Comisches Theater: Band 2 [Er mengt sich in Alles] [Reprint 2021 ed.]
 9783112429426, 9783112429419

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Jhm einen Vorschlag

Da Er so erschrecklich Lust hat zu hrira«

then, so wüß't ich «ine Partie für Ihn, die gav nicht zu verachten ist, ja ja ja, gar nicht zu >ver«

achten.

Sie hat sechzigtauscnd Gulden;

di«

Frau von Vru>;er — da schief über. Karl H.

Wie? die alte Sechzigjärige?

Herrmann.

Nunuim? — sechzig Jahre.

Ist denn da- ein Alter? he? — ist das ein

Alter? — Ich werde auch drepundfechzig auf den

ersten Aprill, und denke immer noch eine hübsche

Weile da« Leben zu genießen, ja ja ja, eine hübsche Weile, und wohl nach Umständen noch zu heicathen.

44

Er mengt sich in Alles. Aber so ein häßliche-! Geschöpf,

Karl H.

daS auf beyden Augen schielt?

Herrmann.

Desto besser für Ihn; so wird

sie über manchen Seiner dummen Streiche hin»

tvegsehen.

Ha ha ha! —

Karl H.

Da« auf der linken Seite einen

Buckel hat? — Herrmann.

So leg' Er auf die rechte

ihre sechzlgtausend Gulden, so wird her Rücken gerade.

0, sechzigtausend Gulden wachen eine

schöne Taille, ja ja ja, eine schöne Taille.

Und ihr häßlicher Charakter?

Karl H.

Herrmann. Gulden.

Aber sie

hat ftchzigtausend

Versteht der Herr? — ftchzigtausend

Gulden I — Karl H.

Unmöglich, mein Vater! — l«>

her verhungern.

Herrmann.

Nununu! wie Er will, wie

Er^will. Stark auf und abgehend. Eine Partie mir ftchzigtausend Gulden auszuschlagen? Jetzt hat Er

Zeit, baß Er geht.

Ein Lustspiel.

4s

Karl H. Ich gehe schon, mein Vater! — , Sprechen Sie »mit mir,

Madam?«

in

den Dart,

und,

ohne ihre Antwort abzuwarten, zur Thür' hin«

aus gehüpft.

Ich siehe Ihnen dafür, dieses

Benehmen wird Ihre Frau tausendmahl mehr kränken und demüthigen, als wenn Sie Tage lang mit ihr zankten.

D. Flatt. Herr Graf!

Sie haben mein Seel Recht,

Wenn ich nur nicht so verdammt

hitzig vor der Stirn wäre l

Was gäb' ich nicht

für zwölf Tropfen von Ihrem kalten Blute! Zn-

dessen, ich will's versuchen.

Tausend Dank für

Zhren guten Rath, Herr Graf.

22

Die unvermutete Wendung. Graf.

Nicht Ursache.

Speisen Sie die«

fett Mittag zu Hause? D. Flatt. Das kann lch noch nicht sagen. Ich muß erst recognvseiren.

Ich weiß wohl,

daß Sie nicht zu Hause speisen, und ich bin nicht gern allein mit den Weibern.

Graf.

O ich bin gleich nach Tische wieder

zu Hause, und ich werde alsdann begierig seyn, zu wissen, wie weit es indessen zwischen Ihnen und Ihrer Frau gekommen ist.

D. Flatt.

Der Himmel weiß, ob eS

nicht indessen zu Ohrfeigen gekommen ist; aber ich will mich nicht faul finden lassen.

Graf.

Ha, ha, hal

»6.

Wenn man ein

paar so ungezogene Kinder mir einander verheirathet, so muß es ja eine allerliebste Ehe geben; das kann nicht fehlen.

Wenn er meinen An»

Weisungen folgt, so muß alles nach meinen Wün»

sehen gehn.

DaS kleine Weibchen ficht sich aus'S

äußerste gebracht, kömmt zu mir, und sucht

Hülse, und ich bin ihr Tröster. — Hm! wo

Ein Lustspiel.

23

ich nur kn meiner jetzigen Lage Muth und Geist

zur Intrigue hernchme? — So viele Projekte

auf einmahl, — und mit unter so mißliche —• Ein andrer an meiner Stelle rennte sich den Kopf

gegen die Wand.

Ad.

Vierter

Auftritt.

Zimmer der Grllfin. Die

Luise.

Gräfin.

Luise.

Also, mein Vater ist nicht zu be­

wegen ?

Gräfin.

Luise.

Leider nicht, mein Kindl

Mein Gott, was soll ich thun? WaS

ein kluges Mädchen in

deiner Lage thun muß.

Du mußt sehen, dich

Gräfin.

in dein Schicksal so gut zu finden als möglich. Luise.

Aber, liebste Mutter, Sie ken­

nen den Baron Schneckenburg;

Eie wissen,

was er für ein unerträglicher, langweiliger Geck

ist; wissen, wie lächerlich er sich mit jedem Au«

L4

Die un'vermuthete Wendung,

genblicke durch den albernen Pomp und die ekelhaste Weitschweifigkeit seiner Ausdrücke macht. Was er für übertriebene Begriffe von der Liebe Wie sein Mund immer von Feuer un&

harl

Flammen überströmt, indeß er. Eis im Herzen trägt!

Nein, es ist tvdbt möglich, einen sol­

chen Menschen um sich zu dulden! Gräfin.

Und doch duldete ihn die Frau

von Palmer, die doch ein Weib von Geist und Kopf ist, so lange um sich.

Luise.

Aus keiner andern Ursache, als

weil sie ihn zum Besten haben konnte, wie sie wellte. Seine Narrheit, so langweilig sie auch im Grunde ist, belustigte sie. Zu halben Tagen hat er, wie mir mein Bruder sagt, zu ihren Fü^en geseufzt, und wenn er einen Fehler be­

ging, so legte sie ihm die abenteuerlichsten, kin.

bischten Strafen auf, die der alberne Tropf noch eben drein für Merkmahle ihrer Gewogenheit aufnahm. — 0 liebste Mutter, schützen Sie

mich vor meines Vaters Zorn!

Sie hab' ich zn

meiner Vertrauten gemacht; denn das Ansehn

einer Mutter verschmilzt sich immer in die Güte

Em Lustspiel.

25

einet Freundin. Aber meinem Vater das Ge­ heimniß meines Herzens entdecken, dazu hab' ich keinen Muth. — O wie ich seine Strenge fürchte!

Gräfin. Luise, du solltest seine väter­ liche Sorgfalt für dein Gluck nicht mit einem so harten Namen belegen. — Ich höre ihn draußen reden. — Ich lasse dich allein, damit es nicht auöficht, als hätten wir Komplot gegen ihn ge­ macht. Durch eine Seitenthilr ab. Luise ihr nachrnfend. Verlassen Sie mich nicht, meine Mutter! Gott, was soll aus mir Werden! Sir stehl in tiefen Gedanken.

Fünfter Luise.

Auftritt.

Der Graf.

Graf bleibt etwas rückwärts stehn, und veklamirt

solvente Verse mit ironiicDem Affekt.

Am Blumenrande dieser Quelle Hab' ich Oamöteu .oft gesehn Eie rieselte so sauft, tnc Quelle? Und — Ach — OamötaS war so schön!

26

Die unvermutete Wendung. Nun, womit beschäftigt sich dein zärtliche-

Herzchen?

Unstreitig mit deinem Damot, mit

dem jungen Schneekenburg? Luise.

Nein, mein Vater!

Graf.

Ist das aber auch die Wahrheit?

Sieh mich einmahl an, Kind! Starr in's Ge­

sicht — Du wirst ja ganz roth?

Was bedeu«

tet denn das? Luise.

Wenn ich roth bin, so ist es aus

Furcht, mein guter Vater möchte nicht so znftie«

den mit mir seyn, als ich wohl wünschte. Graf.

du!

Ey du arme kleine Furchtsamkeit,

Isi'S doch, als hörte ich den kindlichen

Gehorsam selbst sprechen! Sieh, Mädchen, ich kann die Heuchelei) durch den Tod nicht lei» den! Zm Grunde deines Herzens bist du doch ein kleiner Nebclle. Gesteh' mir einmahl auf­ richtig: wenu'S in deiner Macht stand', wür­ dest du nicht diesen Augenblick dem jungen Cchneckenöurg deine Hand geben? Luise. ich würde —

Mein Vater — Ich — ich —

Ein Lustspiel.

Graf.

27

Nun, wa« stockst du denn so?

Heraus mit der Sprache! Luise.

Wenn ich — Ihre Genehmigung

hatte, mein Vater — so gestehe ich aufrichtig —

ich wäre sehr geneigt, ihn — jedem andern »orzuzichn. Graf.

. Hab' ich's nicht gedacht! — Aber

ohne meine Genehmigung?

Was sagt dein

kindlicher Gehorsam dazu?

Luise mit standhaftem Tone.

Ohne Ihre

Genehmigung, mein Vater, werde ich nie hek-

rakhcn. Graf.

Wer das glaubte! — Aber ich

Halle dich beym Worte.

So viel zur Nachricht:

Eine Hcirath mit dem jungen Schneckenburg werde ich »i e genehmigen. — Wie gefallt das deinem liebestechen Herzchen?

L» ise.

Ich ergebe mich in Ihren Willen,

mein Vater! Cie verneigt Rd)z und will abgehn: er verr dengt fid), und läßt sic dis an die Thür gehn.

Die urrvermuchtte Wendung.

28

Graf.

Belieben Sie immer wieder um-

zukehren, Komtesse!

Wir sind noch nicht fer­

tig. Sie kömmt »urilck.

Wo wolltest du denn hin-

segeln mit der rechenden, schmachtenden, Arka­ dischen Schäfermiene?

He!

Luise. In mein Zimmer, mein Vater! —.

aber — Sie befehlen —

Graf.

Ich befehle! Pfuldoch! Was

das für ein harter Ausdruck ist!

Es giebt wohl

solche unartige Vater, die sich dergleichen unan­ ständige Freyheiten gegen ihre Kinder erlauben:

aber ich bin viel artiger, ich!

Ich bitte nur.

Ich ersuche Sie also, meine Schone, Sich's noch

etwas langer bey mir gefallen zu lassen — wenn

sich anders ein Herz, welches der allmächtige Hauch der Liebe veredelt, vergöttlicht hat, zu den menschlichen Erinnerungen eines Vaters her-

cdlassen kann. —

Kopf?

Nun, was hangst du den

Setze dich nieder — Ich glaube gar,

tu willst in Ohnmacht fallen? —

»2t — —

a — ch ich ster — r — erbe!

Ich — ver-

r — ge — he!

Leb — wo — o — ohl

Schncckcnburg! —«

O mach' doch das Lasse!

Ein Lustspiel.

29

da» müßte excellent theatralisch seyn — De!ty,

deine Komtesse stirbt vor Liebe tu »cintn.

— Luis- fängt un

So, endlich gehn die Schleusten auf!

0 seht hier Lilien, vom Morgenthau getränkt!

Luise,

Wahrhaftig,

das

Weinen stehr dir

recht gut!

Mein Vater, Sie gehn grausam

Luise.

mit mir um!

Graf.

Grausam? Ueber den grausamen

Vater, der seine Tochter wider ihren Willen

glücklich machen will!



Also,

Luise,

du

weißt meine Meinung in Ansehung des jungen SchneckenburgS — Ja, ja, seufze nur! —

Ich verbiethe dir hiermit, von diesem Augenblick

an weiter an ihn zu denken; das ist der erste, und vielleicht der härteste Theil meines Befehls.

Der zweyte ist, daß du dich gefaßt machst, dem ältern Baron Schneckenburg deine Hand zu geben. —

Und nun kannst du dich, wenn

du willst, auf dein Zimmer begeben, und dein

hartes Schicksal in Prosa oder in Versen beweis nen.

Aber vergiß nicht, deinem Kammermäd­

chen zu klagen, was du für einen Tyrannen zum

Die unvermutete Wendung.

so

Vater hast» Er k!oj*r sie aus die Backen.

ein gutes Kind.

Luise, sey

Zeh bitte dich, Luise.

deinen Vater nicht umsonst bitten!

Laß

eie n6t sinn

schweifend ab. Graf allein. mich,

Das arme Mädchen dauert

aber ich darf mir's nicht merken lassen.

Verdammtes Schicksal, das mich zwingt, meine

Kinder zu Heirathen wider ihren Willen zu be­ reden I

Sechster Der

Graf.

Graf.

Sohn!

Auftritt.

Der

Hauptmann.

Ah! gut, daß du kömmst, mein

Ich hatte eben eine Unterredung mit

deiner Schwester, die —

Hauptm.

Sie begegnete mir weinend.

Ich will nicht hoffen, mein Vater, daß sie Sie

beleidigt hat!

Graf.

Ah! Beleidigen!

So ein Aess»

chen kann mich auch beleidigen!

Ich habe

bloß das Geheimniß von ihr heraus gebracht, daß

sie sich In einen jungen Lassen verliebt hat, der

Ein Lustspiel.

3i

keinen Pfennig in Vermögen hat, und daß ihr die Partie nicht ansteht, die ich ihr ausgesucht

habe; das ist's alles.

Du siehst, lauter Klei­

nigkeiten , Kindereyen!

Hauptm.

Lassen Sie ihr Zeit zur Ueber-

legung, mein Vater! und sie wird sich schon eines Bessern besinnen.

Graf. Was hilft einem alle väterliche Für­ sorge, wcnn einem so ein albernes Ding immer

und ewig widerspricht! — Du, Hauptmann, hast dich immer wie ein gehorsamer Sohn ge­ gen einen Barer betragen, der leider nicht so viel für dich thun konnte,

als er wohl wünschte.

Gern möcht' ich dir'S auf eine andere Art ein­ bringen —

Hauptm.

Hat mir'S Ihre väterliche

Liebe nicht tausendmahl erseht?

Ich wünschte

nur. Sie in einer glücklichern und ruhigern Lage zu sehn, mein Vater! Graf.

Ja wohl! Ich habe Ruhe und

Glück nöthig, daö weißGorrr Aber, Fritz, wie,

Z2

Die unvermutete Wendung.

wenn es in deiner Macht stand', mir und dir bevdes zu verschaffen?

Ha uv km.

Wie gern würd' ich die Gele«

genheit ergreifen! Aber ich fürchte — Graf. Es giebt ein Mittel, unsere Um­ stande augenblickiich zu verbeffern, und ich habe

schon lange deswegen mit dir sprechen wollen. Ich wüßte eine hübsche, sehr reiche Wittwe —

Aber du machst schon Mienen, so wie ich nur von ihr anfange?

Hel — das ist eben keine

gute Vorbedeutung — Aber ich verstchere dir,

die Sache ist wohl einer nähern Beleuchtung werth.

Gesetzt, die Wittwe Palmer, die drey

und fünfzig tausend Gulden jährliche Einkünfte

hat, hätte die Augen auf dich geworfen; wäre das Mittel nicht gut?

Du wirst ja roth?

Weißt du vielleicht schon von der Verwüstung, die du in ihrem Herzen angerichtet hast?

H auptm.

Ich freue mich, mein Vater,

Sie so aufgeräumt zu sehn. Graf.

Ernst l

Nein, nein, eS ist mein völliger

Kömmt dir denn das so sonderbar vor.

Ein LuDiel.

33

M«n ein hübscher junger Mensch einer artigen jungen Wittwe in die Augen sticht? — Gefällt sie die nicht? Hauptm. Ich glaube, sie ist ganz hübsch — Ich habe sie wahrhaftig nicht so genau angesehn.

Graf. Nicht angesehn? Und besuchst sie doch so fleißig? Hauptm. Ich bin oft in ihrem Hause, aber — ich besuche ihre Schwester.

Graf. Mädchen?

So? Was ist denn das kür ei«

Hauptm. Mein Vater — sie ist ein Engel! Graf. Wenigstens. Das kann ich mir verstellen. Wohlfeiler thut ihr Verliebten eS nicht. — Hat dieser Engel aber Vermögen? Hauptm. Leider nicht! Sie lebt von der Gnade der Wittwe.

Graf. Also die Wittwe ist gar nicht nach deinem Geschmack? C

34

Die unvermutete Wendung.

Hauptm. Sie kann ihre großen Vera dienste haben, mein Vater, aber — Graf. Die verdammten Aber! Ich glaube, ihr habt euch heute alle verschworen mich zu Tode ju aber». Da kömmt erst deine Mutter, versichert mich, sie sey alles zufrieden, was ich will, aber sie findet es hart, unsrer Tochter einen Mann zu geben, den sie nicht mag — Dann kommt Komtesse Luise — Sie ist ganz gehorsam gegen die Befehle ihres Vaters, aber— sie hat demohngeachtet ihr Herz schon verschenkt, ohne ihn zu fragen. — Und Du, — du bist will'g und bereit, jedes Mittel zn ergrei­ fen, das unsere Umstände verbessern kann, aber — da ich dir eins vorschlage-----Hauptm. In jedem andern Falle wer« den Sie den gehorsamsten Sohn an mir finden, mein Vater, aber in diesem Falle — Meine Ehre und mein Herz sind verpfändet. Ich liebe das Fräulein Maynbach, liebe sie wie mein Leben; und wenn dies das Unglück allein wär' — Da es denn einmahl eins seyn soll — so würden Sie mich demohngeachtet bereit finden, Ihren Willen zu befolgen, aber —

bin Lustspiel. Graf.

Nun?

35

Aber?

Hauptm. Aber— Sie liebt mich wieder. Da- thut mir leid.

Graf. Sohn,

0, mein

ein schönes Lärvchen wird unsere ver­

pfändeten Güter nicht etnlösen! Hauptm.

Zn diesem Augenblick bedaur'

Ich's zum erstenmahle,

daß Fräulein Maynbach

Zch hoffte,

nicht reich ist.

durch Muth und

Thätigkeit einst in den Stand zu kommen, sie

unserm Range gemäß zu erhallen; ich schmeichelte Mir sogar, Ihre Einwilligung zu erhalten —

Graf. Wie? Eine Bettlerin zu heirathen? Hauptm.

Nicht dieses harte, demüthi­

gende Wort, mein Barer, wenn ich bitten darf.

Sie verdient ein viel glänzendere Glück, als das, was ich ihr anbiethen kann

Was ist Geburt,

was ist ein großer Titel, wenn man, wie ich, von

allen Mitteln entblößt ist, ihn geltend zu machen? Graf.

Der Vorwurf war nicht großmü­

thig, mein Sohn, aber ich verdiene ihn. Hauptm.

Verzeihen Sie, mein Vater!

«s sollte kein Vorwurf seyn. C -

36

Die unvernmth-te Wendung. Graf.

Und wenn es auch einer seyn sollte­

st verzeihe ich dir doch. Genug jetzt von dieser Sache; ich will in einem so delikaten Punkte nicht weiter in dich dringen. Hauptm. Sie sind sehr gütig, mein Vater!

Graf.

Nur noch die einzige Frage: Hast

du dem Fräulein Maynbach förmlich die Ehe versprochen?

Haupkm.

Nein, mein Vater! Siehst Sie will, ich soll nicht

es immer abgelehnt.

durch mein Wort, ich soll durch mein Herz an sie gefesselt seyn. Graf.

Wenn dem so

Das freut mich.

ist, so seh' ich nicht ein, wie deine Ehre so

große Gefahr laufen könnte? Liebe bemffc —

Und was deine

in deinem Alter, Haupt»

mann, stirbt man an keiner Untreue. Hauptm.

Sie waren vorhin so gütig,

mein Vater, mir zu versprechen, Sie wollten

deswegen nicht weiter in mich dringen.

Graf.

Es ist auch wahr.

nicht länger aufhalten. uns wieder.

Ich will dich

Nach Tische sehn wir

Ein Lustspiel.

37

Hauptm. Ich habe die Ehre aufzuwar­ ten, mein Vater!

Graf. Sah kch's doch vorher, daß es so zehen würde! — Also auch diese Hoffnung wär' vorbey! — Verdammtes Schicksal! — Aber tobe wie du willst, mich sollst du doch nicht zur Verzrveiflung bringen I «».

Zweyter Aufzug, Erster Auftritt. Daren FlattcrbachS Zimmer. Baron Fkatterbach noch im Ankleiden begrif­ fen. Ein Bedienter. Daron Flatterbach. $ß3ei|3t du nicht, ob meine Frau wieder nach

Hause ist? Bedient. Die gnädige Frau sind gar nicht ans gewesen, Ihro Gnaden. D. Flatt. Ich glaubte, sie hätt« aus­ wärts gefpeisct?

z8

Die unvermutete Wendung.

Bedient. Nein, Jhro Gnaden! Sie hat der Lisecte nur befohlen so zu sagen, wett sie keine Lust hatte, zu Tische zu kommen. D. Flatt. Wenn'S weiter nichts ist — so geh' hinüber und sag' ihr, ich wollte sie wegen etwas sehr Nothwendigen sprechen. Drdienrer a». Nun wiil ich die Regeln in Ausübung bringen, djp mir der Graf gegeben hat. — Wenn ich nur den rechten Ton treffe. — Laß einmahl sehn — Erst also muß ich thun, als säh' ich sie gar nicht. — Ja, da- wird sie teufelmäßig verdrießen — Horch! — Wenn sie schon käm', so — wär' ich au- meinem ganzen Koncepte! — Ich muß mich nur recht in Positur sehen — Horch! — Mei» Seel, sie ist schon dal Zweyter Auftritt.

Baron Flatterbacb. Die Baronin, im verdrießlichen Ton.

Baron in. Was wollen Sie? D. Flatt. Ich? Ganz und gar nicht-l Wenigstens von Ihnen nichts, Madam! Ich wüßte auch wahrhaftig nicht, was man von Ihnen wollen konnte!

Ein Lustspiel. Daronin.

39

Weswegen haben Sie mich

denn also rasen lassen?

Mein Seel,

D. Flatt. M fl».

ich

glaube, ich habe das Ding dumm angefangen!

Es hätte alles sollen wie von vhngefahr kommen.

Nun weiß ich nicht, was ich sagen soll. c«ut.

Wie gefällt dir dieses Kleid, mein Schatz? Baronin.

Und ist bas alles, was Sie

mir zu sagen hatten? eie wm gehn. B. Flatt, mit lächerlicher Autoritär. Madaml

Sie unterstehen Sich nicht — Daronin Mmippis®.

Unterstehn?

Ich

yikch unterstehn? D. Flatt.

Ja, ja, Madam, unter*

stehn! unterstehn! — Also Sie unterstehn Sich nicht, eher wegzugeh'n, als bis Sie mir meine

Frage beantwortet haben.

Höflich, mit Humor,

oder unartig; Ich bin auf alle» gefaßt! Baronin.

Und durch diese Narrheiten

wollen Sic wohl Ihr Dettagen von heute früh

wieder gut machen, mein Herr? D. Flatt, auf unb niebetgebenb.

Ihr Götter, schenktet mir ein Weib Aus großer Gunst zum Zeitvertreib.

Baronin. Aber so viel kann ich Ihnen Indeß zur Nachricht sagen: ich bin nicht im nun» besten gesonnen, mich von Ihnen wie ein kleines Mädchen behandeln zu lassen. D. Flatt, mit einem Bückling. Sprechen Sie mit mir, Madam? Daronin. Mit wem sonst? D. Flatt. Mein Sees! ich hatte schon wieder vergessen, daß du im Zimmer wärest, Kind! Daronin. Was bas für Albernheiten find! B. Flatt, für gch. Jetzt operirt'S, wenn' ich nur kalt bleiben kann. taut. Doch wenn zu einem großem Glück Sie eure Gnade will erheben, Ihr Götter, ach! nehmt flc zurück! Ich hoffe ohne sie zu leben. Daronin. Wie abgeschmackt! D. Flatt, stimmt ihr gant nahe. Ich hoffe. ohne sie zu leben! ohne sie zu leben! Baronin stößt ihn eon gch. Ein so ein« fälliges kindisches Betragen für einen Mann, der sich hoch schon seit drey Monathen rassiren läßt!

41

Ein Lustspiel. B. Flatt.

Galt da- mir, Madam?

Daronin.

Auftuwarten, mein Herr!

D.

Flakt.

mit Autorität:

Zimmer, Madam!

Fort in Ihr

Marsch! Den Augenblicke

Und lassen Sie Sich einmahl für allemahl gesagt Sie dürfen Sich nicht wieder unterstehn,

seyn:

ohne meine ausdrückliche Erlaubniß in das Zim­

mer zu kommen,

wo ich mich ankleide.

Die

ernsthaften Stunden eines Mannes —

Daronin. Eines Mannes? Ha, ha, Hal B. Flatt.

Wie? Sie untersteh'n Sich

gar zu lachen? — Zorns

Doch,

nicht werth.

Sie sind meines

Gehn Sie mit Ihrem'

Spielzeuge da I Er wirft Ihr 6en Strickbeutel, een Re auf len risch seiest hatte, zu.

Baron in.

Ich will jetzt allein seyn!

Und nun will ich gerade da

bleiben! Sie setzt sich» «Nh fängt on zu arbeiten. B. Flatr.

Welche Kühnheit! Sie wider«

setzen Sich den Befehlen eines Mannes?

Baronin. Himmel,

Eines Mannes?

Du lieber

Sie sind der rechte Mann,

Sie!

Eine Puppe hätte man Ihnen geben sollen, start einer Fra«!

43

Die unverMitthete Wendung.

D. Flatt. Madam.

Und das hat man ja gethan,

Baronin suk-rit»itt baß

Graf.

Aber was, um.

ich so geradezu gegangen bin.

des Himmels willen! ist hier vorgegangen? Sie

so verstört, Herr Baron?

und die gnädige Frau

Sollten Sie gar etwa eine krau«

in Thräne»?

rige Neuigkeit —

D. Flatt.

O nein, Herr Graf!

Es

giebt hier gar nichts Neues! Lauter alte Dingei Ich hab' ihr nur ein wenig den Text gelesen.

Gras.

Ey, ey, Herr Baron, das ha«

ben Sie nicht recht gemacht.

Baronin schlnchim».

Ah,

Herr Graf,

er macht's immer nicht recht!

B. Flatt.

Ja

freylich,

Herr Graf,

wenn Sie ihr glauben wollen.

Graf.

Gern würf' ich mich zur Mittels«

perfon auf,

wenn ich nur die Ursache Ihres

Streits wüßte.

D. Flatt. Graf!

Das machen Sie gut, Herr

Als ob ein Weib Ursachen hätte,

wenn sie mit dem Manne zankt.

Baronin.

Der Himmel bewahre uns!

nun wird er gar witzig! hören, Herr Graf —

Aber Sie sollen gleich .

45

Ein Lustspiel. Za

B. Flatt.

das sollen Sie.

Sie

Hat mir — Nein, Herr Graf, er hat

Baronin.

mich — D. Flatt.

Nun,

da sehen Sie selbst —

Baronin.

Er schickte nach mir.

D. Flatt.

Nein, das hab' ich nicht.

Baronin.

Kannst du'S laugncn?

D. Flatt.

Ja, das kann ich.

Baronin.

Glauben Sie ihm kelnWort^

Herr Grafl

Er ließ mich herüber rufen, und

als ich kam,

sagte er mir nichts als Imperti­

nenzen und Unsinn. Graf.

O

pfui,

Herr

Baron!

Ich

dächte, die gnädige Frau verdiente etwas besserals Impertinenzen und Unsinn. Baronin.

Und da lief er im Zimmer

herum, und brummte mir alberne Verse unter die Nase, die ohngefahr so viel sagten, als, er

wolle mich gern los seyn. D. Flatt.

Ein

bloßer Scherz,

Graf! aber so etwas versteht sie nicht.

Herr

Die unperrnuthete Wendung.

4$

Auch daraus hätt' ich mir

Baronin.

noch nichts gemacht;

aber nun fing er an z«

schimpfen — Aber ich will der dache bald ein Sie geht rum Spiegel, trocknet sich

Ende machen!

die Augen, und bringt den Kovspur» in Ordnung.

-

Graf.

Da haben Sie sehr Unrecht, Herr

Daren I H-imiich. Hab' ich Ihnen die Methode

so angegeben? Sie hätten aber auch Horen

D. Flatt.

sollen, wie sie mich auf'» Aeußerfle trieb. Graf.

Fort dürfen wir sie durchaus nlcht

lassen.

D. Flatt.

Sie glauben nlcht,

Herr

Graf, was sie für ein Starrkopf isi.

Baronin runaeit.

Graf. ihr;

Lassen Sie mich nur allein mit

ich will ihr den Kops schon zurecht setzen I B. Flatt.

DaS thun Sie, Herr Graf!

Ich bi» der Zänkereyen herzlich müde. Baronin »umBefcientt«, ter eintriit.

Sind

die Sesselträger da?

Bedient. den!

Ich will juseh'n, Ihre Gna­

Ein Lustspiel.

47

Daronkn. Wenn sie da sind, so sollen sie sich parat halten, a$eiieiitet ah.

Graf. Wollen Sie Sich austragen lassen, gnädige Frau? Daronin. Nur auf e'ne Viertelstunde zu meinem Onkel Schneckenburg. Ich muß lhm doch meinen Entschluß mittheilen. Graf »n'mtichr»m Baron. Geschwind einen Vorwand ersonnen, edaß Sie forrkommen, sonst ist alles verloren! B. Flatt. Sie sollen seh'«, daß ich Ge« genwart des Geistes habe. & nein ein tatoen# tud> aus der Tasche, uni nimmt ein Papier heraus, taut. Werden Sie mir wohl verzeih», Herr Graf, wenn ich Ihnen davon laufe? Damit Sie aber auch seh'n, daß sich'S der Mühe ver. lohnt, «r itigt la« Papier. Seh'n Sie, Mitt­ wochs halb sechs Uhr. Graf. 0, ich bitte recht sehr! D. Flatt. Vielleicht komm' ich bald wieder. — Verzekh'n Sie, Herr Graf, baß ich Sie so allein lasse! «».

Die unvermutete Wendung.-

48

Vierter Auftritt. Graf Mkrrelburg. Graf Bai» fficff». läßt!

die Baronins

Daß er mich allein

Ging' er doch nur in eine halb so gute

Gesellschaft, als die ist, in der er mich läßt!

Daronin dreht m um.

Was sagen der

Herr Graf? Graf. wir nur auf,

Nichts, gnädige Frau!

Es fiel

daß mich der Herr Baron um

Verzeihung bath, daß er mich allein ließ.

Daronin.

0, in de« Barons Augen

bin ich niemand!

In dem Humor, in den et

mich eben gesetzt hat, konnte er auch halb und

halb Recht haben.

Um desto eher hoffe ich,

daß mir der Herr Graf verzeih'n werden, wen« Ich mich beurlaube.

Bedient.

Der gnädige Herr hat sich i«

Ihrem Tragseffel austragen lassen.

Ihrs Gnaden konnten

den

Er sagte,

Wagen nehmen.

Befehlen Sie, daß der Kutscher anspannen soll? Baronin.

Nun da seh'n Sie eS selbst,

Herr Graf, wie er mich behandelt! Z»m Bedim,

ken.

Ich mag den Wagen nicht; eS muß eia

Traqsessel gemiethet werden! Bedienter a». Um Verzeihung, Herr Graf, wo ist denn mein Mann hingegangen? Ich sah', daß er Ihnen ein Dillet zeigte.

Graf. Wo er hinqeqanqen ist? Mir däucht, er hat gewisse Geschäfte zu besorgen. Daronin. Geschäfte? Ey, der ist der rechte Geschäftsmann, der t Nein, nein.' es ist sicher etwa« andre«.

Graf. Ich habe wirklich den Zettel nicht reckt angesehen. Vielleicht war'« auch eine Spielpartie. Daronin. So zeitig? E« ist ja kaum fünf Uhr! Nur heraus mit der Sprache, Herr Graf! Ich sah' e« wohl, wa« Sie für eine bedenkliche Miene machten, al« er Ihnen da« Dillet zeigte. Und dann muß ich Ihnen noch sagen, daß ick die Worte reckt gut verstanden habe, die Sie für Sich murmelten, al« er weg« ging. — Vermuthlich ist er zu einer von den Nymphen gegangen, mit denen er vorige Nackt geschwärmt hat. Meinetwegen l Ich liebe ihn

5o

Die unvermutete Wendung.

zu wenig, als daß ich deswegen eifersüchtig sey» sollte. Graf. Daron!

Desto schlimmer für den armen

D a r o n i n. Aber sagen Sie selbst, macht er'S nicht darnach?

Graf. Habe» Sie Geduld mit ihm, gnädige Frau! Er ist noch zu sehr Kind, um den ganzen Werth seiner liebenswürdigen Gattin zu fühlen — Verzeih'» Sie, gnädige Frau, wenn ich mich etwas zu frey übet einen Man» ausbrücke, der das Glück hat, Ihnen anzugeHerrn. D a r o n k n. O ich bitte, geniren Sie Sich nicht I — So viel kann ich Ihnen im Vertrauen sagen, ich werde die längste Zeit bey ihm gewe­ sen seyn. Graf. Aber was wird die Welt davon sagen, wenn Jhro Gnaden Sich von ihm tren­ nen? Sie sind erst seit kurzem verheirathet. Zedermann, der Sie kennt, bethetSie an. Ze­ dermann ist von Ihrem Verstände bezaubert.

Ein Lustspiel.

51

Wird allo die ganze Schande dieser Trennung

Nicht auf den armen Baron fallen? Daronin.

Graf.

Ey, mag sie doch!

Er verdient es, das kann ich nicht

läuqncn; aber ich fürckte, ich fürchte, daß auch «in Theil der Dorwürfe auf Sie zurückfallm

wird, gnädige Frau! Daronin.

Graf.

Welt.

Auf mich? Wie denn das?

Auf die natürlichste Art von der

Dte Baronin Flatterbach, wird man

sagen, ist eine Dame von so vielen Talenten, von so umfassendem Geiste, von so ausgebildetem

Verstände —

Baronin.

0 der Herr Graf sind zu

gütig! Graf.

Sie hätte, da sie ihrem Manns»

unendlich weit an Klugheit überlegen war, doch noch eine Weile mit seiner Unbesonnenheit Nach»

sicht haben sollen.

Dey ihrem Geiste, bey lh«

rer Liebenswürdigkeit, bey ihren unwiderstehba» ren Reihen —

Baronin.

Herr Graf, ich verdiene alle

die schönen Dinge nicht; D-

52

Die unvermutete Wendung.

Graf. Dey Ihren seltenen Reihen hätte sie ihn ganz gewiß zur Vernunft gebracht. Hgben doch Weiber mit weit weniger guten Eigenschaft len ausschweifende oder leichtsinnige Männer zu« rechte gebracht, wie viel leichter müßte das also für die Baronin Flatterbach gewesen seyn, für eine Dame, die alle geistige und körperliche Voll« kommenhciten in sich vereinigt! — Daronin. Zn der That, Herr Graf, Sie loben mich so ausschweifend — Graf. Zch, Sie loben? — Doch ja, das heißt ja so viel, als von Ihnen sprechen. Ich wiederhole bloß das, was die ganze Stadt von Ihnen sagt. Sie waren kaum zweymahl öffentlich erschienen, so war schon alle Welt dar­ über einig, baß Sie die liebenswürdigste — Bedient. Gnädige Frau, der Trag« fessel ist da. D a r o n l n ,um Betonten. Sie mögen warten I Betontet ab. Graf für fi». Aha, meine Medicin wirkn Baronin. Also, Herr Graf, Sie mei­ nen —

Ei» Lustspiel. Graf.

Ich meine,

53

daß Sir Sich der

ganzen Ueberlegenheit bed.enen müssen, die ein reihender Weib —

Baronin.

Herr Graf,

keine Schmeft

chcleycn mehr! ich bitte — Graf.

Aber sind Sie denn etwa seins?

Baronin.

Graf.

Paperlapap!

Sollten Sie die einzige Person in

der Stadt seyn, die bas nicht wüßte?

Baronin. hören I

Das will ich aber jetzt nicht

Geben Sie mir lieber einen Rath, was

ich mit dem närrischen Zungen von einem Manne anfangen soll. —

Du lieber Himmel, wenn er

nur ein einziges mahl so vernünftig und gescheut

mit mir spräch', wie Sie,

Herr Graf,

ich

glaube, er könnte mich um einen Finger wickeln!

Graf.

Güte,

Das glaub' ich;

die Großmuth selbst!

Sie sind die Za, wenn der

Baron seinen Vortheil verständ'! — Aber tren­

nen dürfen Sie Sich doch nicht von ihm.

Baron i n.

Freylich möcht' ich nicht gern

einen Schritt thun,

stand —

der

auf

meinen

Ver­

54

Die unvermuthete Wendung.

Graf. Und sollten Sie es auch nur thun, um den alten Jungfern die Freude zu verderben. Stellen Sie Sich vor, letzthin komme ich von ohngefahr zur alten Komtesse Tltteltattel, meiner Großtante. Ich fand einen ganzen respectabeln Areopag von zwölf oder vierzehn übrig gebliebenen Madcken, von denen die jüngste ohngefähr zweymahl so alt seyn mochte, als wir beyde zu­ sammen. Alle waren gekleidet, wie man sich zur Zeit der Sündfluth trug, alle hatten Dril­ len aus den Nasen, und alle waren in einem menschenfreundlichen Gespräch begriffen, welches sie so angelegentlich betrieben harten, daß in der ganzen großen Stadt kaum noch sechs gute Na­ men abzuschneiden übrig waren. Ich war eine Welle stummer Zuhörer; endlich, um doch auch etwas zu sagen: «Wissen die Damen schon,« fing ich an, »daß das liebenswürdige Fräulein «Schneckenburg den Baron Flatterbach gehel«rathet hat?« — »Nun, du mein Gott!« nuschelte meine Großtante zwischen ihrer Drille hervor: »die jungen Leutchen hätten auch noch «ein fünf, sechs Jährchen warten können! Was «kann denn aus einet so unreifen Ehe wer-

Ein Lustspiel.

55

»den?« — »Was draus werden kann?« kollerte neben an eine alte vecschrumpfte Zunge heraus, die sich schon seit dreyßig Jahren an kei­ nen Zahn mehr gestoßen hatte: »was drauS »werden kann? Alle Augenblicke zanken und »necken werden sie sich, wie die Kinder, und »ehe vier Wochen in'S Land gehen, laust das »junge Weibchen wieder zur Frau Mama nach »Hause.« »Daö geschieht auch heilig!« schrien alle Baronin. Wie? Das haben die bos­ haften Kreaturen gesagt? Nun bleib' ich ge­ rade»

Graf. Recht so! Lassen Sie Ihren Mann thun, waS er will, bekümmern Sie Sich nicht um ihn, und macht cr'S ja zn bunt — Mein Gott! es giebt ja tausend Mit­ tel, wodurch sich ein junges schönes Weib für die Unarten ihres Mannes schadlos halten kann. D a r o n i n. Tausend Mittel? 6enfient>. Ach, ich kenne kein einziges! Graf. O ich könnte Ihnen einige nen­ nen, wenn Sie mir es erlaubten !

56

Die unvernluthcte Wendung.

Baronin.

Wenn ich's Ihnen erlaube?

Und >va> um sollte ich'S Ihnen denn nicht erlau­ ben?

Sagen Sie mir, was Sie wollen, Herr

Graf; ich höre Ihnen recht gern zu.

Sie

sind ein Mann von Erfahrung, und ick glaube. Sie haben auch ein gutes Herz.

Ihre Unter»

Haltung hat mich jetzt viel ruhiger gemacht, als sch vorh n war.

Ach daß man in der Welt nicht

Graf.

alles thun kann, was man

will! 36« Sone an dm

Wenn ich das könnte, gnädige

Mund drückend.

Frau! wenn ick gewisse Dinge ändern könnte —

dann sollte das liebenswürdigste Weib im Lan­ de — auch das glücklichste seyn!

Baronin.

Was?

Ich verstehe Sie

nickt, Herr Graf! — Pfui doch, lassen Sie weine Hand loS!

es könnte jemand kommen

und — man könnte Wunder denken — Nun,

da sehen Sie!

Sie »raum ans einander.

Bedient.

Der Herr Baron Schnecken­

burg will aufwarten.

Baronin a».

Fährt ihn

Das freut mich!

nur

herauf!

Ein Lustspiel. Graf Mr (id).

Baronin.

S7

Mich nicht. Ich werde ihm die schöne

Begegnung von meinem Mann erzählen. Graf.

Hören Sie!

Deyleibe

nicht,

gnädige Frau!

Thun Sie das nicht.

Ihnen schon sagen,

warum.

Ich will

Geben Sie mir

die Hand darauf. Baronin.

Nun, Ihnen zu

gefallen,

Herr Graf; aber Sie müssen mir auch verspre­ chen, daß Sie mir die gewissen Mittel sagen wollen,

von denen Sie vorhin sprachen.

Graf.

Sobald wir wieder allein sind,

Fünfter Auftritt. Porige. Baron Schneckenburg, reich und geschmackvoll jugendlich gekleidet, aber ja nicht Caricatur. Baronin.

Graf.

Ihre Dienerin, Herr Onkel l

Herr Baron, Ihr unterthänlger

Diener!

D. Schneck.

Ohne alle Komplimente,

Herr Graf, und ohne Umschweife.

Ich schätze

mich außerordentlich glücklich, daß ich die Ehre

Die unvermutete Wendung.

58

habe Sie hier $u treffen; ein Glück, bas ich

Und nun erlauben Sie mir zu

vicht erwartete. fragen:

Täuscht mich meine Hoffnung, oder

bin

wirklich

ich

so

glücklich,

Sie in dem

vollkommenen Wohlseyn zu treffen,

worin ich

Sie zu treffen wünsche? Graf.

Zu Ihrem Befehl, Herr Baron !

Es geht ja ganz leidlich.

D. Schneck.

Ich unterstehe mich, Ih­

daß mich das außerordentlich

nen zu betheuern,

vnd ungemein freuet.



Und Sie,

Niece?

Auch Ihnen bethcuce ich, daß Sie den größten

Antheil an meiner ungcheucheltcn Hochachtung haben, wie es denn auch Ihre ungemeinen Ver­

dienste erheischen; würdiger Nesse,

so wie gleicher Weise mein der Herr Baron Flattecbach,

Zhr lieber Gemahl, den ich würde stolz gewesen seyn in so vortrefflicher Gesellschaft zu finden,

vnd dessen Abwesenheit ich für ein Unglück für ihn und für mich halte. Baronin »eimticß mm Braken.

Ich zweifle,

daß eS mein Man» dafür hält. B. Schneck.

Klaltetbach?

Was sagt meine Nichte

Ein Lustspiel. Baronin.

ZA

Gar nicht«, Herr Onkel I

D. Schneck. nkg um Verzeihung.

Ich bitte recht unterthä^

Meine Frage war freylich

ein wenig voreilig, aber e« war mir, als gäben Ihre schönen Lippen einige Töne von sich — Jetzt, Herr Graf, erlauben Sie mir,

mich zu

erkundigen — eine Erlaubniß, um die ich, alle» Regeln der feinern Lebensart nach, schon vorhin hätte bitten müssen — Verzeihen Sic mir also

diesen Fehler,

mir,

Herr Graf, und erlauben Sie

mich zu erkundigen, wie sich die gnädige

Gräfin, Ihre vortreffliche Gemahlin,

schöne junge Dame,

und die

Ihre Komtesse Tochter,

befinde»?

Graf.

Beyde vollkommen wohl,

Herr

Baron, zu Ihren Diensten. D. Schneck.

0

ich

bitte

unterthä»

«kgstl — Darf ich mich untcrstch'n, nachdem

Taufnamen der j u n g e n Dame zu fragen? Graf.

emphatische

wissen wohl,

immer jung.

Gut, daß meine Gemahlin diese Distinction nicht hört!

Sie

die Damen bleiben heut zu Tage

Die unvermuchete Wendung.



B. Schneck.

Dirs

ist

ein

Vorzug,

worauf eine so schöne Dame, als die Frau Grä»

fin ist,

vollkommen Anspruch hat.

Und

ich

hoffe und wünsche, der Herr Graf werden mich keiner solchen Barbarey für fähig halten,

ba($-

ich's ihr, ober irgend einer Dame in der Welt,

streitig machen wollte.

Indessen aber unterstehe

ich mich, zu behaupten und zu betheuern, daß es in der Natur gegründet ist, baß die Mutter

daß also

immer älter seyn muß als die Tochter, die Tochter,

im Gegensatz der Mutter,

voll»

kommen gut die junge Dame genannt werden

kann.

Verzeih'»

Sie

meine

Spaßhastigkekt,

Herr Graf! Graf.

Sie

eigentlich

O recht gern.

mit dem

Aber was wollen

Tausnamen

meiner

Tochter anfangen? B. Schneck.

Ach!

mit feurigen Buch»

staben in mein Herz eingraben will ich ihn, wenn

sich anders dieses Herz würdig machen kann, mit einer solchen Inschrift zu prangen.

Es ist für

einen Liebhaber so etwas Süßes, den Vornamen

feiner Schönen zu wissen, ihn im Innern seines

Herzens zu tragen; und ich begehre und ersuche,

6*

Ein Lustspiel.

von nun an als der erklärte Liebhaber Ihrer liebenswürdigew Tochter von Ihnen, Herr Graf,

betrachtet zu werden.

Herr Onkel!

Wie?

Baronin.

Sie

der Liebhaber von der Komtesse Luise? sjärfas

so lach' ich ihm noch

Wenn ich länger bleibe, überlaut unter die Nase.

D. Schneck.

ich

Za,

Niere Flatterbachk

wie Sie mich hier seh'n;

ihr Liebhaber,

und

unterstehe mich zu behaupten und zu betheu«

ern, ihr aufrichtiger und zärtlicher Liebhaber. Graf.

Sie

erweisen

mir und

meiner

Tochter viel Ehre, Herr Darön!

B. Schneck.

Also Luise! Graf,

Ich

Komtesse Luise!

bitte

unterthänigl

Ihre Güte, Herr

bewegt und rührt mich auf'S innigste,

und ich unterstehe mich

zu behaupten und zu

betheuern, mein Herz, teuf,-nd —

wenn ick an­

ders von einem Dinge, das seiner Natur nach

so unflcher und ungewiß ist, mit einiger Gewiß­ heit sprechen darf — mein Herz — denn, ach!

welcher Sterbliche stehn? —

kann wohl für

sein

Herz

mein Herz also — Erlio-kt und bleibt

Nachdenken» fte»n.

6r

Die unvermuchete Wendung. Baronin leise I»m Drae-N.

Nun wenn es

aus dem Wirrwarr von Worten herauskömmt,

so ist's ein großes Wunder.

B. Sckneck. müht sich,

Mein Her;, sag'ich, be­

jene Freyheit,

deren es so lange

beraubt war, aus keiner andern Ursache wieder zu erlangen, als um sich sogleich wiederum f ey«

willig in die Gefangenschaft der Reitze der schönen Komtesse Luise zu begeben.

Daronin.

Wie ich sehe,

Herr Onkel,

gilt eigentlich Ihre Visite h:er jemand andern» als mir.

B. Schneck. Flatterbach!

Nein, nein, nein, N'eee

auf Ehre nicht.

lich wissen konnte,

Da ich unmög­

daß Ich den Herrn Grafen

hier anzutreffen das Glück und die Ehre haben würde, dem ich nachmahls absonderlich und apart

Meine Aufwartung zu machen mir die Freyheit

nehmen wollte, so untersteh' ich mich zu behaupten und zu betheuern,

daß dieser Besuch Ihnen

ganz allein gilt, Niece Flatterbach.

Baron in.

Aber ick glaube. Sie habe»

etwas mit dem Herrn Grafen unter vier Augen

zu reden. —

Graf.

Ein Lustspiel.

6Z

O, ich bitte! —

Wir können j«

In mein Kabinet geh'n.

Warum sollen wir Sie

deswegen aus Ihrem Zimmer vertreiben?

D a r o n i n.

Bleiben Sie immer —

Ich.

wollte ohnedies hinüber zu den Damen geh'n.

Es ist eine Ewigkeit,

habe.

daß ich sie nicht gesehn

Ab. Sechster Auftritt.

Graf Mittelburg.

Graf.

Baron Schneckenburg.

Ich habe Zhrentwegen mit meiner

Tochter gesprochen, Herr Baron!

D. Schneck.

Die außerordentliche Ehr«

furcht, die ich für Sie, Herr Graf, hege, laßt es zwar nicht zu, daß ich die Maßregeln tadle,

die Ihre Klugheit — als von welcher ich den größren Begriff habe — zu nehmen für gut fand;

aber erlauben Sie mir, zu bemerken, daß es ein wenig zu schleunig, zu zeitig — Graf.

Wie?

Sie sind ein sonderbarer

Liebhaber, Herr Baron!

D. Schneck.

Zu zeitig?

Der Herr Graf müssen

wissen, daß ich ein Mann bin, der die Methode

$4

Die unpemuchete Wendung. Graf.

Nun j«,

das glaub' ich;

aber

Sie erklärten mir Zhre Absicht auf eine Art —

D, Schneck.

Der

Herr Graf müssen

mich nicht unrecht verstehn.

Ich unterstehe mich

ju versichern und zu betheuern, daß in der ganzen Christenheit kein Mann ist,

liegt als mir,

dem mehr daraq

von der reihenden und liebens»

würdigen Komtesse Luise mit einem nicht ganz gleichgültigen Auge betrachtet zu werden:

aber

dem ohngeachtet, Herr Graf— ich muß Ihnen

und Aufrichtigkeit ist von

aufrichtig gestehn —

jeher meine LieblingSkugend gewesen — daß mein

armes Herz — ach l —

in einer sehr kritischen

mißlichen Lage ist. Graf für sich.

WaS will denn der Dumm»

köpf? — Laut. Wenn das ist, so thut eö mir leid,

daß ich meiner Tochter etwas gesagt habe!

Ich

glaubte, Sie wärm entschlossen —

B. Schneck.

Nun

ja

doch,

liebster

Graf, ich bin ja entschlossenl das heißt, mein

Wille ist entschlossen.

Aber, Herr Graf, ich

unterstehe mich zu behaupten und zu betheuern,

daß das Herz und der Wille zwey ganz verschieb dene Dinge sind.

Ein Lustspiel.

65

Ich wünschte, Herr Baron, daß wir untf verständen. Saqten Sie mir nicht selbst, daß Sie mit der Wittwe Palmer gebro­ chen hätten? D. Schneck. Ja, Herr Graf! wenig­ stens hoffe und glaube ich's. Graf. Und daß Sie auf meine Tochter Absichten hätten? B. Schneck. Und das untersteh' ich mich auch nock bis auf diesen Augenblick zu be­ haupten und zu betheuern. Graf. Nun! Also! Wessen Sie wohl, Herr Baron, daß man mit einem Mädchen von gutem Hause und Namen keinen Scherz trei­ ben darf? B Schneck. Ich dachte, Herr Graf, das Scherztre ben wäre eben des Baron Schnekkenburgs Hauptfehler md)t; wenn Sie das von mir glauben, so thun Sie mir sehr Unrecht. Ich bitte und ersuche Sie recht sshr, Herr Graf, zu bemerken, und nicht zu vergessen, daß ich das Unglück habe, ein entsetzlich hitziges, oder vielmehr stürmisches Temperament zu besitzen. Graf.

E

66

Die »«vermuthete Wendung: Graf.

Ich wollte Sie ganz und gar nicht

beleidigen, -Herr Daron. B. Schneck.

Nun, nun! Sie sind der

Vater meiner Angcberheten,

und ich bin schon

wieder gut; dieser Gedanke schlägt meinen Much

nieder — Aber dieses Weib — Frau von Pal»

mer mein' ich — Ach!

es war einst eine Zeit,

wo ich thöricht genug war, sie für einen Engel zu halten!

Aber die traurige Erfahrung hat die«

sem Herzen gezeigt, daß sie nur ein Weib ist. — Dieses Weib also hat mir meinen Abschied noch nicht in aller Form gegeben,

und so lange das

noch nicht geschehen ist, halt' ich mich in meinem

Gewissen, allen strengen Grundsätzen der Ehre zu Folge, verbunden und verpflichtet, keinem am

der» Frauenzimmer Anträge zu machen.

Graf.

Herr Baron, mir kömmt's vor, als

hätten Sie immer noch ein Auge auf die Wittwe. D. Schneck. Der Himmel bewahre mich!

Nicht mehr seh'n will ich den Basilisken. Schrift« lich will ich meinen Abschied von ihr fordern , und schriftlich, und mit eigener Hand muß sie mich in bündigen, deutlichen und rechtskräftigen Aus«

Ein Lustspiel.

67

drücken aller Versprechungen entlassen,

die ich

ihr jemahls gethan habe.

Siebenter Au ft ritt. Vorige.

Frau von

Palmer.

Ein Bedienter öffnet die Thür, sie tritt herein.

Schnecken bürg tritt eeftbcoten zurück.

D.

Fr. v. Palm.

Herr Graf!

Ich bitte um Verzeihung,

Ihr Bedienter sagte,

die Frau

Baronesse sey hier. Ich freue mich sehr,

Graf.

Fürsich. Ich wollte auch, die wär'

glücklich bin.

raut. Sie war noch vor fünf Minu­

anderswo,

ten hier.

baß ich so

3um

Baronesse!

Betonten. Geht, sagt es der Frau

Betontet ab.

Fr. v. Palm.

Ich komme eigentlich, um

sie in's Theater abzuhohlen. —

Hilf Himmel,

Herr Baron! sind Sic es, oder ist's Ihr Geist?— Sie müssen wissen, Herr Graf, der Herr Baron

ist, mit Respect zu sagen, mein Liebhaber. D.

Schneck, schleiche hervor, und mache eine

aravitjtische

Berbeuruna. Er war leider einmahl Ihr

Liebhaber.

E r

Die unvmnuthcte Wendung.

6g

Fr.v.Palm. Er war's? Also nicht mehr?

Ueber den lieben Flattersinn! G r a f leise «um Dar»«. Machen Sie Sich aus dem Staube!

B. Schneck.

Unmöglich,

Herr Graf!

Ihr Anblick entzückt, versteinert mich;

ich bin

auf den Boden genagelt. Graf.

Dacht' ich's doch! Rinaldo in den

alten Fesseln. Fr. v. P a l m. Ich glaube gar, Herr Baron,

der Herr Graf ist Ihr geheimer Rath?

Da ha­

ben Sie Sich gut addressirt! Er ist der meinige auch. Bedient.

Die Damen

sind alle aus­

gegangen. Graf. Ihnen meine

Frau?

Nun da haben wir's! Begleitung

anbiethen,

Darf ich gnädige

Leise. Wenn ich sie nur weg hätte!

Ich glaube, es wird gerade Zeit seyn.

Fr.v.Palm. nach »er Uhr sehend. Bewahre!

Um ein Seculum zu früh! Ob ich die ersten Akte sehe, oder nicht; ich gehe ohnedies des Stücks wegen niemahls in's Theater. Sie müssen wissen,

Herr Graf, ich warte nicht gern auf etwas, und

Ein Lustspiel.

69

deswegen komm' ich zu allen Lustbarkeiten nicht

«her, als bis fle angegangen sind.

Nicht wahr,

das ist recht, Herr Baron? — Doch Sis muß

man auch um so etwas fragen! — Sie sind ein wahrer Virtuos im Warten I Ich glaube. Sie

mit Ihrem Phlegma könnten bis auf den jüng«

sien Tag auf etwas warten, ohne einen einzigen Augenblick die Geduld zu verlieren! Graf.

Sie machcn's aber auch ein wenig

zu arg mit meinem armen Freunde, Madam!

D. Schneck.

0 Herr Graf,

das ist

nur, ich getraue mich zu behaupten und zu be­ theuern , eine ganz kleine Kleinigkeit gegen alles das, was mich diese undankbare Schöne Haler«

dulden lassen. Bedient.

Zhro Gnaden, der Agent

läßt bitten; er hat Zhro Gnaden etwas Drin« gendes zu sagen.

G r a f. Ich komme gleich!—Lur Winwe heimlich.

Geben Sie dem armen Teufel den Laufpaß.

Fr. v. P a l m. Zch werd' ihn wahrhaftig nicht halten! Sie werden doch nicht glauben, daß eS

mir Ernst mit dem Narren ist?

7

ich will Sie nicht unglücklich sehn 1 Graf.

Ich glaube es, daß du das nicht

willst — aber auch ich will dich nicht um meinet­ willen unglücklich sehen.

Was hast du mir denn

am Ende für große Verbindlichkeiten,

daß dir

mir das Glück deines Lebens aufopfer» müßtest^? Was hab' ich für dich gethan? —

Ich bin an

also laß mich

meinem Unglück allein Schuld;

auch allein dafür büßen! Hauptm.

Nein, mein Vater! So lang'

kch noch im Stande bin zu helfen — Ich — Graf.

Jetzt kein Wort weiter! Es würde

so aussehen, als hatt' ich dein Herz überrascht —

Wenn du ruhiger wär'st —

Hauptm. Gtitnme.

äußerst bewege, und mit litternict

Ich bin ruhig, mein Vater! Ich weiß,

was ich thue und sage. —

Vater! — Graf

Ihre Hand, mein

Ich heirathe die Wittwe. indem et elnschlägr.

Fritz,

Fritz!

Wenn ich dich beym Worte nähme! Hauptm. em woflener.

heirathe die Wittwe l

Mein Vater, ich

Die »«vermuthete Wendung.

124

Graf.

Nein, ich kann's nicht zugeben!

Hauptm. fest.

Hier haben Sie mein

Ehrenwort, ich heirathe sie! Graf.

Mein Sohn, mein Freund! Laß

dich an mein Herz drücken — Du hast einen

schonen Sieg über dein Herz erfochten!

Hauptm.

Ich werde sie noch diesen Vor­

mittag besuchen. —

Wehmüthig. Aber vorher

wird's doch nöthig seyn, die arme Fanny von

dieser plötzlichen Veränderung zu benachrichtigen.

Graf.

Freylich! Aber, Fritz, umalles

in der Welt keine Zusammenkunft mit ihr!

Thränen eine- hübschen Mädchens sind unzer­ brechliche Fesseln für eln Herz wie das deinige. Schreib' an sie — Aber das mußt du sogleich

thun: denn da wir diesen Mittag bey der Wittwe

speisen, so ist's besser, wenn sie es noch vorher erfahrt, damit wir dem armen Kinde die Ver
39

Vollkommen! Ich werde

alles auf mich nehmen.

Ich werde sagen, daß

ich viel zu unwürdig sey, daß ich mich noch bey

weitem nicht berechtigt fühle,

auf das über­

schwengliche Glück ZhreS Besitze« nur den gering­

sten Änsprucb zu machen.

Sie können versichert

seyn, Schönste ZhreS Geschlechts, daß ich alles

mögliche anwenden werde, den Herrn Grafen

gu überzeugen, daß ich sehr große, sehr erhabene DewegungSgründe habe, mein Glück noch einige Zeit aufzuschieben.

Luise.

DaS nenn' ich edel denken! —

Wahrhaftig, wenn alle Liebhaber Zhnen glichen— D. Schneck.

Dan» getraue ich mit $u

behaupten und zu betheuern, daß es um die Welk ungleich bester stehen würde.

Sie auch wüßten,

Aber wenn

welchen Kampf mich diese

Selbstverleugnung kosten wird —

und dabey

immer den unerschöpflichen, den unermeßlichen,

den unbegreiflichen Quell von Reihen vor sich zu sehn! — Auf meine Ehre, ich finde es mit

jedem Augenblicke nöthiger und dringender, mich zu entfernen.

140

Die »»vermuthete Wendung.

L u ise (test auf. Zch will Sie nicht langer anfhalrcn, Herr Baron. D. Sckneck. ließt au* lauf. Ich fühle, daß mein Temperament schon wieder im Begriff lst, mir einen Streich zu spielen. Zch muß fliehen, schönste, vortrefflichste Komtesse, damit Ich nicht in der Uebereilung die strengen Gränze» überschreite, die ich mir selbst gesetzt habe! Luise. Das ist sehr gewissenhaft von Ihnen. D. Sck neck. Also, Sie haben die Gnade, Mich zu beurlauben? & entferne sich immer weit«.

Luise. Von ganzem Herzen, Herr Baron! Ohne Umstände. B. Schneck. So schenken Sie Zhrem unterthänig - gehorsamsten Diener noch ein huld­ reiches Lächeln! Luise (Schelt und »enteist r», Ihre ergebene Dienerin! - D. Schneck. Ihr bemüthlger und glück­ seliger Diener! 3m «»Men. O Morgenröthe einer elystschen Glücks! bist du endlich angebrochen! Ab. Luise allein. Ha, ha, ha! Hat man je einen solchen Narren gesehen! Das ging besser,

Ein Lustspiel.

141

al« ich dachte. Dank dir, gute Palmer, daß du mir den Rath gabst t Jetzt ist meine Lage nickt halb so unglücklich mehr, als ich vor einer halben Stunde noch fürchtete. A».

Vierter Aufzug. Erster Auftritt. Zimmer in der Frau von Palmer Hause. Frau von Palmer. Ä8enn er sie liebte! — Wenn er fle liebte! —•

Und gleichwohl ist mir das sehr wahrscheinlich; beynahe gewiß. Sein Barer wünscht die 23er« bkndung, ich habe ihm Avansen gemacht, und' er — vermeidet mich! — Natürlicher Weise aus keiner andern Ursache, als weil er meine Schwe« ster liebt — Wenn ich sie nur dasmahl aus dem Hause los wäre! Wenn sie ihm aus den Augen kömmt, vielleicht — Was hilft mir nun mein ganzes großes Vermögen, da ich mir nicht ein­ mahl den einzigen Mann damit erkaufen kann, den ich---- - Einem armen Mädchen nachsiehe» zu müssen, das keinen Heller hat! —

Hassen

142

Die unvermutete Wendung.

könnt' ich sie! — Tausendmahl sag' ich mir'vor, daß Eifersucht eine niedrige Leidenschaft ist, daß ei ihre Schuld nicht ist, wenn sie bem Hauptmann besser gefällt als ich — gleichwohl kostet es mir nicht feiten die äußerste Ueberwin­ dung, daß ich sie nicht mißhandle.

Zweyter

Auftritt.

Frau von Palmer.

Fanny.

Fr. v. Palm. Hast du den Huth geän­ dert, den ich dir vorhin gab, Fanny?

Fanny.

Noch nicht, liebe Schwester.

Fr. v. Palm, ttovj. Und warum denn nickt? Ich dächte doch wohl, du hättest Zeit genug dazu gehabt! F a n n y. Und da» sagst du in einem so auffahrenden Tone? — Ich glaubte nicht, daß hu mir'S als eine Arbeit aufgab'st. Ueber dem wußt' ich, daß du ihn heute nicht brauchtest.

Fr. v. P a l m. in einem Tone, »er etwas «emildert uiimen fou. Sag' mir nur, rote du mir feit einiger Zeit vorkömmst. Alles soll nach deinem Kopfe gehen 1 Ich mag sagen was ich will,

Ein Lustspiel.

»43

so thust du doch was dir gut dünkt.

Mädchen,

Mädchen, du hast dich erschrecklich geändert! Fanny. Um Vergebung, liebe Schwester!

die Veränderung ist, dünkt mich,

von Deine?

Seite geschehen. Fr. v. P a l m. Auch Widersprechen hat das

Ich dächte, Sie thäten gar

Fräulein gelernt! nicht übel,

wenn Sie Sich dann und wann

erinnerten, daß ich, — ob wir gleich an Jahren so gar sehr unterschieden nicht sind — Ihre älteste

Schwester bin.

Ueberdem sollte Sie auch schon

Ihre Lage, und der Fuß, auf welchem Siem meinem Hause sind, Achtung gegen mich lehren.

Fanny.

In der That, Schwester, wenn

ich ja albern genug wär', nur int geringsten stolz zu werden,

so wär' eS wenigstens nicht Deine

Schuld; denn du lassest dir's sehr angelegen seyn, mich recht oft daran zu erinnern,

daß ich daS

Gnadenbrod bey dir esse. Fr. v. Palm.

Weißt du was,

Fanny?

Damit du fernerhin nicht Ursache mehr hast, dich über meine Borwürfe zu beschweren,

so halte

ich für's Beste, ich suche dich irgendwo anders anzubringen.

Ich kenne eine gewisse adeliche

144

Die »»vermuthete Wendung.

Famllie, die zwanzig Meilen von hier auf de«

Lande lebt, und dich gerne -u sich nehmen wird. Vielleicht gelingt es dir, irgend einen Lardjun­

ter zu erobern;

und da du ohnedies viel Hang

zu einem stillen häuslichen Leben hast, so konntest du alsdann so recht nach deinem Geschmack leben.

Fanny.

Vielleicht kann ich das,

ohne

eben einen Landjunker erobern zu müssen. Ah, wenn das ist! Aber

Fr. v. Palm.

bist du deiner Sachen so gewiß?

Fanny.

Ich habe ja nur gesagt;

viel«

leicht!— Ich kenne einen gewissen sehr bra« ven, und lehr edel gesinnten jungen Mann von

angesehenem Hause —

Bedient, bringt der Frau von Palmer ein Biller. Von Graf Mittelburg.

Der Bediente wartet

auf Antwort.

Fanny füc sic».

Von Graf Mittelburg?

Was muß der ihr zu schreiben haben!

nachdem sie gelesen.

Meine

Empfehlung an den Herrn Grafen,

und der

Fr. v. Palm,

Besuch

seines Herrn Sohn's würde mir sehr

angenehm seyn. Dediemer ab.

Du welltest j»

etwas von einem gewissen jungen Mann sagen, Fanny?

Ha, ha, ha!

Darf ich nach seinem

Namenstagen? — Aberda ich dein Geheimniß

zu wissen verlange, so ist'ö billig,

auch das meinige anvertraue.

daß ich dir

Du mußt wissen,

ich habe eine Eroberung gemacht, von der mich dieses Billet benachrichtigt. Fanny.

Eine Eroberung? Von der dich

dieses Billet benachrichtigt?— Ich glaubte, es

wär' vom Gras Mirrelburg?

Fr. v. P a l m.

Nun ja! Ihn hab' ich frey­

lich nicht erobert, aber doch einen, der auch Graf Mittelburg ist — Warte, ich will dir das Billet vorlesen.

Liest. »Was man für Noth hat, ehe

«man junge unerfahrne Leute zur Raison bringt!

«Da hat mir nun mein Sohn endlich gestanden, «daß er von Ihren Reihen entzückt ist, daß er

«vor Begierde brennt, Ihnen sein Herz anzubie«then;

und ich mag anfanqen was ich will, ich

«kann ihn schlechterdings nicht dahin bringen,

«Ihnen das selbst zu sagen; es fehlt ihm durch«aus an Muth dazu.

Ich habe es also über-

«nehmen müssen, sein Dollmetscher zu seyn. Ich

K

146

Die «»vermuthete Wendung,

»bin noch weiter gegangen: ich habe e« sogar „gewagt, ihm kn Ihrem Namen eine nicht un« „günstige Aufnahme zu versprechen. Hab' ich zu „viel gewagt? Darf Ihnen der Hauptmann seine „Aufwartung machen? “ Nun? Was sag'st du dazu, Fanny? Ist dein gewisser junger Mann auch so hübsch, als der Hauptmann? Fanny Hält sich an einen Stuhl. Mit bebender

Stimme: Zch wünsche dir Glück, Schwester! Fr. v. Palm. Waö fehlt dir, Kind? D« bist ja ganz verwandelt! Ist dir nicht wohl? Setz« dich! Die hilf« fie nietecsetien. Fanny. etwas besser.

Es wird mir schon wieder

Fr. v. Palm. Du wkrst dir doch nicht etwa den Hauptmann in den Kopf gesetzt haben? Das wär' in der That sehr kindisch von dirl Wie kannst du dir einfallen lassen, daß er eine Frau ohne Vermögen nehmen würde, die er her» nach nicht seinem Stande gemäß erhalten könnte?

Fanny. Schwester, du gehst nicht sehr freundlich mit mir um.

Ein kusispiek. Fr. v. Palm, ergreift

M7

ihre »an».

Nein,

Fanny, du mußt mir das nicht so auslegen. Da dauerst mich von ganzem Herzen.

Fanny.

Aus Barmherzigkeit schicke mich

aufs Land zu der Familie, von der du vorhin sprachst;

wenn es seyn kann,

6ie acht ans.

heule noch!

Ich kann keine Viertelstunde län­

ger im Hause bleiben.

Fr. v. Palm. nänftig.

Dein Entschluß ist vek«

Auf den Fuß, wie der Hauptmann

von nun an hierher kommen wird, müßtest da

ihm gegenüber freylich eine etwas alberne Figur

Machen. —

Wir wollen uns in Güte trennen.

Du kannst versichert seyn, daß ich auch in der Ferne deine Freundin bleiben werde.

Wenn'S

dein Ernst ist, daß du noch heute fortwillst, so

kannst du Befehl geben, daß der braune Postjug angespannt wird.

Fanny.

gern.

Wenn du eS erlaubst, herzlich

Ich könnte um keinen Preis der Welt

diesen Mittag bey der Tafel erscheinen. Ich wist sogleich dem Mädchen sagen, daß ste mir etwas Wäsche jusammenpackt.

K s

148

Die unvermutete Wendung.

Fr. v. Palm. paar Zeilen schreiben,

Und ich will indessen ein

die du mitnehmen mußt.

Fanny ab.

Dritter Auftritt. Frau von Palmer.

Arme Fanny! Es thut mir leid, daß ich

auf deine Kosten glücklich werden soll!— Ich will dich schon auf andere Art schadlos halten — Aber giebt'S auch für einen solchen Verlust eine

Schadloshaltung?— Für mich, an ihrer Stelle, würde es keine geben; das fühl' ich nur zu sehrl

— Wenn er mich nicht mit ganzer Seele liebte!

wenn ich nicht seine ganzen Wünsche, seine gan­ zen Hoffnungen auefüüte — ich that' den Augen«

blick Verzicht auf seinen Besitz — Sollte sie sich

so ganz ohne Grund Hoffnung auf ihn gemacht haben?

Sie lielt aus des Grafen Billet:

„Daß er von

»Ihren Reihen entzückt ist, daß er vor Begierde »brennt, Ihnen sein Herz anzubiekhen. « Wenn das nicht buchstäblich so wahr wär'!

Mädchen

bringt ihr einen Brief.

Fr. v. Palm,

belicht hie Aufschrift.

ja a» meine Schwester 1

Der ist

Ein Lustspiel.

Mädchen.

len,

l49

Zhro Gnaden haben befoh«

daß Ihnen alle Briefe an das Fräulein

zuvor gebracht werden.

Fr. v. Palm.

Schon gut!

Das hatt' ich ganz vergesse». —

Mädchen «».

Jetzt liegt mir

nicht einmahl etwas daran — Und gleichwohl —

wenn er vom Hauptmann wär'! — Eine sonder­

bare ÄhndUNg! — Sie erbricht ihn, lieht nach »er Unterschrift, und bebt zurück. Nach einer kleinen Pause wirst sie Sen Brief auf den Tisch und fleht mit verschränkten Armen stillschweigend auf und ab.--------- — Also doch V0N

ihm! — Pause. Sie nimmt den Brief hastig vom Tische. Ich muß den Inhalt wissen,

eie u-a. »Noch in

»dieser Stunde wird der treulose, der verachtungS-

»würdkge Mittelburg, der Ihnen so oft von Liebe

«versprach, um die Hand Ihrer Schwester an« «halten, liebste Fanny! « —

Was ist das? —

»Wird ihr Versprechungen vorstammeln, die er

»nie wird halten können, wird ihr ein Herz an-

«biethen, das für Sie, und nur für Sie allein «schlägt.r Ton wird na» und na» ernsthaft, «nd .

157

Ein Lustspiel.

bann »ehmsttii. Nein, Mittel bürg, täuschen wir

uns nicht mit leeren Hoffnungen! gewiß,

Es ist nur zu

wir beyde werden, wir können nie

einander angehören!

Ich will versuchen,

mich

mit dieser Idee vertraut zu machen, thun Sie

«S auch.

H a U p t M. intern er hastig ihre Han» ergreift «n»

täft.

Unmöglich! Unmöglich! Fanny.

doch —

Mittelbnrg,

lieber

Doch,

Wir sehn unS jetzt zum letztenmahl?.

(Eine stumme Pause, während welcher sie einander wehmus ihig anfebn; dann reißt sie sich auf einmahl von ihm loS.

Leben Sie wohl, Mittelburg! Seyn Sie glück­ lich! Sie stürzt ab. Hauptm. ihr nachrufend. Fanny, Fanny — bleiben Sie! —

Sie ist fort!

So wär' denn

alle Hoffnung, jemahls glücklich zu werden, für

mich verschwunden?—

Ihr entsagen! — —

Zch soll ihr entsagen? Er bleibt in Gedanken vertieft.

Fünfter Auftritt. Hauptmann.

Frau v. Palmer tritt hervor.

Fr. v. Palm.

Nein, lieber Mittelburg,

daö sollen Sie nickt! Hauptm. erschrocken.

Gnädige Frau!

158

Die urwmnuthtte Wendung. Erschrecken Sie nicht so 1

Fr. v. Palm.

intern sie klirraelt. Ein Zufall hat mich von den Ge« Heimnissen Ihres Herzens unterrichtet, und Sie sollen sehn, eb ich einen unrechten Gebrauch da­

von mache. Das Mädchen erscheint. Ich lasse meine zu mir herüber zu kommen.

Schwester bitten, Da- Mädchen ab.

In der That,

H a u p r m.

Frau, ich bin —

meine gnädige

ich weiß nicht — der unglück­

liche Zufall mit meinem Briefe —

Fr v. Palm.

Dieser Zufall ist vielleicht

nicht so unglücklrch, als Sie denken.

Sechster Auftritt. Vorige.

Fanny.

Fanny.

Ich wollte mich schon vorhin

bey dir beurlauben,

liebe Schwester,

aber —

indem sie den Hauvtmann gewahr wird, nach einer Pause,

nach dem,

was zwischen uns vorgefallen ist,

glaubte ich nicht,

daß du mich in diese Gesell«

schäft rufen würdest. Fr. v. Palm.

Und fest wenn ist dir denn

diese Gesellschaft so zuwider?

Wenn das ist, f»

sage mir'« lieber gleich; denn alsdann könnte aus

dem Projekt, das ich im Kopfe habe, auf allen

Ein Lustspiel.

*59

Fall nichts werden — Armer Hauptmann, war haben Sie denn meiner Schwester gethan?

Fanny.

Aufrichtig gesagt, ich erwartete

nicht, dich in so guter Laune zu treffen. O meine Laune war nur

Fr. v. Palm.

verstimmt, so lange ich verliebt wart

denn, wie

weise Leute behaupten wollen, so macht die Liebe nnr We-ber in der Regel alle zu Närrinnen.

Aber jetzt ist'S schon wieder vorbey.

Siebenter Auftritt. Vorige.

Der Graf.

Fr. v. P a l m.

Die Gräfin.

Luise.

Kommen Sie, Herr Graf!

Ich habe hier ein Geschäft, wozu ich Ihre Ein»

willigung brauche, und auch die Zhrige,

liebe

Gräfin.

Graf.

Der meinigen können Sie schon t»

voraus versichert seyn. Fr. ».Palm.

Ist das wahr? Geben Sie

Mir Ihre Hand darauf. Graf fdiidat ein.

Ehrenwort?

Die Hand

und

mein

Die unvermuthete Wendung.

i6o

Fr. v. P a l m. fegt Fanny'e Hand in der Hauvkr mannt seine und umarmt sie.

Schwesterchen,

ich

gratulire! Hauptm. Ist das ein Traum, oder wache

ich wirklich? Fr. v. Palm.

so steif da!

Fanny, so steh' doch nicht

Ueberzeuge doch den Hauptmann,

daß er nicht träumt! Sie drücke ihre Schwester aus den Hauptmann hin, daß sie ihn küssen muß.

Fanny indem sie an ihre Brust sinkt.

Schwer

ster, das ist zuviel— zuviel für mein armes Herzt

Fr. v. Palm.

Ah! Närrchen! das muß

ich ja auch verstehn!

Zn einem Weiberherzen ist

viel Raum 1 —

Ich habe dir manchmahl recht

unartig begegnet, liebe Fanny; aber nicht wahr,

du verzeihst mic's?

Meint.

Zch hab's nicht so böse ge*

Sann» wischt sich eine Thräne au3 den Augen.

Pfui doch! weine nicht,

auch an,

ich fange sonst gleich

und ich mag mir den heutigen Tag

-nicht verderben. —

Nun, lieber Graf, Sie

sagen gar nichts?

Graf.

In der That, gnädige Frau, diese

schnelle Veränderung —

Ein Lustspiel.

161

§r. v. Pal ni. Seht Sie in Erstaunen, nicht wahr? Za ich glaube, es könnte mir selbst so gehn, wenn ich mir jetzt die Zeit nehmen wollte, über mich zu erstaunen — Aber, beym Lichte besehn, ist alles ganz natürlich zugegangen. Ich schäme mich nicht, meine Schwachheit zn gestehn. Ich war außerordentlich in den Haupt­ mann verliebt; aber sein Brief an meine Schwe­ ster, der mir in die Hande fiel, und ein Theil seiner Unterredung mit ihr, der ich beyzuwvhnen die Ehre hatte, öffneten mir die Augen. In beyden äußerte er sich über seine bevorstehende Verbindung mit mir auf eine Art, die eben nicht die schmeichelhafteste für mich war. Huk, dachte ich, ein Mann, der schon vor der Hochzeit so von der Leber wegspricht, muß nach der Hochzeit ganz unausstehlich offenherzig werden, und Sie wissen wohl, daß wir eitlen Geschöpfe die gar Ku offenherzigen Männer nicht eben sehr suchen. Ueberdem hatte mich auch schon mein verstorbener Eheherr zur Genüge gelehrt, was eine Ehe, die qus Rückstchten geschlossen wird, für ein Him­ mel auf Erden ist. Kurz, ich beschloß sogleich.

i6a

Die unvmnrrchcte Wendung,

dem Hauptmann zu entsagen. Einen kleinen Kampf hat eS mich gekostet, aber jetzt ist alles vorbey. Da ich selbst Ihre Schwiegertochter nicht werden kann, liebe Gräfin, so müssen Sie schon die nehmen, dich ich Ihnen gebe.

Gräfin. Von ganzem Herzen, meine liebste Freundin — Fr. v. Palm. Halt, beynahe hätte ich das beste vergessen! Herr Graf, ich gebe meiner Schwester eine Aussteuer von fünfzig tausend Gulden — Alle tieSmen 6le Miene, als ob sie ihr danken wol»«». Dstl Ich bitte euch, Kinderchen, keine Einrede! — Ich bin das vertraglichste Weib, so lange man mir nicht widerspricht. — Aber jetzt hab' ich noch ein Geschäft. Was weinen Sie, Komtesse, wenn ich Ihnen von Ihrem langweiligen Baron loshälf'?

Luise.

O wenn Sie das konnten!

Fr. v. Palm. Es kömmt auf eine Probe an! Der Narr ist im Grunde noch immer in mich verliebt, und ich müßte keine Wittwe seyn, wenn ich nicht die Kunst verständ', so einen Phantasten bey der Nase herumzuführen

163

Ein Lustspiel. Graf.

Vollenden Sie das Werk,

Sie angefangen haben, gnädige grau!

das

Die

Sachen sind zwischen mir und Ihm schon so weit gekommen, daß ich nicht gut zurücktreten kann. Fr. v. Palm. Lassen Sie mich nur machen.

Ich habe ihn auch ans diesen Mittag einladen lassen.

Still!

Eben fährt sein Wagen vor.

Komtesse, nehmen Sie indessen Ihren Abtritt in dieses Kabinet, Sie möchten mir sonst meinen

Operazionsplan verderben! Luis« et.

Achter Au stritt. Vorige, außer Luisen.

Baron Schnecken­

burg, der sich im £>eveintrcten überall umgebt. D. Schneck.

Meine Gnädigen,

unterthänig- gehorsamster,

Diener! —

Ihr

obgleich unwürdiger

Zch glaubte, und unterstand mich

zu hoffen, diese meine Augen würden mit einigen

SchönheitSsirahlen meiner Sonne, — ich meine

die liebenswürdige Komtesse Luise —

beglückt

werden. Fr. v. Palm.

führung ist?

Was das für eine Auf­

Ich dächte, Sie könnten mir in

L 2

k 64

Die unvermutete Wendung,

meinem eigenen Hause doch wenigstens die Cour machen, wenn'S auch nicht ganz Ihr Ernst wär'. Din Ich schon so ganz aus Ihrem Herzen vertilgt?

B. Schneck. Madam, diese Frage kömmt

ein wenig zu spät,

das getraue ich mir zu be«

haupten und zu betheuern. Fr. v. Pa Im.

Das thut mir herzlich leid.

D. Schneck.

Es war einst eine Zeit,

Madam — dreht sich schnell »um Grafen. Herr Graf,

ich hoffe, Sie sind überzeugt,

baß ich darum,

wenn ich mich auch mit dieser Dame in einen Wortwechsel einlasse,

doch kein Haar breit von

der Treue abweiche,

die ich der Vortrefflichsten

ihres Geschlechts, — Komtesse Luisen, als meine

rechtmäßige und einzige Braut,

meine ich —

schuldig bin.

Graf la»««».

Das bin ich vollkommen.

Thun Sie Sich keinen Zwang an. D. Schneck.

Auch von Ihnen, gnädige

hoffe Ich,

daß Sie die Gnade habe«

Gräfin,

werden, mit er zum Besten auszulegen?

Gräfin.

Das können Sie auch mit allem

Rechte, Herr Baron.

165

Ein Lustspiel. D. Schneck.

Und Sie,

Herr Haupt­

mann — darf ich mich erkühnen, mir von Ihnen

«in Gleiches zu schmeicheln?

Ich bin ein zu großer Ver«

Haupkm.

«hrer der guten Lebensart,

Herr Baron,

als

daß ich nur das geringste dagegen haben könnte. B. Schneck.

Sie, Fräulein Maynbach,

als die Freundin meiner angebetheten Komtesse

Luhe, haben auch eine Stimme.

Fanny.

Ich habe meine Schwester viel

zu lieb, als daß ich ihr das Vergnügen, sich mit

Ihnen zu unterhalten,

nur einen Augenblick

mißgönnen sollte. Fr. ».Palm.

Nun, Herr Baron, Sie

hatten also mit vielen Umstanden allerhöchsten

Orr« die Koncession, mit mir zu sprechen, ein» gehöhlt; lassen Sie doch hören, was Sie mir

zu sagen haben.

D. Schneck.

Zch, Madam? Nach dem,

was zwischen un« vorgefallen ist, ganz und gar

nichts.

Fr. ».Palm,

Wie?

Sie, ein Muster

der seinen Lebensart, Sie sollten einem jungen

Weibe nicht« zu sagen haben?

Gehn Sie! —

166

Die unvermutete Wendung.

Nach dem, was -wischen uns vorgefallen lst l — Wie das gefährlich klingt I Man könnte wahr­ haftig glauben, wir hätten einander die Augen ausgekcatzt! — Und was ist denn zwischen uns vorgefallen? Eine kleine Neckerey, wie unter Verliebten oft vorfällt, und weiter nichts. D. Schneck. Unter Verliebten? — Also gestehn Sie ein, baß auch Sie verliebt waren, Madam? Fr. v. Palm. Hätte ich mich wirklich so sehr verschnappt, Frau Gräfin? Gräfin. Es klang beynahe so. Fr. v. P a l m. Nun, weil's denn einmahl heraus ist — Aber, Herr Baron, ich bitte mir aus, daß Sie daraus nicht etwa Konsequenzen zieh». D. Schneck. Ich getraue mir -u behaup­ ten und zu betheuern, daß Baron Schneckenburg niemahls Konsequenzen zieht, Madaml — Eine kleine Neckerey, sagten Sie? War das auch eine kleine Neckerey, daß Sie mir Ihre Thür s» lange verschlossen? Fr. v. Palm. Das geschah bloß, um Ihre Geduld zu versuchen. Z-riM und schmeichelnd.

Ein Lustspiel.

1.67

Zst's mein Fehler, baß Ihnen die Zeit zu lang

wurde, Sie kleiner Ungestüm? D. S ch N e ck. wi«d«rhohlk in Ihrem Ton halb für sich. Kleiner Ungestüm!

nicht für

Laue. Madam, ich halte e
Schneck. Ich erstaune! Ich erschrecke! Zch falle aus den Wolken! Graf. Nun, Herr Daron, das ist ja nichts Außerordentliches 1 D. Schneck. Nichts Außerordentliches? Wenn sich der Neffe untersteht — Fr. v. Palm. Dem Onkel den Rang abzulauftn? Wahrhaftig nicht! Wenn der Onkel

Die unvermutete Wendung,

172

dem Steffen den Rang ablief, so wär' bet Fall viel außei ordentlicher.

D. Sckneck.

Und gestern, inderglück-

licken Viertelstunde, die ich Ihren schönen Augen

gegenüber zuzubri'nqen das unaussprechliche Ver­

gnügen Haire, gestern haben Sie mir gar nichts davon gesagt?

Luise

Wie konnt' ich denn?

Ließen Sie

wir denn Zeit dazu?

Fr. v, Palm.

Nicht wahr,

mit aller Mackt bestürmt?

er hat Sie

Za, ja, ich kenne

ihn! Baron Schneckenburg geht in allen Dingen

mit

einer Eilfertigkeit,

Werke

D. Schneck.

Reckt.

mit einer

Hitze

zu



Die gnädige Frau haben

Ich getraue mir zu behaupren und zu

betheuern, daß das nickt der erste Streich von

der Art ist, den mir mein hitziges Temperament spielt! Was daraus für ein Unglück hätte ent­ stehen können!

-

Hauprm.

Nur gut,

daß Sie es noch

Zeit genug erfahren!

D.

Sckneck.

O ich werde von dieser

Entdeckung Gebrauch macken; Ihnen! — Herr Graf,

dafür steh' ich

nach allem dem, was

hier vorgefallen ist, werden Sie mlr's hoffentlich nickt verdenken,

wenn ich meine Bewerbungen

nm diesen schönen Engel da abbreche, und alles,

Ein Lustspiel. was zwischen uns gcfprodicn, verhandelt worden,

vei sprachen und

hiemi'k annullire.

Ich

Graf.

»73

habe

nicht

das

geringste

dagegen, Herr Baron.

Auch Euer gräflichen Gn«t«

B. Sckneck.

den werden hoffentlich so billig seyn!

Das können Sie verflchert seyn.

. Gräfin.

D. Schneck.

Auch Sie, schöner ehemah«

Oger Gegenstand meiner keuschen Flamme?

Luise.

Ich gebe Sie vollkommen frey,

Herr Baron. Und Sie,

B. Schneck.

Herr Haupt«

mann, was sagen Sie da,»?

Hauptm.

Sie müssen am besten wissen,

was Ihnen gut ist.

D. Schneck.

Hm! Diese Antwort klingt

«in wenig unbestimmt,

vaw »um«». Glauben

Sie, daß JKrer Schwester oder Ihrer Familie dadurch ein Schimpf geschieht,

Sakisfaction haben.

so können Sie

Ich stehe zu Fuß und zu

Pferde zu Ihren Diensten, Herr Hauptmann. Hauptm.

Ich bewundere Ihren Muth,

Herr Baron. D. Sckneck.

Hauptmann l

Untertäniger Diener. Herr

Ich bin stolz darauf,

wenn er

Ihren Beyfall hat.

Hauptm

Ich denke, wir werden das-

mahl ohne Blutvergießen aus einander kommen.

Die unvermutete Wendung.

$74

Und nun, Herr Baron!

Fr. v. Pal m.

Ich weiß, daß Sie viel zu großmüthig denken, als daß Sie dem Glück Ihres Neffen,

und der

liebenswürdigen jungen Dame hinderlich seyn soll­

ten, wenn anders der Herr Graf — Graf.

0 ich habe gar nichts dagegen.

Zm Gegentheil würde ich stolz seyn, wenn mein

Hans durch den Namen Schlieckenburg einen

neuen Glanz erhielt — B. Schur ck. Der Herr Graf sind sehr gütig t Graf. Aber Sie wissen wohl, Herr Ba­ ron, daß ich leider nicht im Stande bin, meiner

Tochter ein Vermögen mitzugeben, wie es ihr Rang erfordert —

B. Schneck.

Wenn dcd Herr Graf sonst

keine Bedenklichkeiten haben, das nehme ich auf

mich.

Ich werde meinen Neffen so versorgen,

daß er leben kann, wie man es von einem Schuck«

kenburg erwartet, der eine Komtesse Mitkelburg

zur Gemahlin hat.

Er wird noch diesen Abend

«nkommcli, und dann können wir die ganze Sache in's Reine bringen. Und hiermit ersuche und bitte

ich Sie, reihende Luise, mich von nun an nicht

mehr als Ihren Liebhaberund Bräutigam, son­ dern als Ihren geneigten und Sie bewundernden Onkel zu betrachten. Fr. ».‘Palm. ist edel!

Das ist großmüthig I Das

Dafür muß ich Ihnen schon erlauben,

meine Hand zu küssen.

B. Schneck, ergreift ibte Hand uni kniet nieder. Mit Ehrfurcht drücke ich meine Lippen auf diesen warmen Schnee, und begebe mich hiemit auf ewig kn meine vorige glückliche Sklaverey zurück, schöne Gebietherln meines Schicksals I

Zehnter Auftritt. Die Vorigen. Daran Flatterbach mlt seiner Gemahlin. Daron Flatt, erblickt Schneckenburg noch aut den Knien. Bravo, Onkel! Bravo! Das ist löblich, daß Sie wieder zu Ihrer rechtmäßigen Gebietherln zurückkehren. D. Schneck, indem er aufstedt. Es freut mich, Neffe Flatterbach, daß mein Entschluß Ihren Beyfall hat. Daroni n ru Luisen. Ihnen darf man also Glück wünschen? Küßt «re. Liebes Kind, wenn Sie in Ihrer künftigen Ehe recht glücklich seyn wollen, so überlassen Sie Sich ganz der Führung Ihrer würdigen Mutter. Sie — Gräfin fällt idr sanft verweisend in» Work. Liebe Daronin,' lassen Sie die Geschichte — Baronin. Aber warum soll ich's nicht sagen, daß ich Ihnen das Glück meines Lebens verdanke? daß ich erst mit meinem lieben Manne zufrieden lebe, seit ich anfing, Ihren Ermahnun« S«n zufolge»?

t?6

Die unvermuthete Wendung.

B. Flatt.

Ja mein ©eel, Frau Gräfin,

Sie haben ganz andre Leute aus uns gemacht. Der Himmel ve» gelte Ihnen das! Zu Luisen. Aber, liebe Komresse, wenn Ihr lünsciger Mann etwa sollte in den Fall kommen, sich ein Recept ver­

schreiben zu lassen, wie-er mir Ihnen umgehn soll, so geben Sie nur hübsch Achtung, daß er Nicht an einen Doctor kömmt, der im Trüben fischen will.

Mit einem Seitenblick auf den Grafen.

Gräfin

winkt Dem Baron Flatterbach, daß er

Hill seyn soll, und wendet sich tu ihrem Gemahl.

liebes Männchen?

ernsthaft da?

Nun,

Warum stehn Sie denn so

Seyn Sie doch mit uns munter 1

Wir find ja alle so zufrieden!

Graf

erareist nut Empfindung ihre Hand.

Du auch? Wirklich auch? Gräfin sich an ihn schmiegend.

Alle?

Sonderbare

Frage! Und warum sollte ieh'S denn nktt seyn? Graf.

EdlcsWeib! Von nun an sollst

du eS seyn! Sollst eS durch mich seyn, und ich will eS durch dich werden! DiS jetzt hab' ich daS Glück auf lauter falschen Wegen gesucht; aber von diesem Augenblicke an sollst du meine einzige

Wegweiserin seyn, und du wirst mich ganz gewiß jum Ziele bringen.

Der Vorhang fallt.