausrichtung auf gemeinschaftliches Lernen getrennte Bereiche mit jeweils eigenen Systemen. Schon damals zeigten Erfahrungen aus der Praxis, dass Lernprozesse in der Regel weder rein individuell, noch rein kooperativ sind. Wir postulierten 2004, dass aus den vorhandenen Bausteinen neue CSCL-Systeme entstehen, die beide Arten des Lernens abdecken und flexible Übergänge zwischen diesen Arten ermöglichen. Heute finden wir in der Praxis eher die Trennung zwischen Lernszenarien für individuelles Lernen (z.B. Aufgabenbearbeitung) oder Lernszenarien für kooperatives Lernen (z.B. Gruppenarbeit). Aufgrund der komplexeren Koordination und von Beschränkungen der terminlichen Freiräume dominiert in kooperativen Lernszenarien die asynchrone Kooperation, wenn nötig ergänzt um kleinere synchrone Anteile. Individuelle und kooperative Lernszenarien werden im Rahmen einer Lehrveranstaltung zusammengeführt (individuelles Lernen, individuelle Aufgaben, Gruppenaufgaben) und entweder durch ein LMS (z.B. durch Nutzung von Foren, Blogs oder Wikis in Moodle) oder durch Nutzung externer Werkzeuge implementiert (z.B. durch Verweis von den Instruktionen im LMS auf die zu verwendenden kooperativen Werkzeuge wie Google Docs und Skype). Aufwändig ist heute hierbei die Konfiguration, Zugangskontrolle und das Monitoring von Gruppenlernsituationen. Insgesamt sehen wir heute tatsächlich die Ergänzung klassischer LMS um Möglichkeiten zur Unterstützung einfacher kooperativer Lernszenarien und von Übergängen zwischen indivi-

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duellem und kooperativem Lernen. In der Zukunft erwarten wir bessere Unterstützung für die Planung, Konfiguration und Durchführung kooperativer Lernszenarien. CSCL-Patterns für lernwirksame und effiziente kooperative Lernszenarien und ihre Umsetzung werden hierzu an Bedeutung gewinnen.

These 3: Lernplattformen werden CSCL-fähig 2004 wurden Kommunikationsfeatures wie Email, Mailingliste und gemeinsames Whiteboard in immer mehr Plattformen standardmäßig angeboten. Wir postulierten damals, dass Nutzer und Hersteller erkennen, dass die sinnvolle Nutzung dieser Kommunikationsmöglichkeiten der Instruktion, der Planung und der Begleitung durch den Lehrenden bedarf. Infolgedessen nahmen wir an, dass die dazu notwendige Unterstützung (z.B. zur Planung, Terminfindung, Gruppenfindung) in diesen Plattformen realisiert wird und Funktionalität zum kooperativen Lernen ein natürlicher Teil in allen Lernplattformen werden wird. Die zunehmende Integration von Kommunikations- und Koordinationsfunktionalität in aktuellen LMS bestätigen diese Voraussage. Viele Plattformen können heute CSCL in unterschiedlichem Ausmaß unterstützen, dedizierte CSCL-Software bzw. CSCL-Lernplattformen haben sich nicht durchgesetzt. Ein gegenläufiger Trend ist jedoch die Durchführung von Kommunikation und Koordination mittels generischer Web 2.0-Werkzeuge (Twitter, IM, doodle). Verstärkt wird dieser Trend durch die Bewegung weg von großen Plattformen hin zu „best of breed“. Zukünftig bleiben LMS vermehrt auf Basisdienste beschränkt, während spezielle Funktionalität für Lernszenarien für individuelles oder kooperatives Lernen flexibel mittels Web 2.0 Mash-ups realisiert wird. Diese Freiheiten bei der Gestaltung möglicher Lernumgebungen erhöhen den Aufwand für Planung und Gestaltung durch Lehrende und erschweren die Nutzung durch Lernende (die sich jeweils neu orientieren müssen). Der Konflikt zwischen Standardisierung innerhalb von Institutionen (als Mittel der Effizienzsteigerung) und der Freiheit der individuellen Lehre und Nutzung persönlicher Lernumgebungen wird dadurch verstärkt zu Tage treten.

These 4: CSCL wird ins Standard-Repertoire aufgenommen 2004 postulierten wir, dass sich aufgrund von Best Practices spezielle bewährte CSCLMethoden herausbilden würden („Standardmethoden“), die wiederum die Entwicklung von Standard-Werkzeugen nach sich ziehen würden. Dieses Potenzial nutzend würde die Nutzung von CSCL zunehmen. In den letzten Jahren haben gerade Formen des informellen kooperativen Lernens mit Hilfe von Social Software an Bedeutung gewonnen. Dagegen blieb die Rolle von CSCL in formalen Lernsettings (z.B. im Studium) beschränkt, wohl aufgrund der mangelnden Erfahrung und Kooperationsfähigkeit der Akteure und dem (im Vergleich zum individuellen Lernen) größeren Aufwand, denn bei Kooperation muss ja auf die anderen Lerner Rücksicht genommen werden. Ansätze wie CSCL-Patterns werden hier sowohl zur Vereinfachung als auch zur Kompetenzentwicklung und Vernetzung von Praktikern im CSCL beitragen. Wegen der zunehmenden Wichtigkeit von Kooperationskompetenz sehen wir die größten Potentiale für Kooperation beim Lernen in zwei Bereichen: (1) wenn das Erlernen von Kooperation explizites Lernziel ist (z.B. in einer Vorlesung zum Software Engineering oder zum Projektmanagement) oder (2) wenn Kooperation als Motivator eingesetzt wird, d.h. Personen

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durch die Interaktion mit anderen zum Lernen motiviert werden. Letztere Funktion wurde bisher in der CSCL-Forschung zu niedrig gewichtet. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von social skills und Kooperationskompetenz in der Akkreditierung von Studiengängen und in der Berufswelt wird CSCL, wie Gruppenarbeitsphasen, zum Standardrepertoire in wohl allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gehören.

These 5: CSCL wird Lernprozesse flexibel unterstützen 2004 erwarteten wir in Abhängigkeit von Anwendungsszenario und konkreter Situation ein breites Spektrum an Unterstützung durch das CSCL-System. Es sollte hierbei von bloßer Ermöglichung der Kommunikation und Kooperation (Enabling; z.B. durch Bereitstellen eines Forums) über die aktive Unterstützung (Supporting; z.B. durch situationsspezifisches Bereitstellen spezialisierter Werkzeuge) bis hin zum Anleiten und Steuern von kooperativen Lernprozessen (Controlling; z.B. in Form einer Moderation durch das System) reichen. Dazu sollten verschiedene Kommunikationskanäle von asynchronem Nachrichtenaustausch bis zu (synchroner) Videokonferenz und gemeinsam genutzten Anwendungen genutzt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsszenarien und der jeweilig verfügbaren technischen Infrastruktur sollten CSCL-Systeme umfassende Konfigurations- und Anpassungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, mit denen die Art der Unterstützung und der Kommunikationskanäle – auch während des Lernprozesses – flexibel gewählt werden können. Diese (unscharf formulierte) Prognose ist inzwischen teilweise Realität. Eine Vielfalt von Systemen wird inzwischen für die Kommunikation und Kooperation beim Lernen eingesetzt. Abgesehen von LMS sind das aber General-Purpose Systeme (für die Kommunikation und Kooperation) und nicht dedizierte CSCL-Systeme. Die Verbreitung von speziellen CSCLSystemen ist gering. Heute erfordern CSCL-Szenarien spezielle Lernprozesse, die als Add-on in die üblichen, auf das isolierte Individuum ausgerichteten, Lernprozesse integriert werden müssen. Das ist heute noch (konzeptionell und realisierungstechnisch/betreuungstechnisch) aufwändig; erst wenn Kompetenz hierzu breitflächiger vorhanden und die CSCL-Technik einfacher zu integrieren ist, wird die flexible Unterstützung realisierbar.

These 6: Kooperatives Lernen wird ein wichtiger Baustein für Lebenslanges Lernen Lebenslanges Lernen umfasst prinzipiell alle Formen und Stufen des menschlichen Lernens während des gesamten Lebens einer Person. Das Herausbilden eines durchgängigen universellen Systems, das als persönlicher Lernbegleiter und Wissensspeicher agiert, ist angesichts der Vielzahl von Formen und Akteuren im Bildungswesen sehr unwahrscheinlich. 2004 erschien uns die Entwicklung interoperabler Systeme möglich, die als persönliche Wissensassistenten und -speicher die Brücke zwischen verschiedenen Lernkontexten schlagen können, beispielsweise zur Integration verschiedener Ausbildungsphasen. Eine Art elektronisches, persönliches Studienbuch könnte als Log aller Lernaktivitäten und erworbenen Fähigkeiten sowie als Mittel zur Planung der „Bildungskarriere“ als Teil der fachlichen Karriereplanung dienen. Diese Vision hat den Zustand der akademischen Diskussion noch nicht verlassen und es ist noch nicht absehbar, ob und wann sie umgesetzt werden kann. Die Voraussetzungen für eine Umsetzung sind aber inzwischen besser, siehe auch den sich verbreitenden Einsatz von Blogs als Lerntagebücher oder der Entwicklung von e-Portfolios.

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Die von uns 2004 postulierte Verbreitung des selbstorganisierten Lernens in zunehmend themenbezogenen Lerngemeinschaften (Communities of Interest, Communities of Practice) hat tatsächlich stattgefunden. Communities sind ein Beispiel, wie sich soziales (kooperatives) Lernen im Beruf und in der Freizeit immer stärker verbreitet. Soziale Netzwerke verbessern die Möglichkeit, sich außerhalb formaler Institutionen zu organisieren und Experten zu finden, mobile Geräte machen Lernen und Kooperation zu jeder Zeit an fast jedem Ort möglich. Kooperation in einfacher Form ist heute selbstverständlich, wie sich auch anhand unzähliger Ratgeber-Communities, Wikipedia, Guttenplag etc. zeigt. In der akademischen Ausbildung hat das Lernen in der (großen) Gemeinschaft einen geringeren Stellenwert, da das Lernen in Lehrveranstaltungen in der Regel doch sehr auf die Lehrveranstaltungsteilnehmer bezogen ist (und alte Studierende wohl nicht gern die Fragen der neuen Studierenden beantworten). Daher beteiligen sich regelmäßig nur die aktuellen Teilnehmer am sozialen, kooperativen Lernen. Eine klassische Ausnahme ist der Austausch von Prüfungsprotokollen über die Fachschaften, bei denen es allerdings nicht zu einer direkten Kooperation kommt.

These 7: Lernen, Arbeiten und Spielen werden verschmelzen Mit einer zunehmenden Durchdringung der Lebenswelt mit IT geht ein Verschmelzen von Lernen, Arbeiten und Spielen einher. 2004 erwarteten wir, dass diese zunimmt und als ein didaktisches Instrument eingesetzt werden kann. Kooperative Lernprozesse zur Unterstützung des Lernens sollten zunehmend Phasen der Anwendung von Wissen (Arbeit) und Phasen der spielerischen Exploration (Spiel) nutzen. Hierzu sollten CSCL-Systeme Simulationen und Simulationsspiele sowie Groupwarefunktionalitäten integrieren. Dadurch sollte auch das Lernen bei Bedarf (Learning on demand) möglich werden, ohne den Kontext der Arbeitsaufgabe zu verlassen. Die 2004 erwartete zunehmende Verschmelzung von Arbeiten und Lernen ist eingetreten. Im Alltag von Studierenden verbinden sich Studium und Arbeit immer enger. Werkzeuge wie Twitter etc. werden für alle Bereiche gleichzeitig genutzt. Allerdings verläuft diese Verschmelzung ungeordnet; als didaktisches Konzept wird sie bisher wenig verwendet. Spielen spielt heute eine eher untergeordnete Rolle; dafür nimmt das Sozialisieren über Social Media den Platz eines dritten verschmelzenden Lebensbereichs neben Lernen und Spielen ein. Diese Verschmelzung führt zu neuen Herausforderungen für die Lehrenden, denn Arbeit und Soziales bedrohen auch erfolgreiches Lernen, wenn sie über das Notebook im WLAN in den Unterricht schwappen. Lernen on-demand ist auf dem Vormarsch, wenn auch heute eher durch soziales, informelles Lernen. Es spielt in der Ausbildung eine eher geringe Rolle.

These 8: Es werden neuartige Nutzungsszenarien für CSCL entstehen 2004 erwarteten wir, dass das Vorhandensein von CSCL-fähigen Lernorten und -plattformen die Herausbildung neuer Lernformen und Nutzungsszenarien mit sich bringen wird. Erste Ansätze dazu lagen in Form des selbstorganisierten Lernens unter Nutzung mobiler Geräte vor Ort (beispielsweise in Museen und an anderen touristisch interessanten Orten) sowie organisationsübergreifender kooperativer Lernarrangements (beispielsweise das gemeinsame Lernen zwischen Klassenzimmer und einem Team vor Ort) vor.

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Heute hat sich in vielen Bereichen die bedarfsgetriebene („on-demand“) und informelle Zusammenarbeit durchgesetzt. In der jeweiligen Bedarfssituation werden Wissenslücken geschlossen und Expertisen eingeholt. Auch selbstorganisiertes Lernen wird durch die gestiegene Verfügbarkeit von Geräten, Infrastruktur und Wissens(träger)pools zunehmend genutzt – insbesondere in informellen Kontexten. In stärker curricular-orientierten oder formalen Lernszenarien ist dies noch weniger stark ausgeprägt, da die Zwänge zu Prüfung und Zertifizierung dem informellen Lernen eher entgegenzustehen scheinen.

These 9: Der Einsatz von CSCL wird nicht explodieren Kooperatives Lernen hat eine Reihe von Potentialen, aber es ist nicht für alle Arten und Phasen von Lernprozessen das Mittel der Wahl. CSCL ist immer dann sinnvoll, wenn das Lernziel besser in Zusammenarbeit mehrerer Lernender erreicht werden kann als durch individuelles Lernen. Zu den Nachteilen kooperativer Lernprozesse gehört, dass sie in der Regel mehr Zeit in Anspruch nehmen als individuelles Lernen, dass sie aufgrund der notwendigen Koordination weniger flexibel sowie technisch und organisatorisch aufwändiger sind. Deshalb erwarteten wir 2004, dass zumindest mittelfristig der Einsatz von CSCL auf bestimmte Situationen beschränkt bliebe. Wegen des geringeren Aufwands für die Dozierenden erwarteten wir, dass das Peer-Learning (Lernende helfen sich in Gruppen gegenseitig, diskursives Lernen) an Bedeutung gewinnen werde. Diese beiden Erwartungen haben sich bestätigt und sind auch noch gültig. Selbst wenn CSCL inzwischen „normaler“ geworden ist und nicht mehr als etwas derart Besonderes angesehen wird, verhindert der Zusatzaufwand für Planung und Durchführung von CSCL-Anteilen eine größere Verbreitung; am ehesten wird es dort eingesetzt, wo ohnehin verteilt gelernt werden muss (Fernlehre, Verbundstudium, duale Ausbildungsgänge); Peer-basierte Szenarien verbreiten sich, aber eher informell unter Lernenden als gesteuert von Dozenten oder Lehrinstitutionen.

These 10: Die CSCL-Forschung wird sich konsolidieren 2004 zeichnete sich unseres Erachtens ab, dass sich die Kluft zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung, beispielsweise in Form des Paradigmas der Nutzungsorientierten Grundlagenforschung (Use-inspired basic research; Stokes 1997), verringern werde. Wir erwarteten, dass sich trotz unterschiedlicher Begründungen für kooperatives Lernen die Methoden und Ansätze verschiedener Disziplinen und innerhalb der Disziplinen einander weiter annähern würden. In der Tat zeigt sich in der CSCL-Forschungs-Community eine Stabilisierung in ihrer Entwicklung, Kontinuität der Partizipation und der Vernetzung innerhalb der Community (Kienle & Wessner 2006). Unter den Gutachtern und damit langfristig in der CSCLCommunity bilden sich bei allen fachlichen Unterschieden und unterschiedlichen Akzentuierungen gemeinsame Standards heraus. Das 2006 gegründete International Journal of Computer-Supported Collaborative Learning (ijCSCL) enthält Beiträge verschiedener Disziplinen und ist innerhalb der CSCL-Community fest etabliert. Nichtsdestotrotz sind wir von einer einheitlichen konzeptuellen Begriffswelt und einem gemeinsamen Theorieverständnis nach wie vor weit entfernt (siehe auch Beitrag 1.3). Viele Theorien und Forschungsmethoden, die aus anderen Disziplinen stammen, fokussieren auf Phänomene im Individuum, erklären mithin individuelles Lernen statt Lernen in der/durch die Gruppe. Wir erwarten, dass in Zukunft zunehmend auch Theorien mit einem Fokus auf Gruppenphänomene entwickelt und sich im

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CSCL verbreiten werden. CSCL ist noch eher multidisziplinär als interdisziplinär. Dennoch erwarten wir, dass sich ein besser abgestimmter Methodenkanon zur Untersuchung von CSCL-Phänomenen entwickeln wird.

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Neue Thesen zur weiteren Entwicklung des CSCL

These 11: CSCL wird sozial Soziale Netzwerke verbreiten sich stark und diffundieren aus dem Privatbereich in den Lernbereich. Die rasante Verbreitung hat die Augen der Dozenten und Forscher dafür geschärft, dass in vielen Szenarien funktionierende soziale Vernetzung eine Voraussetzung für gemeinsames Lernen ist. Damit gewinnen Werkzeuge zur Vernetzung der Lernenden eine größere Rolle. Traditionell wurde das Sozialisieren in Communities unterstützt. Die dezentrale Organisation von sozialen Netzwerkansätzen ist herkömmlichen Communities überlegen, können sich doch dort Kleingruppen schneller und flexibler bilden und wieder auflösen. Wenn ein soziales Netzwerk im realen und virtuellen Raum etabliert ist, dann können Lernstrukturen bottom-up statt top-down entstehen; die Vorstrukturierung einer kooperativen Lernumgebung durch den Dozierenden wird durch eine Evolution von Struktur durch die Lernenden ergänzt und teilweise ersetzt. Wir erwarten, dass durch eine zunehmende Integration von Kooperationswerkzeugen für die Arbeitswelt sich auch kooperative Lernaktivitäten in soziale Netzwerke verlagern werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind derzeit die Bemühungen von Google, ihr soziales Netzwerk Google Plus mit Google Docs und Kommunikationswerkzeugen zu integrieren. Stark vorstrukturierende didaktische Ansätze behalten nur in Nischen ihre Bedeutung.

These 12: CSCL wird informell Wie in These 6 (Kooperatives Lernen wird ein wichtiger Baustein für Lebenslanges Lernen) ausgeführt steigt die Bedeutung des informellen Lernens. Dieses Lernen, das außerhalb formaler Bildungskontexte stattfindet, verbreitet sich schnell im Bereich des privaten und beruflichen Alltags. Während CSCL bisher meist auf den klassischen Unterricht (bzw. dessen Ersetzen durch Teamarbeit) ausgerichtet war, stieg in den letzten Jahren die Zahl von Forschungsarbeiten zum informellen, berufsbegleitenden Lernen und zu praktischen Umsetzungen (vgl. Beitrag 5.4 und 5.5). Kontrolliertes, verpflichtendes CSCL benötigt häufig einen hohen Aufwand für die Dozenten. Da informelles Lernen selbstorganisiert stattfindet und höchstens das Schaffen geeigneter Rahmenbedingungen durch die Dozenten erfordert, versprechen Ansätze des informellen Lernens eine Reduzierung des Aufwands für Dozenten und damit auch eine evtl. höhere Akzeptanz in Lehrinstitutionen. Die Integration informellen Lernens in klassische Bildungsgänge, bei denen Lernziele, -methoden und -inhalte von Dozenten vorgegeben und überprüft werden, ist noch immer eine Herausforderung.

These 13: CSCL wird offener Einhergehend mit dem Trend zum informellen CSCL (These 12; vgl. auch These 8) und angesichts der Schwierigkeiten des Zugriffs (vgl. These 1) werden sich offene Kooperationswerkzeuge und -umgebungen zunehmender Beliebtheit erfreuen.

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Statt komplizierter Mechanismen für die Zugriffskontrolle auf Räume und Inhalte werden vermehrt offene Räume, in die auch ohne großen Aufwand Externe zur Mitwirkung eingeladen werden können, genutzt werden. Es werden vor allem solche Werkzeuge zum Einsatz kommen, die schon weit verbreitet sind oder die ohne Installations- und Registrierungsaufwand genutzt werden können. Damit einher gehend werden Fragen des Datenschutzes in kooperativen Lernumgebungen eine größere Bedeutung bekommen (vgl. Beitrag 4.6).

These 14: CSCL wird als Bezeichnung verschwinden Durch die zunehmende Verbreitung (zumindest informellen) kooperativen Lernens einerseits und die allgegenwärtige Verfügbarkeit der benötigten Geräte und Infrastrukturen wird CSCL nicht mehr als etwas „Besonderes“ angesehen werden. Wir sehen das Schicksal der Bezeichnung CSCL analog zu beispielsweise Multimedia oder Hypertext. Damit ausgedrückte Eigenschaften werden als selbstverständlich angesehen und daher werden – außer in speziellen Forscherkreisen – diese Bezeichnungen obsolet.

These 15: CSCL wird sich weiterhin mehr über die Nutzung anderer Systeme (allg. Kommunikations- und Kooperationssysteme) verbreiten als über spezielle CSCL-Systeme Spezielle CSCL-Systeme haben in Nischen ihre Bedeutung, aber wir erwarten in absehbarer Zeit nicht, dass ein verbreiteter Einsatz spezieller CSCL-Systeme wirtschaftlich wird. Vielmehr wird sich CSCL weiterhin mehr über die Nutzung anderer Systeme (allg. Kommunikations- und Kooperationssysteme, sowie soziale Netzwerke als Rahmen) verbreiten. Das lässt sich ökonomisch begründen: Kooperatives Lernen ist seltener sinnvoll als individuelles Lernen; gleichzeitig sind die Werkzeuge aufwändiger zu nutzen und zu erlernen. Wenn ein Lernender sich diese Mühe machen wird, dann für eine Arbeitsumgebung oder eine soziale Umgebung, die er auch zum Lernen nutzen kann und nicht für jede Sphäre getrennt. Dennoch lohnt sich Forschung über spezielle CSCL-Werkzeugentwicklung: Sie erlaubt es, didaktische Konzepte in Reinform zu testen und neue Funktionen anzubieten. Diese können dann in allgemeine Werkzeuge zur Unterstützung kooperativen Arbeitens und der Vernetzung integriert werden oder durch vorhandene Funktionen substituiert werden.

These 16: Die intelligente Unterstützung durch Kontextawareness in für CSCL genutzten Tools nimmt zu Technische Infrastrukturen (z.B. GPS-Satelliten) und korrespondierende Sensoren in mobilen Geräten (z.B. GPS-Empfänger), die Anreicherung von Personen und Räumen mit Sensorik sowie die Zusammenführung und Analyse verschiedenster Datenquellen (Ambient Intelligence) werden es zunehmend erlauben, den Kontext einer Person, also die Menge der Informationen und Rahmenbedingungen, die die aktuelle Situation aus Sicht der Person und im Hinblick auf ihr Ziel charakterisieren, zu erfassen (Wessner, 2005). Auch eine Gruppe hat einen bestimmten Kontext, der zum einen aus den Kontexten der Beteiligten abgeleitet werden kann, zum anderen aus Informationen und Rahmenbedingungen der Gruppe als Ganzes besteht. Individuelle Kontexte und Gruppenkontexte können von einer (CSCL-)Anwendung zur Unterstützung des Lernens und der Kooperation herangezogen werden. Beispielsweise wird ein Lerner mit Unterstützung der Anwendung aktuell in der Nähe befindliche potentielle Kooperationspartner und einen für die Kooperation geeigneten und aktuell verfügbaren Raum finden können.

6 Perspektiven

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These 17: CSCL wird (noch) mobiler Mobile Smartphones und Tablet-Computer verbreiten sich stark und PCs/Notebooks verlieren ihr Alleinstellungsmerkmal als Zugang zu digitalen Inhalten und Lernpartnern. Mobilität wird auf zwei Ebenen erhöht: Auf der Ebene der Mikromobilität wird es möglich, dass Lernende sich nicht mehr nur den Schreibtisch aussuchen können, an dem sie kooperativ lernen wollen, sondern sie werden auch auf dem Sofa, im Bett oder in der Badewanne der eigenen Wohnung lernen können. Dies ermöglicht ein wesentlich beiläufigeres und informelleres Lernen („casual Learning“). Auf der Ebene der Makromobilität wird es zunehmend möglich, das Lernen den natürlichen Orten anzupassen, die zum Lernen passen, also z.B. einem Zoo, einem Museum oder einem Wald.

5

Schlusswort

Als interdisziplinäres Forschungsgebiet wird CSCL einerseits fortlaufend von Innovationen aus den beteiligten Disziplinen, technischen Entwicklungen und kulturellen Veränderungen befruchtet. Andererseits werden bewährte Ansätze und Innovationen interdisziplinär immer wieder neu kombiniert und somit neue Entwicklungen geschaffen. Manches, was vor wenigen Jahren noch revolutionären Charakter hatte, hat inzwischen breiten Einzug in die Praxis gehalten, anderes wurde von der Entwicklung überholt oder als nicht praktikabel verworfen. Die Aufgabe der Forscher und der Praktiker ist es, CSCL gemeinsam zu gestalten, die Erfahrungen zu reflektieren und in die weitere Entwicklung einfließen zu lassen. Wir hoffen, dass dieses Buch als Lehr- und Handbuch (zukünftigen) CSCL-Forschern und CSCL-Praktikern die Mitwirkung an diesem Prozess ermöglicht und sie dazu ermuntert.

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Autorenverzeichnis

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Lindstaedt, Stefanie N., Technische Universität Graz und Know-Center, Inffeldgasse 21a, 8010 Graz, Österreich, http://www.kmi.tugraz.at/, http://www.know-center.at, [email protected] Lorenz, Anja, Technische Universität Chemnitz, [email protected] Loser, Kai-Uwe, Ruhr-Universität Bochum, [email protected] Malzahn, Nils, Universität Duisburg-Essen, Fakultät Ingenieurwissenschaften, Abteilung für Informatik und angewandte Kognitionswissenschaft, Lotharstr. 63/65, 47057 Duisburg, http://www.collide.info, [email protected] Matschke, Christina, Stiftung Medien in der Bildung (SbR), Institut für Wissensmedien, Schleichstraße 6, D-72076 Tübingen, [email protected] Mühlpfordt, Martin, FernUniversität in Hagen, Lehrgebiet Kooperative Systeme, Universitätsstr. 1, 58084 Hagen, http://www.pi6.fernuni-hagen.de, [email protected] Nattland, Axel, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Mediendidaktik und Wissensmanagement, http://mediendidaktik.uni-duisburg-essen.de, [email protected] Pape, Bernd, Hamburger Informatik Technologie-Center e.V., c/o Fachbereich Informatik, Vogt-Kölln-Str. 30, 22527 Hamburg, http://www.hitec-hh.de/, [email protected] Pfister, Hans-Rüdiger, Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Experimentelle Wirtschaftspsychologie, [email protected] Schenk, Birgit, Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg, [email protected] Schümmer, Till, FernUniversität in Hagen, Lehrgebiet Kooperative Systeme, Universitätsstr. 1, 58084 Hagen, http://www.pi6.fernuni-hagen.de, [email protected] Schobert, Wolfram, FernUniversität in Hagen, Lehrgebiet Kooperative Systeme, Universitätsstr. 1, 58084 Hagen, http://www.pi6.fernuni-hagen.de, [email protected] Schöfegger, Karin, Institut für Wissensmanagement, Technische Universität Graz, [email protected] Schwabe, Gerhard, Universität Zürich, Department of Informatics, Winterthurer Strasse 190, CH 8057 Zürich, http://www.ifi.unizh.ch/im, [email protected] Seitlinger, Paul, Institut für Psychologie, Karl-Franzens Universität Graz,;Institut für Wissensmanagement, Technische Universität Graz, [email protected] Seufert, Sabine, Swiss Centre for Innovations in Learning – scil, Universität St.Gallen, Dufourstrasse 40a, CH-9010 St. Gallen, http://www.scil.ch/, [email protected] Stahl, Gerry, Drexel University, College of Information Science and Technology, Philadelphia, USA, http://GerryStahl.net, [email protected]

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Autorenverzeichnis

Urhahne, Detlef, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Institut für Pädagogik, Arbeitsbereich Pädagogische Psychologie, Franckeplatz 1, Haus 5, 06099 Halle (Saale), http://www.philfak3.uni-halle.de/paedagogik/psycho-erz/, [email protected] Weinberger, Armin, Universität des Saarlandes, Lehrstuhl für Bildungstechnologie und Wissensmanagement, Campus C5 4, 66123 Saarbrücken, http://bildungswissenschaften.uni-saarland.de/, [email protected] Wessner, Martin, Fraunhofer IESE, Fraunhofer-Platz 1, 67663 Kaiserslautern, http://www.iese.fraunhofer.de/, [email protected]