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German Pages 240 [243] Year 2014
Caesar (15417): p. 1 / 3.9.09
Wolfgang Will Caesar
Caesar (15417): p. 2 / 3.9.09
GESTALTEN DER ANTIKE Herausgegeben von MANFRED CLAUSS
Caesar (15417): p. 3 / 3.9.09
Wolfgang Will
Caesar
Caesar (15417): p. 4 / 3.9.09
Für Hans Meyer und die Mühen der Ebene
Bildnachweis Abb. 1, 2, 3, 4, 7, 8, 12, 14 akg-images; Abb. 5, 17 bpk Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz; Abb. 11 Manfred Clauss; Abb. 15, 16 Deutsche Bundesbank, Frankfurt/Main; Karten: Peter Palm, Berlin.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2009 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: SatzWeise, Föhren Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-15417-3
Caesar (15417): p. 5 / 3.9.09
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Welt vor Caesar . . . . . . . Vom Stadtstaat zum Weltreich Magistrate und Promagistrate Politik und Wirtschaft . . . .
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13 14 17 20
Die Jugend eines Diktators . . . . Anonymität der frühen Jahre Sullas Marsch auf Rom . . . Warten auf Sulla . . . . . . . Den Proskriptionen entgangen
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25 25 28 30 33
Ein aufstrebender Aristokrat . . . . . . . . . . . . . Bewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lohn der Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . Rettung der Provinz Asia und erste Ämter . . .
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35 35 38 41
Im Schatten . . . . . . . Pompeius . . . . . Quästor . . . . . . Nochmals Seeräuber Lucullus . . . . . . Ädil . . . . . . . . Crassus . . . . . . . Karriereschritte . .
Vorwort zur Reihe
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43 43 45 48 50 51 53 55
Verschwörer wider Willen . . . Ursachen der Verschwörung Catilinas Pläne . . . . . . . Caesar im Senat . . . . . .
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57 57 60 62
Die Tür zur Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pompeius absens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Besuch bei Bona Dea . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67 70
Caesar (15417): p. 6 / 3.9.09
6
Inhaltsverzeichnis
Proprätor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das dreiköpfige Ungeheuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Konsul tanzt . . . . . . . . . Amtsantritt . . . . . . . . . Senat und Volksversammlung Blitz und Donner . . . . . . Gewinne und Verluste . . . . Gegner und Verbündete . . . Provinzen und Imperien . . . Jahresabschluss . . . . . . .
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Gallischer Krieg und bellum Gallicum Soldat und Heerführer . . . . . . Motive und Gründe . . . . . . . Die Commentarii . . . . . . . . Bellum Helveticum . . . . . . . . Ariovist . . . . . . . . . . . . . Belgische Heldensaga . . . . . . Zweierlei Legaten . . . . . . . . Germanenschlachten . . . . . . Nach Britannien und zurück . . . Ambiorix . . . . . . . . . . . . Vercingetorix . . . . . . . . . . Der Preis . . . . . . . . . . . . .
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. 95 . 95 . 96 . 99 . 100 . 102 . 104 . 106 . 108 . 110 . 113 . 117 . 123
Warten auf den Bürgerkrieg . . . . . . . . . . . . . Clodius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lex Pompeia Licinia de provincia C. Iulii Caesaris Auftakt zum Bürgerkrieg . . . . . . . . . . . .
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125 125 129 132
Der Bürgerkrieg . . . . Über den Rubikon . Nach Spanien . . . Durch Griechenland Auf dem Nil . . . . In Afrika . . . . . . In Spanien . . . . .
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137 137 144 148 152 157 161
Konsul, Diktator, Staatsgott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegner und Anhänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volk und Diktator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163 163 167
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Caesar (15417): p. 7 / 3.9.09
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Inhaltsverzeichnis
Reformen . . . . . . . . . . Preis und Ehren . . . . . . . Rex . . . . . . . . . . . . . . Parthien und der Weg dorthin Die Iden und danach . . . . .
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„Ein glücklicher Catilina“: Meinungen über Caesar
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185
Anhang Anmerkungen
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Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
Quellen und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
225
Übersetzungen in Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231
Zeittafel
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Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Caesar (15417): p. 8 / 3.9.09
Caesar (15417): p. 9 / 3.9.09
Vorwort zur Reihe „Gestalten der Antike“ – die Biographien dieser Reihe stellen herausragende Frauen und Männer des politischen und kulturellen Lebens jener Epoche vor. Ausschlaggebend für die Auswahl war, dass die Quellenlage es erlaubt, ein individuelles Porträt der jeweiligen Personen zu entwerfen, und sie konzentriert sich daher stärker auf politische Persönlichkeiten. Sie ist gewiss auch subjektiv, und neben den berühmten „großen Gestalten“ stehen interessante Personen der Geschichte, deren Namen uns heute vielleicht weniger vertraut sind, deren Biographien aber alle ihren je spezifischen Reiz haben. Die Biographien zeichnen spannend, klar und informativ ein allgemeinverständliches Bild der jeweiligen „Titelfigur“. Kontroversen der Forschung werden dem Leser nicht vorenthalten. So geben auch Quellenzitate – Gesetzestexte, Inschriften, Äußerungen antiker Geschichtsschreiber, Briefe – dem Leser Einblick in die „Werkstatt“ des Historikers; sie vermitteln zugleich ein facettenreiches Bild der Epoche. Die Darstellungen der Autorinnen und Autoren zeigen die Persönlichkeiten in der Gesellschaft und Kultur ihrer Zeit, die das Leben, die Absichten und Taten der Protagonisten ebenso prägt wie diese selbst die Entwicklungen beeinflussen. Die Lebensbeschreibungen dieser „Gestalten der Antike“ machen Geschichte greifbar. In chronologischer Reihenfolge werden dies sein: Hatschepsut (1479–1457), von den vielen bedeutenden Königinnen Ägyptens nicht nur die bekannteste, sondern auch die wichtigste, da sie über zwei Jahrzehnte die Politik Ägyptens bestimmt hat; Ramses II. (1279–1213), der Pharao der Rekorde, was seine lange Lebenszeit wie die nahezu unzähligen Bauvorhaben betrifft; Alexander (356–323), der große Makedonenkönig, dessen Rolle in der Geschichte bis heute eine ungebrochene Faszination ausübt; Hannibal (247–183), einer der begabtesten Militärs der Antike und Angstgegner der Römer; seine Kriege gegen Rom haben Italien mehr geprägt als manch andere Entwicklung der römischen Republik; Sulla (138–78), von Caesar als politischer Analphabet beschimpft, weil er die Diktatur freiwillig niederlegte, versuchte in einem eigenständigen Konzept, den römischen Staat zu stabilisieren; Cicero (106–43), Philosoph, Redner und Politiker, von dem wir durch die große Zahl der überlieferten Schriften und Briefe mehr wissen als von jeder anderen antiken Persönlichkeit; sein Gegenpart, Caesar (100–44), ein Machtmensch mit politischem Gespür und einer ungeheuren Energie;
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Vorwort zur Reihe
Kleopatra (69–30), Geliebte Caesars und Lebensgefährtin Marc Antons, die bekannteste Frauengestalt der Antike, die vor allem in den Darstellungen ihrer Gegner unsterblich wurde; Herodes (73 v.–4 v. Chr.), der durch rigorose Anpassung an die hellenistische Umwelt die jüdische Monarchie beinahe in den Dimensionen der Davidszeit wiederherstellte, dem seine Härte jedoch letzten Endes den Ruf des „Kindesmörders“ eintrug; Augustus (43 v.–14 n. Chr.), der mit unbeugsamer Härte, aber auch großem Geschick das vollendete, was Caesar angestrebt hatte; da er den Bürgerkriegen ein Ende setzte, wurde er für die Zeitgenossen zum Friedenskaiser; Nero (54–68), der in der Erinnerung der Nachwelt als Brandstifter und Muttermörder disqualifiziert war, auch wenn ihn die zeitgenössischen Dichter als Gott auf Erden feierten; Marc Aurel (161–180), der so gerne als Philosoph auf dem Thron bezeichnet wird und doch immer wieder ins Feld ziehen musste, als die ersten Wellen der Völkerwanderung das Römische Reich bedrohten; Septimius Severus (193–211), der erste „Nordafrikaner“ auf dem Thron, aufgeschlossen für orientalische Kulte; er förderte die donauländischen Truppen und unterwarf das Reich zahlreichen Veränderungen; mit Diocletian (284–305) lässt man die Spätantike beginnen, die sich vor allem durch konsequente Ausübung der absoluten Monarchie auszeichnet; Konstantin der Große (306–337), der im Zeichen des Christengottes in die Schlacht zog und siegte, hat den Lauf der Geschichte nachhaltig verändert; dem Christentum war nun der Weg zur Staatsreligion vorgezeichnet; Athanasius (295–373), unter den großen politischen Bischöfen der Spätantike einer der radikalsten und erfolgreichsten in dem Bemühen, den neuen Glauben im und gegen den Staat durchzusetzen; Julian (361–363), dessen kurze Regierungszeit vieles von seinen Plänen unvollendet ließ und deshalb die Phantasie der Nachwelt anregte; Theodosius der Große (379–395), von dem man sagt, er habe mit einer rigorosen Gesetzgebung das Christentum zur Staatsreligion erhoben; er bewegte sich mit Geschick durch eine Welt religiöser Streitigkeiten; Theoderich der Große (474–526), der bedeutendste jener „barbarischen“ Heerführer, die das Weströmische Reich beendeten, und schließlich Kaiser Justinian (527–565), der zusammen mit Theodora die Größe des alten Imperium Romanum wiederherstellen wollte; die Beschreibung seiner Herrschaft kann insofern einen guten (chronologischen) Abschluss bilden. Bonn, im Mai 2009
Manfred Clauss
Caesar (15417): p. 11 / 3.9.09
Vorwort des Autors In der deutschen Altertumswissenschaft bestimmten zuerst Theodor Mommsen und dann Matthias Gelzer das Bild Caesars. Das änderte sich im Jahre 1953, als unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Diktatur in der Historischen Zeitschrift ein Beitrag des Frankfurter Althistorikers Hermann Strasburger mit dem unauffälligen Titel „Caesar im Urteil seiner Zeitgenossen“ erschien. 1 Der Aufsatz krempelte das herkömmliche Bild des großen Staatsmannes um; ein Zurück zu Gelzer, dessen Monographie wegen der Fülle des verarbeiteten Materials unersetzlich bleibt, gab es nicht. Auch der große Außenseiter, den Christian Meier vorstellt, ist nichts anderes als eine romantisch verklärte Version von Strasburgers Caesar. In der deutschen Forschung kann sich auch heute niemand der Wirkung verschließen, den Strasburgers – später auch als Monographie publizierter – „Caesar“ hinterließ. Gegenüber meinem ersten Versuch über Caesar, der Ende der achtziger Jahre entstand, ist der vorliegende gründlich verändert. In den dazwischen liegenden beiden Jahrzehnten hat sich vor allem eine Erkenntnis durchgesetzt: Es ist unmöglich, Caesar gerecht zu werden. Das Einzige, was wir tun können, ist eine begründete Meinung über ihn zu haben.
Caesar (15417): p. 12 / 3.9.09
Abb. 1: Gaius Iulius Caesar, Porträtkopf (sogenannter Caesar Chiaramonti), ca. 27–20 v. Chr. nach zeitgenössischem Vorbild. Rom, Vatikanische Museen.
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Die Welt vor Caesar Caesar schrieb Geschichte, aber er tat es nicht aus freien Stücken. Die vorgefundenen Umstände führten ihm die Hand. Weder seine Ziele noch seine Erfolge entstammten seinem eigenen Wunsch und Willen. Caesar strebte nach dem, was die Republik, in die er geboren wurde, ihm vorgab. Das war Schritt für Schritt festgelegt: eine Laufbahn, die immer nur von einer Station zur nächsten führte, die zwang, nur von einem Amt zum nächsten zu denken. Eine große Idee, wie sie die Historie für Alexander überliefert, kannte Caesar nicht. Rom war schon ein Weltreich, anders als sein berühmter Vorgänger brauchte er keines zu erobern, er musste das bestehende nur verwalten. Das prognostiziert Langweile, doch Caesar sorgte dafür, dass es nicht so weit kam. Sein Leben ist trotz allem von plötzlichen Wendungen geprägt, ständig drohte er zu scheitern und fand doch in letzter Minute immer einen Ausweg. Unerschrockenheit und Risikobereitschaft machen Caesars Aufstieg spannend. Selbst um sich ermorden zu lassen, bedurfte es eines Mutes, den Caesars Adoptivsohn Augustus nie besaß: In gefährlichen Situationen ließ dieser sich entschuldigen. Caesar ging niemals den Mittelweg, von seinem Ziel wich er nicht ab, er erweiterte es ständig. Nach dem Vorbild des Pompeius wollte er, über das Konsulat hinaus, „erster Mann“ (princeps) der Republik werden. Am Ende seines Lebens war er tatsächlich dieser erste Mann. Was ihm fehlte, war die res publica. Nach außen hin hatte Caesar Erfolg, innerlich war er gescheitert. Das Attentat vom 15. März des Jahres 44 ist nur kaschierte Resignation. Die Zeitgenossen sahen im Untergang Karthagos im Jahre 146 den Beginn des Niedergangs, den der Diktator Sulla mit seinem restaurativen Programm noch einmal Ende der achtziger Jahre aufzuhalten versuchte, und der sich danach nur noch um so mehr beschleunigte, bis er unter dem Diktator Caesar in einem Crescendo von Bürgerkriegsgewalt zu einem vorläufigen Abschluss kam. Zwietracht, Habsucht, Ehrgeiz und alle sonstigen Übel, die der Erfolg mit sich bringe, hätten sich nach dem Untergang Karthagos im Höchstmaße vermehrt, schreibt der Historiker Sallust. 1 Wie ein Albtraum lastete auf der Generation Caesars eine über eineinhalb Jahrhunderte lang kontinuierlich betriebene Expansion, die schließlich in einen Bürgerkrieg mündete, als der stetige Zufluss von Beutegütern nur zur Gier nach noch mehr Beute führte. Die Brutalität, mit der Rom ein Imperium eroberte, traf nun die, die es zu regieren hatten. Die Gewalt, die mit Beginn des ersten Punischen Krieges von Rom aus in die Länder des Mittelmeeres gegangen war, kehrte nach 130 Jahren an ihren Ausgangs-
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Die Welt vor Caesar
punkt zurück. Die römischen Aristokraten, die bisher Könige und Fürsten besiegter Völker im Triumphzug durch die schmutzigen Straßen der Hauptstadt hatten schleifen lassen, brachten sich gegenseitig um. Die Gracchen, zwei Brüder aus der patrizischen Familie der Sempronier, wurden beim Versuch maßvoller Reformen samt ihren Anhängern von einem senatorischen Mob gejagt und erschlagen. Im Geburtsjahr Caesars steinigte eine aufgehetzte Menge den Volkstribunen Appuleius Saturninus und den Konsulatsanwärter Glaucia, nachdem diese kurz zuvor bei den Wahlen einen Konkurrenten auf dem Marsfeld zu Tode geknüppelt hatten. Der Terror, mit dem im Senatorenstaat um Einfluss und Ämter gekämpft wurde, bestimmte das letzte Jahrhundert der Republik. Nur wenige der Mächtigen kamen nicht gewaltsam zu Tode. Caesar starb an 23 Schwertstichen, sein Gegner Cato an einem einzigen – seinem eigenen. Den ehemaligen Tribunen Clodius Pulcher, lange Zeit Caesars wichtigsten Verbündeten, traf auf der Via Appia ein Speer des Prätoriers Milo in den Rücken. Crassus, Pompeius und Cicero wurde der Kopf abgeschlagen, dem ersten von Feinden, dem zweiten von Verbündeten und dem dritten von Mitbürgern.
Vom Stadtstaat zum Weltreich Das Epochenjahr in der Geschichte der römischen Republik ist das Jahr 264, in dem der Stadtstaat Rom die italienische Halbinsel verließ. Ohne Konzept und ohne Plan begann Rom, in den Kriegen gegen Karthago zuerst das westliche und dann auch das östliche Mittelmeer zu erobern. Militärisch war die Stadt dieser selbstgestellten Aufgabe gewachsen, nicht aber administrativ. Die Republik und ihre Feldherren siegten sich zu Tode. Mit einer überlegenen Militärtechnologie, mit Vertragsbruch und mit einer selbst für die damalige Zeit ungewöhnlichen Grausamkeit eroberten und versklavten die Römer Land für Land. Was sie in den unterworfenen Gebieten vorfanden, betrachteten sie als ihr Eigentum, Menschen wie Dinge. Sie folgten einem Machtgesetz, von dem schon 150 Jahre zuvor der Historiker Thukydides in seiner Analyse des athenischen Imperialismus gesprochen hatte, gültig für Individuen wie Völker: Nach dem Zwang seiner Natur herrsche der Mensch allezeit über das, was er unter seine Macht bringen könne. 2 Gleichzeitig erschien den neuen nobiles der Krieg als das Medium, über das sie ihre Leistung für den Staat am besten definieren und mit derjenigen der konkurrierenden Aristokraten vergleichen konnten. Der Anlass für das Ausgreifen Roms nach Sizilien, ein Hilfsgesuch von Söldnern, die sich im sizilischen Messana festgesetzt hatten, war so nichtig wie die Folgen gravierend. Römer und Karthager, die bisher in nicht weniger als drei Verträgen ihre Einflusssphären abgegrenzt hatten, stießen nun
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Vom Stadtstaat zum Weltreich
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direkt aufeinander. Vielleicht wollten die Römer nur billige Beute machen, vielleicht versuchten sie eine eingebildete karthagische Einkreisung aufzusprengen, vielleicht waren sie sich über die Konsequenzen der Einmischung im Unklaren. Jedenfalls entspann sich ein fast vierundzwanzigjähriger Krieg, an dessen Ende zunächst Sizilien und vier Jahre später auch Sardinien und Korsika in römische Hände fielen. Rom unterwarf sich sein Reich gleichsam auf den Spuren der Karthager. Zur Abwehr des in Italien unbesiegbaren Hannibal landeten die Römer in Spanien, dessen Ostküste die Karthager als Kompensation für die im ersten Krieg verlorenen Gebiete sich untertan gemacht hatten, und schließlich auch in Afrika selbst. Kaum war der zweite Krieg mit dem Frieden von Zama zu Ende gegangen, richtete Rom um 197 das Land südlich der Pyrenäen bis Neukarthago als Provinz Hispania Ulterior und das südliche Spanien als Hispania Citerior ein. In sechzigjährigen Kämpfen, die 133 mit der Eroberung Numantias ihren Abschluss fanden, schlugen römische Legionäre alle Aufstände nieder und besetzten weiteres Land. Die Kelten in Oberitalien, die es gewagt hatten, Hannibal zu unterstützen, wurden teilweise ausgerottet, teilweise deportiert, römische Kolonisten siedelten in den fruchtbaren Landstrichen. Hannibals Allianz mit Philipp V. von Makedonien wies, wenn auch mit Verzögerung, den Weg nach Osten. In mehreren Kriegen gegen die makedonischen Herrscher und den Seleukidenkönig Antiochos schob Rom sein Herrschaftsgebiet bis Kleinasien vor. Makedonien wurde zuerst in vier Zonen zerschnitten und später zusammen mit Illyrien und Epirus als Provinz organisiert. Die Griechen, die an die Freiheitsproklamationen Roms geglaubt hatten, wurden bald eines Besseren belehrt. Die Römer duldeten nicht zweierlei Untertanen, und was sie von der griechischen Kultur hielten, demonstrierten sie spätestens 146, als sie das reiche Korinth zerstörten und die Kunstwerke, die sie nicht schon vandalierend zertrümmert hatten, raubten und in ihren Vorgärten aufstellten. Im selben Jahr ebneten sie auch das inzwischen militärisch bedeutungslose, aber wirtschaftlich mächtige Karthago ein und verschleppten die Überlebenden. Das ehemals karthagische Gebiet verwandelte sich in die Provinz Africa. Den Legionären folgten stets die Verwaltungsbeamten und Steuereinnehmer. Die Einrichtung von Provinzen dokumentiert einen beispiellosen Siegeszug: 242 Sizilien, 227 Sardinien und Korsika, 197 Hispania Ulterior und Citerior, 148 Makedonien, 146 Achaia und Africa, 129 Asia, 121 Gallia Narbonensis, 102 Kilikien, etwa 81 Gallia Cisalpina, 74 Kyrene, 64 Kreta, 63 Pontos und Syrien, 58 Zypern, 46 Numidien, 30 Ägypten, 25 Galatien, 16 Aquitanien, Gallia Lugdunensis und Belgien, 15 Noricum und Rätien. Soldaten, die für Sold, Beute und Altersversorgung in den Krieg zogen, fanden sich seit der Heeresreform des Marius leicht. Feldherren wurden nur temporär gebraucht, auch wenn sich ihre Kommanden
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Die Welt vor Caesar
immer weiter verlängerten. Ihnen winkte ein Triumphzug, für den sie, wie Crassus, ausnahmsweise auch den eigenen Kopf riskierten. Das Problem blieb die Verwaltung der Provinzen, namentlich derjenigen, die weit von Rom entfernt lagen. Cicero, einer der wenigen, die um eine redliche Amtszeit bemüht waren, wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, als Statthalter nach Kilikien zu gehen. Es half nichts, der Personalmangel war systembedingt. Ein Weltreich zu erobern war leichter, als es zu beherrschen. Roms aristokratische Elite zeigte sich schon rein numerisch dieser Aufgabe nicht gewachsen. Bereits 287 hatte sich der enge Kreis derer geschlossen, die die Macht in Rom unter sich aufteilten. Seit dem Ende der Ständekämpfe gab es keine Erweiterung der Regierungselite mehr. Sie wurde von den alten patrizischen Familien und seit der Mitte des vierten Jahrhunderts auch von den aufgestiegenen plebejischen Familien gestellt, die einen Konsul in ihrer Familie besaßen und damit nobiles waren. Nicht viel mehr als zwei Dutzend Familien mit ihren Verzweigungen dominierten die Republik, in dem Jahrhundert nach Hannibals Alpenübergang 218 kamen nicht weniger als 83 Konsuln aus nur acht Familien. 300 Senatoren, seit Sulla 600 und unter Caesar kurzfristig 900, berieten die Magistrate und gaben ihnen mit dem Senatsbeschluss Empfehlungen. Rechtlich mussten sich diese nicht daran halten, politisch blieb ihnen aber keine andere Möglichkeit. Das Gros der Senatoren, zumindest bis 45 v. Chr. allesamt Großgrundbesitzer, besaß Einfluss in diesem Gremium jedoch nur dem Scheine nach. Die wenigsten brachten es auch nur bis zur Prätur, dem zweithöchsten Amt; die meisten waren pedarii, Hinterbänkler, die im Senat nicht viel mehr taten, als sich bei Abstimmungen des Senats (per pedes) zu dem Konsular zu gesellen, dessen Meinung sie teilten – freiwillig oder erzwungen. Tatsächlich hatten im Senat nur wenige eine eigene Meinung, und noch weniger äußerten sie. Dazu bedurfte es Ansehen und gelegentlich auch Mut. Die Reihenfolge, in der bei der Beratung über einen magistratischen Antrag abgestimmt wurde, war genau festgelegt. Als princeps senatus leitete sie meist ein Patrizier, der bereits die Zensur bekleidet hatte. Wenn die ehemaligen Konsuln, die Konsulare, sich geäußert hatten, war es mit der Meinungsbildung meist schon vorbei, bevor noch die ehemaligen Inhaber anderer Ämter sprechen konnten, die Prätorier, Ädilizier, Tribunizier und Quästorier. Letztlich war der Senat ein Instrument der – allerdings selten geschlossen auftretenden – Nobilität. Aus dem Ritterstand in diesen Zirkel vorzudringen, gelang nur äußerst wenigen: Cato der Ältere, Marius und schließlich Cicero sind die bekannten homines novi, Emporkömmlinge also, die als erste ihrer Familien Senatssitz und schließlich Konsulat erreichten.
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Magistrate und Promagistrate
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Magistrate und Promagistrate Der kleinen Zahl der Kandidaten entsprach die der Ämter. Sie waren auf ein Stadtregiment ausgerichtet, nicht auf die Führung eines Weltreiches. Bis zu Sulla wählten die Komitien lediglich dreißig Magistrate pro Jahr: zwei Konsuln, sechs Prätoren, vier Ädilen, acht Quästoren, zehn Volkstribunen. Davon war die Mehrzahl an Aufgaben in der Stadt Rom gebunden, in die Provinzen wurden, je nachdem, ob dort Krieg oder Frieden herrschte, allenfalls zwölf entsandt. Die Aristokratie behalf sich zunächst mit Promagistraten, später machte Sulla die Regel daraus: Anstelle eines ordentlichen Magistrats (pro magistratu) gingen am Ende ihrer Tätigkeit in Rom die gewählten Konsuln als „Behelfsbeamte“ in die Provinz. Wo weiterhin Personalmangel herrschte, wurde die übliche einjährige Amtszeit verlängert. Dies genügte, um das Reich militärisch zu beherrschen, Aufstände zu unterdrücken oder niederzuwerfen. Darüber hinaus geschah selten mehr. Oft kümmerten sich die Statthalter nur in den Wintermonaten um ihre Provinz, da sie im Sommer Krieg führten, um neue Gebiete zu erobern oder sich zumindest mit der Kopfprämie für 5000 erlegte Feinde die Voraussetzung für einen Triumphzug zu schaffen. 3 Andere betraten ihre Provinz erst gar nicht und überließen alle entsprechenden Aufgaben ihren Legaten. Auf keinen Fall aber sollte sich in den Provinzen eine Verwaltungsbürokratie etablieren, die mit ihrem angesammelten Herrschaftswissen den nur kurzzeitig tätigen aristokratischen Promagistraten überlegen sein würde. Der politische Inzest der Nobilität ging – nach eigenem Verständnis – mit einem Verfall tradierter Werte einher. Sallusts Werk ist eine einzige Klage gegen die nobiles, die ihn, den Ritter, nicht in ihren Reihen sehen wollten, und stattdessen das Konsulat gleichsam „von Hand zu Hand“ weitergaben. „Denselben Männern, die Mühen, Gefahren, unsichere und bedrängte Lagen leicht gemeistert hatten, wurden nun politische Ruhe und Reichtum, sonst erstrebenswerte Dinge, zu einer leidigen Last. So wuchs zuerst die Geldgier, dann die Herrschgier; beide bildeten gleichsam den Grundstoff aller Übel. Denn die Habsucht unterhöhlte Vertrauen, Redlichkeit und die übrigen guten Eigenschaften; dafür lehrte sie Überheblichkeit und Rohheit, die Götter zu missachten und alles für käuflich zu halten.“ 4 Wie eine asiatische Grippe schleppten die von ihren Beutezügen zurückkehrenden Truppen die luxuria peregrina, das fremdländische Wohlleben, in das sittsame Rom. 5 Zuerst steckten sich naturgemäß diejenigen an, die am meisten mit dem Luxusvirus in Kontakt kamen, Senatoren und Ritter. Der Historiker Livius zählt die Symptome einer schleichenden Krankheit auf: Speisesofas mit Bronzefüßen, kostbare Teppiche, Vorhänge und Ge-
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webe, prächtiges Hausgerät, Prunktische und ähnliches. Die Mahlzeiten wurden üppiger, Harfen- und Zitherspielerinnen traten während des Essens auf. Von einer Dienstleistung sei Kochen zu einer Kunst geworden, klagt Livius; Krankheitskeime aus Asien hätten damals die gesunde Republik infiziert. Die Republik diagnostizierte dies auch bald, suchte nach Heilmitteln und fand sie in Verbrauchs-, Aufwands- und Steuergesetzen, die Luxus, wenn nicht verbieten, so doch verteuern und zumindest in der Öffentlichkeit einschränken sollten. In ihrer ergebnislosen Abfolge dokumentieren diese Gesetze besser als moralinsaure Klagen die schleichende Zunahme einer Krankheit, die nur die, welche sie nicht hatten, als Leiden empfanden. Purpurgewänder, Goldgeschirr oder Perlenkolliers waren aber nur der schöne Schein, der dem Provinzhistoriker aus Padua ins Auge stach. Die großen Vermögen definierten sich über Ländereien. Cicero, von dem wir dank seiner Briefe etwas mehr wissen, besaß neben seinem Stadthaus Landgüter in Arpinum, Tusculum, Formiae, Caieta, Pompeii, Antium, Cumae, Astura, Puteoli, Lanuvium und Frusino, dazu „zeitweilige Wohnsitze“ im Albanergebiet, Anagnia, Sinuessa und Vescia. Dabei war der Redner, vergleichsweise gesehen, ein eher armer Mann; Fischteiche, in denen Meerbarben schwammen, konnte er sich nicht leisten. So war er sich der Kluft bewusst. Halb spöttisch, halb ängstlich nennt er die Reichsten der Reichen, den inneren Zirkel der nobiles, die beati homines oder nostri principes, schlicht piscinarii. 6 Auf ihren nach und nach zusammengekauften Latifundien betrieben sie mit den billigen Arbeitskräften, die im Zuge der Massenversklavungen des zweiten Jahrhunderts nach Italien gekommen waren, Öl-, Wein- und Getreideanbau. Bauern mit kleinen und mittleren Gehöften konnten damit nicht konkurrieren. Ihre Felder waren im Hannibalzug verwüstet worden, sie selbst stellten das Fußheer in einer Zeit fast ununterbrochener Kriege. So wanderte der verarmte Teil der plebs rustica in die Städte ab, in erster Linie nach Rom, um dort Gelegenheitsarbeit zu suchen. Das römische Heer aber benötigte Bürger, die ihre Ausrüstung selbst stellen konnten. Die Kriege erforderten eine Stärkung des Bauernstandes und bewirkten seine Schwächung. Der Versuch, neues Siedlungsland in Italien bereit zu stellen, scheiterte. Der ager publicus, das Staatsland, das sich Rom im Zuge seiner italischen Expansion bis zum Ende des dritten Jahrhunderts mit der Annektion feindlicher Gebiete zusammengeraubt hatte, war verpachtet oder von aristokratischen Großgrundbesitzern okkupiert worden. Tiberius Gracchus forcierte – in seinem oder in anderer Namen – eine fällige Agrarreform, indem er auf der Basis eines älteren Gesetzes den Besitz an Staatsland für private Nutzung begrenzen wollte. Die senatorische Oberschicht, deren Interesse das Projekt diente, verhinderte es. Zur Lösung der Rekrutierungskrise bedurfte es eines ande-
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ren Weges: Durch die allmähliche Herabsetzung des Zensus erweiterte sich der Kreis der Wehrpflichtigen, bis Marius 107 sogar besitzlose Bürger heranzog. Das Agrarproblem kehrte so auf anderem Weg zurück. Die besitzlosen Soldaten, die sich in immer stärkerem Maße ihrem Feldherrn und nicht mehr der res publica verpflichtet fühlten, verlangten von diesem nach Ende der Dienstzeit Versorgung, und damit eben Land. Wer dieses nicht bekam oder mit ihm nicht zufrieden war, ging nach Rom. Dort sammelten sich Migranten aus dem gesamten Mittelmeerraum. Neben den abgewanderten Bauern vergrößerten Sklaven, die von ihren Herren freigelassen worden waren und römische Bürger wurden, die plebs urbana und die sozialen Probleme der Großstadt. Zwischen 700 000 und einer Million Einwohner zählte Rom zu Zeiten Caesars, darunter vielleicht 100 000 bis 200 000 Sklaven. Die Zahlen sind vage und Hochrechnungen schwer anzustellen. Mit der plebs urbana gab es jedenfalls im ersten Jahrhundert eine Kraft, die eine weitere Spaltung der Oberschicht nach sich zog, in optimates und populares. Hinter diesen Gruppierungen verbargen sich weder Parteien noch einheitliche politische Programme, sondern Senatoren, die mit unterschiedlichen Methoden nach Macht und Ansehen strebten: Die optimates wahrten die konservative Tradition und bedienten sich des Senats, den stärken zu wollen sie vorgaben. Die populares stützten sich auf die Volksversammlungen, die concilia plebis und die Tributkomitien, welche beschlossen, was die Magistrate beantragten: Wenn ein Gesetzesvorschlag bis zur Volksversammlung kam, wurde er auch immer angenommen. Mit „Nein“ votierte sie niemals. Je größer die Klientel war, deren Interessen der Patron vertrat, desto zuverlässiger war das gewünschte Ergebnis der Abstimmung. So sanktionierten die Komitien in Rom, die doch nur einen Bruchteil der Bevölkerung des Reiches repräsentierten, die Vorhaben der Popularen, die diese dann als „Volkswille“ ausgaben. Dafür mussten die populares kurzfristige Versprechungen auf dem Gebiet der Miet- und Schulden-, der Agrar- und Getreidegesetzgebung machen und gelegentlich sogar halten. Es waren in der Regel – aber, wie das Beispiel Caesar zeigt, keineswegs immer – Volkstribunen, die sich dieser Themen annahmen. Dabei verdienten sie ihren Namen selten: Sie hatten längst aufgehört, die Interessen des Volkes gegen Senat und Magistrate zu vertreten. Sie kümmerten sich um die Belange ihres Standes – sie alle kamen aus der Oberschicht – und um ihre eigenen. Sie nutzten die Möglichkeit, den Senat gegen die Volksversammlung auszuspielen und in dieser eventuell Anträge durchzusetzen, die im Senat zu scheitern drohten. Ein soziales Mäntelchen erleichterte die Sache. Bei Caesar folgte einem Ackergesetz dasjenige über seine Provinzen.
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Oceanus Atlanticus
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Pharsalus Euböä Mytilene AS Athenae Ephesu Corinthus
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Karte 1: Das Römische Reich zur Zeit Caesars
Politik und Wirtschaft Im wirtschaftlichen Bereich sorgten die Statthalter nur dafür, dass Steuern und Abgaben ohne größere Zwistigkeiten eingetrieben werden konnten, ansonsten legten sie zu Beginn ihrer Amtszeit als eine Art Regierungsprogramm ein Edikt vor, das die Höhe des Zinses festschrieb, ohne dass sie sich – mit der Ausnahme Ciceros – dann auch daran halten zu müssen glaubten. Die Wirtschaft lag sozusagen in privaten Händen, sie wurde von Leuten betrieben und gelenkt, die selbst nicht Teil des politischen Apparates waren, den sogenannten publicani, Angehörigen des Ritterstandes. Den Senatoren waren reine Geldgeschäfte verboten, sie stellten die politische
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Klasse. Diese Trennung wurzelte in einem Gesetz, das aus dem Jahr 218 stammte, also aus einer Zeit, in der die Konsequenzen und die Sprengkraft nicht voraussehbar waren, die sich aus der Expansion Roms Rha (W olg ergeben sollten. Zu Beginn des Hannia) balischen Krieges hatte der Volkstribun Quintus Claudius ein Gesetz beantragt, die lex Claudia de nave senatorum, das auf den ersten Blick keine allzu große Bedeutung zu haben schien. Niemand, der selbst oder s dessen Vater Senator sei, dürfe ein Seeiu v anu Pontus Euxinus schiff ausrüsten, das eine Ladekapazität Sinope von 300 Amphoren überschreite. 7 Die ErAmisus P O N T U S BITHYNIA oberungen des ersten Punischen Krieges Nicopolis ARMENIA Thospitis L. ce Zela Nicaea versprachen lukrative Geld- und HandelsG A L AT I A Ilium Pergamum C A P PA D O C I A m geschäfte, ein Dissens innerhalb des SenaPHRYMytilene LY C A O N I A torenstandes drohte. Mit dem Gesetz, das A S I A GIA ae Ephesus Tarsus durchaus im Sinne der Senatoren war, wurPISIDIA PA R T H I A Antiochia Eu CILICIA ph ra den alle Mitglieder des Standes auf die BeAoamea t Rhodos Cyprus S Y R I A wirtschaftung ihrer Landgüter beschränkt. Grundeigentum blieb die Basis von Macht Tyrus und Ansehen. Geldgeschäfte und Fernhandel gingen zunehmend an die Ritter über, aus denen sich die Gruppe der publicani Pelusium Alexandria AEGYPTUS herausschälte, also Unternehmer, die mit Memphis Staatsdingen (publicum) zu tun hatten, namentlich mit Staatsaufträgen, -steuern und -pachten. Das erregte weder Aufsehen noch den Neid der Senatoren, denn auch die Ritter gehörten zur Aristokratie und zu den staatstragenden Grund- und Bodenbesitzern. Der Senatorenstand ergänzte sich aus dem Ritterstand, zwischen beiden Ständen waren die Grenzen offen, wenn auch nicht zu sehr. Noch Cicero träumte von der concordia ordinum, der Harmonie der beiden Stände. Doch mit dieser war es spätestens mit dem Jahr 129 vorbei. Ein Gesetz zwang jeden Aufsteiger in den Senat, sein vom Staat erhaltenes Pferd zurückzugeben. Diejenigen, die als Ritter zurückblieben, besaßen nun ein sichtbares Statussymbol. Später erhielten sie noch einen goldenen Ring, kleideten sich in eine Toga mit schmalem Purpurstreifen und belegten besondere Sitze im Theater. Die Äußerlichkeiten, um ein Standesbewusstsein zu entwickeln, waren gegeben. Jetzt bedurfte es noch besonderer Rechte. Die gab ihnen 123 zunächst ein Gesetz des Gaius Gracchus und wenig später eines des Volkstribunen Acilius GlaNilus
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brio. Das erste befahl die Aufnahme von 300 Rittern in die Richterliste, auf der bisher nur senatorische Namen standen, das zweite, wichtigere, übergab ihnen den gerade geschaffenen ständigen Gerichtshof für Repetundenangelegenheiten. Nun saßen 50 nicht-senatorische Geschworene unter dem Vorsitz eines Prätors über Senatoren zu Gericht, die sich wegen rechtswidriger Aneignung von Vermögen, hauptsächlich mittels Erpressung in den Provinzen, zu verantworten hatten (res repetundae = wiederzuerstattende Gelder). Nach einem Zitat des römischen Gelehrten Varro hätte Gracchus einen doppelköpfigen Staat geschaffen, und Cicero behauptet, von Gracchus selbst stamme die Äußerung, er habe Dolche auf das Forum geworfen, damit sich die Bürger mit ihnen gegenseitig zerfleischten. Der Historiker Poseidonios analysierte die Folgen: Gracchus habe dem schlechteren Teil der Bürgerschaft die Vorherrschaft über den vornehmeren gegeben, die frühere Eintracht aufgehoben und das gewöhnliche Volk gegen beide Stände aufsässig gemacht. Cicero bestätigte, die res publica sei umgestürzt worden.8 Tatsächlich waren es aber in erster Linie die Senatoren, die zu den Dolchen griffen, deren Spitzen Gracchus angeblich gegen sie geschärft hatte. In den Verfolgungen unter Sulla verloren 1600 Ritter Besitz und Leben, ein Teil der Überlebenden wurde in den Senat integriert, der Rest war zu schwach, um erneut zum Problem zu werden. 123/22 war ihre Position jedoch zunächst gestärkt. Beispiele von Klassenjustiz sind in den nächsten Jahren nachweisbar. Es sind jedoch wenige, und sie wurden von den Historikern überschätzt. Dass Ritter über diejenigen zu Gericht sitzen konnten, die sie als Statthalter in der Provinz kontrollieren sollten, implizierte dennoch die Gefahr der Erpressung. Es war jedoch nicht die Angst, die die Promagistrate veranlasste, mit den publicani zu paktieren, sondern die Raffgier. Gracchus’ Idee, Politik und Wirtschaft zu trennen, besaß nur einen Fehler: Sie war nicht durchführbar. Schlimmer als der Zwist der Stände war ihre zeitweilige Zusammenarbeit. Wenn die römischen Historiker dies nicht so sahen, verwundert das nicht, denn es betraf die Bewohner der Provinzen. Welcher Hass sich dort gegen die römischen Besatzer und ihre Helfer aufstaute, zeigt das Blutbad in der Provinz Asia, als im Jahre 88 in einer einzigen, heimlich vorbereiteten Aktion 80 000 Italiker und Römer erschlagen, gesteinigt oder ertränkt worden sein sollen. 9 Diejenigen, die die Wut vor allem auf sich zogen, waren die publicani und ihre örtlichen Angestellten, die kleinen Steuereintreiber, welche das Neue Testament als Zöllner kennt. Das Übel hatte eine doppelte Wurzel, die Privatisierung des gesamten wirtschaftlichen Sektors und die mangelnde staatliche Kontrolle. „Wo ein publicanus ist, dort ist entweder das Recht des Staates ein leerer Begriff oder die Bundesgenossen besitzen keine Freiheit“, wurden schon in der Mitte des zweiten Jahrhunderts senatorische Klagen laut. 10
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Bereits die Griechen waren auf den Gedanken verfallen, staatlichen Besitz und staatliche Einkünfte zu verpachten. In der attischen Demokratie wurde allerdings jede Drachme, die eingenommen oder ausgegeben wurde, genau registriert, das Volk fühlte sich als Eigentümer. In Rom herrschte eine Oligarchie, die den Kreis der Elite aufs äußerste beschränkt wissen wollte und damit die Zahl der Jahresbeamten klein halten musste. In der Wirtschaft beschränkte sich der Staat auf Beamte, die Aufträge an Privatpersonen oder Gesellschaften vergaben, und solche, die die korrekte Ausführung überwachten. Dazwischen agierten die publicani. Sie ersteigerten Aufträge für die Versorgung und Ausrüstung der Legionäre, verschifften Waffen, Kleidung, Reittiere oder Verpflegung an alle Einsatzorte im Mittelmeer. Daneben errichteten sie Aquädukte, bauten Brücken, Straßen und Kloaken, renovierten Tempel und Heiligtümer, fütterten die Gänse auf dem Kapitol – und das alles in staatlichem Auftrag. Die Zensoren verpachteten den publicani Staatsland, kommunale Einrichtungen, Salz- und Eisenbergwerke oder Fischereirechte. Begehrt waren bei den Versteigerungen vor allem die Steuereinnahmen (tributa) aus der Provinz, ob Naturallieferungen (vectigalia) oder Zölle jeder Art (portoria). Der Zensor erteilte den Zuschlag gegen Höchstgebot. In der Regel belief sich der Pachtzeitraum auf fünf Jahre, in denen die publicani Zeit hatten, die gebotene Summe, die Kosten für ihren zum Teil aufwendigen Apparat an Zolleinnehmern und Helfern und darüber hinaus einen ansehnlichen Gewinn für ihre eigene Kasse zu erwirtschaften.11 Die Staatskasse erhielt einen Vorschuss, Bürgen garantierten die Restsumme. Damit konnte das Ärarium seine Ausgaben auf Jahre kalkulieren, ohne dass es eines größeren Stabes eigener Beamter bedurfte. Die publicani profitierten, indem sie mit der Bildung von Gesellschaften die Konkurrenzsituation unterliefen, die durch den Wettbewerb der Bieter Höchstpreise für den Staat garantieren sollte. Diese Sozietäten waren eine zwangsläufige Entwicklung, da die publicani einen teuren Personalapparat unterhalten mussten. Dazu konnten einzelne Unternehmer die Summen gar nicht aufbringen, die für Großaufträge wie die Pacht einer ganzen Provinz, deren Zölle, Steuern und Abgaben im Paket versteigert wurden, zu entrichten waren. So schlossen sie sich zusammen und ermöglichten anderen römischen Bürgern, an den Gewinnen und in seltenen Fällen an den Verlusten zu partizipieren. Mittels Anteilscheinen, einer Form der Aktie, konnten sie sich auch als Kleinkapitalisten oder aber im großen Stil an der Ausbeutung der Provinzen beteiligen. 12 Aktienspekulation und -betrug durch Aushöhlung der politischen Kontrolle durch den Senat war die Folge. Caesar war an einem der größten Skandale federführend beteiligt. 13 Das Versagen jeglicher Kontrollen, das zur Bereicherung jeder gegen jeden führte, der verzweifelte Run auf die letzten Reichtümer, welche die
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schon über 100 Jahre lang ausgepressten Provinzen des Ostens noch boten, verstärkte die Krise der Republik im ersten Jahrhundert. Sulla, Lucullus, Pompeius und Crassus hatten in einem letzten Anlauf zusammengerafft, was sich in Griechenland und Asien noch plündern ließ: Kriegstributionen in Milliardenhöhe, Gold- und Silberbarren, Edelsteine und Perlen, Kunstwerke und Bibliotheken. Steuern wurden erhöht, Zolleinkünfte vermehrt, Sklaven zu Bargeld gemacht. Wer konnte, beteiligte sich auch privat. 14 Private Geschäftsleute reisten durch die Provinzen und boten den Gemeinden zu Wucherzinsen zwischen 12 und 48 Prozent das Geld, das diese den römischen Kriegsherren oder Zolleinnehmern zahlen mussten. Rom verdiente doppelt und halbierte die Zeit, bis die Ressourcen erschöpft waren. Der Schock kam Ende der sechziger Jahre, als die publicani einräumen mussten, für die asiatische Pacht wesentlich mehr geboten zu haben, als sie aus der Provinz noch herausholen konnten. Die Catilina-Affäre hatte kurz vorher schon die Verschuldung vieler Aristokraten enthüllt, Caesar selbst wurde wenig später von seinen Gläubigern so bedrängt, dass er die Abfahrt in seine prätorische Provinz verschieben musste. Ihm gelang es, sich dort zu sanieren, doch das war die Ausnahme. Die Zeichen standen auf Neuverteilung von Macht und Umverteilung von Vermögen, wie sie schon unter Sulla stattgefunden hatte, und das hieß Proskriptionen und Bürgerkrieg. Je offenkundiger die Krise wurde, desto stärker wurden die Bemühungen, sie zu bemänteln. Senatoren und Magistrate beriefen sich auf das Herkommen, den Brauch der Väter, mos maiorum, beschworen die Geister der Ahnen, deren Taten eine gefällige Geschichtsschreibung zu Heldenepen verklärt hatte. Einer geklitterten Vergangenheit wurden Namen, Parolen und Kostüme entlehnt. Das Ende der Republik wurde so zur Farce. Caesar trat in seinen letzten Wochen in der entliehenen Purpurtracht der altrömischen Könige auf. Die Verschwörer beriefen sich auf eine Stadtchronik, in welcher Romulus vom Senat getötet wurde, weil er sich zum Tyrannen gemacht hatte. Der Attentäter Marcus Brutus verstand sich mit einer eigens konstruierten Ahnentafel als Nachfahre jenes Brutus, 15 der nach Willen und Vorstellung der republikanischen Aristokratie die Herrschaft der Könige gestürzt und ihre eigene begründet hatte. So stand am Beginn der Republik eine Fälschung und an ihrem Ende ein Missverständnis.
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Die Jugend eines Diktators Caesar wurde am 13. Juli des Jahres 100 geboren. Der Geburtsmonat hieß damals noch Quintilis. Caesar musste erst sterben, um ihm seinen Namen zu geben. 1 Im Jahre 100 war Gaius Marius, Caesars berühmter Onkel, zum fünften Mal Konsul. Das Geburtsjahr errechnet sich aus Angaben der beiden Biographen Sueton und Plutarch sowie des Historikers Appian, denen zufolge Caesar bei seiner Ermordung im 56. Lebensjahr stand. Dagegen spricht allerdings die reglementierte römische Beamtenlaufbahn. Ein Gesetz legte eine genaue Reihenfolge der Ämter fest, die zur klassischen Beamtenkarriere gehörten. Aus Ciceros Karriere, der alle Ämter suo anno, also zum frühestmöglichen Zeitpunkt erreicht haben will, lässt sich vermuten, dass die Quästur erst ab dem 30., die Ädilität ab dem 37., die Prätur ab dem 40. und das Konsulat ab dem 43. Lebensjahr bekleidet werden konnten. Demnach wäre Caesar bereits zwei Jahre vor der Zeit Konsul geworden. Dass ihm auch solches gelang, wäre nicht verwunderlich, Erstaunen macht nur, dass er und seine Biographen es nirgends erwähnen.2
Anonymität der frühen Jahre Die Prognosen lauteten auf eine mittlere Laufbahn. Mit etwas Glück würde es der junge Caesar zum Prätor bringen. Vielleicht reichte es auch nur zum Quästor. Der angeheiratete Onkel aus Arpinum war zwar schon fünfmal zum Konsul gewählt worden – zwei weitere Male sollten folgen –, aber er war ein homo novus, den die Kriegswirren nach oben gespült hatten. Sehr bald würde diese Verwandtschaft für Caesar keinerlei Nutzen mehr haben, ja ihn gar in Lebensgefahr bringen. Der Vater saß im Senat und war Quästor gewesen, doch in ihrer langen Geschichte waren nur zwei Ahnen aus der patrizischen Familie bis zum Konsulat aufgestiegen. Das war im Jahre 267 und einmal im Jahre 157 gewesen, und damit zu lange her, um Glanz zu verbreiten. Wenn die Tante außerhalb der Nobilität heiratete, kann dies auch darauf schließen lassen, dass das Vermögen die Ausgaben nicht zuließ, die für das Erreichen des Konsulats erforderlich waren. Caesars Mutter Aurelia stammte aus einer Familie, die immerhin schon die doppelte Anzahl an Konsuln vorzuweisen hatte, der letzte von ihnen hieß Lucius Aurelius Cotta und war Caesars Großvater. Das aber half auch nicht. Besser war es da schon, den eigenen Stammbaum etymologisch etwas aufzurüsten. Die Gens der Julier führte ihre Sippe auf Julus zurück, den einzigen Sohn des Aeneas, der mit seinem
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Vater nach der Zerstörung Trojas nach Italien gekommen war. 3 Da Aeneas wiederum Sohn der Aphrodite oder Venus war, durfte Caesar diese als seine Ahnfrau betrachten und gelangte damit zu Vorfahren, die um einiges illustrer waren als die Alexanders des Großen. Dieser konnte seine Ahnenreihe nur bis Herakles zurückführen. Über Caesars Kindheit wissen wir nichts. Bei Plutarch finden sich oft Anekdoten aus den frühen Jahren des Helden, die vorausweisend dessen Charakter erhellen sollen. Der Anfang der Caesar-Biographie ist jedoch verloren. Angeblich prophezeite der Diktator Sulla, in Caesar steckten viele Marii. 4 Doch diese Geschichte ist erfunden und das obendrein schlecht. In Caesar steckte allenfalls ein Sulla. So verwundert es nicht, wenn Plutarch behauptet, Sulla habe das Kind Caesar präventiv ermorden lassen wollen. 5 Der Diktator war aber weder Herodes noch Augustus. So wuchs Caesar heran wie jeder andere Aristokratensohn dieser Zeit. Die ersten Lebensjahre verbrachte er unter der Obhut der Mutter und ihrer Bedienerinnen. Im Alter von etwa sieben Jahren besuchte er den Elementar- und von etwa zehn bis fünfzehn den Grammatikunterricht. Auf dem Programm standen griechische und lateinische Literatur, ein grammaticus lehrte Grundlagen der Rhetorik. Im Alter von fünfzehn oder sechzehn Jahren erhielt der junge Caesar die Männertoga, das heißt er wurde mündig. Unter der Anleitung einer mit der Familie befreundeten Persönlichkeit begann er dann eine ungefähr einjährige „politische Lehrzeit“, die ihn mit den staatlichen Institutionen vertraut machte. Die Römer nannten dieses Lehrjahr bei einflussreichen Rednern, Juristen und Politikern tirocinium fori, „Rekrutenzeit auf dem Forum“, und dehnten damit einen militärischen Begriff auf eine zivile Ausbildung aus. Der „richtige“ Kriegsdienst schloss sich daran im allgemeinen an. 6 Kindheit und Jugend des nachmaligen Diktators verliefen in der Anonymität, die das Desinteresse der antiken Historiker an dieser Altersstufe garantierte. Es gibt nichts, woraus Schlussfolgerungen für die spätere Karriere gezogen werden können; alles, was über Caesars frühe Jahre gesagt wird, sind Gemeinplätze oder Rückprojektionen. Nur eine Nachricht erscheint zuverlässig. Noch im Knabenalter wurde Caesar verlobt. Das Mädchen hieß Cossutia und stammte aus einer Ritterfamilie, von der nur bekannt ist, dass sie reich war. Darin lässt sich auch der Grund der Verlobung sehen. Die Julier zählten zwar zu den Patriziern, aber wenn es darum ging, die vermutlich klamme Hauskasse zu füllen, durfte auch unter dem eigenen Stand und Anspruch geheiratet werden. Es kann die Zeit gewesen sein, in der Caesars Vater für die Prätur kandidierte, und Bewerbungen dieser Art waren teuer. Das Amt selbst wurde unentgeltlich ausgeübt, Einnahmen flossen erst in der Zeit danach. Der Vater wurde gewählt, vielleicht im Jahre 93 oder etwas früher, amtierte als Prätor und ging anschlie-
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Abb. 2: Geburt Caesars durch Kaiserschnitt (sectio caesarea). Holzschnitt, später koloriert. Aus: Sueton, Vitae Caesarum, ed. J. Rubeus, Venedig 1506.
ßend als Statthalter nach Kleinasien. Die üblichen Statuen und Ehreninschriften erinnern an diese Zeit. 7 Caesars Vater starb im Jahre 85 in Pisae. Für den damals vierzehnjährigen Sohn begann bald danach die erste große Krise seines Lebens, und es ist keine kleine Überraschung, dass er sie überhaupt lebend überstand. Die Gefahr resultierte nicht aus dem Tod des Vaters, sie hatte mit zwei anderen Verwandten zu tun und nahm ihren Anfang in Vorgängen, die ins Jahr 91 zurückreichten, ohne dass deren Auswirkungen abzusehen waren. Die italischen Bundesgenossen meuterten damals. Es waren die Gemeinden, die sich nicht aus römischen Bürgern oder Latinern rekrutierten, als innenpolitisch autonom galten, aber auf Befehl Roms Truppen für die Kriege aufbieten mussten. Sie trugen militärische Lasten, ohne dafür die Vorteile zu genießen, die das Bürgerrecht bot. Um es zu bekommen, rebellierten sie nun. 8 Schwere Kämpfe brachen aus, die vereinzelt bis ins Jahr 87 dauerten, obwohl inzwischen allen Bundesgenossen südlich des Po ein allerdings eingeschränktes Bürgerrecht – sie durften nur in acht der 35 Stimmbezirke (tribus) abstimmen – angeboten worden war. Als Sulla im Jahre 88 sein Amt als Konsul antrat, waren daher große Truppenverbände in Italien konzentriert und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, den Bundesgenossen- in einen Bürgerkrieg münden zu lassen. In Rom wurde be-
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reits eine forensische Schlacht ausgetragen. Der Volkstribun Sulpicius setzte in der Volksversammlung durch, dass die Bundesgenossen in allen Tribus eingeschrieben werden konnten. Als aus Asien die Nachrichten von der Expansion des Mithridates und dem Blutbefehl von Ephesos eintrafen, dem angeblich 80 000 Italiker und Römer zum Opfer fielen, griff er darüber hinaus in die Außenpolitik ein. Der Senat hatte dem Konsul Sulla den Oberbefehl im nun ausgebrochenen Krieg mit Mithridates übertragen, doch Sulpicius ließ diese Entscheidung kippen. Die Volksversammlung entzog Sulla das Kommando und übergab es dem sechsmaligen Konsul Marius, dem Veteranen der Germanenschlachten von Aquae Sextiae 102 und auf den Raudischen Feldern 101. Sullas Anhänger rieten Marius vergebens, seinen bresthaften, von Gicht und Alter zersetzten Körper in den warmen Bädern von Baiae zu pflegen und auf seinem Luxusgut bei Misenum zu bleiben. Aus armen und engen Verhältnissen zu Reichtum und Macht emporgestiegen, habe aber Marius die Grenzen seines Glückes nicht erkennen können, klagt Plutarch und bleibt im Bild: „So brachen die Schwären auf, an welchen der Staatskörper schon lange krankte. Nichtig und kindisch in Ursache und Anfang, führte diese Feindschaft durch blutige Bürgerkriege und unheilbaren Zwist bis zur Tyrannis und zum allgemeinen Umsturz und brachte mehr Verderben über Rom als alle auswärtigen Feinde.“ 9
Sullas Marsch auf Rom Sulla marschierte mit seinen vor Nola bereitstehenden Legionen vorerst nicht nach Asien, sondern gegen Rom. Das Beispiel war gegeben, das Pompeius später negieren, Caesar aber nachahmen sollte. Die Parallele zum Rubikon-Übergang drängt sich auf. Das eine hätte wohl nicht ohne das andere stattgefunden, und die Götter müssen das gewusst haben, denn sie sandten Zeichen an Marius und Sulla. Aus den Stangen der Feldzeichen, so lesen wir bei Plutarch, loderte ohne Ursache helles Feuer empor, und vom wolkenlosen, heiteren Himmelsgewölbe erscholl der Ton einer Trompete, so durchdringend und kläglich, dass alle vor Furcht und Schrecken erstarrten. Die etruskischen Wahrsager aber sprachen vom Anbruch einer neuen Generation und einer Umwandlung der ganzen Welt. Plutarch war zwei Jahrhunderte klüger, als er dies schrieb. 10 Er wusste, dass Geschichte sich auch als Tragödie wiederholen kann und dass knapp vierzig Jahre später wiederum ein entzogenes Kommando Bürgergemetzel bedeuten würde. Was Hannibal niemals gelang, schaffte Sulla im ersten Ansturm. Im Straßenkampf eroberte er mit Brandfackeln und Bogenschützen gegen die auf den Dächern postierten Verteidiger Haus für Haus und schließlich
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Sullas Marsch auf Rom
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die Stadt. Sulpicius wurde hingerichtet, sein Diener vom Tarpejischen Felsen gestürzt, Marius und seine engsten Freunde flohen und wurden als Staatsfeinde geächtet. Sulla demonstrierte militärische Macht und verlor die politische. Bei den Wahlen für das Konsulat von 87 fielen seine Kandidaten durch, doch konnte er den Kriegszug gegen Mithridates nicht verschieben. Seine Legionen, die er gegen die eigenen Bürger geführt hatte, erwarteten nun die Beute, die sie zu Hause nicht bekamen, aus Asien. Einer der beiden gewählten Konsuln hieß Cinna und war ein entschiedener Gegner Sullas, wie Rom vor dessen Abmarsch nach Asien ahnte und danach wusste. Der neue Konsul suchte die Gesetze des alten zu unterlaufen und wurde Abb. 3: Lucius Cornelius Sulla. Porträtbüste. vom Kollegen im Amt vertrieben. Er Rom, Vatikanische Museen. kehrte gewaltsam zurück, im Bündnis mit Marius. Nun begann, was die Optimaten die dominatio Cinnae oder das Cinnanum tempus, das Terrorregime Cinnas nannten. Die treibende Kraft mag Marius gewesen sein, der sich für Demütigung und Verfolgung durch seine Gegner rächte. Eine Zeit ohne Recht und Würde, weiß Cicero, 11 und entsprechende Greuelmärchen liefen in Rom um. Auf einen bloßen Wink des Marius hin habe seine Leibwache, eine Bande aus zugelaufenen Sklaven, jeden missliebigen Bürger ermordet. Wessen Gruß oder Anrede Marius nicht erwiderte, der sei sofort auf offener Straße niedergehauen worden. Selbst die Freunde, so wurde kolportiert, zitterten in Todesangst, wenn sie sich zum Gruße nahten. In täglich erneuerter Wut, voll von unstillbarem Rachedurst, habe Marius jedem nachgestellt, der nur von ferne seinen Argwohn geweckt hatte. „Alle Straßen, alle Städte waren voll von Verfolgern, welche die Flüchtenden oder Versteckten jagten“, erinnerten sich die Optimaten. 12 Am 13. Januar 86 starb Marius an Altersschwäche, zwölf Tage lang war er noch Konsul gewesen. Cinna wurde zwei Jahre später von meuternden Truppen erschlagen. Caesar verlor nach seinem Onkel auch seinen Schwiegervater, denn er hatte wenig vorher Cornelia, die Tochter Cinnas, geheiratet. Das war Anfang 84 oder – gegen Suetons Zeugnis – vielleicht noch 85 gewesen.13 In Italien liefen die Vorbereitungen für den Bürgerkrieg, denn Sulla hatte inzwischen Mithridates besiegt und schickte sich an, die
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ihm ergebenen Truppen nach Italien überzusetzen. Die Position des jungen Caesar verschlechterte sich in dem Maße, in dem die Furcht vor Sulla wuchs. Aus seinen berühmten Verwandten wurden in der öffentlichen Wahrnehmung allmählich berüchtigte. Die Ereignisse verhinderten offenbar auch, dass der junge Caesar sein erstes Amt antreten konnte, für das ihn noch Cinna und Marius auserkoren hatten. Er sollte flamen Dialis, also Priester des Jupiter, werden. Das bedeutete viel Ehre für einen jungen Kandidaten, war aber für die weitere Karriere eher hinderlich. Der flamen erhielt einen Sitz im Senat, ihm stand ein Liktor zu, er durfte die toga praetexta tragen und auf einem besonderen Stuhl Platz nehmen. Das war die angenehme Seite, die Pflichten, die sich aus dem Priesterstatus ergaben, die lästige: Der flamen Dialis hatte verschiedene Fastenzeiten zu beachten, ihm war verboten, ein Pferd zu besteigen oder zu schwören. Ein bewaffnetes Heer durfte ihm nicht vor Augen kommen, er durfte Rom nicht länger als zwei Tage und drei Nächte verlassen. Das Amt war bereits im Jahre 87 vakant geworden. Sein Inhaber, der greise Senator L. Cornelius Merula, der dem vertriebenen Cinna widerrechtlich im Konsulat gefolgt war und nun nach dessen Rückkehr die Repressalien der Popularen fürchtete, hatte Selbstmord begangen. Dies belastete die Sache zusätzlich. Der junge Caesar war nur Objekt im politischen Spiel seiner Verwandten, zu dem auch die Ehe mit Cornelia gehörte. Der künftige Jupiterpriester durfte nur eine Patrizierin heiraten, und so war die Trennung von Cossutia erforderlich, die dem Ritterstand entstammte. Vielleicht entging Caesar dem Schicksal des Merula nach dem späteren Sieg der Optimaten nur, weil er ihm nicht im Priesteramt nachgefolgt war. Er wurde jedenfalls nicht inauguriert, denn nach Aussage der Quellen blieb die Priesterstelle bis in die Zeit des Augustus unbesetzt. 14 Nach dem gewaltsamen Tod des letzten flamen drängte es niemanden mehr zu einem solch unattraktiven Amt. 15
Warten auf Sulla Mit dem Jahr 84, in dem der junge Caesar „erwachsen“ geworden war, begann das Warten auf Sulla. Auf Caesars Schultern drückte die Last zweier Toter. Neffe eines Schlächters und Schwiegersohn eines Tyrannen zu sein, war nicht die beste Empfehlung bei den neuen Machthabern. Allerdings waren sie das 84 noch nicht. Vom Ort seiner Landung an, Brindisi, stand Sulla noch ein weiter, vor allem aber blutiger Weg nach Rom bevor. Caesar exponierte sich in dieser Zeit der Kämpfe nicht. Er hielt still, und vermutlich war dies auch das einzige, was er tun konnte.
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Sulla traf Anfang 83 in Italien ein. Sein zunächst schneller Vormarsch verlangsamte sich bald, die amtierenden Konsuln traten ihm mit ihren Heeren entgegen. Die numerische Überlegenheit des Gegners konnte Sulla durch seine kriegserfahrenen und motivierten Berufssoldaten ausgleichen. Den Ausschlag aber gaben vermutlich prominente Überläufer, die sich mit eigenen Verbänden dem Rückkehrer anschlossen. Caesars spätere Verbündete im ersten Triumvirat, Crassus und Pompeius, zählten zu den wichtigsten. Zumindest Pompeius hatte im Vorjahr noch Cinna unterstützt. Nun erkannte er in Sulla den vermutlichen Sieger und wechselte die Partei. Mit dem Übertritt legte er den Grundstein für seine spätere Machtstellung, Crassus für sein ungeheures Vermögen. In Zeiten Abb. 4: Gaius Marius. Porträtkopf, Marmor. des Bürgerkrieges entschied der rasche Glyptothek München. Blick für das jeweils Opportune oft über Leben oder Tod. Caesar aber mochte sich Sulla nicht andienen: weder vor dessen Sieg noch danach. Als dieser am 1. November 82 mit der Schlacht an der Porta Collina vor den Mauern Roms die Entscheidung zu seinen Gunsten erzwang, war Caesars Zukunft daher höchst ungewiss. Die meisten glaubten, dass er gar keine besaß. Sulla war gekommen, die Republik vom Regime der Marianer zu befreien. Gegen Terror half seiner Meinung nach nur noch größerer Terror. Einzelne Quellen sprechen von einem bloßen Wechsel der Tyrannis. 16 Der Rückkehrer begann mit der Liquidierung samnitischer Kriegsgefangener und endete mit der von Rittern und Senatoren.17 Bereits zwei Tage nach dem Sieg ließ Sulla etwa 6000 seiner Gegner in ein Gehege auf dem Marsfeld treiben und dort abschlachten. Zur gleichen Zeit tagte der Senat im nahen Tempel der Bellona. Während Sulla seine Rede hielt, drangen die Todesschreie der auf kleinstem Raum zusammengepferchten Menge bis in den Tempel, berichteten Augenzeugen. Die Senatoren seien entsetzt von ihren Sitzen aufgesprungen, doch Sulla habe sie beruhigt: Es würden nur einige Verbrecher gemaßregelt. Noch in letzter Minute, die eigene Niederlage schon vor Augen, hatte der Konsul von 82, Gaius Marius, Sohn des berühmten Marius und Cousin Caesars, die angesehensten Optimaten töten lassen. Die Leichen wurden
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in den Tiber geworfen. Das war eine Verzweiflungstat im Angesicht des Untergangs. 18 Mit Sulla folgte dann der ungeordneten Tötung die systematische. Selbst Plutarch, der freundliche Philanthrop aus dem Kleinstädtchen Chaironeia, stets bereit, das Gute in seinen Helden zu sehen, findet harsche Worte: „So hatte Sulla sich also aufs Morden gelegt und erfüllte mit Hinrichtungen ohne Maß und Zahl die Stadt.“ 19 Schlimmer als der Diktator, der er bald wurde, war freilich die Schar der Kriegsgewinnler, die sich ihm angeschlossen hatte, und nun den Lohn forderte. Sulla betrieb das Morden aus politischen Gründen, seine Anhänger verbrämten die Hinrichtungen nur politisch. Verdächtig war ihnen jeder, der ein Landgut hatte, das zu konfiszieren sich lohnte. Sulla musste die Geister, die er gerufen hatte, zufriedenstellen. Zu seinem Erbe zählen die Proskriptionen, auf die später auch Antonius und Augustus verfielen. Proscriptio bezeichnete zunächst nur die öffentliche Bekanntmachung von Gütern, war also eine Vermögenskonfiskation. Nun wurden mit den öffentlich ausgehängten Listen Menschen geächtet. Mit Sulla wurde die proscriptio hominis zum Schreckenswort, aber nicht zum Rechtswort, schrieb Theodor Mommsen. 20 Wer auf der Liste stand, galt als vogelfrei, sein Besitz verfiel dem Staat und wurde versteigert. Es gab Prämien für die Festnahme; Sklaven wurden aufgefordert, ihre Herren zu denunzieren; Angehörigen, die einem Proskribierten halfen, drohte die Todesstrafe. Söhne und Enkel der Geächteten verloren die bürgerlichen Ehrenrechte, ihr Vermögen wurde eingezogen. Der Diktator wollte sicherstellen, dass keiner von ihnen je wieder zu Amt und Einfluss kam. Sulla zelebrierte den Schrecken, indem er ihn sukzessive verbreitete. Am ersten Tag lasen die Bürger achtzig Namen auf der Liste, am zweiten standen 120 auf ihr und am dritten nochmals 120. Wer politisch verdächtig war oder reich genug, um es zu werden, konnte Tag für Tag zum Forum gehen, um sich zu überzeugen, ob er abends noch leben würde. Plutarch berichtet vom Fall des Quintus Aurelius. Auch er fand eines Morgens beim Gang auf das Forum seinen Namen auf der Liste. „O weh, mein Albanergütchen verfolgt mich!“, soll er noch gerufen haben, bevor ihn die Verfolger nach wenigen Schritten der Flucht niederschlugen.21 Appian, der Historiker aus Alexandria, ergänzt: „Von diesen Unglücklichen wurden die einen ganz unerwartet gefasst und ermordet, wo man sie gerade verhaftete, in ihren Wohnhäusern, auf den Straßen, in den Heiligtümern. Andere wurden von Häusern herabgestürzt, vor die Füße Sullas geworfen. Wieder andere schleiften sie durch die Stadt und trampelten auf ihnen herum, wobei vor Entsetzen keiner von den Zuschauern auch nur ein einziges Wort der Empörung zu äußern wagte. Weitere mussten in die Verbannung gehen, und wieder welche traf Vermögenskonfiskation. Die Verfolger durchstöberten alles nach jenen, die
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aus der Stadt geflohen waren, und liefen hin und her und brachten jeden von ihnen um, den sie zu fassen kriegten. Vielfach traf Mord, Verbannung und Enteignung auch die Italiker, die Carbo, Norbanus, Marius oder deren Unterfeldherrn gedient hatten. Strenge Gerichtsurteile ergingen gegen sie in ganz Italien, und verschiedene Anklagen wurden erhoben wegen Bekleidung eines militärischen Kommandos, wegen Dienstes im Heer, wegen Leistung von Zahlungen, wegen sonstiger Unterstützung oder überhaupt feindlicher Einstellung gegen Sulla. Gleichermaßen dienten gastliche Aufnahme, persönliche Freundschaft, gegenseitiges Borgen oder Leihen von Geld als Anschuldigungen. Ja, man wurde sogar schon wegen Gefälligkeit gegenüber einem verdächtigen Menschen oder wegen bloßer Reisebegleitung eines solchen gefasst, wobei solche Beschuldigungen meistens gegen reiche Leute verwendet wurden. Als man mit persönlichen Anklagen am Ende war, ging Sulla gegen die Städte vor und bestrafte auch diese, indem er ihre Zitadellen zerstören, ihre Mauern niederreißen, ihnen allgemeine Strafen auferlegen oder sie durch schwerste Tribute ausbluten ließ. In die Mehrzahl von ihnen verpflanzte er Kolonien aus dem Kreis seiner ehemaligen Kriegsgefährten, um so über ganz Italien hin Besatzungen zu haben, und verteilte Ländereien und Hausbesitz der Altbürger, indem er sie auf diese Soldaten übertrug. So schuf er sich in ihnen besonders treue Anhänger, selbst über seinen Tod hinaus; denn in der Überzeugung, ihres Besitzes nur dann sicher zu sein, wenn Sullas ganze Staatsordnung auf sicheren Füßen stehe, traten sie auch nach seinem Heimgang nachdrücklich für ihn ein.“ 22 Appian hat auch genaue Zahlen: Dreißig Senatoren und 1600 Ritter fielen den Proskriptionen zum Opfer. Insgesamt standen rund 4700 Bürger auf den Listen.
Den Proskriptionen entgangen Caesar zählte zu den üblichen Verdächtigen. Er war bereits im 19. Lebensjahr, sein Alter schützte ihn also nicht mehr, doch besaß er auch kein Gut, das zu konfiszieren sich lohnte. Er verlor aber die Mitgift seiner Frau und den Anspruch auf Erbschaften aus ihrer Familie. Sofern er noch Hoffnung auf die in Aussicht genommene Priesterwürde hatte, erledigte sich diese endgültig. Das war leicht zu verschmerzen. Gefährlich wurde ihm, dass er die Forderung des Diktators entschieden ablehnte, sich scheiden zu lassen. Er war nicht der einzige, den Sulla durch eine solch demütigende Forderung moralisch in die Knie zwingen wollte, aber er war der einzige – zumindest von denen wir noch wissen –, der sich nicht beugen wollte. So wuchs die Gefahr wieder, und Caesar floh vor einer möglichen Festnahme
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aus Rom. Er ging nach Samnium, wo Sulla viele alte Feinde besaß und sich nach seinem Sieg noch mehr neue gemacht hatte. Die Quellen dramatisieren die Geschichte. Fieberkrank habe Caesar mehrmals das Quartier gewechselt; die sullanischen Patrouillen dicht auf den Fersen, sei er von Versteck zu Versteck gehetzt. Schließlich sei er so schwach gewesen, dass er sich von einem Haus ins andere tragen lassen musste. Entkommen sei er letztlich nur, weil er die „ausgesandten Spürhunde“ mit großen Geldsummen bestach. Zwei Talente oder 12 000 Denare investierte er in sein Leben. Schließlich gelang eine Vermittlung. Die Vestalinnen und zwei angesehene Verwandte mütterlicherseits, die nicht politisch belastet waren und die in der nachsullanischen Ära beide schnell zum Konsulat aufstiegen, erreichten eine Begnadigung. 23 Sulla ist der einzige wichtige Lehrmeister Caesars, den wir mit Namen kennen. Die kurze Spanne vom Tode Cinnas bis zum Tode Sullas sind Caesars wahre Lehrjahre, fast alles, was er wurde, wurzelt in dieser Zeit. Caesar hatte niemals Zutrauen zur Politik und ihren Möglichkeiten. Bei einem Patt der Kräfte mochte sie dienlich sein, sonst nicht. Er lernte, in Notlagen auf Gewalt zu vertrauen, aber ihr Übermaß zu verabscheuen. So gesehen verdanken zahlreiche Gegner Caesars ihr Leben den Proskriptionen Sullas.
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Ein aufstrebender Aristokrat Bewährung Caesar war begnadigt, aber noch war die Gefahr nicht ganz ausgestanden. Er musste sich unter Aufsicht an der Front des Imperiums bewähren. Diese lag damals in Kleinasien. Mithridates war geschlagen und hatte sich zurückgezogen, an der Küste hielten sich aber noch einzelne ehemalige Verbündete wie die Mytilener auf Lesbos. Lucullus hatte ihnen im Jahre 84 eine Niederlage vor den Toren der Stadt zufügen können, diese aber nicht zu erobern vermocht. 1 Das sollte nun der Statthalter von Asia, M. Minucius Thermus, besorgen. Thermus war ein überzeugter Anhänger Sullas, im anderen Fall wäre er nicht mit dieser wichtigen Provinz bedacht worden. Caesar wurde im Jahre 80 zu ihm entsandt, er stand also unter Kontrolle. Als junger Nobilis brauchte er gemeine Rekrutendienste selbstverständlich nicht zu leisten. Er gehörte als Offizier zum Stab des Statthalters, war aber gleichzeitig eine Art Lehrling des Militärhandwerkes. Er sollte es wie kein Zweiter dieses kriegerischen Jahrhunderts lernen. Die erste Aufgabe führte in die Etappe. Er wurde zum König Nikomedes IV. von Bithynien beordert, um von dort eine Flotte zum Einsatzort auf Lesbos zu bringen. Danach begann der Sturm auf Mytilene. Der junge Caesar war beim Mauerkampf dabei und bildete damit eine Ausnahme unter seinen Standesgenossen, über die er sich später verächtlich äußerte. Eine der wenigen sarkastischen Stellen im bellum Gallicum behandelt das Verhalten der jungen Offiziere kurz vor dem Kampf mit dem Germanenkönig Ariovist. Die einen hätten sich unter den verschiedensten Vorwänden nach Rom beurlauben lassen, die anderen sich in ihren Zelten versteckt, gejammert, ihr Schicksal beklagt und Testamente verfasst. 2 Caesar selbst wird später auch als Feldherr immer in vorderster Linie stehen – oder zumindest behaupten, dies zu tun. Nach der Erstürmung von Mytilene erhielt Caesar vor versammeltem Heer aus der Hand des Feldherrn einen Eichenkranz, die sogenannte Bürgerkrone. Damit wurde ausgezeichnet, wer einen Mitbürger aus Todesgefahr gerettet hatte. Er trug die Auszeichnung noch lange bei feierlichen Anlässen. Sogar die Senatoren erhoben sich von den Plätzen, wenn ein Inhaber der Bürgerkrone zu den öffentlichen Spielen erschien. 3 Nach dem Fall von Mytilene kehrte Caesar sofort nach Bithynien zurück. Er behauptete, dort eine Geldsumme eintreiben zu müssen, die irgendjemand einem Freigelassenen, seinem Klienten, schuldete. Dass ein Patron sich so für einen Klienten einsetzte, war löblich, aber auch unge-
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wöhnlich. So fand Caesar keinen Glauben mit seiner altruistischen Begründung. Nach der strengen Erziehung lockte ihn offenbar das großzügige Leben am bithynischen Königshof. Schnell verbreiteten sich Gerüchte, es sei nicht allein der Hof, sondern auch der König, die ihn dorthin zogen. Er wurde diese Nachrede nie mehr los, und je mehr er es versuchte, sogar einen Eid schwor, desto hartnäckiger hielt sie sich. Klatsch war eine Sache, an der alle Stände Roms ihre Freude hatten. Der Dichter Licinius Macer Calvus kleidete das Gerede in vielzitierte Verse, Ciceros oft angenehm boshafte Feder berichtete von ihm in zahlreichen Briefen, der Konsul Bibulus besprach es in seinen Edikten. Vor allem in den Reden des Senats versäumte es kaum einer seiner Gegner, darauf anzuspielen. Caesar musste sich in der heiligen Kurie „königliche Mätresse“, „Innenseite des Königslagers“, „Stall des Nikomedes“ oder schlicht regina, „Königin“, nennen lassen. Er mochte es dementieren, so viel er wollte, der Aufenthalt in der bithynischen Etappe blieb Gesprächsstoff. Noch fast 35 Jahre später skandierten, johlten und pfiffen die Legionäre während des gallischen Triumphzuges zur letzten Freude des Vercingetorix: „Gallien unterwarf der Caesar, Nikomedes Caesar einst. Siehe, Caesar triumphiert jetzt, der die Gallier unterwarf! Nikomedes triumphiert nicht, der den Caesar unterwarf.“ 4 Der Diktator trug das schließlich mit mehr Fassung als die Mehrzahl der modernen Historiker. Eine Geliebte wie Servilia oder Kleopatra mochten sie ihrem Helden noch zubilligen, ein Liebhaber aber ging zu weit. Caesar blieb in Kleinasien, während die Statthalter wechselten. Der neue Prokonsul von Kilikien hieß im Jahre 78 Servilius Vatia, und er ging, wie seine Vorgänger, energisch das größte Problem dieser Provinz an: die Seeräuberei. Caesar nahm an dem Feldzug teil und wartete ansonsten auf Nachrichten aus Rom. Schon 78 kam das erhoffte Signal zum Aufbruch: Der Diktator war tot. Caesar kehrte sofort zurück, eine neue Politik schien möglich. Einer der früheren Günstlinge Sullas, der Konsul von 78, Aemilius Lepidus, wandte sich von seinem toten Förderer ab und versprach, enteignetes Land – ausgenommen dasjenige, welches er selbst bei den Proskriptionen reichlich ersteigert hatte – zurückzugeben, Verbannte zurückzurufen, überhaupt sullanische Gesetze zu annullieren. Für Lepidus garantierte Caesar als enger Verwandter von Marius und Cinna weitere Anhängerschaft, und so bemühte er sich, ihn zu gewinnen. Caesar war klüger: Er wusste, dass noch zu viele Nutznießer der Diktatur in Amt und Würden und die Zeiten nicht reif waren, die Entwicklung zurückzudrehen. Deshalb ließ er sich auf keine Abenteuer ein. 5 Er sollte Recht behalten: Lepidus imitierte Sulla, marschierte ebenfalls auf Rom – und war im Jahre 77 tot. Caesar konnte sich nur langsam profilieren. Nach den militärischen Erfahrungen musste er sich nun als Redner und Jurist erweisen; eine entsprechende Ausbildung hatte er erhalten. Es war gar nicht notwendig, die von
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ihm angestrengten Prozesse auch zu gewinnen, wichtig war nur die Aufmerksamkeit, die der Anwalt auf sich zog. Die Prozesse fanden auf dem Forum statt, Caesar konnte alte Anhänger seiner Familie um sich scharen und neue für seine Person gewinnen. Seine ersten Gegner waren Repräsentanten des alten Systems. In gewisser Weise lässt sich sagen, dass es auch gar keine anderen gab. Trotzdem lag darin eine Zielrichtung: Caesar wollte die Familientradition wahren und sich einer popularen Politik verschreiben. Er gewann damit zwar keine Prozesse, jedoch rasch Sympathien in der plebs. Im Jahre 77 war der Konsul von 81, Cornelius Dolabella, von seiner zweijährigen Amtszeit als Statthalter von Makedonien nach Rom zurückgekehrt. Der Senat bewilligte ihm einen Triumphzug, doch gleichzeitig kamen griechische Untertanen, um sich über die Ausbeutungspraktiken des Geehrten zu beklagen. Sie fanden den jungen Caesar als Vertreter ihrer Interessen, und dieser zog nun Dolabella vor den ständigen Gerichtshof, der mit Repetundenangelegenheiten betraut war. Darunter fielen Raub, Beschlagnahme, Unterschlagung, Erpressung und ähnliches. Es gab kaum einen römischen Statthalter, der sich nicht mindestens eines dieser Vergehen schuldig gemacht hätte, und so hatten die Repetundenprozesse etwas Beliebiges, abgesehen vielleicht von dem exemplarischen Verfahren gegen Verres. Dolabella ließ sich von den berühmtesten Anwälten vertreten, doch diese Ausgabe wäre nicht nötig gewesen: Sulla hatte die Gerichtsbänke wieder mit Senatoren besetzt, und Senatoren verurteilten nur in Ausnahmefällen einen Standesgenossen. Dolabella wurde freigesprochen.6 Die Griechen fühlten sich trotzdem gut vertreten, und im folgenden Jahr klagte Caesar den Gaius Antonius, den späteren Mitkonsul Ciceros, an. Antonius war im zweiten Mithridatischen Krieg, um das Jahr 84, Reiterpräfekt in Griechenland gewesen und hatte seine Stellung dazu benutzt, sich dort zu bereichern – wie viele andere, nur viel schamloser. Wie Plinius berichtet, hing ihm der Spottname hybrida an, ein Wort, das die erfolgreiche Kreuzung von Haus- und Wildschwein bezeichnete. 7 Caesar warf Antonius räuberische Erpressung vor. Da niemand an der Berechtigung dieses Vorwurfes zweifelte und Antonius noch nicht die Lobby eines Dolabella besaß, wäre er aus Versehen beinahe verurteilt worden. In letzter Minute appellierte er an die Volkstribunen, es sei keine unparteiische Verhandlungsführung zu erwarten – und entkam. 8 Caesar konnte dennoch zufrieden sein, viel mehr war bei diesen ersten Auftritten nicht zu erwarten gewesen. Immerhin war er auch als Redner ein Anfänger und immer noch ohne Senatssitz. Dazu musste er erst 30 Jahre alt und Quästor werden.
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Lohn der Angst Caesar vertrieb sich die Wartezeit mit einer neuen Reise in den Osten. Im Jahre 75 brach er zur Insel Rhodos auf, Bithynien stand ebenfalls auf dem Programm. Daneben gab es viele weitere Gründe für die Fahrt. Caesar selbst vermerkt die Liebe zur Wissenschaft: Er wolle bei dem berühmten Rhetor und Grammatiker Apollonios, Sohn des Molon, studieren. Durch einen Aufenthalt in Rom war Apollonios vielen Senatorensöhnen bekannt. Caesars rhetorische Fähigkeiten hatten schon Anerkennung gefunden, aber es schadete nicht, sie noch zu verbessern. In Gefahr war Caesar trotz der beiden Prozessniederlagen nicht mehr. Die sullanische Restauration dauerte fort, aber ihre Kraft war schon gebrochen. Neue Koalitionen deuteten sich an. Ohne Caesar Übles zu wollen, dürfen Geschäftsinteressen als Grund der Reise angenommen werden: Noch war er kein Senator, noch waren ihm also Geldgeschäfte nicht verboten. In privater Eigenschaft reisten römische Bürger häufig in den Osten, um beispielsweise Kredite zu vergeben. Atticus nahm zwölf Prozent, Brutus auch schon einmal 48. Caesar selbst hatte seinen Aufenthalt am Hof des Nikomedes mit Geldangelegenheiten begründet, und diese spielten mit Sicherheit auch 75 eine Rolle. Welche, wissen wir freilich nicht. Die Gewässer, durch die der Seeweg führte, galten den Römern als verseucht von Piraten. Caesar fuhr im Winter, denn zu dieser Jahreszeit war das Risiko etwas geringer, weil auch die Seeräuber die Stürme der Ägäis fürchteten. Dennoch war seine Reise bereits in der Nähe der Insel Pharmakussa, südlich von Milet, zu Ende. Piraten hatten das Schiff mit dem wertvollen Aristokratensohn aufgebracht und versuchten nun, für ihn Lösegeld zu erpressen. Die seltsamste Episode in dem an Abenteuern reichen Leben Caesars begann, und die Biographen haben sie in relativ ausführlicher Weise erzählt. Kein Ereignis vor Caesars Auftritt in der Catilinarischen Verschwörung im Dezember 63 hat sie mehr beschäftigt. Die Moderne hat aus dieser Episode vor allem Rückschlüsse auf den Charakter Caesars ziehen wollen. Genau dies aber ist kaum möglich. Dass Caesar Mut besaß und ein kalkulierbares Risiko nicht scheute, belegt seine ganze Vita. Die Seeräubergeschichte bietet da nichts Neues. Sie ist aber auf ganz andere Weise von Interesse, denn sie zeigt eine von Caesars großen Fähigkeiten, die ihm den Aufstieg zur Macht ermöglichte, in einem frühen Stadium. Es ist das Vermögen, die eigenen Absichten propagandistisch zu verbrämen, das eigene hinter dem Gesamtinteresse zu verbergen, sich selbst im gewünschten Licht der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wenn wir die Reaktion der Moderne überblicken – die der Antike kennen wir nicht –, hat Caesar sein Ziel erreicht. 9 Die kleine Seeräubergeschichte ist das erste Zeugnis von Caesars Dar-
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stellungskunst, eine Art bellum Gallicum in nuce. Vier Fassungen gibt es noch. Sie sind von unterschiedlicher Länge, differieren in der Chronologie, stimmen aber, von der einen oder anderen kleinen Ausschmückung abgesehen, selbst im Detail weitgehend überein. Über Zwischenquellen gehen sie alle auf eine einzige, wohl nicht lange nach Caesars Tod publizierte Biographie zurück. Die erzählte Geschichte kann in ihrem Kern von niemand anderem als von Caesar selbst stammen. Er ist der einzige Zeuge, er hat sie nach seiner Rückkehr erzählt und für ihre Verbreitung gesorgt: „Nachdem Dolabella freigesprochen worden und Antonius einer Verurteilung entgangen war, beschloss Caesar, sich für einige Zeit auf die Insel Rhodos zurückzuziehen. Er tat dies zum einen, um der gehässigen Stimmung gegen ihn aus dem Wege zu gehen, zum anderen, um dort in Ruhe und Muße bei Apollonios, dem Sohn des Molon, zu studieren. Dieser war damals der berühmteste Lehrer der Rhetorik. Er trat die Fahrt dahin an, als die Winterzeit bereits vorgerückt war, und wurde dabei nahe der Insel Pharmakussa von Seeräubern gefangen. Sie verfügten schon damals über große Flotten und beherrschten mit einer riesigen Menge von Schiffen das Meer. Zuerst lachte er die Seeräuber aus, als sie nur 20 Talente Lösegeld forderten. Sie wüssten nicht, was sie da für einen Fang gemacht hätten. Er bot ihnen von sich aus 50 Talente an und schickte seine Begleiter in die einzelnen Städte, um das Geld aufzutreiben. Er selbst blieb mit einem Freund und zwei Dienern bei diesen mordgierigen Kilikiern zurück. Er hatte vor ihnen so wenig Respekt, dass er ihnen jedesmal, wenn er sich schlafen legte, befehlen ließ, sie sollten still sein. 38 Tage lebte er so bei ihnen, und sie schienen eher seine Leibwache als er ihr Gefangener zu sein, so furchtlos trieb er Spiele und sportliche Übungen mit ihnen. Er schrieb Gedichte und Reden und trug sie ihnen vor, und diejenigen, die ihm keine Bewunderung dafür zollten, nannte er frei heraus ungebildete Kerle und Barbaren, und oftmals drohte er ihnen lachend, er werde sie aufhängen lassen. Die Piraten hatten ihren Spaß daran und hielten seine freimütigen Reden für harmlosen Scherz ohne weitere Bedeutung. Sobald jedoch das Lösegeld aus Milet eingetroffen und Caesar frei war, mietete er sofort einige Schiffe im Hafen von Milet und fuhr gegen die Seeräuber aus. Er fand sie noch bei der Insel vor Anker liegen und nahm die meisten von ihnen gefangen. Ihr Geld beschlagnahmte er als seine Beute, die Männer aber brachte er nach Pergamon ins Gefängnis und reiste selbst zu Iuncus, dem Statthalter der Provinz Asia, der die Gefangenen abzuurteilen hatte. Dieser war von dem Geld sehr angetan – es handelte sich um eine beträchtliche Summe –, aber was die Gefangenen anging, so erklärte er, er wolle sich bei Gelegenheit einmal ihrer annehmen. Daraufhin nahm Caesar ohne Rücksicht auf ihn die Sache selber in die Hand, reiste nach Pergamon zurück und ließ die Seeräuber alle ans Kreuz schlagen, wie er es ihnen scheinbar im Scherz auf der Insel so oft vorausgesagt hatte.“ 10
Was Caesar genau berichtete, ist in seinem Wortlaut nicht bekannt. Vermuten lässt sich, dass die Geschichte erst im Laufe der Zeit ihre endgültige Gestalt annahm, sich literarisch verdichtete und auch die leicht humoristi-
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schen Züge erhielt, die nach häufiger Wiederholung das Moment der Spannung ersetzen. Grillparzer hätte der Geschichte die Idee für „Weh’ dem, der lügt“ entnehmen können, und der junge Brecht plante nach der Lektüre Plutarchs, eine Komödie über den Stoff zu schreiben. Der unbekannte Biograph, dessen Fassung Plutarch und Velleius Paterculus wiedergeben, nahm auf, was zu Caesars Lebzeiten noch über die Episode verbreitet war. Sie handelt weniger von Caesars Taten als davon, wie er diese gesehen haben wollte: Zeugnis seiner Darstellungskunst, nicht seiner Tatkraft. Einige Fragen ließ Caesar offen. Sie sind vordergründig juristischer Art, doch letztlich ging es im Konflikt mit dem Statthalter Iunius Iuncus profanerweise um das Geld, das Caesar damals nicht hatte. Ob Iuncus ebenfalls am Lösegeld partizipieren wollte oder in irgendeiner Weise mit den Piraten paktierte, da sie ihm halfen, den Sklavenmarkt der Insel Delos zu bedienen, bleibt im Dunkel solcher Geschäftspraktiken. Zeitgenössische Zeugnisse wie das des Historikers und Geographen Strabon lassen entsprechende Vermutungen nicht abwegig erscheinen. „Besonders aber … reizte die höchst gewinnreiche Ausfuhr von Sklaven; sie waren nämlich leicht einzufangen, und ein großer und geldreicher Markt war gar nicht fern [von Kilikien], die Insel Delos, welche viele Tausende von Sklaven an einem Tag aufnehmen und absetzen konnte, so dass daher auch das Sprichwort entstand: ‚Kaufmann, segle heran und lade aus, alles ist verkauft.‘ Die Ursache war, dass die nach Karthagos und Korinths Zerstörung reich gewordenen Römer vieler Sklaven bedurften. Da nun die Seeräuber diesen leichten Absatz sahen, brachen sie in Massen hervor, trieben Seeraub und verkauften Sklaven.“ 11 Letztlich setzte Caesar sich aber durch. Das Lösegeld zahlte er an die kleinasiatischen Städte wohl nicht zurück. Immerhin hatten sie ihre Aufgabe, den Schutz der Küste, vernachlässigt. Hinzu kam die Beute, die Caesar in den aufgebrachten Piratenschiffen beschlagnahmen konnte. Er hatte sich das verdient. Auch wenn der Held es nicht zugeben will: Wer mehrere Wochen in der Gefangenschaft „kilikischer Mordbrenner“ war, wird auch einmal Angst gehabt haben. Bei späteren Fahrten rührte sich jedenfalls die Furcht vor Piraten. So tarnte sich Caesar bei einer Überquerung der Adria, indem er ein unauffälliges, nur von zehn Sklaven gerudertes Schiff wählte und sich nur von zwei Freunden begleiten ließ. Trotzdem befielen ihn Angsthalluzinationen. Eine lange Reihe von Bäumen an der Küste hielt er für die Masten einer Seeräuberflotte und rüstete sich schon zur Abwehr des vermeintlichen Überfalls. 12
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Rettung der Provinz Asia und erste Ämter Noch von Rhodos aus, wo er – wenn auch verspätet – doch noch gelandet war, soll ihm 74 eine weitere Ruhmestat gelungen sein: Mithridates hatte damals erneut, zum dritten und letzten Mal, den Krieg gegen Rom eröffnet. Vorausabteilungen des Königs wurden in die Provinz Asia entsandt, um Unruhe zu stiften. Dieses Vorhaben scheiterte freilich an Caesar. Auf die Nachricht von der Invasion fuhr er sofort zum Festland hinüber, sammelte auf eigene Faust Truppen und rettete Asia. Die Reaktion des eigentlich zuständigen Statthalters ist unbekannt. Etwas später, etwa im Jahre 73, vermeldet eine Inschrift den Aufenthalt eines Legaten namens Gaius Julius in der südpeloponnesischen Hafenstadt Gytheion. Vermutlich war dies Caesar höchstpersönlich, der von dort aus Maßnahmen im Kampf gegen die Seeräuber koordinierte. Im Vorjahr hatte nämlich der Senat eine neuerliche und vergebliche Kampagne unter dem Kommando des Prätors Marcus Antonius Creticus angeordnet.13 Von Gytheion führen die Spuren dann wieder nach Rom. Bis zum Beginn des Bürgerkriegs war Caesar nicht mehr im Osten. Sein Betätigungsfeld verlagerte sich in den sechziger Jahren nach Spanien und später nach Gallien. In Rom hatte inzwischen das Kollegium der fünfzehn pontifices Caesar in Abwesenheit für einen verstorbenen Konsular in seinen Kreis aufgenommen. Das geschah durch Kooptation. Die amtierenden Priester benannten zunächst einen Kandidaten, und dann musste dieser mit einfacher Mehrheit von den Tributkomitien – also von neun von siebzehn Tribus – gewählt werden. Ohne Zustimmung der pontifices gelangte niemand in diesen Zirkel. Obwohl dort mehrheitlich Optimaten vertreten waren, verlief Caesars Zuwahl offenbar unproblematisch. Mit dem Konsul von 79, Servilius Vatia Isauricus, befand sich auch ein früherer Vorgesetzter unter den Priestern, unter dessen Aufsicht Caesar sich bewährt hatte. Der Verstorbene, dessen Stelle neu besetzt werden musste, war ein Neffe von Caesars Mutter Aurelia. Die Verwandtschaft mag geholfen haben. Das Erbe des Marius und des Cinna spielte keine große Rolle mehr. 14 Für das Jahr 71 wählte das Volk Caesar mit hoher Stimmenzahl zum Militärtribunen: Er konnte mit seinen Kollegen im Amt eine Legion befehligen. 15 Erwähnenswert ist das jedoch kaum. Das Militärtribunat war eine untergeordnete Station in der Laufbahn eines römischen Aristokraten. In jenem Jahr 71 aber kam der große Aufstand des Spartacus in seine letzte und entscheidende Phase. So ist es möglich, dass auch Caesar als Militärtribun an der Niederschlagung der Sklavenrevolte beteiligt war, denn im bellum Gallicum gedenkt er dieses tumultus servilis, wie er ihn nennt.16 Meriten verdiente er sich jedoch in keinem Fall. Die erwarben die späteren Kollegen im Triumvirat, Crassus und Pompeius. 17
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Im Schatten Pompeius Die siebziger Jahre waren ein Jahrzehnt, das von einem Politiker popularer Prägung Mut, Anpassung und Verstellung erforderte. Das war freilich nichts Besonderes. Wer aufsteigen wollte, benötigte diese Eigenschaften. Vielleicht lernte der junge Caesar auch gerade unter diesen erschwerten Bedingungen, seine Kräfte anzuspannen und zu konzentrieren. Seine Karriere war nur vorübergehend blockiert und verlief später dann sogar schneller als die der meisten Altersgenossen, und genau dies veranlasste Mommsen ja dazu, Caesars Alter nach oben zu korrigieren. Caesar agierte in den siebziger Jahren vorsichtig, aber nicht so, dass ihm in Zeiten eines nicht mehr so fernen politischen Wechsels Opportunismus nachgesagt werden konnte. Er befürwortete einen Antrag des Tribunen Plautius, den Anhängern des Lepidus und des Sertorius die Rückkehr zu gestatten. 1 Das war ein Beitrag zur Versöhnung, ähnlich dem, den der Historiker Sallust später leisten sollte, als er mit seiner Biographie über Catilina zwischen den Parteigängern Caesars und Catos vermitteln wollte. Als Caesar schließlich „Kräfte“ unterstützte, 2 die den Volkstribunen wieder in seine alten Rechte einsetzen wollten, besaß dies schon nichts Aufrührerisches mehr, denn hinter diesen Kräften verbargen sich die mächtigsten Männer der Zeit. Caesar hatte kein anderes Ziel als den regulären Gang durch die Institutionen. Er wusste, dass dieser ihn an die Spitze des Staates führen konnte. Caesar war durch und durch Beamter, er war kein Revolutionär und schon gar kein Außenseiter. Diese Rolle kam, sofern sie wörtlich genommen wird, einem anderen zu, dessen Aufstieg schneller und glänzender war. Pompeius wurde 106 geboren, in der Zeit der Kimbern- und Teutonenstürme. Er war neun Jahre jünger als Crassus, sechs Jahre älter als Caesar, gleichaltrig mit Cicero. Dessen Briefen ist es zu danken, dass wir über die Beziehung dieser vier Politiker seit Ende der sechziger Jahre ungewöhnlich gut unterrichtet sind. Cicero mag sich in vielen Einschätzungen getäuscht haben, aber er tat dies in stilistisch unübertrefflicher Weise. Pompeius und er teilten nicht nur das Geburtsjahr, sondern auch die ersten militärischen Erfahrungen. Beide kämpften während des Bundesgenossenkrieges im Heer des Pompeius Strabo, beide traten später auf die Seite Sullas. Danach trennten sich ihre Wege und fanden erst wieder zusammen, als sie abwärts führten.
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Pompeius’ Aufstieg begann mit Sullas Rückkehr aus Asien im Jahre 82, als er, der damals nichts anderes war als ein reicher Privatmann mit einem berühmten Vater – dem genannten Pompeius Strabo – aus der Klientel der Familie und den Veteranen des Vaters drei Legionen rekrutierte, um den Heimkehrer zu unterstützen. Ab da hielt sich Pompeius über drei Jahrzehnte, länger als jeder andere seiner Standesgenossen, im Zentrum der Macht. Seine vielfältigen militärischen Erfolge, ob in Sizilien, in Afrika, Spanien oder Asien, verstärkten seinen politischen Einfluss. Erst als das glanzvolle Feldherrenimage zu bröckeln begann, Caesar die Siege für Rom errang, die vorher Pompeius gehörten, sank dessen Stern, ohne allerdings unterzugehen. Wenn sich auch die Senatoren in den fünfziger Jahren heimlich über den Mann lustig machten, den sie als möglichen neuen Sulla jahrelang gefürchtet hatten, so brauchten sie ihn doch gegen den, der nun ihre Stellung bedrohte, gegen Caesar. So untergrub dieser mit seinen Erfolgen in Gallien zwar Pompeius’ vorrangige Stellung, sein Prinzipat, garantierte ihm aber gerade dadurch das politische Überleben, denn Caesars Gegner hatten sonst niemanden, den sie ihm entgegenstellen konnten. Das freilich war in den siebziger Jahren noch ferne Zukunft, die Gegenwart hingegen so, dass ein Pompeius von Caesar keinerlei Notiz nehmen musste. Während sich dieser immer noch vor Sullas Fahndern versteckte, erhielt jener, inzwischen auch Schwiegersohn des Diktators, bereits einen ersten Triumphzug zugesprochen: Pompeius saß weder im Senat, noch hatte er das vorgeschriebene Alter; er war weder Prätor noch Konsul gewesen, doch selbst der mächtige Sulla mochte ihm schließlich die Ehre nicht verweigern. Während Caesar sich mit kilikischen Piraten herumschlug, kämpfte Pompeius, vom Senat mit einem außerordentlichen Kommando ausgestattet, gegen die letzten Gegner der sullanischen Reformen. Während Caesar unbemerkt von der Geschichte als Tribun mit rebellierenden Sklaven kämpfte, schlug Pompeius gleichsam en passant die Überreste des Spartacusheeres und schritt zum zweiten Mal als triumphierender Feldherr die Stufen zum Jupitertempel auf dem Kapitol hinauf. 3 Nach ihren militärischen Erfolgen bewarben sich Pompeius und Crassus um das Konsulat des Jahres 70. Die Standesgenossen hatten beiden zu danken, auch wenn sie es nicht gerne taten. Zwar wurden die Konsuln von der Volksversammlung – genauer: von den Zenturiatskomitien – gewählt, doch das Volk wählte das, was die Nobilität ihm sagte. Pompeius und Crassus wurden die legalen Erben Sullas, und in dieser Eigenschaft konnten sie darangehen, die Reformen, die sie selbst so lange verteidigt hatten, wie sie ihnen nützlich schienen, wieder aufzubrechen. Das Problem, das die Senatoren mit den Rittern hatten, war durch Sulla weitgehend gelöst worden, der Ritterstand erholte sich in der kurzen Zeit, die der Republik noch blieb, nicht mehr von dem doppelten Aderlass, der Li-
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quidierung und Beförderung hieß. Die Konsequenz war, dass die Senatoren ihre Fehden um die Macht nun ganz allein unter sich austragen konnten, bis sich am Ende in Augustus der einzige Nutznießer fand. Im Jahre 70 trat aber zunächst eine Entspannung ein. Die erste Phase der Bürgerkriege hatte mit dem Tod des Sullagegners Sertorius und der Niederlage seiner Anhänger in Spanien ihr Ende gefunden. Es herrschte über zwei Jahrzehnte relative Ruhe, bevor Caesar und Pompeius mit Unterstützung der übrigen Aristokraten einen neuen Bürgerkrieg anzetteln sollten. Es mussten erst wieder Kräfte gesammelt werden, um diesen auch effektiv führen zu können.
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Abb. 5: Münze des Pompeius mit NeptunDreizack. Prägung 44/43 v. Chr. Staatliches Münzkabinett, Berlin.
Quästor In Zeiten des Friedens verlaufen Karrieren langsamer. Den Krieg, den Caesar führen musste, um sein Ansehen und das Territorium des Reiches zu mehren, konnte er frühestens im 38. Lebensjahr bekommen, nämlich nach Ablauf seiner Prätur in Rom. Diese galt es zu erreichen, wenn möglich suo anno. Dazu musste er auf sich aufmerksam machen, ohne sich allzu weit von der politischen Hauptströmung zu entfernen. In ihr schwamm es sich leichter. Der Kurs, den die Konsuln Pompeius und Crassus verfolgten, kam ihm entgegen. Sie sind die von Sueton nicht namentlich genannten „Kräfte“, die Caesar unterstützte, denn die Wiederherstellung der alten Rechte der Volkstribunen war ein Programmpunkt der Popularen. Sicherlich gehörte Caesar auch zu den Befürwortern eines Gesetzes, das der Prätor Aurelius Cotta Ende des Jahres 70 beantragte. Ihm zufolge mussten die Senatoren ihre Sitze in den Geschworenengerichtshöfen, die ihnen Sulla zur ausschließlichen Nutzung zugesprochen hatte, nun mit Rittern und Ärartribunen teilen. 4 Letztere lagen noch unter dem Zensus, der damals für Ritter galt, einem Mindestvermögen von 400.000 Sesterzen, und haben sich als eigene Gruppe nie sonderlich profiliert. Caesar war zu diesem Zeitpunkt bereits zum Quästor gewählt worden, im Jahre 70 saß er in dieser Eigenschaft nun zum ersten Mal neben 19 weiteren Debütanten auf den harten Senatsbänken. Der Quästor war mit Fragen der Finanzverwaltung befasst, entweder in Rom selbst oder in einer
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der Provinzen als Gehilfe des Statthalters. Seine Hauptaufgabe aber war es, Ädil zu werden. Das war ein Nadelöhr in der Karriere, denn diese Stelle wurde nur an vier Kandidaten pro Jahr vergeben. Caesar ging in die Provinz, und zwar in die Hispania Ulterior. Dort gab es beim amtierenden Proprätor mehr zu lernen als in Rom. Caesar verwaltete nicht allein die Feldkasse, er bereiste auch in Vertretung des Statthalters verschiedene „Kreistage“, um Recht zu sprechen – und erledigte vielleicht auch die eine oder andere kleinere militärische Mission. 5 Noch vor seiner Abreise nach Spanien hatte Caesar im Jahre 69 zuerst seine Tante Julia und dann seine Frau Cornelia begraben müssen. An der großen Trauer um seine erste Frau, mit der gemeinsam er Sullas Repressalien überstanden hatte, besteht kein Zweifel. Dennoch waren aristokratische Begräbnisse in Rom auch immer Werbeveranstaltungen. An der Via Appia standen Begräbnisrotunden wie antike Litfasssäulen. Je näher sich die Denkmäler zur Stadtgrenze befanden, desto teurer wurden die Grundstücke, auf denen sie errichtet wurden. Gelegentlich publizierten die römischen Aristokraten ihre Trauerreden, und Sueton lag offenbar noch ein Auszug dessen vor, was Caesar seiner Tante und sich zu Ehren gesagt hatte: „Meiner Tante Julia mütterliches Geschlecht stammt von Königen; das väterliche ist mit den unsterblichen Göttern verwandt. Denn von Ancus Marcius stammen die Marcii Reges, deren Namen meine Mutter führte; von Venus die Julier, zu deren Geschlecht unsere Familie gehört. Es ist also in diesem Stamme hier die unverletzliche Majestät der Könige, die auf Erden die meiste Macht haben, dort die Heiligkeit der Götter, deren Untertanen die Könige selbst sind.“ 6 Unter Königen und Göttern tat es der junge Caesar nicht, und am Ende seines Lebens wurde er ja auch beides, das erste in den Augen seiner Gegner, das zweite in denen seiner Freunde. Die Tante war die Witwe des Marius gewesen. Dies nutzte Caesar, um sich beim Volk in das rechte populare Licht zu rücken. Sulla hatte eine damnatio memoriae verfügt. Der Leichnam des Marius wurde aus dem Grab gerissen, seine Denkmäler gestürzt, alles das, was an ihn erinnerte, zerstört. Nun ließ Caesar nach langer Zeit des Verbots im Leichenzug wieder die Bilder des Marius zeigen. Die Sullaner empörten sich, das Volk jubelte. Caesars Risiko war nicht hoch. Die Pietät gebot ihm, die Götter mehr zu fürchten als die Menschen. Mit griechischer Bildung vertraut, kannte er sicherlich die „Antigone“ des Euripides. Auch die Leichenfeier für die Gemahlin auf dem Forum verlief nicht ohne Provokation. Caesar übertrat zwar keine Verbote, sprengte aber Konventionen. Leichenreden für Frauen hatten sich erst allmählich durchgesetzt, für ältere Aristokratinnen war dies inzwischen schon Brauch. Für eine jung Verstorbene hatte aber noch niemand eine Rede gehalten. Cae-
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sar tat es als erster, und das Volk liebte ihn dafür, hielt es ihn doch seinerseits für einen liebenden Ehemann und Vater. 7 In Spanien lernte Caesar schnell, und so war er der Quästur bald überdrüssig. Er bat um seine frühzeitige Entlassung und verließ das Land. Zuvor hatte er noch eine Begegnung mit einem berühmten Vorgänger. In Gades sah er vor dem dortigen Herakles-Tempel eine Statue Alexanders des Großen. Für den Biographen Sueton war dies der Grund der frühen Amtsmüdigkeit. „Beim Anblick des Standbildes Alexanders des Großen in der Nähe des Herkules-Tempels musste er laut aufseufzen, und wie angewidert über seine eigene Untätigkeit – hatte er doch in einem Alter, in dem Alexander schon die Welt erobert hatte, noch nichts Bemerkenswertes geleistet – forderte er sofort seine Entlassung.“ 8 Um fristgerecht ein neuer Alexander zu werden, blieben Caesar damals gerade noch elf Monate, denn sein Vorbild war noch vor Erreichen des 33. Geburtstages an psychischer und physischer Zerrüttung gestorben. Caesar reiste zunächst in die Transpadana, die Region nördlich des Po. Von den Bürgerrechtsverleihungen an die Italiker am Ende des Bundesgenossenkrieges hatten nur die südlichen Gemeinden profitiert. Auf der anderen Flussseite wuchs die Unzufriedenheit, für einen popularen Politiker die Gelegenheit, sich für eine Sache einzusetzen, die ihm möglicherweise eine neue Klientel einbrachte. Das latinische Recht genügte den Transpadanern nicht mehr, denn es gewährte nur denen das Bürgerrecht, die es zu einem Gemeindeamt brachten. Caesar soll die Gemeinden sogar zum bewaffneten Kampf ermuntert haben. Angeblich verhinderte diesen nur die Präsenz zweier Legionen, die zum Kampf gegen Mithridates bestimmt waren, aber vom Senat so lange zurückgehalten wurden, bis sich die gefährliche Lage stabilisiert hatte. 9 Ob hier wirklich zum ersten Mal Legionen die Republik vor Caesar schützen mussten, sei dahingestellt. In jedem Fall hatte der Quästor auf sich aufmerksam gemacht. Das tat er auch nach seiner Ankunft in Rom, allerdings auf zivile Weise. Caesar heiratete ein zweites Mal, und die Überraschung war die neue Gattin. 10 Pompeia, nicht verwandt oder verschwägert mit dem Triumvir Pompeius, besaß zwei berühmte Großväter, die sich im Jahre 88 das Konsulat geteilt hatten und die entschiedensten Gegner der Popularen gewesen waren: Pompeius Rufus und Cornelius Sulla. Sie hatten Cinna und Marius geächtet, verfolgt, ihre Gräber nach dem Tode geschändet. Umgekehrt hatten deren Anhänger den Vater der Pompeia erschlagen. Zur gemeinsamen Hochzeitsfeier brauchte Caesar die streitenden Vorfahren nicht mehr einzuladen; ihm drohte aber etwas anderes. Falls er ein zweites Mal Witwer werden sollte, müsste er nach den Ahnenbildern des Marius und Cinna auch die des Sulla durch Roms Straßen tragen lassen. Die Welt-
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geschichte stecke voll von Komik, schrieb Hermann Strasburger, die Historiker würden sich und ihrer Sache das aber nur selten anmerken lassen. 11 Die Liaison mit Pompeia und den Optimaten währte aber nur kurz. Caesar ließ sich schon bald wieder scheiden. Was die Drohungen eines Diktators in der ersten Ehe nicht bewirkt hatten, das bewerkstelligte in der zweiten die Furcht, sich vor dem Volk lächerlich zu machen.
Nochmals Seeräuber Acht Jahre waren seit dem Seeräuberabenteuer vergangen. Das Problem blieb. Die Seeräuber hatten längst begonnen, ihre Geiseln auch an Land zu kidnappen, wie etwa die Tochter des berühmten Redners Antonius, der im Jahre 102 einen Triumph gefeiert hatte – über kilikische Seeräuber. Sogar amtierende Prätoren gerieten mitsamt Dienern, Liktoren und Purpurgewändern in ihre Hand. Nicht alle römischen Bürger behandelten sie dabei so gut wie Caesar. Die Piraten hatten an Selbstvertrauen gewonnen, und ein römischer Bürger galt ihnen nicht mehr als Herr der Welt. Die Unverschämtheit sei so weit gegangen, klagt Plutarch, dass sie Gefangene, die sich auf ihr Römertum beriefen, besonders verhöhnten. Sie stellten sich dann furchtbar erschrocken und ängstlich, schlugen sich auf die Schenkel, fielen auf die Knie und baten den Gefangenen flehentlich um Verzeihung. Wenn sie diese bekommen hatten, zogen sie ihm römische Schuhe an und legten ihm eine Toga um, damit er auch sofort als römischer Bürger erkannt werden konnte. Danach warfen sie ihn über Bord.12 Rom kümmerte sich um den Einzelfall nicht. Es reagierte erst, als Seeraub epidemisch wurde und die Piraten sich nicht mehr damit begnügten, einzelne Kauffahrerschiffe zu kapern. Sie waren von einer Meer- gleichsam zu einer Landplage geworden und nutzten den Spielraum, den Rom ihnen in den Kriegen gegen Mithridates und die eigenen Bürger ließ. Piraten plünderten Inseln, Hafenstädte, ja ganze Landstriche und stießen sogar ins Landesinnere vor. Auf dem und um das mare nostrum wurde ein unerklärter Krieg geführt. Vielerorts verfügten die Piraten über Ankerplätze und errichteten sogar befestigte Beobachtungstürme. Den Verfolgern waren sie mit ihren leichten Schiffen und ihrem erfahrenen Schiffspersonal überlegen. 1000 Schiffe zählt Plutarch und 400 von Piraten eroberte Städte. Selbst die heiligen Stätten waren bedroht. Die Seeräuber überfielen die „Heiligtümer in Klaros, Didyma, Samothrake, den Tempel der Chthonia in Hermione, des Asklepios in Epidauros, die Tempel des Poseidon auf dem Isthmos, auf Tainaron und in Kalauria, die Tempel des Apollon in Aktion und Leukas, die Tempel der Hera auf Samos, in Argos und auf dem Lacinium“. In Olympia provozierten sie die Pilger, indem sie geheim-
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nisvolle Mysterien feierten. Als Anhänger des Mithras verbreiteten sie seinen Kult. 13 Rom hatte die Seeräuber bis in die sechziger Jahre nur punktuell und damit vergeblich bekämpft. Ein Guerillakrieg zur See war mit solchen Maßnahmen nicht zu gewinnen. Inzwischen gefährdeten die Seeräuber die ganze Handelsschifffahrt. Rom drohte damit von der Getreideversorgung abgeschnitten zu werden. Das spätestens war der Punkt, an dem die ganze Kriegsmaschinerie des Reiches gegen die Seeräuber eingesetzt werden musste. Es gab nur wenige, die einen solchen Auftrag übernehmen konnten, und am Ende blieb nur einer übrig, dessen Name freilich nicht genannt wurde, als der Volkstribun Gabinius in der Volksversammlung seinen Gesetzesantrag vorlegte. Alle wussten, dass Pompeius mit Zustimmung des Volkes den Oberbefehl erhalten sollte, nur dieser selbst tat, als sei er über alles im Unklaren. Ein prokonsularisches Imperium sollte es sein, gültig für eine Dauer von drei Jahren. Dazu beantragte Gabinius einen Stab von fünfzehn Legaten und zwei Quästoren, Befehlsgewalt über alle Truppen und Flotten, eine Ausstattung von 36 Millionen Denaren, weiterhin Zugriff auf die Staatskasse und die Einnahmen der Zollverwaltung. Plutarch spricht davon, dass Pompeius eine fast monarchische Stellung eingeräumt worden sei: Unumschränkte Macht über alle Provinzen und alle Länder des Römischen Reiches, die größten Völker und mächtigsten Könige habe er besessen, über das ganze Mittelmeer diesseits der Säulen des Herakles und über das Festland, vierhundert Stadien landeinwärts habe sich seine Herrschaft erstreckt.14 Ein solches Gesetz musste auf den Widerstand der Optimaten und der übergroßen Mehrheit des Senates stoßen. Aus einer quasi-monarchischen Stellung konnte leicht die eines Diktators ohne Einschränkung werden. So liefen die Optimaten gegen den Antrag Sturm. Sie drohten, sie taktierten – und, als sie im Geschrei des Volkes nicht mehr zu Wort kamen, redeten sie noch in der Gebärdensprache. Vergebens. Da es nicht hören konnte, wollte das Volk auch nicht sehen. Nur ein einziger Senator fand seinen Beifall. Der war noch jung und gerade erst Quästorier. Allein Caesar plädierte gegen die widerstrebenden Prätorier und Konsularen für das Gesetz. Das gefiel nur zweien, Pompeius und dem Wahlvolk, aber beide konnten ihm noch nützlich werden. Mehr Grund brauchte es nicht für seinen Auftritt. Der Senat erlitt eine schwere Niederlage. Nur zwölf Jahre nach Sullas Tod zeigte sich, dass mit der Volksversammlung wieder gegen ihn, selbst wenn er geschlossen auftrat, Politik gemacht werden konnte. Das allein war wichtig für Caesar; er sollte genau diese Methode in seinem Konsulatsjahr erfolgreich praktizieren. Der Antrag des Gabinius wurde angenommen. In einer weiteren Volksversammlung setzte Pompeius zusätzliche Befugnisse durch und entledigte
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sich dann seiner Aufgabe binnen 40 Tagen. Die Marktpreise waren schon auf die bloße Nachricht von der Übertragung des Kommandos an ihn gefallen. 15
Lucullus In Asien ging der dritte Krieg gegen Mithridates nun ins siebte Jahr. Geführt wurde er unter dem Oberkommando eines Mannes, der heute nur noch kulturgeschichtlich in Erinnerung ist, obzwar er zu den besten Feldherren gehörte, die das späte Rom aufzuweisen hatte. Licinius Lucullus war wie alle, die in den siebziger Jahren Amt und Würden hatten, als Anhänger Sullas nach oben gekommen. Im Unterschied zu den vielen anderen schloss er sich diesem aber nicht erst an, als die Zeichen auf Sieg standen. Er zählte gleichsam zum Revolutions- oder Restaurationsadel, denn er beteiligte sich bereits am ersten Marsch auf Rom im Jahre 88. Die Karriere nach Sulla verlief erwartungsgemäß: 74 erreichte Lucullus das Konsulat und erhielt Kilikien und Asia als Provinzen. Damit übernahm er den Oberbefehl gegen Mithridates und führte den Krieg überlegt und überlegen. Was ihm allerdings an seinen Siegen fehlte, war der abschließende. Zuletzt begannen die durch die Strapazen ermüdeten Truppen zu meutern, während sich in Rom Widerstand aus nicht-militärischen Gründen formierte. Lucullus versuchte, mit einer maßvollen Schuldenpolitik die katastrophale Situation der Gemeinden in der Provinz Asia zu verbessern. Diese zahlten immer noch an Tributionen, die Sulla einst verhängt hatte. Da sie dafür Kredite hatten aufnehmen müssen, war die ursprüngliche Summe von 20 000 Talenten auf 120 000 Talente geklettert. Lucullus senkte die monatlichen Zinsen auf ein Prozent, also zwölf Prozent jährlich, und annullierte rückständige Zinsen, die das geliehene Kapital überstiegen. Gläubiger durften nur noch den vierten Teil der jährlichen Einkünfte des Schuldners in Anspruch nehmen.16 Die publicani und die privaten Geschäftemacher in Rom, oft Senatorensöhne, sahen sich um den Gewinn aus ihren Kreditgeschäften betrogen und agitierten gegen Lucullus, ohne freilich den Nervus rerum beim Namen zu nennen. 69 wurde ihm die Provinz Asia entzogen, 68 auch Kilikien, 67 übernahm der Konsul Acilius Glabrio das Kommando von Bithynien und Pontos. 17 Nun sah auch Pompeius seine Chance. Auch für ihn galt die dürre Wahrheit, dass nichts so erfolgreich ist wie der Erfolg. Als der Krieg gegen Mithridates Anfang 66 immer noch nicht beendet war, drängte sich Pompeius nach vorne. Der Sieg über die Seeräuber hatte die Versorgung Roms spürbar verbessert, das Volk war bereit ihm zu bewilligen, was immer er wollte. Wieder leisteten die Optimaten entschiedenen Widerstand, doch
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der Sieg über die Seeräuber war jung. Der Volkstribun Gaius Manilius beantragte Anfang 66, Pompeius mit dem Krieg gegen Mithridates zu betrauen. Das alte Kommando war noch nicht abgelaufen, als Pompeius schon ein neues erhalten sollte. Nun würden ihm einschließlich der dort kämpfenden Truppen auch die Provinzen unterstellt, in denen er noch nicht befehligte: Phrygien, Lykaonien, Galatien, Kappadokien, Kilikien, Bithynien, die obere Kolchis und Armenien.18 In der Volksversammlung stimmten 35 von 35 Tribus für den Antrag des Volkstribunen. Kein anderer Römer besaß in den Jahren zwischen Sullas und Caesars Diktatur so viel Macht wie Pompeius. Wieder hatte Caesar zu den streitbarsten Verfechtern des Gesetzes gehört. Wollte er nicht der Entwicklung hinterherlaufen, war es klüger, sich an deren Spitze zu setzen. Caesar unterstützte das Gesetz nicht Pompeius zu Liebe, er tat sich selbst einen Gefallen. 19
Ädil Der Weg zum Konsulat führte über Quästur, Ädilität und Prätur. Dazwischen aber lagen kleinere Ämter, durch deren publikumswirksame Besorgung sich ein Kandidat die Wahl zu den größeren erleichtern konnte. Im Jahre 67 wurde Caesar zum Aufseher für die öffentlichen Straßen (curator viarum) bestellt. Zuständig war er insbesondere für die Via Appia, Italiens berühmteste Straße, die von Rom über Capua und Benevent nach Brindisi führte. Der curator musste die Straßen instand halten und die anfallenden Bauarbeiten überwachen. Er konnte dabei leicht Unmut auf sich ziehen, bekam aber auch ebenso schnell Anerkennung, wenn er seinen Pflichten sorgfältig nachkam. Bauaufträge versteigerte der Zensor zu Lasten der Staatskasse, doch der Straßenaufseher hatte die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen. Wer aus eigenen Mitteln Straßen reparieren oder Brücken bauen ließ, verbesserte seine Chancen bei den nächsten Wahlen. Die Kosten konnten sich schnell amortisieren. Caesar sah dies jedenfalls so und steuerte große Summen aus seinem privaten Vermögen bei, das er noch gar nicht besaß. 20 Die populare Begeisterung, die Pompeius die beiden großen Kommanden einbrachte, trug auch Caesar nach oben. Ein Jahr, nachdem er sich als curator bewährt hatte, wurde er zu einem der vier Ädilen des Jahres 65 gewählt. Dieses Amt konnte auf dem Weg nach oben auch einmal übersprungen werden, doch bot es alle Chancen, sich bei der plebs urbana in Szene zu setzen. Der Aufgabenbereich des Ädils war auf die Hauptstadt beschränkt, er agierte unmittelbar vor Publikum. Caesar beaufsichtigte mit seinen Kollegen Tempel, Märkte, Straßen, Plätze, Bordelle und Bäder der
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Hauptstadt. Das nannte sich cura urbis. Daneben oblag den Ädilen die Wasser- und Lebensmittelversorgung, die cura annonae. Caesar kümmerte sich besonders um die Ausrichtung der öffentlichen Spiele, cura ludorum genannt. Die Spiele, die er zusammen mit seinem Kollegen Calpurnius Bibulus als kurulischer Ädil auszurichten hatte, im April solche für die Göttermutter Cybele und im Herbst diejenigen für Iuppiter Capitolinus, waren lang und teuer. Das Ärarium finanzierte das, doch das Volk erwartete Zugaben. Caesar zahlte und stellte alle seine Vorgänger, von Bibulus, dem Kollegen, nicht zu reden, in den Schatten. Theateraufführungen, Tierhetzen, Festzüge und die öffentlichen Gastmähler waren prächtig wie nie. Als Höhepunkt wartete Caesar zu Ehren seines – nun schon seit zwanzig Jahren toten – Vaters mit einer besonderen Attraktion auf: Bei Gladiatorenspielen kämpften 320 Fechterpaare miteinander, gekleidet in Rüstungen aus Silber. Daneben ließ Caesar auf dem Forum, dem Komitium und dem Kapitol bauen oder instand setzen, eine Säulenhalle errichtete er unter seinem Namen. Der Beifall gehörte ihm, von seinem Kollegen sprach niemand. Bibulus bewahrte aber noch den Humor, den er später während des im Jahre 59 gemeinsam ausgeübten Konsulats gänzlich verlieren sollte: Es gehe ihm geradeso wie dem Pollux, äußerte er. Denn so wie der den Zwillingsbrüdern geweihte Tempel auf dem Forum nur der des Kastor genannt werde, so würde auch die von ihm und Caesar bewiesene Freigebigkeit allein diesem zugeschrieben. 21 Nach den Senatsniederlagen Mitte der sechziger Jahre war der Boden für eine wirkliche Provokation vorbereitet. Caesar nahm dazu den Unmut einiger Optimaten in Kauf. Heimlich ließ er in den Werkstätten Bildsäulen des Marius herstellen und sie mit Siegesgöttinnen und Trophäen schmücken. Inschriften rühmten die Erfolge über die Kimbern und Teutonen. Ein Mann hatte Rom vor dem Ansturm der Germanen gerettet: Marius. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden die Statuen auf das Kapitol gebracht. Als Rom am nächsten Morgen erwachte, hatte es seine Sensation. Der siebenmalige Konsul war zu neuem Leben erstanden, und es gab nicht wenige, die ihn auch zum achten Mal gewählt hätten. Die Kunde verbreitete sich rasch, das Volk lief zusammen und begaffte die Goldstatuen. Die Anhänger des Marius, die siebzehn Jahre lang hatten schweigen und ihr Idol verleugnen müssen, kamen erst einzeln, fassten dann Mut und erschienen in immer größerer Zahl, als sie begriffen, dass Sullas Denunzianten keinen Adressaten mehr hatten. Sie begannen Beifall zu klatschen, viele weinten vor Freude, und schließlich bejubelten sie Caesar, den mutigen Neffen, der den Edikten, Gesetzen und Verboten des Senats trotzte. Dieser trat sofort zu einer Sondersitzung zusammen. Der angesehene Optimat Lutatius Catulus empörte sich: „Nicht mehr mit unterirdischen Stollen, sondern mit Belagerungsmaschinen greift Caesar den Staat an!“ Caesar
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wehrte sich, er war keineswegs isoliert. Eine Mehrheit des Senates folgte seiner Rechtfertigung. 22 Der Sieg war doppelt. Caesar stellte seine Karriere auf zwei Säulen: enorme Ausgaben, die ihn aus der Masse der sparsamen Aristokraten heraushoben, und militärische Erfolge. Das erste war die Voraussetzung für das zweite, das zweite die Voraussetzung für die Vergütung der Ausgaben. Das Risiko einer Fehlinvestition, also über Tagesberühmtheit nicht herauszukommen, hielt Caesar klein, indem er sich nicht allein auf Geld verließ, sondern die populare Tradition herausstellte, in der er sich sah. Plutarch berichtet, Caesar habe bereits 1300 Talente oder 31 200 000 Sesterzen Schulden gehabt, bevor er sein erstes Amt bekleidete. Das muss nicht auf den Sesterz stimmen, aber es erhellt, dass Caesar viele Geldgeber besaß, die in ihm einen hoffnungsvollen Mann sahen. Nach Ablauf der Prätur war er dann so verschuldet, dass kein Gläubiger ihn mehr fallen lassen konnte. 23
Crassus Für eine Zusammenarbeit zwischen Caesar und Crassus schon zu Beginn der sechziger Jahre gibt es keine zuverlässigen Zeugnisse, aber hinreichend Gründe. Crassus war ein flexibler Politiker, wenn es um seine Interessen ging, er besaß Einfluss und vor allem auch das Geld, das Caesar zur Beförderung seiner Karriere brauchte. Für diesen zumindest besaß eine Annäherung Sinn. Gerüchte, die eine Zusammenarbeit von Crassus, Catilina und Caesar für das Jahr 65 behaupten, sind vermutlich gezielt gestreute Fehlinformationen. Sie setzen aber voraus, dass eine solche Kooperation möglich gewesen wäre. Auch Crassus konnten Caesar und seine Klientel von Nutzen sein. Im Wettbewerb mit Pompeius nahm er jede Hilfe an. Zwar galt Crassus als reichster Mann Roms, doch fehlte ihm der Kriegsruhm des Pompeius. Nicht einmal den Sieg über einen Sklavenfeldherrn hatte dieser ihm gegönnt. Crassus musste sich damit bescheiden, dass er mehr Talente besaß als Begabung. Mit 300 Talenten begann er, 7100 besaß er, als er vor dem Aufbruch in den Partherkrieg eine Bilanz aufmachte. Plutarch berichtet, Crassus habe sein Vermögen mit Feuer und Krieg zusammengescharrt. Das zweite war das übliche, das erste originär. Wenn irgendwo in den insulae von Rom ein Brand ausbrach, und das war häufig der Fall, kaufte Crassus, noch während das Haus in Flammen stand, das dazugehörige Grundstück und, wenn möglich, die bedrohten angrenzenden Gebäude zu einem billigen Preis und ließ dann von einer eigenen Bauhandwerkertruppe von 500 Sklaven neue Mietskasernen hochziehen. Plutarch räsoniert, Crassus habe das allgemeine Unglück zu seiner ergiebigsten Einnahmequelle gemacht. Das geht freilich an der Sache vorbei. In
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der contentio dignitatis, im Streit um die höchste gesellschaftliche Ehre, die ja Erwerb von Gütern einschloss, verfuhr jeder Aristokrat nach seinen Möglichkeiten, und die von Crassus lagen eben an der Heimatfront. Crassus’ Geiz war in Rom sprichwörtlich. Nicht wenige vermuteten sogar, er habe die Witwe seines Bruders aus Gründen der Sparsamkeit geheiratet und nicht weil dies einem alten, schon lange nicht mehr geübten Brauch entsprach. In einem Prozess wegen einer Affäre mit einer Vestalin wurde er freigesprochen, weil die Richter seiner Erklärung glaubten, nicht die Dame, sondern nur der billige Erwerb ihres Landgutes habe ihn interessiert. Geld an Freunde verlieh er dagegen ohne Zinsen. Abhängigkeiten waren ihm in diesem Fall lieber als noch mehr Geld. Plutarch gibt, wie so oft, die stimmigste Charakterisierung: „Da Crassus in seiner Politik häufige Wandlungen vollzog, so war er weder ein zuverlässiger Freund noch ein unversöhnlicher Gegner, sondern gab mit Leichtigkeit, wenn sein Vorteil es erforderte, ebensowohl eine Freundschaft wie eine Feindschaft auf, so dass er oft binnen einer kurzen Frist als Vertreter und dann als Widersacher derselben Personen oder Sachen erschien. Seine Macht gründete sich auf Zuneigung und auf Furcht, auf letztere nicht weniger.“ 24 Crassus lavierte zwischen Optimaten und Popularen, um eine Stellung in der Mitte einzunehmen, 25 gleichsam seine eigene Partei bildend. Sein Einfluss basierte auf einer umfangreichen Patronatstätigkeit, doch gelang ihm nach seinem Konsulat nur wenig. Als Zensor von 65 nahm er einen neuen Anlauf, versuchte, sich unter den Transpadanern eine Klientel zu schaffen und schlug vor, Ägypten zur Provinz zu machen. Der Kollege im Amt widersetzte sich allem, beide paralysierten sich und traten noch vor Ablauf der Amtszeit zurück. In der Transpadaner-Frage liegt eine Verbindung zu Caesar nahe. Hier besaßen beide gemeinsame Interessen. Offenbar versuchte Caesar auch an dem Ägypten-Unternehmen zu partizipieren. Im Jahre 65 soll er versucht haben, sich durch Plebiszit die Vollmacht für eine Militäraktion am Nil zu verschaffen. Die Optimaten waren aber gegen das Projekt, und es blieb schließlich nur eine Randnotiz bei Sueton.26 Bei diesem lesen wir noch eine andere ominöse Geschichte aus jenem Jahr: Caesar und Crassus sollen sich an einer Verschwörung beteiligt haben. Entsprechende Gerüchte liefen unter den Senatoren um, Bibulus wies später in seinen Edikten des gemeinsamen Konsulatsjahres darauf hin, und nach Caesars Tod bemächtigte sich die Geschichtsschreibung des Falles – oder machte ihn erst zu einem. Das Ganze ist nicht mehr als eine Räuberpistole, mit der die Optimaten offenbar allzu eifrige Populare in Schach halten wollten. Angeblich geschah es wenige Tage, bevor Caesar sein Amt als Ädil antrat. Im Sommer 66 hatten die Zenturiatkomitien zunächst Autronius Paetus sowie Cornelius Sulla zu Konsuln gewählt. Noch bevor sie aber ihr Amt antreten
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konnten, wurden sie wegen Bestechung angeklagt und suspendiert. Beide wollten dies nicht akzeptieren und sollen daher geplant haben, die inzwischen nachgewählten neuen Konsuln bei ihrem Amtsantritt am 1. Januar zu ermorden. Auch Catilina, dem später alles zugetraut wurde, war angeblich dabei. Dem Senatorenklatsch nach war Caesar auserwählt, das verabredete Zeichen zum Umsturz zu geben. Gewiss ist nur, dass er es nicht tat. Niemand versuchte ein Attentat, niemand wurde später zur Rechenschaft gezogen. Die meisten der Zeugen litten an Amnesie und konnten sich nicht mehr so recht erinnern. Da aber nun einmal mit Schmutz geworfen wurde, blieb er auch hängen. Crassus sagte die Fama Ambitionen auf die Diktatur nach, Caesar auf die Rolle des Gehilfen. Daran wollten aber wirklich nur eingefleischte Gegner glauben.27 Beleg war ihnen Caesars Eintreten für Catilina, und daran braucht nicht gezweifelt zu werden. Die Unterstützung beschränkte sich auch nicht auf das Revolutionsjahr 63. Schon bei seiner Bewerbung für das Konsulat im Jahre 64 hatte er ihn zusammen mit Crassus unterstützt. Jedenfalls behauptet das Cicero. 28
Karriereschritte Wer noch nicht die Prätur erreicht hatte, tat sich schwer, in Friedenszeiten auf sich aufmerksam zu machen. Das einzige Forum war das Forum. Politische Ziele konnten in den Volksversammlungen, den contiones, aber auch in Prozessen verfolgt oder zumindest propagiert werden. Einige Aktivitäten Caesars aus dem Jahre 63 kennen wir. Sie zeigen, dass er sich ganz im Rahmen der institutionellen Möglichkeiten bewegte. Er versuchte, auf dem üblichen Weg sein populares Profil zu schärfen. In vier weiteren Aktionen präsentierte er sich ganz als Neffe des Marius. Als Quästor leitete er einen Gerichtshof, der mehrere Sullaner wegen Mordes zur Zeit der Proskriptionen verurteilte. Dies konveniert politisch mit dem ungefähr gleichzeitigen Antrag, die Söhne der Proskribierten wieder zu den Ämtern zuzulassen. Caesar unterstützte ihn allerdings vergebens. In einem Repetundenprozess sagte er gegen einen besonders unbeliebten Optimaten aus. Calpurnius Piso hatte während seiner Amtszeit als Prokonsul in Gallien einen Transpadaner widerrechtlich hinrichten lassen. Caesar dachte dabei an seine potentielle Klientel und vertrat ein populares Thema, indem er magistratische Willkür anprangerte. Dank Cicero wurde Piso freigesprochen, aber das war Nebensache. Caesar musste Haltung zeigen. Das tat er auch als Verteidiger eines Klienten aus Numidien, den er nach einem verlorenen Prozess bis zu dessen Abfahrt in seinem Haus versteckte. Schließlich trat Caesar auch für das Plebiszit des Tribunen Labienus ein, die Priester wieder vom Volk wählen zu lassen. Sulla hatte die
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Wahl durch das Verfahren der Kooptation ersetzt, und auch Caesar war auf diesem Weg pontifex geworden.29 Auch in Rom war die Vergangenheit nicht vergangen. Nach mehr als 36 Jahren holte sie den Senator Gaius Rabirius ein. Der war im Jahre 100 an der Ermordung des Volkstribunen Saturninus beteiligt gewesen. Die Tat blieb ungesühnt – im Gegenteil: Die Optimaten verteilten sogar Belohnungen dafür. Rabirius hatte den Anfeindungen der Popularen standgehalten, für die es weniger um Sühne ging als um die alte Streitfrage, ob das Ausrufen eines Staatsnotstandes (senatus consultum ultimum) Magistrate berechtigte, römische Bürger zu töten, ohne ihnen Einspruchsrecht zu gewähren. Vor den von Sulla eingesetzten Gerichtshöfen besaß eine Klage keine Chance. So verfiel der schon genannte Tribun Labienus, später Caesars wichtigster Mann in Gallien, auf den Gedanken, das altertümliche Verfahren eines Hochverratsprozesses wiederzubeleben. Zwei eigens dafür bestellte Beamte sollten das Urteil fällen. Caesar war einer von ihnen und entschied auf Tod. Rabirius durfte an die Volksversammlung appellieren – das war ja ein popularer Grundsatz –, aber angesichts des Vorwurfes waren seine Chancen gering. Nur ein Verfahrenstrick rettete den Senator. Kurz vor der Abstimmung, die auf dem Marsfeld stattfand, riss der Prätor Metellus Celer die Fahne herunter, die auf dem Janiculum, einem benachbarten Hügel, hochgezogen war. Nach altem Brauch signalisierte das den Abzug der Wachbataillone, die in den unruhigen Zeiten der Anfänge Roms Versammlungen außerhalb der Stadtmauern zu schützen hatten. Die bis dato von unsichtbaren Wachen vor unsichtbaren Feinden geschützte Volksversammlung war damit „bedroht“ und musste abgebrochen werden. Das Volk verlief sich ebenso wie der nächste Angriff auf Rabirius. 30 Es ist die Addition solcher kleineren Aktivitäten, die Caesar die Basis für seine weitere Karriere sicherten. Sie mussten im einzelnen gar nicht erfolgreich sein, wichtig war nur, dass Caesar im Gespräch blieb. Der Erfolg zeigte sich im Jahr 63, dem Jahr, in dem Cicero Konsul war und Augustus geboren wurde. Caesar trat zu zwei Wahlen an und gewann beide. Er wurde Prätor für das Jahr 62, und er wurde pontifex maximus. Die Konkurrenz, die er schlug, hatte Rang und Namen. Der Sieg brachte ihm aber nicht nur ein Amt, sondern erbitterte Feinde. Zu danken hatte er ihn seiner Popularität. Nur dort, wo diese nicht ausreichte, half er mit dem Einsatz von Geldmitteln nach. Sueton spricht von reichlich ausgeschütteten Bestechungssummen, doch das sind unfreundliche Worte. Caesar subventionierte seine Klientel, und das war etwas, was auch seine Gegner in ihrem Fall taten. 31
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Verschwörer wider Willen Sallust hat Catilina unsterblich gemacht. Es ist einer der gar nicht so raren Fälle, in denen der Geschichtsschreiber größer ist als der, den er zum Helden stilisiert. Cicero erfand eine Verschwörung, und Sallust nutzte das Thema zwanzig Jahre später, um sich in den Wirren und Kämpfen nach Caesars Tod als Mann des Ausgleichs zu empfehlen – nicht um eine zweite Laufbahn zu beginnen, sondern um die Früchte der ersten in Ruhe verzehren zu können. Tatsächlich war die Coniuratio Catilinae nicht viel mehr als das in der späten Republik übliche Adelsgezänk um Geld und Posten. Catilina besaß beides nicht, oder zumindest nicht in wünschenswertem Maße, und so versuchte er, was er auf legalem Weg nicht erreichte, mit etwas rigoroseren Mitteln zu bekommen. Zu keinem Zeitpunkt war die Republik in irgendeiner Gefahr. Caesar, Crassus, Pompeius und später Augustus bedrohten den Staat der Senatoren in ganz anderer Weise. In der Stunde, in der die gefangenen Catilinarier gegen seinen Einspruch zum Tode verurteilt wurden, begann die Ära Caesars. Im Augenblick der Niederlage wurde er zum Helden der plebs. Der Verlierer, der nur unter Begleitschutz den Senatssaal verlassen konnte, war nur wenige Monate später der einzige Gewinner der Catilina-Affäre. Sie belegt im politischen Bereich Caesars große Fähigkeit, ausweglos scheinende Situationen durch mutige Entscheidungen zu wenden und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Niemals wählte er dabei den Mittelweg, und bis zu den Iden des März zahlte sich das Risiko auch aus. Trotzdem war Caesar kein Hasardeur. Auch sein unbestreitbarer Mut war, soweit möglich, kalkuliert.
Ursachen der Verschwörung Das Bild Catilinas haben seine Gegner, allen voran Cicero, geprägt. Zweifellos war er weder nach antiken noch nach modernen Maßstäben das, was eine erfreuliche Erscheinung genannt wird. Aber das trennte ihn nicht vom Gros seiner Standesgenossen, sondern verband ihn eher mit diesen. Die Stadt war bis ins Innere krank, schreibt Plutarch über die Ursachen der Verschwörung. 1 Catilina war nur ein Symptom von vielen. Die Moderne will wissen, Catilina sei als „Scherge“ Sullas nach oben gekommen. Wer diese Bezeichnung gebraucht, muss sie ebenso auf Crassus und Pompeius anwenden. Der Patrizier Catilina wollte genau das haben, was auch diese anstrebten, nämlich das Konsulat. Er erreichte wohl noch relativ mühelos
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die Prätur und erhielt als Provinz Africa. Danach stockte seine Karriere, denn die Optimaten versagten Catilina ihre Unterstützung. Seine Kandidatur für das Konsulat von 65 wurde zurückgewiesen, bei den Wahlen von 64 scheiterte er an Cicero und Antonius. Auch im Jahre 63 versuchte er nochmals den legalen Weg – vergebens. Es sind die geheimnisumwitterten Umstände, unter denen seine Tat angeblich geplant und aufgedeckt wurde, aber mehr noch die Mutmaßungen über Charakter und Ziele des Putschisten, die den „Schurken“ Catilina jung gehalten haben. Noch im 20. Jahrhundert gehörten die „Catilinarischen Existenzen“ zum schulischen Vokabular. Geistes- und Körperkraft verband sich mit einem schlechten Charakter, heißt es da bei Sallust: Von klein auf fand Catilina an inneren Kriegen, Raub, Mord und Bürgerzwist sein Gefallen. Ein verwegener, heimtückischer, unsteter Mensch, ein Heuchler und Hehler, der eigenen Besitz verschwendete und nach fremdem gierte, brennend in seinen Leidenschaften, rede-, aber nicht vernunftbegabt, von einer Hemmungslosigkeit, die ihn immer maßlosere Ziele verfolgen ließ, egal mit welchen Mitteln. 2 Allein diese Charakterzüge hätten schon für mehr als einen Umsturz ausgereicht. Doch Sallust genügte das nicht. Er bedient den Leser noch reichlich aus der Sparte Mord, Lust und allerlei Verbrechen „wider göttliches und menschliches Gebot“. Anders als der Historiker behauptet, verstießen sie aber offenbar nicht gegen letzteres, denn Catilina behielt seinen Senatssitz. Den verlor erst Sallust. Im Rom gärte es Mitte der sechziger Jahre. Als Diktator hatte Sulla wenige alte Probleme gelöst und viele neue geschaffen. Sie lagen vor allem im sozialen Bereich und lieferten den Stoff, aus dem Cicero und Sallust das Bild des Umstürzlers Catilina formten. Um Catilinas Anhänger und damit auch diesen selbst zu charakterisieren, war kein Klischee grob genug. Hinter ihm stand der Pöbel, das Bettelvolk und Gesindel, und das ist für Sallust die gesamte plebs. Als Aristokrat glaubte Sallust die zeitlosen Motive der Masse zu kennen. Immer nämlich, so lesen wir, beneiden in einem Staatswesen die Besitzlosen die Anständigen und Reichen, heben die Schlechten auf den Schild, hassen die überlieferte Ordnung. Aus Unzufriedenheit mit ihren Verhältnissen hegen sie den sehnlichen Wunsch, alles umzustürzen. Ohne jegliche Verantwortung ziehen sie aus inneren Unruhen und Parteikämpfen ihren Nutzen. Der Geschichtsschreiber kennt sie, denen wegen irgendwelcher Schandtaten und Verbrechen der Boden ihrer Heimat zu heiß geworden ist und die von überallher in Rom zusammenströmten wie die Jauche im Schiffsbug: die haltlosen Existenzen, die überall im Lande sich durch Schamlosigkeit und Frechheit am stärksten hervortun, die das väterliche Vermögen durch liederlichen Lebenswandel verschleudert haben. Sullas böses Erbe bestand, wenn wir Sallust folgen,
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in dem Beispiel, das die Anhänger des Diktators der Mit- und Nachwelt boten. Jeder, der sah, wie aus einfachen Soldaten Senatoren wurden, wie andere so viel Reichtum erwarben, dass sie wie Könige lebten, erhoffte sich das gleiche, stünde er erst unter Waffen. Wer arm war, wollte reich, wer reich war, reicher werden. Dazu kamen private und öffentliche Geld- und Getreidespenden, welche die jungen Leute, die auf dem Land mit harter Händearbeit ihr Leben gefristet hatten, in die Stadt lockten. Dort warteten sie, dem Nichtstun ergeben, begierig auf Umsturz, arm und verkommen, den Kopf voller Erwartungen, ohne an den Staat oder sich zu denken. Ihnen schlossen sich die Verlierer der Sullanischen Ära an, die Kinder der GeAbb. 6: Marcus Tullius Cicero. Porträtbüste. ächteten und Ermordeten, denen Rom, Vatikanische Museen. das Vermögen geraubt und deren Freiheit beschnitten war. Letztlich, so glaubte der ehemalige popularis Sallust, den Caesars Tod fromm gemacht hatte, wollten alle, die nicht zu den Optimaten gehörten, lieber Umsturz und Chaos als selber ohne Macht und Einfluss zu sein. 3 Als Moralist überzeugt Sallust weniger denn als Stilist. Sein Urteil verdeutlicht jedoch, dass Unruhe und Unzufriedenheit alle gesellschaftlichen Schichten erfasst hatten. Gerade weil unter Sulla so viele alte Rechnungen beglichen worden waren, standen danach noch mehr offen. Der Aufstieg der einen war durch den Fall der anderen Familie erkauft. Die Rückkehr zu früherem Ansehen kostete Geld, und wer sie nicht sofort schaffte, erstickte in Schulden. Von der Generation der Bürgerkriegsväter enttäuscht, wandte sich auch ein Teil der Jeunesse dorée Catilina zu. Als iuvenes barbatuli oder „Pomadeköpfe“, die, hübsch und verwöhnt, bis zum Morgengrauen dinieren, spielen und tanzen, lieben und sich lieben lassen, Dolche schleudern und Gift verspritzen, durchgeistern sie Ciceros Catilinarische Reden. 4 Die vornehme Jugend, die Catilina unterstützte, rekrutierte sich vorwiegend aus der Nobilität. Dazu kamen verschuldete oder politisch „kalt ge-
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stellte“ Senatoren und Ritter, selbst ein amtierender Prätor zählte zum inneren Kreis. Dennoch war es vor allem die plebs, in Rom und auf dem Land, die Catilina zum Problem für die Optimaten werden ließ. In Mittel- und Süditalien, in Picenum, Bruttium oder Apulien, herrschte Unruhe, in Etrurien sammelten sich Bewaffnete. Auch das war ein Vermächtnis Sullas. Der Bürgerkrieg hatte Veteranen hinterlassen, die mit Land versorgt werden mussten. Dies schuf Konflikte mit der ansässigen Bevölkerung. Viele der neuen Siedler verarmten schnell. Misswirtschaft und Missernten, aber auch die billiger produzierende Konkurrenz der Latifundien führten zur Abwanderung nach Rom und verstärkten die Schwierigkeiten der plebs urbana. Sie wuchs stetig, an Arbeit fehlte es. Tagelöhner, Kleinhändler und Budenbesitzer fristeten ein kümmerliches Leben. Jede Steigerung der Mieten und des Getreidepreises wurde zur existentiellen Belastung; die Schulden stiegen, sofern die Betroffenen überhaupt noch Gläubiger fanden. Nach einem Ausspruch des Volkstribunen Marcius Philippus gab es unter den Bürgern, die die Welt regierten, keine zweitausend mit Vermögen. 5 Catilinas Versprechungen, von einem Programm lässt sich nicht reden, sind ein Zerrspiegel der sozialen Probleme: „Wir sind elend und bettelarm. Gewalttätige und erbarmungslose Wucherer haben die meisten um die Heimat, alle aber um Ruf und Habe gebracht.“ 6 Den Leichnam eines stadtbekannten, besonders übel beleumdeten Wucherers schleifte die plebs an einem Strick durch die Straßen Roms. Schuldentilgung (tabulae novae) war die Losung, in der sich die Interessen aller Stände trafen und die den Geldverkehr in Rom stocken ließ. Daneben bildete die Senkung der Getreidepreise eine populare Forderung, die zu selbstverständlich war, um sie hier eigens zu erwähnen.7
Catilinas Pläne Catilina wollte in jenem „Revolutionsjahr“ 63 zunächst nur eines: ganz legal zum Konsul gewählt werden. Dazu hatte er Chancen. Einer der amtierenden Konsuln, Gaius Antonius, trat für ihn ein, Caesar und Crassus unterstützten ihn, die plebs war auf seiner Seite. Das wiederum rief die Optimaten auf den Plan, dazu alle Ritter und Senatoren, die schuldenfrei waren, vielleicht sogar größere Summen verliehen hatten, Catilinas Ankündigungen allzu ernst nahmen und um ihren Besitz zu fürchten begannen. Sie besaßen genug Einfluss und Beziehungen, um die Wahl Catilinas zu verhindern, und sie besaßen einen eifrigen Agitator, die „Trompete der Stadt“, Cicero, die nun zum großen Halali blies. Es ist ganz unsicher, ob es ohne Cicero überhaupt eine Verschwörung gegeben hätte. Sicher ist, dass er sie schon sah, als von ihr noch keine Rede sein konnte.
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Am Tag der Konsulwahlen erschien Cicero mit einer Leibwache auf dem Marsfeld, dazu trug er gut sichtbar einen Brustpanzer unter dem Gewande. 8 Catilina fiel bei der Wahl durch – und angesichts Ciceros abschreckender Maßnahmen fiel die Revolution aus. Catilina kehrte zunächst in den Senat zurück, nichts lag gegen ihn vor als Ciceros Verdächtigungen. Die Situation hatte sich jedoch verändert: Für Catilina gab es keine Hoffnung mehr auf eine erneute Kandidatur; diejenigen, die auf ihn gesetzt hatten, konnten sich von den nun gewählten Konsuln nichts versprechen. Dies förderte ein Klima, das in Catilina den letztlich verzweifelten Plan reifen ließ, sich gewaltsam diktatorische Vollmachten zu verschaffen. Ohne Sullas Vorbild war eine solche Idee nicht denkbar. Auch die Gerüchte, Pompeius werde nach seiner Rückkehr aus dem Osten ebenfalls den Marsch auf Rom antreten, mögen ihn bestärkt haben. Den Gedanken, dass seine Position entschieden schwächer war als die des Sulla, verdrängte Catilina. Da er kein Heer hatte, das er auf sich verpflichten konnte, wollte er Rom sozusagen von Aufstandswilligen in Campanien, Picenum, Apulien und Etrurien einkreisen lassen. Etrurien war die stärkste Bastion, und von dort sollte der Aufstand seinen Anfang nehmen, um dann auf Rom überzugreifen. Cicero nennt als Datum den 27. Oktober. 9 Da der Konsul keine Beweise für seine Behauptung besaß, half ein Trick: Am 20. Oktober erhielt Crassus neben anderen einen anonymen Brief, in dem ein Blutbad Catilinas angekündigt und Crassus geraten wurde, die Stadt heimlich zu verlassen. 10 Dies musste Crassus nicht ängstigen, er hatte ja Verbindungen zu Catilina. Offenbar vermutete er jedoch eine Falle Ciceros. So blieb ihm, wenn er, dessen Unterstützung für Catilina bekannt war, sich nicht durch die Unterschlagung der Anzeige verdächtig machen wollte, nichts anderes übrig, als den Brief bei seinem vermutlichen Absender abzuliefern. Cicero hatte einen Beleg, mit dem er den Senat unter Druck setzen konnte. Dem fehlte allerdings immer noch der rechte Glaube. Er rief zwar am 21. Oktober den Staatsnotstand aus und forderte die Konsuln auf, den Schutz der Republik zu übernehmen,11 viel mehr geschah aber zunächst nicht. Noch am 7. November saß Catilina im Senat und hörte sich persönlich Ciceros Vorwürfe an, der ihn eines Mordanschlages beschuldigte. Catilina verließ daraufhin die Stadt, ohne dass sich aber der Senat zu einem Beschluss gegen ihn durchgerungen hätte. 12 Zu diesem Zeitpunkt hätte er zwar nicht mehr seine politische Karriere, vermutlich aber noch seinen Kopf retten können. Wie später Caesar verwechselte er aber Egoismus mit Staatswohl und hielt den bewaffneten Marsch gegen Rom, den er jetzt mit Entschiedenheit vorbereitete, für einen Kampf um seine gesellschaftliche Ehre (dignitas). Als Nachrichten von Truppenansammlungen in Etrurien Rom erreichten, erklärte der Senat Catilina schließlich doch zum öffentlichen Feind, die Konsuln verfügten Aushebungen. Außer einer Art Mut der Verzweiflung hat-
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ten die Putschisten der Staatsmacht nichts entgegenzusetzen. Ihre Hoffnung auf die gleichzeitige Erhebung in Rom trog. Was wir von ihr wissen, ist propagandistisch verfärbt und malt eine Gefahr an die Wand, die niemals bestand. Wenn wir Cicero glauben, sollten in einer Nacht des Saturnalienfestes alle Senatoren und so viele Bürger wie irgend möglich ermordet werden, lagerten Schwefel, Werg und Pech in Verstecken, um die Stadt in hundert Bezirken gleichzeitig anzünden zu können, standen Verschwörer bereit, die Wasserleitungen zu verstopfen und alle, die löschen wollten, niederzumachen. 13 Es kam nicht so weit: Die Erhebung wurde so lange verschoben, bis Cicero einen schriftlichen Beleg für die Identität der Anführer besaß. In einer inszenierten Aktion ließ der Konsul am 3. Dezember um drei Uhr nachts eine keltische Delegation verhaften, über welche die „Verschwörer“ in Rom Verbindung zu Catilina herstellen wollten. 14 Noch am gleichen Tag trat der Senat im Tempel der Concordia ein erstes Mal zusammen. Fünf Rädelsführer wurden verhaftet, der prominenteste war der Prätor Lentulus, dessen Amt ihm vorschrieb, den Staat vor ihm zu schützen. Als die Festnahme bekannt wurde, kam es zu ersten Tumulten in der plebs und unter den Sklaven; Parolen liefen um, Zettel wurden verteilt, die zur Befreiung der Gefangenen aufriefen. 15 Der Senat traf sich wieder am 4. Dezember und wollte in der Sitzung am 5. Dezember eine Entscheidung treffen. Es wurde Caesars Tag. Das war überraschend, und die wenigsten begriffen damals, dass es überhaupt so war. Als Popularer unterstützte Caesar Catilina lange Zeit. Alles andere wäre auf Unverständnis bei der gemeinsamen Klientel gestoßen. Die Situation änderte sich, als Catilina den legalen Weg verließ. Hier durfte Caesar ihm nicht mehr folgen. Er war designierter Prätor, und es gab keine Bürgerkriegssituation. Nach der Festnahme der fünf Catilinarier musste er sich von diesen distanzieren, ohne sich die Sympathien der plebs zu verscherzen. Das war ein schwieriger Balanceakt, und schon in der Sitzung des Senats vom 4. Dezember wurde Caesar, wie schon vor ihm Crassus, zum Ziel heftiger Attacken. Zeugen traten auf, die von seiner Teilnahme an der Verschwörung wissen wollten. Vor allem jedoch waren es seine geschworenen Feinde, die Konsulare Catulus und Piso, die ihn attackierten. Hier spielten offenkundig alte Animositäten eine Rolle, und so wies Cicero selbst die Verdächtigungen zurück, auch wenn er sie offenbar glaubte.
Caesar im Senat Die entscheidende Sitzung fand am 5. Dezember statt. Crassus meldete sich krank und blieb der Versammlung fern, Caesar ging in die Offensive. 16
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Abb. 7: Die Verschwörung des Catilina. Fresko von Cesare Maccari (1889). Rom, Palazzo Madama.
Seine Gegner, von denen er bereits einige, aber noch nicht zu viele hatte, erwarteten einen kleinlauten Caesar. Die Mehrheitsverhältnisse waren klar, die Nobilität wollte ein Exempel statuieren. Überraschungen schienen ausgeschlossen, und so war Cicero schlecht vorbereitet. Der Nachwelt fiel das nicht so auf, weil der Konsul seine Rede vom 5. Dezember, die sogenannte vierte Catilinaria, vor der späteren Veröffentlichung überarbeitete. Cicero eröffnete die Sitzung in seiner Eigenschaft als amtierender Konsul und erstattete Bericht. 17 Einen Antrag stellen konnte er nicht, doch verwies er auf die Verfügung des Staatsnotstandes vom 21. Oktober, die den Konsuln nach seiner und der Optimaten Meinung freie Hand gab. Als erster tat der designierte Konsul Decimus Junius Silanus, der die Wahl gegen Catilina gewonnen hatte, seine Meinung (sententia) kund, und das war gleichzeitig auch der Antrag, über den abgestimmt werden sollte. Ultima poena, Höchststrafe, verkündete er. Es folgte der künftige Kollege im Amt, danach sprachen vierzehn Konsulare, und alle waren sie derselben Meinung. Routinemäßig kamen nun die designierten Prätoren vor den Prätoriern. Die Aufmerksamkeit war längst gesunken, als Caesar zu sprechen begann, die Sache schien entschieden. Niemand der nobiles hatte daran gezweifelt, dass es kommen würde, wie es gekommen war. Caesar verteidigte die Catilinarier nicht, schon gar nicht rechtfertigte er ihre Pläne. Er trat jedoch gegen die sofortige Todesstrafe auf. Diese könne nur ein
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ordentlich eingesetzter Gerichtshof beschließen. Die Catilinarier sollten so lange in verschiedenen Landstädten Italiens unter sichere Aufsicht gestellt, ihr Vermögen konfisziert werden. Der Senat reagierte verwirrt. Mit seiner Taktik bot Caesar nur eine kleine Angriffsfläche. Der nächste Redner wusste nicht, wem er sich nun anschließen wollte. Er riet dazu, die Sache aufzuschieben. Andere zollten ihm Beifall. Die zweite Garde wollte nicht unnötig durch ein falsches Votum auffallen. Für den Konsul Cicero aber war keine Entscheidung die falsche Entscheidung. Er griff ein, referierte nochmals. Die Situation überforderte ihn jedoch, und selbst seine Freunde verstanden nicht so recht, was er denn nun vorzog: den Erstvorschlag des Silanus oder Caesars Korrektur. Die Verwirrung übertrug sich auf Silanus, der nun ein zweites Mal befragt wurde. Mit ultima poena habe er lebenslange Haft gemeint, denn dies sei ja die schwerste Strafe, stotterte er nun. Die erneut konsultierten Konsulare meinten auch, dies gemeint zu haben. Schließlich pflichtete selbst der Bruder des Konsuls bei. Der Senator Catulus war aus Prinzip dagegen, doch nicht er, sondern die Sturheit Catos bewahrte die Optimaten vor einer Niederlage. Cato vertrat die Mehrheitsmeinung, aber offenbar war er der erste, der sie mit Entschiedenheit vertrat. So erinnerten sich die Senatoren wieder daran, was sie denn eigentlich wollten. Seine Rede war kein Kunststück, erst Sallust hat sie dazu gemacht. Er spitzte die ganze Senatssitzung auf eine Auseinandersetzung der beiden Kontrahenten Caesar und Cato zu, die damals noch bedeutungslos, nun aber nach ihrem Tod zu Galionsfiguren der Bürgerkriegsparteien geworden waren. Nach Catos sententia ließ Cicero sogleich über sie abstimmen, und alle gerade noch so verunsicherten Konsulare votierten für sie. Der übrige Senat hatte in seiner übergroßen Mehrheit nur auf diese Erklärung gewartet, um ihr ebenfalls beizupflichten. Caesar versuchte noch zu widersprechen, aber jetzt, wo sich das senatorische Fußvolk sicher war, auf der richtigen Seite zu stehen, brach empörter Tumult aus. Caesar musste sich um Hilfe an die Volkstribunen wenden. Beim Verlassen des Concordia-Tempels, in dem der Senat diesmal zusammengerufen worden war, drangen auch noch die zum Schutz aufgebotenen Ritter mit ihren Schwertern bedrohlich auf Caesar ein. Die Einigung des Senats machte ihnen Mut, und nun wollten auch sie nicht zurückstehen. Cicero schützte nun Caesar vor dem adligen Mob. Im Gefühl des Triumphes handelte der Konsul nun schnell. Sofort befahl er, alle Vorbereitungen für die Hinrichtung zu treffen. Höchstpersönlich holte er den Prätor Lentulus aus der privaten Bewachung ab. Vom Palatin führte er ihn, geschützt von einer Leibwache aus Rittern, auf der Via Sacra über das Forum zum Kapitol, wo zwölf Fuß unter dem Staatsgefängnis der Hinrichtungsraum, das Tullianum, lag. Das Volk war in Scharen zusam-
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mengelaufen und verfolgte schweigend den Zug. Zunächst wurde Lentulus ins Tullianum herabgelassen und von den bereitstehenden Henkern erdrosselt, dann war die Reihe an den übrigen Catilinariern. Es dunkelte, als Cicero vor das Volk trat und mit dem alten Euphemismus „Vixerunt“ – „Sie haben gelebt“ – die Vollstreckung verkündete. 18 Cicero genoss den Sieg, allerdings nur fünf Tage. Am 10. Dezember traten neue Volkstribunen ihr Amt an, aus deren Mitte schon bald die erste Attacke gegen ihn kam. Sieg und Niederlage am 5. Dezember waren nicht so einfach verteilt, wie es am Abend dieses Tages noch die meisten geglaubt hatten. Tatsächlich war der vermeintlich so schmählich unterlegene Caesar der eigentliche Gewinner. Um das zu begreifen, brauchte es keine Jahre, sondern nur einige Wochen. Caesar musste nicht den Senat hinter sich bringen. Er war damals gerade Ädilizier. Es genügte, sich der curia als entschlossener Politiker zu präsentieren, als Mann der Zukunft, und gleichzeitig populare Ziele zu vertreten. In der Debatte war es nicht allein um die sofortige Hinrichtung von Verschwörern gegangen, sondern auch um ein unverzichtbares Prinzip der Popularen. Ein Gesetz des C. Sempronius Gracchus aus dem Jahr 123 verfügte, dass jeder Bürger gegen magistratische Zwangsmaßnahmen an das Volk appellieren durfte. Die Optimaten widersprachen dem nicht grundsätzlich, behaupteten aber, der Staatsnotstand setze dieses Recht außer Kraft. Dagegen richtete sich Caesars Auftritt am 5. Dezember. Er allein vertrat die popularen Positionen. Niemand sonst wagte das, und so avancierte Caesar über Nacht zum beliebtesten Politiker der plebs. 19 Als Catilina im Januar 62 im Kampf gegen römische Legionäre fiel, gehörte auch Caesar zu seinen Erben.
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Die Tür zur Macht Pompeius absens Mit Caesars Ankunft in der Geschichte verstärkte sich das Interesse der Zeitgenossen, seine Gestalt gewinnt an Kontur. Für das Jahr 62, das Jahr der Prätur, sind die Informationen allerdings noch lückenhaft und tragen Episodencharakter. Die Optimaten ahnten noch nicht, dass ihnen in Caesar ein gefährlicher Gegner erwuchs. Der Grund lag in seiner Flexibilität. Er betrieb keine starre populare Politik, sondern näherte sich, so es ihm nutzte, auch der anderen Seite an. Was in der späten Überlieferung bei Sueton, Plutarch und Cassius Dio bewahrt wurde, scheinen Zeugnisse optimatischer Kritik zu sein, die von der augusteischen Biographie gelegentlich abgeschwächt wurden. Mit der Hinrichtung der Catilinarier hatten sich die Fronten zunächst verhärtet. Caesar stand ungeachtet – oder wegen – seines couragierten Auftritts im Senat vor einem schwierigen Jahr. Die Niederlage der Verschwörer würde ein Nachspiel haben, und er würde zu den üblichen Verdächtigen zählen. Als amtierender Prätor besaß er allerdings mehr Möglichkeiten als andere, sich der erwarteten Angriffe zu erwehren. Wenn für ihn Flucht eine Option war, dann nur die nach vorne. Verbündete hatte er dank seiner Beliebtheit in der plebs durchaus. Der wichtigste freilich wusste noch wenig davon. Caesar musste erst seine Aufmerksamkeit erringen, und wichtiger noch, er musste zeigen, dass er ihm nützlich sein konnte. So stand für ihn auch das Jahr 62 im Zeichen des Pompeius. Dieser führte im Osten Krieg und bereitete dem Senat mit jedem neuen Erfolg mehr Sorgen. Es war seine Abwesenheit, die Furcht verbreitete. Einen Pompeius, der die Senatsbänke drückte, glaubten die hohen Herren kontrollieren zu können, ein Pompeius im Feld entzog sich ihrem Einfluss. Vor allem kannten sie seine Pläne nicht. Pompeius gebot über die einzig sichere Methode, sie geheim zu halten: Er war in Wahrheit gar nicht imstande, irgendwelche zu fassen. Für Caesar war das unerheblich. Er trat für Pompeius ein, um den Glauben zu verbreiten, auch Pompeius werde für ihn eintreten. Die wichtigen Entscheidungen fielen im Kopf und nicht auf der Straße, wie es eine Geschichtsschreibung suggerierte, die nur die Folgen der Entscheidungen sah. An den Nonen des Dezember hatte Cicero seine optimatische Schuldigkeit getan. Er konnte gehen – und er tat dies unter Buhrufen. Als er am letzten Tag seines Konsulats, am 29. Dezember, seine Verdienste um die Republik in einer großen Rede vor dem Volk feiern wollte, erhob der
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Volkstribun Metellus Nepos Einspruch. Das Provokationsgesetz des Gaius Gracchus stand auf der Tagesordnung, nicht Ciceros Rettung des Vaterlandes. Ein Mann, der andere (gemeint sind die Catilinarier) ohne Anhörung bestraft habe, dürfe selbst nicht angehört werden. Cicero schäumte, aber er tat dies wieder auf sprachlich hohem Niveau: „Ein strenger Mann und trefflicher Staatsbürger. Glaubt man ihm, so verdient derjenige (Cicero meint sich), der die Kurie vor Mord, die Stadt vor Einäscherung, Italien vor Krieg bewahrt hat, genau die Strafe, die der Senat unter Zustimmung aller Patrioten über die verhängte, welche die Stadt anzünden, Beamte und Senatoren abschlachten und einen schweren Krieg entfachen wollten.“ 1 Caesar wollte nicht hinter dem Volkstribunen zurückstehen. Bereits einen Tag nach der Attacke des Metellus erkor er sich einen bekannten Optimaten zum Ziel. Es war der Konsular Lutatius Catulus, ein in der Wolle gefärbter Sullaner, der Caesars Weg schon lange mit Misstrauen verfolgte. Ihm oblag seit dem Jahre 78 der Wiederaufbau des Kapitolinischen Tempels, der 83 abgebrannt war. Die vergangenen fünfzehn Jahre hatten zwar ausgereicht, um den Neubau mit Catulus’ Namen zu schmücken, fertiggestellt war er aber nicht. Caesar warf dem Konsular vor, öffentliche Gelder unterschlagen zu haben, und stellte den Antrag, alle weiteren Arbeiten an einen anderen Senator zu vergeben. 2 Er dachte an Pompeius, der den Tempel dann in Abwesenheit hätte vollenden können. Nach seiner Rückkehr wäre der Triumphator über die asiatischen Könige beim Aufstieg zum Kapitol dann von seiner eigenen Inschrift begrüßt worden. Es wurde jedoch nichts daraus, und Caesar hat dies wohl auch nicht erwartet. Es war ein Versuch, sich in Verbindung mit Pompeius zu bringen, und der nächste, ernsthaftere, folgte auch sogleich. Pompeius’ Mann in Rom war besagter Metellus Nepos, und ihn unterstützte Caesar folgerichtig. Der Plan war so einfach wie kühn. Mit einem geschickten Plebiszit hätte sich der Sieg der Optimaten am 5. Dezember 63 in eine Niederlage verwandelt. Plötzlich entpuppte sich Catilina als der Lockvogel, dem der Senat auf den Leim gehen sollte. Metellus beantragte, von Caesar sekundiert, Pompeius sofort zurückzurufen, um Catilinas in Etrurien verbliebene Aufständische niederzuwerfen. Das bedeutete nahezu unumschränkte Macht für Pompeius. Anders als Sulla hätte er nicht nach Rom marschieren müssen, er wäre nur einer offiziellen Einladung des Volkes dorthin nachgekommen. Im Senat herrschte Entsetzen. Eilig wurden Getreidespenden für die plebs beschlossen, um sie ruhig zu halten. Die späte Überlieferung schrieb dies der Furcht vor Caesar zu. So weit war es indes noch nicht. Cato schmeichelte zunächst Metellus, denn dieser besaß eine angesehene Verwandtschaft. Als dies nichts fruchtete, beschimpfte er ihn. Schließlich drohte er mit seinem Tod. Nur über seine Leiche werde Pompeius bewaff-
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net in die Stadt einziehen. Die Senatoren hörten das mit betretener Miene. Cato überschätzte sich, Pompeius war schon über ganz andere Leichen gegangen. Der Streit ging auf dem Forum weiter. In mehreren contiones setzte sich Caesar für den Antrag ein. Am Abstimmungstag herrschte wildes Gedränge. Die Posse, die in der curia aufgeführt worden war, setzte sich auf der Straße fort. Metellus und Caesar erschienen laut Plutarch mit einer „bewaffneten Streitmacht“ aus „Söldnern, Gladiatoren und Sklaven“ – so die gängigen Topoi – auf dem Forum und nahmen auf den Stufen des DioskurenTempels Platz. Cato setzte sich zwischen beide. Als der Amtsdiener den Gesetzesantrag verlesen wollte, warf sich Cato auf ihn. Daraufhin griff sich Metellus den Text, aber Cato riss Abb. 8: Gnaeus Pompeius Magnus. Porträtkopf, ihm das Schriftstück aus der Hand. Marmor. Ny Carlsberg Glyptothek, Kopenhagen. Metellus trug nun den Wortlaut auswendig vor, doch Catos Begleiter hielt ihm den Mund zu. Schließlich flogen Steine, die Büttel der Kontrahenten prügelten sich, die Versammlung löste sich auf. Es war ein Vorgeschmack dessen, was in Caesars Konsulatsjahr geschehen sollte. Diesmal aber behielt noch der Senat die Oberhand. Er erklärte wieder einmal den Notstand und drohte dem Tribunen Metellus mit der Absetzung. Dieser verließ daraufhin Rom, um sich bei Pompeius in Asien zu beklagen. Auch Caesar war vorläufig seines Amtes enthoben. Er entließ seine Liktoren, legte sein Amtsgewand ab und zog sich in sein Haus zurück. Von dort organisierte er einen „spontanen“ Auflauf seiner Anhänger, doch das war unnötig: Der Senat beließ es bei einer Machtdemonstration und setzte Caesar wieder in sein Amt ein. 3 Im Februar des Jahres fand Catilina in Etrurien den Tod. Es gab nun keinen Grund mehr, Pompeius zurückzuholen. Stattdessen folgten die Prozesse gegen die Anhänger Catilinas und diejenigen, die als Anhänger denunziert worden waren. Auch Caesar geriet wieder ins Visier der Optima-
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ten und auf die stetig wachsende Liste von angeblichen und tatsächlichen Verschwörern. Zeugen waren billig, und schon meldeten sich die ersten, die sogar einen eigenhändigen Brief Caesars an Catilina vorlegen wollten. Sie vergaßen, dass sie es nun mit einem amtierenden Prätor zu tun hatten. Caesar verteidigte sich im Senat, rief Cicero als Entlastungszeugen auf. Mit der Koerzitionsbefugnis des Prätors verfügte er gegen den Hauptdenunzianten eine Vermögenseinziehung. Dessen Hausrat wurde geplündert und verpfändet. Als der Denunziant immer noch nicht schweigen wollte, wurde er von der Rednerbühne gezerrt. 4 Danach herrschte Ruhe. Senat und Volk warteten auf Pompeius. Eine Einladung zum Umsturz bekam er nach Catilinas Tod jedoch nicht mehr. Es stand ihm allerdings frei, ungebeten zu kommen. Die Frage lautete: Entließ er seine Truppen in Brindisi, oder wollte er sie in Rom bewirten? Wie groß die Gefahr für den Senat wirklich war, wusste niemand. Die Zeitgenossen dachten an Sulla und erwarteten Ähnliches von Pompeius. Zunächst freilich geschah nichts, was sich für die Nachwelt festzuhalten lohnte. Auch Caesar fiel bei der Ausübung seines Amtes nicht auf. Als Ende des Jahres endlich ein großer Skandal die allgemeine Stille beendete, war Caesar nur eine Randfigur. Ihm gehörten die Kulissen – der Ort der Handlung war Caesars Haus an der via sacra –, ansonsten musste er sich mit der Rolle des Zuschauers begnügen.
Zu Besuch bei Bona Dea Das, was für Monate die Gemüter in Rom erhitzte, begann als Sittenskandal, erweiterte sich zu einem religiösen Ärgernis und war doch letztlich eine versteckte politische Provokation. Der Mann, der den Skandal auslöste, entpuppte sich als Verwandlungskünstler: Vom Patrizier wurde er zum Plebejer, von Claudius zu Clodius, von Clodius zu Clodia – und als solche löste er den Skandal aus. Clodius kam aus der Hocharistokratie. Das hätte bereits für eine rasche Karriere ausgereicht, aber der junge Patrizier war auch noch begabt. So genoss er die Vorzüge von Geburt wie Talent und langweilte sich dabei. Das Motiv des Aufstiegs, das Ciceros Leben beherrschte, kannte er nicht. Er ging seine eigenen Wege, und er ging sie, ohne es auf den Beifall der Optimaten anzulegen, den er wie alle Claudier leicht hätte bekommen können. Die Senatsfaktion verübelte ihm das, war aber ansonsten machtlos. Erst ihre Geschichtsschreibung konnte sich an Clodius rächen. Im Juli des Jahres 62 war Clodius ohne Schwierigkeiten in das unterste Amt gewählt worden, die Quästur, seit Sulla die Voraussetzung für einen Senatssitz. Während seiner militärischen Ausbildung als Offizier in den Mithridatischen Kriegen hatte er sich den Ruf eines „Philostratiotes“,
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eines Freundes der einfachen Soldaten, erworben – bei diesen ein Ehrentitel, in optimatischen Kreisen ein Schimpfwort. 5 In Rom sah Clodius in der plebs urbana seine Klientel, und das verband ihn mit Caesar: Beide waren in jenem Jahr Catilinas wichtigste Erben. Dies kann eine der Erklärungen für den Skandal sein, der in einer besonderen Nacht im Hause Caesars begann: in derjenigen vom 4. auf den 5. Dezember. 6 Nicht der Hausherr, sondern niemand Geringeres als eine Göttin hatte zu einem Fest in dieser Nacht geladen. Sie hieß Bona Dea, und hinter dem Namen, der eigentlich nur ein Attribut war, verbarg sich die altrömische Fauna, die sich im Zuge des allgemeinen Synkretismus vermutlich im 3. Jahrhundert noch ein griechisches Gewand übergestreift hatte. Jährlich bat sie die Frauen Roms, speziell die der Oberschicht sowie die Vestalinnen, zu einer gemeinsamen Feier. Das Quartier wechselte, denn es musste das Haus eines Prätors oder Konsuls sein. Caesar war 62 Prätor, und so durfte seine Frau Pompeia das Fest ausrichten. Der Opferraum war festlich mit Weinreben geschmückt, zu Füßen der Göttin ringelte sich die aus den Asklepios-Heiligtümern bekannte Schlange. Bona Dea war eine Fruchtbarkeits- und Heilgöttin. Bei ihrem Fest im Dezember überwogen aber bacchantische Züge. Wein, Gesang und Tanz bestimmten die Zeremonien. Die Phantasie beflügelte besonders, dass sie heimlich vollzogen wurden und dass alle Männer das Haus verlassen mussten. Sogar die Bilder mit männlichen Lebewesen wurden verhängt. Plutarch hat den einzigen ausführlichen Bericht über die Vorgänge im Hause Caesar: „Weil er noch keinen Bart hatte, glaubte Clodius, er würde unerkannt bleiben. Deshalb verkleidete er sich als Harfenspielerin und ging hin. Er sah wirklich wie ein junges Mädchen aus. Zufällig fand er die Türen offen, und ließ sich von einer Zofe Pompeias, die eingeweiht war, ohne Scheu hineinführen. Dann lief diese voraus, um ihrer Herrin Bescheid zu geben. Da sie aber lange ausblieb, wagte Clodius nicht an dem Platz zu bleiben, wo sie ihn zu warten geheißen hatte. Er irrte in dem weitläufigen Gebäude umher, allen Lichtern sorgfältig ausweichend. Schließlich begegnete er einer Dienerin der Aurelia, Caesars Mutter, die ihn – in der Meinung, eine Frau vor sich zu haben – zum Spielen aufforderte. Als er sich sträubte, zog sie ihn in die Mitte und fragte, wer und woher er sei. Clodius antwortete, er warte auf Pompeias Abra – so hieß jene Zofe –, verriet sich aber durch seine Stimme. Die Dienerin schrie auf, eilte sofort zur Gesellschaft in den erleuchteten Räumen der Versammlung und rief, sie habe einen Mann ertappt. Die Frauen stoben auseinander, Aurelia brach die Mysterien ab und verhüllte die heiligen Gerätschaften. Dann gab sie Befehl, die Türen zu verschließen, und ging mit Fackeln durch das ganze Haus, um Clodius zu suchen. Man fand ihn endlich versteckt in der Kammer des Mädchens, das ihn heimlich ins Haus eingelassen hatte. Die Frauen erkannten ihn bald
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und warfen ihn aus dem Haus hinaus. Noch in derselben Nacht erzählten die Frauen, als sie heimkamen, ihren Männern die Geschichte, und am Morgen eilte die Kunde durch die ganze Stadt.“ 7 Der Bericht ist unvollständig und erklärt nicht, was denn den großen Skandal auslöste, der die Politik viele Wochen gänzlich lahmlegte. Clodius trieb sich, so lesen wir, auf dunklen Fluren herum, betrat aber keinen der Räume, der für die Feiern bestimmt war. Schließlich zog ihn eine einfache Dienerin wie einen Maulwurf ans Licht und brachte so die Sache ins Rollen. Clodius war damals mindestens dreißig Jahre alt, dazu bärtig, wie Cicero ausdrücklich bezeugt. Da kann es ihm nicht leicht gefallen sein, wie ein junges Mädchen auszusehen und vor allem sich so zu verhalten. Dennoch will Plutarch an dem, was er erzählt, nicht zweifeln. Ciceros Briefe zeichneten ja einen Charakter, dem derlei zugetraut werden konnte. Obendrein war es eine Geschichte für Leute, die es sich angelegen sein ließen, die öffentliche Moral zu heben. Mit erzieherischem Eifer erfüllt, verfiel Plutarch hier nicht auf die Frage, die sich vor allem stellt: Was erboste die Optimaten so sehr, dass sie Clodius mit einem großen Prozess wegen Religionsfrevels bedrohten? Und dies mit Anlaufzeit, denn am 1. Januar 61 erwähnt Cicero die Sache in einem Brief an seinen Freund Atticus, ohne noch von dieser Entwicklung zu wissen. Eine Kostümkomödie, über die die Optimaten heimlich lachten und sich öffentlich entrüsteten, reicht nicht hin, um all die folgenden Aktivitäten zu erklären. Sie begannen damit, dass die neuen Konsuln im Januar 61 im Auftrag des Senats ein Gutachten des Priesterkollegiums bestellten. Dieses konservativ besetzte Gremium erklärte das Fest für entweiht und forderte seine Wiederholung. Clodius habe sich eines Religionsfrevels schuldig gemacht. Um diesen zu ahnden, sollte ein Sondergerichtshof einberufen, die Geschworenen nicht ausgelost, sondern vom Prätor ausgewählt werden. Zunächst geschah jedoch wenig. Während all der Aufregung fast unbemerkt kehrte Pompeius aus Asien zurück. Er wurde kein zweiter Sulla, entließ sein Heer und versuchte politisch abzuschließen, was er militärisch begonnen hatte. Dies verzögerte auch den Clodius-Prozess, den Pompeius nur als Verschleppung der eigenen Angelegenheiten wahrnahm. In Rom herrschte eine Art Wahlkampf: für und wider das vom Senat empfohlene Verfahren. Clodius hatte seine aristokratischen Freunde und die plebs auf seiner Seite. In verschiedenen contiones griff er die Optimaten und den Exkonsul Cicero heftig an. Dabei zeichnete sich immer stärker ab, dass die Senatsmajorität ihre Wünsche in der Volksversammlung nicht durchsetzen konnte. Um den Prozess zu retten, wurde das Auswahlverfahren für die Geschworenen geändert, die Chancen des Clodius erhöhten sich. 56 Richter wurden aus den drei Ständen, Senatoren, Rittern und Ärartribunen, ausgelost. Dabei stand es beiden Parteien offen, unliebsame Richter
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zurückzuweisen. Es wurde ein dramatischer Prozess, an dessen Ende 31 Geschworene Clodius freisprachen. Das war eine veritable Niederlage der Optimaten, die um so schwerer wog, je klarer wurde, dass es um politische Dinge ging. Die Politisierung des Prozesses zeichnet sich in Ciceros Briefen aus diesen Monaten klar ab. Der Redner begriff allmählich, was er in seinem ersten Schreiben an Atticus noch nicht gesehen hatte: Thema des Streites waren sein eigenes Konsulatsjahr und sein Kampf gegen Catilina. Das hätte er früher wissen können. Clodius hatte Bona Dea ja in einer ganz besonderen Nacht besucht. Es war die Nacht vor dem Morgen, an dem Clodius sein erstes großes Amt antrat. Aber vor allem war es die Nacht vor dem Tag, an dem sich die Hinrichtung der Catilinarier zum ersten Mal jährte. Dieser Jahrestag war in der plebs nicht vergessen. Frische Blumen schmückten Catilinas Grab. Cicero hatte eine der wichtigsten Errungenschaften der plebs missachtet, das Provokationsrecht, und er hatte als göttliche Zeugin dafür ausgerechnet Bona Dea bemüht, deren Feier damals, in der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember 63, von seiner Frau Terentia ausgerichtet worden war. Auch dazu gibt es einen Bericht Plutarchs: „Während Cicero in solchen Sorgen war, ereignete sich bei den opfernden Frauen ein Wunderzeichen: Der Altar, auf dem das Feuer schon erloschen zu sein schien, ließ aus der Asche und den Brandresten eine starke, hell leuchtende Flamme auflodern. Dadurch bekamen die anderen Frauen einen großen Schreck, aber die heiligen Jungfrauen befahlen Ciceros Frau, Terentia, schnellstens zu ihrem Mann zu gehen und ihm zu sagen, er solle, was er beschlossen habe, zum Wohle des Vaterlandes ins Werk setzen, da ihm die Göttin zum Heil und Ruhm ein großes Licht leuchten lasse.“ 8 Clodius’ Besuch als Tête-à-tête mit Caesars Frau Pompeia zu interpretieren, befriedigte die Neugier antiker wie moderner Leser. Die Tugendwächter, zu denen hier auch Plutarch stößt, sahen aber nur, was sie sehen wollten. Caesar stand kurz vor der Abreise in die Provinz, aus der er so schnell nicht zurückkehren würde. Clodius hätte monatelang Zeit gehabt, Pompeia zu besuchen. Doch daran lag ihm vermutlich wenig. Seine Visite galt nicht Pompeia, sondern Bona Dea. Es war eine politische Provokation. Gegen wen sie gerichtet war, ergibt sich aus dem Datum. Daher begab sich Cicero selbst in den Zeugenstand, um zu retten, was noch zu retten war. Vergebens. Seine Aussage gegen Clodius fruchtete nichts mehr. Atticus bekam am 15. Mai die Enttäuschung des Konsulars zu spüren: „Selbst bei einem derben Volksstück hat es nie ein so schändliches Publikum gegeben: Übelberüchtigte Senatoren, Habenichtse von Rittern, als Ärartribunen weniger Leute bei Kasse (aerati) als, wonach sie ja auch heißen, von der Kasse (aerarii)“. 9 Das waren keine freundlichen Worte für die Geschworenen, die für Clo-
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dius stimmten. Ob sie es alle aus Überzeugung taten, darf bezweifelt werden. Nachgeholfen hatten der Druck der Straße und das Vermögen des Crassus. Das spielte freilich am Ende keine Rolle mehr. Er, Clodius und auch Caesar gingen als Gewinner aus der Affäre hervor. 10
Proprätor Für Caesar hatte es lange nicht nach einem glücklichen Ende der Affäre ausgesehen. Das Jahr als Prätor endete schlecht, und das Jahr als Proprätor begann nicht gut. Caesar war sicherlich in die Aktion des Clodius nicht eingeweiht und sah sich als Besitzer des Hauses, das „entweiht“ worden war, unvermutet in einen Skandal verwickelt und vor eine überraschende Alternative gestellt. Sie hieß Pompeia oder Clodius. Caesar entschied sich für letzteren und schickte seiner Gattin die Scheidungsurkunde. Vor dem Senat bekundete er, über die Vorgänge nicht informiert gewesen zu sein, und konterte die Frage, warum er sich dann habe scheiden lassen, mit einem Allgemeinplatz: „Weil ich der Meinung war, dass auf meine Frau nicht einmal der Schatten eines Verdachts fallen dürfe.“ Offenkundig garantierte eine Enkelin Sullas in der Situation nach 63 nicht die richtigen Verbindungen.11 Über das private Problem, das die Bona-Dea-Affäre stellte, konnte Caesar leicht hinweggehen, nicht aber über das politische. Als der Streit um das einzuschlagende Verfahren gegen Clodius Anfang 61 kein Ende nahm, hatte der Senat die Auslosung der Provinzen für die Promagistrate gestoppt. Caesar musste warten. 12 Als endlich Anfang März die Entscheidung gefallen war und Caesar mit Hispania Ulterior eine Provinz erhalten hatte, die er schon aus der Zeit seiner Quästur kannte, tat sich eine neue Schwierigkeit auf: Caesar hatte seine Karriere auf Pump finanziert. Seine Verbindlichkeiten beliefen sich auf nicht weniger als 100 Millionen Sesterzen. Mancher Gläubiger begann angesichts dieser Summe um die Rückzahlung zu fürchten und versuchte offenbar, die Immunitätspause zwischen Prätur und Proprätur für eine Klage zu nutzen. Dadurch verzögerte sich die Abreise weiter, doch war sie nicht eigentlich gefährdet. Zum einen bewies die Höhe der Schulden, dass Caesar Vertrauen genoss, zum anderen konnte er sich das Geld, das seine Gläubiger erhofften, nur in der Provinz holen. Das Geld pfänden zu lassen, das der Senat für die Ausgaben des Proprätors bewilligte, war ein Irrweg. Für alle Fälle aber leistete Crassus eine Bürgschaft von 830 Talenten (knapp 20 Millionen Sesterzen). Er wusste, es würde sich politisch und finanziell auszahlen. 13 Die Nachrichten vom Ende des Prozesses erreichten Caesar bereits in Spanien. Er tat nun dies, was er am besten konnte, und er tat es mit der
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kurzen Unterbrechung seines Konsulats bis zu seinem Tode. Er führte Krieg. Seine Karriere, die bisher ganz im Rahmen der republikanischen Normalität verlaufen war, beschleunigte sich nun immer mehr, bis er im Jahr 44 die Diktatur auf Lebenszeit bereits nach einem Monat quittierte. Auch die antike Caesar-Biographie sah im Beginn der spanischen Proprätur einen Angelpunkt und bringt eine berühmte Anekdote damit in Verbindung: „Auf der Reise über die Alpen kam Caesar, so erzählt man, durch ein kleines Barbarenstädtchen, in dem nur ein paar Leute ein kümmerliches Dasein fristeten. Seine Begleiter fragten scherzend und lachend: ‚Ob es hier wohl auch Wettstreit um die Ämter gibt, Kämpfe um den ersten Rang und Neid der Mächtigen untereinander?‘ Darauf habe Caesar ganz ernsthaft zu ihnen gesagt: ‚Ich möchte lieber bei denen hier der Erste sein als in Rom der Zweite.‘“ 14 Die Kriege der spanischen Proprätur sind die einzigen Kriege, die Caesar nicht durch eigene Kommentare oder Berichte seiner Offiziere flankiert hat. Wir wissen entsprechend wenig. Caesar stand unter einem Druck, der durch die verspätete Anreise nicht geringer geworden war. Vermutlich war seine Hauptsorge aber nicht, die Gläubiger zufriedenzustellen. Das konnte nach dem Konsulat geschehen, und genau für dieses brauchte er eine Empfehlung. Die beste aber war ein Feldzug mit genügend Beute für Rom, Caesar und seine Soldaten. Dazu musste der Krieg eine entsprechende Größe haben. 5000 getötete Feinde waren, wie erwähnt, die Maßeinheit für einen Triumphzug. Für seine alltäglichen Aufgaben als Statthalter, die Rechtsprechung, die er ausübte, indem er mit seinem Gefolge durch das Land reiste und an verschiedenen Orten Gerichtstage abhielt, besaß er zunächst keine Zeit. Appian vermerkt das mit lapidarer Kürze: „Caesar kümmerte … sich weder um die Beziehungen zu den Städten noch um die Rechtspflege oder all dergleichen Dinge, da sie für seine Pläne ohne Nutzen waren, er sammelte vielmehr ein Heer und griff damit die noch restlichen Ibererstämme an, einen nach dem anderen, bis er insgesamt ganz Spanien den Römern tributpflichtig gemacht hatte.“ 15 Als erstes erhöhte Caesar die Zahl seiner Truppen von 20 auf 30 Kohorten, als zweites suchte er einen Grund, um ohne Senatsgenehmigung Krieg führen zu können. Wie dies im einzelnen aussah, wird aus den Quellen nicht recht klar, aber vermutlich hielt sich Caesar an das bekannte Muster, das ihm auch später noch die gewünschten Rechtfertigungen verschaffte: Er konstruierte eine Bedrohung für die römische Provinz. Mit seinen Truppen stieß er bei deren „Abwehr“ sogar bis Brigantium vor, einer Stadt der Kallaiker in der Nähe des heutigen La Corun˜a. Die Überlieferung spricht einstimmig von Sieg und reicher Beute. Die dankbaren Soldaten riefen Caesar zum Imperator aus, ein Ehrentitel, den der Feldherr in seiner Anrede hinter dem Namen führen durfte. 16
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Vermutlich errang Caesar seine spanischen Siege schnell und leicht, denn schon bald fand er Zeit für das, was seine eigentliche statthalterliche Pflicht war. Er löste Streitigkeiten zwischen den einzelnen Städten seiner Provinz und regelte per Verordnung anstehende finanzielle Fragen. Offenbar bewies er dabei eine glückliche Hand, denn bis hin zu seiner letzten Schlacht in Spanien im Jahre 45 besaß er dort eine Klientel.
Das dreiköpfige Ungeheuer In Spanien hatte sich Caesar zum ersten Mal als (Pro-)Magistrat so präsentiert, wie er später nicht müde wurde, sich darzustellen: als Feldherr, der die Probleme schnell erkannte und noch schneller löste. Das erst im Bürgerkrieg geprägte Schlagwort „Veni vidi vici“ fand hier eine vorweggenommene Erfüllung. Dass Caesar stets zur richtigen Zeit die Kriege bekam, die er für seine Karriere brauchte, ist kein Zufall. Er war es selbst, der verbal die Gefahr heraufbeschwor, die er anschließend militärisch bannte und sich so als Retter Roms immer wieder neu inszenierte. Als spanischer Statthalter brauchte er weniger als ein Jahr, um seine Aufgabe zur eigenen Zufriedenheit und derjenigen des Senats zu erfüllen. Noch bevor ein Nachfolger eingetroffen war, machte er sich auf die Reise nach Rom, das er im Juni 60 erreichte. Ihm stand ein Triumphzug in Aussicht, den er als Werbung für seine Kandidatur zum Konsulat für 59 zu nutzen gedachte. Er traf die Stadt im heftigen Streit zwischen Optimaten und Popularen an, dazwischen Pompeius, der von letzteren umworben wurde, sich aber gerne ersteren angeschlossen hätte. Caesars Stärke war die Uneinigkeit seiner Gegner. Dazu unterschätzten sie ihn. Die führenden Optimaten konzentrierten sich auf den Kampf gegen Pompeius. Zwar fürchteten sie ihn ohne sein Heer nicht mehr, aber nun neideten sie ihm seine Erfolge. Sie waren die Grundlage seiner politischen Autorität, festigten diese aber nur, wenn sie auch offizielle Anerkennung fanden. Dazu musste der Senat Pompeius’ Anordnungen in den Provinzen bestätigen, vor allem aber die Versorgung seiner Veteranen regeln. Für den Senat war dies eine Sache des Prinzips, für Pompeius eine der Glaubwürdigkeit. Der Widerstand, den die Optimaten bald zu bereuen Gelegenheit hatten, kristallisierte sich in Cato. Selbst Cicero verstand ihn nicht mehr: „Cato stellt Anträge, als ob er sich in Platons Idealstaat und nicht in Romulus’ Schweinestall befände“. 17 Pompeius suchte die Unterstützung, die er im Senat nicht fand, vor der Volksversammlung. Im Januar 60 brachte der Volkstribun Flavius ein Ackergesetz ein, das die Veteranen des Pompeius und teilweise die plebs urbana mit Land versorgen sollte. Ackergesetze provozierten per se
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Widerstand, da Senatoren und Ritter um ihren Besitz fürchteten. So versicherte Flavius allen Besitzenden, inklusive derer, die sich an Sullas Proskriptionen bereichert hatten, niemand werde einen finanziellen Nachteil erleiden. Es fruchtete nichts. Die Optimaten fürchteten neue Vorteile für Pompeius und stellten sich quer. Cicero hatte einen hellsichtigen Moment und charakterisierte in einem Brief an seinen Freund Atticus die Optimaten so, als sähe er die Entwicklung der nächsten fünfzehn Jahre voraus: „Und unterdes findet sich keiner, den man auch nur im Traume als echten Staatsmann bezeichnen könnte; der einzig geeignete, mein Freund – so steht es nämlich, musst du wissen –, Pompeius, hüllt sich in Schweigen, um sich sein Prunkgewand nicht zu bekleckern. Crassus sagt kein Wort, das Anstoß erregen könnte; die übrigen kennst Du ja: Sie sind so dumm, dass sie offenbar hoffen, sich ihre Fischteiche erhalten zu können, auch wenn die Republik zugrunde geht.“ 18 Um das Gesetz zu verhindern, nahmen die Optimaten zu Obstruktionsmitteln Zuflucht, die in ihrer Lächerlichkeit nur noch von dem überboten wurden, was Caesars nachmaliger Amtskollege Bibulus in seinem Konsulatsjahr veranstalten sollte. Über fünf Monate zogen sich die Streitereien hin, bis Pompeius schließlich kapitulierte. 19 Mittlerweile war es Juni geworden, und Caesar kam zum für ihn bestmöglichen Zeitpunkt in Rom an. Er und Pompeius waren gleichzeitig in Schwierigkeiten, und das konnte den noch relativ unbekannten Aufsteiger für Roms ersten Mann interessant machen. Später sollte Cato sagen, der Sturz der Republik sei nicht durch den Zwist zwischen Pompeius und Caesar hervorgerufen worden: Nicht deren Uneinigkeit und Feindschaft, vielmehr ihre Einigkeit und Freundschaft seien für die Stadt der Beginn des Unglücks gewesen. 20 Auch Plutarch sah dies so. Caesar sei nach Rom gekommen, um das Konsulat und Pompeius zu gewinnen, behauptet er in gleichem Zusammenhang. 21 Es war klar, dass Caesar das zweite nur gelingen konnte, wenn er mit dem ersten erfolgreich war. Um die Aufmerksamkeit des Pompeius hatte er sich schon früher bemüht, erringen konnte er sie aber erst, wenn er ihm etwas bieten konnte. Nach der erfolgreichen Proprätur konnte sich Caesar Rückenwind für die Wahlen erhoffen. Dazu kam vermutlich die Gewährung eines Triumphzuges. Ein solches Spektakel konnte mehr Stimmen bringen als die üblichen Bestechungsgelder. Caesar hoffte auf einen solchen Triumphzug, für den die Akklamation zum Imperator schon ein Fingerzeig gewesen war. Da bereitete ihm unerwartet ein Gesetz Schwierigkeiten, das erst vor kurzem in Kraft getreten war. Der Prokonsul oder Proprätor, der das pomerium, die sakrale Stadtgrenze, überschritt und Rom vor der Abhaltung des Zuges betrat, gab seine Befehlsgewalt auf und verlor den Anspruch zu triumphieren. Nun hätte
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Caesar bis zur Bewilligung seines Triumphes warten können, doch es nahte der Tag der Konsulatswahlen. Das neue Gesetz aber verfügte, dass die Kandidaten persönlich erscheinen mussten. 22 Um dem Dilemma zu entkommen, bat Caesar um die Erlaubnis, in Abwesenheit kandidieren zu dürfen. Ob er sich etwas davon versprochen hat, wissen wir nicht. Es war jedenfalls eine Überraschung, als sich im Senat eine Zustimmung zu dieser Bitte abzeichnete. Tatsächlich wurde sie auch nicht abgelehnt, sie kam lediglich nicht zur Abstimmung. Als Cato sah, dass sein Einspruch vermutlich nichts fruchten würde, besann er sich auf eine bessere Methode. Da der Senat am letztmöglichen Termin für den fraglichen Beschluss zusammengekommen war, redete Cato, bis die Sitzung bei Dunkelheit ergebnislos abgebrochen werden musste. 23 Caesar bewarb sich nun, wie es verlangt wurde, persönlich. Er würde Gelegenheit haben, noch genügend Triumphzüge zu feiern, einen davon über Cato. An Caesars guten Wahlchancen war nicht zu zweifeln. In der plebs war er beliebt; als Ädil hatte er prächtige Spiele gegeben, als designierter Prätor die Rechte des Volkes gegen optimatische Angriffe verteidigt, als Proprätor erfolgreiche Kriege in Spanien geführt. Was ihm im Augenblick noch fehlte, waren genügend Sesterzen, um in den Zenturien, die die Konsuln wählten, auch die letzten Zweifel an seiner Eignung zu beseitigen. Dazu bot ihm Lucceius, ein Prätorier ohne konsulatsfähige Ahnen, aber mit um so mehr Geld, ein Wahlbündnis an. 24 Er hoffte, dank Caesars Popularität als zweiter Mann gewählt zu werden. Unter den Gegnern machte sich allmählich die Einsicht breit, dass Caesars Erfolg nicht zu verhindern sein würde. So trachteten sie danach, ihm diesen wenigstens zu vergällen. Die erste Maßnahme dazu war so ungewöhnlich, dass die Forschung zeitweilig an einen Überlieferungsfehler glaubte. Ein Gesetz bestimmte, dass die promagistratischen Geschäftsbereiche, die den beiden Konsuln nach Ende der Amtszeit zugewiesen wurden, bereits vor der Wahl festgelegt werden mussten: Je reicher die ausgewählte Provinz, desto ehrenvoller das Mandat. Es wurde freilich nicht Gallien, wie Caesar wohl insgeheim erhofft hatte. Der Senat war für eine Überraschung gut. Er übertrug den künftigen Konsuln die promagistratische Aufgabe, sich um die Wälder und Triften (silvae callesque) Italiens zu kümmern.25 Das bedeutete, Caesar musste seine Feldzüge nicht gegen feindliche Barbaren führen, sondern gegen italische Wühlmäuse und Wildschweine. Dafür gab es weder Dankfeste noch einen Triumphzug. Der Senat machte das Amt lächerlich, doch Caesar nahm die Provokation hin, denn gegen den Beschluss gab es keine Interzession. Um Caesars Möglichkeiten als Konsul noch weiter einzuschränken, bildeten die Optimaten ein Kartell, das die Kandidatur des Bibulus unterstützen sollte, mit dem Caesar bereits während der gemeinsamen Ädilität und Prätur eine
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herzliche Feindschaft verbunden hatte. Selbst der sittenstrenge Cato befürwortete nun Bestechungen. Sie dienten ja der guten Sache. 26 Anfang Juni 60 wurden Caesar und Bibulus gewählt. Lucceius erkaufte sich zumindest einen Platz in den Geschichtsbüchern. Für Caesar war es ein zweifelhafter Sieg. So wie die Dinge lagen, war sein Konsulat blockiert, das Prokonsulat fand erst gar nicht statt. Er konnte versuchen, die Mehrheiten, die er im Senat nicht fand, in der Volksversammlung zu suchen. Seine Gegner besaßen aber viele Obstruktionsmittel. An Volkstribunen, die sich vorrangig dem Senat verpflichtet fühlten, bestand zudem kein Mangel. Caesars Ansehen in der plebs urbana nutzte dann nur wenig. Er brauchte jetzt Verbündete aus der Nobilität. Nennenswerte politische Freunde aber hatte er mit Ausnahme des Clodius kaum. So konnten nur die weiterhelfen, die sich mit ihm den Gegner, die Senatsmajorität, teilten. Das aber waren zwei Konsulare, die einander wenig mochten, weil sie sich zu ähnlich waren: Pompeius und Crassus. Angesichts dieser Konstellation musste Caesar auf das hoffen, was er bisher gefürchtet hatte, die Rigorosität des Senates. Nur eine starrsinnige Kurie machte ihm die beiden zerstrittenen Konsulare zu Freunden. Und der Senat tat ihm den Gefallen. Nachdem er bereits Pompeius erfolgreich brüskiert hatte, wiederholte er das Spiel nun mit Crassus, der sich vergebens als Fürsprecher des Ritterstandes zu profilieren suchte. Cicero, der selbst aus diesem ordo stammte und sich als großes Ziel gestellt hatte, eine „Eintracht der Stände“ zu schaffen, geriet in verständliche Aufregung: „Welch ein Schlag! Der Senat fasst Beschlüsse über Wahlbestechung, über Geschworenengerichte, aber kein Gesetz geht durch; der Senat in wilder Aufregung, die römische Ritterschaft vor den Kopf gestoßen: So hat dieses Jahr die beiden Stützen des Staates, die ich allein aufgerichtet habe, vernichtet; denn der Senat hat sein Ansehen verspielt und das Einvernehmen der Stände gesprengt. Ein Prachtjahr steht uns jetzt bevor.“ 27 Cicero war in seinen politischen Voraussagen im allgemeinen zuverlässig. Meist trat gerade das ein, was er nicht für möglich gehalten hatte. Diesmal konnte man sich nicht nach ihm richten. Er behielt recht. Das Jahr 59 wurde das aufregendste Jahr vor dem Bürgerkrieg. Ursache war ein geheimes Abkommen, das später als „Erstes Triumvirat“ in die Geschichte eingehen sollte. Pompeius, Caesar und Crassus schlossen ein Bündnis, dessen gemeinsamer Nenner so klein war, dass er an Dürftigkeit nicht zu unterbieten war. Im Staat dürfe nichts geschehen, was einem von ihnen schade. 28 Nach einem Programm sah das nicht aus, und ein solches konnte es auch gar nicht geben. Eigentliches Ziel der unfreiwilligen Triumvirn war es ja jeweils, erster Mann des Staates zu werden, im Rahmen der bestehenden Gesetze, versteht sich. Eine Gefahr für die Senatorenherrschaft schien von diesem Zusammenschluss daher zunächst nicht auszugehen. Zweckbünd-
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nisse wurden ebenso schnell verabredet wie aufgegeben. Niemand traute dem anderen, und jeder hatte Grund dazu. Dass das Bündnis relativ lange Zeit hielt, lag nicht an denen, die es abschlossen, sondern am Senat, dessen permanente Obstruktion verhinderte, dass einer der Koalitionäre ausbrechen konnte. Wann Caesar an Pompeius herantrat, wissen wir nicht. Es kann aber bereits kurz nach der Wahl im Juni 60 gewesen sein. Damals scheiterte, wie gesehen, das Ackergesetz, das Pompeius’ Veteranen versorgen sollte, endgültig. Sechs Monate lang hatten sich Pompeius und sein Tribun Flavius lächerlich gemacht. Alles Nachgeben im Detail war vergeblich gewesen. Da traf es sich für Caesar günstig, dass auch Crassus mit seinem Versuch scheiterte, den Zollpächtern aus dem Ritterstand einen Preisnachlass zu erwirken. Sie hatten zu hoch geboten, als der Zensor die Erträge der Provinz Asia versteigerte und mussten nun Verluste befürchten, da die zu erwartenden Einnahmen die Unkosten aus Pachtsumme und Löhnen nicht decken würden. So bestand Caesars Kunst darin, Crassus und Pompeius zusammenzubringen und letzteren davon zu überzeugen, dass dies hilfreich war. 29 Dies wird im Herbst des Jahres geschehen sein. Selbst wenn sich Widerstände unter seinen künftigen Verbündeten aufbauten, war Caesar motiviert genug, sie zu überwinden. Unter allen Umständen musste er den Beschluss über die „Wälder und Triften“ Italiens kippen. Er brauchte neue Provinzen. Die Einigung war schwierig gewesen, wie die bescheidenen Abmachungen verraten. Am 1. Januar 59 aber stand das „dreiköpfige Ungeheuer“, wie der Historiker Terentius Varro die Triumvirn in Anspielung auf den mythischen Höllenhund Kerberos nannte („Trikaranos“), 30 bereit, und schon drei Monate später hatte auch Cicero es wahrgenommen: „Mag die Senatsmacht unbeliebt gewesen sein: Jetzt ist die Macht nicht an das Volk, sondern an drei Männer übergegangen, die kein Maß kennen. Wohin das führt, magst Du Dir selbst sagen. Somit können sie zu Konsuln oder Volkstribunen machen, wen sie wollen, können meinetwegen sogar den Kropf des Vatinius in das doppelt gefärbte Gewand des Auguren stecken: Verlass’ dich darauf, bald stehen nicht nur die, die nie gewankt haben, sondern gerade auch Cato, der die Eintracht gestört hat, groß da“. 31
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Der Konsul tanzt Amtsantritt Am 1. Januar 59 trat Caesar sein Amt an. Für Cicero mag der erste Tag des Konsulats die Erfüllung eines lange gehegten Traumes gewesen sein, Caesar wusste, dass er erst den halben Weg zurückgelegt hatte. Das Konsulat dauerte nur ein Jahr. Bis er es erneut bekleiden konnte, musste er zehn Jahre warten. Einfluss konnte er in dieser langen Zeit ohne Amt in Rom nur ausüben, wenn Magistratur und Promagistratur erfolgreich waren. Die Bedingungen für diese aber wurden von jener vorgegeben, das heißt für Caesar hing alles davon ab, was in den ersten Monaten seines Konsulats geschah. Die Weichen für seine Zukunft wurden im Frühjahr 59 gestellt. Am ersten Januar wurde noch keine Politik gemacht. Er bedeutete eine Atempause. Der Tag begann mit dem Einholen der Auspizien, und zwar noch im Privathaus an der via sacra. Caesar befragte den Iuppiter Optimus Maximus nach seiner Meinung über den Verlauf seines Konsulatsjahres und bat den Gott um ein Zeichen, durch das er Billigung oder Missbilligung zum Ausdruck bringe. Jupiter tat dies nicht auf direktem Weg. Er bediente sich dazu des Vogelflugs, der Laufgewohnheiten von Quadrupeden, des Fressverhaltens von Hühnern oder meteorologischer Phänomene. Die Beobachtung des Vogelflugs, einstmals die wichtigste Form, Auspizien einzuholen, war mit der Zeit aus der Mode gekommen, der Hühnerfraß spielte nur noch bei Feldzügen eine Rolle, die entscheidenden Hinweise lieferten nun Himmelszeichen. Blitz und Donner hatten einst zu den auguria oblativa gehört, zu den Zeichen, die der Himmel zufällig gab, doch seit dieser ganz bewusst vom antretenden Magistrat nach Antworten Jupiters abgesucht wurde, zählten auch sie zu den auguria impetrativa, also zu den ausdrücklich erbetenen Zeichen. So redeten am frühen Morgen des 1. Januar 59 alle vom Wetter. Selbst Caesar. Er bat Jupiter um gute Vorzeichen für sein Amtsjahr, und dieser gewährte sie auch. Caesar musste dazu freilich nicht selbst den Himmel beobachten. Dies erledigte für ihn der pullarius, der Hühnermann. Im Feld war es seine Aufgabe, die in Käfigen mitgeführten Hühner knapp bei Futter zu halten. So fraßen sie, wenn rasch ein günstiges Vorzeichen gebraucht wurde, besonders gierig, ein Teil des Futters fiel dabei aus dem Schnabel, und das war genau das Omen, das der Feldherr wünschte. In Caesars Haus trat der pullarius ohne Hühner auf. Er meldete dem neuen Konsul lediglich, er habe gerade mitten am heiteren Himmel einen Blitz zucken sehen, und zwar von links nach rechts. Das war – außer vor
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Volksversammlungen – der ersehnte günstige Bescheid Jupiters. Caesar stand ein großes Amtsjahr bevor. Er freute sich, auch wenn die Meldung nicht unerwartet kam. Am ersten Januar kamen die Blitze immer von links, und der Himmel war stets heiter. Nach den erfolgreichen Auspizien legte Caesar sein Amtsgewand an, die toga praetexta mit ihren purpurnen Randstreifen, und erwartete die Ankunft der Liktoren. Die beiden Konsuln waren grundsätzlich gleichberechtigt. Da aber die Ausübung verschiedener Amtshandlungen nur einer einzelnen Person gestattet war, vereinbarten sie einen monatlichen Wechsel. Dies war auch öffentlich sichtbar, denn die zwölf Liktoren, die mit ihren Rutenbündeln Ausdruck der konsularischen Macht waren, gingen nur demjenigen voran, dem jeweils die Leitung des Staates oblag. Im Januar 59 war dies Bibulus. Caesar mochte gerade in seinem ersten Amtsmonat aber nicht auf Liktoren verzichten. Mit Berufung auf ein altes Gesetz bot er sie daher auch für sich auf, ließ sie aber im Unterschied zu seinem Kollegen, dem die fasces zustanden, hinter sich hergehen. Um den etwas lächerlichen Eindruck zu verwischen, der Konsul kündige die Liktoren an, übernahm nun ein Amtsdiener den Vortritt. 1 Begleitet von Freunden und Bekannten, schritt Caesar über das Forum zum Kapitol, gleichsam den verweigerten Triumphzug nachholend. Dort nahm er auf der sella curulis Platz, einem weiteren Signum seiner Macht. Der Konsul dankte nochmals Jupiter und brachte ihm das Opfer dar, das die Vorgänger im Amt für den Schutz der Stadt versprochen hatten. Danach gelobte er neue Opfer und gab Jupiter ein Jahr Zeit, sich diese zu verdienen. Noch am Ort eröffnete Caesar die erste Senatssitzung des Jahres. Die hohen Herren beschränkten sich auf sekundäre Themen und Terminfragen, und so wurde der erste Tag der letzte ohne Streit. Caesar kehrte mit seinem Gefolge aus Liktoren, Dienern und Freunden auf dem gleichen Weg nach Hause zurück. Am 2. Januar begann der Ernst des Konsulatsjahres. 2 Caesar hatte sein Bündnis mit Crassus und Pompeius geschlossen, um seine und deren Interessen auch ohne den Senat durchsetzen zu können. Das entband ihn nicht davon, dies zunächst zu versuchen. Das Bündnis griff erst, wenn die Gegner zu keinerlei Kompromiss bereit waren. Stärke und Schwäche des Triumvirats wurzelten dabei in seiner Geheimhaltung. Sie brachte das Überraschungsmoment, erschwerte es aber, einen politischen Druck aufzubauen, mit dem das Erhoffte auf legalem Wege erreicht werden konnte. Caesar bereitete sich auf den Ernstfall vor – und der hieß, seine Gesetze auch am Widerstand des Senats vorbei durch das Volk beschließen zu lassen. Aber zunächst suchte er den Konsens, zumindest aber wollte er durch seine ostentativ gezeigte Bereitschaft zum Einlenken die Senatoren spalten und die Obstruktionskraft eines Cato schwächen. Die
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erste Maßnahme, die Caesar als Konsul traf, ist bereits in diesem Zusammenhang zu sehen. Er verfügte, dass alles, was vor dem Volk und dem Senat verhandelt wurde, als „Bericht vom Tage“ (acta diurna) gesammelt und öffentlich angeschlagen werde. 3 Volksversammlungen waren per se öffentlich, an den contiones konnten sogar Sklaven teilnehmen. Die Neuregelung zielte also mehr auf die Diskussionen im Senat. Zwar standen in der curia die Türen offen, wenn dort gesprochen wurde, aber das war doch eher ein symbolischer Akt. Bei wichtigen Senatssitzungen umstanden Wachen das Gebäude, allzu nah wünschten sich die Senatoren die plebs nicht. Wer im Senat seine Meinung äußerte, sprach gesetzt. Vielleicht entlarvten die acta diurna nicht die Gegner der plebs, aber sie zeigten, wer für ihre Interessen eintrat. Der Alphabetisierungsgrad in Rom war hoch, und welche Wirkung öffentliche Anschläge hatten, sollte Caesar noch im selben Jahre in einer Sache erfahren, die ihm nicht ganz so angenehm war.
Senat und Volksversammlung Noch im Januar brachte Caesar sein erstes Gesetz ein, ein Ackergesetz. Das überraschte nicht. Seit dem Jahre 70 war es bereits der vierte Versuch, eine Antwort auf die Bodenfrage zu finden. Die zuständigen Volkstribunen hatten sich dabei um milde Anträge bemüht. Nichts sollte den grundbesitzenden Adel verschrecken. Auch Caesar hielt sich an diese Maxime: Von der Verteilung des italischen Staatsbodens sollte der besonders fruchtbare ager Campanus ausgenommen werden. Wo weiteres Land benötigt wurde, durfte der Verkauf nicht erzwungen, der Preis nicht willkürlich festgesetzt werden. Geld war genug vorhanden. Es stammte aus den Raubzügen des Pompeius, aus den Tributen und Zöllen, die aus den neugeordneten östlichen Provinzen nach Rom flossen. Auch das Problem illegal erworbenen italischen Besitzes wurde gelöst. Caesar verfügte, dass Fragen danach unterblieben. Wer besaß, besaß zu Recht. Statt wie früher von zehn Männern, sollte nun die Landverteilung von einer Zwanziger-Kommission organisiert werden. Wenn Macht auf viele verteilt wurde, schmälerte das den Anteil, den der Einzelne daran hatte. Caesar selbst verzichtete von vornherein auf einen Platz in der Kommission. Seine Botschaft war klar: Nicht ein neues Amt liege ihm am Herzen, sondern allein die Sache. Die Optimaten dachten an sich und glaubten ihm nicht. Caesar mühte sich trotzdem. Er fragte jeden Senator einzeln nach seinen Einwänden, bot ihm Änderung oder Streichung von Klauseln an. Sie wussten nichts gegen den Antrag vorzubringen, und das verdross sie am stärksten. Ihnen erschien es besser, dass eine Sache allen schadete, als dass sie möglicherweise einem nutzte.
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Offen widersprach niemand, niemand stimmte zu. Sie verzögerten die Abstimmung, und Cato begann wieder eine Dauerrede, um in jedem Fall einen Beschluss zu verhindern. Sein Argument ließ keine Gegenposition zu: Es dürfe prinzipiell nichts geändert werden. Zum ersten und letzten Mal in seinem Amtsjahr verlor Caesar die Übersicht. Kraft der Kompetenzen, die er als Konsul hatte, beendete er die Rede und ließ Cato ins Gefängnis führen. Noch während dieser mit seinen Anhängern im Gefolge die curia verließ, begriff Caesar, dass dies für Cato der richtige und für ihn der falsche Weg war. Noch nie war ein Senator auf bequemere Weise zum Märtyrer geworden. Der Konsul ließ gegen seine eigene Entscheidung interzedieren. Cato war frei – und Caesar endgültig bewusst, dass seine Ziele nur gegen den Senat durchzusetzen waren. Aber dazu hatte sich ja das Triumvirat auch gebildet. So trat denn das dreiköpfige Ungeheuer in jenem Januar 59 zum ersten Mal in der Öffentlichkeit in Erscheinung – allerdings noch inkognito. Die Bürger sahen die Köpfe, wussten aber noch nicht, dass sie einen gemeinsamen Schlund besaßen. Mit der Verweigerung des Senats war die Sache noch nicht entschieden. Der Senat sprach Empfehlungen aus. Hätte er diese bekommen, hätte Caesar damit rechnen können, dass sein Gesetz die Volksversammlung passieren konnte, ohne dass ein Volkstribun interzedieren würde. Nun aber war Obstruktion zu erwarten. Caesar hatte diesen Fall vorbereitet, aber er versuchte es ein letztes Mal mit Überredung. Vor der eigentlichen Abstimmung im Volk fanden mehrere contiones statt, die laut und tumultuarisch verliefen, aber keine Beschlüsse fassen durften. Die Magistrate traten auf, voran die Konsuln, aber auch die Großen Roms, die im Augenblick kein Amt hatten, Pompeius und Crassus. Wie im Senat befragte Caesar nun seinen Mitkonsul vor dem Volk nach seinen inhaltlichen Einwänden. Wieder wusste er keine. Hochroten Kopfes schrie er ins Volk, niemand werde dieses Gesetz in diesem Jahr bekommen, selbst wenn alle es wollten. In seiner Amtszeit gebe es keine einzige Neuerung. Bibulus besaß kein Konzept, aber zu dem stand er fest. Nach seinem Abgang traten die Triumvirn auf. Das Volk glaubte Pompeius und Crassus weiterhin verfeindet, und so wirkte es um so überzeugender, als sich beide scheinbar unabhängig voneinander für das Gesetz aussprachen. So wurde die Abstimmung anberaumt, derweilen Bibulus und drei befreundete Volkstribunen den Himmel nach Zeichen absuchten, die das Zusammentreten des Volkes verhinderten. Da in diesen Zeiten selbst auf Jupiter kein Verlass mehr war, bediente Bibulus sich obendrein eines sakralrechtlichen Kniffs. Er erklärte den Abstimmungstag zum Festtag, und an einem solchen durfte das Volk nicht zusammentreten. Obstruktionsmittel, die zu häufig angewendet werden, verschleißen sich; Obstruktionsmittel, die lächerlich gemacht werden, sind per se wirkungs-
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los. So scherte sich Caesar keinen Deut um das Gebaren seines Kollegen, zumindest nach außen. Die Versammlung fand statt, und schon in der Nacht davor strömten die Anhänger der Triumvirn zusammen und besetzten das Forum. Noch drohte ja die „persönliche“ Interzession durch Bibulus oder durch gegnerische Volkstribunen. Bibulus erschien tatsächlich mit Gefolge und bahnte sich einen Weg zum Castor-Tempel, auf dessen Stufen Caesar zum Volk sprach. Als Bibulus Einspruch erheben wollte, kam es zum kalkulierten Eklat. Die aufgebrachte Menge zerbrach die Rutenbündel der Liktoren, stieß Bibulus und die ihn begleitenden Volkstribunen von den Tempelstufen, übergoss den höchsten Beamten eimerweise mit Mist. Helfer brachten den konfusen Bibulus in Sicherheit und säuberten ihn. Am nächsten Tag war er so weit wiederhergestellt, dass er eine Kassation des Gesetzes im Senat beantragen konnte. Die geplante Interzession war jedoch nicht zustande gekommen, sondern in den Jauchekübeln der plebs erstickt. Die Verkündigung des Staatsnotstandes, die Bibulus antiken Quellen zufolge nun erwirken wollte, war ein schöner Traum der Optimaten. Pompeius hatte seine Veteranen zur Abstimmung nach Rom gerufen, die Stimmung heizte sich auf. Cato und Bibulus standen allein. Die Senatoren legten sogar einzeln einen Eid auf das Acker-Gesetz ab, wie es eine Klausel darin verlangte. So war die Niederlage der Optimaten komplett. 4
Blitz und Donner Es gibt viele Möglichkeiten, den Tag zu bestimmen, an dem der Marsch in den Bürgerkrieg begann. Der Tag, an dem Caesars erstes Gesetz beschlossen wurde, ist einer von ihnen. Seine Gegner begriffen, dass mit der bisher gebräuchlichen Interzession weitere Gesetze nicht zu verhindern waren. Auf dem Forum gab es nichts zu holen denn blutige Köpfe. So verlegte sich Bibulus auf die Obnuntiation, das heißt, er beobachtete den Himmel nach Vorzeichen, speziell nach Blitzen, deren Auftauchen, wie Cassius Dio erklärt, ob günstig oder nicht günstig, das Zusammentreten des Volkes in jedem Fall verhinderte und damit auch jede Beschlussfassung unmöglich machte. Dabei bedurfte es nicht wirklich eines Gewitters. Es genügte, wenn der Konsul behauptete, einen Blitz gesehen oder einen Donner gehört zu haben. Das ließ sich auch von Zuhause aus bewerkstelligen. Bis zum Ende seiner Amtszeit sah Bibulus nun unentwegt Blitze am Himmel, immer genau an den Komitialtagen, also an den Tagen, an denen die Volksversammlung zusammenkommen konnte, und dies schon Wochen und Monate im Voraus. 5 Das revolutionierte die Meteorologie und ruinierte das System, nach dem die römische Aristokratie gemeinsame Beschlüsse fasste. Es war auf ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft angelegt,
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da es allzu einfach war, Beschlüsse zu verhindern, selbst wenn eine Mehrheit der Senatoren hinter ihnen stand. Bibulus musste nicht einmal sein Bett verlassen, um die ganze Gesetzgebung eines Jahres zu blockieren. Er konnte dies freilich nur juristisch. Bibulus ließ die Blitze zucken und Caesar das Volk dennoch zusammentreten. Seine Gesetze waren illegal, wurden aber angewandt. Der Senat hätte sie für ungültig erklären können, doch fand sich dafür keine Mehrheit. Nachdem die Senatoren vorher keine Gründe gefunden hatten, für die Gesetze zu stimmen, fanden sie nachher keine, gegen sie zu votieren. Vielleicht hofften sie darauf, Caesar dereinst zur Verantwortung ziehen zu können. Bis es soweit war, bis Caesar weder durch ein konsularisches noch ein prokonsularisches Imperium geschützt war, konnte viel Zeit vergehen. Vieles von dem contra auspicia Beschlossenen war dann ausgeführt, manches würde sich auch für die Gegner als vorteilhaft erweisen und damit das Interesse an einer Korrektur mindern. Die meisten Senatoren konnten ohnehin bereits 59 mit den illegalen Gesetzen gut leben, Pompeius und Crassus voran, denn auf diese waren sie ja auch teilweise zugeschnitten. Optimaten, die klarer denken konnten als ein Cato oder Bibulus, wussten, dass diese Situation auch an den Fundamenten ihrer Macht rüttelte. Diese beruhte nicht auf der concordia ordinum, der Einheit von Senatoren und Ritterstand, wie sie sich der Aufsteiger Cicero wünschte, aber doch auf der Konsensfähigkeit der nobiles. Die war schon mit Marius und Sulla abhanden gekommen, mit Pompeius und Crassus sicher nicht zurückgekehrt, mit Cato und Caesar jetzt ferner denn je. So scheint nicht ausgeschlossen, dass im Herbst des Jahres einige Optimaten an Caesar herantraten und ihm den Vorschlag unterbreiteten, er solle seine Gesetze ein weiteres Mal einbringen, ohne dass diesmal ihrerseits, also durch Bibulus, Obnuntiation erfolgen würde. Die Gesetze seien dann legal und so das Vertrauen in die überkommenen Institutionen wiederhergestellt. Die Aktion liegt im Dunkel. Alles, was wir wissen, geht auf eine Bemerkung Ciceros in seiner Rede über die konsularischen Provinzen zurück. Vielleicht war das Ganze auch nichts anderes als eine Finte, ein Versuch, die Triumvirn auseinanderzudividieren. Pompeius jedenfalls hätte mehr davon profitiert als Caesar, denn die Illegalität der Gesetze, die seine Interessen betrafen, band ihn stärker an diesen, als ihm lieb sein konnte. Sicher ist nur, dass die Sache nicht zustande kam. 6 Im übrigen hatte Bibulus ja bereits an allen Komitialtagen Blitze gesehen und damit eine Beschlussfassung der Volksversammlungen bis zum 29. Dezember für rechtswidrig erklärt. Die Konsequenz zog Anfang des folgenden Jahres der neu gewählte Volkstribun Clodius. Ein von ihm eingebrachtes Gesetz regelte die Obnuntiation neu. Zwar wurde sie nicht abgeschafft, wie eine wichtige Quelle behauptet. 7 Sie wurde jedoch starken Restriktionen unterworfen. Vermutlich musste der zuständige Ma-
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gistrat nun persönlich vor der Volksversammlung erscheinen und den Himmel coram publico beobachten. Im Jahre 59 war dies nicht notwendig, und so erschien Bibulus nicht mehr vor dem Volk. Caesar beantragte ungerührt seine Gesetze oder ließ sie beantragen. Er musste keine Rücksicht mehr nehmen, Konsens war, selbst in bescheidenstem Umfang, nicht mehr zu erhoffen. Noch im Frühjahr beschloss das Volk, auch den ager Campanus zu verteilen. 20 000 Bürger mit drei und mehr Kindern sollten dort Land erhalten. Pompeius erhielt Sitz und Stimme in der Kommission und vertrat die Interessen seiner Veteranen. Die Optimaten wählten inzwischen eine neue Taktik: Wenn sie schon die Annahme eines Gesetzes nicht verhindern konnten, so dann doch vielleicht seine Realisierung. Sie verschleppten alle Maßnahmen, und noch Ende der fünfziger Jahre wurde um die Aufteilung des Bodens gestritten. 8
Gewinne und Verluste Crassus war der nächste, der seinen Anteil forderte. Caesar musste zuerst die Rechnungen der beiden Kollegen im Triumvirat begleichen, bevor er eigene stellen durfte. Nachdem die Tributkomitien Pompeius’ Anordnungen im Osten im Paket gebilligt hatten, war Crassus an der Reihe. 9 Seit Monaten stand dieser bei den publicani im Wort, im Senat einen Nachlass auf die Pacht der asiatischen Einnahmen zu erwirken. Ihre Gesellschaften hatten die Wirtschaftskraft des schon lange unter römischen Kontributionen leidenden Kleinasien überschätzt. Sie hatten beim Zensor zu hoch geboten und einen Preis für die Einziehung der Steuern, der Naturallieferungen und Zölle, bezahlt, der sich angesichts des teuren Apparates, den sie unterhalten mussten, nicht rechnete. Es drohten hohe Verluste. Die Senatoren durften offiziell an derlei Geldgeschäften nicht teilnehmen, und so fiel es ihnen leicht, mehrheitlich die Bitte der Ritter abzuschlagen. Nun konnte freilich der neue Konsul die Sache vor das Volk bringen. Das Volk segnete ab, was Caesar wünschte. Seine Popularität war offenbar noch ungebrochen. Zudem war Zustimmung in den Komitien eine Gewohnheitssache. 10 Das Gesetz über die publicani hatte ein doppeltes Gesicht. Caesars Hilfe für Crassus und die Ritter war keineswegs so selbstlos, wie sie sich den Anschein gab. Das Gesetz sanierte nicht nur den Haushalt der publicani, sondern auch den der Triumvirn. Ein Großauftrag wie die Pacht der asiatischen Einnahmen konnte, wie gesehen, nicht von Einzelnen vorfinanziert werden. Die publicani bildeten Gesellschaften und vergaben Anteilsscheine an Kleinkapitalisten oder an Hochvermögende. Senatoren war es verboten, mit diesen partes zu spekulieren, aber sie hatten, so sie wollten,
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genug Strohmänner aus dem Ritterstand, über die sich das erledigen ließ. Wo hohe Gewinne locken, gibt es auch ein entsprechendes Risiko, und so sanken die Aktien der asiatischen Pacht dramatisch im Wert, als sich herausstellte, dass sich die beim Bieten erfolgreiche Gesellschaft verschätzt hatte. Die Einnahmen aus Asien blieben aus, es drohten statt dessen Ausgaben an die Staatskasse. Wer konnte, verkaufte seine Anteile: Caesar und seine Freunde kauften. Der handstreichartig beschlossene Preisnachlass für die Staatspächter ließ den Wert der Aktien über Nacht hochschnellen: ein Millionengewinn, von dem nur die Handgelder für die Strohmänner abzuziehen waren. Die Sache war nicht geheimzuhalten. Vermutlich wusste ganz Rom davon, die Nachwelt erfuhr es aber nur, weil Cicero indiskreterweise einen Zipfel des Geheimnisses lüftete. 11 Caesar selbst sprach niemals von Geld. Er und Pompeius, von Crassus nicht zu reden, widerlegten die zähe Legende, dass römische Beamte nur in den Provinzen verdienten. Sie hat ihren Ursprung in den Verres-Reden. Dort wird minutiös aufgelistet, wie ein römischer Statthalter sich in Sizilien allerlei Vermögen zusammenraffte. Das war in der Quantität eine Ausnahme, in der Methode die Regel. Ein Pompeius oder Caesar aber ließen sich nicht auf so kleinliche Räubereien ein wie jener sizilische Landpfleger Verres. Sie mehrten ihr Vermögen mit mehr Stil, aber auch in größerem Stil. Vor allem beschränkten sie sich eben nicht auf ihre promagistratische Amtszeit. Ein Beispiel dafür ist der Handel, den sie mit dem ägyptischen König Ptolemaios XII., genannt der Oboebläser, tätigten. Seit langen Jahren versuchte dieser verzweifelt, die drohende Annektierung Ägyptens zu verhindern, indem er viel Geld nach Rom transferierte. Aus den Tresoren römischer Bankiers nahm es den kürzestmöglichen Weg in die Taschen römischer Politiker. Bis zum Jahre 59 hatte Ptolemaios dennoch wenig erreicht, aber dann machte ihm Caesar einen konkreten Preis. Für 6000 Talente, umgerechnet 36 Millionen Denare, zahlbar an ihn und Pompeius, brachte er die Sache des Königs vor Volk und Senat und schloss mit ihm ein Bündnis ab. 12
Gegner und Verbündete Über all dem vergaß der Konsul Caesar die plebs. Für sie fielen vom königlichen Tisch nicht einmal Brosamen ab. Von einem popularen Konsul aber wurde mehr erwartet als Privatgeschäfte mit den publicani oder mit pompösen Königen aus dem Osten. Von den Landzuweisungen profitierten eher die Veteranen des Pompeius als Bedürftige aus der plebs. Diese erwarteten Getreidespenden, Mietsenkung und Erlass von Schulden, soweit sie denn überhaupt in der Lage waren, solche zu machen. So vermischte
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sich der Unmut des Volkes mit der Wut der Optimaten und erzeugte eine den Triumvirn wenig freundliche Stimmung. In den Straßen Roms wollten die Leute nicht mehr die Aushänge Caesars lesen. Sie drängten sich stattdessen feixend vor den Kundmachungen des Bibulus, der sich über die privaten Affären seines Kollegen verbreitete, und davon hatte dieser nicht wenige. Cicero berichtet, es hätten sich vor den Verlautbarungen solche Trauben von Menschen gebildet, dass ein Durchkommen unmöglich war: Die Unbeliebtheit des Senatorenregiments sei vergessen, die Leute murrten nun über die Triumvirn. „Aber glaub’ mir“, bat Cicero seinen Brieffreund Atticus, „etwas so Schmachvolles, Schimpfliches, allen Geschlechtern, Ständen, Altersstufen gleichermaßen Verhasstes wie den jetzigen Zustand hat es noch nie gegeben, schlimmer nicht nur, als ich es für möglich gehalten, nein, schlimmer auch – bei Gott! –, als ich es je gewünscht hätte. Selbst zurückhaltenden Leuten haben diese Popularen schon das Pfeifen beigebracht. Bibulus ist im siebenten Himmel; warum, weiß ich freilich nicht. Aber man preist ihn, als ob ‚Ein Mann hat uns durch sein Zaudern das Vaterland gerettet‘ auf ihn gemünzt wäre. Mein geliebter Pompeius hat sich, was mir sehr schmerzlich ist, selbst sein Grab gegraben. Niemand ist ihnen aufrichtig ergeben, und ich befürchte, sie werden sich zu Terrormaßnahmen gedrängt sehen: populare nunc nihil tam est quam odium popularium: ‚Nichts ist im Augenblick so populär wie der Hass auf die Popularen‘.“ 13 Für Caesar, der den Beifall des Volkes gewohnt war, war dies neu. Im Theater wurde er ausgebuht, auf dem Forum geschnitten. In diesen Dingen war er empfindlich, und so verwundert es nicht, dass Cicero ihn für tödlich beleidigt hielt. Für den Augenblick brauchte Caesar das Volk allerdings nötiger als dieses ihn, und daher erinnerte er sich, dass er noch einen Verbündeten besaß, der zwar eigenwillig war, aber seine Gunst in der plebs noch nicht verspielt hatte. So versuchte er ihm zu einem Amt zu verhelfen, in dem Clodius (um diesen handelte es sich) ihm dienlich sein konnte, für das dieser aber per Geburt ungeeignet war. Clodius war Patrizier, und ein Patrizier durfte nicht Volkstribun werden. Dennoch hatte er nichts unversucht gelassen, dieses Amt bekleiden zu dürfen. Er bemühte sich um ein Sondergesetz, und er verfolgte den Plan, das Amt generell für Patrizier zu öffnen. Beides gelang nicht. So blieb als einzige Möglichkeit die Adoption durch einen Plebejer. Das war eine rechtlich komplizierte Angelegenheit, bei der die Gegner dem Clodius viele Hindernisse in den Weg stellen konnten. Caesar, Konsul und pontifex maximus in einer Person, machte es aber kurz. Mittels eines von den Kuriatkomitien, einer schon lange nicht mehr gebräuchlichen Form der Volksversammlung, beschlossenen Gesetzes wurde Clodius Plebejer und wenig später auch zum Volkstribun gewählt. 14 Als solcher brachte er Anfang 58 ein Gesetzespaket ein, das die
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popularen Lehren aus dem Konsulatsjahr Caesars zog. Dieser besaß in ihm einen Verbündeten, auch wenn Clodius bald nach eigenen Vorstellungen und nicht immer zur Freude und zum Nutzen Caesars agierte. 15
Provinzen und Imperien Wie der Bürgerkrieg, so nahm auch der Gallische Krieg in Caesars Konsulatsjahr seinen Anfang. Im Unterschied zu jenem war dieser geplant. Caesar war der Gastgeber im Konsulat, und so bediente er sich als letzter der Triumvirn. Für die Zeit seines Prokonsulats brauchte Caesar Provinzen, in denen er sich militärisch bewähren konnte. Der Senat hatte ihn, wie gesehen, mit den Wäldern und Triften Italiens abgespeist. Das hätte auch ein anderer als Caesar nicht hinnehmen können. Als Konsular, der als Statthalter über Hasen und Rehe regiert hatte, wäre er zum lebenslangen Gespött des Senats geworden. Er brauchte Provinzen, die seine dignitas nicht minderten, sondern mehrten. Diesmal trat Caesar aber nicht persönlich vor das Volk. Er schickte einen Vasallen, Vatinius, den er mit den Aktien aus der asiatischen Pacht bezahlt hatte. Vatinius war 59 Volkstribun, und somit kam die Angelegenheit vor die Volksversammlung. Als Helfer sprang Pompeius ein. Das Ergebnis war unzweifelhaft, auch wenn Caesar den Zenit seines Ansehens als popularer Politiker bei der plebs bereits überschritten hatte. Er erhielt das Kommando über zwei Provinzen mit unterschiedlichen Optionen. Die Gallia Citerior, das Land zwischen Po und Alpen, garantierte ihm, wenn er in den Wintermonaten den Amtspflichten des Statthalters nachging, die Verbindung zur Hauptstadt und beließ ihm die Möglichkeit, dort politischen Einfluss zu nehmen. Illyricum, an der Ostküste der Adria gelegen, bot dagegen das Terrain für militärische Bewährung in Sommerfeldzügen. Damit hielt sich Caesar alle Möglichkeiten offen, zumal jenseits der Alpen noch weitere gallische und germanische Gebiete lagen, die Beute versprachen – zumindest aus der Sicht der Römer. 16 Außergewöhnlich war die Länge der Promagistratur. Schon seit geraumer Zeit zwang der Personalmangel dazu, die Statthalter länger als ein Jahr im Amt zu belassen. Caesar aber würde länger als fünf Jahre in seinen Provinzen bleiben. Das ergab sich indirekt. So wurde festgelegt, über die nächste Vergabe von Illyricum und Gallia Citerior nicht vor dem 1. März des Jahres 54 zu beraten. Sofern alles im Rahmen der Gesetze blieb und zudem die Provinzen nicht zu prätorischen erklärt wurden, behielt Caesar sein prokonsularisches Imperium mindestens bis zum 29. Dezember des Jahres 53. Die konsularischen Provinzen wurden nämlich bereits vor den Wahlen festgelegt, und somit konnten erst die im Jahr 54 zu wählenden
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Konsuln wieder nach Gallien und Illyrien geschickt werden. Caesars Strategie zeichnete sich ab: Um sich gegen die Verfolgungen seiner Gegner abzusichern, wollte er sich bis zur Bewerbung um das zweite Konsulat mit der Immunität schützen, welche die Promagistratur gewährte. Allerdings gab es noch eine zeitliche Lücke, denn zwischen beiden Konsulaten musste eine Frist von zehn Jahren liegen. Im April war der Statthalter der Gallia Narbonensis unerwartet gestorben. Die eine Überraschung zeitigte eine zweite: In Caesars Konsulat geschah etwas, das von Popularen wie Optimaten gemeinsam akzeptiert wurde. Im Senat stellte Pompeius den Antrag, Caesar als Nachfolger zu bestellen. Der Senat war des Widerstands müde und stimmte zu. Anders als die beiden anderen Kommanden musste dieses freilich jährlich bestätigt werden.17 Das war im Mai oder im Juni. Nach nur fünf Monaten hatte Caesar seine wesentlichen Ziele erreicht und präsentierte sich nun versöhnlich als Mann, dem nichts mehr als das Gemeinwohl am Herzen lag. Im August legte er ein Gesetz vor, das in mehr als 100 Kapiteln die Tätigkeit des Statthalters regeln sollte. In erster Linie war es eine Verschärfung und Präzisierung bereits existierender Bestimmungen. Die lex Iulia de repetundarum verbot in Wiederholung älterer Gesetze dem Statthalter, „die Provinz zu verlassen, Truppen aus deren Gebiet zu führen, auf eigene Faust einen Krieg anzufangen, ohne Weisung des römischen Volkes oder Senats in ein Königreich einzufallen“. 18 Schließlich trat in Caesars Auftrag der Tribun Vatinius noch einmal vor die Volksversammlung. Sein Plebiszit zielte darauf, die nördlich des Po gelegene Kolonie Novum Comum durch neue Siedler zu verstärken. Sie sollten das latinische Bürgerrecht erhalten, welches, wie erwähnt, denjenigen das römische Bürgerrecht ermöglichte, die in ihrer Gemeinde ein Jahresamt bekleideten. Zusätzlich gab es ein Versprechen Caesars. Er kündigte an, alle Transpadaner zu römischen Bürgern machen zu wollen. Die Transpadaner waren seine künftige Klientel, vom Territorium nördlich des Pos sollten die nächsten Kriege ausgehen.19 Insgesamt erschlafften Caesars Aktivitäten während der zweiten Hälfte des Jahres. Er und seine Gegner waren des dauernden Streites satt und warteten vor allem darauf, dass das Konsulatsjahr des Julius und des Caesar, wie es einige Spötter tauften, zu Ende ginge. Seit dem Sommer blickte Caesar nach vorne und widmete sich der Vorbereitung der Statthalterschaft. Das schloss ein, sich gegen das abzusichern, was gleichsam hinter seinem Rücken in Rom geschah. Dazu gehörte es, wenn möglich, Magistrate eigener Wahl zu installieren. Einem ersten Versuch in dieser Richtung war Bibulus entgegengetreten, indem er die Wahlen verschob. Sie fanden nun erst am 18. Oktober statt. Die Optimaten konnten indes nur
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bei den Prätoren eigene Leute unterbringen. Die Konsulwahlen wurden von Kandidaten der Triumvirn gewonnen.20
Jahresabschluss Die Bilanz der Triumvirn sah am Ende des Jahres 59 unterschiedlich aus. Mit dem Prokonsulat von Gallien und Illyricum hatte Caesar den Krieg, den er wollte. Gegen wen er zu führen war, spielte für ihn keine Rolle. Jeder Krieg war ihm recht, wenn er nur seine Dignität erhöhte. Dass Kriege auch verloren werden konnten, glaubte kein römischer Konsular. Auch Crassus nicht, der 59 nur das Rittergesetz auf der Habenseite verbuchen konnte, aber darauf wartete, das zweite Konsulat antreten und dann wie Caesar ins Feld ziehen zu können. Pompeius wiederum hatte das erfolgreich absolviert, aber nun fühlte er sich gekränkt. Das Bündnis mit Caesar hatte er eingehen müssen, weil niemand seine Siege im Osten anerkennen wollte. Er hatte die Republik gerettet, aber diese Tat reklamierte nun ein Cicero für sich, dessen einziges Verdienst als Konsul die umstrittene Hinrichtung von fünf Verschwörern gewesen war. Pompeius hatte sich nur temporär an Caesar binden wollen, allenfalls ein Konsulatsjahr lang. Nun musste er erkennen, dass er den Geist, den er beschworen hatte, nicht mehr zu bannen vermochte. Die Optimaten machten zunächst ihn und dann erst Caesar für die Geschehnisse des Jahres 59 verantwortlich. Zudem musste Pompeius für die Legalität aller Maßnahmen Caesars eintreten, denn ihre Aufhebung hätte auch ihn zu Fall gebracht. Darüber hinaus 21 war er seit dem Sommer nicht mehr nur Verbündeter, sondern auch Schwiegersohn Caesars. Der Dichter Catull höhnte über die Familien-Bande und verspottete die dunklen Ehrenmänner Roms, die nun als socer generque, als Schwiegersohn und Schwager, vereint waren. Das Volk machte sich lustig über den Johannestrieb des Pompeius, und Cicero nannte den alternden jungen Ehemann ein „Bild des Jammers“, niedergeschlagen, gedemütigt, erniedrigt, körperlich „herunter“ und seelisch gebrochen.22 So hatte das Konsulatsjahr Caesars unter anderem den aristokratischen Heiratsmarkt Roms umgekrempelt. 23 Caesar verließ die Stadt als Schwiegervater eines mächtigen Triumvirn und als Schwiegersohn eines amtierenden Konsuls. Eine solche familiäre Konstellation verhieß Sicherheit. Zurück blieb außerdem ein Freund aus der Zeit der zweiten Ehe mit Pompeia. Am 10. Dezember trat Clodius sein Amt als Volkstribun an, das er dank Caesars Gesetz auch als geborener Patrizier bekleiden durfte. Er würde mit seinen Gesetzesinitiativen die Optimaten ein Gutteil des fol-
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genden Jahres so beschäftigen, dass sie nur wenig Zeit fanden, sich um Caesars Kriege zu kümmern. Mit dem Dezember 59 endet die Geschichte des politischen Caesar. Es beginnt die des militärischen. Nur als solcher nimmt er den geschichtlichen Rang ein, den ihm die Moderne seit Hegel zubilligt. Das Konsulat ist der Wendepunkt. Aus glaubwürdiger Quelle schöpfend, überliefert Sueton, Caesar habe, als er mit der Übertragung der Provinzen seine Ziele erreicht hatte, vor dem versammelten Senat erklärt, von nun an werde er allen auf den Köpfen herumtanzen. 24
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Gallischer Krieg und bellum Gallicum Soldat und Heerführer Nach dem Ende seiner Amtszeit blieb Caesar noch einige Zeit in Rom, um die Vorbereitungen für die gallische Statthalterschaft abzuschließen. Er verabschiedete sich von den Kollegen im Triumvirat, von seiner Tochter Julia und von der plebs urbana. Nur der letzte Abschied war endgültig. Seine Rolle als popularer Politiker war weitgehend beendet, und so wechselte er die Klientel. Es waren die Soldaten seiner ihm vom Senat unterstellten, später auch auf eigene Faust ausgehobenen Truppen, auf die er sich nun verließ – militärisch bei den Kämpfen in Gallien und später rund um das Mittelmeer, politisch bei den Abstimmungen in Rom. Ob Caesar schon ahnte, dass er bis zu seinem Tode nur noch eine begrenzte Zeit in der Hauptstadt verbringen würde, wissen wir nicht. Zunächst wollte er dies so, später fügte es der Zwang der Ereignisse. Dabei wurde Caesar in den Jahren bis 45 so sehr zum Feldherrn, dass er allen Sinn für Politik und das politisch Machbare verlor. Als er endlich alle Kriege gewonnen hatte und die Verhältnisse in Rom hätte neu regeln können, versuchte er, in einen so sinnlosen wie überdimensionierten Krieg zu fliehen. Auch der Biograph Plutarch sieht das Jahr 58 als den Bruch in Caesars Leben und hat dies in seinem Werk durch eine Zäsur bekräftigt: „Dies waren nun die Ereignisse vor dem Gallischen Krieg. Während der Zeitdauer der Kriege, die er nachher führte, und der Feldzüge, in denen er ganz Gallien unterwarf, schien er sich in seinem politischen Wirken wie in seiner gesamten Lebensweise von einer ganz anderen Seite zu zeigen, als ob er gleichsam eine neue Epoche begonnen hätte. Er erwies sich als ein Soldat und Heerführer, der keinem der berühmtesten und größten Feldherren nachsteht.“ 1 Wie nebenbei enthüllt Plutarch auch das Geheimnis, das Caesar zu seinen militärischen Erfolgen verhalf: Soldat und Heerführer. Es war nicht allein Caesars strategisches Genie, seine Feldherrenkunst, sein Kriegsglück, es war sein persönlicher Einsatz in der Schlacht, die Bereitschaft, die Strapazen des Marsches und die Gefahren des Gefechts mit seinen Legionären zu teilen. „Die Soldaten hingen mit ganz außergewöhnlicher Liebe und Begeisterung an ihm. Sie waren durchaus nicht anders als andere Soldaten auch, aber wenn Caesars Ruhm auf dem Spiel stand, gingen sie tapfer und unerschütterlich für ihn durchs Feuer.“ Plutarch spendet emphatisches Lob, das durchaus Glauben finden kann, auch wenn die Legionäre nicht so sehr für Caesars dignitas kämpften als um die Sicherung ihrer
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materiellen Existenz. Es gab ein ausgeklügeltes System von Belohnungen und Geschenken. In Zeiten permanenter Kriege wurden Soldaten ebenso schnell befördert, wie sie starben. Dennoch soll Caesar alle Zenturionen seiner Legionen mit Namen gekannt haben, und in der berühmten Episode von Vesontio sagt er selbst mit ungewöhnlicher Schärfe, wie sehr er sich von den meisten Angehörigen der Aristokratie entfernt hatte. 2 An Caesar beeindruckten nicht nur die Schnelligkeit und die scheinbare Leichtigkeit, mit denen er seine Siege errang. Es sind zweifellos auch die Dimensionen seiner Erfolge, welche die Antike veranlassten, ihn über alle römischen Eroberer, über Fabier und Scipionen, über Meteller und Luculli, über Sulla, Marius oder Pompeius zu stellen und ihn sogar mit Alexander dem Großen in einem Atemzug zu nennen. Den letzten ausgenommen, überragte er sie alle, meint Plutarch und nennt als Grund das schwierige Gelände, in dem er kämpfte, die Größe des Landes, welches er eroberte, die Masse und Stärke der Feinde, über die er Sieger blieb, die ungewöhnlichen, treulosen Menschen, die er für sich einzunehmen wusste, oder auch die Barmherzigkeit und Milde gegenüber den Unterworfenen, schließlich die Geschenke und Wohltaten, womit er seine Mitkämpfer belohnte. Caesar habe die meisten Schlachten geschlagen und die größte Zahl von Feinden besiegt. 3
Motive und Gründe Einen so großen Krieg wie den Gallischen konnte Caesar nicht ohne Billigung und Unterstützung des Senats führen und schon gar nicht gegen dessen Widerstand. Der beinahe alljährliche Beschluss von Dankfesten für die aus Gallien gemeldeten Siege belegt das Ausmaß der Zustimmung. So musste Caesar seinen Krieg nicht vor dem Senat rechtfertigen, noch weniger vor einer wie auch immer gearteten Öffentlichkeit und am allerwenigsten vor der Nachwelt. Dennoch gibt er Gründe für die Invasion an. Er hatte in Rom viele Gegner. Zwar hielten auch diese den Krieg im Interesse Roms für berechtigt, aber sie hätten ihn gerne – und dies um so mehr, je erfolgreicher Caesar schien – von anderen Promagistraten führen lassen. Caesar gibt an, was bei derlei Gelegenheiten schon immer angegeben wurde. Tradition und Beispiel des römischen Volkes verpflichteten ihn, alle Gefahren von Rom und den Provinzen fernzuhalten. Der Statthalter beruft sich auf den Schutz der Bundesgenossen, deren „Einfluss, Würde und Ehre“ er nicht nur verteidigen, sondern sogar mehren müsse, und er spielt auf der Klaviatur der Ängste, die nach den Germanenstürmen des vergangenen Jahrhunderts noch wach waren. Caesar beschwört die teutonische Gefahr, geißelt die Arroganz der Barbaren und warnt vor der Ur-
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Motive und Gründe enimagni s nte ova Trin Ancalite s
Ca C ssi
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GALLIA CISALPINA
(Marseille)
Mittelmeer
100 150 km
Karte 2: Gallien zur Zeit Caesars
katastrophe: Die Germanen würden Gallien besetzen, dann die Provinz überrennen, schließlich Italien und Rom selbst angreifen. 4 Caesar sagt dies alles eher nebenbei. Es hatte keine große Bedeutung. Als er seine Commentarii schrieb, war der Gallische Krieg bereits entschieden. Er brauchte sich nicht mehr zu rechtfertigen, denn er berichtete von einem großen Erfolg. Nirgends reklamiert er ein bellum iustum für sich. Wozu sollte er betonen, dass er einen „gerechten Krieg“ führte? Nach römischen Vorstellungen tat er das ohnehin. Ein wie auch immer geartetes Völkerrecht, das eine Doktrin des „gerechten Krieges“ formulierte oder gar zur verbindlichen Norm im Umgang von „Staaten“ miteinander erklärt hätte, gab es nicht. Wenn vornehmlich unter griechischem Einfluss über gerechte und ungerechte Kriege diskutiert wurde, war das ohne Auswir-
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kung auf die römische Politik. Wie leicht beides zu trennen war, lässt sich bei Cicero nachlesen. Wo er die griechischen Klassiker studiert und sich der Autorität griechischen Denkens fügt, idealisiert er Roms Rolle als Weltmacht. Das römische Volk habe sich allein durch die Verteidigung der Bundesgenossen schon aller Länder bemächtigt, formuliert er in De re publica genau zu der Zeit, als Caesar in Gallien gar nicht daran dachte, sich an diese Erkenntnis zu halten. 5 Wo sich Cicero nicht an gebildete Leser wendet, sondern in einer politischen Sache zum Senat spricht, gibt er sich dagegen um einiges pragmatischer: Nicht nur um frei zu sein, sondern auch um herrschen zu können, hätten die Vorfahren zu den Waffen gegriffen. 6 Von wirtschaftlichen Gründen spricht Caesar bekanntlich nicht, von einigen eher beiläufigen Bemerkungen abgesehen. Indes lässt sich auch nicht sagen, dass er sie verschweigt. Caesar beschrieb seine Taten als Feldherr und nichts sonst. Die commentarii rerum gestarum enthalten genau das, was im Titel steht: Taten (res gestae). Sie wollen keine Hintergründe liefern, keine Motive erläutern oder Kausalitäten darlegen. Zudem waren die wirtschaftlichen Interessen Roms (nicht Caesars) keineswegs geheim. Sie waren vielmehr zu selbstverständlich, um darüber zu schreiben. Warum sollte Caesar erklären, was ohnehin jeder wusste? Das System der späten Republik, das Wohlleben der Aristokratie und die Alimentation der plebs beruhten zum nicht geringen Teil auf dem, was in den eroberten Gebieten akquiriert wurde. Wenn die Leistungskraft alter Provinzen nachließ, war es der beste Weg, neue zu schaffen. Die Einrichtung der Provinz Gallia Narbonensis dankte sich ursprünglich der Notwendigkeit, den Landweg nach Spanien zu sichern. Sie involvierte Rom aber auch immer stärker in die Geschehnisse im sogenannten freien Gallien, und die Erkenntnis wuchs, welch großes Wirtschaftspotential das von Kelten bewohnte Land im Norden besaß. Zudem war das Gebiet – anders als das Hinterland von Illyricum, Caesars zweiter Provinz – bereits durch ein Verkehrsnetz erschlossen, eine Tatsache, die neben anderem auch die logistischen Schwierigkeiten eines Feldzuges verringerte. An wichtigen Fernstraßen existierten Verladeanlagen, Stapelplätze und Brücken. Auf zumindest streckenweise schiffbaren Flüssen wie der Rhône, der Doubs, der Garonne, der Loire oder der Seine konnten Güter relativ leicht transportiert werden. Fernwege verbanden Mittelmeer und Atlantik. Alle Voraussetzungen für einen fluktuierenden Handel waren vorhanden, und wo es diesen gab, sprudelten auch reichlich Zolleinnahmen. Die Waren, mit denen gehandelt wurde, produzierte Gallien im Überfluss: Kessel, Waffen oder Metallreifen aus Eisen, Armbänder, Fingerringe, Halsketten und Harnische aus Gold, Mäntel aus Wolle, Helme, Gürtel, Jacken oder Pferdegeschirr aus Leder, Fässer, Kähne, Reise- und Streitwagen aus Holz.
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Die Commentarii
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Exportiert wurden vielfältige Produkte der Landwirtschaft: Gerste, Buchweizen, Hafer, Hirse, Roggen, Dinkel, Gemüse, Fleisch. Der Reichtum freilich, für den sich Rom besonders interessierte, lag im Boden oder kam aus ihm. Die Wälder Galliens konnten das dringend benötigte Holz liefern, das in den Mittelmeerländern zur Mangelware wurde. Aquitanien besaß Zinn-, Kupfer- und Silberbergwerke. Eisenerz wurde im ganzen Land verhüttet. Reste antiker Bergwerke finden sich in den Pyrenäen, in Burgund, in Lothringen, in den Ardennen und im heutigen Belgien. Gold wurde in den Minen der Cevennen und Pyrenäen gefördert, an zahlreichen Flüssen und Waldbächen geschlämmt. Plutarchs Mitteilung, nach der Eroberung Galliens sei der Goldpreis in Rom um ein Drittel gefallen, illustriert mit sieben Worten Caesars Invasion besser als ein ganzes Buch der Commentarii. 7 Durch Kaufleute, Agenten und vor allem die ausgesuchten gallischen Verbündeten waren die Römer bestens über die Lage bei den Kelten informiert, die das Gebiet zwischen Alpen, Rhein, Mittelmeer, Pyrenäen und Atlantik besiedelten. Es war ein Gemisch großer und kleiner Völker – Plutarch zählt allein ungefähr 300 –, deren Wohnsitze meist ohne klare Grenzen waren, die unterschiedliche Dialekte sprachen und unterschiedliche soziale Strukturen besaßen. Eine solche Zerrissenheit begünstigte die gezielten Einmischungen Roms im nicht eroberten Gallien, und sie begünstigte Caesars Angriffspläne, dessen Politik davon geprägt war, die Zerrissenheit zu vertiefen – mit und ohne Erfolg.
Die Commentarii In den Jahren von 58 bis 52 eroberte Caesar Gallien, vom Winter 52 bis zum Sommer 51 beschrieb er dieses Ereignis in sieben Büchern, für jedes Kriegsjahr eines. 8 Erst beide Leistungen zusammen machen Caesars Rang aus. Gallien hätte auch ein anderer römischer Feldherr erobern können. Vielleicht hätte er länger gebraucht, vielleicht hätten sich verschiedene Promagistrate abgewechselt. Wenn das Ergebnis den Aufwand gerechtfertigt hätte, wäre Gallien römisch geworden. Anders verhält es sich mit den Commentarii. Es gibt nichts Vergleichbares in der römischen Literatur. Die res gestae des Augustus sind ohne literarischen Anspruch verfasst, der dünne Nekrolog einer langen Herrschaft. Dagegen zählt das bellum Gallicum, obwohl es die römische Kaiserzeit kaum schätzte, heute zum Kanon der Weltliteratur. Die Commentarii bergen wenig Rätsel. Es gibt einen Helden, der sich nicht ziert, das auch sein zu wollen, und am Ende siegt die gute Sache, die der Spannung wegen gelegentlich als gefährdet erscheint. Caesars Sprache
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ist schlicht, klar und beherrscht, jedes überflüssige Wort ist getilgt. Der Leser soll alles über Caesars militärische Großtaten erfahren und nichts über dessen Ziele. Das einzige Geheimnis liegt im tiefen Schweigen, das über der Darstellung liegt. Da Caesar es nicht mehr brechen kann, muss es die Nachwelt akzeptieren. Selbstverständlich kann man versuchen, die Commentarii gegen den Strich zu lesen. Wer will, kann Ungenauigkeiten registrieren, sogar kleinere Widersprüche aufdecken. Doch der Leser stößt bereits an seine Grenzen, wenn er Lücken feststellen will, die sich mit Absicht auftun. Caesar der Lüge zu zeihen ist anhand des überlieferten Textes nicht möglich. Die übliche propagandistische Übertreibung bei der Meldung feindlicher Verluste und die ebensolche Untertreibung bei der Einräumung eigener gehören in eine andere Kategorie. Niemand hätte Caesar geglaubt, wenn er korrekte Zahlen nach Rom berichtet hätte. Es spricht nicht gegen die Wahrheitsliebe Caesars, wenn er die römische Invasion nicht als solche deklariert. Römische Statthalter führten per se nur Verteidigungskriege. Es spricht nicht gegen die Aufrichtigkeit Caesars, wenn er keinerlei taktische oder strategische Irrtümer einräumt. Für Fehler, die ein jeder Krieg provoziert, waren Caesars Unterfeldherren und Offiziere zuständig. Es spricht nicht gegen die Vertrauenswürdigkeit Caesars, wenn er Vertragsbrüche nur auf der Gegenseite kennt. Dies ist eine bis heute gültige Vereinbarung. Nichts spricht dagegen, dass er sogar glaubte, was er schrieb. Das bellum Gallicum enthält Caesars Wahrheit genauso wie ein von Kelten geschriebenes bellum Romanum deren Wahrheit enthalten hätte. Der Autor hat sich nicht verbogen, er hat sich kaum gerechtfertigt und schon gar nicht entschuldigt. Die Idee, er habe Tötung, Folterung und Versklavung von Barbaren für ein Verbrechen gehalten, ist abwegig. Er schreibt ganz offen darüber und lässt keine Gelegenheit aus, von den Verlusten des Gegners zu berichten. Je höher sie sind, desto größer ist sein Stolz. Letztlich bildeten Zahlen ja die Grundlage, um die Dimensionen seiner Siege zu erfassen und sie mit denen anderer römischer Feldherren zu vergleichen. Mit den wenigen Toten, die er von seinem Sommerfeldzug in der Bergwelt Kilikiens zu vermelden hatte, machte sich Cicero als Anwärter auf einen Triumph geradezu lächerlich. 9 Der Adressat der Commentarii ist leicht zu bestimmen. Caesar schrieb für die plebs, die Ritter, den Senat und sogar für die Nachwelt: Alle sollten wissen, dass der größte römische Feldherr Caesar hieß und nicht Pompeius.
Bellum Helveticum Ganze fünfzehn Zeilen genügen Caesar in seinem berühmten Prolog über das dreigeteilte Gallien, um unmittelbar zum ersten Gegner seines sieben-
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jährigen Feldzuges überzugehen.10 Im Jahre 61 hatte das Volk der Helvetier seine Auswanderung beschlossen. Es siedelte erst in der zweiten Generation in einem Gebiet, das vom Genfer See, vom Jura und vom Rhein begrenzt wurde. Landnot und Überbevölkerung, der Druck von Osten nachrückender Völker und innergallische Kämpfe, in deren Strudel sie zu geraten drohten, veranlassten sie zum Weiterzug. Sie wollten sich neue Wohnsitze weit im Westen an der Atlantikküste suchen. Eine Völkerbewegung dieses Ausmaßes erzeugte schon im Vorfeld Unruhe, und so verbreitete sich auch in Rom schnell das Gerücht eines gallischen Krieges, der Senat beschloss Gegenmaßnahmen. Es blieb indes alles ruhig. Die Aufregung legte sich. Caesar beginnt seine Darstellung des bellum Helveticum mit einer besonderen Geschichte. Sie handelt von einem Mann namens Orgetorix. Er versuchte offenbar, in seinem Volk eine Verschwörung gegen den herrschenden Adel anzuzetteln, um das Königtum zu restaurieren. Durch ein Bündnis mit Thronprätendenten zweier benachbarter Völker, der Sequaner und der Häduer, sollte eine Koalition geschmiedet werden, die stark genug sein würde, um sich der Herrschaft über ganz Gallien zu bemächtigen. Das mag so gewesen sein, Caesar hatte seine Kundschafter. Für den helvetischen Feldzug war diese Verschwörung freilich ohne Belang. Orgetorix scheiterte und starb, die Helvetier wandern dennoch aus. Offenbar zielte Caesar mit seiner Geschichte schon über den Helvetierkrieg hinaus und sammelte weitere Gründe für die Notwendigkeit seines Eingreifens. Auch das zweite Buch des bellum Gallicum beginnt mit einer gallischen Verschwörung. Diesmal sind es die Belger, und sie werden genau so bekriegt werden wie Helvetier, Sequaner und Häduer. 11 Die Helvetier begannen mit ihrer Auswanderung, die sie drei Jahre lang sorgfältig vorbereitet hatten, am 28. März 58. Das ist eines der wenigen sicheren Daten des Gallischen Krieges. Auf diese Nachricht hin erreichte Caesar in nur acht Tagen von Rom aus Genf und ließ die dortige Brücke über die Rhône abbrechen. Ihr geplanter Weg zum Atlantik führte die Helvetier durch die römische Provinz. Der Transit sollte friedlich geschehen, und deswegen kamen Gesandte zu Caesar, um dessen Erlaubnis einzuholen. Erstaunlicherweise war dieser noch nicht für einen direkten Konflikt gerüstet, und so hielt er die Helvetier mit der Begründung, er müsse erst in Rom anfragen, zwei Wochen hin, bevor er sein Veto einlegte. Er nutzte diese Zeit für weitere Rüstungen, doch die Helvetier enttäuschten ihn. Nach einem schnell abgebrochenen Versuch, den Durchzug zu erzwingen, beschlossen sie, einen Weg einzuschlagen, der weitab der römischen Provinz lag. Caesar musste umdisponieren. Die Bedrohung für Rom ging nun nicht mehr vom Weg, sondern vom Ziel aus: Erreichten es die Helve-
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tier, wären sie nach Caesars Meinung als Nachbarn der Provinz eine ständige Bedrohung für diese. Caesar eröffnete den Krieg, indem er in der Nähe des Zusammenflusses von Rhône und Saône die Provinzgrenzen überschritt. Er begründete dies mit einem Hilferuf der befreundeten Häduer, durch deren Territorium die Helvetier zogen und es angeblich plünderten. Wie vermutlich vieles andere in den Commentarii ist diese Begründung wahr und doch wieder nicht. Ein Teil der Häduer suchte Hilfe bei Caesar, ein anderer unterstützte die Helvetier. Das war eine Feinheit, die der Statthalter negieren konnte. „Für Caesar stand fest“, schrieb Caesar, „dass er nicht warten dürfe, bis die Helvetier allen Besitz der Bundesgenossen zerstörten.“ 12 Der mos maiorum verpflichtete ihn, Roms Bundesgenossen zu helfen. Die Helvetier bildeten einen Treck, der mit Kindern, Frauen, Greisen und schwer beladenen Wagen, die Verpflegung für drei Monate und das bewegliche Hab und Gut transportierten, nur langsam vorankam und den leicht beweglichen römischen Truppen unterlegen war. Zudem war Caesar nicht nur der überlegene Stratege in der Schlacht, er war auch ein meisterlicher Organisator des Krieges. An der Rhône waren Depots angelegt worden, Kähne brachten das Getreide flussaufwärts zur Saône. So geriet er nur einmal in kurzfristige logistische Schwierigkeiten, als die Helvetier von der Saône abbogen, um zur Loire zu gelangen. Doch er meisterte die Situation schnell und zwang die Helvetier zur Schlacht. Nach seinem Bericht dauerte sie lange, war die Entscheidung hart umkämpft. Dennoch stand der Ausgang zu keinem Zeitpunkt außer Frage. Das römische Heer war in allem überlegen. Bei der Rekapitulation seines Sieges bemühte sich Caesar auch um Statistik und nannte die Zahl der Auswanderer, der Frauen, Kinder und Waffenfähigen, indirekt auch von Gefallenen und Versklavten. Die Zahlen waren für Rom bestimmt und sind für uns wertlos. Wichtig ist das Ergebnis: Caesar schickte die Helvetier in ihre gerade aufgegebenen Wohnsitze zurück und schloss mit ihnen einen Vertrag. Ein Bevölkerungsvakuum hätte rechtsrheinische Germanen anziehen können. Diese Gefahr war gebannt.13
Ariovist Caesars Sieg brachte weitere Konflikte. Ein Krieg gebar den nächsten. Die prorömische Fraktion der Häduer verschaffte dem Statthalter nun den Grund für einen weiteren Feldzug. Diesmal ging es um eine germanische Bedrohung. Die Häduer klagten, sie und andere Gallier würden durch die Germanen des Königs Ariovist unterdrückt, der den Rhein überschritten
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Ariovist
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und sich nun links des Flusses festgesetzt habe. Caesar kannte den Sachverhalt bereits und hatte bis dato nichts Störendes daran erkennen können. Schließlich war Ariovist erst im Vorjahr vom Senat als rex atque amicus anerkannt worden – auf Vorschlag Caesars. Vor die Wahl zwischen zwei Verbündeten gestellt, entschied sich Caesar gegen Ariovist, denn dieser und das von ihm unterstützte Volk der gallischen Sequaner stand einer weiteren Machtausdehnung der Römer nach Norden im Wege. Mit einem entschlossenen Vorstoß nahm Caesar Vesontio (Besançon). Hier freilich kam es zu einem unerwarteten Aufenthalt. Der Feldherr sah sich mit einer Art Meuterei konfrontiert. Falls dies nicht singulär war, so war es auf jeden Fall die heftige Kritik, die Caesar in diesem Zusammenhang vor allem an seinen Offizieren übt. Niemals hat ein römischer Aristokrat schärfer über seine Standesgenossen, viele davon Söhne befreundeter Familien der Hocharistokratie, geurteilt: „Während Caesar sich wenige Tage bei Vesontio der Verpflegung und Zufuhr wegen aufhielt, befiel plötzlich ein so großer Schrecken das ganze Heer, dass alle in bedenklicher Weise Kopf und Herz verloren. Auf die Fragen der Römer hin hatten nämlich Gallier und Kaufleute überall erzählt, die Germanen seien ungeheuer groß, unglaublich tapfer und waffengeübt. Zu wiederholten Malen seien sie, so sagten sie, mit ihnen zusammengestoßen und hätten nicht einmal ihre Mienen und den stechenden Blick ihrer Augen ertragen können. Diese Furcht befiel zuerst die Kriegstribunen, Präfekten und die übrigen, die aus der Stadt freundschaftshalber Caesar gefolgt waren, aber keine große Erfahrung im Kriegswesen besaßen: Von ihnen bat der eine aus diesem, der andere aus jenem vorgebrachten Grunde, von dem er sagte, dass er für ihn zur Abreise zwingend sei, dass es ihm mit seinem Einverständnis erlaubt sein möge heimzukehren; nur einige wollten bleiben, durch Schamgefühl bewogen, um den Verdacht der Furcht zu vermeiden. Diese konnten weder ihre Miene verstellen noch sich zuweilen der Tränen enthalten. Verborgen in ihren Zelten klagten sie entweder über ihr persönliches Geschick, oder zusammen mit ihren vertrauten Freunden jammerten sie über die gemeinsame Gefahr. Allenthalben im ganzen Lager versiegelte man Testamente. Durch deren Gerede und Furcht gerieten allmählich auch diejenigen, die große Erfahrung im Kriegsdienste hatten, Soldaten, Zenturionen sowie die, welche die Reiterei befehligten, in Verwirrung.“ 14 Caesar griff durch, und wenig später stand er Ariovist gegenüber, der durch Gesandte einlenken wollte. Das war nicht in Caesars Sinn, der über die stärkeren Kräfte verfügte. Ohne Mühe wurden die Truppen des Ariovist geschlagen, der König propagandawirksam über den Rhein zurückgedrängt, den Caesar als „völkische“ Grenze zwischen Kelten und Germanen im Bewusstsein der Römer zu verankern suchte. 15 Der Eroberer
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Galliens präsentierte sich als dessen Befreier. In einem einzigen Sommer habe Caesar zwei schwere Kriege geführt und gewonnen, meldete er nach Rom. 16 Falsche Bescheidenheit war ihm fremd. Die Truppen schlugen ihr Winterquartier im Gebiet der Sequaner auf, Caesar selbst eilte in seine Provinz nach Oberitalien. Er musste den Aufgaben des Statthalters nachkommen und Verbindungen nach Rom knüpfen.17
Belgische Heldensaga Niemand in Gallien machte sich im Winter 58/57 Illusionen über die weitere römische Politik. Caesars Legionen blieben auch nach dem Sieg über Ariovist im Land. Das allein signalisierte eine Fortsetzung der Invasion. Die benachbarten Völker rüsteten sich für diesen Fall. Als römischer Promagistrat sah Caesar die Entwicklung selbstverständlich anders: Er sah wieder eine Verschwörung gegen das römische Volk. Verschwörungen sind ein Phänomen, das Caesars politischen Weg begleitet, angefangen vom ersten großen öffentlichen Auftritt bis zu seinem Tod, von Catilina bis Brutus. Die coniuratio vom Winter 58/57 war freilich ungewöhnlich, denn es verschworen sich nicht Römer, sondern Landesfeinde: die Belger. Dies erleichterte Caesar das Handeln, und so begann er mit Frühlingsanfang seinen nächsten Feldzug. Nachdem er die Versorgung gesichert hatte, erreichte er mit seinen Legionen in nur fünfzehn Tagen das Gebiet der Belger. Er hatte zwei neue Legionen ausgehoben und bewegte sich mit starken Truppen schon weitab der römischen Provinz. Die logistischen Schwierigkeiten müssen enorm gewesen sein, und sie überwunden zu haben, zählt zu den Fähigkeiten, die den großen Feldherrn ausmachen. Caesar überschritt die Aisne in Nordfrankreich, marschierte auf die Sambre in Belgien zu und stand im Herbst des Jahres bereits nördlich der Maas. Das Ziel, den Osten Galliens bis etwa zum Rhein unter Kontrolle zu bekommen, ist erkennbar. Caesars Vorgehen wurde häufig mit dem modernen Begriff der Vorwärtsverteidigung beschrieben – und hat doch nichts mit Verteidigung und alles mit Vorwärts zu tun. Dass Rom an der Sambre verteidigt werden musste, glaubte kein Senator. Caesar siegte dreifach: diplomatisch, in der offenen Feldschlacht und im Belagerungskampf. Beschrieben hat er diesen Krieg im zweiten Buch des bellum Gallicum. Es ist ein kurzes, aber großartiges Buch. Nirgends sonst präsentiert sich Caesar so überzeugend als großer Feldherr. In der gesamten Weltliteratur gibt es nichts aus der Feder eines Militärs, das Caesars Darstellung vergleichbar wäre. Es ist ein Schauspiel in drei Akten, in dem der Autor sich die Heldenrolle auf den Leib geschrieben hat. Die Exposition benennt die Feinde, ihre Kampfstärke und Zahl: Hunderttausende, die
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Tapfersten der Tapferen, stehen gegen Caesar. Mit Umsicht bereitet dieser die große Schlacht vor, indem er die Masse der Gegner auseinanderdividiert, sie mit unblutigen Maßnahmen schwächt und mit der bloßen Demonstration waffentechnischer Überlegenheit in Schrecken versetzt. Im Hauptakt strebt alles einer dramatischen Entscheidung entgegen, auf dem Höhepunkt steht der Held allein auf der Bühne und erzwingt die Wende im Ansturm der Feinde. Niemand schildert das besser als Caesar selbst: „Caesar hätte alles auf einmal tun müssen: die Fahne als Zeichen des Alarms hissen, die Soldaten von der Schanzarbeit abrufen, diejenigen, welche sich etwas weiter entfernt hatten, um Schanzmaterial zu holen, heranholen, die Truppe in Schlachtordnung aufstellen, sie anfeuern, das Angriffssignal mit der Trompete blasen lassen. Einen großen Teil dieser Aufgaben machte die Kürze der Zeit und der Überfall der Feinde unmöglich. So gab Caesar nur die notwendigsten Befehle, ritt, um die Truppe anzufeuern, wohin ihn gerade der Zufall führte, sprengte herab und kam zur zehnten Legion, sagte, um die Soldaten zu ermutigen, lediglich das eine, dass sie sich ihrer alten Tapferkeit bewusst sein sollten, die Fassung nicht verlieren und dem Angriff der Feinde tapfer begegnen sollten, und gab, weil die Feinde schon auf Wurfweite heran waren, das Zeichen zum Kampfe. Als er zum anderen Flügel ritt, um ebenfalls die Truppe zu ermutigen, begegnete er bereits Kämpfenden. Es blieb so wenig Zeit übrig, und der Feind war so draufgängerisch, dass nicht nur die Zeit zum Anlegen der Abzeichen fehlte, sondern sogar zum Aufsetzen der Helme und zum Abziehen der Hüllen von den Schilden. Wohin ein jeder zufällig von der Schanzarbeit kam, trat er bei dem von ihm zuerst erblickten Feldzeichen an, um nicht auf der Suche nach seiner Abteilung Zeit zum Kampfe zu verlieren. Nach seiner Ansprache an die zehnte Legion ritt Caesar zum rechten Flügel. Er sah, wie dort seine Soldaten in schwerster Bedrängnis, die Feldzeichen an einer Stelle zusammengetragen waren, die Zwölfer, dicht zusammengedrängt, sich selbst am Kampfe behinderten, dass alle Zenturionen der vierten Kohorte gefallen und der Adlerträger getötet und das Feldzeichen verloren, fast alle Zenturionen der übrigen Kohorten entweder verwundet oder tot waren und dass Publius Sextius Baculus, der Ranghöchste unter ihnen, ein sehr tapferer Soldat, durch viele schwere Wunden so erschöpft war, dass er sich schon nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Er bemerkte ferner, dass die übrigen bereits nachließen und einige von der Nachhut, allein zurückgelassen, sich aus dem Staube machten, um außer Schussweite zu kommen, dass die Feinde nicht aufhörten, in der Front von unten vorzurücken und auf beiden Flanken herandrängten, dass die Lage ganz verzweifelt stand und es keine Reserven mehr gab, die er hätte einsetzen können. Da entriss er einem Mann der letzten Reihe den Schild – er selbst war ohne Schild gekommen –, stürmte in die erste Reihe vor, feuerte die Zenturionen, sie einzeln namentlich ansprechend, an, ermutigte die übrigen und gab den Befehl, zum Sturm vorzugehen und die Manipeln aufzulockern, um leichter mit dem Schwerte kämpfen zu können. Durch sein persönliches Erscheinen weckte er bei der Truppe frische Hoffnung und entflammte von neuem ihren Mut, da sich ein jeder vor den Augen des Feldherrn selbst in größter Gefahr tüchtig zeigen wollte. So wurde der feindliche Ansturm ein wenig aufgehalten.“ 18
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Im Epilog bilanziert Caesar das zweite Kriegsjahr. Weder hochbefestigte Städte noch Verrat und Heimtücke hatten ihn aufzuhalten vermocht. Zahlen illustrieren das: Von 60 000 Nerviern will Caesar 59 500 getötet haben, von 600 Senatoren dieses Volkes 597. Nach der Einnahme der Stadt Atuatuca zählte er 4000 gefallene Verteidiger und 53 000 in die Sklaverei verkaufte Gefangene. Die Zahlen scheinen – wie immer – zu hoch. Zumindest die Nervier erholten sich schnell von ihrer Auslöschung. Fünf Jahre später jedenfalls war ihr Bestand wieder so hoch, dass sie im Kampf um Alesia ein größeres Heer stellen konnten.19 Als auch noch die Legaten die Unterwerfung der Küstenvölker meldeten, stand für Caesar fest: „Ganz Gallien ist erobert (omnis Gallia pacata).“ 20 Die Senatoren in Rom teilten diese Meinung und beschlossen zu Ehren des Feldherrn ein großes Bitt- und Dankfest. Es dauerte fünfzehn Tage. Pompeius hatte nur zehn Tage für den Sieg über Mithridates bekommen und Marius gerade fünf. Doch Caesar irrte. Gallien war noch keine Provinz, es war noch nicht einmal erobert. Caesar hatte verschiedene Völker besiegt und die Ränder des Landes besetzt. Geiseln wurden gestellt, Tribute gezahlt, Verbindungswege gesichert. Doch alles war nur ein Anfang. Die meisten gallischen Völker hatten noch keinen römischen Soldaten gesehen und legten auch wenig Wert auf diesen Anblick. Im Inneren Galliens hatte sich nichts geändert, und es änderte sich selbst nach dem großen Sieg Caesars vor Alesia lange Zeit nur wenig. Es waren die römischen Händler, nicht die Legionäre, die Gallien eroberten.
Zweierlei Legaten Das dritte Kriegsjahr verlief ruhiger, allerdings nicht so ruhig, wie Caesar es erwartet hatte. Immerhin hatte er schon die Befriedung des Landes in Rom verkünden lassen. Das Jahr 56 ist das Jahr, in dem Caesars Legaten die Hauptarbeit verrichteten. Das war eigentlich in jedem Jahr der Fall, aber 56 fand es auch seinen Niederschlag in den Commentarii. Noch im zweiten Buch hatte Caesar nur wenige Zeilen auf die Leistungen seiner Unterfeldherren verschwendet. Das war nicht anstößig. Ihre Taten galten als die des Prokonsuls. Im Winter 57/56 hatte Caesar beschlossen, die Verhältnisse 21 in seiner illyrischen Provinz genauer kennenzulernen. Offenbar fasste er bereits einen neuen Krieg ins Auge. Er betont jedenfalls an dieser Stelle nochmals ausdrücklich, er habe die Situation in Gallien bereits als geklärt betrachtet: die Belger geschlagen, die Germanen vertrieben, die Seduner in den Alpen besiegt. Kaum in den Osten abgereist, erreichten ihn jedoch Nachrichten von einem Aufstand im westlichen Gallien. Der Leser weiß bereits,
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dass auch hier wieder eine Verschwörung im Gange ist. Es verschwor sich das Volk der Veneter in der Bretagne. Das war für Caesar in mehrerer Hinsicht ein Problem. Der See- und Handelsweg nach Britannien war blockiert, in Gallien konnte das Beispiel Schule machen und weitere Insurrektionen nach sich ziehen. Die Veneter bewohnten schwer zugängliche Dörfer und Städte, die auf Landzungen und Vorgebirgen der zerklüfteten Atlantikküste angelegt waren. Zu Land war ihnen kaum beizukommen, und über eine Seeflotte, die in den starken Strömungen des offenen Meeres manövrierfähig gewesen wäre, verfügte Caesar nicht. Seine Stärke war jedoch die rasche Improvisation und das Vertrauen in seinen Stab. Ohne selbst die Örtlichkeiten gesehen zu haben, verfügte er noch von Oberitalien aus den Bau seetüchtiger Kriegsschiffe im Unterlauf der Loire, ließ Ruderer aus der Provinz kommen sowie See- und Steuerleute anheuern. Wie immer handelte er rasch. Er isolierte den Gegner und wagte, als er begriffen hatte, dass die Eroberung einzelner Städte kein Ergebnis brachte, die Seeschlacht. Möglicherweise fand sie vor der Küste der Halbinsel Rhuys statt, die schroff zum Meer abfällt. Es ist das erste bekannte Seegefecht der Römer im Atlantik und auch in anderer Hinsicht denkwürdig. Caesar knüpfte als Feldherr und Schriftsteller an die griechische Geschichte des fünften Jahrhunderts an. Wie beim Fluchtversuch der eingeschlossenen athenischen Flotte aus dem Hafen von Syrakus im Jahre 413 spielte sich das Geschehen unmittelbar vor den Augen des Feldherrn und des Heeres ab. Von der Steilküste aus beobachtete es Caesar und er beschrieb es wie der Historiker Thukydides den missglückten Ausbruch der Athener in einer Art Teichoskopie: Schiffbruch mit Zuschauer. Die Römer gewannen, die Veneter ergaben sich, Caesar machte den sprichwörtlich kurzen Prozess. Die Veneter hatten mit ihrem Aufstand seine Siegesmeldungen Lügen gestraft. Das schadete ihm in Rom und kostete in Gallien zusätzliche Mühe. So endet das Kapitel über die Veneter ebenso schnell wie deren Geschichte: „Caesar ließ den gesamten Senat hinrichten und verkaufte die übrige Bevölkerung in die Sklaverei“, schreibt Caesar. 22 Das Vorgehen war nicht ungewöhnlich. Die Römer eroberten ihr Weltreich nicht mit Milde. Überflüssig war allein der pädagogische Anstrich, den Caesar seiner Maßnahme gab. „Caesar hielt es für angebracht“, erklärte er, „mit den (Venetern) strenger zu verfahren, damit für die Zukunft bei den Barbaren das Gesandtschaftsrecht um so genauer gewahrt werde.“ Wie der Fabelwolf im Dialog mit dem Lamm erwies er dem Recht noch seine Reverenz, indem er es ad absurdum führte. Am Schluss waren die Veneter nicht nur tot, sie waren auch im Unrecht. Um dahin zu kommen, muss Caesar die Geschehnisse ein klein wenig verdrehen. Das tut er offen. Ein Caesar geniert sich nicht vor seinen Le-
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sern. Anfang des Jahres hatten die Veneter mehrere römische Offiziere festgenommen, die in ihr Gebiet gekommen waren, um Getreide zu requirieren – ein höfliches Wort für Plündern. Sie hofften, diese Offiziere gegen die Geiseln eintauschen zu können, die sie Rom hatten stellen müssen. Caesar zeigte sich empört, verwandelte die Militärtribune flugs in Gesandte und unterstellte den Barbaren genau das Gewissen, das er in dieser Sache nicht hatte: „Von seiner Ankunft in Kenntnis gesetzt, begriffen die Veneter …, wie schwer sie sich dadurch vergangen hatten, dass sie Gesandte, die bei allen Völkern stets als heilig und unverletzlich gelten, gewaltsam zurückgehalten und in Fesseln geworfen hatten.“ Die Mutation von „praefecti tribunique militum“ zu „legati“ vollzieht sich dabei auf nur einer Teubner-Seite (von Kapitel 7.3 zu 9.3). Auch wenn sie wenig Scham kennt, zeigt sich Gewalt nicht gerne nackt. So hängt ihr gelegentlich auch Caesar ein Mäntelchen um: „Caesar trieb vieles dazu, diesen Krieg zu beginnen: das in der Festnahme der römischen Ritter bestehende Unrecht, die nach der Unterwerfung angezettelte Verschwörung so vieler Völker, vor allem aber die Besorgnis, die übrigen Gallier könnten sich dasselbe erlauben“. 23 Der Vernichtung der Veneter folgte die Niederwerfung der Normandie und Aquitaniens im gleichen Sommer. Das besorgten wieder Caesars Legaten. Dieser selbst unternahm im Herbst noch einen Feldzug gegen die Moriner und Menapier in Flandern. Ein durchschlagender Erfolg blieb ihm versagt, obwohl er bereits eine Methode anwandte, die erst das 20. Jahrhundert perfektionieren sollte. Um dem Feind mögliche Verstecke zu nehmen, ließ Caesar ganze Wälder abholzen, steckte nach eigenem Bekunden Dörfer und Gehöfte in Brand und verwüstete die Äcker. 24 Es sind dies die wenigen, aber doch stetig wiederkehrenden Sätze, die zeigen, dass der Krieg, der ansonsten nur als eine Aneinanderreihung von Belagerungen, Schlachten und Rückzügen geschildert wird, nicht zuletzt gegen die Zivilbevölkerung geführt wurde.
Germanenschlachten Das vierte Buch zeigt einen anderen Caesar. Nun ist er Herr von Gallien oder will das zumindest so zeigen. Dazu rückt er erneut die Rheingrenze in den Vordergrund, die im Wesentlichen seine Erfindung ist. Caesar hat es dabei nicht leicht. Vor der Grenze drängeln sich aggressive Germanen, nur allzu bereit, bei erster Gelegenheit gallisches oder eben jetzt römisches Territorium zu besetzen, innerhalb der Grenzen aber hausen Gallier, die notorisch unzuverlässig sind, in ihren Beschlüssen und Absichten unberechenbar und „immer darauf aus, einen politischen Umsturz herbeizuführen“. 25
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Im Winter 56/55 hatten zwei germanische Völker, die Usipeter und die Tenkterer, den Rhein nahe seiner Mündung überschritten. Plündernd besetzten sie Gebiete südlich von Maas und Unterrhein und stießen in einzelnen Streifzügen bis in die Ardennen und die Eifel vor. Sie taten das nicht ganz freiwillig, denn sie flüchteten vor den Sueben, die seit längerem Krieg gegen sie führten und sie an der Bestellung ihrer Felder hinderten. Viele Völker hatten noch keine festen Siedlungsplätze oder gaben diese nach kürzerer Zeit wieder auf. Für Caesar sind die Sueben das militanteste Volk unter den Kelten und Germanen. Er schreibt dies, ähnlich wie im Fall der Nervier, zum Teil dem Importverbot von Wein zu. 26 Offenbar machte Alkoholverzicht besonders wild. Mit der Rheinüberquerung durch die Germanen war für Caesar der Verteidigungsfall eingetreten. Früher als gewöhnlich kam er aus Oberitalien zum Heer. Er wollte das Problem lösen, bevor es größere Ausmaße annahm. Die Einzelheiten interessieren wenig. Interessant ist nur das diplomatische Geplänkel um einen Waffenstillstand, das dem Kampf vorausging. Ein Vergleich zur Veneter-Episode drängt sich auf. Als die Gesandten der Germanen zu Caesar kamen, ließ er sie nämlich – hocherfreut, wie er selbst sagt – gefangennehmen, da sie sich nicht an Verabredungen gehalten hätten. Er legte dieses Verhalten als germanische Perfidie aus und suchte die Entscheidung im Kampf. 27 Dass er dabei einen dreifachen Vorteil hatte, konnte nicht schaden. Die Germanen wurden vom Angriff überrascht, gerieten in Panik, da sie ohne Führer waren – Caesar hatte ja alle Ältesten festnehmen lassen –, und mussten zudem auf ihre Reiterei verzichten, die wenige Tage vorher die Maas überschritten hatte, um Beute zu machen. Die Römer eroberten gegen geringen Widerstand das feindliche Lager. Es waren nur Wenige, die überhaupt zu den Waffen greifen konnten. Das folgende schildert mit lapidarer Kürze der Feldherr: „Die übrige Menge dagegen, Frauen und Kinder (sie waren nämlich mit der gesamten Bevölkerung ausgewandert und über den Rhein gegangen), begann, in alle Richtungen zu fliehen. Ihnen nachzujagen, schickte Caesar die Reiterei aus. Als die Germanen auch hinter ihrem Rücken Geschrei hörten und sahen, wie die Ihrigen niedergehauen wurden, warfen sie die Waffen fort, ließen die Feldzeichen im Stich und stürzten aus dem Lager. Am Zusammenfluss von Maas und Rhein gaben sie die Hoffnung auf Rettung auf. Nachdem viele getötet worden waren, stürzten sich die übrigen in den Fluss und ertranken dort, von Schrecken, Erschöpfung und der reißenden Strömung überwältigt. Die Zahl der Feinde hatte 430 000 betragen.“ 28
Nach Caesar wären, von der Reiterei abgesehen, allein diejenigen mit dem Leben davongekommen, die er kurz vorher hatte gefangennehmen lassen und denen er nun großzügig die Freiheit schenkte. Nach heutigen Maßstäben war das Massaker an Tenkterern und Usipetern – zumindest in Caesars
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Darstellung – ein Völkermord, und zwar im Sinne des Wortes. Caesar ist weit davon entfernt, das zu vertuschen. Im Gegenteil, er bauscht die Zahl der Toten vermutlich gehörig auf: Er will nicht etwa ein kleiner Völkermörder sein, sondern ein großer. Was heute als „Verbrechen“ firmiert, war für Caesar eine militärische Leistung. Vielleicht war jene Schlacht an Maas und Rhein sogar ein eher kleines Gemetzel – zu klein, um in Rom Beachtung zu finden, und so musste Caesar die Zahlen etwas auffrischen. Die Schlacht hatte ein Nachspiel im Senat. Als Caesars Bericht dort diskutiert wurde, kam es zu einiger Aufregung. Grund war nicht die Vernichtung der Germanen. Dafür wurde sogar ein zwanzigtägiges Dankfest beschlossen. Die Debatte entzündete sich am Bruch des Waffenstillstandes, den Caesar auf Seiten der Germanen sah, Cato aber auf römischer. So forderte er aus innenpolitischem Kalkül die Auslieferung des Feldherren an die Barbaren, um das Vergehen zu sühnen. Caesar und seine Anhänger nahmen das nicht weiter ernst. 29
Nach Britannien und zurück In Gallien glaubte sich Caesar seiner Sache nun sicher und wandte den übernächsten Blick bereits in den ferneren Westen. Dazu musste er sich aber zuerst den Rücken freihalten, und der hieß Rheingrenze. So ließ er sich von den rechtsrheinischen Germanen den Herrschaftsanspruch Roms auf Gallien bestätigen. „Der Rhein bilde die Grenze für die Herrschaft des römischen Volkes“, lässt er deren Gesandte sagen – und beschloss, um diese Lektion zu vertiefen, den Fluss zu überschreiten. Die Germanen sollten davon abgehalten werden, es in umgekehrter Richtung zu versuchen. In nur zehn Tagen gelang es, eine Holzbrücke – vielleicht in der Nähe von Neuwied – über den Rhein zu bauen. Das war eine einzigartige Ingenieurleistung und wird die Germanen nicht wenig beeindruckt haben. Schwieriger als der Bau der Brücke ist nur deren Beschreibung durch Caesar im 17. Kapitel des vierten Buches. Eine plausible Rekonstruktion aufgrund der dort von Caesar gemachten Angaben steht noch aus. Das römische Heer hielt sich genau achtzehn Tage rechts des Rheines auf, dann blies Caesar zum Rückzug und ließ das Bauwerk abbrechen. Er hatte wenig erreicht, ohne das aber sich oder dem Leser eingestehen zu wollen. Der Feldzug war ins Leere gegangen. Caesar konnte den Feind nicht stellen und ließ ersatzweise Dörfer niederbrennen und Ernten zerstören.30 Die Überfahrt nach Britannien, die Caesar im Anschluss an den Rheinübergang trotz der späten Jahreszeit noch unbedingt im Jahre 55 in Angriff
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nehmen wollte, stand unter einem wenig glücklichen Stern. Sie war nicht gut vorbereitet, die Soldaten waren mit dem Phänomen der Gezeiten nur unzureichend vertraut, Stürme und Unwetter behinderten Überfahrt und Landung. Das Fazit, dass überhaupt nur zwei Völker Geiseln geschickt hatten, 31 zeigte zur Genüge, dass die Britannier wenig beeindruckt waren. Einen Gesichtsverlust verhinderte Caesar nur dadurch, dass er die erste Invasion als Vorbereitung einer zweiten deklarierte. Der neue Krieg firmierte unter einer alten Bezeichnung, nämlich der des Präventivkrieges: In fast allen gallischen Kriegen sei der Feind von Britannien aus mit Hilfstruppen unterstützt worden.32 Darüber hinaus spielten sicher wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle. Die Insel exportierte Zinn und Blei, und die Römer vermuteten darüber hinaus noch Gold und Silber. Wichtiger war Caesar vielleicht noch etwas anderes: Der Vorstoß über ein unbekanntes Meer in ein unbekanntes Territorium am westlichen Rand der Erde sorgte für größeres Aufsehen als siegreiche Schlachten. Pompeius’ Ruhm verblasste, Caesar gerierte sich als neuer Alexander. Der Feldherr hatte aus dem ersten Unternehmen gelernt. Er ließ einen neuen Schiffstypus bauen, breiter und niedriger, um die Boote schneller beladen und an Land ziehen zu können. Den ganzen Winter über arbeiteten die Soldaten wie auf einer Werft. Als Caesar aus Illyrien zurückkehrte, lagen 600 dieser Lastschiffe und 28 Kriegsschiffe auf Kiel. Vom Hafen Itius aus, nach Caesars Schätzungen 30 Meilen von der Insel entfernt, sollte die Überfahrt beginnen.33 Zuvor kam es noch zu Kämpfen mit dem Volk der Treverer. Caesar begann bereits zu ahnen, dass die Eroberung Galliens nicht so endgültig war, wie er geglaubt hatte. Die Britannienexpedition entpuppte sich daher als doppeltes Wagnis. Caesar musste seine Kräfte teilen: Fünf Legionen und 2000 Reiter bestiegen die Schiffe, zwei Legionen und 2000 Reiter blieben am Festland zurück, um die Häfen zu schützen, für Getreide und Nachschub zu sorgen und eventuelle Aufstandsversuche niederzuschlagen. 34 Aus allen Völkern wurden die führenden Adligen nach Itius beordert, Geiseln auf die Schiffe verladen, Widerstrebende gegebenenfalls auch beseitigt. 35 Die Armada brach mit einer Verspätung von drei Wochen auf. Ungünstige Winde hatten eine frühere Überfahrt verhindert. Die Flotte lief bei Sonnenuntergang aus und erreichte am nächsten Mittag die Küste. Die Britannier, die sich dort versammelt hatten, wurden von der gewaltigen Zahl der Schiffe überrascht und zogen sich zurück. Am Horizont sahen sie nicht weniger als 800 Boote sich der Insel nähern. Neugierige, vor allem aber Kaufleute, hatten auf eigene Kosten Schiffe gechartert, um das Schauspiel zu beobachten oder um die erwartete Beute abzutransportieren. Cae-
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sars Berichte vom Vorjahr hatten große Erwartungen geweckt. Mit so viel Interesse wurde keiner seiner sonstigen Kriege beobachtet. Die Kämpfe erwiesen sich als mühselig, die Invasoren kamen nur schwer voran. Unter dem Anführer Cassivelaunus hatten sich angesichts der gemeinsamen Gefahr verschiedene Völker zusammengeschlossen und bereiteten den Römern vor allem durch den Einsatz der für diese ungewohnten Streitwagen enorme Schwierigkeiten. Erst als unter den Gegnern alte Streitigkeiten wieder ausbrachen und einige der Völker sich Caesar ergaben, konnte er Land gewinnen und die Themse überschreiten. Ein größerer Ort wurde eingenommen, der inzwischen weitgehend isolierte Cassivelaunus ergab sich oder wurde von Caesar für besiegt erklärt. Er forderte Geiseln, und er legte Cassivelaunus einen Tribut auf, von dem aber nicht ein Sesterz das Festland erreichte. Der Abzug des Siegers glich mehr einer Flucht. Wieder hatten Unwetter einen Teil der Flotte schwer beschädigt, mit Anbruch des Herbstes drohten schwere Atlantikstürme. Das Ganze war zu einer großen Enttäuschung geworden, für den Feldherrn und seine Legionäre, für die mitgereisten Kaufleute und für das sensationshaschende Publikum im fernen Rom. Dort trafen Nachrichten von der Pleite früher ein, als Caesar lieb sein konnte, denn seine inneren Gegner formierten sich wieder. Noch während die Invasion lief, hatte Marcus Tullius Cicero von seinem Bruder Quintus, der Caesar begleitete, Nachricht bekommen, dass es nicht einen Krümel Silber auf der Insel gebe und auch keine andere Aussicht auf Beute, Sklaven ausgenommen. Nichts sei dort, entnehmen wir dem Briefwechsel, wovor sich Rom fürchten müsse, aber auch nichts, worüber es jubeln könne. 36 Nahezu hundert Jahre betrat kein Fuß eines römischen Legionärs mehr die britische Insel. Entsprechend sah das Fazit aus, das die antike Historiographie über Caesars Versuch zog. „In Britannien hatte er weder für sich noch für den Staat etwas gewonnen, außer den Ruhm, überhaupt einen Feldzug gegen die Briten unternommen zu haben“, schrieb Cassius Dio über den Feldherrn, während Plutarch auch an dessen Legionäre dachte: „Das Unternehmen trug seinen Leuten trotzdem wenig ein, da das armselige, kümmerlich lebende Volk (der Britannier) nichts besaß, was des Mitnehmens wert gewesen wäre.“ Gewohnt kurz und gehässig bleibt Tacitus: „Es hat den Anschein, Caesar habe die Inseln den Nachkommen nur gezeigt, nicht aber übergeben.“ 37
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Ambiorix Als Caesar nach dem Misserfolg in Britannien auf den Kontinent zurückkehrte, begann der eigentliche Kampf um Gallien – drei Jahre, nachdem er angeblich schon entschieden war. Caesar musste einen Teil der gallischen Elite auf seine Seite ziehen. Ohne deren Kooperation war eine dauerhafte Herrschaft Roms nicht möglich. Gallien war ein von Machtkämpfen zerrissenes Land, teilweise lagen die Völker untereinander im Krieg, teilweise tobte innerhalb der einzelnen Völker ein blutiger Streit zwischen Aristokraten und einzelnen Usurpatoren, die nach dem regnum, der Königsherrschaft, strebten. Dies erleichterte Caesars Politik, weil er die einen gegen die anderen ausspielen konnte. Gleichzeitig erschwerte es diese, weil sich immer wieder neue und unerwartete Koalitionen bildeten, auf die Caesar nicht rechtzeitig reagieren konnte, auch wenn er ein Heer von Informanten besaß, das freilich auch für jede Art von Falschmeldung gut war. Von den neuen Freunden, die sich eilends an die Seite des neuen Machthabers drängten, erwiesen sich viele bald als wankelmütig oder falsch, so dass Caesar zuletzt allen misstraute. Jede Invasion teilt die militärisch Unterworfenen, vorausgesetzt sie überleben, ökonomisch in Sieger und Verlierer. Und Caesar hatte etwas zu bieten. Die Unterwerfung unter seine Herrschaft beendete die Kriege unter den einzelnen Völkern, innerhalb dieser festigte sie die Stellung einzelner Adelsgruppierungen, die nun zwar von den römischen Besatzern abhängig waren, gleichzeitig aber auch unter deren Schutz standen. Zudem wurde Gallien in einen neuen Wirtschaftsraum integriert, der Handel intensivierte sich, verstärkter Export von beispielsweise agrarischen Gütern versprach Gewinne – zumindest für die grundbesitzende keltische Oberschicht. Der Haken dabei war, dass sich dies alles erst nach und nach bemerkbar machte; im Jahre 54 war Gallien ein ausgeplündertes Land, teilweise sogar entvölkert. Wo aber besseres Leben auf sich warten ließ, da wurden Parolen ausgegeben. Die wichtigste handelte von der Freiheit: Die eine Seite versprach, diese zu bringen, die andere, sie zu verteidigen. Im Herbst 54 nahm eine Serie von Aufständen, Rebellionen und Überfällen ihren Anfang, die erst in den Tagen von Alesia ihr Ende finden sollte. Zwei Namen stehen für die Revolte: Ambiorix und Vercingetorix. Diesem wurde der Nachruhm zuteil, jenem die Bewunderung der Zeitgenossen. Ambiorix ist der einzige Gegner, dessen Caesar trotz erbitterter Verfolgung nicht habhaft werden konnte. Gejagt, gesucht, versteckt, entkam Ambiorix immer wieder den Häschern Caesars. Die aufwendigste Fahndung des Imperium Romanum verlief im Sand. Ende September war Caesar aus Gallien zurückgekehrt, etwa einen Monat später begann die Erhebung der Eburonen, eines belgischen Volkes,
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das im Gebiet der Maas (nördlich von Lüttich) siedelte. Unter der Führung ihres Königs Ambiorix griffen sie ein römisches Lager an, in dem fünfzehn Kohorten überwinterten. Ambiorix taktierte, war geduldig, listig und verschlagen. Er wartete auf den richtigen Zeitpunkt und verstand es, die Lage der römischen Truppen richtig einzuschätzen. Dies alles führte im Herbst 54 zur größten Niederlage, die Caesar zeit seines Lebens hinnehmen musste. Er hat dies nicht einmal verschwiegen. Im Gegenteil, es wird in extenso geschildert. Das ist möglich, weil Caesars Legaten die Niederlage in Abwesenheit des Statthalters verschuldetet hatten und dessen Erscheinen die Lage wieder ins Lot brachte. Der Bericht ist wieder eine Meisterleistung Caesars. Er unternimmt keinen Versuch, die Schwierigkeiten herunterzureden oder die Verluste, für die eben letztlich doch der Feldherr verantwortlich war, zu beschönigen. Der Feind erscheint nicht nur als hinterlistig, er ist auch tapfer und umsichtig. Die Verantwortung für das Debakel liegt im Versagen eines Legaten, doch der Schatten, der auf die Offizierskaste fällt, wird gemildert. Dem schlechten Beispiel stellt Caesar ein gutes an die Seite: Ein zweiter Legat besitzt alle Tugenden seines Standes, kann sich allerdings im entscheidenden Kriegsrat nicht gegen seinen Kollegen durchsetzen. Caesars Zenturionen kämpfen selbst in aussichtsloser Lage tapfer. Das weiß der Leser bereits. Aber die vollständige Niederlage gibt dem Autor noch einmal Gelegenheit, das zu unterstreichen. Die Geschichte ist schnell erzählt. Gallien erlebte im Sommer 54 eine Missernte. Die Kelten hatten freilich nicht nur sich selbst zu versorgen, sondern auch ein hungriges Heer von Besatzern. Seit dem Jahre 57 standen acht Legionen im Land, 53 waren es zehn, danach kurzfristig sogar elf. Deren Nominalstärke betrug 6000 Mann, meistens waren es aber wohl nur um die 5000 oder auch weniger. Zu jeder Legion gehörten 700 Trossknechte, ferner 300 Treiber. Die leicht bewaffneten Hilfstruppen (auxilia) zählten um die 10 000 Mann. Die römische Kavallerie bestand aus 3000 Reitern. Die Reittiere der Legionsoffiziere und des Führungspersonals eingeschlossen, waren anfangs 4000, später über 5000 Pferde mit Futter zu versorgen. Die Lasttiere der Legionen, Hilfstruppen und der Reiterei können mit zunächst knapp 15 000, später mit über 20 000 veranschlagt werden. Die Verpflegungsrationen unter Caesar sind nicht alle im einzelnen bekannt, doch besitzen wir für das zweite Jahrhundert genaue Angaben des Historikers Polybios. Eine Hochrechnung ergibt: An einem einzigen Tag eines Kriegsjahres verzehrte das römische Heer nicht weniger als 90 t Weizen und 35 t Gerste, andere Nahrungsmittel nicht gerechnet. 38 Die Getreideknappheit zwang Caesar, die Winterlager der Legionen weiter auseinanderzulegen als gewöhnlich und sie damit zum Teil voneinander zu isolieren und ihre Kräfte zu zersplittern. Er selbst wusste das nur zu gut und blieb daher vor Ort, und zwar in Samarobriva (Amiens).
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Der Aufenthalt war nur für einige Wochen geplant, doch schließlich hielt sich Caesar zum ersten Mal den ganzen Winter über in Gallien auf. Der am weitesten nach Osten vorgeschobene Posten lag im Gebiet der Eburonen. Dort griff Ambiorix nach Absprache mit den Treverern an. Der erste Versuch schlug fehl. Ambiorix griff daher zu einer List. Er heuchelte freundliche Gesinnung und schlug einen Plan zum beiderseitigen Nutzen vor: Ein Abzug der Römer erspare seinem Volk die Lasten des Winterquartiers und rette die Legionäre vor den bereits anrückenden Germanen. 39 Nach längerer Beratung entschlossen sich die Römer zum Aufbruch und gerieten in einen Hinterhalt, aus dem nur wenige Mann entkamen. Insgesamt wurden fünfzehn Kohorten, eineinhalb Legionen, aufgerieben. Im Teutoburger Wald waren es im Jahre 9 n. Chr. drei Legionen, die von den Cheruskern des Arminius vernichtet wurden. Der Aufstand griff danach sofort auf die Nervier über, die – wie gesagt – nicht ganz so ausgerottet waren, wie es Caesar behauptet hatte. Eburonen und Nervier belagerten das Quartier einer weiteren, im Gebiet der letzteren stationierten Legion, die unter dem Befehl des Quintus Cicero stand, dem schon genannten Bruder des Redners. Unter abenteuerlichen Umständen gelangte ein Hilferuf zu Caesar und dessen Durchhalteappell zurück ins Lager. Mit großen Anstrengungen kämpfte sich der Feldherr vor und verhinderte eine Erstürmung. Für kurze Zeit schien sich nun die Lage zu beruhigen. Die Niederlage gegen Ambiorix war für Caesar eine persönliche Beleidigung, aber sicherlich fühlte er sich auch für den Tod so vieler seiner Männer verantwortlich. So war er entschlossen, sie zu rächen. Er setzte ein emotionales Zeichen, indem er beschloss, Bart und Haar so lange wachsen zu lassen, bis ihm das gelungen war. Seine eigenen Soldaten erkannten ihn schließlich nur noch am Feldherrenmantel, aber sie liebten ihn für diese Geste. 40 Caesar ging mit berechnender Wut vor. Er ließ sich nicht zu schnellen Maßnahmen hinreißen. Neue Aushebungen wurden angeordnet, Pompeius lieh eine seiner Legionen. Trotz der Verluste des Vorjahres standen nun deren zehn in Gallien. Der erste Plan zielte darauf, die Eburonen zu isolieren. Zunächst überfiel Caesar noch vor Ende des Winters die Nervier, die angesichts der frühen Jahreszeit nicht mit einem römischen Angriff gerechnet hatten. Die Gefangenen wurden den Soldaten als Beute zum Verkauf an die Sklavenhändler übergeben, Rinder und Schafe weggetrieben, die Felder verwüstet. 41 Senonen und Carnuten, die der „Einladung“ zu einem gallischen Landtag in Lutetia nicht gefolgt waren, bildeten das nächste Ziel. Da sie sich schnell unterwarfen, begnügte sich Caesar mit der Annahme von Geiseln. Während der Legat Labienus die revoltierenden Treverer niederwarf, marschierte Caesar in das den Eburonen benachbar-
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te Gebiet der Menapier. Wieder wurde versklavt, das Vieh abgeschlachtet, die Ernte unbrauchbar gemacht. 42 Die Vorbereitungen zum Endkampf gegen Ambiorix gipfelten in einem zweiten Rheinübergang. Den Eburonen sollte das rechtsrheinische Zufluchtsgebiet genommen werden. In der Nähe von Bonn errichtete Caesar in nur wenigen Tagen eine weitere Holzbrücke. Er suchte die Entscheidungsschlacht gegen die Sueben, doch die zogen sich im Wissen um Caesars logistische Probleme weit in die Wälder Transrhenaniens zurück. So fehlte es Caesar im sechsten Buch seiner Kriegsmemoiren an Stoff. Anstelle der großen Siegesbeschreibung folgt der Schilderung des Rheinübergangs nun ein längerer Exkurs über Sitten und Gebräuche, Gewohnheiten und Lebensräume von Galliern und Germanen. Er enthält bekanntlich eine unüberbietbare Darstellung der Elchjagd. 43 Nach der Rückkehr eröffnete Caesar den Feldzug gegen die Eburonen. Er ließ diesmal die Brücke nur auf einer Länge von 200 Fuß abbrechen und errichtete stattdessen einen vier Stockwerke hohen Turm. Zwölf Kohorten sollten den Übergang sichern. 44 Es begann ein schmutziger Krieg, sorgfältigst geplant und durchgeführt. Der Auftrag an die kämpfenden Truppen lautete, das Volk der Eburonen als Strafe für sein unerhörtes Verbrechen mit Stumpf und Stiel auszurotten.45 Im Ergebnis verschwand der Name der Eburonen aus der Geschichte, die Zivilbevölkerung wurde zu 80 bis 90 Prozent getötet, eine in der Antike ungewöhnlich hohe Quote. Ambiorix wurde überrascht. Dies überraschte Caesar wiederum. Viele Eburonen arbeiteten noch auf den Feldern, ein Heer konnte nicht mehr aufgeboten werden. So schickte der König Boten durchs Land mit der letztmöglichen Devise: „Sauve qui peut.“ Die Überlebenden flohen in Sumpfgebiete, versteckten sich im Ardenner Wald oder retteten sich auf die Inseln der Maas-Mündung. Caesar teilte seine Truppen in drei Formationen und durchkämmte mit seinen Legaten das Land. Es gab keine regulären Truppen des Gegners mehr, keine Stadt, keine Befestigung, aus der heraus er sich hätte verteidigen können.46 Einzelne Gruppen hatten sich in abgelegene Täler, tiefe Wälder und unwegsame Sümpfe zurückgezogen und führten von dort aus einen aussichtslosen Guerillakampf gegen einzelne Abteilungen des römischen Heeres. Doch Caesar war entschlossen, die „Verbrecher“, wie er sie nennt, 47 ein für allemal auszulöschen. Er schickte sogar Boten an die benachbarten Völker und rief sie mit dem Versprechen auf Beute dazu auf, das Gebiet der Eburonen zu plündern. Er wolle in den Wäldern lieber das Leben vieler Gallier als das eines einzigen römischen Legionärs aufs Spiel setzen, bemerkte er dazu. 48 Der Plan schien aufzugehen, doch ließen sich die Herbeigerufenen nicht ganz so lenken, wie Caesar das wollte, und hätten ihm beinahe eine weitere schwere Niederlage beigebracht, als sie entdeckten, dass sie nicht nur bei
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den Eburonen, sondern auch in römischen Lagern Beute machen konnten. Schließlich griff Caesar noch einmal selbst ein, doch der letzte Erfolg, die Gefangennahme des Ambiorix, blieb ihm versagt. Oft waren ihm die römischen Häscher dicht auf der Spur, einmal hatten sie bereits ein Gehöft umstellt, in dem er sich aufhielt, doch er entkam. 49 „Caesar brach von neuem auf, um den Feinden Abbruch zu tun, bot aus den Nachbarstaaten eine große Reiterschar auf und entsandte sie nach allen Richtungen. Alle Dörfer und Gehöfte, die man erblickte, wurden eingeäschert, das Vieh wurde abgeschlachtet, aus allen Gegenden wurde Beute fortgeschleppt. Das Getreide wurde nicht allein von so vielen Menschen und so vielem Vieh aufgezehrt, sondern lag auch infolge der zu dieser Zeit häufig auftretenden Regengüsse vernichtet am Boden, so dass, wer sich für den Augenblick versteckte, gleichwohl nach Abzug des Heeres infolge Mangels an allem offensichtlich umkommen musste. Oft kam man, da so viele Reiter nach allen Richtungen ausgeschickt waren, einem Platze so nahe, dass die Gefangenen dem von ihnen angeblich eben noch gesehenen flüchtenden Ambiorix nachschauten und behaupteten, er sei noch nicht völlig aus ihrem Blickfeld verschwunden. So strengten sich infolge der Hoffnung, ihn einzuholen, unter unendlichen Strapazen die, welche sich Caesars größten Dank zu sichern hofften, fast übermenschlich an. Aber immer schien nur ein wenig zum vollen Glück zu fehlen. Jener versteckte sich in Schlupfwinkeln oder im Waldesdickicht und suchte im Schutz der Nacht andere Gegenden auf, geschützt von nur vier Reitern, denen er als einzigen Begleitern sein Leben anzuvertrauen wagte.“ 50
Das Jahr endete mit Todesurteilen und Ächtungen gallischer Fürsten. Caesar hielt die Gefahr für bereinigt und brach, wie gewohnt, nach Oberitalien auf, um seinen Verpflichtungen als Statthalter nachzukommen.
Vercingetorix Das siebte Kriegsjahr besitzt einen Helden, der nicht Caesar heißt. Er ist allerdings sein Geschöpf, und damit ist der Autor kein geringes Risiko eingegangen, obwohl er natürlich als Sieger die Bühne verlässt. Der Held ist ein Gallier, und er führt nur ein kurzes Leben, das vom Frühjahr bis zum Herbst 52 währt. Er tritt erst mit Beginn des Gallischen Aufstandes auf und verschwindet sofort mit dessen Niederschlagung. Vercingetorix ist der Mann, in dem Caesar die komplexen Kämpfe jenes Jahres personalisiert und den er damit unsterblich macht. Das siebte Buch ist das längste des bellum Gallicum und das einzige, das Caesar aus der frischen Erinnerung geschrieben hat, im Winter nach den Ereignissen, die ihm beinahe Kopf und Karriere gekostet hätten. Das Porträt des Gegenspielers ist trotzdem kalkuliert: Caesar macht ihn groß, aber er tut das emotionslos. Der Leser muss die Leistung dessen würdigen kön-
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nen, der ihn bezwang, aber er darf keine Sympathie und kein Mitleid mit dem Unterlegenen entwickeln. Diese Balance gelang bis ins 19. Jahrhundert. Die Verunglimpfung des Vercingetorix begann erst, als man ihm Denkmäler setzte. Die innerrömische Politik strahlte von Anfang an auf die Ereignisse in Gallien aus. Caesars Gegner redeten seine Siege zunächst klein und, als dies nichts fruchtete, groß: Er habe seine Aufgabe erfüllt, nun könne er abberufen werden. Bis zum Jahr 53 beeinflusste dies Caesars Kriegführung in Gallien. Im Winter 53/52 trat eine neue Situation ein: Nun wirkten die Ereignisse in Rom auf die Strategie der Gallier. Am 18. Januar des Jahres 52 (nach dem republikanischen Kalender) war der frühere Volkstribun Clodius Pulcher auf offener Straße ermordet worden. In Rom brachen Unruhen aus. Anhänger des Clodius brannten den Senatssaal nieder, in den Straßen herrschte Aufruhr, die Senatoren flohen aufs Land. Kein Attentat hat Rom so erschüttert wie das auf Clodius. Auch Caesar war überrascht, traf aber sofort Maßnahmen, um jeder Zeit handeln zu können. Clodius war nicht immer Caesars Freund, aber seine Gegner waren auch Caesars Gegner. Es war nicht klar, in welche Richtung die Entwicklung gehen würde, selbst als Pompeius die Ruhe wiederherstellte. Caesar traute Pompeius ebenso wenig wie dieser jenem. Beide hatten Grund dazu. In Gallien verbreitete sich die Kunde von Caesars prekärer Lage schnell. Der Nachrichtentransfer war nicht einseitig. Caesar band die ungewisse Situation in Rom zunächst die Hände, seine tief in Gallien überwinternden Legionen waren auf sich gestellt. Sie besaßen zwar tüchtige Legaten, doch es fehlte der Organisator. So trachteten die Gallier danach, Caesar von seinem Heer abzuschneiden. Selbst als sich die Lage in Rom beruhigte, befand sich dieser in einer Zwickmühle. Entweder mussten sich seine Legionen ohne seine Führung einzeln zu ihm durchschlagen, oder er musste versuchen, sie ohne hinreichende militärische Deckung in einem gefährlichen Marsch durch feindliches Gebiet zu erreichen. 51 Es war Caesars Krieg, der die Grenzen zwischen den einzelnen keltischen Völkern niedergerissen hatte, nun stellte sich ihm ein in Feindschaft vereintes Gallien entgegen. Er besaß nur noch wenig Verbündete und die waren wankelmütig. Der befürchtete Aufstand brach mit Wucht los. Das Signal gab ein Überfall auf die Stadt Cenabum (Orleans), ein Handelszentrum, in dem sich bereits viele römische Händler und publicani niedergelassen hatten. Im Morgengrauen drang ein Trupp Bewaffneter in die Stadt ein, tötete alle Römer und plünderte deren Häuser. Bereits am Abend hatte sich die Nachricht davon über das Land verbreitet. Am schnellsten reagierte der Arverner Vercingetorix, der sofort ein Heer aufzustellen begann. Andere Völker schlossen sich an, die römische Provinz war gefährdet. Caesar brach so schnell wie möglich auf. Mittlerweile war es Mitte Februar (nach
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Abb. 9: Vercingetorix-Statue von Alesia.
dem Julianischen Kalender). Wie einst Hannibal, mit dem er sich hier indirekt vergleicht, 52 Rom überraschte, so überraschte Caesar auf umgekehrtem Weg Roms Feinde. Über die tief verschneiten Cevennen fiel er mit einer geringen Zahl neu Rekrutierter ins Gebiet der Arverner ein, Vercingetorix musste seine Pläne ändern. In rascher Reihenfolge fielen Vellaunodunum, Cenabum und Noviodunum in die Hände der Römer. Caesar rückte bereits auf das besser geschützte Avaricum zu, als die Gallier ihre Strategie änderten. Ihre Chance waren die Größe des Landes und die Schwierigkeit der Römer, sich zu verproviantieren, wenn Getreidelieferungen der Verbündeten ausblieben oder nur schleppend erfolgten. Vercingetorix warb für eine neue Strategie, die in der Geschichte der antiken Kriege schon alt war: Mit allen Mitteln müssten sie darauf bedacht sein,
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den Römern das Futterholen und die Zufuhr zu unterbinden. Der gemeinsamen Rettung halber hätten alle Interessen des Privatbesitzes zurückzustehen. Die Dörfer und Gehöfte, auch abseits der Wege, müssten eingeäschert werden, selbst die Städte in Flammen aufgehen, damit sich die Feinde dort nicht Proviant und Beute holten. 53 Die Feinde sind tapfer, aber die Römer sind noch tapferer. So lautet das Credo Caesars. Das Lob der Gegner verdoppelt das eigene, und die erfolgreiche Belagerung von Avaricum war ein Ruhmesblatt in der Geschichte des römischen Heeres. Das glaubte jedenfalls Caesar – oder stellte es so dar: Die Versorgung ist schleppend, die Legionäre leiden Hunger, doch sie beseelt der Wunsch, für ihren Feldherrn zu siegen. Dabei gibt es Rückschläge, die Stadt liegt in sumpfigem Gelände, das eine lückenlose Einschließung verhindert. Die Gallier setzen Belagerungstürme in Brand, unterminieren die Erdwälle, die zur Erstürmung aufgeschüttet werden. Sie besäßen, resümiert Caesar, eine eigentümliche Geschicklichkeit, „alles nachzuahmen und auszuführen“, was die Römer ihnen mit ihrer anfangs überlegenen Technologie vormachten.54 So trotzten die Eingeschlossenen von Avaricum zunächst den überlegenen Belagerern. Nur Siegen lernten sie nicht von den Römern, und so kam dann doch das Ende. Ein Ausbruchsversuch scheiterte, die Römer eroberten die Stadt und metzelten alles nieder, was sie antrafen. Ein bisschen entschuldigt der Feldherr seine Soldaten. Sie wären erregt gewesen über den „Mord von Cenabum“ und verärgert durch die anstrengende Belagerung, und daher hätten sie auch Greise, Frauen und Kinder nicht geschont. Er nennt die Zahlen: Ziemlich genau 39 200 seien getötet worden. Zum Glück für die Gallier sind Caesars Zahlenangaben auch hier übertrieben. Der Sieg stärkte Caesar, aber eigentümlicherweise auch Vercingetorix, denn die Verteidigung von Avaricum war gegen seinen Willen beschlossen worden. Damit war im Ergebnis für keine Seite etwas gewonnen, der Krieg setzte sich mit der nächsten Belagerung fort. Auf eine offene Feldschlacht wollte sich niemand mehr einlassen. So trafen sich die Gegner vor Gergovia. Die Stadt war der Hauptort der Arverner. Ihr Fall wäre ein Schlag auch gegen Vercingetorix gewesen. Der Führer der Gallier hätte nicht einmal sein eigenes Volk zu schützen vermocht. Die Belagerung wurde nun ein Kampf ums Prestige; Caesar riskierte ihn. Am Schluss verlor er bei einem einzigen Ansturm 46 Zenturionen und 700 Soldaten. Die Verluste benennt er selbst, macht aber den Übereifer seine Leute dafür verantwortlich. Gehorsam und Disziplin seien nicht weniger wünschenswert als Tapferkeit und Mut. 55 Nach der militärischen Niederlage drohte Caesar auch Ungemach von seinen Freunden. Die treuesten Verbündeten, die Häduer, wollten dies auf einmal nicht mehr sein. Erst kam es zu Streitigkeiten unter der Führung
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dieses Volkes, dann folgte der versteckte, später der offene Abfall von Rom. Die Waagschale schien sich in diesem Jahr der Überraschungen wieder zugunsten der Gallier zu neigen. In Gallien liefen bereits erste Gerüchte um, Caesar habe sich in die römische Provinz zurückgezogen. In Gergovia gescheitert, die wichtigsten Verbündeten verloren, vom Nachschub abgeschnitten: Caesar hatte den Tiefpunkt seiner gallischen Karriere erreicht. Er selbst deutet es an. Ex eventu freilich will er selbst die Umkehr nicht erwogen haben. Der eine oder andere aus seinem Stab, so schreibt er, hätte den Rückzug Abb. 10: Goldstater mit dem Bildnis des Vercingetorix. für unvermeidlich gehalten. Das militärische Ende in Gallien hätte das politische in Rom nach sich gezogen. So blieb Caesar keine Wahl. Die seltsame Mischung von ehrenhaften und profanen Gründen, die er für die Fortführung des Kampfes angibt, wirkt glaubwürdig. Vier Dinge verboten den Abzug, so sagt er: Schmach und Würdelosigkeit, das vorgelagerte Cevennengebirge, die Schwierigkeit der Wege sowie die Sorge um Labienus und die Legionen, die dann auf sich gestellt wären. So wagte Caesar den Schritt nach vorn. In Eilmärschen erreichte er die Loire, überquerte sie unter schwierigen Bedingungen und fiel überraschend ins Land der Senonen ein. Dort gab es Getreide auf den Feldern und Vieh auf den Weiden. Zumindest die prekäre Versorgungslage entspannte sich. 56 Zudem stieß nun auch Labienus zu ihm. In kürzester Frist wendete sich das Blatt. Einen taktischen Rückzug Caesars ins Land der Sequaner missdeutete Vercingetorix als Flucht, bot ein Reitergefecht an und wurde geschlagen. Plötzlich fanden sich die Gallier in der Rückwärtsbewegung. Caesar hatte noch nichts gewonnen, aber nun diktierte er das Handeln. Die Entscheidung musste vor Alesia fallen, der Stadt, in der sich Vercingetorix verschanzt hatte. Die Kämpfe dort sind für Caesar der würdige Showdown eines beinahe siebenjährigen Krieges. Als er die Ereignisse schildert, weiß er, wer der Sieger ist, und das macht ihm die Sache leicht. Die späte Hinrichtung des Vercingetorix im Mamertinum erscheint als nachgetragene Rache. Es war aber wohl mehr Gleichgültigkeit. Mit der Niederlage und Gefangennahme seines Gegners war die Wut auf den Aufrührer verraucht. Er hatte Caesar herausgefordert, und dieser hatte ihm die gebührende Antwort erteilt. Alesia lag hoch auf einem Hügel, auf zwei Seiten von Flüssen umgeben. Caesars geschulter Blick erkannte sofort, dass eine Erstürmung wenig sinnvoll war. So wurde mit einem gewaltigen Schanzwerk begonnen, be-
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stehend aus Wällen, Mauern mit Brustwehr und Zinnen, Türmen und Wassergräben, unter Flechtwerk verborgenen Fallgruben mit schenkeldicken, feuergehärteten Pfählen, Pflöcken mit Widerhaken, von den Legionären Leichensteine, Lilien oder Ochsenstachel genannt. Die Arbeit war auch psychologisch hilfreich, sie verdrängte die Angst vor dem verlustreichen Endkampf. Zwei große Befestigungsanlagen umgaben schließlich Alesia in weitem Bogen. Die innere schloss Vercingetorix und die Seinen ein, die äußere sollte vor dem erwarteten gallischen Entsatzheer schützen. In Alesia befanden sich nach Caesar etwa 80 000 Mann, dazu die Bewohner des Ortes. Dreißig Tage oder etwas mehr würden die Getreidevorräte ausreichen, hatte Vercingetorix vorgerechnet. Danach musste Hilfe von außen kommen. Doch diese verzögerte sich, die Vorräte wurden immer knapper. Schon wurden Forderungen laut, zu kapitulieren. Ein Vorschlag zielte darauf ab, sich durch Kannibalismus am Leben zu halten. Voller Empörung überliefert Caesar die ganze Rede, weil er, wie er sagt, sie wegen ihrer einzigartigen unmenschlichen Rohheit nicht übergehen dürfe. Der Vorschlag wurde abgelehnt, stattdessen beschlossen die Verteidiger, die Einwohner zum Verlassen ihrer Stadt zu zwingen. Hinter den römischen Linien konnten sie Nahrung finden. Es waren hauptsächlich Frauen und Kinder. Caesar gab Befehl, Wachen aufzustellen, um ihren Durchzug zu verhindern. Ihr Hungertod im Niemandsland zwischen den Fronten sollte den Gegner demoralisieren. Schließlich kam das gallische Entsatzheer, angeblich 250 000 Mann stark. Die ersten Angriffe auf die Befestigungsanlagen scheiterten, ein dritter sollte die Entscheidung bringen. Da Vercingetorix von Alesia herab den inneren Belagerungswall zu stürmen versuchte, kämpften die Römer an zwei Fronten. Die Lage war unübersichtlich und entschied sich erst, als Caesar im leuchtenden Kriegsmantel in den vorderen Reihen erschien: „Als sein Eintreffen an der Farbe seines Mantels bemerkt wurde, zudem die Reiterschwadronen und Kohorten, die er hatte nachkommen lassen, gesichtet wurden, setzten die Feinde den Kampf verstärkt fort“, schreibt Caesar. Danach werden die Sätze kurz und atemlos. Die Schlacht erreicht ihren Kulminationspunkt und ihr Ende. „Auf beiden Seiten erhob sich Geschrei, das mit gleichem auf dem Wall und allen Schanzen wechselte. Wir legten die Wurfspieße ab und kämpften mit den Schwertern. Plötzlich wurde im Rücken der Feinde die Reiterei gesichtet. Die anderen Ersatzkohorten stürmten heran. Die Feinde wandten sich zur Flucht. Den Fliehenden sprengten die Reiter entgegen. Es setzte ein furchtbares Blutbad ein.“ 57 Caesar gibt Vercingetorix das letzte Wort, vielleicht doch eine uneingestandene Ehre: „Am folgenden Tag berief Vercingetorix eine Versammlung ein. Er betonte, dass er diesen Krieg nicht um seiner persönlichen Notlage, sondern um der gemeinsamen Freiheit willen geführt habe. Da man sich
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dem Schicksal fügen müsse, biete er sich ihnen für beides an. Sie könnten die Römer durch seinen Tod gnädig stimmen oder ihn lebend ausliefern.“ 58 Caesar nahm auf dem Wall vor dem Lager Platz, um dort die gefesselten Anführer in Empfang zu nehmen. Der siebenjährige Krieg endet mit sieben Worten: „Vercingetorix wurde ausgeliefert, die Waffen wurden gestreckt.“ 59 Alesia war die Entscheidung. Caesar blieb als eine Art Brandwache im Land und schrieb im folgenden Winter in Bibracte seine Kriegsmemoiren. Es folgten im Jahre 51 noch kleinere Kämpfe, doch sie waren so, dass Caesar die Verantwortung an seine Legaten delegieren konnte. Rom erhielt die Siegesmeldungen, aber noch wollte Caesar die Kämpfe nicht für beendet erklären. Ein allgemeiner Friede in Gallien hätte seiner Abberufung das Wort geredet. Er benötigte aber die Immunität, die ihm das Amt verlieh. In deren Schutz bereitete er sich auf neue Aufgaben vor.
Der Preis Eine antike Bilanz des Gallischen Krieges finden wir bei Plutarch und Plinius. Nach Plutarch eroberte Caesar 800 Städte, kämpfte mit drei Millionen Menschen, tötete eine Million im Kampf und machte eine Million zu Gefangenen. Plinius ist genauer, denn er hat Caesars eigene Angaben aus den Triumphzügen vor sich: Demnach fielen im Kampf gegen Caesar 119 2000 Feinde. Das sind die Toten aller Gefechte, soweit sie barbari waren. Die Verlustzahlen der römischen Gegner im Bürgerkrieg verschweigt Caesar aus naheliegenden Gründen.60 Die Zahlen Plutarchs und die des Plinius sind zu hoch und gleichzeitig zu niedrig. Die Rechnungen beruhen auf den Angaben Caesars, dieser aber übertreibt bekanntermaßen die Gefallenen der Gegenseite. Die Zahl der getöteten Kombattanten ist also niedriger. Andererseits starben an den indirekten Folgen der römischen Invasion vermutlich weit mehr Gallier, als Plutarch oder Plinius angeben, denn die meisten starben nicht im Kampf. Sie erfroren in den kalten gallischen Wintern, weil die Römer – im Jahr 52 auch die Kelten selbst – Häuser, Dörfer und Städte anzündeten, und sie verhungerten, weil Getreide und Feldfrüchte an die römischen Besatzer abgeliefert werden mussten und diese zudem fouragierten, plünderten und stahlen. In Gallien sah es im Jahre 50, nach acht Jahren Krieg, etwa so aus wie im Deutschland des 17. Jahrhunderts nach dreißig Jahren.61 Für all diese Untaten ist Caesar selbst der Kronzeuge. Er berichtet mit Überzeugung davon. Das erklärt sich damit, dass er sie für Taten hielt. Offenkundig ist das nicht leicht zu entscheiden. Schon unter den römischen Zeitgenossen war die Einschätzung umstritten, in der Kaiserzeit rühmten die einen Caesars Vorgehen, die anderen verurteilten es. Napo-
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leon sah nur den militärischen Sieger, Goethe auch den Preis des Sieges. Er, dem nach eigenen Worten erst Napoleons Kriege diejenigen Caesars aufschlossen, die ihm bis dato „nicht viel mehr als ein bloßes Exerzitium gelehrter Schulen“ waren, äußert sich skeptisch. Die römische Geschichte sei nicht mehr an der Zeit, erklärte er am 24. November 1824 seinem Adlatus Eckermann: „Wir sind zu human geworden, als dass uns die Triumphe des Cäsar nicht widerstehen sollten.“ 62
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Warten auf den Bürgerkrieg Anfang 58 hatte Caesar Rom verlassen, um Gallien zu erobern, Anfang 49 verließ er Gallien, um Rom zu erobern. Aus dem Krieg gegen die Feinde Roms wurde ein Krieg der Bürger Roms, und dieser Weg war – post eventum betrachtet – durchaus folgerichtig. Der Senat hatte sich gegen Caesars Gesetze gesträubt, sie aber hinnehmen müssen. Nicht alle hatten überhaupt gewusst, warum sie gegen Caesars Gesetze waren, und sie konnten, nachdem diese einmal beschlossen waren, auch gut mit ihnen leben. Die Optimaten aber agitierten weiter gegen Caesar, auch wenn sie für den Moment wenig Hoffnung hatten, ihm schaden zu können. Caesar befand sich in Gallien und war doch in Rom präsent. Sein Schwiegervater bekleidete 58 das Konsulat, sein Schwiegersohn war immer noch Roms angesehenster Staatsmann. Mehr als die Verwandtschaft hatte beide die Politik des Jahres 59 aneinander gebunden. Das Verhältnis zu Clodius war komplizierter. Beide verfochten eine ähnliche Politik, benötigten sich von Fall zu Fall gegenseitig, suchten aber ihre eigenen Wege, die sie gelegentlich auch in Widerspruch zueinander brachten.
Clodius Clodius hatte seine Befähigung zu popularer Politik seit 63 erwiesen. Aus der Familie der Claudier stammend, gehörte er zudem, wie erwähnt, zum Hochadel. Das machte ihn für die Triumvirn attraktiv, und gleichzeitig bot er sich als deren Helfer an. Was diese nicht wussten: Auch für Clodius sollte dies nur ein Pakt auf Zeit sein. Wie sie ihn für ihre Zwecke benutzten, so wollte er sie für seine Ziele einspannen. Im März 59 war Clodius dank Caesars Hilfe Plebejer geworden, im Sommer wurde er zum Volkstribunen gewählt, und im Dezember trat er sein Amt an. Bereits im Januar 58 brachte er die ersten Gesetze in die Volksversammlung ein. Es war ein wohldurchdachtes Programm, das allen etwas brachte: Senatoren, Rittern, den amtierenden Konsuln, Pompeius, Crassus, Caesar, der plebs urbana und Clodius selbst. Es regte sich denn auch kein Widerstand. Alle Gesetze wurden ordnungsgemäß und ohne jeden Versuch der Interzession beschlossen. Allein Cicero fand später noch ein Hintertürchen zur Illegalität. Er focht die Rechtmäßigkeit der Adoption des Clodius durch einen Plebejer an. Hatte er damit recht, hätte Clodius nicht zum Tribun gewählt werden und als
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solcher keine Gesetze in die Versammlung der plebs, das concilium plebis, einbringen dürfen. Die Gesetze des Clodius spiegelten die Erfahrungen aus Caesars Konsulatsjahr und gaben in mancher Hinsicht schon eine Vorschau auf die kommenden inneren Auseinandersetzungen.1 Die Obnuntiation, die Bibulus durch sein Verhalten ad absurdum geführt hatte, wurde neu geregelt. Wer den Himmel beobachten wollte, musste nun vor der Volksversammlung erscheinen und konnte dies nicht mehr, wie Bibulus, von seinem Haus aus tun, und das auf Monate im voraus. Ein anderes Gesetz begegnete der Willkür der Zensoren, politisch missliebige Senatoren unter moralischen oder anderen Vorwänden aus dem Senat auszuschließen. Ein Getreidegesetz dämpfte den Unmut der plebs, die sich vom Konsul Caesar mehr versprochen hatte, als dieser zu halten gewillt war, und sicherte Clodius auch die Klientel, die Caesar verlor. Insbesondere aber wurde die Gegenseite geschwächt, indem Clodius zwei der heftigsten Kritiker der Triumvirn auf recht unterschiedliche Weise aus Rom und dem Senat entfernte. Cicero wurde verbannt, weil er als Konsul ohne Zustimmung des Volkes römische Bürger, die Catilinarier, hatte hinrichten lassen. Er glaubte sich, wie gesehen, durch die Notstandserklärung des Senats gedeckt. Cato dagegen erhielt den Auftrag, die Insel Zypern zu annektieren und den Kronschatz des ägyptischen Königs Ptolemaios zu beschlagnahmen. Das war eine Ehre, verbunden mit einem außergewöhnlichem Imperium, schützte aber seine Gegner über zwei Jahre lang, bis zum Herbst 56, vor seinen Tiraden und nahm den Optimaten eine wichtige Führungsfigur. Durch zwei Gesetze, welche die amtierenden Konsuln zu Statthaltern lukrativer Provinzen machte, sicherte sich Clodius deren Unterstützung und wagte mit dieser auch Angriffe auf Pompeius. Ganz glatt ging die Rechnung der Triumvirn mit Clodius nicht auf. Caesar war auf der Hut, doch störten ihn die Versuche des Clodius, Pompeius lächerlich zu machen, vermutlich wenig. Dieser war eben nicht nur sein Schwiegersohn, sondern auch sein Rivale im Kampf um Macht und Ansehen in Rom. Um selbst Einfluss auszuüben, musste Caesar in Gallien vor allem eines: Er musste siegen, und das möglichst schnell. Wir haben gesehen, dass er das tat. Schon innerhalb des ersten Kriegssommers hatte er die Helvetier und die Germanen des Ariovist unterworfen. Der Erfolg ließ seine Gegner in Rom vorerst verstummen und erhöhte den Druck auf Pompeius. Dieser besaß 58 kein Amt, hatte sich den Optimaten entfremdet und flüchtete vor den Spottgesängen der Clodianer. 2 In der Isolierung des Pompeius, seinem stetig sinkenden Ansehen, liegt einer der frühen Anlässe des Bürgerkrieges. Gegen beider Willen musste sich Pompeius den Optimaten wieder annähern. Nachdem er geholfen hatte, Cicero in die Verbannung zu schicken, half er nun, ihn wieder aus ihr zurückzuholen. 3 Als ersten Dank erhielt er
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ein auf fünf Jahre befristetes prokonsularisches Imperium mit dem Auftrag, die Getreideversorgung Roms zu sichern. Bereits hier ist ein Politikmuster zu erkennen, das Pompeius in den nächsten Jahren immer wieder anzuwenden versuchte. Er verursachte ein Problem, hier die Getreideverknappung, um sich dann als dessen Lösung präsentieren zu können.4 Das Kommando war ein Erfolg für Pompeius, doch mehr mochten ihm die Optimaten nicht offerieren. Sie wussten ihn gerne an ihrer Seite, aber der Preis dafür sollte niedrig sein. So boten sie zur Wahl für das Konsulat 56 einen entschiedenen Gegner der Triumvirn auf, Catos Schwager Domitius Ahenobarbus. Noch einmal rückten Pompeius und Caesar zusammen. Das Gerücht, Pompeius werbe dafür, Caesar vor der Zeit abzuberufen, verstummte. 5 Die Optimaten hatten Schwiegervater und -sohn vorläufig wieder vereint. Da Gallien befriedet zu sein schien, hatte Caesar Zeit, sich auf die stadtrömische Politik einzustellen. In den Wintermonaten des Jahres 57/56 hielt er sich in seiner Provinz in Oberitalien auf. Von dort war es nicht weit nach Ravenna, und nach Luca noch näher. So traf er in Ravenna zuerst Crassus, von dem fast drei Jahre kaum etwas zu hören gewesen war, und wenig später, im April 56 in Luca, auch noch Pompeius. Die Zusammenkunft war nicht geheim. Angeblich sollen bis zu 200 Senatoren dort gewesen sein und eine erkleckliche Anzahl von Magistraten. Spätestens im Sommer wussten alle, auf was sich die Triumvirn geeinigt hatten. Im Jahre 60 war Caesars Konsulat die Voraussetzung des Triumvirats gewesen, nun war das Triumvirat die Voraussetzung für das Konsulat von Pompeius und Crassus. Die Republik wurde zum Spielzeug, das jedem der Drei für eine bestimmte Zeit überlassen wurde. Das Programm von Luca sah ein gemeinsames Konsulat vor, anschließend sollten beide die von ihnen gewünschten Provinzen erhalten. 6 Caesar wollte eine Verlängerung seines gallischen Kommandos bis einschließlich 49. 7 Im folgenden Jahr hätte er dann nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist sein zweites Konsulat bekleiden können. Alle Versuche, ihn vorzeitig zurückzuberufen, sollten abgeschmettert werden. Der erste, der sich dann – um Pompeius zu gefallen – auch für Caesar einsetzen musste, war Cicero mit seiner Rede de provinciis consularibus. Er hat es Caesar nicht verziehen. Um das beschlossene Ziel in den Wahlen zu erreichen, wurden diese zunächst auf den Januar 55 verschoben. Ein Teil von Caesars Soldaten konnte im Winter nach Rom abgeordnet werden. Domitius Ahenobarbus wurde eingeschüchtert, sein Gefolge auf dem Weg zur Versammlung überfallen. Gegen den vereinten Willen der Triumvirn waren keine Wahlen zu gewinnen. Bei der Verteilung der Provinzen sicherte sich Crassus Syrien. Im Gegensatz zu den beiden anderen Triumvirn war er noch ohne großen militärischen Sieg. Den wollte er jetzt im Kampf gegen die Parther erzielen. Pompeius erhielt beide Spanien, und das auf fünf Jahre. Spanien be-
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reitete keine aktuellen Probleme. 8 So blieb Pompeius in der Nähe Roms und überließ die Provinzen seinen Legaten. Das alles war ehrenvoll, aber immer noch kein Ersatz für einen triumphwürdigen Krieg oder eine Invasion Britanniens, wie sie Caesar zu dieser Zeit gerade betrieb. Im Ergebnis hatte selbst das Konsulat von 55 Pompeius nicht viel weiter gebracht. Von einem Konsens der Triumvirn war kaum zu sprechen. Die einzige Verbindung zwischen Pompeius und Caesar war Julia, und auch dieser Kontakt riss ab, als sie im Sommer 54 bei der Geburt ihres Kindes starb. 9 Von Crassus war seit dem Juni 53 ebenfalls keine Vermittlung mehr zu erwarten. Der geplante Triumph über die Parther war zu einem Triumph der Parther geworden, das römische Heer war geschlagen, der Feldherr tot. Die Ereignisse in der Hauptstadt wurden für Caesar immer mehr zum Problem. Zwar gab es zweifellos Volkstribune, die sich für seine Interessen einsetzten. Das einzige Gegengewicht zu den Optimaten und Pompeius bildete allerdings Clodius, der sich 53 anschickte, zur Prätur aufzusteigen. 10 Da wurde er am 18. Januar 52 auf der Via Appia bei Bovillae getötet. 11 Es war ein heimtückischer Mord, und es spricht einiges dafür, dass Pompeius in entsprechende Pläne eingeweiht war. Sicher ist zumindest, dass er der einzige war, der vom Attentat profitierte. Es war das einzige wichtige Ereignis in Rom, das Caesar in seinen Kommentaren zum Gallischen Krieg erwähnt.12 Er wusste, dass seine Position jetzt nicht nur in Gallien, sondern auch in Rom gefährdet war. In der Stadt waren auf die Nachrichten vom Mord hin Unruhen ausgebrochen. Pompeius war der Mann der Stunde. Nachdem er lange Zeit die Anarchie geschürt hatte, trat er nun als ihr Bekämpfer auf. Bibulus, Cato und Ahenobarbus, die erste Reihe der Caesar-Gegner, billigten eine ungewöhnliche Besetzung des immer noch vakanten Konsulats von 52: Pompeius wurde zum consul sine collega bestimmt. 13 Das war nicht die Diktatur eines Sulla, aber es kam ihr schon nahe. Der gemeinsame Nenner, der Optimaten und Pompeius verband – die factio, wird Caesar in seinen Commentarii zum Bürgerkrieg sagen – war der Hass auf Caesar. Pompeius fühlte sich um die erste Stelle im Staat betrogen, die nur ihm gehören konnte, die anderen kränkten Caesars Erfolge, die er gegen ihre Ratschläge und ihre Voraussagen errungen hatte und weiter errang. Pompeius versuchte Caesar zu täuschen und stellte sich, wo das nicht gelang, dumm. Das fiel ihm leicht, überzeugte aber niemanden. Ciceros Brieffreund Caelius, ein feiner Beobachter der hauptstädtischen Vorgänge, charakterisierte im Mai 51 seine Doppelzüngigkeit mit unüberbietbarer Kürze: „Er pflegt anders zu reden, als er denkt, und hat doch nicht so viel Geist, dass man nicht merkte, worauf er hinaus will.“ 14 Spätestens seit dem Januar 52 wollte Pompeius darauf hinaus, Caesar vor der Zeit aus Gallien abzuberufen, ohne dass dieser merkte, dass er die treibende Kraft hinter solchen Plänen war.
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Karte 3: Caesars Vormarsch auf der Apenninenhalbinsel im Bürgerkrieg.
Lex Pompeia Licinia de provincia C. Iulii Caesaris Durch Senatsbeschluss war Pompeius nach Ausbruch der Unruhen ermächtigt worden, in ganz Italien Rekruten ausheben zu dürfen. Caesar antwortete, indem er Aushebungen in der ganzen Provinz, also in den beiden Gallien, vorbereitete. 15 Das waren Drohgebärden. Die Lage beruhigte sich. Pompeius gab sich versöhnlich und erfüllte Caesar einen dringlichen Wunsch. Durch ein Plebiszit wurde ihm gestattet, sich zu gegebener Zeit in Abwesenheit, also ohne dass er seine Immunität als Prokonsul verlor, in Rom um das Konsulat bewerben zu dürfen.16 Das würde im Sommer 49 der Fall sein. Bis dahin waren nach den Abmachungen von Luca seine Provinzen ohne Nachfolger. So dachte Caesar, aber nicht Pompeius. Heimlich bereitete er als Konsul zwei neue Gesetze vor, nach deren Verabschiedung die Republik dem Bürgerkrieg wieder ein gutes Stück näher gekommen war. Das erste Gesetz beseitigte einen offenkundigen Missstand oder ver-
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suchte es zumindest. Viele Bewerber um das Konsulat hatten sich hoch verschuldet, weil sie hofften, durch die Statthalterschaft unmittelbar im Anschluss an das Konsulat das aufgenommene Kapital schnell wieder tilgen zu können. Dem beugte das neue Gesetz vor. Erst nach Ablauf von fünf Jahren sollte ein Amtsinhaber, Prätor oder Konsul, ein Kommando in einer Provinz erhalten können.17 Das dämpfte die Hoffnungen auf rasche Gewinne. Gleichzeitig hatte es zwei Nebenwirkungen. Exmagistrate, die keine Provinz erlost hatten, weil sie – wie Cicero – lieber in Rom blieben, konnten plötzlich zur Promagistratur gedrängt werden, obwohl ihr Konsulat oder ihre Prätur lange zurücklagen. Für Pompeius aber war wichtig, sein eigenes Gesetz von 55 ausgehebelt zu haben, das eine Beratung über Caesars Provinzen nicht vor dem 1. März 50 vorsah, so dass erst die in diesem Jahr gewählten Konsuln – Amtsende am 29. Dezember 49 – dorthin geschickt werden konnten. Nun konnte nach dem ominösen Datum jeder Exmagistrat nach Gallien entsandt werden, der vor dem Jahr 55 das Konsulat bekleidet hatte, und zwar sofort. Die ganze Zielrichtung dieses Gesetzes wurde offenbar, als Pompeius ein zweites beschließen ließ, das erneut und definitiv festlegte, dass jeder, der sich um ein Amt bewarb, dieses persönlich vor der Volksversammlung tun musste. Niemand dürfe in Abwesenheit gewählt werden.18 Das war nun so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was nicht lang vorher auf Initiative des Pompeius durch ein Plebiszit der Volkstribunen Caesar gestattet worden war. Das neue Gesetz wurde in Bronze gegossen und im Archiv aufgestellt, aber Pompeius bemerkte den Widerspruch noch immer nicht. Erst als die Beschwerden der Caesar-Vertrauten dringlicher wurden, gab er seine Vergesslichkeit auf. Das Gesetz wurde nun mit einem Zusatz versehen, der auf die Ausnahme Caesar hinwies. 19 Rechtlich war das ohne jede Bedeutung. Der Zusatz hatte keinen anderen Zweck als den, die Gemüter zu beruhigen.20 Caesar wusste das, war aber machtlos. Im Frühjahr 52 wartete Vercingetorix auf ihn. In seiner Hilflosigkeit offerierte er Pompeius eine Art Verwandtschaftstausch. 21 Dieser sollte seine Großnichte Octavia heiraten, er wollte dessen Tochter Pompeia ehelichen. Aus dem einstigen Schwiegervater würde damit ein Schwiegersohn werden, aus dem Schwiegersohn ein Schwiegervater. Pompeius war dies zu kompliziert. Caesar hatte 59 die Tochter eines designierten Konsuls geheiratet, Pompeius bevorzugte nun die eines amtierenden. Sie hieß Cornelia, und ihren Vater hatte Pompeius gerade zum Mitkonsul gemacht. 52 schien das Jahr des Pompeius zu werden. Er konnte nun abwarten. Vielleicht hoffte er, die Gallier würden das Problem Caesar für ihn lösen. In Rom blieb es ruhig. Erst als die Entscheidung in Alesia gefallen war, setzten die Attacken wieder ein. Nun wurde der Sieg in Gallien gegen Caesar verwandt. Der Konsul Marcellus stellte im April 51 den Antrag,
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Caesar müsse sein Heer entlassen und nach Rom zurückkehren, der Krieg sei beendet.22 Ein Nachfolger könne dank der Lex Pompeia vom Vorjahr jederzeit geschickt werden. Seine Magistratur müsse nur jene verlangten fünf Jahre zurückliegen. Marcellus übersah oder wollte übersehen, dass ein anderes, noch gültiges Gesetz aus dem Jahre 55 verbot, vor dem 1. März 50 über die gallischen Provinzen zu verhandeln.23 Es wurde interzediert, der Antrag scheiterte. Nochmals erhielt die Republik eine Atempause, doch niemand wollte sie nutzen. Die Optimaten wollten das politische Ende Caesars, der ihnen nun gefährlicher denn je dünkte, dieser dachte nicht daran, zurückzustecken. Er wollte den Bürgerkrieg nicht, aber er wich ihm nicht aus. Was an Feldzügen in Gallien noch zu führen war, erledigten seine Legaten. Nach 52 besaß er weitgehend freie Hand und einen klaren Blick für das möglicherweise Kommende. Sicher ist zumindest, dass er, als der Bürgerkrieg ausbrach, besser gerüstet war als seine Gegner, die doch entschiedener als er zu ihm gedrängt hatten. Der gallische Sieg hatte Caesar loyale Truppen mit Kampferfahrung gebracht, Ansehen und vor allem auch Geld. Er beschloss, all dies einzusetzen, und zwar in umgekehrter Reihenfolge. Er investierte in seine Legionäre, in die plebs urbana und in seine Standesgenossen, verdoppelte partiell den Sold für seine Soldaten und zeigte sich großzügig bei der Verteilung der Beute. In Rom finanzierte er Festessen und Spiele, große Bauvorhaben sollten ihm Ehre und der plebs Arbeit bringen.24 Manch junger Karrierist erhoffte sich von einem Anschluss an Caesar einen schnellen Aufstieg oder schloss sich ihm aus Überzeugung an. Andere bezahlte er. Allein für Scribonius Curio, einen der Volkstribune von 50, und Aemilius Paullus, den Konsul desselben Jahres, soll er rund einhundert Millionen Sesterze aufgewendet haben.25 Im Falle des ersteren amortisierte sich die Sache. Der begabte Curio wurde im schwierigen Jahr 50 Caesars wichtigster Vertreter in Rom. Das war um so effektiver, als zunächst niemand etwas von seiner neuen Rolle ahnte. Allgemein galt Curio als aufstrebender Mann der Optimaten. Erst unmittelbar vor den Kalenden des März, an denen über Caesars Provinzen beraten werden durfte, enthüllte sich der Seitenwechsel. Cicero weilte zu dieser Zeit auf dem ungeliebten Statthalterposten in Kilikien, ließ sich aber über die hauptstädtischen Ereignisse auf dem Laufenden halten. Die Briefe spiegeln die Meinung der Zeitgenossen, und so lässt sich nach 2000 Jahren gut nachlesen, wie die Stimmungen von Woche zu Woche, ja von Tag zu Tag wechselten, als nicht abzusehen war, ob ein am Vormittag gefasster Senatsbeschluss noch am Nachmittag Geltung besaß. Als am 1. März auf Antrag des Konsuls Claudius Marcellus über Gallien verhandelt wurde, geschah Überraschendes. Curio interzedierte nicht, wie allgemein erwartet, gegen den Antrag, Caesar baldmöglichst einen Nachfolger zu schicken. Er wollte nur einen Zusatz: Was für Caesar gelte, das
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solle auch für Pompeius gelten, der über die spanischen Provinzen und die dortigen Legionen gebot. Das sei im Interesse der Republik. Friede könne es erst wieder geben, wenn diese beiden mächtigen Männer wieder einfache Bürger seien. Dem einfachen Senator leuchtete das Argument ein. Curio handelte jedoch nur scheinbar gegen die Interessen Caesars. Er wusste, dass sich die Optimaten und Pompeius nicht auf diesen Kompromiss einlassen konnten. Sie wollten Caesar die Statthalterschaft entziehen und sonst niemandem. So geschah also vorläufig gar nichts, abgesehen davon, dass das politische Geplänkel weiterging, durch das sich die Rivalen in eine bessere Ausgangsposition für das finale Geschehen bringen und den jeweiligen Gegner schwächen wollten. Das Ganze nahm bereits komödiantische Züge an, und im Dezember bot der Senat ein Schauspiel, das einer Institution ansteht, deren Ende nach langer machtvoller Geschichte gekommen ist. Keiner ahnte, dass dieses nur noch wenige Wochen auf sich warten ließ. Wieder unternahm der Konsul Marcellus einen Vorstoß, Caesars Ablösung zu erzwingen. Da mit Curios Widerstand zu rechnen war, hatte er zunächst versucht, ihn wegen einer Belanglosigkeit vom Amt suspendieren zu lassen. Dies misslang. Den Antrag, Caesar müsse zurücktreten, konterte Curio mit der zu erwartenden Forderung, das müsse auch Pompeius. Der Konsul ließ getrennt abstimmen. Die Senatoren stimmten mit Mehrheit dem ersten Antrag zu und lehnten mit Mehrheit den zweiten ab. Caesar müsse seine Statthalterschaft beenden, Pompeius dürfe sie fortführen. Curio verlangte eine dritte Abstimmung. Nun forderte er im Paket, Caesar wie Pompeius müssten ihr Amt, ihre Provinzen und ihre Legionen abgeben. Die Entscheidung fiel mit 370 gegen 22 Stimmen. 26 Curio verließ als Sieger die curia und wurde vom Volk gefeiert. Doch es war nur wenig erreicht, denn der 1. Januar würde neue Konsuln bringen, von denen sich keiner kaufen ließ, zumindest nicht von Caesar. Gerüchte, die seit Oktober kursierten und mutmaßlich von Marcellus und seinen Leuten ausgestreut worden waren, hatten die Lage weiter verschärft. Vier Legionen Caesars, hieß es da, seien nach Placentia abgeordnet,27 hätten Marschbefehl nach Rom, wären bald dort. Das waren Erfindungen, doch Caesar rüstete in der Tat. Er scheint nicht mehr recht an eine Einigung geglaubt zu haben, obwohl er sich weiter darum bemühte. So fuhr er doppelgleisig. Während er das Gespräch anbot, bewegte sich eine Legion bereits in Richtung Ravenna, weitere Truppen wurden nach Oberitalien verlegt. 28
Auftakt zum Bürgerkrieg Es kam der 1. Januar 49. Die letzten gewählten Konsuln der Republik traten ihr Amt an. Seit dem 10. Dezember hatte Caesar bereits zwei neue
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Abb. 11: Die Curia auf dem Forum Romanum
Volkstribunen für sich gewonnen, die seine Interessen wahren sollten. Unter ihnen befand sich Antonius, der später das politische Erbe Caesars für sich reklamieren sollte. Curio war entsprechend ohne Amt, aber noch in Diensten Caesars. An den Kalenden des Januar erschien er, aus Ravenna kommend, wo Caesar inzwischen auf Nachrichten wartete, im Senat, ein Schreiben des Statthalters in Händen. Das ist genau der Punkt, an dem die Commentarii zum Bürgerkrieg einsetzen. Über einen Zeitraum von fast zwei Jahren bis zum Tode des Pompeius besitzen wir nun eine Quelle, wie sie näher an den Ereignissen nicht sein kann. Sie bietet zwar Caesars Sicht, aber wer das weiß, wird auch seinen Gegnern gerecht werden können. Die Konsuln weigerten sich, das Schreiben zur Kenntnis zu nehmen. Schließ-
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lich wurde es unter dem Druck des Volkstribunen Antonius und eines Kollegen verlesen. Nochmals bot Caesar an, seine Legionen zurückzugeben, wenn Pompeius dies mit seinen mache. Die Offerte war vergeblich. Die Konsuln wollten der Sache ein Ende machen, schließlich konnte Caesar, wenn er im Sommer in Abwesenheit kandidierte, ihnen in genau einem Jahr nachfolgen. Auf ihren Antrag hin beschlossen die Senatoren, Caesar habe bis zu einem bestimmten Termin, vielleicht dem 1. März 49, seine Truppen abzugeben. Widrigenfalls gelte er als Staatsfeind. Caesars Tribunen legten ihr Veto ein. Eine Senatssitzung jagte die andere. Die Senatoren trafen sich noch am 2., am 4., am 5. und am 7. Januar. 29 Es schien, als ob sie ahnten, dass sie bald keine Gelegenheit mehr dazu haben würden. Die Volkstribunen versuchten alles, doch sie scheiterten. Schon wurde ein Nachfolger für den gallischen Statthalter benannt, Interzession dagegen als unzulässig erklärt. Mit dem Tode bedroht – so behaupteten sie jedenfalls – flohen die Tribunen zu ihrem Auftraggeber. 30 In Caesars Bericht über die Ereignisse in Rom schwingt verhaltene Wut mit. Er war nicht vor Ort, aber der Bericht des Antonius wird, von den üblichen Übertreibungen und Rechtfertigungen abgesehen, weitgehend korrekt gewesen sein. Caesar versucht in seinen Commentarii Widersprüchliches. Unzweifelhaft hält er Pompeius für den Hauptverantwortlichen für die Hetze gegen ihn. Als Promagistrat mit Befehlsbefugnis über mehrere Legionen saß er vor den Toren der Hauptstadt, in der er kein Amt hatte, und zog von dort die Fäden. Die Hetzer sprechen, so sagt es Caesar wörtlich von einem der Konsuln, mit dem Munde des Pompeius. 31 Der „Freund“ vergangener Tage war zu den gemeinsamen Feinden übergelaufen, sein Motiv offensichtlich. Pompeius wolle niemanden mit gleichem Ansehen (dignitas) neben sich dulden, behauptet Caesar, 32 und will damit gleichzeitig andeuten, dass er das sehr wohl gekonnt hätte. Als Caesar dies schrieb, war der Bürgerkrieg noch nicht beendet, und das einzige, was ihn mit Aussicht auf Dauer beenden konnte, war zu diesem Zeitpunkt eine irgendwie geartete Einigung mit Pompeius. Dass dieser seinen eigenen Krieg nur kurz überleben würde, wusste Caesar damals nicht, und es war auch nicht die Lösung, die er anstrebte. So macht er Pompeius zum Drahtzieher und zur Marionette gleichzeitig. Auf Logik kam es ihm nicht an. Dieser sei von seinen (Caesars) Feinden aufgehetzt worden, behauptet er und öffnet Pompeius damit die Tür, durch die dieser nach Pharsalos aber nicht mehr gehen wollte. 33 Wider besseres Wissen exkulpiert Caesar am Anfang seines Berichtes auch noch die Senatoren, die gegen ihn votiert hatten, und das waren fast alle. Er schildert die Unruhen in Rom. Selbst das comitium sei vollgestopft gewesen von Tribunen, Zenturionen und Veteranen. Die Parteigänger der Konsuln, die Anhänger des Pompeius, die Feinde Caesars hätten sich im
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Senat versammelt, Geschrei und Massenauflauf die Zaghaften eingeschüchtert, die Schmähungen der Konsuln, die Angst vor dem nahen Heer, die Drohungen der Pompeianer, alle unter Druck gesetzt. Ohne die Möglichkeit freier Entscheidung, gegen ihren Willen und unter Zwang hätte die Mehrheit für die Abberufung Caesars gestimmt. 34 Mag sein, dass mancher der Senatoren dies gern hörte, nachdem Caesar gesiegt hatte. Im Januar 49 hielten die meisten die Seite des Pompeius noch für die richtige, und da sie dessen Siegeszuversicht teilten, bedurfte es keines allzu großen Druckes. Schon wenige Tage nach der Flucht der Tribunen wurden Aushebungen in Italien beschlossen, die Staatskasse sollte ihre Gelder Pompeius überweisen, die Kleinstädte Sondersteuern zahlen, Privatleute Soldzahlungen übernehmen. Die Vorgeschichte des Bürgerkrieges endet schließlich bei Caesar in einem Stakkato von Vorwürfen: „Die Konsuln verlassen – ein bisher unerhörter Vorgang – Rom, Privatleute werden in der Stadt und auf dem Kapitol von Liktoren begleitet, was jedem Herkommen ins Gesicht schlägt. In ganz Italien heben sie Truppen aus und befehlen Waffenlieferungen. Geld wird von den Landstädten eingetrieben und aus den Tempeln geholt, alles göttliche und menschliche Recht mit Füßen getreten.“ 35 Das sind die letzten – geschriebenen – Worte vor Eröffnung des Waffengangs.
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Der Bürgerkrieg Über den Rubikon Caesars Bericht über den Bürgerkrieg mit Pompeius ist Partei, aber er ist detailreich. Der Leser erfährt – aus der Sicht des Autors – eine Fülle von Fakten und Daten. Indes, ein Name fehlt. Es ist genau der Name, der zum Synonym für Caesars Handeln geworden ist und bis heute sprichwörtliche Bedeutung bewahrt. Die Rede ist vom Namen eines Flusses, der heute zu den bekanntesten der Welt zählt, obwohl niemand mit letzter Sicherheit angeben kann, welches der zwischen Ariminum und Ravenna gelegenen Flüsschen tatsächlich gemeint ist. Nirgends in den gesamten Commentarii über den Bürgerkrieg spricht Caesar vom Rubikon. Das mag psychologische Gründe haben, denn er war sich unzweifelhaft bewusst, welch symbolische Bedeutung diesem Namen innewohnte: Er selbst war es ja, der den Übergang über dieses Flüsschen als Schauspiel inszeniert hatte. In seinem Werk enthält er das Geschehen der Nachwelt jedoch vor. Sie weiß nur aus anderen Quellen davon, so von dem Historiker Asinius Pollio, der nach eigener Aussage dabei war. Sein Werk ging verloren, doch Plutarch hat es noch benutzt und legte es offenbar seiner eigenen Darstellung zu Grunde. Die Nachrichten von der Flucht der Volkstribunen aus Rom erreichten Ravenna vermutlich am 10. Januar, die Volkstribunen selbst reisten erst gar nicht dorthin. Sie begaben sich direkt nach Ariminum, um dort Caesar als öffentliche Kronzeugen des an ihnen begangenen Unrechts zu dienen. Dieser hatte die möglichen Reaktionen auf die Zurückweisung aller seiner Vorschläge längst durchgespielt. Er brauchte nicht mehr zu überlegen. Jetzt griff der Plan „Sulla“, allerdings mit dem Unterschied, dass dieser von Süden aus auf Rom marschiert war. Caesar kam von Norden. Er hielt nach seiner – irrigen – Angabe noch in Ravenna eine Ansprache an die Truppen, in der er auf das ihm zugefügte Unrecht hinwies und seine Soldaten aufforderte, seine Ehre und Würde wiederherzustellen. Dabei verglich er Pompeius mit Sulla, und so begegnen die drei Diktatoren der späten Republik gemeinsam auf der ersten Seite der Commentarii de bello civili, 1 die gleichzeitig – ohne dass der Autor dies wusste – die Geschichte der Republik abschließt. Fünf seiner Kohorten beorderte Caesar nach Ariminum, fünf nach Arretium. Er selbst blieb zunächst noch in Ravenna. Alles sollte, soweit das überhaupt möglich war, heimlich vor sich gehen. Wozu diese Tarnung diente, bleibt offen. Am Morgen des 11. Januar wusste ohnehin die ganze römische Welt von Caesars Coup. Er jedoch spielte in der Stunde, in welcher
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der Bürgerkrieg begann, Komödie. Anders jedenfalls lässt sich nicht bezeichnen, was in Ravenna geschah, und das ist auch der Grund, warum Caesar selbst im bellum civile lieber davon schweigt. Am Nachmittag des 10. Januar wohnte Caesar ausgesuchten Gladiatorenkämpfen bei, am Abend begab er sich ins Bad und anschließend in den Speisesaal zu den Gästen. Das gewohnte Programm also. Nach Anbruch der Dunkelheit verabschiedete er sich mit dem Versprechen wiederzukommen. Inzwischen war ein Wagen mit Maultieren aus der nächsten Mühle bereitgestellt worden – das gewohnte Pferd wäre zu auffällig gewesen –, und dieser schlug die entgegengesetzte Richtung ein, um in einem Umweg das Ziel anzufahren. Nach Sueton verirrte sich der Wagen dann auch noch und fand erst dank eines zufällig angetroffenen Führers den richtigen Weg. Es wäre ein weiterer Scherz der an Komik nicht armen Weltgeschichte gewesen, wenn Caesar zu spät zum Rubikon gekommen wäre. Doch er schaffte es rechtzeitig und fand auch noch Zeit für ein kleines Spektakel. Plutarch berichtet: „Als er an den Fluss gelangte, welcher die Grenze bildet zwischen der Gallischen Provinz diesseits der Alpen und dem eigentlichen Italien, fiel er in tiefes Sinnen. Denn die furchtbare Entscheidung trat nun an ihn heran, und ihn schwindelte vor der Größe des Wagnisses. Er ließ den Wagen anhalten und erwog schweigend, in sich gekehrt, noch einmal seinen Plan, prüfte ihn hin und her, fasste einen Entschluss und verwarf ihn wieder. Lange beriet er dann mit den Freunden in seinem Gefolge – auch Asinius Pollio war unter ihnen – und sann dem Gedanken nach, wie viel Unglück über alle Menschen kommen müsse, wenn er den Fluss überschreite, und wie die Nachwelt wohl über ihn urteilen werde. Schließlich aber schob er in leidenschaftlicher Bewegung die Zweifel von sich und tat den Schritt in die Zukunft.“
Dann sprach er das große Wort, das – wie Plutarch schulmeistert – schon vielen über die Lippen kam, die „einem ungewissen Schicksal und kühnen Wagnis entgegen gingen“ 2 . Sueton verdirbt die Pointe: „Alea iacta est (Der Würfel ist gefallen).“ Indes, das Spiel um die Macht war nicht vorbei, es sollte gerade erst beginnen. Caesar sprach Griechisch: „Anerriphtho kybos.“ Das ist ein Halbvers aus einer Komödie des Menander und hält den Moment fest, in dem der Würfel die Hand des Spielers verlässt. Er wagt das Spiel, die Entscheidung ist ungewiss. Ohne Glück wird er sie nicht zwingen. 3 Am Morgen des 11. Januar fiel Ariminum. In Anwesenheit der Volkstribunen sprach Caesar nochmals zum Heer. Vermutlich ist es die Rede, die er selbst nach Ravenna verlegt. Der Unterschied ist nicht groß. In Ravenna hätte sein Heer ihn zum Grenzübergang ermutigt, in Ariminum ermutigte er sein Heer zum Marsch auf Rom. Nun standen zum ersten Mal seit Sulla Legionäre gegen Legionäre. Dem Krieg wurde das Tor weit auf-
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Abb. 12: „Caesar am Rubikon“. Gemälde von Wilhelm Trübner (1878). Privatbesitz.
gerissen zu allen Ländern und Meeren, schreibt Plutarch. Mit den Grenzen von Caesars Provinz sei auch die römische Verfassung in sich zusammengestürzt. 4 Was nach Ariminum geschah, belegt die Voraussicht Caesars. Er hatte vieles in eine politische Einigung investiert, aber er betrachtete sie nicht als die einzige Option. Wenn wir Cicero glauben können, war Caesar in letzter Minute bereit gewesen, das diesseitige und das jenseitige Gallien abzugeben, sich also auf Illyricum zu beschränken. Er wollte sogar auf die Ausnahmegenehmigung, in absentia kandidieren zu dürfen, verzichten und sich persönlich in Rom für das Konsulat bewerben.5 Der Friede scheiterte. Unklar ist, ob an den neuen Konsuln, an Cato oder an Pompeius oder doch an allen. Caesar wies die Verantwortung zurück und beklagte sich: Er sei zu allen Zugeständnissen bereit gewesen, die factio der Optimaten zu keinerlei. Er solle Ariminum räumen, nach Gallien zurückkehren, sein Heer entlassen, sie aber wollten nicht einmal die Aushebungen unterbrechen.6 Das war Propaganda, vermutlich waren die Hoffnungen auf eine Einigung gering gewesen. Caesar macht nicht den Eindruck, überrascht worden zu sein. Er hatte durchdacht, durchgespielt und vorbereitet, was ihm an militärischen Möglichkeiten blieb. So handelte er gleichsam aus der Bewegung, Pompeius aus dem Stand. Am 10. Januar überschritt Caesar den Rubikon, am 11. besetzte er Ariminum, in den nächsten drei Tagen Pisaurum, Fanum und Ancona, am 15. stand er in Arretium, am 20. kam
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er beziehungsweise sein Vorauskommando bis Iguvium, am 3. Februar brachte er Auximum in seine Hand, Firmum und Ascolum folgten bis zum 8., am 15. war das zentrale Corfinium eingeschlossen. Die Städte fielen wie die Dominosteine, und schon lange, bevor Caesar die Hauptstadt erreichte, setzten sich Konsuln und Senatoren von dort ab. Die meisten hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen können, dass Caesar seine Truppen über den Rubikon gegen eine „gewählte“ Regierung führen könnte. Das verstieß gegen die Regeln, die für den notwendigen Konsens in der Aristokratie sorgten. Dass sie nur bei Gleichheit der Kräfte galten, verstanden die Senatoren nicht. Caesar hatte die Risiken, die er einging, immer bestmöglich abgewogen. Wenn die Zeitgenossen einen anderen Eindruck hatten als die Nachwelt, dann liegt das daran, dass Caesar post eventum die Gefahr übertrieb. Ohne eine genaue Kalkulation der Kräfte wäre er das Wagnis am Rubikon nicht eingegangen. Er glaubte sich überlegen, und er glaubte, eine schnelle Entscheidung erzwingen zu können. Der Bürgerkrieg brach aus, weil sich auch Pompeius im Vorteil dünkte, anders als Caesar jedoch langfristig. Pompeius vertraute auf die großen Ressourcen des Ostens und die Legionen in seinen spanischen Provinzen. Besser als jeder andere wusste er aus seinen Kriegen, dass derjenige, der das Mittelmeer beherrschte, auch Italien beherrschen würde, weil er die Versorgungswege beherrschte. Caesar setzte auf Schnelligkeit, Pompeius auf Geduld. Beide irrten und scheiterten mit ihren Plänen. Doch Caesar half sein von ihm immer wieder beschworenes Glück. Die Senatoren verstanden Pompeius’ langfristige Strategie nicht, zudem war sie vielleicht erst aus der Not geboren, in jedem Fall war sie aber äußerst unbequem. Das war nicht der Preis, den sie für die politische Ausschaltung Caesars zahlen wollten. So viel war er ihnen auf keinen Fall wert. Als sich die erste Erstarrung gelöst hatte, geriet Pompeius ins Kreuzfeuer. Die Senatoren machten ihn jetzt für das verantwortlich, wozu sie ihn gedrängt hatten. Er selbst habe Caesar erst groß gemacht, schrien die einen; er hätte die Konsuln davon abhalten müssen, Caesar zu beschimpfen, da dieser doch bereits nachgegeben hatte, meinten andere. Nun solle er doch endlich mit dem Fuß auf die Erde stampfen, um Italien, wie er es so großmäulig angekündigt habe, mit seinen Legionen zu füllen, höhnten Dritte. 7 Zetern konnten sie noch, ansonsten aber wirkten die Senatoren wie gelähmt. Rom befand sich im Ausnahmezustand. Plutarch berichtet, während in früheren Kriegszeiten einzelne Flüchtlingsgruppen durch Italien irrten, schienen sich diesmal ganze Städte aufgemacht zu haben und durcheinander zu irren. Rom sei von Flüchtlingen und Auswanderern der umliegenden Landschaften überflutet und vollgepfercht gewesen, die Behörden machtlos. Um ein weniges wäre die Stadt in den tobenden Fluten selber untergegangen. Sie sei dahin getrieben wie ein Schiff, das die Steu-
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erleute aus Furcht vor dem aufziehenden Unwetter dem Spiel des Zufalls preisgegeben hätten. 8 Immer neue Botschaften, Lügen, Schreckensnachrichten verschärften die Lage. Der Krieg, hieß es, stehe vor den Toren, ja er habe das ganze Land erfasst.9 Die Zeiten der großen Karthager-Invasion waren Geschichte, doch das „Caesar ad portas“ klang nicht weniger schrecklich. Niemand solle in Rom bleiben, dem Vaterland und Freiheit höher stünden als die Tyrannis, gab Pompeius als Parole aus. Caesar sollte keine Gelegenheit finden, seinen Krieg durch Beschlüsse des Rumpfsenats zu legitimieren. Die Konsuln flohen, ohne die vorgeschriebenen Opfer zu bringen. Die Senatoren rafften, so wieder Plutarch, 10 ihr Eigentum zusammen, als plünderten sie ein fremdes Haus. In der allgemeinen Verwirrung dachten alle an ihre persönliche Habe, und so vergaßen sie den Staatsschatz. Auch wenn der Transport des Edelmetalls nicht so leicht zu bewerkstelligen war, zeigt das doch, wie wenig die Magistrate mit einem schnellen Vorstoß Caesars gerechnet hatten. Wie es um sie bestellt war, wissen wir mit seltener Klarheit. Aus der Zeit vom Rubikon-Übergang bis zum 7. Juni 49, dem Tag, an dem Cicero nach langem Zögern Italien verließ, um Pompeius zu folgen, sind nicht weniger als 83 Briefe des Redners überliefert. Sie zeigen eine Entwicklung, den verzweifelten Versuch, die Ereignisse zunächst zu beeinflussen und erst danach, sie auch in ihren Ursachen zu verstehen und daraus die Schlüsse für das weitere Handeln abzuleiten. Sie sind beredter Ausdruck der Bedrängnis, der Zweifel, des Wunsches nach Kommunikation und Hilfe. Für sich gelesen, wirken alle Urteile, die Cicero in den rasch diktierten Briefen fällt, wie endgültig, doch werden sie meist schon am nächsten Tag, gelegentlich auch noch im selben Brief, korrigiert. Cicero kann sich nicht für eine der beiden Seiten entscheiden und weiß nicht, als er es doch tut, ob er richtig handelt. Was wie Unverstand aussieht, ist das Gegenteil, denn die Nachrichten sind widersprüchlich oder falsch, die Absichten der Protagonisten unklar, die Reaktionen der Mitsenatoren panisch. Ciceros frühes Verdikt über Caesar kann schärfer kaum ausfallen, aber erst die Verbindung mit anderen Äußerungen ergibt ein Ganzes: „Bitte, was heißt das? Was ist los? Denn ich tappe im Dunkeln. Cingulum, heißt es, haben wir noch, Ancona ist verloren; Labienus ist von Caesar abgefallen. Reden wir hier eigentlich von einem Imperator des römischen Volkes oder von Hannibal? Dieser elende, wahnsinnige Kerl, der niemals auch nur einen Hauch des Edlen verspürt hat! Und da sagt er noch, er tue dies alles, um seine Ehre zu wahren. Aber was heißt Ehre ohne Anstand? Ist es etwa anständig, ein Heer in der Hand zu haben, das einem nicht der Staat gegeben hat? Bürgerstädte zu besetzen, um leichter an die Vaterstadt heranzukommen? Schuldenerlass, Rückführung der Verbannten und tausender-
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lei andere Verbrechen im Schilde zu führen, ‚erringt er nur die größte Göttin sich, die Macht‘“, schreibt Cicero um den 12. Januar, 11 also unmittelbar unter dem Eindruck der Rubikon-Überschreitung, doch kann er sich auch mit Pompeius’ Reaktion nicht abfinden: „Unser Gnaeus – welch unerhörtes Elend! – ist gänzlich herunter; kein Mut, kein Entschluss, keine Truppen, keine Umsicht.“ 12 Cicero versteht Pompeius’ Strategie nicht oder hält sie – wie seine Standesgenossen – für verfehlt: „Am 17. Januar sah ich den Mann, vor Angst schlotternd. Schon damals wurde es mir klar, worauf er hinauswollte. Fortan bin ich nie mehr mit ihm einverstanden gewesen; fortgesetzt hat er einen Fehler nach dem andern gemacht. Inzwischen keine Zeile an mich; sein einziger Gedanke: Flucht … Alles, was er tat, war würdelos, und so konnte ich mich ihm unmöglich als Begleiter auf der Flucht gesellen.“ 13 Es ist nicht leicht zu sagen, ob und wo Pompeius irrte. Cicero und spätere Betrachter wie Napoleon konnten leicht klüger sein. In der Theorie ließen sich die Truppen, welche die Hauptstadt hätten verteidigen können, leicht rekrutieren, in der Praxis gelang das nicht. Pompeius suchte mit den Legionären, die ihm noch zur Verfügung standen, den Hafen von Brindisi zu erreichen, um von Epirus und Griechenland aus die Rückeroberung Italiens zu organisieren. Caesar wusste, wie gefährlich das für ihn war, und suchte ihm den Weg abzuschneiden. Dabei half ihm das Durcheinander im Lager der Optimaten. Viele waren, wie gesagt, mit Pompeius’ Strategie nicht einverstanden, und manche führten ihren Privatkrieg gegen Caesar. In Corfinium, einer Stadt am Aternus östlich von Rom, die vierzig Jahre vorher für kurze Zeit als Hauptort der aufständischen Italiker unter dem Namen Italia von sich reden gemacht hatte, zog Domitius Ahenobarbus 33 Kohorten, knapp 20 000 Mann, zusammen. Warum er das tat und nicht den pompeianischen Truppen nach Kampanien beziehungsweise Apulien folgte, wissen wir nicht. Er handelte jedenfalls gegen den Rat oder die Aufforderung des Pompeius, und dieser lehnte es entsprechend scharf ab, ihn zu unterstützen, als Caesar am 15. Februar Corfinium einschloss. Domitius hatte sich in der Schlinge verfangen, die er selbst gelegt hatte. Caesar nutzte seine Chance doppelt. Aus dem militärischen machte er einen propagandistischen Erfolg, der ihn überleben sollte. Seit Corfinium wurde die Milde (clementia) zur Herrschertugend. Caesar selbst baute ihr einen eigenen Tempel und verherrlichte sie (und sich) auf Münzen. Ohne Hilfe von außen war die Lage im belagerten Corfinium hoffnungslos. Domitius plante die heimliche Flucht, wurde aber von den eigenen Soldaten festgenommen und an Caesar ausgeliefert. Eine große Anzahl Ritter und fünf Senatoren, darunter ein Konsular, ein Quästor und sein eigener Nachfolger in Gallien, fielen Caesar in die Hände. In Erinnerung
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an Sulla, der seine Gegner blutig verfolgte, und im Glauben an die eigenen Greuelmärchen erwarteten die Gefangenen von Caesar das Schlimmste – und behielten recht. Er ließ sie laufen. Das brachte ihnen nur eine Atempause und nutzte Caesars Ruf. 14 Dabei störte ihn nach außen auch nicht, dass Domitius, dem er auch noch die Kriegskasse von sechs Millionen Sesterzen mitgegeben hatte, sich offenbar auf dem schnellsten Weg wieder bei Pompeius einfand: „Mein herzlichster Wunsch ist es, dass ich mir treu bleibe und sie sich …“, ließ er Cicero wissen, um dessen Zustimmung er nicht ganz vergebens warb. 15 Der Redner musste, ob er wollte oder nicht, Caesar Beifall spenden, wiewohl er es noch lieber gesehen hätte, wenn die Belagerung von Corfinium gescheitert wäre. 16 Caesar konnte durch Großzügigkeit demonstrieren, wie unrecht ihm seine Gegner taten. Er führte sein eigenes Nachrichtenbüro, das dafür sorgte, dass die „Milde von Corfinium“ bei Freunden und Feinden rasch bekannt wurde und manchen Unentschlossenen für ihn gewann, der von der harten Maxime der Pompeianer, wer sich nicht für sie entscheide, sei als Feind zu betrachten, abgeschreckt wurde. Die weitaus meisten Bürger in den Munizipien vermochten sich aber nicht für die Machtkämpfe der Senatoren im fernen Rom zu begeistern und lebten ihren eigenen Interessen. Im Bewusstsein der ersten Erfolge rückte Caesar weiter nach Apulien vor. Dennoch suchte er weiterhin den direkten Kontakt zu Pompeius, um ihm mit Hinweis auf die gemeinsamen Feinde ein neuerliches Zusammengehen vorzuschlagen. 17 Er wollte nicht verstehen, dass Pompeius die gewählten Magistrate nicht brüskieren und unter deren Ausschluss mit ihm verhandeln konnte. Die Erinnerung an das dreiköpfige Ungeheuer war zu frisch, und Pompeius hatte ohnehin mit Misstrauen zu kämpfen. Am 9. März erreichte Caesar Brundisium, das heutige Brindisi. Pompeius hielt sich noch in der Stadt auf, die Konsuln waren bereits fünf Tage vorher in Richtung Dyrrhachion aufgebrochen. Eine Blockade misslang ebenso wie der nochmalige Versuch, sich mit seinem Kontrahenten zu unterreden. Die von der ersten Fahrt zurückkehrenden Transporter nahmen die restlichen Truppen auf, auch Pompeius verließ den Hafen von Brundisium. Am 17. März gehörten Italien und Rom Caesar. Gerade zwei Monate waren seit dem Rubikon-Übergang vergangen. Es war kein Blut geflossen, es gab nicht einmal Verletzte, von denen abgesehen, die bei ihrer übereilten Flucht gestolpert waren. Caesar hatte nur einen Verlust zu bedauern. Der allerdings war groß. Sein fähigster Mann in Gallien, der Legat Labienus, hatte die Seite gewechselt und sich Pompeius angeschlossen. Über die Gründe braucht nicht spekuliert zu werden. Offenkundig fühlte er sich von Caesar nicht angemessen gewürdigt. Dieser hatte das nicht geahnt, bewahrte aber Haltung und schickte seinem verlorenen Adjutanten das Gepäck nach.
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Caesar schwieg zuerst über den Vorfall, nannte Labienus aber später im dritten Buch des bellum civile kurz und verächtlich einen „Überläufer“. 18 Der Wut des einen stand der Hass des anderen nicht nach. Nur gegen Caesars Kopf gebe es Friede und Einigung, respondierte Labienus. 19
Nach Spanien Caesar besaß seine gallischen Legionäre und diejenigen, die die Gegner auf ihrer Flucht zurückließen, so die Kohorten des Domitius aus Corfinium. Während Pompeius seine Truppen im Osten zu sammeln begann, sicherte Caesar die Verbindung nach Illyricum, zur Insel Sardinien und vor allem nach Sizilien. Pompeius würde versuchen, Rom von der Getreideversorgung abzuschneiden. Seit der Flucht der Pompeianer war klar, dass es zum Krieg kommen und dass er in Übersee ausgetragen würde. Dazu brauchte Caesar Schiffe, und er befahl, diese von überall her nach Brundisium zu schaffen. Zeit dafür gab es, denn zuerst musste er sich noch nach Spanien begeben. Dort standen fünf Legionen, die auf den Befehl des Pompeius hörten, auch wenn sich dieser wegen seiner Unabkömmlichkeit im Osten von seinen Legaten vertreten lassen musste. Alle Wege führen nach Rom, selbst der nach Spanien. Als Caesar, von Brundisium kommend, dort eintraf, war er wenig willkommen. Er berief den Senat zum 1. April ein. Um Caesar das Erscheinen zu ermöglichen, fand die Sitzung außerhalb des Pomerium statt, denn mit Überschreiten der Stadtgrenzen hätte Caesar sein prokonsularisches Imperium verloren. Wie viele Senatoren, vor allem, wie viele hochrangige, noch im Land waren, ist unklar. Nicht wenige waren im Zweifel, ob sie Pompeius nach Griechenland folgen sollten, doch scheint die Angst vor seiner späten Rache bei den meisten größer gewesen zu sein als die Hoffnung auf baldige Gunstbeweise Caesars. Zwar füllte sich die Versammlung der hohen Herren, zwar hörten sie sich die Rechtfertigung Caesars an und beschlossen sogar, eine Friedensdelegation zu Pompeius zu entsenden. Allein, sie brauchten drei Tage dafür und mussten am Ende erstaunt feststellen, dass zwar alle für den Antrag waren, aber niemand den Auftrag übernehmen wollte. Er werde ihnen nicht zur Last fallen, erklärte Caesar zornig. Falls sie sich verweigerten, regiere er den Staat allein. 20 Der Verweigerung folgte der Widerstand. Als Caesar sich mit Berufung auf das Kriegsrecht des Staatsschatzes bemächtigen wollte, den die geflohenen Konsuln zurückgelassen hatten, stellte sich einer der Volkstribunen ihm in den Weg. Die Szene war lächerlich und schadete Caesar doch immens. Zweimal musste der Tribun von der Tür zum Ärarium weggezerrt
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werden, erst herbeigerufene Schlosser konnten sie aufbrechen. Caesar bedrohte den Wächter mit dem Tod und soll hinzugefügt haben, es komme ihm saurer an, dies zu sagen, als es auch wirklich zu tun. 21 Der Akteur selbst verschweigt die Szene und erzählt nur lapidar, seine Gegner hätten den Volkstribunen vorgeschoben, um ihm Schwierigkeiten zu machen. 22 Tatsächlich verheilten die wenigen Blessuren, die sich der eifrige Tribun bei seinem Einsatz zugezogen hatte, rasch. Nicht so schnell verging der Ärger in der plebs. Schließlich hatte Caesar immer wieder bekundet, er führe Krieg, um die von seinen Feinden verletzten Rechte der Volkstribunen wiederherzustellen. Eine weitere Niederlage bereitete ihm Cicero. Caesar hatte ihn auf dem Weg nach Rom besucht, um ihn persönlich zur Senatssitzung einzuladen. Der Redner schuldete ihm Dank und Geld, verweigerte aber beides. Im ersten Fall wollte er nicht, im zweiten konnte er nicht. Der Druck des abwesenden Pompeius war zu stark, obwohl sich Ciceros Wut mehr gegen ihn richtete, weil er ihn erst in diese schwierige Lage gebracht hatte. Caesar zeigte sich aber überraschend geduldig. Er wollte Cicero noch nicht aufgeben und hoffte ihn, wenn nicht durch Argumente, dann durch Fakten, nämlich schnelle Erfolge, überzeugen zu können. So gehörten die nächsten acht Wochen zu den schlimmsten in Ciceros Leben. Der einzige Ausweg aus seinem Dilemma schien ihm eine schnelle Niederlage Caesars. Er zögerte und zauderte, wog in Briefen an Atticus alle Möglichkeiten ab und entschied sich schließlich am 7. Juni, als er glaubte, Caesar scheitere bei der Belagerung von Massilia, für die Flucht zu Pompeius, die er seit Wochen vorbereitet, aber nicht angetreten hatte. „Da siehst Du“, schrieb er an Atticus, „wie schmählichen Todes wir sterben; nun zweifle noch, wenn Du kannst, dass ER, mag er besiegt oder als Sieger heimkehren, ein Blutbad anrichten wird. Nein, ich entziehe mich ihrem Morden, und sei es in einem kleinen Nachen, wenn ich kein Schiff finde.“ Und wenig später: „Wie das Rind der Herde, folge ich den Gutgesinnten, und wenn sie ins Verderben stürzen.“ 23 Beide, Cicero und Pompeius, hatten wenig Freude an dieser Entscheidung. Jener, weil er sich auf die Verliererseite geschlagen hatte, dieser, weil Cicero sich in Griechenland statt als Hilfe als Ärgernis entpuppte. Kaum dass der Bruch mit Caesar vollzogen war, fiel auch der moralische Druck von Cicero ab, und er entwickelte sich zum Querulanten in Pompeius’ Feldlager. Er allein kannte die richtige Strategie und Taktik, er allein wollte alles genau voraussehen können. Dabei drängte er zur Unzeit zum Frieden, weigerte sich aber, eine amtliche Funktion zu übernehmen, und blieb in Dyrrhachion, als in Pharsalos die Entscheidung fiel. Cicero hatte zunächst nicht ganz falsch kalkuliert. Noch Anfang Mai saß Caesar vor Massilia fest. Die Stadt stand in freundschaftlicher Beziehung
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zu Rom und sah sich plötzlich in der schwierigen Lage, sich zwischen zwei Vertretern der Stadt entscheiden zu müssen. Der Bürgerkrieg spaltete auch die außerrömische Welt. Die Massalioten taten das kurzfristig Vernünftige, langfristig aber Falsche. Sie gaukelten Caesar zunächst Neutralität vor, gingen dann aber zur Gegenseite über. Immerhin verkörperte diese ja die gewählte Regierung Roms, zudem schien sie angesichts der nahen spanischen Legionen des Pompeius als die stärkere Partei. Die Verteidigung organisierte der dank Caesars Nachsicht aus Corfinium geflüchtete Domitius Ahenobarbus, seit Januar Statthalter in Gallien. Zum zweiten Mal innerhalb eines Vierteljahres saß er in der Falle. Allerdings hatte er sie diesmal nicht selbst gestellt, er ging nur freiwillig hinein. Domitius durfte ein weiteres Mal entkommen, bevor Caesar dem Treiben im August 48 in Pharsalos ein Ende machte. Die Belagerung lief stockend an, so dass sie Caesar bald einem seiner Legaten überließ. Während Cicero ihn noch an der Rhône wähnte und sein Fluchtschiff nach Griechenland rüstete, war Caesar schon auf dem Weg von Massilia nach Spanien. Als Cicero bei Pompeius ankam, hatte dieser schon seine spanischen Legionen verloren. Nur sechs Wochen brauchte Caesar, um als Sieger aus Spanien zurückzukehren. Caesars militärische Erfolge beruhten oft auf einer kalkulierten Mischung von Überraschung und Wartenkönnen. Er wusste, wann der richtige Zeitpunkt gekommen war. In Spanien manövrierte er, zunächst selbst in ungünstiger Ausgangsposition, die gegnerischen Legionen ohne Kampf in eine Lage, in der ihnen nur die Kapitulation als Ausweg blieb. So beendete er den Zweifrontenkrieg gegen Pompeius, bevor er eigentlich begann. Es floss kein Blut, als sich die pompeianischen Truppen am 2. August bei Ilerda ergaben. Auch das stärkte Caesars Position und ermöglichte ihm, selbst einen Rückschlag hinzunehmen. Afrika blieb in der Hand der Gegner. Curio, der Volkstribun von 50, den Caesar von Sizilien aus dorthin entsandte hatte, wurde mit seinen zwei Legionen besiegt und starb im Kampf. Bis dahin galt er als die große Begabung der späten Republik, vermutlich weil er sie nie zeigen konnte. Noch im September trat Caesar den Rückweg an. Zuvor hatte er einige wenige administrative Maßnahmen getroffen. En passant nahm er die Kapitulation von Massilia entgegen. Domitius befand sich schon längst wieder auf der Flucht. Auf dem direkten Weg nach Rom musste Caesar in Placentia noch einen unvorhergesehenen Halt einlegen. Die Soldaten der neunten Legion meuterten und forderten die Belohnung, die Caesar vor Brundisium versprochen habe. Die Kassen waren leer; und ein Bürgerkrieg war ein Krieg ohne Beute, zumindest für den gemeinen Soldaten. Angeblich war ein weiterer Grund der Insurrektion das Verbot von Plünderungen.24
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Die großen Heerführer der Antike, Alexander, Hannibal, Caesar, zeichnete aus, dass sie Meutereien gar nicht erst zuließen oder bereits im Keime erstickten. So handelte Caesar zunächst kompromisslos und verhängte die decimatio über die betroffene Legion, eine archaische Strafe, die nur wenig vorher Crassus im Krieg gegen Spartacus angewandt hatte. Ohne weitere Prüfung eines Vergehens sollte jeder zehnte (decimus) Soldat hingerichtet werden. Schließlich aber ließ sich Caesar nur 120 der sogenannten Hauptanstifter nennen, zum Teil einfach auch nur Leute, die denunziert worden waren, und bestrafte sie mit der Dezimierung. Diese Art der Hinrichtung, schreibt Plutarch, sei mit besonderer Schande verbunden, viele grauenhafte und schreckliche Bräuche würden dabei vor den Augen des ganzen Heeres vollzogen. 25 Auch ein Zenturio wurde hingerichtet, der einen seiner Soldaten fälschlich des Aufruhrs bezichtigt hatte. In seinem ausführlichen Bericht zum Jahre 49 findet sich über dieses Ereignis erwartungsgemäß keine einzige Zeile bei Caesar. Es war kein Ruhmesblatt für ihn, und so suchte er für die Zukunft nach Wegen, weiteren Meutereien vorzubeugen. Er verzichtete auf die öffentliche Hinrichtung tatsächlicher oder vermeintlicher Rädelsführer, griff stattdessen zu wirtschaftlichen Sanktionen und richtete wie schon sein großer Vorgänger Alexander einen Spitzeldienst ein. Unliebsame Elemente konnten dadurch bevorzugt zu gefahrvollen Unternehmen abkommandiert werden. Kraft seiner Autorität und seiner finanziellen Möglichkeiten kam Caesar mit deutlich weniger und auch meist milderen – Placentia ausgenommen – Strafen aus als seine Gegner. Noch auf dem Marsch ereilte Caesar die Nachricht, dass er auf Beschluss des Volkes vom Prätor Lepidus zum Diktator ernannt worden sei. Er tat so, als sei ihm eine unerwartete Ehre widerfahren,26 aber selbstverständlich war auch diese Inthronisation abgesprochen. Die Diktatur war ein reguläres, etwas aus der Mode gekommenes und von Sulla zweckentfremdetes Amt. Tatsächlich strebte Caesar anfangs nicht nach ihr. Er wollte nur Konsul werden, benötigte dazu aber die amtierenden Konsuln, denn ohne diese konnten keine Nachfolger gewählt werden. Ein Diktator konnte die Funktion der Konsuln übernehmen, aber eigentlich bedurfte es zu seiner Ernennung wiederum der Konsuln, und Caesar hatte nur einen Prätor zur Hand. Er nahm den Schönheitsfehler in Kauf und das neue Amt an. Als Diktator hielt er, nach Rom zurückgekehrt, Konsulwahlen ab, und da er auch gewählt wurde, durfte er am 1. Januar 48 sein zweites Konsulat antreten: Genau zehn Jahre nach dem ersten, wie das Gesetz es befahl. Während seines nur elftägigen Aufenthaltes in Rom rief er Verbannte zurück, deren Zahl sich namentlich im Jahre 52 im Gefolge des Clodius-Attentats erhöht hatte, und ließ – ein altes Projekt – die Söhne der von Sulla proskribierten Gegner wieder zu den Ämtern zu. Er brauchte sie jetzt dringender denn je.
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Schließlich verkündete er noch eine Zinssenkung. Der Bürgerkrieg hatte die Lage der Schuldner verschärft. Als Caesar am 13. Dezember in Richtung Brundisium abreiste, war er designierter Konsul, als er Brundisium am 4. Januar in Richtung Epirus verließ, bereits regulärer Konsul. Die gewählte Regierung von Rom wurde nun von ihm und seinen Anhängern gestellt.
Durch Griechenland Die römische Welt war geteilt. In Spanien, Gallien, Sizilien, Sardinien, in Rom und Italien besaß Caesar die Kontrolle, Pompeius herrschte über den Osten und Nordafrika. Zudem besaß er die Seehoheit. Der Osten war groß und immer noch reich, Caesar durfte nicht warten, bis seine Gegner dort eine überlegene Armee zusammenstellten. Um das Überraschungsmoment zu nutzen, setzte er mit nur 20 000 Mann über die Adria, nahm das epirotische Apollonia – und saß fest. Die Flotte seines alten Feindes Bibulus patrouillierte, nach der ersten Panne aufmerksam geworden, an der Küste und verhinderte die Nachsendung weiterer Truppen. Pompeius hatte auf die Nachricht von Caesars Landung, Tag und Nacht marschierend, gerade noch rechtzeitig den wichtigen Hafen Dyrrhachion erreicht, 27 und so standen sich beide Gegner nach einem Jahr wieder direkt gegenüber – nun allerdings auf der anderen Seite des Meeres. Zwischen ihnen lag allein der Fluss Apsus, 28 und so kam es schnell zu Verbrüderungen unter den Mannschaften. Caesar sah eine letzte Gelegenheit zu einer Einigung mit Pompeius. Ihre Voraussetzung war die Gleichheit der Kräfte, und die schien damals gegeben. Schenke aber das Glück dem einen auch nur ein wenig Vorteil, ließ Caesar seinem Gegner übermitteln, werde er sich überlegen dünken und von Friedensbedingungen nichts mehr wissen wollen. 29 Caesar kannte die „Pathologie“ des Thukydides. Nach Augenzeugenberichten war Pompeius nicht einmal bereit, das Angebot zu prüfen. Was nütze ihm Leben und Bürgerrecht, wenn es so aussähe, als verdanke er sie dem Wohlwollen Caesars, soll er erklärt haben. 30 Offenbar hielt er sich für stärker. Das war etwa Mitte März. Bereits Anfang April hielt Caesar sich für den Stärkeren. Antonius war es gelungen, die Blockade zu durchbrechen und Caesar neue Truppen zuzuführen. Pompeius schützte sich durch einen 22 km langen Wall, hinter dem ihn Caesar mit einer eigenen Befestigungsanlage einschloss. Das erinnerte ein bisschen an Alesia, doch Pompeius hatte das offene Meer, und die Verpflegungsschwierigkeiten lagen bei Caesar, der davon abgeschnitten war. Caesars Legionäre aßen buchstäblich Gras. Der militärische Grabenkrieg wurde von einem politischen begleitet.
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Caesar versuchte, die Reihe der Gegner zu spalten und mit einzelnen Optimaten ins Gespräch zu kommen. Das misslang, vermutlich war es nicht einmal ernst gemeint. Nach verschiedenen gescheiterten Versuchen sprengten Pompeius’ Legionäre am 17. Juli den Belagerungsring. Die Lage war dramatisch, und Caesar verschweigt das später auch nicht: „Überall herrschten Verwirrung, Angst und Flucht, so sehr, dass einige, obschon Caesar die Feldzeichen der Fliehenden eigenhändig ergriff und Halt gebot, ihre Pferde laufen ließen und die Flucht fortsetzten, andere aus Furcht sogar ihre Feldzeichen fortwarfen und gar niemand mehr standhielt.“ Das Szenario der NervierSchlacht wiederholte sich jedoch nicht. Der Strom der Fliehenden riss schließlich auch Caesar mit. Damals streifte ihn der Tod, schrieb Plutarch. 31 In diesem gefährlichen Moment rettete ihn nicht die von ihm so häufig beschworene Fortuna. Es waren Fehler des Pompeius, die die Niederlage nicht zu einer endgültigen werden ließen. An einem einzigen Tag verlor Caesar 960 Mann, gewann aber am Abend schon seine Souveränität wieder: „Heute wäre der Sieg bei den Feinden gewesen, wenn sie einen hätten, der zu siegen verstünde.“ 32 Als Konsequenz änderte Caesar seine Strategie, seine Stellung war ohnehin nicht zu halten. Er machte sich auf den Weg nach Thessalien, um zunächst einmal die Versorgung zu sichern. Im übrigen konnte er erst einmal nur hoffen, dass Pompeius das Falsche tun würde. Dieser hatte nun fast alle Vorteile, vor allem den wichtigsten: Zeit. Er konnte seinen eigentlichen Plan schneller als erwartet umsetzen, nämlich Italien anzugreifen: Auf dem Meer führte für Caesar kein Weg zurück. Pompeius konnte allerdings auch abwarten, was Caesar in Thessalien tun würde: Vom Westen war er abgeschnitten, der Osten war „pompeianisch“. Lange konnte sich Caesar nicht halten, allenfalls versuchen, auf dem Landweg seine früheren Provinzen Illyricum und Gallia Citerior zu erreichen. 33 Dann hätte er ein zweites Mal den Rubikon überschreiten müssen. Pompeius entschied sich für die direkte Verfolgung Caesars. Das erwies sich später als Fehler und setzte ihn vor der Geschichte ins Unrecht. Auf eine andere, scheinbar mehr Erfolg versprechende Strategie zu setzen, bedeutete aber, den Bürgerkrieg in die Länge zu ziehen. Dazu stand er unter dem Druck all der Optimaten, die er so dringend nach Griechenland gerufen hatte und die ihm jetzt mit ihren Forderungen nach einer schnellen Entscheidung das Leben schwer machten. Mit bösen Worten, schreibt Plutarch, hätten sie gegen Pompeius gestichelt, um ihn zu reizen, ihn auch als „König der Könige“ oder als „Agamemnon“ tituliert, ihm vorgeworfen, sich vor einer Schlacht zu drücken, um seine monarchische Stellung nicht aufzugeben, die seinem Stolz schmeichle, da so viele Generäle von ihm abhängig seien und ihm in seinem Feldherrenzelt die Aufwartung machen müssten.34
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Vielleicht hatte Pompeius indes gar nicht die Kompetenzen und Möglichkeiten, die ihm Caesar in den Commentarii zu verleihen scheint. Sie entspringen dort dem Bemühen des Autors, den Krieg, wie schon im siebten Buch des bellum Gallicum, zu einer Art Zweikampf zu stilisieren. Das ist eine literarische Vereinfachung und als solche statthaft. Die Situation auf der gegnerischen Seite war jedoch komplizierter, als es bei Caesar erscheint. Pompeius konnte offenbar nicht, wie er wollte, und wie er wollte, wusste er nicht. Das optimatische Lager war ein Tollhaus. Caesars Gehässigkeit hat dies übertrieben, aber vielleicht nicht allzu sehr: „Schon stritten sie ganz offen um Befehlsstellen und Priesterämter und vergaben auf Jahre hinaus das Konsulat; andere verlangten die Häuser und Grundstücke von Leuten in Caesars Lager; im Kriegsrat entstand sogar ein heftiger Streit, ob man bei der nächsten Prätorenwahl auf den abwesenden Lucilius Hirrus Rücksicht nehmen solle, den Pompeius gegen die Parther geschickt hatte, wobei seine Verwandten Pompeius beschworen, das Wort zu halten, das er ihm beim Aufbruch gegeben, damit Hirrus nicht durch das Vertrauen auf ihn betrogen erscheine. Die übrigen aber sprachen sich dagegen aus, damit nicht bei gleicher Mühe und Gefahr ein einziger allen vorgezogen würde. Wegen Caesars Priesteramt ließen sich Domitius, Scipio und Lentulus Spinther bei täglichen Zänkereien in aller Öffentlichkeit bereits zu schwersten Beschimpfungen herab, wobei Lentulus auf seinen Altersvorrang pochte, Domitius mit seiner Beliebtheit in Rom und seiner Stellung prahlte, Scipio aber auf seine Verwandtschaft mit Pompeius setzte. Acutius Rufus klagte sogar Lucius Afranius bei Pompeius des Verrates an seinem Heer durch nachlässige Kriegführung in Spanien an. Und Lucius Domitius schlug im Kriegsrat vor, er sei dafür, nach Kriegsende jedem ihrer Kriegskameraden vom Senatorenstand drei Richtertafeln zur Aburteilung zu geben, um über jeden abzustimmen, der in Rom zurückgeblieben oder zwar im Machtbereich des Pompeius gewesen sei, aber keinen Beitrag zum Krieg geleistet habe; das eine Täfelchen sollte gänzlichen Freispruch bedeuten, das zweite Todesurteil, das dritte Geldstrafe. Kurz, alle sprachen nur noch von eigenen Ehrenstellen, Belohnung durch Geld und Verfolgung persönlicher Feinde, dachten aber nicht daran, wie sie siegen könnten, sondern nur, wie man den Sieg nützen solle.“ 35
Caesar siegte schließlich, aber der Erfolg allein genügte ihm nicht. Für Pompeius hatte er die Höchststrafe vorgesehen. Er belehrte ihn. „Ohne Verstand“, urteilt er, seien die Instruktionen gewesen, die Pompeius für das erste Aufeinandertreffen gegeben hatte. 36 Nach der politischen Legitimität sprach er seinem Gegner nun auch die militärische Kompetenz ab: Das erste galt den Zeitgenossen, das zweite der Nachwelt. Trotz der angeblichen Fehler des Pompeius war die Schlacht, die an jenem 9. August 48 in der Ebene von Pharsalos geschlagen wurde, nicht so schnell gewonnen, wie es Caesars Kritik vermuten lässt. Es ist letztlich aber doch der überlegene Feldherr, der den Ausschlag gibt. Caesars Legionäre waren zudem besser motiviert und besaßen eine Kampferfahrung, die
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sie auch dort, wo sie nur auf sich gestellt waren, richtig handeln ließ. Als die pompeianische Reiterei den rechten Flügel zu umgehen drohte, warf Caesar eine aus sechs Kohorten ad hoc gebildete vierte Reihe ins Gefecht. Sie stoppte die gegnerischen Reiter und leitete den Gegengriff ein, den „Anfang des Sieges“, wie es der Feldherr schon beim ersten Anblick der Schlachtaufstellung vorausgesagt haben will. 37 Der Kampf weitete sich schließlich bis ins Lager des Pompeius aus, das von den dort zurückgelassenen Kohorten verbissen verteidigt wurde. Caesars Soldaten waren von der langen Schlacht erschöpft, vor allem aber standen sie nun kampferprobten Hilfstruppen aus Thrakien gegenüber, die für ihre Tapferkeit wie Grausamkeit seit den Zeiten des Peloponnesischen Krieges berüchtigt waren. Schließlich mussten die Verteidiger aber dem Geschosshagel weichen. Caesars Legionäre stürmten das Lager, und was sie dort sahen, brachte sie in Erstaunen und ihren Feldherrn in eine Rage, die nicht nur gespielt erscheint. „Im Lager des Pompeius konnte man kunstvolle Lauben sehen, offen herumliegendes Silbergeschirr in Massen, mit frischem Rasen ausgelegte Zelte, die Zelte des Lucius Lentulus und einiger anderer sogar mit Efeu umwunden und daneben noch vieles, was auf übergroßen Luxus und allzu hohe Siegeszuversicht hinwies, woraus man leicht schließen konnte, dass diejenigen nichts vom Ausgang dieses Tages fürchteten, die so überflüssige Freuden suchten. Aber ausgerechnet sie warfen dem ärmlichen und genügsamen Heere Caesars, dem doch stets alles Notwendige fehlte, Üppigkeit vor.“ 38
Die Bilanz der Schlacht spiegelt nicht die Härte wieder, mit der sie geführt wurde. Nur 200 caesarianische Soldaten waren gefallen, allerdings auch 30 Zenturionen. Die Gegenseite verlor 15 000 Mann, doch wäre es eine Überraschung, wenn Caesar die feindlichen Verluste plötzlich korrekt abgerechnet hätte. Auch die Schuldfrage beantwortete der Sieger rasch und abschließend. Noch auf dem Schlachtfeld erklärte er seinen Offizieren auf Griechisch – zur Übersetzung für die römischen Zeitgenossen stand, wie am Rubikon, der Historiker Asinius Pollio bereit: „Das haben sie gewollt, dazu haben sie mich gezwungen; denn hätte ich meine Heere entlassen, so hätte man mich, Gaius Caesar, wohl sogar zum Tode verurteilt, wiewohl ich die gefährlichsten Feinde niedergeworfen habe.“ 39 Pompeius befand sich, als die ersten Soldaten die Wälle stürmten, noch im Lager. Ein Drama Shakespeareschen Ausmaßes bahnte sich an. Der ehemals mächtigste Mann des Reiches suchte ein Pferd. Er nahm das erstbeste, das er im Getümmel greifen konnte, schwang sich darauf und jagte durch das Hintertor davon. Vorher hatte er sich noch den Feldherrenmantel von den Schultern gerissen. Ab jetzt reiste er inkognito. Caesar erspart
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seinem Leser nichts. Pompeius war nurmehr ein besiegter Gegner, und das bekam er auch bald von seinen früheren Freunden und Vasallen zu spüren. Sie wussten, wo Pompeius war, würde nicht viel später auch Caesar sein. Er habe es für nötig erachtet, alles andere hintanzusetzen, um Pompeius zu verfolgen, wohin auch immer er sich auf seiner Flucht begebe, damit er nicht noch einmal frische Truppen sammeln und den Krieg erneuern könne, erklärte Caesar später. 40 Viele erachteten das als einen Fehler. Pompeius war ohne Truppen und nach der Niederlage von Pharsalos in Kleinasien, Thrakien oder Makedonien isoliert. Das kristallisierte sich sehr schnell heraus. Caesar hätte sich um Afrika kümmern können, wo sich nach der Niederlage des Curio die gegnerischen Truppen sammelten. Aber er hielt den waffenlosen Pompeius für gefährlicher. Pompeius ritt die Nacht durch, nach 40 km erreichte er die Stadt Larisa, und von Angst getrieben, machte er auch dort nicht Halt. Eskortiert von 30 Reitern, erreichte er schließlich das offene Meer und rettete sich unter Klagen in ein dort vor Anker liegendes Kornschiff. 41 Auf dem Seeweg fuhr er bis Amphipolis, blieb dort, ohne das Schiff zu verlassen, nur eine Nacht und segelte weiter. Wenige Tage später passierte er Mytilene, wurde dort durch einen Sturm aufgehalten, bevor er sich nach Kilikien aufmachte und schließlich nach Zypern kam. Die Kunde der Niederlage eilte ihm voraus, das syrische Antiochia und die Insel Rhodos sperrten den Pompeianern bereits die Häfen. Pompeius floh weiter nach Ägypten, zuerst nach Pelusion und dann nach Alexandria, der letzten Station seiner Fahrt und seines Lebens. 42 Am 28. September, dem Tag nach seinem 59. Geburtstag, wurde er dort, wo sein nie erreichtes Vorbild, Alexander der Große, begraben lag, ermordet, als er auf einem kleinen Kahn, von wenigen Getreuen begleitet, an Land fahren wollte. Den Beratern des jungen Königs Ptolemaios war ein toter Pompeius nützlicher erschienen als ein lebender. Als Caesar sechs Tage später in Alexandria eintraf, wurden ihm der Siegelring und der abgeschlagene Kopf überreicht. Die Ägypter hatten das Problem, was mit Pompeius geschehen solle, für ihn gelöst. Nach der Niederlage war neben Caesar kein Platz mehr. Plutarch schildert den Untergang des Pompeius detail- und tränenreich. Bei Caesar selbst ist nichts dergleichen zu lesen. Er konstatiert die Sache emotionslos. Es gibt kein Epitaph, die letzten Worte, die er über seinen Freund und Gegner verliert, lauten schlicht: „In Alexandria erfuhr Caesar vom Tode des Pompeius.“ 43
Auf dem Nil Caesars ägyptischer Aufenthalt stellte Zeitgenossen wie Nachwelt vor ein Rätsel. Nach dem Sieg von Pharsalos drängte die Zeit, schon sammelten
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sich die verbliebenen Gegner erneut, in Afrika rüsteten sie zur vorletzten Schlacht. Caesar kümmerte dies scheinbar nicht, er verbrachte Woche um Woche in Ägypten, die ersten davon jedoch nicht ganz freiwillig. Nach dem Tod des Pompeius und dem Ende der Verfolgungsjagd besaß Caesar keinen neuen Plan. Zum ersten Mal war er in eine Lage geraten, auf die er nicht vorbereitet war. Das lässt sich vielleicht psychologisch erklären. Der Sieg über Pompeius hatte ihn einer monatelangen Ungewissheit entledigt, die Entscheidung schien gefallen. Nachdem er den Krieg selbst zu einem Zweikampf stilisiert hatte, verfiel er in den Fehler, der schon vielen unterlaufen war. Er begann an seine eigene Propaganda zu glauben und konzentrierte sich auf den flüchtenden Pompeius, meinend, mit dessen Gefangennahme die wichtigsten Probleme gelöst zu haben. Schließlich stand er im Hafen von Alexandria und hatte außer dem Siegelring des Pompeius, den ihm dessen Mörder übergeben hatte, nichts in Händen. Caesar war in Ägypten an Land gegangen, als wenn er sich auf römischem Boden befunden hätte. 44 Liktoren trugen ihm die Amtsinsignien voraus, seine Legionäre machten mit Faust und Schwert Platz für den Imperator. Seit einigen Wochen war Caesar Herr der Welt, da konnte es ihn nicht kümmern, dass Ägypten nicht den Status einer Provinz besaß. Unstreitig war Ägypten finanzielles Hinterland von Rom. Seine Könige bezahlten große Summen an römische Magistrate und Senatoren, um ihre Herrschaft zu sichern. Zeitweilig verdingte sich ein römischer Bankier als ägyptischer Finanzminister. Es floss mehr Geld vom Nil nach Rom, als aus den meisten Provinzen kam, doch Ägypten war keine. Noch bestimmten die Ägypter ihre Könige selbst, auch wenn sie dies nur unter Streit und Zank erledigten. Caesar war nicht willkommen, im Ornat des Konsuls schon gar nicht. Zudem hatten die Ägypter Pompeius nur deswegen ermordet, um sich Caesar vom Hals zu halten. Dass diese Mühe vergebens war, erzürnte sie doppelt, und so stand Caesar unmittelbar nach seiner Ankunft inmitten einer tobenden Menge und veranlasste zunächst den geordneten Rückzug. Vor dem römischen Mob hatte er sich gerettet, daher wollte er nicht dem ägyptischen anheimfallen. Allerdings saß er nun zunächst einmal fest. Nach vorn konnte er nicht, weil er, um Pompeius schneller folgen zu können, nicht genügend Truppen nach Alexandria gebracht hatte, um einen offenen Kampf mit den Ägyptern zu wagen, und zurück ging es nicht, weil inzwischen die Zeit der Etesien gekommen war, der Nordwinde, und dieser Nordwind hinderte die Schiffe am Auslaufen. Ökonomisch lässt sich Caesars Leben in drei Abschnitte einteilen: Schulden machen, Schulden tilgen und Schulden eintreiben. Der erste umfasst in etwa die Zeit von seiner Rückkehr aus Asien bis zum Ende des
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Konsulats, der zweite die gallische Statthalterschaft, den dritten begann Caesar in Ägypten. Er brauchte weiterhin dringend Geld für seine Truppen, und so besann er sich auf eine alte Forderung an Ptolemaios XII. Der Vater des amtierenden Königs hatte Caesar 17,5 Millionen Drachmen für diverse Gefälligkeiten zugesagt. Von diesen trieb er jetzt zehn Millionen ein oder versuchte es zumindest, denn es ist nicht ganz klar, wieviel die Ägypter bereits bezahlt hatten, als der Aufstand losbrach.45 Caesar hatte ihn selbst verursacht, denn in Unkenntnis der Lage begann er, sich blauäugig in die innerägyptischen Thronstreitigkeiten einzumischen. Er meinte, den Zwist zwischen den Geschwistern Ptolemaios und Kleopatra mit einem Appell an Vernunft und an gemeinsame Interessen ausräumen zu können, übersah aber, dass Kleopatra eigentlich nur bei einem Rückhalt genoss, bei Caesar selbst. Die Geschichte des ersten Zusammentreffens hat Plutarch erzählt, 46 und sie könnte von der Königin selbst stammen, die ihre Hoffnungen auf ein persönliches Gespräch mit Caesar setzte, bei dem sie sicherlich überzeugender wirken konnte als die intriganten Minister aus dem Hofstaat ihres minderjährigen Bruders. So kam sie bei Nacht und in einem kleinen Kahn, der in der Nähe des königlichen Palastes festmachte. In einem Bettsack verborgen, wurde sie von einem Vertrauten an der Palastwache vorbei zu Caesar geschmuggelt. Es fiel ihr nicht schwer, ihn für sich zu gewinnen. Plutarch meint, es sei dieser „tollkühne Streich“ gewesen, der Caesar beeindruckte, Blaise Pascal führt die Länge ihrer Nase an, die schließlich das Antlitz der Erde (nicht) veränderte. Kleopatra verkörperte zudem als Ptolemäerin – als letzte, wie sich im Jahre 31 herausstellte – die Nachfolge des großen Alexander, dessen Gruft Caesar auch bald besuchte. 47 Das Verhältnis von Caesar und Kleopatra bedarf keiner großen Erklärungen. Der Triumph über Pompeius hatte Caesar verjüngt, und der erzwungene Aufenthalt in Alexandria begann ihn zu langweilen. So wiederholte sich, was die Weltliteratur zuhauf kennt: die Geschichte vom guten alten Mann und vom schönen Mädchen. Groß geworden im jahrelangen Ränkespiel um die Macht, kannte Kleopatra dessen Regeln vermutlich besser als der um eine Generation ältere Konsul. Doch dieser fand in ihr das dankbare Publikum, das ihm in Rom abhanden gekommen war. So verwickelte sich Caesar in ein Abenteuer, das seinem kalkulierenden Verstand vermutlich fremd war, ihm aber den Applaus einbrachte, der ihm zusagte. Sein Schiedsspruch, Ptolemaios und Kleopatra sollten ihre Heere entlassen und gemeinsam regieren, erntete dagegen nur geteilte Zustimmung. Der Bruder widersetzte sich, und seine Berater, die um ihren Einfluss fürchteten, riefen das ägyptische Heer nach Alexandria. Caesar verbarrikadierte sich in seinem Palast und verwickelte sich in einen Straßenund Häuserkampf: für den Feldherrn der gallischen Kriege eine ganz neue
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Erfahrung. Es gelang ihm, die Insel Pharos mit dem berühmten Leuchtturm und die dorthin führende Mole zu besetzen und so die Zufahrt zum Hafen freizuhalten. Bei den dortigen Kämpfen soll das Feuer von brennenden Schiffen auf die berühmte Bibliothek von Alexandria übergesprungen sein. Angeblich verbrannten über 400 000 Buchrollen.48 Zum ersten Mal musste Caesar damals nicht um sein Leben laufen, sondern schwimmen. Bei den Kämpfen am Leuchtturm konnte er sich nur retten, indem er von seinem Boot ins Meer sprang und tauchend das Ufer erreichte, mit einer Hand wichtige Papiere über Wasser haltend. Caesar konnte seine Stellung in Alexandria schließlich so ausbauen, dass er sie bis zum Eintreffen von Verstärkungen ungefährdet Abb. 13: Kleopatra VII. Porträtbüste. halten konnte. Er hielt sie sogar Antikensammlung, Berlin. für so gefestigt, dass er den jungen König, der inzwischen zur Geisel degradiert worden war, freiließ. Im März trafen dann von Norden her zu Land und zu Wasser Entsatzheer und -flotte vor Pelusion ein. Unter den von einem kleinasiatischen Fürsten und Caesar-Gefolgsmann kommandierten Truppen befanden sich auch 3000 Juden. Sie retteten den dritten der Triumvirn, nachdem der erste den Tempel von Jerusalem entweiht und der zweite ihn ausgeplündert hatte. 49 Die ägyptische Armee konnte nun von zwei Seiten angegriffen werden. Caesar siegte, Ptolemaios ertrank im Nil, und Kleopatra war de facto Alleinherrscherin.50 Caesar blieb, so die Fama, noch drei Monate im Lande. Er gönnte sich eine Atempause im Bürgerkrieg und half, Kleopatras junge Herrschaft zu stabilisieren. Der Alexandriner Appian skizzierte das Ereignis kurz und prägnant: „Zusammen mit Kleopatra besichtigte er das Land und vergnügte sich auch sonst mit ihr.“ 51 Auch Hormone schreiben Geschichte. Anfang Juni verließ Caesar schließlich Ägypten. Seine Reise sollte ihn über Syrien und Kleinasien nach Unteritalien führen. Neun Monate hatte
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er in einem Land verbracht, das er nur als flüchtige Station auf der Verfolgung des Pompeius angesteuert hatte. Nur wenige Wochen nach seiner Abreise brachte Kleopatra einen Sohn zur Welt, den sie Kaisarion nannte. Er wurde siebzehn Jahre alt. Die Todesursache sollte Octavian (Augustus) werden, sein „Adoptivbruder“.52 Caesar ordnete auf seinem Weg, soweit dies en passant möglich war, die östlichen Verhältnisse neu und verpflichtete Städte, Gemeinden, Fürstentümer und Königreiche auf seine Person.53 Die Dynasten, Tyrannen und Könige, die vorher Pompeius gehuldigt hatten, beeilten sich, dem neuen Herrn ihre Loyalität zu versichern. Dessen Ziel war inzwischen Pontos. Pharnakes, der Sohn des großen Mithridates und König des Bosporanischen Reiches, hatte das Machtvakuum nach Pharsalos genutzt, um alte Besitztümer zurückzuerobern. Er war in die Kolchis, in Kappadokien und Kleinarmenien eingefallen und hatte sich im Gebiet von Pontos festgesetzt. 54 Vermutlich hoffte er, Caesar mit Friedensangeboten beschwichtigen zu können, da er wusste, dass dieser bei der Verfolgung seiner sich neu formierenden Gegner bereits zu viel Zeit verloren hatte. Tatsächlich ließ er sich auch keine mehr. Es wurde Caesars kürzeste Schlacht und darob auch die berühmteste. In der Ebene von Zela standen sich am 2. August 47 die beiden Heere gegenüber, binnen vier Stunden war alles vorüber und Pharnakes auf der Flucht. Caesar war besonders stolz auf diesen Sieg, da ihn sein Gegner mit seiner Schlachtaufstellung zunächst überrascht hatte und er improvisieren musste. Der anonyme Verfasser des bellum Alexandrinum, ein Offizier Caesars, scheint die gallischen Commentarii seines Vorgesetzten gekannt zu haben, denn er präsentiert Caesar genauso, wie dieser sich in der Nervier-Schlacht selbst darstellte: „In ein und demselben Augenblick rief Caesar die Soldaten von der Arbeit ab, ließ die Waffen ergreifen, stellte die Legionen auf und ordnete die Kampfreihe.“ Eine Schlacht, ein Stratege, ein Sieg. Der Adjutant sah vor allem Caesar, aber vermutlich hatte dieser auch seine Veteranen dabei, welche die Sichelwagen des Pharnakes aufhielten. Die Welt erfuhr von alldem durch einen Brief, den Caesar an einen politischen Freund in Rom gesandt hatte. Mit drei Worten fasste er darin die Schlacht und ihr Ergebnis zusammen: „Veni, vidi, vici“ (Ich kam, sah, siegte). Ein Jahr später, im September 46, durften die Römer dann auch sehen, was sie bis dahin nur vom Hörensagen kannten. Beim pontischen Triumph wurden dem Imperator große Schautafeln vorangetragen, auf der die städtische plebs jene drei berühmtesten Wörter Caesars lesen durfte – sofern sie es denn auch konnte. 55
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In Afrika Im Herbst 47 erreichte Caesar Rom. Es waren zunächst soziale Probleme, um die er sich kümmern musste. Vom „Lösen“ der Probleme konnte keine Rede sein. Es genügte ihm, eine Eskalation zu verhindern. Neue Magistrate mussten bestimmt, vor allem aber Geld aufgetrieben werden. Dies bereitete Caesar mehr Kopfzerbrechen als das Wiedererstarken seiner nach Afrika geflüchteten Feinde. Cato hatte keine militärische Erfahrung, Scipio war kein wirklich ernst zu nehmender Gegner. Auf Caesars Seite lagen jetzt alle strategischen Vorteile, Schwierigkeiten bereitete ihm nur die Finanzierung, und dies umso mehr, je länger der Bürgerkrieg dauerte. Die kämpfenden Truppen mussten bezahlt werden, und solange sie gebraucht wurden, drohten auch Meutereien, um Geldzahlungen zu erpressen. So wartete Caesar nicht ab: Den Gegner zu überraschen, war schon immer sein probatestes Mittel gewesen, ihn zu schlagen. Mitten im Winter, genau am 28. Dezember, begann die Invasion. Der längste Tag folgte unmittelbar auf den kürzesten. Als die Kapitäne von Sizilien ablegten, besaßen sie noch keine Ordre, wo sie in Afrika landen sollten. Caesar improvisierte, und das verstand er, wie immer, auf das Glänzendste. Dabei konnten ihn auch anfängliche Verwirrungen oder gar Rückschläge wie die Niederlage in einem Reitergefecht nicht stören. 56 Er war sich seiner Sache sicher. So startete das Unternehmen wie schon das in Epirus als Stellungskrieg. Er begann im Januar und zog sich bis in das Frühjahr hinein. In Rom machten bereits Gerüchte von Unglücksfällen der Invasionsflotte die Runde. 57 Scipio vertraute darauf, dass den Caesarianern der Proviant ausgehen würde, und versuchte, sie vom Nachschub abzuschneiden. Schließlich verlor Caesar die Geduld mit ihm und mit sich. Wiederholt forderte er Scipio zum Kampf, bis ihn dieser am 6. April bei Thapsos annahm. Die Moral in seinen Truppen bröckelte bereits, denn Caesar war glaubwürdiger. Die Legionäre trauten ihm eher als Scipio die Erfüllung ihrer pekuniären Wünsche zu. Die Schlacht ist von einem kompetenten Offizier Caesars im sogenannten bellum Africum beschrieben worden und verrät dessen Bewunderung für die strategischen Konzepte seines Feldherrn. Die Darstellung ist nicht immer konzise, der Erzählfluss wird von Einzelepisoden unterbrochen. Plutarch hat sie mit Blick für das Wesentliche gekürzt. Doch auch hier tauchen die bekannten Versatzstücke wieder auf. Die Feinde planen, aber Caesar handelt: „Scipio war noch mit der Anlage des Lagers beschäftigt, als Caesar mit unglaublicher Schnelligkeit durch waldiges Gelände vorstieß, dessen Zugänge man unbesetzt gelassen hatte. Scipios Truppen wurden zum Teil eingekreist, zum Teil frontal angegriffen; die Niederlage war vollständig. Im vorwärtsdrängenden Schwung des Augenblicks, den das
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Geschick ihm geschenkt hatte, stürmte Caesar auch das Lager des Afranius und, damit nicht zufrieden, schließlich auch noch das Lager der Numider; ihr König Juba konnte entkommen. So hatte er in wenigen Stunden drei Lager in seine Gewalt gebracht. Während die Feinde fünfzigtausend Mann verloren hatten, fielen auf seiner Seite kaum fünfzig.“ 58 Plutarch übernimmt den Bericht der Caesarianer, kennt aber überraschenderweise noch eine andere Version. Demnach habe Caesar an dem Kampf selbst gar nicht teilgenommen. Noch während er die letzten Anordnungen traf, ereilte ihn ein epileptischer Anfall. Seine Begleiter brachten ihn auf einen nahegelegenen Turm, wo er vorübergehend das Bewusstsein verlor. Wie auch immer, Caesars Truppen waren so aufgestellt, dass sie – gegebenenfalls auch ohne Feldherr – die Schlacht mühelos für sich entschieden. Länge und Härte des Bürgerkrieges forderten jedoch ihren Tribut. Von clementia sprach niemand mehr. Die Legionäre gerieten geradezu in einen Blutrausch. Obwohl die Gegner, auf einem Hügel zusammengedrängt, ihre Waffen wegwarfen und sich ergaben, stürzten sich Caesars Veteranen „voll Wut und Erbitterung“ auf sie. Offiziere, die zur Milde aufforderten, wurden verwundet oder gar getötet. Sogar ein Quästorier wurde von den eigenen Leuten mit einem Spieß durchbohrt. Vor Caesars Augen, so der Bericht, wurden die Leute des Scipio bis auf den letzten Mann niedergemacht. 59 50 000 Tote, nach Appian gar 80 000, sprechen für sich. Es war die Frucht einer vor dem Kampf noch verschärften Greuelpropaganda. Dazu kam die Furcht der siegreichen Legionäre, eventuell mit den Besiegten Sold und Belohnung teilen zu müssen, falls Caesar sie nach dem Kampf in seine Reihen eingliedern sollte. Wie seine Truppen verfuhr auch der Imperator selbst. Corfinium war vergessen. Einige der Senatoren und Prätoren, die dem Gemetzel entronnen waren, begingen vor der Gefangennahme Selbstmord, eine größere Anzahl wurde auf Befehl Caesars hingerichtet. Er hatte seine Geduld verloren, denn er brauchte sie nicht mehr. 60 Caesars großer Gegenspieler Cato war in der Stadt Utica, dem etwa 30 km nordwestlich von Karthago gelegenen Sitz des Statthalters, zurückgeblieben. Der Bote aus der Schlacht von Thapsos brauchte drei Tage bis dorthin. Am späten Abend traf er ein: Ein großer Kampf habe stattgefunden, alles sei verloren. Caesar habe die Lager erobert, die Feldherren hätten sich mit einigen Begleitern retten können, das übrige Heer sei aufgerieben. 61 In Utica brach Panik aus, Cato wiegelte ab: Vielleicht sei das Unglück gar nicht so schlimm, das Gerücht bausche alles auf. Bei Tagesanbruch versammelte er den „Rat der Dreihundert“, römische Kaufleute und Bankiers, die in Afrika Handel trieben, sowie die aus Rom dorthin geflüchte-
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ten Senatoren im Jupiter-Tempel, um einen letzten Widerstand zu organisieren. Seiner Redekunst gelang es, nochmals Einheit herzustellen. 62 Sie hielt nicht lange. Plutarch gebraucht ein physikalisches Bild: Leichte, lockere Körper nähmen die Wärme rasch auf, gäben sie aber, wenn das Feuer entfernt werde, ebenso rasch ab und erkalteten wieder. 63 Tatsächlich bestand zwischen dem politischen ordo der Senatoren und den Finanziers beziehungsweise Großhändlern eine tiefe Kluft. Sie wussten, dass sie ihre Geschäfte auch unter Caesar weiterführen konnten, und das vielleicht sogar besser. So zeigten sie schließlich wenig Neigung, sich von Cato in den Tod oder – schlimmer noch – in den Ruin treiben zu lassen. Es war Catos Republik, die Cato verteidigen wollte, nicht ihre. Sie erklärten schließlich, sie seien weder imstande noch willens, gegen Caesar Krieg zu führen. Einige drohten sogar, die eben noch verbündeten Senatoren zu massakrieren, so dass sich Cato zu deren rascher Evakuierung entschloss. Ciceros Tagtraum von der Eintracht der Stände erwies sich jetzt als Albdrücken. Die Cato-Biographie zählt zu den schwächeren Plutarchs. Er hat mehr oder minder unkritisch übernommen, was Freunde Catos über diesen nach seinem Tode verbreiteten. 64 Es ist die Schwarz-Weiß-Welt des „Pro Bono – Contra Malum“, vor der Plutarch ansonsten meist durch sein literarisches Genie bewahrt wird. Hier versagte diese Kontrolle. Das Bild Catos, der in der Abgeschiedenheit seines Zimmers Platons Dialog „Von der Seele“ liest, und dabei immer wieder – Gleichgültigkeit vortäuschend – nach seinem Schwert ruft, das zu seiner Überraschung nicht mehr am gewohnten Platz an der Wand hängt, hat etwas schwer Erträgliches. Die würdigere Fassung des Ereignisses findet sich ausgerechnet bei Caesars Offizieren im bellum Africum: „Als Cato jedoch merkte, dass ihm nur ein Teil der Leute zustimmte, die übrigen aber angsterfüllt nur an Flucht dachten, gab er es auf, über die Sache noch weiter zu reden, und wies ihnen Schiffe zu, damit sie absegeln könnten, wohin sie wollten. Er selbst ordnete seine persönlichen Angelegenheiten aufs sorgfältigste … und ohne dass er irgendwelchen Verdacht erregte – Gespräche wie Gesichtsausdruck waren die gleichen wie sonst –, nahm er, als er sich zur Ruhe begab, sein Schwert mit ins Schlafgemach und durchbohrte sich. Als er jedoch halb tot hingestürzt war, lief man voller Argwohn in das Gemach, Ärzte und Diener suchten den Tod zu verhindern und die Wunde abzubinden; er selbst aber riss sie mit den Händen wieder auf und tötete sich so mit voller Absicht.“ 65 Es sei mehr Verstand in seinem Tod gewesen als in seinem Leben, urteilte Mommsen. 66 Wie im Falle Catilinas fand eine gescheiterte Politik einen immerhin konsequenten Abschluss, doch ist letztlich der erste der Ehrlichere gewesen, denn Catilinas Egoismus war unverhüllt, derjenige Catos drapierte sich als Kampf für andere. Letztlich war Catos Selbstmord seine größte politische Leistung. Sein Tod machte ihn zu dem Gegner Cae-
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sars, der er zu Lebzeiten nie war. Bereits im April 46 hatte Cicero mit einem Nachruf auf Cato begonnen. Es war der Versuch, sich für seine Rückkehr zu Caesar zu exkulpieren. Ein bisschen entsprang das Vorhaben auch dem Neid, dass Cato das getan hatte, wovon Cicero nur geträumt hatte: sein Leben für die Republik zu opfern. Dessen ungeachtet brauchte es unter den Umständen des Jahres 46 auch einigen Mut dazu. Zwar waren größere Sanktionen nicht zu befürchten, das Wohlwollen des Diktators aber errang Cicero durch diese Schrift sicherlich nicht. So zögerte er auch mit der Veröffentlichung und wartete ab, bis Caesar in sicherer Entfernung, nämlich in Spanien, mit anderen Aufgaben beschäftigt war. „Cato me quidem delectat“, „Mein Cato erfreut mich“, notierte er zufrieden und hatte durchaus Recht damit, denn mit seiner Laudatio begann eine Heiligenverehrung, die bis in die Zeit der französischen Revolution und den Vormärz reichte. Der jugendlichen Begeisterung eines Georg Büchner setzte allerdings schon Jean Paul enge satirische Grenzen.67 Nach Cicero war es Brutus, der 45 einen weiteren „Cato“ schrieb, eine dritte Laudatio folgte. Noch im Jahr 45 verfasste ein Freund Catos die erste Biographie, meinungsbildend von der römischen Kaiserzeit bis ins tiefe 19. Jahrhundert.68 Caesar musste reagieren. Zunächst brachte auf seine Anweisung Aulus Hirtius eine Gegenschrift in Umlauf, von Cicero wenig freundlich kommentiert. Dann begab der Diktator sich, nachdem im März 45 der militärische Teil des Bürgerkrieges abgeschlossen war, persönlich an den Schreibtisch. Das Thema war ihm so wichtig geworden, dass er es nicht allein seinen Vasallen überlassen wollte. Caesar vermied, soweit wir Aussagen über die verlorene Schrift machen können, offenbar eine politische Diskussion. Die Einstellung zur Republik war eine Glaubenssache und Argumenten, falls Caesar denn welche hatte, nicht zugänglich. Er beschränkte sich auf argumenta ad personam, und da gab es genug, angefangen bei Catos Geiz und Pedanterie und nicht endend mit seiner Heuchelei, die am Gegner scharf verurteilte, was er selbst im Auftrag einer angeblich höheren Sache betrieb. Plutarch, der das Werk noch kannte, fasst zusammen: „Denn wie sollte er einen Mann im Leben geschont haben, über den er im Tode so viel Gift und Galle ausgoss?“69 Es war das Werk des Diktators, und so gehörte es in jeden aristokratischen Haushalt. Von eifrigen Lesern berichten die Quellen, doch die Wirkung musste blass bleiben, denn durch seinen wirkungsvollen Tod hatte Cato den Schmähungen die Spitze gebrochen. Niemand dokumentiert das besser als Sallust, der beflissene Günstling Caesars, der schon kürzeste Zeit nach dem Tode seines Förderers in seinem „Catilina“ Cato als moralisch überlegen vorführte. 70
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In Spanien Nach Thapsos hatten sich nur wenige der prominenteren Caesar-Gegner vorläufig in Sicherheit bringen können. Scipio, der Oberbefehlshaber, erreichte zwar das rettende Meer, aber es brachte ihn nicht weit. Zunächst geriet er in einen Sturm, dann stellte ihn eine Flottille Caesars. Seine letzte Flucht war zu Ende, er stürzte sich in die See. Einzig die Söhne des Pompeius entkamen nach Spanien. Zu ihnen gesellte sich auch Labienus. Der Hass mobilisierte noch einmal alle Kräfte zum Widerstand. Es war allerdings nur noch die zweite Garde der Optimaten: Ein Überläufer und die beiden Söhne eines berühmten Mannes. Damit ließ sich die alte Republik nicht restituieren. Von „Kindern“ sprach Caesar, als er den Pompeius-Söhnen und ihrem Aufgebot gegenüberstand.71 Cicero wusste nicht, welchen Ausgang er sich wünschen sollte, und gab vor, an den Vorgängen in Spanien nicht interessiert zu sein. 72 Der junge (Cn.) Pompeius galt als besonders grausam, Cicero hatte zumindest seinen Jähzorn schon erlebt. Als er nach Pharsalos einem neuen Feldzug wenig Chancen einräumte, schalt der junge Pompeius ihn einen Verräter und bedrohte ihn mit dem Schwert. 73 So gab es nur wenige, die ihre Hoffnungen noch auf die Jung-Pompeianer setzten. Cicero sprach es Mitte Januar aus, als sich die Gegner bereits im Süden Spaniens gegenüberstanden: „Mag siegen, wer will. Von Tag zu Tag gewinnt unter den Leuten die Ansicht mehr an Boden, dass zwar ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen den Zielen der Gegner, ihre Siege sich aber nicht wesentlich voneinander unterscheiden werden. Mit dem einen haben wir ja schon ziemlich unsere Erfahrungen gemacht, bei dem anderen [Gnaeus Pompeius junior] graut einem jeden bei dem Gedanken an die Erbitterung des waffenstarrenden Siegers.“ 74 – „Jetzt – um auf die Politik zu kommen – schreib’ mir, was in Spanien vorgeht. Hol’ mich der Teufel, wenn ich nicht besorgt bin und lieber den alten, milden Herrn (dominus) behalten, als es mit dem neuen grausamen versuchen möchte. Du weißt, wie einfältig Gnaeus (Pompeius) ist, weißt, wie er Grausamkeit für Tapferkeit hält, weißt, wie er sich immer von uns verspottet glaubt; ich fürchte, er will uns nach Bauernart den Spott mit dem Schwert heimzahlen!“, schrieb zur gleichen Zeit ein Mann, der sich vierzehn Monate später, an den Iden des März, unter die Mörder jenes „milden Herrn“ einreihen sollte. 75 Caesar verließ am 13. Juni Afrika und traf nach einem Aufenthalt in Sardinien am 25. Juli in Rom ein, das er bereits Anfang November wieder verließ. Es war seine vierte Reise nach Spanien. Die erste machte er als Quästor, die zweite als Proprätor, die dritte als Prokonsul, die letzte als Diktator. In weniger als vier Wochen legte Caesar eine Strecke von nahezu zweieinhalbtausend Kilometern zurück und traf Anfang Dezember in der
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Nähe von Corduba ein, wo ihm ergebene Truppen bereits warteten. Unterwegs hatte er noch Zeit gehabt, ein längeres Versopus, „Iter“ (Reise) betitelt, zu diktieren, in dem er seine Reiseeindrücke schilderte. Die Gegner hatten dreizehn Legionen aufgeboten, von denen Caesar allenfalls vier als ernsthafte Gegner betrachten musste. Vor der Entscheidungsschlacht galt es noch, einen umständlichen Winterkrieg um die Versorgung zu führen. Es ging darum, sich die beste Ausgangsposition zu verschaffen und möglichst viele spanische Städte und Gemeinden auf die eigene Seite zu ziehen. Am 17. März schlug Caesar in der Nähe von Munda dann seine letzte Schlacht. Sie wurde erbitterter geführt, als er zunächst befürchtet hatte. Die Nachrichten vom Gemetzel an den Unterlegenen im afrikanischen Krieg waren längst nach Spanien gelangt. Von Caesar und seinen Legionären wurde keine Milde mehr erwartet. „Schreien vermischte sich mit Stöhnen, das Getöse der Schwerter erfüllte die Ohren und nahm Unerfahrenen allen Mut“, schreibt der anonyme Verfasser des bellum Hispaniense und zitiert den Nationaldichter Ennius: „Fuß drängte sich an Fuß, Waffen rieben an Waffen.“ 76 Caesar eilte an die vorderste Front und ermutigte seine Leute. Er hatte einen Fehler begangen, der ihm sonst kaum unterlief: Er hatte den Gegner unterschätzt. Überliefert ist sein Dictum, unmittelbar nachdem er erschöpft das Schlachtfeld verließ. Er habe schon häufig um den Sieg, an diesem Tage aber um sein Leben gestritten. 77 30 000 Mann fielen auf Seiten der Pompeius-Söhne, darunter auch Labienus, von dem sich sagen lässt, er habe an allen Kriegen Caesars mitgewirkt, wenn auch am Ende nicht mehr auf dessen Seite. Caesar verlor 1000 Mann. 78 Nach weiteren Kämpfen wurden Munda, Urso, Corduba und Hispalis (Sevilla) besetzt. Gnaeus Pompeius war zunächst entkommen, konnte aber die Flucht wegen einer Verletzung nicht fortsetzen. Er verbarg sich in einem Erdloch. Von einem seiner Leute verraten, zogen ihn die Verfolger heraus, säuberten ihm den Kopf und hieben ihn dann ab. Er wurde zu Caesar in Gades gebracht, nach dem Kopf des Vaters hielt er auch den des Sohnes in der Hand. Danach ließ er ihn öffentlich zur Schau stellen. 79 Er belohnte und bestrafte die verschiedenen Gemeinden, je nachdem, ob sie sich für die richtige oder falsche Seite entschieden hatten.
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Konsul, Diktator, Staatsgott Gegner und Anhänger Vier Jahre und zwei Monate waren seit dem Übergang über den Rubikon vergangen, exakt auf den Tag genau vor vier Jahren hatte Pompeius Rom preisgegeben. Nun gehörte es Caesar endgültig. Könige waren gestürzt worden und Königinnen inthronisiert, dezimiert die großen Familien, die jahrhundertelang die obersten Magistrate unter sich aufgeteilt hatten. Aufsteiger und Karrieristen hatten unter Caesars Patronat die vakanten Ämter übernommen. Große Vermögen waren geschwunden oder hatten die Besitzer gewechselt. Hunderttausende waren vom Leben zum Tode befördert, Städte geschleift, Wälder gerodet, Ernten verbrannt worden. Wenn wir Caesar glauben oder denjenigen, die Caesar glauben, geschah dies alles, um Caesars dignitas zu wahren. Tatsächlich wurde sie gerettet. Offenbar war sie das Einzige, das am Ende eines Bürgerkrieges – das sich wenig später als nur vorläufig erweisen sollte – unversehrt war. Er hatte den „Wettstreit der Ehre“ gewonnen. Was dem Sieger jetzt fehlte, waren diejenigen, die das zu würdigen wussten. Nur Cicero ahnte, wo solche Leute zu suchen waren. Wenn Caesar noch Optimaten finden wolle, dann müsse er sich schon aufhängen, schrieb er an Atticus. 1 Caesar hatte die alleinige Macht an sich gerissen. Sie haftete nun an seiner Person. Er konnte sie nicht ungestraft zurückgeben. Caesar war die neue Republik; es gab kein Zurück zur alten, mit ihm nicht und ohne ihn nicht. Was Caesar tun konnte, war, die alte Elite – oder deren Reste – für seinen Staat zu gewinnen. Die Frage lautete, wenn Cicero Recht hatte, wo er sie suchen sollte. Caesars Gegner waren, soweit sie diesen Namen verdienten, gefallen, ermordet, geächtet, auf der Flucht. Es blieb ihm das politische Mittelmaß, diejenigen, die bereit waren, mit jedem System zu paktieren, wenn es sie angemessen bezahlte und entsprechend würdigte. Diese Leute waren meist zufrieden, im Schatten der Macht zu wirken, arbeiteten unauffällig, verstanden es, die Vorgaben des Diktators umzusetzen, und waren loyal, solange die Macht, der sie dienten, gefestigt war. Sofern sie keine weiteren Ansprüche auf Rang und Ämter stellten, konnte sich Caesar in Sachfragen und in festen Grenzen sogar Kritik gefallen lassen und seinen Adlaten eine gewisse Selbstständigkeit gewähren. In Ciceros umfangreicher Korrespondenz tauchen immer wieder zwei Männer auf, über die der Redner den Kontakt zum Diktator suchte oder
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halten wollte: Cornelius Balbus und Oppius. Sie besorgten – mit anderen – Caesars Geschäfte während seiner häufigen und langen Abwesenheit in Rom. Über ihre Kanzlei flossen alle Nachrichten oder wurden dort auch, falls nötig, fingiert. Caesars Vertreter pflegten die Verbindung mit den Leuten, mit denen dieser nicht selbst in Kontakt treten konnte oder wollte. Sie leiteten öffentliche Briefe und vertrauliche Schreiben weiter oder verfassten sie im Auftrag; sie führten Verhandlungen und organisierten, kümmerten sich um wirtschaftliche Belange, vor allem aber um Caesars Außenbild. Der Diktator vertraute ihnen, denn ihr ganzer Einfluss beruhte letztlich auf seinem Wohlwollen. Aufschlussreich ist Ciceros berühmter Brief vom Besuch des Diktators am 19. Dezember 45 in der Villa des Redners bei Cumae. 2 Caesar kam mit großem Gefolge, 2000 Mann zählt Cicero. Vermutlich ging es um die Ansiedlung von Veteranen in Kampanien.3 Der Diktator wird bewirtet, an drei Tafeln speist das Gefolge. An Caesars Tisch weilt höchste Prominenz, doch sie erfährt nichts von seinen Vorstellungen und Plänen. „Kein ernsthaftes Wort, also keine Politik, im Gespräch“, äußert sich Cicero in seinem Brief verärgert und benützt dafür aus Vorsicht oder wegen der Prägnanz einen griechischen Terminus (spoudaion), stattdessen nur „philóloga“ (Literatur). Der Diktator hatte die frühere Elite weitgehend von der Zusammenarbeit ausgeschlossen. Über die Republik verhandelte er nur noch mit seinem Stab. Drei Wörter bezeugen das in Ciceros Brief: „finanzielle Besprechungen mit Balbus“ (rationes cum Balbo). In den Repräsentationsräumen wird getafelt, im Hinterzimmer über die Belange der Republik gesprochen. Männern wie Balbus waren die Staatsgeschäfte anvertraut. Er und Oppius saßen im Vorzimmer zur Macht. Wer zum Diktator wollte, musste sich bei ihnen anmelden. Sie konnten den Zutritt verweigern oder – meist mit Auflagen – gewähren. Cicero machte diese demütigende Erfahrung, als er sich im Frühjahr 45 entschlossen hatte, eine politische Denkschrift (epistula ad Caesarem) zu verfassen. 4 Sie direkt beim Adressaten einzureichen, war offenbar unmöglich, zumindest fehlte Cicero der Mut dazu. Also gab er das Schreiben im Sekretariat bei Balbus und Oppius ab: „Ja, ich bin immer der Ansicht gewesen, dass die beiden meine Denkschrift an Caesar erst lesen müssten, und ganz mit Recht; andernfalls hätte ich rücksichtslos gegen sie gehandelt – und mich beinahe in Gefahr gebracht, wenn ich es hätte darauf ankommen lassen, ihn vor den Kopf zu stoßen“, gestand er Atticus. 5 Caesars Adlaten lasen die Denkschrift, korrigierten, zensierten und gaben sie dann dem Schreiber mit so vielen Änderungsvorschlägen zurück, dass dieser aufgab. Caesars Wünsche sollten als Vorschläge Ciceros erscheinen. 6 Das war Cicero zuviel –oder zuwenig –, zudem fühlte er sich
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nicht imstande, trotz der Hinweise des Sekretariats alle Wünsche des Diktators zu erraten. Cicero brachte die Lage der alten Elite, soweit sie denn nicht schon in der Hölle 7 war oder auf dem Weg dorthin, auf den genauest möglichen Punkt: „Um Himmels willen. Lasst uns zumindest halbfrei sein. Das können wir erreichen, wenn wir den Mund halten und nicht weiter auffallen.“ 8 In Caesars neuem Staat gelang das mühelos. Er selbst oder auch sein Vertrauter Antonius ließ die Senatoren Senatsbeschlüsse unterzeichnen, von denen diese nie gehört, und ihre Namen unter Protokolle setzen, die sie nie gesehen hatten. Cicero will Briefe von Königen am Rande der Oikumene bekommen haben, in denen diese sich für Ehrenanträge bei ihm bedankten, von deren Existenz er ebenso wenig wusste wie von derjenigen der Könige. 9 Die boni – die Guten – hatten einen neuen Platz im Staatsschiff gefunden. Sie saßen nicht mehr im Heck und schon gar nicht am Ruder, wo sich Cicero dereinst gewähnt hatte. Sie saßen aber auch nicht dort, wo Cicero nun seinen Platz sah, in der Jauche, die im Kiel zusammenströmte. 10 Noch weniger ruderten sie. Sie fuhren als kostenfreie Passagiere erster Klasse, trafen sich zum Dinner des Kapitäns und nickten zu dem, was er ihnen zu sagen hatte. Unmittelbar nach Pharsalos hatte Caesar noch auf einen Übertritt seiner Gegner gehofft und ein Zeichen gesetzt, um ihnen diesen leicht zu machen. Er verbrannte ungeöffnet die zurückgelassene Korrespondenz der Flüchtigen. 11 Es meldete sich bei ihm auch ein Überläufer aus dem Lager der Pompeianer. Er war ein Neffe Catos, hieß Iunius Brutus und verhieß auf jeden Fall einen guten Anfang. 12 Doch er blieb die Ausnahme. Andere warteten ab. Vielleicht wäre ohne den Tod des Pompeius noch eine Aussöhnung mit den Gegnern möglich gewesen. Das ist eine Vermutung. Je länger der Krieg dauerte, desto unwahrscheinlicher wurde sie. Die renommierten Optimaten versprachen sich von Caesar nichts, und er erhoffte sich mit zunehmender Zeit nichts von ihnen. Das Programm der clementia lief ohne Verlängerung aus. Wozu sollten ihm die Vertreter der alten Zeit noch nütze sein? Die allmähliche Begnadigung des Marcus Marcellus, des Konsuls von 51, zeigt dies. Der Konsular war in der Ägäis zurückgeblieben, und nun machten ihn seine Freunde in Rom zum Testfall für den guten Willen des Diktators. 13 Für Cicero bedeutete eine Begnadigung noch mehr. Für ihn war sie die Probe auf die Wiederherstellung seines alten Einflusses, und entsprechend jubelte er und sprach von der „Seelengröße“ Caesars, als dieser der Bitte des versammelten Senats nachkam: „Mir ist dieser Tag so herrlich erschienen, dass ich gleichsam einen Schein der wieder erstehenden Republik aufsteigen zu sehen glaubte.“ 14 Nur zwei waren nicht überzeugt, Caesar und Marcellus. Sie glaubten
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einander nicht und taten gut daran. So zögerlich, wie ihn Caesar begnadigt hatte, brach Marcellus nach Rom auf. Allein für die kurze Seereise nach Athen brauchte er fünf Monate, und bevor er dem Diktator auch noch persönlich danken musste, ließ er sich ermorden. So musste jener auch noch mit den Gerüchten leben, er habe dies veranlasst. Für das neue Personal brauchte Caesar Geld. Wer selbst nicht mehr Macht ausübte, der musste bezahlt werden. Die alten Eliten wähnten ihren Dienst am Staat noch als Ehre, und diesen Namen hatten auch die Ämter, die sie ausübten (honores). Die Magistrate lebten von den Erträgen ihrer Güter und – weniger offenkundig – von dem, was die Provinzen an Rom abführten. Via Senat übten sie die Macht aus, einige realiter, die meisten zumindest ihrer Vorstellung nach, und sie brauchten kein Salär, um sich gegenseitig ihres Status zu versichern. Im Staat Caesars wurde das anders. Um seine Anhänger bei Laune zu halten, musste er ihre Taschen füllen oder zumindest ihre Schulden bezahlen. Er konnte dies zunächst mit der gallischen Beute, später mit dem, was die Ächtung der Gegner einbrachte. Zudem wurden staatliche Ländereien versteigert und die Gewinne an die Gefolgschaft abgeführt.15 Nach der Schlacht bei Thapsos durfte sich auch eine erkleckliche Zahl Caesarianer in Afrika bereichern, allen voran Sallust. 16 Leichter tat sich Caesar mit den Aufsteigern und den Männern der dritten Reihe. Hier reichte oft der Anschein von Macht, manche waren gar mit der Karikatur von Ämtern zufrieden. Im Jahre 45 war ein Konsul im Amt, unter dessen Ägide, wie Cicero bekundete, kein Mensch in Rom frühstückte, und der von so wunderbarer Wachsamkeit war, dass er sich das gesamte Konsulat über niemals zum Schlafen niederlegte. Als Caesar am 31. Dezember des Jahres 45 – der neue Kalender war bereits in Kraft – Quästorenwahlen abhielt, wurde ihm gemeldet, einer der Konsuln sei gestorben, und so berief er stante pede die Zenturiatskomitien ein und ließ gegen Mittag noch einen neuen Konsul wählen, der damit ziemlich genau zwölf Stunden im Amt war, das kürzeste Konsulat in der Geschichte der Republik. 17 Noch wählten die Volksversammlungen, doch Caesar gab die bindenden Empfehlungen.18 Es kam niemand in ein Amt, und es ging niemand als Promagistrat in die Provinz, solange der Diktator nicht sein Plazet gegeben hatte. Immer schneller drehte sich das Ämterkarussell. Noch 45 wurden neben dem halbtägigen Konsul eine ganze Reihe von neuen Quästoren und Prätoren bestellt. Wegen der Planung eines mehrjährigen Feldzuges gegen das Reich der Parther mussten die wichtigsten Magistraturen im Voraus besetzt werden. Rom wimmelte von designierten magistri equitum, Konsuln und Prätoren, plebejischen und kurulischen Ädilen oder Quästoren.19 Nur wenige Günstlinge entgingen einem Amt. Der ohnehin seit Sulla aufgeblähte Senat wurde nochmals um 300 Neulinge aufgestockt. 20 Nun saßen neben den honorigen Würdenträgern aus den gro-
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ßen Gütern Italiens verdiente Zenturionen, neben Patriziern Söhne von Freigelassenen, neben den nobiles keltische Adlige. Caesar lud reiche Provinziale, Ärzte, Lehrer der freien Künste nach Rom. 21 Seine Kientel verkaufte das Bürgerrecht meistbietend und verschaffte sich damit einen privaten Zugewinn.22 Rom füllte sich. „Halbbarbaren“ 23 kamen von jenseits der Alpen, und Senat wie Volk waren sich in der Ablehnung einig. Cicero schimpfte über die „Ausländerei“, die in Rom einströmte und die „behosten Völker“, die sich in der Stadt breit machten. 24 In den Gassen wurde der Vers gesungen „Gallier legten ab die Hosen, taten an den Purpurstreif“, und die Hauswände zierten Graffiti wie „Amtliche Bekanntmachung! Es lasse sich keiner einfallen, einem neuen Senator den Weg zum Senatshaus zu zeigen“. 25
Volk und Diktator Die Probleme mit der Aristokratie hatte Caesar vorübergehend gelöst, indem er sie teils entmachtete, teils liquidierte. Dieses Verfahren war im Umgang mit der plebs schon aus numerischen Gründen untauglich. Zudem hatte die plebs nie Macht besessen. Ihre Aufgabe bestand darin, in den Volksversammlungen den Vorschlägen der Magistrate zuzustimmen. Ein „Nein“ war nicht vorgesehen. Caesar stieg als popularer Politiker auf, das heißt er setzte seine Absichten durch, indem er der plebs vorgaukelte, ihre Ziele verwirklichen zu wollen. Nun, da er alles erreicht hatte, war ihm populare Politik nicht mehr jeden Preis wert. Die griechischen Tyrannen hatten sich im Kampf gegen die Oligarchen auf den Demos gestützt, der römische Diktator brauchte das nicht. Seine Aufgabe war es, das Volk ruhig zu stellen und die Eskalation sozialer Konflikte zu verhindern. Vom Ausbruch des Bürgerkriegs im Januar 49 bis zur Schlacht von Munda 45 besaß er dazu allerdings nur wenig Zeit. Viel zu selten hielt er sich in Rom auf. Seine Vertreter waren mit der Aufgabe überfordert. Sie schwelgten im Schatten der Macht, schrieb Plutarch, und verhöhnten ihre Mitbürger. 26 Der Stadtprätor machte Versprechungen, der Konsul hob sie auf. Zinsnachlass, Schuldentilgung, Mietaufschub wurden angekündigt und dann doch nicht umgesetzt. 27 Immer wieder kam es zu Unruhen. Auf dem Forum türmten sich Holzbarrikaden, reguläre Truppen wurden in Rom zusammengezogen. Antonius tat sich bei der Niederschlagung einer Revolte so unrühmlich hervor, dass Caesar ihn erst einmal aus dem politischen Rennen nehmen musste. 28 Solange der Bürgerkrieg anhielt, waren Caesars Maßnahmen halbherzig. Vor der Überfahrt nach Afrika tilgte er die Schuldenzinsen, die seit Januar 49 aufgelaufen waren, und bezahlte für alle die Mieten in Rom bis zu einem Betrag von zweitausend Sesterzen, in Italien
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bis zu fünfhundert Sesterzen. 29 Nach der Rückkehr nutzte er die neu gewonnenen afrikanischen Ressourcen für Korn und Öllieferungen in die Hauptstadt. Das Volk erhielt beides zum Teil kostenlos. Geldgeschenke wurden verteilt, Festessen für Tausende veranstaltet. Für Unterhaltung war auf die übliche Weise gesorgt. Zwar musste Caesar auf die allseits beliebten Panther aus Kilikien verzichten – sie waren nach der Ankunft des Statthalters Cicero von dort nach Karien ausgewandert30 –, doch bot er anderes: Elefantenkämpfe und Tierhetzen, See- und Reitergefechte, Gladiatorenspiele. 31 Durch Spiele, Bauten, Geschenke und öffentliche Festschmäuse habe er die unwissende Menge geködert, schimpfte Cicero. 32 Caesar aber durfte den Aufenthalt in Rom nicht zu verlockend machen. Die Gefahr war, dass immer mehr Arme in die Zitadelle drängten. So suchte er mehr Arbeitsplätze auf dem Lande zu schaffen 33 und möglichst viele Bürger, namentlich Veteranen, in überseeischen Kolonien anzusiedeln. 34 Vielleicht gehörte auch eine rigidere Verteilung staatlich subventionierten Getreides in diesen Zusammenhang. Gegen 170 000 Empfänger wurden aus den Listen mit 320 000 Namen gestrichen. 35 Erneut wurden verschiedene Kollegien verboten,36 einer mit Clodius’ Tribunat allmählich begonnene Politisierung innerhalb der plebs urbana damit die Spitze gebrochen.
Reformen Von Caesars Reformen lässt sich nur ein verschwommenes Bild gewinnen. Gelegentliche Erwähnungen bei kaiserzeitlichen Biographen und Historikern, spärliche epigraphische und archäologische Funde lassen keine Zielvorstellungen erkennen. Der Eindruck des Unsystematischen, von fallweise und ohne Konzept getroffenen Entscheidungen herrscht vor. Über das, was allenfalls in Caesars Vorzimmer diskutiert und besprochen wurde, gelangte nichts an die Öffentlichkeit als das dürre Ergebnis. Mit der Schilderung des Sieges über Pompeius war auch der Diktator selbst verstummt. Was seine Gefolgsleute publizierten, waren nur Militaria. So wissen wir selbst über die wichtigsten Maßnahmen, die Gründung von Kolonien, nur Weniges. Immerhin gibt Sueton eine runde Zahl: 80 000 Bürger, Veteranen, Stadtrömer und Freigelassene, seien in „überseeische“ Siedlungen gebracht worden,37 nach Illyricum, Afrika, Griechenland und weiter. Die größten Kolonien entstanden dort, wo Rom selbst für den größten Freiraum gesorgt hatte, auf dem Boden der beiden 146 v. Chr. geschleiften Städte Korinth und Karthago. Im Osten wurden Siedler bis nach Kleinasien, ans Marmara- und ans Schwarze Meer entsandt, im Westen war es vor allem Spanien, wo Caesar schon sehr früh, das heißt nach Munda, mit
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der Kolonisation begann. Auch in der Gallia Narbonensis wurde Land verteilt. So ließen sich Veteranen Caesars unter anderem in dem neu gegründeten Arelate (Arles) nieder, bei dem die jüngste der vielen angeblichen Caesar-Büsten aus der Rhône geborgen wurde. Aus Forum Iulii (Frejus) wurde ein wichtiger Kriegshafen. Überall in Gallien erhielten Einzelne, Gemeinden oder Städte großzügig das Bürgerrecht beziehungsweise das latinische Recht, das es örtlichen Magistraten erlaubte, zum römischen Bürgerrecht aufzusteigen. In Italien selbst kam Staatsland zur Verteilung, namentlich Kampanien nahm Veteranen auf. Stets war Caesar dabei bemüht, personale Bindungen herzustellen, die neuen Siedler und neuen Bürger auf seine Person zu verpflichten und sich damit eine eigene Klientel zu schaffen. Als Neuorganisator des Städtewesens bleibt Caesars Verdienst dunkel. In vielem wird er über Anregungen nicht hinausgekommen sein. So gilt die ihm lange zugeschriebene und meist in ihrer Wirkung überschätzte lex Iulia municipalis, eine Sammlung verschiedener Statuten, die Administration und Rechtsprechung in den Munizipien regeln sollte, längst wieder als augusteisch. 38 Sueton hat die Reformen in einem bunten Strauß von Wichtigem und Ephemerem zu einem Konvolut zusammengebunden, das sich mangels weiterer Kenntnisse kaum kommentieren lässt. Neben der Aufstockung des Senats erhöhte Caesar auch die Zahl der Prätoren, Ädilen, Quästoren und niederen Beamten. Wer von den Zensoren degradiert oder wegen Wahlbestechung verurteilt worden war, wurde in die alten Rechte eingesetzt. Die Kinder von Geächteten durften wieder die hohen Ämter bekleiden, die Ärartribunen verschwanden aus den Gerichten, Geschworenensitze blieben Senatoren und Rittern vorbehalten.39 Ein wohlwollender Irrtum Suetons ist allerdings, dass sich der Diktator die Wahl der Beamten mit dem Volk teilte. Dieses war schon in besten republikanischen Zeiten nur formal nach seinen Wünschen gefragt worden. Bürger im dritten und vierten Lebensjahrzehnt durften, es sei denn, sie leisteten Militärdienst, Italien nicht länger als drei Jahre verlassen, Senatorensöhne überhaupt nicht, es sei denn, sie zogen als „Jungoffiziere“ in den Krieg oder begleiteten Magistrate. 40 Wenn Caesar die Statthalterschaft von Proprätoren auf die Spanne von einem Jahr, die von Prokonsuln auf zwei Jahre beschnitt, diente dies den Provinzen und der eigenen Sicherheit: Die Zeit war zu knapp, ein Heer auf den Feldherrn einzuschwören. Die Maßnahme kam aber auch vielen Amtsinhabern entgegen, die sich fern vom stadtrömischen Leben nicht allzu wohl fühlten. Der Günstlingswirtschaft vor Gericht suchte Caesar durch eine strenge und gewissenhafte Rechtsprechung beizukommen. Ausbeutung der Provinz sollte mit dem Ausschluss aus dem Senat geahndet werden.41 Ausnah-
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men waren Anhänger Caesars wie Sallust. Da eine Exilierung für viele Aristokraten oft nur eine geringe Verschlechterung des Wohllebens bedeutete, sollte nun bei Mord das ganze Vermögen, bei anderen Verbrechen die Hälfte der Habe eingezogen werden.42 Luxusgesetze datieren bis in die Zeit zurück, als Hannibals Vormarsch gegen Rom sie eigentlich überflüssig erscheinen ließ. Auch Caesar reihte sich in die Zahl derer ein, die mit viel Eifer und wenig Erfolg die öffentliche Zurschaustellung von Reichtum einzuschränken suchten. Er verbot, allerdings mit Ausnahmen, die Benutzung von Sänften und schränkte das Tragen von Purpurgewändern und Perlenschmuck ein. Eine Lebensmittelpolizei kontrollierte den Verkauf besonders extravaganter Nahrungsmittel und beschlagnahmte bei Verstößen gegebenenfalls schon aufgetragene Speisen. Die Einfuhr ausländischer Waren wurde mit Zoll belegt. 43 Eine Kodifizierung des Rechts sowie die Einrichtung großer Bibliotheken mit griechischer und lateinischer Literatur für den öffentlichen Gebrauch kamen über das Stadium der Planung nicht hinaus. 44 Auch die gigantischen Bauprojekte wurden nie verwirklicht. Auf dem Grund eines für Schiffsgefechte ausgehobenen Sees war der größte Tempel der Welt vorgesehen, am Tarpejischen Felsen das größte Theater. Nützlicher schienen die Entwässerung der Pontinischen Sümpfe und die Trockenlegung des FucinusSees. Vom Tiber aus sollte eine gepflasterte Straße über den Apennin zum adriatischen Meer führen, der Fluss selbst sollte zur Verbesserung des Handels von Rom ab kanalisiert und in einem Bogen zum Kap Circeum geleitet werden, um ihn bei Terracina ins Meer münden zu lassen. An der Reede von Ostia sollten Untiefen und Klippen beseitigt und neue Häfen und Ankerplätze geschaffen werden. Den Durchstich durch den Isthmos versuchte später nochmals Kaiser Nero. Auch er vergebens. 45 Wie bei allen sogenannten letzten Plänen ist auch hier die Grenze zwischen Wahrheit und Dichtung schwer zu ziehen. Die Reform, mit der Caesar in die Zukunft wirken sollte, setzte sich – aus heutiger Sicht überraschend – erst ganz langsam durch. Der Siegeszug des Julianischen Kalenders, errechnet von dem griechischen Astronomen Sosigenes, verlief über Jahrhunderte mehr stockend als unaufhaltsam. Noch kurz vor der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Regionen in Mitteleuropa, die sich ihm verweigerten. Zudem hatte sich Sosigenes um eine Winzigkeit vertan, die sich bis zur erneuten Reform durch Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 zu elf Tagen addiert hatte und dazu zwang, diese zu überspringen (vom 4. auf den 15. Oktober 1578) und drei Julianische Schalttage in einer Vierhundertjahressequenz wieder zu streichen. 46 Caesar war zu dieser Reform quasi beruflich verpflichtet gewesen, denn die Kalender-Aufsicht oblag dem pontifex maximus. Er unternahm sie im Jahre 46, als die kalendarische Unordnung durch die bürgerkriegsbedingte
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Abwesenheit des Oberpriesters besonders groß geworden war. Mit zuzüglich 67 Tagen zum regulären Schaltmonat und insgesamt 445 Tagen machte er das Jahr 46 zum längsten der Weltgeschichte, bis dann am 1. Januar 45 das neue Zeitalter begann, das mit Papst Gregor XIII. endete. Auch wenn Caesars Kalender sich nur mühsam durchsetzte, besitzen wir doch schon aus der Kaiserzeit eine exakte Beschreibung, die jede moderne überflüssig macht. Geliefert hat sie der Grammatiker Censorinus in seinen „Betrachtungen zum Tag der Geburt“ im Jahre 238: „Es kam zu so schweren Abweichungen, dass der Pontifex Maximus Gaius Julius Caesar unter seinem dritten und des Marcus Aemilius Lepidus Konsulat zunächst zur Korrektur des zurückliegenden Fehlbetrags zwei Schaltmonate von insgesamt siebenundsechzig Tagen zwischen November und Dezember einschob, obwohl er bereits im Februar dreiundzwanzig Tage eingeschaltet hatte, und so jenes Jahr auf 445 Tage ausdehnte. Gleichzeitig traf er Maßnahmen für die Zukunft, um die Wiederholung des Fehlers zu verhindern: Durch Aufhebung des Schaltmonats schuf er ein bürgerliches Kalenderjahr nach Maßgabe des Umlaufs der Sonne. Folglich fügte er den 355 Tagen noch zehn hinzu, die er auf die sieben Monate mit den 29 Tagen so aufteilte, dass zu Januar, Sextilis (August) und Dezember je zwei kamen, zu den übrigen je einer. Diese Tage hängte er an die Monatsenden an, natürlich deshalb, weil die Kultfeste der einzelnen Monate nicht von ihrem Datum gerückt werden sollten. Obwohl nun infolgedessen bei sieben Monaten 31 Tage vorkommen, unterschieden sich die vier schon seit alters so eingerichteten Monate von den anderen drei dadurch, dass sie die Nonen am siebten Tag haben, während sie bei den drei anderen und allen übrigen Monaten auf den fünften Tag fallen. Außerdem verfügte Caesar im Hinblick auf den Vierteltag, der allem Anschein nach das wahre Jahr vervollständigte, dass nach Ablauf einer Vierjahresfrist dort, wo man früher einen Monat einzuschalten pflegte, nämlich nach dem Terminalienfest (24. Februar), nun ein Tag eingeschaltet werden sollte, den man heute Bissextus (zweimal der Sechste, von den Kalenden des März (1. 3.) aus rückwärts gerechnet) nennt.“ 47
Preis und Ehren Caesar feierte sich selbst. Grenzenlose Macht verlangte, was sie nicht brauchte: grenzenlose Ehrungen. Nachdem Cato den ersten, der Bürgerkrieg den zweiten Triumphzug verhindert hatte, genehmigte sich Caesar vom 20. September bis zum 1. Oktober 46 nicht weniger als vier Triumphe. Er holte den über Gallien nach, den er bereits 49 hatte feiern wollen, und ergänzte ihn durch diejenigen über Ägypten, Pontos und Afrika und – ein Jahr später – durch den über Spanien. Für einige Tage war die Oikumene zu Gast bei Caesar, wenn auch nicht freiwillig. Unterschiedliche Materialien repräsentierten die einzelnen Länder, die gleichzeitig die Grenzen des Imperiums markierten. Elfenbein stand für Afrika, Schildpatt für Ägyp-
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ten, Akanthus symbolisierte den Pontos, Zitronenholz bedeutete Gallien und Silberblech Spanien. Caesars Probleme waren die Feinde, über die er seine Siege errungen hatte. Nur der Gallier Vercingetorix, der nun in Ketten zum Kapitol geschleift wurde, um dann nach römischem Brauch – „Derselbe Tag beendet den Oberbefehl der Sieger und das Leben der Besiegten“, formulierte es Cicero 48 – im Mamertinum hingerichtet zu werden, war ein ebenbürtiger Gegner gewesen. Ansonsten triumphierte Caesar über Frauen, Kinder und angesehene römische Mitbürger. Mit der in Fesseln mitgeführten jungen Arsinoe, der Schwester Kleopatras, hatten selbst die Gaffer in den Gassen Roms Mitleid, und der Sohn des Iuba, der die Stelle seines Vaters im Triumphzug einnehmen musste, war noch so klein, dass er meistenteils getragen werden musste. Plutarch vermerkt zufrieden, dass die Gefangenschaft für ihn das größte Glück war, denn dank ihrer sei er (anstatt Politiker) einer der „gelehrtesten Geschichtsschreiber in griechischer Sprache“ geworden.49 Es fehlte die Feier des wichtigsten Sieges, desjenigen über Pompeius bei Pharsalos. Den von Thapsos wollte Caesar nicht über Scipio, Cato und Labienus, sondern über den numidischen König Iuba errungen haben. Das waren keine guten Voraussetzungen, um die uneingeschränkte Begeisterung des Volkes zu erringen. Zudem hallten dem Sieger die Spottgesänge seiner Soldaten in den Ohren, und ausgerechnet am Tage des Gallischen Triumphs brach an dem Triumphwagen die Achse, so dass Caesar nur mit Mühe dem tiefen Fall aus dem Gefährt entging. Indes sparte er nicht an großen Effekten, wie dem nächtlichen Aufstieg zum Kapitol, bei dem vierzig Elefanten auf beiden Seiten des Zuges die Kandelaber trugen, die die Szenerie erleuchteten. Als am Ende die Masse reichlich bewirtet, zudem Getreide und Öl gespendet wurde und plebs wie Veteranen großzügig Geldgeschenke erhalten hatten, stellten sich Bewunderung und Liebe für den Diktator schnell wieder ein. 50 Volk und Senatoren beschlossen Ehrung um Ehrung, da sie die Wünsche des Diktators nicht zu erraten vermochten und sich auch seine Kanzlei als wenig hilfreich erwies. Da sich Caesar über alles zu freuen schien, gingen Ziel und Maß verloren. Niemand wollte sich von einem anderen übertreffen lassen. Cassius Dio hat mit sichtlicher Freude an den Auswüchsen eine Reihe von Ehrungen aus den letzten Jahren der Herrschaft aufgelistet, ohne sich allerdings an eine chronologische oder sonstige Ordnung zu halten: Vierzig Tage sollten die Opferfeierlichkeiten für einen errungenen Sieg währen – nach Munda wurden es sogar 50 – und die Dankfeste ihm im Voraus gelten, selbst wenn er nicht am Feldzug teilgenommen hatte. Als wenn er einen feindlichen Anführer im Zweikampf getötet hätte, durfte er dem Iuppiter Feretrius die sogenannten spolia opima weihen, eine
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Abb. 14: Andrea Mantegna (1431–1506): „Der Triumph Caesars“: Caesar auf dem Triumphwagen. Kunsthistorisches Museum, Wien.
(Ehren-)Rüstung. Im Triumphzug sollte der Wagen Caesars von weißen Rossen gezogen werden, im Senat durfte er wie die Konsuln auf der sella curulis Platz nehmen und seine Meinung als Erster äußern. Bei den Spielen saß er auf der Bank der Volkstribunen und bearbeitete dort seine Akten. Auf dem Kapitol wurde ein Triumphwagen von ihm aufgestellt, über einem Abbild der bewohnten Welt thronte seine Statue, während eine Inschrift ihn als Halbgott auswies. Catulus’ Name auf dem Kapitol wurde getilgt und durch seinen ersetzt, als hätte er den dortigen Tempel wieder aufgebaut. Bei allen Festen trug Caesar das Triumphalgewand – den Lorbeerkranz, der seine Kahlheit kaschierte, bei allen Gelegenheiten. Der Senat gab ihm den Beinamen „Pater Patriae“ und beschloss den Titel
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„Liberator“ sowie den Bau eines passenden Tempels dazu. Zusätzlich wurden Tempel der Concordia Nova, der Clementia und der Felicitas projektiert. Der Ehrentitel „Imperator“ wurde zum ständigen Beinamen, der auch auf Söhne und Enkel übergehen konnte. Ein Haus auf dem Quirinal erhielt Caesar aus staatlichen Mitteln bewilligt, er allein sollte die militärische Leitung besitzen und die öffentlichen Gelder verwalten. Bei den Festumzügen wurde seine Elfenbeinstatue im Kreis der Götterbilder gezeigt. Philipp II., der Vater Alexanders des Großen, hatte diese Mode eingeführt, allerdings mit dem Ergebnis, dass er noch auf derselben Veranstaltung ermordet wurde. Caesars Bildnis wurde im Tempel des Quirinus aufgestellt, versehen mit der Widmung „Dem unbesiegten Gott“, und ebenso auf dem Kapitol in der Gesellschaft der sieben Könige Roms und des Begründers der Republik, des Brutus. Dessen später Nachfahre soll sich beim Anblick dieser ungleichen Gruppe die Anregung zum Attentat geholt haben. Zwei weitere Statuen fanden auf der Rednerbühne Platz, die eine für die Rettung der Bürger, die andere für die Befreiung der Stadt. In den Landstädten und in allen Tempeln der Hauptstadt waren ebenfalls Standbilder vorgesehen. Der Geburtsmonat wurde von Quintilis in Julius umbenannt, der Geburtstag durch ein Staatsopfer gefeiert, eine neue Kurie hieß nun die Julische, ebenso eine Tribus. Bei Gladiatorenspielen gehörte ein Tag Caesar. Ihm wurde ein im vierjährigen Turnus stattfindendes Fest geweiht und ebenso ein drittes Priesterkollegium. Er sollte in der Öffentlichkeit stets getragen, sein Stuhl vergoldet werden. Dazu durfte er den Ornat der alten Könige anlegen. In Abwesenheit des Diktators wurden der goldene Stuhl sowie sein mit Edelsteinen verzierter Ehrenkranz im Theater aufgestellt. Nach den feriae Latinae zog Caesar nun, vom Albanerberg kommend, zu Pferd in Rom ein, die fasces der Liktoren schmückte Lorbeer. Eine Leibwache aus Rittern und Senatoren wurde zusammengestellt, jedes Jahr öffentlich für den Diktator gebetet. Seine künftigen Maßnahmen bekamen im voraus Gültigkeit. Als die Nachricht vom letzten Sieg bei Munda einlief, beschloss Rom, den Tag „für alle Zeit“ durch jährliche Pferderennen im Zirkus zu ehren. Schließlich bekam Caesar sogar die Erlaubnis, sein Grab innerhalb des Pomerium anzulegen. 51
Rex Caesar war der Staat. Was ihm fehlte, war der Name dazu. Die athenische Demokratie war eine, bevor sie so hieß. Mit dem Verschwinden der Republik, der Entmachtung des Senats und der Verpflichtung der Magistrate
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auf den ersten Mann musste für diesen ein ihm angemessenes Amt gefunden werden. Caesar hatte eine ganze Reihe republikanischer Magistraturen innegehabt. Er war irgendwann zwischen 87 und 82 flamen Dialis (oder sollte es werden), er war pontifex (seit 73) und pontifex maximus (seit 63), er war Legat im Jahre 81 und vielleicht noch 73/72, Militärtribun 71. Er durchlief die klassische Laufbahn vom Quästor (69) über den Ädil (65) und den Prätor (62) bis zum Konsul (59). Dazu hatte er die üblichen Promagistraturen inne. Das zweite Konsulat folgte, wenn auch auf Umwegen, fristgerecht im Jahre 48. Zur Abhaltung der diesbezüglichen Wahlen bekleidete er elf Tage die erste Diktatur, vom 2. bis zum 12. Dezember 49. Nach Pharsalos kam die zweite Diktatur, 46 das dritte Konsulat. Im gleichen Jahr dehnte er die Diktatur (die dritte) auf zehn Jahre aus, das heißt, er betrachtete sich ab 45 für neun Jahre als dictator designatus. Daneben traten das Konsulat IV und V für die Jahre 45 und 44. Auch als Konsul und Diktator verzichtete er nicht auf kleinere Ämter: 47 machte er sich zum Auguren, 46 zum praefectus moribus („Sittenmeister“). 52 Caesars Stellung entsprach derjenigen eines mon-archos, eines „allein Herrschenden“. Er war kein Princeps, und schon gar keiner unter „Gleichen“. So tarnte er, anders als später der klüger gewordene Augustus, seine Macht auch nicht. Was er so schwer erworben hatte, wollte er auch öffentlich besitzen. Der einzige Titel aber, der seiner Machtfülle entsprach, war der eines Königs. Bei den Römern hieß dieser rex. Alle anderen Ämter, selbst das des Diktators, waren republikanischer Firlefanz. Um Kaisar oder Staatsgott (divus) zu werden, hätte er erst sterben müssen. Am Amt des Tribunen interessierte ihn nur die sacrosanctitas („Unantastbarkeit“). So lässt sich annehmen, dass Caesar den Königstitel trotz der negativen Assoziationen, die ihm im Laufe einer viereinhalb Jahrhunderte langen Überlieferung immer stärker anhafteten, durchaus in Betracht zog. Von den Aristokraten war allerdings kein Einlenken zu erwarten, für sie war Caesar ein Alleinherrscher, der ihre Befugnisse und Möglichkeiten beschnitt, ein Tyrannos, ein Despot, ein Dominus. Aber vielleicht waren Teile des Volkes, namentlich die, welche unter dem jahrelangen Bürgerkrieg besonders zu leiden hatten, für den Glanz empfänglich, der von einer charismatischen, in göttliche Sphären gehobenen Einzelpersönlichkeit ausging. Hier schien mehr Heil als bei den jährlich wechselnden Magistraten der Republik. Caesar wird das erwogen haben, doch verhielt er sich vorsichtig. Solange sich der Ruf nach dem Königtum nicht als massiver Wunsch des Volkes artikulierte, hatte es wenig Zweck, die boni noch weiter zu brüskieren. Die Ereignisse der letzten Monate vor den Iden lassen vermuten, dass Caesar die Chancen eines rex auslotete. Bei öffentlichen Auftritten zeigte er sich in weiten purpurnen Gewändern und trug in der
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Tradition der Könige von Alba hohe purpurrote Stiefel. Vermutlich war es weder Zufall noch spontaner Einfall Einzelner, dass die CaesarStatue auf dem Forum mit dem Königsdiadem gekrönt wurde. Volkstribunen beseitigten zum Unwillen des Diktators das republikanische Ärgernis, und sie griffen auch noch bei einer zweiten Gelegenheit ein. Als Caesar am 26. Januar 44 nach dem Latinerfest vom Albanerberg nach Rom ritt und mit Königsrufen begrüßt wurde, ließen sie die Urheber ausfindig machen und festnehmen. Abb. 15: Denar: Caesar mit Lorbeer- Caesar quittierte das mit Unwillen, setzte die Tribunen ab und strich sie aus der Senatsliste. kranz. Prägung 44 v. Chr. Die vielzitierte Antwort Caesars auf die Königsbegrüßung, er sei Caesar, nicht rex, ist freilich eine Erfindung der Kaiserzeit. Im Jahre 44 hätte sie noch keiner der Anwesenden verstanden. Den letzten Test, denn um einen solchen muss es sich gehandelt haben, unternahm Caesar wenig später, nämlich am 15. Februar, an den sogenannten Lupercalia, einem Fruchtbarkeits- und Reinigungsfest. Caesar betrachtete das Treiben von seinem Platz auf der Rednerbühne aus. Angetan mit einer Purpurtoga, auf der Stirn den Lorbeerkranz, saß er auf seinem goldenen Sessel, während die Priester, die luperci, mit Öl gesalbt, nackt durch die Straßen liefen und mit ledernen Peitschen, wie Plutarch berichtet, nach allen schlugen, die ihnen begegneten. Auf dem Höhepunkt der Feier stieg Antonius, selbst Angehöriger dieser Priesterschaft, auf die Bühne und bot Caesar das lorbeergeschmückte Diadem als Zeichen des Königtums an. Spärlicher Beifall einzelner Claqueure setzte ein und klang schnell aus. Caesar wies das Diadem auch beim zweiten Versuch des Antonius zurück: Iuppiter Optimus Maximus allein sei König der Römer. Jetzt erst bekam er den Applaus, den er sich zuvor gewünscht hatte. Im Staatskalender ließ er verewigen, der Diktator Caesar habe die ihm auf Befehl des Volkes vom Konsul Antonius angebotene Königswürde zurückgewiesen. Der Weg zum rex-Titel war damit ein für alle Mal verbaut. Caesar zog die Konsequenzen. Für jenen 15. Februar ist zum ersten Mal eine ganz neue Amtsbezeichnung überliefert. Caesar war nun dictator perpetuus, Diktator auf Lebenszeit. Mit diesem Schritt, den er unmittelbar vor dem Aufbruch zum Partherkrieg ging, war klar: Caesar wollte Monarch sein, auch wenn er nicht rex heißen durfte. 53
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Parthien und der Weg dorthin An den Lupercalia 44 hatte Caesar einen großen Plan und noch einen Monat zu leben. Ein letztes Mal wollte er einen großen Feldzug führen. Was die Quellen berichten, ist nichts weniger als die Eroberung der Oikumene. Ziel war das Reich der Parther, aber es wurde gemunkelt, der Feldzug solle noch weiter gehen bis zu den Indern. Dort war Alexander der Große gescheitert und von den eigenen Soldaten zur Umkehr gezwungen worden. Dem Indienfeldzug sollten damals als nächstes Ziel Arabien und schließlich die Säulen des Herakles folgen. Caesar hatte diese bereits gesehen und in Gades sogar eine Statue des Makedonenkönigs bewundert. Nun beabsichtigte er offenbar, den umgekehrten Weg zu gehen. Er hatte das Land am Atlantik erobert und wollte sein Werk im Osten abschließen. Plutarch gibt eine Vorstellung von den ungeheuren Ausmaßen des Vorhabens: Nach der Niederwerfung der Parther habe Caesar durch Hyrkanien am Kaspischen Meer entlang, vorbei am Kaukasus und am Schwarzen Meer ins Land der Skythen einfallen wollen, um schließlich die Germanen, deren Bezwingung vom Rhein aus gescheitert war, aus der entgegengesetzten Richtung anzugreifen, über Gallien nach Italien zurückzukehren und so „den Kreis des Reiches zu schließen, Abb. 16: Marcus Antonius. das von allen Seiten durch den Ozean begrenzt Münzporträt, Prägung 41 v. Chr. sein sollte“. 54 Das war unstreitig in Alexanders Dimensionen gedacht, der in allen Himmelsrichtungen den Rand der Erdscheibe hatte erreichen wollen. Caesar gerierte sich wie ein neuer Alexander, unklar bleibt, ob er auch so dachte. Die Hauptstadt war voll von Gerüchten. Gegner und Freunde hatten sie ausgestreut. Caesar wolle seinen Amtssitz von Rom weg verlegen, nach Troja oder Alexandria. Nur ein König könne die Parther besiegen. Schon in der nächsten Senatssitzung, der letzten vor der Abreise, solle er dazu ernannt werden. Ob Caesar einen Präventivkrieg beabsichtigte oder eine einfache Grenzregulierung, ob er sich den Traum von der Weltherrschaft gönnte oder die kaiserzeitlichen Quellen ihn fingieren, wissen wir nicht. 55 Die Attentäter beerdigten mit Caesar auch den Partherkrieg. Was davon übrig blieb, waren die Versatzstücke der caesarianischen Propaganda und die Erfindungen augusteischer Dichter und Historiker. Außer Caesar gab es nur wenige, die an seine Notwendigkeit glaubten. Zwar fehlte es nicht an Stimmen, die vor der Parthergefahr warnten, doch fanden sie wenig Resonanz. 56 Die Einmischung der Parther in den Bürgerkrieg war kein Kriegs-
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grund. Ein bellum civile im Römischen Reich erfasste auch dessen Ränder. So hatten sich die Parther gar nicht aus dem Konflikt des Nachbarn heraushalten können.57 Ein erster Plan eines Ostfeldzuges schon unmittelbar nach dem Sieg bei Zela liegt völlig im Nebulösen. Mit solcherlei diffusen Äußerungen ließen sich schon Ciceros Briefpartner noch während der Zeit seiner kilikischen Statthalterschaft hören: „Rührt sich der Parther, so wird das kein gewöhnlicher Kampf.“ 58 Darauf ist nichts zu geben. Nach Cicero wollte Caesar selbst noch im Mai 45 erst nach einer Ordnung des Staatswesens gegen die Parther ziehen, und eine solche war damals noch gar nicht abzusehen. Rache für Crassus war ein Motiv, dem unmittelbar nach der Schlacht von Carrhae noch etwas hätte abgewonnen werden können. Nach dem blutigen Bürgerkrieg interessierte sich niemand mehr dafür. Cicero lässt Cato erklären, Crassus habe den Euphrat ohne alle Veranlassung zum Krieg überschritten. Was ihn getrieben hätte, sei allein die Gier. 59 Dafür Rache zu nehmen, war für einen Krieg, der laut Cassius Dio sehr populär war, 60 etwas wenig. Freilich muss das Motiv der Massen nicht das des Diktators gewesen sein. Sicher ist, dass Caesar entgegen seiner früheren Absicht Rom verlassen wollte, bevor seine Herrschaft sich gefestigt hatte. Diese war spätestens seit dem 15. Februar 44 die Monarchie. Vielleicht hat Appian Recht, wenn er den Krieg als spontanen Akt der Enttäuschung betrachtet. 61 In jedem Fall war der Krieg Caesars ureigenes Metier. Die Einsamkeit des Diktators war dort weniger spürbar. Mit sechzehn Legionen wollte Caesar in den Kampf ziehen. Das erforderte entsprechende Vorbereitungen. Sie scheinen aber zügig vorangegangen zu sein. Die publicani verfügten über den notwendigen Apparat. Nur von einer Legion ist zu lesen, die noch nicht nach Osten gebracht worden war. 62 Sechs Legionen standen in Makedonien und Griechenland, weitere befanden sich in Illyrien, Pontos, Bithynien, Ägypten. Daneben sollten noch zehntausend Reiter und Hilfstruppen aufgeboten werden. Am 18. März waren die Rüstungen im Wesentlichen abgeschlossen, doch der parthische Krieg fand nicht statt. Der Feldherr war verhindert.
Die Iden und danach Vielleicht war es die bevorstehende Abreise, die die Verschwörer zur Tat zwang. Vielleicht verlieh sie ihnen auch den bisher fehlenden Mut, denn es würde auf Jahre hinaus die letzte Chance sein. In mancher Hinsicht war auch Caesars Gefolgschaft, die jetzt die Macht in Rom übernehmen würde, mehr zu fürchten als der Diktator selbst. Im Nachhinein war für Cicero ohnehin alles unnötig. Caesar wäre niemals zurückgekehrt, behauptete er,
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ohne dass wir wissen, ob er das Beispiel des Crassus vor Augen hatte oder Caesars schlechten Gesundheitszustand. 63 Es waren sechzig. Wann sich diese große Zahl von Verschwörern fand, lassen die Quellen im Unklaren. Die Attentäter waren von Caesar enttäuscht oder hatten ihn als Anhänger des Pompeius schon immer bekämpft, sich nach der Niederlage aber zurückgehalten. Die einen zeigten sich unzufrieden, weil sie zu wenig Ämter und Provinzen bekamen, die anderen, weil sie ihre mit „bekehrten“ Pompeianern teilen mussten, alle damit, dass sie sich einem Einzelnen unterzuordnen hatten. Als Kopf der Verschwörung gilt Marcus Brutus, doch auch er erscheint in der Überlieferung nur als Getriebener optimatischer Erwartungen. Die Namensidentität mit jenem Brutus, der viereinhalb Jahrhunderte zuvor die Herrschaft der Könige gestürzt und römischer Tradition zufolge die Republik gegründet hatte, tat ein übriges. Was sich von den anonymen Aufforderungen erhalten hat – „Du bist kein Brutus“ –, die in den Wochen vor den Iden in Rom kursierten und Brutus in Erinnerung an seinen angeblichen Vorfahren zur Tat gemahnten, ist allerdings meist postume Erfindung. Nichtsdestotrotz stand Brutus als Neffe und Schwiegersohn Catos unter dem Druck seines Namens und seiner Verwandtschaft. Unter anderen Umständen hätte er sich wohl mit Caesar, der ihn förderte, arrangieren können. Die Verschwörer fühlten und gaben sich als Befreier. Auf ihrer berühmtesten Münze ist über der Legende EID(ibus) MAR(tiis) zwischen zwei Dolchen der pilleus zu sehen, ein halbkugelförmiger Hut aus Byssus. Der pilleus war dem römischen Bürger das Symbol der Freiheit, bei Martial wird das Wort sogar zum Synonym für libertas. 64 Was das freilich für eine Freiheit war, wussten die Verschwörer nicht genau, ein Programm besaßen sie nicht. Offenbar nahmen sie an, dass die Lücke, die Caesar hinterlassen würde, sich von selbst wieder mir der Aura der alten Republik füllen müsste. Caesars Verhalten in den letzten Wochen seiner Diktatur hatte die Erbitterung und damit den Glauben, mit seinem Tod kehre die verlorene Würde von selbst wieder, gesteigert. Das Ereignis, das den Senatoren am eindringlichsten ihren nunmehr untergeordneten Rang verdeutlichte, fand bereits kurz vor dem Luperkalienfest statt, vielleicht Ende Dezember 45. 65 Der Senat beschloss in Abwesenheit des Diktators ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das diesen mit noch mehr Rechten und noch mehr Vollmachten, die er sich ohnehin genommen hatte, ausstattete. Faktisch schafften sich die Senatoren damit selbst ab, jedenfalls trugen sie ihre Republik zu Grabe, wie es die Athener im Jahre 411 aus freien Stücken mit ihrer Demokratie gemacht hatten. Stolz über ihre Entscheidung, erhoben sich die Senatoren nach der Abstimmung, um anschließend Caesar von ihren Be-
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schlüssen zu unterrichten. Pomphaft bewegte sich der Zug von der curia her zum neu errichteten Forum Iulium, dem Platz, von dem aus nun die Welt regiert wurde. Voran schritt feierlich mit Tubenklang ein Konsul, 66 es folgten Prätoren, die Volkstribunen, die Quästoren und alle übrigen Magistrate sowie die Senatoren. Eine lärmende Volksmenge schloss sich an, Gaffer standen Spalier und wurden von den Liktoren zurückgedrängt. Caesar saß vor dem Tempel seiner Urahnin, der Venus Genetrix, und widmete sich intensiv dem Studium von Bauplänen. Er war so sehr damit beschäftigt, dass er die Kommenden nicht bemerkte und erst von Umstehenden darauf aufmerksam gemacht werden musste. Schließlich wandte er sich den Senatoren zu, die sich erwartungsvoll vor ihm aufgestellt hatten. Er verharrte auf seinem Stuhl und blieb auch sitzen, als die Ehrenbeschlüsse vorgelesen wurden. Mit einer kurzen, Bescheidenheit heuchelnden Bemerkung quittierte er die Ehrungen und verabschiedete die Senatoren in der Haltung, in der sie ihn angetroffen hatten, sitzend. Die Senatoren hatten Caesar ehren wollen, nun mussten sie ihm huldigen. Schweigend und erbittert verließen sie die Stätte der Niederlage. In allen Quellen, auch in den kaisertreuen, zittert die Empörung über diese Schmach nach. 67 Selbst Caesar lenkte, nachdem er seine Macht demonstriert hatte, etwas ein. Er ließ verbreiten, er sei unpässlich gewesen und hätte sich deswegen nicht erheben können. Das machte die Sache freilich nicht besser, denn, was einige Caesarianer als Entschuldigung angaben, demütigte die Senatoren zusätzlich. Cassius Dio scheint dies erkannt zu haben: „Zwar erklärten nachher einige zu seiner Verteidigung, dass er infolge Durchfalls seinen Leib nicht unter Kontrolle gehabt habe und deswegen sitzengeblieben sei, um es nicht zu einer Entleerung kommen zu lassen. Sie konnten indes die Mehrheit nicht überzeugen, weil er bald danach aufstand und nach Hause ging. Die meisten vermuteten vielmehr, er sei hochmütig, und hassten ihn.“ 68 Zwar besaßen die Verschwörer nun den Willen, Caesar Superbus zu töten, aber noch fehlten Gelegenheit und Courage. Als Ort wählten sie das Senatsgebäude, im berechtigten Glauben, Caesar rechne dort am wenigsten mit einem Anschlag. Die Mitsenatoren würden unbewaffnet sein, mithin keine Gefahr darstellen, sie selbst aber könnten die Dolche in den Behältnissen für die Schriftstücke hereinschmuggeln. So jedenfalls der Bericht des Cassius Dio. 69 Caesar war mit Sicherheit gewarnt worden. Es ist ganz unvorstellbar, dass seine Zuträger nichts von einer Verschwörung erfahren haben sollten, die so viele teils geschwätzige, teils mutlose Teilnehmer umfasste. Warum er das ignorierte, wissen wir nicht. Die vielen Vorzeichen, die dem Attentat vorausgingen, wird er nicht bemerkt haben, denn die meisten wurden post mortem erfunden. Andere waren so belanglos, dass sie auch einen Wetterumschwung hätten ankündigen können.
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Abb. 17: Karl Theodor von Piloty, Caesars Tod (1865). Niedersächsisches Museum, Hannover.
Am Morgen des 15. März scheint Caesar vorgehabt zu haben, die Senatssitzung durch Antonius absagen zu lassen. Vielleicht beunruhigten ihn die Träume seiner Frau Calpurnia, vielleicht ungünstige Vorhersagen der Seher. Möglicherweise fühlte er sich unwohl, möglicherweise sah er in dieser letzten Sitzung so kurz vor der Abreise nur Zeitverschwendung. In diesem Augenblick des Zweifels beredete ihn Decimus Brutus, er dürfe die versammelten, immer noch hohen Herren nicht brüskieren. Er selbst habe sie ja zusammengerufen. So ging Caesar denn in Begleitung des Antonius um die fünfte Stunde, ungefähr elf Uhr, den Gang zur curia. Auf dem Weg steckte ihm – so die Überlieferung – jemand ein Billet mit einer letzten Warnung zu. Caesar las sie nicht. Was folgte, erzählt letztgültig Plutarch: „Als Caesar den Senat betrat, erhoben sich die Senatoren ehrerbietig von ihren Sitzen. Einige von Brutus’ Freunden stellten sich hinter Caesars Stuhl, die anderen gingen ihm entgegen, als wollten sie das Gesuch des Tillius Cimber unterstützen, welcher für seinen verbannten Bruder um Gnade bat, und immerfort mit Bitten ihn bestürmend folgten sie ihm bis zu seinem Sessel. Caesar nahm Platz, dann schlug er das Gesuch rundweg ab, und als sie heftiger in ihn drangen, wies er jeden, der das Wort an ihn richtete, barsch zurück. Da fasste Tullius mit beiden Händen seine Toga und riss sie ihm vom Hals herunter. Dies war das verabredete Zeichen zum Angriff. Zuerst traf ihn Casca mit dem Dolch in den Nacken, doch ging der Stich nicht tief und war nicht tödlich, da Casca – man begreift es wohl – im ersten Augenblick der kühnen Tat vor Aufregung zitterte. Caesar vermochte sich umzudrehen, den Dolch zu packen und festzuhalten. Und miteinander riefen beide, der Verwundete auf La-
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teinisch: ‚Verdammter Casca, was tust du?‘, Casca auf Griechisch, zu seinem Bruder gewendet: ‚Bruder, hilf!‘ Schauderndes Entsetzen fasste die Nichteingeweihten nach diesem ersten Stoß, sie wagten nicht zu fliehen, noch Caesar beizuspringen, kein Laut kam über ihre Lippen. Die Verschworenen aber entblößten alle ihre Schwerter und umringten den Überfallenen. Wohin sich Caesar wendete, überall zuckten Hiebe, fuhren ihm Klingen vor Gesicht und Augen hin und her, er wurde durchbohrt wie ein wildes Tier, sich windend unter den Händen seiner Mörder. Denn es war ausgemacht, dass jeder das Opfer treffen und von seinem Blut kosten müsse. So führte auch Brutus einen Streich und verwundete ihn am Unterleib. Einige Berichte fügen bei, Caesar habe sich schreiend hin- und hergeworfen, um den Stößen zu entgehen. Aber als er Brutus mit gezogenem Schwert unter den Gegnern erblickte, zog er die Toga übers Haupt und leistete keinen Widerstand mehr. Er brach am Sockel, auf welchem die Pompeiusstatue stand, zusammen – aus Zufall oder weil die Mörder ihn dorthin gedrängt hatten. Sein Blut spritzte über das Standbild, es sah aus, als leite Pompeius selber die Rache an seinem Feinde, welcher, zu seinen Füßen hingesunken, aus vielen Wunden blutend, mit dem Tode rang. Dreiundzwanzigmal soll er getroffen worden sein. Auch die Mörder hatten sich gegenseitig verwundet, da so viele Schwerter nach dem einen Körper zielten.“
Unmittelbar danach trat Brutus vor die Senatoren, um die Tat zu begründen. Diese aber flohen Hals über Kopf und fachten, unverständliche Worte stammelnd, den allgemeinen Schrecken noch an. Antonius verkleidete und versteckte sich. Es schien die Stunde der Verschwörer. Als ob sie insgeheim mit einem Scheitern des Attentats gerechnet hätten, besaßen sie aber keinen Plan, was der Ermordung folgen sollte. Sie ließen die Leiche liegen, wo sie war, und stiegen, ihre Dolche in der Faust, Freiheitsparolen skandierend zum Kapitol hinauf, um Jupiter zu danken. Als Divus war Caesar noch vor ihnen da. 70 Schon traten die ersten Senatoren und Ritter auf die Seite der Mörder, da sie hier die neue Macht vermuteten. Die meisten freilich fürchteten einen erneuten Ausbruch des Bürgerkrieges, die Stimmung im Volk war ambivalent. Antonius fasste sich als Erster. Noch in der Nacht des Mordes brachte er den Staatsschatz an sich, von Calpurnia erhielt er Caesars Papiere. 71 Als amtierender Konsul berief er den Senat ein, der sich am 17. März noch vor Tagesanbruch im Tempel der Tellus versammelte. Die Caesar-Mörder fehlten, doch Antonius setzte zunächst auf Ausgleich. Die acta Caesaris, Caesars Maßnahmen, wurden anerkannt, zugleich die Verschwörer amnestiert. 72 Am folgenden Tag wurden ihnen auch die Provinzen bestätigt, die Caesar ihnen zugesprochen hatte. 73 Die alte Zeit schien wieder angebrochen. Indes, Brutus und Cassius waren nun keine Befreier mehr. In dem Augenblick, in dem Caesars Gesetze für rechtens erklärt worden waren, waren sie nurmehr begnadigte Mörder. Die Folgen würden sich zeigen. Inzwischen kannte Antonius auch den Inhalt von Caesars im September
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Abb. 18: Münze der Caesar-Mörder aus dem Jahr 42 v. Chr. Über dem Hinweis auf die Iden des März stehen die Dolche für die Tötung des Diktators und der pilleus für die Freiheit des römischen Volkes.
45 verfassten Testament. 74 Dieses und der Leichnam, den die Attentäter allzu großzügig zurückgelassen hatten, genügten ihm, um ein Spektakel zu inszenieren, wie es Rom noch nicht gesehen hatte. Ziel war Stimmungsmache gegen die Caesarmörder, und die gelang, denn inzwischen waren immer mehr Veteranen in die Stadt geströmt, zudem hatte Caesar jedem Bürger ein Geschenk von 300 Sesterzen vermacht. 75 Der tote Diktator wurde verhüllt auf die Bühne gebracht, und Antonius zeigte auf dem Höhepunkt seiner berühmten Rede der versammelten Menge das blutige, von den Dolchstößen zerrissene Gewand. An einer Wachsnachbildung konnten auch entfernt Stehende die dreiundzwanzig Wunden erkennen. In gewisser Weise war Caesars letzter Auftritt auch sein größter. In dem Moment, in dem Antonius auf den blutigen Leichnam Caesars wies, so schreibt es Plutarch, „zerrissen alle Bande der Ordnung. Die einen schrien, man solle die Mörder totschlagen, andere rissen, wie einst bei der Leichenfeier für den Volkstribunen Clodius, Tische und Bänke aus den Läden und Werkstätten, türmten sie aufeinander und errichteten einen gewaltigen Scheiterhaufen, auf dem sie dann die Leiche aufbahrten. So wurde sie verbrannt angesichts der zahllosen Tempel und der zahllosen heiligen Stätten. Als die Flamme aufloderte, stürzte das Volk von allen Seiten herbei, riss die brennenden Scheite heraus und lief zu den Häusern der Verschworenen, um sie in Brand zu stecken.“ 76 Die Menge kehrte bald darauf zum Scheiterhaufen zurück und errichtete dort einen Altar, auf dem sie Caesar opferte. Nun war er ein Staatsgott geworden.77
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„Ein glücklicher Catilina“: Meinungen über Caesar Der Caesar, den die Neuzeit feierte, wurde erst nach den Iden des März geboren. Das positive Bild des Diktators, das vor allem die Altertumswissenschaft des 19. Jahrhunderts prägte, beruht auf den Meinungen, welche sich die kaiserzeitlichen Autoren über Caesar bildeten. Die historische Gestalt verschwimmt im Nebel der Überlieferung. Sie ist nurmehr das Gefäß, in das lange Generationen von Philologen, Historikern oder Staatsmännern ihre meist politischen Ansichten gossen. Wer die vielen Volten, Brechungen und Spiegelungen meiden will, muss zu den Zeitgenossen zurückkehren. Sicherlich sind sie meist Partei, und das trübt ihr Urteil ebenso wie die fehlende Distanz. Sie haben sich ihre Meinung jedoch in direkter Anschauung ihrer und der Sache Caesars gebildet, es sind nicht – wie bei den Späteren – Meinungen von Meinungen. Zudem erfuhren sie Caesars Wirken direkt, manchmal auch am eigenen Leib, und lasen nicht allein in schön gebundenen Ausgaben davon. Das machte manche blind, andere aber auch hellsichtig. 1 Was wir über den frühen Caesar bis in die Zeit der ersten Ämter erfahren, sind postume Anekdoten, von Freunden und Gegnern erfunden und von der kaiserzeitlichen Historio- und Biographie zu einem verwirrenden Meinungsbild verdichtet. Das früheste zeitgenössische Zeugnis, das sich erhalten hat, ist die vierte Catilinarische Rede Ciceros. Sie stammt aus dem Jahr 60 und enthält, was Cicero in der Senatssitzung vom 5. Dezember 63 als Konsul gesagt haben will. Ins gleiche Jahr 60 gehört auch die erste briefliche Erwähnung Caesars, die über die bloße Konstatierung seines Namens hinausgeht. Caesar war also bereits über 40 Jahre alt, als die Zeitgenossen begannen, ihn über das Maß hinaus wahrzunehmen, das sie an Aufmerksamkeit jedem politischen Talent – und von ihnen gab es in der späten Republik viele – schenkten. Ruhm verdienten sich die römischen Aristokraten in den Provinzen, doch die Politik wurde in der Hauptstadt gemacht, und nur dort traf sich die Elite des Reiches. Caesar war nach seiner Proprätur in Spanien im Sommer 60 nach Rom zurückgekehrt und bereitete in den folgenden Monaten das Bündnis vor, das als „Erstes Triumvirat“ in die Geschichte eingehen sollte. Ab dem 1. Januar 59 stand er als neuer Konsul unter der Beobachtung seiner Standesgenossen, der er sich im März 58 bereits wieder entzog, als er für neun Jahre nach Gallien ging. Es folgte die Zeit des Bürgerkrieges, und in dieser hielt sich Caesar bis zu seinem Tod an den Iden des März ganze dreizehn Monate lang in Rom auf. Eine weitere Absenz von fünf Jahren war bereits geplant. Wer Caesar näher beurteilen wollte,
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hatte – von seinen Soldaten und Legaten abgesehen – dazu also nicht viel mehr Zeit als etwa 30 Monate. Das erschwerte das Urteil und half, den Mythos Caesar zu begründen. Alexander der Große bietet eine Parallele. Die Überlieferung über ihn ist nicht zuletzt deshalb so anekdoten- und facettenreich, weil sich der Makedonenkönig mit seinem Zug in die fernen Gebiete Asiens jeder Beurteilung jenseits seiner eigenen Propagandisten entzog. Cicero verfolgte Caesars Karriere spätestens seit seinem eigenen Konsulat 63 genauer. Wenn er deren Dynamik lange Zeit unterschätzte, so teilt er diesen Fehler mit anderen Zeitgenossen. Nur die wenigsten ahnten vor dem Beginn des Bürgerkrieges, wozu Caesar fähig war. Die meisten begriffen es auch danach nicht. Cicero schwankte in seinen Aussagen, je nachdem, ob Caesar als Popularer politischer Gegner oder als Verbündeter des Pompeius Freund war, je nachdem, ob Caesar ihn für sich zu gewinnen suchte oder ihn ignorierte. Die Beschimpfungen aus den ersten Jahren des Bürgerkrieges, namentlich aus dem Jahr 49, resultieren aus der Lage, in die sich der Redner gebracht sah, als die römische Welt in zwei unüberbrückbare Hälften zerfiel, und werden dadurch aufgehoben, dass er Pompeius mit ähnlich harschen Worten bedachte. In Caesars Staat verhielt sich Cicero, wie es jenem und ihm angemessen war: In den wenigen Reden lobte er den Diktator, in den philosophischen Schriften übte er versteckte Kritik, und in den Briefen zeigte er ambivalente Gefühle. Ein klares Bild geben erst die späten Urteile aus der Zeit, in welcher der Jubel über die Iden und die scheinbare Befreiung von der Tyrannis einer ruhigeren Einschätzung gewichen war. Das Verdikt in Ciceros letzter philosophischer Schrift de officiis vom Winter 44 wiegt nicht leicht, denn es ist nicht mehr der Tagespolitik geschuldet, und der tote Caesar war kein Gegner mehr. Selbst mit seinem größten Feind, dem Volkstribunen Clodius, hatte Cicero post mortem Frieden geschlossen. Rachsucht war ihm nicht nachzusagen. Caesars Motive werden von Cicero mit seltener Klarheit angesprochen, und da Caesar selbst genau diese für die Gegenseite reklamiert, zeichnen sich die römischen Aristokraten zumindest an diesem Punkt durch überraschende Einigkeit aus: „Sehr viele werden vor allem dadurch verleitet, die Gerechtigkeit außer Acht zu lassen, dass sie der Gier nach militärischen Kommanden, Ämtern und Ruhm verfallen. An den Tag gelegt hat dies gerade die Hemmungslosigkeit Gaius Caesars, der um des Wahnbildes von der Vorrangstellung alles göttliche und menschliche Recht mit Füßen getreten hat. Bedrückend ist in diesem Zusammenhang, dass gerade die größten Geister und glänzendsten Begabungen der Begierde nach Ehre, Herrschaft und Macht und Ruhm ausgesetzt sind.“ 2 Ciceros eigentliches Epitaph auf Caesar steht in einer Flugschrift gegen
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Antonius vom Oktober 44, der zweiten Philippica, und hier muss sich der Redner auch positiver Eigenschaften erinnern, denn er will den Diktator mit dessen politischen Erben vergleichen: „Er besaß Genie, Scharfsinn, Erinnerungsvermögen, Bildung, Fürsorglichkeit, Gedankenzucht und Umsicht; er hatte kriegerische Leistungen vollbracht, die zwar verderblich für den Staat und doch bedeutend waren, hatte – viele Jahre von der Absicht, Alleinherrscher zu sein, durchdrungen – nach großer Mühe und großen Gefahren sein Ziel erreicht, hatte durch Spiele, Bauten, Geschenkverteilungen und öffentliche Festschmäuse die unwissende Menge kirre gemacht und seine Freunde durch Belohnungen, seine Feinde durch den Schein der Milde an sich gefesselt – kurz und gut, er hatte unserem freien Volk die Knechtschaft teils durch Furcht, teils durch Abstumpfung bereits zur Gewohnheit gemacht.“ 3 Cicero sieht die Befähigungen Caesars, auch wenn hier ihre Erwähnung der Herabsetzung des aktuellen Feindes Antonius dienen muss, er sieht seine kriegerischen Erfolge, auch wenn er sie hier auf den so fürchterlichen Bürgerkrieg reduziert, aber er sieht nirgends politische Leistungen. Selbst das Bauprogramm scheint ihm nur oberflächliche Maßnahme, um die Masse zu ködern. Am Ende der Charakteristik steht wieder als die eine beherrschende Eigenschaft die Machtgier, die beiden – Antonius und Caesar – gemeinsam sei. 4 Selbst da, wo Cicero in seinen Reden, Briefen und Schriften lobt, bleibt er distanziert. Nähe hat Caesar nie zugelassen, auch anderen seiner Standesgenossen gegenüber nicht. Wie kühl daher Cicero umgekehrt ihm gegenüber war, zeigt der Vergleich mit dem ad hoc geschriebenen Nachruf auf Pompeius, von dem er doch manche Kränkung erfahren hatte: „Welches Ende es einmal mit Pompeius nehmen würde, ist mir niemals zweifelhaft gewesen. Alle Fürsten und Völker wussten genau, wie verzweifelt es um ihn stand, so dass ich dies kommen sah, mochte er sich wenden, wohin er wollte. Seinen Fall kann ich nur aufs tiefste bedauern; er war ein unantastbarer, lauterer, ernster Mensch.“ 5 Ciceros Äußerungen haben besonderes Gewicht, aber es sind nicht die einzigen in der späten Republik. Die umfangreiche Korrespondenz, die der Redner hinterließ, enthält auch Briefe anderer Senatoren und bietet ein etwas breiteres Spektrum von Meinungen zur Lage des Staates. Von den eingefleischten Gegnern Caesars, von Cato oder Domitius, vom Attentäter Brutus oder vom Überläufer Labienus, ist wenig Überraschendes zu erwarten. Aber jenseits von ihnen ist noch ein Dutzend Stimmen zu hören, die aus dem Lager Caesars kamen, oder von Leuten, die ihm nahestanden.6 Jedoch, auch unter denjenigen, die sich ihm anschlossen, weil sie persönliche oder politische Hoffnungen in ihn setzten, weil sie ihn als den Stärkeren sahen oder vielleicht auch nur die destruktive Politik des Senats
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nicht billigen wollten, findet sich niemand, der Caesar – zumindest in privatem Kreis – das Recht zusprach, um seiner eigenen Karriere willen, die er dignitas nannte, einen solchen, in seinen Weiterungen nicht absehbaren, Krieg zu beginnen. Hermann Strasburger hat dies in seinem eingangs genannten Aufsatz brillant herausgearbeitet: Selbst Oppius und Balbus, die Vertrauensleute, die Caesars Krieg propagierten, glaubten offenbar nicht an dessen Friedensbereitschaft, die sie ansonsten so eifrig betonten. Im Vertrauen rieten sie Cicero, um den sie eigentlich werben sollten, sich – seiner Ehre gehorchend – Pompeius anzuschließen.7 Auch Caesars Schwiegervater Calpurnius Piso, der ihn so lange unterstützt hatte, verließ mit den Pompeianern Rom und beschuldigte seinen Schwiegersohn eines Verbrechens. 8 Freunde wie der politisch talentierte Caelius, der sich Caesar erst zu- und sich dann wieder von ihm abwandte, vor allem aber Curio, der für den Diktator sogar in den Tod ging, ziehen Caesar der Grausamkeit und konterkarierten damit privatim den Anspruch der Milde, den dieser öffentlich so wirksam erhob. 9 Keine andere der bekannten Persönlichkeiten der Republik hat Caesar so gefördert wie den nachmaligen Historiker Sallust. Er verdankt ihm seinen Aufstieg zum Prätor und Statthalter, seinen überdimensionierten Reichtum und den Freispruch in einem Repetundenprozess. Er war alles durch Caesar, und mit dessen Tod endete auch seine Karriere. So zollt er ihm auch Lob in seiner nur wenig später, 42 oder 41, publizierten CatilinaMonographie, doch es ist ein vergiftetes Lob. Caesars verhasster Feind Cato wird mit ihm auf eine Stufe gestellt, ja erscheint in seiner moralischen Integrität sogar überlegen. An Caesar wird gelobt, was Cicero als Kritik begreift: Geben, Unterstützen, Verzeihen, Umgänglichkeit. Das lässt sich unschwer auch anders lesen: Großflächige Bestechung der Standesgenossen, „Kirremachen der Menge“ (so Cicero) durch Spiele, Bauten, Geschenke, politische Werbung durch allseits propagierte Milde. Sallust wusste, wovon er redete. Kein Wort findet sich bei ihm zu irgendwelchen politischen oder staatsmännischen Verdiensten Caesars, stattdessen spricht der Historiker vom Ehrgeiz des Diktators: „Für sich wünschte er große Befehlsgewalten, Heere und neue Kriege“. 10 Was schließlich der politisch integre Catull über den Ehrenmann Caesar zu sagen hat, 11 mag an dieser Stelle verschwiegen werden, denn Catull war Dichter, und seine Äußerungen zählen der modernen Historiographie entsprechend wenig. 12 Titus Livius aber, der Geschichtsschreiber aus der Zeit des Umbruchs, stellte unter dem jüngeren Caesar (Augustus) die grundsätzliche Frage, ob es denn für die Republik besser gewesen wäre, dass „der ältere Caesar“ geboren oder nicht geboren wurde. Seneca, der dieses Fragment aus der vielbändigen Geschichte des Livius überliefert, bemerkt dazu, dass dieser Gedanke allgemein verbreitet war. 13
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Die wichtigste Stimme über Caesar ist seine eigene. In zehn Büchern Commentarii, in Briefen und Flugschriften, hat er sich selbst geäußert. Aus dem, was erhalten ist, immerhin die kompletten Commentarii, erfahren wir – die Rechtfertigung des Rubikon-Überganges ausgenommen – jedoch nicht das Geringste über irgendwelche politischen Ziele und Vorstellungen. Seine Schriften beschränken sich auf das, was er beherrschte, das Militärische. Das Selbstbewusstsein oder die Naivität, mit der er seine Person vor allem im bellum Gallicum inszeniert und minutiös alle Erfolge rapportiert, diejenigen eingeschlossen, die auf Rechtsbruch und Betrug, Härte und Grausamkeit beruhen, machen es der Nachwelt leicht, die Berichte gegen den Autor zu verwenden. Völkerrechtliche Vorstellungen gab es damals allerdings erst in Ansätzen, und schon ganz unmöglich war es, einen Sieger zur Rechenschaft zu ziehen. Catos entsprechender Versuch nach der Ausrottung germanischer Stämme war eine senatorische Donquichoterie, das Motiv zudem unlauter. Wer von Caesar etwas über Caesar erfahren will, muss lesen, was er über seine Gegner schreibt. Über deren Vorstellungen, Wünsche oder Ziele redet er offen. Sie ähneln dem, was diese ihm vorwerfen: Hoffnung auf ein Heer, auf Provinzen; Schenkungen; Rache für erlittene Kränkungen; Angst vor Prozessen; Geltungssucht und Geldmangel; Wunsch nach einer Vorrangstellung in Rom. 14 Im Bemühen, dem Gegner zu schaden, gibt Caesar überdies etwas von den arcana imperii preis. Wir erfahren aus erster Hand, was wir sonst nur aus kaiserzeitlichen Quellen – namentlich Plutarch – kennen, Impressionen vom Umgang römischer Magistrate mit den Provinzialen: „Inzwischen forderte (Scipio) die geforderten Summen in der ganzen Provinz mit rücksichtsloser Härte ein. Zudem ersann man zur Sättigung der Habgier viele weitere Schikanen für die einzelnen Klassen, so eine Kopfsteuer für jeden Sklaven und Freien; man verlangte Säulen- und Türsteuern, Lieferung von Getreide, Soldaten, Waffen, Ruderer, Wurfmaschinen, Spanndienste; fand man nur den Titel für eine Sache, schien das schon hinreichend für das Erpressen von Geldern. Nicht nur jede Stadt, sondern fast jedes Dorf und jeder feste Platz bekam einen Militärbefehlshaber, und wer von diesen am rohesten und grausamsten vorging, galt als tüchtigster Mann und Bürger. Die Provinz wimmelte von Liktoren und Amtspersonen, war vollgestopft mit Präfekten und Eintreibern, die außer den auferlegten Summen auch für sich Geld erhoben; ihre ständige Rede war, sie seien Haus- und Heimatvertriebene und litten Mangel am Nötigsten; so deckten sie ihr schändliches Treiben mit einem ehrlichen Vorwand. Dazu kamen die drückendsten Zinslasten, die gewöhnliche Folge von Kriegen, wenn jeder sein Geld hergeben muss; in dieser Lage galt der Aufschub des Zahlungstermins um einen Tag schon als Geschenk. So stiegen die Schulden der Provinz in diesen zwei Jahren um das Vielfache. Trotzdem verlangte man nicht nur von den einzelnen römischen Bürgern dieser Provinz, sondern auch von ihren Zusammenschlüssen und einzelnen Gemeinden bestimmte Summen, und
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betonte immer wieder, diese Gelder würden laut Senatsbeschluss als Anleihe gefordert; die Steuerpächter mussten, wie sie gelost hatten, die Pachtsumme für das nächste Jahr als Zwangsleihe abführen. Überdies befahl Scipio, aus dem Artemistempel in Ephesos die dort seit alters liegenden Schätze herauszuholen.“ 15
Caesar redet hier von Kriegszeiten, aber der Unterschied zu Friedenszeiten war nur graduell, und diese waren seltener als jene. Caesar redet von seinen Gegnern, aber seine Gegner redeten in derselben Weise von ihm. Bis in die Wortwahl gleichen sich die Vorwürfe. Sie würden alles göttliche und menschliche Recht mit Füßen treten (permiscentur), behauptete Caesar von den Pompeianern, Caesar würde alles göttliche und menschliche Recht mit Füßen treten (pervertit), behauptet der Pompeianer Cicero. Der ganze Unterschied liegt in einer Vokabel (permiscere beziehungsweise pervertere), deren Nuancen die Übersetzung nicht einmal herausarbeiten kann.16 Würden wir die führenden Staatsmänner der späten Republik nach dem beurteilen, was sie übereinander schreiben, müssten wir sie, um mit dem renommierten amerikanischen Althistoriker Ernest Badian zu sprechen, in toto für eine Bande halten, Cicero ausgenommen. 17 Wahrscheinlich ist das ungerecht. Wollen wir aber die Ehre ihres Handelns retten, müssen wir ihre gegenseitigen Vorwürfe für verdreht, heuchlerisch, übertrieben oder erlogen halten. Das ist keine erfreuliche Alternative, aber die Geschichte schreibt nicht ad usum Delphini. Der Wettstreit um Ehre und Geld, der in den Verlautbarungen der Beteiligten als Theater der Eitelkeit, in der gänzlich auf das agierende Personal ausgerichteten Sicht der kaiserlichen Historiographie als Marionettenspiel einiger weniger Akteure erscheint, zu dem das Volk pfiff oder klatschte, hinterließ Tod und Verwüstung auf drei Kontinenten. In nur vier Jahrzehnten war Caesars Bürgerkrieg der dritte Versuch, der Republik die Herrschaft eines Einzelnen aufzuzwingen. Sulla zog sich nach dem Sieg zurück, Catilina scheiterte, Caesar gewann die Macht und behielt sie. Die Krise der Republik war seit den Gracchen nicht mehr zu lösen. Der oligarchische Staat überstand Sulla und Catilina, an Caesar zerbrach er. Der große Georg Büchner richtete sich am Ergebnis aus und sah in Caesar nichts weiter als einen „glücklichen Catilina“. 18 Tatsache scheint, dass ein Programm Caesars über das Ende der Republik hinaus nicht erkennbar ist. Er starb mit der Republik, deren Untergang er besiegelt hatte. Ungeachtet dass wir nicht in die „Zwecke der ewigen Weisheit“ eingeweiht sind, wie in der Einleitung von Jakob Burckhardts „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“ zu lesen ist, 19 lässt sich vielleicht doch von einer List der Geschichte sprechen, deren in der Sache Caesar so erfolgreicher Köder dignitas hieß. Das System, das sich später nach einer Phase
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Abb. 19: Gaius Iulius Caesar, Porträtbüste. Antikensammlung, Berlin.
neuer Bürgerkriege unter Augustus entwickelte, scheint mit den knapper gewordenen Ressourcen der Provinzen sparsamer umgegangen zu sein und, ungeachtet alter Steuern und neuer Eroberungen, vielleicht sogar Interesse an einer relativen Wohlfahrt der Provinzialen gezeigt zu haben. Wenn dem so ist, wären Caesar, aber auch die Iden des März, ein Fortschritt.
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Anmerkungen Vorwort des Autors 1 HZ 175, 1953, 5–81, in: Studien I 343–421 (entspricht der korrigierten Version Darmstadt 1968).
Die Welt vor Caesar 1
Sall. Cat. 10–12, Hist. 1.12, Iug. 41–42. Thuk. 5.105.2. 3 Val. Max. 2.8.1. 4 Sall. Cat. 10.2–4, Iug. 63.6 f. 5 Luxuria peregrina bei Liv. 39.6.7 unter dem Jahr 187. 6 „Fischteichbesitzer“; s. Cic. Att. 1.19.6, 20.3, 2.1.7. 7 Liv. 21.63.3 f. 8 Janus-Staat: Varro bei Non. Marc. 728 L, Poseidonios FGrHist 87 frg. 111b (= Diod. 34/35.25). Cic. leg. 3.20. 9 App. Mithr. 85–91. 10 45.18.4; vgl. 25.1.4, 25.3.9 ff. Livius zum Jahr 167. 11 S. dazu Badian, Zöllner und Sünder passim u. G. Ürögdi, RE Suppl XI (1968) 1186 ff.; Versteigerung der vectigalia und tributa: Liv. 39.44.7 f.; Rolle der Zensoren: Polyb. 6.13 – Zeitraum: Varro l.l. 6.11, Cic. Att. 6.2.5, fam. 2.13.4, Polyb. a. a. O. (4 Jahre) – Fütterung der Gänse: Cic. S. Rosc. 56 – Legionenversorgung: Liv. 23.48, 27.10.13, 34.6.12 ff., 44.16.4, Val. Max. 5.6.8 – Gebäudeinstandhaltung: Cic. Verr. 2.1.50, 130, fam. 13.11.1, Liv. 29.37.2, 42.3.7, Fest. 428 L – Kloaken: Dion. Hal. 3.67.5, Liv. 39.44.5 – Tempel: Liv. 24.18.10, 40.51.3, Cic. Verr. 2.1.130 – Pachten: Fischerei: Dig. 43.14.1,7 – Läden, Marktbuden, Bäder: Liv. 27.11.16, Dig. 18.1.32 – Ager publicus: Dig. 6.3.1 – Bergwerke: Polyb.6.17, Liv. 34.21.7, 45.18.3 f., Dig. 50.16.17.1. 12 Societates: vgl. u. a. Liv. 23.49.1 ff., Cic. dom. 74, fam. 13.9.2, 10.2, Polyb. 6.17 – Partes: Cic. Rab. Post. 4, Vat. 29, Val. Max. 6.9.7 (particula) – Affines: Liv. 43.16.2. 13 S. u. 87 f. 14 Sullas Raub der Tempelschätze: App. Mithr. 217, Paus. 9.7.5, Diod. 38/39.7 – Kriegskontributionen: App. Mithr. 250 ff., Plut. Sull. 25, Luc. 4 – Zustände in der Provinz Asia: Plut. Luc. 20 – Crassus bereichert sich: Ios. ant. Iud. 14.7.1, Oros. 6.13.1 – Triumph des Pompeius: Plin. nat. hist. 7.93 ff. (97; Inschrift im Minerva-Tempel), 33.151, 37.11 ff.,18, Plut. Pomp. 45, App. Mithr. 568 ff., Dio 37.21.1 f., Diod. 40.4., App. Mith. 565 ff. 15 App. bell. civ. 2.469. 2
Die Jugend eines Diktators 1
Censor. 22.16. Mommsen, Römische Geschichte III 16 Anm. hat als Erster das Jahr 102 als Geburtsjahr verfochten. Das eine Datum ist so wahrscheinlich wie das andere. Aus Gründen der Vereinfachung wird hier weiterhin von 100 ausgegangen. Gradus honorum: Liv. 32.7.10. 2
Caesar (15417): p. 194 / 3.9.09
194
Anmerkungen zu S. 26–41
3
Dio 43.22.2. Suet. Caes. 1.3 (Caesari multos Marios inesse). 5 Plut. Caes. 1.4. 6 Vgl. G. Rijkhoek, Studien zu Sertorius (123–83 v. Chr.), Diss. Bonn 1992, 37 ff. 7 Plin. nat. hist. 7.181, Suet. Caes. 1.1; inschriftliche Angaben bei Münzer, RE X1, 1918, 185 f. 8 Anders nun H. Mouritsen, Italian Unification. A Study in Ancient and Modern Historiography, London 1998, passim. 9 Plut. Mar. 34–35, Plut. Sulla 4 und 7. 10 Plut. Sulla 7. 11 Brut. 227. 12 Plut. Mar. 43, auf optimatischen Quellen fußend. 13 Nach Suet. Caes. 1.1 wäre die Heirat ein Jahr nach dem Tode des Vaters erfolgt, im siebzehnten Lebensjahr, also frühestens Mitte 84. Es spricht aber doch einiges dafür, dass Caesar noch zu Lebzeiten Cinnas Cornelia ehelichte. Der Schwiegervater aber starb Anfang 84. Das Mindestheiratsalter erreichte Caesar schon 86. 14 Dio 54.36, Suet. Aug. 31, Tac. ann. 3.58. Rechte des flamen: Samter, RE VI.2 (1909) 2486. 15 J. Rüpke, Fasti Sacerdotum II, 2003. 16 Plut. Sulla 30. 17 Bei Plut. Sulla 30. 18 Plut. Sulla 30–31. 19 Plut. Sulla 31. 20 Mommsen, Römisches Strafrecht, Leipzig 1899, 938, Anm. 1. 21 Plut. Sulla 31. 22 App. bell. civ. 1.443–448. 23 Suet. Caes. 1.2. 4
Ein aufstrebender Aristokrat 1
Plut. Luc. 4. Caes. bell. Gall. 1.39. 3 Polyb. 6.39, Plin. nat. hist. 16.11–14; Gelzer, Caesar 20 Anm. 25. 4 Quellen bei Suet. Caes. 2, 22.2, 49.1–3, 49.4; den vergeblichen Eid überliefert Dio 43.20.4. Ein Fragment des Dichters Licinius Macer („Was nur Bithynien und Caesars Buhler je besessen hat“) hat Sueton. 5 Servilius Isauricus und Lepidus: Suet. Caes. 3. 6 Suet. Caes. 4.1, 55.1, Plut. Caes. 4.1. Dolabellas Anwälte waren Gaius Cotta und Quintus Hortensius, 7 Plin. nat. hist. 8.213. 8 Plut. Caes. 4, Drumann/Groebe I 390. Praetor peregrinus: M. Lucullus. 9 Vgl. z. B. Meier, Caesar 140 ff., Oppermann, Caesar 27 ff. 10 Quellen zur Seeräuberepisode: Plut. Caes. 1.8, 2.1–7, Suet. Caesar 4.1 ff. 74.1; vgl. Plut. mor. 205, Crass. 7.5, Vell. 2.41.3–42.3, Vir. ill. 28.3, Val. Max. 6.9.15, Fenestella F 30, Polyaen. 8.23.1, Gell. 5.13.6; zur Quellenfrage s. Strasburger 1938, 72 ff. 11 Strabon 14.5.2 (14.668 f.). 12 Vell. 2.43.1–2. 13 Caesar in Asia: Sueton Caesar 4.2; C. Julius in Gythion: Syll. 748 Z. 22 f. – Creticus: Syll. 748 Z. 33. 2
Caesar (15417): p. 195 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 41–55
195
14 Macrobius (Sat. 3.13.11) und Cicero (har. resp. 12) haben Priesterlisten, aus denen sich teilweise das Kollegium rekonstruieren lässt, das Caesar aufnahm. Mindestens die Hälfte der acht namentlich bekannten pontifices, nämlich Lutatius Catulus, Konsul von 78, der genannte Servilius Vatia, Terentius Varro Lucullus, Konsul von 73, und Caecilius Metellus Creticus, Konsul von 69, sowie der Pontifex Maximus, Caecilius Metellus Pius, Konsul von 80, zählten zu den Optimaten. Der verstorbene Konsular war Aurelius Cotta. 15 Tribun Caesar: Suet. Caes. 5, Plut. Caes. 5.1. 16 Caes. bell. Gall. 1.40.5. 17 Spartacuskrieg bei Plut. Crass. 8–11.
Im Schatten 1
Lex Plotia de reditu Lepidanorum: Suet. Caes. 5, Dio 44.47.4, Gell. 13.3.5. Suet. Caes. 5. 3 Den Abstand zwischen Pompeius und Caesar markieren zwei Inschriften aus dieser Zeit. Ein Siegesmal in den Pyrenäen feierte die großen Taten des Pompeius. Zeile für Zeile waren auf ihm die Namen von 876 Städten, gelegen zwischen den Alpen und dem jenseitigen Gallien, aufgelistet, die der Imperator allesamt höchstpersönlich erobert hatte (Plinius nat hist. 7.96). Die zweite Inschrift ist die schon erwähnte aus dem peloponnesischen Hafenort Gythion, und sie vermerkt, dass zwei in der Stadt ansässige römische Bürger dem Legatus Gaius Julius Quartier gewährten. 4 Cic. Phil. 1.20, Vell. 2.32.3, Plut. Pomp. 22. 5 Caes. bell. Hisp. 42.1, Vell. 2.43.4, Suet. Caes. 7 f., Plut., Caes. 5.2 ff. Der Proprätor war Antistius Vetus. 6 Suet. Caes. 6. 7 Suet. Caes. 6.1, Plut. Caes. 5.2 ff. 8 Suet. Caes. 7.1 f. (Zitat), Plut. Caes. 11.5 f. (Erlebnis nach der Prätur), Dio 37.52.2, 41.24.2 (während der Quästur in Gades), s. Strasburger 1938, 94 ff. 9 Suet. Caes. 8; grundlegend Strasburger 1938, 96 f., vgl. dagegen Gelzer, Caesar 29 („bewaffnete Erhebung“). 10 Pompeia: Suet. Caes. 6.2, Plut. Caes. 5.7. 11 Strasburger, Komik und Satire, in: Studien 2, 801. 12 Plut. Pomp. 24. 13 Plut. a. a. O. 14 Plut. Pomp. 25. 15 Plut. Pomp. 25–28. 16 Plut. Luc. 20. 17 Dio 36.2.2, 36.14.4. 18 Plut. Pomp. 30. 19 Dio 36.43.2–4. 20 Plut. Caes. 5.8 f., Mommsen, Römisches Staatsrecht II.2 1077 f. (zur Kaiserzeit). 21 Ädil Caesar: Suet. Caes. 10, Plut. Caes. 5.9, Dio 37.8.1 f. 22 Suet. Caes. 11, Plut. Caes. 6, Vell. 2.43.4; vgl. Val. Max. 6.9.14. 23 Verschuldung: App. bell. civ. 2.3; vgl. Plut. Caes. 5.8. 24 Zitate bei Plut. Crass. 1–3 und 7. 25 Factio media: Sall. 3.48.8 [M]. 26 Ägyptische Mission: Plut. Crass. 13.2, Cic. leg. agr. 2.44, Schol. Bob. 92 St., Suet. Caes. 11. 27 Die Affäre wurde später als erste Catilinarische Verschwörung bezeichnet. Quellen: 2
Caesar (15417): p. 196 / 3.9.09
196
Anmerkungen zu S. 55–65
Asc. 83 C, 65 St. (Crassus), Suet. Caes. 9, Sall. Cat. 18 f., Cic. Cat. 1.15, 31, Dio 36.44.3 ff., Liv. per. 101, Cic. Sull. 11 ff., 51, 67 f., 81, Mur. 81, Asc. 92 C, 71 St. 28 Asc. 65 St. 29 Quästor im Jahre 64: Suet. Caes. 11, Dio 37.10.2, Cic. Lig. 12, Schol. Gronov. 293 St; Proskribiertensöhne: Vell. 2.43.4, Cic. Pis. 4, Plin. nat. hist. 7.117, Plut. Cic. 12.2; Calpurnius Piso: Sall. Cat. 49.2, Cic. Flacc. 98; Numidischer Klient: Suet. Caes. 71; Restitution der Priesterwahlen: Dio 37.37.1. 30 Suet. Caes. 12, Dio 37.26–28, 37.2, Cic. Rab. passim. 31 Pontifex maximus: Suet. Caes. 13, Plut. Caes. 7, mor. 206A, Dio 37.37.1 ff., Vell. 2.43.3, Sall. Cat. 49.2. Zur Prätur: Suet. Caes. 14.1, Plut. Caes. 8.7, Cic. 23.1, Cat. min. 27.1, Dio 37.44.1, Cic. Att. 2.24.3, 12.21.2.
Verschwörer wider Willen 1
Plut. Cic. 10. Sall. Cat. 5. 3 Sall. Cat. 37; dazu Cic. Cat. 2.17–23. Plut. Cic. 10 fasst zusammen. Alle Quellen zur Catilinarischen Verschwörung bei Drexler, Die Catilinarische Verschwörung XVIIff. 4 Cic. Cat. 2.22. 5 Cic. off. 2.73. Anhänger und Teilnehmer der „Verschwörung“: Sall. Cat. 27.1, 28.4, 30.2, 42.1 f., 37, 48.5, Cic. Cat. 2.6, 2.17 ff., Plut. Cic. 15.1 ff., Dio 37.31.1. 6 Brief des Manlius bei Sall. Cat. 33. 7 Verschuldung: Sall. Cat. 33, 21.2, Cic. off. 2.84, Cat. 2.18, fam. 5.6.2, Att. 1.21.1; tabulae novae: Sall. Cat. 21.2. 8 Dio 37.29.4, Plut. Cic. 14, Sall. Cat. 26.4, Cic. Mur. 52. 9 Cic. Cat. 1.7, Sall. Cat. 27.2. 10 Plut. Cic. 15.1 ff., Plut. Crass. 13.4 (nach Cicero, de consulatu suo), Dio 37.31.1. 11 Plut. Cic. 15.1 ff., Cic. Cat. 1.4,7, Sall. Cat. 29.2, Dio 37.31.1 f. 12 Plut. Cic. 16, Cic. Cat. 1.24, Mur. 83. 13 Plut. Cic. 18. 14 Cic. Cat. 3.4 ff., Sall. Cat. 40.1 ff., Plut. Cic. 18 f., Dio 37.34.1 f., App. bell. civ. 2.13 ff., Flor. 2.12.9. 15 Unruhe in der plebs: Cic. Cat. 4.17, Sall. Cat. 50.1 f., Dio 37.35.3, App. bell. civ. 2.17. 16 Crassus und Caesar verdächtigt: Plut. Crass. 13.3 ff. (darin Fragment aus de consiliis suis: 13.4), Suet. Caes. 17.1 f., Cic. Att. 10.8.8., Cic. off. 2.84, Sall. Cat. 48.4 ff., Plut. Cic. 20.6 f., Caes. 7.5 – Vorwürfe gegen Crassus: Sall. Cat. 48.4 ff. – Attacken gegen Caesar: Sall. Cat. 49.1 ff. – Popularenjagd: Plut. Caes. 8.4., App. bell. civ. 2.20 – Crassus kneift: Cic. Cat. 4.10. 17 Quellen zur Senatssitzung: Ciceros Bericht: Sall. Cat. 50.3 – Silanus’ sententia: Plut. Cic. 20.4, Cat. min. 22.4, Suet. Caes. 14.1 – Zustimmung der Konsulare: Cic. Att. 12.21.1 – Caesars Rede: Cic. Cat. 4.7 ff., Sall. Cat. 51.1 ff., Suet. Caes. 14.1 f.; Tib. Nero: Sall. Cat. 50.4, App. bell. civ. 2.19 – Ciceros neuer Antrag: Cic. Cat. 4 passim – Unklarheit des Antrags: Plut. Cic. 21.3 – Silanus’ Neuinterpretation: Plut. Cat. min. 22.6, Cic. 21.3, Suet. Caes. 14.1, vgl. Sall. Cat. 50.4 – Zustimmung für Caesar: Suet. Caes. 14.2, Plut. Cic. 21, Caes. 8 – Rede Catos: Sall. Cat. 52.1 ff., Cic. Sest. 61, dom. 21, Plut. Cat. min. 22 f. – Zustimmung für Cato: Sall. Cat. 53.1, Dio 37.36.3 – Bedrohung: Suet. Caes. 14.2, Plut. Cic. 21.5, Caes. 8.3; vgl. Sall. Cat. 49.4. 18 Hinrichtung: Sall. Cat. 55.1 ff., Plut. Cic. 22.1 ff., App. bell. civ. 2.22, Liv. per. 102, Vell. 2
Caesar (15417): p. 197 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 65–80
197
2.34.4, Dio 46.20.5 – „Sie haben gelebt“: Plut. Cic. 22.5 – Tribunizische Angriffe: Dio 37.38.1 f., Cic. fam. 5.2.7 f. 19 Caesars Beliebtheit beim Volk: Dio 37.38.1, Plut. Caes. 38.4 f.
Die Tür zur Macht 1
Cic. fam. 5.2.7 f. (Zitat: 5.2.8); vgl. Dio 37.38.1 f. Suet. Caes. 15, Dio 37.44.1. 3 Plut. Cat. min. 26.2 ff., Cic. Sest. 62, Dio 37.43.1 ff., Suet. 16.1; Maßnahmen gegen Caesar und Metellus: Suet. Caes. 16.1 f. – Abreise des Metellus: Plut. Cat. min. 29.1 ff., Dio 37.43.4 – Wiedereinsetzung Caesars: Suet. Caes. 16.2. 4 Suet. Caes. 17.1 f., vgl. Dio 37.41.1 ff. 5 Plut. Luc. 34.1–3. 6 Der (gleichbleibende) Termin ergibt sich eindeutig für das Jahr 63 aus Plut. Cic. 19 und Cass. Dio 37.35.4 (Hinrichtung der Catilinarier am nächsten Tag). Zur Datierung auf den 4./5.12. s. Ph. Moreau, Religio Clodiana, 15 ff.; vgl. Latte 228 Anm. 3. Irrig Wissowa, Religion und Kultus der Römer 217 Anm. 1. (3. auf 4. Dezember). 7 Plut. Caes. 10. 8 Plut. Cic. 19. 9 Cic. Att. 1.16.3. 10 Zu den Vorgängen s. Att. 1.13 und 14 passim; Abstimmungsverfahren: Asc. 67 C, 54 St, Cic. Att. 1.14.1 – contiones: Schol. Bob. 86 Z. 2 St 181 – Ciceros Auftritt: Att. 2.1.5, Schol. Bob. 85 Z. 29 ff. St. – Freispruch: Cic. Att. 1.16.5,10, 19.6, fam. 1.9.15, parad. 4.32, Pis. 95, Mil. 86, Schol. Bob. 85 St., Liv. per. 103 – Bestechungen: Att. 1.16.5. 11 Plut. Caes. 10.8, Suet. 74.2; dazu Gelzer, Caesar 54 Anm. 131. 12 Verschiebung der Verlosung: Cic. Att. 1.13.5. 13 Schulden: App. bell. civ. 2.26 – Gläubiger und Crassus: Plut. Crass. 7.6, Caes. 11.1–3, Suet. Caes. 18.1. 14 Plut. Caes. 11. Auch die Alexander-Anekdote wird in diesem Zusammenhang nochmals erwähnt. 15 App. bell. civ. 2.27. 16 Zum spanischen Aufenthalt s. auch Dio 37.52.1–53.4, Suet. Caes. 18.1, 54.1, Plut. Caes. 12 – Maßnahmen: Caes. bell. Hisp. 42.2. 17 Cic. Att. 2.1.8. 18 Cic. Att. 1.18.3. 19 Pompeius in Rom: Dio 37.49.1 ff. – Antrag des Flavius: Cic. Att. 1.18.6, 19.4, Dio 37.50.1 ff. 20 Plut. Pomp. 47, Caes. 13. Zum Ursprung des Bürgerkriegs im Jahre 60 s. auch Hor. carm. 2.1.1 (Geschichtswerk des Asinius Pollio). 21 Plut. Cat. min. 31. 22 Cic. leg. agr. 2.24. 23 Plut. Caes. 13.1 f., Cat. min. 31.2 ff., App. bell. civ. 2.28 ff., Dio 37.54.1, Suet. Caes. 18. 24 Cic. Att. 1.17.11, 14.7, Suet. Caes. 19.1. 25 Suet. Caes. 19.2; Gelzer, Caesar 58 f. Anm. 153. 26 Suet. Caes. 19.1. 27 Cic. Att. 1.18.3. 28 Gemeinsamer Nenner: Suet. Caes. 19.2; zum Triumvirat: Vell. 2.44.2 f., Flor. 2.13.10, Liv. per. 103. 29 Zur Gegnerschaft Crassus-Pompeius vgl. App. bell. civ. 2.32, Suet. Caes. 19.2. 2
Caesar (15417): p. 198 / 3.9.09
198 30 31
Anmerkungen zu S. 80–91 App. bell. civ. 2.33. Att. 2.9.2 (16./17. April 59).
Der Konsul tanzt 1
Suet. Caes. 20.1; Canfora, Caesar 87. Zum Amtsantritt s. Mommsen, Römisches Staatsrecht I 615–617; vgl. (ebenfalls im Anschluss an Mommsen) Meier, Caesar 256–258. Zu den Auspizien s. Mommsen a. a. O. 76–85. Servius zur Aen. 6.190: auguria aut oblativa sunt, quae non poscuntur, aut impetrativa, quae optata veniunt. Zum Hühnermann s. Cic. div. 2.74. 3 Suet. Caes. 20.1. 4 Ackergesetzgebung: 1. Lex: Cic. Att. 2.3.2, Suet. Caes. 20.1, Gelzer, Caesar 64 ff. – Caesar im Senat: Dio 38.2.1–3.3, Gell. 4.10.8 – Öffentliche Verhandlungen: Dio 38.5.3 ff., Plut. 14.2 ff., Pomp. 47.5 ff. – Abstimmung: Plut. Pomp. 48.1 ff., 38.6.2, Cic. Vat. 5,15,22, App. bell. civ. 2.37 ff., Dio 38.6.1 ff., Suet. 20.1, Plut. Cat. min. 32, Luc. 42.6, Att. 2.16.2 – Kein Senatsbeschluss: Suet. 20.1, Dio 38.6.4 – Klausel und Eid: Plut. Cat. min. 32.5 ff., Dio 38.7.1 f., Att. 2.5.1 – Staatsland außer ager Campanus, Verkauf zu Listenpreis: Dio 38.1.4 – Ohne Nachprüfung: Cic. fam. 13.4.2 – Zwanziger-Kommission und Fünfer-Ausschuß: Dio 38.1.6 f., Cic. Att. 2.6.2, 9.2a.1, prov. 41, Suet. Aug. 4.1, Varr. rust. 1.2.10, Plin. nat. hist. 7.176 – Finanzierung: Dio 38.1.5, Cic. dom. 23 – Adressat der Verteilung: Dio 38.1.3 – 20 Jahre unverkäuflich: App. bell. civ. 3.5,24. 5 Obnuntiation, Komitial- und Festtage: Dio 38.6.1,5, 13.3 ff., Cic. Att. 2.16.2. 6 Cic. prov. 46. Dazu Meier, Das Kompromiß-Angebot an Caesar i. J. 59, 197–208. 7 Dio 38.13.6. 8 Campanische Landverteilung: Cic. Att. 2.15.1, 16.1 f. (5000 Siedler), 17.1, 18.2, Phil. 2.101 – 20.000 Bürger mit Kindern: Vell. 2.44.4, Suet. Caes. 20.3, Dio 38.7.3 – Pompeius in der Kommission: Cic. Att. 2.19.3, vgl. Gelzer, Caesar 72 f.; spätere Debatten über den ager Campanus: Cic. Q.fr. 2.1.1, 5.1, 6.2, fam. 1.9.8, 8.10.4. 9 Neuregelungen in Asien: Dio 38.7.5, Plut. Pomp. 48.4, App. bell. civ. 2.46, Vell. 2.44.2. 10 Verringerung der Ritterpacht: Cic. Att. 1.17.9, 2.16.2, Planc. 35, Schol. Bob. 157 Z. 28 ff., 159 Z. 26 ff. St., Suet. Caes. 20.3, Dio 38.7.4, App. bell. civ. 2.47 f., 5.19, Val. Max. 2.10.7. 11 Cic. Vat. 29. 12 Suet. Caes. 54.3, Caes. bell. civ. 3.107.2. 13 Cic. Att. 2.19.2; vgl. 2.20.4, 2.17.3, Suet. Caes. 49.2. 14 Cic. dom. 34–39, 77, prov. 42, Sest. 16, har. resp. 57, Att. 2.12.1, Suet. Tib. 2.4, Dio 38.12.2. Die Optimaten erklärten Caesars Gesetz über die transitio des Clodius für illegal. Das verbesserte die Sache nicht, vielmehr wiederholte sich nur 58, was schon 59 gespielt wurde. Alle Gesetze galten als ungültig, wurden aber befolgt. 15 Caesar und Clodius: Cic. Att. 2.12.2; dom. 40. 16 Lex Vatinia: Suet. Caes. 22, Cic. Vat. 35 f., Sest. 135, prov. 36 f., Dio 38.8.5. 17 Suet. Caes. 22.1, Att. 8.3.3 (Pompeius’ Antrag), Cic. prov. 36, Dio 38.8.5, App. bell. civ. 2.49, Ill. 34, Plut. Pomp. 48.4, Caes. 14.10. 18 Lex Iulia de repetundarum: Cic. fam. 2.17.2, 5.20.2, 8.8.3 (101. Kapitel), Att. 5.10.2, 16.3, Val. Max. 8.1.10, Cic. Rab. Post. 8, 12, Sest. 135, Pis. 37,50 (Zitat), 90, prov. 7, dom. 23, Dio 38.7.5 f., Dig. 48.11, Cod. Iust. 9.27. 19 Lex Vatinia de colonia Comum deducenda: Suet. Caes. 28.3, Plut. 29.2, App. bell. civ. 2.98, Strab. 5.1.6, Catull. 35 Z. 3 f., Cic. Att. 5.11.2 – Rekrutierungen bei den Transpadanern: Caes. bell. Gall. 1.10.3. 2
Caesar (15417): p. 199 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 92–103
199
20 Vertagung der Konsulwahlen: Cic. Att. 2.20.6, 21 – Wahlen: Cic. Q. fr. 1.2.16, Asc. 8 Z. 12 C, 15 Z. 27 St., 46 Z. 21 C, 40 Z. 17 St. 21 Catull. 29 Z. 23 f. 22 Cic. Att. 2.21.3 f.; vgl. Plut. Pomp. 48. 23 Zur Ehepolitik der Triumvirn s. Plut. Caes. 14: „Caesars Tochter Julia war mit Servilius Caepio verlobt, trotzdem gab er sie Pompeius zur Frau. Servilius tröstete er damit, dass er ihm Pompeius’ Tochter versprach. Sie war allerdings auch nicht mehr frei, sondern Sullas Sohn Faustus versprochen. Er selbst heiratete bald darauf Pisos Tochter Calpurnia und bestimmte Piso zum Konsul für das folgende Jahr.“ Vgl. Suet. Caes. 21, Plut. Pomp. 47, Caes. 14, Cat. min. 33, App. bell. civ 2.50 f., Dio 38.9.1. 24 Suet. Caes. 22.3; zur Authentizität Canfora, Caesar 99.
Gallischer Krieg und bellum Gallicum 1
Plut. Caes. 15. Caes. bell. Gall. 1.39. S. u. 103. 3 Plut. Caes. 15. 4 Caes. bell. Gall. 1.1.3, 8.3, 10.2, 11.6, 12.6–7, 13.3–4, 14.3–6, 33.2–3,35.3–4,40.4–5,43.8–9, 44.7–13. Zum Problem s. Botermann, Gallia pacat – perpetua pax, in: Baltrusch, Caesar 137–158, Timpe, Caesars Gallischer Krieg, in: Baltrusch, Caesar 107–136. 5 Res pub. 3.23(35). Cicero sagt das nicht selbst. Er lässt es sagen. 6 Cic. Phil. 8.12. 7 Das Fallen des Goldpreises ergibt sich aus Suet. Caes. 54.2 Zur Wirtschaft in Gallien: Gold in Gallien: Strab. 3.2.8, 4.1.13, 4.2.1, Diod. 5.27.1 –Goldwaschen: Diod. 5.27.2; vgl. Strab. 3.2.8 – Eisenerz: Caes. bell. Gall. 3.21.3, 7.22.2 Silber: Strab. 4.2.2 – Zinn aus Britannien: Caes. bell. Gall. 5.12.5 – Handelswege: Diod. 5.22.4, 5.38.5, Strab. 4.1.14, 4.2.1, 4.3.3 – Seehandel: Caes. bell. Gall. 3.9.12 ff., 4.21.4, 7.58.4 – Zölle als Handelshindernis: vgl. Caes. bell. Gall. 3.1.2 – Goldschmiedeerzeugnisse: Diod. 5.27.3 – Verzinnung: Plin. nat. hist. 34.162 – Gallische Wolle: Mart. 6.11.7 ff. – Flauschmäntel: Strab. 4.4.3 – Segel: Plin. nat. hist. 19.8 – Ledersegel: Caes. bell. Gall. 3.13.6, Strab. 4.4.1 – Gallische Wagen in römischem Gebrauch: Cic. Phil. 2.58,77, Suet. Cal. 26.2 – Düngung: Varro rust. 1.7.8; Plin. nat. hist. 17.42 – Räderpflug: Plin. nat. hist. 18.172 – Obst: Plin. nat. hist. 15.39, 102 f., Colum. 10.411 – Gemüse-Pflanzen: Plin. nat. hist. 18.62, 18.81, 19.89, 22.163 f. – Weizen, Hirse, Eicheln: Strab. 4.1.2 – Schafe, Schweine, Gänse: Strab. 4.4.3, Plin. nat. hist. 10.53 – Zölle: Caes. bell. Gall. 3.1.2 – Salz: CIL XI 390, 391, App. Ill. 17 8 Aulus Hirtius, sein Legat, fügte ein achtes hinzu, das von den Jahren 51 bis 50 handelt und die historiographische Lücke zu den commentarii de bello civili schließt, die mit dem Januar 49 einsetzen. 9 Cic. fam. 15.4 (an Cato). 10 Caes. bell Gall. 1.1.5–7 ist späte Einfügung. 11 Im Falle der Häduer beschränkt sich Caesars Eingreifen auf den antirömischen Flügel unter Führung des Dumnorix. 12 Caes. bell. Gall. 1.11.6. 13 Helvetierkrieg: Caes. bell. Gall. 1.2–29, Liv. per. 103, Dio 38.31–33, Plut. Caes. 18, App. Kelt. 1.6 ff., Flor. 1.45.2 ff., Oros. 6.7.3–5 – Furcht vor Krieg in Gallien und Entwarnung: Cic. Att. 1.19.2, 1.20.5 – Orgetorix: Caes. bell. Gall. 1.2 – Friede und Vertrag mit den Helvetiern: vgl. CIL XIII 5110, 5089, Cic. Balb. 32. 14 Caes. bell. Gall. 1.39; vgl. Dio 38.35.1 ff. (38.35.2 Caesars Krieg), Flor. 1.45.12, Plut. Caes. 19.3. 2
Caesar (15417): p. 200 / 3.9.09
200 15
Anmerkungen zu S. 103–116
Rhein als Grenze: Caes. bell. Gall. 6.11–24 – Gallien als Einheit: Diod. 5.32.1, 5.28.1. Caes. bell. Gall. 1.54. 17 Krieg gegen Ariovist: Caes. bell. Gall. 1.30–54, Flor. 1.45.11 f., Dio 38.34–50, Oros. 6.7.6–10, Liv. per. 104 – rex atque amicus: Plut. Caes. 19. 18 Caes. bell. Gall. 2.21,20,25. 19 Zu den Zahlen: Caes. bell. Gall. 2.28.2; 7.75.3 – Dankfest: 2.35.3. 20 Caes. bell. Gall. 2.35.1. 21 Caes. bell. Gall. 3.7.1. 22 Caes. bell. Gall. 3.16.4. 23 Caes. bell. Gall. 3.10.2. Caesar Lüge oder Täuschung vorwerfen zu wollen, trifft den Punkt nicht ganz. Alles geschieht offen. Caesar handelt, wie es die Kräfteverhältnisse erlauben. Auf das Recht berufen sich die Schwachen, hören wir im Melierdialog. So bemäntelt Caesar nichts. Nur ein Buch später erfährt der Leser, wie sich das Gesandtschaftsrecht aus umgekehrter Sicht darstellt: „An dem auf die Schlacht folgenden Tag kam morgens eine zahlreiche Gesandtschaft der Germanen zu (Caesar) ins Lager, die aus allen ihren Führern und Ältesten bestand … Caesar war hocherfreut, sie in seine Gewalt zu bekommen, und befahl, sie festzuhalten.“ (Caes. bell. Gall. 4.13.4,6). Einzige Konzession Caesars in seiner Darstellung ist, dass er den Begriff „legatus“ meidet. 24 Caes. bell. Gall. 3.29. Zum Krieg bell. Gall. 3.28.1 ff., Dio 39.44. 25 Caes. bell. Gall 4.5.1. 26 Caes. bell. Gall. 4.2; vgl. 2.15. 27 Caes. bell. Gal. 4.13.1. 28 Caes. bell. Gall. 4.15. Plutarch, der sich außer auf Caesar auch noch auf den Historiker Tanusius stützt, bestätigt die Zahl (Caes. 22). 29 Plut. Caes. 22. 30 Caes. bell. Gall. 4.19.1. Derlei Aktionen waren bereits Gewohnheit geworden, ohne dass sie irgendwelchen Nutzen brachten. Allenfalls entschädigten sie für die eigene Erfolglosigkeit. Auch am Ende des Berichtes über die erste (missglückte) Invasion Britanniens steht wieder ein ähnlicher Satz: „Unsere Soldaten verfolgten (die Feinde) … und töteten mehrere von ihnen. Dann steckten sie alle Gehöfte weit und breit in Brand und zogen sich wieder ins Lager zurück.“ (bell. Gall. 4.35.3). 31 Caes. bell. Gall. 4.48.4. 32 Caes. bell. Gall. 4.20.1. 33 Caes. bell. Gall. 5.1–2. Entferung 5.2.3 (möglicherweise Interpolation). 34 Caes. bell. Gall. 8.1. 35 So der Häduer Dumnorix; s. Caes. bell. Gall. 5.5.4–8. 36 Cic. Att. 4.17.7; Q.fr. 3.1.10; vgl. Brodersen, Das römische Britannien 22–27. 37 Dio 39.53.1, Plut. Caes. 23.3, Tac. Agr. 13.1: potest videri ostendisse posteris, non tradidisse. 38 Die Zahl gilt für das Jahr 52. Im Winter 54 mögen dies einige Tonnen weniger gewesen sein, der Unmut der einheimischen Bevölkerung muss dennoch nicht weiter erklärt werden. 39 Caes. bell. Gall. 5.27. 40 Suet. Caes. 67.2; Polyaen. 8.23.23. 41 Caes. bell. Gall. 6.3.1–3. 42 Caes. bell. Gall. 6.3.4–4.5; 6.7–8; 6.5.4–6.2. 43 Caes. bell. Gall. 6.27. 44 Caes. bell. Gall. 6.29.1–3. 45 Caes. bell. Gall. 6.34.8. 46 Caes. bell. Gall. 6.34.1. 16
Caesar (15417): p. 201 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 116–130
201
47
Homines scelerati: Caes. bell. Gall. 6.34.5. Caes. bell. Gall. 6.34.8. 49 Caes. bell. Gall. 6.30. 50 Caes. bell. Gall. 6.43. 51 Caes. bell. Gall. 7.6. 52 Caes. bell. Gall. 7.8. Caesar benutzt den Vergleich von den Cevennen als Mauern zum Territorium der Arverner und betont, dass er der erste war, der zu dieser Jahreszeit das Gebirge überschritt. 53 Caes. bell. Gall. 7.14 (gekürzt). 54 Caes. bell. Gall. 7.22.1. 55 Caes. bell. Gall. 7.51.4, 7.52.4. 56 Caes. bell. Gall. 7.56. 57 Caes. bell. Gall. 7.88.1–3. 58 Caes. bell. Gall. 7.89.1–2. 59 Caes. bell. Gall. 7.89.4. Im Original kürzer: „Vercingetorix deditur, arma proiciuntur.“ 60 Plut. Caes. 15, Plin. nat. hist. 7.92. 61 Ein „Schwarzbuch“ des Krieges bei Canfora, S. 127–133. 62 J. P. Eckermann, Gespräche mit Goethe, Bd. I, Baden-Baden 1981, 115 f., 230. – Nach der (auf philologischen Argumenten basierenden) Meinung von G. Lieberg („Bellum Gallicum“ 107–113) hat Caesar das bellum Gallicum weder vollendet noch herausgegeben und ohne jegliche politische Absicht geschrieben. 48
Warten auf den Bürgerkrieg 1
Will, Der römische Mob 70–82 (mit Quellen). Plut. Pomp. 48–49.1. 3 Pompeius und Cicero: Cic. p. red. in sen. 5, dom. 30, Sest. 74. 4 Der Hebel waren Pompeius’ vielfältige Beziehungen in den Osten. Von Clodius stammt die Äußerung, das imperium sei nicht wegen des Getreidemangels beschlossen worden, sondern für Getreidemangel sei gesorgt worden, um Pompeius’ schwindendes Ansehen durch ein neues Kommando zu heben (Plut. Pomp. 49.8). Zum imperium des Pompeius s. Cic. Att. 4.1.7; vgl.: Q.fr. 2.6.1. 5 Zu Pompeius und Caesar s. Cic. prov. 25 ff., Dio 39.25.1 ff., Gelzer, Pompeius 127. 6 Luca-Vereinbarungen: Suet. Caes. 24.1, Plut. Pomp. 51, Caes. 21, Caes. 14, App. bell. civ. 2.63, Dio 39.31.2. 7 Plut. Pomp. 52, Cat. min. 43, App. bell. civ. 2.65, Vell. 2.46.2. 8 Lex Trebonia: Dio 39.33.2, 34, Plut. Pomp. 52, Cat. min. 43, Crass. 35, Caes. 28. 9 Cic. fam. 7.9.1, Suet. Caes. 26.1, 84.1, Plut. Pomp. 53.2 ff., Caes. 23.5 ff., App. bell. civ. 2.68, Dio 39.64, 40.44.3, Vell. 2.47.2. 10 Schol. Bob. 172 St., Cic. Mil. 24, Asc. 30 Z. 18 ff. 11 Asc. 31 f. C, 31 St. 12 Caes. bell. Gall. 7.1.1. 13 Asc. 35 f. Z. 25 ff. C, 33 Z. 26 ff. St., Dio 40.50.3 ff., Plut. Cat. min. 47.3 f., Pomp. 54.5 ff., Caes. 28.7. 14 Cic. fam. 8.1.3. 15 Caes. bell. Gall. 7.1.1, Asc. 34 C. 16 Plebiscitum de petitione Caesaris: Suet. Caes. 26.1, Caes. bell. civ, 1.32, Liv. per. 107. 17 Lex Pompeia de provinciis: Dio. 40.56.1. 18 Lex Pompeia de iure magistratuum: Dio 40.56.1. 2
Caesar (15417): p. 202 / 3.9.09
202
Anmerkungen zu S. 130–143
19
Suet. Caes. 28.3 Suet. Caes. 28.3. 21 Suet. Caes. 27.1. 22 Suet. Caes. 28.1. 23 Lex Pompeia Licinia de provincia C. Iulii Caesaris: Cic. Phil. 2.10, Att. 8.3.3, App. bell. civ. 2.18. 24 Spiele und Essen: Suet. Caes. 26.2 f. – Bauten Caesars: Cic. Att. 6.1.25, 4.16.8, Suet. Caes. 26.2, Plin. nat. hist. 34.18, 35.156 – Sold: Suet. Caes. 26.3. 25 Curio: Vell. 2.48.4, Val. Max. 9.1.6, Dio 40.60.2 ff., Plut. Pomp. 58.2, Caes. 29.3, Suet. Caes. 29.1, App. bell. civ. 2.101 – Aemilius Paullus: App. bell. civ. 2.101 f., Suet. Caes. 29.1, Plut. Pomp. 58.2, Caes. 29.3. 26 Dio. 40.64.1–4, Plut. Pomp. 58.6–10, Caes. 30.1–2, App. bell. civ. 2.118–121 (370:22); Gelzer, Caesar 169–170. 27 Cic. Att. 6.9.5, 7.1.1. 28 Truppenbewegungen Caesars: Caes. bell. civ. 1.7.8, 1.8.1, 1.15.3, 1.18.5, 1.37.1 f., App. bell. civ. 2.124 f., Suet. Caes. 30.1. 29 1. Januar: App. bell. civ. 2.127 ff., Dio 41.1.1 ff., Plut. Ant. 5, Cic. fam. 16.11.2 – Weitere Senatssitzungen: Caes. bell. Gall. 1.2.8, 1.5.4, Dio 41.3.4, Plut. Caes. 30.4 – Letzte Verhandlungen: Suet. Caes. 29.2 f., Plut. Caes. 31.1 f., Vell. 2.49.3 f., App. bell. civ. 2.126 – Senatsbeschluss vom 7. 1.: Vell. 2.49.4, Liv. per. 109, App. bell. civ. 2.129 f. 30 Diskussion um Beschluss, Flucht der Tribunen: Dio 41.3.1 ff., App. bell. civ. 2.129 ff., Plut. Ant. 5.8 f., Caes. 30 f., Liv. per. 109, Cic. fam. 16.11.2, Cic. Phil. 2.51,53, Caes. bell. civ. 1.5.2 ff., 1.7.2 ff., Cic. Att. 10.8.8. 31 Caes. bell. civ. 1.21. 32 Caes. bell. civ. 1.4.4. 33 Caes. bell. civ. 1.4.4. 34 Caes. bell. civ. 1.2.4–3.6. 35 Caes. bell. civ. 1.6.7–8. 20
Der Bürgerkrieg 1
Caes. bell. civ. 1.7. Plut. Caes. 32. 3 Suet. Caes. 31. 4 Plut. Caes. 33. 5 Cic. fam. 16.12.3. 6 Caes. bell. civ. 1.10–11. 7 Plut. Caes. 33. Plutarch spricht konkret vom Konsul Lentulus, der den Kompromiss verhindert habe. 8 Plut. Caes. 34. 9 Plut. Caes. 33. 10 Plut. Caes. 34. 11 Cic. Att. 7.11.1–2. 12 Cic. Att. 7.21.2. 13 Cic. Att. 9.10.2; 18. März 49. 14 Caes. bell. civ. 1.18–23. 15 Cic. Att. 9.16.2. 16 Cic. Att. 9.16.1. 17 Cic. Att. 9.7 C; vgl. 9.16.2. 2
Caesar (15417): p. 203 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 144–157 18
203
Caes. bell. civ. 3.71.4. Caes. bell. civ. 3.19. Nicht ganz ausgeschlossen scheint aber auch, dass Labienus schon immer überzeugter Parteigänger des Pompeius war, sich im Gallischen Krieg durch seine militärischen Erfolge mit der Rolle an Caesars Seite anfreundete und erst dann sich wieder ganz auf Pompeius’ Seite stellte, als er gezwungen wurde, sich zwischen den Triumvirn zu entscheiden. Das würde vieles erklären und alles Psychologisieren überflüssig machen. Vgl. Syme, 113–125: („Old Pompeian Partisan“). 20 Caes. bell. civ. 1.32.7. 21 Plut. Caes. 35. 22 Caes. bell. civ. 1.33.3–4. 23 Cic. Att. 10.10.5; 7.7.7. 24 Meuterei in Placentia: Suet. Caes. 69, App. bell. civ. 2.191–195, Dio 41.26–35, Lucan. 5.240 ff. 25 Plut. Crass. 10. 26 Caes. bell. civ. 2.21.5. 27 Caes. bell. civ. 3.13.1. 28 Caes. bell. civ. 3.19.1. 29 Caes. bell. civ. 3.10. 30 Caes. bell. civ. 3.18.3–5. 31 Caes. bell. civ. 3.69. 32 Plut. Caes. 39. 33 Vgl. Dahlheim, Caesar 163–166. 34 Plut. Caes. 41. 35 Caes. bell. civ. 3.82.3–83.4. 36 Caes. bell. civ. 3.92.4. 37 Caes. bell. civ. 3.94.3. 38 Caes. bell. civ. 3.96.1–2. 39 Plut. Caes. 46. 40 Caes. bell. civ. 3.102.1. 41 Caes. bell. civ. 3.96.3–4. 42 Caes. bell. civ. 3.102–104. 43 Caes. bell. civ. 3.106.4. 44 Caes. bell. civ. 3.106.4 f. 45 Plut. Caes. 48. 46 Plut. Caes. 48 f.; zu Caesar und Kleopatra s. Caes. civ. bell. 3.107.2, 3.103.2, Strab. 17.1.11, Pomp. Trog. prol. 40, Dio 42.34.2 ff., 51.5.4, Flor. 2.13.56, Vir. ill. 86.1, Lucan. 10.53 ff. 47 Lucan. 10.19–24. 48 Liv. bei Oros. 6.15.31, Sen. dial. 9.9.5, Plut. 49.6, Dio 42.38.2, Gell. 7.17.3 (700 000). Es gibt allerdings auch Zweifel, ob die Bibliothek tatsächlich abbrannte. 49 Ioseph. ant. Iud. 14.5.4; 14.7.1. 50 Zum Kampf um Alexandria s. Caes. bell. civ. 3.108 ff. Dio 42.36.1 ff., Plut. Caes. 49 Lucan. 10.333 ff., 361, bell. Alex. 1.1 ff., Suet. Caes. 64, App. bell. civ. 2.377, Flor. 2.13.59. 51 App. bell. civ. 2.379; vgl. Suet. Caes. 52.1. 52 Zu Kaisarion s. Plut. Caes. 49.10, Ant. 54.6, Dio. 47.31.5, Suet. Caes. 52.2, Cic. Att. 14.20.2, Suet. Aug. 17.5, Plut. Ant. 82.1, Dio 51.15.5. 53 Regelungen in Asien: bell. Alex. 66.3 ff., 78.3. 54 Pharnakes’ Eroberungen: bell. Alex. 34.1 ff., Dio 42.9.2 f., 45.1 ff., App. Mithr. 591, Strab. 12.3.14. 55 Schlacht bei Zela: bell. Alex. 72.1 ff., Dio 42.47.5 f., App. bell. civ. 2.381 ff., Suet. Caes. 19
Caesar (15417): p. 204 / 3.9.09
204
Anmerkungen zu S. 157–165
35.2 (4 Stunden); 2. August: CIL I2 S. 244; „Veni, vidi, vici“: Plut. Caes. 50.3, App. bell. civ. 2.384. 56 Plut. Caes. 52. 57 Cic. Att. 12.2.1. 58 Plut. Caes. 53. 59 Bell. Afr. 85 f. 60 Plut. Caes. 53. 61 Plut. Cat. min. 58. 62 Plut. Cat. min. 59–60. 63 Plut. Cat. min. 61. 64 Plutarch benutzte Catos Zeitgenossen Munatius Rufus in der Bearbeitung des P. Clodius Thrasea Paetus; s. Fehrle, Cato Uticensis 1–21, 319. 65 Bell. Afr. 88.2–4. 66 Römische Geschichte III 459, 9. Aufl. 1904. Mommsen mochte Cato nicht einmal Phrasen zubilligen. Er nennt sie obendrein noch „falsch“. 67 G. Büchner, Kato v. Utika, in: ders., Werke und Briefe, München 1965, 219–225, Jean Paul u. a. in: Jean Paul, Leben des Quintus Fixlein. Postscriptum. 68 M. Fabius Gallus bzw. Munatius Rufus. 69 Plut. Caes, 54 – Ciceros Cato: Cic. Att. 12.4 – Cato delectat: Cic. Att. 12.5.2 – Cato des Brutus: vgl. Cic. Att. 13.46.2 – Hirtius-Schrift: Cic. Att. 12.40.1, 41.4, 44.1, 45.2 – Caesars „Anticato“: Suet. Caes. 56.5, Cic. Att. 12.40.1 (vituperatio), 41.4, 13.50.1, 51.1, Cic. top. 94, Plut. Caes. 54.3 ff., App. bell. civ. 2.414, Tac. ann. 4.34.4, Iuv. 6.336 ff., Dio 43.13.4 – CatoCharakteristik Caesars: Plin. ep. 3.12.2 f., Sen. dial. 9.17.9, Plut. Cat. min. 36.4 f., 52.5 ff. 70 Sall. Cat. 54. 71 Plut. Caes. 56. 72 Cic. Att. 12.23.1; 19. März 45. 73 Plut. Cic. 39. 74 Cic. fam. 6.4.1. 75 Cic. fam. 15.19.4 Brief des C. Cassius an Cicero Ende Januar 45. 76 Bell.Hisp. 31.5–6. 77 Plut. Caes. 56. 78 Plut. Caes. 56. Niedrigere Verlustzahlen hat das bell. Hisp. 31.10–11. 79 Bell. Hisp. 39.
Konsul, Diktator, Staatsgott 1
Cic. Att. 13.40.1. Cic. Att. 13.52. 3 Gelzer, Cicero 320 f. 4 Cic. Att. 12.40.2, 51.2, 52.2, 13.31.4. 5 Cic. Att. 13.27.1. 6 Cic. Att.13.31.3. 7 Cic. Att. 13.40.1: Im Hades natürlich. 8 Cic. Att. 13.31.3. 9 Cic. fam. 9.15.4. 10 Cic. fam. 9.15.3. 11 Dio 41.63.5; vgl. 43.13.2. 12 Plut. Brut. 6.1 ff., Caes. 46.4, 62.3, App. bell. civ. 2.464, Dio 41.63.6, Vell. 2.52.4 f. 2
Caesar (15417): p. 205 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 165–171
205
13 Briefe Ciceros an Marcellus: Cic. fam. 4.7.5, 4.8.2., Cic. Marcell. 11 f. – Dank des Marcellus: Cic. fam. 4.11.1 f. 14 Begnadigung im Senat: Cic. fam. 4.4.3 f. 15 Dio 43.47.4–6. 16 Dio 43.9.3. 17 Konsul ohne Frühstück: Cic. fam. 7.30.1 f., Dio 43.46.2–4, Plut. Caes. 58.2 f., Plin. nat. hist. 7.181, Suet. Caes. 76.2, CIL I2 S. 28, 64. 18 Bindendes Empfehlungsrecht: Cic. Phil. 7.16, Suet. Caes. 41.2, Dio 43.51.3, Nikol. Dam. F 130.67. 19 Partherkrieg und Beamtenvorwahl 43–41: Dio. 43.51.1 f. – Magistri equitum: Dio 43.51.7, App. bell. civ. 3.30, vgl. Plin. nat. hist. 7.147 – Ämterreigen 43/42: Nikol. Dam. F 130.77, Cic. Phil. 3.37,39, 12.20, 13.26, 5.36, Cic. fam. 10.8, 11.4, Vell. 2.58.1, Dio 43.51.3,6. 20 Neue Senatoren: Dio 43.47.3, 48.22.3, Suet. Caes. 41.1, 76.3, 80.2, Cic. fam. 6.18.1, Phil. 11.12 – Neue Männer im Senat: Dio 43.47.3, Cic. div. 2.23, off. 2.29, fam. 6.18.1, 11.12, Macrob. Sat. 2.3.11, Gell. 15.4.3, Suet. Caes. 76.3, 80.2, 72. 21 Suet. Caes. 42.1. 22 Bürgerrecht für Ärzte und Provinziale: Suet. Caes. 42.1, Cic. fam. 9.15.2, 13.36.1 (Verkauf). 23 Suet. Caes. 76.3. 24 Cic. fam. 9.15.2. 25 Suet. Caes. 80.2. 26 Plut. Ant. 9. 27 Schuldenproblem: vgl. Sall. Cat. 16.4. 28 Unruhen in Rom: Liv. per. 113, Dio 42.29.1 ff., Plut. Ant. 9.1–4, B. Alex. 65.1 f., Cic. Att. 11.10.2, 23.3, Phil. 6.11, 10.22, 11.14 – Antonius in Rom: Cic. Phil. 2.71 ff., 99, Plut. Ant. 9, Caes. 51.3, Dio 45.28.3 f. 29 Zinsen und Mieten: Dio 42.51.1 f., Suet. Caes. 38.2, Cic. fam. 9.18.4., off. 2.84. 30 Cic. fam. 2.11.2. 31 Versorgung der plebs: Plut. Caes. 55.1 – Geschenke an plebs: Suet. Caes. 38.1 f., 41.3, Plut. Caes. 55.5, Dio 43.21.3 – Feste, Fleischverteilung und Spiele: Suet. Caes. 38.2, 39.1, Dio 43.22.3, 23.3 ff., Plut. Caes. 55.4, App. bell. civ. 2.423 – Menge geködert: Cic. Phil. 2.116. 32 Cic. Phil. 2.116. 33 Suet. Caes. 42.1. 34 Suet. Caes. 42.1. 35 Suet. Caes. 41.3. 36 Suet. Caes. 42.3. 37 Suet. Caes. 42.1. 38 Galsterer 322. 39 Suet. Caes. 41. 40 Suet. Caes. 42.1. 41 Suet. Caes. 43.1. 42 Suet. Caes. 42.3. 43 Suet. Caes. 43. 44 Suet. Caes. 44.2. 45 Plut. Caes. 58 46 Zum Beispiel 1700, 1800, 1900. 47 Kalenderreform: Cens. 20.8 ff., Macrob. Sat. 1.14.2 f., Plin. nat. hist. 18.211, Solin. 1.45, Suet. Caes. 40, Dio 43.26, Plut. Caes. 59.5 f., App. bell. civ. 2.648; Rüpke, Zeit und Fest 198–207.
Caesar (15417): p. 206 / 3.9.09
206 48
Anmerkungen zu S. 172–182
Cic. Verr. 2.5.77 Plut. Caes. 55. 50 Triumphe: Suet. Caes. 37 f., 78.2, App. bell. civ. 2.418 f., Dio 43.19.1 ff., 42.1, Vell. 2.56.2, Quint. inst. 6.3.61, Plut. Caes. 55 ff., Plin. nat. hist. 7.92 – Pharsalos mit Stillschweigen: Cic. Phil. 14.23, App. bell. civ. 2.419 – Geschenke an Veteranen: Suet. 38.1, App. bell. civ. 2.422, Dio 43.21.3 – Geschenke an plebs: Suet. Caes. 38.1, 41.3, Plut. Caes. 55.5, Dio 43.21. 51 Ehrungen für Caesar: Dio 43.14.2 ff., 42.3., 43.1, 44.1 ff., 45.2 ff., 44.4.2 ff., 5.2 f., 6.1 ff., 7.1, Suet. Caes. 45.2, 76.1, App. bell. civ. 2.440 ff., Liv. per. 116, Suet. Aug. 45.1, Cic. Att. 15.3.2, Nikol. Dam. F 130.78; Jehne, Staat 1987, 191 ff. – Ablehnung von Ehrungen: Dio 43.14.7. 52 Designierter Diktator auf Lebenszeit: Ios. ant. Iud. 14.10.7., CIL I2 S. 28, 61 – dictator perpetuus: Cic. Phil. 2.87 – dictator perpetuus Synonym für rex: Cic. Phil. 1.3 f.,32, 2.91, App. bell. civ. 2.463, Dio 44.8.4 f., Flor. 2.13.91, Cic. Phil. 2.86, fam. 11.3.4 – praefectus moribus: Cic. fam. 9.15.5. 53 Königs-Kleidung: Dio 43.43.2 – Diadem auf Caesar-Statue: Dio 44.9.1 ff., App. bell. civ. 2.449, Suet. Caes. 79.1, Plut. Caes. 61.8, Nikol. Dam. F 130.69 – rex–Rufe und Volkstribunen-Affäre: Dio 44.10.1,3, 11.4, Suet. Caes. 79.1 f., 80.3, App. bell. civ. 2.450 f., Vell. 2.68.4 f., Cic. Phil. 13.31, Nikol. Dam. F 130.69, Plut. Caes. 61.10, App. bell. civ. 2.575, Liv. per. 116, Obseq. 70, Val. Max. 5.7.2 – Luperkalienfest am 15. 2. 44: Cic. Phil. 2.84 ff., 3.12, 5.38, 10.7, 13.17,41, Dio 44.11.1 ff., 46.5.1 f., Val. Max. 1.6.13, Suet. Caes. 79.2, Liv. per. 116, Plut. Ant. 12.1 ff., Caes. 61.4 ff., App. bell. civ. 2.456 ff., Flor. 2.13.91, Vell. 2.56.4, Nikol. Dam. F 130.71 ff. 54 Plut. Caes. 58,6–7. 55 S. Malitz, Caesars Partherkrieg (mit der Literatur). 56 Cic. fam 12.19.2 (Dezember 46): „Parthici belli suspicione“. 57 Vgl. Iust. 42.4.6. 58 „Das wisse er genau“, schrieb Ciceros Mann in Rom, Caelius, Mitte 51 an diesen (Cic. fam. 8.5.1). 59 Cic. fin. 3.75. Das „nisi eguisset“ drückt das freilich sehr höflich aus. 60 Dio 43.51.1. 61 App. bell. civ. 2.459; vgl. aber App. bell. civ. 3.312, 4.250. 62 App. bell. civ. 2.496. 63 App. bell. civ. 2.459. 64 Mart. 2.68.4. Bei Plautus (Amph. 455) hieß pilleum capere nichts anderes als „die Freiheit erhalten“. 65 S. dazu den brillanten Aufsatz von Doebsch, Caesars Sitzenbleiben 39–102. 66 Nik. Dam. 130.78 spricht ausdrücklich nur von einem. 67 Suet. Caes. 78.1, 79.1, Liv. per. 116, Eutrop. 6.25, Dio 44.8.2, App. bell. civ. 2.446, Nik. Dam. 130.78; Dobesch, Sitzenbleiben 42 f. 68 Dio 44.8.3–4. Dobesch, Sitzenbleiben 45 f. schreibt diese Version, die Humor von „echt römisch-südländischem Gepräge“ aufweise, den Caesar-Gegnern zu. Dies ist nicht zwingend. Auch Caesars Freunde spotteten, und die Erklärung macht sich weniger über Caesar lustig als über die Senatoren, die vor Caesar standen wie einst die Hofschranzen um Ludwig XIV. 69 Dio 44.16.1. Zu den Vorzeichen s. Plut. Caes. 63.1 ff., Suet. Caes. 81.1 f., Dio 44.17.1, 18.4, App. bell. civ. 2.619, Val. Max. 1.6.13, 8.11.2, Vell. 2.57.1, Obseq. 67 – Gerücht über Königtum: Dio 44.15.3 f. – Köpfe der Verschwörung: Cic. Phil. 2.26 f., Dio 44.14.3 f. – Zahl der Caesarmörder: Eutrop. 6.25, Oros. 6.17.1 f. – Iden des März: Cic. div. 2.23, Phil. 2.88 f., 49
Caesar (15417): p. 207 / 3.9.09
Anmerkungen zu S. 182–188
207
Suet. Caes. 81.4 ff., Nik. Dam. F 130.82 ff., Dio 44.16.1 ff., App. bell. civ. 2.490 ff., Plut. Caes. 66 f. 70 Mommsen, Römisches Staatsrecht II.2 755 f. 71 Plut. Ant. 15, App. bell. civ. 2.524. 72 App. bell. civ. 2.563 f., Cic. Att. 16.14.1, Phil. 2.100. 73 Plut. Brut. 19. 74 Suet. Caes. 83. 75 App. bell. civ. 2.596, Dio 44.35.3. 76 Plut. Brut. 20; vgl. Plut. Caes. 68, Ant. 14. App. bell. civ. 598–614; Dio 44.35–53, Suet. Caes. 84 f. Nach Suet. Caes. 84.2 ließ Antonius Urkunden und Beschlüsse verlesen und fügte selbst nur einige Worte hinzu. Auch bei Appian ist Antonius’ Rede eher eine Art Kommentar zu den vorgelesenen Urkunden. Zu Shakespeares Variante (Caesar III/2) mit der rhetorisch so wirksamen Wiederholung des „ehrenwerten Brutus“ ist es von da nicht weit. 77 Dio 44.51.1–2, App. bell. civ. 2.616.
„Ein glücklicher Catilina“: Meinungen über Caesar 1
Siehe dazu und zum Folgenden Strasburger, Caesar im Urteil seiner Zeitgenossen. Cic. off. 1.26 (gekürzt). 3 Cic. Phil. 2.116. 4 Cic. Phil. 2.117: „Mit diesem Mann kann ich dich [Antonius] vergleichen, was die Machtgier betrifft.“ 5 Cic. Att. 11.6.5. 6 Das Verdienst, dies herausgearbeitet zu haben, gebührt ebenfalls Strasburger 35–40. 7 Cic. fam 11.29.1, Att. 9.7a.1 f.; 7b.1 f. (Briefe des Oppius und Balbus); vgl. Strasburger 38 f. 8 Cic. fam 14.14.2: ab urbe discedit et sceleris condemnat generum suum. (Kasten fügt in seine Übersetzung ein Adverb ein und entschärft damit (unberechtigterweise) den Passus („stempelt so“). 9 „Er selbst [Caesar] sei nicht aus Neigung oder Veranlagung nicht grausam“, fasst Cicero Curios Einschätzung in indirekter Rede zusammen, „sondern nur, weil er sich durch die Milde beim Volk beliebt zu machen glaube. Verliere er die Ergebenheit des Volkes, so werde er grausam sein.“ Cic. Att. 10.4.8. Vgl. zu Caelius Cic. fam. 8.17.2. 10 Sall. Cat. 54. Die weiteren Lobestitel bei Sallust sind synonym zu den genannten: Zuflucht für Unglückliche, Einsatz für Freunde, Hintanstellung der eigenen Person. Die bekannten Briefe Sallusts an Caesar sind zweifelhafter „Provenienz“ und lassen sich daher nicht berücksichtigen. 11 „Wer kann das noch mitansehn, kanns ertragen noch, / wenn er nicht selbst ein Wüstling, Fresser, Spieler ist, / dass sich Mamurra nimmt, was Galliens Norden einst / besessen und Britannien fern am Rand der Welt? / Verhurter Römerherr, da willst du zusehn, schweigst? / Und jener übermütig, überüppig darf / durch alle Schlafgemächer nun stolzieren wie / ein weißer Täuberich und wie Adonis selbst? / Verhurter Römerherr, da willst du zusehn, schweigst? / Weil selber du ein Wüstling, Fresser, Spieler bist. Aus diesem Grund, o Einzigimperator du, / bis in des fernsten Westens Inselreich du zogst, / dass dieser dein so abgeschlaffter Hurenschwanz / die Hunderttausend zwanzig-, dreißigfach verschlingt? / Ist da die Großmut nicht vielleicht am falschen Platz? / Hat er noch nicht genug verhurt, genug verpraßt? / Zuerst fraß er das väterliche Erbe auf, / der 2
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Anmerkungen zu S. 188–190
Pontus war die zweite Beute, dritte dann / war Spanien, wie der Tagus und sein Gold ja weiß. Gehört dem Kerl auch Gallien und Britannien schon? Was hätschelt ihr den Lumpen so? Was kann er mehr, / als dass er immer wieder fettes Gut verfrißt? / Habt ihr denn nur für ihn, ihr Ehrenmänner Roms, / als Schwiegersohn und Schwager alles ruiniert? Catull 29 (Übers. C. Fischer). 12 Ohne Hinweis irritierenderweise bei Strasburger und Christ. Yavetz 223 marginalisiert ihn. 13 Sen. nat. quaest. 5.18.4. 14 Caes. bell. civ. 1.4.1–4. 15 Caes. bell. civ. 3.32. 16 Caes. bell. civ. 1.6.8 und Cic. off. 1.26. 17 Badian, Römischer Imperialismus 126: „Ganz anders verläuft die Geschichte von Caesar, dem größten Räuber aus dieser Bande“. Autorisierte Übersetzung (s. S. 11) von G. Wirth. 18 G. Büchner, Werke und Briefe, München 1965, 221: „Kato der letzte Römer, Caesar nichts mehr als ein glücklicher Katilina.“ 19 Gesammelte Werke IV, Basel/Stuttgart 1978, 2.
Caesar (15417): p. 209 / 3.9.09
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Quellen und Abkürzungen App. App. Ill. App. Kelt. App. Mithr. App. Pun. App. Sic. Asc. C, St. Ps.-Asc. St. Athen. bell. Afr. bell. Alex. bell. Hisp. Caes. bell. civ. Caes. bell. Gall. Censor. Cic. Att. Cic. Cael. Cic. Cat. Cic. div. Cic. dom. Cic. fam. Cic. fin. Cic. Flacc. Cic. har. resp. Cic. leg. Cic. leg. agrar. Cic. Lig. Cic. Marcell. Cic. Mil. Cic. Mur. Cic. off. Cic. parad. Cic. Phil. Cic. Pis. Cic. Planc. Cic. prov. Cic. Q. fr. Cic. Rab. perd. Cic. Rab. Post. Cic. p. red. in sen. Cic. rep. Cic. S. Rosc. Cic. Scaur. Cic. Sest. Cic. Sull.
Appian, Bürgerkriege Appian, Illyrisches Buch Appian, Keltisches Buch Appian, Mithridates-Buch Appian, Karthagisches Buch Appian, Sizilisches Buch Asconius, Cicero-Scholien (Edition Clark bzw. Stangl) Pseudo-Asconius (Stangl) Athenaios, Das Gelehrtenmahl Ps.-Caesar, Krieg in Afrika Ps.-Caesar, Krieg in Alexandria Ps.-Caesar, Krieg in Spanien Caesar, Bürgerkrieg Caesar, Gallischer Krieg Censorinus, Betrachtungen zum Tag der Geburt Cicero, Briefe an Atticum Cicero, Rede für Caelius Cicero, Reden gegen Catilina Cicero, Über die Weissagung Cicero, Rede über sein eigenes Haus Cicero, Briefe an die Freunde Cicero, Über das höchste Gut und das größte Übel Cicero, Rede für Flaccus Cicero, Rede über das Gutachten der Opferschauer Cicero, Über die Gesetze Cicero Reden über das Siedlergesetz Cicero, Rede für Ligarius Cicero, Rede für Marcellus Cicero, Rede für Milo Cicero, Rede für Murena Cicero, Vom pflichtgemäßen Handeln Cicero, Widersinnige Lehrsätze der Stoiker Cicero, Philippische Reden Cicero, Rede gegen Piso Cicero, Rede für Plancus Cicero, Rede über die konsularischen Provinzen Cicero, Briefe an den Bruder Quintus Cicero, Rede für Gaius Rabirius Cicero, Rede für Gaius Rabirius Postumus Cicero, Danksagung an den Senat. Cicero, Über den Staat Cicero, Rede für Sextus Roscius Cicero, Rede für Aemilius Scaurus Cicero, Rede für Sestius Cicero, Rede für Sulla
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Quellen und Abkürzungen
Cic. top. Cic.Vat. Cic. Verr.
Cicero, Topik Cicero, Rede gegen Vatinius Cicero, Reden gegen Verres
CIL Cod. Iust. Dig. Dio Diod. Dion. Hal. Eutrop. Fenestella FGrHist Flor. Frontin. Gell. Hor. carm HRR ILS Ios. ant. Iud. Isid. orig. Iust. Iuv. Liv. Liv. per. Lucan. Macrob. Sat. Mart. Mon. Anc. Nep. Att. Nikol. Dam. Obseq. Oros. Paus. Plin. nat. hist. Plin. ep. Plut. Caes. Plut. Ant. Plut. Brut. Plut. Cat. min. Plut. Cic. Plut. Crass. Plut. Luc. Plut. mor. Plut. Pomp. Plut. Sull. Polyaen. Polyb. Poseidon. Quint. inst.
Corpus Inscriptionum Latinarum Codex Iustinianus Digesten Cassius Dio, Römische Geschichte Diodor, Bibliotheke Dionysios von Halikarnassos, Römische Altertümer Eutrop, Abriss der römischen Geschichte s. HRR Die Fragmente der Griechischen Historiker (ed. Jacoby) Florus, Römische Geschichte Frontin, Kriegslisten Gellius, Attische Nächte Horaz, Gedichte (Oden) Historicorum Romanorum Reliquiae (ed. Peter) H. Dessau, Inscriptiones Latinae selectae, Berlin 1892 ff. Flavius Iosephus, Römische Altertümer Isidorus, Ursprünge oder Worterklärungen Pompeius Trogus, Weltgeschichte im Auszug des Justin Iuvenal, Satiren Livius, Römische Geschichte Livius, Periochae (Inhaltsangaben) Lucan, Bürgerkrieg Macrobius, Saturnalia Martial, Epigramme Monumentum Ancyranum (Tatenbericht des Augustus) Nepos, Atticus Nikolaos von Damaskos s. FGrHist 90 Iulius Obsequens, Buch der Vorzeichen Orosius, Die Weltgeschichte in christlicher Sicht Pausanias, Reisen in Griechenland Plinius der Ältere, Naturkunde Plinius der Jüngere., Briefe Plutarch, Caesar Plutarch, Antonius Plutarch, Brutus Plutarch, Cato minor Plutarch, Cicero Plutarch, Crassus Plutarch, Lucullus Plutarch, Moralia Plutarch, Pompeius Plutarch, Sulla Polyainos, Kriegslisten Polybios, Geschichte Poseidonios s. FGrHist 87 Quintilian, Ausbildung des Redners
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Quellen und Abkürzungen Sall. Cat. Sall. Iug. Schol. Bob. St. Schol. Gronov. Sen. dial. Sen. ep. Sen. nat. quaest. Solin. Strab. Suet. Caes. Suet. Aug. Suet. Claud. Suet. Tib. Syll. Tac. hist. Val. Max. Varro l. l. Varro rust. Vell. Vir. ill.
Sallust, Die Verschwörung Catilinas Sallust, Der Krieg mit Jugurtha Scholia Bobiensia (Edition Stangl) Scholiasta Gronovianus (Edition Stangl) Seneca, Dialoge Seneca, Briefe an Lucilius Seneca, Naturwissenschaftliche Untersuchungen C. Julius Solinus, Sammlung merkwürdiger Dinge Strabo(n), Geographica Sueton, Caesar Sueton, Augustus Sueton, Claudius Sueton, Tiberius W. Dittenberger, Sylloge Inscriptionum Graecarum, Leipzig 3 1917 Tacitus, Historien Valerius Maximus, Denkwürdige Taten und Worte M. Terentius Varro, Über die lateinische Sprache M. Terentius Varro, Über die Landwirtschaft Velleius Paterculus, Römische Geschichte Über berühmte Männer (Ps.-Aurelius Victor)
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Übersetzungen in Auswahl Appian: Römische Geschichte, Bd. 1. Die römische Reichsbildung, übers. v. O. Veh, eingel. v. K. Brodersen, Stuttgart 1987, Bd. 2. Die Bürgerkriege, übers. v. O. Veh, eingel. v. W. Will, Stuttgart 1989. Asconius (Teilübersetzung): in: Cicero, Rede für Milo, übers. v. M. Giebel, Stuttgart 1985. Augustus, Schriften, Reden und Aussprüche, hrsg., übers. u. komm. v. K. Bringmann und D. Wiegandt, Darmstadt 2008. Caesar: Sämtliche Werke, übers. v. K. Blümel u. W. Stammler, Essen, Stuttgart o. J., Die Bürgerkriege, übers. v. G. Wirth, Reinbek 1966. Caesar: Der Gallische Krieg, übers. v. O. Schönberger, München–Zürich 1990; –, übers. v. M. Deissmann, Stuttgart 1981; –, übers. v. G. Dorminger, München 1962. Caesar: Bürgerkrieg, übers. v. O. Schönberger, München – Zürich 2 1990. Cassius Dio: Römische Geschichte, eingel. v. G. Wirth, übers. v. O. Veh, 5 Bde., Zürich – München 1985–1987. Catull(us): Gedichte, übers. v. V. Ebersbach, Leipzig 1981. Sämtliche Gedichte, eingel. u. übers. v. O. Weinreich, Zürich 1969, Sämtliche Gedichte, komm. v. G. P. Goold, übers. v. C. Fischer, München 1987. Censorinus, Betrachtungen zum Tag der Geburt, übers. u. komm. v. K. Sallman, Leipzig 1988 Cicero, Marcus Tullius: Sämtliche Reden, 7 Bde., übers. v. M. Fuhrmann, Zürich 1970–1982; Staatsreden, übers. v. H. Kasten, 3 Bde., Berlin 1969–1970; Atticus-Briefe, übers. v. H. Kasten, Zürich–München 4 1990; An seine Freunde, übers. v. H. Kasten, München 3 1980; An Bruder Quintus, An Brutus, Brieffragmente, übers. v. H. Kasten, München 2 1976; Staatstheoretische Schriften, übers. v. K. Ziegler, Berlin 1974. Cicero, Quintus Tullius: Commentariolum petitionis, hrsg., übers. u. eingel. v. G. Laser, Darmstadt 2001. Diodor(os): Griechische Weltgeschichte, übers. v. O. Veh u. G. Wirth (bisher 9 Bde.: Buch I–XVI, XVII–XX u. Fragmente), Stuttgart 1992–2008. Florus: Römische Geschichte, eingel., übers. u. komm. v. G. Laser, Darmstadt 2005. Frontin(us): Kriegslisten, übers. v. G. Bendz, Darmstadt 3 1987. Gellius: Die attischen Nächte, übers. v. F. Weiss, 2 Bde., Darmstadt 1981 (= Leipzig 1875 f.). Horaz, Sämtliche Werke, hrsg. v. H. Färber, München 1960. Iosephus: Der jüdische Krieg, übers. v. H. Endrös, Nachw. v. G. Wirth, München 1980; Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer, eingel. u. übers. v. H. Clementz, Wiesbaden o. J. Iustin(us): Pompeius Trogus, Weltgeschichte im Auszug des Iustin, eingel. u. übers. v. O. Seel, Zürich – München 1972. Iuvenal(is): Übers. v. W. Plankl, München 1958, H. C. Schnur, Stuttgart 1988. Livius: Römische Geschichte, übers. v. H. J. Hillen u. J. Feix, München/Zürich 1980–2000. Nepos: Berühmte Männer, übers. u. erl. v. G. Wirth, München 5 1982. Atticus, übers. v. R. Feger, Stuttgart 1984.
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Übersetzungen in Auswahl
Nikolaos von Damaskus, Leben des Kaisers Augustus, hrsg., übers. und komm. v. J. Malitz, Darmstadt 2003. Orosius, Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht, übers. v. A. Lippold, Zürich– München 1985. Plinius d. Ältere, Naturkunde, hrsg. u. übers. von R. König, München–Zürich 1973 ff. Plinius d. Jüngere, Briefe, übers. v. W. Krenkel, Berlin–Weimar 1984; Briefe, übers. v. H. Kasten, München–Zürich 5 1984. Plutarch(os): Große Griechen und Römer, eingel. u. übers. v. K. Ziegler, Bde. 1–6, Zürich 1954–1965. Polybios: Geschichte, eingel. u. übers. v. H. Drexler, 2 Bde., Zürich–Stuttgart 1961–63. Poseidonios: s. J. Malitz, Die Historien des Poseidonios, Zetemata 79, München 1983. Quintilian(us): Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher, übers. v. H. Rahn, 2 Bde., Darmstadt 2 1988. Die frühen römischen Historiker I–II, hrsg., übers. u. komm. v. H. Beck u. U. Walter, Darmstadt 2001–2004. Sallust(ius): Werke, übers. v. W. Eisenhut u. J. Lindauer, Zürich–München 1985, Zwei politische Briefe an Caesar, übers. v. K. Büchner, Stuttgart 1974, Die Verschwörung des Catilina, übers. v. K. Büchner, Stuttgart 1981, Der Krieg mit Jugurtha, übers. v. K. Büchner, Stuttgart 1981, Zeitgeschichte, übers. v. O. Leggewie, Stuttgart 1975. L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften, übers., eingel. und mit. Anm. vers. v. Manfred Rosenbach, 5 Bände, Darmstadt 1980–1989. Seneca, Naturwissenschaftliche Untersuchungen, übers. u. hrsg. v. O. und E. Schönberger, Stuttgart 1998. Strabo, Geographica, übers. v. A. Forbiger, Wiesbaden 2005. Sueton(ius): Kaiserbiographien, Über berühmte Männer, übers. v. A. Stahr u. W. Krenkel, Berlin–Weimar 2 1985, Leben der Caesaren, übers. v. A. Lambert, München 1972. Valerius Maximus, Sammlung merkwürdiger Reden und Thaten, übers. v. F. Hoffmann, Stuttgart 1928–29. Velleius Paterculus: Römische Geschichte, hrsg. u. übers. v. M. Giebel, Stuttgart 1989. Die deutschsprachigen Quellenzitate stammen, sofern sie nicht vom Verf. sind, aus den angeführten Übersetzungen.
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Glossar Ädile: Römische Beamte, denen die Aufsicht über Tempel, Märkte, Straßen und Plätze, Bordelle, Bäder und die Wasserversorgung oblag. Dazu kamen die Lebensmittelversorgung und die Ausrichtung der öffentlichen Spiele. Durch besonders aufwendige Spiele suchten sie die Gunst der städtischen Bevölkerung zu gewinnen und damit ihre weitere Karriere zu sichern. Boni: Die „Gutgesinnten“, im Gegensatz zur plebs diejenigen Bürger aus dem Senatoren- und Ritterstand, die der aristokratischen Staatsform zugeneigt sind. Oft auch als Synonym zu Optimaten gebraucht. Concilia plebis: Ursprünglich die Versammlungen der plebejischen Sondergemeinde, deren Beschlüsse (plebiscita) 287 mit denen der Komitien (leges) gleichgestellt worden waren. Abgesehen davon, dass ihnen weiterhin die Wahl der Volkstribunen und plebejischen Ädile oblag und Patrizier von dieser Versammlungsform ausgeschlossen blieben, unterschieden sie sich seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. kaum noch von den nach gleichem Prinzip funktionierenden Tributkomitien. Contio: Nicht beschlussfähige, ungegliederte Volksversammlung, die wie die Komitien von einem Magistrat einberufen und geleitet wurde. Contiones dienten dazu, Mitteilungen an das Volk zu machen sowie Gesetzesanträge zu debattieren und stellten damit sowohl ein Propagandainstrument magistratischer Interessen als auch ein wichtiges Mittel zur Einbeziehung des Volkes in den politischen Entscheidungsprozess dar. Interzession: Ursprünglich im Ständekampf Einspruch eines Volkstribunen gegen einen patrizischen Beamten zum Schutz der Plebejer vor magistratischen Zwangsmaßnahmen. Später besaß jeder Magistrat das Recht der Interzession gegenüber seinem gleichrangigen Kollegen und niederrangigen Amtsträgern. Politisch bedeutsam war in der späten Republik vor allem die Interzession der Volkstribunen, die der Senat als Kontroll- und Obstruktionsinstrument gegen eigenmächtig handelnde Standesgenossen sowie gegen eine von anderen Tribunen verfolgte populare Politik einsetzte. Komitien: Versammlungen des gesamten Volkes, die für die Entscheidung über Krieg und Frieden und bestimmte Prozesse, die Gesetzgebung und die Wahl der Magistrate zuständig waren. Einberufen und geleitet wurden die Komitien von einem Magistrat, die Versammlung selbst konnte weder aus eigener Initiative zusammentreten noch Anträge stellen oder vorgelegte modifizieren. Die Abstimmung erfolgte seit 131 v. Chr. geheim und entsprechend den verschiedenen Gliederungsprinzipien des römischen Volkes nach Stimmkörperschaften: Die auf die Königszeit zurückgehenden Curiatkomitien (Versammlung der 30 Kurien) spielten in der späten Republik nur noch bei der förmlichen Bestätigung der gewählten Magistrate und bei Adoptionen eine Rolle; anstelle der Kurien nahmen 30 Liktoren die Abstimmung vor. Die aus der Heeresversammlung hervorgegangenen und daher weiterhin auf dem Marsfeld zusammentretenden Zenturiatkomitien stellten den wichtigsten Typ der Volksversammlung dar: Sie bestimmten über Krieg und Frieden, die Wahl der höheren Magistrate (Konsuln, Zensoren, Prätoren) und Gesetzesanträge. Das die wohlhabenden Schichten extrem begünstigende Abstimmungsverfahren beruhte darauf, dass das Volk nach Vermögen in 193 Zenturien (18 für Reiter, 175 für Fußsoldaten) mit je einer Stimme eingeteilt war. Da die 1. Vermögensklasse, die nach den Rittern
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Glossar
wohlhabendsten Bürger, auf 80 bzw. (seit Mitte des 3. Jahrhunderts) 70 Zenturien verteilt waren, erreichten sie zusammen mit den 18 Ritterzenturien und einem Teil der 2. Zensusklasse bereits die absolute Mehrheit. Die (zahlenmäßige) Mehrheit der ärmeren Bevölkerung war lediglich in den letzten fünf Zenturien vertreten und kam, da die Abstimmung mit den höchsten Zensusklassen begonnen wurde, meist gar nicht mehr zur Stimmabgabe. Die Tributkomitien, denen die Wahl der niederen Magistrate (kurulische Ädile, Quästoren) oblag, waren wie die concilia plebis nach lokalen Bezirken (tribus) organisiert (4 städtische, 31 ländliche Tribus). Diese, gemessen an der Gesamtbürgerzahl, ungleiche Verteilung sicherte das Übergewicht der grundbesitzenden Aristokratie. Um es zu erhalten, wurden (seit dem 2. Jh.) die Freigelassenen allein in den vier städtischen Tribus eingeschrieben und die Neubürger (insbesondere die Italiker nach dem Bundesgenossenkrieg) ungleichmäßig auf eine beschränkte Zahl von Tribus verteilt. Aufgrund ihrer einfacheren „Handhabung“ übernahmen Tributkomitien und concilia plebis in der späten Republik zunehmend die Gesetzgebungsfunktion der Zenturiatkomitien. Kurulisch: Kurulische Ämter sind diejenigen, zu denen als Rangabzeichen außer der toga praetexta (Toga mit Purpursaum) die sella curulis, ein elfenbeinbeschlagener Sessel, als Amtssitz gehörten: Kurulische Ädilität, Prätur, Konsulat, Zensur. Lex: Gesetz (lex agraria = Ackergesetz, lex frumentaria = Getreidegesetz, lex iudiciaria = Gesetz über das Gerichtswesen). Nobilität: Im Sprachgebrauch der späten Republik der aus dem Senatorenstand herausgehobene kleine Kreis der führenden patrizischen und plebejischen Familien, die unter ihren Angehörigen und Vorfahren wenigstens einen Konsul hatten. Obnuntiatio: Terminus der römischen Auguralsprache: Meldung von ungünstigen Vorzeichen (meist Donner und Blitz), die magistratische Handlungen (politisch relevant: die Abhaltung von Volksversammlungen) verhinderte bzw. ihre Unterbrechung verlangte. In der späten Republik war die Obnuntiation bevorzugtes Mittel der Optimaten, unliebsame Gesetzesvorhaben des innenpolitischen Gegners zu boykottieren. Optimaten: „Die Besten“, Selbstbezeichnung des Senatorenstandes, vor allem aber im engeren Sinne der Politiker, die sich im Gegensatz zu den Popularen zur Durchsetzung ihrer Politik des Senats bedienten und seine Autorität gegenüber Magistraten und Volksversammlung verteidigten. Plebs: Als standesrechtlicher Unterscheidungsbegriff bezeichnet plebs alle Bürger, die nicht zum Patriziat gehörten. Wichtiger ist indes vor allem in der späteren Republik die Verwendung des Begriffs plebs als Kategorie der sozialen Differenzierung für alle Bürger unterhalb des Senatoren- und Ritterstandes: plebs urbana bezeichnet die in Rom ansässigen städtischen Massen, plebs rustica die einfache Landbevölkerung. Populares: „Volksmänner“, Politiker (wie die Optimaten Angehörige des Senatorenstandes), die ihre politischen Ziele mit Hilfe des Volkstribunats und der Volksversammlungen gegen die Senatsmehrheit durchzusetzen versuchten. Traditionelles Programm popularer Politik war die Interessenvertretung der breiten Bevölkerung (Acker- und Getreidegesetze, Schutz des Bürgers vor magistratischer Willkür). Prätor: Römischer Magistrat. Nachdem praetor wohl ursprünglich der Titel der beiden später Konsul genannten Oberbeamten war, wurde 367/66 v. Chr. zur Entlastung des Konsulats das Amt eines praetor urbanus, 242 v. Chr. das des praetor peregrinus eingerichtet, jenes zuständig für die Jurisdiktion zwischen römischen Bürgern, dieses für die zwischen Fremden bzw. Fremden und Römern. Zur Verwaltung der ersten
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römischen Provinzen sind 227 (Sizilien und Sardinien-Korsika) und 197 (die beiden spanischen Provinzen) vier weitere Präturen geschaffen worden. Sulla erhöhte im Jahr 81 ihre Zahl auf acht (Caesar später auf 16) und übertrug ihnen den Vorsitz in den Geschworenengerichten. Die Provinzverwaltung versahen nun ausschließlich Promagistrate. Die Prätoren standen dem Rang nach unter den Konsuln, besaßen wie diese das imperium und konnten Senats- und Volksversammlungen einberufen und leiten. Promagistrat (Prokonsul, Proprätor): Stellvertretender Magistrat, Person, die „an Stelle eines Magistrats“ (pro magistratu, pro consule, pro praetore) Amtsgewalt ausübte. Der Ursprung der Promagistratur liegt in den Kriegen des späten 4. und 3. Jahrhunderts mit ihren zahlreichen Kriegsschauplätzen, bei denen die Zahl der magistratischen Imperiumsträger (Konsuln, Prätoren) nicht ausreichte bzw. ein reibungsloser Kommandowechsel nach Ablauf des Amtsjahres nicht möglich war. In dieser Situation ging man dazu über, – in der Regel durch Senatsbeschluss – die Amtsgewalt der amtierenden Konsuln und Prätoren zu verlängern (Prorogation, Prolongation), bisweilen auch Privatleute direkt zu Promagistraten zu ernennen. Auch die Statthalterschaft in den seit 197 hinzugekommenen Provinzen wurde von Promagistraten übernommen. Eine Änderung dieser Praxis erfolgte 82 durch Sulla, der militärische und zivile Kompetenzen insofern trennte, als nun Konsuln und Prätoren ihr Amtsjahr in Rom verbrachten und anschließend als Prokonsuln und Proprätoren die Verwaltung einer Provinz übernahmen. Ein Gesetz des Pompeius von 52 schrieb eine Frist von fünf Jahren zwischen Magistratur und Promagistratur vor. Provocatio: Appellation eines römischen Bürgers gegen magistratische Zwangsmaßnahmen (coercitio) an das Volksgericht. Das Provokationsrecht, seit 300 v. Chr. für die Stadt Rom anerkannt, Anfang des 2. Jahrhunderts auch für die Provinzen, stellte das wichtigste Freiheitsrecht des römischen Bürgers dar. Quästoren: Römische Beamte (ursprünglich zwei, seit 421 v. Chr. vier, im 3. Jahrhundert acht, seit Sulla 20 und unter Caesar 40), die im Wesentlichen in der Stadt Rom mit der Finanzverwaltung beauftragt waren oder den Provinzstatthaltern als Hilfsbeamte beigegeben wurden und in dieser Funktion neben der Kassenverwaltung auch richterliche und gegebenenfalls militärische Aufgaben übernahmen. Seit Sulla führte die Bekleidung der Quästur als des untersten Amtes im cursus honorum zur Mitgliedschaft im Senat. Ritter: Im engeren Sinne die 1800 Besitzer von Staatspferden, im weiteren Sinne alle diejenigen, die mit einem Vermögen von 400 000 HS den Rittercensus erfüllten. Ursprünglich waren damit alle Senatoren bzw. nobiles gleichzeitig Ritter. Eine rechtliche und soziale Differenzierung innerhalb der equites setzte erst 219 mit der lex Claudia de nave senatorum ein, welche die Senatoren vom Besitz größerer Handelsschiffe ausschloss, 129 v. Chr. „konstituierte sich“ durch die Bestimmung, dass jeder zum Senator aufgestiegene Ritter sein Staatspferd abzugeben habe, der Ritterstand (ordo equester) als eigener Stand zwischen ordo senatorius und plebs. Die Ritter, die häufig aus den Munizipien Italiens stammten, stellten mit Ausnahme der publicani weder eine geschlossene soziale Gruppe dar – unter ihnen fanden sich z. B. Großgrundbesitzer, Geschäftsleute, Offiziere – noch traten sie politisch mit eigenem Standesbewusstsein gegenüber Senatorenstand bzw. Nobilität auf. Tribus: Ursprünglich gentilizische Abteilung der römischen Bürgerschaft (3 Tribus zu je 10 Kurien), seit dem 5. Jahrhundert geographische Einteilung und zugleich Stimmeinheit der concilia plebis und der Tributkomitien mit zunächst vier städtischen (tribus urbanae) und 16 oder 17 ländlichen (tribus rusticae), seit 241 v. Chr. vier städtischen und 31 ländlichen Tribus. Die später neu ins römische Bürgerrecht auf-
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Glossar
genommenen Städte und Gebiete wurden meist nach politischen Gesichtspunkten auf die bestehenden Tribus verteilt, so die Freigelassenen, um ihren politischen Einfluss zu mindern, lediglich auf die vier tribus urbanae. Volkstribunen (tribuni plebis): Ursprünglich im Ständekampf Sonderbeamte der plebs, welche die Plebejer mittels Interzession und gestützt auf ihre eidlich garantierte Unverletzlichkeit (sacrosanctitas) vor Übergriffen patrizischer Magistrate schützten. Auch nach Ende des Ständekampfes und schrittweiser gesamtstaatlicher Anerkennung ihres Amtes blieben die zehn Volkstribunen plebejische Beamte, die in den concilia plebis gewählt wurden. Ihre Bedeutung in der späten Republik resultiert daraus, dass sie einerseits durch ihr Recht, die concilia plebis zu leiten und ihnen Gesetze zur Abstimmung vorzulegen, Exponenten popularer Politik waren, andererseits den Optimaten durch ihr umfassendes Interzessionsrecht dazu dienten, eigenmächtige Magistrate sowie populare Politik vertretende Kollegen zu kontrollieren. Zensor: Römischer Beamter. Hauptaufgaben der beiden Zensoren, die nur alle fünf Jahre für 18 Monate gewählt wurden und die vorher das Konsulat bekleidet haben mussten, waren die Aufstellung der Bürgerliste, die Einteilung der Bürger in die Tribus und die Vermögensschätzung sowie die Führung der Senatoren- und der Ritterliste. Daraus erwuchs ihnen eine Art Sittengerichtsbarkeit, da sie bei der standesgemäßen Einteilung der Bürgerschaft moralisches Fehlverhalten einzelner Bürger zu berücksichtigen und gegebenenfalls durch Versetzung in eine andere Tribus oder Streichung von der Senats- oder Ritterliste zu sanktionieren hatten. Außerdem oblag den Zensoren die Verpachtung der Einkünfte aus Steuern, Zöllen, Staatsland und Bergwerken sowie die Vergabe öffentlicher Bauaufträge an Privatunternehmer.
Für Rat und Hilfe danke ich Manfred Clauss, Jürgen Frölich, Werner Mayer und Jan Timmer.
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Zeittafel 100 85? 84?
Am 13. Quintilis (Juli) wird Caesar geboren. Caesars Vater stirbt. Wahl zum Jupiterpriester (flamen Dialis). Trennung von der Verlobten Cossutia. Ehe mit Cinnas Tochter Cornelia. 81 Geburt der Julia. Schwierigkeiten mit dem Diktator Sulla. 80 Militärdienst beim Statthalter von Asia. Teilnahme an der Eroberung Mitylenes, Auszeichnung mit der corona civica (Bürgerkrone). 78 Kriegsdienst beim Prokonsul von Kilikien. Rückkehr nach Rom. 75? Fahrt nach Rhodos (November). Caesar fällt unter die Seeräuber. Er nimmt die Seeräuber fest (Februar). 73 Caesar wird zum pontifex kooptiert und kehrt nach Rom zurück. 72 Wahl zum Militärtribunen. 73–71 Beteiligung am Kampf gegen Spartacus (?). 69 (68)? Caesars Tante Iulia und seine Gattin Cornelia sterben. Caesar geht als Quästor nach Spanien. 67 Heirat mit Pompeia. Curator der Via Appia. Die lex Gabinia gibt dem Pompeius das Oberkommando gegen die Seeräuber. Caesar unterstützt das Gesetz. 65 Caesar wird Kurulischer Ädil. Großzügige Veranstaltung von Spielen. 63 Cicero Konsul. Caesar wird zum pontifex maximus gewählt. Geburt des Gaius Octavius (später Augustus). Verschwörung Catilinas. 5. Dezember: Exekution der fünf Catilinarier. Tod des Mithridates. Pompeius’ Neuordnung des Ostens. 62 Niederlage und Tod Catilinas. Bona-Dea-Skandal in Caesars Haus (Dezember). Pompeius landet in Italien und entlässt sein Heer. 61 Der Senat widersetzt sich den Forderungen des Pompeius und des Crassus. Caesar ist Proprätor in der Hispania Ulterior. 60 Ankunft Caesars in Rom zur Konsulatsbewerbung (Anfang Juni). Wahlbündnis mit Lucceius. Caesar und Bibulus werden zu Konsuln gewählt (Juli). Erstes Triumvirat zwischen Caesar, Crassus und Pompeius (Ende des Jahres). 59 Caesar Konsul: 1. Agrargesetz Caesars (lex Iulia agraria). Herabsetzung der Pachtsumme für die Provinz Asia (lex Iulia de publicanis). Bestätigung von Pompeius’ Anordnungen im Osten (lex Iulia de actis Cn. Pompei confirmandis). Anerkennung Ptolemaios’ XII. als König von Ägypten (lex Iulia de rege Alexandrino). 2. Agrargesetz Caesars (lex Iulia agraria Campana). Hochzeit des Pompeius mit Iulia (April). Die Lex Vatinia gibt Caesar das diesseitige Gallien und Illyricum für fünf Jahre, der Senat fügt das jenseitige Gallien (Narbonensis) hinzu (Mai–Juni). Vettius-Affäre (Juli). Clodius wird Volkstribun (10. 12.): Promulgation des Getreide-, Obnuntation-, Kollegien- und Zensurgesetzes. 58 Lucius Calpurnius Piso und Aulus Gabinius Konsuln. Cato reist zur Annexion Zyperns ab, Caesar bricht nach Geneva auf. Cicero flieht aus Rom. Gallien: Caesar besiegt zunächst die Helvetier (Juni) und dann den Germanenkönig Ariovist (September). 57 Rückkehr Ciceros nach Rom (5. 9.). Pompeius wird mit der cura annonae betraut (2. 10.)
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Zeittafel Gallien: Caesar fällt in das Gebiet der Belger ein. Unterwerfung der Suessionen, Bellovacer, Nervier, Atuatucer und anderer Völker. Cicero versucht, das Triumvirat zu sprengen; seine Rede in Vatinium. So genannte Konferenz von Luca: Erneuerung des Triumvirats (April). Der Senat berät über Caesars Provinzen (Juni). Gallien: Siege Caesars und seiner Feldherren über die keltischen Völker der Atlantikküste. Verschleppung der Wahlen. Pompeius und Crassus zum zweiten Male Konsuln. Lex Trebonia gibt Pompeius Spanien, Crassus Syrien, jeweils für fünf Jahre. Lex Pompeia Licinia verlängert Caesars Kommando in Gallien um weitere fünf Jahre. Cicero verteidigt Vatinius. Gallien: Caesar besiegt germanische Völker. 1. Rheinübergang bei Neuwied (August). 1. Überfahrt nach Britannien. Unruhen und Skandale verzögern die Konsulwahlen lange. Tod von Caesars Tochter Julia, Gattin des Pompeius (August). Gallien: 2. Britannien-Expedition Caesars. Eroberungen in Südengland. Friedensschluß (Juni–Oktober). Straßenschlachten zwischen den Anhängern des Clodius und des Annius Milo. Niederlage und Tod des Crassus bei Carrhae in Mesopotamien. Gallien: Aufstand germanischer und gallischer Völker gegen die römische Herrschaft. 15 Kohorten werden vernichtet. Ermordung des Clodius (Januar), Unruhen. Pompeius alleiniger Konsul (bis August). Er stellt die Ordnung wieder her. Plebiszit der zehn Tribune verleiht Caesar das Privileg, seine Kandidatur um das Konsulat in absentia anzumelden (Frühjahr). Pompeius heiratet Metellus’ Tochter Cornelia. Er beantragt ein Gesetz, das Konsuln und Prätoren die Bekleidung der Promagistratur erst fünf Jahre nach Ablauf ihrer Amtszeit gestattet (lex Pompeia de provinciis). Ein weiteres Gesetz des Pompeius verlangt von allen Amtsbewerbern Anwesenheit in Rom (lex Pompeia de iure magistratuum) Pompeius kooptiert Metellus zum Mitkonsul (1. 8.) Gallien: Allgemeine Erhebung in Gallien unter Vercingetorix, der schließlich in Alesia kapituliert. Der Versuch des Konsuls Marcus Marcellus, Caesar abzuberufen, scheitert. Ciceros Schrift De re publica. Cicero wird Statthalter von Kilikien. Der Senat beschließt ab dem 1. März 50 (als frühestem Zeitpunkt) über die konsularischen Provinzen zu verhandeln. Caesar droht damit die Abberufung aus Gallien (29. 9.). Der Tribun Curio vereitelt Versuche, Caesar abzuberufen. Rückkehr Ciceros nach Rom. Caesar überschreitet den Rubicon (11./12. 1.) und eröffnet damit den Bürgerkrieg. Vormarsch entlang der Adriaküste. Pompeius verlässt erst Rom und dann Italien (März). Nach einem Aufenthalt in Rom zieht Caesar nach Spanien, um die dort stationierten Truppen des Pompeius zu bekriegen. Kapitulation der Pompeianer (August/September). Eroberung von Massilia (Oktober). Caesar folgt Pompeius nach Griechenland. Nach ersten Kämpfen in Epirus besiegt er ihn am 9. August bei Pharsalos. Pompeius flieht nach Ägypten und wird dort ermordet (28. 9). Caesar erreicht Alexandria. Einmischung in den Thronfolgestreit zwischen Kleopatra und Ptolemaios XIV: Alexandrinischer Krieg.
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Kämpfe in Ägypten; Aufbruch Caesars nach Syrien (Juni). Sieg über Pharnakes (2. 8.). Rückkehr nach Rom (September). Übergang nach Afrika (Dezember). Afrikanischer Krieg. Caesar besiegt Metellus Scipio und König Juba bei Thapsos (6. 4.); Selbstmord Catos in Utica. Rückkehr nach Rom (Juli–November). Caesar feiert vier Triumphe. Erneuter Aufbruch nach Spanien (Dezember). Spanischer Krieg: Caesar besiegt die Söhne des Pompeius bei Munda (17. 3.). Ciceros Cato, Caesars Anticato. Volksbeschluss überträgt Caesar die Führung des Partherkrieges und das Recht, die Beamten für die Jahre 43–41 zu bestellen. Wahl der Beamten für 43. Caesar wird dictator perpetuus (Februar). 15. März: Caesar wird ermordet. Konsul: Marcus Antonius, consul suffectus: Publius Dolabella Leichenrede des Antonius (20. März?)
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Register Die hochgestellten Ziffern hinter den Seitenzahlen beziehen sich auf die jeweilige Anmerkungsnummer. M. Acilius Glabrio (cos. 67) 50 Acutius Rufus 150 M. Aemilius Lepidus (cos. 78) 36, 43, 1945 M. Aemilius Lepidus (cos. 46) 147, 171 L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 50) 131, 20225 L. Afranius (cos. 60) 150, 158 Ahenobarbus s. Domitius Alexander (d. Gr.) 14, 26, 47, 96, 111, 147, 152, 154, 174, 177, 186, 19714 Ambiorix 113–117 T. Annius Milo (pr. 55) 14, 124–128, 130, 181 Antiochos III. 15 Antistius Vetus 1955 C. Antonius (cos. 63) 37, 39, 58, 60 M. Antonius (cos. 99) 48 M. Antonius Creticus (pr. 74) 41, 19413 M. Antonius (cos. 44) 32, 133 f., 148, 165, 167, 176, 181–183, 187, 20528 , 2074;76 Appian 24, 32, 78, 155, 158, 178, 20776 Apollonios Molon 38 L. Appuleius Saturninus (tr. 103, 100, 99) 14, 56 Ariovist 102–104 Arsinoe 172 C. Asinius Pollio (cos. 40) 137 f., 151, 19720 Atticus s. Pomponius P. Attius Varus (pr. 53?) 176–178, 186 Augustus 13, 26, 30, 32, 44, 56 f., 99, 156, 175, 188, 191 Aurelia 25, 41 C. Aurelius Cotta (cos. 75) 25, 19514 L. Aurelius Cotta (cos. 65) 45 Q. Aurelius 72 L. Aurunculeius Cotta (Legat 54) 90 P. Autronius Paetus (cos. des. 65) 54 Balbus s. Cornelius Bibulus s. Calpurnius Brecht, Bertolt 40
Brutus s. Iunius Büchner, Georg 160, 190 Q. Caecilius Metellus Celer (cos. 60) 56 Q. Caecilius Metellus Creticus (cos. 69) 19514 Q. Caecilius Metellus Nepos (cos. 57) 68 f., 1973 Q. Caecilius Metellus Pius (cos. 80) 20, 46 Q. Caecilius Metellus Pius Scipio Nasica (cos. 52) 150, 157 f., 161, 172, 189 f. M. Caelius Rufus (pr. 48 ) 128, 188, 20658 , 2079 Caepio s. Iunius Calpurnia 181 f., 19923 M. Calpurnius Bibulus (cos. 59) 36, 52, 54, 77–79, 82, 84–87, 89, 91, 126, 128, 148 C. Calpurnius Piso (cos. 67) 55, 62 L. Calpurnius Piso Caesoninus 188, 19923 Casca s. Servilius Cassius Dio 67, 85, 112, 172, 178, 180 C. Cassius Longinus (pr. 44) 182, 20475 Catilina (L. Sergius C.) 24, 38, 44, 53, 55, 57–66, 68–71, 73, 104, 159, 185 f. Cato (M. Porcius C. Censorius) 16 Cato (M. Porcius C. Uticensis) 14, 43, 64, 68 f., 76, 78–80, 82, 84–86, 110, 126–128, 139, 157, 165, 171 f., 178 f., 188 f., 20464 Catull(us) (C. Valerius C.) 92, 188, 207 f.11 Cicero (M. Tullius C.) 14, 16, 18, 20–22, 25, 29, 36 f., 43, 55–73, 76 f., 79–81, 86–89, 92, 98, 100, 112, 115, 125–128, 130 f., 139, 141– 143, 145 f., 159–161, 163–168, 172, 178, 185–188, 190, 1995 , 20658 , 2079 Cicero s. Tullius (Bruder des Redners) Cinna s. Cornelius Q. Claudius (tr. 218) 21 C. Claudius Marcellus (cos. 50) 131 f. M. Claudius Marcellus (cos. 51) 130 f., 165 f. P. Clodius Pulcher (tr. 58) 14, 70–74, 79, 86, 89 f., 92, 118, 125–129, 147, 168, 183, 186, 19814;15 , 2014
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Register P. Clodius Thrasea Paetus 20464 Cornelia (Ehefrau Caesars) 29 f., 46, 19413 Cornelia (Ehefrau des Pompeius) 130 P. Cornelius (tr. 51) 135 L. Cornelius Balbus (cos. 40) 164, 188, 2077 L. Cornelius Cinna (cos. 87–84) 29–31, 34, 36, 41, 47, 19413 Cn. Cornelius Dolabella (cos. 81) 37, 39, 1946 Cornelius Lentulus Crus (cos. 49) 2027 P. Cornelius Lentulus Spinther (cos. 57) 150 f. P. Cornelius Lentulus Sura (pr. 63) 62, 64 f. L. Cornelius Merula (cos. 87) 30 Faustus Cornelius Sulla (quaest. 54) 19923 P. Cornelius Sulla Felix (Diktator) 13, 16 f., 22, 24, 26–38, 45–47, 49–52, 54–61, 70, 74, 77, 86, 96, 128, 137 f., 143, 147, 166, 190, 19314 Cossutia 26, 30 Cotta s. Aurelius Crassus s. Licinius Curio s. Scribonius Dolabella s. Cornelius L. Domitius Ahenobarbus (cos. 54) 127 f., 142–144, 146, 150, 187 Dumnorix 19911 , 20035 M. Fabius Gallus 20468 L. Flavius (tr. 60) 76 f., 80, 19719 A. Gabinius (cos. 58) 49 Gracchus s. Sempronius Goethe, Johann Wolfgang von 124, 20123 Grillparzer, Franz 40 Hannibal 15 f., 21, 28, 119, 141, 147, 170 A. Hirtius (cos. 46) 160, 1998 , 20469 Q. Hortensius Hortalus (cos. 69) 1946 Iuba 172 Iuba (Sohn des vorigen) 172 Iulia (Tante Caesars) 46 Iulia (Tochter Caesars) 95, 128, 19923 Iuncus s. Iunius L. Iunius Brutus (cos. 509) 24, 174, 179 M. Iunius (Q. Caepio) Brutus (pr. 44) 24, 38, 104, 160, 179, 181, 187, 19923 , 20469 D. Iunius Brutus Albinus (pr. 45) 181
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M. Iunius Iuncus (pr. 76) 39 f. D. Iunius Silanus (cos. 62) 63 f., 19617 Jean Paul 160, 20467 Kaisarion (Sohn der Kleopatra) 156, 20352 Kleopatra 36, 154–156, 172, 20346 T. Labienus 55 f., 115, 121, 141, 143 f., 161 f., 172, 187, 20319 Lentulus s. Cornelius Lepidus s. Aemilius M. Licinius Crassus Dives (Triumvir) 14, 16, 24, 31, 43–45, 53–55, 57, 60–62, 74, 77, 79 f., 82, 84, 86–88, 92, 125, 127 f., 147, 178 f., 19314 , 19616 , 19713;29, L. Licinius Lucullus (cos. 74) 24, 35, 50 f. M. Licinius Terentius (Varro) Lucullus (cos. 73) 19514 C. Licinius Macer Calvus (Dichter) 36, 1944 L. Lucceius (pr. 67) 78 f. C. Lucilius Hirrus (tr. 53) 150 Lucullus s. Licinius Q. Lutatius Catulus (cos. 78) 52, 62, 64, 68, 173, 19514 Mamurra 20711 C. Manlius 1966 Marcellus s. Claudius Ancus Martius 46 L. Marcius Philippus (cos. 91) 60 C. Marius (cos. 107, 104–100, 86) 15 f., 19, 25, 28–31, 33, 36, 41, 47, 52, 55, 86, 96, 106 C. Marius (cos. 82) 31 C. Memmius (pr. 58) 61, 123 Metellus s. Caecilius Milo s. Annius M. Minucius Thermus (pr. 81) 35 Mithridates VI. 28 f., 35, 41, 47 f., 50 f., 106, 156 Munatius Rufus (Freund Catos) 20464;68 Nero (Kaiser) 170 Nikomedes IV. 35 f., 38 Octavia 128 f. Octavian s. Augustus C. Oppius 164, 188, 2977 Orgetorix 101, 19913
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Paullus s. Aemilius Pharnakes (König von Bosporos) 156, 20454 Philipp II. 174 Philipp V. 15 Piso s. Calpurnius Plutarch 25 f., 28, 32, 40, 48, 53 f., 57, 67, 69, 71–73, 77, 95, 99, 112, 123, 137–141, 147– 149, 154, 157–160, 167, 172, 174, 176 f., 181, 183, 189, 2027 , 20464 Pompeia (Ehefrau Caesars) 45, 47 f., 71, 73 f., 92, 19510 Pompeia (Tochter des Pompeius) 130 Cn. Pompeius Magnus (Triumvir) 13 f., 24, 28, 31, 41, 43–45, 49–51, 53, 57, 61, 67– 70, 72, 76 f., 79 f., 83–82, 96, 100, 106, 111, 115, 118, 125–130, 132–135, 137, 139–146, 148–154, 156, 161, 165, 168, 172, 179, 186– 188, 1953 , 19719;29, 1988;17 , 19923 , 2013;4;5, 20319 Cn. Pompeius Magnus (Sohn des Triumvirs) 161 f. Sex. Pompeius Magnus Pius (Sohn des Triumvirs) 161 f. Q. Pompeius Rufus (cos. 88) 47 T. Pomponius Atticus 38, 72 f., 77, 89, 145, 163 f. Porcius s. Cato Poseidonios 22 Ptolemaios XII. 88, 126, 154 Ptolemaios XIII. 152, 154 f. Pulcher s. Clodius C. Rabirius (Optimat) 56 Romulus 24, 76
C. Sallustius Crispus (tr. 52, Historiker) 13, 17, 43, 57–59, 64, 160, 166, 170, 188, 20710 Saturninus s. Appuleius Scipio s. Caecilius C. Scribonius Curio (tr. 50) 131–133, 146, 152, 188, 2079 C. Sempronius Gracchus 21 f., 65, 68 Tib. Sempronius Gracchus 18 Q. Sertorius 43, 45 Servilia 36 P. Servilius Casca Longus (tr. 43) 181 f. P. Servilius Vatia Isauricus (cos. 79) 36, 41, 1945 , 19514 P. Sextius Baculus 105 Sosigenes 170 Spartacus 41, 44, 147, 19517 Sueton 25, 46 f., 54, 56, 67, 93, 138, 168 f., 1944 Sulla s. Cornelius P. Sulpicius Rufus (tr. 88) 28 f. Terentia 73 Terentius s. Licinius M. Terentius Varro 22, 88 Thukydides 14, 107, 148 L. Tillius Cimber 181 C. Trebatius Testa 88, 101 Tullius s. Cicero Q. Tullius Cicero (Bruder des Redners) 112, 115 Varro s. Terentius P. Vatinius 80, 90 f., Vercingetorix 36, 113, 117–123, 130 C. Verres 37, 88
Über den Inhalt: Wolfgang Will ist Privatdozent und Akademischer Oberrat am Semnar für Alte Geschichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Bei der WBG erschien von ihm „Der römische Mob. Soziale Konflikte in der späten Republik“ (1991) sowie zuletzt „Veni, vidi, vici. Caesar und die Kunst der Selbstdarstellung“ (Geschichte erzählt).
Cover: Umschlagmotiv: „Die Ermordung Cäsars“, Gemälde von Karl Thodor von Piloty (1826 –1886) Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum Foto: bpk/Hermann Buresch Einbandgestaltung: schreiberVIS, Seeheim