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German Pages 356 [361] Year 2015
© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
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Kurt F. Richter
Coaching als kreativer Prozess Werkbuch für Coaching und Supervision mit Gestalt und System
Mit 25 Abbildungen und einer Tabelle
4., unveränderte Auflage
Vandenhoeck & Ruprecht © 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
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© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
Inhalt
Einführung Worum geht es in dem Buch? . . . . . . . An wen wendet sich das Buch? . . . . . . . Wie ist das Buch aufgebaut? . . . . . . . . Kurze Beschreibung der einzelnen Kapitel Zum Gebrauch der Übungen . . . . . . . . Wie sind die Übungen aufgebaut? . . . . . 1
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Struktur und Prozess 3.1 Prozess und Arbeitsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Das Phasenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Beratungsphase 1: Kontakt und Vorgespräch . . . . . 3.2.2 Beratungsphase 2: Kontrakt und Vereinbarung . . .
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Coaching – eine Definition 1.1 Zum Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Ziele und Aufgaben von Coaching . . . . . . . . . . . 1.3 Person und Kompetenz des Coachs . . . . . . . . . . . 1.4 Die Position des Coachs im System . . . . . . . . . . . 1.5 Coaching in verschiedenen Settings . . . . . . . . . . . 1.6 Der Coachingprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Wie arbeitet ein Coach? . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Grenzen des Coachings . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Coaching im Vergleich zu anderen Beratungsansätzen
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Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand 2.1 Das Methodennetzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Der Gestaltansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Das systemische Beratungskonzept . . . . . . . . . . . . . 2.4 Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Sprache hinter der Sprache: Die Arbeit mit kreativen Medien im analogen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Körper- und Bewegungserfahrung im Coaching . . . . . .
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Inhalt
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3.2.3
3.3
3.4
3.5 4
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Beratungsphase 3: Einlassung, Entwicklung der Arbeitsbeziehung im Beratungssystem . . . . . 3.2.4 Beratungsphase 4: Experimentieren im Möglichkeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Beratungsphase 5: Integration und Transformation 3.2.6 Beratungsphase 6: Neuorientierung und Praxistransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.7 Beratungsphase 7: Auswertung, Abschluss, Abschied Das Sitzungsmodell: Die Arbeitsschritte in den einzelnen Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Einlassungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Bearbeitungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Integrationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Transformationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . Der diagnostische Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Prozessuale Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Das Identitätsmodell: Die fünf Säulen der Identität 3.4.3 Diagnostisches Modell: Zyklus des Erlebens und Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik . . . . . . .
Professionelle Beziehungsgestaltung 4.1 Arbeitsbeziehung und Beziehungsarbeit . . . . . . . . . . . 4.2 Beziehungssystem Coaching, Beratung in der Beziehung . . 4.2.1 Variablen der professionellen Beziehungsgestaltung 4.2.2 Perspektivität: Positionen der Wahrnehmung . . . 4.3 Arbeit in der Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Aufgaben der Beziehungsgestaltung . . . . . . . . . 4.3.2 Beziehungsstörungen, die vom Coach ausgehen . . 4.3.3 Rollengestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4 Beziehungsprobleme, die vom Coachee ausgehen . 4.3.5 Abschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Arbeit an der Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Übungen zum Fokus Arbeitsbeziehungen . . . . . . . . . . Person und Organisation 5.1 Das Coachingdreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die Organisation und ihre Subsysteme . . . . . . . . 5.3 Organisationsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Die Person in der Organisation: Positionen, Rollen, Professionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Der Coachee in seinem System . . . . . . .
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Inhalt
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5.4.2 5.5 5.6 5.7
5.8 6
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Die Welt des Profis: Professionalität und Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rolle als Schnittstelle zwischen Person und Organisation Das Privatleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Persönlichkeit des Coachee . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.1 Binnensystem Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.2 Das Selbst als Subjekt der Lebensführung . . . . . . 5.7.3 Das Persönlichkeitsmodell . . . . . . . . . . . . . . . Übungen zum Themenbereich Person und Organisation . . .
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Interventionswerkstatt 6.1 Konstruktion von Interventionen . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Was ist eine Intervention? . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Von der Wahrnehmung zur Intervention: Die Interventionsspirale . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Hypothesenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4 Die acht W-Fragen zur Konstruktion von Interventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.5 Die vierfache Botschaft einer Intervention . . . . . 6.2 Das Vergegenwärtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt 6.3.1 Blickrichtung Vergangenheit: Von der Erinnerung zur Rekonstruktion . . . . . . 6.3.2 Blickrichtung Zukunft: Lösungen konstruieren . . 6.3.3 Tiefen: Der Blick ins Innere . . . . . . . . . . . . . 6.3.4 Höhen: Sinnen über den Sinn . . . . . . . . . . . . 6.4 Die Interventionskoordinaten in der Organisation . . . . . 6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen . . . . . . . . . . 6.6 Exkurs: Arbeit mit Polaritäten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.1 Die Polaritäten als Gestaltungsprinzip . . . . . . . 6.6.2 Zur Arbeit mit Polaritäten im Coachingprozess . . 6.6.3 Übungen zur Arbeit mit Polaritäten . . . . . . . . .
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Interventionstechniken 7.1 Grundinterventionen . . . . . . . . . . 7.1.1 Aktives einfühlendes Zuhören 7.1.2 Die Kunst des Fragens . . . . 7.1.3 Reframing/Umdeuten . . . . . 7.1.4 Ressourcencheck . . . . . . . . 7.1.5 Feedback und Rückkopplung 7.2 Erlebnisaktivierende Interventionen . . 7.2.1 Umgang mit Sprache . . . . .
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Inhalt
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7.2.2 7.2.3 7.2.4 8
9
Bewusstheit und Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Dramatisieren und Inszenieren . . . . . . . . . . . . 212 Begleiten und Unterstützen . . . . . . . . . . . . . . 216
Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung 8.1 Arbeit mit Symbolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Metaphern, Geschichten und Texte . . . . . . . . . . . 8.3 Die Kraft der Phantasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Imagination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Tiefenimagination – Trancereisen . . . . . . . 8.3.3 Träume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Körperarbeit und Bewegungserfahrung . . . . . . . . . 8.4.1 Entspannungsformeln zur Einstimmung in Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Tonuszustände des Körpers: Spannung – Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Atmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.4 Meditation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Bildnerisches Gestalten und die Arbeit mit Materialien 8.6 Symbolische Interaktion, Aufstellen und Skulpturieren 8.7 Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.8 Rituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Systemcoaching: Arbeit mit Gruppen, Teams, Abteilungen, Gremien und anderen Systemen 9.1 Dynamik in Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Teamcoaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Unterschiede zum Einzel- und Gruppencoaching 9.2.2 Prozessphasen im Teamcoaching . . . . . . . . . . 9.3 Übungen zum Team- und Gruppencoaching . . . . . . . .
10 Balancecoaching 10.1 Grundlagen der Balancekunst . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Faktoren der Balance . . . . . . . . . . . . 10.1.2 Balance und Geschwindigkeit . . . . . . . 10.1.3 Lebensphasen und Balance . . . . . . . . . 10.1.4 Lebensdrehbuch und Lebensrichtung . . . 10.1.5 Komplexität und Wirklichkeit . . . . . . . 10.1.6 Vom Ich-Leadership zum Selbst-Leadership 10.1.7 Gelassenheit . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
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10.2 Aus der Balance . . . . . . . . . 10.2.1 Konfliktcoaching . . . . 10.2.2 Kriseninterventionen . 10.2.3 Stressmanagement . . . 10.2.4 Burnout . . . . . . . . 10.2.5 Mobbing . . . . . . . . 10.3 Übungen zum Balancecoaching
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11 Selbstcoaching 11.1 Coaching des Selbst – Begriffsklärung . . . . . . . . . . 11.2 Aufgaben für den inneren Coach . . . . . . . . . . . . . 11.3 Schritte zum inneren Coach . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Verkörperung und Implantierung des inneren Coachs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Selbstakzeptierende Haltung . . . . . . . . . . . 11.3.3 Erweiterung der Bewusstseinsbühne . . . . . . . 11.3.4 Finden eines sicheren inneren Ortes . . . . . . . 11.3.5 Entwicklung von Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Selbstsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.6 Selbstbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Der innere Coach in Aktion . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Phantasie und Imagination . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Arbeit mit Symbolen . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.3 Kreative Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.4 Körper- und Bewegungserfahrungen . . . . . . 11.4.5 Rituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Übungen zum Selbstcoaching . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang I: Materialkoffer
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Literatur
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Einführung
Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit Ihrem Wagen mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn. Sie sehen gerade noch rechtzeitig das Ausfahrtsschild und ordnen sich auf die Abbiegerspur ein. Die Geschwindigkeit drosseln Sie erst kurz vor der Ausfahrt, gerade so viel, dass Sie die scharfe Kurve bewältigen. Hätten Sie nicht auf die Bremse getreten, wären Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Kurve geflogen. Trotzdem spüren Sie eine Art inneren Widerwillen gegen die Verminderung der Geschwindigkeit. Es dauert eine Weile, bis Sie sich an die Entschleunigung gewöhnt haben. In unserer globalisierten Arbeitsgesellschaft sind hohe Geschwindigkeiten, Beschleunigung und Spurenwechsel (Flexibilität) zu wichtigen Arbeitskonstanten geworden. Viele Führungskräfte und verantwortliche Mitarbeiter haben sich bereits so an das hohe Tempo gewöhnt, dass sie kaum noch abbremsen können. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie aus der Kurve fliegen, das heißt überstressen, ausbrennen, krank werden oder die übrigen Lebensbereiche vernachlässigen. Natürlich haben große Herausforderungen ihren Reiz und exzellente berufliche Könnerschaft ist ein sinnvolles Lebensziel. Mitarbeiter in verantwortlichen Positionen bekommen die wachsende Spannung zwischen Person und Organisationsdynamik in der sich schnell ändernden Marktsituation besonders heftig zu spüren. Hieraus ergibt sich ein starker Coachingbedarf auf allen Führungsebenen von Organisationen.
Worum geht es in dem Buch? Coaching ist eine berufsbezogene Beratungsmethode zur Begleitung und Unterstützung von Menschen in schwierigen, veränderungsbedürftigen oder neuen Arbeitszusammenhängen. Sie hilft bei der Lösung von Problemen ebenso wie bei der Konfliktbewältigung, Rollengestaltung, Karriereplanung oder der Entwicklung von beruflichen Kompetenzen. Coaching, wie es in diesem Buch vermittelt wird, ist eine breitbandige, methodenplurale, mehrperspektivische und flexible Beratungsmethode, in der auch analoge, vor- und nichtsprachliche Aspekte neben der sprachlichen Kommunikation berücksichtigt werden. Nur so kann sie die äußerst komplexen Arbeitswelt und Lebenswirklichkeit der Coachees angemessen erfassen.
© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
Einführung
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Das Spezifische meines Ansatzes liegt in dem ausgefeilten Methodennetzwerk, dass es ermöglicht, die schwer fassbaren menschlichen und institutionellen Verflechtungen über alle Sinne zu begreifen und der Reflexion zugänglich zu machen. Das Methodennetzwerk umfasst fünf Ansätze, die sowohl theoretisch als auch in ihrer praktischen Anwendung eng miteinander verknüpft sind: • der Gestaltansatz: er beinhaltet Methoden aus der Gestaltberatung, Gestalttherapie und Gestaltpädagogik; • Methoden der systemischen Beratung und Therapie; • Kreativitätskonzepte: hier geht es vor allem um die Gestaltung von Veränderung und Lösung als kreativer Prozess; • kreative Medien sowie analoge und expressive Ausdrucksmittel, zum Beispiel Malen, Inszenieren; • Konzepte der Körperarbeit und Bewegungserfahrungen. Kernstück meines Ansatzes bildet die Verbindung von persönlichem, subjektivem Erleben und Gestalten mit systembezogenem Denken und Handeln. Eingebettet sind diese methodischen Elemente in ein Metakonzept, das das beraterische Vorgehen theoretisch und handlungsrelevant begründet. Dieses Begründungswissen enthält Aussagen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen wie der Betriebswirtschaft, der Soziologie, Sozialpsychologie und der Beratungstheorie, aber auch philosophische und weltanschauliche Elemente. Das Coachingkonzept bezieht sich nicht nur auf Personen (Einzelcoaching) sondern ebenso auf Subsysteme (Systemcoaching). Coaching ist in erster Linie ein organisationsbezogener Beratungsansatz, reflektiert Beziehungen und Interaktionen von Personen, Rollen, Strukturen und Organisationen im gesellschaftlichen Kontext. Trotzdem kann es in einzelnen Sitzungen schon einmal recht psychologisch zugehen, wenn persönliche Probleme des Coachees in den Mittelpunkt rücken. Coaching wird in der neueren Diskussion, zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Supervision, konzeptionell und methodisch in die Nähe von Supervision gerückt. Unterschiede zwischen den beiden Beratungsmethoden zeigen sich jedoch in Hinblick • auf die Zielgruppen: beim Coaching sind es mehr Führungskräfte und Mitarbeiter mit Leitungsfunktionen; • auf die Anwendungsfelder: die Kunden kommen eher aus dem Profit- oder Nonprofitbereich; • auf die Funktionen: so bevorzugt Coaching eher Leitungsfunktionen; • auf den Beratungsstil: Coaching ist tendenziell aktiver, flexibler und direkter als Supervision.
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An wen wendet sich das Buch?
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Aber auch diese Unterschiede zwischen Supervision und Coaching beginnen zu schmelzen. Mit der zunehmenden Ökonomisierung des Nonprofitbereiches gleichen sich Unternehmenskulturen und Arbeitsbedingungen in sozialen Einrichtungen an und damit die Probleme, vor denen Mitarbeiter stehen. Berücksichtigt man den großen Überschneidungsbereich der beiden Beratungsansätze, so lassen sich mit einem guten Methodengewissen die meisten der hier vorgeschlagenen Übungen, Experimente und Interventionstechniken sowohl beim Coaching als auch in der Supervision einsetzen
An wen wendet sich das Buch? Dies Buch enthält eine Reihe unterschiedlicher Facetten, theoretische, orientierende, handlungsleitende, praktische sowie ein großes Angebot an Übungen im Sinne komplexer Interventionen oder Tools. Deshalb spricht es auch unterschiedliche Interessentengruppen an. • Berater, die bereits über eine solide Methodenausbildung, zum Beispiel in Psychotherapie, Familienberatung, verfügen, können mit Hilfe dieses Buches den Einstieg in das Coaching wagen. • Coachs und Supervisoren können hier konzeptuelle Ideen auftanken, von den Arbeitshilfen und vor allem von dem reichhaltigen Übungsteil im Sinne eines Nachschlagewerkes profitieren. • Lernende, also Personen, die in einer Coaching- oder anderen längeren Beratungsausbildung sind, finden hier eine erste Einführung in ein Coachingkonzept, aber auch in eine systematische Interventionslehre mit einem ergänzenden Übungsteil. • Personen, die sich über Coaching informieren wollen, sei der methodische und der theoretische Orientierungsteil empfohlen. • Das Buch ist aber auch geeignet für Fortbildner von Coaching- und Supervisionsausbildungen. Große Teile des Konzeptes habe ich in den Coachingund Supervisionsausbildungen in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelt, dazu Arbeitshilfen entworfen sowie Interventionstechniken und Übungen mit Erfolg eingesetzt und ausgefeilt. Viele der in diesem Buch beschriebenen Gruppenübungen eigen sich auch für den Unterricht, zum Beispiel wenn es um die Heranführung an bestimmte Themen geht.
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Einführung
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Wie ist das Buch aufgebaut? Dieses Buch ist als Werkbuch angelegt. Es soll dem Praxis- und Orientierungsbedarf der Nutzer und Nutzerinnen in gleich mehrfacher Hinsicht dienen. Statements zur theoretischen Orientierung: Es werden kurze Statements zu den wichtigsten Coachingthemen dieses Buches abgegeben, wie grundlegende Gedanken zum Konzept (Kapitel 1), Darstellung des Methodennetzwerkes (Kapitel 2), Struktur und Prozessgestaltung (Kapitel 3), Herstellen von Arbeitsbeziehungen (Kapitel 4), Umgang mit Organisationen (Kapitel 5), Konstruktionsprinzipien für Interventionen (Kapitel 6) und Interventionstechniken (Kapitel 7), kreative Medien (Kapitel 8), System- und Teamcoaching (Kapitel 9), Probleme und Lösungswege (Balancecoaching, Kapitel 10) sowie Elemente des Selbstcoachens (Kapitel 11). Die einzelnen Statements sind relativ kurz gehalten. Sie sind nicht in wissenschaftlicher Absicht geschrieben, sondern sollen eine schnelle Orientierung auf die Praxisfragen hin ermöglichen. Arbeitshilfen zum praktisch-methodischen Vorgehen: In diesem Buch finden Sie Antworten auf Ihre Anwendungsfragen.Welche Coachingmethoden stehen zur Bearbeitung eines bestimmten Problem- und Themenbereichs zur Verfügung, zum Beispiel zur Gestaltung der Anfangsphase eines Beratungsprozesses? Wie konstruiere ich eine wirksame Intervention? Fragen zur Indikation, Diagnose und Zielfindung werden hier beantwortet. Neben kurzen methodischen Einführungen erhalten Sie Tipps für die praktische Anwendung. Eine umfangreiche Übungssammlung: Das Buch bietet 125 Übungen und Tools zur Unterstützung des Erfahrungs- und Lösungsprozesses des Coachee. So können Sie zu nahezu jeder Fragestellung eine geeignete Übung finden (s. Ausführungen zur Anleitung und zum Gebrauch der Übungen)
Kurze Beschreibung der einzelnen Kapitel Stichwort Konzept: In Kapitel 1 stelle ich meinen Coachingansatz vor. Es bietet einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen der Konstruktion eines Coachingansatzes, von den Problemen der Definition des Coachingbegriffs bis zu den Fragen der Abgrenzung gegenüber anderen Beratungsverfahren. Stichwort Methodik: Im zweiten Kapitel werden die fünf wichtigsten Konzeptelemente dargestellt und als Methodennetzwerk für den Coachingansatz reflek-
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Kurze Beschreibung der einzelnen Kapitel
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tiert: der Gestalt- und der systemische Ansatz, das Kreativitätskonzept, das Arbeiten mit kreativen Medien sowie Körper und Bewegungserfahrung. Stichwort Prozessgestaltung: Kapitel 3 befasst sich mit der Struktur und dem Prozess von Coaching. Hier geht es um die Gestaltung des Verlaufes eines Coachingprozesses, beginnend mit dem Erstkontakt, der Kontrakt- und Zielformulierung und endend mit der Auswertung und Verabschiedung. Diese Ausführungen stellen die praktische Ergänzung zu den theoretischen Anfangskapiteln dar. Der Leser bekommt einen Überblick über die Aufgaben, die Coachee und Coach während der einzelnen Phasen des Beratungsprozesses bewältigen müssen, vermittelt. Hilfreiche Interventionstechniken und Übungen sollen die Bearbeitung der Prozessaufgaben erleichtern. Stichwort professionelle Beziehungsgestaltung: Kapitel 4 stellt das Konzept von Arbeitsbeziehung und Beziehungsgestaltung im Coachingprozess vor. Coach und Coachee entwickeln ein spezifisches Beratungssystem, in dem die Arbeitsbeziehung eine zentrale Rolle spielt. Nur wenn diese tragfähig ist, kann sich der Coachee öffnen und sein kreatives Lösungspotential entfalten. Deshalb ist es besonders in der Anfangsphase eine zentrale Aufgabe des Coachs, für ein gutes Arbeitsklima und eine vertrauensvolle, tragfähige Beziehung zu sorgen. Stichwort Arbeiten in Organisationen: Das fünfte Kapitel ist Fragestellungen zum Thema Person und Organisation gewidmet. Es referiert die Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Reflexionsebenen und -perspektiven, die der Coachee in das Beratungssystem und den Prozess einbringt und die er zur Bearbeitung seines Problems und seinem Lösungsverhalten für notwendig erachtet: • die Organisation und ihr Umfeld; • die Rolle, die Coachee in seiner Organisation einnimmt, denn die Rolle ist eine Schnittstelle zwischen Person und System; • die professionellen Beziehungen und Kommunikationskanäle in der Organisation; • Aspekte der eigenen Person mit ihren psychischen Eigenheiten oder die Charakteristika der gecoachten Personengruppe, zum Beispiel eines Teams; • die Lebenswelt des Coachees, Fragen der Balance zwischen Berufs- und Privatleben; • die globalen Kontexte: Arbeitswelt, Gesellschaft, Weltwirtschaft. Stichwort Interventionskriterien: Kapitel 6 berichtet aus der Interventionswerkstatt. Wie kommt der Coach zu seinen Interventionen? Er beobachtet den Prozess seines Coachees, dessen Problempräsentationen, Zielwünsche und Lösungsversuche. Der Coach fragt sich immer wieder: Was ist gerade los? Womit kann ich dem Coachee beistehen? Er entwickelt Hypothesen und Ideen
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Einführung
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über mögliche Interventionen, mit denen er seinen Coachee unterstützen kann. Dieses Bündel an Beratertätigkeiten ist in der Prozessspirale zusammengefasst.Welche Interventionstechnik ist sinnvoll? Welche Prozessebene und damit das biographische, problemorientierte, ressourcenbezogene oder lösungsorientierte Vorgehen soll sie unterstützen? Wie tief oder hoch (s. Höhen) soll die Intervention gehen? Die vier wichtigsten Interventionsrichtungen habe ich in Abbildung 14 (S. 162), dem Interventionskreuz, veranschaulicht. Es verbindet biographisches, problemorientiertes mit lösungsorientiertem Vorgehen, tiefendes, ins Unbewusste vordringende, mit sinnstiftenden, spirituellen Interventionsrichtungen. Das Interventionskreuz greift einen wesentlichen Aspekt des Methodennetzwerkes auf. Es hilft bei der Entscheidung über die Richtung des Intervenierens, zum Beispiel ob eher problembezogen oder lösungsorientiert vorgegangen werden soll. Stichwort Interventionstechniken: Kapitel 7 stellt die wichtigsten Interventionstechniken aus der systemischen und gestaltberaterischen Werkzeugkiste vor. Für Anfänger ist es eine Einführung in das Interventionstraining. Hier ist natürlich eine Menge Übung notwendig, bis diese Interventionstechniken routiniert eingesetzt werden können. Praktiker können bei Durchsicht der Interventionsvorschläge das eigene Interventionsrepertoire erweitern. Stichwort Interventionsmedien: Kapitel 8 befasst sich mit den Interventionsmedien. Viele Interventionstechniken gründen ausschließlich auf dem Medium Sprache. Komplexe Formen, wie sie die hier beschriebenen Übungen darstellen, benötigen meist mehrere Medien zur Gestaltung und Übermittlung von Informationen, zum Beispiel zusätzlich zur Sprache noch das bildnerische Gestalten. Jedes der Medien hat seine Eigenheit, seine Charakteristika, seine Anwendungskriterien. Deshalb werden die Besonderheiten und Anwendungsmöglichkeiten der wichtigsten kreativen Medien vorgestellt und durch entsprechende Übungsvorschläge ergänzt. Stichwort Teamcoaching: Kapitel 9 beschreibt die Besonderheiten des Systemcoachings am Beispiel des Gruppen- und Teamcoachings. Die einzelnen Phasen eines Teamberatungsprozesses werden vorgestellt und diagnostische Fragestellungen, Interventionsmethoden und Übungen den einzelnen Etappen und Aufgabenstellungen zugeordnet. Stichwort Balancecoaching: Kapitel 10 befasst sich mit Balancecoaching, einer speziellen Form des Persönlichkeitscoachens. Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit, sondern auch aus sozialen Beziehungen und anderen Interessen. Oft sind die verschiedenen Lebensbereiche nicht in einer gesunden Balance. Meinem Ansatz von Balancecoaching liegt ein bestimmtes Lifebalance-Modell zu
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Zum Gebrauch der Übungen
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Grunde. Lifebalance wird als eine Form der Lebenskönnerschaft oder Lebenskunst eingeführt. Eine Reihe von Faktoren, die zu einem gelingenden, ausbalancierten Leben gehören, werden vorgestellt und die Möglichkeiten ihrer Realisierung reflektiert. Misslingt zeitweise die Balance, so treten Störungen auf, zum Beispiel Stress, Burnout, Konflikte, Krisen, Mobbing. Die einzelnen Störungen werden in ihren Erscheinungsformen und Entstehungshintergründen vorgestellt und Interventionstechniken und Übungen zur Wiedererlangung von Balance vorgeschlagen. Stichwort Selbstcoaching: Jedes Coaching sollte, so ist in Kapitel 11 zu lesen, über kurz oder lang in ein Selbstcoaching übergehen. Das Coaching sollte Coachees befähigen, einen inneren Berater zu installieren. In diesem Kapitel wird ein Konzept von Selbstcoaching vorgestellt. Zahlreiche Übungen sollen den inneren Berater des Coachees so unterstützen, dass er auch ohne fremde Hilfe bei Problemen und Lösungsprozessen auskommt. Stichwort Materialkoffer: Anhang 1 enthält eine Liste und Beschreibung der Materialien und Medien, die in diesem Buch erwähnt oder für die Durchführung der Übungen benötigt werden. Stichwort Liste aller Übungen: Anhang 2 bietet eine Liste aller im Buch aufgeführten Übungen und ihrer Anwendungskriterien.
Zum Gebrauch der Übungen In diesem Buch werden 125 Übungen vorgestellt. Wie finden Sie die richtige Übung zu Ihrer Fragestellung? • Die Übungen sind entsprechend ihres themenbezogenen Schwerpunktes den Kapiteln 3 bis 11 zugeordnet. Wenn Sie zum Beispiel eine Übung zum Thema Organisationsaufbau suchen, so finden Sie diese im Übungsteil zum Kapitel 5 (Person und Organisation), eine Einstiegsübung im Kapitel 3 (Übungen zur Prozessgestaltung). • Jeder Übung ist eine Reihe von Kriterien vorangestellt, nach denen der Coach sie auswählen kann: Anwendungsbereich; Ziel; Angaben über den Modus der Übung, das heißt, ob es sich um eine Einzel-, Gruppen- oder Teamübung handelt; das benötigte Material und das Hauptmedium, zum Beispiel Malen, sowie der ungefähre Zeitbedarf für die Durchführung der Übung. Auf Übungen, die eine besondere Kompetenz des Coachs erfordern, wird am Ende dieser Rubrik hingewiesen.
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Einführung
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• Viele Übungen ermöglichen auch Erfahrungen in anderen Themenbereichen als den primär angegebenen. Am Ende des Abschnitts mit Übungsbeschreibungen finden Sie Querverweise. Hier werden zusätzlich Übungen vorgeschlagen, deren ausführliche Beschreibung Sie aber in einem anderen Kapitel finden. Der Querverweis enthält den Namen der Übung, Anwendungsbereich und Kapitelangabe, in dem sie zu finden ist. • Im Materialkoffer sind alle Materialen und kreativen Medien aufgeführt, die zur Durchführung der Übungen benötigt werden (Anhang 1). • Eine vollständige Liste aller im Buch vorkommenden Übungen mit einer Reihe von Kriterien finden Sie am Ende des Buches (Anhang 2).
Wie sind die Übungen aufgebaut? Jeder Übung ist ein Set von Auswahlkriterien vorangestellt. • Welche Ziele und Erfahrungsbereiche unterstützt diese Übung? • Handelt es sich zum Beispiel um eine Einzelübung oder kann sie auch im Paar-, Gruppen- oder Teamcoaching eingesetzt werden? • Welche Materialien und Medien sind erforderlich? • Wie lange wird sie voraussichtlich dauern? Dann folgt die Durchführung. Hier stehen die notwendigen einleitenden Erklärungen zur Übung und die Beschreibung des Verlaufs. Bei einer Reihe von Übungen erfolgt die eigentliche Instruktion als Anweisung in direkter Rede. Diese vorgefassten Anweisungen haben zumindest für den Anfänger den Vorteil, dass er die Übungsinstruktion seinen Coachees vorlesen kann. Das gibt ihm Sicherheit und hilft Fehler zu vermeiden. Geübte Praktiker können die Übungsinstruktion in ihrer eigenen Version umtexten und vortragen. Das gibt ihnen die Freiheit, die Übung genauer auf die jeweilige Person des Coachees und der situativen Erfordernisse abzustimmen. Einige Anmerkungen zum Sprachgebrauch und meine Danksagung sollen die Einleitung beschließen. In diesem Buch wird durchgehend die traditionelle männliche Schreibweise benutzt. Ich bin mir bewusst, das mindestens die Hälfte der Coaches und Coachees Frauen sind. Ich habe mich trotzdem für eine einheitliche Form entschieden, um nicht gewisse Holprigkeiten aufkommen zu lassen. Ich bitte dafür um Verständnis und gehe davon aus, dass Kolleginnen ihre Bücher entsprechend einheitlich in der weiblichen Form schreiben. Ich möchte mich an dieser Stelle außerdem bei zwei Menschen bedanken: Mit meinem Kollegen Heinrich Fallner habe ich viele Supervisions-, Coachingund Organisationsentwicklungskurse durchgeführt und dabei ständig Kon-
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Wie sind die Übungen aufgebaut?
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zepte entworfen und weiterentwickelt. Eine Reihe von Ideen und Übungen aus der kreativen Zusammenarbeit sind in das Buch eingegangen. Danken möchte ich auch meiner Kollegin und Ehefrau Karin Richter für die inspirierenden Gespräche über Coaching und die vielen praktischen Hinweise und Anregungen zum Buch.
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Coaching – eine Definition
1.1 Zum Begriff Coaching ist ein vielschichtiger Begriff mit einer interessanten Veränderungsgeschichte. Am Anfang stand er wohl für Kutsche, dann auch für Kutscher. Bekannt wurde der Begriff aber durch seine Bedeutung im Sport als Bezeichnung für die Beratung, Betreuung und Motivierung von Leistungssportlern (Rauen, 1999). Von dort rührt auch die Affinität zum Leistungsaspekt her: zum Sieg kutschieren. Als sich in der Wirtschaft immer deutlicher ein Beratungsbedarf zeigte, weil die Spitzenspieler (Manager) ohne eine solche spezielle Betreuung mit der zunehmenden Komplexität ihrer Aufgaben nicht mehr zurechtkamen, wurden entsprechende Beratungsmodelle konzipiert. Es gab allerdings auf dem Markt schon ein Beratungsverfahren, das speziell für die Lösung von Arbeitsproblemen entwickelt wurde, die Supervision. Sie war jedoch zunächst fest im sozialen und Nonprofitbereich verwurzelt. Die gegenseitigen Abgrenzungsscharmützel der beiden Beratungsparteien sind nun eher einem gegenseitigen Lernen gewichen. Das hat beide Beratungsansätze bereichert. So stammt zum Beispiel ein guter Teil der heute praktizierten Coachingmethoden aus dem »Werkzeugkoffer« der Supervision. Coaching kann als Teil eines umfassenden Konzeptes angesehen werden, zur Etablierung einer Lern- und Arbeitskultur in Unternehmen (Maas u. Ritschel, 1997). Es hilft dabei, den Wandel in (lernenden) Organisationen vorzubereiten, das heißt, dass die Mitarbeiter voneinander und miteinander lernen, Kompetenzen zu entwickeln und sich zu vernetzen. Es ist aber gleichzeitig eine Beratungsmethode zur Stärkung der persönlichen Bewältigungskompetenz (»personal mastery«), der Verfolgung von Entwicklungsbedürfnissen und der Umwandlung von Anforderungen in Herausforderungen. Coaching ist – eine personenorientierte Förderung von Menschen in ihren professionellen Rollen und in ihren jeweiligen konkreten Arbeits- und Aufgabenkontexten; – eine Mischung von prozessbegleitender Beratung, zielorientierter Anleitung und handlungsorientiertem Training;
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1 Coaching – eine Definition
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– ein Instrument integrativer Personalentwicklung, das die Verbindung von Lernen und Arbeiten optimal unterstützen soll (nach Fischer u. Graf, 1998).
1.2 Ziele und Aufgaben von Coaching Coaching ist ein Beratungsprozess, bei dem der Coach seinen Coachee begleitet und ihm bei der Lösung seines Anliegens hilft. Coaching vermittelt keine Lösungen, sondern ermöglicht es dem Coachee, seine eigenen Ziele und Lösungswege zu finden. Coaching unterstützt die Entwicklung einer autonomen Lösungskompetenz des Gecoachten und stärkt seine Fähigkeit zum Selbstcoachen. So gesehen ist Coaching Anleitung zur Selbsthilfe. Coachingschwerpunkte sind berufliche Probleme und organisationsbezogene Fragestellungen. Aber der Mensch lebt nicht nur in einem System. Er hat eine Vielzahl sozialer Bezüge und Rollen in unterschiedlichen Systemen, die sich wechselseitig beeinflussen. Die Dynamik seiner sozialen Vernetzung ist deshalb zu berücksichtigen. Coaching ist sinnvoll und hilfreich bei folgenden Anliegen und Fragestellungen: • Gestaltung und Umsetzung persönlicher Entwicklungsprozesse, zum Beispiel Umsetzung von Leistungserwartungen, Entwicklung sozialer Kompetenzen; • bei einer persönlichen oder systemspezifischen Standortbestimmung (Organisation, Lebensbiographie, Karriereplanung usw.): Wo stehe ich in meiner Lebensspanne? Wo stehe ich in und zu meiner Organisation und wie steht die Organisation zu mir?; • Verstehen und Lösen von Arbeitsproblemen; • Entwicklung neuer Berufs- und Lebensperspektiven: Wie soll es weitergehen, beruflich und privat?; • Begleitung und Unterstützung in Umbruchs-, Wandlungs- und Krisensituationen, zum Beispiel massive Umstrukturierungen in der Organisation, drohende Arbeitslosigkeit, Vorbereitung auf den Ruhestand, schwere Krankheiten; • Begleitung und Unterstützung bei der Übernahme neuer Aufgaben; • Rollenberatung, zum Beispiel bei Übernahme einer neuen Führungsrolle; • Bearbeitung von seelischen Problemen und Konflikten; • Unterstützung bei der Wiederentdeckung, Reaktivierung und Weiterentwicklung verschütteter oder erlahmter Motivationen und Ressourcen; • Bewältigung von Sinn- und Identitätskrisen;
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1.3 Person und Kompetenz des Coachs
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• Work-Life-Balance, zum Beispiel bei familiären Problemen in Doppelbelastungssituationen, bei Auslandsentsendung; • Fragen des Lebensstils und der Lebensbalance; • Erlernen und Trainieren von neuen Verhaltensweisen und Kompetenzen. Ursprünglich war Coaching ein Beratungsangebot für Führungskräfte. In der Zwischenzeit ist der mögliche Kundenkreis für Coaching relativ breit gefächert, Selbstständige und Mitarbeiter in verantwortlichen Positionen sind hinzugekommen: • Vorstandsmitglieder; • Führungskräfte; • Mitarbeiter verschiedener Hierarchiestufen und Aufgabenbereiche; • Selbständige oder solche, die es werden wollen; • Ausscheidende oder Arbeitslose; • Berufsanfänger, Berufsumsteiger, Karriereaufsteiger, Neueinsteiger.
1.3 Person und Kompetenz des Coachs Der Coach ist ein Begleiter seines Coachees. Er wirkt unterstützend, klärend, konfrontierend, manchmal auch lehrend, wenn es gilt, eine Wissenslücke zu füllen. Der Coach ist seinem Coachee ein menschliches und professionelles Gegenüber. In seiner Haltung verbinden sich Identität, Beziehungsfähigkeit, Rollenklarheit und Kompetenz. Diese professionelle Präsenz ist die Grundintervention des Coachs im Beratungsprozess. Die Klärungs- und Veränderungsmöglichkeiten des Coachees stehen in einem engen Zusammenhang mit der Entfaltung der Arbeitsbeziehung im Sinne eines fördernden Milieus. Das heißt: Jeder Coachingprozess ist so gut, wie ihn der Coach sein lässt. Die Person des Coachs ist also seine wichtigste Intervention. Eine antrainierte Professionalität reicht nicht. In der hochsensiblen Beratungsatmosphäre spürt der Gecoachte, ob sein Gegenüber authentisch und transparent ist, glaubwürdig und überzeugend seine Sache vertritt. Der Coach begleitet empathisch und akzeptierend sein Gegenüber, gleichermaßen offen für Sach- und Beziehungsprobleme. Er übernimmt nicht die Lösungsaufgabe für seinen Coachee, er hat Vertrauen in dessen Ressourcen und Lösungskompetenzen, hat aber auch einen langen Atem, wenn der Kunde umständlich ist oder ein paar Umwege machen möchte. Er ist tolerant gegenüber den Fehlschlägen seines Coachees, aber auch gegenüber seinen eigenen Fehlern. Er braucht eine hohe Ambiguitätstoleranz, denn viele Widersprüche in Menschen, zwischen Mensch und System lassen sich nicht einfach wegberaten. Man muss damit leben lernen.
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1 Coaching – eine Definition
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Eine gehörige Portion Humor kann nicht schaden. Sie hilft über manche Durststrecke in der Beratung hinweg. Ein Coach sollte eine profilierte Persönlichkeit besitzen, über viel Lebensund Berufserfahrung verfügt, und folgende professionelle Kompetenzen vorweisen (Abbildung 1): • Selbstkompetenz: Fähigkeit zum Selbstumgang (Selbstmanagement und Selbstcoaching); • Beziehungskompetenz: professionelle Beziehungen herstellen und gestalten können; • Methodenkompetenz: solides fachliches und methodisches Wissen; • Begründungskompetenz: darunter verstehe ich die Möglichkeiten des Coachs, das, was er tut, aus theoretischen Konstrukten ableiten und begründen zu können, zum Beispiel aus Persönlichkeits- und Lerntheorien, sozialpsychologischen und betriebswirtschaftlichen Modellen. Selbstkompetenz
Beziehungskompetenz
Präsenz Präsenz
Methodenkompetenz
Begründungs- und Feldkompetenz
Abbildung 1: Die vier Kompetenzecken
In der Präsenz ist der Coach hellwach und energievoll im Hier und Jetzt der Szene. Seine Kompetenzen sind bei Bedarf sofort abrufbar.
1.4 Die Position des Coachs im System Ein Coach kann ein soziales System (Person, Team, Abteilung etc.) aus verschiedenen Positionen heraus beraten (Abbildung 2). Die organisationsexterne Position: Der Coach kommt von außen zur Beratung oder der Coachee geht zum Coach in die Praxis. Der externe Berater ist entweder Selbständiger oder Angestellter einer Beratungsfirma. Coach und Coachee sind Angehörige verschiedener Systeme. Der Coach dockt an das Kundensystem an, dringt aber nicht in das System ein. Coach und Kunden bilden zusammen ein Beratungssystem.
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1.5 Coaching in verschiedenen Settings
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Die systeminterne Position: Der Coach hat eine Stabsfunktion im System (Mitarbeiter mit Beratungsfunktion). Er kennt sich im System besser aus als der externe Berater, ist aber trotz Stabsfunktion nicht ganz unabhängig. Coach und Coachee sind beide Teil eines gemeinsamen Systems, ihrer Organisation und damit zumindest teilweise den gleichen Einflüssen ausgesetzt. Die systeminterne Leitungsposition (Linienfunktion): Ein Leiter übernimmt zugleich die Rolle des Coachs, das heißt, er coacht auch seine Mitarbeiter im Rahmen der Personalentwicklung. Coaching wird so Teil seines Führungsstils. Dabei bleiben Führungskraft und Mitarbeiter Teile eines hierarchischen Systems. Die Leitungskraft muss in der Rolle des Coach eine klare Abgrenzung zwischen ihrer Vorgesetztenfunktion und der Beratungsfunktion vornehmen. Die Doppelrolle verlangt von der Führungskraft ein hohes Maß an Ehrlichkeit und Klarheit und vom gecoachten Mitarbeiter viel Vertrauen.
Coaching externes Coaching
internes Coaching
Coaching durch organisationsexternen Coach
Selbstständige
Coaching im Rahmen organisationsinterner Personalentwicklung
Mitarbeiter eines Beratungsunternehmens ____________________________________
Coach in Stabsfunktion
Coaching in Leitungsfunktionen
_______________________________________
Zusammenarbeit von internen und externen Coaches
Abbildung 2: Die verschiedenen Arten von Coaching (nach Rauen, 2000)
1.5 Coaching in verschiedenen Settings Zunächst war Coaching eine Form der Einzelberatung. In der dyadischen Beziehung erreicht Beratung ein hohes Maß an Intensität und Intimität. Aber ähnlich wie in der Arbeit mit Familien erscheint es oft sinnvoll, nicht nur eine Person, sondern das ganzes System, zum Beispiel ein Team, zu coachen. Darüber hinaus erwies es sich bei bestimmten Aufgabenstellungen als ökonomi-
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1 Coaching – eine Definition
scher und sinnvoller, Mitarbeitergruppen zusammenzufassen. Entsprechend der Systemerfordernisse wurden deshalb im Laufe der Zeit eine Reihe weiterer Varianten entwickelt. Coaching als Einzelberatung: Diese Beratungsform empfiehlt sich immer dann, wenn es um sehr persönliche Fragestellungen geht, die zum Beispiel Kollegen oder Vorgesetzte auf keinen Fall erfahren sollten. So haben psychische, soziale und berufliche Krisen, Karriereberatung oder Stressphänomene wie Burnout hier ihren Ort. Gerade Führungskräfte bevorzugen die Einzelberatung. Nachteil dieser Beratungsform ist, dass der Coachee nur ein Gegenüber als Feedbackgeber für Anregungen, Unterstützung und Reflexionshilfen hat. Coaching als Gruppenberatung: Die Teilnehmer sind Mitarbeiter einer oder auch verschiedener Organisationen, die ansonsten nichts miteinander zu tun haben. Die Gruppe stellt eine größere Öffentlichkeit dar, was die Intimität und Offenheit beeinträchtigt. Sehr persönliche Fragestellungen haben hier oft keinen Platz. Die Zusammenstellung einer Gruppe erfolgt nach bestimmten Regeln: Die Gruppenmitglieder brauchen gemeinsame Ziele bzw. Anliegen, an denen sie arbeiten wollen. Coaching als Systemberatung und Teamberatung: Die Teilnehmer kennen sich bereits. Sie haben gemeinsame Kooperationserfahrungen, Traditionen, Interaktionsmuster. Der Coach ist der einzige Fremde, der hinzukommt. Aufträge für eine System- oder Teamberatung: Ziel- und Konzeptentwicklung, Rollenklärung, Kooperations- und Kommunikationsverbesserung, Konflikt- und Krisenmanagement von Teilsystemen einer Organisation. Eine Sonderform des Teamcoachings ist die Teamentwicklung. Hier geht es darum, zieldienliche Kooperationsformen aufzubauen. Coaching als Projektberatung: Projektberatung ist eine Kooperationsberatung von Spezialisten bei der Bewältigung von einem zeitlich begrenzten Aufgabenbereichs. Die Teilnehmer am Projekt haben keine oder unterschiedlich intensive Vorerfahrungen in der gemeinsamen Arbeit. Coaching als Bestandteil einer Organisationsentwicklungsmaßnahme (OEMaßnahme): Hier wird Coaching von Führungskräften in umfassende Strategien der Veränderung einer OE-Maßnahme einbezogen. Coaching als integrierter Bestandteil des Leitungsstils (Leitungscoaching): Leitungscoaching ist ein zusätzliches Instrumentarium der Personalführung, das dazu dient, Mitarbeiter bei der Kompetenzentwicklung und der Umsetzung von Arbeitsaufträgen zu unterstützen.
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1.6 Der Coachingprozess
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1.6 Der Coachingprozess1 Der Coachingprozess lässt sich in folgende Phasen unterteilen: 1. Vorphase: Kontakt und Vorgespräch: Wie kommt der Coachinginteressierte zu einem Coach? In welcher Form entsteht der erste Kontakt? 2. Kontrakt- oder Vereinbarungsphase: Verständigung über den Coachingauftrag und über die Ziele; Vereinbarung über strukturelle, inhaltliche und methodische Grundlagen der Zusammenarbeit; grundsätzliche Entscheidung darüber, ob sich beide Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können. 3. Einlassungsphase: Entwickeln einer Arbeitsbeziehung im Beratungssystem, Einübung einer Hier- und Jetzt-Haltung und Bewusstheitsschulung des Coachees, Erkennen der Probleme (Diagnose), gemeinsame Feinabstimmung der Arbeitsschritte. 4. Experimental- und Arbeitsphase: Bearbeiten von Schwierigkeiten und Blockaden; Reaktivieren von Ressourcen und Erarbeitung von Lösungswegen; Einsatz von digitalen, verbalen Kommunikationsmitteln, Ergänzung durch analoge kreative Medien und Bewegungserfahrungen. 5. Integrationsphase: Abgleichen und Vernetzen der neuen Erfahrungen, Erkenntnisse, neuen Einstellungen, Veränderungsbestrebungen etc. mit den bisherigen Erfahrungen des Coachees, seiner Persönlichkeit und seiner Lebenswelt (Lebenskontexten). 6. Phase der Neuorientierung und des Praxistransfers: Übertragung von Einsichten in die Arbeits- und Lebenspraxis, Einüben von dazu erforderlichen Fertigkeiten, Realisierung von Lösungswegen, Installierung von Rückkoppelungssystemen, Einplanung anderer Rückwirkungen aus der Umgebung auf die eigenen Veränderungen. 7. Abschluss- und Evaluationsphase: Auswertung, Überprüfung der Zielerreichung, Verabschiedung.
1.7 Wie arbeitet ein Coach? Die Mission des Coachs besteht darin, den Coachee zu unterstützen, ein produktives und befriedigendes Berufs- und Privatleben zu führen, zum eigenen Nutzen, aber auch dem seiner Organisation und seines sozialen Umfeldes. Es geht nicht darum, dass der Coach den Coachee verändert, womöglich nach seinem Bilde. Denn verändern kann sich der Coachee nur aus eigener Kraft und mit seinen eigenen Ressourcen. Der Coach begleitet ihn dabei, unterstützt ihn und stellt ihm sein Wissen zur Verfügung. Er hilft ihm, seine 1 Eine ausführliche Darstellung des Coachingprozesses finden Sie in Kapitel 3.
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1 Coaching – eine Definition
Aufmerksamkeit auf die prozessrelevanten Perspektiven zu fokussieren, zum Beispiel auf die Ziele, Wegführungen, Ressourcen, Stolpersteine und Sackgassen. Er respektiert die Autonomie seines Gegenübers. Der Coach wird in der Regel keine direkten Ratschläge geben, sondern durch geeignete Interventionen seinem Gegenüber dabei helfen, sich in seiner Lebens- und Arbeitssituation auf dem Hintergrund und im Wechselspiel mit seiner Lebens- und Arbeitswelt wahrzunehmen (Bewusstseinsarbeit), sich zu begreifen (sinnlich evident erfahren) und zu verstehen, seine Ressourcen zu erkennen, um realistische Veränderungsziele und Lösungen anzustreben. Der Coach belehrt nicht, aber er stellt all sein Wissen zur Verfügung. Er arrangiert Erfahrungs- und Experimentierräume, um Neues auszuprobieren, und bietet Trainingsmöglichkeiten, um alternatives Verhalten, neue Kompetenzen aufzubauen. Der Coach arbeitet im Vergleich zu anderen Beratungsverfahren (z. B. Supervision) interaktiver, zupackender und flexibler. Er benutzt alle Kommunikationskanäle, also auch analoge Ausdrucksformen. Sein Vorgehen ist mehrperspektivisch und multimethodisch. Nur mit einer mehrperspektivischen Sichtweise ist es möglich, der komplexen Lebens- und Arbeitswelt des Coachees gerecht zu werden. Zusammenfassung der Aspekte des Vorgehens: • Die Aufgaben des Coachs sind: Die Begleitung und Unterstützung von Erfahrungs-, Veränderungs- und Kompetenzentwicklungsprozessen von Einzelnen, Gruppen und Systemen. • Der Coach arbeitet nicht ohne Auftrag. • Der Coachee kommt freiwillig in die Beratung. • Der Coach ist zuständig für die Gestaltung der Struktur, des Settings, der Methoden, also für Form und Qualität der Begleitung. • Das Kundensystem ist für Ziele, Themen, Probleme, Motivation, Risikobereitschaft, Intensität und Tiefe des Prozesses verantwortlich. Entsprechend ist es wichtig, das Klarheit darüber geschaffen wird, welcher der Beteiligten für was Verantwortung trägt. • Coach und Coachees bilden ein Beratungssystem, das sich von anderen Systemen abgrenzt. • Das Coachingsystem ist partiell asymmetrisch, bedingt durch unterschiedliche Rollen und Aufgaben, durch einen unterschiedlichen Wissensstand etc. Auf der Beziehungsebene ist das System tendenziell jedoch symmetrisch, bedingt durch gegenseitige Wertschätzung, Akzeptanz und Anerkennung der jeweiligen Fachlichkeit. • Ziele und Regeln müssen im Kontrakt klar ausgehandelt und von dem Coachee akzeptiert werden. Nur so kann der Coach professionelle Arbeit gewährleisten.
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1.8 Grenzen des Coachings
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1.8 Grenzen des Coachings Coaching ist eine breitbandige, methodenplurale und flexible Beratungsmethode. Coaching und Coachs haben Grenzen. Nicht immer ist Coaching das geeignete Angebot. Manchmal muss ein Coach auch nach einer gründlichen Analyse und Diagnose der Hintergründe den Auftrag ablehnen. Der Coach sollte eine Beratung absagen, beenden oder eine Kontraktänderung vorschlagen, wenn er merkt, – dass sein Coachee an einer schweren psychischen Störung leidet. Hier besteht seine Aufgabe darin, seinem Kunden die Notwendigkeit einer Psychotherapie plausibel zu machen. – dass der Coachee nicht freiwillig kommt und die Beratung nur formal wahrnimmt. – dass die auftraggebende Organisation das Coaching instrumentalisieren will, zum Beispiel um einen Mitarbeiter freizusetzen. – dass der Coachee bestimmte Kompetenzen besser in einer anderen Lernform erarbeiten könnte, zum Beispiel in einem Training für neue Führungskräfte. – dass beim Coachee kein Entwicklungspotential zu aktivieren ist bzw. er dies auch nicht will. Beispiel: Ein Mitarbeiter soll Führungsaufgaben übernehmen. Er will dies eigentlich nicht und wird folglich weder seine Führungskompetenzen erweitern noch seine Führungsprobleme angehen. – dass er keinen tragfähigen Kontakt zu dem Coachee bekommt, weil sie zu verschieden sind. – dass das vereinbarte Coachingziel erreicht ist, der Coachee aber die gemeinsame Arbeit weitermachen möchte.
Natürlich ist nicht immer der Coachee oder die beauftragende Firma das Problem. Auch der Coach kann seinen Teil dazu beitragen. Der Coach sollte, wenn er merkt, dass er stark verunsichert oder irritiert ist, selbst einen Supervisor aufsuchen, um Klarheit zurückzugewinnen. Coachs können selbst den Prozess behindern, weil sie – ihre Gegenübertragungsneigung auf bestimmte Coachees nicht beachten.
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1 Coaching – eine Definition
– Aufträge annehmen, die ihre Kompetenzen übersteigen. – sich von der auftraggebenden Organisation instrumentalisieren lassen und dabei die berechtigten Anliegen des Coachees nicht mehr genügend berücksichtigen. – sich zu stark auf die Helferseite schlagen und dabei die Organisation aus dem Blick verlieren. – Rahmenbedingungen akzeptieren, die den Coachingprozess behindern. – durch vorgefasste Hypothesen das Anliegen des Coachees nicht mehr klar wahrnehmen können. – die Aussagen ihres Coachees nicht in ihr Sprachsystem übersetzen können und ihn deshalb ständig missverstehen.
Bei einer Ablehnung des Auftrages oder beim Abbruch eines bereits begonnenen Prozesses sollte der Coach zwei Dinge beherzigen: Nie die Schuld auf den Coachee schieben, sondern die Begründung an sich oder neutralen Bedingungen festmachen. Andernfalls könnten Coachees so irritiert sein, dass sie nie wieder einen Coach aufsuchen wollen. Nach Möglichkeit eine Alternative vorschlagen, zum Beispiel einen anderen Coach, eine Trainingsveranstaltung oder einen Psychotherapeuten.
1.9 Coaching im Vergleich zu anderen Beratungsansätzen Coaching ist eine Beratungsmethode im Überschneidungsbereich von Supervision, Therapie und Organisationsentwicklung. Ihre Abgrenzung gegenüber diesen Verfahren fällt deshalb nicht leicht. Coaching und Psychotherapie: Sie beziehen sich beide auf die Systemebene Psyche (Binnensystem Person). Psychotherapie ist ein Heilverfahren. Es dient der Behandlung von psychisch gestörten Menschen (z. B. Sucht, schwere Angst und Depressionszustände). Hier muss der Coach seine Grenze ziehen und einen stärker heilungs- als beratungsbedürftigen Coachee an einen Psychotherapeuten überweisen. Die meisten therapeutischen Verfahren beinhalten eine starke biographische Aufarbeitung, wohingegen Coaching eher lösungsund ressourcenorientiert arbeitet. Bei Fragen der Selbstkenntnis, der Bewältigung psychischer Konflikte und Krisen, dem Erkennen und Modifizieren von Erlebens- und Verhaltensmustern kann Coaching jedoch unter Umständen erfolgreich eingreifen.
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1.9 Coaching im Vergleich zu anderen Beratungsansätzen
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Coaching und Supervision: Die gemeinsame Systemebene ist die Beziehungsdynamik. Trotzdem gilt die Supervision mehr als die Methode von und für Beziehungsarbeiter (z. B. für Therapeuten, Sozialarbeiter, Pädagogen) und Coaching eher als Beratung von Führungskräften und leitenden Angestellten. Vielen Managern ist Supervision suspekt, weil sie Beziehungsarbeit mit Psychotherapie gleichsetzen. Für die Bearbeitung beruflicher Probleme verwenden beide Ansätze zum Teil das gleiche Instrumentarium, unterscheiden sich durch ihre unterschiedliche Akzentsetzung, ein unterschiedliches Klientel und unterschiedliches kulturelles Verständnis. Coaching hat stärker das Gesamtsystem, die Organisation im Blick. Dies gilt auch für das Einzelcoachen, das interaktiver und flexibler als Supervision ist. Heute ist eine immer größere Annäherung der beiden Beratungsverfahren zu beobachten. Coaching und Organisationsentwicklung: Beide beziehen sich auf große Systeme (Organisationen). Im Rahmen der Personalentwicklung für lernende Organisationen trägt auch Coaching zur Veränderung des Gesamtsystems bei, Ansatzpunkt ist jedoch die beraterische Dyade oder die Kleingruppe. Bei der Organisationsentwicklung stehen die Systemeigenschaften im Fordergrund. Um der Komplexität großer Systeme gerecht zu werden, bedarf es meist eines Teams von Beratern mit unterschiedlichen Spezialkenntnissen. Coaching und Training: Beide Ansätze beinhalten Kompetenzvermittlung. Beim Training geht es um das gezielte Erlernen von bestimmten Kompetenzen, Fertigkeiten, Handlungsabläufen, mit denen spezifische situative Anforderungen gemeistert werden können, zum Beispiel Moderationstraining, Rhetoriktraining, Verkaufsgespräche gestalten. Charakteristisch ist das Moment des wiederholten Übens. Der Trainer leitet die Übungen an, gibt Feedback und korrigiert das Verhalten der Teilnehmer im Bedarfsfalle. Es ist Anleitung und nicht Prozessbegleitung. Häufig wollen Auftraggeber ja auch genau diesen eng gefassten Kompetenzerwerb. Es muss deshalb bei der Auftragsanalyse geklärt werden, ob ein Beratungsprozess auch tatsächlich gewünscht ist. Coaching und Training schließen sich aber nicht aus. Es kann zum Beispiel im Verlauf eines Coachingprozesses erkannt werden, dass bestimmte Kompetenzen nicht genügend entwickelt sind. Dann kann ein Training entweder vom Coach dazwischen geschoben oder parallel im Rahmen einer externen Veranstaltung eines anderen Trainers besucht werden.
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Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
2.1 Das Methodennetzwerk Coaching ist eine berufsbezogene Beratungsmethode zur Begleitung und Unterstützung von Menschen in schwierigen oder neuen Arbeitszusammenhängen auf dem Hintergrund einer sich schnell ändernden Marktgesellschaft. Gerade Mitarbeiter in verantwortlichen Positionen und Führungskräfte bekommen die wachsende Spannung zwischen Person und Organisationsdynamik immer stärker zu spüren. Diese Situation ist natürlich eine große Herausforderung für Coachs. Sie müssen Methoden entwickeln, die sowohl der Komplexität als auch Flexibilisierung der Arbeitswelt angemessen sind. Dies kann nur von einem Ansatz geleistet werden, der selbst sehr flexibel ist, mehrperspektivisch und methodenplural vorgeht, aber auch analoge, vor- und nichtsprachliche Aspekte neben der sprachfixierten Kommunikation berücksichtigt. Das Spezifische meines Ansatzes liegt in dem Methodennetzwerk, dass es ermöglicht, die schwer fassbare Komplexität menschlicher und institutioneller Verflechtungen und Hintergründe über alle Sinne begreifbar und damit dem rationalen Problemlöseverhalten zugänglich zu machen. Mein Coachingansatz ist kreativitätsfördernd, erlebnisaktivierend, erfahrungszentriert und handlungsorientiert. In diesem Sinne arbeite ich bevorzugt mit fünf methodischen Ansätzen, die ich in mein Coachingkonzept integriert habe. Sie werden in diesem Kapitel näher erläutert: • Methoden aus der integrativen/kreativen Gestaltarbeit; • systemische Perspektiven und Arbeitsweisen; • Kreativitätskonzepte; • analoge und expressive Arbeitsmittel/kreative Medien für das, was sich noch nicht in Sprache ausdrücken lässt; • Körper- und Bewegungserfahrungen. Kernstück meines Coachingansatzes bilden die Kombination von Elementen aus der kreativen Gestaltarbeit und der systemischen Beratung. Ich glaube, dass sich die beiden Verfahren sehr gut ergänzen und in einer Beratung mit Herz und Verstand zusammenwirken. Gestaltarbeit richtet den Fokus auf die Subjektseite des Systems, also dem Wie der inneren Erlebnisverarbeitung des Menschen und
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den sie begleitenden expressiven Äußerungen. Der systemische Ansatz beachtet stärker die interaktive Seite, also die Dynamik und Regelmäßigkeiten von Beziehungen und Beziehungsnetzen, das heißt Systemen. Die Personen werden eher als Funktions- bzw. Rollenträger betrachtet. Beide Beratungsansätze betonen die Selbstorganisationsfähigkeit von personalen und sozialen Systemen. Das besagt, die Systeme regulieren sich selbst. Nur aus sich heraus können sie sich verändern. Beratung kann sie dabei unterstützen, ein geeignetes Milieu/Umfeld zu schaffen sowie Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Coach begleitet seinen Kunden mit einem großen Respekt vor dessen Autonomie und Selbstregulationsfähigkeiten. Gestalt und System bevorzugen beide ein ressourcen- und lösungsorientiertes Vorgehen in der Gegenwärtigkeit (Hier und Jetzt). Auch heute noch sind viele Coachingansätze verbal ausgerichtet, benutzen weitgehend nur den Kommunikationskanal Sprache. Da aber 70 bis 80 Prozent des Informationsaustausches zwischen Menschen nicht- oder vorsprachlicher Natur ist, wird bei diesem Vorgehen auf wichtige Kommunikationswege verzichtet. Große Bedeutung hat in diesem Ansatz die »Sprache hinter der Sprache«, der analoge Raum. Das Analoge ist der Ausdruckraum des Unbewussten. Dieser kennt zwar keine Sprache, wohl aber Bilder, Töne, Gesten, Symbole, Szenarien, die mit emotionalem Erleben verbunden sind. In diesem Ansatz werden viele Ausdrucks- und Eindruckskanäle in die Beratung einbezogen und für die Beratung nutzbar gemacht. Eine wichtige Funktion nehmen dabei die kreativen Medien ein. Der Körper sammelt und archiviert seine Erfahrungen (Leibgedächtnis). Die Erfahrungsspuren werden verkörpert und können über Körper- und Bewegungsübungen für die bewusste Wahrnehmung wieder zugänglich gemacht werden. Coaching ist ein ko-kreativer Vorgang, also ein gemeinsamer kreativer Prozess von Coach und Coachee. Kreativität ist die Grundlage für Veränderung. Die Wiederentdeckung von Lust am Kreativen im Coachingprozess öffnet viele Ressourcen, zum Beispiel am spielerischen Entdecken neuer Lösungswege. Kreative Medien unterstützen die schöpferischen Prozesse. In diesem Sinne ist das Konzept Kreativität ein zentraler Aspekt meines Coachingansatzes. Veränderung im Coaching ist ein kreativer Prozess, bei dem der Coachee seine dysfunktionalen Muster erkennt (biographisch-rekonstruktiver Ansatz), diese Gewohnheiten auflöst (Tiefen), sich nach neuen Möglichkeiten umsieht und ein Lösungsweg ansteuert (lösungsorientiertes, systemisches Vorgehen). Häufig bedarf es auch der geistigen Perspektive, bei der es um existentielle, sinngebende und spirituelle Fragestellungen geht. Diese vier Fragerichtungen habe ich in einem Interventionskreuz zusammengefasst. Die Koordinaten bieten dem Coach die Grundlage für seine Interventionsziele ( s. Interventionsrichtungen, Kapitel 6).
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2.2 Der Gestaltansatz
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Die fünf Konzeptelemente Kreativität, Gestaltarbeit, systemisches Vorgehen, kreative Medien und Körper- und Bewegungserfahrung sind stark miteinander verwoben und vernetzt, so dass sie in nahezu allen Interventionen vorkommen, wenn auch in einem jeweils unterschiedlichen Verknüpfungsmuster.
2.2 Der Gestaltansatz Der Coaching-Gestaltansatz zeichnet sich durch wachstumsorientierte, ganzheitliche, phänomenologische und dialogische Haltung aus. Er bezieht sich auf das Konzept der kreativen Gestaltarbeit und Methoden aus der Integrativen Therapie. Die Gestalttherapie wurde in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Fritz und Laura Perls (Perls, 1974, 1976; Perls, Hefferline u. Goodman, 1979a, 1979b) gegründet. Den kreativen und künstlerischen Aspekt von Gestalttherapie arbeitete besonders Joseph Zinker (1982) heraus. In Deutschland entwickelte Hilarion Petzold (1993) ein wesentlich erweitertes Konzept von Gestalttherapie, die Integrative Therapie, in dem neben Methoden aus anderen therapeutischen Ansätzen (z. B. Psychoanalyse, Psychodrama, Verhaltenstherapie) der reflektierte Einsatz von kreativen Medien (Petzold, 1977) hinzukam. Dorothea Rahm (1990) entwarf den ersten ausführlichen Beratungsansatz und von Astrid Schreyögg (1996) stammt das erste elaborierte Coachingkonzept auf der Basis der Methodik der Integrativen Therapie. Ich möchte zum Einstieg von einer kleinen Erfahrung berichten, wie sie jedem Menschen hundertfach im Laufe seines Lebens widerfährt. Ich sitze an meinem Schreibtisch, in die Lektüre eines Buches vertieft. Da meldet sich mein Magen. Die Empfindung wird immer stärker, so dass ich ihr die volle Aufmerksamkeit zuwende. Ich konstatiere ein Hungergefühl, das mir keine Ruhe mehr lässt (Energetisierung). Ich öffne eine Schreibtischschublade, hole ein paar Kekse heraus und verspeise sie. Langsam beginnt das Hungergefühl zu schwinden. Meine Aufmerksamkeit ist wieder ungeteilt beim Buch. Irgendwann spüre ich ein Kribbeln im Hals. Der Mund ist trocken. Ich habe Durst, ich gehe in die Küche usw. Mein Bewusstsein ist ständig mit Impulsen beschäftigt, die, wenn sie eine bestimmte Intensität erreichen, sich mit Gefühlen verbinden und auf Handlung drängen.
Ich nenne dies den Zyklus des Erlebens (Zinker, 1982; ausführlich beschrieben in Kapitel 3). Der Mensch steht in einer ständigen Wechselbeziehung mit seiner Umwelt. Die Austauschprozesse zwischen Innenwelt und Umwelt vollziehen sich an der Kontaktgrenze. In unserem einfachen Beispiel ist dies der Mund. Mit der Stimulierung (hier ausgelöst durch den inneren Reiz im Magen) startet der Erlebenszyklus. In jedem Stadium hat die Aufmerksamkeit einen
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anderen Fokus: Sie bewegt sich von dem Gewahrwerden einer Empfindung, Gefühlen, der Aktivierung, dem Handlungsentwurf bis zum eigentlichen Austauschprozess (Kontakt) und der Lösung (Befriedigung). Etwas Neues tritt in den Vordergrund des Bewusstseins und leitet die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Im Fluss des Bewusstseins treten also zunächst unbewusste Impulse als Empfindungen ins Gewahrsein, bekommen Bedeutung, die als Gefühl erlebt werden, was dann bei hinreichender Intensität Energie ansammelt (Affekt), eine Intention entwickelt (Handlungsentwurf) usw. Aus der Wahrnehmungspsychologie und der Hirnforschung wissen wir, dass das gesamte Gehirn an der Strukturierung unserer kognitiven und affektiven Prozesse beteiligt ist. Unsere Wahrnehmungen und Erinnerungen werden durch Affekte moderiert. Ererbte und erworbene Muster der Bewertung fokussieren die Blickrichtung. Natürlich greift der Mensch bewusst, reflektiert, intuitiv oder unbewusst, unwillkürlich in den Erlebnisprozess ein. Komplexe Szenarien erfordern auch komplexe Reizverarbeitungen. Die Hauptarbeit der Lebenslenkung leistet ein Art Autopilot, der durch ererbte und erworbene Bewältigungsmuster programmiert ist. Viele Dinge geschehen automatisch. Man braucht gar nicht darüber nachzudenken. Das ist praktisch und erleichtert das Leben. Manchmal sind aber die Programme des Autopiloten veraltet, können nicht mehr ein erfolgreiches Verstehen und Verhalten in der aktuellen Lebenswelt gewährleisten. Im Zyklus des Erlebens treten Irritationen, Hemmungen, Blockaden, Vermeidungen, Vernebelungen auf. Statt Lösungen werden Symptome produziert. Der Mensch vergeudet Energie, verliert seine Kreativität und Flexibilität, büßt seine Kommunikationsfähigkeit ein und wird schlimmstenfalls krank (Richter, 1997a). Eine zentrale Frage in der Gestaltarbeit ist also: Wie reguliert ein Mensch seine kognitiven, expressiven und manipulativen (handelnden) Impulse in Kontakt mit sich, anderen Menschen und seiner Umwelt? Wie jemand handelt, fühlt, denkt, ist allemal interessanter als warum er dies tut. Das Wie gibt Auskunft über das wirkende Muster. In der Gestaltarbeit versuchen wir uns dieser Frage in folgenden Schritten zu nähern. 1. Phänomenologische Sichtweise: Sie konzentriert sich auf das direkt Beobachtbare, Sichtbare, Offensichtliche, also alles, was in der Situation direkt erlebt, gesehen, gehört, gerochen, gefühlt oder ertastet werden kann. Im Zentrum des Interesses steht die Bewusstseinsbühne mit all dem, was sich darauf abspielt (Bewusstheit). Interventionen können dabei die Aufmerksamkeit auf verschiedene Ausschnitte, zum Beispiel die Gefühlsseite, lenken, die dadurch klare Konturen (eine Gestalt) gewinnt ( s. erlebnis- und bewusstseinsaktivierende Interventionen, Kapitel 7). 2. Prozessuale Orientierung: Jedes Handeln ist Teil eines Prozessgeschehens, bzw. von Wechselwirkungen, in einem dynamischen Kräftefeld. Das innere
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2.2 Der Gestaltansatz
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Erleben ist deshalb zugleich auch immer Resonanz auf Kontakt – und Austauschprozesse, auf Beziehungskonstellationen und Handlungsintentionen. Es gibt eine Orientierung an inneren Prozessen ( s. Zyklus des Erlebens, Abschnitt 3.4.3) und äußerer Dynamik (z. B. Gruppenprozesse). 3. Strukturelle Reflexion: Bestimmte Erlebens- und Handlungsweisen tauchen immer wieder auf der Bewusstseinsbühne auf. Die beobachteten Redundanzen lassen den Schluss zu, dass es sich hier nicht um ein zufälliges oder willkürliches Agieren handelt, sondern dieses einem Plan, einem Skript folgt (Autopilot). Muster sind nicht sichtbar, sie liegen hinter den Phänomenen. Man kann sie nicht direkt wahrnehmen, sondern nur Vermutungen über ihr Vorhandensein anstellen (Hypothesenbildung). Muster strukturieren weitgehend unser Leben, sind die strukturelle Verkörperung unserer Erfahrungen. Im Hinblick auf Muster wird in einem anderen Zusammenhang dann auch von Strukturen gesprochen (Rahm, 1986). Strukturen und Muster haben Entstehungsgeschichten (Quellszenen). 4. Mediale Exploration: Kreative Medien und analoge Ausdrucksmittel sind wie Hilfsbühnen oder Nebenbühnen. Hier wird das Stück noch einmal gespielt, aber in einer anderen Sprache und anderen Gestaltungsregeln. Es sind Experimentalbühnen. Auf ihnen kann das Stück (das Muster) einmal ganz anders gespielt, vielleicht sogar der Schluss umgeschrieben werden. Die Arbeit auf der Bewusstseinsbühne ist ein Ausgangspunkt für Gestaltarbeit: Der Coach lädt seinen Coachee ein, seiner Bewusstseinsbühne besondere Beachtung zu schenken, zum Beispiel mit Fragen wie: Wie geht es Ihnen jetzt? Was fühlen Sie gerade? Interessant ist, wie auf dieser Bühne des Bewusstseins gespielt wird und was da zum Beispiel nicht vorkommt (unbewusste Vorgänge). Der Coach hat natürlich keinen unmittelbaren Zugang zur Bewusstheitsbühne seines Coachees. Er ist auf seine Beobachtungen und die Äußerungen des Coachees angewiesen (phänomenologisches Vorgehen). Wichtig ist dabei auch nicht, dass der Coach alles begreift, was sich dort abspielt, sondern dass er den Coachee anleitet, in Kontakt mit den inneren und äußeren Ereignissen zu kommen, die einer Klärung bedürfen (prozessuale Orientierung). Wenn der Coach seinen Coachee fragt: »Was fühlen Sie gerade?«, so will er nicht nur eine Information, sondern regt damit den Coachee an, seine Wahrnehmung in diese Richtung zu lenken. Manchmal melden sich dann ganz zaghaft Gefühle, denen der Coachee sonst nie Beachtung schenkte, die aber im Untergrund kräftig wirken, zum Beispiel eine stille Wut, eine tiefe Enttäuschung, eine unakzeptierte Vorliebe usw. Bekommen diese Impulse eine Auftrittschance in der Bewusstheitsbühne, kann sich der Coachee mit ihnen auseinandersetzen, sie ausdrücken oder in Handlung umsetzen (mediale Exploration). Gefühle kommen allerdings selten allein. Sie sind Bestandteil eines Handlungsmusters (Wie gehe ich zum Beispiel mit meiner Abneigung gegen
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bestimmte Mitarbeiter um?). Ich bekomme Kontakt mit ganzen Szenarien, begreife, wie ich mit anscheinend unwillkürlich bestimmten Abläufen umgehe (strukturelle Reflexion). Das »Hier-und-Jetzt«-Prinzip: Alle Kontexteinwirkungen, alle Einflüsse aus Vergangenheit und Zukunft figurieren, was ich jetzt auf meiner Bewusstseinsbühne erlebe. Veränderung geschieht deshalb nicht in der Vergangenheit oder Zukunft, sondern hier und jetzt. Die Stücke, die auf der Bühne gespielt werden, mögen von der Vergangenheit handeln oder die Zukunft ausmalen, gespielt wird in der Gegenwärtigkeit der Bewusstseinsbühne. Deshalb ist auch die Vergegenwärtigung von Vergangenem oder Zukünftigen eine wichtige Interventionstechnik ( Kapitel 7). Das Kontaktprinzip: Das Kontaktprinzip setzt natürlich immer andere oder anderes voraus, mit dem man in Kontakt treten kann, in den Austausch, in die Interaktion. Hat ein Mensch den Kontakt zu sich, seinen Bedürfnissen, Gefühlen, Gedanken, seiner Lebendigkeit und seinen Handlungsmöglichkeiten verloren, so ist es schlecht um ihn bestellt. Hat eine Person den Kontakt zu anderen Menschen, zur Natur, zur Kultur, zu Beziehungen usw. verloren, so ist seine Lebensfähigkeit gefährdet. Denn der Mensch lebt vom Austausch mit seiner Umwelt und ist auf die Selbstorganisationsmöglichkeiten seiner Innenwelt angewiesen. Kontakt geschieht an der Grenze. Nur in Grenzbereichen gibt es Veränderungen und Wachstum. Die Arbeit mit den Kontaktmöglichkeiten ist deshalb ein zentrales Thema der Gestaltarbeit. Gestalt ist erlebnisaktivierend: Sie befördert körperliche, affektive und geistige Prozesse in die Bewusstheit (Kontakt) und verhilft ihnen zum Ausdruck. Damit werden erstarrte Strukturen wieder erlebbar, flüssiger und veränderbar. Gestalt arbeitet erfahrungszentriert: Sie bietet dem Coachee Erlebnisräume, in denen er sich ausprobieren kann, neue Erfahrungen macht und die ihm ein anderes Denken, Erleben und Handeln ermöglichen. In einem geschützten Rahmen bekommt der Coachee Übungen angeboten, durch die er sich neu erfahren und ausprobieren kann. Hierdurch wird der Möglichkeitsraum erweitert. Arbeit mit kreativen Medien: In der Sprache der kreativen Medien und analogen Ausdrucksmittel lässt sich manches »sagen«, für das es noch keine Sprache gibt. Unbewusste Prozesse können darin gestaltet und begriffen werden. Bewusstes und Unbewusstes treten darüber in Kommunikation.
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2.3 Das systemische Beratungskonzept
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Gestaltarbeit befasst sich bevorzugt mit der subjektiven Seite des Menschen. Das ist nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung vieler Manager. Über ihre Gefühlsseite sprechen sie nicht gern. Gleichwohl halte ich das gekonnte Management der Innenwelt auf Dauer für genauso wichtig für eine Führungskraft wie die Organisation der Arbeit. Coachs, die mit Gestaltmethoden arbeiten, müssen diese deshalb behutsam und überzeugend in den Coachingprozess einführen. Häufig verwandte Interventionen und Techniken in der Gestaltarbeit ( eine ausführliche Beschreibung der Techniken finden Sie in Kapitel 7): – erlebnisaktivierende Interventionen (z. B. Aufmerksammachen auf ein bestimmtes Ausdrucksverhalten, ungewöhnliche Inhalte; Verstärken, Verlangsamen und Beschleunigen, Übertreiben); – Umgang mit Sprache: Verdichten, Verantworten (z. B. statt Man- oder Es-Aussagen Ich-Aussagen), Konkretisieren, Übersetzen; – Dramatisieren und Inszenieren, zum Beispiel Dialog mit dem leeren Stuhl, Rollenspiel; – Bewusstheit und Bewegung, zum Beispiel Achtsamkeits- und Bewusstheitsübungen, Skulpturieren; – Arbeit mit Geschichten, Texten, Metaphern und Gedichten. – Imagination, Phantasiereisen, Trance/Tiefenimagination, Träume – Arbeit mit kreativen Medien, zum Beispiel Malen, Modellieren
2.3 Das systemische Beratungskonzept Die Grundlagen des systemischen Coachings bilden die Systemtheorie (Luhmann, 1981) und die Ansätze der systemischen Therapie (Minuchin, 1981; de Shazer, 1989; Selvini Pallazzoli, Boscolo, Cecchin u. Prata, 1979; Satir, 1982; Schmidt, 2004; von Schlippe u. Schweitzer, 1996). Aus den anfänglich auf Familientherapie spezialisierten Therapieansätzen entwickelten sich bald auch Coaching- und Beratungskonzepte (Fallner u. Pohl, 2001; König u. Volmer, 2002; Königswieser u. Exner, 2001; Schmid, 2004; Schmidt, 2005; Schwing u. Fryszer, 2006). Die systemische Therapie und Beratung sieht den Menschen als Teil von größeren, ineinandergreifenden Systemen, zum Beispiel von Familien, Teams, Abteilungen, Organisationen. Probleme entstehen nicht im Menschen, sondern zwischen Menschen, haben damit zu tun, wie miteinander geredet, umgegan-
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2 Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
gen oder gearbeitet wird. Das Symptom ist nicht Eigenschaft einer Person, sondern ein Fenster ins System, ein Wegweiser in die Problemlage. Systemische Beratung zielt auf eine Vermehrung der Handlungsmöglichkeiten: durch die Konstruktion wirksamerer Wirklichkeitsauffassungen, durch die Aktivierung von Ressourcen und die Entwicklung von Lösungen. Hier einige Grundannahmen: Menschliche Erlebnis- und Verhaltensweisen ereignen sich immer in Wechselbeziehung zu anderen Menschen. Alle Teilnehmenden an einer Interaktion üben einen wechselseitigen, zeitlich synchronen Einfluss aufeinander aus. Ursachen und Wirkungen sind rückbezüglich, umkehrbar, nicht kausal. Man bezeichnet das auch als zirkulären Prozess. Das relevante Grundelement, das es zu betrachten gilt, ist also nicht mehr das Individuum, sondern die Beziehungen zwischen einzelnen Individuen und damit das ganze System, in das der Einzelne einbezogen ist. Im umfassenden Sinne ist es das Ökosystem, ohne das die Menschen nicht verstehbar sind. Die Wechselwirkungen leisten den Zusammenhalt zwischen den Elementen. Diese sind nicht zufällig, sondern folgen gewissen Regeln und Mustern. Die Wechselwirkung verhindert, dass einseitige Einflussnahme von einzelnen Elementen ausgeht. Es kann sich auch kein Element unabhängig von den anderen verändern. Die Organisationsmacht im System haben die Regeln. Systeme strukturieren sich so, dass sie sich in selbstorganisierender Weise reproduzieren und damit ihren Bestand gewährleisten. Im sozialen Bereich entwickeln all jene Gruppen diese Fähigkeit, die sich als funktionale Einheit mit gemeinsamen Zielen definieren. Dazu gehören zum Beispiel Teams, Projektgruppen, aber auch Coach-Coachee-Beratungssysteme. Kleinere Systeme, zum Beispiel die Paarbeziehungen, Triaden, Gruppen, sind wieder in größere Systeme einbezogen. Die Außenwelt wird nicht »an sich« wahrgenommen, sondern aufgrund innerer Verknüpfungs- und (Be-)Deutungsmuster. Die Landkarten der Bedeutung der Außenweltimpulse sind Ausdruck dessen, was in dem System als förderlich oder bedrohlich für den Bestand des Systems angesehen wird. Dabei ist die Festlegung auf vereinfachende und redundante Regeln und Muster durchaus sinnvoll und ökonomisch. Sie schränkt aber die Flexibilität ein und kann so zu unangemessenen Resonanz- und Reaktionsformen auf Umweltimpulse führen. Wie jemand die Welt erlebt und welches Bewusstsein er dabei hat, hängt ab von seiner Position und Funktion im Netzwerk des Systems. Es ist dabei weniger die Frage, welche Eigenschaften ein Mensch hat, als vielmehr, welche seiner Eigenschaften im System anklingen. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass Menschen in verschiedenen Kontexten bzw. Systemen leben. In jedem System, das ein Mensch »betritt«, herrschen andere Regeln, werden unterschiedliche Verhaltensweisen von ihm erwartet und spezifische Eigenschaften bzw. Kompetenzen abgerufen. Er muss unterschiedliche Funktionen einnehmen und
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2.3 Das systemische Beratungskonzept
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diese durch eine angemessene Rolle verkörpern. So kann ein Teammitglied zum Beispiel erhebliche Verwirrung stiften, wenn es nicht in der erwarteten funktionalen Rolle auftritt, sondern sich dem Team in einem familiären Rollensegment präsentiert (z. B. indem er nach einer Vaterfigur im Team sucht, als Nesthäkchen besonders beachtet werden will). Der Coach ist kein neutraler Beobachter. Indem er in das Beratungssystem eintritt, begibt er sich ins Spiel der Wechselwirkungen. Jede seiner Wahrnehmungen ist kontextabhängig. Der Beobachter verändert alleine durch seine Anwesenheit seinen Beobachtungsgegenstand. Somit kann das, was er beobachtet auch nur er beobachten. Dies sollte der Coach besonders bei seiner Hypothesenbildung berücksichtigen Symptome entstehen in einem System, wenn bestimmte Ereignisse nicht mehr intern kommuniziert werden können, also aus der Wechselwirkung herausgenommen sind. Symptome sind Auswirkungen von unbrauchbaren Rettungs- bzw. Bewältigungsversuchen des Systems. Sie haben Aufforderungscharakter, rufen um Hilfe. Allerdings können sich Systeme nur in dem Maße ändern, wie dies ihrer Eigengesetzlichkeit nach vorgesehen ist, also in dem Rahmen, in dem sich ihre Eigendynamik entwickeln kann. Die Arbeitsrichtung im systemischen Coachen ist ressourcenorientiert, zukunftsbezogen und lösungsorientiert. Es wird davon ausgegangen, dass der Mensch bzw. das System bereits über alle Möglichkeiten und notwendigen Ressourcen verfügt, um seine Probleme zu lösen und alternative Wege für die Zukunft zu finden. Häufig verwandte Interventionen und Techniken sind ( ausführliche Beschreibung der Techniken in Kapitel 7): – Fragetechniken, zum Beispiel hypothetische Fragen, Verschlimmerungsfragen, Prozentfragen, Zukunftsfragen, Fragen nach Ausnahmen; – zirkuläres Fragen, sie zielen auf den vermuteten Standpunkt dritter Personen; – Reframing von Sachverhalten, soll neue Bedeutungen anregen; – paradoxe Interventionen, die Verschreibung problematischen Verhaltens blockiert dessen Auftreten; – Arbeit mit Metaphern, Texten, Geschichten: sie ermöglichen eine andere Verstehensperspektive; – Imagination, Phantasiereisen; – Skulpturieren, Aufstellungen, Standbilder; – Hausaufgaben, ergänzende Aufgaben, die im Praxisbereich zu bewältigen sind.
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2 Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
2.4 Kreativität Kreativität gehört zur menschlichen Grundausstattung. Der Begriff ist in seiner Bedeutung in unendlich vielen Definitionsversuchen eingekreist worden. Es geht immer um die Frage, wie Neues aus Altem entsteht oder wie neue Zusammenhänge geknüpft werden können. Neues entsteht nicht aus dem Nichts. Es greift auf Vorhandenes zurück. Die alten Strukturen, Konfigurationen oder Formen müssen dann einer Neugestaltung weichen. Kreativität ist in allen Lebensbereichen möglich. Sie ist maßgeblich beteiligt an der Entwicklung neuer Erlebens-, Denk-, Handlungs- und Beziehungsweisen. Sie ist ein essentieller Bestandteil schöpferischer Prozesse und des Kunstschaffens. Die Kreativität steht in einer engen Verbindung mit dem primär prozesshaften Denken. Dieses ist noch nicht durch logisches und sprachgebundenes Denken präformiert. Es herrscht also nicht keine zeitliche Struktur, keine Logik des Widerspruchs (die Person kann zugleich handelnde und sich beobachtende Person sein). Die primärprozesshafte Ausdrucksform ist eher bildhaft, symbolisierend und spielerisch (Rudolf, 1996). Coaching ist ein kreativer Prozess, an dem Coachee und Coach beteiligt sind! Kreativität benötigen Coachees, um ihre Probleme zu lösen, ihren Visionen nachzugehen, Blockaden zu überwinden oder auch ihren Arbeitsalltag zu gestalten. Viele Klienten, die in die Beratung kommen, sind gestresst, sorgengeplagt, irritiert, wutentbrannt. Sie leben in einem psychischen Zustand, der kognitive Prozesse einschränkt und Kreativität erheblich behindert. Solche starken Gefühle bewirken einen Tunnelblick, der die Sicht auf alte, oft unbrauchbar gewordene Lösungswege einengt. Diese werden dann immer wieder aufs Neue beschritten, ohne zu einer Lösung zu kommen. Auch der Coach sollte kreativ sein, ein wacher Begleiter, dem immer wieder neue Ansichten auf- und einfallen, dem Ideen kommen, wie er seinen Coachee unterstützen kann. Coaching ist ein ko-kreativer Vorgang, bei dem alle Beteiligten ihr kreatives Potential einbringen. Eine der ersten Schritte des Coach wird darin bestehen, dem Coachee dabei zu helfen, sich aus seiner einengenden Gefühlslage zu befreien. In einer entspannteren, sicheren Atmosphäre gelingt es dem Coachee leichter, alte Pfade, Perspektiven, Lösungswege zu verlassen und sich auf zunächst unsicheres Neuland zu begeben. Der Coachee muss dabei in seinen Möglichkeiten gefordert und zur Risikobereitschaft ermutigt werden. Am Anfang eines kreativen Prozesses steht oft eine gründliche, sachliche Vorbereitung und eine intellektuelle Durchdringung der Fragestellung. Dann kommt eine Phase, in der das Ich nicht weiterzukommen scheint. Unbemerkt arbeitet das Unbewusste aber weiter an der Lösung. Die eigentliche Lösungsidee stellt sich dann unwillkürlich ein, oft in unerwarteten Augenblicken, manchmal
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2.4 Kreativität
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sogar im Schlaf. Das Kernstück des kreativen Prozesses ist also unwillkürlich, vollzieht sich im Unbewussten, ist willentlich oft nicht mehr beeinflussbar. Kreativität ist für mich eine gelungene Kooperation willkürlicher, rationaler und unwillkürlicher, unbewusster Aspekte. Auch in ko-kreativen Prozessen in Gruppen, scheint es so etwas wie unbewusste Lösungsarbeit zu geben. Unverkennbar enthält die Kreativität etwas Spielerisches. Es ist eine kostbare Reminiszenz der Kompetenzen, über die jedes Kind verfügt, wenn es sich die Welt erobert: Es beginnt mit Gegenständen zu spielen, sie zu begreifen und sich anzueignen. Jede kindliche Entwicklungsstufe bevorzugt dabei andere spielerische Medien: das Matschen, Malen, Puppen und Rollenspiele usw. Die gemalte, gespielte, erzählte Wirklichkeit wird erfahrbar, begreifbar. Über die kreativen Medien lernen die Kinder spielend. Kinder verzaubern kraft ihrer Phantasie einen Küchentisch in ein Boot, einen Karton in ein Haus usw. Sie geben alltäglichen Gegenständen eine neue Bedeutung, eine andere Funktion. Im Alten das Andere, das Neue zu entdecken, ist nun ein weiterer wichtiger Aspekt der Kreativität. Die Schule und andere Sozialisationsagenturen verfolgen andere Lernkonzepte, die zwar auch ihre Berechtigung haben, leider aber die weitere Entwicklung der Fähigkeit zur spielerischen Aneignung von Wirklichkeit unterbinden. Die Wiederentdeckung der Lust am Kreativen im Coachingprozess öffnet viele Ressourcen. Auch uns Erwachsenen können diese kreativitätsfördernden Materialien helfen, unsere Probleme zu begreifen, ein unkonventioneller Perspektivwechsel kann einen Lösungsweg aufzeigen. Leider gibt es vieles, was einen Coachee, aber auch seinen Coach daran hindern kann, sein Leben und Arbeiten kreativ zu gestalten. Hier einige dieser die Kreativität behindernden Faktoren (nach Zinker, 1982, S. 70 f.): – Scheu vor Risiken, Angst vor Misserfolg; – nüchterner, zu ernster Lösungsstil verhindert spielerisches Herangehen an Probleme; – Kurzsichtigkeit im Hinblick auf Hilfsmittel, der Coachee erkennt nicht oder schöpft nicht seine vorhandenen Ressourcen aus; – stereotypes oder rigides Problemlöseverhalten; – Vermeiden von Frustrationen, vorschnelles Zurückweichen vor Hindernissen; – am Gewohnten hängen; – verarmte Phantasie, zum Beispiel wegen großen Dauerstresses, Angst, mangelndem Selbstvertrauen;
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2 Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
– Bedürfnis nach Ausgewogenheit, Abneigung gegen Ambiguität, Unordnung, Komplexität etc.; – Abneigung, von seinen Einflussmöglichkeiten Gebrauch zu machen; – wenig Geduld und Vertrauen darein, dass die Dinge sich richten werden; – verarmtes Gefühlsleben; – fehlende Integration von Yin und Yang, Polarisierungen statt Integration; – mangelnde Empathie, Sensitivität und Kontaktfähigkeit.
Wie unschwer zu merken ist, sind diese Faktoren in den meisten Fällen auch Hindernisse für gutes Führungsverhalten. Die Entfaltung von Kreativität und Ko-Kreativität ist deshalb ein wichtiges Ziel in der Beratung.
2.5 Die Sprache hinter der Sprache: Die Arbeit mit kreativen Medien im analogen Raum1 »Nicht alle wirksamen Interventionen beziehen sich letztlich auf Sprache, schon deshalb nicht, weil für unser Erleben zentral wichtige Zentren unseres Gehirns (limbisches Systeme) vorsprachlich organisiert sind und Sprache sie in wichtigen Aspekten oft nicht erreicht« (Schmidt, 2004, S. 85).
Sprache funktioniert wie eine Grenzgängerin zwischen der bewussten und den unbewussten Seiten des Selbst. Die Wirksamkeit der unbewussten Prozesse wird seit einiger Zeit immer genauer durch neuropsychologische Untersuchungen erforscht (Roth, 2001). Aber das Unbewusste verfügt auch über eigene Ausdrucksformen, die der bewussten Wahrnehmung zugänglich gemacht werden können. Da gibt es den unmittelbar sinnlichen, unwillkürlichen Ausdruck über den Körper (Gesten, Mimik, Stimme, Bewegungen, Haltung, aber auch Körperausdünstungen/Geruch, Erröten usw.) und mittelbare, das heißt durch kreative Medien gestaltete Botschaften. Mit Hilfe von Bildern, Plastiken, Collagen, gelenkten Phantasiereisen, Geschichten, Gedichten, Metaphern, Texten, Inszenierungen, Aufstellungen und Skulpturierungen, musikalischen und stimmlichen Ausdruckmöglichkeiten wird etwas sichtbar, hörbar, fühlbar, begreifbar. So kann die innere psychische Befindlichkeit, für die der Coachee noch keine Sprache findet, von ihm umschrieben, gemalt, skulpturiert, in eine Melodie oder Rhythmus umgesetzt oder inszeniert werden. 1 Zur Einführung: Richter (1989).
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2.5 Die Sprache hinter der Sprache
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Will der Coachee sich eine Teamszene anschauen, die für ihn noch nicht greifbar ist, so kann er zwischen unterschiedlichen Präsentationsformen wählen, zum Beispiel kann er das Team bebildern, mit Holzklötzchen, Münzen, Figürchen, Steinen nachstellen oder mit der Technik der »leeren Stühle« das Team inszenieren. Jede dieser medialen Erzählformen enthält eine Vielzahl zusätzlicher Informationen, entwirft jeweils andere Perspektive der Praxisszene und erschließt dem Coachee neue Bedeutungszusammenhänge, die bei einer rein verbalen Darstellung des Problems nicht in den Blick gekommen wären. Jede mediale Gestaltung ist eine Botschaft des Coachee von sich, über sich, an sich und an andere (Petzold, 1990). Der Analoge verhilft aber nicht nur bei der Betrachtung des Gewesenen oder der Verdeutlichung dessen, was sich gerade jetzt in einer Szene abspielt. Es unterstützt uns auch beim Finden von Visionen und Lösungen in der Zukunft. Die Zukunft kann uns nicht bewusst sein, weil sie noch nicht eingetreten ist. Dabei sind wir weit mehr mit der Vorbereitung auf zukünftige Ereignisse als mit der Bewältigung vergangener beschäftigt. Wir entwickeln laufend Zukunftsvorstellungen, Phantasien, wie etwas sein wird, schwelgen in Gefühlen oder entwickeln Ängste. Kreative Medien unterstützen die Entwicklung von sinnlicher Konkretisierung und Präsentation von Zukunftsvorstellungen. Sie werden hierdurch zu einem Baustein im lösungsorientierten Ansatz. Ausdrucksmedien sind zugleich Eindruckmedien, wenn sie nicht produziert, sondern rezipiert werden. Kreative Medien wirken über die Wahrnehmung stark erlebnisaktivierend. Jeder kennt zum Beispiel die Wirkung von bestimmten Melodien auf die eigene Stimmung, die Faszination, die von bestimmten Bildern ausgeht, oder die innere Berührung beim Lesen eines Gedichte. Was sind kreative Medien? Medien sind in erster Linie Informationsträger also Materialien, die zur Gestaltung und zum Transport von Informationen dienen. Zum Medium kann nahezu alles werden: Alle Arten von Materialien, Dingen, Geräten, Prozessen, Handlungsformen. Sie werden dazu in der Regel aus ihrem gewohnten Funktionszusammenhang genommen. Aus einem einfachen Seil wird ein Beratungsseil, ein Stein oder eine Holzfigur werden zu Bedeutungsträgern von Beziehungskonstellationen usw. Kreative Medien haben einen unterschiedlichen Materialcharakter und einen unterschiedlichen Aufforderungscharakter (Petzold, 1977). Medien lassen sich nach ihrer Beschaffenheit unterscheiden: • technische Medien, zum Beispiel Computer, Video: im heutigen Sprachgebrauch wird der Medienbegriff oft auf technische Medien reduziert; • Handlungsmedien, zum Beispiel Sprache, Texte, Bewegung, Rollenspiel; • Materialmedien, zum Beispiel Farbe, Papier, Zeichnen, Collage, Holzfiguren; • personales Medium, die Persönlichkeit des Coachs mit all seinen Ausdrucksund Beziehungsmöglichkeiten, seiner Haltung, seinem Wissen, Stil und seiner Präsenz (Nevis, 1988), mit der er im Beratungsprozess anwesend ist.
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2 Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
Kreative Medien haben einen unterschiedlichen Aufforderungscharakter. So werden oft ästhetisch ansprechende Holzfiguren leichter angenommen als ein leeres Blatt Papier, auf das mit Kreide gemalt werden soll. Der konkrete Aufforderungscharakter, der von einem Medium ausgeht, wird natürlich auch durch andere Faktoren bestimmt, wie zum Beispiel Vorerfahrungen des Coachee, die Art, wie der Coach das Medium einbringt. Strategien und Ziele für die Arbeit mit kreativen Medien sind ( s. dazu die Interventionstechniken und Übungsanleitungen am Ende der jeweiligen Kapitel): – Präsentationen aus dem unbewussten psychischen Raum, Projektionen von nicht- oder vorbewussten Aspekten der Psyche (z. B. unerlaubte Wünsche, Befürchtungen, Konflikte, verdrängte Gefühlte, unklare Kompetenzen, Rollenunschärfen): Hier werden die vorbewussten Anteile des Selbst (oder des Systems) im Gestaltungsprozess in das Material (Ausdrucksmittel, kreatives Medium) hineingearbeitet bzw. projiziert. Das Material liegt dann offen dar, muss nur noch erkannt, begriffen und reflektiert werden. – Vergegenwärtigen von vergangenen und oder zukünftigen Zeiträumen, Rekonstruktion von Szenen, Ereignissen und Prozessen, zum Beispiel mit Hilfe der Genogrammarbeit, einem Karrierepanorama, Skulpturieren, Reisen in die Zukunft und Vergangenheit. – Erkennen und Verdeutlichen von Zusammenhängen in der Psychodynamik, in Beziehungen, in Systemen, zum Beispiel Nachstellen einer Teamkonstellation mit Holzfiguren. – Dramatisierung der psychischen und systemischen Dynamik, zum Beispiel Arbeit mit leeren Stühlen, Rollenspiel und Psychodramatisierung, Dialogtechniken, Beziehungsfeldern, Aufstellungen. – Visionen entwickeln, Ziele finden, zum Beispiel mit Imaginationstechniken. – Erweiterung des experimentellen Erfahrungsraumes: Experimentieren mit neuen Handlungsmöglichkeiten für die Alltagswirklichkeit, zum Beispiel durch Rollenspiele, Trainings. – Reduktion komplexer Zusammenhänge, zum Beispiel durch Skizzieren oder Nachstellen eines Sachverhaltes, einer Szene. – Erweiterung des sinnlichen Erfahrungsspektrums, Erweiterung der expressiven Fähigkeiten und Stärkung der Kreativität. – Visualisierung, zum Beispiel am Flipchart. – Erfahren zusätzlicher Kommunikationskanäle.
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2.6 Körper- und Bewegungserfahrung im Coaching
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Coachs, die kreative Medien einsetzen, sollten selbst Spaß am kreativen Gestalten haben. Solide Grundkenntnisse über Aufforderungscharakter, Gestaltungstechniken und Materialbesonderheiten der jeweiligen Medien sind hilfreich. In diesem Buch werden eine Vielzahl von Übungen2, die mit solchen kreativen Medien arbeiten, beschrieben. In der jeweiligen Übungsanleitung finden Sie die Zielsetzung, die einzelnen Arbeitsschritte und Auswertungsregeln sowie eine Arbeitsanleitung für den Umgang mit den beteiligten kreativen Medien.
2.6 Körper- und Bewegungserfahrung im Coaching3 »Bewegung ist Leben und Leben ist Bewegung« (Petzold, 1988, S. 977).
Zwei Menschen sitzen sich gegenüber, sie reden und schweigen, sie regulieren ihre Nähe, sind offen oder verschlossen, verhalten sich zueinander, gestikulieren, sind mimisch aktiv. Im Gespräch, so auch im Coachingprozess, wird die Szene stark von der Choreographie des zwischenleiblichen Geschehens und der körperlichen Präsenz bestimmt. Die Wechselwirkung von Körperausdruck und Körperwahrnehmung sowie das dadurch bewirkte zwischenleibliche Resonanzgeschehen gehören neben der Sprache zu den Grundlagen der Kommunikation. Jede innere Bewegung, sei es ein Gefühl, Bedürfnis, Handlungsimpuls, hat die Tendenz, sich in Ausdrucksbewegungen und Handlungen umzusetzen. Jeder noch so kleine Gedanke aktiviert unser Bewegungszentrum im Gehirn. Nicht immer wird dann auch eine sichtbare Bewegung daraus. Umgekehrt wirken Bewegungen auch nach innen, entspannen oder verkrampfen, versetzen in Unruhe (ein rasendes Herz) oder beruhigen, setzen sich also als innere Bewegungen fort. Muskelbewegungen sind ein wesentlicher Teil des Austausches mit unserer Umgebung. »Durch Bewegung äußern wir Gefühle, manipulieren, gestalten wir die Umwelt, treten wir zu anderen in Beziehung und reagieren auf sie, [. . . ] verändern wir unsere Grenzen und verteidigen unsere organismische Integrität« (Kepner, 1988, S. 44).
2 Neuerdings setzt sich die Bezeichnung Tools in der Literatur durch. Ich bevorzuge nach wie vor die
alte Bezeichnung Übung, und zwar aus folgendem Grund: Ein Tool, das heißt Handwerkszeug, legt das Bild nahe, dass damit jemand handwerkelt. Das stimmt nicht mit meinem Bild vom Coach überein. Bei der Übung handwerkelt der Coach nicht, sondern er stellt seinem Coachee einen Erfahrungsund Experimentierraum zur Verfügung und begleitet ihn bei seinem Erleben und Reflektieren. Der Unterschied liegt nicht im Methodischen, sondern in der Haltung. 3 Zur Einführung: Petzold (1988), Kepner (1988), Hausmann u. Neddermeyer (1996), Baer u. FrickBaer (2001).
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2 Coaching mit Gestalt und System, ein Beratungskonzept mit Herz und Verstand
Jede Bewegung korrespondiert mit einem Gefühl, jede Vorstellung und jeder Gedanke führt zu einer Bewegung. Die Erfahrungen werden im Körper gespeichert (Leibarchive) und verkörpert. Eine besondere Form der Bewegung ist die Gefühlsbewegung, die innere Gestimmtheit usw. Sie kann die Stimme erfassen, nach außen tönen oder singen, einen Ruf, eine Melodie formen. Umgekehrt ist es gerade die Musik, die besonders intensiv auf unsere Stimmungen einwirkt, sie beruhigt, erheitert, aktiviert, aufwühlt usw. Die Stimme ist verbunden mit dem Atem. An der Atembewegung lässt sich die Gefühlsbewegung ablesen, über den Atem kann die innere psychische und körperliche Verfassung massiv beeinflusst werden. Körperaktivitäten haben sind folgende Funktionen: • Durch Muskelbewegungen geschieht ein wesentlicher Teil unseres Austausches mit der Umwelt. • Durch (Ausdrucks-)Bewegungen äußern wir Gefühle bzw. nehmen sie als Resonanzbewegung in uns wahr. • Durch Bewegungen manipulieren und gestalten wir unsere Umwelt, treten mit anderen in Beziehung und reagieren auf sie. • Bewegungen brauchen wir, um unsere Grenzen zu verteidigen und unsere leib-seelische Integrität zu bewahren • Die Körpersprache ist eine fundamentale, aber nur zu einem kleinen Teil bewusst steuerbare Kommunikationsmöglichkeit des Leibes. • Der Körper speichert alle Erfahrungen. Der Körper speichert alle Lebenserfahrungen und wird durch sie zum Leib geformt. Diese Formen sind zum Teil sichtbar. So geben chronifizierte Muskelspannungen einer Person über ihre biologisch vorprogrammierte Figur hinaus eine individuell geformte und oft verbogene Gestalt. In die Gestalt eingewoben sind physiologische und biochemische Ablaufmuster. Auf der Erlebnisseite sind es Vorstellungs-, Empfindungs- und Gefühlsabläufe, die zusammen mit den vorprogrammierten Muskelreaktionen den je individuellen Stil eines Menschen ausmachen: wie er sich in der Welt erlebt, bewegt und handelt. Körperarbeit und Bewegungserfahrung sind Zugangsweisen zu tiefgehenden, häufig nicht bewussten Erfahrungsbereichen. Eine einzige spontane Geste kann viel über mich und meine Beziehung zu meinem Gegenüber erzählen. Ein Großteil unserer Kommunikation läuft unwillkürlich, das heißt nicht bewusst gesteuert ab. Nach meiner Erfahrung ist bei einem Teil der Coachees mit anfänglichem Befremden oder Widerstand zu rechnen. Die Einbeziehung von Körper- und Bewegungserfahrung haben sie nicht erwartet, muss deshalb unbedingt in das Kontraktgespräch einbezogen werden. Coachees betreiben zwar häufig Sport. Das hat aber eine andere Funktion, nämlich Styling und fit zu bleiben. Körperübungen in unserem Sinne verun-
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2.6 Körper- und Bewegungserfahrung im Coaching
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sichern sie eher oder erzeugen das Gefühl von Scham. Es sind ja vor allem unwillkürliche Bewegungen und Körperreaktionen, die sie nicht direkt unter Kontrolle haben. Hier kommt es, ähnlich wie bei den kreativen Medien, darauf an, dass der Coach sie authentisch und natürlich einbringt, ohne jemanden zu bedrängen. In diesem Buch werden Interventionstechniken und Übungen zu folgenden Bereichen vorgestellt: – Awarenessübungen, Bewusstheitstraining aus der Gestalttradition ( s. Kapitel 7); – Achtsamkeitsübungen zum bewussteren Leben und Stressabbau ( s. Kapitel 7); – Intensivierung von Ausdrucksverhalten, zum Beispiel Körperimpulse wahrnehmen, verstärken, begreifen ( s. Gestaltinterventionen, Kapitel 7); – Atemübungen ( s. Kapitel 8); – Entspannungsübungen ( s. Kapitel 8); – Meditation zur Entspannung, Konzentration und Spiritualität ( s. Kapitel 8); – symbolische Interaktionen, symbolische Ausdrucksmöglichkeiten für den zwischenmenschlichen und interaktiven Beeich ( s. Kapitel 8); – Aufstellungen, Skulpturieren und Modellieren, Sichtbarmachen von Beziehungs- und Haltungskonstellationen ( s. Kapitel 8); – symbolische Dialoge, zum Beispiel mit Körperaspekten, Symptomen, Haltungen etc.; – Kontakt und Begegnung im Beziehungsraum; – analoge Körperarbeit. Was lösen Szenen aus, die in ihrer Struktur früheren Erlebnissen ähneln? (z. B. zu einer Person hochschauen müssen); – Rituale, zum Beispiel Kraftrituale zur Gewinnung von Energie ( s. Kapitel 8); – Inszenieren und Dramatisieren, zum Beispiel Rollenspiele, psychodramatische Techniken ( s. Kapitel 7).
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Struktur und Prozess
Kapitel 3 befasst sich mit der Struktur und dem Prozess des Coachings. Es geht dabei sowohl um die Gestaltung der einzelnen Beratungsabschnitte wie auch um die Moderierung des gesamten Verlaufs vom Erstkontakt bis zur Verabschiedung. Der Leser bekommt einen Überblick über die Aufgaben, die Coach und Coachee im Beratungsprozess zu bewältigen haben.
3.1 Prozess und Arbeitsschritte Beim Coaching unterscheide ich zwischen einem Phasenmodell (Struktur) und dem Prozess (realer, dynamischer Verlauf). Das Phasenmodell ist wie eine Landkarte. Es enthält all die Stationen, Aufgaben und Arbeitsschritte, die im Verlaufe eines Prozesses vom Coach und Coachee bewältigt werden müssen. Den Verlauf eines Coachingprozesses teile ich in sieben Phasen auf: 1. Vorphase: Kontakt und Vorgespräch, 2. Kontrakt- und Vereinbarungsphase, 3. Einlassungsphase: Entwicklung der Arbeitsbeziehung, 4. Experimental- und Arbeitsphase: Experimentieren auf dem Möglichkeitsfeld und Erarbeiten von Lösungen, 5. Integrationsphase: Integration in das Binnensystem Person, Transformation in die Kontexte, 6. Phase der Neuorientierung und des Praxistransfers, 7. Abschluss- und Evaluationsphase. Auch jede einzelne Sitzung ist durch vier Arbeitsschritte strukturiert, die von Coach und Coachee durchschritten werden müssen: die Einlassungs-, Bearbeitungs-, Integrations- und Transformationsphase. Da die Diagnostik nicht nur am Anfang steht, sondern sich als Intervention durch den gesamten Coachingprozess zieht, hat sie die Bezeichnung prozessuale Diagnostik bekommen. Verlaufsmodelle bilden nicht die Wirklichkeit ab. Sie sind die Wanderkarten für den Prozess, also nützliche Orientierungshilfen. Den realen Verlauf einer Beratung nenne ich den Prozess. Der Prozess ist die Veränderung der Dynamik über eine Zeit- und damit Entwicklungsstrecke. Er entsteht aus dem Zusammenwirken und im Wechsel-
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3 Struktur und Prozess
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spiel aller am Verlauf beteiligten Kräfte. Der Coachingprozess ist so betrachtet eine ergebnisoffene Entdeckungsreise ins Land der Lösungen. Verdeckte Aufträge, ungeahnte Schwierigkeiten und Widerstände, aber auch neue Zielperspektiven können aus einer gradlinig verlaufenden Straße einen serpentinenreichen, mitunter holprigen und beschwerlichen Weg werden lassen. Nicht das unbedingte Erreichen eines vorbestimmten Ziels, sondern das, was für den spezifischen Coachee in seinen Kontexten optimal erreichbar ist, steht am Ende der Beratung. Ergebnisausrichtung und Prozessorientierung verbindet ein dynamisches Verhältnis. Dies muss natürlich dem Coachee im Rahmen der Kontraktverhandlungen und Zieldefinition erklärt werden.
3.2
Das Phasenmodell
3.2.1 Beratungsphase 1: Kontakt und Vorgespräch Fragen zur Kontaktaufnahme – Wie kommen Coach und Kunde zusammen?: • auf Empfehlung von Dritten (das ist immer noch die sicherste Methode), • über die Coachliste eines (Coaching-)Berufsverbandes, • durch Vermittlung der Personalabteilung einer Organisation, • durch Medien, zum Beispiel Zeitschriften, Internetangebote. Die potentiellen Kunden haben häufig nur ein recht oberflächliches Wissen von dem, was im Coaching tatsächlich passiert, und was es leisten kann. Manche befürchten, dass es sich um eine Art Berufstherapie handelt, und haben Angst, dass ihnen die Inanspruchnahme dieser Beratungsform von Kollegen als Schwäche ausgelegt wird. Der Erstkontakt: Der Coachee möchte natürlich wissen, ob er bei diesem Coach mit seinem Anliegen an der richtigen Adresse ist, zum Beispiel ob • er Vertrauen fassen kann; • der Coach über genügend Kompetenz verfügt; • er sich vom Coach akzeptiert und verstanden fühlt; • er sich vorstellen kann, dass die Beratung effektiv werden könnte und sich damit für ihn auszahlt; • er genügend erste Informationen über die Rahmenbedingungen (Dauer, Frequenz, Kosten etc.) erhält ( weitere Fragen zur Kontaktaufnahme s. »Erstgespräch«). Der potentielle Coachee macht sich ein Bild von seinem möglichen Berater. Oft entscheidet der erste Eindruck darüber, ob das Coaching zustande kommt
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3.2 Das Phasenmodell
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und welcher Erfolg ihm beschieden ist. Aber auch für den Coach bietet das Kontaktgespräch wichtige Information, die sich in ihm zu seinem Kundenbild zusammensetzen. Fragen, die sich der Coach vor Beginn der eigentlichen Beratung stellen sollte: • Kann ich Sympathie und Akzeptanz gegenüber dem potentiellen Kunden entwickeln? • Für wie motiviert halte ich den potentiellen Kunden (ohne Motivation kein Coaching!)? • Wie offen erscheint der Coachee? Ist er bereit, sich auf einen Beratungsprozess einzulassen? • Bin ich der richtige Coach für diese Person, für dieses Thema? • Ist der Interessent für Coaching geeignet oder sollte er lieber eine Therapie machen? • Ist Coaching die richtige Methode zur Bewältigung der Aufgabenstellung oder ist hier zum Beispiel eher eine Organisationsentwicklung angesagt? In seinen ersten zehn Sätzen, in der Ouvertüre signalisiert der potentielle Kunde meist unbewusst schon das Thema, um das es ihm »eigentlich« geht (z. B. uneingestandene, diffuse Ängste, Wut, Bedürfnisse, Ansprüche, als zu kühn empfundene Visionen, Ratlosigkeit). Hier wird später diagnostisch abzuklären sein, ob diese unbewussten Nebenthemen nur ein zu vernachlässigendes Hintergrundsrauschen darstellen oder als die eigentlichen Hauptthemen in den Vordergrund rücken sollten. Viele der hier gestellten Fragen lassen sich natürlich noch nicht genauer beantworten. Aber es entstehen erste Ideen und Gefühle zum Kunden. Es empfiehlt sich, dass der Coach nach einem solchen Erstkontakt ein kurzes Protokoll anfertigt, um diese ganz frischen Spuren zu sichern: Stichworte zum ersten Eindruck, Phantasien und Assoziationen über den Kunden, erste Hypothesen über Problem- und Zielszenarien.
3.2.2 Beratungsphase 2: Kontrakt und Vereinbarung Wir haben gesehen, der Erstkontakt, und sei es nur ein kurzes Telefongespräch, kann schon viele interessante Informationen liefern. Hier fällt oft auch schon die Entscheidung, ob ein Coachingkontrakt zustande kommt und der spätere Beratungsprozess erfolgreich verlaufen wird. Bei der ersten Sitzung stehen folgende Aufgaben an: • Vertiefung des Kennenlernprozesses, • Orientierung und Information, • Erstdiagnostik,
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3 Struktur und Prozess
• Entscheidungskriterien für oder gegen das Coaching finden, • Entwurf eines Kontraktes über die Zusammenarbeit. Meist kommt der Kunde mit einer mehr oder weniger präzisen Problemstellung, zum Beispiel Kommunikationsschwierigkeiten mit Mitarbeitern, Leitungsschwächen etc. Wichtig ist, das der Auftrag und die damit verbundenen Erwartungen sowohl aus der Sach- als auch der Beziehungsperspektive zu klären. Neben der Problemschilderung, Selbsteinschätzung und System- bzw. Organisationsbeschreibung gilt es, auch die beziehungsdynamische Seite in den Blick zu bekommen. Fragen zur Klärung des beziehungsdynamischen Auftrags: • Was will der Coachee, was wollen seine Systempartner, zum Beispiel der Vorgesetzte, das Team aber auch seine Lebenspartner, seine Freunde? • Gibt es neben dem offiziellen Auftrag auch verdeckte Wünsche oder Nebenaufträge, und wenn, von wem, zum Beispiel von den Kollegen, Mitarbeitern? Sind solche Aufträge miteinander vereinbar oder bilden sie unüberbrückbare Gegensätze? (Beispiel: Der Vorgesetzte erwartet vom Coaching eine Leistungssteigerung, der Coachee hingegen will seinen Stress abbauen.) • Wer bezahlt das Coaching und wem ist der Coach rechenschaftspflichtig? Gilt die Vertraulichkeit zwischen Coach und Coachee oder gibt es Informationspflichten und Berichte gegenüber Dritten? Welche Ziele sollen angestrebt werden? Welche Zielvisionen gibt es bereits? Nach welchen Kriterien soll die Erreichung des Ziels beurteilt werden? Woran kann man erkennen, dass das Ziel erreicht ist? Jede Veränderung einer Person hat auch Auswirkungen auf sein Umfeld. Wie reagieren zum Beispiel die Mitarbeiter auf den neuen Führungsstil ihres Vorgesetzten? Wie sieht das Leben und Arbeiten nach der Problemauflösung aus? Ist das Ziel geklärt, kommt die Frage nach dem Weg zum Ziel in den Blick. Dazu gehört die Vereinbarung über das Vorgehen, die Auswahl der Methoden, den Zeitbedarf, die Sitzungsfrequenz. Hier sollte sich der Coach auch Zeit nehmen, den Einsatz von kreativen Medien und Körperarbeit zu erklären. Die Strukturierung muss für den Coachee nachvollziehbar sein. Dazu gehört auch die Klärung der Verantwortungsverteilung: Der Coach ist für das Wie des Vorgehens zuständig, also für das Setting, das Interventionsangebot, seine professionelle Präsenz und eine angemessene Prozessbegleitung. Der Coachee hingegen ist verantwortlich für den eigenen Veränderungsund Kompetenzentwicklungsprozess. Er ist zuständig für die Themen, Inhalte, Probleme, für seinen Grad an Engagement, Offenheit und Risikobereitschaft, also das Was.
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3.2 Das Phasenmodell
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Sind Ziele, Wege und Einflussfaktoren abgeklärt, bleiben noch die organisatorischen und finanziellen Fragen offen (Dauer, Frequenz, Honorar etc.). Liste der zu klärenden Aspekte vor einem Kontraktabschluss: – Ziele, Themen und Fokus der Beratung, Kriterien für das Erreichen der Ziele; – Methoden und Verfahren; – erste Diagnose der persönlichen und umfeldspezifischen Ausgangslage (s. Erstdiagnose); – Sitzungszahl und Beratungszeitraum, zum Beispiel zwölf Sitzungen in einem Jahr; – Sitzungsdauer und Frequenz (z. B. einmal monatlich, jeweils drei Stunden); – Sitzungsort, zum Beispiel die Coachingpraxis, das Büro des Kunden, ein neutraler Ort; – Teilnehmerzahl und Teilnehmerzusammensetzung bei Teams oder Systemcoaching; – Höhe des Honorars, Art der Rechnungsstellung und Bezahlungsart; – Ausfallhonorar zum Beispiel bei einem kurzfristigen Absagen der Sitzung; – Kündigungsmöglichkeit: Unter welchen Bedingungen kann der Beratungsprozess vorzeitig beendet werden?; – Schweigeverpflichtung; – Wer ist in den Kontrakt einzubeziehen, zum Beispiel Dreiecksvertrag Coach – Coachee – auftraggebende Firma?
Um mögliche spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Kontraktpunkte schriftlich festzuhalten und von allen Beteiligten unterschreiben zu lassen. Jeder ungenügend geklärte Punkt des Kontraktes wird im Beratungsprozess wieder auftauchen, dann aber meist als Störung. Während des Kontakt- und Kontraktgespräches installiert sich bereits die Arbeitsbeziehung. Der Kunde spürt zum Beispiel, ob er mit seinem Anliegen ernst genommen wird. Er erfährt erste Kostproben der Art, wie der Coach interveniert, wie er seine Rolle präsentiert, letztlich, ob die Art des professionellen Umgangs ihm gut tut und ihn fördern kann. Der Coach erfährt zum Beispiel etwas über die Art, wie ein Coachee in Kontakt geht, seine Probleme präsentiert, sich bei der Konsensbildung (Kontraktverhandlung) verhält usw.
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3 Struktur und Prozess
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3.2.3 Beratungsphase 3: Einlassung, Entwicklung der Arbeitsbeziehung im Beratungssystem Aufgaben dieses Beratungsabschnittes sind: • Einstimmung und Entwicklung einer guten Arbeitsatmosphäre; • Herstellen einer »Hier und Jetzt« – Arbeitshaltung, das heißt Arbeiten in der Gegenwärtigkeit, intensive Präsenz, Bewusstheit und Kreativität; • Vorbereitung und Einstimmung auf Ziel und Lösungsvisionen. Das Coaching sollte für den Coachee ein geschützter Ort werden, wo der Handlungsdruck des Arbeitsalltags entfällt, er sich in aller Ruhe auf das Experimentieren mit neuen Möglichkeiten und Lösungswegen einlassen kann, ungestört seinen Visionen folgen oder ungewöhnliche Lösungen in Betracht ziehen kann. Er braucht eine Atmosphäre, in der er jenseits von Leistungsdruck und Konkurrenzverhalten sich ganz der Erforschung neuer Möglichkeiten widmen kann. Für die Herstellung einer solchen Ermöglichungsatmosphäre ist der Coach zuständig. Er tut dies durch seine Haltung und Kontaktgestaltung: Der Coach soll sowohl wertschätzend, empathisch zugewandt, raumgebend als auch kompetent wirken. Wann hat ein leitender Mitarbeiter, eine Führungskraft schon einmal die Gelegenheit, einen kompetenten Gesprächspartner als Gegenüber zu haben, der sich voll und ganz auf ihn einstellt, sich auf seine Probleme konzentriert und ihn wohlwollend und engagiert bei der Reflexion begleitet und ihm Unterstützung anbietet? Fehler sind nicht nur erlaubt, sondern in einem gewissen Sinne als Anlass für Lernimpulse auch erwünscht. Der Coachee braucht auch Vertrauen in das Können des Coachs, er muss sich gut aufgehoben fühlen. Eine wichtige Lektion für den Coachee wird es sein, mit all seiner Konzentration und Achtsamkeit im Hier und Jetzt zu sein. Er muss sich frei machen von all dem Druck und den Befürchtungen, die er mitbringt, um sich ganz auf die Beratungssituation einlassen zu können. In dieser Phase geht es auch um die Analyse der Ausgangssituation, der Wechselwirkungen mit dem Umfeld. Es sollte geklärt werden, wo, wie und mit was in den Lösungsprozess eingestiegen wird. Am Anfang steht die Erzählung des Kunden über sein Anliegen, seine Situation. Aufgabe des Coachs ist hier das engagierte Zuhören, Klären, Hinterfragen, Präzisieren. Zur besseren Darstellung und Verdeutlichung kann der Coach verschiedene kreative Medien einsetzen. Letztlich wird es in dieser Einlassungsphase darum gehen, sich innerlich auf den Weg zum Ziel einzustellen und sich auf den Prozess einzulassen.
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3.2 Das Phasenmodell
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3.2.4 Beratungsphase 4: Experimentieren im Möglichkeitsraum Diese Arbeitsphase bildet das Kernstück des Beratungsprozesses. Aufgaben dieser Phase sind: • Konkretisierung des Themas, zum Beispiel Erinnern, Vergegenwärtigen und Präsentation von relevanten Arbeitsszenen. Wo, wie, wann taucht das Problem auf, wie wird es von den verschiedenen Beteiligten erlebt? • Klären des Themas: von der Wahrnehmung zum Begreifen und Verstehen des Problemszenarios. • Entscheidung über die Art der Bearbeitung: 1. Ist ein tiefendes, eher biographisch orientiertes Vorgehen notwendig, zum Beispiel wenn die Blockierung der Veränderung noch stark mit vergangenen Ereignissen verbunden sind? Alte Lernerfahrungen müssen gelöscht werden, sonst bleibt die Energie dort gebunden. Dabei werden häufig gestalttherapeutische und kreative Interventionstechniken angewendet. Die Lösung von Blockaden ist aber noch nicht die ganze Lösung. Neues Verhalten will gelernt sein. Auch zum Erkennen und Reaktivieren von verschütteten Ressourcen lohnt sich oft der Blick in den Rückspiegel. 2. Gegenwärtigkeitsarbeit: Erkennen von Denk-, Erlebens- und Handlungsmustern, die zur Bewältigung gegenwärtiger Anforderungen nicht mehr geeignet sind, aber immer noch in bestimmten Reizkonstellationen automatisch anspringen. Es gilt, diese unbrauchbar gewordenen Reaktionsweisen zu löschen. 3. Lösungsorientiertes Vorgehen: Hier geht der Blick nach vorn. Sozusagen von der Zukunft her werden nächste Schritte entworfen, Motivationen geklärt, Ressourcen aktiviert. Neue wirksamere Muster zur Bewältigung des gegenwärtigen Lebens werden entwickelt. Häufig reicht das lösungsorientierte Vorgehen. In einigen Fällen sind jedoch die Blockaden tief in frühen Quellszenen1 verankert. Hier ist ein tiefendes Vorgehen angebracht. Dabei ist jedoch die Grenze zum therapeutischen Arbeiten zu respektieren. Auf jedem Fall ist die Entscheidung über den Weg des Vorgehens vom Coach mit seinem Coachee abzustimmen. Die Erforschung und Erprobung des Möglichkeitsraumes steht jetzt im Mittelpunkt. Hier bietet der Coach viele Experimente und Übungen mit analogen Mitteln und kreativen Medien an, mit deren Hilfe der Coachee seinen Lösungsweg erkunden kann.
1 Hier handelt es sich um schwierige Szenen, zu deren Bewältigung der Coachee bestimmte Muster ent-
wickelte. Diese Muster erweisen sich im späteren Leben jedoch häufig als hinderlich ( s. Ausführungen über Biographiearbeit und Tiefen).
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3 Struktur und Prozess
3.2.5 Beratungsphase 5: Integration und Transformation Das Wichtigste ist jetzt bekannt. Nun geht es darum, dass das Erarbeitete auch vom Coachee verdaut, in seine Persönlichkeit integriert, in seinen Rollenhaushalt eingearbeitet und auf die sozialen Kontexte ausgeweitet wird. Die wichtigsten Aufgaben für Coach und Coachee in dieser Phase sind: – Wie lassen sich die Arbeitsergebnisse zusammenfassen und in den Lösungsprozess integrieren? – Welche Veränderungen in der psychischen Dynamik stellen sich durch die neuen Erfahrungen, Erkenntnisse und Handlungsentwürfe ein? – Welche Lebens- und Arbeitsbereiche sind von den Veränderungen betroffen? – Wie harmoniert die Lösung mit dem Selbstverständnis, der Identität, den bisherigen Einstellungen, der psychischen Verfassung? – Welche Auswirkungen hat die Lösung und die damit einhergehenden Veränderungen auf die Systeme, mit denen der Coachee interagiert? Wie wird vermutlich seine soziale Umgebung, sein Arbeitskontext darauf reagieren? Jede Veränderung stört zunächst die alte Balance. Die Integration der Veränderung in den Lebens- und Arbeitszusammenhang dient der Re-Balancierung des Gleichgewichts. – Was braucht der Coachee, um sich mit der Veränderung innerlich neu auszutarieren?
Die Integration ist der zweite Teil der Lösung. Ohne die innere Verankerung kann sie nicht wirksam werden.
3.2.6 Beratungsphase 6: Neuorientierung und Praxistransfer In dieser Phase geht es um Vorbereitung und Durchführung des Erarbeiteten in der Arbeitspraxis. Ein Coachingprozess wird nicht an der Schönheit des Verlaufs gemessen, sondern an seinen Wirkungen. Und die sollen sich im beruflichen Alltag zeigen, also nicht nur innerpsychisch oder im geschützten Beratungsraum, sondern in der Organisationswirklichkeit. Die Reflexion über die Wirklichkeitsintegration beginnt bereits mit der Einstiegsdiagnose und Zielfestlegung. Welche Auswirkungen soll die gewünschte Lösung auf das System, die Organisation haben? Welche Auswirkungen sind unerwünscht? Die erwünschte betriebsinterne Beförderung soll zum Beispiel
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3.2 Das Phasenmodell
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möglichst wenig Neidreaktionen bei den Kollegen erzeugen. Die Wechselwirkung zwischen dem System Coaching und den Zielsystemen wird also von Anfang an einbezogen: • durch die Veränderung von Perspektiven und Wahrnehmungsmustern im Alltag, • durch die Einnahme neuer Haltungen und Rollensegmente, • durch kleine Trainings- und Übungsaufgaben, • durch das Feedback aus der Praxis, • durch einen veränderten Informations- und Kompetenzstand. In der Transferphase wird die Einführung der Veränderung systematisch geübt. Häufig müssen auch korrespondierende Kompetenzen für die spezielle berufliche Szene modifiziert oder trainiert werden, zum Beispiel: Welche Kompetenzen braucht ein Vorgesetzter, um den angestrebten neuen Führungsstil bei seinen Mitarbeitern erfolgreich einführen zu können, welche Verhaltensweisen sollte er hingegen eher verlernen? Wichtige Interventionstechniken und Übungen hierzu sind das Rollenspiel, der Dialog mit leeren Stühlen, die Vorbereitung durch Visualisierung und Imagination (innere Szenarien der Zukunft). Spätestens hier sollten auch Hausaufgaben gegeben werden, kleine Übungseinheiten, in denen die Umsetzung des Neuen in die Praxis überprüft wird. In dieser Phase bereitet der Coach seinen Coachee auch auf die Zeit nach der Beratung vor. Er informiert ihn über die Möglichkeiten des Selbstcoachings und trainiert mit ihm Methoden der Selbstunterstützung und Selbstentwicklung. Ziel ist, vom Coaching zum Selbstcoaching, von der Fremd- zur Selbstunterstützung und Selbstleadership zu gelangen.
3.2.7 Beratungsphase 7: Auswertung, Abschluss, Abschied Je länger der Beratungsprozess dauerte und umso mehr persönlichere Themen besprochen wurden, je effektiver die Beziehung zwischen den Beratungspartnern war, umso wichtiger wird es auch, den Abschied zu gestalten. Eine Verantwortung für die Beziehungsgestaltung behält der Coach bis zum Schluss! Natürlich gehört zum Abschluss auch eine angemessene Auswertung und Evaluation, ein Ist-Soll-Vergleich, eine Prozessanalyse (der Weg zum Ziel). Dies hat für mich nicht nur die Funktion der (Erfolgs-)Kontrolle, sondern es gehört auch zum Abschlussritual. Zugleich geht damit eine Beziehung zu Ende. Deshalb gehört in das Abschlussritual nicht nur Auswertung und Evaluation, sondern auch die Verabschiedung.
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3 Struktur und Prozess
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3.3
Das Sitzungsmodell: Die Arbeitsschritte in den einzelnen Sitzungen
Auch im Verlauf der einzelnen Sitzungen eines Coachings sind verschiedene Aufgaben zu bewältigen, die den Prozess strukturieren: 1. Einlassungsphase, 2. Bearbeitungsphase, 3. Integrationsphase und 4. Transformationsphase. 3.3.1 Einlassungsphase Ankommen und Kontakt: Der Coachee kommt aus einer »anderen Welt« in den Beratungsraum. Er braucht ein wenig Zeit, ein paar Worte um anzukommen. Manchmal ist aber auch erheblich mehr notwendig, damit er sich auf die Beratung einlassen kann, er ist emotional oder thematisch außer sich, braucht Zentrierung. Manchmal muss der Coachee erst einmal erzählen, Dampf ablassen, sich ein wenig bewegen (gezielte kleine Bewegungsübungen), zu Atem kommen durch Atemübungen oder seinen Geist mittels einer kleinen Imagination zentrieren. Rückblick: Wichtig ist das Anknüpfen an die letzte Sitzung und die Zwischenzeit. Gibt es noch unbearbeitete Reste aus der letzten Sitzung? Wie war die Zwischenzeit, gab es besondere Ereignisse, wichtige Erfahrungen mit der Trainingsaufgabe usw.? Thematischer Einstieg: Was soll heute bearbeitet werden? Was steht heute im Vordergrund? Soll an das Thema von der letzten Stunde angeknüpft werden?
3.3.2 Bearbeitungsphase Das Thema wird präsentiert, konkretisiert, vergegenwärtigt (eventuell durch analoge Mittel). Erinnerungspotentiale werden aktiviert, emotionale Involvierungen erkannt, Blockierungen festgestellt, Muster benannt usw. Der Problembzw. Lösungsraum wird abgesteckt, die tiefende oder lösungsorientierte Auseinandersetzung mit dem szenischen Material (systemische, gestalttherapeutische Interventionen und analoge Techniken) beginnt. Vorschläge für Arbeitsschritte in dieser Phase sind: • Exploration des Anliegens, des Problems und der Kontexte, die dazugehören. Das Vorgehen wird ausführlich im Kapitel 6 (Re-Konstruktion und ProKonstruktion) beschrieben, insbesondere der Einsatz von kreativen Medien und Übungen.
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3.3 Das Sitzungsmodell: Die Arbeitsschritte in den einzelnen Sitzungen
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• Wie weit will der Coachee gehen (Kontraktvereinbarung!), wie viel Belastung hält er aus? Die Arbeit in dieser Phase kann sehr anstrengend werden. • Übungen zum Vergegenwärtigen von ungelösten Szenarien, Konfliktkonstellationen können wieder wachgerufen werden, Szenen, von denen Coachee glaubt, dass er nicht angemessen gehandelt hat, angeschaut, Führungsschwächen konkretisiert werden usw. (s. Ausführungen über Vergegenwärtigen). 3.3.3 Integrationsphase In dieser Phase geht es um die Restabilisierung des Coachees, die Unterstützung von Verstehensprozessen. Zusammenhänge werden hergestellt, die Perspektivund Möglichkeitserweiterung in die Lebens- und Systemlandkarte eingetragen. Die Wechselwirkungen gilt es zu beobachten. Vorschläge für einzelne Arbeitsschritte in dieser Phase sind zum Beispiel: • Rückschau: Wenn Sie auf die Sitzung zurückblicken, was hat Sie berührt, ist Ihnen wichtig geworden, hat an Klarheit gewonnen? • Feedback: Durch Coach, Gruppe oder Team bekommt der Coachee noch eine andere Sichtweise auf seine Arbeit. • Hypothesen bilden: Sie können sich auf den Verlauf, auf Personen, Themen auf einzelne Szenen oder Gegebenheit beziehen. • Zusammenhänge herstellen: Wo sonst spielt das gerade Erlebte noch eine Rolle? • Perspektiven entwickeln: Welche neuen Möglichkeiten kommen in den Blick? 3.3.4 Transformationsphase Die Einsichten müssen in realisierbare Absichten umgesetzt werden, das heißt, es gilt die Übersetzungs- und Übertragungsarbeit in den Berufsalltag vorzubereiten: Was von dem, was erarbeitet wurde, soll in der Praxis ausprobiert werden? Welche Auswirkungen erwartet der Coachee auf seine Umwelt, zum Beispiel auf sein Team, seinen Vorgesetzten? Fragen zu Arbeitsschritten können sein: • Wie sehen Ihre nächsten Veränderungsschritte aus? • Was brauchen Sie, um damit im Alltag erfolgreich sein zu können? Welche Kompetenzen müssen erlernt, verstärkt modernisiert werden? • Welche persönlichen und sozialen Ressourcen müssen reaktiviert werden? • Welche Hindernisse könnten sich auftun? • Wer wird Sie eher unterstützen, wer Sie behindern ? • Wie steht es um Ihre Risikobereitschaft? • Wie werden Sie damit umgehen, wenn Ihr Versuch nicht auf Anhieb klappt?
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3 Struktur und Prozess
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3.4
Der diagnostische Prozess
3.4.1 Prozessuale Diagnostik Diagnose ist ursprünglich ein medizinischer Begriff. Er dient dem Erkennen, Begreifen, Erklären und Etikettieren von Krankheiten. Die Diagnose bildet die Grundlage für die Therapieplanung. Auch wir brauchen für unser Vorgehen diagnostische Hinweise zur Hypothesenbildung. Nur bleiben wir nicht bei einer Anfangsdiagnose stehen. Diagnosen sind Momentaufnahmen des Klientensystems im Spiegel des Coachingsystems. Jede diagnostische Aktion ist eine Intervention. Jede Frage, die ich stelle, jede Übung, die ich anbiete, um Unterschiede und Zusammenhänge mit dem Coachee zu klären, löst im Coachee Reaktionen aus, die ich wieder wahrnehme. Diagnostische Überlegungen stehen in einem ständigen Rückkopplungsprozess mit allen am Coachingsystem Beteiligten. Diagnostizieren ist ein Verständigungsprozess zwischen Coach und Coachee über das, was für den Lösungsprozess an Informationen gebraucht wird und was ihn fördern und behindern könnte. Ich bezeichne dieses interaktive diagnostische Vorgehen deshalb als prozessuale Diagnostik. Die prozessuale Diagnostik ist Bestandteil des gesamten Verlaufes, findet in allen Phasen de Beratung statt. Die Anfangsdiagnose steht dabei allerdings an strategisch wichtiger Position. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Kontraktphase. Hier gilt es zu klären, ob die Ziele und Erwartungen des Coachee • mit den Mittel und Kompetenzen des Coachs; • mit den Möglichkeiten des Coachees, seinen persönlichen, sozialen und fachlichen Kompetenzen; • mit seiner Motivation, Lernbereitschaft und Veränderungswillen; • in ihren kontextuellen Wechselwirkungen und Umgebungserwartungen erreichbar sind. Diese diagnostische Klärung führt zu der ersten gemeinsamen Entscheidung, darüber, ob überhaupt bzw. mit welchen Ergebnissen, mit welchem Zeit- und Kostenaufwand und mit welchen Methoden ein gemeinsamer Coachingprozess begonnen werden soll. Für die Anfangsdiagnostik habe ich eine Frageliste zusammengestellt. Es ist hilfreich, neben dem verbalen Interview auch Übungen zur Präzisierung der Antwortmöglichkeiten anzubieten.
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3.4 Der diagnostische Prozess
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Thema: Was ist Ihr Anliegen oder Problem des Coachs? Welche Erwartungen und Zielideen bringt der Coachee mit? Phänomen: Wie zeigt sich das Problem? Was genau tritt in Erscheinung, wenn der Coachee von dem Problem spricht? Das problematische Geschehen kann zum Beispiel im Rollenspiel nachgespielt, mit Holzklötzen aufgestellt, gemalt oder modelliert werden. Fokus: Wo verortet der Coachee sein Problem (Problemzone), in Aspekten der eigenen Person, in Kompetenzen, Beziehungen, Interaktionen, in Strukturen, Organisationen? Entsteht die Schwierigkeit zum Beispiel durch mangelnde Kompetenz des Coachees, problematische Mitarbeiter, eine kontraproduktive Organisationsstruktur? Der Coachee kann zum Beispiel eine Problemlandkarte erstellen. Dynamik: Wie verhält der Coachee sich in der Problemszene? Was trägt der Coachee, seine Mitmenschen, Strukturen dazu bei, dass das Problem bestehen bleibt? Gießt der Coachee zum Beispiel durch bissige Bemerkungen immer wieder Öl auf einen schwelenden Konflikt? Statik: Welche Muster, Barrieren, Umleitungen, Irritationen hindern den Coachee daran, das Problem zu lösen oder erfolgreiche Lösungsperspektiven zu entwickeln? Liegen die Hemmnisse in der Person des Coachees oder an Umgebungsfaktoren? Wie stark schätzt der Coachee selbst seinen Widerstand ein? Muster: Welche Lösungsversuche hat der Coachee bis jetzt mit welcher Wirkung unternommen? Ähnelten sich die Versuche? Hier lohnt es sich, das Problemlöseverhalten genau zu betrachten, auf mögliche Wiederholungen zu achten. Eine wichtige Intervention ist hier die Vergegenwärtigung ( s. Kapitel 6). Biographie: Gibt es eine Problem- bzw. eine Lösungsbiographie? Wie hat sich der Coachee früher in einer ähnlichen Situation verhalten? Einen guten Überblick über redundante Verhalten verschafft man sich mit dem Arbeits- bzw. Karrierepanorama (Übung am Ende dieses Kapitel). Visionen: Wo soll es hingehen? Wie würde das Leben des Coachees aussehen, wenn das Problem verschwunden wäre? Wie könnte sein Leben in zwei Jahren aussehen? Hier sind Reisen in die Zukunft sinnvoll. Mittel: Auf welchem Wege (Strategie) und mit welchen Mitteln (Techniken, Ressourcen) könnte die Lösung bewirkt, das Ziel erreicht werden? Risiko: Was ist Coachee bereit für eine Lösung einzusetzen? Wie stark ist sein Veränderungswunsch? Was ist ihm die Erreichung eines Zieles wert? Welches Risiko ist er bereit dafür einzugehen?
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3 Struktur und Prozess
Ressourcen: Welche Hilfsmittel stehen dem Coachee im Lösungsprozess zur Verfügung: psychische, soziale, materielle, ökologische, spirituelle? Welche für den Lösungsprozess notwendige Ressource ist direkt verfügbar, kann sofort abgerufen werden? Welche für den Lösungsprozessnotwendige Ressource – ist direkt verfügbar, kann sofort abgerufen werden? – ist zwar vorhanden, aber nicht unmittelbar verfügbar? – muss erst aktiviert bzw. kultiviert werden? – ist beschädigt, müsste repariert werden? – fehlt im Repertoire ganz, müsste ersetzt oder anderweitig ausgeglichen (Coping) werden?
Im Übungsteil am Ende dieses Kapitels finden Sie eine Reihe von Übungen, die die Anfangsdiagnostik sowie den weiteren prozessdiagnostischen Verlauf praktisch unterstützen können. Sehr hilfreich bei der Beratung sind auch diagnostische Modelle, die helfen, die Suchrichtung der Wahrnehmung zu fokussieren, Hypothesen zu bilden und erste Vorstellungen von möglichen Lösungswegen zu gewinnen. Zwei solcher Modelle haben sich in meiner Praxis als besonders hilfreich erwiesen: 1. das Identitätsmodell von Petzold (1993) mit seiner Metapher der fünf Säulen der Identität; 2. das Modell des Zyklus des Erlebens (Zinker, 1982; Richter, 1997a).
3.4.2 Das Identitätsmodell: Die fünf Säulen der Identität Mit der Metapher der »fünf Säulen der Identität« werden Lebensbereiche umschrieben, in denen Menschen ihre Identität entwickeln. Das Bild der Säulen suggeriert solide Tragfähigkeit. Sie dienen in der Tat der Stabilisierung, geben Halt und Orientierung im Alltag. In der Alltagswirklichkeit eines Menschen erweisen sich die Säulen jedoch als unterschiedlich stabil, kraftvoll und zuverlässig. Sie entwickeln sich im Spannungsfeld von mitgebrachter Konstitution und Lernerfahrungen im Laufe des Lebens. Manchmal knicken Säulen aber auch auf Grund massiver Einwirkungen ganz plötzlich weg, zum Beispiel bei einer Kündigung, Scheidung, schweren Erkrankung, massiven Kränkung. Hier ist dann die Frage, ob andere Säulen stark genug sind, diese Schwächung aufzufangen.
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3.4 Der diagnostische Prozess
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Im Folgenden werden eine Reihe diagnostischer Fragestellungen aufgelistet: – Grad der Belastbarkeit (insgesamt bzw. von bestimmten Säulen): Was kann man zum Beispiel einem Coachee in der Beratung zumuten, was würde ihn aus der Bahn werfen? Auf sogenannte Sollbruchstellen sollte achtgegeben werden. – Einschätzung von Krisen: Säulen können stützen, vor Zusammenbrüchen schützen, Lösungshilfen, Ressourcen bereitstellen (ein Mensch mit einem dichten sozialen Netz ist meist sicherer aufzufangen als ein einsamer Wolf in Not). – Verstehen der Handlungsmotivation, zum Beispiel: Welche Werte beachtet ein Mensch, was gibt ihm Sinn?
Im Einzelnen handelt es sich bei den fünf Säulen um (Abbildung 3): • Leiblichkeit: Hierunter fällt alles, was mit dem Körper zu tun hat, zum Beispiel Stimme, Aussehen, Körpergefühl, Krankheitserfahrungen, Gewalterfahrungen und Traumatisierungen. • Soziales Netzwerk: die Beziehungssysteme, in denen Menschen leben und arbeiten, zum Beispiel Familie, Freunde, Nachbarschaft, Vereinskameraden, bedeutsame Kollegen usw. • Werte, Ideale, Sinn, Spiritualität: Was ist wertvoll im Leben bzw. erstrebenswert, was macht Sinn, welche Weltanschauungen vertritt man, zu welcher Religion bekennt man sich?
IDENTITÄT
Leiblichkeit
soziales Netzwerk
Werte, Sinn
Arbeit, Leistung
Energie- und Stabilisierungsressourcen Abbildung 3: Die fünf Säulen der Identität
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materielle Sicherheit
3 Struktur und Prozess
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• Arbeit, Kompetenz, Leistung: Hierunter zählt Ausbildung, Karriere, Können, Engagement, Arbeitszufriedenheit, Herausforderung. • Materielle Sicherheit: Dazu gehört die Sicherung der Grundversorgung, Nahrung, Kleidung, Wohnung, medizinische Versorgung, gesichertes Einkommen.
3.4.3 Diagnostisches Modell: Zyklus des Erlebens und Handelns Zinker (1982) hat im Anschluss an Perls einen Zyklus des Erlebens entwickelt. Idealerweise fließt die Energie ungehindert von einem Zyklus des Erlebens und Handelns in den nächsten. Doch wird der flüssige Ablauf häufig durch Blockaden beeinträchtigt und verhindert. Der Mensch muss eigene Bewältigungsformen entwickeln, um mit diesen Hindernissen leben zu können. Es kommt zu Stauungen, Umwegen, Rückwegen und dergleichen, die in einer Symptombildung ihren Ausdruck finden. Aus diesem Modell lässt sich ein handliches Diagnoseschema für das Aufspüren unangebrachter Blockaden entwickeln (Abbildung 4). Empfinden
Unruhe Erregung
Gewahrsein
Aktivieren Handeln
Gefühl, Kontakt Energetisierung mit den inneren
sich auf die Suche nach
Impulsen
Zielen machen
Kontakt
Integrieren Verdauen
Befriedigung
Rückgang der Erregung
Abbildung 4: Zyklus des Erlebens und Handelns
1. Stadium der Empfindungen: Es beginnt mit dem Gewahrwerden einer inneren Stimulierung/Erregung als Resonanz auf ein inneres oder äußeres Ereignis, auf eine Veränderung der Innen- bzw. Außenwelt. Für das Bewusstsein setzt sich dabei eine Stimulierung durch, die Handeln zu fordern scheint. Viele andere Signale bleiben im Hintergrund. Blockaden: Empfindungen werden nicht wahrgenommen oder fehlgedeutet. Ein weiteres Problem: Wenn die Impulse nicht mehr nach ihrer Stärke unter-
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3.4 Der diagnostische Prozess
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schieden werden können, entsteht eine Art Wellensalat. Es kommt zu einer diffusen Erregung. 2. Stadium der Bewusstheit: Die Stimulierung wird gedeutet, sie bekommt die Qualität eines Gefühls. Aus einer Vielzahl von Sinneseindrücken entwickelt sich im Bewusstsein eine klare Figur, zum Beispiel ein deutliches Gefühl. Es entsteht Klarheit darüber, was man braucht. Gleichzeitig gilt es abzuwägen, ob dieser Impuls hinderlich oder schädlich ist. Blockaden: Bei einer Behinderung zwischen Empfinden und Bewusstsein kann ein Mensch die Bedeutungen seiner Empfindungen nicht mehr verstehen. Die Signale aus seinem Körper bleiben ihm fremd. Das kann Angst auslösen. Es kommt zu häufigen Fehldeutungen (z. B. Hypochondrie). Das Einfühlungsvermögen leidet darunter, Gefühlskonstanz und Authentizität werden geschwächt. 3. Stadium der Aktivierung: Gefühle verbinden sich mit Interessen Dies mobilisiert Energie, die wiederum zum Handeln notwendig ist. Es entsteht eine Offenheit gegenüber möglichen Kontaktzielen, also Ressourcen aus der Umwelt, die für die Befriedigung von Interesse sein könnten. Es ist eine Phase des Suchens und Planens. Blockaden: Führen die Gefühle nicht zur Energetisierung, dann ist dem Menschen zwar bewusst, was er tun möchte. Ihm steht aber nicht genügend Energie zur Verfügung um, die Handlung auch auszuführen. Blockaden in diesem Bereich entstehen oft bei Angst vor starken Gefühlen oder Erregungen, das heißt der Angst vor Kontrollverlust. Es entwickeln sich Symptome wie zum Beispiel Muskelverspannungen und Bluthochdruck. 4. Stadium des Handelns: Dieses beginnt mit einer Suchbewegung. Wo soll es hingehen? Wie komme ich zu den gewünschten Zielen? Blockaden: Bei einer Unterbrechung zwischen Energetisierung und Handlung sind zwar Erregung und Energie da, können jedoch nicht in Handlungen umgesetzt werden. Es ist so, als ob man bei einem Auto gleichzeitig Gas gibt und auf die Bremse tritt. Bei einer Chronifizierung führen diese Blockaden zu einer erheblichen körperlichen Symptombildung. An die Stelle von Handeln tritt das Wünschen, statt Kontakt entsteht Pseudokommunikation. Gefühle von Sinnlosigkeit tauchen auf. 5. Stadium des Kontaktes: An der Kontaktgrenze zwischen dem Binnensystem Person und der Umwelt kommt es zur Berührung und zum Austausch. Die Handlung führt zum gewünschten Ziel, wenn es gelingt, Umweltressourcen zu gestalten oder sich anzueignen, zum Beispiel Nahrung aufnehmen, umgestalten bzw. zerkleinern und verdauen und in Körperenergie umwandeln. Dinge, die
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schädlich werden könnten oder ungenießbar sind, werden als Kontaktziele vermieden, Brauchbares wird vom Unbrauchbaren geschieden. Blockade: Bei der Verhinderung von Kontakt läuft die Handlung ins Leere. Es kommt zu keiner Berührung, keinem Austausch. Die Aktivitäten führen nicht zur Befriedigung. Das Essen macht nicht satt. In der Liebe kommt es nicht zum Höhepunkt. Die Geschäftsabschlüsse gelingen nur beinahe. Menschen mit dieser Blockade fällt es schwer, absichtsvoll zu handeln. Sie wirken zerstreut, sind überall und nirgends. 6. Stadium der Befriedigung und des Rückzugs: Erregung und Stimulierung lassen nach, Sinneseindrücke und Energien ziehen sich aus dem Geschehen zurück. Der Zyklus ist zu Ende. Ein neuer kann beginnen. Blockade: Dem Menschen fällt es schwer, auf dem Gipfel seines Kontakterlebens loszulassen. Ein Mensch spürt zum Beispiel kein Sättigungsgefühl und isst deshalb weit mehr, als er bräuchte, oder ein Workaholic ignoriert seine Belastungsgrenze. Dieser Mensch hat Dosierungsprobleme. Er mutet zum Beispiel sich und anderen zu viel zu, kommt anderen Menschen zu schnell zu nahe oder bleibt aus Angst vor Nähe auf Distanz. Häufig werden die Blockierungen von dem betreffenden Menschen nicht bewusst erlebt. Der Bereich wird unempfindlich gemacht (anästhesiert) oder die Energie entzogen. Die innere Einstellung lenkt die Aufmerksamkeit immer an dem betreffenden Hindernis vorbei. Man könnte den Zyklus deshalb auch als den Bogen der Aufmerksamkeitslenkung bezeichnen. Der Zyklus kann unter drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden und liefert dabei wichtige diagnostische Hinweise über die Persönlichkeit des Coachees und seine Art zu leben und zu arbeiten. 1. Verhaltensdiagnose: Entstehung und Vergehen einer Erlebensfigur (z. B. von der Wahrnehmung des Hungers bis zur Sättigung, von dem Wunsch, ein Projekt zu gestalten, bis zur Realisation). 2. Energiediagnose: Fließen und Blockieren von Energie. Welche Umwege, Umleitungen, Staus treten auf? Sind Belastungsgrenzen, Sollbruchstellen zu erkennen? Verwendet ein Coachee zum Beispiel mehr Energie darauf, sich zu stabilisieren, oder für seine Konkurrenzkämpfe, als für die Erreichung des vorgesehenen Ziels? 3. Aufmerksamkeitsdiagnose: Wie wird im Zyklus die Aufmerksamkeit gesteuert? Welche Muster der Aufmerksamkeitslenkung lassen sich erkennen? Schaut ein Coachee zum Beispiel eher auf das Problem oder auf Lösungsmöglichkeiten?
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3.4 Der diagnostische Prozess
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Aus der Art, wie ein Mensch sich beschreibt, wie er Probleme bewältigt, wie er sich bewegt, wie er seine Energie einsetzt, welche körperlichen Stärken und Schwächen er hat, lässt sich relativ sicher auf seine Blockaden schließen, aber ebenso auch auf seine Stärken und Ressourcen. Die notwendigen Informationen dazu kann man in den ersten Sitzungen erfragen und beobachten. Für mich hat es sich als ein hilfreiches Orientierungsmodell erwiesen, das mir ermöglicht relativ rasch Hypothesen zu bilden. Fragen und Beobachtungsgesichtspunkte sind: 1. Kann die Person ihre Empfindungen wahrnehmen und sie inneren oder äußeren Ereignissen zuordnen? 2. Erkennt sie deutlich ihre Gefühle, kann ihre Bedeutung abwägen und sich entscheiden, ob sie mehr Beachtung bekommen oder als hinderlich oder schädlich nicht weiter ausgelebt werden sollen? 3. Kann sie ihre Energie gezielt auf die Verfolgung ihrer Interessen einsetzen? 4. Nimmt sie die Chancen und Möglichkeiten zur Erreichung ihrer Ziele war? 5. Kann sie zupacken, beherzt ihre Dinge erledigen und dabei Schädliches abhalten? 6. Kann sie loslassen, sich über das Erreichte freuen, um sich dann neuen Aufgaben zuzuwenden?
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3.5
Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
In diesem Kapitel finden Sie Übungen, die besonders geeignet sind, die Gestaltung des Prozessverlaufs in einer bestimmten Phase zu unterstützen, zum Beispiel Übungen zur Einlassungsphase. Dies heißt jedoch nicht, dass eine Reihe der Übungen bei entsprechender Fragestellung nicht auch in anderen Zusammenhängen eingesetzt werden können.
Einlassungsphase Das thematische Dreieck
Erfahrungsfeld: Themenfindung Ziel: Aus der Vielzahl möglicher Themen dasjenige auswählen, das in den Vordergrund will, das der Bearbeitung bedarf. Hierbei soll ein Fokus im thematischen Dreieck von Privatleben, Arbeitswelt und Profession gefunden werden. Material: Papierbögen, Kreide, Filzstifte Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich drei Fragen und schreiben Ihre Einfälle dazu in Stichworten auf. • Was belastet mich derzeit in meiner Arbeit? • Was belastet mich derzeit in meinem Privatleben? • Was belastet mich derzeit in meiner Professionalität? Finden Sie zu jeden der drei Lebensaspekte eine passende Farbe. Malen Sie zunächst auf den vorbereiteten Papierbogen das Dreieck und kennzeichnen die Seiten als Arbeitswelt, Professionalität, Privatleben (Abbildung 5).«
Arbeitswelt
Professionalität
Privatleben/Innenwelt Abbildung 5: Die drei Lebensbereiche
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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»Beginnen Sie mit einer Seite, zum Beispiel mit der Professionalität. Alles, was Ihnen zu diesem Thema in den letzten Tagen wichtig war, bringen Sie jetzt zu Papier, indem Sie mit der gewählten Farbe malen, Ihre Eindrücke symbolisieren und texten. Arbeiten Sie sich dabei von der Seite zur Mitte hin. Nun drehen Sie das Dreieck nacheinander auf die beiden anderen Seiten und dokumentieren auf die gleiche Weise Ihr Belastungserleben in der Arbeitswelt und im Privatleben. Arbeiten Sie auch hier von der Seite zur Mitte hin.« Auswertung: »Wenn Ihr Dreieck von allen drei Seiten her ausgefüllt ist, stehen Sie auf und betrachten es von oben. Stellen Sie sich vor, Sie stünden in der Mitte des Dreieckbildes. Wie wirken die Einflüsse der drei Seiten auf Sie? Was setzt sich durch, bekommt Gestalt? Welches Thema, welches Problem, welcher Lösungswunsch zeigt sich? Versuchen Sie, das Thema so konkret wie möglich zu beschreiben. Welches Gewicht hat es im Kontext der übrigen Ereignisse und Belastungen? Was könnte das Ziel der Arbeit mit diesem Thema sein?«
Betrachtung einer Schwierigkeit
Erfahrungsfeld: Themenfindung Ziel: sinnliche Betrachtung einer Arbeitsschwierigkeit, zum Beispiel eines unbefriedigenden Gesprächsverlaufs Material: Beratungsseil (s. Beschreibung im Materialkoffer) Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Nehmen Sie bitte ein Seil in beide Hände. Wie halten Sie das Seil? Wie packen Sie es an? Lassen Sie jetzt das Seil langsam durch Ihre Hände gleiten, spüren Sie, wie es sich in Ihren Händen anfühlt. Und während das Seil jetzt durch Ihre Hände gleitet, gehen Sie in Ihrer Erinnerung in die letzte Woche zurück, lassen die Erinnerungen an Ihren Arbeitsprozess durch Ihr Bewusstseinziehen, so wie das Seil durch Ihre Hände gleitet. Fallen Ihnen Szenen, Handlungen, Gespräche ein, mit denen Sie besonders zufrieden waren, und solche, an die Sie sich eigentlich nicht gern erinnern, weil Sie unbefriedigend, ärgerlich etc. verliefen? Bleibt eine dieser Gegebenheiten besonders haften? Was war das Besondere an dieser Angelegenheit? Versuchen Sie sich Ereignisse, Gefühle, Gedanken, Handlungen, die beteiligten Menschen, die Räumlichkeiten so konkret wie möglich zu vergegenwärtigen. Legen Sie diese Gegebenheit jetzt mit dem Seil, ohne viel nachzuden-
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3 Struktur und Prozess
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ken. Gestalten Sie die Szene spontan. Wenn das Seil erst einmal gelegt wurde, sollte es nicht mehr verändert werden. Jede Veränderung ist eine nachträgliche Korrektur, wie sie auch unser Gedächtnis vornimmt, um unprägnante Erlebnisgestalten zu korrigieren.« Auswertung (in Gruppen oder Teams werden diese Fragen erst einmal von den übrigen Betrachtern beantwortet): »Was sehen Sie? Wie geht es Ihnen mit Ihrem geformten Seil? Was fällt Ihnen dazu ein? Was wollen Sie an der (Seil-)Konfiguration ändern? Sie können jetzt das Seil an einer Stelle verändern. Was hat sich dadurch geändert? Was heißt das für Ihre Szene? Welche konkreten nächsten Schritte fallen Ihnen ein?«
Einstiegswappen
Erfahrungsfeld: Kennenlernen Ziel: sich in einer Gruppe, Team auf eine ungewöhnliche Weise vorstellen und präsentieren Material: Papierbögen, Kreide Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45–60 Minuten
Durchführung: Thematische Einführung – Ein Wappen repräsentiert einen Adligen (Leiter, Mitarbeiter), einen Clan (Team, Gruppe) oder ein Fürstentum (Organisation). Am Wappen konnten sich die historischen Persönlichkeiten erkennen. Man verband damit ihre Taten, ihre Geschichten und Dramen. Instruktion: »Setzen Sie sich entspannt hin und schließen Sie die Augen. Lassen Sie vor Ihrem inneren Auge ein Wappen entstehen, das Sie gut repräsentiert. Welche Symbole fallen Ihnen ein, in welchen Farben ist es gehalten, hat es noch eine Inschrift? Ihr Wappen braucht nicht in der klassischen Wappenform gefasst zu sein. Sie können ihm auch jede denkbare sonstige Form geben. Nun malen Sie Ihr Wappen. Sie werden es gleich den anderen zeigen. Zuvor jedoch drehen Sie es um. Auf die Rückseite schreiben Sie alles, was Sie in dieser Runde nicht repräsentieren oder zeigen mögen. Diese Rückseite behalten Sie für sich. Sie können am Ende des Prozesses ja noch einmal hinschauen, wie es Ihnen mit dieser Liste ergangen ist.«
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Auswertung: Eine Person beginnt. Sie hält ihr Wappen vor sich (der Coach kann fragen, wie es ihr gehe mit diesem Wappen vor der Brust). Die anderen Gruppenmitglieder sagen, was sie sehen – was ihnen dazu einfällt. Der Wappenträger erklärt kurz sein Wappen. Der Nächste präsentiert sein Wappen. Variante: Ein Team kann ein gemeinsames Wappen entwerfen. Sie müssen sich auf der Rückseite aber dann auch einigen, was sie nicht repräsentieren wollen/können. Lang und rund
Erfahrungsfeld: eine Gestalt schließen, Erfolg und Misserfolg Ziel: Reflektieren, was in der Zeit nach der letzten Coachingsitzung gelungen ist und was nicht, was weiterbearbeitet werden muss Material: Tennisbälle und dicke Schnüre (ca. 1 m lang) Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Nehmen Sie einen Tennisball in die eine Hand, die Schnur in die andere. Werden Sie sich bewusst, in welcher Hand Sie den Ball oder die Schnur halten. Lenken Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf die Hand mit dem Tennisball, spüren Sie ihn in seinem Umfang, in seiner Rundheit. Dabei überlegen Sie, was ist Ihnen seit der letzten Coachingsitzung in Ihrer Arbeit (in Ihrem Leben) besonders gut gelungen? Was war eine runde Sache, gut begreifbar? Hierzu schauen Sie sich eine Episode oder Szene genauer an und prägen sich diese runde Sache ein. Und nun die Aufmerksamkeit auf die Hand mit der Schnur richten. Lassen Sie die durch Ihre Hand gleiten und spüren Sie dabei nach, was noch nicht abgeschlossen ist, sich in die Länge zieht, Ihnen bisher nicht gelungen ist. Auch hier ein unbefriedigendes Ergebnis, eine unabgeschlossene Angelegenheit anschauen und merken.« Auswertung: »Beschreiben Sie Ihre runde Sache. Was ist Ihnen gut gelungen? Welche Ressourcen haben Sie dabei unterstützt, welche Kompetenzen haben den Erfolg ermöglicht? Spüren Sie noch einmal den Ball und verbinden dies Empfinden mit dem Erfolgsgefühl. Beschreiben Sie jetzt die Geschichte der Schnur. Wie sieht die Angelegenheit aus, mit der Sie weniger zufrieden sind? Legen Sie die Kordel nun zu einem Kreis und schließen die Sache damit symbolisch ab. Wie könnte die reale Sache zu einem Abschluss kommen, rund werden? Was ist dabei hinderlich?«
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3 Struktur und Prozess
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Übergangsbewegung
Erfahrungsfeld: im Hier und Jetzt ankommen, Einstiegsübung Ziel: Übergang vom Alltagsleben in die Coachingsitzung Material: Papierbögen, Ölkreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Legen Sie ein Blatt Papier und einen Kreidekasten vor sich. Schließen Sie die Augen. Schauen Sie innerlich noch einmal zurück. Aus welcher Szene kommen Sie gerade? Was haben Sie hinter sich gelassen? Und schauen Sie nun nach vorn. Was wollen Sie in dieser Sitzung erreichen? Wie wird es Ihnen dabei ergehen? Welche Farbe fällt Ihnen dazu ein? Öffnen Sie die Augen. Wählen Sie eine Kreide dieser Farbe. Und nun beginnen Sie in einer Bewegung, ohne abzusetzen aus der alten Situation in die jetzige hineinzumalen.« Auswertung: »Wie geht es Ihnen mit Ihrer Bewegung? Wie ist die Linienführung, kräftig, schwach, unterschiedlich? Fällt Ihnen zu der Farbe etwas ein? Wenn Sie die Bewegung jetzt noch einmal ohne Kreide langsam nachfahren, welche Gefühle, Bilder, Gedanken kommen Ihnen? Liegt eine Botschaft in der Bewegung? Was brauchen Sie an Ressourcen, Kompetenzen, an Unterstützung, veränderten Rahmenbedingungen, um diese Angelegenheit zu Ihrer Zufriedenheit zu beenden?«
Experimental- und Arbeitsphase Standortbestimmung
Erfahrungsfeld: Lebensbilanz Ziel: Standortbestimmung: Wo stehe ich jetzt in meiner Lebenslandschaft (Team- oder Organisationslandschaft)? Wo komme ich her, wo will ich hin? Material: Papier Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Material gestalten Zeitbedarf: 60 Minuten
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Instruktion: »Nehmen Sie ein Blatt Papier zwischen Ihre beiden Hände, so dass es angespannt ist. Halten Sie diese Spannung in den Armen, während Sie zurückschauen (real). Wo komme ich her? Wie ist es mir in den letzten Jahren ergangen? Und dann den Blick nach vorn richten: Wie geht es mir mit der Zukunft? Habe ich da klare Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche? Und nun, wie geht es mir jetzt, heute, hier in diesem Kontext? Spüren Sie jetzt Ihre inneren Impulse und geben Sie diese Energie an das Papier weiter. Zerknittern Sie es dabei so stark wie Sie mögen. Legen Sie Ihr Papierknäuel vor sich, ziehen Sie es etwas auseinander, so dass das Papier noch Höhen und Tiefen aufweist. Es ist wie eine Landschaft, Ihre Lebenslandschaft. Nehmen Sie jetzt eine Kreide und markieren Sie in dieser Landschaft Ihren derzeitigen Standort. Von Ihrem Standpunkt aus malen Sie nun in die Vergangenheit. Entscheiden Sie sich, welcher Papiersektor Ihr Vergangenheitsbereich ist. Finden Sie hierin Ihren Weg zurück durch Ihre Geschichte, durch Höhen und Tiefen, Kurven, Verknitterungen. Drehen Sie jetzt das Blatt in die Zukunftsrichtung und malen Sie hier Ihren vermuteten Weg ein.« Auswertung: »Wenn Sie Ihren Standpunkt recht betrachten, sind Sie überhaupt da angekommen, wo Sie hinwollten? Oder haben Sie einen Umweg gemacht, sind von der Zielgeraden abgekommen, haben sich verirrt? Welche Belastungen schleppen Sie mit sich herum, welche Ressourcen und Kompetenzen tragen Sie im Gepäck? Gibt es Stellen in dem vergangenen Teil Ihrer Lebenslandschaft, zu denen Sie zurückmöchten, gibt es solche, die Sie noch nicht freigegeben haben? Wenn Sie in die Zukunft schauen, welche Höhen und Tiefen erwarten Sie? Was brauchen Sie an Wegzehrung und Werkzeugen? Gibt es gefährliche Klippen, die man besser umgehen sollte? Wenn Sie wollen, können Sie sich die nächste Wegetappe genauer anschauen und einen Wanderplan erstellen.« Über diese Brücke musst du gehen
Erfahrungsfeld: Zielfindungsprozess Ziel: sich den Übergang von einem bekannten Ort zu einer neuen, noch ungewissen Position vergegenwärtigen, Zielperspektiven klären, Wege dahin bewusst machen Material: große Papierbögen, Ölkreide Modus: Einzel-, Selbstcoaching, kann jedoch auch bei einem Team, wenn das Thema Wechsel ansteht, verwendet werden Medium: Imagination, Malen Zeitbedarf: 60 Minuten
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3 Struktur und Prozess
Durchführung: »Werden Sie sich darüber klar, wo Sie noch stehen, was Sie daran hält, was Sie abstößt. Wollen Sie aus eigenem Antrieb das Ufer verlassen oder wurden Sie mehr oder weniger gezwungen? Stellen Sie sich vor, Sie stehen noch am Ufer des Flusses. Was ist das für ein Gewässer, ein reißender Fluss oder einer, der ruhig in seiner Bahn fließt? Ist er eher seicht, dahinplätschernd oder voller Strudel und Wasserfälle? Und wie ist das Ufer beschaffen, auf dem Sie stehen? Was hält Sie auf dieser Seite des Flusses? Was zieht Sie an, wenn Sie zur anderen Seite des Gewässers schauen? Sie sehen eine Brücke, die ans andere Ufer führt. Wie ist die Brücke beschaffen? Ist sie stabil oder baufällig, breit oder schmal, kunstvoll oder einfach? Und jenseits der Brücke sehen Sie undeutlich das andere Ufer. Was erscheint da vor Ihrem inneren Auge? Ist das andere Ufer attraktiv oder abstoßend, freundlich oder furchteinflößend, bekannt oder ganz fremd? Lassen Sie jetzt das andere Ufer deutlicher werden, so als könnten Sie es durch ein gutes Fernglas vergrößert betrachten. Sie drehen am Fernglas und die Vergrößerung wächst so stark, dass Sie das Gefühl haben, jetzt dort auf der anderen Seite zu sein. Sie betreten das Ufer. Sie durchstreifen die neue Umgebung, stellen fest, was Sie hier attraktiv finden und was Ihnen nicht so gut gefällt. Sie wissen, dass Sie noch einmal ans alte Ufer zurück müssen. Sie schauen sich um, gibt es da etwas, was Sie von hier mitnehmen können, was Ihnen Kraft geben wird, auch im wirklichen Leben über die Brücke zu gehen? Das kann vieles sein, zum Beispiel ein Erleichterungsgefühl, eine schon lang erwünschte Position. Nun kehren Sie zurück zu Ihrem alten Ufer. Sie nehmen die Brücke genau wahr, ihre Länge, ihre Stabilität. Sie haben Ihr Mitbringsel in der Hand und wissen jetzt, wie Sie mit seiner Hilfe den Fluss überqueren können. Malen Sie diese Brücke. Beginnen Sie mit dem Ufer, auf dem Sie sich noch befinden, dann die Brücke, über die Sie gehen wollen, und am Schluss das neue Ufer bzw. das, was Sie davon erkennen können, und das Mitbringsel, das Ihnen den Übergang erleichtern soll.« Auswertung: Der Coach lässt sich das Bild beschreiben (die weiteren Fragen können auch zum Selbstcoachen gestellt werden). Er fragt, was das mit der derzeitigen Lebenssituation des Coachees zu tun hat, welche Zielprojektionen und Übergangsprobleme ihn beschäftigen. Welche Fragestellungen und Antworten kann der Coachee dazu aus dem Brückenbild erkennen? Wie will der Coachee sich vom alten Ufer verabschieden? Was hat er für ein Mitbringsel? Wie kann ihm das den Übergang erleichtern? Wie sehen die ersten konkreten Schritte auf die Brücke zu aus? Welche Vorstellungen und Hoffnungen verbindet der Coachee mit dem Ankommen?
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Die Tür zu neuen Wegen
Erfahrungsfeld: Durchgang zu Neuem Ziel: Widerstände und Hemmnisse gegen Veränderung aufspüren, Wege zur Überwindung finden. Die Tür-Metapher kann überall dort verwendet werden, wo es um einen Über- bzw. Durchgang geht, also Nahtstellen der Veränderung, Abschiedsszenarien, Umbrüche, Neubeginn. Material: Türbilder Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Bildrezeption Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Theoretische Einführung – Türen sind Übergangsmedien zwischen Drinnen und Draußen. Wenn ich durch eine Tür gehe, bewege ich mich aus dem einen Raum in einen anderen, noch unbekannten. Wenn die Tür zu ist, kann ich nur den Raum erfahren, in dem ich gerade bin. Über den Raum hinter der Tür kann ich nur phantasieren, Vermutungen anstellen, ihn mir bildlich vorstellen. Die Tür wirkt wie eine Projektionswand. Indem ich durch sie hindurchgehe, überschreite ich, symbolisch gedacht, die Schwelle zwischen Innenwelt (der Vorstellung) und Außenwelt des Bewusstseins. Ich kann dann die neue Realität erfahren. Instruktion: »Lehnen Sie sich entspannt zurück, schließen Sie die Augen und gehen Sie in Ihrer Vorstellung noch einmal die letzten Tage/Wochen zurück. Welche Probleme begegnen Ihnen wieder, die Sie noch nicht gelöst haben? Durch welche Tür sind Sie noch nicht gegangen? Entscheiden Sie sich für ein Problem (wenn der Coachee bereits mit einem klaren Problem in die Beratung kommt, kann an dieser Stelle mit der Übung begonnen werden). Werden Sie sich klar darüber, was Sie bisher davon abgehalten hat, durch die Tür zu gehen und den Lösungsraum zu betreten? Stellen Sie sich vor, die Lösung für Ihr Problem befände sich hinter der Tür. Haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie in dem Lösungsraum erwarten könnte? Was könnte das für eine Tür sein, durch die Sie gehen müssen (der Coach legt eine große Zahl von Abbildungen unterschiedlicher Türen und Durchgängen aus)? Suchen Sie sich daraus die Tür aus, hinter der Ihre Lösung verborgen sein könnte, eine Tür, durch die Sie gehen müssen, um aus dem Problemraum in den Lösungsraum zu gelangen!«
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3 Struktur und Prozess
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Fragen zur ausgewählten Tür: »Was hat Sie an dieser Tür angesprochen? Was ist das für eine Tür (Funktion der Tür, z. B. eine Haustür, Zimmertür, Gartentor, Scheunentor)? Was müssen Sie tun, was muss passieren, damit die Tür sich auch öffnet? Brauchen Sie einen Schlüssel? Mit welchen Schwierigkeiten rechnen Sie beim Öffnen? Wollen Sie die Tür wirklich öffnen oder spüren Sie, dass Sie etwas zurückhält, zögern lässt? Stellen Sie sich vor, Sie öffnen jetzt die Tür und gehen hindurch, was sehen Sie? Wollen Sie weiter in den Raum hineingehen? Sind Sie überrascht? Was ist neu, anders? Lernen Sie den Lösungsraum kennen.« Die Lösung aus der Zukunft
Erfahrungsfeld: Zielvisionen entwickeln Ziel: den Lösungsweg für ein Ziel erarbeiten Material: Decke oder bequeme Sitzgelegenheit, Stift und Schreibblock Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Imagination Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Entspannungsformel ( s. Kapitel 8.4.1). Instruktion: »Vergegenwärtigen Sie sich ein Ziel, an dessen Erreichung Sie gern arbeiten möchten. Stellen Sie sich so konkret wie möglich vor, dass Sie Ihr Ziel bereits erreicht haben, ganz so, als hätte eine gute Fee oder ein freundlicher Zauberer Ihnen den Wunsch erfüllt. Was hat sich für Sie verändert, wenn Sie am Ziel sind? Wie fühlt sich das an? Wie geht es Ihnen am Ziel? Was tun Sie? Wie reagieren die anderen Menschen aus Ihrer Zielumgebung auf Sie? Werfen Sie jetzt aus der Zukunft einen Blick zurück bis zu dem Punkt, als Sie das erste Mal diesen Wunsch gespürt, an das Ziel gedacht bzw. es geäußert haben. Wie war der Weg zum Ziel? Gehen Sie ihn in Ihrer Vorstellung jetzt Schritt für Schritt zurück. Was haben Sie getan, um das Ziel zu erreichen? Welche Ressourcen wurden benutzt, welche Fähigkeiten entwickelt, welche Energien gebraucht? Wie haben Sie die einzelnen Schritte erlebt? Stellen Sie sich jetzt noch einmal Ihr Ziel ganz konkret vor. Was sind Sie bereit für die Erreichung dieses Zieles einzusetzen, auf sich zu nehmen? Kehren Sie in die Gegenwart zurück. Schreiben Sie jetzt das Ziel auf und notieren Sie alle Schritte, die Sie benötigen, um dorthin zu kommen. Entwerfen Sie eine Strategie und planen Sie den ersten Schritt ganz konkret, so dass er direkt in die Praxis umgesetzt werden kann.«
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Integrationsphase Wirkungsforschung
Erfahrungsfeld: Nebenwirkungen einschätzen Ziel: die Haupt- und Nebenwirkungen bei einer Veränderung einschätzen. Material: große Papierbögen, Kreide (oder verschiedene Materialien wie Holzfiguren, Steine etc.) Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Imagination/Materialgestaltung Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Kurze Erläuterung – Jede Veränderung zeigt nicht nur Wirkungen, sondern oft auch nicht einkalkulierte Nebenwirkungen. Die Erreichung eines Ziels hat seinen Preis. Manchmal scheut ein Coachee davor zurück oder er merkt erst im Nachhinein, was er sich zusätzlich an Veränderungen und Nebenproblemen eingehandelt hat. Bei Veränderungen gilt es also, sich zu entscheiden, ob man bereit ist, die Nebenwirkungen zu akzeptieren oder zu verzichten. Instruktion: »Stellen Sie sich vor, wie durch ein Wunder hätte die erwünschte Änderung stattgefunden. Vor Ihrem inneren Auge taucht eine Szene auf, Sie handeln genau so, wie Sie sich dies schon lange gewünscht haben. Welche Leute sind daran beteiligt, zum Beispiel Kollegen, Vorgesetzte, Kunden? Was denken die über Ihre Veränderung? Finden sie das gut oder werden sie sogar ablehnend reagieren? Ändern sich auch Ihre Lebens- bzw. Arbeitsumstände (durch die Beförderung zum leitenden Angestellten wird plötzlich der Arbeitstag um drei Stunden länger; die Familie findet das nicht gut)? Notieren Sie sich jetzt alle Personen, Umstände, die vermutlich auf Ihre Veränderung reagieren werden. Nehmen Sie ein Blatt Papier und markieren Sie in der Mitte einen Kreis. Der steht für Sie. Alle Personen, Umstände und Gegebenheiten, die vermutlich reagieren werden, platzieren Sie je nach Stärke oder Bedeutung der Reaktion näher oder ferner um sich herum. Verbinden Sie diese Markierungen mit Strichen mit der Mitte, also mit sich, und schreiben Sie die erwartete Art der Reaktion daran. Stehen die Auswirkungen auch untereinander in Beziehung (z. B. Beförderung, Arbeitszeit, Familie)?« Auswertung: »Schauen Sie sich nun das Wirkungsnetz noch einmal an. Was ist Ihr erster Eindruck? Gibt es unerwünschte Neben- und Seitenwirkungen (im
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3 Struktur und Prozess
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Beispiel: die Reaktion der Familie)? Sind die zu verkraften? Müssen Sie noch flankierende Maßnahmen ergreifen, um sie aufzufangen? Sind die Nebenwirkungen so stark, so dass Sie lieber auf die Veränderung verzichten?«
Abschluss- und Evaluationsphase Prozessbetrachtung
Erfahrungsfeld: Auswertung Ziel: Den Verlauf des Prozesses aus einer Metaebene reflektieren. Dabei können je nach Auswertungsbedarf mehrere Perspektiven herangezogen werden. Material: Beratungsseile, kleine Zettel (DIN A5/A6) oder ein großer Papierbogen Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 30–60 Minuten, je nach der Zahl der betrachteten Perspektiven
Durchführung: Im Vorfeld einigen sich der Coach und der/die Coachee/s, welche Prozessdimensionen sie sich nochmals anschauen wollen, zum Beispiel: • Kompetenzerweiterung, • Problemlösungen und Entwicklung der Lösungskompetenz, • persönliche Entwicklung bzw. Veränderungen, • Beziehungsgestaltung im Prozessverlauf. Je nach den Interessen bekommt der Coachee ein bis vier Seile. Mit jedem Seil legt er einen Prozessaspekt. Wichtige Höhen, Tiefen, Beschleunigungen, Wendepunkte kann der Coachee mit einem Zettel am Seil markieren und ein Symbol oder eine Anmerkung darauf malen/schreiben. Eine Markierung für den Anfang und das Ende dabei nicht vergessen. Auswertung: Verlaufen die Prozessdimensionen synchron oder ganz unterschiedlich? Gibt es Hypothesen dazu? Welches der Prozessseile endet am nächsten bei dem ursprünglich kontraktierten Ziel? Wo sind die Ergebnisabweichungen am deutlichsten? Welche Prozessstellen sind für den Coachee besonders interessant? Was ist da geschehen? Gibt es lose Enden, offene Fragen, Probleme, die noch auf Antwort warten? Wie soll damit umgegangen werden?
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Der Coachingfluss
Erfahrungsfeld: Prozessreflexion Ziel: sich den Verlauf des Beratungsprozesses anschauen, um den Lern- bzw. Veränderungsprozess zu reflektieren Materialien: Beratungsseile, Steine, Figürchen, Münzen, Feuerzeuge, Scheren, Klebstoff, Papier Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Der Coachee bekommt eine Reihe von Gegenständen und zwei Seile. Damit legt er seinen Coachingfluss, jedes Seil repräsentiert ein Ufer. An Stellen, an denen die Seile bzw. das Ufer weit auseinanderliegen, wird der Fluss vermutlich gemächlich fließen, liegen die Ufer dichter beieinander, wird die Strömung vermutlich stark sein. Natürlich hat so ein Fluss auch scharfe Kurven und gerade fließende Passagen. Die Materialien können nun Ereignisse im Prozess repräsentieren. Der Coachee legt sie an die Stelle in dem ausgelegten Flussbett, wo analog im Prozess das Ereignis stattgefunden hat, zum Beispiel Steine als Hindernisse, Münzen als Symbol für Erfolg, ein Feuerzeug repräsentiert eine zündende Idee. Auch für die Mündung des Flusses sollte ein Symbol gefunden werden. Die analogen Zuordnungen sollten möglichst spontan erfolgen. Den Fluss und die symbolisierten Aussagen würdigen der Coach und der Coachee dann in einer gemeinsamen Betrachtung und Reflexion.
Abschlussbilanz
Erfahrungsfeld: Erfolgsbewertung Ziel: kurze Bilanz über den Erfolg des Coaching Material: Papierbögen, Filzstifte Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 20 Minuten
Instruktion: »Wie nahe sind Sie Ihrem Coachingziel gekommen (in Prozent ausdrücken) und wie geht es Ihnen damit? Finden Sie dazu ein Symbol. Wie effektiv fanden Sie die Begleitung durch den Coach (in Prozent)? Finden Sie
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3 Struktur und Prozess
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auch zur Begleitung ein Symbol. Gab es noch zusätzliche Erkenntnisse und Kompetenzentwicklungen? Wie viel hatten Sie sich erhofft (Erfüllung in Prozent)? Finden Sie auch für diese zusätzlichen Entwicklungen ein Symbol. Malen Sie nun die drei Symbole auf das Papier. Wenn Sie mögen, können Sie diese dem Coach zum Abschied überreichen.« Brief an mich selbst
Erfahrungsfeld: Follow-up-Prozess Ziel: Unterstützung des Praxistransfers bzw. des Follow-upProzesses Material: Briefpapier und Kuverts Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Schreiben Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Nach der gemeinsamen Auswertung in der letzten Sitzung wird der/die Coachees gebeten, einen Brief an sich selbst zu schreiben. Darin führt der Coachee auf, was er in nächster Zeit anpacken, bearbeiten, lösen will. Der Brief wird in einen Kuvert verschlossen und dem Coach übergeben. Der schickt ihn nach einer vereinbarten Zeit (in der Regel drei bis sechs Wochen nach der letzten Sitzung) dem ehemaligen Coachee zur Selbsterinnerung zu. Diagnostischer Prozess Die Phasen, in denen die Übungen mit Gewinn zu diagnostischen Zwecken eingesetzt werden, sind jeweils im Erfahrungsfeld vermerkt. Identitätssymbole
Erfahrungsfeld: Bestandsaufnahme, für Einlassungsphase geeignet Ziel: Diagnose der Stärken und Schwächen, der Belastungsfähigkeit und Gestaltungskraft eines Menschen bei der Bewältigung seiner gegenwärtigen Lebens- bzw. Arbeitssituation Material: Papier, Kreide Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Imagination, bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 60 Minuten
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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Durchführung: Kurze Erläuterung der fünf Säulen der Identität. Instruktion: »Lehnen Sie sich zurück und schauen Sie in Ihr Leben. Was stützt Sie, gibt Ihnen Kraft? Wie steht es um Ihre Leiblichkeit? Fühlen Sie sich gut und lebendig in Ihrem Körper? Sind Sie gesund? Plagen Sie alte Krankheiten oder Geschehnisse? Fühlen Sie sich okay als Frau oder Mann? Finden Sie eine Farbe und ein Symbol für diese Säule Leiblichkeit. Betrachten Sie nun Ihr soziales Netzwerk. Sind Sie eher ein geselliger Typ oder ein Einzelgänger? Haben Sie genügend Freunde oder Freundinnen oder fühlen Sie sich einsam? Wohnen die Ihnen wichtigen Menschen in Ihrer Nähe oder weiter weg? Wie gut sind Ihre Kontakte auch als Mann oder Frau? Entwerfen Sie auch hierzu ein Symbol und finden Sie eine Farbe für die Säule soziales Netzwerk. Nun wenden Sie sich dem Bereich Ihrer Werte zu, der Sinnhaftigkeit und der spirituellen Bezüge. Wie wollen Sie sein? Wofür engagieren Sie sich? Was erscheint Ihnen sinnvoll? Woran glauben Sie? Auch hierzu Farbe und Symbol kommen lassen. Sie schauen jetzt auf Ihre Arbeit und Leistungsfähigkeit. Sind Sie geworden, was Sie wollten? Macht Ihnen Ihre Arbeit Freude, sehen Sie einen Sinn darin? Wie leistungsfähig fühlen Sie sich insgesamt? Wie viel Anerkennung gewinnen Sie durch Ihre Leistung und Arbeit? Welche Farbe und welches Symbol taucht dazu auf? Materielle Sicherheit: Sind Sie materiell abgesichert? Wie ist Ihre finanzielle Situation, Wohnsituation, der Lebensaufwand und der Lebenskomfort (z. B. schöner Urlaub), wie sieht die Zukunftsperspektive aus? Finden Sie Ihre Farbe und ein Symbol dazu. Malen Sie nun die fünf Symbole für die Säulen in der dazugehörigen Farbe nebeneinander auf den Bogen Papier.« Auswertung: »Wenn Sie sich Ihre fünf Symbole anschauen, welche strahlt die größte Kraft aus? Welche ist die schwächste? Wenn jedes der fünf Symbole sprechen könnte, was würden Sie Ihnen sagen wollen? Welche Säule ist in Ihrem momentanen Leben am stärksten gefragt, am stärksten belastet? Welche Säulen sind in den Hintergrund getreten? Welche Säule ist stark und stabil, kann so bleiben? Welche Säule müsste gestärkt werden, ist derzeit zu schwach ausgeprägt? Welche Säule ist kaputt, müsste repariert werden? Welche ist in Ordnung, nur etwas verwahrlost und müsste leicht renoviert werden?«
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3 Struktur und Prozess
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Identitätsskulptur
Erfahrungsfeld: Identität; für Einlassungs-, Experimental- und Bearbeitungsphase geeignet Ziel: Diagnose der Stärken, Schwächen und Belastungsfähigkeit Material: keines Modus: Gruppenübung Medium: Aufstellen/Skulpturieren Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Der Coach stellt die fünf Säulen der Identität vor. Ein Gruppenmitglied wird gebeten, seine fünf Säulen der Identität zu skulpturieren. Dazu sucht sich der Coachee für jede seiner Identitätssäulen einen Repräsentanten aus der Gruppe aus. Er stellt sie in seine Identitätsordnung, das heißt, er bringt sie in einen räumlichen Bezug zueinander. Dann skulpturiert er die Haltung der Säulen. Die Repräsentanten spüren in sich hinein und sagen, wie es ihnen als die entsprechende Säule in der Konstellation und Haltung geht. Der Coachee spürt die innere Resonanz auf die Äußerungen. Die Arbeit kann dann noch intensiviert werden: Der Coachee gibt jeder Säule einen Satz. Er dreht sich um, so dass seine Säulen hinter ihm stehen. Jede Skulptur sagt laut ihren Satz. Der Protagonist hört die Identitätssätze in seinem Rücken und spürt die Resonanz: Welche Säulen stärken seinen Rücken, welche irritieren, beängstigen ihn? Auswertung: Der Coachee kann nun die Haltung und die räumliche Zuordnung seiner Identitätssäulen verändern, solange damit experimentieren, bis er ein befriedigendes Zukunftsmodell für seine Identität gefunden hat.
Identitätsthermometer
Erfahrungsfeld: Identität; für Kontakt- und Einlassungsphase geeignet Ziel: visuelle Darstellung der Stärke der Identitätssäulen Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Material: Abbildung der fünf Säulen (DIN A3 oder A4, s. Abbildung 3) Medium: Skalieren Zeitbedarf: 30 Minuten
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Durchführung: Der Coach stellt zunächst das Modell der fünf Säulen der Identität vor. Der Coachee bekommt einen Vordruck der fünf Säulen. Er schätzt ein, wie stark jede der Identitätssäulen in seinem Leben ausgeprägt ist und drückt seine Einschätzung in einer Prozentzahl aus. (z. B.: Mit meinem Körper bin ich nur mäßig zufrieden, dafür gebe ich 40 %.) Die Prozentzahl schreibt er in die Säule auf seinen Vordruck. Zum Schluss schraffiert er jede Säule im Maße der Prozentzahl, bei 50 % würde er also die halbe Säule ausschraffieren. Der Coachee bekommt so ein Bild von der Stärke seiner Identitätssäulen. Auswertung: Er kann sich fragen, ob er genug gestützt und gekräftigt und wo er geschwächt bzw. gefährdet ist. Der Coachee kann sich mit seinem Coach beraten, was seine Identität trägt, wo er aufpassen muss, wo er eingreifen will oder Identitätsarbeit leisten sollte. Energiehaushalt
Erfahrungsfeld: Energieverteilung; für die Einlassungs- und Bearbeitungsphase geeignet Ziel: Überblick über die eigene Energiedynamik gewinnen Modus: Einzel-, Gruppen- und Teamübung Material: Ölkreide und Papierbögen Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30–45 Minuten
Durchführung: Der Coach lädt den (oder die) Coachee(s) zu einer kleine Phantasiereise ein, die in die zurückliegende Arbeitswoche gehen soll. Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Wenden Sie Ihren inneren Blick zurück auf die hinter Ihnen liegenden sieben Tage, die Arbeitstage, die arbeitsfreien Tage, die Arbeitszeit, die Feierabendzeit. Vergegenwärtige Sie sich Szenen aus diesen sieben Tagen, Szenen mit anderen Menschen, Begegnungsszenen, Arbeits- und Freizeitszenen, Momente der Entstehung von Ideen und Visionen. Wie erleben Sie sich in diesen Szenen? Wie viel Energie ist im Spiel? Gibt es da ausgesprochene Energiehighlights, prickelnde Szenen voller spannender Herausforderung? Entdecken Sie Energielöcher, Szenen, in denen Ihnen die Energie abhanden gekommen ist, vielleicht so, als würden Sie abgesaugt? Spüren Sie die körperliche Resonanz zu den verschiedenen Energiestadien? Schauen Sie noch einmal auf den Wochenverlauf: Wann und vor allem auch wie haben Sie Energie bekommen, investiert oder verloren?
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Öffnen Sie jetzt bitte die Augen. Malen Sie Ihren Energiehaushalt der letzten sieben Tage. Finden Sie zu jedem der Tage eine charakteristische Energieszene, verdichten und veranschaulichen Sie jeweils diese in einem Symbol.« Auswertung: »Wie geht es Ihnen nach der Übung? Wie ist Ihr Energiekonto jetzt, wie war es, als Sie vorhin hier angekommen sind? Haben Sie mit einem Energieüberschuss begonnen oder mit einem Defizit? Welche eigenen Kräfte und Gegenkräfte waren in den jeweiligen Szenen beteiligt, welche Energiedynamik wird erkennbar? Gibt es Szenarien, die Sie besonders berühren, zum Beispiel erregen, ärgerlich machen, irritieren, die Ihnen noch rätselhaft sind, auf die Sie stolz sind? Sind bestimmte Energieeinsatzmuster zu erkennen? Was ist neu für den Energiehaushaltsplan?« Panoramatechnik (nach Petzold, 1988)
Erfahrungsfeld: Lebensüberblick; geeignet für die Einlassungs-, Experimental und Bearbeitungsphase Ziel: Sich in seiner Lebensspanne begreifen und verstehen. Material: große Papierbögen, Kreiden, Decken Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Phantasiereise, bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 90–180 Minuten
Die Panoramatechnik ist anwendbar auf nahezu jede Fragestellung mit einem zeitlich-biographischen Fokus: Lebens-, Arbeits-, Ausbildungs-, Karriere- oder Krankheitspanorama. Sie ist eine um viele analoge Ausdrucksmöglichkeiten erweiterte Variante der alten Lebenslinie. Ich stelle hier das ausführliche Lebenspanorama vor. Im Coaching werden Sie meist die Panoramatechnik auf einen der oben erwähnten Teilaspekte des Lebens fokussieren. Die Technik muss dann nur entsprechend dem Lebensabschnitt verkürzt und umformuliert werden (Richter, 1997a). Durchführung: Jeder Teilnehmer sucht sich einen Platz für seine Decke, legt ein Blatt Papier vor sich und einen Kasten Malkreide daneben. Instruktion: Einstimmung und Entspannung: »Legen Sie sich auf den Boden und finden Sie eine Lage, die für Sie vertraut und bequem ist. Schließen Sie bitte die Augen. Spüren Sie den Boden, auf dem Sie liegen. Wie ist Ihr Kontakt zum Boden? Fühlen Sie sich von ihm getragen?
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Atmen Sie jetzt tief aus und wieder ein, mehrmals. Gedanken und Bilder kommen und gehen, halten Sie nichts fest. Sie liegen jetzt ganz angenehm schwer und entspannt. Fühlen Sie ihren Körper ganz bewusst und intensiv: Spüren Sie Ihr Gesicht, die Stirn, die Augen, die Wangen, den Mund, den Unterkiefer. Lenken Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf den Nacken, die Schultern, die Arme, die Hände. Spüren Sie nun Ihre Brust, den Rücken, gehen Sie dabei die Wirbelsäule entlang, Wirbel für Wirbel. Spüren Sie jetzt Ihren Bauch, atmen Sie tief in ihn hinein, fühlen Sie das Becken, das Gesäß, das Geschlecht. Gehen Sie weiter zu den Oberschenkeln, Beinen, Füßen und Zehen. Wenn Sie noch Verspannungen in Ihrem Körper merken, gehen Sie ihnen nach, verstärken Sie diese durch Anspannung und lassen dann schnell wieder los. Und Sie atmen weiter tief und gleichmäßig, tief und gleichmäßig. Sie sind jetzt ruhig und entspannt, ganz bei sich. Es gibt nichts, was Sie stört. Werden Sie sich jetzt bewusst, heute ist der . . . (Tagesdatum angeben). Erleben Sie, wie von Moment zu Moment das Leben weitergeht, von Atemzug zu Atemzug, von Herzschlag zu Herzschlag. Versuchen Sie, ob es geht, die Zeit anzuhalten, den Herzschlag zu stoppen, das Atmen zu lassen. Wenn Sie merken, dass es nicht geht, überlassen Sie sich dem Strom der Zeit. Sie werden jetzt eine innere Reise in der Zeit zurück zu Ihren Anfängen unternehmen. Sie gehen dabei in Ihrer inneren Vorstellung, Jahr für Jahr zurück und schauen, ob Sie Bilder, Szenen, Ereignisse, Stimmungen und Gefühle aus diesem Jahr erfassen können. Es wird Jahre dabei geben, zu denen Ihnen keine Erinnerungen aufsteigt. Dann halten Sie sich nicht mit Erinnerungsversuchen auf und gehen zum nächsten Jahr über.Verweilen Sie auch nicht bei Erinnerungen, die Ihnen sehr nahe gehen, stoppen Sie, bevor Sie in Gefühlen versinken, und gehen weiter. Beginnen Sie Ihre Reise mit dem heutigen Tag. Gehen Sie weiter zu den letzten Wochen, Monaten und dann erinnern Sie sich Jahr für Jahr zurück. Wenn Sie schließlich in Ihrem Geburtsjahr angekommen sind, dann sagen Sie das Datum laut in den Raum. Lassen Sie die Reise noch eine Weile nachklingen, kommen Sie langsam innerlich in den Raum zurück. Nehmen Sie nun eine Kreide und beginnen, Ihr Leben zu malen. Malen Sie so, wie es Ihnen jetzt gerade einfällt. Benutzen Sie dazu Farben, Formen, Symbole, Flächen und Schrift. Drücken Sie damit Ihre Gefühle, Stimmungen, Phantasien und Ereignisse aus, die Ihnen bei den einzelnen Lebensabschnitten kamen. Stoppen Sie Ihren Malfluss nicht, wenn Sie in der Gegenwart angekommen sind, sondern verlängern Sie Ihr Panorama noch um einige Monate bzw. Jahre in die Zukunft hinein.« Auswertung: Das Lebenspanorama kann unterschiedlich ausführlich ausgewertet werden. Dies hängt von den diagnostischen Fragestellungen ab.
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• Lassen Sie den Coachee sein Lebenspanorama aus verschiedenen Perspektiven anschauen, zum Beispiel von oben, von der Seite. »Jetzt können Sie die gesamte Spanne Ihres Lebens überblicken, von Ihrer Geburt bis in die Zukunft. Was berührt Sie, spricht Sie besonders an, irritiert Sie, was reizt Sie?« • »Welche Details wollen Sie sich genauer anschauen?« Dazu hat der Coachee viele Möglichkeiten, er kann Details vergrößern, schwach ausgemalte Teile oder blinde Flecken nachmalen, angedeutete Partien fortführen. • Auf durchgängige Details achten, was taucht immer wieder auf? • Auf Besonderheiten im Verlauf eingehen, zum Beispiel deutliche Verwerfungen, Brüche, Auslassungen, fehlende Details. Was wurde hier ausgelassen, umgangen? • Bilanzierung, Würdigung der guten und schlechten Seiten im Leben: »Worauf sind Sie stolz, was bereitet Ihnen Genugtuung?« • Intention: Gibt es eine durchgängige Zielrichtung, einen roten Faden, ein erkennbares immanentes Drehbuch? • Wie ist die Zukunftsvision gestaltet, erfreulich oder düster, klar oder verschwommen? • Wo in diesem Lebenspanorama tauchen Ressourcen auf, die der Coachee gut für die Lösung seiner Probleme, für die Gestaltung seiner Zukunft gebrauchen kann? In welche Kontexte sind diese Ressourcen eingebettet? Wie sind sie aktivierbar? • Wo finden sich in der Biographie Hinweise für Ereignisse, Muster, die die Zukunftsambitionen behindern, bremsen? • Gibt es deutliche oder versteckte Hinweise auf durchgehende Lebensmotive und Sinnbezüge (wofür jemand leben möchte)? Manchmal entstehen diese bereits in der Kindheit.
Energiespender und Energiefresser
Erfahrungsfeld: Balance zwischen Geben und Nehmen; geeignet für die Einlassungs-, Experimental- und Bearbeitungsphase Ziel: Überprüfen der energiespendenden und energieverschlingenden Aspekte im Arbeitsleben. Überprüfung des sozialen Netzes auf Tankstellen und Energiefresser. Material: Papier Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45–60 Minuten
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Durchführung: »Wenn man mit Menschen zu tun hat, fühlt man sich bei einigen richtig belebt und angeregt, auch wenn das Gespräch anstrengend war. Das sind richtige Tankstellen für die eigene Lebendigkeit und Energie. Dann gibt es andere Menschen, an die braucht man nur zu denken und schon fühlt man sich schlapp, ausgelaugt, lustlos. Das sind Energievampire, die anderen Menschen die Lebenskraft absaugen. In der folgenden Übung können Sie für sich überprüfen, wer in Ihrem Leben für Sie Tankstelle (Energiespender) ist und wer Sie energielos macht, wer aus Ihrer Organisation oder Ihrem Freundeskreis Sie energetisch anzapft und aussaugt.« Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Schauen Sie zurück in die letzten beiden Wochen. Womit waren Sie intensiv beschäftigt? Mit welchen Menschen waren Sie in Kontakt, hatten Sie zu tun? Notieren Sie die zehn wichtigsten, intensiven Begegnungen mit Menschen aus Ihrem Berufs- und Privatleben. Malen Sie jetzt in die Mitte des Papiers einen Kreis und schreiben ›Ich‹ hinein. Nun gruppieren Sie die Tankstellen und Energiefresser um sich herum auf dem Papier. Reichhaltige Tankstellen und gierige Energievampire markieren Sie mit großen Kreisen bzw. Quadraten, kleinere bekommen auch schmalere Symbole. Schreiben Sie zu jedem Quadrat bzw. Kreis den betreffenden Namen. Nehmen Sie für die Menschen aus Ihrem Berufsleben eine andere Farbe als für den Freundeskreis oder die Familie. Ist es ein ausgewogenes Verhältnis von Geben und Nehmen in der Beziehung, so malen Sie bei der Person einen Kreis in das Quadrat.« Auswertung: »Sie haben nun einen Überblick: Ist in Ihrem beruflichen bzw. privaten Netz das Verhältnis von Geben und Nehmen ausgeglichen oder tendiert es mehr zu einer Seite? Gibt es deutliche Unterschiede zwischen den beiden sozialen Bereichen (z. B. im Privatleben mehr Energietankstellen, im Beruf mehr Energievampire)? Sind Sie selbst eher eine Tankstelle oder begegnen Sie anderen Menschen eher als Energiefresser? Haben Sie bei den notierten zehn Menschen die gleiche Rolle oder gibt es da deutliche Unterschiede? Sie können jetzt jede Beziehung durchgehen und abwägen, ob Sie diese so beibehalten, in die eine oder andere Richtung verändern oder loslassen wollen. Was würde sich für Sie ändern, wenn Sie Ihr Beziehungsnetz reinigen?« Körperskizzen
Erfahrungsfeld: Körperhaltungen; geeignet für die Experimentalund Bearbeitungsphase Ziel: Körperhaltungen in verschiedenen sozialen Szenen erfassen, Schwachstellen identifizieren, spüren, verstehen, verändern
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Material: Papierbögen, Kreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 30–45 Minuten
Instruktion: »Bitte stellen Sie sich Ihre häufigsten Körperhaltungen vor, zum Beispiel wie sitzen Sie am Schreibtisch, in der Konferenzrunde, vor dem Fernseher, wie stehen Sie da im Gespräch mit einem Vorgesetzten, einem Mitarbeiter? Skizzieren Sie bitte mit raschen Kreidestrichen die Haltungen. Nehmen Sie jetzt nacheinander die jeweilige Haltung ein. Was für Gefühle aktiviert Sie, welche Situationen fallen Ihnen ein, welche (Lebens-)Geschichten gehören zu der Haltung? Was wollen Sie daran ändern? Welche Unterstützung brauchen Sie dazu?«
Wer nicht hören will, muss fühlen
Erfahrungsfeld: Belastung erleben; geeignet für die Experimentalund Bearbeitungsphase Ziel: die körperliche Seite psychischer Belastung spüren Material: keines Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 30–90 Minuten
Instruktion: »Überlegen Sie sich die drei größten Belastungen, die derzeit auf Sie einwirken. Stellen Sie sich diese Belastungen intensiv vor. Wo in Ihrem Körper merken Sie eine Reaktion auf die Belastung, zum Beispiel in den Schultern, Rücken, Bauch, Waden? Bitten Sie nun drei Mitspieler, Druck oder Zug auf diese drei Belastungsstellen auszuüben. Die drei experimentieren solange, bis Sie das Gefühl haben, dass die Kollegen Ihre Belastungspunkte genau treffen. Die Antagonisten erhöhen nun den Druck und den Zug bis an die Belastungsgrenze. Welche inneren Impulse löst das spontan bei Ihnen aus?« Auswertung: An seinen unwillkürlich erfolgenden Reaktionen kann der Protagonist nun erfahren, welche Muster er zur Bewältigung verleiblicht hat und mit welchen Bewegungen er sich Entlastung verschaffen kann. Zum Abschluss werden die Erfahrungen, die der Coachee in diesem Experiment gemacht hat,
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3.5 Übungen zur Prozessgestaltung und Diagnostik
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auf reale Belastungsszenarien aus seinem Alltagsleben übersetzt. »Wo haben Sie sich genau so gefühlt, wie in diesem Experiment? Welche Lösungsmöglichkeiten zeichnen sich nach der sinnlichen Erfahrung mit Belastung ab?«
Weitere Übungen Viele der Übungen, die in den folgenden Kapiteln unter einem anderen thematischen Schwerpunkt vorgestellt werden, eigenen sich auch hervorragend für die prozessuale Diagnostik. Im Folgenden habe ich Übungen unter bestimmten diagnostischen Fragestellungen zusammengefasst, zum Beispiel diagnostische Übungen zum Bereich Organisation Team oder Person. Sie finden diese Übungen im letzten Abschnitt des jeweils angegebenen Kapitels. Neben dem Fokus und dem Namen der Übung ist ihr wichtigstes Erfahrungsfeld aufgeführt. Fokus: System und Organisation Organisationslandschaft: wichtige Orte ( Kapitel 5) Organisation gestalten: erlebte Organisation ( Kapitel 5) Systemhaus: Organisationsmodell ( Kapitel 5) Was ich in der Organisation brauche: Grundbedürfnisse ( Kapitel 5) Fokus: Subsysteme, zum Beispiel Teams, Projektgruppen Teammetapher: Teamphantasien ( Kapitel 8) Teamfunktionen: Rollenanalyse ( Kapitel 8) Teamhaltungen: Positionen ( Kapitel 8) Teamentwürfe: Teamansichten ( Kapitel 8) Teamdynamik: dynamisches Feld ( Kapitel 8) Teamatmosphären: Arbeitsatmosphäre ( Kapitel 8) Teamproblem: Problemfelder ( Kapitel 8) Fokus: Rollenklärung Rollenhaushalt: Rollenvielfalt ( Kapitel 5) Fokus: Beziehung und Interaktion Beziehungslandschaft: Beziehungsnetz ( Kapitel 4) Beziehungsgestalten: Bezugspersonen ( Kapitel 4) Flexibilität und Stabilität: Beziehungsdynamik ( Kapitel 4) Beziehungshomöostase: Paarbalance ( Kapitel 4) Beziehungsaufträg: innere Aufträge ( Kapitel 4) Das Bild des anderen: Selbst- und Fremdbild ( Kapitel 4)
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3 Struktur und Prozess
Fokus: System Person Selbstporträt: Selbstbild ( Kapitel 5) Persönlichkeitshaus: Persönlichkeitsstruktur ( Kapitel 5) Sieben Säulen der Professionalität: Könnerschaft ( Kapitel 5) Ich-Funktionen: Ich-Spektrum ( Kapitel 5) Wie bin ich organisiert: innere Situation ( Kapitel 5) Museumsbesuch: Identitätsbild ( Kapitel 5) Polaritätenhaushalt: gelebte Polarität ( Kapitel 6) Polaritätenstern: Polaritätendynamik ( Kapitel 6) Stressmapping: Belastungsszenario ( Kapitel 10) Balancestern: Lifebalance ( Kapitel 10) Das innere Team: Ensemble der inneren Rollen ( Kapitel 11)
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4
Professionelle Beziehungsgestaltung
Kapitel 4 beschreibt das Konzept der Arbeitsbeziehung und Beziehungsgestaltung im Coachingsystem. Der gelingenden Arbeitsbeziehung kommt im Coachen eine zentrale Rolle zu. Nur wenn sie vertrauensvoll und tragfähig ist, kann sich der Coachee öffnen und sein Lösungspotential entfalten.
4.1
Arbeitsbeziehung und Beziehungsarbeit
Der Mensch wird in Beziehungen hineingeboren. Die Qualität seiner Beziehungserfahrungen beeinflusst seine Entwicklung und prägt sein Leben. Im Extremfall machen Beziehungen krank. Bei der Betrachtung einer Beziehung steht nicht der Einzelne im Mittelpunkt, sondern das System, das sich im Verlauf der Interaktionen und Wechselwirkungen zwischen den Menschen bildet. Es ist durch Verbundenheit und Verbindlichkeit gekennzeichnet. Dabei geht es nicht nur um die Beziehung zwischen Personen, das steht natürlich im Vordergrund, sondern auch um die Beziehungen der Mitarbeiter in Organisationen. Unternehmen sind heute viel weniger in der Lage, ihre Angestellten an sich zu binden und damit deren Loyalität zu erhalten. Sie bilden keine verlässlichen Bezugspunkte mehr, auf die sich Menschen verlassen und dabei berufliche Identität entwickeln können. Ständige Veränderungen, Arbeitsdruck und Unsicherheiten erschweren den Aufbau und die Gestaltung von Arbeitsbeziehungen untereinander. Menschen brauchen Zugehörigkeitsgefühle, Kontinuitätserleben und Bindung. Oft sind es strukturelle Ursachen, die an der Entstehung von Problemen auf der Beziehungsebene beteiligt sind. Coaching ist hier eine wirksame Unterstützung, die eine Organisation sich und ihren Mitarbeitern bieten kann, denn Coaching wirkt auf der Personen- und auf der Systemebene. Im Coachingprozess ist der Coach Beziehungsmodell und Übungspartner. Deshalb wird das Thema Beziehung im Coachingprozess auf zwei Ebenen aktuell: 1. Arbeit in der Beziehung: Hier geht es um den Aufbau und die Gestaltung des Beziehungssystems Coaching, also um die aktuelle Beziehung von Coach und Coachee. Auf dieser Ebene werden Bedürfnisse geäußert, Missverständnisse und Konflikte geklärt, Widerstände bearbeitet. Ziel ist die Herstellung und Pflege einer tragfähigen Arbeitsbeziehung usw. (Abbildung 6).
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
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Beziehung Coach
Coachee Beziehung
Abbildung 6: Arbeit in der Beziehung
2. Arbeit an Beziehungen: Der Coachee erinnert, erzählt, vergegenwärtigt und bearbeitet Beziehungssituationen aus seiner Arbeits- und Lebenswelt. Arbeitsthema ist hier zum Beispiel ein Konflikt des Coachee mit einem Kollegen, Kunden. Es geht also um Beziehungsprobleme, die Coachees mit Personen aus der Arbeits- oder Lebenswelt haben. Die Arbeit an der Beziehung kommt deshalb weit häufiger als Thema in der Beratung vor (Abbildung 7). Coachingsystem
Arbeitssystem
Präsentation der Arbeitsbeziehungsszene
Arbeitsbeziehungsszene
Coach Beziehung
Coachee -------------------------- X (Kollege, Beziehung Chef, Freund)
Abbildung 7: Arbeit an der Beziehung
4.2
Beziehungssystem Coaching, Beratung in der Beziehung
Die Beratungsbeziehung ist das entscheidende Medium, von dessen Qualität ganz wesentlich abhängt, ob sich der Coachee auf Veränderungsprozesse einlassen kann. Auch wenn die Beziehung eine Systemeigenschaft ist, so wird sie jedoch ganz wesentlich durch den Coach modelliert und beeinflusst. Die Persönlichkeit des Coachs und damit seine Beziehungsfähigkeit ist eine der wichtigsten Interventionsmittel im Beratungsprozess. Dies stellt hohe Anforderungen an die menschliche Integrität, Beziehungsfähigkeit und Selbstreflexion des Coachs. Seine Haltung, sein Auftreten und Intervenieren dürfen nicht nur authentisch erscheinen, sie müssen es auch sein. Eine wesentliche Fähigkeit, die ein Coach mit in die Beziehung einbringt, ist seine Präsenz. Er ist nicht nur mit seinen Sinnen, sondern auch mit all seinem Wissen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten präsent. Beziehungen brauchen Zeit. Es beginnt mit dem ersten Kontakt, führt zu einer Begegnung (Erstgespräch, Kontrakt) und mündet in einer Arbeitsbezie-
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4.2 Beziehungssystem Coaching, Beratung in der Beziehung
95
hung. Beziehung meint nach meinem Verständnis das Spektrum dessen, was auf Grund der Eigenheiten der Beteiligten und ihrer Kontexte zwischen ihnen möglich ist. Die Beziehung zwischen einem Coachee und seinem Coach kann allerdings nicht alle Kontakt- und Begegnungsmöglichkeiten verwirklichen, die in einer Beziehung zwischen Menschen möglich sind. Sie fokussiert auf die Beziehungsaspekte, die den Beratungsprozess unterstützen, und meidet solche, die ihn ablenken oder blockieren können. Ich bezeichne das Spektrum an Beziehungsaspekten, die in einem Coachingprozess zum Tragen kommen sollen, als Arbeitsbeziehung. Diese soll ein lern- und veränderungsträchtiges sowie lösungsfreundliches Beziehungsmilieu bereitstellen. Liste von Einstiegsfragen für den Coach zur Beziehungsgestaltung: – Wie kann aus dem ersten flüchtigen Kontakt eine tragfähige Beziehung werden? – Wie werde ich diesem Coachee ein guter Begleiter und Gegenüber? – Wie muss die Arbeitsbeziehung beschaffen sein, damit eine geschützte, vertrauensvolle, kreative und lernträchtige Arbeitsatmosphäre entsteht? – Was muss ich bei mir als Coach berücksichtigen? – Was muss ich beim Coachee berücksichtigen? – Welche Chancen und Ressourcen werden in dieser Beratungsbeziehung sichtbar? – Welche Beziehungsprobleme sind vorhersehbar? – Welche Atmosphären entstehen in der Beziehung, welche gehen vom Coach, welche vom Coachee aus?
4.2.1 Variablen der professionellen Beziehungsgestaltung Variablen der Beziehungsgestaltung im Coaching sind: Präsenz, Symmetrie, Akzeptanz, wertschätzende Zugewandtheit, Nähe-Distanz-Regulation sowie partielles Engagement. Der Coach gestaltet den Beziehungsraum durch seine Präsenz. Er ist dem Coachee ein waches und kompetentes Gegenüber, präsent mit all seinen Sinnen, seinen Erfahrungen, seinem Wissen und Können. Präsenz kann aber auch erdrückend wirken. Der Coach sollte seinem Gegenüber soviel Raum lassen, dass sich dieser darin frei und selbstbewusst bewegen kann. Die Beziehung sollte symmetrisch sein, Coach und Coachee sich in ihrer jeweiligen Fachlichkeit gegenseitig achten.
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
Jede Beziehung ist durch einen bestimmten Grad an Nähe und Distanz gekennzeichnet. Der Coach hält bei aller freundlichen und wertschätzenden Zugewandtheit eine gewisse Distanz. Nähe kann unterstützen, aber auch erdrücken oder irritieren. Manchmal wirkt sie unpassend oder anbiedernd. Zu große Distanz erschwert den Kontakt. Nähe und Distanz bilden eine Polarität. Der Coach bewegt sich, je nach den Erfordernissen des Prozesses zwischen diesen Polen. Der Coach entwickelt ein partielles Engagement für seinen Coachee. Er unterstützt ihn bei seinem Bemühen um Ergebnisse und Lösungen, er strebt aber kein darüber hinausgehendes Engagement, keine Beziehung oder Freundschaft an.
4.2.2 Perspektivität: Positionen der Wahrnehmung Aus welcher inneren Verfassung heraus beobachtet und handelt der Coach? Ist er gerade sehr stark vom Schicksal seines Coachees berührt, ist er ganz auf die Sache zentriert oder stärker bei sich und seinen Gefühlsreaktionen? Im Beratungsprozess wechselt der Coach zwischen mehreren Wahrnehmungspositionen, je nachdem, welche Perspektive gerade relevant ist. Ich möchte hier Wahrnehmungspositionen hervorheben, zwischen denen der Coach sich ständig hin- und herbewegt: Position der Berührtheit, Position der Zentrierung, Position der Exzentrizität. Wenn er die Wahrnehmungsperspektive nicht mehr wechseln kann, ist er in der Regel in den Beratungsprozess zu sehr emotional involviert. Position der Berührtheit und des empathischen Mitschwingens (einfühlende Wahrnehmung des Gegenüber): Der Coach fühlt sich durch das, was im Beratungsprozess gerade verhandelt wird, emotional berührt, angesprochen. Dies hilft ihm beim empathischen Verstehen. Er kann sich in die Haltung, Gefühle, Visionen und Handlungen des Coachees hineinversetzen. Die Gefahr dabei ist, das die innere Beteiligung überhand nimmt. Der Coach wird dann zunehmend involviert. Die Sache des Kunden wird zu seiner Sache. Ich gehe davon aus, dass ein Coach selten die Extrempositionen des Agitierens und des Absentierens einnimmt. Aber bereits die Involvierung stellt den Coach vor große Probleme. Wenn es sich dabei um eine längere Involvierung in den Prozess handelt, sollte er einen Supervisor aufsuchen. Das Gegenmittel zur Involvierungist die innere Distanzierung. Aber auch Distanzierung führt als Dauerhaltung in die Beziehungssackgasse. Position der Zentrierung (Wahrnehmung nach innen): Der Coach zieht sich mit seiner Wahrnehmung kurzzeitig aus der Szene zurück, wendet den Blick
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4.3 Arbeit in der Beziehung
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nach innen, spürt bei sich nach, erfährt und reflektiert seine eigenen inneren Resonanzen. Er fragt sich: Was stößt die Beziehung jetzt in mir an? Was hat das mit mir, was hat das mit dem Coachee zu tun? Position der Exzentrizität (Wahrnehmung von außen): Hier versucht der Coach eine Weitwinkelperspektive einzunehmen, also das ganze Beziehungssystem sozusagen von außen zu betrachten, das heißt die ganze Interaktionsspanne zwischen allen Beteiligten und ihr Wechselwirken. Zu den Beobachteten gehört auch er selbst. Der Coach fragt sich: Was passiert hier gerade zwischen den Beteiligten? Welche Muster wirken, geben der Beziehung ihre Struktur?
4.3
Arbeit in der Beziehung
4.3.1 Aufgaben der Beziehungsgestaltung Was der Coach zur Beziehungsgestaltung beitragen kann: – Beziehungshilfen: Der Coach schafft eine vertrauensvolle offene Umgebung für den Coachee und vermittelt ihm das Gefühl, angenommen und verstanden zu werden. – Musterwahrnehmung: Der Coach exploriert Beziehungsmuster, Haltungen. Er zeigt zum Beispiel dem Coachee, wie er mit bestimmten Beziehungssituationen umgehen kann (Lernen am Modell), und erarbeitet mit ihm neue Kommunikations- und Interaktionsmuster. – Beziehungsklärung: Hier geht es um die Frage, wie sich Beziehungsmuster auflösen lassen, die in der Beratungsbeziehung auftauchen oder die der Coachee mit Personen aus seiner Organisation oder sozialem Umfeld hat. – Arbeit in der Beziehung: Dabei wird das Verhältnis von Coach und Coachee betrachtet. In die Arbeitsbeziehungen können sich Missverständnisse, unterschiedliche Wahrnehmungen und Interessen, Kommunikationsprobleme oder andere psychische Probleme wie zum Beispiel Übertragungs-, Widerstandsphänomene und Projektionen einschleichen. All diese Beziehungsprobleme, aber auch die Beratungsfehler des Coach müssen angesprochen und geklärt werden. – Arbeit an Beziehungsszenen: Hier rekonstruiert und präsentiert der Coachee eine Beziehungsszene, einen Konflikt. Sie stammen aus seiner
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
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Arbeitswelt und sind für ihn vor Ort zunächst nicht befriedigend zu lösen. Deshalb möchte er sie in die Beratung einbringen und mit Unterstützung des Coachs bearbeiten.
4.3.2 Beziehungsstörungen, die vom Coach ausgehen Auch ein Coach macht einmal Fehler. Die folgenden Fehlerquellen sollte er im Auge behalten, um größere Probleme in der Coachingbeziehung zu vermeiden: – Der Coach beachtet die eigenen Grenzen nicht. Er ist eigentlich überarbeitet, das Thema des Coachees geht ihm selbst zu nah. – Der Coach beachtet die Grenzen des Coachees nicht, kommt ihm zu nah, überredet ihn. – Der Coach achtet die Autonomie des Coachees nicht genügend. – Der Coach ignoriert eigene starke positive oder negative Gefühle gegenüber dem Coachee. Diese tauchen dann unbewusst wieder in der Wahrnehmungs- und Hypothesenbildung des Coachs auf und beeinflussen die Kommunikation. – Der Coach überfordert sich: Er gerät an einen Coachee, dem er nicht gewachsen ist, der zu viel von ihm erwartet. – Der Coach lässt sich vom Coachee emotional verstricken, er begleitet nicht mehr den Prozess, er wird Teil des Strudels (Involvieren). – Gegenübertragung: Beim Coach werden in Resonanz auf die aktuelle Beziehung wieder alte, unbewusste eigene Beziehungsthemen energetisch aufgeladen und verschaffen sich Handlungsrelevanz im Beratungsprozess. – Der Coach projiziert Eigenschaften, Teilaspekte seiner Person, die er bei sich selbst nicht akzeptiert, auf den Coachee. – Der Coach identifiziert sich mit dem Coachee, macht seine Ziele zu den eigenen.
4.3.3 Rollengestaltung Rollenklarheit ist eines der wichtigsten Mittel der Gestaltung einer professionellen Arbeitsbeziehung. Nur in der Rollenklarheit kann es dem Coach gelin-
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4.3 Arbeit in der Beziehung
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gen, seinem Coachee ein professionelles Gegenüber zu werden. Der Coachee kommt hingegen oft mit Rollenproblemen aus seinem Arbeitsfeld und agiert sie nicht selten in der Coachingbeziehung aus (Spiegeleffekt). Der Coach versucht, die jeweiligen Rollenaspekte zu erkennen, sie zusammen mit seinem Coachee zu würdigen und zu bearbeiten. Rollen können eine professionelle Beziehung stören, etwa wenn der Coachee in eine kindliche Rolle des Bedürftigen (Entwicklungsrolle) rutscht und damit die Rolle des Selbstverantwortlichen verlässt. Der Coach sollte sich in zwei Richtungen fragen: 1. In welcher Rolle sitzt gerade der Coachee seinem Coach gegenüber? • Als Profi, der an seiner Kompetenz, einem Problem oder einer Lösung arbeitet? • Als gekränkter Profi, der es nicht selber schafft und sich deshalb fremde Hilfe suchen muss? Dieser Kränkungsaspekt ist relativ häufig, gerade bei sonst sehr erfolgreichen Menschen. Hier ist mit großer Behutsamkeit vorzugehen, um das Kränkungsgefühl nicht noch zu vergrößern. • Als (vermeintlich?) Coachingerfahrener, der erst einmal die professionelle Stärke des Coachs austestet, ehe er sich auf den Prozess einlässt? • Als Konkurrierender oder Pubertierender, der gern mit Autoritäten kämpfen will? (Es ist schwer, solchen Menschen etwas vorzuschlagen, ohne auf Widerstand zu stoßen.) • Als Bewunderer des smarten Coach und seiner Interventionszauberei? Häufig verbirgt sich aber hinter starker Bewunderung ein starkes (narzisstisches) Bedürfnis, selbst bewundert zu werden. • Als ängstliches Schulkind, dass sich seine Ängste aber meist nicht eingestehen darf? • Als Kleinkind, welches emotionale Nahrung braucht, was der erwachsene Coachee aber nicht bei sich wahrnehmen darf? Anspruch und Bedürftigkeit klaffen oft weit auseinander. Der Coach wird es auf jeden Fall falsch machen: Berücksichtigt er das Kind, fühlt sich der Profi gekränkt (»das ist doch alles Kinderkram, was Sie da machen«), bleibt er sachlich ganz auf den Profi bezogen, fühlt sich das Kind im Coachee nicht gesehen. 2. In welchen Rollen sitzt der Coach in der Beratung? • Gibt sich der Coach in die Beziehung als distanzierter Fachmann, als empathischer Berater oder bevorzugt er vielleicht Eltern- oder Geschwisterrollen oder andere Rollen aus seinem privatem Umfeld? • In welchen Szenen oder bei welchen Angeboten des Coachee werden beim Coach welche Rollen aus seinem Rollenhaushalt aktiviert (z. B.: Coachee gibt sich hilflos, Coach nimmt Helferrolle ein)? • Gibt es Rollenspiele, bei denen die Gefahr besteht, dass Gefühle für den Coach übermächtig werden und er dann in der Szene zu agieren beginnt?
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
Coach und Coachee sitzen sich gegenüber. Man kann sich nun vorstellen, dass jeder ein Repertoire von Funktions- und Entwicklungsrollen hat, die unterschiedlich leicht aktivierbar sind. Deshalb sind diese Fragen ein wichtiges, diagnostisches Instrument und Kontrolle für die professionelle Haltung des Coachs. Mit Hilfe psychodramatischer Inszenierungen, Gestaltdialogen und Skulpturierungen lassen sich die Auswirkungen des Rollenrepertoires auf die Arbeitsbeziehung vergegenwärtigen. Der Coach muss seinen Anteil dann außerhalb, zum Beispiel mit einem Supervisor, durchgehen. Letztlich besteht die Kunst in der Gestaltung der Arbeitsbeziehung darin, diese Hintergrundsrollen nicht zu unterdrücken, denn dann agieren sie weiter aus dem Unbewussten, sondern sie in ihre Grenzen zu verweisen und ihre Ressourcen für das Coaching nutzbar zu machen.
4.3.4 Beziehungsprobleme, die vom Coachee ausgehen Mitunter kommen beim Coachee alte Gefühls-, Bewertungs- und Handlungsmuster von besonderer Heftigkeit hoch. Es handelt sich um unbewusste Beziehungsthemen, die immer wieder auftauchen, Sozialisationsrückstände, die sich unwillkürlich, das heißt jenseits der bewussten Kontrolle und Steuerung, in die Beziehungsdynamik einmischen und das kommunikative Geschehen stark beeinflussen: Projektionen, Übertragungen, Widerstand und Abwehr. Projektionen: Stellen Sie sich einen Diaprojektor vor, der Bilder auf eine weiße Wand projiziert. Dias sind bei uns Menschen, in diesem Modell Teilaspekte unserer Persönlichkeit, die wir nicht mögen, die mit unserem Selbstkonzept nicht in Übereinstimmung sind. Um uns mit diesen Selbstansichten nicht auseinandersetzen zu müssen, verlagern wir diese Wahrnehmungen nach außen, projizieren sie in andere Menschen. Wenn sich eine Person zum Beispiel für besonders friedfertig hält, wird sie ihre rachsüchtigen Tendenzen bei sich nicht akzeptieren. Sie wird dazu neigen, Rachsucht bei anderen Menschen wahrzunehmen: »Nicht ich bin rachsüchtig, sondern du.« Häufig wird dann diese Eigenschaft am anderen mit Leidenschaft bekämpft und damit die Auseinandersetzung mit sich selbst vermieden. Die Aufgabe des Coachs besteht darin, den Coachee mit seinen Mustern zu konfrontieren, ihm dabei zu helfen, in eine Selbstauseinandersetzung zu gelangen, zum Beispiel zu akzeptieren, dass er zwar ein friedliebender Mensch ist, aber auch rachsüchtige Züge hat und er lernen kann, damit umzugehen. Hierbei gilt zunächst für den Coach zu klären, welche Funktion es für den Coachee hat, sich nicht mit diesem Selbstaspekt auseinandersetzen zu können.
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4.3 Arbeit in der Beziehung
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Übertragung: »Übertragung ist die Anwesenheit eines nicht sichtbaren Dritten in einer Zweierbeziehung« (Rahm et al., 1993, S. 357).1 In der Übertragung wird eine alte Szene mit einem neuen Gegenüber reinszeniert. Dem Gegenüber wird dabei die Rolle einer früheren Bezugsperson angetragen. Der Coachee verhält sich zum Beispiel gegenüber dem Coach, als wäre dieser sein Vater, der ihn nicht genug beachtet hat, oder ein älterer Bruder, mit dem er immer hoffnungslos konkurriert hat, ein Lehrer aus der Grundschule, der ihn ungerecht beurteilte usw. Übertragungen sind szenische Wiederholungsversuche von Stücken, die in der Erstinszenierung kein befriedigendes Ende nahmen. Die szenischen Wiederholungen sind Lösungsversuche, bei denen leider immer wieder das fatale Drehbuch (unbrauchbare Lösungsmuster) herangezogen wird, das schon in der Originalszene nicht half (vgl. Oberhoff, 2000). Ein Beispiel: Der Coachee erzählt von einem Vorgesetzten, der immer andere bevorzuge, obwohl er sich doch so viel Mühe gebe und seine Sache auch gut mache. Die Originalszene (Quellmuster): Der Vater bevorzugte den älteren Bruder, obwohl der Kunde sich sehr um die Anerkennung des Vaters bemüht hatte. Ähnliche Enttäuschungen tauchen dann in seiner Biographie häufiger auf. Auch beim Coach wurde er schließlich misstrauisch, vermutete, dass dieser andere Coachees lieber möge. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Coachee von seiner Übertragungskonstruktion hundertprozentig überzeugt ist.
Häufig ist das erste Alarmzeichen für den Coach in einer Übertragungsszene ein Gefühl von: »Da stimmt was nicht. Ich sitze im falschen Film. Wir befinden uns in verschiedenen Wirklichkeiten.« In der Gestaltarbeit gibt es eine Reihe wirkungsvoller Techniken, um mit Übertragungen zu arbeiten.2 Allerdings können tiefsitzende Übertragungstendenzen Krankheitswert haben und sind dann eher ein Fall für die Psychotherapie. Widerstand und Abwehr: Widerstand ist eine Form der Abwehr von Veränderung. Der Coachee sperrt sich gegen solche Themen, die er bewusst (aus Vorsicht, Scham, Misstrauen) oder unbewusst (Angst vor innerer Gefühlsüberschwemmung, Kontrollverlust, Panik) nicht in den kommunikativen Prozess einfließen lässt. Es sind in der Regel Schutzmaßnahmen des Ichs, die früher 1 Freud hat das Konzept der Übertragung bereits Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in die Psycho-
logie eingeführt (Freud, 1912, 1935). Die Übertragungsanalyse war ein wesentlicher Aspekt in seiner Psychoanalyse und wurde als Behandlungstechnik eingesetzt. Die Integrative Therapie von Petzold, die auch Rahm vertritt, entwickelte sehr viel kürzere und pragmatischere Methoden der Übertragungsarbeit. 2 Man kann zum Beispiel mit der Technik der leeren Stühlen arbeiten. Auf dem einen Stuhl imaginiert der Coachee den Coach, auf dem anderen die Person, der ursprünglich die Gefühle galten. Der Coachee wird aufgefordert, sich die beiden Personen genau vorzustellen und zu sehen, worin sie sich unterscheiden und worin sie sich ähneln. Hat sich der Coachee erst einmal darauf eingelassen, die Unterschiede zwischen Original und Übertragungssubjekt zu sehen, verliert die Übertragung an Kraft.
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
ihre Berechtigung hatten und oft auch noch haben. Der Coachee schützt sich vor einer vermeintlichen oder tatsächlichen Überforderung oder er wehrt sich berechtigt gegen Zumutungen des Coach (Interventionsfehler, Grenzverletzungen). Die Widerstandsdynamik hat in der Regel zwei Richtungen: Der Widerstand funktioniert als Blockade gegen innere Impulse und Selbstwahrnehmung. Das Ich verhindert damit, dass bestimmte energetisch aufgeladene Szenarien ins Bewusstsein gelangen. Ein »Angstpfropfen« verhindert, dass diese Impulse über die Schwelle der Wahrnehmung gelangen. Der Coachee verteidigt sich gegen die Versuche des Coachs, die abgewehrten Themen doch noch bewusst zur Sprache zu bringen. Er spürt dabei Ärger, Scham, Unsicherheit, also Gefühle, die ihn motivieren, möglichst schnell das Thema zu verlassen. Widerstand erzeugt beim Coach leicht Kontergefühle, er wird ungeduldig oder ärgerlich. Er sollte solche Resonanzen als Signal nehmen, genauer hinzuschauen. Denn über die Art des Widerstandes kann ein Coach viel über die Psychodynamik seines Coachees erfahren. Es gilt, nicht den Widerstand zu brechen, sondern ihn zu kontaktieren, zu akzeptieren und zu verstehen. Solche Abwehrformen zeigen viel von den Beziehungsmustern, mit denen der Coachee insgesamt seine Kommunikation gestaltet. Kernfragen zur Arbeit mit Widerständen sind: – Welche Funktion hat der Widerstand? Dient er dem Selbstschutz oder der Abwehr von Grenzverletzungen durch den Coach? – Wie viel Energie wird dabei gebunden? Widerstand ist eine schwere Arbeit für die Psyche, die sie viel Kraft kostet, die dann aber für andere Aktivitäten fehlt. – Welche Szenarien werden damit bewältigt? Wovor hat der Coachee zum Beispiel so viel Angst, dass er es nicht in sein Bewusstsein aufsteigen lassen darf oder zumindest nicht mit anderen bereden möchte. Fühlt sich der Coachee überfordert? – Wie ist der Widerstand ausgerichtet, geht er stärker nach innen, das heißt gegen sich selbst, oder nach außen gegen den Coach? – Wie genau erlebt der Coachee diesen Widerstand? Bei der Widerstandsarbeit sollte der Coach zwar die Abwehr respektieren, sich aber die Art, wie der Coachee ihn erlebt, genau beschreiben lassen. – In welchem Maße ist der Coachee bewusstseins- und damit ausdrucksfähig? Häufig weiß der Kunde gar nicht, dass er im Widerstand ist. Der Coach kann ihn dann vorsichtig auf die unterschiedliche Selbst- und Fremdwahrnehmung hinweisen.
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4.3 Arbeit in der Beziehung
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Woran erkennt man den Widerstand? Hierzu einige Phänomene, die häufig als Symptome für Widerstand auftreten: – schneller Themenwechsel; – Verallgemeinern, Intellektualisieren (z. B. über das Problem philosophieren, statt die Lösung anzuvisieren); – Überschütten mit Informationen, Reden ohne Punkt und Komma; – dauerndes Fragen, gehäufte Warum-Fragen; – Aber-Sätze (»Das ist im Prinzip richtig, aber . . . «); – Verschiebung des Problems auf andere (»Solange das so ist, . . . «); – Verschiebung des Problems (»Ich würde mich ja gern anders verhalten, aber es passiert mir halt immer wieder . . . «); – Problemleugnung (»Eigentlich läuft ja alles gut . . . «); – Temposteigerung (»Wenn ich das nicht in den nächsten fünf Minuten löse, wird das nichts . . . «); – gelernte Hilflosigkeit (»Ich würde ja gern, aber ich kann nicht . . . «); – Coachee ist immer mit allem einverstanden, aber es passiert nichts; – unangemessene Scherze, deplazierte Heiterkeit oder zynisches Reagieren; – Entscheidungsdelegation, andere müssen erst noch zustimmen; – Fehlen, zu spät kommen, früher weg müssen etc.
Zum Umgang mit Widerstand: – Erkennen des Widerstandes, Identifizieren des Widerstandes als Widerstand; – in Kontakt mit dem Widerstand gehen; – Akzeptieren des Widerstandes, eventuell würdigen als eine (ehemals) kreative Bewältigungsleistung; – Widerstand verstehen lernen, was läuft da wozu und wie ab?; – Unterstützen des Coachees bei dessen Versuchen, sich selbst besser zu verstehen; – einen sicheren Raum schaffen, in dem der Coachee es wagt, sich den im Widerstand festgehaltenen Gefühlen und Erinnerungen zu nähern; – dem Coachee helfen, seinen Widerstand auszudrücken, ihn unter Umständen sogar expressiv zu verstärken (s. Gestaltinterventionen); – mediale Ausdrucksmittel, Übungen und Experimente können diesen Prozess oft erleichtern; – den Coachee unterstützen, die abgewehrten Themen anders zu bewerten;
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
– Widerstand ist kein Phänomen, dass auf Zweierbeziehungen beschränkt ist, auch ganze Gruppen, Teams, Abteilungen können in den Widerstand gehen.3
Auch im System werden Entwicklungen oder Veränderungen gestoppt, die ihm zu gefährlich, zu fremd, zu aufwändig oder zu unübersichtlich zu sein scheinen, zum Beispiel durch: • Blockieren – die Interventionen werden von dem Coachee oder der Gruppe abgelehnt oder weich unterlaufen; • Rivalisieren, Konkurrieren, Fraktionieren von Gruppenmitgliedern untereinander; • Konflikte herbeireden: die Gruppe spricht so lange über ein Thema, bis Spannungen auftauchen; • einen Sündenbock etablieren: eine Gruppe drängt ein Mitglied an den Rand und überhäuft es mit Schuldzuweisungen; • Platte mit Sprung: das System kommt immer wieder auf das gleiche Thema zurück; • Beschwörungen von Vergangenheit, Vorgängern; • Auftauchen eines »Co-Coachs«: ein Gruppenmitglied weiß immer alles bereits besser als der Coach.
4.3.5 Abschied Abschiede und Trennungen sind alltäglich und von daher könnte man davon ausgehen, dass uns derartige Begebenheiten leicht von der Hand gehen. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Die Beendigung intensiver Beziehungen lässt manchmal alte Trennungswunden und Verlassenheitsängste aufleben. Die Person ist dann oft in einer Weise berührt, die sie nicht einzuordnen weiß und deshalb schnell wieder zu verdrängen sucht. Trennung macht manchmal deutlich, wie groß das Bedürfnis nach Beziehungen ist. Da Coaching es vielen Coachees erst ermöglicht, über ihre Gefühle, ihre geheimsten Gedanken und Befürchtungen zu sprechen, ihre kühnsten Träume zu entwickeln, muss man bedenken, dass eine Beziehung entsteht, deren Beendigung eine Lücke hinterlässt. Dies gilt es am Ende des Coachingprozesses zu berücksichtigen und zu würdigen.
3 Die klassische Psychoanalyse (A. Freud, 1959), aber auch die Gestalttherapie (Polster u. Polster, 1975)
unterscheiden eine größere Zahl solcher Abwehrformen, zum Beispiel: Projektion, Identifikation, Introjektion, Retroflektion, Konfluenz.
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4.4 Arbeit an der Beziehung
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Die Beendigung des Coachingprozesses sollte sich nicht in einer Fragebogenauswertung und einer Evaluation erschöpfen. Die Gestaltung des Abschieds reicht bis zu einem mehr oder weniger ausführlichen Abschiedsrituals. In unserer Kultur erschöpft sich das Abschiedsritual meist darin, dass der Coach seinem Kunden alles Gute wünscht und ihm zum Abschied die Hand schüttelt. Vielleicht kann er sich aber auch ein paar Minuten mehr Zeit nehmen und mit seinem Coachee über die Würdigung der erreichten Veränderungen hinaus gemeinsam anschauen, was dieser Abschied für ihn bedeutet. Abschiede sind Übergänge. Kleine Übergangsrituale könnten diesen unterstützen( s. Übungsteil am Ende des Kapitels).
4.4
Arbeit an der Beziehung
Beziehungserfahrungen und Beziehungskompetenzen bestimmen die Interaktion und damit die Qualität von Kommunikation und Kooperation. Bezogenheit gibt Orientierung, Bindung schafft Loyalität. Dies sind wichtige, wenn auch oft nicht genügend beachtete Faktoren im Arbeitsleben. Beziehungsstörungen, Konflikte, Kränkungen, Missverständnisse, Autoritätsprobleme, Machtmissbrauch, Mobbing führen zu erheblichen Reibungsverlusten und Problemflächen im sozialen Netz einer Organisation. So wundert es nicht, das Schwierigkeiten mit Beziehungen eines der häufigsten Anlässe für das Aufsuchen eines Coachs darstellen. Im Folgenden möchte ich Ihnen eine Arbeitshilfe zur Beziehungsdiagnose geben. Beziehungen haben verschiedene Seiten, die man getrennt anschauen kann. Die meisten dieser Perspektiven lassen sich polar beschreiben, also als Gegensätze, zum Beispiel kann eine Arbeitsbeziehung geistig inspirierend oder lähmend sein ( s. auch Ausführungen zur Arbeit mit Polaritäten, Kapitel 6). Im Folgenden führe ich eine Reihe solcher Perspektiven zur Charakterisierung von Beziehungen auf. Jeder dieser Aspekte kann durch verschiedene Polaritäten näher beschrieben werden. Ich habe nur jeweils eine, mir besonders informativ erscheinende Polarität zugeordnet. Psychisch (z. B. konflikthaft – harmonisierend): Sind in einer Beziehung Dauerspannungen vorhanden und kommt es dabei schnell zu Konflikten? Gibt es eine Konfliktlösungskultur? Werden zum Beispiel aufkommende Probleme sofort gelöst oder schnell unter den Teppich gekehrt? Energetisch (z. B. nährend – zehrend): Hat der Coachee nach Gesprächen mit einer bestimmten Person immer das Gefühl, ausgelaugt und erschöpft
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
zu sein oder eher gestärkt ( s. Übung »Energiefresser und Energiespender«, Kapitel 3)? Geistig (z. B. anregend – einschläfernd): Es gibt Arbeitsgespräche, aus denen die Beteiligten mit neuen Ideen hinausgehen und andere, nach denen sie sich leer und blockiert fühlen. Körperlich (z. B. belastend – erleichternd, kränkend – heilend): Es gibt Beziehungen, die wirken sich auch auf der körperlichen Ebene aus. Der Coachee spürt zum Beispiel, dass er nur noch flach atmet, sich ein Kloß im Hals breit macht oder der Magen sich zusammenzieht. In einer anderen Arbeitsbeziehung bleibt er entspannt, fühlt sich leicht und beschwingt. Kommunikativ (z. B. informativ – verschweigend): In der Regel bevorzugen wir die prägnante, übersichtliche und verständliche Information. Gelingt dies nicht, kann der Coachee überlegen, ob er seinen Gesprächspartner nicht informieren will oder ob er nicht kann. Werden dem Coachee für ihn wichtige Informationen vom Gesprächspartner vorenthalten, so schleicht sich oft Misstrauen in die Beziehung ein. Es gibt viele Möglichkeiten des Verschweigens, zum Beispiel durch Vielreden ohne Informationsgehalt, Ablenkung oder Desinformation. Sozial (z. B. erweiternd – einengend): Einengende Arbeitsbeziehungen sind zum Beispiel gekennzeichnet durch Dominanz des Gesprächspartners. Der Coachee fühlt sich verpflichtet, sich hauptsächlich an diese Person zu wenden. Bei der erweiternden Arbeitsbeziehung zeigt der Gesprächspartner Wege zu anderen wichtigen Kontakten auf, hilft bei der Netzwerkerweiterung. Arbeitsbezogen (z. B. kooperierend – blockierend, intrigierend): Blockiert der Gesprächspartner eher die Zusammenarbeit und wie macht er das? Was könnten seine möglichen Gründe dafür sein (z. B. Konkurrenzverhalten)? Finanziell (z. B. karriereförderlich – schädlich): Natürlich ist es wichtig, mit den Personen in Kontakt zu treten, die der eigenen Karriere förderlich sein können, die Konkurrenten zu erkennen und herausfinden, ob der Vorgesetzte einen Kollegen bevorzugt. Beziehungsbalance: In Beziehungen spielt das Verhältnis von Geben und Nehmen eine große Rolle. Ist es ausgeglichen oder dominiert eine Seite? Der Coachee hat zum Beispiel das Gefühl, in der Beziehung viel mehr zu geben als zurückzubekommen.
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4.5 Übungen zum Fokus Arbeitsbeziehungen
4.5
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Übungen zum Fokus Arbeitsbeziehungen
Beziehungslandschaft
Erfahrungsfeld: Beziehungsnetz Ziel: Übersicht gewinnen über Quantität und Qualität der aktuellen Arbeitsbeziehungen Material: große Papierbögen, dünnes Papier, Klebestifte Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Collage Zeitbedarf: 45–60 Minuten
Durchführung: Der Coachee wird gebeten, eine Liste mit den sieben wichtigsten Beziehungen in seinem aktuellen Arbeitsleben anzufertigen. Für jede der sieben Bezugspersonen und für sich selbst reißt er eine Figur aus dem dünnen Papier. Die Coacheefigur klebt er in die Mitte des Plakates. Die sieben anderen Figuren gruppiert er entsprechend ihrer Bedeutung für den Coachee auf die Fläche. In einem weiteren Bearbeitungsgang können nun die fixierten Figuren farbig gemalt oder mit Symbolen versehen werden, die ihre Bedeutung zum Ausdruck bringen. Auswertung: »Wenn Sie sich vorstellen, Sie stehen in der Mitte des Plakates, um sich die Beziehungsgestalten gruppiert, wie würde es Ihnen gehen? Würden Sie sich in Ihrem Beziehungsnetz eher aufgehoben fühlen, sicher, inspiriert, herausgefordert, ko-kreativ, oder fühlen Sie sich eher ausgelaugt, gebremst, bedroht, überspannt, gelangweilt, unverstanden? Dann wenden Sie sich den einzelnen der sieben Beziehungen zu und fragen sich: Ist die Beziehung angenehm, inspirierend, herausfordernd, kreativitätsfördernd oder fühlen Sie sich in der Beziehung eher bedroht, ausgelaugt, gebremst, unverstanden gelangweilt ( s. dazu auch die Arbeitshilfe zur Beziehungsdiagnose in diesem Kapitel)? Wie sind die für Sie wichtigen Personen verschiedener Systemebenen, in denen Sie arbeiten verteilt, sind es zum Beispiel weitgehend Kollegen, Kunden, Vorgesetzte? Welche Ressourcen lassen sich aus diesen Beziehungen aktivieren? Wie möchten Sie jede dieser Beziehung gestalten, zum Beispiel sie intensivieren, den Konflikt angehen, sie einschlafen lassen usw.?«
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Beziehungsgestalten
Erfahrungsfeld: Energiefeld im Beziehungsnetz, Bezugspersonen Ziel: Erkennen und Experimentieren mit dem Beziehungsnetzwerk in Organisationen oder Arbeitsbereichen. Im Prinzip ist die Übung eine Variante der vorherigen. Sie kann nur in Gruppen praktiziert werden. Material: keines Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: Aufstellung/Skulpturieren Zeitbedarf: 45 Minuten (für jeden Teilnehmer müssen Sie mit zusätzlichen 20 Minuten rechnen)
Durchführung: Der Protagonist stellt sich seinen Arbeitsbereich vor. »Welche fünf Personen sind für Sie von besonderer Bedeutung, welche Rolle spielen sie in Ihrer Arbeitswelt (z. B. die Rolle des Widersachers, des Unterstützers, des sachlichen Kollegen)? Wählen Sie für jede Ihrer Beziehungsfiguren eine Person aus der Gruppe aus und zusätzlich eine, die Sie selbst repräsentieren soll. Ihr Double stellen Sie in die Mitte des Raumes und platzieren die fünf anderen Personen in einem Abstand zu Ihrem Double, der ihrer jeweiligen Bedeutung entspricht. Bringen Sie jetzt jede der fünf Personen in eine Haltung, in der sich ihre innere Einstellung verkörpert. Sie können nun die Skulpturen nach ihren Gefühlen, Bildern und Phantasien befragen. Hierdurch bekommt der Protagonist Aufschlüsse über die Beschaffenheit seines Beziehungsnetzes und die Beziehungsrollen. Interessant ist auch, wie sein Double die Szene erlebt. Auswertung: Der Protagonist kann nun sein Double austauschen und sich selbst in die Mitte stellen: »Wie geht es Ihnen mit den einzelnen Skulpturen, mit dem Rollengeflecht insgesamt? Wie würden Sie Ihre Rolle bezeichnen? Was möchten Sie ändern, in Bezug auf die anderen, in Bezug auf sich selbst (z. B. Arbeit an der eigenen inneren Einstellung), in Bezug auf die Qualität und Effektivität Ihrer Zusammenarbeit?« Flexibilität und Stabilität in Beziehungen
Erfahrungsfeld: Beziehungsdynamik Ziel: Jede Beziehung bewegt sich zwischen den Polen Flexibilität und Stabilität, Struktur und Veränderlichkeit. Hier geht es um die Untersuchung der Interaktion zwischen diesen Polen. In der
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4.5 Übungen zum Fokus Arbeitsbeziehungen
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symbolischen Interaktion gilt der Stab dabei als strukturgebender und das Seil als beweglicher Aspekt einer Beziehung. Material: Stäbe und Seile Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Medium: Körper- und Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 20–40 Minuten
Durchführung: Jedes Paar bekommt einen Stab und ein Seil. »Bitte halten Sie jeweils ein Ende vom Stab und dem Seil in der rechten bzw. linken Hand. Ihre Aufgabe besteht darin, sich gemeinsam mit Stab und Seil zu bewegen. Sie können nun mit dem beweglichen und dem starren Teil zwischen sich experimentieren und herausfinden, was Ihnen damit möglich ist. Einzige Bedingung: Sie dürfen beide nicht Ihre Stab- und Seilenden loslassen. Sie sind während der ganzen Übung miteinander verbunden.« Auswertung: »Wie sah das Zusammenspiel von Stab und Seil aus, welche Verbindungen und Bewegungen entstanden? Was ermöglicht diese Polarität, was verhindert Sie in Ihrer Beziehung? Wo war Ihre Aufmerksamkeit, mehr bei den Bewegungsformen des Stabs oder denen des Seils? Bevorzugten Sie mehr die Struktur oder die Flexibilität? War dies bei allen Übungspartner ähnlich oder abhängig vom Gegenüber?« Die Coachees sollten die Übung möglichst mit zwei, drei verschiedenen Partner machen, um die sich unmittelbar einstellende Unterschiedlichkeit der Beziehungsexperimente und Muster kennen zu lernen.
Kontaktprofil
Erfahrungsfeld: Kontaktaufnahmemuster Ziel: Erkennen von Muster bei der Kontaktaufnahme und der Gestaltung von Kontakten Modus: Einzel-, Gruppenübung Material: keines Medium: Imagination Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Entspannungsinstruktion ( s. Kapitel 7). Stellen Sie sich eine Person vor, die Sie erst kürzlich kennen gelernt haben. Vergegenwärtigen Sie sich diese Kennenlernszene so genau und sinnlich wie möglich. Erinnern Sie sich: Worauf haben Sie als Erstes geachtet, worauf achteten Sie besonders? Wie
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fühlten Sie sich im ersten Moment in diesem Kontakt, zum Beispiel angezogen – abgestoßen, groß – klein, stark – schwach, erregt – gelähmt, überlegen – unterlegen? Wie sind Sie mit diesen Gefühlen umgegangen? Wie haben Sie den Kontakt ausgebaut oder ging die Aktivität dazu vom Gegenüber aus? Auswertung: »Beschreiben Sie Ihre Erfahrung mit der vergegenwärtigten Kontaktszene. Was machte den Kontakt für Sie attraktiv, was irritierte Sie, was vermieden Sie? Wie haben Sie den Kontakt gestaltet? Fallen Ihnen noch weitere Personen ein, mit denen Sie in letzter Zeit in Kontakt kamen? Waren Ihre Reaktionen ähnlich oder gab es Unterschiede in Bezug auf die verschiedenen Personen? Wenn Ihre Reaktionsweisen ähnlich waren, lassen sich Kontaktmuster erkennen? Kennen Sie solche Muster aus Ihrer Biographie? In welchen Lebenszusammenhängen haben Sie sie vermutlich gelernt? Welche Funktionen haben diese Muster?« Ein Beispiel dazu: »Bei besonders schnell sprechenden Menschen fühle ich mich hilflos und resigniere schnell, weil ich mir nicht vorstellen kann, dazwischen zu kommen.« Beispiel für die Arbeit mit einem Kontaktmuster: Der Coachee erkennt ein Kontaktmuster, das ihn stört. Er wird aufgefordert, sich Beziehungsszenen vorzustellen, in denen es zuletzt wirksam war. Er bekommt jetzt die Gelegenheit, die Szene umzuschreiben: »Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Drehbuchautor und Regisseur. Sie könnten die Szene umschreiben. Wie würden Sie gern mit dieser Person in Kontakt gehen. Lassen Sie sich jetzt dazu die passende Szene einfallen. Wie würden Sie sich in der umgeschriebenen Szene fühlen? Was wäre da möglich, was jetzt noch nicht geht? Auf welche Ihrer Talente und Ressourcen müssten Sie zurückgreifen, um so Kontakt zu gestalten?«
Beziehungen modellieren
Erfahrungsfeld: Beziehungsanalyse, Erkennen von alternativen Beziehungsmöglichkeiten Ziel: Rekonstruktion und Verdeutlichung von Beziehungskonstellationen und Arrangements Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Aufstellungen und Skulpturieren Zeitbedarf: 30–60 Minuten (je nachdem, ob eine oder mehrere Personen ihre Beziehung aufstellen)
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Durchführung: »Welche Ihrer Beziehung möchten Sie sich einmal genauer anschauen? Ist es eine hier in der Gruppe, im Team, Ihrer Abteilung oder aus einem anderen System von außerhalb? Was ist das für eine Beziehung, eine symmetrische, asymmetrische, hierarchisch eingeordnete, eine Täter-OpferKonstellation (z. B.: ich fühle mich von meinem Kollegen gemobbt), ein Interessenskonflikt? Verraten Sie das aber noch nicht uns anderen. Suchen Sie sich jetzt zwei Personen aus, die eine wird Sie verkörpern, die andere Ihr Gegenüber in der ausgewählten Beziehung. Stellen Sie die beiden jetzt so zueinander, wie Sie diese Beziehung erleben (nah – fern, frontal – seitlich, hintereinander) und versetzen Sie sie in die dazu passende Haltung. Ist der Protagonist zum Beispiel seinem Gegenüber zugewandt? Steht er gebeugt oder aufrecht? Welche Stellung haben die Arme und Hände?« Auswertung: Frage an die beiden: »Wie erleben Sie sich in Ihren Positionen und Haltungen (Skulptur)? Welche Gefühle, Bilder, Impulse, Gedanken sind Ihnen gekommen?« Der Protagonist hört sich an, was die beiden in der Szene erfahren haben. Häufig kann er bereits danach neue Beziehungsaspekte erkennen. Er kann dann aber noch einen Schritt weitergehen und mit seinem Stellvertreter den Platz tauschen, nimmt dessen Position und Haltung ein, spürt, wie es ihm in der gestellten Konstellation geht (z. B. in der Opferposition). Er kann auch die Gegenposition einnehmen und sich in sie einfühlen. Ist eine Beziehung auf diesem Wege hinreichend verständlich geworden, steht als weiterer Schritt die Frage an: Soll die Beziehung so beibehalten oder verändert werden? Zunächst werden die beiden Mitspieler gefragt, was sie aus ihrem Erleben heraus an der Beziehung ändern würden. Sie korrigieren entsprechend ihre Positionierung und Haltung. Der Protagonist schaut sich das an und spürt seine innere Resonanz auf die Veränderungen. Anschließend nimmt er selbst die beiden veränderten Positionen und Haltungen ein. Er kann so überprüfen, ob der Veränderungsvorschlag für ihn übertragbar ist. Ist dies nicht der Fall, so kann er mit eigenen Veränderungsideen experimentieren, bis er die Beziehungskonstellation gefunden hat, die er sich wünscht.
Das Bild des anderen
Erfahrungsfeld: Selbst- und Fremdbild, Konstruktion sozialer Wirklichkeit Ziel: Konfrontation mit dem vermuteten Fremdbild zwischen Konfliktpartnern. Wir wissen oft wenig voneinander, aber vermuten viel! Material: große Bögen, Kreide
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Modus: Paar-, Gruppenübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 60–90 Minuten
Durchführung: Bei einem dyadischen Konflikt werden die Kontrahenten (bei einem Intergruppenkonflikt die beiden Gruppen) gebeten, zwei Porträts zu malen: ein Selbstbild der Kontrahenten (Wie sehe ich mich, wie sehen wir uns?) und ein vermutetes Fremdbild (ein Bild, von dem ich glaube, dass der anderen es sich von mir macht oder von dem wir glauben, dass die anderen es sich von uns machen). »Wie sehen Sie sich, was für eine Vorstellung, welches Bild haben Sie von sich? Malen Sie bitte ein Selbstporträt. Es muss nicht realistisch gezeichnet sein. Wählen Sie einen Stil, der Ihnen liegt (Selbstbild). Und ich bitte Sie, nun noch ein zweites Porträt zu malen. Was für ein Bild hat wohl der andere von Ihnen oder haben die anderen vor Ihnen? Zeichnen Sie jetzt ein Porträt von sich, aber mit den Augen der anderen (vermutetes Fremdbild). Welche gravierende Unterschieden stellen Sie zwischen dem Selbstbild und dem Bild, das sich andere vermutlich von Ihnen machen, fest?« Sind auf beiden Seiten mehre Personen beteiligt, so malt jede Partei ein Bild von der eigenen Gruppe und das vermutete Fremdbild. »Tauschen Sie Ihre Vermutungsporträts aus. Versuchen Sie das Bild, das Sie bekommen haben, Ihrem Gegenüber so zu erklären, als hätten Sie es selbst gemalt.« Anschließend ziehen sich die beiden Personen oder Gruppen wieder zurück, um jeder für sich zu klären: »Was habe ich in das Bild, von dem ich glaubte, das andere es von mir haben, selbst hineingelegt an Befürchtungen, Wünschen, Aggressionen (Projektionen)?« Es folgt ein Austausch mit dem/den anderen über die Überschneidungen ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Beziehungshomöostase
Erfahrungsfeld: Paarbalance Ziel: Unterschiedliche Modelle von Beziehungshomöostase unmittelbar erleben. Wie viel Druck, wie viel Zug, wie viel Tiefe hält eine Beziehung aus? Material: Tennisbälle, Stäbe Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Medium: Körper- und Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 20 Minuten
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In dieser Übung kann mit einer Gleichgewichtsherstellung durch Druck und durch Zug im analogen Raum experimentiert werden. Dabei ist zunächst der Vorgang der Gleichgewichtsgewinnung auf der körperlichen Ebene erlebbar. Durchführung (Homöostase, die durch Druck entsteht): Zwei Personen stehen sich gegenüber. Sie halten die Hände ausgestreckt, sie berühren sich mittels der beiden Tennisbälle, die sie jeweils in den Händen halten. Die beiden Personen gehen nun mit den Beinen immer weiter nach hinten (Rücken durchgedrückt), dabei nimmt der Druck auf die Hände zu. Schließlich sind die Beine der beiden so schräg, dass der gesamte Halt durch den Druck auf die Hände erfolgt. Würden sie die Bälle loslassen, fielen beide nach vorne. Auswertung: Was haben die Partner bei der Durchführung der Übung erlebt? Kennen sie die Gefühle, Impulse, Bilder und Gedanken, die dabei aufkamen auch aus realen Beziehungssituationen? Anmerkung: Die Beziehung wird durch den Druck stabilisiert. Gleichzeitig entfernen sich die Standpunkte (Füße) immer weiter voneinander. Durch den Beziehungsdruck ist zu erwarten, dass die Auseinandersetzungen immer heftiger werden. Beispiel: Der eine Partner will in den Urlaub fahren, der andere das Geld in ein neues Auto investieren (Standpunkte). Frage: Wie viel Druck entsteht durch die immer größer werdende Entfernung der Standpunkte auf die Beziehung? Wie viel Belastung hält die Beziehung aus? Durchführung (Homöostase, die durch Zug entsteht): Zwei Personen stehen sich wieder gegenüber. Sie halten einen Stab mit beiden Händen in Brusthöhe fest. Während die Füße beisammen stehen, gehen die Oberkörper so weit als möglich nach hinten auseinander. Die Arme sind dann gestreckt. Die Homöostase entsteht durch den gemeinsamen Zug auf den Stab. Keiner der beiden darf loslassen, sonst fallen sie nach hinten. Auswertung: Was haben die beiden im Balanceprozess erlebt? Gibt es Analogien zu realen Beziehungsformen? Anmerkung: Beide behalten den gemeinsamen Standpunkt, entfernen sich aber beziehungsmäßig voneinander. Beispiel: Die Partner wollen zusammen in den Urlaub fahren (gemeinsamer Standpunkt), dabei will die eine Person zum Beispiel Sonne und die andere Kultur tanken. Die Bedürfnisse gehen auseinander.
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Drinnen – draußen
Erfahrungsfeld: Systemgrenzen Ziel: Resonanz auf Ablehnung und Umgang mit Systemgrenzen Material: Seile Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Medium: Körper- und Bewegungserfahrungen. Zeitbedarf: 20–50 Minuten (je nach der Zahl der Durchgänge)
Durchführung: Alle finden sich zu Paaren zusammen. Bestimmen Sie, wer A und wer B ist. A legt ein Seil im Halbkreis um sich. B steht seinem A gegenüber. Durchgang 1: Person A bittet B zu sich in den Kreis. B lehnt ab. A versucht jetzt B mit allen Mitteln davon zu überzeugen, zu ihr in den Kreis zukommen. Durchgang 2: Person B möchte zu A in den Kreis kommen. Diese lehnt ab. B versucht alles, um doch noch zu A hineinzukommen. Auswertung: »Wie war die erste Reaktion darauf, abgelehnt zu werden? Wie fühlte es sich an, jemanden abzulehnen? Wie haben Sie versucht, Ihren Willen durchzusetzen? Welche Muster wurden dabei deutlich?« Die Übung sollte nach Möglichkeit mit mehreren verschiedenen Gruppenmitgliedern gemacht werden.
Erlebte Autorität
Erfahrungsfeld: Leitbilder Ziel: Führungsverhalten und Führungsverständnis korrelieren mit den eigenen Erfahrungen als leitendes und geleitetes Mitglied einer Organisation. Die Übung bietet Hilfe, seine eigene innere Autorität zu erkennen und zu entwickeln, also eine Autorität, die aus der eigenen Person kommt und nicht das Ergebnis unreflektiert übernommener Selbstbilder ist. Modus: Einzel-, Gruppen- und Teamübung Material: Papier und Malkreiden Medium: Phantasiereise, bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: »Setzen Sie sich bequem. Überall, wo Sie Spannungen in Ihrem Körper spüren, räkeln Sie sich, bis die Spannung weg ist. Atmen Sie ruhig.
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Schließen Sie Ihre Augen und machen sich innerlich bereit für eine kleine Reise in die Vergangenheit. Gleich wird Sie eine Zeitmaschine abholen. Sie wird Sie zu einigen Stationen Ihres zurückliegenden Lebens transportieren. Sie steigen ein, machen es sich im Sessel bequem, spüren, wie sicher das Zeitfluggerät gebaut ist, atmen weiter ruhig und langsam und lassen sich in Ihre Vergangenheit gleiten. Zunächst landen Sie auf Ihrem ersten Arbeitsplatz. Szenen aus dieser Zeit werden deutlich, Menschen, die Ihnen damals wichtig waren. Und dann begegnen Sie auch Ihren damaligen Vorgesetzten, also Menschen, die Macht über Sie hatten, die Ihnen Befehle erteilten und Sie anleiteten. Wie haben diese Personen ihre Macht und ihren Einfluss ausgeübt? Wie ging es Ihnen dabei? Was haben Sie gemacht? Dann steigen Sie wieder ein in die Zeitmaschine. Sie landet jetzt direkt vor einem Schulgebäude. Sie erkennen eine Schule, die Sie einmal besucht haben. Sie gehen hinein und treffen dort auf Lehrer und Schüler, die für Sie etwas mit Autorität und Machtausübung zu tun hatten. Ist Ihnen da eine Szene besonders hängen geblieben? Und weiter geht die Zeitenfahrt. Diesmal landen Sie in Ihrem Elternhaus. Sie begegnen Ihren Eltern, treffen vielleicht auch auf Geschwister, Verwandte, eine Tante, einen Opa. Wie war das Klima im Elternhaus? Wie wurden Sie erzogen, mit viel Druck oder Angst, mit Zuneigung oder Belohnung? Dann steigen Sie wieder in Ihre Zeitmaschine. Diesmal fahren Sie hierher zurück. Nach einer Weile landet Ihre Zeitmaschine und setzt Sie wieder sicher in diesem Raum ab. Öffnen Sie die Augen, räkeln und strecken Sie sich genüsslich, werden Sie munterer und schauen sich um.« Auswertung: »Wenn Sie jetzt auf Ihre Reise zurückschauen und sich an die Szenen und Personen erinnern, die Ihnen begegnet sind, welche sind sofort wieder präsent, haben Sie stark berührt? Welche Bilder von Autorität und Führung haben sie Ihnen vermittelt? Waren es Personen, die Sie wertschätzten und anerkannten, Sie förderten, Ihnen Sicherheit und Schutz boten, aber auch den notwendigen Raum für Selbstentfaltung gewährten, oder waren es mehr Personen, die Sie ängstigten, abwerteten, einengten oder verunsicherten? Waren die Personen echte Gegenüber, greifbar und angreifbar? In der Begegnung und Auseinandersetzung mit welchen Personen haben Sie etwas gelernt und übernommen für Ihr eigenes Führungsverhalten? Entscheiden Sie sich jetzt für eine Szene aus Ihrem Arbeitsbereich, der Ausbildung oder Kindheit, die Sie im Umgang mit Autoritäten als besonders prägend erlebt haben. Malen Sie aus der vergegenwärtigten Erfahrungsszene der Begegnung mit dieser Autoritätsperson ein Bild. Was haben Sie beim Malen erlebt? Kamen Ihnen noch zusätzliche Erinnerungen? Warum haben Sie diese Szene ausgewählt? Was ist das Besondere an dieser Autoritätsperson? Was hat sich
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aus der Begegnung in Ihnen eingeprägt? Hat diese Begegnung Auswirkungen auf Ihren Führungsstil, Ihre Art, mit Kollegen umzugehen?«
Beziehungsaufträge
Erfahrungsfeld: innere Aufträge Ziel: unmittelbares Erleben innerer Aufträge in der Begegnung mit anderen Menschen Modalität: Gruppen-, Teamübung (modifiziert auch als Einzelübung in der Gruppe). Material: keines Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: »Gehen Sie durch den Raum. Wenn ich Stopp sage, wenden Sie sich dem nächsten Gruppenmitglied zu, schauen es an und spüren Ihre innere Resonanz auf diese Person: Im Kontakt zu diesem Menschen fühlen Sie sich zum Beispiel groß oder klein. Ihre Gefühlsreaktion teilen Sie Ihrem Gegenüber nicht mit. Suchen Sie sich jetzt eine neues Gegenüber und spüren Ihre Gefühlsreaktion auf folgende Fragen: Im Kontakt zu dir fühle ich mich: hart – weich, überlegen – unterlegen, klug – dumm, nah – fern, phantasievoll – einfallslos.« Der Coach kann die Liste der Beziehungsreaktionen ( s. Arbeitshilfe Beziehungsdiagnose) so zusammenstellen, wie Sie ihm für diese Gruppe sinnvoll erscheint. Auswertung: »Überlegen Sie sich, wie Sie zu diesen Gefühlsreaktionen kommen? Was für eine Art innerer Aufträge könnte dahinterstehen? Sind es Selbstaufträge, zum Beispiel: Ich mache mich klein, hart, gehe auf Distanz, werde einfallslos? Oder sind es Aufträge aus dem Unbewussten (es passiert mir): Ich werde klein, hart, phantasielos usw.? Oder erleben Sie Ihre Reaktion mehr als Fremdaufträge, zum Beispiel: Du machst mich klein, dumm, distanziert, einfallslos usw.« Die Art des Auftragserlebens sagt etwas aus darüber, ob die Verantwortung für den Auftrag übernommen wurde (Selbstaufträge) oder die Schuld auf das »Es«, also eine mächtige unbewusste Kraft, geschoben wird. Die Gruppenmitglieder können sich zur Auswertung also fragen: »Wie erlebe ich die Aufträge: Eher als Selbst-, Es- oder Fremdaufträge? Welche Aufträge kommen bei mir häufiger vor, zum Beispiel bei den meisten Begegnungen fühle ich mich erst einmal ziemlich klein? Gibt es irgendwelche Auslöser, warum ich mich bei Herrn X, Frau Y so klein fühle? In welchen Begegnungen in meinem
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derzeitigen Leben werden diese Aufträge wirksam? Gab es so etwas früher auch schon? Kann ich mich an Situationen und Personen erinnern, in denen ich diese Aufträge übernommen habe? Wie kann ich diese inneren Aufträge loswerden?«
Beziehungsmasken
Erfahrungsfeld: Ausdruck Ziel: Im Alltag zeigen wir oft einen stereotypisierten Gesichtsausdruck. Diese Gesichtsmaske wechselt, je nachdem, welche Personen unser Gegenüber sind, in welchen Situationen wir uns befinden, welche Kontexte auf uns wirken. In dieser Übung kann sich der Coachee darüber klar werden, mit welchen Masken er im Alltag Menschen gegenübertritt und welche Reaktionen diese hervorrufen können. Material: Maskenbilder, Malkreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Bildmaterial Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Vor dem/den Klienten werden eine Serie von Maskenbildern (s. Ausführung über den Materialkasten) gelegt. »Stellen Sie sich eine Situation vor, in der Sie einer bestimmten Person begegnen. Wie geht es Ihnen mit dieser Person? Wie fühlt sich Ihr Gesicht dabei an? Gehen Sie jetzt zu den ausgelegten Maskenbildern, schauen sich die Bilder in aller Ruhe an und suchen sich die Maske heraus, die am besten zu Ihrem Gesprächspartner passt. Schauen Sie dann kurz in den ›inneren Spiegel‹. Wie könnte Ihr Maskengesicht aussehen, wenn Sie mit diesem Menschen zusammen sind? Suchen Sie jetzt noch ein zweites Bild heraus, diesmal für Ihre Gesichtsmaske.« Auswertung: Der Coach stellt nun zwei Stühle gegenüber. »Legen Sie bitte auf jeden der Stühle eine Maske. Stellen Sie sich hinter den Stuhl mit der Maske Ihres Gesprächspartners und versuchen Sie sich mit ihm zu identifizieren. Wie wirkt Ihre Maske aus dessen Blickwinkel? Gehen Sie jetzt hinter den eigenen Maskenstuhl. Hat sich jetzt in Ihrer Wahrnehmung des anderen etwas geändert? Welches ›wahre Gesicht‹ mag sich hinter der Maske des anderen verbergen? Und was verhüllen Sie mit Ihrer Alltagsmaske? Stellen Sie sich jetzt etwas abseits der beiden Stühle. Nun können Sie beide Masken gleichzeitig sehen. Wie kommunizieren diese beiden Masken miteinander? Was verbergen Sie, wovor schützen Sie sich, was ›tönt‹ durch die
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
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Masken? Was möchten Sie an dieser Beziehung ändern? Wie sollte dazu Ihre Gesichtsmaske aussehen? Welche Maske und wie viel Maskierung brauchen Sie tatsächlich? Wie viel daran ist einfach Gewohnheit und Sie könnten darauf verzichten? Wenn Sie mögen, können Sie jetzt Ihre Maske vom Stuhl nehmen, Sie ausmalen und bunt einfärben. Wie verändert sich dadurch die Wirkung?«
Beziehungsklärung
Erfahrungsfeld: Klärung von Absichten zur Beziehungsgestaltung Ziel: Entwicklung von Absichten zur Beziehungsklärung Material: keines Modus: Einzel-, Paar-, Gruppen-, Teamübung Medium: Ritual Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: In der Gruppe stellt sich Coachee (A)vor seinen Klärungspartner (B) und sagt: »Im Kontakt zu Ihnen möchte ich • Folgendes beenden: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (z. B. meine Eifersüchtelei); • Folgendes fortsetzen/pflegen: . . . . . . . . . . . . (z. B. die gute Zusammenarbeit); • Folgendes anfangen, beginnen: . . . . . . . . . . . . . . (z. B. offenere Gespräche).« Sein Gegenüber (B) sagt: »Mit Ihren Absichten geht es mir . . . . . . . . . . . . . . . . . . .« (z. B. »gut« oder »bin ich nicht einverstanden«). Er (B) fragt: »Was werden Sie tun, um diese Absichten zu verwirklichen? Bis wann werden Sie die Absichten realisieren? Was ist mein Part dabei? Wie kann ich Ihre Absichten unterstützen?« Im Einzelcoaching ist die Person, an die die Absichtserklärungen adressiert sind, nicht anwesend. Der Coachee kann sich seinen Adressaten (B) aber vergegenwärtigen. Er stellt sich zum Beispiel vor, B säße auf einem (leeren) Stuhl ihm gegenüber. A verkündet nun auf die gleiche rituelle Weise (wie oben) seine Absichten. A wechselt dann den Platz, setzt sich auf einen Stuhl, identifiziert sich mit B und spürt nach, wie wohl B die Absichten von A auffassen und was er A antworten würde. Der Coachee wechselt wieder zu seinem eigenen Platz (A) und sagt, was er tun wird, um diese drei Absichten zu verwirklichen, und bis wann er sie realisieren will. Der Coachee überlegt, welche Unterstützung er braucht, um diesen Schritt auch in der Realität umzusetzen.
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Ansichtssache
Erfahrungsfeld: Arbeitsbeziehung Ziel: Klärung der Systembeziehung. Wie steht ein Mitarbeiter zu seinem Team, seiner Abteilung, seiner Organisation? Material: Beratungsseile Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Visualisieren, Materialgestaltung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: »Stellen Sie sich vor, Sie sind auf dem Weg zu Ihrer Arbeitsstelle. Wie ist Ihre Stimmung heute, wie ist sie meistens? Stellen Sie sich jetzt weiterhin vor, Sie haben Ihr Ziel erreicht und stehen unmittelbar vor dem Eingang. Wie sieht dieser Eingang aus, durch den Sie täglich gehen? Wie geht es Ihnen, kurz bevor Sie in die Arbeitswelt eintreten? Spüren Sie Ihre innere Resonanz. Werden Sie gleich entschlossen, zögerlich, wütend, ängstlich oder lustvoll über die Schwelle treten? Wie ist Ihr aktuelles Beziehungsgefühl zu Ihrer Organisation? Nehmen Sie jetzt das Seil und gestalten damit Ihre Beziehung zur Organisation (die Organisation kann dabei durch einen Gegenstand symbolisiert werden). Die Beziehung kann gradlinig oder kurvig sein, verschlungen, verworren, verknotet. Stellen Sie sich dabei vor, am anderen Ende des Seiles beginnt Ihre Organisation.« Auswertung: »Schauen Sie sich die Gestaltung Ihres Seiles an, die Kurven, Windungen, Verknotungen etc. Was fällt Ihnen daran auf? Was fällt Ihnen dazu ein? Wie zufrieden sind Sie mit der Beziehung? Was möchten Sie ändern? Stellen Sie sich jetzt an das Ende des Seils, an dem die Organisation beginnt. Betrachten Sie die Beziehung mit den Augen der Organisation. Wie schätzt die Organisation diesen Mitarbeiter ein? Womit ist die Organisation zufrieden, wo sieht sie Veränderungsbedarf in der Arbeitsbeziehung zu dem Mitarbeiter? Verändern Sie jetzt die Beziehungsgestalt. Legen Sie das Seil so, wie Sie sich die Beziehung zu Ihrer Organisation wünschen. Was müsste geschehen, bei Ihnen, bei der Organisation, damit diese Beziehungsänderung zu Stande käme?«
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4 Professionelle Beziehungsgestaltung
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Was liegt in der Luft?
Erfahrungsfeld: soziale Atmosphären Ziel: In dieser Übung geht es darum, herauszufinden, für welche Atmosphären (z. B. heitere, traurige, aggressive) ein Mensch besonders empfänglich ist und welche Atmosphären er bevorzugt verbreitet. Material: Fotos des Coachees aus verschiedenen Lebensabschnitten Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Phantasiereise bzw. Bildmaterialien Zeitbedarf: 30–60 Minuten
Was sind Atmosphären? Atmosphären begegnen uns in Zweierbeziehungen, in Teams, Gruppen, Abteilungen, Firmen. Atmosphären sind schwer abzugrenzen. Einer gedrückten oder gereizten, aufgeregten oder lähmenden Atmosphäre kann man sich nicht entziehen. Atmosphären verbreiten sich unbegrenzt im gesamten System. Sie werden von den Einzelnen als Stimmung wahrgenommen. Trotzdem ist jeder Mensch unterschiedlich empfänglich für Atmosphären. Welche Gestimmtheiten gehen vom Coachee aus, verbreiten sich als Atmosphäre im Team, im System? Wie erlebt er die Atmosphären in den verschiedenen Lebensbereichen: zum Beispiel die Atmosphäre in seiner Abteilung, zwischen den engsten Mitarbeitern, in der Familie usw. Welche Atmosphären haben das Leben des Coachees geprägt,Atmosphären aus der Herkunftsfamilie, der Schulklasse, von Cliquen? Durchführung: Coachees werden in der vorhergehenden Stunde gebeten, Fotos aus verschiedenen Lebensabschnitten mitzubringen. Der Coachee schaut sich Fotos aus verschiedenen Lebensabschnitten an, auf denen er in sozialen Situationen, zum Beispiel mit Eltern und Geschwistern, mit Freunden, Klassenkameraden, abgebildet ist. Jedes Bild bietet Anlass, sich wieder in die Situation bzw. in die Zeit hineinzuversetzen, in der es aufgenommen wurde. Meist tauchen die Atmosphären, die zu den Szenen gehören, unwillkürlich auf. Der Coachee muss sie nur deutlich registrieren. Auf diese Weise erfährt der Coachee einiges über die Hintergründe, die Archive seiner Resonanzen und Stimmungsreaktionen auf Atmosphären. Wenn kein Bildmaterial verfügbar ist, können entsprechende innere Bilder auch im Rahmen einer kleinen Phantasiereise vergegenwärtigt werden.
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4.5 Übungen zum Fokus Arbeitsbeziehungen
121
Auswertung: Welche Atmosphären herrschten auf diesen Fotos? Welche Botschaften waren darin verpackt? Wie schränkte die Atmosphäre den Handlungsspielraum ein (z. B.: In einer depressiven Atmosphäre wird nicht gelacht.)? Wie ist Coachee damals mit dem atmosphärischen Einfluss umgegangen? Wenn eine solche Atmosphäre Coachee heute begegnet, wie geht er jetzt damit um? Spricht er diese an, ignoriert er sie oder weicht ihr aus? Was sind seine Möglichkeiten auf Atmosphären einzuwirken?
Erfahrungen sortieren
Erfahrungsfeld: Abschied Ziel: Coachee bekommt die Gelegenheit, sich von Arbeitsbeziehungserfahrungen, mit denen er nicht zufrieden war, zu lösen und die Aspekte, die ihm im Beratungsprozess geholfen haben, als positive Erfahrungen mit nach Hause zu nehmen. Material: DIN-A6-Karteikarten Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Ritual Zeitbedarf: 10–30 Minuten
Durchführung: Zum Ende des Coachingprozesses, die Auswertung ist schon gelaufen, wird der Coachee gebeten, seine Aufmerksamkeit auf die Arbeitsbeziehung zu richten, sich noch einmal den Prozess unter diesem Gesichtspunkt zu vergegenwärtigen. Was fand der Coachee gut, hilfreich, unterstützend, weiterführend und was war eher irritierend, unverständlich, ablenkend oder sogar kränkend? Der Coachee schreibt maximal fünf positive Beziehungserfahrungen und maximal fünf eher unangenehme Beziehungserinnerungen auf Kärtchen. Die fünf Kärtchen mit negativen Arbeitsbeziehungserfahrungen überreicht der Coachee dem Coach. Es sind Erfahrungen, die der Coachee im Coachingraum zurücklassen will. Die Kärtchen mit den positiven Erfahrungen liest der Coachee vor. Dann steckt er sie ein und nimmt sie als Begleiter mit in seinen Berufsalltag. Weitere Übungen Energiespender und Energiefresser: Energieverteilung in Beziehungen ( Kapitel 3) Prozessbetrachtung: Auswertung ( Kapitel 3) Wichtige Menschen: soziales Netzwerk ( Kapitel 5)
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5
Person und Organisation
Das fünfte Kapitel ist Fragestellungen zum Thema Person und Organisation gewidmet. Organisationserfahrungen sind ein Stück jener Wirklichkeit, die der Coachee aus seiner Arbeitswelt in die Beratung einbringt, sie rekonstruiert und an ihr arbeitet.
5.1
Das Coachingdreieck
Menschen leben gleichzeitig in verschiedenen Systemen, in denen sie Funktionen übernehmen, Rollen spielen, Beziehungen gestalten, sich mit Leib und Seele einbringen, beeinflussen und beeinflusst werden. Da gibt es die Arbeitswelt, das Privatleben (Paarbeziehung, Freundeskreis etc.) und die Professionalität (Kompetenz- und Rollenhaushalt). Die Systeme oder Lebenswelten stehen natürlich in einer Wechselwirkung. Mit diesen verschiedenen Welten muss der Mensch umgehen, sie für seine Lebensgestaltung nutzen und in seiner Person ausbalancieren. Dies gelingt nicht immer. Gerade wenn einer der Lebensbereiche besonders belastet ist und alle Kraft und Zeit verbraucht, geraten auch die anderen Lebensbereiche in Bedrängnis. Ein Mensch, der zum Beispiel auf Grund von Arbeitsüberforderung heftige Stresssymptome entwickelt, wird seine innere Unruhe in der Regel auch mit nach Hause ins Privatleben nehmen. Die Komplexität dieses Gemenges ist den Coachees oft nicht bewusst. Es ist deshalb sinnvoll, sich nicht nur die einzelnen Bereiche anzuschauen, sondern auch ihre Wechselwirkungen zwischen ihnen. Die verschiedenen Einflussfaktoren sind im Coachingdreieck zusammengefasst. Das Wirkungsdreieck bildet den Hintergrund, auf dem der Coachee seine Themen bearbeitet (Abbildung 8). Organisation und Arbeitswelt: Gemeint ist hier die Organisation, in der oder für die der Coachee arbeitet. Aus dieser Coachingperspektive stehen die Merkmale eines Systems im Vordergrund, zum Beispiel Organisationsziele, Strukturen, Kommunikationswege und Ablaufdynamik. Kompetenz- und Rollenhaushalt: Hier geht es um die Ausgestaltung von Funktionen, Positionen, Professionen und Rollen. Der Inhaber einer Position, zum Beispiel ein Abteilungsleiter, versucht die betrieblichen Vorgaben und Erwar-
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5 Person und Organisation
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Organisation und Arbeitswelt Persönlichkeit Innenwelt
Kompetenz- und Rollenhaushalt/ Profession
Privatleben Abbildung 8: Das Coachingdreieck (nach Schmid, 2004)
tungen mit den eigenen Möglichkeiten seiner Professionalität und Kompetenzen zu integrieren. In diesem Integrationsprozess gestaltet er seine Rolle. Das Privatleben des Coachees: Das Privatleben ist ein wichtiges Gegengewicht zu den beruflichen Anforderungen. Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, Vereine, Initiativen können natürlich auch ihrerseits zu erheblichen Belastungen führen, die sich auf das Arbeitsleben auswirken. Persönlichkeit: Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seiner inneren Psychodynamik, seiner Biographie, seinen Bewältigungsmöglichkeiten, seiner emotionalen, sozialen und rationalen Intelligenz. Auch die Persönlichkeit des Coachees ist ein System, das Binnensystem Person. Für dieses System stellen die anderen Bereiche die wesentlichen Umweltfaktoren, mit denen es in intensiven Wechselbeziehungen steht. Im Folgenden werden die einzelnen Bereiche genauer beschrieben, auf die Person bezogen sowie diagnostische Interventionen und prozessunterstützende Übungen vorgestellt.
5.2
Die Organisation und ihre Subsysteme1
Eine Organisation ist ein lebendes soziales System. Sie ist eine Ganzheit, deren einzelne Aspekte (Kunden, Auftraggeber, Mitarbeiter, Manager, Konzepte, Leitbilder, Pläne, materielle Ausstattung) nach bestimmten Regeln miteinander verknüpft sind, um bestimmte Ziele verfolgen zu können.
1 Zur Einführung: von Rosenstiel (2003).
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5.2 Die Organisation und ihre Subsysteme
125
• Organisationen besitzen die Fähigkeit zur Selbstorganisation und Selbstregulation. Sie entwickeln aus sich heraus Strukturen und Regeln. • Sie gestalten ihre inneren Abläufe, die sie brauchen, um ihre Ziele zu erreichen und ihr Überleben zu sichern. • Sie sind autonom, das heißt, sie reagieren eigenwillig. Die Auswirkungenvon Impulsen und Eingriffen von außen sind deshalb nicht berechenbar. Organisationen werden über die Kommunikation und Interaktion der beteiligten Menschen gesteuert und reguliert. Sie werden von Menschen gegründet und erhalten. Sie sind nur durch Menschen betriebsfähig. Die handlungsleitenden Ordnungsprinzipien sind deshalb Ergebnisse von Kommunikationsprozessen. Um zu überleben, sind sie auf den ständigen Austausch von Materie, Energie und Information mit anderen Systemen angewiesen und müssen sich mit diesen abstimmen. Gleichzeitig müssen sie sich von anderen Systemen unterscheiden und ihre Grenzen definieren. Ihr primäres Eigeninteresse ist zu überleben und zu wachsen. Ein System muss sich deshalb gegen alle Einflüsse sperren, die den Eigeninteressen zuwiderlaufen. Organisationen müssen also Anpassung und Abgrenzung, Flexibilität und Struktur immer wieder neu austarieren. Das stellt die Leitung vor knifflige Navigationsprobleme. Der Coach braucht, um das System kennen zu lernen, in dem sich sein Coachee bewegt, Informationen und Orientierung. Im Coachingprozess, anders als in der Organisationsentwicklung, kann der Berater selten auf eigene Beobachtungs- und Erhebungsdaten zurückgreifen. Er bekommt vom Coachee subjektiv eingefärbte Beschreibungen und Rekonstruktionen der Organisationswirklichkeit. Wir haben es im Beratungssystem also mehr mit der Wirklichkeit des Coachees als mit objektiven Abbildungen der Organisation zu tun. Allerdings geben die offiziellen Organigramme auch selten den tatsächlichen Aufbau der Organisation wieder. Deshalb ist es nützlich, sich ein Organigramm anzuschauen und es mit der Organisationsbeschreibung des Coachees zu vergleichen. Die Unterschiede zwischen der objektiven und der erlebten Organisation können wertvolle Hinweise geben ( s. Übungsvorschläge in diesem Kapitel). Fragen an den Coachee, um einen ersten Eindruck von der Organisation zu bekommen:
Leistungsperspektive Was leistet das System? Was gelingt dem System? Was vermeidet das System?
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5 Person und Organisation
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Problemperspektive Welche Probleme hat das System und wozu braucht es sie? Wie hält das System die Probleme am Leben? Wie pflegt, wartet und nährt es Probleme und Konflikte? Lösungsperspektive Welche Probleme löst das System? Wie werden die Probleme gelöst? Welche Funktion haben die Problem- und Konfliktlösungen für das (Gesamt-)System? Qualitätsperspektive Welches Qualitätsverständnis gilt im System, welches wird gefordert, welches ist erkennbar? Wie wird Qualität im System gesichert bzw. verhindert? Leitbildperspektive Welche System- und Organisationsgrundsätze sind erkennbar? Wie ordnet sich das System gesellschaftlich ein? Woraufhin orientiert es sich hinsichtlich Produkten, Kunden, Mitarbeiter?
5.3
Organisationsaufbau
Das Organigramm ist eine schematische Skizze der Organisationsarchitektur. Stabs- und Linienebenen, Positionen und Funktionen können so dargestellt werden. Organigramme sind wie Landkarten. Sie bieten eine gewisse Orientierung, sind aber Abstraktionen der tatsächlichen Beschaffenheit und lebendigen Abläufen in Organisationen. Es gibt viele hochkomplexe Organisationsdarstellungen. Ich habe mich hier für ein praktisches und anschauliches Modell entschieden, das sich für die Bearbeitung vieler Organisationsprobleme als Orientierungsfolie gut einsetzen lässt. Das Systemhaus wurde von Heinrich Fallner entwickelt. Ich habe es um den Aspekt des materiellen Fundaments erweitert (Abbildung 9). Das Systemhaus hat Ähnlichkeiten mit einem Malbuch. Die Umrisse sind vorgegeben, das Übrige muss noch ausgemalt werden. Die starke Reduktion der Komplexität, die ein solches Schema darstellt, kann so mit der jeweiligen lebendigen Organisationswirklichkeit des Coachees aufgefüllt werden (s. dazu die Übung »Systemhaus – Der Gang durch die Organisation«). Die Stockwerke des Systemhauses repräsentieren Funktionsbereiche einer Organisation. Die Etagen des Leitbildes, der Struktur, des Alltagsgeschäftes, der Problembewältigung und der Traditionsbewahrung (Dachboden) sind mitein-
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5.3 Organisationsaufbau
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Ausdünstungen einer Organisation, z.B. ihr
Image
Dachboden Hier werden die alten Angelegenheiten gelagert.
Stockwerk: Leitbild – die ideologische Ebene Hier finden sich die Menschen- und Weltbilder, die Firmenphilosophie und Kultur, die Traditionen, die Geschichte usw. Treppenhauskompetenz
Stockwerk: Struktur Innenarchitektur, Ebenengestaltung, Positions- und Rollenzuordnung, Zuständigkeitsbereiche, Regeln , Abgrenzung und Kooperation Treppenhauskompetenz
Etage der Alltagsgestaltung- und Problematik psychosoziale Arbeitsbeziehungsebene; die tatsächlichen Abläufe im Alltagsgeschäft, die Bewältigungsformen, Kooperationsformen, Konfliktbewältigung, Konkurrenz- und Rivalitäten., Motivation und Leistung
Kontexteinwirkungen
Treppenhauskompetenz
Beziehungserdgeschoss Arbeitsbeziehungsebene; soziale Dynamik; individuelle Bewältigung
Systembewältigungskeller systemspezifische „Bewältigungskeller“
Individuelle Quellen und Muster der Bewältigung
Fundament: materielle Grundlagen der Organisation
Balance Flexibilität___________________________________________________Stabilität
Abbildung 9: Das Organisationshaus (nach Fallner u. Pohl, 2001, S. 193)
ander durch ein Treppenhaus verbunden, so dass sie in Wechselwirkung treten können. Die Qualität des Treppenhauses sagt einiges über die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Etagen aus. So kann zum Beispiel herausgefunden werden, ob ein Problem, dass sich auf der Arbeitsebene zeigt, auch dort seine Quelle hat oder die Schwierigkeit zum Beispiel durch Einwirkungen
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5 Person und Organisation
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der strukturellen Ebene bewirkt werden. Jedes System, jede Organisation hat die Aufgabe, zwischen den Polen Flexibilität und Stabilität (Struktur) ein permanentes Gleichgewicht herzustellen. Die Stabilität setzt einen Rahmen, der Grenzen absteckt und Orientierung bietet. Ein Übergewicht dieser Seite führt zur Erstarrung, Überabgrenzung, im Extremfall zum Erstarrungstod. Die Flexibilität einer Organisation ermöglicht Entwicklung, Anpassung, Freiräume, Kreativität. Beim Übergewicht dieser Seite kommt es zu Zickzackkursen, Irritation, Chaos, Entgrenzung. Im Extremfall führt das zur Auflösung.
5.4
Die Person in der Organisation: Positionen, Rollen, Professionen
5.4.1 Der Coachee in seinem System Jede persönliche Eigenheit, die eine Person mit ihrem Eintritt in eine Organisation einbringt, löst unkalkulierbare Wirkungen aus. Was passiert zum Beispiel, wenn ein rigider Mensch auf eine starre, bürokratische Organisationsstruktur trifft? Wie anders sehen die Wirkungen aus, wenn ein eher chaotischer Mensch auf diese Strukturen stößt? Welche Auswirkungen wird es haben, wenn eine Person, die sich schwer abgrenzen kann, auf eine vereinnahmende oder eine klare Struktur trifft? Wirkungen sind immer Wechselwirkungen, und die sind nicht linear berechenbar. Wir haben es mit mehreren Wirklichkeiten zu tun: Der Coachee berichtet durch seine Wirklichkeitsbrille von seiner Organisation, der Abteilung, den Personen, Beziehungen zwischen den Mitarbeitern. Der Coach hört zu. In seinem Kopf entsteht ein eigenes Bild vom Coachee und seiner Organisation. Verschiedene Wirklichkeitsauffassungen müssen im Beratungsprozess zusammenfinden. Als Arbeitshilfe habe ich eine Liste von Fragen zur Erstellung einer Organisationslandschaft zusammengestellt, in der Coachee sich verorten kann.
System Aus welchen Organisationen oder Subsystemen berichtet der Coachee? Aufbau der Organisation Wie ist die Organisation aufgebaut? Hierzu kann man den Coachee ein Organisationsbild malen lassen oder mit ihm das Systemhaus durchgehen. Ablauf der Organisation Wie wird in der Organisation interagiert und produziert?
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5.4 Die Person in der Organisation: Positionen, Rollen, Professionen
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Position Welche Position nimmt der Coachee ein: – formale Position, zum Beispiel Abteilungsleiter, – dynamische Position, zum Beispiel Herausforderer? Funktion Welche Funktionen hat der Coachee in seiner Organisation, in den Subsystemen, in denen er mitwirkt (Vorstand, Leitung, Projektgruppe)? Hat der Coachee eine Linien- oder Stabsfunktion? Rolle Welche offiziellen bzw. verdeckten Rollen spielt der Coachee im System, welche nimmt er derzeit besonders wahr? Leistung Was leistet der Coachee aus seiner Position für die Organisation? Ziele Welche Ziele verfolgt der Coachee von seiner Position aus in der Organisation? Produkte Welches sind die Produkte der Organisation? Wie wirkt der Coachee an der Produktion mit? Aufträge Welche Aufträge erhält der Coachee, gibt er sie sich selbst, verteilt er an andere? Grenzen Mit welchen Grenzen kommt der Coachee im System in Kontakt, wie wirken sie auf ihn (eng, hart, weich, konfluent, durchlässig)? Und wie geht er damit um? Ebenen Auf welcher Ebene agiert der Coachee bevorzugt? Auf welcher Ebene trägt er etwas aus bzw. verhandelt und handelt er (ideologische, strukturelle, funktional-pragmatische oder Beziehungsebene)? Subsysteme Zu welchen Subsystemen gehört der Coachee (Teams, Abteilungen, Arbeits- und Projektgruppen, Gremien, Ausschüsse etc.)? Werte und Normen Welchen Werten und Normen folgt der Coachee, welche sind in seiner/ihrer Organisation gültig? Gibt es da Widersprüche?
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5 Person und Organisation
Einstellungen/Haltungen Welche inneren Einstellungen verkörpert der Coachee mit seinen Haltungen in der Organisation? Kommunikation Wie tritt der Coachee mit anderen (Kollegen, Kunden, Vorgesetzten) in Verbindung und Austausch? Spannungsherde In welchen Konfliktprozessen, Problembereichen und Spannungszonen befindet sich der Coachee? Veränderungsperspektive Was will der Coachee wie verändern/beibehalten, wie mit Erfolg und Misserfolg umgehen?
5.4.2 Die Welt des Profis: Professionalität und Kompetenz Jeder Funktionsinhaber (z. B. Abteilungsleiter) ist meist auch Angehöriger einer Profession (z. B. Betriebswirt, Ingenieur). Die Profession hat einen prägenden symbolischen Bedeutungshof: Sie enthält Vorstellungen über Karriere, über Lebensqualität und Image einer Berufsrolle. Der Mensch entwickelt sich nach bestimmten Kompetenzvorstellungen, die in der Regel durch eine Prüfung kontrolliert werden. Von außen wird Professionalität oft auch mit Könnerschaft assoziiert, erweckt also gewisse Leistungserwartungen. Dies spielt dann bei der Positionsvergabe und den damit verbundenen Rollenerwartungen seitens der Organisation eine wichtige Rolle. Professionalität ist heute nicht mehr etwas, was man ein für allemal erwirbt, um sie dann ein ganzes Berufsleben lang auszuüben. An ihre Stelle ist ein lebenslanger Professionalisierungsprozess getreten. Häufig werden auch mehrere Professionalitäten erworben und gleichzeitig ausgeübt.2 Durch eine sich ständig erweiternde Professionalität bringt der Mitarbeiter immer wieder neue Aspekte in die Organisation. So führt Professionalität zu Veränderungsimpulsen und Innovation.
2 Ein gutes Beispiel ist hier die Supervision: In den siebziger Jahren wurde sie als beraterische Zusatz-
qualifikation von Personen meist in sozialen Berufen definiert. In den neunziger Jahren entwickelte sie sich zu einem eigenständischen Beruf mit entsprechender professioneller Identität. Heute ist der Supervisor meist auch noch Coach, Fortbildner, Organisationsberater. Er muss mehrere Professionen anbieten, um sich auf dem Markt behaupten zu können.
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5.5 Die Rolle als Schnittstelle zwischen Person und Organisation
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Professionalität beruht im Wesentlichen auf sieben Säulen: – Könnerschaft: Sein Handwerk verstehen. – Lebenslanges Lernen: Die Kompetenzen müssen den veränderten Anforderungen ständig angepasst werden. – Innovation: Professionalität zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht in der Routine verharrt, sondern Neuerungen erfindet. – Soziale Intelligenz: Darunter versteht man die soziale Vernetzung der Arbeit. – Arbeitszufriedenheit: Bestehen genügend Entwicklungsmöglichkeiten, fühlt sich der Coachee ausreichend gefordert? – Vergütung: Besteht ein plausibles Verhältnis zwischen der professionellen Leistung und der materiellen sowie sozialen Vergütung? – Balance: Hier geht es um das Austarieren von beruflichen Anforderungen, Privatleben, körperlicher Zufriedenheit.
5.5
Die Rolle als Schnittstelle zwischen Person und Organisation
Rollen sind Schnittstellen zwischen Person und Organisation (Sievers u. Weigand, 1986). Sie formen sich aus, indem die Erwartungen von anderen Systemen in Korrespondenz treten mit Mustern, Kompetenzen, Erwartungen des Rolleninhabers. Eine Rolle ist bildlich gesprochen die Berufskleidung des Inhabers einer Position. Rollen werden verinnerlicht, wenn sie passen, spürt man sie nicht mehr. Rollen bieten der Person Rahmen und Schutz und den Mitarbeitern Orientierung. Jeder Mensch lebt in einer Vielzahl von Systemen und hat entsprechende Rollen. Die Rollen sind zusammengefasst zu einem »Rollenhaushalt«, also dem Repertoire an realisierten und potentiellen Rollen. Der Rolleninhaber sollte zu einer Rolle auch wieder auf Distanz gehen können, um in einem anderen situativen Zusammenhang die dort erforderliche Rolle übernehmen zu können. Problematisch wird es, wenn die Rollen nicht harmonieren. Manche Rollen vertragen sich aber auch nicht auf der Systemebene, zum Beispiel Leitung und bestimmte Formen von Beratung. Hier liegt die Konfliktdynamik im System. Rollen werden gelernt, gestaltet, abgeschaut, über Identifikation verinnerlicht, verordnet. Es gibt verschiedene Arten von Rollen:
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5 Person und Organisation
Entwicklungsrollen: Sie sind biographisch geprägt, als Bewältigung der Anforderungen eines bestimmten Lebensabschnittes entstanden (z. B. Pubertät). Diese Rollen sind emotional tief verankert und wirken aus dem Unbewussten, zum Beispiel Rollen, die in der Kindheit, Schulzeit, der neu gegründeten Familie (z. B. Vater- oder Mutterrolle) gelernt werden. Funktionale Rollen: Sie sind durch die Aufgaben bestimmt, deren Erfüllung vom Inhaber einer Position erwartet wird, zum Beispiel Leitungsfunktionen, Koordinationsaufgaben, Entwicklung bestimmter Geräte. Das Gegenstück sind informelle Rollen. Dies sind soziale Rollen, die ein Mitarbeiter auf der informalen Ebene zugesprochen bekommt (z. B. der informelle Meinungsführer). Professionelle Rollen: Sie werden durch die Ausbildung geprägt, zum Beispiel die Rolle des Coachs, des Ingenieurs, des Naturwissenschaftlers, Mediziners usw. Gruppendynamische Rollen und Positionen: Hier geht es um Rollen, die in einem Beziehungssystem eingenommen werden, zum Beispiel der Außenseiter, Mitläufer. Unternehmen unterstehen einem enormen Flexibilisierungsdruck. Durch fortlaufende Umstrukturierungsprozesse geben sie den Druck an die Mitarbeiter weiter. Veränderte Situationen erfordern veränderte Rollen. Für eine flexible Rollenanpassung ist die bewusste Auseinandersetzung mit den veränderten situativen Anforderungen und Erwartungen ebenso notwendig wie der Zugang zu den persönlichen Möglichkeiten. Rollenanpassung und Rollengestaltung gehören zu den Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeiter. Zur Rollenübernahme gehören mehrere Arbeitsschritte (Eck, 1990): 1. Entwicklung einer Rollenkonzeption: Sie richtet sich nach den Anforderungen in der Organisation und sollte mit dem Rollennetz harmonieren. 2. Überprüfung des zukünftigen Rollenträgers: Bringt dieser die notwendigen Voraussetzungen, fachliche und soziale Kompetenzen in die Rolle ein, verfügt er über die erforderliche Flexibilität und Belastbarkeit? 3. Rollengestaltung: In der Rollengestaltung realisiert der Positionsinhaber seine Rollenkonzeption. Hierzu muss er seinen Kenntnisstand, seine Fähigkeiten, Erfahrungen, Vorbildern, Interessenlagen berücksichtigen. Die personifizierte Rolle soll optimal in das System implantiert werden. 4. Rollendurchsetzung: Hierzu gehört der Umgang mit inneren, psychischen und äußeren Schwierigkeiten. So muss die Rolle in der angebotenen Gestalt auch von Mitarbeitern und Vorgesetzten akzeptiert werden.
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5.5 Die Rolle als Schnittstelle zwischen Person und Organisation
133
Wann ist Rollenberatung im Rahmen des Coachings angebracht? – Wenn durch starke Veränderungsprozesse und Umstrukturierungen in einer Organisation die Rollen immer wieder neu austariert werden müssen. – Bei Neubesetzung, wenn eine Position neu, eventuell sogar erstmals in dieser Form besetzt werden soll. Hier ist eine Unterstützung bei der Einarbeitung oder Hilfe bei der Rollendurchsetzung oft notwendig. – Bei der Umbesetzung oder Übernahme neuer Aufgaben. Hier geht es für den Mitarbeiter darum, das Neue zu sehen und anzuerkennen bzw. auch anerkannt zu werden. Das Kompetenzprofil muss überprüft und eventuell ergänzt werden, zum Beispiel durch Fortbildungen und Trainings. – Bei Rollenerweiterung: Das Aufgabenspektrum und damit das Bündel an Rollenerwartungen wird vergrößert. Das kann zu erheblichen Inter- und Intrarollenkonflikten führen. Hier müssen genaue Rollenverhandlungen geführt werden. – Bei Interrollenkonflikten: Primär sind das Konflikte zwischen Rollen, die aber oft auf der persönlichen bzw. der Beziehungsebene landen. – Bei Intrarollenkonflikten: Sie entstehen bei widersprüchlichen Erwartungen, die in der Person des Rollenträgers ausgetragen werden. – Bei Arbeitsstörungen oder auftretenden Unzufriedenheiten.
Auch bei etablierten Rolleninhabern ist es von Zeit zu Zeit wichtig, einen Rollencheck durchzuführen, um einen Veränderungsbedarf rechtzeitig zu erkennen. Fragen zum Rollencheck sind: – Welche Rollen hat der Mitarbeiter in der Firma, in der Abteilung, im Team (in anderen Systemen, soweit sie in das Arbeitssystem einwirken)? – Welche Rolle muss ein Mitarbeiter übernehmen, wenn er in eine andere Abteilung versetzt wird, wenn er aufsteigt, das Unternehmen wechselt? – Welche Rollen füllt er aus, sitzen wie angegossen? – Welche Rollen sind aufgesetzt, wenig authentisch, unangemessen? – Welche Rollen sind hilfreich, sind notwendig, nährend, weil . . . . . . . . . ? – Welche Rollen sind hinderlich, blockierend, dysfunktional, schwer integrierbar, weil . . . . . . . . . ?
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5 Person und Organisation
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5.6
Das Privatleben
Zum Bereich des Privatlebens gehört mitunter die Mitgliedschaft in ganz unterschiedlichen Systemen: das Familienleben, die Freundschaften, die Nachbarschaft, der Bekanntenkreis, Vereine und Initiativen, kulturelle und politische Zusammenhänge. Aus der menschlichen Verbundenheit entwickelt sich ein privates soziales Netz. In diesen Kontexten entstehen Vorstellungen über die Zukunft und die Lebensgestaltung. Lebensstile kristallisieren sich heraus, die Möglichkeiten der Regeneration realisieren sich hier. Fälschlicherweise wird Lebensqualität meist nur mit dem Freizeitbereich identifiziert und Selbstverwirklichung auf den beruflichen Kontext reduziert. In der Privatsphäre ist Raum für das Ausleben von Entwicklungsrollen, die im Arbeitsbereich oft deplaziert wirken. Privat- und Arbeitswelt sollten sich in einer lebbaren Balance befinden. Das Übergewicht des Privatbereiches wird in der Organisation oft als mangelhafte Motivation und Engagement gedeutet, das weit häufigere Übergewicht der Arbeitswelt führt zu Konflikten in den privaten Beziehungen. Eine zu starke Spaltung des Lebens in privat und dienstlich führt oft zu einer Abwertung und Demotivierung eines der beiden Bereiche (»nur zu Hause bin ich wirklich Mensch, im Dienst bin ich eine funktionierende Maschine«). In Krisenzeiten, besonders in solchen, die vom Arbeitsleben ihren Ausgang nehmen, ist die Qualität des sozialen Netzes von größter Bedeutung. Fragenkatalog zum Privatlebens: Beziehungen/Partnerschaft Beziehungen sind nicht selbstverständlich. Sie müssen gepflegt werden, Konflikte ausgetragen, die gegenseitige Attraktivität immer wieder erneuert, gemeinsame Interessen gepflegt und intime Sphären abgegrenzt werden. Kinder, Eltern, Verwandte Kinder verlangen Zeit und Aufmerksamkeit. Das lässt sich nicht mit links bewerkstelligen. Dazu muss der Coachee sich von seinen Arbeitsgedanken lösen und sich den Kindern ganz zuwenden. Auch älter werdende Eltern erheben Ansprüche. Viele Konflikte, die aus der Kindheit mitgeschleift wurden, tauchen wieder auf. Freundeskreis Er bietet oft Entlastung, Ergänzung zur Partnerbeziehung, Unterstützung in schwierigen Zeiten. Freundschaften leben allerdings vom Geben und Nehmen. In Freundschaften muss man investieren.
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5.7 Die Persönlichkeit des Coachee
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Soziales und politisches Engagement Wem die sozialen oder politischen Verhältnisse nicht egal sind, dem bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, sich einzumischen, zu helfen, mitzureden. Solche Projekte sind meist zeitaufwändig und oft frustrierend. Selbstpflege Erstaunlicherweise wird oft in stressigen Zeiten nicht nur das Privatleben vergessen, sondern auch große und wichtige Bereiche des Ichs und des Körpers. Selbstsorge und Selbstpflege sollten an erster Stelle stehen. Denn wenn die psychosomatische Selbststeuerung versagt, geht auch beruflich nichts mehr.
Häufig werden von vielbeschäftigten Leitungskräften die Dimensionen des Privatlebens vernachlässigt. Dazu reicht die Kraft und die Zeit nicht. Die Aufmerksamkeit ist ganz auf den Beruf fokussiert. In Zeiten des Karriereaufbaus werden sich solche Einseitigkeiten nicht vermeiden lassen. Sie dürfen allerdings nicht zur Dauereinrichtung werden. Deshalb sollte der Coach die Aufmerksamkeit seines Klienten auch auf diesen Bereich lenken und jede der Perspektiven abfragen ( s. hierzu auch Kapitel 9, Balancecoaching).
5.7
Die Persönlichkeit des Coachee
5.7.1 Binnensystem Person »Doch wie es innen aussieht, geht niemanden was an.« Nach dieser Operettenweisheit verhalten sich viele Manager. Es ist sicherlich oft angesagt, sich mit den persönlichen Sorgen und Problemen in der Arbeitswelt bedeckt zu halten. Trotzdem sind wir nicht nur Rollenträger, sondern auch Menschen in unserer Arbeitswelt. Persönliche Schwingungen und Resonanzen gehen nicht nur in die privaten, sondern auch in die professionellen Beziehungen ein (»Hat der Kollege heute wieder eine Stinklaune, dann frag ich ihn lieber morgen.«). Die Rollen sind wie Masken: Die innere Person tönt hindurch. Im geschützten Coachingraum kann der Coachee manchmal seine Maske ein wenig lüften und sich die psychische Seite seiner Probleme anschauen. Ich verwende zwei Persönlichkeitsmodelle als Landkarten, um einen Menschen zu verstehen: 1. Das Selbstkonzept (Richter, 1997a): Es ermöglicht die Erstellung von komplexen Landkarten, wie es für ein tieferes Verstehen der psychophysischen
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5 Person und Organisation
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Selbstorganisation eines Menschen angebracht ist. Das Persönlichkeitsmodell ist komplex, deshalb vielseitig einsetzbar. 2. Das Persönlichkeitshaus: Dies ist ein anschauliches Modell, das ich in Analogie zum Systemhaus entwickelt habe. Es ist schnell aufgezeichnet und eignet sich gut zum Experimentieren. Es kann mit dem Systemhaus kombiniert werden, sodass die Wechselwirkungen von Organisation und Person deutlich werden.
5.7.2 Das Selbst als Subjekt der Lebensführung Es gibt viele Definitionsversuche des Begriffes Selbst. Ich habe mich für eine Konstruktion in Anlehnung an die Entwicklungs- und Persönlichkeitstheorie des Integrativen Ansatzes von Petzold (1993) entschieden. Das Selbst entwickelt sich mit dem Beginn des Lebens. Es ist das lebendige Prinzip (die Selbstorganisation) des Körpers und umfasst die somatischen, psychosomatischen und seelischen Aspekte des Menschen. Das Selbst organisiert die Wechselwirkungen von inneren und äußeren Reizen und erschafft sich seine eigenen Erfahrungsstrukturen: Leib-Selbst, Ich und Identität (Abbildung 10). Auf allen vier Ebenen des Selbst kann es zu Steuerungsproblemen kommen.
Identität Ich Leib-Selbst ---------------------------------------Körper Abbildung 10: Aufbau des Selbst
Das Leib-Selbst: Das Leib-Selbst ist der Ort der Reizverarbeitung, der neuronalen Vernetzung. Es unterliegt bestimmten Rhythmen und Zyklen (z. B. SchlafWach-Rhythmus). Es verkörpert und speichert in den Leibarchiven im wahrsten Sinne des Wortes (also leiblich-sinnlich) die Vielfalt der sozialen Einflüsse, individuellen Erfahrungen und Beziehungsstrukturen. Man denke an die Art, wie ein Mensch geht, sich hält, gestikuliert. Hierauf beziehen sich viele Übungen in diesem Buch, die über Körper- und Bewegungserfahrungen die verkörperten, analogen Erfahrungsschätze in das Bewusstsein des Coachee heben wollen. Dies gelingt natürlich nicht bei allen Teilen des Leib-Selbst. Große
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5.7 Die Persönlichkeit des Coachee
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Bereiche bleiben unbewusst. Steuerungsprobleme auf der Ebene des LeibSelbst basieren häufig auf Störungen aus der frühen Kindheit und können nur in einem sehr geringen Maße im Rahmen von Coaching behandelt werden. Es gibt allerdings auch zahlreiche aktuelle Beeinträchtigungen des leib-seelischen Bereichs, zum Beispiel Irritation von Lebensrhythmen durch Schichtdienst oder Jetlag durch Auslandsflüge, psychosomatische Stressphänomene. Das Ich: Das Ich ist das Ergebnis von Lernprozessen des Selbst in den Interaktionen mit der Umwelt und Selbst-Erfahrung in sozialen Beziehungen. Das Selbst organisiert aus diesen Erfahrungen heraus seine Fähigkeiten und Fertigkeiten für einen angemessenen Umgang mit der inneren und äußeren Welt. Es entwickelt die Ich-Funktionen, zum Beispiel Wahrnehmen, Erinnern, Denken, Empathie. Erfahrungen verdichten sich zu Einstellungen, Bewältigungsstilen und Beziehungsmustern (Persönlichkeitsstrukturen). Wenn ich schlafe, schläft auch mein Ich. Das Ich ist keine kontinuierliche Instanz, sondern existiert als Potentialität. Die Ich-Funktionen werden erst im Kontakt mit der Innen- und Außenwelt aktiv. Ich sehe, höre, rieche, schmecke, spüre. Ich nehme wahr. Ich erinnere, denke, fühle, will etwas, handele, arbeite, spreche. All dies geschieht nur bei eingeschaltetem Bewusstsein, sonst ist es nur Potentialität, Reaktionsbereitschaft. Das Ich ist der Ort, wo Muster, Bewältigungsstile etc. darauf warten. bewusst werden zu können. Oft bleibt die Entwicklung einzelner Ich-Funktionen irgendwann stehen. Sie passen sich nicht weiter den permanenten Veränderungen der Umwelt an. Sie können dann ihre Aufgabe, realitätstüchtiges Handeln zu gewährleisten, nicht mehr erfüllen. Sind die vorhandenen Persönlichkeitsstrukturen zu starr, so behindern sie eine flexible Anpassung an das jeweils Erforderliche. Die Ich-Leistungen sind der Bereich, an dem personales Coaching häufig ansetzt, zum Beispiel bei Fragen der Kompetenzentwicklung oder Blockaden. Die Identität: Die Identität entsteht aus dem Zusammenfassen von Selbstund Fremdattributionen. Diese Zusammenfassung und Angleichung so vieler innerer und äußerer Informationen ist eine Leistung des Ich. »Die Identität ermöglicht wichtige Stabilisierungs-, Orientierungs- und Steuerungsaufgaben. Die Identität ist kein statisches Selbstbild, eher eine sich permanent fortschreibende Selbst-Erzählung. Sie bewirkt eine hinlängliche Konstanz und gleichzeitig ermöglicht sie eine notwendige Veränderungsdynamik. Identität bringt Konstanz und Veränderung in eine lebendige Selbst-Beziehung« (Petzold, 2005, S. 373 f.). Petzold hat für den Aspekt der hinlänglichen Konstanz, die auch Basis für Veränderung ist, das Modell der fünf Säulen der Identität entwickelt ( s. Kapitel 3, Diagnostik). Die Grundfrage ist: Was stützt meine Identität, was gibt ihr Kraft und Energie?
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Steuerungsprobleme auf der Ebene der Identität: Die Identitätskonzepte sind derzeit großen Veränderungen unterworfen. Sie gehen von einer eher starren, aber eindeutigen Identität früherer Jahre zu einer Patchwork-Identität über, also einer Pluralität von Teilidentitäten. Das verbessert die Eigenkomplexität und Flexibilität, erhöht aber auch die notwendige Stabilisierungs- und Orientierungsleistung. Beispiel zur professionellen Identität: Ein Ingenieur übernimmt die Fertigungsabteilung, kommt schließlich in den Vorstand und hat eine Gastprofessur. All diese Teilidentitäten treffen auf entsprechende Identitätssplitter im Privatleben. Identitätsprobleme sind ein weites Betätigungsfeld für Coaching.
5.7.3 Das Persönlichkeitsmodell In Analogie zum »Systemhaus« habe ich ein »Persönlichkeitshaus« entwickelt. Es ist ein komplexitätsreduziertes, anschauliches, auf die Bedürfnisse des Coachings zugeschnittenes Persönlichkeitsmodell. Wechselwirkungen zwischen den Vorgängen im Systemhaus und im Persönlichkeitshaus lassen sich damit darstellen (Abbildung 11). Das Persönlichkeitshaus ist eine visuelle Metapher. Die Person mit einem Haus gleichzusetzen, hat eine lange Tradition. Das Haus, die Stockwerke, die Etagen, der Keller und das Fundament stehen miteinander in einer permanenten Wechselwirkung. Die wird durch Treppenhaus symbolisiert. Die wichtigste Polarität für die Balance des Hauses ist die von Flexibilität und Stabilität (Strukturen). Wie wandelbar sind zum Beispiel die Strukturen, hat das Leitbild Ewigkeitswert? Das Persönlichkeitshaus bietet vielfältige Anregungen für Fragen und hilft bei der Orientierung und Klärung. So werden zum Beispiel die Vernetzungen eines Problems deutlich und es wird möglich, die Lösungsetage und den Lösungsweg im Modell zu sehen (s. gleichnamige Übung).
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5.7 Die Persönlichkeit des Coachee
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persönliche Ausstrahlung
Dachboden Die mehr oder weniger guten alten Erlebnisse werden hier gelagert.
Stockwerk: Leitbild Spiritualität, Lebensphilosophie, Sinn, Menschenbild, Selbstbild, Schicksal usw.
Stockwerk: Struktur – Persönlichkeit Organisationsprinzipien für die Angelegenheiten des Leibes, der Seele, des Geistes und der Handlungen; Rollenhaushalt
Etage der Alltagspragmatik Bewältigung des konkreten Alltags, Selbst- und Lebensmanagement
Erdgeschoss: Selbst- und Beziehungsgefühle
Kontexteinwirkungen
Kontakt- und Beziehungsfähigkeit, Kritik- und Konfliktfähigkeit etc.
Bewältigungskeller biographische Quellen, Überlebensmuster, Ressourcen, Lebensdrehbuch, Handlungsentwürfe etc.; „Mülleimer Unbewusstes“ ________________________________________________________ Fundament: leibliche Ausstattung, Vitalität etc.
Balance Flexibilität -------------------------------------------------------------------------------------Stabilität
Abbildung 11: Persönlichkeitshaus
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5 Person und Organisation
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5.8
Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
Organisation Systemhaus – Der Gang durch eine Organisation
Erfahrungsfeld: Organisationsmodell Ziel: Analyse von Funktionszusammenhängen und -störungen in Organisationen. Material: Arbeitspapier Organisationshaus (Schema des Systemhauses), große Papierbögen, Ölkreide, Filzstifte (bunte Seile, wenn das Systemhaus auf dem Boden ausgelegt werden soll) Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Visualisierung, bildnerisches Gestalten, Materialgestaltung Zeitaufwand: 30–90 Minuten
Das Systemhaus kann in mehreren Varianten dem Coachee oder den Coachees präsentiert werden: Der Coachee bekommt eine Kopie des Systemhauses (mindestens DIN A3) vorgelegt. Das Systemhaus kann auch auf ein großes Plakat mit seinen Stockwerken, Verbindungstreppen und sonstigen Inneneinrichtung aufgemalt werden. Dies hat den Vorteil, dass mehr Raum für das Einzeichnen von Aspekten der realen Organisation und Markierungen, zum Beispiel von Störquellen, zur Verfügung steht. Die komfortabelste Möglichkeit besteht darin, das Hausschema mit Seilen auf dem Boden auszulegen. Hauswände, Decken, Treppen etc. werden durch Seile gestaltet. Die einzelnen Stockwerke und Verbindungen werden dann durch beschriftete Zettel gekennzeichnet. Wenn man das Systemhaus groß genug auslegt (ca. zwei Meter breit und drei Meter hoch), kann man dieses Organisationsmodell sogar begehen, sich in die einzelnen Etagen stellen und aus deren Blickwinkel die Organisationsabläufe betrachten. Durchführung: Der Coach legt dem Coachee ein Schema des Systemhauses vor und erklärt es ihm.Wahlweise kann er das Systemhaus auch auf einem Flipchart skizzieren bzw. mit Seilen auf dem Boden auslegen. Er lädt seinen Coachee dazu ein, seine Organisation in das Modell hineinzuprojizieren. Er stellt dazu hinführende Fragen: »Beschreiben Sie Ihre Organisation. Wie ist die Balance zwischen Flexibilität und Struktur im System? Auf welchem Fundament steht die Organisation? Wie sind die Stockwerke miteinander verbunden? In welcher Etage bzw. auf welchem Stockwerk arbeiten Sie? Welche Etagen werden in der
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5.8 Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
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Organisation von wem bevorzugt, vernachlässigt? Haben die einzelnen Stockwerke erkennbare, unterschiedliche Konzepte? Woran erkennt man das Konzept?« Welches sind die Problemzonen, zum Beispiel welche Etagen meidet der Coachee? »Gibt es Lieblingsstockwerke, halten Sie sich zum Beispiel gern bei den Strukturen auf oder lieben Sie das Beziehungsgetümmel?« Welches ist bzw. sind die Symptometagen? Welche Informationen werden durch das Symptom hindurch gesendet? Symptome sind Ausgleichsbewegungen. Sie verweisen auf Debalancierungsprozesse. Gerät etwas im System, auf einer Etage, im Treppenhaus aus dem Gleichgewicht? Von welcher Etage ist am ehesten eine Lösung zu erwarten (z. B. die Verbesserung der Beziehungen durch klare Strukturen)? Der Coachee kann sich je nach Fragestellung in eine der Etagen begeben und sinnlich nachspüren. So kann es sich zum Beispiel herausstellen, das die Energie, der Druck gar nicht von dem symptombefallenen Stockwerk ausgeht, sondern vom benachbarten. Auch Lösungsmöglichkeiten können so experimentell nachgestellt werden. Liegt das Systemhaus als Plakat oder Zeichnung vor, so kann der Coachee mit Holzfiguren, Steinen oder Münzen die entsprechenden Fragestellungen in den Plan einlegen bzw. einzeichnen. Auf der Grundlage der Lokalisierung des Symptoms und der Identifikation der an der Schwierigkeit beteiligten Instanzen des Systems ist es oft möglich, eine Lösungsperspektive zu entwickeln. Organisation gestalten
Erfahrungsfeld: erlebte Organisation Ziel: Gestalten der subjektiven Sicht auf eine Organisation, Organisationsdiagnose Material: große Papierbögen, Ölkreide Modus: Einzel-, Gruppen-,Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: »Lassen Sie vor Ihrem inneren Auge ein Bild Ihrer Organisation entstehen. Welche Farben verbinden Sie damit? Was fühlen Sie dabei? Welche Impulse kommen Ihnen? Nehmen Sie den Papierbogen in die Hände. Spüren Sie noch einmal Ihre Impulse und Gefühle und reißen Sie jetzt aus dem Papier die Umrisse Ihrer Organisation. Nehmen Sie Kreiden und geben Ihrem Reißbild Farbe und Struktur.« Auswertung: »Wie geht es Ihnen mit Ihrem Reißbild? Welche Impulse, Gefühle und Gedanken flossen in die Reißbewegungen mit ein? Wo lokalisieren Sie
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sich in der Organisation? Welche Schwachstellen gibt es? Markieren Sie diese im Reißbild. Was würden Sie gern ändern? Was müssten Sie dazu tun? Müssten Sie dazu Ihr Bild wieder reißen, um die Konturen zu ändern, oder genügt es, wenn Sie es anders einfärben und Markierungen verändern?«
Organisationslandschaft
Erfahrungsfeld: wichtige Orte Ziel: Die innere Organisationslandschaft ist subjektiv durch bedeutsame Orte verbunden und strukturiert. Hier geht es um das Auffinden solcher bedeutsamen Orte in der Organisation und ihre Vernetzung. Material: große Papierbögen, Ölkreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Jeder Coachee nimmt sich einen Papierbogen und farbige Kreiden. Instruktion: »Setzen Sie sich bequem. Schließen Sie die Augen. Entspannen Sie sich mit ein paar tiefen Atemzügen. Achten Sie darauf, langsam auszuatmen. Lassen Sie jetzt Ihre Organisation vor dem inneren Auge entstehen. Wo befinden Sie sich spontan als Erstes, wenn Sie an Ihre Organisation denken? In Ihrem Büro, in der Empfangshalle, in einem Besprechungsraum mit Kollegen usw.? Welche Bedeutung hat dieser Raum für Sie? Ist es ein Ort, der Ihnen Schutz gewährt, von dem Ihre Macht ausgeht, in dem Sie kreativ sein können usw.? Von welchen Orten Ihrer Organisation werden Sie angezogen, welche haben für Ihr subjektives Erleben Bedeutung? Es geht dabei nicht nur um positiv besetzte Orte, es können auch solche sein, in denen Sie sich zum Beispiel besonders gefordert, stark irritiert oder konfrontiert fühlen. Suchen Sie in Ihrer Phantasie diese bedeutsamen Orte auf und vergegenwärtigen sich die Charakteristika, zum Beispiel: Welche Atmosphäre herrscht in dem Raum, was sind die vorherrschenden Farben, wie ist er ausgestattet, welche Personen sind häufig dort anzutreffen? Was verbinden Sie mit diesen Orten? Welche Gefühle tauchen auf, zum Beispiel Freude, Resignation, Tatendrang, Resignation? Öffnen Sie die Augen wieder. Malen Sie die Ihnen bedeutsamen Topoi Ihrer Organisation, maximal sechs. Sie können dazu Farben, Formen, Symbole aber
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5.8 Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
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auch Wörter benutzen. Gibt es Verbindungen zwischen den Orten? Dann zeichnen Sie diese ein.« Auswertung: »Wie ist Ihr Gesamteindruck, wenn Sie das Bild sehen? Gewichten Sie die einzelnen Orte nach ihrer Bedeutsamkeit (auf einer Skala von 1 bis 10). Beschreiben Sie nacheinander die drei wichtigsten Orte. Welche Erfahrungen verbinden Sie mit den Orten? Untersuchen Sie die Orte nach ihren Qualitäten als Ressourcen oder als Hindernisse, als Energiequellen oder Energieblocker für Ihr Arbeitsleben. Schauen Sie sich jetzt das Gesamtbild an, das Ensemble der Orte und ihrer Verbindungen. Fällt Ihnen ein Name für Ihre Organisationslandschaft ein?«
Was ich in der Organisation brauche (nach Fallner u. Pohl, 2001)
Erfahrungsfeld: Grundbedürfnisse, Formen der Unterstützung Ziel: Klärung der Grundbedürfnisse von Personen, Gruppen, Systemen, Organisationen Material: Decken oder Seile Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: symbolische Interaktion, Feedback-Übung Zeitbedarf: 30–45 Minuten
Durchführung: Erklärung der vier Aufmerksamkeitsrichtungen, mit denen Menschen in ihren sozialen Systemen ständig konfrontiert werden: • Schützen (z. B. vor vermeidbaren Gefahren), • Stützen (erhalten, pflegen, vor Schaden bewahren), • Konfrontieren (z. B. mit anderen Wirklichkeitswahrnehmungen), • Fordern (z. B. Herausfordern, damit etwas Neues entsteht). Der Coach legt die Seile (oder zu schmalen Bändern gefaltete Decken) über Kreuz. An jedem der vier Enden der Kreuzbalken legt er ein Blatt, auf dem die Aufmerksamkeitsrichtung steht (Abbildung 12). Ein Coachee stellt sich in die Mitte des Kreuzes und schließt die Augen. Der Coach fragt die übrigen Gruppenmitglieder: »Was braucht dieser Coachee, Unterstützung, Konfrontation, Stützung oder Forderung?« Die übrigen Gruppen-/Teammitglieder gruppieren sich entsprechend ihrer Einschätzung zu den vier Aufmerksamkeitsrichtungen. Wenn also ein Gruppenmitglied meint, die Person in der Mitte brauche Konfrontation, so stellt sie sich an das entsprechende Ende des Kreuzes. Wenn alle positioniert sind, öffnet der
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Schützen
Stützen __________
Konfrontieren
Fordern Abbildung 12: Die vier Aufmerksamkeitsrichtungen
Protagonist die Augen. Er sieht, wie seine Team- oder Gruppenmitglieder seine Bedürfnisse einschätzen. Auswertung: Der Coachee kann jetzt jeden Einzelnen fragen, was ihn bewogen hat, sich dahin zu stellen. Er erfährt die Einschätzung der anderen und kann diese mit seinem Selbstbild vergleichen. Interessant wird es, wenn die Fremdund Selbsteinschätzung weit auseinanderliegen.
Professionalität Die sieben Säulen der Professionalität
Erfahrungsfeld: Könnerschaft Ziel: Überprüfung des Kompetenzspektrums Material: Liste der Säulen, Papier, Wachsmalkreide oder Filzstifte Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medien: Skalieren Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Die sieben Säulen der Professionalität werden vorgestellt. Instruktion: »Bitte zeichnen Sie die sieben Säulen der Professionalität ( s. Abschnitt 5.8.2). Gehen Sie jetzt jeden der Kompetenzaspekte einzeln durch. Beginnen Sie bei der Säule der Könnerschaft: Wie gut ausgeprägt ist Ihr Können? Wenn 100 % eine geniale Könnerschaft bedeuten würde, wie stark wäre dann Ihre Ausprägung, ausgedrückt in Prozent? Tragen Sie die Prozentzahl in Ihre Säule ein. Nachdem Sie Ihren Kompetenzstand für alle sieben Säulen eingeschätzt haben, schraffieren Sie den Ausprägungsgrad in den Säulen mit unterschiedlichen Farben. Wie zufrieden sind Sie mit der Ausprägung
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5.8 Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
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Ihrer Säulen? Woran müssten Sie arbeiten, um zufriedener zu werden? Woran müssten Sie eventuell arbeiten, um Ihren Job zu sichern, Aufstiegschancen zu bekommen, mehr Ruhe in Ihr Leben zu bringen?« Diagnose von Rollen und Rollenberatung Rollenhaushalt
Erfahrungsfeld: Rollenhaushalt Ziel: Entwicklung, Umfang und Dynamik der in der Person versammelten Rollen Material: große Papierbögen, kleine Papierstücke (DIN A4/A5, eventuell bunt), Klebestifte Modalität: Einzel-, Gruppe-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Hinführung: Es gibt verschiedene Arten von Rollen, die Entwicklungsrollen, die man in einem bestimmten Stadium seiner Entwicklung einnimmt (das Kind, der Pubertierende etc.) oder in die man hineinwächst (Frau, Mann), die Funktionsrollen, in denen man eine bestimmte Aufgabe erfüllt (Projektleiter etc.). Viele funktionale Rollen setzen eine Ausbildung oder Training voraus. Während die erste Rollenart sehr stark auf die Beziehungsgestaltung Einfluss nimmt (z. B. in Form von Übertagung/Gegenübertragung/Projektionen), so definieren die funktionalen Rollen die Aufgabenbeziehung. Die Realität ist fast immer ein Mischungsverhältnis aus beiden Rollentypen. Durchführung: »Gehen Sie in der Erinnerung rückwärts und vergegenwärtigen sich alle Rollen, die Ihnen spontan einfallen: Rollen, die Sie jetzt haben, letztes Jahr hatten usw. Gehen Sie soweit in den Jahren zurück, wie Ihre Erinnerung reicht. Merken Sie sich die Rollen, die Sie besonders beschäftigten. Fertigen Sie eine Liste derjenigen Rollen an, die für Sie wichtig waren. Lesen Sie sich die Liste mehrfach durch. Spüren Sie Ihre innere Resonanz auf diese Rollen. Entscheiden Sie sich für fünf Rollen, die Sie sich genauer anschauen wollen. Gehen Sie jetzt nochmals Rolle für Rolle durch. Nehmen Sie für jede Rolle eines der kleineren Papiere und reißen Sie die Umrisse der Rolle aus. Legen Sie nun die fünf Rollenausrisse auf den großen Bogen, ordnen Sie diese so an, wie Sie in Ihrem Rollenhaushalt zueinander gehören, und kleben Sie sie auf dem großen Blatt fest. Geben Sie jeder Rolle einen Namen und schreiben Sie ihn in den Rollenaufriss.«
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Auswertung: »Schauen Sie sich Ihren Rollenhaushalt einmal von oben an. Welche der Rollen wirkt dominant, unscheinbar, welche ist im Mittelpunkt, an der Peripherie? Welche Bedeutung haben die Rollen in Ihrer jetzigen Lebenssituation? Welche Rolle muss weiter entwickelt, gepflegt, gezügelt oder neu belebt werden? Wie stehen die Rollen zueinander? Welche Verbindungen bestehen? Wie verhalten sich die Rollen zueinander?« Persönlichkeitskonzept Das Persönlichkeitshaus
Erfahrungsbereich: Persönlichkeitsstruktur Ziel: Besichtigung, Analyse und Reflexion von Persönlichkeitsaspekten auf der Basis des Persönlichkeitshauses. Material: Arbeitspapier mit dem Modell des Persönlichkeitshauses ( s. Abschnitt 5.7.3), Papier, Filzstifte/Kreide Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: Arbeitspapier, bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: »Bitte malen Sie Ihr Persönlichkeitshaus mit Farben, Formen und Symbolen. Einzige Bedingung dabei ist, dass die Grundstruktur des Hauses, also die Stockwerke, Treppen, Verbindungstüren, vorkommen.« Auswertung: »Wie haben Sie Ihr Persönlichkeitshaus ausgefüllt? Ist es voll, eher leer, ist es bunt oder einheitlich eingefärbt? Wie sind die Stockwerke gewichtet? Steht zum Beispiel die Alltagspragmatik oder die Gefühlswelt an erster Stelle? Was ist Ihr Lieblingsstockwerk? Denken Sie zum Beispiel gern über den Sinn des Lebens nach, haben aber leider keine Zeit dazu? Wie sind die Stockwerke verbunden, sind sie durchlässig? Wie korrespondieren zum Beispiel Bewältigungskeller und Alltagspragmatik? Wo entstehen Konflikte und wo zeigen sie sich (z. B.: ein Beziehungskonflikt landet auf der Leitbildetage)?« Was wurde von dem Coachee als Thema/Problem angesprochen ( »Ich habe ein Beziehungsproblem mit Herrn Meier.«)? Was sind mögliche Quellen des Problems (»Diese Art Mensch kann ich nicht leiden.«) Eventuell wird hier eine Übertragung als Beziehungsmodell aus dem Bewältigungskeller zur Verfügung gestellt. »Wo ist Wachstum notwendig? Ist vielleicht gerade ein Anbau in Arbeit? Was ist reparaturbedürftig oder braucht zumindest eine Überholung? Ist ein Teil so zerstört, dass er nicht repariert werden kann, sondern durch andere Stockwerke ausgeglichen werden muss?«
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5.8 Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
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Ich-Funktionen (nach Petzold, 1988)
Erfahrungsbereich: Ich-Spektrum Ziel: Klärung der Arbeitsweise der individuellen Ich-Funktionen Material: große Papierbögen, Arbeitspapier zu den Ich-Funktionen Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 60 Minuten
Durchführung: Der Coachee bekommt das Arbeitspapier Ich-Funktionen mit der Bitte, es gründlich durchzulesen.
Ich-Funktionen (Orth u. Petzold, 1994) Wahrnehmen: Können Sie Ihrer Wahrnehmung vertrauen? Wie ist Ihre Wahrnehmung? Fühlen: Haben Sie ein stabiles Gefühlsleben? Erleben Sie Ihre Gefühle klar und deutlich? Können Sie Gefühle wechseln, zum Beispiel von Wut auf eine versöhnlichere Stimmung? Geraten Ihre Gefühle manchmal außer Kontrolle (z. B. Wutausbrüche)? Erinnern: Arbeitet Ihr Gedächtnis zuverlässig? Haben Sie Lücken, wo Sie sich nicht so gut an Dinge erinnern können, kleinere Ausfälle, zum Beispiel, dass Ihnen Namen nicht immer sofort einfallen? Weichen Ihre Erinnerungen häufiger von denen anderer Menschen ab, die von der gleichen Szene, dem gleichen Sachverhalt berichten? Denken: Ist Ihr Denken klar, zuverlässig, kontinuierlich, zielstrebig? Können Sie Fakten von Bewertungen und gefühlsmäßigen Beimengungen unterscheiden? Wollen: Halten Sie sich für willensstark, willensschwach oder schwankend? Können Sie sich auf Ihren Willen verlassen, wenn Sie sich etwas vorgenommen haben, bewältigen oder durchführen wollen? Oder geht Ihnen leicht die Energie aus? Handeln: Handeln Sie zielgerichtet, konsequent, ausdauernd, effektiv oder eher unkonzentriert, umständlich, planlos?
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Kommunikation: Können Sie mit anderen offen, klar, direkt, verbindlich oder wenn nötig bestimmt reden? Kommt es immer wieder zu Verständigungsproblemen und Missverständnissen? Fühlen Sie sich öfters gehemmt oder blockiert? Ich-Kraft: Schätzen Sie Ihr Ich insgesamt als stark, schwach, labil, starr, weit, eng, zusammenhängend, fragmentiert, zerrissen ein?
Instruktion: »Lehnen Sie sich bequem zurück, schließen Sie die Augen und beginnen mit der letzten Frage: Wie ist mein Ich? Dann begleiten Sie Ihr Ich auf einer kleinen Rückschau. Sie stellen sich Situationen oder Szenen aus der jüngsten Vergangenheit vor. Wie hat Ihr Ich sich darin verhalten, was haben die einzelnen Funktionen dazu beigetragen, die Wahrnehmung, die Sprache usw.? Mit was kommen Sie in Kontakt, wenn Sie Ihr Ich so erleben? Öffnen Sie die Augen und beginnen Sie mit Farben, Formen, Symbolen oder Wörtern Ihr Ich-Bild zu malen.« Auswertung: »Wie geht es Ihnen mit Ihrem Ich-Bild? Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Ich stark und zuverlässig genug ist, um die Aufgaben und Anforderungen, die von Ihnen erwartet werden, bewältigen zu können? Welche IchFunktionen könnten ausgeprägter sein? Ich-Funktionen sind trainierbar. Überlegen Sie sich effektive Übungsmöglichkeiten. Werden einige Ich-Funktionen durch biographische Altlasten, zum Beispiel Ängste, negative Einschärfungen (z. B. ›das wirst du nie lernen‹), behindert?«
Selbstporträt
Erfahrungsfeld: Selbstbild, körperbezogene Selbstwahrnehmung Ziel: Auseinandersetzung mit dem inneren Bild von sich, mit seinen bewussten und unbewussten Anteilen Material: bildnerische Mittel (große Papierbögen, Klebeband, Ölkreide) Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Der Coachee legt einen Papierbogen auf den Boden oder Tisch. Er klebt den Bogen an allen vier Seiten mit Tesakrepp fest, damit er nicht
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verrutschen kann. Dann sucht er sich eine Farbe aus dem Kreidekasten aus und setzt sich so vor sein Blatt, dass er es auch noch mit geschlossenen Augen gut finden kann. Instruktion: »Sie werden gleich mit geschlossenen Augen Ihr Selbstporträt malen. Das hat den Vorteil, dass Sie sich keine Gedanken darüber machen müssen, ob Sie auch hinreichend korrekt oder schön malen können. Sie folgen einfach den Impulsen Ihrer Hand. Schließen Sie jetzt bitte die Augen, nehmen die Kreide in die rechte Hand und fahren sich mit der linken über das Gesicht. Tasten Sie behutsam Ihr Gesicht ab, bis Sie eine Vorstellung von ihm erlangt haben. Nun beginnen Sie mit der rechten Hand zu malen. Immer wenn Sie unsicher werden, noch Informationen brauchen, tasten Sie wieder Ihren Kopf ab und malen dann weiter. Wenn Sie fertig sind, legen Sie die Kreide aus der Hand, warten aber mit dem Augenöffnen noch einen kleinen Augenblick. Lassen Sie das Malen und alles, was Sie dabei erlebt haben, noch etwas nachklingen.« Auswertung: »Wenn Sie die Augen öffnen, was ist Ihre erste innere Reaktion auf das Selbstporträt? Welche Assoziationen kommen Ihnen dazu? Was ist Ihnen fremd, was ist vertraut? Woran würden Sie weiterarbeiten, was würden Sie verändern, nachbessern, wenn Sie jetzt mit offenen Augen am Selbstporträt weitermalen könnten?«
Wie bin ich organisiert?
Erfahrungsfeld: innere Situation Ziel: Der Coachee kann seine derzeitige innere Organisiertheit überprüfen. Material: Seile Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Jeder Coachee bekommt ein Seil in den Farben seiner Wahl. Instruktion: »Nehmen Sie bitte das Seil in beide Hände. Schließen Sie die Augen. Während Sie das Seil langsam durch die Hände gleiten lassen, so, als wäre es die Zeit, die Ihnen durch die Hände rinnt, fragen Sie sich: Was ist heute los mit mir? Wie bin ich organisiert? Bin ich eher konzentriert oder diffus? Wie organisiere
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ich meine Arbeit? Wenn Sie ein inneres Bild gewonnen haben von der Art, wie Sie sich selbst derzeit organisieren, dann öffnen Sie die Augen und legen mit Ihrem Seil symbolisch Ihre Selbstorganisation, so wie Sie sie gerade erlebt haben. Wie geht es Ihnen, wenn Sie Ihre innere Organisation so geformt vor sich liegen sehen? Was fällt Ihnen daran auf, was fällt Ihnen dazu ein? Welche Passage an Ihrem Seil möchten Sie ändern? Führen Sie diese Veränderung am Seil durch. Wie wirkt diese Veränderung auf Sie? Was müsste sich analog in Ihrer psychischen Organisation ändern?«
Wichtige Menschen
Erfahrungsfeld: wichtige Beziehungen Ziel: herausfinden, welche Menschen im gegenwärtigen Leben von Wichtigkeit für den Coachee sind Material: keines Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Visualisierung Zeitbedarf: 20 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich vor, Sie hätten nur noch eine ganz kurze Zeit zu leben! Welche drei Personen würden Sie noch anrufen oder besuchen wollen?« (kurze Pause zum Nachdenken) »Was hindert Sie im realen Leben daran, diese Menschen anzurufen oder zu besuchen, das heißt, Ihre wichtigen Beziehungen zu pflegen? Schließen Sie mit sich einen Vertrag, wann und wie Sie die Kontakte nachholen werden.«
Wichtige Handlungen
Erfahrungsfeld: Handlungshierarchien Ziel: herausfinden, welche wichtigen Handlungen eine Person vor sich herschiebt Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Visualisierung Zeitbedarf: 20 Minuten
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Instruktion: »Stellen Sie sich vor, Sie hätten nur noch eine ganz kurze Zeit zu Leben! Welche drei Dinge müssten Sie noch unbedingt erledigen, welche Gestalten schließen?« (kurze Bedenkzeit für den Coachee) »Welche Dinge sind Ihnen eingefallen? Was hält Sie davon ab, sie in Ihrem jetzigen Leben aufzugreifen und diese Gestalten zu schließen? Schließen Sie mit sich einen Vertrag darüber ab, wann und wie Sie die Gestalten schließen wollen.«
Museumsbesuch
Erfahrungsfeld: Identitätsbilder Ziel: unbewusste oder vorbewusste Anteile der Identität sichtbar werden lassen und ihre Relevanz abklären Material: keines Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 60 Minuten
Instruktion: »Sie werden jetzt eine kleine Reise in Ihre Phantasiewelt unternehmen. Dazu möchte ich Sie bitten, sich bequem hinzusetzen oder, wenn Sie mögen, hinzulegen.« Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). »Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf dem Gehweg einer belebten Straße. Die Sonne scheint und Sie sind gut gestimmt. Jetzt taucht vor Ihnen ein großes Gebäude auf. Über dem Eingang steht: Skulpturenmuseum. Es interessiert Sie und Sie gehen auf den Eingang zu. Was ist das für ein Gebäude? Ist es zum Beispiel ein älteres Gebäude oder ein supermoderner Glaspalast ? Sie gehen durch den Eingang und spüren die eigenartige Atmosphäre dieses Museums. Auch der Geruch kommt Ihnen irgendwie bekannt vor. Sie gehen nun in den Ausstellungsraum mit den Skulpturen. Sie schlendern durch den Raum, schauen sich die Skulpturen an. Endlich treffen Sie auf eine, die Ihnen sehr bekannt vorkommt. Die Haltung kennen Sie irgendwie. Sie gehen näher und erkennen, das diese Skulptur Sie darstellt. Sie gehen um Ihre Skulptur herum, beschauen sie von allen Seiten und schließlich nehmen Sie, wie durch Zauber, den Platz Ihrer Skulptur ein. Nun stehen Sie da oben auf dem Sockel. Wie fühlen Sie sich? Sie schauen sich um, sehen, welche Skulpturen um Sie herum in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft stehen. Vielleicht befindet sich darunter die eine oder andere Berühmtheit. Sie fragen Ihre Nachbarskulpturen auf den Sockeln nun: Wer bin ich? Vielleicht bekommen Sie auch eine Antwort. Dann steigen Sie wieder ganz vorsichtig vom Sockel herunter und spüren wieder Ihre Lebendigkeit. Sie bedanken sich bei den Skulpturen, gehen wieder
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durch die Eingangstür ins Freie, räkeln sich, öffnen die Augen und kommen so wieder in unseren Raum zurück.« Auswertung: »Was war das für ein Museum? Gibt es dazu Assoziationen? War Ihnen die Skulptur, in die Sie sich verwandelten haben bekannt? Wie haben Sie sich darin gefühlt? Fallen Ihnen Geschichten dazu ein? Wenn Sie mögen, gehen Sie jetzt in eine Körperhaltung, die der Skulptur entspricht. Was für Gefühle und Gedanken kommen Ihnen jetzt dazu?« Im Gruppencoaching kann man den Coachee auffordern, mit den anderen Teilnehmern die Nachbarskulpturen aus dem Museum auch nachzubilden. »Welche Bedeutung hatte diese Figurenkonstellation im Museum für Sie?« Wenn der Coachee dies auf sein Leben überträgt, gibt es da Ähnlichkeiten? Welche Funktion und Rolle haben diese Personen in seinem Leben?
Das innere und das äußere Haus
Erfahrungsfeld: Wechselwirkungen Ziel: Ähnlichkeiten, Unterschiede, Spannungsherde, Zusammenspiel von innerem und äußerem System, von Persönlichkeit und Organisation erkennen Material: Arbeitspapier, auf dem die Modelle des Persönlichkeitsund des Systemhaus nebeneinander abgebildet sind Modus: Einzel-, Gruppen- und Teamübung, Selbstcoaching Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 60 Minuten
Durchführung: Der Coach gibt dem oder den Coachees ein Blatt, auf dem das System- und das Persönlichkeitshaus nebeneinander(wie Reihenhäuser) abgebildet sind. Instruktion: »Bitte gehen Sie jetzt Stockwerk für Stockwerk von Organisation und Person durch und vergleichen, zum Beispiel: Wie sieht das Leitbild der Organisation aus, wie ist mein persönliches? Gibt es da Übereinstimmungen oder Abweichungen? Wie wirkt sich das auf die Interaktion aus? Benutzen beide zum Beispiel die gleichen Abwehrformen? Wie ist die Durchlässigkeit des inneren und äußeren Systems (Stockwerkkompetenz)? Sind zum Beispiel das Leitbild und die Strukturierung beim Coachee in Korrespondenz oder gibt es da Unterbrechungen? Wie durchlässig ist das Leitbild- zum Strukturstockwerk in der Organisation? Weiß der Personen- oder Systembauch, was der Kopf denkt? Zeichnen Sie die wichtigsten Bezüge und Wechselwirkun-
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5.8 Übungen zum Themenbereich Person und Organisation
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gen zwischen dem inneren und dem äußeren System in das Arbeitspapier ein.« Auswertung: Gibt es Ähnlichkeiten zwischen der Organisation des Systems und der Person, zum Beispiel hinsichtlich des Leitbildes? Wie beeinflussen sich die Systemebenen gegenseitig? Herrscht zum Beispiel bei Denkprozessen einer Person eine ebenso große Rigidität, wie in den Arbeitsabläufen der Organisation, für die er arbeitet. Wie wirkt ein chaotische Arbeitsprozess auf einen eher peniblen Mitarbeiter? Gibt es Wechselwirkungen, die kontraproduktiv sind, zum Beispiel ein extrem unterschiedliches Leitbild der Organisation und des Mitarbeiters? Wo ergänzen sich die Systemebenen? Was muss bei der Organisation oder Person entwickelt, ergänzt, erweitert, verändert, abgestellt, ersetzt werden, damit die Wechselwirkung produktiv ist? Wo kann bei der Veränderung angesetzt werden, eher bei der Person (z. B. durch eine Haltungsänderung) oder bei der Organisation (z. B. durch Strukturänderungen)?
Weitere Übungen Übungen mit dem Fokus Persönlichkeitskonzept Erlebte Autorität: Leitbilder ( Kapitel 4) Die Zukunft ausmalen: Lebensziele ( Kapitel 6) Karriereschlüssel: Karriereplanung ( Kapitel 6) Aufstiegsschwierigkeiten: Unterdrückung ( Kapitel 6) Schutzhülle: Selbstschutz ( Kapitel 6) Balancestern: Lifebalance ( Kapitel 11) Innere Ratgeber: Ratgeber ( Kapitel 11) Konferenz des inneren Teams: Ensemble der inneren Rollen ( Kapitel 11) Übungen mit dem Fokus Person zwischen Rolle und System Teamfunktion: Rollenanalyse ( Kapitel 11) Teamposition: Rollenanalyse ( Kapitel 11) Teamhaltungen: Positionierungen ( Kapitel 11) Teamdynamik: dynamisches Feld ( Kapitel 11) Ansichtssachen: Arbeitsbeziehung ( Kapitel 4) Netzwerk: soziale Systeme ( Kapitel 8) Stressmapping: Belastungsszenario ( Kapitel 11)
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6
Interventionswerkstatt
In diesem Kapitel werden wir uns mit der Frage befassen, wie der Coach zu seiner Wahrnehmung, Hypothesenbildung, seinen Interventionen kommt, wie er sie konstruiert und wo im Prozess er sie mit welcher Absicht einsetzt.
6.1
Konstruktion von Interventionen
6.1.1 Was ist eine Intervention? Interventionen sind absichtsvolle, konzeptgestützte Handlungsweisen des Coachs – mit und ohne Worte –, die darauf gerichtet sind, den Beratungsprozess auf angestrebte Ziele und Lösungswege hin zu beeinflussen. Intervenieren ist die Kunst, Menschen oder Systeme dafür zu interessieren, ihre Sichtweisen, Erlebnisformen, Handlungsmuster und sonstigen Gewohnheiten auf ihre Realitätstauglichkeit hin zu überprüfen und sich gegebenenfalls nach neuen Perspektiven und Möglichkeiten umzusehen. Interventionen haben die Form von Anregungen, Vorschlägen, Angeboten. Sie sind Einladungen, etwas zu durchdenken, emotional nachzuspüren und auf der Handlungsebene auszuprobieren. Der Coachee hat immer die Möglichkeit, auf die angebotene Intervention einzugehen oder sie abzulehnen. Der Coach respektiert die Autonomie seines Coachees und setzt sein Vertrauen in dessen Fähigkeit zur Selbstorganisation. Interventionen bedürfen der Rückmeldung, des Feedbacks. Sie sind Teil eines dialogischen Prozesses. Sie sollten in ihrer Ausdrucksform, dem Timing, der Absicht und ihrer Zielsetzung verständlich, prozessangemessen und konsensgetragen sein.
6.1.2 Von der Wahrnehmung zur Intervention: Die Interventionsspirale Am Anfang der Interventionsspirale steht die Wahrnehmung. Dem Coach fällt an dem Gespräch mit dem Coachee etwas auf, er entdeckt einen Widerspruch zwischen Aussagen, eine Schilderung bleibt unklar, der Coachee zeigt eine
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6 Interventionswerkstatt
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deutliche körperliche Reaktion (z. B. Schwitzen, Erröten), eine Geste scheint etwas anzudeuten usw. Die Wahrnehmung lenkt die weitere Aufmerksamkeit des Coachs. Er wendet sich dem beobachteten Phänomen zu und versucht zu begreifen, was sich da abspielen könnte. Der Coach erkennt zum Beispiel, dass eine Unklarheit immer dann im Bericht des Coachees auftritt, wenn es um die Beziehung zu einem Mitarbeiter geht. Er vermutet (Hypothesenbildung), dass dieser Bewusstseinsnebel die Funktion hat, den Coachee davor zu schützen, seinen latenten Beziehungskonflikt mit dem Mitarbeiter wahrzunehmen. Der Coach entwirft zu seiner Hypothese eine Intervention und bietet sie dem Coachee an.1 Dieser wird darauf antworten. Der Interventionskreis beginnt von Neuem (Abbildung 13, Tabelle 1). Verstehen Konzipieren Erkennen Handeln Begreifen Wahrnehmung der Wirkung, Beginn des nächsten Interventionskreises
Wahrnehmung
Abbildung 13: Interventionsspirale
Tabelle 1: Die Funktion der sechs Etappen einer Interventionsschleife Der Coach nimmt wahr begreift
Handlungstyp Sinnesmeldungen Resonanz
erkennt
Reflexion
versteht
methodische Verdichtung Umsetzung
konzipiert handelt nimmt wieder wahr
professionelles Agieren Sinnesmeldung
Qualität sehen, hören, spüren/empfinden innerpsychische, körperliche Eindrücke sammeln identifizieren, etwas damit verbinden Hypothesen entwickeln auf der Basis der Hpothesen passende Interventionen auswählen intervenieren sehen, hören der Reaktion des Coachees auf die Intervention eine neue Schleife beginnt
1 Zum Beispiel eine Konfrontation: »Mir fällt auf, dass mir Ihre Aussagen immer unklar bleiben, wenn
Sie über Ihre Beziehung zu Herrn X sprechen.«
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6.1 Konstruktion von Interventionen
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Aus dieser Perspektive betrachtet, besteht der Interventionsprozess aus einer Reihung von Interventionsspiralen im Coachingdialog.
6.1.3 Hypothesenbildung Bei der Hypothese verbinde ich meine Sinneseindrücke (das mir Offensichtliche) mit meinen inneren Resonanzen, meinem Wissen und Methodenkompetenzen zu einer handlungsleitenden Einschätzung der Situation. Hypothesen sind subjektiv, Produkt meiner Realitätskonstruktion, also nicht wahr oder unwahr, sondern mehr oder weniger nützlich. Daraus ergeben sich folgende Grundsätze für die Entwicklung und den Umgang mit Hypothesen: • Unsere Sinneswahrnehmungen, so wie sie im Bewusstsein auftauchen, sind durch Außenreize stimulierte neuronale Vernetzungen, also Konstruktionsleistungen des Gehirns. Sie haben mehr mit mir als mit der äußeren Realität zu tun. • Hypothesen sind professionelle Vorurteile, das heißt, sie werden nach methodischen Regeln aufgestellt. Trotzdem sind sie weder richtig noch falsch. Sie sind so gut, wie sie nützlich sind für die Beratung. • Hypothesen sind Arbeitshilfen. Sie bieten Orientierung und handlungsleitende Ideen. • Hypothesen reduzieren Komplexität. Sie bringen eine gewisse Ordnung in das Chaos der Informationen. • Hypothesen haben etwas Verführerisches. Der Coach sollte aber eine kritische Distanz zu ihnen halten, ihre Vorläufigkeit akzeptieren und seine Neugier kultivieren für neue Sichtweisen und Hypothesen. • Hypothesen haben oft eine kurze Verfallszeit.
6.1.4 Die acht W-Fragen zur Konstruktion von Interventionen Bei der Konstruktion und dem Einsatz von Interventionen sollte sich der Coach von folgenden acht Fragen leiten lassen: Warum? Anlass der Intervention (s. Hypothesen) Beispiel: Der Coachee erlebt eine Irritation. Der Coach nimmt dies wahr. Das Phänomen ist so stark ist, dass es seine Aufmerksamkeit weckt. Der Hintergrund der Irritation ist aber noch unklar. Das darin gebundene Erleben kann sich noch nicht äußern. Dies nimmt der Coach zum Anlass, eine auf Klärung zielende Intervention anzubieten.
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6 Interventionswerkstatt
Wann? Zeitpunkt für die Intervention Der Zeitpunkt ist ein wichtiger Aspekt für das Intervenieren. Er entscheidet oft über die Wirksamkeit. Interveniert der Coach zu früh, nimmt er seinem Coachee vielleicht eine Lernchance oder er überfordert ihn. Das könnte seinen Widerstand hervorrufen. Kommt die Intervention zu spät, bleibt sie vielleicht wirkungslos. Das rechte Timing ist oft eine Sache der Erfahrung und Intuition. Was? Was soll die Intervention aufgreifen? Welches Packende soll der Coach für seine Intervention wählen: das geschilderte Symptom, die offensichtliche innere Unruhe des Coachees, seinen Mitarbeiterkonflikt, das Betriebsklima oder den Leitungsstil des Direktors? Das sind alles mögliche Ursachen für die Irritation. Wozu? Zielrichtung der Intervention Was soll die Intervention bewirken? Soll sie schützen, konfrontieren, unterstützen, evozieren? Wie? Mit welcher Interventionstechnik wird interveniert? Eine reichliche Auswahl an Interventionstechniken mit Indikations- und Wirkungshinweisen finden Sie im folgenden Kapitel. Womit? Welcher mediale Zugang wird gewählt, zum Beispiel Sprache, Bewegung? Ein Problem kann besprochen werden, man kann es aufmalen (bildnerische Mittel), es körperlich ausdrücken (z. B. Skulpturieren), es inszenieren (z. B. mit mehreren leeren Stühlen), es besingen. Jedes dieser Medien fördert andere Ausdrucksqualitäten, bringt dadurch unterschiedliche Problem- oder Lösungsperspektiven ins Bewusstsein. Worauf? Bezug der Intervention, zum Beispiel auf die Person des Coachees, sein Team Wer ist der direkte und indirekte Adressat der Intervention? Beim Einzelcoaching ist der unmittelbare Ansprechpartner immer der Coachee. Es kann dabei um ein persönliches Problem, eine Teamangelegenheit, eine Meinungsverschiedenheit mit einem Kollegen, eine Leitungsunklarheit usw. gehen. Beim Systemcoaching muss der Coach sich entscheiden, ob er die Intervention einem bestimmten Gruppenmitglied, einer Untergruppe, Fraktion anbietet oder sich damit an die ganze Gruppe wendet. Wohin? Richtung der Intervention ( s. auch Abschnitt 6.3 über die vier Wege zum Hier und Jetzt) Ist die Intervention zum Beispiel biographisch rückschauend, lösungsorientiert, tiefend oder höhend, kontextbezogen?
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6.1 Konstruktion von Interventionen
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6.1.5 Die vierfache Botschaft einer Intervention Was ist nun bei der Konstruktion einer Intervention zu beachten? Der Mensch sendet immer Mehrfachbotschaften an seinen Gesprächspartner. Neben den in Worte gekleideten Inhalten drückt er sich auch durch seinen Tonfall, seine Gesten, seine Mimik, seine Haltung und Bewegung aus. Schulz von Thun (1981, Schulz von Thun et al., 2000) unterscheidet vier Kommunikationskanäle, über die ein Mensch sich mitteilt: die Sach- und Beziehungsebene sowie die Ebene der Appelle und der Ich-Aussagen. Das Problem ist, dass auf mindestens drei der vier Kanälen unwillkürliche, das heißt nicht vom Ich kontrollierte, unbewusste Impulse in die Botschaft einfließen. Dadurch ist die Wirkung von Interventionen für den Coach nur bedingt absehbar. Was dann im Coachingprozess zählt, ist nicht die gute Absicht oder die geniale Intervention des Coachs, sondern das, was beim Coachee ankommt, die Wirkung. Jede Intervention des Coachs • transportiert digitale Informationen (Sach- bzw. Inhaltsaspekt), zum Beispiel Vorschläge, Erklärungen, Aufzeigen von Zusammenhängen. • birgt eine Beziehungsbotschaft (der Ich-Du-Aspekt). Mit der Beziehungsbotschaft wird zum Ausdruck gebracht, wie die Sachbotschaft zu verstehen ist. Je nachdem wie ich mein Gegenüber anspreche, mich ausdrücke und verhalte, übermittle ich ihm in analoger Form, was ich von ihm und seinem Problem halte. Entsprechend fühlt sich ein Coachee angenommen oder abgelehnt. Dieser Beziehungskanal ist für den Coachingprozess enorm wichtig. Der Coach kann förderliche Beziehungssignale wie Akzeptanz, Wohlwollen, Interesse, Wertschätzung senden, also Botschaften, die das Veränderungsklima positiv beeinflussen. • enthält einen Appell (Du-Aspekt). Mit seiner Botschaft will der Sender bei dem Empfänger etwas bewirken, er möchte ihn zu etwas veranlassen. Diese Absicht ist oft unwillkürlich, das heißt unbewusst. Je nachdem wie ein Coach eine Aussage betont, kann sie beim Coachee als Ermunterung erlebt (»Sie können das ruhig probieren«) oder als versteckte Warnung (»Machen Sie es, ich persönlich finde es aber aussichtslos«) empfunden werden. • tätigt eine Aussage über den Coach (Selbstoffenbarung oder Ich-Aspekt). Kommunikation ist nicht nur eine Botschaft von mir an andere. Ich äußere mich zugleich auch unwillkürlich über mich selbst. In der Art, wie ich etwas sage, offenbare ich auch etwas über meine innere Einstellung und Verfasstheit. Ein zynischer Unterton verweist vielleicht auf eine eigene Enttäuschung, eine Kraftlosigkeit in der Stimme auf eigene Erschöpfung, eine leichte Gereiztheit auf eigene Ungeduld.
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6 Interventionswerkstatt
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Jede Botschaft enthält immer alle vier Aspekte. Sie stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. In der Regel dominiert eine Ausdrucksform. Sie steht im Vordergrund und verdeckt die anderen Aspekte. Beispiel: Der Sender (Coachee) bringt sein Anliegen betont sachlich vor. Er verschleiert damit, wie dringend er den Empfänger (Coach) braucht. Er traut sich nicht, die Dringlichkeit seines Wunsches deutlich werden zu lassen, glaubt aber, dass sein Gegenüber dies wissen müsse. Der Coach mag aber gerade zu dem Zeitpunkt auf dem »Appellohr« schwerhörig sein, weil er gedanklich mit der Einordnung des Anliegens beschäftigt ist. Der Coachee merkt, dass sein Appell verhallt, und ärgert sich. Er übernimmt nicht die Verantwortung für die Art der Formulierung seines Wunsches, sondern erwartet auf eine kindliche Weise, dass der andere seinen Wunsch doch spüren müsse. Der Coach nimmt jetzt eine leichte Gereiztheit bei seinem Gegenüber war, kann sie aber nicht einordnen.
Für den Coach ergeben sich aus der Komplexität der Kommunikation vier Anforderungen, um die Wirkung seiner Interventionen zu sichern: – auf der Inhaltsebene: klar und verständlich sprechen; – auf der Beziehungsebene: wertschätzend und zugewandt; – auf der Ebene der Ich-Botschaften: versuchen, authentisch und transparent in dem Maße zu sein, wie es für einen Coachee zuträglich ist; alles, was der Coach sagt, sollte wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muss er auch seinem Coachee mitteilen (selektive Authentizität); – auf der Appellebene: die Autonomie des Coachees achten, ihn dabei unterstützen, seine Ziele zu finden und Lösungen zu erarbeiten.
Die Beschreibung der einzelnen Interventionstechniken finden Sie im Kapitel 7.
6.2
Das Vergegenwärtigen »Die Zukunft erschließt sich jedoch nur, wenn man die Gegenwart dazu nutzt, seine Vergangenheit loszulassen« (Monbourquette, 2003, S. 60).
Die Vergangenheit soll der Gegenwart dienen und die Möglichkeiten der Zukunft erwerben. Coaching ist Arbeit in der Gegenwärtigkeit, im aktuellen Dialog, in der lebendigen Beziehung. Im Hier und Jetzt präsentiert der Coa-
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6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
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chee sein Anliegen, seine Ziele und Lösungsideen, seine Informationen, sein Material, seine Szenenbeschreibung. Alles, was gesagt, gedacht, gefühlt, imaginiert und erlebt wird, geschieht jetzt und hier im Coachingraum. Jetzt hat der Coachee ein Gefühl, einen Gedanken, eine Erinnerung. Natürlich gibt es das Jetzt nicht als festen Zeitpunkt. Es ist der flüchtige Augenblick, der sich mit dem Zeitenfluss zwischen Vergangenheit und Zukunft bewegt und dabei Höhen und Tiefen durchlebt. Die Kunst, Vergangenes, Zukünftiges, Tiefen und Höhen mit ins bewusste Spiel zu bringen, nenne ich Vergegenwärtigung. Hierunter wird die Fähigkeit eines Menschen verstanden, vergangene Erlebnisse, zukünftige Ereignisse, Visionen und starke Gefühle im Jetzt wiederzubeleben. Es handelt sich dabei also um mehr als kognitives Erinnern. Das Vergegenwärtigen bezieht alle Sinne mit ein, erfasst die ganze Person. Dabei darf man die Vergegenwärtigung früherer Ereignisse nicht mit einer realistischen Reproduktion damaliger Ereignisse verwechseln. Jede Geschichte wird im Erinnerungsprozess wieder kreativ neu gestaltet, so wie sie in die Wirklichkeitskonstruktion des heutigen Menschen passt. Im Coachingprozess wird ein Coachee von Arbeitsszenen, Kommunikationsabläufen oder Erlebnissen berichten. Er wird versuchen, sie zu vergegenwärtigen, um sie begreifen zu können. Diesen Vorgang nenne ich Rekonstruktion. Im Möglichkeitsraum kann der Coachee sich dann wünschenswerte Ziele vorstellen, Alternativen suchen und Lösungswege simulieren. Aus der Rekonstruktion wird eine Prokonstruktion.
6.3
Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
Vier Interventionswege führen zum Hier und Jetzt und eröffnen Möglichkeiten der Vergegenwärtigung in den Dimension von Zeit und Raum: • Dimensionen der Zeit – Vergangenheit und Zukunft: Hier beziehen sich die Interventionen entweder auf die Vergangenheit, die Biographie, die Erfahrungsgeschichte, die Tradition und die Ressourcenpools oder auf die Zukunft, den Bereich der Lösungsmöglichkeiten des Coachees oder seine Organisation. • Dimension des Raumes – Blick in die Tiefen und Höhen: Eine weitere Interventionsrichtung geht entweder mehr in die Tiefe, betrachtet das Reich des Unbewussten der Psyche, bis hin zu psychosomatischen und körperlichen Vorgängen, oder in die Höhe, zu Aspekten des Geistigen, zu Fragen nach den Zielen, Werten, dem Sinn und der Spiritualität.
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Natürlich schweben die vier Interventionsbereiche eines Menschen oder einer Organisation nicht im luftleeren Raum. Alle Individuen, alle Systeme haben Umwelten, mit denen sie in Wechselwirkungen stehen. Diese Kontexte sind für Menschen wie das Wasser für die Fische. Der Aspekt der Kontextwirkungen muss deshalb bei jedem Interventionsvorgang berücksichtigt werden. Abbildung 14 zeigt die vier Wege zum Hier und Jetzt in Form eines Koordinatenkreuzes. Die Wege führen in die Mitte, den Ort gemeinsamer Präsenz von Coachee und Coach. Nur hier können Interventionen zu den vier Bereichen bearbeitet werden. Universelles Selbst (Oberbewusstsein, geistige Werte etc.)
Kontexte
Kontexte „höhende“ Interventionen
rückblickende Interventionen
Vergangenheit
Präsenz im Hier und Jetzt Vergegenwärtigen
vorausschauende Interventionen
Zukunft
tiefende Interventionen
Leib-Selbst (Unterbewusstsein, Struktur, Materie)
Abbildung 14: Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
6.3.1 Blickrichtung Vergangenheit: Von der Erinnerung zur Rekonstruktion Von der Herkunft eines Problems: Jede Zukunft hat eine Herkunft. Vergangenheit wie Zukunft wirken jetzt. Das Vergangene kann verstanden werden als Lehr- und Lerngeschichte. Jedes erlernte Handlungsmuster, das vielleicht heute Probleme macht, war zum Zeitpunkt seiner Entstehung eine kreative Leistung der Lebensbewältigung.2 Diese Bewältigungsformen haben den Charakter des Selbstverständlichen. Sie laufen weitgehend unwillkürlich ab, das heißt ohne bewusste Ich-Steuerung. Dieser Autopilot entlastet den Menschen stark, hat 2 Solche Muster entstehen als Ergebnis von Bewältigungsversuchen, zum Beispiel wenn ein Kind mit
einer kalten, lebensfeindlichen Atmosphäre, einem alkoholkranken, schlagenden Vater, einer emotional besitzergreifenden Mutter fertig werden muss. Das Kind entwickelt Bewältigungsstrategien, die es ihm ermöglichen, unter diesen Bedingungen zu leben. Solche Bewältigungsmuster werden jedoch nicht nur in der Kindheit, sondern in jedem Lebensalter entwickelt. Die Gesamtheit der Erfahrungsmuster bilden das, was in der Psychologie als Persönlichkeit bezeichnet wird.
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6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
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aber auch den Nachteil, dass er für neue Situationen keine angemessene Antwort parat hat. Im Coachingprozess fällt uns dann auf, dass ein Klient ein Problem auf die immer gleiche, unwirksame Weise lösen will. Er hält daran fest, obwohl doch andere Lösungsmöglichkeiten auf der Hand liegen. Ist es schiere Gewohnheit, Ideenarmut, Angst vor dem Unbekannten, Ungewohnten, oder gibt es tiefgründigere Widerstände und Blockaden, die den Coachee daran hindern, mit dem Berater den Raum der Lösungsmöglichkeiten zu betreten? Fragenliste zur Zukunft und Herkunft eines Problems: – Wie lässt sich das Problem, das Symptoms, die Unklarheit beschreiben (z. B. genaue Beschreibung des Konfliktes mit einem Mitarbeiter)? – Woran wird deutlich, dass das beschriebene Phänomen ein Problem ist? Was macht es zum Problem? – Welche Glaubenssätze, Überzeugungen, Einstellungen stabilisieren oder unterstützen den gegenwärtigen Zustand? – Welche früheren Entscheidungen stehen dem Coachee noch heute im Wege? In welchen Quellszenen wurden die Entscheidungen getroffen, die damals lebensnotwendig waren (z. B.: Ich lasse mich nie wieder klein machen!)? – Welche Gefühle sind am Problem beteiligt? – Welche Lösungen wurden vom Coachee schon versucht? Gab es wiederholte Lösungsversuche, die immer in die gleiche Sackgasse führten? – Wie stark ist der Veränderungswiderstand im Verhältnis zum Lösungswunsch? Sind zum Beispiel Übertragungs-, Projektions-, Introjektions-, Retroflektionstendenzen erkennbar? – Sieht der Coachee eventuell auch Vorteile darin, sein Problem nicht zu lösen, zum Beispiel, um nicht Verantwortung zu übernehmen? – Über welche Veränderungspotentiale und Ressourcen verfügt der Coachee? – Welche Risiken und Anstrengungen ist der Coachee bereit zur Lösung des Problems oder zur Veränderung auf sich zu nehmen?
Erinnerungs- und Biographiearbeit: Die Erfahrungen eines Menschen sind nicht nur im Gedächtniszentrum des Gehirns, sondern im ganzen Leib archiviert. Viele dieser Erinnerungen sind nicht willkürlich abrufbar, jedoch hochwirksam. Erinnern verstehen wir deshalb als einen ganzheitlichen Prozess, der auch die Aktivierung der Leibarchive einbezieht. Häufig beginnt der Blick in die Biographie mit Fragen wie: »Woher kennen Sie das noch? Wann haben Sie das zum ersten Mal erlebt? Können Sie sich noch an die Szene erinnern?«
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Wege des Erinnerns: – Einladung, sich zu erinnern. »Wie war das damals, vor einem Tag, vor einer Woche, vor einem Monat, vor einem Jahr, in Ihrer Jugend ? Woran können Sie sich noch erinnern?« – Welche Qualität hat die Erinnerung? Ist es eine weitgehend emotionsfreie Wiedergabe von nachprüfbaren Fakten? Oder hat die Erinnerung Einfärbungen, kommt gleichzeitig die Atmosphäre und Gestimmtheit wieder mit hoch, die in der erinnerten Szene herrschte, tauchen Bilder dazu auf, werden die alten Gefühle wieder lebendig? – Ist die Erinnerung lückenlos (sehr unwahrscheinlich), welche Löcher, Verschiebungen, Veränderungen etc. werden im Erinnerungsprozess produziert? – Erinnern ist immer eine Funktion des gegenwärtigen Ichs. Im Erinnern rekonstruiert das Ich Vergangenes für das jetzige Bewusstsein. Meine jetzige Situation und Befindlichkeit rekonstruiert die Erinnerung immer so, dass sie jetzt für mich passt. Vor einer Woche, vor einem Jahr, in einem anderen Zustand hätte ich eine Gegebenheit vielleicht ganz anders geschildert. Welche Bedeutung oder Funktion hat diese Erinnerung in Bezug auf die derzeitige Lebens- und Berufssituation (Kontextrelationen der Erinnerung)? – Enthält die Erinnerung Hinweise auf Ressourcen und Hindernisse in den Bewältigungsmustern, verweist sie auf lösungsdienliche Erfahrungen?
Viele Phantasieübungen sind als Reisen in die Vergangenheit konzipiert. Vergangene Episoden des Lebens können dabei wieder angeschaut werden. Der Blick auf die eigene Lebensgeschichte (s. »Panoramatechnik«) lohnt sich bei einer Vielzahl von Fragestellungen. In einem weiteren Arbeitsschritt führt das Vergegenwärtigen von einzelnen Situationen zum Erkennen von biographischen Zusammenhängen und problematischen biographischen Entwicklungen. Fragen zum Problem der biographischen Zusammenhänge: – Der Coachee fragt sich, welchen Stellenwert ein Ereignis im Ganzen seiner Lebensspanne einnimmt. – Der Coachee vergegenwärtigt sich, wie sein Leben bisher verlaufen ist, was wirklich wichtig ist, er versucht in seiner Lebensgeschichte einen Sinn zu erkennen.
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– Nachhaltige energetische Blockaden verweisen auf unerledigte Geschichten3 , Erlebnisgestalten, die nicht geschlossen werden konnten und die aktuellen Szenen ihre Prägung geben.
Erinnerungstätigkeit verbindet sich hier mit Tiefen, dem Eintauchen in die Archive des Unbewussten. Es geht im Coachen natürlich nicht darum, unbewusstes Material durchzuarbeiten wie in einigen Therapiemethoden, wohl aber, es sichtbar zu machen. Es geht darum zu erkennen, womit man es zu tun hat und wie man damit umgehen möchte. Der andere wichtige Aspekt der Biographiearbeit besteht in dem Erkennen und Reaktivieren von Ressourcen. Der Coach fragt beispielsweise: »Wie haben Sie sich denn früher verhalten, wenn ein Vorgesetzter unzufrieden mit Ihrer Arbeit war? Haben Sie sich da in Ihr Schneckenhaus zurückgezogen oder haben Sie da schon einmal anders reagiert?«
6.3.2 Blickrichtung Zukunft: Lösungen konstruieren Wir organisieren unser Leben in der Regel nicht rückblickend, sondern vorausschauend. Wir sind vorwiegend damit beschäftigt, etwas zu erreichen, zu vermeiden oder irgendwohin zu kommen, etwas zu schaffen oder etwas zu verhindern. Die Frage nach dem Warum zielt deshalb häufiger in die Zukunft als in die Vergangenheit. Zumindest ist diese Zukunftsorientierung stärker im Bewusstsein präsent als die Vergangenheit. Deshalb hält sich die lösungsorientierte Beratung auch nicht lange mit der Frage auf, was das Problem sei, sondern fragt den Coachee, was sein soll. Der Coach öffnet den Möglichkeitsraum und der Coachee sucht nach neuen Zielen und konstruiert Lösungswege. Am besten wird diese Art des Vorgehens vielleicht durch die Technik der Wunderfrage charakterisiert: »Angenommen, Sie wachen morgen früh auf und über Nacht ist ein Wunder geschehen. Ihr Problem ist gelöst. Woran würden Sie das erkennen? Wer aus Ihrer Umwelt würde es erkennen? Was würden Sie dann anders machen?«
3 Ein einfaches Beispiel: Sie schieben etwas immer wieder auf, trotzdem taucht der Gedanke daran
immer wieder auf. Sie versuchen es wegzudrängen. Das kostet Energie. Was hält Sie davon ab, zum Beispiel ein Dankesschreiben an eine bestimmte Person zu schreiben? Dahinter liegt dann oft eine Erfahrung, die mit der gegenwärtigen Situation nur durch eine analoge szenische Struktur verbunden ist.
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Fragen, die auf eine Lösung zielen: Zielvision: Vergegenwärtigung einer erwünschten Zukunft zum Beispiel an Hand der Wunderfrage, hypothetisches Fragen. Die Vergegenwärtigung der Zukunft soll positiv gefasst sein (also nicht: Wenn der X das nicht mehr macht, ginge es mir gut). Die Zukunftsvision sollte so sinnlich konkret wie möglich imaginiert werden, also im wahrsten Sinne des Wortes: sich die Zukunft vor Augen führen. Kriterien für die Zielerreichung: Woran wird erkennbar, wenn das Ziel befriedigend erreicht ist? Woran können Sie das merken? Wer wird es noch merken? Welche Auswirkungen wird das haben? Was wird Ihnen die Lösung nutzen? Gibt es auch Nachteile? So kann zum Beispiel eine Musteränderung eventuell nicht vom gesamten sozialen Kontext begrüßt werden, zum Beispiel könnte ein selbstbewusst gewordener Mitarbeiter mit dieser Eigenschaft nicht bei jedem Vorgesetzten auf Gegenliebe stoßen. Womit stehen Sie sich selber bei der Umsetzung im Wege? Womit behindern Sie sich, bremsen Sie sich selbst? Wer oder was hat einen Vorteil vom Beibehalten des gegenwärtigen Zustandes (Personen, Subsysteme, Rahmenbedingungen)? Wer wird sich dagegen sträuben, wird eine Veränderung in Richtung auf das Ziel behindern? Welche Unterstützung erwarten Sie bei der Umsetzung? Welche Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung? Wer kann Ihnen dabei helfen? Wie sieht der Weg aus? Stellen Sie sich den Verlauf des Umsetzungsprozesses genau vor. Wie sieht der erste Schritt aus? Die Schritte sollten klein, konkret und erreichbar konzipiert werden.
6.3.3 Tiefen: Der Blick ins Innere Die Raumachse des Bewusstseins verbindet das Materiell-Körperliche mit dem Geistig-Spirituellen. Sie lotet die Möglichkeiten des Bewusstseins aus. Bewusstsein ist ein eher schillernder Begriff, der zu seinen Rändern hin, dem Unbewussten und Überbewussten, immer unschärfer wird. Im Alltagsbewusstsein identifiziert sich das Ich mit den sprachaktiven, willkürlichen, scheinbar klaren
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Aspekten des Selbst. Es ist der Bereich der Gefühls-, Denk- und Handlungsgewohnheiten. Häufig empfindet dieses Ich spontane, unwillkürliche Impulse und unkontrollierte Körperreaktionen eher als fremd, als nicht dazugehörig oder gar als feindlich. So bezichtigt das Ich den Körper oft des Verrats, wenn der Mensch krank wird, einen Schwächeanfall erleidet oder einfach nicht die erhoffte Leistung bringt. Beim Tiefen wendet sich das Ich-Bewusstsein den intuitiven, unwillkürlichen, unbewussten, körperlichen Aspekten des Selbst zu, lernt die Erzählweisen des Unbewussten verstehen und sich mit diesen zu verständigen. Es und Ich sind ja genau betrachtet Aspekte eines gemeinsamen Selbst oder, anders ausgedrückt, sind Aspekte eines selbstregulativen Systems. Es sind keine Feinde, sie gehören zu einem Team! Stufen des Tiefens: Ein Coachinggespräch durchläuft verschiedene Tiefungsebenen (Abbildung 15), einmal hat es den Charakter eines rein rationalen Diskurses, dann beflügeln kreative Phantasien und Bilder das Gespräch, dann wieder befällt den Coachee eine tiefe emotionale Betroffenheit, manchmal wird sie sogar von heftigen körperlichen Reaktionen begleitet. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Ebene der Reflexionen
Bereich der rationalen Diskurse
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Ebene der Affekte und Prozesse
Bereich der willkürlichen, bewussten Bilder
Ebene der Involvierung
Grenzbereich zwischen Bewusstem und dem noch nicht Bewussten
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ebene der autonomen Körperreaktionen
Bereich der unwillkürlichen, unbewussten Vorgänge
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Abbildung 15: Die Tiefungsebenen
Man kann vier Tiefungsebenen unterscheiden: 1. die Ebenen der Reflexion und des rationalen Dialogs, 2. die Ebene emotionaler Anteilnahme, 3. die Ebene der emotionalen Involvierung, 4. die Ebene der autonomen Körperreaktionen. Die Tiefungsperspektive umfasst also den gesamten Erlebnisraum. Der Kommunikationsprozess beginnt im rationalen Bereich des Argumentierens, fördert den emotionalen Ausdruck und reicht hinein bis tief in das Psychosoma-
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tische, lässt die Leibarchive mit ihren gespeicherten Lebenserfahrungen mitreden. Dabei kommt zunächst unbewusstes, noch nicht sprachlich gestaltetes Erleben und Erfahrungen zum Vorschein. Wichtig ist, dass das Gespräch auf der rationalen Ebene beginnt und am Schluss der Sitzung auch dort wieder endet. Die vier Tiefungsebenen lassen sich folgendermaßen beschreiben: 1. Ebene der Reflexion und rationalen Dialoge: Das Coachinggespräch verläuft sachlich, inhaltsbezogen, ohne eine stärkere emotionale Beteiligung. Der Coach erklärt im Eingangsgespräch das methodische Vorgehen in den Sitzungen. Der Coachee berichtet zum Beispiel von seinem Anliegen, seinen Schwierigkeiten. Der Coach hört dabei aktiv zu, fragt nach, macht Vorschläge. Der Coachee erarbeitet seine Zielperspektive, Lösungswege. 2. Ebene der emotionalen Anteilnahme, der Vorstellungen und Bilder: In einem Gespräch geht es nie ganz emotionslos zu. Insofern ist der rein rationale Dialog eine idealtypische Beschreibung. In der Regel wird das Gespräch von mehr oder weniger heftigen emotionalen Beimengungen begleitet. Damit steigt auch die Produktion von inneren Bildern und Vorstellungen bei den Dialogpartnern. Im Verlauf des Coachinggesprächs tauchen gefühlsbesetzte Erinnerungen auf, eventuell begleitet von bewegenden Erinnerungsbildern. Das ist oft wünschenswert. Erst so wird die Intensität des Erlebens deutlich. In seinen Interventionen erfragt der Coach zum Beispiel den emotionalen Hintergrund des Erlebens: »Wie geht es Ihnen mit dieser Vorstellung? Wie fühlen Sie sich, wenn Sie von dieser Sitzung berichten?« 3. Ebene der emotionalen Involvierung: Während in der vorhergehenden Ebene es sich um Gefühle als Begleitumstände handelt, übernehmen sie hier die Regie. Die Gefühlskontrolle gelingt zeitweise nicht mehr. Heftige Gefühle brechen durch, dominieren die Aussagen des Coachees. Er ist jetzt richtig wütend, angsterfüllt, verzweifelt, heiter, glücklich. In solchen Momenten kann der Coachee zum Beispiel nicht mehr seine Tränen zurückhalten oder ein Lachen unterdrücken. Interventionen, die auf diese Ebene hin tiefen: »Woher kennen Sie das noch? Versetzen Sie sich noch einmal in die Situation, als . . . (Vergegenwärtigen). Zu welchem Gefühl bekommen Sie jetzt Kontakt?« Der Coach ermutigt den Coachee, aufkommende Gefühle (z. B. Tränen) zuzulassen. Er setzt Identifikations- und Dialogübungen ein (s. Interventionstechniken) oder Körperübungen, die das Leibgedächtnis aktivieren sowie Phantasiereisen in die Problemzonen. Die Arbeit auf dieser Ebene ist angesagt, wenn der Coachee mit seinen Gefühlen nicht klar kommt, zum Beispiel bei starken Kränkungen, Angst, Trauer, Kündigung, Mobbing. 4. Ebene der autonomen Körperreaktionen: Es sind unwillkürliche psychosomatische Reaktionen, auf die das Ich keinen direkten steuernden Einfluss hat. Viele der autonomen Körperreaktionen sind ganz natürliche Begleiterschei-
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6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
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nungen eines Gesprächs, zum Beispiel der Atem geht schneller, der Puls rast, Beine oder Hände zittern, der Coachee errötet oder kommt ins Schwitzen. Für den Coach sind dies wertvolle diagnostische Hinweise. Gewinnt allerdings diese Ebene, also die körperlichen Reaktionsmuster, die Oberhand, ist ein Gespräch nicht mehr möglich. Körpertherapeutische Interventionen sind dann angesagt. Ein Coachingprozess bewegt sich zumeist auf den beiden ersten Ebenen, der Reflexion und emotionalen Anteilnahme. Bei bestimmten Problemkonstellationen erweist sich auch die dritte Ebene als nützlich. Die Ebene der autonomen Körperreaktionen sollte so gut wie nie in den Mittelpunkt treten. Ausnahmen sind an sich normale Körperreaktionen, die bei dem Coachee etwas stärker ausgeprägt sind, zum Beispiel Erröten oder Schwitzen. Wichtig ist, dass sich der Coach nicht von den Tiefungserlebnissen seines Coachees anstecken lässt und zum Beispiel vor Mitleid zergeht, den gerechten Zorn seines Gegenübers teilt, auch ängstlich wird. Auch wenn der Coachee emotional heftiger wird, sollte der Coach seine akzeptierende, wohlwollende Haltung bewahren. Der Coachee kann daran lernen, dass es in Ordnung ist, starke Gefühle zuzulassen, um mit ihnen besser umgehen zu können. Wird die Involvierung eines Coachees zu stark und damit unproduktiv für den Prozess, kann der Coach ihn dadurch bremsen, dass er ihm auf der rationalen Ebene antwortet, zum Beispiel ihm das gerade Erlebte erklärt und ihm bei der Einordnung hilft. Techniken des Tiefens: Das Tiefen ist vielleicht die schwierigste Dimension im Coaching. Tiefen fördert emotionale Prozesse und bringt Material aus dem Vorbewussten und Unbewussten zum Vorschein. Ist das nicht Aufgabe der Psychotherapie? In der Regel bewegt sich der Coachingprozess auf den Tiefungsebenen eins (Reflektieren) und zwei (emotionale Anteilnahme, Betroffenheit) mit gelegentlichen Ausflügen zu Ebene drei (Involvierung). Tiefen ist nicht gleich Tiefen. Der gravierende Unterschied zum Tiefen in der Therapie liegt nicht so sehr in der Wahl der Tiefungsebene selbst, sondern im Umgang mit dem ausgedrückten Material. Häufig sind die auf den Tiefungsebenen zwei und drei zunächst gezeigten Gefühle Abwehraffekte oder Ausdruck eines Bewältigungsmusters, zum Beispiel Aggression, Misstrauen, Rachegefühle, Verachtung, Starre, Überheblichkeit. Sie dienen als Schutzschild für darunter liegende Gefühle, die bei der Bewältigung von Quellszenen entstanden sind. Als Quellszenen bezeichne ich schwierige Szenen aus der Kindheit, die zunächst intensive Gefühlsregungen auslösten, zum Beispiel extreme Hilflosigkeit, Ohnmacht, überwältigende Angstgefühle, tiefe Verzweiflung, Trauer, Einsamkeit, Verlassenheitsgefühle. Dies sind Gefühle, die nur schwer auszuhalten sind. Der Mensch lernt, sich vor ihnen zu schützen, wenn er
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in Erlebniskonstellationen gerät, die diese wieder auslösen könnten (Abwehrstrategien). In der Therapie kann mit Hilfe regressionsfördernder Interventionen (regressives Absenken) die Quellszene vergegenwärtigt, durchgearbeitet und die alten Erlebnisgestalten geschlossen werden. Das ist meist ein längerer Prozess und aktuelle Problem, die unangemessene Behandlung von Mitarbeitern zum Beispiel ist damit noch nicht gelöst! Auch beim Coaching werden die Quellszenen erspürt, aber in der Regel nicht vergegenwärtigt, damit der Coachee sein Verhalten verstehen und begreifen kann. Der Blick geht dann jedoch nach vorne, sucht nach Lösungen, zum Beispiel mit anderen emotionalen Reaktionsweisen. Bildlich gesprochen: Der Therapeut geht mit seinem Patienten in den Keller, der Coachee entdeckt auch seinen Keller, geht aber nicht hinein und stellt lediglich fest, das es da unten zum Beispiel muffig riecht. Er bildet die Hypothese, dass der Geruch die Funktion haben könnte, darauf aufmerksam zu machen, dass Feuchtigkeit eingedrungen ist. Er wird eventuell den Keller belüften, aber keine aufwändigen Dränagen legen. Interventions- und Übungsvorschläge zum Tiefen: – Erinnern: »Können Sie sich noch erinnern, wie das Ganze begonnen hat?« – Vergegenwärtigen: »Stellen Sie sich vor, Sie sind jetzt wieder in diesem Verhandlungsraum. Wie sah er aus? Welche Personen waren anwesend, wo saßen Sie und welche Rollen spielten Sie? Wie war die Gesprächsatmosphäre? Wie erging es Ihnen, welche Gedanken, welche Gefühle kamen Ihnen?« Hier sollte also eine möglichst sinnliche, umfassende Vergegenwärtigung einer Problemzone erzeugt werden. – Phantasieübungen: Zum Beispiel mit dem Fahrstuhl in die Vergangenheit reisen. – Kreative Medien: Sie ermöglichen den Kontakt mit dem vorsprachlichen, unbewussten Erlebnisraum, zum Beispiel eine Situation malen, tonen, tönen, inszenieren, skulpturieren. – Symbolische Interaktionen: Interaktionsmuster reaktivieren, analoge Erfahrungsmuster dazu herstellen (z. B. sich groß, klein machen). – Körperresonanz: Hier geht es um die Herstellung von Körperbewusstheit. Durch spezifische Interventionen sollen Empfindungen und Gefühle im Bewusstsein klarer wahrnehmbar werden. Eine solche Intervention ist zum Beispiel das Verlangsamen (»Machen Sie diese Bewegung noch einmal, jetzt aber ganz langsam.«).
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6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
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6.3.4 Höhen: Sinnen über den Sinn Ich werde mich beim Höhen4 auf die Bewusstseinsdimensionen beschränken, die bereits vielfältig wissenschaftlich untermauert wurden. Die Nähe zu weltanschaulichen, religiösen und spirituellen Ideen lässt sich dabei nicht verbergen. Wieso auch, ich betrachte die geistigen Prozesse als großartige kulturelle Versuche der Bewältigung unserer wesentlichen existentiellen Lebensthemen, wie Krankheit, Tod, Geburt, Liebe, Verlust, das Überleben in einer feindlichen Umwelt. In der griechischen Philosophie, die sich über weite Strecken auch als Lebenskunst versteht (Hadot, 1987), endet die Vervollkommnung des Ichs nicht in einer Frage der Ästhetik oder Effizienz. Dies entspräche eher unserem heutigen Ideal eines erfolgreichen Menschen. Der antike Mensch trachtet danach, über die menschlichen Grenzen hinauszugelangen, ein Bewusstsein zu entwickeln, das in das kosmische Sein übergeht. Fast alle Kulturen haben Vorstellungen entwickelt, wie Menschen am Erleben der universellen Existenz teilhaben können. Unserem Alltagsbewusstsein steht nur ein sehr schmaler Erfahrungs- und Erkenntnisradius zur Verfügung. Vieles bleibt ungeklärt, wird ausgeblendet, weil es mit unseren Denk- und Fühlgewohnheiten nicht übereinstimmt. Seit der großen Aufklärungsleistung von Freud wissen wir, dass es auch unterhalb des Bewusstseins wirksame Selbstanteile und damit korrespondierende körperliche Aspekte gibt, das Vor- und Unbewusste. Aber auch Freud scheute sich vor der Konstruktion eines Überbewusstseins. Sein Schüler C. G. Jung, der sich auf dieses Gebiet wagte, wurde von ihm aus der psychoanalytischen Kirche exkommuniziert. Man redete nicht mehr miteinander! Auch in den meisten Coachingprozessen wird die spirituelle Perspektive Hnicht oder nur ansatzweise einbezogen. Dabei können auch wir die Ressourcen geistiger Prozesse gut gebrauchen, wenn es zum Beispiel um Zielbestimmung, Sinnfindung und Sinngebung geht oder um die Bewältigung existentieller Erschütterungen, Krankheiten, Nahtoderlebnisse, Traumatisierungen, Arbeits-, Beziehungs- und Lebenskrisen, Identitätsbeschädigungen und massive Kränkungen am Arbeitsplatz. Das Warum und Wozu des Lebens und der Schicksalsschläge lässt sich oft nicht rational erklären. Die Frage nach dem Sinn sprengt die Antwortmöglichkeiten des Alltagsbewusstseins. Der Weg zu Antworten führt dann über die unterschiedlichen Stufen des nichtalltäglichen Bewusstseins. Die Arbeit mit diesen Bewusstseinsstufen entspringt auch unserer eigenen Kultur, ist jedoch 4 Der Begriff ist meines Wissens noch nicht in die Literatur eingeführt. Für mich war das Höhen einfach
der Gegenpol zum Tiefen. Gut gefiel mir in diesem Zusammenhang ein Bild, das von griechischen Philosophen für die Perspektive des Höhens verwendet wurde (Epikur, Seneca, Marc Aurel): der Blick von oben, aus dem Himmel, von einem hohen Berg, der allem menschlichen Verhalten eine andere, weitere Bedeutung gibt.
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seit der Epoche der Inquisition zunehmend in den Hintergrund getreten. Diese Stufen möchte ich hier kurz beschreiben und in ihrer Bedeutung für den Coachingprozess erläutern. • Be-Sinnen auf Leben und Lebensweg; • Ritualisieren und Imaginieren, symbolische Interaktion; • Betrachten und Versenken – Achtsamkeit und Meditation; • Transzendieren, Übergänge zwischen den Bewusstseinszuständen schaffen – Trancereisen in andere Bewusstseinszustände; • Aufheben – hinter die Grenzen des individuellen Bewusstseins gelangen. Be-Sinnen: Hier geht es um die existentielle Frage nach den Werten und Zielen, die unser Handeln, unser Leben als sinnvoll erscheinen lassen. Sinn gibt menschlichem Streben eine Richtung und Bedeutung. Sinn reduziert Komplexität und schafft Ordnung im Bewusstsein (Csikszentmihalyi, 1992). Ziele zentrieren die Aufmerksamkeit des Menschen und bündeln seine Energien. Energie geht in die Richtung der Aufmerksamkeit. Die Sinngebung kann unterschiedliche Reichweiten haben, von der verkürzenden Perspektive der Gleichsetzung von Sinn mit Zweckmäßigkeit bis hin zum Sinn des Lebens. Über den Sinn kann man reflektieren, diskutieren, nachlesen. Die Wurzeln der Sinnsuche liegen im Rationalen. Eine Reihe von Philosophen hat neuerdings diese Herausforderung wieder aufgegriffen und unter den Stichworten Lebenskunst (Schmid, 1999) oder Lebenskönnerschaft (Achenbach, 2001) Sinnstrukturen zu bestimmen versucht. Denksysteme können nicht ihre eigenen Grenzen übersteigen. Sie bedürfen der Verankerung in den Sinnen. Die Korrespondenz von Sinn und Wahrnehmung wird auch im Alltagserleben deutlich, wenn man sich in einer niedergeschlagenen Stimmung befindet und feststellt, dass die Farben blasser wirken und die anderen Sinne nicht mehr so intensive Außenwahrnehmungen zu liefern scheinen wie sonst. Auch der Ausdruck eines depressiven Menschen ändert sich, die Stimme wird leiser, die Bewegungen matter. Bei euphorischen Menschen sind die Reaktionen genau umgekehrt. Sinn geht zuallererst durch die Sinne! Ritualisieren und Imaginieren: In der Intensität des Denkens stoßen wir bis an die Grenzen des sprachmächtigen Bewusstseinsraumes vor. Wo die Sprache endet, beginnt der symbolische und rituelle Raum. Sehr viele religiöse Vorstellungen haben hier ihren Platz. Der Übergang zum sprachlosen Bewusstseinsraum findet häufig seinen Ausdruck in Malereien, Plastiken, Musik, Liedern, Gebeten, Gedichten und Geschichten. Neben der kulturellen und religiösen Tradition künstlerischer Gestaltung gibt es auch die individuellen Möglichkeiten, durch kreative Medien seine eigenen Erfahrungen und Verstehensmöglichkeiten auf dem analog-symbolischen Wege zu erweitern. Man kann durch Imagination und symbolische Interaktion (s. Ausführungen über Rituale) den
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6.3 Das Interventionskreuz: Die vier Wege zum Hier und Jetzt
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eigenen Lebensmustern und Entwürfen lauschen. Die symbolische Interaktion ermöglicht Dialoge mit höheren Wesen, zum Beispiel durch Gebete oder einem gemeinsame Ritual (z. B. Gottesdienst). Auch nichtreligiöse Menschen können Rituale entwickeln und damit eine Form finden, in der sie mit dem universellen Bewusstsein in Beziehung treten. Betrachten und Versenken: Auf der nächsten Stufe tritt das Bewusstsein nicht mehr mit etwas anderem in Beziehung, sondern beginnt sich selbst wahrzunehmen. Es konstruiert die Position des inneren Beobachters, der registriert, was im Ich, mit ihm und um ihn herum passiert, was er dabei fühlt und empfindet. Der Mensch nimmt wahr, ohne zu bewerten. Dies Bewusstsein ermöglicht, sich dem Augenblick zu öffnen und ihn genau so wahrzunehmen, wie er ist, unabhängig davon, ob der Wahrnehmungsinhalt, die konkrete Erfahrung angenehm, unangenehm, freudig, schmerzhaft, befriedigend oder unbefriedigend ist. Diese Achtsamkeitshaltung ermöglicht Distanz zu sich selbst. In uns entsteht der innere Zeuge allen Geschehens, der nur beobachtet. Achtsamkeitsübungen und Meditation steigern die Konzentration und Leistungsfähigkeit. Sie leisten gute Dienste bei der Gesundheitsprophylaxe und bei der Rehabilitation von Stresserkrankten (Kabat-Zinn, 1999, 2006). Sie ebnen aber auch den Weg zu spirituellen Erfahrungen. Transzendieren: Eine weitere Stufe5 der Bewusstseinserweiterung ist die Trance. Trance stammt von dem lateinischen Wort »transitus«, also Übergang. In der Trance gleitet der Mensch aus dem gewohnten Bewusstseinszustand in eine nichtalltägliche Bewusstseinswelt. Die gewohnten Raum- und Zeitvorstellungen scheinen nicht mehr zu gelten, vergleichbar dem Geschehen in einem Traum. Es kommt zu messbaren biochemischen, physiologischen und neurologischen Veränderungen. Ausgelöst werden diese Übergänge zum Beispiel durch Rhythmisierungen (z. B. schnelles Trommeln), Tanzen oder Atmen bei gleichzeitiger Konzentrierung des Bewusstseins auf einen Fokus. Jeder kennt tranceartige Zustände, sie treten periodisch und unwillkürlich bei jedem Menschen im Alltag auf (Rossi, 1993), werden nur meist nicht bemerkt. Während einer Trance können Selbstheilungs- und Selbstregulierungskräfte besonders intensiv wirksam werden. Es können Entscheidungen getroffen, Sinn und Ziele gefunden und Wege erkannt werden. Es sind meist sehr authentische Antworten, wenn auch in einer traumähnlichen Symbol5 Die vier Stufen bilden keine logische Rangfolge. Kontemplation, Meditation, Achtsamkeit und Trance-
reisen werden zum Teil auch als alternative Möglichkeiten ergriffen. Personen, die intensiv meditieren, versuchen unter Umständen, auf diesem Wege bis zu den »Übergängen« zu kommen, andere nehmen den Weg der Trancereisen. Welcher der Wege beschritten wird, ist vermutlich abhängig von der Persönlichkeit und dem kulturellen Umfeld. So ist die Meditation bei uns bereits sehr viel länger eingeführt als die Trancetechniken.
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sprache abgefasst. Das Verstehen stellt sich oft erst sehr viel später ein (s. die Übungen »Reise in die Unterwelt« und »Reise in die Oberwelt«). Trancetechniken schlage ich immer dann vor, wenn die Möglichkeiten der anderen Bewusstseinsformen nicht mehr greifen oder erschöpft sind. Auch die Trancereisen eröffnen auf vielfache Weise den Zugang zu spirituellem Erleben. Aufheben: Die letzte Stufe in unserer Bewusstseinsleiter ist der Aufhebung des Bewusstseins gewidmet, der Erfahrung des Verschmelzens, des Aufgehens im Sein. Das individuelle Bewusstsein löst sich wie ein Tropfen Wasser auf im großen Meer. Es handelt sich hier um Formen des mystischen Erlebens. Erreicht wird dies zum Beispiel durch sehr langes, intensives Meditieren. Die meisten Coachs sind nur begrenzt für die Aufgaben des Höhens ausgebildet. Sie können ihre Coachees bei der Sinnsuche auf der reflexiven Ebene begleiten. Manche verfügen auch über eigene Meditations- oder Tranceerfahrung. Hier gilt, wie auch beim Tiefen, dass der Coach seinen Klienten nur so weit begleiten kann, wie er selbst gegangen ist. Ich meine damit nicht, dass er genau die gleichen Meditationspraktiken kennen und anwenden sollte wie sein Coachee, sondern dass er sich in den beschriebenen Bewusstseinsräumen ein wenig auskennt. Darüber hinaus gilt auch hier, dass der Coachee seinen eigenen Weg finden muss. Klienten mit massiven Sinn- und spirituellen Krisen sollten zu entsprechend vorgebildeten Psychotherapeuten gehen.6
6.4
Die Interventionskoordinaten in der Organisation
Auch für die Arbeit mit oder in Organisationen kann das Koordinatenkreuz der Interventionsrichtungen Anwendung finden. Hierzu bedarf es einiger zusätzlicher Begriffe. Nicht nur ein Mensch hat eine Vergangenheit, auch Organisationen haben ihre Geschichte, aus der heraus sie sich erklären, sich legitimieren und ihre Leitbilder formulieren. Natürlich spielen Zukunftserwartungen eine große Rolle Die Zukunftsvisionen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg von Investitionen. Die strukturelle Systemregelung und die materielle Ausstattung (der Organisationskörper) sind produktionsbestimmend. 1. Vergangenheit: Welche Ressourcen aber auch welche Belastungen werden von der Organisation noch mitgeschleppt? Welchen Einfluss haben Traditionen, Gewohnheiten, gewachsene Strukturen? 6 Leider werden meines Erachtens noch allzu oft spirituelle Krisen mit Psychosen verwechselt, auch
und gerade von Fachleuten.
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6.4 Die Interventionskoordinaten in der Organisation
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2. Zukunft: Die Visionen, über zukünftige Produkte, Investitionen, Umstrukturierungen, Märkte, Personalplanung, die ein Unternehmen jetzt entwickelt, stellen die Weichen für die Zukunft. Wie wird in einer Organisation Zukunft erlebt, zum Beispiel Angst vorm Untergang oder hohe Expansionserwartungen? 3. Tiefen: Einblicke in die tatsächlichen Betriebsabläufe und Bilanzen, die lebendigen Strukturen und die informellen Kommunikationskanäle. Auch in Organisationen gibt es vieles, was nicht bewusst ist. Der Bewältigungskeller ist voller unbewusster, aber wirksamer Muster. 4. Höhen: Hier geht es um Unternehmenskultur, Identitäts- und Sinnstiftung, Leitbilder, Unternehmensethik bis hin zu Spiritualität in Organisationen, zum Beispiel Anerkennen übergeordneter Zusammenhänge. Für Unternehmen und Organisationen wird die Spiritualität auf eine Metaebene platziert, weitgehend unsichtbar hinter den betrieblichen Abläufen und wirtschaftlichen Parametern.7 Jedoch könnte gerade die Einbeziehung dieser Perspektive eine letzte Chance bieten, der grassierenden Selbstzerstörung von Organisationen durch die Globalisierung Einhalt zu gebieten (Abbildung 16).8
spirituelle Organisation Leitbild Leitkultur
Vergangenheit
Performance im Hier und Jetzt
Zukunft
Struktur materielle Grundlagen Abbildung 16: Das Interventionskreuz in Organisationen
7 . . . so meint Spiritualität in Unternehmen und Organisationen »Verbundenheit mit etwas, das größer
und bedeutender ist als der Betrieb selbst, ein Transzendieren, in der wir uns mit einem umfassenden geistigen und sozialen Ganzen verbinden. Von dort aus entsteht Sinn« (Ausländer, 2004, S. 210). 8 Zur Einführung: Achenbach (2001), Galuska (Hg.) (2004), Hinze (2001). Hoffmann u. GerkenHeberzettl (1998), Wilber (1984), Wirtz u. Zöbeli (1995).
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6 Interventionswerkstatt
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6.5
Übungen zu den vier Interventionswegen
Zeitperspektive Vergangenheit, Biographie So war das schon immer
Erfahrungsfeld: Lebensdrehbücher Ziel: Selbsterkundung zu eigenen Leitbildern und professionellen Mustern Material: Notizblock Modalität: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Phantasiereisen Zeitbedarf: 60 Minuten
Durchführung: Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Bereiten Sie sich jetzt auf eine kleine Rückschau vor. Wenn Sie mögen, können Sie die Augen schließen. Das erleichtert das Erinnern. Vergegenwärtigen Sie sich Szenen aus Ihrer Kindheit. Lassen Sie alles kommen, was Ihnen einfallen will, frühe Geschichten, Szenen aus Ihrem vergangenem Leben. Welche Erzählungen, Märchen und Mythen waren Ihnen als Kind wichtig? Vielleicht können Sie sich ja noch an das Buch erinnern, das Ihnen als Kind besonders viel bedeutet hat. Und hatten Sie als Kind Träume und Phantasien, zum Beispiel was Sie beruflich werden wollten? Öffnen Sie die Augen und schreiben Sie in Stichworten alle Ihnen bedeutsam erscheinenden Szenen auf: • Erinnerungen zu Ihrer Kindheit, Familie, Freunde oder Freundinnen, Schule. • Hatten Sie Schlüsselerlebnisse? • Was waren Ihre wichtigsten Geschichten, Erzählungen, Bücher, Mythen?« Auswertung: »Wählen Sie nun drei Geschichten, Szenen, Erlebnisse aus dieser Erinnerungsliste aus. Untersuchen Sie diese drei Szenarien jeweils genau, so als wären sie eine Szene aus einem Film. Wie sind sie aufgebaut? Wer spielt mit, hat welche Rolle? Worum geht es dabei, mit welchem Ausgang? Wie ist Ihre Stimmung, Ihre Gefühlslage, wenn Sie sich diese Szenarien vergegenwärtigen? Machen Sie sich kurze Stichworte zu den drei Drehbüchern. Haben die drei Drehbücher Ähnlichkeiten im Aufbau, im Thema, Ablauf? Gibt es so etwas wie ein gemeinsames Motto, eine emotionale Gestimmtheit? Wenden Sie sich der Jetztzeit zu. Überprüfen Sie, ob sich solche Ziele, Motive, Gestaltungselemente auch in beruflichen Szenen wiederfinden. Wenn Sie die Drehbücher überarbeiten dürften, was würden Sie ändern?«
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Zum Einzelcoachen: Hier instruiert und begleitet der Coach seinen Coachee. Zum Gruppencoaching: Der Coach stimmt ein, leitet an. Die Vorstellung plus Feedback kann dann aber in Zweier- oder Dreiergruppen stattfinden.
Zeitenfahrstuhl
Erfahrungsfeld: Biographieverständnis Ziel: mit Hilfe der Metapher Zeitfahrstuhl verschiedene Stationen der eigenen Biographie aufsuchen, um die Botschaften aus der Vergangenheit zu verstehen Material: Papier und Filzstifte Modalität: Einzel- und Gruppenübung Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: »Ein Fahrstuhl transportiert gewöhnlich Menschen von Stockwerk zu Stockwerk eines Gebäudes. Unser Fahrstuhl pendelt zwischen verschiedenen biographischen Stockwerken. Man kann in einer bestimmten Lebensepoche aussteigen, sich umschauen und wieder einsteigen und weiterfahren.« Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Sie schließen die Augen und warten, bis der Aufzug vor Ihrem inneren Auge erscheint. Sie steigen ein und drücken auf den Knopf mit Zeitangaben. Als vorsichtiger Mensch stellen Sie Ihren Fahrstuhl erst einmal auf die Probe und fahren nur einen Tag zurück. Sie steigen aus und schauen sich um. An welchen Orten waren Sie gestern? Mit welchen Menschen hatten Sie zu tun? Welche Szenen haben Sie durchlebt? Gibt es da Ereignisse, Gefühle, Menschen, Ideen, die Ihnen besonders deutlich entgegenkommen? Sie steigen jetzt wieder ein, wohl wissend, das der Zeitenfahrstuhl funktioniert. Sie fahren jetzt fünf Jahre abwärts und steigen in diesem Zeitabschnitt aus. Sie sind jetzt wieder fünf Jahre jünger. An welchem Ort befinden Sie sich, mit welchen Menschen haben Sie Kontakt? Welche Wünsche, Hoffnungen und Ängste haben Sie? Was gelingt Ihnen und was nicht so gut? Wie fühlen Sie sich in dieser Epoche Ihres Lebens? Wieder setzt sich der Fahrstuhl in Bewegung. Und diesmal hält er genau an dem Tag, als Sie Ihre erste Stelle angetreten haben. Sie steigen aus. Was ist das für eine Position? Wo befinden Sie sich? Wie fühlen Sie sich? Was sind Ihre Pläne? Wie geht es Ihnen materiell? Welche Menschen sind Ihnen wichtig? Welche Szenen begegnen Ihnen hier?
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6 Interventionswerkstatt
Das nächste Mal stoppt der Fahrstuhl irgendwann in Ihrer Schulzeit, als Sie 15 oder 16 Jahre alt waren. In welche Schule gehen Sie da? Was sind Ihre Lieblings- und was die meistgehassten Fächer? Welchen Lehrern begegnen Sie? Mit welchen Jungen und Mädchen sind Sie bevorzugt zusammen? Wie sind Ihre Eltern zur Zeit? Sie schauen sich um. Erkennen Sie noch die altvertrauten Wege, die Gebäude, die Art wie bestimmte Menschen Sie anschauen? Gab es da auch schon eine große Liebe oder kleinere Liebeleien? Welche Bücher haben Sie gern gelesen, welche Film-, Musik- oder Sportstars haben Sie verehrt? Und tiefer geht es im Fahrstuhl. Diesmal hält er im siebten Lebensjahr. Es ist die Zeit der Einschulung. Sie steigen aus und befinden sich im Klassenzimmer. Wie riecht es dort? Welche anderen Kinder sitzen neben Ihnen? Was sagen die Lehrer gerade zu Ihnen? Helfen die Eltern, wenn Sie etwas nicht verstehen? Gehen die anderen Kinder, mit denen Sie bisher gespielt haben, auch auf diese Schule oder sehen Sie die jetzt nur noch selten? Haben Sie viel Angst vor anderen Kindern oder kommen Sie mit ihnen klar? Am letzten Knopf des Fahrstuhls steht: Früheste Erinnerungen. Sie steigen aus. Wie alt sind Sie jetzt? Sind Sie drei, vier, fünf Jahre alt? An was erinnern Sie sich? Und nun geht die Fahrt wieder zurück ohne Zwischenhalt in die Gegenwart. Schauen Sie zurück. Was hat Sie berührt, hatte Bedeutung, wirkt jetzt noch? Nun können Sie noch einmal in den Fahrstuhl einsteigen. Diesmal geht es in die Zukunft. Sie haben die Wahl, Sie können in einem zukünftigen Zeitabschnitt in sechs Monaten oder in einem, zwei, drei oder vier Jahren aussteigen. Sie steigen also in der Zukunft aus, zum Zeitpunkt Ihrer Wahl. Was ist jetzt anders? Haben sich Wünsche oder Befürchtungen erfüllt? Welche Menschen umgeben Sie jetzt? Wo stehen Sie beruflich? Wenn Sie genug erfahren haben steigen Sie wieder ein und fahren in die Gegenwart zurück. Sie strecken und räkeln sich, öffnen die Augen und begrüßen das Hier und Jetzt. Schreiben Sie stichwortartig die wichtigsten Begegnungen mit der Vergangenheit und Zukunft auf. Gibt es so etwas wie einen roten Faden, ein durchgängiges Drehbuch in Ihrem Leben? Welche Auswirkungen hatten diese früheren Lebensabschnitte auf Ihr gegenwärtiges Leben?« Der Fahrstuhl kann prinzipiell zu jedem Lebensabschnitt oder zu jedem Ereignis angehalten werden. Bei der Vorbereitung zu dieser Übung sollte sich der Coach fragen, welche Informationen aus welchen Lebensabschnitten der Coachee benötigt, um sich besser zu verstehen.
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Die Stimmen aus der Vergangenheit
Erfahrungsfeld: biographische Einflüsse Ziel: In dieser Übung sollen die Hintergrundstimmen des biographischen inneren Teams einmal laut werden und damit ihren Einfluss deutlich erkennen lassen. Material: Stühle, ersatzweise Holzfiguren, Steine oder dergleichen Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Inszenierung Zeitbedarf: 45–60 Minuten
Durchführung: Kurze Einleitung: Die Erfahrungen mit Menschen, die in unserem Leben einmal eine wichtige Funktion hatten, haben sich tief in uns eingegraben, ob wir wollen oder nicht – Eltern, Verwandte, Geschwister, Lehrer, Freunde, aber auch Kunstfiguren aus Büchern und Medien. Sie kommentieren aus dem Unbewussten und beeinflussen unser Denken und Entscheiden. Es ist eine Art Hintergrundchor, der die Musik des jetzigen Lebens beeinflusst, sie unterstreicht, sie aber auch stören kann. In diesem Sinne sitzen sich im Gesprächsraum nicht nur Coach und Coachee gegenüber, sondern mit ihnen eine ganze Reihe biographischer Vorfahren des Coachees. Instruktion: »Wer in Ihrem Leben hatte oder hat Einfluss auf Sie? Erinnern Sie sich an innere Zwiesprachen mit Menschen, die Sie früher besonders mochten, von denen Sie anerkannt werden wollten oder über die Sie sich geärgert haben? Fragten Sie sich als Kind manchmal, was denn Ihr großer Held (aus Erzählungen, Film, Fernsehen, Musik, Büchern) an Ihrer Stelle jetzt machen würde? All diese Stimmen haben wir noch in uns versammelt, einmal lauter einmal leiser, kaum hörbar. Sie bilden eine Art inneres Team. Stellen Sie jetzt eine Liste all dieser inneren Stimmen auf. Beginnen Sie mit der Familie: Wer ist dort stimmgewaltig, die Mutter, der Großvater, ein Onkel, der ältere Bruder? An welche anderen wichtigen Persönlichkeiten, die Ihre Sozialisation prägten, können Sie sich noch erinnern, zum Beispiel an Lehrer, Freunde, Ausbilder? Zum Schluss fragen Sie sich: Wer von den Menschen in meiner heutigen Lebenswelt hat auch Sitz und Stimme in meinem Kopf? Suchen Sie jetzt aus der Liste die fünf wichtigsten Stimmen heraus. Nehmen Sie sich sechs Stühle. Auf dem ersten werden Sie sitzen. Hinter Ihren Rücken platzieren Sie die fünf Stühle für Ihre fünf Stimmen von Personen aus der Vergangenheit. Stellen Sie uns bitte die fünf Stimmen vor. Warum haben Sie gerade diese ausgewählt?
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6 Interventionswerkstatt
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Suchen Sie sich jetzt für die fünf Stimmen Gruppenmitglieder aus (beim Einzelcoaching können die fünf Stimmen durch Holzfiguren repräsentiert werden).Weisen Sie jeden Mitspieler ein.Was ist seine Funktion? Ist er zum Beispiel ein Ermutiger, Demotivierer, Ratgeber oder Warner? Jetzt setzen Sie sich auf den Stuhl vor die fünf Stimmen. Die Fünf sind Stellvertreter für Ihre fünf Begleiter aus der Kindheit. Vor Ihnen steht noch ein siebter Stuhl. Auf diesen Stuhl können Sie eine Person setzen, mit der Sie noch etwas zu klären haben. Sie wollen zum Beispiel bei Ihrem Vorgesetzten Ihren Wunsch nach Gehaltserhöhung durchsetzen. Suchen Sie auch für diese Person einen Stellvertreter unter Ihren Gruppenmitgliedern aus. Sie beginnen mit Ihrem Gegenüber einen Dialog. Immer, wenn sich einer Ihrer fünf Hintersitzer angesprochen fühlt (entsprechend der Funktion, für den dieser Begleiter steht), dann sagt dieser laut seine Idee. Der Ratgeber spricht zum Beispiel einen Rat aus, der Warner warnt, der Ermutiger ermutigt den Coachee.« Nach fünf Minuten stoppt der Coach und fragt: »Welche Kommentare haben Sie noch in Erinnerung? Möchten Sie den einen oder anderen noch einmal hören?« Danach wird noch eine weitere Dialogrunde durchgespielt. Auswertung: Alle Mitspieler sagen, wie es ihnen ergangen ist. Zum Protagonisten: »Wie ging es Ihnen mit den Stimmen? Welche hat Sie gefördert, welche eher behindert? Haben die Stimmen den Verlauf Ihres Gespräches mitbestimmt und wenn ja, wie? Sie können nun diesen Chor noch einmal umgestalten, zum Beispiel eine störende Stimme weit entfernt setzen, einen Unterstützer näher zu sich rücken. Indem Sie den Chor nach Bedarf formieren, können Sie nützliche Hilfstruppen zur Bewältigung schwieriger Situationen schaffen, ein starkes inneres Team.«
Zeitperspektive Zukunft, Lösungsorientierung Karriereschlüssel
Erfahrungsfeld: Karriereplanung Ziel: Ressourcen und Schwachstellen für die weitere Karriereplanung erkennen und einschätzen Material: Sammlung von Schlüsseln, Papier und Filzstifte Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Material gestalten Zeitbedarf: 45 Minuten
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Durchführung/Instruktion: »Lehnen Sie sich bequem zurück und richten Ihren inneren Blick auf die jüngste Vergangenheit. Wann war das für Ihre Karriere letzte wichtige Ereignis? Schauen Sie es sich noch einmal genau an! Hat es Sie gefördert, beschleunigt, gebremst, zurückgeworfen? Welche Faktoren waren daran beteiligt? Waren es äußere Ereignisse oder innere? Psychodynamische Faktoren? Wandern Sie in Ihrer Phantasie weiter. Gab es für Ihre Karriere wichtige Ereignisse in den letzten ein bis zwei Jahren? Schauen Sie sich diese genau an. Gehen Sie auf diese Weise weiter die Zeitlinie zurück bis zu Ihrer Schulzeit. Entdecken Sie weitere karrierefördernde Ereignisse. Öffnen Sie jetzt wieder die Augen und malen Sie Ihren Karriereverlauf von der Schulzeit bis heute auf. Berücksichtigen Sie dabei die bedeutsamsten Ereignisse für Ihre Laufbahn. Markieren Sie mit Symbolen oder Stichworten die wichtigsten Wendepunkte in Ihrer Karriere. Dann halten Sie einen Moment inne und wenden sich der Zukunft zu. Welche Karriereerwartungen haben Sie für die nächste Zukunft, für die nächsten zwei bis drei Jahre? Verlängern Sie jetzt die Karrierelinie um diese Zeit.« Auswertung: »Suchen Sie sich nun drei oder vier der Stationen aus der Vergangenheit aus, die für Sie besonders markant sind. Fragen Sie sich bei jeder Station: Was war der Schlüsselfaktor bei der Veränderung, der Beförderung, Behinderung, der Zurücksetzung? Wählen Sie jetzt einen Schlüssel aus und sagen Sie, was er eröffnet bzw. bewirkt hat. Zum Beispiel: Der Schlüssel zu meinem guten Abitur waren mein gutes Gedächtnis und meine Mathematikbegabung oder der Schlüssel zu meiner Anstellung als Abteilungsleiter war mein gewandtes Auftreten oder die Verzögerung der Beförderung geht auf Meinungsverschiedenheiten mit der Leitung zurück. Schauen Sie jetzt in die Zukunft. Welche Schlüsselszenen werden Sie dort erwarten? Sind das ganz neue Anforderungen oder können Sie auf alte Schlüssel zurückgreifen? Wie müssten die neuen Schlüssel aussehen? (aus der Sammlung heraussuchen). Was müssten Sie mit diesen Schlüsseln aufschließen, zu welchen Karrieretüren würden Sie passen? Wie könnten Sie sich einen solchen Schlüssel beschaffen, zum Beispiel auf alte zurückgreifen (Ressourcen), neue Schlüssel herstellen (z. B. Fortbildung, Imagepflege)?«
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6 Interventionswerkstatt
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Die Zukunft ausmalen
Erfahrungsfeld: Lebensziele und Zukunftsansichten Ziel: Lebensziele klären Material: große Papierbögen, Ölkreide, Filzer Modus: Einzel-,Gruppen-,Teamübung, Selbstcoaching Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung/Instruktion: »Schließen Sie die Augen und lassen Sie den Alltag so weit wie möglich hinter sich. Sie fühlen sich entspannt und innerlich frei. Stellen Sie sich vor Ihrem inneren Auge vor, Sie wären auf der Feier zu Ihrem siebzigsten Geburtstag. Wie geht es Ihnen? Wie sehen Sie dann aus? Wo wohnen Sie? Wer wohnt um Sie herum? Welche Leute haben Sie eingeladen? Wer ist Ihnen in diesem Alter wichtig? Ein guter Bekannter hält eine Geburtstagsrede. Er geht nochmals die Etappen Ihres Lebens zurück, beginnt mit dem fiktiven siebzigsten Lebensjahr, bis er bei Ihrem tatsächlichen Alter angelangt ist. Er würdigt dabei einige Ereignisse besonders, betont Ihre Erfolge. Ihnen kommen Bilder jetzt zu den zukünftigen Lebensabschnitten. In Ihrer Phantasie wandern Sie Ihren Lebensweg aus der Zukunft zur Gegenwart zurück. Sie entwickeln Vorstellungen, spüren Wünsche, entdecken Gefahren, sehen Lösungen. Und schließlich sind Sie wieder zurück im Jetzt. Malen Sie ein Bild von diesem siebzigsten Geburtstagsfest.« Auswertung: »Wie gefällt Ihnen Ihr Zukunftsbild, wie zufrieden sind Sie damit? Explorieren Sie Ihr Bild! Ist es das, was Sie sich für die Zukunft wünschen, oder eher das, was Sie befürchten? Wie farbig, kurvig, beschwingt, beschwerlich wird der Weg bis zu Ihrem siebzigsten Geburtstag sein? Zeichnen Sie eine Skizze von dem Weg, den Teilzielen, den Möglichkeiten auf Ihrem Weg in die Zukunft. Können Sie sich mit diesem Weg in die Zukunft einverstanden erklären? Wenn nicht, was ist zu tun, damit der Weg in die Zukunft anders verläuft?«
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Tiefen Groß – klein
Erfahrungsfeld: soziale Konstellationen Ziel: Durch analoge körperliche Szenarien sollen Gefühle reaktiviert werden, die aus der Zeit stammen, in denen man noch viel kleiner als die Erwachsenen war. Hier soll es besonders um durchlebte Autoritäts- und Ohnmachtsgefühle gehen. Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: analoge Körpererfahrung Zeitbedarf: 30–45 Minuten
Durchführung: Die Gruppe wird gebeten, sich in zwei Hälften aufzuteilen. Die Mitglieder der einen Hälfte setzen sich auf den Boden, jeweils soweit auseinander, dass man noch zwischen ihnen hindurchgehen kann. Die Großen gehen zwischen den Sitzenden, also Kleinen hindurch, beachten die da unten nicht, reden nur miteinander. Die Sitzenden schauen zunächst nur hoch und lassen das auf sich wirken. Dann versuchen sie, die Oberen auf sich aufmerksam zu machen. Diese lassen sich nicht beeindrucken. Es folgt ein Erfahrungsaustausch über das Erlebte, danach ein Rollentausch Auswertung: Bei dem Positionswechsel soll besonders auf die Veränderungen im Selbstgefühl geachtet werden. »Wie fühlten Sie sich da unten oder da oben?« Wie unterscheiden sich die Handlungsmöglichkeiten zwischen den beiden Ebenen? »Kennen Sie Situationen und soziale Konstellationen in Ihrem Leben, in denen Sie sich wie die da oben oder unten fühlen? Was sind das für Konstellationen? Möchten Sie etwas daran ändern?«
Aufstiegsschwierigkeiten
Erfahrungsfeld: Unterdrückung Ziel: Wahrnehmen der Gefühlsresonanz, wenn eine Person daran gehindert wird, hochzukommen, Erkennen von Bewältigungsmustern Modus: Paar-, Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: analoge Körpererfahrung
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6 Interventionswerkstatt
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Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Die Gruppe bildet Paare. Gruppenmitglied A sitzt auf dem Boden oder auf einem Stuhl, Gruppenmitglied B steht hinter ihm. Er bekommt die Aufgabe, A physisch daran zu hindern, aufzustehen. Auswertung: Was unternimmt A, um hochzukommen, und B, um ihn unten zu halten? Welche Gefühle tauchen bei ihrem jeweiligen Bemühen auf? Stoßen sie in ihrem Alltagsleben auf ähnliche Gefühle und Handlungsmuster, auf Szenen in denen sie unterdrückt werden oder selbst andere klein halten?
Reise in die Unterwelt (Quelle: Harner, 1994)
Erfahrungsfeld: Kontakt mit dem Unbewussten Ziel: Reise in nichtalltägliche Bewusstseinsschichten, um Antworten auf Lebensfragen, Heilung, Entscheidungshilfen, Lösungswege oder spirituelle Unterstützung zu finden Modus: Einzel- und Gruppenübung Material: Trommeln oder Rasseln (210 Schläge pro Minute) oder eine entsprechende Kassette Typ: Trancereise Zeitbedarf: 60–90 Minuten
Diese Übung sollte nur von Coachs durchgeführt werden, die bereits eigene Erfahrungen mit Trancereisen gesammelt haben. Durchführung: Erläuterung: Die Reise in die Unterwelt ist eine Reise ins Unbewusste, also in Bereiche des Selbst9 , die sonst nicht zugänglich sind. Der Reisende hat in der Regel eine Frage oder Bitte, auf die er sich eine Reaktion erhofft: Es kann sich um die Bitte handeln, zum Beispiel einen Lösungsweg zu sehen, Hinweise zu bekommen, um eine Entscheidung treffen oder um Alltagsprobleme und Konflikte zu lösen zu können, Antworten auf Sinn- und spirituelle Fragen zu erhalten, Impulse zur heilenden Selbstregulation zu empfangen. Die Technik entstammt dem »Core-Schamanismus«(begründet von Harner, 1994).
9 Die Reise ins Innere des Selbst kann so auch spirituelle Dimensionen einnehmen.
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
185
Instruktion: »Überlegen Sie sich eine Frage, mit der Sie in die Unterwelt reisen möchten, oder ein Problem, über das Sie sich Aufklärung wünschen. Formulieren Sie Ihre Frage so, dass sie konkret und möglichst auf die Lösung gerichtet ist, also keine Warum- oder Wegwünsch-Fragen, zum Beispiel nicht: Warum habe ich Kopfschmerzen oder wie bekomme ich meine Kopfschmerzen weg, sondern: Was muss ich tun, damit ich einen freien Kopf bekomme? Das Fahrzeug, auf dem Sie in die Unterwelt gelangen, ist der Trommelschlag. Ich werde sehr schnell und monoton trommeln, circa 210 Schläge pro Minute. Dies ist eine seit Jahrtausenden erprobte Technik, sich auf seine Innenwelt zu konzentrieren. Ich werde zunächst drei bis vier Minuten trommeln, damit Sie sich etwas daran gewöhnen können. Schließen Sie die Augen und erleben Sie Ihre innere Resonanz auf das Trommeln.« Es folgt ein kurzes Erfahrungsgespräch dazu. Nach dieser Einführung geht es weiter: »Machen Sie es sich jetzt so bequem wie möglich auf dem Boden, räkeln Sie sich zurecht und überlassen Sie sich Ihrem Atmen. Ich werde jetzt den Raum abdunkeln (nicht ganz dunkel). Erinnern Sie sich noch an Ihren inneren Reiseauftrag? Nehmen Sie sich bitte vor, dass Sie alles, was Ihnen auf der Reise begegnen wird, alles, was Sie sehen, hören, fühlen werden, nicht zu zensieren. Schließen Sie wieder die Augen. Stellen Sie sich eine Öffnung in der Erde vor, die Sie schon einmal gesehen haben, von der Sie ein Erinnerungsbild herstellen können. Jede Art von Eingang in die Erde ist möglich, eine Höhle, ein hohler Baumstumpf, ein Loch in der Erde, eine Quelle. Wenn Ihnen keine passende Erinnerung kommt, so können Sie sich auch einen Erdeingang in Ihrer Phantasie ausmalen. Nähern Sie sich nun Ihrer Erdöffnung. Wenn Sie den Eingang betreten, werden Sie auf eine Wesenheit stoßen, die Ihnen als Reiseführer dienen wird. Dies kann ein Mensch, eine Stimme, ein Schatten, ein Licht sein. Meist ist es jedoch ein Tier. Fragen Sie diese Wesenheit, ob sie Ihr Reisebegleiter ist. Sie wird Sie unterstützen und schützen während der ganzen Reise.10 Teilen Sie Ihrem Reisebegleiter jetzt Ihre Frage mit und machen sich reisebereit. Gleich wird das Trommeln einsetzen. Nehmen Sie es als akustisches Fahrzeug mit auf die Reise nach innen. Nach 15 (max. 20) Minuten wird sich der Trommelrhythmus ändern. Sie werden vier harte, aber langsamere Schläge hören. Das ist das Zeichen zur Rückkehr. Wenn gleich das Trommeln beginnt, werden Sie durch die Erdöffnung gehen. In der Regel werden Sie eine Art Tunnel betreten. Die Bilder mögen erst ein wenig undeutlich sein. Stören Sie sich nicht daran. Der Tunnel führt nach unten, manchmal sogar recht steil. 10 Vgl. hierzu die Übung »Reise in die Oberwelt«. Es ist bei dieser Übung natürlich von Vorteil, wenn man seinen Reisebegleiter, sein Krafttier (schamanisch) bzw. seinen Schutzengel (christlich) bereits kennt.
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6 Interventionswerkstatt
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Tauchen Widerstände auf, so umgehen Sie diese oder kehren zurück und versuchen es noch einmal oder bitten Ihren Reisebegleiter um Hilfe. Versuchen Sie auf keinen Fall, Widerstände mit Gewalt zu überwinden. Am Ende des Tunnels gelangen Sie meist in eine weite Landschaft. Es kann aber auch ein Gebäude, ein Zimmer, eine Stadt sein. Sie werden auf symbolische Szenarien und Handlungen treffen, die Ihnen vielleicht etwas sagen wollen. Was immer auf Sie zukommt, versuchen Sie es zu akzeptieren, es keinesfalls zu werten. Sie werden es nicht immer gleich verstehen. Wenn Ihr Reiseführer Ihnen Instruktionen gibt, dann befolgen Sie diese. Sie können ihn aber auch um Hilfe bitten oder um einen Rat, zum Beispiel wie Sie weiterkommen können. Wenn Sie das Zeichen zur Rückkehr hören, dann machen Sie sich auf den Weg. Meist wird der Führer Sie auch zurückbegleiten. Gehen Sie den gleichen Weg zurück, den Sie gekommen sind, und benutzen Sie den Tunnel zum Ausstieg. Verabschieden Sie sich an der Öffnung von Ihrem Reiseführer und bedanken sich für seine Begleitung. Kommen Sie innerlich in das Hier und Jetzt zurück, räkeln Sie sich und öffnen langsam die Augen. – Jetzt setzt für circa fünfzehn Minuten der Trommelschlag ein.« Auswertung: »Ähnlich wie bei Träumen besteht auch bei diesen Erlebnissen die Gefahr, dass die Erinnerungen schnell verblassen und Sie Ihre Reiseerlebnisse vergessen. Schreiben Sie deshalb Ihre Reise in Stichworten auf. Stellen Sie sich keine Warum-Fragen und versuchen Sie nicht, das Erlebte zu analysieren. Berichten Sie es anderen, den Gruppenmitgliedern, dem Coach. Viele Bedeutungen werden Sie bereits beim Berichten erkennen. Manchmal erschließt sich die Bedeutung des Erlebten und damit die Beantwortung Ihrer Frage erst nach Tagen oder Wochen.« Weitere Übungen So war das schon immer: Lebensdrehbücher ( dieses Kapitel, Vergangenheit) Die Stimmen aus der Vergangenheit: biographische Einflüsse ( dieses Kapitel, Vergangenheit) Zeitenfahrstuhl: Biographieverständnis ( dieses Kapitel, Vergangenheit) Panoramatechnik: Lebensüberblick ( Kapitel 3) Körperskizze: Körperhaltung ( Kapitel 3) Beziehungshomöostase: Paarbalance ( Kapitel 4) Drinnen – draußen: Systemgrenzen ( Kapitel 4) Museumsbesuch: Identitätsbild ( Kapitel 5) Körperhaltung und Trance: intuitives Lösen ( Kapitel 7) Gong-Erfahrung: Leibarchive aktivieren ( Kapitel 7)
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Team-/Familienatmosphäre: Atmosphären ( Kapitel 8) Auf unsicherem Boden: Halt verlieren ( Kapitel 9) Auf einem Bein stehen: labiles Gleichgewicht ( Kapitel 9) Einen schmalen Weg gehen: Balancieren ( Kapitel 9) Höhen Höhungsstufe 2 Kontemplatives Beten (Quelle: Jäger, 1985)
Erfahrungsfeld: innere Ruhe Ziel: zur inneren Ruhe kommen, Kontakt zu übergeordneten Mächten gewinnen Material: keines Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: Ritual Meditation Zeitaufwand: 10 Minuten
Durchführung: Die Kontemplation geht nicht über den Atem, wie zum Beispiel die Achtsamkeitsübung (s. dort) sondern über die Imagination und Hinlenkung der inneren Energie (Hingabe, Liebe) auf eine spirituelle Wesenheit. Sie folgt sieben Schritten: 1. »Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie nicht gestört werden.« 2. »Schließen Sie die Augen und entspannen sich (s. Entspannungsformeln).« 3. »Tönen Sie innerlich das Wort Jesu oder einen anderen Ihnen heiligen Namen.« 4. »Laden Sie das Wort auf mit Ihrer Hingabe und Liebe.« 5. »Kehren Sie immer wieder zu diesem Wort zurück, wenn Sie abgelenkt werden.« 6. »Halten Sie diese Gebetsübung (mindestens) einmal am Tage durch.« 7. »Gestatten Sie sich, diese Gebetsübung auch manchmal mitten im geschäftigen Alltag durchzuführen.«
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6 Interventionswerkstatt
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Höhungsstufe 2 Stoßgebet11
Erfahrungsfeld: Kraft tanken Ziel: Sich die notwendige Energie, den notwendigen Mut, die notwendige Einsicht für die Bewältigung einer schwierigen Situation, einer längst fälligen Veränderung, durch die Anrufung externer Mächte erbitten. Hierzu ist nicht der Glaube an (einen) Gott oder eine bestimmte spirituelle Wesenheit notwendig. Material: keines Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Medium: Ritual Zeitaufwand: 20 Minuten
Instruktion: »Wenn Sie an eine höhere Macht denken, was für Bilder, Erzählungen, Gedanken kommen Ihnen? Ist darunter eine, der Sie vertrauen, die Sie ansprechen können? Wenn nicht, so lade ich Sie zu einer kleinen Vision ein. Stellen Sie sich einen nächtlichen Sternenhimmel vor, die unendliche Weite mit all den leuchtenden Sternen. All dies hat einen kosmischen Urgrund, ist geworden und in diesem Sein aufgehoben. Sie können sich in diesem Urgrund aufgehoben fühlen. Egal was mit Ihrem Vorhaben geschehen wird, Sie bleiben in seiner Geborgenheit. Sie können sich nun mit Ihrer Bitte um Hilfe an diesen Urgrund bzw. diese Schöpfungsmacht wenden. Vergeuden Sie keine Zeit mit ausführlichen Problemschilderungen und Problemjammern, sondern bitten Sie direkt um das, was Sie an Unterstützung brauchen, also um Mut, Energie, Können, Einsicht usw. Öffnen Sie sich dieser Macht für einen Augenblick. Spüren Sie die Verbundenheit und die heilsame Wirkung. Bedanken Sie sich bei der höheren Macht, dem kosmischen Urgrund und wenden sich Sie Ihrer Aufgabe zu.«
11 Dies ist keine Übung für im Beten erfahrene Christen oder Gläubige anderer Religionen, denn dies hieße Eulen nach Athen tragen.
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Höhungsstufe 3 Dem Atem folgen (Quelle: Kabat-Zinn, 2006)
Erfahrungsbereich: Achtsamkeit Ziel: Lernen, in gelassener Distanz psychische und körperliche Vorgänge zu beobachten und dabei innerer Ruhe und Freiheit gewinnen (Achtsamkeitsmeditation). Mit zunehmender Übung wird die Fähigkeit gestärkt, starke Schmerzen, Gefühle und Impulse zuzulassen, ohne dass sie das Bewusstsein überschwemmen. Modus: Einzel- und Gruppenübung Material: keines Medium: Meditation Zeitbedarf: 10–30 Minuten
Instruktion: »Gehen Sie in eine angenehme aufrechte Sitzhaltung. Sie können auf dem Boden sitzen (eventuell mit Meditationskissen) oder auf einem Stuhl. Wichtig ist dabei die Aufrichtigkeit, also das aufrechte Sitzen aber auch der aufrechte Wunsch, die Anstrengung auf sich zu nehmen. Lenken Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf den Atemvorgang. Erleben Sie das Ein- und Ausatmen. Lassen Sie das Atmen geschehen. Hilfreich ist es, sich zunächst dabei auf die Bewegungen im Bauch- und Brustbereich zu konzentrieren. Beim tiefen Einatmen hebt sich zuerst der Bauch-, dann der mittlere und obere Brustbereich. Beim tiefen Ausatmen senkt sich dann wieder zuerst der Bauchbereich. Sie atmen ganz ohne Anstrengung ein und wieder aus, ein und aus. Während Sie atmen, kann es geschehen, dass Ihre Aufmerksamkeit abschweift, Sie sich Gedanken und Gefühlen, aber auch körperlichen Empfindungen zuwendet. Registrieren Sie das Erleben, lassen Sie es ohne Bewertung geschehen und wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Atemvorgang. Vielleicht schmerzt mit der Zeit Ihr Körper stärker. Registrieren Sie auch dies, lassen den Schmerz zu und fahren fort mit dem bewussten Atmen. Es kann auch geschehen, dass Sie der starke Wunsch überkommt, aufzuhören. Betrachten Sie auch diesen Wunsch und atmen weiter. Beginnen Sie die Achtsamkeitsmeditation mit circa zehn Minuten und erweitern Sie sie allmählich bis auf eine halbe Stunde.«
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6 Interventionswerkstatt
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Höhungsstufe 3 Reise zum höheren Selbst12 (Quelle: Harner, 1994)
Erfahrungsfeld: nichtalltägliches Bewusstsein Ziel: Kontakt mit dem höheren Selbst Material: Rasseln Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Phantasiereise/Imagination Zeitbedarf: 45–60 Minuten
Instruktion: »Ich möchte Sie zu einer Reise einladen, die Sie in den Bereich des höheren Selbst, also jener Urkraft bringen wird, der alles Leben entspringt. Die Reise werde ich mit meiner Rassel begleiten. Der Rhythmus der Rassel wird dabei Ihr Fahrzeug sein, auf dem Sie in diese andere Welt hinübergleiten. Zunächst aber legen oder setzen Sie sich bequem hin und schließen die Augen. Sie spüren den Boden, der Sie trägt und fühlen sich ganz sicher und geborgen. Sie spüren Ihr Ein- und Ausatmen. Ab und zu, wenn Ihnen danach ist, lassen Sie mit dem Ausatmen einen kleinen Seufzer entweichen. Und nun lade ich Sie dazu ein, sich Ihren sicheren Ort vorzustellen. Jener wunderbare Ort, an dem Sie ganz entspannt sein können (s. die Übung ›Ein sicherer Ort‹). Hier können Sie Kraft sammeln und sich in aller Ruhe auf Ihre Reise vorbereiten. Bevor Sie jedoch losreisen, legen Sie alles ab, was Sie beschwert, all Ihre weltanschaulichen Glaubenssätze, Ihren ganzen Wissensvorrat und Ihre Alltagsgedanken. Suchen Sie einen Platz, an dem Sie sicher lagern können, bis Sie von der Reise zurückkommen. Das Reiseziel ist für Sie kein Neuland. Jede Nacht, wenn Sie tief und fest schlafen, entweicht Ihr Selbst oder, wie manche Leute auch sagen, Ihre Seele durch ein Tor im Körper und verbindet sich mit dem universellen Selbst, um am Morgen vor dem Aufwachen wieder zurückzukehren. Der Unterschied zum Schlaf ist, dass Sie diesmal Ihr Reiseziel erkennen und erleben können. Spüren Sie jetzt Ihre Sehnsucht nach der Verbundenheit mit dem universellen Selbst, nach dem Urgrund der Schöpfung, aus dem alles Leben entspringt, und lassen Sie sich von Ihrer Intuition leiten. Die Rassel wird Sie dabei begleiten. Dann tauchen Sie ein in ein strahlendes Licht, in das Gefühl überwältigender Liebe und Kraft. Sie erleben eine nie gekannte Geborgenheit. Sie verharren im Zustand der Aufnahme, in diesem hell strahlenden Licht. Sie spüren die wohltuende, heilende Wirkung und die große Geborgenheit. Nehmen Sie sich Zeit, das Licht und die universelle Liebe in sich aufzunehmen. 12 Es empfiehlt sich, dass vor dieser Reise die Übung »Ein sicherer Ort« gemacht wird.
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6.5 Übungen zu den vier Interventionswegen
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Wenn Sie ganz angefüllt sind mit dieser wunderbaren Kraft, dann wird es Zeit, sich auf den Rückweg zu begeben, zurück zu dem sicheren Ort, von dem aus Sie Ihre Reise begonnen haben. Hier finden Sie auch wieder Ihr abgelegtes Gepäck, Ihre Alltagsgedanken, Glaubenssätze und Ihren Wissensvorrat. Sie erleben, wie sich die universellen Kräfte der Liebe, Geborgenheit und Heilung mit Ihrem Alltagswissen verbinden. Das Selbst fühlt sich vom universellen Urgrund getragen und für den Alltag gestärkt. Sie lassen sich Zeit, das Erleben nachklingen zu lassen. Und nun kehren Sie endgültig von Ihrer Reise zurück in das Hier und Jetzt dieses Raumes, öffnen die Augen. Schreiben Sie Ihre Erlebnisse in Stichworten auf.«
Tiefen und Höhen vereint Schutzhülle
Erfahrungsfeld: Schutz Ziel: Aufbau einer Schutzhülle aus Energie Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Ritual, Imagination, Körpererfahrung Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich bitte hin, die Beine etwa schulterbreit auseinander, die Knie sind nicht durchgedrückt. Richten Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf die Füße. Stellen Sie sich vor, es wachsen Wurzeln aus Ihren Füßen tief in den Boden. Sie spüren ganz deutlich: Ich bin fest geerdet. Sie sagen sich: Ich öffne mich für die Kraft der Erde. Die Kraft der Erde geht durch mich hindurch. Und dann strecken Sie Ihre Arme soweit in die Höhe, wie es geht, ohne den geerdeten Stand zu verlieren. Sie strecken sich gut geerdet in die Höhe und sagen sich: Ich öffne mich für die Kraft des Kosmos. Die Kraft des Kosmos strömt in mich ein, strömt durch mich in die Erde. Unterstreichen Sie dieses Gefühl durch Ihren fließenden Atem. Sie spüren in sich die Kraft des Kosmos und die Kraft der Erde. Und etwas von dieser Kraft umgibt Sie wie eine Schutzhülle, hüllt Sie ein wie eine Eierschale aus Energie. Stellen Sie sich vor, Sie sind umgeben von einer schützenden Energieschale. Geschützt und voller Kraft können Sie jetzt Ihren Herausforderungen begegnen.«
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6 Interventionswerkstatt
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Höhungsstufe 4 Reise in die Oberwelt13
Erfahrungsfeld: nichtalltägliches Bewusstsein Ziel: Besuch der nichtalltäglichen Wirklichkeit (geistige Oberwelt), um einen geistigen Begleiter zu suchen oder Antworten auf spirituelle Fragen zu finden Material: Trommel, Rassel oder Trommel-CD (210 Schläge pro Min.), Notizblöcke Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Trancereise Zeitaufwand: 60 Minuten Vorübungen können der »Innerer Begleiter« und »Ein sicherer Ort« sein.
Durchführung: Die Reise in die »Oberwelt«14 findet im Trancezustand statt, also einem Zustand absichtlicher Loslösung aus der Alltagsrealität. Dies ermöglicht den Zugang zu einem sonst versperrten Reservoir an tiefen inneren Bildern und Einsichten. In der oberen Welt kann der Reisende auf seine geistigen Lehrer bzw. Helfer treffen. Diese erscheinen meist in Gestalt archetypischer Figuren, zum Beispiel als Weiser, Heiler, Zauberer, Engel, Heilige. Bei der Reise verlässt der Coachee die Realität durch eine Schicht von Wolken und erreicht die darüber liegende Oberwelt. Als Aufstiegsmedium kann ein Baum (Weltenbaum), Regenbogen, eine Ranke, ein Sonnenstrahl, aufsteigender Rauch oder eine Himmelsleiter dienen. Instruktion: »Werden Sie sich klar über die Absicht und den Zweck der Reise. Legen Sie sich auf den Boden, bedecken die Augen mit einem Tuch und spüren Sie die Sicherheit des festen Untergrundes, auf dem Sie liegen. Sie sehen jetzt vor Ihren inneren Augen einen sicheren Ort, an dem Sie Ihren Aufstieg beginnen wollen. Wählen Sie eine Aufstiegsmöglichkeit, zum Beispiel eine Ranke, einen Baum, einen Sonnenstrahl. 13 Diese Übung kann beim Coachee tiefe Erfahrungen hervorrufen. Es wird dringend empfohlen, dass nur Coachs diese Übung anwenden, die bereits eigene Erfahrungen mit schamanischen Reisen gemacht haben. Zur Einführung in den Core-Schamanismus siehe Harner (1994) und Uccucic (1993). 14 Die schamanische Kosmologie unterscheidet eine Oberwelt, Mittelwelt und Unterwelt. Wie ein Pilger kann der Reisende die verschiedenen Bewusstseinswelten durchwandern und dabei offenbaren sich ihm die verschiedenen Seiten seiner Seele. Statt der mythologischen Metaerzählungen indigener Kulturen verwenden wir meist Begrifflichkeiten aus unserer wissenschaftlichen Metaerzählung wie Unbewusstes, Überbewusstsein. Die Hirnvorgänge während solcher Reisen lassen sich neurophysiologisch nachweisen, aber nicht erklären (Picard, 2006).
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6.6 Exkurs: Arbeit mit Polaritäten
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Beginnen Sie jetzt den Aufstieg. Gehen Sie durch die Öffnung im Himmeldach in die Oberwelt. Rufen Sie nach Ihrem spirituellen Helfer oder Lehrer. Wenn eine Figur nicht deutlich wird, zum Beispiel nur als Nebel, Geruch, Anwesenheitsgefühl auftritt, können Sie sie fragen: Bist du mein spiritueller Helfer, geistiger Lehrer? Diesen können Sie dann um Antwort auf die Frage, wegen der Sie in die Oberwelt gereist sind, bitten. Seine Antwort wird allerdings oft in verschlüsselter Form erfolgen, ähnlich wie im Traum. Wenn sich der Trommelrhythmus ändert (Rückholrhythmus) oder Sie den Zweck Ihrer Reise erfüllt haben, begeben Sie sich wieder zur Himmelsöffnung. Steigen Sie auf dem gleichen Weg wieder zurück auf die Erde. Sehen Sie sich wieder auf dem Platz in der Natur um. Lassen Sie jetzt langsam die Szene verblassen und werden Sie sich wieder Ihrer materiellen Umgebung bewusst. Die Trommel (oder Rassel) setzt nun ein (ca. 15 Minuten).« Nachdem die Trommel wieder schweigt: »Lassen Sie die Reise noch einen Moment nachklingen. Schreiben Sie sich dann die wichtigsten Erfahrungen während der Reise in Stichworten auf einen bereitliegenden Block.«
Weitere Übungen Höhungsstufe 2 Autogenes Training: Ritualisieren mit Übergang zu Stufe 3 ( Kapitel 7) Bergwanderung: Ritualisieren ( Kapitel 9) Visualisieren des inneren Ratgebers: Ritualisieren ( Kapitel 10) Höhungsstufe 3 Gong-Erfahrung: Betrachten und Versenken ( Kapitel 7) Höhenstufe 4 Körperhaltung und Trance: Transzendieren ( Kapitel 7)
6.6
Exkurs: Arbeit mit Polaritäten
6.6.1 Die Polaritäten als Gestaltungsprinzip Ein grundlegendes Gestaltungsprinzip des Lebens, das die Differenz, den Unterschied und damit die Formen der Phänomene strukturiert, ist die Polarität. Die Polarität ist ein archaisches Gestaltungsprinzip, das in vielen Weltanschauungen und Philosophien rund um die Welt auftaucht (z. B. Yin und Yang in der chinesischen Philosophie). Polaritäten sind Gegensätze. Sie bedingen
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6 Interventionswerkstatt
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sich gegenseitig. Der eine Pol kann ohne den anderen nicht gedacht werden, zum Beispiel schnell – langsam, stark – schwach, groß – klein. Es lassen sich vier verschiedene Polaritätsarten unterscheiden: 1. Die Polaritäten in mir: Die Gegensätze liegen in der eigenen Person, zum Beispiel bestehen zwei gegensätzliche Eigenschaften gleichzeitig in einer Person, jähzornig und sanft, verschwenderisch und geizig. 2. Die Polaritäten zwischen uns, also in Beziehungssystemen, zum Beispiel Mann – Frau, Antreiber – Bremser, aber auch zwischen verschiedenen Beziehungssystemen, zum Beispiel innovatives und konservatives Team. 3. Die Polaritäten zwischen anderen: Dies setzt einen externen Beobachter voraus, der die Polarität, in die er nicht involviert ist, anschaut, zum Beispiel: Ich betrachte die Sonne und den Mond. 4. Scheinpolaritäten: Hierbei wird ein Pol ausgeblendet, nur das Gegenteil scheint zu existieren. Dies passiert, wenn eine Polseite nicht mit dem Selbstkonzept übereinstimmt. Häufig wird dann diese Seite auf andere Menschen projiziert: Ich bin gut und du bist böse, ich bin friedlich, du bist aggressiv. Für die Strukturierung unseres Erlebnisfeldes sind die Polaritäten unter zwei Gesichtspunkten interessant: 1. Pole sind gegensätzliche Kräfte. Zwischen ihnen besteht ein Energiefeld. Die Energie kann positive oder destruktive Auswirkungen haben, je nachdem, wie die Polarität ausbalanciert ist. Beispiel: Ein Mensch erlebt sich als besonders friedlich und projiziert seine feindseligen Impulse nach außen. Er kann dann seine Energie nicht mehr aktiv gestaltend erleben, sondern nur noch passiv, als Abwehr feindseliger Umwelten. 2. Polaritäten wollen ausgelebt werden. Menschen nutzen nur selten die volle Spannbreite einer Polarität. Sie neigen eher dazu, die eine oder andere Seite gewohnheitsmäßig zu bevorzugen. Dadurch reduziert sich aber der Erlebnis- und Handlungsradius eines Menschen. Er ist dann vorwiegend depressiv, forciert aktiv, übertrieben lustig. Idealerweise sind wir in der Lage Polaritäten in einer gewissen Spanne zu variieren: Wenn Anlass zur Traurigkeit ist, sind wir traurig, wenn Gelegenheit zur Fröhlichkeit ist, sind wir fröhlich. Manchmal sind wir nur ein bisschen fröhlich, leicht melancholisch. Man kann sich eine Polarität wie eine Skala vorstellen, auf der wir mit unseren Gefühlen oder Handlungen hin- und herpendeln, je nachdem, was der innere oder äußere Kontext in uns anspricht: wach
5
4
3
2
1
0
1
2
3
4
5
müde
Beispiel: Ein Mensch, der immer etwas schläfrig ist, nutzt nicht mehr die volle Skala für sein Erleben aus, die Wachheitsseite bleibt zum Teil ungenutzt.
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6.6 Exkurs: Arbeit mit Polaritäten
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Polaritäten werden in Abhängigkeit von Kontexten aktiviert. Je nach der Beschaffenheit eines Systems, einer Dyade, eines Teams, eines Vorgesetzten werden bestimmte Polaritäten angesprochen und bekommen damit energetische Ladung. Eine Polarität kommt selten allein. Jeder Mensch hat eine Vielzahl von Polaritäten, die meisten sind uns existenziell vorgegeben, werden aber individuell genutzt (Abbildung 17).
stark klug hart
schnell
langsam
weich dumm schwach Abbildung 17: Polaritätenstern (nach Zinker, 1982)
Natürlich gibt es noch eine große Menge weiterer Polaritäten. Im Polaritätenkreis sollten nur die berücksichtigt werden, die akuell für eine Person handlungsrelevant sind (damit der Kreis überschaubar bleibt).
6.6.2 Zur Arbeit mit Polaritäten im Coachingprozess Polaritäten strukturieren durch ihre Kräftedynamik unser situatives Erleben und Handeln. Im situativen Spannungsfeld bestimmen Bewältigungsmuster den Umgang mit der Polaritätendynamik. Häufig verkörpern Menschen ihre Polaritätenkonstellationen, sie zeigen zum Beispiel eine depressive, energiegeladene, hochmütige, sanfte, fröhliche oder hysterische Haltung. In welchen situativen Spannungsfeldern bekommt eine solches Polaritätenmuster Ladung, springt an und beginnt Erleben und Handeln zu strukturieren? Hier ist die Selbstbeobachtung des Coachee gefragt. Die Polaritäten koexistieren nicht unabhängig voneinander. Sie wirken zusammen. Dies kann zum Beispiel am Polaritätenstern erkannt werden (s. Übungen »Polaritätenstern« und »Polaritätenhaushalt«).
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6 Interventionswerkstatt
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Polaritätenmanagement: Wie geht der Coachee mit seinen Polaritäten um? Sind die Pole klar definiert oder verschwommen? Nutzt er die ganze Spannbreite einer Polarität aus oder begnügt er sich mit einem kleinen Teil der Skala? Welche Einstellung hat er zu seinen Polaritäten? Bei genauer Betrachtung lassen sich vier Formen erkennen, wie Menschen mit ihren Polaritäten umgehen: 1. Entweder-oder: Ein Mensch ist zum Beispiel entweder gut oder böse, stark oder schwach. Diese Handhabung führt letztlich zu einer Reduzierung und Starre. 2. Sowohl als auch: Jeder Mensch hat zum Beispiel weibliche und männliche Anteile, ist manchmal stark und manchmal schwach. Hier ist die interessante Frage, wann ist er was, zum Beispiel wann fühlt sich ein Mensch stärker und wann schwächer? Wenn das nicht geklärt wird, führt diese Einstellung zur Ungenauigkeit. 3. Weder-noch: Zum Beispiel: »Diese Polarität trifft nicht auf mich nicht zu.« Das scheint eine klare Haltung zu sein. Trotzdem ist es nützlich, diese Aussage zu überprüfen. Es könnte sich unter Umständen um ein Vermeidungsverhalten handeln. Der Coachee will sich die Polarität nicht anschauen. 4. Irgendwo dazwischen: Zum Beispiel: »Manchmal fühle ich mich stärker und manchmal schwächer.« Das ist die realistischste Haltung. Auch hier ist es interessant, die jeweiligen Auslöser für die Schwankungen zwischen den Polen zu identifizieren. Im Übungsteil dieses Kapitels werden Sie auf eine Reihe von Übungen stoßen, die bei der Klärung der hier angeschnittenen Fragen helfen können.
6.6.3 Übungen zur Arbeit mit Polaritäten Polaritätenfenster
Erfahrungsbereich: Lebensbereiche Ziel: Überblick darüber gewinnen, in welchen der Lebensbereiche die Polaritäten besonders wirksam sind Material: große Papierbögen, Filzstifte oder Kreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 20 Minuten
Durchführung: Der Coachee wird gebeten, sich nacheinander in die folgenden vier Lebensbereiche hineinzuversetzen und zu vergegenwärtigen, durch welche Polaritäten sein Erleben und Handeln in dem jeweiligen Bereich am stärksten
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6.6 Exkurs: Arbeit mit Polaritäten
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strukturiert wird (z. B. kann im Arbeitsleben eine dominante Polarität sein: Konkurrenz – Kooperation, Leistung – Versagen). • Polaritäten im Privatleben, • Polaritäten in der Arbeitswelt, • Polaritäten in der Professionalität (Rolle, Funktion, Kompetenz), • Polaritäten im Hier- und Jetzt-System (in diesem Falle das Coachingsystem). Die Polaritäten kann er dann in sein Polaritätenfenster einschreiben oder durch Symbole einzeichnen (Abbildung 18). Privatleben
Professionalität
Hier und jetzt
Arbeitswelt Abbildung 18: Polaritätenfenster
Auswertung: Der Coachee soll sich nun aus jedem Segment eine Polarität herausgreifen und ihre Wirkungsweise in mehreren Szenen untersuchen. Er überprüft, ob er mit der Strukturierungswirkung der Polarität einverstanden ist oder sie verändern möchte. Welche Polaritäten sind in allen vier Sektoren, welche nur in einem oder zwei Bereichen aktiv? Welche Hypothesen gibt es zu dieser ungleichen Verteilung?
Polaritätenstern
Erfahrungsbereich: Polaritätendynamik Ziel: Polaritäten strukturieren die Persönlichkeit. Deshalb ist es wichtig, sich nicht nur die Konfiguration einzelner Polaritäten anzuschauen, sondern das Zusammenspiel der wichtigsten Polaritäten in ihrem gelebten Zusammenwirken zu betrachten. Material: Kreide, Papier, Notizblock, Stift Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Skalieren Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Erklären des Polaritätensterns (s. Abbildung 17, auch Zinker, 1982, S. 194 f.)
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6 Interventionswerkstatt
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Instruktion: »Schließen Sie bitte die Augen und entspannen sich. Lassen Sie jetzt die letzten Tage und Wochen an sich vorbeiziehen. Schauen Sie sich Szene für Szene an. Welche Polaritäten können Sie darin entdecken? Waren Sie zurückhaltend oder expressiv, gefühlvoll oder gefühllos, stark oder schwach? Öffnen Sie jetzt wieder die Augen und schreiben Sie alle Polaritäten, die Sie gefunden haben, auf ein Notizblatt.« Die nun folgende Instruktion sollte am Flipchart demonstriert werden! »Malen Sie nun auf dem großen Papierbogen einen Kreis und ziehen Sie für jede Polarität eine Linie durch die Mitte. Wenn Sie so alle Polaritäten haben, beginnen Sie jede zu gewichten, zum Beispiel: Wie stark ist bei Ihnen die Polarität Stärke – Schwäche ausgeprägt? Tragen Sie diese Ausprägung (in Prozenten oder als Skalenwerte) ein. Beispiel: Sie leben Ihre Stärke weitgehend aus (85 %), zeigen Ihre schwachen Anteile aber kaum (15 %). Für jede Polarität wird so der Bereich sichtbar, den Sie leben. Es entsteht ein Gesamtbild Ihrer Polaritätendynamik.«
Polaritätenhaushalt
Erfahrungsbereich: gelebte Polarität Ziel: Diagnose und Zielsetzungen für den Polaritätenhaushalt Material: Beratungsseil Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitaufwand: 45 Minuten
Durchführung/Instruktion: »Für jede Polarität, die für Sie handlungsrelevant ist, nehmen Sie ein Beratungsseil. Legen Sie diese so, dass sie einen Stern bilden. Stellen Sie sich in die Mitte des Sterns. Drehen Sie sich in Richtung eines Pols und fragen Sie sich: Welchen Teil dieser Polaritätenseite (z. B. Aktivität) kann oder will ich ausleben? Gehen Sie am Seil entlang in Richtung dieses Pols, spüren Sie die Grenze, bis zu der hin Sie diese Seite ausleben. Die Begrenzung markieren Sie mit einem Kärtchen. Drehen Sie sich dann zur anderen Polaritätenseite um und fragen sich das Gleiche, zum Beispiel: Wie viel Passivität will ich leben?« In dieser Form geht der Coachee alle Polaritäten durch. Die Grenzkärtchen werden mit seinem Seil verbunden. Die so im Kreis markierten, gelebten Polaritätenanteile zeigen gut die Bewirtschaftung des Polaritätenhaushaltes. Auswertung: Fragen zur Bewirtschaftung des Polaritätenhaushaltes: »Wie kompensieren Sie bei jeder der Polaritäten den ungelebten Teil? Erkennen Sie Ihre Kompensationsmuster, zum Beispiel: Statt meinen Ärger zu zeigen, bekomme
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6.6 Exkurs: Arbeit mit Polaritäten
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ich Kopfschmerzen? Wie und wann haben Sie diese Kompensationsmuster gelernt? Kennen Sie die Szenen, die Sie veranlasst haben, statt die Polarität zu leben ein Kompensationsmuster zu wählen?«
In der Polarität leben
Erfahrungsbereich: Polaritätenmanagement Ziel: Ausbalancieren einer Polarität Material: Seile Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: Materialgestaltung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: »Jede Polarität beinhaltet die volle Spannweite des Lebens aus einer Perspektive, zum Beispiel Heiterkeit – Traurigkeit. Welchen Anteil leben Sie? Sind Sie ganz in der Traurigkeit und haben kaum Platzt für das Erleben von Freude oder sind Sie ein eher zwanghaft lustiger Typ, der die ernsten Seiten des Lebens oft zu spät bemerkt? Idealerweise schwingen Ihre Gefühle zwischen den Polen, je nachdem, was in der Szene ansteht. Ist dieser Schwingungsbereich zu klein, werden Sie einseitig, eng, starr, ist er jedoch beliebig groß, so kann auch dies zu Problemen führen. Suchen Sie sich jetzt eine Polarität aus, bei der Sie das Gefühl haben, dass Sie nicht ausbalanciert ist. Schreiben Sie die beiden Pole auf Zettel und legen Sie diese an die Enden des ausgelegten Seils. Mit zwei weiteren Zetteln können Sie nun die reale Ausprägung der beiden Seiten markieren.« Beispiel: sensibel
!
X
!
stabil
»Sie können sich nun in die Mitte stellen und von da aus sich auf beide Pole zu bewegen. Gehen Sie langsam. Sie können innehalten und spüren, was Sie hindert, die Polarität auszuschöpfen. Sie können auch über die Grenze gehen und spüren wie es ist, wenn Sie zum Beispiel ein Gefühl stärker erleben als gewohnt.« Auswertung: Der Coachee kann seine Polarität auch einmal aus einigem Abstand betrachten: »Was fällt Ihnen aus diesem Abstand zu Ihrem Polaritätenmanagement ein? Können Sie sich einen Rat geben?«
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Mit zwei Händen malen
Erfahrungsfeld: Interaktion der Pole Ziel: die unwillkürliche, das heißt nicht bewusst gesteuerte Interaktion von zwei Polen erleben und in die Anschaulichkeit heben Material: große Papierbögen, Wachsmalkreide, Tesakrepp Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: »Nehmen Sie sich einen großen Bogen Papier, legen ihn vor sich auf den Boden (oder auch Tisch) und fixieren ihn mit Tesakrepp, damit das Blatt nicht mehr verrutschen kann. Suchen Sie sich eine Polarität aus, die Sie interessiert, die Sie sich näher anschauen wollen. Zu jedem der Pole imaginieren Sie eine Farbe und nehmen sich die entsprechenden zwei Kreiden. Welchen Pol verbinden Sie mit der rechten Hand, welchen mit der linken? Nehmen Sie die entsprechenden Kreiden in die beiden Hände. Schließen Sie jetzt die Augen. Stellen Sie sich alles vor, was zum Pol in der linken Hand gehört, alles, was Ihnen einfällt, alle Handlungen, Gefühle, Bilder, Menschen. Und gehen Sie dann mit Ihrer inneren Aufmerksamkeit in die andere Hand: Was fällt Ihnen zu dem Gegenpol ein? Nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf beide Hände gleichzeitig. Während Sie weiterhin die Augen geschlossen lassen, beginnen Sie jetzt mit beiden Händen gleichzeitig zu malen. Denken Sie dabei nicht nach. Lassen Sie alle Impulse, die Ihnen in die Hände kommen, auf das Papier fließen. Bringen Sie auf diesem Wege alle Gefühle, Impulse, Assoziationen, die Sie zu den beiden Polen haben, auf das Papier. Wenn beiden Händen nichts mehr einfällt, legen Sie die Kreiden zur Seite und öffnen die Augen.« Auswertung: »Was ist Ihr erster Eindruck von Ihrem Bild? Sind die beiden Farben (Pole) gleich viel und gleich kräftig oder gibt es da Unterschiede? Wie interagieren die beiden Farben? Gehen sie zusammen oder auseinander, dominiert die eine? Fahren Sie jetzt mit den beiden Händen und offenen Augen noch einmal langsam die Linien auf dem Bild nach. Wie fühlt sich das an, welche Resonanzen tauchen auf?« Eine weitere Interventionsmöglichkeit ist hier zum Beispiel die Anwendung der »Identifikations- und Dialogtechnik«: Der Coachee identifiziert sich nacheinander mit den beiden Farben (Polen), spürt in die jeweilige Seite hinein und stellt sie vor (z. B.: »Ich bin das Rot, die Ungeduld von Fritz, ich hasse das Trödeln. – Und ich bin das Rosa, die Bedächtigkeit von Fritz, mich nervt der Aktionismus von Rot«). Dann können auch beide Pole/Farben in einen Dialog treten und versuchen, ihre Beziehung auszubalancieren.
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Interventionstechniken
Starke Gefühle sind erst zugänglich, wenn die Atmung vertieft ist, ein weiter Blickwinkel erst, wenn die Körperhaltung aufgerichtet ist, eine Erkundung der Ausdrucksmöglichkeiten erst, wenn die Hemmungen vor dem Ausgreifen im Raum aufgelöst ist (Schneider, 1990). Die Interventionstechniken sind Hilfsmittel der Gesprächsführung zur Unterstützung von Verstehens-, Veränderungs- und Lösungsprozessen beim Coachee. Sie sind Angebote bzw. Anregungen des Coach, Experimental- und Erfahrungsräume zu betreten. Sie enthalten kleine Anleitungen für den Coachee, zum Beispiel zur Aufmerksamkeitsfokussierung, Selbstexploration, Perspektivänderung durch Imaginieren, Dramatisieren, Experimentieren. Im kreativen Coaching verwenden wir Techniken aus der Gruppendynamik, der kreativen Gestaltarbeit, den systemischen Beratungsansätzen, der Körperund Bewegungsarbeit und den kreativen Medien. Interventionstechniken werden in der Regel sprachlich formuliert, zum Beispiel in Form einer Frage. Komplexe Interventionstechniken enthalten aber oft zusätzlich eine Einladung an den Coachee, sich auch bestimmter analoger Mittel zu bedienen, sich auf die Ebene symbolischer Interaktion zu begeben oder Körperausdruck und Bewegungen zu benutzen. Jede Interventionstechnik • hat eine Form, zum Beispiel die Form einer Frage, einer Hypothese. • ist eine Übung, stellt ein Experimentierfeld für alternative oder neue Erfahrungen bereit. • wird medial gestaltet und transportiert (kreative Medien). Das reicht vom rein sprachgebundenen Nachdenken, bildnerischen Gestalten bis zu vorsprachlichen Körpererfahrungen. • hat einen leiblichen Aspekt. Der Leib ist ein Eindrucks- und Ausdrucksorgan. Direkt oder indirekt beziehen Interventionen immer die Leiblichkeit mit ein. • gebraucht deshalb neben den digitalen Sprachformen analoge Ausdrucksmittel und Erlebnisräume. • hat einen methodischen und theoretischen Hintergrund, entstammt zum Beispiel aus Konzepten der Gestaltarbeit oder der systemischen Beratung. Folgende Interventionstechniken werden in diesem Kapitel vorgestellt: 1. Grundinterventionen (aktives einfühlendes Zuhören, die Kunst des Fragens, Reframing/Umdeuten, Ressourcencheck, Feedback und Rückkoppeln),
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7 Interventionstechniken
202
2. erlebnisaktivierende Interventionstechniken zu den Themen Sprache, Bewusstheit und Kontakt, Dramatisieren und Inszenieren, Begleiten und Unterstützen.
7.1
Grundinterventionen
Ein Coachinggespräch ließe sich zur Not vom Coach mit drei elementaren Interventionsformen bestreiten: dem aktiven Zuhören, dem Fragen und dem Feedback. 7.1.1 Aktives einfühlendes Zuhören Was die Coachees in ihren arbeits- und sozialen Zusammenhängen selten haben, sind Menschen, die ihnen geduldig zuhören. Der Coach ist ein aufmerksamer Zuhörer. Er wartet ab, bis der Coachee seine ganze Botschaft gesendet hat. Er akzeptiert, dass der Coachee etwas in seiner Weise sieht, empfindet und zur Sprache bringt. Der Coach gibt dann das, was er gesehen, gefühlt und verstanden hat, in seinen Worten wieder. Der Coachee fühlt sich ernst- und angenommen. 7.1.2 Die Kunst des Fragens Am Anfang der Beratung trägt der Coachee sein Anliegen vor und erzählt, was sein Problem ist. Der Coach wird dabei viele Fragen stellen, um sein Bild von der Situation, dem Problem und der Person zu bekommen. Er braucht die Informationen, um seine Hypothesen bilden zu können, die wiederum Grundlage sein können für die nächste Intervention. Neben der Informationsbeschaffung für den Coach haben Fragen in der Regel auch eine Wirkung auf dem Coachee. Die Fragen des Coach fokussieren dessen Aufmerksamkeit. Was fragwürdig ist, erweckt sein Interesse. Die Kunst des Fragens wird so zu einer Möglichkeit der Aufmerksamkeitssteuerung. Offene Fragen geben keine Antwortrichtung vor und lassen deshalb dem Coachee den größten Freiraum für eigene Denk- und Suchprozesse. Der Coach vermeidet in der Regel Fragenformulierungen, die nur ein Ja oder Nein als Antwort zulassen. Beispiel für offene Fragen sind: »Wie geht es Ihnen heute?« Der Klient kann mit einem knappen »gut« antworten oder auch mit mehr oder weniger langen Erklärungen. Nicht zu empfehlen: »Sie sehen aber heute schlecht aus. Geht es Ihnen nicht gut?« Hier wird die Antwortmöglichkeit auf das Ja reduziert.
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7.1 Grundinterventionen
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Systemischen Fragetechniken arbeiten in der Regel mit offenen Fragen, die Interesse und Neugier erzeugen und neue Perspektiven in den Coachingprozess einbringen sollen. Dazu zählen die folgenden: Zirkuläres Fragen: Kommunikation in sozialen Systemen ist auch immer Kommunikation über andere Menschen. Menschen beschäftigen sich ja ständig damit, was andere Menschen über sie denken. Statt eine bestimmte Person selbst zu fragen, kann man auch ihren Kollegen, Vorgesetzten, Kunden interviewen, was er glaube, das diese Person zu einem bestimmten Thema, einer Beziehung denkt, fühlt, vermutet, oder wie dieser Mensch wohl handeln würde. Das Frageschema ist: A fragt B über C. Beispiele: »Was glauben Sie, welcher Lösung Ihr Chef am ehesten zustimmen würde? Was, meinen Sie, würde Ihr Kollege antworten, wenn Sie ihn nach dem Grund für den Konflikt mit Herrn X fragen?« Der Gewinn des zirkulären Fragens besteht darin, dass zusätzliche Aspekte die Gesprächssituation anreichern. Die psychische, mentale Vernetzung in einem System wird dadurch sichtbar. Eingangsfragen: »Was müsste passieren, damit Sie zufrieden diese Sitzung verlassen? Was dürfte auf keinen Fall passieren? Was wäre, wenn es doch passierte?« Verschlimmerungsfragen: Ziel dieser Fragen ist es, Einflussmöglichkeiten bewusst zu machen. Beispiel: »Was müssten Sie tun, damit Ihr Verhältnis zu Ihrem Vorgesetzten noch unerträglicher wird?« Prozentfragen, Skalierungsfragen: Hier geht es darum, Ideen, Überzeugungen, Meinungen zu gewichten, zu differenzieren und Verhältnismäßigkeiten zu klären. Beispiele: »Was denken Sie, zu wie viel Prozent Sie Ihrem Ziel bereits näher gekommen sind? Was glauben Sie, zu wie viel Prozent das Projekt von Ihnen abhängt? Wer schätzt Ihrer Meinung nach den Kollegen am meisten, am zweitmeisten . . . ? Angenommen, jemand aus Ihrer Abteilung kündigt, wer wäre der Erste?« Fragen nach den Ausnahmen: Häufig gibt es zu dem Niemals in der Erzählung des Coachees doch Ausnahmen. Es ist wichtig, diese herauszufinden, da sie Aufschluss geben über Problemlöseressourcen, über die der Coachee verfügt, deren er sich selbst aber nicht bewusst ist. Als Gegenbeweis gegen das große Nie sind sie allerdings nur bedingt tauglich. Die Ausnahmen werden oft mit einem »Ja, aber« weggewischt. Beispiele: »Können Sie sich auch erinnern, wann das Problem einmal nicht aufgetreten ist? Wie oft war das? Was haben Sie oder andere damals anders gemacht?«
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7 Interventionstechniken
Hypothetische Fragen: Ziel ist die Einführung neuer Ideen, Sichtweisen und Verhaltensmöglichkeiten. Beispiel: »Angenommen, Sie könnten in dieser Situation völlig frei handeln, was würden Sie tun?« Fragen nach dem Muster: »Was wäre, wenn . . . ?« regen den Perspektivwechsel und damit die Aussicht auf neue Sichtweisen an. Damit kommen auch alternative Ziele und neue Lösungswege in den Bereich des Möglichen. Zumindest wird dabei eine Verflüssigung der Sichtweisen angeregt. Und das ist, wenn sich Muster und Gewohnheiten verestigt haben oder erstarrt sind, schon sehr viel. Beispiele: »Mal angenommen, Ihr Problem mit dem Leiter wäre gelöst, wie sähe dann Ihre Zusammenarbeit aus? Stellen Sie sich einmal vor, die Sache würde doch gelingen, wie wäre das für Sie? Gesetzt den Fall, Sie würden es doch tun, was könnte Ihnen schlimmstenfalls geschehen?« Hier kann zum Beispiel zum Verstärken der Dialog mit den zwei Stühlen angewandt werden. Auf den einen Stuhl setze ich meine gegenwärtige Sichtweise, auf den anderen die neue. Durch ein simuliertes Konfliktgespräch kann es dann zu einer Klärung und Entscheidung kommen (s. Dialogtechnik). Zukunftsfragen: Zukunftsfragen stehen oft am Anfang der lösungs- und ressourcenorientierten Beratung. Sie geben Fingerzeige auf die Lösungsrichtung. Die bekannteste Variante ist die bereits genannte Wunderfrage: »Angenommen Sie wachen morgen früh auf und über Nacht ist ein Wunder geschehen. Ihr Problem ist gelöst. Woran würden Sie das erkennen? Woran würde Ihre Umwelt, bzw. welche Person, das merken? Und wie würden die reagieren?« Die Vergegenwärtigung der Zukunft soll möglichst mit allen Sinnen erfolgen: die Zukunft also nicht nur visualisieren, sondern auch hören, empfinden, riechen. Kontextfragen: In welchen Systemen lebt der Coachee? Hier gilt es gezielt nach der Beschaffenheit dieser Systeme, aber auch nach Wechselwirkungen, nach Rollen, Funktionen und Positionen des Coachees im System zu fragen ( s. Frageliste unter 5.4.1). Fragen zu Verhaltensmustern: »Woher kennen Sie diese Handlungsweise noch? Können Sie sich noch erinnern, wann Sie das erste Mal so reagiert haben?« Fragen zu inneren Einstellungen und Haltungen: Hier ist auf eine Vielzahl von Übungen und Experimenten hinzuweisen, in denen Haltungen deutlich werden. So kann ich zum Beispiel fragen: »Was halten Sie von diesem Projekt?« Ich kann den Coachee aber auch bitten, seine innere Einstellung in einer Haltung zu verkörpern.
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7.1 Grundinterventionen
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7.1.3 Reframing/Umdeuten Beim Reframing handelt es sich um eine systemische Technik. »Stellen Sie sich vor, Sie hätten all die Sorgen nicht, welche hätten Sie dann?« (Kersting, 1996, S. 34). Viele Probleme schaffen wir uns durch die Art, wie wir etwas bewerten. Ich nehme mir zum Beispiel vor, etwas noch heute fertig zu stellen, weiß aber, dass dies in der Zeit nicht zu schaffen ist. Es gibt hierfür viele Motive, zum Beispiel ich habe dies jemanden versprochen, mein Ehrgeiz treibt mich zu neuen Erledigungsrekorden oder ich habe Angst, bei Nichterledigung eine Rüge zu erhalten. Das Problem könnte zum Beispiel lauten: »Wenn ich das bis heute abend nicht fertig bekommen habe, dann bin ich von mir sehr enttäuscht.« Ich könnte mir allerdings auch sagen: »Die größere Leistung besteht darin, meinem inneren Drängeln einmal nicht nachzugeben und die Angelegenheit in aller Ruhe zu bewerkstelligen.« Ich habe das Problem also aus einer anderen Bewertungsperspektive angeschaut und damit entschärft. Ein anderes Beispiel: Ein Vorgesetzter will von seinem Mitarbeiter über alles informiert werden. Der klagt darüber, dass er sich stark kontrolliert fühle. Eine andere Deutungsmöglichkeit könnte in diesem Falle sein: Der Chef will ihn nicht kontrollieren, sondern ist besonders interessiert an der Arbeit. Reframing ist eine Interventionstechnik, durch die etwas oder jemand in einen neuen Bedeutungsrahmen gestellt wird. Die negative Perspektive wird durch eine positive Ansicht ergänzt. Ein Glas Wasser ist halb leer oder halb voll. An den Tatsachen ändert sich durch das Reframing natürlich nichts, wohl aber an dem emotionalen Bedeutungs- und dem Sinngehalt und damit daran, ob Problemdruck erlebt wird oder auch nicht. Reframing kann entweder in Form eines Vorschlages vom Coach angeboten werden oder er regt den Coachee an, selbst nach Umdeutungen zu suchen.
7.1.4 Ressourcencheck Ressourcen sind die inneren und äußeren Kraftquellen, die mich dabei unterstützen können, die von mir angestrebten Ziele, Problemlösungen und Veränderungen auch zu erreichen. Das können innere Überzeugungen, Einstellungen, Vorstellungen, Visionen und Werte, frühere Erfahrungen (z. B. frühere Lösungserfolge), Wissen, Kompetenzen und Eigenschaften sein. Ressourcen können aber auch Beziehungen entspringen (z. B. Liebe, Freundschaft, soziales Netzwerk). Auch materielle Ressourcen sind nicht zu verachten. Im Coachingprozess wird auf die Erschließung und Aktivierung solcher Kraftquellen aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zur Unterstützung des Lösungsprozesses großer Wert gelegt. Das Wiederentdecken der eige-
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nen Kräfte und Ressourcen erweitert das Möglichkeitsspektrum, ermutigt und zeigt gangbare Wege auf. Ein Ressourcencheck könnte folgendermaßen aussehen: Was ist zur Unterstützung der Problemlösung/Zielerreichung notwendig? Welche wichtigen Voraussetzungen muss der Coachee zur Problemlösung, Zielklärung und Erreichung etc. einbringen? Welche wichtigen Personen (Familie, Freunde, Kollegen, Chefs) oder Systeme fördern oder stützen den Coachee? Ist die psychische und körperliche Kondition ausreichend? Verfügt der Coachee über genügend Fähigkeiten und Kenntnisse (Kompetenzen)? Über welche Bewältigungs- und Problemlösemuster bzw. Kompetenzen verfügt der Coachee, weiß es aber nicht?
7.1.5 Feedback und Rückkopplung Feedback und Rückkopplung kommen aus der gruppendynamischen Tradition. Was denken die anderen, der Vorgesetzte, die Mitarbeiter von mir? Wie schätzen sie meine Leistung, meinen Führungsstil ein? Dies sind Fragen nach dem Fremdbild. Wie werde ich von den anderen gesehen? Hierauf bekommt der Mensch in der Organisation nur selten eine offene Antwort. Furcht, Konkurrenzverhalten aber auch soziale Inkompetenz verhindern dies oft. Feedback ist die bewusste Mitteilung eines Gesprächpartners darüber, wie er sein Gegenüber wahrnimmt, erlebt und versteht. Es ist ein Angebot zum Überprüfen des eigenen Verhaltens und des Vergleichs mit der Selbstwahrnehmung (Selbstbild). Natürlich gibt es auch jede Menge spontaner, unwillkürlicher Rückmeldungen (s. nonverbale Kommunikation), aber die sind uneindeutig und deshalb für die Reflexion nicht so geeignet. So kann eine Rückmeldung bewusst erfolgen, zum Beispiel aufmunterndes Nicken, oder unbewusst, zum Beispiel durch eine unwillkürliche Bewegung. Sie kann spontan oder erbeten sein. Das Feedback kann in Worte gekleidet sein oder wortlos, formal, zum Beispiel durch Benutzung eines Fragebogens, oder spontan. Regeln für das Feedback sind (nach Antons, 1973): – Das Feedback soll beschreiben und nicht bewerten. – Es soll konkret abgefasst sein, ohne Allgemeinplätze und Verallgemeinerungen. – Angemessenheit: Rücksichtsloses Feedback, dass die Verarbeitungskapazität des Gegenüber nicht berücksichtigt, kann zerstörend wirken. – Brauchbar: Es sollte sich auf Aspekte beziehen, die der Adressat verändern kann, die also sein Autonomiebedürfnis berücksichtigen.
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7.1 Grundinterventionen
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– Rechtzeitig: Feedback ist am wirksamsten, wenn zwischen dem beobachteten Ereignis und der Rückmeldung, wie es auf den Coach oder die anderen Gruppenmitglieder gewirkt hat, nur eine kurze Zeit vergangen ist. – Das Feedback sollte kurz, klar und prägnant formuliert werden.
Die Kunst des Feedbacknehmers besteht darin, nur zuzuhören, nachzufragen und zu klären und nicht in eine Verteidigungshaltung zu rutschen. Die Wirksamkeit des Feedback hängt von der Offenheit des Empfängers ab und diese wiederum zu einem wesentlichen Teil von der Qualität der Beziehung. Selbst- und Fremdbild weichen in der Regel voneinander ab. Beide Ansichten haben blinde Flecken. Wahrnehmung ist immer begrenzt und besteht aus nur einem Blickwinkel. Luft (1971, Abbildung 19) unterscheidet vier Wahrnehmungsgrenzen für das Selbst- und Fremderkennen von Persönlichkeitsaspekten: • Informationen über mich, die ich auch anderen mitteile (Bereich der öffentlichen Aktivität); • Informationen über mich, die nur andere wahrnehmen (Bereich der blinden Flecken); • Informationen über mich, die ich kenne, aber nicht veröffentliche (Bereich des Verbergens, der Fassadenhaftigkeit); • Informationen über mich, die weder ich noch andere wahrnehmen (in diesem Bereich kann auch kein Feedback gegeben werden).1
dem Selbst bekannt
anderen bekannt
Bereich der freien Aktivitäten
anderen nicht bekannt
Bereich des Vermeidens und Verbergens
dem Selbst nicht bekannt
Bereich der blinden Flecken
Bereich der unbekannten Aktivitäten
Abbildung 19: Johari-Fenster (nach Luft, 1971, S. 22)
1 Diese vier Informationsaspekte gelten auch für Systeme, also für Teams, Abteilungen und Organisa-
tionen. Auch sie haben ihre blinden Flecken!
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7 Interventionstechniken
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Bei einem offenen Gesprächsklima, in dem es oft zur Rückkopplung kommt, wächst der Quadrant »Offenheit«. Das ist der Bereich, der beiden bekannt ist und über den offen gesprochen werden kann. Ziel im Coachingprozess könnte sein, unter Berücksichtigung dieser vier Wahrnehmungsmöglichkeiten den professionell benötigten Selbstkenntnisanteil unter Wahrung der Intimgrenze des Coachees zu erweitern.
7.2
Erlebnisaktivierende Interventionen
7.2.1 Umgang mit Sprache Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmittel. Für das Sprechen gilt, den Coachee dort abzuholen, wo er gerade steht, also ihn in seiner Sprache anzusprechen und ihm zu antworten. Sprache ist aber auch das Mittel der Selbstkommunikation und des Selbstumganges, in der wir unsere innere Realität konstruieren, erleben und reflektieren. So zeigt der Coachee durch seinen Sprachgebrauch sehr viel von seinem Selbstumgang. Für den Beratungsprozess ist deshalb das Wie des Ausdrucks oft interessanter als das Was. Der Coach kann seinen Klienten auf solche Spracheigenheiten aufmerksam machen, das Bewusstsein dafür schärfen, um ein Verstehen zu ermöglichen, zum Beispiel enthalten Sprachbilder, Redewendungen, Formulierungen, aber auch die Wortwahl implizite Botschaften, die dem Sprecher völlig entgehen. Hier kann der Coach dem Klienten dabei helfen, seine versteckten Informationen in direkte Botschaften umzuwandeln und für sich zu reflektieren. Fünf Interventionstechniken für den Umgang mit Sprache lassen sich beschreiben: Verwirklichen/Konkretisieren: Coachees gebrauchen oft Sprachbilder und Redewendungen. Nimmt man sie wörtlich oder lässt man sie in Handlung umsetzen, so tauchen oft implizite Gefühle, Bilder, Phantasien im Bewusstsein auf. Beispiel: »Sie sagen, dass Sie schon eine ganze Weile auf der Stelle treten. Könnten Sie das zeigen? Stehen Sie bitte einmal auf und zeigen mir, wie Sie auf der Stelle treten (z. B.: schnell – langsam, heftig – zaghaft). Wie geht es Ihnen dabei? Kommen Ihnen Bilder, Phantasien dazu?« Verdichten: Bekommt der Coach eine Menge von unsortierten Informationen, wird er von einem Wortschwall zugeschüttet, verliert er mitunter den Überblick. Auch hier ist es wichtig, dass nicht er, sondern sein Klient die Bedeutungsstruktur dahinter herausfindet.
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7.2 Erlebnisaktivierende Interventionen
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Beispiele: »Könnten Sie das Gesagte bitte noch einmal für mich zusammenfassen? Sie haben mir jetzt von sehr vielen Ereignissen berichtet und Vermutungen dazu geäußert. Wenn Sie das Gesagte nochmals vor Ihrem inneren Ohr Revue passieren lassen: Was bewegt Sie davon am meisten? Was von dem, was Sie gerade gesagt haben ist Ihnen besonders wichtig? Können Sie bitte versuchen, all das einmal in einem Satz zusammenzufassen oder eine Überschrift (ein Symbol) dafür finden?« Auch ein ganzer Erlebnisprozess, eine komplexe innere Erfahrung, ein Veränderungszustand lässt sich sprachlich verdichten. Sie können den Coachee zum Beispiel bitten, sein inneres Erleben in einen Vierzeiler, der sich nicht reimen muss, zu verdichten. Das Wort Gedicht verwende ich nur ungern in diesem Zusammenhang, weil es mitunter ungünstige Assoziationen zu schulischen Erfahrungen hervorruft. Natürlich kann das Erlebnis auch in einer kleine Geschichte zusammengefasst werden (s. Arbeit mit Texten). Verantworten: Eine Möglichkeit Verantwortung zu umgehen oder das eigene Ich aus dem Spiel zu lassen, kommt zum Beispiel in Formulierungen wie »Man sollte« oder »Man müsste« zum Ausdruck. Der Coach kann hier zum Beispiel fragen: »Und was wollen Sie?« Oder: »Zwingt Sie jemand dazu?« Oder: »Woher kommt das Müssen?« Hier geht es darum, dass der Coachee erkennt, wann er für das Gesagte Verantwortung übernimmt oder sich davor drückt, zum Beispiel wenn er statt Man- oder Es-Aussagen Ich-Botschaften verwendet, statt »Ich kann nicht« ein »Ich will nicht« äußert. Beispiel: Coachee: »Man sollte da mal etwas unternehmen!« Coach: »Wer genau sollte etwas unternehmen?« Coachee: »Ich kann das meinem Mitarbeiter nicht sagen.« Coach: »Wollen Sie oder können Sie nicht?« oder »Was genau hält Sie davon ab?« oder »Mit welchem Gefühl würden Sie in die Unterredung gehen?« Übersetzen: Um Empfindungen in erlebbare Gefühle transferieren zu können, müssen sie mit Sprache verbunden werden. Oft hat ein Coachee zwar eine Empfindung, eine Stimmung, eine Ahnung, aber er kann sie noch nicht in Worte fassen. Beispiel: »Welche Farbe hat das Gefühl? Welches Symbol fällt Ihnen dazu ein? Gibt es eine Melodie, die dazu passen würde?« Einen Schritt weiter geht die folgende Interventionstechnik des »Übersetzens« des Symptoms in eine sprachliche Botschaft. Hier wird der Coachee aufgefordert, nichtsprachlichem oder präverbalem Verhalten eine Stimme zu verleihen: »Wenn Ihre Kopfschmerz jetzt eine Stimme hätten, was würden er sagen?« Sprachsensibilisieren: Hier geht es darum, verdeckte Botschaften aus einem Sprachbild, einer Redewendung hervorzuheben, deutlich werden zu lassen, damit aus Andeutungen klare Aussagen werden. Beispiele:
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7 Interventionstechniken
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• Coachee: »Ich habe Herrn X so satt.« Coach: »Wovon haben Sie in Ihrer Beziehung zu Herrn X zuviel bekommen?« • Coachee: »Ich finde das unheimlich interessant.« Coach: »Was ist daran so unheimlich?« • Coachee: »Ich sollte meine Gefühle und Gedanken für mich behalten.« Coach: »Wer oder was hindert Sie daran, Ihre Gefühle und Gedanken auszusprechen?« Oder: »Wie wollen Sie Ihre Gedanken zurückhalten?« • Coachee: »Das ist unvorstellbar.« Coach: »Was stellen Sie sich stattdessen vor?«
7.2.2 Bewusstheit und Kontakt Mitarbeiter und Führungskräfte in Organisationen sind eher kognitiv orientiert. Sie geben sich rational. Themen versuchen sie auf der Sachebene anzugehen und Probleme rational zu lösen. Gefühle sind trotzdem immer da, zusammen mit Stimmungen und Einstellungen beeinflussen sie unsere Entscheidungen. Unwillkürliche, intuitive Prozesse gehen oft dem rationalen Denken voraus. Unwillkürliche Prozesse sind immer schneller und in der Verhaltensdurchsetzung effektiver als willkürliche, ich-gesteuerte Prozesse. Nicht die Gedanken, sondern die Gefühle sind der Zugang zur menschlichen Energie, und Gefühle sind der Klebstoff für das Anlegen von Gedächtnisspuren. Gerade für Führungskräfte und Personen in verantwortlicher Tätigkeit ist es wichtig, die eigenen Gefühle bewusst wahrzunehmen und sie als einen wichtigen Teil der eigenen Persönlichkeit zu akzeptieren. Akzeptierte Gefühle sind Energiequellen! Gefühle, die nicht gelebt werden, die also verdrängt, umgangen, rationalisiert werden, sind trotzdem energetisch höchst wirksam. Nur wirken sie dann wie Partisanen aus dem Hinterhalt. Erst die Anerkennung der eigenen Gefühle ermöglicht es, nicht mehr von ihnen beherrscht zu werden. Häufig besteht die Kunst ja darin, für sie eine Form zu finden, in der sie ausgedrückt werden können, ohne dass sich die Person damit schadet. Bewusstheit ist nun jene ausgeleuchtete Bühne, auf der die Akteure spielen, also all die Gedanken, Gefühle, Impulse, Visionen in Erscheinung treten. Die Interventionen in diesem Bereich haben die Funktion von Bühnenbeleuchtern. Der Scheinwerfer ist die Aufmerksamkeit, die auf die Dinge gelenkt wird, die aus dem Dunklen heraus ans Licht treten. Schon einfache Fragen lenken die Aufmerksamkeit auf die innere Befindlichkeit, zum Beispiel: »Wie fühlen Sie sich jetzt? Wie geht es Ihnen gerade? Was nehmen Sie wahr? Was wollen Sie jetzt?« Sie beleuchten die Bewusstheitsbühne an der befragten Stelle. Der Coachee wird sich bewusst, aus welcher inneren Gestimmtheit, mit welchen Hin-
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7.2 Erlebnisaktivierende Interventionen
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tergrundgefühlen und Motiven er in der Beratung sitzt, welche inneren Impulse in den Vordergrund drängen. Wenn die Akteure erst einmal im Rampenlicht stehen, wollen sie auch spielen, das heißt, Gefühle suchen nach Ausdrucksmöglichkeiten, Impulse drängen nach Handlung. Interventionstechniken aus der Gestalttradition haben eine erlebnisaktivierende Funktion. Sie wecken mitunter schlafende Hunde. Fragen an das Bewusstsein: »Was spüren Sie? Was geht Ihnen gerade durch den Kopf? Wo spüren Sie Ihre schlechte Ahnung im Körper?« Aufmerksam machen: Der Coach nimmt eine offensichtliche Ausdrucksbewegung war, mit der der Coachee seine Erzählung untermalt. Der Coach lenkt nun seine Aufmerksamkeit auf diesen Impuls, diese Bewegung, diese Betonung eines Wortes. Beispiel: Coach: »Mir ist aufgefallen, dass Sie bei Ihrer Aussage die Hände zu Fäusten ballten. Gibt es da einen Zusammenhang?« Wiederholen: Beispiel: »Wiederholen Sie bitte noch einmal den letzten Satz und erleben dabei bewusst die Bewegung, die Ihre Beine dabei machen.« Hypothese dazu: Häufig sind mit diesen unwillkürlichen Bewegungen auch Gefühle verbunden, die bei der Wiederholung deutlich werden. Verstärken: Hier geht es darum, ein Gefühl, einen Impuls, eine Handlung energetisch zu verstärken. Häufig tauchen erst bei einer bestimmten Ausdrucksstärke die dazugehörigen Gefühle im Bewusstsein auf. Coach: »Können Sie den Satz bitte noch einmal sagen? Versuchen Sie dabei mehr Energie in die Stimme zu bekommen (oder: sagen Sie es lauter). Was verändert sich in Ihrem Erleben, wenn Sie da mehr Energie reinbringen?« Übertreiben: Der Cochee erzählt von einem Gespräch mit einem Mitarbeiter. Er zieht dabei die Nase ganz leicht hoch. Coach: »Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie beim Erwähnen des Namens von Herrn X leicht die Nase hochziehen? Können Sie das noch einmal machen? Übertreiben Sie ruhig ein wenig.« Der Coachee zieht die Nase gewaltig hoch, hält einen Moment irritiert inne und sagt: »Ich finde es verdammt schlimm, was dieser Mensch macht. Ich würde ihm am liebsten eine scheuern.« Der Coachee ist erschrocken über die eigene emotionale Heftigkeit (hier bietet sich zur Weiterarbeit die Interventionstechnik »Dialog mit dem leeren Stuhl« an). Verlangsamen oder Beschleunigen: Was ich wahrnehme, hängt sehr stark von der Geschwindigkeit ab, in der ich wahrnehme. Bei höheren Geschwindigkeiten geht der Blick fürs Detail verloren. Es können dafür größere Zusammenhänge gesehen werden. In der Verlangsamung wird vieles erst sichtbar, was in der All-
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tagsgeschwindigkeit unseres Bewusstseins untergeht oder verschwimmt.2 Das Verlangsamen ist eine wichtige Interventionstechnik, besonders für Manager im Geschwindigkeitsrausch, die deshalb viele Details ihres Seelenlebens, aber auch des betrieblichen Geschehens nicht mehr erkennen können. Beispiel: Coach: »Machen Sie diese Kopfbewegung noch einmal, jetzt aber ganz langsam. Wie erleben Sie das jetzt?« Die Vermutung des Coach, die Kopfbewegung könnte zum Beispiel ein Abwenden andeuten. Die Frage ist dann, von was sich der Coachee abwendet, welche Gefühle ihn dabei bewegen!
7.2.3 Dramatisieren und Inszenieren Inszenierungstechniken gibt es viele: zum Beispiel Rollenspiele, psychodramatische Inszenierungen, Aufstellungen und das Skulpturieren. Leider fehlen im Einzelcoaching die Mitspieler. Fritz Perls, einer der Erfinder der Gestalttherapie, hat hierfür die Technik des leeren Stuhls entwickelt. Projektionstechnik: Da ich andere Menschen nicht so erkennen kann, wie sie sind, komplettiere ich mein Bild von ihnen durch Projektionen von Anteilen meiner eigenen inneren Wirklichkeit auf sie. Diese Projektionsfähigkeit nutzt die Gestaltarbeit bei einer Reihe hochwirksamer Interventionstechniken aus. Der Coachee wird gebeten, sich im Hier und Jetzt mit einem vom Coach vorgeschlagenen Aspekt zu identifizieren. Identifizieren kann er sich dabei mit nahezu allem, mit inneren Impulsen, Gefühlen, Gedanken, Körperteilen, Handlungen, Symptomen, mit Gegenständen, Personen, Systemen, Interaktionen, Ereignissen, Szenen, Werten, Naturgegenständen. Über die Identifikation kann sich der Coachee in den Sachverhalt hineinversetzen. Als »Kopfschmerz« hat er viel tiefere Einsichten in das Wesen dieses Phänomens, als wenn er nur unter einem meist als fremd erlebten Symptom leidet und dieses distanziert beschreibt. Projiziert wird immer nach außen auf etwas anderes. Der Aspekt, den der Coachee sich anschauen will, wird so zu einem Gegenüber. Er bekommt eine eigene Wesenheit. Für die Projektion kann man sich eine Leinwand vorstellen. Der Coach fordert seinen Coachee zum Beispiel auf, dass er sich vor seinem inneren Auge eine weiße Leinwand vorstellen solle. Es ist, als ob ein Dia mit seinem Ärger dann gut sichtbar auf der Fläche erscheint. Eine weitere Projektionsmöglichkeit sind Gegenstände: »Suchen Sie sich im Raum einen Gegenstand, der Ihren Kopfschmerz gut repräsentiert. Hier ist ein Korb mit Steinen. Suchen Sie sich einen aus, der sich wie Ihr Kopfschmerz anfühlt.« Die weitgehendste Projektionsmöglichkeit bietet die Technik des lee2 Denken Sie an einen Kinofilm. Er besteht aus lauter einzelnen Bildern, ab einer gewissen Geschwin-
digkeit wird aber nur noch die Bewegung wahrgenommen.
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7.2 Erlebnisaktivierende Interventionen
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ren Stuhls: »Stellen Sie sich vor, auf dem Stuhl Ihnen gegenüber sitzt Ihre Zukunftsangst. Was sehen Sie? Wie sitzt sie zum Beispiel da? Hat sie einen Namen?« Durch die Projektion nach außen, gleichgültig mit welcher Technik, kann der Coachee sich das Gegenüber anschauen, sinnlich spüren, mit ihm reden, mit ihm in Kontakt treten. Identifikationstechnik: Nun wechselt der Coachee die Seiten. Hatte er im ersten Schritt den identifizierten Aspekt nach außen projiziert, ihn zum Beispiel auf den Stuhl gegenüber gesetzt, so verlässt er jetzt den eigenen Stuhl (z. B. von Herrn Meier) und setzt sich auf den Stuhl mit der Projektion (wird damit z. B. zum Ärger von Herrn Meier). Der Coachee wird gebeten, sich ganz in das projizierte Bild, den Gegenstand hineinzuversetzen, sich einzufühlen, sich also umfassend damit zu identifizieren und ihm seine Stimme zu leihen, so dass dieser Aspekt reden kann: Beispiel: »Ich heiße Quälgeist und bin der Kopfschmerz von Herrn X. Ich bin dazu da, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er die Ansprüche von Herrn Y nicht im Kopf aushält. Aber Herr X traut sich ja nicht, etwas zu sagen. So steigt ihm der Ärger in den Kopf.« In unserem Beispiel bekommt Herr X von seinem Kopfschmerz gesagt, was er eigentlich schon weiß, aber nicht wahrhaben will: Er muss gegenüber Herrn Y initiativ werden, wenn er nicht weiter an seinen Kopfschmerzen leiden möchte. In Kontakt und Identifikation mit dem projizierten Aspekt kann der Coachee die bisher übersehene Botschaft wahrnehmen, die Funktion des Phänomens erkennen und oft auch schon Lösungsmöglichkeiten finden. Dialog – Zwei- oder Mehrstuhltechnik: Der Coachee kann sich auch mit zwei Aspekten identifizieren und diese auf zwei gegenüberstehende Stühle projizieren. An die Stelle des Monologs können jetzt zwei verschiedene Aspekte einen Dialog miteinander führen. Der Stuhl A steht zum Beispiel für den wagemutigen Herrn X, der Stuhl B für seine starke Vorsicht. Dazu setzt sich Herr X abwechselnd auf die Stühle, nimmt die dazugehörige Position ein und redet zum Beispiel als die Vorsicht oder der Wagemut von Herrn X. Dazu muss Herr X sich jeweils in die Vorsicht bzw. den Wagemut einfühlen und eindenken, bis er diese Haltung auf dem entsprechenden Stuhl verkörpern kann. In der wagemutigen Haltung beginnt Herr X nun den Dialog mit der Vorsicht: »Ich bin der Wagemut von Herrn X. Ich finde es an der Zeit, dass er sich beruflich weiterentwickelt . . . !« Herr X setzt sich nun auf den Stuhl, auf den er seine Vorsicht positioniert hat. Er identifiziert sich mit der Vorsicht, antwortet als die ängstliche Haltung von Herrn X: »Du immer mit deinen hochfliegenden Plänen. Er (Herr X) hat doch eine gute Position. Da brauchen wir uns nicht zu verändern. Jede Veränderung ist unter den heutigen Umständen riskant!« Der Coach sollte darauf achten, dass der Positions- und Identifikationswechsel
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7 Interventionstechniken
auch wirklich vollzogen wird. Die Coachees neigen manchmal in der Hitze des Gefechts dazu, auf einem Stuhl sitzen zu bleiben und ins alte Räsonieren zurückzufallen. Im Dialog lernen sich die beiden Positionen besser kennen. Kämpfen sie miteinander, blockieren sich oder suchen sie einen Konsens, ein Kooperationsmodell für eine gemeinsame Lösung? Im Beispiel kann die Vorsicht auf dem Status quo bestehen, sie kann aber auch lernen, sich als wachsamer Begleiter (Kooperationsmodell) wagemutiger Aktionen zu verstehen. Der Wagemut seinerseits kann alle Mahnungen der Vorsicht ignorieren, ihre Wachsamkeit als Informationsquelle aber auch schätzen lernen. Der Coach muss darauf achten, dass keine der beiden Seiten siegt. Da die Energie des unterdrückten Anteils erhalten bleibt, wird er aus dem Untergrund den Siegeraspekt weiter stören. Dem wagemutigen Herrn X werden zum Beispiel im unpassendsten Moment Zweifel kommen, Zukunftsängste befallen. Wenn im Dialog keine Verständigung zwischen den beiden Aspekten der Person zustande kommt, eine Seite beharrlich dominiert, oder der Dialog in einen Streit abdriftet, kann der Coach auch noch eine weitere Perspektive anbieten. Er kann den Coachee bitten, sich auf einen dritten Stuhl zu setzen und nun als Herr X den Dialog der beiden Aspekte von Außen betrachten. Wichtig ist, dass dies ein weiterer Stuhl ist und nicht seine normale Sitzgelegenheit. Er hat nun verschiedene Möglichkeiten. Er kann sich den Streit anschauen, er kann versuchen, zu moderieren oder zu beraten, er kann aber auch eine Lösung bestimmen. Er kann auch versuchen, die Widersprüchlichkeit der beiden Aspekte zu akzeptieren und damit zu leben versuchen. In unserem Beispiel handelte es sich um den Dialog zwischen zwei inneren Aspekten einer Person. Ein Dialog kann aber auch zwischen dem Coachee und einer anderen, auf den zweiten leeren Stuhl projizierten Person stattfinden. Zum Beispiel möchte Herr X seinem Kollegen endlich einmal die Meinung sagen, traut sich aber nicht. Hier kann der Dialog die Funktion eines Probehandelns einnehmen. Es ist auch ein Trialog oder ein Mehrpersonengespräch mit leeren Stühlen möglich. Herr X kann zum Beispiel einen Konflikt mit mehreren anderen Teammitgliedern haben. In diesem Falle kann für jedes Teammitglied ein leerer Stuhl hingestellt werden. Herr X nimmt nacheinander die Positionen der anderen Personen ein, identifiziert sich mit ihnen, stellt sie vor. Dann kann ein Teamgespräch beginnen. Herr X muss dazu jeweils den Stuhl wechseln. Meine Erfahrung ist, dass bei mehr als sechs projektiven Positionen die Situation für den Coachee zu komplex wird. In dem Falle ist es dann einfacher, die einzelnen Interaktionspartner durch Holzfiguren, Steine oder andere Materialien zu repräsentieren. Auch das innere Team lässt sich mit der Mehrstuhl-Technik inszenieren. Die Dialogtechnik ist eine gute Möglichkeit, im Einzelcoaching Konflikte zu bearbeiten, die der Coachee mit einer nicht anwesenden Person hat. Er
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identifiziert sich mit dem Konfliktpartner, nimmt dessen Haltung und Position ein und bekommt so Einsicht in die Rolle des anderen. Im Dialog kann er Konfliktlösungen ausprobieren. Diese Dialogtechnik ist auch bei der Entscheidungsfindung oft sehr hilfreich, die nicht durch rein rationales Abwägen herzustellen ist. Jeder Entscheidungsaspekt bekommt einen eigen Stuhl, also einen Pro- und einen Kontrastuhl. Sowohl beim Konflikt- als auch beim Entscheidungsdialog werden in der Regel am Anfang die gewohnten Klischees ausgetauscht. Mit fortschreitender Einfühlung in beide Positionen beteiligen sich tieferliegende Einstellungen am Gespräch. Der Dialog wird zunehmend von unwillkürlichen oder unbewussten Anteilen mitbestimmt. Die Handhabung der Identifikation und des Dialogs erfordert Disziplin. Der Coach muss darauf bestehen, dass die einzelnen Schritte auch eingehalten werden, wie bei einem Ritual. Sonst verliert die Inszenierung leicht ihre Prägnanz. Die einzelnen Schritte bei einer Mehrpositioneninszenierung in der Übersicht lassen sich zusammenfassend so beschreiben: 1. Eine komplexe, unklare (innere oder externe) Dynamik wird wahrgenommen. 2. Die beteiligten Aspekte (Akteure) werden herausgefunden und gewichtet. 3. Jeder Aspekt bekommt seinen Platz im Raum, der leere Stuhl wird dort platziert. Der Abstand zwischen den Stühlen und ihre Aufteilung im Raum geben bereits wichtige Hinweise (s. Aufstellungsarbeit). 4. Der Coachee identifiziert sich nacheinander mit den Positionen. Er bekommt Zeit, sich einzuspüren, sie mit seinen Erinnerungen anzureichern, die dazugehörigen Gefühle zu erkennen und schließlich eine Haltung zu den Positionen zu suchen. 5. Die identifizierten Aspekte stellen sich nacheinander vor. Dazu muss der Coachee von Stuhl zu Stuhl wandern, sich darauf setzen, die Haltung einnehmen. Er beginnt dann aus der Position heraus zu sprechen, zum Beispiel: »Ich bin der Kopfschmerz von Herrn X und ich will ihm damit etwas sagen.« 6. Die Positionen treten in einen Multidialog. 7. Zusätzlich hat der Coachee noch einen Beobachterstuhl. Er kann die Beobachterposition immer wieder einnehmen, um so den Stand der Dinge zu registrieren und zu reflektieren.
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7 Interventionstechniken
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7.2.4 Begleiten und Unterstützen Der Coach ist im Wesentlichen ein guter Begleiter. Er lässt dem Coachee seine Autonomie, neue Möglichkeiten für sich zu entdecken, zu experimentieren und auszuwählen, Ziele für sich zu definieren, aber auch aufzuhören. Der Coach ist ein sehr wacher, präsenter Begleiter. Er ist mit all seinen Sinnen, seinen Kompetenzen und seinem Fachwissen dabei. Er bildet Hypothesen, zum Beispiel darüber, was dem Coachee jetzt helfen, ihn unterstützen könnte, ob er beisspielsweise eine Anregung gebrauchen könnte, Unterstützung oder Herausforderung. Während bei den bisherigen Interventionstechniken weitgehend Problembewältigung und Lösungsorientierung im Vordergrund stehen, zielen die Interventionsformen in diesem Abschnitt auf die Frage: Was braucht der Coachee, um in seinem Lern- und Veränderungsprozess weiter zu komm? Braucht er Unterstützung, Konfrontation, Verstärkung, Motivierung? Diese Interventionsformen funktionieren nur im Rahmen einer guten Beziehung zwischen Coach und Coachee und sind zugleich Teil der Beziehungsarbeit (Abbildung 20). Unterstützung/ Support
Evozieren
Konfrontieren
Verstärken/ Fördern
Fordern/ Motivieren
Irritieren
Abbildung 20: Der Begleitungsstern – sechs Interventionsformen für eine professionelle Begleitung
Unterstützen und Schützen: Ein Ziel des Coachingprozesses ist es, die Fähigkeit des Coachees zur Selbstunterstützung auszubauen (s. Selbstmanagement). Besonders in der Anfangsphase stark belastender Beratungsthemen braucht
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7.2 Erlebnisaktivierende Interventionen
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mancher Coachee auch situative Unterstützung durch den Coach. Die Mängel an Selbstunterstützung müssen noch ausgeglichen werden. Beispiel: »Das können Sie ruhig einmal ausprobieren!« Bei starken Erschütterungen ist manchmal auch eine sanfte Berührung hilfreich, beispielsweise am Arm, an der Schulter, oder, wenn es um das Erlebnis von körperlichem Stützen geht, auch zwischen den Schulterblättern. Unterstützendes Vorgehen ist vorsichtig zu dosieren. Es soll ja der Förderung der Selbstständigkeit dienen und diese nicht behindern. Manchmal sind Coachees es auch nicht gewohnt, Unterstützung anzunehmen. Evozieren: Hierunter fallen alle Anregungen, die Gefühle und Ausdruck hervorrufen, zum Beispiel durch vertieftes Atmen, Körper- und Bewegungserfahrungen, Vergegenwärtigen von emotional belasteten Situationen, Anhören bewegender Musik. Viele Gestaltinterventionstechniken haben einen evozierenden Charakter (s. Ausführungen über erlebnisaktivierende Interventionen). Konfrontieren: Die Konfrontation bewirkt eine Gegenüberstellung von Selbstwahrnehmung und Realitätskonstruktion des Coachees und der Realitätserfassung des Coachs. Durch die Konfrontation werden dem Coachee andere Wirklichkeitsauffassungen zugänglich gemacht. Dies führt zu einer Erweiterung seines Wahrnehmungs- und Erlebensspektrums, zu einer Differenzierung des Selbstbildes. Die Konfrontation kann auf verschiedenen Ebenen geschehen: • Aufzeigen von Unterschieden zwischen dem, was der Coachee sagt, und dem, was er tut; • Benennung von Widersprüchen zwischen aktuellen und früheren Aussagen; • Spiegeln von Diskrepanzen im Ausdruck, zum Beispiel wenn der Coachee lachend eine traurige Geschichte erzählt; • unterschiedliche emotionale Resonanzen auf ein Ereignis, Beispiel »Wenn ich mich in Ihre Situation hineinversetze, geht es mir anders als Ihnen. Ich glaube, ich wäre ziemlich ärgerlich auf Ihren Kollegen« (Coachee war traurig geworden). Konfrontationen setzen eine gute Beziehung voraus, sonst verstärken sie den Widerstand. Der Coach muss auch darauf achten, dass er nicht Gegenübertragungselemente mit seiner Konfrontation transportiert. Verstärken/Fördern: Hierzu gehört eine wohlwollende, akzeptierende Grundhaltung des Coachs. Er sollte seinem Kunden dabei helfen, nicht in seinen Problemschilderungen zu versinken, sondern ihn ermutigen, nach interessanten Zielen Ausschau zu halten und Alternativen auszuprobieren. Der Coach würdigt angemessen die kleinen und größeren Erfolge seines Coachees. Zum
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7 Interventionstechniken
Unterstützen gehört auch, nützliche Lernhilfen bereitzustellen. Mit manchen Coachees habe ich auch ein Selbstbelohnungssystem entwickelt. Sie konnten dann, wenn ihnen etwas gelungen war, sich selbst belohnen. Fordern/Motivieren: Im Prinzip ist der Coachee absolut für sich verantwortlich, zum Beispiel dafür, wie neugierig er sein will, wie viel Risiko er zulässt, wann er die Situation als hoffnungslos definiert, also welche inneren Bedeutungen er kreiert. Aber als guter Begleiter kann der Coach seinen Klienten zum Beispiel daran erinnern, welche Ziele er sich gesetzt hat, welche Wünsche er hegte. Der Coach kann vom Coachee die Einhaltung der Ziel- und Rahmenbedingungen fordern, also auf der Kontrakterfüllung bestehen. Der Coachee kann auch den psychischen Einsatz erhöhen, der Prozess verlangt dann vom Coachee mehr Mut, Risikofreude, Neugierde, Kompetenzen, Energieeinsatz. In der Beratung ist dieser Spannungsbogen zentral: Der Coachee darf auf seinem Weg nicht unterfordert, aber auch nicht überfordert werden. Letztlich geht es hier darum, dass der Coachee an seiner Grenze arbeitet, sie aber nicht überschreitet, sondern ausweitet. Wenn er darunter bleibt, wird er sich langweilen, enttäuscht fühlen, unmutig werden. Der Coach kann an die inneren Abmachungen und Selbstkontrakte seines Coachees (Team, Gruppe) erinnern. Irritieren: Während meines Psychologiestudiums nahm ich an einer Übung teil, die darin bestand, dass man eine Reihe von Rechenaufgaben bewältigen musste, die alle nach einem Schema zu lösen waren. Bei einer Aufgabe im letzten Viertel funktionierte das zur Gewohnheit gewordene Lösungsschema plötzlich nicht mehr. Die Folgeaufgabe benötigte eine andere Lösungsstrategie. Die Irritation war groß. Ich versuchte ein paar Mal, die Aufgabe nach dem bewährten Muster zu lösen, bis mir aufging, dieser Aufgabe muss ich mich aus einer ganz anderen Perspektive nähern, um ihren Lösungsweg zu erkennen. Probleme entstehen also oft dadurch, dass wir bei der Bewältigung von Aufgaben gewohnheitsmäßig bestimmte Lösungsmuster heranziehen, obwohl diese für den konkreten Fall völlig untauglich sind! Der Zweck einer Irritation ist, den Ablauf eingefahrener Muster zu stören, um den Blick frei zu bekommen für alternative Möglichkeiten und Lösungswege. Eine gute Begleitung durch den Coach heißt, dass er immer die Begleitintervention anbietet, die Coachee braucht, um ein Stück weiter zu kommen auf seinen Weg. Mal wird er ihn konfrontieren, mal unterstützen, mal ihn herausfordern, mal fördern, mal ihn irritieren, mal evozieren.
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Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Übungen sind komplexe Interventionstechniken, die ein Erlebnis-, Erfahrungs- und Experimentierfeld zur Verfügung stellen. Neben dem Medium Sprache, das zur Instruktion Auswertung und Reflexion, also am Anfang und Ende einer Übung auf jeden Fall benötigt wird, spielen im Hauptteil oft andere Medien eine wichtige Rolle. Zum Konzept der Arbeit mit kreativen Medien sowie Körper- und Bewegungserfahrung wurde im dritten Kapitel bereits das Notwendige gesagt. In diesem Abschnitt werde ich die für das Coaching wichtigsten kreativen Medien als Bestandteil komplexer Interventionstechniken vorstellen.
8.1
Arbeit mit Symbolen
Die Botschaften, die mit kreativen Medien gestaltet werden, haben oft einen symbolischen Charakter. Sie müssen desymbolisiert, das heißt in Sprache übersetzt werden, damit sie reflektiert und in Lösungsprozesse einbezogen werden können. Symbolisierung und Desymbolisierung sind zentrale Vorgänge in der Arbeit mit kreativen Medien. Ein Symbol ist kein Zeichen. Ein Zeichen bezeichnet etwas, zum Beispiel die Zahl fünf, ein Symbol bedeutet etwas. Dabei kann der Bedeutungshof tief hineinragen in archetypische, religiöse, kulturelle, soziale und individuelle Motive. Entsprechend wird zwischen transkulturellen, archaischen, kulturellen, kollektiven, kleingruppenspezifischen und persönlichen Symbolen unterschieden (Richter, 1997a). Symbole sind das Ergebnis von Verdichtungsprozessen. Durch werden vielfältige bewusste und unbewusste Erfahrungselemente repräsentiert. In den Symbolen sind Gefühle, Stimmungen, Atmosphären, Wertungen, Erfahrungen und Erlebnisse eingewoben. Das Sichtbare, Fassbare, Hörbare, Spürbare, Riechbare verweist im Symbol auf das Unsichtbare, nicht Wahrnehmbare, ohne in ihm aufzugehen. Symbole verdichten Vergangenes oder erfassen Zukünftiges. Die Be-Deutung eines Symbols lässt sich nicht einfach festlegen. In traditionsgeleiteten Kulturen sind die Symbole unmittelbar wirksam, sie brauchen keine Deutung. Wir leben allerdings in einer Zeit, in der Symbolkulturen rasch
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
verfallen. An die Stelle der historisch verankerten Symbole treten kurzlebige Gruppen- und Individualsymbole. Jede Firma schafft sich ihre Symbole, jede Familie hat spezifische und jedes Individuum entwickelt sich seine eigenen. Auf der persönlichen Ebene ist es oft die Sprache der Symbole, in der sich die unbewusste Innenwelt mitteilt. Die Symbole übernehmen eine Brückenfunktion zwischen Unbewusstem und Bewusstem. Sie weisen oft den Weg zu einem intuitiven Verständnis der eigenen Innenwelt. Vielleicht am deutlichsten wird dies bei den Traumsymbolen. Symbole geben Kraft und Orientierung. Symbole brauchen ein Medium als Bedeutungsträger für ihre Repräsentation. Dies ist eine wichtige Funktion der kreativen Medien. Individuelle Symbole werden häufig selbst hergestellt und in Ritualen mit Bedeutung aufgeladen. Beispiel: Ich gehe spazieren. Auf dem Weg liegt ein Stein mit einer besonderen Form. Er erinnert mich an ein Sternenbild, das den Seefahrern nachts den Weg zeigte. Ich hebe den Stein auf und behalte ihn als meinen Orientierungshelfer (lade ihn mit Bedeutung auf). Er hilft mir bei meinen Entscheidungsunsicherheiten.
Ein weiteres Beispiel: Ein Coachee hat für sich einen wichtigen Entschluss gefasst. In der Sitzung ist er sich auch ganz sicher, dass es geht. Denkt er allerdings an den Alltag, kommen ihm Zweifel. Er befürchtet, dass seine Kraft nicht ausreichen könnte. Dieser Coachee darf sich aus meiner Steinsammlung einen Stein aussuchen, der ihn an seine Entscheidung erinnern soll. Während er ihn in der Hand hält, vergegenwärtigt er sich nun nochmals ganz konkret die Freude, die ihm beim Fassen des Entschlusses spontan gekommen war. Er stellt sich vor, wie diese positive Energie in den Stein fließt. Das Symbol wird aufgeladen. Er kann den Stein nun bei sich tragen und immer, wenn er die Energie braucht, ihn berühren.
Natürlich ist die Steinsammlung bereits ein einschränkendes Angebot für die Phantasie. Der Coach könnte in diesem Falle auch fragen: »Was für ein Symbol könnten Sie als Begleitung, zur Verstärkung, zum Schutz, zur Erinnerung mit in den Alltag nehmen?« Neben der Ladung von Symbolen spielt die Entschlüsselung bzw. das interaktionale Verstehen von Symbolen eine wichtige Rolle.
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8.2 Metaphern, Geschichten und Texte
8.2
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Metaphern, Geschichten und Texte »Vom starken Wunsch getrieben, die Erleuchtung zu erlangen, beschloss ein Mann, sich der Führung eines großen spirituellen Meisters anzuvertrauen. Dieser lud ihn ein, zunächst einmal eine Tasse Tee mit ihm zu trinken. Der Neuling nutzte die Gelegenheit, ihm seine Universitätsdiplome aufzuzählen und seine bisherigen spirituellen Erfahrungen zu schildern. Während er redete, goss der Meister unablässig Tee in seine Tasse und tat das auch noch weiter, als diese bereits überlief. Verwirrt durch diese merkwürdige Handlung, fragte ihn sein zukünftiger Schüler, was er denn da tue. Und der Meister gab ihm zur Antwort: ›Sehen Sie nicht, dass in Ihnen für meine Unterweisungen gar kein Platz ist?‹« (Monbourquette, 2003, S. 60).
Sprache und Texte: Die Sprache ist das genuine Verständigungsmittel zwischen Menschen. Aber sie ist keine rein rationale Ausdrucksform, wie sie sich einige Philosophen wünschten. Sie enthält Unschärfen und Beimengungen, das Unbewusste formuliert immer mit. Am deutlichsten kommt dies bei den Versprechern zum Ausdruck, kleine Wortverdrehungen genügen, zum Beispiel »hochverkehrter Herr« statt »hochverehrter Herr«. Aber auch beim normalen Sprechen verraten wir viel über uns, auch wenn uns das nicht immer bewusst ist. Sprache informiert nicht nur über Sachverhalte, sie kann Gefühle, Atmosphären, komplexe Erlebnisse und Erfahrungen, Situationen und Zusammenhänge verdichten. Die poetische Sprache enthält viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten als die funktionale Sprache. Im gestalteten Text verbinden sich Inhalte mit Sprachrhythmus, Sprachmelodie, Sprachbildern und vielen anderen stilistischen Möglichkeiten. Die Möglichkeiten der Sprache können nun in der Beratung vielfältig genutzt werden. Einige Interventionsmöglichkeiten dazu: – Einen Erzählstrom zusammenfassen lassen (gut bei Personen, die ohne Punkt und Komma reden). – Komplexe Erfahrungen oder Erlebnisse in einen Satz, eine kurze Erzählung oder Geschichte transferieren, sie in eine Briefform übertragen. – Tiefes Erleben in einer Geschichte erfassen, zu einem Vierzeiler (Gedicht) verdichten. – Das tägliche Erleben in einem Tagebuch festhalten. Das hat eine kathartische Wirkung. Es hilft, die eigene Lebensbewegung in einigem Abstand
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
zu betrachten. Es ist ein Stück gelebte und dokumentierte Biographie. – Ausbildungstagebuch, hier können zum Beispiel die speziellen Erfahrungen eines Coachingprozesses dokumentiert werden. – Das Aufschreiben der (beruflichen) Biographie schafft oft weitere Einsichten in den eigenen Lebensweg und seine Skripte und Drehbücher. Es werden auf jeden Fall viele Informationen mit eingeschrieben, die in einem tabellarischen Lebenslauf oder auch in einem Fragebogen für Coachees nie auftauchen würden. – Erzählungen als Probehandeln, zum Beispiel in der Erzählung verschiedene Wege ausprobieren.
Neben der Eigenproduktion rangiert als gleichwertige Methode die Rezeption von Texten, das Lesen, Hören oder auch Inszenieren von Geschichten, Gleichnissen, Märchen, Mythen, Metaphern und Gedichten. Der Coach kann Leseempfehlungen aussprechen. Auch der Coach kann sich als Erzähler betätigen, seinem Klienten Geschichten erzählen, um ihm dadurch zu helfen, sein Problem von einer anderen Seite anzuschauen, neue Bedeutungszusammenhänge für sich zu erkennen usw. Der Coach kann solche Geschichten entweder aus einem Geschichtenbuch entnehmen oder selbst erfinden. Die eigenen Geschichten haben den Vorteil, direkt auf die individuelle Situation des Coachees zugeschnitten zu sein. Metaphern: Auch Sprach- bzw. Wortbilder helfen bei einem Perspektiv- und Bedeutungswechsel. Das gebräuchliche Wort für ein Erlebnis oder einen Sachverhalt wird durch ein anderes ersetzt, dass eine analoge Bildstruktur hat, zum Beispiel der Ausspruch »mir geht ein Licht auf« als analoger Ausdruck für das Verstehen eines Sachverhaltes. Der Coach kann die Bildung von Metaphern durch den Betroffenen selbst anregen, zum Beispiel: »Dieser Konflikt ist für Sie wie ein . . . « (z. B. Gewitter, Schattenboxen, Partisanenkampf)? Er kann aber auch selbst Metaphern anbieten, zum Beispiel: »Ich erlebe dieses Team hier wie eine Ansammlung schwer gerüsteter Ritter, die sich vor lauter Panzerung kaum noch bewegen können.« Das Bildhafte der Sprache erreicht leichter die subbewussten Schichten und lässt dadurch auch primärprozesshafte Anteile am Verstehensakt teilhaben. Metaphern können sich auf alles Mögliche beziehen, auf Menschen, Systeme, Beziehungen, Interaktionen und Prozesse: • »Als Leiter bin ich wie . . . « (z. B. Rumpelstilzchen). • »Meine Organisation ist wie . . . « (z. B. ein großer Tanker, der nur schwerfällig zu lenken ist).
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8.3 Die Kraft der Phantasie
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• »Mein Kollege ist wie . . . « (z. B. ein Fels in der Brandung). • »Unsere Beziehung ist wie . . . « (z. B. eine alte Bruchsteinmauer – ständig fallen lose Steine herunter). • »Coaching ist für mich wie . . . « (z. B. eine angenehme Kläranlage). Natürlich gibt es neben der Fragetechnik noch andere Möglichkeiten. Es können zum Beispiel auch einfache, bildhafte Selbst- oder Fremdbeschreibungen sein, zum Beispiel: »Ich trete auf der Stelle. In dieser Firma wird erwartet, ständig hochtourig zu laufen. – Die Einrichtung ist wie ein Irrgarten. Ständig verläuft man sich. – In unserem Team geht es zu wie in einem Taubenschlag. Ständig wechseln die Mitglieder.« Auch für den Lösungsprozess können Metaphern Nützliches leisten: »Bilden Sie eine Metapher für das Problem/eine Metapher für die Lösung/eine Metapher für den Veränderungsweg.« Die Brücke ist zum Beispiel eine Metapher für den Veränderungsweg. Sie verbindet das Alte mit dem Neuen ( s. Übung »Über diese Brücke musst du gehen«, Kapitel 3). Metaphern brauchen aber nicht in der Sprache stecken zu bleiben. Die Sprachbilder können in gemalte Bilder umgewandelt werden (z. B. ein eigenes Wappen malen, ein Symbol für sich finden und zeichnen).
Übungen zu Metaphern, Geschichten und Texten
Einstiegswappen: Kennenlernen ( Kapitel 3) Über diese Brücke musst du gehen: Übergang ( Kapitel 3) Die Tür zu neuen Wegen: Durchgänge ( Kapitel 3) Drinnen – draußen: Systemgrenzen ( Kapitel 4) Bild als Metapher: Selbstkonfrontation ( Kapitel 8)
8.3
Die Kraft der Phantasie
Es gibt viele Wege in das Schattenreich des unbewussten Selbst. Ich möchte mich hier auf die drei Königswege ins Unbewusste beschränken: Imagination, Traum und Trance.
8.3.1 Imagination Imagination bedient sich der Kraft der Vorstellungsbilder. Ihre Wirkungsmöglichkeiten reichen bis tief ins unbewusste und körperliche Selbst. Mit der Kraft der Imagination kann man sogar auf das Immunsystem einwirken (Psychotherapie bei Krebserkrankungen, Simonton et al., 1982; Achterberg, 1990). Ima-
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
gination ist nur sehr ungenau mit Phantasietätigkeit umschrieben. Gemeint ist hier ein psychischer Vorgang, der nicht nur visuelle, symbolhafte Bilder mittels der Vorstellungskraft erzeugt, sondern zugleich das gesamte Sinnensystem erfasst, also auch Gehörs-, Geruchs-, Geschmacks-, Bewegungs-, Tastund Orientierungssinn (Achterberg, 1990). Stellen Sie sich einfach einmal vor, Sie beißen in eine Zitrone. Welche Sinne und Ausdrucksimpulse werden dadurch angeregt? Jede innere Bewegungsvorstellung führt zu einer geringfügigen Aktivierung Ihres Bewegungsapparates. Innere Bilder wirken sehr viel stärker auf unser Unbewusstes als Worte. Der Imagination ist eine große Wirksamkeit zuzusprechen, weil sie eine Art Vermittlerfunktion einnimmt. Durch sie treten kognitive Funktionen (Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögen) mit Emotionen, unwillkürlichen Prozessen und körperlichen Vorgängen in Kommunikation (Richter, 1997a). Was immer ein Mensch sich vorstellt, es bewirkt eine körperliche Reaktion. Jede vorgestellte Bewegung führt zu entsprechenden Muskelkontraktionen. Aber auch die Umkehrung gilt, jede Bewegung mobilisiert Gefühle und Vorstellungen. Mit der Vorstellungskraft können Sie intensiv auf Ihren Körper einwirken. Die Vorstellungskraft kann ich also benutzen, um auf bestimmte Aspekte der eigenen Psychosomatik einzuwirken: – auf das Gefühl (»Ich bin ganz ruhig und entspannt«, s. Autogenes Training), – auf den Körper (»Meine Arme und Beine sind angenehm warm«, s. Autogenes Training), – auf den Willen (positive Suggestionen), – auf die Lebensfreude (z. B. Reisen an schöne Orte, in die Geborgenheit), – auf eine Krankheit (z. B. Imaginationen zu speziellen Krankheitsabwehrprozessen einsetzen), – auf die Symptombildung (Dialoge mit dem Symptom), – auf problematische Situationen (s. dazu die Identifikations- und Dialogtechniken, Kapitel 8).
Das Unbewusste spricht nicht auf rationale Argumente an. Es hat seine eigene Sprache. Die Botschaften aus dem Inneren des Selbst sind analog verschlüsselt, sind bildhaft, symbolisch oder metaphorisch. Die Imagination betritt ein Grenzgebiet zwischen rationalem Verstehen und analogem Gestikulieren. Die Imagination hat eine Brückenfunktion. Man kann sie in zwei Richtungen betre-
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8.3 Die Kraft der Phantasie
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ten. Sie transportiert Informationen ins Unbewusste, zum Beispiel die Formeln des Autogenen Trainings, die tief ins Körperliche hineinwirken. Sie empfängt Botschaften aus dem Unbewussten, zum Beispiel traumartige Bilder.
Imaginationsübungen
Über diese Brücke musst du gehen: Zielfindung ( Kapitel 3) Die Lösung aus der Zukunft: Zielvisionen ( Kapitel 3) Wirkungsforschung: Nebenwirkungen ( Kapitel 3) Begegnung mit dem inneren Beobachter: Selbstdistanzierung ( Kapitel 11) Energie aufladen: Energiegewinnung ( Kapitel 11) Selbstregeneration: Selbststärkung ( Kapitel 11) Konferenz des inneren Teams: Ensemble der inneren Rollen ( Kapitel 11) Die biographische Konferenz: Ressourcen ( Kapitel 11) Wunschpartner: Akzeptanz ( Kapitel 11) Bei der Technik des Visualisierens1 stellt sich ein Mensch ein bestimmtes Bild, eine Szene, ein Zustand, eine Kompetenz vor. Ein Beispiel: »Ich stelle mir vor, ich bekomme den vakanten Posten des Abteilungsleiters. Wie würde ich mich fühlen? Wie würde ich leiten? Wie würden meine Mitarbeiter reagieren usw.?« Im Prozess des Vorstellens entwickeln bewusste und unbewusste Anteile zusammen ein vollständiges Bild. Damit dies geschehen kann, sollte man eine möglichst entspannte Haltung einnehmen, sich vor Außenreizen schützen und beim Vorstellen des Wunschinhaltes möglichst viele Sinne beteiligen. Je mehr Sinnesqualitäten einbezogen werden können, umso besser. So wird ein Zielzustand zum Beispiel nicht nur gedanklich rekonstruiert, sondern gesehen, gefühlt, erlebt. Der visualisierte Inhalt wird dadurch energetisch aufgeladen. Weitere Visualisierungen können sich dann mit dem Weg zum Ziel befassen. Aber nicht nur Zukünftiges, Alternativen oder Wege können visualisiert werden, ebenso kann Vergangenes vergegenwärtigt und damit angeschaut und verändert werden.
Visualisierungsübungen
Wichtige Menschen: Beziehungen ( Kapitel 5) Wichtige Handlungen: Handlungshierarchien ( Kapitel 5) Bilder als Metapher: Selbstkonfrontation ( Kapitel 8) Prozess des Vergebens: Wut und Kränkung ( Kapitel 11) Ein sicherer Ort: Sicherheit ( Kapitel 11) 1 Um einem Missverständnis vorzubeugen: Ich verstehe darunter nicht Techniken des Veranschauli-
chens von Sachverhalten auf einem Flipchart oder mittels eines Beamers.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
In der Phantasiereise lernen die inneren Vorstellungsbilder laufen. Vorgestellt werden nicht mehr Bilder oder Szenarien, sondern Abläufe, meist Reisen in unbekannte Gefilde des inneren Erlebens. Dies können Rückreisen sein, zum Beispiel zu biographischen Ereignissen (Lebenspanorama), Reisen in die Zukunft (z. B. »Über diese Brücke musst du gehen«), Reisen zu besonderen Orten (Quellen der Kraft) oder Ratgebern (weiser alter Mann/weise alte Frau), Heilungsreisen, Identitäts- oder Sinnsuche. Meist beginnt eine solche Reise im Sitzen oder Liegen und die Augen werden geschlossen. Für viele Coachees dürfte die liegende Position erst einmal ungewohnt sein. Die Entspannung im Liegen geht aber meist schneller und tiefer. Dies fördert eine größere Beteiligung des Unbewussten. Ebenso durch die Stimme und Formulierungen kann der Coach den Grad der Intensität beeinflussen.
Phantasiereisen
Museumsbesuch: Identität ( Kapitel 5) So war das schon immer: Lebensdrehbücher ( Kapitel 6) Zeitenfahrstuhl: Biographie ( Kapitel 6) Die Zukunft ausmalen: Lebensziele ( Kapitel 6) Schutzhülle: Schutz ( Kapitel 6) Zu den Quellen der Kraft: Energiegewinnung ( Kapitel 11) Visualisierung des inneren Ratgebers ( Kapitel 11) 8.3.2 Tiefenimagination – Trancereisen In der Trance gleitet der Mensch aus dem gewohnten Bewusstseinszustand in einen erweiterten Bewusstseinszustand, der vom Alltagserleben abweicht. Trance ist ein Bewusstseinszustand stark fokussierter Aufmerksamkeit. Sanfte Trancezustände erleben wir regelmäßig im Alltag, wenn unser Bewusstsein leicht wegtritt, abschweift, sich nicht mehr voll mit der Außenwelt beschäftigt. Im Trancezustand erreichen wir tiefe Schichten des Unbewussten. Das eröffnet neue Perspektiven. Das Selbst kann sich umorganisieren, zum Beispiel Veränderungsprozesse anregen.2 Trance kann auf vielfache Weise eingeleitet werden, durch Sprache, Atmen, rhythmische Bewegungen, Trommeln oder Rasseln. Wir bevorzugen eine, für die Coachees zugegebenermaßen zunächst ungewöhnliche Methode, das 2 Neben dem individuellen Unbewussten erreicht eine tiefe Trance mitunter auch Bilder des kollektiven
Unbewussten. C. G. Jung (1957) hat dafür die Bezeichnung Archetypen gefunden. ArchetypischeBilder tauchen zum Beispiel auch in Mythen und Märchen auf. Der Aspekt des kollektiven Unbewussten wird im Coaching zwar registriert, selten aber auch damit gearbeitet.
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8.3 Die Kraft der Phantasie
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schnelle Trommeln oder Rasseln (ca. 210 Schläge pro Minute). Dabei verändert sich die Hirnstromfrequenz, man verfällt vom Wachzustand in einen Dämmerzustand. Bei dieser Art von Trance treten positive Nebenwirkungen auf: Der Blutdruck sinkt, Stresshormone werden abgebaut, Glückshormone ausgeschüttet (Richter u. Richter, 2005). In der Trance können Menschen in Regionen reisen, die normalerweise im Bereich des Unbewussten liegen. In der Regel leitet der Coach die Reise an, er begleitet sie aber nicht durch Sprache (wie bei den Phantasiereisen), sondern mit seiner Trommel (Rassel etc.). Deshalb müssen vor einer Trancereise eine Reihe von Aspekten mit den Coachees geklärt werden: • ein klarer innerer Auftrag, der positiv formuliert werden muss; • der äußere Rahmen, zum Beispiel die Art der Tranceinduktion; • Imagination eines wohlwollenden Reisebegleiters ( s. Übung »Reise in die Unterwelt«, Kapitel 6) und eines sicheren Ortes ( s. Übung »Ein sicherer Ort«, Kapitel 11) zur Absicherung des Reisenden; • Einstimmung in die Übung: Sie ist hier besonders wichtig. Indikationen: Bei tiefen inneren und sozialen Krisen und Entscheidungsschwierigkeiten, psychischen Verletzungen und Gekränktheit, starken, tief verwurzelten Gefühlen, Lebenserschütterungen (schwere Krankheit, Trauer, Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes), Kontakt zu inneren Kräften und Ressourcen, Sinnsuche und spirituelle Wegbegleitung sowie psychosomatischen Beschwerden kann man Trancereisen einsetzen.
Trancereisen
Reise in die Unterwelt: Kontakt zu unbewussten Themen ( Kapitel 6) Reise in die Oberwelt: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Reise zum höheren Selbst: nichtalltägliches Bewusstsein( Kapitel 6) Körperhaltung und Trance: intuitives Lösen ( Kapitel 8)
8.3.3 Träume Träume kann man auffassen als sich selbst erzählende metaphorische Interventionen aus dem Unbewussten. Deshalb wurde die psychotherapeutische Arbeit mit Träumen schon früh als Königsweg zu den unbewussten Regionen der Seele bezeichnet. Das Erzählen von Träumen spielte in vielen früheren Kulturen eine wichtige psychohygienische und spirituelle Rolle. Träume sind nach den Bedingungen des Unbewussten organisiert. Zeit und Raum bilden keinen logischen Erkenntnisrahmen, der Träumer kann zum Bei-
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spiel gleichzeitig in der Traumszene und als Beobachter auftreten. Die Sprache der Träume ist bildhaft und symbolisch. Wichtig sind auch die Traumatmosphären. Viele Coachees werden zunächst berichten, dass sie sich ihre Träume nicht merken können oder dass sie gar nicht träumen. Doch kann man lernen, seine Träume zu behalten. Ein erster Schritt könnte sein, seine Träume oder Traumfetzen beim Erwachen sofort aufzuschreiben. Ansonsten verschwinden Trauminhalte und Traumatmosphären schnell wieder aus dem Gedächtnis. Um bewusst zu träumen, kann man vor dem Einschlafen ein kleines Ritual durchführen. Das Träumen wird als eine Art Wesen behandelt, das der Einschlafende bittet, ihm Träume zu schicken. Dies Ritual ist besonders von Bedeutung, wenn man zu bestimmten Situationen oder Fragestellungen träumen will. Im Klarträumen kann es sogar gelingen, während des Träumens den Traumverlauf zu beeinflussen (Tholey, 1982; Tholey u. Utecht, 2000). Träume sind eine Möglichkeit der Erlebnisverarbeitung für das unwillkürliche Selbst. Über 80 % der Trauminhalte haben etwas mit dem Geschehen der letzten zwei bis drei Tage zu tun. Die Trauminhalte sind individuell, die benutzten Symbole sind nur im subjektiven Kontext zu verstehen, haben also keine eindeutige Zuordnung. Bei der Traumarbeit können folgende Schritte festgelegt werden: • Frage nach der Traumatmosphäre: In welcher Stimmung ist der Träumende aufgewacht, wie hat er sich während des Traumes gefühlt? • Genaue Beschreibung des Traumgeschehens und der Symbole. • Was hat das Symbol mit dem Träumer zu tun? Erfragen und Herstellen von Kontextbezügen: Man kann zum Traum assoziieren, sich mit dem Symbol oder mit einem Trauminhalt identifizieren, um mit ihm in einen Dialog zu treten. • Welche Ereignisse, Erfahrungen, Erlebnisse der letzten drei Tage können mit den Trauminhalten und Traumstimmungen in Verbindung gebracht werden? Besonders bei stark ängstigenden oder verwirrenden Träumen ist es wichtig, sich den Alltag anzuschauen, um zu erkennen, wo Bearbeitungsdefizite bestehen. Träume sind oft nur bruchstückhaft vorhanden oder sie bieten ein erschreckendes, unbefriedigendes Ende. Hier besteht die Möglichkeit, den Traum in einer Phantasiereise weiterzuträumen und dabei eventuell ein angenehmeres Ende zu imaginieren.
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8.4 Körperarbeit und Bewegungserfahrung
8.4
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Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Es gibt drei Formen der Körperarbeit und Bewegungserfahrung. Funktional-übendesVorgehen: Die zentrale Tätigkeit ist hier die Wiederholung. Dabei geht es um die Verbesserung von Beweglichkeit, Körperausdruck und Bewusstheit. Aber auch Atmung und Stimme, Entspannung und Meditation sind nur durch ein hohes Maß an Übung zu verbessern. Erlebnisorientiertes Arbeiten: Dabei werden Neugierde, Experimentierfreude geweckt und das Erlebnis- und Erfahrungsspektrum erweitert. Dieses Vorgehen stärkt die Kreativität, verbessert die Selbst- oder Umgebungskenntnis, erweitert den Möglichkeitsraum und eröffnet neue Handlungsperspektiven. Konfliktzentriertes Beraten: Durch die Körper- und Bewegungserfahrung werden die Leibarchive geöffnet, Konfliktkonstellationen wieder spürbar und damit für die Bearbeitung zugänglich. Emotionale Schlüsselszenen werden vergegenwärtigt und einer Lösung zugeführt.3 Alle drei Arbeitsformen werden für das Coachen gebraucht. Ein Coachee übt zum Beispiel ein Entspannungsverfahren (übendes Vorgehen), entdeckt neue Möglichkeiten, mit Kollegen umzugehen (erlebnisorientiertes Vorgehen, Lösungs- und Ressourcenorientierung) oder erlebt innere Konflikte, die ihn am effektiven Arbeiten hindern (konfliktzentriertes Arbeiten, psychodynamisches Betrachten). Körper- und Bewegungserfahrung ist im Wesentlichen Erleben an einer Grenze, Arbeit an der Grenze der Beweglichkeit, der Sensibilität, der Durchlässigkeit, aber auch der Kontakt- und Begegnungsfähigkeit. Es gibt verschiedene Zugangsweisen und Arbeitsformen für die Körper- und Bewegungserfahrung. Nicht alle sind geeignet für Coaching. In den folgenden Abschnitten beschreibe ich einige Interventionstechniken und medienbezogene Vorgehensweisen, die wirkungsvoll im Coaching eingesetzt werden können.
8.4.1 Entspannungsformeln zur Einstimmung in Übungen Viele Übungen und Experimente beginnen mit einer Entspannungsformel. Es sind Übungen, die eine gewisse innere Konzentration erfordern. Besonders Phantasiereisen und Imaginationen brauchen eine Überleitung aus dem angespannten Alltagsbewusstsein in einen entspannteren Bewusstseinszustand. Die 3 Zur Einführung: Petzold (1984), Hausmann u. Neddermeyeer (1996), Baer u. Frick-Baer (2001).
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Aufmerksamkeit ist dabei in der Regel nach innen gerichtet. So können die Botschaften aus dem Vorbewussten und Unbewussten besser empfangen werden und in umgekehrter Richtung können Veränderungswünsche, Leitsätze und Vorsatzbildungen in der Tiefe verankert werden. Die Intensität dieser Entspannung und der Grad der Fixierung auf das innere Geschehen reguliert die Tiefe des Erlebens bei der folgenden Übung. Bestimmt wird die Intensität des Übungserlebens auch von der Körperhaltung. Wird die Übung zum Beispiel im Sitzen oder Liegen durchgeführt? Ein dritter Faktor ist die Einstimmung: Wie spricht der Coach die Instruktion? Der Coach sollte nicht mit übertrieben gedehnter Stimme sprechen, aber auch nicht zu forsch. Nüchterne Ansprache und klare rationale Sätze verhindern Tiefe. Wählen Sie für die Einstimmung Ihrer Übung diejenige der folgenden Entspannungsformeln aus, die am besten zu den Coachees, dem Prozessstadium und der gegenwärtigen Situation passt. Machen Sie keine Übung, die Ihnen nicht zusagt: Entspannungsformel 1 »Legen Sie sich bequem hin und entspannen Sie (kleine Pause). Beginnen Sie damit, dass Sie die Augen schließen. Ihre Arme sind jetzt schwer – angenehm schwer. Und Ihre Beine sind schwer – angenehm schwer. Ihr ganzer Körper ist jetzt angenehm schwer. Und Sie fühlen sich ganz ruhig. Sie gehen tiefer in Ihre Ruhe – immer tiefer. Gedanken, die Ihnen gerade durch den Kopf gehen, lassen Sie los, sie fließen ab durch die Hände und durch die Füße, hinein in den Boden. Und Sie spüren, wie Sie dabei immer ruhiger werden, alles in Ihnen ist ganz ruhig. Beide Arme sind warm, angenehm warm. Ihr ganzer Körper ist jetzt behaglich warm. Sie genießen diese wohlige Wärme. Und während Sie diese Wärme genießen, spüren Sie immer mehr Ruhe. Alles in Ihnen ist jetzt vollkommen ruhig und warm und ganz schwer. Sie sind tief entspannt und Sie gehen noch tiefer in ihre Entspannung. Immer tiefer, bis Sie schließlich ganz tief entspannt sind, und ganz ruhig, und ganz warm, und ganz schwer.« Entspannungsformel 2 »Setzen Sie sich bequem hin. Schließen Sie die Augen. Achten Sie darauf, dass beide Füße fest auf dem Boden stehen. Spüren Sie die Festigkeit des Bodens.
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8.4 Körperarbeit und Bewegungserfahrung
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Lenken Sie ihr Bewusstsein auf das Atmen. Atmen Sie ein paar Mal tief ein und aus. Konzentrieren Sie jetzt Ihre innere Aufmerksamkeit auf das Gesicht. Spüren Sie noch Verspannungen? Dann spannen Sie das Gesicht an und lassen wieder los. Sie drücken die Augen fest zusammen und lassen wieder los. Nun bewegen Sie sich mit der inneren Aufmerksamkeit von Körperpartie zu Körperpartie. Sie beginnen beim Kiefer, spannen an und lassen wieder los. Sie gehen dann weiter zum Hals, spannen an und lassen wieder los und dann spannen Sie die Schultern, den Rücken, die Ober- und Unterarmen, die Hände, die Brust, den Bauch, den Unterleib, die Oberschenkel, die Waden und die Füßen an und lassen los. Am Ende dieser Körperreise sind alle Körperpartien gelöst und entspannt. Genießen Sie jetzt für einige Minuten diese Entspannung des Körpers, die sich einstellende Ruhe des Geistes. Sie fühlen sich ganz entspannt und innerlich frei.« Entspannungsformel 3 »Legen Sie sich gemütlich auf den Boden. Räkeln Sie alle noch vorhandene Anspannung weg. Konzentrieren Sie sich auf den Fluss Ihres Atmens, auf das Ein- und das Ausatmen. Seufzen Sie jetzt ein paar Mal tief und laut mit dem Ausatmen. Ihr Seufzer beginnt dabei oben im Kopf und geht hinunter bis in die Füße. Stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie in jeden Körperteil einen Atemzug der Entspannung schicken. Ihr Körper ist jetzt ganz entspannt und angenehm warm. Sie liegen einfach da, ganz entspannt und gelöst, Sie brauchen nichts tun, sich über nichts Gedanken oder Sorgen zu machen. Sie sind ganz entspannt und angenehm warm. Sie fühlen sich erfüllt von einem tiefen Gefühl des Friedens.« Entspannungsformel 4 »Legen Sie sich jetzt bequem auf den Rücken. Schließen Sie die Augen. Es gibt für Sie nichts weiter zu tun, nur daliegen, atmen und entspannen. Spüren Sie jetzt die Körperstellen, mit denen Sie auf dem Boden liegen, der Boden, der Sie trägt. Sie sind hier ganz sicher und aufgehoben. Alle Gedanken, die kommen, lassen Sie vorbeiziehen, alle Gefühle vergehen. Sie lassen alles vorüberziehen und kommen so mehr und mehr zu sich.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Ich zähle jetzt langsam rückwärts von zehn bis eins. Und Sie können sich dabei vorstellen, wie Sie tiefer und tiefer in Ihre Entspannung gleiten. Jede Zahl ist wie eine Treppenstufe, die Sie tiefer in die Entspannung führt. Sie kommen dabei immer stärker in Kontakt mit Ihrem Selbst. Ich beginne mit dem Zählen: Zehn, Sie gehen jetzt tiefer, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins. Ganz unten angekommen tauchen Sie ein in ein warmes ruhiges Wasser, das Sie trägt und angenehm umspült. Sie schaukeln in den Wellen und fühlen sich wohl und geborgen.«
8.4.2 Tonuszustände des Körpers: Spannung – Entspannung Entspannung wird häufig mit dem Fehlen von Energie verwechselt. Bei der Frage nach dem Tonus geht es aber um die rechte Spannung in der Polarität von extremer Spannung und Entspannung. Es scheint den meisten Menschen leichter zu gelingen, sich anzuspannen, sich also bewegungs-, arbeits- und kampf-, fluchtbereit zu machen, als loszulassen und unnötige Spannung wieder abzubauen. Umweltreize aktivieren permanent das Bewegungssystem und gleichzeitig blockiert das kognitive System die aktivierten Bewegungsimpulse. Wer zum Beispiel im Arbeitsprozess seine Gefühle ausagiert, hat mit Sanktionen zu rechnen. Die Kunst besteht also darin, sich in einen, der jeweiligen Situation angemessenen Spannungszustand einzufinden. Hilfreich sind hier zum Beispiel das Autogene Training, Progressive Muskelentspannung, Atemübungen und Meditation. Sie wirken zunächst entspannend, ihre wichtige langfristige Wirkung ist jedoch der Tonusausgleich, die Entwicklung der Fähigkeit, die innere Spannung in Balance zu halten. Es gibt viele Entspannungsverfahren. Ich beschränke mich hier auf drei Klassiker: das Autogene Training, die Progressive Muskelentspannung und die Meditation4. Die Wirkungen reichen von der Entspannung der Muskulatur über die Harmonisierung des vegetativen Nervensystems bis hin zur emotionalen Ausgeglichenheit und verbesserten Selbstkontrolle. In vielen Übungen aus anderen Bereichen (s. z. B. Atmen) werden diese Funktionen mit angesprochen. Entspannung an sich ist kein besonders erstrebenswerter Zustand. Anzustreben ist eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung oder Erregung und Beruhigung. Auch in einem anderen Zusammenhang sind Entspannungsformeln nützlich. Sie können dazu dienen, die Wirkung der Außenreize zu reduzieren, so dass sich ein Mensch ungestört seiner Innenwelt zuwenden kann, zum Beispiel um eine Phantasiereise erleben zu können oder starke innere Bilder kommen zu lassen. 4 Natürlich ist Meditation weit mehr als ein Entspannungsverfahren.
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8.4.3 Atmen Gestresste und nervöse Menschen haben eines gemeinsam, sie atmen zu schnell und zu flach. Sie bekommen deshalb nicht mehr Sauerstoff und werden weniger Kohlendioxyd beim Ausatmen los. Im Extremfall hyperventilieren sie. Ein gelassener, ruhiger Mensch atmet langsam, gleichmäßig und tief, zwölf bis achtzehn Atemzüge pro Minute. Körper und Geist werden dabei ausgeglichen, entspannt und frei von unangenehmen Zuständen. Atemfluss: »Versuchen Sie so oft es geht auf bewusste Weise lang, tief und ruhig ein- und auszuatmen. Hilfreich ist dabei, sich auf die Bewegungen des Bauches und Brustbereichs zu konzentrieren. Beim tiefen Einatmen hebt sich der Bauch, dann der mittlere und schließlich der obere Brustbereich. Stellen Sie sich dabei vor, wie jeder Atemzug den Körper mit neuem Leben erfüllt.« Atem und Gefühl: Die Atmung wird immer flacher. Mit dem Herunterfahren der Atmung, durch flaches Atmen versucht die Selbstregulation des Menschen Gefühle zu bremsen. Meist genügt es, den Coachee auf sein flaches Atmen aufmerksam zu machen. Wenn es darum geht, ein Gefühl zu verstärken, sollte der Coachee intensiver atmen. Er gibt damit seiner Wut, der Trauer, der Empörung, der Freude neue Nahrung. Das Gefühl kann wachsen, sich ausdrücken. Es gibt auch Situationen, in denen die Coachees zu schnell atmen (Hyperventilieren), zum Beispiel, wenn sie sehr aufgeregt sind, die Angst übermächtig wird. Bei diesem Muster wird nicht das Gefühl gebremst wie beim Flachatmen, sondern die Wahrnehmung verändert. Hier kommt es darauf an, eine Möglichkeit der Atemverlangsamung zu finden. Atem und Gespür: Die energetisierende Wirkung des Atmens kann auch durch innere Aufmerksamkeitslenkung ausgenutzt werden. Der Coach kann zum Beispiel seinen Coachee bitten, in eine bestimmte Körperregion hineinzuatmen. Dies hilft, sich in diesem Bereich besser zu spüren und Verspannungen loszulassen. Atem und Stimme: Heftige Atembewegungen aktivieren auch die Stimme. Gefühle, Atem und Stimme bilden einen Wirkungszusammenhang, der sich im stimmlichen Ausdruck entlädt, zum Beispiel vor Wut schreien, vor Lust oder Schmerzen stöhnen, aus Traurigkeit oder Enttäuschung weinen, vor Freude singen. Häufig ist jedoch dieser Dreiklang gestört. Vom leitenden Mitarbeiter erwartet man, dass er seine Gefühle flach hält und sich in seiner stimmlichen Expressivität moderat zeigt. Im geschützten Raum des Coachings braucht sich der Coachee dann nicht zurückzuhalten, kann mit Atem, Stimme und Gefühlen experimentieren.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
8.4.4 Meditation Meditation gibt es in den meisten Hochreligionen. Während sie in der christlichen Tradition eher ein Schattendasein führt, nimmt sie im Buddhismus eine zentrale Stelle ein. Seit dem 19. Jahrhundert werden buddhistische Meditationsformen auch im Westen zunehmend praktiziert. In den beiden letzten Jahrzehnten fanden Meditationstechniken auch Eingang in den klinischen Bereich (Kabbat-Zinn, 1990). Die Grundübung zur Meditation beginnt mit einer Aufmerksamkeitsfokussierung. Die Aufmerksamkeit wird auf ein Objekt, zum Beispiel den eigenen Atem, die Herzbewegung, einen Satz, ein Wort oder einen Gegenstand gerichtet. Gedanken, Empfindungen, Gefühle werden nicht verdrängt. Sie werden aber auch nicht festgehalten. Sie ziehen einfach vorbei und bleiben deshalb ohne Wirkung.
8.5
Bildnerisches Gestalten und die Arbeit mit Materialien
Bildnerisches Gestalten ermöglicht die Veranschaulichung innerer Bilder, emotionaler Zustände und psychodynamischer Prozesse. Auch die Ergebnisse von Wahrnehmungsprozessen, zum Beispiel von beobachteten Szenen, Kommunikationsprozessen, Konflikten, Beziehungen, Gruppen-, Team- und Organisationsansichten, oder Arbeitsprozesse können bildnerisch gestaltet werden. Bildnerisches Gestalten ist deshalb eine vielseitig einsetzbare Interventionsmöglichkeit. Die visuelle Gestaltung muss sich nicht nur auf das Malen beschränken. Auch andere Materialien können herangezogen werden, zum Beispiel Ton für das Modellieren von Figuren, Illustriertenbilder oder Naturgegenstände für die Zusammenstellung von Collagen, Steine für die Visualisierung von Konstellationen, Seile zum Legen von Prozessen und anderen Verläufen. Aspekte von bildnerischem Gestalten: Das Bild, die Gestaltung ist eine Botschaft von mir, über mich, an mich und an andere. Malen und Gestalten sind auch Bewegungen. Die innere Bewegtheit tritt im Prozess des Malens oder Gestaltens nach außen, wird zur motorischen Malbewegung. Malen und Gestalten sind Symbolisierungsvorgänge. Unter einem Symbolisierungsvorgang verstehe ich die Verdichtung von Imaginärem, Unbegreifbarem und Komplexen zu einer Form, die dem Gestalter etwas bedeutet (Individualsymbolisierung). Häufig gewinnt das Bild auch für andere Betrachter Bedeutung und gelangt durch Kommunikation zu einer intersubjektiv geteilten Bedeutung.
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8.5 Bildnerisches Gestalten und die Arbeit mit Materialien
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Es gibt sehr unterschiedliche Vorgaben für das Malen. Diese hängen ab von der Fragestellung, den Zielen, den Möglichkeiten des Coachees, der zur Verfügung stehenden Zeit und den eventuell noch beteiligten Personen. Typische Malaufträge sind: • Malen zu einem inhaltlichen Auftrag: »Malen Sie die Organisation, so wie Sie sie erleben. Malen Sie die Beziehung zwischen X und Y.« • Visuelle Vorgaben, zumBeispiel fängt der Coach ein Bild an und der Coachee soll es fortsetzen. • Geleitete Imagination: Hier wird ein Vorstellungsbild vorgegeben. Beispiel: »Stellen Sie sich vor, Sie liegen auf einer grünen Wiese, die Sonne scheint, Sie können das Gras riechen, Sie stehen auf und entdecken einen Pfad . . . « • Spontanes Malen: Dabei wird versucht, eine Art Direktschaltung zwischen innerer Dynamik und Malvorgang herzustellen. Beispiel: »Lassen Sie alle inneren Impulse, die in Ihnen aufsteigen, über Ihre Schultern, Arme, Hände über die Malkreide auf das Papier fließen.« Materialien des bildnerischen Gestaltens: Malen ist auch ein handwerklicher Gestaltungsvorgang. Daraus leiten sich dann einige praktischen Fragen ab: Welche Farben, welche Malwerkzeuge (Pinsel, Kreide, Filzer, Stift), welcher Maluntergrund (Papierart) sind angemessen? Eine Faustregel: Die Art des Malwerkzeuges korrespondiert mit dem Grad an Kognitivität oder Emotionalität eines Bildes. Ein Bleistift dient dem Zeichnen. Er spricht den kognitivintellektuellen Aspekt an. Ölkreiden sind weich. Man kann mit ihnen flächig und fließend malen. Der körperliche Resonanzbereich hierzu ist die Brust. Wasserfarben korrespondieren mit einem inneren Fließen und Tapetenfarben signalisieren auch schon einmal heftige Gefühle. Eine bildnerische Übung umfasst folgende Arbeitsschritte: Herstellen des Arbeitsplatzes: Der Coach bittet seinen Coachee, sich einen geeigneten Arbeitsplatz im Raum zu suchen und alle für die Malaktion notwendigen Mittel wie Papier, Kreide zurechtzulegen, damit später keine Störung entsteht. Mentale Einstimmung: Zweck und Verlauf der Übung werden erklärt. Der Coachee weiß dann, worauf er sich einlässt. Manchmal müssen auch Ängste und Bedenken der Coachees aus dem Weg geräumt werden, zum Beispiel wenn sie sich nicht so recht vorstellen können, wie sie mit dem Malen zurechtkommen können. Psychische Einstimmung: Sie beginnt oft mit einer Entspannungsinstruktion, damit die Aufmerksamkeit des Coachees sich ganz auf die Übung, zum Beispiel eine Phantasiereise, konzentrieren kann.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Instruktion: Hinführen zum Erleben, zum Beispiel: Der Coach spricht den Text für eine Phantasiereise in einer angemessenen Geschwindigkeit und Betonung. Gestaltungsphase: Der Coachee wird aufgefordert, seine Erlebnisse und Erfahrungen in einer bestimmten Weise zu Papier zu bringen. Auswertung: Diese benötigt in der Regel mehrere Arbeitsschritte. – Zum Einstieg erzählt der Coachee, wie es ihm bei der Übung und speziell beim Malen ergangen ist. – Der Bezug zum Bild wird hergestellt, zum Beispiel: »Wie geht es Ihnen jetzt mit dem Bild? Wie wirkt das Bild jetzt auf Sie?« – Das Bild erzählen lassen. »Stellen Sie sich vor, das Bild könnte von sich erzählen. Was würde es berichten?« – Bedeutungen herausarbeiten, zum Beispiel: »Welcher Teil des Bildes, welche Farbe, welches Symbol spricht Sie im Moment am meisten an? Gibt es Teile oder Aspekte im Bild, die Sie nicht mögen, die Sie irritieren oder die Sie nicht verstehen?« – Mit den Techniken der Identifikation und des Dialogs arbeiten. Beispiel: »Stellen Sie sich vor, Sie wären die blaue Figur in Ihrem Bild. Was könnte diese Figur sagen? – Assoziationstechnik: Hier geht es darum, Einfälle zu dem Bild zu entwickeln, zum Beispiel »Was verbinden Sie mit der Figur rechts im Bild?« – Ausschnittvergrößerung: Der Coachee wird gebeten, ein kleines Detail aus dem Bild zu vergrößern, indem er diesen auf ein neues Blatt malt. – Bilder vollenden, wenn Teile nicht fertig gemalt wurden. – Ein Fortsetzungsbild malen. »Wie könnte die Geschichte weitergehen? Malen Sie ein Bild dazu.« Oder: »Stellen Sie sich vor, Sie sollten das Bild in einem Jahr nochmals malen, wie sähe es dann aus?« – Das Bild in einen anderen Kontext stellen, zum Beispiel es an die Wand hängen, es einrahmen.
Natürlich gibt es auch intermediale Auswertungsmöglichkeiten. Statt im gleichen Medium weiterzuarbeiten, überträgt man die Erfahrungen in ein anderes Medium. Beispiele dazu: • die Bilddynamik in Bewegung umsetzen; • einen Satz, einen Text, ein Gedicht zu dem ganzen Bild oder einen Ausschnitt schreiben; • sich zum Bild eine Melodie, einen Rhythmus, einen Ton einfallen lassen; • aus der Bilddynamik eine kleine Szene entwickeln und inszenieren.
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8.5 Bildnerisches Gestalten und die Arbeit mit Materialien
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Die Arbeit mit den Bildern durchläuft während der Produktion und Auswertung mehrere Symbolisierungs- und Desymbolierungsprozesse: Im Prozess der Einstimmung und des Gestaltens finden das innere Erleben, Denken und Fühlen, die Erfahrungen und Erkenntnisse eine Ausdrucksform. Es entsteht eine symbolische Gestalt. Nach der Fertigstellung sitzt der Coachee seinem Bild gegenüber. Er spürt und erfährt die Botschaften, die es transportiert. Dieser Prozess kann durch entsprechende Interventionen noch vertieft werden. Im weiteren Verlauf muss das intuitive Begreifen in einen Reflexionsprozess überführt werden. Spätestens hier übernimmt die Sprache dann wieder die Funktion des zentralen Mediums.
Übungen zum bildnerischen Gestalten
Einstiegswappen: Kennenlernen ( Kapitel 3) Abschlussbilanz: Auswertung ( Kapitel 3) Übergangsbewegung: Einstiegsübung ( Kapitel 3) Das thematische Dreieck: Themenfindung ( Kapitel 3) Identitätssymbole: Identität ( Kapitel 3) Energiehaushalt: Energieverteilung ( Kapitel 3) Panoramatechnik: Lebensüberblick ( Kapitel 3) Das Bild des anderen: Fremdbild ( Kapitel 3) Organisation gestalten: Organisationsbild ( Kapitel 5) Organisationslandschaft: Organisationsnetz ( Kapitel 5) Rollenhaushalt: Rollenvielfalt erheben ( Kapitel 5) Ich-Funktionen: Ich-Spektrum ( Kapitel 5) Selbstporträt: inneres Bild ( Kapitel 5) Karriereschlüssel: Karriereplanung ( Kapitel 6) Polaritätenfenster: Lebensbereiche ( Kapitel 6) Mit zwei Händen malen: Polarität ( Kapitel 6) Teamprobleme: Problemansichten ( Kapitel 9) Übungen zur Materialgestaltung
Betrachtung einer Schwierigkeit: Themenfindung ( Kapitel 3) Lang und rund: Rückschau ( Kapitel 3) Kontakt mit der inneren Organisation: Zustandsdiagnose ( Kapitel 3) Ansichtssache: Atmosphären ( Kapitel 5) Systemhaus: Organisationsdiagnostik ( Kapitel 5) Wie bin ich organisiert: innere Situation ( Kapitel 5) Polaritätenhaushalt: Diagnose ( Kapitel 6) In der Polarität leben: Balance ( Kapitel 6)
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
8.6
Symbolische Interaktion, Aufstellen und Skulpturieren
Die symbolische Interaktion weckt bestimmte, im Leib archivierte Erlebnismuster. Die Grundstruktur einer symbolischen Interaktion ist analog. Ein Beispiel dazu: Der Coach bittet eine Person in die Hocke zu gehen. Eine zweite Person stellt sich in voller Größe neben sie. Die große Person nimmt die Hand der kleinen. Diese Struktur evoziert ein altes Erlebnismuster, das fast alle Menschen kennen: klein (hilfsbedürftiges Kind) und groß (starker Erwachsener). Solche symbolischen Szenen enthalten eine analoge, kulturell vorgegebene Struktur, die bei vielen Menschen Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle wachruft. Übungen aus dem Bereich der symbolischen Interaktion reduzieren die Komplexität solcher Schlüsselszenen. Sie kommen oft mit ganz wenigen Elementen aus wie zum Beispiel groß – klein, nah – fern, festhalten – loslassen, schieben – ziehen. Übungsbeispiele
Wer nicht hören will, muss fühlen: psychische Belastung ( Kapitel 3) Beziehungsaufträge: innere Aufträge ( Kapitel 4) Was ich in der Organisation brauche: Grundbedürfnisse ( Kapitel 5) Beziehungshomöostase: Paarbalance ( Kapitel 4) Aufstellen und Skulpturieren: Aufstellungen und Skulpturen sind auch symbolische Interaktionen. Sie sind das Ergebnis früherer Beziehungserfahrungen, die immer auch in einem Beziehungsraum stattfanden. Die skulpturierte Befindlichkeit oder Haltung sind somit verkörperte Raumerfahrungen verinnerlichter Beziehungskonstellationen. Ich halte und verhalte mich im Raum zu Anwesenden. Die verkörperte Haltung ist auch immer ein Beziehungsangebot. Raum und Position sind also die Grundelemente von Aufstellungen und Skulpturierungen. Die Aufstellung begnügt sich dabei mit dem Aspekt der Positionierung im Raum. Die Mitspieler einer Aufstellung werden nur nach den Kriterien Nähe – Distanz, Abwendung – Zuwendung bzw. Blickwinkel aufgestellt. Die Aufstellung vertraut also ganz auf die Konstellationen im Beziehungsraum. Das Erstaunliche ist, das die so in einem System Positionierten in der Lage sind, die mit der Position verbundenen Gefühle und Empfindungen wahrzunehmen, als hätten sie die soziale Konstellation selbst erlebt. Bei dem sozialen Skulpturieren kommen zusätzlich zur Positionierung noch weitere Ausdrucksmittel hinzu, Gestik und Mimik, Berührung, Oben und Unten. Hierdurch werden neben dem Erleben der Position auch Handlungsimpulse spürbar. Vom Handlungsimpuls zur Bewegung ist es dann nicht mehr weit, die Skulpturierung geht über in eine szenische Interaktion.
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8.6 Symbolische Interaktion, Aufstellen und Skulpturieren
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Ich bevorzuge die vielfältigen Möglichkeiten des Skulpturierens und werde mich deshalb bei der weiteren Beschreibung darauf konzentrieren. Das Skulpturieren ist eine • Körperübung: Leibarchive und Bewegungserfahrung werden fokussiert. • Beziehungsintervention: Skulpturen verweisen immer auf aktuelle, vergangene oder zukünftige Beziehungserfahrungen oder Beziehungen. Die Skulpturierungstechnik kann auf ganz vielen Gebieten nutzbringend eingesetzt werden: – Skulpturierung von inneren Einstellungen, Befindlichkeiten und Erfahrungen zur Klärung. – Skulpturieren als Empathiehilfe, zum Beispiel sich in seinen Vorgesetzten (Kollegen, Ehepartner etc.) hineinversetzen, seine Haltung einnehmen. – Skulpturieren als Feedbackspiegel: A skulpturiert B so, wie er C sieht und erlebt. C kann sich dann die Skulptur anschauen und dieses Fremdbild mit seinem Selbstbild vergleichen (»Wie würde ich mich selbst skulpturieren?«). – Skulpturieren von Systemen, also Beziehungen, Teams, Abteilungen, Organisationen, Kontexten, Wechselwirkungen. – Skulpturieren für die Zukunft, zum Beispiel eine Ist-Soll-Skulptur. Im ersten Teil skulpturieren, wie etwas jetzt aussieht, funktioniert, und im zweiten Teil, wie man sich wünscht, dass es in einem bestimmten Zeitabstand, etwa einem Jahr, sein soll (s. o.). – Interzeitskulpturen, zum Beispiel mehrere Generationen einer Familie, die Reihe der Chefs (vom Gründer bis zum jetzigen Leiter) skulpturieren.
Perspektiven des Skulpturierens: Skulpturierung ist eine vielseitige Interventionstechnik. Je nach der Perspektive, aus der heraus sie gestaltet wird, offenbart sie zum Beispiel Beziehungsprobleme, Einstellungsschwierigkeiten, Kommunikationsstörungen, psycho- oder soziodynamische Szenarien. In der Regel fließen mehrere Perspektiven in die reale Gestaltung einer Skulptur zusammen. Liste der Skulpturierungsperspektiven: Skulpturieren als Vergegenwärtigen: Die Perspektive dieser Skulpturen ist die Vergangenheit, das Dort und Dann. Nichtanwesendes wird durch eine
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Skulptur präsentiert und vergegenwärtigt. Beispiel: In einer Teamsitzung wird ein Teilnehmer aufgefordert, mit Hilfe der übrigen Kollegen das Team so zu skulpturieren, wie er es vor zwei Jahren erlebt hat. Aktuelle Skulpturen: Die Präsentationsperspektive ist das Hier und Jetzt. Ziel ist hier, innerpsychische oder interaktive Aspekte einer Gruppe herauszuarbeiten. Beispiel: Positionieren Sie Ihre Teamkollegen so im Raum, wie Sie Nähe und Distanz in Ihren Beziehungen erleben. Skulpturieren von Aspekten des Selbst: Alles, was eine Peson über sich empfindet, fühlt, denkt, phantasiert, erinnert, erfährt, erlebt, kann zum Gegenstand einer Innenweltskulptur werden. Natürlich lässt sich auch das innere Team ( s. Kapitel 11) skulpturieren. Beispiel: Der Coachee wird gefragt, wie er sich gefühlt hat, als er das erste Mal Herrn X begegnete. Er soll dieses Gefühl in einer Skulptur zum Ausdruck bringen. Skulpturieren von Aspekten der Außenwelt: Außenweltskulpturen verkörpern einen gegenwärtigen oder vergangenen Aspekt der Erfahrungswelt eines Coachees oder einer Gruppe. Das können Erfahrungen, Beziehungserlebnisse, Arbeitsaspekte, Teams, Vorgesetzte sein. Selbst- und Fremdskulptur: Hier ist die Frage, ob die Skulptur vom Coachee selbst verkörpert wird oder andere Menschen ihren Leib für die Skulptur zur Verfügung stellen. Bei der Selbstskulptur verkörpert der Coachee selbst einen Aspekt von sich. Bei der Fremdskulpturstellung gestalten andere Menschen die Skulptur. Sie kann zum Beispiel dem Coachee als Spiegel vorgehalten werden. Beispiel: A wird gebeten, B’s Beziehung zu C, so wie er sie wahrnimmt, mit zwei anderen Gruppenmitgliedern zu skulpturieren. Beispiel: Aufforderung, mit zwei Gruppenmitgliedern die Beziehung von Coachee und Vorgesetzten zu skulpturieren.
Zur Technik: In der Regel modelliert ein Protagonist eine oder mehrere Personen und ordnet die so entstanden Skulpturen im Raum einander zu. Die Zuordnung geschieht zum Beispiel • nach der Entfernung: Nähe bzw. Distanz als Symbol emotionaler Bezogenheit; • nach der Höhe: oben und unten als Symbol hierarchischer Strukturierung oder emotionaler, persönlicher Reife; • nach ihrer Ausrichtung im Raum: dem Grad der Hin- und Abwendung zu anderen Personen. Beispiele: Ein Teammitglied wird gebeten, sein Team so zu skulpturieren, wie es dies wahrnimmt. Oder: Ein Mitglied der Coachinggruppe benennt sein
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8.7 Musik
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Teamproblem. Es sucht sich für jedes Teammitglied einen Stellvertreter unter den Gruppenteilnehmern aus. Mit ihnen stellt und skulpturiert er sein Team. Oder: Jedes Teammitglied findet seinen Platz im Teamraum, richtet sich aus und geht in seine Teamhaltung. Oder: Ein Außenstehender, zum Beispiel der Abteilungsleiter, wird gebeten, ein ihm unterstelltes Team zu skulpturieren. Ist die Skulptur fertiggestellt, werden die einzelnen Protagonisten befragt, wie es ihnen geht und was für Gedanken, Gefühle Bilder und Assoziationen ihnen gekommen sind, als sie in die Positionen und Haltungen gestellt wurden. Haben die Mitspieler Hypothesen darüber, warum sie vom Coachee ausgerechnet für diese Position ausgewählt wurden? Der Coachee, also der Initiator der Skulptur, hört sich diese Resonanzen an, überprüft, was er davon schon kennt und was für ihn neue Informationen sind. Er kann, um die Botschaft einer der Positionen besser zu verstehen, mit dem bisherigen Positionsinhaber tauschen, also selbst zum Teil der Skulptur werden. Zu jeder Ausgangsskulptur kann man in einem zweiten Durchgang auch eine Wunsch- oder Zielskulptur stellen, zum Beispiel das Team der Zukunft. Wenn Zuschauer dabei sind, können diese auch Feedback geben. Sie können auch ihre eigene Resonanz überprüfen, zum Beispiel: Mit welcher Position in der Teamskulptur habe ich mich am stärksten identifiziert? Wenn Skulpturen eingefrorene Beziehungshaltungen in einer bestimmten räumlichen Zuordnung darstellen, ist es natürlich auch möglich, diese wieder zu dynamisieren und zu redramatisieren. Skulpturierungsübungen
Identitätsskulptur: Identität ( Kapitel 3) Beziehungsgestaltung: Rollensoziogramm ( Kapitel 4) Teamhaltung: Positionieren ( Kapitel 9) Seinen Platz im Team finden: Positionen bestimmen ( Kapitel 9)
8.7
Musik
Musik ist ein Spannungsmedium. Sie stimuliert intensive Gefühle, modelliert Stimmungen und kann psychische Zustände der Spannung und Endspannung auslösen. Musik ist ein Kommunikationsmedium. Es bietet vielfältige Möglichkeiten, sprachlich schwer fassbare Stimmungen, Gefühlslagen, Visionen oder noch nebelhafte Phantasien auszudrücken. In der Interaktion können Zwischentöne vernommen, neue Töne ausprobiert werden, Beziehungssphären improvisiert werden.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Musik kann verändernd in physiologische Prozesse eingreifen, zum Beispiel Veränderungen des Blutdrucks, Beeinflussung der Gehirnströme und des vegetativen Bereichs. Musik kann natürlich auch ablenken, besänftigen, umleiten, zum Träumen einladen. Musik schult außerdem die Wahrnehmungsfähigkeit, die Sensibilität und Bewusstheit. Im Coaching kann Musik in zwei Modalitäten eingesetzt werden: 1. Rezeptiv – Musik hören und wirken lassen: Musik zur Einstimmung. Sie soll die Coachees in eine erwünschte Stimmung versetzen. Musik wird oft zur Entspannungsstimulierung eingesetzt oder als Untermalung von Phantasiereisen. Musik dient zur Stimulierung von Bewegungsübungen oder Malen. Hier empfiehlt es sich, dass sich der Coach eine eigene Sammlung von Musikbeispielen zulegt, in denen er sich auskennt und zu denen er auch selbst einen Zugang hat. 2. Aktiv – selbst Musik machen oder sich daran beteiligen: Der Coach kann natürlich auch das Instrument selbst in die Hand nehmen, zum Beispiel Rhythmusinstrumente, Gitarre oder Klavier. In einer Reihe von Übungen in diesem Buch werden Rhythmus- und Tranceinstrumente benutzt, zum Beispiel Trommeln, Rasseln oder Gongs.
Trommeln: Mit Trommeln lassen sich relativ einfach Trancezustände erzeugen. Um diese Form der Trance zu erreichen, ist in der Regel eine schnelle, relativ monotone Schlagfolge von 205 bis 220 Schlägen pro Minute notwendig (Harner, 1994; Uccusic, 1993). Dieser Rhythmus erzeugt wie bereits erwähnt hirnphysiologische und vegetative Veränderungen (Richter u. Richter, 2006). Trommeln haben eine bewegungsinduzierende Wirkung.Werden die expressiven Bewegungsimpulse unterbunden, so bewirken sie eine innere Bewegung, das Psychische gerät in Resonanz. Die Aktivierung ist zunächst unspezifisch. Sie stößt keine bestimmten Themen an. Man erlebt sich entspannt und zugleich äußerst wach. Erst wenn ein Mensch sich mit einer inneren Absicht und in einem festen rituellen Rahmen auf die Trancereise begibt, bekommt er intensiven Kontakt mit den Bildern des Unbewussten. Bewährt haben sich als Ziel Reisen in die Unter- und die Oberwelt (Harner, 1994; Uccusic, 1993). Die Reisenden liegen entspannt und folgen dem Trommelrhythmus durch einen Tunnel in die Unterwelt oder steigen auf in die Oberwelt (s. die Übungen »Reise in die Unterwelt« und »Reise in die Oberwelt«). Das Erleben ist traumartig. Sie können dort jene Antworten oder Impulse bekommen, die sie brauchen, um ihr weiteres Leben zu bewältigen. Die Trancereise kann auch in einer archetypischen, rituellen Körperhaltung vorgenommen werden. Abbildungen und Statuetten solcher rituellen Körperhaltungen wurden in fast allen alten Kulturen gefunden. Man hat mittlerweile
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8.7 Musik
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mehr als siebzig solcher Haltungen erforscht und auf ihre Wirkung hin überprüft (Goodman u. Nauwald, 1998; Nauwald u. Goodman, 2004). Welcher Themenbereich bevorzugt auftaucht, korreliert mit der gewählten Körperhaltung und der Absicht der Trancereise. Diese Rituale sind allerdings sehr aufwändig und für viele Coachees erst gewöhnungsbedürftig. Ich habe anstelle von archetypischen Körperhaltungen mit themenspezifischen, individuellen Körperhaltungen in Kombination mit Trancebewusstsein erfolgreich experimentiert. Trancereisen
Reise in die Unterwelt: unbewusste Themen ( Kapitel 6) Reise in die Oberwelt: einen geistigen Begleiter finden ( Kapitel 6) Reise zum höheren Selbst: Kontakt mit dem höheren Selbst ( Kapitel 6) Körperhaltung und Trance: Unterstützung aus dem Unbewussten ( Kapitel 7) Rasseln: Das schnelle Rasseln (210er Beat) hat eine ähnliche Wirkung auf die Gehirnwellen wie das Trommeln. Es fehlen allerdings die Obertöne. Dafür hat die Rassel einige Vorteile: • Das Rasseln ist über eine längere Zeitstrecke nicht ganz so anstrengend wie das Trommeln. • Rasseln nehmen weniger Platz ein und können deshalb auch im kleinen Medienkoffer mitgeführt werden. • Sie sind nicht so laut und vor allem nicht so durchdringend wie Trommeln und deshalb auch weniger störend für die Nachbarschaft. • Eine Rassel lässt sich leichter auch für den Eigengebrauch benutzen (Rasseln für sich selbst). Deshalb können Rasseln den Coachees auch einmal mitgegeben werden zum Weiterüben. • Rasseln lassen sich leichter als Begleitinstrument für Imaginationsexperimente und Phantasiereisen einsetzen. Sie können mit einer Hand gespielt werden. Gongs: Ein drittes hochwirksames Resonanzinstrument ist der Gong. Er bringt den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes zum Schwingen. Der angeschlagene Gong füllt den Raum aus und berührt den Hörer, nicht nur akustisch. Stark angespielt ist er am ganzen Körper zu spüren. Gongs mit großem Klangvolumen erzeugen das Gefühl zu fliegen oder in einen grenzenlosen Raum einzutauchen. Es entsteht ein tranceartiger Zustand. Auf seinen Klängen kann die Phantasie sich leicht entfalten, sich auf Reisen begeben. Nicht zuletzt durch das enorme Klangvolumen und den Reichtum an Obertönen bringt er die Psyche in starke Resonanzen. Vieles kommt in Bewegung. Man kann sich gegen die Klänge des Gongs nur schwer abgrenzen.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Die Leichtigkeit, mit dem sich durch Gongklänge Resonanzbewegungen im Menschen erzeugen lassen, macht dieses Instrument auch interessant für die Coachingarbeit, bringt die in ihren Sachzwängen erstarrten Coachees in innere Bewegung. Allerdings werden die Klänge nicht von allen Hörern als Befreiung erlebt. Wenn diese bewegende Klangumhüllung zu schnell und unvorbereitet kommt, kann sie auch Angst auslösen. Es ist deshalb wichtig, neben diesen Klangvolumen helle, grenzensetzende Töne mit geringem Klangvolumen einzusetzen, die mögliche Überflutungsgefühle kanalisieren können. Noch mehr als bei der Rassel und Trommel bedarf es einer gründlichen Erklärung und Vorbereitung. Ob sich ein Coachee auf ein solches Abenteuer einlässt, hängt nicht zuletzt von der Tragfähigkeit der Beziehung und der Glaubwürdigkeit des Coach ab. Ich biete Gongs im Coaching gern Personen an, die experimentierfreudig sind, aber zugleich festgefahren oder emotional und kognitiv eingeengt. Ich habe gute Erfahrungen gemacht mit vier Experimentalformen: 1. Die Gong-Resonanz energetisiert einzelne Körperbereiche, bringt sie in Schwingungen, lockert sie und aktiviert in diesen Zonen das Körpergedächtnis. 2. Resonanzerleben verbindet sich mit einer Phantasiereise, mit gezielten Imaginationen. 3. In einer tranceartigen Gong-Resonanz entstehen innere Bilder, die die Qualität von Traumgeschehen haben. Sie können später erzählt oder auch gemalt werden. 4. Die Gong-Resonanz führt über die innere Bewegung zur äußeren Bewegung. Menschen bewegen sich nach den Klängen des Gongs.
8.8
Rituale
Rituale sind Handlungen, die nach einem bestimmten, wiederholbaren Muster vollzogen werden und in einer besonderen Atmosphäre stattfinden. Rituale schaffen einen symbolischen Raum zwischen Heute und Morgen, Innen- und Außenwelt, zwischen Bewusstem und Unbewussten, zwischen den willkürlichen und unwillkürlichen Aspekten eines Menschen. Die Aufgabe von Ritualen ist die Herstellung von Verbindungen, sie initiieren Übergänge (Initiationsriten). So schaffen zum Beispiel religiöse Riten Verbindungen zur göttlichen bzw. spirituellen Welt. Man denke zum Beispiel an ein Gebet, Gottesdienst, Versenkung in Trance. Rituale dienen als Übergangsmedium bei Hochzeiten, Geburten und Geburtstagen, Eintritt in das Berufsleben. Sie geben Abschieds-
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8.8 Rituale
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und Trauerprozessen eine Form und unterstützen Wachstums- und Integrationsprozesse. Rituale sind nicht identisch mit Lebensgewohnheiten. Gewohnheiten sind unwillkürliche Ablaufmuster, die das Nachdenken über Handgriffe und Handlungsabläufe ersparen, zum Beispiel die morgendliche Toilette, das Frühstücken, die Fahrt zur Arbeit. Rituale schaffen hingegen ein Bewusstsein für den Übergang. Sie ermöglichen einen symbolischen Raum. Häufig werden hier starke Gefühle zugelassen und verwandelt (z. B. bei Abschieds- und Trauerritualen). Leben bedeutet ja auch, sich ständig zu verändern, sich vom Gewohnten zu trennen, dem Unbekannten in die Augen zu schauen, sich umzuorientieren und neu zu integrieren. Leben ist also ein ständiges Überschreiten von Schwellen. Genau das passiert in Coachingprozessen, wo sich der Coachee zumutet, alte Lebens- und Arbeitsformen aufzugeben und neue zu suchen und zu gestalten. Jede Coachingsitzung beginnt mit einem kleinen Ritual. Der Coachee muss sich von seiner Alltagssituation auf das Beratungsszenarium umstellen. Die Aufgabe des Einstiegsrituals ist es, dem Coachee dabei zu helfen im Beratungsraum anzukommen, seine Aufmerksamkeit auf ein Thema zu fokussieren und dabei mit seinen Gefühlen umzugehen. Hilfreich ist die Wiederholung. Der Coachee weiß, welches Begrüßungs- und Einstiegsritual ihn erwartet. Das verschafft ihm eine gewisse Sicherheit in einem an sich sehr unsicheren Terrain. Es gibt eine Reihe von Übergangssituationen im Verlauf eines Coachings, die durch ein Ritual leichter zu bewerkstelligen sind. Ein Ritual ist zum Beispiel hilfreich bei Rollen- und Identitätsveränderungen im Zusammenhang mit einer Beförderung oder bei der Überwindung von sich wiederholenden Kränkungsszenen oder Konfliktsituationen. Auch zur Unterstützung der Wirkung von bestimmten Übungen sind Rituale im Coachingprozess nützlich, zum Beispiel bei intensiven Phantasie- und Trancereisen. Hier geht es vor allem darum, eine Veränderung der Aufmerksamkeitsrichtung und des Bewusstseins zu erleichtern. Der Blick wendet sich nach innen. Jedes Ritual braucht eine klare Struktur und verlässliche Rahmenbedingungen, eine klare innere Einstellung und eine deutliche Zielsetzung, einen klaren Anfang und ein klares Ende. Folgende Phasen des Rituals lassen sich unterscheiden: Vorbereitungsphase: Ziel ist die Planung und Vorbereitung eines Rituals. Dazu gehört die Zielfestlegung und die Auswahl des Rituals (Beispiel: Trauerritual). Kann dabei auf ein traditionelles Ritual zurückgegriffen werden oder muss ein passendes Ritual neu konzipiert werden? Festgelegt werden müssen Ort und Zeitpunkt des Rituals, Gegenstände und Medien (z. B. Musikinstrumente), mit denen gearbeitet werden soll. Soll es ein Einzel-, Gruppen- oder Großgruppenritual werden? Die Teilnehmer/-rinnen müssen eingeladen werden.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Einstiegsphase: Ziel ist das Fokussieren der inneren Aufmerksamkeitsrichtung der Beteiligten, die Schaffung eines gemeinsamen Energiefeldes. Die Ritualteilnehmer lösen sich aus ihren bisherigen Alltagszusammenhängen und Kontexten. Sie betreten einen neuen Raum. Der Ritualraum kann zum Beispiel durch energetisierende Düfte, symbolisch bedeutsame Gegenstände vorbereitet werden. Er kann auch ganz einfach entstehen, indem sich eine Gruppe mit einer bestimmten Absicht in einen Kreis stellt (s. Einstiegsritual). Zur Vorbereitung können Musik, Tanzen, Gedichte und Texte einbezogen werden. Wichtig ist, dass hierdurch ein Energiefeld vorbereitet wird und eine besondere Atmosphäre entstehen kann. Durchführungsphase: Ziel ist es, durch die Ritualhandlungen eine symbolische Wandlung vollziehen. Rituale arbeiten mit Energie. Die Energie folgt immer der Aufmerksamkeit. Rituelle Handlungen müssen also so gestaltet werden, dass sie die Aufmerksamkeit und damit die Energie umlenken (z. B. von einer Problem- zu einer Lösungsperspektive). Im Ritual hat jede Handlung, jede Bewegung, jedes Wort, jedes Symbol eine bestimmte Bedeutung, das heißt wird mit Energie versehen. In einem Abschiedsritual wird so zum Beispiel die Energie durch einen kanalisierten Trauerprozess umgeleitet. Das Loslassen der alten Beziehung ermöglicht, die Aufmerksamkeit und Energie von der Vergangenheit auf Gegenwart und Zukunft zu richten. Aufarbeitungsphase: Ziel ist die Rückkehr und Verankerung der Veränderung. Oft muss der Psyche Zeit gelassen werden, damit sie sich in der neuen Zielumgebung einrichten kann. Die Verankerung der Wandlung kann zum Beispiel durch eine kleine Feier geschehen. Als Beispiel mag hier der Versuch eines Rauchers dienen, sich mittels eines Rituals von seiner Gewohnheit zu lösen ( s. Ritualübungen). Ritualübungen
Beziehungsklärung: Absichtserklärungen ( Kapitel 4) Reise in die Unterwelt: Kontakt zu unbewussten Themen ( Kapitel 6) Reise in die Oberwelt: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Körperhaltung und Trance: intuitives Lösen ( Kapitel 6) Schutzhülle: Schutz ( Kapitel 6)
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
8.9
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Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
Symbolisieren Symptome sind Symbole
Erfahrungsfeld: Symbolverstehen Ziel: über ein Symbol zum Verstehen des Symptoms und seiner Auflösung kommen Modus: Einzelübung Material: Papier, Kreide Medium: Symbolisierung Zeitbedarf: 45 Minuten
Instruktion: »Beschreiben Sie Ihr Symptom. Wie äußert es sich? Wie sieht es aus, wie hört es sich an, wie riecht oder schmeckt es, wie fühlt es sich an? Was für gute und nicht so gute Erinnerungen haben Sie an das Symptom? Hat das Symptom auch einen Namen? Ich meine nicht den offiziellen (z. B. Kopfschmerzen), sondern einen, der Ihnen gerade spontan einfällt. Finden Sie nun ein Symbol, dass zu Ihrem Symptomnamen passt (z. B. Schraubzwinge für die Kopfschmerzen). Skizzieren Sie mit wenigen Strichen Ihr Symbol. Gehen Sie jetzt in einen Dialog mit dem Symbol. Sprechen Sie zu dem Symptom, sagen Sie ihm, was Sie von ihm denken und wie Sie es erleben. Lassen Sie das Symptom antworten, so als wäre es ein leibhaftiges Gegenüber. Es wird Ihnen vielleicht sagen, wie es Sie sieht, welche Funktion es (das Symptom) hat und worauf es aufmerksam machen will. (Beispiel: Ich heiße Idefix und bin die Schraubzwinge um Karls Kopf, ich bereite ihm Kopfschmerzen. Karl: Das machst mir richtig schlimme Kopfschmerzen, ich würde gern verstehen, wozu das gut sein soll? Idefix antwortet.) Mit ein wenig dialogischem Geschick werden Sie die Funktion Ihres Symptoms dabei erkennen und sich Lösungen auf zwei Ebenen suchen: 1. auf der symbolischen Ebene (im Beispiel: die Schraubzwinge an den ihr gebührenden Platz im Werkzeugschrank hängen), 2. auf der realen Ebene (z. B. Bedingungen schaffen, in denen die kopfschmerzauslösenden Spannungen nicht mehr auftreten).«
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Metapher Bild als Metapher
Erfahrungsfeld: Selbstkonfrontation Ziel: Konfrontation mit der gegenwärtigen Lebenssituation Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Visualisierung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung/Instruktion: »Gibt es etwas, was Sie unbedingt über sich wissen wollen? Denken Sie eine Weile darüber nach. Lehnen Sie sich dann in Ihrem Stuhl zurück, schließen die Augen und entspannen sich. Wenn Sie ruhig geworden sind, lassen Sie vor Ihrem inneren Auge ein Bild entstehen. Warten Sie nicht auf ein besonderes Bild, sondern akzeptieren das erste Bild, das Ihnen in den Sinn kommt, sei es ein Gemälde, ein Foto, ein Wort, ein Klang oder eine flüchtige Empfindung. Lassen Sie dies innere Bild klarer werden. Welche Farben hat es? Sind Personen, Tiere, Dinge, Landschaften drauf? Ist es ein Klang, ein Satz? Bewegt es sich? Wie passt es zu seiner Umgebung? Stellen Sie sich vor, Sie können jetzt das Bild aus allen möglichen Blickwinkeln betrachten. Wie sieht es von oben oder von der Seite aus? Stellen Sie sich nun vor, Sie verlassen Ihre Beobachterposition und werden zu diesem Bild. Jetzt sind Sie dieses Bild. Wie nehmen Sie sich wahr? Wie ist es, dieses Bildwesen zu sein? Kehren Sie jetzt zurück in die Position des Beobachters. Fragen Sie das Bild: Wer bist du? Was macht dein Wesen aus? Was fühlst und denkst du? Wo kommst du her? Wo gehst du hin? Hast du eine Botschaft an mich? Bitte bedanken Sie sich zum Abschluss bei Ihrem Bild.« Auswertung: »Wie geht es Ihnen mit der Reise? Wie sind Sie gestimmt? Was hat das Bild mit Ihnen zu tun? Hat es etwas aus Ihrem Leben gespiegelt? Konnten Sie eine Botschaft erkennen? Lassen Sie das Bild noch eine Weile (ein paar Tage nachklingen). Oft erschließt sich die Bedeutung erst im Nachhinein.«
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
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Exploration von Lebensumständen
Erfahrungsfeld: Problemerkundung Ziel: Statt des unspezifischen Bildes kann man auch gezielt nach bestimmten Lebensphänomenen fragen, zum Beispiel nach einer Beziehung, einem Symptom. Modus: Einzel-, Gruppenübung Material: keines Medium: Visualisierung Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung/Instruktion: »Lassen Sie ein Bild von Ihrem Schmerz, Ihrem Problem, Ihrer Beziehung oder einem Gefühl vor Ihrem inneren Auge entstehen, das Sie besser verstehen möchten. Geben Sie sich innerlich etwas Zeit und sehen sich an, was da vor Ihrem inneren Auge auftaucht. Halten Sie Ihre innere Phantasieproduktion bei dem ersten klaren Bild oder dem ersten deutlichen Phänomen an. Betrachten Sie es sich in aller Ruhe und bitten Sie darum, dass es sich vorstellt. Welchen Namen hat es? Was macht es? Wie fühlt es sich? Machen Sie einen Positionstausch (Dialog mit dem Bild), damit das Bild Ihnen antworten kann. Erkunden Sie in einem inneren Dialog das Problem, den Schmerz, um sie besser verstehen zu können. Das Verstehen stellt sich nicht immer sofort ein. Manchmal fällt der Groschen erst Tage später, tauchen Hinweise oder Bedeutungen auf, wenn man schon fast nicht mehr an die Übung denkt.« Entspannung5 Progressive Muskelentspannung (nach Jacobson, 1996)
Erfahrungsfeld: Entspannungstraining Ziel: durch körperliche An- und Entspannung zur psychischen und körperlichen Entspannung zu gelangen Indikation: Dieses Entspannungsverfahren ist leicht zu erlernen und besonders für Menschen geeignet, die noch wenig Bezug zum eigenen Körper haben oder sich wenig bewegen. Gegenindikation: Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Entzündungen der Muskeln und Gelenke sowie starke Osteoporose
5 Die Entspannungsformeln für den Einstieg in tiefende Übungen finden Sie im Abschnitt 8.4.1.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Modus: Einzel- und Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: Körpererfahrung Zeitbedarf: 15–30 Minuten
Vernetzung: Bei ausreichender Übung mit dem Entspannungsverfahren ist es möglich, die Entspannung auch allein durch das Vorstellen von Muskelanspannung und -entspannung zu erreichen. Die Entspannung kann als Grundlage für weiterführende Visualisierungsübungen dienen (z. B. innere Leitsatzbildung). Durchführung/Instruktion: »Begeben Sie sich in eine bequeme Lage (es geht auch im Sitzen), schließen Sie die Augen, atmen tief und ruhig durch und konzentrieren sich auf die bevorstehende Übung. Richten Sie die innere Aufmerksamkeit ganz auf die Füße. Spannen Sie die Zehen an (einrollen), nach fünf Sekunden lassen Sie los. Dies drei Mal wiederholen. Dabei die Aufmerksamkeit besonders auf den Moment der Entspannung richten und diese deutlich spüren. Während der gesamten Durchführung vergessen Sie das Atmen nicht.« Bei den folgenden Körperpartien wird nach der gleichen Prozedur vorgegangen: anspannen (fünf Sekunden) – entspannen (durch abruptes Lösen der Spannung) – nachspüren – wiederholen (drei- bis fünf Mal). 1. Füße anspannen/entspannen: Zehen nach innen rollen, Zehen nach oben ziehen. 2. Waden anspannen/entspannen. 3. Oberschenkel anspannen/entspannen. 4. Becken anspannen/entspannen: gleichzeitig Gesäß- und Beckenbodenmuskulatur anspannen. 5. Bauch anspannen/entspannen: Bauch vorwölben und Bauch einziehen. 6. Rücken anspannen/entspannen: Buckeln wie eine Katze, Hohlkreuz machen. 7. Schultern anspannen/entspannen: Schultern nach vorne/hinten ziehen, die Schultern nach oben ziehen (Richtung Ohren). 8. Hände und Arme anspannen/entspannen: Fäuste ballen, Ober- und Unterarme anspannen. 9. Gesicht anspannen/entspannen: alle Gesichtsmuskeln gleichzeitig mit maximaler Kraft anspannen. 10. Den ganzen Körper anspannen/entspannen: alle Muskeln gleichzeitig mit aller Kraft anspannen und abrupt lösen. Die Übung mit einem ausgiebigen Räkeln nach allen Richtungen und einem tiefen Durchatmen beenden.
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
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Autogenes Training (Schultz, 1966)6
Erfahrungsfeld: von der Vorstellung zur körperlichen Realität, Entspannung Ziel: Herbeiführung eines tiefen Entspannungszustandes, Verbesserung der Selbstregulation Indikation: neben allgemeiner Entspannung positive Wirkung auf psychische Schwierigkeiten wie Ängste, psychosomatische Störungen etc. Material: eventuell CD oder Kassette mit den Formeln Modus: Einzel- und Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: Entspannungsübung Zeitbedarf: ca. 20 Minuten
Die Übung besteht aus sechs Teilbereichen, die nacheinander erarbeitet werden. Erst wenn ein Bereich klappt, kann zum nächsten übergegangen werden: 1. Muskelentspannung, 2. Gefäßentspannung, 3. Herzübung, 4. Atemausgleich, 5. Bauchentspannung 6. Kopfentspannung. Zu jedem Bereich gibt es Formeln. Die Formeln dürfen nicht selbst gesprochen werden, auch nicht leise. Sie sollten nur vorgestellt werden. (»Ich stelle mir vor, mein rechter Arm ist ganz schwer.«) Für die Anfangszeit ist es jedoch hilfreich, wenn eine externe Stimme, zum Beispiel die des Coachs, oder die von einem Tonträger die Formeln vorsagt. Das Autogene Training lernt sich leichter im Liegen. Später kann es dann auch im Sitzen durchgeführt werden. In der Einübungsphase sollte zwei bis drei Mal am Tag geübt werden. Jedes Autogene Training beginnt mit einer Einführungsformel: • Ich bin ganz ruhig (3×). • Geräusche und Gedanken sind mir ganz gleichgültig (3×). Jedes Autogene Training endet mit der Rücknahmeformel: • Ich bin ganz ruhig und frisch (tags) oder entspannt (abends). • Die Arme werden dabei kräftig und ruckartig angezogen und gestreckt, die Fäuste geballt. 6 Eine CD mit den Formeln des Autogenen Trainings, die den Übenden die Möglichkeit gibt, die
Instruktionen durch eine äußere Stimme auf sich wirken zu lassen, erleichtert den Einstieg in dieses Verfahren.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
• Dabei tief ein- und ausatmen. • Augen öffnen. In der Regel wird der Coach seinen Coachee nicht während des gesamten Autogenen Trainings anleiten. Dafür ist der zeitliche Aufwand, der benötigt wird, um alle sechs Entspannungsstationen zu trainieren, einfach zu groß. Es gibt verschiedene Wege, um das Autogene Training zu lernen. Erstens: Der Coach gibt eine Einführung. Er übt mit dem Coachee einbis zweimal. Dieser bekommt ein Gefühl dafür, wie die Formeln wirken. Die zweite Möglichkeit: Der Coachee spricht sich sämtliche Formeln auf einen Tonträger. Er kann dann zu Hause weiter üben. Wichtig ist dabei, dass er passiv hört, also sich keine Gedanken darüber machen muss, wie denn die nächste Formel lautet. Drittens: Der Coachee kauft sich eine der zahlreichen CD’s zum autogenen Üben. Auch hier hört er passiv die Formeln und kann sich ganz auf die Wirkung konzentrieren. Der vierte Weg: Der Coachee besucht einen speziellen Kurs in Autogenem Training. Durchführung: Der Coachee bekommt eine kurze Einführung in den Aufbau und die Wirkungsweise des Autogenen Trainings. Der Coach unterstützt ihn, die für ihn angemessene Haltung (im Sitzen oder Liegen) zu finden. Er übt mit dem Coachee die erste und eventuell noch zweite Formel. Der Coachee kann so ein Gespür entwickeln, wie diese Übung wirkt, und kann sich auf die rechte Art des Übens einstellen. Der Coachee bekommt ein Blatt mit den sechs Formeln ausgehändigt. Er übt dann zu Hause regelmäßig weiter. Anleitung für den Coachee: Zunächst legt sich der Coachee bequem auf den Boden oder setzt sich aufrecht und locker auf einen Stuhl. Vor dem eigentlichen Autogenen Training stellt er sich mehrmals vor: Ich bin ganz ruhig (Ruheformel). Störenden Gedanken kann der Coachee mit der Aufforderung begegnen: Nicht jetzt – später. Auch am Ende jedes Übungsabschnittes steht die Vorstellung: Ich bin ganz ruhig. 1. Muskelentspannung/Schwereübung »Nach der inneren Einstellung auf die Übung und die Konzentration auf die innere Ruhe stellen Sie sich jetzt intensiv vor: Der rechte Arm ist ganz schwer. Die Formel wird monoton sechs Mal wiederholt. Zum Abschluss suggerieren Sie sich wieder: Ich bin ganz ruhig.« Ablauf: Der rechte (linke7 ) Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Danach erfolgt die Rücknahme: Arme fest, tief atmen, Augen auf. 7 Linkshänder fangen mit dem linken Arm an. Mit der Zeit generalisiert sich die Schwereempfindung
auch auf den anderen Arm und auf die Beine. Man kann diesen Vorgang natürlich beschleunigen, indem man nach einigen Tagen die Formel erweitert: Rechter und linker Arm sind ganz schwer. Und später: Arme und Beine sind ganz schwer. In der Regel ist diese Erweiterung der Formel aber nicht notwendig. Entsprechendes gilt auch für die Wärmeübung.
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
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2. Gefäßentspannung/Wärmeübung Am Anfang erfolgt noch sechs Mal die Muskelentspannung, dann wieder die Ruheformel. Danach geht es weiter mit der Vorstellung: Der rechte Arm ist ganz warm (je 6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Ablauf: Der rechte Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz warm (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Rücknahme: Arme fest, tief Atmen, Augen auf. 3. Herzübung Zunächst die Schwere- und die Wärmeformel (jeweils 6 x). Dann folgt als neue Formel: Das Herz schlägt ruhig und kräftig. Ablauf: Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz warm (6 x). Ich bin ganz ruhig (1×). Herz schlägt ruhig und kräftig. (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Rücknahme: Arme fest, tief Atmen, Augen auf. 4. Atmung Zu Beginn die drei Formeln: Schwere – Wärme – Herz (jeweils 6×). Die neue Vorstellung: Atem vollkommen ruhig (6×). Später kann unter Umständen noch das Bild hinzu genommen werden: Es atmet mich. Ablauf: Der rechte Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz warm (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Das Herz schlägt ruhig und kräftig (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Atem vollkommen ruhig (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Rücknahme: Arme fest, tief Atmen, Augen auf. 5. Bauchentspannung (Sonnengeflecht, Leib) Nach den Formeln eins bis vier wendet sich die Aufmerksamkeit dem Sonnengeflecht zu (steuert die Bauchorgane): Sonnengeflecht strömend warm. Zur Unterstützung kann man sich dabei vorstellen, dass der warme Atem beim Ausatmen durch den Bauch strömt. Ablauf: Der rechte Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz warm.(6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Herz schlägt ruhig und kräftig (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Atem vollkommen ruhig (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Sonnengeflecht strömend warm (6×). Ich bin ganz ruhig. Rücknahme: Arme fest, tief atmen, Augen auf. 6. Kopfentspannung Die letzte Formel lautet: Kopf angenehm kühl (alternativ. Kopf leicht und frei). Ablauf: Der rechte Arm ist ganz schwer (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Der rechte Arm ist ganz warm (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Herz schlägt ruhig und kräftig (6×). Ich bin ganz ruhig (1×). Atem vollkommen ruhig (6x). Ich bin ganz ruhig (1×). Sonnengeflecht strömend warm (6×). Ich bin ganz ruhig
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
(1×). Kopf angenehm kühl (6 x). Ich bin ganz ruhig (1×). Rücknahme: Arme fest, tief atmen, Augen auf. Zur Einübung des Autogenen Trainings muss man mit zwei bis drei Monaten rechnen. Die Erfahrungen und Schwierigkeiten mit dem Üben sollten mit dem Coach besprochen werden.
Atem Alle hier vorgestellten Atemübungen sind sowohl als Einzel-, Team- und Gruppenübung durchführbar. Sie benötigen keine Materialien und dauern höchstens fünf bis zehn Minuten. Der Vorteil dieser Übungen besteht darin, dass der Coachee sie auch zwischendurch leicht anwenden kann. Coachs können die Übungen deshalb ihren Kunden als kleine Notfallapotheke an die Hand geben. Kleine Atmenübungen zur Milderung von starken Erregungen und intensiven Gefühlen: • Wenn Sie unruhig und nervös sind, gehen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit zur Atmung und versuchen Sie, tiefer und langsamer zu atmen. • Bei Angst folgen Sie dem Rhythmus von Einatmen, Ausatmen, Atempause. Legen Sie sich dazu entspannt hin oder gehen spazieren. • Bei Wut beobachten Sie achtsam den Atemfluss in den Naseneingängen. • Bei körperlichem Schmerz atmen Sie tief durch die Nase. Kämpfen Sie dabei nicht gegen den Schmerz, sondern verbinden Sie den Atem mit dem Schmerz. Atmen Sie in die Schmerzpunkte hinein. • Bei Trauer legen Sie die Hände auf die Brust und atmen sanft durch die Nase ein und aus.
Gähnen
Erfahrungsfeld: Entspannung und Energetisierung Ziel: tief durchatmen, damit der Körper schnell mit Sauerstoff versorgt wird
Instruktion: »Atmen Sie zunächst tief aus. Öffnen Sie dann den Mund und weiten Sie den Rachenraum. Schieben Sie jetzt den Kopf nach hinten und gleichzeitig das Kinn leicht nach vorne. Dadurch erhöht sich Ihr Einatmungsvolumen. Fast automatisch wird sich ein Gähnen einstellen. Gähnen
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Sie mehrmals hintereinander, räkeln Sie sich und strecken die Arme nach oben.«
Die Ruheatmung (nach Wilson, 1997)
Erfahrungsfeld: zur Ruhe kommen Ziel: durch die Beobachtung des Atmens zur Ruhe kommen
Instruktion: »1. Atmen Sie tief durch die Nase bis in den unteren Teil der Lungen ein. 2. Atmen Sie langsam, sechs bis acht Atemzüge pro Minute. 3. Lauschen Sie dem Geräusch des Einatmens – die Luft strömt durch die Nase, den Hals in die Lungen. 4. Lauschen Sie dann dem Geräusch des Ausatmens – die Luft strömt durch Ihren Mund nach außen. 5. Wiederholen Sie diese Übung mindestens sechzig Sekunden lang.« Unterstütztes Atmen
Erfahrungsbereich: Energetisierung Ziel: Unterstützung des Atemvorgangs durch bestimmte Bewegungen
Durchführung: 1. Die Hände vor dem Bauch falten (verschränken). 2. Die gefalteten Handflächen nun außen drehen und dann nach oben über den Kopf ziehen. Der Körper streckt sich dabei. 3. Die Handflächen lösen sich und die ausgestreckten Arme bewegen sich seitlich am Körper nach unten, bis sie das jeweilige Bein berühren. 4. Die Hände werden an den Beinen vorbei wieder auf Bauchhöhe geführt und verschränkt. 5. Die nächste Bewegungsfolge kann beginnen. Diesmal wird sie jedoch durch bewusstes Atmen begleitet. Beim Heben der Hände bis zur Streckung über dem Kopf einatmen, kurze Pause, beim seitlichen Senken der Arme ausatmen. Diese Bewegungsfolge kann mehrfach wiederholt werden.
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Atementspannung
Erfahrungsbereich: Beruhigung Ziel: Entspannung
Instruktion: Um eine sehr schnelle Entspannung zu erreichen, legen Sie sich auf den Rücken, die Beine sind dabei leicht angewinkelt. • Atmen Sie durch die Nase in Ihrem Tempo ein. • Atmen Sie durch die Nase langsam und aufmerksam aus. • Beim Ausatmen sprechen Sie innerlich langsam ein zweisilbiges Wort, zum Beispiel Ruhe. • Atmen Sie auf diese Weise so lange weiter, bis Sie sich ruhig fühlen. Innere Sicherheit
Erfahrungsbereich: sich sicher fühlen Ziel: ruhig werden und innere Sicherheit gewinnen
Instruktion: Die Zungenspitze nach hinten rollen und sanft gegen den Gaumen drücken, so dass sie sich vor dem Zäpfchen befindet. Die Zunge dabei locker lassen. Diese Atmung bewegt sich im Leib unterhalb der Rippen. Die Bauchdecke wird beim Einatmen weit und beim Ausatmen eng. Atemzählen (Quelle: Wagner-Link, 1995)
Erfahrungsbereich: mentale Entspannung Ziel: Abstand vom Alltag, kognitive Entspannung, Verbesserung der Konzentration, Einstieg in tiefere meditative Prozesse Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Meditation Zeitbedarf: 20–30 Minuten
Instruktion: Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie 20 bis 30 Minuten ungestört verweilen können (kein Telefon, keine tickende Uhr und dergleichen). Sie müssen sich nicht mit überkreuzten Beinen auf den Boden setzen. Es genügt, wenn Sie sich gerade, ohne sich anzulehnen auf einen Stuhl setzen. Der Rücken soll dabei alleine von der Wirbelsäule getragen werden. Versuchen
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Sie trotzdem so entspannt wie möglich zu sitzen, die Hände dabei locker im Schoß. Wenden Sie Ihre innere Aufmerksamkeit jetzt dem Atmen zu. Sie beginnen das Ausatmen zu zählen, das heißt, Sie atmen aus und zählen dabei eins (oder stellen sich die 1 vor), beim nächsten Ausatmen zählen Sie zwei, beim nächsten Ausatmen drei – bis Sie bei zehn angelangt sind. Dann beginnen Sie wieder mit eins. Wenn Sie Gedanken stören oder ablenken, so bleiben Sie ruhig und beginnen Ihr Ausatmen wieder von vorn (also mit eins) zu zählen. Symbolische Interaktion, Aufstellungen und Skulpturieren Mensch im Spiegel
Erfahrungsfeld: Feedback Ziel: Konfrontation mit dem Fremdbild, Feedback Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Skulpturieren Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Ein Gruppen- oder Teammitglied, das Feedback bekommen möchte, wird gebeten, sich einen Feedbackgeber unter den übrigen Teilnehmern auszusuchen. Instruktion: A (der Feedbackgeber) wird gefragt: »Wie erleben Sie B? Zeigen Sie ihm das, indem Sie C (ein weiteres Gruppenmitglied) so skulpturieren, wie Sie B wahrnehmen und erleben. C, wie geht es Ihnen in der Skulptur, welche Gefühle, Bilder, Assoziationen kommen Ihnen in dieser Haltung? B, wie geht es Ihnen mit dieser Skulptur, was kommt Ihnen bekannt vor, was ist Ihnen fremd, was irritiert Sie? Wie sähe die Skulptur aus, die Sie selbst von sich herstellen würden (eventuell auch von ihm stellen lassen)? Wie geht es Ihnen (B) mit der Differenz zwischen Ihrem Selbstbild und dem, das sich andere von Ihnen machen?« Netzwerk
Erfahrungsfeld: soziales Netzwerk Ziel: Überprüfung des Kontaktnetzes eines Coachees in seiner Organisation
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Skulpturieren Zeitbedarf: 45–60 Minuten
Durchführung: Der Coachee wird gebeten, sich alle Personen in seiner Organisation vorzustellen, mit denen er in irgendeiner Weise in den letzten zwei Wochen Kontakt hatte. Die Beziehungen können dabei ganz unterschiedliche Qualitäten haben, zum Beispiel eher unterstützende, ausbeutende, freundschaftliche, neutrale, konkurrierende, gespannte, feindselige oder konfliktreiche Beziehungen. Auf welche der Personen ist der Coachee besonders angewiesen (z. B. wegen Joberhaltung, Karriereförderung, ergänzenden Kompetenzen)? Aus diesem Erinnerungspool soll der Coachee jetzt die sechs wichtigsten Personen bestimmen, zum Beispiel seinen größten Konkurrenten, den verlässlichen Unterstützer oder Freund. Instruktion: »Markieren Sie den Raummittelpunkt mit einem Gegenstand. Das dient zu Ihrer Orientierung. Der Mittelpunkt wird zum Schluss der Ort, den Sie einnehmen werden. Suchen Sie sich jetzt aus Ihrem Pool von Mitspielern (Gruppen- bzw. Teammitgliedern) jeweils einen Stellvertreter für jeden der sechs wichtigen Beziehungspersonen in Ihrem Arbeitsfeld aus. Plazieren Sie diese Stellvertreter entsprechend ihrer Bedeutung für Sie in Ihrem Arbeitsbeziehungsfeld an verschiedenen Punkten in diesem im Raum, je nachdem, wie nah oder fern Sie sich dieser Person gegenüber fühlen, Orientierungspunkt ist dabei das Symbol in der Mitte. Wenn Sie die Mitakteure positioniert haben, bringen Sie jede dieser Positionsinhaber in eine seiner Beziehung zu Ihnen typische Haltung, indem Sie Körperhaltung, Blickrichtung und andere typische Ausdrucksmerkmale modellieren. Danach begeben Sie sich in die Mitte. Sie spüren jetzt Ihr Beziehungsnetz um sich herum. Wie geht es Ihnen damit? Drücken Sie dies durch eine eigene Haltung aus.« Auswertung: Die Mitspieler werden nun gebeten mitzuteilen, wie es ihnen in ihrer Position ergeht und welche Gedanken und Gefühle ihnen dabei in Bezug auf die Person im Mittelpunkt gekommen sind. Der Coachee kann seine eigenen Beziehungsvorstellungen mit dem Resonanzfeedback der anderen vergleichen. Der Coachee kann nun anhand seines Skulpturenfeldes überprüfen, wie tragfähig sein soziales Netzwerk ist, wo die Stärken und Schwächen, die Schwachstellen und Konfliktpotentiale liegen. Am Schluss kann dann die Frage stehen, ob dies Netzwerk verändert werden sollte und wenn, wie das Netzwerk der Zukunft aussehen könnte. © 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
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Musik Individuelle Körperhaltung und Trance
Erfahrungsfeld: intuitive Lösungen Ziel: Lösungshilfen aus dem Unbewussten Indikation: Schwierigkeiten der Lifebalance, der Bewältigung von starken Erlebnissen (Wut, Trauer, Angst), der Entscheidungsfindung, Problembearbeitung und Konfliktlösung, Beziehungsschwierigkeiten. Trancehaltungen helfen bei der Zielfindung, Karriere- und Lebensplanung, Sinnfindung. Material: einseitig bespannte Trommel (Schamanentrommel) oder Rassel Modus: Einzel-, Gruppenübung (in Gruppen wirkt diese Technik intensiver) Medium: Trancereise, Skulpturierung Zeitbedarf. 60–90 Minuten
Zur Durchführung dieser Übung sollte der Coachee bereits über Erfahrungen in der Trancearbeit mit Körperhaltungen haben.8
Durchführung: Die Coachees benötigen am Anfang eine kurze Einführung in die Wirkungsweise von Trance und Körperhaltungen. Wichtig ist auch, dass sich die Coachees in das mächtige Klangvolumen der Trommel ohne thematische Vorgabe einhören können (ca. fünf Minuten Probetrommeln). Die Coachees spüren die akustische Resonanz, den Rhythmus, die Obertöne. Instruktion: »Bitte gehen Sie durch den Raum zu einem Gedankenspaziergang. Stellen Sie sich die Frage: Mit welchen Lösungen beschäftige ich mich derzeit am meisten? Nehmen Sie nicht die vordergründig anstehenden Probleme. Die bewältigt Ihr Ich großartig. Würdigen Sie eine Angelegenheit, die Ihnen selbst vielleicht noch nicht ganz klar ist, die Ihnen aber viel Energie abzieht, die Sie immer wieder aufschieben, vor deren Reichweite Sie Angst haben. Welcher Auftrag für die Trancereise ergibt sich für Sie daraus? Formulieren Sie diesen bitte positiv. Wir neigen dazu, etwas weghaben zu wollen, verwechseln dabei die Beseitigung des Problems mit einer Lösung. Verkörpern Sie jetzt Ihren inneren Auftrag, bringen Sie ihn in eine entsprechende Körperhaltung. Experimentieren Sie ruhig, bis Sie die richtige Skulptur für Ihren Auftrag gefunden haben. Merken Sie sich Ihre Körperhaltung. 8 Zur Einführung: Nauwald u. Goodman (2004), Richter u. Richter (2005).
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Stellen Sie sich jetzt bitte in einem Kreis (gilt nur für die Durchführung in einer Gruppe) auf, stehen Sie ganz entspannt, bitten Sie innerlich um einen erfolgreichen Verlauf der Trancereise (an wen auch immer die Bitte geht, an Gott, an einen inneren Begleiter). Nehmen Sie nun Ihre Körperhaltung ein und schließen die Augen. Ich werde jetzt 15 Minuten lang trommeln. Bitte halten Sie den Körper in dieser Haltung gespannt. Wenn Sie die Spannung wegnehmen, ist es, als würden Sie ein Radio leiser drehen. Wenn Sie die Spannung nicht mehr halten können, dann bitten Sie innerlich um Unterstützung oder gehen kurz aus der Intensität der Haltung, stellen sich dabei aber diese Intensität weiter vor. Es kann sein, dass Sie auf Ihrer Reise an spannende oder auch ängstigende Szenen gelangen. Es kann Ihnen nichts passieren. Sie werden entdecken, dass Sie ganz im Hintergrund einen Reisebegleiter haben, der auf Sie aufpasst. Sie können auch jederzeit abbrechen, wenn Sie es nicht mehr aushalten sollten. Am Schluss werde ich Ihnen mit der Trommel signalisieren, dass Ihre Reise dem Ende entgegengeht. Nach der Reise setzen oder legen Sie sich hin und lassen das Reiseerlebnis noch etwas nachwirken. Suchen Sie bitte nicht nach kausalen Antworten. In der Regel tauchen sie in symbolischer Form auf, wie beim Träumen. Versuchen Sie auch Deutungen zu vermeiden. Sie brauchen nicht aktiv zu werden. Die Lösungen werden sich Ihnen zeigen, allerdings nicht immer sofort. Meine Erfahrung ist, dass es manchmal sogar eine Woche dauern kann, bis sich die Antwort einstellt. Im Anschluss an das Nachklingen schreiben Sie Ihre Erlebnisse stichwortartig auf. Denn die Inhalte der Trancereise sind für das Gedächtnis genauso flüchtig wie Traumerlebnisse. Wenn Sie mögen, können Sie danach Ihre Erlebnisse dem Coach oder anderen Coachees erzählen. Durch ihre Veröffentlichung (Mit-Teilung) bekommen sie noch eine ganz andere Qualität.« Nach dieser Anweisung beginnt das Trommeln (15 Minuten).
Zur Ruhe kommen
Erfahrungsfeld: Erregung abbauen Ziel: wenn die Psyche in starker Erregung ist, sich langsam beruhigen Material: Rassel Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Medium: Musik Zeitbedarf: 20 Minuten
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
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Instruktion: »Setzen Sie sich in der Kutscherhaltung auf einen Stuhl. Nehmen Sie die Rassel in eine Hand. Beginnen Sie jetzt circa zehn Minuten lang mit einem Beat von 210 zu rasseln. Spüren Sie, wie Ihre Erregung in die Rasselbewegung fließt. Die Unruhe bekommt damit einen Ort. Öffnen Sie sich akustisch dem Rasseln. Alle störenden Gedanken und Gefühle, die in der Zwischenzeit auftauchen, rasseln Sie mit weg.« Gong-Erfahrung9
Erfahrungsfeld: innere Resonanzen auf Klänge Ziel: Körper- und die Leibarchive durch Gongklänge aktivieren Material: Gong, Klanghölzer Modus: Einzel-, Gruppenübung Zeitbedarf: 60 Minuten
Durchführung: Den Coachees wird die Wirkungsweise des Gongs erklärt und in einem kurzen Anspiel sein Klangvolumen vorgestellt. Die Eingrenzung des Klangvolumens des Gongs geschieht durch kurze Töne, zum Beispiel mit Klanghölzern. Jede Gongspielpassage wird durch die Töne des Klangholzes eingerahmt. Instruktion: »Machen Sie es sich bequem. Schütteln und rütteln Sie alle Verspannungen noch einmal ab. Spüren Sie den Boden, der Sie trägt. Prägen Sie sich dieses Gefühl ein. Sie liegen (sitzen) fest und sicher auf dem Boden. Ich beginne jetzt mit dem Gong. Spüren Sie die Resonanz in Ihrem Körper. Wo berührt Sie der Klang des Gongs? (Gong anspielen) Während ich weiterspiele, können Sie sich auch noch andere Körperpartien vorstellen, wo Sie vom Klang des Gongs berührt werden möchten. Wie fühlt sich das an? Was für Bilder und Phantasien kommen Ihnen? (Gongspiel 2–3 Minuten) In welcher Stimmung erleben Sie sich jetzt? Auf welche Stimmung trifft der Gong? Verbindet sich der Klang mit der Stimmung, verstärkt oder übertönt er sie, bewirkt er eine andere Stimmung? Treten Gefühle hervor? (Gongspiel 2–3 Minuten) Der Gong wird jetzt wieder tönen. Achten Sie diesmal auf Ihre Bewusstseinsbühne. Mit jedem Anschwellen des Gongs kommen Bilder, tauchen Szenen auf, werden Erinnerungen wach. (Gongspiel 2–3 Minuten) 9 Zur Einführung: Schneider u. Canacakis (1996).
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Als Letztes konzentrieren Sie sich wieder auf die Bewegungsresonanz bei den Klängen, nehmen Sie Ihre inneren Bewegungen wahr und verwandeln Sie diese allmählich in äußere Bewegungen. Stehen Sie auf und lassen Ihre Bewegungen von den Klängen des Gongs tragen. Erst jetzt öffnen Sie wieder die Augen und lassen die Resonanzerlebnisse nachklingen.« Auswertung: Alle Teilnehmer berichten kurz, was sie erlebt haben. Es geht um die Nacharbeit von intensiven Erlebnissen, soweit sie noch offen sind.
Ritual Ritual zur Beendigung einer Gewohnheit
Erfahrungsfeld: Loslassen Ziel: Manchmal fehlt der rationalen Einsicht des Coachees noch die Kraft zur wirklichen Veränderung (z. B. mit dem Rauchen aufzuhören). Mit Hilfe individueller, maßgeschneiderter Rituale kann der Coachee seinen Änderungswillen stärken und schließlich die Veränderung durchführen. Material: hängt von der Ausgestaltung des Rituals ab Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamexperiment Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: abhängig von dem Umfang des Rituals
Verlauf: Das Ritual wird in der Coachingsitzung mit Unterstützung des Coachs geplant, die Ritualschritte vorbereitet und begleitet, die Psyche des Coachees, wenn notwendig, auf die Ritualdurchführung eingestimmt. Das Ritual selbst findet meist nicht im Sitzungsraum statt, sondern in der Lebenswelt des Coachees. Nur in Ausnahmen wird der Coach an dieser Art Ritual teilnehmen. 1. Vorbereitungsphase (als Beispiel dient hier ein Coachee, der sich das Rauchen abgewöhnen will): Der Coachee veröffentlicht seinen Entschluss, teilt ihn einer oder mehreren ihm vertrauten Personen mit. Damit verankert er seinen Änderungswillen in einem sozialen Netzwerk. Der Coachee entwirft zu seinem Vorsatz ein Ritual. Für dieses Ritual braucht er »relevante Andere«, also Menschen, die ihm wichtig sind, und kreative Medien, um die Interaktion im symbolischen Raum gestalten zu können. 2. Einstiegsphase: Der Protagonist begrüßt seine Gäste (z. B. mit Sekt, Musik). Er verkündet seine Veränderungsabsicht und begründet sie (z. B. er will nicht
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
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mehr rauchen). Durch die Gäste erfährt er eine erste, meist verstärkende Resonanz. 3. Durchführungsphase: In dieser Etappe geht es um das Loslassen des Alten. Denn erst mit dem Loslassen kommt der Trennungsschmerz. Der Coachee hat das, was er loslassen will, mitgebracht (symbolisch, bildnerisch, real, z. B. die Zigaretten). Er hält eine kleine Rede, in der er die Vorteile aufzählt, die ihm sein Verhalten (z. B. das Rauchen) gebracht haben, und bedankt sich dafür. Erst dann begründet er, warum er das alte Verhalten ablegen will. Der Coachee verabschiedet sich vom alten Muster durch eine symbolischen Handlung: In dem Raucherbeispiel zerbröselt er seine Zigaretten und streut sie in den Wind. Er lässt das Alte los. 4. Aufarbeitungsphase: Der Coachee steht nun vor dem Nichts, das Alte ist weg, Neues ist noch nicht greifbar. Er braucht jetzt die Kraft der Gruppe, die ihm bei der Hinwendung zu Neuem unterstützt. Diese Stärkung kann durch einen Blick, eine Geste, der Benennung einer positiven Eigenschaft des Coachees, ein symbolisches Geschenk, das bei der Zukunftsbewältigung hilft, durch Berührung, durch gemeinsames Singen oder Musizieren geschehen. Einstiegsritual
Erfahrungsfeld: Energetisieren Ziel: Ritual zur Energetisierung einer Gruppe; kann auch verwendet werden zur Vorbereitung auf eine Übung, die viel Energie benötigt Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 20 Minuten
Durchführung: Die Ritualteilnehmer stehen im Kreis. Instruktion: »Bitte richten Sie Ihre innere Aufmerksamkeit auf Ihre Hände. Spüren Sie Ihre Hände. Strecken Sie Ihre Hände nach oben in den Himmel. Spüren Sie die Kraft des Himmels in Ihren Händen. Legen Sie Ihre Hände jetzt auf Ihre Brust. Spüren Sie die Kraft, die durch Ihre Hände in Ihrem Körper fließt. Halten Sie jetzt Ihre Hände in Richtung Erde. Nehmen Sie die Kraft der Erde mit Ihren Händen auf. Lassen Sie auch diese Kraft in Ihren Körper fließen in dem Sie Ihre Hände auf das Sonnengeflecht legen. Spüren Sie die Kräfte aus der Höhe, dem Kosmos und aus der Erde in Ihrem Körper.
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8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Verbinden Sie sich jetzt mit den anderen Teilnehmern, indem Sie die Hände des rechten und linken Nachbarn oder Nachbarin ergreifen. Spüren Sie die Kraft des Kreises, die durch die Hände fließt, die gemeinsame Energie, die Sie kräftigt. Stellen Sie sich dabei vor, dass Sie die Energie von links empfangen und an den rechten Nachbarn weitergeben. Die Hände wieder bewusst lösen und den eigenen Körper damit berühren, dort wo es gerade angenehm ist. Spüren Sie Ihre Kraft und lassen aus Ihrem Inneren einen Ton aufsteigen, einen Ton, in dem Sie aufgehoben sind. Spüren Sie, wie Ihre Stimme Ihre Kraft zeigt, Energie, die sich mit der tönenden Kraft der Anderen verbindet.«
Abschiedsritual
Erfahrungsfeld: Geben und Nehmen Ziel: Ritual am Ende eines Workshops, Gruppen- oder Teamprozesses, zur Loslösung, Verabschiedung von der Gruppe und der Energiegewinnung für die Rückkehr in den Alltag Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Zum Abschluss der Gruppensitzung stellen sich alle Mitglieder in einen weiten Kreis. Instruktion: »Bitte gehen Sie jetzt in Richtung Gruppenmitte, bis sich alle Mitglieder an den Schultern berühren. Schließen Sie die Augen. Strecken Sie Ihre Arme und die Handflächen in das Kreisinnere. Spüren Sie die Energie, die in dieser Gruppe herrscht. Greifen Sie mit Ihren Händen in diese Gruppenmitte. Was haben Sie bekommen in dieser Zeit? Öffnen Sie Ihre Hände in die Gruppenmitte und geben symbolisch, was Sie der Gruppe gegeben haben. Halten Sie noch einmal Ihre Hände in die Mitte, bedanken sich innerlich für das, was Sie bekommen haben. Ziehen Sie dann die Hände zu sich zurück. Lassen Sie auch jetzt noch die Augen geschlossen. Drehen Sie sich jetzt langsam um, so dass Sie mit den Rücken zur Gruppenmitte stehen. Spüren Sie die Energie der Gruppe jetzt in Ihrem Rücken. Gehen Sie langsam aus dem Kreis (weiterhin mit geschlossenen Augen) heraus. Die Energie der Gruppe begleitet Sie, wird Sie bei Ihren nächsten Schritten im Alltag unterstützen.«
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8.9 Übungen zur Arbeit mit Interventionsmedien und Bewegungserfahrung
265
Ablösungsritual
Erfahrungsfeld: Loslassen, Durchschneiden des Schicksalsfadens Ziel: Unterstützung von schwierigen und oft schmerzhaften Ablösungsprozessen, damit der äußeren Trennung auch ein inneres Loslassen folgen kann Modus: Gruppen-, Teamübung Material: zwei Meter Faden, Foto, Schere Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Nach einer vorbereitenden Einstiegsphase verbindet sich der Protagonist mittels einem Faden mit dem Bild der Person, die er loslassen bzw. von der er sich innerlich verabschieden möchte. Der Faden sollte circa eineinhalb bis zwei Meter lang sein. An dem einen Ende des Fadens wird das Bild befestigt und dieses auf einen Stuhl gelegt. Der Protagonist stellt sich an das andere Ende des Fadens. Er schaut sich das Bild noch einmal genau an, vergegenwärtigt sich die schönen Momente und die schwierigen Aspekte der Beziehung. Alle Gefühle, die dabei aufsteigen wollen, dürfen heraus. Der Coachee kann schimpfen, weinen, schreien, klagen, aber auch danken. Wenn der Coachee so weit ist, nimmt er eine Schere und schneidet den Beziehungsfaden durch. Sein Arm ist nun frei. Er kann ihn ohne das Bild bewegen. Der Coachee spürt diese Freiheit. Er verabschiedet sich von der Person und wünscht ihr alles Gute.
Ritual zum Umgang mit schwierigen Gefühlen
Erfahrungsfeld: Distanzierung Ziel: Gefühle wie Neid, Konkurrenz, Eifersucht behindern oft das Gestalten und Leben von Beziehungen. Dies kleine Ritual dient dazu, solche dominanten Gefühle loszuwerden, indem es sie anbindet. Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Material: Malkreide, Papier, Fäden Medium: Symbolische Interaktion Zeitbedarf: 20 Minuten
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266
8 Interventionsmedien: Kreative Medien, Körperarbeit und Bewegungserfahrung
Durchführung: Der Coachee wird gebeten, sich eine Szene zu vergegenwärtigen, in der das Gefühl, unter dem er leidet, besonders auftritt (z. B. die Konkurrenzgefühle gegenüber einem Kollegen). Er wählt sich eine Farbe, die zu dem Gefühl gehört (aus dem Kreidekasten), und malt damit ein Symbol für dieses Gefühl. Damit geht der Coachee nach draußen, sucht sich etwas, an das er das Gefühl festbinden kann, zum Beispiel einen Baum, einen Stein, einen Pfahl. Anschließend nimmt er das Symbol und bindet es daran fest. Danach dreht er sich um und vergegenwärtigt sich, dass er sich mit jedem Schritt von dem plagenden Gefühl entfernt. Das Gefühl kann ihn nicht mehr erreichen und er spürt die Freiheit, die er dadurch gewinnt, und die Energie, die wieder frei ist. Er beendet das Ritual eventuell mit einer kleinen Abschiedsfeier.
Kraftritual
Erfahrungsfeld: Energiekreis Ziel: Die Gruppe unterstützt eine Person mit ihren Energien (und eventuell Heilungskräften). Material: je nach Durchführung, eventuell Rhythmusinstrumente Modus: Gruppenübung Medium: symbolische Interaktion Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Die Teilnehmer bilden einen Kreis. Die bedürftige Person stellt oder legt sich in die Mitte. Sie sagt, wofür sie um Unterstützung bittet. Die Personen im Kreis konzentrieren sich auf die Unterstützungswünsche, die sie dem Protagonisten zusenden möchten. Die Personen im Kreis beginnen nun rhythmisch zu klatschen, mit den Füßen aufzustampfen, um Energie zu mobilisieren. Sie können auch, wenn vorhanden, rhythmische Instrumente (Trommeln und Rasseln) benutzen und schlagen diese in einem schnellen Beat. Die Teilnehmer gehen dabei im Kreis. Es entsteht so im Kreis ein intensives Energiefeld, das die Person in der Kreismitte kräftigt und sie bei ihren inneren Aufträgen unterstützt.
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9
Systemcoaching: Arbeit mit Gruppen, Teams, Abteilungen, Gremien und anderen Systemen
Am Anfang war das Einzelcoaching. Mittlerweile gibt es aber auch Angebote für Teams, Projekte, Gremien, Leitungsgruppen. Die Anforderungen an den Coach sind bei der Gruppenberatung komplexer. Er muss den Gesprächsverlauf einer Vielzahl von Menschen, die sich miteinander agierend auf ein Ziel zu bewegen (sollten), im Auge behalten und begleiten. Es folgen zunächst einige allgemeine Gedanken zum Coachen von Gruppen.
9.1
Dynamik in Gruppen
In einer jeden Gruppe wird eine Vielzahl von Kräften gleichzeitig wirksam. Als deren Resultante entsteht die teilweise beobachtbare Gruppendynamik. Für die Hypothesen- und Interventionsbildung ist es wichtig, eine Reihe von Perspektiven zu unterscheiden: • Psychodynamik (die innerpsychischen Vorgänge in den einzelnen Gruppenmitgliedern), • Beziehungsdynamik (die Dynamik zwischen zwei Menschen, die Dynamik bei Paar- oder Fraktionsbildung); • Gruppendynamik (das Kräftespiel in der Gruppe, daraus resultiert die Entwicklung der Gruppe); • Kontexteinflüsse (Wechselwirkungen der Gruppendynamik mit Umgebungsfaktoren); • Struktur (strukturiert wird eine Gruppe durch ihre Grenzen, Normen, Regeln, Rollen und Funktionen, Aufgaben und Ziele). Einen wichtigen Einfluss auf die Gruppendynamik haben die letztgenannten Strukturelemente (Abbildung 21). Interventionsperspektiven des Coachs: Dem Gruppencoach sitzen mehrere Personen gegenüber. Bei seinen Interventionen muss er sich fragen, an wen er eine Intervention richtet, an ein einzelnes Gruppenmitglied, an eine Dyade, Triade, Fraktion, die ganze Gruppe. Worauf bezieht er sich (Interventionsebene), auf das Thema, den Prozess, die Dynamik, Strukturelemente? Auf der Prozessspirale (s. Abbildung 13) bewegt sich nicht nur eine Person, sondern mehrere.
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9 Systemcoaching
268
Strukturen Normen/Regeln Grenzen Rollen und Fuktionen Aufgaben/Ziele
Kontexte
Psychodynamik innerpsychische Dynamik Rollen und Funktionen
Gruppendynamik Dynamik der Gruppe Beziehungsdynamik Dynamik zwischen zwei oder mehreren Gruppenmitgliedern
Abbildung 21: Aspekte der Gruppendynamik
Perspektiven des Coach sieht die Gruppe und die sie umgebenden Kontexte sieht die Gruppe als Ganzes
Positionen des Coach
ist ins Gruppengeschehen involviert sieht einen Ausschnitt der Gruppe
Abbildung 22: Perspektiven des Coachs im Gruppenprozess
Für Prozessdiagnostik und Hypothesenbildung muss der Coach also wesentlich mehr Faktoren im Blick behalten als in der Einzelberatung (Abbildung 22). Prozessbalance: Der Coach hat nicht nur die Belange der Gruppe und ihrer Mitglieder im Auge zu behalten, sondern er muss auch den Gruppenauftrag, das Ziel, das Thema berücksichtigen. Der Coach ist ein Förderer der Balance zwischen den vier Elementen:
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9.2 Teamcoaching
269
• Ich, das heißt die einzelnen Gruppenmitglieder und ihre individuelle Entwicklung; • Wir, das heißt die Gruppe und ihr Prozess; • Es (Thema), das heißt Förderung der Inhalte und Gruppenthemen; • Kontexte, mit denen das Dreieck in Wechselwirkung steht (Abbildung 23). Ich Kontexte
Kontexte
Wir
Es
Abbildung 23: Das Balancedreieck (Cohn, 1975)
Einen Interventionsschwerpunkt wird er dorthin legen, wo eine Störung auftaucht, im einzelnen Gruppenmitglied, in den Beziehungen und der Kommunikation zwischen ihnen, in der Themenbearbeitung1 oder bei Kontextschwierigkeiten. Wichtig ist ein klares, allen Beteiligten transparentes Setting, auf dessen Einhaltung der Coach achtet. Dazu gehört auch ein Set von Regeln, die der Coach möglichst am Anfang implantiert.
9.2
Teamcoaching
Reine Gruppencoachings sind eher selten. Die häufigste Form ist das Teamcoaching. Ein Team ist zweckgebunden, auch wenn Teammitglieder das häufig mit der Zeit vergessen. Ein Team sollte so organisiert sein, dass es maximal dem Zweck dient, für das es zusammengestellt wurde. Abweichungen passieren häufig: Nebenziele treten in den Vordergrund, Blockaden behindern den Ergebnisfluss, innere Belange nehmen überhand, die Arbeitsorganisation wird von der Gruppendynamik dominiert. Einige Teamprobleme, die häufig auftauchen: – Rollenklärung: Wer hat in dem Team das sagen? Was bestimmt die Leitung und wie viel Autonomie zur Selbstorganisation hat das Team? Gibt es Konkurrenz oder Kooperation zwischen den Inhabern formaler und informaler Rollen? Spielen sogenenannte Entwicklungsrollen, also solche, die eher psychische Bedürfnisse abdecken, eine erhebliche Rolle? 1 Das Modell wurde von Ruth Cohn (1975 ) entwickelt und unter der Bezeichnung Themenzentrierte
Interaktion (TZI) bekannt.
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9 Systemcoaching
270
– Unstimmigkeiten über die strategische Ausrichtung des Teams: Wer setzt die Grob- und wer die Feinziele? Besteht Klarheit über die Ziele? Wer fühlt sich für die Zielerreichung verantwortlich? Wie werden Zielunklarheiten ausgetragen? – Konflikte, alte Geschichten: Gibt es in dem Team eine Konfliktkultur? Werden Konflikte klein gehalten, unter den Teppich gekehrt, aufgeplustert, emotional heftig oder sachlich ausgetragen? Prägen alte Geschichten noch die Teamkommunikation? Gibt es Dinge, die nicht angesprochen werden dürfen? – Kontexteinflüsse: Wird das Team von der Leitung beachtet, unter Zeitdruck gesetzt, anderen Teams gegenüber bevorzugt oder benachteiligt? Gibt es Konkurrenzen mit anderen Teams oder Abteilungen? Welche Stellung, welchen Ruf hat das Team in der Organisation oder bei Kunden? – Über- bzw. Unterforderung: Wird das Team angemessen belastet und gefordert? Findet es ausreichende Unterstützung bei anstehender Umstrukturierungen oder der Vorbereitung auf neue Aufgaben? – Leistungs- und Kompetenzprobleme: Wie wird Leistung kontrolliert, finanziell und sozial honoriert? Sind die Leistungs- und Kompetenzerwartungen von den meisten Teammitgliedern erfüllbar? Werden einige weniger leistungsfähige Teammitglieder mitgetragen? – Unterschiedliche Wertvorstellungen und Leitbilder.
9.2.1 Unterschiede zum Einzel- und Gruppencoaching Die Teammitglieder stehen in einem kooperativen, sachbezogenen Zusammenhang. Jeder trägt durch seine Kompetenz zur Bewältigung der gemeinsamen Aufgabe bei. Anders als die Mitglieder einer Gruppe arbeiten sie kontinuierlich zusammen. Der Coach springt quasi auf einen fahrenden Gruppenprozess auf. Das hat Folgen für die Kommunikation und die Beratungsbeziehung: • Der Coach trifft auf eingeschliffene Kommunikations- und Interaktionsmuster (z. B.: »Hier verrät keiner seine wirkliche Ansicht, denn sonst . . . «). • Die einzelnen Mitglieder sind zurückhaltend mit Selbstoffenbarungen (andere könnten das ja ausnutzen), aber sie verwenden verdeckte und indirekte Appellbotschaften. • Eine gemeinsame Tradition, Geschichten, die alle kennen und die sich verdeckt auswirken. • Eingefahrene Vorstellungen über Arbeits- und Kooperationsformen. • Gemeinsame Leitbilder, Wertvorstellungen.
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9.2 Teamcoaching
271
Während sich beim Einzelcoaching zwei Fremde kennen lernen, trifft der Coach hier auf eine Gruppe von Menschen, die mitunter schon recht lange zusammenarbeiten. Der Coach muss sich erst einmal auf den Kommunikations- und Prozesstand des Teams bringen. Er braucht die Akzeptanz nicht nur von einer Person, sondern, je nach Gruppengröße, von drei bis zwölf Menschen. Die erleben ihn natürlich ganz verschieden. Darüber hinaus haben sie oft weit auseinandergehende Ansichten von Sinn und Zweck des Coachings. Am Anfang stellen sich dem Coach mehrere wichtige Aufgaben: 1. Akzeptanz als Fachmann für Beratung, 2. Klärung des Auftrags (Wollen auch alle in die gleiche Richtung?), 3. Konsens über die Vorgehensweise, 4. Akzeptanz des Settings. 9.2.2 Prozessphasen im Teamcoaching 1. Phase – Einstimmung: Die Mitglieder kennen sich bereits, der Coach muss sich bekannt machen und das Team kennen lernen. Klärungsbedarf besteht hinsichtlich der • Erwartungen der Teammitglieder an den Coach und die Beratung (Was könnte das Ergebnis der Beratung sein?), • Positionierung des Coachs (seine Erwartungen, Möglichkeiten, Angebote an das Team); • Konsensbildung (Was wollen wir wie miteinander machen?). Weitere diagnostische Fragestellungen: Was sind die Stärken und Schwachstellen dieses Teams? Selbst- und Fremdbild des Teams: Was denkt es, was denken andere über das Team, zum Beispiel Vorgesetzte, andere Teams, Kunden bzw. Klienten? Erwartungen an das Team aus seinem Umfeld? 2. Phase – Themenfindung: Häufig liegen die Themen ja fest. Es geht nur noch um die Feinabstimmung und Konsensbildung über das Vorgehen. Aber ebenso häufig gibt es noch weitere Themen hinter der offiziellen Zielsetzung: • Ist den Teammitgliedern die verdeckte Thematik bekannt, redet man aber nicht darüber, oder muss sie erst noch verdeutlicht werden? • Liegt es auch im Interesse des Auftraggebers, dass diese Themen bearbeitet werden, oder möchte er lieber, dass sie verdeckt bleiben? • Haben die Teammitglieder auch genügend Mut, sich ihren verdeckten Themen zu stellen? Zur genaueren Definition und Präsentation des Themas können kreative Medien eingesetzt werden.
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9 Systemcoaching
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3. Bearbeitungsphase: Die Bearbeitungsphase ist gekennzeichnet durch drei Handlungsschritte: Hypothesenbildung, Setzen des Veränderungsfokus und Handeln (Intervenieren). Hypothesenentwicklung: • Welche Regeln, Normen und redundanten Muster strukturieren das Team? • Welche Ressourcen haben die einzelnen Teammitglieder, das heißt, was kann jeder in die Kooperation einbringen? • Welche Überzeugungen und Leitsätze hat das Team? (Bei uns geht das immer so!) • Was hindert sie an der konkreten Einsicht, dem Beschreiten des Lösungsweges? • Was brauchen sie, um ihre Ressourcen zu erkennen? Wie können sie das Reich ihrer Möglichkeiten erweitern? Veränderungsfokus: • Veränderung von einzelnen Teammitgliedern; • Veränderung von Einstellungen, Glaubenssätzen, Bewertungsmustern; • Veränderung von Kommunikations- und Interaktionsregeln; • Veränderung von Kooperationsmustern und Arbeitsabläufen; • Veränderung von Umweltbezügen, anderen Sichtweisen, Umgangsformen, zum Beispiel von Kollegen. Interventionsmöglichkeiten in der Bearbeitungsphase: – Zuhören und genau beobachten, Fragen stellen. – Feedback und Benennung der eigenen Hypothesen als Reflexionsangebote. – Fördern des Feedback- bzw. Rückkopplungssystems im Team. – Herstellen eines kommunikativen Rahmens, in dem unter größtmöglicher Beteiligung das Thema besprochen und bearbeitet werden kann. – Anbieten eines konventionellen sprachlichen Instrumentariums. – Szenische Hilfestellungen, zum Beispiel psychodramatisches Rollenspiel, Skulpturieren, Technik der leeren Stühle. Dadurch können zum Beispiel Konflikte konstruktiv ausgetragen bzw. alternative Wege erprobt werden. – Kreative Medien, durch die der Erfahrungs- und Experimentalraum erweitert wird, zum Beispiel kooperatives Malen, Teambilder, Symbole, Geschichten.
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9.2 Teamcoaching
273
– Körper- und Bewegungserfahrungen2: Hier können die Leibarchive aktiviert werden, sowohl zum Begreifen, Verstehen als auch zum Lösen. In meinem Verständnis gehören auch alle Formen des Skulpturierens und Aufstellens dazu.
Im Gegensatz zum Einzelcoaching stehen hier mehrere Menschen als Akteure mit ihren Ressourcen zur Verfügung, wodurch viele der Experimente und Übungen erst möglich werden. 4. Abschlussphase Fragen der Integration: • Was heißt das jetzt für unser Team? • Was können wir beibehalten, was wird sich ändern? • Wer ist an dem Änderungsprozess beteiligt? Woran erkennen wir, dass die Lösung auch erreicht ist? Fragen der Umsetzung, wenn Kontexte davon betroffen sind: • Woran wird die Umwelt merken, dass wir jetzt anders arbeiten? • Wen wird das interessieren? • Welche Wirkungen und Reaktionen sind zu erwarten usw.? Es folgen Fragen zur gegenwärtigen Befindlichkeit des Teams, das Feedback des Coachs, die Auswertung und ein Abschiedsritual. Fragen zur Teamdiagnose: – Was beinhaltet der Kontrakt (s. dort)? Wer ist daran beteiligt? – In welchen (institutionellen) kontextuellen Wechselwirkungen und strukturellen Zusammenhängen befindet sich das Team? – Was ist von der Geschichte des Teams bekannt? – Welches Selbstbild hat das Team? Was ist seine Ideologie, sein Leitbild? – Was steht gerade im Vordergrund im Team, müsste angepackt werden? – Welche Ziele verfolgt das Team? Welche Aufgaben sollen bearbeitet werden? – Welche Fähigkeiten, Ressourcen hat das Team, haben die einzelnen Mitglieder? 2 Gerade konventionell geprägte Teams werden sich mit den analogen Beratungsmethoden erst einmal
schwer tun. Diese bedürfen einer einfühlenden Vorstellung, nicht alles geht überall und vor allem nicht sofort.
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9 Systemcoaching
– Welche Art der Unterstützung braucht das Team, brauchen Einzelne? – Was ist das Team, was sind die Teammitglieder bereit für eine Veränderung (Lösung) aufzugeben, zu investieren, zu riskieren? – Wie wird im Team kommuniziert? (z. B. Wer mit wem über was?) – Welche Normen und Werte hat das Team? – Nach welchen Regeln verfährt das Team, wie ahndet es Regelverstöße? – Wie ist die Gruppenatmosphäre, welche Stimmung haben die einzelnen Gruppenmitglieder? – Gibt es Tabus, blinde Flecken, Gruppengeheimnisse? – Wie trifft das Team Entscheidungen? – Wie löst es seine Probleme und Konflikte? Sind Muster zu erkennen? – Gibt es »verdeckte Themen«, »Schwelbrände«, »offene Wunden«, »Reibungsflächen«, »Konfliktherde« und dergleichen im Team? – Wer hat welche Rolle im Team (formal und informal)? Wie klar und funktional sind die Rollen? Gibt es Besetzungslücken? – Wie ist die Leitungsrolle im Team realisiert, in der Struktur verankert? (Wem ist zum Beispiel der Teamleiter unterstellt?) – Was soll als Nächstes in dem Team geschehen?
9.3
Übungen zum Team- und Gruppencoaching
Teammetapher
Erfahrungsfeld: Teamphantasien Ziel: Einstimmung auf die Teamberatung Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Metaphernarbeit Zeitbedarf: 10 Minuten
Durchführung: Jedes Teammitglied denkt sich eine Metapher für das Team aus: »Das Team ist für mich wie . . . (z. B. wie eine Familie, wie ein Hexenkessel).« Die Teammitglieder versuchen sich dann auf eine Metapher zu einigen.
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9.3 Übungen zum Team- und Gruppencoaching
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Teamfunktionen
Erfahrungsfeld: Teamfunktionen und Teamrollen Ziel: Die Mitglieder eines Teams können ihrer Rollen und Funktionen mit analogen Mitteln verdeutlichen und ihre Wirkung diskutieren. Material: Papierbögen, Filzstifte Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Ein einfaches Autoschema wird auf ein Flipchart aufgemalt. Jedes Teammitglied bekommt einen Zettel. Es schreibt seinen Namen darauf und klebt ihn an die Stelle des Autos, die seiner Funktion und Position entspricht, zum Beispiel Motor, Lenkrad, Bremse. Es können auch mehrere ihren Zettel an die gleiche Stelle kleben. Die Teammitglieder begründen ihre Positionierung, hören sich die Einschätzungen der anderen an und diskutieren das Zusammenspiel.
Teampositionen
Erfahrungsfeld: Rollenanalyse Ziel: Einschätzung der Rollen und Funktionen der Teammitglieder Material: Autoschema, Papier, Filzstifte Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Die Teammitglieder bekommen ein Blatt mit dem Autoschema. Jeder positioniert alle Teammitglieder einschließlich sich selbst, indem er die Namen an die entsprechende Stelle schreibt. Die Einschätzungen werden nebeneinander gehängt. Auf diese Weise bekommt jedes Teammitglied ein Feedback über seine Positionierung. Besonders interessant sind dann meist solche Einschätzungen, die stark von der Selbstwahrnehmung abweichen oder auch weit streuen, also sehr uneindeutig im Team wahrgenommen werden.
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9 Systemcoaching
Teamhaltungen
Erfahrungsfeld: Positionieren Ziel: Positionierung der Teammitglieder, Veranschaulichung der Haltungen zueinander. Material: keines Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: Skulpturieren Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Ein Teammitglied wird gebeten, die Kollegen und Kolleginnen im Teamraum zu positionieren, sie auszurichten und jede in einer typischen Haltung zu modellieren. Zum Abschluss sucht der Aufsteller auch noch einen Platz und eine Haltung für sich. Auswertung: Jedes Teammitglied benennt seine Gefühle und Impulse, die es mit dieser Positionierung verbindet, sagt, ob es sich selbst in dieser Position und Haltung sieht oder sein Selbstbild davon abweicht. Jedes Mitglied kann seine Wunschposition benennen. Fragestellung: Was am Team sollte bleiben, was geändert werden? Was müsste dazu getan werden?
Seinen Platz im Team finden
Erfahrungsfeld: die eigene Position bestimmen Ziel: Teammitglieder bestimmen ihre Teamposition Modus: Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Skulpturieren Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Jedes Teammitglied findet seinen Platz im Teamraum, überprüft ihn in Bezug auf die anderen Positionen und korrigiert die eigene Position, falls sie ihm nicht stimmig erscheint. Jeder geht solange herum, bis er die richtige Position für sich im Teamraum und in Bezug zu den anderen gefunden hat. Da alle Teammitglieder dies tun, wird es eine Weile dauern, bis alle ihre Position in Bezug auf die anderen gefunden haben. Jedes Teammitglied sagt einen Satz: »An dieser Stelle im Team fühle ich mich . . . «
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9.3 Übungen zum Team- und Gruppencoaching
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Teamentwürfe
Erfahrungsfeld: subjektive Teamansichten Ziel: alle Team-/Gruppenmitglieder entwerfen gleichzeitig ein Positions-, Rollen- und Interaktionsmodell ihres Teams, ihrer Gruppe Material: wahlweise Steine, Münzen, Holzfiguren, Plastikklötzchen, Natur- oder Bürogegenstände, Ton oder Plastiziermasse Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: Material Zeitbedarf: 45Minuten
Durchführung: Jedes Teammitglied bekommt eine Unterlage oder ein Blatt Papier. Dies soll den Teamraum symbolisieren. Aus den vorhandenen Materialien, zum Beispiel Steinen, sucht es sich für jedes Mitglied ein charakteristisches Objekt aus und platziert dies entsprechend der Position und den Beziehungsrelationen der jeweiligen Person auf dem Papier. Auf kleinen Zetteln können dann Hypothesen über die Beziehungen in die Zwischenräume gelegt werden. Die Einschätzungen der einzelnen Teammitglieder werden vom Gesamtteam gewürdigt und auf Übereinstimmungen und Unterschiede hin untersucht. Teamdynamik
Erfahrungsraum: dynamisches Feld Ziel: die durch unterschiedliche Zielsetzungen und Interessenlagen hervorgerufene Teamdynamik sichtbar machen Material: Stäbe Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 15 Minuten
Durchführung: Die Teammitglieder stellen sich in einen Kreis. Sie sind miteinander durch Stäbe verbunden. Dabei hält jeder die Enden von zwei Stäben in seinen Händen, die beiden anderen Stabenden werden von zwei verschiedenen Personen gehalten. Jedes Mitglied soll sich überlegen, wohin es in diesem Team will, und sich dann eine entsprechende Bewegung ausdenken. Auf das Kommando des Coachs versuchen alle gleichzeitig ihre Richtungsbewegung zu realisieren. Natürlich wird das Ergebnis durch die Stabkontakte stark mitbestimmt.
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9 Systemcoaching
Auswertung: »Was hat sich an unserer Vernetzung geändert? Wo wollte ich hin und wo bin ich gelandet? Was geht in diesem Team, in dieser Gruppe, was ist nicht möglich? Wie könnte meine nächste Bewegung aussehen? Was wird deutlich? Welche Hypothesen gibt es zur Dynamik des Systems? Was hat das mit dem realen Team zu tun?«
Teamatmosphäre
Erfahrungsfeld: Arbeitsatmosphären Ziel: In welcher Atmosphäre arbeitet ein Team? Wie wirkt sich das auf die Stimmung der Teammitglieder und die Zusammenarbeit aus? Material: Papier, Malkreide Modus: Gruppen-, Teamübung Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Welche sozialen Atmosphären fallen Ihnen spontan ein? Wo haben Sie diese Atmosphären erlebt (zu Hause, im Verein, im Freundeskreis, in der Abteilung, in der Organisation)? Oder fällt Ihnen gleich die Atmosphäre ein, die im Team vorherrscht? Können Sie neben der vorherrschenden Atmosphäre auch noch andere Atmosphären im Team wahrnehmen? Fällt Ihnen zur vorherrschenden Atmosphäre im Team eine Farbe ein? Welche Assoziationen haben Sie zu der Farbe? Atmosphären lassen sich auch gut durch Melodien ausdrücken. Fällt Ihnen eine dazu ein?« Jedes Teammitglied malt seine Teamfarbe. Alle beginnen gleichzeitig ihre Melodie zu summen. Was entsteht daraus? »Diskutieren Sie die Auswirkungen der Atmosphäre auf sich und damit aufs Team. In welche Stimmung versetzt Sie das? Wie wirkt das auf Ihre Motivation, Ihre Kooperationsbereitschaft? Was wäre eine günstige Grundatmosphäre für dieses Team? Was müsste sich dann ändern?«
Teamprobleme
Erfahrungsfeld: Problemfelder Ziel: Ein Team setzt sich mit unterschiedlichen Problemperspektiven auseinander. Modus: Gruppen-, Teamübung
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9.3 Übungen zum Team- und Gruppencoaching
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Material: große Papierbögen, Filzstifte Medium: bildnerisches Gestalten Zeitbedarf: 30–45 Minuten
Durchführung: Die Teilnehmer werden gebeten, sich um das Papier zu verteilen (größere Gruppen brauchen auch größere Papiere). Jeder nimmt einen Stift in die Hand (möglichst jeder in einer anderen Farbe). Instruktion: »Bitte überlegen Sie sich, welche Probleme oder Schwierigkeiten Sie in den letzten beiden Wochen im Team erlebt bzw. wahrgenommen haben. Schreiben Sie diese auf Ihre Seite des Papierbogens.« Auswertung: Die Teammitglieder stellen jetzt den anderen ihre Probleme oder Schwierigkeiten vor. Wo gibt es thematische Überschneidungen, Schnittmengen? Diese Querverbindungen können in das Plakat eingezeichnet und Hypothesen über Wechselwirkungen formuliert werden. Das Team stellt eine Rangfolge der Schwierigkeiten fest und einigt sich, mit welchen sie in der Bearbeitung anfangen will und wie das genau aussehen soll. Überprüfen, was sich im Problemnetz dadurch bereits ändert.
Weitere Übungen Einstiegswappen: Kennenlernen ( Kapitel 3) Über die Brücke musst du gehen: Zielfindung ( Kapitel 3) Betrachtung einer Schwierigkeit: Themenfindung ( Kapitel 3) Flexibilität und Stabilität: Beziehungsdynamik ( Kapitel 4) Was ich in der Organisation brauche: Grundbedürfnisse ( Kapitel 5) Rollenhaushalt: Rollenvielfalt ( Kapitel 5)
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10
Balancecoaching
Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit, sondern auch aus Beziehungen, Freundschaften, Interessen, Zielen, Projekten, Körperlichkeit, Leitbildern und Sinn. Leider harmonieren die verschiedenen Lebensbereiche nicht immer miteinander. Disharmonien stören das Lebensgefühl. Sie kosten Energie und können in Krisen oder Krankheiten übergehen. Das Ausbalancieren der verschiedenen Bereiche erfordert Lebenskönnerschaft. Lifebalance ist deshalb eine Form der Lebenskunst.
10.1 Grundlagen der Balancekunst Balance kann man mit der Fahrt eines Segelbootes vergleichen. Weht der Wind von der Seite, gerät das Boot bei einer entsprechenden Segelstellung in Schieflage. Es fährt dann zwar schnell, würde aber ohne seinen Kiel und die Ausgleichsbewegungen der Mannschaft Gefahr laufen, zu kentern. Kommt der Wind von vorn, muss es die angestrebte Richtung verlassen und kreuzen. Auf jeden Fall wird der Steuermann den Wind gut ausnutzen, um sein Ziel doch noch zu erreichen. Balance ist kein statisches Gleichgewicht, sondern das dynamische Austarieren der internen und externen Anforderungen an das Selbst. Ein Mensch kann nicht gleichzeitig auf mehreren Hochzeiten tanzen und das zu 150 Prozent. Aber genau das wird oft von ihm verlangt. Eine anspruchsvolle Karriere lässt nur noch wenig Raum für ein Privatleben. Familienleben und Freundeskreis kann man nicht nur nebenbei pflegen. Ein politisches oder soziales Engagement kostet Kraft. Alle Einseitigkeit hat ihren Preis, sie wird bezahlt mit Beziehungsproblemen, Stagnation der persönlichen Entwicklung oder Labilisierung der Gesundheit. Eine Balance zwischen den Lebensbereichen gibt es nicht als Zustand, bestenfalls als Augenblick. Balancieren ist die Kunst des Austarierens zwischen den wesentlichen äußeren Herausforderungen und den inneren Befindlichkeiten eines Menschen. Man kann das Balancemodell nahtlos auch auf größere Systeme wie Teams oder Organisationen übertragen. Hier werde ich mich allerdings weitgehend auf Aspekte der Lifebalance beschränken.
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10 Balancecoaching
282
10.1.1 Faktoren der Balance Balance ist die Kunst des Möglichen in einer komplexen, anspruchsvollen Welt. Dabei spielen vier Aspekte eine wesentliche Rolle: 1. Flexibilität: Bereitschaft zu häufigen Veränderungen bzw. fließender Arbeits- und Lebensgestaltung. 2. Struktur und Stabilität, zum Beispiel Persönlichkeitsstruktur, Organisationsstruktur, Regeln, verlässliche Rahmenbedingungen. Struktur ist ein notwendiges Gegengewicht zur Flexibilität. 3. Kreativität: Sie verbindet die Flexibilität mit der Struktur: Im kreativen Prozess werden alte Formen aufgelöst, verflüssigt, neue Zusammenhänge hergestellt und neue Strukturen aufgebaut. 4. Richtung (Zielvisionen, Sinnperspektive): Sinn ordnet und energetisiert die Seele, gibt deren Bestrebungen eine einheitliche Richtung. Lebenskunst ist die Fähigkeit, ein erfülltes, das heißt sinnvolles Leben zu führen. Idealerweise befinden sich unsere festen, sicherheitsgebenden Strukturen und unsere Flexibilität in einer Balance. Manche schaffen es aus innerer Gelassenheit und Sicherheit heraus, viele Veränderungen zu gestalten (innere Balance), andere erleben, wie wichtig ihnen die Familie als ruhender Pol im Ausgleich zu der Hektik am Arbeitsplatz ist. Was aber passiert, wenn diese Stütze wegbricht oder das haltgebende innere Gleichgewicht ins Wanken gerät? • Beispiel 1: Einem bewährten, langjährigen Mitarbeiter wird betriebsbedingt gekündigt. Er versteht die Welt nicht mehr und fällt ins Leere. • Beispiel 2: Die Ehefrau eines Managers ist es leid, jeden Abend ihren Mann nur müde und lustlos zu erleben. Sie verlässt ihn. • Beispiel 3: Die Mitteilung, an Krebs erkrankt zu sein, bewirkt bei fast allen Menschen erst einmal einen Schock. Sie geraten aus ihrem bisherigen Gleichgewicht. Krankheit kann jedoch auch als Chance begriffen wurde, das Leben neu zu zentrieren. Auch mit einer schweren Krankheit kann wieder ein Gleichgewicht hergestellt werden. Es gibt also eine innere Balance und eine äußere, bei der das Gleichgewicht durch soziale Stützen hergestellt wird (Abbildung 24). Die innere Balance des Selbst tariert sich zwischen vier Faktoren aus: 1. körperliche Funktionstüchtigkeit, Gesundheit und körperliche Selbstakzeptanz; 2. ein Netz tragfähiger Beziehungen (Partner-/in, Kinder, Verwandte, Freundeskreis, Kollegen); 3. Eine Sinnorientierung im Leben, von den kleinen zu den bedeutsamen Zielen bis hin zum umfassenden Lebenssinn; 4. eine befriedigende Arbeitssituation, Kompetenz und Leistungsverhalten.
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10.1 Grundlagen der Balancekunst
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Sinn/Kultur
Beziehungsnetz
Balance
Körper und Gesundheit
Arbeitleistung Abbildung 24: Der Balancestern
Im Identitätskonzept von Petzold ( s. Kapitel 3) haben die Faktoren als Säulen eine tragende und damit statische Funktion. Sie sind Elemente der IchStruktur und dienen der Stabilisierung der Identität des Menschen. Im Balancemodell wird eine andere Perspektive eingenommen. Die Faktoren werden in ihrer wechselseitigen Beeinflussung betrachtet. Nicht die Struktur, sondern die Dynamik des Kräftespiels zwischen den vier wesentlichen Aspekten der Lebenswelt steht hier im Mittelpunkt.
10.1.2 Balance und Geschwindigkeit Sind Sie schon einmal ganz langsam gegangen? Dann haben Sie sicher auch die Erfahrung gemacht, dass es in der Schrittfolge einen kurzen Moment der Irritation gibt, in dem Sie die Balance verlieren. Diese Schwankung tritt bei einer normalen Gehbewegung nicht auf. Beschleunigen Sie Ihre Gehbewegung zum Laufen oder Rennen, geraten Sie irgendwann an andere Balancegrenzen, die mit Ihrem Kreislauf zu tun haben. Schon so mancher Marathonläufer ist vor oder im Ziel zusammengebrochen. Wie viele Menschen leben heute in einem Tempo, das auf Dauer für sie ruinös ist? Der Ehrgeiz, die Gewinnsucht oder die Angst vor Arbeitsplatzverlust lässt sie über die Sicherheitsgrenze gehen. Die Entschleunigung fällt schwer, wenn man sich erst einmal an das rasante Leben und Arbeiten gewöhnt hat. Es gibt ein inneres Tempo. Das ist nicht nur psychisch erlernt, sondern hängt auch von biologischen Faktoren ab. Hierin unterscheiden sich die Menschen. Schwierig wird es, wenn Mitarbeiter zusammenarbeiten müssen, die ein unterschiedliches Tempo vorlegen. Das Lebenstempo kann mitunter auch zu einer tragischen Schicksalsbürde werden. Es gibt Menschen, die scheinen die Ahnung zu haben, dass ihnen
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in diesem Leben nicht viel Zeit bleiben wird. Ein Freund von mir brachte es in recht jungen Jahren bereits zu einer Professur, gründete nebenbei eine erfolgreiche Band und betrieb mehrere Unternehmen. Er starb mit 38 Jahren. Auch Alexander der Große scheint mir eine solche Persönlichkeit gewesen zu sein, wenn man bedenkt, in wie kurzer Zeit er den größten Teil der damaligen Welt eroberte.
10.1.3 Lebensphasen und Balance In der Lebensentwicklung eines Menschen gibt es natürliche Phasen der Vereinseitigung. Dies führt zu phasenbedingten Schieflagen. In einem bestimmten Alter spielt zum Beispiel die Karriere eine große Rolle, in einem anderen die Hinwendung zur Familie oder Fragen des Lebenssinns und der Spiritualität. Deutlich werden die entwicklungsbedingten Balanceversuche eines Menschen in der Pubertät. Der junge Mensch schwankt zwischen alten Abhängigkeiten, die er zeitweise noch braucht, und neuer Autonomie, in der er noch nicht geübt ist.
10.1.4 Lebensdrehbuch und Lebensrichtung Das Segelboot im Eingangsbeispiel hat ein Ziel, auch wenn es im Wind kreuzen muss. Tätige ich eine Handlung, die bedeutsam ist für die Zielerreichung, so nennt man sie sinnvoll. Nun strebe ich in meinem Leben viele kleinere und größere Ziele an. Wodurch wird aber die Mannigfaltigkeit der Ziele sinnvoll? Letztlich müssen sie sich alle mehr oder weniger einfügen in das, was ich meinen Lebenssinn nenne. Lebenssinn kann man finden durch die individuelle Beantwortung der zentralen Fragen: Woher komme ich? Wozu bin ich auf dieser Welt? Wohin werde ich gehen? Die Summe der uns möglichen Antworten auf diese Frage ist in unserer Kultur enthalten. Sie hält dafür Weltanschauungen, Religionen, Philosophien, spirituelle Erkenntnisse bereit. Sie geben nicht nur Ziele vor, sondern auch Verhaltensregeln und Werte. Das ist im Buddhismus nicht anders als im Christentum, im Marxismus nicht anders als bei den Neoliberalen. Es sind Vorstellungen vom richtigen Leben. Lebenskunst setzt nun nicht bei den letzten Zielen, wohl aber bei den vorletzten an: Handle stets so, dass du mit Akzeptanz auf ein erfülltes Leben schauen kannst.
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10.1.5 Komplexität und Wirklichkeit Das Leben ist extrem komplex geworden, undurchschaubar und voller Widersprüche. Warum ist es so schwierig, mit der Komplexität zu leben? Sie irritiert, verwirrt, überfordert, ängstigt. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, mit Komplexität umzugehen. Nicht alle sind allerdings ratsam. Hier einige weniger empfehlenswerte Möglichkeiten: Man kann Komplexität leugnen, abspalten, Teile ausblenden, sie vereinfachen, überspielen oder überblenden. Komplexität beschreibt die wahrgenommene Wirklichkeit. Sie ist die Re-Konstruktion des Wahrgenommenen mit den Möglichkeiten des Gehirns. Mitkonstrukteure sind die inneren Einstellungen, Bewertungen, Erfahrungen, Muster. Unsere Wirklichkeit ist eine Konstruktion. Wie die Außenwelt wirklich ist, wissen wir nicht. Sie kennen vielleicht die Geschichte von dem indischen Elefanten und den vier Blinden. Die Blinden betasten den Elefanten. Der eine, der ein Bein berührt, sagt, ein Elefant, das ist eine Säule. Der zweite, der den Rüssel ertastet, meint, er ist ein Schlauch. Der Dritte erfühlt den Bauch und bezeichnet ihn als Tonne und der Letzte erwischt den Schwanz, den er für einen Strick hält. Für den einen Menschen ist ein Glas Wasser halb voll, für einen anderen vielleicht halb leer: zwei grundverschiedene Einschätzungen des gleichen Sachverhaltes. Coaching hilft dabei, wirkungslose oder selbstschädigende Wirklichkeitsauffassungen abzulegen, um für sich neue erfolgversprechende Perspektiven und Wirklichkeitszugänge zu entdecken. Der Vorteil von Komplexität: Je größer sie ist, umso mehr Möglichkeiten sind auch in ihr enthalten, die es zu entdecken gilt. Für die Bewältigung von Komplexität ist es günstig, nicht vor ihr zurückzuschrecken, sondern sie eher als einen reich mit Möglichkeiten gedeckten Tisch zu erleben, aus dem man nur auszuwählen braucht. Man muss dabei jedoch genau hinschauen, um die Dinge wahrzunehmen, die jetzt für einen persönlich wichtig sind. Hierbei können drei Aspekte behilflich sein: • (Lebens-)Ziele, die Sinn machen und dabei wie ein Kompass auch noch bei stürmischer See funktionieren; • Gelassenheit und Selbstvertrauen, das Richtige auch in der aktuellen Situation zu erkennen; • die innere Komplexität pflegen, die eigene innere Vielfalt begrüßen. Je mehr Seiten ein Mensch hat, je mehr Rollen er ausbildet, je vielfältiger seine Beziehungen sind und für je mehr Projekte er sich begeistert, desto größer ist auch sein Potential, um mit den Anforderungen und Widrigkeiten des Lebens fertig zu werden. Facettenreichtum gehört zu den Ressourcen des Lebenskünstlers.
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10.1.6 Vom Ich-Leadership1 zum Selbst-Leadership Die meisten Menschen halten an alten linearen und rationalen Lösungsstrategien fest. Sie benutzen ihren Kopf wie eine Kommandozentrale. Nun ist aber der willkürliche Teil, also das mit dem Ich identifizierte Denken, weitaus langsamer und ineffektiver als die unwillkürlichen, intuitiven, meist unbewussten oder vorbewussten Steuerungsanteile unseres Selbst. Der Vorteil der intuitiven Seite ist, dass sie besser mit Komplexität fertig wird. Sie erfasst ganzheitlich, sucht sich das für sie Prägnante heraus. Sie korrespondiert mit dem limbischen System, das für emotionale Angelegenheiten zuständig ist. Können wir unseren gefühlsgeladenen Intuitionen trauen? Sehr häufig ja. Intuition lässt sich vom Ergebnis her meist überprüfen. So sammeln wir Erfahrungen über unsere intuitive Seite. Bei bestimmten Gefühlen ist Misstrauen angebracht, zum Beispiel bei starken Angstimpulsen. Angst, die nicht mehr ihre ursprüngliche Aufgabe erfüllt, nämlich vor Gefahren zu warnen, ist ein schlechter Ratgeber. Sie engt unser Bewusstsein ein und reduziert die Intuition auf den archaischen Kampf-Flucht-Reflex. Da ein größerer Teil unserer Selbstregulation unwillkürlich, das heißt unbewusst oder vorbewusst abläuft, tut das Bewusstsein gut daran, sich nicht gegen diesen Bereich des Selbst zu stellen. Das unwillkürliche Selbst setzt sich letztendlich doch immer durch. Die Aufgabe des Ichs und seiner Bewusstseinsfunktionen besteht nicht darin, das Es zu beherrschen, sondern den Kontakt und Austausch mit der Außenwelt zu vermitteln. Wir überschätzen nur zu häufig die Macht des Ichs, mitunter mit fatalen Folgen. Viele Managementfehler auf höchster Ebene entstehen, weil das Denk- und Machbare doch nur in einem begrenzten Rahmen rational zu kontrollieren ist. Lebenskunst heiß, die intuitive und rationale Seite des Selbst zur Kooperation zu bringen, statt dass sie sich wie zwei rivalisierende Abteilungsleiter bekämpfen. Sie gehören zur selben Firma. Das Ich muss bescheidener werden, seinen Kontrollanspruch reduzieren. Perls, einer meiner gestalttherapeutischen Lehrer, betonte: »Don’t push the river, it flows by itself.« Diejenigen, die joggen, kennen das Phänomen, dass man die ersten zehn bis fünfzehn Minuten willentlich läuft. Man ist dabei mit seinem inneren Schweinehund oder anderen mühsamen Dingen beschäftigt. Dann schaltet das System um, nicht mehr das Ich, sondern das Es läuft. Körpereigene Drogen sorgen dafür, dass das Ich loslässt. Während das Es2 läuft, gerate ich in eine Art Trancezustand. Dabei kommen mir auch Einfälle, Lösungsideen. Irgendwo zwischen Ich und Es lebt 1 Von Seiwert (2001) stammt der Begriff »Life-Leadership«.Diese Bezeichnung führt zu Missverständ-
nissen, da sie suggeriert, dass das Leben die Führung übernommen hat. Natürlich managt auch in diesem Konzept das Ich den Lebensweg. 2 Der Kürze wegen verwende ich für die unwillkürlichen, nichtbewussten Anteile des Selbst häufiger die Bezeichnung Es.
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10.1 Grundlagen der Balancekunst
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die Kreativität. Sie besteht ja bekanntlich darin, dass alte Zusammenhänge sich auflösen und neue Konstellationen in den Blick kommen. Die Verbindung von Ich und Es kann also ganz bewusst herbeigeführt werden: in der Trance, im Traum und Tagtraum, in Imagination und Phantasiereisen. Also immer dann, wenn das wachbewusste Ich ein Stück Kontrolle abgibt, sich durchlässig macht und lernt, dem zuzusehen, zuzuhören, zufühlen, was Es sagt. Eine andere Form der Kommunikation zwischen Ich und Es besteht darin, sich der Gestaltung mit künstlerischen Mitteln zu überlassen. Diese Form der Zusammenarbeit ist unerlässlich, wenn es um Veränderung geht, sei es beim Coachen, in der Supervision oder in der Therapie. Muster lösen sich nicht einfach durch Denken und Analysen auf. Gerade hier stoßen Coachingverfahren, die weitgehend auf einem sprachlichen Dialog basieren, an ihre Grenzen. Das individuelle Selbst ist ein sich selbst regulierendes eigenständiges System. Auf einer anderen Betrachtungsebene kann dieses individuelle Selbst jedoch auch als Bestandteil des universellen Selbst verstanden werden. Manche nennen das universelle Selbst auch Gott. Die Durchlässigkeit gegenüber diesem geistigen Selbst kann im Gebet, in Meditation oder in tiefer Trance erreicht werden. Es sind transpersonale oder auch mystische Erfahrungen. C. G. Jung bezeichnete die Entwicklung des Menschen bis in diesen spirituellen Bereich hinein als Individuation. In diesem Sinne ist für mich Lebenskunst mehr als bloßes Selbstmanagement. Das Ich verneigt sich vor der Kraft des individuellen Selbst. Das Selbst erlebt seine Machtlosigkeit, aber auch Aufgehobenheit im universellen Selbst. Der Mensch ist nur ein Teil jener Natur, die er zu unterwerfen und zu kontrollieren versucht. So gehört für mich zur Lebenskunst auch eine gewisse Demut, ein Gefühl der Winzigkeit, bei aller Kompetenz und Leistungsfähigkeit.
10.1.7 Gelassenheit Was kann das Ich dabei gewinnen, wenn es soviel an Macht abgeben muss? Menschen, denen die Selbstdurchlässigkeit von Ich und unbewusstem Selbst bzw. Es gelingt, erlangen Gelassenheit. Ich zitiere hier den Philosophen Wilhelm Schmid (1999, S. 58): »Ein essentielles Element der Lebenskunst ist Gelassenheit – nicht immer nur Machen und Bewusstmachen, sondern auch das Lassen, das stille Genießen, das Zurechtkommen damit, dass ich nicht über alles verfügen kann und manchmal auch einfach hinnehmen muss.« Gelassenheit ist weder ein gefühlsreduzierter Zustand (»Be cool!«) noch eine entspannte Gleichgültigkeit.
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Hinter Gelassenheit stehen zwei Gefühls- und Handlungsintentionen: 1. Loslassen im Gegensatz zum Festhalten, zum Beispiel Loslassen von fixierten Vorstellungen und Einstellungen, starren Haltungen, unangemessenen Mustern. 2. Zulassen im Gegensatz zum Abwehren, zum Beispiel Zulassen von beängstigenden, neuen Herausforderungen, chaotischen Lebensphasen, unbeeinflussbaren Situationen. Gelassenheit bekommt so die Qualität von Durchlässigkeit oder auch Beweglichkeit. Im chinesischen Sprichwort biegt sich der Halm im Winde, aber er bricht nicht, im Gegensatz zu starreren Gewächsen, die der Sturm brechen kann. Gelassenheit ist ein lebendiges Mitschwingen mit den Widersprüchen des Lebens und gleichzeitig ein Ruhen in sich selbst. Gelassenheit ist eine Haltung dem Leben gegenüber, die es ermöglicht, in all der Komplexität seine Kräfte auf das zu konzentrieren, was einem bedeutsam und wichtig ist. Gelassenheit fliegt einem nicht zu. Sie bedarf harter Arbeit am Selbst. Und der beste Übungsraum ist der Alltag. Übungsvorschläge für die Ausbildung von Gelassenheit: – Überwindung von (Lebens-)Angst zum Beispiel durch Verhaltenstraining, Gedankenstopp; – Selbstsicherheitstraining; – Distanzierungsübungen: die Fähigkeit entwickeln, zu sich und seinen Gefühlen eine distanzierte Haltung einzunehmen; – Meditation ( s. Kapitel 9); – Achtsamkeitsübungen ( s. Kapitel 9); – Entspannungsübungen, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, körperliche Entspannungsübungen ( s. Kapitel 9); – Visualisierungsübungen: sich zum Beispiel innerlich auf schwierige oder emotional bedrohliche Situationen vorbereiten ( s. Kapitel 11: Übungen zu extremen Gefühlen); – einen inneren Begleiter finden (ein innerer Freund, der einen wohlwollend berät; s. Kapitel 11, Selbstcoaching); – ausreichend körperliche Bewegung, zum Beispiel Joggen; – Ausbau eines tragfähigen sozialen Netzwerkes – man ist mit vielen Menschen verbunden, bekommt viele Anregungen, es ist immer jemand für den Betroffenen da; – Erarbeitung einer sinnstiftenden, philosophischen, religiösen oder spirituellen Verankerung.
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Natürlich garantiert keine dieser Übungen und Lebensweisen für sich allein Gelassenheit. Die Ausbildung von Gelassenheit ist eine Investition in die Zukunft. Sie ist eine Voraussetzung dafür, angesichts wachsender Anforderungen, zunehmendem Konkurrenzkampf und Veränderungsdruck erfolgreich zu sein und sich selbst dabei treu zu bleiben. Das Erarbeiten einer gelasseneren Haltung des Coachees gegenüber relevanten Lebensaspekten ist ein wichtiges Nebenergebnis vieler Coachingprozesse.
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Aus der Balance
Ich lernte Segeln an einer Talsperre, an der sehr unberechenbare Winde herrschten. Das erste, was ich in dieser Segelschule üben musste, war, mit einer Jolle durchzukentern. Der Segellehrer ging davon aus, dass jedem von uns die Erfahrung des Kenterns nicht erspart bleiben würde, besonders weil wir als Anfänger unsere Grenzen noch nicht genau kannten. Soviel zum Thema Krisenintervention beim Jollesegeln. Auch jeder Coach, der Kriseninterventionen macht, sollte über eigene Krisenerfahrungen verfügen. Konflikte gehören zum täglichen Leben, innere Konflikte, Konflikte mit Partnern, Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Teams. Es gibt viele Möglichkeiten, mit Konflikten umzugehen, nicht alle sind angemessen, zum Beispiel den Konflikt schwelen zu lassen, statt ihn auszutragen. Konflikte, die nicht bewältigt werden, führen zur Symptombildung, also einer Ersatzlösung, oder münden in eine Krise. Der Coach hat es in der Praxis häufig mit unbewältigten Konflikten oder akuten Krisen zu tun. Er muss den Coachee dabei begleiten und unterstützen. In diesem Kapitel wird es um das Coachen von Konfliktprozessen und Krisenentwicklungen sowie um die häufig im beruflichen Alltag auftretenden Balanceschwierigkeiten Stress, Burnout und Mobbing gehen. 10.2.1 Konfliktcoaching3 Ein Konflikt ist eine Auseinandersetzung oder eine Meinungsverschiedenheit, eine Kontroverse oder ein Streit (Richter, 1997b, S. 2). Bei Konflikten • prallen gegensätzliche Interessen oder Impulse aufeinander. Beispiele: Ein Coachee will sich um die Teamleitung bewerben und hat Angst vor den 3 Eine ausführliche Darstellung des Themas bietet das Buch Konflikt-Coaching von Schreyögg (2002).
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Reaktionen der Kollegen. Eine Führungskraft möchte bei seinen Mitarbeitern beliebt sein und muss Kündigungen oder Kürzungen aussprechen. • ziehen unterschiedliche Interessen in entgegengesetzte Richtungen. Beispiele: Der Coachee will Urlaub machen, muss aber auch seinen ärgsten Konkurrenten in der Firma im Auge behalten. Zwei Abteilungen haben grundverschiedene Vorstellungen über ein bestimmtes Vorgehen. • treten eigene Interessen in Widerspruch zu denen aus der Umwelt. Beispiele: Der Coachee will etwas ausprobieren, aber es wird ihm von der Leitung aus Einsparungsgründen verboten. Zwei Firmen wollen fusionieren, aber das Kartellamt ist dagegen. Konflikte gehören zum Leben. Allerdings ist die Kompetenz und die Bereitschaft zur Konfliktlösung sehr unterschiedlich. In Organisationen gehört ein bestimmter Stil des Umgangs mit Konflikten zur Unternehmenskultur, zum Beispiel: Konflikte werden in der Organisation entweder nur sachlich oder gar nicht angesprochen. Ungelöste Konflikte werden umgangen, verdrängt oder einfach mitgeschleppt. Dies kostet nicht nur viel Energie, verschleppte Konflikte münden über kurz oder lang in eine Krise. So können ungelöste, verinnerlichte Konflikte bei Personen zu folgenden Lösungsversuchen durch Symptombildung führen: • Verringerung der Leistungsfähigkeit und Motivation (»Ich habe keine Kraft mehr, das alles durchzustehen«); • Reduzierung der Kreativität, Verengung der Perspektiven; • Verschlechterung des Sozialverhaltens, zum Beispiel durch Reizbarkeit, Agieren, Intrigieren; • selbstdestruktive Lösungsversuche – der Coachee kündigt überstürzt, deckt sich mit Arbeit zu, versucht die Konfliktspannung durch Alkohol, Tabletten oder andere Drogen zu betäuben; • Chronifizierung von psychosomatischen Erkrankungen; • Burnout– die Person brennt bei der hohen inneren Konfliktspannung langsam aus. Konflikte müssen deshalb eine Ausdrucksmöglichkeit finden und ein Forum, indem sie ausgetragen und gelöst werden können. Es gilt, den Konflikt dort zu verorten, wo er gelöst werden kann, zum Beispiel in Bezug auf Kollegen, Vorgesetzte, Kunden, aber auch Arbeitsbedingungen. Wichtig ist dabei auch, die jeweils in einem System bereits bestehende Konfliktlösungskultur zu berücksichtigen, gerade wenn sie eher konfliktlösungsfeindlich ist. In Organisationen ergeben sich Konflikte häufig in folgenden Themenbereichen: • Strukturkonflikte, zum Beispiel unklare Entscheidungsbefugnisse zwischen Abteilungen;
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• Ressourcenkonflikte, zum Beispiel Mittelverteilungskämpfe; • Änderungskonflikte: Umstrukturierungen gehören in vielen Organisationen zur Tagesordnung. Sie sind in Zeiten der Flexibilisierung und Beschleunigung fast unvermeidbar. Frage ist nur, wie können Mitarbeiter dies verarbeiten. • Systemkonflikte, zum Beispiel Überlagerung von Organisationsgrenzen; • Hierarchiekonflikte, zum Beispiel Akzeptanzprobleme bei Anordnungen; • Anerkennungskonflikte; zum Beispiel wird nur eine Person für die Leistung einer Gruppe belobigt; • Leitungskonflikte: Sie können zum Beispiel zwischen verschiedenen Leitungspersonen entstehen. Träger von Konflikten sind nicht die Strukturen, sondern Personen. Sie tragen die Konflikte aus. Prinzipiell können Konflikte in folgenden Beziehungskonstellationen auftreten: • Konflikte in einer Person, zum Beispiel zwischen ihrem Sicherheitsbedürfnis und ihrem Karrierestreben; • Konflikte zwischen Personen, zum Beispiel bei starken Interessenunterschieden; • Konflikte zwischen einer Person und dem System, zum Beispiel Werteunterschiede zwischen einem Teammitglied und den anderen; • Konflikte zwischen Personengruppen, zum Beispiel Abteilungen, Teams; • Konflikte zwischen Hierarchieebenen, zum Beispiel Leitung und Team. Viele Konflikte werden mehr oder weniger befriedigend durch interne Kräfte gelöst. Die gängigsten Lösungsstrategien von Gruppen und Systemen sind: • Konflikte vermeiden; • Konflikte eliminieren, indem zum Beispiel der schwächere Konfliktpartner veranlasst wird zu gehen; • Konfliktunterdrückung, die Majorität zwingt die Minorität zum Stillhalten; • Kompromiss erarbeiten. • Konfliktlösung durch Vorgesetzte. Hierbei ist darauf zu achten, dass sie nicht den Konflikt durch Machtausübung oder Rechtssprechung beseitigen, statt ihn zu lösen. • Konfliktdiskurs: Die widersprechenden Ansichten und Interessen der Konfliktpartner werden ausgesprochen, diskutiert, aneinander gemessen, in andere Zusammenhänge gebracht. Da häufig alle an der Lösung des Konflikts beteiligten Personen auch Betroffene sind, die nicht unparteiisch moderieren können, bedarf es eines externen Konfliktberaters. Die Konfliktberatung gehört deshalb zu den häufigsten Themen im Coachingprozess. Phasen eines Konfliktgespräches mit einem externen Coach sind:
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Einstieg: Ziel ist das In-Kontakt-Kommen und die Situationsklärung. Das Gespräch beginnt mit einem gegenseitigen Vorstellen. Der Coach klärt die Konfliktbeteiligten über seine Funktion, seine Fähigkeiten und seine Rolle auf. Er versucht das Vertrauen der Beteiligten zu gewinnen. Gemeinsam wird ein Kontrakt und ein Arbeitsbündnis formuliert. Annäherung: Ziel ist die Motivationsstärkung. Die Beteiligten erzählen die Geschichte des Konfliktes. Sie verständigen sich über die Schattenseiten des Konfliktes. Sie versuchen, daraus die Motivation für eine gemeinsame Lösungsarbeit zu festigen. Sichtweisen und Positionen artikulieren: Ziel ist die Verdeutlichung der Interessenlagen, Wünsche, Befürchtungen. Alle Beteiligten schildern ihre subjektive Sicht des Konfliktes, verdeutlichen ihre jeweilige Position und bieten Lösungsvorschläge an. Der Coach gibt Kommunikationsregeln vor, zum Beispiel ausreden lassen. Bei dem Versuch, diese einzuhalten, wird oft erst deutlich, wie wenig die Beteiligten auf Grund ihrer emotionalen Involvierung noch in der Lage sind, einander zuzuhören. Phase des Argumentierens und der Auseinandersetzung: Ziel ist es, eine kommunikative Plattform für Lösungsstrategien herzustellen. Die Beteiligten sollen lernen, wieder miteinander statt gegeneinander zu reden. Der Coach führt das Streiten nach Regeln ein. Streiten ist erlaubt, aber nur nach den Regeln der Fairness. Er verdeutlicht die Kommunikationsmuster und Interaktionsfallen, mit denen sich die Beteiligten gegenseitig blockieren. Hierzu sind oft analoge Mittel und Übungen hilfreich. Das Interesse am Sachgehalt des Konfliktes soll geweckt werden. Lösungsphase: Ziel ist die Hinwendung zu rationaleren Lösungsformen. Es wird nach weiteren Lösungsmöglichkeiten gesucht, zum Beispiel mit einem Brainstorming. Die neuen Ideen werden auf ihre Konsensfähigkeit überprüft, es erfolgt die Einigung auf eine Lösung. Integrationsphase: Ziel ist es, die neue Lösung in den Berufsalltag zu integrieren. Es gilt sich rückzuversichern, wie die einzelnen Beteiligten zu dieser Lösung stehen, und die auftretenden Schwierigkeiten zu besprechen. Neue, für die Lösung notwendige Fertigkeiten werden trainiert. Da Konflikten in der Regel ein wie auch immer gearteter Interessengegensatz zugrunde liegt, sollte der Coachee eine Haltung der Allparteilichkeit einnehmen. Hierbei würdigt er, dass die Standpunkte der Konfliktgegner, jeder für sich, eine gewisse subjektive Berechtigung haben. Die Standpunkte sind aner-
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kannt und brauchen nicht, wie bei einer neutralen Coachhaltung, um die Akzeptanz zu konkurrieren. Interventionstechniken des Coachee bei Konfliktgesprächen:
Aktives, einfühlendes Zuhören: Der Coach gibt in seinen Worten wieder, was er gehört, gesehen, gefühlt und verstanden hat. Umwandlung von Du- und Man-Botschaften in Ich-Botschaften: Menschen neigen dazu, aggressive oder abwehrende Empfindungen in eine indirekte Form der Du-/Man-Botschaft zu kleiden. So werden unter Umständen die eigenen Gefühle als Eigenschaften anderer Personen wahrgenommen. Beispiel: statt der Du-Botschaft: »Was fällt Ihnen ein, mich nicht zu der Besprechung einzuladen?« die Ich-Botschaft: »Es hat mich sehr gekränkt, dass Sie mich nicht zu der Besprechung eingeladen haben.« Zirkuläres Fragen: Kommunikation im Beziehungssystem ist auch immer Kommunikation über andere Menschen. Statt eine Person direkt zu fragen, kann man auch eine andere Personen fragen, was sie glaubt, dass eine dritte Person über die erste denkt ( s. Abschnitt 7.1.2). Wünsche formulieren: Zur Kultur vieler Arbeitsgruppen gehört nicht, ihre Wünsche und Bedürfnisse direkt zu artikulieren oder sie gar an eine bestimmte Person zu richten. Wenn diese direkt ausgesprochen würden, könnten viele Missverständnisse vermieden werden. Die Botschaften der Körper aufgreifen: Würde man in einem Streitgespräch den Ton abstellen, so könnte man aus der Choreographie der Ausdrucksformen und Körperhaltungen eine Menge diagnostischer Hinweise gewinnen.
Vorsicht bei der Konfrontation mit Körperwahrnehmungen. Die Coachees fühlen sich dann leicht kontrolliert, bloßgestellt, durchschaut.
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Analoge Hilfsmittel: – Darstellung des Konfliktes, der beteiligten Personen, der Beziehungsdynamik mit verschiedenen Materialien (Beispiel: »Schauen Sie sich einmal im Raum um, welcher Gegenstand könnte am besten die Einstellung von Herrn A zum Konflikt symbolisieren?«); – Malen von Konfliktbildern; – die Konfliktpartner auf leere Stühle setzen ( s. Abschnitt 7.2.3); – Spielen von Konfliktszenen im Rollenspiel; – Imaginieren, zum Beispiel von Lösungserwartungen; – Bewegungserfahrung, zum Beispiel experimentieren mit unterschiedlichen Körperhaltungen; – ritualisiertes Austragen des Konfliktes.
10.2.2 Kriseninterventionen Jede Krise birgt die Chance eines Neuanfangs. Krisen entstehen, wenn angesichts von Schwierigkeiten oder Konflikten4 nicht genügend Ressourcen und Bewältigungsmöglichkeiten bestehen, um die fortschreitende Labilisierung zu stoppen. Krisen entwickeln sich manchmal schleichend. Sie bleiben lange unbemerkt. Brechen Krisen auf, dann verliert eine Person äußeren und inneren Halt. Sie gerät in Gefahr zu dekompensieren, zusammenzubrechen. Um den bevorstehenden Absturz zu verhindern, bedarf es der Krisenintervention. Häufig ist nach der Restabilisierung eine Folgeberatung notwendig, um die zugrunde liegenden Schwierigkeiten zu bearbeiten. Die wichtigsten Gründe für die Entstehung von Krisen: – entwicklungsbedingte Krisen, zum Beispiel Pubertät, aber auch Altern, die Angst, mit den jungen Kollegen nicht mehr mithalten zu können, Eintritt in den Ruhestand; – intrapsychische Konflikte, die zu Krisen eskalieren, zum Beispiel als Folge starker Kränkung; – Beziehungskrisen, zum Beispiel Partnerkonflikte, Teamschwierigkeiten, Mobbing, Reibereien mit Vorgesetzten;
4 Hierbei kann es sich um innerpsychische Probleme handeln, Beziehungskonflikte, Spannungen in
einem Subsystem oder einer Organisation.
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– systematische Krisen, zum Beispiel Führungsfehler, unangemessene Arbeitsstrukturen, Entlassung; – Systemkrisen, zum Beispiel Übernahmebestrebungen, Konkursdrohung, massive Umstrukturierungen; – Traumatisierungen, zum Beispiel bei Geiselnahme, nach einem schweren Unfall.
Das Modell des Krisenverlaufs zeigt die einzelnen Etappen einer Krise. In der Regel wird eine Krisenberatung erst gewünscht, wenn der Coachee bereits die Möglichkeit verloren hat, auf den Verlauf noch Einfluss nehmen zu können. Auf dem Höhepunkt einer Krise zeigt sich die Art der Krisennotbewältigung. Gerät der Coachee dann in ein hektisches, immer wirkungsloseres Agieren oder neigt er mehr zu einer resignativen Reaktion, fühlt sich niedergeschlagen, ohnmächtig, gelähmt, wird er krank. Häufig ist dann eine spezielle Krisenberatung erforderlich, die in spezieller Weise den krisengeschwächten Menschen unterstützt. Ein Krisenverlauf (Abbildung 25) kann folgendermaßen aussehen: 1. Der Mensch (das System) spürt die Vorboten der Krise. Er versucht mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, den Verlauf aufzuhalten. 2. Das Vorhandensein der Krise lässt sich nun nicht mehr leugnen. Meist versucht der Betroffene, seinen labilen Zustand zu verbergen. Er verliert aber immer stärker die Kontrolle über sich und den Verlauf. 3. Die Krise erreicht ihren Höhepunkt. Die eigenen Bewältigungsmuster und Ressourcen versagen weitgehend. Der Betroffene fühlt sich hilflos ausgeliefert. Es gibt nun drei Möglichkeiten für den weiteren Verlauf. • Er wird hyperaktiv, verausgabt sich vollends, dekompensiert (überschießende Konfliktverarbeitung). • Er flüchtet in die Regression, er wird zum Beispiel krank, erwägt Suizid. • Der Betroffene findet eventuell mit fremder Hilfe wieder einen Weg in die Stabilität. 4. Dem Betroffenen sind erste Schritte zu einem neuen Gleichgewicht gelungen. Die Restabilisierung führt nicht automatisch auf das Ausgangslevel zurück. Oft muss der Betroffene sein Leben neu sortieren.
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10 Balancecoaching
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überschießende Konfliktverarbeitung Höhepunkt der Krise
Absturz, regressiver Verlauf
Zeit Beginn des Prozesses: eigene Stabilisierungsversuche
Labilisierung: Turbulenzen, Implosion, die Krise wird deutlich
Initialphase
Aktionsphase
entweder überschießender Verlauf, z. B. Krankheit, oder regressiver Verlauf, Kollabieren, Suizid
Integrationsphase
Reststabilisierung
Neuorientierung
Abbildung 25: Modell des Krisenverlaufs
Grundsätze der Krisenberatung: – Herstellen einer tragfähigen Beziehung: In der Krise gerät der Mensch außer sich. Er verliert den Selbst-Kontakt und damit wichtige Ressourcen der Selbstunterstützung. – Konzentration auf die aktuelle Situation: Arbeiten im Hier und Jetzt. Krisenbehaftete Menschen haben oft einen Tunnelblick in eine als fürchterlich antizipierte Zukunft, oder eine erdrückende Vergangenheit, zum Beispiel massive Schuldgefühle. – Ermutigung zum Ausdruck: Expression der Gefühle. – Strukturieren und stützen: Der Person in der Krise vorübergehend Halt geben, da die innere Stabilität nicht ausreicht. – In kleinen überschaubaren Schritten auf eine Lösung hinarbeiten, Strukturierung der Zukunft, auf das Nächstliegende achten. – Reaktivieren und Entwickeln von Ressourcen, zum Beispiel Einbeziehen von sozialen Hilfenetzen. – Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Berufsgruppen.
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10.2 Aus der Balance
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10.2.3 Stressmanagement Gestatten Sie sich eine kleine Vorüberlegung. Auch als Coach leiden Sie vermutlich gelegentlich unter Stress. Was sind Ihre Anzeichen von beginnendem Stress? Hierzu ein kleiner Fragebogen: – Wie häufig kommt es bei Ihnen vor, dass Sie sich selbst unter Druck setzen oder gesetzt werden? – Kennen Sie das beängstigende Gefühl, etwas nicht mehr zu schaffen, oder dass Ihnen alles zu viel wird? – Wie gehen Sie mit extremen Gefühlen um, zum Beispiel einer starken Wut? Müssen Sie diese meistens zurückhalten oder können Sie auch schon einmal Ihren Ärger zeigen? – Wie oft haben Sie das Gefühl, das schaffe ich nie oder das kann ich nicht? – Müssen Sie oft Dinge gleichzeitig machen oder Dinge, gegen die Sie eine Abneigung haben? – Werden Sie wenig gelobt oder auch öfter ungerecht behandelt? – Fühlen Sie sich häufig überfordert oder unterfordert? Auch Unterforderung kann zu Stress führen!
Überbelastungsreaktionen treten auf, wenn wirksame Muster zur Bewältigung einer Aufgabe fehlen oder keine Hoffnung oder Vorstellung besteht, sie zu bewältigen. Dauern solche Belastungen über einen längeren Zeitraum an, so entwickelt sich eine Stresssymptomatik. Stress wird in der neueren Psychotherapieforschung als eine der wichtigsten Krankheitsursachen angeführt. Dabei ist Stress nicht durchweg schädlich, im Gegenteil. Als Herausforderung entwickelt er eine Menge Energie, damit der Mensch seine Aufgaben kraftvoll und kreativ anpacken kann. Erst wenn der Stress chronisch wird, kippt die Wirkung ins Gegenteil, wird er zum Energiefresser. Dann ersetzen Scheuklappen die Kreativität, wird die Leistung blockiert, die Präsenz abgeschwächt. Entsprechend werden zwei Arten von Stress unterschieden: Der Dis- und der Eustress. Eustress ist die Aufregung der Herausforderung, ist ein positiv wirkender Spannungszustand. Er mobilisiert Energie und fördert Flow, einen Zustand, in dem man optimal in seiner Aufgabe aufgeht (Ciskszentmihalyi, 1992). Disstress ist die Angstreaktion auf Überforderungs- und Versagensbefürchtungen. Er blockiert und behindert den Energiefluss. Im Coaching geht es darum, Disstress in Eustress umzuwandeln. Dabei gilt es, das belastende Erleben des Überfordertseins umzudefinieren in die erre-
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gende Vorstellung einer reizvollen Herausforderung. Fehlende Bewältigungstechniken müssen zusätzlich erworben werden (z. B. Präsentationstechniken, Rhetorikkenntnisse). Die Entwicklung der Stresssymptomatik kann man in zwei Phasen unterteilen: 1. Stressphase: Schlafstörungen, Hyperaktivität, Angst, Störungen im Atemund Herzrhythmus (z. B. Herzrasen, Hyperventilation). Das Leistungsvermögen des Organismus wird kurzfristig erhöht und fällt dann wieder ab. 2. Stressphase: Wirken die stresserzeugenden Umstände weiter, verliert der Organismus seine Regulierungsfähigkeit. Es kommt zu einem dauerhaften Abfall von Energie, Ausdauer und Vitalität. Chronische Müdigkeit, Erschöpfung und allgemeines Desinteresse nehmen zu. Dauerstress führt zu Rhythmusstörungen des vegetativen Nervensystems, Depressionen, Reizdarm, Allergien, Asthma, Migräne und anderen Gesundheitsstörungen. Eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Stress spielt die eigene Interpretation von Wirklichkeit. Stress ist zunächst eine Angstreaktion vor Überforderung angesichts von unzureichend erlebten Bewältigungsmöglichkeiten. Die Wahrnehmung der eigenen Selbstwirksamkeit ist dabei die beste Kur. Dazu muss sich der Coachee auf all seine potentiellen und aktuellen, internen und externen Ressourcen besinnen. Wichtige Ressourcen bei der Bewältigung von Stress sind: 1. kognitive Ressourcen, 2. psychische Ressourcen, 3. körperlich vitale Ressourcen, 4. moralische und spirituelle Ressourcen, 5. soziale Ressourcen, 6. materielle Ressourcen, 7. kulturelle Ressourcen. Als Erstes ist es natürlich wichtig, die Stressquellen (Stressoren) zu identifizieren. Mögliche Stressoren sind (Reschke u. Schröder, 2000): Termindruck, Zeitnot, ungenaue Vorgaben, Konflikte mit Kollegen, Ärger mit Chefs, Konkurrenzkampf, Misserfolge, Arbeitslosigkeit, Ärger mit Kunden, ungerechtfertigte Kritik, schlechte berufliche Perspektiven, Informationsflut, Telefonklingeln, Autofahren in Stauzeiten, Unterforderung, Wohnungsprobleme, Bewerbungsdruck, Ärger mit der Familie, Partnerschaftsprobleme, Konflikte mit den Kindern, Bewegungsmangel.
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Strategien im Umgang mit Stressoren: – Stressoren kann man umgehen, sie vermeiden oder ignorieren (im Extremfall die Arbeitstelle wechseln). – Man kann versuchen, ihre Quelle zu beseitigen, zum Beispiel indem man die Arbeitsbedingungen ändert, Beziehungsprobleme klärt. – Man kann sich Kompetenzen zur Bewältigung von Stressoren aneignen, zum Beispiel ein Zeitmanagementraining machen. – Man kann sich Hilfe holen, zum Beispiel Arbeit delegieren. – Man kann die innere Einstellung zur Quelle verändern (s. Reframing, zum Beispiel die Kritik des Vorgesetzten als dessen Interesse an der Arbeit des Coachees umdeuten). – Man kann das Verhalten gegenüber Stressoren verändern.
Sofortmaßnahmen und erste Schritte, um aus der Stresshaltung herauszukommen, sind: 1. Bei überaktiven Menschen: über Bewegung ausagieren, zum Beispiel mit dem Joggen beginnen; virulente Stressenergie konstruktiv nutzen, zum Beispiel körperlich arbeiten; Gedankenstopp trainieren ( s. Kapitel 11); eine Analyse des Stressmusters erstellen. 2. Bei wenig aktiven Menschen: in Bewegung kommen; Beingymnastik (beugt Steuerungsproblemen vor); etwas Süßes essen (Unterzuckerung); gedankliche Stimulierung: Aufmerksamkeit auf die positiven Aspekte der Arbeit richten (Grübeln, Überforderungsängste zum Beispiel stoppen), angenehme Zielvisionen ausmalen; sich Belohnungen geben: Was werde ich Angenehmes für mich tun, wenn ich mit dieser Arbeit fertig bin? 10.2.4 Burnout Burnout beschreibt ein Syndrom, bei dem sich die betreffende Person extrem verausgabt, sich ausgelaugt und erschöpft fühlt. Burnout ist ein schleichender Prozess, an dessen Anfang Stresssymptome stehen, am Ende massive Erschöpfungsreaktionenen, ausgewachsene Depressionen, Angstzustände und psychosomatische Erkrankungen, zum Beispiel Schwächung der Immunabwehr, erhöhter Blutdruck, Atemnot, Verdauungsstörungen, Muskelverspannungen, Schlafstörungen. Häufig führt der Burnoutprozess zu einem Tunnelblick. Meist sind es Freunde oder gute Kollegen, die die Person auf die Gefahr hinzuweisen versuchen, meist ohne Erfolg. Der Burnoutprozess wirkt wie ein Sog, die Betroffenen schauen nicht mehr nach links und rechts.
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Das Gefühl der Ausgelaugtheit stellt sich bei solchen Menschen verstärkt ein, die mit hohen Erwartungen ihre Arbeit beginnen, die ständig geben, engagiert sind und wenig zurückbekommen. Hierzu ein Beispiel aus meiner Praxis. Der geschilderte Fall ist kein Einzelfall. Mit leichten Abweichungen habe ich die Problematik bei verschiedenen Leitungskräften behandeln müssen. Herr B. hatte seine Meisterprüfung mit Glanz bestanden. Bald darauf machte er sich selbstständig. Sein kleiner Betrieb florierte trotz starker Konkurrenz. Die Arbeit nahm in seinem Leben einen immer größeren Raum ein. Bald fühlte sich die Familie vernachlässigt. Es kam häufiger zu Streitigkeiten zwischen den Eheleuten. Ihr Sohn zeigte plötzlich einen Leistungsabfall in der Schule. Schleichend stellten sich bei Herrn B. Symptome ein, die er zunächst ignorierte. Die Arbeit machte ihm nicht mehr so viel Spaß. Harte Geschäftsverhandlungen bereiteten ihm Magenschmerzen. Er spürte immer häufiger sein Herz rasen, bekam Schweißausbrüche und eine innere Unruhe hinderte ihn am Einschlafen. Er ging zum Arzt. Der diagnostizierte Überarbeitung, aber keine ernsthaften körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Eines Morgens wachte er auf mit dem Gedanken, nicht aufstehen zu können. Er fühlte sich total mutlos. Ängste beschlichen ihn, wenn er an die Aufgaben des Tages dachte. Herr B. vermutete zunächst eine körperliche Erkrankung. Sein Hausarzt gab ihm ein Beruhigungsmittel und empfahl ihm professionelle Hilfe. Herr B. war in eine typische Lebenskrise geraten, die gehäuft bei sehr aktiven, tüchtigen und kreativen Menschen auftritt. Es ist ein Ausbrennen der Lebensenergie, bedingt durch Dauerstress, meist in Verbindung mit einer Sinnkrise.
Typische Stationen einer solchen Entwicklung sind: – Eine berufliche Herausforderung wird mit Begeisterung angenommen. – Häufig spielt auch eine gehörige Portion Ehrgeiz oder das Bedürfnis nach Selbstbestätigung mit. – Die berufliche Belastung nimmt nach der Anfangsphase nicht ab, sondern steigert sich immer weiter, zum Beispiel durch Konkurrenzdruck, ökonomisch notwendiges Expandieren, Angst vor Versagen und Jobverlust, Insolvenz. – Die Arbeit bestimmt immer mehr das Leben. Die Familie, Hobbys und Freundschaften kommen zu kurz. Aus der anfänglichen Arbeitslust ist schon längst eine Arbeitssucht geworden.
Das psychische System eines solchen Menschen gerät aus dem Gleichgewicht. Die ständige Beschleunigung und extreme Steigerung verhindert häufig, dass ein Burnoutgefährdeter die Notbremse zieht. Auf den wohlmeinenden Rat von
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Angehörigen, Freunden oder Kollegen wird er in diesem Prozessstadium nicht hören. Er spielt weiter bis zum bitteren Ende. Meist schlägt zuerst der Körper Alarm. Es folgen psychische Symptome. Die sind dann nicht weniger unangenehm: Niedergeschlagenheit, Versagensängste, Unruhezustände, Schlaflosigkeit, Mattigkeit, Selbstzweifel und Sinnlosigkeitsgefühle. Der Betroffene wird immer reizbarer und unzugänglicher und damit oft für seine Partnerin bzw. Familie eine starke Belastung. Manche Ehe zerbricht in diesem Stadium. Viele Betroffene probieren zunächst die falsche Therapie. Sie ignorieren die Anzeichen der Lebenskrise und übertönen diese durch extremes Verhalten: Sie greifen zum Alkohol oder Medikamenten, steigern noch weiter die Arbeitsintensität, suchen extreme Hobbys (z. B. Extremklettern, gewagtes Motorradfahren, ständig wechselnde Freundinnen bzw. Freunde). Im schlimmsten Falle verpassen sie den Zeitpunkt, an dem noch ein Ausstieg aus der Stressspirale möglich ist. Es droht dann der totale Zusammenbruch, eventuell sogar eine Frühberentung. Wenn diese Menschen etwas hassen, dann ist es ihre Hilflosigkeit. Sie sind es gewöhnt, ihre Probleme alleine zu lösen. Den Rat, zu einem Coach oder gar zu einem Psychotherapeuten zu gehen, erleben sie als eine unakzeptable Zumutung. Erst wenn sie keine andere Wahl mehr haben, holen sie sich Unterstützung. Ich habe dabei erlebt, dass allein die Tatsache, dass sie mich in meiner Coachingpraxis aufsuchen mussten, eine enorme Kränkung für sie darstellte. Damit sie überhaupt beratungsfähig wurden, musste vom Coach ein gutes Stück Überzeugungsarbeit geleistet werden. Nach einer kürzlich veröffentlichten Aufrechnung produziert unsere flexibilisierte und beschleunigte Arbeitsgesellschaft viele Milliarden Euro Verlust, die auf das Konto stressbedingter Krankheiten, Arbeitsausfällen und Arbeitsbehinderungen (Mobbing) gehen. Oft scheint mir die weit größere Herausforderung – als die Stressspirale möglichst lange durchzuhalten – die zu sein, sich gegen den Sog der Zumutungen von innen und außen abzugrenzen, seine Risikofaktoren zu erkennen und seine Lebensziele den eigenen Möglichkeiten anzupassen. Die Geschichte von Herrn B. schildert einen Extremfall. Da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen, die Lebensschwierigkeiten erreichten Krankheitswert. Hier war zunächst eine Psychotherapie notwendig, ehe im Coaching seine Arbeitssituation in eine für ihn zuträgliche Weise umgewandelt werden konnte. Aber soweit muss es ja nicht kommen. Es sind meist eine Reihe von Faktoren gleichzeitig wirksam, ehe ein Mensch zusammenbricht. Ich vermute, dass viele von Ihnen im Laufe Ihres Lebens zumindest mit einigen Erlebnissen oder Erfahrungen dieser Art Bekanntschaft geschlossen haben. Das Entscheidende sind nicht die Lebensumstände, letztlich auch nicht die Intensität der Gefühle, sondern die Bewältigungskapazitäten.
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Nicht der Sturm ist das Problem, sondern die Stabilität in der Biegsamkeit und damit die Fähigkeit des Halmes, sich wieder aufzurichten, das ist die Lösung. Sie erinnern sich, Biegsamkeit und Durchlässigkeit gehören zu den Kompetenzen eines Lebenskünstlers. Kleine Hausapotheke für Burnoutgefährdete: – Stopping: Timeout statt Burnout – sich kleine Pausen, Aus- und Besinnungszeiten gönnen. – Wieder in Bewegung kommen, zum Beispiel mit Yoga, Tai Chi, Laufen, Golfen usw. – Entspannen mit Entspannungsübungen, zum Beispiel Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Atemübungen, Meditation ( s. Kapitel 8). – An der inneren Einstellung arbeiten, nach Ausgeglichenheit streben, zum Beispiel mit der Technik des Gedankenstopps bei Zwangsgrübeln, übermächtige Gefühle loslassen, Konferenz des inneren Teams ( s. Kapitel 11). – Visualisieren: die Macht der inneren Bilder für das Loslassen, Zulassen, Energetisieren, Motivieren, Heilen einsetzen. – Soziale Kontakte pflegen: Freunde besuchen, Nähe genießen, sich Unterstützung holen, aber auch Konflikte ansprechen. – Sich die eigene Hilfsbedürftigkeit eingestehen, sich Unterstützung von außen holen, zum Beispiel zum Coach, Supervisor, Therapeuten gehen. – Ernährungs- und Trinkgewohnheiten verändern, zum Beispiel das hastige Frühstücken am Morgen, das dritte Bier zum Einschlafen sein lassen. – Sich eine heilsame Umwelt schaffen, zum Beispiel aus einer lauten in eine ruhigere Wohnung umziehen, viel ins Grüne gehen.
10.2.5 Mobbing Mobbing am Arbeitsplatz ist zu einem Modewort geworden, aber nicht von ungefähr, denn es scheint auch den Zeitgeist zu bedienen. Mobbing ist eine emotionsgeleitete Konfliktbewältigungsstrategie in Organisationen (Mittelstaedt, 1998), die in zunehmendem Maße Anwendung findet. Was ist Mobbing? Dazu eine Definition (Zapf, 1999, S. 3): »Mobbing beinhaltet, dass jemand am Arbeitsplatz von Kollegen, Vorgesetzten oder Untergebenen schikaniert, belästigt, drangsaliert, beleidigt, ausgegrenzt oder mit
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kränkenden Arbeitsaufgaben bedacht wird und dem die Mobbingbetroffene unterlegen ist. Wenn man etwas als Mobbing bezeichnen möchte, dann muss es häufig und wiederholt auftreten und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken (z. B. mindestens einmal pro Woche und mindestens ein halbes Jahr lang). Es handelt sich nicht um Mobbing, wenn zwei etwa gleich starke Parteien in Konflikt geraten.« Mobbing ist ein komplexes Geschehen in einem System, in dem der Gemobbte oft so etwas wie das Symptom kriselnder, aber unartikulierter Beziehungsdynamik darstellt. Allerdings gibt es Menschen, die stärker für Mobbingprozesse anfällig sind. In diesem Sinne sollte man auch eher von Tendenzen als von Ursachen für Mobbing sprechen: 1. Tendenzen, die im Mobber liegen: zum Beispiel Strategien zur Selbsterhaltung oder Statussicherung, inoffizielle Personalarbeit, Ausagieren unbewusster Konflikte. 2. Tendenzen, die einen Menschen leichter zum Mobbingopfer werden lassen: Leistungsprobleme, ungenügende Leistungsbereitschaft, persönliche Probleme wie zum Beispiel niedriges Selbstwertgefühl, Depression, geringe soziale Kompetenz, leichte Kränkbarkeit, Aggressivität, Besonderheiten in der äußeren Erscheinung, Lebensführung. 3. Mobbingtendenzen, die vom System ausgehen, von seiner Organisation, Struktur, betrieblichen Situation. Vom System geht zum Beispiel eine massive Bedrohung aus durch Arbeitsplatzabbau, ständiges Umstrukturieren, chronische Über- oder Unterforderung der Mitarbeiter. Mobbing kann eine Strategie der indirekten Kündigung sein; durch Veränderung des sozialen Gefüges, zum Beispiel wenn Arbeitsgruppen ständig neu formiert werden, durch ein konkurrenzorientiertes Betriebsklima, durch starken Wettbewerbsdruck, durch Führungsfehler erfolgen: Mobbing geht häufig auch von der Betriebsleitung aus. Mobbingstrategien – Wie wird gemobbt? (nach Premper, 2002): • Arbeitsorganisatorische Maßnahmen: Der Person werden zum Beispiel Entscheidungskompetenzen entzogen, langweilige Aufgaben übertragen. • Soziale Isolierung: Man meidet die betroffene Person, spricht nicht mehr mit ihr. • Angriffe auf die Privatsphäre: Man macht die Person lächerlich, reißt Witze über sie. • Verbale Drohungen und Aggressionen, zum Beispiel überzogenes Kritisieren, Anschreien. • Androhung und Ausübung von Gewalt.
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Leymann (1993) unterscheidet vier Phasen im Mobbingprozess: 1. Am Anfang steht meistens ein ungelöster Konflikt. 2. Der Konflikt wird personifiziert: An die Stelle des Konfliktes treten einzelne Personen, die als Ursache für auftretende Probleme ausgemacht werden. Der Psychoterror beginnt. 3. Die Entwicklung eskaliert. Durch Mobbingstrategien ist das Opfer so verunsichert, dass darunter die Arbeitsleistung leidet. Der Betroffene wird zum Problemmitarbeiter. 4. Der Gemobbte fühlt sich dem wachsenden Druck und den beruflichen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Es kommt zu Überreaktionen auf beiden Seiten. Psychosomatische Beschwerden, Angst- und Depressionszustände treten auf, die die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen. Es kommt zu langen Krankheitszeiten, die manchmal zur Frühberentung führt.5 Neben den negativen Auswirkungen auf das Opfer hat dies auch Folgen für den Betrieb, letztlich für die Volkswirtschaft: • verminderte Arbeitsproduktivität; • höhere Fehlzeiten wegen Krankheit; • höhere Fluktuation und Kündigung; • mobbingbedingte Störungen des Systems, zum Beispiel gestörter Informationsfluss, Zeitaufwand für das Mobben; • Rechtsstreitigkeiten. Diagnostische Fragen ans System können sein: Gibt es verschleppte Konflikte? Wie funktionierte das System vor Beginn des Mobbings, was hat sich dadurch verändert? Prävention lohnt sich. Deshalb erscheint es sinnvoll, das zum Beispiel beim Coachen von Leitungskräften auch auf den Mobbingaspekt geachtet wird. Häufig bekommt der Coach ein Mobbingopfer erst dann in die Beratung, wenn die Krise ein kritisches Stadium eingenommen hat. Es geht dann erst einmal nicht mehr um die Arbeitssituation, sondern um die persönliche Stabilisierung. Häufig gelingt dies nur, wenn der Coachee in dieser Zeit krank geschrieben ist, also nicht mehr dem direkten szenischen Druck der Mobbingsituation ausgesetzt ist. Er muss Abstand gewinnen können. Fast immer braucht das Mobbingopfer auch einen Rechtsbeistand.
5 Gesundheitliche Folgen: psychosomatische Beschwerden wie Angespanntheit, Nervosität, Kopf-
schmerzen, Schlafstörungen, Alpträume. Auf dem Hintergrund anhaltender vegetativer Überstimulierung kann es zur Entwicklung chronischer Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, des MagenDarm-Traktes oder zu Atemwegs- und Hauterkrankungen kommen. Auch heftige psychische Störungen können auftreten: depressive Stimmungen, Angst, obsessives Verhalten (alle Gedanken, alles Reden der Person dreht sich nur noch um die Mobbingereignisse).
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10.3 Übungen zum Balancecoaching
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Unterstützung, die der Coach anbieten kann: – – – – – –
Bearbeitung des Erlebten, Stressabbau, Stressbewältigung, Training zum Abbau des Ärgers, Entwicklung eines neuen Selbstbewusstseins, Ausbau der Konflikt- und Problembewältigungskompetenz, Knüpfen von stützenden sozialen Netzwerken.
In einer Reihe von Fällen, dann, wenn die Kränkung bereits sehr tief sitzt und die Symptome sich zu chronifizieren beginnen, braucht der Coachee zunächst eine Psychotherapie, manchmal sogar den sicherheitsgebenden Rahmen einer psychosomatischen Klinik. Ist die Stabilisierung dann soweit fortgeschritten, dass sich das Mobbingopfer über Strategien des Wiedereinstiegs in die Organisation bzw. über alternative berufliche Zukunftsstrategien Gedanken machen kann, ist Coaching angesagt. Nach bereits fortgeschrittenen Mobbingprozessen hat der Coachee selten noch eine reale Chance, sich in seiner alten Stelle zu reintegrieren. Es wäre auch für ihn eine permanente Belastung.
10.3
Übungen zum Balancecoaching
Balancestern
Erfahrungsfeld: Lifebalance Ziel: Überprüfung des Grades an Gleichgewicht, in der sich eine Person befindet Modus: Einzel-, Gruppen-,Teamübung, Selbstcoaching Material: Vordruck des Balancesterns (s. Faktoren der Balance, Abildung 24) Medium: Skalierung Zeitbedarf: 20 Minuten.
Durchführung: Der Coach bittet seinen Coachee, die folgenden Fragen zu beantworten: »Welche Bedeutung geben Sie dem jeweiligen Bereich (Gedanken in Stichworten fassen)? Wie viel Zeit wenden Sie für die verschiedenen
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Bereiche auf (in %)? Wie viel Energie verbraucht jeder Bereich (in %)? Wie viel Zeit und Energie benötigen Sie für das Ausbalancieren?« Auswertung: »Wie sieht die Spannungen zwischen der Arbeit und dem Privatleben bei Ihnen aus? Ist sie für Sie optimal, aushaltbar, eigentlich nicht akzeptabel? Oft kommt bei vielbeschäftigten Menschen das Eigenleben, also die Zeit und Energie, die man für sich selbst aufwendet, zu kurz. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Eigenleben?« Auf einem Bein stehen
Erfahrungsfeld: Gleichgewichtserschwernisse Ziel: Experimentieren mit dem Verlust des alten Gleichgewichts Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung Material: keines Medium: Körpererfahrung Zeitbedarf: 20 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich fest auf den Boden. Spüren Sie, wie dieser Sie trägt. Verschieben Sie nun Ihr Gewicht auf ein Bein. Heben Sie das andere Bein. Experimentieren Sie damit. Welche Bewegungen sind Ihnen möglich, wenn Sie nur auf einem Bein stehen? Welche Ausgleichsbewegungen macht der übrige Körper? Stellen Sie sich wieder auf beide Beine. Spüren Sie, wie es ist, wieder auf beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Nun verlagern Sie Ihr Körpergewicht auf den anderen Fuß. Bewegen Sie das freie Bein. Welche Bewegungen sind jetzt möglich? Nach der ersten Gewichtsverlagerung können Sie sich für Ihre Bewegungserfahrung folgende Fragen stellen: Beim Stehen: • Was ist sicher? • Was gibt Sicherheit? • Wo geben die Kontexte Sicherheit? Zur Gewichtsverlagerung: • Welche Veränderung wäre dran? • Auf was können Sie zurückgreifen? • Was haben Sie noch nicht versucht? • Was muss neu gegründet, differenziert, neu verbunden werden? Was ist für Sie dran in Ihrer derzeitigen Lebenssituation? • Worauf können Sie zurückgreifen? • Was haben Sie noch nicht genutzt? • Was ist Ihnen möglich?«
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10.3 Übungen zum Balancecoaching
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Bergwanderung
Erfahrungsfeld: Gewichte des Lebens Ziel: erkennen, was das Wesentliche im Leben ist Modus: Einzel-, Gruppenübung Material: keines Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine ausgedehnte Bergwanderung vornehmen. Sie packen Ihren Rucksack voll mit allem, von dem Sie glauben, dass es Ihnen in irgend einer Hinsicht auf der Wanderung nützlich werden könnte. Natürlich haben Sie auch ein symbolisches Gepäck: Sie nehmen alles mit, was Sie in letzter Zeit erlebt haben, was Sie bewegte, Ihnen Sorgen bereitete, all Ihre Pläne und Befürchtungen. So wird Ihr Rucksack gedrängt voll. Anfangs schreiten Sie flott voran. Dann wird das Gelände schwieriger. Sie bekommen das Gewicht Ihres Rucksackes immer stärker zu spüren. Der Weg wird noch steiler, Sie atmen schwer, die Bewegungen werden immer mühsamer. Mit dem vollen Rucksack kommen Sie nicht weiter. Sie überlegen, was Sie aussortieren können, was entbehrlich ist. Sie verstecken anfangs die Sachen, die Sie ablegen wollen, noch hinter Steinen. Aber mit zunehmender Erschöpfung werfen Sie die Dinge einfach neben den Weg. Endlich haben Sie den Gipfel erreicht. Sie genießen den Ausblick. Nachdem Sie sich sattgesehen haben, schauen Sie in Ihren Rucksack. Was war Ihnen so wichtig, dass Sie es bis zum Gipfel mit hochgeschleppt haben? Vielleicht ein Wollpullover für einen Kälteeinbruch? Und wie steht es um all die Ziele, Hoffnungen, Projekte, Gedanken, Sorgen, Ängste? Was ist noch da? Jetzt denken Sie an den Abstieg. Sie schauen zum Abschied noch einmal in das wunderbare Panorama, genießen den Weitblick und fragen sich, welche Dinge Sie auf dem Abstieg wieder auflesen wollen. Auf was können Sie ganz verzichten, was können Sie behalten, solange das Lebensgelände nicht schwierig wird? Sie steigen ab, sehen die Dinge am Wegesrand, überprüfen Ihre Entscheidung, lassen sie liegen oder heben sie auf und nehmen sie mit zurück ins Alltagsleben.«
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Stressmapping
Ehrungsfeld: Belastungsszenarien Ziel: Diagnose der belastenden Szenarien im Berufs- und Alltagsleben, Reflexion von stressfördernden Interaktions- und Arbeitsmustern Material: große Papierbögen, Filzschreiber oder Wachsmalkreiden Modus: Einzel-, Gruppen-. Teamübung Medium: bildnerische Reflexion Zeitbedarf: 45 Minuten
Instruktion: »Überlegen Sie sich Situationen in Ihrem Privat- und Berufsleben, die bei Ihnen Druck-, Belastungs- oder Überforderungsgefühle auslösen, Szenen, in denen Sie den Überblick verlieren oder glauben, dass Ihnen alles über den Kopf wächst. Eine solches Belastungsszenarium kann zum Beispiel im Zusammenhang mit einem neuen Projekt entstehen, durch Konflikte mit Kollegen, unlösbar erscheinende Aufgaben oder bei Erziehungsschwierigkeiten mit den eigenen Kindern, Eheproblemen, Krankheitssymptomen. Geben Sie jeder Belastungsszene eine Überschrift und schreiben Sie diese auf eine Liste. Finden Sie zu jeder Überschrift ein Symbol. Malen Sie in der Mitte Ihres Blattes einen Kreis und schreiben ›Ich‹ hinein. Ordnen Sie die Symbole in einiger Entfernung um den Mittelpunkt. Verbinden Sie jedes diese Symbole mit dem Ich-Kreis durch einen Pfeil. Stellen Sie sich vor, Sie säßen in dieser Mitte (dem Ich-Symbol). Um Sie herum sind diese stressigen Szenarien, die unterschiedlich stark aber alle belastend auf Sie einwirken. Wie geht es Ihnen damit? Wie reagieren Sie auf den Druck, zum Beispiel durch Schlaflosigkeit, Verzweiflung, Wut? Wo spüren Sie ihn am stärksten, im Körper, im Gefühl, im Denken? Von welchem der Szenarien geht der stärkste Druck aus, von welchem der schwächste?« Auswertung: »Bringen Sie die Szenarien in eine Reihenfolge ihres Belastungsgrades (z. B. von 1–5). Wählen Sie sich eine aus, die Sie sich genauer anschauen wollen: Welches sind die Stressauslöser in der Situation (z. B.: Auf den Coachee kommen mehr Aufgaben zu, als er glaubt, in einer vorgegeben Zeit bewältigen zu können.)? Welche Bereitschaften, auf diese Situation mit Stressgefühlen zu reagieren, erkennen Sie bei sich (Im Beispiel: Wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig auf mich zukommen, gerate ich schnell in Panik, noch ehe die Lösungsmöglichkeiten ausgelotet wurden.)?
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10.3 Übungen zum Balancecoaching
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Wie gehen Sie für gewöhnlich mit diesem Stressmuster um (wenn es öfters auftritt)? Liegt die Lösung mehr in einer: Veränderung der Umwelt (z. B. Aufgabenmenge reduzieren), Veränderung der inneren Einstellung (z. B. mehr als arbeiten kann man nicht!), Veränderung der inneren Organisation (z. B. durch eine Verbesserung des Zeitmanagements), Veränderung des Kompetenzprofils, um die Aufgaben schneller bewältigen zu können? Welche dieser Perspektiven müssten aufgegriffen werden und zu einer Veränderung führen, damit die Stressreaktion zurückgeht oder in Zukunft keine entsteht? Schauen Sie sich jetzt Ihre anderen Stressbeziehungen an. Gibt es da ähnliche Interaktionsmuster? Was können Sie erst einmal stehen lassen? An welchen weiteren Reaktionsmustern wollen Sie etwas verändern? Wie könnte diese Veränderung aussehen?« Auf unsicherem Boden
Erfahrungsfeld: Halt verlieren Ziel: Wie ist es, wenn der Boden unter den Füßen wackelt? In dieser Übung kann der Coachee ein sinnlich-existentielles Gefühl für den Boden bekommen, auf dem er steht oder sich bewegt. Hierbei wird eine Analogie zu dem festen oder wackeligen Stand in einer Organisation gezogen. Materialien: Seile, Decken Modus: Einzel-, Gruppenübung Medium: Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: 1. Der Coachee stellt sich fest auf den Boden, spürt seine Festigkeit, den Halt, den er gibt. 2. Er stellt sich auf eine zum Paket gefaltete Decke. Sie ist weicher, gibt als Untergrund nicht so viel Halt. 3. Der Coachee stellt sich auf einen Turm von zwei bis drei Deckenpaketen. Auf dem Deckenturm nimmt die Bodenfestigkeit weiter stark ab, der Untergrund wirkt wackelig, zu weich, instabil und bringt deshalb den Coachee ins Schwanken. Zumindest bei drei Deckenpaketen ist die Standsicherheit erheblich gefährdet (deshalb muss hier der Coach oder ein Gruppenmitglied dabeistehen, um den Coachee eventuell auffangen zu können). Auswertung: »Wie war das Gefühl, auf schwankendem Boden zu stehen? Was haben Sie unternommen, um oben zu bleiben, zum Beispiel welche Ausgleichs-
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bewegungen, welche Blickrichtung, welche Atembewegung? Wenn Sie an Ihr Alltagsleben denken, in welchen Situationen haben Sie das Gefühl, fest auf dem Boden zu stehen, in welchen Szenarien beginnt der Boden zu schwanken? Welche Ausgleichsbewegungen unternehmen Sie im Berufsleben?«
Einen schmalen Weg gehen
Erfahrungsfeld: durchs Leben balancieren Ziel: Umgang mit der Balance unter erschwerten Bedingungen wie Einschränkung des Bewegungsradius, der visuellen Kontrolle, der Überwindung von Hindernissen Modus: Einzel-, Gruppenübung Material: keines Medium: Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 45 Minuten
Durchführung: Der Coachee legt ein Seil auf den Boden. Er bewegt sich auf dem Seil wie ein Seiltänzer (Damit er das Seil besser spüren kann, sollte er die Schuhe ausziehen). Er schließt die Augen. Der Coach formt dann das Seil neu, legt Kurven und Schlingen in den Verlauf. Der Coachee versucht nun mit geschlossenen Augen auf dem Seil einen ungewissen Weg zu gehen. Auch im dritten Anlauf geht der Coachee wieder mit geschlossenen Augen auf dem Seil. Der Coach hat diesmal noch Hindernisse über das Seil gelegt. Der Coachee muss sie ertasten und (mit weiterhin geschlossenen Augen) zu überwinden versuchen. Auswertung: »Wie haben Sie die Experimente erlebt? Ab wann fühlten Sie sich unsicher? Gibt es in Ihrem Arbeitsbereich oder Privatleben analoge Erfahrungen? Wie haben Sie sich im Experiment versucht zu stabilisieren? Wie versuchen Sie es im Leben?«
Weitere Übungen Das thematische Dreieck: Themenfindung ( Kapitel 3) Standortbestimmung: Lebensbilanz ( Kapitel 3) Energiespender und Energiefresser: Geben und Nehmen ( Kapitel 3) Identitätssymbole: Bestandsaufnahme ( Kapitel 3)
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10.3 Übungen zum Balancecoaching
Beziehungsklärung: Klärungsabsichten ( Kapitel 4) Beziehungslandschaft: Beziehungsnetz ( Kapitel 4) Beziehungsgestaltung: Bezugspersonen ( Kapitel 4) Flexibilität und Stabilität: Beziehungsdynamik ( Kapitel 4) Beziehungshomöostase: Paarbalance ( Kapitel 4) Die sieben Säulen der Professionalität: Könnerschaft ( Kapitel 5) Rollenhaushalt: Rollenvielfalt ( Kapitel 5) Persönlichkeitshaus: Persönlichkeitsstruktur ( Kapitel 5) Selbstporträt: Selbstbild ( Kapitel 5) Wie bin ich organisiert?: innere Situation ( Kapitel 5) Groß – klein: soziale Konstellationen ( Kapitel 6) Aufstiegschancen: Unterdrückung ( Kapitel 6) Polaritätenstern: Polaritätendynamik ( Kapitel 6) In der Polarität leben: Polaritätenmanagement ( Kapitel 6) Autogenes Training: Entspannungstraining ( Kapitel 8) Progressive Muskelentspannung: Entspannungstraining ( Kapitel 8) Innere Sicherheit. kognitive Entspannung ( Kapitel 8) Atementspannung: Abstand vom Alltag ( Kapitel 8) Achtsamkeitsübung: Achtsamkeit ( Kapitel 11) Orte der Kraft: Kraftquellen ( Kapitel 11) Ein sicherer Ort: Sicherheit ( Kapitel 11) Selbstregeneration: Selbststärkung ( Kapitel 11) Konferenz des inneren Teams: Ensemble der inneren Rollen ( Kapitel 11)
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Selbstcoaching
Jedes Coaching sollte über kurz oder lang in ein Selbstcoaching übergehen. Im Coachingprozess können die Coachees lernen, neben dem externen Coach auch einen inneren Berater zu installieren. In diesem Kapitel wird ein Konzept von Selbstcoaching vorgestellt, dass es ermöglichen soll, dass sich ein Coachee auch ohne fremde Hilfe bei seinen Problemen und Lösungsversuchen gekonnt selbst unterstützen kann.
11.1
Coaching des Selbst – Begriffsklärung
In unserer beschleunigten und flexibilisierten Welt kommen wir nicht mehr ohne Lebensabschnittsberatungen aus. Das beginnt mit der Geburtsvorbereitungsberatung und reicht bis zur Sterbebegleitung und Trauerberatung. Für leitende und verantwortliche Mitarbeiter gibt es das Coaching. Natürlich muss man nicht mit jedem Problem gleich zum Coach gehen. Manche Schwierigkeiten lassen sich auch mit den Bordmitteln des Selbst beheben. Diesen Bordmitteln widme ich ein eigenes Kapitel, weil sie wichtige Techniken und Kompetenzen der Selbststeuerung bieten. Selbstcoaching kann im Kontext von Beratung mehrere Funktionen einnehmen: 1. Selbstcoaching als eigenständige Beratungsmethode (Selbstunterstützung: Sonst hilft mir ja keiner!); 2. Selbstcoaching als Ergänzung des laufenden Coachingprozesses (zu Hause weiter an den Problemen arbeiten); 3. Selbstcoaching als Fortsetzung eines Coachingprozesses (die verinnerlichten Coachingerfahrungen weiterführen); 4. Selbstcoaching führt zu der Einsicht, sich gegebenenfalls Unterstützung von außen zu suchen (z. B. wenn die Selbstberatung in eine Sackgasse geraten ist). Nach meiner Ansicht geht es weniger um ein Coaching oder Selbstcoaching, sondern um das zweckmäßige Zusammenspiel von beiden. Selbstcoaching ist nicht einfach. Es erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin, Reflexionsbereitschaft, aber auch an Anwendungskompetenz. Durch
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Lernen am Modell kann sich der Coachee viel davon im Beratungsprozess aneignen. Oft wird in der Literatur nicht deutlich zwischen Selbstmanagement und Selbstcoaching unterschieden. Ersteres dient dem Antrainieren von Techniken zur Verbesserung der Selbstregulation (z. B. Zeitmanagement). Selbstcoaching ist hingegen eine Form der Beratung. Dabei wird die Beratungsszene in den innerpsychischen Raum verlegt. Hier coacht das Selbst persönlich! Aber wer oder was ist das Selbst? Nach unserer Definition ist das Selbst die umfassende Organisation der psychischen, aber auch körperlichen, der bewussten und unbewussten Seiten eines Menschen, Selbstorganisation und -regulation. So besehen ist es sicherlich nicht das Selbst, das coacht, sondern ein von ihm beauftragter Aspekt des »inneren Teams«, der diese Rolle übernimmt. Ich bevorzuge deshalb auch die Bezeichnung innerer Coach oder inneres Coaching. Es ist eine Art Navigationshilfe für das Selbst in komplexen oder schwierigen Situationen. Die Kunst, sich hilfreich zu begleiten, lernen wir in den Beziehungen zu anderen Menschen, den Eltern, Geschwistern, Freunden, Lehrern, Partner/-innen, Kollegen und Vorgesetzten. Die Art, wie ich andere im Umgang mit mir erfahre, verinnerliche ich. Die Erfahrung wird zum Modell für den Selbstumgang. Natürlich hat nicht jeder Mensch das Glück, dass nur positive Beziehungsund Lebensbegleitungserfahrungen seinen Selbstumgang prägen. Viele dieser verinnerlichten Erfahrungen schwirren als Stimmen im Kopf herum, kommentieren und bewerten ständig unser Tun. Typische innere Sätze sind zum Beispiel: »Ach hätte ich nur auf meine innere Stimme gehört.« »Das schaffst du schon.« »Streng dich gefälligst an.« »So wird nie etwas aus dir.« Im Alltagsbetrieb ist das Bewusstsein meist so beschäftigt, dass es diese Hintergrundstimmen nicht wahrnimmt. Sie sind trotzdem vorhanden, wirken auf unsere Stimmung, ermutigen oder entmutigen, motivieren oder legen uns lahm. Diese inneren Stimmen sind alles andere als gute Ratgeber.
11.2
Aufgaben für den inneren Coach
Der innere Coach arbeitet im Wesentlichen mit seiner Intuition, seinen Imaginationen, also der Kraft der Vorstellung innerer Bilder. Sie ist eine archaische, vorsprachliche und prälogische Wahrnehmungs- und Kommunikationsform, die sich hervorragend als Vermittlungsinstanz zwischen den kognitiven Funktionen des Ichs, der Gefühlswelt und den unbewussten Anteilen des Selbst eignet. In Tiefenentspannung, Phantasiereisen, Trance und Träumen wird die Dominanz des Ich und seiner Kontrollfunktionen herabgesetzt, die Grenze zwischen den Bewusstseinsebenen wird durchlässig und damit die Weisheit des Selbst (Intuition) wirksam.
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11.2 Aufgaben für den inneren Coach
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Der innere Coach kann natürlich nicht über den Tellerrand des Selbst schauen. Blinde Flecken sind inbegriffen. Auch die Intuition kann sich einmal irren. Er ist trotzdem ein treuer ständiger Begleiter bei Tag und Nacht. Beratungsaufgaben für den inneren Coach: – Wiedergewinnung innerer Balance, also zwischen den Aspekten des Selbst, aber auch in Hinblick auf die äußere Lebenswelt, zum Beispiel Abbau von Stressverhalten, Moderierung von Konfliktprozessen. – Zielvorstellungen, Visionen und Sinnpanoramen, die das ganze Selbst repräsentieren, entwickeln. – Lösungswege vorstellen und damit in der Phantasie experimentieren. – Zulassen von intuitiven Prozessen, Erfahren von Zusammenhängen, Überschauen von komplexen Szenarien, von denen unser normales Denken überfordert würde. – Innere Suchprozesse auslösen, um unbewusstes Wissen für mögliche Lösungen zu befragen. – Erkennen und Aktivieren von Ressourcen, Wiedergewinnung psychischer Kräfte. – Mehrperspektivisches Schauen und Denken üben. – Vorbereitung auf schwierige Situationen. – Den Umgang mit starken Gefühlen und inneren Konflikten lernen. – Herstellung von Verbindungen zu abgespaltenen oder isolierten Anteilen des Selbst, zum Beispiel zur Körperlichkeit, Spiritualität oder verdrängten Bewusstseinsinhalten. – Impulse für Selbstheilungs- und Selbstregulationsprozesse geben. – Die Identität stabilisieren bzw. ausbalancieren. – Die Selbstsorge kultivieren, das heißt den achtsamen Umgang mit sich und anderen.
Der innere Coach begibt sich mitunter auf eine ungewöhnliche, manchmal ängstigende oder verwirrende Reise in ein Zwischenreich, um sich das notwendige Verstehen, die möglichen Veränderungsimpulse zu holen. Da er keinen äußeren Coach hat, der als Reisebegleiter aufpasst, muss dieser durch die eigene Achtsamkeit, Selbstsorge und Selbstdisziplin, zum Beispiel durch das Einhalten von Regeln, ersetzt werden.
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11.3
Schritte zum inneren Coach
Die wichtigsten Schritte auf dem Weg zum inneren Coach sind: – – – – – –
die Verkörperung und Implantierung des inneren Coachs; eine selbstakzeptierende Haltung; die Erweiterung der Bewusstseinsbühne; das Finden eines sicheren inneren Ortes; die Entwicklung von Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Selbstsorge; die Selbstbefragung.
Diese Schritte werden im Folgenden dargestellt.
11.3.1 Verkörperung und Implantierung des inneren Coachs Der innere Coach ist Teil der Persönlichkeit. Zur Implantierung des Selbstcoachs muss ich mich als Erstes auf die Suche nach einer inneren Instanz begeben. Ich sollte mir die Instanz so sinnlich konkret wie möglich vorstellen können. Sie ist eine imaginative Verkörperung meines bewussten und unbewussten Begleitungs- und Beratungswissens. Sie aktiviert Ressourcen und entwickelt Visionen. Ich kann diese Verkörperung in verschiedenen Bereichen suchen: • unter meinen Vorbildern und in meinen Begegnungen mit für mich hilfreichen Personen, zum Beispiel der Gruppenleiter meiner Jugendgruppe, ein imposanter Verwandter, ein Lehrer; • eine Figur aus der Literatur, dem Theater, Kino; • ein Fabelwesen oder eine archetypische Figur (z. B. der weise alte Mann, die weise alte Frau, ein Engel); • ein Tier, zum Beispiel ein weiser Rabe, der schlaue Fuchs; • eine Figur, die ganz meiner eigenen Phantasie entspringt. Welches Wesen fällt Ihnen spontan für sich ein? Bleiben Sie bei diesem ersten Einfall. Erste Einfälle kommen meist aus der unzensierten Tiefe des Selbst. Sie können auch systematisch vorgehen: Schauen Sie Ihre Biographie an, vergegenwärtigen Sie sich alle Personen, die Sie ein Stück Ihres Weges begleitet haben und für Sie in der Zeit wichtig waren. Welche dieser Menschen käme Ihrem Gefühl nach als innerer Coach in Frage? Oder: Sie entspannen, lassen Ihre Aufmerksamkeit nach innen gehen, blenden dabei die Außenwelt weitgehend aus und warten, welche Figur vor Ihrem
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11.3 Schritte zum inneren Coach
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inneren Auge auftaucht. Sie können noch, um sicher zu gehen, dieses Wesen fragen, ob es auch wirklich Ihr Coach sei. Der innere Coach braucht aber oft auch noch weitere Helfer, dienstbare Geister, die seine Arbeit unterstützen. In der Tiefenentspannung können Sie sich fragen, welche Helfer, welche Unterstützung, welchen Rat, welche Einsicht Sie speziell für das anstehende Problem brauchen.
Übungsvorschläge
Visualisierung des inneren Ratgebers: Ratgeber ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Die biographische Konferenz: Ressourcen ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Begegnung mit dem inneren Beobachter: Selbstdistanzierung ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Konferenz des inneren Teams: Ensemble der inneren Rollen ( s. Übungsteil in diesem Kapitel)
11.3.2 Selbstakzeptierende Haltung Gerade weil die inneren Stimmen oft überkritisch, abwertend und auch sonst wenig hilfreich sind, sollte der innere Coach besonderen Wert auf die Entwicklung und Pflege einer selbstakzeptierenden Haltung legen: – Ich (der innere Coach) behandle mich (das Selbst) mit Respekt und Würde. – Ich nehme meine Schwächen an, würdige problematische Muster und Gewohnheiten als kreative Bewältigungsleistungen in ihrer Entstehungszeit, auch wenn sie jetzt überholt und wirklichkeitsuntauglich sind. Fehler machen und Schwäche zeigen sind Bestandteile des Lebens. – Ich achte auf das, was mir gelingt, erkenne meine eigenen Stärken und würdige sie. Ich entdecke die Reichhaltigkeit meines Ressourcenspektrums. – Gleich ob mir etwas gelingt oder mir Fehler unterlaufen, behandle ich mich mit Achtung. – Auch in unübersichtlichen, hyperkomplexen Situationen verliere ich nicht den Mut. Es ist nicht tragisch, wenn ich nicht sofort auf alles eine Antwort parat habe und mich manchmal durch dichten Nebel bewegen muss.
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– Ich muss nicht immer perfekt und erfolgreich sein. Überzogene Selbstansprüche sind Gift für die Seele.
Zur selbstakzeptierenden Haltung gehört auch die Überzeugung der eigenen Selbstwirksamkeit. Sie ist das Gegenstück von erlernter Hilflosigkeit (Seligman, 1979) und Ohnmachtsgefühlen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Selbstwirksamkeitsüberzeugung all unsere Lebensbereiche beeinflusst. Menschen mit einer guten Selbstwirksamkeitseinschätzung fühlen sich nicht nur leistungsstark, es gelingt ihnen auch, in belastenden Situationen gelassen zu bleiben und damit negative Stresseinflüsse zu mildern. Menschen mit gelernter Hilflosigkeit müssen sich selbst sehr viel mehr Mut machen, brauchen mehr Zeit und Energie zur Selbststabilisierung, ehe sie schwierige Aufgaben angehen.
11.3.3 Erweiterung der Bewusstseinsbühne Unser Alltagsbewusstsein kann die Welt nicht in seiner Gesamtheit erfassen. Das Ich ist mit dem Alltagsbewusstsein identifiziert, also mit der Wahrnehmung logischer, willkürlicher Operationen. Es hat sich nun gezeigt, und hier kann man sowohl auf wissenschaftliche Untersuchungen als auch auf mindestens fünfzigtausend Jahre Menschheitserfahrung zurückgreifen, dass es noch andere Bewusstseinszustände gibt, die sehr viel direktere Verbindungen zum psychisch Unbewussten und Körperfunktionen haben. Welche Bewusstseinsebene braucht nun der innere Coach, um ein bestimmtes Problem zu bearbeiten, eine Vision zu entwickeln, eine Entscheidung zu treffen? Unterschiedliche Bewusstseinsebenen treten auf, je nachdem ob ein Mensch sich in einem hellwachen Zustand befindet, zum Beispiel beim Denken, Lesen, oder in einer Entspannung, in leichter oder ekstatischer Trance, im Traum, im Tiefschlaf oder in einem Zustand nach der Einnahme von Drogen. Es hat sich nun gezeigt, dass die Bühne des wachen Alltagsbewusstseins nur begrenzte Beratungsfähigkeiten besitzt. So kommen wichtige Impulse der Intuition aus anderen Bewusstseinsebenen. Wir verfügen nicht nur über eine Bewusstseinsbühne, sondern wir haben eine Drehbühne mit unterschiedlichen Spielflächen für das Bewusstsein. Es gibt Beratungsaufgaben im Coachingprozess, für deren Bearbeitung ein Bewusstseinszustand des Coachees günstig ist, in dem das Ich seine kontrollierende Dominanz aufgegeben hat und primärprozesshaftes Denken ins Spiel kommt. Ein einfacher Trick stellt zum Beispiel das Brainstorming da. Das Ich darf nicht wertend und kritisierend eingreifen. Die Einfälle fließen unzensiert aus dem Vorbewussten. Viele gute Gedanken kommen uns vor dem Einschla-
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fen, in einer mentalen Entspannung oder Trance. Das Traumbewusstsein leistet oft Schwerstarbeit bei der Bewältigung von Schwierigkeiten oder bei der Lösung von Problemen. Der entscheidende Impuls für eine Menge großer Entdeckungen kam den Erfindern im Schlaf. Lösungsprozesse und Veränderungsvorgänge gehen nicht gegen das Unbewusste, sondern nur mit ihm. Viele Veränderungswiderstände basieren darauf, dass bewusste und unbewusste Impulse gegeneinander arbeiten, statt sich abzustimmen. Man denke an die vielen vernünftigen Absichten, Ratschläge und Lernprogramme, die das Ich dem Selbst aufdrängt. Sie wirken meist nur kurz und schlagen dann ins Gegenteil um. Die Aufgabe des inneren Coachs besteht also darin, denjenigen Bewusstseinszustand für seine Beratungsarbeit herbeizuführen, bei dem alle relevanten Selbstanteile optimal an der Lösung beteiligt werden können. Hierfür stehen ihm mindestens vier Bewusstseinszustände zur Verfügung: Auf der Bühne des Alltagsbewusstseins denkt man über ein Problem nach, entwickelt Ziele, entwirft Lösungen. Um den entsprechenden Grad an Bewusstheitshelligkeit für Denkvorgänge zu bekommen, muss der Mensch einen mittleren Grad an Spannung erreichen. Geht die Spannung zurück, beginnen die Gedanken zu schweifen, die Konzentration lässt nach, Bilder tauchen auf, schließlich fallen die Augen zu. Bei einer zu hohen Spannung überstürzen sich die Gedanken, Unruhe lässt keine klaren Gedanken mehr zu, schließlich treten körperliche Wahrnehmungen in den Vordergrund, zum Beispiel Herzrasen.1 Im entspannten Zustand kann sich der Selbst-Coach ungehindert dem Fluss seiner Einfälle und Inspirationen hingeben, visualisieren oder Phantasiereisen zu bestimmten Zielen und Fragestellungen unternehmen, Lösungsideen ins Bewusstsein aufsteigen lassen. Eine leichte Trance ermöglicht ein intensiveres Imaginieren. Imaginationen haben eine Brückenfunktion zum Unbewussten, sogar zum Körperlichen. Diese Form innerer Bilder repräsentieren am ehesten die Erregungsmuster des Gehirns. Viele hypnotherapeutische Techniken können hier angesiedelt werden. In der starken Trance, ein Zustand ähnlich wie dem kurz vor dem Einschlafen, betritt der Selbst-Coach unbekannte Welten des Unbewussten. Hier sind die direktesten Kontakte mit den Bauplänen seiner Selbstregulation möglich. Es ist deshalb auch die geeignete Ebene für Selbstheilungsprozesse, zum Beispiel bei schweren psychischen Verletzungen oder Kränkungen, wie sie im Berufsalltag leider häufiger vorkommen. Diese Bewusstseinsebene ermöglicht selbsttranszendierende, das heißt spirituelle Suchbewegungen. Trance wirkt an sich schon erholend.
1 Die Bewusstseinshelligkeit im Sinne des Alltagsbewusstseins bildet eine Gauß’sche Kurve.
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Im Traumbewusstsein arbeitet das Unbewusste in Abwesenheit des kontrollierenden Ichs. Häufig sind es unverdaute Erlebnisse, unbewältigte Konflikte, offene Probleme, Ängste und Sorgen, die hier in der Ruhe des Nachtschlafs nachbearbeitet werden.Auch das Träumen lässt sich in einem gewissen Umfang steuern. Man kann sich Traumaufträge geben, imaginativ Träume weiterträumen. Bei Trance empfielt es sich, zunächst die Methode in einem Trainingskurs kennen zu lernen und für sich einzuüben. Erst aus einer gewissen Erfahrung heraus lässt sie sich gezielt, aber auch gefahrlos für das Selbstcoaching einsetzen. Viele der Botschaften aus Träumen, Trancereisen oder Phantasiereisen sind symbolischer Art. Manche wirken unmittelbar, andere bedürfen noch der Übersetzung für das Bewusstsein. Übungsvorschläge
Reise in die Unterwelt: unbewusste Themen ( Kapitel 6) Reise in die Oberwelt: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Reise zum höheren Selbst: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Dem Atem folgen: Achtsamkeit ( Kapitel 6) Körperhaltung und Trance: intuitive Lösungen ( Kapitel 8) 11.3.4 Finden eines sicheren inneren Ortes Um sich wirklich auf einen so sensiblen Prozess wie das innere Coaching einlassen zu können, brauchen Sie: • Zeit, in der Sie Ihre Aufmerksamkeit ungeteilt auf sich richten können, also sich Besinnungspausen gönnen. • Einen ruhigen äußeren Ort. Manche Menschen gehen dazu auch hinaus in die Natur und suchen sich dort einen geschützten, einen energiereichen oder inspirierenden Platz. • Einen inneren Zustand, in dem Sie sich sicher und zugleich neugierig genug fühlen, sich auf Neues einzulassen, also in einer ähnlichen Atmosphäre, wie sie externe Coachs in der Beratungsszene herzustellen versuchen. • Einen sicheren inneren Ort: Sie stellen sich bildhaft einen Ort vor, an dem Sie sich wohl und absolut sicher fühlen. Von hier aus kann Ihre Coachingexpedition ihren Anfang nehmen. Der Ort bietet aber auch eine Rückzugsmöglichkeit, wenn Gefahr besteht, dass Gefühle Sie überfluten, Krisenstimmung aufkommt und dergleichen. Übungsvorschläge
Ein sicherer Ort: Sicherheit ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Orte der Kraft: Kraftquellen ( s. Übungsteil in diesem Kapitel)
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Begegnung mit dem inneren Beobachter: Selbstdistanzierung ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Reise zum höheren Selbst: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Schutzhülle: Schutz ( Kapitel 6) Innere Sicherheit: Kognitive Entspannung ( Kapitel 8) 11.3.5 Entwicklung von Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Selbstsorge Aufmerksamkeit: Das Bewusstsein kann man sich vorstellen wie eine Bühne. Die Bühnenbeleuchtung strahlt eine Szene, einen Menschen, einen Gegenstand, einen Gedanken an. Diese Gestalt ist dann im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit brauchen wir auch als Intervention im inneren Coaching. Denn die Energie geht mit der Aufmerksamkeit. Wenn wir immer betrachten, was uns nicht gelingt, geht auch alle Energie dahin und nicht in die Arbeit an der Lösung oder in die Aktivierung von Ressourcen. Also ist es wichtig, die Perspektive zu verändern, die Aufmerksamkeit und damit die Energie in die Richtung zu lenken, die für die Lösung hilfreich ist und nicht in eine, die das Problem verfestigt. Auf der Bewusstseinsbühne können drei Hauptrichtungen der Aufmerksamkeit (Stevens, 1975) unterschieden werden: 1. Wahrnehmung der äußeren Welt (Dinge, Gegebenheiten, Ereignisse); 2. Wahrnehmung der inneren Welt (sensomotorische Kontakte zu sich selbst); 3. Wahrnehmung der psychischen Vorgänge (Denkvorgänge, Phantasien, Vermutungen, innerer Dialog). Achtsamkeit: Achtsamkeit ist eine bewusste Art zu leben und zu arbeiten. Sie umfasst einen wachen Kontakt zur Innen- und Außenwelt, eine akzeptierende Grundhaltung (Achtung) und eine Bewusstseinsspanne, die das Ich transzendiert. Achtsamkeitsmeditationen werden inzwischen auch erfolgreich für Führungskräfte angeboten (Hinze, 2001). Die Schulung des inneren Coachs in Achtsamkeit kann damit beginnen, dass man sich täglich mehrmals bewusst begegnet, sich spürt, wahrnimmt, beachtet. Als Selbstcoach nehmen Sie sich die Zeit, sich psychisch und körperlich zu spüren. Sie achten bewusst auf Ihre Empfindungen und Gefühle, identifizieren Ihre Stimmung und spüren möglicherweise Verspannungen auf, die Sie für gewöhnlich ignorieren. Sie registrieren die Gedankenimpulse, die Ihnen etwas sagen wollen, Sie aber sonst im Alltagstrubel überhören. So meldet zum Beispiel die Empfindung von Erschöpfung Ihr Recht auf eine Pause an, ein schwelender Konflikt, der sich in den Nackenmuskulatur festgesetzt hat, drängt nach Lösung, ein Kränkungserlebnis fordert Heilung oder Genug-
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tuung. Irgendwann ist dann die körperliche Symptombildung nicht mehr zu überhören. Im Alltag ist unsere ganze Aufmerksamkeit auf die Bewältigung von Aufgaben gerichtet. Da würden uns solche Signale stören. Deshalb blenden wir sie aus. Dies ist für den Moment auch gut, auf Dauer jedoch problematisch. Ein lange schwelender Konflikt wird zur Krise, eine permanent ignorierte Erschöpfung führt zum Burnout. Es ist oft nicht möglich, dass ich ein Problem jetzt löse, aber ich kann mit meinem inneren Coach eine Verabredung treffen, wann dies möglich ist. Achtsamkeit enthält auch die Bedeutung von achten. Ich achte auf mich, auf dich, auf meine Umgebung. Indem ich jemandem meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenke, drücke ich damit auch meine Achtung vor ihm aus. Und dann gibt es noch eine dritte Form von Achtsamkeit: das nichtwertende Gewahrsein des Augenblicks. Sie ist eine aus fernöstlichen Lebensweisheiten und Meditationspraktiken entlehnte Wahrnehmungshaltung, die zunehmend auch bei der Qualifikation von Leitungskräften eingesetzt wird. Im Gewahrsein öffne ich mich dem Augenblick und nehme alles genauso wahr, wie es ist, unabhängig davon, ob die Erfahrung angenehm, unangenehm, freudig oder schmerzhaft ist. Diese Art der Achtsamkeit ermöglicht einen inneren Abstand zu sich selbst, eine leidenschaftslose Selbstbeobachtung. Ich kann mich wahrnehmen, wie ich gerade fühle, denke handele, ohne dass das Ich korrigierend eingreifen muss. Solche Übungen fördern die Gelassenheit, aktivieren Ressourcen und Selbstheilungskräfte. Die Achtsamkeitshaltung hilft besonders bei schweren emotionalen Belastungen und psychischen Verletzungen. Achtsamkeit, wenn man sie genügend intensiv einübt, führt zur Entwicklung des inneren Beobachters, der wertfrei und emotionslos registriert, was gerade ist. Hier gelingt es Menschen, auch in schwierigsten innerpsychischen oder sozialen Szenarien, sich nicht nur zu beteiligen, sondern zugleich zum Beobachter ihres eigenen Erfahrungsflusses zu werden. Achtsamkeit ist eine sehr gute Möglichkeit für den inneren Coach.
Übungsvorschläge
Achtsamkeitsübung: Achtsamkeit ( s. Übungsteil dieses Kapitel) Begegnung mit dem inneren Ratgeber: Ratgeber ( s. Übungsteil in diesem Kapitel) Dem Atem folgen: Achtsamkeitsmeditation ( Kapitel 6) Atemzählen: Atemmeditation ( Kapitel 8)
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11.3.6 Selbstbefragung Der innere Coach sollte sich zu Beginn eines Lösungsweges ganz ähnliche Fragen stellen wie ein externer Berater. • Woran merke ich, dass da ein Problem ist? • Welche Reaktionen bewirkt es bei mir, zeige ich anderen Menschen (z. B. den Arbeitskollegen, Kunden)? • Was ist das Gute am Schlechten? Hat das Problem auch angenehme Seiten? • Wie klar ist mir das Ziel? Wo soll mich die Lösung hinführen? Kann ich mir das möglichst klar und sinnlich vorstellen? • Was bin ich bereit für eine gewünschte Problemlösung zu tun? • Was könnte ich zum Beispiel für eine gewünschte Lösung aufgeben? • Wie kann ich gewährleisten, dass ich untaugliche Lösungsmuster unnötig wiederhole? • Was brauche ich an Ressourcen und externen Hilfestellungen, um die Lösung zu finden und den Lösungsweg zu gehen? • Welche Techniken will ich zur Selbstexploration und Unterstützung einsetzen?
11.4
Der innere Coach in Aktion
In diesem Abschnitt möchte ich einige Techniken aus dem Bereich angewandte Imagination vorstellen, die der innere Coach bei seiner Beratungsarbeit einsetzen kann. Offensichtlich gibt es unterschiedliche Zugangsweisen zu den Bereichen der Imagination: Entspannung, Trance, Meditation, aber auch vermittelte Formen wie Malen, Plastizieren, Bewegen, Musizieren, Dichten und Erzählen.
11.4.1 Phantasie und Imagination Technik des Visualisierens: Hierbei macht der innere Coach der Phantasie eine Vorgabe, die möglichst offen formuliert ist, zum Beispiel die gewünschte berufliche Situation in einem Jahr. Aus bewussten und unbewussten Anteilen entsteht ein vollständiges Bild. In einer entspannten Haltung stellt man sich nun so sinnlich wie möglich vor, was man erreichen will, welche Ziele man ansteuern möchte. Je mehr Sinnesqualitäten dabei einbezogen werden können, umso besser. So wird der Zielzustand nicht nur gesehen, sondern auch erlebt und damit energetisch aufgeladen. In einem zweiten Schritt können dann die möglichen
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Wege zum Ziel, aber auch mögliche Hindernisse und deren Überwindung visualisiert werden. Phantasiereisen: Phantasiereisen sind in der Regel angeleitete Wanderungen durch bestimmte Szenarien, zum Beispiel Reise durch das Innere des Körpers, zu besonderen Orten oder zu Ratgebern, Expeditionen in ein Neuland oder in die Vergangenheit. Tiefenimagination – Reisen in nichtalltägliche Bewusstseinsebenen: In einer tiefen Entspannung oder Trance kann der Mensch in Regionen reisen, die normalerweise im Bereich des Unbewussten liegen. In der Regel wird hier die Reise nicht durch den gesprochenen Text des Coachs angeleitet. Die Reise wird vorher gründlich erklärt. Die Begleitung selbst erfolgt dann durch ein Rhythmusinstrument. Der Coachee überprüft seine innere Absicht (»Was will ich auf dieser Reise erfahren, lösen, kräftigen?«). Die Reise beginnt dann mit einem kleinen Ritual. Reisevorschläge, die in anderen Kapiteln bereits beschrieben wurden: Reise in die Unterwelt: unbewusste Themen ( Kapitel 6) Reise in die Oberwelt: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Reise zum höheren Selbst: nichtalltägliches Bewusstsein ( Kapitel 6) Körperhaltung und Trance: intuitives Lösen ( Kapitel 8) 11.4.2 Arbeit mit Symbolen Oft ist es die Sprache der Symbole, in der sich die unbewusste Innenwelt mitteilt. Sie ist das Ergebnis von Verdichtungsprozessen. Durch die Symbole werden nicht nur individuelle, sondern auch archetypische, kollektive und gruppenspezifische Erfahrungen verdichtet. Die Erlebnisverarbeitung im Traum bedient sich ebenfalls der Sprache der Symbole. Für den inneren Coach ist die Arbeit mit Symbolen besonders vielseitig: • Arbeit mit den Symbolen in eigenen Träumen; • Inhalte von Phantasiereisen, Imaginationen und Visualisierungen bedienen sich auch der Symbolsprache; • Verdichtung wichtiger Erfahrungen in Symbolen; • symbolische Repräsentation, zum Beispiel durch Figuren, Bilder, Steine; • Symbole als Verhaltensverstärkung und Ermutigung, zum Beispiel durch Amulette; • Symbole als Ausdruck spiritueller oder religiöser Erfahrungen; • Symbole als Bestandteil eigener Rituale;
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• Symbole als Ausdruck sehr komplexer Ereignisse oder Zusammenhänge (zur Arbeit mit Symbolen s. auch Kapitel 8). 11.4.3 Kreative Medien Die meisten Übungen und Experimente mit kreativen Medien und Ausdrucksmitteln lassen sich auch unter den Bedingungen von innerem Coaching anwenden. Es gibt natürlich auch viele Übungen, die hierfür besonders geeignet sind, zum Beispiel ( zur Arbeit mit kreativen Medien s. auch Kapitel 8): • das Schreiben von Tagebüchern, Texten, Erfahrungsberichten, inneren Dialogen und schriftlich festgehaltenen Reflexionen; • Erfahrungsverarbeitung durch sprachliches Verdichten (Gedichte, Geschichten, Märchen); • Musik hören, aktiv Musik machen zur Entspannung, Anregung, Verarbeitung von psychischen Belastungen oder zur inneren Vorbereitung; • Malen zur psychischen Entlastung; • Malen und Gestalten mit Materialien zum Ausdrücken unbewusster Vorgänge oder zum Herstellen von Sinnsymbolen; • Malen und Materialien zur Gestaltung von Zukunftsentwürfen und Visionen; • Malen von komplexen Zusammenhängen (alles auf einen Blick); • monodramatische Inszenierungen (z. B. mit Symbolen, leeren Stühlen, Holzfiguren).
11.4.4 Körper- und Bewegungserfahrungen Leben ist Bewegung. Die meisten lebenserhaltenden Bewegungen sind dabei unwillkürlich: Das Herz schlägt, die Atembewegung fließt, die Gehirnzellen vernetzen sich ständig neu, die Ausdrucksgesten stellen sich spontan ein. Unter heutigen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die nicht mehr durch tägliche körperliche Arbeit, Jagd und Ackerbau bestimmt sind wie bei unseren Vorfahren, müssen wir auf unseren Körper und unsere Beweglichkeit achten. Bewegungsarmut kompensieren wir durch Joggen, Walken. Zu geringe muskuläre Beanspruchung gleichen wir durch den regelmäßigen Besuch von Fitness-Instituten aus. Den Körper stylen wir durch gezielte Gymnastik (oder Schönheitschirurgie) und für den seelischen Ausgleich üben wir Yoga, Qi Gong oder Tai Chi. Dies sind alles gute Bewegungsangebote des Ichs an den Körper. Nur als Ich-Leistungen unterliegen sie der Gefahr, als Fitnesstraining dem Selbst äußerlich zu bleiben. Ich tue etwas für meinen Körper, für meine
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Gesundheit, aber tue ich damit auch etwas für mich? Gerade bei fernöstlichen Verfahren wie dem Yoga, Qi Gong oder Tai Chi kann man zwei Arten von Angeboten erleben, entweder als Ausgleichs- und Entspannungsgymnastik funktionalisiert oder als Bewegung von Leib und Seele als einer natürlichen Einheit (zur Arbeit mit Körper- und Bewegungserfahrung s. auch Abschnitt 8.4). 11.4.5 Rituale Jede Sitzung des inneren Coachens hat mehr oder weniger die Form eines Rituals, zum Beispiel: 1. Ich bereite mich innerlich auf die Sitzung vor. 2. Ich begebe mich in einen ruhigen, telefonfreien Raum. 3. Ich stelle eine ruhige, leicht beschwingte Musik an. 4. Ich vergewissere mich noch einmal, ob mein innerer Auftrag klar formuliert ist. 5. Ich setzte mich bequem in meinen Sessel, schließe die Augen, entspanne und begebe mich auf eine Phantasiereise, in deren Verlauf ich mir eine Antwort auf meine Frage erhoffe. Jede selbstverordnete Veränderung braucht ein Ritual, also einen emotionalen, symbolischen, zeitlichen (rhythmischen) und sozialen Rahmen. Ein nützliches Einschlafritual besteht zum Beispiel darin, noch einmal den Tag an sich vorbeiziehen zu lassen, die Ereignisse anzuschauen, aber nicht zu bewerten und nach einer kurzen Würdigung loszulassen! Sinn dieses Rituals ist, ohne die Tagesbelastungen einzuschlafen. Der Coachee kann sich auch Einschlafrituale überlegen, solche, mit denen er Trennungschmerz oder Angst bewältigen kann bzw. zu neuen Kräften oder Entspannung kommt (zur Arbeit mit Ritualen s. auch Abschnitt 8.8). Übungsvorschläge
Ritual zur Beendigung einer Gewohnheit: Loslassen ( Kapitel 8) Ablösungsritual: Ablösungsprozess ( Kapitel 8) Abschiedsritual: Geben und Nehmen ( Kapitel 8) Ritual zum Umgang mit schwierigen Gefühlen: Distanzierung ( Kapitel 8) Kraftritual: Energiekreis ( Kapitel 8) Energie aufladen: Energiegewinnung ( Kapitel 11) Diesen kurzen Überblick über die Möglichkeiten des inneren Coachs können Sie als eine Art Speisekarte verstehen, das Menü müssen Sie sich dann, entsprechend Ihrer individuellen Coachingbedürfnisse selbst erarbeiten. Allein schon die Entwicklung des inneren Coachs wird sich förderlich auf Ihre Selbstorgani-
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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sation auswirken und die Selbstbalance stärken. Aller Anfang ist jedoch schwer. So ist es oft hilfreich, die ersten Schritte mit der Unterstützung eines externen Coachs zu machen.
11.5
Übungen zum Selbstcoaching
Begegnung mit dem inneren Ratgeber (nach Simonton, 1982)
Erfahrungsfeld: innerer Ratgeber Ziel: Kontakt zu einem inneren Ratgeber herstellen, um Rat von ihm zu erfragen Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1) Instruktion: »Stellen Sie sich eine schöne Landschaft vor. Sie kann aus Ihrer Erinnerung stammen, aber auch von Ihrer Phantasie gestaltet werden. Sie bewegen sich jetzt in dieser Landschaft. Sie fühlen die Wärme, das Behagen, den Frieden und die Gelassenheit so, als wären Sie wirklich dort. Sie entdecken jetzt einen Pfad, der sich durch die Landschaft schlängelt. Sie spüren, wie Sie auf diesem Weg immer weiter dem Horizont entgegengehen. Das Gehen ist angenehm und leicht. In der Ferne nehmen Sie jetzt ein helles, bläulich-weißes Glühen wahr, das sich langsam auf Sie zu bewegt. Von dem Leuchten geht keine Bedrohung für Sie aus. Sie erkennen, dass dieses Leuchten zu einem Lebewesen gehört, zu einer Person oder einem freundlich aussehenden Fabelwesen. Wenn das Wesen näher kommt, schauen Sie es sich genau an, so genau wie möglich. Wenn Sie sich jetzt in seiner Gegenwart wohl fühlen, so wissen Sie, dass es ein innerer Ratgeber ist. Fragen Sie ihn nach seinem Namen und dann bitten Sie ihn, Ihnen bei der Lösung Ihres Problems zu helfen. Stellen Sie sich dem Wesen vor und beginnen mit ihm über Ihr Problem zu sprechen, so, als wäre es ein sehr guter Freund. Achten Sie sehr genau auf die Informationen, die Sie von Ihrem Ratgeber erhalten. Sie können in Sprache gefasst sein, aber auch symbolisch verschlüsselt zum Beispiel als Geste, vielleicht auch nur von Ihnen gefühlt werden. Bedanken Sie sich bei Ihrem
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Ratgeber und verabreden Sie mit ihm, wie Sie in Zukunft mit ihm in Verbindung treten wollen. Ziehen Sie die Arme und Beine einmal fest an sich und öffnen Sie langsam die Augen. – Nicht immer gelingt es, schon beim ersten Versuch seinem Ratgeber zu begegnen oder er gibt keinen erkennbaren Rat. Hier sollte man nicht aufgeben. Manchmal geht einem erst sehr viel später auf, dass da ein Ratgeber wirksam war. Übung macht auch hier den Meister.«
Körperachtsamkeit
Erfahrungsfeld: Achtsamkeit Ziel: Training der Achtsamkeit, Verbesserung der Körper-Bewusstheit Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Achtsamkeit, Körperbewusstheit Zeitbedarf: 20 Minuten
Instruktion: »Setzen Sie sich ganz bequem auf einen Stuhl. Atmen Sie ruhig und gleichmäßig. Ich lade Sie jetzt zu einer kleinen Achtsamkeitsreise durch Ihren Körper ein. Sie beginnt bei der Scheitelregion. Lenken Sie Ihre innere Aufmerksamkeit so, als wäre sie eine starke Taschenlampe, mit der Sie zunächst den Kopfbereich ausleuchten. Nehmen Sie als Erstes den Scheitelbereich intensiv wahr, registrieren Sie alles, was dort zu spüren und zu erfahren ist. Ist es da angenehm oder unangenehm, entspannt oder verspannt, warm oder kühl? Lenken Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf den Hinterkopf und erspüren ihn so gut es geht. Gehen Sie dann mit Ihrer Aufmerksamkeit zum Gesicht, der Stirn, den Wangen, der Nase, dem Mund, dem Kinn, zu den Ohren. Reisen Sie weiter zu Hals und Nacken. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Schultern, die Arme und Hände. Wenden Sie sich dann dem Rumpf zu, den Rücken von den Halswirbeln bis zum Steißbein. Erspüren Sie Ihre Vorderseite, die Brust, den Bauch, den Beckenbereich. Und dann treten die Beine ins Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit, die Oberschenkel, Knie, Waden und Füße. Und nun versuchen Sie ein wenig zurückzutreten und Ihren Körper noch einmal als Ganzes wahrzunehmen. Zum Abschluss richten Sie Ihre Achtsamkeit auf den Atem, spüren Sie wie Ihr Körper aus- und einatmet.«
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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Begegnung mit dem inneren Beobachter (nach Reddemann, 2001)
Erfahrungsfeld: Selbstdistanzierung, Selbstbeobachtung Ziel: sich aus der Distanz betrachten, Erlernen von Selbstdistanzierung und Stabilisierung. Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Imagination Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Gehen Sie in eine bequeme Körperhaltung (im Liegen oder Sitzen). Nehmen Sie wahr, wie Ihr Körper Kontakt hat zu dem Boden (Stuhl). Achten Sie auf das Atmen, das Ein- und das Ausatmen. Spüren Sie den leichten Luftzug in der Nase, die Bewegungen des Körpers beim Ein- und Ausatmen. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit jetzt auf den Körper. Beginnen Sie mit der Kopfhaut. Wie fühlt sie sich an? Wandern Sie dann weiter mit Ihrer Aufmerksamkeit über Ihr Gesicht, die Ohren, dem Hinterkopf, den Hals. Beachten Sie auf diese Weise Körperpartie für Körperpartie. Registrieren Sie die Empfindungen, die Wärme- und Kälteempfindungen, die Verspannungen. Werden Sie sich jetzt bewusst: Ich beobachte meinen Körper. Ich kann meinen Körper beobachten, also bin ich mehr als mein Körper. Zentrieren Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf das Denken. Lauschen Sie dem Strom Ihrer Gedanken, registrieren Sie alles, was in Ihrem Kopf passiert. Werden Sie sich wieder bewusst: Ich kann mein Denken beobachten, also bin ich mehr als meine Gedanken. Welche Stimmung haben Sie jetzt? Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Gestimmtheit. Vielleicht verändert sie sich gerade, während Sie sie beobachten? Auch dabei sagen Sie sich: Ich kann meine Stimmung beobachten, also bin ich mehr als meine Stimmung. Wandern Sie jetzt weiter mit Ihrem Beobachtungsinteresse zu Ihren Gefühlen. Welche Gefühle sind da, tauchen gerade auf oder verschwinden? Und sagen Sie sich: Weil ich meine Gefühle beobachten kann, bin ich mehr als meine Gefühle. Und zu guter Letzt stellen Sie fest, dass Sie auch beobachten können, wie Sie beobachten. Diesen Teil, der das Beobachten beobachten kann, nennen wir den ›inneren Zeugen‹. Zu diesem inneren Zeugen können Sie sich immer dann zurückziehen, wenn Sie auf Distanz zu den Turbulenzen des Lebens gehen wollen. Er hilft Ihnen auf Abstand zu dem Erleben zu gehen, wenn es für Sie unerträglich zu werden beginnt. Kehren Sie nun zurück an die Oberfläche des Beobachtens. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder auf diesen Raum, in dem Sie sich befinden.«
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Orte der Kraft
Erfahrungsfeld: Kraftquellen Ziel: Selbststärkung, Aufsuchen eines Kraftortes Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Natur, Kraftplätze Zeitbedarf: offen
Es gibt Orte und Gegenden, die eine stärkende und klärende Wirkung haben. Naturvölker haben hier oft ihre Kultstätten errichtet. Manche christliche Kirche ist dann darüber gebaut worden. Einige haben auch heute noch einen hohen Bekanntheitsgrad, zum Beispiel Stonehenge oder die Externsteine. Allerdings haben Kraftorte keine eindeutig positive Wirkung. Sie verstärken immer gerade das, was einen Menschen bewegt, also auch die Angst oder die Wut. Deshalb ist es sinnvoll, sich im Voraus darüber klar zu werden, was verstärkt werden soll. Dann kann von dem Ort auch eine wohltuende Wirkung ausgehen. Für viele Coachees wird es nicht möglich sein, einen solchen realen Ort aufzusuchen. Als ebenfalls wirkungsmächtiger Ersatz bietet sich da an, in der Phantasie zu Orten der Kraft und Geborgenheit zu reisen.2
Ein sicherer Ort
Erfahrungsfeld: zur Sicherheit finden Ziel: Visualisierung eines Ortes, der Sicherheit und Ruhe ausstrahlt Modus: Einzel- und Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Visualisierung Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung: Entspannungsformel ( s. Abschnitt 8.4.1). Instruktion: »Es gibt Orte, von denen eine große beruhigende Wirkung ausgeht. Für manche ist es der Strand, andere lieben einen Berggipfel, ein romantisches Tal, eine Wiese oder ein bestimmtes Zimmer. 2 Literatur zur Arbeit mit Kraftorten: Harnisch (1999).
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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Lassen Sie Ihre Erinnerung schweifen, Vorstellungen oder Bilder kommen von einem Ort, an dem Sie sich ganz wohl und geborgen gefühlt haben. Erleben Sie Ihren inneren Ort mit allen Sinnen. Lauschen Sie den Geräuschen, riechen Sie die Düfte und spüren Sie die Wärme und den Wind auf Ihrer Haut. Überlassen Sie sich jetzt für eine Weile diesem angenehmen Gefühl des Wohlbefindens, der Geborgenheit und Sicherheit. Sie haben hier einen Ort für sich ganz allein, an dem Sie jederzeit Zuflucht finden können vor Gefahren aus der inneren und äußeren Welt. Sie können sich ausruhen, Mut und Kraft tanken oder einfach zur Besinnung kommen. Wenn Sie Ihren sicheren Ort gefunden haben, dann machen Sie ein inneres Foto von ihm, prägen Sie ihn sich mit allen Sinnen ein. Und damit Sie ihn in der Zukunft bei Bedarf schnell wieder aufsuchen können, vereinbaren Sie mit sich einen Auslöser für das Foto, zum Beispiel eine kleine Berührung der Hand an einem Körperteil. Nehmen Sie sich innerlich vor, dass Sie sich Ihren Ort immer, wenn Sie diese bestimmte Stelle mit der Hand berühren, ganz leicht vorstellen können. Stellen Sie sich bitte zum Abschluss noch einmal Ihren Ort vor. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit jetzt wieder auf den Raum, in dem Sie sich real befinden, räkeln und strecken Sie sich und öffnen Sie die Augen.« Zu den Quellen der Kraft
Erfahrungsfeld: Energiegewinnung Ziel: Kontakt bekommen mit eigenen Energiequellen und Ressourcen, Energie auftanken Material: Papier, Kreide Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 45 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einer grünen Wiese voller blühender Blumen. Sie können Sie riechen. Die Sonne strahlt eine angenehme Wärme aus. Schon von Weitem hören Sie das Rauschen eines Baches. Sie werden neugierig, gehen auf den Bach zu und wenn Sie ihn erreicht haben, wandern Sie an seinem Ufer entlang. Nach einiger Zeit erreichen Sie die Quelle. Sie setzen sich an ihren Rand, lauschen dem Rauschen des Wassers und fühlen sich wohl. Sie tauchen die Hände in das Wasser, spüren, wie es Sie erfrischt und belebt. Sie haben nun Zeit, sich die Quelle genauer anzuschauen. Sie entdecken auch die Öffnung, aus der das Wasser heraussprudelt. Sie spüren dieses Sprudeln
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immer stärker in sich. Es wird Ihnen bewusst, dies ist die Quelle Ihrer Kraft. Sie nehmen diese Kraft dankbar an. Sie lassen jetzt Ihren Blick in die Umgebung der Quelle schweifen, sehen das Gras, die Blumen, die Steine, das Gebüsch. Sie erheben sich, prägen sich das Bild dieser Quelle ein. Sie gehen jetzt zurück, zunächst den Bach entlang, dann über die Wiese. Nun werden Sie sich wieder bewusst, dass Sie in Ihrem Raum sind, öffnen die Augen und räkeln sich. Schauen Sie noch einmal zurück und erinnern sich an Ihre Kraftquelle: Welches Symbol fällt Ihnen dazu ein? Malen oder gestalten Sie dieses Symbol. Es soll Ihnen immer dann, wenn Sie gestresst, ausgelaugt oder entmutigt sind und die Energie auszugehen beginnt, dabei helfen, sich an Ihre Quelle der Kraft zu erinnern, um ein wenig von der sprudelnden Energie zu tanken, die Sie an der Quelle Ihrer Kraft angetroffen hatten.
Energie aufladen (van Kampenhout, 2000)
Erfahrungsfeld: Rückgewinnung von Energie Ziel: Zurückholen von verlorengegangener Energie. Im Alltagsgeschehen geht uns viel Energie verloren. Sie kann durch dieses kleine Ritual zurückgebeten werden. Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung, Selbstcoaching Material. keines Medium: Imagination Zeitbedarf: 20 Minuten
Instruktion: »Setzen Sie sich bequem, vielleicht in einen Sessel. Sorgen Sie dafür, dass Sie in den nächsten 15 Minuten nicht gestört werden. Kennen Sie das Gefühl, wenn Ihre Energie aus den Körper gewichen ist? Wie und wo merken Sie das? Gibt es auch psychische Anzeichen? Vergegenwärtigen Sie sich die Symptome und merken Sie sich. Es wird Ihr Erkennungssignal bei der Energiesuche. Stimmen Sie sich mit dem Vorsatz auf das Ritual ein: Was ich verloren habe, möge zurückkommen. Ich rufe alle Energie zurück, die ich heute verloren habe. Diese Energie gehört mir und ich lade sie herzlich ein, zu mir zurückzukommen. Entspannen Sie und lassen Sie den vergangenen Tag Revue passieren. Ereignis für Ereignis zieht noch einmal an Ihrem inneren Auge vorbei. Geben Sie dabei Obacht, ob bei einer Szene das Energiefressersymptom auftaucht.
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Schauen Sie sich dann eine Szene, in der ein Energieloch auftritt, genau an. Wie ist Ihnen die Energie verloren gegangen? Stellen Sie sich die Energie als leuchtende Teilchen vor oder als ein Farbnebel. Mit Hilfe Ihres Atems holen Sie jetzt Ihre leuchtende Energie in sich zurück, mit jedem Einatmen fließt die verlorene Energie zu Ihnen zurück. Spüren Sie, wie die zurückgewonnene Energie sich mit Ihrer vorhandenen Körperenergie verbindet. Sie können dann in Ihrer Vorstellung weitergehen und weitere Situationen auf Energieverbrauch überprüfen. Wenn Sie wieder Ihr Signal spüren, stoppen Sie und wiederholen das kleine Ritual der Energierückgewinnung. Bedanken Sie sich zum Schluss bei der heimgekehrten Energie.«
Selbstregeneration
Erfahrungsfeld: Selbststärkung Ziel: Stärkung einer bedürftigen, bedrängten oder beschädigten Seite des Selbst Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Imagination Zeitbedarf: 30 Minuten
Instruktion: »Werden Sie sich bewusst, wie Sie auf dem Stuhl sitzen.Was müssen Sie verändern, um wirklich bequem zu sitzen? Schließen Sie die Augen. Atmen Sie dreimal tief durch und genießen es für einen Augenblick, ganz entspannt zu sitzen. Wenden Sie nun den Blick nach innen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten aus einer sicheren Beobachterposition die Vorgänge in Ihrem Inneren betrachten. Sie fragen sich, welchen Belastungen, Schwierigkeiten, Konflikten Sie in letzter Zeit ausgesetzt waren, und schauen, welche aktuellen Meldungen von Belastungen in Ihnen aufsteigen. Was belastet Sie jetzt? Was braucht diese Seite Ihres Selbst, die so stark in Bedrängnis gekommen ist? Sicher hat sich Ihr bewusstes Ich schon viele Gedanken gemacht. Aber da das Belastungsgefühl noch anhält, hatten Sie vermutlich wenig Erfolg bei Ihrer Suche nach Lösungen. Akzeptieren Sie, dass Ihr Ich nicht für alles eine Antwort findet. Das macht nichts. Dafür haben Sie ja noch Ihr intuitives Wissen. Stellen Sie sich vor, diese angeschlagene, in Not geratene, hilfsbedürftige Seite von Ihnen gewinnt eine Gestalt, wird eine Figur, ein Wesen, das Sie ansprechen können. Laden Sie es ein, mit Ihnen an einen Ort zu gehen, wo es willkommen ist und wissende, heilende Kräfte es umsorgen werden.
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Wie könnte dieser Ort aussehen, wo ist er im inneren Erlebnisraum angeordnet? Wie von allein zeigt sich dieser Ort, es tauchen Figuren darin auf oder Farben, Formen, Klänge, Empfindungen, Helligkeitsgrade, Gerüche. Lassen Sie diesen heilenden und kräftigenden Ort so sinnlich wie möglich entstehen. Das bedürftige Wesen, der angeschlagene oder belastete Teil von Ihnen wird in diesem Ort freundlich, ja liebevoll empfangen. In diesem intuitiven inneren Raum kann es sich erholen, kräftigen, heilen und entwickeln. Sie können es getrost dort lassen und sich inzwischen wieder Ihrem Alltag zuwenden. Diese belastete Seite von Ihnen ist dort gut aufgehoben. Sie kann sich, ohne dass Sie sich darum kümmern müssen, in diesem selbstheilenden Ort im intuitiven Bereich Ihres Selbst regenerieren und auskurieren. Gestatten Sie sich jetzt ein paar tiefe Atemzüge. Werfen Sie dann noch einmal einen Blick zurück, machen ein inneres Erinnerungsfoto von diesem Ort. Prägen Sie es sich ein, damit Sie immer wieder den Weg dahin finden können. Konferenz des inneres Teams
Erfahrungsfeld: Ensemble der inneren Rollen Ziel: das innere Team, das heißt die wirksamen Persönlichkeitsanteile, identifizieren, ihre Rollen und Arbeitsweisen klären, um sie bewusster steuern und damit das gesamte Team für die Lösung von Schwierigkeiten effektiv einsetzen zu können Material: Holzfigürchen (oder farbige Karten oder Steine) Modus: Einzel-, Gruppen-, Teamübung (hier auch als Skulpturierung), Selbstcoaching Medium: Phantasie Zeitbedarf: 45 Minuten
Theoretischer Vorspann: In einer Sache irrte Goethes Faust. Der Mensch hat mehr als zwei Seelen in seiner Brust. Der Mensch hat weit mehr Persönlichkeitsanteile oder innere Rollen. Die ziehen durchaus nicht immer an einem Strang. Da gibt es vielleicht eine ängstliche Seite, die gegen die abenteuerlustige das Sicherheitsbedürfnis auszuspielen versucht. Vielleicht fühlt sich ein Aspekt minderwertig, eine andere wiederum weiß alles besser. Wie in jedem richtigen Team die Mitglieder, so streiten, konkurrieren, kooperieren und unterstützen sich auch einzelne innere Aspekte einer Person. Normalerweise läuft die Dynamik des inneren Teams sehr schnell und unwillkürlich ab, das heißt, es wird vom bewussten Ich nur vage oder verzerrt wahrgenommen.
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Durchführung: Zunächst geht es darum, einen Überblick über die wichtigsten Persönlichkeitsanteile zu bekommen. Hierbei ist darauf zu achten, dass in unterschiedlichen Situationen nicht immer alle Teammitglieder beteiligt sind, sondern Untergruppen, die auch unterschiedliche Gruppensprecher haben können. Instruktion: »Welche Szene, welches Problem, welche Lösungswege beschäftigen Sie gerade besonders? Wenn Sie sich eine Weile beim Denken zuhören, welche Rollen Ihres inneren Teams sind dabei aktiv? Schreiben Sie jede der identifizierten Rollen (d. h. Persönlichkeitsaspekte, die dabei mitreden) auf ein Kärtchen und geben Ihnen Namen. Fügen Sie eine stichwortartige Beschreibung ihrer Funktion bei (z. B.: Der innere Held will gleich losgehen, der Angsthase hat aber tausend Bedenken.). Nehmen Sie jetzt die Holzfiguren oder Steine und stellen Sie damit Ihr inneres Team auf. Zur Kennzeichnung können Sie die Kärtchen darunter legen.« Auswertung: »Wie stehen die Positionen zueinander, sind sie sich nah oder fern? Harmonieren, kooperieren, konkurrieren oder distanzieren sich die Figuren? Gibt es Fraktionen? Wer hat die Teamsprecherposition? Wer leitet das Team? Wer kann sich wie durchsetzen? Wer hat den Kontakt zur Außenwelt? Wer vertritt in der Problemsituation welchen Standpunkt? Wer benutzt welche Argumentation? Ist mit dieser Teamkonstellation eine Lösung zu finden? Was müsste sich ändern an Teampositionen, Kooperationsweisen, Kommunikationsregeln und an Argumentationsformen der Teammitglieder, damit ein Lösungsweg beschritten werden kann? In dem Beispiel könnte zum Beispiel der Neugierige an die Stelle des Angsthasen als Teamsprecher treten, der vom Wissenden oder Versierten unterstützt wird. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Team?«
Die biographische Konferenz
Erfahrungsfeld: Lebensabschnitte, Ressourcen Ziel: Klärung von Fragen mit Hilfe von biographischen Ressourcen Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Phantasie Zeitbedarf: 20 Minuten
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Instruktion: »Setzen Sie sich ganz bequem, schütteln Sie alle Spannungen noch einmal kurz ab, stellen Sie Ihre Füße fest auf den Boden und beobachten Sie absichtslos Ihr Atmen, das Ein- und das Ausatmen. Stellen Sie sich jetzt einen für Sie angenehmen Raum vor, in dem Sie eine Konferenz abhalten können. Der Raum enthält einen runden Tisch und Stühle. Suchen Sie sich als Gastgeber einen Ihnen angenehmen Platz aus. Sie werden gleich einige Persönlichkeiten an den Konferenztisch einladen. Es sind Aspekte von Ihnen oder besser Ihrer Persönlichkeit, wie Sie in Ihren verschiedenen Lebensphasen aussah. Stellen Sie sich als Erstes die Person vor, die Sie einmal vor zehn Jahren waren. Wie waren Sie damals? Lassen Sie die Erinnerungen kurz aufsteigen, bis Sie wieder ein deutliches Bild von sich aus der Zeit haben. Nun laden Sie diese Person ein, auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Die Person stellt sich mit ihren typischen alters- und kontextbedingten Charakteristika vor. Als Nächstes laden Sie den Teenager ein, der Sie einmal waren. Auch er nimmt am Tisch Platz und stellt sich vor. Dann lassen Sie das Kind auferstehen (Sie als drei- bis vierjähriges Kind). Richten Sie Ihren Blick in die Zukunft. Wie werden Sie in zwei, in fünf oder zehn Jahren sein? Vergegenwärtigen Sie sich ganz genau diese Zukunftsperson und setzen auch sie an Ihren Tisch. Jetzt leiten Sie die Teamkonferenz ein. Sie erläutern Ihr Problem, eine Schwierigkeit, eine Unklarheit und achten als Moderator darauf, dass alle Anwesenden dazu Stellung nehmen. Das Team diskutiert Ihr Problem. Vielleicht kommt es auf eine Lösung, vielleicht ergeben sich aber auch unterschiedliche Meinungen. Die Lösung kann symbolisch oder analog vorgestellt werden. Danach schließen Sie die Sitzung, bedanken sich bei allen Anwesenden und entlassen sie wieder an ihren biographischen Ort in der Lebensspanne.« Wunschpartner/-in
Erfahrungsfeld: Toleranz und Akzeptanz entwickeln Ziel: Lernen, ein realistisches Bild von anderen Menschen zu akzeptieren Modus: Einzel-, Gruppennübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Phantasiereise Zeitbedarf: 20 Miunten
Durchführung: Erläuterung: Bei den Menschen, mit denen wir täglichen Umgang haben, sind sicherlich einige, mit denen wir nicht zufrieden sind.
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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Sie sind uns zum Beispiel nicht kompetent, nicht freundlich, nicht zugewandt, nicht durchsetzungsfähig genug. Wir hätten diesen Menschen gern anders! Was tun? Soll man versuchen, den anderen Menschen zu verändern oder die eigenen Erwartungen an ihn? Instruktion: »Setzen Sie sich entspannt an einen ruhigen Platz. Stellen Sie sich Ihren inneren Ort vor, dort, wo Sie gut und sicher aufgehoben sind, und Ihre Psyche frei ist von Ängsten, Sorgen oder Ärgernissen. Sie fühlen sich jetzt frei und gelassen genug, einmal das Bild jenes Menschen anzuschauen, mit dem Sie im Moment so gar nicht zufrieden sind. Lassen Sie vor Ihrem inneren Auge das Wunschbild entstehen, wie Sie diesen Menschen gern erleben möchten. Stellt sich das spontan ein? Manchmal schiebt sich auch ein Mängelbild dazwischen. Dann gestatten Sie sich kurz, dieses Mängelbild genau anzusehen. Stört es Sie sehr, möchten Sie etwas daran ändern? Dann stellen Sie sich diese Person so genau wie möglich vor.Welche Möglichkeiten hat diese Person? Tauchen diese Möglichkeiten überhaupt in Ihren beiden Bildern, dem Mängel- und dem Wunschbild auf? Was kann dieser Mensch realisieren und was nicht? Wie könnte dann Ihr korrigiertes Wunschbild aussehen? Können Sie sich damit anfreunden, wie dieser Mensch ist oder zumindest sein könnte oder bestehen Sie weiter darauf, wie er Ihrer Meinung nach sein sollte? Was lässt Sie da so beharrlich sein? Sind es vielleicht Eigenschaften, die Sie auch an sich selbst nicht mögen? Was müsste sich bei Ihnen ändern, damit Sie diese Person annehmen oder so sein lassen können, wie sie ist?«
Weitere Übungen Über die Brücke musst du gehen: Zielfindung ( Kapitel 3) Die Tür zu neuen Wegen: Durchgänge ( Kapitel 3) Die Lösung aus der Zukunft: Zielvisionen ( Kapitel 3) Wirkungsforschung: Nebenwirkungen ( Kapitel 3) Energiespender und Energiefresser: Geben und Nehmen ( Kapitel 3) Panoramatechnik: Lebensüberblick ( Kapitel 3) Die sieben Säulen der Professionalität: Könnerschaft ( Kapitel 5) Persönlichkeitshaus: Persönlichkeitsstruktur ( Kapitel 5) Ich-Funktionen: Ich-Spektrum ( Kapitel 5) Wichtige Menschen: Beziehungen ( Kapitel 5) Wichtige Handlungen: Handlungshierarchien ( Kapitel 5) So war das schon immer: Lebensdrehbücher ( Kapitel 6) Die Zukunft ausmalen: Lebensziele ( Kapitel 6)
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Kontemplatives Beten: Innere Ruhe ( Kapitel 6) Stoßgebet: Kraft tanken ( Kapitel 6) Schutzhülle: Schutz ( Kapitel 6) Polaritätenstern: Polaritätendynamik ( Kapitel 6) Progressive Muskelentspannung: Entspannungstraining ( Kapitel 8) Autogenes Training: Entspannungstraining ( Kapitel 8) Atemübungen: Entspannung ( Kapitel 8) Ritual, Umgang mit schwierigen Gefühlen: Distanzierung ( Kapitel 8) Stressmapping: Belastungsszenario ( Kapitel 10) Übungen zum Umgang mit extremen Gefühlen und inneren Konflikten Unter dieser Überschrift beschreibe ich einige kleinere, leicht durchzuführende Übungen, die Ihnen bei der Bewältigung emotional stark belastender Situationen helfen können. Durch die Angst gehen
Erfahrungsfeld: Umgang mit der Angst Ziel: Bereit sein, die Angst zu fühlen und trotzdem zu handeln. Modus: Einzel-, Gruppenübung, Selbstcoachen Material: keines Medium: Visualisieren Zeitbedarf: 30 Minuten
Durchführung in fünf Übungsschritten: 1. Gedanken durch andere angenehmere und vor allem nicht ängstigende ersetzen. 2. Den Körperempfindungen bei Angst Aufmerksamkeit widmen. Diese nicht bewerten sich zum Beispiel nicht über die Geschwindigkeit des Herzschlages aufregen, sondern genau beobachten, wie es schlägt. Der Körperempfindung Möglichkeiten der Ruhe, Freude, Sicherheit anbieten. 3. Sich an Momente erinnern, in denen es gelungen war, die Angst zu überwinden. Wie haben Sie es damals gemacht? Was müssen Sie tun, damit Sie es auch heute schaffen?
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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4. Die Angst dosieren und sie damit beherrschbar machen. Sich bemühen, in angstauslösenden Situationen immer im Bereich des Aushaltbaren zu bleiben. 5. Manchmal hilft auch nichts anderes, als sich einfach ein Herz zu fassen und in die ängstigende Situation zu springen.
Prozess des Vergebens
Erfahrungsfeld: konstruktiver Umgang mit Wut und Kränkung Ziel: Minderung der Intensität von Wut- und Verletzungsgefühlen Modus: Einzelübung, Selbstcoachen Material: keines Medium: Visualisieren Zeitbedarf: 20 Minuten
Durchführung: 1. Entdeckungsphase: Sie werden sich bewusst, wie sehr eine andere Person Sie gekränkt, in Wut versetzt hat oder Groll, Ärger oder Rachegefühle bei Ihnen auslöst. 2. Entscheidungsphase: Sie, als der Gekränkte, entscheiden sich dafür, statt Ihre Wunden zu lecken oder Rachepläne zu schmieden, Ihrem Antagonisten zu verzeihen. Sie müssen dazu Ihre innere Aufmerksamkeit von Ihren eigenen Gefühlen erst einmal ablenken, zum Beispiel indem Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Angreifer richten. 3. Einfühlungsphase: Sie versuchen die Motive des Gegners zu verstehen. Es geht dabei nicht um Entschuldigung (»er konnte eben nicht anders«), sondern darum, dessen Handeln zu begreifen. 4. Vertiefungsphase: Gelingt das Verstehen, stellt sich in der Regel Erleichterung ein. Die Bedeutung des eigenen Schmerzes und der eigenen Verletzung geht zurück. 5. Selbstheilung: Sie beginnt, wenn Sie als der Verletzte oder Gekränkte erleben, dass Sie durch Ihre Vergebung zwei Dinge erreicht haben: Sie erleben verstärkt Ihre eigene Würde und Autonomie. Ich habe den Gefühlsautomatismus stoppen und modifizieren können! Dabei muss man dem anderen ja nicht gleich um den Hals fallen. Durch Ihr Vergeben haben Sie sich selbst etwas Gutes getan. Menschen, die nicht verzeihen können, sich also permanenten eigenen Wutgefühlen aussetzen, können dadurch auch körperlich krank werden (negativer Dauerstress).
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Gedankenstopp
Erfahrungsfeld: den Gedankenfluss lenken Ziel: Beenden von negativen Gedanken(mustern) Modus: Einzelübung, Selbstcoachen Material: keine Medium: Visualisieren Zeitbedarf: 5–10 Minuten
Instruktion: »Wenn Sie sich öfters selbst dabei ertappen, dass Sie innerlich negativ über sich sprechen/denken, so sagen Sie energisch: ›Stopp! Halt!‹ Versuchen Sie den Gedanken rückgängig zu machen, indem Sie ihn durch eine positive Formulierung ersetzten (s. Interventionstechnik Reframing). Beispiel: ›Das schaffe ich nie! Stopp! Neulich ist es mir schon einmal gelungen, warum nicht auch heute?‹«
Gegenhaltung einnehmen
Erfahrungsfeld: Verkörperung von Stimmen Ziel: Beeinflussung der emotionalen Stimmung durch Haltungsänderung Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Visualisieren Zeitbedarf: 5 Minuten
Durchführung: »Wenn Sie in düsteren, selbstabwertenden Gedanken zu versinken drohen, konzentrieren Sie sich auf Ihre Körperhaltung. Welche Haltung nehmen Sie gerade ein? Verändern Sie bewusst diese Haltung, zum Beispiel nehmen Sie die Schultern zurück, heben Sie den Kopf, atmen Sie gleichmäßig, versuchen Sie zu lächeln. Die innere Stimmung wird sich mit Ihrer Körperhaltung verändern.«
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11.5 Übungen zum Selbstcoaching
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Spiegeln
Erfahrungsfeld: positive Selbstbetrachtung Ziel: das angeschlagene Selbstbewusstsein ein wenig aufbauen Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Material: Spiegel Medium: Körpererfahrung Zeitbedarf: 5 Minuten
Durchführung: »Stellen Sie sich vor den Spiegel, betrachten Sie sich und sagen Sie fünf bis zehn positive Dinge in Ihr Spiegel-Gesicht, zum Beispiel: ›Ich habe genügend Selbstdisziplin, um diese Übung zu machen. Ich habe auch gute Seiten, wie zum Beispiel . . . ‹« Aus der Situation gehen
Erfahrungsfeld: Ablenken Ziel: sich von seinen Grübeleien ablenken Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Bewegungserfahrung Zeitbedarf: 5 Minuten
Durchführung: Die typische Grübelhaltung bei unverarbeiteten Problemen verlassen. Aufstehen, tief durchatmen, sich bewegen. Erst einmal etwas ganz anderes machen. Ruheatmung
Erfahrungsfeld: Beruhigung Ziel: Erregung reduzieren Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Atmen
Durchführung: Fünf bis zehn ruhige Atemzüge in den Bauch hinein mit langem Ausatmen.
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Distanzieren
Erfahrungsfeld: selbstdistanzierende Wahrnehmung Ziel: das innere Gedankenrattern mildern Modus: Einzelübung, Selbstcoaching Material: keines Medium: Visualisieren Zeitbedarf: 5–10 Minuten
Instruktion: »Stellen Sie sich vor, Sie könnten aus sich heraustreten. Damit wird es Ihnen möglich, sich die eigenen Grübeleien aus einiger Distanz anzuschauen. Sie werden die Wiederholungen oder Ihr Gedankenkreisen wahrnehmen. Aus dieser Beobachtungsposition heraus können Sie sich fragen, was diesen Gedankenkreislauf eigentlich aufrechterhält und wie er unterbrochen werden kann.«
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Anhang I: Materialkoffer
In diesem Buch wird eine Vielzahl von Übungen beschrieben. Dazu wird jeweils das benötigte Material angegeben, zum Beispiel Papier, Holzfiguren, Seile. Es ist wichtig, dass der Coach nicht nur über eine Standardausrüstung mit den Materialien verfügt, die er am häufigsten benutzt, sondern dass diese Materialien auch leicht zugänglich sind. Für Coachs, die viel außerhalb in Organisationen beraten, empfiehlt es sich deshalb, einen Materialkoffer anzuschaffen. Der wird in der Regel um einiges umfangreicher sein als die im Handel erhältlichen Moderatorenkoffer. Vorschlagsliste für Materialien: • Inhalt eines herkömmlichen Moderatorenkoffers. • Papier in verschiedenen Größen (DIN A7 bis DIN A1, Flipchartpapier). Die Papierqualität kann unterschiedlich gut sein, je nachdem, ob ich etwas skizzieren lassen möchte, es zum Knittern oder Ausreißen brauche oder wichtige Gemälde (z. B. ein Ich-Bild) entstehen sollen. • Wachsmalkreide und Ölkreide: Ölkreide ist weicher als Wachsmalkreide. Deshalb lassen sich damit mehr Nuancen und Schattierungen ausdrücken. Wachsmalkreiden kann man fester aufs Papier drücken. Sie eigenen sich zum Beispiel deshalb besser bei heftigeren, das heißt auch druckstärkeren Malbewegungen. Nassfarben verwende ich in der Regel im Coaching nicht, weil sie eine stärker tiefende Wirkung haben können. • Ton oder Plastiziermasse (gibt es in vielen Bastelgeschäften). • Seile: Hier verwende ich Gymnastikseile in verschiedenen Farben. • Stöcke (Gymnastikstöcke aus Plastik sind belastbarer als Holzstöcke). • Decken: Es genügen einfache Decken, die sich gut falten lassen, sich aber auch gut anfühlen. • Abbildungen von Türen (Quelle: Kohl, 2005). • Abbildung von Bäumen: Hier kann man sich eine Sammlung eigener Fotografien zusammenstellen. • Holzfiguren unterschiedlicher Größe, ersatzweise Plastikfiguren, Holzklötze, Lego-Bausteine und dergleichen. • Maskenbilder (Quelle: Dießner, 1998). • Steine: Von jeder Wanderung bringe ich ein paar interessant geformte oder gefärbte Steine mit, sodass immer eine reichliche Auswahl besteht. Ich verschenke sie oft an Coachees, zum Beispiel als Erinnerungssteine, Verstärker.
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Anhang I: Materialkoffer
• Tennisbälle: Überall dort, wo es schwierig erscheint, dass sich Menschen direkt anfassen, kann man als Puffer Tennisbälle benutzen. Sie eigenen sich zum Beispiel hervoragend zum Massieren. • Stoffe zum Auslegen von Territorien, zum Abgrenzen und Schmücken. • Weitere Materialien: Getreu der Devise, alle Materialien können im Zusammenhang mit einer Übung zum Medium werden, sollten Sie hier von der Frage ausgehen: Womit würde ich gern arbeiten? Wenn ich zum Beispiel gern mit Collagen arbeite, sollten immer ein paar Illustrierte greifbar sein. • Musikkonserven für verschiedene Anlässe (z. B. Entspannung, Rhythmisierung, Tanzen, Dramatisierung, zur Unterstützung von Phantasiereisen usw.). Sie sollten nach dem Geschmack und der Erfahrung des Coachs zusammengestellt werden. • Kleine Rhythmusinstrumente, zum Beispiel Rassel oder Trommel (einseitig gespannte Trommel mit Schlegel, sog. Schamanentrommel) zur Begleitung von Phantasiereisen, Tiefenimagination und zum Erzeugen von Trance. • Gongs, Klangschalen.
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
Diese Übersicht umfasst alle Übungen und Experimente, die in diesem Buch beschrieben wurden. Die Kapitelüberschriften entsprechen den jeweiligen Hauptinterventionsrichtungen. Viele Übungen ermöglichen jedoch auf Grund ihrer Erfahrungsbreite, dass sie auch bei anderen Fragestellungen gute Dienste leisten können. Hierzu finden Sie am Ende der Kapitel 3 bis 11 die Rubrik »Weitere Übungen«. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden diese Querverweise hier nicht aufgenommen. Damit der Nutzer die für seinen jeweiligen Praxisbedarf geeigneten Übungen und Experimente herausfinden kann, sind diese durch folgende weitere Kriterien charakterisiert: Modus: Einige Übungen sind nur im Einzelcoaching angebracht oder in der Gruppe, aber nicht im Team usw. Es werden folgende Anwendungsmodalitäten unterschieden und mit ihrem jeweiligen Anfangsbuchstaben gekennzeichnet: • E – Einzelcoaching • P – Paarcoaching • G – Gruppencoaching • T – Team- bzw. Systemcoaching • S – Selbstcoaching Erfahrungsfeld: Unter Erfahrungsfeld wird hier jener Bereich verstanden, indem der Coachee oder die Coachees im Rahmen der Übung experimentieren, ausprobieren und neue, für ihre Fragestellung relevante Erfahrungen sammeln. Das Erfahrungsfeld ist durch ein Stichwort charakterisiert. Dadurch ist eine Vorauswahl möglich. Genauere Angaben dazu finden sich dann in der Übungsbeschreibung im jeweiligen Kapitel. Interventionsmedium: Jede Übung, jedes Experiment benötigt (neben der Sprache) mindestens ein kreatives Medium. Häufig sind es sogar mehrere, zum Beispiel Visualisieren und bildnerisches Gestalten. Allerdings wird nur das Hauptmedium angegeben.
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zu Kapitel 3: Struktur und Prozess Übungen zur Einlassungsphase Name der Übung Das thematische Dreieck Betrachtung einer Schwierigkeit Einstiegswappen Lang und rund Übergangsbewegung
Modus EGT EGT
Erfahrungsfeld Themenfindung Themenfindung
Medium bildnerisches Gestalten Materialgestaltung
GT EGT EGT
Kennenlernen Rückschau Einstiegsübung
bildnerisches Gestalten Materialgestaltung bildnerisches Gestalten
Übungen zur Experimental- und Arbeitsphase Name der Übung Standortbestimmung Über diese Brücke musst du gehen Die Tür zu neuen Wegen Die Lösung aus der Zukunft
Modus EGT EGS
Erfahrungsfeld Lebensbilanz Zielfindung
Medium Materialgestaltung Imagination
EGTS EGTS
Durchgänge Zielvisionen
Bildrezeption Imagination
Erfahrungsfeld Nebenwirkungen
Medium Imagination
Übung zum Thema Integration Name der Übung Wirkungsforschung
Modus EGTS
Auswertung und Abschlussübungen Name der Übung Prozessbetrachtung Der Coachingfluss Abschlussbilanz Brief an mich selbst
Modus EGT EGT EGT EGT
Erfahrungsfeld Auswertung Prozessreflexion Erfolgsbewertung Follow-upProzess
Medium Materialgestaltung Materialgestaltung bildnerisches Gestalten Schreiben
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zum diagnostischen Prozess Name der Übung Identitätssymbole
Modus EG
Identitätsskulptur Identitätsthermometer Energiehaushalt Panoramatechnik Energiespender und Energiefresser Körperskizzen Wer nicht hören will, muss fühlen
G GT GT EGS EGTS EGTS GT
Erfahrungsfeld Bestandsaufnahme Identität Identität Energieverteilung Lebensüberblick Geben und Nehmen Körperhaltungen Belastung erleben
Medium bildnerisches Gestalten Skulpturieren Skalieren bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten Bewegungserfahrung symbolische Interaktion
Übungen zu Kapitel 4: Professionelle Beziehungsgestaltung Name der Übung Beziehungslandschaft Beziehungsgestaltung Flexibilität und Stabilität
Modus EGT GT PGT
Kontaktprofil Beziehungen modellieren
GT PGT
Das Bild des anderen
PG
Beziehungshomöostase Drinnen – draußen Erlebte Autorität Beziehungsaufträge
PG PGT EGT GT
Beziehungsmasken Beziehungsklärung
EGT EPGT
Ansichtssache Was liegt in der Luft? Erfahrungen sortieren
EGT EGT EGT
Erfahrungsfeld Beziehungsnetz Bezugspersonen Beziehungsdynamik Kontaktmuster Beziehungsanalyse Selbst- und Fremdbild Paarbalance Systemgrenzen Leitbilder innere Aufträge Ausdruck Beziehungsklärung Arbeitsbeziehung Atmosphären Abschied
Medium Collage Skulpturieren Bewegungserfahrung Bewegungserfahrung Bewegungserfahrung bildnerisches Gestalten Bewegungserfahrung Bewegungserfahrung Phantasiereise symbolische Interaktion Bildmaterial Ritual Materialgestaltung Phantasiereise Schreiben
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zu Kapitel 5: Person und Organisation Übungen zum Thema Organisation Name der Übung Systemhaus
Modus EGT
Organisation gestalten
EGT
Organisationslandschaft Was ich in der Organisation brauche
EGT EGT
Erfahrungsfeld Organistionsmodell erlebte Organisation wichtige Orte Grundbedürfnisse
Medium Materialgestaltung bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten symbolische Interaktion
Übung zum Thema Professionalität Name der Übung Die sieben Säulen der Professionalität
Modus EGTS
Erfahrungsfeld Könnerschaft
Medium Skalieren
Erfahrungsfeld Rollenvielfalt
Medium bildnerisches Gestalten
Übungen zur Rollendiagnose Name der Übung Rollenhaushalt
Modus EGT
Übungen zum Persönlichkeitskonzept Name der Übung Das Persönlichkeitshaus
Modus EGS
Ich-Funktionen Selbstporträt Wie bin ich organisiert? Wichtige Menschen Wichtige Handlungen
EGS EG EGT EGTS EGS
Museumsbesuch Das innere und das äußere Haus
EG EGTS
Erfahrungsfeld Persönlichkeitsstruktur Ich-Spektrum Selbstbild innere Situation Beziehungen Handlungshierarchien Identitätsbild Wechselwirkungen
Medium Arbeitspapier bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten Materialgestaltung Visualisieren Visualisieren Phantasiereise bildnerisches Gestalten
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zu Kapitel 6: Interventionswerkstatt Übungen zur Zeitperspektive Vergangenheit Name der Übung So war das schon immer
Modus EGTS
Zeitenfahrstuhl Die Stimmen aus der Vergangenheit
EG EGT
Erfahrungsfeld Lebensdrehbücher Biographie biographische Einflüsse
Medium Phantasiereise Phantasiereise Inszenierung
Übungen zur Zeitperspektive Zukunft, Lösungsorientierung Name der Übung Die Zukunft ausmalen Karriereschlüssel
Modus EGS EGT
Erfahrungsfeld Lebensziele Karriereplanung
Medium Phantasiereise bildnerisches Gestalten
Name der Übung Groß – klein
Modus PGT
Aufstiegsschwierigkeiten Reise in die Unterwelt
PGT EG
Erfahrungsfeld soziale Konstellation Unterdrückung unbewusste Themen
Medium analoge Körpererfahrung Bewegungserfahrung Trancereise
Erfahrungsfeld innere Ruhe Kraft tanken Achtsamkeit nichtalltägliches Bewusstsein Schutz nichtalltägliches Bewusstsein
Medium Kontemplation Kontemplation Meditation Trancereise
Tiefungsübungen
Übungen zum Höhen Name der Übung Kontemplatives Beten Stoßgebet Dem Atem folgen Reise zum höheren Selbst
Modus EGS ES EG EG
Schutzhülle Reise in die Oberwelt
EGS EG
Phantasiereise Trancereise
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Polaritätenübungen Name der Übung Polaritätenfenster Polaritätenstern
Modus EGT EGTS
Polaritätenhaushalt In der Polarität leben
EGT EGT
Mit zwei Händen malen
EGT
Erfahrungsfeld Lebensbereiche Polaritätendynamik gelebte Polarität Polaritätenmanagement Interaktion der Pole
Medium bildnerisches Gestalten Skalieren Materialgestaltung Materialgestaltung Materialgestaltung
Übungen zu Kapitel 8: Interventionmedien Übungen zum Thema Symbolisieren Name der Übung Symptome sind Symbole
Modus E
Bild als Metapher
EGS
Exploration von Lebensumständen
EG
Erfahrungsfeld Symptomverstehen Selbstkonfrontation Problemerkundung
Medium Symbolisierung Visualisierung Visualisierung
Übungen zum Thema Entspannung Name der Übung Progressive Muskelentspannung Autogenes Training
Modus EGS EGS
Erfahrungsfeld Entspannungstraining Entspannungstraining
Medium Körpererfahrung Körpererfahrung
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Atemübungen Name der Übung Gähnen Ruheatmung Unterstütztes Atmen Atementspannung Innere Sicherheit
Modus EGTS EGTS EGS EGS EGTS
Atem zählen
EGTS
Erfahrungsfeld Entspannung zur Ruhe konmen vertieftes Atmen Entspannen kognitive Entspannung Abstand vom Alltag
Medium Atemübung Atemübung Atemübung Atemübung Atemübung Meditation
Symbolische Interaktion und Skulpturieren Name der Übung Mensch im Spiegel Netzwerk
Modus GT GT
Erfahrungsfeld Feedback soziales Netzwerk
Medium Skulpturieren Skulpturieren
Name der Übung Körperhaltung und Trance Zur Ruhe kommen
Modus EG EGS
Medium Trommeln Rasseln
Gong-Erfahrung
EG
Erfahrungsfeld intuitives Lösen Erregung abbauen Leibarchive aktivieren
Musikübungen
Gongspiel
Rituale Name der Übung Ritual zur Beendigung einer Gewohnheit Einstiegsritual Abschiedsritual
Modus GT
Erfahrungsfeld Loslassen
Medium Ritual
GT GT
Ritual Ritual
Ablösungsritual Ritual zum Umgang mit schwierigen Gefühlen Kraftritual
GT EGS
Energetisierung Geben und Nehmen Ablösungsprozess Distanzierung
G
Energiekreis
Ritual
Ritual Ritual
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zu Kapitel 9: Intervenieren im System Name der Übung Teammetapher Teamfunktionen Teampositionen Teamhaltungen Seinen Platz im Team finden
Modus GT GT GT GT GT
Teamentwürfe Teamdynamik Teamatmosphäre
GT GT GT
Teamprobleme
GT
Erfahrungsfeld Teamphantasien Rollenanalyse Rollenanalyse Positionieren Position bestimmen Teamansichten dynamisches Feld Arbeitsatmosphäre Problemfelder
Medium Metapher bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten Skulpturieren Skulpturieren Materialgestaltung Bewegungserfahrung bildnerisches Gestalten bildnerisches Gestalten
Übungen zu Kapitel 10: Balancecoaching Name der Übung Balancestern Auf einem Bein stehen
Modus EGTS EGT
Bergwanderung
EG
Stressmapping
EGTS
Auf unsicherem Boden Einen schmalen Weg gehen
EG EG
Erfahrungsfeld Lifebalance labiles Gleichgewicht Gewicht des Lebens Belastungsszenario den Halt verlieren Balancieren
Medium Skalieren Körpererfahrung Phantasiereise bildnerische Reflexion Bewegungserfahrung Bewegungserfahrung
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Anhang II: Übersicht aller Übungen und Experimente
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Übungen zu Kapitel 11: Selbstcoaching Name der Übung Innere Ratgeber Übung zur Achtsamkeit Begegnung mit dem inneren Beobachter Orte der Kraft Ein sicherer Ort Zu den Quellen der Kraft
Modus EGS EGS EGS
Energie aufladen
EGTS
Selbstregeneration Konferenz des inneren Teams
EGS EGTS
Die biographische Konferenz Wunschpartner/-in
EGS EGS
EGS EGTS EGTS
Erfahrungsfeld Ratgeber Achtsamkeit Selbstbeobachtung Kraftquellen Sicherheit Energiegewinnung Energiegewinnung Selbststärkung Ensemble der inneren Rollen Lebensschritte Akzeptanz
Medium Phantasiereise Körperbewusstheit Imagination Natur Visualisierung Phantasiereise Imagination Imagination Imagination Imagination Imagination
Übungen zur Bewältigung extremer Gefühle und Konflikte Name der Übung Durch die Angst gehen Prozess des Vergebens
Modus ES ES
Gedankenstopp
ES
Gegenhaltung einnehmen
ES
Spiegeln
ES
Aus der Situation gehen Ruheatmung Distanzieren
ES ES ES
Erfahrungsfeld Angst annehmen Wut und Kränkung Gedankenfluss umleiten Verkörperung von Stimmungen Positive Selbstbetrachtung Ablenken Beruhigen Selbstbeobachtung
Medium Visualisieren Visualisieren Visualisieren Körpererfahrung Körpererfahrung Bewegungserfahrung Atmen Visualisieren
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Literatur
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Literatur
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Zum Weiterlesen empfohlen Kurt F. Richter Erzählweisen des Körpers Kreative Gestaltarbeit in Therapie, Beratung, Supervision und Gruppenarbeit Aktualisiert und ergänzt von Anke Kirchhof-Knoch. 2. Auflage 2011. 350 Seiten, mit 8 Abb. und 11 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-40176-7
»Das Buch ist durch seine verständliche, transparente und authentische, auf Erfahrung beruhende Darstellung licht und dicht durch seine über 100 Ideen! Lesenswert!« schule.at (DDr. Franz Sedlak)
Rainer Schwing / Andreas Fryszer Systemische Beratung und Familientherapie – kurz, bündig, alltagstauglich 4. Auflage 2015. 168 Seiten, mit Illustrationen von Luise Rombach, kartoniert ISBN 978-3-525-45376-6
Rainer Schwing / Andreas Fryszer Systemisches Handwerk Werkzeug für die Praxis 6., unv. Auflage 2013. 352 Seiten mit 30 Abb. und 14 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-45372-8
Handbuch für systemische Praktiker in allen psychosozialen Arbeitsfeldern.
Hans-Jürgen Seel Beratung: Reflexivität als Profession 2014. 269 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-525-40368-6
Dieses Buch ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Beratungswissenschaft.
Rainer Zech Organisation, Individuum, Beratung Systemtheoretische Reflexionen Mit Beiträgen von Claudia Dehn, Katia Tödt und Falko von Ameln. Interdisziplinäre Beratungsforschung, Band 8. 2013. 283 Seiten, mit 8 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-40360-0
»Sich nicht in Abstraktionen und Modellen zu verlieren, aber auch nicht in kleinkarierten Routinen – zu diesem Kunststück rät das Buch und führt es selbst souverän vor.« Hans-Jürgen Arlt
Klaus Obermeyer / Harald Pühl Teamcoaching und Teamsupervision Praxis der Teamentwicklung in Organisationen 2015. 239 Seiten, mit 6 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-40371-6
Als Teamsupervisor handlungssicher bleiben: Schnittstellen zu Coaching, Organisationsentwicklung und Mediation berücksichtigen.
Hans-Jürgen Balz / Peter Plöger Systemisches Karrierecoaching Berufsbiografien neu gedacht Mit einem Vorwort von Jürgen Hargens und mit einem Beitrag von Kirsten Dierol. 2015. Ca. 272 Seiten, mit zahlr. Abb. und Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-40372-3
Wie Beruf, Familie und individuelle Wünsche miteinander in Einklang bringen? Das systemische Karrierecoaching bietet Antworten. eBooks sind erhältlich!
Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht
© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560
www.v-r.de
Zum Weiterlesen empfohlen Holger Lindemann Die große Metaphern-Schatzkiste
Daniela Dujmić-Erbe Der VerständigungsWürfel
Systemisch arbeiten mit Sprachbildern
Gesprächsvorbereitung, Entscheidungsfindung, Konfliktprophylaxe
Inklusive Online-Materialien: Metaphern-Datenbank, Kopiervorlagen und Beratungsvideos. 2. Auflage 2015. 267 Seiten, mit 40 Abb. und 12 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-40256-6
Dieses Buch zeigt, wie Sie als Therapeut, Berater, Coach und Supervisor durch das kreative Spiel mit bildlicher Sprache wahre Wunder bewirken können.
Ludger Kühling Das Problem, der Spruch, die Lösung Aphorismen in Beratung, Therapie und Supervision Mit einem Vorwort von Johannes Herwig-Lempp. 2015. Ca. 144 Seiten mit 86 Karten, kartoniert ISBN 978-3-525-40374-7
Für die Arbeit mit Sprüchen in Beratung, Therapie, Supervision und Fortbildung zeigt das Buch zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten. Buch und Karten sind auch einzeln beziehbar.
Helga Brüggemann / Kristina EhretIvankovic / Christopher Klütmann Systemische Beratung in fünf Gängen Ein Leitfaden. Buch und Karten zusammen 5. Auflage 2014. 148 Seiten, mit 25 Karten und 16 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-49098-3
Buch und Karten sind auch einzeln beziehbar.
Mit einem Geleitwort von Friedemann Schulz von Thun. 2014. 176 Seiten, mit 23 Abb. und einem Faltwürfel, durchgehend farbig, gebunden ISBN 978-3-525-40362-4
Verständigung ist das A und O der Kommunikation. Eine ziel- und konsensorientierte Gesprächsgestaltung ist ganz einfach: Bauen Sie den Würfel zusammen, lesen Sie das Begleitbuch und legen Sie sofort los.
Elise Bittenbinder / Silvia Schriefers / Jenny Baron (Hg.) Grenzbereiche der Supervision – Verwaltung in Bewegung Interdisziplinäre Beratungsforschung, Band 10. 2015. 160 Seiten, mit 6 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-40369-3
Der Band gibt Einblicke in das Spannungsfeld, in dem schutzsuchende Flüchtlinge, Entscheider des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Menschenrechtsorganisationen und professionelle Supervisoren aufeinandertreffen.
Kirsten Nazarkiewicz / Gesa Krämer Handbuch Interkulturelles Coaching Konzepte, Methoden, Kompetenzen kulturreflexiver Begleitung 2012. 415 Seiten, mit 39 Abb. und 24 Tab., gebunden ISBN 978-3-525-40340-2
»Das Handbuch unterstützt Coachs in ihrer alltäglichen Arbeit ganz praxisnah.« International Coach Federation
Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht
Umfangreiche Infos unter www.v-r.de
© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401569 — ISBN E-Book: 9783647401560